Ralf Linke Kundenbindung durch spezifische Investitionen
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Ralf Linke Kundenbindung durch spezifische Investitionen
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GABLER EDITION WISSENSCHAFT Business-to Business-Marketing Herausgeber: Professor Dr. Dr. h.c. Werner Hans Engelhardt, Universitat Bochum, Professor Dr. Michael Kleinaltenkamp, Freie Universitat Berlin (schriftfiihrend) Herausgeberbeirat: Professor Dr. Klaus Backhaus, Universitat Munster, Professor Dr. Joachim Buschken, Katholische Universitat Eichstatt-lngolstadt, Professorin Dr. Sabine FlieB, Fernuniversitat Hagen, Professor Dr. Jorg Freiling, Universitat Bremen, Professor Dr. Bernd Gunter, Universitat Dusseldorf, Professor Dr. Frank Jacob, ESCP-EAP Europaische Wirtschaftshochschule Berlin, Professor Dr. Wulff Plinke, Humboldt-Universitat zu Berlin, Professor Dr. Martin Reckenfelderbaumer, Wissenschaftliche Hochschule Lahr/AKAD Hochschule fiir Berufstatige, Lahr/Schwarzwald, Professor Dr. Mario Rese, Universitat Bochum, Professor Dr. Albrecht Sollner, Europa-Universitat Viadrina Frankfurt/Oder, Professor Dr. Markus Voeth, Universitat Hohenheim, Professor Dr. Rolf Weiber, Universitat Trier
Das Business-to-Business-Marketing ist ein noch relativ junger Forschungszweig, der in Wissenschaft und Praxis standig an Bedeutung gewinnt. Die Schriftenreihe mochte dieser Entwicklung Rechnung tragen und ein Forum fiir wissenschaftliche Beitrage aus dem Businessto-Business-Bereich schaffen. In der Reihe sollen aktuelle Forschungsergebnisse prasentiert und zur Diskussion gestellt werden.
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Ralf Linke
Kundenbindung durch spezifische Investitionen Determinanten der Abhangigkeit unter besonderer Beriicksichtigung der wahrgenommenen Bindungswirkung versunkener Kosten
Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Christian Schade
Deutscher Universitats-Verlag
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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.
Dissertation Humboldt-Universitatzu Berlin, 2005
1. Auflage Marz2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universltats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/ Sabine Scholler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieSlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, SchelSlltz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8350-0239-2
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Geleitwort Die Arbeit von Herm Linke befasst sich mit einer fiir das Marketing zentralen Fragestellung, der Genese von Kundenbindung. Ein gebundener Kunde ist ein loyaler Kunde und damit wertvoll fiir den Anbieter. Anders als in der Forschung zur Kundenzufriedenheit iiblich, behandelt Herr Linke das Problem aus der Perspektive der Okonomik und der mathematischen Psychologie. Mit diesen beiden Theorien sind auch bereits das Spannungsfeld der Arbeit und die beiden sehr unterschiedlichen Aspekte von Kundenbindung, die Herr Linke behandelt, angesprochen. Aus okonomischer Sicht, genauer, aus Sicht der neuen Institutionenokonomik, entsteht Kundenbindung vor allem durch die so genannte Spezifitat von Investitionen in die Beziehung zwischen Hersteller und Kunde. Spezifisch sind solche Investitionen, die in altemativer Verwendung wertlos sind oder zumindest einen groBen Teil ihres Wertes verlieren. Beispiele sind die Erlangung von Kenntnissen uber Personen und untemehmenstypische Ablaufe oder die AnschafFung einer Technologie, die auf die Belange des Kunden zugeschnitten ist. Aus Sicht der mathematischen Psychologie sind wiederum so genannte Referenzpunkte entscheidend, wenn es um die Bewertung der Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager geht. Referenzpunkte implizieren, dass die Wahmehmung und Bewertung von Dingen grundsatzlich relativ ist, dass ein moglicher Verlust also als Verlust gegeniiber etwas Vorhandenem bzw. etwas Angestrebtem verarbeitet wird. GemaB der Prospecttheorie, des prominentesten Ansatzes der mathematischen Psychologie, werden Gewinne gegeniiber einem Referenzpunkt etwa weniger stark bewertet als gleichgroBe Verluste. Ein fiir die Kundenbindung sehr wichtiges, mittels der Prospecttheorie erklarbares Phanomen ist das der Entscheidungsrelevanz versunkener Kosten. Aus diesem resultiert, dass in der Vergangenheit getatigte Investitionen auch dann Bindung generieren konnen, wenn die zukiinftigen Riickfliisse objektiv zu gering sind. Durch die vergangene Investition selbst entsteht unter bestimmten Bedingungen - Bindung. Dies steht natiirlich in unmittelbarem Widerspruch zur von Okonomen postulierten Irrelevanz von versunkenen Kosten. Direkte Effekte versunkener Kosten fiihren dazu, dass Kundenbindung allein aus der Tatsache resultieren kann, dass iiber lange Zeit in die Beziehung investiert wurde. Herm Linke gelingt es nicht nur, die beiden genannten Ansatze miteinander zu konfrontieren, er ist auch erfolgreich darin, diese erstmalig am Beispiel der Kundenbindung zusammenzufiihren. Herr Linke bedient sich dariiber hinaus eines experimentellen Ansatzes, um die von ihm herausgearbeiteten Hypothesen zu testen. Viele Aspekte des von Herm Linke vorgestellten „Hybridansatzes" erweisen sich vor dem Hintergrund der experimentellen Ergebnisse als zutreffend. Unter anderem belegen die experimentellen Ergebnisse grundsatzlich die direkte Wirkung versunkener Kosten auf die Kundenbindung.
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VI
Die Arbeit von Herm Linke ist eigenstandig und innovativ. Sie bietet zahlreiche Anregungen fur weitere Forschung, weil sie mutig ist und die Briicke zwischen zwei wichtigen theoretischen Ansatzen schlagt. Die Arbeit kann somit als Meilenstein in der Marketingforschung angesehen werden, und ich wiinsche ihr eine breite Akzeptanz in Forschung und Praxis. Ich hofFe, dass durch diese weitere Arbeiten, die sich um eine Integration der Neuen Institutionenokonomik und der mathematischen Psychologie bemiihen, angeregt werden.
Prof. Dr. Christian Schade
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VII
Vorwort
Wie kann es sein, dass Kunden einmal getrofFenen Investitionsentscheidungen treu bleiben, obwohl es aus okonomischer Sicht vorteilhaft ist, die Geschaftsbeziehung zu beenden bzw. eine Wechselentscheidung zu treffen? Diese systematischen Fehlentscheidungen finden sich sowohl auf Konsumgutermarkten, bspw. bei Abschluss von Mobilfunkvertragen, als auch auf industriellen Markten, u. a. beim Kauf von Software und Hardv^are fiir Computersysteme. Auf die Messung und Erklarung dieses Phanomens richtet sich der Fokus der Arbeit, die im Sommer 2005 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultat der Humboldt-Universitat zu Berlin als Dissertation angenommen wurde. Durch die Identifikation von Einfliissen und die Quantifizierung der psychologischen Bindungswirkung von anbieterspezifischen Investitionen wird es moglich, einerseits dem Anbieter Anknupfungspunkte fiir die optimale Nutzung einer solchen Kundenbindung zu geben und andererseits den Kunden durch ein tieferes Verstandnis die Vermeidung des fiir ihn schadlichen Verhaltens zu ermoglichen. Bekannt ist, dass spezifische Investitionen eine Bindung an den Transaktionspartner hervorrufen konnen. Dies wurde insbesondere in der institutionenokonomischen Literatur in zahlreichen Publikationen aufgegriffen. Das Ratsel in der Praxis ist aus traditionell okonomischer Sicht jedoch nicht zu klaren. Erst in Kombination mit Modellen der neueren psychologischen Forschung lasst sich diese Frage auf einem quantitativen Fundament diskutieren. Durch die Integration okonomischer und psychologischer Bindungsansatze, welche durch die Analogie zwischen Spezifitat und versunkenen Kosten ermoglicht wird, wird ein wissenschaftstheoretisch fundierter Bezugsrahmen fiir zukiinftige wissenschaftliche Forschungsbemiihungen geschaffen. Zum Gelingen dieser Schrift hat eine Vielzahl von Personen beigetragen, denen ich an dieser Stelle herzlich danken mochte. Insbesondere gilt der Dank meinem Doktorvater, Herm Prof Plinke, der mit fachlichem Rat und standiger Ermutigung die Entstehung der Arbeit erst ermoglicht hat. Nicht weniger Anerkennung gebiihrt Herm Prof Schade, der mir beim Bau der Briicke zwischen okonomischer und psychologischer Forschung zur Seite stand und sich bereit erklarte, das Erstgutachten zu erstellen. Ein grolier Dank gebiihrt dem Team des Institutes fiir Industrielles Marketing-Management, welches mir in Lehre und Forschung stets zur Seite stand. Die Kolleginnen und Kollegen Birgit Engel, Sandra Plato, Meike Niedbal und Frank Ullrich waren ebenso fiir mich da wie Frau Heidemarie Rolle und Frau Brigitte Zimmermann, die guten Seelen des Institutes, wie auch diefleiBigenstudentischen Heifer Kristina Baumgarten, Matthias Machon und Alexander Korolchuk.
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VIII
Nach organisatorischen Veranderungen in der Endphase der Arbeit hat mir Herr Prof. Hildebrandt den Riicken freigehalten und mich im Promotionsverfahren unterstiitzt. Fur die Unterstutzung auch in fachlicher Hinsicht danke ich ihm und den Mitarbeitem seines Institutes. Im Laufe meines Dissertationsprojektes schien es oft, als ob ich mich einer Sackgasse nahere. Ohne den fachlichen Beistand meiner Kollegen in diesen Situationen hatte mich wohl manches Mai der Mut verlassen. Ein besonderer Dank gih hier Andreas Schroder fiir den Beistand in mathematischen Fragen sowie Herm Prof. Marcel Paulssen (j.), der mir mit Ideen und Perspektiven oftmals neue Wege zeigte. Die Experimente wurden erst durch die Unterstiitzung verschiedener Professoren moglich, die mir ihre Vorlesungszeit zur Verfiigung stellten. Vielen Dank an Frau Prof Gertich, Herm Prof. Adler, Herm Prof. Kleinaltenkamp und Herm Prof Rese. Schliefilich gebiihrt der Geduld und dem aufgebrachten Verstandnis meiner Lebensgefahrtin Anke Heuer sowie ihrer unermudlichen moralischen Aufbauarbeit mein liebevoller Dank. Mein ganz besonderer Dank gilt letztlich meinen Eltem Manfred und Ruth fiir ihre fortwahrende liebevolle Unterstiitzung wShrend meines gesamten Ausbildungswegs.
Ralf Linke
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IX
Inhaltsubersicht
1
Einfiihrung und Vorgehensweise 1.1 Zwei Seiten der Kundenbindung durch spezifische Investitionen 1.2 Vorgehensweise
2
Bindungswirkung speziflscher Investitionen als Untersucliungsgegenstand 2.1 Spezifische Investitionen als Kundenbindungsinstrument 2.2 Ansatzpunkte fiir die Identifikation der Determinanten der Bindungswirkung speziflscher Investitionen
3
Festlegung der theoretischen Basis 3.1 Diskussion moglicher Erklarungsansatze 3.2 Transaktionskostentheorie als Erklarungsgrundlage derivativer Bindung 3.3 Kumulative Prospect Theorie als Erklarungsgrundlage originarer Bindung 3.4 Kritische Betrachtung des Theorienpluralismus
4
Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung 4.1 Einordnung der empirischen Fragestellung in das Gesamtmodell 4.2 Committed Cost als Einflussfaktor aus Sicht der Prospect Theorie 4.3 Moderierende Einflusse 4.4 Hypothesensystem der Determinanten originarer Bindungswirkung
5
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung speziflscher Investitionen 5.1 Aufbau der Analyse 5.2 Erhebungsdesign 5.3 Bestimmung der Wert- und Gewichtungsfunktionen 5.4 Hypothesenpriifung 5.5 Grenzen der experimentellen Untersuchung
6
Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen 6.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 6.2 Implikationen ftir Marketing-Management und Marketingwissenschaft
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XI
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
XV
Tabellenverzeichnis
XVII
1
Einfiihrung und Vorgehensweise 1.1 Zwei Seiten der Kundenbindung durch spezifische Investitionen 1.2 Vorgehensweise
1 1 5
2
Binduagswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand 2.1 Spezifische Investitionen als Kundenbindungsinstmment
8 9
2.1.1 Kundenbindung als Ursache des Wiederkaufv^erhaltens 2.1.2 Spezifische Investitionen als Ursache der Kundenbindung 2.L2.1 Spezifitat von Ressourcen 2.1.2.2 Quasirente als Ausdruck der Kundenbindung 2.2 Ansatzpunkte fur die Identifikation der Determinanten der Bindungswirkung spezifischer Investitionen 2.2.1 Determinanten der Bindung im Relationship-Marketing 2.2.2 Determinanten in der Eskalations- und Sunk Cost-Forschung 2.2.3 Versunkene Kosten als Determinante der Bindungswirkung 2.2.3.1 Theoretische Sichtweisen versunkener Kosten 2.2.3.2 Das Konstrukt der Committed Cost 3
9 16 17 18 28 29 37 44 45 49
Festlegung der theoretischen Basis 3.1 Diskussion moglicher Erklarungsansatze 3.1.1 Ansatze zur theoretischen Fundierung derivativer Bindung 3.1.2 Ansatze zur theoretischen Fundierung originarer Bindung 3.2 Transaktionskostentheorie als Erklarungsgrundlage derivativer Bindung 3.2.1 Grundlagen und Pramissen der Transaktionskostentheorie 3.2.2 Transaktionsprobleme und Koordinationsform 3.2.3 Derivative Bindungswirkung spezifischer Investition aus Sicht der Transaktionskostentheorie 3.2.4 Zusammenfassendes effizienzorientiertes Partialmodell derivativer Bindungswirkung 3.3 Kumulative Prospect Theorie als Erklarungsgrundlage originarer Bindung 3.3.1 Neoklassische Nutzentheorie und neuere Praferenztheorien 3.3.2 Grundlagen und Pramissen der Prospect Theorie 3.3.2.1 Merkmale der Editierungsphase 3.3.2.2 Merkmale der Wertfunktion 3.3.2.3 Merkmale der Gewichtungsfunktion
51 51 52 55 60 61 64 68 74 76 77 80 81 82 83
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XII
3,3.2.4 Kumulative Erweiterung der Prospect Theorie 3.3.3 Kognitive Entscheidungsstrukturen zur Modellierung des Sunk Cost-Effektes 3.3.3.1 Sunk Cost-Effekt durch explizite Integration 3.3.3.2 Sunk Cost-Effekt durch Startwertverschiebung 3.4 Kritische Betrachtung des Theorienpluralismus 3.4.1 Komplementaritat von Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie 3.4.2 Widerspruchsfreiheit der Annahmen und Aussagen 4
Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung 4.1 Einordnung der empirischen Fragestellung in das Gesamtmodell 4.2 Committed Cost als Einflussfaktor aus Sicht der Prospect Theorie 4.2.1 Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten 4.2.2 Zur Bindungswirkung der Committed Cost 4.2.3 Kognitive Entscheidungsstrukturen 4.3 Moderierende Einfltisse 4.3.1 Einfluss negativen Feedbacks 4.3.2 Einfluss des Break-Even-Effektes 4.4 Hypothesensystem der Determinanten originarer Bindungswirkung
5
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen 5.1 Aufbau der Analyse 5.2 Erhebungsdesign 5.2.1 Aufbau des Experimentes 5.2.1.1 Messmethode 5.2.1.2 Operationalisierung der Committed Cost 5.2.2 Aufbau des Fragebogens 5.2.2.1 Formulierung der Fallstudie 5.2.2.2 Formulierung der Entscheidungssituation 5.2.3 Struktur und Bereinigung der Stichprobe 5.3 Bestimmung der Wert- und Gewichtungsfunktionen 5.3.1 Formal isierung der Wertfunktion 5.3.2 Formalisierung der Gewichtungsfunktion 5.3.3 Parameter und Eigenschaften der Wertfunktionen 5.4 Hypothesenpnifung 5.4.1 Wirkung spezifischer Investitionen 5.4.2 Prufung des Konstruktes der Committed Cost 5.4.2.1 Die Bindungswirkung von Committed Cost 5.4.2.2 Die Bindungswirkung von Spezifitat 5.4.2.3 Die Bindungswirkung der Amortisation
84 87 88 90 93 94 95 100 100 103 103 104 106 110 111 113 116 118 118 119 119 122 124 127 128 130 132 133 133 136 139 142 142 146 152 156 160
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XIII
5.4.3 Prufung der Vertrauenswirkung 5.4.3.1 Bindungswirkung der Committed Cost bei geringem Vertrauen 5.4.3.2 Bindungsveranderung durch Vertrauensreduktion 5.4.3.3 Interaktion von Vertrauen und Committed Cost 5.4.4 Framing der Verlustsituation 5.4.5 Einfluss der Chance auf einen Break-Even 5.5 Grenzen der experimentellen Untersuchung 5.5.1 Generalisierbarkeit der Ergebnisse 5.5.2 Weitere Einflussfaktoren 6
Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen 6.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 6.2 Implikationen fur Marketing-Management und Marketingwissenschaft 6.2.1 Weitere Forschung und Folgerungen fur die Marketingwissenschaft 6.2.2 Konsequenzen fur das Relationship-Management
164 165 168 171 173 175 179 181 185 191 191 204 205 210
Anhang
217
Literatur
231
Sachverzeichnis
253
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XV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bindungswirkung spezifischer Investitionen aus Kundensicht
3
Abbildung 2: Ubersicht tiber die Struktur der Arbeit
7
Abbildung 3: Kundenbindung als dichotomes Konzept
19
Abbildung 4: Quasirente und Sunk Cost aus Kaufersicht (ex post)
22
Abbildung 5: Quasirente in Abhangigkeit der Spezifitat
23
Abbildung 6: Verteilung der Gesamtrente durch den Preis
26
Abbildung 7: Sukzessive Beschaffungsschrittfolge im Systemgeschaft
31
Abbildung 8: Bindungskriterien im Systemgeschaft
33
Abbildung 9: Totalmodell der Eskalation
41
Abbildung 10: Entscheidungsrelevanz von Kosten und Erlosen
46
Abbildung 11: Transaktionskosten der Koordinationsformen in Abhangigkeit der Spezifitat
66
Abbildung 12: Modell derivativer Bindung auf Basis des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens
75
Abbildung 13a und b: Wertfunktion und Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion der Prospect Theorie
82
Abbildung 14: Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktionen der kumulativen Prospect Theorie
84
Abbildung 15: Segregierte versus integrierte Wahmehmung
89
Abbildung 16a und b: Bindungswirkung durch Startwertverschiebung fur Gewinne und Verluste
91
Abbildung 17: Problembezogenes Gesamtmodell der Bindungswirkung spezifischer Investitionen
101
Abbildung 18: Schematische Darstellung der Amortisation spezifischer Investitionen
105
Abbildung 19a und b: Bewertung bei impliziter Integration ohne und mit Chance auf einen Break-Even Abbildung 20a und b: Break-Even-Chance bei Veranderung der Committed Cost
114 115
Abbildung 21: Determinanten originarer Bindung und moderierende Einfliisse auf kognitiver Ebene
116
Abbildung 22: Random Cross-Sectional Design mit zwei Szenarien ex post
120
Abbildung 23: Ubersicht des Untersuchungsdesigns
121
Abbildung 24: Entscheidungsbaume fur Szenario I und II
123
sUppLex
XVI
Abbildung 25: Bindungswirkung aus Sicht des In-Suppliers
126
Abbildung 26: Bindungswirkung aus Sicht des Out-Suppliers
127
Abbildung 27: Entscheidungsschemata fur Szenario I und II
130
Abbildung 28: Beispiel fur Entscheidungen im Gewinnbereich in Szenario I und II
131
Abbildung 29: Stichprobe nach Fachsemester in Prozent
133
Abbildung 30: Gewichtungsfunktionen fur unterschiedliche Auspragungen von y
137
Abbildung 31: Histogramm und Normalverteilungsdiagramm fiir AIP2
144
Abbildung 32: Schematische Darstellung der Verteilung von drei Bindungsgruppen
150
Abbildung 33: Durchschnittliche Bindungswirkung der Committed Cost in Szenario I (y = 0,61)
155
Abbildung 34: Durchschnittliche Bindungswirkung der Spezifitat (y = 0,61)
158
Abbildung 35: Durchschnittliche Bindungswirkung der Amortisation (y = 0,61)
162
Abbildung 36: Boxplot der Bindungswirkungen nach Spezifitat und Amortisation (y = 0,61) Abbildung 37: Durchschnittliche Bindungswirkung der Committed Cost fiir
164
Szenario II (y = 0,61) Abbildung 38: Veranderung der Bindungswirkung durch Vertrauensreduktion
167 169
Abbildung 39: Durchschnittliche Bindungswirkungsveranderung zwischen den Szenarien (y = 0,61)
172
Abbildung 40: Ankerpunkteffekt durch die Beispielsentscheidung
188
Abbildung 41: Bindungswirkung bei individuellen Start- bzw. Zielwerten
199
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XVII
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Abstimmung der Verhaltensprogramme von Kunde und Anbieter
10
Tabelle 2: Erscheinungsform von Kunden-Anbieter-Beziehungen
11
Tabelle 3: Ursachen der Kundenbindung
12
Tabelle 4: Ubersicht der verschiedenen Sunk Cost-Begriffe
48
Tabelle 5: Zusammensetzung der Committed Cost
49
Tabelle 6: Ubersicht der Entscheidungstheorien
77
Tabelle 7: Ausgewahlte Axiome der Erwartungsnutzentheorie und Paradoxa
78
Tabelle 8: Ubersicht ausgewahlter Editierungsregeln
81
Tabelle 9: „Fourfold Pattern" der Risikoeinstellung in der Cumulative Prospect Theory
86
Tabelle 10: Gruppierung von Erklarungsansatzen und ausgewahlte Untersuchungen
103
Tabelle 11: Ubersicht ausgewahlter kognitiver Entscheidungsstrukturen
107
Tabelle 12: Bindungsveranderung in Abhangigkeit einer Break-Even-Chance
116
Tabelle 13: Between-Subject-Design der sechs Gruppen
119
Tabelle 14: Design innerhalb der Gruppen
124
Tabelle 15: Ubersicht ausgewahker Funktionstypen fur Wert- und Gewichtungsfunktion
134
Tabelle 16: Empirische Parameterwerte fury
136
Tabelle 17: Parameter der geschatzten Wertfunktionen
140
Tabelle 18: Beschreibung der transformierten Wahrscheinlichkeitsaquivalente (fury = 0,61)
142
Tabelle 19: Verbundene Stichproben t-Test fur Treatmenteffekt (fiir y = 0,61)
143
Tabelle 20: Rangstatistik des Treatmenteffektes
145
Tabelle 21: Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest
146
Tabelle 22: Deskriptive Kennzahlen fiir 5x (y = 0,61)
147
Tabelle 23: Verteilung der Bindungsrichtung in der Stichprobe
148
Tabelle 24: Veranderung der Bindungsrichtung zwischen Gewinnen und Verlusten (N = 192)
148
Tabelle 25: Tests auf Normalverteilung und Varianzhomogenitat ftir 5x (y = 0,61)
149
Tabelle 26: Bindungswirkung 5x fur gebundene und ungebunden Gruppe (y = 0,61)
151
Tabelle 27: Jonckheere-Terpstra-Test ftir die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
153
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XVIII
Tabelle 28: Korrelationen (Spearman's Rho) von cc und Sx (y = 0,56)
154
Tabelle 29: MWU-Test der Spezifitat fiir die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
157
Tabelle 30: Einfluss der Spezifitatsanderung fur die gebundene Gruppe (y = 0,61)
159
Tabelle 31: Einfluss der Spezifitatsanderung fur die ungebundene Gruppe (y = 0,61)
160
Tabelle 32: Jonckheere-Terpstra-Test der Amortisationswirkung fur die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
161
Tabelle 33: Einfluss der Amortisationsveranderung fur die gebundenen VPN
161
Tabelle 34: Einfluss der Amortisationsveranderung fur die ungebundenen VPN
163
Tabelle 35: Deskriptive Kennzahlen fiir 5x" in der gesamten Stichprobe (y = 0,61)
166
Tabelle 36: Verteilungsstruktur der Bindungsrichtung in der Stichprobe (Szenario II)
166
Tabelle 37: Bindungswirkung 5x" fiir gebundene und ungebundene VPN (y = 0,61)
168
Tabelle 38: Test des Vertrauenseinflusses nach Wilcoxon (y = 0,61)
169
Tabelle 39: Veranderung der strukturellen Gruppenzugehorigkeit in Prozent
170
Tabelle 40: Vertrauenseinfluss 55x fur die gesamte Stichprobe mit J-Test (y = 0,61)
171
Tabelle 41: Gtitekriterien der kognitiven Entscheidungsstrukturen (y = 0,61)
174
Tabelle 42: Untersuchungsplan fur den Break-Even-Effekt
177
Tabelle 43: Priifung des Break-Even-Einflusses nach Wilcoxon (y = 0,61)
177
Tabelle 44: Bindungswirkung der Committed Cost ohne Chance auf Break-Even
179
Tabelle 45: Problematische Bereiche extemer Validitat
181
Tabelle 46: Uberblick der Ergebnisse zur Forschungsfrage 1
192
Tabelle 47: Uberblick iiber die Ergebnisse der Hypothesenpriifung zur Bindungswirkung (Forschungsfrage 2) 194 Tabelle 48: Uberblick der Bindungswirkung der Committed Cost in Abhangigkeit des Vertrauens
197
Tabelle 49: Uberblick iiber die Ergebnisse der Hypothesenpriifung zur kognitiven Entscheidungsstruktur (Forschungsfrage 3)
198
Tabelle 50: Ausgewahlte Einfliisse auf das Anspruchsniveau
204
Tabelle 51: Ausgewahlte MaBnahmen zur Vermeidung originarer Bindung
213
sUppLex
1 Einfuhrung und Vorgehensweise 1.1 Zwei Seiten der Kundenbindung durch spezifische Investitionen Die zunehmende Bedeutung der Kundenbindung fur den Untemehmenserfolg ist in der Literatur und der Untemehmenspraxis allgemein anerkannt/ Die Treiber dieser Entwicklung sind insbesondere die globale Verstarkung der Wettbewerbsintensitat, der technologische Wandel und die immer schwieriger werdende Differenzierung im Wettbewerb. Eine Folge ist die Zunahme relationaler Elemente in Austauschbeziehungen. In hohem Mafie gilt dies fiir Beziehungen auf industriellen Markten, die haufig eng, langfristig und fur beide Parteien von hoher Bedeutung sind.^ „Companies don't make purchases; they establish relationships".^ Im Grundsatz bestehen Beziehungen zwischen dem Anbieter auf der einen und dem Nachfrager auf der anderen Seite solange, wie beide Parteien diese als vorteilhaft wahmehmen. Die Vorteilhaftigkeit bezieht sich dabei keineswegs nur auf monetare GroBen. Der „Leim", der eine Geschaftsbeziehung zusammenhalt, kann uber den monetaren Wert hinaus weitere Elemente wie Vertrauen oder die empfundene Gerechtigkeit bei der Verteilung der Friichte der Beziehung enthalten/ Die Frage nach der bindenden Wirkung einer Beziehung ist mit der Vorteilhaftigkeit alleine noch nicht zu klaren. Gibt es mehr als einen Anbieter oder Kunden am Markt, so wird der Transaktionspartner die Vorteilhaftigkeit der Beziehung immer relativ zur nachstbesten Alternative beurteilen. So ist eine unrentable Lieferantenbeziehung als vorteilhaft anzusehen, wenn die Alternativen noch weniger rentabel sind. Die bindungsentscheidende relative Vorteilhaftigkeit ergibt sich aus der (Netto-)Nutzendifferenz zwischen gegenwartiger Beziehung und nachstbester Alternative.^ Dariiber hinaus verzerren Wechselkosten das Bild der Vorteilhaftigkeit. Entscheidet sich ein Transaktionspartner, seine bestehende Geschaftsbeziehung aufzugeben und eine neue lukrativere Beziehung einzugehen, so entstehen ihm Kosten durch den Wegfall des Wertes der bestehenden Beziehung sowie Kosten der Anbahnung, KontroUe und Anpassung der gewahlten Akemative, d. h. Transaktionskosten.^ Diese Kosten beim Verlassen der Beziehung konnen als Kosten des Wechsels interpretiert werden. Deren Hohe hangt maBgeblich davon ab, ob und in welchem Umfang die in der bestehenden Beziehung existierenden Werte auf die neue
' Vgl. u. a. Plinke (1997a), S. 115; Homburg/Bmhn (1999), S. 5. ^Vgl. Jackson (1985), S. 2. ^Kotler(1994), S. 204. ^ Vgl. SoUner (1999), S. 221; Lapierre (2000), S. 125. ^ Vgl. Plinke (2000), S. 56. ^ Vgl. ebenda, S. 47ff.
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2
Einfiihrung und Vorgehensweise
Alternative iibertragen werden konnen/ Ein treffendes Beispiel hierfur ist die fur diese Arbeit verwendete Software zur Literaturverwaltung. Ein Wechsel zu einem in vieler Hinsicht attraktiveren Programm fur diesen Zweck hatte die wiederholte Eingabe von etwa 400 Quellen in einem neuen Format erfordert. Je spezifischer die Ressourcen in einer Beziehung auf den Transaktionspartner zugeschnitten sind, desto geringer ist ihr Wert in der nachstbesten Verwendungsmoglichkeit. Solche spezifischen Investitionen lassen die bestmogliche Alternative weniger vorteilhaft erscheinen und konnen somit Abhangigkeit begriinden:^ „Transactionspecific assets create dependence, which is described by the extent of the replaceability of the exchange partner".^ Diese Abhangigkeit begnindet die hohe Bedeutung spezifischer Investitionen fur die Bindung des Transaktionspartners in Geschaftsbeziehungen: „[...] although all types of switching costs can build inertia in the customer organization and strengthen ties to a vendor, investments in lasting assets are especially effective [...] in creating long time horizons."^^ Ein Austauschpartner, der spezifisch investiert, begibt sich in eine Abhangigkeit bzw. Lock-In Situation. ^ ^ Die zukiinftigen spezifischen Ertrage der Investition lassen sich nur in der begriindeten Beziehung realisieren, Hieraus erwachst das Potential des Transaktionspartners, sich die spezifischen Ertrage der Gegenseite solange anzueignen, bis dieser indifferent zwischen Verbleib und Austritt aus der Beziehung ist/^ In dieser Situation ist der Transaktionspartner nicht mehr gebunden. Abbildung 1 verdeutlicht die Bindungswirkung, deren Determinanten in der vorliegenden Arbeit zu klaren sind. Das Beispiel zeigt die Kosten und Nutzen einer vollstandig spezifischen Investition iiber fiinf Perioden, Ein Kunde tatigt zu Beginn der ersten Periode eine vollstandig spezifische Investition, da der erwartete Nutzen die erwarten Kosten uberwiegt. Nach Ablauf der ersten Periode sind laufende Kosten angefallen und bereits ein Teil der erwarteten Ertrage realisiert. Unter sonst gleichen Bedingungen waren in den verbleibenden vier Perioden Jewells die gleichen Kosten und Nutzen zu erwarten. Aber: Zu Beginn der zweiten Periode (gestrichelte vertikale Linie) erhoht der Anbieter, in welchen spezifisch investiert wurde, die laufenden Kosten des Kunden, bspw. die Wartungs- oder Ersatzteilkosten (Pfeil 1). Damit flieBen (prospektive) spezifische Ertrage des Kunden (dunkle Balken) an den Anbieter zurlick, Der Kunde wird erst desinvestieren, wenn die erwarteten (und erhohten) Kosten den erwarten Nutzen tibersteigen.
^ Vgl. Jackson (1985); Nielson (1996). ^ Vgl. Williamson (1979); Williamson (1985). ''Heide/John(1988),S.24. '^ Jackson (1985), S. 204. " Vgl. Williamson (1981a), S. 555. '2 Vgl. u. a. Schade/Schott (1993b); Kaas (1995c); Plinke/Sollner (1999).
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Einfiihrung und Vorgehensweise
Irrelevante retrospektive
Relevante prospektive
Kosten/Nutzen
Kosten/Nutzen
Nutzen
•
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•
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Kosten
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1 - Bindungswirkung prospektiver Grofien 2 - Bindungswirkung retrospektiver Grofien Abbildung 1: Bindungswirkung spezifischer Investitionen aus Kundensicht
Spezifische Investitionen in Geschaftsbeziehungen konnen sowohl einseitig durch den Kunden Oder den Anbieter als auch wechselseitig erfolgen/^ Die resultierenden Bindungen lassen sich differenzieren in die Kundenbindung einerseits und die Lieferantenbindung andererseits. Im Fokus dieser Arbeit steht das Relationship-Buying als Folge der Bindung des Kunden. Relationship-Buying beschreibt das Verhalten gebundener Kunden, „[...] die ihre Kaufentscheidungen innerhalb einer andauemden Beziehung zu einem Lieferanten treffen, wo vorangegangene und erwartete zuklinftige Kaufentscheidungen stets auch die gegenwartige Entscheidung mit pragen".^"* Die relative Vorteilhaftigkeit fur den Kunden bezieht sich ausschlieBlich auf erwartete zukiinftige Nutzen und Kosten der Investitionsaltemativen innerhalb eines Planungshorizontes. Ihre Bindungswirkung weist damit einen prospektiven Zeitraumbezug auf, auch wenn die Ursache im Falle spezifischer Investitionen in der Vergangenheit liegt. Die bereits angefallenen Nutzen und Kosten vorangegangener Kaufentscheidungen besitzen keine okonomische Bindungswirkung. Ex post ist die spezifische Investition versunken und damit aus normativer Sicht entscheidungsirrelevant.
" Vgl. u. a. Kaas/Schade (1993); Backhaus etal. (1996); SoUner (1999); Buvik/Reve (2001). '^ Plinke/Sollner (1999), S. 57.
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Einfiihrung imd Vorgehensweise
Fraglich ist, ob die Bindungswirkung spezifischer Investitionen durch ihre okonomische Vorteilhaftigkeit vollstandig erklart werden kann. Zahlreiche verhaltenswissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass vorangegangene Einnahmen und Ausgaben Kunden binden konnen/^ Fiir den systematischen Einfluss versunkener Kosten und Nutzen auf Folgeentscheidungen wurden in der Literatur eine Reihe von Ursachen identifiziert. Einerseits konnen die Rahmenbedingungen einer Entscheidungssituation wie asymmetrische Informationsverteilung Oder die Unvollkommenheit des Kapitalmarktes zur Entscheidungsrelevanz versunkener Kosten fuhren.^^ Davon zu unterscheiden sind Ursachen, die in der Natur des Entscheiders liegen/^ Sie begriinden sich auf die individuelle Wahmehmung vorangegangener Kosten und Nutzen und damit die spezifische Investition an sich, die im Fokus dieser Arbeit steht. Die daraus resultierende Bindungswirkung begriindet sich auf vorangegangene Verluste und zeigt einen retrospektiven Zeitraumbezug. Im Falle der Entscheidungsrelevanz der normativ irrelevanten (retrospektiven) Kosten und Nutzen ergibt sich eine zusatzliche Bindungswirkung (Pfeil 2 in Abbildung 1). Damit ist es dem Anbieter moglich, die laufenden Kosten uber den Punkt zu erhohen, an dem die Kosten den Nutzen des Kunden iibersteigen - das Abschopfungspotential des Anbieters ist gestiegen. Zur Erzielung einer maximalen Bindungswirkung ist es fiir den Anbieter entscheidend, seine kundengerichteten MaBnahmen an den Determinanten der Bindungswirkungen auszurichten, Wahrend die Determinanten der zukunftsbezogenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen bereits eine starke Beachtung in der Literatur gefunden haben, sind die Einflussfaktoren auf die retrospektive Bindungswirkung im Kontext spezifischer Investitionen bisher kaum auBerhalb der psychologischen Literatur untersucht worden. Um diesbeziiglich einen Beitrag zu leisten, soil die Identifikation und Modellierung dieser Einfltisse ein Ziel dieser Arbeit sein. Daraus leitet sich die Forschungsfrage ab, ob eine solche kognitive Bindungswirkung auf den Kontext spezifischer Investitionen tibertragen werden kann und ob sie einen zusatzlichen Erklarungsbeitrag zur okonomischen Erklarung der Bindungswirkung spezifischer Investitionen leistet. Zur Analyse retrospektiver Bindungswirkungen wird ein theoriegeleitetes deduktives Vorgehen gewahlt, um die entsprechenden Wirkungen nicht nur nachzuweisen, sondem dariiber hinaus Wirkungszusammenhange zu identifizieren und in ein theoretisches Gesamtverstandnis der Geschaftsbeziehung einzuordnen. Dazu wird es notwendig sein, iiber bestehende okonomische Ansatze (genauer: institutionenokonomische Ansatze) hinauszugehen und den untemehmerischen Entscheidungsprozess explizit zu beriicksichtigen. '^ Einen Uberblick geben Garland/Newport (1991); Bazermann (1994), S. 85-90; Staw (1997). "' Vgl. u. a. Berg et al. (1991); Harrison/Harrell (1993). '^ Vgl. u. a. Arkes/Blumer (1985); Garland/Newport (1991).
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Einfiihrung und Vorgehensweise
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Von einigen neueren Ansatzen, die in diese Richtung gehen, unterscheidet sich die vorliegende Arbeit durch die explizite Modelliemng des Entscheidungsprozesses sowie die Beriicksichtigung unterschiedlicher kognitiver Entscheidungsstrukturen, wobei unterschiedliche Anspruchsniveaus und Verzerrungen bei Verlustwahmehmung integriert werden.^^ Femer ermoglicht ein effizienzorientiertes Vorgehen die Dekomposition retrospektiver Kosten und damit die Identifizierung des Einflusses einzelner Kostenkomponenten,
1.2 Vorgehensweise Die Analyse der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen im Kontext des industriellen Relationship-Buying wird gemaB der diskutierten Dichotomie nach ihrem Zeitbezug in zwei Komponenten betrachtet, die sich im Aufbau der Arbeit wiederfinden: der derivativen Bindungswirkung prospektiver Kosten und der origindren Bindungswirkung retrospektiver Kosten, Die Einfiihrung und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes sind Inhalt des zweiten Kapitels. Die spezifische Investition wird als Ursache von Kundenbindung identifiziert. Grundlage dafiir sind die prospektive und die retrospektive Bindungswirkung, die auf die Spezifitat als Ressourceneigenschaft zuriickgefiihrt werden. Einerseits resultiert aus der Spezifitat eine Quasirente als Ausdruck der prospektiven Einfliisse und andererseits resultieren Committed Cost als Ausdruck retrospektiver Einfliisse. Zur Identifikation der Determinanten der Bindungswirkung werden in Abschnitt 2.2 drei Forschungsfelder betrachtet, die sich explizit Oder implizit mit den Konsequenzen spezifischer Investitionen fiir das Verhalten der Akteure auseinandersetzen: das Industriegiitermarketing mit der Analyse von Abhangigkeitsverhaltnissen in Geschaftsbeziehungen, die interdisziplinare Eskalationsforschung mit der Analyse der Eskalation von Commitment sowie die deskriptive Entscheidungsforschung mit der Analyse von Entscheidungsanomalien. Am Ende des Kapitels wird der Begriff der Committed Cost abgeleitet, um Eindeutigkeit beziiglich des Verstandnisses versunkener Kosten in der vorliegenden Arbeit herzustellen. Die Festlegung der theoretischen Basis der Untersuchung erfolgt im dritten Kapitel. Voraussetzung dafiir ist die Diskussion moglicher Erklarungsansatze einerseits fiir die theoretische Fundierung derivativer Bindung und andererseits fiir die theoretische Fundierung originarer Bindung. Die Trennung wird notwendig, da sich in der Literatur kein Ansatz fmdet, der fiir beide Problembereiche einen ausreichenden Erklarungsgehalt besitzt. Im Sinne einer normativen Entscheidungstheorie sind nur die prospektiven Kosten entscheidungsrelevant. Dariiber hinaus wird die Vorteilhaftigkeit maBgeblich durch die Merkmale der Transaktion bestimmt. Dazu zahlen Spezifitat und Unsicherheit und die Verhaltensmerkmale beschrankter Rationali-
*' ^ Vgl. u. a. die Enveiterung des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens von Chiles/McMackin (1996) sowie die Integration institutionenokonomisciier und entscheidungstheoretischer Ansatze von Adler (2003).
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Einfiihrung und Vorgehensweise
tat und Opportunismus. Fiir die Analyse derivativer Bindung erscheint eine transaktionskostentheoretische Betrachtung fruchtbar, welche die genannten Faktoren abbildet. Die Analyse der originaren Bindungswirkung erfordert subjektivistische Modelle, die nichtlineare referenzpunktabMngige Werttransformationen zulassen. Die Ermittlung der Bindungswirkung retrospektiver Einfltisse erfolgt daher auf Basis von Ansatzen der deskriptiven Entscheidungstheorie, wobei die Prospect Theorie im Mittelpunkt der Betrachtung steht. AbschlieBend wird die Komplementaritat beider theoretischer Bezugsrahmen zur Erklarung des Untersuchungsgegenstandes auf Basis wissenschaftstheoretischer Uberlegungen geprtift, Im Gegensatz zur derivativen Bindung spezifischer Investitionen wurde die originare Bindung im Kontext anbieterspezifischer Investitionen in einer Geschaftsbeziehung bisher kaum untersucht. Um diesbezuglich einen Beitrag zu leisten, werden im vierten Kapitel Hypothesen zur Bindungswirkung der Committed Cost sowie ausgewahlter moderierender Einfliisse abgeleitet. Das funfte Kapitel beinhaltet eine experimentelle Priifung des Hypothesensystems. Zunachst werden das Erhebungsdesign sowie die MeBmethode und die zugrunde liegende Fallstudie vorgestellt. Auf Basis der individuellen Bewertungen spezifischer Investitionen werden anschlieBend die Veranderungen der wahrgenommenen Bindungswirkung durch das experimentelle Treatment untersucht. Neben der Bindungswirkung der Committed Cost und moderierender GroBen wird dabei auch die individuelle Entscheidungsstruktur analysiert. AbschlieBend werden die Grenzen und Validitatsaspekte der Analyse diskutiert. Eine zusammenfassende Beurteilung der Analyseergebnisse sowie die Implikationen der Arbeit sind Inhalt des sechsten Kapitels. Im ersten Abschnitt werden die Ergebnisse diskutiert und in einem integrativen Modell originarer Bindungswirkung zusammengefuhrt. Im zweiten Teil des Kapitels werden die Implikationen fur die Marketingwissenschaft mit Hinweisen auf den Bedarf weiterer Forschungsbemuhungen sowie die Implikationen fur das RelationshipManagement aus Anbieter- und Kundensicht betrachtet, Einen Uberblick iiber den Aufbau der Arbeit gibt Abbildung 2.
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Einfiihrung und Vorgehensweise
Kapitel 2: Untersuchungsgegenstand
Determinanten der Bindungswirkung spezifischer Investitionen
i
i Committed Cost als Ausdruck retrospektiver Einflusse
Quasirente als Ausdruck prospektiver Einflusse
I Kapitel 3 und 4: Theoretisches Fundament
v
Analyse derivativer Bindung auf Basis der Transaktionskostentheorie
Analyse originarer Bindung auf Basis der Prospect Theorie |
i Ableitung von Hypothesen V
Kapitel 5: Empirische Prufung
Hypothesenprijfung Wirkung der Committed Cost
Moderierende Einflusse
\ Kapitel 6: Zusamnfienfuhrung und Implikationen
/
Integratives Partialmodell
^r
i
Zusammenfuhrung originarer und derivativer Bindung Abbildung 2: Ubersicht iiber die Struktur der Arbeit
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2 Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Bindung von Kunden an einen Anbieter spezifischer Leistungen. Grundlage aller Uberlegungen ist die Sicht des Kunden, die den Ausgangspunkt fur das Verhaltensprogramm des Anbieters vorgibt/^ Damit ist diese Analyse der Kauferverhaltensforschung zuzurechnen.^^ Die Kauferverhaltensforschung soil nicht nur Einsichten in Kaufentscheidungsprozesse vermitteln, sondem auch Anhaltspunkte iiber die Wirkung von Marketinginstrumenten auf das Kaufverhalten geben, um Prognosen iiber Kaufer- und Marktpotentiale zu ermoglichen.^^ Im Fokus der Betrachtung liegen spezifische Investitionsgtiter. Nach Engelhardt und Giinter sind solche Leistungen als Investitionsgut zu bezeichnet, „[...] die von Organisationen (NichtKonsumenten) beschafft werden, um mit ihrem Einsatz (Ge-, Verbrauch) weitere Guter fiir die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen oder um sie unverandert an andere Organisationen weiterzuveraufiem, die diese Leistungserstellung vomehmen",^^ In dieser Festlegung zeigt sich die besondere Bedeutung von Investitionsleistungen fiir industrielle Nachfrager, deren organisationaler Beschaffungsprozess Merkmale aufweist, die eine starkere Fokussierung des Untersuchungsgegenstandeserlauben,^^ Die industrielle Kaufentscheidung ist im Vergleich zur Kaufentscheidung des Endverbrauchers in starkerem MaBe rational gepragt, basiert auf intensiver Informationssuche und bezieht sich auf Leistungen, die vergleichsweise gut mess- und quantifizierbar sind.^"* Dadurch wird eine explizite Leistungsbewertungen der altemativen Leistungen nach technischen und okonomischen Kriterien aufgrund von Wirtschaftlichkeitsrechnungen bzw. Kosten/NutzenAnalysen moglich. Somit lasst sich das Vorteilhaftigkeitskalkiil des Kunden als Kern der Kauf- und Folgekaufentscheidung von Investitionsgiitem identifizieren. Beschaffungsentscheidungen auf industriellen Markten fmden in der Regel unter Beteiligung mehrerer Personen mit moglicherweise unterschiedlichen Interessen statt.^^ Um Aussagen ' ' Vgl. Backhaus (2003), S. 44. ^^ Im Sinne der Zielsetzung ist das Verhaltensprogramm des Anbieters (Kundenbindungsmanagement) am tatsachlichen Kundenverhalten auszurichten. Davon zu unterscheiden sind normative Handlungsempfehlungen fiir den Kunden, die fiir das Agieren des Anbieters am Markt nicht ausschiaggebend sind. 2'Vgl. Meffert(1992), S. 37. ^^ Engelhardt/Gunter (1981), S. 24. ^^ Auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Investitionsgutem und Dienstleistungen und deren zunehmender Kombination in Leistungsbiindeln wird in der Literatur vielfach hingewiesen. Daraus erwachst die Notwendigkeit, mit den Kontraktgiitern eine neue Giitergruppe abzugrenzen, die nicht-routinemafiig erstellte Investitionsgtiter, komplizierte Dienstleistungen und die meisten Leistungsbiindel umfasst (vgl. Kaas (1992a); Fischer et al. (1993); Schade/Schott (1993a), S. 491f.; Schade/Schott (1993b), S. 16-19). ^^ Vgl. Simon (1992), S.51f. 2^Vgl. u. a. Buschken(1994).
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iiber die Bindungswirkung spezifischer Investitionen auf der Ebene der Untemehmen als Akteure im Markt abzuleiten, wird in der vorliegenden Arbeit der methodologische Individualismus als Analysemethode zugrunde gelegt. Nach dem Prinzip des methodologischen Individualismus lassen sich soziale Prozesse oder das Verhalten von sozialen Systemen mit Hilfe von Aussagen iiber individuelles Verhalten erklaren.^^ Diese Betrachtungsebene beinhaltet Interaktionen bei multipersonalen Kaufentscheidungen, die in der vorliegenden Analyse problembezogen thematisiert werden. Im Sinne der oben angefuhrten Ziele der Kauferverhaltensforschung soil die vorliegende Arbeit Anhaltspunkte zur Wirkung des Marketinginstrumentes „spezifische Investition" auf das Kaufverhahen (genauer: das Wechselverhalten) geben und durch die Identifikation von Determinanten der Bindungswirkung die Erklarung beobachtbarer Bindungsphanomene ermoglichen.
2.1 Speziflsche Investitionen als Kundenbindungsinstrument Nach der generellen Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes soil im Folgenden erlautert werden, wie spezifische Investitionen zur Bindung des Kunden ftihren. Damit verbunden ist die Abgrenzung und Definition der Konstrukte Kundenbindung und spezifische Investition als Voraussetzung ftir die spatere Analyse der Determinanten der Bindungswirkung. Die spezifische Investition als Marketinginstrument dient der Generierung von Kundenbindung, was zunachst naher betrachtet werden soil. 2.1.1 Kundenbindung als Ursache des Wiederkaufverhaltens In der jtingeren Vergangenheit ist der Kunde wieder in den Vordergrund der wissenschaftlichen und strategischen Management-Betrachtungen geriickt. Veranderte Wettbewerbsbedingungen haben den Fokus der Strategiediskussion weg von Prozess- und Strukturbetrachtungen innerhalb des Untemehmens hin zu einem Management von Beziehungen gelenkt.^'' Im Vordergrund steht die Beziehung zum Kunden, die sich im letzten Jahrzehnt in einer vielfaltigen Literatur zum Kundenbindungsmanagement bzw. Customer-Relationship-Management bemerkbar gemacht hat.^^ Parallel war eine Verschiebung der Forschungsperspektive im Marketing von der einzelnen Transaktion als isolierte Kaufentscheidung zur Analyse von Transaktionen innerhalb einer andauemden Beziehung zu einem Anbieter zu beobachten. Wahrend das Beziehungsmarke-
Vgl. Schanz (1977), S. 67. Im Rahmen der theoretischen Fundierung der Arbeit wird das Prinzip des methodologischen Individualismus weiter vertieft. ^' Vgl. Meffert (1999), S. 115f. ^^ Einen Uberblick geben Homburg/Bruhn (1999).
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ting von einigen Fachvertretern als Paradigmenwechsel im Marketing betrachtet wird,^^ sehen andere Autoren darin eine konsequente Weiterentwicklung des Marketingansatzes.^^ Einigkeit besteht tiber die wesentlichen Elemente des Beziehungsmarketing. Mit der Fokussierung auf die Kunden-Anbieter-Beziehung verengt sich der Marketing-Fokus.^^ Das klassische Transaktionsmarketing konzentriert sich auf den effizienten Einsatz des Marketing-Mix, um mit einem gegebenen Produktportfolio moglichst viele Kunden zu erreichen. Der Anbieter formuliert in jeder Transaktion ein Angebot, das alle Spielraume, die der Markt bietet, ausnutzt. Mit der Orientierung auf den Kunden riickt dagegen das Kalkul des Kunden und damit das Effektivitatskriterium in den Vordergrund. Zieht der Kunde einen hoheren Nutzen aus einer andauemden Beziehung zu einem Anbieter als aus einer isolierten Transaktion, bspw, durch geringere Unsicherheit oder niedrigere Transaktionskosten, so muss sich der Anbieter auf ein Relationship-Selling einlassen, wenn er am Markt bestehen will, d. h., sein Verhaltensprogramm auf alle zukiinftigen Transaktionen mit einem Kunden ausrichten (vgl. Tabelle
Reiationship-Seiling
Transaction-Selling
Relationship-Buying
RelationshipMarketing
Effektivitatsverluste
Transaction-Buying
Effizienzverluste
TransactionMarketing
Tabelle 1: Abstimmung der Verhaltensprogramme von Kunde und Anbieter
Wenn der Kunde Wiederholungskaufe tatigt und der Anbieter nicht bereit ist, in eine Beziehung zu investieren, bspw. durch Gewahrung von Kulanz, treten Effektivitatsverluste auf. Der Kunde wird sich langfristig einem Konkurrenten zuwenden, der seine Leistungsanspriiche erfullt. Trifft ein Kunde die Kaufentscheidung immer wieder neu und achtet dabei auf seinen maximalen Vorteil, so ist es fiir den Anbieter optimal, sich ebenfalls auf die isolierte Transaktion mit einem Transaction-Selling auszurichten. Ein Relationship-Selling wiirde beim Kunden lediglich Mitnahmeeffekte bewirken, ohne dass der Kunde an die Beziehung gebunden ist. Fiir den Anbieter bedeutet die unntitze Investition in die Beziehung einen Effizienzverlust. Damit ist klar, dass die Voraussetzung fiir die Bindung des Kunden an den Anbieter die Vorteilhaftigkeit des Relationship-Buying fur den Kunden ist. Anderenfalls ist ein Relationship-Selling des Anbieters wirkungslos und ineffizient.
^^ Vgl. u. a. Gronroos (1994). ^" Vgl. u. a. Bruhn/Bunge (1994); Backhaus (1998). ^'Vgl. Plmke(1997b), S. 7. ^^ Vgl. ebenda, S. 12.
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Wo Relationship-Buying des Kunden mit dem Relationship-Selling des Anbieters zusammenkommen, kann von Beziehungsmarketing bzw. Relationship-Marketing gesprochen werden. Gegenstand dieser Arbeit sind Beziehungen auf industriellen Markten, die im Folgenden als Geschaftsbeziehung bezeichnet werden. Nach Plinke ist eine Geschaftsbeziehung „[...] eine Folge von Markttransaktionen zwischen einem Anbieter und einem Nachfrager, die nicht zufallig ist [..,], zwischen denen eine ,innere Verbindung' existiert".^^ ,Nicht zufallig' heiBt in diesem Zusammenhang, dass es fur mindestens einen Transaktionspartner Griinde gibt, „[.,.] die eine planmaBige Verkniipfung zwischen Markttransaktionen sinnvoll oder notwendig erscheinen lassen oder die de facto zu einer Verknupfung fuhren." Die innere Verbindung kann einseitig auf Kunden- oder Lieferantenseite bestehen oder wechselseitig beide Transaktionspartner verbinden.^"* Plinke unterscheidet drei Gruppen von Bezugsobjekten, auf welche sich die Bindung bezieht. Geschaftsbeziehungen konnen demnach einen Sachbezug, einen Personenbezug sowie einen Untemehmensbezug aufweisen. Tabelle 2 gibt einen Uberblick iiber die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Geschaftsbeziehungen" Bezugsobjekt
Personenbezug
Untemehmensbezug
Personentreue
• •
Problemtreue
Personentreue
Kundentreue
Gegengeschaftsbeziehung
Personliche Beziehung
Geschaftsbeziehung i. e. S.
Sachbezug • • •
Bindung einseitig beim Kaufer
Bindung einseitig beim Anbieter
Weciiselseitige Bindung
Markentreue Systemtreue Technologietreue
Ladentreue Lieferantentreue
Tabelle 2: Erscheinungsform von Kunden-Anbieter-Beziehungen
Eine besondere Rolle nimmt der Personenbezug einer Geschaftsbeziehung ein. Existiert eine personliche Beziehung zwischen Kaufer und Verkaufer, besitzen „Geschaftsfreundschaften" und individuelle Bindungsstile eine relativ hohe Bedeutung,^^ Auf Untemehmensebene konnen Bindungen unabhangig von der Person oder der Leistung entstehen. Unterschieden wer-
'Plinke(1989), S. 307f. Wie im Verlauf der Arbeit zu zeigen sein wird, ruft auch eine einseitige spezifische Investition aus theoretischer Sicht immer eine wechseiseitige Bindung hervor (vgl. Abschnitt 2.1.2.2.2). Der bier angesprochene Fail einseitiger Bindung bezieht sich bei exakter Betrachung auf den Extremfall stark asymmetrischer Bindungen. ^^ Vgl. Plinke (1997b), S. 24. ^^ In jungerer Zeit bestehen Forschungsbemuhungen, diese Einflussfaktoren in Geschaftsbeziehungen zu identifizieren und zu operationalisieren, vgl. bspw. zu Bindungsstilen Paulssen (2004). Da sich diese Einflusse nur schwer in einem okonomischen Vorteilhaftigkeitskalkiil abbilden lassen, wird diese personliche Ebene der Beziehung in der vorliegenden Analyse nicht beriicksichtigt.
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den konnen die Lieferantentreue des Kunden und die Kundentreue des Anbieters. Existiert eine wechselseitige Bindung zwischen Kunde und Anbieter, so besteht eine Geschaftsbeziehung i. e. S., in der beide Untemehmen ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Beziehung besitzen. Die sachbezogene Bindung in der Geschaftsbeziehung kann sich auf Kundenseite auf die Marke, ein System oder eine Technologie begriinden.^^ Auf Anbieterseite kann sie als Problemtreue bezeichnet werden, wenn der Anbieter sich mit Kemprodukten fiir bestimmte Problemlosungen an eine Kundengruppe bindet. Eine wechselseitige Bindung entsteht auf sachlicher Grundlage durch Gegengeschaftsbeziehungen, die durch gegenseitige Leistungsbereitstellungenentstehen. Die einzelnen Typen von Kunden-Anbieter-Beziehungen sind nicht iiberschneidungsfrei und werden in vielen Fallen gemeinsam auftreten. Analog ist auch die Bindung durch spezifische Investitionen auf mehr als einer Bezugsebene moglich. Femer kann sie in einer wechselseitigen Geschaftsbeziehung i, e. S. genauso auftreten wie einseitig ohne eine spezifische Investition des Transaktionspartners. Erst die Fokussierung auf die Kundenbindung in der vorliegenden Arbeit erlaubt die isolierte Betrachtung spezifischer Investitionen als MarketingInstrument des Anbieters ohne den „storenden" Einfluss von wechselseitigen Abhangigkeiten i. S. einer Netto-Bindung und den damit verbundenen Verhandlungsprozessen. Die Kundenbindung driickt sich in einer beobachtbaren Folge von nicht zufalligen Markttransaktionen aus.^^ „Eine Analyse der Kundenbindung ist deshalb gleichzusetzen mit einer Analyse der Ursachen nicht zufalliger Wiederholungskaufe". ^^ Die Ursachen, wiederholt beim gleichen Anbieter zu kaufen, zeigen ein breites Spektrum. Eine Typologisierung der Bindungsursachen zur Einschrankung des Untersuchungsgegenstandes erscheint daher sinnvoll (vgl. Tabelle 3).^° Typologisierung von Bindungsursachen Vertragliche und institutionelle Ursachen Psychologische und soziale Ursachen Okonomische und technisch-funktionale Ursachen Tabelle 3: Ursachen der Kundenbindung
^^ Der Aufbau und die Pflege einer Marke erfordem spezifische Investitionen meist nur von der Anbieterseite. Die Markentreue als Form der Kundenbindung wird daher im Folgenden nicht weiter betrachtet. ^^ Diese Sichtweise der Kundenbindung beinhaitet sowohl die Anbieter-, als auch die Kundenperspektive. In der Literatur finden sich fur beide Perspektiven unterschiediiche Begriffe: das Kundenbindungsmanagement des Anbieters mit eher instrumenteiiem Charakter (vgl. u. a. Homburg et ai. (1999)) sowie die Loyaiitat des Kunden fur die eher verhaitensorientierte Nachfragersicht (vgl. u. a. Meyer/Oevermarm (1995)). ^^ Plinke/Sollner (1999), S. 57. ^° Vgl. u. a. Meyer/Oevermann (1995); Plinke (1997b).
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Vertragliche Bindungsursachen bestehen, wenn der Kunde durch verbindliche Vereinbarungen an einen Anbieter gebunden ist. Ein Anbieterwechsel ist in der Regel mit Vertragsstrafen verbunden, die einen Wechsel fur den Kunden weniger attraktiv erscheinen lassen. Der Kunde wird eine vertragliche Bindung nur eingehen, wenn er bspw. durch Rahmenvertrage oder Justin-Time Systeme seinerseits Effizienz- oder Effektivitatsvorteile erreichen kann. Dariiber hinaus geben institutionelle Beziehungen in Form von Kapitalbeteiligungen oder Mandaten in Aufsichtsgremien des Kunden Einfluss- und Kontrollmoglichkeiten fur den Anbieter."*^ Auf einer anderen Ebene sind psychologische bzw, emotionale sowie soziale Ursachen der Bindung festzumachen. Auf sozialer Ebene konnen insbesondere personliche Beziehungen bindungsfordemd wirken. Bei einfachen Routineentscheidungen ist der Wiederkauf ofl auf Gewohnheit zuriickzufuhren, wobei die aktive Suche nach Ahemativen entfallt. Eine in der Literatur viel diskutierte psychologische Bindungsursache ist die Kundenzufriedenheit mit der Leistung oder dem Anbieter, So konnte die Kundenzufriedenheit in zahlreichen Untersuchungen als Determinante der Kundenbindung identifiziert werden."*^ Von den genannten Ursachen zu differenzieren, jedoch grundsatzlich der Psychologic zuzuordnen, sind Bindungen durch die kognitive Informationsverarbeitung des Kunden. Diese weisen einen engen Zusammenhang mit den okonomischen und technisch-funktionalen Bindungsursachen auf und bilden einen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Als dritte Gruppe sind okonomische sowie technisch-funktionale Bindungsursachen anzufuhren. Abhangigkeit in technischer Hinsicht entsteht durch die eingeschrankte Kompatibilitat von Systemen oder Technologien, Investiert ein Kunde in ein spezielles System, so ist der Handlungsspielraum fiir Folgekaufe eingeschrankt. Dies kann der Anbieter fur sich nutzen, indem er den Kunden durch eine entsprechende Preissetzung auch okonomisch an sich bindet und einen Wechsel fur den Kunden kostspieliger macht. Die genannten Bindungsursachen lassen sich in faktische und emotionale Bindungsursachen aufteilen."*^ Unter den faktischen Ursachen sind die okonomischen, technischen, vertraglichen und institutionellen Bindungsursachen zusammengefasst. Die aus beiden Gruppen resultierenden Bindungen unterscheiden sich darin, dass der Kunde einerseits aus Eigeninteresse wiederkauft, weil er dies will und andererseits mehr oder weniger gezwungen wird wiederzukaufen, weil er dies faktisch muss. Dies entspricht den von Johnson identifizierten Grundmotivationen der Bindung: „People stay in relations for two major reasons: because they want to and because they have to"."*"* Der Kunde ist gebunden, wenn er wiederkaufen will und/oder muss, andernfalls wird der Kunde den Anbieter wechseln.
^'Vgl.Plmke(1997b), S. 52. ^^ Vgl. u. a. Dichtl/Schneider (1994); Fomell et al. (1996). ^^ Vgl. Homburg/Bmhn (1999), S. 11. ^Johnson(1982), S. 52f.
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Ein wesentlicher Grund fur das „Wollen" ist die Zufriedenheit des Kunden mit der bisherigen Leistung. Sie ist jedoch keine hinreichende Bedingung der Kundenbindung. Jones und Sasser weisen in diesem Zusammenhang auf sogenannte „Soldner" hin, die trotz hoher Zufriedenheit den Anbieter wechseln,"*^ Ein Grund fur ein solches Verhalten sieht McAllister in einem Nutzen der Abwechslung, der neben dem eigentlichen Produktnutzen existiert."*^ Dieses Variety Seeking beschreibt insbesondere auf Konsumgutermarkten ein Bedtirfiiis nach Abwechslung in Anbetracht einer breiten Angebotspalette."*^ Femer besitzt der Soldner noch kein in sich abgeschlossenes „[.,,] evoked set of alternatives".^*^ Demnach beginnt jede Transaktion mit der Suche und Evaluierung der moglichen Altemativen, Diese werden im „Evoked Set" zusammengefuhrt. Bei Veranderungen der Problemlosungskriterien des Kunden oder durch Erkennung von fiir ihn neue Alternativen, kann sich seine Praferenz trotz Zufriedenheit andem. Femer ist insbesondere auf industriellen Markten nicht davon auszugehen, dass weniger Akemativen oder gar keine Altemativen vom Kunden wahrgenommen werden, sobald seine Erwartungen in einer bestehenden Beziehung erfullt werden. Auch wenn eine hohere Zufriedenheit zu einem geringeren SuchausmaB nach altemativen Moglichkeiten fuhrt,"*^ bspw. bei Routinekaufen, besteht ftir Anbieter auBerhalb des „Evoked Set" die Moglichkeit, dem Kunden die Vorteilhaftigkeit seiner Leistung zu signalisieren.^^ Daraus resultiert die Gefahr, dass der zufriedene Kunde den Anbieter aus Eigeninteresse wechseln wird, sobald eine neue Altemative an den Markt herantritt oder eine vorhandene Altemative durch einen veranderten Marketing- Mix attraktiver wird, die nach subjektiver Wahmehmung seine Erwartungen besser erfullt als sein gegenwartiger Lieferant (im Folgenden In-Supplier). Erst wenn der Wechsel zu einem akemativen Anbieter (im Folgenden OutSupplier) zusatzliche Kosten verursacht, verschiebt sich das Kalkul des Kunden zugunsten des In-Suppliers. Der Kunde wird in seiner gegenwartigen Beziehung verbleiben, selbst wenn ein Out-Supplier einen hoheren Kundennutzen verspricht, der die zusatzlichen Kosten nicht aufwiegt. Diese scheinbar unfreiwillige Bindung hat faktische Bindungsursachen, die eine „[...] wahrgenommene Bindung auBerhalb des Kundenvorteils begninden".^^ Aus Sicht des Kunden konnen sie als Austritts barrieren vertraglicher, technischer oder okonomischer Natur
^^ Vgl. Jones/Sasser (1995), S. 88ff. ^^ Vgl. McAllister (1982), S. 141. Vgl. Hoyer/Ridgway (1984); Herrmann/Johnson (1999) sowie Schade/Burmeister (2005), die das Variety Seeking, als Wechselentscheidung aus Grunden der Abwechslung, dem Status Quo Bias gegeniiberstellen, der ein systematisches Festhalten an der gegenwartigen Situation bzw. Leistung in einer experimentellen Untersuchung beschreibt. ^^ Vgl. Jones/Sasser (1995), S. 92f. ^^ Vgl. March/Simon (1976), S. 49. ^'^ Vgl. Kaas (1995b), S. 974. ^'Plinke (1997b), S. 58.
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interpretiert werden, die aus der eingeschrankten Substituierbarkeit des Gegenstandes der Bindung resultieren/^ Das Uberwinden von Barrieren verursacht im Falle des Anbieterwechsels zusatzliche Kosten, die dem In-Supplier einen relativen Vorteil gegentiber den Wettbewerbem verschaffen. Aus Sicht des Kunden nimmt die wahrgenommene relative Vorteilhaftigkeit der Beziehung mit der Hohe der Barrieren zu. Er wird sich aus Eigeninteresse bzw, „freiem Willen" ftir den Wieder- bzw. Folgekauf entscheiden. Der Begriff „unfreiwillige Bindung" bzw. „Mussen" geht damit an der Zielsetzung des Kundenbindungsmanagements vorbei, Ziel des Anbieters muss es sein, einen relativen Vorteil in der Wahmehmung des Kunden zum Zeitpunkt einer moglichen Wechselentscheidung zu generieren, unabhangig davon, ob die Erwartungen des
In diesem Sinne ist die ZielgroBe des Kundenbindungsmanagements das Vorteilhaftigkeitskalkiil des Kunden, welches sich aus Kosten und Nutzen des Kunden zusammensetzt. Grundsatzlich zu unterscheiden sind Kosten und Nutzen des Kundenvorteils sowie zusatzliche Kosten des Wechsels. Der relative Kundenvorteil bzw. die Differenz des Customer Perceived Value von In- und Out-Supplier bezieht sich auf alle wahrgenommenen Kosten- und Nutzenbestandteile. Die zusatzlichen Kosten des Wechsels umfassen nach Plinke und Sollner nicht nur Zahlungen, sondem „[...] alle Anstrengungen, Aufwendungen, Inanspruchnahmen, Verzichte und Zeitverbrauche, die der Kunde als durch den Wechsel ausgelost ansieht."^^ Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die wahrgenommene Kundenbindung als Ursache des Wiederkaufverhaltens durch das Vorteilhaftigkeitskalktil des Kunden bestimmt wird. Im Fokus der vorliegenden Arbeit stehen faktische Bindungsursachen auf industriellen Markten, die letztendlich okonomxische Barrieren darstellen, und deren Wahmehmung durch den Kunden, Eine weitere Eingrenzung des Untersuchungsbereiches soil im folgenden Abschnitt durch das Kriterium der Spezifitat erfolgen.
^^ Vgl. Plinke/Sollner (1999), S. 58 in Verbindiing mit Plinke (1997b), S. 20ff. ^^ Voraussetzung dafur ist, dass die Erwartungserfullung i. S. von Zufiiedenheit (vgl. Day (1977)) keinen Wert an sich darstellt. So fuhren Peter und Olson an, dass sich ein Kunde bei Ubereinstimmung der wahrgenommenen mit der erwarteten Leistung in einem kognitiven Gleichgewicht befindet, da der Kunde davon iiberzeugt ist, die richtige Alternative gewahlt zu haben, vgl. Peter/Olsen (1994), S. 168. Werden die Erwartungen nicht erfiillt, entstehen kognitive Spannungen, die durch einen Anbieterwechsel reduziert werden. Dies setzt jedoch voraus, dass eine Alternative existiert, die in der Wahmehmung des Kunden zur Reduktion der kognitiven Spannungen beitragen kann (siehe auch Weinberg (1987), S. 165). ^"^ Anderson fordert in diesem Zusammenhang eine Neuorientierung der Marketing Konzeption: „Without question, creating satisfied customers is necessary, but insufficient to assure the survival or competitiveness of any organization. [...] the purpose of any organization is [...] control" (vgl. Anderson (1991), S. 136f). Die KontroUe des Untemehmensumfeldes und damit des Kunden wird zum Ziel des Anbieters. ^^ Plinke/Sollner (1999), S. 73.
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2.1,2 Speziflsche Investitionen als Ursache der Kundenbindung Dieser Abschnitt soil das durch spezifische Investitionen bestimmte Vorteilhaftigkeitskalkiil des Kunden naher beleuchten. Entscheidenden Einfluss auf die Kundenbindung hat die Veranderung der Entscheidungssituation vor und nach der Initialtransaktion einer Beziehung, die maBgeblich durch die Spezifitat bestimmt wird. AnschlieBend wird die resultierende Abhangigkeit mit Hilfe des Konstruktes der Quasirente aufgezeigt. Industrielle Kunden beschaffen Investitionsgiiter, um mit ihrem Ge- oder Verbrauch weitere Giiter ftir die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen, Diese Investition ist das Inkaufnehmen eines sicheren Nachteils zum Kaufzeitpunkt in Erwartung eines unsicheren zuklinftigen Vorteils,^^ Grundsatzlich ist eine Investition „[..,] durch einen Zahlungsstrom gekennzeichnet, der mit Ausgaben beginnt und in spateren Zahlungszeitpunkten Einnahmen bzw. Einnahmen und Ausgaben erwarten lasst".^^ Wie im vorangegangen Abschnitt dargestellt, geht die Beurteilung des Kunden uber eine Aufrechnung von reinen Zahlungsstromen hinaus. Plant ein Kunde den Kauf eines Investitionsgutes, so wird er samtliche erwarteten Kosten und Nutzen der Investitionsaltemativen in sein Entscheidungskalkiil einbeziehen. Vor der Investition vergleicht der Nachfrager die Angebote der fiir ihn aussichtsreichsten Anbieter A und AW. Zu Beginn ist der Kaufpreis des Investitionsgutes h zu entrichten. Wahrend der Nutzungsdauer T fallen in jeder Periode laufende Kosten kt und ein Nutzen Uu bspw. in Form zurechenbarer Erlose an. Der Vorteilhaftigkeit Z des Anbieters A fur den Kunden vor dem Kauf bei einem erwarteten durchschnittlichen Zinssatz / ergibt sich zu: ZA
=
-ko,A + S(nt,A -kt,AX'' + 0
\~\~'^o.Aw
+ S(nt.Aw -^^tAwX'' +')
(1)
Die Investition in A ist vorteilhaft, wenn Z^, d. h. der Barwert der Alternative A abzuglich des Barwertes der Alternative AW, positiv ist. Mogliche erwartete direkte Kosten des Wechsels einer Alternative kdir nach der Beschaffung fmden nur Beriicksichtigung, wenn sie sich zwischen den beiden Altemativen unterscheiden, wovon ohne das Vorliegen von Spezifitat nicht ausgegangen werden muss. Nach dem Kauf sind diese Kosten jedoch relevant, da sie nur bei einer moglichen Altemativinvestition in einen Out-Supplier (OUT) anfallen. Ex post ergibt sich die Vorteilhaftigkeit des In-Suppliers (IN) ZIN im Entscheidungszeitpunkt te zu:^^ Z|N -
i:(niN-
kiNXl + i r
2:(nouT •
rXi-ir
+ kri
(2)
' ' V g l . Schmidt (1983), S. 18. " Schneider (1992), S. 20. ^^ In Anlehnung Plinke (1997b), S. 31. Da es sich um eine normative Betrachtung handelt, wird an dieser Stelle nicht zwischen ungeplanter (de facto) und geplanter Geschaftsbeziehung unterschieden.
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Der Kunde ist ex post an die Investition gebunden, wenn der abdiskontierte Nettonutzen der Investition den Nettonutzen der besten Alternative iiberwiegt. Mogliche direkte Kosten des Wechsels wirken hier zugunsten der bestehenden Investition. Die Anfangsausgaben ko,A sind in (2) im Gegensatz zur ex ante Situation aus normativer Sicht nicht mehr entscheidungsrelevant. Ob dies auch fiir das tatsachliche Kauferverhalten anzunehmen ist, ist im weiteren Verlauf dieses Kapitels zu klaren, Im Falle eines Anbieterwechsels erhalt der Kunde, der nun als Verkaufer auftritt, den verbleibenden Nettonutzen des Investitionsgutes am Sekundarmarkt. Dies andert sich bei einer Investition in spezifische Ressourcen mit wesentlichen Folgen fiir das Vorteilhaftigkeitskalkiil des Nachfragers. 2.1.2.1 Spezifitat von Ressourcen Ein in der klassischen Investitionstheorie wenig betrachtetes Merkmal von Investitionsgiitem ist die Spezifitat einer Ressource.^^ Sie zeigt nach Sollner an, „[...] inwieweit dem Investor bei einer Andersverwendung der Ressource ein Schaden entsteht".^^ Es liegt die Annahme zugrunde, dass Ressourcen gar nicht oder nur teilweise aus ihrer gegenwartigen Verwendung in eine alternative Verwendung innerhalb oder auBerhalb des Untemehmens transferiert werden konnen, ohne dass ProduktivitatseinbuBen auftreten.^' Dabei ist unerheblich, ob die Ressource beim altemativen Verwender zu ihrer urspriinglichen Problemlosung oder anderweitig eingesetzt wird (z. B. Verschrottung), Die Transferierbarkeit hangt davon ab, „[...] how context-specific the use of the asset is".^^ Fiir die vorliegende Arbeit ist der spezifische Kontext eine Kunden-Anbieter-Beziehung, welcher die Ressource gewidmet ist. Der Begriff „Asset Specificity" wurde 1978 von Klein, Crawford und Alchain eingefiihrt und seither von der Literatur iibemommen.^^ Willamson nennt verschiedene Arten der Spezifitat von Ressourcen, wobei die Einteilung einen eher heuristischen Charakter besitzt: 64 Site specificity: Raumliche Bindimg an den Transaktionspartner, bspw. Zuiieferer, die sich am Produktionsstandort des OEM niederlassen. Ein Standortwechsei ist mit hohen Kosten verbunden oder unmoglich. Physical asset specificity: Gemeinsame Schnittstelien der Transaktionspartner, die spezieii angepasst wurden. Richten beide Transaktionspartner ihre Produktions- oder Lagersysteme aufeinander aus, dann konnen diese Systeme in anderen Anwendungen nicht oder nur eingeschrankt genutzt werden. Dedicated assets: Legt sich ein Transaktionspartner bei der Kapazitatsplanung auf ein hohes erwartetes Eingangsvoiumen eines Partners fest, so ist dieser kurzfristig gebunden, soiite keine anderweitige Auslastung mogiich sein.
Spezifitat und Irreversibiiitat werden in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet. "" Sollner (1996), S. 115. "*' Vgl. Williamson (1985), S. 54; Sollner (2000), S. 49. ^^ Johanson/Mattsson (1985), S. 190. " Vgl. Klein etal. (1978). ""^ Vgl. Williamson (1985), S. 95f; Williamson (1991), S. 28If.
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Human asset specificity: Geschaftsbeziehungsspezifisches Wissen durch Erfahrungen oder Schulungen von Mitarbeitem. Brand name capital: Investitionen in die Reputation von Leistungen, Individuen oder Untemehmen (z. B. Marken). Hier wird in Glaubwiirdigkeit und Vertrauen investiert. Temporal specificity: Zeitspezifische Investitionen in Mitarbeiter vor Ort. Sie konnen als eine Art von standortspezifischen Investitionen interpretiert werden.
Die verschiedenen Arten von Spezifitat haben gemeinsam, dass sie eine Abhangigkeit des Kunden von einem Anbieter begriinden konnen, wenn eine Investitionsbeziehung besteht.^^ Die spezifische Investition kann eine Abhangigkeit in zweierlei Hinsicht hervorrufen: Sind weitere Transaktionen zur Amortisation der Investition notwendig, so ist der Kunde nach Abschluss der Initialinvestition auf den Anbieter angewiesen, um sein Investitionsziel zu erreichen.^^ Femer begriindet die Spezifitat eine Abhangigkeit vom „guten Willen" des Transaktionspartners, da dieser versuchen konnte, die Bindung auszunutzen und ihm die spezifischen Ertrage durch Neuverhandlungen streitig zu machen,^^ In diesem Zusammenhang ist die Abhangigkeit „[...] described by the extent of the replaceability of the exchange partner". ^^ Der Transaktionspartner ist aufgrund der Spezifitat nur durch Inkaufhahme von Kosten in Abhangigkeit des Ausmafies von Spezifitat ersetzbar.^^ So stellen Heide und John fest: „The extent of potential dependence is a function of the magnitude of the specific assets"7^ Bevor die Folgen der Abhangigkeitssituation fur den Kunden zu einem spateren Zeitpunkt auf Basis der Transaktionskostentheorie genauer betrachtet werden, soil die Auswirkung der Spezifitat auf das Vorteilhaftigkeitskalkul des Kunden und damit die Abhangigkeitssituation mit Hilfe des Konstruktes der Quasirente aufgezeigt und in den Beziehungskontext eingeordnet werden. 2.1.2.2 Quasirente als Ausdruck der Kundenbindung Ein Kunde wird eine Geschaftsbeziehung nur aufrecht erhalten, solange diese fiir ihn vorteilhaft ist, Dafur gelten die Bedingungen gemaB Gleichung (2): Der Nettonutzen der Investition muss den Nettonutzen der besten Alternative iiberwiegen. Sind beide Nettonutzen gleich
Eine Ausnahme bildet die spezifische Investition in Markenbildung, die jedoch nicht im Fokus der weiteren Betrachtungen liegt. ^'' Vgl. Heide/John (1992), S. 33; Plinke/Sollner (1999), S. 63. ^^ Vgl. Butler/Baysinger (1983). ^'^^ Heide/John (1988), S. 24. ^^Vgl.Heide(1994), S. 73. '^^ Heide/John (1988), S. 23. Die Autoren beziehen ihre Ausfiihrungen auf den Resource Dependence Ansatz von Pfeffer und Salancik, die den Einfluss von Abhangigkeiten auf das organisational Verhalten untersuchen. Dort wird die Abhangigkeit in drei Komponenten betrachtet: erstens der Wichtigkeit einer Ressource, zweitens das AusmaB, mit dem der Transaktionspartner uber die Ressource ,Ermessen' besitzt sowie die Verfugbarkeit von Altemativen (vgl. Pfeffer/Salancik (1978), S. 45).
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hoch, SO ist der Kunde indifferent zwischen dem Verbleib einerseits und dem Abbruch der Beziehung andererseits. In dieser Hinsicht lasst sich die Kundenbindung als dichotomes Konzept interpretieren.
Folgekaufentscheidung Kunde ist an den Anbieter gebunden
Wechselentscheidung Kunde verlasst die Beziehung
Verhandlungsspanne
-^v-
. \ ^. ^^ ^. ^. ^.
-^V-
Preisuntergrenze
Preisobergrenze
des Anbieters
des Kunden
Abbildung 3: Kundenbindung als dichotomes Konzept
Bestandteile des Nettonutzens sind der Nutzen aus der Beziehung sowie die fur den Kunden entstehenden Kosten, die den Preis des Anbieters beinhalten. Entsprechend der Dichotomie ist die Obergrenze des Preises bei derjenigen Preishohe, die es fur den Kunden okonomisch gleichwertig macht, zum Einen eine Wechselentscheidung zu einen altemativen Anbieter zu treffen (bzw, auf die Beziehung zu verzichten) und zum Anderen eine Folgekaufentscheidung zu treffen,^^ Nur bei Verhandlungspreisen unterhalb der Preisobergrenze ist der Kunde gebunden (vgl. Abbildung 3). Die Diskussion des vorangegangenen Abschnitts zeigt, dass die Preisobergrenze maBgeblich durch den Spezifitatsgrad der in der Beziehung getatigten Investitionen bestimmt wird, da der Nettonutzen der bestehenden Beziehung relativ zur nachstbesten Ahemative zunimmt. Auf der Anbieterseite steht der Preisobergrenze des Kunden die Preisuntergrenze des Anbieters gegentiber. Die Preisuntergrenze ist fur den Anbieter dann erreicht, wenn es aus seiner Sicht gleichwertig ist, anzubieten oder nicht anzubieten,^^ Zwischen beiden GroBen ergibt sich damit die Preisspanne, die den Verhandlungsspielraum wiedergibt, Im folgenden Abschnitt soil zunachst aus Kundensicht die Bedeutung der Preisobergrenze fur die Bindung an den Anbieter naher betrachtet werden. Dies erfolgt unter Beriicksichtigung von Spezifitat mit Hilfe des Konstruktes der Quasirente, AnschlieBend wird die Einordnung der Quasirente in eine wechselseitige Betrachtung unter Beriicksichtigung der Preisuntergrenze des Anbieters vorgenommen, Damit wird eine prazisere Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes der Arbeit ermoglicht. '^^ Vgl. Plinke/Sollner (1997a), S. 870. ^^ Vgl. ebenda, S. 876 sowie grundlegend Schulz (1928).
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2.1.2.2.1 Das Konstrukt der Quasirente aus Kundensicht Der Begriff der Quasirente wird in der Literatur keineswegs einheitlich verwendet. Die unterschiedlichen Sichtweisen sollen kurz dargestellt werden. Der Quasirenten-Begriff geht zuriick auf Marshall, der in seinem grundlegenden Werk „Principles of Economics" zwischen zeitlich befristetem Einkommen eines vonibergehend unelastischen Faktorangebots, der „quasi-rent" (z. B. Ertrage durch Ausbildung eines Minenarbeiters) und zeitlich unbefristeten Einkommen, die aus der Natur „frei" bezogen werden konnen, der Rente (z. B. Ertrage im Ackerbau) unterscheidet^^' '''^ Jener Teil der Quasirente, „[...] that depends on continued association with some other specific, currently associated resources", bezeichnet Marshall als „Composite Quasi-rent"7^ Diese beschreibt den abhangigen Teil des befristeten Einkommens (im Folgenden wird der Literatur folgend diese „Composite Quasirent" als Quasirente bezeichnet), Eine erweiterte Definition der Quasirente fmdet sich bei Klein, Crawford und Alchain (1978): „The quasi-rent value of the asset is the excess of its value over its salvage value, that is, its value in its next best use to another renter. The potentially appropriable specialized portion of the quasi-rent is that portion, if any, in excess of its value to the second highest-valuing user"/^ Die Autoren definieren die Quasirente als Wertiiberschuss des aktuellen Wertes eines Gutes und damit der erwarteten Ertrage des eingesetzten Kapitals uber den Wert in nachstbester Verwendung. Sie schranken den durch Ausbeutung bedrohten Teil jedoch auf die Differenz zwischen aktuellem Wert und dem Wert fur den nachstbesten Verwender ein. Die Quasirente ist folglich kleiner oder gleich dem ausbeutbaren Betrag. Damit gehen die Autoren davon aus, dass der alternative Wert beim nachstbesten Verwender uber jenem bei nachstbester Verwendung beim gegenwartigen Verwender liegt. Die Trennung von Verwender und Verwendung wird von Picot und Dietl aufgehoben, die allgemein von Verwendungsmoglichkeit sprechen. „Unter einer Quasirente versteht man den Differenzbetrag derjenigen Werte, die einem Verfugungsrecht im Rahmen der beabsichtigten Transaktion bzw. seiner nachstbesten Verwendungsmoglichkeit beizumessen sind". ^ Die nachstbeste Verwendungsmoglichkeit kann sich hier auf die Verwendung zur gleichen Prob-
^ Vgl. Marshall (1920), S. 502, 602f. Diese Unterscheidung erscheint fur diese Arbeit nicht sinnvoil. Nach Picot et al. wird eine Rente im Folgenden verstanden als „[...] die Differenz zwischen dem Entgelt, das ein Transaktionspartner tatsachlich erhalt, damit er in eine Leistungsbeziehung eintritt, und dem Betrag, der mindestens erforderlich ware, damit dieser Transaktionspartner in die Leistungsbeziehung eintritt" (Picot et al. (1999), S. 391). ^^ AlchianAVoodward (1988), S. 67. ^'Kleinetal. (1978), S. 298. ^^ Picot/Dietl (1990), S. 179. Die Autoren stellen hier nicht die Ressource sondem die damit verbundenen Verfugungsrechte, die bei der Transaktion ubertragen werden, in den Vordergrund. Fiir die Diskussion der Quasirente in diesem Abschnitt ist dies von geringer Bedeutung. Siehe auch Dietl (1993), S. llOf. sowie aus Anbietersicht Schaub (1997), S. 239.
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lemlosung bei einem altemativen Verwender, die Verwendung zu einer altemativen Problemlosung bei einem altemativen Verwender sowie die Verwendung zu einer altemativen Problemlosung beim gleichen Verwender beziehen. Mit dem Verweis auf die „beabsichtigte" Transaktion weisen die Autoren auf die Antizipation der ex post Abhangigkeit hin, die sich bereits vor der Transaktion auswirken kann, , JDie Quasi-Rente ist somit das uber die Opportunitatskosten der Ressourcennutzung hinausgehende Entgeld", sie besteht ex post, wohingegen „eine Rente [...] das iiber die Opportunitatskosten der Ressourcenbereitstellung hinausgehende Entgeld" ex ante darstellt/^ Die Quasirente kann demnach niemals kleiner als die erwartete Rente werden. Der Betrag, um den die Quasirente die Rente ubersteigt, ist abhangig vom Spezifitatsgrad. Mit anderen Worten gilt ceteris paribus: „Die Quasirente ist die Rendite des spezifisch gebundenen Kapitals".^^ Bin abweichendes Konzept stellen Alchian und Woodward vor. Sie beziehen sich auf die Quasirente nach Marshall und weisen zusatzlich auf die Verbindung zu versunkenen Kosten hin. ,A quasi-rent is the excess above the return necessary to maintain a resource's current service flow, which can be the means to recover sunk costs".^^ Damit ist die Quasirente dem Deckungsbeitrag gleichzusetzen. Sie ist Gewinn, wenn ein Break-Even der Investition erreicht ist.^^ Hangt die Erreichung der vollstandigen Amortisation der Investition vom Verhalten des Anbieters ab, so sprechen die Autoren von „composite quasi-rent" i. S. Marshalls. Mit dem Verweis auf die Deckung von Kosten beziehen sich die Autoren auf die initiale Investition und damit auf normativ irrelevante Kosten - die Grenze zwischen entscheidungsorientierter und vollkostenorientierter Betrachtung verschwimmt.^^ Die Ausfiihmngen von Alchian und Woodward geben einen Hinweis auf einen bedeutsamen, indirekten Zusammenhang zwischen Quasirente und den historischen Kosten: ^^ Beide sind abhangig vom Spezifitatsgrad der Investition.^"* Der Spezifitatsgrad bestimmt den Anteil der ^** Picotetal. (1999), S. 391. ^^ Backhaus et al. (1994), S. 38; siehe auch Alchian (1984), S. 36 sowie Williamson (1985), S. 55. ^" AlchianAVoodward (1988), S. 67. **' In einer fruheren Betrachtung beziehen Alchian und Woodward Gewinne nicht in die Quasirente ein, da die Existenz noch nicht amortisierter Kosten und die Existenz potentieller Gewinne sich unterschiedlich auf vertragiiche Arrangements auswirken (vgl. AlchianAVoodward (1987), S. 113). Zur Analyse der Bindungswirkung erscheint eine solche Einschrankung zunachst wenig fruchtbar. Sie wird jedoch im Verlauf der Arbeit in einem anderen Zusammenhang wieder aufgegriffen, wenn zwischen der subjektiven Bewertung von Gewiimen und von Verlusten unterschieden wird. ^^ Diese Sichtweise fmdet sich bereits bei Marshall (vgl. Marshall (1920)). Dessen Beispiel einer standortspezifischen Investition eines Stahlwerkes im Wirkungsbereich eines Elektrizitatswerkes wird von Alchian und Woodward aufgegriffen. Die Sunk Cost beziehen sich dort auf eine Investition, die noch nicht amortisiert wurde. Hieraus ergibt sich „[...] the danger of parties with sunk cost is relying on those in a position to expropriate [...]" (vgl. AlchianAVoodward (1988), S. 67f). ^^ Der Zusammenhang zwischen Spezifitat und Sunk Cost bezieht sich auf einen Sunk Cost-Begriff, der von dem des traditionellen Rechnungswesens und der Industrieokonomik abweicht. Eine ausfiihrliche Diskussion des Sunk Cost-Begriffes erfolgt am Ende dieses Kapitels. *^^ Vgl. auch Williamson (1989), S. 142.
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in der Vergangenheit angefallenen, irreversiblen und nicht ausbeutbaren versunkenen Kosten an den Gesamtkosten.^^Unabhangig davon bestimmt er die Hohe der in der Zukunft realisierbaren und ausbeutbaren Quasirente in zweierlei Hinsicht. Einerseits steigt die Hohe der erwarteten Einnahmeniiberschusse mit dem Produktivitatsvorteil spezifischer Investitionen, andererseits sinkt der Wert bei bester altemativer Verwendungsmoglichkeit mit steigendem Spezifitatsgrad. Beide Konstrukte werden durch das gleiche Phanomen bestimmt: Asset Specificity,^^ Abbildung 4 gibt einen Uberblick aus Kundensicht, entscheidungsirrelevant
entscheidungsrelevant
, dass der Vertrauensempfanger vertrauenswurdig ist, dem Gewinn G und dem Verlust L kommt eine Transaktion zustande, wenn -r—>— bzw. pG + ( 1 - p ) L > 0 . 1-p G
(4)
Die Vertrauensentscheidung ist hier gleichzusetzen mit der Platzierung einer Wette auf die Realisierung der Quasirente und orientiert sich am Postulat der Nutzenmaximierung unter
'''Vgl.Ganesan(1994),S. 4. ^'^^ Eine Diskussion des Vertrauens innerhalb des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens findet sich u. a. bei Ouchi (1980); Hill (1990); Luthard (2003). 2^^ Williamson (1996), S. 260. ^^ Vgl. ebenda, S. 259. ^°' Vgl. ebenda. ^^^ Vgl. Coleman (1990), S. 99f.; Williamson (1996), S. 262,275.
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Unsicherheit. ^^^ Entscheidend ist die subjektive Erwartungshaltung des Vertrauensgebers bezuglich des Verhaltens des Vertrauensempfangers. Der Vertrauensgeber wird nur riskante Vorleistungen erbringen, wenn der subjektiv erwartete Wert der Transaktion positiv ist. Williamson weist darauf hin, dass das Gefahrenpotential einer Transaktion nicht nur von den Transaktionsmerkmalen abhangt, sondem auch von der institutionellen Umwelt, in der sie stattfindet.^^ Institutionelle Umgebungen, die allgemeine, exogen bestimmte Sicherheitsmechanismen bereitstellen, reduzieren die Notwendigkeit von transaktionsspezifischer Sicherung. Sie umfassen u. a. soziale Kultur, Politik, Regelwerke, Netzwerke und Untemehmenskultur. Bin weiterer Grand fur den Vertrauensnehmer auf die Aneignung der Quasirente eines Vertrauensgebers zu verzichten, sind zukiinftige Gewinnerwartungen: „[,,.] the major sanction for opportunism is simply the loss of future business".^^^ Erst wenn der Gesamtwert aller erwarteter zukunftiger Transaktionen mit dem Vertrauensgeber geringer ist als der gegenwartig erwartete Nutzen aus einer Aneignung der Quasirente, ist der ungesicherte Teil der Quasirente fur den Vertrauensgeber verloren.^^^ Dariiber hinaus kann der Vertrauensnehmer durch sichtbares kooperatives Verhalten signalisieren, dass er seinen maximalen Eigennutz im Rahmen einer langfristigen Kooperation und nicht in einer kurzfristigen „Hit and Run" Strategic sieht. In diesem Sinne gibt kooperatives Verhalten Auskunft iiber das Eigennutzkalkiil des Vertrauensnehmers. Ein solches Verhalten wird den Vertrauensgeber dazu veranlassen, aufgrund seiner Erfahrungen seine Erwartungen an den Vertrauensnehmer anzupassen.^^^ In Transaktionen, in denen eine ausreichende vertragliche Absicherung innerhalb einer hybriden Governance Struktur nicht effizient moglich ist, kann Vertrauen dazu fiihren, dass eine hybride Koordinationsform gegeniiber der vertikalen Integration die effizientere Losung darsteUt. Moglich wird dies aufgrund reduzierter Transaktionskosten durch Vertrauen, wenn ein Verzicht auf explizite vertragliche Sicherungs- und KontrollmaBnahmen dazu fuhrt, dass sich der Transaktionspartner, trotz Fehlen solcher SchutzmaBnahmen, nicht die Quasirente aneignet. ^^ Vor diesem Hintergrund kann Schade und Schott zugestimmt werden, die das Lenin
Vgl. auch Ripperger (1998), S. 87f. Anzumerken ist, dass Coleman von rationalen Akteuren ausgeht, denen unter Risiko die Erwartungswerte bekannt sind. Bei Annahme beschrankter Rationalitat spricht Williamson von „projected [...] expected net gain". Der Transaktionspartner, der in Vorleistung geht, triffi seine Entscheidung im Hinblick auf Effizienz und Glaubwiirdigkeit (vgl. Coleman (1990), S. 99; Williamson (1996), S. 261f.). ^^ Vgl. Williamson (1996), S. 267, 275. ^^^ Rubin (1990), S. 31. Insbesondere auf Investitionsgiitermarkten wird hier davon ausgegangen, dass „[...] noncontingently selfless behaviour of a Good Samaritan kind is the exception", Williamson (1996), S. 270. ^°^ Diese Uberlegung wird insbesondere durch spieltheoretische Erkenntnisse gestiitzt (vgl. u. a. Ripperger (1998), S. 92 und dort angegebene Quellen). ^^^ Vgl. Plotner (1995), S. 14, 36; Ripperger (1998), S. 45.
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zugesprochene Zitat: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser", umwandeln in: „Kontrolle ist teuer, Vertrauen daher meistens besser".^^^ Unter der Annahme, dass die Vertrauenserwartung in Bezug auf den In-Supplier in der Tendenz uber dem Vertrauen liegt, das moglichen Out-Suppliem entgegengebracht wird, entsteht ein relativer Kostenvorteil des In-Suppliers aufgrund weniger kostenintensiver Sicherungsmechanismen. Griinde fiir die Vertrauensdifferenz sind insbesondere in kooperativem Verhalten und akkumulierten Informationen des Kunden iiber das Eigennutzkalkiil des In-Suppliers zu sehen. Zusatzlich entstehen Kosten bei der Beschaffung von Informationen iiber die Vertrauenswiirdigkeit der Out-Supplier, die den direkten Kosten des Wechsels zuzurechnen sind. Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass unkooperatives Verhalten in Form von einer Aneignung der Quasirente dazu fiihrt, dass weitere Transaktionen nur in einer voUstandig abgesicherten Form durch Credible Commitments stattfmden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Vertrauen sowohl ex ante fiir das Zustandekommen der Transaktion wie auch ex post im Rahmen einer Wechsel- bzw. Fortfuhrungsentscheidung einen bedeutenden Einfluss besitzt. Der Einfluss bezieht sich insbesondere auf die Bindung an den Transaktionspartner, woraus sich die Bedeutung des Vertrauens fur die Analyse der Kundenbindung im Fortgang der Arbeit ergibt. Neben der Gefahr, die sich aus dem opportunistischen Verhalten des Transaktionspartners ergibt, werden Bindungen in Transaktionsbeziehungen durch ein Bewertungsproblem beztiglich der zu erbringenden Leistung (Performance Evaluation Problem) beeinflusst (Abschnitt 2.2.1). Dieses Problem bezieht sich auf Situationen, in denen die Vertragserfullung aufgrund der beschrankten Rationalitat der Akteure nicht vollstandig beobachtbar oder bewertbar ist. In Bezug auf die Bindung in einer bestehenden Geschaftsbeziehung sind insbesondere Kostenunterschiede zwischen In- und Out-Suppliem bei der Beobachtung und Bewertung der Vertragserfullung relevant. Die Kostenunterschiede werden sich danach richten, welche Erfahrungen der Kunde bereits mit der Leistung gemacht hat, d, h., wie neu die Leistung und der damit verbundene Kaufprozess fur ihn ist. In Anlehnung an den Kauftypenansatz von Robinson, Paris und Wind kann ein identischer Wiederkauf, ein modifizierter Wiederkauf und ein Neukauf unterschieden werden.^^^ Wahrend beim identischen Wiederkauf der Bedarf an Informationen tiber die Leistung gering ist, steigt er bei modifizierten Wiederkaufen an und kann beim Neukauf als hoch angesehen werden. Spezifische Investitionen implizieren, dass eine alternative Leistung, bspw. aufgrund einer altemativen Systemarchitektur, mit Modifikationen verbunden ist. Dies fuhrt ex ante zu Transaktionskosten der Informationssuche und ex post zu Bewertungsproblemen, da Standards bspw. zur Beurteilung des neuen Systems, an denen die Vertragserful' Schade/Schott (1993a), S. 494. ^ Vgl. Robinson et al. (1967), S. 23.
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lung gemessen werden kann, erst entwickelt werden miissen.^^^ Femer ist bei einem modifizierten Wiederkauf beim gegenwartigen Anbieter zu erwarten, dass relativ geringere Kosten fur die Leistungsbewertung aufzuwenden sind, da technische Weiterentwicklungen einer Pfadabhangigkeit unterliegen,^^^ Entwicklungen bspw. innerhalb einer untemehmensbezogenen Systemarchitektur weisen i. d, R. inkrementalen Charakter auf, was den Bedarf des Kunden an neuen Informationen und Standards reduziert, Unter einem Neukauf verstehen Robinson et al. Situationen, in denen fur das aktuelle Problem sowohl keine bisherige technologische Losung als auch kein bisheriger Anbieter existiert. Insofem kann hier nicht von Kundenbindung gesprochen werden. Das Performance Evaluation Problem zeigt eine doppelte Wirkung auf das Vorteilhaftigkeitskalkiil des Kunden, das im Mittelpunkt des Untersuchungsgegenstands der vorliegenden Arbeit steht: Erstens stellen Informationssuche und Kosten der Bewertung der Leistungen Transaktionskosten dar, die tendenziell eine bindende Wirkung zeigen.^^^ Zweitens fuhrt die verbliebene Unsicherheit, d. h., die Gefahr, dass die Leistung ex post den Anforderungen nicht vollstandig gerecht wird, zur Reduktion des Erwartungsnutzens der Leistung. Auch hier folgt aus der Diskussion eine Tendenz zugunsten des In-Suppliers.^^"* AbschlieBend sollen die Folgen des Adaptionsproblems auf die Bindung an den In-Supplier betrachtet werden. In Abschnitt 3,2.2 wurde das Adaptionsproblem darauf zuruckgefiihrt, dass Vertrage ex ante aufgrund von Umweltunsicherheit und beschrankter Rationalitat nicht vollstandig spezifizierbar sind. Durch exogene Veranderungen konnen ex post Anpassungen an veranderte Umweltbedingungen notwendig werden. ^^^ Diese fuhren zu Transaktionskosten der Anpassung, insbesondere Such- und Vereinbarungskosten. Findet eine Transaktion unter hoher Umweltunsicherheit statt, so kann die vertikale Integration die effizientere Losung im Vergleich mit langfristigen Vertragen sein. Analog zur vorangegangenen Diskussion konnen nur altemativenunterschiedliche Kostenbestandteile Bindungsrelevanz besitzen. Wahrend branchenbezogene und politische Turbulenzen i. d, R. altemativenidentisch sind, kann insbesondere die technologische Unsicherheit Unterschiede zwischen verschiedenen Anbietem begriinden.^^^ Wie in Abschnitt 2.2.1 bereits
' Vgl.Heide(1994),S. 77. ^ Vgl. u. a. Morchel (2001), S. 91ff. ' Vgl. Buvik/John (2000), S. 73. * Vgl. Jackson (1985), S. 54ff. ' Vgl. Williamson (1985), S. 79f. ^ Insbesondere, wenn die Nachfragerbranche hohem technologischen Wandel unterliegt, kann eine weitergehende Unterscheidung von technologischer Unsicherheit der Nachfragerbranche und der Anbieterbranche sinnvoU sein. Dies erlaubt die Abbildung von Einflussen technologischer Turbulenzen auf die Wettbewerbsfahigkeit des Kunden in der Nachfragerbranche. Ist der In-Supplier aufgrund von Pfadabhangigkeit nicht in der Lage, die hohen technologischen Anforderungen des Kunden zu erfuUen, konnen dem Kunden Effektivitatsnachteile entstehen, wenn er nicht den Anbieter wechselt (vgl. Luthard (2003), S. 125). Da fiir diese Kundeniiberlegungen das
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angesprochen, konnen technologische Veranderungen, die exogen bestimmt sind, bspw. durch Etablierung von Standards, zu einem Anbieter-Shake-Out und damit zum Verlust der Quasirente fiihren. Damit verbunden ist die Gefahr eines Lock-In des Kunden in einer auslaufenden Technologie. Dieses Argument begriindet eine Motivation, nicht vertikal zu integrieren oder Investitionen von geringer Spezifitat zu bevorzugen, um sich eine grofiere Unabhangigkeit zu bewahren.^^^ Nach Vertragsabschluss fuhrt hohe Umweltunsicherheit zu kostenintensiveren Such- und Bewertungsprozessen bezuglich altemativer Technologien und erhoht damit die direkten Kosten eines Wechsels, Die Erfahrungen mit der gegenwartigen Technologie dagegen sollten eine Einschatzung der damit verbundenen Unsicherheit erleichtem.^^^ Hieraus lasst sich eine bindende Wirkung der technologischen Unsicherheit begriinden.^^^ Relevant fur die Bindung des Kunden sind jedoch nur potentielle Anpassungskosten, die nicht bei alien Anbietem gleichermaBen zu erwarten sind. 3.2.4 Zusammenfassendes effizienzorientiertes Partialmodell derivativer Bind ungs wirku ng Die vorangegangene Analyse stellt eine ex post Betrachtung dar. Sie untersucht die Folgen der durch die Transaktionsmerkmale i. S. Williamsons hervorgerufenen Transaktionsprobleme fur die Bindung des Kunden nach fundamentaler Transformation, d, h. nach Abschluss der Vertragsverhandlungen. Innerhalb des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens bezieht sich die Wirkung der Transaktionsmerkmale auf die Transaktionskosten sowie auf die Produktionskosten. Wahrend die beiden Transaktionsmerkmale Spezifitat und Unsicherheit als Variable die derivative Bindung beeinflussen, liegen dem Modell Opportunismus und beschrankte Rationalitat als Verhaltensannahmen zurunde. Die entsprechenden Wirkungszusammenhange sind in Abbildung 12 schematisch dargestellt.
Effektivitatskriterium im Vordergrund steht, soil fiir die vorliegende kostenorientierte Betrachtung von einer expliziten Trennimg von technologischer Unsicherheit in Nachfrager- und Anbieterbranche abgesehen w^erden. ^'^ Vgl. Heide/John (1990); Stump/Heide (1996). In einer Metaanalyse zahlreicher Studien von Rindfleisch und Heide zeigt sich insgesamt nur eine gemischte empirische Bestatigung der transaktionskostentheoretischen Hypothese vertikaler Integration (vgl. Rindfleisch/Heide (1997), S. 44). ^'^ Auch nach umfassender Informationssuche wird aufgrund der objektiven Unvorhersehbarkeit der Zukunftslagen bei hoher techno logischer Unsicherheit eine erhohte Gefahr von Fehlinvestitionen verbleiben, die ein Verbleiben beim In-Supplier vorteilhafter erscheinen lasst. Hier st6l3t die Transaktionskostentheorie an ihre Grenzen, da diese Argumentation in hohem MaI3e von der Risikoeinstellung des Entscheiders abhangt und die Transaktionskostentheorie die vereinfachende Annahme risikoneutraler Entscheider trifft (vgl. Williamson (1985), S. 388ff.; Ewert/Wagenhofer (1995), S. 540ff.). ^'^ Vgl. Heide/Weiss (1995), S. 32; Plinke?S6liner (1997b), S. 347f.
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Derivative Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Abbildung 12: Modell derivativer Bindung auf Basis des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens
Wahrend die Transaktionskosten bei Entscheidungen zwischen unterschiedlichen Koordinationsformen die Effizienz der Mechanismen in Abhangigkeit der Auspragungen der Transaktionsmerkmale bestimmen, spielen die Transaktionskosten fur die Bindung spezifischer Investitionen insbesondere in Form von zusatzlichen, direkten Wechselkosten im Falle eines Verlassens der gegenwartigen Beziehung eine RoUe. Die direkten Wechselkosten, die als Austrittsbarrieren wirken, stabilisieren die Geschaftsbeziehung. Im Mittelpunkt stehen hier die Kosten der Suche, Anbahnung und Vereinbarung einer neuen Kunden-Anbieter-Beziehung. Die Transaktionskosten der bestehenden Beziehung sind auf Sicherungs- und Kontrollkosten zuruckzufuhren, die durch Vertrauen reduziert werden konnen. Femer erhohen Probleme der Leistungsbeurteilung und Anpassungen an Umweltveranderungen die Kosten der bestehenden Beziehung, bspw. durch Kosten der Kommunikation, Verhandlung und Bewertungen. Unter der Annahme, dass diese Transaktionskosten spezifisch fur die Investitionsbeziehung mit dem In-Supplier anfallen, sind sie Bestandteil der spezifischen Kosten, die hier den Opportunitatskosten des Wechsels zugerechnet werden. Sie fallen nur an, wenn die Beziehung bestehen bleibt. Im Falle eines Wechsels ist der erwartete Nettonutzen der Beziehung mit dem In-Supplier verloren. Dieser steUt im Kalkul des Entscheiders eine Kostenkomponente dar, welche die Opportunitatskosten des Wechsels beschreibt und damit liber die Produktionskosten hinaus-
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geht.^^^ Die Opportunitatskosten des Wechsels sind unsichere prospektive Kosten. Ihre Hohe zum gegenwartigen Zeitpunkt hangt ab vom zuktinftigen Verhalten des Anbieters und von moglichen Veranderungen der Umwelt. Der bindungsrelevante Teil der Opportunitatskosten des Wechsels wird durch die Spezifitat auf die Quasirente beschrankt. Einerseits sinkt der Wert der Investition in nachstbester alternativer Verwendungsmoglichkeit mit zunehmendem Spezifitatsgrad, andererseits begrenzt die Spezifitat die zuktinftigen erwarteten Kosten der Geschaftsbeziehung auf jenen Teil, der nicht wiedereinsetzbar ist (vgl. Abschnitt 2.1.2.2). Die Quasirente des Kunden unter Unsicherheit ergibt sich auf Basis von Gleichung (3) aus den unsicheren Opportunitatskosten des Wechsels abziiglich des sicheren Altemativerloses: QR{p,s) = p{N-K(s))-A(s).
(5)
Unter Beriicksichtigung der direkten Wechselkosten ergibt sich fur die Bindungswirkung, d. h. fur den entscheidungsorientierten Wert der spezifischen Investition V IN: QR{p,s) + K,,(p,s) (6)
ik.-^,,.Xi+'r
Der Wert der spezifischen Investition im Falle eines Anbieterwechsels zum gegenwartigen Zeitpunkt als MaB der derivativen Bindungswirkung gibt die Preisobergrenze des Kunden im Wechselkalkul wieder. Ein potenzieller neuer Anbieter miisste mindestens V IN erwarten lassen, um den gebundenen Kunden fur sich zu gewinnen. Aus den vorangegangenen Uberlegungen wird deutlich, dass die Bindungswirkung spezifischer Investition aus dem Vorteilhaftigkeitskalkul des Kunden resultiert. Bindend wirken die unsicheren prospektiven Opportunitatskosten sowie die sicheren zusatzlichen Kosten im Falle eines Wechsels zum gegenwartigen Zeitpunkt. Die retrospektiven Kosten der spezifischen Investition sind dagegen fiir beide Konstrukte irrelevant: Beziiglich der originaren Bindung weist das Modell eine Erkldrungslucke auf
3.3 Kumulative Prospect Theorie als Erklarungsgrundlage originarer Bindung Im folgenden Abschnitt werden die zentralen Merkmale der Prospect Theorie sowie einige aufbauende Konzepte vorgestellt. Sie dienen als Grundlage fur die Formulierung von Hypothesen zur originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen, Einleitend soil eine Einordnung der Prospect Theorie in die Entscheidungsforschung vorgenommen werden.
^^° An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass die effizienzorientierte Sicht der Bindung keine inhaltlichen Folgerungen fiir Effektivitatswirkungen erlaubt (vgl. Abschnitt 3.2.3).
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3.3.1 Neoklassische Nutzentheorie und neuere Praferenztheorien Die okonomischen Wurzeln der Entscheidungsforschung sind in einem utilitaristischen Menschenbild verankert. Der Mensch als frei entscheidendes vemiinftiges Wesen strebt nach seinem individuellen Vorteil. Fur den homo oeconomicus ist die Entscheidungssituation objektiv gegeben, in der er immer die beste aller moglichen Altemativen realisiert. Er trifft seine Entscheidungen rational unter Sicherheit. In dieser abstrakten Abbildung der Realitat ist eine Entscheidungstheorie nicht notwendig, da immer eine exakt reproduzierbare zielmaximale Entscheidung getroffen wird. Demgegentiber stehen Entscheidungssituationen unter Unsicherheit, in denen nicht mit Bestimmtheit absehbar ist, welche Folgen die eine oder die andere Handlungsakemative haben wird. Auch konnen Zielkonflikte auftreten, wenn die Ergebnisse unterschiedlicher Handlungen sich in mehr als einer Dimension unterscheiden. Eine hohe Komplexitdt von Entscheidungssituationen erschwert zudem Entscheidungen mit einer groBen Anzahl von Handlungsaltemativen, Zielen und EinflussgroBen.^^^ Diese Merkmale realer Entscheidungssituationen erfordem formalisierte Regeln und Verfahren zur Strukturierung und Verarbeitung von Informationen. Hierin besteht die Aufgabe der prdskriptiven Entscheidungstheorie?^^ Sie kann als „[...] formalization of common sense for decision problems which are too complex for informal use of common sense" angesehen werden.^^^ Ziel ist es, dem Entscheidungstrager aufzuzeigen, wie in einer konkreten Entscheidungssituation aus der Menge der moglichen Altemativen diejenige zu ermitteln ist, die in Bezug auf das Ziel bzw. die Ziele des Entscheidungstragers am vorteilhaftesten ist. Werte der Konsequenzen subjektiv
objektiv objektiv
Erwartungswert (E)
subjektiv
subjektiver Erwartungswert subjektiver Erwartungsnutzen (SEV) (SEU)
Erwartungsnutzen (EU)
Wahrscheinlichkeiten
Tabelle 6: Ubersicht der Entscheidungstheorien
Die bei praskriptiver Anwendung dominierenden Entscheidungsmodelle unter Risiko basieren auf den Axiomen der klassischen mathematischen Wahrscheinlichkeitstheorie. Dabei wurden die Ergebnisse von Entscheidungen und die Wahrscheinlichkeiten ihres Eintretens urspriing-
' Vgl. Eisenfuhr/Weber (1999), S. 2f. ^ In der Literatur wird auch von normativer Entscheidungstheorie gesprochen. ' EisenfuhrAVeber (1999), S. 3 zitiert nach Keeney (1982).
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lich als objektive GroBen interpretiert. In der okonomischen Theorie dominieren heute jedoch die subjektiven Erwartungsnutzenmodelle, die beide Parameter subjektiv betrachten. Die aus den unterschiedlichen Interpretationen resultierenden vier Theorietypen sind in Tabelle 6 dargestellt,^^"* Sie basieren alle auf dem wahrscheinlichkeitstheoretischen Konzept des Erwartungswertes als Regel zur Berechnung des Wertes einer Option und unterstellen Rationalitat. Die Erwartungsnutzentheorie (auch Risikonutzentheorie) stellt hohe Anforderungen an die Konsistenz der Urteile von Entscheidem, die der beschrankten Kapazitat des kognitiven Systems entgegenstehen. Dies fiihrt zu Abweichungen des tatsachlichen Entscheidungsverhaltens von jenem Verhalten, das auf der Grundlage rationalen Verhaltens ableitbar ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, neben der praskriptiven Theorie eine deskriptive Entscheidungstheorie hinzuzuziehen, welche die tatsachlichen intuitiven Entscheidungen in konkreten Situationen erklaren kann.^^^ In der deskriptiven Theorie steht folglich nicht die Rationalitat als Norm sondem das tatsachliche Problemlosungsverhalten im Vordergrund. Die deskriptive Entscheidungstheorie hat ihren Ursprung in der psychologischen Entscheidungsforschung. Sie liefert Theorien und Modelle des realen Verhaltens in Entscheidungssituationen und uberpriift diese an empirisch gewonnenen Beobachtungen. Neben zufalligen Abweichungen lassen sich dabei systematische Abweichungen vom Rationalitatskalkul identifizieren, die fur eine realitatsnahe Beschreibung von Entscheidungsverhalten eine Loslosung vom normativen Bezugssystem sinnvoll erscheinen lassen: „[...] the deviations of actual behavior from the normative model are too widespread to be ignored, too systematic to be dismissed as random error, and too fundamental to be accommodated by relaxing the normative System."^^^ Axiome
Paradoxa
Bedeutung
Substitution (Unabhangigkeit)
Eine Praferenz zwisciien zwei Lotterien andert sich nicht, wenn beide Lotterien mit derselben Lotterie verknupft werden, bzw. wenn eine Lotterie durch eine gleichwertige ersetzt wird.
Allais-Paradoxon (Allais 1953) Ellsberg-Paradoxon (Elisberg1961) Certainty Effekt (Kahneman/Tversky 1979)
Deskriptive Invarianz
Die Praferenzen sind unabhangig von der Formulierung des Entscheidungsproblems.
Framing Effekte (Tversky/Kahneman 1986)
Dominanz
Wenn eine Option in einem Zustand besser ist als eine Alternative und in alien weiteren Zustanden mindestens so gut wie die Alternative, ist diese Option zu wahlen.
Contrasting risk attitudes (Tversky/Kahneman 1986) Subadditive Entscheidungsgewichte (Tversky/Kahneman 1986)
Tabelle 7: Ausgewahlte Axiome der Erwartungsnutzentheorie und Paradoxa
^ VgL Jungermann et aL (1998), S. 199. ' In der Literatur wird auch von deskriptiver Praferenztheorie (Behavioral Decision Theory) gesprochen. ^ Tversky/Kahneman (1986), S. 252.
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Die Abbildung tatsachlichen Entscheidungsverhaltens wird erst durch eine Reduzierung der axiomatischen Anfordemngen an die Praferenzen der Entscheider moglich. Wie die Erwartungsnutzentheorie verlangen auch deskriptiven Entscheidungsmodelle i. d, R. eine vollstandige, transitive und stetige Praferenzordnung.^^^ Andere Anfordemngen an die Praferenzen der Entscheider, bspw. das Unabhangigkeitsaxiom der Erwartungsnutzentheorie, werden dagegen nur in einer abgeschwachten Form vorausgesetzt.^^^ Diese Anpassungen an das tatsachliche Entscheidungsverhalten ermoglicht die Erklarung zahlreicher empirisch belegter Paradoxa, die nicht mit den Axiomen der Erwartungsnutzentheorie vereinbar sind.^^^ Tabelle 7 gibt einen Uberblick iiber zentrale Axiome der Erwartungsnutzentheorie und ausgewahlte systematische Abweichungen. In der Literatur besteht verstarkt seit Anfang der 80er Jahre eine Kontroverse, ob und in welchem Umfang die Erkenntnisse der deskriptiven Entscheidungstheorie in der okonomischen Theorie Eingang finden soUen und damit, welche Bedeutung dem beobachteten nicht rationalen Verhalten der Entscheider zukommt. Die Verfechter der klassischen Nutzentheorie fuhren u. a. an, dass sich die systematischen Abweichungen auf okonomisch insignifikante Entscheidungsprobleme beziehen und daher fiir reale okonomische Fragestellungen irrelevant sind.^^° Es wird angenommen, dass es sich um temporare Phanomene handeh, da eine Korrektur des Marktes zu rationalem Entscheiden fuhren muss, um im Wettbewerb bestehen zu konnen. Es wird femer angefuhrt, dass Verletzungen der Rationalitatsannahme durch Lemen behoben werden. Dazu mijssen allerdings die Voraussetzungen fur das Lemen gegeben sein, was insbesondere bei Neukaufentscheidungen sehen der Fall ist,^^^ Ein Reihe weiterer Kritikpunkte, wie die Ubertragung von in experimentellen Ergebnissen auf die Realitat und den Einfluss monetarer Anreize, sollen zu einem spateren Zeitpunkt der Arbeit im Rahmen der Validitatsdiskussion aufgegriffen werden. Unumstritten ist die Bedeutung deskriptiver Entscheidungsmodelle zur Erklarung der zahlreichen Paradoxa des Entscheidungsverhaltens. Demgegeniiber stellen die praskriptiven Modelle eine Hilfe zum rationalen Handeln dar und erheben primar keinen deskriptiven Anspruch,^^^ Da beide Theoriezweige unterschiedliche Intentionen verfolgen, stehen sie nicht in einer konkurrierenden Beziehung zueinander. Ziel der Entscheidungsforschung kann es demnach nicht sein, eine beste Theorie fur beide Erklarungsziele zu fmden, Vielmehr muss es darum gehen, „[...] in einer Aufgabenanalyse die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Entscheidungsprobleme und -situationen [zu] bestimmen und [zu] prufen, welche Theorie(n) fur welche Zu den axiomatischen Anforderungen an die Praferenzen der Erwartungsnutzentheorie vgl. Hammond (1998). ^ Vgl. u. a. EisenfuhrAVeber (1999), S. 380. ' Eine Ubersicht iiber eine Vielzahl von dokumentierten Paradoxa findet sich ebenda, S. 366-372. ^ Vgl. grundlegend dazu Simon (1979); Arrow (1986); Smith (1989); Smith (1991). ' Vgl. Tversky/Kahneman (1986), S. 273f. ^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 317; Eisenfuhr/Weber (1999), S. 396.
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Klasse an Problemen und Situationen am erfolgreichsten das Entscheidungsverhalten erklaren und vorhersagen kann".^^^ Die Antwort auf die Frage der Relevanz deskriptiver Modelle ist demnach in der Zielstellung der Untersuchung zu finden. Beispielsweise ist bei einer Investitionsentscheidung auf Finanzmarkten eine rationale Handlungsempfehlung auf Basis monetarer Einflussgrofien notwendig. Andererseits muss bei einer Marketing Mix-Entscheidung das tatsachliche Kaufverhalten im Vordergrund stehen, Eine Anwendung der Prospect Theorie als deskriptive Entscheidungstheorie zur Beschreibung des Sunk Cost-Phanomens erscheint daher sinnvoll. 3.3.2 Grundlagen und Pramissen der Prospect Theorie Die 1979 von Kahneman und Tversky entwickelte Prospect Theorie ist eine der bedeutsamsten Entwicklungen der deskriptiven Entscheidungstheorie.^^'* Erweitert wurde das Fundament der Prospect Theorie spater um die Idee rangplatzabhangiger Altemativenwahmehmung zur Cumulative Prospect Theory (CPT).^^^ Wahrend die Prospect Theorie in der psychologischen Entscheidungsforschung viel Beachtung gefiinden hat, ist sie in der betriebswirtschaftlichen Literatur bisher nur vereinzelt aufgenommen worden. Grundsatzlich sind okonomische Anwendungen der Prospect Theorie iiberall dort zu priifen, wo eine moglichst realistische Beschreibung tatsachlichen Entscheidungsverhaltens erwunscht ist. Neben Anwendungen im Behavioral Finance liegt der Einsatz der Prospect Theorie zur Analyse des Kauferverhaltens auf Konsumguter- und Industriegutermarkten nahe. Die Vorztige der Prospect Theorie durch die axiomatisch begriindete und damit theoretisch validierte Beriicksichtigung von Wahmehmungsphanomenen und Kontextabhangigkeiten bei Entscheidungen, ermoglichen eine Beschreibung tatsachlichen Entscheidungsverhaltens. Hier ist die Prospect Theorie der Erwartungsnutzentheorie iiberlegen.^^^ Im Bereich der Analyse des Kauferverhaltens sind verschiedene Studien insbesondere zur Preispolitik^^^, zur Kundenzufriedenheit^^^, zur Kommunikationspolitik^^^ sowie zur individuellen Praferenzenbildung^"*^
' Jungermann et al. (1998), S. 336. * Vgl. Kahneman/Tversky (1979). ' Vgl. Tversky/Kahneman (1992); Wakker/Tversky (1993). ^ Vgl. Currim/Sarin (1989), S. 39. ' Vgl. u. a. Lichtenstein/Bearden (1989); Rajendran/Tellis (1994); Purohit (1995); Herrmann/Bauer (1996). * Vgl. u. a. Herrmann et al. (1998); Mittal et al. (1998). ' Vgl. u. a. Block/Keller (1995); Smith (1996); Nitzsch von (1998). ^ Vgl. u. a. Thaler (1985); Bateman et al. (1997); Herrmann et al. (1998); Gierl et al. (2001). ' Einen Uberblick Qber Anwendungen im Marketing gibt Schade (2001).
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Gemafi der Prospect Theorie erfolgt der Entscheidungsprozess zwischen zwei (unsicheren) Optionen in zwei Phasen. Der eigentlichen Auswahl vorangestellt ist die Editierungsphase, in der Individuen Entscheidungssituationen strukturieren. Ziel ist es dabei „[...] to organize and reformulate the options so as to simplify subsequent evaluation and choice",^'*^ In einer zweiten Phase werden die editierten Optionen subjektiv durch den Entscheider bewertet. Am Ende dieses Evaluationsprozesses steht die Auswahl der praferierten Option. 3.3.2.1 Merkmale der Editierungsphase In der Editierungsphase verschafft sich der Entscheidungstrager ein Bild von relevanten Handlungsaltemativen, deren Werten und Eintrittswahrscheinlichkeiten und moglichen Ergebnissen, Dabei erfolgt eine Simplifizierung zur Komplexitatsreduktion des Entscheidungsproblems. Tabelle 8 gibt einen Uberblick ausgewahlter Editierungsregeln.^"*^ Beeinflusst wird die Anwendung der Editierungsregeln durch die Prasentation von Entscheidungen sowie Normen, Gewohnheiten und Erwartungshaltungen der Entscheider.^"*^ Editierungsregel
Bedeutung
Kombination
Addition von unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten identischer Ergebnisse
Segregation
Trennen eines Prospects in ein sicheres (minimales) Ergebnis, dass in alien moglichen Konsequenzen enthalten ist, und in ein unsicheres Ergebnis
Elimination (Cancellation)
Elimination gleicher Optionen verschiedener Lotterien, die unabhangig von der Entscheidung die gleiche Praferenz hervorrufen
Vereinfachung
Auf- und Abrundung: (101, 0,49) wird vermutlich als (100, 0,5) verarbeitet
Dominanz
Aussortieren von Altemativen, die von anderen dominiert werden. Standen beispielsweise die Lotterien (100, 0,5; 50, 0,5), (120, 0,5; 50, 0,5) und (70, 0,5; 80, 0,5) zur Auswaiil, so wijrde die erste von der zweiten dominiert und deshalb im folgenden Ablauf nicht weiter berucksichtigt.
Tabelle 8: Ubersicht ausgewahlter Editierungsregeln
In der Erwartungsnutzentheorie bestimmt die Anderung des absoluten Vermogens durch die Entscheidung den Nutzen einer Akemative. Die Prospect Theorie geht dagegen davon aus, dass die Trager der Werte Gewinne und Verluste sind, nicht fmale Vermogenszustande. Durch Kodierung werden die Ergebnisauspragungen nicht als absolute sondem als relative GroBen betrachtet. Jedes Individuum hat einen Referenzpunkt, oberhalb dessen relative Gewinne und unterhalb dessen relative Verluste wahrgenommen werden. Die Lage des Referenzpunktes und die Kodierung der Ergebnisse als Gewinne bzw. Verluste kann durch die
'*' Kahneman/Tversky (1979), S. 274. ^^^ Vgl. ebenda, S. 274f.; Tversky/Kahneman (1986), S. 252ff.; EisenfuhrAVeber (1999), S. 377f. ^"^ Die Editierungsregeln werden in den Arbeiten von Kahneman und Tversky nicht formal beschrieben, so dass in konkreten Ausgangssituationen unterschiedliche Editierungsergebnisse hergeleitet werden konnen.
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Formulierung der Prospects und durch die Erwartungen des Entscheidungstragers beeinflusst werden. In der zweite Phase des Entscheidungsprozesses werden die editierten Lotterien (Prospects) bewertet und die Alternative mit dem hochsten Wert ausgewahlt. Der Gesamtwert eines Prospects wird dabei durch eine Wertkomponente und eine Risikokomponente ausgedriickt: dem subjektiven Wert des Ergebnisses und dem subjektiven Entscheidungsgewicht. 3.3.2.2 Merkmale der Wertfunktion Die Wertkomponente wird in der Wertfunktion (Value Function) abgebildet, die jedem moglichen Ergebnis x einen subjektiven Wert v(x) zuordnet. Da die Ergebnisse als relative GroBen defmiert sind, gibt v(x) den Wert der Abweichung von einem Referenzpunkt als Gewinn oder Verlust wieder. Im Gegensatz zur (monetaren) Nutzenfunktion der Erwartungsnutzentheorie, die einen durchgangig konkaven Verlauf (w' '(x) < 0) aufweist, ist die Wertfunktion der Prospect Theorie im Gewinnbereich konkav und fur Verluste konvex (vgl. Abbildung 13a). Der Kurvenverlauf zeigt abnehmende Sensitivitdt fur Gewinne und Verluste. Mit zunehmender Entfemung vom Referenzpunkt nimmt die Wertschatzung einer bestimmten Auspragungsdifferenz ab. Ein weiteres Merkmal der Wertfunktion ist die Asymmetric zwischen der Wahmehmung von Gewinnen und Verlusten. Die Entscheidungstrager sind verlustavers. Verluste werden starker gewertet als gleich hohe Gewinne. Die Funktion verlauft daher im Verlustbereich steiler als im Gewinnbereich.^"*^ AL
Wert
A
% Verlust
/
^ Gewinn
w
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
P Abbildung 13a und b: Wertfunktion und Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion der Prospect Theorie
' Vgl. Tversky/Kahneman (1986), S. 259.
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Die Wertfunktion fur sich beschreibt Entscheidungen bei Sicherheit. Bei Unsicherheit gehen zusatzlich die Eintrittswahrscheinlichkeiten iiber eine Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion (Risk Weighting Function) in die Bewertung ein. 3.3.2.3 Merkmale der Gewichtungsfunktion Die Gewichtungsfunktion K(p), wie in Abbildung 13b dargestellt, ist eine monotone kognitive Transformation der Eintrittswahrscheinlichkeit p?"^^ Sie misst den Einfluss der Eintrittswahrscheinlichkeit auf den Gesamtwert eines Prospects. Dabei driicken die Wahrscheinlichkeitsgewichte die Risikowahmehmung des Entscheidungstragers aus. Die Gewichte sind groBer als p fur kleine Wahrscheinlichkeiten und kleiner als p fiir groBe Wahrscheinhchkeiten. Aufbauend auf experimentellen Ergebnissen und mit dem Ziel der Erklarung ausgewahlter Paradoxa werden verschiedene Annahmen iiber den Verlauf der Gewichtungsfunktion getroffen. Die postulierten Eigenschaften von K(p) lassen sich wie folgt zusammenfassen: "* •
Die Funktion ist monoton steigend in p.
•
An den Endpunkten ist die Gewichtungsfunktion ungenau, Sie besitzt Sprungstellen in den Endpunkten 0 und 1. Einerseits werden sehr kleine Wahrscheinlichkeiten eliminiert oder iiberbewertet, andererseits werden sehr groBe Wahrscheinlichkeiten als sicher gewertet oder abgelehnt. In den Endpunkten gilt: K(1)=1 und K(0)=0.
•
Es wird davon ausgegangen, dass kleine Wahrscheinlichkeiten generell ubergewichtet werden: K(P) > p.
•
Ftir kleine Wahrscheinlichkeiten p ist K(P) subadditiv. Es gilt: 7i:(rp) > r K(p), mit 0 < r< 7, bzw, K(p) + K(p) > K(p + p).
•
Gewichtete Wahrscheinlichkeit und Gegenwahrscheinlichkeit sind in der Summe kleiner als 1. Fur alle 0 0) oder negativ {x, y < 0) und addieren sich die Wahrscheinlichkeiten zu eins {p + q = 1), liegt ein streng positiver bzw, streng negativer Prospect vor. Nach Segregation ist der Wert eines solchen Prospects: K(x, p\ y, q) = v(y) + 7r(q)[v{x) - v(y)], 3.3.2.4 Kumulative Erweiterung der Prospect Theorie Das Konzept der Wahrscheinlichkeitsgewichtung wurde in der kumulativen Prospect Theorie weiterentwickelt. An Stelle der ergebnisunabhangigen Transformation von Einzelwahrscheinlichkeiten wird in der CPT die gesamte kumulative Verteilungsfunktion der Wahrscheinlichkeiten ergebnisabhangig transformiert.^^^ 1.0 +
W
0.8
X
/ /
w
0.6 /
w(p)
^
" ' - ' • " • "
0.4
.-••>^•^'^x y^
0.2
If /
0.0 0.0
1
1
1
0.2
0.4
0.6
1
0.8
1.0
p
Abbildung 14: Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktionen der kumulativen Prospect Theorie
^^^ Vgl. ebenda, S. 276. ^^'^ Zur rangplatzabhangigen Nutzentheorie siehe Quiggin (1982); Quiggin (1993). Zur formalen Grundlage dieser Ansatze vgl. Choquet (1955).
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Die Gewichtung der Wahrscheinlichkeiten positive! und negativer Ergebnisse erfolgt dabei mit verschiedenen Gewichtungsfunktionen (vgl. Abbildung 14).^^^ Konnte die Prospect Theorie urspriinglich nur zwei bzw. drei Konsequenzen abbilden, so ist es mit der Erweiterung moglich, beliebig viele riskante wie auch ungewisse Ergebnisse zu betrachten.^^^ Durch das rangabhangige additive Modell existiert fur die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion eine axiomatische Grundlage, die im Gegensatz zur urspriinglichen Prospect Theorie dem Prinzip der stochastischen Dominanz geniigt. Fiir den Wert V(f) eines Prospects/(x„ pi) ergibt sich:
V{f) = v{f")+V{f^)mit ^ ( / 0 = S < v ( x , ) und v{f-)= Y^TTTvix,) i=-m
1=0
fur die Optionen x/ (i = -m, ..., 0, ..., n) aufsteigend geordnet nach ihrem Wert. Das Prospect hat m negative und n positive Ergebnisse. Die Wahrscheinlichkeitsgewichte K^(f) = (K O, •••, K^n) und jf~(f) = (K~.rn, •••, ^~o) crgcbcn sich aus der rangabhangigen Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion w^ bzw. w ~ als ^! =^^\
^Pj
\~^^\
i=-m J
^Pj
' 0v-(Lo).''^
^^'Vgl. Thaler (1985). ' ' ' Vgl. ebenda, S. 202. ^^^ Vgl. Thaler (1980), S. 278. Ahnlich auch Arkes/Blumer (1985), S. 131. Die Autoren differenzieren in ihrer Argumentation jedoch nicht eindeutig zwischen expliziter Integration und Referenzpunktverschiebung.
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Wert
Verlust
Gewinn
Abbildung 15: Segregierte versus integrierte Wahrnehmung
Die Editierungsregeln auf Basis des Schmerzreduktionsprinzips wurden spater durch Thaler und Johnson gemaB neuer empirischer Ergebnisse modifiziert. Die Autoren fiihren drei Kritikpunkte an: Hedonic Editing verlangt aktives Framen der Entscheidung durch den Entscheider, was die Bereitschaft des Entscheiders zu hoher kognitiver Anstrengung voraussetzt. Zweitens wird die Unabhangigkeit der Kodierung einer Entscheidung vom Prasentationsformat vorausgesetzt, d. h,, Prasentations-Effekte bleiben unberucksichtigt. Femer ist Hedonic Editing ein Maximierungsprozess, den die Autoren infrage stellen.^^ Das modifizierte Konzept (Quasi-hedonic Editing) beriicksichtigt im Kern zwei neue Verhaltensweisen:^^^ •
Vorangegangene Gewinne konnen die Bereitschaft, Risiken einzugehen, erhohen, „[...] until the winnings are completely depleted, losses are coded as reductions in a gain, as if losing some of 'their' money doesn't hurt as much as losing one's own cash." ^^ Dieser Effekt des „playing with the house-money" wird als House-MoneyEffekt bezeichnet, ist jedoch flir die vorliegende Arbeit von geringer Relevanz, da von vorausgegangenen Gewinnen ausgegangen wird.
•
Grundsatzlich verringem vorangegangene Verluste die Risikobereitschaft, wenn weitere Verluste drohen. Die Risikobereitschaft kann jedoch zunehmen, wenn die Mog-
^^ Vgl. Thaler/Johnson (1990), S. 647f. ^^^ Vgl. ebenda, S. 650ff. ^^ ebenda, S. 657.
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lichkeit besteht, die Verluste mit gleich hohen oder hoheren Gewinnen auszugleichen (Break-Even-Effekt). Die Integration von Gewinnen nach realisierten Verlusten kann nach Thaler und Johnson auf das Streben der Entscheider nach Eliminierung und damit nach Reduktion der Problem-Komplexitat zuriickgefuhrt werden/^^ Unbeantwortet bleibt die Frage, welche Faktoren das individuelle Framing der Entscheidung beeinflussen, d. h., welche Faktoren zur Integration von Verlusten ftihren. Die Autoren geben lediglich Anhaltspunkte.^^^ So sollte dem Entscheider die Aquivalenz der Ergebnisse im Hinblick auf einen Break-Even transparent sein, auch die Kompatibilitat in der Natur der Ergebnisse (z. B, monetare versus immaterielle Ergebnisse) muss gegeben sein. MaBgeblich ist jedoch die Frage, ob ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen zwei Entscheidungen wahrgenommen wird, der die Zugehorigkeit der Entscheidungen zu unterschiedlichen mentalen Konten begriinden kann. Neben der abnehmenden Sensitivitat im Verlustbereich der Wertfunktion tragt der CertaintyEffekt zur Erklarung des Sunk Cost-Effektes bei.^^^ Danach besitzen sichere Ergebnisse einen deutlich hoheren Wert (einen entsprechend geringeren Wert bei Verlusten) als fast sichere Ergebnisse. Bei einer Entscheidung gegen die Fortfuhrung einer Investition werden die versunkenen Kosten in der Wahmehmung des Entscheiders von einem unsicheren zu einem sicheren Verlust. Die Uberbewertung eines sicheren Verlustes wirkt damit bindungserhohend.^^^ Ist ein Gewinn aus der Folgeinvestition nur mit geringer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, wird der Effekt durch die Ubergewichtung des Eintritts eines Gewinns mit geringer Wahrscheinlichkeit noch verstarkt. In der Wahrnehmung des Entscheiders werden demnach die negativen Folgen einer Abbruchsentscheidung ebenso ubergewichtet wie die positiven Erwartungen an einen moglichen Gewinn. Die Effekte werden durch die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktionbestimmt.^'^^ 3.3.3.2 Sunk Cost-Effekt durch Startwertverschiebung Die explizite Integration versunkener Kosten in die kognitive Entscheidungsstruktur entspricht einer Vollrechnung mit der Bewertung des Nettoergebnisses. Die okonomisch „richtige" Entscheidungsstruktur einer Teilrechnung entspricht der Segregation, wobei die versunkenen Kosten als akemativenidentische Kosten aus dem Entscheidungskalkiil eliminiert werden.
' Vgl. ebenda, S. 658. ^ ebenda, S. 659. ^ Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 265f. " Vgl. Arkes/Blumer (1985), S. 132. ^^' Ein ahnlicher Ansatz findet sich bei Kahneman und Tversky, die den Sunk Cost-Effekt gemeinsam uber abnehmende Sensitivitat, Substitution und Subsicherheit herleiten (vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 287).
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Die Startwertverschiebung stellt eine Moglichkeit dar, auch bei normativ richtiger Konfiguration der Kostenkomponenten den Einfluss versunkener Kosten abzubilden, die auf diese Weise implizit beriicksichtigt werden. Die versunkenen Kosten begriinden einen (zusatzlichen) Referenzpunkt im Verlustbereich, der die Wahmehmung moglicher Gewinne und Verluste verzerrt, ohne dass die vorangegangenen Verluste eine explizite Kostenkomponente im Kalkul des Entscheiders begrunden. Somit entspricht die Startwertverschiebung einer verzerrten Teilrechnung. Schade, Steul und Schroder ftihren den Startwert neben dem Status Quo des Entscheiders zur Messung des Einflusses vorangegangener Ergebnisse ein.^^^ Wahrend der Startwert als Referenzpunkt zur Bewertung der Folgeentscheidung dient, wird der Status Quo als Anspruchsniveau (Aspiration Level) der Folgeentscheidung interpretiert,^^^ Die Autoren gehen davon aus, dass der Entscheider nach einer Verlusterfahrung seinen urspriinglichen Referenzpunkt vorriibergehend beibehalt, der sich ex ante im Ursprung seiner Wertfunktion befmdet. In Abbildung 16a ist die Startwertverschiebung nach vorangegangenen Verlusten Lo bei Gewinnerwartung und in Abbildung 16b bei Verlusterwartung veranschaulicht. Ex post verschiebt der Refrenzpunkt i, H. der versunkenen Kosten in den Verlustbereich und bildet den Startpunkt zur Altemativenbewertung (Punkt B). Voraussetzung dafur ist, dass kein , Ausgleich" des mentalen Kontos (und damit Segregation) erfolgt. Erst in Punkt A ware ein Break-Even und damit das Anspruchsniveau (ex ante Status Quo) erreicht. Wert
Gewinn
Abbildung 16a und b: Bindungswirkung durch Startwertverschiebung fiir Gewinne und Verluste
' ' ' Vgl. Schade et al. (2002). ^^^ Auf die Reievanz von Anspruchsniveaus bei der Ergebnisbeurteiiung wurde in der Literatur bereits mehrfach hingewiesen, vgl. u. a. Lewin et al. (1944); Payne et al. (1980); Payne et al. (1981); March/Shapira (1992).
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Wiederum sei angenommen, ein Entscheider sei indifferent, eine Investition durchzufuhren. Fiir diese ex ante Entscheidungssituation gilt: v*(G) = -v-(L).
Vor die gleiche Entscheidung gestellt, wird der Entscheider nach einer Verlusterfahrung (und damit einer Startwertverschiebung) eine eindeutige Praferenz zur Durchfuhrung der Investition besitzen. Aus Abbildung 16 ist ersichtlich, dass aufgrund der Verlustaversion nach vorausgegangenen Verlusten LQ mogliche Gewinne G (Verluste L) einer Folgeentscheidung in Punkt B hoher (niedriger) wahrgenommen werden als ohne Verlusterfahrung, d. h. relativ zu Punkt A. Fiir Gewinne zeigt Abbildung 16a, dass VLO(G) > v^(G); analog gilt fur Verluste nach Abbildung 16b vio(L) < -v(L). Damit gilt fiir die ex post Entscheidungssituation: V L O ( G ) > -VLO ( L ) .
Formal lasst sich VLO fur die Folgeergebnisse x berechnen aus: VLO(X) = v(x + U ) - v(Lo).
Allgemeiner formuliert ergibt sich fiir den wahrgenommenen Gesamtwert eines Prospects V^^ nach Startwertformel mit den / Ergebnissen (xt, pi) nach einem Verlust xo\ Vxo''"=Zw(PiHxi-Xo)-v(xo)]."^
(9)
Im Gegensatz zum Hedonic Editing zeigt die Startwertformel sowohl fur Gewinne als auch Verluste Integration.^^^ Femer ftihren Schade et al. zusatzlich zur Integration eine Korrektur ein (-vfxo]), um die Wahmehmung des inkrementalen Ergebnisses zu isolieren. Voraussetzung fiir die Startwertverschiebung ist, dass Initial- und Folgetransaktion dem selben mentalen Konto zugeordnet werden. Schade et al. gehen davon aus, dass beide Entscheidungen Teil desselben Aufgabenbereiches sein miissen, wobei die Zeitspanne zwischen beiden Entscheidungen relevant ist: „The shorter a time span between initial and subsequent payments, the more likely the situation will be seen as a continued task [...]".^^^ Femer bleibt in affektreichen Situationen und bei substanziellen vorangegangenen Ergebnissen das Anspruchsniveau langer erhalten, Mit der vorangegangenen Diskussion kognitiver Entscheidungsstrukturen wurden die Voraussetzungen zur Formulierung der dritten Forschungsfrage geschaffen:
^ In Anlehnung an Schade et al. (2002), S. 8. Im Gegensatz zu den Ausfiihrungen Thalers gehen Schade et al. explizit von einer dynamischen Entscheidungssituation aus (vgi. Thaler (1980)). Da keine gesicherten Aussagen uber die Wahrscheinlichkeitsgewichtung in dynamischen Kontexten in der Literatur vorliegen, schlieBen die Autoren die Wahrscheinlichkeitsgewichtung aus der Analyse aus (vgl. Schade et al. (2002), S. 7). ^^''Schade et al. (2002), S. 11.
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Kann die referenzpunktabhangige Modellierung der kognitiven Entscheidungsstruktur unter Berucksichtigung von Referenzpunkten und der Moglichkeit eines Break-Even der Investition zur Erklarung der originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen beitragen? Die diskutierten zwei Entscheidungsstrukturen, explizite Integration und implizite Integration durch Startwertverschiebung, sind in der Lage, die originare Bindung spezifischer Investitionen abzubilden und iiber die Art des kognitiven Informationsverarbeitungsfehlers einen Erklarungsbeitrag zu leisten. Damit erscheinen die konkurrierenden Ansatze als Basis zur Ableitung von Hypothesen zur Erklarung originarer Bindungswirkung geeignet,
3.4 Kritische Betrachtung des Theorienpluralismus In den vorangegangenen Abschnitten wurden die Transaktionskostentheorie als Bezugsrahmen zur Analyse der derivativen Bindung sowie die Prospect Theorie als Fundament der Analyse originarer Bindung ausgewahlt und vorgestellt. Ob die Verwendung zweier nicht verwandter Theorien zur Erklarung eines Phanomens zulassig und sinnvoll ist, ist in erster Linie eine wissenschaftstheoretische Fragestellung. In Abschnitt 3.1 wurden Kriterien zur Auswahl der theoretischen Basis diskutiert, welche die Erklarungskraft einer Theorie bestimmen. Die vorgestellten Theorie-Dimensionen Allgemeinheit, Genauigkeit und Tiefe dienen der Beurteilung einer Theorie. Eine Aussage uber das Verhaltnis zu bzw. die Uberlegenheit der Theorie gegeniiber anderen Theorien kann auf dieser Ebene nicht getroffen werden. Insbesondere ist die Ubemahme einzelner Konstrukte aus anderen theoretischen Kontexten zur Erhohung der Erklarungskraft einer Theorie in hohem MaBe problematisch.^^^ Generell ist ein pluralistischer Ansatz zur Erklarung eines Phanomens nur sinnvoll, wenn damit eine verbesserte Prognose- und Erklarungsleistung erreicht werden kann.^^^ Zu priifen ist jedoch, in welchem Verhaltnis die Theorien zueinander stehen: bspw. Aquivalenz, Ableitbarkeit, Vereinbarkeit oder Widerspruch.^^^ In Anlehnung an Seipel lassen sich daraus drei Basis-Theorierelationen ableiten:^^^ Ahnlichkeit und die Konkurrenztypen A und B. Bei Ahnlichkeit geht eine Theorie in einer anderen Theorie auf, die allgemeinere Konzepte und Begriffe bereitstellt.^^^ Ein Konkurrenztyp A liegt vor, wenn die Theorien in einem logischen Widerspruch zueinander stehen, und der Konkur-
'Vgl. Seipel (1999), S. 39. ^ Vgl. Wagner/Berger (1985). ' Vgl. Popper (2002), S. 7. Popper bezieht sich hier allgemein auf Satze innerhalb eines Theoriegebaudes. ^ Vgl. Seipel (1999), S. 38f. und dort angegebene Quellen. ^ Vgl. ebenda, S. 37. Seipel spricht hier auch von „Theoretical Reduction".
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renztyp B beschreibt Relationen, bei denen zwischen den Theorien kein logischer Widerspruch besteht und in den Theorien unterschiedliche erklarende Variable fiir das gleiche Explanandum herangezogen werden. Die Ahnlichkeit zweier verwandter Theorien i. S. Seipels ermoghcht eine Integration auf deduktiver Ebene. Bei der deduktiven Integration ist entscheidend, dass das zu bestimmende Verhaltnis tiber logisch-semantische Analysen moglich und ein empirischer Vergleich dann nicht mehr notwendig ist, Fiir die vorliegende Arbeit besitzt sie eine geringe Relevanz. Der Konkurrenztyp A beschreibt eine konfliktare Beziehung, welche der Bedingungen der Widerspruchsfreiheit nicht gentigt, Eine gemeinsame Betrachtung ist daher nicht sinnvoll, vielmehr bietet sich eine vergleichende Untersuchung an. Stehen die Theorien in einem Konkurrenztyp B zueinander, kann es fruchtbar sein, beide Theorien nebeneinander zu betrachten („side-by-side") oder sie zu integrieren („end-to-end"). Bei „end-to-end" oder sequentieller Integration werden beide Theorien derart miteinander verbunden, dass die unabhangigen Variable einer Theorie zu abhangigen bzw. moderierenden Variable in einem Integrationsmodell werden. Dies setzt eine Kausalordnung der Variable voraus, die sich kausalanalytisch priifen lasst.^^^ Stehen die Theorien „side-by-side" nebeneinander, so wird akzeptiert, dass sie unterschiedliche Verhaltensbereiche erklaren konnen und sich in manchen Fallen iiberlappen. Diese Relation kann als Komplementaritdt bezeichnet werden und steUt keine theoretische Integration dar.^^^ 3.4.1 Komplementaritat von Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie In diesem Abschnitt soil geklart werden, in welchem Verhaltnis die Transaktionskostentheorie und die Prospect Theorie zueinander stehen, um im Anschluss die Widerspruchsfreiheit der Annahmen und Aussagen beider Theorien zu priifen. Grundsatzlich beziehen sich beide Theorien auf unterschiedliche Betrachtungsebenen. Wahrend die Transaktionskostentheorie die Transaktion bzw. die Koordinationsform, in der sie ausgefuhrt wird, betrachtet, steht in der Prospect Theorie das Entscheidungsverhalten des Individuums im Mittelpunkt. Greift man das Bild der Wolke wieder auf, die von zwei Scheinwerfem ausgeleuchtet wird, so leuchten die Scheinwerfer unterschiedlich tief in die Wolke hinein. Die tieferen Schichten, welche die individuelle Informationsverarbeitung als Vorraussetzung zur Erklarung originarer Bindung beinhalten, konnen nur von Ansatzen der deskriptiven Entscheidungstheorie erfasst werden, auch wenn die Transaktionskostentheorie, dem Prinzip des methodologischen Individualismus folgend, ihre Aussagen aus den tieferen Schichten heraus begriindet. Ein Fall von „end-to-end" Integration liegt damit nicht vor. Andererseits ist das Bild der oberen Wolkenschichten aus Sicht der Prospect Theorie unscharf,
- Vgl. ebenda, S. 38. 'Vgl.Nauck(1988),S. 18.
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betrachtet man bspw. die Geschaftsbeziehung und ein daraus resultierendes Safeguaring Problem. Die Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Phanomen wird in seinen verschiedenen Schichten deutlicher sichtbar, wenn sie von beiden Scheinwerfem beleuchtet wird. Dabei stehen Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie in der vorliegenden Arbeit nicht in Konkurrenz, da sie unterschiedliche Teilbereiche des Phanomens beleuchten. Die unterschiedlichen Explananda derivative Bindung und originare Bindung lassen sich iiber das Kriterium des Zeitbezuges bzw. der normativen Entscheidungsrelevanz voneinander trennen, sind aber keinesfalls voneinander unabhangig, wie die Diskussion kognitiver Entscheidungsstrukturen in Abschnitt 33.3 gezeigt hat. Zu priifen ist daher die Komplementaritat beider theoretischer Bezugsrahmen mit dem Ziel, ein breiteres und tieferes Bild des Bindungsphanomens zu erhalten, Dabei steht eine erhohte Erklarungsleistung und nicht die Vollstandigkeit der Abbildung im Vordergrund. Auf die grundsatzliche Moglichkeit der Verbindung transaktionskostentheoretischer Argumentationen mit anderen Erklarungsgrundlagen weist bereits Williamson hin: „[...] transaction cost arguments are often best used in conjunction with, rather than to the exclusion of, other ways of examining the same phenomena. "^^ 3.4.2 Widerspruchsfreiheit der Annahmen und Aussagen Nebeneinander diirfen die Ergebnisse beider Analysen nur stehen, wenn sie in den zentralen Annahmen und Aussagen widerspruchsfrei sind. Zunachst sollen die Annahmen von Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie auf Widerspruchsfreiheit untersucht werden. Im Kern zeigen beide Theorien Gemeinsamkeiten in der Annahme beschrankter Rationalitat und der Unsicherheit. Unterschiede zeigen sich dagegen insbesondere in der zugrunde gelegten Risikoeinstellung der Akteure. In beiden theoretischen Bezugsrahmen spieh die beschrankte Rationalitat i. S. Simons eine zentrale Rolle. In Abschnitt 3.2.1 wurde sie bereits als Verhaltensannahme der Transaktionskostentheorie diskutiert. Auch im Rahmen der Prospect Theorie stellen Tversky und Kahneman fest, dass Ergebnisse und Analysen „[...] are consistent with the conception of bounded rationality originally presented by Herbert Simon [...]. Indeed prospect theory is an attempt to articulate some of the principles of perception and judgment that limit the rational choice".^^^ Zu diesen Prinzipien zahlt auch die mentale Kontenfuhrung, Thaler bezieht sich explizit auf die beschrankte Rationalitat und sieht in ihr den Grund fiir Abweichungen vom normativen Entscheidungsmodell.^^^
^Williamson(1985), S. XII. ' Tversky/Kahneman (1986), S. 272f. ^Vgl. Thaler (1980), S. 40.
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Die Unsicherheitsannahme erscheint in beiden Ansatzen zunachst als unterschiedlich festgelegt. Traditionell wird Unsicherheit als Oberbegriff fur die beiden Falle Risiko und Ungewissheit verwendet.^^^ Bei Entscheidungen unter Risiko sowie unter Ungewissheit sind die Ergebnisse der Entscheidungsaltemativen bekannt.^^^ Im Gegensatz zu Entscheidungen unter Risiko sind bei Ungewissheit die mit den Ereignissen verknlipften Eintrittswahrscheinlichkeiten aufgrund unvollkommener Information tiber die kunftigen Zustande der Umwelt nur teilweise oder ungenau bekannt, Diese engere Sichtweise der Ungewissheit deckt sich mit dem Begriff der Ambiguitat. Nach Ellsberg ist sie die „[...] quality depending on the amount, type, reliability, and 'unanimity' of information, giving rise to one's degree of 'confidence' in an estimate of relative likelihoods".^^^' ^^^ Mit anderen Worten: die Ungewissheit iiber die Wahrscheinlichkeit, hervorgerufen durch unvollstandige Information.^^^ Wahrend die Transaktionskostentheorie von Unsicherheit i. S, v. Ungewissheit ausgeht (vgl. Abschnitt 3.2.1),^^^ ist die Prospect Theorie urspriinglich fur Entscheidungen unter Risiko konstruiert, Im Rahmen der Erweiterung zur kumulativen Wahrscheinlichkeitsgewichtung wurden zusatzlich Entscheidungen unter Ungewissheit mit einbezogen,^^^ wobei unter Ungewissheit Entscheidungsgewichte an Glaubwtirdigkeitsaussagen zukiinftiger Ereignisse gekoppelt werden,^^"* Insofem kann von einem praziseren Unsicherheitsbegriff der Prospect Theorie gesprochen werden, der das Unsicherheitsverstandnis im transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmen nicht ausschlieBt,
' ' ' V g l . Knight (1921). ^^^ Diese Annahme ist elementare Voraussetzung zur Bildung von Glaubwurdigkeiten (likelihoods) und damit der Methodik dieser Arbeit. ^'^^Ellsberg(1961), S. 657. ^"^^ Gezeigt wurde die Ambiguitat u. a. im EUsberg-Paradoxon. Hier besitzen Individuen eine Praferenz fur eine Ume mit einem bekannten Verhaltnis (Gleichverteilung) von unterschiedlich farbigen Kugeln gegenuber einer Ume mit unbekannter Farbverteilung, wenn bei Ziehung einer bestimmten Farbe ein Gewinn lockt (obwohl im zweiten Falle ebenfalls Gleichverteilung anzunehmen ware). Eine Diskussion des Experimentes fmdet sich bei CamererAVeber(1992). ^^' Vgl. Frisch/Baron (1988), weiterfuhrend siehe auch Schade (1999), S. 48-55. ^'^ Eine prazise Festlegung des Unsicherheitsbegriffes findet sich bei Williamson nicht. Er bezieht sich auf „Disturbances" mit Wahrscheinlichkeitsverteilungen, die ex ante nicht bekannt sind, sowie auf die Verwandtheit der Verhaltensunsicherheit mit Knight's „Uncertainty" Begriff (vgl. WilUamson (1989), S. 143; Williamson (1991), S. 29If). ^^^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 299f ^^ Um bei unbekannten Eintrittswahrscheinlichkeiten Aussagen iiber die Gewichtung ungewisser Ereignisse treffen zu konnen, wurde von Tversky und Fox ein zweistufiges Modell eingefiihrt, dass spater von Wu und Gonzales erweitert wurde (vgl. Tversky/Fox (1995), S. 279; Wu/Gonzalez (1999)). In der ersten Stufe werden Ereignisse mit subjektiven Glaubwtirdigkeitsaussagen (Likelihoods) verbunden. Um diese zu beriicksichtigen, greift das zweistufige Modell auf die Support Theorie zuruck (vgl. Tversky/Koehler (1994)). Nach der Support Theorie sind Glaubwiirdigkeitsaussagen nicht mit Ereignissen verbunden sondem mit Beschreibungen von Ereignissen. D. h., zwei Beschreibungen desselben Ereignisses konnen unterschiedliche Glaubwurdigkeitsaussagen zugeordnet werden. In der zweiten Stufe werden subjektive Glaubwurdigkeitsaussagen (Probability Judgements) durch Gewichtung in Entscheidungsgewichte transformiert (vgl. Fox/Tversky (1998), S. 880; Kilka/Weber (2001), S. 1713).
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Dariiber hinaus liegt beiden Anwendungen in der vorliegenden Arbeit zur Analyse der Bindungswirkung die vereinfachende Annahme von Entscheidungen unter Risiko zugrunde (vgl. Abschnitt 3.2.3). Auf diese Weise soUen im Folgenden quantitative Aussagen zur Bindungswahmehmung ermoglicht werden. Wahrend die oben diskutierten Verhaltensannahmen der Transaktionskostentheorie eine breite Aufmerksamkeit in der Literatur gefunden haben, ist die Annahme der Risikoneutralitat meist unkritisch ubemommen worden.^^^ Williamson rechtfertigt die Unterstellung von Risikoneutralitat mit drei Argumenten. Einerseits sind die Untersuchungsobjekte Untemehmen und nicht Individuen. Die Risikoneutralitat sei hier eine gute Annaherung, da: „Not only do most firms diversify in some degree, but owners of firms can usually diversify their financial holdings easily".^^^ Zweitens werden Abweichungen von der Risikoneutralitat durch Bestrafung reduziert. Drittens, und von Williamson hervorgehoben, ist diese Vereinfachung notwendig, um Kemelemente institutioneller Merkmale akkurater analysieren zu konnen. Williamson verweist 1985 in diesem Zusammenhang auf das fiiihe Entwicklungsstadium der Transaktionskostentheorie.^^'^ Festzuhalten bleibt, dass die Annahme risikoneutraler Akteure im Wesentlichen aus Vereinfachungsgriinden erfolgt. Es handeh sich nicht um einen theoriebegrundeten Ausschluss.^^^ Problematisch ist die Annahme insbesondere bei der Erklarung unterschiedlicher Grade vertikaler Integration in Untemehmen, die ahnliche Transaktionen mit ahnlichen Transaktionsmerkmalen durchfuhren.^^^ Ebers und Gotsch stellen zudem fest, dass bei vertikaler Integration fur den akquirierenden Transaktionspartner in der Regel besondere Risiken und zusatzliche Fixkostenbelastungen bestehen, denen die meisten Entscheidungstrager nicht neutral gegeniiberstehen werden. Die Autoren halten daher erganzende Ausftihrungen zu den Implikationen unterschiedlicher Auspragungen der Risikoneigung der Transaktionspartner fur erforderlich.^"" Durch die Annahme beschrankter Rationalitat gehen beide Theoriegebaude von begrenzten kognitiven Fahigkeiten der Akteure aus. Vor diesem Hintergrund erscheint die Sichtweise der ^^^ Vgl. Williamson (1985), S. 388. ^^^ ebenda, S. 389. Dieses Argument wird an der angegebenen Stelie nicht weiter prazisiert. ^^'Vgl.ebenda,S. 390. ^^^ Dieses Argument rechtfertigt Goldman mit den Opportunitatskosten der Modellbildung: „If risk aversion is to be included, then we have to simplify the world in other ways to build tractable models [...]" (Goldberg (1990), S. 216). Eine Annaherung an „reale" Verhaltensannahmen halt Goldman fiir wenig hilfreich bei der Analyse institutioneller Fragestellungen. Der Autor vemachlassigt jedoch, dass der Risikoeinstellung auch bei deduktiver Herangehensweise mit dem Ziel, normative Aussagen zu generieren, eine Schliisselrolle zukommen kann. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Verhaltensprogramm eines Untemehmens (dessen Risikoeinstellung auBer Frage steht) auf das reale Verhalten von Akteuren auszurichten ist. Genau hierin liegt eine Kemaufgabe der Modellbildung des Marketing. ^^^ Vgl. Chiles/McMackin (1996), S. 74. ^^ Vgl. Ebers/Gotsch (1993), S. 236.
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Prospect Theorie konsequenter zu sein, da hier auch die Fahigkeit zur Verarbeitung riskanter Entscheidungssituationen als eingeschrankt vorausgesetzt wird. Aus transaktionskostentheoretischer Perspektive sind zwar Informationen beschrankt verarbeitbar, das Risiko wird jedoch unbeschrankt bzw. untransformiert verarbeitet. Durch diese Inkonsequenz werden die Wahmehmungseffekte, die zur Erklarung originarer Bindung notwendig sind, in der Transaktionskostentheorie prinzipiell ausklammert. Dies veranlasst Whyte unter Bezugnahme auf die Analogic von Spczifitat und vcrsunkenen Kosten, darauf hinzuweisen, dass: „[...] decisions about organizational structures and contracting practices that are usually attributed to transaction cost economization instead may be primarily the result of the sunk cost effect. Reliance on asset specificity [...] confounds transaction cost with sunk cost considerations and implicitly assumes sunk cost effects to be negligible"."*^^ Die vorangegangenen Uberlegungen legen es nahe, den Einfluss der Risikoeinstellung der Akteure auf die zentralen Aussagen der Transaktionskostentheorie zu priifen. Die Arbeit von Chiles und McMackin zeigt, dass ein solcher Ansatz fruchtbar ist."*^^ Die Autoren belegen, dass die Risikoeinstellung Einfluss auf die Wahl der Governance Struktur besitzt. Relativ zu risikoneutralen Akteuren fuhrt die Annahme von Risikofreudigkeit zu Verschiebungen zugunsten des Marktes und bei risikoaversen Akteuren zugunsten der Hierarchic.'^^^ Diese ersten Ergebnisse weisen den Weg zu einer Integration von entscheidungstheoretischen und transaktionskostentheoretischen Uberlegungen, um die Transaktionskostentheorie zu einer leistungsfahigeren Theorie der untemehmerischen Entscheidungsfmdung zu machen. Einen solchen Beitrag kann und soil diese Arbeit im Rahmen ihrer Zielsetzung nicht leisten. Fiir die hier angestrebte Betrachtung beider Theorien „side-by-side" war die Widerspruchsfreiheit der Annahmen und daraus generierter Aussagen zu diskutieren. Die Transaktionskostentheorie ist in der Lage, Aussagen tiber die derivative Bindungswirkung spezifischer Investitionen zu generieren und schlieBt den Einfluss originarer Bindungswirkungen implizit aus. Daneben steht das Erklarungspotential der Prospect Theorie, das Aussagen iiber die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen ermoglicht. Vor dem Hintergrund beider Erklarungsansatze kann das behandelte Phanomen auf neuartige Weise beleuchtet werden. Aus der vorangegangenen Annahmenpnifung geht hervor, dass die Beriicksichtigung der Risikoeinstellung das wesentliche Differenzierungsmerkmal darstellt. Da die Transaktionskostentheorie explizit auf die Einbeziehung von Risikoeinfltissen verzichtet, miissten diese bei einer „end-to-end" Integration als moderierende GroBen der Beziehung zwischen Unsicher-
' Whyte (1994), S. 290. - Vgl. Chiles/McMackin (1996). Vgl. ebenda, S. 82. Eine Diskussion der Risikoneutraiitatsannahme in Bezug auf das Prognoseproblem zukunftig benotigter Kapazitaten bei Eigenerstellung findet sich bei Kehrer/Schade (1995), S. 475.
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heit und wahrgenommener Quasirente bzw. wahrgenommenen direkten Wechselkosten in das Partialmodell einbezogen werden. Zusatzlich waren Einfliisse kognitiver Entscheidungsstrukturen, insbesondere von Referenzpunkteffekten, auf die Folgen der Transaktionsprobleme fur die Transaktionsbeziehung zu priifen, um den Einfluss der Risikoeinstellung auf die derivative Bindung abzubilden.
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4 Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung In den vorangegangenen Kapiteln sind mit der Festlegung des Untersuchungsgegenstandes und der theoretischen Basis die Voraussetzungen fur ein problembezogenes Gesamtmodell derivativer und originarer Bindungswirkung spezifischer Investitionen geschaffen worden. Innerhalb des Modells lasst sich die empirische Forschungsfrage nach der Existenz und den Determinanten der originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen einordnen. Ziel dieses Kapitels ist die Generierung von Hypothesen uber die Wirkungszusammenhange zwischen der originaren Bindungswirkung und ihren Determinanten, die im theoretischen Bezugsrahmen der deskriptiven Entscheidungstheorie zu fundieren sind. Im Mittelpunkt steht das Konstrukt der CC mit seinen Einflussgrofien Spezifitat, Amortisation und den versunkenen Kosten. Dariiber hinaus sollen moderierende Einflusse beriicksichtigt werden, welche die Bindungswirkung der CC beeinflussen, Dazu zahlen das negative Feedback iiber das Verhalten des Anbieters und ein damit verbundener Vertrauensverlust sowie die Moglichkeit eines Break-Even der spezifischen Investition.
4.1 Einordnung der empirischen Fragestellung in das Gesamtmodell Das Phanomen der Kundenbindung durch spezifische Investitionen wurde im Verlauf der Arbeit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet, Eine klare Struktur der Bindungswirkung kann tiber ihren Zeitbezug hergestellt werden. Der Kern der vergangenheitsbezogen Bindung ist das Konstrukt der CC (vgl. Tabelle 5). Daneben stehen das Konstrukt der Quasirente (vgl. Abschnitt 2.1.2.2) sowie die direkten Wechselkosten unter besonderer Berticksichtigung von Transaktionskosten (vgl. Abbildung 12), die einen Zukunftsbezug aufweisen. Aus den jeweils identifizierten Determinanten lasst sich zusammenfassend ein problembezogenes Gesamtmodell der Bindungswirkung spezifischer Investitionen ableiten, das in Abbildung 17 schematisch dargestellt ist. Zur Abgrenzung der relevanten Merkmale einer spezifischen Investition und ihrer Wahmehmung durch den bzw. die Entscheider soil zwischen der objektiven Investitionsebene und der subjektiven Wahmehmungsebene unterschieden werden. Die EinflussgroBen auf der Investitionsebene konnen als Inputs fur die Informationsverarbeitungsprozesse des Entscheiders interpretiert werden. Eine Transformation dieser GroBen erfolgt auf der Wahmehmungsebene, wobei die originare sowie die derivative Bindungswirkung zusammen die wahrgenommene Bindungswirkung spezifischer Investitionen bestimmen. Ausgangspunkt des Modells sind die grundlegenden exogenen Variablen Unsicherheit und Spezifitat, die auf die Kosten- und ErlosgroBen wirken. Die entscheidungsorientierten prospektiven KostengroBen sind durch die direkten Wechselkosten und die Opportunitatskosten des Wechsels gegeben. Wahrend die Opportunitatskosten des Wechsels den Wert der Investi-
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Hypothesenbildung zur originaren Bindimgswirkung
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tion in den In-Supplier zum gegenwartigen Zeitpunkt wiedergeben, sind die durch den Wechsel bedingten zusatzlichen Transaktionskosten durch die direkten Wechselkosten benicksichtigt. Der durch die Spezifitat bestimmte Altemativerlos wirkt sowohl auf die Quasirente wie auch auf die CC bindungssenkend. Neben den prospektiven Kosten stehen die retrospektiven Komponenten versunkene Kosten und Amortisation, die auf objektiver Ebene keine Entscheidungsrelevanz besitzen. INVESTITIONSSEBENE (objektiv)
Unsicherheit
Direkte Wechselkosten
Spezifitat
Opportunitatskosten des Wechsels
Quasirente
Altemativerlos
Amortisation
Sunk Cost
Committed Cost
Abbildung 17: Problembezogenes Gesamtmodell der Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Auf der Wahmehmungsebene sind durch die Annahme beschrankter Rationalitat die in den Abschnitten 3.3.2 und 3.3.3 diskutierten kognitiven Transformationen zu benicksichtigen. Die dort erlauterten Transformationen auf Basis der Wertfunktion und der WahrscheinUchkeitsgewichtungsfunktion sowie die Editierung der kognitiven Entscheidungsstruktur beziehen sich sowohl auf die prospektiven wie auch auf die retrospektiven Kosten- und Erloskomponenten. Durch den Framingprozess, insbesondere die Referenzpunktsetzung, werden pro- und
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
retrospektive Komponenten miteinander verkniipft. Im Ergebnis ergibt sich die wahrgenommene Bindungswirkung der spezifischen Investition, welche die Wertschatzung der Investitionsbeziehung mit dem In-Supplier aus Kundensicht wiedergibt. Ein Angebot eines OutSuppliers musste diesen Wert als Ertrag erwarten lassen, damit der Entscheider indifferent zwischen einem Verbleib beim In-Supplier und einem Anbieterwechsel ist. Die derivative Bindung auf Basis prospektiver GroBen hat in der Literatur unterschiedlicher betriebswirtschaftlicher Disziplinen bereits weitgehende Beachtung gefunden. Auf eine Vielzahl von Untersuchungen auf verhaltenswissenschaftlicher wie auch transaktionskostentheoretischer Basis wurde im Verlauf dieser Arbeit bereits hingewiesen (vgl. insbesondere die Abschnitte 2.2.1 und 3.2.3). Einige dieser Analysen beriicksichtigen explizit oder implizit den Einfluss retrospektiver GroBen, ohne jedoch einen Erklarungsbeitrag fur die gemessene Bedeutung normativ irrelevanter Kosten zu liefem."*^ Ein Grund fur die gemischte Betrachtung derivativer und originarer Wirkungen ist darin zu sehen, dass die meisten Untersuchungen in Form von Feldbefragungen durchgefuhrt wurden, die eine Isolation der originaren Bindung als Voraussetzung einer getrennten Betrachtung in hohem MaBe erschweren. Eine Moglichkeit, diese Problematik zu uberwinden, sind experimentelle Untersuchungen, die eine Kontrolle prospektiver GroBen erlauben. Neben den in Abschnitt 3.3.3 angesprochenen Untersuchungen sind seit Mitte der 80er Jahre eine Reihe experimenteller Studien auf Basis der deskriptiven Entscheidungstheorie entstanden, die den Einfluss vorangegangener Kosten und Erlose untersucht haben.'*^^ Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die Frage, ob und wie retrospektive Kosten- und Erloskomponenten auf die Entscheidungsfmdung wirken und welche Einfliisse den Zusammenhang moderieren (hervorgehobene Pfeile in Abbildung 17). In den verschiedenen Untersuchungen konnte sich bisher kein einheitlicher Forschungsansatz durchsetzen. So wird in der Literatur regelmaBig auf den weiteren Forschungsbedarf hingewiesen. In der vorliegenden Arbeit werden die bisherigen Forschungsbemiihungen in zwei grundlegenden Punkten erganzt. Zum einen wurde die Zusammensetzung der Komponenten vorangegangener Gewinne bzw. Verluste bisher kaum beachtet.'*^^ Durch die Manipulation der
''^Vgl. u. a. Anderson (1985); Heide/John (1988); Klein (1989); Heide/John (1990); Ganesan (1994); Weiber/Beinlich (1994); Luthard (2003). Meist verschwimmen die Grenzen prospektiver und retrospektiver Grofien in der Operationalisierung spezifischer Investitionen. So werden die Probanden nach investierten Mitteln wie Geld, Zeit und Anstrengung, und nicht nach der Quasirente gefragt, die oft den Herleitungen der Hypothesen implizit zugrunde gelegt wird. Fiir Untersuchungen, in denen die Wirkung spezifischer Investitionen an sich ermittelt werden soil, ist anzumerken, dass es sich dort um die Investitionssumme zum Investitionszeitpunkt in der Vergangenheit handelt. Der Amortisationsgrad der Investitionen im Zeitablauf wird bei diesem Vorgehen vemachlassigt (vgl. Adler (2003), S. 110). ^^ Vgl. u. a. Laughhunn/Payne (1984); Thaler/Johnson (1990); HoUenbeck et al. (1994); SuUivan/Kida (1995); Weber/Zuchel (2001); Schade et al. (2002); Slattery/Ganser (2002). "^^ Ausnahmen bilden Untersuchungen, die das Verhaltnis vorangegangener Ausgaben relativ zum Projektvolumen betrachten (vgl. Garland (1990); Garland/Newport (1991)) oder die Opportunitatskosten der Entscheidung
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
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Determinanten des Konstruktes der CC soil hier ein Beitrag geleistet werden. Zum anderen wird die Bindungswirkung der CC in der vorliegenden Arbeit im Kontext einer spezifischen Kunden-Anbieter-Beziehung analysiert. Dies ist insbesondere fur mogliche Konsequenzen fur das Marketing von groBer Bedeutung,
4.2 Committed Cost als Einflussfaktor aus Sicht der Prospect Theorie Die Voraussetzung fiir eine weitergehende Analyse des Einflusses der CC auf die Bindungswirkung ist, dass eine solche existiert. Erst danach kann gepriift werden, ob die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen auf die drei Faktoren der CC zuruckgefuhrt werden kann (vgl. Abbildung 17). In einem dritten Schritt soil die Frage nach der hinter einer beobachteten Bindungswirkung stehenden kognitiven Entscheidungsstruktur und damit nach dem Erklarungsbeitrag kognitiver Prozesse auf Basis des Bezugsrahmens der Prospect Theorie gestellt werden. 4.2.1 Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten Die Hypothese der Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten hat in einer Vielzahl von Entscheidungskontexten und auf Basis zahlreicher Erklarungsgrundlagen eine Bestatigung erfahren (vgl. Abschnitte 2.2.3 und 3,1.2 sowie zusammenfassend Tabelle 10). Erklarungsgrundlage
Autoren
Unvollkommener Kapitalmarkt
Krahnen (1991), Schneider (1992), ShIeiferA/ishny (1992)
Asymmetrische Informationsverteilung
(1991), Harrison/Harrell (1993)
Rechtfertigungsmotive i. w. S.
Staw (1976), Fox/Staw (1979), Teger (1979), Davis/Bobko
Kanodia/Bushman/Dickhaut (1989), Berg/Dickhaut/Kanodia
(1986), Brockneretal. (1992) 1 nformationsverarbeitungsmangel (kognitive Entscheidungsstrukturen i. w. S.)
Thaler (1980), Laughhunn/Payne(1984), Arkes/Blumer (1985), Northcraft/Neale (1986), Whyte (1986), De Bondt/Makhija (1988), Wehrung (1989), Kogut (1990), Garland/Newport (1991), Hollenbecketal. (1994), Weber/Zuchel (2001), Schade et al. (2002), Slattery/Ganster (2002)
Tabelle 10: Gruppierung von Erklarungsansatzen und ausgewahlte Untersuchungen
Aufgrund der Analogic zwischen versunkenen Kosten und spezifischen Investitionen konnen die dort gefundenen Ergebnisse in vielen Fallen auf den Kontext spezifischer Investitionen tibertragen werden. Dies gilt insbesondere fiir Studien, deren Erklarungsgrundlage auf Informationsverarbeitungsmangeln aufbaut und damit in der beschrankten kognitiven Verarbeitung berucksichtigen (vgl. Becker et al. (1974); Hoskin (1983); Northcraft/Neale (1986); Phillips et al. (1991); Payne etal. (1996)).
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
versunkener Kosten bzw. spezifischer Investitionen an sich begnindet liegt: „[..,] the influence of sunk cost on the perceived utilities of persistence and withdrawal is to some extent a function of the way individuals organize and process information in their decision-making behavior"Z^'' Diese Sichtweise deckt sich mit der Annahme beschrankter Rationalitat i, S. Simons, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegt (vgl. Abschnitt 3,4.2). Die Entscheidungssituationen in den iiberwiegend experimentellen Studien zur Informationsverarbeitung stellen sich meist als kontextarme Lotterien dar. Vereinzeh fmden sich Entscheidungen iiber intraorganisationale Projekte sowie einige wenige Arbeiten, die Konsumentscheidungen in dynamischen Kontexten beinhalten. Da keine der ausgewahlten Studien explizit die Existenz einer Geschaftbeziehung beriicksichtigt, soil Hypothese 1 als Voraussetzung weiterer Uberlegungen die Existenz des Sunk Cost-Effektes im Kontext von KundenAnbieter-Beziehungen sicherstellen. Hypothese 1
Die prospektiven Kosten- und Nutzenelemente der Quasirente konnen die Bindungswirkung spezifischer Investitionen nicht vollstandig erklaren. Aufgrund der Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten existiert neben der derivativen Bindung durch die Quasirente eine originare Bindungswirkung durch die spezifische Investition an sich. Die Isolierung der originaren Bindung erfordert eine Reihe von Restriktionen bzgl. der prospektiven Komponenten, Diese miissen in ihrer Wirkung durch Konstanz oder Ausschluss neutralisiert werden. Damit verbunden ist die Restriktion des Einflusses der Spezifitat auf die Wirkung des Altemativerloses, d, h. ein Produktivitatsvorteil i. S. der Irreversibilitatspramie wird ebenso ausgeschlossen wie die Moglichkeit von Preisverhandlungen mit dem Anbieter. 4.2.2 Zur Bindungswirkung der Committed Cost In Abschnitt 2.2.3.2 wurde das Konstrukt der CC aus den Uberlegungen zur Entscheidungsrelevanz versunkener Kosten in Anlehnung an das Begriffsverstandnis von Plinke entwickelt. Ausgangspunkt sind die versunkenen Kosten i. S. des Rechnungswesens als Summe historischer Ausgaben zuztiglich der irreversibel vordisponierten kiinftigen Ausgaben. Dariiber hinaus wird einerseits die Spezifitat iiber den Wert in nachstbester altemativer Verwendungsmoglichkeit und andererseits die Amortisation iiber die Summe historischer Einnahmen beriicksichtigt. "^^^ Dabei sind die historischen Einnahmen Teil der ex ante Quasirente des Entscheiders."^^^
^ Garland/Newport (1991), S. 57. •^^^ Mit der Amortisationsdauer weist bereits Sollner auf die Bedeutung der Einnahmenseite fiir die Bindung in Geschaftsbeziehungen bin (vgl. Sollner (1993), S. 110). Der direkte Zusammenhang bleibt jedoch unklar, da dort nicht eindeutig zwischen der Bindung durch Investitionen als Input der Geschaftsbeziehung (versunkene Kosten)
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
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Die Voraussetzung fiir die bindende Wirkung der CC ist die Zuordnung der drei Komponenten zum selben mentalen Konto des Entscheiders. Die Investition wird dann auf der Ausgabenseite und die Amortisation auf der Einnahmenseite verbucht. Wenn ein Nachfrager den erwarteten Nutzen in einer Austauschbeziehung nicht erhalt oder die Beziehung vorzeitig endet, ist er gezwungen, das mentale Konto zu schliefien, ohne die versunkenen Investitionsausgaben durch entsprechende Einnahmen ausgleichen zu konnen."*^^ In diesem Fall werden die Kosten vom Nachfrager als sicherer Verlust empfunden."*^^ Insofem ist es plausibel, von einem Break-Even, d. h. einem Ausgleich des mentalen Kontos als subjektives Anspruchsniveau, auszugehen, Im Verlauf dieses Kapitels wird dieser Einfluss der Moglichkeit eines Break-Even auf die Hohe des Einflusses der CC vertieft. Dynamische Betrachtung
Versunkene Kosten
Altemativerlos
t.i
to
ti
tz
U
U
Zeit
Abbildung 18: Schematische Darstellung der Amortisation spezifischer Investitionen
Der Zusammenhang zwischen CC und der originaren Bindungswirkung kann als Prazisierung der in der Literatur dokumentierten Abhangigkeit der Bindung von der Hohe der versunkenen Kosten interpretiert werden."* ^^ Durch die Faktoren Amortisation und Spezifitat ergibt sich ein im Zeitablauf verandemdes Konstrukt, das die originare Bindungswirkung spezifischer Invesund der Bindung durch „Nutzenpotentiale", die aus dieser Investition erwachsen (Quasirente), unterschieden wird (vgl. Soliner (1993), S. 120). ""^ Vgl. Adler (2003), S. 1 lOf. "^^^ Von der Amortisation zu unterscheiden ist die Zeitabhangigkeit der Bindungswirkung versunkener Kosten. In realen dynamischen Kontexten lasst sich ein uber die Zeit abnehmender Bindungseffekt zeigen. Nachgewiesen wurde dieser jedoch bisher nur fur Konsumentscheidungen (Theaterabonnements und Ciubmitgliedschaften) bei geringer Hohe versunkener Kosten (vgl. Arkes/Blumer (1985); Gourville/Soman (1998)). ^" Vgl. Adler (2003), S. 109. "^'^ Vgl. u. a. Laughhunn/Payne (1984); Arkes/Blumer (1985); Weber/Zuchel (2001). Erganzend dazu zeigen Garland und Newport, dass versunkene Kosten relativ zu einem Gesamtbudget als zusatzlicher Referenzpunkt bspw. ein Projektbudget beurteilt werden (vgl. Garland/Newport (1991)).
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
titionen zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmt. Fiir die Bindungswirkung kommt es demnach auf die wahrgenommene Deckungslticke an, d. h. auf die versunkenen Kosten, denen keine historischen oder gegenwartig altemativen Einnahmen gegenuberstehen. Abbildung 18 verdeutlicht die Zusammenhange."*^^ Auf der linken Seite sind die versunkenen Kosten abgetragen, denen mogliche Altemativerlose in nachstbester Verwendungsmoglichkeit gegenuberstehen. Zieht man diese Erlose von den versunkenen Kosten ab, so ergeben sich die spezifischen Kosten, die im Laufe der Investition zu amortisieren sind. Durch (hier lineare) Einnahmenzufliisse in den Folgeperioden amortisiert sich die betrachtete Investition (rechte Darstellung). Damit sinkt die wahrgenommene Deckungslticke tiber die Perioden, bis der BreakEven der Investition erreicht ist. Aus dieser Betrachtung heraus ergeben sich fur die Bindungswirkung der CC folgende Zusammenhange, die in Hypothese 2 zusammengefasst sind: Je hoher die Investitionsausgaben (versunkene Kosten i. S. d. Rechnungswesens) und je spezifischer die Investition, desto vorteilhafter wird die Fortsetzung der Austauschbeziehung mit dem In-Supplier. Bindungsreduzierend wirkt dagegen die Amortisation spezifischer Investitionen: Je hoher der Amortisationsgrad der spezifischen Investition, desto geringer die CC und damit die Bindungswirkung.^'^ Hypothese 2
Die originare Bindungswirkung retrospektiver Kosten- und Nutzenelemente spezifischer Investitionen basiert auf dem Konstrukt der Committed Cost. a: Mit zunehmendem Spezifitatsgrad steigen die Committed Cost und damit die originare Bindungswirkung. b: Mit zunehmendem Amortisationsgrad sinken die Committed Cost und damit die originare Bindungswirkung. c: Das durch den Amortisationsgrad und den Spezifitatsgrad bestimmte Konstrukt der Committed Cost zeigt einen positiven Zusammenhang mit der originaren Bindungswirkung. 4.2.3 Kognitive Entscheidungsstrukturen Nach der Diskussion der Bindungswirkung der CC in einer Entscheidungssituation soil im Folgenden die kognitive Struktur einer Entscheidungssituation betrachtet werden. Uber die in
•* In Anlehnung an Adler, der an dieser Stelle die Quasirente in die IJberlegiingen einbezieht. Adler weist darauf hin, dass weitere Funlctionsverlaufe denkbar sind. Er unterscheidet dabei zwei grundsatzliche Falle: die Akkumulation spezifischer Investitionen im Verlauf der Beziehung, wobei die Committed Cost uber die Zeit zunehmen, und den Fail der Degeneration, bei dem der Kosten erhohende Effekt der zusatziichen spezifischen Investitionen durch denNutzenzuwachs iiberkompensiert wird (vgi. Adler (2003), S. 111). "^^^ Vgl. Garland/Newport (1991), S. 57.
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
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Abschnitt 3.3.3 vorgestellten kognitiven Entscheidungsstrukturen in Kombination mit den Eigenschaften der Wert- und Wahrscheinlichkeitstransformation innerhalb des Bezugsrahmens der Prospect Theorie kann ein Erklarungsbeitrag fur die „irrationale" originare Bindung erbracht werden. Ziele der Ermittlung kognitiver Entscheidungsstrukturen sind die Prognose von Entscheidungsverhalten sowie die Gewinnung von Anhaltspunkten ftir das aktive Framing der Entscheidungssituation des Kunden durch den Anbieter. In Abschnitt 3.3,3 wurden zwei konkurrierende kognitive Entscheidungsstrukturen zur Erklarung der originaren Bindungswirkung identifiziert: die explizite sowie die implizite Integration. Die explizite Integration vorangegangener Verluste und moglicher Ergebnisse der Folgeentscheidung wurde aus den Arbeiten Thalers abgeleitet, der von Integration ausgeht, wenn die gemeinsame Wahmehmung geringeres Leid hervorruft als eine getrennte Wahmehmung der Auszahlungen."*^^ Basis der Uberlegungen ist das Schmerzreduktionsprinzip (vgl, Abschnitt 3.3.3.1). Da alle Zahlungen additiv verkniipft werden, handeh es sich um eine Vollrechnung. Die implizite Integration vorangegangener Verluste wird iiber einen zusatzlichen Referenzpunkt im Verlustbereich abgebildet, ohne dass die vorangegangenen Verluste eine explizite Kostenkomponente im Kalkiil des Entscheiders begrtinden. Ausgangspunkt sind die Uberlegungen Schades, dass das Vermogensniveau (und damit der Status Quo) mit der Tatigung der Investition vorriibergehend nicht angepasst wird."^^^ Dadurch nimmt der Entscheider ex post eine Verlustsituation wahr, von welcher aus die Folgezahlungen beurteilt werden (vgl. Abschnitt 3.3.3.2). Dariiber hinaus kann die Segregation als Vergleichsmafistab i. S, einer normativ korrekt konfigurierten Teilrechnung dienen. Retrospektive und prospektive Zahlungen werden getrennt wahrgenommen. Tabelle 11 fasst die Entscheidungsstrukturen zusammen, die im Folgenden im Hinblick auf die Hypothesenbildung vertieft werden. Entscheidungsstruktur
Konfiguration
Bindungswirkung
Formate Darstellung
Segregation
Korrekte Teilrechnung
Keine (Elimination)
v(x)
Explizite Integration
Vollrechnung
Hohe Unterbewertung
v(Lo + X)
Implizite Integration
Verzerrte Teilrechnung
Uberbewertung
v(Lo+x)-v(Lo)
Tabelle 11: Ubersicht ausgewahlter kognitiver Entscheidungsstrukturen
Die urspriinglich von Kahneman und Tversky diskutierte „incomplete adaption to recent losses" entspricht einer expliziten Integration und sagt risikofreudiges Entscheidungsverhalten
' Vgl. Thaler (1980); Thaler (1985). ^Vgl. Schadeetal. (2002).
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
nach Verlusten voraus.'*^^'*^^ Dies konnte in dynamischen Kontexten bisher in der entscheidungstheoretischen Literatur nicht empirisch bestatigt werden."*^^ Die uberschaubare Anzahl dynamischer entscheidungstheoretischer Studien zeigt eine Tendenz ftir risikoaverses Entscheidungsverhalten nach vorausgegangenen Verlusten und bestatigt damit das Prinzip des Quasi Hedonic Editing (vgl. Abschnitt 3.3.3)."*^^ Demnach zeigen Entscheider nur risikofreudiges Verhalten, wenn die Moglichkeit eines Break-Even besteht."*^^ In keiner der dynamischen Studien, die Risikoaversion nach Verlusten nachweisen, findet sich eine formalisierte Darstellung einer entsprechenden Entscheidungsstruktur auf Basis der Prospect Theorie. Dies erschwert eine entsprechende Beriicksichtigung in der vorliegenden Arbeit, Dariiber hinaus sind die Kontexte der entsprechenden Studien nur bedingt auf spezifische Investitionen iibertragbar. Bspw. verwenden Thaler und Johnson kontextarme Lotterien, zwischen denen die VPN auswahlen. Slattery et al. messen die selbstgewahlten ZielgroBen von VPN nach einer Verlusterfahrung (die Herabsetzung der Zielvorgaben fiir die Genauigkeit einer Price/Earnings Ratio Schatzung wird dabei als Risikoaversion interpretiert). Sollten diese Ergebnisse auf den vorliegenden Kontext iibertragbar sein, so wtirden sie Hypothese 2 widersprechen. Unterstiitzung hat die These risikofreudigen Entscheidungsverhaltens nach Integration durch empirische Studien im Forschungsfeld des Behavioral Finance erfahren.'*^^ Eine bedeutende Anomalie, welche die Preisbildung auf Kapitalmarkten systematisch beeinflusst, ist der Dispositionseffekt, der starke Parallelen zum Sunk Cost-Effekt aufweist, Der Begriff geht zuriick auf Shefrin und Statman, die zeigen, dass „[..] investors tend to sell winners too early and ride losers too long"."*^^ Demnach befmden sich Investoren, die Geld mit Wertpapieren verloren haben (diese jedoch noch besitzen), in einer Situation, in der die Gefahr einer Eskalation von Commitment besteht."^^"* Diese Gefahr begriindet sich auf zwei unterschiedliche Phanome' Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 286f. •**' * Risikofreudiges Entscheidimgsverhalten ist nicht gieichzusetzen mit einer positiven Bindungswirkung bzw. einer Uberbewertung der spezifischen Investition in den In-Suppiier. Die Bindungswirkung ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Wert- und Gewichtungstransformation sowie den Referenzpunkten, die den Aiternativen zugrunde liegen. ^^^ Eine Ausnahme biiden Schade et al., wo zumindest eine Tendenz risikofreudigen Verhaltens nach Verlusten festgestellt wurde (vgl. Schade et al. (2002), S. 27). ^^^Vgl. Laughhunn/Payne (1984), S. 177; Thaler/Johnson (1990), S. 656f; HoUenbeck et al. (1994), S. 597; Slattery/Ganser (2002), S. 103. ^^' Vgl. Thaler/Johnson (1990), S. 657. Spatestens seit Mitte der 80er Jahre wird der systematische Einfluss kognitiver Verzerrungen auf Kapitalmarkte kontrovers diskutiert. Die daraus entstandene Forschungsrichtung, Behavioral Finance, stellt das Modell rationaler effizienter Kapitalmarkte als Grundlage wissenschaftlicher Forschung und damit grofie Telle der klassischen Kapitalmarkttheorie infrage. Heute kann die Diskussion nicht mehr als kontrovers bezeichnet werden. In der Tat kann Behavioral Finance als „[...] simply a moderate, agnostic approach to studying financial markets" gesehen werden (Thaler (1999), S. 12). ^^^ Shefrin/Statman (1985), S. 778. ^^^ Vgl. Weber/Zuchel (2001), S. 13.
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ne:"*^^ Zum einen verkaufen Anleger weniger Anteile bei fallenden als bei steigenden Preisen. Dies zeigt erhohte Risikofreude bei sinkenden sowie erhohte Risikoaversion bei steigenden Kursen. Zweitens verkaufen Investoren auch weniger Anteile bei Kursen im Verlustbereich als bei Preisen uber dem Kau^reis. Hier zeigt sich risikofreudiges Verhalten nach Verlusten. Weber und Zuchel bestatigen diese Effekte in einer Untersuchung, die gleichzeitig die scheinbar widerspnichlichen Ergebnisse von Thaler und Johnson repliziert,''^^ Das unterschiedliche Verhalten der VPN nach Verlusten fuhren die Autoren auf abweichende Prasentationsformate zuriick. Unterschiedliche Prasentationsformate ahnlicher Entscheidungssituation konnen zur Bildung unterschiedlicher Referenzpunkte fuhren und damit zu unterschiedlichem Risikoverhalten. Weber und Zuchel differenzieren Portfolio- und Lotterieformate:'*^^ Durch die Initialentscheidung im Rahmen von Portfolioentscheidungen wird eine Handlungsweise in Gang gesetzt. Die Folgeentscheidungen sind voneinander abhangige Entscheidungen einer Entscheidungskette in einem dynamischen Kontext, d. h., das Ergebnis der Entscheidung in / ist die Ausstattung fiir die Folgeentscheidung in / + 7 (Carry-Over-Effekt). Femer besteht ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Einzelentscheidungen, Im Gegensatz dazu sind Lotterieentscheidungen durch voneinander (ergebnis-)unabhangige Einzelentscheidungen gekennzeichnet (Betting Game). Eine Auszahlung der Ergebnisse fmdet nach jeder Lotterie statt, so dass kein Portfolio von einer Periode zur nachsten iibertragen wird. Die Investitionsentscheidungen innerhalb einer Geschaftsbeziehung, zwischen denen eine innere Verbindung besteht, weisen den Charakter von Portfolioentscheidungen auf. Im Unterschied zu realen spezifischen Investitionen ist der Wertverlust bei Investitionen in Wertpapiere jedoch nicht auf die Ressourcenspezifitat zuruckzufuhren. Damit ist der Wert der Investition nicht vom (opportunistischen) Verhalten eines Transaktionspartners abhangig, sondern ist exogen durch die Bewertung des Bezugsobjektes des Anteilsscheines gegeben. Da dieser Unterschied nicht Teil der Merkmale eines Portfolioformates ist, soil davon ausgegangen werden, dass der Dispositionseffekt einer Portfolioentscheidung und damit risikofreudiges Verhalten nach vorangegangenen Verlusten auf den Kontext spezifischer Investitionen iibertragbar ist. Weber und Camerer gehen von expliziter Integration von Verlusten und Folgeergebnissen aus.'*^^ Dies impliziert risikofreudiges Verhalten, da ein zusatzlicher Verlust geringer und ein moglicher Gewinn nach Verlusten hoher bewertet wird als ohne vorangegangene Verluste. Alle Altemativen, d. h. Haken, Verkaufen und Zukaufen des Wertpapiers, sind in diesem Fall ' Vgl. O'Dean (1998); Weber/Camerer (1998). ^ Vgl. Weber/Zuchel (2001). ^ Vgl. ebenda, S. 26f. ^ Vgl. Weber/Camerer (1998), S. 170f.
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
mit Verlusten Lo „belastet". Wtirde man jedoch eine Alternative zur Wahl stellen, welche nicht mit Verlusten vorbelastet ist, bspw. den Kauf einer Immobilie (mit dem Ergebnis y), wiirde die explizite Integration zu einer starken Unterbewertung der Alternative „Wertpapier" fuhren. Vereinfacht dargestellt ftihrt die explizite Integration fur die Entscheidung Halten
P'
Szenarlo 1
6x' ^
N1 x . N 2 ^ N'
^\
P2
^ N' < \
N1 N2 einfluss 66x
Szenarlo II P"
'' > P" P2-"^
S> N"
6x"
< ^ ^ N" < ^-
P2 N1
J
N2
Abbildung 23: Ubersicht des Untersuchungsdesigns
Zur Messung unterschledlicher Elnfltisse der CC auf die Indlviduelle Bewertung bei Gewlnnund Verlusterwartungen beinhaltet jedes Szenarlo zwei Entscheidungen bel erwarteten Gewinnen (PI und P2) sowle zwei Entscheidungen bel Verlusten (Nl und N2). Abbildung 23 gibt hlerzu elnen Uberblick. Die Messung der Investltionsbewertungen P' bzw. P" und A^' bzw. A^" sowle die Operatlonallslerung des CC-Elnflusses Sx slnd Gegenstand der folgenden Abschnltte.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
5.2.1.1 Messmethode Ziel der Befragung ist die Ermittlung monetarer GroBen, welche die Wertschatzung der Investition aus Kundensicht wiedergeben. Aus Sicht des In-Suppliers entspricht die gesuchte GroBe der Preisobergrenze, welche die obere Grenze des Verhandlungsspielraumes wiedergibt (vgl. Abschnitt 2.1.2.2.2), Bei diesem Preis ist der Kunde indifferent zwischen dem Verbleib in der Beziehung und einem Wechsel zum nachstbesten Out-Supplier. Zur Messung der Preisobergrenze wird von den VPN der Indifferenzpreis abgefragt, wobei ein mogliches Out-Supplier Angebot so anzupassen ist, dass In- und Out-Supplier Angebot als gleichwertig wahrgenom-
In der Literatur findet sich eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden eindimensionaler Nutzenmessung.'*'*^ Wahrend bei Praferenzvergleichsmethoden ordinale Praferenzen zwischen zwei Altemativen abgefragt werden, verlangen die auf Wert- und Wahrscheinlichkeitsaquivalenten basierenden Methoden die Bestimmung einer Alternative, so dass sie in der Beurteilung der VPN gleichwertig mit einer zweiten gegebenen Alternative sind. Zur Ermittlung des Indifferenzpreises erfordert die Praferenzvergleichsmethode eine Vielzahl verschachtelter Lotterievergleiche, die indirekt auf das Cash-Aquivalent schlieBen lassen. Durch Halbierung der Losungsintervalle wird das Aquivalent immer weiter eingegrenzt. Weniger aufwandig, jedoch anfalliger fiir StorgroBen, ist die direkte Abfrage der Wertschatzung durch Sicherheitsaquivalente bzw. Anpassung einzelner Auszahlungen oder Wahrscheinlichkeiten. Ein entsprechender Pretest der vorliegenden Untersuchung mit direkter Abfrage von Sicherheitsaquivalenten, fuhrte bei den VPN zu bewusst rationalem Verhalten."*"*^ Mehrere VPN fiihlten sich nach eigenen Angaben wie in einer Priifungssituation, in der Rechenaufgaben zu bewaltigen sind. In einer zweiten Runde wurden zusatzlich die Erwartungswerte der jeweils zu beurteilenden Lotterie angegeben. Damit verringerte sich die Anzahl exakt rationaler Entscheider (obwohl oder gerade weil die Berechnung des Erwartungswertes nun wegfiel). Ein GroBteil der VPN zeigte jedoch weiterhin demonstrativ rationales Verhalten, vermutlich weil die Kosten des Denkens bei einfacher Ubemahme des Erwartungswertes als Sicherheitsaquivalent minimiert werden. Altemativ wurden Wahrscheinlichkeitsaquivalente erfasst, um einer realitatsnaheren Abbildung der Unsicherheit auf der Out-Supplier Seite Rechnung zu tragen."*^^ Eine solche EntDie Preisobergrenze ist hier gieichbedeutend mit der „Wiiiingness to Accept" des Out-Supplier Angebots. "^^ Einen Uberblick gibt Farquhar (1984), S. 1294, der sich insbesondere auf die Erwartungsnutzentheorie bezieht. '^^ Die Pretests wurden in mehreren Einzelbefragungen mit der Moglichkeit von Riickfragen, sowie als Gruppenbefragung (N=31) von Studenten im Hauptstudium im Dezember 2003 durchgefuhrt. "^^^ Einen Uberblick iiber die in der Literatur diskutierten Vor- und Nachteile der Verwendung von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten findet sich bei Farquhar (1984), S. 1290.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
123
scheidungssituation wurde von den vorab befragten VPN im Sinne der Aufgabenstellung als Investitionsentscheidung in einer Geschaftsbeziehung interpretiert. Insbesondere der Einfluss der Vertrauenswurdigkeit wurde deutlich starker wahrgenommen. Andererseits erhohte die Erhebung von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten die Komplexitat der Entscheidungssituation. Damit stiegen die Kosten des Denkens enorm und der durchschnittliche Zeitbedarf erhohte sich von unter 15 auf iiber 22 Minuten. Um dem zu begegnen, wurde die Einweisungszeit in die Fallstudie und Methodik vor dem Experiment deutlich erhoht."*^^ Femer sollten extrinsische Anreize das Kosten-Nutzen Kalkiil der VPN verbessem. Mit diesen Anpassungen erfolgte die Erfassung der Investitionsbewertungen iiber Wahrscheinlichkeitsaquivalente. X3
Szenario i: X2
Szenario II: X2
X3
Abbildung 24: Entscheidungsbaume fiir Szenario I und II
Abbildung 24 zeigt die mit Hilfe von Entscheidungsbaumen dargestellten Entscheidungsschemata fur Szenario I und 11. Die Gewinne bzw. Verluste X2 und xi mit der Wahrscheinlichkeit p bzw. p - 1 beschreiben die In-Supplier Investition. Die Out-Supplier Seite wird durch die Auszahlungen xs und xi wiedergegeben, mit q als gesuchtem Wahrscheinlichkeitsdquivalent, Fiir beide Szenarien gilt gemafi CPT: V(x2, p, xi, 1 - p) = V(x3, q, xi, 1 - q). In Verbindung mit Gleichung (8) ergibt sich
(10)
v(x2) = w(q) v(x3) + (1 - w(q)) v(xi) fur Szenario I und w(p) v(x2) + (1 - w(p)) v(xi) = w(q) v(x3) + (1 - w(q)) v(xi) fur Szenario II. Die Werte ftir die Auszahlungen x;, xi und xj sowie die Wahrscheinlichkeit p der acht Entscheidungen sind in Tabelle 14 dargesteUt,
^^^ Insbesondere wurde in der Einweisung das als Vertrauenswiirdigkeit interpretierte Wahrscheinlichkeitsaquivalent vertieft, um abweichende Interpretationen auszuschliefien.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
124
|Nr.
X2^
P
Xi'
1-p
a
X3^
q*
X1^
1-q*
a
E'
Szenario 1: Vollstandiges Vertrauen IP1
€60
100%
0
€80
60% € 3 0
40%
24,5 €60
IP2
€20
100%
0
€30
50% € 1 0
50%
10
-€80
60% -€30
40%
24,5 -€60
-€30
50% -€10
50%
10
-€20
€80
IN1
-€60
100%
0
IN2
-€20
100%
0
1
€20
Szenario II: Niedriges Vertrauen ,IIP1
€120
50%
€ 40
50%
40
€140
40% € 4 0
60%
49
IIP2
€40
50%
€0
50%
20
€50
40% € 0
60%
24.5 € 2 0
-€50
40% € 0
60%
24,5 -€20
-€70
40% -€20
60%
24,5
IIN1
-€40
50%
€0
50%
20
IIN2
-€60
50%
-€ 20
50%
20
-€40
1
^ in tausend € Tabelle 14: Design innerhalb der Gruppen
Voraussetzung bei der Auswahl der Werte war, dass fiir alle Entscheidungen im Gewinnbereich xi < X2 < x^ und im Verlustbereich xi> X2> xj gilt, so dass Gleichung (10) innerhalb des theoretischen Bezugsrahmens losbar ist. Der Vereinfachung dient, dass xi auf beiden Seiten identisch ist. Weiterhin sind in Szenario I und fur zwei Lotterien in Szenario II die Werte fur den Gewinn- und Verlustbereich symmetrisch. Je nach Gruppenzuordnung eroffnet die Auswahl von Investitionen eine Chance auf einen Break-Even in Teil B des Experimentes. Femer wurde bei der Auswahl der Werte auf runde Betrage geachtet, die sich von den VPN leicht verarbeiten lassen. Die angegebenen q* Werte fuhren zu gleichen Erwartungswerten auf beiden Seiten. Ohne Berticksichtigung von Wahrscheinlichkeitstransformationen fuhren hohere ^ als ^ * zur Ubergewichtung und niedrigere q zur Untergewichtung der Investition. 5.2.1.2 Operationalisierung der Committed Cost Die aus Wahrscheinlichkeitsaquivalenten ermittelten Bewertungen geben subjektive Werte wieder, die noch in eine monetare Wertdimension iiberfiihrt werden mtissen, soil die monetare Bindung an die Investition und damit der Spielraum des In-Suppliers gemessen werden (vgl. Gleichung (10)). Dieser Spielraum gibt das iiber die Quasirente hinausgehende Potential Sx fiir opportunistisches Verhaken fur den Fall der Nutzengleichheit von In- und Out-Supplier wieder. GemaB Hypothese 2 wird Sx durch die CC und damit vom Spezifitatsgrad sowie dem Amortisationsgrad der Investition bestimmt. Fur den Fall negativer &c wird der Out-Supplier bei Nutzengleichheit iiberbewertet und hat seinerseits Potential i. H. v. dx zur Neukundengewinnung. Zentral fur die Ermittlung der BindungsgroBe Sx ist die Annahme, dass sich Wert- und Gewichtungsfunktion durch die Manipulation nicht verandert haben {a, p,y bleiben konstant). Grundlage dafiir ist die Annahme der CPT, dass der Entscheider relative Vermogensanderungen unabhangig von seinem Gesamtvermogen in sein Kalkiil einbezieht, Der Einfluss der ex
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Experimentelle Untersuchimg der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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ante Verminderung seines Vermogens durch die Kaufentscheidung auf die ^relative" Wertflinktion ist damit ausgeschlossen/^^ Durch die Unabhangigkeit von Bewertung und Gewichtung, die der Prospect Theorie zugrunde liegt, kann auch der Einfluss von Vermogensanderungen auf die Wahrscheinlichkeitsgewichtung ausgeschlossen werden. Da dem Autor keine empirischen Erkenntnisse iiber situative Veranderungen der Wertfunktion durch Abhangigkeiten des Entscheiders oder den dynamischen Kontext bekannt sind, soil dieser mogliche Einfluss ebenfalls ausgeklammert werden. Ausgenommen davon ist eine mogliche Anderung des Entscheidungsrahmens, bspw. durch eine Abweichung von ex ante Referenzpunkt und Status quo. Eine entsprechende Priifung des Framing folgt in Abschnitt 5.4.4. Grundsatzlich lasst sich die Bindungswirkung aus zwei Sichtweisen darstellen: aus jener des In-Suppliers und aus Sicht des Out-Suppliers. Steigt die Bewertung des In-Suppliers durch die Existenz von CC, kann der In-Supplier die Gewinnerwartung des Kunden i. H. d. Bewertungszuwachses senken, ohne seinen relativen (ex ante) Vorteil zu mindem. Andererseits muss der Out-Supplier die Gewinnerwartung ex post erhohen, um den Vorteil des InSuppliers durch die spezifische Investition auszugleichen. Zunachst sei die Situation des In-Suppliers dargestellt. Unter der Voraussetzung einer Startwertverschiebung nach Verlusten in Hohe der CC gemaB Hypothese 3, wird der Kunde den erwarteten Gewinn vom ex post Startwert SW aus bewerten. Wie in Abbildung 25 dargestellt, wird der Gewinn des In-Suppliers j / ^ (gestrichelte Linie) durch den Kunden mit F^ bewertet. Dabei befmdet sich ein Teil des Gewinnes i. H. v. cc im negativen Bereich und der verbleibende Teil im positiven Bereich (x^^- cc), V^ entspricht der Gewinnwahmehmung vor der spezifischen Investition (in Teil A des Experimentes), d. h., x^^ wird relativ zum Status quo bewertet. Zur Veranschaulichung der Wertdifferenzen ist V^ in Abbildung 25 neben V^ im Verlustbereich abgetragen. Da alle Entscheidungen in der vorliegenden Analyse vor und nach dem Treatment identische Auszahlungen beinhalten, gih:
Die deutlich erkennbare Differenz der Kundenbewertungen {V^ - V^) gibt die wahrgenommene Bindungswirkung der CC in der Wertdimension wieder. In der Konsequenz flihrt eine scheinbare Verlustsituation zu einer Ubergewichtung des In-Supplier Gewinnes. Der entsprechende monetare Vorteil des In-Suppliers lasst sich auf der Gewinnachse als Gewinndifferenz Sx^^ abtragen. Zieht man Sx^^ von der Auszahlung x^^ ab, so erhak man den Betrag, bei welchem die ex ante Bewertung V^ gleich der ex post Bewertung V^ ware, Wiirde '^^^ Kahneman und Tversky stellen diese Bedingung zu einem fruhen Zeitpunkt in Frage (Kahneman/Tversky (1979), S. 287). Die Autoren weisen darauf bin, dass ein Entscheider, der eine Entscheidungssituation im Hinblick auf sein Gesamtvermogen formuliert, einen Referenzpunkt im Ursprung der Vermogensskala besitzt. In diesem Fall ist es wahrscheinlich, dass die Wertfunktion durchgangig konkav ist. In folgenden Arbeiten der Autoren wird diese Diskussion nicht mehr aufgegriffen.
sUppLex
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkimg spezifischer Investitionen
der In-Supplier in der ex post Situation x^^- S/^ als Gewinn erwarten lassen, so bestilnde kein ex post Vorteil fur den In-Supplier (V^ = V^).
Wert
f h^ CO
i
1
Verlust
^
Gewinn
swy
Abbildung 25: Bindungswirkung aus Sicht des In-Suppliers
Fiir eine Auszahlung x^^ (In-Supplier Gewinn) gilt fur die ex ante Bewertung V^ und die ex post Bewertung F^: v^ = v(x^) und nach Gleichung (9): v^ = v(x^-cc) + v(cc)/'' Setzt man v^ = v^, so lasst sich dyl^ berechnen aus A x ^ ) = v^(x^-5x^-cc) + v(cc), d. h., die Bewertung von x^ vor der Investition ist gleich der Bewertung von x^^ - dyP^ nach der Investition unter Benicksichtigung des Startwertes cc. Die Bewertungssituation fur den Out-Supplier hat sich durch die spezifische Investition in den In-Supplier nicht verandert. Der Status quo bleibt als Referenzpunkt erhalten. Durch den CCEffekt hat sich der Wert des In-Suppliers von F^ zu F^ erhoht. Relativ zur ex ante Situation mtisste sich der erwartete Gewinn des Kunden mit dem CXit-Supplier erhohen, um weiterhin als gleichwertig wahrgenommen zu werden, Abbildung 26 stellt die entsprechende Gewinndifferenz dx^^^ schematisch dar.
' Vgl. Schade et al. (2002), S. 8.
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A
Wert
5x°"T i
-^ -J
A
Verlust
/
'-
x°'^'^
.
1
r
1
Gewinn
Abbildung 26: Bindungswirkung aus Sicht des Out-Suppliers
Die monetare Differenz Sx^^^ beschreibt den komparativen In-Supplier Wertzuwachs durch das Treatment gegeniiber dem Out-Supplier. Der Vorteil bei dieser Ermittlung der Bindungswirkung liegt in der Unabhangigkeit vom Framing der In-Supplier Seite durch den Kunden. Unabhangig von Hypothese 3 konnen Aussagen iiber Hohe und Richtung der Bindungswirkung gemacht werden. Wie aus Abbildung 26 ersichtlich, gilt ftir eine Auszahlung x^^^ (Out-Supplier Gewinn) mit der Vertrauenswahrscheinlichkeit q fiir die ex ante und die ex post Bewertung: / = vf^,x^^Ound / = v(q', ;c^^0 = v(q\ x^^^ - ^x^^^;. D. h., ein ex post mit dem In-Supplier gleichwertiger Out-Supplier mtisste einen um hoheren Gewinn erwarten lassen als ein gleichwertiger Out-Supplier in der ex ante Situation. Zur Ermittlung der Gewinndifferenz werden ex ante und ex post Bewertung gleichgesetzt:
Dies entspricht W(^^>(x3+^x)+(l-w(g^)>(x,
+^x)=w(^^>(x3)+(l-w(^0>(^l)•
(ll)
Mit diesen Uberlegungen sind die Grundlagen fur die Messung der Bindungswirkung spezifischer Investitionen gelegt. 5.2,2 Aufbau des Fragebogens Die Erhebung der Daten wurde in acht Teilerhebungen nach gleichem Muster durchgefuhrt. Beginnend mit einer verbalen Einftihrung von ca. 10 Minuten wurden die VPN in den Kon-
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
text der Fallstudie versetzt und mit Hilfe zweier Beispielentscheidungen in die Methodik eingefuhrt.''^'' Anschliefiend hatten die VPN ca. 20 Minuten Zeit zum Ausfullen des Fragebogens, wobei jederzeit die Moglichkeit zu Verstandnisfragen bestand. Unmittelbar nach Abgabe der Bogen wurden drei bis fiinf Gutscheine fiir einen Kinobesuch unter den Teilnehmem veriest. 5.2.2.1 Formulierung der Fallstudie Basis der verwendeten Fallstudie ist das reale Fallbeispiel Benjamin Moore & Co aus den Vereinigten Staaten, das von Petre formuliert und spater von Dichtl und von Plinke aufgegriffen und modifiziert wurde."*^^ Zur Anpassung an die Fragestellung wurde die Fallstudie in eine Beschaffungssystementscheidung vor dem Kauf und eine Wechselentscheidung nach dem Kauf geteilt. Der Fragebogen beginnt mit dem ersten Teil der Fallstudie,"*^^ Sie sind Geschaftsfuhrer eines kleinen aber feinen Farben- und Lackgeschaftes in Kreuzberg, Im Farbengeschaft kommt es vor allem auf Qualitat (Farbtreue, Farbhaltbarkeit) und auf den Preis an. Einer Ihrer drei langjahrigen Lieferanten, mit dem Sie in den vergangen Jahren gute Geschafte gemacht haben, fiihrt eine Prozessinnovation im Vertrieb durch, die folgendes Angebot beinhaltet: Die Kunden konnen ein neues Computersvstem erwerben, das unter anderem mit • speziellen Zusatzgeraten (Messgerate wie Farbspektrometer, Ein- und Ausgabegerate), • spezieller Software (Farb-Analyse- und Datenbanksoftware fiir verwendete Farbmischungen friiherer Auftrage), • und schlieBlich einer Kommunikationsschnittstelle mit dem Zentralrechner des Lackherstellers fur automatisierte Bestellvorgange ausgeriistet ist. Bei Bestellungen tiber das Computersystem wird der Bestellaufwand fiir Sie drastisch reduziert. Damit entstehen Ihnen geringere Kosten als Ihren Konkurrenten. Femer verbessem Sie Ihre Leistung gegeniiber Ihren Konkurrenten, da Sie wesentlich genauer als bisher Ihre Farben bestimmen konnen (z.B. bei Nachbestellungen von Kunden). Aus diesen Griinden erwarten Sie hohere Gewinne mit dem neuen Computersvstem. Da Sie jedoch keine Erfahrungen mit dem neuen System besitzen, sind Sie unsicher, ob Sie dem Lieferanten vertrauen konnen. Er konnte ja die Preise erhohen oder schlechtere Qualitat liefem, sobald Sie in sein Computersystem investiert haben. AnschlieBend sind acht Kaufentscheidungen bei unterschiedlichen Vorgaben zu treffen. Auf den Hinweis, dass diese Angaben nicht mehr verandert werden diirfen, folgte der zweite Teil
Zur realitatsnahen Darstellung der Fallstudie wurde die Einfiihrung an einen existierenden Farbladen in Berlin Kreuzberg angelehnt. Neben Fotografien und Informationen uber das Sortiment wurde ein Szenario entwickelt, nach dem die Studierenden nach Abschluss des Studiums bereits drei Jahre als Geschaftsfuhrer tatig sind und nun uber ein neues Beschaffungssystem zu entscheiden hatten. ^^^ Vgl. Petre (1985), S. 45; Dichtl (1987), S. 184; Plinke (1997b), S. 46. ^^^ Der vollstandige Fragebogen ist in Anhang 1 abgedruckt.
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der Fallstudie. Im zweiten Teil wurden mit dem ersten Abschnitt identischen Entscheidungen, diesmal als Wechselentscheidungen formuliert, abgefragt. Nach griindlichen Uberlegungen gehen Sie auf das Angebot Ihres Lieferanten ein und erwerben das neue Computersystem ftir 80,000 Euro. Aufgrund guter Qualitat und giinstigen Preisen bestellen Sie Farben und Lacke ausschliefilich iiber das neue Computersystem, auf das Ihre Farbpaletten und Bestellprozesse vollstandig abgestimmt sind. Sie sind dadurch an den Lieferanten gebunden. Wenige Wochen spater, noch bevor Sie etwas des Kau^reises von € 80.000 zuriickverdienen konnten, erfahren Sie, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben. Color.net ist nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten, sondem soil einen neuen, fur alle Lieferanten offenen Standard etablieren. Daraufhin uberlegen Sie. ob sich ein Wechsel zu color.net fur Sie lohnt. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherigen Lieferanten bezogene Computersystem aufgrund der hoch speziellen Einsetzbarkeit nur noch die Halfte am Markt wert ist. da nur wenige Farben- und Lackgeschafte mit dem Computersystem arbeiten (Sie bekommen die Halfte des Kaufpreises, also € 40.000 der € 80.000 auf dem Gebrauchtmarkt fur das Computersystem, sollten Sie vom bisherigen Lieferanten zu color.net wechseln). Die Formulierung des zweiten Teils variiert zwischen den Gruppen beztiglich Spezifitatsgrad und Amortisationsgrad der getatigten Investition (hier das Beispiel der Gruppe 6)."*^^ Im letzten Teil des Fragebogens wurden sieben qualitative Merkmale erhoben. Die ersten vier qualitativen Fragen dienen der Uberpriifung der Manipulation der VPN, wahrend die folgenden drei Fragen Ruckschltisse auf die kognitive Entscheidungsstruktur der VPN ermoglichen sollen. Verwendet wurden Ratingskalen mit sieben Auspragungen. Gegenstand der ersten vier Fragen ist die Bedeutung von Amortisationsgrad, Spezifitatsgrad, Sunk Cost und Vertrauen im vorangegangenen Entscheidungsprozess. Welche RoUe haben die folgenden Merkmale bei Ihren Entscheidungen gespielt? - dass noch nichts des in das Computersystem investierten Geldes zuriickverdient wurde - der geringere Marktwert des Computersystems bei VerauBerung bzw. Wechsel - die nicht unwesentlichen Investitionen in das Computersystem und die Abstimmung der Bestellprozesse - die Veranderung des Vertrauens in den bisherigen Lieferanten von Szenario I zu II Die Uberpriifung der Manipulation durch die direkte Abfrage von den VPN ist nicht unproblematisch. Zum Einen wird unterstellt, dass die VPN eine solche Einschatzung vomehmen konnen, d. h. iiber das notwendige Wissen verfugen. Zum Anderen besteht die Gefahr, dass die VPN nicht mit ihrer wahren Praferenz antworten, sondem gemaB der sozialen Erwiinschtheit das bestatigen woUen, was ihrer Meinung nach von ihnen verlangt wird. Durch den direk-
' Die Formulierungen aller sechs Fallgruppen finden sich in Anhang 2.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
ten Bezug zu den gegebenen Entscheidungssituationen, ohne dass die entsprechenden EinflussgroBen hervorgehoben werden, sollen mogliche Verzerrungen minimiert werden. Fiir den zweiten Abschnitt war das Zutreffen der folgenden Aussagen (von „trifft eher zu" bis „trifft eher nicht zu") anzugeben. - Ein Wechsel zu color.net hatte einen Verlust der in das Computersystem investierten Mittel bedeutet. - Die ausschlieBliche Bindung an nur einen Lieferanten, auch wenn dieser einen hoheren Gewinn verspricht, hat meine Wertschatzung des bisherigen Lieferanten gemindert. - Bei den Entscheidungen in Teil B befand ich mich gegeniiber Teil A in einer Verlustsituation. Die VPN zeigt damit an, ob sie einen noch nicht realisierten Verlust, eine Abhangigkeitssituation und/oder eine bereits eingetretene Verlustsituation wahmimmt. AbschlieBend wurde nach demographischen Merkmalen gefragt sowie die Moglichkeit zu Anmerkungen gegeben. Die VPN wurden darauf aufgefordert, hier mogliche Verstandnisprobleme zu vermerken. 5.2.2.2 Formulierung der Entscheidungssituation Alle Entscheidungen des Fragebogens sind nach dem gleichen Schema durch Entscheidungsbaume dargestellt (vgl. Abbildung 27). Die linke Seite gibt jeweils den Wert der zu beurteilenden Investition wieder und die rechte Seite dient der Bewertung durch Wahrscheinlichkeitsaquivalente. Formuliert ist die Bewertung in Teil A als Investition in ein Computersystem zur automatisierten Bestellung und in Teil B als Wechselentscheidung zu einem altemativen Bestellsystem.
Vollstes Vertrauen (100%)
Erwarteter Gewinn/Verlust
Welche Chance, dass Preise und Qualitat Iconstant bleiben, muss der [...] bieten, damit beide Alternativen fiir Sie gleichwertig sind?
Oder Erwarteter Gewinn bei bestatigtem Vertrauen 50% Chance, dass Preise und Qualitat konstant bleiben
Erwarteter Gewinn bei bestatigtem Vertrauen
50% Gefahr, dass Preise steigen oder Qualitat sinkt
Erwarteter Gewinn bei enttauschtem Vertrauen
Gefahr, dass Preise steigen oder Qualitat sinkt (Rest zu 100% hier z.B.: 100% - 75% = 25%)
Abbildung 27: Entscheidungsschemata fiir Szenario I und II
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung speziflscher Investitionen
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Unterschieden werden die beiden Szenarien vollstes Vertrauen und geringes Vertrauen in den In-Supplier. Um die Komplexitat der Entscheidungssituation moglichst niedrig zu halten, wurde auf eine dritte Vertrauensstufe verzichtet, die im Pretest zu Verstandnisproblemen fiihrte, Eine Opportunismusgefahr von fiinfzig-funfzig in den bisherigen Lieferanten soil die Nachvollziehbarkeit durch die VPN erleichtem. Das durch die VPN zu bestimmende Wahrscheinlichkeitsaquivalent gibt das notwendige Vertrauen in die Alternative wieder. Die Alternative ist grundsatzlich mit Unsicherheit verbunden, da keine Erfahrungen mit dem Anbieter der Alternative vorhanden sind bzw. iiber das Verhalten des bestehenden Anbieters bei Abhangigkeit nichts bekannt ist. Den VPN wurde das Vertrauen als Variable intensiv veranschaulicht. Als Einfltisse wurden beispielhaft Preisgarantien, Qualitatssicherungsmafinahmen, festzulegende Standards und Credible Commitments erlautert, die eine Gestaltung der jeweiligen Alternative erlauben. Zur Verdeutlichung wurden femer Beispielentscheidungen durchgespielt. Vollstes Vertrauen - gute Gewinnaussichten € 80.000 € 60.000
ist gleichwertig mit (Rest zu 100%)
€ 30.000
Geringes Vertrauen - sehr gute Gewinnaussichten € 140.000
€ 120.000 ist gleichwertig mit 50%
€ 40.000
(Rest zu 100%)
€ 40.000
Abbildung 28: Beispiel fiir Entscheidungen im Gewinnbereich in Szenario I und II
Abbildung 28 zeigt beispielhaft die erste positive Entscheidung des ersten (IPl) und zweiten (IIPl) Szenarios. Unter Sicherheit (von Preis und Qualitat in derzeitiger Bestellpraxis) sind beide Akemativen fur ^ = 0,60 objektiv gleichwertig. Hohere Werte von q implizieren eine Ubergewichtung des In-Suppliers, wahrend Werte von q < 0,60 eine Untergewichtung wiedergeben. In Szenario II ist fur dieses Beispiel objektive Gleichwertigkeit bei q = 0,40 gegeben. Ein zusatzlicher Ankerpunkt beip = ^ = 0,50 verdeutlicht die Ubergewichtung der Alternative bei gleichem Vertrauen und dient als Entscheidungshilfe. Das neue System muss einen deutlich hoheren Gewinn erwarten lassen als das derzeitige System bei gleichem Vertrauen. Eine wichtige Voraussetzung zur Vergleichbarkeit der beiden Investitionsaltemativen ist, dass es sich bei alien Auszahlungen um Nettozahlungen (Gewinne und Verluste) handelt. Dies
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung speziflscher Investitionen
betrifft insbesondere zwei Kostenkomponenten. Zum einen wird der Kau^reis fur das Beschaffungssystem des Out-Suppliers in der Fallstudie nicht explizit formuliert. Er ist in den NettogroBen enthalten. Damit soil eine mogliche Verzerrung der Ergebnisse durch Wahmehmungsunterschiede zwischen Initialkosten zum Zeitpunkt des Wechsels und zukunftigen variablen Folgekosten und Erlosen ausgeklammert werden. In-Supplier und Out-Supplier Investition beziehen sich auf den gleichen gegebenen Planungshorizont. Mogliche intertemporal Effekte, wie beispielsweise die kognitive Diskontierung der Auszahlungen sind somit fiir beide Seiten gleichermaBen zu erwarten und beeintrachtigen nicht die Vergleichbarkeit."*^^ Die zweite KostengroBe, die in den erwarteten Gewinnen bzw. Verlusten bereits enthalten ist, ist der Resterlos des bestehenden In-Supplier Systems. Er wird durch den Spezifitatsgrad bestimmt und variiert zwischen den Gruppen. Einerseits beeinflusst der Restwert der Investition die Hohe der CC, andererseits ist er Teil der Quasirente. Als Bestandteil der Quasirente stellt der Restwert eine Erloskomponente fur den Fall einer Wechselentscheidung dar und ist direkt entscheidungsrelevant. Da sich das Untersuchungsziel mit der Bedeutung des Resterloses fiir die Bindungswirkung der CC befasst, kann der Resterlos als Bestandteil der NettogroBe OutSupplier Gewinn bzw. Verlust formuliert werden. Dies reduziert die Komplexitat der Entscheidung. Die VPN kann sich auf einen einfachen Vergleich der In-Supplier Seite mit der Out-Supplier Seite konzentrieren."*^^ 5.2.3 Struktur und Bereinigung der Stichprobe Im Februar 2004 wurden acht Teilerhebungen mit durchschnittlich 40 Teilnehmem durchgefUhrt. Insgesamt wurden 314 Studenten der Betriebswirtschaftslehre befragt."*^^ In die Analyse eingegangen sind 290 auswertbare und konsistente Datensatze. Davon 110 aus dem Grundstudium und 180 aus dem Hauptstudium der Vertiefungen Marketing und Controlling. Abbildung 29 zeigt die Verteilung nach Fachsemestem (6% k. A.). Die weiblichen Teilnehmer sind mit 50,5% leicht in der Uberzahl bei 49,5% mannlichen Teilnehmem (9 VPN k. A.). Die VPN sind tiber die Fallgruppen annahemd gleichverteilt mit durchschnittlich 48,8 Studenten pro Gruppe. Die Gruppenstarke schwankt zwischen 15% und 17% der Stichprobe.
^ Vgl. Koopmans (1960); Thaler (1981). Die Erlauterung der GewinngroBen war Bestandteil der verbalen Einfiihrung des Experiments. In den durchgefiihrten Beispielrechnungen wurde den VPN die Bedeutung der angegebenen Gewinne bzw. Verluste veranschaulicht. "^^ Befragt wurden im Einzelnen: 42 Marketingstudenten im Hauptstudium an der Freien Universitat Berlin, 26 Marketingstudenten im Hauptstudium sowie Seminarteilnehmer an der Ruhr-Universitat Bochum, 16 Marketingstudenten im Hauptstudium an der Universitat Duisburg-Essen sowie 47 ControUingstudenten im Hauptstudium, 58 (16 + 42) Marketingstudenten im Hauptstudium und 125 (54 + 71) Marketingstudenten im Grundstudium der Humboldt Universitat zu Berlin.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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17%
49% Abbildung 29: Stichprobe nach Fachsemester in Prozent
Die Bereinigung der Stichprobe wurde nach vier Kriterien durchgefiihrt, die von insgesamt 24 Datensatzen nicht erfiillt wurden. Das wichtigste Kriterium sind Anmerkungen der VPN im dafur vorgesehenen Bereich des Fragebogens, welche eindeutig mangelndes Verstandnis ausdriicken. Femer wurden unvollstandig ausgefiillte Fragebogen aussortiert, in denen nicht mindestens ein komplettes Szenario in Teil A und in Teil B angegeben wurde. Andemfalls ist keine sinnvolle Messung der Manipulation moghch. Ein weiteres Kriterium bilden extreme Abweichungen der Bindungswirkungen SK innerhalb des gleichen Szenarios und innerhalb der negativen Entscheidungen (ein Break-Even-Effekt kann fur diese Entscheidungen ausgeschlossen werden). Schliefilich wurden VPN aussortiert, deren BestimmtheitsmaB bei Schatzung der Wertfunktion unter 0,65 lag.
5.3 Bestimmung der Wert- und Gewichtungsfunktionen Zur Messung der subjektiven Bewertungsunterschiede sind die Wertfunktion und die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion zu bestimmen. Zunachst stellt sich jeweils die Frage nach dem zugrunde liegenden Funktionstyp. 5.3.1 Formalisierung der Wertfunktion Aus empirischen Ergebnissen im Rahmen der Prospect Theorie schlossen Kahneman und Tversky, dass eine zweiseitige Potenzfunktion (Power Function) mit unterschiedlichen Exponenten fiir Gewinne und Verluste eine gute Approximation der Wertfunktion darstellt."*^^ Sie geniigt den Axiomen der PT,"*^^ die von Currim und Sarin empirisch betatigt wurden, wobei dort eine normierte Exponentialfunktion verwendet wurde."^^^ Smidts schloss aus seinen Daten
"""^ Vgl. Kahneman/Tversky (1979); Tversky/Kahneman (1992). ^^^ Vgl. Wakker/Zank (2002). Eine umfassende Gegeniiberstellung beider Funktionsfamilien findet sich bei Zank (2001), Abschnitt 2. Zank zeigt, dass sowohl streng monotone Exponentialfunktionen wie auch positive Potenzfunktionen unter Annahme positiver Entscheidungsgewichte mit der CPT vereinbar sind. Dann gilt fiir Praferenzbeziehimgen: Monotonie, Kontinuitat, schwache Ordnung und Unabhangigkeit. ^^^ Vgl. Currim/Sarin (1989).
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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tiber den Verkauf der Kartoffelemte von Landwirten, dass die exponentielle Nutzenfunktion der Potenzfunktion tiberlegen ist,"*^ Dagegen fanden Beetsma und Schotman bei der Analyse von Daten einer TV Quizshow keinen nennenswerten Unterschied in der Gute beider Funkti-
Experimente
Currim und Sarin (1989)
Modelle
w(p)
v(x)
l-e~' PT
a + bp + cp^
\og{a + be'''^') Tversky und Kahneman (1992)
Camerer und Ho (1994)
I x" wenn x > 0
P'
CPT ->^(-xY
CRT"
wenn x 0
1 - / l ( - xY
wenn x 0konkav und fixr a< 0konvex. Analog zeigt sich im negativen Bereich ftir J3 > 0 ein konvexer sowie ^r J3< 0 ein konkaver Verlauf."*^^ Die Potenzfunktion ist aufgrund iibereinstimmender Wertebereiche als (zweigeteilte) globale Nutzenfunktion in Anlehnung an Tversky und Kahneman (1992) definiert zu:"*^^
I
v^(x) = x° fur x>0 (13) V (x) =-A(-x)'^ fiir x 0, Ftir a> 1 zeigt die Funktion einen konvexen und fur a < 1 einen konkaven Verlauf, jeweils absolut abnehmend. Analog gilt ftir y^ > 7 ein konkaver und fur /? < 7 ein konvexer Verlauf. X beschreibt die Steilheit der Funktion im Verlustbereich. Fiir A> ] werden Verluste gegeniiber absolut gleich hohen Gewinnen iiberbewertet. Da beide Funktionstypen den Annahmen des CPT-Modells geniigen, wurde ftir die folgende Untersuchung anhand der Giite der Schatzungen sowie der Konvergenzeigenschaften der exponentielle Funktionstyp zugrunde gelegt. Insbesondere im Verlustbereich reagierte der verwendete Konvergenzalgorithmus bei der Schatzung von Powerfunktionen stark auf individuelle Inkonsistenzen innerhalb der acht Entscheidungen. Fast ein Drittel der y^ Parameter liegen hier in Extrembereichen auBerhalb des Intervalls [0,5; 2]. Ein weiteres Argument gegen die Potenzfiinktion ist, dass fur mehrere Schatzungen keine Konvergenz im positiven Parameterbereich erreicht werden konnte. Insgesamt liegt die durchschnittliche Giite der geschatzten ^^ Vgl. u. a. Farquhar/Nakamura (1987); Saha (1993). ^^'^ Vgl. Currim/Sarin (1984), S. 556; Currim/Sarin (1989), S. 27; Nitzsch von (1998), S. 630. "^^^ Currim und Sarin beriicksichtigen keinen expliziten Parameter fiir die Steilheit der Funktion. Ein dort durchgefiihrter Test bestatigt jedoch die Ubergewichtung von Verlusten relativ zu Gewinnen (vgl. Currim/Sarin (1984), S. 30). Im vorliegenden Experiment werden keine gemischten Lotterien abgefragt. Damit entfallt ein Parameter der Verlustaversion in Gleichung (12). ^^^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 309.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkimg spezifischer Investitionen
Exponentialfunktionen aufgrund der Konvergenzproblematik leicht iiber der Giite der geschatzten Potenzfunktionen, wobei die Giite der Exponentialfunktionen iiber die VPN deutlich breiter streut. 5.3.2 Formalisierung der Gewichtungsfunktion Analog zur Wertfunktion wurden in der Literatur unterschiedliche Funktionen zur Abbildung der Wahrscheinlichkeitsgewichtung empirisch iiberpriift (vgl. Tabelle 15). Die meisten Ergebnisse der experimentellen Studien bestatigen eine invers S-formige Gewichtungsfunktion, die konkav fiir geringe Wahrscheinlichkeiten und konvex ftir mittlere und hohe Wahrscheinlichkeiten ist. Trotz individueller Unterschiede und unsystematischer Verzerrungen bestatigen die zitierten empirischen Ergebnisse das Vierfach-Muster von Tversky und Kahneman (1992). Die Funktion, die in der Literatur die weiteste Verbreitung gefunden hat, geht auf Tversky und Kahneman zuriick. Sie entspricht den axiomatischen Anforderungen der CPT und ist mathematisch wenig anspruchsvoll, da sie auf nur einem Parameter y beruht, der allerdings nicht direkt inhaltlich interpretierbar ist. Gewinnbereich (y*)
Verlustberelch (y)
Tversky und Kahneman (1992)
0,61
0,69
Camererund Ho (1994)
0,56
Wu und Gonzalez (1996)
0,71
-
Abdellaoui (2000)
0,60
0,70
Experimentelle Untersuchung
Tabelle 16: Empirische Parameterwerte fiir y
Tabelle 16 gibt in der Literatur dokumentierte y Werte des Median Entscheiders fiir Gleichung (14) wieder. Verdeutlicht wird der Einfluss unterschiedlicher Auspragungen von y in Abbildung 30. Aufgrund ihrer Eigenschaften und ihrer guten Dokumentation wird die Formalisierung nach Tversky und Kahneman 1992 der folgenden Untersuchung zugrunde gelegt. Damit ergibt sich: w(p) =
[pV+(l-p)V]X
(14)
fiir 7 > 7 > 0,27. Fiir Werte kleiner 0,27 ist die Funktion nicht mehr monoton steigend (geringe Wahrscheinlichkeiten werden paradoxer Weise abnehmend gewichtet). Bei y = 1 fmdet keine Transformation statt und es ergibt sich w(p) = p.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindimgswirkung spezifischer Investitionen
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5 •-
0,8
y^Aw"
:^ 0,4c " 0 eine konkave Funktion (ex ante Uberbewertung In-Supplier) und a < 0 eine konvexe Funktion (ex ante Unterbewertung In-Supplier)/^^ Im Verlustbereich bestimmt p < 0 einen konkaven (ex ante Unterbewertung In-Supplier) und p > 0 einen konvexen (ex ante Uberbewertung In-Supplier) Verlauf. Tabelle 17 zeigt die Ergebnisse der Parameterschatzung fiir mittlere und starke Gewichtung im Gewinnbereich sowie fur den Verlustbereich. Gewinnbereich a (N = 290)
Verlustbereich p (N = 287)
0,56
0,69
(>0)61,7
81,7
( 0) und 38,3 (18,3)% konvex. Durch die Analyse der Wahrscheinlichkeitsaquivalente wird dieses Bild bestatigt. Durchschnittlich 63% der VPN zeigen bei den vier positiven Entscheidungen Uberbewertung, gegenuber 12%) der VPN, die, gemessen am Erwartungswert, Unterbewertung zeigen."*^^
Die Berechnung der Parameter der Wertfimktion erfolgte mit der Funktion NonlinearRegress der Software Mathematica 5.0. ^^^ Die Berechnung von q bzw. p folgt aus Gleichung (14). Die entsprechende Umformung der Powerfunktion, die dem Vergleich mit der Exponentialfunktion zurgunde liegt, findet sich in Anhang 3. ^^^ Vgl. Currim/Sarin (1989), S. 30. ^^^ Die empirischen Vergleichswerte sind keineswegs eindeutig, was u. a. auf unterschiedliche Erfassungsmethoden und Parametrisierungen der Funktionen zuruckzufiihren ist. So messen Currim und Sarin zu 97% konkave Funktionen im Gewinnbereich, bei Thaler und Johnson sind es dagegen durchschnittlich 61% konvexe Potenzfunktionen, bei Abdellaoui sind es rund 53% und Smidts misst in seiner Befragung nur 41% konkave Entscheider im Gewinnbereich. Vgl. ebenda; Thaler/Johnson (1990), S. 654; Smidts (1997), S. 365; Abdellaoui (2000), S. 1506.
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Ftir den Verlustbereich zeigt sich ein inverses Muster: 58,5% konvex (fi < 1) und 41,5% konkav. Entsprechend zeigen die Wahrscheinlichkeitsaquivalente der Verlustentscheidungen durchschnittlich zu 62% Ubergewichtung und 15% Untergewichtung, gemessen am Erwartungswert. Gleichzeitig einen konkaven Verlauf im Gewinnbereich und einen konvexen Verlauf der Wertfunktion im Verlustbereich zeigen 99 von 287 VPN, Dies sind 34,5% der VPN, die den von Kahneman und Tversky formulierten Annahmen iiber den Funktionsverlauf entsprechen."*^^ Vergleichbare Zahlen fmdet Abdellaoui, der in 13 von 40 Fallen (32,5% !) die Annahme bestatigen kann,"*^' ^^^ Als MaB ftir die Giite der Funktion wurde das BestimmtheitsmaB verwendet."*^^ Mit Werten von durchschnittlich 0,964 bzw. 0,923 kann von einer guten Erklarung der Streuung ausgegangen werden. Sechs individuelle GtitemaBe im Verlustbereich mit R^ < 0,65 wurden ausgeschlossen. Die Fit MaBe fiir die Powerfunktion lagen mit durchschnittlich 0,958 leicht unter denen der verwendeten Exponentialfunktion. Die Ermittlung der Wertfunktionen dient der individuellen „Eichung" der Messung des Einflusses retrospektiver Kosten. Sie gilt vor und nach der Manipulation gleichermaBen. Geringe unterschiede in den Parameterwerten, bspw. durch Messfehler, haben aus diesem Grund nur einen geringen Einfluss auf die Abweichungsmessung, die ausschlieBlich relative Bewertungsveranderungen aufzeigt. Einfluss auf dx haben nur Wahmehmungsveranderungen zwischen Teil A und Teil B. Dies gilt analog ftir den Einfluss der beobachteten Abweichungen von der Annahme eines konkaven (konvexen) Kurvenverlaufes im Gewinn- (Verlust)bereich.
Vgl. Kahneman/Tversky (1979). ^ Vgl. Abdellaoui (2000), S. 1506. ^ Die Reflektionsannahme wurde nicht explizit getestet. Fine genereile Aussage ware aufgrund hoher individueller Unterschiede wenig sinnvoll. Zum gleichen Schluss kommen Hershey und Schoemaker nach der Analyse verschiedener experimentell ermittelter Nutzenfunktionen (vgl. Hershey/Schoemaker (1980), S. 397). ^^^ Das BestimmtheitsmaB vergleicht die Summe der quadrierten Abweichungen des Funktionswertes vom tatsachlichen Wert mit der Gesamtabweichung des tatsachlichen Wertes vom Mittelwert, d. h., es gibt das Verhaltnis nicht erklarter Streuung zur Gesamtstreuung wieder. Vgl. Bates/Watts (1988), S. 29, 90ff. sowie Anwendungsempfehlungen zur verwendeten Routine in Mathematica 5.0, analog fiir lineare Regression Backhaus et al. (2003), S. 67f.
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5.4 Hypothesenpriifung Nachdem die zu priifenden Konstrukte operationalisiert und die individuellen Wertfunktionen bestimmt sind, werden im Folgenden die auf Erkenntnissen der deskriptiven Entscheidungstheorie aufbauenden Hypothesen gepriift. Zunachst wird die Bindungswirkung der CC und der Vertrauensreduktion zwischen den Gruppen getestet (Abschnitte 5.4.1, 5.4.2 und 5.4.3). Darauf aufbauend ist anschliefiend die Wirkung von Framingeinfliissen in den Abschnitten 5.4.4 und 5.4.5 zu prufen. 5.4.1 Wirkung spezifischer Investitionen Bevor die Hohe der Bindungswirkung der CC sowie deren Bestandteile gepriift werden, soil generell festgestellt werden, ob sich ein Treatmenteffekt durch die Existenz von Sunk Cost gemaB Hypothese 1 zeigen lasst. Hypothese 1
Die prospektiven Kosten- und Nutzenelemente der Quasirente konnen die Bindungswirkung spezifischer Investitionen nicht vollstandig erklaren. Aufgrund der Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten existiert neben der derivativen Bindung durch die Quasirente eine originare Bindungswirkung durch die spezifische Investition an sich. Ein erstes Indiz fur die Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten ergibt sich aus der Frage im qualitativen Teil des Fragebogens, die sich mit der Rolle der nicht unwesentlichen Investitionen in das Computersystem und die Abstimmung der Bestellprozesse bei der Entscheidungsfindung beschaftigt. Die Ratingskala [0, ..., 6] ist durch die Extrema ,Jceine Rolle" und „bedeutende Rolle" begrenzt. Nur 3% der VPN schrieben den versunkenen Investitionen und Abstimmungsprozessen keine Bedeutung zu. 30% gaben mit Werten von 5 oder 6 einen bedeutenden Einfluss an. Der Median von 4 lasst erkennen, dass andere Entscheidungsmerkmale fur die meisten VPN neben dem originaren Einfluss eine hohe Bedeutung besitzen. Paar
Gewinn 1
Entscheidung AIP1
N
224
BIP1 Gewinn 2
AIP2
243
BIP2 Verlust 1
AIN1
243
BIN1 Verlust 2
AIN2 BIN2
242
Mittelwert Std. Abw.
Schiefe
0,530
0,089
0,823
0,554
0,110
0,615
0,487
0,086
1,371
0,508
0,116
1,527
0,508
0,119
0,537
0,538
0,148
1,047
0,505
0,156
0,699
0,535
0,180
0,510
Fehler Schiefe 0,163
Kurtosis 3,014
Fehler Kurtosis 0,324
1,635 0,156
4,904
0,311
4,069 0,156
1,679
0,311
2,050 0,156
1,600
0,312
0,995
Tabelle 18: Beschreibung der transformierten Wahrscheinlichkeitsaquivalente (fiir y = 0,61)
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Fur den Nachweis der Manipulation werden die subjektiven Wahrscheinlichkeitsaquivalente (jene, die von den VPN angegeben wurden) einer Entscheidung in Teil A mit den Aquivalenten der gleichen Entscheidung in Teil B verglichen,"*^^ Tabelle 18 gibt einen Uberblick der vier Entscheidungen des ersten Szenarios. Abweichende StichprobengroBen A^ ergeben sich durch den Ausschluss der Gruppe 4, die nach Hypothese 2c keinen Treatmenteffekt zeigen darf. Femer macht sich die hohe Anzahl an fehlenden Werten fur AIP1 bemerkbar."*^^ Die Mittelwerte zeigen fur alle Entscheidungen in Teil B hohere Werte als in Teil A. Zur Pnifung, ob die Mittelwertunterschiede durch den Treatmenteffekt auch in der Grundgesamtheit zu erwarten sind, wird ein t-Test fur gepaarte Stichproben durchgefuhrt."*^^' "^^^ Getestet wird die NuUhypothese, dass kein Unterschied zwischen den Wahrscheinlichkeitsaquivalenten ex ante und ex post besteht. Verbundene Differenzen
Mittelwert
Std.Abweichung
Std. Fehler Mittelwert
95% Konfidenz Intervall der Differenz untere
obere
t
df
Sig. (2seitig)
Gewinn 1
AIP1 -BIP1
-,0232
,1072
,0071
-,0373
-,0090
-3,232
223
,001
Gewinn 2
AIP2 - BIP2
-,0201
,1145
,0073
-,0346
-,0056
-2,735
242
,007
Verlust 1
AIN1 -BIN1
-,0296
,1540
,0098
-,0491
-,0101
-2,995
242
,003
Verlust 2
AIN2-BIN2
-,0298
,1682
,0108
-.0511
-,0085
-2,754
241
.006
Tabelle 19: Verbundene Stichproben t-Test fur Treatmenteffekt (fiir y = 0,61)
Der t-Test zeigt, dass sich die Wahrscheinlichkeitsaquivalente vor der Manipulation fur p < 0,05 signifikant von jenen nach der Manipulation unterscheiden (vgl. Tabelle 19). Die Mittelwerte und auch die oberen Grenzen der Konfidenzintervalle sind negativ. Damit sind die ex ante Aquivalente signifikant geringer als die ex post Aquivalente. Der Treatmenteffekt in der Grundgesamtheit, gemessen an den Mittelwerten der Aquivalente vor und nach dem Treatment, liegt mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% durchschnittlich zwischen 3,6 und 0,7 (Wahrscheinlichkeits-)Prozent im Gewinnbereich sowie zwischen 5,0 und 0,05 im Verlustbereich. Je nach Auszahlungshohe entspricht diese Differenz mehreren tausend Euro Gewinn
Auch eine Analyse auf Basis der untransformierten Wahrscheinlichkeitsaquivalente ware hier moglich. Da die transformierten Aquivalente Basis der folgenden Analysen sein werden, erscheint es sinnvoll, bereits in der vorliegenden Analyse transformierte Aquivalente zu betrachten. "^^^ Die Entscheidung AIPl befindet sich als einzige auf der ersten Seite des Fragebogens und wurde trotz Hinweis in der Einfiihrung des Experimentes von einigen VPN als Entscheidungsbeispiel interpretiert und nicht bewertet. ^^"^ Vgl. Churchill/Iacobucci (2002), S. 689f. •^^^ Ein gepaarter Test erscheint sinnvoll, da die Korrelationen der Aquivalente eines Paares bei p < 0,001 zwischen 0,4 und 0,5 liegen und damit auf einen mittelstarken Zusammenhang hindeuten.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
144
bzw. Verlust. Die Analyseergebnisse fur die mit y = 0,56 transformierten Aquivalente sind vergleichbar und ahnlich signifikant (vgl. Anhang 4). Die parametrischen Verfahren, wie der t-Test und seine Verallgemeinerung, die Varianzanalyse, basieren auf den Parametem Mittelwert und Varianz. Diese Parameter sind jedoch nur dann bedeutungsvoll, wenn die Werte in der Gmndgesamtheit symmetrisch bzw. normalverteilt sind. Generell ist der t-Test relativ robust gegen Verletzungen der Normalverteilungsannahme, insbesondere wenn die StichprobengroBe groB genug ist, um aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes von normalverteilten Mittelwerten auszugehen."*^^ Welche StichprobengroBe ausreichend ist, hangt vom AusmaB der Asymmetrie der Verteilung ab."*^^ Die Kennzahlen Schiefe und Wolbung der Verteilung soUen dariiber Aufschluss geben, Sind die Daten mit der Normalverteilungsannahme vertraglich, darf sowohl die Schiefe als auch die Kurtosis nicht signifikant von Null abweichen. Die Werte beider GroBen in Tabelle 18 in Relation zu ihrem Standardfehler zeigen deutlich eine solche Abweichung."*^^ Insbesondere deuten hohe Kurtosiswerte auf eine spitze Verteilungen hin. In Abbildung 31 bestatigt sich dieses Bild."*^"* Histogram
S
Normal Q-Q Plot
20 J ,
riY|;tYrl,Mti.,t,n.,i
'"f
* 'i
1 •
w-'
,2
Observed Value AIP2
,4
Observed Value AIP2
Abbildung 31: Histogramm und Normalverteilungsdiagramm fiir AIP2
' Vgl. Churchill/Iacobucci (2002), S. 649. ^ Vgl. ebenda, S. 679. * Fiir nicht zu kleine Stichprobenumfange vertretbare Naherungen fiir 95%-Konfidenzmtervalle fiir die Schiefe und Kurtosis erhalt man, indem man um den jeweiligen Schatzwert ein Intervall mit dem entsprechenden zweifachen Standardfehler bildet. Liegt der Quotient von Wert und Standardfehler aufierhalb des Intervalls [-2, 2], besteht mit p ^ 0,05 eine signifikante Abweichung von Null. Ahnlich auBem sich auch Hair et al. (1995), S. 66. "^^ Zusatzlich wurde ein Kolmogoroff-Smimov-Anpassungstest durchgefiihrt, der die Abweichungen der empirischen Verteilung in der Grundgesamtheit von einer angepassten Normalverteilung beurteilt. Die PrufgroBe orientiert sich dabei am groBten Abstand zwischen hypothetischer und empirischer Verteilung (vgl. Hartung (1993), S. 183ff.). Die Nullhypothese, die besagt, dass beide Verteilungen iibereinstimmen, musste fur alle Entscheidungen verworfen werden.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
145
Die empirischen Werte werden in Abbildung 31 nach ihrer Haufigkeit und tiber den theoretischen (normalverteilten) Werten abgetragen. Beispielhaft wurde die Entscheidung AIP2 mit der schlechtesten Anpassung an die Normalverteilung ausgewahlt. Die hohe Wolbung zeigt sich in einer schwachen S-Form im Normalverteilungsdiagramm, Femer zeigt sich ftir AIP2 eine spitze, leicht schiefe Verteilungsform der Haufigkeiten. Im Falle asymmetrischer Daten schlagt Keppler die Wahl eines strengeren Signifikanzniveaus von 0,01 zur Korrektur moglicher Beeintrachtigungen vor."*^^ Die Ergebnisse des t-Tests gentigen dieser Forderung. Um zusatzliche Klarheit zu erreichen, ob Hypothese 1 bei Verlusten und Gewinnen abzulehnen ist, soil abschlieBend ein verteilungsunabhangiger Test durchgefuhrt werden. Gegeniiber dem parametrischen t-Test verschwendet ein nicht-parametrisches Verfahren Informationen aus den Daten. So ist die Effizienz des Wilcoxon Tests geringer im Vergleich zum t-Test bei Vorliegen einer Normalverteilung und eines kardinalen Messniveaus."*^^ Andererseits verlangt der Wilcoxon-Test nur die symmetrische Verteilung der Daten in der Grundgesamtheit und ist daher unempfindlicher fur Kurtosis."*^^ Wenn die Annahme einer Normalverteilung nicht gerechtfertigt erscheint, ist er dem t-Test vorzuziehen."*^^ N Mittlerer Rang
Rangsumme
Negative Range^
68
94,66
6437
Positive Range
120
94,41
11329
Bindungen
80
Negative Range''
76
95,41
7251
Positive Range
110
92,18
10140
Bindungen
103
Negative Range""
86
83,51
7182
Positive Range
104
105,41
10963
Bindungen
99
Gewinne 1 (BIP1-AIP1)
Gewinne 2 (BIP2-AIP2)
Verluste 1 (BIN1 -AIN1)
Negative Range"^
83
109,57
Positive Range
131
106,19
Bindungen
74
Verluste 2 (BIN2-AIN2)
90941 13911
^ BIP1 < AIP1; " BIP2 < A I P 2 ; ' BIN1 < AIN1; "^ BIN2 < AIN2;
Tabelle 20: Rangstatistik des Treatmenteffektes
^Vgl. Keppel(1991),S. 97. ^ Vgl. Buning/Trenkler (1994), S. 3. ^ Vgl. Noether (1990), S. 184. ^ Vgl. Buning/Trenkler (1994), S. 135.
sUppLex
146
Experimentelle Untersuchiing der wahrgenommenen Bindungswirkimg spezifischer Investitionen
Der Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest testet allgemein die Nullhypothese, dass beide Variable die gleiche Verteilung besitzen."*^^ Hier basiert die Test-Statistik auf den Rangen der absoluten Differenzen zwischen dem ex ante und dem ex post Aquivalent (vgl, Tabelle 20). Gewinn 1 (BIP1 -AIP1)
1
Gewinn 2 (BIP2-AIP2)
Verlust 1 (BIN1 -AIN1)
Verlust 2 (BIN2-AIN2)
z^
-3,276
-1,965
-2,491
-2,656
Asymptotische Signifikanz (2-seitig)
,001
,049
,013
,008
^ Basiert auf negativen RSngen Tabelle 21: Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest
Die GroBe der Differenzen innerhalb der Paare wird gewichtet: Paare, die hohe Differenzen zeigen, werden starker gewichtet als Paare mit geringen Differenzen, Einen Uberblick der Test-Statistik gibt Tabelle 21. Sie basiert auf den negativen Rangen, also ex post hoheren Aquivalenten. Fiir alle Entscheidungen im Gewinn- und Verlustbereich ist die Nullhypothese bei p < 0,05 zu verwerfen. Damit soil Hypothese 1 angenommen werden. 5.4.2 Priifung des Konstruktes der Committed Cost Nach der Betrachtung absoluter Unterschiede in den Wahrscheinlichkeitsaquivalenten durch das Treatment ist im Folgenden zu prufen, ob das Konstrukt der CC und dessen Einflussfaktoren Amortisation und Spezifitat gemafi Hypothese 2 ursachlich fur die beobachtete Bindungswirkung ist. Hypothese 2
Die originare Bindungswirkung retrospektiver Kosten- und Nutzenelemente spezifischer Investitionen basiert auf dem Konstrukt der Committed Cost. a: Mit zunehmendem Spezifitatsgrad steigen die Committed Cost und damit die originare Bindungswirkung. b: Mit zunehmendem Amortisationsgrad sinken die Committed Cost und damit die originare Bindungswirkung. c: Das durch den Amortisationsgrad und den Spezifitatsgrad bestimmte Konstrukt der Committed Cost zeigt einen positiven Zusammenhang mit der originaren Bindungswirkung. Zur Messung der komparativen Bindungswirkung des In-Suppliers mtissen die subjektiven Bewertungen anhand der individuellen Wertfunktionen der VPN in eine monetare Wertdimension iiberfuhrt werden (vgl. Abschnitt 5.3.1). Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, um ^ Vgl. Hartung (1993), S. 243f.
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Experimentelle Untersuchimg der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
147
welchen Betrag der Out-Supplier seine Gewinnerwartung ex post erhohen miisste, um aus Sicht des Kunden weiterhin als gleichwertig wahrgenommen zu werden. Nach Gleichung (11) lasst sich die Bindungswirkung als monetare Wertdifferenz SK ausdriicken. Fiir die komparative Bindungswirkung ergibt sich auf Basis der Wahrscheinlichkeitsaquivalente in Teil A q^ und in Teil B q^ nach Gleichung (11) in Verbindung mit Gleichung (12):^^^ w q^ v{x^ + y^^'^w 59i Negatives Feedback bei individuellen Start- und Zielwerten Mit der Beriicksichtigung individueller Start- und Zielwerte ist das beschriebene Modell in der Lage, die „rationaleren" Bewertungen der spezifischen Investition nach opportunistischem Verhalten zu beriicksichtigen. Der beidseitige Riickgang des CC-Effektes in der gesamten Stichprobe kann als Referenzpunktverschiebung in Richtung des Status Quo durch negatives Feedback abgebildet werden. Dies betrifft sowohl den Startwert der gebundenen VPN, wie auch den Zielwert der ungebundenen VPN. Fur die gebundenen VPN steigt der individuelle Startwert von Szenario I zu Szenario II, so dass // < kf^. In der Terminologie von Thaler entsprache dies einer vollstandigen bzw. anteiligen auBerordentlichen mentalen Abschreibung der In-Supplier Investition. Durch hohere kognitive Anstrengung wird die Verzerrung durch die CC vollstandig bzw. teilweise erkannt und korrigiert. Dies lasst sich analog ftir die ungebundenen VPN durch geringere Zielwerte darstellen. Die ungebundenen VPN lernen aufgrund der negativen Opportunismuserfahrung und korrigieren ihre Ziele, wobei ebenfalls gilt: k^ < k", Als Folge des sinkenden Zielwertes sinkt die Unterbewertung der In-Supplier Investition. In Abbildung 41 sind die entsprechenden Bewegungen durch gestrichelte Linien verdeutlicht. Break-Even bei individuellen Start- und Zielwerten Mit dem Break-Even der spezifischen Investition wurde abschlieBend, gemaB Hypothese 5 a, ein weiterer Einflussfaktor auf die Bindungswirkung untersucht. Getestet wurden funf Falle, in denen jeweils eine Break-Even-Chance bzw. ein sicherer Break-Even beim In- bzw. OutSupplier vorlag. Eine Bindungserhohung fur alle Entscheidungsvergleiche wurde nur bei Erwartung eines sicheren Break-Even beim In-Supplier festgestellt. Ein unsicherer Break-Even beim In-Supplier zeigte fur drei der vier Vergleiche signifikante Zunahmen der Bindung. Die Bindungserhohung, gemessen an den Differenzen der Mittelwerte der Bewertungen mit und ohne Moglichkeit eines Break-Even, ergab eine Abhangigkeit der Bindungsveranderung von der Bindungsrichtung und den CC. Ftir gebundene VPN zeigte sich eine Bindungserhohung und fur ungebundene VPN eine Bindungsreduktion durch die Break-Even-Erwartung. Diese Bindungsveranderung ist gemafi Hypothese 5b in Verbindung mit Hypothese 2c abhanFiir erwartete Verluste wurde bei ungebundenen VPN kein Zusammenhang zwischen CC und der Bindungswirkung festgestellt (vgl. Abschnitt 5.4.2.1). Auch die Modellierung der Zielwerte fur diesen Bereich innerhalb des Argumentationsrahmens erscheint problematisch. Die notwendige Bedingung V^^'^^ > V^^- -^ > }^^'^^ kaxm. nur gelten, wenn die erwarteten Verluste ex ante zumindest teilweise im Gewinnbereich wahrgenommen werden. Dies setzt voraus, dass schon ex ante ein Zielwert uber dem Status Quo bestand, bspw. durch einen positiven Wert der nicht computergestiitzten Bestellpraxis vor der spezifischen Investition. Dafiir lassen sich in den Daten jedoch keine Anhaltspunkte finden. Das Framing der ungebundenen VPN bei Verlusterwartung muss demnach als unklar angenommen werden.
sUppLex
Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen
203
gig von der Hohe der CC. Ubersteigt ein erwarteter Gewinn relativ zum Startwert den Status Quo, so steigt die Bindungswirkung mit den CC, 1st dagegen kein Break-Even moglich, so wird der gesamte Gewinn als Verlustreduktion wahrgenommen. Aufgrund der zunehmenden Steigung der Wertfunktion im Verlustbereich steigt die Uberbewertung mit der Annaherung an den Status Quo (bspw. durch geringere CC). Aus Gleichung (19) wird ersichtlich, dass der CC-Koeffizient k, das Vorliegen einer BreakEven-Situation beeinflusst. Bei entsprechend kleinen Koeffizienten besteht fur alle vorliegenden Entscheidungen eine Break-Even-Chance. Entscheidend ist demnach nicht, ob objektiv ein Break-Even vorliegt, sondem ob eine Break-Even-Situation wahrgenommen wird. Im Falle ungebundener VPN wurde die zunehmende Unterbewertung mit steigenden CC mit und ohne die Chance auf einen (objektiven) Break-Even festgesteUt, Aus Abbildung 41 wird deutlich, dass Gewinne, die relativ zu ZW beurteilt werden, unabhangig von einem BreakEven mit abnehmenden Grenzwerten beurteilt werden. Relativ zum ex ante SQ, welcher der Out-Supplier Bewertung zugrunde liegt, sinkt fur diese Entscheider die Gewinnbewertung und damit die Bindungswirkung, Dieser Zusammenhang wird folglich nicht durch einen erwarteten Break-Even beeinflusst. Determinanten individueller Start- und Zielwerte Gemafi der Systematik individueller Start- und Zielwerte nimmt der ungebundene Entscheider im Vergleich zum gebundenen Entscheider nicht die zu beseitigende Verlustsituation durch die CC sondem ein unerreichtes positives Ziel wahr, von dem aus die Investition beurteilt wird. Wahrend der gebundene Entscheider einen nicht amortisierten Verlust wahmimmt, sieht der ungebundene Entscheider einen nicht erreichten Gewinn. Fraglich bleibt jedoch, wodurch die unterschiedlichen Anspruchsniveaus in Richtung und Hohe hervorgerufen werden. In den vorliegenden Daten fmden sich keine Anhaltspunkte fur einen Faktor mit ausreichender Trennscharfe zwischen gebundenen und ungebundenen VPN (vgl. Abschnitt 5.4.2). Femer ist davon auszugehen, dass die Gruppenzugehorigkeit keine Personlichkeitskonstante ist, sondem situativ bestimmt wird. Darauf deuten wechselnde Gruppenzugehorigkeiten von Szenario I zu Szenario II hin (vgl. Abschnitt 5.4.3,2), Zu diesem Ergebnis kommen auch Sullivan und Kida, welche die Bedeutung der Referenzpunkte Survival Point und Zielniveau untersuchen. Die Autoren weisen die Existenz beider Referenzniveaus nach, stellen jedoch fest, dass die Aufmerksamkeit in einer bestimmten Entscheidungssituation jeweils nur einem Referenzpunkt gilt, wobei die Aufmerksamkeit zwischen den Punkten in Abhangigkeit von situativen Faktoren wechselt,^^"*
* Vgl. SuUivan/Kida (1995), S. 77.
sUppLex
Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen
204
Die Start- bzw. Zielwerte unterscheiden sich zwischen den Gruppen in Abhangigkeit der CC. Daniber hinaus bestimmt kj die individuelle Hohe der Referenzpunktverschiebung, die aus den erweiterten Startwertiiberlegungen folgt. Dies wirft die Frage nach den Determinanten des CC-Koeffizienten und damit nach Indikatoren der Lage individueller Anspruchsniveaus auf. Lewin halt dazu fest, dass Anspruchsniveaus „[...] depend on many aspects of the life space of the individual at that time, particularly on the way he sees his past experience and on the scales of reference which are characteristic for his culture and his personality". ^^^ Der Autor diskutiert in diesem Zusammenhang eine Reihe von Faktoren, die individuelle Anspruchsniveaus beeinflussen. In Tabelle 50 sind aufbauend auf diesen Faktoren mogliche Einfltisse mit Bezug auf die vorliegende Analyse aufgefuhrt.^^^ 1
Allgemeine Faktoren
Mogliche vorliegende Einflusse
Referenz Skalen Committed Cost, Vertrauen, Break-Even Chance Experimentelle Zielvorgaben und Position der Zielerreichung Situative Faktoren Wahrgenommene Zielerreichung
Individuelle Gewinn- und Verlustwahrnehmung sowie Festlegung des Status Quo
Schwierigkeitsgrad derAufgabe Definition von Erfolg und Misserfolg
Subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit der In-Supplier Investition, Verlustaversion, Fehlertoleranz
Soziookonomischer Hintergrund Wissen, Bezugsgruppen
Wissen iiber Investitions- und Risikorechnung, Personliches Einkommen, Bindungsstile
Gewohnter Standard Historie von Erfolgen und iVIisserfolgen
Gewinn- und Verlusterfahrungen in der Vergangenheit (vordem Experiment), Verlauf der Wertfunktion
Realitatsbezug Fragestellung und Untersuchungsgegenstand
Fehlende externe Validitat
Stimulation der VPN Aufbau des Experimentes, Aktivierung der VPN Einflusse der experimentellen Situation auf die VPN Tabelle 50: Ausgewahlte Einflusse auf das Anspruchsniveau
Welche Faktoren in welchem AusmaB die Bildung von Referenzpunkten und deren Berticksichtigung im Entscheidungsprozess bestimmen, muss Aufgabe weiterer Forschungsbemiihungen sein. Aufgrund der in dieser Arbeit beobachteten hohen individuellen Unterschiede kommt dabei den sozialen und psychologischen Einflusses eine besondere Bedeutung zu.
6.2 Implikationen fiir Marketing-Management und Marketingwissenschaft Im Laufe der Arbeit wurde in verschiedenen Problembereichen auf Implikationen fur die Marketingwissenschaft und auf die Notwendigkeit weiterer Forschungsbemuhungen hingewiesen. Diese sollen im folgenden Abschnitt aufgegriffen und vertieft werden. Dartiber hin'Lewinetal. (1944), S. 367. ^ Vgl. ebenda, S. 337-345; Helson (1964), S. 400.
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Zusammenfassende Beurteilimg und Implikationen
205
aus ergeben sich aus den Ergebnissen der Arbeit Konsequenzen fur das MarketingManagement in Geschaftsbeziehungen, die abschlieBend aufgezeigt werden sollen. 6.2.1 Weitere Forschung und Folgerungen fur die Marketingwissenschaft Seit den 80er Jahren wird die Geschaftsbeziehung zwischen Anbieter und Kunde intensiver in der Marketingwissenschaft diskutiert. Das Relationship-Marketing hat sich seit dem zu einem etablierten Gebiet der Marketingdisziplin entwickelt, Rese, Sollner und Utzig identifizieren zwei Forschungscluster bei einer Standortbestimmung im Jahre 2003.^^^ Zum einen identifizieren sie eine eher verhaltenswissenschaftlich gesteuerte Beziehungsforschung mit einem hohen Anteil empirischer Forschung,^^^ zum anderen eine mehrheitlich auf Basis neuerer okonomischer Mikrotheorie aufbauende Beziehungsforschung, bei der die Geschaftsbeziehung als Koordinationsmechanismus oder i. S. einer Prinzipal-Agenten-Beziehung verstanden wird.^^^ Grundsatzlich ist die Beziehungsforschung auf eine realitatsnahe Abbildung des Kauferverhahens angewiesen. Worauf sonst konnte das Relationship-Selling eines Anbieters aufbauen, wenn nicht auf dem tatsachlichen Verhalten der Kunden? Verhaltenswissenschaftliche Ansatze bieten meist eine hohere Realitatsnahe und ein hoheres problembezogenes Erklarungsvermogen, insbesondere, wenn sie auf induktiven Modellen beruhen. Demgegenuber steht der geringere Abstraktionsgrad und der damit verbundene Verlust an Allgemeingiiltigkeit. Eine hohe Allgemeingiiltigkeit „erkauft" sich die Institutionenokonomik durch eine Reihe von Annahmen uber das zugrunde liegende Menschenbild und Einschrankungen der Umwelt, Dadurch entstehen Defizite im Erklarungsvermogen realer Phanomene, insbesondere auf individueller Ebene. Dazu stellt Kaas fest: „Die Institutionenokonomik wird nur dann eine Zukunft [im Marketing, Anm. d. Verf.] haben, wenn sie sich in der Konfrontation mit der Realitat bewahrt".^^^ In Zusammenhang mit der Analyse von Bindungen innerhalb einer Geschaftsbeziehung weisen Plinke und Sollner darauf hin, dass der transaktionskostentheoretische Bezugsrahmen fur eine solche Analyse zu restriktiv ist und erweitem den Bezugsrahmen.^^^ Somit stellt sich die Frage, ob die vollstandige oder teilweise Aufhebung der Annahmen den Stand der Institutionenokonomik bei der Konfrontation mit der Realitat verbessert, ohne ihre hohe Allgemeingiiltigkeit einzubiiBen. Insofem ergibt sich ein Trade-off zwischen Realitatsnahe und Allgemein-
^^' Vgl. Rese et al. (2003), S. 2. ^^^ Vgl. u. a. Dwyer et al. (1987); Reichheld/Sasser (1990); Han et al. (1993); Diller (1996). ^^^ Vgl. u. a. Plinke (1989); Kaas (1992a); Kaas (1995c); Plinke (1997b). ""^ Kaas (1995a), S. 12. ^°' Vgl. Plinke/Sollner (1999), S. 65. Die Autoren erweitem den Bezugsrahmen insbesondere um Effektivitatsaspekte.
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206
Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen
gultigkeit, der nur fur den jeweiligen Untersuchungszweck beantwortet werden kann: „Complete 'realism' is clearly unattainable, and the question whether a theory is 'realistic' enough can be settled only by seeing whether it yields predictions that are good enough for the purpose in hand or that are better than predictions from alternative theories."^^^ Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass der transaktionskostentheoretische Bezugsrahmen durch den Fokus auf die Transaktion und die damit verbundenen Transaktionsprobleme einen wertvollen Beitrag zur Erklarung des Lock-In des Kunden leisten kann. Die Analyse hat dariiber hinaus gezeigt, dass die Annahme der Risikoneutralitat und die fehlende Berticksichtigung von Referenzpunkten zum Ausschluss von originarer Bindungswirkung spezifischer Investitionen fuhrt. In Konsequenz ergeben sich systematische Fehler bei der Einschatzung der Stabilitat von Geschaftsbeziehungen - auch auf aggregierter Ebene. Wahrend die Annahme risikoneutraler Entscheider fur die Analyse institutioneller Koordinationsstrukturen zur Komplexitatsreduktion vertretbar erscheint, kann sie bei der Analyse des Verhaltens der Akteure in Geschaftsbeziehungen nicht aufrecht erhalten werden. Die Falsifikation der Risikoneutralitatsannahme sollte jedoch nicht zur Ablehnung der Transaktionskostentheorie als Fundament der Analyse von Geschaftsbeziehungen fiihren, ohne sie durch eine bessere Theorie mit hoherem Erklarungsgehalt zu ersetzen: „Theory selection is based on opportunity cost, not absolute falsificationist standards".^^^ Lakatos bringt es auf den Punkt: „[...] there is no refutation without a better theory".^^ Folgt man der Sichtweise Lakatos, so stehen zwei Wege offen: die Erweiterung des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens (i. S, einer VergroBerung des Forschungsclusters) und die Entwicklung eines „besseren" theoretischen Bezugsrahmens (mit Elementen beider Forschungscluster). Eine Erweiterung des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens i. S. d. oben beschriebenen Defizite nehmen Chiles und McMackin vor.^°^ Die Autoren kritisieren insbesondere die fehlende Anwendbarkeit der Theorie fur die Wahl des Koordinationsmechanismus als Management-Entscheidungsproblem. Sie geben die Annahme der Risikoneutralitat auf und integrieren Vertrauen in ihr Modell, wobei sie auf ein subjektives Kostenverstandnis zuriickgreifen (vgl. Abschnitt 3.4.2). Die Anwendung der Transaktionskostentheorie als Entscheidungstheorie i. S, d. Autoren stoBt jedoch an anderer Stelle an die Grenzen des urspriinglichen Bezugsrahmens. Neben Einschrankungen durch die reine Effizienzbetrachtung fiihrt der komparativstatische Charakter der Analyse zur Vemachlassigung dynamischer Aspekte, insbesondere bei
^Friedman (1979), S. 41. ^ Smith (1989), S. 163. *Lakatos(1978), S. 5. ' Vgl. Chiles/McMackin (1996).
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Zusammenfassende Beurteilung imd Implikationen
207
der Entwicklung von Vertrauen zwischen den Akteuren.^^ Im Unterschied zur vorliegenden Arbeit stellen Chiles und McMackin die Entscheidung iiber eine Governance Struktur in den Mittelpunkt. Der Prozess der Entscheidungsfindung wird von Chiles und McMackin nicht beleuchtet, wodurch Anspruchsniveaus bzw. Referenzpunkte und letztendlich retrospektive Entscheidungseinfltisse unberiicksichtigt bleiben. Aussichtsreicher erscheint die Entwicklung eines „besseren" theoretischen Bezugsrahmens. Dass dieser Weg gangbar ist, zeigt die Transaction-Choice-Theorie von Adler, die als institutionenokonomisch orientierte Kaufverhaltenstheorie konzipiert wurde, Ziel war die Entwicklung eines Theorieansatzes, „[...] der das Entscheidungsverhalten des Nachfragers sowohl hinsichtlich der Wahl des Anbieters bzw, der Leistung als auch hinsichtlich der Form der Abwicklung [Koordinationsform] im Zeitablauf zu erklaren vermag".^^^ Wenngleich der Transaction-Choice-Ansatz starke Parallelen zum Transaktionskostenansatz aufweist, werden veranderte bzw. differenziertere Annahmen verwendet. Dem Bezugsrahmen liegen sechs tragende Elemente zugrunde: •
Analyseeinheit ist nicht die Transaktion, sondem die Kauf- bzw. Wechselentscheidung
•
Neben den Kostenaspekten des Austausches werden Nutzenaspekte der Leistung selbst betrachtet
•
Ein durch die beschrankten Informationsverarbeitungsfahigkeiten bedingter zweistufiger Entscheidungsprozess (Consideration und Choice)
•
Die Subjektivitat der Einflussgrofien
•
Die Orientierung an Anspruchsniveaus
•
Eine dynamische Perspektive unter Berucksichtigung der Veranderung von Wissen und Erfahrung
Eines der zentralen Ergebnisse, das empirisch bestatigt werden konnte, ist der Einfluss vergangener Transaktionen auf die Wahl des Anbieters und damit die Integration retrospektiver Komponenten bei Wechselentscheidungen.^^^ Auf theoretischer Ebene wurde dies durch die Konkretisierung der Annahme beschrankter Rationalitat i. S. eines vereinfachten Problemlosungsprozesses bei Wechselentscheidungen erreicht. Ansatze deskriptiver Entscheidungstheorie, insbesondere auf Basis der Prospect Theorie, wurden dabei explizit beriicksichtigt.^^^
^ Vgl. ebenda, S. 95. ^ Adler (2003), S. 54. ^ Vgl. ebenda, S. 191. 'Vgl. ebenda, S. 64, 107ff.
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Zusammenfassende Beurteilimg und Implikationen
Analog zum Konstrukt der CC in der vorliegenden Arbeit wurden die retrospektiven Einfliisse iiber die subjektive Amortisation spezifischer Investitionen operationalisiert, diese wurde jedoch nicht in ihren Komponenten betrachtet.^^^ Auf die im vorliegenden Ansatz aufgenommene Zerlegung der retrospektiven GroBen sowie den Prozess der mentalen Amortisation weist Adler in bezug auf zuktinftige Forschungsbemuhungen hin,^^^ Daniber hinaus unterscheiden sich die Uberlegungen Adlers von der vorliegenden Analyse in der Abbildung retrospektiver GroBen im Entscheidungsmodell. Ahnlich der vorliegenden Arbeit bezieht sich Adler auf Thalers Konzept des Mental Accounting. Eine Modellierung des Entscheidungsprozesses wird dariiber hinaus nicht vorgenommen. Insbesondere werden unterschiedliche Referenzpunkte zur Beriicksichtigung retrospektiver Einfliisse i, S. einer Startwertverschiebung nicht modelliert.^^^ AbschlieBend bleibt festzuhalten, dass die referenzpunktabhangige Modellierung der kognitiven Entscheidungsstruktur mit einem soliden, institutionenokonomisch fundierten Bezugsrahmen in Einklang gebracht werden kann. Vielversprechend ist dies nicht im Sinne einer Erweiterung (und Zweckentfremdung) bestehender institutionenokonomischer Ansatze, sondem als Theorieentwicklung. Das Fundament zur Erklarung der originaren Bindungswirkung bildet die Prospect Theorie in Verbindung mit erganzenden Ansatzen deskriptiver Entscheidungstheorie. Das axiomatische System der Prospect Theorie beschreibt ein realitatsnahes Bild des Entscheiders. Dabei fullt der mathematische Bezugsrahmen die Annahme beschrankter Rationalitat mit Inhalten, deren mathematische Exaktheit jedoch nicht als Indikator fiir ihre Allgemeingtiltigkeit interpretiert werden sollte. So halten Kahneman und Tversky fest: ^Theories of choice are at best approximate and incomplete. One reason for this pessimistic assessment is that choice is a constructive and contingent process. When faced with a complex problem, people employ a variety of heuristic procedures in order to simplify the representation and the evaluation of prospects. These procedures include computational shortcuts and editing operations [,..]. The heuristics of choice do not readily lend themselves to formal analysis because their application depends on the formulation of the problem, the method of elicitation, and the context of choice".^^^
^'^ Adler identifiziert sechs subjektive Einflussfaktoren auf die Auswahi von Anbietem und Koordinationsformen: Nettonutzendifferenz, Differenz der laufenden Transaktionskosten, Amortisation spezifischer Investitionen, direkte Wechselkosten, endogene Unsicherheitsdifferenz und exogene Unsicherheit. Bemerkenswert ist die reiativ hohe Ubereinstimmung mit den in Abbildung 17 dargestellten Faktoren. Im Unterschied zur vorliegenden Arbeit bezieht sich Adler primar auf Massenmarkte fiir Endkunden. *'" Vgl. Adler (2003), S. 200. Diese tJberlegungen wurden erst nach der Konzeption dieser Arbeit veroffentlicht. Insofem kaim dies als Bestatigung der Relevanz des Untersuchungszieles dieser Arbeit fiir die Marketingwissenschaft gesehen werden. ^'^ Vgl. ebenda, S. 109. ^'^ Tversky/Kahneman (1992), S. 317.
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Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen
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Der approximative Charakter des dieser Arbeit zugrunde liegenden entscheidungstheoretischen Bezugsrahmens zeigt sich an der Orientierung am Median-Entscheider. Die Ausfuhrungen in den Abschnitten 3.3 und 6.1 zeigen, dass die postulierten Eigenschaften der Wertund Gewichtungstransformation, ebenso wie die Formatierung der Entscheidungssituation, nur auf aggregierter Ebene bestatigt werden konnen. Zur Systematisierung und Erklarung individueller Unterschiede sind weitere Forschungsbemiihungen wunschenswert. Das in Abschnitt 6,1 diskutierte Modell individueller Start- und Zielwerte kann einen Grofiteil der beobachteten Bindungsphanomene abbilden. Ungeklart bleibt jedoch die Frage nach der Erklarung individueller Unterschiede, d. h. dem Explanans des CC-Koeffizienten. Diese Frage greift die Diskussion der inhaltlichen Fundierung positiv und negativ gebundener VPN in Abschnitt 5.4.2 wieder auf. Ohne erklarende inhaltliche Variable bietet das vorliegende Modell nur die Moglichkeit einer deskriptiven Strukturanalyse fiir das zur Diskussion stehende Explanandum. Das Modell bietet post-factum Erklarungen, die keine Voraussagen auf individueller Ebene erlauben.^^"* Als solches leistet es einen Beitrag zum Verstandnis der originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen und bietet eine Grundlage fur weitere Forschungsbemiihungen. Aufgabe zukiinftiger Forschung i. S. der Theorienbildung ist die Identifikation von Ursache-Wirkungszusammenhangen, die eine inhakliche Erklarung der Bindungsphanomene und damit konkrete Ansatzpunkte zum aktiven Framing der Entscheidung durch den Anbieter leisten. Die vorliegenden qualitativen Indikatoren erlauben keine eindeutigen Ruckschlusse auf die beobachtete Bindungswirkung (vgl. Abschnitt 5.4.2). Notwendig im Sinne der obigen Zielsetzung ist die Identifikation weiterer Einfltisse, insbesondere personenbezogener und situativer Determinanten des Risikoverhaltens und die Entwicklung entsprechender Skalen.^^^ Spezifische Investitionen implizieren einen dynamischen Entscheidungskontext, da Initialinvestition und Folgeeinnahmen und -ausgaben zeitlich auseinander fallen (vgl. Abschnitt 4.2.2). Neben der in dieser Arbeit untersuchten Amortisation der Investition durch Einnahmen ist die Zeitabhangigkeit der originaren Bindungswirkung als Einfluss in dynamischen Kontexten in der Literatur dokumentiert.^^^ Unklar ist, wie eine solche „Entwertung" retrospektiver Kosten durch Startwertverschiebungen oder Anpassungen des Anspruchsniveaus abgebildet werden kann. Zuktinftige Forschung nach den Determinanten „mentaler Abschreibung" und ihrer kognitiven Reprasentation in der Entscheidungsstruktur erscheint vielversprechend. ^Vgl.Bunge(1967), S.45. ^'^ Neben den in Abschnitt 5.5 diskutierten personenbezogenen Einfliissen auf die Entscheidungsfindimg, wie die Erfahrung oder die Moglichkeit zu Lemen bei wiederholten Entscheidungen, erscheinen neuere Arbeiten zu individueilem Bindungsverhalten auf Basis der Attachment Theory aussichtsreich, vgl. Paulssen (2004). Bei den situativen Faktoren steht die Frage im Vordergrund, wie Referenzpunkte gebildet werden und wie stabil diese uber die Investitionsdauer sind. So stellen March und Shapira fest, dass die individueile Aufmerksamkeit zwischen den Bezugspunkten in Abhangigkeit von der wahrgenommenen Wichtigkeit wechseln kann, vgl. March/Shapira(1992). ^"' Vgl. u. a. Arkes/Blumer (1985); Gourville/Soman (1998).
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Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen
6.2.2 Konsequenzen fiir das Relationship-Management Aus den Analysen in der vorliegenden Arbeit lassen sich aus Managementperspektive vielfaltige Implikationen fiir die Marketingpraxis ableiten. Uberall dort, wo spezifische Investitionen vom Kunden in einer Kunden-Anbieter-Beziehungen getatigt werden, lassen sich die nachgewiesenen Zusammenhange prinzipiell in Handlungsempfehlungen umsetzen. Spezifische Investitionen sind insbesondere im industriellen Bereich die Basis langfristiger Geschaftsbeziehungen, Dies fuhrt dazu, dass Kaufentscheidungen haufig zugleich eine Entscheidung iiber einen Anbieterwechsel sind, den der In-Supplier zu verhindem und der OutSupplier herbeizufuhren bemiiht ist. In-Supplier werden versuchen, ihre Kunden durch entsprechende MaBnahmen des Relationship-Selling moglichst stark an sich zu binden. Hinzu kommt, dass mit der Neukundenakquisition i, d. R. erheblich hohere Kosten als mit der Bindung der Bestandskunden verbunden ist.^^^ Out-Supplier streben hingegen an, diese Bindung zu reduzieren und durch attraktive Angebote den Nachfrager zu einem Anbieterwechsel zu bewegen. Die Zielsetzungen von In- und Out-Supplier stehen sich damit diametral entgegen. Im Fokus der folgenden Ausfuhrungen steht das Verhaltensprogramm des In-Suppliers, das sich am erwarteten Kundenverhalten orientiert. Ziel ist die Optimierung der originaren Bindungswirkung. Entsprechende MaBnahmen des Anbieters mtissen jedoch immer im Einklang mit MaBnahmen zur Optimierung derivativer Bindung erfolgen.^^^ Damit sind die gesamten wahrgenommenen Wechselkosten des Kunden ZielgroBe des Relationship-Marketing. Analog ergeben sich die MaBnahmen des Out-Suppliers in vielen Fallen aus der dem In-Supplier entgegengesetzten Zielsetzung, Im Anschluss an die Darstellung von Konsequenzen fur den In-Supplier soUen in diesem Abschnitt MaBnahmen zur Reduktion der originaren Bindung innerhalb der Kundenorganisation diskutiert werden. Die wohl wesentlichste Erkenntnis der Untersuchung ist die Entscheidungsrelevanz der mit einer spezifischen Investition verbundenen retrospektiven Kosten und Erlose. Der dominierende Effekt zeigt eine zunehmende Bindung mit der Hohe der CC. Fiir den Anbieter lasst sich daraus die Zielsetzung ableiten, den Ausgleich des mentalen Kontos des Kunden so lange wie moglich hinauszuzogem.
^'^ In Geschaftsbeziehungen ist der Gewinn pro Kunde fiir den In-Supplier in vielen Fallen erst nach einer gewissen Aniaufphase attraktiv, da Setup- und Akquisitionsinvestments erst amortisiert werden mussen (vgl. Reichheld/Sasser (1990)). Dabei ist es notwendig, die BindungsmaBnahmen auf jene Kunden zu fokussieren, die eine ausreichende Rendite der Investition in die Bindung des Kunden (Customer Life Time Value) erwarten lassen (vgl. u. a. Dwyer (1989); Plinke (1997a)). ^^^ Eine vertiefende Darstellung von MaBnahmen zur Schaffung und Steuerung von Wechselkosten aus Management-Perspektive fmdet sich bei Buschken (2004). Buschken bezieht sich jedoch ausschliesslich auf die derivative Bindung, die Bindungswirkung der Committed Cost bleibt unberiicksichtigt.
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Zunachst folgt daraus die moglichst langfristige zeitliche Verteilung der Kosten des Kunden und der Einnahmen, bis ein Break-Even der Investition erreicht ist. Eingeschrankt wird dies jedoch bei geringfiigigen Investitionen durch eine mogliche Abnahme der Bindung tiber die Zeit. Zweitens sollte die Initialinvestition moglichst hoch und spezifisch sein, um eine maximale Bindungswirkung zu erzielen. Diese Erkenntnis steht scheinbar im Widerspruch zur Optimierung der derivativen Bindung. Danach miisste der Anbieter dutch eine Mischkalkulation die Initialkosten senken, um sich im Wettbewerb durchzusetzen. Ex post, nach fundamentaler Transformation, kann der Anbieter bei entsprechend hoher Quasirente auf Kundenseite gefahrlos seine „Subvention" amortisieren. Dies kann bspw. durch hohe Wartungs-, Ersatzteiloder Schulungskosten geschehen, Sollten diese Kosten des Kunden im After Sales-Bereich spezifischer Natur sein, so lost sich der scheinbare Widerspruch auf, da die Verlustseite des mentalen Kontos des Kunden emeut belastet wird. Der Kunde wird zu immer neuen spezifischen Ausgaben veranlasst, bevor er seinen Break-Even erreichen kann. Nach erfolgter Amortisation reduziert sich jedoch die Bindungswirkung auf die Hohe der verbliebenen Quasirente. Einem ahnlichen Prinzip folgend ist drittens zu empfehlen, vor der Amortisation der bestehenden spezifischen Investition diese durch eine neue spezifische Investition abzulosen. So dient bspw. ein langfristiger Vertrag iiber automatische Software-Upgrades nicht nur dem Erhalt einer positiven Quasirente, sondem erhoht regelmaBig die CC und damit die Vorteilhaftigkeit der In-Supplier Investition. Erganzend sei darauf hingewiesen, dass sich im Rahmen langfristiger Vertrage zusatzlich die Erhohung direkter Wechselkosten anbietet, bspw. durch Austrittsgebtihren oder Vertragsstrafen. Diese Empfehlungen sind an die beschriebene Bindungswirkung gekntipft. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen jedoch erhebliche individuelle Unterschiede in der Bindungswirkung. In Ubereinstimmung mit den Ausfuhrungen von Heide und John ist zu erwarten, „[...] that customers may vary in the degree to which they desire such links [spezifische Investitionen, Anm. d. Verf.] or respond favorably to such 'relationship marketing' efforts".^^^ Die experimentellen Ergebnisse spiegeln diese Streuung wieder. Uberraschend ist der mit ca. einem Drittel hohe Anteil ungebundener Kunden ohne Opportunismusgefahr und bis zu 50% bei bestehender Opportunismusgefahr. Ein solcher „Bumerang Effekt" kann zu Reaktionen des Kunden fuhren, die nicht im Interesse des Anbieters sind:^^° •
Antizipation der einseitigen Abhangigkeit und bewusste Entscheidung gegen den Kauf
•
Suchen oder Aufbauen altemativer Bezugsquellen zur Reduzierung der Abhangigkeit
' Heide/John (1988), S. 34. Ahnlich auch Blois (1996), S. 171. * Vgi. Piinke/Sollner (1999), S. 74f.
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•
Aufbau einer „Gegenmacht" durch Zusammenschluss mit anderen Kunden zur Verbesserung der Verhandlungsposition
•
Starkung der eigenen Position in der Wertschopfungskette, um aus der Perspektive des Anbieters an Bedeutung zu gewinnen
•
Um einer Ausbeutung seiner Verhandlungsmacht entgegenzuwirken, kann der Kunde durch opportunistisches Verhalten seinerseits sein Kosten-Nutzen-Verhaltnis verbessem
Durch diese Reaktionen des Kunden lauft der Anbieter Gefahr, seine Ausbeutungsposition zu verlieren bzw. selbst in eine Abhangigkeitssituation zu geraten. Um dem entgegenzuwirken, bzw. um bei Antizipation der Abhangigkeit tiberhaupt eine Transaktion zu ermoglichen, muss der Anbieter die wahrgenommene Abhangigkeit und damit das wahrgenommene Gefahrenpotential fiir den Kunden reduzieren. In Abschnitt 3,2.3 wurde der Aufbau von Vertrauen als MaBnahme zur Reduktion des Safeguarding Problems diskutiert. Das Vertrauen in den In-Supplier reduziert die wahrgenommene Gefahrdung der Quasirente des Kunden. Es wirkt nicht nur auf die Stabilitat der KundenAnbieter-Beziehung, sondem auch auf die Wettbewerbsposition des Anbieters.^^^ Um negative Auswirkungen auf die Beziehung zu weiteren Kunden zu vermeiden, wird sich der Anbieter die Quasirente eines Kunden nur sehr begrenzt aneignen konnen. Der mit einer Aneignung der Quasirente verbundene Vertrauensverlust wirkt nicht nur auf die derivative Bindung, sondem fuhrt zusatzhch zu einem Rtickgang originarer Bindung, da negatives Feedback iiber das Anbieterverhalten zu einer Anpassung des Anspruchsniveaus des Kunden fiihren kann. Die experimentellen Ergebnisse zeigen, dass ca. ein Viertel der bei vollem Vertrauen gebundenen Kunden nach einer Vertrauensreduktion eine negative originare Bindung zeigen und damit Wechselbereitschaft ausdrticken. Fiir den Anbieter bestatigen die Ergebnisse die zentrale Rolle des Aufbaus und der Erhaltung von Vertrauen in KundenAnbieter-Beziehungen.^^^ Neben den MaBnahmen zur Reduzierung der Abhangigkeit auf Beziehungsebene sollte der Kunde MaBnahmen zur Reduktion der originaren Bindung innerhalb der Kundenorganisation durchfiihren. Tabelle 51 gibt einen Uberblick ausgewahher MaBnahmen, wobei Managementund Controllingaufgaben unterschieden werden. Die Vermeidung der originaren Bindung an Investitionen als Managementaufgabe bezieht sich auf die Reduktion des Rechtfertigungsbedarfs des verantwortlichen Managers. Die (Selbst-)Rechtfertigung wurde in der vorliegenden Untersuchung nicht modelliert und im "" Vgl. Pl6tner(1995),S. 52. ^^^ Fiir eine strukturierte Ubersicht entsprechender MaBnahmen vgl. u. a. Kaas (1990); Plotner (1995); Ripperger (1998).
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experimentellen Design durch die Manipulation vorgegeben. Um ein vollstandigeres Bild der Mafinahmen zu erhalten, soil dennoch auf zwei Aspekte eingegangen werden. Managementaufgabe
Controllingaufgabe
Organisationale Fehlertoleranz
Klare Ziele und Kostenlimitierung
Trennung von Evaluation und Genehmigung
Entscheidungsorientiertes Reporting Klare Evaluationsprozesse
Tabelle 51: Ausgewahlte Mafinahmen zur Vermeidung originarer Bindung
Untersuchungen aus dem Bereich der Eskalationsforschung zeigen, dass die Reduktion der Bedrohung fur den Entscheider, die sich aus den negativen Konsequenzen einer Entscheidung ergibt, eine sinnvoUe Deeskalationsstrategie darstellt (vgl, Abschnitt 2,2.2). Organisationen, die keine strengen Strafen fur Fehlschlage vorsehen, konnen somit Deeskalation unterstutzen.^^^ Ein Mittel hierftir ist die Schaffung organisationaler Fehlertoleranz, um den Mitarbeitem Anreize zu geben, auch Fehlentscheidungen offenzulegen.^^"^ Eine weitere Managementmafinahme ist die organisationale Trennung von Evaluation der Geschaftsbeziehung und der Kostenverantwortung. So wird das Buying-Center einer extemen Kontrolle unterzogen, die durch regelmafiiges Feedback fruhzeitig auf Fehlentwicklungen reagieren kann. Femer kann durch die Trennung vermieden werden, dass die in Abschnitt 5.5.1 diskutierten Gruppenphanomene „Groupthink" und „Groupshift" auftreten. Die Controllingaufgabe zur Reduktion der Bindung an die CC besteht in der Elimination von Fehlentscheidungen durch die Kontrolle des Beschaffungsprozesses. Sie bezieht sich auf den CC-Effekt und die Korrektur der damit verbundenen Informationsverarbeitungsfehler. Eine KontrollmaBnahme ist die ex ante Bestimmung klarer Ziele und damit verbundener Kostenlimitierungen. Werden Limits iiberschritten, so wird die Beziehung mit dem In-Supplier tiberpruft und gegebenenfalls eingestellt. Eine solche Herangehensweise ist jedoch mit erheblichen Umsetzungsproblemen verbunden. So wamen Main und Lousteau in ihrer Empfehlungen an das Management: „Don't set the limit too high because managers may feel committed to spending until they reach the limit".^^^ Bei knappen Zielbemessungen hingegen besteht die Gefahr, dass jene Ziele immer wieder angepasst werden. Um dem zu begegnen, schlagen Brockner, Shaw und Rubin vor, die Ziele (untemehmens-)offentlich bekannt zu machen.^^^
' Vgl. Simonson/Staw (1992). ^ Vgl. Keil/Robey (1999), S. 68. ' Main/Lousteau (1999), S. 60. ' Vgl. Brockner et al. (1979).
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Ahnlich argumentiert auch Heath, der von „mentalen Budgets" der Entscheider ausgeht, die als Referenzniveau bei Uberschreitung den Investitionsabbruch auslosen.^^^ Auch mit einer gut gestalteten Budgetierung wird es notwendig sein, ein entscheidungsorientiertes Reporting zu implementieren, das die Manager dazu bewegt, sich auf die marginalen Aspekte jeder weiteren Investitionsentscheidung zu fokussieren. Um dies zu gewahrleisten, ist die Bereitstellung relevanter Kosten und relevanter Erlose notwendig, die Grundlage einer entscheidungsorientierten Deckungsbeitragsrechnung sind.^^^ Auf diese Weise kann der inkrementale Nutzen der Folgeentscheidung durch den Entscheider leichter isohert werden. Ein differenziertes Reporting hilft, die retrospektiven Kosten zu isolieren und damit den Manager zu unterstUtzen, die retrospektiven von den prospektiven Kosten zu trennen. Der Report sollte eine Verbindung zwischen den ManagementmaBnahmen und den daraus folgenden Ergebnissen herstellen. Die Bereitstellung von Ergebnissen, die nicht in einem Kausalzusammenhang mit den Managemententscheidungen stehen, konnte dazu fuhren, dass ein solcher unterstellt wird,^^^ Daruber hinaus soUten Opportunitatskosten zumindest ansatzweise bereitgestellt werden. Dazu ist ein regelmafiiges Screening der Out-Supplier erforderlich, Auch wenn die Bereitstellung von Opportunitatskosten mit erheblicher Unsicherheit behaftet ist, so tragt sie doch zur Reduzierung von Wahmehmungsverzerrungen bei.^^^ Eine weitere Aufgabe des Controlling besteht in der Implementierung klarer regelmafiiger Evaluationsprozesse, Insbesondere fiir komplexe Problemlosungen ist dazu die Dekomposition der Kosten- und Nutzenbestandteile erforderlich. Durch die Disaggregation des Deckungsbeitrages kann dabei die Kontrolle bis auf die Ebene der Einzeltransaktion erfolgen. Ein weiterer Aspekt der Evaluation ist die Forderung, dabei den Entscheidungsprozess in den Vordergrund zu stellen. So zeigen Simonson und Staw, dass die Qualitat von Entscheidungen zunimmt, wenn der Entscheidungsprozess und nicht das Entscheidungsergebnis als MaBstab fur Belohnung oder Bestrafung dient.^^^ Auf diese Weise wird der psychologische Druck auf den Entscheider vermindert und die Bindung an die Investition reduziert. Die Verzerrungen der Wahmehmung werden durch die oben diskutierten MaBnahmen reduziert, jedoch nicht beseitigt. Die „irrationale" bindende Wirkung der CC kann eingedammt aber (vorerst) nicht eliminiert werden. Simon beschreibt 1979 die nach seiner Einschatzung enge Beziehung zwischen normativer und deskriptiver Entscheidungstheorie:^^^ Je weiter Computerprogramme und Rechenkapazi^Vgl. Heath (1995). ^ Vgl. Plinke/Rese (2002), S. 194f. 'Vgl. Gosh (1995), S. 53. ^ Vgl. u. a. Becker et al. (1974); Northcrafl/Neale (1986); Phillips et al. (1991). ^ Vgl. Simonson/Staw (1992). ^Vgl. Simon (1979), S. 499.
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Zusammenfassende Beurteilimg und Implikationen
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tat entwickelt werden und Verbreitung finden, je mehr werden sich die Empfehlungen normativer Entscheidungstheorie andem. Allerdings wird sich genauso die tatsachliche, beobachtete Praxis der Entscheidungsfindung in den Untemehmen andem, je weiter die neuen Ergebnisse normativer Forschung diffundieren.
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Anhang Anhang 1 : Fragebogen der experimentellen Untersuchung
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Anhang 2 : Formulierung des Between Subject Designs im Fragebogen in Teil B
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Anhang 3 : Umformung der Powerfunktion
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Anhang 4 : Analyse der Wahrscheinlichkeitsaquivalente fur y = 0,56
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Anhang 5 : Haufigkeitsverteilungen von 5x fur y = 0,61 (Szenario I)
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Anhang 6 : Priifung der Bindungswirkung 5x fury = 0,56
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Anhang 7 : J-Test der Bindungswirkung 5x und Rangstatistiken
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Anhang
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Anhang 1: Fragebogen der experimentellen Untersuchung HUMBOLDT-UNIVERSITAT ZU
BERLIN
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTLICHEFAKULTAT INSTITUT FUR INDUSTRIELLES MARKETING-MANAGEMENT
Experiment zu Vertrauen und Kundenbindung Helfen Sie mit! Trotz schrumpfender Budgets und mehr Arbeit fur weniger Geld - wir forschen weiteii!! ^
Schlupfen Sie in die Rolle des Geschaftsfuhrers und handein Sie so, wie Sie es in einer realen Entscheidungssituation auch tun wurden. Fur die folgende Fallstudie gibt es keine falschen und l<eine riclitigen Antworten.
^ Dies ist keine Recfienaufaabel
llire Einstellung zu Vertrauen und Kundenbindung
ist gefragt.
Teil A: Vor dem Kauf Sie sind Geschaftsfuhrer eines kleinen aber feinen Farben- und Lackgeschaftes in Kreuzberg. Im Farbengeschaft kommt es vor allem auf Qualitat (Farbtreue, Farbhaltbarkeit) und auf den Preis an. Einer Ihrer drei langjahrigen Lieferanten, mit dem Sie in den vergangen Jahren gute Geschafte gemacht haben, fuhrt eine Prozessinnovation im Vertrieb durch, die folgendes Angebot beinhaltet: Die Kunden konnen ein neues Computersvstem erwerben, das unter anderem mit • speziellen Zusatzaeraten (Messgerate wie Farbspektrometer, Ein- und Ausgabegerate), • spezieller Software (Farb-Analyse- und Datenbanksoftware fur verwendete Farbmischungen frtjherer Auftrage), • und schlieBlich einer Kommunikationsschnittsteile mit dem Zentralrechner des Lackherstellers fiir automatisierte Bestellvorgange ausgeriistet ist. Bei Bestellungen ut>er das Computersystem wird der Bestellaufwand fur Sie drastisch reduziert. Damit entstehen Ihnen aerinaere Kosten als Ihren Konkurrenten. Femer verbessem Sie Ihre Leistuna gegenut)er Ihren Konkurrenten, da Sie wesentlich genauer als bisher Ihre Farben bestimmen konnen (z.B. bei Nachbestellungen von Kunden). Aus diesen Griinden erwarten Sie hohere Gewinne mit dem neuen Computersvstem. Da Sie jedoch keine Erfahrungen mit dem neuen System besitzen, sind Sie unsicher, ob Sie dem Lieferanten vertrauen konnen. Er konnte ja die Preise erhohen oder schlechtere Qualitat liefem, sobald Sie in sein Computersystem investiert haben. '^ Bitte geben Sie fur die folgenden 8 Falle an, wann Sie unentscfiieden sind zwiscfien Kauf und Niclit-Kauf des neuen Computersystems. Gehen Sie in den ersten 4 Fallen von vollstem Vertrauen und in den folgenden 4 Fallen von geringem Vertrauen in llire bisherigen Lieferanten aus. Legen Sie dabei folgendes Sctiema zugrunde: Bisherige Bestellweise: Ohne neues Computersystem Vollstes Vertrauen (100%)
50% Chance, dass Preise und Qualitat konstant bleiben 50% Gefahr, dass Preise steigen oder Qualitat sinkt
Erwarteter Gewinn/Verlust
Enwarteter Gewinn bei bestatiatem Vertrauen
Erwarteter Gewinn bei enttauschtem Vertrauen
EnA/artete GewinneA/erluste ohne Computersvstem (bisheriae Bestellweise)
Mit neuem Computersystem Welche Chance, dass Preise und Qualitat konstant bleiben, muss der Lieferant mit dem neuen Computersystem bieten, damit beide Alternativen fur Sie gleichwertig sind? EnA/arteter Gewinn bei bestatiatem Vertrauen
m^
Gefahr, dass Preise steigen oder Qualitat sinkt (Rest zu 100% hier:100%-75%=25%)
Erwarteter Gewinn bei enttauschtem Vertrauen
Erwartete GewinneA/erluste bei Bestelluna mit dem neuen Computersvstem
Vollstes Vertrauen - gute Gewinnaussichten 100%
€ 60.000
€ 80.000 ist gleictiwertig mit (Restzu 100%)
€ 30.000
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Erwartete GewinneA/erluste ohne ComDutersvstem rbisheriae Bestellweise)
£nA/grt^te Q^yvinp^A/etluste |3gi g^^t^llMPq mit dem neuen ComDutersvstem
Vollstes Vertrauen - durchschnittliche Gewlnnausslchten 100%
€ 20.000
€ 30.000
ist gieichwertig mit
Vollstes Vertrauen - schlechte Gewlnnausslchten 100%
€ -20.000
ist gieichwertig mit
Vollstes Vertrauen - sehr schlechte Gewlnnausslchten 100%
€ -60.000
ist gieichwertig mit (Rest zu 100%)
€ -80.000
Gerlnges Vertrauen - sehr gute Gewlnnausslchten 50%^^^.^
€ 140.000
€ 120.000 ist gieichwertig mit
50%^"~""'"""^--- € 4 0 . 0 0 0 Gerlnges Vertrauen - durchschnittliche Gewlnnausslchten 50% ^^„^^
€ 40.000 ist gieichwertig mit
50%^""""^---^ £ 0 Gerlnges Vertrauen - schlechte Gewlnnausslchten 50% ^^^„^^
€0
5 0 % ^ —
€^0.000
ist gieichwertig mit
Gerlnges Vertrauen - sehr schlechte Gewlnnausslchten 50% ^^,^^
€ -20.000 ist gieichwertig mit
50% '^Prufen
(Rest zu 100%,
€ -60.000
€ -70.000
Sle nun nochmals ihre bisherlgen Antworten im Tell A. Danach andem Sle diese bitte nicht mehr. Tell B: Nach dem Kauf
Nach grundlichen Uberlegungen gehen Sie auf das Angebot Ihres Lieferanten ein und erwerben das neue Computersystem fur 80.000 Euro. Aufgrund guter Qualitat und gunstigen Preisen bestellen Sie Farben und Lacke ausschlieBlich uber das neue Computersystem, auf das Ihre Farbpaletten und Bestellprozesse vollstandig abgestimmt sind. Sie sind dadurch an den Lieferanten gebunden. 18 Monate spater hat sich die Investition bereits zur Halfte amortisiert (Sie haben die Halfte des Kaufpreises, also € 40.000 der € 80.000 zuruckverdient). Sie erfahren, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben, das nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten ist, sondern einen neuen, fur alle Lieferanten offenen Standard etablieren soil. Daraufhin uberleqen Sie, ob sich eip Wechsel ^u co/or./ief fur Sje lohn^. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherlgen Lieferanten bezogene Computersystem nur fur diesen Lieferanten einsetzbar ist, nicht jedoch fur color.net. Das ComDutersvstem hat keinen Wert auRerhalb seiner derzeitiaen Verwenduno.
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c= Bitte geben Sie fur die beiden folgenden Szenarien an, wann Sie unentschieden ^nd zwischen beibehalten des derzeitigen Lieferanten, an den Sie sich gebunden haben, und einem Ueferantenwechsel zu color.net. Szenario I: Vollstandiges Vertraut Beim bisherigen Lieferanten haben Sie vollstes Vertrauen durch konstante Qualitat und labile Preise in der Verqanaenheit. Bei color.net dagegen besteht die Gefahr steigender Preise oder schwankender Qualitat. (^ Geben Sie fur die folgenden 4 IVIm-kterwartungenJeweils an, wann Sie unentschieden sind Twischen dem Verbleib beim derzeitigen Ueferanten und einem Wectisel zu coior.net (Welches Risilfo sind sie beim Ueferantenwechsel bereit zu tragen?). Es giit wieder obiges Schema: Erwartungen bei derzeitigem Lieferanten Vollstes Vertrauen (100%)
Erwarteter Gewinn/Verlust
und (in Szenario II) 50% Chance dass Preise und Qualitat konstant bleiben
^ ^ ^.^^
Erwarteter Gewinn bei bestatiqtem Vertrauen
Erwartungen bei coior.net Welche Chance, dass Preise und Qualitat konstant bleiben, muss color.net bieten, damit beide Alternativen fiir Sie gleichwertig sind? _ ^ ^ /^ u Enwarteter Gewinn bei ^ . ^ I j ^ ^ ^ bestatiqtem Vertrauen ^