Franz-Rudolf Esch Wirkung integrierter Kommunikation
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Forschungsgruppe Konsum und Verhalten Herausgegeben von Professor Dr. Gerold Behrens, Universitat GHS Wuppertal, Professorin Dr. Sigrid Bekmeier-Feuerhahn, Universitat Luneburg, Professor Dr. Franz-Rudolf Esch, Justus-Liebig-UniversitatGieBen, Professorin Dr. Andrea Groppel-Klein, Europa-Universitat Viadrina, Frankfurt/Oder, Professor Dr. Lutz Hildebrandt, Humboldt-Universitatzu Berlin, Professor Dr. Klaus Peter Kaas, Universitat Frankfurt/Main, Professor Dr. Bruno Neibecker, Universitat Karlsruhe (TH), Professor Dr. Thorsten Posselt, Universitat Leipzig, Professor Dr. Christian Schade, Humboldt-Universitatzu Berlin, Professor Dr. VolkerTrommsdorff, Technische Universitat Berlin, Professor Dr. Peter Weinberg, Universitat des Saarlandes, Saarbrucken
Die Forschungsgruppe „Konsum und Verhalten", die von Professor Dr. Werner Kroeber-Riel begriindet wurde, veroffentlicht ausgewahlte Ergebnisse ihrer Arbeiten seit 1997 in dieser Reihe. Im Mittelpunkt steht das Entscheidungsverhalten von Abnehmern materieller und immaterieller Guter bzw. Dienstleistungen. Ziel dieser Schriftenreihe ist es, Entwicklungen in Theorie und Praxis aufzuzeigen und im internationalen Wettbewerb zur Diskussion zu stellen. Das Marketing wird damit zu einer Schnittstelle interdisziplinarer Forschung.
Franz-Rudolf Esch
Wirkung integrierter Kommunikation Ein verhaltenswissenschaftlicher Ansatz fijr die Werbung
4., aktualisierte Auflage
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ijber abrufbar.
I.Auflage August 1998 2.,AuflageJuli1999 3., Auflage Juli 2001 4., Auflage Februar 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer science + business media. www.duv.de Das Werk einschlieKlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung In elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8350-0235-X
Zum Andenken an meinen Vater Franz A. Esch
VII
Vorwort zur ersten Auflage: Triathlon
Ein Marathon stellt hohe Anforderungen an Korper und Geist. Die Erstellung meiner Dissertation empfand ich als Marathon. Steigerungen schienen mir zum damaligen Zeitpunkt kaum moglich. Die hier vorliegende Habilitationsschiifl hat mich eines Besseren belehrt. OffensichtUch kann man seinem Korper ungeahnte Reserven abgewinnen, um einen Triathlon zu bestehen. Um Gegenwind beim Laufen und Radfahren zu trotzen, hohe Wellen beim Schwimmen zu bewaltigen imd korperiiche wie geistige Einbriiche und Leerphasen zu iiberstehen, braucht man allerdings ein Team, das einen motiviert und an einen glaubt.
Fur die Unterstiitzung bei diesem Triathlon schulde ich vielen Personen Dank.
Allen voran meinem verehrten akademischen Lehrvater und Trainer Prof. Dr. Werner Kroeber-Riel, der aufgrund einer tiickischen Krankheit viel zufriihverstarb und leider meinen Zieleinlauf nicht mehr erleben konnte. Er hat mich iiber all die gemeinsamen Jahre beraten wie ein vaterlicher Freund. Ihm schulde ich den groUten Dank fur harte, aber lehrreiche Jahre mit anregenden und fordemden Diskussionen.
Dank gilt auch Prof. Dr. Bruno Tietz, der bis zu seinem tragischen Flugzeugabsturz meine weitere Betreuung ubemahm. DaB mein Vorhaben einen erfolgreichen AbschluB fand, ist nicht zuletzt das Verdienst von Prof Dr. Joachim Zentes, der mich umsichtig auf der letzten Strecke des Triathlons als Erstgutachter begleitete. Prof Dr. Christian Scholz gilt mein Dank for das Zweitgutachten, die Rechts- vmd Wirtschaftswissenschaftliche Fakultat der Universitat des Saarlandes gab mir geschlossen den notwendigen Riickhalt in dieser schwierigen Situation.
Meine ehemaligen Kollegen am Institut fur Konsum- und Verhaltensforschung begleiteten meinen Triathlon ebenso engagiert wie viele Freunde, die mir immer die notwendigen Aufinunterungen gewahrten. Frau Maria Beck hat wieder in bewahrter imd zuverlassiger Art und Weise das Buchmanuskript auf Fehler durchgelesen, Herr Dipl.-Kfm. Peter Billen hat mir den Riicken wahrend meiner Zeit an der Universitat Trier freigehalten.
vm Das Projekt wurde finanziell von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit einem Stipendium unterstutzt. Die empirischen Untersuchnngen wurden von icon, Forschung iind Consulting, Numberg, mitgetragen. Dafiir danke ich Herm Dr. Thomas Andresen.
Welche Gefuhle einen wahrend eines Triathlons bcwegen, erkennt meist nur das nachste personliche Umfeld, meine Frau und meine Kinder Dennis und Dominik. Ich danke meiner Frau Dany fur ihre Geduld, ihr Vertrauen und ihre seelische und moralische Unterstiitzung. Sie war und ist mein personlicher Ruckhalt und hat den Triathlon mit mir bewaltigt.
Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch
GieBen, im Mai 1998
Vorwort zur vierten Auflage Eine Habilitationsschrift in vierter Auflage ist fur mich Uberraschung und Freude zugleich. Die vierte Auflage wurde in einigen Bereichen aktualisiert und um Fehler konigiert. Um von den Uberlegungen und Anregungen der Leser des Buches zu profitieren, bin ich fur eine angeregte Diskussion und Erganzungs- und Optimierungsvorschlage jeglicher Art dankbar. Ihre Vorschlage und Diskussionsbeitrage konnen sie mir geme an folgende Adresse vermitteln:
Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch Institut fur Maiken- und Kommunikationsforschung an der Justus-Liebig-Universitat GieBen Licher StraBe 66,35394 GieBen Tel. 0641 - 9922414 * Fax 0641 - 9922409 E-Mail:
[email protected] Ich freue mich bereits jetzt auf eine rege Diskussion und wunsche alien Lesem viel SpaB beim Lesen und Anregungen fur die tagliche Albeit. GieBen, im Oktober 2005
Prof Dr. Franz-Rudolf Esch
IX
Inhaltsverzeichnis
A.EINFCHRUNGINDIEPROBLEMSTELLUNG
1
1. Integrierte Kommunikation als praktische und theoretische Herausforderung
1
2. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
18
B. THEORETISCHER TEIL
25
I. Wissenschaftliche Einordnung der 'Mntegrierten Kommunikation^'
25
1. Begriff der integrierten Kommunikation in der Marketingforschung
25
2. Einbeziehung der integrierten Kommunikation in marketingstrategische Uberlegungen
30
2.1. Operationalisierung marketingstrategischer Konzepte durch verhaltenswissenschaftliche AnsStze
30
2.2. Markenwert und Image als ZielgrSBen des strategischen Marketing
39
2.3. Positionierung als marketingstrategisches Konzept
47
2.3.1. GrundlagenzurPositionierung
47
2.3.2. Grundlegende Positionierungsstrategien
51
2.3.3. Wahl geeigneter Positionierungsziele
52
2.3.4. Umsetzung von Positionierungskonzepten
61
2.4. Integrierte Kommunikation als marketingstrategisches Konzept
68
II. Verhaltenswissenschaftliche AnsStze zur Erkl^rung von Wirkungen auf integrierte Kommunikation
79
1. Theoretischer Zugang: integrierte Kommunikation als Lemkonzept
79
2. Schematheorie als theoretisches Grundkonzept der integrierten Kommunikation
80
2.1. Uberblick Uber grundlegende Wissensrepr^sentationsformen
80
2.2. Zur Begriffsabgrenzung von Schema
85
2.3. Kennzeichen von Schemata
88
2.4. Zur Akquisition und zum Entwicklungsstand von Schemata
90
2.5. Der EinfluB von Schemata auf die Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung
93
2.6. Der EinfluB von Schemata auf Gedachtnis und Gedachtnisleistungen
96
2.7. Folgerungen fur die integrierte Kommunikation 3. Modifikation des Gnmdkonzq>tes durch die Theorie zum Involvement
100 114
3.1. Zur Beziehung zwischen Involvement imd Schemata
114
3.2. Kon^nenten des Involvements und deren Relevanz fur die integrierte Kommunikation
116
3.3. Konsequenzen fur die integrierte Kommunikation
122
4. Einbeziehimg von Erkenntnissen der Imagerytheorie in das Grundkonzept
128
4.1. Zur Beziehung zwischen Imagery und Schemata
128
4.2. Zur Reprasentation nonverbaler Reize im Gedachtnis
130
4.3. Erkenntnisse zur Informationsau&ahme, -verarbeitung und -speicherung imd Verhaltenswiriomg von Bildem
134
4.4. Konsequenzen fur die integrierte Kommunikation
139
III. Empirische Erkenntnisse zur Wirkung koordinierter Werbung
147
1. Ergebnisse zur Wiederholungswirkung der Werbimg: Wearout-Effekte 1.1. Grundlagen zur Wiederholungswirkung von Werbung und Uberblick uber Studien
147
1.2. Darstellung ausgewahlter jiingerer Untersuchungen zur Wiederholungswirkung von Werbung 1.2.1. Wiederholimgswirkung von variierter und identischer Werbung
147 151 151
1.2.2. EinfluB von Wettbewerbswerbung auf die Wiederholungswirkung von Werbimg
156
2. Ergebnisse zur Koordination unterschiedlicher Werbemittel
158
2.1. Koordination von Femseh- und Radiowerbung
159
2.2. Abstimmung von Werbimg und Verpackung (am Point of Sale)
161
2.2.1. Wirkung von Gedachtnisankem am Point of Sale auf die Markenbeurteilung 2.2.2. Wirkung unterschiedlicher Gedachtnisstiitzen ffir Marken auf deren Beurteilung am Point of Sale 3. Kritik an den Untersuchungen und Folgerungen fur Experimente zur integrierten Kommunikation
161 164 166
XI
rv. Folgerungen: ein Modell der integrierten Kommunikatioii
173
1. Ein theoretisches Modell zur integrierten Kommunikation
173
2. Handlungserweitenmgen des theoretischen Modells zur integrierten Kommunikation
190
C. EMPIRISCHER TEIL: UNTERSUCHUNGEN ZUR INTEGRIERTEN KOMMUNIKATION
205
I. Explorative Studie zur integrierten Kommunikation: Inhaltsanalyse zur Uberpriifung des Integrationsstandes der Werbung in der Praxis
205
1. Theoretische Grundlagen zur Inhaltsanalyse
205
1.1. Definition und Abgrenzung
205
1.2. Beziehung zwischen Inhaltsanalyse und Semiotik
208
1.3. Inhaltsanalytische Kategoriensysteme
210
2. Erkenntnisse und Probleme aus inhaltsanalytischen Pilotstudien zur Durchgangigkeit der Werbung
212
3. Inhaltsanalytische Untersuchung zur Integration der Kommunikation in der Zeitschrift Stem
214
3.1. Aufbau der Untersuchung, Untersuchungsgegenstand und Vorgehensweise bei der Untersuchung
214
3.2. DarstellungwesentlicherForschungsinhalte
216
3.3. Das Kategoriensystem zur integrierten Kommunikation
217
3.4. Untersuchungsablauf
225
3.5. Ergebnisse der inhaltsanalytischen Untersuchung zur integrierten Kommunikation
227
3.5.1. Zur Verteilung der untersuchten Werbeanzeigen aufeinzebieGuterbereiche
227
3.5.2. Ergebnisse zu den pragmatischen Kategorien zur Integration der Kommunikation 3.5.3. Ergebnisse zur Beziehung zwischen pragmatischen und semantischen Kategorien zur Integration der Kommimikation
241
3.5.4. Ergebnisse zur Beziehung zwischen pragmatischen und syntaktischen (formalen) Kategorien zur Integration der Kommunikation
244
3.5.5. Folgerungen fur weitere inhaltsanalytische Untersuchimgen
246
228
xn II. Kausalanalytische Studien zur Messung der Wirkung integrierter Kommunikation
2^9
1. Experiment zur Integration der Kommunikation im Zeitablauf
249
1.1. Gnmdlagen und Zielsetzung der Untersuchung
249
1.2. Formulienmg der Forschimgshypothesen
251
1.3. Operationalisierung der Hypothesen
254
1.3.1. Operationalisierung der unabhangigen Variablen
254
1.3.2. Operationalisierung der abhangigen Variablen
256
1.3.3. Operationalisierung intervenierender Variablen und StorgroBen
259
1.4. Erstellung des Untersuchungsmaterials
260
1.5. Untersuchungsdesign
267
1.6. Ablauf der Untersuchung
268
1.7. Ergebnisse der Untersuchung zur Wirkung integrierter Kommxmikation im Zeitablauf
272
1.7.1. EinfluB der Integrationsform auf die Erinnerung an Marken
272
1.7.2. EinfluB der Integrationsform auf die Erinnerung an Werbeinhalte
274
1.7.3. EinfluB der Integrationsform auf das innere Markenbild
292
1.7.4. Zusammenfassung der Ergebnisse und Kritik 2. Experimente zur Integration der Kommunikation zwischen
296
denWerbemittehi
299
2.1. Gnmdlagen, Ziele und Hypothesen zur Untersuchung
299
2.2. Operationalisierung der Variablen und Erstellung des Untersuchungsmaterials 2.3. Untersuchungsdesign und Untersuchimgsablauf
303 304
2.4. Ergebnisse der Wirkung der integrierten Kommunikation zwischen den Werbemitteln 2.4.1. EinfluB der Integrationsform auf die Erinnerung an Marken
307 308
2.4.2. EinfluB der Integrationsform auf die Erinnerung an Werbeinhalte
311
2.4.3. EinfluB der Integrationsform auf das innere Markenbild
322
2.4.4. EifluB der Integrationsform auf die Einstellung und Kaufabsicht
324
2.4.5. Zusammenfassung der Ergebnisse und Kritik
329
XIII
III. Folgerungen fiir die integrierte Kommunikation
331
1. Folgerungen fiir theoretische Uberlegungen zur integrierten Kommunikation
331
2. Folgerungen fur die Anwendung integrierter Kommunikation in der Marketingpraxis
335
D. PERSPEKTIVEN FUR DIE UMSETZUNG DER INTEGRIERTEN KOMMUNIKATION IM MARKETING
353
Anlagen
359
Literaturverzeichnis
375
XV
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1: Wahrgenommene Markengleichheit in Deutschland (1987, 1993, 1999 und 2004)
3
Abbildung 2: Entwicklung von Werbefernsehangebot und -nutzung
5
Abbildung 3: Informationsiiberlastung in der Bundesrepublik Deutschland
5
Abbildung 4: RUckgang der Erinnerung an Werbung im Zeitablauf
7
Abbildung 5: Uberlagerungen von Eindrucken zu einem Angebot durch hSufige Kampagnenwechsel: Mateus Rose Abbildung 6: Dresdner Bank-Werbung 1979: "Mit dem grunen Band der Sympathie"
10
Abbildung 7: Ubersicht uber die Werbekampagnen fur den Citroen Xantia und die Relation zwischen Werbeerinnerung und Werbeausgaben
11
8
Abbildung 8: Ubersicht uber die Werbekampagnen fur den Renault Clio und die Relation zwischen Werbeerinnerung und Werbeausgaben
12
Abbildung 9: Werbeeffizienz im Automobilmarkt
13
Abbildung 10: MQgliche Betrachtungspunkte integrierter Kommunikation
20
Abbildung 11: Aufbau des Buches
23
Abbildung 12: Ziele der integrierten Kommunikation aus Sicht der Marketingpraxis
26
Abbildung 13: EinfluBfaktoren der Durchsetzung einer integrierten Kommunikation
27
Abbildung 14: Interdependenzen zwischen strategischer Untemehmensplanung sowie strategischer und operativer Marketingplanung
34
Abbildung 15: Die Marken mit dem hSchsten Markenwert
39
Abbildung 16: Vergleich der Ergebnisse eines Blindtests und eines offenen Tests zwischen Diet Pepsi und Diet Coke Abbildung 17: Semantisches Netzwerk zur Schokoladenmarke Milka
40 44
XVI
Abbildung 18: Operationalisierung des Markenwissens der Konsumenten
45
Abbildung 19: Darstellung eines zweidimensionalen Positionienmgsmodells
49
Abbildung 20: Normstrategien der Positioniening durch Werbung
54
Abbildung 21: Beispiel fur eine gemischte Positioniening
55
Abbildung 22: Beispiel fiir eine sachorientierte Positioniening
56
Abbildung 23: Beispiel fur eine emotionale Positioniening
57
Abbildung 24: Beziehung zwischen der Art der Positioniening und dem Imitationsschutz
58
Abbildung 25: Beispiel fUr Aktualisieningswerbung
60
Abbildung 26: Die strategischen Dreiecke der Positioniening
61
Abbildung 27: Wechselwirkungen zwischen untemehmens- und konsumentenbezogenen Prozessen Abbildung 28: Farbassoziationen der Konsumenten zu verschiedenen Posi-
64
tionieningseigenschaften
66
Abbildung 29: Klassifikation austauschbarer und eigenstandiger Positionieningen
67
Abbildung 30: Integrationsmatrix
71
Abbildung 31: Nivea-Kommunikation als Beispiel fiir eine klassische fonnale Integration Abbildung 32: Das Michelin-Mannchen - bildliches Wiedererkennungssignal zur
72
formalen Integration
73
Abbildung 33: AEG-Werbung als Beispiel fur eine semantische Bildintegration
75
Abbildung 34: Der Marlboro-Cowboy: Schliisselbild zur inhaltiichen Integration
76
Abbildung 35: Der ESSO-Tiger: Wechsel zwischen Schlusselbild und Prasenzsignal Abbildung 36: Die Underberg-Flasche als Bestandteil des Markenschemas von Underberg
77 87
XVII
Abbildung 37: Schemata zur Produktgruppe Schokolade und zu Schokoladenmarken dargestellt als semantisches Netzwerk
89
Abbildung 38: Klassifikation moglicher Interferenzen zur Werbung fiir eine Marke
104
Abbildung 39: Beispiel fiir ein Getrankeschema mit (moderaten) Schemainkongruenzen
108
Abbildung 40: Das griine Schiff von Beck's: Eigenstandigkeit und Integration der Kommunikation durch ein unterscheidbares Detail Abbildung 41: Involvementkomponenten
110 117
Abbildung 42: EinfluB des situativen Involvements auf die Auseinandersetzung mit Kommunikation
120
Abbildung 43: Betrachmngszeiten fiir Werbung aus unterschiedlichen Branchen
121
Abbildung 44: Gestalmngsfreiraume integrierter Kommunikation in Abhsingigkeit vom Involvement der Konsumenten Abbildung 45: Verteilung der Betrachtungszeiten auf Anzeigen in Publikumszeitschriften in Abhangigkeit vom Produktinvolvement
124 127
Abbildung 46: Das Verarbeitungssystem verbaler und nonverbaler Reize nach derDual-Code-Theorie
131
Abbildung 47: Die Aufgabenverteilung zwischen linker und rechter Gehimhalfte nach der HemisphSrenforschung
132
Abbildung 48: Gedachtnisleistungen fiir Bilder und Worter bei inzidentiellen und intentionalen Lembedingungen
137
Abbildung 49: Konkrete versus abstrakte Markenzeichen und Leichtigkeit der Markenerinnerung und des Wiedererkennens der Marke
144
Abbildung 50: Ergebnisse zur Wiederholung von variierter versus identischer Werbung auf die Markenerinnerung
153
Abbildung 51: Beispiel fiir eine kosmetische Variation einer Werbung
154
Abbildung 52: Beispiel fiir eine substantielle Variation einer Werbung
155
Abbildung 53: Wirkung von Werbewiederholungen und Wettbewerbswerbung auf die Erinnerung an Informationen zur beworbenen Marke
158
xvm Abbildung 54: Die Wirkung von Gedachtnisankem aus der Werbung und von Interferenzen auf die Erinnerung an Werbeaussagen Abbildung 55: Systematisiening von Werbewirkungskategorien
163 169
Abbildung 56: Modell zur ErklSrung der Wirkung integrierter Kommunikation auf Konsumenten
175
Abbildung 57: Meister Proper: Schltisselbild auf der Verpackung
180
Abbildung 58: Werbung der Volksbanken/Raiffeisenbanken
182
Abbildung 59: Wirkungspfade der integrierten Kommunikation bei den Volksbanken/Raiffeisenbanken
186
Abbildung 60: Ergebnisse der Kampagne „Wir machen den Weg frei" in den ersten beiden Jahren der Einfuhrung
187
Abbildung 61: Werbeawareness der Volksbanken und Raiffeisenbanken von 1988 bis 1996
188
Abbildung 62: Ein Vergleich von Share of Voice zum Share of Mind im BankenbereichimJahrl996
189
Abbildung 63: Sloganzuordnung „Wir machen den Weg frei" zu den Volksbanken und Raiffeisenbanken
189
Abbildung 64: Beispiel fur ein semantisches Netzwerk eines Bankkunden zu den Volksbanken und Raiffeisenbanken
190
Abbildung 65: Abgestinmite Schlusselbildstrategien im Finanzverbund der Volksbanken/Raiffeisenbanken
196
Abbildung 66: Die Inhaltsanalyse im Konmiunikationsprozefi
207
Abbildung 67: Werbeanzeige fiir Tullamore Dew
210
Abbildung 68: tJberblick iiber das inhaltsanalytische Kategoriensystem zur Untersuchung der Integration von Anzeigenwerbung im Zeitablauf Abbildung 69: Kodierbeispiele fiir stark und schwach integrierte Werbeanzeigen
218 219
XIX
Abbildung 70: Operationalisierung des Textstils
225
Abbildung 71: Verteilung der in den Stem-Jahrgangen von 1990 bis 1992 erhobenen Anzeigen nach Guterbereichen
228
Abbildung 72: Ergebnisse zur wahrgenonunenen Gesamtintegration aller Stem-Anzeigen
229
Abbildung 73: Ergebnisse zur wahrgenommenen Gesamtintegration der Anzeigen in den einzelnen Guterbereichen
229
Abbildung 74: Ergebnisse zur wahrgenommenen Gesamtintegration aller Stem-Anzeigen ohne identische Anzeigen
230
Abbildung 75: Ergebnisse zur wahrgenommenen formalen Integration der Stem-Anzeigen
230
Abbildung 76: Ergebnisse zur wahrgenonmienen formalen Integration der Anzeigen in den einzelnen Guterbereichen
231
Abbildung 77: Ergebnisse zur wahrgenommenen inhaltiichen Integration der Stem-Anzeigen
232
Abbildung 78: Ergebnisse zur wahrgenommenen inhaltiichen Integration der Anzeigen in den einzelnen Guterbereichen
233
Abbildung 79: Stand unterschiedlicher Integrationsformen der Untemehmen
235
Abbildung 80: Beziehung zwischen Positioniemngszielen und wahrgenommener inhaltiicher Integration Abbildung 81: Beziehung zwischen wahrgenommener inhaltiicher Eigenstandigkeit und wahrgenommener inhaltiicher Integration
236 237
Abbildung 82: Beziehung zwischen wahrgenommener formaler Eigenstandigkeit und wahrgenonmiener formaler Integration
238
Abbildung 83: Beziehung zwischen eingesetzten Prasenzsignalen und wahrgenommener formaler Integration
240
Abbildung 84: Ergebnisse zur Verwendung von Bild, Headhne und Text zur Vermittiung von Positioniemngsinhalten
242
Abbildung 85: Zusammenhang zwischen der Vermittiung der Positioniemngsinhalte in Bild, Headline oder Text und der inhaltiichen Integration
243
XX
Abbildung 86: Zusammenhang zwischen der Art der Veraiittlung der Positionie rungsinhalte im Bild und der inhaldichen Integration Abbildung 87: Ubersicht zur Erfassung von GedachtnisgroBen Abbildung 88: Beispielhafte Testanzeigen fur Singapore Airlines und fur Semo-Mtisliriegel Abbildung 89: Design der Untersuchung zur Integration der Kommunikation im Zeitablauf
243 256
263 267
Abbildung 90: Ablauf der Untersuchung zur Integration der Kommunikation im Zeitablauf
270
Abbildung 91: Beziehung zwischen Integrationsform und Markenrecognition
271
Abbildung 92: Beziehung zwischen Integrationsfonn und Zahl und Art der Assoziationen
275
Abbildung 93: Beziehung zwischen Integrationsform und positionierungsrelevanten Aussagen
278
Abbildung 94: Zweifaktorielle Varianzanalysen zur Beziehung zwischen Integrationsform und positionierungsrelevanten Aussagen
280
Abbildung 95: Beziehung zwischen Integrationsform und Bildrecall
281
Abbildung 96: Beziehung zwischen Integrationsform und Bildrecognition
284
Abbildung 97: Beziehung zwischen Integrationsform und Headlinerecognition
287
Abbildung 98: Beziehung zwischen Integrationsform und Sloganrecognition
290
Abbildung 99: Imageryprofil zur Wiirttembergischen Versicherung
293
Abbildung 100: Imageryprofil zu Semo-MUsliriegel
294
Abbildung 101: Aufbau des Zeitschriftenfolders
305
Abbildung 102: Untersuchungsdesign zur Oberpriifung der Integration zwischen Werbemitteln
306
Abbildung 103: Beziehung zwischen Integrationsform und ungestutzter Markenerinnerung
308
XXI Abbildung 104: Beziehung zwischen Integrationsform und der Zuordnung wiedererkannter Marken als im Femsehen und/oder in der Zeitschrift beworben
310
Abbildung 105: Beziehung zwischen Integrationsform und durchschnittlicher Zahl der geauBerten Assoziationen
313
Abbildung 106: Beziehung zwischen Integrationsform und durchschnittlicher Zahl positiver und negativer Assoziationen
314
Abbildung 107: Beziehung zwischen Integrationsform und durchschnittlicher Zahl positionierungsrelevanter Assoziationen
316
Abbildung 108: Beziehung zwischen Integrationsform und Bildrecall
317
Abbildung 109: Beziehung zwischen Integrationsform und Bildrecognition
319
Abbildung 110: Beziehung zwischen Integrationsform und Headlinerecognition
320
Abbildung H I : Beziehung zwischen Integrationsform und Sloganrecognition
321
Abbildung 112: Imageryprofile fiir die beiden Testmarken
323
Abbildung 113: Profile zur Einstellung zum Werbemittel
324
Abbildung 114: Einstellungsprofile zu den Marken
327
Abbildung 115 Gedachtnis- und Verarbeitungsgrundlagen bei impliziten und expliziten Gedachtnismessungen
335
Abbildung 116: Beispiele zur Integration von Verkaufsforderungs- und Angebotsmafinahmen in Werbekampagnen
339
Abbildung 117: Bedeutung einzelner Kommunikationsinstrumente fiir die integrierte Kommunikation und Freiheitsgrade der Gestaltung der Kommunikation
342
Abbildung 118: Beziehung zwischen okonomischen und verhaltenswissenschaftlichen KontroUgroBen
348
XXIIl
Anlagenverzeichnis
Anlage 1:
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Assoziationen zu
359
Singapore Airlines Anlage 2:
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Assoziationen zur Wurttembergischen Versicherung
Anlage 3:
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Assoziationen zu Semo-Musliriegel
Anlage 4:
367
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Assoziationen zur wurttembergischen Versicherung
Anlage 11:
366
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Assoziationen zu Singapore-Airlines
Anlage 10:
365
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Skalen zum inneren Bild zu Hoba-Deodorant
Anlage 9:
364
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Skalen zum inneren Bild zu Semo-Musliriegel
Anlage 8:
363
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Skalen zum inneren Bild zur Wurttembergischen Versicherung
Anlage 7:
362
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Skalen zum inneren Bild von Singapore Airlines
Anlage 6:
361
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Assoziationen zu Hoba-Deodorant
Anlage 5:
360
368
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Skalen zum inneren Bild von Singapore Airlines
369
XXIV
Anlage 12:
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Skalen zum inneren Bild von der Wiirttembergischen Versicherung
Anlage 13:
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Skalen zur Einstellung zur Werbung von Singapore Airlines
Anlage 14:
372
Zweifaktorielle Varianzanalysen zur Einstellung zu Singapore Airlines
Anlage 16:
371
Zweifaktorielle Varianzanalysen zu den Skalen zur Einstellung von der Wiirttembergischen Versicherung
Anlage 15:
370
373
Zweifaktorielle Varianzanalysen zur Einstellung zur Wiirttembergischen Versicherung
374
A.
EINFUHRUNGINDIEPROBLEMSTELLUNG
1.
Integrierte Kommunikation als praktische und theoretische Herausforderung
Zur praktischen Herausforderung: Integrierte Kommunikatioii als strategische Antwort auf die Zersplitterung der Kommunikationswirkung Bereits 1986 bemerkte ein Redner auf einer Tagung: "Das Gebot der Stunde heiBt integrierte Kommunikation" (Sandt, 1991, S. 95). Aufgrund der Gefahren der Desintegration der Kommunikationsinstrumente, mit denen sich Untemehmen, Marken oder Dienstleistungen an zum Teil heterogene Zielgruppen wenden, ruckt das Thema "integrierte Kommunikation" zunehmend in den Blickpunkt von Marketingpraktikem. Das Interesse an der integrierten Kommimikation dokumentiert sich an der Vielzahl der dazu veranstalteten Tagungen. 1991 beschaftigte sich die Jahrestagung der Deutschen Werbewissenschaftlichen Gesellschaft mit dem Thema "Integrierte Kommunikation". Danach reihten sich Tagungen zur mtegrierten Kommunikation auf wie Perlen an einer Schnur bis zur Tagung der American Academy of Advertising zum Thema "Integrierte Kommunikation und Rolle der Werbung" (Thorson, Moore, 1996). Unter integrierter Kommunikation soil - bis zu einer genauen Begriffsabgrenzung - zunachst die Abstimmung aller Mafinahmen der Markticommunikation verstanden werden. Sucht man nach Griinden fur das Interesse der Manager an integrierter Kommunikation, lassen sich zwei wesentliche Problembereiche herausschalen: unternehmensexterne Griinde, die wesentlich durch die herrschenden Markt- und Kommunikationsbedingungen gepragt werden, sowie unternehmensinterne Griinde, die MaBnahmen zur Integration der Kommunikation notwendiger machen. Unternehmensinterne Aspekte betreffen primar Hemmnisse, die die Durchsetzung integrierter Kommunikation erschweren. Diese intemen Ursachen sind allerdings durch das Management so beeinfluBbar, dafi eine Plattform zur integrierten Kommunikation gewahrleistet werden kann. Unternehmensexterne Faktoren verdeutlichen den Handlungsdruck zur integrierten Kommunikation. Sie mussen von Untemehmen als nicht-beeinfluBbares Datum akzeptiert werden. MaBnahmen zur Gestaltung der integrierten Kommunikation sind an diese extemen Rahmenbedingungen anzupassen.
Untemehmensexteme Grunde: Markt- und Kommunikationsbedingungen Eine besondere Herausforderung an die Umsetzung der integrierten Kommunikation in der Praxis stellen folgende Markt- und Kommunikationsbedingungen (vgl. Kroeber-Riel, Esch, 2004; Esch, 1992c; Raffee, 1991, S. 87; Duncan, Everett, 1993, S. 30; Dilenschneider, 1991; Keller, 1996): 1. das Phanomen gesattigter Maikte, 2. die wachsende Zahl der Angebote sowie die Medienfragmentierung, 3. die Informationsuberlastung der Konsumenten, 4. das nachlassende Infonnationsinteresse der Konsumenten sowie 5. die zunehmende Bevorzugung der Bildkommunikation. Zul: Gesattigte Markte sind gekennzeichnet durch einen harten Verdrangungswettbewerb der Konkurrenten auf Markten mit weitgehend ausgeschopftem Marktpotential. Marktanteilsgewinne sind nur zu Lasten der Konkurrenz realisieibar. Auf solchen Markten ist von hohen objektiven und funktionalen Qualitatsstandards der Angebote auszugehen. Die Qualitatsunterschiede zwischen ausgereiften Konkurrenzprodukten sind marginal (vgl. Kroeber-Riel, 1984a). Konsumenten verlassen sich auf die Qualitat dieser austauschbaren Angebote (vgl. Kanter, 1981, S. 49)\ Daraus resultiert ein abnehmendes Interesse der Konsumenten an Produktinformationen. Diese verlieren an Bedeutung. Gesattigte Markte haben erheblichen EinfluB auf die Bedeutung einzelner Marketinginstrumente. Schon lange wird ein Trend vom Produktwettbewerb zum Kommunikationswettbewerb postuliert, da bei vergleichbaren Produkten eine Differenzierung von Angeboten bei den Konsumenten im wesentlichen nur noch iiber kommunikative MaBnahmen erfolgen kann. Empirischen Ergebnissen zufolge nehmen Konsumenten die groBten Unterschiede zwischen Marken in solchen Produktkategorien wahr, in denen erlebnisorientierte Dififerenzierungen von Marken durch Kommunikation erfolgt (vgl. Biel, 1992). Auf gesattigten
1 Bei nrnd 75 % aller Branchen handelt es sich um stagnierende odcr rucklaufigc Markte (vgl. Harrigan, 1989, S. 23,28; Welge, Huttemann, 1993, S. 1). 2 Zu gesattigten Markten und daraus folgenden Auswirkungen fur das Marketing bzw. die Unteraehmenspolitik vgl. u. a. Bauer (1988); Dichtl (1984); Harrigan (1989); Kroeber-Riel (1984a); Meffert (1984, 1988b). Harrigan spricht von Marktsattigung, wenn das Marktvolumen mengenmaBig nicht mehr bzw. kaum noch wachst, um so eine Verschleierung durch Preissteigerungen bei einer wertmaBigen Betrachtung zu vermeiden (vgl. Harrigan, 1989, S. 23). 3 Vgl. zum Problem der Austauschbarkeit Nommensen (1990) und Kroeber-Riel (1984). Die Austauschbarkeit der Angebote wird in den unterschiedlichsten Produktbereichen wahrgenommen (vgl. Hildmann, 1991, S. 226).
MMrkten wird die Kommunikation damit zu einem wesentlichen strategischen £rfolgsfaktor (vgl. Tomczak, Muller, 1992; Esch, 1992a; Levermann, 1994). Abbildung 1:
Wahrgenommene Markengleichheit in Deutschland (1987, 1993, 1999 und 2004)
• 2004 D1999 11993 119S7
100
Quelle: BBDO, 2004.
Durch die Kommunikation soil eine klare Angebotspositionierung erzielt werden, die zur Differenzierung von Konkurrenzangeboten beitrSgt. Dazu ist eine langfristige Abstimmung der Kommunikation erforderlich. Uberlegungen zur Integration der Kommunikation gewinnen zwangslSufig an Bedeutung. Zu2: Modemes Marketing heiBt "Denken in Zielgruppen". Dadurch erhofft man sich Moglichkeiten fur weitere Differenzierungen in ansonsten gesattigten Markten. Zudem ist eine zielgruppenspezifische Ausrichtung notwendig, um sich an die heterogenen Bedtirfnisse der Konsumenten, die nach "Individualitat" oder "Sensualismus" streben, anzupassen (vgl. Raffee, Wiedmann, 1988; Windhorst, 1985; Schurmann, 1988; Silberer 1985, 1991; Tietz, 1982, Wiswede, 1991; Reeb, 1998; Opaschowski, 1995). Solche Anpassungen fuhren zwangslaufig zu einer zunehmenden Marktsegmentierung bis hin zu einem "segment-of-one-
approach" mit dem Resultat eines kaum noch uberschaubaren Angebots an Produkten und Dienstleistungen. Zur Orientienmg: Im Jahr 1975 gab es etwa 25000, 1995 waren es bereits 56473 beworbene Marken. Das gleiche trifil auch fur Weibung zu. So sind Anzeigenseiten in Publikumszeitschriften in dem Zeitraum von 1970 mit 85000 auf 283621 Seiten im Jahre 2002 gestiegen^ Manchen Haushalten liegen innerhalb von 23 Erscheinungstagen einer Tageszeitung 81 Beilagen vor (Israel, 1991). Konsumenten werden mit Angeboten bombardiert. Neben den Angeboten innerhalb eines Mediums nimmt auch die Zahl der Medien rapide zu. In Deutschland ist es zu einer Femseh- und Radiosenderinflation gekommen. 2003 gab es u. a. 143 Femsehsender, 302 Radiostationen, 381 Tageszeitungen, 1907 Zeitschriften und 407.104 PlakatanschlagsteUen (vgl. Esch, 2005b; ZAW, 2004, S. 204). Zudem werden vermehrt neue Kommunikationsinstrumente wie das Internet eingesetzt. Die Entscheidung fur die Wahl geeigneter Medien wird dadurch erschwert. Der vermehrte Einsatz verschiedener Kommunikationsmedien stellt erhohte Anfordenmgen an die Medienplanung und die effiziente Abstimmung der Medien untereinander. Dies betrifft die Festlegung eines optimalen Medien-Mixes sowie die Abstimmung der in den einzebien eingesetzten Medien zu vermittelnden Angebotsinhalte. Die Suche nach geeigneten Integrationsklammem wird kunftig zur Herausforderung fur Manager. Zu3: Eine Konsequenz des standig wachsenden Angebotes ist, daB Konsumenten in Informationen ertrinken. Das Institut fur Konsum- und Verhaltensforschung hat fiir Deutschland eine Informationsuberlastung von 98,1 % errechnet. Unter Informationsiiberlastung versteht man dabei das Verhaltnis zwischen angebotenen und nachgefragten Informationen. Diese Informationsuberlastung verteilt sich wie folgt auf die vier Leitmedien: Diese Informationsuberflutung gih gleichermaBen fiir die Werbung. Bei der heutigen Zeitschriftenwerbung landet 95 % der Informationen ungenutzt auf dem Mull (vgl. KroeberRiel, 1987a - d). Ahnliche Ergebnisse liegen zur Zeitungswerbung vor.
4 Nach der Spiegel-Dokumentation uber Daten, Fakten, Trends von 1947 bis 1987, Spiegel-Verlag, Hamburg, 1987. Vergleichbare Zahlen gibt es fiir die USA. Dort ist von 1967 bis 1986 die Zahl der Werbung in den Leitmedien um 133 % gestiegen (vgl. Krugman, 1988, S. 47). 5 Dieser Begriff darf nicht mit dem des "information overload" verwechselt werden, der als InformationsstreB zu interpretieren ist (vgl. Jacoby, 1977).
Zwar gibt es fur elektronische Medien keine exakten Berechnungen, allerdings ist auch beitn Low-Involvement-Medium Femsehen, bei dem Werbeblocke auf zunehmende Reaktanz stoBen, und bei dem meist peripher genutzten Radio mit ahnlich hoher Informationsuberflutung zu rechnen. Abbildung 2:
Entwicklung von Werbefernsehangebot und -nutzung
Anmerkung: Gesamtsendegebiet der Bundesrepublik Deutschland, von Montag bis Sonntag, 6 bis 6 Uhr, ARD (inkl. HR regional), ZDF, RTL Plus, SAT1,H3.
Abbildung 3:
Informationsiiberlastung in der Bundesrepublik Deutschland
Informationsuberlastung:
in Zeitschriften
in Zeitungen
Anmerkung: Die Berechnung der Informationsuberflutung bei den Leitmedien erfolgte fur das Jahr 1987. Ahnlich hohe Zahlen wurden fur die USA und fur Japan ermittelt (vgl. De Sola Pool et al., 1984). Quelle: Brunne, Esch, Ruge, 1987, S. 46.
In Zukunft wird die Schere zwischen Infonnationsangebot und Infonnationsnachfrage weiter auseinandertreiben: Einerseits wachst das Infonnationsangebot standig, andererseits sind die Infonnationsaufiiahmekapazitaten der Konsumenten begrenzt. Amerikanische Wissenschaftler gehen von einer Verdoppliing der Zahl der Werbeappelle bis zum Jahr 2010 aus (vgl. Bogart, 1986). Aus heutiger Sicht ist diese Prognose bereits zu konservativ. Diese Entwicklung ist nicht nur bei klassischen Werbemedien beobachtbar, sondem auch bei "below the line"-Aktivitaten. DaB viele Direct Mails oft den direkten Weg in den Papierkorb finden, ist hinreichend bekannt. Die zunehmende Infoimationsuberflutung und kurzzeitige Kommunikationskontakte erhohen die Anfordenmgen an die Abstimmung der Kommunikation. Die MaBnahmen zur integrierten Kommunikation miissen sich daran orientieren, damit Integrationsklammem fur Konsumenten uberhaupt wahmebmbar sind. Zu 4 und 5: Insgesamt ist ein nachlassendes Informationsinteresse der Konsumenten zu beobachten. Informationen werden nur noch bruchstuckhaft aufgenommen, Bildinformationen werden sprachlichen Informationen vorgezogen, da diese mit geringerem kognitivem Aufwand aufgenommen und verarbeitet werden konnen. Diese Entwicklung manifestiert zeigt sich auch in dem dramatischen Ruckgang der Nutzung von Zeitungen durch 14- bis 29-jahrige. Die tagliche Reichweite von Zeitungen ist bei dieser Gruppe von 1974 bis 1984 auf weniger als die Halfte zuruckgegangen (o. V., 1986, S. 110). Kinder und Jugendliche lesen - wenn uberhaupt - am liebsten das Femsehprogramm. Wissenschaftler differenzieren bereits zwischen einer **visueUen Generation'* (Personen imter 40 Jahre) imd einer "Sprach-generation" (Personen uber 40 Jahre) (vgl. Schultz, Tannenbaum, Lauterbom, 1994, S. 19). Die Kommunikationskonkurrenz und die daraus resultierende Informationsiiberflutung fuhren zwangslaufig zur Zersplitterung und Schwachung der Kommunikationswirkung. Die Wirkungen einzelner Kontakte fur ein Angebot gehen zuriick. So ist die Erinnerung an Werbung bei den jeweiligen Zielgruppen nach Ergebnissen der GQC in dem Zeitraum von 1985 bis 1993 von 18 auf 12 % gesunken, und dies bei etwa gleich gebliebenen Werbeausgaben (Abbildung 4). Das heiBt konkret: Unter den herrschenden Markt- und Kommunikationsbedingungen nimmt die Effizienz der eingesetzten finanziellen Mittel fur die Kommunikation rapide ab, wenn man sich nicht diesen Rahmenbedingungen anpafit und der Zersplitterung entgegenwirkt. Es kommt zur "Inflation der Werbemark" (Munzinger, 1991).
In der Praxis besteht somit ein groBer Druck, dieser Zersplitterung der Kommunikationswirkung entgegenzuwirken. Es wird zunehmend die Forderung nach einer integrierten Kommunikation gestellt, einer gemeinsamen Klammer, um der Desintegration der verschiedenen Kommunikationsmittel zu begegnen. Dies zeigen auch Ergebnisse einer Delphi-Befragung deutschsprachiger Kommunikationsexperten: Danach wird die integrierte Kommunikation kiinftig stark an Bedeutung gewinnen (Esch, 2005a, 2005b; Kroeber-Riel, Esch, 2004; Pasquier, Weiss, Felser, 1994, S. 34). Abbildung 4:
Riickgang der Erinnerung an Werbung im Zeitablauf
Quelle: GfK,Numberg.
Betrachtet man allerdings die heutige Kommunikationslandschaft, kann von integrierter Kommimikation kaum die Rede sein, im Gegenteil: Die Kommxmikation fur ein Untemehmen Oder fur eine Marke vermittelt immer wieder andere Eindriicke und Botschaflen. Eine Abstimmung der Kommunikation bleibt haufig ein Wunschdenken. Obwohl die Kontinuitat der Werbung als wesentliches Mittel gegen das Vergessen eines Angebotes bekannt ist (vgl. Diehl, 1986, S. 10, Grimm 1983), sind in der Werbung haufige Kampagnenwechsel an der Tagesordnimg (vgl. Abbildung 5)^
6 Es existieren zahlreiche Definitionen zu den Begriffen Kampagne bzw. Werbekampagne (vgl. Dunn, Barban, 1982, S. 197; Gilson, Berkman, 1980, S. 485; Roman, Maas, 1977, S. 83; Wright, Winter, Zeigler, 1982, S. 320). Kaum eine dieser Definitionen stellt allerdings die Bedeutung des zeitlichen Aspekts so gut heraus wie die Abgrenzung von Krum und Culley (1983, S. 58 f.), die eine Werbekampagne als "a series or sequence of advertisements, carefully planned, coordinated, and executed over a period of time" bezeichnen.
AbbildungS:
Uberlageningen von Eindrucken zu einem Angebot durch haufige Kampagnenwechsel: Mateus Rose
!«S^Ar|K««i^S^SSS
Quelle: Kroeber-Riel, 1993a, S. 195,196.
Daimn (1981, S. 282; vgl. auch Doebeli, 1992, S. 72) spricht vom "Wechseln um des Wechselns willen", weil im Untemehmen und nicht bei den Konsumenten Sattigungserscheinungen auftreten oder weil ein Produktmanagerwechsel stattfindet. Haufige Wechsel konnen auch ein Indikator fur die mangelnde strategische Planung des Kommunikationseinsatzes sein, die standige Veranderungen notwendig macht. Es kann sich auch um eine Risikominimierung handeln: Man spricht moglichst viele verschiedene Aspekte in der Kommunikation an in der Hofftiung, dafi einige darunter fur die Konsumenten besonders relevant sind. Dabei ist schon lange bekannt, daB dieses "GieBkannenprinzip" nicht die gewiinschte Wirkung erzielt, sondem daB eine Konzentration auf einige wenige Inhalte erforderlich ist. Diese strategisch kaum zu rechtfertigenden Entscheidungen fuhren zur weiteren Zersplitterung der Kommunikationswirkungen fur Marken. Als Folge schneller Kampagnenwechsel kommt es zu unterschiedlichen Eindriicken fur eine Marke im Gedachtnis der Konsumenten. Die fur den Aufbau eines klaren inneren Bildes, einer Praferenz fiir eine Marke notwendige Zeit wird den Konsumenten somit nicht gegeben (vgl. Kroeber-Riel, Esch, 2004; Esch, 2005b). Ohne die strategischen Konsequenzen zu iiberdenken, werden verfestigte Einstellungen und Bilder, die eine Marke mitpragen und in deren Aufbau viel Geld investiert wurde, xiber Bord geworfen. Es handelt sich hier somit um eine Form der Kannibalisierung der Kommunikatioii fiir das eigene Angebot. Beispiele dafur lassen sich aufreihen wie Perlen an einer Schnur. Mit der Dresdner Bank wurde lange Jahre das "griine Band der Sympathie" verbunden (vgl. Abbildung 6). Obwohl sich aus strategischer Sicht die Frage steUt, ob die Sympathie eine geeignete Positionierungsstrategie fiir eine Bank ist (Welche Bank mochte schon unsympathisch wirken?), so bleibt die Integrationswirkung dieser Kommunikation unumstritten: Selbst heute noch wird das grune Band mit der Dresdner Bank assoziiert, obwohl es schon lange nicht mehr in der Kommunikation verwendet wird. Welche weiteren spezifischen Assoziationen verbindet man aber heute mit der Dresdner Bank? "Ariel ist Clementine" war lange Zeit eine erfolgreiche, kontinuierlich verfolgte Positionierungsstrategie fiir diese Waschmittelmarke. Der Prasenter "Clementine" wurde wegen eines intemen "Wearout" abgeschafft und nicht, weil diese Positionierung erfolglos war.
7 Die Liste der Griinde fiir ein solches, strategisch nicht zu rechtfertigendes Verhalten konnte man beliebig fortfiihren. So kann auch eine mangelnde Positionierung und eine Orientierung an kurzfristigen Stromungen dazu fuhren, daB ein permanenter Image-Defizit-Ausgleich mit immer neuen Inhalten in der Kommunikation vorgenommen wird.
10
Abbildung 6:
Dresdner Bank-Werbung 1979: **Mit dem grunen Band der Sympathie"
O
l!|IM.Oi«lrlHlMMiiH«MMMii
•••M»iat*,Ma«««i«M«icliMRttMMi
IN BERUN: BHi
Hi>
ci
to «5 jj^ JC
1
0
o 'c
c
1 1
1 |l !i 1§
(0
c
C
P
o
(0 *N
> o
1
^
m N
11
1
^ 1
1
!
1^
-» -> •^
wie schnell wir etwas wahmehmen, was wir berucksichtigen, wie wir die Infonnationen interpretieren imd was wir als ahnlich bzw. imterschiedlich wahmehmen (Fiske, Taylor, 1991, S. 122).
Neisser behauptet sogar, daB Rezipienten nur hiformationen aufiiehmen, fiir die sie auch Schemata haben, "and willy-nilly ignore the rest" (Neisser, 1976, S. 80). Wenngleich diese extreme Aussage kaum haltbar ist, bleibt unumstritten, daB vorhandene Gedachtnisinhalte sehr wohl die Art und Weise beeinflussen, in der neue Infonnationen aufgenommen und interpretiert werden (vgl. Fiske, Dyer, 1985; Wicks, 1992). Mandl, Friedrich und Hron (1988, S. 127) beschreiben diesen Vorgang trefifend wie folgt: Durch neue Infonnationen werden bestimmte Schemata aktiviert ("bottom-up"-Vorgang). Die aktivierten Schemata bewirken ihrerseits wiederum bestimmte Erwartungen bezugUch der aufeunehmenden Infonnationen ("top-down"-Vorgang). Schemata uben eine selektive Funktion bei der Informationsaufnahme und der Enkodierung der eingehenden Infonnationen aus. Es gilt als gesichert, daB Ereignisse, Objekte oder Konzepte, die ein bestimmtes Schema treffen, eher die Aufinerksamkeit des Rezipienten erhalten und von diesem verarbeitet werden als solche ohne "fit" mit einem Schema (vgl. Marcus, Zajonc, 1985, S. 143; Hill, Radtke, King, 1997). Dabei gilt: Je grofier die Ubereinstimmung eines Schemas mit den eingehenden Informationen, um so einfacher imd automatischer erfolgt die Informationsverarbeitung (vgl. Marcus, Zajonc, 1985, S. 169)'°*. Hier dient das Schema als Rahmen fiir diese Verarbeitung. Mit zunehmender Abweichung eingehender Infonnationen vom Schema wer-
104 Aus dieser Ubereinstimmung zwischen eingehenden Infonnationen und dem Schema ergeben sich auch Konsequenzen fiir die Gedachtnisleistungen, insbesondere auf die Erinnerung bzw. das Wiedererkennen dieser Infonnationen: "Thus, the greater the overlap of the test sentence and the four-proposition sentence schema, the higher the recognition familiarity rating." (Bransford, Franks, 1971; Hastie, 1981, S. 48).
95
den hingegen diese "top-down"-Prozesse zunehmend durch "bottoin-up"-Prozesse erganzt . Wie stark eine Substitution der einen Verarbeitungsprozesse durch die anderen erfolgt, hangt auch vom Involvement der Rezipienten ab (s. Kapitel B.II.3). Diese Erkenntnisse lassen sich weiter dahingehend differenzieren, ob es sich bei den eingehenden Informationen um zentrale (hervorstechende, "salient") oder una periphere Eigenschaften handelt. Zentrale Eigenschaften werden wesentlich schneller als zu einem Schema zugehorig verifiziert als periphere (vgl. Abelson, 1981, S. 718)' ^ So wird beispielsweise der Eiffel-Turm schneller mit Paris assoziiert als der Place de la Concorde. Insbesondere hervorstechende Stimuli aktivieren eher mit ihnen assoziierte Schemata als periphere Stimuli (vgl. Marcus, Zajonc, 1985, S. 167; Taylor et al., 1979; Taylor, Fiske, 1978; Arbib, Conklin, Hill, 1987, S. 12) . Ein solches hervorstechendes Schemaattribut konnte bei einer Braut der Schleier und bei dem Karibikschema eine Pahne sein'°^ Stimmt die Struktur der dargebotenen Informationen nicht mit dem vorhandenen Wissen iiberein, sind die Gedachtnisleistungen fiir diese Informationen schlecht. Solche "Mismatches" konnen auftreten, weil - eingehende Informationen stark von der prototypischen Struktur abweichen oder - es der Person an adaquatem Wissen uber die prototypische Struktur mangelt (vgl. Minsky, 1975; Alba, Hasher, 1983, S. 205). Dies ist nicht zuletzt eine Ursache dafur, warum viele Werbespots nicht korrekt der beworbenen Marke zugeordnet werden konnen.
105 Bei datengetriebenen (bottom-up) und konzeptgetriebenen (top-down) Verarbeitungsprozesse handelt es sich um zwei Endpunkte eines Kontmuums, wobei beide Prozesse mehr oder weniger stark bei der Informationsaufhahme und -verarbeitung involviert sind (vgl. Roediger, Blaxton, 1987, S. 386; Engelkamp, 1991, S. 99). Gerade bei datengetriebenen Prozessen muB das Involvement der Konsumenten jedoch hoher sein. 106 Solche hervorstechenden Reize werden bevorzugt zur Organisation der Wissensstrukturen eingesetzt (vgl. Ostrom, Pryor, Simpson, 1981, S. 13). 107 Die Begriffsabgrenzungen zur "Zentralitat" von Schemaattributen sind uneinheitlich. Nach der hier vertretenen Auffassung soUten zentrale oder hervorstechende Schemaattribute typisch flir ein Schema und distinkt von anderen Schemata sein (vgl. Vaterrodt, 1992). 108 Hervorstechenden Reize werden zum Teil auch als obligatorische Eigenschaften bezeichnet (vgl. Arbib, Conklin, Hill, 1987, S. 12). Darunter versteht man Attribute mit diagnostischem Charakter (Friedman, 1979, S. 325), wie der Schleier fiir eine Braut. Das Interessante an diesen obligatorischen Attributen ist, daB sie zwar als hinreichende, nicht jedoch als notwendige Bedingung fur ein Schema gelten. Nichtobligatorische Attribute sind hingegen Eigenschaften, die weder notwendig noch hinreichend fur ein Schema sind. Z. B. ware bei einer Braut Schmuck ein nicht-obligatorisches Attribut (vgl. Maas, 1994, S. 322).
96
Nicht immer ist die Ubereinstiimniing zwischen neuen Infonnationen und einem Schema perfekt. Generell konnen Schemata allerdings in bestimmten Grenzen Abweichungen tolerieren (vgl. Rumelhart, Ortony, 1977; Marcus, Zajonc, 1985, S. 169). Bei unvoUstandigen ReizkonsteUationen komien fehlende Infonnationen auch aus dem evozierten Schema geschlossen werden (vgl. Smith, Houston, 1985, S. 215). Beispiel: Wenn ein Rezipient im Werbefemsehen einen Femsehspot sieht und dabei den Raum verlaBt, bevor das beworbene Angebot in dem Werbespot auflaucht, so wird er aus dem bis zu diesem Zeitpunkt evozierten Schema auf die beworbene Marke schlieBen. Wiirde es sich um einen Femsehspot fur Beck's Bier handeln, so konnte er die fehlende Information zum Angebot relativ sicher aus dem klaren Markenschema zu Beck's erganzen. Bei weniger eindeutigen Maikenschemata konnen sich hingegen Konfundierungen mit anderen Marken, d. h. Falschzuordnungen zu einem anderen Schema ergeben. Anders verhalt es sich bei der Informationsaufiiahme und -verarbeitung schemainkonsistenter Infonnationen (Fiske, Taylor, 1991, S. 124). Konsumenten benotigen mehr Zeit und kognitive Kapazitaten, um schemainkonsistente Infonnationen zu enkodieren und zu assimilieren (vgl. Behnore, 1987; Fiske, Pavelchak, 1986; Hastie, Kumar, 1979; Srull, 1981; Fiske, Taylor, 1991). Generell kann man jedoch von folgender Beziehung ausgehen: Je weniger Aufmerksamkeit Konsumenten schemainkonsistenten Infonnationen widmen, desto schematischer erfolgt ihre Informationsverarbeitung (vgl. Kapitel 3). Zusammenfassend ist festzuhalten, dafi schemarelevante Infonnationen generell schneller aufgenommen imd verarbeitet werden als schemairrelevante Infonnationen. Ein "Fit" zwischen Informationen und Schema erleichtert den Recall (vgl. Owens, Bower, Black, 1977; Taylor, Crocker, 1981, S. 90).
2.6.
Der Einflufi von Schemata auf Gedachtnis und Gedachtnisleistungen
Die Erinnerung an Informationen ist immer besser, wenn ein Schema bei der Informationsaufiiahme und -verarbeitung verfugbar ist (vgl. Bransford, Johnson, 1972; Smith, Houston, 1985, S. 215). Diese Beziehung zwischen Informationsaufiiahme, -verarbeitung und -speicherung lafit sich wie folgt skizzieren (vgl. Brewer, Treyens, 1981; Brewer, Nakamura, 1984, S. 143 f.):
97
1. Schemata beeinflussen den Grad der Aufinerksamkeit, der einer bestimmten Information gewidmet wird. Dabei wird angenommen, dafi groBere Aufinerksamkeit zu besseren Gedachtnisleistungen fiihrt. 2. Schemata operieren als Gedachtnisrahmen zur Integration neuer episodischer Informationen. 3. Schemata dienen beim Wiederabmf von Informationen zxir Lokalisierung episodischer Informationen im Gedachtnis. 4. Schemata beeinflussen dariiber hinaus, welche gespeicherten Informationen ein Individuum auswahlt, um sie bei einer Gedachtnisaufgabe zu reproduzieren. Schemabezogene Informationen werden generell besser erinnert als Informationen ohne Bezug zu einem Schema (vgl. Brewer, Nakamura, 1984, S. 143; Hastie, 1981; Fiske, Taylor, 1991, S. 126): "one statement seems clear: schemas facilitate memory." (Fiske, Linville, 1980, S. 544) . Dies kann man als Kategorisierungswirkung von Schemata bezeichnen (vgl. Fiske, Taylor, 1991, S. 126). In bezug auf die Gedachtnisleistung werden zentrale Ereignisse Oder Attribute eines Schemas leichter erinnert als irrelevante Informationen (vgl. Bower, Black, Turner, 1979; Smith, Houston, 1985, S. 214). Schemarelevante Informationen konnen in schemakonsistente (schemakongruente) und schemainkonsistente (schemainkongruente) Informationen differenziert werden . Bezogen auf das Brautschema ware eine schemakonsistente Information ein weiBer Schleier imd eine schemainkonsistente Information ein schwarzer Schleier. Dies ist auch auf Angebote iibertragbar: So wiirde man eine helle Fliissigkeit in einer Coca-Cola-Flasche als schemainkonsistent wahmehmen, da Coca-Cola das Schemamerkmal "dunkle Fliissigkeit" vunfaBt. Allgemein werden zum Teil leicht abweichende inkonsistente Informationen besser behalten als konsistente Informationen (vgl. Hastie, Kumar, 1979) . Starker vom Schema abweichende Informationen werden hingegen als imtypisch abgelehnt (Taylor, Crocker, 1981, 5. 100). Diese Ergebnisse sind allerdings nicht immer einheitlich . Gerade bei Recall- und 109 Beispiele aus dem Bereich der kognitiven Psychologic liefera u. a. Bobrow und Norman (1975), Rumelhart und Ortony (1977) odcr Smith (1980). Zu Beispiclcn aus der Sozialpsychologie vgl. Hastie (1980), Fiske und Taylor (1991) odcr Taylor und Crocker (1981). 110 Eine Information wird dann als schemakonsistent bzw. -kongruent bezeichnet, wenn sie innerhalb bestimmter Grenzen den Schemaerwartungen entspricht (vgl. auch Maas, 1994, S. 323). Schemainkongruente (-inkonsistente) Informationen widersprechen hingegen solchen Schemaerwartungen. 111 Nach einer Reanalyse von Studien werden schemakonsistente und schemainkonsistente im Vergleich zu schemaneutralen Informationen am besten erinnert (Fiske, Kinder, 1981, S. 182). 112 Waldmann (1990) gibt in seiner Arbeit einen umfassenden Uberblick iiber solch widerspruchliche Untersuchungsergebnisse. Ihm gelingt es allerdings nicht, den gordischen Knoten zu durchschlagen. Eine abschliefiende Beurteilung zur Wirkung schemakonsistenter im Vergleich zu schemainkonsistenter
98
Recognitionleistungen ergeben sich haufig widerspriichliche Aussagen (vgl. Graesser, Gordon, Sawyer, 1979; Graesser, Woll, Kowalski, Smith, 1980; Hashtroudi et al, 1984). Taylor und Crocker (1981, S. 100) fuhren diese diskrepanten Ergebnisse darauf zuruck, dafi es zu Wechselwirkungen zwischen der Aufmerksamkeit sowie der Verschlusselung und Speicherung der Informationen kommt, wobei diese Faktoren die Aufiiahme und Speichenmg eingehender Infonnationen in gegensatzlicher Weise beeinflussen. So konnen inkonsistente Infonnationen durchaus besser erinnert werden als schemakonsistente Informationen, weil sie die Aufinerksamkeit der Rezipienten auf sich ziehen, andererseits sind sie schwieriger zu enkodieren und mit einem Schema zu speichem und werden demnach auch nicht mit dem schemarelevanten Material erinnert. Welcher der genannten Faktoren starker zum Tragen kommt, hangt auch vom Involvement der Konsumenten ab (vgl. Taylor, Crocker, 1981, S. 100; vgl. Kapitel B.IL3). Schemakonsistente Informationen wurden oft bei Recognitiontests besser erinnert als schemainkonsistente Informationen (vgl. Srull, 1981; Marcus, Zajonc, 1985, S. 156). Schemainkonsistente Informationen schneiden hingegen haufig besser bei Recalltests ab: Hier wird ein Konsument dazu bewegt, das Netzwerk, das er wahrend der Enkodierungsphase aufgebaut hat, zu reproduzieren. Mit den vorhandenen Erwartungen sind inkongruente Reize schwer zu verstehen und verweilen deshalb langer im Arbeitsgedachtnis. Man widmet inkonsistenten Informationen groBere kognitive K^azitaten. Die Enkodierung solcher Reize dauert also langer als die schemakonsistenter Informationen. Wahrend fur letztgenannte eine "Nische" im Schema vorhanden ist, mussen fur schemainkonsistente Infonnationen erst **Nischen" geschaffen werden (vgl. Fiske, Taylor, 1991, S. 129). Die vergleichsweise groBere Zahl von Verknupfungen bei der Enkodierung schemainkonsistenter Infonnationen hat dann unmittelbar EinfluB auf die Gedachtnisleistung. Voraussetzung fur eine groBere Zahl von Verknupfungen fiir schemainkonsistente Stimuli ist u. a., dafi Konsumenten Zeit haben imd dazu motiviert sind, die inkonsistenten Informationen so zu verarbeiten, daB sie sich einen koharenten Eindruck bilden konnen. Nur in solchen Fallen waren Gedachtnisvorteile von schemainkonsistenten Informationen erkennbar (vgl. SmU, 1981; Srull, Wyer, 1989; Wyer, Bodenhausen, Smll, 1984; Wyer, Gordon, 1982; Fiske, Taylor, 1991).
Informationen fallt nicht zuletzt deshalb schwer, weil die Untersuchungen selbst recht unterschiedlich gestaltet waren.
99
Schemata und Interferenzwirkungen Selbst einmal gelemte und gespeicherte Gedachtnisstrukturen zu einem Angebot werden haufig vergessen. Vergessen meint nicht das Loschen von Gedachtnisinhalten , sondem den Verlust der Fahigkeit, diese Informationen aus dem Gedachtnis zu aktivieren (vgl. Anderson, 2001, S. 203). Generell ist zwischen einem nicht mehr moglichen Zugriff auf alte Schemaattribute und einer Zunahme der Zeitdauer fur den Zugriff auf eben diese zu unterscheiden. Selbst wenn ein Zugriff auf iiberlagerte Informationen fiir eine Marke noch moglich sein sollte, kann sich die dafiir notwendige Zugriffszeit erheblich erhohen (vgl. Postman, Kaplan, 1947). Fiir diesen erschwerten Zugriff auf gespeicherte Informationen gibt es zwei Griinde: Zum einen laBt sich der erschwerte Zugriff auf den Zeitabstand zwischen der Speicherung einer Information und dem spateren Versuch eines Informationsabrufs erklaren, zum anderen durch Interferenzwirkungen. Im ersten Fall fallt der Zugriff auf Informationen zu einem bestimmten Angebot mit zunehmendem Zeitabstand immer schwerer. Deshalb sind durch Kommunikation in regehnafiigen Abstanden die Inhalte aufzufiischen, die mit einer Marke verkniipft werden soUen. Dadurch wird das Markenschema gestarkt. Im zweiten Fall erschweren Gedachtnisuberlagerungen den Zugriff" . Aus diesem Grund muB in der Kommunikation darauf geachtet werden, dafi zwischen den eingesetzten Kommunikationsinstrumenten eine Abstimmimg der fur die Marke zu kommunizierenden Inhalte erfolgt. Nach der Interferenztheorie erschweren kiirzlich gelemte Informationen das Auffinden vorab gelemter Informationen (retroactive inhibition) bzw. verhindem vorab gelemte Informationen das Auffinden spater dargebotener Informationen (proactive inhibition) (vgl. Mednick, Pollio, Lofhis, 1977, S. 152; Blackwell, Miniard, Engel, 2000)"^ Es ist weitestgehend bestatigt, daB die retroaktive Interferenz fur bestimmte (gelemte) Schemaattribute mit der Zahl der eingeschalteten neuen Assoziationen zunimmt (vgl. Anderson, Bower, 1974a, S. 472). Ubertragen auf die Markenkommunikation bedeutet dies, daB beispielsweise der Zugriff auf die Eigenschafl "sanft" fiir die Marke Sanso durch die spater vermittelte Eigenschaft "fiisch" erschwert oder verhindert werden kann. Es kommt zu Uberlagerungen beider Eigenschaften fiir die Marke. Je haufiger dabei die letztgenannte Eigenschaft mit der Marke in Verbindung gebracht wird, desto schlechter wird der Zugriff auf die alte Eigenschaft. Mit zunehmender 113 In der kognitiven Psychologic herrscht heute Einigkeit dariiber, daB einmal angelegte Gedachtnisspuren nicht mehr geloscht werden. 114 Nach Postman spielt dabei die Interferenztheorie die bedeutendere Rolle: "Interference Theory occupies an unchallenged position as the major significant analysis of the process of forgetting." 115 In Anlehnung an McGeoch (1932) kann man den Mechanismus, der zu retroaktiven Interferenzen ftihrt, als eine hybride Kombination von "Antwortwettbewerb" und "Nichtlemen" bezeichnen (vgl. auch Anderson, Bower, 1974a, S. 476 f).
100
Zahl der Wiederholungen der letzten Eigenschaft kann man von einem asymptotischen Verlauf der retroaktiven Interferenz ausgehen (vgl. Underwood, 1957; Postman, 1965; Postman, Underwood, 1973; Krauss, 1982)^'^ Dariiber hinaus wurde in Untersuchungen belegt, daB bei gleicher Zahl zwischengeschalteter Assoziationen der Zugriff auf die ursprungliche Assoziation mit zimehmender Zahl imterschiedUcher neuer Assoziationen erschwert wird. Das ist dadurch erklarbar, dafi man fiir die neuen Assoziationen neue Pfade in den Netzwerken im Gedachtnis aufbauen mufite (vgl. Anderson, Bower, 1974a, S. 473). Mit zimehmender Wiederholung der Ursprungsassoziation nimmt hingegen die Resistenz gegen Interferenzen zu (vgl. z. B. Anderson, Bower, 1974; Anderson, 2001). Wiederholte Darbietungen bestimmter Attribute mit einer Marke bewirken den Aufbau eines klaren Markenschemas. Eben dies soil durch die integrierte Kommunikation bewirkt werden. Nach interferenztheoretischen Eikenntnissen erschweren wechselnde Eindrucke imd Inhalte zu einer Marke den Aufbau klarer Schemavorstellungen. Entsprechend schlecht sind dann auch die Gedachtnisleistungen. Durch konsistente Vermittlung von Informationen werden Interferenzen vermieden. Es konnen klare Markenschemata aufgebaut werden mit entsprechend guten Gedachtnisleistungen. In einem solchen Fall ist von einer groBeren Resistenz gegeniiber vom Schema abweichenden neuen Informationen auszugehen.
2.7.
Folgerungen fur die integrierte Kommunikation
Die Positionierung zieh auf die Schaffung klarer Gedachtnisstrukturen fiir Marken bei den Konsumenten ab. Durch integrierte Kommimikation kann sich ein Markenschema schneller bilden imd iiber einen langeren Zeitraimi erhalten werden als bei zersplitterter Kommunikation. Folgende Erkenntnisse der Schematheorie sind dabei fur die integrierte Kommunikation von besonderer Bedeutung: 1. Der Aufbau von Markenschemata braucht Zeit. Die Bildung von Markenschemata erfolgt meist iiber den Prozefi der Schemainduktion. Voraussetzung fur den Aufbau von Markenschemata ist die konsistente Vermittlung von Schemaattributen. Genau darauf zielt die integrierte Kommunikation ab.
116 Zu ersten Untersuchungen von Interferenzwirkungen in der Werbung vgl. McKinney (1935) und Blankenship,Whitely(1941).
101
2. Markenschemata dienen als Rahmen fiir die Informationsaufnahme und -verarbeitung. Sie iiben eine Selektionsfunktion bei der Informationsaufnahme aus. Nur schemarelevante Infomiationen werden aufgenommen. DaB die neuen Informationen mit den vorhandenen Schemastrukturen iibereinstimmen, soil durch die integrierte Kommunikation eraioglicht werden. 3. Der "Fit" neuer Information mit vorhandenen Scliemastrukturen fiir eine Marke erleichtert die Informationsaufnahme und -verarbeitung. Diese erfolgt dann mehr oder weniger automatisch. Die Gewahrleistung eines solchen "Fits" durch die Integration der Kommunikation ist imter den herrschenden Markt- und Kommunikationsbedingungen besonders wichtig, da Konsumenten der Aufiiahme von Werbung nur wenig Zeit widmen (vgl.KapitelB.II.3.2). 4. Zentrale £igenschaften sind zur Wahmehmung eines "Fits" besonders wichtig. Deshalb miissen bei der integrierten Kommxmikation die zentralen Inhalte imd die Art der Vermittlung dieser Inhalte zur Abstimmung der Kommunikation untereinander und mit dem vorhandenen Markenschema festgelegt werden. 5. Eine mangelnde Ubereinstimmung zwischen den Schemavorstellungen zur Marke und neuen Informationen fiihren zu "mismatches". Dies ist bei zersplitterter Kommunikation der Fall. Hier wird entweder kein Markenschema angesprochen, oder es kommt zu Interferenzen zwischen alten imd neuen Informationen. 6. Mit zunehmender Zeitdauer werden Markenschemata reichhaltiger, komplexer und besser organisiert. Dies setzt allerdings eine Abstimmung der kommunikativen Mafinahmen voraus, damit sich im Zeitablauf ein vorhandenes Markenschema vertiefen kann. 7. Starke und weit entwickelte Markenschemata sind schwierig zu verandem. Sie sind besonders resistent gegen Beeinflussung. Der Aufbau starker Markensschemata ist somit Ziel und Ergebnis von PositionierungsmaBnahmen. Damit es zur Entwicklung solch starker Markenschemata kommt, sind zwei Voraussetzungen zu erfiillen. Zum einen darf es nicht zu standigen Wechsehi bei der angestrebten Positionierung kommen, imd zum anderen muB die Positionierung integriert durch alle Kommimikationsinstrumente und im Zeitablauf vermittelt werden. 8. Damit Markenschemata Verhaltenswirkungen erzielen konnen, ist die zeitliche Stabilitat der Schemata eine notwendige Voraussetzung. Diese zeitliche Stabilitat wird durch integrierte Kommunikation sichergestellt. 9. Schemarelevante Informationen werden besser erinnert als schemairrelevante Informationen. Damit Marken in den Entscheidimgsphasen vor einem Kauf imd beim Kauf berucksichtigt werden, miissen diese einen klaren Bezug zur jeweiligen Produktkategorie aufweisen, aber auch klare eigene Schemavorstellungen auslosen, auf die Konsumenten in solchen Situationen zuruckgreifen konnen.
102
Diese Erkenntnisse sind umnittelbar auf MaBnahmen zur Integration der Kommunikation ubertragbar. Andere Aspekte bedurfen hingegen marketingspezifischer Modifikationen und Erweiterungen, bei denen auch Positionienmgsuberlegungen mit einbezogen werden mussen. Aus der Marketingperspektive ist zu bemcksichtigen, daB 1. Konsumenten uber eine Vielzahl von Produkt- xind Markenschemata verfugen, auf die sie bei der Aufiiahme von Kommunikation zuruckgreifen konnen; 2. das jeweils relevante Markenschema beim Werbekontakt zunachst nicht aktiviert, d. h. unmittelbar verfugbar ist; 3. Interferenzen durch andere Kommunikationsmittel und durch das Kommunikationsumfeld die Speichening von Informationen fur eine Marke erschweren; 4. schemainkongruente Reize zwar zur Positionienmg dienen konnen, der integrierten Kommunikation allerdings abtraglich sind; 5. Produkt- und Markenschemata mehr oder weniger starke Uberschneidungen untereinander aufweisen konnen (= Eigenstandigkeit des Markenschemas); 6. Starke Markenschemata notwendige RepositionierungsmaBnahmen erschweren. Auf diese Punkte wird im folgenden eingegangen. Zu 1: Produkt- und Markenschemata Konsumenten verfiigen iiber viele Produkt- imd Markenschemata, die mehr oder weniger stark ausgepragt sein konnen. Diese Produkt- und Markenschemata wurden jeweils iiber einen unterschiedUch langen Zeitraum - entweder durch Kommunikation und/oder durch unmittelbare Erfahrung mit den Produkten und Marken - gebildet. Beispiel: Konsumenten verfugen uber ein klares Produktschema zu Zigaretten. Solche Schemavorstellungen imifassen Aspekte wie den Nikotingehalt von Zigaretten, das Aussehen von Zigaretten, imterschiedliche Produktsubkategorien (z. B. leichte Zigaretten, lange Zigaretten, filterlose Zigaretten usw.), einzebie Marken usw. Dariiber hinaus verfugen sie auch iiber Markenschemata von verschiedenen Zigarettenmarken: Mit Marlboro verbinden Konsumenten beispielsweise verfestigte Schemavorstellungen wie "Freiheit und Abenteuer", den "Marlboro-Cowboy", den "Wilden Westen" usw. Andere Marken wie Emte oder HE verfugen hingegen eher iiber diffuse Schemavorstellungen. Es ist plausibel, daB die Struktur der Schemavorstellungen, die Konsumenten von Produktbereichen imd Marken haben, EinfluB auf die Wahmehmung von Integrationsbemiihungen der Marken nimmt. Dabei gilt: Je weniger verfestigt ein Markenschema ist, desto schwieriger wird die Zuordnung einer Werbung zur Marke. Deshalb muB gerade bei neuen und jungen Marken auf eine groBtmogliche Kongruenz neuer - durch die Kommunikation vermittelter - Informationen
103
mit vorhandenen Informationen geachtet werden. Je verfestigter ein Markenschema ist, desto eher konnen leichte Abweichungen vom vorhandenen Schema erfolgen. Voraussetzung dafur ist, dafi bestimmte schemakonstituierende Elemente beibehalten werden. So gehen die Marlboro-Adventure-Tours einerseits zwar iiber die Cowboyweh von Marlboro hinaus, umfassen andererseits hingegen wiederum typische Elemente dieser Marlboro-Welt, z. B. typische Farbcodes oder Landschaftsbilder. Fiir das verfestigte Marlboro-Schema stellt diese Form der kurzfristigen Aktualisierung eines Events, das in Teilen von dem Markenschema abweicht, kein Problem dar. Zu 2: Markenschema beim Werbekontakt In Abhangigkeit von dem bei der Informationsaufiiahme aktivierten Schema werden ganz unterschiedliche Informationen aufgenommen und verarbeitet. In den Untersuchungen wurden die Schemata zur Beurteilung eingehender Informationen durch entsprechende Manipulationen der Probanden kiinstlich evoziert. In der Kommunikationspraxis kann hingegen nicht davon ausgegangen werden, daB zum Zeitpunkt der Informationsaufiiahme das Schema fur die beworbene Marke aktiviert ist. Vielmehr ist zu erwarten, daB im allgemeinen weder ein Produkt- noch ein Markenschema aktiviert ist. Die Konsumenten sind schlieBlich primar an redaktionellen Inhalten des jeweiligen Mediums und weniger an der darin geschalteten Werbung interessiert. Weil zunachst kein Markenschema als Rahmen fiir die Aufnahme der Kommunikation verfiigbar ist, erhohen sich Anforderungen an die Abstimmung der Kommunikation mit einem vorhandenen Schema. Es muB sichergestellt werden, daB durch die Kommunikation der Zugriff auf das eigene Markenschema moglich wird. Welche integrativen MaBnahmen hierzu ergrififen werden miissen, hangt wesentlich von den Markt- und Kommunikationsbedingungen und dem Involvement der Konsumenten ab. Darauf wird noch naher in den beiden folgenden Kapitebi eingegangen. Zu 3: Schemata, Interferenzen und integrierte Kommunikation Die Uberlagenmgen gelemter Informationen gewinnen unter den heutigen Markt- imd Kommunikationsbedingungen zvinehmend an Bedeutung. Generell kann man zwischen folgenden Interferenzen fiir Angebote unterscheiden (Abbildung 38): 1. Interferenzen zwischen Informationen fiir eine Marke und Umfeldinformationen; 2. intermarkenspezifische Interferenzen; 3. intramarkenspezifische Interferenzen.
104
Abbildung 38: Klassifikation mdglicher Interferenzen zur Werbung fur eine Marke
Interferenzen fur eine Marke
1
X Interferenzen zwischen Marken- und Umfeldinfomiationen
Interferenzen zwischen Markenlnfomfiatlonen selbst
X
X
Interferenzen durch das redaktionelle Umfeld
Interferenzen durch andere Marken
1 Interferenzen durch Marken aus anderen Produklbranchen
Interferenzen durch Konkurrenzmarken
Zu 1: Interferenzen zwischen Markeninformationen und Umfeldinformationen Kraus konnte bereits 1982 die negativen Auswirkungen von Gedachtnisuberlagerungen durch das Kommunikationsumfeld fur Marken auf die Erinnenmg an die Markenwerbung nachweisen. Verstarkt werden inhaltliche Interferenzen zwischen der Marke und dem redaktionellen Umfeld wegen Verwendung ahnlicher bildlicher und sprachlicher Aussagen. So werden in der Zeitschrift "Auto, Motor und Sport" im redaktionellen Teil wie in den Werbeanzeigen fiir Automobile PKWs ahnlich dargestellt (z. B. auf StraBen in schoner Landschaft) und vergleichbare Inhalte (etwa zur Sicherheit der Fahrzeuge) vermittelt. Die dadurch gefordertem Interferenzen haben zwar negative Auswirkungen auf die Erinnenmg an die Markenwerbung, es ist jedoch kein integrationsspezifisches Problem. Zu 2: Intermarkenspezifische Interferenzen Intermarkenspezifischen Interferenzen kennzeichnen Interferenzen zwischen Kommimikationsinhalten fur verschiedene Marken. Durch den zunehmenden Werbedruck werden sich diese Interferenzwirkungen kunftig verstarken. AufschluBreiche Untersuchungen liegen zur Femsehwerbung unter dem Stichwort "clutter" vor (vgl. Lorson, 1992; Webb, 1979; Webb, Ray, 1979; Kent, 1993; Speck, Elliot, 1997; Ha, Litman, 1997). Bei intermarkenspezifischen
105
Interferenzen kaiin man wiederum solche zwischen verschiedenen Produktbereichen iind solche iimerhalb eines bestimmten Produktbereiches unterscheiden. Die hieraus resultierenden Interferenzwirkungen sind hinreichend bekannt. Klassisches Beispiel dafur sind das Erinnem von Anzeigen- bzw. Femsehspotelementen, ohne diese bestimmten Marken zuordnen zu konnen bzw. bei denen eine Zuordnung zu falschen Marken erfolgt (vgl. Bunk, 1991, S. 40). Typisch ist auch die Wiedergabe von Eigenschaften, die fiir eine bestimmte Marke nicht zutreffen, sondem Attribute eines iibergeordneten Produktschemas oder eines anderen Markenschemas widerspiegeln. Aufgrund solcher Interferenzen werden demnach verschiedene inhaltliche oder formale Gestaltungsmerkmale der Kommunikation verschiedenen Marken zugeordnet. Im erstgenannten Fall zwischen verschiedenen Produktbereichen kann man von Interferenzen aufgrund von stereotypen Gestaltungen und Aussagen sprechen. Typisches Beispiel sind die strahlenden Menschen und Parchen, die fiir Bier, Schuhe, Snacks oder ahnliche Produkte werben. Im letztgenannten Fall handelt es sich um ein Positionierungsproblem sowie ein Problem der Umsetzung einer solchen Positionierung. Dies ware typischerweise der Fall, wenn mehrere Pkw-Hersteller die Sicherheit ihrer Automobile durch Darstellung von Airbags betonen wiirden. Daraus ergeben sich auch Konsequenzen fur die Wirksamkeit integrativer Mafinahmen. Unabhangig von den eingesetzten Mittehi zur Integration wird dadurch der Aufbau einer klaren Positionierung und die Erinnerung an die Werbung erschwert. Umgekehrt bewirken eine klare Positionierung und eine integrierte Kommunikation eine Verringerung der Interferenzwirkung bei gegebenem Kommunikationsdruck der Wettbewerber. Zu 3: Intramarkenspezifische Interferenzen Hier kommt es zu Interferenzen fiir ein und dieselbe Marke aufgrund der Vermittlung unterschiedlicher Kommunikationsinhalte. Diese Form der Interferenz betrifft die integrierte Kommunikation. Intramarkenspezifische Interferenzen konnen durch strategische imd sozialtechnische MaBnahmen zur Integration der Kommunikation ausgeschaltet werden. Standig wechselnde sprachliche und bildliche Kommunikationsinhalte fiir ein Angebot fiihren zu Gedachtnisuberlagerungen, die man als KannibaUsierung der Kommunikation fur das eigene Angebot mit negativen Auswirkungen auf die Gedachtnisleistungen fiir Angebote auffassen kann. Diese intramarkenspezifischen Interferenzen verhindern bei neuen Marken oder solchen Marken, zu denen keine klaren Schemavorstellungen existieren, den Aufbau klarer Markenschemata. Bei Marken, zu denen bereits klare Schemata existieren, fiihren sie langfiistig zu einer Schemaverwasserung oder -schwachung.
106
In der Werbung lassen sich dafur viele Beispielen aufiuhren. So gelingt es vielen Marken aufgnmd haufig wechselnder Positioniemngen mit unterschiedlichen Aussagen und Kommunikationsauftritten nicht, klare Schemavorstellungen zur Marke aufzubauen. Besonders eindmcksvoll zeigt sich allerdings die Interferenzwirkimg bei solchen Marken, bei denen die Konsumenten uber klare Gedachtnisstrukturen verfugten: In diesen Fallen kann man von proaktiven Interferenzwiikungen sprechen, da vorhandene Schemata die neu vermittelten Informationen zur Marke lange Zeit uberlagem: So wurde mit der Waschmittehnarke Ariel noch lange Jahre die "Clementine", eine kontinuieriich eingesetzte Prasenterin, assoziiert, obwohl diese nicht mehr in der Kommunikation zum Einsatz kam. Das gleiche gilt fur "das griine Band der Sympathie" der Dresdner Bank, das zu Beginn der achtziger Jahre aus der Kommunikation eliminiert wurde, oder das "HB-Mannchen", das seit dem Werbeverbot fur Zigaretten im Femsehen eingemottet wurde. Seit dieser Zeit gilt HB als sterbender Riese im Zigarettenmarkt (vgl. Nonmiensen, 1990)*^^ Zu 4: Positioiiierung, integrierte Kommunikation und Verwendung schemainkonsistenter Informationen Aus theoretischer Sicht ist strittig, ob schemakonsistente oder -inkonsistente Informationen Vorteile in bezug auf Informationsaufiiahme und -verarbeitung sowie auf Gedachtnisleistungen haben. Tendenzaussagen lassen sich erst bei Berucksichtigung weiterer EinfluBgroBen, z. B. dem Involvement (s. Kapitel B.n.3), treffen. Fiir die Anwendimg im Marketing kann man hierzu hingegen klare Annahmen treffen. Die Wirkung schemakongmenter bzw. -inkongruenter Informationen soil hier zweistufig, bezogen auf die Positionierung und die integrierte Kommimikation, erortert werden. Positionierung und schemainkongruente Reize: Die Verwendung schemainkongruenter Reize kann als eine Strategic zur Positionierung einer Marke betrachtet werden. Zwei grundlegende EinsatzmogUchkeiten lassen sich hier unterscheiden:
117 Neben den hier genannten Interferenzarten aus marketingorientierter Sicht kann man noch eine weitere Form der Interferenz, die selektive oder modalitatsspezifische Interferenz nennen (vgl. Krauss, 1982, S. 43). Sie bezieht sich auf spezielle Interferenzwirkungen innerhalb ein- und derselben Modalitat, beispielsweise den Interferenzen zwischen Bildem oder zwischen Sprache. Dieser letztgenannte Aspekt betrifft auch die Frage der Abstimmung von einzelnen Werbeelementen, etwa die Abstimmung von Sprache mit Gerauschen (Framing) oder von Sprache, Musik und/oder Gerauschen.
107
1. die Verknupflmg eines voUstandig neuen schemainkongruenten Attributes mit einer Marke. 2. die Verwendung eines schemainkongruenten Details bei gleicher Positionierung wie die Konkurrenz. Zu 1: Verkniipfung eines schemainkongruenten Attributes mit einer Marke Meyers-Levy und Tybout (1989) gingen in einem Experiment der Frage nach, welche Wirkung die Verwendung schemainkongruenter Attribute im Vergleich zur Verwendung schemakongruenter Produktattribute auf die Beurteilung der jeweiligen Marken hat (vgl. Abbildung 39). Sie stellten fest, dafi Produkte mit moderaten Abweichungen einer Produkteigenschaft von der Produktkategorie besser bewertet werden als Produkte, die ausschlieBlich mit dem Produktschema ubereinstimmende Schemaattribute aufweisen. Als moderate schemainkongruente Produkteigenschaften bezeichnen Meyers-Levy und Tybout solche Attribute, deren Inkonsistenzen mit einem vorhandenen Produktschemata man losen kann, ohne daB es zu fimdamentalen Anderungen der kognitiven Strukturen bei den Konsumenten kommt (vgl. Meyers-Levy, Tybout, 1989, S. 40)'^^ Wurde man beispielsweise einen Soft Drink mit der neuen schemainkongruenten Eigenschaft "natiirhch" entwickeln, so konnte hier eine Auflosung der Schemainkongmenz derart erfolgen, daB - diese Eigenschaft in das vorhandene Schema assimiliert wird ("Ein neuer, anderer Soft Drink"), - durch ein Subtyping eine neue Unterkategorie gebildet wird ("Es ist ein Soft Drink, allerdings ohne Konservierungsstoffe") oder - es zur Aktivierung eines Altemativschemas kommt ("Es ist kein Soft Drink, sondem ein Fruchtsaft") (vgl. Meyers-Levy, Tybout, 1989, S. 40). Die Verwendung eines mit einer Produktgruppe schemainkongruenten Attributes ist also ein probates Mittel zur Positionierung einer Marke. Die integrativen MaBnahmen im Bereich der Kommimikation miissen sich dann jedoch auf dieses Attribut beziehen, damit es durch konsistente Vermittlung mit der j eweiligen Marke gespeichert wird.
118 Heckler und Childers (1992) fiihren aufgrund ihrer Untersuchungsergebnisse zur Wirkung der Inkongruenz verbaler und nonverbaler Werbeinformationen auf die Gedachtnisleistungen eine weitere wichtige Differenzierung ein: Sie unterscheiden zwischen inkongruenten Informationen, die fur die Konsumenten unerwartet, aber von Relevanz sind und solchen, die unerwartet und irrelevant sind (vgl. Heckler, Childers, 1992, S. 491). Vor allem bei den relevanten inkongruenten Informationen konnten sie bessere Erinnerungswirkungen feststellen.
108
Abbildung 39: Beispiel fur ein Getrankeschema mit (moderaten) Schemainkongru-
A HYPOTHETICAL BEVERAGE HIERACHY
^
Superlordinate Level
BEVERAGE
L^ [Good with Food J
1 Liquid 1 [Thirst QuenchlngI
Carbonated Basic Level
Cola
^
\^y
_
Fruit | X ^
^
SOFT DRINK
FRUIT JUICE j ^ Preservatives [Slightly Sweet)
[slightly S w e ^
Unusual [
Superordinate Level
^ \ . Nutritious I
Artificial Sweetener
ALL NATURAL SOFT DRINK
DIET COLA
x:
Healthy
I Unhealthy [
Orange i
5J
Florida [
ORANGE JUICE
X
All Natural
[Breakfast I
HIGH PRESERVATIVE FRUIT JUICE Artificial taste
Stores well
Quelle: Meyers-Levy, Tybout, 1989, S. 42.
Beispiel: Fruher nmfaBte das Produktschema "Reinigungsmittel" nicht die Attribute '*Naturlichkeit" und "Umweltfreundlichkeit". Aufgmnd der sMnehmenden Umweltsensibilisiening der Konsximenten konnte dieses Attribut, das zunachst ein schemainkonsistentes Attribut darstellte, jedoch von der Marke Frosch erfolgreich mit der Marke selbst und mit dem Produktschema "Reinigungsmittel" verkniipft werden. Aus Positionierungs- und Integrationsiiberiegungen versteht sich von selbst, daB Frosch auf dieser Positionierungseigenschaft beharren und die NaturUchkeit konsistent durch Verpackung und andere Kommunikationsinstrumente vermitteln mufi.
109
Zu 2: Verwendung schemainkongruenter Details bei gleicher Positionierung wie die Konkurrenz Verfolgen mehrere Marken einer Produktgruppe die gleiche Positionierung, kann die Verwendung schemainkongruenter Details bei der Umsetzung der Positionierung fur die Wahmehmung einer eigenstandigen Position aus Zielgruppensicht ausreichen. Beispiel: Bei Verfolgung gleicher Positionierungskonzepte durch verschiedene Biermarken -wie "Frische" und "maritime Welt" - und einer ahnlichen Umsetzung dieser Positionierungskonzepte durch Bilder von Meeren mit Schiffen kann eine leichte Schemainkongruenz, d. h. eine Abweichung vom Schema, eine eigenstandige Positionierung in der subjektiven Wahmehmung der Konsumenten bewirken (vgl. Kroeber-Riel, 1993b, S. 153, 208). So wurde das "griine Schiff' von Beck's (vgl. Abbildung 40) aufgrund seiner grunen Segel zunachst als schemainkongment empfunden (Segel von Segelschiffen sind typischerweise weiB). Dies hat zur Abgrenzung von der Konkurrenz beigetragen . Dieses zeigt die Bedeutung der Umsetzung fur eine erfolgreiche Positionierung. Ob eine Positionierung als eigenstandig wahrgenommen wird, hangt vor allem von deren Umsetzung ab. Hier konnen selbst kleine unterscheidbare Details die Wahmehmung der Eigenstandigkeit beeinflussen. Allerdings miissen MaBnahmen zur integrierten Kommunikation an diesem Umsetzungsdetail ansetzen imd dieses kontinuierlich als Integrationsklammer in der Kommunikation nutzen. Integrierte Kommunikation und schemainkongruente Reize: Was fur die Realisation einer eigenstandigen Positioniemng eine zweckmaBige Strategic darstellt, ist fiir die integrierte Kommunikation zum Aufbau klarer Markenschemata anders zu bewerten.
119 Maas (1994, S. 328) bezeichnet solche MaBnahmen als Verfremdungstechniken von Schemata. Dadurch soil eine - im Vergleich zu dem nicht verfremdeten Schema - erhohte Aufmerksamkeitsleistung und entsprechend eine bessere Einpragsamkeit gewahrleistet werden. Als Verfremdungstechniken schlagt Maas - die Veranderung von Farbe, Form, GroBe und Anordnung der Bildelemente sowie des Stils, - die Reduzierung um einzelne Bildelemente sowie - das Hinzufugen von Bildelementen vor (Maas, 1994, S. 328). Kroeber-Riel (1993b, S. 210 f.) nennt in Anlehnung an Wolf (1988) noch weitere Moglichkeiten zur Unterstiitzung der Suche nach unterscheidbaren Bilddetails.
110
Abbildung40: Das grune Schiff von Beck*s: Eigenstandigkeit und Integration der Kommunikation durch ein unterscheidbares Detail
Schemainkongruente Reize fuhren allgemein zu einer starkeren Aktivienmg der Konsumenten, sie sind unerwartet . Deshalb widmet man ihnen mehr Aufinerksamkeit, sie werden intensiver verarbeitet und entsprechend besser gespeichert. Genau dies ist allerdings unter den herrschenden Markt- und Kommunikationsbedingungen anzuzweifeln: Eine Schemainkonsistenz kann nur dann empfunden werden, wenn durch den jeweiligen Reiz auch das entsprechende Markenschema aktiviert wird. Da das Markenschema zum Zeitpunkt der Infonnationsaufiiahme allerdings kaum aktiviert ist, muB erst durch die Kommunikation das entsprechende Schema aufgerufen werden. Da aber nicht nur ein Markenschema verfugbar ist, konnen auch andere Maiken- oder Produktschemata aktiviert werden, die zu den dargebotenen Informationen passen, mit diesen kongruent sind. Deshalb ist hier eine 120 Dies laBt sich auch aktivierungstheoretisch erklaren: Es handelt sich um sogenannte iiberraschende Reize, die gegen Wahmehmungserwartungen verstoBen (vgl. Berlyne, 1974; Kroeber-Riel, 1992a, 1993a).
Ill
Fehlzuordnung der Kommunikation zu anderen Marken und Produkte zu erwarten. In der Kommunikation soUten deshalb zur Starkung der Markenpositionierung nur schemakongruente Informationen vermittelt werden. Zu 5: Eigenstandigkeit von Markenschemata Aus strategischer Sicht ist die Eigenstandigkeit des Markenauftritts von herausragender Bedeutung, d. h. dafi das Markenschema weder identisch mit dem hierarchisch iibergeordneten Produktschema noch mit anderen Konkurrenzschemata sein sollte. Ist das Markenschema hingegen austauschbar, d. h. geht es in der Prodnktkategorie auf oder entspricht es Schemata von Konkurrenzmarken, tritt unter den herrschenden Kommimikationsbedingungen der Fail ein, den man mit "best guess" umschreiben kann (vgl. Venkatraman, Villareal, 1984, S. 355; Taylor, Crocker, 1981). Werden in der Werbung - z. B. in Femsehspots austauschbare Szenen gezeigt und von den Konsumenten nicht alle Informationen aufgenommen (z. B. die Marke), so werden die fehlenden Daten mittels Schatzung erganzt: Man greift auf das Schema zuriick, das am schnellsten mit den bruchstiickhaft aufgenommenen Informationen verbunden werden kann. Gerade bei austauschbarer Werbimg kann dies bedeuten, daU man entweder die Werbung nur dem Produktschema zuordnen kann oder dem Konkurrenten, der die starkste Verbindung zu diesem Schema aufweist (etwa aufgrund des Werbedrucks oder der kontinuierlichen Vermittlung dieses Schemas). Entscheidend beim AufRillen fehlender Werte ist, daB eine Obereinstimmung zwischen den neuen Informationen und dem jeweiUgen Schema gegeben ist (vgl. Spiro, 1977; Loftus, Palmer, 1974; Cantor, Mischel, 1977). Daraus lassen sich folgende Erkenntnisse fur die integrierte Kommunikation ableiten: 1. Die Wahmehmung einer Integration wird durch eine mangehide Eigenstandigkeit der Umsetzung der Markenpositionierung erschwert. 2. Wurde durch integrierte Kommunikation ein klares Markenschema aufgebaut, kann selbst dann eine beworbene Marke erinnert werden, wenn aufgrund sozialtechnischer Gestaltungsmangel der Werbung die Marke kaum wahrgenommen werden kann. Deshalb konnte Marlboro heute in Anzeigensujets zum Teil auf die Abbildimg der Verpackung und des Markennamens verzichten, weil die meisten Konsumenten automatisch bei der Darbietung einer Cowboywelt auf Marlboro schlieBen. Die wahmehmbare eigenstandige und integrierte Umsetzung eines Positionierungskonzeptes kann somit als Immunisierungsstrategie gegeniiber Konkurrenzmarken aufgefaBt werden. Ist erst einmal ein klares Markenschema aufgebaut, starken Imitationsstrategien der Konkurrenz eher die eigene Marke, statt diese zu schwachen. So profitierte Marlboro in den
112
achtziger Jahren von der Imitationsstrategie der Marke West durch Marktanteilszuwachse, wahrend sich bei West nicht der erhofite "Imitationserfolg" einstellte. Zu 6: Schemata iind Repositionierungen Der Aufbau starker Marken durch integrierte Kommunikation ist bei einer gegebenen Positioniening vorteilhaft: Personen verfugen uber klare, stabile und gegen Beeinflussung resistente Gedachtnisstrukturen zur Marke, die praferenzbildend wirken. Sofem die mit diesen Schemavorstellungen verbundene Markenpositioniemng ffir die Konsumenten relevant ist, kann aus den Integrationsmafinahmen ein entsprechend markentreues Verhalten resultieren. Die Zielgmppe kennt die vennittelten infonnativen und/oder emotionalen Vorziige der Marke, die zum Vertrauen in die Marke und zu einem hohen Markenwert fuhren. Es ware deninach aus strategischer Sicht nicht ratsam, die Positionierung wesentlich zu verandem, da damit der Aufbau neuer Schemavorstellimgen zur Marke verbunden ware. Sind jedoch aufgrund sich andemder Markt- und Kommunikationsbedingungen Repositionierungen erforderlich, z. B. weil sich - die Bediirfiiisse und Wunsche der relevanten Zielgruppe(n) und demnach auch die Einstellung gegenuber der Marke im Laufe der Zeit verandert haben oder - neue Konkurrenzangebote eingefuhrt wurden oder ein verandertes Konkurrenzverhalten feststellbar ist, so stellen gerade vorhandene und starke Schemata eine wesentliche Hurde fur die Neupositionierung einer Marke dar \ In einem solchen Fall ist mit starken proaktiven Interferenzen zu rechnen. Die vorhandenen Gedachtnisstrukturen uberlagem zunachst die neu zu lemenden Positionierungsinhalte fur eine Marke. Je starker demnach die Repositionierung von der ursprunglichen Positionierung abweicht, desto schwieriger wird der Aufbau neuer Gedachtnisstrukturen zur Marice. Deshalb mussen gerade in der Anfangsphase einer Repositionierung die finanziellen Mittel zur Kommunikation massiv eingesetzt werden. Daruber hinaus mussen die Klammem zur Integration besonders stark sein, damit moglichst schnell die neuen Positionierungsinhalte die alten Gedachtnisinhalte verdrangen konnen. Gerade die benotigte Zeit zur Veranderung vorhandener Markenschemata wird haufig unterschatzt. Durch die Integration der kommunikativen MaBnahmen wird dieser ProzeB zwar schneller ablaufen als bei zersplitterter Kommunikation. Die Ubergangsphase von einer Po121 Hier wurden nur beispielhaft zwei wesentliche Griinde ftir Repositionierungen genannt. Einen umfassenderen Uberblick iiber EinfluBfaktoren, die Repositionierungen bewirken konnen, gibt Wind (1982, S. 530 f.). Zu den typischerweise bei solchen Repositionierungen auftretenden Problemen vgl. Wind (1990, S.31,32).
113
sitionienmg zu einer neuen oder modifizierten Positionierung ist allerdings immer gekennzeichnet durch konkurrierende alte und neue Gedachttiisinhalte und Images. Demzufolge ist es nur logisch, daB es in einer Ubergangsphase aufgrund diffiiser und sich uberlagemder Gedachtnisinhalte zu nicht unerheblichen Marktanteilsmckgangen kommen kann. Orientiert man sich in diesen Fallen nur an okonomischen GroBen wie Marktanteilen, sind Fehlentscheidungen, z. B. ein standiger Wechsel der Positionierung aufgrund mangelnden Erfolgs der veranderten Positionierung, vorprogrammiert. Auf ein prozeBbegleitendes verhaltenswissenschaftliches Controlling der Repositionierungsmafinahmen durch Messung von Veranderungen der Markenschemata kann deshalb nicht verzichtet werden.
114
3.
Modifikation des Grundkonzeptes durch die Theorie zum Involvement
3.1.
Zur Beziehung zwischen Involvement und Schemata
Bislang wurden Aufbau, Modifikation und Zugrifif auf Schemata fur Angebote unabhangig vom Interesse und Engagement beschrieben, das die Konsumenten der Kommunikation entgegenbringen. Die herangezogenen Erkenntnisse zu Schemata stammen jedoch meist aus Untersuchimgen, bei denen die Probanden den in der Testsituation dargebotenen Infomiationen Interesse entgegenbrachten. Diese Untersuchimgen spiegehi somit ein Konsumentenbild wider, von dem man auch lange Zeit in der Kommunikationsforschung ausging: dem Leitbild des rationalen, aktiv nach Informationen suchenden Konsumenten, der den angebotenen Produkten groBes Interesse entgegenbringt . Von diesem Konsimientenbild hat man mitderweile Abstand genommen. Mitte der sechziger Jahre stellte Kmgman (1965) das Leitbild des rationalen Konsumenten zu Recht kritisch in Frage. Er stellte in einer Untersuchung zu Femsehspots fest, daB deren Inhalte passiv und mit geringem Involvement gelemt wurden^^\ Heute ist das Involvement ein zentraler Begriff der Werbewirkungsforschung. Das Involvement der Konsiraienten zum Zeitpunkt der Aufiiahme von Werbung hat wichtige Konsequenzen fur die Gestaltung der integrierten Kommunikation. Unter dem Involvement oder der Ich-Beteiligung versteht man die Bereitschafl eines Konsxmienten, sich fiir etwas zu engagieren oder sich mit einem Gegenstand auseinanderzusetzen (vgl. Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 143; Jeck-Schlottmann, 1987, S. 68)'''. Es ist einleuchtend, daB Bildung, Modifikation und Ruckgriff auf Schemata fiir Angebote auch wesentUch von dem Involvement abhangen, das die Konsumenten der Kommunikation fur Angebote entgegenbringen. Folgende zusammengefaBten Ergebnisse verschiedener empirischer Untersuchungen zur Schematheorie verdeutlichen dies eindrucksvoU:
122 Die Beeinflussungsstratcgicn der Werbung wurden auf dieses Konsumentenbild abgestimmt. Beispiele daftir sind die Untersuchungen zum Argumentationsstil der Werbimg (wie zur ein- bzw. zweiseitigen Argumentation), zur Glaubwurdigkeit der Werbung (der Werbebotschaft cxier des Absenders), zur Relevanz sachlicher Produktinformationen usw. (vgl. u. a. Kroebcr-Riel, Meyer-Hentschel, 1982). 123 Zwar wurde bereits 1947 von Sherif und Cantril der Begriff "Ego-Involvement" als sozialpsychologische Variable in ihrem Buch "The Psychology of Ego Involvement" gepragt, der Durchbruch der InvolvementTheorie gelang allerdings erst durch Krugman's Artikel (vgl. Ray, 1979, S. 197). 124 Das Involvement kann man auch als Grad der Aktiviemng eines Konsumenten auffassen (vgl. McQuarrie, Munson, 1987; Rothschild, 1984; Mitchell, 1979; Mittal, 1989b; Higie, Feick, 1989).
115
- Schemainkongruente Informationen werden nur bei starkem Involvement besser verarbeitet und gespeichert als schemakongruente Informationen. Dies ist darauf zimickzufuhren, dafi stark involvierte Konsumenten mit hoherer Verarbeitungstiefe schemainkongruente Informationen verarbeiten (vgl. Hastie, 1981; Marcus, Zajonc, 1985, S. 156; SruU, 1981). - Stark involvierte Personen sowie Experten konnen sich leichter relevante Schemata ins BewuBtsein rufen als Nicht-Experten bzw. wenig involvierte Personen; sie wenden solche Schemata auch differenzierter an (vgl. Taylor, Crocker, 1981). Das erklart das Paradoxon des Experten: Obwohl diese iiber wesentlich komplexere Wissensstrukturen verfugen als Laien, fallt Experten der Zugriff auf diese Informationen und deren Reproduktion leichter als Novizen (vgl. Fiske, Kinder, 1981, S. 177). - Wenig involvierte Personen erinnern mehr schemakonsistente Informationen als stark involvierte Personen (Fiske, Kinder, 1981, S. 184). Sie strukturieren das Wissen anders als stark involvierte Personen; sie verlassen sich in einer mechanistischen Weise auf einen "Schema-Label", indem sie die mit einem Schema konsistenten Informationen gemeinsam einordnen. - Wenig involvierte Konsumenten erganzen fehlende Informationen zu einem Gegenstand eher durch Default-Werte eines Schemas als starker involvierte Konsumenten (vgl. Spiro, 1977; Taylor, Crocker, 1981, S. 104). - Der EinfluB sogenannter zentraler oder hervorstechender (saUent) Reize hangt ebenfalls vom Involvement der Konsimienten ab (vgl. Borgida, Howard-Pitney, 1983; Marcus, Zajonc, 1985, S. 168). Wenig involvierte Konsumenten greifen bevorzugt auf zentrale bzw. hervorstechende Merkmale eines Schemas zuriick. Diese Ergebnisse zeigen, dafi der Riickgriff auf Markenschemata je nach Involvement der Empfanger variiert. Eine Erweiterung der Schematheorie um Erkenntnisse der Theorie zum Involvement ist deshalb erforderlich. Die Starke des Involvements der Konsumenten zum Zeitpunkt der Kommunikationsaufiiahme hat somit wichtige Konsequenzen fur die Gestaltung der integrierten Kommunikation.
116
3.2.
Komponenten des Involvemeiits und deren Relevanz fur die integrierte Kommunikation
Zu den Komponenten des Involvements Das Involvement der Konsumenten ist ein komplexes Konstrukt mit graduellen Auspragungen : Ein Konsument kann ein hohes Involvement fur Abenteuerreisen, ein mittleres Involvement fur Stereoanlagen und ein geringes Involvement fur Autos haben. Starkes Interesse an Abenteuerreisen ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der intensiven Auseinandersetzung mit Werbimg zu diesem Thema. Es kann sein, daB sich der Konsument zu einem bestimmten Zeitpunkt intensiv mit Werbung von Reiseveranstaltem auseinandersetzt, ein anderes Mai diese jedoch nicht beachtet. Konsiraienten haben auch imterschiedliche Interessen (vgl. JeckSchlottmann, 1987, S. 69). Wahrend der eine Konsument seine letzte Mark fiir eine neue Jazz-CD investiert, empfindet ein anderer Jazzmusik als Lannbelastigung. Diese Beispiele verdeutlichen, daB sich das Involvement aus verschiedenen Dimensionen zusammensetzt . Man kann folgende Komponenten des Involvements unterscheiden (vgl. Abbildung41) : 1. Personliches Involvement oder Ego-Involvement, das durch das Selbstkonzept des Konsumenten, seine Werte und Motive gepragt ist (vgl. Sherif, Sherif, 1967, S. 3; Bloch, 1982; Newman, Dolich, 1979, S. 180; Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 143). Es ist ein iiber einen langeren Zeitraum bestandiges Engagement fiir eine bestimmte Sache . 2. Produkt- und Markeninvolvement: Fur verschiedene Produkte ist das Produktinteresse groBer als fur andere. Neben dem Preis bestimmen das wahrgenommene Risiko des Kaufs, das eng mit der Unterscheidbarkeit der Altemativen zusammenhangt, die soziale Auffalligkeit des Produktes imd die wahrgenommenen Risiken der Produktnutzung das
125 In der aktuellen Literatur wird aus Vereinfachungsgriinden nur zwischen starkem und schwachem Involvement differenziert. Diese Unterscheidung wird sowohl von Praktikem als auch von Theoretikera akzeptiert (vgl. u. a. Laurent, Kapferer, 1985; Zaichkowsky, 1987; Mittal, 1987; Jeck-Schlottmann, 1988). 126 In diesem Sinne bemerken Kapferer und Laurent (1985a, S. 294), daB der Gebrauch eines "single indicators of involvement seems a dead end street". Zu den Involvementdimensionen vgl. auch Jensen, Carlson, Tripp (1989), zum Weibeinvolvement Mitchell (1981). 127 Vgl. Bloch, Richins, 1983; Zaichkowsky, 1985; Greenwald, Leavitt, 1984; Cohen, 1983; Costley, 1988, S. 555; Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 141 ff.; Jeck-Schlottmann, 1988, S. 33 ff.; Esch, 1990. Einen guten Uberblick iiber den aktuellen Stand der Involvementforschung liefem Muehling, Laczniak und Andrews (1993). Von den verschiedenen Vorschlagen zur Messung des Involvements hat das Konzept von Laurent und Kapferer (1985) breite Zustinmiung gewonnen. 128 Das Ego-Involvement kann sich in einem exzessiven Verhalten auBem, etwa in extremen Hobbyleidenschaften. Beispiele fur ein solches "fanatisches Konsumentenverhahen" werden u. a. von Holbrook (1987), Lehmann (1987) und Scammon (1987) gegeben.
117
Produktinvolvement . Deshalb involvieren Kleider, bei denen ein hohes wahrgenommenes soziales Kaufiisiko besteht, starker als Waschmaschinen (vgl. Kapferer, Laurent, 1985b, S. 54). Neuerdings differenziert man auch zwischen Produkt- und Markeninvolvement (vgl. Mittal, Lee, 1988, S. 43; Bloch, 1983; Bloch, Richins, 1983). In manchen Produktbereichen, z. B. bei sozial auffalligen Giitem, spielt die Marke eine grofie Rolle. Die Entscheidimg fur die richtige Marke ist dann wichtiger als die Entscheidung fur das Produkt (vgl. Mittal, Lee, 1988, S. 48)^^^ So kann das Produktinvolvement fur Uhren gering ausgepragt sein, das Involvement fur eine Marke wie Rolex hingegen stark. Abbildung 41: Involvementkomponenten
Stimulusspezifische-* Faktoren
129 Vgl. Laurent, Kapferer, 1985, S. 43; Lastovicka, 1979, S. 178; Antil, 1984, S. 206; Lastovicka, Gardner, 1979, S. 65,1978; Jeck-Schlottmann, 1987, S. 71 ff.; Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 143; Clarke, Belk, 1979, S. 317; Hupfer, Gardner, 1971, Muhlbacher, 1988. 130 Zur sozialen Auffalligkeit von Gutem vgl. Kroeber-Riel (1992a).
118
3. Situationsinvolvement: Das Produktinteresse variiert im Zeitablauf (vgl. Richins, Bloch, 1986; Clarke, Belk, 1978). Es hangt vom situativen Involvement ab. So ist das Involvement vor oder nach dem Kauf eines Produktes hdher als in der restlichen Zeit (vgl. Wettig, 1982, S. 105 ff., Lachmann, 1992, S. 838 f.). Neben der Entscheidungssituation hangt das Situationsinvolvement von Faktoren wie dem subjektiv enq)fundenen Zeitdruck Oder der Kauf- und Konsumsituation ab (vgl. Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 143; JeckSchlottmann, 1988, S. 34; Clarke, Belk, 1979, S. 317). So steigt am Valentinstag bei vielen Mannem das Interesse an Blumen als Geschenk fur ihre Frauen. Andererseits kann bei Blumenliebhabem das Interesse am Besuch der Bundesgartenschau bei plotzlich auftretendem Regen r^ide sinken (vgl. Esch, 1990). 4. Medieninvolvement: Das Femsehen gih seit dem bahnbrechenden Artikel von Krugman (1965) als Low-Involvement-Medium, Print-Medien gelten hingegen als starker involvierende Medien . Starkes Medieninteresse impliziert jedoch kein starkes Interesse an der darin geschalteten Werbung. Jemand, der geme die Zeitschrift "Stem" liest, muB noch lange nicht an der Werbimg fur Hoschenwindeln im "Stem" interessiert sein. Selbst bei Special-Interest- oder Fachzeitschriften, wo ein starkerer inhaltUcher Zusammenhang zwischen Anzeigen und redaktionellem Teil besteht, muB das Interesse an Werbeanzeigen nicht groB sein (vgl. Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 145 f.). Man kann sich schlieBlich in den einzelnen Berichten eingehend inforaMcren (vgl. Jeck-Schlottmann, 1988, S. 34). 5. Reaktionsinvolvement: Das Involvement kann auch durch auBere Reize, z. B. eine stark aktivierende Werbung, beeinfluBt werden. Dies bezeichnet man als Reaktionsinvolvement (vgl. Stone, 1984; Rothschild, 1984; Jeck-Schlottmann, 1987, S. 77). Je nach Starke des Gesamtinvolvements variiert die Zahl der Infomaationen, die aufgenommen, verarbeitet und gespeichert werden (vgl. McQuarrie, Mimson, 1987, S. 37; Kapferer, Laurent, 1985a, S. 290; Deimel, 1989, S. 155). Deshalb ist es einleuchtend, daB schemainkongmente Inforaiationen bei hohem Involvement anders wirken als bei geringem Involvement. Nach neueren Erkenntnissen reicht die Differenzierung zwischen hohem und niedrigem Involvement nicht aus. Man muB zusatzlich zwischen emodonalem und kognitivem Involvement unterscheiden (vgl. Vaughn, 1980; Mittal, 1987, S. 41; Mittal 1989b; Park, Young, 1983; Park, McClung, 1986). Hohes emotionales Involvement fiihrt zu anderen Verhaltensweisen als hohes kognitives Involvement. In diesem Sinne ist auch Mittal (1989a, S. 171) zu verstehen, der bei hohem Involvement der Art des Engagements (emotional oder 131 Dies findet Ausdruck im haufigen Zapping und in der Tatsache, daB Femsehen zur Nebenbeschaftigung wird (vgl. Lorson, 1992).
119
kognitiv) einen groBeren EinfluB auf den jeweiligen Informationsverarbeitungsvorgang beimiBt als der genauen graduellen Auspragung desselben. Beim Involvement handelt es sich demnach urn ein sehr komplexes Konstrukt. Ahnlich der Rezeptur eines Arzneimittels fuhren verschiedene Auspragungen einzelner Involvementkomponenten zu einem unterschiedlichen Gesamtinvolvement des Konsumenten (vgl. Esch, 1990). Das Involvement zum Zeitpunkt des Kontaktes mit der Kommunikation bestimmt wesentlich die Auseinandersetzung mit derselben . Demnach nimmt dieses Involvement auch entscheidenden EinfluB auf die Wahmehmimg und die Gestaltungsmoglichkeiten einer integrierten Kommunikation fur Angebote. Zur Relevanz der Involvementdimensionen fur die integrierte Kommunikation Die Bestimmung des Gesamtinvolvements zum Zeitpimkt der Kommunikation aus den einzelnen Involvementkomponenten ist problematisch (vgl. Esch, 1990). Es erscheint deshalb zweckmaBig zu ermitteln, welche Komponenten des Involvements fur welche Problemstellungen von besonderer Bedeutung sind. Eingangs wurde schon betont, dafi sich die Festlegung der Positionierung fur ein Angebot am langfristigen Involvement der Konsumenten orientieren muB, das sich aus dem personlichen Involvement sowie dem Produkt- und Markeninvolvement zusammensetzt. Vereinfachend vemachlassigt man hierbei oft das von Individuum zu Individuimi abweichende personliche Involvement. In Abhangigkeit von der Auspragung des emotionalen und/oder kognitiven andauemden Involvements lassen sich hier Normstrategien der Positionierung ableiten (s. Kapitel B.L2.2.3; Levermann, 1994; Esch, Levermann, 1995). Die Orientierung am mehr oder weniger stark emotional bzw. kognitiv ausgepragten Produktinvolvement zur Festlegimg der Positionierung ist deshalb erforderUch, weil die Positionierung eine langfristige Festlegung des strategischen Auftritts eines Angebotes darstellt. Demnach spielen nur solche Involvementkomponenten eine Rolle, bei denen im Zeitablauf nur geringe Veranderungen bei den Konsumenten zu erwarten sind. Fur konzeptionelle Uberlegungen zur Positionierung sind andere Involvementkomponenten vemachlassigbar. Situative Aspekte des Involvements spielen hier keine Rolle. Anders verhalt es sich bei der wahmehmimgsadaquaten Umsetzung der Positionierung. Bei den Uberlegungen auf der Realisationsebene, zu denen auch die Gestaltung der integrierten 132 Zur Rolle des Involvements in bezug auf Aufmerksamkeits- und Verstandnisprozesse vgl. den Beitrag von Celsi und Olson (1988). Zu Werbestrategien bei geringem und hohem Involvement vgl. u. a. Rothschild (1979), Krober-Riel (1993a), Sawyer, Howard (1991).
120
Kommunikation zahlt (vgl. Kapitel B.I.2.2.4, 2.3), ist das langfiistige Involvement der Konsumenten eher von untergeordneter Bedeutimg. Hier ruckt das situative Involvement als wesentliche EinfluBgroBe fur das Gesamtinvolvement zum Zeitpimkt der Kommunikationsaufiiahme in den Vordergrund. Das Situationsinvolvement hat einen wesentUchen Einflufi auf das Gesamtinvolvement, also auf das Engagement, mit dem sich Konsumenten mit Kommunikation auseinandersetzen! Denmach miissen sich auch die Mafinahmen zur Integration der Kommunikation an dem situativen Involvement der Konsumenten orientieren. Abbildung42: EinfluB des situativen Involvements auf die Auseinandersetzung mit Kommunikation
Personljches Involvement
ProduktInvolvement
MarkenInvolvement
MedienInvolvement
Reaktionsinvolvement Zeit, die man Kommunikation widmet
Nach Untersuchungsergebnissen von Jeck-Schlottmann ist der EinfluB des situativen Involvements bei der Aulftiahme von Werbung starker als der des Produktinvolvements (vgl. Arora, 1982, S. 514 ff.). Die Beschaftigung mit Werbung hangt nicht vom generellen Interesse fiir etwas ab, sondem davon, "ob wir uns im Moment dafur interessieren und Zeit dazu haben" (Jeck-Schlottmann, 1987, S. 216). Das geauBerte Produktinteresse nimmt nur geringen EinfluB auf die Beschaftigung mit Werbung (vgl. Andresen, 1988b, S. 168 ff.). Das heiBt: Unabhangig davon, ob man Femsehen, Zeitschriften oder andere Medien konsumiert, widmet
121
man der Werbung nur wenig Aufmerksamkeit. Die Allokation der verfugbaren Zeit erfolgt demnach bei den Konsumenten offensichtlich nach anderen Prioritaten. DaB das situative Involvement die Auseinandersetzung mit der Kommunikation bestimmt, laBt sich durch eine Reihe von Untersuchungsergebnissen belegen. Da besonders viele Ergebnisse zur Zeitschriftenwerbung vorliegen, vv^ird im folgenden nSher darauf eingegangen. Nach Erkenntnissen der Blickaufzeichnungsforschung ergibt sich fUr Anzeigen in Publikumszeitschriften eine durchschnittliche Betrachtungszeit von knapp zwei Sekunden (vgl. Kroeber-Riel, 1988b, S. 182, 1987a)'". Nur ein geringer Prozentsatz der Konsumenten zahlt zu den Intensivbetrachtem von Anzeigen. Selbst fur unterschiedliche Produktbereiche oder Branchen differieren die durchschnittlichen Betrachtungswerte nicht wesentlich voneinander (vgl. Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 194; vgl. Abbildung 43). Abbildung 43: Betrachtungszeiten fiir Werbung aus unterschiedlichen Branchen
Produktbereich
Fluglinien Mode, Bekleidung FotogerSte PKW Banken, Bausparkassen alkoholische Getrdnke Zigaretten
Betrachtungszeit in Sekunden
2,0 1.9 1.9 1.8 1.7 1.6 1.3
Zaiil der getesteten Anzeigen |
9 18 8 15 9 21 22
Quelle: Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 194.
Aufgrund dieser niedrigen durchschnittlichen Betrachtungszeiten liegt der SchluB nahe, dafi die meisten Werbeanzeigen in Zeitschriften auf wenig involvierte Konsumenten stoBen. Dabei spielt es fiir die Gestaltung einer integrierten Kommunikation vorerst keine Rolle, wie dieses geringe Involvement zustande kommt. Das geringe Involvement beim Betrachten von Werbung gilt auch fiir andere Medien. Femsehwerbung gilt schon lange als Low-Involvement-Medium (vgl. Lorson, 1992). Die Radionutzung und somit auch die Auseinandersetzung mit Radiowerbung erfolgt ebenfalls meist als 133 Bei Special-Interest- und Fachzeitschriften ergeben sich etwas hShere Betrachtungszeiten, "diese liegen aber selten Uber vier bis fiinf Sekunden pro Anzeige" (Kroeber-Riel, 1988b, S. 183; v. Keitz, 1989; Kosarius, 1985).
122
Sekundarbeschaftigung (vgl. Dittmann, 1994). Andere Werbemittel wie Plakate werden i. d. R. auch nur beilaufig betrachtet (vgl. Wettig, 1992). Dies gilt selbst fur Rahmenbedingungen, bei denen man mit hoherem Involvement beim Konsum von Werbung rechnen konnte. So setzen sich Arzte in der Arztezeitung mit Pharmaweibung ebenfalls nicht langer als durchschnittlich zwei Sekunden auseinander, obwohl man hier von einem hohen Produkt- (und personlichem) Involvement sowie einem hohen Medieninvolvement (Fachzeitschrift) ausgehen kann (vgl. von Keitz, 1986; Kosarius, 1985; von Keitz, Kosarius, 1989). Selbst hier schlagt das Situationsinvolvement auf das Gesamtinvolvement beim Betrachten der Pharma-Werbung durch. Das gleiche Phanomen ist bei 134
Einkaufsentscheidem im Investitionsguterbereich feststellbar . £s ist demnach nur konsequent, bei den weiteren Uberlegungen zur integrierten Kommunikation vom Standardfall des geringen Involvements der Konsumenten bei der Aufnahme von Werbung auszugehen . IntegrationsmaBnahmen, die dies nicht hinreichend beriicksichtigen, laufen Gefahr, wirkungslos zu verpuffen. Der Schwerpunkt der folgenden Ausfuhrungen liegt deshalb auf der Erorterung der Mittel sowie der Wirkungen der integrierten Kommunikation bei wenig involvierten Konsimienten.
3.3
Konsequenzen fur die integrierte Kommunikation
Je nach Hohe des Involvements zum Zeitpunkt des Werbekontaktes laufen vollkommen unterschiedliche Verarbeitungsprozesse bei den Konsumenten ab. Bei hohem (kognitivem) Involvement nehmen Konsumenten aktiv Infonnationen auf und setzen sich intensiv mit der 134 So schauten sich Einkaufsentschcider die doppelseitige Imageanzeige eines bekaimten Investitionsguterherstellcrs im Manager Magazin durchschnittlich nur 4,7 Sekunden lang an. Es ergab sich folgende Verteilung der Betrachtungszeiten: 45 % der Einkaufsentschcider betrachteten die Anzeige bis zu drei Sekunden lang, 25 % bis zu funf Sekunden, 20 % bis zu zehn Sekunden und 8 % bis zu zwanzig Sekunden (vgl. Kroeber-Riel, Esch, 2004, S. 195). 135 Es wird immer wieder kritisiert, da6 die meisten Konsumenten zum Zeitpunkt der Aufnahme der Kommunikation wenig involviert sind, weil es sich hier um eine Durchschnittsbetrachtung handele. Demnach muBte sich ein gewissen Anteil der Konsumenten mit groBerem Involvement der Kommunikation widmen. Obschon diese Argumentation einleuchtend erscheinen mag, zeigen doch die Blickaufzeichnungsergebnisse, daB trotz breiter Streuung der Verteilung der Einzclbetrachtungswerte fur Anzeigen (vgl. Gerloff, 1988, S. 44 ff.; Jeck-Schlottmann, 1988, S. 33; Burda, 1989, S. 36 ff.) nur ein geringer Prozentsatz zu den Intensivbetrachtem einer Anzeige zahlt. Es kann allerdings nicht Zicl der Werbung sein, nur eine kleine Gruppe stark involvierter Konsumenten anzusprechen, die vielleicht kurz vor einer Kaufentscheidung stehen. Vielmehr mu6 man auch wenig involvierte Konsumenten mit der Werbung erreichen, damit man - wenn es zum Kauf kommt - zu den beriicksichtigten Altemativen gehort (vgl. Weinberg, 1981; Kroeber-Riel, 1992a). Dies ist deshalb wichtig, weil bei einer Kaufentscheidung bei weitem nicht alle Altemativen beriicksichtigt werden (vgl. Narayama, Martin, 1975). Das eigene Angebot mu6 deshalb zu den wahrgenommenen und akzeptierten Altemativen gehoren (vgl. Kroeber-Riel, 1992).
123
Kommunikation auseinander. Auf der Grundlage dieser Informationen bilden sie sich ein Urteil iiber das beworbene Produkt bzw. die Marke. In einem solchen Fall werden die dargebotenen sprachlichen und bildlichen Markeninfortnationen intensiv zu den vorhandenen Markenschemata in Beziehung gesetzt. Man kann eine entsprechend hohe Verarbeitungstiefe der eingehenden Informationen erwarten (vgl. Craik, Lockhart, 1972; Craik, Tulving, 1975; Cermak, Craik, 1979; Olson, 1980)'''. Anders als bei diesem zentralen Weg der Beeinflussung setzen sich wenig involvierte Konsumenten nicht intensiv mit der Kommunikation auseinander. Diese wird nur fliichtig betrachtet, die Einstellung zum Angebot wird wesentlich durch die Werbegestaltung und die dargebotenen Bilder gepragt. Man spricht in diesem Fall vom peripheren Weg der Beeinflussung (vgl. Petty, Cacioppo, 1983; Cacioppo, Petty, 1985). Die Markeninformationen aus der Werbung werden hier relativ oberflachlich zu den vorhandenen Markenschemata in Beziehung gesetzt. Es handelt sich um einen ProzeB, der mit geringer Verarbeitungstiefe und eher beilaufig erfolgt. Es ist plausibel, dafi das Spektrum der Gestaltungsmoglichkeiten einer integrierten Kommunikation bei wenig invoMerten Konsumenten wesentUch starker eingeschrankt ist als bei stark invoMerten Konsumenten. Bei wenig involvierten Konsumenten miissen Mittel zur Abstimmung gewahlt werden, die selbst bei fluchtiger Betrachtungsweise noch wahrgenommen werden konnen. Diese Aussage gilt sowohl fur neu zu entwickelnde Markenschemata als auch fur Marken, bei denen die Konsumenten schon iiber ein mehr oder weniger stark ausgepragtes Schema verfugen. Dies wird im folgenden naher erlautert.
136 Bei dem Konzept der Verarbeitungstiefe (levels of processing) wird die Informationsverarbeitung als mehrstufiger ProzeB angesehen: Auf oberflachliche, sensorische Prozesse folgen die aufmerksame Wahmehmung der Kommunikation, ein einfaches Verstandnis und daran anschliefiend extensive semantische Prozesse, z. B. weitergehende Beurteilungen, kritische Evaluationen, usw. (vgl. Craik, Lockhard, 1972; Cermak, Craik, 1979; Wippich, Bredenkamp, 1979; Mitchell, 1983). Aufgrund intensiver Beurteilungsprozesse ist auch zu erwarten, daB Informationen, die nicht konsistent mit einem vorhandenen Angebotsschema sind, aufgenommen werden konnen, das Schema somit eine Erweiterung oder Modifikation um diese neuen Informationen erfahrt.
124
Abbildung44: Gestaltungsfreiriluine integrierter Konnnunikation in AbhMngigkeit vom Involvement der Konsumenten 1 n%#/\ |%#A Bw*^ n 4 invuivf^y i i i ^ i i ^
[gering 1
hoch
J*
•» geringe kognltitve Anstrengungen
-^ Starke kognitive Anstrengungen
"> flCJchtigesBetrachtungsverhalten ^ beildufige. fluchtige Verarbeitung von Informationen
^ intensive gedankliche
• * fluchtiger Abgleich herausstechender
neuer Kommunikationsinhalte mit einer gro&en Zahl vorhandener
Geddchtnisinhalten
Geddchtnisinhalte
A o t t f r s H i i i m t t f r A i p J i i i m A i n t i »«iaM^»#^B> l^^nf«n«iii«i^A4i^v« \ 9 V S I a l U I n y 9 1 r V i l a l l i n « i n i o ^ i i v i t v i rxviiiiiiuiiii%ciuvii
interisive Abstimmung der Kommunikation im Zeitablauf und zwischen eingesetzten Medien erforderlich
^
Verarbeitungsprozesse •^ detaillierter und intensiver Abgleich
neuer Kommunikationsinhalte mit wenigen und besonders pr^nanten
gering| ^
-^ intensives Betrachtungsverhalten
Verwendung starker formaler
Gestaltungsmittel (z.B. starke FartxxxJes, Prdsenzsignale) • • Ven^endung starker jnhaltllcher Gestaltungsmittel: Integration durch
1
.
groft
-^ Freiheitsgrade bei der integration zwischen den eingesetzten Kommunikationsmittein mOglich
1
^ inhaltlich und formal durfen keine widerspruchlichen Infonnationen vennitteit werden ^ Wahrung positionierungskonfomier Sprache und bildlicher Aussagen
Bilder, insk)esondere Schlusselbilder
Zum Aufbau von Markenschemata bei wenig involvierten Konsumenten Verfiigen die Konsumenten noch uber kein Markenschema, setzt der Aufbau von Schemastrukturen im Gedachtnis die wiederholte Darbietung mOglichst konsistenter Informationen zu einer Marke voraus. Es handelt sich hierbei um passive Lemprozesse, die dem Prinzip des Lemens durch Kontiguitat folgt. Dem Lemen nach dem KontiguitStsprinzip ist die Theorie der klassischen Konditionierung von Pawlow zuzuordnen. Nach dieser Theorie werden durch die gleichzeitige und wiederholte Darbietung eines neutralen Reizes (der Marke) mit einem unbedingten Reiz (hier: den dargebotenen Informationen) mit der Marke spater die gleichen Reaktionen ausgelOst wie mit dem unbedingten Reiz (vgl. Behrens, 1991; Kroeber-Riel, 1992a). Der Aufbau eines Markenschemas erfolgt demnach iiber die Gleichzeitigkeit der Darbietung von Marke und Information sowie durch die hSufige
125
Wiederholung derselben Konstellation. Der Aufbau von Gedachtnisstrukturen zur Marke erfolgt eher beilaufig, ohne extensive kognitive Verarbeitimgsprozesse. Fiir den Lemerfolg mafigeblich ist eine moglichst konsistente (wenn nicht gar identische) Reizverwendung. Diese Fordenmg gilt zunachst fur den Aufbau von Markenschemata. Wurden klare Schemastrukturen zu einer Marke aufgebaut, sind Stimulusgeneralisierungen denkbar. Mit Stimulusgeneralisienmg sind ahnliche Reize gemeint, auf die durch den LemprozeB gleiche Reaktionen ausgelost werden (vgl. BCroeber-Riel, 1992a, S. 329). Eine weitere wichtige Voraussetzung fur den Aufbau von Schemata bei wenig involvierten Konsumenten spielt die Darbietung der mit der Marke zu assoziierenden Informationen. Unabhangig davon, ob es sich um formale oder inhaltliche Mittel zur Integration handelt, miissen diese unmittelbar wahmehmbar sein. Bei inhaltlichen Mitteln sind deshalb bevorzugt Bilder zur Integration einzusetzen, weil diese automatisch, schneller und mit geringerem kognitivem Aufwand als Sprache aufgenommen werden (vgl. Kapitel B.II.4). Wirkung vorhandener Markenschemata auf die Informationsaufnahme bei wenig involvierten Konsumenten Wenig involvierte Konsumenten werden bei der Aufiiahme von Kommunikation rigide auf vorhandene Markenschemata zuriickgreifen: Da sich wenig involvierte Konsumenten nicht intensiv mit Kommunikation auseinandersetzen, benotigen sie eindeutige imd mit dem vorhandenen Schema konsistente Informationen. Es bedarf einer starken Abstimmung neuer Kommunikationsinhalte mit dem vorhandenen Schema. Ist eine solche Ubereinstimmung nicht gewahrleistet, werden sich wenig involvierte Konsumenten kaum mit den Grunden dafur auseinandersetzen. Viehnehr wird wahrscheinlich durch die Kommunikation fur die Marke nicht das eigene Markenschema aktiviert, sondem solche Schemata, die besser zu den eingehenden Informationen passen. Fiir diese schematische Informationsaufiiahme sprechen z. B. Ergebnisse der HenkelMarktforschung, nach denen sich eine Anzeige fiir das Spiilmittel Pril als Fehlschlag envies, weil das darin verwendete Bildmotiv andere als die gewiinschten Schemavorstellungen aktivierte: "Neben dem Spiilgut (Geschirr) war eine dampfende Tasse Kaffee abgebildet - nach dem Motto: 'flink mit Pril gespiilt, gonn' Dir eine Tasse Kaffee'. Die Anzeige wurde von ... Versuchspersonen auch noch nach langerer Auseinandersetzung (!) ftir eine Kaffeeanzeige gehalten" (Kroeber-Riel, 1993b, S. 147). Aus den bisherigen theoretischen Ausfiihrungen lassen sich folgende Schlufifolgerungen fur die integrierte Kommunikation ziehen:
126
Fur wenig involvierte Konsumenten gilt: 1. Der Aufbau von Markenschemata setzt eine hohe Kongruenz eingehender mit vorhandenen Informationen voraus. 2. Zum Aufbau von Markenschemata sind vor allem hervorstechende Informationen zu verwenden. Bei wenig involvierten Konsumenten empfiehlt sich deshalb die Integration mittels Bildern. 3. Der Aufbau von Markenschemata erfolgt durch den ProzeB der Schemainduktion (vgl. Kapitel B.IL2.4). Es handelt sich um ein Lemen durch Kontiguitat. Fur solche Lemprozesse sind viele Wiederholungen und moglichst identische Reize erforderUch. 4. Damit die Stabilitat eines Markenschemas bei wenig involvierten Konsumenten gewahrleistet ist, sind in regelmafiigen Abstanden vorhandene Markenschemata aufzufrischen. 5. Zur Aufifrischung vorhandener Markenschemata sind StimulusgeneraUsierungen moglich. Diese Stimulusgeneralisierungen mussen sich allerdings in einem engen inhaltlichen Rahmen bewegen, da sonst die Gefahr der Fehlzuordnung zu anderen Marken- oder Produktschemata steigt. 6. Damit ein vorhandenes Markenschema zum Zeitpimkt der Kommimikationsaufiiahme auch aktiviert werden kann, ist eine Ubereinstimmung der eingehenden Informationen mit dem Markenschema erforderlich. 7. Sofem ein besonders auffalUges Werbeelement nicht mit einem vorhandenen Markenschema iibereinstimmt, ist mit Fehlzuordnungen der Werbung zu anderen Marken zu rechnen. Da Bilder als besonders aufinerksamkeitserregende Werbeelemente gelten, ist demnach auf eine Kongruenz der verwendeten Bilder mit dem Markenschema zu achten. Fur stark involvierte Konsumenten sind die Einschrankungen bei den MaBnahmen zur Integration weitaus geringer als bei wenig involvierten Konsumenten. Hier erfolgt der Aufbau von Markenschemata anderen Regeln. Aufgrund intensiver Auseinandersetzung mit der Kommvmikation kann man hier von Lemprozessen entsprechend den kognitiven Theorien ausgehen. Fiir den Aufbau von Gedachtnisstrukturen sind wenige Wiederholungen erforderlich. Da man sich intensiv mit der Kommunikation auseinandersetzt, sind auch keine hervorstechenden und moglichst identischen Informationen zu einer Marke erforderlich. Vielmehr reicht hier die Vermittlung inhaltlich konsistenter Informationen aus, unabhangig davon, ob dies durch Sprache oder Bilder erfolgt und imabhangig von dem Grad der Abstimmung der Information. Das heiBt konkret: Lediglich die Semantik der Inhalte, nicht deren Vermittlimg beispielsweise durch identische Programmformeln, muB iibereinstimmen.
127
Der Aufbau entsprechender Markenschemata vollzieht sich demnach schneller als bei wenig involvierten Konsumenten. Auch ftir das Wiederauffrischen von Markenschemata sind weniger und seltener Wiederholungen der Positionierungsbotschaft notwendig. Die Gegeniiberstellung von wenig und stark involvierten Konsumenten zeigt die aus theoretischer Sicht moglichen Konsequenzen fur den Aufbau von Markenschemata und die integrierte Kommunikation. Fiir praktische Mafinahmen der Massenkommunikation sind lediglich die Aussagen fiir wenig involvierte Konsumenten von Relevanz. Dies lM6t sich anhand von Untersuchungsergebnissen von Jeck-Schlottmann (1987) belegen, die - unabhangig von der Hohe des Produktinvolvements der Testpersonen - Uber viele Produktbereiche hinweg niedrige Betrachtungszeiten fiir Anzeigen ermittelte. Dabei widmeten sowohl Personen mit hohem als auch solche mit niedrigem Produktinvolvement den grQBten Teil der Betrachtungszeit den Bildem in der Werbung. Abbildung45: Verteilung der Betrachtungszeiten auf Anzeigen in Publikumszeitschriften in Abh^ngigkeit vom Produktinvolvement
Produktinvolvement Anzeigen element Bild Headline
Text
J • •
Durchschnittliche Betrachtungszeit
hoch
niedrlg
58%
70%
22%
20%
20%
10%
6Sek.
1,5 Sek.
Quelle: in Anlehnung an Jeck-Schlottmann, 1987.
Demnach haben die Ausfuhrungen zum hohen Involvement eher Gttltigkeit bei der personlichen Kommunikation, z. B. der VerkSufer-KSufer-Interaktion , wobei allerdings auch hier der Einstieg oder der RUckgriff uber die durch die Massenkommunikation geschaffenen Schemavorstellungen und -attribute zweckmafiig sein kann. 137 Zum persSnlichen Verkauf bzw. zur Verkaufer-KSufer-Interaktion vgl. Albers, 1989b; Weitz, 1981; BSnsch, 1990; Klammer, 1989; Churchill, Ford, Walker, 1991; zur sozialen Interaktion und Kommunikation Forgas, 1994.
128
4.
Einbeziehung von Erkenntnissen der Imagerytheorie in das Grundkonzept
4.1.
Zur Beziehung zwischen Imagery und Schemata
Obwohl der EinfluB nonverbaler Reize auf die Kommunikation unumstritten ist, setzte sich die Wissenschaft lange Zeit nur zogerlich mit der nonverbalen Kommunikation, insbesondere der Bildkommunikation auseinander. Sie spielte in der wissenschaftlichen Forschung eine untergeordnete Rolle. Dies ist verwunderlich, weil die nonverbale Kommunikation entwicklungsgeschichtlich betrachtet wesentlich alter ist als die logisch-rationaie sprachliche Kommunikation. Die Phylogenese der nonverbalen Kommunikation liegt bei Menschen etwa zwei bis drei Millionen Jahre zuriick. Die verbale Kommunikation ist hingegen erst vor etwa 100000 bis 200000 Jahren entstanden. Die Entwicklungsgeschichte der Schrift betragt gar weniger als 10000 Jahre. Kroeber-Riel (1993b, S. 20) fuhrt die Vemachlassigung der Bildkommunikation auf die einseitige ideologische Ausrichtung der Forschimg zuruck, die der Sprache als dem InbegrifF der kulturellen Entwicklimg der Menschen Prioritat einraumte. Erst in den letzten zwanzig Jahren hat sich die Forschungsperspektive drastisch verandert: Die Untersuchung der Wirkung von Bildem hat einen neuen Stellenwert in der Forschung erhalten. Den groBten Anteil an diesem kometenhaften Aufstieg der Bildkommunikation hat die Imageryforschung, die sich mit der Verhaltenswirksamkeit von Bildem beschaftigt. Imagery kann man als ProzeB der Entstehung, Verarbeitung und Speicherung innerer Bilder bezeichnen (vgl. Kroeber-Riel, 1993b, S. 25)''*. Bei den bisherigen Uberlegungen blieb unberucksichtigt, ob Konsumenten mit bildlichen und/oder sprachlichen Informationseinheiten in der Kommunikation konfrontiert werden, und welche Konsequenzen eine solche verbale oder nonverbale Informationsvermittlimg fur den Aufbau, die Modifikation und den Abruf von Markenschemata hat. Da eine Integration der Konmiunikation zum Aufbau imd zum Erhalt von Markenschemata iiber verbale oder nonverbale Informationen erfolgen imd in Abhangigkeit von dem Involvement der Konsumenten auch imterschiedlich wirksam werden kann, ist eine Erweiterung der Schematheorie um Erkenntnisse der Imageryforschung notwendig.
138 Die tragende Rolle der Imageryforschung in bezug auf die Bildkommunikation ist unbestreitbar. Neben dieser Forschungsrichtung haben allerdings noch andere wissenschaflliche Bereiche Beitrage zur Bildkommunikation geliefert. Kroeber-Riel (1993b, S. 21) weist hier vor allem auf die Hemispharenforschung sowie auf die Semiotik hin.
129
Dies ist auch deshalb erforderlich, weil die aufgenommenen Informationen zu einem Angebot nicht nur verbal, sondem haufig in Form "iimerer Bilder" gespeichert werden . So verfiigen Konsumenten beim Markenschema von Meister Proper neben Eigenschaften wie "groBe Reinigungskraft" oder "putzt spiegelnd sauber" auch iiber visuelle Vorstellungen von der Figur "Meister Proper" sowie uber akustische Vorstellungen, etwa den Jingle "Meister Proper putzt so sauber, dafi man sich drin spiegeln kann" mit der entsprechenden Melodie dazu. SchlieBlich ist in der Kommunikation aufgrund sich verscharfender Kommunikationsbedingungen generell ein Trend weg von der Sprache zum Bild erkennbar (vgl. Kroeber-Riel, 1993b, S. 8 ff.). Fur eine Erweiterung der Schematheorie um Erkenntnisse der Imageryforschung sprechen folgende Ergebnisse zur Beziehung zwischen Schemata und Imageryprozessen: 1. Personen mit Schemata haben eine grofiere Tendenz zur Visualisierung wahrend des Recall von Informationen als Personen ohne Schemata (vgl. Smith, Houston, Childers, 1985). 2. Personen mit Schemata verfugen xiber eine signifikant grofiere Anzahl lebendiger Bilder als solche ohne Schemata (vgl. Smith, Houston, Childers, 1985). 3. Die Vividness (Lebendigkeit) von Informationen beeinflufit besonders den Zugriff auf Informationen. Aufgrund einer einzigen lebendigen Information werden andere Informationen ignoriert (vgl. Nisbett et al., 1976; Borgida, Nisbett, 1977; Hamill, Wilson, Nisbett, 1980). Demnach konnen lebendige Informationen als besonders herausragende oder bedeutsame ("salient") Informationen im Siime der Schematheorie verwendet werden (vgl. Marcus, Zajonc, 1985, S. 182). Diese Ergebnisse deuten auf eine Beziehimg zwischen Imageryprozessen und Schemata hin. Eine solche Verkniipfimg von Schematheorie und Imagerytheorie hat bereits eine langere Tradition, die durch Attributionen wie "a script is a mental picture - picture plus caption" zum Ausdruck kommt (Abelson, 1976, S. 34; Schurr, 1986, S. 498). Zum Teil werden Imageryund Schemaprozesse auch an den gleichen Beispielen veranschaulicht. Ein Restaurantbesuch dient beispielsweise sowohl zur Verdeutlichung eines Skriptes als auch zur Darstellung typischer Imageryprozesse (vgl. z. B. Ruge, 1988; Abelson, 1981). Ahnliche Verquickungen ergeben sich auch bei "cognitive maps", also kognitive Landkarten oder Schemata, iiber die man verfiigt, wenn man beispielsweise ein bestimmtes Produkt in einem bekannten
139 Mit Bildem werden im folgenden nicht nur Bilder im engeren Sinne bezeichnet, sondem auch andere nonverbale Reize wie akustische, haptische, gustatorische und olfaktorische Reize (vgl. auch Ruge, 1988; Kroeber-Riel, 1993b).
130
Supennarkt sucht. Diese kognitiven Landkarten erleichtem das Auffinden von Produkten (vgl. Sommer, Aitkens, 1982; Esch, Thelen, 1997). Trotz Uberschneidungen zwischen Schema- und Imageryforschung haben sich noch nicht viele Wissenschaftler mit den Schnittstellen beider Theorien auseinandergesetzt. Es stellt sich dabei die Frage, ob Imageryund Schemaprozesse unabhangig voneinander ablaufen oder miteinander verbunden sind. Nach dem "Cyclical Processing Model" von Hampson und Morris sind schematische und imaginale Prozesse eng miteinander verknupft (vgl. Hanq)son, Morris, 1979; Smith, Houston, Childers, 1985, S. 18). Bei diesem Modell wird davon ausgegangen, daB der ImageiyKreislauf die Basis fur die Produktion von Imagery ist, das Schema hingegen die notwendige Gedachtnisorganisation fur solche Aktivitaten bildet. Lord (1980, S. 257 ff.) ist hingegen der Meinung, daB es sich bei schematischen Prozessen und Imageryprozessen um unterschiedliche und voneinander imabhangige Methoden zur Behandlung von verbalen und nonverbalen Informationen handelt (vgl. Smith, Houston, Childers, 1985, S. 17). Diese konkurrierenden Hypothesen wurden von Houston und Childers (1985) uberpriift. In ihrer experimentellen Untersuchimg wurde das CycUcal Processing Model bestatigt. Daraus kann man ebenfalls auf eine Beziehung zwischen Schemata und Imageryvorgangen schlieBen. Bevor naher auf imterschiedUche Wirkungen von verbalen und nonverbalen Informationen eingegangen wird, werden zunachst einige grundlegende theoretische Ansatze vorgestellt, die sich mit der Reprasentation nonverbaler Informationen im Gedachtnis beschaftigen.
4.2.
Zur Reprasentation nonverbaler Reize im Gedachtnis
Nach der bekanntesten Imagery-Theorie, der Theoric der dualen Kodierung von Paivio, werden verbale und nonverbale (bildliche) Informationen in voneinander unabhangigen, aber miteinander verbundenen Systemen verarbeitet und gespeichert (vgl. Clark, Paivio, 1987; Paivio, 1977, S. 60). Die beiden Systeme unterscheiden sich in der Art und Weise, wie die Informationen verarbeitet und gespeichert werden. Das verbale System arbeitet sequentiell, das bildliche oder Imagery-System hingegen ganzheitlich-analog. Beide Subsysteme konnen gemeinsam, aber auch getrennt aktiv sein. Zwischen den Subsystemen besteht eine Verbindimg, verbale imd nonverbale Reize konnen deshalb in beiden Systemen reprasentiert werden. Eine doppelte Kodierung erfolgt in der Regel fur Bilder und fiir hinreichend konkrete verbale Informationen (vgl. Clark, Paivio, 1987, S. 17flf.;Paivio, 1971). Durch diese duale Kodierung werden solche Informationen auch besser erinnert als einfach kodierte Informationen. Die Bildiiberlegenheit ergibt sich daraus, daB es leichter ist, Bilder in einen
131
verbalen Kode zu transformieren als verbale Inforaiationen in einen bildlichen Kode (vgl. Paivio, 1971, S. 179) (vgl. Abbildung 46). Abbildung46: Das Verarbeitungssystem verbaler und nonverbaler Reize nach der Dual-Code-Theorie
NONVERBAL STIMULI
VERBAL STIMULI
SENSORY SYSTEMS
REPRESENTATIONAL CONNECTIONS
Logogens
1.
(0
c o
a> c
o O .2
r
VERBAL RESPONSES
z
(0
C"
^
Imagens
f
S a:
O
o Q}
•
o z ^
7J
>
O
fo r
r-
(n H
-« m K
ID
NONVERBAL RESPONSES
Quelle: Paivio, 1986, S. 67.
Die Theorie der dualen Kodiening, fur die auch die Erkenntnisse der Hemispharenforschung sprechen (vgl. Abbildung 47), nach denen der rechten Gehimhalfte andere Aufgaben zukommen als der linken (vgl. u. a. Hansen, 1981; Trevarthen, 1980; Richardson, 1990), ist allerdings umstritten .
140 Einen guten Uberblick iiber die kontrovers gefuhrten Diskussionen zur Reprasentation verbaler und nonverbaler Reize gibt Ruge (1988).
132
Abbildung 47: Die Aufgabenverteilung zwischen linker und rechter Gehimhalfte nach der Hemispharenforschung
H«rin9fpMdt%
Quelle: Trevarthen, 1980, S. 84.
Im Gegensatz zur Dual-Code-Theorie gehen propositionale Theorien von einem gemeinsamen abstrakten Kode fur verbale und bildliche Informationen aus, die in abstrakten Strukturen in Form propositionaler Netzwerke dargestellt werden (vgl. u. a. Plyshyn, 1981;
133
Kosslyn, 1980; Kosslyn, Holyoak, 1982)^^\ Innere Bilder sind danach nur Oberflachenphanomene. Die Uberlegenheit von Bildem gegeniiber Worten wird dadurch begrundet, daB diese detaillierter sind als Worte, entsprechend mehr Verbindungen in dem gedanklichen Netzwerk der Konsumenten aufweisen und deswegen besser verfugbar sind (vgl. Childers, Houston, 1984,8.644 ff.). Neuerdings wird die Diskussion bezuglich der modalitatsspezifischen versus amodalen Speicherung von Bildem und Sprache um eine weitere theoretische Alternative bereichert, die multimodale Gedachtnistheorie (vgl. Engelkamp, 1991). Die multimodale Gedachtnistheorie kann man als Synthese der beiden oben beschriebenen Theorien bezeichnen. Hier geht man sowohl von modalitatsspezifischen Speichem, z. B. fur Bilder und Sprache, als auch 142
von einem amodalen Gedachtniskode aus (Engelkamp, 1991, S. 8; Wippich, 1980) . Die multimodale Theorie tragt somit den Erkenntnissen der Hemispharenforschung Rechnung, nach denen Bilder primar rechtshemispharisch imd Sprache primar linkshemispharisch verarbeitet werden. Dariiber hinaus erlaubt sie auch die Speicherung sowohl episodischer als auch semantischer Informationen im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Theorien, die im wesentUchen nur die eine oder andere Speichermoglichkeit vorsehen. SchlieBlich lafit sich durch die multimodale Theorie auch erklaren, dafi sowohl semantische als auch episodische Informationen erinnert werden konnen. D. h. bezogen auf bestimmte Angebote, z. B. CocaCola, kann man sowohl propositionales Wissen wie die Proposition "Coca-Cola ist Lebensfreude" als auch episodisches Wissen wie "Coca-Cola is it" oder das Bild der CocaCola-Flasche mit dem Schriftzug abrufen. Ich neige zu letztgenannter Auffassung der Gedachtnisreprasentation von modalitatsspezifischem und amodalem (konzeptionellem, semantischem) Wissen. Demnach konnen Schemata sowohl modalitatsspezifische verbale und nonverbale episodische Inhalte als auch semantische Inhalte zu Angeboten xmifassen. Dabei kann man annehmen, daB das semantische System partiell auf Informationen arbeitet, die die modalitatsspezifischen Systeme zur Verfiigung stellen (vgl. Engelkamp, 1991, S. 10). Somit ist auch die Integration von Imageryvorgangen in die Gedachtnisreprasentation durch Schemata erklarbar: Ein Angebotsschema kann demnach konzeptionelles (semantisches) Wissen und episodisches verbales und nonverbales Wissen umfassen. Wenngleich diese plausiblen Annahmen mit einer Vielzahl empirischer Erkenntnisse in Ubereinklang stehen (vgl. Engelkamp, 1991), laBt sich das multimodale Modell - ebenso wie andere Modellvorschlage - nur schwer flmdieren.
141 Zu den verschiedenen Auffassungen zur Speicherung nonverbaler Reize vgl. Denis (1991, S. 89 ff.). 142 In diesem Sinne sind u. a. auch Marcus und Zajonc zu verstehen, die betonen, daB Gedachtnisreprasentationen nicht nur verbaler, ikonischer, sensorischer oder neuraler Form sein miissen, sondem alle dieser Formen umfassen konnen (Marcus, Zajonc, 1985, S. 142).
134
Unabhangig von diesem Theorienstreit ist der Einflufi innerer Bilder auf das Verhalten unumstritten, was aus anwendungsorientierter Sicht entscheidend ist. Dariiber hinaus steht auBer Frage, daB erhebliche Unterschiede zwischen der Aufiiahme, Verarbeitung und Speichening von verbalen und nonverbalen Informationen bestehen. Auf diese Wirkungsunterschiede wird im folgenden eingegangen.
4.3.
Erkenntnisse zur Informationsaufnahme, -verarbeitung, -speicherung und Verhaltenswirkung von Bildern
Fiir die integrierte Kommunikation sind folgende Erkenntnisse bezuglich der Wirkung von Bildern besonders wichtig: 1. Bilder haben gegenuber Sprache iiberlegene aktivierende und emotionale Wirkungen. Sie werden in der Kommunikation auch meistens zuerst aufgenommen. 2. Bilder werden weitgehend automatisch aufgenommen und verarbeitet. Sie unterlaufen die kognitive KontroUe des Betrachters. Bilder werden ganzheitlich betrachtet und analog statt sequentiell wie Sprache verarbeitet. 3. Bilder werden besser behalten als Sprache und nutzen sich nicht so schnell ab wie diese. 4. Bilder, insbesondere innere Bilder, sind im besonderen MaBe verhaltenswirksam. Zu 1: Uberlegene aktivierende und emotionale Wirkungen von Bildern Bilder werden fast immer vor sprachlichen Informationen aufgenommen. Sie erregen starker die Aufinerksamkeit der Rezipienten und transportieren besser emotionale Inhalte. So stellte Witt (1977) bereits in den siebziger Jahren fest, daB Bilder in Werbeanzeigen in der Kegel vor Texten betrachtet werden, ein Ergebnis, das immer wieder repliziert wurde (vgl. Leven, 1991; Jeck-Schlottmann, 1987; von Keitz, 1986; Andresen, 1988). Bilder pragen das emotionale Klima in der Kommunikation imd somit auch die emotionale Haltung gegenuber Marken (vgl. Kroeber-Riel, 1983, 1986a; Mitchell, Olson 1981; Ruge, 1988). Zu 2: Automatische Aufnahme und Verarbeitung von Bildern Kroeber-Riel beschreibt die automatische Aufiiahme und Verarbeitung von Bildern wie folgt: "Bilder sind schneUe Schiisse ins Gehim." (Kroeber-Riel, 1993b, S. 53). Zur Aufiiahme eines Bildes mittlerer Komplexitat sind nur ein bis zwei Sekunden erforderlich (vgl. KroeberRiel, 1993b). Wiirde der gleiche Inhalt durch Sprache vermittelt, brauchte man ein Vielfaches der Zeit, um diesen aufiiehmen zu konnen.
135
Durch die weitgehend automatische und ganzheitliche Aufiiahme von Bildem gegeniiber Sprache unterlaufen diese weitgehend die kognitive Kontrolle der Konsumenten. Dies zeigt sich u. a. darin, daB sich Konsumenten bei bildlicher Informationsvermittlung signifikant weniger Gedanken zur Botschaft machen und Argumente dazu entwickeln als bei sprachlicher Infonnationsvemiittlung (vgl. Edell, Staelin, 1983). Da Bilder einer raumlichen Logik folgen und ganzheitlich statt analytisch-sequentiell verarbeitet werden, konnen Bilder auch Inhalte vermitteln, die bei einer Sprachvermittlung auf Gegenargumente und Widerstande stoBen wiirden. Wie sonst lafit sich erklaren, daB in der Philip Morris-Werbung jahrelang Zigaretten durch den Weltraum flogen, ohne daB sich mit dieser Absurditat jemand gedanklich auseinandergesetzt hat? Zu 3: Bilder werden besser erinnert als Sprache Diese Erkenntnis wird allgemein als "picture-superiority-effect" oder Bildiiberlegenheit143
seffekt bezeichnet (vgl. Kroeber-Riel, 1993b, S. 26; Engelkamp, 1991, S. 280) . Die uberlegene Gedachtniswirkung von Bildinformationen gegenuber Sprachinformationen wird durch eine groBe Anzahl von Untersuchungen eindrucksvoll belegt (vgl. u. a. Madigan, 1983; Standing et al., 1970) . Eine vielzitierte und beeindruckende Studie zu den Gedachtniswirkungen von Bildem stammt von Shepard (1967). In dem Experiment von Shepard wurden Testpersonen 612 Bilder vorgelegt, die sie beliebig lange betrachten konnten. Im AnschluB daran wurden in unterschiedlichen Zeitabstanden Recognition-Tests durchgefuhrt. Dazu wurden den Probanden 68 Bildpaare vorgelegt. In jedem Bildpaar stammte ein Bild aus den vorgelegten Bildem, ein anderes war neu. Unmittelbar nach der Untersuchung erkannten die Testpersonen 98,5 % der Bilder wieder. Selbst nach einer Woche wurden noch 87 % der Bilder korrekt identifiziert. Die Wiedererkennungsleistung fiir Bilder war wesentlich groBer als bei einem entsprechenden Vergleichstest mit Satzen. Eine weitere klassische Studie stammt von Paivio (1971), der die Gedachtnisleistung fiir abstrakte und konkrete Worter sowie fur Bilder mit gleichem Inhalt wie die konkreten Worter untersuchte. Die Darbietung des Reizmaterials erfolgte entweder unter absichthchen oder nicht-absichtlichen Lembedingungen. Die Gedachtnisleistungen fur Worter und Bilder wurden kurzfristig nach der Darbietung der Reize und nach einer Woche erfaBt. Unabhangig von der Lemsituation und der Abfrage der Gedachtnisleistungen war das Gedachtnis fur
143 Der "picture-superiority-effect" gilt dabei sowohl fiir Werbung in Printmedien als auch fiir solche in elektronischen Medien wie dem Femsehen (vgl. Bryce, Yalch, 1993). 144 Dieser Effekt tritt auch in der Werbung auf. So stellten beispielsweise Heckler und Childers (1987) in einer Studie zur Messung der Erinnerungswirkung von Werbung in Abhangigkeit von einer starker rechts- oder linkshemispharischen Informationsverarbeitung fest, dafi selbst bei Probanden mit dominant linkshemispharischer Verarbeitung der Bildrecall den Recall verbaler InhaUe deutlich iiberstieg (vgl. Heckler, Childers, 1987, S. 49).
136
Bilder immer dem fur konkrete Worter, und dieses wiedenim dem fur abstrakte Worter uberlegen (vgl. Abbildung 48). Die Lernhierarchie ,3Uder > konkrete Sprache > abstrakte Sprache" trifft sowohl unter absichtlichen als auch beilaufigen Lembedingimgen zu* . Demnach gilt der BildiiberlegenheitsefFekt fur starker wie fur schwacher involvierte Personen. Bilder miissen auch nicht so oft wie Sprache wiederholt werden, damit sie sich einpragen. Dies ist vor allem fur die Beeinflussung wenig involvierter Konsumenten wichtig (vgl. Childers, Houston, 1984, S. 652; Kroeber-Riel, 1983). Daruber hinaus nutzen Bilder sich nicht so schnell ab wie Sprache (vgl. Kroeber-Riel, 1993b). Diese generelle Uberlegenheit von Bildem gegenuber Sprache darf nicht daruber hinwegtauschen, daB es zwischen verschiedenen Bildem erhebliche Wirkungsunterschiede geben kann. Fur die Kommunikation ist demnach gerade die Wahl verhaltenswirksamer und einpragsamer Bilder, die den Kommunikationserfolg fordem, von groBer Bedeutung. Zu 4: Verhaltenswirksamkeit innerer Bilder Das Verhalten wird durch innere Bilder beeinfluBt'^. "Die starke Wirkung von Gedachtnisbildem auf das Verhalten kommt... dadurch zustande, daB diese in einer Entscheidungs- oder Handlungssituation im Gedachtnis aktiviert werden und aufgrund ihrer Anschaulichkeit und emotionalen Ausstrahlung starker auf das Verhalten durchschlagen als abstraktes sprachliches Wissen." (Kroeber-Riel, 1993b, S. 42, 43). Demnach ist es eine wichtige Aufgabe des Marketing, klare innere Bilder fur Marken au^bauen.
145 Rossiter und Percy (1983, S. 103) habcn eine Hierarchie zur Einpragsamkeit von Bild und Sprache in der Werbung entwickelt. Nach dieser Hierarchie sind abstrakte (dynamische oder auch statische) Bilder konreten Satzen und Redewendungen in bezug auf die Erinnerungsleistung uberlegen. Dieser Auffassung wird hier nicht gefolgt. Es ist nicht emsichtig, warum ein abstraktes Bild, z. B. eine Anordnung einfacher Striche, besser behalten werden soil als ein konkreter (bildhaft formulierter) Satz wie "Unsere Oma fahrt im Huhnerstall Motorrad". Die Hierarchie von Rossiter und Percy widcrspricht auch der Auffassung der Theorie zur dualen Kodiening, nach der nur konkrete Reize doppelt kodiert und deshalb auch besser behalten werden (vgl. z. B. Paivio, 1986). 146 Grundsatzlich kann man zwei Arten iimerer Bilder unterscheiden (vgl. u. a. Richardson, 1983, S. 3): - das Wahmehmungsbild, das sich in Gegenwart des extemen Reizes im Gehim bildet; - das Gedachtnisbild, das in Abwesenheit des extemen Reizes durch die Erinnerung erzeugt wird. Die weiteren Uberlegungen konzentrieren sich auf die Bildung einpragsamer Gedachtnisbilder.
137
Abbildung48: GedSchtnisIeistungen fiir Bilder und W5rter bei inzidentiellen und intentionalen Lernbedingungen Inzidentielle (nicht beabsichtigte) Lernbedingungen Recall in % 40 -
Htib Bilder
abstrakte WOrter
konkrete WOrter
Anmerkung: Geddchtnisleistungen fur Bilder und Wdrter bei inzidentiellen Lernbedingungen I I = Messung des KurzzeitgedSchnisses (nach 5 Minuten) • • i = Messung des Langzeitgeddchnisses (nach einer Woche)
Intentionale Lernbedingungen Recall in % 40
20
^
•
-h
Bilder konkrete WGrter abstrakte WOrter Anmerkung: Gedachtnisleistungen fur Bilder und WGrter bei Lernbedingungen I I = Messung des KurzzeitgedSchnisses (nach 5 Minuten) • • I = Messung des LangzeitgedSchnisses (nach einer Woche) Quelle: Darstellung in Anlehnung an Paivio, 1971, S. 203.
138
Die Entstehung innerer Markenbilder hangt von zwei wesentlichen Faktoren ab: dem strategischen Aspekt der kontinuierlichen Verwendung eines einheitlichen Bildmotivs fiir eine Marke sowie dem sozialtechnischen Aspekt, der sich auf die Eigenschaften solcher Bilder bezieht. Im folgenden wird auf sozialtechnische Aspekte von inneren Bildem eingegangen und anschlieBend auf die Wirkung von inneren Bildem auf das Verhalten. Sozialtechnische Aspekte von inneren BUdern: Bilder konnen durch unterschiedliche Eigenschaften beschrieben werden. Solche verhaltenswirksame Eigenschaften sind u. a. die schnelle Verfugbarkeit solcher Bilder im Gedachtnis (ease of evocation), die Lebendigkeit und Klarheit (Vividness), mit der man solche Bilder vor das "innere Auge" rufen kann, die Anziehungskraft von Bildem, deren psychische Nahe und deren Aktivienmgskraft (vgl. Ruge, 1988; Kroeber-Riel, 1993b, S. 232 ff.). Die Vividness oder Lebendigkeit eines Bildes gih als 'Superdimension* der Imagery-Forschung (vgl. Ruge, 1988, S. 105)'*^ Ahsen (1985, S. 1) formuliert dies so: "Current imagery theory identifies the effect of vividness as the very essence of imagery experience, equating it with presence of imagery itself and vice versa"* . Der positive EinfluB der Lebendigkeit eines Reizes auf dessen Erinnerung ist unumstritten (vgl. u. a. Maclnnis, Price, 1987, S. 486; Kiselius, Stemthal, 1986, S. 418 f; Kiselius, 1982, S. 184 f; Kiselius, Roedder, 1983, S. 73; Ruge, 1988, S. 184; Kelley, 1989). "Lebendige innere Bilder werden insbesondere durch konkrete Reize hervorgerufen" (Ruge, 1988, S. 105). In Untersuchungen zur Gedachtniswirkung von Bildem und Wortem wurden meist hohe Korrelationen zwischen der Konkretheit imd Lebendigkeit eines Reizes festgestellt (vgl. 149
Alesandrini, 1982, 1983; Paivio, Yuille, Smythe, 1966; Cartwright et al., 1978) . Konkretheit und Lebendigkeit werden haufig als ein Phanomen betrachtet. 147 Zu der Problematik der Begriffsabgrenzung von Lebendigkeit bemcrkt Richardson (1988, S. 115): "The words 'vivid' and 'vividness* have a variety of uses ..., but one clearly identifiable use is to describe the brillance, clarity, distinctiveness and efficacy of this sort of experience." Slee (1988, S. 126) bezeichnet die Vividness als "a highly ambiguous concept". 148 Obgleich die Lebendigkeit von Bildem und Wortem in einer Vielzahl von Untersuchungen uberpriift wurde, ist der Begriff Lebendigkeit oder Vividness selbst nicht immer klar und einheitlich definiert. In manchen Fallen wird Vividness mit Konkretheit gleichgesetzt, in anderen Fallen wird die Lebendigkeit iiber die Klarheit imd Deutlichkeit eines visuellen Reizes operationalisiert. Andere Autoren definieren ein lebendiges Bild als "clear, distmct and strong" (Alesandrini, 1983, S. 74). Eines der am meisten genutzten Verfahren zur Messung der Lebendigkeit ist eine Skala, die die Klarheit der mneren Bilder in verschiedenen Abstufungen beschreibt (vgl. Marks, 1973; Ruge, 1988, S. 105; Kroeber-Riel, 1986c, S. 83; Kroeber-Riel, 1993b). Einen sehr guten Uberblick uber andere Dimensionen innerer Bilder und deren Messung gibt Ruge (1988). 149 Die Beziehungen wurden zwischen der Konkretheit und Imagery oder Bildhaftigkeit ermittelt. Da die Lebendigkeit jedoch als Superdimension der Imageryforschung gilt, kann man Imagery und Bildhaftigkeit mit Lebendigkeit gleichstellen.
139
Diese im Gedachtnis besonders leicht abrufbaren lebendigen iimeren Bilder pragen im besonderen MaBe das Verhalten. Ruge (1988, S. 164 ff.) uberpriifte die Brauchbarkeit eines gemessenen Gedachtnisbildes zur Vorhersage des Verhaltens. Dabei verglich er die Verhaltensrelevanz des iimeren Bildes mit der von herkommlichen Imagewerten. Im Ergebnis konnten Werte fur das Gedachtnisbild besser das Verhalten voraussagen als herkommliche Imagewerte^^^ Insofem kann man der Aussage von Kroeber-Riel (1993b, S. 326) nur folgen: "Je lebendiger die von der Werbung hervorgerufenen inneren Bilder sind, um so grofier ist die Wahrscheinlichkeit, dafi die Werbung das Verhalten beeinfluBt."
4.4.
Konsequenzen fiir die integrierte Kommunikation
Vorteile der Verwendung nonverbaler Reize zur Integration der Kommunikation Fur die Gestaltung einer integrierten Kommxmikation gewinnt die bildUche Abstimmung der Kommunikation an Bedeutung. Durch bildliche Integration der Kommunikation konnen ein besonders schneller Aufbau von Schemata fur Marken erreicht und vorhandene Schemata vertieft werden. Dies hat mehrere Griinde: 1. Viele Marken, fiir die kommimiziert werden soil, befinden sich auf gesattigten Markten. Auf solchen Markten gewinnt die emotionale Positionierung an Bedeutung. Da emotionale Inhalte besonders gut mittels Bildem transportiert werden konnen, empfiehlt sich in solchen Fallen die Integration der Kommunikation durch Bilder und weniger durch Sprache. 2. Die meisten Konsumenten bringen der werblichen Kommunikation geringes Interesse entgegen. Dies ist der Standardfall der Kommunikation. Da wenig involvierte Konsumenten die Aufiiahme von Bildem gegeniiber Sprache bevorzugen, empfiehlt sich deshalb die Integration der Kommimikation mittels Bildem. 3. Wenig involvierte Konsimienten benotigen zur Aktivierung eines vorhandenen Markenschemas besonders starke schemakonsistente Reize. Gerade beim heutigen kommunikativen Reizpegel konnen Bilder in besonderem Mafie als solche hervorstechenden und dominanten Reize zur Aktivation eines Schemas dienen. 4. Bei einer Integration der Kommunikation wird in der Praxis haufig mit Abnutzungserscheinungen (sogenannten Wearout-Effekten, vgl. Kapitel B.III.l) gerechnet. Hinsichtlich dieser Befurchtung haben Bilder Vorteile gegeniiber Sprache: Da sie automatisch und mit 150 Ruge verwendete in seiner Untersuchung zur Imagemessung ein Eigenschafts- bzw. Einstellungsprofil. Das innere Bild wurde mittels verbaler und nonverbaler Skalen gemessen (vgl. Ruge, 1988, S. 164 ff.).
140
geringer gedanklicher KontroUe veraibeitet werden, nutzen sie sich nicht so schnell ab wie Sprache. 5. Innere Bilder sind besonders verhaltenswirksam. Deshalb fordem Ruge (1988), KroeberRiel (1993b) und Andresen (1994) bei der Feststellung des Images eines Angebotes auch die Messung des iimeren Bildes von einem Angebot (vgl. Esch, Andresen, 1994). Da die integrierte Kommunikation zum Ziel hat, bei den Konsumenten positionienmgsrelevante Gedachtnisstrukturen imd ein klares Image fur eine Marke zu schaffen, empfiehlt sich dazu der Aufbau innerer Bilder fur Marken, eine bildliche Vermittlung der Positionierung und eine entsprechende Integration der Kommunikation. Es ist deshalb zu erwarten, dafi durch bildliche Integration der Kommunikation bei wenig involvierten Konsumenten schneller verfestigte und klare Schemavorstellimgen zu einer Marke aufgebaut werden konnen als dies bei sprachlicher Abstimmung der Kommunikation der Fall ware. Bei wenig involvierten Konsumenten spielen Bilder als Mittel zur Integration eine herausragende Rolle. Durch eine konsistente Bildverwendung wird ein schnellerer "fit" zwischen dem vorhandenen Schema und der dargebotenen Werbung wahrgenommen. Bilder kann man - im Gegensatz zur Sprache - als zentrale Reize, also hervorstechende Reize eines Schemas interpretieren, mit den entsprechenden Wirkungen auf die Informationsaufhahme, -verarbeitung und speicherung. Varianten bildlicher Integrationsmoglichkeiten Zur bildlichen Integration existieren verschiedene Moglichkeiten. Entsprechend einer Klassifikation von Kroeber-Riel (1993b, S. 276), die auf Uberlegungen zur integrierten Kommunikation iibertragbar ist, kommen grundsatzUch folgende Strategien zur langfiistigen Bildverwendung in Frage: 1.fi-eieBilderwahl, d. h. keine Vorgabe fiir die Integration der Kommunikation, 2. Vorgabe einer strategischen Richtung der Bilder zur Integration, jedoch ohne Fesdegung konkreter Bildmotive, 3. inhaltliche Eingrenzung der Bildmotive zur Integration auf ein Thema, 4. Abstimmung der Kommunikation durch ein strategisches Schlusselbild. Zul: Die freie Bilderwahl ist zum Aufbau von Schemata fiir Marken kaum geeignet. Es handelt sich vielmehr um eine Form der zersplitterten Kommunikation. Ein solches Vorgehen ist nur dann strategisch zu rechtfertigen, wenn Aktualitat als Positionierungsziel verfolgt wird. In
141
diesem Fall wird kein Aufbau spezifischer Gedachtnisinhalte zur Marke bezweckt, vielmehr reicht die aktive Markenbekaiintheit aus. Demnach konnen auch nur formale Mittel zur Integration der Kommunikation zum Einsatz konunen. Beim Positionierungsziel "Aktualitat" konnen also unterschiedliche Bildmotive Verwendung finden, da es hier vor allem wichtig ist, daB diese Bilder aufinerksamkeitsstark sind und nicht, ob sie auch die gleichen Inhalte vermitteln . Bei alien anderen Positionierungsstrategien ware die Wahl unterschiedlicher Bildmotive dem Aufbau von Schemata fur eine Marke abtraglich. Zu2: Vorgabe einer strategischen Richtung bedeutet, daB Bildinhalte, die der verfolgten Angebotspositionierung entgegenwirken konnen, durch entsprechende Vorgaben ausgeschlossen werden. Soil etwa bei einer Positionierung fur eine Bank der Eindruck als "menschliche" und "freundliche" Bank geweckt werden, miifiten z. B. Bildmotive, die kiihl und technisch wirken, ausgeschlossen werden. Da bei einer Positionierung (mit Ausnahme der Aktualitat) immer ganz spezifische Inhalte vermittelt werden soUen, ist diese Alternative zum Aufbau klarer Markenschemata ebenfalls kaum geeignet. Der Interpretationsspielraum dieser Bilder ist noch zu groB, so daB sich wenig involvierte Konsumenten kaum eine klare Einstellung und ein inneres Markenbild bilden konnen. AUerdings konnte hier durch entsprechenden Einsatz formaler Integrationsklammem die Bildung mehr oder weniger klarer Markenimages gefordert werden. So hat die Deutsche Telekom mit der formalen Klammer durch die Farben magenta, weiB und grau sowie durch das „T" mit den Digits den Zugriff auf die Kommunikationsinhalte, die primar Menschlichkeit vermitteln, erleichtert (vgl. Kindervater, Hausler, 1997; Esch, 1998). Zu3: Eingrenzung der Bildmotive auf ein Thema bedeutet, daB die Bildmotive so ausgewahlt werden, daB sie die Positionierung fur ein Angebot wiedergeben. So konnte man bei der Positionierung eines Mushsnacks als "natiirlicher Miislisnack" eine Eingrenzung der Bildmotive auf "natiirliche Landschaftsmotive" vomehmen. Dabei kann es sich allerdings um unterschiedliche Landschaften handeln: Gebirgslandschaften, arktische Landschaften, Wustenlandschaften usw. Hier ist davon auszugehen, daB sich klare Schemavorstellungen bilden konnen . So vermittelt die AEG bei ihren Hausgeraten zwar immer andere Sachbot151 Kroeber-Riel (1993a, S. 88) stellt folgende Anfordemngen an Aktualisierungswerbung: Sie muB aufmerksamkeitsstark sein, die Marke mu6 im Mittelpunkt der Werbung stehen und die Werbung mufi einpragsam und leicht zu erinnem sein. Weist die Aktualisierungswerbung allerdings eine zu geringe Reizstarke auf, muB man mit einem "Bildersalat" mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Gedachtnisleistungen rechnen (vgl. Kroeber-Riel, 1993b, S. 286 ff.). 152 Gerade bei wechselnden Bildmotiven, die den gleichen Positionierungsinhalt widerspiegeln, spielt das Involvement der Konsumenten eine wichtige Rolle. Es ist zu erwarten, daB wenig involvierte Konsumenten sehr viele Wiederholungen solcher Bildmotive benotigen, bis sich entsprechende Schemavorstellungen zu
142
schaften, die Naturlichkeit wird jedoch in jedem Kommunikationsauftritt durch Verwendung von naturlichen Bildmotiven vermittelt. Allerdings ist kaum zu erwarten, daB sich ein verfestigtes "einheitliches inneres Markenbild, das man mit den inneren Augen betrachten kann," bildet (Kroeber-Riel, 1993b, S. 277). Zu4: Bei Verwendung eines strategischen Schliisselbildes bleibt die "visuelle Substanz der eingesetzten Bilder - und nicht nnr ihr Inhalt -" gleich (Kroeber-Riel, 1993b, S. 278). Ein Schlusselbild ist "ein bildliches Gnindmotiv fur den langfristigen Auftritt der Finna oder Marke, das dazu dient, sachliche oder emotionale Angebotsvorteile im Gedachtnis zu verankem." (Kroeber-Riel, 1993b, S. 201). Typische Beispiele fur Schliisselbilder sind der Marlboro-Cowboy sowie der "freie Weg" der Volksbanken/Raiffeisenbanken. Durch Schlusselbildstrategien konnen klare Schemavorstellungen und verfestigte innere Bilder von Marken aufgebaut werden. Es ist die starkste Form der Integration durch Bilder, die vor allem bei wenig involvierten Konsumenten von entscheidendem Vorteil ist. Folgende Anforderungen soUten SchlusselbUder erfiillen (vgl. Kroeber-Riel, 1993b, S. 202; Andresen, Ruge, 1994): 1. Die visuellen Schlusselmerkmale mussen klar erkennbar sein. 2. Das Schlusselbild sollte einpragsam und lebendig gestaltet sein . 3. Das Schlusselbild sollte eine hinreichende Variationsfahigkeit besitzen, so daB es in den verschieden Medien umsetzbar ist. 4. Das Schlusselbild sollte kontinuierlich einsetzbar, gleichzeitig aber auch im Zeitablauf anpassimgsfahig an Veranderungen der Konsumentenanspriiche sein. Diese Anforderungen an SchlusselbUder verdeutUchen den Vorteil von deren Verwendung gegeniiber identischen Bildem: Bei Schlusselbildem ist - anders als bei identischer Bildverwendung - kaum mit Abnutzungserscheinungen zu rechnen. Die bisherigen Ausfuhrungen bezogen sich primar auf inhaltliche Integrationsmoglichkeiten durch Bilder bei einer informativen, einer emotionalen oder einer gemischten Positionienmg. einem Angebot bildcn. Mit zunehmendem Involvement kann hingegen die hinter den Bildmotiven stehende Positioniemngsbotschaft schnell entschlusselt werden und sich auch schneller ein entsprechendes Angebotsschema bilden. 153 Die Lebendigkeit des Bildes lafit sich aus pragmatischer Sicht in formale und inhaltliche Komponenten des Bildes unterteilen. Zu den formalen Aspekten zahlen der Bildkontrast, die Bildkomplexitat sowie die Hervorhebung wesentlicher Bilddetails, die Wahmehmungserleichtemngen oder -barrieren bei der Aufnahme von Bildem schaffen konnen. Zu den inhaltlichen Aspekten zahlen vor allem der Assoziationsreichtum der Bilder sowie die Verwendung schematischer Bilder (vgl. Esch, 1990).
143
Bei der Positionierung durch Aktualitat kaim ebenfalls auf bildliche IntegrationsmaBnahmen zuruckgegriffen werden. Hier koimen visuelle Prasenzsignale als Gedachtnisanker fiir eine Marke zur foraialen Integration eingesetzt werden (vgl. Kroeber-Riel, 1993b; Esch, 1992c; 1993). Diese bildlichen Wiedererkennungssignale vermitteln zwar keine spezifischen Inhalte. Sie bewirken aber einen schnelleren Zugriff auf die Marke im Gedachtnis. Mit Ausnahme des visuellen Gedachtnisankers entspricht das Markenschema dann weitestgehend dem iibergeordneten Produktschema. Das Prasenzsignal bewirkt jedoch, dal3 die Marke in extremen LowInvolvement-Situationen anderen Marken gegenuber bevorzugt wird, weil sie dnrch dieses "top of mind" ist. Konkrete Wort-Bild-Zeichen sind den Imagerytheorien zufolge generell abstrakten Markenzeichen in bezug auf die Erinnerungsleistung und Wiedererkennbarkeit uberlegen. An wirksame Marken- und FirmenbUder sind wiederum folgende Anforderungen zu stellen (vgl. Bellezza, 1987; Kroeber-Riel, 1993b): 1. Es muB ein schneller Zugriff auf das Bild moglich sein. Das Bild muB schnell erlembar bzw. schon gut gelemt sein und sich leicht im Gedachtnis einstellen. 2. Zwischen Bild und Marke sollte eine formale oder inhaltliche Beziehung bestehen. 3. "Das Bild muB sich durch visuelle Eigenschaften von anderen ... Bildem abheben." (Kroeber-Riel, 1993b, S. 198). 4. Den Konsumenten muB bei dem Bild der Markenname und umgekehrt bei diesem das Bild einfallen. Probleme bei der inhaltlichen Integration mittels Bildern Bei der inhaltlichen Bildintegration ergeben sich im wesentlichen zwei Probleme: 1. Bilder lassen den Rezipienten haufig einen groBen Assoziationsspielraum. Dadurch konnen auch andere Eigenschaften mit den Bildem verbunden werden als die durch die Positionierung beabsichtigten. 2. Nicht immer laBt sich eine Positionierung unmittelbar bildlich imisetzen. Zul: Um Fehlinterpretationen der Konsumenten zu vermeiden, empfiehlt sich die Beschrankung des Assoziationsspiehaums von Bildem. Dies kann durch ein "Bildframing" erfolgen, indem das Bild mit einem verbalen Rahmen versehen wird. Durch einen solchen verbalen Rahmen wird die zu vermittebide Bedeutung des Bildes fokussiert. So kann in einer
144
Werbeanzeige die Headline den Bildinhalt wiedergeben, der vennittelt werden soil. Dies ist bei der Volksbanken/Raiffeisenbanken-Werbung durch die Aussage "Wir machen den Weg frei" gewahrleistet. Dadurch wild sichergestellt, daB mit dem Bild des "freien Weges" auch tatsachlich positionienmgsadaquate nnd wenig andere durch das Bild evozierte Inhalte verbunden werden. Abbildung49: Konkrete versus abstrakte Markenzeichen und Leichtigkeit der Markenerinnerung und des Wiedererkennens der Marke
konkrete Markenzeichen
abstrakte Markenzeichen
OY O -(um6 uj leujOuo) 6uaieipisjeA 9)U!ej8A :9 :(unj6 Uj |eu!6uo) )|ueg jaupsejQ :g :(q|86 ui leujOuo) esse^pedsneg ja6j8quoe-| :p :esueg)jn-| :$ .'jeindoiOQ 8|ddv 'Z iuaipuue^-ujiaLioi^ :i ^ :6unsounv
Zu2: Probleme ergeben sich allerdings dann, wenn die Positionierungsbotschaft nicht unmittelbar durch ein SchlusselbUd visualisierbar ist. Dies kann z. B. bei abstrakten sachlichen Positionierungseigenschaften der Fall sein. Kroeber-Riel schlagt hier verschiedene MogUchkeiten zur indirekten Umsetzung der Schlusselbotschaft vor. Dazu zahlen freie Bildassoziationen, Bildanalogien sowie
145
- Bildmetaphem (vgl. Kroeber-Riel, 1993b, S. 126 ff.)'''. LaBt sich die Schliisselbotschaft durch keine der genannten Techniken visualisieren, kann eine inhaltliche Integration der Kommunikation nur durch Sprache erfolgen. Allerdings kann die sprachliche Integration nach den Strickmustem der Bildkommimikation gestaltet werden, damit zumindest bei entsprechender Zahl von Wiederholungen die Bildung klarer Schemavorstellungen erfolgen kann. Dazu ist die Sprache klar und lebendig zu gestahen, so dafi bei den Konsumenten anders als bei abstrakten Sprachinhalten viele Assoziationen hervorgemfen werden konnen . Ein Negativbeispiel ist die abstrakte und wenig assoziationsreiche Aussage "Wir sind erst zufrieden, wenn Sie es sind" der Colonia Versicherung. Ein Positivbeispiel ist der Slogan "Auf diese Steine konnen Sie bauen" von Schwabisch-Hall.
154 Freie Bildassoziationen kann man durch die raumliche Nahe mehrerer Bilder bewirken (Beispiel: Philip Morris: Bildmotive der alten Werbekampagne, bei der Zigaretten durchs All flogen). Die Rezipienten versuchen in solchen Fallen, die Bilder in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Bildanalogien zielen darauf ab, neben einem Angebot einen Gegenstand abzubilden, der als Modell dienen kann und den Betrachter veranlafit, dem Angebot Eigenschaften des Modells zuzuordnen. Ein Beispiel dafur ist die alte Ford-Escort Werbung, bei der man aufgrund der mit dem Auto abgebildeten Tiere diesem Eigenschaften derselben (z. B. Wendigkeit, Dynamik) zugeordnet hat. Eine Bildmetapher hingegen ist ein im iibertragenen Sinne verwendetes Bild. Ein Beispiel dafiir ware die Darstellung eines Kunden mit einer Krone, nach dem Motto "Der Kunde ist Konig" (vgl. Kroeber-Riel, 1993b, S. 126 ff.). 155 Fiir eine solche MaBnahme sprechen auch jiingere Forschungsergebnisse von Unnava und Bumkrant (1991b). Nach den Ergebnissen dieser Studie konnen bildhaft gestaltete sprachliche Aussagen (high imagery copy) in einer Anzeige ohne gleichzeitige Darbietung entsprechender Bilder von stark involvierten Konsumenten so gut erinnert werden wie bei einer solchen Anzeige mit Bild. Bei wenig imaginalen Aussagen trifft dies hingegen nicht zu. Hier ist zur Verbesserung der Erinnerungswirkung die zusatzliche Bilddarbietung erforderlich. Zumindest bei starker involvierten Konsumenten konnen demnach Aussagen, die die bildlichen Vorstellungen fordem, ahnlich gute Wirkungen wie die Bilder selbst erzielen.
147
III. Empirische Erkenntnisse zur Wirkung koordinierter Werbung 1.
Ergebnisse zur Wiederholungswirkung der Werbung: Wearout-Effekte
1.1.
Grundlagen zur Wiederholungswirkung von Werbung und Uberblick iiber Studien
Der WirkungsprozeB der Werbung wird bei zeitraumbezogener Betrachtung haufig durch Werbewirkimgskurven abgebildet. Diese geben Verandenmgen eines einzelnen Werbewirkungsindikators in Abhangigkeit von der Anzahl der Werbekontakte an. Im allgemeinen erwartet man eine Steigerung der Werbewirkung bei wiederholtem Werbekontakt, wobei oft unterstellt wird, daB erst nach mehreren Werbekontakten eine erhohte Werbewirkung nachweisbar wird (vgl. Wimmer, 1980, S. 14). Erst nach Uberschreiten eines bestimmten Schwellenwertes fuhren steigende Kontaktzahlen zu erhohter Werbewirkung. Dieser Schwellenwert wird als "Wearin-point" bezeichnet (vgl. Corkingdale, Newall, 1978, S. 334; Wimmer, 1980, S. 14) \ Nach den gangigen Werbewirkungskurven ist nur bis zu einer bestimmten Zahl von Werbekontakten mit positiven Wirkungen auf GroBen wie die Einstellung der Konsumenten zur Marke oder auf die Abverkaufe fur eine beworbene Marke zu rechnen. Weitere zusatzliche Kontakte mit der Werbung konnen dann zur Verringerung der Werbewirkung fuhren. Man spricht in diesem Fall von einem "Wearout-Effekt". Dieser Wearout-Effekt kann sich auf einen relativen oder auf einen absoluten Riickgang der Werbewirkung beziehen . Im folgenden wird unter einem "Wearout" ein absoluter Riickgang der Werbewirkung verstanden.
156 Der "Wearin-point" ist umstritten. Reanalysen empirischer Untersuchungen zufolge (vgl. Rosenberg, Blair, 1994, S. 63 ff.; vgl. auch Appel, 1971) nehmen bestimmte Wirkungen wie Erinnerungswirkungen mit steigender Zahl von Wiederholungen zu. Bei der Beeinflussungswirkung von Werbung wurde hingegen ein unmittelbarer Wearin festgestellt: Ubt eine Werbung eine groBe Beeinflussungswirkung aus, verbessem Wiederholungen die daraus resultierende Einstellungsanderung bei den Probanden nicht. Umgekehrt kommt es bei Werbung mit geringer Beeinflussungskrafl - unabhangig von der Zahl der Wiederholungen - zu keinem Wearin. Je nach WirkungsgroBe scheint es demnach zweckmaBig zu sein, differenziertere Uberlegungen zum Wearin anzustellen. Allerdings geht aus den von Rosenberg imd Blair berichteten Ergebnissen nicht hervor, ob diese bei geringem oder hohem Involvement der Konsumenten zum Zeitpunkt der Kommunikationsaufhahme gewonnen wurden. Sofem letzteres der Fall war, ist das unmittelbare Auftreten hoher Beeinflussungswerte nicht weiter verwunderlich. 157 Autoren wie Rehom (1973) oder Corkingdale, Newall (1978) sprechen schon bei einem relativen Riickgang der Werbewirkung von einem Wearout. Die meisten Autoren (z. B. Grass, Wallace, 1969; Wimmer, 1980; Kroeber-Riel, 1992a; Pechman, Stewart, 1989) verstehen allerdings unter einem Wearout einen absoluten Riickgang der Werbewirkung. Dies ist zweckmaBig, da es aus strategischer Sicht absurd ware, bei abnehmenden Zuwachsen die Positionierung und deren Umsetzung in der Werbung zu andem. Dadurch wiirden alle bisherigen Investitionen in den Aufbau langfristig stabiler Markenschemata gefahrdet (vgl.KapitelB.n.2).
148
Fur die integrierte Kommunikation sind Ergebnisse zur Wiederholungswirkung der Werbung wichtig. Zwar ist unumstritten, daB Wiederholungen fiir das erstmalige Lemen einer Werbebotschaft und fur das Auflfrischen von erlemten Weibebotschaften notwendig sind. Es stellt sich allerdings die Frage, wann mit Abnutzungserscheinungen der Werbung zu rechnen ist. Zu moglichen EinfluBfaktoren zahlen u. a. - das Involvement der Konsumenten bei der Aufiiahme der Werbung und - die Gestaltung der Werbung im Zeitablauf (identische, variierte oder unterschiedliche Werbung fur Angebote). Wearout-Effekte spielen ffir die Praxis eine herausragende Rolle. Sofem Abnutzungserscheinungen auftreten, hat dies Konsequenzen fur die strategische und sozialtechnische Gestaltung der Werbung sowie ffir deren Schaltung (z. B. in bezug auf den Werbedruck und die zeitliche Verteilung der Werbung) . Im folgenden werden kurz einige wichtige Untersuchungen zum Advertising Wearout zusammengefaBt. Dabei wird zwischen alteren sowie neueren Untersuchungen zum Wearout difFerenziert. Danach wird naher auf einige fur die integrierte Kommunikation wesentliche Untersuchungen eingegangen . Altere Felduntersuchungen zum Wearout Feldimtersuchungen stellen einen Wearout - wenn uberhaupt - erst relativ spat, d. h. nach einer groBen Zahl von Wiederholungen fest. Die Ergebnisse dieser Feldimtersuchungen sind allerdings mit Vorsicht zu genieBen. Sie weisen eine Reihe methodischer Probleme auf . Neben dem grundsatzUchen Problem, daB eine Kontrolle der Vielzahl moglicher EinfluBgroBen auf den Wearin imd Wearout kaum erfolgen kann, ist die Feststellxmg der Zahl tatsachlicher Werbekontakte ebenso problematisch wie die Schatzung der Abnutzung auf
158 Zur zeitlichen Verteilung von Wcrbebudgcts vgl. Simon (1982), Batra, Myers, Aaker (1996), Piercy (1987) Oder den klassischen Beitrag von Zielske zur Wirkung massierter und verteilter Werbung (Zielske, 1959, vgl. Mahajan, Muller, 1986). Eine interessante jungere experimentelle Untersuchung zur Wirkung der Wiederholung von Werbung und deren zeitlicher Verteilung auf die Erinnerung an Marken und Werbeinhalte stammt von Singh et al. (1994, S. 384 ff.). Danach fuhren bei emer langeren Zeitspanne zwischen der Erinnerungsmessung und der Werbedarbietung groBere Abstande zwischen der exponierten Werbung zu besseren Erinnerungsresultaten als kurze Abstande. Umgekehrt verhieh es sich bei der Messung kurz nach Exposition der Werbung. Allerdings wurden hier nur zwei Werbewiederholungen innerhalb eines Werbeblocks durchgefuhrt. Die Zeitabstande zwischen diesen Werbewiederholungen wurden durch eine unterschiedlich groBe Anzahl zwischengeschalteter Werbespots manipuliert. Die Ergebnisse sind demnach nur beschrankt auf Strategien zur zeitlichen Verteilung von Werbung iibertragbar. 159 Umfassende Ubersichten zu alteren Labor- und Felduntersuchungen zum Advertising-Wearout bieten Pechman, Stewart (1989), Sawyer (1974), Naples (1979) oder Wimmer (1980). 160 Zu diesen Feldstudien zahlen u. a. die klassischen Untersuchungen, von denen Grass und Wallace (1969), Appel (1971) Oder Greenberg und Suttoni (1973) berichten (vgl. auch Wimmer, 1980).
149
aggregiertem Niveau. Beispielhaft wird hier auf das Problem der Schatzung der Anzahl der Kontakte eingegangen . Die Zahl der Wiederholungskontakte wurde in Feldstudien oft auf Basis des jeweils betrachteten Zeitraumes festgelegt oder iiber Berechnungen geschatzt (vgl. Wimmer, 1980, S. 41). Solche GroBen sind mit groBer Unsicherheit behaftet und geben keinen AufschluB iiber tatsachliche Kontakte. Beispiel: Wenn man Daten zur Reichweite verschiedener Femsehprogramme zur Kontaktberechnimg von Femsehwerbung heranzoge, wikde man die Zahl tatsachlicher Kontakte bei weitem iiberschatzen. So stellte Wettig (1988, S. 15) in einer Pilotstudie fest, daB bei eingeschaltetem Femseher ein Drittel der Personen das Femsehprogramm iiberhaupt nicht und ein weiteres Drittel nur zum Teil wahmehmen. "Sind bei der ARD in Erwartung der Tagesschau etwa 22 % der Gerate eingeschaltet, sitzt in rund 14 % der Falle mindestens eine Person vor dem Gerat, wobei nur insgesamt 8 % ihre Aufmerksamkeit ausschlieBlich dem Werbefemsehen widmen" (Lorson, 1992, S. 57). Die Feststellung tatsachlicher Werbekontakte iiber einen langeren Zeitraum ist fur ein einziges Werbemittel schon schwierig, fur alle eingesetzten Werbemittel fiir eine Marke erst recht. Deshalb konnen Feldimtersuchungen auch kaum AufschluB iiber moglicherweise auftretende Abnutzungserscheinungen geben. Altere Laboruntersuchungen zum Wearout In alteren Laboruntersuchungen zvmi Wearout erreichte die dargebotene Werbimg meist ihre maximale Wirkung nach drei bzw. nach vier Wiederholungen; danach wurde ein WearoutEffekt festgesteUt (vgl. Pechman, Stewart, 1989)^^^ Dieser Wearout trifft fur abhangige GroBen wie die Einstellung bzw. die Kaufabsicht oder auf Ergebnisse von ProtokoUen lauten Denkens zu. Fur die Erinnerung an Werbung und Werbeinhalte sind die Ergebnisse weniger eindeutig. Zum Teil wurde mit zunehmenden Werbewiederholungen auch eine Verbesserung des Recalls bis zu einem "Ceiling-Effekt" festgesteUt, bei dem keine weiteren Verbesserungen des Recalls mehr eintraten. Sowohl bei Einstellungsmessungen als auch bei Recallmessimgen wurde meist eine unmittelbare Wearin-Wirkung festgesteUt. Bei den ProtokoUen lauten Denkens dominierten hingegen zunachst negative AuBerungen zur Werbung, mit wachsender Zahl der Werbe-
161 Zum Problem der Schatzung des Wearouts auf aggregiertem Niveau vgl. Wimmer (1980, S. 41). 162 Die dargestellten Ergebnisse stellen lediglich ein Substrakt der verschiedenen Untersuchungsergebnisse dar. Besonders wichtige Experimente stammen von: Cacioppo, Petty (1979); McCuUogh, Ostrom (1974); Sawyer (1973); Calder, Stemthal (1980); Craik, Stemthal, Leavitt (1976); Winter (1973); Belch (1982); Ray, Sawyer (1971); Gom, Goldberg (1980). Zusammenfassungen iiber Untersuchungen zum Wearout bieten Wimmer (1980), Axelrod (1980), Sawyer (1974), Greenberg, Suttoni (1973), oder Craik, Stemthal (1986).
150
wiederholimgen uberwogen positive AuBerungen und ab einer bestimmten ZaJhl erfolgten wieder vorwiegend negative Aixssagen zur Werbung (vgl. Cacioppo, Petty, 1979). Altere Labonmtersuchungen lassen sich im wesentlichen durch folgende gemeinsame Merkmale kennzeichnen (vgl. Pechman, Stewart, 1989; Wimmer, 1980): 1. Die Wiederholimgen der Weibimg fanden meist massiert, innerhalb kiirzester Zeitraume statt. 2. Den Probanden wurde fast immer identische Werbung gezeigt, der Fokus lag auf verbalen Argumenten zur Werbebotschaft. Es ging um die Vennittiung eines USP's (= Unique Selling Proposition) mittels Sprache. 3. Die Testpersonen wurden aufgefordert, sich intensiv mit der Werbung zu beschaftigen . Diese experimentellen Bedingungen sind wenig realitatsnah. Konsumenten schenken Werbung nur selten ihre voile Aufinerksamkeit (vgl. Greenberg, Suttoni, 1973). Selbst fiir den Fall, daB diese einer Werbung tatsachlich starkere Aufinerksamkeit widmen, konnen sich die Rezipienten bei Wiederholimgen durchaus anderen, bislang noch nicht beachteten emotionalen oder sachlichen Inhalten in der Werbung zuwenden. Zudem ist unter realitatsnahen Bedingungen eher zu erwarten, daB sich Konsumenten mental "ausklinken", statt nach Gegenargumenten fiir eine Werbung zu suchen. Letzteres ware schlieBHch mit groBerem kognitivem Aufwand verbunden, den man durch einfaches "Nichtbeachten" einer Werbung vermeidenkonnte (vgl. Calder, Stemthal, 1980; Pechman, Stewart, 1989). Unter realitatsnahen Bedingungen ist demnach weder sofort mit einem Wearin zu rechnen, noch nach nur wenigen Wiederholungen mit einem Wearout. Neuere Studien zum Wearout Viele neuere Studien untersuchen den EinfluB bestimmter unabhangiger Variablen auf die Abnutzung von Werbung. Dabei wurden u. a. folgende Beziehungen festgestellt (vgl. Pechman, Stewart, 1989, S. 302 fif.): 1. Bildbetonte und emotionale Werbung nutzen sich kaum ab (vgl. u. a. Stuart, Shimp, Engle, 1987; Wimmer, 1980; Kroeber-Riel, 1984b); Hitchon, Thorson, Zhao, 1988). Hierzu gibt es eine Reihe von Experimenten z:ur klassischen Konditionierung. Nach diesen Laborexperimenten treten Konditionienmgserfolge meist erst nach vielen Wiederholungen
163 Beispiel: Craig, Stemthal und Leavitt (1976, S. 368) instruierten ihre Probanden, auf mogliche kleinste Abweichungen der einzelnen Werbemittel bei wiederholtem Kontakt zu achten.
151
auf. Kroeber-Riel (1993a, S. 155) spricht z. B. von mindestens 20 bis 30 Wiederholimgen, 164
damit es zu einem Wearin kommt (vgl. Kroeber-Riel, 1984b) . 2. Starkes Inyolvement der Probanden fiihrt zum unmittelbaren Wearin. Bei Rezipienten mit geringerem Involvement fiihrt hingegen erst eine gewissen Anzahl von Werbewiederholungen zum Wearin. Sind Testpersonen engagiert und motiviert zur Aufitiahme der Werbung, kann sofort eine erhohte Kaufabsicht und bessere Erinnerungswerte an die Werbimg ermittelt werden. Weniger involvierte Konsumenten benotigen hingegen wesentlich mehr Wiederholungen, bis sich die Kaufabsicht und die Erinnerungswerte verbessem (Raj, 1982; Tellis, 1988). 3. Bei stark involvierten Konsumenten kommt es schneller zu Abnutzungserscheinungen der Werbung als bei wenig involvierten Konsumenten (vgl. Rethans, Swasy, Marks, 1986; Batra, Ray, 1986). 4. Werbung, die in bezug auf Akzeptanz oder Qualitat verwendeter Argumente schlecht abschneidet, profitiert kaum von Wiederholungen (vgl. Blair, 1987; Cacioppo, Petty, 1980). Wenngleich hier schon eine differenziertere Auseinandersetzung mit dem Phanomen des Wearout erfolgte, kommen dennoch wesentliche Aspekte zur integrierten Kommunikation zu kurz. Diese betreffen vor allem die Mittel zur Abstimmung von Werbung und deren Wirkung im Vergleich zu identischer Werbung. Darauf wird im folgenden Abschnitt eingegangen. Die Zahl der hierzu vorliegenden Studien ist gering. Hier besteht noch ein groBer Forschimgsbedarf 1.2.
Darstellung ausgewahlter jiingerer Untersuchungen zur Wiederholungswirkung von Werbung
1.2.1. Wiederholungswirkung von variierter und identischer Werbung Studien zur Wiederholungswirkung von variierter und identischer Werbung Unnava und Bumkrant untersuchten die Wiederholungswirkung von variierter und identischer Werbung in bezug auf die erzielten Gedachtnisleistungen (vgl. Bumkrant, Unnava, 1987; Unnava, Bumkrant, 1991a). Die Autoren unterscheiden bei ihren Uberlegungen zur Variation 164 In einer neueren Studie wurden die Inhalte von Werbespots (emotional bzw. informativ), die Lange der Werbespots (15 bzw. 30 Sekunden) sowie die Zahl der Wiederholungen (eine, vier und acht Wiederholungen) variiert und die sich daraus ergebenden Wirkungen an GroBen wie dem Markenrecall, der Erinnerung an die Werbeinhalte oder der Akzeptanz der Werbespots gemessen (vgl. Singh, Cole, 1993). Bei den ersten beiden GroBen konnte kein absoluter Ruckgang der Werbewirkung festgestelh werden. Allerdings verschlechterte sich vor allem bei dem 30sekundigen informativen Werbespot die Akzeptanz des Werbemittels mit wachsender Zahl von Wiederholungen (vgl. Singh, Cole, 1993, S. 99).
152
von Werbung zwischen semantischer und kontextueller Variabilitat. Erstere bezieht sich auf die zu vermittelnden Inhalte, letztere auf das Umfeld, in dem die Inforaiationen dargeboten werden. In ihren Untersuchungen konzentrierten sich Unnava und Bumkrant auf die kontextuelle Variabilitat der Weibung. Die Autoren gingen davon aus, daB identische Informationen bei unterschiedlicher Gestaltung der Werbung besser erinnert werden als die gleichen Informationen bei identischer Werbegestaltung (vgl. Unnava, Bumkrant, 1991a, S. 406) . Studie 1: In dieser Studie sahen verschiedene Testpersonengruppen fiir eine Whisky-Marke entweder jeweils dreimal eine Werbebotschaft mit identischer Werbegestaltung oder die gleiche Werbebotschaft mit drei verschiedenen Werbeexekutionen (vgl. Bumkrant, Unnava, 1987). Wahrend bei den Versionen identischer Werbung jeweils ein bekannter Prasenter gezeigt und beschrieben wurde, erfolgten bei der variierten Werbimg Prasenterwechsel. Die Werbimg wurde den Testpersonen mittels Diaprojektion jeweils 25 Sekunden lang gezeigt. Ergebnisse: Gestiitzte imd ungestutzte Markenerinnerung sowie die Erinnerang an die Werbebotschaft waren bei variierter Werbung signifikant besser als bei identischer Werbung (vgl. Abbildung 50). Das gleiche gilt fiir die Einstellung zur Marke, die Unterschiede erwiesen sich jedoch als nicht signifikant. Studie 2: In dieser Smdie erfolgten zwei Wiederholungen von variierten oder identischen Anzeigen fiir ein Haarshampoo, wobei in einem Experiment die Aufinerksamkeit der Probanden konstant gehalten wurde, in der nachsten Untersuchxmg hingegen noch zusatzUch die Intensitat der Verarbeitung der Anzeigen (hohe versus niedrige Verarbeitungskapazitat) manipuliert wurde. Die Testanzeigen wurden den Probanden in einem Folder mit 30 schwarzweiBen Werbeanzeigen dargeboten. Sie hatten 30 Sekunden Zeit zur Aufiiahme aller in den Werbeanzeigen enthaltenen Informationen
165 Sie fuhren dies primar auf die "encoding variability hypotheses" von Melton (1970) zuruck, nach der eine Information, die in unterschiedlichen Kontexten angeboten wird, den Rezipienten mehr Zugriffsmoglichkeiten zur Verfugung stellt und deshalb besser erinnert wird als bei identischem Umfeld. 166 In dem zweiten Experiment erfolgte die Manipulation der Verarbeitungstiefe durch eine Instruktion, sich entweder mit den Inhalten der Werbeanzeigen (= hohe Verarbeitungstiefe) oder mit deren Gestaltung (= geringe Verarbeitungstiefe) auseinanderzusetzen
153
AbbildungSO: Ergebnisse zur Wiederholung von variierter versus identischer Werbung auf die Markenerinnerung Erinnerung an die Marke (Angaben in %) i
100%
^
_
83% ^ gestutzt 75%
—
50%
_
"^"^ ^y^^ 39%
25%
_
y ^
55% ungestutzt
^yy^
28%
.. w
1 identische Werbung
1 variierte Werbung
Anmerkung: Stichprobe: n = 35 Testpersonen. Quelle: Unnava, Bumkrant, 1991, S. 409.
Ergebnisse: Variierte Werbeexekutionen erzielten immer eine hohere Markenerinnerung und bessere Gedachtnisleistungen an die Werbebotschaft als identische Werbeexekutionen. Zwar waren bei hoher Verarbeitungstiefe die Erinnerungsleistungen besser als bei geringer, allerdings hatte dies keine Auswirkungen auf die Erinnerung bei Darbietung von variierten Oder identischen Werbeanzeigen. Deshalb empfehlen die Autoren als Werbestrategie die Schaltung von Werbung, die gleiche Inhalte durch unterschiedliche Werbegestaltungen vermittelt.
154
Wiederholungswirkung von kosmetisch oder substantieU variierter und identischer Werbung Schumann, Petty und demons (1990) untersuchten, wie kosmetische oder substantielle Variationen der Weibung bei Werbewiederfiolungen die Erinnenmg an die Werbebotschaft sowie die Einstellung zur Marke imd zur Kampagne beeinflussen. Eine kosmetische Variation bezieht sich auf die Verandenmg nicht-substantieller Merkmale der Werbung, wobei die Kembotschaft (die Positionienmgsinhahe) unverandert bleibt (vgl. Abbildung 51). Bei gleichem Werbeinhalt werden hier fonnale Elemente der Werbeanzeigen wie Farbe, Layout imd ahnliche Gestaltungsaspekte verandert. Abbildung 51: Beispiel fur eine kosmetische Variation einer Werbung
€ N G n ( « « MAU€ tXSCCMACO
O M BG A 3
O M € G fl 3 UMh i r e p w i s o o vow v« come » cxpca fvom 0 * eotnpoTvoiQt • ' • Q * * * ' * ^ ^ Sywss A""^ Mwrfe
^<m>^ «>o»'nen
Muster der Assoziationen
spezifisch/ unspezifisch
vert)al/
1 bildlich
Anmerkung: Die fiir die Volksbanken/Raiffeisenbanken giiltigen Pfade sind fett gekeimzeichnet.
187
Abbildimg 60: Ergebnisse der Kampagne '"Wir machen den Weg frei" in den ersten beiden Jahren der Einfiihnmg Print
TV
1
"Mehr als Geld und Zinsen"
Okt.88 Na133 % 8
Okt.89 N = 151 % 4
Okt.88 Ns141 % 15
Okt. 89 N -156 % 7
"Wir machen den Weg frei"
51
58
45
64
Name/Fimnensymbol
2
1
6
1
Allgemeine Nennungen zu Bankservice
5
2
8
10
Aktivitaten und Services fur junge Leute
2
2
3
3
Spezifische Inlialte und Werbedetails
89
95
53
72
Werbung von Verbunduntemelimen
14
2
11
4
Keine genaue Erinnerung
5
7
8
8
Quelle: Juchems, 1991, S. 91 ff.
0-Welle
Okt.88
Okt.89
N = 197
N = 280
N = 331 %
Feb. 88 %
%
Macht Informative Werbung
39
39
38
Die Werbung gefallt mir gut
28
39
53
Macht unverwechselbare, elgenstandlge Werbung
46
61
69
1
Die Werbeawareness erreichte 1991 erstmals die Spitzenposition im Bankenmarkt und stagniert zur Zeit auf einem Niveau von rund 40 % mit deutlichen Abstand vor den anderen Banken (vgl. Abbildung 61).
188
Abbildimg 61: Werbeawareness der Volksbanken iind Raiffdsenbankeii von 1988 I 1996
% VnlVahanlrmi
_
^^^^^^
Raifieisenbanken
40-1 ^ r r . . , ,-.•>»•»«-«< f*»*>« ^ --^ sw. ''MsmMwwA.
«s 1
i^tttaA.vau'm Die ( M e i m h ^ Aitfen)?
,A.J
O* «««!»?*« Afltne
Semantische Bildintegration Singapore Airlines £5 I W O A » O H .JE.
>ai, ;t Jft
N G A i> O n e
DieVielfaltder Exotik. DieVielfaltder Exotik.
3S I N O A JP O R »
/V, » J* it. t n *
>\. t R I ' I N E £»
264
Fortsetzung Abbildung 88: Sprachintegration Singapore Airlines (Bei der zersplitterten Kommunikation werden lediglich andere Slogans verwendet.) S t n o A r o R s
13
uA. i K lu 11« • •
• H B ^ ^ ^ ^ ^ . •'
l i t OAJP.OSR*
.A.iRJUii«ais
mgiijig
v ^
'^^^M^Hfl M
^SUIKjE r' mm i^BS^^^
PiPjl'1?^^'m\
i
Uriaub ube rdenWolken. S«M«>
Jtffc'r'aJ mw\t!^riT^
SnoMa* «Mm PM ei »nMI
S I Na APO R B • It cxotlt eha
>V 1 R I. 1 N B 8
Die neueComlbrt Class. SSSii:Trur