Ingo Marzi ] (Hrsg.) ] Kindertraumatologie
Ingo Marzi (Hrsg.)
Kindertraumatologie Unter Mitarbeit von
Dorien Schnei...
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Ingo Marzi ] (Hrsg.) ] Kindertraumatologie
Ingo Marzi (Hrsg.)
Kindertraumatologie Unter Mitarbeit von
Dorien Schneidmçller Mit Beitrågen von
L. Audig, V. Bçhren, C. Castellani, H.-G. Dietz, J. Frank, R. Kraus, A. A. Kurth, L. von Laer, W. E. Linhart, M. Maier, I. Marzi, C. Ploss, S. Rose, W. Schlickewei, P. P. Schmittenbecher, F. J. Schneider, D. Schneidmçller, C. Seebach, M. Seif El Nasr, Th. Slongo, A. Thannheimer, Th. J. Vogl, A. Weinberg, L. M. Wessel, A. Wetter, A. M. Worel
Mit 570 zum Teil 2-farbigen Abbildungen in 1000 Einzeldarstellungen und 43 Tabellen
Prof. Dr. med. Ingo Marzi Klinik fçr Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt am Main
ISBN 3-7985-1512-3 Steinkopff Verlag, Darmstadt Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.steinkopff.springer.de ° Steinkopff Verlag Darmstadt 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Herstellung: Klemens Schwind Zeichnungen: Rose Baumann, Schriesheim Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg, unter Verwendung des Bildes ¹Hand & Fuûª von Selina Elster Satz: K + V Fotosatz GmbH, Beerfelden Druck und Bindung: Stçrtz GmbH, Wçrzburg SPIN 11418375
105/7231-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort
Unfålle bei Kindern stellen fçr alle Beteiligten eine besondere Stress-Situation dar, an erster Stelle natçrlich fçr das betroffene Kind. Die Erwartungshaltung der meist beunruhigten und verunsicherten Eltern an den behandelnden Arzt ist auûerordentlich hoch. Diese Situation sicher und erfolgreich zu meistern und dem verletzten Kind eine optimale, kindgerechte Behandlung mit bestmæglichem Ergebnis zu gewåhren, erfordert umfassende Kenntnisse in der Kindertraumatologie. Vor diesem Hintergrund wurde das vorliegende Buch konzipiert. Es besteht aus einem allgemeinen und einem speziellen Teil. Im allgemeinen Teil werden die Besonderheiten bei Frakturen und Verletzungen im Kindesalter systematisch dargestellt und wachstumstypische Phånomene beschrieben. Prinzipien der konservativen und operativen Frakturbehandlung, der Behandlung von Weichteilverletzungen, die besondere Bedeutung der Ræntgendiagnostik und eine kindgerechte Schmerzbehandlung sind darin wesentliche Abschnitte. Im speziellen Teil sind neben der normalen Anatomie und der Ræntgendarstellung alle Verletzungen der Extremitåten einschlieûlich Becken und Wirbelsåule unter Berçcksichtigung wachstumsspezifischer Besonderheiten dargestellt. Die spezifischen diagnostischen und therapeutischen Maûnahmen sowie technische Hinweise zur konservativen und operativen Behandlung sind in klar strukturierten Ûbersichten zusammengestellt. Der einheitliche Aufbau mit Schemazeichnung und Ræntgenbild erleichtert die Orientierung und ermæglicht ein schnelles Nachschlagen. Von aktueller Bedeutung sind die jetzt eingefçhrten Klassifikationen von Frakturen im Kindesalter: die AO-Klassifikation im Kindesalter und die LiLa-Klassifikation. Diese Klassifikationen werden jeder definierten Fraktur zugeordnet. Die einzelnen Kapitel werden durch Fallbeispiele charakteristischer Verletzungen, wie sie am håufigsten im Kindesalter vorkommen, abgerundet. Diese umfassende Darstellung der Kindertraumatologie ist erst mæglich geworden durch die Mitarbeit zahlreicher Autoren aus unfallchirurgischen, kinderchirurgischen und orthopådischen Kliniken im In- und Ausland. Sie alle engagieren sich çber ihre Kliniken hinaus in nationalen und internationalen Fachgesellschaften, wie der Sektion Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft fçr Unfallchirurgie, der Internationalen Arbeitsgemeinschaft fçr Osteosynthesefragen, der Vereinigung LiLa ± Licht und Lachen fçr kranke Kinder und in vielen anderen Bereichen. Fçr diese engagierte Mitarbeit zur optimalen Behandlung von verletzten Kindern danke ich allen Autoren ganz besonders.
VI
]
Vorwort
Meiner Mitarbeiterin Frau Dr. Schneidmçller gilt mein ausdrçcklicher Dank fçr die groûe Unterstçtzung bei der Realisierung unserer Projektidee. Dem Verlag, insbesondere Frau Dr. Volkert und Frau Elster, bin ich fçr die anhaltende Unterstçtzung bei Konzeption und Umsetzung sehr verbunden. Dieses Lehr- und Arbeitsbuch soll neben der systematischen Weiterbildung und Vertiefung der Kenntnisse in der Kindertraumatologie auch als Leitfaden fçr die tågliche Arbeit eingesetzt werden und so dazu beitragen, dass allen verletzten Kindern eine altersentsprechende, erstklassige und erfolgreiche Behandlung zuteil wird. Frankfurt, im Februar 2006
Professor Dr. med. Ingo Marzi
Inhaltsverzeichnis
Allgemeiner Teil 1 Knochenwachstum und Knochenheilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2 Verletzungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
3 Frakturklassifikationen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Li-La-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schneidmçller, L. von Laer
23
AO-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Th. Slongo, L. Audig
30
4 Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
5 Radiologische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
6 Behandlungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
Konservative Therapiemæglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. M. Worel
51
Operative Therapiemæglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Th. Slongo
63
7 Gefåûverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
8 Nervenverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
9 Sehnenverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
L. von Laer
L. von Laer
R. Kraus
Th. J. Vogl, A. Wetter, D. Schneidmçller
J. Frank
J. Frank
J. Frank
VIII
]
Inhaltsverzeichnis
10 Medikamentæse Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
Schmerztherapie und Sedierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Th. Slongo
97
Antibiotikaprophylaxe und -therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schneidmçller
110
Thromboseprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schneidmçller
112
Spezieller Teil 11 Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Schultergçrtel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . W. Schlickewei, M. Seif el Nasr
117
Glenohumeralgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . W. E. Linhart, F. J. Schneider
132
12 Oberarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 W. E. Linhart, F. J. Schneider
13 Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L. M. Wessel, D. Schneidmçller
151
Suprakondylåre Humerusfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L. M. Wessel
154
Epikondylåre und kondylåre Humerusfrakturen; Ellenbogenluxationen . . . A. Weinberg, C. Castellani
168
14 Proximaler Radius und Olekranon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 P. P. Schmittenbecher
15 Unterarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 C. Ploss, I. Marzi
16 Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 J. Frank, I. Marzi
17 Becken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 A. Thannheimer, V. Bçhren
Inhaltsverzeichnis
]
18 Hçfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 H.-G. Dietz, D. Schneidmçller
19 Oberschenkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 M. Maier, D. Schneidmçller, I. Marzi
20 Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 D. Schneidmçller, I. Marzi
21 Unterschenkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 D. Schneidmçller, I. Marzi
22 Sprunggelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 D. Schneidmçller, I. Marzi
23 Fuû . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 D. Schneidmçller, I. Marzi
24 Wirbelsåule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 S. Rose, I. Marzi
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . 431 C. Seebach, A. A. Kurth
] Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 ] Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
IX
Autorenverzeichnis
Dr. med. Laurent Audig AO Foundation Clavadelerstrasse 8 7270 Davos Platz, Schweiz Prof. Dr. med. Volker Bçhren Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Prof.-Kçntscher-Straûe 8 82418 Murnau Dr. med. Claudia Castellani Abteilung fçr Kinderorthopådie Universitåtsklinik fçr Kinderchirurgie Auenbrugger Platz 34 8036 Graz, Ústerreich Prof. Dr. med. Hans-Georg Dietz Kinderchirurgische Klinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Klinikum der Universitåt Mçnchen Lindwurmstraûe 4 80337 Mçnchen Priv.-Doz. Dr. med. Johannes Frank Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Dr. med. Ralf Kraus Klinik und Poliklinik fçr Unfallchirurgie Universitåtsklinikum Gieûen und Marburg GmbH Rudolf-Buchheim-Straûe 7 35392 Gieûen Prof. Dr. med. Andreas A. Kurth Orthopådische Universitåtsklinik Stiftung Friedrichsheim Marienburgstraûe 2 60528 Frankfurt
Prof. Dr. med. Lutz von Laer Burgstrasse 12 4125 Riehen, Schweiz Prof. Dr. med. Wolfgang E. Linhart Abteilung fçr Kinderorthopådie Universitåtsklinik fçr Kinderchirurgie Auenbrugger Platz 34 8036 Graz, Ústerreich Dr. med. Marcus Maier Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Prof. Dr. med. Ingo Marzi Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Carola Ploss Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Prof. Dr. med. Stefan Rose Chirurg, Unfallchirurg, Handchirurg Groupe Chirurgical Ettelbruck 151, Av. Salenty 9080 Ettelbruck, Luxemburg Prof. Dr. med. Wolfgang Schlickewei Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Kindertraumatologie St.-Josefskrankenhaus Freiburg Sautierstraûe 1 79104 Freiburg
XII
]
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Peter P. Schmittenbecher Klinik fçr Kinderchirurgie Klinik St.-Hedwig-Krankenhaus Barmherzige Brçder Steinmetzstraûe 1±3 93049 Regensburg
Dr. med. Andreas Thannheimer Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Prof.-Kçntscher-Straûe 8 82418 Murnau
Dr. med. Frank J. Schneider Abteilung fçr Kinderorthopådie Universitåtsklinik fçr Kinderchirurgie Auenbrugger Platz 34 8036 Graz, Ústerreich
Prof. Dr. med. Thomas J. Vogl Institut fçr diagnostische und interventionelle Radiologie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt
Dr. med. Dorien Schneidmçller Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Dr. med. Caroline Seebach Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt
Priv.-Doz. Dr. med. Annelie Weinberg Abteilung fçr Kinderorthopådie Universitåtsklinik fçr Kinderchirurgie Auenbrugger Platz 34 8036 Graz, Ústerreich Prof. Dr. med. Lucas M. Wessel Kinderchirurgische Klinik Universitåtsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lçbeck Ratzeburger Allee 160 23538 Lçbeck
Dr. med. Mahmoud Seif El Nasr Abteilung fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie St.-Nikolaus-Stiftshospital GmbH Hindenburgwall 1 56626 Andernach
Dr. med. Axel Wetter Institut fçr diagnostische und interventionelle Radiologie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt
Dr. med. Theddy Slongo Abteilung fçr Kinderchirurgie Chirurgische Universitåts-Kinderklinik Inselspital 3010 Bern, Schweiz
Dr. med. Andreas M. Worel Kinderchirurgie (Kinderklinik Wildermeth) Spitalzentrum Biel-Bienne Vogelsang 84 2501 Biel-Bienne, Schweiz
1 Knochenwachstum und Knochenheilung L. v. Laer
Knochenwachstum
III II
I IV
II III IV
] Dickenwachstum Der Knochen wåchst mit Hilfe der Wachstumsfuge in die Långe, mit Hilfe des periostendostalen Systems in die Dicke. Durch periostalen Knochenanbau wird die Dickenzunahme gewåhrleistet, durch gleichzeitigen endostalen Abbau wird eine Gewichtszunahme verhindert. Das heiût, wåhrend der auf der einen Seite durch das Periost angebaut wird, wird er auf der anderen Seite durch das Endost abgebaut, um den als Ræhrenknochen angelegten Knochen auch als solchen zu erhalten. Der Kærper folgt dabei stets dem von Roux formulierten Gesetz, dass er versucht, mit einem Minimum an Material ein Optimum an Belastbarkeit zu gewåhrleisten. Diese beiden Systeme, Endost und Periost, stehen im funktionellen Gleichgewicht zueinander. Sie gewåhrleisten die Heilung von Frakturen (s. u.) ebenso wie das Remodeling von Kallusmassen, Achsabweichungen usw. Ihre Funktion (An- bzw. Abbau) ist ± zweckgebunden ± austauschbar.
] Långenwachstum Das Långenwachstum erfolgt durch das Organ der Wachstumsfuge, der Physe. An jedem Ende der vier groûen Ræhrenknochen finden sich je eine Fuge an den Phalangen von Fingern und Zehen; sowie an den Metakarpalia und den Metatarsalia ist jeweils auch nur eine Wachstumsfuge angelegt. Diese sitzen an den Phalangen proximal, an den Metakarpalia und den Metatarsalia distal. Der erste Strahl macht dabei jeweils eine Ausnahme, die Fuge des Metacarpale I und die des Metatarsale sitzen proximal (Abb. 1.1). Bei den groûen Ræhrenknochen sind die Fugen am jeweiligen Långenwachstum der einzelnen Knochen unterschiedlich beteiligt (Abb. 1.2).
V
V
I
Abb. 1.1. Lokalisation der Fugen an Hand und Fuû. Phalangen und Metatarsalia bzw. Metakarpalia weisen jeweils eine Fuge auf. Diese liegt bei den Metatarsalia/Metakarpalia distal, bei den Phalangen proximal. Eine Ausnahme macht jeweils das Metatarsale/Metakarpale des 1. Strahls, hier liegt die Fuge proximal wie bei den Phalangen.
Dieses Phånomen des exzentrischen Wachstums ist an den oberen Extremitåten ausgeprågter als an den unteren.
Aufbau der Fuge Der fçr das Långenwachstum verantwortliche Teil der Wachstumsfuge, die Physe, grenzt auf der einen Seite an den Gelenktråger, die Epiphyse, auf der anderen Seite an die Metaphyse, den Ûbergang zum Schaft. Im Bereich, der unmittelbar an die Epiphyse angrenzt, erfolgt im so genannten Stratum germinativum der eigentliche Långenzuwachs durch die Proliferation von Knorpelzellen. Diese ordnen sich metaphysenwårts zunehmend pallisadenfærmig an und bilden den so genannten Såulenknorpel. Die Knorpelzellen werden sozusagen auf Kosten der
4
]
L. von Laer 30 %
80%
55 %
20%
20%
80%
70 %
Mineralisation
ohne Proliferation
Proliferation
mit Proliferation
45 %
Abb. 1.2. Wachstumsanteil der einzelnen Wachstumsfugen der langen Ræhrenknochen. An jedem Ende der vier langen Ræhrenknochen befindet sich je eine Epiphysenfuge. Der Wachstumsanteil der einzelnen Fugen am Långenwachstum der einzelnen Knochen ist unterschiedlich. Die proximale Humerusfuge ist zu 80%, såmtliche Fugen um den Ellenbogen sind zu 20% und die Fugen des distalen Vorderarms wieder zu 80% am Långenwachstum der jeweiligen Knochen beteiligt. An den unteren Extremitåten ist diese Exzentrizitåt weniger deutlich ausgeprågt. Die Fuge des proximalen Femurs hat einen Wachstumsanteil von 30%, die distale von 70%, die proximale Tibiafuge von 55% und die distale von 45%.
Grundsubstanz zunehmend græûer, bilden den Blasenknorpel bis sie schon im Bereich der Metaphyse zunehmend mineralisiert und in Knochensubstanz umgebaut werden. Die Ernåhrung der gesamten Fuge erfolgt çber drei Gefåûsysteme, ein periostales, ein epiphysåres und ein metaphysåres System, die miteinander kommunizieren kænnen. Funktionell gesehen steht der Aggression der Proliferation des epiphysåren Anteils der Fuge die Aggression der Mineralisation des metaphysåren Anteils der Fuge gegençber (Abb. 1.3). Beide Systeme halten sich wåhrend der eigentlichen Phase des Wachstums im Gleichgewicht. Aus klinisch funktioneller Sicht gençgt es daher, lediglich zwei wesentliche Teile der Fuge voneinander zu unterschieden, den epiphysåren Anteil mit Proliferationspotenz und den metaphysåren Anteil ohne Proliferationspotenz.
Abb. 1.3. Schematischer Aufbau der Wachstumsfuge. Aus klinischer Sicht sind zwei Teile voneinander zu unterscheiden, der epiphysennahe Teil mit Proliferationspotenz (Stratum germinativum und die beginnende Schicht des Såulenknorpels) und der metaphysennahe Teil ohne Proliferationspotenz (Såulenknorpel, Blasenknorpel). Die Fuge wird durch drei wesentliche Gefåûsysteme ernåhrt, ein epiphysåres, ein metaphysåres und ein periostales, die miteinander kommunizieren kænnen.
Sistieren des Wachstums ± physiologischer Fugenschluss Die Wachstumsfuge macht im Lauf ihres Lebens drei unterschiedliche Phasen von unterschiedlicher Långe durch. Wåhrend des eigentlichen Wachstums ± von der jeweiligen Lokalisation der Fuge abhångig ± bis etwa zum 10./12. Lebensjahr sind aufbauende und mineralisierende Kråfte im Gleichgewicht, der Knochen wåchst. Hormonelle und humerale Einflçsse fçhren dann gegen das Ende der Wachstumsphase zu einer kurzen Ruhephase, in der meta- und epiphysåre Funktion der Fuge ruhen, der Knochen hært fçr einen Moment auf zu wachsen, die Fuge hat aber noch Wachstumspotenzial. Mineralisation und Proliferation haben einen kurzen ¹Waffenstillstandª geschlossen. Diese kurze Ruhephase geht dann schnell in die eigentliche Verschlussphase çber, in der die Proliferationspotenz zunehmend
1 Knochenwachstum und Knochenheilung
a
b
Abb. 1.4. Physiologischer Fugenschluss. a Die Mineralisation beginnt aus dem metaphysåren Bereich der Fuge sozusagen punktfærmig auf den epiphysennahen Teil der Fuge çberzugreifen. b Von dort breitet sie sich langsam çber die gesamte Fuge aus. Bei der distalen Tibia beginnt der Verschluss exzentrisch im ventralen Bereich des medialen Malleolus und breitet sich von dort nach dorsal und nach ventral aus, bis zum Schluss der laterale Quadrant der Fuge verknæchert wird.
des Fixationskallus und damit zur zunehmenden Stabilisierung der Fraktur. Damit wird die Fraktur bewegungs- und spåter auch belastungsfåhig stabilisiert. Die Wiederherstellung der ursprçnglichen Form erfolgt dann, auch induziert durch die funktionellen Beanspruchungen, erst im Lauf der Zeit je nach Alter des Patienten und Richtung der funktionellen Nutzung bis zur vollståndigen Wiederherstellung der ehemaligen Form. Dieser Vorgang kann, abhångig von der Kallusbildung, Monate, sogar Jahre dauern, wenn gleichzeitig auch noch die Spontankorrektur einer Achsabweichung stattfindet (s. u.). Das Ausmaû der Kallusbildung ist von unterschiedlichen Faktoren abhångig. Je mehr Achsabweichungen vorliegen, desto græûer ist der Kallus, vor allem in der Konkavitåt von Achsenknicken. Je instabiler die Fraktur und je jçnger das Kind, desto mehr Kallus bildet sich (Beispiele: Klavikulafrakturen, Apophysenausrisse am Becken, Oberschenkelfrakturen bei Neugeborenen usw.).
versiegt und die Mineralisation immer mehr auf die Fuge çbergreift und diese durchwandert. Dieser Vorgang beginnt meist exzentrisch ± wie wir es zumindest an der distalen Tibiafuge kennen ±, hæchstwahrscheinlich im Bereich des Punktes der essenziellen Ernåhrung der Fuge (Abb. 1.4). Der Zeitpunkt des Schlusses ist individuell und vom Geschlecht, aber auch vom Wachstumspotenzial der einzelnen Fugen abhångig.
Knochenheilung ] Kallusbildung und Konsolidationszeiten Die Knochenbruchheilung erfolgt im Wachstumsalter selbst im Rahmen stabiler Osteosynthesen praktisch immer sekundår çber Kallusbildung. Das Frakturhåmatom wird anfånglich bindegewebig organisiert. In diesen fixierenden Bindegewebskallus wandern Osteoblasten ein und fçhren zur langsam zunehmenden Mineralisation
]
Abb. 1.5. Schema der Beurteilung der Bewegungsstabilitåt im Konsolidationsræntgenbild. Wenn der Frakturspalt an drei von vier im a.-p. und seitlichen Ræntgenbild dargestellten Kortikales periostal çberbrçckt ist, ist die Fraktur aus radiologischer Sicht als bewegungsstabil zu bezeichnen.
5
6
]
L. von Laer
Die Heilungszeit bis zur bewegungsstabilen Konsolidierung ist von der Frakturflåche und von der Lokalisation der Fraktur abhångig. Schrågfrakturen mit der græûeren Frakturflåche heilen nahezu doppelt so schnell wie Querfrakturen, metaphysåre Frakturen fast doppelt so schnell wie diaphysåre. Der Fixationskallus ist anfånglich palpatorisch sehr schmerzhaft und wird mit zunehmender Mineralisierung indolenter. Nach den çblichen Ruhigstellungszeiten (s. u.) ist der Kallus bei der Palpation indolent. Dies ist das klinische Zeichen der Bewegungsstabilitåt. Der Patient benætigt im Blick auf die Frakturheilung keine weitere Ruhigstellung mehr. Eine radiologische Beståtigung dieses Phånomens ist grundsåtzlich nicht erforderlich. Wird das Konsolidationsræntgen aus anderen Grçnden durchgefçhrt, so spricht eine periostale Kallusçberbrçckung des Frakturspaltes im Bereich dreier Kortikales (von vier in zwei Ebenen dargestellten) fçr die bewegungsstabile Heilung der Fraktur (Abb. 1.5).
] Heilungszeiten Die çblichen Konsolidationszeiten der håufigsten Frakturen bis zur bewegungsstabilen Heilung der Fraktur sind in Tabelle 1.1 dargestellt.
Tabelle 1.1. Richtwerte fçr durchschnittliche Konsolidationszeiten Frakturlokalisation
Konsolidationszeit (Wochen)
] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ]
2±3 2±3 3±6 3±4 3±4 4±6 3±4 6±12 4±12 3±6 3±4 3±4 4±5 3±4 3±4 1±2
Klavikula Humerus proximal Humerusschaft Humerus distal Unterarm proximal Ulnaschaft, Radiusschaft Unterarm distal Handwurzel Schenkelhals Femurschaft Femur distal Tibia proximal Tibiaschaft Tibia distal Metakarpale und Metatarsale Finger und Zehen
1 Knochenwachstum und Knochenheilung
Heilungsstærungen und Wachstumsstærungen (WTS) ] Dickenwachstum Stærungen des Dickenwachstums åuûern sich in Heilungsstærungen, wenn die Konsolidation einer Fraktur ganz oder teilweise ausbleibt, d. h. wenn es zu vollståndigen oder partiellen Pseudarthrosen kommt. Vollståndige Pseudarthrosen im Schaftbereich ± ob hyper- oder atroph ± sind auûerordentlich selten, ihre Ursachen sind entweder pathologisch oder iatrogen. Sie haben, vor allem wenn es sich um hypertrophe Pseudarthrosen handelt, eine gute Prognose. Im meta-/epiphysåren Bereich sind zwei Lokalisationen bekannt, die fçr Pseudarthrosen aufgrund der an den Fragmenten ansetzenden Muskelzçge und der dadurch bedingten chronischen Instabilitåt geradezu prådestiniert sind, die konservativ behandelte dislozierte Fraktur des Condylus radialis humeri (Ursache iatrogen) und die konservativ und operativ behandelte Fraktur des Epicondylus ulnaris (Ursache iatrogen und idiopathisch?). Wåhrend beim einen eine schwere Gelenkdeformitåt resultiert
(Abb. 1.6), sind beim anderen die Folgen eher gering einzuschåtzen. Nur in etwa 10% nach Pseudarthrosen des Epicondylus ulnaris werden Beschwerden angegeben, die behandlungsbedçrftig sind und auch behandelt werden kænnen. Wåhrend bei Pseudarthrosen des Condylus radialis nahezu jeder Patient im Lauf der Zeit Beschwerden bekommt, die nur bedingt behandelt werden kænnen (eine sekundåre Rekonstruktion des Gelenks ist nicht mehr mæglich). Partielle Pseudarthrosen bzw. Konsolidationsstærungen und -verzægerungen finden wir an zwei typischen Stellen: diaphysår im Rahmen von klassischen Grçnholzfrakturen, die im Falle einer Therapie nicht vollståndig durchgebrochen wurden. Dabei heilt die Fraktur im Bereich der angebrochenen Kortikalis prompt ab, was aber die Abheilung auf der Seite der vollståndig gebrochenen Kortikalis verhindert (Abb. 1.7); an
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Abb. 1.6. Schema einer Pseudarthrose des Condylus radialis humeri. Bei konservativ behandelten dislozierten Frakturen besteht die groûe Gefahr, dass es zu echten Pseudarthrosen kommt. Das Fragment deformiert sich bis Wachstumsabschluss und weicht meist nach dorsoradial aus, sodass zum Schluss eine erhebliche Deformitåt des Gelenks resultiert, meist verbunden mit einer Valgusdeformitåt.
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Abb. 1.7. Schema der Entstehung einer partiellen Pseudarthrose (einer Konsolidationsverzægerung) diaphysår. a Bei diaphysåren Grçnholzfrakturen ist die eine Kortikalis angebrochen, die andere vollståndig durchgebrochen. b Belåsst man diese Situation bei der Reposition, ohne dass der klaffende Frakturspalt auf der Konvexseite der Fehlstellung komprimiert wird, so heilt die angebrochene Kortikalis prompt ab, wåhrend bei der Gegenkortikalis die Konsolidation ausbleibt. Dies birgt die Gefahr einer Refraktur in sich. c Die gleiche Problematik ist beim Erwachsenen im Rahmen ¹sperrenderª Plattenosteosynthesen bekannt und fçhrt zu den gleichen Folgen, wie bei den inkomplett durchgebrochenen Grçnholzfrakturen.
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dieser Stelle bleibt die periostale Ûberbrçckung des Frakturspalts aus. Dadurch besteht die Gefahr einer echten Refraktur (innerhalb eines Jahres bei inadåquatem Trauma), die dann in 20±30% der Fålle auch eintritt. Metaphysår spielt die partielle Konsolidationsstærung klinisch eine Rolle im Rahmen der metaphysåren Biegungsbrçche der proximalen Tibia (metaphysåre Grçnholzfraktur). Diese Brçche stehen stets in einer mehr oder weniger ausgeprågten Valgusachsabweichung. Dadurch kommt es auf der lateralen Seite (Konkavitåt der Achsabweichung) zum prompten Abheilen der Fraktur, wåhrend auf der medialen Seite die Konsolidation deutlich verzægert ist. Durch diese Verzægerung bzw. die vermehrten und prolongierten Umbauvorgånge auf der medialen Seite wird die nahe gelegene Fuge einseitig stimuliert, es kommt zum medialen Mehrwachstum (s. u.) und dadurch zur Verstårkung des primår schon vorhandenen Valgus (Abb. 1.8).
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Abb. 1.8. Schema der Entstehung einer partiellen Pseudarthrose (Konsolidationsverzægerung) metaphysår. Wie bei der Diaphyse kann es auch bei der Metaphyse zu Biegungsbrçchen kommen, die der gleichen Problematik folgen, wie bei den diaphysåren Frakturen (Abb. 1.7). a Auch hier heilt die angebrochene Kortikalis prompt ab, wåhrend die Heilung auf der Gegenseite, der des klaffenden Frakturspalts, ausbleibt. b Die Folgen sind anders als bei der Diaphyse, es kommt nicht zur Refraktur, sondern zur partiellen Stimulation der nahe gelegenen Fuge, sozusagen im Rahmen der protrahierten Heilungsbemçhungen. Dies verstårkt die primår vorhandene Achsabweichung. Klinisch ist dieses Problem an der proximalen Tibia bedeutungsvoll.
] Långenwachstum Grundsåtzlich sind såmtliche Wachstumsstærungen, die das Långenwachstum betreffen, samt ihren Folgen vom Alter des Patienten beim Unfall abhångig. Je ålter der Patient ist, desto weniger ausgeprågt sind die Folgen. Die stimulativen Wachstumsstærungen (WTS), bei denen es zur Funktionssteigerung der die Fraktur umgebenden bzw. ihr nahe gelegenen Fugen kommt, sind nach såmtlichen Frakturen im Wachstumsalter zu erwarten, ja obligatorisch. Ihre Folgen sind vom Alter des Patienten beim Unfall sowie von der Dauer der Reparationsvorgånge um die Fraktur abhångig. Erleidet der Patient die Fraktur in seiner eigentlichen Wachstumsphase ± bis etwa zum 10. Lebensjahr ± so ist mit einer Verlångerung des betroffenen Skelettabschnitts zu rechnen. Fållt die Fraktur in die Ruhe- und Fugenschlussphase, so ist eher mit einer Verkçrzung zu rechnen. Je mehr Achsabweichungen, Seit-zu-Seit-Verschiebungen und Kallus remodeliert werden mçssen, desto långer ist die Stimulationszeit und desto ausgeprågter sind die Folgen, seien es Verlångerung oder Verkçrzung. Dabei çberschreitet jedoch das Ausmaû der Differenzen selten den Durchschnitt von 1 cm und spielen die Folgen der Långendiskrepanzen lediglich im Bereich der unteren Extremitåten im Blick auf die Wirbelsåulenstatik eine Rolle (Abb. 1.9). Sie sollten aus klinischer Sicht daher stets funktionell gemessen werden! Eine partielle Stimulation ist selten und spielt klinisch nur eine Rolle an der proximalen Tibia (Abb. 1.8) und am Condylus radialis humeri. Nach Frakturen des Condylus radialis humeri kommt es obligatorisch zu einem radialen Mehrwachstum aufgrund einer partiellen Stimulation und damit zur Varisierung der Ellenbogenachse. Je stabiler die Fraktur versorgt wurde, desto kçrzer ist die Konsolidationszeit und desto weniger ausgeprågt die Varisierung (Abb. 1.10). Zusammenfassend sind die stimulativen Wachstumsstærungen obligatorisch nach såmtlichen Frakturen im Wachstumsalter zu erwarten. Ihre Folgen sind vom Alter des Patienten beim Unfall abhångig und ihre Dauer ist begrenzt (maximal bis zu zwei Jahren). Im Gegensatz dazu sind die hemmenden WTS, bei denen die Funktion der Wachstumsfuge gehemmt wird, nur fakultativ nach fugenkreuzenden und fugennahen Frakturen zu erwarten. Auch sie kænnen Teile einer Fuge oder auch die gesamte Fuge betreffen, wobei der par-
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Abb. 1.10. Wachstumsstærung stimulativ, partielle Stimulation einer Fuge. a Obligatorisch gehært zur Fraktur des Condylus radialis humeri die partielle Stimulation des betroffenen radialen Fugenanteils. b Je instabiler die Fraktur versorgt wird, desto långer die Konsolidationszeit der Fraktur, desto långer die Dauer der radialen Stimulation und desto ausgeprågter die durch das radiale Mehrwachstum bedingte Varisierung der Ellenbogenachse.
Abb. 1.9. Schema der Folgen stimulativer Wachstumsstærungen (WTS) an den unteren Extremitåten. Nach jeder Fraktur im Wachstumsalter kommt es durch die obligatorischen WTS zu Långenalterationen. Diese spielen lediglich an den unteren Extremitåten im Blick auf die Wirbelsåulenstatik eine Rolle. Håufigkeit und Ausmaû derartiger Differenzen kænnen nur durch Kontrollen erfasst werden, die daher stets funktionell erfolgen sollten.
tielle vorzeitige Verschluss weitaus håufiger ist als der vollståndige Verschluss. Der partielle Verschluss fçhrt zum verkçrzenden Achsenfehler, der vollståndige Verschluss zur vollståndigen Verkçrzung des betroffenen Skelettabschnitts ohne zusåtzliche Achsabweichung. Diese WTS dauern bis zum Wachstumsabschluss des betroffenen Skelettabschnitts, also deutlich långer als die stimulativen WTS (Abb. 1.11). Die Ursache der hemmenden WTS kann unterschiedlich sein. Bei den typischen Epiphysenfrakturen (Typ Salter-Harris III und IV) bei noch weit
offenen Fugen kann es zum knæchernen Auffçllen des Frakturspalts, auch im Bereich des Stratum germinativum, kommen. Je nach Weite des Frakturspalts ist die so entstandene ¹Ausheilungsbrçckeª mehr oder weniger breit und kann altersabhångig im weiteren Wachstum wieder spontan gesprengt werden oder bleibt und fçhrt dann zum zunehmenden Fehlwachstum. Bei Epiphysenlæsungen (Typ Salter-Harris I und II) oder fugennahen Frakturen ist ein derartiges knæchernes Auffçllen des Frakturspalts nicht mæglich, hier fçhren Gefåûschåden zum mehr oder weniger ausgeprågten Untergang des Wachstumsknorpels mit anschlieûender Verknæcherung der Nekrosezone im Bereich des Stratum germinativum. Dieser Vorgang kann sich selbstverståndlich auch im Rahmen der Epiphysenfrakturen (Typ SalterHarris III und IV) abspielen. Derartige Nekrosenbrçcken sind zu breit, um durch die Wachstumsschubkråfte gesprengt zu werden. Grundsåtzlich besteht kein Unterschied zwischen der Wachstumsprognose von Epiphysenfrakturen und Epiphysenlæsungen. Letztere kommen, vor allem im Bereich der unteren Extremitåten, jedoch meist in einem Alter vor, in dem WTS mit klinisch relevanten Folgen nicht mehr zu erwarten sind. Hingegen sind neben dem Alter des Patienten noch weitere grundsåtzliche Faktoren fçr das Auftreten hemmender WTS verantwortlich. Einmal das Alter der betroffenen Fuge. Je hæher der Wachstumsanteil der Fuge ist, desto långer wåchst sie und kann dementsprechend långer Fehlwachstum erzeugen. Das Ausmaû der Dis-
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a Abb. 1.11. Wachstumsstærung hemmend, partieller vorzeitiger Verschluss einer Fuge. a Im Rahmen von Epiphysenfrakturen bei noch weit offenen Fugen, aber auch von Epiphysenlæsungen, kann b es zur partiellen Verknæcherung der Wachstumsfuge, zur epi-/metaphysåren Brçckenbildung kommen.
lokation spielt eine wesentliche Rolle. Nach undislozierten Frakturen ist signifikant seltener mit hemmenden Wachstumsstærungen zu rechnen als nach dislozierten Frakturen. Ein weiterer ungeklårter Faktor spielt eine ebenso bedeutende Rolle: Hemmende Wachstumsstærungen treten mit ca. 30% signifikant håufiger im Bereich der unteren Extremitåten auf als mit nur ca. 5% im Bereich der oberen Extremitåten. Nimmt man såmtliche Wachstumsstærungen, stimulative und hemmende, zusammen, so kann man sagen, dass beide schicksalhaft sind und nicht primår direkt-therapeutisch vermieden werden kænnen. Durch die Therapie kænnen lediglich bessere Voraussetzungen geschaffen werden: fçr die stimulativen WTS durch Reduktion des Remodelings und fçr die hemmenden lediglich bei den Epiphysenfrakturen durch Diminuierung eines weiten Frakturspalts. Fçr Epiphysenlæsungen kænnen bezçglich der Wachstumsprognose therapeutisch keine besseren Voraussetzungen geschaffen werden. Die Wachstumsprognose låsst sich durch die Reposition nicht verbessern, hæchstens verschlechtern, wenn man rçde und oft genug reponiert und durch zusåtzliche operative Maûnahmen die Gefåûversorgung der Fuge beschådigt.
b
c
c Wåhrend der Rest der Fuge normal weiter wåchst, sistiert das Wachstum an der Stelle der Brçcke. Es kommt zur zunehmenden Deformitåt, z. B. an der distalen Tibia, bei medialem Verschluss zur zunehmenden Varusdeformitåt, der die Fibula zwangslåufig folgt.
Spontankorrekturen Grundsåtzlich ist der wachsende Kærper in der Lage, såmtliche Achsabweichungen in allen drei Ebenen des Raumes im Verlauf des Wachstums wieder spontan, d. h. ohne åuûeres Zutun, zu korrigieren. Daran sind ganz unterschiedliche Mechanismen beteiligt, die aber ebenso wie auch die WTS grundsåtzlich vom Alter des Patienten bei Unfall, von der Lebenserwartung der nåchstgelegenen Fuge, von der Funktion bzw. den Funktionsebenen des nåchstgelegenen Gelenks und vom Ausmaû der Achsabweichung abhångig sind. Je jçnger der Patient, je hæher (je langlebiger) der Wachstumsanteil der nåchstgelegenen Fuge, je multiplaner das nåchstgelegene Gelenk und je græûer das Ausmaû der Achsabweichung sind, desto græûer und zuverlåssiger ist die Korrektur. Dazu gesellt sich ein grundsåtzliches Verhalten. Eine Varusdeformitåt wird am ganzen Kærper grundsåtzlich besser korrigiert als eine Valgusdeformitåt und Achsabweichungen in der Hauptbewegungsebene, der Sagittalebene, werden besser korrigiert als die in der Frontalebene. Der funktionelle Stimulus ist bedeutungsvoller als der statische.
1 Knochenwachstum und Knochenheilung
Abb. 1.12. Schema der Spontankorrektur der Seit-zu-SeitVerschiebung. Durch Kallusremodeling erfolgt çber periostalen An- und Abbau und endostalen Ab- und Anbau die zunehmende Formung der frakturbedingten Strukturverånderungen bis hin zur Restitutio ad integrum.
An den Spontankorrekturen sind, wie schon gesagt, unterschiedliche Mechanismen beteiligt. Die Seit-zu-Seit-Verschiebung wird allein durch das periostendostale System remodeliert (Abb. 1.12). Achsenknicke in der Frontal- und Sagittalebene werden kombiniert durch das periostendostale Remodeling und gezieltes asymmetrisches Korrekturwachstum der Epiphysenfugen korrigiert. Wåhrend im Schaftbereich das Remodeling des eigentlichen Achsenknicks erfolgt, stellen sich die durch den Achsenknick schråg gestellten Epiphysen langsam wieder orthograd zur Belastungsebene ein. Diese beiden Mechanismen scheinen voneinander abhångig zu sein (Abb. 1.13). Es ist jedoch nicht bekannt, durch welche Faktoren das geschieht. Verkçrzungsfehlstellungen kænnen ungezielt durch die stimulativen WTS korrigiert werden, was jedoch unzuverlåssig ist. Eine gezielte Långenkorrektur findet sich nur bei paarigen Knochen gegençber dem Partnerknochen, nicht aber gegençber der Gegenseite. Da der Mensch çber kein Organ fçr symmetrisches Wachstum
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Abb. 1.13. Spontankorrektur eines Achsenknicks. Durch das periostendostale Korrektursystem erfolgt das Remodeling im Schaftbereich. Die durch den Achsenknick schråg gestellten Epiphysen (Gelenke) werden durch asymmetrisches Wachstum der Wachstumsfugen selbst wieder senkrecht zur Belastungsebene eingestellt.
verfçgt, muss man damit rechnen, dass posttraumatische Långenalterationen sich im weiteren Wachstum kaum korrigieren werden. Seltene Verlångerungsfehlstellungen werden nicht korrigiert. Rotationsfehler kænnen im Verlauf der physiologischen Detorsionsvorgånge ungezielt korrigiert werden, wobei man noch sehr wenig çber das gesamte Phånomen der Detorsionen an den unterschiedlichen Knochen weiû. Bekannt ist bislang in der Literatur die Spontankorrektur von Rotationsfehlern am Oberarm und am Oberschenkel (Abb. 1.14), beides Lokalisationen, an denen ein Rotationsfehler funktionell hervorragend kompensiert wird, sodass wåhrend der relativ langen Zeit der Korrektur der Patient keine Beschwerden hat. Die Rotationsfehler, die von Scharniergelenken umgeben sind, wie z. B. am Unterschenkel oder an den Fingerphalangen, kænnen funktionell nicht kompensiert werden und fçhren sehr viel schneller zu Beschwerden. Erleichternd ist dabei, dass die funktionell gut kompensierbaren
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ARF
IRF b
Abb. 1.14. Spontankorrektur von Rotationsfehlern am Beispiel des Oberschenkels. Rotationsfehler am Oberschenkel stellen sich in einer Antetorsionsdifferenz der Schenkelhålse dar. a, b Die Antetorsion nimmt physiologischerweise von Geburt bis Wachstumsabschluss von ca. 358 auf ca. 158 ab. Der Auûenrotationsfehler des distalen Fragments (ARF), erkennbar an der verminderten Antetorsion der betroffenen Seite, zieht diese Detorsion praktisch vor. Durch vermehrte einseitige Detorsion kann der Innenrotationsfehler des distalen Fragments (IRF), erkennbar an der vermehrten Antetorsion der betroffenen Seite, im Lauf des weiteren Wachstums wenigstens diminuiert und damit klinisch bedeutungslos werden.
Fehler im Rahmen einer frischen Fraktur weder radiologisch noch klinisch diagnostizierbar und messbar sind und daher auf konservativem Wege auch nicht korrigiert werden kænnen und mçssen. Im Gegensatz dazu sind die funktionell nicht kompensierbaren Fehler klinisch gut beurteil- und messbar, sodass sie im Rahmen einer frischen Fraktur auch gut beseitigt werden kænnen. Spontankorrekturen kænnen in die Therapie integriert werden. Die periostendostalen sowie die epiphysåren Korrekturen beeinflussen die Håufigkeit und das Ausmaû von Långendifferenzen, was bei den Korrekturen der Rotationsfehler nicht der Fall ist. Aus diesem Grund sollten nur in Ausnahmefållen erhebliche Achsabweichungen an den unteren Extremitåten den Korrekturkråften des weiteren Wachstums çber-
Abb. 1.15. Integration von Spontankorrekturen in die Therapie. Zuverlåssige Spontankorrekturen, wie z. B. die einer Varusachsabweichung im Bereich des proximalen Humerus bis zu 508 und bis zu einem Alter von 12 Jahren kænnen primår und postprimår in die Therapie integriert werden; die Achsabweichung wird zuverlåssig korrigiert werden.
lassen werden. Ziel der Therapie kann also nur sein, durch die geeignete Primårtherapie den Umfang der Reparation und des Remodelings so klein wie mæglich zu halten, um Håufigkeit und Ausmaû posttraumatischer Långendifferenzen den idiopathischen Differenzen zuzuweisen, die bei etwa 25±30% knapp 1 cm betragen. An den oberen Extremitåten hingegen spielen Långendifferenzen im posttraumatischen Rahmen keine Rolle. Hier kænnen also zuverlåssige Korrekturen durchaus in die Primår- oder auch Sekundårtherapie integriert werden. Dies sind am proximalen Humerus bis etwa zum 11./12. Lebensjahr Korrekturen bis zu 508 Varusstellung und von Achsabweichungen in der Sagittalebene (Abb. 1.15), mit Abkippungen am proximalen Radiusende bis zu 508 bis zu einem Alter von 10 Jahren (Abb. 1.16) und Abkippungen nach dorsal und radial von etwa 408 am distalen Radius (Abb. 1.17). Die Zumutbarkeits- und Toleranzgrenzen werden in den einzelnen Kapiteln des speziellen Teils jeweils aufgefçhrt werden.
1 Knochenwachstum und Knochenheilung
Abb. 1.16. Integration von Spontankorrekturen in die Therapie. Zuverlåssige Spontankorrekturen, wie z. B. die einer radialen Abkippung des Radiuskæpfchens bis zu 508 und bis zu einem Alter von 10 Jahren kænnen primår und postprimår in die Therapie integriert werden; die Achsabweichung wird zuverlåssig korrigiert werden.
Abb. 1.17. Integration von Spontankorrekturen in die Therapie. Zuverlåssige Spontankorrekturen, wie z. B. die einer Dorsal- und Radialabkippung im Bereich des distalen Unterarms bis zu 508 und bis zu einem Alter von 12 Jahren kænnen primår und postprimår in die Therapie integriert werden; die Achsabweichung wird zuverlåssig korrigiert werden.
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3 Frakturklassifikationen im Kindesalter Die Einteilung von Verletzungen nach verschiedenen Klassifikationen ist eine notwendige Voraussetzung, um in multizentrischen Studien anhand einer groûen Anzahl von Kranken eine Aussage z. B. çber Aufwand und Ergebnisse unterschiedlicher Therapiemethoden oder die Prognose von bestimmten Verletzungen treffen zu kænnen. Eine umfassende, spezifische Klassifikation fçr Frakturen der langen Ræhrenknochen im Kindesalter wurde bisher noch nicht entwickelt, sodass meist die fçr Erwachsene gçltige AO-Klassifikation auf das kindliche Skelett çbertragen wurde. Aufgrund der Besonderheiten des kindlichen Skeletts ist dies jedoch nicht sinnvoll. Im Gegensatz zum Erwachsenen låsst sich aufgrund der Verletzung keine Hierarchie bezçglich des Schweregrads sowie kein therapeutischer Hinweis ableiten. Art und Ausmaû der Therapie sind nicht standardisiert und viel mehr abhångig vom Alter des Kindes sowie der Frakturlokalisation und -dislokation. Klassifikationen machen nur Sinn, wenn sie sich nach morphologischen Gesichtspunkten richten und in ein vernçnftiges Dokumentationssystem eingebettet sind. Solche Dokumentationen sind auch fçr die Kindertraumatologie unerlåsslich und stellen gleichzeitig die Grundlage fçr eine adåquate Qualitåtssicherung dar. Es sollte selbstverståndlich sein, dass wachsende Patienten mit Verletzungen des Bewegungsapparats kompetent nachkontrolliert werden. Eine Klassifikation sollte daher Teil einer Dokumentation sein, um fçr diesen Zweck sinnvoll genutzt werden zu kænnen. Ziel einer kinderspezifischen Klassifikation und Dokumentation muss sein, çber eine prospektive Datensammlung zu fundierten Therapieempfehlungen zu kommen. Diese kænnten dann in erweiterte Klassifikationen integriert werden. Die Tatsache, dass der Wachstumsabschluss zur endgçltigen Beurteilung abgewartet werden muss, und die Vielfalt der mæglichen Verletzungen in den verschiedenen Altersstufen erlaubt derzeit noch keine Integration von klassifikationsorientierten Therapieempfehlungen im Kindesalter. Dies ist
aber erklårtes Entwicklungsziel aller vorgestellten Fraktureinteilungen fçr die Zukunft. Im Folgenden werden die beiden aktuellen Frakturklassifikationen im Kindesalter fçr lange Ræhrenknochen vorgestellt, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben.
Li-La-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter D. Schneidmçller und L. v. Laer Der gemeinnçtzige Verein Li-La e.V. hat zu diesem Zweck gemeinsam mit dem Institut fçr Evaluative Forschung in Orthopådischer Chirurgie der Universitåt Bern eine Dokumentation entwickelt und diese samt der dazugehærigen Klassifikation in einer Pilotphase erprobt und validiert. Aufgrund der Ergebnisse erfolgte eine weitere Vereinfachung der Dokumentation sowie Klassifikation, die als Version 2.1 mit einem Online-Dokumentationssystem beim Institut fçr Evaluative Forschung in Bern sowie auf der Webseite von LiLa (www.li-la.org) einsehbar sind. ] Die erste Ziffer bezeichnet entsprechend der AO-Klassifikation fçr den Erwachsenen den betroffenen Ræhrenknochen (Abb. 3.1). ] Die zweite Ziffer differenziert das betroffene Knochensegment. Es wird zwischen proximal, Mitte und distal unterschieden, wobei im Schaft das Quadrat çber der Epiphysenfuge des jeweiligen Knochens die Grenze nach distal und proximal (inklusive Metaphyse) markiert (Abb. 3.2). ] Aufgrund der therapeutischen Relevanz wird noch einmal extra zwischen Gelenkfrakturen (a = articular) und Schaftfrakturen (s = shaft/ non-articular) unterschieden. Die Wachstumsfuge kann in zwei funktionell unter-
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]
D. Schneidmçller und L. von Laer 2. Segment
1 proximal (Quadrat) inkl. Schenkelhals
1
2
2 Mitte
3
4
Quadrat von med. und lat. Epiphysenfugen ausgehend (ap Rx) 3 distal (Quadrat)
Abb. 3.1. Bezeichnung des betroffenen Ræhrenknochens.
11 epiphysåre Salter -Frakturen Harris IIIbei offenen Fugen Aitken II
(Salter-Harris III/Aitken II)
Abb. 3.3. Epiphysåre Frakturen. 1 Fraktur Salter III, 2 Fraktur Salter IV, 3 Twoplane-Fraktur, 4 Triplane-Fraktur, 5 Andere.
22 epi-metaphysåre Frakturen Salter - Harris IV bei offenen Fugen Aitken III (Salter-Harris IV/Aitken III)
Abb. 3.2. Festlegung des Knochensegments.
33 epiphysåre Frakturen bei Two-Plane beginnendem Fugenschluss Übergangsfraktur
(Two-Plane Ûbergangsfraktur)
4 4 epi-metaphysåre Fraktur Triplane I/II bei beginnendem Fugenschluss Übergangsfraktur
(Tripane I/II Ûbergangsfraktur)
3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
11
22
Abb. 3.4. Schaftfrakturen. 1 Epiphysenlæsungen (Salter I und II). 2 Metaphysåre Grçnholz- und Wulstfrakturen, diaphysåre Grçnholz-, Bowingfraktur.
schiedliche Bereiche unterteilt werden, den epiphysåren mit und den metaphysåren ohne proliferative Potenz. Epiphysåre Frakturen zåhlen zu den Gelenkfrakturen, Epiphysenlæsungen aufgrund fehlender Gelenkbeteiligung im weiteren Sinn zu den Schaftfrakturen. Damit ist die therapeutisch wichtige Unterteilung Schaft gegençber Gelenk gewahrt. Gelenkfrakturen mçssen anatomisch rekonstruiert werden, wåhrend bei Schaftfrakturen eine mægliche altersabhångige Spontankorrektur in das Therapiemanagement einflieût. Hierbei muss beachtet werden, dass die Spontankorrektur im Bereich der Diaphyse deutlich geringer ausfållt als in der Metaphyse. ] Die vierte Ziffer beschreibt den eigentlichen Frakturtyp, jeweils fçr Gelenk- und Nichtgelenkfrakturen separat. So werden im Gelenkbereich epiphysåre und epi-metaphysåre Frakturen bei offenen Fugen und bei beginnendem Fugenschluss voneinander unterschieden. Alle Sonderformen wie osteochondrale Frakturen oder knæcherne Bandausrisse werden unter ¹othersª subsumiert (Abb. 3.3).
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]
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3 Quer-, Schråg-, Torsionsfrakturen. 4 Alle Mehrfragmentfrakturen. 5 Andere.
Am Schaft werden folgende Frakturtypen unterschieden: die Epiphysenlæsungen, die metaphysåren Grçnholz- und Wulstfrakturen, die komplette metaphysåre Fraktur inkl. Quer-, Schråg- und Torsionsbrçche, die Grçnholzund Bowingfraktur im Schaftbereich, die komplette Fraktur des Schafts inkl. Quer-, Schrågund Torsionsfrakturen sowie alle Mehrfragmentfrakturen. Hier bildet ebenfalls das Quadrat çber der Epiphysenfuge die Grenze zwischen Schaft und Metaphyse. Sonderformen wie Band- und Apophysenausrisse werden unter ¹othersª zusammengefasst (Abb. 3.4). ] Unterscheidung zwischen tolerabler und nicht tolerabler Dislokation im Hinblick auf das therapeutische Vorgehen (0 = undisloziert, 1 = tolerable Dislokation, 2 = nicht tolerable Dislokation). ] Bei paarigen Knochen wird der haupttragende Knochen klassifiziert (Radius bzw. Tibia). Soll der paarige Knochen klassifiziert werden, erfolgt ein entsprechender Zusatz: F fçr Fibula bzw. U fçr Ulna (Abb. 3.5).
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]
D. Schneidmçller und L. von Laer
] Aufgrund der Frakturhåufigkeit und der speziellen anatomischen Gegebenheiten erfolgt eine separate Klassifikation der Frakturen des distalen Humerus als einzige Ausnahme (Abb. 3.6). Ûbersicht der Li-La-Klassifikation s. Abb. 3.7, 3.8.
Abb. 3.5. Bei paarigen Knochen wird der tragende Knochen (Radius oder Tibia) klassifiziert, ansonsten Fibula oder Ulna angegeben.
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22
Abb. 3.6. Frakturen des distalen Humerus als Ausnahme. 1 Condylus radialis Fraktur. 2 Y-Fraktur. 3 Condylus ulnaris Fraktur.
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3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
LiLa Klassifikation 1. Stelle Lokalisation im Skelett: (1-4)
2. Stelle Lokalisation im Knochen (Segment): (1-3)
3. Stelle Morphologie: – Gelenk (a) – Schaft (s)
4. Stelle Spezifizierungen Morphologie: – Gelenk (1-5) – Schaft (1-5)
5. Stelle Dislokationsausmass: – undisloziert (0) – tolerabel (1) – nicht tolerabel (2)
– bei paarigen Knochen wird jeweils der haupttragende Knochen klassifiziert: Radius oder Tibia – soll der Gegenknochen klassifiziert werden, so wird an 6. Stelle das U bzw. das F eingefügt (siehe Gelenkfrakturen Olekranon) – die Metaphyse wird mit dem Quadrat über der zugehörigen Fuge definiert (Zirkelschlag von den Ecken der Epiphysenfuge aus)
Gelenkverletzungen die statistisch nicht ins Gewicht fallen, werden an der 5=andere jeweiligen Lokalisation mit 5= andere klassifiziert (proximaler Humerus, proximaler und distaler Radius, proximale und distale Ulna und proximales Femur)
Abb. 3.7. Ûbersicht çber die Li-La-Klassifikation.
6. Stelle (Ausnahme) paariger Knochen nicht tragend – Ulna (U) – Fibula (F)
]
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]
D. Schneidmçller und L. von Laer
Gelenkfrakturen
1.1.a.5.0-2.: andere praktisch keine Gelenkfrakturen, Flakes, Tuberkulumausrisse etc., werden unter andere (=5) subsumiert
proximaler Humerus
1.3.a.1-5.0-2. 1. Condylus radialis Fx 2. Y-Fx 3. Condylus ulnaris Fx 4. / (leer) 5. andere 2
1
2.1.a.5.0-2.: andere praktisch keine Gelenkfrakturen, Übergangsfx, Meisel etc. beim Jugendlichen werden unter andere (=5) subsumiert
3
proximaler Radius
2.1.a.5.0-2.U: andere kaum Gelenkfx, artikuläre Olekranon Fx und Fx des Processus coronoideus werden unter andere (=5) subsumiert 2.3.a.5.0-2.: andere praktisch keine Gelenkfrakturen, Übergangsfx etc. werden unter andere (=5) subsumiert
distaler Radius
3.1.a.5.0-2.: andere praktisch keine Gelenkfrakturen, Flakes etc. werden unter andere (=5) subsumiert
proximales Femur
3.3.a.1-5.0-2. 1. epiphysäre (Salter III) Fx bei offenen Fugen 2. epi-metaphysäre (Salter IV) Fx bei offenen Fugen 3. epiphysäre (two plane) Fx bei beg. Fugenschluss 4. epi-metaphysäre (triplane) Fx bei beg. Fugenschluss 5. andere
1
4.1.a.1-5.0-2. 1. epiphysäre (Salter III) Fx bei offenen Fugen 2. epi-metaphysäre (Salter IV) Fx bei offenen Fugen 3. epiphysäre (two plane) Fx bei beg. Fugenschluss 4. epi-metaphysäre (triplane) Fx bei beg. Fugenschluss 5. andere
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4.3.a.1-5.0-2. 1. epiphysäre (Salter III) Fx bei offenen Fugen 2. epi-metaphysäre (Salter IV) Fx bei offenen Fugen 3. epiphysäre (two plane) Fx bei beg. Fugenschluss 4. epi-metaphysäre (triplane) Fx bei beg. Fugenschluss 5. andere 1
Abb. 3.8. Ûbersicht çber die Li-La-Klassifikation.
2
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3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
Schaftfrakturen 1.1-3.s.1-5.0-2. 1. Epiphysenlösung ohne und mit metaphysärem Keil (Salter I und II) 2. metaphysäre Stauchungs- und metaphysäre Grünholz Fx/ diaphysäre Grünholzfrakturen 3. Quer-, Schräg- und Torsions Fx 4. Mehrfragment Fx 5. andere
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2
1
2.1-3.s.1-5.0-2. 1. Epiphysenlösung ohne und mit metaphysärem Keil (Salter I und II) 2. metaphysäre Stauchungs- und metaphysäre Grünholz Fx/ diaphysäre Grünholzfrakturen 3. Quer-, Schräg- und Torsions Fx 4. Mehrfragment Fx 5. andere
3.1-3.s.1-5.0-2. 1. Epiphysenlösung ohne und mit metaphysärem Keil (Salter I und II) 2. metaphysäre Stauchungs- und metaphysäre Grünholz Fx/ diaphysäre Grünholzfrakturen 3. Quer-, Schräg- und Torsions Fx 4. Mehrfragment Fx 5. andere
4.1-3.s.1-5.0-2. 1. Epiphysenlösung ohne und mit metaphysärem Keil (Salter I und II) 2. metaphysäre Stauchungs- und metaphysäre Grünholz Fx/ diaphysäre Grünholzfrakturen 3. Quer-, Schräg- und Torsions Fx 4. Mehrfragment Fx 5. andere
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]
29
30
]
Th. Slongo und L. Audig
AO-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter Th. Slongo und L. Audig
Epiphyse
E
proximal 1 Metaphyse M
Die vorliegende Klassifikation wurde von der AO Paediatric Expert Group (PAEG) in Zusammenarbeit mit der AO Investigation und Documentation (AOCID) sowie der International Working-Group for Paediatric Traumatology (IAGKT) entwickelt. Sie wurde mit Hilfe des AO Classification Supervisory Committee einem strikten Validierungsprozess unterzogen und befindet sich momentan noch in einer breit angelegten Validierungsstudie. Die vorgeschlagene Klassifikation basiert auf der AO-Klassifikation von Mçller fçr Erwachsene und berçcksichtigt kinderspezifische Frakturbesonderheiten (Abb. 3.9). Die Beurteilung erfolgt anhand der konventionellen anterior-posterioren und lateralen Unfallbilder.
Schaft 2
Diaphyse
D
Metaphyse M distal 3 Epiphyse
E
a
Abb. 3.9. Prinzip der Frakturklassifikation im Kindesalter.
] Knochen und Segment Gemåû der AO-Klassifikation von Mçller fçr Erwachsene werden die einzelnen Knochen durchnummeriert: 1 = Humerus, 2 = Radius/Ulna, 3 = Femur, 4 = Tibia/Fibula. Ausgenommen die Monteggia- und Galeazzi-Verletzung werden paarige Knochen mit gleichem Verletzungsmuster (Kindercode) durch einen Frakturcode klassifiziert, wobei die schwerwiegendere Fraktur angegeben wird. Ist nur ein Knochen betroffen, erfolgt ein entsprechender Zusatz (r, u, t, f) hinter dem Segmentcode (22u beschreibt z. B. eine isolierte Ulnaschaftfraktur). Sind beide Knochen mit unterschiedlichem Verletzungsmuster betroffen (z. B. komplette Radiusfraktur und Bowingfraktur der Ulna), muss jeder Knochen separat mit dem entsprechenden Buchstabenzusatz klassifiziert werden.
b Abb. 3.10. a Die Metaphyse wird identifiziert durch ein Quadrat mit der Kantenlånge der weitesten Strecke der Epiphysenfugen in der a.-p. Ræntgenaufnahme. Fçr paarige Knochen mçssen beide Knochen eingeschlossen werden. b Eine transparente Vorlage mit Quadraten kann zur genaueren und zuverlåssigeren Diagnose çber das entsprechende Ræntgenbild gelegt werden.
3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
E/1 Salter- Harris I
E/2 Salter- Harris II
E/3 Salter- Harris III
E/4 Salter - Harris IV
E/5 Übergangsfraktur (two plane)
E/6 Übergangsfraktur (triplane)
E/7 epiphysäre Bandausrisse
E/8 Flake fractures
Abb. 3.11. Einteilung epiphysårer Frakturen.
E/9 andere epiphysäre
Die Knochensegmente werden nach 1 = proximal, 2 = diaphysår und 3 = distal unterschieden, wobei die Definition sich vom Erwachsenen unterscheidet. Die Metaphyse wird begrenzt durch ein Quadrat çber der gesamten Långe der Epiphysenfugen (Abb. 3.10). Fçr die paarigen Knochen Ulna/Radius und Tibia/Fibula mçssen dabei beide Epiphysenfugen in dieses Quadrat eingeschlossen werden. Somit kænnen folgende drei Segmente unterschieden werden: ] Segment 1: proximale Epiphyse und Metaphyse (Quadrat), ] Segment 2: Diaphyse, ] Segment 3: distale Epiphyse und Metaphyse (Quadrat). Malleolarfrakturen bei Kindern werden als distale Tibiafrakturen klassifiziert (z. B. ist die mediale Malleolusfraktur eine typische Fraktur Salter-Harris III oder IV der distalen Tibia, klassifiziert als 43).
]
E/9 andere epiphysåre Frakturen
] Frakturtypcode Die Schweregradeinteilung A-B-C der Erwachsenenklassifikation wurde durch eine Frakturklassifikation jeweils fçr Diaphyse (D), Metaphyse (M) sowie Epiphyse (E) ersetzt. Die håufigsten Verletzungen im Kindesalter sind die Schaftfrakturen (Segment 2) sowie die epi-/metaphysåren Frakturen (Segment 1 und 3). Die Einteilung in E-M-D unterscheidet klar zwischen intra- und extraartikulåren Frakturen, da epiphysåre Frakturen definitionsgemåû intraartikulår liegen. Metaphysåre Verletzungen werden durch Lage zu dem Quadrat identifiziert (das Zentrum der Fraktur muss dabei innerhalb des Quadrats liegen) (Abb. 3.10). Eine Ausnahme bildet das proximale Femur, bei dem die Metaphyse zwischen dem Femurkopf und der intertrochantåren Linie liegt. Bei Anwendung dieser Quadratdefinition kann eine Fehlklassifikation durch
31
32
]
Th. Slongo und L. Audig
] Kindercode
M/2 inkomplette Fraktur
M/3 vollståndige Fraktur
Spezielle kindliche Besonderheiten wurden in einen Kindercode çbertragen. Sie sind spezifisch fçr die unterschiedlichen Frakturtypen E, M, D und werden dementsprechend fçr jeden einzelnen Frakturtyp klassifiziert. Bei den epiphysåren Frakturen erhalten die Frakturen nach Salter und Harris entsprechend den Code E/1 bis E/4. E/5 bis E/9 bezeichnen andere kindliche Frakturen wie die TillauxFraktur (E/5), die Triplane-Fraktur (E/6), die intraartikulåre Avulsionsfraktur (E/7), die ¹flake fractureª (E/8) und andere Frakturen, die unter E/9 zusammengefasst werden (Abb. 3.11). An der Metaphyse werden drei Frakturarten unterschieden: die Wulst-, Spiral- und Grçnholzfraktur (M/2), die komplette Fraktur (M/3) und die metaphysåre osteoligamentåre, muskuloligamentåre Avulsion und einfache Avulsionsverletzungen (M/7) (Abb. 3.12). Der Kindercode fçr diaphysåre Frakturen (Segment 2) ist in Abb. 3.13 dargestellt. Er umfasst Bowingfrakturen (D/1), Grçnholzfrakturen (D/2), ¹Toddler's Fracturesª (D/3), komplette Querfrakturen (Winkel 308±D/5), Monteggia-Verletzungen (D/6) und GaleazziVerletzungen (D/7). Ein 308-Winkel sollte in den Ræntgenbildern verwendet werden fçr eine zuverlåssigere Klassifikation. D/9 fasst alle çbrigen Frakturen zusammen, die keiner der genannten Kategorien zugeordnet werden kænnen.
] Frakturschweregradcode
M/7 metaphysåre Avulsionsverletzung
Abb. 3.12. Festlegung metaphysårer Frakturen (M).
nicht korrekte a.-p.-Aufnahmen bzw. durch Angulation des Knochens in der frontalen Ebene entstehen.
Eine Unterteilung der Schweregrade ist notwendig im Hinblick auf die Indikation verschiedener Osteosynthesemethoden. Dieser Code unterscheidet zwischen einfachen Frakturen, Keilfrakturen (partiell instabile Frakturen mit drei Fragmenten einschlieûlich eines vollståndig dislozierten Fragments) und komplexen Frakturen (vollståndig instabile Frakturen mit mehr als drei Fragmenten).
] Ausnahme- und Zusatzcodes Da nicht alle Kinderfrakturen nach o.g. Schema klassifiziert werden kænnen wurden folgende zusåtzliche Definitionen und Regeln aufgestellt:
3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
D/1
Abb. 3.13. Einteilung diaphysårer Frakturen (D 1±7; D/9 = andere diaphysåre Frakturen).
D/2
D/6
] Apophysenfrakturen werden den metaphysåren Frakturen zugerechnet. ] Ûbergangsfrakturen mit oder ohne metaphysåren Keil zåhlen zu den epiphysåren Frakturen. ] Intra- bzw. extraartikulåre knæcherne Bandausrisse werden den epiphysåren bzw. metaphysåren Frakturen zugeordnet. ] Suprakondylåre Humerusfrakturen (Code 13-M/3) werden zusåtzlich nach dem Dislokationsausmaû in vier Grade (I±IV) nach von Laer eingeteilt: keine Dislokation (I), Dislokation in einer Ebene (II), Rotation des distalen Fragments mit Dislokation in zwei Ebenen (III) sowie Rotation und Dislokation in drei Ebenen oder vollståndige Dislokation ohne knæchernen Kontakt (IV). ] Radiuskæpfchenfrakturen (21-M/2 oder /3; oder 21-E/1 oder /2) werden zusåtzlich nach der axialen Abweichung und dem Ausmaû
D/3
D/7
]
D/5
D/4
D/9
der Dislokation klassifiziert: keine Angulation und keine Dislokation (I), Angulation mit Dislokation weniger als eine halbe Schaftbreite (II) sowie Angulation mit Dislokation mehr als eine halbe Schaftbreite (III). ] Schenkelhalsfrakturen. Epiphysenlæsungen ohne und mit metaphysårem Keil werden entsprechend den Typ-E-Frakturen nach Salter und Harris in E/1 und E/2 unterteilt. Frakturen des Schenkelhalses werden als metaphysåre Typ-M-Frakturen klassifiziert: transzervikal (I), basozervikal (II) und pertrochantår (III). Die intertrochantåre Linie begrenzt die Metaphyse. Der vollståndige Frakturcode setzt sich somit aus fçnf bzw. sechs Codes zusammen, je nachdem ob ein Ausnahmecode angewendet wird.
33
2 Verletzungsformen L. v. Laer
Frakturen Im Gegensatz zum Erwachsenen sind die Verletzungen im Wachstumsalter, solange die Wachstumsfugen noch weit offen sind, auûerordentlich stereotyp, unabhångig von der Richtung des Unfallmechanismus. Dabei schçtzt die Fuge das Gelenk, sodass es ganz selten zu Gelenkfrakturen, jedoch sehr viel håufiger zu Epiphysenlæsungen und anderen metaphysåren Frakturen kommt. Das Verhåltnis zwischen artikulåren und extraartikulåren Frakturen betrågt 1 : 50. Das schlieût komplizierte Trçmmerfrakturen im Bereich der Gelenke, wie sie beim Erwachsenen zu finden sind, aus. Selbst die seltenen Frakturen im Gelenkbereich folgen einem stereotypen Muster und stellen an die operative Rekonstruktion kaum die technischen Anforderungen, wie beim Erwachsenen. Wåhrend die repråsentativen Gelenkfrakturen der oberen Extremitåten, die Frakturen des Condylus radialis humeri, stets im Hauptbelastungsbereich des Gelenks liegen, verlåuft der Frakturspalt bei den repråsentativen Gelenkfrakturen der unteren Extremitåten, der medialen Malleolarfrakturen, stets im Randbereich, auûerhalb der Hauptbelastungszone. Dies åndert sich erst mit beginnendem Fugenschluss bei den sog. Ûbergangsfrakturen. Aber selbst bei diesen Frakturen im Ûbergangsalter zum Erwachsenen bleibt die Stereotypie ± wohl dann eine andersartige ± erhalten und folgt noch nicht den willkçrlichen Verletzungsmustern der Erwachsenen. Es gibt zahlreiche Einteilungen der Frakturen im Wachstumsalter, die sich meist jedoch auf die Verletzungen der Wachstumsfuge konzentrieren. Dabei geht man davon aus, dass sie einen Hinweis auf die Wachstumsprognose der einzelnen Verletzungen geben wçrden ± dies ist jedoch nicht der Fall. Eine Einteilung såmtlicher Frakturen nach der Wachstumsprognose ist unmæglich, denn diese ist von allzu unterschiedlichen Parametern abhångig (s. o.). Eine Einteilung nach the-
rapeutischen Richtlinien zu formulieren ist ebenso wenig praktikabel, da sich die Therapie einerseits nach der Lokalisation der Fraktur und deren Dislokationsausmaû, andererseits nach individuellen, sozialen und wirtschaftlichen Bedçrfnissen und Gegebenheiten richten muss. Es bleibt also lediglich die morphologische Beschreibung, um im Disput in der Literatur, in Dokumentationen und dergleichen vergleichsweise zu wissen, wovon man redet. Im Folgenden seien daher kurz die typischen Frakturen im Wachstumsalter und deren Gegebenheiten skizziert; erst im Anschluss daran wird der Versuch einer Klassifikation unternommen, der nicht Vollkommenheit sondern Benutzbarkeit im Rahmen von Dokumentationen zur Qualitåtssicherung beansprucht.
] Gelenkbereich Bisher wurden physåre Frakturen in einer einzigen Klassifikation untergebracht (Salter-Harris, Aitken). Da diese nur die morphologische Struktur lediglich in der Fuge, jedoch nicht des betroffenen Knochenabschnitts berçcksichtigt, sollten diese, zumindest gedanklich, getrennt werden. Grundsåtzlich ist zu unterscheiden zwischen den tatsåchlichen Gelenkfrakturen und den Schaftfrakturen, unabhångig von der Art und Lokalisation einer Fugenschådigung. Bei den Gelenkfrakturen muss man lediglich den Zustand der Fugen beachten, da bei beginnendem Fugenschluss andere Verletzungsformen zu erwarten sind als bei weit offenen Fugen. Bei den Gelenkfrakturen sind also Frakturen bei noch weit offenen Fugen und Frakturen mit beginnendem Fugenschluss zu unterscheiden. Bei den klassischen Gelenkfrakturen z. B. der distalen Tibia steht der Frakturspalt senkrecht zur Belastungsflåche und liegt im exzentrischen, medialen Bereich der Gelenkflåche auûerhalb der Belastungszone. Diese Frakturen kommen in zwei Varianten vor (mit und ohne metaphysåren
16
]
L. von Laer
Ausbruch) und wurden von Aitken (Aitken Typ II und III) und Salter-Harris (Salter-Harris Typ III und IV) beschrieben. Mit beginnendem physiologischen Fugenschluss liegt der Frakturspalt ± bei den so genannten Ûbergangsfrakturen ± çblicherweise schråg zur Gelenkflåche und meist im zentralen bis lateralen Bereich des Gelenks, im Hauptbelastungsbereich. Je nach Unfallmechanismus kann es dann noch zum zusåtzlichen Ausbruch eines mehr oder weniger ausgeprågten metaphysåren Keils kommen. Diese Frakturen werden meistens fålschlicherweise unter die typischen Malleolarfrakturen subsumiert. Da sie anders behandelt werden mçssen und eine andere Wachstumsprognose haben (typische Epiphysenfrakturen kænnen im Gegensatz zu Ûbergangsfrakturen zu WTS des partiellen Verschlusses mit relevanten Folgen fçhren) als die typischen Frakturen, sollte man sie jedoch von diesen abgrenzen und anders benennen. Wir mçssen also bei den Gelenkfrakturen unterscheiden zwischen fugenkreuzenden Frakturen und solchen, die die Fuge nicht tangieren. Bei den fugenkreuzenden Frakturen mçssen wir unterscheiden zwischen den klassischen bei noch weit offenen Fugen und den Ûbergangsfrakturen. Die klassischen Epiphysenfrakturen wiederum sind einzuteilen in die mit und die ohne metaphysåre Beteiligung. Dies gilt im Grundsatz auch fçr die Ûbergangsfrakturen, die meist nur in zwei Ebenen verlaufen und lateral liegen (two plane fractures). Wenn es aber zum Ausbruch eines zusåtzlichen metaphysåren Keils kommt, ist dieser meist græûer als bei den klassischen Frakturen und setzt sich nicht obligatorisch wie diese in ei-
ne fugenkreuzende Epiphysenfraktur fort (triplane I), sondern nur fakultativ (triplane II); dann aber zusåtzlich zur ohnehin schon vorhandenen ventralen Epiphysenfraktur (Abb. 2.1, 2.2). Bei den Gelenkfrakturen, bei denen die Epiphysenfuge nicht tangiert wird, handelt es sich um knæcherne Bandausrisse (z. B. Eminentia-intercondylica-Fraktur der proximalen Tibia oder fibulotalarer Bandausriss aus der Fibulaspitze) und um osteochondrale oder chondrale Flake Fractures im Rahmen von Luxationen (z. B. bei Patellaluxationen). Zu ossåren, chondralen oder periostalen Bandausrissen kommt es gehåuft bis zum 10./12. Lebensjahr, wenn die Bånder noch stabiler sind als ihr Ansatz. Jenseits dieser Alters-
Salter - Harris III Aitken II
Abb. 2.1. Fugenkreuzende Epiphysenfrakturen bei noch weit offenen Fugen. Links: epiphysåre Fraktur, rechts: epi-metaphysåre Fraktur.
I
II
triplane
twoplane
lateral
medial
ventral
Salter - Harris IV Aitken III
ventral
ventral
Abb. 2.2. Fugenkreuzende Epiphysenfrakturen bei beginnendem Fugenschluss. Ûbergangsfrakturen. Links: epiphysåre Fraktur, rechts: epi-metaphysåre Fraktur.
2 Verletzungsformen
]
mitåten etwa viermal håufiger auf als an den unteren (z. B. Fingerphalangen, distaler Radius, proximaler Radius, proximaler Humerus) (Abb. 2.4).
b
a
Abb. 2.3. a Epiphysåre Bandausrisse, b Flake Fractures.
grenze finden sich weitaus håufiger Bandrupturen, was jedoch nicht heiût, dass es unterhalb des 10. Lebensjahrs keine Rupturen und jenseits des 12. Lebensjahrs keine Ausrisse gibt (Abb. 2.3 a, b).
] Stauchungsfrakturen. Etwas weiter im Schaft finden wir die klassische Kontusion des Wachstumsalters, die metaphysåren Stauchungsfrakturen. Es handelt sich um wohl schmerzende, jedoch harmlose Frakturen, bei denen meist nur eine Kortikalis eingestaucht, die andere intakt geblieben ist. Sie sind an såmtlichen Metaphysen zu finden, am håufigsten im Bereich des distalen Unterarms (Abb. 2.5). ] Grçnholzfrakturen. Grçnholzfrakturen (Biegungsbrçche) sind auch im Bereich der Metaphyse zu finden. Klinisch spielen sie eigentlich nur eine Rolle im Bereich der proximalen Tibia (stimulative WTS und Kapitel 20 Knie) (Abb. 2.6).
] Gelenknaher Bereich ] Epiphysenlæsung. Die am weitesten peripher liegende der metaphysåren Schaftfrakturen ist die Epiphysenlæsung. Die Epiphyse ist zwar Tråger des Gelenks, dieses ist jedoch durch diese Verletzung nicht direkt betroffen. Die Læsung erfolgt im Bereich des Blasenknorpels, der mechanisch schwåchsten Schicht der Wachstumsfuge. Da diese Schicht zusåtzlich durch hormonelle Einflçsse pråpubertår gelockert wird, kommt es vor allem im Bereich der unteren Extremitåten um die Pubertåt herum æfter zu Epiphysenlæsungen. Sie zåhlen mit zu den håufigsten Verletzungen im Wachstumsalter und treten an den oberen Extre-
Salter - Harris I
Abb. 2.5. Metaphysåre Stauchungsfrakturen (Wulstbrçche).
Salter - Harris II Aitken I
Abb. 2.4. Epiphysenlæsungen. Links: epiphysåre Læsung, rechts: epi-metaphysåre Læsung
Abb. 2.6. Metaphysåre Biegungsbrçche (Grçnholzfrakturen).
17
18
]
L. von Laer
Cave: Bei Grçnholzfrakturen handelt es sich, gleich welcher Lokalisation (Schaft oder Metaphyse), um Biegungsbrçche und nicht um subperiostale Stauchungsbrçche! ] Metaphysåre Frakturen. Nicht zu vergessen sind die vollståndig durchgebrochenen metaphysåren Frakturen, als deren typische Vertreter z. B. die suprakondylåren Humerusfrakturen des Typs III und IV anzusehen sind. ] Stressfrakturen. Stressfrakturen kommen mit zwei Altersgipfeln vor, einmal als ¹Toddler's Fracturesª im Alter zwischen 2 und 4 Jahren und zum anderen um die Pubertåt herum. Bei den Kleinen fçhrt die ungebåndigte Freude an der Fåhigkeit, laufen und rennen zu kænnen, einerseits zu gehåuften Miniunfållen, zum anderen sicher auch zu einer Ûberlastung der Knochenstruktur, wodurch es immer wieder zu Fissuren und oft nicht sichtbaren Frakturen im Bereich der Tibia, der Fibula, der Fuûwurzelknochen und des Femurs kommen kann. Bei den Græûeren ist meist exzessiver Sport Ursache fçr Ûberlastungsfrakturen entweder im Bereich der proximalen Tibia oder der Metatarsalia. ] Seitenbandaurisse. Ossåre, chondrale oder periostale metaphysåre Seitenbandausrisse sind im Bereich des distalen Femurs selten einmal mæglich (Abb. 2.7). ] Muskelausrisse. Vor allem im Bereich des Ellenbogens, aber auch am Becken kommt es vornehmlich in der Jugend, einerseits hormonell be-
Abb. 2.7. Metaphysåre Bandausrisse.
Abb. 2.8. Metaphysåre Muskelausrisse (Apophysenausrisse).
dingt, andererseits wegen des gesteigerten sportlichen Stresses zu Muskelausrissen mitsamt der Apophyse, an der sie ansetzen (Epicondylus ulnaris, Spina iliaca anterior inferior und superior, Trochanter minor usw.) (Abb. 2.8). Apophysenfugen weisen die gleiche morphologische Struktur auf wie Epiphysenfugen. Da sie funktionell anders belastet werden (Zugbelastung statt Druckbelastung), sind sie nicht am Långenwachstum der Knochen beteiligt.
] Schaftbereich ] Grçnholzfakturen. Typische Frakturen des Wachstumsalters sind Grçnholzfrakturen, die am håufigsten im Bereich des Unterarmschafts vorkommen. Um es nochmals zu betonen: bei den Grçnholzfrakturen handelt es sich stets um Biegungsbrçche (keine subperiostalen Stauchungsbrçche)! Das bedeutet, dass sie per definitionem stets eine mehr oder weniger ausgeprågte Achsabweichung aufweisen. Wir kænnen drei wesentliche Formen voneinander unterscheiden: die klassische Grçnholzfraktur, die gestauchte des Kleinkindalters und die gebogene, die Bowing Fracture (Abb. 2.9). Bei der klassischen Grçnholzfraktur ist die eine Kortikalis (auf der Konkavseite der Achsabweichung) lediglich angebrochen, wåhrend die gegenseitige Kortikalis vollståndig durchgebrochen ist. Belåsst man diese Situation, so heilt die angebrochene Kortikalis, wåhrend auf der Gegenseite die frakturçberbrçckende Kallusheilung verhindert wird: die prompt abgeheilte Kortikalis sperrt sozusagen die Heilung der anderen. Diese Situation birgt die Gefahr einer Refraktur in sich, die in 20±30% erwartet werden muss.
2 Verletzungsformen
]
Die gestauchte Grçnholzfraktur kommt praktisch nur bis zum 5. Lebensjahr vor und birgt die eben geschilderte Problematik nicht, ebenso wenig wie die gebogenen Grçnholzfrakturen, die Bowing Fractures des spåten Kindes- und Jugendalters. Hier liegt das Problem u. U. in der funktionshemmenden Achsabweichung, die beseitigt werden muss. ] Schrågfakturen. Schrågfrakturen stellen, die isolierte Tibiafraktur ausgenommen, meist instabile Frakturen dar, da eine stabile gegenseitige Verhakung der Fragmente fehlt. Wegen der groûen Frakturflåche heilen sie schnell und brauchen damit fast die Hålfte der Konsolidationszeit von diaphysåren Querfrakturen. Dazu gehæren natçrlich auch die Frakturen mit inkompletten oder kompletten Drehkeilen sowie Trçmmerfrakturen (Abb. 2.10). a
b
c
Abb. 2.9. Diaphysåre Biegungsbrçche (Grçnholzfrakturen). a Gestauchte Grçnholzfraktur, b klassische Grçnholzfraktur, c Bowing Fracture.
] Querfrakturen. Querfrakturen heilen wegen ihrer deutlich kleineren Frakturflåche wesentlich langsamer als Schrågfrakturen. Stehen die Fragmente aufeinander, so sind die Frakturen deutlich stabiler als die Schrågfrakturen (Abb. 2.11).
Abb. 2.10. Diaphysåre Schrågfrakturen und Trçmmerbrçche.
Abb. 2.11. Diaphysåre Querfrakturen.
19
20
]
L. von Laer
Luxationen Luxationen læsen im Allgemeinen vollståndig dislozierte metaphysåre Frakturen ab, sobald die Stabilitåt des Bandansatzes zu Lasten der Bandstabilitåt zugenommen hat (s. auch Bandlåsionen), d. h. sie kommen gehåuft kurz vor der Ausreifung des betroffenen Skelettabschnitts vor.
] Schulter Schulterluxationen sind im Allgemeinen erst jenseits des 10./12. Lebensjahrs zu erwarten. Als Begleitverletzungen der ventralen Luxation kænnen wie beim Erwachsenen Flake Fractures, direkte Schåden am Humeruskopf und ventrale Pfannenrandausrisse auftreten (Abb. 2.12).
Abb. 2.12. Schulterluxation.
] Ellenbogen Die Ellenbogenluxation tritt unterhalb des 8./9. Lebensjahrs kaum auf. Es handelt sich meist um eine dorsale Luxation. Als Begleitverletzung ist am håufigsten der Abriss des Epicondylus ulnaris zu beobachten, neben radialen Seitenbandausrissen und osteochondralen Flakes aus dem radialen Kondylus (Abb. 2.13). Eine der håufigsten çbersehenen Verletzungen ist die Radiuskæpfchenluxation, entweder isoliert oder im Rahmen von Monteggia-Låsionen. Zu diesen gehæren nicht nur die klassische Monteggia-Fraktur, sondern såmtliche proximalen und mittleren Ulnafrakturen in Kombination mit Radiuskæpfchenluxationen oder Luxationsfrakturen. Man muss an die Luxation denken, um sie zu diagnostizieren und man muss systematisch jedes Ellenbogenræntgenbild auf die korrekte Position des Radiuskæpfchens zum Capitulum humeri çberprçfen (Abb. 2.14 a, b).
Abb. 2.13. Ellenbogenluxation.
2 Verletzungsformen
]
Die Pronation douloureuse Chassaignac stellt weder eine Luxation noch eine Subluxation dar. Es handelt sich lediglich um eine schmerzhafte Blockierung des Radiuskæpfchens in extremer Pronationsstellung, die durch einen raschen, gezielten Handgriff wieder gelæst werden kann.
] Hçfte
a
b
Die seltenen traumatischen dorsalen Hçftluxationen sind stets Folge hoher Geschwindigkeitstraumen. Begleitverletzungen in Form von Flakes, Pfannenrandabrissen usw. sind daher leicht mæglich.
] Knie
c Abb. 2.14. In såmtlichen Ræntgenbildern des Ellenbogens muss das Radiuskæpfchen auf das Capitulum humeri zentriert sein! a a.-p., normal, b seitlich, normal, c Monteggia-Låsion.
Knieluxationen sind kaum traumatisch, sondern angeboren, wohingegen Patellaluxationen zu etwa einem Drittel posttraumatisch, zu zwei Dritteln habituell sind. Begleitverletzungen der traumatischen Patellaluxationen sind Flake Fractures im Bereich der Patella oder auch des lateralen Femurkondylus neben medialen Retinakulumausrissen.
21
6 Behandlungsprinzipien
Konservative Therapiemæglichkeiten A. M. Worel Nichtinvasive Therapieverfahren stellen noch immer die håufigste Behandlungsart im Wachstumsalter dar. Die differenzierte Kenntnis der Ziele, Arten, Indikationen, Mæglichkeiten und Grenzen sowie der Materialien und der praktischen Anwendung ist essenzielle Voraussetzung jeder kindgerechten Vorgehensweise. Hierbei sind Aufwand der Behandlung fçr Patienten und Behandelnden (Anwendung, Kontrollen), Risiken und eventuelle Verfahrenswechsel zu beachten und individuell zu berçcksichtigen. Es mçssen neben den im engeren Sinn frakturbezogenen Kriterien (Lokalisation, Gelenkbeteiligung, Stabilitåt, Fugenbeteiligung) auch die biologischen und psychosozialen Kriterien (Alter, Geschlecht, Fugenreife, familiåre Ressourcen, logistische und fachliche Kompetenz der Versorger sowie Kostenaspekte) berçcksichtigt werden. Prinzipiell sollten bei jeder Fraktur im Wachstumsalter alle indizierten Therapieverfahren beherrscht und im Einzelfall evaluiert werden. Die jeweilige Methode der Wahl kann man letztlich nur individuell und in offenem Gespråch mit Patient und Eltern finden. Frakturbehandlungen, die primår oder postprimår eine Anåsthesie erfordern, sollten definitiv sein; weitere Interventionen (Nachreposition, Verfahrenswechsel) sind zu vermeiden. Hier ist das Resultat besonders kritisch hinsichtlich Stabilitåt, Kontrollbedçrftigkeit und Wahrscheinlichkeit weiterer Interventionen unter Anåsthesie zu beurteilen, bevor man sich zu einer konservativen Behandlung entschlieût.
Ziele jeder Frakturbehandlung sind stets: ] Schmerzminimierung, ] Stabilisierung der Fraktur, ] geringe/kurz dauernde Funktionseinschrånkung, ] definitive Therapie, ] geringer Aufwand, ] rasche Heilung, ] Vermeiden von Wachstumsstærungen. Angesichts der Tatsache, dass fçr viele Patienten und Eltern die Angst vor und die Schwelle zur Anåsthesie hæher ist als vor einer chirurgischen Intervention, muss die Evaluation einer konservativen Behandlung stets mit in die Therapieentscheidung einbezogen werden. Leider liegen bisher kaum entsprechend fundierte und nicht mit methodischen Problemen behaftete Daten vor. Es wird zentrale Aufgabe einer systematischen Dokumentation sein, hierfçr die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Prinzipielle Indikationen zur konservativen Behandlung sind: ] stabile Frakturen: Grçnholzfraktur, metaphysåre Wulst-/Stauchungsfraktur, wenig dislozierte Frakturen Salter I und II der distalen Metaphysen, undislozierte Gelenkfrakturen mit Frakturspalt £ 2 mm; ] instabile Frakturen: nach Reposition und bei hinreichender Stabilitåt oder sofern sie durch Redression in stabile Frakturen çberfçhrt werden kænnen (Grçnholzfrakturen).
52
]
A. M. Worel
] Grundlagen Die breiten klinischen Erfahrungen çber die frakturstabilisierende Wirkung von Gipsverbånden und ihre differenzierte Applikation sind nur vereinzelt durch experimentelle Untersuchungen belegt. Die Grundlagen der konservativen Therapie wurden bisher kaum systematisch erforscht, die vorhandenen Erkenntnisse, z. B. çber die færdernde Wirkung umschriebener interfragmentårer Bewegung auf Kallusbildung und Frakturstabilitåt sind meist indirekt abzuleitende ¹Abfallprodukteª bei der (kostenintensiven) Forschung fçr Osteosynthesematerialien. Die beiden Hauptformen der konservativen Therapie sind die passive Retention und die aktive Redression.
Retention Die einfache Retention bezieht in der Regel die benachbarten Gelenke mit ein. Ihr Hauptziel ist die Schmerzbehandlung, in zweiter Linie auch die Verringerung eines eventuellen Dislokationsrisikos. Sie reduziert in erster Linie die ¹falsche Beweglichkeitª.
¹Gipsª Die bei weitem håufigste Form der Retention ist die Gipsruhigstellung, primår mittels Schienen, die mindestens unilateral, æfter semizirkulår (2/3-Schiene), meist aber zirkulår angelegt werden. Die zirkulåren sind zur Vermeidung des Kompartmentsyndroms stets primår und vollståndig zu spalten einschlieûlich der letzten Faser des Polstermaterials. Dislokationsgefåhrdete Frakturen bedçrfen der radiologischen Stellungskontrolle mit der Mæglichkeit zum Verfahrenswechsel nach spåtestens 8±10 Tagen. Der traditionelle Weiûgips wird zunehmend aus seinem Haupteinsatzgebiet verdrångt durch bei Luftzufuhr hårtende Kunststoffmaterialien mit spezifischen Eigenschaften (semirigide oder -elastische bzw. rigide, farbig, wasserabweisend, leicht, ræntgendurchlåssig). Meist sind nichtmedizinische Kriterien (Reinhaltungsaufwand, Logistik usw.) treibende Kråfte. Fçr den erfahrenen Gipser bietet der Weiûgips breitere Mæglichkeiten der individuellen Anpassung beim Anmodellieren, Korrigieren und insbesondere bei der Gipskeilung (Redression, s. u.). Letztere ist allerdings bei Beachtung entspre-
chender Kautelen durchaus auch mit Kunststoffmaterialien mæglich. Insbesondere der fehlende ¹Memory-Effektª wåhrend des Abbindens kann bei Nichtbeachtung den Keilungserfolg verhindern. Der zirkulår angelegte und mit Longuetten verstårkte feuchte Weiûgips behålt treu wåhrend des Abbindens die anmodellierte Form, der entsprechend angelegte Kunststoff dagegen ¹federtª wåhrend des Aushårtens in die Idealform eines Rohrs mit rundem Querschnitt zurçck. In die entstehenden und durch die posttraumatische Abschwellung zunehmenden Hohlråume zwischen Gips und Haut wird dann vergeblich oder mit unzureichendem Ergebnis gekeilt, wenn der Gips nicht in der Abbindephase durch den Gipsenden anmodelliert und in der gewçnschten Form gehalten wurde. Der Begriff Gips wird entsprechend dem çblichen Sprachgebrauch im Folgenden fçr beide Formen verwendet, mit Pråzisierung in Einzelfållen.
Bandagen: Gilchrist, Desault, Velpeau Thoraxnahe Immobilisation des Oberarms durch einen darçber gestreiften langen Schlauch, der etwa in der Mitte ein Loch hat, durch das der Arm eingefçhrt wird, und ein zweites auf Hæhe des Handgelenks, das die Hand freilåsst. Das distale Schlauchende wird nun dorsal um den Thorax gelegt, dann um den distalen Oberarm geschlungen und mittels Sicherheitsnadel befestigt. Das proximale Ende wird hinter dem Nacken ventral auf der gesunden Seite hinuntergefçhrt, um das Handgelenk der Frakturseite geschlungen und ebenfalls mittels Sicherheitsnadel befestigt (Abb. 6.1, 6.2). Dadurch kann der Oberarm unter ausreichender Schmerzreduktion immobilisiert werden, sodass die Patienten nach einigen Tagen keine Analgetika mehr benætigen. Hier sind marktgångige konfektionierte Materialien håufig zu groû oder zu klein, sie kænnen aber leichter adaptiert werden und sind weniger riskant als beim Rucksackverband (s. u.). Indikationen: Epiphysenlæsung proximaler Humerus, subkapitale Humerusfraktur, Humerusschaftfraktur.
Redression Die nichtinvasive Redression ist die gezielte, bei Therapiebeginn zu planende und elektiv durchzufçhrende aktive Behandlung zur Korrektur
6 Behandlungsprinzipien
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Gipskeilung Die Gipskeilung ermæglicht die Korrektur von Achsenfehlstellungen in der Frontal- und Sagittalebene bzw. deren Vermeidung als sog. prophylaktische Keilung. Ihre Domåne sind die angulierten sowie die Grçnholzfrakturen des Unterarm- und Unterschenkelschafts sowie die distalen metaphysåren Frakturen dieser beiden Gruppen, insbesondere die monoossåren Frakturen der paarigen Extremitåten.
Abb. 6.1. Gilchrist-Verband. Desault- und VelpeauVerbånde basieren auf dem gleichen Immobilisationsprinzip, allerdings in Form einer den Thorax mit einfassenden Weste oder Bandage (Abb. 6.2).
] Indikation. Im Wesentlichen die Tibiaschaftfraktur und die distale Unterarmfraktur mit Fehlstellung. Die Keilung wird entsprechend geplant. Sie ermæglicht eine aktive Stellungskorrektur ohne Anåsthesie, indem die plastische Deformierbarkeit des noch bindegewebigen Fixationskallus ausgenutzt wird. Aus der dadurch gegebenen relativen Stabilitåt folgt eine erheblich geringere Schmerzhaftigkeit, die Manipulationen unter Kooperation des wachen Patienten ermæglicht. Schlçssel zu einer erfolgreichen Keilung sind die korrekte Indikationsstellung und eine gute Kommunikation mit dem Patienten und seinen Eltern. ] Kommunikation. Sie beginnt am Unfalltag mit der Aufklårung çber die Diagnose, die geplante Redression und çber mægliche Alternativen (von der Retention bis zur Reposition bzw. Durchbrechung unter Anåsthesie) und deren Konsequenzen (Tab. 6.1). Nach kurzer SchildeTabelle 6.1. Zeitliche Planung der Gipskeilung ] ] ] ] ] ]
Planung Ruhigstellung Gipsschluss Keilung Redression Gipsabnahme
Tag 1 Tag 8 (4±8) Tag 8 > Tag 8 bei Konsolidation Tag *28
Abb. 6.2. Individuell angepasster Desault-Verband.
bzw. Vorbeugung nicht tolerierbarer Achsenfehlstellungen und erfordert keine Anåsthesie. Sie wird bei Diagnosestellung als kontinuierlich-dynamisches bzw. zweizeitig korrigierendes Verfahren geplant und mit dem Patienten und den Eltern vorbesprochen. Sie ist nicht geeignet als Verlegenheitslæsung. Ihre Hauptformen sind Gipskeilung und Extension.
rung des Vorgehens bei der Keilung (wacher Patient, ohne Anåsthesie) werden die Therapieziele (kurzfristig Schmerzfreiheit, mittelfristig Wiederherstellung von Funktion und Kosmetik, langfristig Restitutio ad integrum) und das Vorgehen bei ausbleibendem Keilungserfolg besprochen (Abwarten des natçrlichen Heilungsverlaufs oder definitive Frakturversorgung in Anåsthesie als Elektiveingriff am gleichen oder nåchsten Tag).
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Abb. 6.3. Gipskeilung. Der Gips muss immer in den tiefsten Punkt der Konkavitåt eingebracht werden. Beachte kombinierte Fehlstellungen. Um die Fraktur noch entsprechend zu fassen, muss der Keil um so weiter proximal platziert werden, je weiter distal die Fraktur liegt.
] Technik primår. Der zur Keilung vorgesehene Gips wird angelegt, nachdem der Bereich der Fraktur und die drei Abstçtzpunkte proximale und distale Konkavitåtsgipfel und konvexes Hypomochlion (Abb. 6.3) mit einer Lage Polsterwatte abgedeckt wurden. In çblicher Weise erfolgt die Anlage des zirkulåren Gipses, wobei die zur Keilung bestimmte Seite der Frakturkonkavitåt doppelt so stark sein muss wie die konvexe Seite (4 und 2 Lagen rigider KunststofflLonguette statt 3 und 3 bzw. 2 und 1 Lagen Gipslonguetten statt 1 und 1). Bis zum Abschluss des Abbindevorgangs muss auf den Abstçtzpunkt çber dem distalen Fragment modellierender Druck knapp unterhalb der Schmerzgrenze ausgeçbt werden, um eine Keilung in die Polsterung hinein zu vermeiden. Zum Abschluss erfolgt die Gipsspaltung auf der Seite der Hauptfraktur, am Unterschenkel ventral paramedian. ] Technik der Keilung. Der Zeitpunkt der Keilung sollte um den 8. Tag herum gewåhlt werden, da sich bis dahin bereits ein Fixationskallus gebildet hat und die initiale Schwellung weitgehend zurçckgegangen ist. Zunåchst wird der bis dahin gespaltene Gips geschlossen und
nach dem Abbinden (bei Weiûgips frçhestens am Folgetag!) anhand der Unfallbilder bzw. unter Bildverstårker die Keilung markiert und der Gips in der Konkavitåt semizirkulår durchtrennt. Der Keil sollte dabei in den tiefsten Punkt der Konkavitåt (beachte kombinierte Fehlstellungen) eingebracht werden. Je weiter peripher die Fraktur, desto weiter proximal muss die Keilungsstelle liegen, um den Hebelarm zu verbessern. Mittels Gipsspreizer oder durch Biegen der gegipsten Extremitåt proximal und distal der Fraktur erfolgt langsam die Redression unter Beobachtung des Patienten. Bei den ersten Beschwerden wird etwas gewartet, ggf. ein wenig zurçckgefahren, bis der Patient Beschwerdefreiheit signalisiert. Dies wird so lange wiederholt, bis die gewçnschte Stellung erreicht ist. Falls der Patient dabei persistierende Beschwerden angibt, muss der Abstand beider Keilungsrånder etwas verringert werden. Ûber einigen zusåtzlich eingebrachten Lagen Polsterwatte wird ein passend zurechtgeschnittenes Kork- oder Holzstçckchen eingelegt und durch die Keilungsrånder der rigiden Kunststofflonguette (Weiûgips) eingeklemmt. Nach BV-Dokumentation des Resultats wird die Keilungsstelle mittels rigider Kunststoffbinde (Weiûgips) zirkulår verschlossen. Hierbei ist ein Absinken des Kork- oder Holzkeils in oder unter den Gips peinlichst zu vermeiden (cave Druckulkus). Nach 24 Stunden erfolgt eine Gipskontrolle. Klagt der Patient bis dahin çber Beschwerden ohne Einnahme von Schmerzmitteln, kann der Gips ggf. in zwei Halbschalen gespalten und provisorisch mittels elastischer Binde fixiert werden, die daheim sukzessive nachgespannt und nach einigen Tagen durch eine semirigide Kunststoffbinde ersetzt werden kann. ] Komplikationen. Beim Keilen besteht die Gefahr der Druckulkusbildung auf der Gegenseite der Keilung. Bei Schmerzen muss an dieser Stelle der Gips gefenstert und nachgepolstert werden. Ist der Patient beschwerdefrei, wird der Gips wieder zirkulår verschlossen. Mit dieser (anåsthesiefreien) Vorgehensweise kann die einzige Komplikation dieser Technik, die Bildung von Druckusuren durch die Keilung, zuverlåssig vermieden werden. Sekundårdislokationen sind kaum zu befçrchten, da die Verfestigung des Fixationskallus durch die Redression nicht unterbrochen und somit die Frakturkonsolidation nicht verzægert wird.
6 Behandlungsprinzipien
Extension Lediglich die Pflasterextension erfçllt das Hauptkriterium der konservativen Behandlung, die Nichtinvasivitåt. Sie entstammt der pråosteosynthetischen Øra und hat insbesondere bei Frakturen von Femur und Tibia eine lange Tradition als Verfahren der Wahl, bevor Kriterien wie kindgerechte Behandlung, Hospitalismusvermeidung und Kosteneffizienz fçr klinische Entscheidungen an Bedeutung gewannen. Sie bedeutet nicht zwingend Hospitalisation, wenn Vorrichtungen zur Heimextension vorhanden und die entsprechende Instruktion gewåhrleistet ist. Insbesondere vor dem 4. Lebensjahr gilt sie mancherorts noch als Methode der Wahl, deren Dauer durch einen Becken-Bein-Gips ggf. abgekçrzt werden kann (Abb. 6.4). Sie kann ferner die Zeit bis zu einer definitiven Frakturversorgung çberbrçcken. Neben den fehlenden Risiken eines invasiven Vorgehens ist ein weiterer Vorteil der geringe (Kosten-)Aufwand. Ihre Nachteile sind die lang dauernde hochgradige Immobilisation und die damit verbundene Deprivation des Patienten von seinem sozialen Umfeld sowie die eingeschrånkte bzw. strahlenintensive Ûberprçfbarkeit des Behandlungsverlaufs. Im Kontext eines kindgerechten und patientenzentrierten Therapiekonzepts sollte sie lediglich als Ûberbrçckungs- und Rçckzugsreserve, nur in besonderen Fållen auch als Behandlungsalternative gekannt und beherrscht werden.
]
Der Hanging-Cast (Oberarmgips mit axialem Zusatzgewicht am Ellenbogen) ist als eine Art Extension zwar eine Redression, erscheint jedoch aufgrund der groûen fehlenden Stabilitåt (Fraktur meist çber oder nahe dem Gipsrand), der Hebelwirkung im Liegen und seines hohen Gewichts wenig geeignet und nicht kindgerecht.
Rucksackverband Der Rucksackverband (Abb. 6.5) reduziert die Beweglichkeit der Schultern und dadurch die Schmerzen einer frischen Klavikulafraktur, indem die Schultern etwas nach dorsal gezogen werden. Mancher betrachtet ihn daher als dynamische Frakturbehandlung zur Korrektur der Fragmentstellung. Dies ist jedoch aufgrund der dreidimensionalen Scherwirkungen auf das Schlçsselbein allenfalls theoretisch denkbar, in der Praxis bedarf es fçr eine solche Wirkung eines kråftigen Zugs mit Schmerzen in der Fraktur und schnçrender Wirkung in der Axilla mit den entsprechenden Folgen fçr Zirkulation, Sensibilitåt und Motorik. Nach praktischer Prçfung etlicher konfektionierter Produkte, die bei Kindern meist zu klein oder zu groû ausfallen und trotz richtiger Anwendung zu axillåren Dekubitalulzera fçhren, ziehen wir den individuell binnen Minuten hergestellten und angepassten Gazeschlauchverband vor, der in der Mitte auf 2/3 seiner Gesamtlånge mit Watte gepolstert, hinter dem Nacken und unter den Achseln gefçhrt und zwischen den Schulterblåttern zu einer 8erForm gebunden wird, sodass er leicht nachgespannt werden kann.
Blount-Schlinge (Cuff'n Collar) (Abb. 6.6)
Abb. 6.4. Overhead-Extension.
Bei nicht oder nur in einer Ebene in die Antekurvation dislozierten suprakondylåren Humerusfrakturen kann der Zug der Trizepssehne zur Stabilisierung bzw. dynamischen Redression der Fraktur ausgenutzt werden, indem der Ellenbogen im Verlauf mehrerer Tage sukzessive in die maximal tolerierte und schwellungsbedingt mægliche Spitzwinkelstellung gebracht wird. Durch die ansteigende Zuggurtungswirkung wird bei abnehmender Schwellung die Fraktur immobilisiert und redressiert. Am Unfalltag, spåtestens um den 4. Tag, wird eine gepolsterte Handgelenkschlinge (wattegepolsterter Gazeschlauch) an eine ebensolche um den Nacken gelegte Schlinge gehångt und tåglich bis zur ge-
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Abb. 6.5. Rucksackverband mit gepolstertem Schlauch.
Bei schmerzlosem Verlauf ohne interkurrente Stçrze ist bei korrekter Indikation eine Ræntgenkontrolle erst zur Ûberprçfung der Konsolidation erforderlich.
Sarmiento-Brace
Abb. 6.6. Blount-Schlinge Cuff'n Collar.
rade noch tolerierten Spitzwinkelbildung nachgezogen, bis das Handgelenk dicht am Jugulum ist und die Hand praktisch auf der gegenseitigen Schulter zu liegen kommt. Vorteile sind neben der zuverlåssigen Stellungskorrektur die bessere Mobilitåt und einfachere Kærperpflege als mit einem Oberarmgips. Es bedarf allerdings eines Minimums an Compliance durch Patient und Eltern, da die initiale Unsicherheit in gute Kooperation mit tåglichem Nachspannen in den ersten 5±7 Tagen verwandelt werden muss. Dies gelingt zuverlåssig, wenn man beiden das Verfahren, am besten bei der Kontrolle am 4. Tag, in Ruhe erklårt und sie als Mitarbeiter gewinnt.
Die funktionelle Frakturbehandlung nach Sarmiento ist streng genommen eher eine aktive Immobilisation als eine Redression. Sie ist indiziert bei måûig dislozierten diaphysåren Humerus-, Tibia- und kompletten Unterschenkelfrakturen und besteht in der anatomisch exakten Anpassung einer primår gespaltenen und mit Klettverschlçssen adaptierbaren zirkulåren Schiene, welche die benachbarten Gelenke einfasst, aber nicht rigide çberbrçckt. Durch die kontinuierliche Anpassung dieses ¹Braceª an den abschwellenden Muskulaturmantel wird dessen schienende Wirkung unterstçtzt. Durch eine frçhfunktionelle Mobilisierung werden die anatomischen Beziehungen erhalten bzw. wiederhergestellt. Den minimalen Scherbewegungen wird eine færdernde Wirkung auf die Kallusbildung zugeschrieben.
Tape Das Konzept der konservativen frçhfunktionellen Behandlung fibulotalarer Bandlåsionen einschlieûlich Ruptur hat sich vielfach bewåhrt und die fibulotalare Bandnaht als Primårtherapie abgelæst. Zahlreiche Techniken und konfektionierte Materialien konkurrieren auf diesem
6 Behandlungsprinzipien
Markt. Sie basieren alle auf dem Prinzip, wåhrend der Heilungsphase der ersten 6 Wochen durch eine funktionelle Fçhrung des oberen Sprunggelenks die tibiotalare Abrollbewegung zu ermæglichen und den fibulotalaren Stress der Supinationsbewegung zu verhindern.
] Konservative Frakturbehandlung (Tab. 6.2, 6.3)
Ræntgenkontrollen Die Indikation zur Ræntgenuntersuchung als einem invasiven Diagnoseinstrument sollte eng gestellt werden und einer kritischen Ûberlegung folgen. Das bedeutet, dass vor ihrer Durchfçhrung die mæglichen und zu erwartenden Resultate (sekundåre Dislokation, Konsolidation usw.) rational antizipiert und die eventuellen klinischen Konsequenzen im Voraus bedacht
]
und mit dem Patienten und seinen Angehærigen erærtert werden. Neugier, Unsicherheit und mangelnde Kenntnisse sind keine rationalen Indikationen fçr Ræntgenkontrollen! Hier muss der Arzt seine Verpflichtung, nicht zu schaden, stets im Bewusstsein haben und den Strahlenschutz des besonders empfindlichen wachsenden Organismus rigoros durchsetzen (Beschrånkung der Aufnahmen, konsequenter Schutz von Thymus, Schilddrçse, Knochenmark und Gonaden). Es mehren sich Hinweise fçr ernst zu nehmende Folgen diagnostischer Ræntgenstrahlung und unter dem Aspekt des unbestrittenen Summationseffekts muss jede Bestrahlung einer engen Indikationsstellung unterworfen werden. Die erste Stellungskontrolle, mit Ausnahme der distalen Humerusfrakturen (Kontrolle am 4. Tag) und der Dokumentation nach aktiver Therapie, erfolgt um den 8. Tag. Zu diesem Zeitpunkt ist die Schwellung bereits deutlich zurçckgegangen, eventuelle Sekundårdislokationen sind eingetreten und der Faserkallus hat die Schmerzhaftigkeit bereits deutlich reduziert.
Tabelle 6.2. Indikationen und Behandlungsmæglichkeiten fçr Retention und Redression Art
Form
Indikationen
] Retention (passiv)
Bandage ± Desault/Velpeau, Gilchrist ± Schiene ± zirkulårer Gips
± proximale (evtl. diaphysåre) Humerusfraktur
] Redression (aktiv dynamisch)
Gipskeilung Bandage ± Rucksack ± Schlinge (Blount) (Pflaster-)Extension Sarmiento-Brace Tape
± ± ± ± ± ± ±
± alle Lokalisationen ± undislozierte stabile Frakturen isolierte Tibiaschaftfraktur distale Unterarmfraktur Klavikulafraktur suprakondylåre Humerusfraktur I (evtl. II) dislozierte Femurfraktur beim Kleinkind < 4. Lj. diaphysåre Humerusfraktur, US-Frakturen fibulotalare Låsion
Tabelle 6.3. Vor- und Nachteile von Gips und Kunststoff Vorteile
Nachteile
] Weiûgips
Anmodellierbarkeit korrigierbar Redression einfacher Rçckstånde leichter entfernbar bemalbar
Gewicht hoch Reinigungsaufwand
] Kunststoff
Gewicht gering Ræntgendurchlåssig farbig
Redressionsaufwand Rçckstandsentfernung
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Dieser Zeitpunkt ist aber fçr eventuelle Stellungskorrekturen noch ausreichend, da der Kallus noch hinreichend plastisch verformbar ist. Bei adoleszenten Kindern und einer ausnahmsweise konservativen Behandlung von diaphysåren Frakturen ist eine zusåtzliche Stellungskontrolle um den 14. Tag indiziert. Konsolidationskontrollen sollten bei allen Frakturen durchgefçhrt werden, die durch eine aktive Maûnahme behandelt wurden (Redression, Reposition, Durchbrechung), bei Gelenkfrakturen, bei Frakturen mit belassener Fehlstellung oder bei denen eine Stærung der Konsolidation zu erwarten ist. Die Ræntgenaufnahmen sollten gipsfrei in zwei Ebenen abhångig von der Fraktur nach 4±6 Wochen durchgefçhrt werden. Eine radiologische Konsolidationskontrolle ist bei Klavikulafrakturen, undislozierten metaphysåren Wulstbrçchen oder metaphysåren Fingerund Zehenphalangenfrakturen nicht notwendig. Hier gençgt die klinische Konsolidationskontrolle mit indolentem Kallus und Beschwerdefreiheit sowie deutliche Belastungsspuren aufweisendem Gips. Es empfiehlt sich hier eine Kontrolle der Funktion im Verlauf nach Bewegungsfreigabe (1±3 Wochen) durchzufçhren. Langfristige Wachstumskontrollen sollten primår klinisch, ggf. durch fotografische Dokumentation bis zu 2 Jahre nach Trauma erfolgen. Erst bei Verdacht auf eine Wachstumsstærung mit nachfolgender posttraumatischer Deformitåt erfolgt eine radiologische Befundkontrolle. Zur Darstellung einer posttraumatischen Brçckenbildung in der Wachstumsfuge kann eine MRT zur weiteren Therapieplanung sinnvoll sein.
Nachbehandlung Nach Konsolidation der Fraktur und Bewegungsfreigabe bedarf es beim Kind in der Regel keiner spezifischen Nachbehandlung. Durch das alltågliche Spielen erlangt das Kind innerhalb kurzer Zeit die volle Funktion wieder. Dabei reagiert ein Kind auf Einschrånkungen und Schmerzen intuitiv, sodass es von sich aus bestimmt, in welchem Ausmaû es die betroffene Extremitåt einsetzen kann. So sind Vorgaben oder Verbote meist nicht notwendig. Die regelmåûige Verordnung einer physiotherapeutischen Nachbehandlung ist im Kindesalter meist nicht notwendig und sinnvoll. Denn hier bestimmt das Kind nicht selbst das Bewegungs- und Belastungsausmaû, sondern der
Therapeut, was zu einer ¹Ûbertherapieª fçhren kann. Erst bei einem verzægerten Verlauf oder spezifischen Indikationen mit Gelenkeinsteifungen ist eine gezielte zusåtzliche Physiotherapie indiziert und dann auch unverzichtbar. In der Sprechstunde stellt sich in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage nach der Sportfåhigkeit. Hier mçssen die individuellen Einstellungen des Patienten zum Sport sowie sportartspezifische Belastungen (Kontaktsportarten, Sprungsportarten usw.) berçcksichtigt werden. Entsprechend der Nachbehandlung bestimmt auch bei der Sportfåhigkeit am besten der Patient selbst, wann er wieder in der Lage ist, einen Sport auszuçben. Hierbei sollte der Schulsport oder auch Hochleistungssport aufgrund des Leistungsdrucks ausgenommen und bis zur sicheren Konsolidation nicht ausgeçbt werden.
] Technische Besonderheiten Grundprinzipien der Gipsbehandlung Jede Ruhigstellung einer Extremitåt (Schiene) ist gleichermaûen eine årztliche Dienstleistung und eine Teamleistung, die vom Arzt, Gipspfleger/-schwester und einer Hilfsperson, bei græûeren Gipsen zwei, gemeinsam erbracht wird. Der Arzt ist anwesend und verantwortlich fçr die korrekte Ruhigstellung (Position, Form, spezifische Vorgaben wie vorgesehene Keilung usw.), er hålt die Extremitåt. Der Gipser ist verantwortlich fçr die korrekte technische Ausfçhrung, die Hilfsperson fçr die Bereitstellung und zçgige Anreichung der Materialien, die zweite evtl. fçr das Halten z. B. des Oberschenkels. Der Patient soll so entspannt wie mæglich sein (ausreichende Analgesie, Angst nehmen, gut halten, ablenken). Angespannte Muskulatur beim Gipsen fçhrt zu Beschwerden im Gips! Es wird niemals Kunststoff oder Gips direkt auf die Haut gelegt. Bei Kindern und Jugendlichen hat sich die Verwendung eines gewendeten Frotteeschlauchpolsters (Noppen gipsseitig ergeben eine bessere Verbindung von Polster und Gips und verringern den Juckreiz) bewåhrt, eine zusåtzliche Polsterung erfolgt nur çber den Akren und bei geplanter Keilung çber dem Hypomochlion. Entlang der Schnittlinie fçr die primåre Spaltung wird ein dçnner Gazeschlauch unterlegt; dies ermæglicht das Spalten mit Schere statt
6 Behandlungsprinzipien
oszillierender Såge). Anschlieûend wird die erste Lage zirkulår aus semirigider Kunststoffbinde oder Weiûgips eingebracht, eine Longuette aus rigidem Kunststoff oder Weiûgips bilateral aufgelegt und mit einer weiteren Lage aus semirigider Kunststoffbinde oder Weiûgips zirkulår bedeckt, dann mit einer nassen gewaschenen (ohne Appretur saugfåhiger) Binde fixiert. Nach dem Abbinden (Material klebt nicht mehr) und Entfernen der fixierenden elastischen Binde wird der Gips vollståndig gespalten und mit einer elastischen Binde fixiert. Ein Kompartmentsyndrom ist unbedingt zu vermeiden. Patient und Angehærige werden durch den verantwortlichen Arzt çber die Kautelen instruiert. Die Abgabe eines Merkblatts zu Nachbehandlung und Kontrollen von Durchblutung und Neurologie mit Telefonnummer des Dienstarztes ist empfehlenswert. Eine Gipskontrolle mit Prçfung der Durchblutung und Sensomotorik sollte am 1. Tag, am 4. Tag nach Gipsschluss sowie bei jeder radiologischen Stellungskontrolle bzw. Konsolidationskontrolle erfolgen.
]
a
Praktische Hinweise ] Vorher mit den Gipsmitarbeitern verabreden, wer was wie macht. ] Vor Beginn dem Patienten in Ruhe die bevorstehenden Schritte erlåutern. ] Gelenkstellungen beim Gipsen nicht veråndern () Falten ) Druckulzera). ] Nur mit der flachen Handflåche halten (Vermeiden von Druckstellen im Gips). ] Druckausçbung nur erlaubt/erforderlich bei Oberschenkelschienen suprakondylår. ] Hilfsperson hålt die Longuetten. ] Mit nasser gewaschener elastischer Binde fixieren beschleunigt Abbindevorgang (nur mit kaltem Wasser; exotherme Reaktion).
Gipskeilung Beispiele einer Gipskeilung bei Tibiaschaftfraktur mit Varusfehlstellung (Abb. 6.7 a±d).
Spezielle Gipstechniken Da die Weiûgipstechnik çberall etabliert ist, wird im Folgenden lediglich die Technik der Kunststoff¹gipseª dargestellt, wie sie sich in den vergangenen fçnf Jahren an unserer Klinik bewåhrt
b Abb. 6.7. Gipskeilung bei Tibiaschaftfraktur mit Varusfehlstellung. a Indikation: isolierte Tibiaschaftfraktur, distale Unterarmfraktur. b Hemizirkulåres Ausschneiden des Gipses. Keilung in der Konkavitåt der Fehlstellung. Cave Druckulkus.
hat. Die Gipse werden durchweg als Composite ausgefçhrt, bei denen die semirigide Zirkulårschiene eine begrenzte Querelastizitåt aufweist und flexibel auf Schwellungszustånde reagiert.
Oberarmschiene Indikation. Ellenbogenlåsionen, refraktåre Pronation douloureuse, Vorderarmlåsionen mit schmerzhafter Pronation. Besonderes. Finger sollen frei beweglich sein. ] Gewendeter Frotteeschlauch Fingerspitzen bis Axilla, Gips endet vor den Fingergrundgelenken.
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] Spalten (Aufschneiden) radial bis zur letzten Faser, bei Ellenbogenlåsionen Ausschneiden einer Raute. ] Mit elastischer Binde fixieren.
Unterarmschiene
c
d Abb. 6.7. c Ausfçllen mit Kork. d Zirkulieren des Gipses.
] Ellenbogen in 908-Flexion (bzw. in dem Patienten angenehmer Stellung). ] Handgelenk in Intrinsic-plus-Position: 308Dorsalextension, MCP-Gelenke in 908-Flexion. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår (Achtung: keine Webkante in die Ellenbeuge), Halten an den Fingern/im Bereich der Hohlhand/Mådchenfånger. ] Rigide Kunststoffbinde: Schienen dorsal und volar je 3 Lagen U-færmig um Ellenbogen auf Unterarm (Ausnahme: fçr Keilung 4±5 konkav und 2 konvex). ] Rigide Kunststoffbindeschienen radial und ulnar je 3 Lagen U-færmig um den Ellenbogen auf Oberarm. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår, mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Wåhrend des Abbindens an den gewçnschten Stellen (interossår, Keilungspunkte) anmodellieren.
Indikation. Handgelenk-, Mittelhandlåsionen, Vorderarmlåsionen mit schmerzfreier Pronation. Besonderes. Finger sollen frei beweglich sein. ] Gewendeter Frotteeschlauch Fingerspitzen bis Axilla ± Gips endet vor den Fingergrundgelenken. Ellenbogen in 908-Flexion (bzw. in dem Patienten angenehmer Stellung). ] Handgelenk in Intrinsic-plus-Position: 308Dorsalextension, MCP-Gelenke in 908 Flexion. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår (Achtung: keine Webkante in die Ellenbeuge). ] Rigide Kunststoffbindeschienen dorsal und volar je 3 Lagen auf dem Unterarm. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår mit nasser gewaschener elastischer Binde fixieren. ] Wåhrend des Abbindens an den gewçnschten Stellen (interossår, Keilungspunkte) anmodellieren. ] Spalten radial bis zur letzten Faser, bei Ellenbogenlåsionen Ausschneiden einer Raute. ] Mit elastischer Binde fixieren.
Unterarmschiene, dorsal Dorsal, volar, Ruhigstellung der Langfinger. Indikation. Handgelenk-, Mittelhandlåsionen, Fingerlåsionen. Besonderes. Finger sollen frei beweglich sein. ] Ellenbogen auf Unterlage, Unterarm schråg. ] Handgelenk in Intrinsic-plus-Position: 308Dorsalextension, MCP-Gelenke in 908-Flexion (auûer bei Fingerschienung!). Bei Langfingerschiene interdigitale Polsterung! ] Rigide Kunststofflonguette zuschneiden, evtl. einschlieûlich Langfinger, und benetzen, auswringen. ] Mit Frotteeschlauch çberziehen und glatt ziehen. ] Mit Papierbinde dorsal oder volar anwickeln bis zum Abbinden oder gleich ] mit elastischer Binde fixieren.
Oberschenkelschiene Indikation. Unterschenkellåsionen.
6 Behandlungsprinzipien
Besonderes. Zehenschutz ist in der Regel angenehmer. ] Eine Hilfsperson ist fçr den Oberschenkel zuståndig! ] Gewendeter Frotteeschlauch bis zur Leiste ± Gips endet maximal 3 QF davor, schråg zur Hçfte ansteigend. ] Ein Polsterstreifen çber Schienbeinvorderkante ab Oberrand Patella bis Zehen, çber Malleolen, Ferse und Wadenbeinkæpfchen. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen, um die Patella herumgefçhrt. ] Kniegelenk in 158-Flexion, OSG in Neutralstellung: 908-Flexion, keine Supination, keine Pronation. ] Zehen frei (alle sichtbar, meist fçnf). ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår, Abrollrichtung: Pronation (Achtung: keine Webkante in das OSG). ] Rigide Kunststoffbindeschienen lateral und medial je 3 Lagen vom Oberschenkel bis Sohle U-færmig. ] Fçr Gehgips: Sohle aus rigider Kunststoffbinde (evtl. mit Zehenschutz). ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår, mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Beidseitiges Anmodellieren der Oberschenkel suprakondylår (Handflåchendruck bis zum Abbinden). ] Spalten (Aufschneiden) ventral bis zur letzten Faser unter Umschneidung der Patella. ] Fixieren mit elastischer Binde.
Knietutor, Kniehçlse Indikation. Kniegelenklåsionen. Besonderes. Auf gençgenden Abstand zu den Malleolen achten! Hinabrutschen fçhrt zu Druckstellen. ] Eine Hilfsperson ist fçr den Oberschenkel zuståndig! ] Gewendeter Frotteeschlauch Knæchel bis Leiste ± Gips endet 3 QF davor, schråg zur Hçfte ansteigend. ] Ein Polsterstreifen von Rand zu Rand çber Patella und Caput fibulae, Filz zirkulår Oberund Unterrand. ] Kniegelenk in 08±158 Flexion, OSG frei. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] Semirigide Kunststoffbinde 7,5 cm zirkulår mindestens 2 QF proximal der Knæchel beginnen.
]
] Rigide Kunststoffbindeschienen lateral und medial, je 3 Lagen vom Oberschenkel bis Unterrand. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Beidseitiges Anmodellieren der Oberschenkel suprakondylår (Handflåchendruck bis zum Abbinden). ] Spalten (Aufschneiden) ventral bis zur letzten Faser unter Umschneidung der Patella. ] Fixieren mit elastischer Binde.
Unterschenkelschiene Indikation. OSG-, Fuûwurzel- und Mittelfuûlåsionen. Besonderes. Auch zur Primårbehandlung fibulotalarer Bandlåsionen. ] Eine Hilfsperson ist fçr das Knie zuståndig! ] Gewendeter Frotteeschlauch Knæchel bis Leiste ± Gips endet 3 QF davor, schråg zur Hçfte ansteigend. ] Ein Polsterstreifen von Rand zu Rand çber Tibiavorderkante und Knæchel. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] OSG in Neutralstellung: 908-Flexion, keine Supination, keine Pronation. ] Semirigide Kunststoffbinde 7,5 cm zirkulår 1 QF proximal der Zehengrundgelenke beginnen (Zugrichtung Pronation). ] Rigide Kunststoffbindeschienen lateral und medial je 3 Lagen vom Knie bis Sohle oder U-færmig. ] Sohle (3- bis 5-lagig rigide Kunststoffbinde) ohne (bei Mittel-/Vorfuûlåsion obligat mit) Zehenschutz. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår, mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Fuûgewælbe gut anmodellieren. ] Spalten (Aufschneiden) ventral bis zur letzten Faser unter Umschneidung der Patella. ] Fixieren mit elastischer Binde.
Tape (OSG-Stiefel) Indikation. Fibulotalare Bandlåsion. Besonderes. Soll so dçnn wie mæglich sein, damit er in den Schuh passt, wird nicht gespalten und kann zum Entfernen einfach abgewickelt werden. ] Eine Hilfsperson hålt den Fuû an den Zehen. Alternativ: Patient sitzt an der Kante des Gipstisches. ] Dçnne Schlauchgaze çber Zehen bis supramalleolår (Unterschenkeldrittel).
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A. M. Worel
] OSG in Neutralstellung: 908-Flexion, keine Supination, keine Pronation. ] Ein Polsterstreifen ventral von Malleolus zu Malleolus. ] Semirigide Kunststoffbinde 7,5 cm zirkulår 1 QF proximal der Zehengrundgelenke beginnen (Zugrichtung Pronation!). ] Nach Erreichen des Abschlusses supramalleolår Umschlagen der Gazebinde und Rçckkehr von lateroventral ? ventral ? plantar ? lateraler Malleolus ? ventral ? medialer Malleolus ? Ferse ? ggf. mehrmals und Abschluss distal nach Umschlagen des Gazeschlauchs. ] Mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Patient auf beide Fçûe stellen zum Anmodellieren des Fuûgewælbes.
¹Geishaª-Schuh Indikation. Mittelfuû- und Zehenlåsionen. Besonderes: ] Gewendeter Frotteeschlauch Zehenspitzen bis çber Knæchel, Randpolsterung Zehengrundgelenke und Knæchel.
] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] OSG in Neutralstellung: 908-Flexion, keine Supination, keine Pronation. ] Semirigide Kunststoffbinde 7,5 cm zirkulår 1 QF proximal der Zehengrundgelenke beginnen (Zugrichtung Pronation). ] Rigide Kunststoffbindesohle 4 Lagen von Groûzehenspitze bis Ferse (Zehenschutz). ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Fuûgewælbe gut anmodellieren.
] Konsolidation Durchschnittliche Konsolidationszeiten mit groben Richtlinien fçr Ruhigstellungs- bzw. Schonungszeiten der håufigsten Verletzungen im Wachstumsalter bis zur Bewegungsstabilitåt sind in Tabelle 6.4 angegeben.
Tabelle 6.4. Richtlinien fçr Ruhigstellungs- bzw. Schonungszeiten der håufigsten Verletzungen im Wachstumsalter bis zur Bewegungsstabilitåt in Wochen ] Klavikula ] Humerus ± proximal ± diaphysår ± suprakondylår ± Condylus ± Y-Fraktur ± Epicondylus ulnaris (und Ellenbogenluxation) ] Olekranon ] Proximales Radiusende ] Unterarm diaphysår ] Distaler Radius ] Epiphysenlæsung distaler Radius ] Handwurzel ] Mittelhand basal und subkapital ] Mittelhand diaphysår ] Finger ] Schenkelhals ± subtrochantår ± Diaphyse ± Kondylen inkl. Epiphysenlæsungen ± Eminentia ] Tibia proximale Metaphyse ± diaphysår ] OSG ] Fuûwurzel und Kalkaneus ] Mittelfuû
bis 5 Jahre
5±10 Jahre
> 10 Jahre
1
2
2±3
1 2 1±2 3 2±3 2±3 1 1 3 2 2 ± ± ± 1±2 ± 3±4 1±3 2±3 ± 2±3 ± 2±3 ± 2±3
2±3 3±4 2±3 3±4 3 2±3 2±3 2 4 3±4 2±3 4±6 2 3±4 2±3 4±6 4±5 4±5 3±4 3±4 3±4 3±5 3±4 4±8 3
3 4±6 3±4 4 3±4 2 3±4 2 4±6 4 3±4 6±12 2±3 4±6 2±3 6±12 4±6 4±6 4 4 4 4±6 4±5 6±12 3±4
6 Behandlungsprinzipien
Operative Therapiemæglichkeiten Th. Slongo
] Reposition Bevor die Frage çber ein offenes oder geschlossenes Vorgehen beantwortet werden kann, gilt es primår die Notwendigkeit einer Reposition zu erærtern. Wie bereits in Kapitel 1 dargelegt wurde, gibt es alters-, lokalisations- und dislokationsabhångige Kriterien, die es zu kennen und zu respektieren gilt. Werden sie çbergangen, kann es einerseits zu unnætigen, das Kind belastenden Narkosen und Therapien kommen oder im anderen Fall zu bleibenden Achsfehlstellungen, weil eine potenzielle Instabilitåt falsch beurteilt wurde.
Repositionskriterien Keine Reposition bei ] allen stabilen, unverschobenen Brçchen der oberen und unteren Extremitåt unabhångig vom Alter (Abb. 6.8); ] stabilen Stauchungsbrçchen oder metaphysåren Grçnholzfrakturen, die innerhalb der Toleranzmargen liegen;
Abb. 6.8. Stabile Radiusfraktur, nur Fixation im Gips.
]
] instabilen Brçchen des Humerus, sofern initial eine tolerable Achsabweichung besteht (primår nur Fixation ? Kontrolle); ] praktisch allen Klavikulafrakturen. Reposition bei ] allen Frakturen, stabilen wie instabilen, die auûerhalb der altersabhångigen und lokalisationsabhångigen Toleranzmarge liegen. Insbesondere trifft dies auf Frakturen des Unterarmschafts zu, da hier Achsabweichungen zu deutlichen Funktionsstærungen fçhren kænnen (Abb. 6.9). An der unteren Extremitåt gilt es vor allem auf Erhaltung der Långe, Achse und Rotation zu achten.
Offen oder geschlossen? Ob eine Fraktur offen oder geschlossen reponiert werden muss, hångt nicht nur von der Frakturmorphologie, sondern auch von der Erfahrung des behandelnden Arztes ab. Dabei sind folgende Aspekte zu berçcksichtigen: ] Der Behandlung geht eine eingehende Analyse der Fraktur voran mit der Frage nach Reponierbarkeit, Stabilitåt, Heilungsverhalten und Prognose. ] Die erste Behandlung sollte die letzte, d. h. die definitive sein, keine Nachrepositionen oder sekundåre Stabilisierungen erforderlich machen. Dies bedingt, dass kritische Frakturen im Operationssaal bzw. in Operationsbereitschaft versorgt werden sollten.
Abb. 6.9. Instabile distale Unterarmfraktur, Reposition und korrekte Stabilisierung erforderlich.
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]
Th. Slongo
] Jede Reposition sollte unter adåquater Analgesie, d. h. in der Regel Narkose oder Plexusanåsthesie, durchgefçhrt werden. Die meisten modernen Stabilisierungsverfahren, ob konservativ oder operativ, lassen eine geschlossene Behandlung zu. Dies gilt zunehmend auch fçr Plattenosteosynthesen, falls eine solche heute bei einem Kind noch indiziert sein sollte (sog. minimalinvasive Plattenosteosynthese). Falls eine offene Reposition notwendig wird, sollte wenn immer mæglich eine stabile innere oder åuûere Osteosynthese durchgefçhrt werden. Eine offene chirurgische Reposition und konservative Fixierung mittels Gipsverband ist kaum noch zulåssig, da bei jeder konservativen Fixierung, auch wenn eine offene Reposition erfolgt ist, eine sekundåre Dislokation eintreten kann. Prinzipiell kænnen die meisten Frakturen im Kindesalter auch bei Durchfçhrung einer Osteosynthese geschlossen reponiert behandelt werden. Eine Ausnahme bilden Gelenkfrakturen, die prinzipiell dargestellt (offen oder arthroskopisch) und anatomisch reponiert und fixiert werden sollten.
Offene Reposition Offene Repositionen von Frakturen im Kindesalter sind selten. Dabei mçssen zwei Indikationen unterschieden werden: ] Frakturen, die prinzipiell fçr eine geschlossene Reposition vorgesehen sind, die sich jedoch nicht adåquat reponieren lassen, um einer stabilen Versorgung zugefçhrt werden zu kænnen ? sekundår offene Reposition. ] Frakturen, die primår einer offenen Reposition zugefçhrt werden mçssen bzw. fçr eine offene Reposition geplant werden mçssen.
± Femurschaftfrakturen (quer), ± Frakturen der distalen und proximalen Tibia.
Primår offene Reposition ] Håufigste Frakturtypen: ± Gelenkfrakturen mit Dislokation 2 mm (Abb. 6.10), ± teilweise offene Frakturen, ± Defektfrakturen (åuûerst selten).
çber
] Håufigste Lokalisationen: ± Frakturen des Condylus radialis, Epicondylus ulnaris, Y-Frakturen des distalen Humerus, sofern Dislokation primår çber 2 mm; ± Hçftkopfgleiten mit Abrutsch çber 108; ± dislozierte Schenkelhalsfrakturen, ± Frakturen der distalen Femurkondylen; ± Frakturen des Tibiaplateaus bei Dislokation çber 2 mm; ± Frakturen der distalen Tibia (two- und triplane fractures), sofern keine Versorgung mittels durchbohrter Schrauben mæglich ist ? Mæglichkeit der gezielten geschlossenen Reposition, praktisch einzige Ausnahme bei einer Gelenkfraktur; ± dislozierte bzw. Trçmmerfrakturen von Talus und Kalkaneus; ± Frakturen des Radiuskæpfchens bzw. -halses stellen keine Indikation fçr primår offenes Vorgehen dar (Abb. 6.11); ± Dislozierte Frakturen der distalen Radiusepiphyse.
Sekundåre offene Reposition ] Håufigste Frakturtypen: ± Querfrakturen der Diaphyse durch direktes Trauma ? Fragmente in verschiedenen Kompartmenten, ± diaphysåre Mehretagenfrakturen, ± Gelenkfrakturen mit sekundårer Dislokation çber 2 mm in der gipsfreien Fçnftageskontrolle. ] Håufigste Lokalisationen: ± distaler Humerus, suprakondylår, ± Unterarmschaftfrakturen,
Abb. 6.10. Die allermeisten Gelenkfrakturen mçssen offen reponiert werden, um eine sichere Gelenkkongruenz zu erhalten, wie z. B. bei der abgebildeten Condylus-radialis-Fraktur.
6 Behandlungsprinzipien
]
Die Grundlage einer erfolgreichen Osteosynthese von Frakturen im Kindesalter ist die Kenntnis unterschiedlicher, dem Alter des Kindes angepasster Osteosynthesetechniken sowie die Verfçgbarkeit verschiedener kindadaptierter Osteosynthesematerialien.
Spickdrahtosteosynthese ] Prinzipielles. Die Spickdraht-Osteosynthese stellt eine reine Adaptationsosteosynthese dar, die maximal bewegungs- jedoch nie belastungsstabil ist. Sie benætigt normalerweise eine zusåtzliche Gipsruhigstellung. Der Vorteil liegt darin, dass sie perkutan durchgefçhrt werden kann und zu ihrer Entfernung keine Narkose benætigt wird. Sie ist praktisch çberall und immer verfçgbar. Abb. 6.11. Geschlossene Reposition und Fixierung einer dislozierten Radiushalsfraktur mittels ESIN. a Dislokation. b Reposition und Osteosynthese.
Die angefçhrten Punkte stellen lediglich die Basis fçr eine eingehende und korrekte Analyse der therapeutischen Strategie dar. Im individuellen Fall muss auf die Fraktur abgestimmt werden, daneben sind die eigenen fachlichen und technischen, d. h. auch instrumentellen Gegebenheiten zu berçcksichtigen. Nicht zu vernachlåssigen sind heute besonders in unseren Breitengraden die sozioækonomischen Aspekte bis hin zur Mæglichkeit der schnellen Wiedererlangung der Spielfåhigkeit bzw. des Schulbesuchs und die håusliche Pflege.
] Osteosyntheseverfahren Im Rahmen dieser Darstellung kænnen die einzelnen Osteosyntheseverfahren nur kurz dargestellt werden. Es geht darum, die wichtigsten Prinzipien und Tricks zu besprechen und andererseits etwaige Kontraindikationen bzw. Grenzen einer Methode aufzuzeigen. Fçr erweiterte Detailbeschreibungen der einzelnen Methoden sei auf die jeweilige technische Literatur und Operationsbeschreibungen verwiesen.
] Indikationen. Offen oder geschlossen reponierte metaphysåre Frakturen aller Ræhrenknochen, praktisch unabhångig vom Alter. Gelenkfrakturen bei jçngeren Kindern (< 10 Jahre). Frakturen an Hand und Fuû. ] Kontraindikationen. Diaphysåre Frakturen sollten nicht mit Spickdråhten fixiert werden! ] Technik. Bevor die Spickdråhte eingebohrt werden kænnen, mçssen die Fragmente korrekt reponiert sein. Wenn immer mæglich, sollten die Spickdråhte perkutan eingefçhrt werden, sodass sie ohne Anåsthesie entfernt werden kænnen, auch wenn offen reponiert werden musste (Abb. 6.12). Die Dicke betrågt in der Regel 1,6±2,5 mm. Die Kreuzungsstellen sollten immer proximal der Frakturlinie liegen (Abb. 6.13). In der Regel muss die Epiphysenfuge gekreuzt werden. Deshalb sollten wiederholte Bohrungen vermieden werden. Die Spitzen der Spickdråhte mçssen die Gegenkortikalis perforieren. Tågliche gute Pflege der Pins reduziert das Infektionsrisiko. ] Metallentfernung. Je nach Alter und Fraktur frçhestens nach 3, spåtestens nach 5 Wochen. Ambulant in der Poliklinik oder Ambulanz. Bei jçngeren Kindern ist eine leichte Sedierung oder Schmerztherapie per os 20 Minuten vor dem Eingriff angezeigt.
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]
Th. Slongo
Abb. 6.12. Transkutane Fixierung einer suprakondylåren Humerusfraktur. Spickdråhte kænnen ohne Narkose entfernt werden. a Ræntgen b çberstehende Spickdråhte.
Abb. 6.13. Versorgung einer distalen Femurfraktur bei einem 9-jåhrigen Kind mittels zweier gekreuzter Spickdråhte von 2,5 mm. a Unfallbild. b Knie a.p. c Knie seitlich.
] Typische Frakturen: ± subkapitale Humerusfrakturen (ESIN jedoch besser), ± suprakondylåre Humerusfraktur (Alternative ESIN), ± condylus radialis (bei jçngeren Kindern, bei ålteren Schrauben), ± Epicondylus ulnaris (bei ålteren Kindern, Schrauben), ± distaler Radius (selten notwendig), ± Schenkelhalsfrakturen jçngerer Kinder, ± distale epi-/metaphysåre Femurfrakturen,
± proximale epi-/metaphysåre Tibiafrakturen ± distale epi-/metaphysåre Tibia-/Fibulafrakturen (alternativ durchbohrte Schrauben), ± Frakturen der Mittelhand-/Fuûknochen, ± Frakturen der Phalangen an Hand und Fuû. ] Probleme. Instabilitåt oder Pseudarthrosen (Abb. 6.14); Pflege; oberflåchliche oder tiefe Infektionen).
6 Behandlungsprinzipien
]
Schraubenosteosynthese
Abb. 6.14. Ungençgende Stabilitåt bei der Versorgung einer Condylus-radialis-Fraktur und Entwicklung einer Pseudarthrose.
] Prinzipielles. Was fçr die Spickdraht-Osteosynthese gilt, trifft teilweise auch fçr die Schraubenosteosynthese zu; es handelt sich um eine Adaptationsosteosynthese, die jedoch die Fragmente unter Kompression setzen kann und somit besser stabilisiert. Dennoch ist in der Regel ein Gips notwendig; dieser sollte besonders bei ålteren Kindern funktionell sein, d. h. auch abgelegt werden kænnen, um z. B. Gelenke durchzubewegen. Fçr eine alleinige Schraubenosteosynthese werden hauptsåchlich Spongiosaschrauben, heute vorzugsweise so genannte durchbohrte, selbstbohrende, selbst schneidende Stahl- oder Titanschrauben verwendet (Abb. 6.16). Diese modernen Schrauben eignen sich hervorragend auch zu geschlossenen Fixationen, besonders an der unteren Extremitåt. Die Schrauben sollten auûerdem rçckschneidend sein, um die Metallentfernung zu vereinfachen. ] Indikationen. Offen oder geschlossen reponierte epi-/metaphysåre Frakturen aller Lokalisationen, vorwiegend bei Kindern çber 10 Jahren. Gelenkfrakturen. ] Kontraindikationen. Diaphysåre Frakturen eignen sich nicht fçr die Versorgung mittels Schrauben. ] Technik. Bevor die Schrauben gesetzt werden kænnen, muss das Fragment (die Fragmente) korrekt reponiert sein. Gelenkfrakturen sollten offen reponiert und anatomisch adaptiert werden (Ausnahme Twoplane-Fraktur distale Tibia).
Abb. 6.15. Lagerung des Arms direkt auf dem Bildwandler erlaubt eine bessere und genauere Durchleuchtung und reduziert die Bestrahlung.
] Tricks. Wenn die Extremitåt direkt auf dem Bildwandler gelagert wird, ergibt sich ein besseres Bild bei weniger Strahlen (Abb. 6.15). Eine gute Reposition verlangt weniger nachtrågliche Manipulationen. Richtung der Spickdråhte in einer Ebene einzeichnen. Abb. 6.16. Durchbohrte selbstbohrende, selbstschneidende Titanschrauben verschiedener Lången und Durchmesser.
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Die Dimensionen betragen in der Regel 4,0, 4,5 und 6,5 mm. Einbohren eines oder von zwei FçhrungsSpickdråhten (1,2/1,6 mm) rechtwinklig zur Frakturlinie an optimaler Stelle oder parallel zur Epiphysenfuge. Abmessen der Schraubenlånge am Spickdraht-Ûberstand (Långe 15 cm minus Ûberstand). Freies Eindrehen der Schrauben. Werden keine durchbohrten Schrauben verwendet, muss gemåû der Zugschraubentechnik ein Gleitloch vorgebohrt werden. Bei ålteren Kindern darf die Epiphysenfuge auch mit der Schraube perforiert werden, vor allem vor Wachstumsabschluss. Dokumentation der Osteosynthese intraoperativ mit Ræntgenbild oder unter Bildwandler. ] Metallentfernung. Unabhångig von Alter und Frakturtyp nach vollståndiger Konsolidation. Heute werden vor allem bei Jugendlichen die Schrauben zunehmend belassen, besonders Titanschrauben, da diese im MRT nicht stæren. Entfernung ambulant tagesklinisch in Kurznarkose oder Lokalanåsthesie. Unter Bildwandler Schraube axial darstellen, sodass die Bohrung gesehen werden kann; Einfçhren des Fçhrungs-Spickdrahts, Stichinzision und Ausdrehen der Schraube çber Fçhrungsdraht. ] ± ± ± ± ± ± ± ±
Typische Frakturen: Y-Fraktur distaler Humerus, Condylus radialis (åltere Kinder), Epicondylus ulnaris (åltere Kinder; Cave kleine Fragmente kænnen gespalten werden). Epiphysiolysis capitis femoris/Schenkelhalsfrakturen jçngerer Kinder, distale epi-/metaphysåre Femurfrakturen (SH II+III+IV), proximale epi-/metaphysåre Tibiafrakturen, distale epi-/metaphysåre Tibia-/Fibulafrakturen Hand- und Fuûwurzelknochen.
] Probleme. Metallentfernung. Schraubenkæpfe kænnen abgedreht werden, besonders bei Titanschrauben ? Eltern vorab darçber orientieren. Kleine Fragmente kænnen gesprengt werden, da Gewinde sehr ¹aggressivª sind. ] Tricks. Geschlossenes Vorgehen. Extremitåt direkt auf Bildwandler positionieren, besseres Bild, weniger Strahlen.
Abb. 6.17. Geschlossene Osteosynthese einer distalen Fraktur Salter-Harris II mittels durchbohrter Schrauben.
Fraktur unter Bildwandler reponieren und die Frakturlinie so einstellen, dass sie orthograd eingesehen werden kann (Abb. 6.17). Freier Spickdraht an der Hand von auûen so auf Fraktur legen, dass Schraube optimal platziert werden kann. Parallel dazu çber Stichinzision Fçhrungsdraht einbohren, in der zweiten Ebene genau parallel der Bildwandlerauflageflåche. Setzen der Schrauben und indirekte Reposition und Kompression der Fraktur unter Bildwandler verfolgen.
Plattenosteosynthese ] Prinzipielles. Aufgrund anderer kindadaptierter Osteosyntheseverfahren wurden die Indikationen fçr eine Plattenosteosynthese deutlich reduziert. Sie stellt ein technisch aufwendiges, meist offenes Verfahren, verbunden mit einer ebenso invasiven, meist stationåren Metallentfernung, dar. Eine nicht korrekt durchgefçhrte Plattenosteosynthese kann zu erheblichen Problemen, meist mit korrekturbedçrftigen Komplikationen fçhren. Daher sollte nur derjenige eine solche Osteosynthese durchfçhren, der mit dieser Methode
6 Behandlungsprinzipien
]
Abb. 6.18. Beispiel einer pathologischen Femurfraktur bei einem groû gewachsenen 15-jåhrigen Mådchen, mittels durchgeschobener Platte versorgt. a Radiologisches Bild. b Weitgehende Konsolidierung nach 6 Wochen. c Funktion nach 4 Wochen.
routinemåûig vertraut ist. Die Applikation von Winkelplatten soll hier nicht besprochen werden. Unter einem Alter von 12±13 Jahren sollte diese Osteosynthesemethode kaum mehr angewendet werden. Bei jungen Adoleszenten sowie groû gewachsenen, zum Teil çbergewichtigen ålteren Kindern stellt sie jedoch eine gute Alternative dar. Dies vor allem unter dem Einfluss neuer Applikationstechniken und neuer Plattenarten. Deshalb sollte heute Folgendes gelten: Wenn eine Plattenosteosynthese indiziert ist, empfehlen wir die Verwendung von Platten neuerer Generation wie die Low-Compression-DCP(LC-DCP-)- oder Low-Contact-Plate-(LCP-)-Platten. Wenn mæglich sollten diese Typen von Platten auch bei Kindern in der so genannten minimalinvasiven Plattenosteosynthese eingebracht werden. ] Indikationen. Schaftfrakturen der vier groûen Ræhrenknochen; Frakturen der Phalangen (Miniplatten ? selten);
komplett instabile, mehrfragmentåre Frakturen bei Kindern çber 12 Jahren, çbergewichtigen Kindern; Refrakturen von Femur und Tibia mit noch geschlossenem Markkanal (Technik: durchgeschobene Wellenplatte); Schaftfrakturen bei Adoleszenten (Abb. 6.18). ] Kontraindikationen. Gelenkfrakturen, epi-/metaphysåre Frakturen; ¹primåre Versorgung von Unterarmschaftfrakturen bei Kindern unter 14 Jahrenª. ] Technik. Gemåû den Richtlinien fçr Plattenosteosynthese der entsprechenden Hersteller. Prinzipiell gilt heute auch fçr die Plattenosteosynthese, dass diese eine biologische Osteosynthese darstellen sollte, d. h. keine extensive Freilegung des Knochens, kein Stripping des Periosts, keine pedantische Adaptation und Fixation freier Fragmente ? lange Platten, wenig Schrauben ? Fixateur interne.
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a
b
MIPO-Technik (Minimal Invasive Plate Osteosynthesis) Diese Technik kann prinzipiell mit jeder Platte durchgefçhrt werden. Sie beruht darauf, dass nach gençgender, achsgerechter Reposition der Schaftfraktur (am besten am Extensionstisch und unter Bildverstårkerkontrolle) çber eine kleine Inzision eine gençgend lange Platte epiperiostal, submuskulår am Knochen durchgeschoben wird. Zu achten ist bei dieser Technik auf eine korrekte indirekte Reposition. Fixation der Platte unter Verwendung eines Bildwandlers mit minimal zwei (drei) proximalen, zwei (drei) distalen, eher frakturfernen Schrauben, damit die Platte schwingen kann ? Fixateur interne. Besonders geeignet ist die LC-DCP-Platte oder LCP-Platte mit winkelstabilen Schrauben. Da im Kindes- und Jugendalter die Heilung nicht gefåhrdet ist, sind diese ¹High-techª-Platten nicht unbedingt notwendig (Abb. 6.18).
Wave-Plate (Wellenplatte) Diese Technik ist eine Erweiterung der MIPOTechnik. Dabei geht es darum, dass durch Bildung einer ¹Welleª eine kritische Frakturzone schonend umgangen bzw. çberbrçckt wird.
Abb. 6.19. Versorgung einer offenen Femurdefektfraktur mit Verbrennung durch Wellenplatte 4 Wochen nach Unfall, nachdem primår die Fraktur mit einem Fixateur externe zwischenzeitlich versorgt war. Man beachte den groûen Knochendefekt. a Postoperatives Ræntgenbild. b Ausheilung.
Die Indikation dafçr ist im Kindesalter sicherlich åuûerst selten, dennoch kann es hilfreich sein, diese Methode auch zu kennen und im Repertoire zu haben (Abb. 6.19). ] Metallentfernung. Unabhångig von Alter und Frakturtyp nach vollståndiger Konsolidation. Heute werden vor allem bei Jugendlichen auch Platten zunehmend belassen, besonders Titanplatten, da diese im MRT nicht stæren. In der MIPO-Technik eingebrachte Platten kænnen durchaus ambulant tagesklinisch in Narkose atraumatisch entfernt werden. Dazu mçssen unter Bildwandlerkontrolle mit einem die Schrauben fixierenden Schraubenzieher die Schrauben ausgedreht werden. Ûber eine kleine Inzision am Ende der Platte kann diese entfernt werden. ] Typische Frakturen. Lange Spiralschaftfrakturen mit oder ohne Keil, Trçmmerfrakturen von Femur und Tibia, laterale Schenkelhalsfrakturen (verschiedene Klingenplatten). ] Probleme. Metallentfernung, aufwendig. Setzt besondere Kenntnis und Erfahrung voraus; invasive Methode; græûte Inzidenz fçr Wachstumsplus am Femur, besonders bei jçngeren Kindern.
6 Behandlungsprinzipien
]
Abb. 6.20. Geschlossene Reposition einer zweiten Refraktur des Femurs mittels Distraktor und Fixierung der Fraktur.
] Tricks. Bei geschlossenem Vorgehen zur Reposition Distraktor oder vorçbergehend Fixateur externe verwenden (Abb. 6.20).
Zuggurtungsosteosynthese ] Prinzipielles. Diese Osteosynthesemethode ist fçr ganz spezielle Frakturen reserviert und soll, wie es der Name sagt, dort angewendet werden, wo ein Zug an einem Fragment abgefangen werden soll. Zuggurtungsosteosynthesen werden offen angelegt. Zuggurtungsosteosynthesen stellen eine Neutralisation von groûen Zugkråften dar, die dort entstehen, wo sich kråftige Sehnen-/Muskelansåtze finden. ] Indikationen. Olekranonfrakturen (praktisch jedes Alter), Patellafrakturen, laterale Klavikulafrakturen bzw. Pseudoluxationen der distalen Klavikula, evtl. Abrisse des Trochanter major. ] Kontraindikationen. Gelenkfrakturen, epi-/metaphysåre Frakturen oder Schaftfrakturen. ] Technik. Offene Darstellung der Fraktur und Reposition der Fragmente;
Abb. 6.21. Korrekt liegende Spickdråhte und Zuggurtung am Olekranon. Man beachte die Lage der Spickdraht-Spitzen.
Setzen zweier Spickdråhte rechtwinklig zur Frakturebene durch beide Fragmente. Dabei ist darauf zu achten, dass die Spickdråhte mæglichst oberflåchenfern, d. h. mæglichst weit weg von der Zugrichtung zu liegen kommen, um der Zugkraft der Cerclage entgegenwirken zu kænnen (Abb. 6.21). ] Patella. Beide Spickdråhte proximal und distal ca. 5 mm çberstehen lassen und Ende rechtwinklig umbiegen. Anlegen einer O-færmigen Cerclage, da çber der Patellaunterflåche liegende Dråhte sehr stærend wirken. Spickdråhte so umdrehen, dass das umgebogene Ende die Cerclage sichert und zur Patella hin zeigt. Alternative Technik. Anstelle der Spickdråhte durchbohrte Schrauben verwenden und die Cerclage durch die Schrauben fçhren; Vorteil ? weniger Weichteilkompression. ] Olekranon. Von der Olekranonspitze aus die beiden Spickdråhte mæglichst gelenknah parallel so einbohren, dass sie in der distalen Kortikalis der Ulna verankert werden.
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Ca. 3 cm distal von der Fraktur entfernt Bohrloch von 2,0 mm rechtwinklig zur Långsachse bohren und Cerclage durchziehen. Anlegen einer 8erfærmigen Schlinge, wobei der Quirl radialseits liegen sollte ? mehr Weichteile, kein Nerv. Alternative Technik. Anstelle der Cerclage durchbohrte Schrauben verwenden. ] Metallentfernung. Cerclagen sollten grundsåtzlich besonders bei Kindern entfernt werden, da nach Abschwellung vor allem die Quirle meist stæren kænnen. Deshalb ist beim Anlegen der Cerclage wichtig, die Dråhte so zu legen, dass die Entfernung ohne vollståndige Eræffnung der alten Wunde erfolgen kann. ] Probleme. Durchschneiden der Spickdråhte oder der Cerclage. Nekrosen der Muskel-/Sehnenansåtze ? deshalb Cerclagedraht neutral durch den Muskel-/Sehnenansatz fçhren! ] Tricks. Quirl langsam anziehen, damit sich der Draht strecken kann und somit besser an die Fragmente und Weichteile anlegt.
Marknagelung ESIN ] Prinzipielles. ESIN (elastisch-stabile intramedullåre Nagelung) ist eine minimalinvasive, minimal traumatisierende, suffizient bewegungsund teilbelastungsstabile, biologische und kinderfreundlich adaptierte Osteosynthese fçr quere, schråge, kurze spiralfærmige, diaphysåre Frakturen im Kindesalter mittels elastischer Markraumschienen (Titan oder Stahl). Ziel dieser biologischen, minimalinvasiven Frakturbehandlung ist, eine fçr das jeweils entsprechende Alter adåquate Reposition und Stabilisierung zu erreichen. Da es sich generell um ein geschlossenes Verfahren handelt, kann nie von einer anatomischen Reposition gesprochen werden, sondern lediglich von achsgerechter Stellung. Das biomechanische Prinzip der elastischstabilen intramedullåren Nagelung beruht auf der symmetrischen Aufspannung von zwei metaphysår eingebrachten elastischen Någeln, die jeweils drei Abstçtzpunkte innerhalb des Knochen aufweisen. Die Respektierung dieser Prinzipien ist eine unerlåssliche Voraussetzung fçr optimale Resultate.
] Indikationen. Die ESIN wird primår zur Versorgung von dia- und metaphysåren Frakturen im Kindesalter verwendet. Die Indikation sind alters-, fraktur- und lokalisationsspezifisch zu stellen. Die Altersgrenze hångt von der biologischen Entwicklung des Kindes ab. Erfahrungsgemåû liegt die Untergrenze bei ca. 3 Jahren, die Obergrenze bei 13±15 Jahren. ± Frakturart: transversale Frakturen, kurze Schråg- oder Querfrakturen mit Ausbruchkeilen, lange Schrågfrakturen mit Mæglichkeit der kortikalen Abstçtzung, Spiralfrakturen, multifragmentåre und bifokale Frakturen, pathologische Frakturen bei juvenilen Knochenzysten. ± Frakturlokalisation: Femur diaphysår, Femur metaphysår distal, Femur subtrochantår, Unterschenkel diaphysår, Unterschenkel metaphysår distal, Humerus diaphysår und subkapital, Humerus suprakondylår, Radius- und Ulnaschaft, Radiushals oder -kopf. ± Erweiterter Indikationsbereich: Polytrauma und Schådel-Hirn-Trauma, beide auch auûerhalb der oben genannten Altersgrenzen, pathologische Frakturen bei benignen Knochenzysten sowie prophylaktische Stabilisierung bei juvenilen Knochenzysten, Osteogenesis imperfecta, Humerus und Unterarm bei Erwachsenen. ] Kontraindikationen. Intraartikulåre Frakturen; komplexe, total instabile Femurfrakturen oder Unterschenkelfrakturen mit fehlender kortikaler Abstçtzung, vor allem im Zusammenhang mit Ûbergewicht und/oder hæherem Alter. ] Standardoperationstechnik fçr Femurfrakturen. Eine sorgfåltige pråoperative Planung, die richtige Wahl der Implantate und die pråzise Rotationsçberprçfung anhand der nicht frakturierten Extremitåt sind fçr ein gutes Operationsergebnis unerlåsslich. 1. Kind lagern Das Kind in Rçckenlage auf einem ræntgenstrahlendurchlåssigen Operationstisch lagern. Fçr groûgewachsene Kinder empfiehlt sich am Extensionstisch zu arbeiten. Kleinere Kinder werden mit Vorteil am Operationstisch fixiert. Der/die Assistent/in extendiert die verletzte Extremitåt. Eine freie Lagerung ermæglicht eine bessere Kontrolle der Nagellage und der Rotation.
6 Behandlungsprinzipien
]
Abb. 6.22. Bei der so genannten freien Lagerung sollte das Kind so fixiert werden, dass es beim Zug am Bein nicht gleitet und die Fixierung das Arbeiten nicht behindert. a Ûbersicht. b Fixation.
Den Bildverstårker so positionieren, dass das Femur auf der ganzen Långe a.-p. und lateral eingesehen werden kann (Abb. 6.22).
Abb. 6.23. An einfachen Ræhrenknochen betrågt der Nageldurchmesser 35±40% des engsten Markraumdurchmessers; am Unterarm, wo nur ein Nagel pro Knochen eingebracht wird, hingegen 60%.
2. Fraktur reponieren Wird am Extensionstisch operiert, sollte die Fraktur geschlossen pråoperativ unter Bildverstårkerkontrolle reponiert werden. Bei freier Lagerung des Kindes erfolgt die Reposition wåhrend des Eingriffs. Bei komplexen Frakturen beide Beine steril abdecken, damit intraoperativ ein Rotationsvergleich durchgefçhrt werden kann. 3. Nageldurchmesser bestimmen Den Isthmus des Markraums auf dem Ræntgenbild ausmessen. Der Durchmesser des einzelnen Nagels sollte mindestens ein Drittel des Markraumdurchmessers betragen. Någel mit identischem Durchmesser wåhlen, um Varus- oder Valgusfehlstellungen zu vermeiden (Abb. 6.23). 4. Nageleintrittstelle bestimmen Fçr die aufsteigende Versorgung am Femur liegen die Eintrittstellen 1±2 cm proximal der distalen Epiphysenfuge. Beim Kind entspricht dies etwa einem Fingerbreit proximal des Patellaoberpols. Bei Unsicherheit die vorgesehenen Eintrittstellen unter dem Bildverstårker kontrollieren (Abb. 6.24).
Abb. 6.24. Radiologische Kontrolle der Nageleintrittstellen. Man beachte, dass diese genau einander gegençberliegen sollten. Abstand zur Epiphysenfuge mindestens 2 cm.
5. Inzision durchfçhren Die einander gegençberliegenden Hautinzisionen medial und lateral werden von den geplanten Eintrittstellen aus etwa 3±4 cm nach distal gezogen, je nach Græûe des Kindes. Wichtig: Eintrittstellen grundsåtzlich auûerhalb der Gelenkkapsel ansetzen. Inzisionen nicht zu kurz wåhlen (mindestens 3 cm), da fçr Nagelentfernung diese Græûe benætigt wird.
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Th. Slongo
6. Markraum eræffnen Eine genau çbereinstimmende beidseitige Eræffnung des Markraums ist fçr eine optimale symmetrische Verspannung unerlåsslich (Abb. 6.24). Fascia lata ausreichend spalten. Am proximalen Ende der Inzision den Pfriem bis zum Knochen senkrecht einfçhren und kråftig ankærnen. Eræffnung des Knochens. Die Úffnung muss knapp græûer sein als der gewåhlte Nageldurchmesser. Wichtig: Unbedingt die Epiphysenfugen schonen. 7. Någel vorbiegen Es wird empfohlen, den zu implantierenden Teil der Någel auf das Dreifache des Markkanaldurchmessers vorzubiegen. Dabei soll der Scheitelpunkt des Bogens auf der Hæhe der Frakturzone zu liegen kommen. Die Nagelspitze muss die Fortsetzung des Bogens bilden. Beide Någel gleich vorbiegen (Abb. 6.25). Hinweis: Durch stårkeres Vorbiegen lassen sich der innere Anpressdruck erhæhen und die Kreuzungsstellen der Någel mehr zur Metaphyse hin verlagern. Dies erhæht die Stabilitåt bei komplexen Frakturen. 8. Ersten Nagel einbringen Den Nagel mit der Nagelspitze rechtwinklig zum Knochenschaft in den Markraum einfçhren. Das Einschlaginstrument um 1808 drehen und die Nagelspitze zur Markraumachse ausrichten. Falls nætig, die Lage der Nagelspitze unter dem Bildverstårker kontrollieren. 9. Ersten Nagel bis zur Frakturzone vorschieben Den Nagel manuell unter rotierenden Bewegungen oder mit leichten Hammerschlågen zur Fraktur vorschieben. 10. Einbringen des zweiten Nagels An der gegençberliegenden Eintrittstelle die Schritte 8 und 9 fçr den zweiten Nagel wiederholen, wobei es in der Metaphyse zum ersten Ûberkreuzen der Någel kommt (Abb. 6.24). 11. Någel weiterfçhren Durch Drehen der Någel Fraktur indirekt definitiv reponieren und Nagelspitzen einige Zentimeter çber die Fraktur hinausschieben, sodass die Fragmente sicher gehalten werden. Falls nætig, kann die definitive Reposition auch durch Långszug am Bein oder mit
Abb. 6.25. Den Scheitel der Vorbiegung genau auf Frakturhæhe wåhlen. Nagel nur çber die Långe des Knochens vorbiegen.
Abb. 6.26. Je nach Lage und Form der Fraktur muss zuerst der mediale bzw. laterale Nagel primår çber die Fraktur geschoben werden. Generell gilt, denjenigen zuerst vorschieben, mit dem sich die Fraktur reponieren låsst.
dem F-Hebel erfolgen. Anschlieûend wechselseitiges Vorschieben der Någel çber die Frakturzone (Abb. 6.26). Hinweis: Das Drehen des Nagels um mehr als 1808 um die eigene Achse wie auch der ¹Korkenziehereffektª (mehr als zwei Kreuzungspunkte der Någel) sind unbedingt zu vermeiden. Durch die Repositionsmanipulation verbogene Någel mçssen ausgetauscht und entsorgt werden (Abb. 6.27). 12. Lage der Nagelspitzen çberprçfen Die Lage der Nagelspitzen im proximalen Fragment unter dem Bildverstårker in beiden Ebenen kontrollieren und die Spitzen korrekt zum Markraum in der Frontalebene ausrichten.
6 Behandlungsprinzipien
]
14. Någel kçrzen Entsprechend der geplanten Verankerungsposition die Någel am distalen Ende unter Zugabe der verbleibenden vorgesehenen Einbringtiefe absetzen. Darauf achten, dass in der Endposition die Någel an der Eintrittstelle fçr die spåtere Entfernung etwa 1 cm çberstehen. Hinweis: Zu lange Nagelenden fçhren zu stærender Pseudobursabildung und behindern die freie Flexion des Knies. Zudem kænnen sie die Haut perforieren und Infektionen verursachen (Abb. 6.29).
Abb. 6.27. Das Drehen der Någel um mehr als 1808 verursacht das so genannte Korkenzieherphånomen, hier gut zu sehen. Dies sollte unbedingt vermieden werden, da die innere Verspannung der Någel verloren geht.
Darauf achten, dass die Spitze des medialen Nagels in der zukçnftigen Position am Kalkar nicht perforiert. 13. Rotation çberprçfen Nachdem die Fraktur sicher provisorisch fixiert ist, vor der definitiven Verankerung der Någel in der proximalen Metaphyse die Rotation çberprçfen bzw. die Nagelspitzen korrekt ausrichten. Falls ein Extensionstisch verwendet wird, das Bein steril von der Extension læsen, um die Rotation ebenfalls çberprçfen zu kænnen. Zudem erlaubt dies auch eine axiale Bildverstårkerkontrolle im proximalen Femurbereich (Abb. 6.28).
Abb. 6.28. Ûberprçfung a der Innen- und b Auûenrotation, bevor die Någel definitiv in der proximalen Metaphyse verankert werden. Rotationsfehler werden ¹produziertª!
15. Någel definitiv positionieren und verankern Die Någel unter Verwendung eines Einschlagbolzens mit leichten Hammerschlågen in die geplante Verankerungsposition bringen. Die Nagelenden mit einem entsprechenden Instrument leicht aufbiegen, um die spåtere Implantatentfernung zu erleichtern. ] Metallentfernung. Der Vorteil der ESIN ist, dass aufgrund der relativ feinen Implantate die Heilung sehr gut verfolgt werden kann. Deshalb sollte unabhångig von der Frakturlokalisation die radiologische vollståndige Konsolidation abgewartet werden, bevor die Implantate entfernt werden. Dies trifft vor allem fçr Femur- und Vorderarmfrakturen zu. Wird dies korrekt berçcksichtigt, sind keine Refrakturen zu erwarten.
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]
Th. Slongo
Abb. 6.29 a±c. Sauberes Absetzen der Någel mit einem Bolzenschneider. Korrekte Långe verhindert Hautirritationen.
] Probleme. Korken-Zieher-Phånomen. Durch Drehen des zweiten Nagels um mehr als 1808 bei liegendem ersten Nagel kommt es zu Verwindungen untereinander. Dadurch werden die Någel von der Kortikalis weggedrångt. Die Abstçtzung geht verloren. Nagelperforation proximales Femur. Aufgrund der Antekurvation des Femurs kann der medial eingebrachte Nagel leicht am Kalkar perforieren. Deshalb muss unbedingt axial durchleuchtet werden kænnen. Verletzung der Epiphysenfuge. Nichtrespektieren des korrekten Abstands der Eintrittstelle zur Epiphysenfuge ? Wachstumsstærungen. Hautirritation/Infektion. Zu lang abgesetzte Någel fçhren zu Hautirritationen, die Ausgangspunkt von lokalen Infektionen darstellen. Am distalen Femur kommt es zudem zur Blockade der Flexion. Falsche Nageldicke. Zu dçnne Någel haben Instabilitåt und sekundåre Fehlstellung zur Folge. Verschiedene Hæhe der Eintrittstellen. Fçhren zu ungleicher Verspannung der Någel, woraus Varus- bzw. Valgusfehlstellungen resultieren. ] Tricks. Femur. Bessere Repositionsmæglichkeit durch Einbringen beider Någel bis auf Frak-
turhæhe ? Manipulation der Fragmente nach ¹Joy-Stick-Methodeª. Am Extensionstisch so lagern, dass nach Frakturfixation die Extension abgehångt werden kann ? bessere Kontrolle der Rotation und der proximalen Verankerung. Radiuskæpfchen. Geschlossene Reposition komplett verschobener Frakturen mit Spickdraht ? Joy-Stick. Tibia. Nach definitiver Platzierung der Någel werden distal die Spitzen nach dorsal gedreht, so kann die Rekurvation der Tibia vermieden werden.
Marknågel Die Indikation fçr eine Osteosynthese mittels Marknagel stellt sich aufgrund der zu erwartenden Wachstumsstærungen erst beim Adoleszenten mit bereits verschlossenen oder sich verschlieûenden Epiphysenfugen. Auûerdem kann bei ausgeprågt adipæsen Kindern schon in der Zeit des Fugenschlusses eine stabile Marknagelosteosynthese erforderlich werden. Vorgehen und Indikation entsprechen dann denen der Erwachsenentraumatologie.
6 Behandlungsprinzipien
Prinzipiell kommen Humerus-, Femur- und Tibianågel bei den entsprechenden Schaftfrakturen zur Anwendung.
Fixateur externe ] Prinzipielles. Nach der ESIN stellt die Osteosynthese mittels Fixateur externe die zweithåufigste operative Behandlungsart von Schaftfrakturen im Kindesalter dar. Es ist darauf zu achten, dass adåquate, dem Alter des Kindes angepasste Fixateure und Implantate verwendet werden. Kinder tolerieren in der Regel den Fixateur externe gut, dennoch ist vor allem bei der Entfernung darauf zu achten, dass keine Schmerzen entstehen; oft ist eine Kurznarkose oder Sedierung angezeigt. Aufgrund der raschen Frakturheilung kann der Fixateur bis zur Ausheilung der Fraktur belassen werden, ein Verfahrenswechsel ist nicht nætig. Er stellt eine ergånzende Alternative zur ESIN dar, vor allem bei 38 offenen und sehr instabilen Frakturen sowie ålteren Kindern. ] Indikationen. Komplett instabile, mehrfragmentåre Frakturen vor allem bei ålteren Kindern an Femur, Tibia und Unterarm; Polytrauma und Schådel-Hirn-Trauma; sehr lange Spiralfrakturen mit und ohne Drehkeil des Femurs. ] Kontraindikationen. Es bestehen praktisch keine Kontraindikationen fçr den Fixateur externe, falls entsprechende Geråte zur Verfçgung stehen. ] Technik. Normalerweise geschlossen; fçr untere Extremitåt mit oder ohne Extensionstisch. Freie Durchleuchtung muss gewåhrleistet sein. Es empfiehlt sich, die Reposition analog der ESIN provisorisch vorzunehmen, um bereits eine gewisse achsgerechte Situation zu haben. Setzen der Schanz-Schrauben unter Bildwandlerkontrolle; bei sog. ¹Monotube-Systemenª ist die Distanz der Eintrittstellen vorgegeben. Bei ¹Tube-to-Tube-Systemenª kænnen die Schrauben frei gesetzt werden. Es sollte je eine Schraube frakturnah bzw. frakturfern gesetzt werden. Fçr die Reposition mçssen alle Klemmen und Schrauben offen sein, um eine freie Manipulierbarkeit der Fragmente zu haben. Tågliche Pinpflege ist Voraussetzung fçr eine Infektfreiheit.
]
] Metallentfernung. Die Entfernung des Fixateurs sollte nicht vor einer gut sichtbaren Kallusbildung erfolgen; in der Regel nach 4±8 Wochen, je nach Frakturart und Alter des Kindes. Eine gute Sedierung oder Kurznarkose ist zu empfehlen. Der Eingriff kann jedoch immer ambulant vorgenommen werden. ] Typische Frakturen. Komplexe Femurschaftfrakturen; distale, metaphysåre Femurfrakturen. Komplexe Unterschenkel- und Tibiafrakturen; Schaft und proximale und distale Metaphyse. Komplexe Unterarmfrakturen, nicht retinierbare distale Radiusfrakturen. Offene Frakturen 38. ] Probleme. Pin-Track-Infektion ? gute Pflegeanleitung erforderlich. Hohe Refrakturrate, vor allem bei zu frçher Entfernung wegen Infektion. Fehlstellungen. Verzægerte Heilung. Schanz-Schrauben-Ausriss. ] Tricks. Bei Platzierung der Schanz-Schrauben auf Weichteile achten ? besser bei ¹freien Systemenª. Gençgend groûe ¹Stichinzisionenª, damit Sekret abflieûen kann. Duschen/Baden erleichtert die Pflege ? anschlieûend gute Reinigung und nur sparsame Desinfektion. Weichteile eventuell mit einem Gummistopper schçtzen bzw. ruhig halten (Abb. 6.30).
Abb. 6.30. Mittels einfacher Gummiunterlagen (Infusionsflaschendeckel) lassen sich die Verbånde am FixEx einerseits halten, andererseits werden dadurch Hautreizungen vermindert. Hier am Modell gezeigt.
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]
Th. Slongo: 6 Behandlungsprinzipien
] Andere Techniken ] Prinzipielles. Im Kindesalter existieren zu den geschilderten Osteosyntheseverfahren kaum mehr alternative operative Techniken. Falls bei einem Kind fçr eine Fraktur eine Narkose zur Reposition gebraucht wird, sollte man sich immer vorher çberlegen, welche Stabilisierungsverfahren angewendet werden sollten, operativ oder konservativ.
] Metallentfernung Ist der frakturierte Knochen geheilt, so stellt sich die Frage nach der Metallentfernung. Diese stellt einen erneuten invasiven Eingriff dar mit der Notwendigkeit einer Narkose und birgt neben den allgemeinen Risiken wie Infektion, Wundheilungsstærungen oder Gefåû- und Nervenverletzung die Gefahr einer Refraktur. Eine klare Indikation ergibt sich bei Beschwerden im Bereich des Osteosynthesematerials (Schmerzen, Funktionseinschrånkung, Hautirritation usw.).
Externe Osteosynthesematerialien sollten in allen Fållen entfernt werden, was håufig ambulant ggf. unter Analgesie oder Sedierung erfolgen kann. Daneben muss bedacht werden, dass vor allem Kinder dazu neigen, interne Osteosynthesematerialien wie Schrauben oder Platten in kurzer Zeit knæchern zu çberbauen, was eine spåtere Metallentfernung erschwert. Anhaltende Zugspannungen, die durch eine Osteosynthese auftreten kænnen (besonders im Bereich der Diaphyse), sollten aufgrund des noch stattfindenden Remodelings vermieden werden. Verbleibende Materialien (vor allem Stahlplatten) zeigen im Verlauf Korrosion mit zunehmendem Metallabrieb, der zu einer reaktiven Bildung von Granulationsgewebe fçhren kann und eine Gefahr der Spåtinfektion in sich birgt. So sollte trotz neuer Titanimplantate, die theoretisch verbleiben kænnen, bei Kindern eine frçhzeitige Metallentfernung erfolgen. Eine zuvor durchgefçhrte radiologische sowie klinische Kontrolle der Frakturkonsolidation ist selbstverståndlich. Die Zeitpunkte der Metallentfernungen sind in den speziellen Kapiteln angegeben.
10 Medikamentæse Therapie
Der Einsatz von Arzneimitteln beim Kind erfordert eine Berçcksichtigung altersabhångiger Faktoren, die die Pharmakokinetik und Pharmakodynamik bestimmen. Nicht immer liegen geprçfte Daten zu altersspezifischen Dosierungen vor, sodass es sich bei den Empfehlungen oft um Erfahrungswerte handelt. Deshalb werden im Kindesalter bevorzugt Arzneimittel mit groûer therapeutischer Breite angewendet. Im Folgenden soll speziell auf die Schmerztherapie, Sedierungsmæglichkeiten, Thromboseprophylaxe sowie auf die Anwendung von Antibiotika im Kindesalter eingegangen werden. Dabei werden konkrete Dosierungsanleitungen und Ûbersichten gegeben.
Schmerztherapie und Sedierung Th. Slongo Kinder åuûern Schmerzen anders als Erwachsene. Die einen kænnen den Schmerz verbissen unterdrçcken, die anderen bekunden bereits Schmerzen, bevor die schmerzhafte Behandlung begonnen hat. Nicht selten kommt es bei der ersten Gruppe sehr spåt zur Verarbeitung des durchgemachten Schmerzes, die sich in fçr uns schwer verståndlichen Reaktionen und Verhaltensweisen niederschlagen kann. Bei der zweiten Gruppe gilt es vor allem die Angst vor dem, was geschehen wird, zu nehmen und erst dann eine adåquate Schmerztherapie einzuleiten. Da die Angst das Schmerzempfinden steigert, sollte in diesen Fållen nicht vergessen werden, die Angst durch Ablenkung oder durch entsprechende Medikamente mit zu behandeln. Eine besonders schwer zu beurteilende Gruppe stellen die Såuglinge dar. Oft wird vergessen oder nicht wahrgenommen, dass auch sie Schmerzen und Angst empfinden. Im Folgenden soll versucht werden, anhand des Berner Schmerzkonzepts 1 vor allem all den-
jenigen Kollegen eine Hilfe zu geben, die aufgrund ihrer Klinikgræûe nicht çber ein interdisziplinåres Schmerzteam verfçgen. Die nachfolgenden Ausfçhrungen basieren auf unseren Schmerzunterlagen der medizinischen und chirurgischen Universitåtskinderkliniken.
] Leitgedanken zur Schmerzbehandlung Schmerzen bedeuten eine Herausforderung fçr uns alle, Schmerzen sind ein Teil unseres Lebens. ] Schmerzen treten primår als Warnsignal zum Schutz des Individuums auf. Ist die Gefahr erkannt, wird der Schmerz zur Pein. Das Kind definiert, was Schmerz ist: ] Schmerzen werden individuell wahrgenommen und haben eine individuelle Bedeutung. ] Schmerz existiert, wann und wie immer das Kind ihn ausdrçckt. ] Mit Schmerzen sind immer auch Øngste, Gefçhle, Erwartungen und Erinnerungen verbunden. Das heiût fçr uns: ] Wir nehmen die Schmerzen oder die Bedeutung, die diese fçr die betroffenen Kinder haben, ernst. ] Wir respektieren und berçcksichtigen bei der Schmerzbehandlung soziokulturelle, religiæse, familiåre und individuelle Besonderheiten des Kindes und seiner Familie. ] Wir nehmen den emotionalen Zustand des Kindes ernst. Wir sind verpflichtet, durch Erfragen, Beobachten und durch Einschåtzen Schmerzen zu erfassen. Dies bedeutet, 1
Arbeitsgruppe Berner Schmerzfachteam: Dr. Ph. Liniger, Frau Dr. F. Stucki, Frau Dr. P. Schwander, Frau Dr. A. Ridolfi-Lçthy, Frau K. Hirter Pflegefachfrau
98
]
Th. Slongo
Abb. 10.1. Hier gibt das Kind anhand der Gesichterskala sein Schmerzempfinden an.
] dass wir bei jedem Kind und seinen Eltern bei Eintritt eine Schmerzanamnese erheben; eine Pflegeperson spricht mit dem Kind und den Eltern çber die Schmerzempfindlichkeit des Kindes. Dadurch kann eine gewisse Schmerztoleranz abgeschåtzt werden, ] dass wir eine Schmerzquantifizierung mit validierten Schmerzinstrumenten durchfçhren, ] dass wir auch die Schmerzerfassung bei Såuglingen und Neugeborenen quantifizieren. Dabei stçtzt sich die Beurteilung der Schmerzen auf folgende Elemente: ] Aussage des Kindes oder Jugendlichen (Abb. 10.1), Aussage der Familie; ] Einschåtzung der Pflegenden/des Arztes oder der Ørztin; ] Messung mittels validierter Schmerzinstrumente. Es ist festzuhalten: ] Die Schmerzerfassung muss regelmåûig erfolgen.; ] Der Therapieeffekt muss kontrolliert und dokumentiert werden ? Schmerzprotokoll. Dieses stellt eine entscheidende Græûe bei der Evaluierung unserer Schmerztherapie dar. Schmerzen ist vorzubeugen; sind sie da, so sind sie zu behandeln: ] Unser Bestreben muss es sein, Schmerzen immer sofort zu therapieren und so gering wie mæglich zu halten. Dabei gilt es, sich an die Richtlinien eines validierten Schmerzkonzepts zu halten. Zur Schmerztherapie stehen
Abb. 10.2. Ablenkung des Kindes durch spezielle Puppen; die medikamentæse Wirkung wird dadurch oft verstårkt oder ergånzt.
Medikamente fçr Såuglinge, Kinder und Jugendliche zur Verfçgung. Zudem sind nichtmedikamentæse Maûnahmen zur Schmerzlinderung bekannt (Abb. 10.2 u. Tab. 10.10). Die Schmerztherapie hat zu erfolgen, ] wann immer ein Schmerzgeschehen zu erkennen ist, ] solange die Schmerzen andauern, ] wenn sie wieder auftreten. ] Vor allen Verrichtungen und Eingriffen, die voraussichtlich mit Schmerzen und Angst vor Schmerz verbunden sind, werden sowohl medikamentæse als auch nichtmedikamentæse pråventive Maûnahmen eingesetzt. Dabei ist eventuellen Nebenwirkungen von medikamentæsen Schmerztherapien vorzubeugen. ] Schmerzen kænnen nicht immer restlos, aber partiell und zeitweilig besiegt oder vermindert werden.
] Voraussetzung fçr eine adåquate Schmerzbehandlung in einer mittelgroûen Kinderklinik ] Interdisziplinår (Pådiatrie, Kinderchirurgie, Kinderanåsthesie, Pflegefachdienst) ausgearbeitetes Schmerzkonzept: Schmerztherapierichtlinien, die es auf sichere Art und Weise erlauben, unabhångig von einer årztlichen Verordnung aufgrund der Beobachtung von Pflege sofort eine Schmerztherapie einzuleiten.
10 Medikamentæse Therapie
] Mæglichkeiten der nicht an Medikamente gebundenen Schmerztherapie (Ablenkungen, Puppen) (Abb. 10.4). ] Schulung und Information von Pflegepersonal und Ørzten. ] Ûbergeordneter Schmerzkonsiliardienst eines Schmerzfachteams, das 24 Stunden 7 Tage in der Woche beigezogen werden kann (in der Regel Kinderanåsthesie).
] Erhebung der Schmerzanamnese ] Die Schmerzanamnese wird erhoben bei Kindern mit Schmerzen, Kindern mit zu erwartenden Schmerzen, Kindern mit traumatisierenden Schmerzerfahrungen vor der Hospitalisation. ] Die Schmerzanamnese kann zu jedem Zeitpunkt des Klinikaufenthalts ausgefçllt und aktualisiert werden. ] Es ist sinnvoll, Kind und Eltern oder Bezugspersonen separat zu befragen. ] Unklare Schmerzen kænnen differenzialdiagnostisch nach folgenden sieben Dimensionen der Schmerzerfassung bestimmt werden: Lokalisation, Qualitåt, Intensitåt, zeitlicher Ablauf, lindernde oder verstårkende Faktoren, Begleitsymptome, Begleitumstånde. ] Folgende Punkte bei der Schmerzanamneseerhebung sind wichtig: ± Erfahrung des Kindes mit Schmerzen und Angst; ± Schmerz- und Angstbeurteilung; ± Maûnahmen zur Schmerz- und Angstlinderung; ± Empfindungen der Eltern/Bezugspersonen und mægliche Hilfestellungen, wenn das Kind Schmerz oder Angst hat oder leidet; ± Bedeutung des Schmerzes in der Familie.
] Schmerzerfassungsinstrumente (Scores) bei Kindern und Jugendlichen
Alter: Frçhgeborene und Termingeborene bis 4 Wochen nach dem errechneten Geburtstermin. Punktzahl: 0±21 (nichtmonitorisierte Kinder) bzw. 27 (monitorisierte Kinder). Parameter: Herzfrequenz/Sauerstoffsåttigung.
Kindliche Unbehagens- und Schmerzskala (KUSS) (Bçttner) Bei der KUSS-Schmerzerfassung (Tab. 10.2) handelt es sich um eine Methode zur postoperativen Schmerzerfassung bei Såuglingen und Kleinkindern durch Beobachtung von fçnf Kriterien (Tab. 10.3). Tabelle 10.1. Berner Schmerzscore fçr Neugeborene (BSN) Kein Schmerz
Schmerz = Intervention/ Evaluation
] BSN subjektive Indikatoren
0±8
>9
] BSN Gesamtskala
0±10
> 11
Tabelle 10.2. Kindliche Unbehagens- und Schmerzskala (KUSS) Code fçr SI
A
B
C
D
] KUSS (Punktzahl)
0±1
2±3
4±7
8±10
Tabelle 10.3. Fçnf Parameter zur KUSS-Schmerzerfassung ] Weinen
gar nicht Stæhnen, Jammern, Wimmern Schreien
0 1
] Gesichtsausdruck
entspannt, låchelnd Mund verzerrt Mund und Augen grimassieren
0 1 2
] Rumpfhaltung
neutral unstet Aufbåumen, Krçmmen
0 1 2
] Beinhaltung
neutral strampelnd an den Kærper gezogen
0 1 2
] Motorische Unruhe
nicht vorhanden måûig ruhelos
0 1 2
Berner Schmerzscore fçr Neugeborene (BSN) Skala zur Schmerzerfassung bei Frçh- und Neugeborenen (Tab. 10.1) durch die Beurteilung von sieben (bei nichtmonitorisierten Kindern) bzw. neun Parametern (monitorisierte Kinder). Die Schmerzerfassung erfolgt bei einem sich veråndernden Verhalten des Neugeborenen, unabhångig von einer schmerzhaften Intervention.
]
2
99
100
]
Th. Slongo
Alter: Såuglinge und Kleinkinder zwischen 0 und 5 Jahren. Skala: Punktzahl 0±10. Anleitung: Kind beobachten und die fçnf in Abb. 10.5 beschriebenen Kriterien bewerten. Beobachtungsdauer pro Kriterium 15 Sekunden. Ermittlung der Totalpunktzahl. Schwellenwert fçr Therapie ist C in Tab. 10.3.
00
22
44
66
88
10 10
Hester-Poker-Chip-Skala Dieses Schmerzmessinstrument besteht aus vier Chips = Mçhlesteinen. Die Zahl der Mçhlesteine entspricht der Schmerzintensitåt (Abb. 10.3). Abb. 10.4. Gesichterskala.
1
2
3
4
Abb. 10.3. Hester-Poker-Chip-Skala.
] Alter: ab 4 Jahren. ] Skala: 1±4 = schwache bis stårkste Schmerzen. ] Anleitung: Das Kind wird aufgefordert, seine momentanen Schmerzen anzugeben. Dabei werden die vier Chips nebeneinander gelegt, wobei der links liegende wenig, der rechts liegende die stårksten Schmerzen beschreiben soll. ] Parameter: ± 1. Chip heiût: Es tut dir ganz wenig weh. ± 1. und 2. Chip heiût: Es tut dir ziemlich fest weh. ± 1. und 2. und 3. Chip heiût: Es tut dir sehr fest weh. ± 1., 2., 3. und 4. Chip heiût: Es tut dir so fest weh, wie es çberhaupt nur weh tun kann (mehr weh kann etwas gar nicht mehr tun). Das Kind wird daraufhin gefragt; wie viele Stçcke ¹wehª hast du jetzt gerade?
Gesichterskala Dem Kind wird eine Skala mit sechs nebeneinander angeordneten Gesichtern gezeigt, deren Ausdruck graduell von ¹keine Schmerzenª bis zu ¹stårksten erdenkbaren Schmerzenª reicht (Abb. 10.4). Man beachte, dass die Gesichter keine Trånen aufweisen.
Tabelle 10.4. Interventionsskala zur Gesichterskala Code
A
B
C
D
] Gesichterskala (Rçckseite ablesen)
0
2±4
6
8±10
] Alter: ³ 4 Jahre. ] Skala: 0 = keine Schmerzen, 2 ? 10 schwache bis stårkste Schmerzen (Tab. 10.4). ± A keine Intervention nætig. ± B Intervention nætig, Evaluation. ± Ab C Intervention dringend; Evaluation, wenn konstant oder wiederkehrend çber 24 Stunden ? Schmerzteam einschalten. ] Anleitung: Die Gesichter werden dem Kind gezeigt, dabei mçssen diese entsprechend der Anleitung kommentiert werden: ± Die Gesichter zeigen, wie fest etwas weh tun kann. ± Das linke Gesicht zeigt, dass es nicht weh tut. ± Die Gesichter nach rechts zeigen, dass es immer mehr weh tut. ± Das rechte Gesicht zeigt so starke Schmerzen, wie man sich gar nicht vorstellen kann. ± Zeige nun das Gesicht, das zeigt, wie viel weh du jetzt gerade hast.
Visual Analogue Scale (VAS) fçr Jugendliche Dieses Schmerzerfassungsinstrument besteht wiederum aus einer geraden Skala mit den Extremen ¹keine Schmerzenª und ¹unertrågliche
10 Medikamentæse Therapie
Schmerzenª. Das Kind stellt mit dem Schieber auf dieser Geraden die momentan empfundene Schmerzstårke ein, die auf der Rçckseite des Schiebers als Wert zwischen 0 und 100 abgelesen werden kann. ] Alter: ³ 12 Jahre. ] Skala: 0±9 = keine Schmerzen 10±100 = schwache bis stårkste Schmerzen (Tab. 10.5). Tabelle 10.5. Interventionsskala zur Visual Analogue Scale (VAS) fçr Jugendliche Code
A
] VAS 0±9 (Rçckseite ablesen)
B
C
D
10±35
36±69
70±100
± A keine Intervention nætig. ± B Intervention nætig, Evaluation. ± Ab C Intervention dringend; Evaluation, wenn konstant oder wiederkehrend çber 24 Stunden ? Schmerzteam einschalten. ] Anleitung: Dem Jugendlichen wird die Skala erklårt von keinen Schmerzen bis unertrågliche Schmerzen. ± Der Schieber wird bewegt und der Jugendliche muss seine Schmerzen einordnen. ± Der Jugendliche muss immer wieder nach den momentanen Schmerzen gefragt werden. ± Nach Festlegung der Schmerzintensitåt auf der Skala kann auf der Rçckseite der entsprechende Wert ermittelt werden. Dieser Wert stellt die Grundlage der Schmerzbehandlung bzw. Schmerzintervention dar. Er muss zur Verlaufskontrolle in ein Protokoll eingetragen werden.
] Schmerzprotokolle Das Fçhren eines Schmerzprotokolls, unabhångig vom verwendeten Schmerzerfassungssystem, ist die unabdingbare Voraussetzung einer korrekten Schmerztherapie. Einerseits kann nur dadurch der Schmerzverlauf objektiviert werden, andererseits låsst sich nur durch diese Dokumentation bzw. Protokollierung der Effekt unserer Schmerztherapie çber die Zeit erkennen. Dieses Schmerzprotokoll soll dem Pflegeteam wie auch dem Arzt zur Verfçgung stehen. ] Das Schmerzprotokoll bietet die Mæglichkeit zur Dokumentation von ± Schmerzerfassung, ± Schmerztherapie, ± Nebenwirkung der Schmerztherapie, ± Vitalzeichen. ] Zielsetzung der Schmerzerfassung und Protokollierung ist: ± herausfinden, ob ein Kind objektiv Schmerzen hat; ± die Schmerzdimensionen, z. B. Schmerzintensitåt, Lokalisation, Begleitumstånden, erfassen; ± Darstellung des Schmerzverlaufs; ± individuell angepasste Schmerzinterventionen; ± Beurteilung der Wirkung/Nebenwirkung der Schmerzbehandlung (medikamentæse/ nichtmedikamentæse Interventionen). Schmerzerfassung und Dokumentation erfolgen immer, sowohl bei manifesten als auch bei vermuteten Schmerzen. Auf dem Schmerzprotokoll wird alles dokumentiert, was mit Schmerzen im Zusammenhang steht (Tab. 10.6).
Tabelle 10.6. Håufigkeit der Schmerzerfassung und Protokollierung 2 Schmerzzustånde/Schmerztherapieart
2
]
Håufigkeit
] Manifeste und vermutete Schmerzen
± mindestens 1-mal pro Schicht
] Intervention (medikamentæs/nichtmedikamentæs), die nicht in regelmåûigen Abstånden erfolgt
± vor der Intervention
] Bei fixer Schmerztherapie
± in der Regel 1-mal pro Schicht
] Postoperativer Schmerz
± 1-stdl. wåhrend 4 Std. ± 2-stdl. wåhrend 8 Std. ± 4-stdl. wåhrend 24 Std. oder kontinuierlich mit Schmerzpumpe
± nach der Intervention, im Zeitraum der zu erwartenden Wirkung ± nach Ablauf der zu erwartenden Wirkung, mindestens 1 mal pro Schicht
Arbeitsgruppe Berner Schmerzfachteam: Dr. Ph. Liniger, Frau Dr. F. Stucki, Frau Dr. P. Schwander, Frau Dr. A. Ridolfi-Lçthy, Frau K. Hirter Pflegefachfrau
101
4±6 h
4h
i.v.
p.o. p.r.
p.o., p.r.
i.v.
p.o., p.r., 1±2 mg i.v. MTD 400 mg
p.o.
] Diclofenac Voltaren
] Ibuprofen Brufen
] Ketorolac Tora-dol
] Tramadol Tramal Tramadol
] Codein Codein Knoll
1,0±1,5 mg MTD 200 mg
30'/15' 15' (Sa)
T: 500 mg BT: 500 mg/ 1g Sa: 150/250 S: 30 mg/ml Gt: 1 Tr = 4 mg ( 100 mg/ml) Sup: 30/80/150/200/300/600 mg/1 g
T: 50 mg Gt: 1 Tr = 1 mg ( 20 mg/ml) (Insel)
Kaps: 50 mg T (retard): 100/150/200 mg Gt: 1 Tr = 2,5 mg (100 mg/ml) Sup: 100 mg Amp: 100 mg/2 ml
Amp: 30 mg/ml 2±4 h 1±2 h 1±2 h
15' 20'
±
60'
T: 200/400/600 mg T (retard) 800 mg 60' Sa: 600 mg 20±30'
6h
±
60'
Drag: 25/50 mg Gt: 1 Tr = 0,5 mg (15 mg/ml) Sup: 12,5/25/50/100 mg
8h 8h
2±3 h
2Ý h ±
Wirk.-Max.
15'
Fertiglæsung 500 mg, 1 g
60±120'
Wirk.-Eintritt
Konfektion
6h
0,5 mg TOP 30 mg 6 h MTD 120 mg
10 mg TOP 800 mg MTD 2400 mg
1 mg MTD 150 mg 1 mg
15 mg MTD 60 mg/kg
6h
6h
] Perfalgan Perfalgan
1. Dos. 40 mg, ab 2. Dos. 20±25 mg
20 mg MTD 4 g
p.o. p.r.
Dosisintervall
] Paracetamol (Pa) Dafalgan Tylenol Ben-u-ron
mg/kg/Dosis
Route
NW: wie Morphin, reiner Agonist Cave: Non-Responders bekannt
Ab 1-jåhrig; wird durch Ondansetron antagonisiert NW: Obstipation, Erbrechen KI : MAO-Hemmer (Aurorix, Modo A) Selegilin (Jumexal)
KI: wie Diclofenac Cave: wie bei Pa, max. 48 Std.
KI: wie Diclofenac Cave: wie Pa, superinfiz. Varizellen (TSS)
KI: Hypovolåmie, Niereninsuffizienz, Gerinnungsstærung, Thrombozytopenie Cave: wie Pa, superinfiz. Varizellen (TSS)
In der Regel max. 48 Std. KI: s. oben
Max. Tagesdosis/kg: p.o. 80-(100) mg, p.r. 100 mg Cave: kann durch antipyretische Wirkung bei Neutropenie Sepsis maskieren KI: Leberinsuffizienz Nach 72 h: Dosisreduktion bei Fieber, Dehydratation, Mangelernåhrung
NW/KI/Spezielles
]
Substanz
Tabelle 10.7. Schmerzbehandlung (gemåû Bener Schmerzprotokoll 3)
102 Th. Slongo
Dosisintervall
p.o. p.r.
p.o. p.r.
] Mo-Sulfat Sevredol
] Mo-Sulfat MSTcontinus
p.o. p.r.
4h 4h
(2)±4 h 4h 1h
T: 10/30/60/100/200 mg Sa: 20/30/60/100/200 mg Sup: 30/60/100/200 mg
Gt 1%: 1 Tr = 0,5 mg (10 mg/ml) T: 10/20/50 mg Sup: 10/20/30 mg
Amp: 10 mg/ml
Amp: 20 mg/2 ml
T, BT: 30+500 mg: Codein+Paracetamol Sup: 30+750: Codein+Paracetamol
Konfektion
60'
20' 20±40'
5±10' 10'
2±3' 3 Mo.
15 mg
± nicht geeignet fçr EEG ± p.r. 2 cm ab ano ± Antagonist: Flumacetil Anexate
] Chloralhydrat Nervif ne
S: 100 mg/1 ml
p.o. 75 mg p.r. 75 mg
>3 Mo.
2000 mg
± kontraindiziert bei (Verdacht auf) akut erhæhten Hirndruck ± nicht antagonisierbar ± bei kl. Kindern mæglichst groûe Menge rektal verabreichen (p.o. fçhrt zu Ûbelkeit)
* oder nach spezieller Verordnung durch OA Alternative: die Allgemeinanåsthesie ist eine Alternative fçr Sedation und/oder Analgesie. Sie erfolgt ausschlieûlich durch die Anåsthesie oder das IB-Team. 4 Arbeitsgruppe Berner Schmerzfachteam: Dr. Ph. Liniger, Frau Dr. F. Stucki, Frau Dr. P. Schwander, Frau Dr. A. RidolfiLçthy, Frau K. Hirter Pflegefachfrau
]
107
108
]
Th. Slongo
Tabelle 10.9 (Fortsetzung)
Bedingungen fçr Sedationen Cave: Elektrolytstærung, Stærung des Flçssigkeits-/Såure-Basen-Haushalts, Probleme der Atemwege Personal ] Ûberwachung auf der Station: Pflegefachperson ] Ûberwachung auûerhalb der Station (Transport, Bettenhochhaus): Pflegefachperson ausgebildet, mit CPR-Kurs fçr Kinder ] i.v. Dormicum: Patient immer nçchtern (Zeiten s. u.). Verabreichung durch OA oder Assistenzarzt, IPS-OA im Hause. Ûberwachung/Verabreichung: 1 Person ist fçr die Ûberwachung, die zweite fçr den Eingriff zuståndig. Der Arzt versichert sich, bevor er den Patienten verlåsst, dass es sich um eine leichte Sedation handelt (conscious). Der Arzt muss innerhalb 2 Minuten beim Patienten sein. Material in Bereitschaft (fçr jede Sedationstiefe) ] Sauerstoff (Wandanschluss oder Flasche) ] Absaugpumpe mit Absaugkatheter ] Beatmungsbeutel (klein fçr Kinder bis 20 kg), passende Maske ] Pulsoximeter und Sonde (Blutdruckapparat und Manschette) ] Notfallset Ûberwachung bei bildgebenden Untersuchungen (MRI, CT, Szintigraphie) ] wåhrend der Dauer der Untersuchung kontinuierliche Pulsoxymetrie, engmaschige klinische Kontrolle, wenn nætig Sauerstoffgabe via Trichter ] bei i.v. Dormicum: Arzt und Pflegefachperson bleiben wåhrend der Dauer der Ûberwachung beim Patienten Dokumentation Medikamente und Ûberwachung (Klinik, SRK) werden dokumentiert Nçchternzeiten ] Såuglinge < 6 Mo. ] Såuglinge 6±12 Mo. ] Kinder
Muttermilch, Nahrung, Flaschenmahlzeit
Klare Flçssigkeit, Tee, Wasser, Sirup
4 Std. 6 Std. 6 Std.
2 Std. 2 Std. 2 Std.
10 Medikamentæse Therapie
Tabelle 10.10. Universitåtsspital Bern HÖpital universitaire de Berne Universitåts-Kinderkliniken
& & & & & & & & & & &
RICHTLINIEN Durchfçhrung von ambulanten Kleineingriffen der chirurgischen Kinderklinik Fachliche Verantwortung: Dr. Th. Slongo, Leiter Notfallstation Frau Dr. F. Stucki, Kinderanåsthesie Frau G. Keller, Vize-Oberschwester, Leiterin der chirurgischen Notfallstation ergånzt: Ûberwachung postoperativ, nach Sedation, bei i.v. und per os Opiattherapie
Datum: 07. August 2003
] Zielsetzung. Minimierung von Angst und Færderung einer Amnesie bei der Durchfçhrung von chirurgischen KleinEingriffen (Riss-Quetsch-Wunden, Spickdrahtentfernungen etc.)
] Eintritt auf dem Notfall
Hat das Kind bei Eintritt starke Schmerzen, darf Codein per os (1 mg/kg KG) durch das Pflegepersonal verabreicht werden. Nach Codeingabe werden die Kinder auf der Tagesklinik der Notfallstation nachbetreut. ] Untersuchung Behandlungsprozedere wird durch den AA (evtl. in Absprache mit dem OA) festgelegt ] Besprechung im Betreuungsteam ± Festlegen des genauen Zeitpunkts des Eingriffs ± Festlegen des chirurgischen Vorgehens (Pflege ± Ørzte), ± Information der Eltern çber ungefåhre Dauer (inkl. Ûberwachung) Elterninformation ] Pråmedikation In der Regel werden alle Kinder pråmediziert mit Dormicum per os oder rektal (0,5 mg/kg KG) Zeitpunkt: 15±20 Min. vor Eingriff ] Chirurgischer Eingriff ± Am Eingriff Beteiligte: evtl. Eltern, 1±2 Ørzte, 1±2 Pflegende (Anzahl auf ein Minimum beschrånken) ± Auf ausreichende Lokalanåsthesie achten ± Wirkung der Lokalanåsthesie abwarten und prçfen ± Bei technischen Schwierigkeiten den chirurgischen OA beiziehen ± Bei starker Angst und/oder Schmerzen Anåsthesie beiziehen ] Nachbetreuung ± Grundsåtzlich gilt die adaptierte Richtlinie ¹Ûberwachungª, siehe unten ± Zeitpunkt der Entlassung: 2 Stunden nach letzter Medikamentengabe (dies bedeutet einen ca. 1-stçndigen Aufenthalt auf der Station nach dem Eingriff) ± Kinder mit Sedationsstufe 0±2 (weckbar auf Anrufen)dçrfen sich unter Aufsicht der Eltern im Wartezimmer aufhalten und werden gelegentlich von Pflegenden besucht ± Kinder, die 2 Stunden nach Dormicum-Gabe die Entlassungskriterien nicht erfçllen, werden auf der Tagesklinik der Notfallstation nachbetreut ] Entlassung Entlassungskriterien: (2 Stunden nach Dormicum-Gabe) ± Weckbar auf Anrufen, suffiziente Atmung ± Kind > 2 J.: spricht und kann selbstståndig aufsitzen ± Kind < 2 J.: altersentsprechendes Verhalten
] Ûberwachungsschema: ) 2 Stunden wie folgt: Dormicum SRK SRK SRK SRK Ûberwachungsmodus |____|____|____|____|____|____|____|____| 0 15' 30' 60' 120' Minuten nach der Gabe von Dormicum Eingriff Entlassung ) Bei Kindern, die nach 60 Min. wach sind, kann R und K weggelassen werden
]
109
110
]
D. Schneidmçller
Antibiotikaprophylaxe und -therapie D. Schneidmçller
] Antibiotikaprophylaxe Die Antibiotikaprophylaxe dient dazu, die Rate an postoperativen Wundinfekten zu senken. Dabei spielt sie in der Traumatologie im Wesentlichen bei offenen Frakturen und græûeren Weichteildefekten eine Rolle. Es gelten die gleichen Richtlinien wie in der Erwachsenentraumatologie. Die Angaben zur Inzidenz von posttraumatischen Wundinfektionen variieren in der Literatur von 2±25%. Die Rate an Infektionen nach offenen Frakturen liegt beim Kind etwas niedriger als beim Erwachsenen. In einer Untersuchung von 55 offenen Frakturen kam es im Verlauf zu einer Infektion von 1,8%, wohingegen die Infektionsrate beim Erwachsenen (n = 1049) bei 7,2% lag. Diese Beobachtung konnte jedoch nicht durch andere Studien beståtigt werden. Die Infektionsrate korrelierte dabei mit dem Ausmaû des Weichteilschadens, mit dem Grad der Kontamination, mit der Virulenz der Bakterien sowie mit dem Ausmaû des chirurgischen Wunddebridements. Die Grundlagen einer Infektionsprophylaxe sind optimale hygienische Bedingungen, ein gewebeschonendes Operieren, mæglichst kurze Operationszeiten und ein ausreichendes chirurgisches Wunddebridement. Die Wahl des Antibiotikums richtet sich nach dem zu erwartenden Erregerspektrum sowie nach der Gewebegångigkeit (in der Unfallchirurgie vor allem Weichteil- und Knochengångigkeit). Der optimale Zeitpunkt der Antibiotikagabe ist bei offenen Frakturen oder græûeren Weichteilverletzungen der frçhest mægliche Zeitpunkt (in der Ambulanz) und bei elektiven Operationen unmittelbar pråoperativ (wåhrend der Narkoseeinleitung). Die Dauer einer Antibiotikaprophylaxe sollte nicht långer als 72 Stunden sein, da sonst die Gefahr einer Superinfektion mit resistenten Keimen steigt. Bei elektiven Operationen reicht in der Regel eine einmalige Gabe unmittelbar pråoperativ aus. Indikationen fçr eine perioperative Antibiotikaprophylaxe: ] offene Frakturen, ] Immunsuppression, ] Eingriffe mit weitråumiger Eræffnung von groûen Gelenken,
] innere Osteosynthesen bei erheblich reduzierter Abwehr bzw. groûem Weichteilschaden, ] Revisionseingriffe. Die Klassifikation einer offenen Fraktur erfolgt meist nach Gustilo und Anderson (Tab. 10.11). Tabelle 10.11. Klassifikation offener Frakturen nach Gustilo und Anderson ] Grad 1
± ± ± ± ±
Hautwunde £ 1 cm Durchspieûung von innen nicht verschmutzt minimale Muskelkontusion einfache Quer- oder kurze Schrågfraktur
] Grad 2
± Hautwunde > 1 cm ± ausgedehnter Weichteilschaden mit Lappenbildung oder Dcollement ± mittelgradige Muskelkontusion ± einfache Quer- oder kurze Schrågfrakturen mit kleiner Trçmmerzone
] Grad 3
± ausgedehnter Weichteilschaden mit Zerstærung von Haut, Muskel und neurovaskulåren Strukturen ± Hochrasanztraumen
3A
± noch adåquate Knochendeckung durch Weichteile mæglich ± Stçck-, Schussfrakturen
3B
± Deperiostierung und freiliegender Knochen ± plastische Weichteildeckung nætig ± massive Kontamination
3C
± rekonstruktionspflichtige Gefåûverletzung
Es konnte in mehreren Untersuchungen gezeigt werden, dass die Infektionsrate mit zunehmendem Weichteilschaden steigt. Diese Beobachtung muss in der Wahl des Antibiotikums mit berçcksichtigt werden. Wåhrend bei der offenen Fraktur Grad 1 eine Monotherapie in der Regel ausreichend ist, wird bei offenen Frakturen Grad 2 und 3 von einigen Autoren eine Kombinationstherapie empfohlen. Das Erregerspektrum kann von Ort zu Ort variieren. Der typische Infektionskeim bei Wundinfektionen stellt jedoch Staphylococcus aureus (55%) dar, gefolgt von den grampositiven (25%), den gramnegativen Spezies (8%) und Mischinfektionen (10%). Daher sollte bei der Infektionsprophylaxe mæglichst frçh ein Antibiotikum verabreicht werden, welches das
10 Medikamentæse Therapie
grampositive und gramnegative Bakterienspektrum abdeckt. Ein Cephalosporin der zweiten Generation die stellt Grundlage dar. Bei stark kontaminierten Wunden kann dieses durch ein Aminoglykosid ergånzt werden. Bei Verdacht auf eine Anaerobierinfektion sollte eine Kombination mit z. B. Metronidazol gewåhlt und bei stark verschmutzten Wunden eine zusåtzliche Gasbrandprophylaxe mit Penicillin G durchgefçhrt werden. Bei allen offenen Verletzungen ist der Tetanusstatus zu çberprçfen und ggf. eine Impfung durchzufçhren.
]
] Antibiotikatherapie Kommt es zu einer Wundinfektion, wird neben der chirurgischen Sanierung eine spezifische Antibiotikatherapie notwendig. Hierbei muss ein frçhzeitiger mikrobiologischer Keimnachweis zum Erstellen eines Antibiogramms durchgefçhrt werden, um spezifisch behandeln zu kænnen. Im Verlauf sind dabei regelmåûige Laborkontrollen sowie rezidivierende mikrobiologische Abstriche nætig, um Nebenwirkungen zu erfassen bzw. auf ein wechselndes Erreger- und Resistenzspektrum reagieren zu kænnen.
Tabelle 10.12. Indikationen fçr Antibiotikatherapie und Prophylaxe 5
5
Ursache/Krankheitsbild Håufige Erreger
Vorschlag medikamentæse Therapie Dosierung
] Offene Fraktur Staphylococcus aureus Groûe Weichteilwunde
± 1. Wahl: Cefuroxim ± kontaminierte Wunde/Immunsuppression: Imipenem
40 mg/kg 3 ´ tgl.
] Gasbrand
Clostridium perfringens
Penicillin G
] Tierbisse
Pasteurella multocida Capnocytophaga canimorsus Eikenella corrodens Staphylokokken Streptokokken
± 1. Wahl: Amoxicillin/Clavulansåure oder Cefuroxim ± kontaminierte Wunde/Immunsuppression: Imipenem
8 000±80 000 IE/kg 4±6 ´ tgl. 40 mg/kg 3 ´ tgl. (i.v.) 40 mg/kg 3 ´ tgl.
] Menschenbisse
aerobe und anaerobe Keime der Mundflora Eikenella corrodens Klebsiella pneumoniae
± 1. Wahl: Amoxicillin/Clavulansåure
40 mg/kg 3 ´ tgl. (i.v.)
] Verbrennungen
Pseudomonas aeruginosa Staphylokokken (resistent) A-Streptokokken Pilzinfektion
± 1. Wahl: Cefuroxim (ohne Pseudomonas) ± Pseudomonas: Imipenem ± resist. Staphylokokken: Ceftazidim + Vancomycin ± MRSA: Vancomycin ± Verdacht auf Pilzinfektion: Amphotericin B
40 mg/kg 3 ´ tgl.
] Erysipel
A-Streptokokken
± Penicillin G
8 000±80 000 IE/kg 4±6 ´ tgl.
] Osteomyelitis
Haemophilus influenza Staphylococcus aureus Enterobacter
± Ceftriaxon + Clindamycin
50 mg/kg 2 ´ tgl. + 10 mg/kg 3 ´ tgl.
] Empyem
Staphylococcus aureus håmolysierende Streptokokken
± 1. Wahl: Cefuroxim ± kontaminierte Wunde/Immunsuppression: Imipenem
40 mg/kg 3 ´ tgl.
] Offenes Schådel-Hirn-Trauma
Staphylococcus aureus Anaerobier Enterobacter
± 1. Wahl: Meronem ± kontaminierte Wunde/Immunsuppression: Vancomycin
20 mg/kg 3 ´ tgl.
20 mg/kg 3 ´ tgl.
20 mg/kg 3 ´ tgl.
20 mg/kg 3 ´ tgl. 40 mg/kg 3 ´ tgl. 15 mg/kg 3 ´ tgl. (Spiegel!) 0,5±1 mg/kg
20 mg/kg 3 ´ tgl. 15 mg/kg 3 ´ tgl. (Spiegel!)
Erstellt in Zusammenarbeit mit Dr. Volker Schåfer, Institut fçr medizinische Mikrobiologie der Universitåtsklinik Frankfurt und Dr. Jærg Brand, Zentrum fçr Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Universitåtsklinik Frankfurt
111
112
]
D. Schneidmçller
Bis zum Erstellen eines Antibiogramms erfolgt eine ungezielte initiale Therapie mit einem Breitspektrumantibiotikum. Dabei muss der Haupterreger von Wundinfektionen (Staphylococcus aureus) berçcksichtigt werden. In der Regel erfolgt auch hier eine Basistherapie mit einem Cephalosporin, bei schwereren Infektionen in Kombination mit z. B. Clindamycin oder Imipenem. Nach Keimbestimmung und Antibiogramm wird die Medikation entsprechend umgestellt. Auch in der Antibiotikatherapie fçhrt eine Langzeittherapie nicht zu einer Reduktion der Infektionsrate, sondern zum Entwickeln von Antibiotikaresistenzen. Tabelle 10.12 stellt einen Vorschlag fçr das Vorgehen bei kindlichen Verletzungen dar, der in Zusammenarbeit mit dem Institut fçr medizinische Mikrobiologie, Dr. V. Schåfer und dem Zentrum fçr Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Dr. J. Brand der Uniklinik Frankfurt erarbeitet wurde. Bei der Auswahl des richtigen Antibiotikums muss das lokale Erreger- und Resistenzspektrum berçcksichtigt werden, sodass keine allgemeingçltige Richtlinie gegeben werden kann.
Thromboseprophylaxe D. Schneidmçller Die Gabe niedermolekularer Heparine hat sich zur Prophylaxe der Venenthrombose etabliert. Das Risiko einer Venenthrombose liegt beim Kind zwar deutlich niedriger als beim Erwachsenen, ist nach einer Umfrage in deutschen Kliniken mit 188 Thrombosen pro Jahr jedoch hæher als håufig angenommen. Die Inzidenz einer Thrombose fçr hospitalisierte Kinder aller Fachdisziplinen liegt bei 5,3 pro 10 000 mit einer Mortalitåt von 2,2%. Die Altersgipfel liegen dabei im Såuglingsalter bis zum 1. Lebensjahr und in der Pupertåt. Die Traumatologie bzw. Chirurgie stellt mit 6% aber einen verhåltnismåûig kleinen Anteil der Indikationen fçr eine Thromboseprophylaxe. Der çberwiegende Teil der Erkenntnisse zur Thrombosetherapie und -prophylaxe stammt aus anderen Bereichen der Pådiatrie- wie z. B. der Kinderkardiologie oder -onkologie. Eine retrospektive multizentrische Studie an 58 716 Kindern untersuchte das Thromboembolierisiko nach Trauma mit dem Ergebnis einer
Thromboembolie-Inzidenz von 0,08% (45 Kinder). Dabei steigt das Risiko mit dem Alter der Kinder sowie mit dem Schweregrad der Verletzung (Injury Severity Score ISS). Das hæchste Risiko lag bei Kindern mit einem Zentralvenenkatheter und es bestand ein Zusammenhang mit Schådel-Hirn-Traumen oder einer Kraniotomie, Abdominal- und Thoraxtraumen, Laparotomie, Wirbelsåulenverletzungen, Wirbelsåuleneingriffen sowie Verletzungen der unteren Extremitåt. Weltweit werden Kinder nach adaptierten Therapieempfehlungen fçr Erwachsene behandelt. Eine gesonderte Zulassung von antithrombotischen Medikamenten fçr Kinder gibt es nicht. So muss die Therapie bzw. Prophylaxe fçr jedes Kind individuell nach Abwågung des Nutzen-Risiko-Verhåltnisses und nach entsprechender Aufklårung der Eltern durchgefçhrt werden. Die Leitlinie der AWMF zur Thromboseprophylaxe in der Chirurgie gibt zum Einsatz der Thromboseprophylaxe bei Kindern nur wenig Hilfestellung. Sie empfiehlt eine Thromboseprophylaxe bei Jugendlichen mit beginnenden Pupertåtszeichen mit entsprechenden expositionellen und dispositionellen Risikofaktoren. Bei Kindern sei eine medikamentæse Prophylaxe nur in Ausnahmenfållen erforderlich. Als Risiken fçr eine Thrombose mçssen expositionelle Faktoren wie ] Thoraxtrauma und Abdominaltrauma mit notwendiger Operation oder Organrupturen und retroperitonealem Håmatom, ] Trauma/Frakturen mit notwendiger Operation/Osteosynthese, ] ausgedehnte Weichteilverletzungen, ] Verbrennungen und Verbrçhungen > 35%, ] metabolische Azidose, ] Schock mit Sepsis, ] Immobilisation berçcksichtigt werden sowie entsprechend dem Erwachsenen die individuellen dispositionellen Risikofaktoren: ] Adipositas (oder KG > 40 kg bzw. ein BMI > 30), ] Varikosis, ] maligne Organerkrankungen, ] Herzinsuffizienz, ] orale Kontrazeptiva, ] Rauchen, ] Thrombose in der Anamnese, ] kongenitaler AT-III- bzw. Protein-C-Mangel.
10 Medikamentæse Therapie
]
Tabelle 10.13. Dosierempfehlung fçr die subkutane Gabe von niedermolekularem Heparin zur Thromboseprophylaxe bei Kindern Zielspiegel (Anti-FXaE/ml)
Enoxaparin (Clexane)
Daleparin (Fragmin)
Monitoring
] 0,2±0,4
< 2 Mo. 0,75 mg*/kg/12 h >2 Mo. 0,5 mg/kg/12 h
50±100 E*/kg/24 h
nach Dosisfindung i. d. R. nicht notwendig
* E Anti-FXa-Einheiten (Clexane 1 mg = 110 E)
Zum Einsatz kommen in der Thromboseprophylaxe fast ausschlieûlich niedermolekulare Heparine (NMH) aufgrund ihrer einfachen Handhabung bei meist einmaliger subkutaner Gabe, geringer Beeinflussbarkeit durch Nahrung oder Medikamente, geringer Kumulierungsgefahr, guter Steuerbarkeit, guter Bioverfçgbarkeit, geringer Nebenwirkungen und geringeren Gesamtkosten. Wegen der langen Halbwertszeit sollten die NMH jedoch mindestens 6±8 Stunden vor einem operativen Eingriff abgesetzt werden. Ein Monitoring kann prinzipiell çber eine Anti-Faktor-(F)Xa-Messung erfolgen. Dosisempfehlungen werden von Enoxaparin (Clexane) und Dalteparin (Fragmin) gegeben (Tab. 10.13). Es wurden jedoch auch Anwendungen von Nadroparin (Fraxiparin) 0,3 ml s.c. einmal tåglich unabhångig von Alter und Gewicht des Kindes ohne Anti-FXa-Monitoring zur Kurzzeitprophylaxe beschrieben, ohne dass es zu einer Thrombose kam oder unerwçnschte Nebenwirkungen auftraten. Hierbei handelte es sich jedoch um eine Untersuchung an einem kleinen Kollektiv. Unter der Therapie mit NMH ist die Rate an Nebenwirkungen gering mit 4% fçr kleinere (Petechien, Wundrandblutungen) und 5% fçr græûere Blutungen (vor allem nach Nierentransplantationen). Die Osteoporoseentwicklung ist beim Kind vernachlåssigbar und eine heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) wurde bisher bei Kindern unter NMH nicht beschrieben.
Ûber die Dauer der Therapie existieren ebenfalls keine genauen Angaben in der Literatur. Die Anwendungsdauer ist abhångig von der vorliegenden Verletzung sowie den Risikofaktoren und betrågt in der Regel zwischen 7 und 14 Tagen. Neuere Medikamente wie direkte ThrombinInhibitoren oder selektive Faktor-Xa-Hemmer (Fondaparinux = Arixtra) befinden sich noch nicht in der Anwendung bei Kindern. Neben der medikamentæsen Thromboseprophylaxe sollte auch beim Kind nicht auf begleitende physikalische Maûnahmen wie ] Krankengymnastik, ] Kompressionsstrçmpfe, ] Frçhmobilisation, ] Aufforderung und Anleitung zur Eigençbung (Muskelpumpe), ] Kreislauf- und Atemtherapie verzichtet werden. In der Praxis bilden oft das Auftreten von Pupertåtsmerkmalen sowie ein Kærpergewicht von ca. 40 kg die Alters- bzw. Gewichtsgrenze fçr eine Prophylaxe. Eine klare Richtlinie, ab welchem Alter und bei welchen Indikationen eine medikamentæse Thromboseprophylaxe durchgefçhrt werden sollte, gibt es bisher nicht. So bleibt es nach wie vor eine individuelle Entscheidung des Arztes nach Abwågung des Nutzen-Risiko-Verhåltnisses, wann eine und welche Thromboembolieprophylaxe eingesetzt wird.
113
4 Epidemiologie R. Kraus
Zur fachgerechten Behandlung von Frakturen im Wachstumsalter gehæren unabdingbar Kenntnisse çber die Inzidenz solcher Verletzungen. Insbesondere die verschiedenen Altersgipfel bestimmter Verletzungen in Abhångigkeit von der somatischen und psychosozialen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen fçhren zu spannenden Erkenntnissen auf diesem Gebiet und helfen Frakturrisiken einzuschåtzen und Vermeidungsstrategien zu entwickeln. Verletzungen im Kindesalter machen zwischen 13 und 32% aller medizinisch erfassten und dokumentierten Verletzungen aus. Die Rate an knæchernen Verletzungen liegt bei 10±25%. Eine Analyse der einschlågigen Literatur ergibt, dass unter der Gesamtheit der Frakturen 88,6% die Extremitåtenknochen und davon wiederum 62,7% die langen Ræhrenknochen betreffen. Deren Anteil am Gesamtfrakturaufkommen liegt bei etwa 55,5%. Die restlichen 11,4% verteilen sich auf Frakturen am Kærperstamm, unter denen Schlçsselbein- und Schådelfrakturen fçhrend sind (Tab. 4.1). Das Gesamtfrakturrisiko, die Pråvalenz, liegt im mitteleuropåisch-stådtisch geprågten Umfeld bei 21±25 Frakturen auf 1000 Kinder pro Jahr.
Das Risiko, bis zum Abschluss des Wachstumsalters eine Fraktur erlitten zu haben, wird auf 15±45% geschåtzt. Die Altersverteilung aller Frakturen zeigt, dass bis zum 10. Lebensjahr die Verletzungshåufigkeit pro Lebensjahr leicht zunimmt, ab dem 11. Lebensjahr deutlich ansteigt und nach einem Gipfel um das 13. Lebensjahr wieder abfållt. Eine in verschiedensten Studien gleich bleibende Græûe ist die Geschlechterverteilung der Frakturen im Wachstumsalter. Jungen erleiden 1,2- bis 1,6-mal håufiger Frakturen der langen Ræhrenknochen als Mådchen. Nachdem in den frçhen Altersgruppen das Verhåltnis noch nahezu ausgeglichen ist, steigt der Anteil der Jungen vor dem Gipfel der allgemeinen Altersverteilung um das 8. Lebensjahr çberproportional an und bleibt bis zum Wachstumsende auf hæherem Niveau. Als Ursache dafçr darf im Wesentlichen die hæhere Risikobereitschaft månnlicher Jugendlicher in der Pråpubertåt und Pubertåt angesehen werden (Abb. 4.1). Die folgenden Daten entstammen einer von Li-La initiierten prospektiven Studie an 678 Frakturen der langen Ræhrenknochen im Wachstumsalter, die von Januar bis April 2003
Tabelle 4.1. Verteilung der Verletzungslokalisationen in fçnf Studien, welche die Gesamtheit der Frakturen im Kindes- und Jugendalter erfassen Verletzungslokalisation
(Brudvik 2003) n = 1725
(Jonasch 1981) (Jones 2002) n = 263166 n = 498
] ] ] ] ] ]
2,3% 0,1% ± 0,1% 8,0% 89,5%
2,8% 0,3% 0,1% 0,2% 8,9% 87,7%
67,7% 21,2% 11,1% ±
65,1% 22,4% 12,1% 0,4%
Schådel Wirbelsåule Knæcherner Thorax Becken Schulterblatt/Schlçsselbein Extremitåten davon ± lange Ræhrenknochen ± Hand ± Fuû ] Andere
7,8% 1,8% 4,4%
(Landin 1983) n = 8682 1,8% 0,9%
(Worlock 1986) n = 923 3,6% ±
±
0,7%
3,0% 80,8%
0,5% 8,1% 88,7%
± 6,3% 89,0%
61,9% 25,3% 12,8% 2,2%
60,4% 30,7% 8,9% ±
74,8% 16,5% 8,7% 0,4%
36
]
R. Kraus
Abb. 4.1. Alters- und Geschlechtsverteilung çber alle Frakturund Unfallgruppen (n = 678).
ist das Verhåltnis bei dia- und epiphysåren Verletzungen nahezu ausgeglichen. Die distale Metaund Epiphyse ist am einzelnen langen Ræhrenknochen 7- bzw. 14-mal håufiger betroffen als die jeweils proximale Meta- und Epiphyse. Schaftfrakturen finden sich am peripheren paarigen Ræhrenknochen einer Extremitåt (Unterarm, Unterschenkel) fçnfmal håufiger als am proximalen Ræhrenknochen der gleichen Extremitåt (Oberarm, Oberschenkel). Diaphysåre Frakturen kommen tendenziell håufiger bei Kindern unter 10 Jahren vor, wåhrend die Altersverteilung der metaphysåren Frakturen der Gesamtverteilung folgt und epiphysåre Verletzungen am Ende des Wachstumsalters stark zunehmen (Abb. 4.3). Die im Folgenden angefçhrten Prozentsåtze der o. g. Studie spiegeln den Anteil an den hier ausschlieûlich behandelten Frakturen der langen Ræhrenknochen wider (Abb. 4.4). In Klammern angegeben ist jeweils der extrapolierte Anteil am gesamten Frakturaufkommen im Wachstumsalter, die hier verwendete Klassifikation
an 13 kinder-, unfall- und allgemeinchirurgischen Abteilungen in Ústerreich, Deutschland und der Schweiz behandelt wurden. Neben der Erhebung demographischer Daten wurde eine exakte Frakturklassifizierung nach der neuesten Version der im Jahr 2000 erstmals durch von Laer und Mitarbeiter publizierten Klassifikation fçr Frakturen im Wachstumsalter vorgenommen. Der Unfalltyp wurde den Kategorien håuslicher Unfall, Spielplatz, Schule, Sport, Verkehr und andere Unfålle zugeordnet (Håufigkeitsverteilung Abb. 4.2). Knæcherne Verletzungen der oberen Extremitåt kommen 2- bis 3-mal håufiger vor als solche der unteren Extremitåt. Das Gros der Frakturen im Wachstumsalter mit 65% stellen metaphysåre Frakturen, wåhrend diaphysåre Frakturen mit 25% und epiphysåre Frakturen mit 10% deutlich seltener sind. Wåhrend bei metaphysåren Frakturen die obere Extremitåt mit einer Rate von 8,5 zu 1 die untere Extremitåt dominiert,
Abb. 4.3. Altersverteilung epi-, meta- und diaphysårer Frakturen (n = 678).
Abb. 4.2. Håufigkeitsverteilung der Unfallursachen (n = 678). Andere sind Kindesmisshandlung, Fraktur ohne Unfallereignis (pathologische Fraktur), landwirtschaftlicher Unfall, unbekanntes Unfallereignis.
Abb. 4.4. Håufigkeitsverteilung der Frakturen im Wachstumsalter (n = 678) unter Benutzung zweistelliger Codes der Li-LaKlassifikation.
4 Epidemiologie
entspricht sowohl der Li-La- wie auch der AOKlassifikation (Kapitel 3). Die Literaturangaben beziehen sich jeweils auf den Anteil an allen Frakturen bei Kindern und Jugendlichen.
] Oberarm Humerusfrakturen kommen in 21,6% der Frakturen langer Ræhrenknochen im Wachstumsalter vor. Proximale Frakturen des Humerus (Code 1.1) mit 4,1% (2,3%) rekrutieren sich fast ausschlieûlich aus metaphysåren, subkapitalen Verletzungen. Der Altersgipfel liegt bei 11±14 Jahren, Verletzungsursache sind çberwiegend Sportverletzungen. Hier spielen insbesondere Reitunfålle eine Rolle. Oberarmschaftfrakturen (Code 1.2) sind mit 1,5% (0,8%) selten, in der Literatur finden sich Angaben zwischen 0,2 und 0,7% aller Frakturen. Ein eigentlicher Altersgipfel ist nicht erkennbar, die Håufigkeit nimmt jedoch mit zunehmendem Alter ab. Ebenso fehlt eine çberwiegende Verletzungsursache. Distale Frakturen des Humerus (Code 1.3) sind dagegen mit 16,0% (8,9%) håufig und stellen damit die zweithåufigste Verletzungsgruppe. Die Literaturangaben schwanken zwischen 4,6 und 9,2%. Ellenbogennahe Humerusfrakturen kommen gehåuft bei Verletzungen im håuslichen Bereich und auf Spielplåtzen vor. Eine Sonderstellung nimmt die suprakondylåre Humerusfraktur ein. Hier ergibt sich ein eindeutiger Altersgipfel bei 3±6 Jahren. Er liegt eher niedriger, als bisher in der Literatur angenommen.
] Unterarm Unterarmfrakturen stellen in jeder Altersgruppe und bei jeder Verletzungsursache die zahlenmåûig græûte Gruppe, insgesamt 52,7% aller Verletzungen. Proximale Unterarmfrakturen (Radiuskæpfchen, -hals und Olekranon; Code 2.1) kommen in 2,2% (1,2%) vor. Eine bevorzugte Altersgruppe gibt es nicht. Unter den Verletzungsursachen finden sich zu gleichen Teilen håusliche, Spielplatz- und Sportunfålle, wåhrend Verkehrs- und Schulunfålle kaum vorkommen. Die Håufigkeit von Frakturen des Unterarmschafts (Code 2.2) wird in der Literatur extrem
]
unterschiedlich eingeschåtzt. Wåhrend manche Arbeitsgruppe diese mit 3,4 bzw. 6,5% eher niedrig ansetzt, liegt der Anteil bei anderen Autoren um 13%. Ursache dçrfte eine unterschiedliche Zuordnung der çberaus håufigen Frakturen im meta-/diaphysåren Ûbergangsbereich sein. In einer Studie mit der Definition der Metaphyse als Quadrat çber der Wachstumsfuge, wie sie von Hofmann von Kapherr vorgeschlagen wurde, betrug der Anteil von Unterarmschaftfrakturen 9,7% (5,4%). Unterarmschaftfrakturen kommen in jedem Verletzungszusammenhang und in jeder Altersgruppe nahezu gleich verteilt vor. Typische Frakturform ist die Grçnholzfraktur, die 37,5% der Fålle ausmacht. Die græûte Frakturgruppe stellt der distale Unterarm (Code 2.3) mit 40,8% (22,6%). Håufigkeitsunterschiede in der Literatur von 19,4±39% hången mæglicherweise mit den oben angefçhrten Abgrenzungsschwierigkeiten zum Unterarmschaft zusammen. Der Altersgipfel der distalen Unterarmfrakturen liegt im 13. und 14. Lebensjahr. Sie ereignen sich çberdurchschnittlich håufig bei Sport- und Schulverletzungen, wåhrend die Inzidenz bei Verkehrsunfållen deutlich geringer ist.
] Oberschenkel Femurfrakturen kommen im gesamten Patientenkollektiv nicht håufig vor und nehmen nur 4,1% der Brçche langer Ræhrenknochen bei Kindern und Jugendlichen ein. Frakturen des proximalen Oberschenkels (Code 3.1), zu denen traumatische Epiphysenlæsungen genauso gezåhlt werden wie Oberschenkelhals- und intertrochantåre Frakturen, sind extrem selten und liegen bei 0,2% (0,1%), Landin fand unter 8682 Frakturen sogar nur 0,05% proximale Oberschenkelfrakturen. Statistisch abgesicherte Angaben zu einem Altersgipfel finden sich nicht. Oberschenkelschaftfrakturen (Code 3.2) stellen im eigenen Patientenkollektiv 2,2% (1,3%) der Frakturen. Auch in der Literatur weisen homogene Angaben zwischen 1,0 und 1,6% die diaphysåre Femurfraktur als eher seltene Verletzung aus, was die Vielzahl der veræffentlichten Untersuchungen zur Behandlung von Oberschenkelschaftfrakturen nicht unbedingt vermuten låsst. Nur etwa 20% kommen jenseits des 10. Lebensjahrs vor, ein bevorzugter Verletzungstyp ist nicht erkennbar.
37
38
]
R. Kraus: 4 Epidemiologie
Distale Femurfrakturen (Code 3.3.) fanden sich in 1,5% (0,8%), såmtliche Literaturangaben lassen eine Gesamthåufigkeit von unter 1% vermuten. Der Altersverlauf ist zweigipflig mit einer Betonung unter dem 6. und çber dem 13. Lebensjahr.
(4,9%), davon 10,8% Ûbergangsfrakturen. Distale Unterschenkelfrakturen haben einen eindeutigen Altersgipfel nach dem 12. Lebensjahr. Sowohl Unterschenkelschaft- als auch sprunggelenknahe Frakturen weisen einen Verletzungsschwerpunkt im Straûenverkehr auf.
] Unterschenkel
] Verletzungsschwerpunkte
Der Anteil von Tibia- und Fibulafrakturen liegt bei 21,6% der untersuchten Frakturen der langen Ræhrenknochen. Frakturen des proximalen Unterschenkels (Code 4.1) kommen in 2,2% (1,2%) der Fålle vor. Die Angaben in der Literatur liegen auch hier etwas niedriger, meist unter 1%. Typischerweise finden sich metaphysåre Biegungsbrçche im Vorschulalter sowie Eminentia-Ausrisse und Frakturen der Tuberositas tibiae zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr. Eine bevorzugte Verletzungsursache kann nicht benannt werden. Unterschenkelschaftfrakturen (Code 4.2) lassen im eigenen Patientenkollektiv keinen signifikanten Altersgipfel erkennen, machen jedoch mit 10,4% (5,8%) der Verletzungen die drittgræûte Einzelgruppe aus. Die Literaturçbersicht ergibt ebenfalls Werte um 5%. Statistiken aus dem alpinen Raum, insbesondere ålteren Datums, weisen zum Teil dreifach hæhere Prozentsåtze aus, wohl in Zusammenhang mit noch nicht entwickeltem Skischuhwerk und einer daraus folgenden erhæhten Gefahr einer Unterschenkelschaftfraktur. Erheblich homogener erscheint die Einschåtzung distaler Unterschenkel- und Sprunggelenkverletzungen (Code 4.3) mit 3,5±6,6%. Die zitierte Studie (Li-La) kommt hier auf 8,9%
Statistisch signifikante Verletzungsschwerpunkte finden sich in drei Konstellationen. Ein erster Schwerpunkt liegt bei Klein- und Vorschulkindern bei distalen Oberarmfrakturen, resultierend aus håuslichen oder Spielplatzunfållen. Bei adoleszenten, selbstståndigen Verkehrsteilnehmern håufen sich Unterschenkelschaft- und distale Unterschenkelfrakturen mit dem hæchsten Aufkommen an Ûbergangsfrakturen. Der dritte Schwerpunkt liegt auf sportbedingten distalen Unterarmfrakturen in allen Altersklassen (Tab. 4.2). Die Synopse der Ergebnisse zu Håufigkeit der Frakturtypen, Altersgipfel und Verteilung der Unfallursachen unterstreicht, dass Frakturen der langen Ræhrenknochen bei Kindern und Adoleszenten in Abhångigkeit von deren altersspezifischen Aktivitåten geschehen. Jede Ûberlegung zur vorbeugenden Aufklårung und Verletzungsprophylaxe muss diesen Grundsatz einbeziehen. Maûnahmen zur Unfallverhçtung mçssen insbesondere im Sport- und Freizeitbereich sich immer åndernden Gegebenheiten, wie z. B. aktuellen Trendsportarten, angepasst werden. Auûerdem belegen Langzeitstudien, dass die allgemeine Zunahme kindlicher Frakturen zur Hålfte auf die Zunahme von Sportunfållen zurçckzufçhren ist.
Tabelle 4.2. Statistisch relevante Verletzungsschwerpunkte nach Frakturlokalisation und Unfalltyp in der Li-La-Studie 2003 Zweistelliger Frakturcode 1.3
Unfallzusammenhang Håuslich+Spielplatz
Anteil am Gesamtaufkommen 61,2 %
2.3
Sport
57,7%
4.2 und 4.3
Verkehr
71,4%
Signifikanzniveau im Chi-Quadrat-Test: p < 0,001
5 Radiologische Diagnostik Th. J. Vogl, A. Wetter und D. Schneidmçller
Die bildgebende Diagnostik kindlicher Frakturen stellt besondere Anforderungen sowohl an den Radiologen als auch an die technische Ausstattung der radiologischen Abteilung. Der Radiologe muss mit den Besonderheiten des sich entwickelnden Skeletts vertraut sein und die typischen Verletzungen und Verletzungsmechanismen kennen. Weiterhin mçssen insbesondere bei Kindern aus strahlenhygienischen Grçnden die Indikationen zur radiologischen Diagnostik streng gestellt und alle Mæglichkeiten der Dosisreduktion ausgenutzt werden. Die Indikation zur Ræntgendiagnostik sollte sich aus der klinischen Untersuchung ergeben, wobei prinzipiell bei Kindern die gleichen radiologischen Techniken und Einstellungen wie beim Erwachsenen angewendet werden. Die Auswahl des radiologischen Verfahrens und die Græûe des Aufnahmebereichs sollten sich jedoch nach dem Alter des Kindes sowie der konkreten klinischen Fragestellung richten. Sollte bei einer ersten Ræntgençbersichtsaufnahme bereits eine eindeutige, operationspflichtige Fraktur oder Luxation erkennbar sein, ist auf eine weitere mæglicherweise schmerzhafte Ræntgendiagnostik zu verzichten, da man diese in Narkose nachholen kann. Bei unklaren Befunden ist zu erwågen, ob neben der Ruhigstellung in einer Schiene auch die medikamentæse Schmerzbehandlung optimiert werden kann, bevor die Diagnostik vollståndig durchgefçhrt ist. In Einzelfållen und bei Ausschluss einer groben Dislokation oder Fehlstellung kann die dezidierte Ræntgendiagnostik auch postprimår im Lauf der nåchsten Tage bei gesicherter Ruhigstellung und regelrechten klinischen Befunden ergånzt werden. In seltenen Fållen (z. B. MRT, CT) ist eine Sedierung notwendig, wobei dann die Indikation zur Untersuchung streng gestellt werden muss. Auf spezielle diagnostische Verfahren und Kriterien wird in den entsprechenden Kapiteln gesondert hingewiesen.
Radiologische Techniken ] Radiographie (klassisches Ræntgen) Als Standardaufnahme wird prinzipiell die anterior-posteriore (a.-p.) sowie die mæglichst exakte seitliche Einstellung gewåhlt. Die Ræntgenaufnahme erfolgt prinzipiell mit dem/den angrenzenden Gelenk(en), sodass komplette osteochondrale Einheiten abgebildet werden. Zur exakten Beurteilung einer Fraktur sollten verletzungszentrierte Aufnahmen durchgefçhrt werden und keine ¹Ûbersichtsaufnahmen in zwei Ebenenª. In Einzelfållen werden Schrågaufnahmen, etwa zur Bestimmung des Dislokationsausmaûes notwendig (z. B. zur Diagnostik des distalen Humerus oder der Malleolengabel). Nicht-Standard-Projektionen kænnen bei fraktur- oder schmerzbedingten Fehlhaltungen erforderlich sein. Die Håufigkeit der radiologischen Kontrollen richtet sich nach der spezifischen Verletzung (s. spezielle Kapitel). In der Regel wird jedoch nach primårem Frakturnachweis eine Dokumentation der erfolgten Reposition oder Osteosynthese sowie eine abschlieûende Konsolidationskontrolle durchgefçhrt. Bei Frakturen, die zur sekundåren Dislokation neigen (z. B. Condylus-radialis-Fraktur), kænnen gezielte Verlaufskontrollen notwendig werden. Stabil versorgte und stabil eingestauchte Frakturen bedçrfen keiner zusåtzlichen Ræntgenkontrolle.
] Sonographie Die Sonographie eignet sich gut zur Beurteilung von Weichteilverletzungen, Sehnen- und Bandverletzungen sowie von Gelenkergçssen. Eine hohe Sensitivitåt erreicht die Sonographie auûerdem bei der Diagnostik von Sternumfrakturen sowie von Rippenfrakturen. Frakturen kænnen sowohl direkt als auch indirekt durch Nachweis
40
]
Th. J. Vogl et al.
von subperiostalen Håmatomen oder eines posttraumatischen Håmarthros identifiziert werden. Im Såuglingsalter lassen sich Verletzungen der noch nicht ossifizierten Epiphyse durch ihre Lagebeziehung zur Metaphyse und durch Nachweis eines Gelenkergusses diagnostizieren. Vorteil der Sonographie ist die Mæglichkeit einer dynamischen Untersuchung in Kombination mit klinischer Funktionsdiagnostik sowie die Mæglichkeit der ultraschallgesteuerten Punktion.
] Computertomographie Die Computertomographie wird im Rahmen der Diagnostik beim polytraumatisierten Kind sowie bei komplizierten Frakturen und zur Operationsplanung angewendet. Im Vordergrund stehen hier die Kalkaneus-, Becken- und Wirbelfrakturen. Zur Operationsplanung und in der Traumadiagnostik eignet sich insbesondere die Mehrschicht-CT (MSCT) aufgrund der kurzen Untersuchungszeit, der Mæglichkeiten der dreidimensionalen Rekonstruktion sowie der Anwendung von Niedrigdosisprogrammen.
intensitåt und der bei Kleinkindern håufig notwendigen Sedierung bei relativ langer Untersuchungszeit sorgfåltig gestellt werden.
] Weitere Verfahren Andere Verfahren wie Skelettszintigraphie, Angiographie oder Arthrographie kommen in der Routinediagnostik nicht zur Anwendung und stehen nur fçr seltene und besondere Fragestellungen zur Verfçgung. Gehaltene Aufnahmen als Stressaufnahmen beispielsweise zur Diagnostik einer fibularen Bandruptur sind heute in der Regel nicht mehr indiziert. Die Notwendigkeit von vergleichenden Ræntgenaufnahmen der Gegenseite in der Diagnostik von Frakturen im Kindesalter wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Bei guter Kenntnis der Ræntgenanatomie des Kindes sind Vergleichsaufnahmen mit der Gegenseite zur Frakturdiagnostik nicht notwendig. Es gibt nur wenige Ausnahmeindikationen, wie angeborene Deformitåten und frçhere Verletzungen, die die Ræntgendiagnostik der Gegenseite erfordern.
] Magnetresonanztomographie Die MRT ermæglicht die Darstellung von nicht ossifizierten Anteilen des Skeletts wie Epiphysen, Wachstumsfugen, Knorpel sowie Weichteilen wie Bånder, Sehnen und Muskulatur. In der Traumatologie liegt ihr Schwerpunkt in der Diagnostik von Wirbelsåulenverletzungen sowie von okkulten Frakturen. Sie wird zudem zur Erfassung von posttraumatischen Komplikationen von Gelenk-, Epiphysen- und Fugenverletzungen eingesetzt (z. B. chondraler Flake oder vorzeitiger Fugenverschluss). In der Diagnostik von Gelenkverletzungen kann sie bei unklarem Ræntgenbefund insbesondere am Kniegelenk und oberen Sprunggelenk eine Hilfe sein. Am Ellenbogengelenk dagegen liefert sie selten Zusatzinformationen mit therapeutischer Relevanz. Ermçdungsbrçche kænnen in der MRT sicher von Knochentumoren unterschieden werden, mit denen sie konventionell-radiologisch aufgrund der periostalen Reaktion verwechselt werden kænnen. Neben den genannten Vorteilen ist die MRT nicht strahlenbelastend. Die Indikation zur MRT muss jedoch bei dem im Vergleich doch aufwendigen Verfahren, der Kosten-
Tabelle 5.1. Ossifikationszentren des Ellenbogens und Alter des Auftretens ] Ossifikationszentrum ] Capitulum humeri ] Radiuskæpfchen ] Epicondylus medialis ] Olekranon ] Epicondylus lateralis
Alter 1 Jahr 5 Jahre 7 Jahre 10 Jahre 11 Jahre
Tabelle 5.2. Ossifikationszeitpunkte der Handwurzelknochen ] Os ] Os ] Os ] Os ] Os ] Os ] Os ] Os
capitatum hamatum triquetrum lunatum trapezium scaphoideum trapezoideum pisiforme
3 Monate 3 Monate 3 Jahre 3±4 Jahre 5 Jahre 6 Jahre 6 Jahre 10 Jahre
5 Radiologische Diagnostik
]
13.- 15. Lj. 18.- 20. Lj. 15.-18. Lj.
1. Lj.
12.-15. Lm.
10. Lm. 15.- 16. Lj. 10.- 12. Lj.
2.-3. Lj. 2.-4. Lj.
10.- 13. Lj.
3. Lj.
16. Lj.
18. Lj. 18.- 19. Lj.
16. Lj. 11.- 14. Lj. 13.- 15. Lj.
15.- 18 Lj. 10. Lm.
4. Lj.
8.-13. Lj. 1. Lj.
12.- 14. Lj.
5. Lj. 12. Lj. 8.-12. Lj.
5.-7. Lj.
9. Em.
2. Lj. 2. Lj.
8.-16. Lm. 10.-12. Lj. 3.- 6. Lj. 4.- 6. Lj.
5.-8. Lj. 2.-6. Lj. 8.-12. Lj. 2.-3. Lj. 1. Lj.
7. Em. 10. Em. 1. Lj.
5.- 6. Em. 4. Lj. 3. Lj. 4. Lj.
aa Abb. 5.1. Auftreten der Ossifikationszentren (nach Lanz, T. v., Wachsmuth, W., Praktische Anatomie, 2004, Springer, Berlin-Heidelberg).
bb
41
42
]
Th. J. Vogl et al. 21.-24. Lj. 18.-19. Lj.
18.-21. Lj.
16.- 22. Lj. 16.-20. Lj.
19. Lj.
20.-21. Lj.
20.-25. Lj.
16.- 17. Lj. 13.- 14. Lj. 20. Lj.
17.- 18. Lj. 16.-20. Lj.
16.- 17. Lj. 21.- 24. Lj.
19.- 21. Lj.
17.- 18. Lj
13.- 15. Lj.
14.-16. Lj. 14.-18. Lj.
13.-17. Lj. 19.-20. Lj.
14.-18. Lj.
17.- 19. Lj. 17.- 19. Lj.
21.-25. Lj.
20.-24. Lj.
15.-20. Lj. 15.-20. Lj. 20.-24. Lj.
aa
15.- 20. Lj.
bb
Abb. 5.2. Vollståndiger Verschluss der Wachstumsfugen. Der Beginn des Fugenschlusses ist reife- und geschlechtsabhångig (nach Lanz, T. v., Wachsmuth, W., Praktische Anatomie, 2004, Springer, Berlin-Heidelberg).
5 Radiologische Diagnostik
Entwicklung des kindlichen Skeletts Die Kenntnis des zeitlichen Verlaufs des Epiphysenfugenschlusses sowie die Entwicklung der Knochenkerne ist fçr die Diagnostik unerlåsslich und kann zur Knochenalterbestimmung herangezogen werden (Tab. 5.1, 5.2; Abb. 5.1, 5.2). Beim reifen Neugeborenen sind zwei Epiphysen sichtbar, die des distalen Femurs und der proximalen Tibia. Im Wachstum bilden sich altersabhångig die weiteren Ossifikationszentren. Apophysenkerne treten im Adoleszentenalter auf und verschmelzen mit dem Knochen bis zum 25. Lebensjahr. Die Beckenkammapophyse verschmilzt beim Mådchen um das 13. Lebensjahr, beim Jungen etwas spåter, mit ca. 14,5 Jahren. Die Fuge der Grundphalanx DII der Hand verschlieût sich kurz vor Eintritt der Menarche. Das Wachstum der Wirbelkærper kann dagegen bis zum 30. Lebensjahr anhalten. Die Bestimmung der Skelettreife ist wichtig bei der Wahl der Therapiemethode und hilft beim Abschåtzen der Prognose einer Verletzung. Verbreitet ist die Bestimmung des Knochenalters çber Ræntgenaufnahmen der Hand, die mit standardisierten Bildern in Ræntgenatlanten verglichen werden. Zusåtzlich kann das Stadium der Verknæcherung der Wirbelringapophysen (Abb. 5.3 a±c) sowie der Beckenkammapophyse (Risser-Zeichen; Tab. 5.3; Abb. 5.4 a, b) herangezogen werden.
Tabelle 5.3. Risser-Zeichen ] Stadium 0 ] Stadium 1 ] Stadium 2 ] Stadium 3 ] Stadium 4 ] Stadium 5
Apophyse noch nicht sichtbar Beginn der lateralseitigen Ossifikation Ossifikation çber die Hålfte der Zirkumferenz des Beckenkamms Beginnende Verschmelzung der Apophyse mit dem Beckenkamm Apophyse ist çber die Hålfte mit dem Os ilium verschmolzen Apophyse ist mit dem Os ilium verschmolzen
Beim Wachstum kænnen die Ossifikationszentren verschiedene anatomische Variationen aufweisen, die von pathologischen Befunden unterschieden werden mçssen. Sie kænnen in mehrere Kerne unterteilt sein, unregelmåûig begrenzt oder fragmentiert sein. Zudem treten physiologische Normvarianten auf, die teilweise bei Skelettdysplasien ebenfalls gehåuft zu finden sind. Zapfenepiphyse. Sie ist in ca. 4% des normalen Handskeletts anzutreffen, tritt jedoch gehåuft bei Chromosomenanomalien und Skelettdysplasien auf. Pseudoepiphyse. Sie findet sich physiologischerweise an den proximalen Mittelhandknochen II±IV und am distalen Mittelhandknochen I sowie gehåuft bei Skelettdysplasien.
unvollständige Skelettreife
a
die ringförmige Wirbelapophyse bildet sich aus
die Wirbelringapophyse ist vollständig ausgebildet, aber noch nicht b verschmolzen Skelettreife
c
die Ringapophyse des Wirbels ist mit dem Wirbel körper verschmolzen ( : 19 Jahre; : 16 Jahre)
]
Abb. 5.3. Bestimmung der Skelettreife anhand der Verknæcherung der Wirbelkærperapophyse. a Die ringfærmige Apophyse bildet sich aus. b Die ringfærmige Apophyse ist vollståndig ausgebildet, jedoch noch nicht mit dem Wirbelkærper verschmolzen. c Vollståndige Skelettreife; die Ringapophyse ist mit dem Wirbelkærper verschmolzen ( 108 Valgus; Seit-zu-Seit-Verschiebung: geschlossene Reposition und OS-Gips ? 8. Tag: Gipskeilung
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Aufbelastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
8. Tag: Stellungskontrolle (bei Achsabweichung Gipskeilung); Konsolidierungskontrolle: nach 4±6 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Operative Therapie ] Indikation
Repositionshindernis, Begleitverletzungen, offene Frakturen
] Verfahren
geschlossene, ggf. offene Reposition Kompression çber medialen Fixateur externe; alternativ kurze Kompressionsosteosynthese mit Platte (3,5 mm)
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4 Wochen, dann schmerzabhångige Belastung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP: Konsolidierungskontrolle
21 Unterschenkel
] Metallentfernung
bei gesicherter Konsolidierung: Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen; Platten: nach 4±6 Monaten
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Komplikationen
Achsfehler (Genu valgum) Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
stimulative Wachstumsstærungen (Beinverlångerung, partiell: Valgusfehlstellung)
Nachkontrollen
wæchentlich bis freie Funktion; Ý- bis 1-jåhrlich zur klinischen Beinlången- und Achskontrolle bis 2 Jahre nach Trauma
Klassifikation
AO: 41-M/2(3).1-3
LiLa: 4.1.s.2-4.0-2.
Isolierte Tibiaschaftfraktur
Besonderheiten
håufigste Fraktur der unteren Extremitåt Sonderform: Toddler's Fracture
Diagnostik
Rx: US a.-p. + lateral (mit angrenzenden Gelenken)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
< 10. Lj.: Varus: bis 58, Valgus: 08, Re-/Antekurvation: 108, keine Rotationsfehlstellung
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
geschlossene Tibiaschråg- und -querfraktur ohne wesentliche Verkçrzung
] Verfahren
geschlossener OS-Gips fçr 4±6 Wochen unter Abrollbelastung bei Achsfehlstellung: Keilung am 8. Tag
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Belastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
8. Tag: Stellungskontrolle (bei Achsabweichung Gipskeilung, bei primårer Achsabweichung Keilung und dann Rx), Konsolidierungskontrolle nach 4±6 Wochen
]
343
344
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Isolierte Tibiaschaftfraktur ] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen (Schaft, Verkçrzung, Rotation), offene Frakturen, (drohendes) Kompartmentsyndrom, Polytrauma relativ: Querfrakturen (langsamere Frakturheilung, oft auch erhebliche Håmatome bei direktem Trauma)
] Verfahren
Fixateur externe (direkte Korrektur der Tibia bei stabiler Fibula) ESIN (Risiko der Varusfehlstellung bei Teleskoping der Tibiafragmente und stabiler Fibula!)
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4 Wochen, dann schmerzabhångige Aufbelastung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP: Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
bei gesicherter Konsolidierung: Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen, ESIN: nach 3±4 Monaten
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Komplikationen
Achsfehler (v. a. Varusfehlstellung) Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
stimulative Wachstumsstærungen (Beinverlångerung bis 1 cm)
Nachkontrollen
wæchentlich bis freie Funktion; Ý- bis 1-jåhrlich zur klinischen Beinlången- und Achskontrolle bis 2 Jahre nach Trauma
Klassifikation
AO: 42-D/1-5.1-3
LiLa: 4.2.s.2-4.0-2.
21 Unterschenkel
Komplette Unterschenkelschaftfraktur
Besonderheiten
Beachtung offener Frakturen; Weichteilmanagement von groûer Bedeutung
Diagnostik
Rx: US a.-p. + lateral (mit angrenzenden Gelenken)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
< 10. Lj.: Varus: bis 58, Valgus: 08, Re-/Antekurvation: 108, keine Rotationsfehlstellung
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, Analgesie, sterile Abdeckung bei offenen Frakturen
Konservative Therapie ] Indikation
relativ: stabile undislozierte US-Frakturen
] Verfahren
OS-Gips zirkulår fçr 4±6 Wochen unter Abrollbelastung
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Aufbelastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
8. Tag: Stellungskontrolle (bei Achsabweichung Gipskeilung), Konsolidierungskontrolle: nach 4±6 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Operative Therapie ] Indikation
i. d. R. alle kompletten US-Frakturen v. a. instabile Frakturen, offene Frakturen, (drohendes) Kompartmentsyndrom, Polytrauma
] Verfahren
Fixateur externe (Kompartmentsyndrom, offene Frakturen, lange Schrågfrakturen, Mehrfragmentfrakturen) ESIN (auch bei offenen Frakturen mæglich, wenn Weichteilmanagement gesichert)
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4 Wochen, dann schmerzabhångige Aufbelastung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP: Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
bei gesicherter Konsolidierung: Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen, ESIN: nach 3±4 Monaten
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
]
345
346
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Komplette Unterschenkelschaftfraktur Komplikationen
Achsfehler (v. a. Valgusfehlstellung) Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
stimulative Wachstumsstærungen (Beinverlångerung bis 1 cm)
Nachkontrollen
wæchentlich bis freie Funktion; Ý- bis 1-jåhrlich zur klinischen Beinlången- und Achskontrolle bis 2 Jahre nach Trauma
Klassifikation
AO: 42-D/1-5.1-3
LiLa: 4.2.s.2-4.0-2.
Fraktur der distalen Tibiametaphyse
Besonderheiten
Unterscheidung Wulst von Biegungsbruch metaphysår im Einzelfall schwierig
Diagnostik
Rx: US a.-p. + lateral (mit OSG)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Varus: 58, Valgus: 108, Re-/Antekurvation 108, kein Rotationsfehler
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ
] Verfahren
US-Gips 4 Wochen unter schmerzabhångiger Belastung Achsfehler < 108: 8. Tag: Gipskeilung Achsfehler > 108: primåre Reposition bei Rekurvationsfehlstellung: Gips in Spitzfuûstellung
] Nachbehandlung
keine spezielle
] Rx-Kontrolle
8. Tag: Stellungskontrolle (bei Achsabweichung Gipskeilung), Konsolidierungskontrolle: nach 4±6 Wochen (gipsfrei)
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
21 Unterschenkel
Operative Therapie ] Indikation
Repositionshindernis, stark dislozierte Frakturen, offene Frakturen
] Verfahren
gekreuzte K-Draht-Spickung, perkutan; post OP: US-Gipsschiene im Einzelfall Fixateur externe mit oder ohne K-Draht-Fixation
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4 Wochen, dann schmerzabhångige Aufbelastung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP: Konsolidierungskontrolle (gipsfrei)
] Metallentfernung
bei gesicherter Konsolidierung: Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen, K-Dråhte: nach 4±6 Wochen (ambulant)
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Komplikationen
Achsfehler (v. a. Rekurvatumstellung) Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
partielle stimulative Wachstumsstærungen ? meist ohne klinische Relevanz partielle hemmende Wachstumsstærung, selten
Nachkontrollen
wæchentlich bis freie Funktion; Ý- bis 1-jåhrlich zur klinischen Beinlången- und Achskontrolle bis 2 Jahre nach Trauma
Klassifikation
AO: 43-M/2(3).1-3
Technische Aspekte
Unterschenkel
Material
ESIN ] elastische Federnågel % meist Titan % Durchmesser: 2,5±4 mm (1/3 des Markraumdurchmessers) Fixateur externe ] unterschiedliche Fixateursysteme erhåltlich Bildwandler
Lagerung
] Rçckenlage ] Bein frei beweglich abdecken
OP-Prinzip
Fixateur externe (proximale Metaphyse) (Abb. 21.8) ] cave: Apophysenfuge der Tuberositas tibiae ] mediale Kompression durch Fixateur externe sinnvoll und mæglich Fixateur externe (Schaft) (Abb. 21.9) ] cave: Apophysenfuge der Tuberositas tibiae ] 2 QF Abstand zur Fraktur ] keine Pins durch Frakturspalt ESIN: US-Schaft-Fraktur ] Da die Tibia einen dreieckigen Querschnitt aufweist, ist bei der Platzierung der Någel besondere Sorgfalt geboten (Abb. 21.10). Die exzentrische Lage der Tibia in Bezug auf die sie umgebene Muskulatur hat einen ungçnstigen Einfluss auf die Biomechanik der ESIN.
LiLa: 4.3.s.2-4.0-2.
]
347
348
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Unterschenkel ] Die Tibia wird deszendierend genagelt. Folgende Abweichungen gegençber der Femurstandardtechnik sind zu berçcksichtigen: ] Nageleintrittsstelle bestimmen: Die Nageleintrittsstellen liegen medial und lateral der Tuberositas tibiae. ] Inzisionen durchfçhren: Eine 2±3 cm lange Hautinzision vor jeder geplanten Eintrittsstelle aus nach proximal durchfçhren. Hinweis: Bei der Perforation der Kortikalis darf weder die proximale Tibiaepiphysenfuge noch die Tibiaapophyse verletzt werden. ] Lage der Nagelspitzen çberprçfen. Aufgrund der Dreiecksform des Tibiamarkkanals tendieren beide Någel dazu, nach dorsal auszuweichen, was zu einer Rekurvation fçhren wçrde. Bevor die Någel definitiv eingeschlagen werden, die Spitzen beider Någel leicht nach dorsal drehen, um die physiologische Antekurvation der Tibia zu erreichen. Die Fraktur soweit mæglich aufeinanderstellen, um eine Fixation in Distraktion zu vermeiden. ] Någel kçrzen: Aufgrund des geringen Weichteilmantels die Nagelenden kurz halten und nur wenig aufbiegen.
Kompartmentspaltung
] bilaterale Inzision: 1. anterolaterale Inzision: laterale + ventrale Loge 2. posteromediale Inzision: posteriore Kompartments ] unilaterale Inzision: ± parafibulåre Inzision çber die gesamte Långe der Fibula ± 1. laterale Loge: cave: N. peronaeus superficialis zieht im distalen Drittel durch das Septum intermusculare in die Extensorenloge ± 2. ventrale Loge: Pråparation subkutan nach ventral und Långsspaltung (cave: N. peronaeus superficialis im distalen Drittel) ± 3. oberflåchliche posteriore Loge: Pråparation subkutan nach dorsal und Långsspaltung der Faszie ± 4. tiefe posteriore Loge: Zugang zwischen Mm. peronaei und M. triceps surae und Långsspaltung der Faszie (cave: A./V./N. tibialis) ± Hautverschluss mittels synthetischem Hautersatz (z. B. Epigard, Syspurderm) ± Sekundårnaht bzw. Spalthauttransplantation nach 5±8 Tagen
Metallentfernung
] ESIN: nach ca. 3±4 Monaten ] Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen
Abb. 21.9. Diaphysåre Fraktur: Fixateur externe, Montage am Modell. Abb. 21.8. Fixateur externe zur Frakturkompression an der proximalen Tibia, Montage am Modell.
Abb. 21.10. Prinzip ESIN an der Tibia. Die anterolaterale und mediale Eintrittsstelle an der proximalen Tibia fçhrt aufgrund der dreieckigen Form des Tibiakopfes zu einem ¹Dorsalgleitenª des Nagels.
21 Unterschenkel
] Fallbeispiele Fall 21.1 Fraktur der proximalen Tibia mit Valgusfehlstellung, Junge, 11 J.
a Unfallbild. b Mediale Kompression durch Platte. Fall 21.2 Tibiaschaftspiralfraktur und distale Wulstfraktur der Tibia, Junge, 14 J.
a, b Unfallbilder. c, d Stabilisierung durch Fixateur externe.
]
349
350
]
21 Unterschenkel
Fall 21.3 Komplette Unterschenkelfraktur, Junge, 12 J., Verkehrsunfall.
a, b Unfallbilder. c, d Stabilisierung durch ESIN.
21 Unterschenkel
Fall 21.4 Metaphysåre Unterschenkelfraktur 3. Grades, Junge, 10 J., Skateboardunfall.
a, b Unfallbilder: offene Fraktur 3. Grades des Malleolus medialis und des distalen Unterschenkels, Verbiegung der Fibula. c, d, g, h Stabilisierung durch Fixateur externe und K-Draht-Spickung. e, f Ræntgenkontrolle 1 Jahr post OP.
]
351
22 Sprunggelenk
D. Schneidmçller und I. Marzi
] Physiologische Befunde Akzessorische Knochen treten håufig auf, v. a. zwischen dem 7. und 10. Lebensjahr und kænnen mit sekundåren Ossifikationszentren verschmelzen (Abb. 22.1±22.4).
Abb. 22.2. Os trigonum (10. Lj.).
5 2
6
3 1
4
1 7
Abb. 22.1. Akzessorische Knochenkerne 1 Os tibiale externum, 2 Talus accessorius, 3 Talus secundarius, 4 Os trigonum, 5 Os talotibiale, 6 Os supratalare, 7 Calcaneus secundarius.
Abb. 22.3. Os subfibulare (15. Lj.).
Abb. 22.4. Isoliertes Ossifikationszentrum am Malleolus medialis (10. Lj.).
354
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Knochenkerne und Fugenschluss
17.±19.Lj.Lj. 17.-18. 26. Lj. Lm. 17.±19. 17.-18.Lj.Lj. 2 Lj.9.-11. Lj.
Abb. 22.6. Verschluss der Wachstumsfuge der distalen Tibia: Beginn ventromedial, Fortsetzung nach dorsal, Schluss: ventrolateral. 7. Em.
5.-6. Em.
Abb. 22.5. Knochenkerne und Fugenschluss Em Embryonalmonat, Lm Lebensmonat, Lj Lebensjahr.
Altersabhångige Ræntgenbefunde ] Die Epiphysenfugen sind zum Teil unregelmåûig begrenzt. Die distale Fibulaepiphyse kann im Vergleich zur Metaphyse leicht nach medial versetzt sein. ] An Innen- und Auûenknæchel kænnen isolierte Knochenkerne vorkommen (> 30%) (Abb. 22.4). ] Os subfibulare: Differenzialdiagnose zu abgerundetem altem knæchernem Auûenbandausriss (Abb. 22.3). ] Ossiculum fibulare: isolierter Knochenkern lateral der distalen Fibulametaphyse.
Frakturen der distalen Tibia Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Inzidenz der Frakturen der distalen Tibia betrågt 4,9%. Das Distorsionstrauma des Sprunggelenks stellt eines der håufigsten Verletzungen im muskuloskelettalen System dar. Wåhrend dieses beim Erwachsenen meist zu Låsionen des Band-
apparates fçhrt, finden sich im Kindesalter Ausrisse und Frakturen im Bereich der Wachstumsfugen, bedingt durch die hæhere Stabilitåt der Bandstrukturen im Vergleich zu osteochondralen Strukturen. Die Einteilung der Frakturen erfolgt meist nach der Klassifikation von epiphysennahen Frakturen nach Salter und Harris oder Aitken. In der Regel liegt bei weit offener Fuge die Frakturlinie medial auûerhalb der Belastungszone des Sprunggelenks und hat fast immer einen senkrechten Verlauf zur Fuge. Ab einem Alter von ca. 12 Jahren fångt die Wachstumsfuge an ± bei Mådchen frçher als bei Jungen ± sich zu verschlieûen, beginnend an der medialen Tibia (Abb. 22.6). Dies fçhrt beim Trauma zu einer Ønderung des Frakturverlaufs und des Verletzungsmusters und somit zu den sog. Ûbergangsfrakturen. Einwirkende Scherkråfte fçhren im noch offenen Fugenanteil zu einer Epiphysenlæsung. Die einwirkende Kraft wird durch den bereits verschlossenen Fugenanteil zum Gelenk hin ausgeleitet, was zu einer Fraktur der Epiphyse fçhrt. Je ålter das Kind ist, desto weiter fortgeschritten der Fugenverschluss und desto weiter lateral die epiphysåre Fraktur, welche als sog. Two-Plane-Fracture oder auch TilleauxFraktur bezeichnet wird. Je nach einwirkenden Biegekråften kann zusåtzlich ein dorsaler metaphysårer Keil ausbrechen im Sinne eines hinteren Volkmann-Dreiecks beim Erwachsenen, man spricht dann von der sog. Tri-Plane-Fracture. Endet die metaphysåre Fraktur in der Fuge, so bezeichnet man das als Tri- Plane-I-Fracture, verlåuft sie durch die dorsale Epiphyse, spricht man von einer Tri-Plane-II-Fracture. Weite Dislokationen sind eher selten, jedoch sind Spaltbildungen håufiger zu sehen. Obgleich die Ûbergangsfrakturen altersabhångig einen charakteristischen Frakturlinienverlauf zeigen, kann
22 Sprunggelenk
zur weiteren Objektivierung im Einzelfall die MRT oder CT eingesetzt werden. Dies sollte jedoch nur bei therapeutischer Konsequenz zur besseren OP-Planung erfolgen. Wachstumsstærungen sind im Gegensatz zu den SalterFrakturen aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Kinder nicht zu erwarten, da der Fugenschluss und damit der Wachstumsabschluss der betroffenen Fuge gerade begonnen hat. Von wesentlicher Bedeutung ist jedoch eine exakte anatomische Reposition der Gelenkfraktur, da die Frakturlinie durch die Belastungszone des Sprunggelenks verlåuft. An Wachstumsstærungen ist v. a. mit einem partiellen Fugenverschluss an der distalen Tibia zu rechnen. Bei Verdacht auf eine Wachstumsstærung in den Nachkontrollen kann die Durchfçhrung einer MRT zur Darstellung einer mæglichen Knochenbrçcke fçr die weitere Therapieplanung sinnvoll sein. ] Frakturen der distalen Fibula. Sie treten meist in Kombination mit einer Salter-I- und -II-Fraktur der distalen Tibia nach einem Supinationstrauma auf. Meist wird durch Reposition und Fixation der Tibiafraktur ebenfalls eine Reposition und Stabilisierung der Fibula erreicht, sodass eine Osteosynthese selten notwendig wird. Verbliebene plastische Verbiegungen der Fibula kænnen bei korrekt stehendem Sprunggelenk und intakter Syndesmose belassen werden, da sie sich im weiteren Wachstum korrigieren. Iso-
lierte Fibulafrakturen sind selten und meist wenig disloziert, sodass eine konservative Therapie im Unterschenkelgips in der Regel ausreicht (Abb. 22.7). Zur Erfassung posttraumatischer Wachstumsstærungen eignet sich die Harris-Wachstumslinie, eine infolge der Reparation auftretende ræntgendichte Linie, die im Normalfall parallel zur Fuge verlåuft (s. Kap. 5). Die Prognose der Sprunggelenksfrakturen ist abhångig vom Alter des Kindes, der Unfallschwere, der Lokalisation und Art der Fraktur, dem Ausmaû der Dislokation sowie der korrekten anatomischen Reposition.
Klassifikation Die gebråuchlichsten Klassifikationen sind die nach Aitken oder Salter und Harris (Abb. 22.8, Tab. 22.1). Bei beginnendem Fugenverschluss erfolgt eine Einteilung in Ûbergangsfrakturen.
Metaphyse
Epiphyse
Abb. 22.8. Fugenverlauf am distalen Unterschenkel
Tabelle 22.1. Klassifikation der Frakturen der distalen Tibia Aitken I Aitken II Aitken III
Abb. 22.7. Isolierte Salter-II-Verletzung der distalen Fibula. a Ræntgenbild, b MRT.
]
Salter Salter Salter Salter
I II III IV
Låsion des metaphysåren Anteils der Wachstumsfuge Låsion des epiphysåren Anteils der Wachstumsfuge
Twoplane
epiphysåre Fraktur bei partiellem Fugenschluss
Triplane I Triplane II
epiphysåre Fraktur mit metaphysårem Keil bei partiellem Fugenschluss
355
356
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Epiphysenlæsungen
Besonderheiten
selten; v. a. > 10. Lj.
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich; initial håufig nicht im Rx sichtbar; bei Beschwerdepersistenz Rx-Kontrolle: Erweiterung der Fuge, Verdichtung metaphysår, Kallus im Verlauf
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
< 10. Lj.: 208 Re-/Antekurvation, 208 Varus/Valgus, Seit-zu-Seit: Ü der Schaftbreite > 10. Lj.: 108 Re-/Antekurvation, 58 Varus, 108 Valgus kein Rotationsfehler keine Fehlstellung nach Beginn des Fugenschlusses belassen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ, Beachtung der Korrekturgrenzen
] Verfahren
4 Wochen US-Gips, Entlastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
i. d. R. geschlossene Reposition; offene Reposition bei schwerer Dislokation, eingeschlagenen Weichteilen
] Verfahren
geschlossene Reposition in ITN und Knieflexion von 908 (Muskelentspannung) bei federndem Widerstand: gekreuzte K-Draht-Spickung
] Nachbehandlung
4 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
4 Wochen post OP (nach Konsolidierung)
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
22 Sprunggelenk
Komplikationen
selten: Kompartmentsyndrom, Verklebung der Sehne des M. flexor hallucis longus
Wachstumsstærung
ca. 15% vorzeitiger Fugenverschluss (selten mit gravierenden Folgen, da meist > 10. Lj.)
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Asymmetrien der Rçckfuûachse und Beinlångendifferenzen
Klassifikation
AO: 43-E/1.1.-3
LiLa: 4.3.s.1.0-2.
Epiphysenlæsungen mit metaphysårem Keil
Besonderheiten
håufigste Verletzung; Supinationstrauma
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, ggf. Schrågaufnahme
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
kein Rotationsfehler < 10. Lj.: 208 Re-/Antekurvation, 208 Varus/Valgus, ad latus Fehlstellungen > 10. Lj.: 108 Re-/Antekurvation, 58 Varus, 108 Valgus keine Fehlstellung nach Beginn des Fugenschlusses belassen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ, Beachtung der Korrekturgrenzen
] Verfahren
4 Wochen US-Gips, Entlastung; ggf. Gipskeilung am 8. Tag
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
i. d. R. geschlossene Reposition; offene Reposition bei schwerer Dislokation, eingeschlagenen Weichteilen
]
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358
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Epiphysenlæsungen mit metaphysårem Keil ] Verfahren
geschlossene Reposition in ITN und Knieflexion von 908 (Muskelentspannung) Schraubenosteosynthese ergibt gute Primårstabilitåt nach Reposition bei federndem Widerstand: ggf. gekreuzte K-Draht-Spickung
] Nachbehandlung
4 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
K-Dråhte 4 Wochen post OP; Schraube 12 Wochen post OP (nach Konsolidierung)
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Nerven-Sehnen-Irritation durch Zugang
Wachstumsstærung
ca. 15% vorzeitiger Fugenverschluss (selten mit gravierenden Folgen, da meist > 10. Lj.)
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Asymmetrien der Rçckfuûachse und Beinlångendifferenzen
Klassifikation
AO: 43-E/2.1-3
LiLa: 4.3.s.1.0-2.
Epiphysåre Frakturen
Besonderheiten
v. a. 2 mm im Gelenkspalt
] Verfahren
offene Reposition; ggf. geschlossene Reposition bei geringer Dislokation Schrauben- oder K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
4 Wochen Entlastung; bei stabiler Osteosynthese Gipsruhigstellung nicht notwendig, sonst 4 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 4 Wochen (gipsfrei) Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Begleitverletzung: posteriores metaphysåres Fragment; Epiphysenlæsung dist. Fibula; fibulare Bandrupturen
Wachstumsstærung
20% vorzeitiger Fugenverschluss, v. a. nach dislozierten Frakturen
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Asymmetrien der Rçckfuûachse und Beinlångendifferenzen
Klassifikation
AO: 43-E/3.1-3
LiLa: 4.3.a.1.0-2.
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Epi-metaphysåre Frakturen
Besonderheiten
v. a. 2 mm im Gelenkspalt, Verkçrzung medialer Malleolus und Inkongruenz
] Verfahren
offene Reposition; ggf. geschlossene Reposition bei geringer Dislokation Schrauben- oder K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
4 Wochen Sohlenkontakt oder Entlastung; bei stabiler Schraubenosteosynthese Gipsruhigstellung nicht notwendig, bei K-Draht-Fixation 4 Wochen Gipsruhigstellung und Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 4 Wochen (gipsfrei) Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
22 Sprunggelenk
Komplikationen
instabile Osteosynthese fçhrt zu Gelenkinkongruenz
Wachstumsstærung
bis zu 20% vorzeitiger Fugenverschluss, v. a. nach dislozierten Frakturen
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Asymmetrien der Rçckfuûachse und Beinlångendifferenzen
Klassifikation
AO: 43-E/4.1-3
LiLa: 4.3.a.2.0-2.
Ûbergangsfraktur ± Twoplane-Fraktur
Besonderheiten
Frakturlinie innerhalb der Belastungszone ? exakte Reposition nætig Tilleaux-Fraktur
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, ggf. a.-p. Schrågaufnahme ausnahmsweise: MRT oder CT zur pråoperativen Planung
Korrekturgrenzen
Dislokation < 2 mm
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
Dislokation < 2 mm
] Verfahren
Gipsschiene, nach ca. 5 Tagen zirkulårer Gips fçr 6 Wochen, Abrollbelastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation > 2 mm
] Verfahren
anatomische Reposition und Schraubenosteosynthese (geschlossen oder offen)
] Nachbehandlung
4±5 Wochen Entlastung; bei stabiler Osteosynthese Gipsruhigstellung nicht notwendig, sonst 4±5 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
]
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362
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Ûbergangsfraktur ± Twoplane-Fraktur ] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 6 Wochen (gipsfrei) Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit, ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
ggf. frçhzeitige Arthrose bei Gelenkinkongruenz
Wachstumsstærung
keine, da Beginn des Wachstumsabschlusses
Nachkontrollen
Ü-jåhrlich: Funktionsprçfung bis freie Funktion
Klassifikation
AO: 43-E/5.1-3
LiLa: 4.3.a.3.0-2.
Ûbergangsfraktur ± Triplane-Fraktur
I
a
a
b
II
Besonderheiten
Tri-Plane I: zusåtzliche dorsale metaphysåre Fraktur Tri-Plane II: dorsale metaphysåre Frakturlinie verlåuft durch Fuge in Epiphyse Frakturlinie innerhalb der Belastungszone ? exakte Reposition nætig
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, ggf. a.-p. Schrågaufnahme ggf. MRT oder CT zur Darstellung der Frakturverlåufe und pråoperativen Planung
Korrekturgrenzen
Dislokation < 2 mm
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
22 Sprunggelenk
]
Konservative Therapie ] Indikation
Dislokation < 2 mm
] Verfahren
Gipsschiene, nach ca. 5 Tagen zirkulårer Gips fçr 4±6 Wochen, Abrollbelastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation > 2 mm
] Verfahren
offene Reposition und Schraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
4±5 Wochen Entlastung; bei stabiler Osteosynthese Gipsruhigstellung nicht notwendig, sonst 4±5 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle nach 6 Wochen (gipsfrei) Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit, ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
ggf. frçhzeitige Arthrose bei Gelenkinkongruenz
Wachstumsstærung
keine, da Beginn des Wachstumsabschlusses
Nachkontrollen
Ü-jåhrlich: Funktionsprçfung bis freie Funktion
Klassifikation
AO: 43-E/6.1-3
Distorsionstrauma des Sprunggelenks Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Inzidenz der Distorsionstraumen des Sprunggelenks liegt bei ca. 10±15%. Fibulare Bandrupturen sind in der Regel unproblematisch und konservativ zu therapieren. Unterhalb des 10. Lebensjahres kommt es meist zu knorpeligen oder knæchernen Bandausrissen v. a. fibular, wåhrend bei ålteren Kindern dem
LiLa: 4.3.a.4.0-2.
Erwachsenen entsprechend intraligamentåre Bandrupturen im Vordergrund stehen. Am håufigsten ist das Lig. talofibulare anterius mit zwei Drittel der Fålle betroffen, in 20% ist zusåtzlich das Lig. calcaneofibulare rupturiert (Abb. 22.9). Die Diagnose ergibt sich meist aus der Anamnese und der typischen Klinik mit Schwellung, Druckschmerz und ggf. Håmatom çber den jeweiligen Bandanteilen. Ein konventionelles Ræntgenbild wird zum Ausschluss einer osteochondralen Verletzung durchgefçhrt. Weiterfçhrende Maûnahmen wie die MRT oder gehaltene Ræntgenaufnahmen sind primår bei fehlender therapeutischer Konsequenz Ausnahmen vorbe-
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
halten. Die Therapie einer isolierten Bandverletzung erfolgt primår immer konservativ durch abschwellende Maûnahmen, Entlastung und ggf. Tapeverbånde. Eine primåre Bandnaht ist bei gleichen Langzeitergebnissen schon bei Erwachsenen im Vergleich zur konservativen Therapie mit etwa 10% persistierender Instabilitåt nicht indiziert. Bei anhaltender Symptomatik çber ca. 1 Woche oder bei einer Ruptur der Bånder (Håmatom) kann eine Stabilisierung des oberen Sprunggelenks çber eine Orthese erfolgen mit ansonsten funktioneller Nachbehandlung. In manchen Fållen ist eine Physiotherapie mit Muskelkråftigung (v. a. Peronealmuskulatur) und koordinativem Training (Propriozeption) sinnvoll. Knæcherne Bandausrisse werden ebenfalls durch Immobilisation in einer Unterschenkelgipsschiene konservativ therapiert. Ûber 90% der Bandverletzungen kænnen danach konservativ zufriedenstellend behandelt werden. Bei chronischer Instabilitåt zeigt sich klinisch im Seitenvergleich eine vermehrte laterale Aufklappbarkeit (Lig. calcaneofibulare) bzw. eine Verschiebbarkeit des Talus nach ventral (Schubladenphånomen; Lig. talofibulare anterius). Hier kann eine Instabilitåt durch gehaltene Aufnahmen verifiziert werden. Hierbei gilt eine laterale Aufklappbarkeit von ³ 108 und eine ventrale Verschieblichkeit von ³ 10 mm als pathologisch im Seitenvergleich. Erst bei Beschwerdepersistenz (rez. Schwellneigung, Instabilitåt, Schmerzen) trotz intensiven propriozeptiven Trainings çber mind. 3 Monate ist eine Bandplastik indiziert. Die primåre Wahl stellt die anatomische Bandrekonstruktion dar, bei der die Sehnenstçmpfe vernåht werden. Fçr diese Methode werden insgesamt gute Langzeitergebnisse beschrieben mit Ausnahme auf lange bestehender Instabilitåten und allgemeiner Hyperlaxizitåten. Eine verbreitete Modifikation der Bandrekonstruktion ist die Rekonstruktion mittels Periostlappen (s. Abb. 22.16). Die Bandrekonstruktion stellt bei technisch einfacher Durchfçhrung, Komplikationsarmut und besseren Langzeitresultaten die Methode der ersten Wahl dar. Ne-
Membrana interossea cruris Malleolus lateralis Lig. tibiofibulare post. Lig. talofibulare post. Lig. calcaneofibulare
Lig. talocalcaneare lat.
Lig. tibiofibulare ant. Lig. talofibulare ant.
Lig. talocalcaneare interosseum
Lig. calcaneocuboideum
Abb. 22.9. Auûenbandapparat des OSG.
ben der anatomischen Rekonstruktion werden auch Tenodeseverfahren und Bandplastiken empfohlen. Diese sind jedoch nicht in der Lage, die Anatomie wiederherzustellen und fçhren damit zwangslåufig zu einer verånderten Kinematik im oberen Sprunggelenk. Im Kindesalter finden diese Verfahren daher keine regelmåûige Anwendung. Begleitend kænnen selten osteochondrale Frakturen (Flake Fractures) des Talus auftreten, welche je nach Græûe operativ refixiert werden mçssen. Begleitende Epiphysenlæsungen der distalen Fibula sind selten und kænnen nach Reposition konservativ durch Gipsruhigstellung fçr 3 Wochen behandelt werden. Isolierte Syndesmosenrupturen sind ebenfalls selten und werden wie beim Erwachsenen durch eine Stellschraube temporår fixiert. Beim Jugendlichen kommt es dagegen æfter zu knæchernen Syndesmosenausrissen (Ûbergangsfraktur: das ventrolaterale Fragment entspricht einem knæchernen Syndesmosenausriss), welche durch eine Zugschraube osteosynthetisch versorgt werden. Hier ist eine zusåtzliche Sicherung durch eine Stellschraube bei intaktem Bandapparat nicht notwendig.
22 Sprunggelenk
Fibulare Bandlåsion
Besonderheiten
håufigste Sprunggelenksverletzung typisch nach Supinationstrauma < 12. Lj. v. a. knæcherne, auch knorpelige Bandausrisse > 12. Lj. intraligamentåre Bandrupturen chronische Instabilitåt: selten
Diagnostik
Rx OSG a.-p. + seitlich ggf. MRT (Ausschluss osteochondraler Verletzung, Syndesmosenbeurteilung) chronische Instabilitåt: gehaltene Funktionsaufnahmen, vermehrte klinische laterale Aufklappbarkeit, vermehrter anteriorer Talusvorschub
Korrekturgrenzen
Beschwerdefreiheit; keine chronische Instabilitåt (Schmerzen, rezidivierende Supinationstraumen, rezidivierende Schwellneigung)
Primårbehandlung
abschwellende Maûnahmen, ggf. US-Gipsschiene, ggf. Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
fast immer konservativ
] Verfahren
intraligamentåre Ruptur: ¹PECHª (Pause, Eis, Compression, Hochlagern), elastischer Verband; Entlastung knæcherner Ausriss: US-Gipsschiene fçr 4 Wochen
] Nachbehandlung
ggf. Orthese (z. B. aircast-Schiene), bei persistierender Instabilitåt Krankengymnastik (propriozeptives Training)
] Rx-Kontrolle
entfållt
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit; nach ca. 4±6 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
wiederholte Ruptur; grobe Instabilitåt (alle drei lateralen Bånder); Zustand nach Bandplastik mit Reruptur; therapieresistente chronische Instabilitåt Flake Fracture des Talus
] Verfahren
Bandnaht, bei Substanzmangel mit Periostlappenverstårkung, Tenodese mit Peronaeusbrevis-Sehne nur als Ultima ratio Flake Fracture des Talus: Refixation mit Fibrinkleber und resorbierbaren Pins
] Nachbehandlung
6 Wochen US-Gips unter Vollbelastung, bei Flake Fracture Teilbelastung
] Rx-Kontrolle
entfållt
]
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D. Schneidmçller und I. Marzi
Fibulare Bandlåsion ] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit und symmetrischen Muskelverhåltnissen, 4±6 Wochen nach Gipsabnahme
Komplikationen
10% chronische Instabilitåt (konservative/operative Therapie) Flake Fracture des Talus ? Osteochondrosis dissecans
Wachstumsstærung
keine
Nachkontrollen
4 Wochen nach Sportbeginn, Ü-jåhrlich Kontrolle bis Beschwerdefreiheit
Klassifikation
AO: 43-E/7.1-3
Osteochondrosis dissecans tali Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Unter der Osteochondrosis dissecans versteht man eine aseptische Nekrose des subchondralen Knochens, welche meistens den medialen Talus betrifft (85%). Die Inzidenz liegt bei 0,09% mit einer Håufung in der 2. und 3. Lebensdekade. Die åtiologischen Faktoren werden in der Literatur kontrovers diskutiert, neben traumatischen Ursachen und repetitiven Mikrotraumen werden vaskulåre, genetische, endogene und bakterielle Faktoren vermutet. Von vielen Autoren wird die traumatische Genese als Hauptfaktor angesehen. Danach ist eine Håufung der Osteochondrosis dissecans in Ballsportarten mit wiederholten Mikrotraumen (Basketball, Fuûball usw.) zu beobachten. Der Verlauf ist stadienhaft und wird international z. B. nach Berndt und Harty eingeteilt (Abb. 22.10). Das initiale Symptom ist der Schmerz, im Stadium der Fragmentation kænnen Blockierungsphånomene und Instabilitåtsgefçhl hinzukommen. Zur Diagnostik gehært heute die MRT, die Aufschluss çber die Vitalitåt des Dissekats sowie den Knorpelzustand gibt. Allerdings korreliert der MRT-Befund nicht mit der
LiLa: 4.3.a.5.0-2.F.
Beschwerdesymptomatik. Die Therapie richtet sich nach dem jeweiligen Stadium. Ziel ist eine Revitalisierung des Bezirks, die Verhinderung der Progression (Dissekatbildung) und die Pråvention einer Arthrose. Ein verbleibender Knorpelschaden stellt eine pråarthrotische Deformitåt dar. Behandlungsprinzipien sind Belastungsreduktion, Revitalisierung des Herdes und Refixation des Dissekats. Im Initialstadium und Stadium II steht die konservative Therapie gerade im Kindesalter im Vordergrund. Operativ versucht man in frçhen Stadien eine Revitalisierung durch retrograde oder auch antegrade Anbohrungen zu erreichen. Bei kleinen Defekten < 7 mm fçhrt man ein Dbridement sowie zusåtzliche knochenmarkstimulierende Methoden (z. B. Anbohrung) durch, græûere Defekte versucht man analog zu den Methoden am Kniegelenk zu rekonstruieren mit z. B. Mikrofrakturierung und Knochen-Knorpel-Transplantation. Es gibt einzelne Berichte çber gute Ergebnisse der unterschiedlichen Methoden, allerdings stehen hier meist Langzeitergebnisse prospektiver kontrollierter Studien aus. Inwieweit neuere Methoden wie der Einsatz von Wachstumsfaktoren oder Zelltransplantationen Bedeutung erlangen, bleibt fçr die Kindertraumatologie noch abzuwarten. Insgesamt verfçgen jçngere Patienten jedoch çber eine bessere Prognose als Erwachsene.
22 Sprunggelenk
1. Initialstadium
subchondrale Osteonekrose; Knorpel intakt; Regeneration möglich
konservative Therapie
2. Demarkation
sklerotische Abgrenzung der Nekrose; Knorpel intakt; Regeneration unwahrscheinlich
schmerzfrei; konservativ; symptomatisch: konservativ für 6-12; wo, bei Persistenz: operativ
3. Dissekat in situ
Fragmentation, Verlust der Integrität mit umliegendem gesundem Gewebe
operative Therapie
4. freies Dissekat
freier Gelenkkörper
operative Therapie
Abb. 22.10. Einteilung der Osteochondrosis dissecans nach Berndt und Harty.
]
367
368
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Osteochondrosis dissecans
a
b
Besonderheiten
håufig in der 2. Lebensdekade Sportler (rezidivierende Mikrotraumen, Supinationsverletzungen) meistens mediale Talusschulter
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, Schrågaufnahme MRT (Stadienbestimmung, mit KM: Vitalitåtsbestimmung) ggf. ASK
Korrekturgrenzen
Stadium Stadium Stadium Stadium
Primårbehandlung
±
I II III IV
subchondrale Nekrose subchondrale Sklerose Dissekat in situ freies Dissekat
konservativ konservativ/operativ operativ operativ
Konservative Therapie ] Indikation
Stadium I Stadium II ± Therapieversuch fçr 6±12 Wochen
] Verfahren
Entlastung an UA-Gehstæcken, Sportpause, ggf. NSAIDS
] Nachbehandlung
Krankengymnastik: propriozeptives Training
] Rx-Kontrolle
MRT-Kontrolle im Abstand von 3 Monaten bei persistierendem klinischem Befund
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit
Operative Therapie ] Indikation
Beschwerdepersistenz im Stadium II Stadium III, Stadium IV
] Verfahren
retrograde Anbohrung (Stadium II) retrograde Ausråumung und Spongiosaplastik (Stadium II/III mit intaktem Knorpel) antegrade Anbohrung, Mikrofrakturierung (Stadium II/III) antegrade Ausråumung, Spongiosaplastik und Refixation (Stadium III mit Verlust der Integritåt mit Umgebung; Stadium IV bei intakter Knorpelflåche) antegrade Ausråumung, Kçrettage, Dissekatresektion (Stadium IV bei Knorpelschådigung) Defekt < 7 mm: Dbridement und Anbohrung Defekt > 7 mm: Knorpelrekonstruktion
] Nachbehandlung
8±12 Wochen Entlastung
22 Sprunggelenk
] Rx-Kontrolle
MRT-Kontrolle im Abstand von 3 Monaten (mit KM: Revaskularisierung?)
] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit
Komplikationen
Arthrose
Wachstumsstærung
Pråarthrose
Nachkontrollen
im Abstand von 3 Monaten bis Beschwerdefreiheit
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG
Allg. Material
] Bildwandler
Lagerung
] Rçckenlage, OS-Blutsperre, Abdeckung oberhalb des Kniegelenks (Rotationskontrolle)
Zugang ± Allgemeines
Malleolus medialis (Abb. 22.11) ] Schnittfçhrung çber dorsalen Innenknæchelrand Malleolus lateralis (Abb. 22.12) ] Schnittfçhrung an der dorsalen Fibulakante. Cave: N. peronaeus superficialis
Spezielle Aufklårung
] N.-peronaeus-superficialis-Verletzung bei lateralem Zugang ] Osteochondrosis dissecans: Lockerung des Transplantats, iatrogene Knorpelschådigung
Metallentfernung
] K-Dråhte: ggf. in LA ] Schrauben: ITN
LiLa:
Frakturen der distalen Tibia Material
] kançlierte Schrauben, selbstbohrend/-schneidend, rçckschneidend % Titan % Durchmesser: 3,5±4 mm
Zugang
] siehe Zugånge allgemein ] Ûbergangsfrakturen: % i. d. R. lateraler Zugang; bei seltenen medialen Frakturen medialer Zugang
OP-Prinzip
Reposition ] 908-Knieflexion und leichter Fuûplantarflexion ? Muskelentspannung ] Umkehrung des Unfallmechanismus = Reposition Zugschraubenosteosynthese ] geschlossene Reposition und Osteosynthese çber Stichinzision mit einer kançlierten Spongiosaschraube/Kleinfragment-Spongiosaschraube (3,5±4,5 mm) ggf. offene Reposition (Repositionshindernis, Gelenkrekonstruktion)
]
369
370
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG ] Salter-III-Fraktur: epiphysåre Schrauben parallel zur Epiphysenfuge (Abb. 22.13), ohne die Fuge zu durchkreuzen; ggf. K-Draht bei sehr kleinem Fragment ] Salter-IV-Fraktur: epiphysåre Schraube parallel zur Fuge, eine Schraube oft ausreichend, bei groûem metaphysårem Fragment zusåtzliche metaphysåre Schraube parallel zur Epiphysenfuge ] Twoplane-Fraktur: epiphysåre Schraube, die Fuge darf bei lateraler Fraktur durchkreuzt werden, da Fuge weitestgehend geschlossen ist (schråger Verlauf ? bessere Kompression); kein Wachstum zu erwarten (Abb. 22.14) ] Triplane-I-/-II-Fraktur: zuerst Fixation des metaphysåren (ventrodorsal) und dann des epiphysåren Fragments; die Fuge darf bei lateraler Fraktur durchkreuzt werden (Abb. 22.15 a, b)
Fibulare Bandruptur Zugang
] bogenfærmiger Hautschnitt çber lateralen Malleolus (Abb. 22.12)
OP-Prinzip
Bandrekonstruktion ] Durchtrennung der çberdehnten Bånder 2 mm unterhalb der Fibulaspitze ] Naht der Sehnenstçmpfe dachziegelartig ] Modifikation: Abheben eines Periostlappens der distalen Fibula, transossåre Fixation der Sehnenstçmpfe und Dopplung mit Periostlappen (Abb. 22.16 a, b)
Osteochondrosis dissecans Zugang
] Arthroskopie, nur bei groûen Defekten und schwieriger Lokalisation Arthrotomie ] anterolaterale und anteromediale Portale (Abb 22.17) ] offener Zugang bei groûen Defekten, Innenknæchelosteotomie im Wachstumsalter problematisch wegen Fuge
OP-Prinzip
Anbohrung/Mikrofrakturierung ] Eræffnung der Sklerose (Einwandern mesenchymaler Stammzellen ? Bildung von Faserknorpel) ] retrograde Anbohrung ± Gelenkknorpel bleibt intakt ± Zugang von der kontralateralen Talusseite ] antegrade Anbohrung (Pridie), Mikrofrakturierung ± arthroskopisch in Plantarflexion; Zugånge: anterior, posterior, transmalleolar ± Anbohrung mit K-Dråhten (1,2 mm) ] retrograde Ausråumung und Spongiosaplastik ± Gelenkknorpel bleibt intakt; ggf. Auffçllen mit Beckenkammspongiosa oder PridieBohrung ] antegrade Ausråumung, Spongiosaplastik und Refixation ± Arthrotomie ± gelenkseitige Ausråumung der Sklerosezone, Auffçllen mit Beckenkammspongiosa sowie Refixation des Dissekats mit Fibrinkleber und biodegradablen Pins Rekonstruktive Methoden ± osteochondrale Transplantation: Transplantation eines Knorpel-Knochen-Zylinders vom gleichseitigen Femurkondylus ± autologe Chondrozytentransplantation: vereinzelte Beschreibungen
22 Sprunggelenk
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG
V. saphena magna N. saphenus
A. tibialis posterior
N. suralis
N. tibialis
Sehnen des M. tibialis posterior und M. flexor digitorum longus
Abb. 22.11. Zugang zum medialen Malleolus.
N. peronaeus superficialis
Senen des M. peronaeus longus und brevis
Abb. 22.12. Zugang zum lateralen Malleolus.
Abb. 22.13. Zugschraubenosteosynthese bei Salter-III-/-IV-Fraktur.
Abb. 22.14. Schråg verlaufende Osteosynthese einer Twoplane-Fraktur. Kompression des ventrolateralen Fragments.
]
371
372
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG
a
b
Abb. 22.15. Osteosynthese bei Ûbergangsfrakturen. a Triplane-I-Fraktur, b Triplane-II-Fraktur.
22 Sprunggelenk
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG
aa
bb Abb. 22.16 a, b. Bandrekonstruktion mit Periostlappen.
]
373
374
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
M. extensor digitorum longus N. cutaneus dorsalis medialis 1
distale Tibia/OSG V. saphena magna, N. saphenus M. extensor hallucis longus
M. flexor digitorum longus
V. saphena parva, N. suralis M. soleus
M. tibialis anterior 2 3
A. dorsalis pedis, N. peroneus profundus
A., V. tibialis posterior, N. tibialis
Abb. 22.17. Arthroskopische Zugangswege zum OSG: 1 anterolateraler Zugang, 2 anteromedialer Zugang, 3 posterolateraler Zugang.
22 Sprunggelenk
] Fallbeispiele Fall 22.1 Salter-I-Fraktur, Junge, 10 J., Freizeitunfall.
a, b Unfallbilder. c, d K-Draht-Osteosynthese nach Reposition.
Fall 22.2 Salter-III-Fraktur, Mådchen, 12 J.
a, b Unfallbilder. c, d Schraubenosteosynthese.
]
375
376
]
22 Sprunggelenk
Fall 22.3 Twoplane-Fraktur, Mådchen, 13 J., Schulsportunfall.
a, b Unfallbilder. c, d Schraubenosteosynthese.
Fall 22.4 Triplane-II-Fraktur, Junge, 15 J.
a, b Unfallbilder. c, d Schraubenosteosynthese (schråger Schraubenverlauf).
22 Sprunggelenk
Fall 22.5 Triplane-II-Fraktur, Mådchen, 13 J.
a±d Unfallbilder. e, f Schraubenosteosynthese mit Verschraubung der metaphysåren Fraktur.
]
377
23 Fuû
D. Schneidmçller und I. Marzi
] Physiologische Befunde
3
2
4
Knochenkerne und Fugenschluss 1
Bei Geburt sind lediglich die Ossifikationszentren des Kalkaneus und Talus radiologisch nachweisbar: ] Das Os naviculare wird als letzter Fuûwurzelknochen zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr sichtbar. ] Die Kalkaneusapophyse entwickelt sich zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr, håufig aus mehreren Ossifikationszentren. ] Phalangen und Mittelfuûknochen haben jeweils nur eine Epiphysenfuge: ± eine basale Fuge: MFK I, Phalangen I±V; ± eine subkapitale Fuge: MFK II±V. Sesamoide: Gespaltene Sesambeine sind håufig zu sehen, wohingegen Sesambeinfrakturen im Wachstumsalter selten vorkommen (Abb. 23.3, 23.4). Ebenso kænnen geteilte Epiphysenfugen im Wachstumsalter auftreten (Abb. 23.5).
6 7
4 5 9 8
Abb. 23.2. Akzessorische Knochenkerne 1 Os tibiale externum (10%) 2 Os sustentaculi (1,5%) 3 Talus secundarius 4 Os trigonum (13%) 5 Calcaneus secundarius (4,4%) 6 Os intercuneiforme (selten) 7 Os intermetatarseum (9%) 8 Os vesalianum 9 Os fibulare (10%).
2.-3. Lj. 3. Lj. 3.-4. Lj.
1.-2. Lj. 10. Em.
7.-8. Em. 5.-6. Em.
Abb. 23.1. Knochenkerne und Fugenschluss.
Abb. 23.3. Sesamoide ± Lokalisation.
380
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Querteilung Os sesamoideum bipartitum
Längsteilung
Os sesamoideum tripartitum/ multipartitum
Abb. 23.4. Sesamoide ± Teilungsvarianten.
Abb. 23.5. Geteilte Epiphyse.
] Verletzungen im Bereich des Fuûskeletts Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Verletzungen im Bereich des Fuûskeletts weisen eine Inzidenz von 13% auf. Die Inzidenz von Mittelfuû- und Zehenfrakturen liegt bei 70±90%, die der Fuûwurzelverletzungen bei 4%, wobei Kalkaneus, Talus und das Navikulare am håufigsten betroffen sind. Der Fuû des Kindes unterscheidet sich in vieler Hinsicht von dem des Erwachsenen, beispielsweise in unterschiedlichen Fuûachsen, vorhandenen Wachstums- und Ossifikationszentren
sowie erhæhter Bandlaxizitåt. Es gibt viele anatomische Variationen, welche die radiologische Diagnose einer Fraktur erschweren. Håufig finden sich akzessorische Knochen, die irritieren kænnen, aber ohne klinische Bedeutung sind (s. Abb. 23.2). Im Vergleich zu anderen Kærperteilen ist die Geschwindigkeit des Långenwachstums des Fuûes in den ersten Jahren besonders groû. 50% des Långenwachstums haben bereits nach dem 1. Lebensjahr bei Mådchen und nach 1Ý Jahren bei Jungen stattgefunden; nach dem 12. Lebensjahr sind es 96% bei Mådchen und 88% bei Jungen. Dies muss beim therapeutischen Vorgehen berçcksichtigt werden; eine regelrechte Reposition von dislozierten Frakturen ist notwendig, da fçr eine Korrektur wåhrend des Wachstums meist nicht ausreichend Zeit bleibt. Zudem muss bei der anatomischen Reposition beachtet werden, dass Normwerte der Fuûwinkel des Erwachsenen nicht ohne weiteres auf das junge Kind çbertragbar sind. Verletzungen des Vorfuûes bilden den Hauptanteil der Fuûverletzungen im Kindesalter. Sie sind meist unkompliziert bis auf direkte Quetschverletzungen. Die Behandlung von Fuûwurzelfrakturen dagegen stellt eine Herausforderung dar und die internationale Literatur gibt nur wenig Hilfestellungen. ] Kompartmentsyndrom. Eine seltene dennoch schwerwiegende Komplikation ist das Kompartmentsyndrom des Fuûes, das bei geschlossenen, aber auch bei offenen Frakturen vorkommen kann. Der Fuû hat 4 Kompartmente: ein mediales, ein laterales, ein zentrales und ein interossåres. Klinische Zeichen eines Kompartmentsyndroms sind Schwellung, starke Schmerzen, Schmerzen bei passiver Bewegung der Zehen, Pulsminderung, verminderte 2-Punkte-Diskrimination und ein motorisches Defizit. Ein Druck > 30 mmHg gilt als pathologisch, eine direkte Druckmessung ist beim Kind jedoch kaum realisierbar. Die komplexe Anatomie und die kleinen Kompartmente des Fuûes machen eine exakte Diagnose und damit eine gezielte Kompartmentspaltung schwer. Entscheidend ist der klinische Befund, in Grenzfållen kann das MRT eingeschrånkt Hilfestellung bieten. Therapeutisch muss frçhzeitig eine Fasziotomie durchgefçhrt werden, ansonsten kænnen Folgeschåden wie plantare Kontraktur, Hohlfuûdeformitåt, Krallenzehen, Bewegungseinschrånkung, Sensibilitåtsstærungen und chronische Schmerzen auftreten.
23 Fuû
] Komplexes Fuûtrauma. Diese Kombinationsverletzung in mehreren Etagen ist håufig Folge von Ûberroll- oder Rasanztraumen. Ziel der Behandlung ist die Wiederherstellung eines gebrauchfåhigen plantigraden Fuûes. Das therapeutische Vorgehen ist vom Allgemeinzustand des meist oft mehrfachverletzten Kindes sowie vom Lokalbefund abhångig. Definiert wird es çber ein 5-Punkte-System nach Zwipp. Dies berçcksichtigt zum einen die anatomische Lokalisation (1. OSG, 2. Talus, 3. Kalkaneus, 4. Chopart-Gelenk, 5. Lisfranc-Gelenk; Abb. 23.6) und zum anderen den Weichteilschaden (pro Grad des Weichteilschadens einen Punkt; Ûberrolltrauma und subtotale Amputation = 4 Punkte). Ergibt die Anzahl der betroffenen Lokalisationen sowie der Punktwert des Weichteilschadens einen Gesamtpunktwert von 5 oder mehr, so liegt ein Komplextrauma des Fuûes vor. Wåhrend bei Erwachsenen die primåre Amputation beim umfassenden Vorfuûtrauma des Fuûes beim schwer polytraumatisierten Patienten eine valide Option ist, ist man beim Kind aufgrund der guten Heilungspotenz zurçckhaltender und dbridiert primår die Grenzzonen. Die Therapie kann bei diesen komplexen Verletzungen nicht standardisiert sein, jedoch gibt es die standardisierten Richtlinien bei schweren Weichteilschåden und offenen Frakturen: ] grçndliche Reinigung der Wunden im OP, ggf. mit Jetlavage, ] systemische Antibiotikatherapie (Cephalosporin), ] chirurgisches Wunddbridement, ] temporåre Deckung mit Kunsthaut, Vakuumsystem und regelmåûiges Nachdbridement, Second-Look-Operationen alle 2 Tage,
OSG/ Pilon
I
Talus
II
Calcaneus
III
] einfache Osteosynthese zur Wiederherstellung der anatomischen Achsen (Rçckfuû, Mittelfuû, mediale und laterale Fuûsåule), minimalinvasiv bzw. perkutan mit K-Dråhten (1,4±1,6 mm) oder kançlierten Schrauben (3,5 mm), ] ggf. tibiometatarsale Transfixation (çber 1. und 4. Strahl), ] ggf. sekundårer Gewebetransfer (Lappenplastiken, aber auch Hautersatz; Integra), ] im Einzelfall auch regionale Schmerztherapie ab dem 6. Lebensjahr zur Analgesie und Sympathikolyse.
] Talusfraktur Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Talusfrakturen sind åuûerst selten, ihre Inzidenz liegt bei 0,008%. Sie resultieren çberwiegend aus massiven Traumen. Meist handelt es sich um undislozierte Talusfrakturen. Bei bestehender Dislokation muss eine exakte anatomische Reposition angestrebt werden, da sonst mit schlechten Langzeitergebnissen mit frçhzeitiger Arthrose zu rechnen ist. Die Fraktur kann drei verschiedene Zonen des Talus betreffen, die am håufigsten betroffenen Zonen sind der Talushals sowie der Korpus und die Processus lateralis und posterior. Bei
LisfrancGelenklinie
ChopartGelenklinie
Typ I
V
IV
Abb. 23.6. Einteilung der anatomischen Verletzungsregionen am Fuû nach Zwipp.
]
Typ III
Typ II
Typ IV
Abb. 23.7. Klassifikation der Talusfrakturen nach Hawkins.
381
382
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Tabelle 23.1. Klassifikation der Talushalsfrakturen nach Hawkins Typ
Dislokation
Therapie
Nekrosegefahr
Typ I
meist undisloziert
geschlossene, ggf. offene Reposition bei Gelenkstufe > 12. Lj. US-Gips fçr 6 Wochen unter Entlastung
5±10%
Typ II
Korpusdislokation nach dorsal ohne Luxation aus Malleolengabel; håufig mit medialer Trçmmerzone assoziiert
exakte Reposition und Schraubenosteosynthese, im Einzelfall auch K-Draht-Osteosynthese; US-Gips fçr 6 Wochen unter Entlastung
40±50%
Typ III
Korpusdislokation aus Malleolengabel
notfallmåûige offene Reposition und Schraubenosteo- 80±100% synthese; US-Gips fçr 6 Wochen unter Entlastung
Typ IV
zusåtzliche Talushalsdislokation aus Malleolengabel
offene Reposition und Schraubenosteosynthese mit zusåtzlicher K-Draht-Transfixation des Talonavikularund Subtalargelenks fçr 4 Wochen; US-Gips fçr 6 Wochen unter Entlastung
Frakturen des Halses (s. Tab. 23.1) und des Kærpers besteht eine Nekrosegefahr, welche mit zunehmendem Alter und Ossifikation ansteigt (Inzidenz 25%). Meist wird die Nekrose erst nach 6±9 Monaten im Ræntgenbild nachweisbar. Ein Hinweis auf eine Nekrose ist das fehlende Hawkins-Zeichen, eine nach ca. 8 Wochen auf-
80±100%
tretende subchondrale hypodense Zone im Bereich des Talusdoms. Dies gilt jedoch nur fçr Kinder nach dem 10. Lebensjahr mit ausreichender Ossifikation. Die MRT kann hier frçhzeitig Hinweise auf die Durchblutungssituation geben.
Talusfraktur
Typ II
Besonderheiten
selten mægliche Frakturen: Hals, Korpus, Processus v. a. massives Trauma (Ûberrolltrauma, Rasenmåherverletzung), oft assoziiert mit komplexen Fuûtraumen
Diagnostik
Rx Rçckfuû a.-p. + seitlich MRT: Frakturverlauf, Durchblutung; Darstellung nicht ossifizierter Anteile ggf. CT beim ålteren Kind, Beurteilung von Gelenkflåchen und Frakturverlauf
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Rekonstruktion der Anatomie und der Gelenkflåchen, Erhalt der Fuûachsen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie offene Fraktur, Luxationsfraktur: notfallmåûige OP (Nekrosegefahr)
23 Fuû
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Frakturen, Gelenkspalt oder -stufe < 2 mm
] Verfahren
6±8 Wochen US-Gips, Entlastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
nach 6±8 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung, bei freier Funktion
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation im Gelenk > 2 mm; Verkçrzung, Achsabweichung; Typ II±IV nach Hawkins; offene Frakturen
] Verfahren
geschlossene Reposition; Schraubenosteosynthese ggf. K-Draht-Spickung meist offene Reposition nætig; Schraubenosteosynthese Luxation aus Malleolengabel: ggf. zusåtzliche Transfixation mit OSG im Einzelfall mit Bandrekonstruktion
] Nachbehandlung
6 Wochen US-Gips (ggf. in leichter Flexion), Entlastung bei Nekrosegefahr 10 Wochen Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
nach 4 Wochen transfixierende K-Dråhte nach 6 Monaten Schrauben
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung und freier Funktion
Komplikationen
Frçharthrose im USG Talusnekrose Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
±
Nachkontrollen
bei Nekrosegefahr: nach 10 Wochen MRT (Ausschluss einer Nekrose) 3-wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht; bei unauffålligem Befund nach 1 Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
383
384
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
] Kalkaneusfraktur 25 °- 40 °
Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Kalkaneusfrakturen sind selten, ihre Inzidenz betrågt 0,005%. Nicht immer sind Hochrasanztraumen oder Sprung aus groûer Hæhe die Ursache, bei Kleinkindern vor dem 3. Lebensjahr kann es auch durch leichte Traumen zu Kalkaneusfrakturen kommen (¹Toddler's Fractureª), welche anfangs nicht immer radiologisch nachweisbar sind. Deshalb empfiehlt sich bei negativem Ræntgenbefund und anhaltenden Beschwerden eine Ræntgenkontrolle nach 2 Wochen, in der sich dann die Fraktur bzw. die Kallusbildung zeigt. Ein Drittel der Kalkaneusfrakturen sind mit zusåtzlichen Verletzungen assoziiert, welches gerade beim Hochrasanztrauma zu beachten ist. Bei Kindern, die jçnger als 7 Jahre sind, çberwiegen extraartikulåre Frakturen. Diese betreffen in der Regel den Tuber calcanei. Kalkaneusfrakturen beim Adoleszenten sind meist intraartikulår und fçhren zu einer Abflachung des Tuber-Gelenk-Winkels (< 25±408) (Abb. 23.8). Ausreichende Untersuchungen zu Langzeitergebnissen bei konservativ therapierten intraartikulåren dislozierten Kalkaneusfrakturen liegen nicht vor. So kann die extraartikulåre undislozierte Fraktur beim jungen Kind konservativ behandelt werden, wohingegen die intraartikulåre dislozierte Fraktur des Adoleszenten entsprechend der Erwachsenenchirurgie anatomisch reponiert und stabilisiert werden muss.
1a
Klassifikation Es existieren unterschiedliche Klassifikationen fçr Kalkaneusfrakturen. Grundsåtzlich wird nach Beteiligung des zentralen thalamischen Gelenks zwischen extra- und intraartikulåren Frakturen differenziert. Essex Lopresti unterscheidet zwei Hauptformen, den Joint-Depression- sowie den Tongue-Typ (Abb. 23.9). Nur wenige dieser Klassifikationen beziehen sich auf Verletzungen im Kindesalter, als Beispiel ist die Klassifikation nach Wiley und Profitt aufgefçhrt (Abb. 23.10).
a
b
Abb. 23.9. Essex-Lopresti-Klassifikation der Kalkaneusfrakturen a Joint-Depression-Typ, b Tongue-Typ.
2a
1d 1b
1c
Abb. 23.8. Bæhler-Winkel (Tuber-Gelenk-Winkel).
1e
2d 2b
1f
2c
2e
Abb. 23.10. Klassifikation der Kalkaneusfrakturen nach Wiley und Profitt 1 extraartikulår a Tuberausriss, b vertikale Korpusfraktur, c horizontale Korpusfraktur, d Processus-medialis-Ausriss, e, f Processus-anterior-Ausriss; 2 intraartikulår a undisloziert, b Tongue-Typ, c zentrolaterale Fraktur disloziert, d Sustentakulumfraktur, e Mehrfragmentfraktur.
23 Fuû
Kalkaneusfraktur
Besonderheiten
Ursache: < 10. Lj. einfache Stçrze; > 10. Lj. Hochrasanztraumen v. a. Adoleszente: intraartikulåre dislozierte Frakturen < 8. Lj.: extraartikulåre, wenig dislozierte Frakturen Kleinkinder < 3. Lj.: Toddler-Fracture
Diagnostik
Rx Rçckfuû a.-p. + seitlich; Kalkaneus axial bei Verdacht auf Fraktur: CT + 3D-Rekonstruktion alternativ MRT mit Rekonstruktion bei kleinen Kindern
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Herstellung der Gelenkflåchen; Erhalt der Fuûachsen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie, abschwellende Maûnahmen
Konservative Therapie ] Indikation
keine Gelenkstufen, akzeptabler Tuber-Gelenk-Winkel extraartikulåre undislozierte Frakturen
] Verfahren
6 Wochen US-Gips, Entlastung
] Nachbehandlung
dann schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit
Operative Therapie ] Indikation
intraartikulåre dislozierte Frakturen extraartikulåre dislozierte Frakturen meist im Intervall, nach Rçckgang der Weichteilschwellung
] Verfahren
offene Reposition der Achsen, Winkel und der Gelenkflåchen selten mit Spongiosaplastik beim Kind; Osteosynthese bei kleinen Kindern mit K-Dråhten, ansonsten mit Flachprofilplatten (winkelstabile Kalkaneusplatte des Erwachsenen meist zu groû; alternativ winkelstabile kleine Hand-, Fuûplatten)
] Nachbehandlung
6 Wochen Entlastung im US-Gips nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
]
385
386
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Kalkaneusfraktur ] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
1 Jahr post OP
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Frçharthrose im USG Kompartmentsyndrom (10%)
Wachstumsstærung
mægliche Inkongruenz des subtalaren Gelenks
Nachkontrollen
3-wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht
Klassifikation
AO:
] Fuûwurzelfraktur ± Verletzungen des Vorfuûes Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild ] Frakturen der Fuûwurzeln. Diese sind sehr selten, aufgrund der hohen Nekrosegefahr ist jedoch eine anatomische Reposition anzustreben. Bei persistierender Fehlstellung ist mit einer frçhzeitigen Arthrose mit erheblichen Beschwerden zu rechnen, welche håufig nur im weiteren Verlauf durch eine Arthrodese behoben werden kænnen. ] Frakturen des Navikulare. Sie sind selten disloziert, kænnen jedoch mit Luxationen im Chopart-Gelenk assoziiert sein. ] Kuboidfrakturen. Hier handelt es sich meist um Kompressionsfrakturen mit Verkçrzung der lateralen Fuûsåule. Ziel ist ebenfalls eine anatomische Reposition mit Wiederherstellung der Långe. ] Frakturen der Metatarsalia. Sie weisen eine Inzidenz von 4% auf und machen je nach Literaturangabe bis zu 90% aller Fuûfrakturen aus. In der Mehrzahl der Fålle handelt es sich um subkapitale Frakturen mit geringer Dislokation, sodass eine konservative Therapie meist ausreicht. Bei Serienfrakturen empfehlen wir jedoch aufgrund der Instabilitåt eine perkutane K-DrahtSpickung. Bei Kindern vor dem 10. Lebensjahr ist der erste Mittelfuûknochen am håufigsten betroffen. Bei Kindern, die ålter als 10 Jahre
LiLa:
sind, steht die Basisfraktur des 5. Mittelfuûknochens im Vordergrund. Typischer Unfallmechanismus ist das Supinationstrauma. Die Metatarsale-V-Basis-Fraktur verlåuft quer im Gegensatz zur Apophysenfraktur, welche långs verlåuft und in der Regel keine weiteren therapeutischen Konsequenzen erfordert (Abb. 23.11, 23.12). ] Zehenfrakturen. Sie stellen mit Frakturen der Mittelfuûknochen den Hauptanteil, wobei im Wesentlichen die Groûzehe betroffen ist. Am håufigsten handelt es sich um basale Epiphysenlæsungen und Stauchungsfrakturen. Schaftfrakturen sind in der Regel konservativ durch Ruhigstellung (Tape) behandelbar, dagegen kænnen intraartikulåre Frakturen und Epiphysenlæsungen zu Wachstumsstærungen und Frçharthrosen fçhren und sollten bei deutlicher Abweichung reponiert und ggf. mit einem K-Draht fixiert werden. ] Luxationen des Fuûskeletts. Diese Verletzungen sind im Kindesalter selten. Meist handelt es sich um interphalangeale Luxationen, die einfach zu reponieren und durch Tape zu stabilisieren sind. Peritalare und subtalare Luxationen bzw. Subluxationen kommen v. a. beim Adoleszenten vor, håufig sind sie mit Frakturen des Talus assoziiert. Luxationen im Lisfranc-Gelenk treten meist nach Hyperflexions- oder Ûberrolltraumen bei ålteren Kindern auf. Lisfranc-Verletzungen werden leicht in der primåren Bildgebung çbersehen; daher muss auf korrekte Aufnahmen auch exakt seitlich geachtet werden. Oft kommt es zu einer spontanen Reposition, sodass klinisch
23 Fuû
]
Abb. 23.11. MFK-V-Apophyse (långsverlaufend); Differenzialdiagnose: Basisfraktur (querverlaufend).
Schmerzen und eventuell ein Håmatom im Mittelfuûbereich imponieren. Die verschiedenen Formen der Lisfranc-Luxation kænnen auch beim Kind auftreten, wobei im Einzelfall das Ausmaû erst im MRT vollståndig erkennbar ist. Oft kommen begleitende Frakturen im Fuûwurzel- und Mittelfuûbereich hinzu. Eine Fraktur des 2. Mittelfuûknochens weist oft auf eine (Sub-)Luxation im Lisfranc-Gelenk hin. Die Therapie besteht aus einer meist geschlossenen Reposition und einer temporåren Transfixation
Abb. 23.12. Apophysenfraktur MFK V (10. Lj.).
mit K-Dråhten bei bestehender Instabilitåt, gefolgt von einer Immobilisation. Die Schlçsselstelle ist hier die Stabilisierung der MFK-II-Basis-Fraktur. Eine anatomische Reposition sollte angestrebt werden, da sonst mit schlechten Langzeitergebnissen zu rechnen ist.
Fuûwurzelfraktur
Besonderheiten
selten
Diagnostik
Rx Rçckfuû a.-p. + seitlich bei Verdacht auf Fraktur: CT + 3D-Rekonstruktion alternativ MRT mit Rekonstruktion bei kleinen Kindern
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Herstellung der Gelenkflåchen und Fuûachsen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
387
388
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Fuûwurzelfraktur Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ bei fehlender Dislokation
] Verfahren
6 Wochen US-Gips, Entlastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich; ggf. Einlagenversorgung
] Rx-Kontrolle
nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen; Luxation im Chopart- oder Lisfranc-Gelenk
] Verfahren
geschlossene Reposition und perkutane K-Draht-Spickung Instabilitåt: offene Reposition und Schrauben-/K-Draht-Osteosynthese bei Weichteilverletzungen: temporåre Transfixation fçr 2±3 Wochen Schlçsselfragment: Stabilisierung einer MFK-II-Basis-Fraktur
] Nachbehandlung
6 Wochen Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich; ggf. Einlagenversorgung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
nach 4 Wochen Transfixationsdråhte
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Frçharthrose Verånderungen der Fuûstatik Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
geringe Datenlage
Nachkontrollen
wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht
Klassifikation
AO:
LiLa:
23 Fuû
Fraktur der Mittelfuûknochen
Besonderheiten
einzelne Fraktur durch direktes Trauma Serienfraktur durch Ûberrolltrauma, Radspeichenverletzung < 10. Lj.: v. a. MFK I; > 10. Lj. v. a. MFK V
Diagnostik
Rx Fuû a.-p. + seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Långenerhalt; Erhalt des Långs- und Quergewælbes keine Rotationsfehler; kein dorsaler/plantarer Achsfehler
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ gering dislozierte Schaftfrakturen nicht dislozierte Epiphysenfrakturen
] Verfahren
ca. 4 Wochen US-Gips, nach 2±3 Wochen als Gehgips diaphysår: 3±5 Wochen; metaphysår: 3 Wochen
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich; ggf. Einlagenversorgung
] Rx-Kontrolle
Stellungskontrolle nach 1 Woche; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen
] Verfahren
geschlossene, ggf. offene Reposition und perkutane K-Draht-Spickung, beim Adoleszenten auch Schraube MFK-V-Basis: offene Reposition und Zuggurtungsosteosynthese oder Zugschraube
] Nachbehandlung
4 Wochen Entlastung; US-Gips / nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich; ggf. Einlagenversorgung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei MFK V: Konsolidierung radiologisch erst spåt sichtbar
] Metallentfernung
nach 4 Wochen (K-Dråhte, Zuggurtung, Schraube)
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Verånderungen der Vorfuûstatik / Kompartmentsyndrom / Pseudarthrose (MFK V)
Wachstumsstærung
mæglich, aber selten
Nachkontrollen
2-wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
389
390
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Fraktur der Phalangen
Besonderheiten
v. a. direkte Traumen
Diagnostik
Rx Vorfuû a.-p. + seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Långenerhalt anatomische Reposition
Primårbehandlung
elastischer Verband, ggf. US-Gipsschiene, evtl. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ gering dislozierte Schaftfrakturen nicht dislozierte Epiphysenfrakturen
] Verfahren
Dachziegelverband, Schienung an Nachbarzeh; Schuh mit harter Sohle, ggf. schmerzabhångige Entlastung 2 Wochen ggf. geschlossene Reposition in Oberst-Leitungsanåsthesie
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
entfållt; klinische Achs- und Funktionskontrolle
] Sportfåhigkeit
bei Schmerzfreiheit, ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen (> 3 mm)
] Verfahren
geschlossene Reposition und perkutane K-Draht-Spickung Basis- und subkapitale Fraktur: gekreuzt Schaftfraktur: intramedullåre Schienung
] Nachbehandlung
3 Wochen Entlastung; ggf. Gipsschuh nach Metallentfernung schmerzabhångige Aufbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
intra- oder postoperativ Stellungskontrolle
] Metallentfernung
nach 2±3 Wochen Transfixationsdråhte
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
23 Fuû
Komplikationen
Verånderungen der Vorfuûstatik (Hallux rigidus) Frçharthrose
Wachstumsstærung
keine sicheren Angaben
Nachkontrollen
wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Fuûverletzungen
LiLa:
Fuûverletzungen allgemein Lagerung
] i. d. R. Rçckenlage; Blutsperre (optional) ] Abdeckung bis Kniegelenk; ggf. mit Beckenkamm
Zugang
] Rçckfuû ± cave Durchblutungsstærung: Zugang mæglichst klein; vorzugsweise lateraler Zugang (medial græûere Gefahr der Gefåû-, Nervenschådigung) ± medialer Zugang: bei direkter Verschraubung des Sustentaculum talare
Spezielle Aufklårung
] ] ] ] ] ]
Metallentfernung
] Transfixationsdråhte, perkutane K-Dråhte: 4 Wochen post OP; ambulant ] Schrauben, Platte: 6 Monate post OP
Nekrose (v. a. Fuûwurzel) Frçharthrose Kompartmentsyndrom Fuûwurzelfrakturen: empfindliche Weichteile ? hohes Nekrose- und Infektrisiko Spongiosaentnahme aus dem Beckenkamm, nur bei sehr groûen Defekten (selten) Innenknæchelosteotomie, nur ausnahmsweise bei Talusfraktur
Talusfraktur Material
] kançlierte 3,5 mm Schrauben, K-Dråhte 1,6 mm
Zugang
] lateraler Zugang ] medialer Zugang nur bei Verschraubung des Sustentaculum talare (bogenfærmig hinter Innenknæchel; Anschlingen des Gefåû-Nerven-Bçndels)
OP-Prinzip
Talusfraktur Typ I nach Hawkins ] geschlossene Reposition in Plantarflexion, ggf. çber Stichinzision Talusfraktur Typ II nach Hawkins ] bilateraler Zugang ] Zugschrauben von medial und lateral als Stichinzision oder zentraler anteriorer Långsschnitt ] ggf. a.-p.-Verschraubung çber posterolaterale Stichinzision Talusfraktur Typ III nach Hawkins ] anteromedialer Zugang (cave: Gefåûversorgung; Lig. deltoideum und Schonung des Weichteilverbundes zwischen Talushals und Os naviculare ? Nekrosegefahr) (Abb. 23.16) ] Schrauben parallel einbringen (sonst Sperrwirkung)
]
391
392
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Fuûverletzungen Kalkaneusfraktur
Material
] ] ] ]
K-Dråhte 1,6 mm kançlierte Schraube 3,5 mm Flachprofifplatte, ggf. winkelstabil (Hand-, Fuûset), Titan Fixateur externe
Zugang
] lateraler Zugang (1 cm unterhalb der Fibulaspitze; Eræffnung der Peronåalsehnenscheide ? Anheben en bloc der Peronåalsehnen und des N. cutaneus dorsalis) (Abb. 23.13)
OP-Prinzip
] K-Draht-Osteosynthese (Abb. 23.17) ] Fixateur externe (Abb. 23.18) ] Reposition: ggf. mit dorsolateral und in Tibia eingebrachtem Steinmann-Nagel zur Distraktion Fuûwurzelfrakturen
Material
] K-Dråhte 1,6±1,8 mm; Mini-Schrauben (2,0±3,5 mm)
Zugang
] dorsal, Streckseite Fuûrçcken
OP-Prinzip
] Schonung der proximalen oder distalen Weichteilstrukturen der dorsalen Fragmente ] Osteosynthese mit K-Dråhten und 3,5 mm kançlierten Schrauben ] bei Weichteilverletzungen: Transfixation talonavikular mit 1,8 mm K-Dråhten Kuboidfrakturen ] offene Reposition, ggf. Spongiosaplastik ] Osteosynthese transfixierend mit 2 K-Dråhten (CC-Gelenk) Mittelfuûfrakturen
Material
] 1,4±1,6 mm K-Dråhte, ggf. Minischrauben (2,0; 2,4)
Zugang
] dorsal, Streckseite (Abb. 23.15)
OP-Prinzip
] oft geschlossene Reposition und perkutane K-Draht-Spickung mæglich ] offen (Repositionshindernis): dorsale Långsinzision K-Draht-Osteosynthese ] K-Draht zunåchst von Fraktur aus in das distale Fragment einfådeln und durch die Haut vorschieben, dann retrograd in das proximale Fragment auffådeln (Abb. 23.19) ] Osteosynthese durch dorsale Platte oder K-Draht ] Serienfraktur: Stabilisierung der tragenden Såulen MFK I und V Zuggurtung ] MFK-V-Basis-Fraktur (Abb. 23.20) Zugschraube ] alternativ fçr MFK-V-Basis-Fraktur bei beginnendem Fugenschluss Zehenfrakturen/-luxationen
Material
] Tape, braunes Pflaster, K-Draht 1,0 und 1,2 mm
Zugang
] i. d. R. geschlossene Reposition
23 Fuû
Technische Aspekte
Fuûverletzungen
Therapieprinzip
] Dachziegelverband bei Phalangenfrakturen: ± bei primårer Varusfehlstellung an laterale Zehe schienen ± bei primårer Valgusfehlstellung an mediale Zehe schienen ± Kompresse interdigital zur Vermeidung von Ulzera ] K-Draht-Osteosynthese ± i. d. R. perkutan mæglich (Abb. 23.21) ± Schrauben, selten 1,3 oder 1,5 mm Lisfranc- und Chopart-Luxation
Zugang
] geschlossene Reposition, ggf. offene Reposition çber Zugang çber MT II und MT IV mit K-Draht-Transfixation des Lisfranc-Gelenks (Abb. 23.15) ] Schlçsselstelle ist der MTII und das Os cuneiforme II Kompartmentsyndrom
Zugang
] Fasziotomie: çber 2 dorsale und eine mediale Inzision ± 2 parallele Inzisionen çber MFK II und IV bis auf die Knochen (ausreichende Hautbrçcke belassen) ± 1 mediale Inzision: proximaler MFK I ? dorsale Ferse ± primårer Hautverschluss nach ca. 6 Tagen
N. suralis N. saphena parva
Abb. 23.13. Lateraler Zugang am Rçckfuû.
V. saphena magna N. saphenus
Abb. 23.14. Medialer Zugang am Rçckfuû.
A. tibialis posterior N. tibialis
]
393
394
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Fuûverletzungen
A. dorsalis pedis
Abb. 23.15. Zugang am Mittelfuû.
Abb. 23.16. Anteromediale Verschraubung des Talus.
1 1 4 5
4 5 2
3
3
2
Abb. 23.17. K-Draht-Osteosynthese am Kalkaneus.
23 Fuû
Technische Aspekte
Fuûverletzungen
Abb. 23.18. Typische Fixationspunkte des Fixateur externe bei Kalkaneusfraktur.
Abb. 23.19. Schaftfraktur am MFK: K-Draht-Osteosynthese.
Abb. 23.20 a, b. Zuggurtungsosteosynthese an der MFK-VBasis.
Abb. 23.21. Schrauben-, K-Draht-Osteosynthese bei einer Phalanxfraktur.
]
395
396
]
23 Fuû
] Fallbeispiele Fall 23.1 Dislozierte intraartikulåre Kalkaneusfraktur beim Adoleszenten, Sprung aus groûer Hæhe.
a Unfallbild. b, c Versorgung durch Plattenosteosynthese.
Fall 23.2 Undislozierte intraartikulåre Kalkaneusfraktur, Junge, 10 J., Unfall beim Fuûballspielen.
a, b Unfallbilder. c, d Darstellung der Fraktur im MRT.
24 Wirbelsåule S. Rose und I. Marzi
] Physiologie, Anatomie und Entwicklung der kindlichen Wirbelsåule Angaben zu Bewegungsausmaûen, Græûenverhåltnissen und ¹physiologischenª Befunden unterliegen abhångig von Untersucher, Untersuchungsmodus und Kindesalter einer hohen Variation. ] Gelenkverbindungen. Beim Kleinkind artikuliert der Kopf mit dem Atlas horizontal, wobei die straffe Fçhrung der Articulatio atlanto-occipitalis (Eigelenk) vorwiegend die Flexion/Extension, aber wenig Rotation und Seitneigung zulåsst. Die noch horizontalen und flachen Gelenkfacetten werden von einem schwachen Muskelapparat mit laxen Bandstrukturen bei groûer Kopf-Kærper-Relation gehalten. Daher entsteht bei Krafteinwirkung eine hohe Belastung. Dens axis und vorderer Atlasbogen sind durch das Lig. cruciforme atlantis verbunden, welches aus dem fçr die Mechanik wichtigen Lig. transversum atlantis und den Fasciculi longitudinales (Vorderrand Foramen magnum zur Hinterflåche C 2) besteht. Sekundåre Stabilisatoren sind die paarigen Ligg. alaria, zum einen vom seitlichen Dens zum Foramen magnum und medial zu den Okzipitalkondylen, zum anderen als Pars atlantis zum vorderen Atlasbogen ziehend. Da die kindlichen Bandstrukturen der Articulationes atlanto-axiales (kombiniertes Drehgelenk) eine Rotation von ca. 20±608 zulassen, sind Bandrupturen und Verletzungen der Facettengelenke mit Subluxation mæglich. 60% der axialen HWS-Rotation entsteht zwischen C0 und C 2 (davon 50% zwischen C 1 und C 2), weitere 40% in der unteren HWS. Mit dem Wachstum vergræûern sich die Neigungsebenen der Gelenkflåchen bei C 1/C 2 von 558 auf 708 und bei C 2 bis C 4 von 308 auf 60±708 mit einer daraus folgenden hæheren knæchernen Stabilitåt. Wåhrend die Bånder, Gelenke und Bandscheiben starke Dehnungen und eine Dislokation bis zu 5 cm
scheinbar unbeschadet çberstehen kænnen, hat das Rçckenmark nur geringe Toleranzen von wenigen Millimetern, wodurch sich das håufige SCIWORA-Syndrom und auch multisegmentale neurologische Stærungen erklåren lassen. ] Knæcherne Entwicklung. Der Atlas verfçgt çber 3 primåre Ossifikationszentren (OFZ): jeweils eines im Zentrum der Atlasbægen und ein drittes im ventralen Korpus, welches bei ca. 20% der Kinder bei Geburt ausgebildet ist oder erst bis zum 1. Jahr verknæchert. Das dritte OFZ kann auch von zwei Zentren gebildet werden oder ganz fehlen, sodass sich die beiden Bægen ventral ohne Kærper schlieûen oder eine Lçcke lassen. Der hintere knæcherne Bogenschluss hat normalerweise bis zum 3. Jahr stattgefunden, kann aber ausbleiben und darf zusammen mit anderen Variationen und Synchondrosen nicht als posttraumatisch fehlgedeutet werden. Mit dem 7. Jahr schlieûen sich die beiden ventralen Bægen mit dem Kærper in der sog. neurozentralen Synchondrose. Der Ring von C 1 hat etwa im 4.±5. Jahr die Græûe eines Erwachsenen erreicht (Spinalkanaldurchmesser ca. 22 mm), kann aber auch ganz fehlen oder nicht verknæchern. Drittelregel: ca. ein Drittel des Kanals wird durch den Dens, ein Drittel durch das Rçckenmark und ein Drittel durch den freien Spinalraum belegt. Der Dens axis verfçgt çber 4 OFZ (2 in den Bægen, 1 im Korpus, 1 im Dens). Die Ossifikation des Dens beginnt prånatal mit zwei långlichen primåren Zentren, welche sich mit der Geburt vereinen. Allerdings kann bis zum 7. Monat eine senkrechte Linie persistieren. Alle Zentren liegen bei Geburt vor und fusionieren zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr. Der Dens ist vom Axiskærper durch eine Wachstumsknorpelzone (sog. dentozentrale Synchondrose) getrennt, die nach kranial und kaudal wåchst und zwischen dem 5. und 7. Jahr verschwindet. Sie liegt kaudal der Ebene der Gelenkfacetten und des Dens-Korpus-Ûbergangs und kann als kleine
398
]
S. Rose und I. Marzi
ræntgentransparente Struktur çber Jahre verbleiben. Eine Verwechslung mit einer Fraktur ist mæglich, da in diesem Bereich bei Kindern auch die Densfraktur entsteht. Diese Synchondrosen erscheinen auf der transoralen Ræntgenaufnahme in der Form eines H (Abb. 24.1). Da die Durchblutung des Dens çber Bindegewebe an der Densspitze und von medial der Gelenkfacetten in die Synchondrose einstrahlenden Gefåûen erfolgt, wird die Densdurchblutung bei Frakturen nicht gestært (gute Prognose). Das Zusammenwachsen der beiden primåren Ossifikationszentren des Dens fçhrt zu einem V-færmigen Knorpelbereich, zwischen oder çber dem sich ein weiteres sekundåres apikales OFZ fçr die Densspitze befindet, welches nicht vor dem 6.±7. Lebensjahr erscheint und um das 12. Jahr fusioniert. Bleibt die Ossifikation aus, persistiert das sog. Ossiculum terminale Bergmann. Die Fusionsgrenzen kænnen lange erhalten bleiben, auch die komplette Fusion kann fehlen und somit die Differenzierung von Frakturen erschweren. Der Dens anguliert als Normvariante in ca. 4% nach dorsal. Die Ringapophyse der Basis von C 2 kann bis zum 25. Jahr offen bleiben.
Abb. 24.1. Synchondrosen und Ossifikationszentren des 2. Halswirbelkærpers.
Kaudal des 3. Halswirbelkærpers verknæchern alle Wirbelkærper gleich, d. h. ein OFZ bildet sich im Wirbelkærper und zwei weitere in den Neuralrohren (Wirbelbægen). Die Ossifikation des Wirbelkærpers erfolgt halbkugelfærmig, vor allem nach oben und unten, dann zur Seite und nach dorsal. Ab dem 2. Lebensjahr entwickelt sich das Wachstum vornehmlich nach vorne und in die Breite. Die sog. ventrale neurozentrale Synchondrose separiert diese drei Zentren zwischen dem 3. und 6. Jahr und verknæchert erst ab dem 5.±6. Lebensjahr. Der Spinalkanal schlieût sich variabel und abhångig vom Wirbelsåulenabschnitt zervikal zwischen dem 6. ± 7., thorakal zwischen dem 7. und 9. und lumbal zwischen dem 9. und 10. Lebensjahr. Eine frçhzeitge Verwechslung mit einer Spina bifida ist mæglich.
In den zervikalen und thorakalen Wirbeln erscheinen wåhrend der Adoleszenz fçnf weitere sekundåre OFZ an den Spitzen der Dorn- (Fusion mit 25 Jahren) und Querfortsåtze (Fusion in der Pubertåt) sowie an den Grenzen zu den oberen und unteren Endplatten (sog. Ringapophyse oder Apophysenring; Abb. 24.2). Eine klassische knæcherne Epiphyse wie beim Ræhrenknochen fehlt bei der Wirbelsåule, sodass die knorpeligen Wirbelkærperendplatten als Wachstumsfugen im frçhen Alter nicht erkennbar sind und direkt an die Bandscheibe grenzen. Die dçnne ringfærmige Knorpelschicht der Ringapophyse bildet ab dem 6.±7. Lebensjahr eine variantenreiche feine Verzahnung mit dem OFZ des Wirbelkærpers. Die Ringapophysen sind als langsam wachsende Ossifikationszentren kaum am Hæhenwachstum des Wirbelkærpers beteiligt, dienen aber wesentlich der Verankerung des Anulus fibrosus am Wirbelkærper und der Insertion des lumbalen Zwerchfells. Die epiphysealen Synchondrosen der Endplatten fusionieren erst im Alter von 25 Jahren. Die lumbalen Wirbelkærper wachsen durch epiphysåre Wachstumszonen vor allem in der Adoleszenz stark in die Hæhe und besitzen zwei zusåtzliche OFZ fçr die Mamillarfortsåtze. Verletzungen der sekundåren OFZ kænnen nur sehr schwer ræntgenologisch nachgewiesen werden. Eine offene posteriore Synchondrose (Spina bifida) bei L 5 verbleibt bei ca. 20% der Bevælkerung. Nach einem Trauma kann es zu einer Stærung der Knorpel-Knochen-Transformation mit dem Auftreten von sklerotischen Knochenbereichen innerhalb des Wirbelkærpers kommen (Wirbel im Wirbel). Der Spinalkanaldurchmesser betrågt bei C 7 ca. 18 mm. Ein frçhzeitiger Schluss des Spinalkanals, z. B. nach Trauma, kann zu einer Spinalkanalstenose fçhren. Die Reifung der HWS entwickelt sich schneller als die der Extremitåten und des çbrigen Skeletts. Die Verknæcherung ist zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr abgeschlossen, sodass nach dem 10. Lebensjahr nur noch wenig Hæhengewinn beobachtet wird. Zusammenfassend ist festzuhalten: Die Wirbelsåule reift ab dem 8.±10. Jahr mit stabileren Båndern und Gelenken, steileren Gelenkfacetten und rechteckigen Wirbelkærperformen aus und nåhert sich anatomisch der Erwachsenenwirbelsåule. Damit åhneln ab diesem Lebensalter sowohl die Verletzungs- als auch Heilungsvorgånge denen bei Erwachsenen.
24 Wirbelsåule
Physiologische Ræntgenbefunde
]
] Verletzungen der Wirbelsåule ± Allgemeines Inzidenz
Abb. 24.2. Wachstumszone des Wirbelkærpers, Ringapophyse (13. Lj.).
Verletzungen der Wirbelsåule sind bei Kindern selten und betreffen nur ca. 1,5% der verunfallten Kinder, von denen weniger als 5% unter 16 Jahre sind. Zahlen zur Inzidenz sind aber wegen dem håufigen Verzicht auf weiterfçhrende und auch schwierig zu interpretierende Diagnostik unsicher. Das Alter spielt eine wesentliche Rolle fçr die Art, Lokalisation und Entstehung der Verletzung. Unter dem 2. Lebensjahr finden sich am håufigsten Geburtstraumen, weitere Altersgipfel liegen bei den 3- bis 4-Jåhrigen (Verkehrsunfålle, Stçrze, Kindesmisshandlung) und Adoleszenten (Sport, Verkehr). Die thorakolumbale Wirbelsåule ist am håufigsten verletzt. Je jçnger das Kind, desto wahrscheinlicher ist jedoch eine Verletzung der Halswirbelsåule. Schwerste HWS-Verletzungen werden håufig nicht çberlebt. Bis zu 30% (5±67%) der schweren Verletzungen zeigen eine unspezifische neurologische Begleitsymptomatik (SCIWORA = Spinal Cord Injury Without Radiographic Abnormalities).
Neurologische Komplikationen
Abb. 24.3. Lumbalisierter Sakralwirbel (12. Lj.).
Abb. 24.4. Pseudoluxation C 2/C 3 (4. Lj.).
Wirbelsåulenverletzungen bei Kindern haben insgesamt eine gute Prognose, da posttraumatische Keilwirbelbildungen ausgeglichen werden kænnen. Bei Verletzungen der Wachstumsfugen oder posttraumatischen Låhmungen sind allerdings Wachstumsstærungen und Deformitåten mæglich. Instabile Verletzungen fçhren in einem hohen Prozentsatz zu neurologischen Stærungen, die in selektierten Kollektiven zwischen 14 und 57% bzw. als komplette Querschnittssyndrome bei 19±25% auftreten. Signifikante Verletzungen der HWS weisen mit 22±30% neurologischer Komplikationen das hæchste Risiko auf. Wegen der elastischen und noch schwachen Bandanatomie sowie der eingeschrånkt beurteilbaren chondroossåren Verletzungen ist eine Angabe zur Stabilitåt einer Verletzung z. T. sehr schwierig. Es besteht die Empfehlung und Verpflichtung zur Immobilisation der verletzten Regionen (Stiff Neck, Bettruhe), bis die fragliche Låsion sicher ausgeschlossen ist. Bis zu 30% (5±67%) aller neurologisch relevanten Wirbelsåulenverletzungen im Kindesalter laufen unter dem klinischen Bild eines SCIWORA ab.
399
400
]
S. Rose und I. Marzi
Diagnostik Wachstumsabhångige Besonderheiten der Wirbelsåule stellen an die bildgebende Diagnostik hohe Anforderungen (Abb. 24.3). Neben der technischen Qualitåt, vor allem von CT und MRT, spielt die Erfahrung des Radiologen und Chirurgen eine groûe Rolle. Zudem sind abhångig vom Alter und Bewusstseinszustand des Kindes bereits die Anamneseerhebung und die Eingrenzung der betroffenen Wirbelsåulenregion problematisch. Das Ausmaû der Ræntgenuntersuchung sollte beim wachen und klinisch beurteilbaren Kind trotzdem differenziert festgelegt werden. Eine generelle Komplettdiagnostik (HWS, BWS und LWS in 2 Ebenen) beim Monotrauma ist zu çberdenken. Nach Ausschluss lebensbedrohlicher Verletzungen (Luftwege, Atmung, Kreislauf) erfolgt, sofern noch nicht geschehen, die adåquate Immobilisation der HWS mit einer starren kindgerechten Orthese (Stiff Neck) in der Regel bereits am Unfallort. Eine Hyperflexion der HWS aufgrund des groûen Kopfes muss durch eine spezielle Lagerung mit Thoraxunterstçtzung oder Kopftieflagerung (Spine Board) vermieden werden. Eine Mobilisation çber die Achse mit Stabilisierung des Kopfes und Rumpfes ist nach Ausschluss schwerer Rumpf- und Extremitåtenverletzungen mæglich. Es folgt die Inspektion (Weichteile, Schçrfungen, Blutergçsse, dorsale Einblutungen), Ûberprçfung von Beweglichkeit oder schmerzhafter Bewegungseinschrånkung, Palpation (Schmerz, interspinæse Lçcke) und die wiederholte neurologische Untersuchung.
] Standarddiagnostik der Wirbelsåulenverletzung. Die Anatomie der Wirbelsåule veråndert sich mit dem Wachstum ståndig. Die Verknæcherung der HWS ist normalerweise zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr abgeschlossen. Eine Verletzung der Halswirbelsåule muss bei folgenden klinischen Befunden immer ausgeschlossen werden: Bewusstlosigkeit oder GCS 50%, gestærtes seitliches Alignement, ] inkongruente Gelenkfacetten, Subluxation der Intervertebralgelenke > 50%, ] fehlende Reposition in Extension (cave: oft Spontanreposition nach Hyperextensionstrauma), ] Schwellung, pråvertebrales Fett, ] Dornfortsatzspitzenfrakturen (Apophysenabrisse), ] Spåtzeichen: kleiner abgesprengter Knochen des verknæchernden Wirbelkærpers, spåte Ossifikationen des dorsalen Bandapparats, kompensatorische Lordose unterhalb der Låsion,
]
] Erweiterung des interspinæsen Abstands in a.-p. Aufnahme um das 1,5fache (Naidich-Gesetz), ] Erweiterung des hinteren Bandscheibenraums, ] Kyphose mit Verschmålerung des Bandscheibenraums, ] pro Fraktur Keilbildung von 2 und mehr Wirbelkærpern, Kyphose und weiter Dornfortsatzabstand, ] sog. Swischuk-Linie (Verbindung hintere Wirbelbogenbegrenzung C 1±C 3) ist kein sicheres Diagnostikum. Eine CT der HWS sollte immer beim schweren Schådel-Hirn-Trauma (Intubation, Blutung usw.) erfolgen. Bei Mehrfachverletzten, schwerem Verletzungsmechanismus und nicht beurteilbaren Kindern (Intubation, Bewusstlosigkeit) folgt die Primårdiagnostik in unserem Vorgehen dem Polytraumaprotokoll, d. h. eine komplette CT-Abklårung (Schådel und HWS, thorakoabdominal mit Kontrastmittel) unter Verzicht auf eine konventionelle Ræntgendiagnostik. Eine Aufhebung der besonderen Lagerungsmaûnahmen ist erst dann gestattet, wenn eine HWS-Verletzung sicher ausgeschlossen wurde. Dies ist oft schwierig, wenn zusåtzliche Schmerzquellen vorliegen, ein Schådel-Hirn-Trauma eine adåquate Untersuchung verhindert oder Schmerz- oder Narkosemittel gegeben wurden. Die MRT ist immer dann indiziert, wenn bei Verdacht auf eine Wirbelsåulen- oder Rçckenmarkverletzung (z. B. SCIWORA) im konventionellen Ræntgen und auch der CT kein pathologischer Befund nachweisbar ist. Wegen der hohen ligamentåren und knorpeligen Elastizitåt sind schwere Rçckenmarkschåden ohne morphologische Verånderungen mæglich. Insbesondere bei Verletzung der Wachstumsfugen ist auf eine Verbreiterung des intervertebralen Raums zu achten. Im Verdachtsfall ist auch hier eine MRT durchzufçhren, die håufig einen Hinweis auf die zugrunde liegende Verletzung gibt. Verletzungen der çbrigen Wirbelsåulenabschnitte werden gezielt durch Anamnese, Beschwerdesymptomatik und Untersuchung eingegrenzt. Schwierigkeiten bei konventioneller Technik bereitet wie beim Erwachsenen die Beurteilung der oberen und mittleren Brustwirbelsåule. Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsåule sind wie bei Erwachsenen abzuklåren.
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]
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Differenzialdiagnose wachstumsbedingter Befunde
Klassifikation
Die folgenden Tabellen (Tab. 24.1, 24.2, 24.3) geben einen Ûberblick und Anhaltspunkte fçr die Differenzialdiagnose wachstums- sowie anlagebedingter Wirbelsåulenverånderungen und posttraumatischer Schåden.
Bei Kindern çber 8±10 Jahren und Adoleszenten kænnen alle Verletzungsformen des Erwachsenen beobachtet werden. Somit kann die klassische Einteilung in Kompressions-, Flexions-Distraktions- und Rotationsverletzungen nach AO (Magerl et al.) vorgenommen werden (Abb. 24.6 a±c).
Tabelle 24.1. Differenzialdiagnose wachstumsabhångiger physiologisch-anatomischer Ræntgennormalbefunde und fragliche Instabilitåt Ræntgenbefund
Fehlinterpretation/Differenzialdiagnose
] Abstand Densspitze und Basion (anteriore Lippe des Foramen magnum) ca. 5 mm
Kleinkinder bis 10 mm (McGregor- oder Chamberlain-Linie; Wholey et al.)
] Erhæhter Abstand zwischen Dens und vorderem Atlasbogen in Flexion (Pseudosubluxation)
3 und mehr mm in 20%, bis 4 mm in Flexion normal bei Verletzungsverdacht atlantodentaler Abstand > 5 mm pathologisch
] Reiten von C 1 çber Densspitze in Extension
in ca. 20% im lateralen Ræntgen bis zum 8. Jahr; erweiterter Raum wegen Knorpelzonen von Atlas und Densspitze
] Pseudoluxation bei C 2/C 3
lateral v. a. zwischen C 2 und C 3, weniger bei C 3/C 4 (ca. 20±40% aller Kinder bis 8. Jahr), in Flexion laterale Stufe von 4 mm akzeptabel (Cattell und Filtzer). Ursache: laxe Bånder, horizontale Gelenke, unterentwickelte Processus uncinati Spinolaminåre Linie kann 1,5 mm Abstand zeigen zu C I, muss sich bei Extension aufheben
] Segmentale Kyphosen der mittleren HWS
2.±7. Jahr physiologisch, in Flexion bis zu 14% unter 16 Jahren, muss sich bei Extension aufheben
] Fehlende zervikale Lordose
Muskelspasmus (ca. 14% unter 8 Jahren)
Tabelle 24.2. Wachstumsbedingte physiologisch-anatomische Ræntgennormalbefunde und fragliche Frakturen Ræntgenbefund
Fehlinterpretation/Differenzialdiagnose
] ¹Pseudospreadª des Atlas
Fraktur
] Offene Synchondrose des Atlas
Fraktur
] Angulation der Densspitze
Densfraktur
] Persistierende dentozentrale Synchondrose
Densfraktur (Ursache: Epiphysenlinie Odontoidbasis bis 6./7. Jahr physiologisch. Persistenz bis zum 11. Jahr mæglich, allerdings sklerotisch und kaudaler als die Densbasis)
] Synchondrose der Axisbægen
traumatische Spondylolisthese
] Inkomplette Ossifikation der Ringapophyse
Avulsionsfraktur
] Einkerbungen der vorderen/hinteren Wirbelkærperwand
Fraktur (Ursache: vordere Gefåûkanåle bis 1. Jahr)
] Weiche Grenzen der epiphysåren Zonen
Kompressionsfraktur
] ¹Macheffektª
artifizielle Linien an den Grenzen unterschiedlicher Ræntgendichte (z. B. Densbasis)
] Weichteilschatten HWS
pråvertebral variabel, retropharyngealer Raum > 7 mm, retrotrachealer Raum > 14 mm abnorm (Wholey)
] Keilfærmige Wirbel
Kompressionsfraktur (bis 8. Jahr normal, je jçnger das Kind und je proximaler in HWS)
24 Wirbelsåule
]
Tabelle 24.3. Differenzialdiagnose kongenitaler Anomalitåten und sonstiger Wirbelsåulenverånderungen (Inzidenz unklar, oft Zufallsbefunde) Verånderung
Differenzialdiagnose
] Os odontoideum (angeborene hypoplastische Densspitze oder Basis)
Densfraktur
] Agenesie oder Hypoplasie des Dens
Densfraktur
] Down-Syndrom (Denshypoplasie)
atlantookzipitale Instabilitåt; ligamentåre Schwåche verringert atlantodentalen Abstand, eingeengter Spinalkanal, Gefahr der Myelopathie
] Klippel-Feil-Syndrom
angeborene Fusion zweier oder mehrerer Wirbelkærper mit erhæhter Frakturgefahr aufgrund des Hebelarms
] Osteogenesis imperfecta
fehlende Trennung von C 1 vom Okziput mit Einengung des Foramen magnum und neurologischen Ausfållen; keilfærmige und geteilte Wirbelkærper, auch in Kombination
] Thorakolumbale Blockwirbel, geteilte Wirbel
Frakturen
] Bifide Strukturen ohne Sklerose
nicht ossifizierte Synchondrosen, Fraktur, Spina bifida, nicht traumatische Ursachen (s. o.)
] Lumbal persistierende Spaltungen
Fraktur
] Lumbalisationen und Sakralisationen
Fraktur (Abb. 24.4 a)
] Spondylolisthese
Fraktur, segmentale Instabilitåt
] Pathologische Fraktur (akuter Genickschmerz)
physiologischer Keilwirbel, eosinophiles Granulom, Leukåmie, Knochenzysten und Nekrosen, Morbus Scheuermann, Spondylitis, Stoffwechselstærungen, juvenile rheumatoide Arthritis, renale Osteodystrophie
] Rçckenmarktumoren
Frakturen
Bei Kindern unter 8 Jahren finden sich Verletzungen der knorpeligen Anlagen (Frakturen der knorpeligen Wirbelkærperendplatten und Wachstumsfugen). Im Einzelnen (nach Blauth): 1. Læsung der unteren knorpeligen Wirbelkærperendplatte (Salter-Harris-I-Låsion) (Abb. 24.7 a), untere HWS und obere BWS; wegen Potenz zum Långenwachstum sekundåre Deformitåt mæglich. 2. Abbruch der vorderen unteren Wirbelkærperkante (Aitken-II-, Salter-Harris-III-Fraktur) (Abb. 24.7 b); vorwiegend beim Adoleszenten, gute Prognose. Bei ålteren Kindern und Jugendlichen werden Frakturen der ringfærmigen knæchernen Wirbelkærperrandleiste (sog. Apophysenring) beschrieben. Es handelt sich um eine frakturierte Wachstumsfuge, die z. T. spontan reponieren kann und so der konventionellen Diagnostik verborgen bleibt. Apophysenabrisse der meist månnlichen Adoleszenten liegen lumbal-kranial, selten thorakal-zervikal, dann aber kaudal. Als Ursache gelten ein heftiges Monotrauma oder die chronische Ûberlastung durch Sport. Typischerweise bestehen lumbale Schmerzen mit/oh-
ne neurologischen Befund (Symptome einer Diskushernie sind mæglich). Es finden sich nach Tahada und Epstein: 1. Dislokation nach ventral (Abrissfrakturen des vorderen Långsbandes und Anulus fibrosus). 2. Dislokation nach dorsal, håufiger (Abb. 24.8): ] Typ 1: einfache Læsung des gesamten hinteren Randes (11.±13. Lj.), ] Typ 2: Randleiste mit spongiæsen Anteilen des Wirbelkærpers (13.±18. Lj.), ] Typ 3: lateraler Teil der Randleiste mit Teilen des Wirbelkærpers (ålter als 14 Jahre), ] Typ 4: Fraktur der gesamten Hinterwand zwischen den Endplatten, u. U. Einengung des Spinalkanals, bei neurologischem Befund Dekompression erforderlich; es besteht die Mæglichkeit einer sekundåren Deformitåt. Im Bereich der Brust- und Lendenwirbelkærper sind auch Abrisse der Synchondrosen zwischen dem bipolaren neurozentralen Knorpel und den Bogenkernen in Form einer Spondylolyse mæglich.
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]
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a
A1 Impression
A2 Spaltbildung
A3 Berstungsbrüche
b
B1 dorsal vorwiegend ligamentär
B2 dorsal vorwiegend ossär
B3 Verletzung durch die Bandscheibe
C1 Rotation kombiniert c mit Typ A
C2 Rotation kombiniert mit Typ B
Abb. 24.6. AO-Klassifikation der Wirbelsåulenverletzungen. a Kompressionsfrakturen, b Flexions-Distraktions-Frakturen, c Rotations- und Translationsfrakturen.
C3 andere Klassifikationen
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Abb. 24.7. a Læsung der unteren knorpeligen Wirbelkærperendplatte (Salter-Harris-I-Låsion), b Abbruch der vorderen unteren Wirbelkærperkante (Aitken-II-, Salter-Harris-III-Verletzung).
a
]
b
Abb. 24.8. Apophysenfraktur mit Dislokation nach dorsal.
Therapie Ziel der Behandlung ist die stabil ausgeheilte Wirbelsåule, da eine çbersehene Instabilitåt zu einer fortschreitenden Deformitåt oder zu neurologischen Ausfållen fçhren kann. Follow-up-Untersuchungen sind bei den (instabilen) Verletzungen notwendig, die die Entwicklung einer posttraumatischen Deformitåt erwarten lassen. Es ist zu beachten, dass posttraumatische Deformitåten in den verschiedenen Wirbelsåulenabschnitten unterschiedlich korrigiert werden, so reift z. B. die kindliche HWS viel frçher als die Restwirbelsåule. Das gute Regenerationspotenzial (Remodeling) fçhrt zu einer besseren Prognose vieler Frakturen, sodass çberwiegend konservativ vorgegangen werden kann. So wird vor allem bei knæchernen Verletzungen der BWS die konservative Therapie im Aufrichtekorsett çber viele Monate ebenso wie die funktionelle Behandlung bei stabil eingestauchten Frakturen empfohlen. Instabile knæcherne Deformationen kænnen jedoch nur eingeschrånkt mit Orthesen oder Bettruhe stabilisiert werden. Der Nutzen von Orthesen bei Instabilitåt wird teilweise in Frage gestellt, da sie eine Redislokation nicht verhindern kænnen. Die Indikation zur operativen Stabilisierung folgt den Kriterien der Instabilitåt. Zervikal sind
die Alignementlinien unter Berçcksichtigung wachstumsbedingter Varianten entscheidend. Die meisten Frakturen sind hier zwar stabil, allerdings ist das spezifische Verletzungsmuster ausschlaggebend. Thorakolumbal gilt eine initiale Kyphose çber 208 als Operationsindikation. Hier kænnen bei ålteren Kindern die Kriterien der Denis-Klassifikation (mechanisch, ligamentår, knæchern-ligamentår nach Denis und Frank) und das Konzept von Magerl (Kompression, FlexionDistraktion, Rotation) herangezogen werden. Fusionen der thorakalen und lumbalen Verletzungen folgen bei ålteren Kindern und Adoleszenten im Prinzip den Grundsåtzen der Erwachsenenversorgung. Operative Stabilisierungen bei Kleinkindern sind wegen der anatomischen Besonderheiten und Problemen bei der Implantatwahl schwierig. Ausgeprågte Instabilitåten sollten aber durch interne Stabilisierungsverfahren behandelt werden, alternativ durch Traktion. Ligamentåre Verletzungen sind selten, und die meisten Endplattenfrakturen heilen knæchern aus. Laminektomien sind bei Kindern kontraindiziert, sofern keine mechanische Spinalkanaleinengung mit zuzuordnender neurologischer Komplikation nachgewiesen werden kann, da sie erhebliche De-
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]
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formitåten im weiteren Wirbelsåulenwachstum erzeugen kænnen. Das Ausmaû der Spinalkanalverletzung wird çber die Komprimierung des Rçckenmarks durch Knochen- oder Bandscheibenanteile beurteilt. Aufgrund des guten Heilungspotenzials kænnen bei Kindern instabile rein ligamentåre Verletzungen auch konservativ behandelt werden und heilen mit einer dorsalen Spondylodese stabil aus. Die instabilen knæchernen Låsionen, die nicht sicher durch externe Verfahren gestçtzt werden kænnen, erfordern auch bei Kindern eine operative Stabilisierung. Frakturen mit neurologischen Schåden benætigen abhångig von der jeweiligen Ursache eine Stabilisierung. Inkomplette neurologische Syndrome mit Spinalkanaleinengung fordern insbesondere bei einem fortschreitenden neurologischen Defizit mit nachgewiesenem Rçckenmarkschaden ebenfalls eine operative Stabilisierung.
Besonderheiten Es ist die Differenzialdiagnose zur Pseudosubluxation (s. Segment C 2/C 3) zu stellen. Ebenso ist die vordere rotatorische Verschiebung des Atlas çber den Axis (s. AAD) festzustellen. Grisel-Syndrom: Die Lymphdrainage der HWS-Region erfolgt in die retropharyngealen und tiefen Halslymphknoten, die auch den Nasopharynx drainieren. Es kann eine zervikale Pseudoluxation bei Pharyngitis und Lymphadenopathie auftreten. Eine Subluxation mit Tortikollis kann durch eine Entzçndung verursacht sein, eine atlantoaxiale Subluxation durch lokale Hyperåmie und Údem nach Pharyngitis, Otitis, Tonsillenabszess, Osteomyelitis oder Tumoren. Eine Tuberkulose muss immer ausgeschlossen werden, wenn die traumatische Genese nicht klar ist.
Diagnose
Verletzungen der Halswirbelsåule Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Halswirbelsåulenverletzungen treten relativ selten auf (ca. 2% aller WS-Verletzungen). Sie sind allerdings die håufigsten Wirbelsåulenlåsionen < 10 Jahren. Unter dem 8. Jahr fçhrt die groûe Kopf-Kærper-Relation zur vorrangigen Belastung der oberen HWS. Circa 70% aller kindlichen HWS-Låsionen betreffen Atlas und Axis mit einem hohen Letalitåtsrisiko komplexer Verletzungen. In ca. 50% der Fålle bestehen zusåtzliche Verletzungen des Schådels. Die Kindesmisshandlung (¹Shaken Baby Syndromeª) wird dadurch verursacht, dass der schwere Kopf mit der oberen HWS nur eine geringe Resistenz gegen Torsionskråfte aufweist. Unter dem 2. Lebensjahr kommen am håufigsten Geburtstraumen vor. Bei Kopfgeburten kann es zu hohen (Rçckenmarks-)Låsionen durch Rotation, bei Zangengeburten durch Traktion zu tief zervikalen und hoch thorakalen Låsionen (SCIWORA) kommen.
Bei Schådelverletzungen muss immer eine zusåtzliche HWS-Verletzung ausgeschlossen werden. Das Ræntgen der Halswirbelsåule erfolgt in 2 Ebenen, evtl. in Schrågaufnahmen. Auf die korrekte Lagerung des Kopfes beim Ræntgen und vollståndige Abbildung der HWS ist zu achten. Weiterfçhrende Maûnahmen sind MRT und CT. Die Interpretation von Ræntgenbefunden der oberen HWS kann schwierig sein (s. altersabhångige Ræntgenbefunde). Cave: Spontanreposition abgerissener Wachstumszonen oder Ischåmie. An seltene pathologische Frakturen und ¹Battered Child Syndromeª muss gedacht werden.
] Okzipitalfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Okzipitalfrakturen sind sehr selten, in der Literatur sind bis jetzt lediglich 36 Fålle dokumentiert. Die Ursache fçr diese Verletzungen ist ein schweres Trauma mit einer axialen Stauchung.
Klassifikation
Klassifikation
Die jeweilige Klassifikation ist unter den speziellen Verletzungen aufgefçhrt.
Bei Adoleszenten wird die Klassifikation fçr Erwachsene nach Anderson-Montesano angewandt.
24 Wirbelsåule
Okzipitalfraktur
Besonderheiten
sehr selten (ca. 36 dokumentierte Fålle), schweres Trauma, axiale Stauchung
Diagnostik
Methode der Wahl: CT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Verhinderung von Wachstumsschåden, Diagnose und Therapie mæglicher Begleitverletzungen
Primårbehandlung
Ruhigstellung mit Stiff Neck
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
Philadelphia-Kragen je nach Ausprågung, Begleitverletzungen (Instabilitåt) und Beschwerden
] Nachbehandlung
symptomatisch
] Rx-Kontrolle
nur CT aussagekråftig
] Sportfåhigkeit
frçhestens nach 16 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
nicht reponible Instabilitåt, persistierende Beschwerden
] Verfahren
Halo fçr 4±6 Wochen
] Nachbehandlung
Pinkontrolle und Reinigung
] Rx-Kontrolle
CT oder MRT nach 6 Wochen
] Sportfåhigkeit
frçhestens nach 16 Wochen
Komplikationen
subdurales Håmatom, Wachstumsstærung
Wachstumsstærung
mæglich, da chondroossåre Wachstumsregion
Nachkontrollen
fakultativ in Bezug auf mægliche Wachstumsstærung
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
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] Atlantookzipitale Dislokationen
Rçckenmarks und der ersten drei Spinalnerven kann es zu Herzrhythmusstærungen, asymmetrischen Låhmungen, Schnappatmung und Atemstillstand kommen.
Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die atlantookzipitalen Dislokationen werden sehr selten gesehen. Sie sind håufig primår letal, bei einem Ûberleben von wenigen Stunden betrågt die Mortalitåt ³ 50%. Die atlantookzipitalen Dislokationen kommen doppelt so håufig bei Kindern wie bei Erwachsenen vor. Sehr oft handelt es sich um angefahrene Verkehrsteilnehmer. Der Verletzungsmechanismus ist eine starke Kopfbeschleunigung bei noch horizontalem Gelenkverlauf und inkongruenten Gelenkflåchen. Folge ist meist ein Polytrauma in Kombination mit einem Schådel-Hirn-Trauma. Die neurologischen Befunde sind diffus, durch Ausfålle und Schådigungen der kaudalen Hirnnerven, des Hirnstamms, des proximalen
Klassifikation Die atlantookzipitalen Dislokationen werden nach der Dislokationsrichtung eingeteilt. Typ 1: Kopfdislokation nach ventral; am håufigsten 1 a: Kopfdislokation sagittal 1 b: Kopfdislokation in Kombination mit axialer Instabilitåt Typ 2: dorsale Kopfdislokation, sehr selten Typ 3: axiale Dislokation mit globaler Instabilitåt, auch komplette Separation; inkomplette subluxierte Formen mæglich
Atlantookzipitale Dislokation
a
b
c
d
Besonderheiten
sehr selten; håufig letal
Diagnostik
massive Weichteilschwellung im Kopf- und Halsbereich klinischer Verdacht (Notarzt), neurologischer Befund bei Verdacht seitliche Ræntgenaufnahme der HWS: oft deutlich Dislokation (cave: Spontanreposition); ausgeprågte retropharyngeale/retrotracheale Schwellung; normaler Abstand Basion-Densspitze 4±5 mm; Grenzwerte problematisch wegen variablem Vergræûerungsfaktor Polytrauma-CT 3D-CT mit sagittaler und koronarer Rekonstruktion evtl. gehaltene Funktionsaufnahmen MRT: Bånder, Blutungen (Angio-MRT: Vertebralislåsion) Zeichen nach Harris: zuverlåssig, unabhångig von Variationen und Stellung. Kraniale Verlångerung der hinteren Wirbelkærperlinie von C 2 darf von Basion (Mittelpunkt des vorderen Randes des Foramen magnum) nicht weniger als 6 mm und nicht mehr als 12 mm entfernt sein, bei Erwachsenen und Kindern anwendbar; Densspitzenmitte sollte senkrecht unter dem Basion stehen; Abstand sollte ab 13 Jahren nicht > 12 mm betragen
24 Wirbelsåule
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilitåt, Kleinkinder kænnen çberleben
Primårbehandlung
schnelle Erkennung am Unfallort wichtig; HWS-Immobilisation, um Sekundårschåden zu verhindern; vorsichtige Intubation bei Komplikationen
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
schnelle geschlossene Reposition (ohne Extension), Ruhigstellung im Halo (auch Kombination mit Gipsweste), wenn neurologisch unauffållig
] Nachbehandlung
bei geringer Instabilitåt Halo oder Minerva-Gipsverband fçr 2 Monate (8±10 Wochen), an Nachkorrekturen denken, nach Behandlungsabschluss erneute Funktionsaufnahmen
] Rx-Kontrolle
engmaschige Ræntgenkontrollen
] Sportfåhigkeit
abhångig von Stabilitåt und Gesamtverlauf
Operative Therapie ] Indikation
åltere Kinder und Adoleszente; bei persistierender Instabilitåt und neurologischem Defizit auch bei jçngeren Kindern, da Fehlschlåge der konservativen Therapie mæglich
] Verfahren
Okziput-C 1/C 2-Fusion, so kurzstreckig wie mæglich; Technik: dorsomedianer Zugang, Drahtcerclage und Knochenplastik
] Nachbehandlung
zusåtzlicher temporårer Schutz mit steifer Krawatte
] Rx-Kontrolle
regelmåûig
] Metallentfernung
ggf. nach Durchbauung und Stabilitåt
] Sportfåhigkeit
abhångig vom Verlauf
Komplikationen
immer mehr Ûberlebende mit z. T. çberraschend positiven Verlåufen, allerdings allen mæglichen neurologischen (> 80%, ca. 40% tetraplegisch) und vaskulåren Komplikationen; cave: Ûberdistraktion; Halo-Komplikationen
Wachstumsstærung
mæglich, wenn Spondylodese
Nachkontrollen
abhångig vom Verlauf
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
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] Atlasfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Atlasfrakturen sind selten. Ursache ist oft ein Geburtstrauma (Verwechslung mit kongenitalen
Defekten mæglich), meist ein indirektes Trauma durch axiale Kraft çber den Kopf auf die Massa lateralis. Frakturen der Massa lateralis und Rupturen des Lig. transversum sind mæglich. Klinisch bestehen ein Instabilitåtsgefçhl und ein ausgeprågter dorsaler Schmerz in der proximalen HWS. Rçckenmarkschåden sind selten.
Atlasfraktur Besonderheiten
Mikrofrakturen durch die Knochenkerne, bei Kleinkindern meistens durch die neurozentrale vordere Synchondrose (Fusion im 7. Jahr), ræntgenologisch oft nicht nachweisbar
Diagnostik
konventionelles Ræntgen problematisch, wenn mæglich transorale Aufnahme Methode der Wahl: CT, genaue Frakturmorphologie cave: der im Vergleich zum Axis schneller wachsende Atlas kann mit seiner Massa lateralis zwischen 3. Monat und 4. Jahr seitlich çberragen (sog. ¹Pseudospreadª nach Suss et al.); Synchondrose des Atlas mit Fraktur verwechselbar
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
stabile Ausheilung
Primårbehandlung
Ruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
Kleinkinder: Philadelphia-Kragen (oder Minerva-Gips) fçr 6±8 Wochen, dann gut sitzende weiche Orthese; åltere Kinder und Adoleszente Halo-Fixateur
] Nachbehandlung
u. U. lange Immobilisation (bis zu 6 Monaten) bis zur vollståndigen Konsolidierung
] Rx-Kontrolle
CT-Kontrolle zur Frage der Durchbauung
] Sportfåhigkeit
bei Konsolidation und Beschwerdefreiheit
Operative Therapie ] Indikation
sehr selten, nur bei persistierenden Instabilitåtsbeschwerden und Nonfusion
] Verfahren
abhångig vom Einzelfall und Alter
] Nachbehandlung
verfahrensspezifisch, individuell
] Rx-Kontrolle
verfahrensspezifisch, individuell
] Metallentfernung
verfahrensspezifisch, individuell
] Sportfåhigkeit
verfahrensspezifisch, individuell
Komplikationen
selten
Wachstumsstærung
mæglich, aber selten
Nachkontrollen
nach Behandlungsabschluss, nur wenn Beschwerden
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
] Atlantoaxiale Dislokationen (AAD) Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Es handelt sich bei den atlantoaxialen Dislokationen um håufige Låsionen in der Region C 1/C 2. Sie treten als translatorische oder rotatorische Instabilitåten des Atlas gegen den Axis auf mit traumatischer und nichttraumatischer Genese. Es gibt flieûende Ûbergånge. ] Ligamentåre translatorische AAD. Nackenschmerzen, oft sekundåre neurologische Defizite sind das klinische Bild. Traumatische translatorische ventrale AAD wird verursacht durch die (isolierte) Ruptur des Lig. transversum mit Ventralverschiebung des Atlas gegen den Axis. Davon abzugrenzen ist die nichttraumatische translatorische ventrale AAD, die durch erhæhte Bandlaxizitåt mit Einengung des Spinalkanals bei Down-Syndrom, entzçndliche Prozesse (Grisel-Syndrom) und rheumatoide Arthritis hervorgerufen wird. ] Rotatorische AAD. Sie geht mit schmerzhaftem Tortikollis, Nackensteifheit, okzipitaler Neuralgie und zervikalem Muskelspasmus einher. Das klinische Bild zeigt symmetrische Schultern ohne lateralisierten Kopf mit verhårtetem M. sternocleidomastoideus auf der Seite, zu der der Kopf gedreht ist. Die traumatische rotatorische AAD geht oft mit Frakturen des Oberkærpers, Kapsel-Band-Zerreiûungen mit verkippter Luxation eines Gelenks und Rotation des Atlas çber C 2 einher. Eine bilaterale Verharkung der Gelenkfortsåtze ist mæglich, bei Bandruptur auch ein ventraler Atlasshift. Es besteht ein ausgeprågter Bewegungsschmerz trotz unauffålliger statischer Ræntgenbilder.
]
Die nichttraumatische rotatorische AAD (syn. atlantoaxiale rotatorische Fixation = AARF, rotatorische atlantoaxiale Subluxation) ist davon abzugrenzen, sie tritt vorwiegend auf bei Mådchen mit diffuser Øtiologie: entzçndungsbedingte Dekalzifikation und Bandlaxizitåt(rupturen) bei juveniler rheumatoider Arthritis, Infekte des oberen Respirationstrakts (Grisel-Syndrom), HNOEingriffe, leichtes Trauma sowie Muskelkontrakturen und -spasmen. Tortikollis (Schmerz, Bewegungseinschrånkung), ca. 208 Kopfseitneigung, 208 Rotation zur Gegenseite und leichte Flexion sind ebenfalls Zeichen fçr diese Erkrankung.
Klassifikation Die Klassifikation der rotatorischen AAD nach Fielding und Hawkins beruht auf 17 Patienten (davon 2 traumatisch) und berçcksichtigt nur sog. fixierte Fehlstellungen. ] Typ I: am håufigsten; rotatorische Dislokation ohne Ventralverschiebung des Atlas, Lig. transversum intakt, atlantodentaler Abstand normal; Drehpunkt im Dens. ] Typ II: zweithåufigste, rotatorische Dislokation mit Verschiebung des Atlas um 3±5 mm, mægliche Insuffizienz des Lig. transversum; Drehpunkt in Massa lateralis. ] Typ III und IV nichttraumatisch. ] Typ III: rotatorische Dislokation um Atlas > 5 mm; Insuffizienz bei Lig. transversum und sekundåren Stabilisatoren; beide Massae laterales nach vorne. ] Typ IV: posteriore rotatorische Dislokation des Atlas bei fehlendem Dens.
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Atlantoaxiale Dislokation (AAD)
Besonderheiten
håufig; traumatische und atraumatische Formen
Diagnostik
Schwierig. Vordere Verschiebung des Atlas çber den Axis beim Kleinkind durch horizontale Facettengelenke håufig und normal, sog. Pseudosubluxation des Atlas vs. Axis nach kranial (in 20% < 8 Jahren); bei laxem Lig. transversum axis ventraler Atlasshift von 3 mm, unter Flexion bis 5 mm als physiologische Obergrenze mæglich; in Extension dorsaler Shift des Atlasbogens mit Aufreiten auf der Densspitze mæglich. Klinisch Muskelspasmus, Schmerzen, Extensionseinschrånkung; Anamnese entscheidend. Ræntgen der HWS in 2 Ebenen, seitliche obere HWS: sagittaler atlantodentaler Abstand (anteriorer Kortex Dens ± posteriorer Kortex Atlas) ³ 4 mm Verdacht auf Ruptur Lig. transversum, bei 10±12 mm Ruptur aller Bånder. Transorale Ræntgenaufnahme: bei rotatorischer AAD asymmetrisches atlantoaxiales Gelenk und Dens, verschieden groûe Massa lateralis. Dornfortsatz C 2 aus Mittellinie. CT: retrodentaler Abstand vergræûert, sagittale und rotatorische Fehlstellung. MRT: Ruptur Lig. transversum, Darstellung nervaler und knæcherner Låsionen. DD Hypermobilitåt C 1/C 2: Syrinx, spinale Tumoren, Pseudospread, Down-Syndrom; Denshypoplasie, bei ca. 15% Shift > 5 mm, ca. 10±15% neurologisch symptomatisch, Inzidenz unklar; Infektionen der oberen Atemwege; Denshypoplasie/-agenesie, Os odontoideum, Densverkçrzung durch fehlendes terminales Ossifikationszentrum.
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilitåt
Primårbehandlung
bei traumatischer Genese Halo-Fixateur externe
Konservative Therapie ] Indikation
atlantoaxiale Fehlstellungen meist vorçbergehend und aufhebbar, diskoligamentåre Instabilitåten konservativ problematisch
] Verfahren
Traumatische translatorische AAD: Immobilisation in Halo-Ring oder Minerva-Weste fçr 6±12 Wochen mæglich (s. u.). Akute rotatorische AAD meist reponierbar; Halo-Ring. Technik: Traktion und Rotation, Entharkung, Normalstellung. Bei intaktem Lig. transversum durch Ruhigstellung in Philadelphia-Kragen Heilung mæglich
] Nachbehandlung
beschwerdeabhångig
] Rx-Kontrolle
regelmåûig, abhångig von Genese CT
] Sportfåhigkeit
vom Einzelfall abhångig
24 Wirbelsåule
]
Operative Therapie ] Indikation
Traumatische translatorische AAD: Fusion C 1-C 2, da konservativ keine Heilung zu erwarten. Rotatorische AAD: bei Ruptur Lig. transversum dorsale Fusion. Nichtreponierbare Fehlstellungen in situ C 1-C 2-Fusion. Bei posttraumatischen Instabilitåten mit 2- bis 3-monatiger Halo-Behandlung und persistierendem Shift > 5 mm in Funktionsaufnahmen C 1-C 2-Fusion
] Verfahren
dorsale C 1-C 2-Spondylodese: Cerclage, Knochenplastik; Verschraubung
] Nachbehandlung
verfahrensabhångig
] Rx-Kontrolle
verfahrensabhångig
] Metallentfernung
Halo nach 2±3 Monaten
] Sportfåhigkeit
fraglich
Komplikationen
Ûberlebende mit traumatischer AAD: neurologische Stærungen, persistierende Instabilitåt nach konservativer Behandlung, neurologische Komplikationen unter der Traktion, nicht korrigierbare Fehlstellung mit der Notwendigkeit zur Fusion in Fehlstellung, Hypermobilitåt benachbarter Segmente nach Fusion
Wachstumsstærung
mæglich
Nachkontrollen
langfristig
Klassifikation
AO:
] Axis- und Densfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Axis- und Densfrakturen kommen selten bei Kindern unter 7 Jahren, noch seltener unter 3 Jahren vor. Es handelt sich allerdings um eine der håufigsten Verletzungen der Halswirbelsåule. Meist ist die Ursache dieser Verletzungen ein massives Trauma mit Flexion (Verkehrsunfålle, hohe Stçrze, Stçrze auf den Kopf). Die Anamnese ist wichtig, auch ¹leichteª Traumen mit negativer Ræntgendiagnostik sind mæglich. Klinisch zeigt sich oft ein inhomogenes Bild mit geringen Schmerzen und ¹Nackensteifheitª bis
LiLa:
zu einem starken okzipitalen Anfangsschmerz, der durch Kopfbewegungen verstårkt wird. Ein diagnostischer Hinweis ist, dass der Kopf vom Patienten selbst festgehalten wird, um (Extensions-) Bewegungen zu vermeiden. Es besteht ein Instabilitåtsgefçhl, als wçrde ¹der Kopf herunterfallenª; auch ein akuter Tortikollis kann beobachtet werden. Eine liegende oder stehende Haltung wird vom Verletzten bevorzugt. Die Frakturlokalisation findet sich unterhalb der Ebene der Facettengelenke im Korpus. Die subdentale Synchondrose ist bis zum 10. Lebensjahr vulnerabel, und die Fraktur verlåuft entlang der basalen Knorpelfuge (Wachstumszone).
413
414
]
S. Rose und I. Marzi
Axis- und Densfraktur
Besonderheiten
Verwechslung mit Synchondrose
Diagnostik
Ræntgen der HWS in 2 Ebenen, transorale Aufnahme: meist diagnosesichernd, selten weite Dislokation im Seitbild. Ventrale Translation und Angulation des Dens in Kyphose. Bei korrekter Lagerung Spontanreposition mæglich. Retropharyngeale Weichteilschwellung diagnostischer Hinweis. Flexions-/Extensionsaufnahme: Dens bewegt sich mit Atlas. DD: offene dentozentrale Synchondrose. Os odontoideum (Traumaanamnese!). H-færmige Synchondrose durch horizontale Synchondrose an der Basis und 2 vertikalen Synchondrosen am Ûbergang vom Korpus zu den Bægen, die zwischen dem 3. und 6. Jahr fusionieren, allerdings u. U. bis zum 10. Jahr sichtbar. Im Zweifel CT: Verletzungen der Axissynchondrosen nur mit CT sichtbar
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
anatomische Ausheilung
Primårbehandlung
Ruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
bis zum 8. Lebensjahr konservativ
] Verfahren
bei geringer Dislokation: Bettruhe, leichte Traktion in stabiler Orthese, bei weiterer Dislokation: Reposition çber Traktion und Retention im Minerva-Gips oder Halo (6±12 Wochen), bei guter Reposition Prognose gut, Ruhigstellung u. U. bis zu 4 Monate; seltene Frakturen des Axiskærpers oder der Wirbelbægen heilen ebenfalls konservativ
] Nachbehandlung
beschwerdeabhångig
] Rx-Kontrolle
regelmåûig, evtl. CT, MRT
] Sportfåhigkeit
vom Einzelfall abhångig, mit Beschwerdefreiheit nach ca. 3±4 Monaten
Operative Therapie ] Indikation
selten; bei instabilen Frakturen des ålteren Kindes vom Anderson Typ II des Erwachsenen; bei kleineren Kindern bei persistierender Beweglichkeit des Dens im Sinne einer Pseudarthrose (s. a. Os odontoideum); hochgradig instabile, um mindestens Densbreite verschobene Frakturen
] Verfahren
posteriore C 1-C 2-Fusion, bei ålteren Kindern auch direkte Schraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
stabile Orthese fçr 4 Wochen
24 Wirbelsåule
] Rx-Kontrolle
nach 2 und 6 Wochen
] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
nach 3±4 Monaten
Komplikationen
Myelopathie bei långerer unerkannter Instabilitåt und Densdislokation, vorçbergehende Kyphose nach C 1-C 2-Fusion
Wachstumsstærung
Bei epiphysåren Schåden frçhzeitiger Schluss der Dens-Wachstumsfuge, allerdings ohne wesentliche Folgen; bei Kindern çber 7 Jahren Komplikationen wie bei Erwachsenen, insbesondere in Bezug auf verzægerte Heilung, das gilt fçr Anderson-Typ-II-Frakturen und dorsalen Dislokationen, die oft eine Fusion erfordern. Os odontoideum kann als Pseudarthrose nach verkannter Densfraktur des Kleinkindes interpretiert werden.
Nachkontrollen
Spåte atlantookzipitale Instabilitåten mæglich, daher Follow-up, bis Wachstumsstopp erforderlich.
Klassifikation
AO:
]
LiLa:
] Os odontoideum Verletzungsmechanismus und klinisches Bild ] Echtes kongenitales Os odontoideum. Es handelt sich hierbei um einen deformierten, nicht mit der Basis fusionierten Dens, auch um ein hypertrophiertes Ûberbleibsel bei Denshypoplasie und fehlendem distalem Ossifikationszentrum.
] Posttraumatisches Os odontoideum. Es tritt auf nach unerkanntem Trauma mit Nonunion und fibræsem Ersatz als Folge einer nichtbehandelten Fraktur in der knorpeligen Wachstumszone des Dens, dem sog. Densstummel am Axiskærper mit translatorischer Instabilitåt in sagittaler Richtung (s. AAD).
415
416
]
S. Rose und I. Marzi
Os odontoideum Besonderheiten
kongenitale und posttraumatische Entstehungstheorie
Diagnostik
Funktionsaufnahmen, in Ausnahmen auch Flexions-/Extensions-CT/-MRT: Ausmaû der Instabilitåt, Ausschluss Rçckenmarkkompression. Os odontoideum bewegt sich mit Atlas bei symptomatischen Patienten bis 1 cm nach vorne. CT: groûe Lçcke zwischen Densspitze und Basis.
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilitåt
Primårbehandlung
±
Konservative Therapie
Methode der Wahl
] Indikation
kongenital: keine Therapie
] Verfahren
posttraumatisch: 6 Wochen Orthese
] Nachbehandlung
entfållt
] Rx-Kontrolle
posttraumatisch: 6 Wochen, 3 Monate, 1 Jahr
] Sportfåhigkeit
beschwerdeabhångig
Operative Therapie ] Indikation
Bei pathologischer Beweglichkeit, persistierender Instabilitåt oder dem Nachweis eines akuten/potenziellen Rçckenmarkschadens mit/ohne neurologische Symptome. Schwierige Indikation bei asymptomatischen Patienten. Potenzielle Instabilitåt im Falle eines Traumas!
] Verfahren
posteriore C 1-C 2-Fusion, sehr selten
] Nachbehandlung
6 Wochen stabile Orthese
] Rx-Kontrolle
nach 6 Wochen
] Metallentfernung
abhångig vom Implantat
] Sportfåhigkeit
nach 4±6 Monaten
Komplikationen
s. Wachstumsstærung
Wachstumsstærung
wegen Fusion mæglich
Nachkontrollen
nach 6 und 12 Monaten
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
] Verletzungen des Segments C 2/C 3 und Pseudosubluxation Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die diskoligamentåre Instabilitåt kommt im Gegensatz zur Pseudosubluxation sehr selten vor, dann aber bei Kindern, die ålter als 10 Jahre sind. Betrachtet man die dorsalen Wirbelkærperbegrenzungen, tritt eine Pseudosubluxation von C 2/C 3 bei ca. 10% der Kinder deutlich und bei 15% måûig auf. 40% der Kinder unter 8 Jahren zeigen diese vordere Verschiebung. Als Folge eines Traumas ist eine C 2/C 3-Subluxation/-Dislokation mæglich, håufig in Ver-
]
bindung mit Verletzungen von Kopf, Gesicht oder Brustkorb und lokalisierten Schmerzen ohne Frakturnachweis. Bis zum 7.±8. Lebensjahr ist das Segment C 2/C 3 Mittelpunkt der Flexion/ Extension. Traumatische Facettendislokationen ohne Fraktur sind mæglich, håufig isolierte Verletzungen, ebenso Frakturen der Apophyse. Die Pedikelfraktur von C 2 (Hangman's Fracture) ist die Folge von Flexions- oder Extensionstraumen.
Klassifikation Bei Verletzungen des Segments C 2 findet beim Adoleszenten die Klassifikation nach Effendi Anwendung.
Verletzung des Segments C 2/C 3 und Pseudosubluxation
Besonderheiten
echte Instabilitåt selten; Pseudosubluxation håufig
Diagnostik
Pseudosubluxation: C 2/C 3 ist < 8 Jahren Hauptbewegungssegment, bei seitlichen Flexionsaufnahmen in diesem Segment 2±4 mm Verschiebung normaler Shift. Diagnostische Schwierigkeiten bei lokalem klinischem Befund. Ursache: Neigungsebenen der Gelenkflåchen veråndern sich bei C 1/C 2 von 558 auf 708 und bei C 2±C 4 von 308 auf 60±708. Pseudosubluxation wegen fehlender Landmarken schwer messbar. Die spinolaminåre Swischuk-Linie zwischen der hinteren Bogenbegrenzung von C 1±C 3 sollte bei C 2 innerhalb 1,5 mm bleiben. Verwechslung mit primårer Spondylolyse oder Synchondrose des hinteren Bogens mæglich. Pseudosubluxation hebt sich in Extension auf. MRT Methode der Wahl zum Ausschluss einer diskoligamentåren Verletzung/Instabilitåt
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Ausschluss traumatischer Instabilitåt
Primårbehandlung
bei Trauma Ruhigstellung und Ausschluss Instabilitåt
417
418
]
S. Rose und I. Marzi
Verletzung des Segments C 2/C 3 und Pseudosubluxation Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
bei Frakturen geschlossene Reposition und Halo fçr ca. 8 Wochen, bei Subluxation/Dislokation bei Kindern unter 8 Jahren geschlossene Reposition und Immobilisation mit Halo
] Nachbehandlung
Halo-Pflege
] Rx-Kontrolle
nach 4 und 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
beschwerdeabhångig
Operative Therapie ] Indikation
persistierende dorsale Instabilitåt bei diskoligamentårer Instabilitåt (C 2/C 3-Subluxation) oder Pseudarthrose
] Verfahren
Dorsale Fusion (C 1±C 3), allerdings nach sorgfåltiger Diagnosestellung der dorsalen Instabilitåt. Die Beteiligung des Wirbelkærpers kann knæchern ausheilen. Bei posttraumatischer Subluxation und Dislokation bei Kindern çber 8 Jahren posteriore Fusion
] Nachbehandlung
steife Orthese fçr 4±6 Wochen
] Rx-Kontrolle
nach 4 und 12 Wochen
] Metallentfernung
abhångig vom Implantat
] Sportfåhigkeit
beschwerdeabhångig
Komplikationen
bei Fusion
Wachstumsstærung
mæglich
Nachkontrollen
långerfristig
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
] Verletzungen von C 3-C 7 Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Verletzungen im Bereich von C 3±C 7 kommen selten bei Kindern unter 10 Jahren vor, das Durchschnittsalter der Patienten betrågt 13 Jahre. Es handelt sich håufig um Kompressionsfrakturen. Ein Flexions-/Extensionsmechanismus kann zu diskoligamentåren Verletzungen fçhren, eine Hyperflexion zu Abrissen der sekundåren OFZ der Dornfortsatzspitzen. Rupturen der unteren
]
epiphysåren Endplatten kænnen durch Hyperextensions-Distraktions-Traumen, z. B. bei Autounfållen, Sprçngen in flaches Wasser oder Kindesmissbrauch, verursacht werden. Prådisponierende kongenitale Faktoren treten meist in Verbindung mit dorsaler Instabilitåt auf.
Klassifikation Die Einteilung der Verletzungen von C 3±C 7 erfolgt bei ålteren Kindern nach der AO-Klassifikation, bei jçngeren Kindern nach Salter und Harris.
Verletzung von C 3±C 7
Besonderheiten
Salter-Harris-I-Verletzungen = Epiphysenlæsungen (meist bei jçngeren Kindern); SalterHarris-III- (Aitken-II-) Verletzung als vordere Ruptur der Wachstumsfuge und Epiphyse (bei Adoleszenten). Frakturen des Apophysenrings abgrenzen.
Diagnostik
HWS in 2 Ebenen (unter Einschluss Th 1). Funktionsaufnahmen < 8 Jahren zur Beurteilung der Segmentbeweglichkeit bei Pseudoluxation mæglich (bei longitudinaler Distraktion besser sichtbar). Ræntgenzeichen der Instabilitåt bei Verdacht MRT indiziert. Th 3 und Th 4 kænnen die verschiedensten Formen (Keil, Abrundung usw.) haben. Cave: Verletzung der Wachstumsfugen und schmerzhafte Frakturen der sekundåren Ossifikationszentren (ræntgenologisch oft erst zwischen dem 10. und 12. Lj. sichtbar, Weichteilschwellung). Spontane Reposition mæglich. Dislozierte Ringapophysenverletzungen mit sekundåren Ossifikationszentren verwechselbar.
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Vermeidung posttraumatischer Kyphosierung
Primårbehandlung
Ruhigstellung in stabiler Orthese (Philadelphia-Kragen)
419
420
]
S. Rose und I. Marzi
Verletzung von C 3±C 7 Konservative Therapie ] Indikation
Kompressionsfrakturen heilen meist konservativ in Orthese. Spontankorrektur von Kompressionsfrakturen im C 3- bis C 7-Gebiet im Vergleich zur Brust-/Lendenwirbelsåule wegen schnellerer Reifung eingeschrånkt. Keine verbindlichen Therapieempfehlungen zur tolerierbaren Frakturdislokation, Kyphose oder notwendigen Stellungskorrektur. Verlauf ist wichtig. Geschlossene Reposition und Retention von Kompressionsfrakturen nur bedingt mæglich, Stellungskorrektur geht oft verloren. Serienkompressionsfrakturen werden primår konservativ behandelt und nach Ausheilung ggf. nachkorrigiert. Ligamentåre Verletzungen kænnen mit Immobilisation ausheilen, allerdings Gefahr der kyphotischen Fehlstellungen und Folgen wie beim Erwachsenen. Bei persistierender Instabilitåt und zunehmender Kyphose dorsale Stabilisierung erforderlich. Bei Adoleszenten ventrale çberbrçckende Spondylodesen.
] Verfahren
Kinder unter 8 Jahren mit seltenen ausgedehnten Kompressions- oder Serienfrakturen 6 Wochen Halo und weitere 6 Wochen in steifer Orthese. Salter-Harris-III-Verletzungen heilen wegen der osteogenetischen Potenz des vorderen Långsbands innerhalb von Wochen. Bei diskoligamentåren Verletzungen Halo fçr 8±12 Wochen mæglich (s. u.).
] Nachbehandlung
Konsequente Ruhigstellung fçhrt zur Heilung der verletzten ligamentåren und chondroossåren Strukturen
] Rx-Kontrolle
6 Wochen, 3 Monate, 1 Jahr
] Sportfåhigkeit
vom Verlauf abhångig
Operative Therapie ] Indikation
Ligamentåre Instabilitåten heilen selten aus. Indikation zur operativen Stabilisierung richtet sich nach Alter, Grad der Dislokation/Instabilitåt und Ausmaû der knæchernen Zerstærung mit potenzieller Instabilitåt und zu erwartender sekundårer Deformitåt. Posteriore Fusion bei ræntgenologischem Nachweis der Instabilitåt nach konservativer Behandlung çber 3 Monate. Da meist Flexionsmechanismen, vorderer Zugang kontraindiziert. Gestærtes Wachstum des anterioren Ossifikationszentrums und dorsale Instabilitåt machen Spontanfusionen bei Adoleszenten unwahrscheinlich. Frçhe chirurgische Stabilisation bei instabilen Frakturen und Rçckenmarkschaden erforderlich.
] Verfahren
Dorsale Drahtfusion der Dornfortsåtze und autologe Knochentransplantation. Ventrale Fusionen bei Kleinkindern wegen Endplattenzerstærung kontraindiziert, allerdings bei ålteren Kindern çberbrçckende Plattenosteosynthesen mit Metallentfernung mæglich (s. Abb. oben). Laminektomien nur im Ausnahmefall bei progressiver neurologischer Symptomatik und gesicherter spinaler Kompression, da wegen Schådigung stabilisierender posteriorer Elemente erhebliche Folgeschåden (Schwanenhalsdeformitåt) zu erwarten. Facettengelenke durch Cerclagen und Knochentransplantationen stabilisierbar. Resektion schmerzhafter Pseudarthrosen der Dornfortsatzspitzen. Minimierung chirurgischer Exposition wegen Gefahr spontaner Fusion benachbarter Segmente.
] Nachbehandlung
verlaufsabhångig
] Rx-Kontrolle
Kontrolle der fehlenden Ausheilung, unterbliebenen Fusion der Instabilitåt, kyphotischen Deformitåt. Halo-Pinpenetration (starke Schmerzen) und Osteolysen
24 Wirbelsåule
Verletzung von C 3±C 7 ] Metallentfernung
bei çberbrçckenden ventralen Verfahren nach 1 Jahr
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit
Komplikationen
Halo-Behandlung: Pininfektionen oder -penetration. Salter-Harris-I-Verletzungen werden oft nicht çberlebt
Wachstumsstærung
Vorzeitiger Wachstumsfugenschluss, Verschmålerung Bandscheibenraum, Ossifikation des Långsbandes bei Typ-III-Verletzungen
Nachkontrollen
nach 6 Wochen, 3 Monaten und 12 Monaten
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Halswirbelsåule
Material
] Halo-Fixateur ± Carbonring ± sterile Drehmomentschrauben ± Halo-Weste (verschiedene Græûen)
Lagerung
] im Liegen mit çberhångender Stirn, Kopf muss gehalten werden ] intermittierende Ræntgendurchleuchtung zwingend erforderlich, um Stellung der HWS zu çberprçfen
Zugang
] ] ] ] ]
Halo-Fixation: Pinplatzierung antero- und posterolateral u. U. Bestimmung der hæchsten Knochendicke mit dem CT Einsatz mæglichst vieler Pins, die eng kontrolliert werden mçssen Achtung bei Ûberdistraktion und den håufigen Pininfektionen Weitere Komplikationen: Durapenetrationen und Schåden des supraorbitalen Nervs, nicht bei offenen Suturen Spezielle Ûberlegungen zu Applikation des Halo-Fixateurs beim Kind: ] Planung der Knochendicke mit CT bei Kindern unter 6 Jahren ] Ring unterhalb des weitesten Schådeldurchmessers, ca. 1 cm oberhalb des Ohrs ] mindestens 6 Pins mit niedrigem Drehmoment (2±5 ft/lb) ] Vermeidung der dçnnen Regionen temporal und der frontalen Sinus ] vordere Sicherheitszone: 1 cm oberhalb der Rima orbitae, lateral 2/3 der Orbita ] anteriore Pins bei geschlossenen Augen setzen, um den Lidschluss nicht zu gefåhrden ] simultanes Anziehen gegençberliegender Pins, um ein Verrutschen des Rings zu verhindern ] Pins kænnen einmal nachgezogen werden, wenn Widerstand da ist ] lockere Pins entfernen und durch neue Pins ersetzen
Spezielle Aufklårung
] Aufwåndigkeit der Behandlung ] Pin-Infekt ] Perforation der Kortikalis
LiLa:
]
421
422
]
S. Rose und I. Marzi
Technische Aspekte
Halswirbelsåule
OP-Prinzip
] ] ] ]
Metallentfernung
nach 8±12 Wochen
beim Kind ITN Halo-Fixateur in die Tabula externa des Schådels an dicken Stellen befestigen Montage des Halo-Rings Långsstabilisierung mit leichter Distraktion und Abstçtzung an Halo-Weste
Verletzungen der thorakalen Wirbelsåule Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Verletzungen der thorakalen Wirbelsåule kommen håufiger vor als solche der lumbalen Wirbelsåule; sie treten bei Kleinkindern im midthorakalen und bei Adoleszenten im thorakolumbalen Bereich auf. Die Ursache der Verletzung ist oft ein Pkw-Unfall, aber auch ein Sturz beim Spielen oder Sport kann dafçr verantwortlich sein. Es ist aber auch an Kindesmisshandlung zu denken (ca. 2±3% thorakolumbale Kompressionsfrakturen). Das elastische Thoraxgitter und die Rippen wirken protektiv, so kommt es håufig zu stabilen Hyperflexionsfrakturen (< 208) der mittleren BWS ohne Beteiligung der hinteren Såule (A-Fraktur). Die kraniale Endplatte ist doppelt so håufig wie die kaudale betroffen. Stabile Bandscheiben induzieren fortgeleitete Serienkompressionsfrakturen der weicheren Wirbelkærper, bei ålteren Kindern werden dann v. a. Berstungsfrakturen beobachtet. Bandscheiben-
Epiphysenkomplex, Hinterwand und dorsale Strukturen bleiben intakt. Keilfrakturen werden verursacht durch Spongiosastauchung und Vorderwandfraktur vor allem im thorakolumbalen Ûbergang. Instabilitåt kann bei Verletzung ligamentårer und/oder chondroossårer dorsaler Strukturen (auch Gelenkfortsåtze) beobachtet werden. Im thorakolumbalen Ûbergang kann durch ligamentåre Laxizitåt eine Facettendislokation ohne Frakturnachweis oder Rçckenmarkschaden auftreten (Fall 24.1). Neurologische Ausfålle, Querschnittsyndrome (A. Adamkiewicz) und thorakale Rçckenmarkschåden oft ohne Frakturnachweis (SCIWORA) werden beobachtet. Bei Låsion am thorakolumbalen Ûbergang treten oft nur Wurzelsymptome auf.
Klassifikation Bei Adoleszenten findet die AO-Dreisåulen-Klassifikation (Kompression, Flexion-Distraktion, Rotation) Anwendung (Abb. 24.6). Læsungen der Endplatten sind mæglich, aber selten. Impaktionsfrakturen der Endplatte und Keilimpaktionsfrakturen (A1,1; A1.2) werden gesehen.
24 Wirbelsåule
Verletzung der thorakalen Wirbelsåule
Besonderheiten
Enger knæcherner Spinalkanal; hohes Risiko einer Myelonkompression
Diagnostik
Hautabschçrfungen çber dem Rçcken. Neurologie. Ræntgen der BWS in 2 Ebenen (zentriert). Frakturen meist in mittlerer BWS, oft diskret oder spontan reponiert. Mediastinalerweiterung? MRT zur Beurteilung spinaler Kompression, bei seltenen Diskusschåden, bei ligamentårer Stabilitåt dorsal; Nebenbefund: oft zusåtzliche okkulte Deckplattenserienfrakturen. 3D-CT-Rekonstruktion: pråoperativ, bei schweren ossåren Låsionen und Verdacht auf apophysåre Frakturen. DD: pathologische Frakturen (eosinophiles Granulom, Zysten, Leukåmien)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilitåt. Hohes Korrekturpotenzial. Sagittale Deformationen mit hålftigen Hæhenminderungen kænnen sich < 10 Jahren komplett aufrichten. Geringe Aufrichtung seitlicher Kompressionen mit Skoliosegefahr: schlechtere Prognose kombinierter frontosagittaler Deformationen.
Primårbehandlung
Immobilisation, Schmerztherapie
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
Kurzzeitige Bettruhe (stabile Hyperflexions-Kompressions-Frakturen), nur in Ausnahmefållen Orthese. Schmerzabhångige Mobilisation nach Bettruhe. Nach Hasler/Jeanneret: Keilwirbel unter 108 frçhfunktionell mit Physiotherapie, 3-monatige Sportkarenz. Bei Risser-Zeichen £ 2 ein Jahr Aufrichtekorsett fçr ventrale Keilwirbel von mehr als 108 (Druckentlastung der Wachstumszone, Stimulation des vorderen Wirbelkærperwachstums). Konservative Heilung rein ossårer Chancefrakturen und stabiler Facettendislokationen ohne Neurologie mit Ruhigstellung im reklinierenden Korsett mæglich. Konservative Behandlung mit langer Immobilisation grundsåtzlich mæglich, allerdings Gefahr der sekundåren Fehlstellung.
] Nachbehandlung
Schonung fçr 3 Monate
] Rx-Kontrolle
nach 6 Monaten und 1 Jahr
] Sportfåhigkeit
nach 6 Monaten, abhångig von Beschwerden und Kyphosebildung
]
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424
]
S. Rose und I. Marzi
Verletzung der thorakalen Wirbelsåule Operative Therapie ] Indikation
Instabilitåten bei ålteren Kindern und Adoleszenten, da Heilung instabiler Frakturen nur unsicher mit Orthesen beeinflussbar. Dorsale Fusionen bei: Facettendislokationen mit neurologischem Schaden, instabilen Flexions-Distraktions- (B1 und B2), Chancefrakturen und Rotationsverletzungen (Typ C). Seltener Mitbeteiligung der Endplatten und Wachstumszonen (Typ A3). Bei Kyphosierung von 208 und mehr ist mit einer Progression und Deformitåt zu rechnen. Bei Kindern çber 10 Jahren und Adoleszenten sollte die Wirbelsåule anatomisch wiederhergestellt werden.
] Verfahren
kurzstreckige dorsale Fusionen mit Cerclagen, kleine winkelstabile Implantate; Dekompressionen nur bei progressivem neurologischen Defizit bei einer partiellen Nervenwurzel- und Rçckenmarklåsion indiziert.
] Nachbehandlung
stabile Osteosynthese, Schonung fçr 8±12 Wochen
] Rx-Kontrolle
abhångig vom gewåhlten Verfahren
] Metallentfernung
nach Konsolidierung
] Sportfåhigkeit
abhångig von der Konsolidierung
Komplikationen
instabile Flexions-Distraktions- und Rotationsverletzungen haben oft intraabdominelle Begleitverletzungen (Dçnndarm usw.)
Wachstumsstærung
Oft bildet sich eine balancierte Skoliose (< 108) um den frakturierten Bereich, meist nur leicht progressiv. Unter 12 Jahren bei fehlender Neurologie selten persistierende kyphotische Fehlstellungen, da durch Wachstumszonen ausgeglichen. Segmentale Kyphosen selten > 108, frontale Fehlstellungen werden allerdings kaum ausgeglichen, hier im weiteren Verlauf oft posttraumatische Skoliosen, die selten 208 çberschreiten. Auch bei den håufigen Serienkompressionsfrakturen und Keilimpaktionsfrakturen ist mit posttraumatischen Deformitåten kaum zu rechnen. Endplattenfrakturen korrigieren sich nicht, eine Stærung des Wachstums ist die Folge. Verletzungen der Endplatten und Bandscheiben fçhren meist zur Spontanfusion des Segments. Eine persistierende Instabilitåt kann allerdings insbesondere bei begleitender neurologischer Stærung zur progressiven Deformitåt fçhren.
Nachkontrollen
regelmåûig im Verlauf des weiteren Wachstums
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
Verletzungen der lumbalen Wirbelsåule Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Bei den Verletzungen der lumbalen Wirbelsåule bei Kindern handelt es sich selten um schwere Verletzungen. Der Verletzungsmechanismus ist eine Kompression mit/ohne Flexion, ebenso sind eine Distraktion sowie eine Scherung/Rotation (z. B. durch den Bauchgurt bei einem PkwUnfall) mæglich. Kompressionsfrakturen kænnen bei Adoleszenten auch als Apophysenverletzun-
]
gen auftreten. Berstungsfrakturen werden bei meist intakten posterioren Elementen beobachtet. Die Bandscheiben werden in den Wirbelkærper hineingepresst. Sonderfall: lumbale Apophysenschåden kommen vor bei Sportarten wie Gymnastik und Gewichtheben: Bandscheiben-/Ringapophysen- sowie metaphysåre Fragmente werden dorsal in den Spinalkanal gepresst.
Klassifikation Es gibt 4 Typen der Apophysenfrakturen bei Adoleszenten (s. S. 402 f).
Verletzungen der lumbalen Wirbelsåule
Besonderheiten
diskoligamentåre Instabilitåten mçssen ausgeschlossen werden
Diagnostik
Ræntgen der LWS in 2 Ebenen (zentriert) 3D-CT-Rekonstruktion: pråoperative Planung, Differenzierung der Knochenverletzung, besonders bei den apophysåren Frakturen. Apophysenfrakturen der Adoleszenten betreffen meist die posterioren lumbalen Endplatten. Teile der Bandscheibe auch in Kombination mit knæchernen Anteilen werden nach dorsal in den Spinalkanal disloziert, håufig betroffen L 5±S 1. Oft akuter Schmerz bei Anstrengungen und Sport. Im konventionellen Ræntgenbild manchmal nicht zu sehen. CT Methode der Wahl fçr Erkennen von Fragmentgræûe und Ausmaû der Kanaleinengung. MRT bei spinaler Kompression und zum Ausschluss von seltenen Bandscheibenschåden Sonderform: instabile Chancefraktur-Øquivalente (Flexions-Distraktions-Typ) als horizontale Scherfraktur mit anteriorer Dislokation/Kompression und posteriorer Distraktion (Region Th 12±L 3). Klassische Chancefraktur rein ossåre Låsion. Stumpfes Bauchtrauma durch Sitzgurt (Lap Belt Syndrome), håufig Ileus-/intraabdominelle Verletzungen (Fall 24.2)
425
426
]
S. Rose und I. Marzi
Verletzungen der lumbalen Wirbelsåule Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Vermeidung neurogener Schåden und statischer Fehlstellungen
Primårbehandlung
Lagerungsbehandlung, Kyphosierung
Konservative Therapie ] Indikation
Frakturen mit intakten posterioren Elementen. Vor der Pubertåt auch Spinalkanaleinengungen durch eingepresste Bandscheibenanteile und progressive Achsabweichungen. Konservative Behandlung bei ausreichender Wirbelkærperhæhe und Impaktion des frakturierten Wirbelkærpers mæglich
] Verfahren
Stabilitåt gewæhnlich nach 12 Wochen erreicht. Flexions- und Extensionsaufnahmen zum Stabilitåtsnachweis. Pråpubertår kænnen die Orthesen bis zum Abschluss der Wachstumsphase (Mådchen 14 Jahre, Jungen 16 Jahre) getragen werden. Ob åuûere Stçtzverfahren die Entwicklung von Deformitåten verhindern, ist jedoch fraglich
] Nachbehandlung
funktionell
] Rx-Kontrolle
im Intervall zum Ausschluss einer progressiven Deformitåt oder Instabilitåt
] Sportfåhigkeit
vom Einzelfall und den Beschwerden abhångig
Operative Therapie ] Indikation
Fçhrt die initiale Lagerungsbehandlung nicht zum Erfolg, sollte bei ålteren Kindern die offene Reposition erfolgen. Chancefrakturen werden bei vorwiegend knæchernen Låsionen geschlossen reponiert und im Hyperextensionskorsett ruhiggestellt. Ziel ist die Wiederherstellung der Lordose. Ligamentåre Verletzungen werden offen reponiert und dorsal fusioniert. Bei kleineren Kindern kænnen die Dornfortsåtze verbunden werden (z. B. PDS-Kordeln), dann Nachbehandlung im Korsett. Bei Adoleszenten dorsaler Fixateur interne. Vertebrale Endplattenfrakturen mçssen abhångig vom Alter bei symptomatischen Bandscheibenprotrusionen und Fragmenten zur Verhinderung der spinalen Stenose dekomprimiert werde. Lumbale Apophysenschåden mit in den Spinalkanal dislozierten Geweben mçssen bei neurologischen Symptomen chirurgisch entfernt werden
] Verfahren
dorsale Zuggurtungen, Cerclagen, Fixateur interne
] Nachbehandlung
fallabhångig
] Rx-Kontrolle
fallabhångig
] Metallentfernung
nach Ausheilung
] Sportfåhigkeit
nach Ausheilung
Komplikationen
bei konservativer Therapie und Instabilitåt progressive Deformation
Wachstumsstærung
bei Wachstumsfugenverletzung mæglich
Nachkontrollen
nach 6 Monaten und 1 Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
Rçckenmarksschåden
Abb. 24.9. Primåre Querschnittsymptomatik bei multisegmentaler Instabilitåt der HWS.
]
Inzidenz, Wirkungsmechanismus und klinisches Bild Bis zu 30% (5±67%) der Wirbelsåulenverletzungen bei Kindern zeigen das klinische Bild des sog. SCIWORA. Die hochauflæsende MRT scheint mittlerweile in vielen Fållen doch eine Ursache darstellen zu kænnen (Abb. 24.9). Der SCIWORA-Anteil bei neurologischen Symptomen liegt bei 20±60%. Bei Kleinkindern (< 8 Jahre) ist håufig die obere HWS und die mittlere BWS (zervikothorakaler Ûbergang) betroffen (70% signifikante Rçckenmarkschåden auf Hæhe C 3/C 4), aber das Erholungspotenzial ist sehr gut. Beim Geburtstrauma (Schådeldistraktion) zeigt sich ein schlaffes Kind ohne progressive Låsion. Bei Adoleszenten dominieren Verletzungen des thorakolumbalen Ûbergangs, da das thorakale Rçckenmark wegen eines engen Spinalkanals und einer komplizierten Durchblutung anfållig ist. Bei Adoleszenten kommen håufig auch thorakolumbale Frakturen vor, dann mit inkompletten neurologischen Defiziten (Fall 24.3). Da die Wirbelsåule deutlich elastischer als das Rçckenmark ist, spielen eine longitudinale Distraktion, Hyperextension, Flexion und spinale Ischåmie eine bedeutende pathogenetische Rolle. Offene Verletzungen sind selten, die Prognose in der Regel direkte Unfallfolge (Abb. 24.10).
Diagnostik Die MRT ist die Methode der Wahl. Sie zeigt Rupturen des vorderen und hinteren Långsbandes, Diskushernien, Rçckenmarkdurchtrennungen, -blutungen und -ædeme sowie Knochenædeme (Bone Bruise) bei spontan reponierten Endplattenfrakturen. Ziel ist der Ausschluss instabiler Verletzungen (Frakturen, Bandinstabilitåten).
Therapie und Prognose Abb. 24.10 a, b. Offenes Rçckenmarktrauma ohne wesentliche neurologische Folgen.
Eine operative Dekompression ist wegen wesentlicher Nachteile im weiteren Wachstum mit kyphotischen Fehlstellungen kritisch. Allerdings muss die Indikation bei persistierenden spinalen knæchernen oder diskalen Kompressionen çberdacht werden. Auf jeden Fall sollten die Gelenkfacetten und -kapseln erhalten bleiben und
427
428
]
S. Rose und I. Marzi
wenn mæglich nicht verletzt werden. Die konservative Therapie besteht in Immobilisation in einer steifen Halskrawatte oder einer thorakolumbalen Wirbelsåulenorthese. Bei ausgeprågten Formen wird Ruhe und Einschrånkung der Beweglichkeit fçr 3 Monate verordnet, insbesondere unter dem Aspekt, dass ein erneutes Trauma zur Verschlimmerung und Verstårkung des Syndroms fçhren kann. Immer sollte kontrolliert werden, ob es zu einer weiteren Verschlechterung kommt, was verhindert werden muss. Die
Gabe von Methylprednisolon ist bei Kindern unter 13 Jahren nicht wissenschaftlich evaluiert. Spåtschåden sind v. a. bei Kindern zu erwarten, die Verletzungen vor dem 10. Lebensjahr hatten; so kænnen Deformitåt, hochsteigende neurologische Defizite und eine Syrinx resultieren. Die Prognose korreliert mit der primåren Schwere der neurologischen Ausfålle. Circa 90% der Kinder mit inkompletter SCIWORA verbessern sich. Thorakale Rçckenmarkschåden sind in ihrer Prognose am schlechtesten.
24 Wirbelsåule
] Fallbeispiele Fall 24.1 Diskoligamentåre B-Verletzung des thorakolumbalen Ûberganges, Mådchen, 14 J., PKW-Unfall mit Beckengurt.
a b c d
Unfallbild. CT. MRT. dorsale Reposition und Zuggurtung mittels PDS-Band.
]
429
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]
24 Wirbelsåule
Fall 24.2 Flexions-Distraktions-Verletzung L 3/4, Junge, 14 J., Pkw-Unfall mit Beckengurt.
a, b Unfallbilder. c ,d monosegmentale Spondylodese von dorsal.
Fall 24.3 Berstungsfraktur L 1 mit inkomplettem Querschnittssyndrom, Mådchen, 14 J., Suizidversuch, Sprung 2. OG.
a±c Unfallbilder, erhebliche Einengung des Spinalkanals. d, e bisegmentale dorsoventrale Spondylodese inklusive thorakoskopischer Dekompression des Spinalkanals.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen C. Seebach und A. A. Kurth
Allgemeines Die pathologische Fraktur ist ein Knochenbruch, der bei normaler Belastung aufgrund einer Schwåchung des Knochens infolge einer Erkrankung (Knochentumor, Metastase, Osteoporose, Osteomalazie, Osteopetrose, Hyperparathyreoidismus) auftritt. Durch einen Knochentumor kommt es zu einer Knochenverånderung (osteoblastisch und/oder osteolytisch), wobei der Knochen seine Elastizitåt und seine biomechanische Stabilitåt verliert. Ein inadåquates Trauma fçhrt dann zu einer Fraktur. Pathologische Frakturen kænnen durch intrinsische und extrinsische Prozesse verursacht werden. Intrinsische Prozesse schlieûen metabolische Knochenerkrankungen (z. B. Osteopenie durch Osteogenesis imperfecta) oder Knochentumoren, die gesunden Knochen ersetzen, ein. Extrinsische Prozesse verringern die strukturelle Integritåt des Knochens und entstehen durch chirurgische Eingriffe (z. B. interne Stabilisierung,
Abb. 25.1 a, b. Osteoporotische Femurfraktur bei 28-monatigem Kind nach Chemotherapie bei akuter lymphatischer Leukåmie.
welche inadåquat oder frçhzeitig entfernt wurde), durch einen Knochendefekt nach einer Operation, einer Biopsie oder einer En-bloc-Resektion eines Tumors oder durch eine externe Bestrahlungsbehandlung. Auch bei einer Hochdosis-Kortikosteroidtherapie bei Patienten, die eine Chemotherapie wegen eines Malignoms erhalten haben, kann es zu einer Osteoporose mit pathologischer Fraktur kommen (Abb. 25.1 a, b). Der gesunde Knochen eines Kindes hat eine græûere Plastizitåt als der Knochen eines Erwachsenen. Daher kommt es bei einem Kind erst nach einem erheblichen Verlust an Mineralgehalt oder Architektur zum Knochenbruch. Die exakte Diagnose ist zur korrekten Behandlung bei pathologischen Frakturen von Kindern essenziell. Die genaue Anamnese, die kærperliche Untersuchung sowie die radiologischen und laborchemischen Befunde festigen die Verdachtsdiagnose. Eine Biopsie liefert das histologische Material, das die Diagnose sichert. Die meisten Knochenlåsionen kænnen durch ihre radiologische Erscheinung und die Lokalisation im Knochen korrekt erkannt werden. Die laborchemischen Befunde sind wichtig fçr die Diagnose von metabolischen Knochenerkrankungen und Osteomyelitis, jedoch weniger aussagekråftig bei primåren Knochentumoren. Gutartige Knochentumoren, die zu pathologischen Frakturen im Kindesalter fçhren, sind vor allem die solitåre Knochenzyste, das nichtossifizierende Fibrom, die fibræse Dysplasie und die aneurysmatische Knochenzyste. Dagegen ist eine pathologische Fraktur aufgrund eines malignen Tumors (z. B. Osteosarkom) selten, jedoch immer als Differenzialdiagnose wegen der schweren Konsequenzen, die mit einem Missmanagement assoziiert sind, zu diskutieren.
432
]
C. Seebach und A. A. Kurth
Epidemiologie 1% aller malignen Tumoren sind primåre Knochentumoren. Am håufigsten kommen das Osteosarkom (45%) sowie das Ewing-Sarkom (18%) im Kindesalter und das Chondrosarkom (14%) im Erwachsenenalter vor. Tumoren des Stçtz- und Bewegungsapparates im Kindesalter sind selten. Zwei Drittel der primår aus Knochengewebe stammenden Tumoren treten bei Jugendlichen wåhrend der pubertåren Wachstumsphase auf. Die stark wachsenden Metaphysen der Knie- und Oberarmkopfregion sind bevorzugte Lokalisationen. Eine frçhe Erkennung von malignen Knochentumoren entscheidet nicht nur çber Leben und Tod, sondern auch darçber, ob eine Extremitåt erfolgreich gerettet werden kann oder amputiert werden muss.
Tabelle 25.1. Klassifikation von Geschwçlste des Knochens, der Gelenke und der Muskulatur abhångig von der Histogenese Herkunftsgewebe
Benigne Tumoren
Knorpelgewebe
Osteochondrom Chondrosarkom Chondroblastom Chondromyxoidfibrom Enchondrom
Knochengewebe Osteom Osteoidosteom Osteoblastom
Osteosarkom
Bindegewebe
nichtossifizierendes Fibrom fibræse Dysplasie Osteoklastom (Riesenzelltumor), Grad I benignes fibræses Histiozytom
ossåres Fibrosarkom malignes fibræses Histiozytom Osteoklastom Grad III
Knochenmark
eosinophiles Granulom
Ewing-Sarkom Retikulosarkom Plasmozytom
Klassifikation Alle mesenchymalen Gewebe kænnen Herkunftsgewebe einer Tumorerkrankung sein. Die primåren Knochen- und Weichteiltumoren im Kindesalter werden nach der histogenetischen Herkunft der Tumorstammzellen klassifiziert (Tab. 25.1), die sich ganz oder teilweise im Knochen entwickeln und in die Nachbarschaft ausbreiten. Unter sekundåren Skeletttumoren versteht man Tumoren, die primår in Weichteilen entstehen und von dort aus auf den Knochen çbergreifen. Von den benignen Tumoren mit lokaler Begrenzung und expansiver Ausbreitung unterscheidet man maligne Tumoren mit hemmungsloser Progression, infiltrativer Gewebszerstærung und Bildung von Metastasen. Die Grenze zum gesunden Gewebe ist unscharf. Als semimaligne bezeichnet man Tumoren, die zunåchst benigne sind und spåter maligne entarten kænnen (Chondrome, Riesenzelltumoren); unter tumoråhnlichen Erkrankungen versteht man jene, die mit lokal aggressiv-infiltrierendem Wachstum, jedoch ohne Metastasenbildung (juvenile oder aneurysmatische Knochenzysten) vorkommen. Voraussetzung fçr das Verståndnis der verschiedenen Knochentumoren ist eine umfassende Kenntnis der klinischen Erscheinungsform, des Spontanverlaufs, der Tumorstadien, des histopathologischen Bildes und der therapeutischen Beeinflussbarkeit.
Maligne Tumoren
Weichteiltumoren Gefåûe Håmangiom Lymphangiom Håmangioperizytom endotheliales Håmangioendotheliom
Håmangiosarkom Håmangioperizytom Lymphangiosarkom
Fett
intraossåres Lipom
ossåres Liposarkom
Muskelgewebe
Leiomyom Rhabdomyom
Leiomyosarkom Rhabdomyosarkom
Synovialgewebe intraossåres Ganglion Synovialsarkom Synovialom Nervengewebe
Neurinom Schwannom Neurofibrom
Zur Beurteilung der lokalen, regionalen und systemischen Tumorausbreitung sowie Tumorart sind oft weiterfçhrende Stagingmaûnahmen erforderlich.
Diagnostische Grundsåtze Wenn ein Kind eine Fraktur nach einem inadåquaten Trauma aufweist, oder das radiologische Bild einen abnormalen Knochenprozess zeigt, sollte an eine pathologische Fraktur gedacht werden.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen
Unreifes Skelett (Wachstumsfuge offen)
]
Reifes Skelett (Wachstumsfuge geschlossen)
Abb. 25.2. Lokalisation (epi-, meta- oder diaphysår) primårer Knochentumoren bei offener bzw. geschlossener Wachstumsfuge.
Vorrangig ist zu klåren, ob es sich um einen benignen oder malignen Prozess handelt. Dabei liefern Ræntgenaufnahmen richtungsweisende Informationen; die Therapieentscheidung berçcksichtigt aber grundsåtzlich alle klinisch wichtigen Anhaltspunkte. Der Schmerz ist das erste und wichtigste Symptom eines pathologischen Knochenprozesses. Eine grçndliche Anamnese (Vorerkrankungen des Magen-Darm-Trakts, Nierenerkrankungen, vorausgegangene Frakturen oder Infektionen so-
wie die Familienanamnese) und die kærperliche Untersuchung (Evaluation einer Fraktur, Haut, Gelenke, neurovaskulårer Status, mægliche Extremitåtendeformitåten oder -verkçrzungen, Bewegungseinschrånkung) des Patienten sind Vo-
Tabelle 25.3. Håufige Lokalisationen von Knochentumoren Epiphyse
Multiple
Vordere Elemente der Wirbelsåule
Chondroblastom Leukåmie
Tabelle 25.2. Altersgruppen von håufigen muskuloskelettalen Tumoren
eosinophiles Granulom Brodie-Abszess hereditåre Exostosen Leukåmie Riesenzelltumor eosinophiles Metastase Granulom fibræse Dysplasie Enchondromatose Riesenzelltumor
Alter Benigne Tumoren (Jahre)
Maligne Tumoren
0±5
eosinophiles Granulom Osteomyelitis
Metastasen Leukåmie
Metaphyse
Becken
Hintere Elemente der Wirbelsåule
5±10
solitåre Knochenzyste aneurysmatische Knochenzyste nichtossifizierendes Knochenfibrom fibræse Dysplasie Osteomyelitis Osteoidosteom eosinophiles Granulom
Osteosarkom Rhabdomyosarkom Ewing-Sarkom
jeder Tumor
Ewing-Sarkom Osteosarkom Osteochondrom Metastase fibræse Dysplasie
Rippen
fibræse Dysplasie Osteoidosteom Fibrom aneurysmatische Knochenzyste Chondroblastom
Osteosarkom Ewing-Sarkom Rhabdomyosarkom Synovialzellsarkom Chondrosarkom Fibrosarkom
Diaphyse fibræse Dysplasie osteofibræse Dysplasie eosinophiles Granulom Ewing-Sarkom Leukåmie, Lymphome Osteoidosteom solitåre Knochenzyste
aneurysmale Knochenzyste Osteoblastom Osteoidosteom Metastase
10±20
fibræse Dysplasie eosinophiles Granulom Ewing-Sarkom Metastase
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]
C. Seebach und A. A. Kurth
raussetzung fçr eine korrekte Diagnose und Behandlung: ] Alter des Patienten (Tab. 25.2): Tumoren haben eine ausgesprochene Altersdisposition. Die meisten primåren Knochentumoren treten im Kindes- oder Jugendalter auf, Chondrosarkome, Plasmozytome und Karzinommetastasen jedoch bevorzugt im Erwachsenenalter. ] Die Anamnese hålt Zeitpunkt und Art der Beschwerden fest. ] Die Lokalisation (epi-, meta- oder diaphysår) primårer Knochentumoren liefert einen Hinweis (Tab. 25.3, Abb. 25.2). ] Der klinische Befund gibt Auskunft çber Schwellung, Ausmaû sowie Art des Schmerzes und Funktionseinschrånkungen. Laboruntersuchungen sind meist unergiebig, dienen aber dem Ausschluss einer entzçndlichen Genese. Cave: Das Ewing-Sarkom wird oft fehlgedeutet als Osteomyelitis!
Bildgebende Verfahren ] Das Ræntgenbild in 2 Ebenen ist das wichtigste Mittel zur Klårung der Dignitåt und Wachstumsgeschwindigkeit. Bei einem langsamen Tumorwachstum kommt es zur Sklerosierung des umgebenden Knochens, ebenso spricht eine enge, wohldefinierte Grenzzone mit Periostschale fçr einen benignen Tumor. Bei dem raschen Wachstum eines malignen Tumors kommt es dagegen zu Osteolysen oder Mottenfraû (multiple kleine osteolytische Areale). In der breiten flieûenden Grenzzone kommt es im Ûbergangsbereich zwischen Tumor und gesunder Kortikalis zu den typischen Periostreaktionen (Codman-Dreieck, Spikulae, Zwiebelschale), die Malignitåtszeichen eines Knochentumors im Ræntgenbild sind. ] Die MRT stellt pathologische Verånderungen mit hæherem Auflæsungsvermægen und græûerer Empfindlichkeit dar, v. a. das Ausmaû von Weichteillåsionen und die sonst schwer erkennbare Beteiligung des Knochenmarks. ] Das MRT bleibt das Mittel der Wahl zum Staging, zum Evaluieren der Antwort auf die pråoperativ erfolgte Chemotherapie und fçr das langzeitige Follow-up der meisten Knochen- und Weichteilsarkome.
] Die CT zeigt die exakte Lokalisation und die Ausbreitung des primåren Herdes sowie die topographische Beziehung zum jeweiligen Kompartment, die Dichte des Tumorgewebes, die Beziehung zu Nerven und Gefåûen, eine intraartikulåre und kortikale Tumorinfiltration sowie eine Metastasierung in die Lunge. ] Eine Sonographie des Abdomens dient dem Ausschluss von intraabdominellen Metastasen. ] Eine Skelettszintigraphie zeigt die biologische Aktivitåt des primåren Knochentumors und erkennt weitere intraossåre Tumorlokalisationen des skelettalen Systems. ] Die Angiographie wird in der Regel eingesetzt, um die Gefåûversorgung des Tumors darzustellen und dessen Beziehung zum Gefåû-Nerven-Bçndel zu klåren, was fçr die Planung von extremitåtenerhaltenden Eingriffen von Bedeutung ist.
Biopsie Die bildgebenden Verfahren gehen der Biopsie immer voraus. Bei Tumorverdacht (potenziell benigne aggressive oder maligne Prozesse) liefert die Biopsie das histologische Material, um die Diagnose zu sichern; sie ist in allen Zweifelsfållen unerlåsslich. Die Biopsie muss durch eine kleine longitudinale, leicht auszuschneidende Inzision durchgefçhrt werden, wobei nur ein einzelnes Kompartment eræffnet werden sollte. Auf die spåtere Schnittfçhrung ist zu achten. Es sollte eine gute Blutstillung durchgefçhrt werden, um eine Dissemination von Tumorzellen zu vermeiden. Ein Gefåû-Nerven-Bçndel darf nicht eræffnet werden, da sich der maligne Knochentumor entlang dieser Schiene ungehindert ausbreiten kann. Da keine zusåtzlichen Kompartmente eræffnet werden sollten, wird bei einer Biopsie nicht der gesamte Tumor entfernt. Es ist wichtig, die Biopsie nicht vom Kallus zu entnehmen, da sonst die fålschliche Diagnose eines Osteosarkoms oder eines anderen Tumors gestellt wird. Eine pathologische Fraktur im Entnahmebereich der Biopsie sollte verhindert werden. Da Sarkome oft im Gegensatz zu Karzinomen im Operationsgebiet Impfmetastasen setzen, ist eine Biopsie sorgfåltig zu planen. Die fehlerhafte Ausfçhrung kann die Prognose verschlechtern. Bei exakter Durchfçhrung ist die Gefahr der systemischen Ausbreitung als gering anzusehen.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen
]
Tabelle 25.4. Klinisches Staging nach Enneking (Stadium I±III)
Charakter Ræntgen Szintigraphie Typische Klinik Typischer Tumor
Stadium I a/b, latent (G1, T1/2, M0)
Stadium II a/b, aktiv (G2, T1/2, M0)
Stadium III, aggressiv (G1/2, T1/2, M1)
langsam wachsend, spontan ausheilend gut demarkiert, meist mit Sklerose keine/niedrige Aktivitåt Zufallsbefund NOF Osteochondrom Osteom Håmangiom
abgekapselte Låsion, expandierend (Blow-up Lesions) Kortikalis aufgeblåht, ausgedçnnt, geringe Sklerosereaktion Anreicherung Schmerz Osteoidosteom Osteoblastom Riesenzelltumor aneurysmatische Knochenzyste
lokale Knochendestruktion, Metastase
G1 = niedrig maligne Differenzierung G2 = hoch maligne Differenzierung T1 = intrakompartmentale Ausbreitung
keine reaktive Zone starke Anreicherung Schmerz Osteoblastom Chondroblastom Riesenzelltumor aneurysmatische Knochenzyste
T2 = extrakompartmentale Ausbreitung M0 = keine Fernmetastasierung nachgewiesen M1 = Fernmetastasierung nachgewiesen
Tabelle 25.5. Chirurgische Durchfçhrung der Tumorresektion und Indikation (nach Enneking) Resektion
Technik
Indikation bei primår malignen Knochentumoren
intralåsional intraoperative Tumoreræffnung, Resektionsgrenzen mikroskopisch oder makroskopisch kontaminiert marginal En-bloc-Resektion des Tumors, Resektionsgrenzen: tumorrandbildend, mikroskopisch Tumorreste mæglich weit
radikal
kontraindiziert
En-bloc-Resektion des Tumors, der reaktiven Kapsel und umgebenden gesunden Gewebsschicht, Resektionsgrenzen mikroskopisch und makroskopisch tumorfrei Resektion des gesamten anatomischen Kompartiments
Nach der Primårdiagnostik erfolgt das chirurgische Staging des Tumors nach Enneking (Stadium I±III) (Tab. 25.4).
Therapie Die Behandlung einer pathologischen Fraktur richtet sich nach der Dignitåt, der Lokalisation, dem Frakturtyp und nach den von ihr ausgehenden Risiken. Durch eine exakte Diagnose kann die optimale Frakturbehandlung (einfache Ruhigstellung, geschlossene oder offene Reposition mit interner Stabilisierung) gewåhlt werden. Kleinere, symptomfreie benigne Prozesse ohne Entartungsrisiko bedçrfen oft keiner Therapie, aber weiterer klinischer und radiologischer
gestattet bei Low-Grade-Tumoren bestimmter Entitåten, z. B. G1-Chondrosarkome an den Extremitåten; in schwierigen anatomischen Regionen wie z. B. Becken oft nicht gçnstiger mæglich in der Regel ausreichende Resektionsgrenze
onkologisch sicherstes, jedoch selten notwendiges Verfahren
Ûberwachung. Bei Tumorzunahme (Druck auf Nerv oder Gefåû, Spontanfraktur) oder Umschlagen in Malignitåt muss das pathologische Gewebe je nach Situation durch Kçrettage und Spongiosaauffçllung bzw. Segmentresektion oder En-bloc-Resektion weit im Gesunden beseitigt werden. Bei gutartigen Tumoren ist es notwendig, wenn eine Operationsindikation zur Frakturstabilisierung gestellt wird, den Resektionstyp (intralåsional oder marginal), das optimale Knochenersatzmaterial zum Auffçllen des Tumordefekts, die Frakturstabilisierung und die mæglicherweise notwendige Ruhigstellung zu çberdenken und auszuwåhlen. Wenn nach einer operativen Entfernung des Tumors (z. B. Dekompression einer Osteonekrose des Femurkopfes, offene Resektion des Nidus
435
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]
C. Seebach und A. A. Kurth
eines Osteoidosteoms) der gesunde Knochen durch den resultierenden Knochendefekt geschwåcht ist, kann dieser wie jede andere Fraktur im gesunden Knochen behandelt werden. Wird die Diagnose eines malignen Knochentumors gestellt, ist zunåchst das Tumorstaging durchzufçhren, um die Prognose abzuschåtzen und die korrekte Behandlung einzuleiten. Primåres Therapieziel bei einer pathologischen Fraktur ist die Behandlung des Tumors, sekundår erfolgt die Frakturbehandlung (d. h. bis zur Diagnosesicherung und Festlegung der Therapie erfolgt primår die konservative Ruhigstellung in Gips, Schiene oder durch Traktion). Die multidisziplinåre Behandlung einer pathologischen Fraktur bei malignem Knochentumor basiert auf drei Therapien: 1. Die Entfernung des bæsartigen Tumors erfolgt durch eine radikale, weite oder marginale Resektion (Tab. 25.5). Håufig ist eine Radikalitåt nur durch Amputation der Extremitåt zu erzielen. Hierfçr bestehen 2 Indikationen: ± Infiltration eines Gefåû-Nerven-Stranges und ± ausgedehnter Muskelbefall. 2. Die neoadjuvante Chemotherapie bei Osteosarkom und Ewing-Sarkom verbessert die 5-Jahres-Ûberlebenszeit von nur 10±20% auf 70% beim Osteosarkom und auf etwa 50% beim Ewing-Sarkom. Dieses erweitere Behandlungskonzept beinhaltet eine primåre Induktionschemotherapie vor der operativen Lokaltherapie und einer postoperativen Fortsetzung der Chemotherapie. Die Chemotherapie hat das Ziel, klinisch latente Metastasen auszuschalten. Ihre Wirksamkeit wird v. a. durch ihre Nebenwirkungen limitiert. 3. Die Strahlentherapie spielt bei den primåren Knochentumoren eine untergeordnete Rolle. Jedoch zeigen das Ewing-Sarkom und Metastasen eine gute Strahlensensibilitåt. Bei einer exakten Diagnose kann die optimale Behandlung der Fraktur gewåhlt werden: konservative Ruhigstellung, geschlossene oder offene Reposition mit interner Stabilisierung, mit oder ohne Kçrettage, und Knochentransplantation. Die operative definitive Frakturbehandlung eines malignen Tumors erfolgt individuell und ist abhångig von Frakturdislokation, Stabilitåt, anatomischer Lokalisation und erwarteter Wirkung der Chemotherapie und der Bestrahlung. Auûerdem sollte die Mæglichkeit einer weiten Tumorre-
sektion genutzt werden, um eine potenzielle Dissemination des Tumors im Frakturhåmatom zu berçcksichtigen. Pathologische Frakturen, die wåhrend oder nach der onkologischen Therapie (z. B. Bestrahlung eines Ewing-Sarkoms) auftreten, kænnen mit lokalen Rezidiven, einer Progression der Erkrankung oder der Entwicklung eines zweiten Malignoms assoziiert sein. Das Ziel einer operativen Behandlung ist die sichere Tumorentfernung unter weitestgehendem Funktionserhalt. Die anspruchsvollen extremitåtenerhaltenden Verfahren haben die frçher vorwiegend durchgefçhrten Amputationen zahlenmåûig zurçckgedrångt. In çberregionalen Tumorbehandlungszentren werden die gleichen onkologischen Resultate wie bei Amputationen erreicht. Die Diskussion darçber, ob bei High-Grade-Tumoren extremitåtenerhaltende Verfahren generell empfohlen werden sollten, ist noch nicht abgeschlossen. Im Zweifelsfall oder falls aus onkologischen Grçnden nicht ersetzbare Strukturen (z. B. groûe Nerven) geopfert werden mçssen, ist eine Amputation oder Exartikulation durchzufçhren (¹Life before Functionª). Bei der extremitåtenerhaltenden Operation gliedert sich die Therapie in Tumorresektion und in die in gleicher Sitzung durchzufçhrende Rekonstruktion des Knochendefekts. Neben Spezialendoprothesen (z. B. modulare scharniergefçhrte Kniegelenkendoprothese, Custom-made Beckenteilersatz) und Umkehrplastiken werden vermehrt sog. biologische Rekonstruktionsverfahren unter Verwendung autogenen oder allogenen Knochens eingesetzt. Die Indikation ist abhångig von Tumorausdehnung, -entitåt und -lokalisation.
Benigne Knochentumoren ] Osteoidosteom Ein Osteoidosteom ist ein osteoblastischer Tumor der Kortikalis, der zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr auftritt. Hauptlokalisationen sind die Dia-/Metaphysen der langen Ræhrenknochen, u. a. die mediale Schenkelhalskompakta und die Tibia, seltener Wirbelbægen, Talus, Kalkaneus oder Os naviculare.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen
]
Etwa 10% der gutartigen Knochentumoren sind Osteoidosteome. Osteoidosteome fçhren zu spontanen Schmerzen, besonders nachts, die in die Umgebung ausstrahlen. Ein charakteristisches Zeichen ist, dass es nach der Gabe von Acetylsalicylsåure zur Schmerzbesserung kommt. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich der ovale Tumor in der Kortikalis liegend, mit einer ausgeprågten reaktiven Sklerosierungszone um einen kleinen zentralen, strahlendurchlåssigeren Nidus (Nest). Dieser manifestiert sich im Ræntgenbild als ovale Aufhellung mit einem Durchmesser von 3±5 mm. Mit dem Sklerosesaum erreicht der Tumor eine Græûe von bis zu 2 cm. Die Diagnose stçtzt sich auf das Ræntgenbild und die Schmerzbesserung nach der Gabe von Acetylsalicylsåure, welches als charakteristisch erachtet wird. ] Differenzialdiagnose. Brodie-Abszess, sklerosierende Osteomyelitis Garre sowie Ûberlastungsfrakturen mçssen ausgeschlossen werden. ] Therapie. Die spontane Ausheilung (2±4 Jahre) oder eine komplette operative Kçrettage des Nidus (offene En-bloc-Resektion) bringt sichere Heilung, der Sklerosesaum braucht nicht entfernt zu werden. Die Prognose ist sehr gut. Eine maligne Entartung ist nicht bekannt.
] Osteoblastom Bei einem Osteoblastom handelt es sich um einen benignen osteoblastischen Tumor. Er åhnelt dem Osteoidosteom, ist jedoch meist græûer und kann ein Ausmaû von 2±10 cm erreichen. Er ist ein seltener Tumor (etwa 1% der primåren Knochentumoren) und tritt bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf. Hauptlokalisationen sind in 40% der Fålle die dorsalen Wirbelelemente (Quer- und Dornfortsåtze sowie die Wirbelbægen), auûerdem die langen Ræhrenknochen (Femur, Tibia, Humerus) (Abb. 25.3 a, b). Das Osteoblastom ruft keine streng lokalisierten, mit Acetylsalicylsåure beherrschbaren Schmerzen hervor. Hauptbeschwerden sind langsam zunehmende Schmerzen, manchmal ist das Osteoblastom aber auch symptomarm; es wird oft durch einen Zufallsbefund erkannt.
Abb. 25.3. Osteoblastom als osteoblastischer Tumor im spongiæsen Knochen der Femurdiaphyse a im Nativræntgenbild und b im CT.
] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein relativ strahlendurchlåssiger, knochenbildender Herd mit einer Lysezone, der von einem dçnnen Saum reaktiven Knochens umgeben wird. Aufgrund des unspezifischen Bildes ist eine Biopsie zur Diagnosesicherung erforderlich. Das CT dient zur pråoperativen Diagnosesicherung (Nidus) und Operationsplanung. Die Szintigraphie zeigt die Anreicherung insbesondere in der Frçhphase. Das Angiogramm wird bei aggressiv wachsenden Tumoren der Wirbelsåule als Staging-Methode eingesetzt. ] Differenzialdiagnose. Osteoidosteom, aneurysmatische Knochenzyste, eosinophiles Granulom, Riesenzelltumor des Knochens und Osteosarkom sind abzugrenzen. ] Therapie. Osteoblastome im Stadium 2 (aktiver Tumor innerhalb seiner Kapsel) lassen sich bei minimaler Rezidivneigung (< 10%) en bloc exzidieren. Die Rezidivrate ist nach intrakapsulårer Entfernung (die angewendet wird, um Wirbelgelenkfunktionen zu erhalten) hæher an-
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zusetzen (10±30%). In einigen Fållen ist die maligne Entartung von aggressiven Osteoblastomen beschrieben worden.
] Enchondrom Beim Enchondrom handelt es sich um einen knorpelbildenden (hyaliner Knorpel) Tumor im Inneren eines Knochens, intratumorale Verkalkungen sind håufig. 10% aller benignen Tumoren sind Enchondrome. Solitåre Enchondrome kommen græûtenteils bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor. Sie entwickeln sich an den kleinen Ræhrenknochen der Hånde und Fçûe sowie am proximalen Humerus, kænnen sich aber prinzipiell im gesamten Skelett ansiedeln. Sie sind die håufigsten Tumoren des Handskeletts. Die klinischen Zeichen sind diskret, oft werden sie durch Zufallsbefunde oder aufgrund einer Spontanfraktur entdeckt. ] Diagnose. Das Ræntgenbild zeigt eine zentrale blasenartige Auftreibung des Knochens mit Ausdçnnung der Kortikalis. Es ist eine scharfe Abgrenzung gegençber den Knochenstrukturen zu erkennen. Wåhrend der Adoleszenz verknæchert das Knorpelgewebe. Diese Verkalkungen imponieren im Ræntgenbild als zarte Kalkspritzer. Mit zunehmender Ausreifung verdichtet sich der Randsaum. Kommt es zur Usurierung der Kortikalis, kann das zu einer Spontanfraktur fçhren. Die MRT stellt die Ausdehnung des Tumors eindeutig dar. ] Therapie. Asymptomatische solitåre Enchondrome gelten als gutartig, sodass engmaschige klinische Kontrollen ausreichen. Wenn jedoch solitåre oder multiple Chondrome symptomatisch werden und sich zu vergræûern beginnen, sind Ræntgenaufnahmen, Szintigraphie und CT zum Ausschluss einer Malignitåt angezeigt. Eine Operationsindikation besteht bei Schmerzen, Aktivitåtszunahme in der Szintigraphie und den charakteristischen radiologischen Zeichen. Zur Verringerung des Rezidivrisikos muss der Tumor weit im Gesunden kçrettiert werden, anschlieûend ist eine Spongiosaplastik indiziert. Die Prognose ist gut. Eine maligne Entartung asymptomatischer solitårer Enchondrome ist nur in 2% aller Fålle belegt (bei der Enchondromatose 10%).
] Multiple Enchondromatose (chondrale Dysplasie) Bei einer Skelettdysplasie treten Enchondrome multipel auf. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigen sich schon wåhrend des Kleinkindesalters Ansammlungen von stråhnigen und blasigen Zeichnungen der Knorpelnester in normalem Knochengewebe mit der Gefahr von Wachstumsstærungen und Deformitåten. Eine maligne Entartung zu Chondrosarkomen ist mæglich (25%). Bei multiplen Chondromen mit bevorzugtem Halbseitenbefall ± als Morbus Ollier bezeichnet ± kann es in 30±50% zur Entartung kommen. Zunehmende Auftreibungen mçssen ræntgenologisch, szintigraphisch und ggf. bioptisch kontrolliert werden. Bei der Kombination mit kavernæsen Håmangiomen der Haut und inneren Organe spricht man vom Maffucci-Syndrom, welches fast regelmåûig zu einer sarkomatæsen Entartung der Enchondrome fçhrt. Auûerdem kann es zu Karzinomentwicklung in inneren Organen fçhren.
] Osteochondrom (osteokartilaginåre Exostose) Das Osteochondrom ist der bekannteste und håufigste gutartige Tumor des Knochens (10±15% aller Knochentumoren). Die solitåren, benignen Osteochondrome sind metaphysennah an langen Ræhrenknochen wachsende pilzfærmige Knochentumoren mit aufliegender Knorpelkappe, bevorzugt in Kniegelenknåhe oder am proximalen Humerus, proximalen Femur, Becken und Schulterblatt lokalisiert. Mit dem Abschluss des Kærperwachstums hært in der Regel auch sein Anwachsen auf. Das Wachstum ist immer zur Diaphyse hin gerichtet. Die Epiphysen bleiben stets frei. Zunåchst fållt der Tumor als knochenharte, schmerzlose, an den betroffenen Knochen fixierte Geschwulst auf. Schmerzen und Funktionseinschrånkung resultieren erst durch Irritation der bedeckenden Weichteile, welche von einer mit Flçssigkeit gefçllten Bursa ausgehen kann. Bei Flçssigkeitsverschiebungen in der Bursa ist eine fluktuierende Raumforderung tastbar.
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] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich das typische breitbasige, pilzartige Wachstum an der Metaphyse mit Knorpelkappe und charakteristischem Trabekelknochenauswuchs und nur minimaler sklerotischer Reaktion. Der palpatorische und der radiologische Befund des pilzartigen Wachstums sind typisch. Ein MRT ist bei Verdacht auf Entartung angebracht. Die Szintigraphie zeigt die Anreicherung bei Jugendlichen, beim Erwachsenen ist keine Speicherung vorhanden. ] Therapie. Bei aktiven Exostosen kann mit der kompletten Resektion des Tumors im gesunden Knochengewebe einschlieûlich der Knorpelkappe des Perichondriums und des Periosts das Rezidivrisiko minimiert werden. Solitåre Exostosen haben eine Rezidivrate von weniger als 5%. Die sarkomatæse Entartung ist bei solitåren Exostosen extrem selten (1% der Fålle). Risiken sind eine dicke Knorpelkappe (> 1 cm), Mehrspeicherung in der Szintigraphie beim Adulten und ein MRT-gesicherter Durchbruch des Tumors in die Weichteile (nicht verdrångend).
] Multiple kartilaginåre Exostosen Bei der autosomal-dominant vererbbaren Exostosenkrankheit kommt es zu zahlreichen çber das gesamte Skelettsystem verteilten epiphysennahen Knochenauswçchsen. Dies ist oft kombiniert mit erheblichen Deformitåten, darunter Kleinwçchsigkeit, Trommelschlegelform des Radius und Achsfehlstellungen der unteren Extremitåten. Nach Wachstumsabschluss kann es in bis zu 2% der Fålle zur malignen Entartung kommen. Daher sollte bei Græûenzunahme der Exostosen eine Ræntgenkontrolle erfolgen.
fenbar immer gutartige, schmerzhafte Neubildung bei Kindern vor dem Schluss der Epiphysenfugen aus relativ undifferenziertem, zellreichem Gewebe. Das Chondroblastom tritt vorwiegend bei Kindern und jugendlichen Erwachsenen (zwei Drittel månnliches Geschlecht) auf. Hauptlokalisationen dieses einzigen rein epiphysåren Tumors sind die langen Ræhrenknochen, vor allem der Bereich des Kniegelenks (distale Femur, proximale Tibia) oder des proximalen Humerus (Abb. 25.4 a, b); der Tumor kann in die Metaphyse wachsen. Die Patienten klagen çber anhaltende Schmerzen, Schwellung oder Funktionseinschrånkung des betreffenden Gelenks. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein ræntgendurchlåssiger zystischer Tumor, exzentrisch in der Epiphyse liegend, mit zarten, punktfærmigen Verkalkungen, die auf einen knorpeligen Prozess hinweisen. Der Tumor wird von einem sklerotischen Randsaum scharf begrenzt. Durch das CT kann die Gewebsdichte, das Ausmaû der Epiphysenbeteiligung und ± als wichtigster Befund ± die Lokalisation in Bezug auf den Gelenk- und Epiphysenknorpel bestimmt werden. ] Differenzialdiagnose. Die Erkennung des Chondroblastoms ist wichtig, da es mit Chondrosarkomen und Osteosarkomen verwechselt werden kann und folglich dann zu radikal therapiert wird. Auûerdem ist es abzugrenzen von dem nichtossifizierenden Knochenfibrom, der aneurysmatischen Knochenzyste und dem Riesenzelltumor.
] Therapie. Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung der klinisch stærenden Exostosen. Bei multiplen Exostosen kommt die maligne Entartung gelegentlich vor. Verdåchtig sind eine verkalkte Knorpelhaube çber der Exostose und Wachstum im Erwachsenenalter.
] Chondroblastom (Codman-Tumor) Es handelt sich beim Chondroblastom um eine seltene (1% der benignen Knochentumoren), of-
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Abb. 25.4 a, b. Chondroblastom als zystischer Tumor mit typischer Lokalisation in der Epiphyse der proximalen Tibia.
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] Therapie. Da Chondroblastome oft den subchondralen Knochen durchsetzen und bis in den Gelenkknorpel reichen, bereiten die Kçrettage und die Rekonstruktion mit Spongiosaplastik Schwierigkeiten. Da der Tumor meist kurz vor der Skelettreife auftritt, kann die verbleibende Epiphyse mitkçrettiert werden, wodurch der Epiphysenfugenschluss begçnstigt und einer Achsfehlstellung im Verlauf entgegengewirkt wird. Grundsåtzlich werden aktive Tumoren mit erhaltener Kapsel entlang der Tumorbegrenzung exzidiert und mit Spongiosa aufgefçllt, ansonsten weit im Gesunden reseziert. Die Prognose ist gut, der Tumor wåchst langsam, kann jedoch in das Gelenk einbrechen und zu schweren Destruktionen fçhren. Rezidive bei Stadium III nach Kçrettage liegen bei ca. 50%.
] Nichtossifizierendes Knochenfibrom (NOF)
] Chondromyxoidfibrom
Das nichtossifizierende Knochenfibrom (NOF) stellt die håufigste Knochenlåsion dar. Durch benigne Proliferation von Fibroblasten kommt es zu einem fibræsen kortikalen Defekt. Makroskopisch erscheint der Tumor braun-gelb. Die Hauptlokalisation ist die Metaphyse langer Ræhrenknochen, das NOF tritt zu drei Viertel in der distalen Femurmetaphyse oder distalen Tibiametaphyse auf und liegt exzentrisch (Abb. 25.5). Die Altersgruppe liegt zwischen 10 und 25 Jahren mit geringer Bevorzugung des månnlichen Geschlechts. Der klinische Befund ist meist asymptomatisch, eventuell tritt ein Belastungsschmerz auf; selten kommt es zur Spontanfraktur. Mit der Skelettreife wird das NOF inaktiv und verknæchert schlieûlich.
Das Chondromyxoidfibrom ist ein seltener, benigner, aus chondromatæsen und myxomatæsen Anteilen aufgebauter Tumor und wåchst vorwiegend bei Kindern und Jugendlichen an den Metaphysen der langen Ræhrenknochen, am Becken oder in den Fuûknochen. Die Patienten haben geringe oder keine Schmerzen. Oft wird das Chondromyxoidfibrom erst erkannt durch Zufallsbefund oder durch eine pathologische Fraktur.
] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein charakteristischer, exzentrischer, traubenfærmiger Spongiosa-Kortikalis-Defekt. Die Osteolyse erscheint mit schmaler Randsklerose und fibræsem Kortikalisdefekt und scharfer Abgrenzung zum gesunden Knochen. Aufgrund des ¹typischenª radiologischen Befundes ist eine Anhiebsdiagnose zulåssig! Ab dem 20. Lebensjahr kommt es bei diesem Knochentumor zur Selbstheilung.
] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein strahlendurchlåssiger, zystisch-blasiger, exzentrischer Defekt ohne die bei einem knorpeligen Tumor çblichen Kalzifikationszeichen, scharfe Abgrenzung und Kortikalisverdçnnung. Es ist keine trabekulåre Binnenstruktur zu erkennen.
] Therapie. Bei kleinen Herden ist keine Behandlung notwendig. Wenn bei groûen Tumo-
] Differenzialdiagnose. Das nichtossifizierende Knochenfibrom und die aneurysmatische Knochenzyste sind auszuschlieûen. ] Therapie. Eine Kçrettage, ggf. eine Tumorexzision weit im Gesunden zur Rezidivprophylaxe mit Spongiosaauffçllung oder eine Knochentransplantation sind vorzunehmen. Die Prognose ist gut, Rezidive nach inkompletter Entfernung sind håufig, eine maligne Entartung ist nicht bekannt. Abb. 25.5. Nichtossifizierendes Fibrom (NOF), liegt exzentrisch, der Kompakta aufsitzend mit typischer, girlandenfærmiger, polyzyklischer Begrenzung.
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ren (Hålfte des Schaftdurchmessers) eine Spontanfraktur droht, ist ggf. frçhzeitig eine intrakapsulåre Kçrettage mit Spongiosaauffçllung erforderlich. Eine nichtdislozierte, stabile Fraktur kann gewæhnlich durch eine konservative Behandlung ausheilen, die Inzidenz einer Refraktur ist niedrig. Eine operative Versorgung ist nur bei Frakturdislokation oder Instabilitåt indiziert.
Maligne Knochentumoren ] Osteosarkom Das Osteosarkom ist der håufigste primår maligne, osteoblastische Knochentumor im Kindesalter mit frçhzeitiger Metastasierung. Histologisch besteht der Tumor aus polymorphen knochenbildenden Zellen (Osteoblasten, Osteozyten) mesenchymalen Ursprungs. Das Osteosarkom manifestiert sich in der Adoleszenz (Altersgruppe zwischen 10 und 25 Jahren) und ist bei Månnern etwas håufiger als bei Frauen. Hauptlokalisation sind die Metaphysen der langen Ræhrenknochen mit bevorzugtem Sitz in der Knieregion (50% in der distalen Femurmetaphyse oder proximalen Tibiametaphyse), auûerdem der proximale Humerus, das hçftgelenknahe Femur und das Becken (Abb. 25.6 a±d). Eine Exposition mit radioaktiven Substanzen erhæht die Gefahr einer Osteosarkomentwicklung. Als Erstsymptom imponiert eine druckdolente knæcherne Prominenz. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind die Weichteile oft bereits infiltriert. Die Hauptsymptome sind Schmerzen (auch in Ruhe anhaltend, oft nachts), Schwellung, oft Erwårmung und Rætung im Tumorgebiet. Håufig finden sich eine eingeschrånkte Beweglichkeit und ein allgemeines Krankheitsgefçhl. Die alkalische Phosphatase ist erhæht. Bei raschem, aggressivem Wachstum kommt es oft zur schnellen Metastasierung (håmatogen), besonders in die Lunge. ] Diagnose. Im Ræntgenbild finden sich alle Zeichen des malignen Tumorwachstums mit fleckigen, unscharfen, wie ausradierten Osteolysen in der Metaphyse und pathologischen Knochen-
Abb. 25.6 a, b. Osteosarkom in der Metaphyse des proximalen Humerus mit teils osteoblastischer, teils osteolytischer Knochendestruktion; c, d unscharfe Begrenzung zum gesunden Knochen und maligne Periostverånderungen sowie pathologische Femurfraktur aufgrund eines Osteosarkoms.
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neubildungen sowie typischen Periostalreaktionen (Codman-Sporn, Spikulae, Sunburst Pattern, Zwiebelschalen), die auf ein malignes Geschehen hinweisen. Die Begrenzung zum gesunden Knochen ist unscharf. Das MRT gibt exakt Aufschluss çber die Tumorausdehnung und die Weichteilinfiltrationen sowie die Beziehung des Tumors zu Faszienlagen und græûeren Muskeln. Die CT ist wichtig, um die intraossåre Ausdehnung des Tumors und Lungenmetastasen zu bestimmen. (Bereits 15% der Patienten haben bei der Erstdiagnose Metastasen in der Lunge, in den Knochen oder im Gehirn). Die Knochenszintigraphie kann frçhzeitig Hinweise auf Metastasen liefern. Staginguntersuchungen sind neben der Diagnosesicherung unverzichtbar zur Verlaufsbeobachtung unter einer Chemotherapie und zur Planung des operativen Vorgehens. Entscheidend fçr die Diagnose ist die Biopsie. ] Differenzialdiagnose. Es sind das Ewing-Sarkom, eine Osteomyelitis sowie ein aggressives Osteoblastom abzugrenzen. ] Therapie. Im Falle einer pathologischen Fraktur aufgrund dieses malignen primåren Knochentumors sollte zunåchst die vorangeschaltete neoadjuvante Polychemotherapie (COSS-Studie) durchgefçhrt werden. Die primåre Frakturbehandlung erfolgt zunåchst durch einfache Ruhigstellung im Gips, durch Schiene oder Traktionsbehandlung. Die definitive operative Therapie sollte erst nach Diagnosesicherung (klinischer, radiologischer und histologischer Befund) und multidisziplinårer Absprache (onkologischer Chirurg, Radiologe, Pathologe) erfolgen. Nach der radikalen Resektion des Tumors als Lokaltherapie (Tumorprothese, Umkehrplastik, Amputation) erfolgt eine zweite, nachfolgende Polychemotherapie. Durch dieses Behandlungsschema ist zurzeit eine 5-Jahres-Ûberlebensrate von 60±70% erreichbar. Das Osteosarkom ist wenig strahlensensibel.
] Ewing-Sarkom Das Ewing-Sarkom ist nach dem Osteosarkom der zweithåufigste maligne Skeletttumor bei Kindern, vorwiegend betroffen sind månnliche junge Erwachsene mit hæchster Letalitåt aller Knochentumoren. Ausgangsmaterial sind wahr-
Abb. 25.7 a, b. Ewing-Sarkom der proximalen Tibia bei einem 10-jåhrigen Jungen, zunåchst fålschlich als Osteomyelitis missdeutet.
scheinlich undifferenzierte Mesenchymzellen des Knochenmarks. Das Ewing-Sarkom macht etwa 7% aller primåren malignen Knochenerkrankungen aus. Das Manifestationsalter liegt zwischen 10 und 25 Jahren. Betroffen sind bevorzugt Månner, aber nur selten negroide Menschen. Die håufigste Lokalisation ist die Diaphyse/Metadiaphyse des Femurs, darauf folgen Os ilium, Tibia, Humerus, Fibula und Rippen (Abb. 25.7 a, b). Die initiale Symptomatik besteht in einem sich vergræûernden druckdolenten Knochenvorsprung mit einer ausgedehnten Weichteilschwellung sowie in konstitutionellen Beschwerden (subfebriles Fieber, das periodisch auftritt, allgemeines Krankheitsgefçhl, Gewichtsverlust, Apathie), einer måûigen Leukozytose, einer Anåmie und einer erhæhten BSG. Oft wird dem Krankheitsverlauf die verhångnisvolle Verwechslung mit Entzçndungen (Osteomyelitis!) zugeschrieben. Der Tumor wåchst rasch und çberaus bæsartig im Knochenmark, macht an der Kortikalis nicht Halt und wuchert in die Weichteile ein. Es erfolgt eine frçhe håmatogene Metastasierung in die Lunge. Bei Diagnosestellung werden meistens bereits 25% Lungenmetastasen beobachtet. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigen sich unterschiedliche Bilder, teils umschriebene, teils fleckige Destruktionen mit unscharfer Grenze und periostalen Reaktionen (Zwiebelschalen, Spikulae, Codman-Dreieck). Durch rasches Tumorwachstum kommt es zur Knochendestruktion mit sog. Mottenfraûnekrosen, insbesondere der Kortikalis. Aufgrund des schnellen Wachstums
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kænnen die Periostreaktionen schwach sein oder fehlen. Da keine pathomorphologischen Verånderungen auftreten, kann eine Osteomyelitis nicht sicher ausgeschlossen werden. Im Angiogramm zeigt sich ein gefåûreicher Tumor mit Gefåûabbrçchen, Kaliberschwankungen und a.-v. Anastomosen. Mittels einer Sonographie des Abdomens wird nach intraabdominellen Metastasen gesucht. Mit dem CT und MRT wird die lokale Tumorausbreitung und die Beteiligung der Weichteile erfasst. Zur Diagnosesicherung ist eine Biopsie erforderlich. ] Differenzialdiagnose. Osteomyelitis, Osteosarkom, eosinophiles Granulom, im Kleinkindesalter Metastase eines Neuroblastoms, Leukåmieinfiltrate und Non-Hodgkin-Lymphome sind vom Ewing-Sarkom abzugrenzen. ] Therapie. Zunåchst erfolgt die pråoperative neoadjuvante Polychemotherapie (EuroEwing), anschlieûend eine radikale chirurgische Entfernung des Tumors (Tumorprothese, Umkehrplastik, Amputation) mit Nachbestrahlung und danach eine erneute Polychemotherapie. Die 5-Jahres-Ûberlebensrate betrågt 50%. Im Gegensatz zum Osteosarkom weist das Ewing-Sarkom eine hohe Strahlensensibilitåt auf. Im Falle einer pathologischen Fraktur siehe Therapiebehandlung des Osteosarkoms.
] Fibrosarkom
oder Exartikulation erfolgen. Im Frçhstadium reichen extremitåtenerhaltende Eingriffe mit einem Sicherheitsabstand. Fibrosarkome verhalten sich gegençber den Zytostatika weitgehend resistent. Im fortgeschrittenen Stadium mçssen Fibrosarkome mit onkologischer Radikalitåt weit im Gesunden entfernt und mit einer adjuvanten Chemo- und Radiotherapie nachbehandelt werden.
Semimaligne Tumoren ] Riesenzelltumor (Osteoklastom) Riesenzelltumoren entstehen wahrscheinlich aus nichtosteogenen Bindegewebszellen des Knochenmarks. Die Hålfte dieser Geschwçlste bleibt gutartig, ein Drittel ist fakultativ als maligne anzusehen. Etwa 15% der Tumoren zeigen malignes invasives und destruktives Wachstum. Die Dignitåt låsst sich jedoch weder im Ræntgenbild noch histologisch klåren. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr, jedoch auch bei Jugendlichen kann der Riesenzelltumor beobachtet werden. Die Hauptlokalisation ist die Epiphyse der langen Ræhrenknochen. Bei Patienten mit geschlossener Epiphysenfuge liegt der Tumor epiphysår-metaphysår, bei offenen Fugen rein metaphysår, besonders in der Knieregion und im distalen Radius (Abb. 25.8 a, b).
Das Fibrosarkom ist meist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen anzutreffen. Es entsteht als druckdolente Geschwulst in den langen Ræhrenknochen. Bevorzugte Lokalisationen sind die Metaphysen der Ræhrenknochen, der Schådelknochen, Becken und Wirbel. Das Fibrosarkom wåchst gewæhnlich langsam und setzt spåt Metastasen. Hauptbeschwerden sind Schwellung, Spontanund Druckschmerz und eine schmerzhafte Bewegungseinschrånkung bei Sitz des Sarkoms in Gelenknåhe wegen des groûen Weichteilanteils. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich eine unscharf begrenzte, destruktive, ræntgentransparente metaphysåre Osteolyse (Mottenfraû). ] Therapie. Frçhzeitig soll eine radikale Entfernung durch En-bloc-Resektion, Amputation
]
Abb. 25.8 a, b. Riesenzelltumor, der die laterale Femurkondyle ausfçllt. Der Tumor çberschreitet nach Epiphysenschluss die ehemalige Grenze (epiphysår-metaphysåre Lage) und reicht bis unter den Gelenkknorpel.
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Schmerzen treten frçhzeitig auf. Schwellung, Bewegungseinschrånkung und Spontanfrakturen kommen vor, je nach Sitz des Tumors. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich eine exzentrisch epiphysår-metaphysår lokalisierte, groûblasig gekammerte Osteolyse mit Auftreibung des Knochens und verdçnnter, manchmal arrodierter Kortikalis; zum Teil schlecht abgrenzbar zum gesunden Knochen ohne Sklerosesaum. Das MRT zeigt den soliden Inhalt des Tumor (DD aneurysmatische Knochenzyste). ] Differenzialdiagnose. Die Abgrenzung gegençber anderen zystischen Knochenprozessen (benignes Osteo- und Chondroblastom, Knochenfibrom, juvenile und aneurysmatische Knochenzysten) und den primår malignen Knochentumoren erfordert unbedingt eine bioptische Klårung. ] Therapie. Im Stadium I nach Enneking erfolgt eine Kçrettage, im Stadium II eine marginale Kçrettage, im Stadium III eine radikale Resektion des Knochens, eine Phenolisierung und temporåre Auffçllung mittels Knochenzement. Nach 1±2 Jahren Rezidivfreiheit wird dann der autoplastische Aufbau durch Knochentransplantation vorgenommen. (Bei alleiniger Kçrettage des Tumors 40±60% Rezidivrate mit gesteigertem Malignitåtsgrad.)
der Skelettreifung ossifiziert die Låsion langsam. Zunåchst ist die solitåre Knochenzyste meist symptomlos, Symptome treten erst bei Spontanfrakturen auf. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein rundlicher, meist zentral gelegener Defekt im Markraum (groûe Osteolyse und Verdçnnung der Kortikalis) mit einer kolbigen Auftreibung der Metaphyse. Das umgebende spongiæse Gewebe zeigt eine zarte Randsklerose. Differenzialdiagnose zum Riesenzelltumor: liegt nie in der Epiphyse. Differenzialdiagnose zur aneurysmatischen Knochenzyste: Der Durchmesser der Zyste ist nie breiter als der der dazugehærigen Epiphysenfuge, die Zyste zeigt kein expansives Wachstum. Differenzialdiagnose zur fibræsen Dysplasie: Bei der fibræsen Dysplasie ist die Aufhellung der Zyste milchglasartig, nicht homogen; die monoostotischen Herde liegen exzentrisch und nicht zentral und befinden sich auûerdem in der Diaphyse, nicht metaphysår. ] Therapie. Bei Spontanfraktur zunåchst konservative Ruhigstellung (4±6 Wochen), da sich durch Kallusbildung die Zyste auffçllen kann. Oft ist die Fraktur nach 6 Wochen geheilt, jedoch persistiert die Zyste. Bei Beschwerdepersistenz erfolgt eine Kçrettage, eine Spongiosaauffçllung und interne Stabilisierung, evtl. eine
Tumoråhnliche Knochenlåsionen ] Solitåre Knochenzyste Die solitåre Knochenzyste tritt aufgrund eines gestærten Wachstums im Bereich der Epiphysenlinie als eine einkammerige, mit gelblich-seræser Flçssigkeit gefçllte, expansiv wachsende Knochenzyste auf. Das Manifestationsalter liegt zwischen dem 8. und 15. Lebensjahr, mit zunehmendem Alter verschwinden die solitåren Knochenzysten meist. Hauptlokalisationen sind die Metaphysen des proximalen und distalen Femur sowie des proximalen Humerus. Der Tumor respektiert die Wachstumsfuge (Abb. 25.9). Nach erfolgtem Wachstum liegt die Zyste diaphysår. Im jungen Erwachsenenalter wird die Zyste inaktiv. Nach
Abb. 25.9. Solitåre juvenile Knochenzyste mit Auftreibung und Ausdçnnung der Kortikalis in der proximalen Humerusmetaphyse. Die Låsion respektiert die Wachstumsfuge. Die Behandlung erfolgte durch Lochschraube.
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Druckentlastung der Zyste durch Implantation von Lochschrauben und ggf. eine Injektion von Methylprednisolon intrazystikal, um das Risiko einer Refraktur bei Persistenz der Zyste zu reduzieren. Trotz einer hohen Rezidivrate (10±40%) und oft erforderlichen Reoperationen ist die Prognose gut. Es besteht keine Neigung zu Malignitåt.
] Aneurysmatische Knochenzyste Aneurysmatische Knochenzysten machen 1±2% aller benignen Knochentumoren mit osteolytischer Gewebsdysplasie aus, die kavernæse Hohlråume bildet, welche mit Blut gefçllt sind. Sie kommen meist solitår in den Metaphysen bzw. Metaepiphysen der langen Ræhrenknochen, im Becken und in den Wirbelkærpern vor. Die Knochenzyste fçhrt zu einer expansiven Destruktion mit papierdçnner, blasig aufgetriebener Kortikalis (Abb. 25.10 a±c). Es besteht Frakturgefahr! Betroffen sind vorwiegend Jugendliche und junge Erwachsene (bis zum 25. Lebensjahr). Klinisch ist die aneurysmatische Knochenzyste meist durch eine schmerzhafte Schwellung auffallend, bei Sitz in der Wirbelsåule kænnen evtl. Wurzelsymptome, Paråsthesien oder Paresen auftreten. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich eine strahlendurchlåssige, umschriebene, scharf begrenzte, mehrkammerige groûblasige exzentrische Zyste. Es bildet sich eine reaktive periostale Knochen-
Abb. 25.10. Aneurysmatische Knochenzyste mit blasiger Auftreibung der Ulna (a), sowie in der proximalen Tiba (b, c). Der Defekt ist von vielfach gekammerten, flçssigkeitsgefçllten Hohlråumen durchsetzt.
]
neubildung als Begrenzung. Bei Kindern brechen gutartige Zysten manchmal in Gelenkflåchen oder Epiphysen ein. Bei Zeichen einer epiphysåren Penetration muss eine Staginguntersuchung zum Ausschluss eines Malignoms durchgefçhrt werden. Die CT und MRT zeigen die exakte Ausbreitung und die Dichte der Låsion. Differenzialdiagnose zum Riesenzelltumor: Dieser zeigt einen soliden Inhalt, einen anderen Altersgipfel und liegt meist epiphysår. Differenzialdiagnose zur solitåren Knochenzyste: s. o. Differenzialdiagnose zum teleangiektatischen Osteosarkom. ] Therapie. Eine Kçrettage des Tumors oder eine En-bloc-Resektion und Spongiosa- bzw. Spanauffçllung hat zu erfolgen. Im Bereich der Wirbelsåule ist die Resektion oft schwierig, da Wirbelbægen und Wirbelkærper betroffen sein kænnen, daher ist die Rezidivrate hoch (20±30%). Zur Senkung der Rezidivraten werden Knochenzement und kåltechirurgische Methoden angewendet. Bei der Eræffnung einer aktiven Zyste kænnen massive Blutungen auftreten, die erst sistieren, wenn die Zystenauskleidung vollståndig entfernt wurde. Primåre aneurysmatische Knochenzysten haben eine ausgezeichnete Prognose. Beschwerden treten meist aufgrund schwerer Destruktionen mit Gelenkbeteiligung auf. Einige pathologische Frakturen kænnen durch konservative Behandlung ausheilen, jedoch ist oft eine operative Therapie der aneurysmatischen Knochenzyste notwendig. Bei dislozierten oder instabilen Frakturen, besonders in gewichtstragenden Knochen (z. B. Femur) sind eine offene Resektion der Zyste und eine interne Stabilisierung notwendig. Es ist anzumerken, dass die meisten aneurysmatischen Knochenzysten aktiv sind und eine Progredienz bei der konservativen Behandlung haben. Wurde zunåchst keine operative Therapie gewåhlt, sollte eine engmaschige klinische und radiologische Kontrolle (4±6 Wochen) erfolgen, um eine Progredienz frçhzeitig zu erkennen.
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] Fibræse Dysplasie (Morbus Jaff-Lichtenstein) Die fibræse Dysplasie ist eine benigne, nichtfamiliåre Knochenfehldifferenzierung mit Bildung von unreifem fibræsem Gewebe und kleinen Trabekelknochenfragmenten. Es handelt sich um eine Krankheit des kindlichen Skeletts. Hauptmanifestationsalter ist die Altersgruppe im 1.±2. Lebensjahrzehnt mit geringer Bevorzugung des weiblichen Geschlechts. Bei Kindern unter 10 Jahren befållt er vorwiegend die Tibia, wo sich håufig eine Tibiapseudarthrose entwickelt. Dort wird der Tumor auch als osteofibræse Dysplasie (Campanacci) bezeichnet. Monostotische Herde (75% der Fålle) sind vor allem im proximalen Femur (Abb. 25.11), in der proximalen Tibia, im Unterkiefer und in den Rippen lokalisiert. Am Ræhrenknochen ist die Låsion in der Metaphyse und Diaphyse. Charakteristisch fçr die fibræse Dysplasie ist bei ausgedehntem Befall des proximalen Femurs die ¹Hirtenstabdeformitåtª. Hauptbeschwerden sind Schmerzen, Auftreibung und zunehmende Deformitåt des Knochens mit der Gefahr einer Spontanfraktur (Hirtenstabverkrçmmung des Femurs, Coxa vara, vermehrte Antekurvation der Tibia). Die Erkrankung kann monostotisch, polyostotisch oder zusammen mit Pubertas praecox und Pigmentanomalien (Cafe-au-Lait-Flecken) als McCune-Albright-Syndrom auftreten.
Abb. 25.11. Fibræse Dysplasie mit zunehmender Deformitåt (Hirtenstabdeformitåt) und Spontanfraktur des rechten proximalen Femurs.
] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich eine aufgetriebene Kortikalis mit osteolytischen Herden, die von stråhnigen trabekulåren Verdichtungen durchzogen sind. Im Bereich der Tibia kommt es zur Ausweitung des Markraums, was schlieûlich zur Spontanfraktur fçhrt. Aufgrund einer schlechten Heilungstendenz entwickelt sich eine Pseudarthrose, die schwer behandelbar ist. Es zeigen sich groûe osteolytische Herde und eine typisch milchglasartige Trçbung, die auf die mangelhafte Mineralisation des unreifen, dysplastischen Knochens zurçckzufçhren ist. Kleine Herde sind nicht immer einfach von anderen gutartigen Låsionen abzugrenzen. Die Suche nach weiteren Herden erfolgt mittels Knochenszintigramm. Zur Diagnosesicherung ist ggf. eine Biopsie erforderlich. ] Differenzialdiagnose. Sie umfasst alle osteolytischen und chondromatæsen Tumoren, besonders Knochenfibrome und Chondrome sowie den primåren Hyperparathyreoidismus (Ûberfunktion der Nebenschilddrçse, Osteoporose, zystischer brauner Tumor). ] Therapie. Die Låsion erfordert an sich keine Behandlung, sodass nur eine klinische Kontrolle im Verlauf erfolgt. Die operative Therapie ist bei einer progressiven Deformitåt indiziert, um pathologische Frakturen und Deformitåten zu verhindern oder zu behandeln. Das Behandlungsziel ist nicht die Eradikation der Erkrankung, sondern die Stabilisierung und biomechanische Verbesserung des erweichten Knochens, besonders im proximalen Femur. Bei Tibiapseudarthrosen ist eine absolute Stabilisierung mit Defektauffçllung erforderlich. Das Krankheitsbild ist langwierig mit bislang nicht befriedigenden Therapieergebnissen. Im Wachstumsalter kann es auch nach Kçrettagen und Kortikospongiosaplastik zu Rezidiven mit dysplastischem Knochen kommen. Mit zunehmender Skelettreife schreitet die fibræse Dysplasie nicht mehr voran, sie bleibt stabil. Entscheidend ist die Prophylaxe von Deformitåten und Frakturen. Pathologische Frakturen werden nach den Regeln der Traumatologie versorgt. Das Osteosynthesematerial verbleibt bis zum Wachstumsabschluss. Monostotische Herde haben meist eine gçnstige Prognose. Polyostotische Herde sind håufig aktiver und aggressiver, sie kænnen gelegentlich maligne entarten.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen
] Eosinophiles Granulom (LangerhansZell-Histiozytose, Histiocytosis X) Das eosinophile Granulom ist eine benigne, solitår vorkommende osteolytische Låsion des Knochens. Diese Stærung wird den retikuloendothelialen proliferativen Prozessen zugeordnet, zu denen man auch die Hand-Schçller-Christian- und die Abt-Letterer-Siwe-Erkrankung zåhlt. Histologisch zeigen sich histiozytåre Zellbeete mit abszessartig eingelagerten eosinophilen Granulozyten (¹Osteomyelitis mit eosinophiler Reaktionª). Vorwiegende Lokalisationen sind die Schådelknochen, Humerus, Rippen, proximale Femurepiphyse, Klavikula, Sternum, Tibia oder Fibula. Der Prozess kann extrem schnell fortschreiten zerstært die Kortikalis und fçhrt beim Durchbruch zu periostalen Reaktionen. In 75% der Fålle tritt der Tumor im Jugendalter auf. Das månnliche Geschlecht ist æfters betroffen (< : , = 2 : 1).
]
Zunåchst sind die Tumoren asymptomatisch, kænnen aber bei schnellem Wachstum zu heftigen, lokalen Schmerzen, Schwellungen, Erwårmungen und pathologischen Frakturen fçhren. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein osteolytischer Defekt mit Arrosion der Kortikalis und evtl. periostaler Knochenneubildung, typisch ist die diaphysåre Lage. Eine bioptische Klårung ist ausnahmslos anzustreben. ] Differenzialdiagnose. Vor allem sind das Ewing-Sarkom, die fibræse Dysplasie und die Osteomyelitis abzugrenzen. ] Therapie. Die Kçrettage und Spongiosaauffçllung sind zur Sanierung eines solitåren Herdes ausreichend. Es sollte der kleinstmægliche Eingriff durchgefçhrt werden. Die Prognose ist gut, jedoch kænnen schwere lokale Destruktionen eintreten.
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467
Sachverzeichnis
A Abriss ± Spina iliaca anterior inferior 251 ± Spina iliaca anterior superior 249 ± Tuberositas ossis ischii 251 Aitken I 17 Aitken II 16 Akromioklavikulargelenk 125 Akromioklavikulargelenkverletzungen 125 Anbohrung 366 ± retrograde 368 Antibiotikaprophylaxe 110 Antibiotikatherapie 111 AO-Klassifikation 30 ± der Wirbelsåulenverletzung, ± ± Flexions-Distraktions-Frakturen 404 ± ± Kompressionsfrakturen 404 ± Rotations- und Translationsfrakturen 404 Apophysen 249 Apophysenabrissfrakturen 249 Apophysenausriss 46, 47 Apophysenfraktur 387, 405 Apophysenlæsung 273 ± proximaler Femur 276 Atlasfrakturen 410 Ausriss, Tuberositas tibia 310 Axis- und Densfrakturen 413 Azetabulumfrakturen 261, 263 ± Letournel-Klassifikation 262 B Bandausrisse ± Kniegelenk 327 ± metaphysåre 18 Bandlåsion, Fibula 365 Bankart-Låsion 132 Basisfraktur, Mittelhandknochen 235 Battered Child 45 Becken 249 ± Apophysen 249 ± Komplexverletzungen 264 ± Y-Fuge 249 Beckengips 298 Beckenrandfrakturen 253, 255 Beckenringfraktur 253 ± Klassifikation 254 ± laterale Kompression 259
± Typ C 260 ± vordere 256 Behandlung, konservative 51 Beinachse 302 Beugesehnen, Hand 89 Beugesehnennaht 93 Beugesehnenscheide 90 Beugesehnenverletzung, Hand 91, 93 Biegungsbruch 46 ± diaphysåre 19 Biopsie 434 Blount-Schlinge 55 C Chassaignac-Luxation 182, 184 Chemotherapie, neoadjuvante 436 Chondroblastom 439 Chondromyxoidfibrom 440 Codman-Tumor 439 Computertomographie (CT) 40 Condylus radialis, Fraktur 26, 168, 171, 175 ± ± Osteosyntheseprinzip 176 Condylus ulnaris, Fraktur 26, 168, 171, 175 Coxitis fugax 274, 278 Coxitis, bakterielle 280 Cuff 'n Collar 55 D Desault-Verband 53 Dislokationen ± atlantoaxiale (AAD) 412 ± atlantookzipitale 408 Dysplasie, fibræse 446 E Ellenbogen 151 ± Fugenschluss 151 ± Knochenkerne 151, 153 Ellenbogenluxation 20, 169, 172 Eminentia-intercondylaris-Ausriss Enchondrom 438 Enchondromatose, multiple 438 Epicondylus-ulnaris-Abriss 168 Epidemiologie 35 Epiphysenfrakturen 16
325, 329
470
]
Sachverzeichnis
Epiphysenfugen 301 Epiphysenfugenschluss 43 Epiphysenfugenverletzung, distaler Unterarm 210 Epiphysenlæsung 17 ± distale Tibia 356 ± distaler Femur 304 ± metaphysårer Keil 357 ± proximale Tibia 307 ± proximaler Humerus 146 ± Salter I und II 25 Epiphysenwinkel 338 Epiphysiolysis capitis femoris (ECF) 274, 282 ESIN 124, 297 ± Marknagelung 72 ± retrograd 144 ± Unterarmfraktur 215 Ewing-Sarkom 442 Exostose ± kartilaginåre multiple 439 ± osteokartilaginåre 438 Extension 55 Extensionsschiene, dynamische 92 F Fat-Pad-Zeichen 44, 151 Femur ± distaler ± ± epi-metaphysåre Frakturen 306 ± ± epiphysåre Frakturen 306 ± ± Epiphysenlæsung 304 ± ± Frakturen 311 ± ± suprakondylåre Fraktur 295 ± proximaler 269 ± ± Apophysenlæsung 276 ± ± Frakturen 270, 275 ± ± Wachstumskerne 269 Femurfraktur ± geburtstraumatische 287 ± Operationstechniken 72 ± subtrochantåre 289 Femurkopfnekrose 273 Femurschaft, Frakturen 288 Femurschaftmehrfragmentfraktur 294 Femurschaftquerfraktur 291 Femurschaftschrågfraktur 292 Fibrosarkom 443 Fibula ± Bandlåsion 365 ± distale, Frakturen 355 ± isolierte Fraktur 339 Fingerfrakturen 238, 245 Fingerluxationen 238 Fixateur externe 77, 297 ± suprakondylåre Humerusfrakturen 162 Flake Fractures 46 Floating Knee 341 Frakturen 15, 46 ff., 52, 62 ± Apophysenabrissfrakturen 249
± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ±
Apophysenfrakturen 387, 405 Atlasfrakturen 410 Axis- und Densfrakturen 413 Azetabulumfrakturen 261, 263 Beckenrandfrakturen 253, 255 Beckenringfrakturen 253 ± laterale Kompression 259 Beckenringfraktur Typ C 260 Condylus radialis 26, 168, 171, 175 ± Osteosyntheseprinzip 176 Condylus ulnaris 26, 168, 171, 175 diaphysåre, Humerus 143 distale ± Fibula 355 ± Tibia 354 ± Tibiametaphyse 339, 346 distaler ± Femur 311 ± Unterarm 209 epihysåre 358 Eminentiafraktur, Einteilung nach Meyers und McKeever 325, 326 epi-metaphysåre 360 ± distaler Femur 306 ± proximale Tibia 308 epiphysåre ± Radiuskæpfchenfraktur 183, 186 ± distaler Femur 306 ± proximale Tibia 308 extraartikulåre proximale Ulnafraktur 183, 190 Femurschaft 288 Femurschaftmehrfragmentfraktur 294 Femurschaftquerfraktur 291 Femurschaftschrågfraktur 292 Finger 238, 245 Fuûwurzelfrakturen 386, 387 geburtstraumatische Femurfraktur 287 Handwurzel 225 ± Klassifikation 227 intraartikulåre Olekranonfraktur 183, 189 isoliert, Fibula 339 isolierte Tibiaschaftfraktur 338, 343 Kalkaneusfrakturen 384, 385 ± Klassifikation, ± ± nach Essex-Lopresti 384 ± ± nach Wiley und Profitt 384 Klavikula 118 Kniegelenk 303 komplette Unterschenkelschaftfrakturen 338 Konsolidation 62 Kuboidfrakturen 386 Mallet-Fraktur 243 metaphysåre 18 ± Radiushalsfraktur 183, 187 Metatarsalia 386 Mittelfuûknochen 389 Mittelhandfrakturen 231 Navikulare 386 offene 110
Sachverzeichnis ± Okzipitalfrakturen 406, 407 ± Open-Book-Fraktur 257 ± osteochondrale 46 ± Osteosynthese 372 ± Patellafraktur 316, 318 ± pathologische 48, 431 ± Phalangen 390 ± proximale ± ± metaphysåre Tibiafrakturen 337 ± ± Tibia 312 ± ± Tibiametaphyse 342 ± proximaler ± ± Femur 270, 275 ± ± Humerus 141 ± Redression 52, 57 ± Retention 52, 57 ± Skaphoidfraktur 225, 230 ± ± Osteosynthese 229 ± Skapula 129 ± Stressfrakturen 18 ± ± Tibia 340 ± subkapitale 243 ± ± Mittelhandknochen 236 ± subtrochantåre, Femurfraktur 289 ± suprakondylåre, distaler Femur 295 ± Talusfrakturen 381 ± ± Klassifikation nach Hawkins 381 ± Tibiaspiralfraktur 340 ± Toddler's Fracture 340 ± Ûbergangsfakturen 354 ± ± Two-Plane-Fraktur 361 ± ± Triplane-Fraktur 362 ± ± Osteosynthese 372 ± Unterarm 201 ± Unterarmfraktur, ESIN 215 ± Unterschenkelschaft 337 ± Unterschenkelschaftfraktur 345 ± vollståndige Unterarmfrakturen 206 ± vordere Beckenringfrakturen 256 ± Wachstumsprognosen 15 ± Wirbelsåulenfrakturen 47 ± Y-Frakturen des distalen Humerus 168, 171 ± Zehenfrakturen 386 Y-Fuge 249 Fugenschluss 42, 139, 151, 181, 201, 287, 354 ± physiologischer 4 Fuû 379 ± Fugenschluss 379 ± Knochenkerne 379 ± ± akzessorische 379 ± Sesamoide 379 Fuûskelett, Luxation 386 Fuûwurzelfraktur 386, 387 G Galeazzi-Frakturen 204 Galeazzi-Verletzung 203, 214 Gefåûverletzungen 79
± direkte 80 ± indirekte 80 Gilchrist-Verband 53 Gips 52 Gipsbehandlung 58 Gipskeilung 53, 59 Gipstechniken, spezielle 59 Glenohumeralgelenk 132 ± Luxation 132 Granulom, eosinophiles 447 Grçnholzfraktur 17, 18, 46 ± Unterarmschaftfraktur 205 H Halo-Fixateur 421 Halswirbelkærper ± Ossifikationszentren 398 ± Synchondrosen 398 Halswirbelsåule, Verletzungen 406 Hamatum, Klassifikation 227 Hand 225 ± Beugesehnen 89 ± Beugesehnenverletzung 91, 93 ± Ossifikationskerne 227 ± Skaphoidfraktur 225 ± Strecksehnen 88 ± Strecksehnenverletzung 90 Handwurzelfrakturen 225 ± Klassifikation 227 Handwurzelverletzungen 226 Harris-Linie 44 Hçfte 269 Hçftluxation 21 ± traumatische 273, 277 Humerus ± diaphysåre Frakturen 143 ± distaler, Y-Frakturen 168, 171 ± proximaler ± ± Epiphysenlæsung 146 ± ± Frakturen 141 Humerusfrakturen ± epikondylåre distale 168, 169 ± suprakondylåre 152, 154, 162 ± ± Typ I 156 ± ± Typ II 158 ± ± Typ III 160 ± ± Typ IV 160 ± ± K-Draht-Spickung 160 ± ± Klassifikation 154 ± ± radialer Fixateur externe ± transkondylåre distale 168 K Kalkaneusfrakturen 384, 385 ± Klassifikation ± ± nach Essex-Lopresti 384 ± ± nach Wiley und Profitt 384
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471
472
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Sachverzeichnis
Kallusbildung 5 Kapandji-Spickung, distaler Unterarm 216 Kapitatum, Klassifikation 227 K-Draht-Spickung 162 Keil, metaphysårer, Epiphysenlæsung 357 Klassifikation 23, 27, 30 ± AO-Klassifikation 30 ± Beckenringfrakturen 254 ± Delbet und Colonnna 270 ± Hamatum 227 ± Handwurzelfrakturen 227 ± Kalkaneusfrakturen ± ± nach Essex-Lopresti 384 ± ± nach Wiley und Profitt 384 ± Kapitatum 227 ± Letournel-Klassifikation, Azetabulumfrakturen 262 ± Li-La-Klassifikation 23, 27 ± Lunatum 227 ± Patellaluxation 317 ± Radiushalsfrakturen 183 ± Skaphoid 227 ± suprakondylåre Humerusfrakturen 154 ± Talusfrakturen nach Hawkins 381 ± Triquetrum 227 Klavikula, Frakturen 118 Knie 301 ± Bandverletzungen 325 ± Epiphysenfugen 301 ± Knochenkerne 301 ± Ossifikationszentren 301 Kniegelenk ± Bandausrisse 327 ± Frakturen 303 Knieluxationen 21 Knochenfibrom, nichtossifizierendes (NOF) 440 Knochenheilung 5 Knochenkerne 43, 117, 139, 151, 181, 201, 287, 301, 354 ± akzessorische 117, 353 Knochenlåsionen, tumoråhnliche 444 ± ± aneurysmatische Knochenzyste 445 ± ± eosinophiles Granulom 447 ± ± fibræse Dysplasie 446 ± ± Morbus Jaff-Lichtenstein 446 ± ± solitåre Knochenzysten 444 Knochentumore 431 ± benigne 436 ± ± Chondroblastom 439 ± ± Chondromyxoidfibrom 440 ± ± Codman-Tumor 439 ± ± Enchondrom 438 ± ± multiple Enchondromatose 438 ± ± multiple kartilaginåre Exostose 439 ± ± nichtossifizierendes Knochenfibrom (NOF) 440 ± ± Osteoblastom 437 ± ± Osteochondrom 438 ± ± Osteoidosteom 436 ± ± osteokartilaginåre Exostose 438
± Biopsie 434 ± diagnostische Grundsåtze 432 ± maligne 441 ± ± Ewing-Sarkom 442 ± ± Fibrosarkom 443 ± ± neoadjuvante Chemotherapie 436 ± ± Osteosarkom 441 ± primåre 433 ± Resektion 436 ± semimaligne 443 ± ± Osteoklastom 443 ± ± Riesenzelltumor 443 ± Staging nach Enneking 434 ± Strahlentherapie 436 Knochenwachstum 3 ± Dickenwachstum 3 ± Fuge 3 ± Långenwachstum 3 ± Wachstumsfuge 3 Knochenzyste ± aneurysmatische 45 ± solitåre 444 Kollateralbandausriss, femoraler 328 Kollateralbånder, Instabilitåt 327 Kompartmentsyndrom 339, 380 Komplexverletzungen 265 Konsolidationszeiten 6 Kreuzbandausriss ± intraligamentårer 329 ± knæcherner 329 Kreuzbandlåsion, intraligamentåre 325 Kuboidfrakturen 386 L Labrumabriss 132 Li-La-Klassifikation 23, 27 Lunatum, Klassifikation 227 Luxation 20 ± angeborene 133 ± Chassaignac-Luxation 182, 184 ± Ellenbogen 20, 169, 172 ± erworbene 133 ± Fingerluxationen 238 ± Fuûskelett 386 ± Glenohumeralgelenk 132 ± Hçftluxation 21 ± ± traumatische 273, 277 ± isolierte proximale Radiusluxation 182 ± Knieluxationen 21 ± Patellaluxation 21, 316, 321 ± ± Klassifikation 317 ± perilunåre 226 ± rezidivierende 133 ± Schulter 20, 132 ± traumatische 133 ± willkçrliche 133
Sachverzeichnis M Magnetresonanztomographie (MRT) 40, 44, 366 Mallet-Fraktur 243 Marknagel 76 Marknagelung ESIN 72 Mehrschicht, CT 47 Meniskuslåsion 334, 335 Metallentfernung 75, 78 Metatarsalia, Frakturen 386 Mikrofrakturierung 366 Minimal invasive plate osteosynthesis (MIPO-Technik) 70 Mittelfuûknochen, Frakturen 389 Mittelhandfrakturen 231 ± Basisfraktur 235 ± Schaftfraktur 237 ± subkapitale Frakturen 236 Monteggia-Verletzung 203, 204, 212 Morbus Jaff-Lichtenstein 446 Morbus Perthes 274, 281
P Patella 316 Patella partita 316 Patella, Zuggurtungsosteosynthese Patellafraktur 316, 318 Patellaluxation 21, 316, 321 ± Klassifikation 317 Phalangen, Frakturen 390 Plattenosteosynthese 68 Pseudarthrosen 7
320
Q Querfrakturen 19 Querschnittssyndrome 399
N Navikulare, Fraktur 386 Nervendraht, mikrochirurgischer Nervengeneration 86 Nervenkompression 85 Nervenverletzungen 83, 84
± ± Triplane-I-Frakturen 372 ± ± Triplane-II-Frakturen 372 Osteosyntheseprinzip, Condylus radialis Fraktur 176 Osteosyntheseverfahren 65 Overheadextension 55, 297, 298
85
O Oberarm 139 ± Fugenschluss 139 ± Knochenkerne 139 Oberschenkel 287 ± Fugenschluss 287 ± Knochenkerne 287 Okzipitalfrakturen 406, 407 Olekranon 181 ± Fugenschluss 181 ± Knochenkerne 181 Olekranonfraktur, intraartikulåre 183, 189 Open-Book-Fraktur 258 Operationstechniken, Femurfrakturen 72 Os odontoideum 415 Os subfibulare 353 Os trigonum 353 Ossifikationskerne, Hand 227 Ossifikationszentren 40, 41, 301, 398 Osteoblastom 437 Osteochondrom 438 Osteochondrosis dissecans 366 ± Einteilung 367 Osteoklastom 443 Osteosarkom 441 Osteosynthese ± Skaphoidfraktur 229 ± Ûbergangsfrakturen,
R Radius, proximaler 181 ± ± Fugenschluss 181 ± ± Knochenkerne 181 Radiushalsfraktur ± Klassifikation 183 ± metaphysåre 183, 187 Radiuskæpfchenfraktur ± epiphysåre 183, 186 Radiuskæpfchensubluxation 182, 184 Radiusluxation, proximale isolierte 182 Raffung, mediale 323 Redression, 52, 57 Release, laterales 323 Reposition 63 ± offene 64 Resektion 436 Retention 52, 57 Riesenzelltumor 443 Ringapophyse 399 Risser-Zeichen 43, 44 Rogers-Hilfslinie 152 Ræntgendiagnostik 39 Rçckenmarkschåden 427 Rucksackverband 55, 56 S Salter-Harris Salter-Harris Salter-Harris Salter-Harris Salter-Harris Salter-Harris
I 17, 31 II 17, 31 III 16, 31 III/Aitken II 24 IV 31 IV/ Aitken III 24
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Sachverzeichnis
Sarmiento-Brace 56 Schaftfraktur, Mittelhandknochen 237 Scheibenmeniskus 334 Schmerzbehandlung 97, 102 Schmerzprotokoll 101 Schmerzscores 99 Schmerztherapie 97, 104 Schrågfrakturen 19 Schraubenosteosynthese 67 Schulter 117 ± Knochenkerne 117 ± ± akzessorische 117 Schultergelenk 132 Schultergçrtel 117 Schulterluxation 20, 132 SCOWORA 406, 427 Segment C2/C3, Pseudoluxation 417 Segment C3-C7, Verletzungen 419 Sehnendurchflechtungsdraht 93 Sehnenverletzungen 87 Sesamoide 379 Skaphoid, Klassifikation 227 Skaphoidfraktur 225, 230 ± Osteosynthese 229 Skapula ± Frakturen 129 ± Knochenkerne 117 Skelettreife 43 Sonographie 39 Spickdrahtosteosynthese 65 Spina iliaca anterior inferior, Abriss 251 Spina iliaca anterior superior, Abriss 249 Spine Board 400 Spontankorrekturen 10, 11 Sprunggelenk 353 ± akzessorische Knochenkerne 353 ± Distorsion 363 ± Fugenschluss 354 ± Knochenkerne 354 Stauchungsfrakturen 17 Sternoklavikulargelenk 127 Sternoklavikulargelenkverletzungen 127 Stiff-Neck 400 Strahlentherapie 436 Strecksehnen, Hand 88 Strecksehnenverletzung, Hand 90 Stressfrakturen 18 ± Tibia 340 Symphysensprengung 257 Synchondrosen 398 T Talus, Osteochondrosis dissecans 366 Talusfraktur 381 ± Klassifikation nach Hawkins 381 Tape 56 Thromboseprophylaxe 112 Tibaspiralfraktur 340
Tibia ± distale, ± ± Epiphysenlæsung 356 ± ± Frakturen 354 ± proximale, ± ± epi-metaphysåre Frakturen 308 ± ± epiphysåre Frakturen 308 ± ± Epiphysenlæsung 307 ± ± Frakturen 312 Tibia, Stessfrakturen 340 Tibiafrakturen, proximale metaphysåre 337 Tibiametaphyse ± distale, Frakturen 339, 346 ± proximale, Frakturen 342 Tibiaschaftfraktur, isolierte 338, 343 Tibiofemoralwinkel 302 Toddlers' Fracture 47, 340 Triplane, Ûbergangsfraktur 24, 31 Triquetrum, Klassifikation 227 Tuber-Gelenk-Winkel 384 Tuberositas ossis ischii, Abriss 251 Tuberositas tibia, Ausriss 310 Tuberositasversetzung nach Elmslie und Trillat 323 Two-Plane Ûbergangsfraktur 24, 31 U Ûbergangsfraktur 16, 354 ± Osteosynthese 372 ± Triplane 31 ± ± Fraktur 362 ± Triplane I/II 24 ± Two-Plane 24, 31, 361 Ulnafraktur, extraartikulåre proximale 183, 190 Unfallursachen 36 Unterarm 201 ± distaler ± ± Epiphysenfugenverletzung 210 ± ± Frakturen 209 ± ± Kapandji-Spickung 216 ± Fugenschluss 201 ± Knochenkerne 201 Unterarmfraktur 201 ± ESIN 215 ± vollståndige 206 Unterarmschaftfraktur, Grçnholzfraktur 205 Unterschenkel 337 ± Faszienlogen 337 Unterschenkelschaftfrakturen 337, 345 ± komplette 338 V Verletzungslokalisation 35 Visual Analogue Scale (VAS)
100
Sachverzeichnis W Wachstumsfuge 3 ± Verschluss 354 Wachstumsstærungen (WTS) 7 ± hemmende 8 ± Pseudarthrosen 7 ± stimulative 8 Wirbelringapophyse 43 Wirbelsåule 397 ± knæcherne Entwicklung 397 ± lumbale, Verletzungen 425 ± Pseudoluxation 399 ± thorakale, Verletzungen 422, 423 Wirbelsåulenfrakturen 47 Wirbelsåulenverletzungen 399
± AO-Klassifikation ± ± Flexions-Distraktions-Frakturen 404 ± ± Kompressionsfrakturen 404 ± Rotations- und Translationsfrakturen 404 ± Differenzialdiagnostik 403 ± Standarddiagnostik 400 Wulstbruch, metaphysåre 208 Wulstfraktur 46 Z Zehenfrakturen 386 Zuggurtung 124 Zuggurtungsosteosynthese ± Patella 320
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