GUNTRAM KOCH
Frühchrisdiche Kunst Eine Einführung
Inhalt 1. 1.1. 1.2.
ALLGEMEINES...
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GUNTRAM KOCH
Frühchrisdiche Kunst Eine Einführung
Inhalt 1. 1.1. 1.2.
ALLGEMEINES.....................................................
1.3. 1.4. 1.5.
Einführung.......................................................... Räumliche und zeitliche Begrenzung - Gliederung in Phasen............................................................ Einige Daten zur Geschichte................................ Geschichte der Forschung................... ................. Grundlegende Literatur........................................
2.
ARCHrrEKTUR............... .. . .. . . .. .. . . . ... . .. . . .. . . .. . . . . .. . . .
2.1. 2.1.1. 2.1.1.1. 2.1.1.2. 2.1.1.3.
2.1.2.1. 2.1.2.2. 2.1.2.3. 2.1.2.4. 2.1.2.5. 2.1.3. 2.1.4. 2.1.5. 2.1.6. 2.1.7.
Sakrale Architektur............................................. Die Phasen.......................................................... Vorkonstantinische Zeit....................................... Konstantinische Zeit............................................ Nachkonstantinische Zeit..................................... h"'ltgeriftin~ 1!u ~'1. Tirmntt'1. ~s.. Tf".ilrJJ.f"JJ.lm.d Baptisterien......................................................... Einschiffige Bauten............................................. Basiliken............................................................. Zentralbauten............................................... ...... . Quergelagerte Bauten......................................... . Baptistenen........................ ................................ . Umwandlung antiker Bauten............................... . Teile der Basilika- Ausstattung der Kirchen ....... . Bauformen der Kirchen in den Provinzen des Reiches................................................................ Klöster........................ ....................................... Wallfahrtsheiligtümer..........................................
7 7 8 10 14 17 18 18 19 19 24 31 32 32 32 37 40 40 41 44 51 57 60 62 62 63 66
2.2.7.
Profane Architektur............................................. Stadtanlagen.. .. ....... ... ...... ................ .... .. ..... .. .... .. Plätze - Fora - Ehrensäulen und -bögen - Straßen. Befestigungen von Städten - Kastelle.................... Häuser - Villen - Paläste - Hippodrome Bischofspaläste - Herbergen................................ Aquädukte - Zisternen - Brunnen - Thermen......... Marktbasiliken - Läden - Getreidespeicher Ölpressen............................................................ Fernstraßen - Brücken.........................................
3.
BESTATTUNGSWESEN..........................................
78
2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3.
2.2.4. 2.2.5. 2.2.6.
68 73 76 77
5
4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. 4.6. 4.7.
Wandmalereien............ ........................ ................ Wandm osaiken (Stiftmosaiken)............................ Wandverkleidungen aus Plattenmosaiken............. Fußböd en aus Stift- und Plattenmosaiken............. Mosaik en als Grabplatten.................................... Tafelbi lder- Ikonen......................... ,................... Buchmalerei........................................................
85 86 88 93 95 97 98 99
5. 5.1. 5.1.1. 5.1.2. 5.1.3. 5.1.4. 5.1.5. 5.2.
SKULPTUREN....................................................... Sarkophage......................................................... Allgem eine Fragen............................................... Die Sarkoph age in Rom ....................................... Die Sarkoph age in Ravenna................................. Die Sarkoph age in Konstantinopel....................... Die Sarkophage in den Provinzen......................... Andere Skulpturen...............................................
102 102 103 111 113 114 115 118
6. 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5. 6.6. 6.7. 6.8. 6.9. 6.10. 6.11.
KLEINK UNST.. ............ ............ ............ ............ .....
Elfenbe in (und Bein)............................................ Silber.................................................................. Gold................................................................... Bronze................................................................ Sonstig e Metalle.................................................. Glas.................................................................... Geschn ittene Steine.............................................. Textilien.............................................................. Ton..................................................................... Holz.................................................................... Münzen und Kontorniaten.... .. .. .. . . .. .. ... ..... .. .. ... .. ...
125 126 128 129 129 130 131 133 135 137 139 140
MUSEEN UND SAMMLUNGEN MIT FRÜHCHRISTLICHER KUNST ............ ............ .........
143
7.
MALEREIEN- MOSAI KEN.... ............ ............ .........
8.
LITERATURANGABEN ZU DEN EINZELNEN KAPITE LN....... ............ ............ ............ ............ ..... 148
9.
VERWENDETE ABKÜRZUNGEN............................
161
10.
NACHW ORT..... ............ ............ ............ ............ ...
163
Abildungsnachweis...... .. . .. . ... . .. ... . .. ..... .. . .. . .. .. .. .. .... ... .. .. ...... ...... 164 Register................................................................................... 165 Tafeln...................................................................................... 169
6
1. ALLGEMEINES
1.1. EINFÜHRUNG Die Jahrhun derte von etwa 200 bis 600 n.Chr. werden als Spätanti ke oder ftühchristliche Zeit bezeichnet. Diese Zeit ist eine der faszinierendsten Epochen der Weltgeschichte, die auf dem Gebiete der Kunst bis zum 19. Jh. und in manche m sogar bis heute weiterw irkt Die ererbte Kunsttradition, also die griechisch-römische Kunst, wurde mit neuen Inhalten versehen, für die neuen Bedürfn isse nutzbar gemach t und auf diese Weise 'christia nisiert' . Es entstand durch Umdeutung und Umformung aus der griechisch-römischen eine christlic he Kunst. Dazu seien einige Beispiel e herausgegriffen: Im 4. Jh. wurde die Basilika die beherrsc hende Form für Kirchen bauten; Vorläuf er sind die römischen Marktba siliken; von den Christen wurde der 1 ypus für Oie neuen Zw-e:ck.e ~~.wm \'&'1ge\Y!~.. '.ll'i! w.it NJ.'bstattungsgegenständen versehen, die für den Kult erforderlich waren. Die Basilika blieb dann im Westen über die Jahrhun derte hinweg selbstverständlich mit Verände rungen - der bevorzu gte Bautypu s. Wenn wir also, um nur einige Beipiele zu nennen, St. Michael in Hildesheim (1003-1 033), die Klosterk irche in Alpirsba ch (um 1100) oder die Friedenskirche in Potsdam (1845-1 854) sehen, sollten wir uns vergegenwä rtigen, daß der Typus auf flÜhchristliche Zeit zutückg eht. Auch die Verwendung von zentralisierten Formen für Kirchen hat ihren Ursprun g in frühchri stlicher Zeit. Es sei nur an die Pfalzkap elle in Aachen (um 800) und ihre Nachfol gebaute n oder an St. Michael in Pulda (820-82 2 und Anfang des 11. Jhs.) und andere 'Kopien ' der Rotunde bei der Grabesk irche in Jerusalem erinnert. Im Jahre 320 n.Chr. wurde von Pachom ius das erste Kloster in Tabenissi in Oberägy pten errichte t. Seitdem verbreitete sich das Klosterwesen zunächs t im Osten des Reiches , dann auch im Westen. Dort erhielt es nach der Gründun g von Monteca ssino (um 530) durch Benedik t von Nursia (um 480-555 /60) und durch die von ihm verfaßte Regel, ferner durch das Wirken von Cassiod or (t nach 580) einen großen Aufschwung . Im Mittelal ter sollten die Klöster in Europa hohe Bedeutu ng als Zentren von Kunst, Kultur und Wissens chaft erlangen. Seit dem 3. Jh. n.Chr. entstand die christlic he Bildwel t Pagane Motive wurden übernommen und 'christia nisiert' . Beispielsweise wurden aus der sitzenden Isis mit dem Hornskn aben Maria mit Kind, aus bärtigen Vatergottheiten (Zeus, Asklepios, Poseido n) der bärtige Christus , aus der Verkörp erung einer Jahresze it der jugendli che Christus , aus dem schlafenden Endymi on der ruhende Jonas, aus einem Krieger, der 7
mit dem Schwert ausholt, Abraham, der lsaak töten will. Die Reihe lie-
ße sich fast beliebig fortsetzen. Wenn wir Wandmalereien in mittelalterlichen und späteren Kirchen bewundern, sollten wir daran denken, daß wir es dem ftühen Christentum zu verdanken haben, Wandmalereien und -mosaiken zur Ausschmückung der Innenräume von Kirchen vorzusehen. Am Anfang der erhaltenen Beispiele stehen die Malereien im Baptis~erium von Dura Europos, die wahrscheinlich 232/33 n.Chr. geschaffen wurden. In frühchristlicher Zeit wurde es auch üblich, Bibelhandschriften mit Illustrationen zu versehen, Tafelbilder von Christus, Maria, Heiligen sowie Ereignissen aus dem AT und NT anzufertigen, Elfenbeine für Täfelchen, Kästen und Dosen zu verwenden, Stoffe mit christlichen Darstellungen herzustellen und Silber für liturgische Geräte zu benutzen. Daran knüpft dann das Mittelalter an. Im Bereich der Architektur, der bildenden Kunst, der Ikonographie und der Kleinkunst hat also die ftühchristliche Zeit eine ganz entscheidende Bedeutung für die späteren Jahrhunderte. 1.2. RÄUMLICHE UND ZEITLICHE BEGRENZUNG- GLIEDERUNG IN PHASEN
Das Christentum hat seinen Ursprung in Palästina, also im Osten des Römischen Reiches. Es breitete sich schon im 1. Jh. nicht nur in den Provinzen des Vorderen Orients, sondern auch nach Westen aus, zunehmend dann im 2. Jh. Im 3. Jh. gab es in zahlreichen Städten im gesamten Römischen Reich christliche Gemeinden, und das Christentum drang auch auf das Land vor. Waren in dieser Zeit die Christen bestenfalls geduldet, teilweise auch grausam verfolgt, so trat ein völliger Wandel unter Konstantirr d.Gr. ein, durch dessen Edikte 311113 das Christentum offiziell zu einer erlaubten und durch den persönlichen Einsatz des Kaisers geradezu zu einer bevorzugten Religion wurde. Frühchristliche Kunst findet sich also in allen Gebieten des Römischen Reiches, von Britannien, Gallien, Spanien und Nordafrika im Westen bis Kleinasien, Syrien, Palästina, Arabien und Ägypten im Osten, datüber hinaus aber auch in Gebieten, die überhaupt nicht oder nur kurzfristig von den Römern erobert waren. Dazu gehören Nubien (im Sudan), Äthiopien, Mesopotamien (Irak), die InselCharg im Persischen Golf, Armenien, Georgien, die Krim sowie Irland. In der vorliegenden 'Einführung' werden bevorzugt die zentralen Gebiete betücksichtigt; die bedeutende 'koptische' Kunst Ägyptens wird nur ausnahmsweise herangezogen; sie würde eine eigene Behandlung erfordern (Literatur dazu in Kap. 1.5). 8
Die frühchristliche Kunst setzt, soweit wir derzeit wissen, um 200 n.Chr. ein. Aus der Zeit vorher sind bisher Reste nicht gefunden worden und auch, wie den literarischen Quellen zu entnehmen ist, kaum zu erwarten. Wenn man sich intensiver mit der frühchristlichen Zeit beschäftigen will, muß man allerdings die früheren Epochen, also zumindest die römische Kaiserzeit des 1., 2. und 3. Jhs. n.Chr., berücksichtigen. Denn die frühchristliche Kunst ist ein Teil der römischen - oder sogar der griechisch-römischen - Kunst, und sie ist nur verständlich, wenn man sich das frühere Kunstschaffen vergegenwärtigt. Schwieriger ist es, die untere zeitliche Grenze anzugeben. In den Provinzen des Ostens, also Ägypten, Arabien, Palästina und Syrien, ferner in Nordafrika und in Spanien, bildet die Eroberung durch die islamischen Araber seit 635 n.Chr. einen tiefgreifenden Einschnitt und das Ende der frühchristlichen Kunst. Syrien und Palästina wurden aber schon im frühen 7. Jh. durch die Einfcille der Sasaniden (Perser) stark in Mitleidenschaft gezogen, so daß sich aus dieser Zeit nichts an künstlerischen Erzeugnissen erhalten hat. In Konstantinopel und seinem Ausstrahlungshereich (vor allem Kleinasien und Balkan) läßt sich unter Kaiser Justinian (Regierungszeit 527-565) eine neue Entwicklung feststellen, das Ende der frühchristlichen Phase ist dort also um 530 n.Chr. anzusetzen. Für den Balkan wäre auch die Mitte des 6. Jhs. als Grenze zu nehmen, da das Gebiet dann durch die Einfalle der Slawen verwüstet wird. In Italien bieten die Eroberung durch die Langobarden (568ff.) und das Pontifikat Papst Gregors d.Gr. (590-604) einen Einschnitt. Die Zeitspanne von um 200 bis um 600 n.Chr. läßt sich in mehrere Phasen unterteilen. Die Schwierigkeiten sind allerdings, daß einige nur für gewisse Gegenden gelten, während sie sich in anderen Landschaften gar nicht abzeichnen, und einige Phasen nur bei bestimmten Gattungen der Kunst deutlich werden, bei anderen aber nicht. So wird hier eine Einteilung in drei Phasen vorgeschlagen, die jedoch nur dort vorgenommen wird, wo es sinnvoll erscheint; bei verschiedenen Gattungen ist eine stärkere - oder auch etwas andere - Untergliederung möglich (z.B. bei den Sarkophagen): -die vorkonstantinische Zeit (um 200- 311/13); -die konstantinische Zeit (311/13- 337/61); -die nachkonstantinische Zeit (337/61- um 550/600).
9
1.3. EINIGE DATE N ZUR GESCHICHTE
Die Geschichte der Spätantike ist sehr verworren. Es gab zahlre iche Kaiser, teilweise einen Haupt- und mehrere Mitkaiser, dazu Usurp atoren, die sich widerrechtlich den Thro n angeeignet hatten. Kriege an fast allen Grenzen waren erforderlich, um den Bestand des Reiches zu sichern. Fast unübersehbar viele 'Barbarenvölker' fielen in das Reich sgebiet ein. Die gerrauen Umstände können hier nicht erläutert werde n; jedoch sollen einige Daten einen Hintergrund für die frühchristl iche Kunst geben.
um30 48/50 um 50
64 um67 2. Jh. um20 0
um21 5 um 160-220 232/33
250 Mitte des 3. Jhs.
257
um28 0 286
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Jesus stirbt in Jerusalem am Kreuz Missionsreise des Paulus nach Antiochia; 'Apostelkonzil' in Jerusalem Paulus gründet Gemeinde in Korinth; Beginn der Ausbreitung des Christentums im Mittelmeergebiet auch unter 'Heid en' (nicht nur unter Juden) Feuersbrunst in Rom; Christen werden beschuldigt; erste Verfolgung; Martyrium des Petrus (?) Martyrium des Paulus in Rom zunehmende Ausbreitung des Christentums Bischof Zephyrinus von Rom (197-217) beauftragt den Diakon Callixtus (seinen späteren Nachfolger) mit der Verwaltung eines Friedhofes für die Gemeinde an der Via Appia, wohl der heutigen Katakombe S. Callisto; damit Beginn des Ausbaus der Katakomben und ihrer Ausstattung mit Malereien Klemens von Alexandria gestorben Tertullian von Karthago Umbau eines Privathauses in Dura Europos, Syrien, in eine 'Hauskirche' (256 zerstört); früheste erhaltene Kirche (Malereien im Baptisterium) Christenverfolgung unter Kaiser Decius (249-51) Christen haben in weiten Teiles des Reiches an Zahl stark zugenommen; in Rom werden etwa 15-20.000 Christen geschätzt Christenverfolgung unter Kaiser Valentinian (25360); danach über 40 Jahre friedliche Entwicklung und Ausbreitung Armeoien wird durch Gregor den Illuminator christianisiert Kaiser Diokletian ernen nt Maximianus Herculius
293
303-305 305
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313
313-324
313-324 324
320/25
zum 'Augustus' des Westens, damit Gliederung des Reiches in zwei Teile Einrichtung der 'Tetrarchie' ('Vierer-Herrschaft') durch Diokletian; er wurde 'Augustus' des Ostens (Residenz in Nikomedeia), Galerius 'Caesar' des Ostens (Residenz in Thessaloniki und Sirmium), Maximianus 'Augustus' des Westens (Residenz in Mailand und Aquileia), Konstantius Chlorus 'Caesar' des Westens (Residenz in Trier und Y ork); unter anderem Ausbau der Paläste in den Städten Christenverfolgung unter Diokletian, überwiegend im Osten des Reiches 'Zweite Tetrarchie' mit Galerius als Augustus und Maximinus Daia als Caesar im Osten sowie Konstantius Chlorus als Augustus und Severus als Caesar im Westen
Konstantius Chlorus stirbt~ sein Sohn Konstantin(us) wird vom Heer zum Augustus ausgerufen; in Rom wird Maxentius, Sohn des Maximianus, Kaiser; Konstantin residiert bevorzugt in Trier (Ausbau der Residenz) und strebt nach der Herrschaft in Rom Galerius, Licinius und Konstantin erlassen für die Christen ein Toleranzedikt, die christliche Religion wird religio licita (erlaubte Religion) Konstantin besiegt mit seinen Truppen (mit dem Christogramm auf Standarten und Schilden der Soldaten) Maxentius an der milvischen Brücke und wird damit Alleinherrscher im Westen Konstantin und Licinius, der Augustus des Ostens, vereinbaren in Mailand, das Christentum im gesamten Reich als erlaubte Religion zuzulassen ('MailänderEdikt') Konstantin Augustus im Westen; stiftet eine große Anzahl von Kirchen in Rom sowie anderen Orten Italiens und Nordafrikas, die meist reich ausgestattet werden Licinius Augustus im Osten Konstantin besiegt Licinius, wird damit Alleinherscher des gesamten Reiches; 'Gründung' von Byzantium als 'Neues Rom' (Konstantinopel); Beginn der Erweiterung und des Ausbaus der Stadt mit neuen Mauem, Forum, Kirchen Pachomios (um 287-342/46) gründet die ersten Klö-
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ster in Tabenissi in Oberägypten Erstes Ökumenisches Konzil in Nikaia Helena, Mutter Konstantins, reist in das Heilige Land; Konstantin stiftet Kirchen an den heiligen Stätten in Jerusalem, Bethlehem und Mamre sowie in Baalbek, Antiochia 330 Einweihung von Konstantinopel und damit Verlegung des Regierungssitzes des Kaisers 333 ein anonymer Pilger aus Bordeaux bereist das Heilige Land und verfaßt einen Bericht, der Hinweise auch für die Bauten gibt; Beginn der Pilgerliteratur 260/65-339 Eusebius, seit 313 Bischof von Caesarea (in Palästina), Verfasser der Kirchengeschichte und der Vita Constantini, wichtiger Quellen auch für die frühchristliche Kunst 337 Tod Konstantins d.Gr. (Taufe auf dem Totenbett) 337-361 Herrschaft der Söhne Konstantins: Konstantinus II. (337-340), Konstans (337-350), Konstantius II. (337361); verschiedene Gegenkaiser seit Mitte 4. Jh. Mailand wird bevorzugte Kaiserresidenz in Italien; Ausbau des Palastes und Bau von Kirchen 355 Franken überschreiten den Rhein und erobern Köln; die Rheingrenze wird von den Römern nochmals wiederhergestellt 361-363 Kaiser Julianus (Julian Apostata oder Julianus Philosophus), letzter Anhänger der alten römischen Religion, versucht, gegen die Christen vorzugehen vor allem 2. Hälfte Wirken der 'Kirchenväter' Basilius von Kaisareia (in des 4. Jhs. Kappadokien; 330-379; wichtig als Begründer des griechischen Mönchstums), Gregor von Nyssa (um 335-394), Gregor von Nazianz (t 390) sowie des Johannes Chrysostomos (um 350-407), des zeitweiligen Patriarchen von Konstantinopel Ambrosius von Mailand (um 339-397), seit 374 Bischof von Mailand 364-375 Valentinian i. Kaiser im Westen; residiert zeitweise in Trier (Ausbau des Palastes; Villa in Konz); sein Bruder Valens 364-378 im Osten 375-383 Söhne Valentinians I., Gratian (375-383) Kaiser im Westen (Gallien) und Valentinian li. (375-392), ebenfalls Kaiser im Westen (Italien) um375 Beginn der 'Völkerwanderung', also unter anderem der germanischen Kriegszüge gegen das römische 325 326
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Reich, nach dem Einbruch der Hunnen aus Asien Theodosius I. Kaiser im Osten, von Gratian ernannt; 379-395 Blüte der Künste ('theodosianische Renaissance') Gratian und dann Theodosius schreiben 'katholi379/80 schen' Glauben vor Gratian verbietet 'heidnische' Opfer und legt 383 (?) 381 das Amt des Pontifex Maximus nieder Theodosius I. verbietet heidnische Kulte, Christentum 391 wird Staatsreligion letzte olympische Spiele 393 nach dem Tode Theodosius I. Teilung des Reiches 395 unter die Söhne Arkadius und Honorius Arkadius Kaiser im Osten 395-408 Honorius Kaiser im Westen 395-423 Abzug der römischen Truppen von der Rheingrenze 401 Verlegung der Hauptstadt des Westens von Mailand 402 nach Ravenna; damit Aufblühen der Stadt und rege Bautätigkeit Theodosius II. Kaiser im Osten (Sohn des Arkadius); 408-450 erhebliche Bautätigkeit, u.a. Erweiterung Konstantinopels und Bau einerneuen Stadtmauer Germanen (Arianer) dringen in großer Zahl in die 1. Hälfte 5. Jh. westlichen Teile des Reichsgebietes ein und gründen dort Staaten; besonders wichtig werden das Reich der Burgunder, das der Westgoten auf der spanischen Halbinsel, das der Ostgoten in Italien und das der Vandalen in Nordafrika Goten unter Alarich erobern Rom 410 Drittes Ökumenisches Konzil in Ephesos; Maria wird 431 als Gottesgebärerio (Theotokos) anerkannt Viertes Ökumenisches Konzil in Chalkedon 451 474-75 und 476-91 Zenon Kaiser in Konstantinopel; Bauten im Osten (Qalaat Seman, Meriarnlik) Ende des weströmischen Reiches; der Germane (Thü476 ringer) Odovacar setzt Romulus Augustulus ab und wird König von Italien (476-493) Theoderich, Ostgote (Arianer), König in Italien, mit 493-526 Duldung des Kaisers in Konstantinopel; Hauptstadt Ravenna; Bauten für die Arianer Taufe (katholisch) Chlodwigs, des Königs der Fran496/97 ken (482-511), der ein großes Reich in Gallien und Germanien gegründet hatte; Papst erhält damit neue Stütze
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527-565
529 um53 0
seit Mitte 6. Jh. 568-574 590-604
Anfang 7. Jh. 622 632 seit 634.
Justinian I. Kaiser des Römischen Reiches; z.T. Rückeroberung der an die Germanen verlorenen Gebiete (Italien, Nordafrika, Teile Spaniens); großartige Bautätigkeit, Aufblühen der Künste; verstärkte Absonderung des Ostens in der Stilentwicklung, Beginn der 'frühbyzantinischen' Zeit Schließung der Akademie in Athen Benedikt von Nursia (um 480-555/60) gründet das Kloster Montecassino; seine Regel bestimmt entscheidend das abendländische Klosterwesen Einfalle der Slaven auf dem Balkan, verbunden mit erheblichen Verwüstungen Langobarden (Germanen) erobern Italien (dort Langobardenreich bis 774; Hauptstadt Pavia) Gregor I. (d.Gr.) Papst in Rom; setzt das Papsttum ' Villt Tf...1iß't!I 'U11b 'Jndn'r.m!h ;fh TK.onstariimopel ab,•beton t Stellung als Nachfolger Petri; Mission der Angelsachsen und Langobarden; vierter lateinischer "Kirchenvater" nach Ambrosius, Hieronyrnus und Augustin Einfalle der Sasaniden (Perser) in Syrien und Palästina, Verwüstung des Landes Flucht Mohammeds von Mekka nach Medina (Hedschra); Beginn der Ausbreitung des Islam Tod Mohammeds Araber erobern Palästina und Syrien (636), Jerusalem (638), den Irak (637), Ägypten (639-41), Persien (bis 657), Nordafrika (643-697), große Teile der spanischen Halbinsel (711-16); das Römische Reich verliert damit riesige Gebiete
1.4. GESCHICHTE DER FORSCHUNG
Die Beschäftigung mit Kunstwerken der Spätantike, mit der 'Christlichen Archäologie ', setzte um die Mitte des 16. Jhs. in Rom ein, und römische Monumente standen selbstverständlich im Mittelpunkt. Es ging nicht um eine Untersuchung der antiquarischen Details, auch noch nicht um eine Geschichte der Kunst. Gegenreformatoren und Nachr eformatoren suchten vielmehr, mit Hilfe von Monumenten frühchristli cher Zeit Argumente für die Richtigkeit ihres Glaubens zu erhalten. Wichtige Autoren und Publikationen aus der frühen Zeit: A. Fulvio beschreibt in einem fünfbändigen Werk "Antiquitates Urbis" (Rom 1527) in Bd. IV die Katakomben und in Bd. V die anderen frühchristli 14
chen Monumente, sie werden allerdings nicht illustriert. Bis heute wichtig ist das große Werk "Roma sotterranea" (Rom 1632; mehrere Auflagen, 1688 eine in deutscher Sprache) von A. Bosio (1575-1629), das auf langjährigen Forschungen in den Katakomben beruht und posthum erschienen ist (herausgegeben von G. Severano); die Pläne und die Stiche von Sarkophagen, Inschriften und ganz besonders Fresken haben trotz zeitgebundener Verfälschungen hohen Wert. G. Ciampini (16331698) werden umfangreiche Dokumentationen mit Grund- und Aufrissen der Kirchen sowie Stichen der Mosaiken und Malereien verdankt; die Werke "Vetera monimenta" 1-11 (Rom 1690-1699) und "De sacris aedificiis a Constantino Magno constructis" (Rom 1693) haben noch heute große Bedeutung, da u.a. Mosaiken aus Rom und Ravenna abgebildet werden, die jetzt zerstört sind. F. Buonarotti (1661-1733) mit "Osservazioni sopra aleuni frammenti di vasi antichi di vetro omati di figure trovati ne' cimiteri di Roma" (Florenz 1716) und M.A. Boldetti noo3-Y"!4'Y) rriit ''t.Jsservaiwrit sopra i irrritteii ire1 ~wtit nr,rtüit ~ wtclchi cristiani di Roma" 1-111 (Rom 1720) publizieren u.a. zahlreiche Inschriften und Kleinfunde aus den Katakomben. J.J. Winkelmann (17171768), der Begrunder der Klassischen Archäologie und der abendländischen Kunstgeschichte, hat auf die Erforschung der spätantiken und frohchristlichen Kunst zunächst keinen Einfluß gehabt, ihm ging es um die Schönheit der antiken Kunst. Das 19. Jh. brachte einen gewaltigen Aufschwung der Forschungen und Publikationen, die grundlegend für alle weiteren Arbeiten werden sollten. Genannt seien: C.C.J. Bunsen (1791-1861) mit "Die Basiliken des christlichen Roms nach ihrem Zusammenhange mit Idee und Geschichte der Kirchenbaukunst" (München 1842), ein wissenschaftlicher Kommentar zu dem Tafelwerk "Die Basiliken des christlichen Rom. Kupfertafeln und Erklärung" (München 1822-1827). G. Marchi (1795-1860), der mit "Monumenti delle arti cristiane nella metropoli del cristianesimo" (Rom 1844) mit der exakten Vermessung der Katakomben beginnt. T. Roller, der in "Les catacombes de Rome'' 1-11 (Paris 1879.1881) erstmals Malereien der Katakomben und zahlreiche Sar\cophage nach photographischen Aufnahmen abbildet. Vor allem G.B. de Rossi (1822-1894) mit "La Roma sotterranea cristiana" 1-111 (Rom 1864-1877) und mit den von ihm begonnenen "Inscriptiones christianae urbis Romae" 1-11 (Rom 1869-1888); er kann als Begrunder der 'Christlichen Archäologie' als eigenständiger Wissenschaft angesehen werden. R. Garrucci (1812-1885) mit der monumentalen "Storia dell' arte cristiana nei primi otto secoli della chiesa" 1-VI (Prato 1872-1880), die alle damals erreichbaren Denkmäler in Zeichnungen publizierte und damit nahezu ein Corpus frühchristlicher Kunst ist. F. Piper (18111889), der vor allem mit der "Einleitung in die Monumentale Theolo15
gie" (Gotha 1880) die Christliche Archäologie als theologische Disziplin hervorheben wollte; wichtig ist z.B. auch seine Erkenntnis, daß die christliche Bildkunst nicht schon in apostolischer Zeit, sondern erst im 3. Jh. n.Chr. einsetzte. E. Le Blant (1818-1897) mit "Etude sur les sarcophages chn!tiens antiques de la ville d'Arles" (Paris 1878) und "Les sarcophages chretiens de la Gaule" (Paris 1886); in den Werken werden die frühchristlichen Sarkophage in Südfrankreich zusammengestellt und damit erstmals das frühchristliche Gallien in seiner Bedeutung erkannt. Schon das 19. Jh. brachte eine Ausweitung des Blickes nach Osten. Bedeutendes Material erschlossen W. Salzenberg, "Altchristliche Baudenkmale von Konstantinopel" (1857), C. Texier - R. Popplewell Pullan, "L'architecture byzantine" (London 1864) und M. de Vogue, "Syrie centrale. Architecture civile et religieuse du Ier au Vlies.", I-11 (Paris 1865-1877). Seit Beginn des 20. Jhs. werden das gesamte Mittelmeergebiet und benachbarte Regionen erforscht, und eine Fülle von Ausgrabungen setzte ein. Unter den Forschern seien hervorgehoben: L.v. Sybel mit "Christliche Antike" I-11 (Marburg 1906-1909), klassischer Archäologe in Marburg, der als erster in aller Deutlichkeit herausarbeitete, daß die frühchristliche Kunst völlig in der Tradition der griechisch-römischen Kunst steht und ein Teil von ihr ist. V. Schultze mit "Archäologie der altchristlichen Kunst" (München 1895), einem ersten systematischen Handbuch frühchristlicher Kunst, dem "Grundriß der christlichen Archäologie" (München 1919; 2. Aufl. Gütersloh 1934), und "Altchristliche Städte und Landschaften" (Leipzig/Gütersloh 19131930). J. (= G.) Wilpert mit drei monumentalen, corpusartigen Werken, die bis heute Grundlage jeglicher Beschäftigung mit frühchristlicher Kunst sind und die Monumente in Rom erschließen, "Le pitture delle catacombe romane" (Rom 1903) bzw. "Die Malereien der Katakomben Roms" (Freiburg 1903), "Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom 4. bis 13. Jh." I-IV (Freiburg 1916; ein Teil mit Nachträgen neu gedruckt: J. Wilpert- W.N. Schumacher, "Die römischen Mosaiken der kirchlichen Bauten vom 4. bis 13. Jh." [Freiburg 1976]) und "I sarcofagi cristiani antichi" I-m (Rom 1929-1936). J. Strzygowski, der mit "Kleinasien. Ein Neuland der Kunstgeschichte" (Leipzig 1903) und anderen Werken entscheidend auf die Bedeutung des Ostens für die frühchristliche Kunst hinwies. Schließlich F.J. Dölger mit Forschungen unter dem Thema "Antike und Christentum", auf den die Gründung des Pranz Joseph Dölger-Instituts zur Erforschung der Spätantike in Bonn sowie des Reallexikons für Antike und Christentum und des Jahrbuchs für Antike und Christentum zurückgehen. Heute werden Monumente frühchristlicher Zeit im gesamten ehemaligen Römischen Reich und über seine Grenzen hinaus von Spanien im Westen bis Georgien, Armenien, Syrien, Iraq, Jordanien und Israel im Osten und von Britannien im Norden bis Algerien, Tunesien, Libyen,
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Ägypten, Sudan und Äthiopien im Süden erforscht, Wissenschaftler zahlreicher Länder sind daran beteiligt.
1.5. GRUNDLEGENDE LITERATUR Um eine Anschauung von den Monumenten zu bekommen, sind Werke mit Abbildungen heranzuziehen; außerdem werden einige Einführungen in die Christliche Archäologie sowie Zeitschriften und Lexika zitiert, die für die frühchristliche Kunst wichtig sind. Es sei auch auf die Kataloge von Sonderausstellungen verwiesen (Kap. 7). Lexika, Zeitschriften, Kongreßakten: Dictionai re d'Archeo logie Chretienn e et de Liturgie 1908-53 (DACL) Reallexik on für Antike und Christent um Iff., 1950ff. (RAC) Reallexikon zur byzantini schen Kunst lff., 1966ff. (RBK) Jahrbuch für Antike und Christent um 1ff., 1958ff. (JbAChr) Jahrbuch für Antike und Christent um lff., 1958ff. (JbAChr) Rivista di Archeolo gia Cristiana lff., 1924ff. (RACr) Corso di cultura sull'arte ravennate e bizantina lff., 1955ff. (CR) Antiquite Tardive lff., 1993ff. Akten der Internatio nalen Kongress e für Christlich e Archäolo gie 1, 1894 ff. (in verschied enen Sprachen ) Encyclop edia of the Early Church. Produced by the Institutum Patristicu m Augustin ianum, ed. by A. Di Berardin o 1-11 (1992)
Einführungen, Werke mit Abbildun gen: W.F. Volbach - M. Hirmer, Frühchris tliche Kunst (1958) A. Grabar, Die Kunst des frühen Christent ums (1969) A. Grabar, Die Kunst im Zeitalter Justinian s (1969) C. Andresen, Einführu ng in die Christlic he Archäolo gie (1971) B. Brenk, Spätantik e und frühes Christent um (1977) P. Testini, Archeolo gia Cristiana (198()2) F.W. Deichma nn, Einführu ng in die Christlich e Archäolo gie (1983) A. Effenberg er, Frühchris tliche Kunst und Kultur (1986) R.L. Milbum, Early Christian Art and Architect ure (1988) H.A. Stützer, Frühchris tliche Kunst in Rom (1991) F.W. Deichma nn, Archeolo gia Cristiana (1993) T.F. Mathews , The Clash of Gods. A Reinterpr etation of Early Christian Art (1993) W. Kemp, Christlich e Kunst. Ihre AnHinge. Ihre Strukture n (1994) P.C. Finney, TheInvis ible God. The Barliest Christian s on Art (1994)
Zur koptischen Kunst: A. Effenberg er, Koptisch e Kunst. Ägypten in spätantik er, byzantini scher
17
und frühislamischer Zeit (1975) A. Badawy, Coptic Art anQ Archaeology. The art of the christian Egyptians from the late antique to the middle ages (1978) The Coptic Encyclopedia I-VIII, edited by A.S. Atiya (1991)
2. ARCHITEKTUR
In frühchristlicher Zeit waren verschiedenartige Bauten erforderlich, und zwar sowohl sakraler (kirchlicher) wie profaner (weltlicher) Art. Zum einen handelt es sich um Kirchen, Baptisterien und später auch Klöster, zum anderen um Häuser, Paläste, Marktbasiliken, Badeanlagen, Wasserspeicher, Befestigungen, Straßen, Brocken u.a. Die wichtigsten dieser Bauformen werden kurz vorgestellt.
2.1. SAKRALE ARCHITEKTUR
Die Christen benötigten für ihren Kult Räumlichkeiten, in denen sie das gemeinsame Mahl (agape) sowie den Gottesdienst abhalten, ferner die Taufe vornehmen konnten. Weiterhin mußten irgendwo diejenigen unterrichtet werden, die sich zum Christentum bekehren und taufen lassen wollten (Katechumenen); besondere Räumlichkeiten für diese Unterweisungen lassen sich allerdings nirgendwo nachweisen. Die Tempel der griechischen und römischen Götter eigneten sich nicht für den christlichen Kult. Sie beherbergten das Götterbild; die Gemeinde versammelte sich im Freien am Altar, auf dem ein Priester opferte oder opfern ließ. Am Höhepunkt des christlichen Gottesdienstes durften hingegen nur die 'Eingeweihten', also die Getauften, teilnehmen, alles war ein Mysterium, das von Unberufenen abgeschirmt werden mußte. Bei einigen anderen Religionsgemeinschaften bestanden ähnliche Forderungen, z.B. beim Kult der eleusinischen Gottheiten, des Mithras, der ägyptischen Götter oder der Juden. Für ihre Versammlungen wurden also - wie für die der Christen - geschlossene Räumlichkeiten gewählt. Einen Ritus, der der Taufe der Christen vergleichbar ist, kennt die griechisch-römische Religion nicht. Für die Taufen hat sich deshalb eine besondere Bauform, das Baptisterium, herausgebildet. Schließlich sind noch Klosteranlagen zu nennen, die auch keine Vorläufer in paganer Zeit haben. 18
2.1.1. Die Phasen Die Christen brauchten also für ihre Versammlungen, Taufen, den Unterricht und möglicherweise auch die Beisetzung von Toten abgeschlossene Räumlichkeiten und bauliche Anlagen. Verschiedene Quellen sprechen von solchen, archäologisch sind sie aber aus der Zeit bis um 200 n.Chr. nicht nachzuweisen. Denn zur Unterweisung, Lesung aus der Heiligen Schrift und zum Mahl traf man sich im privaten Hause eines Gemeindegliedes, und die Taufe konnte überall dort vorgenommen werden, wo Wasser in irgendeiner Weise zum Fließen zu bringen war, im Freien oder in einem Raum. 'Ecclesia' ist die christliche Gemeinde, nicht das Haus. Der Raum für die gemeinsamen Kulthandlungen war nur ein profaner Ort, ein reiner Zweckbau, er wurde nicht durch den Kult geheiligt. Eine Ausstattung durch bauliche Installationen, Malereien oder Reliefs hat es nach allem, was wir derzeit wissen, nicht gegeben. Eine christliche Architektur- und eine christliche Bildkunst- dürften vor 200 n.Chr. nicht vorhanden gewesen sein. Dafür sprechen die allgemeinen äußeren Umstände, also die Lage der kleinen Gemeinden in einer ablehnenden oder gar feindseligen Umgebung, und auch die innere Einstellung der Christen. Das änderte sich um 200 n.Chr.; der genaue Zeitpunkt ist bisher allerdings nicht genauer festzulegen. Einen entscheidenden Einschnitt bringen später die Edikte unter Konstantin d.Gr. in den Jahren 311/13 n.Chr. Die Zeit, in der die christliche Kunst langsam einsetzt, also zwischen 200 und 311113 n.Chr., wird als 'vorkonstantinische Zeit' bezeichnet. Unter Konstantin d.Gr. konnte sich die christliche Religion frei entfalten, durch die Initiative des Kaisers und seiner Söhne wurden zahlreiche Kirchen mit kostbaren Ausstattungen gestiftet. Die konstantinische Zeit ist also bei den Kirchenbauten hervorzuheben (311113 337 bzw. 361). Die Jahre danach bis um 600 n.Chr. werden als 'nachkonstantinische Zeit' zusammengefaßt.
2.1.1.1. Vorkonstantinische Zeit
Im 3. Jh. n.Chr. wurden die christlichen Gemeinden zunehmend größer. Die Räume für die Versammlungen werden sich zunächst weiterhin in Privathäusern befunden haben. Offensichtlich sind irgendwann im Verlaufe des 3. Jhs. einige von ihnen in den Besitz der Gemeinde übergegangen, die Angaben in den Quellen sind jedoch sehr ungenau, und archäologisch läßt sich das nicht nachweisen. Im Römischen Reich sind nur äußerst wenige Reste an Kirchen vorkonstantinischer Zeit erhalten, und von einer kleinen Anzahl haben wir 19
Kenntnis durch verschiedenartige Quellen, nämlich Inschriften oder Hinweise in der Literatur. In Rom kennen wir die allgemeine Situation recht gut. Unter zahlreichen Kirchen des 4. und 5. Jhs. sind Reste älterer Häuser bei Ausgrabungen gefunden worden. Sie gehörten offensichtlich Männem oder Frauen, die etwas Vermögen besaßen und einzelne Räume oder auch die ganzen Häuser der christlichen Gemeinde zur Verfügung gestellt hatten ('Hauskirchen'). Die Namen der Besitzer standen auf kleinen Tafeln am Hauseingang (tituli) und gingen auf die Häuser und später auf die an ihrer Stelle errichteten Kirchen über. Es handelt sich um die 'Titelkirchen', von denen in Rom 18 nachzuweisen sind (z.B. S. Clemente, S. Martino ai Monti, SS. Giova.I}.lli e Paolo, S. Sabina). In manchen Fällen sind die antiken Hausreste unter den Kirchen noch für den heutigen Besucher sehr eindrucksvoll, besonders unter S. Clemente. Bei keiner einzigen dieser Anlagen läßt sich aber genauer festlegen, welcher Raum der Gemeinde zur Eucharistie und zum gemeinsamen Mahl diente, in welchen Zimmern die Katechumenen unterrichtet wurden und wo die Taufen stattfanden. Eine Hauskirche ist bisher nur in einem einzigen Ort des Römischen Reiches archäologisch nachweisbar, und zwar in der kleinen Stadt Dura Europos (östl. Syrien, am Euphrat; Abb. 1; Taf. 1,1). Ein relativ bescheidenes privates Haus, von der Stadtmauer nur durch eine schmale Gasse getrennt, wurde wohl 232/33 n.Chr. zu einer Kirche umgebaut und ausgestattet. Die Stadt wurde im Jahre 256 n.Chr. durch die Sasaniden (Perser) zerstört und nicht wieder besiedelt. Das Haus diente also nur gut zwei Jahrzehnte als Kirche. Es ist das einzige Beispiel, das uns eine Vorstellung von den Versammlungs- und Taufräumen der frühen Christenheit gibt und den verstreuten und sehr ungenauen schriftlichen Quellen etwas Anschauung verleiht, darunter der syrischen Didaskalia, einer Kirchenordnung des 3. Jhs. Bei dem Umbau wurden zwei kleinere Räume zu einem großen vereint, der offensichtlich als Versammlungsraum der Gemeinde diente (etwa 13 x 5 m Grundfläche). An der einen Schmalseite ist ein niedriges Podest vorhanden, auf dem vermutlich der hölzerne Stuhl für den Priester stand. Weitere Einrichtung gibt es nicht, und auch die Wände tragen keinerlei Schmuck. Ein kleines Zimmer wurde als Baptisterium ausgebaut und seine Wände mit Darstellungen aus dem NT und AT versehen. Der Raum, der zwischen dem Versammlungsraum und dem Baptisterium liegt, hat vielleicht für die Unterweisungen der Katechumenen gedient. Beim ursprünglichen Haus gab es ein Obergeschoß; möglicherweise wurde es nach dem Umbau beibehalten und diente dem Priester mit seiner Familie als Wohnung. In zahlreichen anderen Orten des Römischen Reiches wird es ähnliche bescheidene Hauskirchen gegeben haben. Die Form der Bauwerke war unterschiedlich. Mit Dura Europos dürfte aber übereinstimmen, daß 20
Abb. 1 Dura Europos, Hauskirche (zwischen 232/33 und 256 in Benutzung; Größe etwa 20 x 18m): 1. Eingang; 2. Innenhof; 3. Versammlungsraum (et-
wa 13 x 5 m) mit kleinem Podium für den Sitz des Priesters an der westlichen Schmalseite; 4. Raum für die Unterweisungen der Katechumenen (?); 5. Baptisterium (etwa 8,90 x 3,40 m; vgl. Taf. 1,1); 6. Treppe zum Obergeschoß (dort vielleicht die Wohnung des Priesters).
mit geringstem architektonischen Aufwand private Häuser für die Bedürfnisse der christlichen Gemeinde umgestaltet worden sind. Deshalb sind alle diese Veränderungen für uns nicht mehr zu erkennen. Gegen Ende des 3. und im frühen 4. Jh. hat die Zahl der Christen er-
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heblieh zugenommen. Es ist wahrscheinlich, daß es nun auch größere, für die jeweilige Gemeinde errichtete Kirchenbauten gegeben hat. Dieses läßt sich verschiedenen Quellen entnehmen. Erhalten haben sich nur sehr geringe Reste. Beispielsweise erwähnt Lactantius (de mort. pers. XII) in Nikomedia (heute Izmit, nordwestliche Türkei) eine hochaufragende Kirche, die Kaiser Diokletian von seinem Palast aus sehen konnte; im Zuge der Christenverfolgung im Jahre 303 n.Chr. befahl er, sie niederzureißen. Andere Hinweise auf größere und repräsentative Kirchenbauten vor Konstantin gibt es bei Eusebius. Der Bischof Eugenios von Laodikeia (in der Nähe von Konya, Türkei), der im Jahre 332 verstorben ist, hat eine lange Inschrift auf seinen Sarkophag setzen lassen; darin rühmt er sich, einen großen Kirchenbau wiederhergestellt zu haben, und er gibt Hinweise zu Einzelheiten der Architektur. Es läßt sich eine Basilika mit vorgelegtem Atrium erschließen. Wenn Bischof Eugenios sie neu gebaut hätte, wäre das in der Grabinschrift sicher deutlich hervorgehoben worden. Die ursprüngliche Erbauungszeit der durch den Bischof renovierten Kirche ist zwar nicht bekannt, es spricht aber einiges dafür, daß sie vor 311113 liegt. Auf der Synode von Elvira in Spanien, die um 306 n.Chr. stattfand, wurden figürliche Malereien in Kir-
Abb. 2 Salona (Dalmatien), Kirche (um 300?): Grundriß (innen etwa 16 x 7
m) und Skizze des Inneren nach Westen.
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Abb. 3 Aquileia (Norditalien), Doppelkirche (313-319): Grundriß (gesamt etwa 38 x 67 m) mit Nordkirche, verbindenden Räumen unklarer Bestimmung und Südkirche und Skizze von Südwesten.
chen verboten. Auch hier wissen wir wiederum nicht, wie die Kirchen und wie die Malereien ausgesehen haben. Um so bescheidene Anlagen wie die in Dura Europos wird es sich aber nicht gehandelt haben. Es spricht einiges dafür, daß die Bischöfe große, reich ausgeschmückte Kirchenbauten in Spanien vor Augen hatten. Einige wenige andere Reste von Kirchen sind erhalten, die sich möglicherweise in vorkonstantinische Zeit datieren lassen. Zu nennen sind: S. Crisogono in Rom, eine große einschiffige Halle (28 x 15,5 m Grundfläche) mit dem Haupteingang an einer Schmalseite und einer offenen Portikus an einer Langseite; eine kleine Kirche in Salona (Dalmatien; Abb. 2), die in ältere Mauern, deren Zusammenhang nicht klar ist, hineingebaut worden ist; die Höhle unter der Theklakirche in Meriamlik (südliche Türkei), die vielleicht schon in vorkonstantinischer Zeit zu einer dreischiffigen Kirche ausgestaltet wurde. In diesen Zusammenhang könnte auch ein Bau gehören, der unter dem Oktogon von Philippi in Teilen freigelegt wurde. Es handelt sich um einen verhältnismäßig großen, einschiffigen Raum, der im Osten eine Apsis und im Westen einen hervorgehobenen Eingang hat. Eine Mosaikinschrift auf dem Fußboden nennt den Bischof Porphyrius, der wahrscheinlich im Jahre 342 an der Synode in Serdica (Sofia, Bulgarien) teilgenommen hat. Die Mosaikinschrift ist möglicherweise jünger als der Kirchenbau, der somit vielleicht noch in die Zeit vor 324 n.Chr. zu datieren ist, bevor also Konstantin den Osten des Reiches erobert hatte. Eine gewisse Vorstellung vom Aussehen großer Kirchenbauten vorkonstantinischer Zeit kann die Doppelkirche von Aquileia (Norditalien) 23
geben, die zwischen 313 und 319 errichtet worden ist (Abb. 3). Es handelt sich um zwei schlichte Hallen, die zwar eine erhebliche Größe, jedoch recht schlichte Formen haben. Von außen werden sie sich kaum von großen Lagerhallen unterschieden haben. Im Inneren sind die Fußböden reich mit Mosaiken ausgestattet, vielleicht sind auch Wandmalereien vorauszusetzen. Nicht sicher ist, ob es in vorkonstantinischer Zeit schon Kirchen in Form der Basilika gegeben hat. In Quellen wird zwar beispielsweise von 'basilicae' in Nordafrika gesprochen, wir wissen aber nicht, ob damit der Bautypus gemeint ist, den wir heute als Basilika benennen (vgl. Kap. 2.1.2.2). Ein kleiner Raum in einem Haus in Herkulaneum (in der Nähe von Neapel), das 79 n.Chr. vom Vesuv verschüttet wurde, wird manchmal als christlicher Kultraum angesehen. An der Wand befinden sich über einem Holzschrank Einlassungen, in denen ein Kreuz ergänzt worden ist. Es spricht aber vieles dafür, daß diese Ergänzung falsch ist, das Zimmer also nicht von Christen benutzt wurde. Eine Hauskirche aus dem 1. Jh. ist neuerdings in Kapemaum (am See Genezareth) vermutet worden; doch fehlt bisher eine Publikation der Grabungen, so daß die Vorschläge nicht zu überpliifen sind. 2.1.1 .2. Konstantinische Zeit Durch die Edikte der Jahre 311-313, besonders durch das Mailänder Edikt von 313 n.Chr., wurde die christliche Religion erlaubt und als gleichberechtigt mit den paganen Religionen anerkannt (religio licita). War der Kaiser früher - neben anderen Stiftern - auch für den Bau von Tempeln zuständig, so sah es Konstantin jetzt als seine Aufgabe an, durch den Bau von Kirchen dem Gott, der ihm an der milvischen Brükke 312 gegen Maxentius geholfen hatte, zu danken, etwas für sein Heil und Ansehen zu tun und die christlichen Gemeinden zu unterstützen. Weiterhin ließ er allerdings auch pagane Tempel renovieren und z.B. in der neuen Hauptstadt Konstantinopel sogar neue aufführen. Nach 313 wurden Kirchen in großer Anzahl in weiten Teilen des Reiches errichtet. Viele waren Stiftungen des Kaisers, andere die von Bischöfen; bei einigen ist zwar gesichert, daß sie unter Konstantin entstanden sind, über die Auftraggeber ist aber nichts bekannt. In manchen Fällen ist nicht sicher, ob sie auf Konstantin d.Gr. oder einen seiner Söhne und Nachfolger, Konstantin II. (337-340), Konstans (337-350) oder Konstantius II. (337-361), zurückgehen. Bisweilen ist belegt, daß sie von Konstantin d.Gr. begonnen, aber erst später vollendet wurden. So werden hier diese Bauten zusammengefaßt. Von den zahlreichen literarisch überlieferten Kirchen der konstantimsehen Zeit sind viele im Baubestand gar nicht mehr nachweisbar, also 24
völlig verloren; von fast allen anderen sind meist nur wenige R~ste der Fundamente und kleine Teile des aufgehenden Mauerwerkes erhalten. Deshalb sind in der Regel viele Einzelheiten der Bauten nicht gesichert, sie können nur zeichnerisch als Vorschlag rekonstruiert werden. Wichtig sind auch die schriftlichen Quellen, die Papstchronik (Liber Pontificalis), die zwar in der heute erhaltenen Form auf das 6. Jh. zurückgeht, aber die konstantinische Zeit recht genau schildert, weiterhin zwei Werke des Eusebius, des Zeitgenossen und Anhängers Konstantins, Bischof von Caesarea in Palästina (t 339), nämlich die Vita Constantini und die Kirchengeschichte. Wenn man die archäologische und die literarische Überlieferung zusammennimmt, erhält man ein einigermaßen gutes Bild von den Kirchen konstantinischer Zeit.
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Abb. 4 Rom, Salvatorkirche (S. Giovanni in Laterano; begonnen 313); Skizze von Südosten (Länge etwa 98 m).
Erstaunlich ist, welche Vielfalt der Formen bei den Grund- und wahrscheinlich auch den Aufrissen festzustellen ist. Die Ausrichtung, Anzahl der Schiffe, Proportionen, Verwendung von Arkaden oder Archi25
traven über den Säulen, die Gestaltung der Apsiden u.a. sind sehr unterschiedlich. Der erste Bau, die Salvatorkirche (313 gestiftet; 'Basilica Constantiniana'; jetzt S. Giovanni in Laterano), eine Stiftung Konstantins für den Bischof von Rom, ist eine fünfschiffige Basili~a, mit der Apsis im Westen, dem Eingang im Osten und niedrigen Anbauten an den äußeren Seitenschiffen vor der Apsis (Abb. 4). Die Kirche in Tyrus (315 fertiggestellt) ist nur durch die Einweihungsrede bekannt; aus ihr geht hervor, daß sie eine voll ausgebildete Basilika mit vorgelegtem Atrium war. Die 313-319 unter Bischof Theodorus in Aquileia errichtete Doppelanlage ist hingegen recht bescheiden; beide Kirchen werden Hallen mit Holzstützen gewesen sein (Abb. 3). Ein sehr großer fünfschiffiger Bau ist die Peterskirche in Rom, die wahrscheinlich 319 begonnen worden ist; als Besonderheit verfügt sie - zum ersten Mal in der frühchristlichen Architektur - über ein Querschiff, das die verehrte Stätte, das Grab des Apostels, hervorhebt (Abb. 5-6). Die Kirche in EI Asnam (Castellum Tingitanum; früher Orleansville; in Algerien), durch die Inschrift in das Jahr 324 datiert, hat zwar auch fünf Schiffe, ist aber erheblich kleiner. Die Ausbildung der Ostteile mit dem geraden Abschluß ist mit späteren Bauten in Nordafrika verbunden. Von zwei
Abb. 5 Rom, St. Peter (S. Pietro in Vaticano; begonnen 319); Skizze von Südosten (Länge etwa 119m, mit Atrium etwa 200m).
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Abb. 6 Rom, St. Peter; Innenansicht nach Osten (zum Eingang); Stich des 19 Jhs. (nach Wandbild des 16. Jhs.).
Basiliken in Cirta (Constantine, Algerien), Stiftungen Konstantins, ist nichts Näheres bekannt. Eine gewaltige Anlage ist die Doppelkirche in Trier, um 326 begonnen; zwei große Basiliken, beide mit Atrien, liegen parallel nebeneinander; ungewöhnlich ist der gerade östliche Abschluß. In Rom stiftete Konstantirr noch eine Kirche für Paulus an der Via Ostiense, über deren Aussehen wir nichts wissen; sie wird bescheiden gewesen sein und wurde deshalb um 384-400 durch eine große fünfschiffige Basilika ersetzt. InS. Croce in Rom (vor 324?) werden bei einer kaiserlichen Stiftung sogar weitgehend die Mauem des Saales eines älteren Palastes wiederverwendet, die Baumaßnahmen beschränkten sich also vor allem auf die Ausgestaltung des Inneren. Von Stiftungen Konstantins in Neapel und Capua haben wir keine Vorstellung. Fünf Kirchen in Rom schließen sich eng zusammen (Abb. 7). Sie liegen außerhalb der Stadtmauem über Friedhöfen (SS. Marcellino e Pietro, um 320; S. Lorenzo, um 326/30; S. Agnese, 338-353; Basilica Apostolorum = S. Sebastiano, von Konstantirr oder einem der Söhne gestiftet; anonymer Bau an der Via Prenestina, 351-386?). Das Besondere ist, daß die Seitenschiffe U-förmig um das Mittelschiff umlaufen und einen Umgang bilden ('Umgangsbasiliken', 'Zömeterialbasiliken'). Zwei sind mit kaiserlichen Mausoleen, großen Rundbauten, verbunden (S. Costanza bei S. Agnese; Abb. 37,2; Taf. 4; Tor Pignattara bei SS. Marcellino e Pietro; der anonyme Bau bei Tor de'Schiavi scheint nicht mit dem Mausoleum in Verbindung zu stehen und erheblich später zu sein), und es liegen auch sonst z.T. noch Gräber bei ihnen (gut erhalten
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Abb. 7 Umgangsbasiliken in Rom: 1. SS. Marcellino e Pietro mit dem Grabbau 'Tor Pignattara' , Skizze von Süden (um 320; Länge etwa 77 m, ohne Grabbau); 2. Basilica Apostolorum (S. Sebastiano; konstantinische Zeit; Länge etwa 75 m).
bei S. Sebastiano). Auch innerhalb mehrerer der Kirchen sind zahlreiche Bestattungen gefunden worden. Es handelt sich also um gedeckte Friedhöfe, in denen die Gedächtnismähler für die Toten gefeiert wurden und Pilger zu den Gräbern kommen konnten, nicht um Gemeindekirchen. Außerhalb Roms und nach der konstantinischen Zeit sind derartige Bauten nicht bekannt. Nach 'Gründung' Konstantinopels als neuer Hauptstadt des Reiches wurden dort von Konstantin mehrere Kirchen gestiftet. Von keiner sind Baureste erhalten, und in den Quellen werden sie nur genannt, nicht aber näher beschrieben, so daß die genaue Bauzeit und das Aussehen der Kirchen weitgehend unbekannt sind. Die Hg. Eirene hatte eine konstantinische Vorgängerin, die zeitweise als Bischofskirche hohe Bedeutung hatte, über die Form wissen wir nichts. Die Vorgängetin der Hg. Sophia, die 'Megale Ekklesia' ("Große Kirche"), geht wahrscheinlich auf Konstantin zurück und dürfte - wie der unter Theodosius II. errichtete Nachfolgebau - eine fünfschiffige Basilika gewesen sein, ein Typus, der schon früher in Rom belegt ist. Die Apostelkirche hatte sich Konstantin als Grabesstätte bestimmt; sie hatte die Fonn eines Kreuzes
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(mit ein- oder dreischiffigen Armen?); im Osten war das Mausoleum (ein Rund?) für die kaiserliche Familie angebaut. Es handelt sich um die erste Kirche dieses Typus, der später einige Verbreitung fand. Die Verbindung von Kirche und Mausoleum ist, wenn auch mit anderen Formen, in Rom vorgegeben. Nach dem Sieg über Licinius im Jahre 324 war Konstantin Alleinherrscher des Reiches. Er widmete sich nun auch den Stätten im heiligen Land, vor allem nach der Reise seiner Mutter Helena im Jahre 326 nach Palästina. Auch bei diesen Bauten ist erstaunlich, wie verschiedenartig die Lösungen sind. Über dem Grab Christi - und damit auch der Stelle seiner Auferstehung- wurde ab 328 ein gewaltiger Rundbau mit Umgang und Kuppel errichtet ('Anastasis-Rotunde' oder 'GrabesRotunde'), der Vorbild werden sollte für eine Reihe von frühchristlichen und mittelalterlichen Kirchen (Abb. 8; Taf. 1,2). Im Osten lag ein
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Abb. 8 Jerusalem, schematischer Grundriß der Grabeskirche (begonnen 325; Gesamtlänge etwa 138 m): 1. Eingang von Osten; 2. Vorhof; 3. fünfschiffige Basilika; 4. Hof; 5. Stelle des Golgathafelsens; 6. Rotunde um das Grab (Durchmesser 33,70 m ; vgl. Taf. 1,2); 7. Grab Christi.
Vorhof, und dann folgte eine große fünfschiffige Basilika mit einen Atrium. Es ist also eine geniale "Wrbindung eines zentralen Martyriums (über dem Grab) mit einer basilikalen Gemeindekirche. St. Peter in Rom ist in gewisser Weise ähnlich, die Ausbildung ist aber anders (Abb. 5). Auch bei der Geburtskirche in Bethlehem, die 333 fertiggestellt gewesen sein wird, war eine geheiligte Stätte, die Geburtshöhle, hervorzuheben und eine Kirche für die Gemeinde und die Pilger zu bauen (Abb. 9). Über der Höhle wurde ein Achteck aufgeführt, nach Westen schloß sich eine fünfschiffige Basilika mit Atrium an. Bei der Kirche auf dem Ölberg (Eleona-Kirche), die auch 333 errichtet war, ist eine andere Bauform gewählt. Es ist eine schlichte dreischiffige Basili-
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Abb. 9 Bethlehem, Geburtskirche (333 weitgehend fertiggestellt); Oktogon über der Geburtshöhle, im Dach eine Öffnung: Grundriß und Skizze von Nordosten (Länge etwa 47 m, mit Atrium 79 m).
ka mit Atrium, bei der die verehrte Stätte, ebenfalls eine Höhle (in der der Tradition nach Jesus seine Jünger lehrte), unter dem Altarraum liegt. Hervorzuheben ist, daß die Apsis außen polygonal ist, wie es sich später bei vielen Kirchen im Osten des Reiches wiederfindet. Bei der Terebinthe und dem Brunnen in Mamre, südlich von Bethlehem, bei denen Abraham die Gottheit in Gestalt der drei Männer bewirtet haben soll, stiftete Konstantirr ebenfalls eine Kirche, die 333 errichtet gewesen sein wird. Sie war in Vorgängerbauten eingepaßt, sehr kun, aber breit, hatte Nebenräume im Osten, und die Ostpartie war gerade abgemauert, die Apsis also nicht zu sehen. Auch diese Besonderheiten weisen in manchem auf spätere Kirchen im Nahen Osten voraus. Eine völlig andere Form hatte die Kathedrale von Antiochia am Orontes, dem kulturellen Zentrum im Nahen Osten, die unter Konstantirr begonnen wurde. Sie ist zwar verloren, und wir wissen nicht einmal genau, wo sie gestanden hat; den Beschreibungen ist aber zu entnehmen, daß es sich um ein Achteck mit einer nach Westen herausragenden Apsis gehandelt hat; es war ein doppelter Umgang vorhanden, die Kirche war also fünfschiffig. Es handelt sich um das früheste Achteck und damit auch den ältesten Zentralbau mit Umgang, eine Bauform, die in späterer Zeit in einer Reihe von Beispielen und vielen Variationen begegnet (vgl. Kap. 2.1.2.3). Konstantirr ließ noch eine Kirche in Heliopolis (Baalbek, im Libanon) errichten; die dort gefundenen Reste einer dreischiffigen Basilika mit drei Apsiden im Westen, die außen rechtekkig ummantelt sind, scheinen jedoch nicht zum konstantinischen Bau zu gehören, seine Form ist also unbekannt. Zusammen mit der Salvatorkirche (S. Giovanni in Laterano) stiftete Konstantirr auch ein Baptisterium, S. Giovanni in Fonte (432-440 sowie im 16. und 17. Jh. stark verändert; Abb. 18). Es war wahrschein30
lieh ursprünglich ein Rund und wurde später in ein Achteck mit Umgang und erhöhter, mit Kuppel versehener Mitte umgebaut; die Form steht in der Tradition von Räumen in römischen Bädern und von Mausoleen. Auf das Baptisterium des Laterans geht es zurück, daß Baptisterien später überwiegend selbständige Bauten sind, die über eine zentrale Form verfügen (s. Kap. 2.1.3). Die Kirchen liegen in Ost-West-Richtung, soweit es das Gelände erlaubt; der Eingang ist z.T. im Westen, z.T. aber auch, meist durch die örtlichen Gegebenheiten bedingt, im Osten. Eine Ostung der Bauten setzt sich seit dem späteren 4. Jh. weitgehend durch. Die Bauten der konstantinischen Zeit scheinen im Außenbau recht schlicht gewesen zu sein. Im Inneren waren aber zumindest die Stiftungen Konstantins sehr reich ausgestattet, wie wir durch den Liber Pontificalis wissen. Es haben sich jedoch keinerlei Reste erhalten. Die Kirchen späterer Zeit geben aber gewisse Hinweise, wie man sich die konstantinischen Räume mit kostbaren Fußböden, Wandverkleidungen, Decken u.a. vorstellen darf. Zusammenfassend ist für die konstantinische Zeit festzustellen: die Kirchen zeigen innerhalb dieser relativ kurzen Zeitspanne eine große Vielfalt der Formen, mehrere haben wegweisende Lösungen; es entsteht die Basilika mit verschiedenen Variationen, unter anderem mit einem Querschiff, der Zentralbau wird für Kirchen benutzt, u.z. ein Rund mit Umgang, ein Achteck mit Umgang sowie ein freies Kreuz; schließlich werden die ersten Baptisterien errichtet. Schwer zu erklären ist, warum die Basilika sofort in den einzelnen Kunstlandschaften lokale Züge aufweist. Vielleicht ist das ein Hinweis darauf, daß es schon - z.B. in Nordafrika sowie in Syrien und Palästina- vor Konstantin Kirchen in der Form von Basiliken gegeben hat, die Baumeister der konstantimsehen Zeit also an ältere Bauformen anknüpfen konnten.
2.1.1.3. Nachkonstantinische Zeit
Im Laufe der 2. Hälfte des 4. Jhs. werden zahlreiche Kirchen errichtet, nicht nur in den Städten, sondern zunehmend auch auf dem Lande. Die Basilika setzt sich durch. Sie erfährt eine gewisse Standardisierung, allerdings mit unterschiedlicher Gestaltung in den einzelnen Gebieten. Hunderte von Bauten sind überliefert, meist nur in Resten der Fundamente und kleinen Teilen des aufgehenden Mauerwerkes (Kap. 2.1.2.2). Daneben gibt es weit verbreitet Zentralbauten, u.z. mit großem Reichtum an Formen, aber in sehr viel geringerer Anzahl (Kap. 2.1.2.3). Viele Kunstlandschaften lassen sich im Mittelmeergebiet mit ihren Besonderheiten erkennen (Kap. 2.1.5). Häufig wurden Kirchen
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nicht neu errichtet, sondern ältere Bauten der römischen Kaiserzeit wiederverwendet (Kap. 2.1.3). Zahlreich sind die Funde von Ausstattungsgegenständen der Kirchen (Kap. 2.1.4). Klöster wurden gebaut (Kap. 2.1.6), Wallfahrtsheiligtümer entstanden (Kap. 2.1.7).
2.1.2. Allgemeines zu den Formen der Kirchen und Baptisterien Die Kirchen frühchristlicher Zeit haben verschiedene Bautypen. Es lassen sich unterscheiden: 1. einschiffige Bauten; 2. Basiliken; 3. Zentralbauten; 4. quergelagerte Bauten. Zum Schluß werden 5. Baptisterien besprochen, die verschiedene Formen aufweisen.
2.1.2.1. EINSCHIFF/GE BAUTEN: Sie sind die schlichteste Form für eine Kirche und waren sicher sehr häufig. Viele sind klein und bestehen aus einfachem Material, andere hatten erhebliche Größe und sind aus _sorgfaltig behauenen Quadem errichtet. In der Regel trugen sie einen hölzernen Dachstuhl, in einigen Gegenden Tonnengewölbe, z.T. mit Gurtbögen. Bisweilen waren im Osten an der Nord- und Südseite Nebenräume angelegt, so daß eineT-Form entstand; über der 'Vierung' konnte sich ein Turm erheben. 2.1.2.2. BASIUKEN: Der Name kommt vom Griechischen basilike stoa und ähnlichen Ausdrücken, also "Königliche Halle", und dem davon abgeleiteten Lateinischen basilica, mit denen rechteckige, meist mehrschiffige Versammlungsräume bezeichnet wurden. Die frühen Christen übernahmen basilica für ihre Kirchen; doch konnten mit dieser Bezeichnung auch Bauten anderer Grundrißformen benannt werden, wie z.B. die einschiffige Kirche mit der Mosaikinschrift des Bischofs Porphyrlos in Philippi, S. Stefano Rotondo in Rom (Rundbau; Taf. 5) oder S. Vitale in Ravenna (Achteck). In frühchristlicher und byzantinischer Zeit bedeutete basilica also allgemein 'Kirche'. Die Kunsthistoriker verstehen heute unter 'Basilika' einen Kirchenbau mit folgenden Eigenschaften (Abb. 10; Taf. 2-3): - er muß längsgerichtet sein, - mehrere - mindestens drei - Schiffe haben, -das Mittelschiff muß durch einen 'Lichtgaden' ('Obergaden'), eine Zone mit Fenstern, erhöht sein, - der Haupteingang muß an der einen, der Altarraum an der gegenüberliegenden Schmalseite liegen. Die erste uns faßbare Basilika ist die Salvatorkirche, die Konstantin d. Gr. 313 n.Chr. für den Bischof von Rom stiftete (heute S. Giovanni in 32
Laterano; Abb. 4). Es ist fraglich, ob es schon in vorkonstantinischer Zeit Basiliken gegeben hat. Danach setzte für die Basilika ein Siegeszug im gesamten Mittelmeergebiet ein, sie war die weitaus verbreitetste Form für Kirchen, es gab zahlreiche lokale Varianten. Im frühen 6. Jh. kam es im Osten des Reiches zu einer neuen Entwicklung. Die längsgerichtete Basilika wurde mit kuppelüberwölbten Zentralbauten ver-
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Abb. 10 Schema einer Basilika frühchristlicher Zeit in Bereich von Konstantinopel, Längsschnitt und Grundriß: 1. Atrium (sofern vorhanden); 2. Narthex (Vorraum); 3. Naos (Gemeinderaum); 4. Stelle des Ambo ('Kanzel'); 5. Templon (Abschrankung des Altarraumes); 6. Stelle des Altares mit Ziborium; 7. Apsis mit Priesterbank (Synthronon); 8. Empore; 9. Licht- oder Obergaden.
schmolzen, und die 'Kuppelbasilika ' drängte als aufwendige Bauform die holzgedeckten Basiliken zurück, die jedoch auch weiterhin noch ge33
baut wurden. Im Westen blieb die Basilika durch das Frühmittela lter hindurch bis in das Mittelalter und weit darüber hinaus die vorherrschende Bauform. Der Typus der Basilika hat verschieden e Vorzüge: die Bauten sind relativ einfach zu errichten, es werden keine komplizierten statischen Berechnung en und damit hochqualifi zierte Fachleute erfordert, die Formen lassen sich vielfaltig variieren. · Sehr diskutiert ist die Frage, welche älteren Bautypen die Vorläufer der christlichen Basilika sind, woher diese also abzuleiten ist. Schon L.B. Alberti (t 1472) hat sich damit beschäftigt. Zusammenf assend ist festzustelle n, daß alle Einzelform en bereits in der kaiserzeitlic hen römischen Architektur begegnen, einige allerdings recht selten. Diese verschiedenen Elemente sind für die christliche Basilika in einem großartigen Entwurf in neuartiger Weise zusammeng esetzt worden. Vielleicht war ein kaiserliches Architekten büro mit der Aufgabe betraut, zum ersten Mal eine Kirche in der Form einer Basilika zu errichten. Etwas vereinfache nd läßt sich sagen, daß die Basiliken im Westen des Reiches meist langgestrec kt sind und keine Emporen haben (Taf. 2-3), im Ausstrahlun gsbereich der Hauptstadt Konstantino pel hingegen häufig kürzer und breiter sind sowie über Emporen verfügen (Abb. 10). Es gibt jedoch auch im Osten sehr langgestrec kte Basiliken, die sich aber meist als Sonderfälle erklären lassen (z.B. die Wallfahrtsk irche in Lechaion/K orinth). In der Regel verfügen die Basiliken über drei Schiffe; aufwendige re haben fünf (z.B. St. Peter, St. Paul und die Salvatorkir che in Rom, Basilica Ursiana in Ravenna, Hg. Demetrios und Basilika unter der Hg. Sophia in Thessalonik i, Grabeskirch e in J erusalem, Geburtskirc he in Bethlehem) , einige Bauten im westlichen Nordafrika als Ausnahme sie-
..' .:'
····-------Abb. 11 Basilika mit Querschiff, das über die Flucht der Seitenschiff e hinausragt (Buthrotum- Butrint, Albanien; frühes 6. Jh.): Grundriß und Skizze von Südwesten (Länge etwa 31m); vgl. Taf. 6.
34
benoder sogar neun Schiffe (z.B. in Karthago). Die Teile der Basilika werden in Kapitel 2.1.4 aufgeführt. Meist trugen die Basiliken ein Holzdach (Abb. 6; 21,1; Taf. 2,2; 3,2), in manchen Gegenden Tonnengewölbe. Mögliche rweise wurden auch dreischiffige Bauten errichtet, bei denen das Mittelsch iff keinen Lichtgaden hatte und nicht erhöht war, also ' Hallenkir chen'; im überlieferten Baubestan d sind sie jedoch nicht gesichert, aber zu vermuten (z.B. Doppelkirche in Aquileia; Abb. 3). Es gab zahlreiche Sonderformen bei den Basiliken, von denen die wichtigsten genannt seien: 2.1. Mit Querschiff: Beginnend mit St. Peter in Rom (Abb. 5), einer Stiftung Konstantins d.Gr. (wohl319 gegriindet), haben viele Basiliken vor der Apsis einen quer verlaufenden Raumteil, das Querschiff; es ragt häufig über die Flucht der Seitenschiffe hinaus (Abb. 11; Taf. 6), doch nicht immer; bei St. Peter dient es der Hervorhebung des verehrten Grabes, bei den meisten anderen Kirchen lassen sich keine liturgischen oder funktionalen Gründe anführen (Beispiele in vielen Gegenden). 2.2. Mit Drei-Konchen-Schluß im Osten: Bei einigen Basiliken sind außer der Apsis noch Konchen im Norden und Süden vorhanden (Abb. 12); diese Form scheint eine lokale Besonderheit in Ägypten sowie im
Abb. 12 Basilika mit Dreikonchenschluß und Atrium (Durres-Arapaj, Albanien; fr. 6. Jb.): Grundriß und Skizze von Südwesten (Länge etwa 65 m).
westlichen Griechenland zu sein, ist aber auch sonst gelegentlich zu finden (z.B. Hagios Titos in Gortyn, Karabel in Lykien). 2.3. Mit Umgang: Bei mehreren Basiliken in Rom, darunter einigen 35
Stiftungen Konstantins, alle außerhal b der Mauem gelegen und mit Mausole en verbunden, laufen die Seitenschiffe auf einer Seite in einer Art Umgang um (Abb. 7); diese Bauten haben wohl vor allem als Begräbniss tätten und Räume für die Totenged ächtnis-M ähler gedient (z.B. S. Sebastiano; S. Agnese); eine ähnliche Form haben nur äußerst wenige Kirchen außerhal b Roms, eine genau gleiche fmdet sich nicht. 2.4. Mit turmartiger Erhöhung: Manche Basiliken hatten vor der Apsis oder über einem größeren Teil des Mittelschiffs eine turmartig e Erhöhung und sind Vorläufe r der Kuppelbasiliken (z.B. Lechaion , Alahan Monasti r, 'Zenokir che' in Meriamlik); bei ihnen drückt sich die im Osten des Reiches vielfach erkennbare Tendenz aus, die Bauten zu zentralisieren; der Turm war mit einem pyramidenförmigen Dach in Holzkonstruktion bedeckt (Abb. 13; Taf. 7,1).
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Abb. 13 Basilika mit turmartiger Erhöhun g über dem Mittelschiff (Alahan
Monastir, südliche Türkei; um 500): Grundriß und Skizze von Südwesten (Länge etwa 24m); vgl. Taf. 7,1.
2.5. Mit Kuppel: Die früheste Basilika mit einer gemauerten Kuppel ('Kuppel -Basilik a'), von der wir Kenntnis haben, ist Hg. Polyeukt os in Konstantinopel (524-27; nur Reste der Fundame nte erhalten); später, also in der Regierun gszeit Justinians (527-565), wurden zahlreiche weitere Kuppelbasiliken mit einer großen Variationsbreite errichtet; die beriihmteste ist die Hg. Sophia in Konstan tinopel (532-37). 2.6. Andere Sonderformen: Relativ zahlreiche Basiliken haben Besonderheiten und lassen sich nicht in die Schemat a einordnen; dazu gehören: die Geburtsk irche in Bethlehem (um 330 begonnen; Abb. 9)~ bei 36
der an eine fünfschiffige Basilika ein achteckiger, über der Geburtsgrotte errichteter Zentralraum angelegt ist; der Dom in Trier, bei dem sich im Osten der Basilika ein gewaltiger quadratischer Zentralbau erhebt (um 330 begonnen, Zentralbau vielleicht um 380); die 'Grabeskirche' in Korykos (Kilikien, südl. Türkei), bei der ein kleiner quadratischer Raum und, von ihm ausgehend, in Kreuzform angeordnete Arme im östlichen Teil der Kirche vorhanden sind (2. Hälfte 5. Jh.).
2.1.2.3. ZENTRALBAUTEN: Schon unter den Stiftungen Konstantins gibt es Zentralbauten, u.z. die Apostelkirche in Konstantinopel in Kreuzform, das 'Goldene Oktogon' in Antiochia und die Rotunde der Grabeskirche in J erusalem. Viele weitere wurden später errichtet. Für manche der Formen fmden sich Vorläufer bei kaiserzeitlichen paganen Bauten. Die Variationsbreite bei den Kirchen ist überraschend groß. Unter den Zentralbauten hat sich kein Typus herausgebildet, der in ähnlicher Weise wie die Basilika räumlich und zahlenmäßig verbreitet war. Die wichtigsten Formen sind: 3.1. Achteck (Oktogon): Früheste bekannte Kirche ist das 'Goldene Oktogon', das Konstantin d. Gr. in Antiochia stiftete; es ist nur durch Beschreibungen bekannt und hatte offensichtlich einen doppelten Umgang, war also fünfschiffig; es besaß eine hölzerne Kuppel, die außen mit vergoldeten Bronze(?)platten verkleidet war. 3.1.1. Einfaches Achteck, manchmal von einem Kreuz durchdrungen: Binbir Kilise (6. Jh.); Nyssa (spätes 4. Jh.; verloren). 3.1.2. Mit Umgang: 'Goldes Oktogon' in Antiochia; Manenkirche auf dem Garizim (484 n.Chr.); Oktogon von Philippi (1. Phase, 2. Hälfte 5. Jh.; Abb. 14,2); sog. Martyrium des Philippus in Hierapolis (2. Hälfte 5. Jh.); Georgskirche in Ezra, Südsyrien (515; Abb. 14,1); eine
1 Abb. 14 Oktogone mit Umgang: 1. Grundriß der Georgskirche in Ezra,
Südsyrien (datiert 515; Länge etwa 28m); 2. Skizze des Oktogons in Philippi, Nordgriechenland , von Süden (Phase des 6. Jhs.; Länge etwa 36,50 m). 37
gute Vorstellung gibt der Felsendom in Jerusalem, eine omayadische Moschee (begonnen 691/92).
3. 2. Drei- und Vier-Konchen-Bauten (Trikonchen-Tetrakonchen): 3.2.1. Einfache Tri- oder Tetrakonchen: Trikonchos in Butrint (wohl 6. Jh.; Kirche?); verschiedene Bauten in Dalmatien und Griechenland; häufig als Grabbau.
3.2.2. Mit Umgang (räumlich weit verbreitet im Römischen Reich, Gev'UUI117~hl aber nrobt""'ll.br gw~tJi. Llmmzo jn ll'vfuilaud _(um -~8Ul;'Tri kmmbos io llur llmhiunsblblknlrek in JAlhßn Iftilb~ts ~.s Jb.; Abb. l'J);
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