Die Praxis der Herrscherverehrung in Rom und seinen Provinzen herausgegeben von
Hubert Cancik und Konrad Hitzl
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Die Praxis der Herrscherverehrung in Rom und seinen Provinzen herausgegeben von
Hubert Cancik und Konrad Hitzl
Mohr Sieb eck
HUBERT CANOK, geboren 1937; Studium der Klassischen Philologie^ Orien^mik und Theologe in Berlin, Münster, Manchester und Tübingen; 1965 Promotion; 1970 Habilita tion; Professor für Klassische Philologie in Tübingen. KDNRAD HITZL, geboren 1953; Studium der Klassischen Archäologie, Alten Geschichte und Ägyptologie in Mainz und Heidelberg; 1982 Promotion in Klassischer Archäologie; 1993 Habilitation; zur Zeit Privatdozent an der Universität Tübingen.
ISBN 3-16-147895-9 Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio graphie; detaillierte bibliographische Daten "sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ©2003 J. C.B.Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Emspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Syste men. Das Buch wurde von swiss edit Dr. Wolfram Schneider-Lastin in Zürich gesetzt, von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges- Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Held in Rotcenburg gebunden.
Vorwort 1. Der Band, der hier vorgelegt wird, dokumentiert die Ergebnisse einer Tagung über die »Praxis der Herrscherverehxung in Rom und seinen Pro vinzen«, die im April 2002 im Rahmen des Schwerpunktprogramms »Römische Reichs- und Provinzialreligion« der Deutschen Forschungs gemeinschaft stattfand.1 Die Begriffe >Herrscherverehrung, Reichs- und Provinzialreligion< er wiesen sich, wie zu erwarten war, als mehrdeutig. Die Anwendung des Begriffs >Priester< oder gar >Mitder< auf die römische Religion ist natürlich immer umstritten und höchst problematisch. Nicht jeder Herrscher, dar über immerhin bestand Einvernehmen, ist Kaiser, nicht jede Form von Pietät, Verehrung, Loyalität ist religiöser Kult im strikten Sinne. Die Ver ehrung des lebenden ist von der des verstorbenen und konsekrierten (»vergöttlichten«) Herrschers, die Gebete und Opfer für (pro) das Wohl des Kaisers und seines Hauses sind von Anbetung, Anrufung, Beopferung des Herrschers oder seines Bildes zu scheiden. Die Herrscherverehrung ist reichsweit verbreitet, de facto und im Bewußtsein der Bevölkerung: in sofern eine >ReichsreligionSubstrate< und Kontexte) lokal und regional verschieden - nur so kann sie ja in die örtlichen Reli gionssysteme eingelagert werden. 2. Die Praxis der Herrscherverehrung ist das Thema, also Handlungen, Rituale, Liturgie, Organisation. Was wurde wirklich gemacht, wo, wie oft, von wem, aus welchen Anlässen? Welche Bindung, Emotionalität, Loya lität erzeugte die religiöse Praxis? Welche Bedeutung hat die praktizierte 1 Zu diesem Forschungsschwerpunkt vgl. HUBERT CANCIK/JÖRG RÜ?KE (Hrsg.), Römische Reichs- und ProvinzialreHgion, Tübingen 1997; WOLFGANG
SPICKERMANN (in Verbindung mit H. CANCIK und J. ROTKE) (Hrsg.)» Religion in
den germanischen Provinzen Roms, Tübingen 2001; NICOLE BELAYCHE, IudaeaPalaestina. The Pagan Cults in Roman Palestine (Second to Fourth Century), Tübingen 200 t (Religion der römischen Provinzen, Bd. 1); W. SPICKERMANN, Germaniae I, Tübingen 2003 (Religion der römischen Provinzen, Bd. 2).
VI
Vorwort
Herrscherverehrung für die Romanisierung und Integration des römischen Imperium? Eine fremde, abschätzige, feindselige Wahrnehmung der grie chisch-römischen Herrscher Verehrung, jenseits anspielungsreicher My thologie, rhetorisch raffiniertem Herrscherlob, kennerischem Kunstgenuß finden wir in jüdischen Quellen der Kaiserzeit.2 Hier lernen wir, was in keinem Panegyricus steht, daß zum Advent des Kaisers in der Provinz stadt (medinab) die Straßen gefegt und aufgespritzt werden. Die Stadt wird mit Kränzen und Tüchern aus Byssos und Purpur geschmückt; Lich ter werden angezündet; die Kinder am Straßenrand aufgestellt, Altäre und Bilder; Fackeln werden getragen, Lob Sprüche gesprochen. Das Bild des 'Kaisers steht überall, am Eingang des Palastes, in Zirkus und Theater, nicht in den öffentlichen Latrinen. Hillel der Ältere sagt:3 »Wenn die Bil der der Könige, die man in den Theater- und Zirkusgebäuden aufzustellen pflegt, derjenige, der dazu bestellt ist, poliert und abspült, wofür man ihm seinen Unterhalt reicht und der, damit nicht genug, auch noch zu den Gro ßen des Reiches gezählt wird, um wieviel mehr (muß ich mich im Badehause waschen), der ich geschaffen worden bin in Sein Bild und Gleichnis?« Die Statue repräsentiert den Kaiser und die Majestät des Imperium, sie macht Herrschaft sichtbar, individualisierbar, benennbar. Sie ist zerstörbar und begrenzt so die Macht, die sie zeigt. Allmacht ist grenzenlos und unsichtbar.4 Das Bild ist aus Gold, aber Vögel setzen sich darauf; man darf keinen Stein'werfen, nicht nach ihnen schießen - das könnte mißdeutet werden; so beschmutzen sie das Bild.5 Man muß es abspülen und polieren. Das sind kostbare Nachrichten und, wichtiger, ein fremder Blick, von außen und von unten. 3. Der Kaiserkult ist, im Westen des Imperium, eine >neue< Religion. Was ist >neu