Knoten orientierte Verfahren der Netzberechnung von Dr.-lng. habil. Bernd R. Oswald Professor an der Universität Hannove...
239 downloads
1014 Views
3MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Knoten orientierte Verfahren der Netzberechnung von Dr.-lng. habil. Bernd R. Oswald Professor an der Universität Hannover Zweite, erweiterte Auflage der Erstausgabe 1999
1
l
f
L
Leipziger Universitätsverlag 2000
1
_ _ _ _l&iiiiiiiil_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
1
j){L (Ö.21.
311 G;. '1-lOI Q.4 001. ::i Inhaltsverzeichnis
Einführung
5
1/!92f Teil 1: Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände Gleichungen der Betriebsmittel
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Oswald, B. R.: Knotenorientierte Verfahren der Netzberechnung/ von Bernd R. Oswald. 2., erw. Aufl. - Leipzig: Leipziger Univ.-Verl., 2000 ISBN 3-934565-51-4
2
Knotenspannungs-Zweigstrom-Analyse (KZA)
3
Modifiziertes Knotenpunktverfahren (MKPV)
4
Knotenpunktverfahren (KPV)
5
Dreipolige Darstellung
6
Nachbildung von Kurzschlüssen und Unterbrechungen
9
10 11 12 14 14
Teil 2: Berechnung nichtstationärer Vorgänge
Druck: APRESYS GmbH, Leipzig ISBN 3-934565-51-4
1 2 3
Modifiziertes Knotenpunktverfahren (MKPV)
4
Erweiterung auf das Dreileitersystem
5 6
Fehlernachbildung im EKPV
7 8 9 10
Gleichungen der Synchronmaschine für das EKPV
Gleichungen der Betriebsmittel
Erweitertes Knotenpunktverfahren (EKPV)
Berechnung von Netzeigenwerten nach dem EKPV
Gleichungen der Transformatoren für das EKPV Power-System-Descriptor (PSD) Differenzenverfahren
Literatur
27 28 30 40 42 52 60 68 86 91
106
1
Einführung Bei der Berechnung eines allgemeinen Netzwerkes mit n unabhängigen Knoten und m Zweigen treten 2m Unbekannte, nämlich m Zweigspannungen und m Zweigströme auf. Das Prinzip der knotenorientierten Netzberechnung (KON) besteht darin, Netzgleichungssysteme ausschließlich auf der Grundlage der Knotenpunktsätze zu formulieren. Die Knotenpunktsätze sind ein Sonderfall einer fundamentalen Schnittmenge, die zu einem fiktiven trivialen Baum, einem Knotenbaum gehört. Ein Knotenbaum ist ein Baum, der vom Bezugsknoten zu jedem Knoten führt. Wenn zwischen einem Knoten und dem Bezugsknoten kein Zweig vorhanden ist, wird ein Nullzweig angenommen, der später ohnehin wieder herausfällt. Oie Knotenpunktsätze werden mit Hilfe der Knoten-Zweig-/nzidenzmatrix K in der Form K i = O geschrieben. Die Knoten-Zweig-lnzidenzmatrix enthält die Information über die Struktur (Topologie) des Netzes und läßt sich leicht aus einer Knoten-Zweig-Liste aufstellen. Praktisch ist damit für die Formulierung der Knotenpunktsätze kein Baum erforderlich, so daß man völlig ohne solche topologische Hilfsmittel auskommt, worin der wesentliche Vorteil der knotenorientierten Netzberechnung besteht. Bei der knotenorientierten Netzberechnung treten im Vektor der Unbekannten die Knotenspannungen UK an die Stelle der Zweigspannungen, worin ein weiterer Vorteil der knotenorientierten Netzberechnung zu sehen ist, da sich der Netzberechner vordergründig für die Knotenspannungen interessiert (Berechnung der Spannungsabfälle, Leistungsberechnung u.a.). Die Zweigspannungen können jederzeit aus der trivialen Beziehung der Netzwerktheorie u = KT UK erhalten werden, wobei KT die transponierte Knoten-Zweig-lnzidenzmatrix ist. Als grundlegende Verfahren der knotenorientierten Netzberechnung sind die Knotenspannungs-Zweigstrom-Analyse (KZA), das Knotenpunktverfahren (KPV) und das modifizierte Knotenpunktverfahren (MKPV) bekannt. Für die Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände in Elektroenergiesystemen lassen sich die Differentialgleichungen der speicherbehafteten Netzzweige (Lund C-Zweige) in Zeigergleichungen überführen. Diese können entweder als Stromoder als Spannungsgleichungen formuliert werden. Auf die Zeigergleichungen sind alle drei oben genannten Verfahren der knotenorientierten Netzberechnung anwendbar. Gewöhnlich wird jedoch das Knotenpunktverfahren bevorzugt, weil es ein Netzgleichungssystem geringster Ordnung erzeugt. Unter einem Netzgleichungssystem soll i.f. der Teil des gesamten Gleichungssystems verstanden werden, der die Verknüpfung der Netzzweige in Form von Beziehungen zwischen den Knotenspannungen enthält, in dem also die Knotenspannungen als Unbekannte vorkommen. Den größten Rechenaufwand verursacht immer die Lösung des Netzgleichungssystems. Der Rest des Gleichungssystems besteht lediglich aus Zweiggleichungen, deren Lösung wesentlich weniger aufwendig ist. Das Netzgleichungssystem des Knotenpunktverfahrens hat die Ordnung n (Anzahl der unabhängigen Knoten) und enthält als Unbekannte lediglich die Knotenspannungen. Das KPV hat damit das minimale Netzgleichungssystem aller drei genannten Verfahren. Da sich aus den Knotenspannungen alle Zweiggrößen relativ einfach ergeben, bezeichnet man den Vektor der Knotenspannungen auch als Zustandsvektor (nicht zu verwechseln mit einem Zustandsvektor bei der Berechnung nichtstationärer Vorgänge). Außerdem ist nur beim KPV die Koeffizientenmatrix, von einigen Ausnahmen abgesehen, symmetrisch. Da die Koeffizientenmatrix wie auch bei den
J
6
Einführung
beiden anderen Verfahren schwach besetzt ist, ist das KPV äußerst effizient. Hinzu kommt noch, daß für viele Untersuchungsziele (z.B. Untersuchung des Spannungsprofils) die Zweiggrößen nicht oder nur teilweise interessieren, so daß der Aufwand für die Auswertung der Zweiggleichungen ganz oder teilweise entfällt. Die beiden anderen Verfahren der knotenorientierten Netzberechnung (KZA und MKPV) haben im Netzgleichungssystem neben den Knotenspannungen noch Zweigströme als Unbekannte. Bei der Knotenspannungs-Zweigstrom-Analyse sind alle Zweigströme im Vektor der Unbekannten des Netzgleichungssystems vertreten, womit dieses auch die maximale Ordnung m+n hat. Dafür sind aber keine zusätzlichen Zweiggleichungen zu lösen. Beim modifizierten Knotenpunktverfahren kommen neben den Knotenspannungen nur ein Teil der Zweigströme im Vektor der Unbekannten des Netzgleichungssystems vor. Es handelt sich dabei um Ströme von Zweigen, deren Gleichungen sich nicht nach den Strömen auflösen lassen (nichtlineare Zweige) oder um Ströme von idealen Spannungsquellen, die nicht zwischen einem Knoten und dem Bezugsknoten liegen, oder um Ströme von stromgesteuerten Stromquellen sowie um die Ströme von Kurzschlußzweigen. Das modifizierte Knotenpunktverfahren wurde in den 70er Jahren für die Simulation von elektronischen Schaltungen, bei denen diese Sonderfälle auftreten, entwickelt. In der Energietechnik fand das modifizierte Knotenpunktverfahren bisher wenig Beachtung. Für die Berechnung nichtstationärer Vorgänge besteht eine Möglichkeit der Netzmodellierung darin, die Differentialgleichungen der L- und C-Netzzweige durch Diskretisierungsansätze in reelle algebraische Differenzengleichungen zu überführen. Von dieser Möglichkeit wird bisher hauptsächlich Gebrauch gemacht. Die Differenzengleichungen können dann wie bei der Berechnung stationärer und quasistation ärer Zustände wieder in die Form von Spannungs- oder Stromgleichungen gebracht werden. Damit lassen sich alle drei Verfahren der knotenorientierten Netzberechnung auch für die Berechnung nichtstationärer Vorgänge anwenden. Man erhält so reelle Differenzengleichungssysteme, deren allgemeine Form das Zustandsdifferenzengleichungssystem ist. Zustandsdifferenzengleichungen lassen sich einfach durch rekursive Verfahren oder analytische Lösungsansätze, die denen der Zustandsdifferentialgleichungen ähnlich sind, lösen. Im Gegensatz zur Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände, bei der einzelne Zweige uninteressant sein können, müssen bei der zeitschrittweisen Lösung der Differenzengleichungen in jedem Zeitschritt stets alle Zweigspannungen und Zweigströme für die Aktualisierung der in den Gleichungen vorkommenden Vergangenheitswerte berechnet werden. Wenn keine ungewöhnlichen Netzzweige vorliegen, ist aber auch hier das Knotenpunktverfahren angebracht, weil es aufgrund des kleinsten Netzgleichungssystems die höchste Effizienz verspricht. Die sich der Berechnung der Knotenspannungen anschließende Auswertung der Zweiggleichungen ist dagegen mit relativ geringem Aufwand verbunden. Das Ende der 60er Jahre von DOMMEL entwickelte Differenzenleitwertverfahren (DLV) beruht auf der Lösung der Differenzengleichungen nach dem Knotenpunktverfahren und hat durch seine Analogie zum Knotenpunktverfahren bei der Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände eine hohe Akzeptanz erreicht. Weitere, bisher weniger genutzte interessante Möglichkeiten zur knotenorientierten Netzmodellierung für die Berechnung nichtstationärerVorgänge sind das modifizierte Knotenpunktverfahren (MKPV), das erweiterte Knotenpunktverfahren (EKPV) sowie der sog. Power-System-Descriptor (PSD). Alle drei Formen der Netzmodellierung gehen direkt von den Differentialgleichungen der Netzzweige aus, setzen also im Gegensatz zu den Differenzengleichungen keine a priori Diskretisierung der Zweig-
Einführung
7
gleichungen voraus. Außerdem lassen sich Nichtlinearitäten einfacher als in das DLV einbeziehen. Die Anwendung des modifizierten Knotenpunktverfahrens auf die Differentialgleichungen der Netzzweige liefert als Netzgleichungssystem ein Algebro-Differentialgleichungssystem mit den (reellen) Knotenspannungen und (reellen) Strömen der LZweige als Unbekannte, ganz analog zur Berechnung stationärer Zustände. Für die Berechnung der anderen Zweigströme sind zusätzlich deren Zweiggleichungen auszuwerten. Das mit dem üblichen MKPV gebildete Algebro-Differentialgleichungssystem hat aber den Nachteil, daß sein algebraischerTeil nicht unabhängig von den Differentialgleichungen gelöst werden kann. Beide Gleichungsteile müssen stets simultan gelöst werden, wobei man sich auf ein bestimmtes Diskretisierungsverfahren für die Differentialgleichungen festlegen muß. Dieser Nachteil ist beim erweiterten (modifizierten) Knotenpunktverfahren (EKPV) behoben. Das algebraische Gleichungssystem des MKPV ist so erweitert, daß es in jedem Zeitschritt unabhängig von den Differentialgleichungen gelöst werden kann. Damit ist es möglich, wie beim DLV zunächst die Knotenspannungen zu berechnen und dann die Differentialgleichungen zu integrieren. Dabei ist man in der Wahl des Integrationsverfahrens völlig frei und kann dieses den unterschiedlichen dynamischen Eigenschaften der induktiven Zweige anpassen. Ein weiterer Vorteil des EKPV besteht darin, daß sich die algebraischen Gleichungen aus dem Algebro-Differentialgleichungssystem eliminieren lassen, wodurch dieses in ein explizites Zustandsdifferentialgleichungssystem mit den Spannungen der kapazitiven Knoten und den Strömen der L-Zweige als Zustandsvariablen überführt werden kann. Dieses Zustanddifferentialgleichungssystem befindet sich zwar nicht in jedem Fall in der Minimalform, d.h. es bestehen u.U. noch algebraische Abhängigkeiten zwischen den Zustandsvariablen, die sich aber lediglich in Nulleigenwerten äußern. Eine zusammenfassende Übersicht über die wichtigsten knotenorientierten Berechnungsverfahren gibt die Tabelle 1. T;a. b 1: Üb ers1c . ht u"ber die w1c . htiasten knotenorientierten Netzberechnunasverfahren
nichtstationär
stationär und quasistationär KnotenpunktVerfahren (KPV)
modifiziertes DifferenzenKnotenpunkt- gleichungen (DG) verfahren (MKPV)
lineares komplexes algebraisches Gleichungssystem
modifiziertes Knotenpunktverfahren (MKPV)
erweitertes Knotenpunktverfahren (EKPV)
PowerSystemDescriptor (PSD)
linearisiertes reelles nichtlineares Algebro-Differentialgleichungssystem reelles algebraisches Gleichungssystem
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände 1
Gleichungen der Betriebsmittel
Zur Beschreibung stationärer und quasistationärer Betriebszustände können die Betriebsmittel durch Ersatzschaltungen mit konzentrierten Elementen dargestellt werden. Die Ersatzschaltungen bestehen aus Längs- und Querzweigen in Impedanzoder Admittanzform (Z- oder V-Form), deren allgemeine Form mit Spannungs- und Stromquelle wie folgt lautet:
U=Zl+llq
(1.1)
l=Y.U+ fq
(1.2)
Beide Formen sind ineinander überführbar. Löst man beispielsweise GI. (1.1) nach dem Strom auf, so erhält man: (1.3)
Der Vergleich mit GI. (1.2) zeigt, daß
Y.= z:1
(1.4)
und
(1.5) gilt. Für die weiteren Ausführungen werden alle zu:
Z.1
11
!i.q1
12
Ui2
11 Zmz
mz lmpedanzzweige zusammengefaßt
1mz
+
Uq1
(1.6a)
lJ.qmZ
und in kompakter Form: (1.6b)
Mz = Z.lz + !lqz Ebenso werden alle
1T1y
Admittanzzweige zusammengefaßt zu:
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
10
11 b
Y1
!l.1 !l.2
Y2
y,
11
lmv
!l.;
Ymv ll.nv
li1
Beispiel 1 nach Bild 2.1
lq2
+
lq;
Z1
(1.7a)
3
~ i11
limv
lv =!Yv+!qv
(1. 7b) Bild 2.1. Beispielnetz mit n = 3, mz = 1 und Für das Beispiel in Bild system:
Knotenspannungs-Zweigstrom-Analyse (KZA)
2
Die Verknüpfung der Netzzweige (bzw. der Betriebsmittel) erfolgt, wie vereinbart, ausschließlich mit den Knotenpunktsätzen. Diese werden in Matrizenschreibweise mit Hilfe der Knoten-Zweig-/nzidenzmatrix K formuliert. Vom Knoten wegfließende Ströme sollen positiv in die Knoten-Zweig-lnzidenzmatrix eingehen. Entsprechend der in Kapitel 1 vorgenommenen Unterteilung der Zweigströme in Impedanz- und Admittanzströme lauten dann die Knotensätze:
0 Q
Die Knoten-Zweig-lnzidenzmatrix hat bei n unabhängigen Knoten n Zeilen und bei insgesamt m = mz + mv Zweigen m Spalten. Die Zweigspannungen lassen sich durch die Knotenspannungen bekanntlich wie folgt ausdrücken:
(2.2) Die Gin. (1.6) (1.7) und (2.1) bilden zusammen mit GI. (2.2) das KnotenspannungsZweigstrom-Gleichungssystem, das zugleich das Netzgleichungssystem ist:
0
Kz
l.
-X.K~
0
[
l
Kv][YK] 0 0 ~z = [~Yqz E
-Y
lqy
0 0 0
Q ···~1········ö
0 1 0 0 0 . 0
l1 !-1 i0
:::r~·„···r~„„„.„ö.„T
o -Ya Y3 ! o j o o -Y4 i o i 3
mv = 3
2.1 lautet das der GI. (2.3) entsprechende Netzgleichungs0 0 1 0 -1 1
....... „.ö„„r:z;·r·a·····a····ö . ö.T„r„.„„„„„
(2.1)
-KI
11
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
fl.K1 fl.K2 fl.K3
11 12
0 0 0
-:.Y.~.1.
13
0 0
14
[q4
(2.4)
Modifiziertes Knotenpunktverfahren (MKPV)
Interessieren nicht vordergründig alle Zweigströme, so ist es zweckmäßig, die uninteressanten Zweigströme aus dem Knotenspannungs-Zweigstrom-Gleichungssystem zu eliminieren, womit die Ordnung des zu lösenden Netzgleichungssystems entsprechend verringert wird. Im folgenden sollen beispielhaft die Admittanzströme eliminiert werden (Admittanzströme lassen sich immer eliminieren). Dazu wird GI. (2.1) wie folgt geschrieben: (3.1)
Nach Einsetzen der GI. (1.7) ergibt sich: (2.3)
Das Netzgleichungssystem hat die Ordnung n + m, entsprechend den n unbekannten Knotenspannungen und m Zweigströmen. Es läßt sich ohne topologische Hilfsmittel direkt aus dem Netzplan aufbauen. In der ersten Zeile steht die komplette Knoten-Zweig-lnzidenzmatrix, geordnet nach Impedanz- und Admittanzzweigen. Die Matrix Eist eine Einheitsmatrix der Ordnung mv.
(3.2) und nach Einführung der Knotenspannungen: (3.3)
Zusammen mit den Gleichungen der lmpedanzzweige, GI. (1.6), bildet die GI. (3.3) das Netzgleichungssystem des modifizierten Knotenpunktverfahrens: (3.4)
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
12
Es wird ergänzt um die Gleichungen der eliminierten Admittanzzweige:
13
erhält man als Netzgleichungssystem:
(3.5)
!v = YK~Ytc + iqv
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
Anhand des folgenden Gleichungssystems für das Beispiel in Bild 2.1 wird deutlich, daß das Netzgleichungssystem des modifizierten Knotenpunktverfahrens bereits wesentlich kompakter als das der Knotenspannungs-Zweigstrom-Analyse ist.
KYKTYK =-Klq
(4.4)
Es wird ergänzt durch die Gleichungen für die eliminierten Zweigströme:
i=YKT!!.K+iq
(4.5)
Nach der Einführung von Abkürzungen für die Knotenadmittanzmatrix: (3.6) 1".:KK
=K.!".:KT
(4.6)
und den Knotenstromvektor. Mit einem Z-Zweig lassen sich noch zwei wichtige Sonderfälle, die ideale Spannungsquelle und ein Kurzschluß nachbilden. Für die ideale Spannungsquelle ist = 0 zu setzen. Im Kurzschlußzweig ist Z = O und Jl.q =0 und damit 1l. =0 bei 1 0.
z
*
4
Knotenpunktverfahren (KPV)
Das Knotenpunktverfahren ist das Standardverfahren zur Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände in Elektroenergiesystemen. Es liefert von allen knotenorientierten Verfahren ein Netzgleichungssystem geringster Ordnung mit einer in der Regel symmetrischen und schwach besetzten Koeffizientenmatrix, der Knotenadmittanzmatrix. Die Ordnung des Netzgleichungssystems entspricht der Anzahl n der unabhängigen Knoten. Beim KPV werden alle Zweige in Admittanzform dargestellt. Es ist also Bedingung, daß sich die Zweiggleichungen nach den Strömen auflösen lassen. Alle m Zweiggleichungen werden wieder in einer Matrizengleichung zusammengefaßt:
11 12 11 lm
g Y.2
Y1 Y2 y,
Y.1
Ym Y.m
lq1 lq2 +
lq1
(4.1a)
lqm
(4.7) schreibt sich GI. (4.4) kürzer in der gewohnten Form:
Die Knotenadmittanzmatrix und der Knotenstromvektor können nach folgenden Regeln direkt aus der Schaltung abgelesen werden. • Auf den Nichtdiagonalplätzen steht die negative Summe aller Zweigadmittanzen, die zwischen den beiden entsprechenden Knoten i und k liegen. • Auf den Diagonalplätzen steht die positive Summe aller zwischen dem entsprechenden Knoten i und dem Bezugsknoten liegenden Zweigimpedanzen sowie die negative Zeilen- oder Spaltensumme der entsprechenden Nichtdiagonalelemente. • Das J.te Element des Knotenstromvektors ergibt sich aus der Summe aller am Hen Knoten angreifenden Quellenströme, wobei nach der Vorzeichenvereinbarung in Kapitel 2 vom Knoten wegfließende Ströme negativ in den Knotenstromvektor eingehen (Minuszeichen in GI. (4.4)). Gelegentlich, insbesondere im deutschen Schrifttum, werden die Knotenadmittanzmatrix und der Knotenstromvektor auch mit umgekehrtem Vorzeichen definiert. Ausgehend vom modifizierten Knotenpunktverfahren erhält man das Knotenspannungs-Gleichungssystem des Knotenpunktverfahrens durch Elimination der noch im Vektor der Unbekannten enthaltenen Zweigströme. In GI. (3.4) sind dazu zunächst die Gleichungen der lmpedanzzweige in der 2. Zeile in die Admittanzform zu überführen. Falls die Inverse zu ,?existiert, erhält man:
(4.8)
(4.1b) und nach Einsetzen der 2. Zeile in die 1. Zeile:
Mit den Knotensätzen in der Form:
Ki=O
(4.2)
(4.9)
(4.3)
Diese Gleichung ist, abgesehen von der noch vorhandenen Partitionierung der Knoten-Zweig-lnzidenzmatrix und des Knotenstromvektors, mit der GI. (4.4) identisch.
und dem Zusammenhang zwischen den Zweig- und Knotenspannungen:
1
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
14
Für das Beispiel aus Bild 2.1 lautet die GI. (4.4} mit
Jq, =-~ 1,lq, =-)'.'.,.!,!q,:
Dreipolige Darstellung
Der Übergang von der einpoligen zur dreipoligen Darstellung ist mit der symbolischen Matrizenschreibweise einfach zu vollziehen. An die Stelle der Zeiger ß treten halbfett und klein geschriebene komplexe Vektoren g und an Stelle der komplexen Parameter M halbfett und groß geschriebene komplexe Matrizen M entsprechend Tabelle 5.1. Tab. 5.1: Uberaana von der einohasi1 en zur dreioolioen Darstelluna dreipolig einpolig natürliche Koordinaten Variable/Vektoren
ß
Parameter/Matrizen
M
ß:t Mm, [Mm M.= Mba Mbb ~] Mbc f!.=[ß. Qb
Moa Meb Mec
modale Koordinaten
fl.M
=
[Q1 Q2 Q3f
[M'
0
~= ~ M2 0
ll
netze an der Fehlerstelle entsprechend der Fehlerart geschaltet werden. Bei den unsymmetrischen Fehlern entsteht so eine Kopplung in Form einer Reihen- oder Parallelschaltung der Komponentennetze an der Fehlerstelle. Die Nachbildung von Mehrfachfehlern wird kompliziert und unübersichtlich, weil in der Regel komplexe Übertrager in den Verbindungen an der Fehlerstelle vorgesehen werden müssen. Um diese Schwierigkeiten zu umgehen, wird i. f. der Weg über die natürlichen Koo rdinaten eingeschlagen. In natürlichen Koordinaten lassen sich die Bedingungen für die Spannungen und Ströme an der Fehlerstelle, die sog. Fehlerbedingungen, für jede Art von Fehlern oder Fehlerkombinationen und damit auch der gesamte Algorithmus zur Fehlernachbildung am einfachsten formulieren. Der so gewonnene Algorithmus kann dann formal leicht auf die symmetrischen Komponenten oder andere modalen Komponenten übertragen werden.
Fehlerfreies Netz in natürlichen Koordinaten Die dreipoligen Ersatzschaltungen der Betriebsmittel in natürlichen Koordinatensetzen sich aus den in Bild 6.1 angegebenen Grundtypen von Netzzweigen zusammen. Aktive Querzweige kommen nur in den Ersatzschaltungen der Generatoren, Motoren und Ersatznetze vor.
a
Die einfachste Art der Nachbildung von Kurzschlüssen und Unterbrechungen sind Impedanz- oder Admittanzzweige mit sehr kleinen Impedanzen oder Admittanzen. Diese triviale Art der Fehlernachbildung genügt aber nicht den Anforderungen an ein anspruchsvolles mathematisches Modell. Es wird deshalb ein exaktes Verfahren für die Nachbildung von beliebigen Kurzschlüssen und Unterbrechungen an der Knotenadmittanzmatrix sowohl in natürlichen als auch in modalen Koordinaten entwickelt. Das Verfahren zeichnet sich gegenüber anderen, aus der Literatur bekannten Verfahren dadurch aus, daß die Knotenadmittanzmatrix ihre Ordnung und, falls gegeben, auch ihre Symmetrie beibehält und daß keine Elemente der Knotenimpedanzmatrix für die Fehlernachbildung benötigt werden. Für die Untersuchung unsymmetrischer Fehler werden gewöhnlich die symmetrischen Komponenten herangezogen, wobei zur Erzielung der erwünschten Entkopplung der Komponentennetze des ungestörten Netzes symmetrisch aufgebaute Betriebsmittel vorausgesetzt werden müssen. Die Nachbildung von Einfachfehlern gestaltet sich in symmetrischen Koordinaten sehr einfach, indem die Komponen1en-
---fcit---'
'
0
c
o---k::J-l----. l------1
:
b)
c::J1-1i---o
b
''
''
~
IL 11
E------c)
Nachbildung von Kurzschlüssen und Unterbrechungen
~
a)
Die symbolische Matrizenschreibweise steht sowohl für die Darstellung in natürlichen Koordinaten als auch in modalen Koordinaten. In Hinblick auf die dreipolige Darstellung wurden in den einphasigen Gleichungen bereits Divisionen vermieden 1 und dafür der Ausdruck (... )" in der richtigen Reihenfolge verwendet, so daß auch an diesen Stellen die Einführung von Matrizen formal erfolgen kann.
6
15
1
(4.10}
5
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
a
-----~,___
_ _.,
b o-------+----
r:
d)
bo----...-1------1
-: l!l..,
: l; -'
E----~o---Bild 6.1: Grundtypen der dreipoligen Netzzweige (i = a, b, c) a) passiver Längszweig b) aktiver Querzweig mit Spannungsquellen und Sternpunkterdung c) passiver Querzweig d) aktiver Querzweig mit Stromquellen Die Gleichungen der Längs- und Querzweige können ineinander überführt werden und die passiven Zweige können als Sonderfälle der aktiven Zweige angesehen
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
16
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
werden. Es genügt deshalb die Formulierung der Gleichungen für den kompliziertesten Zweig aus Bild 6.1, den aktiven Längszweig in Bild 6.1 b. Unter der Voraussetzung der Symmetrie erhält man aus Bild 6.1 b:
(6.1)
17
(6.7)
y
Zn
(Z Z)(Z+2Z) =m -= =m =
"-"=
1( 1 -3z -1
1
Z+3Z ~
-0
)- 1 (Y1
0 --3- - -y')
(6.8)
und den Quellenströmen: Die Mittelpunkt-Erde-Spannung jJ,, kann noch mit Hilfe der Beziehung
~
(6.9a) (6.2)
=lMfu =lM(f.a +lb+lc)
(6.9b)
eliminiert werden. Man erhält:
(6.9c) (6.3a)
Ist der Sternpunkt frei, so ist an den Gin. (6.7) und (6.8) der Grenzübergang vorzunehmen, womit diese übergehen in:
(6.3b)
Ym =aY1=3z-=3 z -Z
2
!!.= l.i.+!!.q
bzw.:
2 1
2
-1
1
-·
z.
und
(6.10)
(6.11)
Zn =Z:9+ Z:M
sind. Wegen
Die Selbst- und Gegenimpedanzen haben folgende Beziehungen zu den Impedanzen der symmetrischen Komponenten:
z. =31 (Zo+2Z1)
(6.4)
1
(6.5)
Ze =a(Zo-Z1)
Für den Aufbau des Knotenspannungs-Gleichungssystems werden die Stromgleichungen der Netzzweige benötigt. Die Auflösung der GI. (6.1) nach den Strömen ist ohne weiteres möglich. Solange lM endlich, der Sternpunkt also nicht frei ist, läßt sich auch GI. (6.3) nach den Strömen auflösen. Man erhält formal:
[l[Y.
rl
[~•]
Yn Y, ~b + [qb ~ - Yn rm ~" lc rn rn -m -c lqc
bzw.:
i.=X:Y.+lq
mit den Matrixelementen:
oo
-9
wobei die Matrixelemente
Zm = + lM
~ ~
(6.6a)
(6.6b)
Ym = -21'.
0
ist die Zeilen- und Spaltensumme der V-Matrix in GI. (6.6) für
den Fall des freien Sternpunktes Null und damit die V-Matrix singulär. In der Singularität der V-Matrix kommt die Bedingung 1a + ~ + 10 = 0 des freien Sternpunktes zum Ausdruck. Prinzipiell könnte diese Bedingung an die Stelle einer beliebigen Zeile der GI. (6.6) treten. Zur Wahrung der Symmetrie empfiehlt es sich jedoch, die GI. (6.6) auch bei freiem Sternpunkt in der oben angegebenen Form zu verwenden. Mit Ym und Yn nach den Gin. (6.10) und (6.11) stellt sich die Strombedingung f.a + lb +lc = o von selbst ein. Die GI. (6.6) ist die allgemeine Stromgleichung der Netzzweige in der dreipoligen Darstellung. Sie ist das dreipolige Pendant zur GI. (1.2). Zu ihr gehört die Ersatzschaltung in Bild 6.1d. Für passive Zweige entfallen die Stromquellen. Das dreipolige Knotenspannungs-Gleichungssystem des fehlerfreien Netzes wird analog zum einpoligen Fall aufgebaut (s. Kapitel 4 und 5) und hat die Form:
r11 r12 r21 L2
r1, 1'.:21
r1n !!.K1 r2n !!.K2
fK1 i.K2
1'.:11 1'.:12
r11
r„
!!.K/
i.KI
Yn1 Yn2
X:n1
rnn !!.Kn
i.Kn
bzw.:
rKK!!.K =f.K
(6.12a)
(6.12b)
~-----1
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
18
In natürlichen Koordinaten besteht die Knotenadmittanzmatrix X:KK aus 3x3-Unter-
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
19
bzw.:
(6.15b)
matrizen X:ik• die unter Zugrundelegung symmetrischer Betriebsmittel diagonal-zyk-
lisch symmetrisch sind, also jeweils gleiche Diagonal- und Nichtdiagonalelemente aufweisen. Die Knotenadmittanzmatrix ist dann stets symmetrisch, auch wenn die Schaltgruppendrehung der Transformatoren berücksichtigt wird.
Nachbildung von Kurzschlüssen Kurzschlüsse sind, wie vereinbart, widerstandslose Verbindungen zwischen den Leitern und Erde (Erdkurzschlüsse) oder zwischen den Leitern (Kurzschlüsse ohne Erdberührung). Das Bild 6.2 zeigt eine Kurzschlußstelle (Knoten 1) mit den Zählpfeilen für die Knotenspannungen und die Fehlerströme.
Ist ein Knoten fehlerfrei, so ist sein Fehlerstromvektor iFi Null zu setzen. Im Vektor der Quellenströme la sind die an den Knoten angreifenden Ströme der Stromquellen vorzeichenbehaftet zusammengefaßt (die vom Knoten wegführenden Quellenströme gehen mit negativem Vorzeichen ein. Siehe auch GI. (4.4)). Der Vektor der Quellenströme ist bis auf das Vorzeichen mit dem Knotenstromvektor des fehlerfreien Netzes identisch. Die Fehlerbedingungen werden für alle Kurzschlüsse einheitlich mit Hilfe einer 3x3Fehlermatrix Fund der 3x3-Einheitsmatrix Ewie folgt formuliert:
(6.16)
ao---e--------o b o---'----....-----0
c
1 1
und
1 1
u..'l u..f ~--1! fFal
lFbl :
fFci
(6.17)
1
1 _ E _ _..._ _ _11...__ _ 1 1
Bild 6.2: Zur Beschreibung der Erdkurzschlüsse am Knoten i
Die Matrizen E und E - FT sind lnzidenzmatrizen. Als Beispiel für ihren Aufbau sei der 1-polige Erdkurzschluß im Leiter a angeführt. Die Fehlerbedingungen !l.Ka = O
Es werden formal drei Fehlerströme 1Fa1• 1Fb1 und lFcieingeführt und zu einem Feh-
und lFb = lFc = 0 lauten in Form der Gin. (6.16) und (6.17):
lerstromvektor zusammengefaßt: (6.13) Ebenso werden die drei Knotenspannungen zu einem Vektor zusammengefaßt: (6.14) Das Knotenspannungs-Gleichungssystem des fehlerfreien Netzes, GI. (6.12), wird auf der rechten Seite um einen Knotenfehlerstromvektor, der die Fehlerstromvektoren aller Knoten enthält, erweitert. Auf diese Weise lassen sich beliebige Einfachund Mehrfach-Kurzschlüsse nachbilden.
In den Tabellen 6.1 und 6.2 sind die Fehlerbedingungen und Fehlermatrizen für alle Kurzschlüsse und den fehlerfreien Fall zusammengestellt. Betrifft der Fehler andere Leiter als die in den Tabellen angegebenen, so sind die Matrizenelemente entsprechend zu vertauschen. Tab. 6.1: Fehlerbedinaunaen für die Kurzschlüsse IEKS und KSl 1-pol. EKS 2-pol. EKS a-E a-b-E
3-pol. EKS a-b-c-E
r11
r12
l1;
r1n
MK1
lK1
la1
lF1
!l.Ka = 0
!l.Ka = 0
!l.Ka = 0
r21
r22
r21
r2n
MK2
!K2
la2
lF2
fFb =0
!!.Kb= 0
!!.Kb = 0
fFc =0
r11
l'.:;2
r,,
r„
MKi
lKI
io;
iFi
l'.:n1
ln2
L1
Ln
MKn
iKn
lan
lFn
lFa =0
fFc =0 2-pol. KS a-b !l.Ka - !!.Kb = 0
lFb =O
fFa+fFb=O
!l.Kc - !!.Kb = 0
lFc =0
fFc =0
fFa+fFb+fFc=O
(6.15a)
fehlerfrei
!l.Kc = 0 3-pol. KS a-b-c !l.Ka - !!.Kb = 0
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
20
Tab. 6.2: Fehlermatrizen Ffürdie Kurzschlüsse IEKS und KSl 1-pol. EKS 2-pol. EKS 3-pol. EKS a-E a-b-E a-b-c-E
GI. (6.20) wird noch von links mit LK multipliziert und von GI. (6.19) subtrahiert. Das Ergebnis ist:
[~ ~]
[~ ~]
[~ ~] 0
oder kürzer:
fehlerfrei
2-pol. KS a-b
3-pol. KS a-b-c
Y -KK!!K =!K
0
0
0
0
1
0
0
0
[~ ~]
[!
0
1 0
(6.21a)
0
0
0 1
21
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
;]
[!
1 0
F
.F
(6.21b)
li< LK - YKK + LK Fk kann als gestörte Knotenadmittanzmatrix !~ = -li< fo als gestörter Knotenstromvektor interpretiert werden.
Die Matrix Y~K =
!]
und der Vektor
Die einzelnen Fehlermatrizen für alle n Knoten werden in einer blockdiagonalen Knoten-Fehlermatrix angeordnet:
(6.18)
Beide können leicht durch Matrizenoperationen aus der ungestörten Knotenadmittanzmatrix YKK und dem Quellenstromvektor la erhalten werden. Wegen der Symmetrie der Knotenadmittanzmatrix gilt
.r!1 = Yik
(k-:/: 1) und damit
Also ist auch die gestörte Knotenadmittanzmatrix Y~K symmetrisch. Außerdem ist bei regulärer Knotenadmittanzmatrix auch die Matrix Y~K regulär, so daß sich GI.
Für die fehlerfreien Knoten werden die entsprechenden Untermatrizen F; zur 3x3Einheitsmatrix (s. Tabelle 6.2). Die Berücksichtigung der ersten Fehlerbedingung (GI. (6.16)) an allen Knoten erfolgt durch Multiplikation der GI. (6.15) von links mit der Fehlermatrix wobei der Fet\lerstromvektor verschwindet: (6.19) GI. (6.19) ist nicht nach den Knotenspannungen auflösbar, da seine Admittanzmatrix singulär ist. Es muß erst noch die zweite, durch GI. (6.17) gegebene Fehlerbedingung eingearbeitet werden. Die Erweiterung der GI. (6.17) auf alle Knoten ergibt:
E
MK1 MK2
E
E E
bzw.:
(6.20a)
MK1
1
F_T
n
(6.22)
Nachbildung von Unterbrechungen Die Unterbrechungsstellen mit den Spannungen t:..!J.1 werden den Betriebsmitteln zugeordnet (Bild 6.3). Hilfsknoten sind damit nicht erforderlich.
b
=0
t=,T
(6.21) nach den gesuchten Knotenspannungen auflösen läßt. Mit den bekannten Knotenspannungen können anschließend über die Gleichungen der Netzzweige die Zweigströme und über die umgestellte GI. (6.15) die Fehlerströme berechnet werden:
-
tli1
MKn
(6.20b)
Bild 6.3: Zuordnung der Unterbrechungsstellen zum Betriebsmittel ( i =a,b,c)
22
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
Es genügt wieder nur den aktiven Zweig nach Bild 6.1 b zu betrachten, der den passive Zweig als Sonderfall einschließt. Die GI. (6.1} wird um einen Spannungsvektor für die Spannungen li.Jl.; über den Unterbrechungsstellen erweitert:
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände Tab. 6.3: Fehlermatrizen Ffür die Unterbrechun en UB 1-pol. UB 2-pol. UB 3-pol. UB ....__Leiter a Leiter a und b
(6.23b}
[ H ~] [~ !~] [~ !;] --
(6.24a}
Die GI. (6.24) wird noch etwas umgeordnet:
(6.23a}
23
fehlerfrei
bzw.:
!!. =l.l + !!.q + Ll!!.
1--
Zur Berechnung der Ströme erhält man daraus:
[~ Hl
(6.27) bzw.:
(6.24b}
mit den Ausdrücken für .Ym und .Yn nach den Gin. (6.7) und (6.8) oder den Gin. (6.1 O) und (6.11 ), wenn der Sternpunkt nicht geerdet ist. Die Fehlerbedingungen für die Unterbrechungen werden analog zu denen der Kurzschlüsse wieder mit 3x3-Fehlermatrizen formuliert:
Nun sieht man schon, daß die Einarbeitung der Fehlerbedingungen in die GI. (6.27) völlig analog zur Einarbeitung der Fehlerbedingungen in das KnotenspannungsGleichungssystem bei den Kurzschlüssen erfolgen kann. Im ersten Schritt wird GI. (6.27) von links mit F multipliziert, wodurch die Ströme auf der rechten Seite verschwinden: (6.28)
F
Ja] [~: =0
(6.25)
Im zweiten Schritt wird GI. (6.26) von links mit
Y
multipliziert: (6.29)
und
und schließlich von GI. (6.28) abgezogen: (6.26)
(FX:.-E+ X:.FT)Ll!!. = FX:.(!!.-!!.q)
(6.30)
Aus dieser Gleichung können bei gegebenen !!. und !!.q die Spannungen über den Die Fehlermatrizen F sind in Tabelle 6.3 für die einzelnen Arten der Unterbrechung und den unterbrechungsfreien Fall zusammengestellt. Da die Fehlerbedingungen für die Unterbrechungen bei gleicher Fehlerlage bezüglich der Leiter dual zu denen der Erdkurzschlüsse sind, entsprechen die Fehlermatrizen F bei den Unterbrechungen den Matrizen E - FT bei den Erdkurzschlüssen und umgekehrt. Für die Kurzschlüsse ohne Erdberührung gibt es bei den Unterbrechungen keine Entsprechung, weshalb in der Tabelle 6.3, die wie Tabelle 6.2 angeordnet ist, zwei Felder leer sind. Weiterhin sieht man ausTabelle 6.3, daß für die Unterbrechungen stets FT = Fgilt.
Unterbrechungsstellen berechnet werden: (6.31) Wegen yT = Y (symmetrische Betriebsmittel vorausgesetzt) gilt auch:
wobei bei den Unterbrechungen, wie bereits erwähnt, stets FT =F ist. Die Elemente der Matrix MF sind aus Tabelle 6.4 ersichtlich. Ohne Unterbrechungen ist selbstverständlich Ll!!. = 0. Für die dreipolige Unterbrechung wird Lly_ = !!.-!!.q.
r j
24
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
Betrifft der Fehler andere Leiter als die in der Tabelle 6.3 angegebenen, so sind die Matrizenelemente entsprechend zu vertauschen. Mit den bekannten Knotenspannungen und Spannungen über den Unterbrechungsstellen ergeben sich die Ströme aus GI. {6.24):
Tab. 6.4: Matrizenausdrücke der Gin. (6.31 > und /6.33) UB
MF =(Fr-r +rFr1Fr
{6.33) Die Unterbrechung ist jetzt in Form einer gestörten Admittanzmatrix
IF und
Leiter a
Leiter a und b
eines
gen. Die GI. {6.33) hat die gleiche Form wie die GI. (6.6) für die ungestörten Netzzweige und wird deshalb genauso wie die der gesunden Zweige in das Knotenspa nnungs-Gleichungssystem eingebaut. Die Matrizen E - MF und rF sind für die einzelnen Unterbrechungsarten aus den Tabellen 6.4 {mit Sternpunkterdung) und 6.5 {mit freiem Sternpunkt) ersichtlich. Für die in IF vorkommenden Matrizenelemente in Tabelle 6.4 ergeben sich mit Hilfe der Gin. {6.7) und {6.8) die Ausdrücke:
Yi= =!JE-Ms:) Yn Ym Yn Yn Yn Yn
[i] _Yn _Yn Ym Ym
Yn Ym
Yn Ym
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
1
0
1
0 ~
0
0
1
~
0
0
0
0
Ym+Yn Ym+Yn
0
-~ Ym+Yn 0 -~ Ym+Yn 0
0
~1
[~Yn
1
--
gestörten Quellenstromvektor !~ in die Stromgleichung des Netzzweiges eingegan-
E-Ms:
[~]
ohne (6.32)
Man könnte nun die ungestörte Admittanzmatrix I der Netzzweige wie üblich in die Knotenadmittanzmatrix einbauen und den Störanteil auf der rechten Seite des Knotenspannungs-Gleichungssystem berücksichtigen. Der Vorteil bestünde in einer gegenüber dem fehlerfreien Fall unveränderten Knotenadmittanzmatrix. Da der Störanteil aber von den Knotenspannungen abhängt, müßte die Berücksichtigung des Störanteils auf der rechten Seite iterativ erfolgen, was gegen diese Vorgehensweise spricht. Besser ist es, den Ausdruck für die L1y aus GI. {6.31) in GI. {6.32) einzusetzen:
25
Berechnung stationärer und quasistationärer Zustände
1
0
0
0 2
y _Xn y
-'-IT1
[i]
Ym
-m 2 2 y _Yn y _Xn -n Ym -'-IT1 Ym
0
0
0
0
0
0
0
0
y -'-IT1
Leiter a,b und c
2
y _Xn .!..O
2)'.'.~ Ym+Yn
[~]
[~]
Tab. 6.5: Matrizenausdrücke der Gin. /6.31 l und 16.33) bei freiem Sternpunkt UB ohne
Leiter a
MF =(Fr-r+rFt1Fr
E-Ms:
IF=X:{E-MF)
[~] -t -·i
[i]
3 -r1 2r1 -Y1
[ 01
0 Leiter a und b
Leiter a,b und c
0 0
0 0
["0 t1 0'] 0 0 1
[~]
[*H]
[i]
[~]
1
[2Y,-
- l'., - l'.,
l
-r1 -Y1 2Y1
'[° -~,] [~] [~]
0 -0 Y1 2· 0 -r1
Y1
J
Berechnung nichtstationärer Vorgänge 1
Gleichungen der Betriebsmittel
Die Ersatzschaltungen der Betriebsmittel enthalten jetzt auch speicherbehaftete Zweige. Für die Beschreibung der Kopplungen der einzelnen BM interessiert nur ihr Klemmenverhalten. Nach ihrem Klemmenverhalten werden die BM unterteilt in Induktive oder L-BM, kapazitive oder C-BM und resistive oder R-BM. Es sollen zunächst wieder einphasige Ersatzschaltungen vorrausgesetzt werden. Die Ersatzschaltungen der induktiven Betriebsmittel beginnen an den Klemmen mit Induktivitäten. Demzufolge sind die Klemmenströme Zustandsgrößen und die Klemmenspannungen Eingangsgrößen. Die Wirkung weiterer, innerer Zustandsgrößen wird in Spannungsquellen zusammengefaßt. Für das Klemmenverhalten eines L-BM ergibt sich somit folgende Spannungsgleichung:
(1.1) Die Ersatzschaltungen der kapazitiven Betriebsmittel beginnen an den Klemmen mit Kapazitäten. Die Klemmenspannungen sind Zustandsgrößen und die Klemmenströme Eingangsgrößen. Die Wirkung innerer Zustandgrößen wird durch Stromquellen ausgedrückt. Für das Klemmenverhalten ergibt sich folgende Stromgleichung:
(1.2) Als zweckmäßige Abkürzung wurde der "Quellenstrom" i~c
=iqc + C üc
eingeführt.
Die Ersatzschaltungen der resistiven Betriebsmittel beginnen an den Klemmen mit Leitwerten. Keine der Klemmengrößen ist Zustandsgröße. Die Klemmenströme sollen i.f. Eingangsgrößen, die Klemmenspannungen Ausgangsgrößen sein. Innere Zustandsgrößen bilden dann Stromquellen. Das Klemmenverhalten wird damit durch folgende algebraische Stromgleichung beschrieben:
(1.3) Für die weiteren Ausführungen werden die mL Stromgleichungen der induktiven Betriebsmittel zusammengefaßt zu:
ebenso die mA resistiven Betriebsmittel:
Berechnung nichtstationärer Vorgänge
28
Berechnung nichtstationärer Vorgänge
29
werden die Klemmenspannungen der R- und C-BM und die zeitlichen Ableitungen der Klemmenspannungen der C-BM durch die Knotenspannungen ersetzt. Damit wird aus GI. (2.2): (2.4) Zusammen mit den Gin. (1.4) der L-BM, in denen noch uL = K~ uK gesetzt wird, bildet GI. (2.4) ein Netzgleichungssystem in Form eines Algebro-Differentia/gleichungssystems zur Berechnung der Knotenspannungen und Ströme der LBetriebsmittel:
und die mc kapazitiven Betriebsmittel:
ic=Gcuc+iqc+Cüc =Gcuc+i~c
Die Ströme der R- und C-Betriebsmittel werden aus ihren Zweiggleichungen erhalten: (1.6a)
(2.5b)
Für den stationären Zustand gehen die Gleichungen der R- und C-Betriebsmittel in die Admittanzform (V-Form) und die der L-Betriebsmittel in die lmpedanzform (ZForm) über (s.Teil 1, Gin. (1.6) und (1.7)).
2
(2.5c)
Beispiel 1 nach Bild 2.1
Modifiziertes Knotenpunktverfahren (MKPV)
Die Knoten-Zweig-lnzidenzmatrix wird wie der Vektor der Betriebsmittelströme nach Betriebsmitteltypen geordnet:
(2.1)
Nun bietet es sich zunächst an, analog zum MKPV für die Berechnung stationärer Zustände zu verfahren, und die Stromgleichungen Gin. (1.5) und (1.6) für die R-BM und C-BM in GI. (2.1) einzusetzen. Die Ströme der L-BM bleiben in GI. (2.1) stehen, da sie sich nicht in "Admittanzform" befinden. Man erhält:
i~
RL3'
2
G0 ,C
iL1
1 Uc ic
L3
u,_„ '~
3
~1 t' R
/R
Bild 2.1: R-L-C-Beispielnetz
Das 3-Knoten-Beispielnetz in Bild 2.1 besteht aus 3 L-BM, einem R- und einem CBM. Die Knoten-Zweig-lnzidenzmatrix in der Partitionierung von GI. (2.1) lautet:
(2.2) Mit Hilfe der Beziehung:
[KL i KR 1 Kc] (2.3)
Rl2' L2
RL1'L1
·[i
!,~CL = [100
iu
o·o·ol ~L2
-1 1 0 1 'La =0 0 -1 1 0 iR
Das Algebro-Differentialgleichungssystem nach GI. (2.5) hat folgenden Aufbau:
(2.6)
30
Berechnung nichtstationärer Vorgänge
0
0
Oj
0
c
0
o o oi
0 0 0 0 J 0 Ge 0 0 -1 0 .. „ ..0„ ... „.„ ~... ;„ j ...0„.„.„.„0 .. „.„„-1... ..fii. Für die induktiven Betriebsmittel (L-BM):
L. = l,,, - '-n = /, - 4.i
und
Ist der Sternpunkt nicht geerdet, so wird erst nach der Inversion der L-Matrix der Grenzübergang La~ oo vollzogen, womit sich ergibt:
2
1 B=--
~=-
3L.
n
3L.
sowie: (5.1b)
.t\n = -2-Ai3
'-t
mit den Abkürzungen:
Bei nicht geerdetem Sternpunkt werden somit die A- und B-Matrix wie die L-Matrix singulär (in der L-Matrix werden alle Elemente gleich (unendlich groß) und in der Aund B-Matrix werden die Zeilen- und Spaltensummen Null). In der Singularität kommt die algebraische Abhängigkeit der Ströme bzw. der Stromdifferentiale zum Ausdruck, denn am nichtgerdeten Sternpunkt gilt L + ii.b + A.c = O. In der sich in der expliziten Form befindlichen GI. (4.4) stört diese Singularität nicht mehr, sie führt lediglich zu einem Null-Eigenwert (s. Kapitel 6). Es ist also wichtig, nicht geerdete Sternpunkte erst in der expliziten Form zu berücksichtigen. Andererseits wird es so überhaupt erst möglich, die explizite Form der GI. (4.4) zu erhalten. Für die resistiven Betriebsmittel (R-BM) lauten die dreipoligen Klemmengleichungen:
5
Fehlernachbildung im EKPV
Hier soll wie in Kapitel 6, Teil 1 wieder nur auf die problematischen Quer- und Längsfehler ohne Fehlerwiderstände, also satte Kurzschlüsse und vollständige Leiterunterbrechungen eingegangen werden. Fehler mit Fehlerwiderständen werden wie unsymmetrische Netzzweige behandelt und bedürfen keiner besonderen Betrachtung. 1 Im Zeitbereich ist das unbeeinflußte Abschalten > der Betriebsmittel wie eine unsymmetrische Unterbrechung, die im erstlöschenden Pol beginnt und in eine dreipo'l Beim unbeeinflußten Abschalten verlöschen die Ströme ohne Lichtbogen in ihren Nulldurchgängen.
(5.2a)
(5.2b) und für die kapazitiven Betriebsmittel (C-BM):
1
l Die vorausgesetzte Symmetrie ist nicht Bedingung, vereinfacht aber die Schreibweise
Berechnung nichtstationärer Vorgänge
44
[il[~ leb -
Gen
icc
Gen
Gcm
~ Gen ][~] Ucb + [;~] ~qCb + [c. Cn
cm
Gen
Gern
cn
Gen
Ucc
lqec
Cn
~ Cn c.][~] Ucb = cm
=[~ Gen Gern Gen Gen
Gen
(5.3a)
~ ][~] ['~] ~~Cb Ucb + Ucc lqcc
ic =Ge Uc + lqc + Cüc =Ge Uc + l~c
bzw.:
(5.3b)
In Bild 5.1 ist das Klemmenverhalten der BM anschaulich durch Ersatzschaltungen dargestellt.
;:,----------------------: 1
·----------------------~
i:
:
1 1
" l
u
1 1 1
'
l;q;
"
·-""
Anstelle der Elemente+ 1, 0 oder -1 der lnzidenzmatrizen in der einpoligen Darstellung treten in der dreipoligen Darstellung lediglich die entsprechenden 3x3-Untermatrizen:
[' J [o
0
ol
Mec
r-1 -1 -1l
1 1 1 1
1
"
(5.7) und (5.8)
Man erhält ein zu GI. (3.14) analoges algebraisches Gleichungssystem1>:
1 1
1
1.
45
mit den lnzidenzmatrizen:
Ücc
Gen Gcm
Berechnung nichtstationärer Vorgänge
1 1
(5.9a)
liqc~
1 1
G
bzw.:
Ge C
Bild 5.1: Dreipolige Ersatzschaltung der induktiven und resistiven BM (links) und der kapazi· tiven BM (rechts) Die Klemmengleichungen der BM werden ergänzt durch zusätzliche Gleichungen für die Beschreibung des inneren Modellverhaltens. Diese werden zweckmäßigerweise in Form von Zustandsgleichungen aufgestellt. Im EKPV dürfen die Zustandsglei· chungen ohne weiteres auch nichtlinear sein. Sie haben deshalb die allgemeine Form:
z= f(z,u,i,x)
(5.4)
q=g(z,x)
(5.5)
(5.6)
= -iaLR
(5.9b)
und ein zu GI. (3.15) analoges Differentialgleichungssytem:
bzw.: Die Abkürzung
Die Ausgabegrößen q sind die Quellengrößen /q bzw. Uq in den Klemmengleichungen. Im Vektor x sind die Eingangsgrößen des Systems (Turbinenleistungen und Erregergrößen oder bei Berücksichtigung der Turbinen· und Erregerregelung die entsprechenden Reglersollwerte) zusammengefaßt. Die Struktur der Gleichungen wird Beispiel der Gleichungen für den Generator und die Transformatoren in Kapitel 7 und 8 deutlich gemacht. Der Aufbau des dreipoligen Gleichungssystems erfolgt analog zu dem des einpoligen Gleichungssystems in Kapitel 3:
Gi