Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Klaus H. Weber
Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen Praxishandbuch mit Checklisten und Beispielen Unter Mitarbeit von Manfred Schüßler
123
Dr.-Ing.habil. Klaus H. Weber Altfrankener Dorfstraße 9c 01156 Dresden
[email protected] Manfred Schüßler (Kapitel 7) An der Lank 24 40472 Düsseldorf
[email protected] Weitere Hinweise zu Seminaren des Autors unter www.vdi-wissensforum.de
ISBN 978-3-540-85123-3
e-ISBN 978-3-540-85124-0
DOI 10.1007/978-3-540-85124-0 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c 2008 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Satz: Sonja Hüttich, Ismaning Herstellung: le-tex publishing services oHG, Leipzig Einbandgestaltung: WMX Design, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.de
Vielen Dank der Itap − Innovative Technologien- und Anlagenplanung GmbH in Bad Dürrenberg für die Bereitstellung von Informationen und für die geleistete fachliche Unterstützung.
Vorwort
Das rechtskonforme und wirtschaftliche Erstellen und Pflegen der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen wird u. a. wegen – der erhöhten Anforderungen an die Sicherheit sowie den Gesundheits- und Umweltschutz, – den relevanten haftungs- und gewährleistungsrechtlichen Gesichtspunkten, – der zunehmend weltweiten Arbeitsteilung bei der Anlagenrealisierung, – dem hohen Termin- und Kostendruck während der Projektabwicklung, – der Herausforderung einer ganzheitlichen Qualitätssicherung im Anlagenbau, – dem gestiegenen Informationsbedarf der Öffentlichkeit immer wichtiger und aufwendiger. So beträgt beispielsweise im verfahrenstechnischen Anlagenbau der Kostenanteil für die gesamten Dokumentationsleistungen, von der Anfrage bis zur Übergabe, ca. 5 bis 9 Prozent der Investitionssumme (Anlageneuwert). Zudem ist das Gewährleisten einer aktuellen Dokumentation für die meisten Anlagenbetreiber, nicht zuletzt wegen Mängeln im betrieblichen Dokumentationsprozess, schwierig und kostenintensiv. Trotzdem wird vielen Führungskräften in Unternehmen und Projekten die Bedeutung der Dokumentation, um ihre Sorgfaltspflichten einzuhalten und ein Organisationsverschulden zu vermeiden, immer bewusster. Es wächst die Erkenntnis, dass eine ganzheitliche und aktuelle Dokumentation nicht nur Kosten verursacht, sondern auch ein Wirtschaftlichkeitsfaktor mit erheblichem Effektivitätspotential sein kann. Die modernen Möglichkeiten der elektronischen Dokumentation und ihrer Verwaltung begünstigen dies. Während für die „klassischen“ Technischen Produktdokumentationen zahlreiche Veröffentlichungen und ein umfangreiches Normenwerk existieren, fehlt dies bisher für Dokumentationen verfahrenstechnischer Anlagen nahezu vollständig. Der Autor findt diesen Sachverhalt während seiner langjährigen Seminartätigkeit auf diesem Fachgebiet immer wieder bestätigt. Zugleich belegen die praktischen Erfahrungen und viele Gespräche mit Fachkollegen die gravierenden Unterschiede der verfahrenstechnischen Anlagendokumentationen gegenüber den Produktdokumentationen. Es ist de facto eine andere „Welt“. Das vorliegende Buch versucht diese Lücke zu schließen, indem es die verschiedenen Aspekte im Leben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen systematisiert und im Detail praxisbezogen erörtert. Durch zahlreichen Checklisten, Praxisbeispiele und Musterdokumente werden die Aussagen veranschaulicht.
VIII
Vorwort
Mit dem vorliegenden Buch soll allen Führungs- und Fachkräften, die im Projekt oder im Betrieb, bei der Fertigung oder bei der Montage sowie in Behörden oder in Technischen Überwachungsorganisationen mit Dokumenten verfahrenstechnischer Anlagen zu tun haben, eine Handlungsanleitung gegeben werden. Ein besonderes Anliegen des Buches ist es, die Technischen Redakteure zu unterstützen, ihr Arbeitsgebiet auf derart komplexe Dokumentation auszudehnen. Einleitend werden zunächst wichtige Begriffe definiert und die wesentlichen Unterschiede von Dokumentationen verfahrenstechnischer Anlagen gegenüber Technischen Produktdokumentation herausgearbeitet. Die folgenden rechtlichen Regelungen und Konsequenzen im Umgang mit der Dokumentation verdeutlichen den einzuhaltenden Handlungsrahmen und die grundsätzlich notwendigen Dokumentationspflichten. Ein Hauptteil des Buches ist das 3. Kapitel, in dem ausführlich die Strukturierung und Kennzeichnung sowie die vielen Bestandteile und Dokumentenarten der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen behandelt werden. Viele angeführte Dokumentenbeispiele sollen dies bildhaft veranschaulichen. Das inhaltliche Verstehen dieser Ausführungen ist wichtig, um letztlich den gesamten Dokumentationsprozess erfolgreich zu bewältigen. Wie die Dokumentationsleistungen zweckmäßig im Anlagenvertrag, bei kaufmännischen Bestellungen und während des Projektmanagements zu regeln sind, wird im Kapitel 4 erörtert. Erfahrungsgemäß werden auf diesem Gebiet nicht selten gravierende und kostspielige Fehler gemacht. Die beiden Kapitel 5 und 6 behandeln den Dokumentationsprozess während der Anlagenrealisierung und während des Anlagenbetriebs. Insbesondere wird dargelegt, wie die Gesamtdokumentation im Leben der Anlage zweckmäßig herzustellen, zu verwaltet, zu nutzen und zu pflegen ist. Nicht zuletzt wird in einem 7. Kapitel ausführlich über die erfolgreiche praktische Einführung eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) für die Anlagendokumentation berichtet. Eine Aufgabe, die für viele Unternehmen eine aktuelle Herausforderung darstellt. Ein Glossar mit über 170 Begriffsdefinitionen soll zu einem verbesserten Verständnis zwischen den Fachleuten beitragen sowie Kommunikations- und Schnittstellenprobleme verringern. Insgesamt werden im Buch mehr als 110 Literaturquellen zitiert sowie 76 Abbildungen, inkl. Dokumentenbeispiele und 82 Tabellen, inkl. Checklisten dargestellt. Das Manuskript dieses Buches ist aus den Vorträgen im Seminar „Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen“ des VDI Wissensforum entstanden. Für die zahlreichen Anregungen sei den Fachkollegen gedankt. Besonderer Dank gilt Frau Dipl.-Ing. S. Hüttich für die Gestaltung zahlreicher Abbildungen sowie für die redaktionelle Endbearbeitung des Manuskripts. Dem Springer-Verlag sei für die angenehme Zusammenarbeit gedankt.
Dresden, Juni 2008
Klaus H. Weber
Inhalt
1
Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.1 Begriffsbestimmungen zur Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2 Besonderheiten der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen . . .
4
1.3 Ziel und Anforderungen an die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
1.4 Hauptaufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen. . . .
12
1.5 Lebenszyklus der Anlage und der Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . .
14
Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation. . . . . . . . .
19
2.1 Übersicht zu rechtlichen Regelungen in der BRD . . . . . . . . . . . . . . . .
20
2.2 Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
2.3 Mögliche Konsequenzen bei Pflichtverletzungen. . . . . . . . . . . . . . . . .
24
2.4 Verantwortung, Pflichtenübertragung und Sorgfaltspflichten . . . . . . . .
30
2.5 Haftung und Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
2
2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4
Grundsätzliches zur Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentationsbedarf infolge Produkt- und Umwelthaftung. . Gewährleistung für die Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbewahrungsgründe und -fristen von Anlagendokumenten .
32 33 39 41
Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
3.1 Grundstruktur der Gesamtdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
3
3.1.1 3.1.2
Haupt- und Teildokumentationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentenarten und Dokumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50 51
3.2 Projektdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
3.3 Engineeringdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
3.4 Genehmigungsdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
3.5 Beschaffungsdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
X
Inhalt
3.6 Anlagendokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6 3.6.6.1 3.6.6.2 3.6.6.3 3.6.6.4 3.6.6.5 3.6.7 3.6.8 3.6.9
Mögliche Strukturierungen der Anlagendokumentation . . . . . . Teildokumentation VERFAHRENSTECHNIK . . . . . . . . . . . . . Teildokumentation BAU/STAHLBAU . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teildokumentation APPARATE/BEHÄLTER/MASCHINEN . . . Teildokumentation ROHRLEITUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . Teildokumentation PROZESSLEITTECHNIK/ELEKTROTECHNIK Dokumente zur Darstellung von TECHNISCHEN DATEN . . . . Dokumente zur Darstellung von FUNKTIONEN . . . . . . . . . . . Dokumente zur Darstellung von SCHALTUNGEN . . . . . . . . . Dokumente zur Darstellung von ANORDNUNGEN. . . . . . . . . Dokumente zur PRODUKTDARBIETUNG . . . . . . . . . . . . . . . Teildokumentation TECHNISCHE GEBÄUDEAUSRÜSTUNG . Teildokumentation INBETRIEBNAHME. . . . . . . . . . . . . . . . . Teildokumentation PACKAGE-UNITS . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70 70 74 82 92 98 106 107 109 111 113 115 117 122 124
3.7 Betriebsdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3.7.1 3.7.2 3.7.3 3.7.4 3.7.5 3.7.6 3.7.7 3.7.8
Übersichtsdokumente des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebshandbuch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instandhaltungshandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebstagebuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfhandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsmanagementhandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsmanagementhandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umweltmanagementhandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
126 127 133 134 135 138 139 141
3.8 Rückbaudokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3.9 Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3.9.1 3.9.2 3.9.2.1 3.9.2.2 3.9.3 4
Grundsätzliche Vorbemerkungen und Hinweise . . . . . . . . . . . Anlagenkennzeichnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlagenkennzeichnung nach DIN 6779 und DIN EN 61346 . . Kraftwerk-Kennzeichnungssystem (KKS) . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentenkennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
147 147 148 151 152
Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
4.1 Allgemeine Grundsätze und Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4.2 Verantwortung für die Dokumentation im Projektteam. . . . . . . . . . . . . 158 4.3 Kosten für die Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 4.4 Vertragliche Regelungen für die Dokumentation gemäß BGB . . . . . . . 165 4.4.1 4.4.2 4.4.3
Werkvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Inhalt
XI
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Vertragsarten im Anlagenbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1.1 Generalvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1.2 Engineeringvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1.3 Gliederung eines Mustervertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Beachtung der Dokumentation im Hauptteil des Vertrags . . . . 4.5.3 Fachspezifische Festlegungen im Anhang DOKUMENTATION 4.5.3.1 Festlegungen zum Daten- und Dokumentenmanagement . . . . . 4.5.3.2 Spezifikation der AS BUILT-Dokumentation . . . . . . . . . . . . . 4.5.3.3 Qualitätsanforderungen an die AS BUILT-Dokumentation . . . 4.5.3.4 Lieferumfang der AS BUILT-Dokumentation . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Beachtung der Dokumentation in einzelnen Projektphasen . . . 4.5.4.1 Regelungen in Anhang PLANUNGSLEISTUNGEN . . . . . . . . . 4.5.4.2 Regelungen in Anhang BESCHAFFUNGSLEISTUNG . . . . . . . 4.5.4.3 Regelungen in Anhang BAUSTELLENABWICKLUNG. . . . . . 4.5.4.5 Regelungen in Anhang INBETRIEBNAHME. . . . . . . . . . . . . .
172 172 172 173 176 177 187 188 190 191 194 195 195 198 199 199
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement . . . . . . . . . . 200 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5 5
Projektrichtlinie DOKUMENTATION. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Change-Management zur Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätssicherung der Dokumentationsleistungen . . . . . . . . . Prüfung der AS BUILT-Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . Abnahme der AS BUILT-Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . .
201 202 205 210 212
Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
5.1 Phasenmodell beim Planen und Errichten verfahrenstechnischer Anlagen 216 5.2 Dokumentenerstellung im Basic Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 5.3 Erarbeiten des Genehmigungsantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 5.3.1 5.3.2
Übersicht zu Genehmigungsverfahren für verfahrenstechnische Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Genehmigungsverfahren nach BImSchG . . . . . . . . . . . . . . . . 224
5.4 Dokumentenerstellung im Detail Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 5.5 Beschaffen und Einordnen der Hersteller-/Lieferantendokumentation . . 229 5.6 Fortschreiben der Dokumentation während der Baustellenphase . . . . . . 233 5.7 Fortschreiben der Dokumentation bei Inbetriebnahme und Instandhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 5.8 Fertigstellen der AS BUILT-Dokumentation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 6
Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
6.1 Verantwortlichkeiten und Nutzung der Dokumentation beim Anlagenbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
XII
Inhalt
6.2 Situationsanalyse und Wirtschaftlichkeitspotentiale . . . . . . . . . . . . . . . 246 6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements . . . . . . . . . . . 247 6.3.1 6.3.2
Begriffsdefinition und Arbeitsschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zielstellungen für Neugestaltung bzw. Reorganisation des betrieblichen Dokumentenmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3 Ermitteln der Nutzeranforderungen an das betriebliche Dokumentenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.4 Analyse der Ursachen für Dokumentationsänderungen . . . . . . 6.3.5 Software-Tools für das betriebliche Dokumentenmanagement . 6.3.6 Erarbeiten und Festlegen betriebliche Maßnahmen zum Dokumentenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.6.1 Vorbemerkungen und Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.6.2 Integration ins betriebliche Qualitätsmanagement-System . . . . 6.3.6.3 Richtlinien zu Ausführung und Verwaltung der betrieblichen Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.7 Umsetzen der Festlegungen in der betrieblichen Praxis . . . . . . 7
248 248 250 252 255 260 260 262 262 265
Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation (Manfred Schüßler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
7.1 Projektentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 7.2 IST-Analyse (Phase I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 7.3 Systemkonzept (Phase II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 7.4 Systemauswahl (Phase III). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 7.5 Realisierung (Phase IV). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 7.6 Zusammenfassung und Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321
1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
1.1 Begriffsbestimmungen zur Dokumentation Das inhaltliche Verständnis und die Anwendung zahlreicher Begriffe auf dem Fachgebiet der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen sind leider nicht einheitlich. Einerseits werden nicht selten vergleichbare Inhalte mit verschiedenen Begriffen belegt und andererseits die gleichen Begriffe unterschiedlich definiert. Zum Zwecke eines einheitlichen Begriffsverständnisses wurde deshalb diesem Fachbuch ein Glossar beigefügt. Die angeführten Begriffsdefinitionen sollen mithelfen, das noch anzutreffende uneinheitliche Begriffsverständnis auf dem behandelten Fachgebiet einzugrenzen und somit das Sprachverständnis zwischen den beteiligten Fachleuten zu verbessern. Entsprechend dem Anliegen der Autoren, ein Praxishandbuch zu verfassen, wurden die Begriffsdefinitionen möglichst verständlich und praxisbezogen formuliert. Vereinbarungsgemäß werden jene Begriffe, die im Glossar enthalten sind, im Text durch Fettdruck hervorgehoben. Wichtige Definitionen werden außerdem in den betreffenden Kapiteln näher erläutert. Im Weiteren seien einige Grundbegriffe der Thematik definiert und eingehender betrachtet. Daten sind strukturierte Informationen, die verarbeitet werden oder das Ergebnis einer Verarbeitung sind [1−1].
Daten können nicht nur Zahlen, sondern auch Texte, Grafiken, aufgezeichnete gesprochene Sprache, stehende und bewegte Bilder u. a. Informationen sein. Mehrere logisch zusammengehörige Daten bilden einen Datensatz. Datei ist eine logisch zusammengehörige, in sich abgeschlossene und gemeinsam gespeicherte Menge von Daten.
Die Datei ist ein Begriff aus der Informatik und bildet in elektronischer Form die Daten oder den Datensatz, aber auch das Dokument oder das Programm, im Computer ab. Die Dokumenten-Datei ist die elektronische Version des Dokuments, im Unterschied zur Papierversion. Der Begriff Dokument wird im rechtlichen Sinne mit einer Urkunde, einem Beweisstück bzw. einem amtlichen Schriftstück verbunden. Dies ist aber für die Thematik dieses Buches zu eng und in folgender Weise zu erweitern:
2
1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen Dokument ist eine materielle Unterlage/Beleg (gegenständlich) bzw. Datei (elektronisch) mit strukturierten, zusammengehörigen Aufzeichnungen/Informationen über ein Projekt bzw. Objekt.
Die materielle Unterlage ist häufig das Schrift- bzw. Zeichnungsdokument in Papierform, kann aber ggf. auch ein Video, ein Audio oder ein Produktmuster sein. Ergänzend zur vorgenannten Definition sei noch auf die folgende Begriffsdefinition aus der DIN EN-Norm zum Dokumentenmanagement [1−2] verwiesen, die auch in anderen DIN EN-Normen zum Dokumentationswesen [1−3] [1−4] sinngemäß gebraucht wird: Dokument ist eine festgelegte und strukturierte Menge von Informationen, die als Einheit verwaltet und zwischen Anwendern und Systemen ausgetauscht werden kann. Üblicherweise ist ein Dokument nach der Art der Information und der Darstellungsform bezeichnet.
Zur praktischen Erläuterung seien aus [1−5] die folgenden Wesensmerkmale eines Dokuments zitiert: • Ein Dokument fasst inhaltlich zusammengehörige Informationen, die nicht ohne erheblichen Bedeutungsverlust weiter unterteilt werden können, strukturiert zusammen. • Die Gesamtheit der Informationen ist für einen gewissen Zeitraum zu erhalten. • Ein Dokument ist als Einheit ablesbar (speicherbar) und/oder versendbar und/oder wahrnehmbar (sehen, lesen, hören). • Dokumente treten oft in einer materiellen Form auf (zumindest in einem gewissen Zeitraum ihres Lebens) und/oder können in eine materielle Form transformiert werden. • Das Dokument ist somit eigentlich der Träger, der die Information speichert, egal ab das Dokument ein Stück Papier, eine Datei auf einem Rechner, ein Videoband oder eine Tontafel ist. Einige wichtige Ausführungsspezifikationen von Dokumenten, auf die in späteren Abschnitten konkreter eingegangen wird, sind beispielsweise: Original(-dokument) ist die Erstversion eines Dokuments. Master(-dokument) ist die aktuelle, gültige und verbindliche Arbeitsversion eines Dokuments. Das 1. Master geht aus dem Original hervor. Image ist ein aus einzelnen Bildpunkten (Rasterpunkte, Pixel) zusammengesetztes elektronisches Abbild eines Papierdokuments. Faksimile ist eine Dokument, das mit einem anderen Dokument in Ausführung (Form, Aussehen, Inhalt) genau übereinstimmt.
Eine Sammlung von Dokumenten, die einem bestimmten Gegenstand zugeordnet sind, bilden nach [1−3] eine Dokumentation. Unter Beachtung des Anlagenaspekts wird in diesem Buch die folgende Arbeitsdefinition gewählt: Dokumentation ist die Gesamtheit aller Dokumente zu einem Projekt bzw. Objekt.
1.1 Begriffsbestimmungen zur Dokumentation
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Im konkreten Fall beziehen sich die Dokumentationen und die zugehörigen Dokumente auf das „Leben“ einer verfahrenstechnischen Anlage. Das heißt, der betrachtete Gegenstand bzw. das Objekt ist im Speziellen eine verfahrenstechnische Anlage und das Projekt umfasst die Realisierung dieser Anlage und der zugehörigen Dokumentation von der Auftragserteilung bis zur Übergabe an den Auftraggeber. Zur näheren Charakterisierung einer derartigen, ganzheitlichen Dokumentation wird auch von Gesamtdokumentation (bezogen auf den Lebenszyklus) oder von AS BUILT-Dokumentation (bezogen auf den Zeitpunkt der Endabnahme) gesprochen. Um Teile der Gesamtdokumentation eindeutig begrifflich zu kennzeichnen, wird dem allgemeinen Grundwort Dokumentation ergänzend ein Bestimmungswort hinzugefügt, wie Genehmigungsdokumentation oder Anlagendokumentation. In anderen Fällen wird von Handbüchern (Betriebshandbuch, Qualitätsmanagementhandbuch usw.) gesprochen. In jedem Fall sind diese Dokumentationsteile eigenständig zu definieren, da ein allgemein anerkanntes Begriffsverständnis in der Praxis nicht gegeben ist. Weit verbreitet sind im Dokumentationswesen die Begriffe Technischen Dokumentation bzw. genauer Technische Produktdokumentation. Sie kennzeichnen den klassischen Arbeitsgegenstand des Technischen Redakteurs und beziehen sich im engeren Sinne auf Erzeugnisse bzw. Produkte. Im Einzelnen sind sie wie folgt definiert: Technische Produktdokumentation besteht aus technischen Dokumenten, die ein Produkt beschreiben und für die Herstellung, Installation, Wartung, den Gebrauch oder die Beschaffung dieses Produkts benötigt werden [1−6].
In vielen Publikationen zur Dokumentation wird nur von Technischer Dokumentation gesprochen, dabei aber i. d. R. der konkrete Bezug zum Produkt, Erzeugnis oder Gerät vorausgesetzt. Beispielsweise wird in [1−7] unter Technischer Dokumentation ein Sammelbegriff für Unterlagen zu technischen Geräten verstanden. Ein zentrales Dokument der Technischen (Produkt-)Dokumentation ist die Betriebsanleitung [1−7] bis [1−10]. Eine Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen unterscheidet sich, wie die Ausführung im nächsten Abschnitt zeigen werden, grundlegend von den angeführten Technische Produktdokumentationen. Sie schließt einerseits zahlreiche Produktdokumentationen von Herstellern und Lieferanten ein, erreicht aber andererseits wegen der Besonderheiten des „Produkts“ verfahrenstechnische Anlage eine völlig neue Dimension. Letztlich ist jede Technische Produktdokumentation nur ein Mosaikstein im Gefüge der Gesamtdokumentation verfahrenstechnischer Anlagen. Da der Begriff Technische Dokumentation in der Rechts- und Fachwelt inhaltlich (produktbezogen) vorbelegt ist, wird in Verbindung mit verfahrenstechnischen Anlagen nicht von Technischen Dokumentationen gesprochen. Abschließend sei noch vermerkt, dass der Begriff Dokumentation auch im anderen Sinne als Sammelbegriff für eine Tätigkeit - das Dokumentieren - gebraucht wird.
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1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Im vorliegenden Buch wird aus Eindeutigkeitsgründen dafür das Verb „dokumentieren“ verwendet.
1.2 Besonderheiten der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen Im Weiteren werden die Wesensmerkmale verfahrenstechnischer Anlagen aufgezeigt und die Folgerungen für deren Dokumentation abgeleitet. Zugleich werden damit die qualitativen und quantitativen Unterschiede zur „klassischen“ Produktdokumentation verdeutlicht. Nach Blaß [1−11] ist eine verfahrenstechnische Anlage eine Anlage zur Durchführung von Stoffänderungen und/oder Stoffwandlungen mit Hilfe zweckgerichteter physikalischer und/oder chemischer und/oder biologischer Wirkungsabläufe. Typisch für verfahrenstechnische Anlagen sind somit zahlreiche Stoffänderungsprozesse, wie Zerkleinern, Sieben, Mischen, Wärmeübertragen, Rektifizieren, Kristallisieren, Trocknen, Abkühlen, Abfüllen, aber in vielen Fällen auch überlagerte Stoffwandlungsprozesse, wie chemische oder biologische Reaktionen. Verbunden mit diesen komplizierten stofflichen und energetischen Prozessen, die meistens in Großanlagen und von weltweit agierenden Unternehmen durchgeführt werden, ergeben sich weitere dokumentationsrelevante Merkmale verfahrenstechnischer Anlagen. Dazu gehören insbesondere: − Die erheblichen Auswirkungen der verfahrenstechnischen Anlagen auf die Menschen, die Wirtschaft und die Umwelt, auch über die Anlagengrenzen hinaus. Nahezu alle verfahrenstechnischen Anlagen sind auf Grundlage eines detailliert ausgestalteten Ordnungs- und Umweltrechts genehmigungspflichtig. − Während des Errichtens und Betreibens der genehmigten Anlage sind zahlreiche rechtliche, betriebliche u. a. Vorschriften bzw. Normen zu beachten und ihre Einhaltung nachvollziehbar zu dokumentieren. In Abb. 1.1 wird dies am Beispiel einer technologisch und sicherheitlich „relativ einfachen“ Anlage zur Abwasserentsorgung deutlich. − Ein erhöhtes Gefährdungspotential im Umgang mit der Anlage bzw. den Produkten und Medien (Brand- und Explosionsgefahr, Umgang mit Gefahrstoffen, extreme Betriebsparameter usw.), verbunden mit der Ableitung und Dokumentation notwendiger Vorkehrungen. − Eine große Komplexität und Kompliziertheit der Anlagen. Dies betrifft sowohl die stoffliche und energetische Verflechtung als auch die konstruktive Gestaltung der einzelnen Komponenten. Daraus resultieren neben sicherheitlichen und wirtschaftlichen Risiken auch hohe Anforderungen an das Management, die Schnittstellengestaltung und das Personal. − Der erhebliche Investitionsumfang derartiger Anlagen und die entsprechend hohen finanziellen Aufwendungen und Risiken. Daraus resultieren gravierende Auswirkungen auf Umfang und Qualität der Dokumentation.
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Abb. 1.1 Wesentliche Vorschriften für das Betreiben einer Abwasserentsorgungsanlage
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1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
− Die Notwendigkeit zur Anwendung von verschiedenartigen, integrativen Fachwissen während des Lebenszyklus der Anlagen. Eine weltweite, internationale Arbeitsteilung und entsprechende Kommunikation ist häufig gegeben. − Der große Umfang und die Ganzheitlichkeit der Informationsverarbeitung während des Anlagenbetriebes. Ttypisch ist die Anwendung einer hierarchisch aufgebauten Leittechnik zur Gewährleistung eines effizienten Produktionsprozesses aus der Sicht des Unternehmens. − Das Vorhandensein eines umfangreichen Rohrleitungssystems u. a. logistischer Systeme zum Transport der Stoffe innerhalb der Anlagen sowie über die Anlagengrenzen hinweg. − Der häufig anzutreffende unikate Charakter jeder verfahrenstechnischen Anlage. Die Folge sind individuelle Verträge, verbunden mit kunden- und marktspezifischen Regelungen zur Dokumentation. − Viele Änderungsmaßnahmen in den Anlagen, die z. B. aus neuen Rechtsvorschriften, veränderten Marktbedingungen oder neuen Forschungsergebnissen resultieren. Die Dokumentationspflege muss entsprechend dynamisch und effizient möglich sein. Die angeführten Wesensmerkmale beeinflussen gravierend den Inhalt sowie das Erstellen und Handhaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen. Zugleich bewirken sie wesentliche Unterschiede gegenüber den traditionellen Technischen Dokumentationen für Produkte des Maschinen-, Apparate- und Gerätebaus (s. Tabelle 1.1). Mancher Fachkollege, der viele Jahre auf dem Gebiet der Technischen Produktdokumentation tätig war und sich an die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen herangewagt hat, kann dies sicherlich bestätigen. Tabelle 1.1 Wesentliche Besonderheiten von Dokumentationen verfahrenstechnischer Anlagen gegenüber Technischen Produktdokumentationen 1
Für die Genehmigung zum Bau, Betrieb und Rückbau der Anlage sind entsprechende Dokumente nachweisbar zu erarbeiten, fortzuschreiben und zu verwalten. Bestandteil dieser Unterlagen sind häufig Dokumente über Umweltverträglichkeitsprüfungen, Sicherheitsanalysen usw.. Die Einhaltung der Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides sollte aus Haftungsgründen jederzeit nachvollziehbar dokumentiert werden.
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Die Realisierung (Planen, Beschaffen, Errichten) der Anlage und die Erarbeitung der adäquaten Dokumentation erfolgt oftmals in einem internationaler Prozess, verbunden mit den entsprechenden Rechts-, Schnittstellen-, Verständigungs- und Mentalitätsproblemen.
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Das Risiko für Mensch, Anlage und Umwelt ist während des Anlagenbetriebs i. Allg. größer. Daraus folgen hohe inhaltliche und entsprechend dokumentarische Anforderungen an das Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltmanagement. Beispiele dafür sind: − eine Vielzahl von Sicherheitsprüfungen vor der Erstinbetriebnahme sowie wiederkehrende während des Dauerbetriebs, − übergreifende Dokumente zur Alarm- und Gefahrenabwehr (Alarm- und Gefahrenabwehrplan, Brandschutzplan, Feuerwehrplan, Havarieplan u. a.),
1.2 Besonderheiten der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
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Tabelle 1.1 (Fortsetzung) − Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen an das Personal, um dieses im Umgang mit der Anlage und mit Stoffen vor Gefahren zu schützen, − Informationen an Umwelt- bzw. Aufsichtsbehörden, wie Immissionsschutzerklärungen, Anzeigen nach Störfallverordnung. 4
Die Gefahr von Haftungsansprüchen sowie von ordnungswidrig und/oder strafrechtlich relevanten Vorwürfen gegenüber den verantwortlichen Personen ist wesentlich größer. Die Aspekte einer beweiskräftigen und gerichtsfesten Dokumentation sind für das Management entsprechend wichtig.
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Die Kosten für die Erstellung und Verwaltung der Dokumentation sind erheblich. Nachbesserungen zur Dokumentation sind teuer.
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Die Lebensdauer der Dokumentation ist sehr lang. Verfahrenstechnische Anlagen werden i. d. R. zwischen 10 bis 60 Jahren genutzt. Dokumentationen müssen aus Haftungsgründen mitunter noch mindestens 10 Jahre nach deren Rückbau archiviert werden.
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Die Dokumente zur Qualitätssicherung (Beschaffung, Montage, Betrieb) sowie für die sachgerechte Bedienung und Instandhaltung der Anlage sind wegen der verausgabten enormen Ressourcen wichtig und umfangreich.
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Der Umfang und die Komplexität der Dokumentation sind i. Allg. wesentlich größer. Nicht selten beträgt der Papierumfang eines Exemplars mehr als 100 bis zum Teil über 2000 Ordner und beinhaltet über 100 verschiedene Dokumentenarten. Dies bewirkt z. B.: − eine notwendige, rechtzeitige Beachtung der Dokumentation in der Anfrage- und Angebotsphase, − klare Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag und im Projektmanagement, − andere Ordnungs- und Strukturierungsprinzipien, − andere Methoden und Werkzeuge beim Erstellen, Nutzen und Pflegen.
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Die Dokumentenarten und –inhalte werden häufig durch Verfahren und Ausrüstungen für Stoffänderungen und Stoffumwandlungen geprägt.
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Der Wiederholungsgrad bei der Erarbeitung verfahrenstechnischer Anlagendokumentation ist vergleichsweise gering. Zahlreiche Dokumentationen sind kunden- bzw. projektspezifisch und in vielen Teilen Unikate.
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Der Anteil dynamischer, veränderlicher Dokumente sowie hinzukommender oder entfallender Dokumente ist vergleichsweise hoch. Entsprechend muss sich das Change-Management zur Dokumentation in all ihren Phasen darauf einstellen. Die elektronische Dokumentation hat in Form von bearbeitbaren Dateien eine hervorragende Bedeutung.
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Einen allgemein anerkannter Stand der Technik sowie entsprechende Regeln und Normen existieren auf dem Fachgebiet der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen nahezu nicht. Die zahlreich existierenden Normen zum Dokumentationsund Bibliothekswesen sind für dieses spezifische Fachgebiet nicht oder nur eingeschränkt praktikabel nutzbar.
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1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
1.3 Ziel und Anforderungen an die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen Allgemein dient eine Dokumentation zum Speichern und Vermitteln von Informationen. Der erste Aspekt ist mehr passiv, indem Sachverhalte abgelegt bzw. archiviert werden und der zweite Aspekt ist aktiv, indem sie die Kommunikation zwischen den Informationserzeugern und den Informationsbenutzern maßgeblich unterstützt (s. Abb. 1.2).
Informationserzeuger
Informationsbenutzer
erarbeiten beschaffen
informieren senden
Dokumentation prüfen indexieren
recherchieren auswählen
ablegen speichern
Abb. 1.2 Dokumentation als Vermittler von Informationen
Bezogen auf verfahrenstechnische Anlagen sind beispielsweise • Informationserzeuger: − Forscher und Entwickler − Konstrukteure und Planer − Hersteller und Lieferanten − Betreiber − Dokumentationsdienstleister − Rückbauunternehmen • Informationsbenutzer: − Genehmigungs- und Überwachungsbehörden − Hersteller und Lieferanten − Bau- und Montageunternehmen − Inbetriebnehmer und Betreiber − Instandhalter − Dokumentationsdienstleister − Öffentlichkeit − Rückbauunternehmen
1.3 Ziel und Anforderungen an die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
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Letztlich bedient sich im Leben der Anlage nahezu jeder Beteiligte der Dokumentation und verändert sie bzw. veranlasst dieses. Die meisten Partner und Personen sind sowohl Erzeuger als auch Nutzer. Abbildung 1.3 konkretisiert beispielhaft die Informationsvermittlung für den Anlagenbau. DOKUMENTE Lage-/ Aufstellungspläne R&I−Fliessbilder Verfahrensbeschreibung Ausrüstungsdatenblätter Bauzeichnungen Bauleistungsverzeichnis 3D-CAD−Anlagenmodell Rohrleitungsisometrie PLT−Stellenblatt Programmbeschreibung Inbetriebnahmedokumentation Genehmigungsbescheid
TÄTIGKEITEN
Informationsvermittlung im Anlagenbau
entwickeln konstruieren planen bewerten entscheiden genehmigen bestellen liefern bezahlen montieren abnehmen inbetriebnehmen
ORGANISATION Einkauf Projektleitung Verfahrenstechnik Bauwesen Maschinentechnik EMR-Technik Montage Sicherheitskontrolle Vertragskontrolle Finanzwesen Rechnungswesen
Abb. 1.3 Informationsvermittlung im Anlagenbau
Ausgehend von dieser Erkenntnis über Ziel und Zweck der Dokumentation muss sich jeder Dokumentationserzeuger zu Beginn seiner Arbeit die Frage beantworten: Wer ist der Nutzer meiner Dokumentationsleistungen und welche ganzheitlichen Anforderungen (Qualität, Verantwortlichkeiten, Termine, Kosten) ergeben sich daraus bzgl. der zu erarbeitenden Dokumentation und Dokumente? Zugleich muss sich jeder Dokumentationsbenutzer, insbesondere wenn er Auftraggeber ist, fragen: Welche ganzheitlichen Vorgaben (Qualität, Verantwortlichkeiten, Termine, Kosten) müssen an den Ersteller der von mir benötigten Dokumentation gemacht werden und welche verbindlichen Vereinbarungen sind zu ihrer Erfüllung notwendig?
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1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Die folgenden ausgewählten Beispiele und Hinweise sollen diese beiden Grundsätze näher erläutern. Bsp.: Die Unterlagen zum Genehmigungsantrag sollten bzgl. Umfang, Inhalt und Form gezielt auf das Ziel (termin- und antraggerechte Erteilung der Genehmigung) und auf die Aufgabe der Genehmigungsbehörde (rechtskonforme und sachgerechte Prüfung des Genehmigungsantrag) ausgerichtet sein. Ggf. ist bei einem förmlichen Verfahren (s. Abschn. 3.4 und 5.3) auch eine öffentliche Auslegung von Unterlagen vorgesehen. Hauptaufgabe der Behörde ist die Prüfung und Bewertung von Umweltund Sicherheitsrisiken. Entsprechend sind die technisch-technologischen Informationen auszurichten. In der Regel sind z. B. Verfahrensfließbilder den R&I-Fließbildern (auch vereinfachten) vorzuziehen. Umgekehrt, und dies geschieht auch, sollten die Genehmigungsbehörden den Antragsteller klare Vorgaben zum Genehmigungsantrag machen. Bsp.: Ein Fachplaner (z. B. für das Prozessleitsystem), der weiß oder damit rechnen kann, dass das Detail-Engineering seines Gewerks (z. B. die Programmierung der Leittechnik-Software) ganz oder teilweise in Indien ausgeführt wird, muss seine Vorgabe-Dokumentation entsprechend ausführlich und vor allem für den Informationsbenutzer eindeutig erarbeiten. Die Dokumentation muss so sein, dass an dieser problematischen Schnittstelle von Anfang an Fehler vermieden werden. Im konkreten Fall eines Prozessleittechnikers bedeutet dies u. a. vorrangig grafische Darstellungsformen (Funktions- bzw. Logikpläne, UrsacheWirkungsdiagramme) anzuwenden. Beschreibende, sprachorientierte Dokumentenarten sind ungeeignet. Zugleich ist eine effektive Qualitätskontrolle zu den Programmierergebnissen (z. B. mittels zeitnahem Factory Acceptance Test (FAT)) zu organisieren. Analoges gilt für dokumentarische Vorgaben bzw. Unterlagen an das Bauund Montagepersonal, an Inbetriebnehmer, an das Betriebs- und Servicepersonal usw. Wer es nicht selbst erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, wie lückenhaft, falsch bzw. missverständlich die Aussagen der Dokumentation mitunter sind und welch hohe Mehrkosten daraus resultieren! Bsp.: Ein Generalunternehmer (GU) ist im Anlagenvertrag gegenüber dem Auftraggeber (AG) für die AS BUILT-Dokumentation der Gesamtanlage verantwortlich. Teile dieser Dokumentation erstellt er während des Engineering selbst; aber große Teile kauft er darüber hinaus zusammen mit Package-units und anderen Komponenten ein bzw. lässt sie durch Dienstleister erarbeiten. Der GU ist somit in einer Doppelfunktion; gegenüber dem AG als Dokumentationserzeuger und gegenüber den Kontraktoren bzw. Zulieferern als Dokumentationsbenutzer. Er muss die Dokumentationsleistungen gegenüber den Kontraktoren derart spezifizieren und vereinbaren, dass er sie
1.3 Ziel und Anforderungen an die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
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möglichst eins zu eins in die AS BUILT-Dokumentation aufnehmen und an den AG weiterreichen kann. Zum anderen müssen diese Dokumentationsteile aber auch für eine effiziente Nutzung und Pflege während der Bau-, Montage- und Inbetriebnahmephase geeignet sein. Bsp.: Der Anlagebetreiber ist i. Allg. der Hauptbenutzer der Dokumentation. Er braucht sie zur Bewirtschaftung der Anlage und nicht selten auch bei Gewährleistungs- und Haftungsproblemen. Ihm obliegt die Verwaltung und Pflege der Dokumentation. Folglich müsste der Auftraggeber bzw. Betreiber von der Anfrage bis zur Dokumentations-Übergabe größtes Interesse an einer für ihn optimalen Dokumentation haben. Die Praxis zeigt aber oft, dass der spätere Betreiber sich während der Anlagenrealisierung zu wenig mit der Dokumentation befasst und zu wenig Einfluss nimmt. Der Auftragnehmer sieht die Dokumentation verständlicherweise nur in seinem Leistungs- und Verantwortungszeitraum bis zur Übergabe. Das heißt, die Dokumentation wird vorrangig als Errichterdokumentation und weniger als Betreiberdokumentation konzipiert und erarbeitet. Die Folgen der geschilderten Situation sind nicht selten erhebliche Probleme und Mehrkosten im Umgang mit der Dokumentation während des Betriebs. Besondere Bedeutung haben in diesem Zusammenhang die sog. bearbeitbaren Dateien als Teil der AS BUILT-Dokumentation. Sie ermöglichen dem Betreiber eine effiziente Nutzung und Pflege der Dokumentation (s. auch Abschn. 4.5). Da die Anforderungen der Dokumentationsbenutzer, insbesondere der Anlagenbetreiber, welt- und branchenweit sehr unterschiedlich sind, ergeben sich auch sehr verschiedenartige Anforderungen an die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen. Trotz dieser erschwerenden Bedingungen können aus Sicht des Verfassers zahlreiche Kenntnisse und Erfahrungen über die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen verallgemeinert und effizient nutzbar gemacht werden. Eine Vermittlungsaufgabe kann eine Dokumentation nur erfüllen, wenn sie den Dokumentationsgegenstand weitgehend adäquat widerspiegelt. Anders gesagt, der Nutzer der Dokumentation braucht nicht nur ausreichende sondern auch richtige und aktuelle Informationen. Dies zu gewährleisten, ist in der Praxis ein enormes Problem, auf welches im Kapitel 6 vertieft eingegangen wird. An dieser Stelle deshalb nur einige wenige grundsätzliche Ausführungen. Die Anforderungen an bestehende Dokumentationen verfahrenstechnischer Anlagen sind wegen der Markt- und Produktentwicklung, neuer internationaler und nationaler Rechtsverordnungen, Um- und Ausbaumaßnahmen u. a. Einflussfaktoren einer ständigen Veränderung unterzogen. Das heißt, die Dokumentationsbenutzer brauchen ständig neue dokumentierte Informationen, welche zuvor, teils von ihnen selbst, erzeugt werden müssen.
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1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen ist aus diesen Gründen außerordentlich dynamisch und pflegeintensiv; genau darin liegt eine große Schwierigkeit und Herausforderung. Jeder weiß aus der Praxis: Sobald eine Dokumentation nicht mehr aktuell ist, wird sie nicht mehr genutzt! Als Hauptanforderung gilt zusammenfassend: Die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen muss einerseits die Anlage zu jeder Zeit ausreichend vollständig und genau abbilden und andererseits die Vorgänge im Leben der Anlage nachvollziehbar erfassen.
1.4 Hauptaufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen Auf die Unternehmens- bzw. Betriebsebene bezogen bewirkt die Dokumentation eine externe und interne Informationsvermittlung. Sie muss als Teil eines integrierten Management-Systems verstanden und gestaltet werden. Zielstellung sollte dabei nicht nur ein vernetztes Denken und Handeln, sondern auch ein vernetztes (ganzheitliches, koordiniertes, redundanzarmes) Dokumentieren sein. Die angestrebte Integration des Managementsystems bezieht sich aber auch auf die unternehmensinternen Managementkomponenten. Bislang getrennte Managementfelder wie Wertschöpfung, Qualität, Sicherheit und Umwelt werden nach und nach zu einem integrierten Managementsystem verschmelzen (s. Abb. 1.4). Märkte
Stand der Technik
Integriertes Managementsystem Wertschöpfung Qualität Sicherheit Umwelt
Gesellschaft
Politik / Recht
Abb. 1.4 Einflussfaktoren auf das Integrierte Managementsystem und die Dokumentation
Diese Entwicklung wird insbesondere durch vier Trends beschleunigt:
1.4 Hauptaufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
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• Das Management der Wertschöpfung vernetzt sich stärker: − nach außen durch die stärkere Einbindung von Beschaffungs- und Absatzpartnern; − nach innen durch flachere Hierarchien und abteilungsübergreifendes Handeln. • Qualität wird nicht mehr (nachträglich) erprüft, sondern von allen Mitarbeitern produziert (Stichwort: „Total Quality Management“) • Sicherheit wird nicht als Begrenzung von einzelnen Risiken angestrebt, sondern im ganzheitlichen Risk Management täglich erarbeitet. • Umwelt wird nicht als vom Betrieb isolierter externer Kostenfaktor behandelt, sondern über das eigene Umweltmanagementsystem einbezogen. Die heute noch weitgehend getrennten Managementteilsysteme wachsen zu einem integrierten Managementsystem und -controlling zusammen; zur Sicherung, Entwicklung und dynamischen Steuerung des gesamten Unternehmens. Dazu sind enorme Informationsströme nötig und effektiv auszutauschen (kommunizieren). Neben der Sprache besitzt dabei die Dokumentation eine hervorragende Bedeutung. Als Bestandteil dieses integrierten Managementsystems hat die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen während ihres Lebens folgende Hauptaufgaben zu erfüllen: a) Ablegen und Bereitstellen von Unterlagen/Dokumenten über grundlegende Managementregelungen des Unternehmens bzw. Betriebs in Form von • • • • • • • •
Managementhandbüchern, Qualitätsmanagementhandbüchern, Umweltmanagementhandbüchern, Sicherheitsmanagementhandbüchern, Engineeringmanagementhandbüchern, Projektmanagementhandbüchern, Investitionsrichtlinien, Beschaffungsrichtlinien usw.
b) Ablegen und Bereitstellen von Unterlagen/Dokumenten für die Vorbereitung und Durchführung der Investition sowie Ablegen der Unterlagen, die während der Investitionsdurchführung erarbeitet werden. Dazu gehören vorrangig: • Dokumente für den Genehmigungsantrag sowie über das Genehmigungsverfahrens und zum Nachweis des genehmigungsgerechten Betrieb und Rückbaus der Anlage (s. Abschn. 3.4 und 5.3). • Dokumente für die Investitionsentscheidung, im Allg. auf Grundlage der Basic-Engineering-Dokumente sowie Ablage der auf dieser Grundlage erarbeiteten Entscheidungsdokumente (s. Abschn. 3.3 und 5.2). • Dokumente für die einzelnen Beschaffungsvorgänge sowie Ablage der auf dieser Grundlage erarbeiteten Hersteller- und Lieferantendokumente (s. Abschn. 3.5 und 5.5).
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1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
• Dokumente für die Bau- und Montageausführung sowie Ablage der anfallenden bau- und montagebegleitenden Dokumenten (s. Abschn. 5.6). • Dokumente für und über die notwendigen Sicherheitsprüfungen vor Inbetriebnahme (s. Abschn. 3.7.5). c) Ablegen und Bereitstellen von Unterlagen/Dokumenten für einen bestimmungsgemäßen, sicheren und wirtschaftlichen Betrieb der Anlage sowie Ablage von anfallenden betrieblichen Dokumente (s. Abschn. 3.7, 5.7 und Kap. 6). Dazu gehören insbesondere: • Dokumente für die Inbetriebnahme der Anlage sowie Ablage der angefallenen Inbetriebnahmedokumente (s. Abschn. 3.6.8 und 5.7). • Anweisungen an das Betriebspersonal zur sicheren und effizienten Bewirtschaftung der Anlage (s. Abschn. 3.7.2). • Dokumente für und über die wiederkehrenden Sicherheitsprüfungen (s. Abschn. 3.7.5). • Dokumente für eine effiziente Instandhaltung der Anlage sowie Ablage von anfallenden Instandhaltungsdokumenten (s. Abschn. 3.7.3 und 5.7). • Dokumente für Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen sowie Ablage der dabei anfallenden Dokumente (s. Kap. 6). d) Bereitstellung von Unterlagen/Dokumenten für den Rückbau der Anlage sowie Ablage der dabei anfallenden Dokumente (s. Abschn. 3.8). e) Gewährleistung eines nachvollziehbaren und beweiskräftigen Erfüllungsnachweises für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten verantwortlicher Personen in allen Lebensphasen der Anlage und Dokumentation. f) Nicht zuletzt ist die Dokumentation eine wichtige Beweisgrundlage für die Klärung (durchsetzen bzw. abweisen) von Gewährleistungs- und/oder Haftungsansprüchen.
1.5 Lebenszyklus der Anlage und der Dokumentation Der Lebenszyklus einer Anlage umfasst den Zeitraum von der Grundlagenermittlung, über das Engineering, die Beschaffung und Errichtung der Anlage bis zum Rückbau derselben nach Beendigung der Produktion (s. Abb. 1.5). Die Gesamtdokumentation einer verfahrenstechnischen Anlage dient grundsätzlich als Träger und Vermittler von Informationen im Umgang mit der Anlage. Sie muss entsprechend den Änderungen im Leben der Anlage ständig angepasst werden. Man spricht von der notwendigen Dynamisierung der Dokumentation. Dies ist derart zu organisieren, dass der zeitliche Schlupf vertretbar bleibt und eine ausreichende inhaltliche Adäquatheit zur Anlage gegeben ist. Die Gesamtdokumentation verfahrenstechnischer Anlagen durchläuft deshalb analog zur Anlage ebenfalls einen Lebenszyklus, der in Abb. 1.6 veranschaulicht ist und kurz erläutert werden soll.
1.5 Lebenszyklus der Anlage und der Dokumentation
Zeugung
Geburt
Idee
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Grundlagenermittlung
Investentscheidung
Vorplanung/Genehmigungsplanung/Kostenermittlung Ausführungsplanung Beschaffung: - Fertigung - Lieferung Errichtung:
Verantwortungs-/ Gefahrenübergang
Anlagenübergabe/ -übernahme
- Bau - Montage - Prüfungen
Inbetriebnahme Dauerbetrieb: - bestimmungsgemäßer Betrieb - nichtbestimmungsgemäßer Betrieb - Instandhaltung - Überwachung - Umbau - Ausbau - Produkterneuerung
Zeit
Rückbauplanung
Rückbau:
Lebensende
Anlagenende
- Außerbetriebnahme - Stilllegung - Demontage - Entsorgung
Verjährung Haftung
Abb. 1.5 Darstellung des Lebenszyklus einer verfahrenstechnischen Anlage
Die Dokumente, die während der Grundlagenermittlung bzw. in der Anfrageund Angebotsphase bis zur Vertragsunterzeichnung bzw. Bestellung entstehen, werden zunächst separat als Teile der Projekt- oder Beschaffungsdokumentation abgelegt. Gegebenenfalls werden sie später in die Gesamtdokumentation integriert. Offiziell wird die Dokumentation einer verfahrenstechnischen Anlage meistens mit dem Projektstart (kick-off) nach Vertragsabschluss eröffnet, d. h. während des Kick-off-Meetings sind erste, wesentliche Festlegungen zum Umgang der Dokumentation zu treffen.
16 1 Spezifika und Aufgaben der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 1.6 Lebensphasen der Anlage und der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
1.5 Lebenszyklus der Anlage und der Dokumentation
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Diese betreffen u. a. deren Grundstruktur, die wichtigsten Begriffe, die Verantwortung und Befugnisse sowie andere organisatorisch-administrative Regelungen. Vorteilhaft ist, wenn dazu im Unternehmen grundlegende DokumentenManagementregelungen existieren. Entsprechend den Hauptphasen der Projektabwicklung sowie der Anlagenbewirtschaftung wird die Gesamtdokumentation jeweils als Errichterdokumentation, Betreiberdokumentation oder Rückbaudokumentation verstanden und mitunter (z. B. im Kraftwerksbereich) auch so bezeichnet. Diese Begriffe drücken allgemein aus, in welcher Phase ihres Lebens sich die Gesamtdokumentation befindet und wer für sie aktuell zuständig ist. Die Gesamtdokumentation dient zunächst vorrangig dem vertragsgemäßen Errichten (oder dem Errichter) der Anlage. Sie muss die Anforderungen während der Engineering-, Beschaffungs-, Bau- und Montageprozesse inkl. der zugehöriger Dokumente erfüllen. Für eine rechtskonforme und effiziente Inbetriebnahme muss zum Zeitpunkt MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG vor Ort und für das Team nutzbar eine ausreichend vollständige und aktuelle Gesamtdokumentation vorliegen. Nach der erfolgreich durchgeführten Inbetriebnahme erfolgt im klassischen Vertragsfall die Anlagenübergabe an den Auftraggeber/Betreiber und der kommerzielle Dauerbetrieb beginnt. Zeitnah zur Anlagenübergabe findet i. d. R. die Übergabe der AS BUILTDokumentation gemäß dem folgenden Bergriffsverständnis statt. AS BUILT-Dokumentation ist die Gesamtdokumentation der Anlage, die den Sachstand über die Anlage zum Zeitpunkt ihrer Abnahme richtig (as built) und vollständig gemäß vertraglicher Vereinbarung beschreibt
Die Dokumentation dient fortan vorrangig dem Betreiben (oder dem Betreiber) der Anlage. Zugleich ist der Betreiber verantwortlich, die Gesamtdokumentation den aktuellen Erfordernissen anzupassen und entsprechend den Änderungen in der Anlage und im Betrieb zu pflegen. Gegen Ende des „Anlagenlebens“ dient die Dokumentation letztlich dazu, den Rückbau der Anlage vorzubereiten, durchzuführen und alle Vorgänge nachvollziehbar zu erfassen. Aus rechtlichen insbesondere haftungsrechtlichen Gründen (s. Abschn. 2.4 und 2.6) muss die Dokumentation auch nach dem Rückbau noch viele Jahre aufbewahrt werden, d. h. die Lebensdauer der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen ist i. Allg. wesentlich länger als die der Anlage. Als Schlüssel für eine effektive Bewältigung dieses komplizierten Problemlösungsprozesses wird eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Dokumentationsthematik angesehen.
2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Die Dokumentation ist aus rechtlicher Sicht mehrfach bedeutungsvoll. a) Zunächst ist in den meisten Fällen die Erarbeitung und Lieferung der Dokumentation ein definierter Bestandteil des Anlagenvertrag bzw. der Bestellung. In diesem Sinne unterliegen die Dokumentationsleistungen, genau wie die Herstellung der Anlage, den gesetzlichen Regelungen zum Schuldrecht wie auch den sonstigen vertraglichen Vereinbarungen. Das heißt, die im Anlagenvertrag vereinbarten Dokumentationsleistungen unterliegen i. Allg. auch dem Werkvertragsrecht, mit allen Konsequenzen bzgl. Gewährleistung, Gefahrenübergang, Beweislast, Gewährleistung usw.. In Abschnitt 4.4 wird darauf detailliert eingegangen. b) Zum anderen gibt es im Umgang mit der Anlage (in allen Lebensphasen) für die verantwortlichen Personen eine Vielzahl von Pflichten bzw. gebotener Vorgaben und Hinweise, die sich beispielsweise aus − relevanten Rechtsvorschriften (EU-Richtlinien, Gesetzen, Verordnungen, Durchführungsbestimmungen), − Bestimmungen des Genehmigungsbescheides inkl. zutreffender Verwaltungsvorschriften, − Berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften (BG-Vorschriften), − Regeln zum Stand der Technik und insbesondere zur Sicherheitstechnik und Dokumentation [1−2], wie ISO-Normen, EU-Normen, DIN-Normen, VDI-/ VDE-Richtlinien, BG-Regeln, BG-Informationen, BG-Grundsätze usw., − geltenden unternehmensspezifischen bzw. betrieblichen Vorschriften, − vereinbarten projektspezifischen Vorschriften bzw. Regelungen ableiten. In einigen dieser Vorschriften wird zwingend gefordert, dass die darin angeführten Dokumente (Alarm- und Gefahrenabwehrplan, Betriebsanleitung, Betriebsanweisung, Brandschutznachweis, EG-Konformitätserklärung, Explosionsschutzdokument, Fluchtwegeplan, Gefährdungsbeurteilung, Installationsbescheinigung, Kranbuch, Prüfbuch, Prüfzertifikat u. a.) angefertigt und wieder auffindbar abgelegt werden. Darüber hinaus sind Dokumente (z. B. Protokolle von Emissionsmessungen, TÜV-Prüfbescheinigungen, Prüfstatiken) auch nö-
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
tig, um die vorschriftengemäße Ausführung bzw. Nutzung beweisen zu können. c) Nicht zuletzt spielt die Dokumentation aber auch eine wichtige Rolle in Zusammenhang mit vereinbarten Leistungen bei der Errichtung und dem Betrieb der Anlage selbst, indem sie zu einem vertragsrelevanten bzw. sicherheitskritischen Sachverhalt einen Nachweis oder Beweis liefern kann. Zusammenfassend gilt auch heute der Grundsatz: Was du Schwarz auf Weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen! Bei der Beurteilung von Schäden und Haftungsansprüchen, die in Verbindung mit den Ausführungen nach a) bis c) untersucht werden, sind rechtliche Aspekte häufig mit entscheidend. Die weiteren Ausführungen sollen für den Nichtjuristen einen Überblick und eine Orientierung geben.
2.1 Übersicht zu rechtlichen Regelungen in der BRD Man unterscheidet in der BRD zwischen dem Öffentlichen Recht und dem Privatrecht gemäß den Unterteilungen in Abb. 2.1.
Recht in der BRD
Öffentliches Recht
Privatrecht
Verfassungsrecht Verwaltungsrecht Strafrecht/OrdnungsStrafrecht / widrigkeitenrecht Gerichtsverfassung/ / Gerichtsverfassung Prozeßrecht Staats- und Völkerrecht
BGB, BGB, Familienrecht IndividualIndividualarbeitsrecht Handels-/ / HandelsGesellschaftsrecht Erbrecht
Abb. 2.1 Übersicht zum Recht in der Bundesrepublik Deutschland (nach [2−29])
2.1 Übersicht zu rechtlichen Regelungen in der BRD
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Das Privatrecht bestimmt die Rechtsbeziehungen zwischen zwei gleichgestellten Personen (Parteien). Das Privatrecht ist in den meisten Ländern in einem Zivilgesetzbuch geregelt. In der BRD finden sich die zivilrechtlichen Regelungen vorwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) [2−1]. Im Öffentlichen Recht ist der Staat der anderen Person (Partei) übergeordnet. Die staatlichen Organe (z. B. Behörden, Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte usw.) nehmen hoheitliche Aufgaben wahr und sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, dem Öffentlichen Recht Geltung zu verschaffen. Für die Dokumentationsthematik sind im Öffentlichen Recht insbesondere das Verwaltungsrecht sowie das Ordnungswidrigkeiten- und das Strafrecht wichtig. Eine Untersetzung der allgemeinen Ausführungen zum Recht der BRD erfolgt schwerpunktbezogen in Abb. 2.2, auf der die nationalen rechtlichen Regelungen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz dargestellt sind. Auf die Darstellung des übergeordneten Rechts der Europäischen Union wurde verzichtet, da die von der Europäischen Kommission erlassenen EU-Richtlinien ohnehin in deutsches Recht überführt werden müssen.
Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (Recht der BRD)
Privates Recht
Staatliches Recht
Gesetze (Gesetzgeber) Normsetzer (Staatliche Organe)
Verordnungen (Bundesregierung) Technische Regeln zu Verordnungen
Autonomes Recht
BG-Vorschriften (Berufsgenossenschaften)
BG-Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen (Tarif- / Betriebsparteien)
Allgemein anerkannte Regeln der Technik (ISO, EN, DIN, VDI, VDE u. a.)
Abb. 2.2 Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (Recht in der BRD)
Die rechtlichen Regelungen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz können in drei Säulen gegliedert werden. Für die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen ist besonders das staatliche Recht in Form von Gesetzen und Ver-
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
ordnungen wichtig. In Abhängigkeit vom Gegenstand der Rechtsvorschrift ist zwischen Bundes- oder Landesrecht zu unterscheiden. Im autonomen Recht sind für die Dokumentation vor allem die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften wichtig. Diese sind gemäß SGB VI [2−2] für Unternehmer und Versicherte, d. h. für nahezu Jeden, bindend. Das staatliche und autonome Recht tangieren die sogenannten allgemein anerkannten Regeln der Technik gemäß folgendem Begriffsverständnis: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik sind auf wissenschaftlichen Grundlagen und fachlichen Erkenntnissen beruhende Regeln, die in der praktischen Anwendung erprobt sind und von der Mehrheit der Fachleute des jeweiligen Fachgebiet anerkannt sind und regelmäßig angewandt werden (nach [2−3]). Dies ist bei technischen Festlegungen zu vermuten, die nach einem Verfahren zustande kamen, an dem die betroffenen Fachkreise mitgewirkt haben.
Die allgemein anerkannten Regeln der Technik sind grundsätzlich als Empfehlungen bzw. Vorschläge zu verstehen. Sie sind keine Rechtsnorm und haben damit nicht den Charakter von gesetzlichen Vorschriften. Das heißt, es kann in begründeten Fällen davon abgewichen werden. Diese Aussage gilt uneingeschränkt für Normen (ISO, EN, DIN) und für Richtlinien (VDI, VDE usw.) von Fachverbänden und anderen Fachgremien. Verbindlicher sieht der Verfasser die Technischen Regeln, auf die in Verordnungen verwiesen wird, und die BG-Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, auf die in Unfallverhütungsvorschriften verwiesen wird. Große Bedeutung haben die allgemein anerkannten Regeln der Technik bei der Beurteilung strafrechtlicher und zivilrechtlicher Sachverhalte. Wurden diese Regeln eingehalten, so wurde i. d. R. gemäß Stand der Technik und somit nicht fahrlässig gehandelt. Umgekehrt muss ein abweichendes Verhalten sehr gut begründet (möglichst im Team) sein und nachvollziehbar dokumentiert werden. Das Privatrecht ist in den meisten Ländern in einem Zivilgesetzbuch geregelt. In der BRD finden sich die zivilrechtlichen Regelungen vorwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) [2−1]. Im Weiteren sind die wichtigsten Rechtsvorschriften, die im Umgang mit der Anlage und Dokumentation sowie in Verbindung mit den möglichen Folgen bei einem Rechtsverstoß in der BRD zu beachten sind, nochmals zusammengestellt: • • • •
Strafrecht gemäß Strafgesetzbuch (StGB) [2−3] Zivilrecht gemäß BGB [2−1] und Zivilprozessordnung [2−5] Ordnungsrecht gemäß Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) [2−6] sonstige Gesetze bzw. EU-Richtlinien, wie z. B.: − − − − − − −
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) [2−7] Arbeitssicherheitsgesetz (ArbSiG) [2−8] Arbeitsstättenverordnung(ArbstättV) [2−9] Arbeitszeitgesetz (ArbZG) [2−10] Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [2−11] Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) [2−12] Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) [2−13]
2.2 Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln
− − − − − − − − − − −
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Chemikaliengesetz (ChemG) [2−14] DIN EN ISO 12100: Sicherheit von Maschinen [2−15] EG ATEX-Produkt-Richtlinie [2−16] EG Druckgeräte-Richtlinie [2−17] EG Maschinen-Richtlinie [2−18] Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) [2−19] Geräte- und Produktsicherungsgesetz (GPSG) [2−20] Gewerbeordnung (GewO) [2−21] Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) [2−22] Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG) [2−23] Unfallverhütungsvorschriften „Allgemeine Vorschriften“ (BGV A1) [2−24]
In den weiteren Ausführungen dieses Buches werden die Konsequenzen für die Dokumentation, die sich aus einzelnen Rechtsvorschriften ergeben, noch näher betrachtet.
2.2 Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Ist ein Schaden (Personen-, Sach- oder Vermögensschaden) eingetreten, so gilt es zunächst die Ursachen zu ermitteln und zu beseitigen. Danach wird aber i. d. R. auch gefragt: Wer ist für den Schaden verantwortlich, liegen Versäumnisse vor und welche Konsequenzen ergeben sich für die beteiligten Personen und Unternehmen? Juristisch gesprochen setzt eine so genannte Tatbestandsprüfung ein, die nochmals zwischen einem objektiven und subjektiven Tatbestand unterscheidet. a) Der objektive Tatbestand beinhaltet die Frage: Was ist passiert? Dies kann beispielsweise ein „Unfall mit Körperverletzung einer Person“ oder ein „Maschinenschaden“ oder die „Verunreinigung eines Gewässers“ sein. Zugleich wird geprüft, ob es Vorschriften gibt, die einen solchen Tatbestand (Schaden) ahnten. b) Der subjektive Tatbestand fragt: Was habe ich mir (als Ausführender bzw. als Verantwortlicher) dabei gedacht? In diesem Zusammenhang wird geprüft, inwieweit die beteiligten und insbesondere die verantwortlichen Personen fahrlässig, grobfahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt haben. Im Ernstfall ist somit die Frage zu beantworten: Hat im Schadensfall die verantwortliche und ggf. auch die ausführende Person fahrlässig, grobfahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt?
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Vereinfachend gelten dabei die folgenden Begriffsverständnisse: Vorsätzlich handelt, wer den Schaden voraussehen konnte und dessen Eintritt billigend in Kauf genommen hat. Fahrlässig handelt [2−4], − wer entweder die Sorgfalt außer acht lässt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet und fähig ist, und deshalb die Tatbestandsverwirklichung (d. Verf.: Schadenssituation) nicht erkennt (unbewusste Fahrlässigkeit) oder − wer die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, jedoch pflichtwidrig und vorwerfbar im Vertrauen darauf handelt, dass sie nicht eintreten werde (bewusste Fahrlässigkeit). Grob Fahrlässig handelt [2–26], wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt; wer das unbeachtet lässt, was im gegebenen Falle Jedem gleich einleuchten musste.
Für die Praxis ist der Fahrlässigkeitsvorwurf besonders wichtig, wobei vereinfachend gilt: Ich handele fahrlässig, wenn ich in einer bestimmten Situation nicht entsprechend sorgfältig handele, obwohl ich es auf Grund meiner Fähigkeiten und Kenntnisse hätte tun können!
2.3 Mögliche Konsequenzen bei Pflichtverletzungen Als Hilfe für Führungskräfte, die im Leben der Anlage bzw. Dokumentation verantwortlich mitwirken, sowie für andere abhängig beschäftigte Personen (hier: Arbeitnehmer), die eine gefahrgeneigte Arbeit ausführen, sind im Weiteren mögliche Konsequenzen bei Pflichtverletzungen bzw. bei pflichtwidrigem Verhalten aufgeführt. Dies sind: a) Disziplinarische bzw. arbeitsrechtliche Konsequenzen Jeder Angestellte muss bei fehlerhafter Arbeit mit Kritik und ggf. finanziellen Konsequenzen rechnen. Sind die zu verantwortenden Fehler gravierend (z. B. erheblicher Sachschaden, Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften, Nichtbeachtung von Rechtsvorschriften) oder sind von den Auswirkungen Dritte betroffen, so ergeben sich mitunter auch disziplinarische bzw. arbeitsrechtliche Konsequenzen. Ob der Betreffende dabei fahrlässig gehandelt hat, spielt unter Beachtung aller Umstände eine wichtige Rolle. b) Privat- bzw. zivilrechtliche Konsequenzen Das zentrale deutsche Zivilgesetz ist das BGB [2–1]. Im § 823 (Schadenersatzpflicht) wird zu den zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen, die u. U. eine ge-
2.3 Mögliche Konsequenzen bei Pflichtverletzungen
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schädigte natürliche Person oder ein Unternehmer geltend macht, folgendes formuliert: (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. (2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes der Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Zivilrechtlich wird in der Rechtspraxis bezüglich Fahrlässigkeit nochmals unterschieden zwischen: grober Fahrlässigkeit, normaler Fahrlässigkeit und leichter Fahrlässigkeit. Dabei ist die Abgrenzung zwischen normaler und grober Fahrlässigkeit wichtig, da bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Schuldige voll haftet [2-25]. Zugleich treten bei grober Fahrlässigkeit viele Versicherer für den Schaden nicht ein. Bei zivilrechtlichen Verfahren, die mitunter auch als Nebenklagen in Strafprozesse eingebunden sind, ist somit besonders der Vorwurf eines grob fahrlässigen Handelns (s. Definition in Abschn. 2.2) entscheidend. c) Ordnungsrechtliche Konsequenzen Bei Verstößen gegen gesetzliche und/oder behördliche Auflagen können die befugten Stellen (z. B. Aufsichtsbehörden, Ordnungsämter, Feuerwehr, Polizei) gegenüber der verantwortlichen natürlichen bzw. juristischen Person eine Ordnungstrafe (Bußgeld) verhängen. Grundlage dafür sind einerseits das Ordnungswidrigkeiten-Gesetz (OWiG) [2−6] sowie die Ausführungen in den jeweiligen Rechtsvorschriften selbst. Die Gesetze und Verordnungen haben meistens einen Paragraphen „Bußgeltvorschriften“, in dem die Geldbuße bei ordnungswidrigen Verhalten konkret angeführt ist. Beispielsweise resultiert aus der Maschinenverordnung gemäß § 5 (Ordnungswidrigkeiten) [2−28]: Ordnungswidrig im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz Nr. 2 des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 3 Abs. 1, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 1 oder 2, eine Maschine oder ein Sicherheitsbauteil ohne EG-Konformitätserklärung in den Verkehr bringt.
Die im Beispiel angeführte Ordnungswidrigkeit kann gemäß Geräte- und Produktsicherheitsgesetz [2–20] mit Geldbuße bis 30000 EURO geahndet werden. d) Strafrechtliche Konsequenzen Grundlage für die Beurteilung von Straftaten ist das Strafgesetzbuch [2−4]. Von Rechts wegen ermittelt i. d. R. der Staatsanwalt.
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Bezüglich der strafrechtlichen Verantwortung natürlicher Personen steht im Strafgesetzbuch (StGB, § 15 (Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln): Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.
Als Strafe kommen Geldstrafe oder Freiheitsentzug in Betracht. Die Angaben in Tabelle 2.1 zeigen, dass gemäß StGB in vielen Situationen ein fahrlässiges Handeln unter Strafe steht. Das heißt, bei einem signifikanten objektiven Tatbestand ist bereits der Vorwurf eines fahrlässigen Handelns strafrechtlich relevant. Die strafrechtliche „Schwelle“ ist in diesen Fällen niedriger als die zivilrechtliche. Tabelle 2.1 Auszüge aus dem Strafgesetzbuch der BRD [2−4] § 222 Fahrlässige Tötung Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 229 Fahrlässige Körperverletzung Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 319 Baugefährdung (1) Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerkes gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. (weitere Abs. 2 bis 4) § 323e Unterlassene Hilfeleistung Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. § 324 Gewässerverunreinigung (1) Wer unbefugt ein Gewässer verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. § 324a Bodenverunreinigung (3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. § 325a Verursachen von Lärm, Erschütterungen und nichtionisierenden Strahlen (3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. § 326 Unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen (5) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe in den Fällen des Absatzes 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahre oder Geldstrafe.
2.3 Mögliche Konsequenzen bei Pflichtverletzungen
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Tabelle 2.1 (Fortsetzung) § 327 Unerlaubtes Betreiben von Anlagen (3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe in den Fällen des Absatzes 2 (d. Verf.: u. a. BImSchG- und WHG-Anlagen) Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. § 329 Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete (5) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe in den Fällen der Absätze 1 und 2 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
Entscheidend dafür, ob ein fahrlässiges Handeln vorliegt, sind die Sorgfaltsmaßstäbe für die jeweilige Situation. Dabei ist ferner zu beachten: • Im Rahmen der erforderlichen Sorgfalt wird grundsätzlich auf die Einsichtsfähigkeit eines durchschnittlichen objektiven Dritten in gleicher Situation und dessen gesunden Menschenverstand Bezug genommen. • Wer jedoch über ein qualifiziertes Wissen verfügt, muss aufgrund dieses Mehrwissens auch ein Mehr an Sorgfalt aufbringen. • Eine Strafbarkeit liegt nicht nur bei pflichtwidrigem aktiven Tun vor, sondern auch bei pflichtwidrigem Unterlassen einer gebotenen Handlung: Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.
(Laotse)
Die gemachten Ausführungen zur Strafbarkeit verdeutlichen, dass die Schwelle für ein strafrechtlich relevantes Vergehen „praxisnah“ ist. Das gilt auch für Versäumnisse bei der Dokumentation und den daraus möglichen Folgen. Ergänzend zu den vorgenannten Ausführungen über den Begriff des „fahrlässigen Handelns“ sind in Tabelle 2.2 mögliche Versäumnisse im Umgang mit der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen aufgeführt. Der Verfasser musste in seiner praktischen Tätigkeit in mehreren Großprojekten leidvoll erfahren, dass derartige dokumentarische Versäumnisse zu erheblichen Schäden führen können. Zum anderen erscheint in einigen Beispielfällen der Vorwurf eines fahrlässigen Handelns nicht unbegründet. Tabelle 2.2 Versäumnisse im Umgang mit der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen mit erheblichem Schadenspotential und dem Risiko eines Fahrlässigkeitsvorwurfs 1
Übergreifende Aspekte (inkl. Projekt- und Dokumentenmanagement) • Rechts- und sicherheitsrelevante Vorkehrungen und Aktionen (Pflichtenübertragung, Einweisung, Kontrollgänge, Schulungen, Training, Montagekontrollen usw.) werden nicht bzw. nicht eindeutig und nachvollziehbar dokumentiert. • Keine klaren Regelungen und Praktiken zur Master- bzw. Revisionspflege, sodass zu einem Dokument unterschiedliche Revisionsstände mit abweichenden Inhalten genutzt werden.
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Tabelle 2.2 (Fortsetzung) • Die werkvertraglichen Abnahmehandlungen, die u. a. mit Verantwortungs- und Gefahrenübergang verbunden sind, sind nicht bzw. unzureichend dokumentiert. • Keine Archivierung eines „eingefrorenen“ Belegexemplars der AS BUILTDokumentation inkl. Herstellerdokumentationen (im Sinne einer Urkunde), sodass Gewährleistungsansprüche nicht bzw. nur eingeschränkt durchsetzbar sind. 2
Engineering- und Beschaffungsphase • Informationsverluste und Risikoerhöhung an Schnittstellen (z. B. zwischen Basic-/ Detailengineering oder Engineering/Montage oder Engineering/Inbetriebnahme) durch Anwendung von ungeeigneten, nichteindeutigen Darstellungsformen bzw. Dokumentenarten. • Fehlerhafte Angaben in den Technischen Beschaffungsunterlagen, die die Lieferung und den Einsatz ungeeigneter Komponenten (Werkstoff, Druckstufe, Funktion, Dichtigkeit, Ex-Eignung u. a.) bewirken. • Die Herstellung der Dokumentation ist nicht bzw. nicht ausreichend in die Qualitätssicherungsmaßnahmen des Herstellers und/oder Bestellers einbezogen. Qualitätsmängel werden somit nicht oder verspätet erkannt. • Übernahme der Package-unit- bzw. Herstellerdokumentationen ohne vorherige, dokumentierte Abnahmeprüfung (Qualität, Auftragsgemäßheit). Gefahr der Fehlerfortpflanzung! • Mängel beim Identifizieren, Zuordnen und Wiederfinden von Dokumenten, auf die in so genannte Basisdokumenten (z. B. Qualifizierungs- und Validierungsdokumente) verwiesen bzw. referenziert wird.
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Bau-, Montage- und Inbetriebnahmephase (inkl. Abnahme der Anlage und Dokumentation) • Mängel in der Baustellenordnung bzgl. Inhalt und Form (z. B. für Fremdfirmenmitarbeiter nicht verständlich und nicht zugänglich). • Die Regelungen bzw. Formulare zum Arbeitserlaubnissystem der Baustelle sind in Form und Inhalt unzureichend; Freigabescheine werden nicht geordnet abgelegt und sicher aufbewahrt. • Notwendige Anweisungen für das Bau- und Montagepersonal fehlen bzw. sind mangelhaft bzw. nicht zugänglich; ggf. fehlen die Nachweise der durchgeführten Unterweisungen. • Inverkehrbringen von Maschinen und/oder Druckgeräten ohne gültige und sicher abgelegte EG-Konformitätserklärung bzw. ohne CE-Kennzeichnung. • Inverkehrbringen von Geräten und/oder Schutzsystemen zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen ohne gültige und sicher abgelegte EG-Konformitätserklärung bzw. ohne CE-Kennzeichnung. • Fehlende bzw. fehlerhafte Unterlagen (Bescheinigungen, Protokolle, Zertifikate, Erklärungen usw.) über notwendige Sicherheitsprüfungen vor Inbetriebnahme.
2.3 Mögliche Konsequenzen bei Pflichtverletzungen
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Tabelle 2.2 (Fortsetzung) • Übernahme der AS BUILT-Dokumentation ohne vorherige, dokumentierte Abnahmeprüfung (Qualität, Vertragsgemäßheit), sodass letztlich eine mangelhafte Dokumentation abgenommen und genutzt wird. 4
Betriebsphase (inkl. Instandhaltung und Umbaumaßnahmen) • Notwendige Anweisungen für das Betriebs- und Servicepersonal fehlen bzw. sind mangelhaft bzw. nicht zugänglich; ggf. fehlen die Nachweise der durchgeführten Unterweisungen. • Die Papierversion und die elektronische Version der Anlagendokumentation sind nicht identisch, sodass keine eindeutige Dokumentation- und Arbeitsbasis gegeben sind. • Mängel (fehlende, falsche, missverständliche Dokumente) in der Anlagendokumentation, die zu Bedienungsfehlern führen können. • Mängel (fehlende, falsche, missverständliche Dokumente) in der Anlagendokumentation, die zu Instandhaltungsfehlern durch das Servicepersonal führen können. • Nicht-Fortschreibung der Genehmigungsunterlagen bzw. Nicht-Anzeige von genehmigungsrelevanten Änderungen gegenüber der Behörde. • Unzureichendes Einpflegen von Änderungsvorgängen und zugehörigen Dokumenten (Change-Control-Dokumente) in die Anlagen- und/oder Betriebsdokumentation. • Fehlende bzw. fehlerhafte GMP-relevante Dokumente in Pharmabetrieben.
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Rückbau- und Archivierungssphase • Verstöße gegen Rechtsverordnungen wegen fehlender, falscher, missverständlicher u. a. Dokumente für den Rückbau (Stilllegung, Demontage, Entsorgung). • Versäumnisse beim Dokumenten- bzw. Datenschutz (Zugangs- und Zugriffsrechte, Aufbewahrung, Speicherung) während der Langzeit-Archivierung der haftpflichtrelevanten Dokumente (Papier und elektronisch) nach dem Rückbau.
Insgesamt ist das Risiko eines Fahrlässigkeitsvorwurfs beim Umgang mit verfahrenstechnischer Anlagen und der zugehörigen Dokumentation nicht zu unterschätzen. Der Verfasser gibt im Wissen um diese Gefahr und da die „Schwelle“ in vermeintlich guter Absicht schnell überschritten wird, folgenden Rat: Machen Sie Ihre Arbeit so, dass Ihnen niemals im Problemfall die folgenden Vorwürfe gemacht werden können: Das hätten Sie wissen müssen! oder
Das hätten Sie verhindern können!
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Analysieren und bewerten sie von Zeit zu Zeit an diesem „Maßstab“ ihr eigenes Tun. Dazu gehört auch die Qualität, Rechtskonformität und Beweiskraft der zugehörigen Dokumentation.
2.4 Verantwortung, Pflichtenübertragung und Sorgfaltspflichten Die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen wird i. Allg. in einem gegliederten, arbeitsteiligen Prozess erstellt und gepflegt. Die Aufgaben, Pflichten und Verantwortungen der beteiligten Unternehmen und Personen sind dabei eindeutig zu definieren, verbindlich zu vereinbaren und nachvollziehbar zu dokumentieren. Dies trifft auch auf Festlegungen über vollzogene Aufgaben- und Pflichtenübertragungen zu. Zunächst soll aber die Frage beantwortet werden: Kann Verantwortung auf Andere übertragen werden? Die Antwort ist aus Sicht des Verfassers differenziert zwischen der fachlichen und der strafrechtlichen Verantwortung zu sehen. Für die Fachverantwortung soll die folgende Begriffsdefinition gelten: Verantwortung ist ein Auftrag, im definierten Aufgabenbereich für ein bestimmtes Ergebnis ein zu stehen.
Daraus folgert, auch wenn die verantwortliche juristische bzw. natürliche Person an andere natürliche bzw. juristische Personen Aufgaben und Pflichten überträgt, so bleibt sie letztlich doch für die erfolgreiche fachliche Auftragsbearbeitung gegenüber dem Auftraggeber weiterhin verantwortlich. Sie kann somit die Verantwortung zwar „nach unten auf breitere Schultern verlagern“ und ggf. die eigene Verantwortung besser absichern; eine Delegation und Minderung der fachlichen Verantwortung ist letztlich aber nicht möglich. Im Unterschied dazu formuliert der Gesetzgeber im StGB § 14 (Handeln für einen anderen) [2−4]: (2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebes oder einem dazu Befugten 1. beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder 2. ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen, und handelt er auf Grund dieses Auftrages, so ist ein Gesetz nach dem besondere Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen.
Daraus abgeleitet, ist eine Übertragung strafrechtlicher Verantwortung möglich. Analoges gilt für die Übertragung sicherheitlicher Verantwortung gemäß dem nachfolgend zitierten § 13, BGV A1. Mit dem Verantwortungsbegriff eng verbunden ist der Begriff Pflicht entsprechend der Definition:
2.4 Verantwortung, Pflichtenübertragung und Sorgfaltspflichten
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Pflicht ist die Notwendigkeit zu einem Tun oder Unterlassen, die sich aus Vertrag, Gesetzen, Verhaltensnormen, Anweisungen usw. ergibt. (kurz: Pflicht ist eine dringend notwendige Aufgabe!)
Aufgaben und Pflichten können grundsätzlich übertragen werden. Bezug nehmend auf sicherheitliche Pflichten steht beispielsweise in der BGV A1, § 13 (Pflichtenübertragung) [2−30]: Der Unternehmer kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm nach Unfallverhütungsvorschriften obliegende Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Die Beauftragung muss den Verantwortungsbereich und Befugnisse festlegen und ist vom Beauftragten zu unterschreiben. Eine Ausfertigung ist ihm auszuhändigen.
Die mögliche Aufgaben- und Pflichtenübertragung wird in der Praxis zunehmend genutzt, insbesondere auch beim Einbringen von Dokumentationsleistungen. Beispiele für schriftlich vollzogene Aufgaben- und Pflichtenübertragungen betreffs der Dokumentation sind: − werk- bzw. dienstvertragliche Regelungen zur Herstellung bzw. Pflege der Dokumentation (s. Abschn. 4.4), − Festlegungen in Arbeitsverträgen zum o. g. Sachverhalt, − Festlegungen in Richtlinien, Stellenbeschreibungen, Organigrammen usw. des Projekts (s. Abschn. 4.6) bzw. des Betriebs (s. Abschn. 6.3), − Pflichtenübertragung betreffs Dokumentationsleistungen analog § 13, BGV A1 [2−30] (s. Abb. 4.1 in Abschn. 4.2). Damit die Pflichtenübertragung bzw. Delegierung von Aufgaben rechtswirksam ist, obliegen dem Unternehmer bzw. seinem Beauftragten (z. B. Projekt- oder Betriebsleiter) auf Grund der allgemeinen Gesetzeslage die folgenden Sorgfaltspflichten gegenüber den bestellten Personen bzw. beauftragten Unternehmen: • Auswahlverantwortung − Wählen Sie für die anstehenden Aufgaben die richtigen Mitarbeiter ihres Unternehmens aus. − Wählen Sie für die anstehenden Aufgaben die richtigen Unternehmen aus. − Dokumentieren Sie die Entscheidungen und Handlungen nachvollziehbar. • Ordnungsverantwortung − Klären Sie im eigenen Unternehmen bzw. im Arbeitsteam die Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Befugnisse der Mitarbeiter. − Führen Sie möglichst eine schriftliche Pflichtenübertragung durch. − Führen Sie die Ersteinweisung der Mitarbeiter bzw. beauftragten Aufsichtspersonen durch. − Dokumentieren Sie die Entscheidungen und Handlungen nachvollziehbar. • Aufsichtsverantwortung − Führen Sie stichprobenartige Kontrollen bzgl. der Aufgaben- und Pflichten-
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
erfüllung, der gegebenen Sicherheit und Ordnung des Gesundheits- und Umweltschutzes sowie der Einhaltung von Rechtsvorschriften durch. − Prüfen Sie zu Beginn und wiederkehrend die Notwendigkeit von Gefährdungsbeurteilungen, Betriebsanweisungen u. a. Vorgaben für die Tätigkeiten. − Führung Sie bei gegebenen Anlass wiederkehrende Unterweisungen durch. − Dokumentieren Sie die Entscheidungen und Handlungen nachvollziehbar. Beim Delegierenden verbleibt somit, auch nach vollzogener schriftlicher Pflichtenübertragung, die Auswahl-, Ordnungs- und Aufsichtsverantwortung. Trotz dieser verbleibenden Verantwortung sollte der für die Dokumentation Verantwortliche (s. Abschn. 4.2) von einer schriftliche Pflichtenübertragung auf Mitarbeiter bzw. andere Aufsichtspersonen Gebrauch machen. Sie macht die Organisation transparenter und trägt wirksam dazu bei, dass jeder seine Pflicht tut bzw. bei Pflichtverletzungen der persönlich Zuständige ermittelt und ggf. haftbar gemacht werden kann.
2.5 Haftung und Gewährleistung 2.5.1 Grundsätzliches zur Haftung Haftung bedeutet i. Allg. für einen eingetreten Schaden verantwortlich zu sein und diesen zu ersetzten bzw. durch geeignete Maßnahmen wieder gut zu machen. Der Schaden, der die Dokumentation selbst betrifft bzw. durch Dokumentationsmängel verursacht wurde, kann u. a. ein Sachschaden, Personenschaden, Vermögungsschaden oder immaterieller Schaden sein. Die Haftung kann sich aus dem Vertrag oder unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Grundsätzlich setzt eine Haftung ein Verschulden voraus [2–27]. Verschulden bezeichnet das objektiv pflichtwidrige und subjektiv vorwerfbare Verhalten einer schuldfähigen Person. Es ist vielfach Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch bzw. für die Strafbarkeit einer Handlung [2–27] (s. auch Abschn. 2.3). Im Haftungsfall muss i. d. R. der Geschädigte (Anspruchsstelle) den Haftungsanspruch bezüglich des eingetretenen Schadens und Verursachers beweisen (Beweislast/-pflicht). Beispielweise steht über Schuldverhältnisse (u. a. Werk- und Dienstverträge) dazu im BGB, § 280 (Schadenersatz wegen Pflichtverletzung): (1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
Die deutsche Rechtsordnung kennt allerdings in Ausnahmen auch eine verschuldungsunabhängige Verdachtshaftung und ggf. eine Beweislastumkehr (z. B. nach Produkthaftungsgesetz [2–22] bzw. Umwelthaftungsgesetz [2–23] (s. Abschn. 2.5.2)). Auf dem Gebiet der Dokumentation können sich Haftungs- bzw. Schadenersatzansprüche beispielsweise dann ergeben, wenn:
2.5 Haftung und Gewährleistung
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− − − − −
die Dokumentation mangelhaft ist, Rechtsvorschriften nicht eingehalten wurden, ein Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik vorliegt, versäumt wurde, Fachspezialisten hinzuzuziehen, keine rechtzeitigen Informationen an die betreffenden Personen, Unternehmen, Behörden u. a. ergangen sind, − der Zeitplan nicht eingehalten wird. In Tabelle 2.2 im Abschn. 2.3 sind weitere mögliche haftungsrelevante Versäumnisse zur Dokumentation angegeben. Zusammenfassend gilt zur Haftung: Haftungsaspekte sind häufig gesetzlich und teilweise dazu ergänzend vertraglich geregelt. 2.5.2 Dokumentationsbedarf infolge Produkt- und Umwelthaftung a) Haftung und Dokumentation gemäß Produkthaftungsgesetz [2−22]
Das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) formuliert im § 2: Produkt im Sinne dieses Gesetzes ist jede bewegliche Sache, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet, sowie Elektrizität.
Gemäß dieser Definition sind in verfahrenstechnischen Anlagen ein Großteil der gelieferten Komponenten als Produkte im Sinne des ProdHaftG zu verstehen und zu handhaben. Die zugehörigen Technischen Produktdokumentationen [1−6] sind als Bestandteil dieser Produkte zu verstehen. Darüber hinaus kann aber beispielsweise die Papierversion der AS BUILT-Dokumentation (im Sinne einer beweglichen Sache) ebenfalls als eigenständiges Produkt nach ProdHaftG betrachtet werden. Im Weiteren soll analysiert werden: Welche Anforderungen ergeben sich aus dem ProdHaftG für die Produktdokumentation sowie für evtl. Haftungsansprüche? Entsprechend dem Gesetzestext in Tabelle 2.3 lassen sich dazu folgende Antworten ableiten. Tabelle 2.3 Auszug aus dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) [2−22] §1
Haftung (1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Fall der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Tabelle 2.3 (Fortsetzung) für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist. (2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn 1. er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat, 2. nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte, 3. er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat, 4. der Fehler darauf beruht, dass das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder 5. der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte. (4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast. §3
Fehler (1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere a) seiner Darbietung, b) des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, c) des Zeitpunkts, in dem es in Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann. (2) Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.
• Zuerst müssen Produktfehler unbedingt vermieden werden, sodass diese Haftungsvoraussetzung a priori ausgeschlossen wird. Dies erfordert gemäß § 3, dass das Produkt unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere − seiner Darbietung und − seines Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, ausreichend sicher ist. Darbietung ist die Summe der schriftlichen, mündlichen und sonstigen Äußerungen des Herstellers zu Eigenschaften, Funktionen, Anwendungen, Zuverlässigkeit und Sicherheit eines Produkts [1−10]. Zur Darbietung dient hauptsächlich die Technische Produktdokumentation, meistens in Form einer Betriebsanleitung.
2.5 Haftung und Gewährleistung
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Der gemäß § 3 definierte Fehlerbegriff beinhaltet jedoch auch einen Fehlgebrauch des Produkts, mit dem der Hersteller rechnen muss [2−31]. Eine fehlerfreie Darbietung (Dokumentation) muss deshalb benutzerspezifische Hinweise auf die bestimmungsgemäße Verwendung des Produkts sowie auf Restgefahren und Vorkehrungen enthalten. • Bei der Produktentwicklung und -darbietung sind die geltenden Rechtsvorschriften und i. d. R. auch die allgemein anerkannten Regeln der Technik (s. Abschn. 2.1) einzuhalten. Genügt ein Produkt (inkl. zugehörige Dokumentation) nicht den rechtlichen u. a. Normen, so muss i. d. R. gefolgert werden, dass es nicht die notwendige Sicherheit bietet und damit gemäß § 3, ProdHaftG einen Fehler hat. Ein strukturiertes und haftungssicheres Vorgehen sollte die folgenden, nachvollziehbar zu dokumentierenden Arbeitsschritte beinhalten [1−10]: − Produkt- und Zielgruppenanalyse, − Recherche und Zusammenstellung der geltenden Anforderungen aus Rechtsvorschriften und Normen, − Gefahrenanalyse und Risikobeurteilung, − Nachweis, dass das Produkt die gestellten Anforderungen erfüllt (interne Dokumentation) − eine notwendige Sicherheitskennzeichnung, − Hersteller- und/oder EG-Konformitätserklärung, − Betriebsanleitung. Die wichtigsten Bestandteile der zugehörigen Technischen Produktdokumentation (betriebsintern und -extern) sind in Abb. 2.3 angeführt. • Voraussetzung für eine Schadenersatzpflicht des Herstellers nach § 1, ProdHaftG ist zunächst, dass durch den Fehler eines Produkts ein Mensch getötet, an Körper oder Gesundheit verletzt oder eine andere Sache (nicht nur das fehlerhafte Produkt) beschädigt wurde. Gemäß § 1, Abs. (4), 1. Satz hat der Geschädigte den Schaden, den Fehler und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden zu beweisen (Beweislast). Soweit ist die angeführte Regelung zunächst analog zum BGB (s. Abschn. 2.5.1) zu sehen, aber dies ist nur die „halbe Wahrheit“. Den Unterschied im Sinne einer verschuldensunabhängigen Haftung macht der 2. Satz, Abs. (4) aus, in dem der Gesetzgeber eine Beweislastumkehr festlegt, sobald die Ersatzpflicht des Herstellers gemäß § 1, Abs. (2) oder (3) streitig ist. Für den Hersteller ergeben sich im Haftungsfall somit zwei Varianten. Kann er belegen, dass einer der Punkte von Abs. (2) zutrifft, z. B. durch − Nachweis, dass der schadenverursachende Produktfehler zum Zeitpunkt seines Inverkehrbringens nicht vorlag oder dem − Nachweis, dass der Produktfehler gemäß damaligen Stand der Wissenschaft und Technik nicht erkannt werden konnte, so bleibt die Beweislast beim Geschädigten. Gelingt dies dem Hersteller nicht, und in der Praxis ist diese Situation nicht selten, muss der Hersteller den kausa-
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
len Beweis erbringen. Dazu hat er zu beweisen, dass „nach den Umständen davon auszugehen ist“, dass das Produkt im Zeitpunkt des Inverkehrbringens den Fehler noch nicht aufwies. Voraussetzung für eine solche Beweisführung ist eine zuverlässige Produktdokumentation, insbesondere mit zuverlässigen Angaben über durchgeführte Qualitätskontrollen [2−31].
Technische Dokumentation
Betriebsexterne technische Dokumentation
Betriebsinterne technische Dokumentation Pflichtenheft Konstruktionsunterlagen Betriebsanweisungen Fertigungsunterlagen/Arbeitsanweisungen Qualitätsdokumentation Umweltschutzdokumentation usw.
Technische Dokumentation für die Nutzung des Produktes Benutzerinformationen (Betriebsanweisungen, Gebrauchsanweisungen, Hinweise) Bestandteile: Herstellerangaben, Bezeichnung, Typ, bestimmungsgemäße Verwendung, Warnung v. Restgefahr u. Missbrauch, Angaben über Transport, Installation, Montage, Inbetriebnahme, Einarbeitung, Rüsten, Verwendung, Handhabung, Instandhaltung incl. Wartung und Beseitigung von Störungen, Demontage, Recycling, ggf. umweltgerechte Entsorgung
Technische Dokumentation für den Vertrieb Produktinformationen Datenblätter Prospekte Kataloge technische Anteile von Angeboten usw.
Abb. 2.3 Hauptbestandteile der Technischen Produktdokumentation (nach [2−32])
b) Haftung und Dokumentation gemäß Umwelthaftungsgesetz [2−23] Das Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG) regelt die Haftbarkeit für Umweltschäden (s. Tabelle 2.4). Die Anlagen, welche dem UmweltHG unterliegen, sind im Anhang 1 des Gesetzes aufgeführt. Die Zusammenstellung im Anhang 1 ist gegliedert nach: − − − −
Wärmeerzeugung, Bergbau, Energie, Steine, Erden, Glas, Keramik, Baustoffe, Stahl, Eisen und sonstige Metalle einschließlich Verarbeitung, Chemische Erzeugnisse, Arzneimittel, Mineralölraffination und Weiterverarbeitung,
2.5 Haftung und Gewährleistung
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− Oberflächenbehandlung mit organischen Stoffen, Herstellung von Materialien aus Kunststoff, sonstige Verarbeitung von Harzen und Kunststoffen, − Holz, Zellstoff, − Nahrungs-, Genuss- und Futtermittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse, − Abfälle und Reststoffe, − Lagerung, Be- und Entladung von Stoffen, − Sonstiges. Insgesamt sind ca. 100 verschiedene Anlagen aufgeführt, d. h. für den Großteil der verfahrenstechnischen und nach der 4. BImSchV [2−33] (s. Abschn. 5.3) genehmigungsbedürftigen Anlagen gilt das UmweltHG. Die Begriffsdefinitionen in § 3 machen zugleich deutlich, dass die möglichen Umwelteinwirkungen und der Anlagenbegriff weit gefasst sind. Kernpunkte dieses Gesetzes sind: • Es wird eine so genannte Ursachenvermutung festgelegt. Dabei wird im Schadensfall angenommen, dass eine Anlage mit potentiellen Umweltrisiken a´ priori die Schäden verursacht hat. Dies entspricht einer verschuldungsunabhängigen Gefährdungshaftung. Das heißt beispielsweise, ein Betrieb haftet verschuldungsunabhängig auch dann, wenn er seine Anlage − genehmigungskonform, − unter Einhaltung der zulässigen Grenzwerte, − unter Berücksichtigung aller Auflagen ohne Störungen betrieben hat, dies aber nicht dokumentarisch nachweisen kann. Tabelle 2.4 Auszug aus dem Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG) [2−23] §1
Anlagenhaftung bei Umwelteinwirkungen Wird durch eine Umwelteinwirkung, die von einer im Anhang 1 genannten Anlage ausgeht, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Inhaber der Anlage verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
§3
Begriffsbestimmungen (1) Ein Schaden entsteht durch eine Umwelteinwirkung, wenn er durch Stoffe, Erschütterungen, Geräusche, Druck, Strahlen, Gase, Dämpfe, Wärme oder sonstige Erscheinungen verursacht wird, die sich in Boden, Luft oder Wasser ausgebreitet haben. (2) Anlagen sind ortsfeste Einrichtungen wie Betriebsstätten und Lager. (3) Zu den Anlagen gehören auch a) Maschinen, Geräte, Fahrzeuge und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen und b) Nebeneinrichtungen, die mit der Anlage oder einem Anlagenteil in einem räumlichen oder betriebstechnischen Zusammenhang stehen und für das Entstehen von Umwelteinwirkungen von Bedeutung sein können.
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Tabelle 2.4 (Fortsetzung) §5
Beschränkung der Haftung bei Sachschäden Ist die Anlage bestimmungsgemäß betrieben worden (§ 6 Abs. 2 Satz 2), so ist die Ersatzpflicht für Sachschäden ausgeschlossen, wenn die Sache nur unwesentlich oder in einem Maße beeinträchtigt wird, das nach den örtlichen Verhältnissen zumutbar ist.
§6
Ursachenvermutung (1) Ist eine Anlage nach den Gegebenheiten des Einzelfalles geeignet, den entstandenen Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch diese Anlage verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach dem Betriebsablauf, den verwendeten Einrichtungen, der Art und Konzentration der eingesetzten und freigesetzten Stoffe, den meteorologischen Gegebenheiten, nach Zeit und Ort des Schadenseintritts und nach dem Schadensbild sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. (2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Anlage bestimmungsgemäß betrieben wurde. En bestimmungsgemäßer Betrieb liegt vor, wenn die besonderen Betriebspflichten eingehalten worden sind und auch keine Störung des Betriebs vorliegt. (3) Besondere Betriebspflichten sind solche, die sich aus verwaltungsrechtlichen Zulassungen, Auflagen und vollziehbaren Anordnungen und Rechtsvorschriften ergeben, soweit sie die Verhinderung von solchen Umwelteinwirkungen bezwecken, die für die Verursachung des Schadens in Betracht kommen. (4) Sind in der Zulassung, in Auflagen, in vollziehbaren Anordnungen oder in Rechtsvorschriften zur Überwachung einer besonderen Betriebspflicht Kontrollen vorgeschrieben, so wird die Einhaltung dieser Betriebspflicht vermutet, wenn 1. die Kontrollen in dem Zeitraum durchgeführt wurden, in dem die in Frage stehende Umwelteinwirkung von der Anlage ausgegangen sein kann, und diese Kontrollen keinen Anhalt für die Verletzung der Betriebspflicht ergeben haben, oder 2. im Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs die in Frage stehenden Umwelteinwirkung länger als zehn Jahre zurückliegt
Die Gefährdungshaftung ist als „Gegenleistung“ des Betreibers einer Anlage mit einem bestimmten Gefährdungspotenzial gegenüber der Gesellschaft, die dem Betreiber den Betrieb der Anlage erlaubt, zu verstehen. • Die Beweislast liegt im Basisfall zunächst entsprechend der Ursachenvermutung beim Anlagenbetreiber und nicht beim Geschädigten. • Der Anlagenbetreiber kann die Ursachenvermutung außer Kraft setzen und somit die Beweislast an den Geschädigten übertragen, wenn er die Vorgaben gemäß § 6, Abs. (2), (3) und (4) einhält und dies nachvollziehbar dokumentieren kann. Dies bedeutet aber insbesondere, dass − die Einhaltung verwaltungsrechtlicher Zulassungen, von Auflagen und vollziehbaren Anordnungen und von Rechtsvorschriften während des bestim-
2.5 Haftung und Gewährleistung
39
mungsgemäßen Betriebs erfolgt ist und gerichtsfest nachgewiesen werden kann sowie − alle in der Zulassung, in Auflagen, in vollziehbaren Anordnungen oder in Rechtsvorschriften vorgeschrieben Kontrollen (z. B. Emissionsmessungen) durchgeführt wurden, keine Pflichtverletzungen ergaben und dies gerichtsfest dokumentiert ist. Die möglichen und sehr wesentlichen Haftungserleichterungen für den Betreiber bewirken somit erhebliche Dokumentationspflichten während des Anlagenbetriebs. • Liegt die in Frage stehende Umwelteinwirkung gegenüber dem Zeitpunkt des Schadenersatzanspruchs länger als 10 Jahre zurück, so hat gemäß § 6, Abs. (4) Satz 2 der Geschädigte den ursächlichen Beweis zu erbringen. • Die Haftungshöchstgrenze nach § 15 UmweltHG liegt bei 85 Millionen Euro, soweit die Schäden aus einer einheitlichen Umwelteinwirkung entstanden sind. • Für spezielle Anlagen besteht die Pflicht, eine Deckungsvorsorge für eventuelle Schäden, z. B. durch eine Haftpflichtversicherung zu schaffen. Insgesamt sind bei verfahrenstechnischen Anlagen die Umwelthaftungsrisiken nach UmweltHG und der sich daraus ableitende Dokumentationsbedarf erheblich. In der Praxis wird dies aber, anders als bei den Produkthaftungsrisiken, mitunter unterschätzt. Praktische Vorschläge, wie der Dokumentationsbedarf konkret umgesetzt werden kann, werden im Abschn. 3.7.4 und Kap. 6 gemacht. 2.5.3 Gewährleistung für die Dokumentation Gewährleistung bedeutet i. d. R. im Rahmen eines Vertrags für eine vereinbarte Beschaffenheit (zugesicherte Eigenschaften) des Werkes (Vertragsgegenstand) gemäß den vereinbarten Maßnahmen bei Nichterfüllung ein zu stehen. Die Maßnahmen bei Nichterfüllung können u. a. sein: − Mangelbeseitigung durch Auftragnehmer (Nachbesserung), − Mangelbeseitigung durch Auftraggeber bzw. von ihm beauftragte Dritte auf Kosten des Auftragnehmers (Selbstvornahme), − Herabsetzung der Vergütung (Minderung), − Rückgängigmachung des Vertrages (Wandlung), − Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages (Vertragsstrafe), − Schadenersatz/Sanktion wegen Terminverzug (Pönale). Dazu sollten im Vertrag entsprechende Regelungen getroffen werden (s. Abschn. 4.4 und 4.5). Im deutschen Recht gibt es nur wenige Festlegungen zur Gewährleistung der Dokumentation. Eine der Wenigen steht im BGB [2−1] in Verbindung mit Werk- und Kaufverträgen. Der Gesetzgeber spricht dabei nicht von Gewährleistung bzw. Garantie, sondern in der umgekehrten Sprachlogik von einer Verjährung der Mängelansprüche.
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Für den Werkvertrag (s. Abschn. 4.4.1), der im Anlagenbau häufig angewandt wird, steht dazu im § 634a (Verjährung der Mängelansprüche): (1) Die in § 634 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Ansprüche (d. Verf.: Nacherfüllung, Selbstvornahme, Schadenersatz) verjähren 1. vorbehaltlich der Nummer 2 in zwei Jahren bei einem Werk, dessen Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, 2. in fünf Jahren bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- und Überwachungsleistungen hierfür besteht und 3. im Übrigen in der regelmäßigen Verjährungsfrist (d. Verf.: 3 Jahre n. § 195). (2) Die Verjährung beginnt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 mit der Abnahme.
Die Dokumentationsleistungen sind ein wesentlicher Teil der Planungsleistungen, sodass die Mängelansprüche zur Dokumentation in den gleichen Fristen verjähren wie die Mängelansprüche zur zugehörigen Sache (Anlage) bzw. zum entsprechenden Bauwerk. Im Umkehrschluss heißt dies, dass der Auftragnehmer in einem Werkvertrag gemäß BGB für die vereinbarte Beschaffenheit − der Baudokumentation bis zu fünf Jahre und für − die anderen Dokumentationsteile bis zu zwei Jahre nach deren Abnahme gewährleistet. Analoge Aussagen sind zum Kaufvertrag getroffen, der im Anlagenbau insbesondere für die Komponentenbeschaffung genutzt wird (s. Abschn. 4.4.2). Für einen Kaufvertrag, für den auch das Produkthaftungsgesetz gemäß Abschn. 2.5.2 relevant ist, werden im § 438 (Verjährung der Mängelansprüche) ebenfalls Verjährungsfristen von 5 Jahren für Bauwerke und von 2 Jahre für sonstige Kaufobjekte angeführt. Die Planungs- bzw. Dokumentationsleistungen werden unter diesen Paragraphen nicht separat genannt, sind aus Sicht des Verfassers aber fester Bestandteil des Kaufobjekts. Die Rechtskraft der vorgenannten Aussagen zu Werk- und Kaufverträgen ist jedoch eingeschränkt zu sehen, da das im BGB formulierte Recht der Schuldverhältnisse dispositiv ist (s. Abschn. 4.4). Dies bedeutet, dass die Vertragsparteien etwas anderes vereinbaren können als im BGB betreffs der Schuldverhältnisse steht (so genannte Gestaltungsfreiheit). Oder anders gesagt, nur wenn nichts Anderes vereinbart ist, gelten beispielsweise die Festlegungen nach BGB, § 634 a (Verjährung der Mängelansprüche) und die entsprechende Gewährleistungsfrist von 5 bzw. 2 Jahren für die jeweiligen Dokumentationsteile. Ein Beispiel für diese abweichende Praxis ist die Vergabe und Durchführung von Bauaufträgen nach VOB (Verdingungsordnung für Bauleistungen) [2−34]. Die VOB ergänzt das Werkvertragsrecht des BGB um die bauspezifisch notwendigen Bedingungen. Um im Speziellen wirksam zu werden, müssen die Regelungen der VOB im Vertrag vereinbart werden. Konkret wird in der VOB Teil B (Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen) unter § 13 (Mängelansprüche), Nr. 4 formuliert:
2.5 Haftung und Gewährleistung
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(1) Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre, für andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht, und für die von Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre. Abweichend von Satz 1 beträgt die Verjährungsfrist für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen 1 Jahr. (2) Ist für Teile von maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, nichts anderes vereinbart, beträgt für diese Anlagenteile die Verjährungsfrist für Mängelansprüche abweichend von Abs. 1 zwei Jahre, wenn der Auftraggeber sich dafür entschieden hat, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht zu übertragen; dies gilt auch, wenn für weitere Leistungen eine andere Verjährungsfrist vereinbart ist.
Die Dokumentationsleistungen werden als Bestandteil der o. g. Vertragsleistungen nach VOB verstanden und sind entsprechend in die Gewährleistung einbezogen. Die Gewährleistungsfrist nach VOB ist i. d. R. kürzer als nach BGB, hat sich aber mit der Überarbeitung der VOB in der Fassung 2006 deutlich verlängert und auch in der Formulierung dem BGB angenähert. Zusammenfassend wird aus rechtlicher Sicht betreffs der Gewährleistung eingeschätzt: Der Gesetzgeber überlässt es weitgehend den Vertragsparteien, die Gewährleistungsaspekte bezüglich Anlage und Dokumentation zu vereinbaren. Nehmen die Parteien dies nicht wahr, gelten die Regelungen nach BG. Auf die konkreten Merkmale der Dokumentation, die letztlich zu gewährleisten sind, wird im Abschn. 4.5 eingegangen. 2.5.4 Aufbewahrungsgründe und -fristen von Anlagendokumenten Im Handels- und Steuerrecht sind zahlreiche Aufbewahrungspflichten für kaufmännische und geschäftliche Dokumentenarten vorgegeben, damit an Hand der aufzubewahrenden Dokumente die Buchführung überprüft werden kann [2−35] [2−38]. Im Mittelpunkt stehen stets die Aufbewahrungspflichten, die sich aus rechtlichen Vorgaben ergeben. Wichtige gesetzliche Grundlagen sind dafür das Handelsgesetzbuch (HGB) [2−36] sowie die Steuergesetzgebung. Methodisch wird unterschieden zwischen − − − −
den aufbewahrungspflichtigen Personen und Unternehmen, den aufbewahrungspflichtigen Dokumenten, den Aufbewahrungspflichten und den Aufbewahrungsformen.
In diesem Abschnitt, wie im ganzen Buch, bleibt dieser Themenkomplex (Office, Business, Controlling) weitgehend unbeachtet, obwohl er streng genommen ein Teil der Gesamtdokumentation einer verfahrenstechnischen Anlage ist.
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Im Fokus der weiteren Ausführungen soll die Aufbewahrung technischer Dokumente (inkl. Gesundheit, Sicherheit, Umwelt) stehen, die vorrangig zur Anlagendokumentation gehören und auch den wesentlichen Teil der AS BUILTDokumentation ausmachen. Die vorgenannte methodische Unterscheidung wird grundsätzlich beibehalten, jedoch der Praxissituation im Anlagenbau und -betrieb angepasst. Ergänzend zu gesetzlichen Aspekten werden auch vertragliche und betriebswirtschaftliche mit betrachtet. Bezogen auf die technischen Dokumente soll schwerpunktorientiert die Frage beantwortet werden: Wer muss bzw. soll, welche Dokumente, wie lange aufbewahren? In welcher Art und Weise dies zweckmäßig erfolgen kann, wird in diesem Abschnitt nur tangiert. Diesbezüglich wird insbesondere auf Abschn. 6.3 und Kap. 7 verwiesen. Einleitend zur Thematik, die mit vielen praktischen Fragestellungen und Unklarheiten verbunden ist, sollen zunächst folgende Vorbemerkungen und Klarstellungen erfolgen: •
• • • • •
•
Der Begriff Aufbewahren wird im Sinne von „Archivieren über einen definierten Zeitraum“ verstanden. Das Aufbewahren ist überwiegend passiv. Für das Sichern von Informationen während der aktiven Projekt- bzw. Betriebsphase werden im Unterschied dazu die Begriffe Ablage (gegenständlich) bzw. Speichern (elektronisch) verwandt. Aufbewahrt werden überwiegend statische bzw. zu einem bestimmten Zeitpunkt „eingefrorene“ Dokumente und/oder Dokumentationen. Die Aufbewahrung beginnt i. d. R. nach Lieferung und Abnahme der Dokumentation. Häufig hat kurz zuvor ein Gefahrenübergang bezüglich der Dokumentation stattgefunden. Die Aufbewahrungsfrist endet meistens mit Ablauf von Gewährleistungsund/oder Haftungsansprüchen bzw. von entsprechenden Verjährungsfristen. Die Aufbewahrungsfristen sind i. Allg. für die verschiedenen Einzeldokumente, Dokumentenarten und Dokumentationsteile differenziert zu betrachten und festzulegen. Eine generelle Aussage ist nicht möglich. Bei der Analyse der Aufbewahrungspflichten, die sich aus Rechtsvorschriften ergeben, muss insbesondere im internationalen Anlagenbau beachtet werden, welches nationale Recht im Vertrag bzw. im Auftrag vereinbart ist. Der Verfasser muss sich weitgehend auf deutsches bzw. europäisches Recht einschränken. Nicht zuletzt sind die Aufbewahrungsgründe und -fristen für die einzelnen Vertragspartner bzw. für andere beteiligte Stellen, die an der Dokumentation mitwirken bzw. diese nutzen, sehr unterschiedlich und entsprechend getrennt zu analysieren.
Ausgehend von der Feststellung im letzten Anstrich soll im Weiteren die Thematik aus Sicht der wesentlichen Partner diskutiert werden.
2.5 Haftung und Gewährleistung
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a) Aufbewahrung durch Hersteller bzw. seinen Bevollmächtigten Der Hersteller ist i. Allg. derjenige, der ein Produkt im Sinne des Produkthaftungsgesetzes [2–22] erzeugt und in Verkehr bringt. Er ist zugleich auch für die zugehörige Technische Produktdokumentation verantwortlich. Der Gesetzgeber hat für gefahrenträchtige Produkte nähere Vorgaben für deren Herstellen und Inverkehrbringen gemacht, die auch Angaben zur Dokumentation und zu den Aufbewahrungspflichten einschließen. In Tabelle 2.5 sind dazu nähere Informationen enthalten, die folgende anlagenrelevante Produkte betreffen: − „ Maschinen“ (sprich: Erzeugnisse) entsprechend dem erweiterten Begriffsverständnis nach Artikel 1 der Maschinen-Richtlinie [2–18], − Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen nach Artikel 1 der ATEX-Produkt-Richtlinie [2–16], − Druckgeräte und Baugruppen nach Artikel 1 der Druckgeräte-Richtlinie [2–17]. Tabelle 2.5 Aufbewahrungspflichten wesentlicher Herstellerdokumente RECHTSGRUNDLAGE/ DOKUMENT
AUFBEWAHRUNGSFRIST
a) Maschinen-Richtlinie (MRL/2006) [2−18] • EG-Konformitätserklärung (Original) n. Anhang II, Ziff. 1, Buchst. A und Ziff. 2
10 Jahre (n. letzten Tag d. Herstellung d. Maschine)
• Erklärung für den Einbau einer unvollständigen Maschine (Original) n. Anhang II, Ziff. 1, Buchst. B und Ziff. 2
10 Jahre (n. letzten Tag d. Herstellung d. unvollständigen Maschine)
• Technische Unterlagen für Maschinen n. Anhang VII, Buchst. A, Ziff. 1 und 2
10 Jahre (n. letzten Tag d. Herstellung d. Maschine bzw. bei Serienfertigung n. d. Tag d. Fertigstellung d. letzten Einheit)
• Spezielle technische Unterlagen für unvollständige Maschinen n. Anhang VII, Buchst. B
10 Jahre (n. letzten Tag d. Herstellung d. Maschine bzw. bei Serienfertigung n. dem Tag d. Fertigstellung d. letzten Einheit)
• EG-Baumusterprüfbescheinigung (Kopie), die technische Unterlagen u. alle dazugehörigen wichtigen Dokumente n. Anhang IX, Ziff. 4 und Ziff. 9.3
15 Jahre (n. Ausstellung d. Bescheinigung) Bem.: gilt für Hersteller und benannte Stelle
• Unterlagen für Bewertung des Qualitätssicherungssystems (QS) durch benannte Stelle n. Anhang X, Ziff. 4, 1. Anstrich
10 Jahre (n. letzten Tag d. Herstellung d. Maschine)
• Entscheidungen u. Berichte d. benannten Stelle über d. Bewertung des QS-Systems n. Anhang X, Ziff. 4, 2. Anstrich
10 Jahre (n. letzten Tag d. Herstellung d. Maschine)
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Tabelle 2.5 (Fortsetzung) b) ATEX-Produkt-Richtlinie [2−16] • EG-Baumusterprüfbescheinigung (Kopie) u. d. technische Unterlagen n. Anhang III, Ziff. 9 (Modul: EG-Baumusterprüfung)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Geräts)
• Unterlagen für Bewertung des Qualitätssicherungssystems (QS) durch benannte Stelle n. Anhang IV, Ziff. 5, 1. Anstrich (Modul: Qualitätssicherung Produktion)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Geräts)
• Unterlagen über die Aktualisierung des QS-Systems n. Anhang IV, Ziff. 5, 2. Anstrich (Modul: QS Produktion)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Geräts)
• Entscheidungen u. Berichte der benannten Stelle über d. Bewertung u. Prüfung des QS-Systems n. Anhang IV, Ziff. 5, 3. Anstrich (Modul: QS Produktion)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Geräts)
• EG-Konformitätserklärung (Kopie) n. Anhang V, Ziff. 3 (Modul: Prüfung der Produkte) bzw. n. Anhang VI, Ziff. 3 (Modul: Konformität mit der Bauart) bzw. n. Anhang VIII, Ziff. 4 (Modul: Interne Fertigungskontrolle
10 Jahre (n. Herstellung d. letzen Geräts)
• Unterlagen für Bewertung des Qualitätssicherungssystems (QS) durch benannte Stelle n. Anhang VII, Ziff. 5, 1. Anstrich (Modul: Qualitätssicherung Produkt)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Geräts)
• Unterlagen über die Aktualisierung des QS-Systems n. Anhang VII, Ziff. 5, 2. Anstrich (Modul: QS Produkt)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Geräts)
• Entscheidungen u. Berichte der benannten Stelle über das QS-System n. Anhang VII, Ziff. 5, 3. Anstrich (Modul: QS Produkt)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Geräts)
c) Druckgeräte-Richtlinie [2−17] und Druckgeräteverordnung (14. GPSGV) [2−37] • EG-Konformitätserklärung (Kopie) u. ggf. technische Unterlagen n. Anhang III (s. einzelne Module) • EG-Baumusterprüfbescheinigung (Kopie) u. technische Unterlagen n. Anhang III (s. relevante Module)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Druckgeräts) Bem.: s. auch §4, Abs. (1), Buchst. d) der Druckgeräteverordnung
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Druckgeräts)
2.5 Haftung und Gewährleistung
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Tabelle 2.5 (Fortsetzung) • EG-Entwurfsprüfbescheinigung (Kopie) u. technische Unterlagen n. Anhang III (s. relevante Module)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Druckgeräts)
• Unterlagen für Bewertung des Qualitätssicherungssystems (QS) durch benannte Stelle n. Anhang III (s. relevante Module)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Druckgeräts)
• Unterlagen über die Aktualisierung des QS-Systems n. Anhang III (s. relevante Module)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Druckgeräts)
• Entscheidungen u. Berichte der benannten Stelle über das QS-System n. Anhang III (s. relevante Module)
10 Jahre (n. Herstellung d. letzten Druckgeräts)
Die Mindestaufbewahrungsfrist der in den EU-Richtlinien vorgegebenen Dokumente beträgt i. Allg. 10 Jahre, beginnend nach dem letzten Tag der Herstellung des betreffenden Produkts. Wie konsequent der Gesetzgeber die Aufbewahrungspflicht sieht, verdeutlicht der folgende Auszug aus der Maschinen-Richtlinie, Anhang VII (Technische Unterlagen für Maschinen). 3. Werden die technischen Unterlagen den zuständigen einzelstattlichen Behörden auf begründetes Verlangen nicht vorgelegt, so kann dies ein hinreichender Grund sein, um die Übereinstimmung der betreffenden Maschine mit den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen anzuzweifeln.
Neben den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten gibt es für den Hersteller, dessen Begriffsdefinition in der Maschinen-RL [2−18] und im Produkthaftungsgesetz [2−22] enthalten ist, weitere Gründe für das Aufbewahren von Dokumenten nach Fertigstellen und Ausliefern seines Produkts. Dies sind u. a. • Klärung und ggf. Abwehr von Gewährleistungsansprüchen des Kunden. Entsprechend den üblichen Gewährleistungsfristen von 2 Jahren für gelieferte Anlagenkomponenten (s. Abschn. 2.5.3) sind auch die Dokumente mindestens so lange aufzubewahren. Gewährleistungsrelevante Dokumentenarten sind beispielsweise: freigegebene Werkstattzeichnungen inkl. Stücklisten, Schweißnachweise, Prüfbescheinigungen nach EN 10204, Nachweise über Qualitätskontrollen, Betriebsanleitungen, Wartungs-/Inspektionspläne. • Klärung und ggf. Abwehr von Haftungsansprüchen des Kunden bzw. Dritter. Die betroffenen Dokumentenarten sind den Ausführungen zum Produkthaftungsgesetz in Abschn. 2.5.2 zu entnehmen. Wichtig sind Dokumente, die die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen nachweisen sowie eine ausreichende Darbietung des Produkts und umfassende Qualitätskontrollen während seiner Herstellung belegen.
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
Die Aufbewahrungsfrist sollte ausgehend von der regelmäßigen Verjährungsfrist nach BGB [2−1] (d. Verf.: 3 Jahre n. § 195) mindestens 3 Jahre betragen. • Klärung von Change-Order-Vorgängen. Betroffen sind Dokumente oder einzelne Versionen bestimmter Dokumente, mit denen der Verursacher von Änderungen und entsprechenden Mehrkosten ermittelt werden kann. Neben technischen Dokumenten betrifft das oftmals auch Projekt- und Beschaffungsdokumente. • Nutzung der Dokumente für zukünftige Aufträge bzw. zur betriebsinternen Erfassung von Know-how. b) Aufbewahrung durch Generalunternehmer bzw. Package-unit-Lieferant Die genannten juristischen Personen liefern i. d. R. komplette Anlagen bzw. Teilanlagen, inkl. der zugehörigen Gesamtdokumentation, auf Basis eines Generalvertrages. Sie sind de facto der Hersteller einer kompletten verfahrenstechnischen Anlage und der entsprechenden AS BUILT-Dokumentation. Vorrangige Gesichtspunkte für die Aufbewahrung der AS BUILT-Dokumentation oder von Teilen davon sind: • Falls der Generalunternehmer (GU) bzw. Package-unit-Lieferant für die Gesamt- oder Teilanlage die EG-Konformität nach Maschinen-Richtlinie [2−18] bewerten und erklären muss, gelten für ihn auch einige Aufbewahrungspflichten in Tabelle 2.5, Teil a). Beispielsweise sind die EG-Konformitätserklärung für die Anlage und die Unterlagen des vorausgegangenen Konformitätsbewertungsverfahrens über 10 Jahre aufzubewahren. Eine analoge Pflicht kann sich für den GU ergeben, wenn er keine kompletten Maschinen einkauft, sondern diese aus Einzelzulieferungen (z. B. Pumpe und Antriebsmotor, Rührgefäß und Rührer mit Antriebsmotor) eigenverantwortlich konfiguriert. Er erhält in diesen Fällen vom Hersteller nur so genannte Einbauerklärungen nach Anhang II, Zi. 1, Buchst. B und muss vor Inverkehrbringen (Übergabe) der Anlage selbst die Konformität für die zusammenmontierte Maschine bewerten und erklären. • Klärung und ggf. Abwehr von Gewährleistungsansprüchen des Kunden. Die Aufbewahrungsfristen relevanter Dokumente sollten mindestens den Gewährleistungszeitraum überdauern. Dies können beispielsweise nach BGB für gewährleistungsrelevante Baudokumente 5 Jahre und für die anderen Dokumente 2 Jahre sein (s. Abschn. 2.5.3). • Klärung und ggf. Abwehr von Haftungsansprüchen des Kunden bzw. Dritter. Der GU bzw. Package-unit-Lieferant muss bis zur Verjährung eventueller Haftungsanprüche (z. B. 3 Jahre n. BGB, § 195) oder bis zum Eintritt von Beweiserleichterungen (z. B. 10 Jahre n. UmweltHG, § 6) die relevanten Nachweisdokumente sicher aufbewahren. Dazu gehören vorrangig Dokumente, mit denen die Erfüllung der rechtlichen Pflichten und der anerkannten Regeln der Technik während des Verantwortungszeitraums nachgewiesen werden kann. Ein Großteil davon sind Nachweise (Protokoll, Bescheinigungen, Zertifikate) über erfolgreich durchgeführte Sicherheitsprüfungen (s. Abschn. 3.7.5).
2.5 Haftung und Gewährleistung
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− Klärung von Change-Order-Vorgängen. − Nutzung der Dokumente für zukünftige Aufträge bzw. zur betriebsinternen Erfassung von Know-how. c) Aufbewahrung durch Ingenieurbüro Beim klassischen Engineeringvertrag verantwortet das Ingenieurbüro als Auftragnehmer verschiedenartige Ingenieurleistungen, aber keine Herstellung der Anlage. Die Leistungen für die Lieferung und Errichtung der Anlage kauft der Auftraggeber selbst ein. Das Ingenieurbüro bringt letztlich keine Produkte bzw. Anlagen in Verkehr und haftet somit auch nicht für die Vertragsleistungen inkl. Dokumentation der Produkthersteller/-lieferanten und der Bau-/Montagefirmen. Die Aufbewahrungspflichten sind aus diesem Grund im Vergleich zum Generalunternehmer (Buchstabe b) geringer. Trotz der vorgenannten Einschränkungen gibt es auch für das Ingenieurbüro zahlreiche Gründe für die Aufbewahrung von Dokumenten, wie z. B. • Klärung und ggf. Abwehr von Gewährleistungsansprüchen des Kunden. Das Ingenieurbüro gewährleistet für die Richtigkeit seiner Engineeringleistungen. Dies bedeutet nach BGB 5 Jahre für Bauplanung/-überwachung und 2 Jahre für sonstige Planungs- und Überwachungsleistungen. Nachweisdokumente für die rechts- und vertragskonforme Leistungserbringung sind mindestens über diesen Zeitraum aufzubewahren. • Klärung und ggf. Abwehr von Haftungsansprüchen des Kunden bzw. Dritter. Bei Rechtsverstößen aber auch bei Fehlern und Schäden, die auf ein fahrlässiges bzw. grob fahrlässiges fachliches Handeln zurückzuführen sind, drohen strafrechtliche, ordnungsrechtliche und/oder zivilrechtliche Konsequenzen (s. Abschn. 2.3). Schadenersatzansprüchen sind möglich. Die hohen Prämien für eine Planungshaftpflichtversicherung belegen die erheblichen Planungsrisiken. Die in der Tabelle 2.2 angeführten möglichen Versäumnisse und die Ausführungen im Abschn. 2.5.1 sind dafür Beispiele. Das Ingenieurbüro muss die eigenen Haftungsrisiken analysieren und bis zu deren Verjährung (z. B. 3 Jahre n. BGB, § 195) die notwendigen beweiskräftigen Dokumente aufbewahren. Im Mittelpunkt steht der Nachweis einer rechts- und genehmigungskonformen Planung sowie der Beachtung der anerkannten Regeln zum Stand der Technik. • In der Praxis beauftragt der Kunde nicht selten, auch wenn er selbst die Komponenten und die Montageleistungen einkauft, dass Ingenieurbüro mit dem Procurement (Technischer Einkauf) und/oder mit Überwachungs- und Kontrollaufgaben zur Anlage und Dokumentation. Der Verfasser war u. a. als Ingenieurbüro beauftragt, die Arbeiten bis zur Fertigstellung und Abnahme der AS BUILT-Dokumentation einer großen verfahrenstechnischen Anlage zu koordinieren und die Einhaltung der zugehörigen Verträge/Bestellungen zu kontrollieren. Im vorgenannten Fall erfolgt letztlich eine zusätzliche Pflichtenübertragung auf das Ingenieurbüro über die eigentlichen Planungsaufgaben hinaus. Damit erhöhen sich zugleich die Gewährleistungs- und Haftungsrisiken, verbunden mit Konsequenzen für die Aufbewahrungen von Nachweisdokumenten.
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2 Rechtliche Aspekte und Regelungen zur Dokumentation
• Nicht zuletzt muss das Ingenieurbüro die Aufbewahrung von Dokumenten auch zwecks Klärung von Change-Order-Vorgängen und zur Sicherung des eigenen Know-how sehen und durchsetzen. d) Aufbewahrung durch Anlagenbetreiber Für den Betreiber ist zunächst die Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs vorrangig. Die Aspekte der längerfristigen Aufbewahrung der Dokumentation sind trotzdem zu beachten und u. a. aus folgenden Gesichtspunkten zu entscheiden: • Der Betreiber muss zum Zeitpunkt der rechtverbindlichen Abnahme der AS BUILT-Dokumentation (beim Generalvertrag) bzw. der Herstellerdokumentationen (beim Engineeringvertrag mit separaten Liefer- und Montageverträgen) ein so genannte Belegexemplar der jeweiligen Dokumentation „einfrieren“ und möglichst gerichtsfest aufbewahren. Dieses Exemplar dient im Sinne einer Urkunde bei Gewährleistungs- und/oder Haftungsanprüchen als Beweis. Das Aufbewahren muss in elektronischer oder materieller Form derart passieren, dass Änderungen an der Dokumentation gegenüber dem Abnahmezeitpunkt (Gewährleistungsbeginn) überzeugend ausgeschlossen werden können. Die Aufbewahrungsfristen haben mindestens den Gewährleistungs- bzw. Haftungszeitraum zu entsprechen. • Nach Rückbau der verfahrenstechnischen Anlage sollte ein Exemplar der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Gesamtdokumentation „eingefroren“ und möglichst gerichtsfest aufbewahrt werden. Dieses Exemplar sollte gegebenenfalls entsprechend dem UmweltHG, § 6 (Ursachenvermutung) [2−23] als Nachweis dienen, dass zu jedem Zeitpunkt des bestimmungsgemäßen Anlagenbetriebs die besonderen Betriebspflichten eingehalten wurden und keine Störung des Betriebs vorlag (s. Abschn. 2.5.2, Buchstabe b). Im Minimum müssen zumindest die nach UmweltHG haftungsrelevanten Dokumente gerichtsfest aufbewahrt werden. Die Aufbewahrungsfrist sollte mindestens 10 Jahre betragen, um als früherer Betreiber bei Schadenersatzansprüchen, die in diesem Zeitraum im gegebenen Fall nach dem UmweltHG möglich sind, den Unschuldsbeweis führen zu können.
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Die Ordnung einer Dokumentation äußert sich in ihrer Struktur und Gliederung sowie in ihrer Klarheit und Eindeutigkeit. Demgegenüber zeigt sich die Funktion einer Dokumentation in ihrer Kausalität (Bezug zur Anlage, Nutzerfreundlichkeit) und ihrer Dynamik (Änderungs- und Anpassungsfreundlichkeit). Eine effiziente Funktion setzt eine zweckmäßige Ordnung voraus. Im vorliegenden Kapitel, welches insbesondere auch die wesentlichen Dokumentenarten und die fachlichen Inhalte der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen vermitteln soll, sind bezogen auf das sehr komplexe und zugleich spezifische Dokumentationsobjekt die folgenden Fragen zu beantworten: • Wie kann die Gesamtdokumentation einer verfahrenstechnischer Anlage zweckmäßig strukturiert bzw. gegliedert werden? • Wie sind die wesentlichen Gliederungsbestandteile begrifflich und inhaltlich definiert? • Welche Dokumentenarten gehören zu den einzelnen Teildokumentationen? • Wie sind die wichtigen Dokumentenarten begrifflich und inhaltlich definiert? • Wie sollten die einzelnen Dokumente zweckmäßig gekennzeichnet werden? Die Beantwortung liefert wesentliche Qualitäts- bzw. Spezifikationsmerkmale der Dokumentation (s. auch Abschn. 4.5). Sie sollte möglichst ganzheitlich, d. h. den ganzen Lebenszyklus beachtend, erfolgen. Der Verfasser musste in seiner Berufspraxis leider häufig feststellen, dass in vielen Unternehmen und Projekten dies nur unzureichend erfolgt ist. Mitunter ganz im Gegensatz zu sehr umfangreich vorhandenen Technischen Spezifikationen und Arbeitsrichtlinien für Anlagenkomponenten. Die nachfolgenden Betrachtungen gelten weitgehend unabhängig von der konkreten Ausführungsform (z. B. gegenständlich bzw. elektronisch) der Dokumentation und Dokumente. Dies bestätigen u. a. die Erfahrungen aus der Einsatzvorbereitung von Dokumenten-Management-Systemen (s. Kap. 7).
3.1 Grundstruktur der Gesamtdokumentation Entsprechend der Spezifik der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen wird eine stark vertikale (hierarchische) und horizontale Strukturierung für zweckmäßig erachtet.
50
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Gesamtdokumentation (Lebenslaufakte)
Hauptdokumentation
1000
2000 2100
Teildokumentation
Dokumentenart
Ebene 0
0001
2110
Dokument
3000 2200
Ebene 2 Ebene 3
2120 2121
Ebene 1
2122
Ebene 4
Abb. 3.1 Strukturvorschlag für die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Einen ganzheitlichen Vorschlag, der diesem Buch zugrunde liegt und der sich oftmals bewährt hat, zeigt Abb. 3.1. Der Begriff Gesamtdokumentation umfasst alle Dokumente, die im Leben der verfahrenstechnischen Anlage erstellt, verwaltet und archiviert werden. Dies bedeutet konsequenterweise, dass es außerhalb des Inhaltsverzeichnisses der Gesamtdokumentation keine weiteren anlagenbezogenen Dokumente geben darf. Ausnahmen sind zu definieren und zu vereinbaren. Die Gesamtdokumentation durchläuft synchron zur Anlage die verschiedenen Lebensphasen, wie sie im Abschn. 1.5 beschrieben und in Abb. 1.6 dargestellt sind. Begrifflich wird von einer „Gesamtdokumentation für die Anlage XYZ“ gesprochen. 3.1.1 Haupt- und Teildokumentationen Die Gesamtdokumentation gliedert sich zunächst in die Hauptdokumentationen. Diese umfassen die Dokumente relativ eigenständiger und großer Sachgebiete. Ausgehend von den Lebensphasen, den Inhalten sowie den Verantwortlichkeiten im Projekt bzw. im Betrieb werden i. Allg. folgende Hauptdokumentationen unterschieden: − − − − − − −
Projektdokumentation, Engineeringdokumentation, Genehmigungsdokumentation, Beschaffungsdokumentation, Anlagendokumentation, Betriebsdokumentation, Rückbaudokumentation.
3.1 Grundstruktur der Gesamtdokumentation
51
Weitere Hauptdokumentationen sind möglich. In der Praxis werden mitunter einzelne Hauptdokumentationen, obwohl die entsprechenden spezifischen Dokumentenarten existieren, als solche nicht wahrgenommen. In vielen Projekten spricht man beispielsweise nur zu Beginn von einer Engineering- oder Beschaffungsdokumentation, während diese Teile später in die Anlagendokumentation oder Projektdokumentation eingeordnet werden. Im Sinne einer systematischen und ganzheitlichen Betrachtungsweise sind die Hauptdokumentationen jedoch wichtig, da sie i. Allg. eigenständige Aufgaben, Pflichten und Verantwortlichkeiten abbilden. Ferner bedienen die Hauptdokumentationen nicht selten Kommunikationsschnittstellen zwischen verschiedenen Partnern. Die folgenden Abschnitte enthalten dazu nähere Ausführungen. Die 2. Strukturierungsebene sind die Teildokumentationen. Sie entsprechen Kapiteln der Hauptdokumentation. Beispiele sind: − die Gewerkedokumente in der Engineering- bzw. Anlagendokumentation, − die einzelnen Beschaffungsvorgänge in der Beschaffungsdokumentation oder − das Betriebs- bzw. Instandhaltungshandbuch in der Betriebsdokumentation. In den Abschn. 3.6 bzw. 3.7 wird insbesondere auf Teildokumentationen der Anlagen- bzw. der Betriebsdokumentation näher eingegangen. 3.1.2 Dokumentenarten und Dokumente Die dritte und wichtigste Strukturierungsebene bilden die Dokumentarten. Die Zuordnung der Einzeldokumente zu definierten Dokumentenarten ist ein wichtiges Klassifizierungs- und Ordnungsprinzip der Dokumentation. Oder anders formuliert, die Dokumentenarten bilden die „Schubladen“ in denen die Dokumente sortiert werden. Das Verständnis über diesen Begriff und dessen praktische Umsetzung ist für die gesamte Dokumentationsthematik von wesentlicher Bedeutung. Folgende Begriffsdefinition soll gelten: Eine Dokumentenart umfasst Dokumente gleicher inhaltlicher Zielstellung und gleicher formaler Struktur.
In der DIN EN 61355 (IEC 61355): Klassifikation und Kennzeichnung von Dokumenten für Anlagen, Systeme und Einrichtungen [1−4] wird ähnlich definiert: Eine Dokumentenart ist ein Typ eines Dokuments, definiert im Hinblick auf seinen festgelegten Informationsgehalt und die Darstellungsform.
Beide Definitionen besagen, dass die Dokumentenart ein Sammelbegriff für gleich- bzw. ähnlichartige Einzeldokumente ist. Die Dokumentenart fasst letztlich eine Menge von Einzeldokumenten nach übereinstimmenden, qualitativen Merkmalen zusammen. Während das Dokument immer „konkret“ existiert, ist die Dokumentenart abstrakt und damit für Manchen schwer verständlich.
52
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Beispielhaft sind in Tabelle 3.1 jeweils 30 grafische und nichtgrafische Dokumentenarten angeführt. Tabelle 3.1 Beispiele grafischer und nichtgrafischer Dokumentenarten Grafische Dokumentenarten
Nichtgrafische Dokumentenarten
− − − − − − − − −
Ortsplan Foto 3D CAD-Modell Lageplan Aufstellungsplan Gefahrenzonenplan Feuerwehrplan Fluchtwegeplan Projektterminplan
− − − − − − − − −
Gesetzestext Genehmigungsantrag Sicherheitsanalyse Genehmigungsbescheid EG-Sicherheitsdatenblatt Explosionsschutzdokument Technische Beschaffungsunterlage Besprechungsprotokoll Ausbildungsprogramm
− − − − − − − − − − − − −
Grundfließbild Verfahrensfließbild Rohrleitungs- und Instrumentenfließbild Schalungs- und Bewehrungsplan Belastungsplan Entwässerungsplan Stahlbau-Konstruktionszeichnung Explosionsdarstellungen Apparate-Fertigungszeichnung Unterflursummenplan Rohrplan Rohrleitungsisometrie Strangschema
− − − − − − − − − − − − −
Anlagenbeschreibung Verfahrensbeschreibung Funktionsbeschreibung Prüfstatik Standsicherheitsnachweis Ausrüstungsliste Ausrüstungsdatenblatt Rohrleitungsliste Betriebsanleitung Abnahmeprüfzeugnis 3.1 EG-Konformitätserklärung Gefährdungsbeurteilung Betriebsanweisung
− − − − − − − −
Übersichtsschaltplan Kabeltrassenplan Aufstellungsplan Messwarte Stromlaufplan Funktionsplan Klemmenplan Elektroinstallationsplan Erdungsplan
− − − − − − − −
PLT-Stellenliste PLT-Stellenblatt Alarm- und Verriegelungsliste E-Verbraucherliste Kabelliste Instumenten-Luftverteilerliste Installationsbescheinigung MSR-Gerätespezifikation
Für verfahrenstechnische Anlagen sind i. Allg. mehr als 200 verschiedene Dokumentenarten relevant. Viele davon werden in den späteren Ausführungen über die Haupt- und Teildokumentationen näher erläutert. Der Verfasser empfiehlt jeden Verantwortlichen und Spezialisten, der Dokumente und Dokumentationen erstellt, nutzt oder pflegt, sich für seinen Zuständigkeitsbereich eine Liste wichtiger Dokumentarten (LwD) zusammenzustellen. Dies kann unterteilt nach Aufgabenschwerpunkten und/oder nach Gewerken erfolgen.
3.1 Grundstruktur der Gesamtdokumentation
53
Damit verschafft er sich einen ersten Überblick zum Aufbau und Inhalt sowie zu wichtigen Begriffen seiner Dokumentation. Das Normenwerk, insbesondere der Prozessleit- und Elektrotechnik [1−4] [3−1] [3−2] sowie der Prozesstechnik [3−3], hilft dabei. In den Normen sind einige Dokumentenarten klassifiziert, gekennzeichnet und teils inhaltlich definiert. Die Ausführungen dieses Buchs werden belegen, dass die Dokumentenarten an mehreren Stellen, wie bei der • • • • • •
inhaltlichen Charakterisierung der Teildokumentation, Bezeichnung von Dokumentationsabschnitten (z. B. im Inhaltsverzeichnis), Dokumentenkennzeichnung, Spezifikation der AS BUILT-Dokumentation, vertraglichen Vereinbarung von Dokumentationsleistungen, Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs,
immer wieder wichtig sind. In der Fachliteratur und im Normenwerk werden die Dokumentenarten vorrangig unter dem Aspekt der Kennzeichnung behandelt. Dabei sind an den verschiedenen Stellen die begrifflichen und inhaltlichen Aussagen leider nicht einheitlich, sodass die nachfolgenden Klarstellungen notwendig erscheinen. − Die Verwendung der in Tabelle 3.2 aufgeführten Sammelbegriffe ist missverständlich und zu vermeiden. Beispielsweise wird vermutlich unter einen Plan ein 3D-CAD-Planungsingenieur (Aufstellungsplan) etwas anderes verstehen als ein Maschinentechniker (Schmierplan), ein Elektroingenieur (Funktionsplan) oder ein Kaufmann (Kostenplan). Tabelle 3.2 Beispiele nichteindeutiger und missverständlicher Begriffe Beschreibung:
sprachliche Fassung eines Sachverhalts
Datenblatt:
strukturierte Zusammenstellung der Daten einer Anlagenkomponente
Diagramm:
grafische Darstellung errechneter oder beobachteter Werte
Fließbild:
mit Hilfe von grafischen Symbolen und Schriftzeichen vereinfachte zeichnerische Darstellung von Aufbau und Funktion einer Anlage
Fließschema:
zeichnerische Darstellung des Ablaufs, Aufbaus und der Funktion einer verfahrenstechnischen Anlage oder eines Anlagenteils [3−4]
Liste/ Verzeichnis:
systematisch angeordnete und zusammenfassende Übersicht, die ohne erläuternden Text verständlich sein soll
Plan:
zweidimensionale maßstäbliche Darstellung bzw. sinnbildliche grafische Darstellung der Funktion, des Ablaufs bzw. der Verknüpfung von Objekten
− Der Begriff Dokumententyp wird als Synonym zu Dokumentenart verstanden. − Der teilweise benutzte Begriff Unterlagenart sollte generell vermieden und durch Dokumentenart ersetzt werden.
54
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
− In der Hierarchie oberhalb der Dokumentenart werden mitunter noch folgende Begriffe genutzt: Dokumentenklasse: Gruppe von Dokumentenarten mit ähnlichen Eigenschaften hinsichtlich Informationsinhalt, unabhängig von der Darstellungsform [1−4]. Dokumentensatz: Zusammenstellung von Dokumenten, die logisch zusammengehören [1−4]. Dokumentengruppe: nach logischen oder physikalischen Gesichtspunkten zusammengefasste Anzahl von Dokumenten innerhalb einer Dokumentation [1−6].
Der Verfasser hält für verfahrenstechnische Dokumentationen diese Strukturierungsebene für nicht erforderlich bzw. bildet sie durch die inhaltlich geprägten Teildokumentationen ab. Wie in der Anlagendokumentation häufig wichtige Dokumentenarten einander zugeordnet werden, veranschaulicht Abb. 3.2.
Rohrleitungs- und Instrumentenfließbild (R&I Fließbild bzw. P&ID)
Komponentenliste bzw.
Komponentenverzeichnis
Komponentendatenblatt bzw.
Komponentenstückliste
− − − − − − − − −
Stoffstromliste Ausrüstungsliste Rohrleitungsverzeichnis Armaturenliste PLT-Stellenliste E-Verbraucherliste Geräteliste Kabelliste I-Luftverteilerliste usw.
− − − − −
Stoffdatenblatt Ausrüstungsdatenblatt Apparatestückliste Rohrleitungsstückliste PLT-Stellemblatt
Abb. 3.2 Zuordnung wichtiger Dokumentenarten der Anlagendokumentation
Das R&I-Fließbild fungiert, wie in der Praxis üblich, als das wichtigste Übersichtsdokument zu Verfahren und Anlage/Teilanlage. Die Stammdaten der verschiedenen Anlagenkomponenten und Stoffe, die auf diesem R&I-Fließbild dargestellt sind, werden in speziellen Komponentenlisten oder –verzeichnissen zusam-
3.1 Grundstruktur der Gesamtdokumentation
55
mengestellt. Letztlich wird die Detailinformation über die einzelne Anlagenkomponente, die eine Zeile der Liste ausmacht, in einem zugehörigen Komponentendatenblatt bzw. einer Komponentenstückliste erfasst. Die 4. und letzte Strukturierungsebene sind schließlich die Dokumente selbst. Jedes Dokument stellt ein Unikat dar, muss eindeutig identifizierbar sein und sollte in der Dokumentation möglichst nicht redundant vorkommen. Eine mögliche Systematisierung der Dokumentenarten und Dokumente, die weitgehend selbsterklärend ist, zeigt Abb. 3.3.
Systematisierung der Dokumentenarten
temporärer Aspekt
statische dynamische ergänzende
darstellerischer Aspekt
inhaltlicher Aspekt
grafische nichtgrafische
administrative organisatorische technologische technische kaufmännische betriebswirtschaftliche
Abb. 3.3 Mögliche Einteilung der Dokumentenarten und Dokumente
Ein Dokument, das einen abgeschlossenen Sachverhalt darstellt und endgültig ist, wird als statisches Dokument bezeichnet. Statische Dokumente beziehen sich auf definierte Objekte (z. B. Foto, Lieferschein, EG-Konformitätserklärung) bzw. auf abgeschlossene Vorgänge (z. B. Besprechungsprotokoll, Abnahmebescheinigung, Emissionserklärung). Sie bleiben relativ lange gültig und werden ggf. gegen neue statische Dokumente ausgetauscht. Im Gegensatz dazu unterliegt ein dynamisches Dokument in Inhalt und/oder Form mehr oder weniger schnellen Änderungen. Die Änderungen werden i. d. R. zunächst in einer Arbeitsversion (Master) des betreffenden Dokuments erfasst. Werden die Änderungen jedoch offiziell eingearbeitet und abgespeichert, so entsteht eine neue Dokumentenversion, die zugleich im Sinne der Eindeutigkeit ein neues Dokument ist. Bereits während der Engineeringphase ist es für mehrere Dokumentenarten nicht selten, dass ausgehend vom Original (Erstversion) mehr als 10 Dokumentenversionen erarbeitet und verwaltet werden. Dynamische Dokumente spiegeln den Entwicklungs- und Prozesscharakter des Dokumentationsgegenstandes (z. B. Projekt, Anlage, Verfahren, Produkte) sowie seiner Einflussfaktoren (z. B. Markt, Kunde, Gesetzgeber, Behörde, Territorium) wider. Ihr Anteil ist in einer verfahrenstechnischen Dokumentation vergleichsweise hoch.
56
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
3.2 Projektdokumentation Die Projektdokumentation beinhaltet alle Dokumente, die für die organisatorisch-administrative Abwicklung (Management) eines Projekts erarbeitet, verwaltet und abgelegt bzw. gespeichert werden. Als Synonym wird teils der Begriff Abwicklungsdokumentation benutzt [3−5]. Zur Projektdokumentation, die zunächst vom verantwortlichen Projektleiter eingerichtet werden muss, gehören alle Dokumente, die sich auf − − − − −
die kommerziellen und technischen Projektgrundlagen, die Organisation und Koordinierung des Projekts, die Richtlinien und Anweisungen für das Projekt und die Dokumentation, der Verfolgung und Steuerung des Projektes, den externen und internen Schriftverkehr u. a. beziehen (s. Tabelle 3.3).
Tabelle 3.3 Gliederung und Dokumentenarten einer Projektdokumentation (Praxisbeispiel) 1
Projektgrundlagen und Projektstart − Projektziele, Lastenheft − Projektauftrag u. a. Genehmigungen − Vertrag einschließlich aller geltenden Dokumente − Rechte und Pflichten Dritter (Zusatzverträge, Patente, Lizenzvereinbarungen) − Technische Spezifikationen u. a. firmeninterne Normen − Kick-off-Meeting
2
Projektorganisation − Organisationsplan − Stellenbeschreibungen − Zuständigkeit, Verantwortlichkeit, Befugnisse − Angaben zu Kontraktoren − vollzogene Pflichtenübertragungen − Kontaktadressen, Vertretung
3
Projektrichtlinien und –anweisungen − Sicherheitsrichtlinie (Prämissen und Vorgaben zu Sicherheit) − Festlegungen zur Geheimhaltung − Abwicklungsrichtlinie (Festlegungen zu Zielen, Phasen, Schnittstellen, Abnahmehandlungen, Umgang mit Projektdokumentation usw.) − Dokumentationsrichtlinie − projektspezifisches Qualitätsmanagement − Beschaffungsrichtlinie, inkl. Versand und Wareneingang, Baustellenaufträge − Baustellenrichtlinie, inkl. Mechanical Completion − Inbetriebnahmerichtlinie, inkl. Leistungsnachweis und Abnahme − Vertrags- und Projektende
3.3 Engineeringdokumentation
57
Tabelle 3.3 (Fortsetzung) 4
Projektverfolgung und –steuerung − Terminplanung und -verfolgung − Kostenplanung und -controlling − Change Order − Besprechungen (Routinen), inkl. Protokollierung, Aktionspunktlisten usw. − Berichterstattung intern und extern (Fortschrittsberichte) − Projektausschuss, Lenkungskreis
5
Projektadministration − Unterschriftenregelung − Posteingang, –ausgang (Schriftverkehr, Fax, eMail) − Postverteilung, -umlauf − Aktenablage bzw. Dokumentenspeicherung (elektronisch) − Kotakte nach Außen (Öffentlichkeit, Behörden u. ä.) − Formblätter, Musterdokumente
Die Gliederung in Tabelle 3.3 kann sowohl als Inhaltsverzeichnis einer Papierdokumentation als auch zur Strukturierung auf einem elektronischen Speicher dienen. Die Projektdokumentation stellt einerseits Arbeitsunterlagen für das Team zur Verfügung, andererseits dient sie aber auch zum Ablegen und Speichern von Ausführungs- und Abwicklungsdokumenten des Projekts. In der Regel führt jeder Vertragspartner seine eigene Projektdokumentation. Mitunter einigen sich die Hauptpartner auf die Erarbeitung einer abgestimmten Projektabwicklungsrichtlinie, in der für das gemeinsame Projekt grundlegende Festlegungen vereinbart werden, wie z. B.: − die Nutzung eines gemeinsamen Dokumenten-Management-System, um die zahlreichen Projektdokumente effizient zu erstellen und auszutauschen, − die Anwendung eines einheitlichen Begriffs- und Kennzeichnungssystems, − die konkrete Ausgestaltung der administrativen Zusammenarbeit usw. In der Praxis wird häufig von einem Projekthandbuch gesprochen. Teils wird dieser Begriff identisch zur Projektdokumentation gebraucht, teils aber auch als ganzheitliche Zusammenstellung der Zielvorgaben und Randbedingungen für das Projekt. Letzteres ist im Sinne von Arbeitsunterlagen für die Teammitglieder, z. B. bei Auslandseinsätzen, zu verstehen. Tabelle 3.4 zeigt ein solches Projekthandbuch für ein kleineres Projekt, in dem unter Mitwirkung mehrer Fremdfirmen eine Anlage bei laufender Produktion zu errichten und in Betrieb zu nehmen war.
3.3 Engineeringdokumentation Die Engineeringdokumentation beinhaltet alle Dokumente, die während der Anlagenplanung (Engineering) von der Grundlagenermittlung bis zum Detail Engineering erarbeitet, verwaltet und abgelegt bzw. gespeichert werden.
58
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.4 Inhaltsverzeichnis des Projekthandbuches eines Ingenieurbüros für eine Investition bei laufender Produktion (Praxisbeispiel) Deckblatt Inhaltsverzeichnis 1
Gültigkeitsbereich, Zielstellung
2
Kurzbeschreibung des Projekts
3
Auszug aus dem Vertrag
4
Leistungen der Vertragspartner
5
Projektplanung
6
Projektordnung
7
Projektadministration
8
Verhalten auf der Baustelle und im Betrieb
Beilagen Beilage 1 Beilage 2 Beilage 3 Beilage 4 Beilage 5 Beilage 6 Beilage 7 Beilage 8 Beilage 9 Beilage 10 Beilage 11 Beilage 12 Beilage 13 Beilage 14 Beilage 15 Beilage 16
Projektorganisation Unterschriftenregelung Formblätter zur Projektadministration Richtlinie zur Dokumentenkennzeichnung Schnittstellenregelungen zwischen Betrieb und Baustelle Allgemeine Sicherheitsbestimmungen für Auftragnehmer Einweisung und Unterweisung Gefährdungsbeurteilungen Betriebs- und Dienstanweisungen Zugangs- und Zufahrtsregelungen, Anwesenheitskontrolle, Arbeiten außerhalb der Dienstzeit Arbeitserlaubnissystem Brandschutzplan, Alarmierungsplan, Feuerwehrplan Bestellung des Koordinators Unfallberichtswesen, Unfallmeldung Abfallentsorgung Gesamtaufstellungsplan, Explosionsschutzdokument, Gefahrenzonenplan
Unter Anlagenplanung wird vorrangig die technische und sicherheitstechnische Planung verstanden; im Unterschied zur Projektplanung, die insbesondere die Termin-, Ressourcen- und Kostenplanung beinhaltet. Während der Apparate- und Maschinenbauer typischerweise konstruiert, wird im Anlagenbau geplant bzw. engineert. Letzteres schließt das Konstruieren ein, ist aber fachlich wesentlich breiter und interdisziplinärer. Dies zeigt sich insbesondere in der Komplexität und dem Umfang der Engineeringdokumente. Der Anlagenplaner hat ferner ein schwieriges Auswahlproblem bezüglich der vielen Anlagenkomponenten und Bauteile zu bewältigen.
3.3 Engineeringdokumentation
59
Der Engineeringprozess besteht i. Allg. aus 6 Phasen (s. Abschn. 5.1). 1. Phase: Grundlagenermittlung 2. Phase: Vorplanung (Basic Design bzw. Pre-Engineering) 3. Phase: Entwurfsplanung (Basic Engineering) 4. Phase: Genehmigungsplanung 5. Phase: Kostenermittlung und Vorbereiten der Investitionsentscheidung 6. Phase: Ausführungsplanung (Detail Engineering) Die einzelnen Phasen können sich überschneiden bzw. teilweise parallel stattfinden. In den Abschn. 5.1 bis 5.4 wird die Dokumentenerstellung und – verwaltung in diesen Phasen ausführlich betrachtet. Zur Engineeringdokumentation selbst seien deshalb an dieser Stelle nur folgende Bemerkungen ergänzt: • Entsprechend den Zielen in den einzelnen Projektphasen werden die Engineeringdokumente schrittweise erarbeitet und gegebenenfalls genutzt für die − Erstellung und Abstimmung des Lasten- und Pflichtenhefts, − Beschreibung möglicher Lösungsalternativen und des ausgewählten Anlagenkonzepts, − Beschreibung des Anlagenentwurfs, − Anfragen über die Lieferung der Hauptausrüstungen, − Erarbeitung des Genehmigungsantrags, − Ermittlung von Invest- und Betriebskosten in Vorbereitung der Investitionsentscheidung, − Anfrageunterlagen und die Angebotserarbeitung für die Herstellung der verfahrenstechnischen Anlage, − Formulierung und Abstimmung des Anlagenvertrags, − Beschaffung aller notwendigen Ausrüstungen sowie der Bau- und Montageleistungen, − Errichtung (Bau, Montage) der Anlage, − Vorbereitung und Durchführung der Inbetriebnahme, − Bewirtschaftung der Anlage im Dauerbetrieb. • Die Engineeringdokumentation basiert auf dem Lasten- bzw. Pflichtenheft und beinhaltetet zunächst die Basic Engineering-Dokumentation. Diese stellt gegen Ende der sog. Konzept- und Entscheidungsphase die notwendigen Angaben für die Genehmigung und die Investitionsentscheidung bereit. • Neben den Herstellerdokumenten bilden die Engineeringdokumente, insbesondere die Detail Engineering-Dokumentation, zum großen Teil die spätere Anlagendokumentation. Die Engineeringdokumente sollten deshalb von Anfang an so wie die spätere Anlagendokumentation gegliedert und gekennzeichnet sein. • Die as built-revidierten Engineeringdokumente fließen in die AS BUILTDokumentation ein und werden an den Auftraggeber (Anlagenbetreiber) übergeben. Ausgewählte Engineeringdokumente, die nicht zur AS BUILT-Dokumentation gehören, werden ggf. zusammen mit den Projektdokumentationen (z. B. zur Historienverfolgung) aufbewahrt.
60
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Insgesamt ist die Eigenständigkeit der Engineeringdokumentation wenig ausgeprägt. Sie hat mehr den Charakter einer Arbeitsdokumentation und bildet mit Abschluss des Detail Engineering den Kern der Anlagendokumentation. Angaben zu den Inhalten und Prozeduren sind in Abschn. 5.2 und 5.4 enthalten.
3.4 Genehmigungsdokumentation Die Genehmigungsdokumentation umfasst alle Dokumente, die für Beantragung, Erteilung und Erhaltung einer behördlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage nötig sind sowie erarbeitet, verwaltet und abgelegt bzw. gespeichert werden. Auch wenn in der Genehmigungsdokumentation zahlreiche Anlagendokumente enthalten sind, so sollte sie doch als eigenständige Hauptdokumentation verwaltet werden. Die Genehmigung und die zugehörigen Dokumente haben letztlich eine eigene rechtliche, verantwortungsseitige und inhaltliche Spezifik. Die Genehmigungsdokumentation verfahrenstechnischer Anlagen kann in Papierform mehrere Ordner umfassen, ist im Vergleich zur Anlagendokumentation jedoch relativ klein. Die möglichen Hauptgliederungspunkte enthält Tabelle 3.5. Tabelle 3.5 Hauptgliederungspunkte einer Genehmigungsdokumentation (Praxisbeipiel) 1
Grundlagen
2
Genehmigungsantrag und zugehörige Antragsunterlagen
3
Unterlagen zum Genehmigungsverfahren
4
Genehmigungsbescheid und zugehörige Unterlagen
5
Unterlagen zu Mitteilungen, Anzeigen, Fortschreibungen, Änderungen u. ä.
6
Nachweise über Einhaltung der Betriebspflichten (aus Rechtsvorschriften, Genehmigungsbescheid usw.)
7
Sonstiges
Im Weiteren sollen wichtige Dokumentenarten aus der Genehmigungsdokumentation kurz angeführt und erläutert werden. Die Vorgehensweise und Randbedingen während ihrer Erarbeitung werden im Abschn. 5.3 behandelt. Im Detail sei auf die Fachliteratur [3−6] [3−7] verwiesen.. Welche Dokumente dem Genehmigungsantrag beizufügen sind, ist im Allgemeinen in den relevanten Rechtsverordnungen (s. Abschn. 5.3) und im Besonderen in den Verwaltungsvorschriften/-vorgaben der Genehmigungsbehörde vorgeschrieben. In Tabelle 3.6 ist beispielhaft die Grobgliederung der Antragsunterlagen für eine wesentliche Änderung nach § 15 BImSchG dargestellt. Für besonders sicherheits- und umweltrelevante Anlagen, insbesondere wenn sie der 12. BImSchV (Störfallverordnung) [3−8] unterliegen, fordert der Gesetzgeber im Genehmigungsverfahren zusätzliche Analysen bzw. Prüfungen.
3.4 Genehmigungsdokumentation
61
Tabelle 3.6 Grobgliederung der Antragsunterlagen auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 15 BImSchG [2−13] (Praxisbeispiel) 1
Antragsformular
2
Verzeichnis der Unterlagen, die Geschäfts-/Betriebsgeheimnisse enthalten
3 3.0
Anlagen- und Betriebsbeschreibung Allgemeines zu den Betriebseinheiten − Antragsgegenstand − Ausrüstungen − Tank- und Betriebslager − Energieversorgung − Produktionsprogramm − Angaben zur Belegschaft Anlagen- und Betriebsbeschreibung − Verfahrensbeschreibung (getrennt nach Betriebseinheiten (BE)) − Abwasser- und Gewässerschutz (z. T. in Formularvordrucken) − Abluftreinigung (z. T. in Formularvordrucken) − Schallschutzmaßnahmen − Sicherheitsvorkehrungen (Allgemeine Vorkehrungen, Brand- und Explosionsschutz, Flucht- und Rettungswege usw.) − Schutzvorkehrungen für Belegschaft (Schutzkleidung, Atemschutz, Vorkehrungen gegen Kontamination mit Gefahrstoffen, Unterweisungen usw.) − Angaben zu Reststoffen, Stoffdaten u. ä. (z. T. in Formularvordrucken) − Baubeschreibung
3.1
4
Lageplan, Bauvorlagen u. a. Baudokumente
5
Topografische Karte
6
Fließbilder
7
Maschinen- und Apparateaufstellungspläne
8
Sicherheitsanalyse
Die wichtigsten sind die Sicherheitsanalysen und Umweltverträglichkeitsprüfungen. Die Sicherheitsanalyse (s. Tabelle 3.7) stellt die höchste Stufe der systematischen, begleitenden Sicherheitsbetrachtungen im Verlauf der Projektabwicklung dar und erfordert einen erheblichen Dokumentationsaufwand. Tabelle 3.7 Inhaltsverzeichnis einer Sicherheitsanalyse (Praxisbeispiel) 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Anlagenbezeichnung Anlagenbeschreibung Anwendungsvoraussetzungen der Störfallverordnung und genehmigungsrechtliche Einordnung Örtliche Lage Bauausführung Auslegung der Anlagenkomponenten
62
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.7 (Fortsetzung) 1.5.1 Werkstoffe 1.5.2 Auslegungs-/Betriebsdaten für Apparate, Maschinen, Rohrleitungen, Armaturen 1.5.3. Auslegung für Belastungen/Beanspruchungen des bestimmungsgemäßen Betriebes und für Störungen 1.6 Schutzzonen 1.7 Zugänglichkeit der Anlage 1.7.1 Verkehrsanbindungen 1.7.2 Fluchtwege 2 2.1 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.4
Stoffe Bezeichnung der Stoffe Stoff- und Reaktionsdaten Zustand und Menge Leichtentzündliche Flüssigkeiten Explosionsfähige Staub/Luft-Gemische Giftige Stoffe und Zubereitungen Brandgase Quellenverzeichnis
3 3.1 3.2 3.3 3.4
Verfahrensbeschreibung Reaktionsabläufe Verfahrensgrundzüge und Verfahrensbedingungen (unterteilt nach Betriebseinheiten) Verfahrensdarstellung Energieversorgung (unterteilt nach Energiearten)
4 4.1 4.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.4 4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4
Sicherheitstechnisch bedeutsame Anlagenteile Anlagenteile mit besonderem Stoffinhalt Anlagenteile zur Gewährleistung der Betriebssicherheit Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen Prozessleitsystem Charakterisierung der Prozesssteuerung Warn-, Alarm- und Sicherheitseinrichtungen (unterteilt nach Betriebseinheiten) Schutzeinrichtungen Freisetzungsbegrenzende Vorkehrungen Brandschutztechnische Vorkehrungen Vorkehrungen zum Explosionsschutz Maßnahmen zum Grundwasserschutz
5
Beschreibung der Gefahrenquellen und sicherheitstechnischen Gegenmaßnahmen Analyse der betrieblichen Gefahrenquellen Methodik der Analyse Betriebliche Gefahrenquellen (unterteilt nach Betriebseinheiten) Umgebungsbedingte Gefahrenquellen Nachbaranlagen Verkehrsanlagen Naturbedingte Einwirkungen Eingriffe Unbefugter
5.1 5.1.1 5.1.2 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4
3.4 Genehmigungsdokumentation
63
Tabelle 3.7. (Fortsetzung) 6 6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.4
Störfallverhindernde Maßnahmen Auslegung für Belastungen des Normalbetriebes und für Störungen Prüfungen bei Errichten und Betrieb sicherheitstechnisch relevanter Anlagenteile Dokumentation Vermeidung von Fehlbedienungen Betriebshandbuch Technische Vorkehrungen Bedienungspersonal Führen von Lagerlisten
7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.4.1 7.4.2
Störfallbegrenzende Maßnahmen Bautechnische Maßnahmen Brandschutz Explosionsschutz Organisatorische Maßnahmen Beauftragte Stellen Betrieblicher Alarm- und Gefahrenabwehrplan
8 8.1 8.1.1 8.1.2 8.2 8.3
Schutz des Bedienungspersonals, Gefährdungsbeurteilungen Auswirkungen und Vermeidung von Betriebsstörungen Auswirkungen von Betriebsstörungen Vorbeugende Vermeidung von Betriebsstörungen Personenschutzmaßnahmen Schutzvorkehrungen für Betriebsfremde
9 9.1 9.2
Auswirkungen hypothetischer Stoff- und Energiefreisetzungen Festlegung der hypothetischen Störfälle Auswirkungen hypothetischer Stofffreisetzungen (unterteilt in Störfall 1, 2 usw.)
10
Ergebnisse der Sicherheitsanalyse
Anhang Anhang 1 Anhang 2 Anhang 3 Anhang 4 Anhang 5 Anhang 6 Anhang 7 Anhang 8 Anhang 9
Topographische Karte M 1 : 25000 Werkslageplan M 1 : 5000 Übersichtsplan zur Anlage Grundfließbilder Verfahrensfließbilder Apparatelisten R&I-Fließbilder Alarm- und Gefahrenabwehrplan Beschreibung der sicherheitstechnisch bedeutsamen Anlagenteile
Unterliegt die Anlage dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) [3−9], so ist eingebettet in das Genehmigungsverfahrens eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig (s. auch Abschnitt 5.3). Das Beispiel eines Genehmigungsbescheids, der das wichtigste Dokument der Genehmigungsdokumentation ist, zeigt Tabelle 3.8.
64
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.8 Inhaltsverzeichnis eines Genehmigungsbescheides (Praxisbeispiel) I.
Allgemeine Angaben zum Antragsteller, zum Vorhaben, zu Rechtsgrundlagen u. ä.
II.
Antragsunterlagen
III.
Nebenbestimmungen Nach § 12 des BImSchG wird die Genehmigung mit folgenden Nebenbestimmungen erteilt: 1. Allgemeines 2. Immissionsschutz - Teil Reinhaltung der Luft 3. Immissionsschutz - Teil Lärmschutz 4. Gewerberecht/Arbeitsschutz 5. Brandschutz 6. Reststoffe/Abfall 7. Gewässerschutz 8. Bauordnungsrecht
IV.
Hinweise
V.
Begründung
VI.
Rechtsbehelfsbelehrung
3.5 Beschaffungsdokumentation Die Beschaffungsdokumentation umfasst die Gesamtheit der Dokumente, die für die Beschaffung der Lieferungen und Leistungen zur Anlagenrealisierung und ggf. zur Inbetriebnahme erarbeitet, verwaltet und abgelegt bzw. gespeichert werden. Die Beschaffungsdokumentation ist meistens entsprechend den einzelnen Beschaffungsvorgängen strukturiert, wobei i. Allg. jeder Vorgang die folgenden Arbeitsschritte durchläuft (s. auch Abschn. 5.5): − − − − − − − −
Erstellen der Anfrageunterlagen, Lieferantenauswahl und Anfrage, Angebotseinholung und Angebotsvergleich, Vergabeverhandlungen und Vergabevorschlag, Bestellung/Beauftragung und Einholen der Auftragsbestätigung, Controlling zum Auftrag (Kosten-, Termin-, Qualitätssicherung), Ausführung der Lieferung und/oder Leistung, Bestätigung/Abnahme der Lieferung und/oder Leistung.
Je nachdem, wie die Beschaffung durch den Auftraggeber und Auftragnehmer arbeitsteilig erfolgt, ergeben sich unterschiedliche Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten für die zugehörige Dokumentation. In Abschn. 4.5 und 5.5 werden einige typische Regelungen des Anlagenbaus und ihre Konsequenzen für die Dokumentation dargestellt. Zugeordnet zu den o. g. Beschaffungsschritten werden im Weiteren ausgewählte Beschaffungsdokumente näher erläutert.
3.5 Beschaffungsdokumentation
65
• Die Anfrageunterlagen definieren den Liefer- und/oder Leistungsumfang sowie sonstige Beschaffungsbedingungen. Sie bilden die Grundlage für eine zielgerichtete und vergleichbare Angebotserarbeitung. Inhaltliche Schwerpunkte für die Anfrageunterlagen enthält Tabelle 3.9. Tabelle 3.9 Inhalte der technischen und kaufmännischen Liefer- und Leistungsbeschreibungen in Anfragen (Praxisbeispiel) Technische Angaben − Beschreibung des Liefer- und/oder Leistungsumfangs − Vorgaben zur Kennzeichnung − wichtige relevante Rechtsvorschriften − geltende Spezifikationen, Richtlinien und Normen − Vorgaben zur Qualitätssicherung, Kontrollrechte des Bestellers − notwendige Vorabinformationen − Vorgaben zur Dokumentation − Vorgaben zu Gesundheit-SicherheitUmweltschutz − behördliche Auflagen
Kaufmännische Angaben − − − − − − − − − − − − −
Preisstellung, Abrechnung, Aufmaße Termine Berichtswesen Zahlungsbedingungen Vorgaben zu Lieferung, Versand Abnahmebedingungen Gewährleistung Subunternehmereinsatz Auftragsänderungen Geheimhaltung Versicherung Freistellung von Ansprüchen Dritter Angebotsabgabe, Kontaktdaten
• Die Bestellung muss den Auftrag und die sonstigen Bedingungen bei der Auftragserfüllung vollständig und eindeutig formulieren. Um abzusichern, dass der Vertrag mit allen seinen Bedingungen zustande kommt, hat der Auftragnehmer die Bestellung, z. B. unter Nutzung eines Vordrucks „Auftragsbestätigung“, schriftlich zu bestätigen. Das Inhaltsverzeichnis einer Musterbestellung im Anlagenbau enthält Tabelle 3.10. • Unter Punkt 4 der Bestellung in Tab. 3.10 ist der Leistungsumfang zur Dokumentation ausreichend zu spezifizieren. In der Bestellung einer Einzelausrüstungen erfolgt dies häufig in Form von Dokumenten-Anforderungstabellen (s. Abb. 3.4). Für bestimmte Ausrüstungstypicals (Maschinen, Apparate, Behälter, Geräte) und verschiedene Einsatzbedingungen (Gefahrstoffe, Druckbereich, Ex-Bereich), werden Musterformulare genutzt. Die Tabellen können sowohl für die Anfrage als auch für die Bestellung genutzt werden. • Ergänzend zu diesen tabellarischen Angaben sind weitere Vorgaben zur Dokumentation erforderlich, wie z. B: − Welche Dokumente sind neben der Papierform auch in elektronischer Form und in welchem Format (z. B. als bearbeitbare Dateien) zu liefern? − Welche Qualitätsanforderungen müssen die einzelnen Dokumentationsprodukte und -leistungen erfüllen? − Wann und Wie erfolgt die Lieferung und Abnahme der Dokumentationsprodukte/-leistungen? Dies betrifft sowohl die Enddokumentation als auch Vorablieferungen von Dokumenten (z. B. Pumpenmaßblätter für Fundamente).
66
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.10 Inhaltsverzeichnis einer Bestellung im Anlagenbau (Praxisbeispiel) 1 2
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
Deckblatt (Formblatt mit Logo, Auftrags-Nr., Auftragswert u.a. Kopfdaten) Vertragsgrundlagen − Allgemeine Bedingungen, Vorschriften, Spezifikationen usw. − Angebot, Verhandlungsprotokoll u. a. Dokumente zum Vorgang Auftragsumfang (Beschreibung, Preise, Sonstiges) Dokumentation Termine, Terminsicherung Vertragsstrafe, Pönale Gewährleistung, Garantie Zahlungsbedingungen Technische Vorschriften und Normen Technische Prüfungen CE-Kennzeichnung Transporte, Vollständigkeit der Lieferungen/Leistungen Qualitätssicherungssystem Auftragsausführung, Schriftwechsel Rücktrittsrecht Geheimhaltung Geltendes Recht, Gerichtsstand Auftragsannahme Anhang
− Wofür ist betreffs der bestellten Dokumentation zu gewährleisten? In Abschn. 4.5 werden diese Fragen bezogen auf Anlagenverträge erörtert. • Für die AS BUILT-Dokumentation der verfahrenstechnischen Anlage sind insbesondere die Lieferanten- bzw. Herstellerdokumente wichtig, die der Lieferant zusammen mit der bestellten Anlagenkomponente an den Besteller (Auftraggeber) übergibt. Sie machen einen Großteil der Anlagendokumentation aus (s. Abschn. 3.6.4) und sind in die AS BUILT-Dokumentation einzupflegen (s. Abschn. 5.5). Die Spezifikation für die bestellte Dokumentation hat derart zu erfolgen, dass das Einpflegen effizient möglich ist. • Bei Großprojekten ist es zweckmäßig, von Anfang an für typische Beschaffungsvorgänge, wie z.B. − − − −
Bestellungen von Einzelausrüstungen, Bestellungen von Teilanlagen (Package-unit), Bestellungen von Rohrleitungen, inkl. Montage, Bestellungen von EMSR-Ausrüstungen, inkl. Installation,
sog. Musterdokumentation zu erarbeiten und der Anfrage und Bestellung beizulegen. Die Musterdokumentationen machen u. a. Angaben zum Inhaltsverzeichnis sowie zu Begriffen, Inhalten und Formen einzelner Dokumentenarten. In besonderen Fällen werden Dokumentenbeispiele beigefügt.
3.5 Beschaffungsdokumentation
67
Abb. 3.4 Dokumenten-Anforderung für eine Exzenterschneckentauchpumpe inkl. Antrieb (Praxisbeispiel)
68
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.4 (Fortsetzung)
Tabelle 3.11 zeigt das Inhaltsverzeichnis der Dokumentation von Einzelausrüsrungen für ein Pharmaanlage. • Beinhaltet die Bestellung die Anlage als Ganzes, so spricht man i. d. R. vom Anlagenvertrag, z. B. zur „Lieferung und Errichtung einer schlüsselfertigen Anlage für die Erzeugung von ...........“. In diesem Fall ist der Generalunternehmer für die Beschaffungsdokumentation der Gesamtanlage verantwortlich. Er pflegt wichtige Teile davon später in die AS BUILT-Dokumentation ein und
3.5 Beschaffungsdokumentation
69
übergibt sie an den Auftraggeber (Anlageneigentümer/-betreiber). Die Dokumentationsleistungen, die in diesem Fall im Vergleich zur Einzelbestellung wesentlich komplexer und komplizierter sind, müssen im Anlagenvertrag konkret spezifiziert und vereinbart werden (s. Abschn. 4.5). Tabelle 3.11 Inhaltsverzeichnis „Lieferantendokumentation für Einzelausrüstungen“ einer Pharmaanlage (Praxisbeispiel) 1
Inhaltsverzeichnis
2
Allgemeine Dokumentation Equipment 2.1 Leistungsdaten 2.1.1 Kennlinien 2.1.2 Datenblätter 2.1.3 Festigkeitsberechnungen 2.2 Zeichnungen und Listen 2.2.1 Zusammenstellungszeichnungen mit Stücklisten 2.2.2 Detailzeichnungen mit Stücklisten 2.2.3 Ersatzteillisten und Verschleißteillisten
3
Unterlagen zu zugehörigen Equipmentteilen (inkl. EMSR)
4
Betriebsanleitungen
5
Wartung / Instandhaltung / Reparaturaufträge
6
Anfragen / Angebote / Bestellungen / Wareneingang
7
Prüfdokumentation 7.1 Prüfplan 7.2 Abnahme-/ Mess- und Prüfprotokolle 7.3 Werkstoffzeugnisse 7.4 Protokolle Dämmung und Anstrich 7.5 QS-Protokolle / GMP-Prüfdokumente 7.6 EG-Konformitätserklärungen / Herstellererklärungen 7.7 Sonstige relevante Unterlagen gemäß Maschinen-RL, Druckgeräte-RL, ATEX-Produkt-RL u.a. relevanter Rechtsvorschriften
8
BGV-Unterlagen mit Prüfbuch u.a. sicherheitsrelevante Unterlagen
9
Reinigung 9.1 Reinigungskonzept 9.2 Bescheinigung über Erstreinigung durch Hersteller
10
Grundsätzliche Anforderungen 10.1 Kennzeichnung des As-built-Status 10.2 Revisionsangabe 10.3 Gültigkeitsnachweis mit Unterschriften, Datum: erstellt/geprüft/freigegeben 10.4 Jedes Dokument (auch Deckblatt und Inhaltsverzeichnis) muss mit Apparatenummer (Pos.-Nr.) gekennzeichnet sein. 10.5 Vollständigkeit
70
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
3.6 Anlagendokumentation Die Anlagendokumentation ist die Gesamtheit aller Dokumente, die zur technologischen, technischen, baulichen und sicherheitlichen Beschreibung der Anlage dienen. Sie macht den Hauptumfang der späteren AS BUILT-Dokumentation aus und umfasst alle Dokumente, die − − − − − −
die Grundlagen und Ziele des Verfahrens und der Anlage, die Spezifikation der Produkte und Medien, die Wirkungsweise des Verfahrens und der Anlage, den Aufbau und die Gestaltung der Anlage sowie der Anlagenkomponenten, die Sicherheit der Anlage, die Prozessdaten, Leistungsgarantien, Produktkennwerte u. ä. Daten
enthalten, beschreiben und erläutern. Die Anlagendokumentation wird zunächst während der Planungsphase, vorwiegend beim Detail Engineering, schrittweise erarbeitet und bildet die wesentliche Grundlage für die Realisierung und Nutzung der konkreten verfahrenstechnischen Anlage. Sie wird später fortgeschrieben und „as-built“ gepflegt sowie in Verbindung mit der Lieferung und Errichtung der Anlage durch neue Dokumentenarten ergänzt. Der Begriff Anlagendokumentation wird bewusst im Unterschied zum „vorbelegten“ Begriff Technischen Dokumentation verwendet, da − in ihr häufig neben technischen auch zahlreiche technologische Sachverhalte (exakter: physikalische, chemische, biologische Wirkungsabläufe) dokumentiert werden, − der Begriff Technische Dokumentation sich im engeren Sinne auf eine Technische Produktdokumentation (s. Abschn. 1.1) nach DIN 6789: Dokumentationssystematik [1−6] und VDI 4500: Technische Dokumentation [2−32] bezieht. − die Unterschiede zwischen den Dokumentationen verfahrenstechnischer Anlagen und den Technischen Produktdokumentation und die daraus resultierenden fachlichen, rechtlichen, organisatorischen, monetären u. a. Konsequenzen gravierend sind (s. Abschn. 1.2). 3.6.1 Mögliche Strukturierungen der Anlagendokumentation Die Frage: Wie sind die Anlagendokumentation und im Zusammenhang damit die Betriebsdokumentation zweckmäßig zu strukturieren? ist für den Dokumentationsprozess während des gesamten Lebenszyklus wichtig. Insbesondere aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten hat die Dokumentationsstruktur folgende Zielstellungen zu erfüllen und Hinweise zu beachten:
3.6 Anlagendokumentation
71
• Die Dokumentationsstruktur sollte den Stand der Technik, wie er im verfahrenstechnischen Anlagenbau und -betrieb überwiegend praktiziert wird, entsprechen. Leider existiert für die Struktur bzw. Gliederung verfahrenstechnischer Anlagendokumentationen keine zutreffende Norm, sodass die betrieblichen Praxislösungen nicht selten verschieden und unbefriedigend sind. • Eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der Dokumentationsstruktur und der arbeitsteiligen Organisation während der Projektabwicklung, sowohl im Engineering, bei der Beschaffung als auch auf der Baustelle ist anzustreben. Sind beispielsweise die Projekt- bzw. Leadingenieure für abgeschlossene Teildokumentation verantwortlich, so werden Schnittstellenprobleme und Koordinierungsaufwand minimiert. • Die AS BUILT-Dokumentation, die vorrangig die Anlagendokumentation bei Abnahme der Anlage abbildet, sollte analog zu den Ingenieurleistungen im Anlagenvertrag gegliedert sein und umgekehrt (s. Abschn. 4.5.4.1). • Die Dokumentationsstruktur muss die Nutzung (Akzeptanz durch Nutzer, Dokumentenkennzeichnung, Suchaufwand, Herstellen von Kopien, eindeutige Wiederablage von Dokumenten, Rechtskraft) und die Pflege (Änderungs- und Ergänzungsaufwand) der Dokumentation unterstützen. • Zweckmäßige Strukturierung entsprechend der verwendeten bzw. geplanten Software für die Dokumentenerstellung und -verwaltung sowie hinsichtlich des betrieblichen Dokumentenmanagements. • Die Dokumentation und die Liste wichtiger Dokumentenarten (LwD) sind gleich zu strukturieren. Eine gut durchdachte Strukturierung wird i. Allg. für die Papierform der Dokumentation als notwendig akzeptiert, ist jedoch auch für die elektronische Form relevant, da die Dokumenten-Dateien in den meisten Fällen ebenfalls strukturiert abgespeichert werden. Entsprechend den angeführten Zielstellungen sind in der Praxis die folgenden drei Strukturierungsvarianten von Bedeutung: a) Struktur gemäß Praxis im Anlagenbau Die Anlagendokumentation wird, wie im verfahrenstechnischen Großanlagenbau üblich, in gewerke(fach-)spezifische Teildokumentationen entsprechend Tabelle 3.12 unterteilt. Erfahrungsgemäß sind bei der Errichtung von verfahrenstechnischen Anlagen fast immer die angeführten Gewerke und gleichartige Dokumentenarten zu erarbeiten bzw. zu verwalten. Die o. g. Unterteilung entspricht bei größeren Projekten weitgehend der Arbeitsteilung während der Engineeringphase (Fachplanungs-Leadingenieure) bzw. auf der Baustelle (Fachbau- bzw. Fachmontageleiter). Das heißt, die Fachverantwortung schließt die Erarbeitung bzw. Fortschreibung einer zugehörigen Teildokumentation ein. Schnittstellen und Fehlerquellen werden minimiert, was vorrangig bei Großprojekten sehr vorteilhaft ist. Je kleiner das Projekt, desto mehr verschmelzen Einzelaufgaben in einer Funktion bzw. Person, sodass andere Strukturierungsalternativen (z. B. Variante b) gleichwertig sind.
72
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.12 Mögliche Strukturierung der Anlagendokumentation nach Fachgewerken 1
Verfahrenstechnik (Synonym: Prozesstechnik)
2
Bau/Stahlbau
3
Apparate/Behälter/Maschinen
4
Rohrleitungen
5
Elektrotechnik
6
Prozessleittechnik
7
Technische Gebäudeausrüstung (TGA)
8
Inbetriebnahme
9
Package-units (Synonym: Teilanlagen)
10
Allgemeines/Sonstiges
Die Anlagendokumentation gemäß der Gliederung in Tabelle 3.12 beschreibt den Aufbau und die Funktion der Anlage, reicht aber für einen sicheren und effizienten Anlagenbetrieb allein nicht aus. Insbesondere für − die Gewährleistung des Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutzes, − die sichere und wirtschaftliche Betriebsführung und − die Sicherung der Produktqualitäten sind zusätzliche betriebliche Dokumente nötig, die in einer separaten Betriebsdokumentation zusammengefasst werden (s. Abschn. 3.7). Eine derartige Grobstrukturierung in zwei eigenständige Anlagen- und Betriebsdokumentationen ist für den klassischen verfahrenstechnischen Anlagenbau in der Chemie, Energiewirtschaft, Pharmazie, Mineralölindustrie u. ä. typisch. b) Struktur gemäß Praxis im Maschinenbau Eine zentrale Dokumentenart im Maschinenbau ist die Betriebsanleitung. Seit vielen Jahren wird für Maschinen [2−18] eine Betriebsanleitung des Herstellers vorgeschrieben und erarbeitet. Die Druckgeräte-Richtlinie [2−17] bzw. die Betriebssicherheitsverordnung [2−11] und die ATEX-Produkt-Richtlinie [2−16] fordern für weitere wichtige Anlagenkomponenten gleichfalls Betriebsanleitungen. Hinweise zum Erstellen von Anleitungen sind u.a. in der DIN EN 62079 [3−40] enthalten. In Tabelle 3.27, Abschn. 3.6.6.5 ist beispielhaft eine Betriebsanleitung nach ATEX für ein elektrisches Gerät angeführt. Gemäß dieser langjährigen Erfahrung mit Maschinendokumentationen führen Anlagenbauer, die dem Maschinen- und Apparatebau nahe stehen bzw. daraus hervorgegangen sind, alle beschreibenden und betriebsrelevanten Dokumente in einer Hauptdokumentation (z. B. Anlagenhandbuch) zusammen und gliedern dieser analog einer Betriebsanleitung (s. Tabelle 3.13). Ein ähnliches Inhaltsverzeichnis für eine komplexe Anlagendokumentation wird in [3−41] vorgeschlagen. Man versteht diese Anlagendokumentation de facto als Betriebsanleitung für die Gesamtanlage.
3.6 Anlagendokumentation
73
Tabelle 3.13 Gliederung des Anlagenhandbuchs eines Warmwalzwerkes in Anlehnung an eine Betriebsanleitung (Praxisbeispiel) 1
Allgemeine Informationen
2
Sicherheit
3
Beschreibung der Anlage
4
Technische Daten
5
Transport, Lagerung, Montage
6
Funktionsprüfungen, Inbetriebnahme
7
Bestimmungsgemäßer Betrieb, Bedienung
8
Fehlersuche
9
Instandhaltung (Inspektion, Wartung, Instandsetzung)
10
Verschleiß- und Ersatzteile
11
Systemkomponenten
12
Prozessleittechnik/Elektrik
Derartige Gliederungen werden gern von Komponenten- bzw. Package-unitLieferanten genutzt. Sie orientieren sich an deren Erfahrungen mit klassischen Betriebsanleitungen. Für größere verfahrenstechnische Anlagen erscheint diese Gliederung weniger geeignet. Insbesondere ist eine systematische Einordnung der sehr umfangreichen Anlagendokumente, die beispielsweise in Tabelle 3.13 unter den Punkten 11 und 12 „versteckt“ sind, problematisch. c) Gemischte Struktur Die Gesamtdokumentationen großer Anlagen enthalten nicht selten eine Mischung aus den Gliederungsvorschlägen a) und b). Beispielsweise kann die Prozessanlagen-Dokumentation, die meistens zum Leistungsumfang des Hauptauftragnehmers gehört, nach Variante a) sowie die Package-unit-Dokumentationen nach Variante b) gegliedert werden. Die konkrete Ausführungsform einer solchen Mischvariante für die Gesamtdokumentation einer Kunststoffanlage zeigt Abb. 3.5. Da im verfahrenstechnischen Anlagenbau möglichst Package-units als Ganzes eingekauft und realisiert werden, ist die gemischte Struktur häufig anzutreffen. Sie erfordert, analog zur Variante a), eine übergreifende Betriebsdokumentation für die Gesamtanlage. Entsprechend den Erfahrungen und Empfehlungen des Verfassers liegt den weiteren Ausführungen dieses Buches eine Strukturierung der Anlagendokumentation nach Fachgewerken (Variante a)) zugrunde. Zugleich ergibt sich daraus die Zweckmäßigkeit einer eigenständigen Betriebsdokumentation. In den folgenden Abschnitten werden analog zum Inhaltsverzeichnis in Tabelle 3.12 die einzelnen Teildokumentationen und zugehörige Dokumentenarten kurz erläutert sowie ausgewählte Dokumentenbeispiele angeführt.
74
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Anlagendokumentation der Gesamtanlage
Verzeichnisse Stundien, Berichte Beschreibungen Betriebsanleitung (gesamt) Technische Spezifikationen Fließbilder Baufeldpläne Aufstellungspläne Gefahrenzonenpläne Feuerwehrpläne Anschlusspläne Übersichtspläne EMSR sonst. Übersichtsdokumente aller Gewerke
Teilanlage A
Package-unit X
Verfahrenstechnik Bau/Stahlbau Maschinen/Apparate Rohrleitungen Elektrotechnik Prozessleittechnik TGA Inbetriebnahme Sonstiges
(wie Teilanlage A)
Allgemeine Dokumentation
Package-unit Z Allgem. Informationen Sicherheit Beschreibung Technische Daten Transport, Lagerung Montage, Installation Funktionsprüfung, IN Betrieb Störungsdiagnose Instandhaltung, Ersatzteile Systemkomponenten PLT, Elektrik
Abb. 3.5 Beispiel für gemischte Strukturierung der Anlagendokumentation (Variante c))
Im Einzelnen sei auf die Normen: DIN EN 61355: DIN 28000-2:
Klassifikation und Kennzeichnung von Dokumenten für Anlagen, Systeme und Einrichtungen, Dokumentenarten im Lebensweg von Prozessanlagen; Teil 2: Definition von Dokumentenarten
verwiesen, die leider keine Musterdokumente enthalten. 3.6.2 Teildokumentation VERFAHRENSTECHNIK Die Teildokumentation VERFAHRENSTECHNIK (Synonym: Prozesstechnik) beinhaltet die wesentlichen stofflichen und technologischen Informationen über das Verfahren und die Anlage. Die zugehörigen Dokumentenarten (s. Tabelle 3.14) sind insbesondere für die Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen typisch und wesentlich. Tabelle 3.14 Dokumentenarten der Teildokumentation VERFAHRENSTECHNIK (Auswahl) − − − − − − −
Grundlagen und Erläuterungen Entwurfs- und Auslegungsdaten Produkt- und Energiespezifikationen Grund- und Verfahrensfließbild (-schemata) Rohrleitungs- und Instrumentenfließbilder (-schemata) (R&I bzw. P&ID) Verfahrens- und Anlagenbeschreibungen Mengen-/Stoffbilanzen, Mengenflussbilder (-diagramme)
3.6 Anlagendokumentation
75
Tabelle 3.14 (Fortsetzung) − − − − − − − − − − − − − − − − − − − − −
Stoffstromlisten Sicherheitsdatenblätter für gefährliche Stoffe und Zubereitungen Stoffdatenblätter für sonstige Stoffe Energiebilanzen, Energieflussbilder (-diagramme) Übersichten über Verbrauchs- und Leistungsdaten Ausrüstungslisten Ausrüstungsdatenblätter einschließlich Entwurfsskizzen Berichte über Auslegung der Sicherheitsarmaturen Datenblätter für Sicherheitsarmaturen Lagepläne 3D-CAD-Anlagenmodelle bzw. Plastikmodelle Aufstellungspläne Brandschutzkonzept Explosionsschutzdokumente inkl. Gefahrenzonenpläne Sicherheitskonzept Risikobeurteilungen, PAAG-/HAZOP-Analysen Sicherheitsanalysen Schallschutzkonzept Lärmkataster, Lärmschutzprogramm Analysenpläne Mess-, Probenahme- und Analysenvorschriften
Beispiele von Dokumentenarten sind: a) Fließbilder (Synonym: Fließschemata) [3−4] Ein Fließbild verfahrenstechnischer Anlagen ist eine mit Hilfe von grafischen Symbolen und Schriftzeichen vereinfachte zeichnerische Darstellung von Aufbau und Funktion verfahrenstechnischer Anlagen. Entsprechend der Informationsdichte wird zwischen − Grundfließbild, − Verfahrensfließbild, − Rohrleitungs- und Instrumentenfließbild (R&I-Fließbild) unterschieden. Während die Verfahrensfließbilder für die Entwurfs- und Genehmigungsplanung relevant sind, werden die R&I-Fließbilder während der Ausführungsplanung (Detail Engineering) erarbeitet. Sie enthalten zahlreiche Detailinformationen für die Montage, den Betrieb und die Instandhaltung der Anlage (s. Abb. 3.6). Das R&I-Fließbild ist für verfahrenstechnische Anlagen eine der typischsten und wichtigsten Dokumentenart. Es enthält Informationen sowohl über die Funktion als auch über den Aufbau der Anlage und ist das „klassische“ verfahrenstechnische Übersichtsdokument. Die Anzahl der R&I-Fließbilder, die die signifikanten Basisinformationen über die verfahrenstechnische Anlage enthalten, schwankt je nach Anlage zwischen 3 und 20. Bei großen Anlagen sind mehr als 100 R&I-Fließbilder üblich.
76 3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.6 R&I-Fließbild einer Anlage zur Wasserentgasung und –entkeimung (Ausschnitt)
3.6 Anlagendokumentation
77
b) 3D-CAD-Anlagenmodelle Das 3D-CAD-Anlagenmodell ist eine maßstäbliche, räumliche Gesamtdarstellung der verfahrenstechnischen Anlage. Es entwickelt sich während der Planung schrittweise von 3D-Anlagenkonzept über den 3D-Anlagenentwurf bis zum 3DAnlagenmodell (s. Tabelle 3.15). Tabelle 3.15 Informationsinhalt des 3D-Anlagenentwurfs bzw. 3D-Anlagenmodells 1
3D-Anlagenentwurf (M 1:15 bis M 1:50) − Apparate, Behälter, Erhitzer einschließlich Flansche, Sättel, Tragfüße, − Bühnen mit Stützkonstruktionen − Maschinen und Antriebe − Kennzeichen der Anlagenteile − Kamine und Gaskanäle − Gebäude − Stützkonstruktionen mit Haupt- und Auflageträgern für Anlagenteile − Bühnen, Laufstege, Treppen, Leitern − Fundamente über Oberkante Grundplatte − Gruben, Tankdeiche und –tassen − Orientierung der Koordinatenachsen − Höhenangabe für Geschosse und Bühnen
2
3D-Anlagenmodell (Maßstab wie Aufstellungsentwurf) − Informationen des Entwurfmodells − Symbol- und Kennfarbenerläuterungen − Rohrleitungen ab bestimmter Nennweite (z. B. ≥ DN 50) mit Kennzeichnung der Gefälleangabe, Armaturen, Kompensatoren, Steckscheiben usw. − Mess- und regeltechnische Einrichtungen (Feldtechnik, Kennzeichnung usw.)
Aus dem 3D-Anlagenmodell (s. Abb. 3.7) und der hinterlegten Datenbank lassen sich zahlreiche andere Dokumente generieren, wie z. B.: − −
− − − −
Aufstellungs- und Etagenpläne, 3D- und 2D-Ansichten, Schnittansichten, Bau- und Stahlbauzeichnungen, Stücklisten, Materialauszüge, Mengengerüste, Rohrleitungsisometrien, Rohrleitungsverzeichnisse, Verzeichnisse sonstigen Komponentenarten.
Dadurch werden Schnittstellen und Planungsfehler minimiert. Die realistische Visualisierung der Anlage unterstützt wesentlich die Baustellenabwicklung sowie die Vorbereitung der Inbetriebnahme. Die As-built-Revision des 3D-Anlagenmodell bis zur Anlagenübergabe gelingt allerdings in den meisten Fällen nicht. c) Lage- und Aufstellungspläne [3−10] Ein Lageplan ist eine maßstäbliche Darstellung, die zeigt wie Werke, Anlagenkomplexe, Anlagen oder Teilanlagen und Verkehrswege lagemäßig zusammengehören.
78
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.7 Ansicht aus einem 3D-CAD-Anlagenmodell einer Wasseraufbereitungsanlage
Er beinhaltet: − − − −
vereinfacht dargestellte Umrisse/Grenzen der Anlagen bzw. Teilanlagen, vereinfacht dargestellte Verkehrswege, Hauptrohrleitungstrassen, Hauptkabelstrassen, Maße oder Koordinaten für die eindeutige Lagebestimmung der Verkehrswege und Grenzen der Anlage oder Teilanlage, − Bezugshöhen (Koten), − Kennzeichen der Anlagen, Teilanlagen und Verkehrswege, − geographischer Nordpfeil, Anlagenord. Ein Aufstellungsplan der Anlagenkomponenten ist eine maßstäbliche Darstellung in Grundrissen, Ansichten und/oder kennzeichnenden Schnitten, die zeigt wie Anlagenteile, Gebäude und Stützkonstruktionen Lage mäßig zusammengehören (s. Abb. 3.8). Der Aufstellungsplan veranschaulicht: − vereinfacht dargestellte Umrisse der Anlagenteile, Gebäude, Stützkonstruktionen (z. B. Apparategerüste, Rohrleitungsbrücken) und wesentlicher Rohrleitungs- und Kabeltrassen sowie Angaben über Verkehrs- und Fluchtwege, − Maße oder Koordinaten für die Lagebestimmung der Anlagenteile, Gebäude und Stützkonstruktionen, − Kennzeichen der Anlagenteile,
3.6 Anlagendokumentation
79
Abb. 3.8 Aufstellungsplan eines Tanklagers (Ausschnitt)
− Kennzeichen der Gebäude, Stützkonstruktionen und Trassen, − Anlagenort. Der Aufstellungsplan ist zugleich die Grundlage für weitere Pläne, die den Anlagengrundriss als Basis verwenden, wie Gefahrenzonenplan (s. Abb. 3.10), Oberflächenbefestigungsplan (s. Abb. 3.11), Unterflursummenplan (s. Abb. 3.18) usw.. d) Ausrüstungslisten und –datenblätter In Ausrüstungslisten werden die technischen Daten von mehreren gleichartigen Ausrüstungen (Apparate, Behälter, Pumpen, Motore, Sicherheitsventile u. a.), zusammengestellt, die auf den zugeordneten R&I-Fließbild(-ern) dargestellt sind (s. Tabelle 3.16) Tabelle 3.16 Liste der Sicherheitsventile bezogen auf R&I-Fließbild XYZ (Auszug) Kenzeichen
Arbeitsdruck Dim.
min.
22-01 SV100
bar abs
22-01 SV101
bar abs
22-01 SV102
bar abs
22-01 SV103
bar abs
22-01 SV104
bar abs
norm.
Abblasedruck
Abblasemenge
max.
Dim.
1,8
2,4
bar abs
17
m3/h
0,6
1,8
2,4
bar abs
17
m3/h
1,9
bar abs
6
m3/h
2,52
-0,7
6,0
bar abs
7
m3/h
0,11
55
260
bar abs
251
m3/h
1,23
2,5
norm. Dim.
max.
80
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Auf einem Ausrüstungsdatenblatt, das i. Allg. aus einer Datenbank generiert wird, ist für nur eine Ausrüstungskomponente ein umfangreicher Satz von technisch-technologischen Daten abgebildet (s. Abb. 3.9). Analoges gilt für die Stoffdatenblätter. e) Explosionsschutzdokument und Gefahrenzonenplan Für Anlagen, in denen sich explosible Gemische bilden können und die der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [2−11] unterliegen, ist gemäß § 6 ein Explosionsschutzdokument zu erarbeiten. Konkret schreibt die BetrSichV vor: (2) Aus dem Explosionsschutzdokument muss insbesondere hervorgehen, 1. dass die Explosionsgefährdungen ermittelt und einer Bewertung unterzogen worden sind, 2. dass angemessene Vorkehrungen getroffen werden, um die Ziele des Explosionsschutzes zu erreichen, 3. welche Bereiche entsprechend Anhang 3 in Zonen eingeteilt wurden und 4. für welche Bereiche die Mindestvorschriften gemäß Anhang 4 gelten.
In Tabelle 3.17 ist das Inhaltsverzeichnis eines Explosionsschutzdokuments enthalten. Einen Auszug des zugehörigen Gefahrenzonenplans zeigt Abb. 3.10. Tabelle 3.17 Inhaltsverzeichnis eines Explosionsschutzdokuments für eine Chemieanlage (Praxisbeispiel) 1
Allgemeines 1.1 Betrieb 1.2 Organisation
2
Gefährdungsbeurteilungen betreffs Explosionsgefahren 2.1 Explosionsgefahren innerhalb der Ausrüstungen 2.2 Zoneneinteilung außerhalb der Ausrüstungen 2.2.1 Stoffe 2.2.2 Maßnahmen zum Vermeiden von Freisetzungen (Stoffe) 2.2.4 Maßnahmen zum Erkennen einer Freisetzung 2.2.5 Lüftungsmaßnahmen 2.2.6 Resultierende explosionsgefährdete Bereiche 2.2.7 Anlagenteil A 2.2.8 Tanklager 2.2.8 Gebäude B
3
Prüfungen zum Explosionsschutz 3.1 Prüfung vor Erstinbetriebnahme 3.2 Wiederkehrende Prüfungen 3.3 Prüfung nach Instandsetzung
4
Zündquellenkataster
5
Erfüllung relevanter Vorschriften zum Explosionsschutz
6
Anhang (u. a. Gefahrenzonenpläne)
3.6 Anlagendokumentation DATENBLATT:
DOKUMENTATIONSTEIL:
KOLBENPUMPE
Verfahrenstechnik AGGREGATE-NR.
22 – 11P2
BESCHREIBUNG
Injektionspumpe
ANZAHL
SAUGSTUTZEN [DN/PN] DRUCKSTUTZEN 23/12-Z/08 - 392 [DN/PN] Membranpumpe GEWICHT (LEER) (Triplex) [kg] Wasser ÖLMENGE enthärtet, entgast [l] 1
R&I BLATT-NR. BAUART FÖRDERMEDIUM Arbeitstemperatur
[°C]
Dichte
[g/cm³]
VISKOSITÄT
[mPas]
Fördermenge DRUCK SS
[l/h] [bar(a)]
GEHÄUSE
1800 28
St 52 – 3/1.4462
0,65 – 0,40
KOLBEN / MEMBRAN
123 - 1230
VENTILGEHÄUSE
2-5
1“ /1500 Ibs ANSI RTJ
Werkstoffe
40 - 70 0,992 – 0,978
25/40 DIN 2635
1.4034/PTFE 1.4462
VENTILSITZ
Stellite 6
Druck Druckseite [bar(a)]
max. 251
VENTILPLATTE
Stellite 20
Umgebungstemperatur [°C]
-20 - +35
VENTILDICHTUNG
Mechanische Daten ZUL. BETRIEBSÜBERDRUCK bar(ü)] Zul. Betriebstemperatur [°C] Prüfdruck
[bar(ü)]
EINSTELLDRUCK ÜBERSTRÖMV.
[bar(ü)]
VENTILBAUART
1.4462
Antrieb
250
MOTOR
70
STROMART
325
Spannung
285
Fabrikat ......... FU - geeignet Drehstrom [V]
400
LEISTUNG
[kW]
22,0 50
Cone
FREQUENZ
[Hz]
SAUGVENTIL FEDERDRUCK [bar(ü)]
0,2
DREHZAHL
[1/min]
Druckventil Federdruck [bar(ü)]
0,2
Veränderl. Drehzahl
1 : 10
SCHUTZART
IP 55
Ex - Schutz
EEx de II CT4
Hubzahl
Bemerkungen:
81
[1/min]
12 - 112
1450
Anbauten: Winkelgetriebe, Pulsationsdämpfer saug - und druckseitig max. Arbeitstemperatur: 110 °C (kurzzeitig) Auslegungstemperatur: 180 °C (drucktragende Teile) Abnahmezeugnis: 3.1 C Außenaufstellung; für FU – Betrieb geeignet
Abb. 3.9 Ausrüstungsdatenblatt einer Kolbenpumpe nach dem Basic Engineering
82
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.10 Gefahrenzonenplan einer Abgasreinigungsanlage (Ausschnitt)
3.6.3 Teildokumentation BAU/STAHLBAU Zur Bautechnik insgesamt gehören der Tiefbau, der Hochbau und der Stahlbau sowie mit dem Bauwerk fest verbundene technische Ausrüstungen (z. B. Krane, Aufzüge, Rolltore). Bauspezifische Dämmungen und Anstriche werden ebenfalls dem Bau zugeordnet. Die zugehörige Baudokumentation besteht i .d. R. − aus einem Abschnitt „Baudokumente Gesamtanlage“, der übergreifende Dokumente enthält und − aus weiteren Abschnitten, die nach Bauobjekten (z. B. Gebäude, Stahlgerüste, Rohrbrücken, Betriebs- bzw. Lagerflächen) gegliedert sind und die zugehörigen objektbezogenen Baudokumente enthalten. Die Dokumente der technischen Ausrüstungen sind ggf. örtlich zugeordnet. Die Abgrenzung zu den baunahen Dokumenten der Technischen Gebäudeausrüstung ist teils schwierig. Ausgewählte Dokumentarten der Bautechnik sind in Tabelle 3.18 zusammengestellt.
3.6 Anlagendokumentation
83
Tabelle 3.18 Dokumentenarten der Baudokumentation (n. [3−11]) 1
Straßenpläne
1.1
Straßen-Lageplan (Maßstab: 1:200, 1:500, 1:1000) Darstellung der − Linienführung der Straßen mit Böschungsverlauf, befestigten Radien, Bogenanfang und Bogenende, − Quergefälle, − Lage der beigegebenen Regelquerschnitte, − Gräben und Gerinne mit Abmessungen und Fließrichtung, − erforderlichen Angaben über vorhandene und neue Kunstbauwerke.
1.2
Straßen-Längsschnitte (Höhenplan) (Maßstab: 1:500/1:50, 1:1000/1:100) Eingetragen sind: − Höhen des Geländes und vorhandener Straßen, − Gradienten der neuen Straßen, − Brechpunkte der Gefälle und Halbmesser der Kuppen-/Wannenausrundungen, − erforderliche Angaben über vorhandene und neue Kunstbauwerke.
1.3
Straßen-Regelquerschnitte (Maßstab: 1:50) Darstellung des Straßenquerschnittes mit Eintragung aller baulichen Bestandteile wie: − Unterbau, − Fahrbahndecke, − Randbefestigungen, − Böschungen und Gräben, − Lage aller Leitungen und Kabel im Querschnitt.
1.4
Straßen-Absteckplan (Anfertigung durch Geometer)
2
Gleispläne (Maßstab: 1:200, 1:500, 1:1000) Lageplan, Längs- und Querprofile einschl. Darstellung der Entwässerung des Gleiskörpers, mit kompletter Vermaßung der Gleistrassen, Weichen und sonstigen Eisenbahnbauwerke sowie Angabe der Grundstücksgrenzen.
3
Kanalisationspläne (können auch Bestandteil von Straßen- und Gleisplänen sein)
3.1
Kanalisation-Lageplan (Maßstab: 1:100, 1:200, 1:500) − − − − − −
3.2
Darstellung der Linienführung mit folgenden Eintragungen: angeschlossene Teilflächen, Lage der Schächte und Einläufe, Höhen, Gefälle und Fließrichtung, Leitungsdurchmesser und Werkstoff, sonstige Kunstbauwerke.
Kanalisation-Längsschnitte (Maßstab: 1:500/1:50, 1:1000/1:100) Darstellung der: − Höhen von Geländer bzw. Straße und Kanalsohle, Gefälle, − Leitungsdurchmesser und Werkstoff, − Lage der Schächte.
84
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.18 (Fortsetzung) 3.3
Kanalisation-Detailzeichnung (Maßstab: 1:25, 1:50) Darstellung der Entwässerungsbauwerke mit allen für die Ausführung erforderlichen Angaben, wie Lage und Abmessungen, Baustoffe usw.
4
Übersichtszeichnungen und Positionspläne (Maßstab: 1:50, 1:100)
4.1
Massivbau-Positionsplan (kann Teil der Statik sein) Angabe der wesentlichen Abmessungen des Bauwerkes sowie der Positionsnummer der statischen Berechnungen.
4.2
Massivbau-Übersichtszeichnung Grundrisse der einzelnen Anlagefelder mit Angabe der endgültigen Abmessungen der Bauteile entsprechend der statischen Berechnung sowie Vermaßung auf die Bezugslinien.
4.3
Stahlbau-Positionsplan (kann Teil der Statik sein) Darstellung aller Konstruktionsteile, Angabe der wesentlichen Abmessungen sowie der Positionsnummern der statischen Berechnungen.
4.4
Stahlbau-Übersichtszeichnung (Maßstab: 1:50, 1:100, Details 1:10, 1:20) Grundrisse, Schnitte und Ansichten des Bauwerkes mit Darstellung aller Konstruktionsteile und Eintragung der − für die Anfertigung von Fertigungszeichnungen erforderlichen Maße, − Profile, − Anschlussdetails für Maschinen, Apparate, Rohrleitungen usw., − wichtigen Konstruktionsdetails, z.B. Anschluß von Rahmenecken, Brückenund Kranbahnauflager, Dehnfugen usw.; − Anschlusskräfte für Träger, Verbandsstäbe usw.
5
Belastungsplan B (für Abtragung von Stahlbauten) Plan für Fundamente des Stahlbaues (Gebäude, Unterkonstruktionen, Brücken) Darstellung und Eintragung von – Bauwerksgrundrissen mit Achsen einschl. Achsbezeichnung und Stützenstellung (Richtung des Steges), – Lage von Verbänden und Rahmen, – Höhenkote von Fundamentoberkante, – Größe der Fußplatten, – Zulässige Betonpressung in der Lagerfuge, – Positive x-, y- und z-Richtung, – Belastungstabelle, unterteilt in die einzelnen Lastfälle.
6
Verankerungszeichnung B (Maßstab: 1:10, 1:20/1:50, 1:100) Zeichnung für Stahlbau und sonstige vorgefertigte Bauteile. Darstellung und Eintragung von: − Verankerungsdetails (Ankerlöcher, Ankerschrauben, Ankerbarren usw.), − Bauwerksachsen mit Bezeichnung, − Höhenkote von Fundamentoberkante, − Größe der Fußplatten, Dicke der Vergussfuge, − Lageplan, − Liefergrenzen.
3.6 Anlagendokumentation
85
Tabelle 3.18 (Fortsetzung) 7
Pfahlplan, Rammplan Darstellung der Lage von Gründungspfählen (Rammpfähle, Bohrpfähle) oder Spundwänden im Grundriss und ggf. in Schnitten mit Angabe der − Lage in Bezug auf Bauwerksachsen, − Neigung von Schrägpfählen, − Tragfähigkeit der Pfähle, − Oberkante Pfahlkopf bzw. Spundwand, − evtl. einzuhaltenden Mindesttiefe, − Baustoffe.
8
Schalungszeichnung bzw. Schalplan) (Maßstab: 1:20, 1:50) Darstellung der Beton- und Stahlbetonbauwerke in Grundrissen, Schnitten und Ansichten mit allen für die Ausführung der Betonarbeiten erforderlichen Maßen und Angaben.
9
Bewehrungszeichnung bzw. –plan (Maßstab: 1:10, 1:20, 1:50 oder unmaßstäblich als schematische Darstellung) Bauzeichnungen des Stahlbetons mit allen zum Biegen und Verlegen der Bewehrung erforderlichen Angaben. Eingetragen sind: – wesentliche Schalungsmaße, – Lage, Form, Durchmesser, Positionsnummern, Betondeckung der Bewehrung, – Betonstahlgruppe, – Betongüteklasse, Zementart und Zementgehalt, – Stahlliste.
10
Stahlbau-Fertigungszeichnung bzw. -Werkstattzeichnung (Maßstab: 1:10, 1:20, Details: 1:1, 1:5 Darstellung sämtlicher Konstruktionsteile in Grundrissen, Schnitten und Ansichten mit Angabe der Informationen für die Fertigung, wie – Profile – Schweißnähte und sonstige Verbindungen, – kompletten Bemaßung einschl. Systemmaße, – evtl. erforderlichen Toleranzen und Bearbeitungszeichen, – Positionsnummern.
11
Architektonische Detailzeichnung bei Gebäuden (Maßstab: 1:10, 1:25, 1:50) Darstellung aller für die Ausführung erforderlichen Details mit sämtlichen hierzu nötigen Maßen und Angaben.
12
Montagepläne
12.1
Stahlbau-Signierungsplan (Maßstab: 1:50, 1:100) Grundrisse, Schnitte und Ansichten des Bauwerkes mit Darstellung aller Konstruktionsteile und Eintragung der − für die Montage wesentlichen Maße, Profile, − für Versand und Montage maßgebende Positionsnummern der zum Versand kommenden, zu transportfähigen Stücken zusammengebauten Teilen.
86
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.18 (Fortsetzung) 12.2
12.3
Gitterrost-Verlegeplan Angabe der – Lage der Roste bezogen auf die Unterkonstruktion, – Abmessungen, Ausschnitte, Positionsnummern. Gebäudeverkleidung-Verlegeplan Angabe der – Lage der Elemente, – Abmessungen, Ausschnitte, Positionsnummern.
13
Einfriedungsplan (Maßstab: 1:200, 1:500, 1:1000) Darstellung der Zauntrassen mit Straßen- und Eisenbahntoren und komplette Bemaßung bezogen auf Festpunkte.
14
Raumbuch Beschreibung der für die Innen-Ausbauarbeiten der Räume zu verwendende Baustoffe mit folgenden Angaben: − Benennung der beschriebenen Bauwerksteile, wie z. B. Wände, Decken, Fußböden, Treppen, Türen, Zargen, Fenster, Geländer − Farbton, Baustoffe, − Hinweise auf Hersteller, Verarbeitungsrichtlinien, − zugehörige Positionsnummer des Leistungsverzeichnisses.
Die folgenden drei Abbildungen 3.11 bis 3.13. zeigen Beispiele ausgewählter Baudokumente.
Abb. 3.11 Oberflächenbefestigungsplan einer Abgasreinigungsanlage (Ausschnitt)
3.6 Anlagendokumentation
Abb. 3.12 Schal- und Bewehrungsplan für Pumpenfundamente (Ausschnitt)
87
88
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.13 Entwässerungsplan eines Wohnhauses (Ausschnitt)
Die wichtigsten Arten und Inhalte von Bauzeichnungen für die Objekt- und Tragwerksplanung (Stahlbeton- und Spannbetonbau) sowie Grundregeln für die Darstellung in Bauzeichnungen sind in der DIN 1356-1 [3−12] enthalten. Baudokumente sind, weit über den Anlagenbau hinaus, besonders für die städtische Bebauungsplanung und -durchführung wichtig. Entsprechend den Vorschriften für die Baugenehmigung (s. Abschn. 5.3.1) sowie für die Bauplanung und -abwickung sind spezifische Bauzeichnungen, wie z. B. − − − −
Bauvorentwurfszeichnungen, Bauentwurfszeichnungen, Bauvorlagezeichnungen, Bauausführungszeichnungen
zu erarbeiten. Die DIN 1356-1 definiert diese Begriffe. Im Unterschied zum Tief- und Hochbau wird im Stahlbau konstruiert, gefertigt und montiert. Die Stahlbaudokumente sind entsprechend spezifisch und zum Teil ähnlich wie im Apparatebau. Stahlbauzeichnungen im Anlagenbau sind maßstäbliche Darstellungen von Stahltragwerken und Stahlbauteilen für die einzelnen Anlagenteile, Montageeinheiten und Rohrleitungsbefestigungen einschließlich ihrer Zubehöreinrichtungen innerhalb einer Anlage. Man unterscheidet im Stahlbau ebenfalls zwischen Entwurfszeichnungen und Ausführungszeichnungen.
3.6 Anlagendokumentation
89
Abb. 3.14 Stahlbau-Entwurfszeichnung
Letztere werden i. Allg. auch Stahlbau-Fertigungszeichnungen bzw. Werkstattzeichnungen genannt. Abbildung 3.14 und 3.15 zeigen jeweils ein Beispiel. In Stahlbau-Entwurfszeichnungen sind Konstruktions- und Hauptmaße einer Stahlbaukonstruktion für Anlagenteile festgelegt. Weiterhin sind Art und Zusammenwirken der funktionsbestimmenden Bauglieder, die insgesamt die Stahlbaukonstruktion charakterisieren, deutlich erkennbar. Berührungspunkte mit anderen bautechnischen Bereichen, die Forderungen an die Stahlbaukonstruktion stellen, sind eindeutig, maßlich und konstruktiv festzulegen. In Stahlbau-Fertigungszeichnungen sind die für die Fertigung und Montage erforderlichen Angaben einer Stahlbaukonstruktion enthalten. Eine Spezifik bildet der sog. Technologische Stahlbau für Bühnen, Laufstege, Poteste u. ä., die zum Bedienen und Warten der Anlagenkomponenten gebraucht werden. Die entsprechenden Stahlbaudokumente werden häufig den Ausrüstungen zugeordnet. Bestandteile der Baudokumentation sind nicht zuletzt zahlreiche genehmigungs- und sicherheitsspezifische Dokumentenarten (s. Tabelle 3.19). Diese Dokumentenarten resultieren zum großen Teil aus Rechtsvorschriften bzw. behördlichen Auflagen und dienen dem Bauherrn als Nachweis, dass er während der Bauphase seine Eigentümer- und Sorgfaltspflichten erfüllt hat.
90
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.15 Stahlbau-Fertigungszeichnung
Sie sind insbesondere im Rahmen der Baustellenabwicklung (s. Abschn. 5.6) und auf Basis eines ganzheitlichen Prüfhandbuchs (s. Abschn. 3.7.5) zu beschaffen bzw. zu erstellen.
3.6 Anlagendokumentation
91
Tabelle 3.19 Ausgewählte genehmigungs- und sicherheitsspezifische Dokumentenarten der Baudokumentation 1
Übergreifende Dokumente (für Gesamtanlage) − hydrauliche Berechnungen und Nachweise für die Auslegung und Ausführung des Regenwasser- und Schmutzwassersystems (Kanalisation) − Brandschutznachweis − Schallschutznachweis − Wärmeschutznachweis − Dokumente zum Gebäudeschutz vor unberechtigtem Zutritt − Nachweis zum Anprallschutz für ausgewählte Szenarien − Begehungsprotokolle der Bauaufsichtsbehörde u. a. behördlicher Stellen
2
Hoch- und Tiefbau (Massivbau, Straßenbau, Entwässerung usw.) − Bescheinigungen über die Baugrunduntersuchung − Fachunternehmererklärung nach WHG − Protokoll zu Baugrubenabnahme − Verdichtungsnachweise − Zertifikate und Bescheinigungen für Baugrundabdichtung (Folien) − Nachweise über Bewehrungsabnahme − Nachweise für Freigabe der Betonrezeptur − Betongütenachweise − Werkstoffnachweise über Betonstahl − Zertifikate bzw. Zeugnisse für Vergussmaterialien − Freigabeprotokolle für Verguss − Herstellerbescheinigungen, Zertifikate für Beschichtungen − Einmessprotokolle − Freigabeprotokolle für Betonierung der Erdung − Prüfstatiken für Gebäude inkl. Gebäudestahlbau − EG-Konformitätserklärungen bzw. Herstellerbescheinigungen zu Brandschutzeinrichtungen und Prüfzeugnisse des baulichen Brandschutzes
3
Stahlbau − Prüfstatiken für Stahlbau − Einmess-/Vermessungsprotokolle über Stahlbau − Erklärung betreffs Einhaltung der Anzugsmomente − Freigabeprotokolle zum betonieren der Stützen − Schweißerliste mit Schweißerprüfbescheinigungen − Werkstoffzeugnis u.a. Prüfbescheinigungen für Material − Herstellerzertifikate für Schweißzusatzwerkstoffe − Bescheinigungen über Materialien und Ausführung zum Korrosionsschutz − Bescheinigungen über Abnahmeprüfungen
4
Bautechnische Einrichtungen − Hersteller-Montagedokumentation der Krane, inkl. Kranbücher − Hersteller-/Montagedokumentation der Aufzüge, inkl. Prüfbescheinigungen − Herstellerdokumentation der kraftbetätigten Rolltore, inkl. Prüfbücher − Hersteller-/Montagedokumentation für Bodenwaage, inkl. Eichprotokolle
92
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
3.6.4 Teildokumentation APPARATE/BEHÄLTER/MASCHINEN Apparate, Behälter und Maschinen sind die Hauptausrüstungen verfahrenstechnischer Anlagen. Im Einzelnen sollen folgende Begriffsdefinitionen gelten: Apparat ist eine Ausrüstung/Vorrichtung zur Durchführung von Stoffänderungen und/oder Stoffwandlungen. (Bsp.: Reaktoren, Öfen, Kessel, Kolonnen, Wärmeübertrager, Abscheider, Filter, Sprühtrockner) Behälter ist eine geschlossene, ortsfeste Ausrüstung/Vorrichtung zur Aufbewahrung von Stoffen. (Bsp.: Lagerbehälter, Lagertank, Silo) Maschine ist eine mit einem anderen Antriebsystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind [2−18] (Wesensmerkmale kursiv!) (Bsp.: Pumpe, Verdichter, Gebläse, Turbinen, Rührbehälter, Zentrifugen, Filtertrockner, Drehscheibenextraktoren, Filmtruder, Förderbänder)
Mancher Apparat oder Behälter wird durch den Anbau eines Antriebs zur Maschine, sodass die Abgrenzung teilweise schwierig ist. Man spricht im diesem Zusammenhang auch von einer maschinentechnischen Funktionseinheit (Aggregat), die im Sinne der Maschinen-Richlinie ebenfalls als „Maschine“ zu verstehen ist. In der Teildokumentation APPARATE/BEHÄLTER/MASCHINEN werden auch jene Dokumente zusammengefasst, die die Hersteller und/oder Lieferanten der jeweiligen Einzelausrüstung begleitend zum Produkt mitliefern. Sie entsprechen den klassischen Technischen Produktdokumentation und fügen sich wie „Mosaiksteine“ in die Gesamtdokumentation ein. Betreffs der Dokumentation verfahrenstechnischen Anlagen sind bezüglich dieser Produktdokumentationen folgende Bedingungen und Besonderheiten zu beachten: • Für den verfahrenstechnischen Anlagenbau sind die o. g. Hauptausrüstungen wesentlich, da in ihnen ein Großteil des verfahrenstechnischen und technischen Know-how vergegenständlicht ist. Viele dieser Ausrüstungen sind Sonderkonstruktionen mit zum Teil komplizierten Fertigungs- und Montageabläufen. Analoges gilt für den Betrieb und die Instandhaltung. Die Konstruktionszeichnung eines relativ einfachen Druckbehälters in Abb. 3.16, der als Kolonnensumpf genutzt wird, veranschaulicht dies. Insgesamt ergeben sich daraus hohe Anforderungen an den Umfang und die Ausführung der zugehörigen Herstellerdokumentation. • Die Beschaffung der o. g. Hauptausrüstungen ist fast immer terminkritisch. Damit sind a priori erhöhte Termin- und Qualitätsrisiken für die Herstellung der Ausrüstung und der zugehörigen Dokumentation gegeben (s. Abschn. 5.5). Die Herstellerdokumentationen gehören deshalb von Anfang an in den Fokus der Qualitätssicherung.
3.6 Anlagendokumentation
Konstruktionszeichnung eines Druckbehälters mit Einbauten (Ausschnitt)
93
Abb. 3.16
94
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
• Für die Herstellung und Dokumentation der o. g. Hauptausrüstungen gibt es zahlreiche Rechtsvorschriften, die zu beachten sind. Die wichtigsten sind: – –
–
die Maschinen-Richtlinie [2−18] für Maschinen, inkl. entsprechender Funktionseinheiten, die Druckgeräte-Richtlinie [2−17] für Druckgeräte (inkl. Behälter und Apparate unter Druck) im Sinne dieser Richtlinie bzw. die daraus abgeleitete Betriebssicherheitsverordnung [2−11], die ATEX-Produkt-Richtlinie [2−16], z. B. für die Verwendung von Maschinen in explosionsgefährdeten Bereichen.
• Die Einzeldokumentationen gleichartiger Ausrüstungen sollten möglichst identisch gegliedert sein und weitgehend gleiche Begriffe verwenden. Damit werden wirksam Fehlerquellen und Kosten verringert. • Die Herstellerdokumentationen für die o. g. Einzelausrüstungen sind zu unterscheiden von den Package-unit-Dokumentation (s. Abschn. 3.6.9). Wie die Gliederung der o. g. Herstellerdokumentationen zweckmäßig aussehen kann und welche Dokumentenarten dazugehören, wird nachfolgend erläutert. a) Herstellerdokumentationen für APPARATE und BEHÄLTER Das mögliche Inhaltverzeichnis einer Herstellerdokumentation für einen Apparat bzw. Behälter enthält Tabelle 3.20. Tabelle 3.20 Inhaltsverzeichnis der Herstellerdokumentation eines Druckbehälters mit Einbauten und Zubehör (Praxisbeispiel) 1
Technische Unterlagen 1.1 Kennzeichnung 1.2 Ausrüstungsdatenblatt 1.3 Konstruktionszeichnungen für Zusammenbau und Stücklisten 1.4 Konstruktionszeichnungen für Einbauten, Sonderteile u.ä. und Stücklisten 1.5 Dokumentation von Anbauteilen 1.6 Festigkeitsberechnungen
2
EG-Konformitätserklärung (n. Druckgeräterichtlinie 97/23/EG)
3
Betriebsanleitung 2.1 Sicherheitshinweise 2.1.1 Bestimmungsgemäße Verwendung 2.1.2 Sicherheitseinrichtungen, Warnhinweise, Verbote 2.1.2 Hinweise auf Restgefahren 2.2 Transport, Lagerung 2.2.1 Anschlagmöglichkeiten, Anschlagmittel 2.2.2 Hinweise für Transport 2.2.3 Konservierung, Vermeidung von Schmutzeintrag 2.3 Montage 2.3.1 Maßblatt und Gewichte 2.3.2 Aufstellen und Befestigen 2.3.3 Reinigen 2.3.4 Wärmedämmung
3.6 Anlagendokumentation
95
Tabelle 3.20 (Fortsetzung) 2.4 Inbetriebnahme, Betrieb, Außerbetriebnahme 2.4.1 Verschließen und Dichtheitsprüfung 2.4.2 Prüfungen vor Inbetriebnahme 2.4.3 Hinweise zur Druckbeaufschlagung 2.4.4 Hinweise für Außerbetriebnahme 2.5 Wartung, Inspektion, Wiederkehrende Prüfungen 2.5.1 Wartungsmaßnahmen 2.5.2 Inspektionshinweise 2.5.2 Hinweise zu Wiederkehrenden Prüfungen 2.6 Störungen, Instandsetzung 2.6.1 Mögliche Störungsursachen 2.6.2 Hinweise zu Instandsetzungsarbeiten 2.7 Verschleiß- und Ersatzteile 4
Prüf- und Qualitätsdokumentation 7.1 Bescheinigung über Bau- und Druckprüfung 7.2 Schweißplan 7.3 Schweißerbescheinigungen 7.4 Durchstrahlungsprüfbericht, Röntgenprüfplan 7.5 Beizprotokoll 7.6 Prüfbescheinigungen von Werkstoffen (Werkstoffnachweise) 7.4 Protokoll Bauabweichung
Typisch für die Apparatedokumentation sind die Konstruktions- bzw. Werkstattzeichnungen des Einzelapparats. Von erheblichem Umfang sind auch die Werkstoff-Prüfbescheinigungen nach DIN EN 10204 [3−13], die das Qualitätszertifikat für den eingesetzten metallischen Werkstoff darstellen. Übliche Dokumentenarten sind das Abnahmeprüfzeugnis 3.1 bzw. Abnahmeprüfzeugnis 3.2 und mitunter die Werkbescheinigung 2.1 oder das Werkzeugnis 2.2. In der Regel ist durch den Hersteller zu jedem einzelnen Bauteil eine eigene Prüfbescheinigung (Werkstoffnachweis) beizufügen. Die Zuordnung der Bescheinigung zum betroffenen Bauteil erfolgt meistens über die Bauteil-Positionsnummer und die entsprechende Zeile in der zugehörigen Zeichnungsstückliste. Seit in Kraft treten der Druckgeräte-Richtlinie [2−17] ist gemäß Anhang I Abs. 3.4 für das Druckgerät eine Betriebsanleitung vor dessen Inverkehrbringen zu erarbeiten. b) Herstellerdokumentationen für MASCHINEN Für Maschinen regelt seit fast 20 Jahren die Maschinen-Richtlinie [2−18] die Dokumentationsanforderungen, die vor deren Inverkehrbringen erfüllt sein müssen. Konkret steht dazu unter Artikel 5 (Inverkehrbringen und Inbetriebnahme). (1) Der Hersteller oder sein Bevollmächtigter muss vor dem Inverkehrbringen und/oder der Inbetriebnahme einer Maschine
96
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen a) sicherstellen, dass die Maschine die in Anhang1 aufgeführten, für sie geltenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt; b) sicherstellen, dass die in Anhang VII Teil A genannten technischen Unterlagen verfügbar sind; c) insbesondere die erforderlichen Informationen, wie die Betriebsanleitung, zur Verfügung stellen; d) die zutreffenden Konformitätsverfahren gemäß Artikel 12 durchführen; e) die EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang II Teil I Abschnitt A ausstellen und sicherstellen, dass sie der Maschine beiliegt; f) die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 16 anbringen.
Um die Einhaltung der Vorgaben gemäß Buchstabe a) nachzuweisen, hat der Hersteller einer Maschine oder sein Bevollmächtigter gemäß Anhang I, Abs. 1 eine Gefahrenanalyse (lt. RL 2006/42/EG: Risikobeurteilung) durchzuführen, um die für die Maschine geltenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen zu ermitteln. Die Maschine muss dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikoanalyse konstruiert und gebaut werden. Ziel der Gefahrenanalyse ist eine ausreichende Sicherheit der Maschine. Die Gefahrenanalyse bezieht sich somit schwerpunktmäßig auf das Produkt (Maschine oder Druckgerät) und ist von einer Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz [2−7] bzw. § 7 Gefahrstoffverordnung [2−19], bei der ganzheitlich die sicheren Arbeitsbedingungen von Beschäftigten überprüft werden, zu unterscheiden (s. Abschn. 3.7.2). Der Bericht zur Gefahrenanalyse wird i. d. R. nicht an den Besteller mitgeliefert, ist ihm aber auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen. Für die Maschinendokumentation sind insbesondere die Betriebsanleitung und die EG-Konformitätserklärung gemäß folgenden Begriffsinhalten zu beachten. Die Betriebsanleitung beinhaltet die für die Inbetriebnahme, Wartung, Inspektion, Überprüfung der Funktionsfähigkeit und gegebenenfalls Reparatur der Maschine bzw. des Geräts notwendigen Pläne und Schemata sowie alle zweckdienlichen Angaben, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit ([2−15] [2−16][3−40]). Die EG-Konformitätserklärung ist die schriftliche Erklärung eines Herstellers bzw. seines Bevollmächtigten, dass ein von ihm in Verkehr gebrachtes Produkt (Maschine, Druckgerät u. a.) allen relevanten europäischen Richtlinien und Normen entspricht.
Betriebsanleitungen enthalten produktbegleitende Hinweise des Herstellers oder Lieferanten, um den Benutzer (Anlagenbetreiber) die sachgerechte, bestimmungsgemäße und sichere Verwendung des Produkts zu erleichtern. Die Herstellerangaben in Betriebsanleitungen können außerdem im Schadensfall haftungsrechtliche Bedeutung haben, da die Einhaltung gewährleistungsrelevanter Vorgaben (z. B. Wartungshinweise) durch den Betreiber eine sog. Gewährleistungsvoraussetzung darstellt. Die Betriebsanleitungen sind streng zu unterscheiden von den Betriebsanweisungen. Letztere erarbeitet und erteilt nicht der Hersteller, sondern der Weisungsbefugte (z. B. der Betriebsleiter) gegenüber seinen weisungsgebundenen Mitarbeitern (s. Abschn. 3.7.2).
3.6 Anlagendokumentation
97
In der Maschinen-Richtlinie, Anhang I, Abschn. 1.7.4 (Betriebsanleitung) werden sowohl „Allgemeine Grundsätze für die Abfassung der Betriebsanleitung“ (z. B. Sprache) als auch detaillierte Vorgaben für den „Inhalt von Betriebsanleitungen“ angegeben. Die inhaltlichen Vorgaben sind sehr umfangreich und entsprechen de facto einer Gliederung bzw. Handlungsanleitung für den Technischen Redakteur. Auf ein Zitieren wird in diesem Buch verzichtet und stattdessen auf das Beispiel in Tabelle 3.21 sowie auf die Ausführungen im Abschn. 3.6.6.5 zu den Betriebsanleitungen elektrischer Geräte und Schutzsysteme verwiesen. Zur EG-Konformitätserklärung sei noch ergänzt, dass diese auf einem vorangegangen Konformitätsbewertungsverfahren basieren muss. Tabelle 3.21 Inhaltsverzeichnis der Herstellerdokumentation einer magnetgekuppelten Seitenkanalpumpe mit Elektromotor für Einsatz im Ex-Bereich (Praxisbeispiel) 1
Pumpendatenblatt
2
Betriebsanleitung Pumpe 2.1 Kennzeichnung 2.2 Sicherheitshinweise, Gewährleistung 2.3 Verwendungszweck, Beschreibung 2.4 Auspacken, Transportieren, Lagern 2.5 Aufstellen der Pumpe 2.6 Inbetriebnahme, Außerbetriebnahme 2.7 Wartungshinweise und –intervalle 2.8 Technische Daten (Abmessung, zul. Rohrleitungskräfte und –momente u. a.) 2.9 Anhang (Zeichnungen, Schaltschemata, Zubehörunterlagen usw.)
3
EG-Konformitätserklärung für Pumpe (n. Anhang II, Maschinenrichtlinie)
4
Aggregatmaßzeichnung
5
Ersatzteile 5.1 Ersatzteilliste 5.2 Schnittzeichnung mit Teilepositionen
6
Elektromotor 6.1 Motordatenblatt 6.2 EG-Konformitätserklätung Motor (n. Anhang X, ATEX-Produkt-Richtlinie) 6.3 Betriebsanleitung Motor (n. Anhang II, ATEX-Produkt-Richtlinie) 1 Beschreibung 2 Transport, Einlagerung 3 Aufstellung und Inbetriebnahme 4 Wartung 5 Zusatzeinrichtungen 6 Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Explosionsschutzes im Betrieb 7 Ersatzteile 8 Maßnahmen bei Störungen
7
Prüfprotokolle, Werkszeugnisse u. a. Bescheinigungen
98
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
3.6.5 Teildokumentation ROHRLEITUNGEN In verfahrenstechnischen Anlagenprojekten hat der Rohrleitungsbau einen hohen Anteil. In größeren Anlagen sind mehrere tausend Einzelrohrleitungen montiert und entsprechend dokumentiert. Zur Rohrleitungsdokumentation gehören neben den Übersichts- bzw. Ausführungsdokumenten zu den eigentlichen Rohrleitungen beispielsweise auch die − Spezifikationen und Herstellerunterlagen über Armaturen (Ventile, Schieber, Kugelhähne, Klappen, Rückschlagventile, Kondensatableiter) − Spezifikation und Herstellerdokumentationen über Rohrleistungssonderteile (Kompensatoren, Messstutzen, Lochblenden, Steckscheiben, Schläuche, Kupplungen, Siebe, Schaugläser) − Spezifikationen und Ausführungsdokumente (as built) über die Rohrleitungshalterungen (Unterstützungen, Federhänger/-lager, Konstanthänger/-lager, Sonderlager, Schallentkopplung) − Spezifikationen sowie Auslegungs- und Herstellerunterlagen über Druckentlastungseinrichtungen (Sicherheitsventile, Berstscheiben) − Dokumente der Rohrleitungsprüfdokumentation, die sich aus Rechtsvorschriften bzw. den anerkannten Stand der Technik ergeben. Einige wichtige Dokumentenarten des Rohrleitungsbaus sind in Tabelle 3.22 angeführt. Insgesamt können im Rohrleitungsbau, inkl. der Prüfdokumentation, bis zu 100 verschiedene Dokumentenarten signifikant sein. Tabelle 3.22 Dokumentenarten der Teildokumentation ROHRLEITUNGEN (Auswahl) − Richtlinien und Spezifikationen für Planung, Fertigung, Montage von Rohrleitungen und Rohrleitungsteilen, inkl. Qualitäts- und Druckprüfung − Spezifikationen der Rohrklassen − Spezifikation der Rohrleitungssonderteile − Spezifikation für die Rohrleitungskennzeichnung − Spezifikationen für Rohrleitungshalterungen − Spezifikationen für Beschichtung bzw. Auskleidung − Spezifikationen für Dämmung − Spezifikationen für Beheizung − Lage- bzw. Übersichtspläne mit Hauptrohrbrücken, Rohrtrassen, Portalen usw. − Übersichtspläne zu kanal- bzw. erdverlegten Leitungen (Unterflursummenpläne) − 3D-CAD-Rohrleitungsmodelle − Rohrleitungstrassenpläne − Rohrbrückenbelegungspläne − Rohrleitungspläne − Rohrleitungslisten (-verzeichnisse) für Gesamt- und Teilanlagen − Rohrleitungsisometrien − Rohrleitungsstücklisten − Listen der Rohrleitungshalterungen (ggf. getrennt nach Art der Halterung) − Liste der Rohrleitungssonderteile − Rohrleitungssonderteil-Zeichnungen
3.6 Anlagendokumentation
99
Tabelle 3.22 (Fortsetzung) − − − − − − − −
Prüfbescheinigungen für Rohrleitungsmaterialien Einbindepunktlisten Liste der Druckentlastungseinrichtungen Herstellerbescheinigungen für Sicherheitsventile Herstellerdokumentation zu Armaturen Festigkeitsnachweise (Stressberechnungen) Dokumente zur Eignung und Ausführung der Schweißungen Technische Abnahme- und Prüfvorschriften Rohrleitungsbücher für Rohrleitungen bzw. Rohrleitungssysteme (inkl. aller relevanten Prüfdokumente)
Beispiele von Dokumentenarten der Rohrleitungstechnik sind: a) Spezifikation für eine Rohrklasse Eine Rohrklasse ist eine Zusammenstellung und Beschreibung aller Rohrleitungsteile, die einem bestimmten Werkstoff sowie Druck- und Temperaturbereich zugeordnet sind [3−14]. Innerhalb einer Rohrklasse sind die Rohrleitungsteile bezogen auf die angeführten Einsatzgrenzen eindeutig definiert. Zu den erfassten Rohrleitungsteilen gehören die − eigentlichen Rohre, − Formstücke (Bögen, T-Stücke, Reduzierstücke, Abzweige, Blindflansche) und − Rohrverbindungen (Flansche, Schrauben, Muttern). Indem mit Rohrklasse gearbeitet wird, kommen für definierte Einsatzbedingengen regelmäßig die standardisierten Rohrleitungsteile zum Einsatz. Mitunter werden auch Armaturen und Dichtungen sowie seltener auch Rohrleitungshalterungen in die Spezifikation aufgenommen. Man spricht dann im erweiterten Sinne von einer Rohrleitungsklasse. Tabelle 3.23 zeigt das Inhaltsverzeichnis einer Rohrklasse. Tabelle 3.23 Inhaltsverzeichnis einer Rohrklasse (Praxisbeispiel) 1
Anwendungsbereich 1.1 Stammdaten 1.1.1 Druck- und Temperaturbereich 1.1.2 Werkstoff 1.2 Rohrverbindung 1.3 Dimensionierungsdaten 1.3.1 Sicherheitsbeiwert 1.3.2 Wanddickenunterschreitung 1.3.3 Festigkeitskennwerte
2
Listen 2.1 Liste der Rohrleitungsstandardteile 2.2 Liste der Rohrleitungssonderteile 2.3 Liste der rohrklassenzugeordneten Armaturen
100
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.23 (Fortsetzung) 3
Angaben zu Rohrleitungsteilen 3.1 Wanddickentabellen 3.2 Rohre 3.3 T-Stücke 3.4 Reduzierstücke 3.5 Kappen 3.6 Maßtabellen für Flansche 3.7 Vorschweißflansche 3.8 Blindflansche 3.9 Steckscheiben 3.10 Dichtungen 3.11 Schrauben und Muttern
b) 3D-Rohrleitungsmodell Das 3D-Rohrleitungsmodell ist eine maßstäbliche Darstellung des Rohleitungsverlaufs der Anlage bzw. von Teilanlagen (s. Abb. 3.17).
Abb. 3.17 3D-Rohrleitungsmodell einer Verdichteranlage als Grundlage für eine Schwingungsanalyse
3.6 Anlagendokumentation
101
Das Rohrleitungsmodell wird i. Allg. aus dem 3D-Anlagenmodell generiert und dient beispielsweise − zur Präsentation, Qualitätskontrolle und Freigabe der Rohrleitungsplanung, − zur Veranschaulichung der Rohrleitungsverläufe für Stressberechnungen bzw. für schwingungstechnische und/oder schalltechnische Analysen. c) Unterflursummenplan Der Unterflursummenplan ist ein maßstäblicher Grundriss der Anlage bzw. Teilanlage, in dem alle unterirdischen Bauobjekte (Fundamente, Schächte, Gruben, Kanäle, Drainage) und Behälter (Erdtank, Slopbehälter) sowie die erdverlegten Rohrleitungen und Kabel (Kabeltrassen, Schutzrohre) dargestellt sind (s. Abb. 3.18). Die Unterflursummenpläne müssen während der Bauphase und der späteren Betriebsphase unbedingt aktuell gepflegt werden, um bei Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen vor „bösen Überraschungen“ gefeit zu sein.
Abb. 3.18 Unterflursummenplan (Ausschnitt)
102
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
d) Rohrleitungsplan [3−15] Ein Rohrleitungsplan ist eine Einlinien- oder Dreiliniendarstellung von Rohrleitungen in Grundrissen, Ansichten bzw. kennzeichnenden Schnitten (s. Abb. 3.19). Er wird meistens aus dem 3D-Anlagenmodell generiert.
Abb. 3.19 Rohrleitungsplan (Ansicht) einer Destillationsanlage
e) Rohrleitungsliste Eine Rohrleitungsliste (Synonym: Rohrleitungsverzeichnis) ist eine Zusammenstellung aller im R&I-Fließbild benummerten Rohrleitungen [3−15]. In der Regel werden pro Rohrleitung angegeben: − − − −
R&I-Fließbild, in dem die Rohrleitung abgebildet ist Rohrleitungskennzeichen, Rohrnennweite, Rohrklasse,
3.6 Anlagendokumentation
103
− − − − −
Anfangs- und Endpunkt der Rohrleitung, Medium (Durchflussstoff), Phasenzustand, Nenndruck, Arbeitsdruck, Arbeitstemperatur, Auslegungs-/Prüfdaten (Prüfdruck, Prüfklasse, max. zul. Betriebsüberdruck, max. zul. Betriebstemperatur), − Dämmung, Beheizung. f) Isometrische Rohrleitungszeichnung (sog. Rohrleitungsisometrie) Eine isometrische Rohrleitungszeichnung ist eine nichtmaßstäbliche Darstellung (i. d. R. Einliniendarstellung) eines Rohrleitungssystems, einer Rohrleitung oder eines Rohrleitungsabschnitts mit bemaßtem Rohrleitungsverlauf in isometrischer Projektion. (s. Abb. 3.20). Um die Übersichtlichkeit zu wahren, wird i. Allg. eine Rohrleitung, die im R&I-Fließbild als solche einheitlich gekennzeichnet ist, verteilt auf 1 bis 4 isometrischen Rohrleitungszeichnungen dargestellt.
Abb. 3.20 Rohrleitungsisometrie in Einliniendarstellung (nichtmaßstäblich; ohne Positionsangaben)
104
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Die Rohrleitungsisometrien werden mittels spezieller Software aus dem 3DAnlagenmodell generiert bzw. mittels eines 2D-Grafikprogramms gezeichnet. Die nichtmaßstäbliche Darstellung ermöglicht auch große Rohrleitungen auf einem praktikablen Zeichnungsformat abzubilden. Andererseits erhält der Nutzer beim Betrachten der Rohrleitungsisometrie eine verzerrte, räumliche Vorstellung vom Rohrleitungsverlauf, den er vor Ort nicht findet. Bei kleineren Rohrleitungen, z. B. im Maschinenbau, werden u. a. aus diesem Grund maßstäbliche Rohrleitungsisometrien genutzt, die de facto eine Rohrleitung-Konstruktionszeichnung darstellen (s. Abb. 3.21) und direkt aus dem 3DAnlagenmodell erzeugt werden. Die Rohrleitungsisometrien beinhalten u. a folgende Informationen: − Grafische Symbole für Rohrleitungsteile, Armaturen, PLT-Geräte und Rohrleitungshalterungen, − Kennzeichnung der Rohrleitung und der dargestellten Rohrleitungsteile, − Anlagenordpfeil, Fließrichtung, − Bemaßung der Rohrleitung, − Gefälleangaben, − Montagehinweise zu Schweißnähten u. a., − Dämmung, Beheizung, − Verweise auf Anschlusspunkte, Anschlusszeichnungen und Rohrleitungsstücklisten. Die Rohrleitungsisometrien sind die wichtigsten Ausführungszeichnungen im Rohrleitungsbau.
Abb. 3.21 Rohrleitungsisometrie einer Maschinenleitung in 3-Liniendarstellung (maßstäblich)
3.6 Anlagendokumentation
105
Sie dienen u. a. als Basis für die Vorfertigung während der Montage sowie als Dokumentationsgrundlage für die durchgeführten Schweißarbeiten (sog. Schweißnahtisometrie mit Angabe der Schweißnähte) sowie für die zerstörungsfreie Schweißnahtprüfung (sog. ZfP-Isometrie mit Angabe der Messpunkte). In verfahrenstechnischen Anlagen existieren nicht selten mehrere tausend Rohrleitungsisometrien. g) Rohrleitungsstückliste Eine Rohrleitungsstückliste ist eine Zusammenstellung aller Rohrleitungsteile, Armaturen und Rohrleitungshalterungen einer Rohrleitung. Das heißt, die Stückliste enthält die technischen Daten über die Bauteile einer Rohrleitung. Stückliste und Isometrie bilden letztlich eine Einheit. Die Rohrleitungsstücklisten dienen insbesondere als Liefer- und Leistungsverzeichnisse für den Einkauf und die Montage. h) Rohrleitungsbuch (Synonym: Rohrbuch) Das Rohrleitungsbuch entspricht der Lebenslaufakte der Rohrleitung bzw. eines definierten Rohrleitungssytems. Die meisten Rohrleitungen verfahrenstechnischer Anlagen unterliegen der Druckgeräte-Richtlinie [2−17] bzw. Betriebssicherheitsverordnung [2−11]. Damit ergeben sich zahlreiche Prüf- und Dokumentationspflichten. Das Rohrleitungsbuch ist die rohrleitungsspezifische Prüfdokumentation und enthält alle Dokumente, die für die erstmalige und wiederkehrende Prüfung der Rohrleitung oder des Presskreises benötigt werden sowie neu entstehen und nachvollziehbar abgelegt bzw. gespeichert werden müssen. Ein presskreisbezogenes Rohrleitungsbuch ist dann zweckmäßig, wenn vor Inbetriebnahme einzelne Rohrleitungssysteme als sog. Presskreise zusammen einer Druckprüfung unterzogen werden. Die wiederkehrende Prüfung erfolgt dann in gleicher Weise. Das Inhaltsverzeichnis eines Rohrleitungsbuchs enthält Tabelle 3.24. Der Dokumentenumfang ist, auch wegen der hohen Anzahl an Rohrleitungen, enorm. Tabelle 3.24 Inhaltsverzeichnis des Rohrleitungsbuchs eines Presskreises einer Neuanlage (Praxisbeispiel) 1
Bezeichnung des Rohrbuchs, Inhaltverzeichnis
2
Ausführungsdokumente des Presskreises 2.1 R&I-Fließbilder mit farblich markierten Rohrleitungen des Presskreises 2.2 Rohrleitungsliste des Presskreises 2.3 Rohrleitungsisometrien des Presskreises 2.3.1 Fertigungsisometrien mit Zuordnung der Werkstoffnachweise 2.3.2 Schweißisometrien (Isometrien mit Kennzeichnung der Schweißnähte und Zuordnung der Schweißdokumente) 2.3.3 Dokumentationsisometrien (Isometrien mit Kennzeichnung der ZfPStellen und Zuordnung der Prüfdokumente)
106
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.24 (Fortsetzung) 3
Dokumente zur Druckprüfung der Rohrleitung 10-40-01 3.1 Prüfbericht zur Druchprüfung und Dichtigkeitsprobe 3.2 Druckverlaufnachweis (Ausdruck aus PLS) 3.3 Prüfbericht über die Prüfung beim Hersteller 3.4 Prüfbericht zum Spülen und Trocknen der Rohrleitung 3.5 Werkstoffnachweise für Bauteile der Rohrleitung 3.6 Schneidliste mit Umstempelungsnachweis für diverse Rohrstücke
4
Dokumente zur Druckprüfung der Rohrleitung 10-40-02 4.1 bis 4.6 (Inhalte analog 3.1 bis 3.6)
5
Dokumente zur Druckprüfung der Rohrleitung 10-40-03 5.1 bis 5.6 (Inhalte analog 3.1 bis 3.6)
6
Zusammenfassende Nachweisdokumente 6.1 Projekt- bzw. anlagenbezogene Schweißerliste 6.2 Berichte über Durchstrahlungsprüfungen 6.3 Berichte über Magnetpulverprüfungen 6.4 Schneidliste
3.6.6 Teildokumentationen PROZESSLEITTECHNIK (PLT) und ELEKTROTECHNIK (ET) Die Dokumentenarten beider Fachgebiete sollen wegen ihrer engen Verwandtheit zusammen betrachtet werden. Eine Übersicht zeigt Abb. 3.22. In der Projektarbeit und in der AS BUILT-Dokumentation sind beide Fachgebiete meistens eigenständig nebeneinander organisiert.
Abb. 3.22 Systematisierung wesentlicher Dokumentenarten der EMSR-Technik
3.6 Anlagendokumentation
107
Sind Dokumentenarten für beide Fachdisziplinen relevant, so wird von EMSRDokumenten gesprochen; im Sonderfall von PLT- bzw. ET-Dokumenten. Die Systematisierung in Abb. 3.21 unterscheidet in Dokumentenarten zur Darstellung von − − − −
Technischen Daten, Funktionen, Elektrischen Schaltungen und Anordnungen von EMSR-Einrichtungen.
Fügt man diesen 4 Komplexen noch die EMSR-spezifischen Hersteller- bzw. Lieferantendokumente hinzu, so ist insgesamt ein Großteil der relevanten EMSRDokumen-tenarten erfasst. Ausgehend von diesem Ordnungsprinzip werden in den folgenden Unterabschnitten wichtige, ausgewählte Dokumentenarten erläutert und mit Beispielen belegt. Darüber hinaus sei auf die DIN EN 61346 [3−2] verwiesen. 3.6.6.1 Dokumente zur Darstellung von TECHNISCHEN DATEN a) PLT-Stellenblätter u. a. Datenblätter Die technischen Daten jeder EMSR-Stelle (Sensoren und Aktoren) werden in einem zugehörigen PLT-Stellenblatt (Synonym: PLT-Stellendatenblatt) in übersichtlicher Form zusammengefasst. Im Einzelnen beinhaltet es Angaben: − − − −
zur allgemeinen Kennzeichnung der Stelle, zur Stoffbeschreibung (Bezeichnung, Zusammensetzung, Stoffeigenschaften), zu den Gerätedaten inkl. Zubehör und zum Einbauort.
Die Datenblätter sollten aus einer einheitlichen PLT-Datenbank generiert werden. Abb. 3.23 zeigt das PLT-Stellenblatt eines Temperaturmessfühlers, welches ausgewählte Informationen aus einer Access-Datenbak wiedergibt. Für andere EMSR-Einrichtungen und Betriebsmittel, wie z. B. Elektromotoren, Transformatoren, Frequenzumrichter, USV-Einrichtungen, Schaltanlagen, Beleuchtungsanlagen, Funkanlagen, Videoanlagen, Uhrenanlagen, Notstromaggregate, Batterieanlagen, werden ebenfalls technische Datenblätter erstellt. b) PLT-Stellenlisten u. a. Listen Eine PLT-Stellenliste ist eine Zusammenstellung mehrerer PLT-Stellen mit zugehörigen wesentlichen Daten der einzelnen PLT-Stellen. Werden von den einzelnen PLT-Stellen schwerpunktmäßig die sicherheitsrelevanten Daten zusammengestellt, so spricht man von Alarm- und Verriegelungslisten. Weitere Listen/Verzeichnisse sind für Feldgeräte, Kabel, Instrumentenluftverteiler, elektrische Betriebsmittel, PLS-Schränke, Grafiken, Rezepte, Schilder usw. üblich. Das Beispiel einer ET-Kabelliste zeigt Abb. 3.24. Je nach Informationsumfang werden die Listen einem oder mehreren R&I-Fließbildern zugeordnet.
108
1 2
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Geräte Nr. Anzahl
Tag Nr. Number
22-1TIZA 30
Repére Nombre
3
Gerät
Instrument Instrument
4 5 7 8 9 10 11 12 13 17 20 21
Typ Bauart Montageort Anschlüsse Material Länge Meßbereich Kopf Umgeb.-temp Schutzart Ex-Schutz
Model Design Location Connections Material Lenght Range Head Ambient Temp. Protection Ex-Protection
1 0
1
Rev.
Modèle Construction Emplacement Raccordments Matètieaux Dimension Range Tete Temp. Ambient Protection Ex-Protection
Widerstandsthermometer Pt 100, Typ GA 2501 Entgaser Flanschhülse, DN25/PN16 1.4462 für die Hülse Hülse EL=800mm 0...200 °C Form B aus Alu 30...50°C IP54 EExi
0 2 0 2 1 2 0 2 2 2 0
22
Zubehör
Optionals
Accessories
23 24 25 26 28 29 30 31 32 33 34 35 37 38
Typ Bauart Länge Meßbereich Typ Bauart Meßbereich Anzeige Genauigkeit Speisung Ausgang Alarme Ex-Schutz
Model Design Lenght Range Model Design Range Indication Accuracy Supply Output Alarms Ex-Protection
Modèle Construction Dimension Range Modèle Construction Range Indication Exactitude Alimentation Sortire Alarme Ex-Protection
39
Prozessdaten Proces Data Données T. min.
norm.
max.
Rev.
Temperatur Druck
Temperature Pressure
Température Pression
106 °C 0,4 bar
165°C 6 bar
0 2
Druckabfall
Pressuredrop
Perte de charge
Medium Spez. Gew. Viskosität
Fluid Spec. gravity Viscosity
Fluide Densité Viscosité
Lieferant Kunde
Contractor Customer
Fournisseur Client
40 41 42 43 44 45 47 48 49 50 51 52 A B C
Rev. Meßumformer TZN 128-Ex -200...+400
-0,5 bar
Temperaturmessgerät
0 2 °C
1
24 VDC 4...20 mA
0 0
EExi
0
Wasser / Dampf
0
2 2 Rev.
Dat.
Rev
2
Erst. Gepr. Freig.
Projekt: Blatt
Abb. 3.23 PLT-Stellenblatt eines Temperaturmessfühlers (Praxisbeispiel)
7/
11
3.6 Anlagendokumentation lfd. Nr.
Kennz.
Kabeltyp
Querschnitt
Spannung (V)
Länge (m)
Kabelverlauf von
Kabelverlauf nach
1 2 3 4 5 6
Kennz. Kennz. -W003N -W004N -W005N -W006N
NYCWY NYCWY NYCWY NYCWY NYCWY NYCY
3x50/25 3x35/16 3x50/25 3x50/25 3x35/16 3x2,5re/2,5
400 400 400 400 400 400
25 25 260 260 260 260
52 - 2 +EU 19 52 - 2 +EU 18 22 - 1 EH1 22 - 1 EH2 22 - 1 EN2 22 - 1 EN1
9
-W009N
NYCY
2x2,5re/2,5
230
25
10
-W010N
NYCY
2x2,5re/2,5
230
25
11 12 13 14
-W011S -W012S -W013S -W014S
NYCY NYCY NYCY NYCY
7x2,5re/2,5 7x2,5re/2,5 12x2,5re/4 12x2,5re/4
230 230 230 230
260 260 260 260
A 07 D A 07 F 52 - 2 +EU 19 52 - 2 +EU 19 52 - 2 +EU 18 A 07 G1 52 - 6 +EV 15 / Einsch. B11 - G Verteiler Begleitheizung L1 Verteiler Begleitheizung L2 Verteiler Begleitheizung L3 52 - 2 +EU 19 52 - 2 +EU 19 52 - 2 +EU 18 A 07 G1
7
-W007N
NYCY
3x4re/4
400
260
8
-W008N
NYCY
2x2,5re/2,5
230
50
Thyrotakt - Schrank FU-Schrank E-Heizung (40kW) E-Heizung (40kW) Pumpe (FU-Antrieb) Pumpe Einspeis. Verteiler Begleitheizung Begleitheizung
0 0 0 0 0 0 0
HK 1
0
Begleitheizung
HK 2
0
Begleitheizung
HK 3
0
örtliche Steuerstelle örtliche Steuerstelle örtliche Steuerstelle örtliche Steuerstelle Steuerspannung NotAus Steuerspannung NotAus
0 0 0 0
22 - 1 EH1 22 - 1 EH2 22 - 1 EN2 22 - 1 EN1
-W015S
NYCY
2x2,5re/2,5
230
25
A 07 E
52 - 2 +EU 19
16
-W016S
NYCY
2x2,5re/2,5
230
25
A 07 F
52 - 2 +EU 18
25
22 - 1 EN2
-W017S LiYCY sw 2x2x0,5
Rev.
Begleitheizung
15
17
Bemerkungen
109
VKE mit Kabel -W181S Thermoschutz
1 1 1
Abb. 3.24 ET-Kabelliste einer Reinstwasseranlage (Auszug) (Praxisbeispiel)
3.6.6.2 Dokumente zur Darstellung von FUNKTIONEN a) Funktionspläne und Funktionsbeschreibungen Ein Funktionsplan (Synonym. Funktionsschema) stellt eine PLT-Funktion je nach Zweck mit ausgewählten wesentlichen Eigenschaften oder mit allen erforderlichen Details durch grafische Symbole dar. Die Funktion wird i. Allg. unabhängig von den Betriebsmitteln oder der Technik der PLT-Einrichtungen dargestellt. Ein Funktionsplan enthält an Grundinformationen: − − − − −
die Darstellung der PLT-Funktion mit Hilfe von grafischen Symbolen, die Benennung der Ein- und Ausgangsvariablen, die Angabe über die Wirkung jeder Aktion, an Abbruchstellen die vollständige Hinweisbezeichnung, Hinweise zur Realisierung der PLT-Funktionen wie: Programme, Datenadressen, Programmanweisungen, Kommentare, Einbauorte, Anschlüsse, − Hinweise auf andere Unterlagen wie z. B. Programmdokumentationen, Stromlaufpläne.
In der Praxis wird mitunter im engeren Sinne unter einen Funktionsplan eine prozessorientierte Darstellung einer Steuerungsaufgabe, unabhängig von der hardwareseitigen Ausführung, verstanden. Die Funktionspläne stellen die PLT-Aufgabe übersichtlich dar und sind die „Bindeglieder“ zwischen den Prozesstechnikern und den PLT-Ingenieuren. Sie sind i. d. R. durch zugeordnete Funktionsbeschreibungen zu ergänzen. Die Funktion einer vermaschten Regelung ist beispielsweise in Abb. 3.25 veranschaulicht. Im konkreten Fall wurde diese Darstellung als Regelungsschema bezeichnet.
110
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.25 Funktionsplan bzw. Regelungsschema einer Durchflussregelung eingebunden in eine Anfahrsteuerung (Praxisbeispiel)
Bei komplizierten Regelungen bzw. Steuerungen werden detaillierte Funktionsbeschreibungen erarbeitet, in die Funktionspläne eingebunden sind. Funktionspläne und zugehörige Beschreibungen sind häufig nötig, um sicherheitsgerichtete und/oder prozessgerichtete Steuerungen zu dokumentieren. Man spricht in diesem Fall auch von Verriegelungsplänen (-schemata) bzw. von Ursache-Wirkung-Diagrammen (s. Abb. 3.26).
Abb. 3.26 Ursache-Wirkung-Diagramm einer Anfahrsteuerung (Auszug) (Praxisbeispiel)
3.6 Anlagendokumentation
111
Derartige Dokumente sind i. d. R. die Vorgaben an den ProzessleitsystemProgrammierer und müssen, insbesondere bei einer zunehmend weltweiten Arbeitsteilung, leicht verständlich (selbsterklärend) und eindeutig sein. b) Hardware- und Softwarestellenplan Ein Hardware-Stellenplan stellt die Verknüpfung und die örtlichen Informationen über den Hardware-Bausteinen dar, die zur Realisierung der konkreten PLTAufgabe notwendig sind. Ein Software-Stellenplan stellt die Verknüpfung der Softwarebausteine des Prozessleitsystems dar, die zum Erfüllen der konkreten PLT-Aufgabe notwendig ist. Er ist eng mit den Aufgaben und Dokumenten (Programmablaufpläne, Programmanweisungen, Programmlisten) für die Programmierung des Leitsystems verknüpft. Neben der klassischen Darstellung von PLT-Funktionen sind in der Praxis zunehmend Dokumentenarten wichtig, in denen leittechnische Funktionen beschrieben werden. Dazu gehören u. a. − − − − − −
Pflichtenheft Prozessleitsystem, PLS-Bedienungshandbuch, Handbuch für Beschreibung der PLS-Funktionen, Programmablaufpläne, Funktionsbeschreibungen der Einzelgerätesteuerung, Funktionsbeschreibungen der Grundfunktionen.
3.6.6.3 Dokumente zur Darstellung von SCHALTUNGEN a) Übersichtsschaltplan Ein Übersichtsplan ist die vereinfachte (meist einpolige) Darstellung einer Schaltung, wobei nur die wesentlichen Teile (Hauptstromkreise) berücksichtigt werden. Er zeigt die Arbeitsweise und Gliederung einer elektrischen Einrichtung bzw. eines Systems und enthält Informationen über Stromart, Spannung, Frequenz und Anschlussleistung (s. Abb. 3.27). b) Stromlaufplan Ein Stromlaufplan (Synonym: Loop-Plan) ist die ausführliche Darstellung einer Schaltung mit ihren Einzelheiten. Er zeigt und erläutert durch übersichtliche Darstellung der einzelnen Stromwege die Wirkungsweise einer elektrischen Schaltung. An Grundinformationen werden dargestellt: − die Schaltung, z. B. die Lösung eines technologischen Problems durch das sinnvolle Zusammenwirken elektrischer Betriebsmittel, dargestellt mit Hilfe von Schaltzeichen, − Kennzeichnung der Betriebsmittel einschließlich der Anschlussbezeichnungen, − Erläuterungen zu Stromkreisen und Stromwegen.
112
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.27 Übersichtsschaltplan für eine Package-unit (Praxisbeispiel)
Im Allgemeinen existiert für jede EMSR-Stelle ein eigener Stromlaufplan, der die Stromversorgung dieser Stelle und die Signalwege vom Feld (Sensor) in die Warte sowie umgekehrt zurück ins Feld (Aktor) darstellt. Die Stromlaufpläne sind Grundlage für die wichtigen Loop-Checks vor Inbetriebnahme (s. Abb. 3.28). Weitere Schaltungsdokumentenarten sind in Tabelle 3.25 angegeben.
Abb. 3.28 Stromlaufplan (sog. Loop) von zwei PLT-Stellen einer Chemieanlage (Praxisbeispiel)
3.6 Anlagendokumentation
113
Tabelle 3.25 Zusammenstellung weiterer Schaltungsdokumentenarten (n. [3−1] [3−2]) Ersatzschaltplan:
Stellt äquivalente Schaltungen dar und dient für die Analyse und Berechnung der Eigenschaften oder des Verhaltens einer Schaltung.
Signalliste:
Liste funktionaler oder elektrischer Verbindungen zwischen unterschiedlichen Punkten (z. B. Klemmen) einer Gruppe von Betriebsmitteln, Baueinheiten, Ausrüstungen, Einrichtungen oder Systemen.
Anschlussfunktionsplan:
Schaltplan für eine Funktionseinheit, der die Anschlusspunkte der Schnittstellenverbindungen zeigt und interne Funktionen beschreibt.
Programmplan:
Schaltplan (Tabelle, Liste), in dem die Programmelemente und –module sowie deren Verbindungen detailliert dargestellt und so angeordnet sind, dass die Beziehungen klar erkennbar sind.
3.6.6.4 Dokumente zur Darstellung von ANORDNUNGEN Der Begriff Anordnung beinhaltet eine örtliche Information bezogen auf einen Gegenstand. Der anzuordnende Gegenstand kann beispielsweise − − − −
ein Schaltraum in einem Gebäude, ein Schaltschrank in einem Schaltraum, ein Gerät in einem Schaltschrank oder eine Klemmenleiste in einem Gerät sein.
In jedem Fall ist die konkrete räumliche Lage bzw. Ausführung derart anzugeben, dass der Installateur danach arbeiten kann. Nachfolgend dazu einige Beispiele. a) EMSR-Montageskizzen (-anordnungen (Synonym: Hook-up) Für die elektrische und z. T. auch für die mechanische Installation von Sensoren und Aktoren werden sog. Hook-up`s erstellt (s. Abb. 3.29). Sie bestehen aus Skizzen, einer zugehörigen Stückliste und ergänzenden Hinweisen. Man spricht mitunter auch von ET- bzw. PLT-Montagetypicals. b) Klemmenplan (Synonym: Anschlussplan) Ein Klemmenplan zeigt die Anschlusspunkte einer elektrischen Einrichtung (z. B. Klemmenkasten bzw. –leiste) sowie die daran angeschlossenen inneren und äußeren leitenden Verbindungen (s. Abb. 3.30). Es können Hinweise auf die entsprechenden Stromlauf- und Anordnungspläne sowie auf Funktionszugehörigkeit gegeben werden. c) Anordnungsplan Ein Anordnungsplan enthält Angaben über die räumliche Lage elektrischer Betriebsmittel. Er braucht nicht maßstäblich zu sein (s. Abb. 3.31). Die anzuordnenden Objekte können sehr unterschiedlich sein, vom Schaltgebäude bis zum Klemmenkasten. Spezielle Anordnungspläne sind die Netzpläne (Leitungsführung eines Netzes) und die Installationspläne (z. B. Elektroinstallation einer Etage oder eines Raumes).
114
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Abb. 3.29 Montageskizze (Hook-up) eines Magnetstandsanzeigers mit Widerstandskette (Praxisbeispiel)
Spezielle Arten von Anordnungsplänen sind u. a. − − − − −
Aufstellungspläne für Leitwarten, Aufstellungspläne für Schalträume, Rasterplan für Boden in Leitwarte, Aufbaupläne für Schaltschränke, Installationspläne für Normallicht (etagen- und raumbezogen) und Notlicht.
Abb. 3.30 Klemmenplan eines PLT-Geräts (Praxisbeispiel)
3.6 Anlagendokumentation
115
Abb. 3.31 Anordnungsplan eines Schaltanlagengebäudes
3.6.6.5 Dokumente zur PRODUKTDARBIETUNG Analog zu den Apparaten und Maschinen beinhalten die Teildokumentationen PLT/ET auch zahlreiche Herstellerdokumente. Da es sich i. d. R. um Produkte handelt, gelten die Vorschriften für die „klassischen“ Produktdokumentationen. Typisch sind insbesondere Betriebsanleitungen für Motoren, Geräte u. a. elektrische Betriebsmittel und Einrichtungen. Im Einzelnen sei auch auf die Ausführungen in Abschn. 3.6.4 über Betriebsanleitungen für Maschinen verwiesen. Für größere elektrische Anlagen bzw. Systeme (z. B. das eigentliche Prozessleitsystem) sind Bedienungshandbücher gebräuchlich (s. Tabelle 3.26). Sofern die elektrischen Geräte und Schutzsysteme in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, sind vor deren Inverkehrbringen die Vorschriften der ATEX-Produkt-Richtlinie [2−16] zu beachten, die u. a. folgende Dokumente erfordern: − Dokumente zum Konformitätsbewertungsverfahren (EG-Konformitätserklärung bzw. -bescheinigung, Gefahrenanalyse) gemäß Artikel 8 und Anhang V, − Betriebsanleitung gemäß Anhang II, Ziff. 1.0.6 (s. Tabelle 3.27).
116
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.26 Inhaltsverzeichnis eines Bedienungshandbuchs zum Prozessleitsystem für Anlagenfahrer (Praxisbeispiel) 1
Einleitung und Benutzerhinweise
2
Sicherheitshinweise
3
System der Bedienungs- und Beobachtungsfunktionen 3.1 Bildschirmdarstellung der Bedien- und Beobachtungsfenster 3.2 Aufruf und Schließen von Bedien- und Beobachtungsfenstern 3.3 Umschalten zwischen den verschiedenen Anwendungsfenstern 3.4 Dynamische Fenster
4
Individuelle Funktionen der Bedienungs- und Beobachtungsfunktionen 4.1 Fenster zur Statusüberwachung 4.2 Fenster für Prozess, Bedienung und Beobachtung 4.3 Fenster zur Darstellung des Prozesses 4.4 Fenster zur Systemverwaltung
5
Bedienung der Anlage im Normalbetrieb 5.1 Anzeigefunktionen 5.2 Funktionen zur Modusänderung 5.3 Funktionen zur Wertveränderung 5.4 Funktionen zur Dateneingabe
6
Sicherheitsfunktionen 6.1 Überblick zu Sicherheitsfunktionen 6.2 Sicherheit durch Erkennen seitens der Bediener 6.3 Sicherheit bei Funktionsblöcken 6.4 Sicherheitsfunktionen im Umgang mit der Tastatur 6.5 Aufzeichnung von sicherheitsrelevanten Änderungen
7
Verarbeiten von Meldungen 7.1 Alarmierung des Bedieners bei Meldungen 7.2 Quittieren und Löschen von Meldungen 7.3 Ausdrucken von Meldungen
8
Nutzung ausgewählter Bedienkomponenten 8.1 Bedienung des Systems mit der Tastatur 8.2 Ausdrucken von Hard-Copys (Bildschirminhalt) 8.3 Speichern von Bildschirminhalten 8.4 Drucken von Reports
Neben den vorher beschriebenen Hersteller- bzw. Lieferantendokumenten existieren noch zahlreiche Prüfdokumente, die letztlich vor Inbetriebnahme vorliegen müssen. Beispiele sind: − Prüfbescheinigungen einer zugelassenen Überwachungsstelle für realisierte elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen nach § 14 BetrSichV [2−11].
3.6 Anlagendokumentation
117
Tabelle 3.27 Mindestangaben einer Betriebsanleitung n. ATEX-Produkt-Richtlinie, Anhang II [2−15] a)
• Angaben zur Kennzeichnung des Geräts oder Schutzsystems • Angaben zur oder zum sicheren − Inbetriebnahme, − Verwendung, − Montage und Demontage, − Instandhaltung (Wartung und Störungsbeseitigung), − Installation, − Rüsten; • erforderlichenfalls die Markierung von gefährdeten Bereichen vor Druckentlastungseinrichtungen; • erforderlichenfalls Angaben zur Einarbeitung; • Angaben, die zweifelsfrei die Entscheidung ermöglichen, ob die Verwendung eines Geräts (entsprechend seiner ausgewiesenen Kategorie) oder eines Schutzsystems in dem vorgesehenen Bereich unter den zu erwartenden Bedingungen gefahrlos möglich ist; • elektrische Kenngrößen und Drücke, höchste Oberflächentemperaturen sowie andere Grenzwerte; • erforderlichenfalls besondere Bedingungen für die Verwendung, einschließlich der Hinweise auf sachwidrige Verwendung, die erfahrungsgemäß vorkommen kann; • erforderlichenfalls die wesentlichen Merkmale der Werkzeuge, die an dem Gerät oder Schutzsystems angebracht werden können;
b)
• Die Betriebsanleitung wird vom Hersteller oder seinem in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten in einer der Gemeinschaftssprachen erstellt. • Bei der Inbetriebnahme eines Geräts oder eines Schutzsystems muss die Originalbetriebsanleitung und eine Übersetzung dieser Betriebsanleitung in der oder den Sprache(n) des Verwendungslandes mitgeliefert werden.
− Prüfbescheinigungen für „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel nach § 5 BGV A3 [3−16]. Derartige Bescheinigungen werden häufig als Errichter- bzw. Herstellererklärung (-bestätigung) bezeichnet. − Prüfbescheinigungen nach DIN VDE-Normen [3−42], wie beispielsweise für Blitzschutzanlagen, für Erdungsanlagen oder für Notbeleuchtungen. Bescheinigungen dieser Art werden mitunter als Installationsbescheinigungen deklariert.
3.6.7 Teildokumentation TECHNISCHE GEBÄUDEAUSRÜSTUNG Zur Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) gehören die Fachgebiete: Heizung, Sanitär, Klima und Lüftung. Mitunter wird deshalb auch die Abkürzung: HSKL gebraucht. Bei großen Gebäudekomplexen werden gegebenenfalls, zusätzlich zum Prozessleitsystem, eigene Gebäudeleitsysteme (GLS) realisiert.
118
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Die TGA betrifft somit in erster Linie die technische Ausstattung von Bauwerken. In kleinen Projekten wird sie deshalb nicht selten, auch die TGA-Dokumente, dem Bau zugeordnet. Daneben nimmt die TGA in größeren Projekten aber auch wichtige sicherheitstechnische bzw. prozesstechnische Aufgaben für die Gesamtanlage wahr und erarbeitet die zugehörigen Dokumente. Zu nennen sind u. a.: − Feuerlöschanlagen (Wasser- bzw. Schaumlöschanlagen, Kohlendioxid- bzw. Inergen-Löschanlagen, Springleranlagen), − Absauganlagen zur zuverlässigen Entfernung gesundheitsschädlicher Stoffe (Gase, Dämpfe, Stäube), die während des Anlagenbetriebs bzw. bei Störungen austreten können, − Belüftungsanlagen, die innerhalb eines Gebäudes (Verdichterhalle, Produktionstrakt) einen ausreichenden Luftwechsel gewährleisten, sodass keine explosionsfähige Atmosphäre auftritt, − Entrauchungsanlagen für Gebäude bzw. Räume, die im Brandfall eine mögliche Erstickungs- bzw. Vergiftungsgefahr von Personen deutlich verringern, − Einzelmaßnahmen des baulichen Brandschutzes (Brandschutzklappen, Jalousieklappen), − Planung der Ausstattung und Einrichtung von Laborräumen, − Realisierung wichtiger Aufgaben in Anlagen mit Reinraumbetrieb (Schleusen, Absaugung). Für die TGA werden zum großen Teil gleiche Ausrüstungsarten (Apparate, Maschinen, Rohrleitungen, EMSR-Einrichtungen) genutzt, wie für die Prozessanlagen. Die benötigten fachspezifischen Informationen für die TGA werden i. d. R. auf folgende drei verschiedene Weisen dokumentiert. • Darstellung der TGA-Sachverhalte in den gebräuchlichen Dokumentenarten anderen Fachgebiete, wie sie in den Abschnitten 3.6.2 bis 3.6.6 beschrieben wurden. Entsprechend werden im 3D-Anlagenmodell, auf den relevanten Aufstellungs- und Etagenplänen, den Bau- und Stahlbauzeichnungen, den Übersichtsschaltplänen, den Anordnungsplänen, den PLT-Dokumenten usw. die notwendigen TGA-Informationen integriert. Das heißt, die TGA ordnet sich ganzheitlich, analog der Prozesstechnik oder Logistik, in die Gesamtanlage und die AS BUILT-Dokumentation ein. Zusätzliche TGA-Dokumentenarten sind dafür nicht nötig. Fehlerquellen und Schnittstellenprobleme werden minimiert. In der TGA-Teildokumentation ist gegebenenfalls auf diese Dokumentenarten, die anderen Teildokumentationen zugeordnet sind, zu verweisen. Die Abb. 3.32 zeigt beispielhaft die 3D-Ansicht eines Lüftungskanals, die aus dem 3D-Anlagenmodell extrahiert wurde. • Die TGA erstellt eigenständige, neue Dokumente, nutzt dabei aber allgemein gebräuchliche Dokumentenarten (s. Abb. 3.33). Beispiele sind: − spezielle R&I-Fließbilder, z. B. für Heizungs- oder Klimaanlage, − Anlagen- und Funktionsbeschreibungen für TGA-Anlagen,
3.6 Anlagendokumentation
119
Abb. 3.32 3D-Ansicht eines Lüftungskanals (als Ausschnitt aus dem 3D-Anlagenmodell generiert)
Abb. 3.33 Lüftungskanalplan (Grundriss mit 2D-CAD-System gezeichnet)
120
− − − − − − − − −
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Aufstellungspläne, Grundrisse, 2D-Ansichten, Schnitte, Technische Datenblätter für TGA-Ausrüstungen, inkl. PLT-Stellen, Ausrüstungs- und Rohrleitungslisten, Betriebsmittel- oder Kabellisten, Stromlaufpläne für Sensoren bzw. Aktoren der TGA, Anordnungspläne für TGA-Komponenten, Betriebsanleitungen bzw. Bedienungshandbücher, Wartungs- und Inspektionslisten, Ersatz- und Verschleißteillisten.
Die jeweiligen Einzeldokumente sind fachspezifisch und gehören deshalb zur TGA-Dokumentation. • Zur Darstellung fachspezifischer TGA-Sachverhalte werden neuartige Dokumentarten benötigt, die es in anderen Gewerken nicht gibt. Diese Dokumentenarten gehören zweifelsfrei zur TGA-Dokumentation. Die Abbildungen 3.34 und 3.35 sowie die Tabelle 3.28 enthalten einige Beispiele.
Abb. 3.34 Strangschema der Heizungsanlage eines Hauses
3.6 Anlagendokumentation
121
Abb. 3.35 Strangschema der Sanitäreinrichtungen eines Hauses
Tabelle 3.28 Dokumentenarten der Technischen Gebäudeausrüstung (Auswahl) − − − − − − − − − − − − − − − − −
Wärmebedarf- und Kühllastberechnungen Luftmengen- und Kanalnetzberechnungen Druckverlustberechnungen für Mediensysteme h-x-Diagramme Strangschemata Heizung Strangschemata Sanitär 3D-Ansichten zum Be- und Entlüftungssystem Lüftungskanalpläne Fertigungszeichnungen für Lüftungskanäle Fertigungszeichnungen für Absaughauben Bauteilzeichnungen für Lüftungsgitter, Jalousieklappen u. ä. Dokumentation zu Augen- und Körperduschen spezielle Dokumente für ein ggf. vorhandenes Gebäudeleitsystem Feuerwehrplan Protokolle über Dichtheitsprüfungen an Lüftungskanälen nach DIN Bauaufsichtliche Zulassungen für TGA-Ausrüstungen des baulichen Brandschutzes Prüfbescheinigungen über sicherheits- und gesundheitsrelevante TGA-Anlagen bzw. -Ausrüstungen (Feuerlöschanlage, Gefahrstoff-Absauganlage, Entrauchungsanlage)
122
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
3.6.8 Teildokumentation INBETRIEBNAHME Unter Inbetriebnahme wird allgemein die Überprüfung der Anlage aus dem Ruhezustand in den Dauerbetriebszustand verstanden. Man unterscheidet zwischen Erstinbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme. In Verbindung mit der Anlagendokumentation ist insbesondere die Erstinbetriebnahme interessant. Sie ist nach [3−17] wie folgt definiert: Erstinbetriebnahme ist die Überführung der Anlage aus dem Ruhezustand nach MECHANISCHER FERTIGSTELLUNG in den Dauerbetriebszustand nach der Anlagenübergabe/-übernahme.
Im Weiteren wird stets die Inbetriebnahme von Neuanlagen betrachtet und dafür vereinfachend der Begriff Inbetriebnahme gebraucht. Die o. g. Teildokumentation beinhaltet hauptsächlich die Inbetriebnahmeanleitung für die Gesamtanlage mit folgendem Begriffsverständnis: Die Inbetriebnahmeanleitung ist eine Zusammenstellung der sicherheitstechnischen, verfahrenstechnischen, technischen und organisatorisch-administrativen Leitlinien für eine vertragsgemäße Inbetriebnahme der Gesamtanlage. Sie ist de facto die Betriebsanleitung für die Gesamtanlage.
Ergänzend zu dieser Definition seien die folgenden Überlegungen angestellt. • Die Inbetriebnahme ist die letzte Phase und die „Stunde der Wahrheit“ während der Projektabwicklung. Inwieweit die Arbeiten der vorangegangenen Projektphasen erfolgreich waren, zeigt sich in vielen Fällen erst während der Inbetriebnahme. Folglich beinhaltet die Inbetriebnahme erhebliche Unwägbarkeiten und Risken. • Die Inbetriebnahme ist zugleich die erste Phase des Betreibens der Anlage. Für den Betreiber und sein Personal sind i. d. R. die Anlage und vieles Andere neu und er muss zunächst Erfahrungen sammeln. Auch daraus resultieren erhöhte Risiken. • Die verantwortlichen Personen müssen ausreichende Vorkehrungen treffen, um die geschilderten Gefährdungen und Risiken auszuschließen bzw. zumindest vertretbar zu gestalten. Dabei gilt prinzipiell die gleiche Überlegung, wie sie der Gesetzgeber für Produkte angestellt hat. Bekanntlich wird vor dem Inverkehrbringen eines Produkts eine entsprechend Betriebsanleitung und i. Allg. auch eine EG-Konformitätserklärung gefordert, um den späteren Nutzer vor Unbill zu schützen. Verantwortlich dafür ist in den meisten Fällen der Produkthersteller. Die Inbetriebnahmeanleitung soll für die gesamte verfahrenstechnische Anlage eine analoge Funktion erfüllen, auch wenn sie aus Sicht des Verfassers gesetzlich nicht zwingend ist. Eine ähnliche Überlegung betrifft die EG-Konformitätserklärung für die verfahrenstechnische Gesamtanlage, die in der Praxis in einigen Fällen ausgestellt wird, in anderen Fällen nicht (s. Abschn. 5.6). • Für die Erarbeitung der Inbetriebnahmeanleitung (s. Tabelle 3.29) ist derjenige verantwortlich, der gemäß der Vertragssituation für die Errichtung der Anlage
3.6 Anlagendokumentation
123
verantwortlich ist. Er bringt de facto die Anlage „Inverkehr“. Im klassischen Fall eines General- bzw. Ingenieurvertrags ist dies der Generalunternehmer (s. Kapitel 4). Tabelle 3.29 Mögliche Gliederung der Inbetriebnahmeanleitung einer verfahrenstechnischen Anlage (stets bezogen auf Gesamtanlage) 1
Grundlagen und Erläuterungen
2
Sicherheitshinweise
3
Zielstellung der Inbetriebnahme, Bestimmungsgemäßer Betrieb
4
Ausbilden des Inbetriebnahmepersonals
5
Inbetriebnahme der Medien- und Infrastruktursysteme
6
Sicherheits- und Funktionsprüfungen
7
MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG
8
Herstellung der Betriebsbereitschaft inkl. Wasserfahrt
9
Durchführung des Probebetriebs (Leitlinien für folgende Schritte) − Voraussetzungen zum Anfahren − Vorgehensweise beim schrittweisen Anfahren − Hochfahren und Einfahren der Gesamtanlage − Vollständige bzw. teilweise Außerbetriebnahme der Anlage − Voraussetzungen für Beginn des Garantieversuchs und des Leistungsnachweises
10
Leistungsnachweis und ABNAHME
11
Verhalten bei Störungen und Havarien
12
Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung)
Anhang Anhang 1 Anhang 2 Anhang 3 Anhang 4 Anhang 5 Anhang 6 Anhang 7 Anhang 8
Ausbildungsprogramm für das Führungs-, Anlagen- und Servicepersonal des Betreibers Programm der Sicherheits- und Funktionsprüfungen Checkliste MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG Programm für Wasserfahrt Checkliste ANZEIGE der BETRIEBSBEREITSCHAFT Programm für den Probebetrieb Programm des Leistungsnachweises Ersatz- und Verschleißteilliste für Inbetriebnahmezeitraum
Sobald die Anlage im Dauerbetrieb ist, verliert die Inbetriebnahmeanleitung an Bedeutung, da die Inhalte inzwischen weitgehend in anderen Dokumentenarten der Betriebsdokumentation, vorrangig in den Betriebsanweisungen, umgesetzt wurden. Trotzdem kann die Inbetriebnahmeanleitung der Neuanlage auch für die spätere Stillstandsvorbereitung (Außer- und Wiederinbetriebnahme) oder für die Wiederinbetriebnahme nach Um- und Ausbaumaßnahmen sehr nützlich sein.
124
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Neben den Einzeldokumenten, die zur Inbetriebnahmeanleitung gehören, entstehen während der Inbetriebnahmephase zahlreiche weitere Arbeits- und Nachweisdokumente. Diese werden i. d. R. als Teil der Projektdokumentation verstanden und archiviert. Abschluss- bzw. Erfahrungsberichte über die Inbetriebnahme werden firmenintern ausgewertet. Weniger vertragsbezogene Inbetriebnahmedokumente werden mitunter auch in die AS BUILT-Dokumentation integriert und mit dieser an den Kunden übergeben. In jedem Fall sind es statische Dokumente, die archiviert werden können. Tabelle 3.30 enthält Beispiele. Tabelle 3.30 Mögliche fachbezogene Dokumentenarten der Teildokumentation INBETRIEBNAHME (ohne Inbetriebnahmeanleitung und ohne Prüfdokumente) − − − − − − − − − − − − − − −
Protokolle zur MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG Spül- und Reinigungsnachweise Schulungsnachweise Einweisungs- und Unterweisungsnachweise Inbetriebnahmeablaufplan Inbetriebnahmeorganigramme Protokolle zum Dichtigkeitstest der Gesamtanlage Protokolle über Funktionsprüfungen einschl. Wasserfahrt Protokolle zur ANZEIGE der BETRIEBBEREITSCHAFT Bilanzierungsrechnungen und Berechnungen spezifischer Verbräuche Ergebnisberichte zu Tests und Versuchen Untersuchungsberichte zu Schäden und Störungen Protokoll inkl. Detailplan zu Durchführung des Garantieversuchs Protokolle zum Leistungsnachweis PLS-Einstellwerte (Alarme, Grenzwerte, Reglerparameter)
3.6.9 Teildokumentation PACKAGE-UNITS (PU) Beim Einkauf größerer verfahrenstechnischer Anlagen werden nach Möglichkeit „komplexe Pakete geschnürt“. Man versucht viele Leistungen aus „einer Hand“ einzukaufen. Dadurch soll die Anzahl der Beschaffungsvorgänge verringert und die Kosten und Risiken minimiert werden. Typisch ist in diesem Zusammenhang der Einkauf von weitgehend eigenständigen verfahrenstechnischen Teilanlagen als sog. Package-units. Eine Package-unit (PU) ist eine Teilanlage, die als Ganzes von einem Kontraktor bzw. Subunternehmer geliefert, errichtet und i. Allg. von diesem in Betrieb genommen wird.
Beispiel von Package-units sind Teilanlagen zur − Ver-/Entsorgung von Hilfsstoff und Energien (utilities), − Wärme- und Kälteerzeugung, − Verdichtung von Gasen,
3.6 Anlagendokumentation
125
− Reinigen und Abführung von Stoffen bzw. Entsorgung von Abprodukten, − Reinigung bzw. Regeneration von Stoffen, z. B. mit anschließender Rückführung in den Prozess, − Logistik von Einsatzstoffen sowie von Zwischen- und Endprodukten (Lagern, Stapeln, Absacken, Verpacken usw.). In Großanlagen sind 5 bis 30 verschiedene Package-units normal. Im Umgang mit den Package-unit-Dokumentationen, deren Anteil an der AS BUILT-Dokumentation erheblich sein kann, sollten folgende Hinweise beachtet werden: • Die PU-Dokumentationen sollten, zumindest im Gewährleistungszeitraum, vom Betreiber als Ganzes abgelegt und verwaltet werden. Damit können eventuelle Gewährleistungs- und/oder Haftungsansprüche besser nachvollzogen und gegebenenfalls bewiesen werden. Bei einer späteren Reorganisation der Betriebsdokumentation können die PUDokumente durchaus in die fachspezifischen Kapitel der Anlagendokumentation eingeordnet werden (s. Abschn. 6.3). • Die verschiedenen PU-Dokumentationen sollten die gleiche Grundgliederung (Kapitel und Hauptabschnitte) haben und möglichst die gleiche Begriffswahl verwenden. Damit werden Missverständnisse verringert sowie die Suche und Pflege erleichtert. Da die PU-Lieferanten traditionell Maschinen- bzw. Apparatehersteller sind, gliedern sie ihre Dokumentation meistens analog einer Betriebsanleitung (s. Tabelle 3.13 in Abschn. 3.6.1; b)). • Möchte der Package-unit-Lieferant die Dokumentation nach Gewerken strukturieren (s. Abschn. 3.6.1; a)), so sollte die PU-Dokumentation analog zur Gesamtdokumentation gegliedert sein. Damit ist das „Kind“ wie die „Mutter“ aufgebaut. • Die PU-Dokumentationen sind gewerkeübergreifend und nutzen prinzipiell die gleichen, in den vorhergehenden Abschnitten beschriebenen Dokumentenarten. Zugleich sind aber manche PU-Lieferanten im verfahrenstechnischen Anlagenbau noch unerfahren und werden vom Kunden gedrängt, immer komplexere Leistungen zu erbringen. Nicht zuletzt deshalb müssen die Anforderungen an die PU-Dokumentation mit der Anfrage vollständig und eindeutig spezifiziert werden und im Beschaffungsprozess bis zur Abnahme konsequent umgesetzt werden (s. Abschn. 3.5 und 4.5). Die Qualitätssicherung (QS) der PU-Leistungen muss von Anfang an die Dokumentation einschließen. Dies gilt insbesondere für die As-builtPrüfung der revidierten PU-Dokumentationen. • Aus Sicht des Betreibers ist die Übergabe von bearbeitbaren Dateien (Dokumentenarten, Erstellungssoftware und Format, Speichermedium usw.) als Teil der PU-Dokumentation frühzeitig anzufragen und im Vertrag exakt zu vereinbaren, da der PU-Lieferant diese Vorgaben ggf. bei sich und gegenüber seinen Subkontraktoren durchsetzen muss.
126
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
3.7 Betriebdokumentation Die Betriebsdokumentation umfasst alle Dokumente, die (über die Anlagendokumentation hinaus) für − − − − −
die Inbetriebnahme, den bestimmungsgemäßen Betrieb, den gestörten, nichtbestimmungsgemäßen Betrieb, die Überwachung und die Instandhaltung
der Anlage erforderlich sind sowie als Nachweis dienen. Sie ist im klassischen Fall neben der Anlagendokumentation die zweite Säule der Gesamtdokumentation. (s. Abschn. 3.6.1; a)). Während die Anlagendokumentation einen vorwiegend passiven Charakter hat, indem die Funktion und der Aufbau der Anlage beschrieben und erläutert werden, bezieht sich die Betriebsdokumentation verstärkt auf das aktive Handeln, auf das Produzieren mit der Anlage. Die Betriebsdokumentation ordnet und systematisiert ganzheitlich die betrieblichen Informationen (s. Tabelle 3.31). In der Praxis ist diese übergreifende Strukturierungsebene unter dem Begriff Betriebsdokumentation mitunter nicht gebräuchlich, sodass einzelne Dokumentationsteile mehr oder weniger „vagabundieren“. Tabelle 3.31 Mögliche Strukturierung der Betriebsdokumentation 1
Übersichtsdokumente des Betriebes
2
Betriebshandbuch
3
Instandhaltungshandbuch
4
Rückstellmuster (Rohstoffe, Zwischen-/Endprodukte, Katalysatoren u. a.)
5
Betriebstagebuch
6
Prüfhandbuch
7
Sicherheitsmanagementhandbuch
8
Qualitätsmanagementhandbuch
9
Umweltmanagementhandbuch
Die Betriebsdokumentation wird, anders als bei der Anlagendokumentation, in mehrere Handbücher (Teildokumentationen) untergliedert. Deren Inhalte sind vorwiegend tätigkeitsbezogen und zielen auf die Arbeit des Personals. Die weiteren Ausführungen sollen dies vertiefen. 3.7.1 Übersichtsdokumente des Betriebes Die Übersichtsdokumente beinhalten die für den Anlagenbetrieb wichtigen übergreifenden sicherheitlichen und prozesstechnischen Basisinformationen. Sie müs-
3.7 Betriebdokumentation
127
sen für jeden Beschäftigten im Betrieb, insbesondere den Operatoren in der Leitwarte, zugänglich sein. Dadurch ist gewährleistet, dass sich die betroffene Person in kritischen und/oder schwierigen Situationen bezüglich seines Handelns schnell sachkundig machen kann. Beispiele derartiger Übersichtsdokumente enthält Tabelle 3.32. Tabelle 3.32 Übersichtsdokumente eines Betriebes (Auswahl) − − − − − − − − − − − − − −
Alarm- und Gefahrenabwehrplan Brandschutzpläne, Feuerwehrpläne, Fluchtwegepläne Notfall und Evakuierungspläne Bereitschaftsplan, Namens-, Telefon-, Adressverzeichnis Gefahrenzonenpläne Lärmkataster und Lärmschutzprogramm Unterlagen für Einweisung von Betriebsfremden Einweisungs- und Unterweisungsnachweise R&I-Fließbilder Alarm- und Verriegelungslisten Lagepläne, Aufstellungspläne, Unterflursummenpläne Bedienungshandbuch für das Prozessleitsystem Übersichtspläne zur Stromversorgung Übersichtspläne zum Prozessleitsystem
Im konkreten Fall ist abzuwägen und zu entscheiden, ob die Informationen zweckmäßig in Papierform oder elektronischer Form bereitgestellt werden. 3.7.2 Betriebshandbuch Das Betriebshandbuch enthält eine Zusammenstellung allgemeiner betrieblicher Sicherheitsvorschriften sowie aller sicherheits- und betriebsrelevanten Anweisungen an das Betriebspersonal. Die allgemeinen Sicherheitsvorschriften beziehen sich z. B. auf ein Rauchverbot, auf die Melde- und Einweisungspflicht, auf das Tragen persönlicher Schutzausrüstung oder auf das Verhalten bei Alarm bzw. Unfall. Sie sind teils auch als Betriebsanweisung formuliert. Die wichtigste Anweisungsart ist die Betriebsanweisung gemäß folgender Definition: Eine Betriebsanweisung umfasst arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene, verbindliche schriftliche Anordnungen und Verhaltensregeln des Arbeitgebers an weisungsgebundene Arbeitnehmer zum Schutz vor Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie zum Schutz der Umwelt [3−18].
Die Betriebsanweisung ist de facto ein Befehl des Arbeitgebers an weisungsgebundene Arbeitgeber. Sie unterscheidet sich grundlegend von der Betriebsanleitung, die Hinweise und Empfehlungen des Produktherstellers enthält (s. Abschn. 3.6.4 und 3.6.6.5).
128
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Der Gesetzgeber verweist in zahlreichen Rechtsvorschriften, wie z. B. in − der Gefahrstoffverordnung (Gef StoffV) [2−19], − der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [2−11], − der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS) [3−45], auf notwendige Betriebsanweisungen. Verantwortlich für deren Vorliegen und Einhaltung ist der zuständige Arbeitgeber bzw. der zuständige weisungsbefugte Leiter (z. B. Bauleiter, Inbetriebnahmeleiter, Betriebsleiter, Stillstandsleiter). Darüber hinaus obliegt es dem jeweiligen Verantwortlichen zu entscheiden, für welche sonstigen Tätigkeiten seiner Mitarbeiter verbindliche Verhaltensvorschriften bzw. Handlungsanleitungen erforderlich sind. In der Praxis ist dies, selbst bei vergleichbaren Anlagen, sehr unterschiedlich. Grundlage für die Betriebsanweisungen sind i. d. R. die Gefährdungsbeurteilungen [3−43] [3−44] gemäß § 5 (Beurteilung der Arbeitsbedingungen) des Arbeitsschutzgesetzes [2−7] nach folgendem Begriffsverständnis: Die Gefährdungsbeurteilung ist der Prozess in dem der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen beurteilt, indem er • •
•
die Gefährdungen, die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbunden sind, ermittelt, die Beurteilung vornimmt, − ob die vorhanden und bereits praktizierten Maßnahmen des Arbeitsschutzes ausreichen oder − Handlungsbedarf besteht und zusätzliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes festgelegt werden müssen, die ermittelten Gefährdungen und die festgelegten Maßnahmen (Vorkehrungen) des Arbeitsschutzes dokumentiert [3−19].
Für Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten verlangt das Arbeitsschutzgesetz, die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung nachvollziehbar zu dokumentieren. Bei der formellen Gestaltung und im Umgang mit Betriebsanweisungen sind die Hinweise in Tabelle 3.33 zu beachteten. In Abb. 3.36 ist als Beispiel eine Betriebsanweisung im Umgang mit Aceton dargestellt. Tabelle 3.33 Hinweise zum Umgang und zur Gestaltung von Betriebsanweisungen − − − − − − − − −
schriftliche Form klare und logische Gliederung sowie verständliche Form tätigkeitsbezogene Darstellung der Sachverhalte exakte und eindeutige Aussagen in Sprache und Wortschatz des Betroffenen formuliert Übereinstimmung mit Fachkenntnissen des Betroffenen Unterweisung des Betroffenen über die Betriebsanweisung schriftlichen Bestätigung der Unterweisung durch den Betroffenen Zugänglichmachen der Betriebsanweisung (aushängen, auslegen, aushändigen)
3.7 Betriebdokumentation
BETRIEBSANWEISUNG
Betriebsbereich ....................
gemäß § 14 GefStoffV
129
(Firmenname mit LOGO)
Arbeitsbereich:
Dok.-Nr.:
GEFAHRSTOFFBEZEICHNUNG
Aceton GEFAHREN FÜR MENSCH UND UMWELT Leichtentzündlich; Dämpfe sind schwerer als Luft, mit Luft Bildung explosionsfähiger Gemische möglich. Das Einatmen von Dämpfen bei hoher Dosierung bewirkt eine Reizung auf die betroffenen Schleimhäute; bei hohen Dosierungen narkotische Zustände, evtl. Koma; Hautentfettend
SCHUTZMASSNAHMEN UND VERHALTENSREGELN
• • • • • • • •
Behälter dicht geschlossen an kühlem und gut belüfteten Ort lagern bei der Arbeit Absaugung einschalten oder gut lüften Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung treffen von Zündquellen entfernt verwenden, nicht Rauchen, kein Feuer nicht mehr als den Tagesbedarf am Arbeitsplatz lagern, Sicherheitsgefäße verwenden Körperschutz: Schutzbrille, Kittel, Schutzhandschuhe, leitfähige Schuhe bei Auftreten von Aerosolen / Dämpfen Atemschutz, Filter A (braun) bei der Arbeit nicht essen und trinken sowie keine Lebens- und Genußmittel lagern
VERHALTEN IM GEFAHRFALL Löschmittel: CO2 - Pulverlöscher oder Wasser im Sprühstrahl, auf Selbstschutz achten; nach Auslaufen / Verschütten mit unbrennbarem flüssigkeitsbindendem Material (Sand, Erde, Universalbinder) aufnehmen und in verschließbaren, gekennzeichneten Behältern entsorgen; kontaminierte Flächen mit viel Wasser abwaschen; Raum gut durchlüften
ERSTE HILFE Nach Hautkontakt: Nach Augenkontakt: Nach Verschlucken: Nach Einatmen:
Notruf:
112
benetzte Kleidung entfernen, mit reichlich Wasser abwaschen 10 Min. mit Wasser ausspülen, Augenarzt aufsuchen Arzt hinzuziehen, kein Erbrechen auslösen, keine Hausmittel! Frischluft, Arzt hinzuziehen, auf Bewußtsein und Atmung achten, ggf. stabile Seitenlage
Ersthelfer:____________
SACHGERECHTE ENTSORGUNG In gekennzeichneten, verschlossenen und chemikalienbeständigen Behältnissen zur Fachentsorgung übergeben (Abfallbeauftragter Tel. ..............).
______________
______________
Betriebsleiter
Sicherheitskoordinator
_____________ Sicherheitsingenieur
Datum:
Datum:
Datum:
Abb. 3.36 Betriebsanweisung für den Umgang mit dem Gefahrstoff Aceton
130
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Betriebsanweisungen in der Form wie in Abb. 3.36 sind gebräuchlich für den Umgang mit Gefahrstoffen, wie auch für die Nutzung technischer Arbeitsmittel (Kräne, Flaschenzüge, Gabelstapler, Winden, Maschinen, Werkzeuge usw.). Sie sind teils als Muster-Betriebsanweisungen über die Berufsgenossenschaften zu beziehen. Für den Betrieb verfahrenstechnischer Anlagen reichen diese „Standardbetriebsanweisungen“ jedoch nicht. Das häufig vorhandene, hohe Gefährdungs- und Risikopotential dieser Anlagen, welches neben den Menschen ebenso die Umwelt und das Betriebsvermögen betrifft, erfordert auch für andere betriebliche Tätigkeiten zwingende, detaillierte Vorgaben an das Bedienungspersonal. Abbildung 3.37 verdeutlicht dies anhand des Inhaltsverzeichnisses einer Betriebsanweisung für eine TKW-Entladung im Umfang von 6 Seiten.
Abb. 3.37 Inhaltsverzeichnis einer Betriebsanweisung für das Entladen eines TankKraftwagens (TKW)
3.7 Betriebdokumentation
131
Man spricht in diesem Zusammenhang mitunter auch von Bedienungsanweisungen. Von besonderer Bedeutung sind derartige Bedienungsanweisungen während der Erstinbetriebnahme einer verfahrenstechnischen Anlage sowie für die Tätigkeiten in Mehrproduktanlagen. Die Angaben in Tabelle 3.34 belegen diese Aussagen am Beispiel einer komplizierten, neuartigen Kunststoffanlage. Tabelle 3.34 Typische Arten von Bedienungsanweisungen einer Kunststoffanlage (Praxisbeispiel) 1
Anweisungen für die Inbetriebnahmevorbereitung, z.B. für − das Reinigen der Anlage, − die Durchführung bestimmter Sicherheitsprüfungen, − die Durchführung von Funktionsprüfungen, − die Durchführung bestimmter Dichtheitsprüfung.
2
Anweisungen für die Erst- und Wiederinbetriebnahme, z. B. für − das Einfüllen und Aktivieren von Katalysatoren, − das Anfahren und Hochfahren von Teilanlagen bzw. der Gesamtanlage, − das Einfahren der Anlage in den Nennzustand, − das Verhalten bei Störungen.
3
Anweisungen für den Dauerbetrieb, z. B. für − den Übergang in einen anderen Betriebszustand, − den Übergang zu einer anderen Produktfahrweise, − das Verhalten bei extremen Winterbedingungen, − das Verhalten bei definierten abweichenden Betriebsbedingungen, − die Entnahme und Analyse von Proben, − die Durchführung von Versandarbeiten.
4
Anweisungen für das Abfahren bzw. die Außerbetriebnahme, z. B. für − das Abfahren in einem Stand-by-Zustand, − die Außerbetriebnahme für einen Stillstand, − die Notabschaltung, − das Reparaturfreimachen von Teilanlagen bzw. der Gesamtanlage, − die Vorbereitung der Anlage zur Wiederinbetriebnahme.
Bewährt hat sich in der Praxis der modulare Aufbau der Bedienungsanweisungen in zwei Schritten. Im 1. Schritt wird die Gesamtanlage in sog. Ausrüstungstypicals unterteilt. Dies sind gleichartige Ausrüstungen oder Package-units, die einheitlich gehandhabt werden können. Für diese Typicals werden quasi Standardanweisungen erarbeitet. Tabelle 3.35 zeigt eine solche Anweisung. In einem 2. Schritt werden dann übergreifende Systemanweisungen erarbeitet, wobei auf die vorgenannten Ausrüstungstypical-Anweisungen verwiesen wird. Die hierarchische und modulare Strukturierung der Anweisungen für die Inbetriebnahme und den Dauerbetrieb verringert nicht nur den Arbeits- und Textumfang, sie vermeidet zugleich auch Redundanzen zwischen verschiedenen Dokumenten und ist änderungsfreundlich.
132
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.35 Gliederung einer Anweisung für das Ausrüstungstypical: Magnetgekuppelte Chemienormpumpe (Praxisbeispiel) 1
Geltungsbereich − sachlich, personell, zeitlich − Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten
2
Allgemeine Angaben zur Charakterisierung des Ausrüstungtypicals − Hersteller, Kennzeichnung − Verwendungszweck, Einordnung in Anlage − allgemeine Hinweise zur Nutzung
3 Herstellung der Betriebsbereitschaft des Ausrüstungstypicals 3.1 Angaben zur Gewährleistung der Sicherheit − Hinweise auf Gefahren − spezifische Verhaltensregeln und Sicherheitsanforderungen − notwendige Unterweisungen 3.2 Durchführung von Sicherheits- und „Kalt-“Funktionsprüfungen − Vorgaben zu Prüfungen inkl. Dokumentation − Checkliste für Beginn der Prüfungen − Vorgaben zur Durchführung inkl. Nachweispflicht 3.3 Erklärung der Betriebsbereitschaft (Freigabeprozedur) 4 4.1 4.2 4.3 4.4 5
Durchführung der Inbetriebnahme und Betriebs des Ausrüstungstypicals Vorgaben zum erstmaligen Anfahren Vorgaben zur Durchführung von „Heiß“-Funktionsprüfungen Vorgaben/Hinweise zum Betrieb Vorgaben zur Außerbetriebnahme Verhalten bei Störungen − z. B. Auszüge aus Betriebsanleitungen
6
Bemerkungen − z. B. Hinweise zur Wartung, Kontaktadressen
7
Unterschriften
Neben den angeführten Betriebs- und Bedienungsanweisungen gibt es in verfahrenstechnischen Anlagen weitere Anweisungen, wie − − − − − −
Verfahrensanweisungen (gemäß Qualitätsmanagement-Systems), Arbeitsanweisungen (gemäß Qualitätsmanagement-Systems), Herstellungsvorschriften, Prüfanweisungen, Instandhaltungsanweisungen, Lieferspezifikationen u. a.
Diese sind ebenfalls im Betriebshandbuch bzw. im Qualitätsmanagementhandbuch oder Instandhaltungshandbuch dokumentiert. Die Verwendung von Synonymen ist zu vermeiden.
3.7 Betriebdokumentation
133
3.7.3 Instandhaltungshandbuch Das Instandhaltungshandbuch beinhaltet alle relevanten technisch-organisatorischen Informationen, Regeln. Anweisungen usw. für die Anlageninstandhaltung. Die Instandhaltung umfasst nach [3−20] die Inspektion:
Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des IstZustandes von technischen Mitteln eines Systems.
Wartung:
Maßnahmen zur Bewahrung des Sollzustandes von technischen Mitteln eines Systems.
Instandsetzung:
Maßnahmen zur Wiederherstellung des Sollzustandes von technischen Mitteln eines Systems.
Die Trennung in ein Betriebs- und Instandhaltungshandbuch ist sinnvoll, da diese nicht nur verschiedene Tätigkeiten widerspiegeln, sondern auch unterschiedlichen Personengruppen und Strukturbereichen als Arbeitsgrundlage dienen. Das Inhaltsverzeichnis eines Instandhaltungshandbuchs zeigt Tabelle 3.36. Tabelle 3.36 Gliederung eines Instandhaltungshandbuchs (Praxisbeispiel) 1
Zielstellung und Benutzerhinweise
2
Grundsätze zur Sicherheit sowie zum Gesundheits- und Umweltschutz
3
Organisationsstruktur 3.1 Betriebsstrukturen 3.2 Einbindung von Fremdfirmenmitarbeitern 3.3 Besonderheiten im Stillstand 3.4 Auslösung von Aufträgen
4
Instandhaltungsstrategien 4.1 Inspektion und Wartung 4.2 Störungsbedingte Instandhaltung 4.3 Zustandorientierte Instandhaltung 4.4 Instandhaltung bei Stillständen 4.5 Richtlinie für Vergabe von Instandhaltungsarbeiten
5
Ersatz- und Verschleißteillisten
6
Ablauforganisation zur Instandhaltung 6.1 Inspektion und Wartung 6.1.1 Wartungs- und Inspektionsplan 6.1.2 Freigaben für Wartung/Inspektion 6.1.3 Anweisungen für Wartungs-/Inspektionsmaßnahmen 6.1.4 Abrechnung von Leistungen 6.1.5 Auswertung und Dokumentation 6.2 Störungsbedingte Instandsetzung 6.2.1 Identifizierung der Instandsetzungsmaßnahmen 6.2.2 Freigaben für Instandsetzung 6.2.2 Anweisungen für Instandsetzungsarbeiten 6.2.3 Abrechnung von Leistungen 6.2.4 Auswertung und Dokumentation
134
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Tabelle 3.36 (Fortsetzung) 6.3 Zustandorientierte Instandsetzung 6.3.1 Freigaben für Instandsetzung 6.3.2 Anweisungen für Instandsetzungsarbeiten 6.3.3 Abrechnung von Leistungen 6.3.4 Auswertung und Dokumentation 6.4 Instandsetzung bei Stillständen 6.4.1 Anweisungen für Instandsetzungsarbeiten 6.4.3 Abrechnung von Leistungen 6.4.4 Auswertung und Dokumentation
Die fachbezogenen Instandhaltungsanweisungen sind ähnlich dem Beispiel für eine Betriebsanweisung in Abb. 3.37 aufgebaut. 3.7.4 Betriebstagebuch Der Begriff Betriebstagebuch ist in der Abfallwirtschaft gebräuchlich. Beispielsweise wird in der Gewerbeabfallverordnung [3−21] im § 10 (Betriebstagebuch) vom Betreiber einer Abfall-Vorbehandlungsanlage gefordert, ein solches zu führen. Im Betriebstagebuch ist nachvollziehbar zu dokumentieren, dass die Anforderungen der GewAbfV eingehalten wurden. Nähere Angaben zum Inhalt eines Betriebstagebuchs werden in der Technischen Anleitung Abfall [3−22] im Abschn. 5.4.3.1 (Inhalt des Betriebstagebuchs) wie folgt gemacht: Der Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage hat zum Nachweis eines ordungsgemäßen Betriebs ein Betriebstagebuch zu führen. Das Betriebstagebuch hat alle für den Betrieb der Abfallentsorgungsanlage wesentlichen Daten zu enthalten, ...............
In Tabelle 3.37 ist ein praktisches Beispiel dargestellt. Ähnlich strukturierte Betriebstagebücher werden in Kläranlagen geführt, um vor allem die Schmutz- und Reinwasserdaten sowie die Fakten zur Klärschlammentsorgung zu erfassen. Folgernd aus diesen praktischen Beispielen wird empfohlen, Betriebstagebücher auch in anderen verfahrenstechnischen Anlagen zu nutzen. Primäres Ziel sollte sein, die Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs inkl. relevanter Rechtsvorschriften nachvollziehbar und gerichtsfest zu dokumentieren. Neben den Schwerpunkten in Tabelle 3.37, soweit zutreffend, kann das Betriebstagebuch für folgende weiteren Ziele genutzt werden: • Nachweis des Betreibers, dass während des Anlagenbetriebs zu jedem Zeitpunkt die behördlichen Festlegungen, insbesondere die Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheids, eingehalten wurden. Damit wären die Voraussetzungen für die Beweislastumkehr bei Umwelthaftungsansprüchen gegeben (s. Abschn. 2.5.2; b)).
3.7 Betriebdokumentation
135
Tabelle 3.37 Hauptpunkte des Betriebstagebuchs einer Recyclinganlage für Kunststoff (Praxisbeispiel) 1
Zielstellung und Grundsätze
2
Kurzbeschreibung der Anlage
3
Betriebs- und Stillstandszeiten der Anlage
4
Vorkommnisse und Betriebsstörungen (inkl. Abhilfemaßnahmen)
5
Nachweise für angenommene Kunststoffabfälle (Annahmebelege, Lieferscheine, Begleitzettel)
6
Fahrprotokolle der Prozessstufen
7
Probenahme- und Analysenprotokolle (von Eigenkontrollen)
8
Nachweise zur Reststoffverwertung (inkl. Entsorgungsnachweise)
9
Anhang − Formblätter zur Erfassung des Lagerbestands − Vorgaben zu Funktionsprüfungen − Richtlinie zur Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung)
Konkret bedeutet dies, – zunächst alle behördlichen Festlegungen (einzuhaltende Grenzwerte, notwendige Kontrollen und Prüfungen usw.) zu identifizieren, – die erforderlichen Messungen und sonstigen Prüfungen durchzuführen und – die Ergebnisse/Nachweise nachvollziehbar zu dokumentieren. Das Betriebstagebuch kann dafür den geeigneten Ordnungsrahmen bilden. Die Umweltbehörden der Bundesländer nutzen dazu die Software AIS-I (Anlageninformationssystem-Immissionsschutz) [3−23] bzw. ISA (Informationssystem Stoffe und Anlagen) [3−24] und bieten diese auch den Anlagenbetreibern zur Nutzung an. • Erfassen von Alarmen bzw. Grenzwertüberschreitungen, sodass die Ursachen analysiert und Änderungsmaßnahmen abgeleitet werden können. • Erfassen von ausgewählten Betriebsparametern, die eine fundierte Prozess- und Anlagenanalyse im Hinblick einer höheren Wirtschaftlichkeit ermöglichen. • Erfassen von Fahrprotokollen/-berichten (Batch-, Versuchs-, Reinigungsprotokolle), um die vorgabe- und qualitätsgerechte Produktherstellung zu belegen (z. B. in Pharmaanlagen). 3.7.5 Prüfhandbuch Die Sicherheitspflichten für die Errichter und Betreiber verfahrenstechnischer Anlagen sind sehr umgangreich. Die zugehörigen Dokumente beeinflussen das Leben einer Dokumentation entscheidend. Dabei ist zwischen Dokumentenarten für Arbeitssicherheit und für Anlagensicherheit zu unterscheiden.
136
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
Die arbeitssicherheitlichen Dokumentenarten, insbesondere die Betriebs- und Instandhaltungsanweisungen, wurden bereits in den Abschn. 3.7.2 und 3.7.3 detailliert betrachtet. Sie sind überschaubar und ihr Handling ist i. d. R. in allen Lebensphasen der Anlage ausreichend geregelt. Schwieriger ist die pflichtgemäße Beschaffung bzw. Erarbeitung der Dokumentenarten zum Nachweis der Anlagensicherheit, die i. Allg. als fachspezifische Prüfdokumente vorliegen und der Anlagendokumentation zuzuordnen sind. Ihre Anzahl ist sehr groß und resultiert aus zahlreichen Rechtsvorschriften. Ferner sind sie von vielen verschiedenen Unternehmen und Personen zu erarbeiten bzw. zu liefern. Für die Inbetriebnahme- und Betriebsleiter verfahrenstechnischer Anlagen ist es in der Praxis oft sehr schwierig zu beurteilen, ob zum gegebenen Zeitpunkt (z. B. Beginn der Erstinbetriebnahme) alle notwendigen sicherheits- und rechtsrelevanten Dokumente vorliegen. Nicht wenige Führungskräfte befürchten, wegen nicht durchgeführter Prüfungen bzw. wegen fehlender Prüfungsnachweise eine Sorgfaltspflichtverletzung zu begehen. Zur Lösung dieses Problems kann aus Sicht des Verfassers ein anlagenspezifisches Prüfhandbuch gemäß folgender Definition wesentlich beitragen. Das Prüfhandbuch ist eine Zusammenstellung von Aktionspunkten und ergänzenden Hinweisen zur Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation der ganzheitlichen Anlagenüberwachung im Leben einer Anlage.
Das Prüfhandbuch entspricht im Verständnis dem „Programm zur Ganzheitlichen Anlagenüberwachung“ [3−25], wie es für Anlagen nach Störfall-Verordnung existiert. Es sollte während des Detail Engineering erstellt werden und zunächst als Planungs- und Kontrolldokument für die rechts- und vertragsrelevanten Sicherheitsprüfungen und ggf. behördlichen Aufsichtsmaßnahmen während der Anlagenerrichtung dienen. Der Anlagenbetreiber kann das Prüfhandbuch später weiterhin als Grundlage für die wiederkehrenden Prüfungen nutzen. Reine Instandhaltungsmaßnahmen gehören nicht in das Prüfhandbuch. Statt vom Prüfhandbuch wird mitunter auch von einem „Anlagenspezifischen Prüfprogramm“ oder von einer „Checkliste Sicherheitsprüfungen“ gesprochen. In Abb. 3.38 ist auszugsweise für eine Package-unit zur Süßwasserinjektion in einen Erdgasspeicher eine solche Checkliste dargestellt. Die einzelnen Prüf- bzw. Kontrollmaßnahme sind nach Gewerken strukturiert und die Erfüllungskontrolle erfolgt jeweils an den drei angeführten Projekthaltepunkten bzw. -meilensteinen. Die gesamte Checkliste für die kleine Anlage umfasste ca. 80 Maßnahmen. Bei größeren verfahrenstechnischen Anlagen sind Prüfhandbücher mit über 1000 Einzelmaßnahmen üblich. Im Fall eines Kernkraftwerkes weiß der Verfasser von einem ganzheitlichen Prüfprogramm mit ca. 6000 wiederkehrenden Prüfungen. Die rechnerseitige Verwaltung der Prüfpflichten erfolgt häufig, analog zu den Instandhaltungsmaßnahmen, mit der Systemsoftware des Betriebes (z. B. SAPSoftware). Zugleich können mit dieser Software die Prüfaufträge bearbeitet sowie die anfallenden Prüfdokumente gespeichert und verwaltet werden.
3.7 Betriebdokumentation 137
Abb. 3.38 Prüfhandbuch einer Anlage zur Süßwasserinjektion in einen Erdgasspeicher (Auszug)
138
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
In Verbindung mit anderen Zielstellungen (s. Abschn. 6.3 und Kap. 7), werden für die elektronische Verwaltung der Prüfhandbücher auch DokumentenManagement-Systeme (DMS) genutzt. Neben dem ganzheitlichen Prüfhandbuch der verfahrenstechnischen Anlage sind sog. Behälterbücher, Apparatebücher, Rohrleitungsbücher oder Kranbücher bekannt. Diese bündeln die Prüfdaten und -dokumente der jeweiligen Ausrüstung. 3.7.6 Sicherheitsmanagementhandbuch Im Sicherheitsmanagementhandbuch sind die grundsätzlichen Regelungen des Betriebes über Gesundheitsschutz − Sicherheit − Umweltschutz (GSU) enthalten. Dazu gehören beispielsweise: • Die Formulierung und Erläuterung der Unternehmensgrundsätze zum Gesundheitsschutz, zur Sicherheit und zum Umweltschutz, wie z. B. der Leitsätze: Im Zweifel hat Sicherheit Vorrang! Jeder Unfall ist vermeidbar! • Information über eine ggf. erfolgte SCC-Zertifizierung (Sicherheits-CertifikatContraktoren) des Sicherheitsmanagementsystems des Unternehmens bzw. entsprechende Forderungen gegenüber Kontraktoren. • Auszüge aus Managementhandbüchern, Global-Solutions, Project-Guidelines usw. über Ziele und Aufgaben des GSU und ihre betriebliche Umsetzung. • Festlegungen über die Verantwortlichkeiten betreffs GSU im Betrieb, inkl. der vollzogenen Pflichtenübertragungen. • Grundsätze und Richtlinien über die Durchführung von ganzheitlichen Risikobeurteilungen während der Projektabwicklung bzw. für bestehende Anlagen. Im Einzelnen können dies sein: − Festlegung der Haltepunkte (Gates) bzw. Fristen in denen Risikobeurteilungen im Projekt bzw. im laufenden Betrieb durchzuführen sind, − Festlegung der betreffenden Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, − Methoden zur Identifizierung der Risiken/Gefährdungen (HAZID), − Methoden zur Analyse der Risiken (Technical Review, HAZOP, WHAT-IF, Gefährdungsbeurteilungen), − Methoden und Vorgaben zur Quantifizierung und Bewertung der Risiken/ Gefährdungen. • Grundsätze und Richtlinien zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit auf Baustellen und im Betrieb. • Festlegungen über die Auswertung und Präsentation der Ergebnisse zu Gesundheitsschutz−Sicherheit−Umweltschutz im Betrieb. Die o. g. grundsätzlichen GSU-Regelungen werden im Betriebshandbuch in konkrete Handlungsanweisungen für die Beschäftigten umgesetzt. Sie stehen zugleich in einem Zusammenhang mit den Unternehmensgrundsätzen zur Qualitätssicherung (s. Abschn. 3.7.7).
3.7 Betriebdokumentation
139
Mitunter werden die GSU-Grundsätze und abgeleiteten Richtlinien gemeinsam mit den Aspekten des Qualitätsmanagement betrachtet und in einem übergreifenden Managementhandbuch zusammengefasst. 3.7.7 Qualitätsmanagementhandbuch Die Qualität von Produkten und Dienstleistungen ist ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Soll dauerhaft Qualität geliefert werden, ist die Organisation von Arbeitsabläufen und Verantwortlichkeiten entscheidend. Diese Regelungen werden im Qualitätsmanagementhandbuch (QM-HB) beschrieben. Mit der Normenreihe DIN EN ISO 9000ff [3−26] wurde ein internationaler Standard für Qualitätsmanagement-Systeme (QMS) vereinbart. Den hierarchischen Aufbau eines QMHandbuchs zeigt Abb. 3.39. Was, von wem, wann?
Organisation Verantwortlichkeiten Schnittstellen Wie, von wem, wann?
Organisatorisches und technisches Know-how Wie detailliert, von wem, womit?
Unternehmensziele und Einordnung des QS-Systems
Prozessbeschreibungen
Identifizierung und Definition von Prozessen/Abläufen
Verfahrensanweisungen
Betriebsanweisungen Bedienungsanweisungen Instandhaltungsanweisungen Herstellungsvorschriften Prüfanweisungen Lieferspezifikationen Arbeitsplatzbeschreibungen Checklisten
Detaillierte Beschreibung von Prozessen und Regelungen
Arbeitsplatzbezogene Regelungen
Abb. 3.39 Struktur eines Qualitätsmanagementhandbuchs (Praxisbeispiel)
Ausgehend von der „Qualitätspolitik“ des Unternehmens sind zunächst die wichtigen Geschäftsprozesse zu identifizieren und zu beschreiben. Dem schließt sich die Erarbeitung von Verfahrensanweisungen an, in denen die komplexen Abläufe und Schnittstellen der Geschäftsprozesse übersichtlich dargestellt werden. Die Verfahrens- bzw. Prozeduranweisungen enthalten fachliches und organisatorisches Know-how in Form von Graphen, Tabellen, Checklisten, Formularen usw. Sie sind wesentliche Bausteine des QM-Systems und i. Allg. analog zu den be-
140
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
trieblichen Geschäftsprozessen gegliedert (s. Tabelle 3.38). Je nach Firmenprofil kann das sehr unterschiedlich sein. Tabelle 3.38 Ausgewählte Verfahrensanweisungen aus dem QM-Handbuch eines Chemiebetriebs − − − − − − − − − − − − − − −
Lenkung der Dokumente und Daten Lenkung der vom Kunden beigestellten Produkte Kennzeichnung und Rückverfolgung der Produkte Führung und Kontrolle der Produktion Lagerung, Verpackung und Versand der Produkte Lenkung fehlerhafter Produkte Korrektur und Vorbeugemaßnahmen Qualitätsüberwachung der Produkte Überwachung der Prüfmittel inkl. Analysengeräte Lenkung der Qualitätsaufzeichnungen Schulung und Unterweisung des Betriebspersonals Lenkung der Instandhaltungsmaßnahmen Abwicklung von Projekten Beschaffung technischer Lieferungen und Leistungen Änderung und Verteilung technischer Dokumente
Bezüglich notwendiger Festlegungen in einer Verfahrensanweisung zur „Lenkung von Dokumenten“ wird in der DIN EN ISO 9001, Abschn. 4.2.3 [3−27] gefordert: Die vom Qualitätsmanagement-System geforderten Dokumente müssen gelenkt werden. Ein dokumentiertes Verfahren zur Festlegung der erforderlichen Lenkungsmaßnahmen muss eingeführt werden, um a) Dokumente bezüglich ihrer Angemessenheit vor ihrer Herausgabe zu genehmigen, b) Dokumente zu bewerten, sie bei Bedarf zu aktualisieren und erneut zu genehmigen, c) sicherzustellen, dass Änderungen und der aktuelle Überarbeitungsstatus von Dokumenten gekennzeichnet werden, d) sicherzustellen, dass gültige Fassungen zutreffender Dokumente an dem jeweiligen Einsatzorten verfügbar sind, e) sicherstellen, dass Dokumente externer Herkunft gekennzeichnet werden und ihre Verteilung gelenkt wird, und f) die unbeabsichtigte Verwendung veralteter Dokumente zu verhindern und diese in geeigneter Weise zu kennzeichnen, falls sie aus irgendeinem Grund aufbewahrt werden:
Zur Veranschaulichung der betrieblichen Abläufe in den Verfahrensanweisungen werden gern sog. Flussdiagramme bzw. Ablaufgraphen und Checklisten genutzt (s. Abb. 3.40). In Abschn. 6.3 wird dies nochmals am Änderungsworkflow der betrieblichen Anlagendokumentation gezeigt.
3.7 Betriebdokumentation
141
Abb. 3.40 Ablaufgraph der Verfahrensanweisung „Projektbezogene Dokumentenveraltung“ eines Ingenieurbüros (Praxisbeispiel)
Die unterste Ebene des QM-Systems bilden die arbeitsplatzbezogenen, detaillierten Anweisungen, die vorrangig dem Betriebshandbuch bzw. Instandhaltungshandbuch zugeordnet werden. Da die QM-Normen allgemeingültig verfasst wurden, sind die Formulierungen mitunter sehr abstrakt und für das Betriebspersonal schwer verständlich. Das QMHandbuch des Betriebs muss deshalb in verständlicher Weise und in der täglichen „Begriffswelt“ der Betroffenen formuliert werden. Ansonsten findet es keine Akzeptanz und wird in der betrieblichen Praxis nicht „gelebt“. 3.7.8 Umweltmanagementhandbuch Eine wichtige rechtliche Basis für Umweltmanagementsysteme (UMS) stellt die EG-Umweltaudit-Verordnung [3−28] dar, in der wie folgt definiert ist:
142
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen Umweltmanagementsystem (UMS) ist der Teil des gesamten Managementsystems, der die Organisationsstruktur, Planungstätigkeiten, Verantwortlichkeiten, Verhaltensweisen, Vorgehensweise, Verfahren und Mittel für die Festlegung, Durchführung, Verwirklichung, Überprüfung und Fortführung der Umweltpolitik betrifft.
Die dazu notwendigen Regelungen und Anweisungen sind im Umweltmanagementhandbuch (UM-HB) angeführt. Die Umweltbehörden der Länder stellen Muster-Inhaltsverzeichnisse für derartige UM-HB bereit. Das UMS und das entsprechende Handbuch gliedern sich, ähnlich wie in Abb. 3.39, in folgende Ebenen: − − − −
Umweltpolitik/-strategie/-ziele, Identifizierung und Beschreibung umweltrelevanter Prozesse, Umweltverfahrensanweisungen (UVA), Umweltarbeitsanweisungen (UAA).
Methodik und Begriffe sind ähnlich dem Qualitätsmanagement. In der betrieblichen Praxis werden deshalb nicht selten die Qualitäts- und Umweltaspekte in einem Handbuch zusammengefasst. Mitunter werden die Ziele sowie die Verfahrens- und Arbeitsanweisungen zum betrieblichen Umweltschutz auch in das Qualitätsmanagementhandbuch integriert. Im Weiteren wird die Thematik nicht weiter vertieft und auf die zahlreichen Veröffentlichungen [3−28] [3−29] [3−30] verwiesen.
3.8 Rückbaudokumentation Der Rückbau umfasst die Gesamtheit der Tätigkeiten für Außerbetriebnahme (Stilllegung), Abriss (Abbruch), Demontage und Entsorgung der Anlage. Die zugehörige Rückbaudokumentation beschreibt die letzte Phase im Leben der Anlage. Die Vorgehensweise beim Rückbau verfahrenstechnischer Anlagen ist insbesondere von folgenden Einflussfaktoren abhängig: − − − − − − −
Standort der rückzubauenden Anlage (Rechtslage, Umfeld, Arbeitskräfte), Art der rückzubauenden Anlage (Materialien, Kontamination, Zugänglichkeit), Umfang der Rückbaumaßnahme (Tonnage, Kosten, Fristen), Maßnahmen zur Stilllegung und Freigabe für den Rückbau, anzuwendende Rückbautechnologie (Demontage, Schneiden, Zertrümmern), Verwertungs-/Entsorgungsmöglichkeiten der Materialien (Recycling, Deponie), Gefährdungen und Schutzmaßnahmen.
a) Genehmigungsdokumente für den Rückbau Der Rückbau verfahrenstechnischer Anlagen bedarf i. d. R. einer behördlichen Genehmigung. Für Anlagen, die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz [2−13] genehmigungsbedürftig sind, gilt gemäß § 16 (Wesentliche Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen):
3.8 Rückbaudokumentation
143
(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und………..
Der Rückbau ist einerseits eine wesentliche Änderung und andererseits können von ihm nachteilige Auswirkungen ausgehen. Das heißt, der Rückbau von BImSchG-Anlagen ist fast immer genehmigungspflichtig. Unter § 5 (Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen) fordert der Gesetzgeber weiter: (3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung 1. von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, 2. vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und 3. die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Betriebsgeländes gewährleistet ist.
Im Genehmigungsantrag ist die Einhaltung dieser Vorgaben sowie sonstiger Rechtsvorschriften, insbesondere des Abfallrechts, nachzuweisen. Gegebenenfalls kann auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung [3−9] erforderlich sein. Unterliegt die verfahrenstechnische Anlage nicht dem BImSchG, so ist i. Allg. nach dem Abfallrecht und/oder dem Baurecht zu verfahren. Die Genehmigungsund Dokumentationspflichten des Anlageneigentümers sind weitgehend ähnlich wie bei BImSchG-Anlagen. In jedem Fall sind die Genehmigungsdokumente für den Rückbau verfahrenstechnischer Anlagen ein wichtiger Bestandteil der Rückbaudokumentation. b) Maßnahmen und Dokumente für die Vorbereitung und Beauftragung zum Rückbau Für eine erfolgreiche und kostenkontrollierte Abwicklung der Rückbaumaßnahmen ist eine detaillierte Planung unabdingbar. Insbesondere müssen unvorhergesehene Abfall- und Arbeitsschutzprobleme und die damit verbundenen Behördeneingriffe in der Bauphase vermieden werden. Folgende Planungsleistungen und zugehörige Dokumente sind zu erbringen: • Erfassen und Bewerten des Ist-Zustands − Erfassen des Abrissumfangs (Zustand, Masse, Materialien, Geometrie) von Gebäuden und Anlagenteilen als Grundlage für das Lastenheft bzw. Leistungsverzeichnisse − Erfassen der Verunreinigungen und Ablagerungen innerhalb der Rohrleitungen und Ausrüstungen sowie der damit verbundenen Gefährdungen − Erarbeiten einer Reinigungstechnologie und daraus abgeleiteter Anweisungen zur inneren Reinigung der Anlage − Auflisten und Beschreibung aller relevanten Rest- und Schadstoffe
144
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
− Standortrecherche durch Begehungen und Auswerten von Bau-/Betriebsakten hinsichtlich der Kontaminierung von Bausubstanz und/oder Erdreich − Analyse und ggf. Inventarisierung der kontaminierten Bausubstanz und Anlagenteile bzw. des Erdreichs (Abfallkataster) [3−31] − Analyse der Baustatik bzgl. kritischer Bauteile und möglicher kritischer Demontage-/Abbruchsituationen • Erarbeiten eines Abbruch- und Abfallkonzepts (Basic Engineering) − Erfassen der Schnittstellen der rückzubauenden Anlage zur Infrastruktur bzw. nicht betroffenen Anlagenteilen − Planen der prinzipiellen technologisch-technischen Abbruchmaßnahmen (Basic Engineering) − Erstellen eines Konzepts zur Abfallbergung und -trennung − Darstellen der einzuhaltenden Grenzwerte und abfallrechtlichen Bestimmungen − Aufzeigen von Möglichkeiten zur Abfallreduzierung, -verwertung und -entsorgung − Festlegen zur gutachterlichen Begleitung des Rückbaus • Erarbeiten eines Sicherheitskonzeptes für den Rückbau − Zusammenstellen relevanter Sicherheitsvorschriften, insbesondere der Arbeitsschutzmaßnahmen, für Rückbau − Festlegen der notwendigen Überwachungsmaßnahmen (Sicherheitskoordinator) − Konzept zur Sicherung der Umgebung vor schädlichen Immissionen (Stäube, Gase, Lärm, Erschütterung) − Regeln zur Übergabe der stillgelegten Anlage für den Abbruch, inkl. der Verantwortlichkeiten • Vergabe der Rückbauleistungen − Erarbeiten eines Lastenhefts bzw. detaillierter Leistungsverzeichnisse − Einholen von Angeboten, Vergabeverhandlungen und Beauftragung c) Maßnahmen und Dokumente für die Durchführung des Rückbaus Wichtige Voraussetzungen für den Beginn der Demontage und/oder des Abbruchs der Anlage sind zunächst das Vorliegen aller relevanten Genehmigungen, die Stilllegung der Anlage und die anschließende schriftliche Anlagenfreigabe seitens des Anlagenbetreibers. Weitere Einzelmaßnahmen sind: • Sicherheitliche und technische Detailplanung (Detail Engineering) − − − −
Bereitstellung aller notwendigen Anlagendokumente Gefährdungsbeurteilungen zu Demontage bzw. Abbruch Erarbeitung notwendiger Betriebs- und Abbruchanweisungen (s. Abb. 3.41) Fertigstellung eines auftragsspezifischen Baustellenhandbuchs
3.8 Rückbaudokumentation
Abb. 3.41 Muster einer Abbruchanweisung nach [3−32] [3−33]
145
146
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
− Regelung der Schnittstellen (Aufgaben, Verantwortung, Befugnisse) mit dem ehemaligen Anlagenbetreiber − Einweisung der betroffenen Personen in die Tätigkeiten auf der Baustelle • Durchführen und Dokumentation der Arbeitsdurchführung − Führen eines Baustellentagebuchs − Dokumentation des Arbeitsfortschritts (Fotos, Fortschrittsberichte, Kostenund Termincontrolling) − sichere und nachvollziehbare Aufbewahrung der Arbeitsfreigabescheine − Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit • Wahrnehmen und Dokumentation von Überwachungsmaßnahmen − Überwachen und Steuern der Abfallprodukte − Überwachen und Steuern der die Baustelle verlassenden Abfälle (Analysenprotokolle, Begleitscheine, Entsorgungsnachweise) − Kontrolle der Gesundheits-/Arbeitsschutzmaßnahmen (Bestellung eines Sicherheitskoordinator, Begehungsprotokolle) d) Maßnahmen und Dokumente nach Beendigung des Rückbaus Ein vollzogener Anlagenrückbau erfordert i. d. R. ein Abschlussgutachten, dass eine zusammenfassende Einschätzung und Dokumentation des abbruchbegleitenden Gutachters darstellt. Es ist auch aus haftungsrechtlichen Gründen ein wichtiger Beleg für den Betreiber (Bauherrn, Eigentümer) über den ordungsgemäßen Verlauf des Rückbaus. Das Abschlussgutachten sollte enthalten: − Nachweise zur Abfallverwertung und -entsorgung, − Dokumentation der Gesundheits-/Arbeitsschutzmaßnahmen und Nachweise über durchgeführte Unterweisungen und Kontrollen, − Dokumentation der Immissionsschutzmaßnahmen und Nachweise über zugehörige Kontrollmessungen, − Bescheinigung über die ordnungsgemäße und genehmigungskonforme Durchführung des gesamten Rückbaus. Gegebenenfalls können im Abschlussgutachten auch Hinweise zur vorgesehenen Nachnutzung der rückgebauten Flächen gegeben werden.
3.9 Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung Ein Kennzeichen ist ein Code (Folge von Buchstaben, Ziffern, Vorzeichen, Gliederungszeichen) zur Charakterisierung eines Objekts bzw. Dokuments. Mit dem Kennzeichen soll in der Anlagenwirtschaft jeweils eine konkrete Anlagenkomponente oder ein einzelnes Dokument eindeutig identifiziert werden. Man spricht auch von einem sog. Identifikator.
3.9 Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung
147
3.9.1 Grundsätzliche Vorbemerkungen und Hinweise Zur Kennzeichnungsthematik existieren zahlreiche Normen und Veröffentlichungen. Auf den Nichtspezialisten wirken diese häufig formal und verwirrend. Trotzdem bleibt es all jenen, die Projekte und Anlagen effizient managen und dazu moderne Softwareprodukte und Kommunikationsmöglichkeiten anwenden wollen, nicht erspart, sich zu diesem Fachgebiet sachkundig zu machen. Die folgende Erfahrung des Verfassers soll dabei Mut machen. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung bewirkt zugleich eine Definition und Strukturierung des eigenen Verantwortungs-/Arbeitsbereichs und zeigt nicht selten erhebliches Verbesserungspotential auf! Etwas kennzeichnen bedeutet auch eine eindeutige Zuordnung und eine exakte Begriffswahl. Viele Dokumenten-Management-Systeme nutzen die Kennzeichnung als Identifikationsmerkmal (Attribut, Deskriptor, Referenz) des zu verwaltenden Gegenstands bzw. Vorgangs. Weitere grundsätzliche Hinweise, die es bei der Kennzeichnung zu beachten gilt, sind: • Es ist konsequent zwischen der Kennzeichnung der Anlage (Anlagenkomponenten) und der Dokumentation (Dokumente) zu unterscheiden. Entsprechend wird vom Anlagenkennzeichen (AKZ) oder Dokumentenkennzeichen (DKZ) gesprochen. • Neben dem Identifikationsmerkmal sollte das Kennzeichen auch weitere Informationen, beispielsweise − zu Art, Aufgabe und Funktion der Ausrüstung oder − zu Form und Inhalt des Dokuments des gekennzeichneten Objekts bzw. Dokuments enthalten. • Ein Kennzeichen besteht aus sog. Kennzeichnungsblöcken, die einzeln oder in Kombination angewandt werden. • Das Dokumentenkennzeichen (DKZ) sollte in seinem Aufbau das Anlagenkennzeichen mit einschließen. Damit ist anhand des DKZ eine Zuordnung des Dokuments zur betroffenen Komponente/Bauteil möglich. 3.9.2 Anlagenkennzeichnung Das Anlagenkennzeichen (AKZ) (allgemein: Objektkennzeichen) charakterisiert eindeutig eine bestimmte Anlagenkomponente bzw. ein Bauteil. Die formelle Darstellung kann erfolgen als − Ausrüstungs-, Bauteil-, Herstellungs- oder Fabrikationsnummer, − Abkürzung für einen sog. Technischen Platz im System zur Anlagenbewirtschaftung, − Kennzeichenstruktur n. DIN 6779 [3−34] bzw. n. DIN EN 61346 [3−2],
148
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
− Kraftwerks-Kennzeichnungssystem (KKS) [3−38] [3−39]. Die beiden letztgenannten Darstellungsformen, die in verfahrenstechnischen Anlagen verbreitet sind, sollen näher betrachtet werden. 3.9.2.1 Anlagenkennzeichnung nach DIN 6779 [3-34] und DIN EN 61346 [3-2] Die DIN 6779 behandelt die Kennzeichnungssystematik für technische Produkte und technische Produktdokumentationen aller Art. Präzisierend dazu werden in der DIN EN 61346 für elektrische Betriebsmittel spezielle Aussagen gemacht. Da die Prinzipien ähnlich sind, werden zur Anlagenkennzeichnung nur die Ausführungen der DIN 6779 betrachtet. Auf die Dokumentenkennzeichnung gemäß DIN 6779 wird anschließend im Abschn. 3.9.3 eingegangen. In der Norm DIN 6779 werden Grundlagen und Regeln zur Kennzeichnungssystematik und für den Aufbau und Inhalt von Kennzeichnungsblöcken wie folgt festgelegt. a) Gliederung des Kennzeichens in Kennzeichnungsblöcke Ein Kennzeichen wird nach funktions-, orts- und/oder produktbezogenen Kriterien hierarchisch aufgebaut. Es besteht die Möglichkeit, die verschiedenartigen Informationen über das Objekt durch mehrere verschiedene Kennzeichnungsblöcke darzustellen (s. Tabelle 3.39). Welche Informationsart der Block ausdrückt, wird durch ein Sonderzeichen vor dem jeweiligen Block mitgeteilt. Die Kennzeichnungsblöcke dienen der eindeutigen Identifizierung und Lokalisierung der technischen Produkte selbst sowie ihrer Kennzeichnung in den technischen Dokumenten. Sie werden je nach Bedarf einzeln oder in Kombinationen angewendet. b) Regeln zum Aufbau der Kennzeichnungsblöcke – Die Kennzeichnungsblöcke werden durch Vorzeichen identifiziert. – Die Kennzeichnungsblöcke sind in Gliederungsstufen unterteilt. Diese wiederum bestehen aus einem oder mehreren Abschnitten. Innerhalb eines Kennzeichnungsblocks werden von links nach rechts kleiner werdende Betrachtungseinheiten gekennzeichnet. – Jeder Abschnitt besteht aus maximal 3 Datenstellen, die nicht alle geschrieben werden müssen. Die Abschnitte sind abwechselnd alphabetisch (A) und numerisch (N) aufgebaut. Abschnitte am Anfang und/oder am Ende eines Kennzeichnungsblocks dürfen entfallen. – Bestimmte Kennzeichnungsblöcke sind zwischen Gliederungsstufen durch das Gliederungszeichen „•“ (Punkt) unterteilt. Den möglichen Aufbau eines Blockes zur Kennzeichnung von Anlagen, Teilanlagen und technischen Einrichtungen zeigt Abb. 3.42.
3.9 Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung Gliederungsstufen
1
Abschnitte Datenstellen
1
=
2
3
2 3
4
AAA NNN AAA NNN
5
6
149
7
AAA NNN AAA
8 A...N
Vorzeichen Kennzeichnung von Anlage und Teilanlage Kennzeichnung von technischen Einrichtungen Gliederungszeichen Weitere Untergliederung
Abb. 3.42 Möglicher Aufbau eines Kennzeichnungsblocks für Anlagen, Teilanlagen und technische Einrichtungen (n. [3−34])
c) Vorzeichen vor Kennzeichnungsblöcken und deren Bedeutung Außer dem Block zur Kennzeichnung der Anlage selbst (s. Abb. 3.42) können mittels weiterer Blöcke beispielsweise auch der Aufstellungsort, der Einbauort, das Betriebsmittel oder die Signalart bezogen auf das zu kennzeichnende Objekt (Anlage bzw. Komponente) charakterisiert werden. Die verschiedenenartigen Kennzeichnungsblöcke werden durch Vorzeichen markiert und dadurch eindeutig identifiziert (s. Tabelle 3.39). Tabelle 3.39 Vorzeichen von Kenzeichnungsblöcken (n. [3−34])
== = ++ + − ∗ : ; &
Funktionale Zuordnung Anlage Aufstellungsort Einbauort Betriebsmittel Gemeinsame Zuordnung Anschluss Signal Dokumentenart
Auf den in der unteren Zeile von Tabelle 3.39 angeführten Kennzeichnungsblock für das Dokument wird in Abschn. 3.9.3 eingegangen.
150
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
d) Kennbuchstaben für technische Ausrüstungen/elektrische Betriebsmittel Innerhalb eines Kennzeichnungsblocks gibt es verschiedene Gliederungsstufen. In Abb. 3.42 ist eine solche Gliederungsstufe für die Anlage bzw. Teilanlage und eine zweite für eine zugeordnete technische Einrichtung (Komponente) dargestellt. Falls nicht benötigt, kann auch eine dieser Gliederungsstufen entfallen. Einzelne Zeichen dieser Gliederungsstufen finden sich i. Allg. in den sog. Positionsnummern der Einzelausrüstungen wieder, die u. a. auf den R&I-Fließbildern dargestellt sind. In der „Normenwelt“ wird nicht von Positionsnummern, sondern von Bezugszeichen für Ausrüstungsarten (Ausrüstungskennzeichen) (DIN EN ISO 10628 [3−4]) bzw. von Referenzkennzeichen für elektrische Einrichtungen (Betriebsmittelkennzeichen) (DIN EN 61346-2 [3−2]) gesprochen. Ferner werden in Normen für die Kennung bestimmter Komponentenarten einheitliche und „sprechende“ Buchstaben vorgeschlagen (s. Tabelle 3.40). Tabelle 3.40 Wichtige Normen mit Empfehlungen für Kennbuchstaben Quelle
Verz.
Kennbuchstaben für folgende Anlagenkomponenten
DIN EN 10628
[3−4]
Apparate, Maschinen, Armaturen, Rohrleitungen
DIN 19227
[3−35]
PLT-Stellen
DIN EN 61346
[3−2]
Elektrische Systeme, Anlagen, Betriebsmittel
DIN EN 60617
[3−36]
Schaltanlagen
DIN 2406
[3−14]
Rohrleitungen
DIN 2403
[3−37]
Rohrleitungen (nach Durchflussstoff)
Die Gesamtzahl an Zeichen (Stellen), die ein Anlagenkennzeichen (AKZ) aufweist, kann sehr unterschiedlich sein. Sie hängt insbesondere von der Beantwortung folgender Fragen ab: − Wie global ist der Bereich gewählt, für den das AKZ gelten und die zugehörige Komponente eindeutig identifizieren soll? Weltweit oder nur betriebsweit? − Wozu soll das AKZ genutzt werden? Zur Einzel-Ersatzteilverwaltung oder für die Zuordnung von Kosten? − Wie detailliert soll die Anlage „nach unten“ gegliedert werden? Bis zur letzten Schraube? − Wie „offen“ und erweiterungsfähig muss das Kennzeichnungssystem sein, damit es an die zukünftige Entwicklung angepasst werden kann? − Welche Personen nutzen und pflegen das AKZ und wie ist deren Qualifikation und Akzeptanz? − Welche Möglichkeiten bietet die Software, die das AKZ und/oder das Dokumentenkennzeichen (DKZ) nutzt?
3.9 Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung
151
Die Festlegung der AKZ-Struktur ist eine schwierige Managemententscheidung, die sowohl Überblick als auch „Augenmaß“ erfordert. Dem Verfasser sind Anlagenkennzeichen mit nur 5 Stellen, aber auch AKZ mit über 30 Stellen bekannt. 3.9.2.2 Kraftwerk-Kennzeichnungssystem (KKS )[3−38] [3−39] Mit dem Kraftwerk-Kennzeichnungssystem (KKS) werden Anlagen, Teilanlagen und Geräte aller Kraftwerksarten nach Aufgabe, Art und Ort gekennzeichnet. Das KKS oder Teile des KKS lassen sich mit anderen Kennzeichnungssystemen kombinieren. Dadurch können zusätzliche Anforderungen, z. B. die Kennzeichnung von Dokumenten, erfüllt werden. a) Zielstellungen und Anforderungen an das KKS − einheitliche Kennzeichnung für alle Kraftwerksanlagen inkl. Nebenanlagen − ausreichender Umfang und Detaillierungsmöglichkeit zur Kennzeichnung aller Systeme, Komponenten, Bauwerke − ausreichende Erweiterungsmöglichkeit für neue Technologien − durchgehende Kennzeichnung für alle Lebensphasen der Anlage − gemeinsame Anwendbarkeit für alle Fachbereiche − Berücksichtigung bestehender nationaler und internationaler Normen − Anwendung in elektronischen Verwaltungssystemen − internationale Verwendbarkeit durch sprachunabhängige Kodierung b) Kennzeichnungsarten und Gliederungsstufen Die vorgenannten Anforderungen werden erfüllt durch (s. Abb. 3.43): − den hierarchischen Aufbau mit 4 Gliederungsstufen und fest vorgegebenen alphanumerischen Datenstellen. Das KKS-Kennzeichen umfasst i. Allg. 15 bis 17 Zeichen, wobei die Buchstaben meistens zur Klassifizierung des Objekts und die Ziffern zur Zählung dienen. Lfd. Nr. der Gliederungsstufe
0
1
2
3
Betriebsmittel– Kennzeichen
VerfahrenstechnischeKennzeichnung
=
Gesamtanlage
System– Kennzeichen
Aggregat– Kennzeichen
Einbauort– Kennzeichnung
+
Gesamtanlage
Einbaueinheit -Kennzeichen
Einbauplatz– Kennzeichen
Aufstellungsort– Kennzeichnung
++
Gesamtanlage
Bauwerk– Kennzeichen
•
Raum– Kennzeichen
Abb. 3.43 Aufbau eines Anlagenkennzeichens nach dem Kraftwerk-Kennzeichnungssystem
152
3 Struktur und Bestandteile der Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen
− die drei getrennt möglichen Kennzeichnungsarten: Verfahrenstechnische Kennzeichnung (Charakterisierung des Bezugsobjekts nach seiner verfahrenstechnischen Funktion im Kraftwerksprozess) Einbauort-Kennzeichnung (Charakterisierung der Einbauorte und Einbauplätze des Bezugsobjekts im elektrotechnischen System) Aufstellungsort-Kennzeichnung (Charakterisierung der topographischen Lage des Bezugsobjekts in Bauwerken) 3.9.3 Dokumentenkennzeichnung Das Dokumentenkennzeichen (DKZ) ist der Identifikator für ein bestimmtes Dokument in Beziehung zu einem Objekt (Anlagenkomponente), dem das Dokument zugeordnet ist [1−4]. Das DKZ wird gemäß DIN 6779 [3−34] oder DIN EN 61355 [1−4] gebildet, indem an das Anlagen(Objekt-)kennzeichen, verknüpft durch das Vorzeichen „&“, ein neuer Dokument-Kennzeichnungsblock angefügt wird. Die prinzipielle Struktur eines Dokumentenkennzeichens (DKZ) ist in Abb. 3.44 dargestellt. Sie ist wie folgt zu verstehen: • Links vom „&“ ist das Anlagenkennzeichen (AKZ) der Komponente abgebildet, der das Dokument zugeordnet (referenziert) ist. Man spricht vom sog. kennzeichnenden Teil des DKZ. Die eindeutige Zuordnung des Dokuments anhand seines Kennzeichens ist vergleichsweise einfach und wird von vielen Dokumenten-Management-Systemen (DMS) genutzt (s. Kap. 7). Sie ermöglicht u. a. eine rechnerseitige Dokumentsuche anhand von anlagenspezifischen und/oder dokumentspezifischen „Bruchstücken“ des DKZ, die der Nutzer sich eingeprägt hat. • Das Vorzeichen „&“ (kaufmännisches UND) signalisiert dem Nutzer, dass es sich um ein Dokumentenkennzeichen handelt. • Die 1. Gliederungsstufe rechts vom „&“ bildet den sog. klassifizierenden Teil des DKZ. Sie besteht aus mindestens 3 Buchstaben und kennzeichnet die Dokumentenart. Grundlage dafür kann eine Klassifizierung und Kennzeichnung der Dokumentenarten gemäß DIN EN 61355 [1−4] sein, in der ein DCC (Document Classification Code) bestehend aus 3 Buchstaben vorgeschlagen wird. In der Regel reichen die Normangaben jedoch für die eigene Klassifizierung nicht aus, sodass ausgehend von einer Liste wichtiger Dokumentenarten (LwD) (s. Abschn. 3.1.2) für den eigenen Verantwortungsbereich eine projektbzw. betriebsspezifische Klassifizierung und Kennzeichnung der relevanten Dokumentenarten erforderlich ist. Bei komplexen Dokumentationen ist, über die 3 Zeichen der DIN EN 61355 hinaus, gegebenenfalls eine 4. oder 5. Stelle zweckmäßig.
3.9 Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung
Anlagenkennzeichen
&
A1
A2
A3
N
N
N
/
153
A….N
Kennzeichen der Anlagenkomponente, dem das Dokument zugeordnet ist Vorzeichen für den Beginn des DKZ Dokumentenarten-Schlüssel Dokumentenarten-Zählnummer Trennzeichen Versionsnummer/ Zusatzinformation
Abb. 3.44 Aufbau eines Dokumentenkennzeichens
• Die 2. Gliederungsstufe ist eine Zählnummer für 1 bis 999 verschiedene Einzeldokumente der gleichen Dokumentenart. Sie wird als sog. identifizierender Teil des DKZ bezeichnet. In größeren Anlagen kann, z. B. wegen vieler Rohrleitungsisometrien oder Stromlaufpläne (Loops), eine 4. Ziffer notwendig sein. • Die Gliederungsstufe rechts vom Trennstrich ist offen und kann verschiedenen Zwecken dienen. Üblich ist beispielsweise eine Zählnummer von 1 oder 2 Zeichen für den Versions- bzw. Revisionsindex des Einzeldokuments, der die Dokumentenversion verdeutlicht. Mitunter wird auch die firmeninterne Zeichnungsnummer des Ingenieurbüros oder des Lieferanten angefügt. In der Praxis sind Dokumentenkennzeichen mit über 20 Zeichen häufig anzutreffen. Dies bewirkt nicht nur erhöhte Anforderungen an deren fehlerfreie Eingabe in das Dokumenten-Management-System (DMS), sondern kann auch zu erhebliche Akzeptanzproblemen beim Anwender führen. Dem Verfasser sind DMS-Einführungsprojekte bekannt, die vorrangig wegen der „aufgeblähten“ und letztlich unpraktikablen Dokumentenkennzeichnung gescheitert sind. Sie wurden vom Betriebspersonal grundsätzlich abgelehnt.
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Mit dem Vertragsabschluss über die Herstellung und Errichtung einer verfahrenstechnischen Anlage werden, bildlich gesprochen, zugleich wesentliche Festlegungen zur „Geburt und zum weiteren Leben“ der Dokumentation getroffen. Dabei sind die Interessen der beiden Vertragspartner unterschiedlich. Während der Auftraggeber (Betreiber) die Dokumentation vorwiegend bei der Durchführung und dem Nachweis eines sicheren, bestimmungsgemäßen und wirtschaftlichen Dauerbetriebs braucht, benötigt der Auftragnehmer (Anlagenbauer) sie insbesondere als Ausführungs- und Kontrollgrundlage während der Beschaffung und Errichtung der Anlage. Jeder Partner sieht die Dokumentation aus seinem Blickpunkt und somit verschieden. Grundsätzlich gilt das Sprichwort: Abgeredet vor der Zeit, gibt nachher keinen Streit! Insgesamt birgt die Dokumentationsschnittstelle zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer viele Schwierigkeiten und Konflikte in sich.
4.1 Allgemeine Grundsätze und Erfahrungen Im Weiteren sind einleitend zunächst wichtige Grundsätze (Thesen) zur rechtzeitigen Beachtung der Dokumentation während der Projektabwicklung zusammengestellt und kurz erläutert. Sie beruhen zum großen Teil auf leidvollen Erfahrungen des Verfassers. Die nachfolgenden Abschnitte dieses Kapitels vertiefen diese Thesen. a) Der Auftraggeber muss im Lastenheft (Anfragespezifikation), analog zur Anlage, auch umfassende Vorgaben zur Dokumentation machen. • Der Auftraggeber (AG) muss Vorgaben an die Dokumentation erarbeiten und im Lastenheft festschreiben. In der Praxis tut er dies in vielen Fällen nicht bzw. nicht ausreichend. Zum Teil gibt es Technische Spezifikationen und Arbeitrichtlinien des AG’s im Umfang von mehreren Ordnern, aber für die AS BUILT-Dokumentation existiert keine. Er sollte bedenken: Wer nicht genau vorgibt, was er braucht, sollte sich nicht wundern, wenn er das Benötigte nicht erhält!
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4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Der Auftragnehmer wird immer nur soviel Dokumentationsleistungen erbringen, wie aus seiner Sicht zur Vertragserfüllung notwendig sind. Die Ansicht des AG, dass er seine Dokumentationsinteressen auch noch in späteren Projektphasen durchsetzen kann, ist nicht selten ein Irrtum bzw. mit hohen „Reibungsverlusten“ verbunden. Darüber hinaus, beinhalten vertragliche Unklarheiten bezüglich der Dokumentationsleistungen auch ein hohes Nachtragspotential (Claim, Change-Order). • Die Angaben im Lastenheft müssen beinhalten: − Vorgaben zur Qualität der Dokumentationsprodukte, die während der Abwicklung bis zur Vertragsbeendigung benötigt werden, − Vorgaben zum Dokumentationsprozess betreffs Aufgaben, Termine, Verantwortung und Befugnisse, Prüfmöglichkeiten und Freigaben, Beistellleistungen des Auftraggebers usw. Es gilt sowohl Struktur, Begriffe und Inhalte zu spezifizieren als auch Prozeduren vorzugeben. Eine Checkliste mit Schwerpunkten enthält Tabelle 4.1. Tabelle 4.1 Checkliste zur Beachtung der Dokumentation im Lastenheft und Vertrag 1 Spezifikation der Dokumentationsprodukte 1.1 Welche Vorgaben gibt es zur Qualität der AS BUILT-Dokumentation? − Bezeichnung und Begriffsdefinitionen wesentlicher Dokumentenarten − Struktur und Inhalt der AS BUILT-Dokumentation − detaillierte Qualitätsanforderungen an die AS BUILT-Dokumentation, inkl. an einzelne Teile und Dokumentenarten − Liste der Dokumentenarten, die als bearbeitbare Dateien zu liefern sind, inkl. Angaben bzgl. Erstellungssoftware, Dateiformat usw. − Kennzeichnung der Dokumente − Form und Exemplarzahl der Papierversion 1.2 Welche Vorgaben gibt es für andere Dokumentationsprodukte (neben AS BUILTDokumentation), die vom Auftragnehmer zu erarbeiten sind? − Dokumente für den Genehmigungsantrag − Dokumente für Investitionsentscheidung (Basic Engineering-Dokumentation) − Dokumente für Beschaffungsleistungen des Auftraggebers (Technische Beschaffungsunterlagen, Checklisten für Qualitätskontrollen und Freigaben, Formblätter) − Dokumente für die Baustellenabwicklung (Baustellenhandbuch, SiGePlan, Prüfhandbuch, Formblätter) − Dokumente für die Inbetriebnahme (Inbetriebnahmeanleitung, Entwürfe von Anweisungen, Wartungs-/Inspektionsplan, Ersatz-/Verschleißteillisten) 1.3 Welche Vorgaben gibt es zu den Dokumentationsprodukten, die der Auftraggeber beizustellen hat? − Dokumente für AS BUILT-Dokumentation (z. B. aus eigenen Beschaffungsvorgängen) − Dokumente zum Standort, inkl. Infrastruktur − Dokumente zu Schnittstellen an der Anlagengrenze − Richtlinien u. a. Vorschriften des AG, die für 1.1 und 1.2 gelten
4.1 Allgemeine Grundsätze und Erfahrungen
157
Tabelle 4.1 (Fortsetzung) 2
Vorgaben zum Dokumentationsprozess − Wann sind welche Dokumentationsleistungen zu erbringen? − Wer ist dafür verantwortlich und wie sind die Mitwirkungspflichten (Erarbeiten, Prüfen, Freigeben) des anderen Partners? − Welche Konsequenzen ergeben sich bei nicht vorgabegerechter Erbringung der Dokumentationsleistungen? − Welche grundsätzlichen werkvertraglichen Regelungen (Abnahme, Vergütung, Gefahrenübergang, Beweislastumkehr, Gewährleistung usw.) gelten für die Dokumentationsleistungen − Welche konkrete Gewährleistung und Haftung sind für die verschiedenen Dokumentationsleistungen zu übernehmen?
b) Die Vorgaben zur Dokumentation im Lastenheft sind in der Angebotsphase zu beachten, zu verhandeln und die Ergebnisse im Pflichtenheft und Anlagenvertrag zu vereinbaren. • Der Auftragnehmer (AN) sollte im eigenen Interesse bemüht sein, die Dokumentationsleistungen im Pflichtenheft zu erfassen, anzubieten und im Anlagenvertrag exakt zu regeln. Die allgemeine Erfahrung besagt: Vieles, was im Vertrag nicht oder nicht eindeutig geregelt wurde, geht zu Kosten des Auftragnehmers! Der präzise Ausweis der Dokumentationsleistungen im Angebot und Vertrag kann dieses Risiko des AN verringern. c) Die Dokumentationsthematik muss als integraler Bestandteil der Vertragsgestaltung und Projektabwicklung betrachtet und umgesetzt werden. Die Einheit von Anlage und Dokumentation ist zu gewährleisten. • Die Fragen zur Herstellung der Dokumentation betreffen (analog wie bei der Herstellung der Anlage) den Vertrag als Ganzes. Das heißt, sowohl im Haupttext als auch in den meisten Anhängen des Vertrags sind zur Dokumentation entsprechende Regelungen zu vereinbaren. Die Regelung der Dokumentationsaspekte in einem speziellen Vertragsanhang DOKUMENTATION reicht nicht aus. • Anlage und Dokumentation sind ganzheitlich als Einheit zu betrachten und zu behandeln. Es gilt der Grundsatz: Die Technische Dokumentation ist ein Bestandteil des Produkts und die AS BUILT-Dokumentation ist ein Bestandteil der Anlage! • Die wesentlichen werkvertraglichen Regelungen bezüglich der Dokumentationsleistungen, wie z. B. Beachtung der Dokumentation bei Definition von Vertragsleistung, Abnahme, Gewährleistung, Beweislast, Mangelanzeige, Nachbesserung, Zahlungsbedingungen und Termine, müssen umfassend und konkret im Vertrag ausgestaltet werden.
158
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
• Im Einzelfall ist zu prüfen, wann eine getrennte Behandlung von Anlage und AS BUILT-Dokumentation zweckmäßig ist. Dies kann z. B. die Abnahmetermine und Zahlungsmeilensteine betreffen.
4.2 Verantwortung für die Dokumentation im Projektteam Der Anlagenvertrag bzw. die Bestellung regelt die Aufgaben, Verantwortungen und Befugnisse zwischen dem Auftraggeber und Auftragnehmer (s. Abschn. 4.5). Wie diese in den jeweiligen Projektteams des AG bzw. AN umgesetzt werden, steht i. Allg. nicht im Vertrag. Dazu bedarf es separater Festlegungen beider Partner, die in firmenspezifischer Projektrichtlinien und mitunter auch in einer gemeinsamen Dokumentationsrichtlinie für das Projekt (s. Abschn. 4.6.1) festgeschrieben werden. Im Weiteren dazu einige Ausführungen und Erfahrungen. Zunächst sollte bezüglich der Gesamtverantwortung immer gelten: Der Projektleiter des Auftraggebers bzw. Auftragnehmers muss stets für die Anlage und die Dokumentation als Ganzes verantwortlich sein. Er kann aber damit verbundene Pflichten delegieren. Das Muster für eine mögliche Pflichtenübertragung zeigt Abb. 4.1. Differenzierter ist aus Sicht der Dokumentation die Verantwortung der Projektbzw. Leadingenieure zu sehen. In der Praxis sind zwei Varianten üblich. Var. 1: Die Leadingenieure sind innerhalb ihres Fachgebiets ganzheitlich für die Anlage (Technik) und die zugehörige Dokumentation zuständig und gegenüber dem Projektleiter verantwortlich. Bei kleinen Projekten nimmt der Projektleiter selbst die notwendigen Dokumentationsaufgaben wahr. − Diese Variante entspricht der angestrebten Einheit von Anlage und Dokumentation. Die Verantwortung liegt in einer Hand, ohne Schnittstelle. Diese Variante erscheint optimal. − Trotzdem gibt es in der Praxis nicht selten Probleme, da der Leadingenieur für die Dokumentation zu wenig Zeit hat oder sich keine Zeit nimmt. Im Zweifel geht die Technik vor, weil sie zu diesem Zeitpunkt i. d. R. wichtiger ist, aber auch weil sie den meisten Ingenieuren mehr Spaß macht. Eine projektbegleitende Qualitätskontrolle der Dokumentationsprodukte und –leistungen findet nicht ausreichend statt. Erst gegen Ende des Projekts oder wenn die Probleme eskalieren, widmet sich der Leadingenieur intensiver der Dokumentation. Nicht selten erweisen sich dann „Reparaturen“ an der gelieferten Dokumentation als erforderlich, die i. Allg. für beide Vertragspartner mit Zusatzkosten verbunden sind. Var. 2: Im Projektteam wird ein Leadingenieur DOKUMENTATION (ggf. mit zugeordneten Mitarbeitern) eingesetzt, der zentral für die Dokumentationsleistungen zuständig und gegenüber dem Projektleiter verantwortlich ist. Die anderen Leadingenieure unterstützen ihn fachlich und bei Bedarf.
4.2 Verantwortung für die Dokumentation im Projektteam
159
Firmenbezeichnung
Bestellung als Leadingenieur DOKUMENTATION und Pflichtenübertragung Hiermit werden Sie, …………….............., als Leadingenieur DOKUMENTATIN für die verantwortliche Durchführung der übertragenen Arbeiten während der Abwicklung des Projekts ………………………. . bestellt. Mit der Bestellung werden zugleich die folgenden Pflichten und Befugnisse übertragen: a) Wahrnehmung der Verantwortung für alle Dokumentationsleistungen der o.g. Firma gegenüber den zuständigen Projektleiter und b) Wahrnehmung der Sicherheits- und Fachverantwortung für alle Personen der o. g. Firma, die Ihnen gemäß Projekthandbuch inkl. Organisationsschema vom TT.MM.JJ .................. zum Projekt ............. ............. zugeordnet sind, während des unten angeführten Zeitraums. Dazu sind insbesondere die folgender Aufgaben wahrzunehmen und deren Erfüllung im Verantwortungsbereich zu gewährleisten: − Erarbeiten von Anforderungen an die Dokumentation für das o. g. Projekt, − Koordinieren aller Dokumentationsarbeiten im eigenen Projektteam, − Unterbreiten von Vorschlägen zur Verbesserung des projektspezifischen Dokumentationsprozesses, − Erfüllungskontrolle bezüglich der Dokumentationsleistungen im Projekt und insbesondere der Vereinbarungen des Anlagenvertrags ........................... − Durchsetzen der Firmeninteressen bezüglich der Dokumentation gegenüber dem Vertragspartner und den Kontraktoren, − Sicherheit und Ordnung sowie Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen, − Richtlinien und Vorschriften sowie entsprechende Vorgaben der o.g. Firma, − geordnete Zusammenarbeit im Verantwortungsbereich. − Führen der ihnen zugeordneten Mitarbeiter. Schwierigkeiten in der Wahrnehmung dieser Verantwortung, sofern sie nicht von Ihnen selbst behoben werden können, haben sie unverzüglich dem zuständigen Projektleiter zu melden. Zur Wahrnehmung der Verantwortung wird Ihnen gegenüber den zugeordneten Personen der o. g. Firma eine Weisungsbefugnis erteilt. Die Bestellung und Pflichtenübertragung erfolgen für den Zeitraum vom …..... bis …….. ………………….., den …………
…..………………………………..... Unterschrift des Bestellenden
Erklärung der verantwortlichen (bestellten) Person Hiermit erkläre ich, dass ich mir der Verantwortung, die sich aus den angeführten Aufgaben, Pflichten und Befugnissen ergeben, bewusst bin. In die örtlichen und sachlichen Grenzen meiner Tätigkeit bin ich eingewiesen. Mit der o. g. Bestellung und Pflichtenübertragung bin ich einverstanden. ………………….., den ……………
....……………………………….. Unterschrift des Bestellten
Abb. 4.1 Beispiel für die Bestellung eines Leadingenieurs DOKUMENTATION
160
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
− Diese Variante bewirkt zusätzliche Schnittstellen im Projektteam, die exakt bzgl. Aufgaben, Verantwortung und Befugnisse der betroffenen Personen definiert werden müssen. − Für den Leadingenieur DOKUMENTATION stehen die Dokumentationsleistungen im Mittelpunkt seiner Arbeit. Er identifiziert sich mit dieser Aufgabe und bringt das nötige Spezialwissen über die komplexe und etwas „trockene“ Dokumentationsthematik mit. − Der Leadingenieur DOKUMENTATION schafft es aber allein nicht. Er braucht in Fachfragen die Mitarbeit der anderen Fachingenieure. Dies erfordert seinerseits ein möglichst breites Fachwissen (Schnittmenge) sowie Autorität und Durchsetzungsvermögen. Vorteilhaft ist ein fleißiger und gründlicher sowie sachlicher und konsequenter Arbeitsstil. Nicht selten wird der Leadingenieur DOKUMENTATION von einer Fremdfirma „ausgeliehen“, ist aber im Projektteam verantwortungsseitig eingebunden. Mitunter bringt er noch weitere Personen mit bzw. kooperiert mit ihnen. − Die andern Fachingenieure sind i. Allg. dankbar, dass ihnen der Leadingenieur DOKUMENTATION „den Rücken freihält“. Entsprechend sind sie auch bereit, ihn bei Bedarf zu unterstützen. − In der Praxis nehmen mitunter, insbesondere in Großprojekten, externe Dienstleister die Leadfunktionen zur Dokumentation wahr. Mögliche Dienstleistungen dieser externen Büros sind in Tabelle 4.2 angeführt. Sie gelten übergreifend für die gegenständliche und elektronische Form der Dokumentation.
4.3 Kosten für die Dokumentation Auf die Frage: Wie viel kosten die Dokumentationsleistungen im Anlagenbau bzw. wie viel kostet die mit der Anlage gelieferte AS BUILT- Dokumentation? lässt sich leider i. d. R. keine einfache und klare Antwort finden. Der Hauptgrund ist darin zu sehen, dass im verfahrenstechnischen Anlagenbau die „Dokumentationsleistungen“ bzw. besser „Dokumentationsarbeit“ von anderen Tätigkeiten nicht eindeutig abzugrenzen, zu definieren und monetär zu bewerten sind. Die folgenden zwei Beispiele sollen dies belegen. Bsp.: Im Ergebnis seiner Arbeit erstellt der Konstrukteur eine Konstruktionszeichnung, z. B. für einen Behälter. Das heißt, er erarbeitet letztlich ein Dokument. Ist deshalb aber seine Leistung insgesamt als Dokumentationsleistung zu verstehen? Sicherlich nicht! Neben dem Dokumentieren der Konstruktionsergebnisse muss der Konstrukteur auch auswählen, berechnen, nachprüfen, rückfragen, korrigieren, ändern usw. Bsp.: Ein Inbetriebnahmeleiter benötigt Betriebsanweisungen für die Erstinbetriebnahme einer verfahrenstechnischen Anlage. Er bildet unter seiner Leitung ein Team das u .a. folgende aufwendige Arbeiten ausführt:
4.3 Kosten für die Dokumentation
161
Tabelle 4.2 Mögliche Aufgaben und Verantwortlichkeiten externer Dokumentationsdienstleister im Anlagenbau 1
Mitwirken beim Erarbeiten von Managementunterlagen bzgl. Dokumentation − Dokumentationsanforderungen für Lieferungen- und Leistungen im Anlagenvertrag und/oder in Bestellungen − Unterstützung bei Vertragsabstimmung und/oder bei Vergabeverhandlungen − QM-Verfahrensanweisungen betreffs Dokumentation − Projektrichtlinie DOKUMENTATION, inkl. Kennzeichnung − Projektrichtlinie zur Prüfung und Freigabe der Dokumentationsleistungen − Checklisten (Dokumentationsanforderungslisten) für definierte Lieferungen und Leistungen zur Dokumentation − Vorbereiten und Einführen eines Dokumenten-Management-Systems
2
Koordinierung der Dokumentationsleistungen des AG bzw. AN im Projekt − Einfordern, Erfassen und Verteilen der eingehenden Dokumente − Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung (ggf. teilweise Inhaltsprüfung) der eingehenden/gelieferten Dokumente − Prüfung der eingehenden elektronischen Dokumente bzgl. Bearbeitbarkeit u. a. − Kennzeichnen und Indexieren der eingehenden Dokumente − Einpflegen der gegenständlichen und elektronischen Dokumente in das Dokumenten-Managementsystem − Organisation der firmeninternen Prüfung und Freigabe der Dokumente, inkl. Erfassung, Weitergabe und Erfüllungskontrolle der Prüfergebnisse − Verteilung der freigegebenen Dokumente − Ausdrucken bzw. Kopieren sowie Zustellen angeforderter Dokumente − Verwaltung und Pflege der Papier-Dokumentation und der Elektronischen Dokumentation
3
Mitwirken an Qualitätsprüfung und Abnahme der AS BUILT-Dokumentation − Wahrnehmung definierter Prüfaufgaben − Erfassen der Prüfergebnisse inkl. Mangelmeldungen − Zusammenstellung der AS BUILT-Dokumentation für Übergabe an Kunden − Koordinierung der Restpunkt- bzw. Nachbesserungsleistungen − Koordinierung der Leistungen aus Gewährleistungsansprüchen zur AS BUILTDokumentation
− Recherche der relevanten Rechtsvorschriften, − Durchführung von Gefährdungsbeurteilung für Inbetriebnahmetätigkeiten, − Analyse weiterer Risiken hinsichtlich Bedienungsfehler, Produktqualität, technischer Störungen usw. − Festlegung und Erarbeitung von als notwendige erachteten Betriebsanweisungen, um die erkannten Gefährdungen und Risiken auszuschließen bzw. vertretbar zu verringern. Die sichtbaren Arbeitsergebnisse des Teams sind letztlich mehrere Betriebsanweisungen sowie weitere Dokumente über die Gefährdungs- und Risikobeurteilungen.
162
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Was ist von den erbrachten Leistungen aber Dokumentationsarbeit und was Sicherheits- bzw. Ingenieurarbeit? Analoge Beispiele lassen sich für die meisten Arbeiten des Projektmanagements, des Engineerings, des Procurements usw. finden. Die Dokumentationsleistungen sind integriert. Eingedenk dieser Schwierigkeiten können die folgenden Ausführungen nur an vielen Stellen orientierenden Charakter haben. a) Kosten für Dokumentationsdienstleistungen Die Kosten für Dokumentationsdienstleistung, wie sie beispielsweise in Tabelle 4.2 angeführt sind oder wie sie für die Dokumentationspflege während des Anlagenbetriebs üblich sind, werden i. Allg. nach Aufwand kalkuliert und abgerechnet. Mitunter werden auch Einheitspreise bezogen auf ein bestimmtes Mengengerüst (z. B. je 1 Stück R&I-Fließbild, PLT-Stellenblatt, Stromlaufplan, Rohrleitungsisometrie) genutzt. Zur Unterstützung können Kalkulationstabellen wie in Abb. 4.2 dienen. Ist der Leistungsumfang exakt spezifiziert und arbeiten die Partner bereits länger vertrauensvoll zusammen, so ist auch eine Beauftragung zum Festpreis für das definierte Arbeitspaket möglich. b) Kosten für die Dokumentation im Rahmen von Anlagenverträgen Wie einleitend ausgeführt, lassen sich die Dokumentationsleistungen nicht exakt von anderen Leistungen abgrenzen. Die Auffassungen gehen aus diesem Grund weit auseinander und die wenigen Zahlen, die veröffentlicht wurden, schwanken extrem. Zur Eingrenzung seien die folgenden Angaben näher diskutiert: • Für traditionelle Technische Produktdokumentationen wird in [4−1] geschrieben: Für eine professionelle und vollständige produktbegleitende Technische Dokumentation sind 5-10% der Entwicklungskosten ein guter Richtwert. Im Einzelfall sind aber auch durchaus höhere Werte möglich. Der Anteil hängt beispielsweise stark von der Erklärungsbedürftigkeit des Produktes ab.
Die im Zitat erwähnte Technische Produktdokumentation umfasst vor allem die Betriebsanleitung, die am Ende der Entwicklung erarbeitet und mit dem Produkt ausgeliefert wird. Die erheblichen Aufwendungen für die entwicklungs- und fertigungsbegleitenden Dokumente, die nicht der Technische Redakteur sondern der Entwicklungsingenieur bzw. das Betriebes-/Servicepersonal erbringen muss, sind in diesem Prozentanteil nicht enthalten. Bei verfahrenstechnischen Anlagen, die einen wesentlich höheren Erklärungsbedarf haben und wo es um eine Errichterdokumentation inklusive Genehmigungsdokumenten geht, dürfte dieser Anteil bedeutend größer sein.
4.3 Kosten für die Dokumentation
163
Kostenkalkulation für das Erstellen und Pflegen der Anlagendokumentation EMSR
R&I-Fließbilder
Stck
Apparate
Stck
Rohrleitungen/Armaturen
Stck
Apparate Rohrleitungen/Armaturen
1. Zusammenstellen aller benötigten Unterlagen ( R&I-Fließbilder, Komponentenlisten, Datenblätter )
EURO
2. Vor Ort-Überprüfung aller vorhandenen Bauteile auf Vollständigkeit in den aktuellen R&I-Fließbildern
EURO
3. Bei vor Ortaufnahme auffallende technische Mängel auflisten
EURO
4. Stammdatenerfassung aller aufgenommenen Bauelemente
EURO
5. Aufnahme aller Grenzwerte ( PLT-Stellenblatt)
EURO
6. Überprüfung der Betriebsmittelbeschilderung
EURO
7. Bauteile ohne Beschilderung markieren
EURO
8. Fehlende Beschilderung auflisten und Bestellunterlagen für Schilderlieferanten bereitstellen
EURO
9. Aufnahme sicherheitsrelevanter Bauteile
EURO
10. Funktionskennzeichen auf R&I-Fließbildern prüfen, ggf ändern
EURO
11. Roteintragungen der Ergebnisse und Änderungen in Master
EURO
12. Einpflegen der ermittelten Daten in Übersichtsplan
EURO
13. Aktualisierung der Dokumente des Betriebshandbuchs
EURO
Anzahl
Anzahl
Gesamtsumme
EURO
Abb. 4.2 Kalkulationsschema für die Kostenermittlung von Dokumentationsdienstleistungen (Praxisbeispiel)
Die Lieferanten von Package-units, die früher ausschließlich Einzelkomponenten gefertigt und dokumentiert haben, bestätigen dies immer wieder. • Eine weitere Abschätzungsmöglichkeit der Kosten ermöglicht die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) [4−2]. Sie liefert die Basis für die Entgelte der Architekten und Ingenieure bei Bauvorhaben und unterbreitet auch Vorschläge für die Aufteilung des Gesamthonorars auf die einzelnen Leistungsstufen. Tabelle 4.3 zeigt dies für das Fachgebiet „Technische Ausrüstungen“. Die Dokumentationsleistung wird nur in der Phase 9 erwähnt und mit 3 Prozent des Gesamthonorars bewertet.
164
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Tabelle 4.3 Leistungsstufen für Technische Ausrüstungen von Gebäuden nach HOAI [4-2] Lfd. Nr.
Leistungsstufe
%-Anteil v. Gesamthonorar
1
Grundlagenermittlung Ermittlung der Voraussetzungen zur Lösung der technischen Aufgabe
3
2
Vorplanung (Projekt- und Planungsvorbereitung) Erarbeitung der wesentlichen Teile einer Lösung der Planungsaufgaben
11
3
Entwurfsplanung (System- und Integrationsplanung) Erarbeitung der endgültigen Lösung der Planungsaufgabe
15
4
Genehmigungsplanung Erarbeiten der Vorlagen für die erforderlichen Genehmigungen
6
5
Ausführungsplanung Erarbeiten und Darstellen der ausführungsreifen Planungslösung
18
6
Vorbereiten der Vergabe Ermitteln der Mengen und Aufstellen von Leistungsverzeichnissen
6
7
Mitwirkung bei der Vergabe Prüfen der Angebote und Mitwirkung bei der Auftragsvergabe
5
8
Objektüberwachung (Bauüberwachung) Überwachung der Ausführung des Objektes
33
9
Objektbetreuung und Dokumentation Überwachung der Beseitigung von Mängeln und Dokumentation des Gesamtergebnisses
3
In den Erläuterungen zur HOAI sind diese Leistungen wie folgt definiert: Mitwirkung bei der systematischen Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts.
Die Erfahrungen der Fachleute besagen, dass dieser Anteil, auch wenn es nur eng begrenzte DOKU-Arbeiten sind, viel zu gering ist. Übereinstimmend wird eingeschätzt, dass allein für die Endrevision und Fertigstellung der Bauherrendokumentation ca. 5 bis 10 Prozent des Gesamthonorars benötigt werden. Darüber hinaus ist unbestritten, dass die Leistungsstufen 1 bis 8 ebenfalls erhebliche Aufwendungen für das Erarbeiten zugehöriger Dokumente beinhalten. Letztlich zielen die meisten dieser Leistungen auf das Erarbeiten von Dokumenten (s. auch Kap. 5). Die HOAI versteht diese DOKU-Arbeiten implizit als Bestandteil der Architekten- bzw. Ingenieurleistung. Übereinstimmende Schätzungen von Bau-Fachleuten besagen, dass für das eigentliche Dokumentieren aller Arbeitsergebnisse, die bei Bauvorhaben in den Leistungsphasen 1 bis 9 zu erbringen sind, insgesamt ca. 30 Prozent des Gesamthonorars benötigt wird.
4.4 Vertragliche Regelungen für die Dokumentation gemäß BGB
165
Im verfahrenstechnischen Anlagebau dürfte dieser Anteil, im Vergleich zum „reinen“ Bau, noch größer sein. Insbesondere kommen zahlreiche andersartige Dokumente betreffs Sicherheit, Verfahrenstechnik, Apparatetechnik, Prozessleittechnik, Inbetriebnahme usw. hinzu. Die Ausführungen in Abschn. 3.6 und 3.7 zu den Dokumentenarten der Anlagen- und Betriebsdokumentation belegen dies nachdrücklich. • Im verfahrenstechnischen Anlagenbau haben die Gesamt-Engineeringkosten, inkl. Baustellenabwicklung und Inbetriebnahmemitwirkung, in der Regel einen Anteil zwischen 12 bis 25 Prozent an der Investitionssumme (inkl. Engineering). Ausnahmen sind in „beide Richtungen“ möglich. Neben den Engineeringleistungen sind für die Dokumentation auch die Beschaffungsleistungen relevant. Letztere werden mit ca. 15 bis 20 Prozent der Gesamt-Engineeringkosten geschätzt. Engineering und Procurement machen damit ca. 15 bis 30 Prozent der Gesamtinvestition aus. Ausgehend von diesem Anteil und den vorhergehenden Aussagen zur HOAI wird eingeschätzt, dass im verfahrenstechnischen Anlagenbau, insgesamt von der Anfrage bis zur Übergabe, die eigentlichen Dokumentationsleistungen ca. 5 bis 9 Prozent der Investitionssumme (Anlagenneuwert) betragen. • Neben den DOKU-Kosten bei Neuinvestitionen können, in Auswertung zahlreicher Fachgespräche, folgende weitere grobe Orientierungen gegeben werden: − DOKU-Kosten für Wiederbeschaffung/-erstellung der Gesamtdokumentation bei Totalverlust (gegenständlich und elektronisch):
ca. 5 bis 8 % v. Anlagenneuwert
− DOKU-Kosten bei Um- und Ausbaumaßnahmen in Altanlagen:
ca. 5 bis 15 % des Investments
− DOKU-Kosten bei Instandhaltung (IH):
ca. 3 bis 8 % der IH-Kosten
4.4 Vertragliche Regelungen für die Dokumentation gemäß BGB Eine rechtliche Systematisierung von Verträgen bzw. Bestellungen ist nach BGB (Bürgerlichem Gesetzbuch) [2−1] [4−3] in Abhängigkeit vom Schuldverhältnis zwischen Gläubiger (Auftraggeber) und Schuldner (Auftragnehmer) möglich. Für den Anlagenbau und speziell die Dokumentation sind die Schuldverhältnisse nach Werkvertrag, Kaufvertrag oder Dienstvertrag bedeutungsvoll, wobei die meistens aller Anlagenverträge die Rechtsform eines Werkvertrags haben.
166
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Hinsichtlich der Gültigkeit der BGB-Aussagen über die Schuldverhältnisse gemäß den o. g. Vertragsformen sind die folgenden beiden Vorbemerkungen wichtig: a) Das im BGB formulierte Recht der Schuldverhältnisse ist weitgehend dispositiv, d. h. die Vertragsparteien können etwas anderes vereinbaren als im Gesetz steht (sog. Gestaltungsfreiheit). Oder anders gesagt, wenn nichts Anderes vereinbart ist, gelten die Rechtsnormen des BGB bzw. wenn andere Regelungen als im BGB gewollt sind, muss dies ausdrücklich im Anlagenvertrag vereinbaren werden. Bsp:
Wird in einem Werkvertrag über ein Bauwerk inkl. zugehörige Baudokumentation keine Aussage zur Gewährleistungsfrist/-dauer gemacht, so verjähren nach BGB, § 634a, Abs. 2 die Mängelansprüche nach 5 Jahren. Dies entspricht umgekehrt formuliert einer Gewährleistungsdauer von 5 Jahren für das Bauwerk. Basiert der Vertrag über das Bauwerk aber auf der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) [2−34] und wurde keine Aussage über die Gewährleistungsfrist gemacht, so gilt gemäß § 13 Nr. 4 VOB/B eine regelmäßige Verjährungsfrist von 4 Jahren.
b) Sofern durch das Recht aber die Interessen einer Vertragspartei oder Dritter geschützt werden sollen, ist die Rechtsnorm zwingend formuliert, d. h. sie ist für die Vertragsparteien im Sinne eines Gesetzes bindend. Bsp: Im BGB, § 276 (Verantwortlichkeit des Schuldners) ist geregelt: (1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. (3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden. Das heißt, die Haftung des Schuldners bei Vorsatz kann durch eine anders lautende vertragliche Vereinbarung nicht aufgehoben werden. Sie ist zwingend. c) Unabhängig von den Feststellungen gemäß a) und b) macht der Gesetzgeber im BGB sowie in anderen Vorschriften nur relativ wenige Vorgaben zu vertraglichen Normen. Im Unterschied zum Ordnungs- und Genehmigungsrecht beispielsweise, überlässt er Vieles den Vertragsparteien. Zusammenfassend lässt sich aus den Ausführungen unter a) bis c) folgern: Im Anlagenvertrag sind die wichtigen rechtsrelevanten Aspekte, die insbesondere Aussagen und Regelungen: − − − −
zu Verantwortlichkeiten und Befugnissen, über die zugesicherten Eigenschaften (vereinbarte Beschaffenheit), zu Gewährleistungen bzw. Garantien,, zu Haftung und Schadenersatz,
4.4 Vertragliche Regelungen für die Dokumentation gemäß BGB
167
− zu Abnahme, Vergütung, Zahlungszielen usw. betreffen, zwischen den beiden Partnern projektbezogen und ausführlich zu vereinbaren. Dies gilt gleichermaßen für Anlage und Dokumentation. Dies ist nötig, da der Gesetzgeber bewusst den Vertragsparteien einen großen Gestaltungsspielraum belässt. Auch wenn viele Regelungen zu den Schuldverhältnissen im BGB für die Vertragsparteien nicht zwingend sind, so stellen sie doch bewährte Rechtsnormen und somit Orientierungen für die konkrete Vertragsgestaltung dar. Die drei wichtigsten rechtlichen Vertragsformen für den Anlagenbau werden nachfolgend kurz erläutert. Im Bauwesen und insbesondere bei öffentlichen Investitionen bilden häufig die Normen der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) [2−34] die Vertragsgrundlage. 4.4.1 Werkvertrag (BGB, §§ 631 − 651) Zum Werkvertrag ist im BGB, § 631 (Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag) formuliert: (1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer (d. Verf.: Auftragnehmer) zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller (d. Verf.: Auftraggeber) zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Werkvertrages kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
Im Anlagenbau sind häufig die Herstellung der Anlage und der zugehörigen AS BUILT-Dokumentation der Gegenstand des Werkvertrags. Gemäß Abs. (2) schuldet der Arbeitnehmer im Werkvertrag somit einen Erfolg, nicht nur sein Mitwirken bzw. sein Bemühen. Wie die Qualität (juristisch: Erfolg) des Werkes sein muss, wird im BGB, § 633 (Sach- und Rechtsmangel) wie folgt formuliert: (1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. (2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, 1. wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst 2. für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt. (3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.
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4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Bei Nichterfüllung des Werkvertrages seitens des Auftragnehmers, indem er zum Beispiel gegebene Garantieversprechen (sog. vereinbarte Beschaffenheit) nicht eingehalten hat, resultieren Forderungen des Auftraggebers. Mögliche Maßnahmen bei Nichterfüllung sowie die üblichen Verjährungsfristen dieser Versprechen sind im Abschn. 2.5.3 angeführt. Von besonderem Interesse bei Leistungsstörungen sind oft die Regelungen zum Schadenersatz, inkl. Schadenersatz für entgangenen Gewinn (BGB, § 252) oder für andere Folgeschäden. Die Grundaussage zum Schadenersatz steht im BGB, § 280 (Schadenersatz wegen Pflichtverletzung) und betrifft alle Schuldverhältnisse. Danach hat der Schuldner, der eine Leistungspflicht verletzt, dem Gläubiger den hierdurch entstehenden Schaden zu ersetzen. Es sei denn, dass er die Pflichtverletzung nicht (im Sinne von § 276) zu vertreten hat (Beweis beim Schuldner). Unter welchen Voraussetzungen die Schadenersatzforderung konkret durchsetzbar ist, wird im BGB, § 281 (Schadenersatz statt der Leistung) formuliert. Einen Schadenersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 (erfolglose Fristsetzung), des § 282 (Unzumutbarkeit der Leistung für den Gläubiger) oder des § 283 (vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit der Leistung) verlangen. In besonderen Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen kann es aber auch einen Schadenersatz neben der Leistung geben. Die praktischen Erfahrungen im Anlagenbau zeigen, dass ein Schadenersatz statt der Leistungen sehr selten ist. In aller Regel bessert bei einer Leistungsstörung im Werkvertrag der Schuldner (Auftragnehmer) die Leistung gemäß BGB, 635 (Nacherfüllung) nach. Für die Vertragserfüllung ist die Abnahme der Vertragsleistung von besonderer Bedeutung. Im BGB, § 640 (Abnahme) wird dazu formuliert: (1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. (2) Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte (d. Verf.: Nacherfüllung, Selbstvornahme, Minderung, Vertragsrücktritt) nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.
und im § 641 (Fälligkeit der Vergütung): (1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.
Weitere gesetzliche Regelungen zur Abnahme und Vergütung sind kurz gefasst: − Werkunternehmer können für fertige Teile eines erstellten Werkes Abschlagszahlungen für die erbrachten vertragsmäßigen Leistungen verlangen.
4.4 Vertragliche Regelungen für die Dokumentation gemäß BGB
169
− Die Vergütung eines Subunternehmers ist spätestens dann fällig, sobald sein Auftraggeber vom Bauherrn seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat. − Bei mangelnder Ausführung kann der Besteller den 3-fachen Betrag der für die Beseitigung von Mängeln erforderlichen Kosten einbehalten (BGB, § 644). − Die Abnahme durch den Besteller kann künftig durch eine Fertigstellungsbescheinigung ersetzt werden, die dem Unternehmer von einem Gutachter erteilt wird. Im internationalen Recht sowie im nationalen Recht anderer Staaten sind der Begriff der Abnahme und die damit verbundenen Inhalte, Rechtsfolgen u. a. teilweise unterschiedlich geregelt. Deshalb ist es, insbesondere bei internationalen Anlagenverträgen, sehr ratsam, wenn die Details zur Abnahme ausführlich vertraglich vereinbart werden. Konkret heißt das, die Voraussetzungen, der Inhalt, der Ablauf und die Rechtsfolgen der Abnahme müssen aus dem Text des Anlagenvertrags erkennbar sein. Die wenigen gesetzlichen Abnahmeregelungen werden dadurch näher ausgestaltet und zugleich eine einheitliche Rechtsbasis zwischen Käufer und Verkäufer zu diesen Fragen hergestellt. Abschließend zur Abnahmethematik sei noch auf die erheblichen Rechtsfolgen verwiesen, die mit der Abnahme verbunden sind bzw. sein können. Zunächst resultiert aus der Abnahme per Gesetz, dass der Käufer die Leistung des Verkäufers als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt. Ferner kann die Abnahme, entweder abgeleitet aus dem anzuwendenden Recht bzw. laut vertraglicher Vereinbarung auch die folgenden Rechtsfolgen bewirken: • Mit der Abnahme eines Vertragsgegenstandes gelten die entsprechenden vom Verkäufer zugesicherten Eigenschaften (lt. BGB: vereinbarte Beschaffenheit), als erbracht. • Nach der Abnahme stehen dem Käufer bezüglich der Qualität der Leistung des Verkäufers nur noch Gewährleistungen und Garantie zu. Aus dem bisherigen Erfüllungsanspruch wird somit ein Mängelbeseitigungsanspruch (sofern eine Mängelhaftung des Verkäufers nach der Abnahme fortbesteht). • Mit der Abnahme ist meistens der Gefahren- bzw. Verantwortungsübergang für die Anlage vom Verkäufer an den Käufer verbunden (s. auch BGB, § 644 − Gefahrtragung); sofern dieser nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt vereinbart und erfolgt ist (z. B. nach Lieferung der Dokumentation). • Mit erfolgter Abnahme ändert sich spätestens die Beweislast. Während vor der Abnahme der Auftragnehmer die Vertragsgemäßheit der Leistung beweisen muss, sind Mängel nach der Abnahme durch den Auftraggeber zu beweisen. Bei einem Dokumentationsmangel im Gewährleistungszeitraum muss beispielsweise der Auftraggeber nachweisen, dass die Mangelursache vom Auftragnehmer zu vertreten ist. Dies kann erfolgen, indem er belegt, dass die Schadensursache bzw. der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gewährleistungsbeginns vorlag. Ist letzteres nicht möglich, muss der Käufer nachweisen, dass sein Verhalten (Archivierung
170
•
• • •
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
des Belegexemplars der AS BUILT-Dokumentation) korrekt war und er nicht kausal für den Schaden verantwortlich gemacht werden kann. In der Praxis ist dieser Nachweis mitunter schwierig. Der Abnahmetermin ist meistens für die vertragsgemäße Terminerfüllung wichtig. Eine vertragliche Fixierung des Abnahmetermins ist jedoch i. Allg. nicht zweckmäßig, da seine Erfüllung nur partiell durch den Auftragnehmer zu beeinflussen ist. Im Vertrag sollte jedoch vereinbart sein, innerhalb welcher Frist nach Lieferung der AS BUILT-Dokumentation mit den Abnahmeverhandlungen zur Dokumentation zu beginnen ist. Der Zeitpunkt der Abnahme kann als spätester Zeitpunkt für den Beginn von Garantie- und/oder Gewährleistungsfristen gelten. Das Abnahmeprotokoll stellt häufig ein Zahlung auslösendes Dokument dar. Die Abnahme gibt somit dem Verkäufer das Recht zur Rechnungslegung (z. B. für einen vereinbarten Zahlungsmeilenstein oder für Kreditzinsen). Mit der Abnahme und der anschließenden Zahlung der vereinbarten Vergütung kann ein Eigentumsübergang des Vertragsgegenstandes verbunden sein.
4.4.2 Kaufvertrag (BGB, §§ 433 − 480) Der Kaufvertrag verpflichtet gemäß BGB, § 433 den Verkäufer, den Kaufgegenstand an den Käufer zu übergeben und zu übereignen. Der Kaufgegenstand muss frei von Sach- und Rechtsmängeln sein. Gleichzeitig wird der Käufer verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und den Kaufgegenstand abzunehmen. Die Abgrenzung zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag ist nach BGB, § 651 (Anwendung des Kaufrechtes) wie folgt geregelt: Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung.
Nicht selten erfolgt jedoch im Anlagenbau, trotz dieser Abgrenzung, die Beschaffung beweglicher Anlagenkomponenten über einem Werkvertrag, da im Vertrag neben der Produktlieferung zugleich noch Montage-, Inbetriebnahme- oder andere Serviceleistungen des Kontraktors vereinbart sind. Grundsätzlich sind die rechtlichen Regelungen bei einem Kaufvertrag, wie beispielsweise betreffs − − − − − −
Sachmangel (BGB, § 434), Rechtsmangel (§ 435), Rechte des Käufers bei Mängeln (§ 437), Verjährung der Mängelansprüche (§ 438), Nacherfüllung (§ 439), Minderung (§ 441), Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadenersatz (§ 440), Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantie (§ 443), Haftungsausschluss (§ 444)
ähnlich denen des Werkvertrages. Besonderheiten gelten u. a für die Haftung (sog. Gefährdungshaftung) und den Schadensersatz bei Produkten gemäß Produkthaftungsgesetz (s. Abschnitt 2.5.2) [2−22].
4.4 Vertragliche Regelungen für die Dokumentation gemäß BGB
171
Ist die gemäß Kaufvertrag erworbene Sache mangelhaft, so muss der Käufer zunächst Nacherfüllung verlangen. Diese kann nach seiner Wahl entweder durch Mangelbeseitigung (Reparatur) oder Lieferung einer mangelfreien Sache (§§ 437 Nr. 1, 439) erfolgen. Ist die Nacherfüllung nicht durchführbar, kann er vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis anteilig mindern (§§ 437 Nr. 2, 441). Der Abnahmebegriff ist im Kaufvertrag nicht üblich; man spricht stattdessen von der Übergabe und Entgegennahme der ver- bzw. gekauften Sache. Die Spezifik des Verbrauchgüterkaufs (BGB, §§ 474 – 479), die insbesondere die zweijährige Garantie (§ 475, Abs. 2) und die Beweislastumkehr in den ersten 6 Monaten (§ 476) betreffen, ist für den Anlagenbau nicht relevant, da die beteiligten Unternehmen keine Verbraucher im Sinne des BGB, § 13 sind. 4.4.3 Dienstvertrag (BGB, §§ 611 − 630) Gegenüber dem Werk- bzw. Kaufvertrag weist der Dienstvertrag gravierende Unterschiede auf. Er ist nach BGB, § 611 wie folgt definiert: (1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrages können Dienste jeder Art sein.
Schwierig ist mitunter die Abgrenzung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag. Grundsätzlich wird beim Dienstvertrag nur ein Bemühen aber beim Werkvertrag ein Erfolg geschuldet. Wenn beispielsweise der Mitarbeiter einer Fremdfirma als Leadingenieur für DOKUMENTATION (s. Abschn. 4.2) im Projektteam des Auftraggebers tätig wird, so erfolgt dies i. d. R. im Rahmen eines Dienstvertrags. Er muss sich nach „besten Wissen und Gewissen“ bemühen und einen möglichen Fahrlässigkeitsvorwurf unbedingt vermeiden (s. Abschn. 2.2), wird aber nicht für ein bestimmtes Ergebnis (Erfolg) gewährleisten. Dieser Sachverhalt gilt auch für die meisten anderen Aufgaben eines Dokumentationsdienstleisters (s. Tabelle 4.2, Abschn. 4.3). Aus dem Gesagten kann umgekehrt gefolgert werden, wenn der Auftraggeber vom Auftragnehmer für die Vertragsleistung eine Gewährleistung möchte, muss er die Leistung über einen Werkvertrag einkaufen. Der Dienstvertrag (sprachlich: Arbeitsvertrag) ist der klassische Vertrag zwischen einem Arbeitgeber und einem nichtselbstständigen Arbeitnehmer. Er kann aber auch vom Arbeitgeber mit einem Selbstständigen, z. B. einem freiberuflichen Ingenieurberater, abgeschlossen werden. Bei einem Dienstvertrag und bei Haftung des Arbeitnehmers trägt entsprechend folgender Formulierung im BGB, 619a (Beweislast bei Haftung des Arbeitnehmers) der Arbeitgeber die Beweislast. Abweichend von § 280 Abs. 1 (d. Verf.: Beweislast beim Schuldner) hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus
172
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Begeht ein über einen Dienstvertrag beschäftigter Freiberufler bzw. Fremdfirmenmitarbeiter einen Schaden, z. B. indem er Mängel in der Dokumentation nicht erkennt, so gelten grundsätzlich die Ausführungen gemäß Abschn. 2.3. Kann ihm der Geschädigte im Schadensfall keine Pflichtverletzung nachweisen, aber ggf. einen fachlichen Fehler oder ein Versäumnis, so ist gegebenenfalls der Fahrlässigkeitsvorwurf zivilrechtlich bzw. strafrechtlich relevant. Die Verträge bzw. Vertragsbestandteile zur Dokumentation lassen sich überwiegend in eine der drei vorgenannten juristischen Vertragsformen einordnen. Bei Rechtsfragen bzw. -streitigkeiten ist eine solche rechtliche Klarstellung erforderlich.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag 4.5.1 Vertragsarten im Anlagenbau Im Anlagenbau wird ein komplexer Auftrag, der z. B. die Herstellung oder Planung einer kompletten Anlage beinhaltet, in Form eines Anlagenvertrags vereinbart. Kleinere Aufträge werden als Bestellungen ausgelöst. Der Anlagenvertrag hat eine werkvertragliche Rechtsnatur, während eine Bestellung häufig auch ein Kauf- bzw. Dienstvertrag sein kann. Natürlich ist der organisatorisch-inhaltliche Regelungsbedarf im Anlagenvertrag im Vergleich zur Bestellung größer. Im Anlagen- und Maschinenbau hat es sich als zweckmäßig erwiesen, entsprechend dem Vertragsumfang verschiedene Vertragsarten zu definieren. Damit spiegelt sich die vertragliche Leistung auch in der Vertragsbezeichnung wider. Die zwei häufigsten Vertragsarten sind der Generalvertrag (Turnkeyvertrag) und der Engineeringvertrag (Ingenieurvertrag). Auf den Montagevertrag, bei dem der Auftraggeber (Investor, Generalunternehmer, Konsorte, Ingenieurbüro) einem Montageunternehmen den Auftrag erteilt, den Zusammenbau der beigestellten Maschinen und Apparate durchzuführen sowie die Anlage zu errichten, wird nicht näher eingegangen. Falls es bei Montageverträgen bezüglich der Dokumentation besondere Hinweise gibt, werden diese an der entsprechenden Stelle vermerkt. 4.5.1.1 Generalvertrag Beim Generalvertrag (turnkey contract) verpflichtet sich der (General-)Auftragnehmer (GA bzw. GU) gegenüber dem Auftraggeber eine funktionstüchtige (schlüsselfertige) Anlage gegen Zahlung eines Pauschal- bzw. Festpreises zu errichten [4−4] [4−5]. Es existiert somit eine einheitliche und umfassende Leistungsverpflichtung des Auftragnehmers, die beinhaltet:
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
173
− Engineering, − Fertigung und Lieferung der Komponenten zur Baustelle, − Bau, Montage und ggf. Inbetriebnahme der verfahrenstechnischen Anlage bzw. Teilanlage (package-unit). Man spricht auch von der Herstellung und ggf. Inbetriebnahme einer schlüsselfertigen Anlage. Selbstverständlich schließt dies die Herstellung und Übergabe der vertragsgemäßen AS BUILT-Dokumentation sowie die Erbringung aller anderen Dokumentationsleistungen gemäß Anlagenvertrag ein. Im „klassischen“ Fall eines Generalvertrags, aber auch eines Engineeringvertrags, ist der Auftragnehmer zugleich der Verfahrensträger bzw. er stellt durch Lizenznahme das Verfahren bei. Unter diesen Voraussetzungen führt der Auftragnehmer i. Allg. auch die Inbetriebnahme verantwortlich durch. Die werkvertragliche Abnahme der Anlage und Dokumentation erfolgt erst nach dem erfolgreichen Leistungsnachweis. Das heißt, der Auftragnehmer ist auch für die Inbetriebnahmedokumentation sowie die Pflege der Gesamtdokumentation während der Inbetriebnahmephase verantwortlich. Den weiteren Ausführungen dieses Kapitels liegt eine solch umfassende Leistungserbringung seitens des Auftragnehmers zugrunde. Tabelle 4.5 in Abschn. 4.5.1.3 zeigt das Inhaltsverzeichnis eines entsprechenden Anlagenvertrags. Weitere Musterverträge sind in [4−4] [4−5] [4−6] angegeben. 4.5.1.2 Engineeringvertrag Der Engineeringvertrag (Ingenieurvertrag) beinhaltet i. Allg. die Leistungen für: − − − −
die Anlagenplanung (engineering), das Procurement (Technischer Einkauf), die Bau-/Montageleitung und Bau-/Montageüberwachung, die Inbetriebnahmeleitung bzw. -mitwirkung.
Die Rechtsform des Engineeringvertrags (engineering contract) ist der Werkvertrag. Typische Engineeringverträge sind solche, die auf Grundlage der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) [4−2] abgeschlossen werden. Ein Engineeringvertrag kommt alternativ zum Turnkeyvertrag zustande, wenn der Auftraggeber aus unterschiedlichsten Gründen die Lieferungen und Leistungen selbst einkaufen will oder der Auftragnehmer (z. B. ein traditionelles Ingenieurbüro), nicht als „Zwischenhändler“ der Anlagen fungieren möchte. Neben dem Engineeringvertrag gibt es somit im Rahmen der gesamten Anlagenrealisierung noch weitere Liefer- und Montageverträge. Zwischen den einzelnen Verträgen ist eine exakte juristische und inhaltliche Abgrenzung und Schnittstellengestaltung der Leistungen und Gewährleistungen notwendig. Nicht selten wünscht der Auftraggeber, auch wenn er de jure der Besteller/ Einkäufer bleibt, dass das Ingenieurbüro einen Großteil seiner Beschaffungsaufgaben (Procurement) übernimmt (s. Abschn. 3.5 und 5.5).
174
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Eine Zusammenstellung möglicher Leistungen in Engineeringverträgen, die überwiegend Dokumentationsleistungen darstellen, enthält Tabelle 4.4. Die Leistungen des General-Auftragnehmers (GU) in einem Engineeringvertrag mit dem Umfang gemäß Tabelle 4.4 unterscheiden sich inhaltlich nicht wesentlich von denen eines Generalvertrags. Tabelle 4.4 Mögliche Leistungen des Auftragnehmers im Engineeringvertrag 1 Grundlagen- und Planungsphase 1.1
Erarbeitung bzw. Mitwirkung an einer Vorstudie (feasibility study) zur Erarbeitung der Ziele, Bedingungen und Aufgaben der vorgesehenen Anlageninvestition
1.2
Erarbeitung bzw. Mitwirkung am Lastenheft bzw. der Anfragespezifikation für die Anlageninvestition
1.3
Erarbeitung der projektspezifischen Verfahrensunterlagen (Basic Design)
1.4
Gesamtentwurf der Anlage sowie Erarbeitung der fachspezifischen Aufgabenstellung für die Ausführungsplanung (Basic Engineering) – Im Allgemeinen ist es zweckmäßig, das Basic Engineering (falls es fremdvergeben wird), insgesamt von einem Ingenieurunternehmen erarbeiten zu lassen. – Die Ergebnisse des Basic Engineering ermöglichen eine fundierte Kosten- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der beabsichtigten Anlageninvestitionen.
1.5
Mitwirkung bei der Erarbeitung von Unterlagen zur Investitionsentscheidung
1.6
Mitarbeit an der Dokumentation zum Genehmigungsantrag sowie am Genehmigungsverfahren (Behördenengineering) – Durch die Komplexität und Kompliziertheit der Genehmigungsunterlagen hat sich diese Aufgabe zu einer spezifischen Ingenieurleistung entwickelt.
1.7
Wahrnehmung aller bzw. einzelner Fachplanungsfunktionen bei der Ausführungsplanung (Detail Engineering) – Größere Ingenieurunternehmen führen das Detail-Engineering mitunter komplett aus, kleinere binden für einzelne Fachplanungen spezialisierte Ingenieurbüros. – Nicht selten werden Fachplanungsleistungen auch in Verbindung mit der Lieferung und Montage der entsprechenden Ausrüstungen bzw. Teilanlagen vergeben (sog. Package-units).
2 Beschaffungsphase 2.1
Ausarbeiten der Ausschreibungsunterlagen/Anfragespezifikationen zur Realisierung der Anlage bzw. von Package-units und Ausrüstungen
2.2
Einholen von Angeboten zu 2.1 und Durchführung der Angebotsvergleiche
2.3
Mitwirken an Vergabeverhandlungen, Protokollierung der Ergebnisse und Erarbeiten eines Vergabevorschlags
2.4
Vorbereiten der Bestellungen zur Unterschrift (ggf. auch Bestellen „im Namen und auf Rechnung“ des Auftraggebers
2.5
Planung und Durchführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen während der Beschaffung
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
175
Tabelle 4.4 (Fortsetzung) – Erarbeiten von Qualitätssicherungsprogrammen für die Fertigung und Montage der Anlage bzw. Komponenten – Durchführen bzw. Mitwirken von Fertigungskontrollen bei den Herstellern – Durchführen/Mitwirken an Freigaben vor Auslieferung – Durchführen/Mitwirken bei Entgegennahme der Lieferung (Eingangskontrollen nach Lieferung frei Baustelle) – Kontrolle der gelieferten Dokumentation (vor Zahlung) 2.6
Kontrolle der eingehenden Rechnungen auf sachliche Richtigkeit
2.7
Mitwirken beim Controlling (Termine, Kosten) während der Beschaffung
2.8
Mitwirkung bei Begründung und Durchsetzung von Mängelansprüchen
3 Bau- und Montagephase 3.1
Wahrnehmen der Bau-/Montageleitung und/oder der Bau-/Montageüberwachung
3.2
Wahrnehmen der Aufgaben des Sicherheitskoordinators der Baustelle
3.3
Koordinieren aller Dokumentationsleistungen sowie Zusammenstellen und Verwalten der Gesamtdokumentation in dieser Phase
3.4
Planen und Durchführen von Qualitätssicherungsmaßnahmen auf der Baustelle
3.5
Mitwirken bei der Abnahme von Bau-/Montageleistungen
3.6
Mitwirken beim Controlling (Termine, Kosten) auf der Baustelle
3.7
Prüfung von Change-Order-Anträgen auf sachliche Richtigkeit
3.8
Erarbeiten des Ausbildungspogramms sowie zugehöriger Unterlagen für die Ausbildung des Leit-, Bedienungs- und Fachpersonals des Betreibers
3.9
Ausarbeiten von Unterlagen zur Durchführung von Sicherheits- und Funktionsprüfungen, Dichtheitsprüfungen u. a. inbetriebnahmevorbereitenden Arbeiten
3.10
Ausarbeiten/Mitwirken bei der Erarbeitung des Inbetriebnahmehandbuchs u. a. Inbetriebnahmedokumente (z. B. Betriebsanweisungen)
3.11
Prüfen der vorliegenden Dokumentation auf Inbetriebnahmetauglichkeit
3.12
Prüfen der Anlage auf Inbetriebnahmebereitschaft sowie Mitwirkung beim Vorbereiten des Montageendprotokolls (z. B. Restpunktliste)
4 Inbetriebnahme 4.1
Mitwirkung bei der Inbetriebnahmeplanung
4.2
Mitwirkung im Inbetriebnahmeteam während der Inbetriebnahme
4.3
Dokumentation der Inbetriebnahmeaktivitäten (Tagebuch) und -ergebnisse
4.4
Mitwirken beim Erarbeiten des Probebetriebsprogramms
4.5
Mitwirken beim Planen, Durchführen und Auswerten von Versuchen zum gezielten Know-how-Gewinn
4.6
Planung und Mitwirken beim Garantieversuch und Leistungsnachweis, inkl. des rechtsverbindlichen Protokollierens der Ergebnisse
4.7
Revision und Zusammenstellung der AS BUILT-Dokumentation zur Übergabe
176
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Tabelle 4.4 (Fortsetzung) 4.8
Mitarbeit bei den Übergabe/Übernahmeverhandlungen sowie bei der Ausarbeitung und Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls inkl. Restpunktliste
4.9
Mitwirkung bei Auswertung der Inbetriebnahme seitens des Auftraggebers
4.10
Mitwirkung bei Begründung und Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen
Demgegenüber sind beim Engineeringvertrag im Vergleich zum Generalvertrag die rechtlichen und verantwortungsseitigen Aspekte und Konsequenzen geringer, da der Auftragnehmer für die Beschaffung und Errichtung der Anlage nicht werkvertraglich verantwortlich ist. Er wirkt bei diesen Aufgaben „nur“ in der Rolle eines Dienstleisters für den Auftraggeber mit. 4.5.1.3 Gliederung eines Mustervertrags Wegen der vergleichbaren Leistungen im General- und Engineeringvertrag sind auch die empfohlenen Regelungen zur Dokumentation in beiden Vertragsarten weitgehend identisch. Aus diesem Grund soll der Mustervertrag in Tabelle 4.5 als einheitliche Ordnungsstruktur für die weiteren Betrachtungen dienen. Tabelle 4.5 Musteraufbau eines Anlagenvertrags (als Bezugsbasis für die Erörterung) 1
Formale Vertragsbestimmungen − Vertragsabschluss, Vertragsparteien, Inkrafttreten des Vertrages, Bestandteile des Vertrages, Vertragssprache, Vertragsänderungen
2
Begriffsdefinitionen − Vertrag, Vertragsleistung, Partner, Anlage, Mechanische Fertigstellung, Inbetriebnahme, Leistungsnachweis, Abnahme, AS BUILT-Dokumentation
3
Leistungen der Vertragspartner (Dokumentation jeweils eingeschlossen!) − Lieferungs- und Leistungsgegenstand (Planung, Beschaffung, Montage, Inbetriebnahme, inkl. Dokumentation und Qualitätssicherung) − Lieferungs- und Leistungsausschlüsse, Leistungsgrenzen − Mitwirkungspflichten des Auftraggebers u. a.
4
Subunternehmer des Auftragnehmers
5
Informations- und Prüfungsrechte sowie –pflichten
6
Weisungsrecht des Auftraggebers
7
Projektorganisation
8
Vergütung und Zahlungsbedingungen
9
Änderungen und zusätzliche Leistungen
10 Vorschriften und Normen 11 Gewährleistung, Haftung, Vertragsstrafen, Pönale 12 Abnahme der Vertragsleistung
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
177
Tabelle 4.5 (Fortsetzung) 13 Beschränkung der Vertragshaftung 14 Gesetzliche Haftpflicht, Versicherungen 15 Eigentum der Unterlagen, Schutzrechte 16 Geheimhaltung, Veröffentlichungen 17 Kündigung, Unterbrechung, Rechtsnachfolge 18 Höhere Gewalt 19 Sonstige Bestimmungen Anhang
Anhang 1 Anhang 2 Anhang 3 Anhang 4 Anhang 5 Anhang 6 Anhang 7 Anhang 8 Anhang 9 Anhang 10 Anhang 11 Anhang 12 Anhang 13
Grundlagen und Vorleistungen Planungsleistungen Vorschriften und Normen Beschaffungsleistungen Baustellenabwicklung Inbetriebnahmeleistungen Dokumentation Projektabwicklung/-controlling Projektterminplan Formblätter GSU-Management (Gesundheit-Sicherheit-Umweltschutz) Zahlungsplan Optionen
Die weiteren Ausführungen gelten grundsätzlich auch für Bestellungen, sofern sie werkvertraglicher Rechtsnatur sind. Betreffs der „klassischen“ Produktbestellungen gemäß Kaufrecht sei auch auf Abschn. 3.5 verwiesen. 4.5.2 Beachtung der Dokumentation im Hauptteil des Anlagenvertrags Bezug nehmend auf den Mustervertrag in Tabelle 4.5 werden im Weiteren zu einzelnen Vertragsartikeln, die für die Dokumentation besonders bedeutend sind, konkrete Hinweise zur Regelung der Dokumentationsleistungen unterbreitet. a) Allgemeiner Hinweis Im Anlagenvertrag sind die Herstellung der Anlage und die Herstellung der AS BUILT-Dokumentation grundsätzlich als Einheit zu sehen. Auf Ausnahmen, die z. B. getrennte Zahlungsmeilensteine bzw. getrennte Abnahmeprozedere betreffen können, ist speziell hinzuweisen. Um die Einheit von Anlage und Dokumentation zu verdeutlichen, wurde im Mustervertrag gemäß Tabelle 4.5 bewusst kein eigenständiger Vertragsartikel: Dokumentation aufgenommen. Damit soll erreicht werden, dass die Belange zur
178
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Dokumentation in jedem einzelnen Artikel des Vertrags geprüft und gegebenenfalls an dieser Stelle vereinbart werden. b) Beachtung in Artikel 2: Begriffsdefinitionen Grundsätzlich ist bei allen Begriffsdefinitionen zu prüfen, inwieweit die Dokumentationsaspekte betroffen sind und ob sie in der Begriffsdefinition explizit erwähnt werden sollten. Dies gilt insbesondere für die Begriffe: Vertragsleistung, Mechanische Fertigstellung, Herstellung der Betriebsbereitschaft, Abnahme. Beispielsweise ist zu prüfen, wo im Haupttext anstelle von Anlage besser Anlage einschließlich zugehöriger AS BUILT-Dokumentation formuliert werden sollte. Die wichtigen Begriffe zur Dokumentation sind in diesem Vertragsartikel eigenständig zu definieren. Im Weiteren sind einige angeführt. AS BUILT-Dokumentation: Gesamtdokumentation der Anlage, die den Sachstand über die Anlage zum Zeitpunkt ihrer Abnahme richtig (as built) und vollständig gemäß vertraglicher Vereinbarung beschreibt (Synonym: Enddokumentation). Belegexemplar:
AS BUILT-Dokumentation (i. d. R. in Papierform), in der bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Bescheinigungen über Sicherheitsprüfungen) alle Originaldokumente abgelegt sind. Das Belegexemplar wird unverändert archiviert und dokumentiert den Sachstand zum Zeitpunkt der werkvertraglichen Abnahme (Synonym: Archivexemplar). Das Belegexemplar bzw. Teile dessen können auch in elektronischer Form vereinbart werden.
Arbeitsexemplar:
Vollständige Kopie des Belegexemplars, die als Arbeitsgrundlage für Betrieb und Technik dient und gemäß dem aktuellen Anlagen- und Betriebszustand gepflegt wird. Das Arbeitsexemplar bzw. Teile dessen können auch in elektronischer Form vereinbart werden.
Elektronisches Exemplar:
AS BUILT-Dokumentation in elektronischer Form, das insbesondere die Life-cycle-Dokumente als bearbeitbare Dateien im Format der Erzeugersoftware enthält. Andere Dokumente liegen in konvertierter bzw. eingescannter Form vor (Synonym: DV-Exemplar).
Die AS BUILT-Dokumentation beschreibt somit eine Gesamtdokumentation anhand von allgemeinen inhaltlichen Merkmalen. Sie kann in verschiedenen Exemplaren sowie in gegenständlicher und elektronischer Form vorliegen (s. Abschn. 4.5.3). c) Beachtung in Artikel 3: Leistungen der Vertragspartner In diesen Artikeln sind u. a. die Dokumentationsleistungen der Vertragspartner grundsätzlich zu vereinbaren. Dies betrifft vorrangig: − Welche Dokumentenarten bzw. Teildokumentationen sind von welchem Partner zu erarbeiten (s. Abschn. 4.5.4.1)?
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
179
Bsp: Der Auftragnehmer erarbeitet i. Allg. die Engineeringdokumente für die Neuanlage sowie notwendige Dokumente für die Baustellenabwicklung. Der Auftraggeber kann u. a. für die Genehmigungsdokumentation bzw. für die aktuelle Bestandsdokumentation verantwortlich sein. − Welche Mitwirkungspflichten hat dabei der jeweils andere Partner? Bsp: Der Auftragnehmer kann im Auftrag des Bauherrn das Behördenengineering ausführen. Der Auftraggeber muss während der Projektabwicklung zahlreiche Dokumente prüfen und freigeben (s. Abschn. 4.5.4.1). Er wird als späterer Anlagenbetreiber auch an den Inbetriebnahmedokumenten (Betriebsanweisungen) mitwirken. − Wer ist für die Erarbeitung der AS BUILT-Dokumentation inkl. der einzelnen Exemplare verantwortlich und welcher Partner erbringt im Einzelnen welche Leistungen? Bsp: Der Auftragnehmer ist bei einem Generalvertrag und häufig auch bei einem Engineeringvertrag für die Fertigstellung der AS BUILT-Dokumentation verantwortlich. Sofern der Auftraggeber eigenverantwortlich einkauft, muss er u. U. die Hersteller- und Lieferantendokumente beistellen. − Welche Qualitätsanforderungen sind allgemein betreffs der AS BUILTDokumentation und speziell bei der Herstellung der einzelnen Exemplare einzuhalten (s. Abschn. 4.5.3.3)? − Welche Termine und Fristen sind betreffs der vereinbarten Dokumentationsleistungen einzuhalten? Die detaillierte Ausgestaltung der grundsätzlichen vertraglichen Regelungen erfolgt in Anhängen, die i. Allg. gleichrangige Vertragsbestandteile sind. In kritischen Fällen sollten nicht nur die Leistungspflichten sondern auch die Leistungsgrenzen und/oder Leistungsausschlüsse bezüglich der Dokumentation vereinbart werden. d) Beachtung in Artikel 4: Subunternehmer des Auftragnehmers Subunternehmer sind diejenigen Unternehmen bzw. Lieferanten, derer sich der Auftragnehmer (Generalunternehmer) zur Erbringung seiner Vertragsleistung bedient. Gemäß der ausgeprägten Arbeitsteilung sind im verfahrenstechnischer Anlagenbau zahlreiche Subunternehmer nötig. Die Schnittstellen zu ihnen, die zunehmend über Ländergrenzen hinweg existieren, enthalten erhebliche Projektrisiken und müssen exakt vertraglich gestaltet (reglementiert) werden. Dies gilt für die Anlage und die Dokumentation gleichermaßen. Tabelle 4.6 enthält mögliche vertragliche Formulierungen.
180
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Tabelle 4.6 Vertragliche Formulierungen zu Artikel 4: Subunternehmer des Auftragnehmers (Praxisbeispiel) 4 Subunternehmer des Auftragnehmers 4.1 Der Auftragnehmer kann nur mit schriftlicher, rechtzeitig einzuholender Einwilligung des Auftraggebers Teile der ihm obliegenden Leistungen an Subunternehmer vergeben. 4.2 In keinem Falle wird der Auftragnehmer durch Vergabe von Teilleistungen an Subunternehmer von seinen Verpflichtungen aus diesem Vertrag entbunden. Der Auftragnehmer haftet für Subunternehmer wie für sich selbst und ist für sämtliche Handlungen von Subunternehmer verantwortlich. 4.3 Der Auftragnehmer hat in jedem Falle gegenüber dem Subunternehmer vertraglich sicherzustellen, dass das Informations- und Prüfungsrecht des Auftraggebers gemäß Artikel 5 des Vertrags unberührt bleibt.
e) Beachtung in Artikel 5: Informations- und Prüfungsrechte, –pflichten Im Sinne eines effizienten Projektmanagements und insbesondere Qualitätsmanagements sind folgende Aspekte bezogen auf die Dokumentation zu regeln: • Der Auftraggeber muss das Recht haben, sich beim Auftragnehmer und seinen Subunternehmers über den Fortgang der beauftragten Dokumentationsleistungen zu informieren (z. B. Unterlagen zum Konformitätsbewertungsverfahren inkl. Risikoanalyse, TÜV-Bescheinigungen). • Der Auftraggeber muss das Recht haben, beim Auftragnehmer und seinen Subunternehmern eigene Qualitätskontrollen durchzuführen (z. B. Einsicht in den betrieblichen Qualitätssicherungsplan und dessen Erfüllungskontrolle, Kontrolle der Werkstoff-Prüfbescheinigungen [3−13]). • Der Auftraggeber muss das Recht und die Pflicht haben, vertraglich definierte Dokumente zu prüfen und ggf. für die anschließende Nutzung freizugeben (s. Abschn. 4.5.4.1). Die Übergabe der Dokumente und die Prüfprozedur müssen derart vereinbart sein, dass eine planmäßige und effiziente Arbeit beider Partner gewährleistet ist. Zugleich darf durch die mitwirkende Qualitätsprüfung des Auftraggebers die vertragliche Verantwortlichkeit des Auftragnehmers nicht eingeschränkt werden. • Der Auftragnehmer muss das Recht haben, notwendige Dokumente, die er zur Vertragserfüllung benötigt und die ihm nicht vorliegen, beim Auftraggeber einzusehen (z. B. Genehmigungsbescheid, Protokolle behördlicher Begehungen, Spezifikationen und Richtlinien des Auftraggebers). • Der Auftragnehmer muss alle Unterlagen, die er vom Auftraggeber erhalten hat bzw. während der Vertragserfüllung erhält, auf Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen und den Auftraggeber unverzüglich auf Fehler, Widersprüche und Unvollständigkeiten hinweisen. • Die Vergütung von Aufwendungen, die dem Auftragnehmer durch die Informations- und Prüfungsrechte des Auftraggebers entstehen, muss vertraglich vereinbart sein.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
181
• Sofern Regelungen bei Vertragsabschluss noch offen sind, ist in einer verbindlichen und kontrollierbaren Form auf eine spätere Ausgestaltung (z. B. in einer Projektrichtlinie) zu verweisen. f) Beachtung in Artikel 8: Vergütung und Zahlungsbedingungen Im verfahrenstechnischen Anlagenbau ist es üblich, die Gesamtvergütung des Auftragnehmers gemäß einem abgestimmten Zahlungsplan in 5 bis 15 Zahlungsmeilensteine zu unterteilen. Bei der Definition und Vereinbarung der Lieferungen/Leistungen jedes Meilensteins ist die zugehörige Dokumentation zu berücksichtigen. Analoges gilt für die Erfüllungskontrolle vor Freigabe der Zahlung. Dabei gilt der Grundsatz: Die Dokumentation ist Bestandteil der Lieferung und/oder Leistung. Bei Mängeln in der zugehörigen Dokumentation erfolgt keine Zahlung. Die mit der anlagenseitigen Lieferung/Leistung verbundene Dokumentationsleistung muss als Zahlungsvoraussetzung verstanden werden. Restmängel zur Dokumentation dürfen, analog zur Anlage, nur unwesentlich sein. Dies gilt insbesondere für die Lieferung von Package-units und Anlagenkomponenten sowie für die beiden Meilensteine: MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG und ANZEIGE der BETRIEBSBEREITSCHAFT. Darüber hinaus sind wichtige und aufwendige Dokumentationsleistungen als eigenständiger Zahlungsmeilenstein zu vereinbaren. Dies kann beispielsweise betreffen: − Fertigstellung (zu 95 %) der R&I-Fließbilder mit dem Status AFC (Approved for Construction). Bsp.: Zahlung von 2 bis 4 % der Gesamtvergütung bei einem Generalvertrag bzw. 15 bis 25 % der Gesamtvergütung bei einem Engineeringvertrag − Fertigstellung (zu 95 %) der unterschriftsreifen Aufträge/Bestellungen. Bsp.: Zahlung von 25 bis 35 % der Gesamtvergütung bei einem Engineeringvertrag − Herstellung und Übergabe der AS BUILT-Dokumentation in der vereinbarten Form. Bsp.: Zahlung von 5 bis 12 % der Gesamtvergütung bei einem Generalvertrag Die Freigabe der Zahlung an den Dokumentationsmeilensteinen sollte, analog wie bei technischen Lieferungen/Leistungen, nach folgender Prozedur erfolgen: − − − −
Lieferung bzw. Fertigmeldung durch Auftragnehmer Entgegennahme sowie Kontrolle durch Auftraggeber Bestätigung der vertragsgerechten Lieferung/Leistung ggf. werkvertragliche Abnahme nach § 640 BGB durch Auftraggeber (s. Buchstabe j)) − Protokollierung der Erfüllung, inkl. vorhandener Restpunkte.
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4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
g) Beachtung in Artikel 9: Änderungen und zusätzliche Leistungen Die Ausführungen dieses Artikels, die beispielsweise beinhalten können: Vor Ausführung von Änderungen bereits erfolgter Arbeiten oder vor Erbringen zusätzlicher Leistungen ist vom Auftragnehmer ein schriftlicher Änderungsantrag mit Angabe der Konsequenzen bzgl. Vergütung, Termin, Gewährleistung und Sonstigem zu erstellen und vom Auftraggeber zu genehmigen.
sind auch für Dokumentationsleistungen gültig und entsprechend anzuwenden. Ein Formblatt für Change-Orders ist in Abb. 4.3 dargestellt. Weitere Ausführungen zum Change-Management siehe auch Abschn. 4.6.2. LOGO-AG
Blatt 1 von
ÄNDERUNGSANTRAG NR. PROJEKT-NR.: (Auftragnehmer)
PROJEKT-NR.: (Auftragnehmer)
VERTEILER: 1. BESCHREIBUNG UND BEGRÜNDUNG DER ÄNDERUNG
2. ÄNDERUNG WURDE VERANLASST DURCH (ZUGEHÖRIGE UNTERLAGEN)
INGENIEURGEBÜHREN (EURO)
MEHRKOSTEN FÜR LIEFERUNGEN UND LEISTUNGEN DRITTER (EURO)
SONSTIGES
4. TERMINAUSWIRKUNGEN: 5. EINFLUSS AUF GEWÄHRLEISTUNG: 6. EINFLUSS AUF GARANTIEWERTE: 7. ZIELPREISRELEVANZ: AUFTRAGNEHMER: DATUM/ UNTERSCHRIFT
AUFTRGAGEBER: DATUM/ UNTERSCHRIFT
DATUM/ UNTERSCHRIFT
DATUM/ UNTERSCHRIFT
Abb. 4.3 Formblatt für Änderungsnachträge bzw. Änderungsbestellungen (Change-Order) im Rahmen eines Engineeringvertrags mit Zielpreisvereinbarung
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
183
Das erhebliche Changepotential bezüglich der Dokumentation sollen die folgenden beiden Praxisbeispiele veranschaulichen. Bsp.: Eine Anlage zur Chlorherstellung war grundlegend unter Anwendung eines neuen Verfahrens und basierend auf einem Generalvertrag umzubauen. Gemäß Kundenvorgabe waren mehrere Gebäude u. a. Infrastruktureinrichtungen wieder zu verwenden. Die Bestandsunterlagen für diese Objekte stellte der Kunde bei. Kontrollen des Auftragnehmers während des Engineerings zeigten bald, dass einige Bestandsdokumente, insbesondere die Bau-/Stahlbauzeichnungen, nicht aktuell waren. Der Auftragnehmer bewertete das Risiko möglicher Fehlplanungen bzw. aufwendiger örtlicher Anpassungsarbeiten als erheblich und bezüglich seiner Vertragsleistung als nicht kalkulierbar. Um den bestehenden Anlagenvertrag wieder eine solide Basis zu verleihen, wurde nachträglich eine Change-Order zur Vermessung der Bauobjekte und zur Erarbeitung aktueller Bestandsunterlagen abgeschlossen. Der Mehrpreis war erheblich. Bsp.: In einem vorhandenen Erdgasspeicher war eine für den Kunden neuartige Package-unit zu errichten und ein entsprechender Engineeringvertrag abgeschlossen. Zur Ausführung waren seitens des Kunden zahlreiche Vorgaben (Spezifikationen/Bauvorschriften/Rohrklassen) gemacht. Während der Abwicklung stellte sich heraus, dass für die Neuanlage keine bzw. keine wirtschaftlichen Rohrklassen vorlagen. Da auch an anderen Standorten derartige Anlagen geplant waren, beauftragte der Kunde das Ingenieurbüro im Rahmen einer Change-Order (schriftliche Änderungsbestellung) mit der Erarbeitung dieser Rohrklassen. h) Beachtung in Artikel 10: Vorschriften und Normen Die Einhaltung der Vorschriften und Normen ist ein wichtiger Bestandteil der Vertragsleistung und stellt somit ein grundlegendes und gut kontrollierbares Erfüllungs- und Gewährleistungsmerkmal dar. Aus den vertraglich geltenden Vorschriften und Normen lassen sich wesentliche Dokumentationspflichten und –hinweise ableiten (s. Kap. 2). Die Vorschriften und Normen betreffen im Anlagenbau vorrangig: Rechtsvorschriften der Europäischen Union (EU-Richtlinien), Rechtsvorschriften der BRD (Gesetze, Verordnungen, BG-Vorschriften), behördliche Vorschriften (Genehmigungsbescheid, Verwaltungsvorschriften), Vorschriften und Normen des Auftraggebers (Sicherheitsbestimmungen, Prüfvorschriften, Arbeitsrichtlinien, Bauvorschriften, Spezifikationen, Rohrklassen, Werknormen), − internationale und nationale Normen (ISO, EN, DIN, VDI, VDE), − sonstige allgemein anerkannte Regeln der Technik.
− − − −
In der Zusammenstellung sind unbedingt die geltenden Fachvorschriften und Fachnormen zur eigentlichen Dokumentationsthematik (Begriffe, Inhalt, Form, Kennzeichnung, Musterdokumente usw.) mit zu erfassen.
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4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Insgesamt existiert zur Dokumentationsthematik ein sehr umfangreiches nationales und europäisches Normenwerk, welches allerdings stark auf Technische Produktdokumentationen zugeschnitten ist. Welche dieser Normen im Anlagenvertrag angewandt werden, ist kritisch zu prüfen und abzustimmen. Bei der Verhandlung von Artikel 10 wird mitunter darauf verwiesen, dass die Rechtsvorschriften in jedem Fall, auch ohne detaillierte vertragliche Nennung, einzuhalten sind. Dies ist grundsätzlich richtig, reicht aber nicht aus. Ein alleiniger allgemeiner Bezug auf die Einhaltung des lt. Anlagenvertrag geltenden Rechts (s. Abschn. 2.1) würde einerseits nicht alle Vorschriften und andererseits nicht die Normen einschließen. Ferner ist im Hinblick eines effizienten Handelns eine frühzeitige Präzisierung und Abstimmung dieser wichtigen Rahmenbedingungen zweckmäßig. i) Beachtung im Artikel 11: Gewährleistung, Haftung, Vertragsstrafen, Pönale In den meisten Anlagenverträgen schuldet der Auftragnehmer (als ein Bestandteil seiner Vertragsleistung) die Herstellung und Lieferung einer vertragsgerechten AS BUILT-Dokumentation. Der Begriff „vertragsgerecht“ ist bei Werkverträgen als sog. „vereinbarte Beschaffenheit“ (zugesicherte Eigenschaften) zu verstehen und kann bezogen auf die AS BUILT-Dokumentation beinhalten: − die Liefertermine, − den Lieferumfang (Anzahl und Vollständigkeit der Exemplare), − die Qualitätsanforderungen (Rechtskonformität, Einhaltung von Vorschriften und Normen, Eindeutigkeit, As built-Gerechtheit, Nutzergerechtheit, Ergänzungsfreundlichkeit u. a. Merkmale) (s. Abschn. 4.5.3.3). Im Vertrag ist bzgl. der Dokumentationsleistungen zu vereinbaren: • • • •
Wofür sollte der Auftragnehmer gewährleisten? Welche Gewährleistungsvoraussetzungen gibt es? Wann beginnt die Gewährleistung und wie ist der Gewährleitungszeitraum? Wie ist bei festgestellten Mängeln im Gewährleistungszeitraum zu verfahren? Tabelle 4.7 enthält Hinweise zur vertraglichen Ausgestaltung dieser Fragen.
Tabelle 4.7 Regelungsbedarf und Hinweise zur Gewährleistung für die Dokumentation im Anlagenvertrag 1 Regelungen zu LIEFERTERMINEN • Im Vertrag ist ein Termin für die Lieferung der AS BUILT-Dokumentation in allen Exemplaren an den Auftraggeber zu vereinbaren und zu pönalisieren. • Die Lieferung anderer Dokumentationsprodukte, z. B. − die Vor-Ort-Bereitstellung der vereinbarten Dokumentation zum Zeitpunkt MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG (MF) oder − die Übergabe eines vollständigen Vorabexemplars (ggf. handrevidiert) zum Zeitpunkt der Abnahme der Anlage, sind Erfüllungsvoraussetzungen für die Protokollierung MF bzw. Abnahme der Anlage. Sie sind im Projektterminplan zu erfassen.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
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Tabelle 4.7 (Fortsetzung) 2 Regelungen zum GEWÄHRLEISTUNGSUMFANG • Der vereinbarte Lieferumfang der AS BUILT-Dokumentation in allen Exemplaren ist zu gewährleisten. • Die Erfüllung der vereinbarten Qualitätsanforderungen an die AS BUILT-Dokumentation ist zu gewährleisten. 3 Regelungen zu GEWÄHRLEISTUNGSVORAUSSETZUNGEN • Das Belegexemplar der AS BUILT-Dokumentation sollte im Sinne einer „juristischen Urkunde“ zum Zeitpunkt seiner Lieferung „eingefroren“ und in einer nichtveränderbaren Form archiviert werden. Im Gewährleistungsfall liegt beim Auftraggeber die Beweislast/-pflicht. Er muss nachweisen, dass der Mangel bereits bei Lieferung der AS BUILT-Dokumentation bestand und/oder vom Auftragnehmer zu vertreten ist. 4 Regelungen zu BEGINN und DAUER der GEWÄHRLEISTUNG • Die Gewährleistungsfrist für die AS BUILT-Dokumentation (Umfang und Qualität) beginnt nach erfolgter werkvertraglicher Abnahme der AS BUILT-Dokumentation. • Die Gewährleistungsfrist für die AS BUILT-Dokumentation in Form des unveränderten Belegexemplars beträgt 2 Jahre. Dies entspricht den Regelungen des BGB, § 634a für Planungsleistungen, mit Ausnahme solcher für Bauwerke. • Ggf. kann gemäß BGB, § 634a für Baudokumente eine längere Gewährleistungsfrist von 5 Jahren vereinbart werden. 5 Regelungen bei festgestellten MÄNGELN im Gewährleistungszeitraum • Der Mangel ist vom Auftraggeber schriftlich anzuzeigen. • In der Mangelanzeige sind zu begründen, − dass es sich gemäß den vertraglichen Vereinbarungen um einen Leistungsmangel handelt und − dass der Auftragnehmer den Mangel kausal zu vertreten (verursacht) hat. • Über die Gewährleistungsrelevanz des angezeigten Mangels sowie die Vorgehensweise bei der Mangelbeseitigung (Nachbesserung) ist zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber eine Abstimmung herbeizuführen. Die Prozedur bei festgestellten Mängeln ist, analog zur Anlage, vertraglich detailliert auszugestalten. • Es ist zu vereinbaren, wie lange und wofür sich im Gewährleistungsfall die Gewährleistungsfrist verlängert.
Ferner wird auf die grundsätzlichen Ausführungen im Abschn. 2.5 verwiesen. j) Beachtung in Artikel 12: Abnahme der Vertragsleistung Eine zeitgleiche Abnahme der Anlage und der AS BUILT-Dokumentation ist aus Sicht des Verfassers ein häufiger Fehler, der entweder die Abnahme der Anlage verzögert bzw. zu einer Abnahme der AS BUILT-Dokumentation ohne vorangegangene gründliche Prüfung führt. Dem Auftraggeber bleiben im letzten Fall bzgl.
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4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
der Dokumentation dann nur noch die Gewährleistungsansprüche und nicht mehr die Erfüllungsansprüche. Die Abnahme der Anlage und der AS BUILT-Dokumentation sollten aus diesem Grund im Anlagenvertrag inhaltlich, lieferseitig, zeitlich und vergütungsseitig entkoppelt werden. Der entsprechende Text in Artikel 12 könnte lauten: (1) Die Abnahme der Vertragsleistung findet in mehreren Schritten statt: − MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG, − erfolgreicher Abschluss des Leistungsnachweises, − formale Abnahme der Anlage und − formale Abnahme der AS BUILT-Dokumentation. Die einzelnen Schritte können auch für Teile oder Teilsysteme der Anlage oder der AS BUILT-Dokumentation ausgeführt werden. (2) Nach Erledigung der Punkte aus der Restpunktliste, die nach Prüfung der AS BUILT-Dokumentation durch den Auftraggeber abgestimmt wurde, sowie nach Vorliegen der gemäß den erledigten Restpunkten nachgebesserten AS BUILT-Dokumentation erfolgt die Abnahme der AS BUILT-Dokumentation, indem der Auftraggeber das zugehörige Abnahmeprotokolls unterzeichnet.
Weitere Einzelheiten zur Vorgehensweise bei der Abnahme der AS BUILTDokumentation sind in Abschn. 4.6.5 ausgeführt. k) Beachtung in Artikel 15: Eigentum der Unterlagen, Schutzrechte Die Begriff „Unterlage“ wird als Synonym zum Begriff Dokument verstanden. Die Regelungen zum Eigentum sollten allgemein gelten, d. h. unabhängig davon, in welcher Form (gegenständlich oder elektronisch) das Dokument vorliegt oder ob es sich um ein Ursprungsdokument mit Originalunterschrift oder eine Kopie handelt. Folgende Fragen sind vorrangig zu klären: • Wer ist Eigentümer der Unterlagen, die in Erfüllung des Anlagenvertrags vom Auftragnehmer hergestellt oder beschafft werden? • Wann erfolgt gegebenenfalls der Eigentumsübergang an den Unterlagen? • Welche Rechte hat der Eigentümer der Unterlagen für deren Benutzung außerhalb des Anlagenvertrags, d. h. für einen anderen Zweck und zu einer anderen Zeit? • Welche Rechte hat der Auftragnehmer für die Benutzung von Unterlagen, die er hergestellt oder beschafft hat, außerhalb des Anlagenvertrags? Die Regelungen haben für beide Partner u. U. eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Sie betreffen nicht selten urheberrechtliche Fragen und sind entsprechend kompliziert. Vertragliche Regelungen zum Eigentum der Unterlagen bzw. Dokumente sind besonders dann relevant und notwendig, wenn gemäß vertraglicher Vereinbarungen wesentliche Teile der AS BUILT-Dokumentation als bearbeitbare Dateien im Format der Erzeugersoftware an den Auftraggeber zu übergeben sind.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
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Wenn der Auftraggeber beispielsweise im Artikel 15 (Eigentum der Unterlagen) des Anlagenvertrags − ein alleiniges Eigentumsrecht an allen Unterlagen/Dokumenten möchte, die in Erfüllung des Vertrags vom Auftragnehmer hergestellt oder beschafft wurden, und gleichzeitig − ein uneingeschränktes Benutzungsrecht an den übereigneten Unterlagen/ Dokumenten möchte, z. B. auch durch beauftragte Dritte, so wird dies i. d. R. die Verhandlungsposition des Auftragnehmers aus Wettbewerbs- und Kostengesichtspunkten gravierend beeinflussen. 4.5.3 Fachspezifische Festlegungen im Anhang DOKUMENTATION Grundsätzlich sollten die Vereinbarungen zu den Dokumentationsleistungen jeweils dezentral an der Stelle im Vertrag eingeordnet werden, wo sie zugehörig sind. Das heißt, die technischen und zugehörigen dokumentarischen Leistungen sollten gemeinsam, z. B. im Haupttext bzw. in den Anhängen über die einzelnen Projektphasen, beschrieben und vereinbart werden. Darüber hinaus ist aber ein Anhang DOKUMENTATION zum Anlagenvertrag zweckmäßig, um übergreifende und fachspezifische Vereinbarungen zur Dokumentation zusammenzufassen. Schwerpunkte dieses Anhangs sind die Festlegungen zum Daten- und Dokumentenmanagement sowie die Spezifikation der AS BUILT-Dokumentation. In Tabelle 4.8 ist beispielhaft das Inhaltsverzeichnis eines Vertragsanhangs DOKUMENTATION angeführt. Tabelle 4.8 Inhaltsverzeichnis des Anhangs DOKUMENTATION eines Anlagenvertrags (Praxisbeispiel) 1
Zielstellung und Abgrenzung
2
Grundsätzliche Anforderungen an die Dokumentation 2.1 Dokumentationsprinzipien 2.2 Anforderungen an die Dokumentenkennzeichnung 2.3 Dokumentenvorlagen und Musterdokumente
3
Dokumentationsrichtlinie 3.1 Zielstellung und Regelungsbedarf 3.2 Festlegungen zur Erarbeitung, Abstimmung, Freigabe und Aktualisierung
4
Festlegungen zum Daten- und Dokumentenmanagement 4.1 Betriebssystem und Office-Software 4.2 Festlegungen zu Beschaffungs- und Management-Software 4.2.3 Betriebswirtschaftliche Software für Beschaffung, Controlling u. ä. 4.2.3 Projektmanagement-Software 4.2.4 Dokumenten-Management-Software 4.3 Festlegungen zu Planungssoftware und Datenformaten 4.3.1 Prozessplanung (R&I-Fließbilder, Datenblätter u. ä.)
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4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Tabelle 4.8 (Fortsetzung) 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.3.7 5
Anlagenplanung (3D-Modell, Aufstellung u. ä.) Bau- und Stahlbauplanung EMSR-Planung Rohrplanung TGA-Planung Sonstige Planungstools
AS BUILT-Dokumentation 5.1 Begriffsdefinitionen 5.2 Strukturierung der AS BUILT-Dokumentation 5.2.1 Mustergliederung 5.2.2 Vorläufige Liste wichtiger Dokumentenarten 5.2.3 Spezifikationen ausgewählter Dokumentenarten, ggf. Musterdokumente 5.3 Qualitätsanforderungen an die AS BUILT-Dokumentation 5.3.1 Grundsätzliche Qualitätsanforderungen 5.3.2 Ergänzende Qualitätsanforderungen an die Papierversion 5.3.3 Ergänzende Qualitätsanforderungen an die Elektronische Version 5.4 Lieferumfang zur AS BUILT-Dokumentation 5.4.1 Belegexemplar 5.4.2 Arbeitsexemplare 5.4.3 Elektronisches Exemplar 5.4.4 Sonstige Dokumentationsteile
Die Vereinbarungen zur Dokumentation müssen derart ausführlich und präzise sein, dass das Claimpotential vertretbar ist. Leider ist dies in der Praxis häufig nicht der Fall. Die grundsätzlichen Festlegungen des Vertrags werden später in einer Projektrichtlinie DOKUMENTATION näher ausgestaltet (s. Abschn. 4.6.1). Wichtig ist diesbezüglich, dass im Vertrag bereits die Aufgabenstellung für diese Dokumentationsrichtlinie (Ziele, Verantwortlichkeiten, Termine, Kosten) vereinbart wird. 4.5.3.1 Festlegungen zum Daten- und Dokumentenmanagement Die Festlegungen zum Daten- und Dokumentenmanagement, insbesondere für die Herstellung der AS BUILT-Dokumentation, haben strategische Bedeutung für den Auftraggeber. Sie wirken meistens weit über das Projekt hinaus und setzten Managemententscheidungen voraus. Dabei gibt es erfahrungsgemäß keine „einfachen Wahrheiten“. Für den Auftraggeber gilt der Grundsatz: Zunächst die mittel- und langfristigen Anforderungen erkennen sowie anschließend die daraus abgeleiteten und machbaren Maßnahmen im Anlagenvertrag und -projekt umsetzten. Die Angaben in Tabelle 4.8, Ziffer 4 veranschaulichen, welche Festlegungen für die Kommunikation zwischen den Vertragspartnern und für das Erbringen der Vertragsleistungen zu treffen sind. Im Weiteren dazu einige Hinweise.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
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• Die Festlegungen zum Betriebssystem und der Office-Software ist i. Allg. weniger problematisch, da häufig die gleichen marktführenden Softwareprodukte genutzt werden. Trotzdem liegt der Teufel mitunter im Detail (Version der Software, Updaten, Virenschutz usw.). • Die Beschaffungssoftware bestimmt i. d. R. derjenige, der einkauft. Mitunter nutzt dazu der Auftragnehmer die Software im Hause des Auftraggebers. Die gleiche Software sollte auch für das Controlling der Beschaffungsvorgänge genutzt werden. • Die Projektmanagement-Software dient vorrangig zur Projektplanung (Termine, Ressourcen) und für das entsprechend Projektcontrolling. Darüber hinaus ist zu entscheiden, ob beide Partner für die Projektkommunikation/Workflow eine gleiche oder gemeinsame Software nutzen. • Die Festlegungen zur Dokumenten-Management-Software (DMS) sind schwieriger, da beide Partner i. d. R. bereits eine solche Software haben und diese auch im Projekt nutzen möchten. In diesem Zusammenhang ist u. a. zu prüfen: − Wie kompatibel sind die Tools? − Wo kann mit Standard-Datenformaten (PDF, TIFF, BITMAP, JPEG) gearbeitet werden und wo müssen es die Originalformate sein? − Nutzt der Auftraggeber seine Software auch später für die Verwaltung des Arbeitsexemplars der AS BUILT-Dokumentation? − Welche Lösungsalternativen mit welchen vertraglichen Konsequenzen (Kosten, Termine) gibt es? • Die Festlegungen zur Planungssoftware sind häufig am schwierigsten. Sie betreffen viele Tools und sind für beide Partner kostenrelevant. Die Lösungsfindung sollte in folgenden Schritten erfolgen: 1. Schritt: Der Auftraggeber muss sich zunächst klar werden, wozu und in welchem Datenformat er die Dateien benötigt? Die Prüfung sollte systematisch anhand der Liste wichtiger Dokumentenarten bzw. der Liste der Life-cycle-Dokumente erfolgen. Die Vorgaben sind im Lastenheft zu dokumentieren und der Anfrage zugrunde zu legen. 2. Schritt: Der Auftragnehmer muss prüfen, inwieweit er zu welchen Konditionen die Vorgaben des Auftraggebers erfüllen kann oder will. Diese Ergebnisse sind im Pflichtenheft zu dokumentieren und dem Angebot zugrunde zu legen. 3. Schritt: Lösungs- bzw. Kompromisssuche während der Vertragsverhandlungen und vereinbaren der Ergebnisse im Vertrag.
• In der Regel muss der Auftraggeber am Ende entscheiden, was ihm die durchgängige vertragliche Nutzung seiner Software wert ist. Der Auftragnehmer muss sichern, dass er die Eigentums- und Nutzungsrechte an den Dateien, die er ggf. im Vertrag veräußert, vom Auftraggeber adäquat vergütet bekommt (s. Abschn. 4.5.2, Buchstabe k)).
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4.5.3.2 Spezifikation der AS BUILT-Dokumentation Die herzustellende AS BUILT-Dokumentation muss durch den Auftraggeber bereits im Lastenheft umfassend spezifiziert werden (s. Abschn. 4.1 und Checkliste in Tabelle 4.1). In einer Spezifikation oder Norm „AS BUILT-Dokumentation“ (s. Tabelle 4.9) sind insbesondere Vorgaben zu machen über: − Bezeichnungen und Begriffsdefinition wesentlicher Dokumentenarten, − Struktur und Inhalt der AS BUILT-Dokumentation, − Qualitätsanforderungen an die AS BUILT-Dokumentation, inkl. an einzelne Teile, Kapitel, Abschnitte und Dokumentenarten, − Liste der Dokumentenarten, die als bearbeitbare Dateien zu liefern sind, inkl. Angaben bzgl. Erstellungssoftware, Dateiformat usw., − Form und Exemplaranzahl der Papierversion und elektronischen Version. Später ist diese Spezifikation, ggf. unter Beachtung von abgestimmten bzw. verhandelten Änderungen, als Vertragsbestandteil zu vereinbaren. Wird ein Vertragsanhang DOKUMENTATION analog dem Inhaltsverzeichnis in Tabelle 4.8 vereinbart, so können die genannten Vorgaben an die AS BUILTDokumentation in diesen Anhang textlich integriert werden. Tabelle 4.9 Inhaltsverzeichnis einer „Spezifikation für die AS BUILT-Dokumentation“ (Praxisbeispiel) 1000 Ziel und Zweck 2000 Anwendungsbereich 3000 3100 3200 3300
Begriffsdefinitionen mit Erläuterungen Begriffsdefinitionen Definitionen übergeordneter Begriffe Definitionen wesentlicher Dokumentenarten
4000 4100 4200 4300
Struktur der AS BUILT-Dokumentation Gesamtdokumentation Anlagendokumentation Betriebsdokumentation
5000 5100 5200 5300 5400 5500 5600
Qualitätsanforderungen an die AS BUILT-Dokumentation Vorbemerkungen Grundsätzliche Forderungen Ganzheitlichkeit / Vollständigkeit Widerspruchsfreiheit / Eindeutigkeit As built-Gerechtheit Nutzergerechtheit / Ergänzungsfreundlichkeit
6000 6100 6200 6300 6400
Ordnungskriterien Gliederung / Systematik Schriftfelder Dokumentenkennzeichen Papierdokumentation
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
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Tabelle 4.9 (Fortsetzung) 6410 6420 6430 6500 6510 6520 6530
Ablageform Inhaltsverzeichnis Ordnerkennzeichnung Elektronische Dokumentation Grundsätzliches Software / Datenträger Systematik / Inhaltsverzeichnis / Kennzeichnung
7000 7100 7200 7300
Übergabeprotokoll zur AS BUILT-Dokumentation Kopf des Protokolls Angaben/Erklärung zur übergebenen Dokumentation Unterschriften / Firmenstempel
8000 8100 8200 8210 8220 8230 8240 8250 8300 8400
Spezifikationen wesentlicher Dokumentationsteile bzw. Dokumentenarten Prüfhandbuch der Anlage Prüfbücher für Anlagenkomponenten Prüfbuch für Druckgeräte Prüfbuch für WHG-Behälter Rohrleitungsbuch Kranbuch Prüfbuch für kraftbetätigte Fenster, Türen und Tore Wartungs- und Inspektionsplan der Anlage Betriebsanweisungen
9000 Mitgeltende Dokumente Beilagen: Beilage 01 Beilage 02 Beilage 03 Beilage 04 Beilage 05 Beilage 06 Beilage 07 Beilage 08 Beilage 09
Glossar Checkliste zur Qualitätsprüfung der AS BUILT-Dokumentation Codierung der Kennzeichnungsblöcke Schriftfelder für Dokumente Beispiel "Inhaltsverzeichnis Datenträger" Beispiel "Übergabeprotokoll zur AS BUILT-Dokumentation" Beispiel "Inhaltsverzeichnis des Prüfbuches eines Druckgeräts" Beispiel "Inhaltsverzeichnis des Prüfbuches eines WHG-Behälters“ Beispiel "Betriebsanweisung"
4.5.3.3 Qualitätsanforderungen an die AS BUILT-Dokumentation Grundsätzlich gilt auch für Dokumentationsleistungen in Anlagenverträgen: Ein effektives Qualitätsmanagement bezüglich Kontrolle, Erfüllung und Gewährleistung setzt voraus, dass die Qualität anhand von Merkmalen/ Kriterien überprüfbar ist. Erfolgt dies nicht bzw. nicht ausreichend, fehlt dem Auftragnehmer eine klare Zielvorgabe für seine Dokumentationsleistungen und dem Auftraggeber die fachliche Bezugsbasis, um später seinen Erfüllungsanspruch und noch mehr seinen Gewährleistungsanspruch bezüglich der Dokumentation durchzusetzen.
192
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Ein Verweis auf die Einhaltung der geltenden Vorschriften und Normen bzw. des Standes der Technik reicht nicht aus. Welche Qualitätsanforderungen gegebenenfalls konkret zu vereinbaren sind, soll die Checkliste in Tabelle 4.10 veranschaulichen. Tabelle 4.10 Qualitätsanforderungen an die AS BUILT-Dokumentation (Praxisbeispiel) 1 Grundsätzliche Forderungen 1.1 Die AS BUILT-Dokumentation muss den Vorschriften und Normen, die bei der Vertragsleistung zu beachten sind, entsprechen. 1.2 Die AS BUILT-Dokumentation muss den Anlagenzustand zum Zeitpunkt der Abnahme der vertraglichen Lieferungen und Leistungen − vollständig, − widerspruchsfrei und − in Übereinstimmung mit dem ausgeführten Zustand der Anlage wiedergeben bzw. beschreiben. Ausnahmen sind zu vereinbaren. 1.3 Die AS BUILT-Dokumentation muss in Papierform und in elektronischer Form eine effiziente Nutzung, Pflege und Fortschreibung der Dokumentation ermöglichen 1.4 Die AS BUILT-Dokumentation muss alle notwendigen Unterlagen für einen bestimmungsgemäßen und sicheren Betrieb der Anlage sowie Unterlagen für eine sichere und effiziente Instandhaltung der Anlage enthalten. 1.5 Die AS BUILT-Dokumentation muss gemäß dem abgestimmten Inhaltsverzeichnis strukturiert und begrifflich (z. B. Überschriften, Bezeichnung der Dokumentenarten) gekennzeichnet sein. 2 Ganzheitlichkeit/Vollständigkeit 2.1 Die AS BUILT-Dokumentation muss alle technischen Dokumente, die insbesondere Informationen über die Ausführung, die Prüfung, den Betrieb und die Instandhaltung der Anlage enthalten, ganzheitlich beinhalten. 2.2 Außerhalb des Inhaltsverzeichnisses und der Systematik der AS BUILT-Dokumentation darf es keine weiteren technischen Dokumente geben. 2.3 Die Dokumente, die aufgrund von Rechtsverordnungen und behördlichen Auflagen bereitzustellen sind, müssen vollständig (d.h. zu 100% bei Überprüfungen) vorhanden sein. 2.4 Die Dokumente, die zum Nachweis der Anlagen- und Arbeitssicherheit sowie zum Nachweis des Gesundheits- und Umweltschutzes dienen, müssen vollständig (d.h. zu 100% bei Überprüfungen) vorhanden sein. 2.5 Die Qualitätsprüfungs- und Abnahmedokumente müssen vollständig (d. h. zu 100% bei Überprüfungen) vorhanden sein. 2.6 Die dynamischen (veränderlichen) Dokumente (z. B. R&I-Fließbilder, Aufstellungspläne, Funktions- und Schaltpläne) müssen vollständig (d.h. zu 100% bei Überprüfungen) vorhanden sein. 2.7 Alle weiteren Dokumente müssen nahezu vollständig (d. h. zu mindestens 98% bei Überprüfungen) vorhanden sein. 2.8 Nicht bzw. nichteindeutig lesbare Dokumente sowie nichtvollständige Dokumente sind de facto nicht vorhanden.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
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Tabelle 4.10 (Fortsetzung) 3 Widerspruchsfreiheit/Eindeutigkeit 3.1 Die Aussagen, die an den verschiedenen Stellen der Dokumentation zum gleichen Sachverhalt getroffen werden, müssen widerspruchsfrei sein. 3.2 Redundanzen von Dokumenten, z. B. die Ablage des gleichen Dokumentes an verschiedenen Stellen der Dokumentation, sind möglichst zu vermeiden. 3.3 In der Dokumentation (z. B. im Allgemeinen Teil) ist eine Änderungsmatrix für die in der AS BUILT-Dokumentation redundant vorhandenen Dokumente zu erstellen. 3.4 Die Begriffswahl ist eindeutig nach dem deutschen Normenwerk und dem Stand der Technik zu treffen. Synonyme sind zu vermeiden. 3.5 Die Geräte-/Herstellerdokumentationen sind so zu kennzeichnen, dass eine eindeutige Zuordnung zur Anlagenkomponente erfolgt. 3.6 Die Papierdokumente und DV-Dokumente der AS BUILT-Dokumentation mit dem gleichen Dokumentenkennzeichen müssen inhaltlich identisch sein. Im Widerspruchsfall hat das Papierdokument das Primat. 3.7 Handschriftliche Eintragungen müssen dokumentenecht sein. 4 As built-Gerechtheit 4.1 Dokumente, die − als Grundlage für wiederkehrende Prüfungen, − für eine sichere und funktionsgerechte Betriebsführung, − als Grundlage für Instandhaltungs- Erweiterungsmaßnahmen dienen, müssen umfassend und aktuell (d. h. zu 100% bei Überprüfungen) den As built-Zustand wiedergeben. 4.2 Alle anderen Dokumente müssen nahezu umfassend und aktuell (d.h. zu 98% bei Überprüfungen) den As Built-Zustand bzw. den Bestand wiedergeben. 4.3 Die As built-Revision muss durch persönliche Unterschrift mit Datum auf dem Dokument bestätigt werden. Der/das per CAD-Software gezeichnete Name/ Kürzel reicht nicht. 4.3 Die Angaben in der Dokumentation (z. B. R&I-Fließbildern, Datenblättern) müssen mit den zuordenbaren Angaben auf der Anlagenkomponente (z. B. Firmenschild, Stempel, Beschilderung) übereinstimmen. 4.4 Bewusst vorgenommene und zulässige Einschränkungen zur As builtWiedergabe sind an geeigneter Stelle in der Dokumentation zu vermerken. 5 Nutzergerechtheit/Ergänzungsfreundlichkeit 5.1 Im allgemeinen Teil der AS BUILT-Dokumentation ist eine Anleitung zu deren Nutzung anzugeben. 5.2 Im 1.Ordner der Papierdokumentation ist das Gesamtinhaltsverzeichnis der AS BUILT-Dokumentation abzulegen. 5.3 Im 1.Ordner einer Hauptgruppe (Kapitel) ist das Inhaltsverzeichnis der jeweiligen Hauptgruppe (Kapitel) anzugeben. 5.4 Jedes Dokument der As built-Dokumentation muss durch entsprechende Kennzeichnung/Beschriftung betreffs Dokumentenart, Zuordnung zur Anlagenkom-
194
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Tabelle 4.10 (Fortsetzung) ponente und Ablageort des Papierdokumentes eindeutige identifizierbar sein (sog. Selbstauskunft des Dokuments). 5.5 Jeder Ordner der AS BUILT-Dokumentation darf maximal zu 75% gefüllt sein 6 Gliederung / Systematik 6.1 Die AS BUILT-Dokumentation muss übersichtlich und logisch gegliedert sein, z.B. um die Suchzeiten zu minimieren und die Dokumentenverwaltung/-pflege zu erleichtern. 6.2 Die AS BUILT-Dokumentation ist so zu gliedern, dass eine eindeutige Zuordnung der Dokumente zu der Anlage bzw. den Anlagenteilen möglich ist. 6.3 Die Gliederungs- und Ablagesystematik sowie die Ordnung (Systematik, Beschriftung, Form) auf der Ablage-/Ordnerebene muss eindeutig und ergänzungs-freundlich sein. 6.4 Package-Unit-Dokumentationen u. ä. Teildokumentationen sollten identisch und analog zur Gesamtdokumentation strukturiert sein. 6.5 Abschnitte, die viele gleichartige Einzeldokumente enthalten, müssen nochmals strukturiert und/oder mit einem Inhaltsverzeichnis versehen werden. 7 Elektronisches Exemplar 7.1 Das Elektronische Exemplar ist in Form eines Handbuchs, mit den Datenträgern sowie einer Erläuterung (ggf. in elektronischer Form) zu übergeben. 7.2 Die auf Datenträgern (z. B. DVD) übergebenen Dokumente müssen mit Hilfe der vereinbarten Software lesbar und bearbeitbar sein. 7.2 Jeder Datenträger ist wie folgt zu beschriften: Projektname, laufende Nummer, Ersteller, Erstelldatum. 7.3 Zusammenstellung eines Gesamtverzeichnisses der übergebenen Datenträger mit Angaben pro Datenträger von: Datenträgerbezeichnung/-nummer, zugehöriges Kapitel der AS BUILT-Dokumentation, Erstelldatum, enthaltene Dateien, Gesamtumfang aller Dateien dieses Datenträgers u. ä. Ordnungsangaben. 7.4 Zusammenstellung eines Inhaltsverzeichnisses für jeden übergebenen Datenträger mit Angaben pro Datei von: Pfadbezeichnung, Dateiname, Dokumentenbezeichnung, Version, Datum der letzten Änderung, Dokumentenkennzeichen, Erstellungssoftware mit Versionsangabe, Format, Dateigröße komprimiert und/oder unkomprimiert u. ä. Ordnungsangaben. 7.5 Das Ordnungssystem, welches der Datenträger-, Dateien- und Dokumentkennzeichnung zugrunde gelegt wurde, ist nachvollziehbar zu dokumentieren.
4.5.3.4 Lieferumfang der AS BUILT-Dokumentation Manche Auftraggeber fordern im Vertrag bis zu 10 Exemplare in Papierform, ohne die Konsequenzen (Herstellungskosten, Prüfaufwand, Platzbedarf, Pflegeaufwand, Gefahr unterschiedlicher Revisionsstände usw.) im Detail zu bedenken. Mit Näherrücken des Übergabetermins wird dann häufig nochmals über die Zweckmäßigkeit dieser vielen Exemplare nachgedacht und ggf. neu entschieden.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
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In welcher Form (gegenständlich und/oder elektronisch) die angeführten Exemplare bzw. Teile der Gesamtdokumentation zum Zeitpunkt ihrer werkvertraglichen Abnahme übergeben werden, hängt insbesondere von der benötigten Rechtskraft (Beweiskraft) sowie vom erwarteten Änderungsumfang (Pflegeaufwand) ab. In Pharmaanlagen ist beispielsweise das Originaldokument in Papierform noch unverzichtbar. Analoges gilt in den meisten Fällen auch für rechtsrelevante Genehmigungs- und Sicherheitsdokumente. Nicht zuletzt beeinflusst auch der Preis die Art der Dokumentation sowie die Anzahl der Exemplare. Gemäß den praktischen Erfahrungen wird im Normalfall folgender Lieferumfang der AS BUILT-Dokumentation empfohlen, wobei die Begriffe im Glossar und in Abschn. 4.5.2, Buchstabe b) definiert sind. • Belegexemplar (in Papierform oder in nichtveränderbarer elektronischer Form als „juristische Urkunde“) • 1. Arbeitsexemplar (Papierkopie des Belegexemplars; dient neben dem Elektronischen Exemplar als Arbeitsgrundlage) • Elektronisches Exemplar (Life-cycle-Dokumente als bearbeitbare Dateien; andere Dokumente in konvertierter bzw. eingescannter Form; Inhalt und Ausführung der elektronischen Form des Dokuments muss mit der entsprechenden Papierform identisch sein ) • 2. Arbeitsexemplar (Papierkopie von Kapiteln bzw. von Abschnitten der AS BUILT-Dokumentation (R&I-Fließbilder, Schaltpläne, Betriebsanleitungen, Prüfbücher usw.), die dezentral in der Anlage (Schaltwarte, Schaltraum, Labor), in der Werkstatt (Maschinenakten) oder in Zentralbereichen (Sicherheit, Genehmigung) aufbewahrt und genutzt werden. Im Vertrag ist zu vereinbaren, welches Exemplar (Form) das Primat hat. 4.5.4 Beachtung der Dokumentation in einzelnen Projektphasen Entsprechend den Vertragsleistungen, die in den Projektphasen gemäß dem Mustervertrag in Abschn. 4.5.1.3, Tabelle 4.5 zu erbringen sind, werden wichtige spezifische Hinweise zur Beachtung der Dokumentation angeführt und erläutert. 4.5.4.1 Regelungen in Anhang PLANUNGSLEISTUNGEN Der Anhang PLANUNGSLEISTUNGEN definiert die Einzelpositionen der Ingenieurleistungen, die beide Vertragspartner i. Allg. bis zum Ende des Detail Engineering (s. Abschn. 5.4) zu erbringen haben und regelt zugleich die zugehörigen Verantwortlichkeiten. Gemäß dem engen Zusammenhang von Ingenieur- und Dokumentationsleistungen wird bezüglich seiner Ausgestaltungen empfohlen: • Die Strukturierung der Ingenieurleistungen sollte analog zur Gliederung der AS BUILT-Dokumentation erfolgen (s. Tabelle 4.11).
196
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Tabelle 4.11 Inhaltsverzeichnis des Anhangs PLANUNGSLEISTUNGEN eines Anlagenvertrags (Praxisbeispiel) 1
Allgemeine Festlegungen
2
Verfahrensplanung
4
Genehmigungs- und Sicherheitsplanung
3
3D-Modell- und Aufstellungsplanung
5
Bau- und Stahlbauplanung
6
Maschinen-, Apparate- und Package-unit-Planung
7
Rohrleitungsplanung
8
Elektrotechnikplanung
9
Prozessleittechnikplanung
10
TGA-Planung und Laborplanung
• Zur Charakterisierung der Ingenieurleistungen können die jeweiligen Dokumentenarten dienen, die dabei zu erarbeiten und zu liefern sind. Das heißt, das detaillierte Inhaltsverzeichnis dieses Anhangs ist weitgehend mit der Liste wichtiger Dokumentenarten der betrachteten Gesamtanlage identisch. Einzelpositionen, die nicht die Erarbeitung von Dokumenten beinhalten (z. B. Koordinierungstätigkeiten), sind eindeutig zu beschreiben. • Für die aufgelisteten Ingenieurleistungen ist anzugeben, ob sie vom Auftraggeber (AG) oder vom Auftragnehmer (AN) verantwortlich zu erbringen sind. Außerdem können die Mitwirkungsrechte bzw. -pflichten des jeweils anderen Partners angegeben werden. Ein mögliches Ausführungsbeispiel, in dem neben den Verantwortlichkeiten auch geregelt ist, welche Dokumente der Auftraggeber zur Freigabe bzw. Kenntnisnahme erhält, zeigt Abb. 4.4. Die Kenntnisnahme und ggf. Freigabe von Planungsergebnissen ist ein Informations- und Prüfungsrecht des Auftraggebers gemäß Artikel 5 des Mustervertrags (s. Abschn. 4.5.2, Buchstabe e)). Es ist als Qualitätssicherungsmaßnahme zu verstehen und darf nicht die Verantwortung des Auftragnehmers für seine Vertragsleistung einschränken. Mögliche Vertragsformulierungen zu diesem Sachverhalt sind: (1) Die im Anhang PLANUNGSLEISTUNGEN mit dem Vermerk F (Freigabe) gekennzeichneten Ingenieurleistungen bedürfen der Prüfung und Freigabe durch den AG. (2) Die mit dem Vermerk K (Kenntnisgabe) gekennzeichneten Ingenieurleistungen hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber zur Kenntnis zu geben. (3) Der AG ist bei festgestellten und schriftlich angezeigten Mängeln an den Ingenieurleistungen berechtigt die Freigabe zu verweigern.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag AG 1
Verfahrensplanung
1.1
Grundfließbild
1.2
Verfahrensfließbild
1.3
R&I-Fließbilder (Neuanlage)
1.4 1.5
R&I-Fließbilder (Bestand) Verfahrens-/Anlagenbeschreibungen
1.6
Produkt- und Medienspezifikationen
1.7
Sicherheitstoffdatenblätter
1.8 1.9
Massen-/Energie-/Druckbilanzen Stoffstromlisten
AN
K
197 F
1.10 Ausrüstungsdatenblätter 1.11 Ausrüstungsliste 1.12 Datenblätter für Sicherheitsarmaturen 1.13 Vorgaben für Brandschutz 1.14 Brandschutzkonzept 1.15 Explosionsschutzdokument 1.16 Vorgaben für Schallschutz 1.17 Schallschutzkonzept 1.18 PLT-Konzept
Abb. 4.4 Ingenieurleistungen zur Verfahrensplanung (Auszug) [Abkürzungen: K (an AG zur Kenntnisnahme bzw. Information) F (an AG zur Freigabe)] Der AN hat den angezeigten Mangel an der Ingenieurleistung zu beseitigen und diesen dem AG erneut zur Freigabe zu unterbreiten. Die Mangelbeseitigung gehört zur Vertragsleistung des AN. Lehnt der AN den angezeigten Mangel ab, hat er zur weiteren Vorgehensweise umgehend mit dem AG eine Abstimmung und Entscheidung herbeizuführen. (4) Die Prüfung und Freigabe durch den AG erfolgt innerhalb von 10 Tagen nach Zugang der Unterlagen durch Rückgabe der mit einem Prüf- bzw. Freigabevermerk versehenen Unterlagen an den AN. Sofern der AG nicht innerhalb dieser Frist reagiert, gelten die eingereichten Ingenieurleistungen als freigegeben. (5) Die vereinbarte Kenntnisnahme und Freigabe von Ingenieurleistungen durch den AG entbindet den AN in keiner Weise von der alleinigen Verantwortung für seine Vertragsleistung.
• Die Begriffswahl und das Begriffsverständnis der Dokumentenarten sollten so erfolgen, wie sie später in der AS BUILT-Dokumentation verwendet werden. Falls im Anlagenvertrag, z. B. in einem Anhang DOKUMENTATION, keine Liste wichtiger Dokumentenarten vereinbart ist, können die Dokumentenartenbegriffe dieses Anhangs als verbindlich für die gesamte Vertragsleistung festgelegt werden.
198
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
4.5.4.2 Regelungen in Anhang BESCHAFFUNGSLEISTUNGEN In diesem Anhang werden die Einzelpositionen des Procurements und die dafür zu erstellenden Dokumente, wie Lastenheft, Leistungsverzeichnisse, Technische Beschaffungsunterlagen (TBU), Verhandlungsprotokolle, Angebotsvergleiche, Auftragsunterlagen usw., vereinbart. Die Darstellung kann analog zu den Ingenieurleistungen (s. Abschn. 4.5.4.1, Abb. 4.4) in tabellarischer Form mit Angabe der Verantwortlichkeit sowie mit Vermerken zur Freigabe (F) und Kenntnisnahme (K) durch den Auftraggeber erfolgen. Im Engineeringvertrag ist die detaillierte Spezifizierung der Beschaffungsleistungen, wegen der Arbeitsteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, besonders ausgeprägt. Bei den zu vereinbarenden Beschaffungsleistungen sollte die Dokumentation wie folgt beachtet werden: • Die Lieferantendokumentation ist als Teil der Anfrage/Bestellung (z. B. Technische Beschaffungsunterlagen) hinsichtlich Struktur und Inhalt eindeutig zu spezifizieren. • Die Einhaltung der Vorschriften und Normen ist wichtiger Bestandteil der Vertragsleistung. Sie enthalten i. d. R. auch zahlreiche Vorgaben zur Dokumentation. Da sie zugleich Grundlage für die Qualitätsprüfung sind, sollten die Angaben möglichst detailliert und präzise sein. • In der Bestellung sind auch Vorgaben für den Prozess der Dokumentationserstellung, zu machen wie − Vorablieferungen von Dokumenten (z. B. Maßblätter, Fundamentpläne, Anschlusskoordinaten), − Termine, Haltepunkte und Freigaben von Dokumentationsleistungen, − Maßnahmen zur begleitenden Qualitätsprüfung, − Festlegungen zur Abnahme und Gewährleistung. • Grundsätzlich muss in den Vereinbarungen betreffs Beschaffungsleistungen festgelegt sein, dass generell die zugehörige Dokumentation ein Bestandteil der Lieferung ist. Dies bedeutet: − der Lieferant muss zusammen mit der Ausrüstung auch die zugehörige Dokumentation fertigstellen und ausliefern, − die Freigabeprüfung beim Hersteller vor Auslieferung muss die Dokumentation einschließen, − die Lieferkontrolle bzgl. Vollständigkeit und Unversehrtheit auf der Baustelle muss die Dokumentation einschließen, − Mängel an der Dokumentation sind Qualitätsmängel an der Lieferung, − die Rechnungsprüfung muss die gelieferte Dokumentation einschließen bzw. ohne vertragsgerecht gelieferte Dokumentation darf die Zahlung für die gelieferte Ausrüstung nicht freigegeben werden, − eigenständige DOKU-Lieferungen erfolgen analog zur Hardware generell mit Lieferschein.
4.5 Regelungen zur Dokumentation im Anlagenvertrag
199
• Im Vertrag wird i. Allg. auf detaillierte Regelungen in einer vorliegenden bzw. zu erstellenden Beschaffungsrichtlinie verwiesen. 4.5.4.3 Regelungen in Anhang BAUSTELLENABWICKLUNG In Verbindung mit der Baustellenabwicklung ist u. a. betreffs der Dokumentation zu vereinbaren: • In diesem Anhang ist zu regeln, welche Teile der Dokumentation zu den verschiedenen Meilensteinen (Baustelleneröffnung, Beginn definierter Bau- bzw. Stahlbaumaßnahmen, Beginn Grobmontage, Installation Prozessleitsystem, Loop-checks, definierter Sicherheitsprüfungen) vorliegen müssen. • Der Oberbauleiter und die Fachbauleiter sind für die notwendigen Abwicklungs- und Abnahmedokumente verantwortlich, die auf der Baustelle erarbeitet und verwaltet werden müssen (s. Abschn. 5.6). • Zu den Aufgaben des Baustellenteams gehört i. d. R. die Eingangskontrolle (Prüfung auf Übereinstimmung mit Bestellung) der Herstellerdokumentationen, die gemeinsam mit den Anlagenkomponenten auf die Baustelle zu liefern sind. • Der Oberbauleiter und die Fachbauleiter (fachspezifisch) sind für die Pflege der Ausführungsdokumente während der Bau- und Montagephase verantwortlich. Dies betrifft u. a. − die Vor-Ort-Erfassung der Änderungen im Arbeitsexemplar (z. B. als Roteintragungen in den Masterdokumenten), − die Revision des Arbeitsexemplars inkl. Herstellerdokumente gemäß den erfassten Änderungen zum Zeitpunkt MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG, − die Prüfung des revidierten Arbeitsexemplars auf vorgabegerechte Ausführung, − die Übergabe des aktuellen Arbeitsexemplars an den Inbetriebnahmeleiter. • Vorgaben an die Dokumentation, die zum Zeitpunkt: MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG (MF) vorliegen muss, um − die Rechtsvorschriften zu erfüllen, − den Sorgfaltspflichten nachkommen zu können sowie − eine vertragsgerechte und effiziente Inbetriebnahme zu ermöglichen. 4.5.4.4 Regelungen in Anhang INBETRIEBNAHME Bei der Vereinbarung der Inbetriebnahmeleistungen ist hinsichtlich der Dokumentation zu beachten: • In diesem Anhang ist zu regeln, welche Teile der Dokumentation zu den verschiedenen Meilensteinen (Schulung, Final-check, Erklärung der Betriebsbereitschaft, Beginn Leistungsfahrt) vorliegen müssen, wie z. B. − Inbetriebnahmehandbuch bzw. Projektrichtlinie INBETRIEBNAHME, − Ausbildungsprogramm und zugehörige Schulungsunterlagen, − Inbetriebnahmeanleitung,
200
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
− Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen für die Inbetriebnahme, − Brandschutz-, Alarm-, Fluchtpläne u. ä. Sicherheitsdokumente des Betriebs, − Herstellerunterlagen bzgl. Wartung, Instandhaltung, Störungsdiagnose, Ersatzteilhaltung, − Erfüllungsnachweise zum Prüfprogramm und Anfahrcheck zum Zeitpunkt: ANZEIGE der BETRIEBSBEREITSCHAFT, − Programm des Probetriebs und des Garantieversuchs. • Der Inbetriebnahmeleiter und die Inbetriebnahme-Fachingenieure sind für die Abwicklungs- und Abnahmedokumente verantwortlich, die während der Inbetriebnahme erarbeitet und verwaltet werden müssen (s. Abschn. 5.7). • Der Inbetriebnahmeleiter und die Inbetriebnahme-Fachingenieure sind für die Pflege der Ausführungsdokumente ihres Fachbereichs während der Inbetriebnahmephase verantwortlich. Dies betrifft u. a. − die Vor-Ort-Erfassung der Änderungen im Arbeitsexemplar (z. B. als Roteintragungen in den Masterdokumenten), − die Übergabe eines vollständigen und ggf. handrevidierten Arbeitsexemplars an den Auftraggeber zum Zeitpunkt: ABNAHME der ANLAGE. − die Prüfung der revidierten AS BUILT-Dokumentation auf vorgabegerechte Ausführung, − die Mitwirkung bei der Übergabe und Abnahme der AS BUILT-Dokumentation.
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement Die im Anlagenvertrag getroffenen Vereinbarungen, die mitunter auf vorliegende Richtlinien des Auftraggebers Bezug nehmen, bilden die grundlegenden Sollvorgaben für die Projektabwicklung. Sie müssen jedoch entsprechend der aktuellen Situation und dem konkreten Geschehen präzisiert werden. Dies erfolgt in vertragsspezifischen und aufgabenbezogenen Projektrichtlinien, die zum Teil für beide Vertragspartner gemeinsam, aber mitunter auch partnerintern gelten. Wichtige Festlegungen zur Dokumentation beinhalten die Projektrichtlinien: − − − − − − − −
PLANUNG und BAU von ANLAGEN (Abwicklungsrichtlinie), DOKUMENTATION (Dokumentationsrichtlinie), BESCHAFFUNG (Beschaffungsrichtlinie), QUALITÄTSMANAGEMENT, KOSTENCONTROLLING, ÄNDERUNGSLEISTUNGEN (Change Orders), BAUSTELLENABWICKLUNG, INBETRIEBNAHME.
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement
201
Im vorliegenden Abschnitt werden zunächst die sog. Dokumentationsrichtlinie sowie einzelne Projektregelungen zur Dokumentation näher betrachtet. Auf weitere Projektrichtlinien wird in Verbindung mit der Erstellung, Nutzung und Pflege der Dokumentation in den Kapiteln 5 und 6 eingegangen. 4.6.1 Projektrichtlinie DOKUMENTATION Im Anhang DOKUMENTATION zum Anlagenvertrag (s. Abschn. 4.5.3) wird i. Allg. auf eine zu erarbeitende Projektrichtlinie DOKUMENTATION verwiesen. Den möglichen Regelungsbedarf, präzisierend zum Vertrag, enthält Tabelle 4.12. Tabelle 4.12 Möglicher Regelungsbedarf für eine Projektrichtlinie DOKUMENTATION − − − − − − − − − − − −
Umsetzung von Vorgaben des Vertrags (z. B. aus Vorschriften und Normen) Umsetzung von sonstigen Vorgaben des Auftraggebers Dokumentenkennzeichnung u. a. Attribute (Papierform, Elektronische Form) Benennung/Bezeichnung der Dokumentenarten und Dokumente Gestaltungsvorgaben (Formulare, Masken, Schriftfelder, Muster u. ä.) Ablage und Archivierung Kommunikation und Workflow im Projekt Festlegungen zum angewandten Dokumenten-Management-System (DMS) Vorgaben für CAD- und CAE-Anwendungen (ggf. als spezielle Projektrichtlinie) Dokumente und Software für Kosten-, Terminkontrolle und Berichtswesen Datenübertragung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber und umgekehrt präzisierte Vorgaben zur AS BUILT-Dokumentation
Die inhaltlichen Schwerpunkte der Dokumentationsrichtlinie sollten im Vertrag angeführt sein, damit beide Partner die Konsequenzen (Kosten, Termine, Ressourcen) bereits bei den Vertragsverhandlungen berücksichtigen können. Change-Orders darf es auf Grund der ausgehandelten Richtlinie nicht geben. Darüber hinaus sind im Vertrag festzulegen, bis − wann (z. B. innerhalb von 4 Wochen nach Vertragsunterzeichnung) und − wie (z. B. Entwurf durch Auftragnehmer sowie anschließende Abstimmung und Freigabe durch Auftraggeber) die Dokumentationsrichtlinie zu erarbeiten ist. Das Inhaltsverzeichnis einer Projektrichtlinie DOKUMENTATION, die ergänzend zu dem Vertragsanhang DOKUMENTATION in Abschn. 4.5.3 erarbeitet wurde, zeigt Tabelle 4.13. In vielen Projekten gibt es zusätzlich zur Dokumentationsrichtlinie noch eine Projektrichtlinie CAD-/CAE-ANWENDUNGEN, in der u. a. die Planungstools, Datenformate, Dateikennzeichnung, Symbolbibliotheken, Layerbelegung, Farben, Stricharten, Strichstärken festgelegt werden.
202
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Tabelle 4.13 Inhaltsverzeichnis einer Projektrichtlinie DOKUMENTATION (Praxisbeispiel) 1
Grundsätzliches 1.1 Zielstellung 1.2 Begriffsdefinitionen / Abkürzungen 1.3 Sprache 1.4 Geltungsbereich
2
Ergänzungen zu Vorschriften und Normen 2.1 Hinweise zur Anwendung internationaler und nationaler Vorschriften/Standards 2.2 Hinweise zur Anwendung betrieblicher Vorschriften/Standards
3
Dokumentenkennzeichnung 3.1 Dokumentenkennzeichen des AG für Technische Dokumente 3.2 Dokumentenkennzeichen des AN für Technische Dokumente 3.3 Kennzeichnung von Schriftgut 3.4 Festlegungen zur Benennung der Dokumente
4
Formulare, Formblätter, Masken 4.1 Dokumentenvorlagen 4.2 Masken und Schriftfelder
5
Dokumentenerstellung und -verwaltung 5.1 Allgemeine Hinweise und Prozeduren 5.2 Festlegungen zur Anwendung von CAD- und CAE 5.3 Hinweise zum genutzten Dokumenten-Management-System (DMS) 5.4 Workflow zwischen AG und AN 5.5 Workflow des AG/AN mit Subunternehmen 5.6 Prüfung, Freigabe und Revision von Dokumenten 5.7 Ablage und Archivierung von Dokumenten
6
AS BUILT-Dokumentation 6.1 Qualitätsanforderungen der AS BUILT-Dokumentation 6.2 Gliederung, Inhalt und Exemplare der AS BUILT-Dokumentation 6.3 Fertigstellung und Lieferung der AS BUILT-Dokumentation 6.4 Prüfung und Abnahme der AS BUILT-Dokumentation
4.6.2 Change-Management zur Dokumentation In Projekten gilt der Grundsatz: Das Änderungsmanagement während der Projektabwicklung ist ganzheitlich unter Beachtung kommerzieller, administrativer und technischer Konsequenzen zu organisieren. Neben den monetären Aspekten muss insbesondere die Beantragung, Freigabe und inhaltliche Kommunikation der technischen Änderungen bedacht und geregelt werden.
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement
203
In Abschn. 4.5.2, Buchstabe g) wurde bereits auf die Prozedur bei Änderungen der Vertragsleistung, die letztlich zu einer Change-Order (Änderungsnachtrag) führen können, eingegangen. Diese Aspekte sind i. Allg. im Vertrag bzw. in einer Projektrichtlinie ÄNDERUNGSLEISTUNGEN gut reglementiert. Unzureichend ist jedoch nicht selten das Verhalten bei technischen Änderungen geregelt, die sich im „normalen“ Arbeits- bzw. Verbesserungsprozess ergeben und nicht kosten-, termin- und gewährleistungsrelevant sind. Oftmals werden die technischen Änderungen nicht präzise dokumentiert und nur unzureichend an alle betroffenen Personen und Unternehmen kommuniziert. Die Vorgehensweise bei technischen Änderungen, die keine Change-Orders erwarten lassen, kann u. a. in der Dokumentationsrichtlinie (s. Abschn. 4.6.1) mit erfasst werden, besser ist es aber, dies in einer separaten Projektrichtlinie CHANGE CONTROL bei TECHNISCHEN ÄNDERUNGEN zu tun (s. Tabelle 4.14). Für deren Erarbeitung werden folgende Hinweise gegeben: Tabelle 4.14 Inhaltsverzeichnis einer Projektrichtlinie „Change Control bei technischen Änderungen“ einer Pharmaanlage 1
Grundsätzliches 1.1 Zweck 1.2 Geltungsbereich 1.3 Begriffsdefinitionen / Abkürzungen 1.4 Mitgeltende Unterlagen
2
Erfassung und Umsetzung technischer Änderungen bzw. Abweichungen 2.1 Grundsätze zur Erfassung und Umsetzung 2.2 Vorgehensweise bei Erfassung und Umsetzung 2.2.1 Änderungen/Abweichungen beim ENGINEERING 2.2.2 Änderungen/Abweichungen bei der BESCHAFFUNG 2.2.3 Änderungen/Abweichungen bei BAU/MONTAGE 2.2.4 Änderungen/Abweichungen bei der INBETRIEBNAHME
Anhang Anhang 1 Ablaufdiagramm zum Change Control Anhang 2 Änderungsmeldung für Anlagenkomponenten und -dokumentation Anhang 3 Liste der Änderungsmeldungen
• Zunächst ist die Zielstellung des Change Controls grundsätzlich zu klären. Ist es beispielsweise − eine Voraussetzung für die Qualifizierung und Validierung gemäß den Grundsätzen der Good Manufacturing Practice (GMP) in Pharmaprojekten oder „nur“ − als Maßnahme zur effizienten und nachvollziehbaren Änderungserfassung und Kommunikation in nicht-GMP-relevanten Projekten zu verstehen. Im ersten Fall sollte das Change Control, vom Zeitpunkt AFD (Approved for Design – zur Detailplanung freigegeben) an, alle Änderungen und Abweichun-
204
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
gen der technischen Ausführung (inkl. Prozessleitsystem) der Pharmaanlage erfassen, sodass eine nachvollziehbare Basis für die Design Qualification (DQ) und die weiteren Qualifizierungsschritte gegeben ist. Im anderen Fall kann der Startzeitpunkt und der Umfang der Change ControlMaßnahmen vorrangig aus wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Gesichtspunkten entschieden werden. • Beim Change Control sollte unterschieden werden zwischen Änderungen und Abweichungen gemäß folgender Begriffsdefinitionen: Änderungen sind bewusst vorgenommene Veränderungen gegenüber den vorangegangenen freigegebenen Status. Sie können insbesondere durch Verbesserungs-, Detaillierungs- und Korrekturmaßnahmen begründet sein. Abweichungen sind ungeplante Veränderungen, die während der Projektabwicklung erfasst werden. Sie können insbesondere durch mangelhafte Lieferungen und Leistungen, durch zusätzliche behördliche Forderungen oder durch Versicherungsschäden verursacht sein.
• Ausgehend von der Notwendigkeit des Change Controls ist festzulegen: − Wird für alle Ausrüstungsarten eine gemeinsame Change Control-Richtlinie erarbeitet oder werden die Änderungen des Prozessleitsystems inkl. der Software separat behandelt? − Welche der technischen Änderungen bzw. Abweichungen werden erfasst? − Wer ist für die Erfassung verantwortlich und in welcher Form erfolgt diese? − Welche technischen Dokumente (Anlagendokumente) und sonstigen Dokumentenarten der Liste wichtiger Dokumentenarten (LwD) sind vom Change Control betroffen? − Wie werden die Änderungen bzw. Abweichungen in den betroffenen Dokumenten eingetragen (z. B. in das Master-Papierdokument oder in die Master-Datei? − Ab welchem Zeitpunkt (Meilenstein) der Projektabwicklung ist die Erfassung der Änderungen bzw. Abweichungen gemäß der Change Control-Richtlinie zwingend? − Wie erfolgt die organisatorische Umsetzung der erfassten Änderungen bzw. Abweichungen in der Projektarbeit? • Grundsätzlich muss geklärt sein, dass eine erfasste Änderung bzw. Abweichung erst dann in der Projektarbeit pflichtgemäß zu beachten ist, wenn sie vom Verantwortlichen offiziell schriftlich freigegeben ist. • Der Ablaufplan für das Change Control im Projekt ist analog zum Ablaufplan bei der Pflege der Dokumentation während des Dauerbetriebs zu sehen (s. Abschn. 6.3).
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement
205
4.6.3 Qualitätssicherung der Dokumentationsleistungen Die Qualitätssicherung der Vertragsleistung ist für jeden Projektleiter eine enorme Herausforderungen, in vielen Fällen schwieriger einzuhalten als Budget und Termine. Dies gilt insbesondere für die Dokumentationsleistungen, da sie häufig gegenüber der Anlage vernachlässigt und unterschätzt werden. Im ersten Schritt muss die Qualität zunächst anhand von Merkmalen definiert werden. Wie dies geschehen sollte, wurde bereits im Abschn. 3.5 für die Hersteller- bzw. Lieferantendokumente und im Abschn. 4.5.3 für die AS BUILTDokumentation gemäß Anlagenvertrag dargelegt. Ferner wird postuliert, dass die entsprechenden Vorgaben und Leistungen in der Angebotsphase ausreichend kommuniziert sowie in der Bestellung bzw. im Vertrag eindeutig vereinbart wurden. Die Frage lautet nun: Welche Qualitätssicherungsmaßnahmen sind während der Abwicklung geeignet und notwendig, um die vereinbarten Qualitätsmerkmale der Dokumentationsleistungen (-produkte) zu erreichen? Die Antwort soll zusammengefasst in Form von Thesen mit Erläuterungen gegeben werden. 1. These: Der Auftraggeber muss die im Auftrag fixierten Rechte und Pflichten bei der Prüfung, Freigabe und Abnahme von Leistungen und zugehörigen Dokumenten gewissenhaft wahrnehmen. Bemerkung: Dazu gehören insbesondere Prüfungen und Freigaben: – – – – – – – –
von Ingenieurleistungen (s. Abschn. 4.5.4.1) und zugehörigen Dokumenten, auch bei Herstellern von Package-units und Einzelausrüstungen, von Procurementleistungen (s. Abschn. 4.5.4.2) und den zugehörigen Dokumenten, von Konstruktionszeichnungen zur Fertigung, von Anlagenkomponenten inkl. der Dokumente zum Versand, von Anlagenkomponenten inkl. notwendiger Montageanweisungen zur Montage, von der Anlage inkl. zugehöriger Dokumentation zur Inbetriebnahme und zum Anfahren, zur werkvertraglichen Abnahme der Anlage und der AS BUILT-Dokumentation, sonstiger Zahlungsmeilensteine inkl. zugehöriger Dokumentation.
2. These: Je nach Umfang, Kompliziertheit und Wichtigkeit sind die Beschaffungsvorgänge in Kategorien einzuteilen, für die „zwischen AG und AN standardisierte“ Prüf- und Freigabeprozedere zu vereinbaren sind. Diese Prozeduren sollten als Verfahrensanweisungen des betrieblichen QM-Systems formuliert und für den Beschaffungsprozess als verbindlich freigegeben werden.
206
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Abb. 4.5 Checkliste zur Qualitätsprüfung eines Apparats (Druckgerät) beim Hersteller und für die Freigabe zum Versand auf die Baustelle
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement
Abb. 4.5 (Fortsetzung)
207
208
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement Bemerkung: Beispielsweise können bei Package-units ein Kick-off-Meetings und die Freigabe der R&I-Fließbilder vereinbart werden, während Standardausrüstungen ggf. ohne Freigabe des AG ausgeliefert werden.
3. These: Für die fundierte inhaltliche Durchführung und Protokollierung der o. g. Prüfungen und Freigaben sind Checklisten zu erarbeiten und zu nutzen. Bemerkung: In der Praxis werden die o. g. Prüfungen oftmals nach „besten Wissen und Gewissen“ sowie gemäß den personellen und zeitlichen Möglichkeiten durchgeführt. Nicht selten werden Mängel übersehen. Die Checklisten nutzen auch die Erfahrungen Anderer und verringern den Prüfaufwand. Die vorherigen Abbildungen 4.5 zeigen eine mögliche Checkliste.
4. These: Jeder Auftragnehmer (AN) hat im Zeitraum von 2 bis 4 Wochen nach Eingang des rechtskräftigen Auftrags (Bestellung bzw. Anlagenvertrag) dem Auftraggeber (AG) für seine Vertragsleistung einen ganzheitlichen Qualitätssicherungsplan (inkl. Dokumentation) vorzulegen. Bemerkung: Damit wird der AN gezwungen, sich mit der Qualitätssicherung zu beschäftigen und sich zu offenbaren. Der AG kann sich selbst ein „Bild machen“ und unter Nutzung seiner grundsätzlich vereinbarten Informations- und Prüfungsrechte (s. Abschn. 4.5.2, Buchstabe e)) sowie unter Berücksichtigung der im Vertrag vereinbarten Freigaben angemessen reagieren.
5. These: Das Erfassen und Verwalten (melden, abarbeiten, abmelden, prüfen) der festgestellten Qualitätsmängel an der Anlage und Dokumentation ist professionell zu organisieren (s. Abschn. 4.6.4.) Mängel- bzw. Restpunktlisten müssen „per Knopfdruck“ und zugeordnet nach Verantwortungs- und Fachbereichen erstellt werden können. Bemerkung: Jeder Mangel sollte in Form einer separaten Mangelmeldung (s. Abb. 4.6) erfasst und im System gespeichert werden. Ein formales, elektronisches Mangelerfassungssystem inkl. einer Datenbank lässt keine „Schlupflöscher“ und gestattet sehr schnell einen Überblick zum Sachstand, z. B. zwecks Frei-/Nichtfreigabe von Zahlungen.
6. These: Das Erstellen und Handling von Dokumenten im Projekt ist konsequent gemäß den Qualitätsmanagementregeln beider Partner vorzunehmen. Dies betrifft insbesondere die schriftliche Bestätigung durch den ERSTELLER–PRÜFER−FREIGEBER auf den Engineering- und Procurementdokumenten. Bemerkung: Die firmeninterne Qualitätssicherung muss von den Verantwortungsträgern konsequent durchgesetzt und in der Projektarbeit „gelebt“ werden.
7. These: Die Unternehmen müssen ihre Führungskräfte und Mitarbeiter auf dem Fachgebiet „Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen“ verstärkt fortbilden.
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement
209
Bemerkung: Die Wissensunterschiede im Umgang mit der Technik und der Dokumentation sind zum Teil frappierend. Sie sind auch eine Ursache, dass die Dokumentationsbelange nicht selten verdrängt werden. Das Einbinden eines „Spezialisten für Dokumentation“ in das Projektteam ist i. Allg. hilfreich, reicht aber nicht aus.
Abb. 4.6 Musterformular für Mangelmeldung zur Dokumentation
210
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
Zusammenfassend ist festzustellen: • Die Qualitätssicherung von Anlage und Dokumentation ist während der Projektlaufzeit ganzheitlich durchzusetzen. • Mängel in der Dokumentation müssen zeitnah zu ihrer Erstellung erkannt und beseitigt werden. Die häufig anzutreffende “nachträgliche Reparatur“ an der Dokumentation ist für alle Beteiligte unwirtschaftlich. • Durch ein professionelles Dokumenten- und Qualitätsmanagement können in den meisten Projekten erhebliche Kosten eingespart werden. 4.6.4 Prüfung der AS BUILT-Dokumentation Im Weiteren wird vorausgesetzt, dass die Gesamtdokumentation in die Qualitätskontrollen gemäß Abschn. 4.6.3 einbezogen war. Die Änderungen während der Inbetriebnahme sind erfasst und ggf. sofort in das Vor-Ort-Arbeitsexemplar eingepflegt worden. Aufbauend auf dem revidierten Arbeitsexemplar wurde die AS BUILTDokumentation gemäß den Ausführungen in Abschn. 5.8 fertig gestellt und an den Auftraggeber geliefert. Ist die AS BUILT-Dokumentation an den Auftraggeber übergeben, muss dieser diese Vertragsleistung überprüfen, um ggf. bis zur Abnahme und Vergütung seinen Erfüllungsanspruch (z. B. auf Nachbesserung) wahrnehmen zu können. Grundsätzlich erfordert eine fundierte und nachvollziehbare Prüfung zwei Voraussetzungen. Einerseits müssen die Qualitätsanforderungen an die AS BUILTDokumentation (s. Abschn. 4.5.3.3) definiert sein und zum anderen muss die Vorgehensweise während der Prüfung feststehen. Letzteres kann z. B. als Projektrichtlinie bzw. als Verfahrensanweisung im QM-System schriftlich formuliert werden. Das Inhaltsverzeichnis einer Projektrichtlinie „Prüfung der AS BUILT-Dokumentation“, die für eine große Pharmaanlage erstellt wurde, enthält die folgende Tabelle 4.15. Tabelle 4.15 Inhaltsverzeichnis einer Projektrichtlinie „Prüfung der AS BUILT-Dokumentation (nur Papierform und ohne Qualifizierungsdokumente) einer Pharmaanlage 1
Zweck
2
Geltungsbereich
3 3.1 3.2
Abkürzungen und Definitionen Abkürzungen Definitionen
4
Mitgeltende Dokumente
5 5.1 5.2
Durchführung der Qualitätsprüfung Voraussetzung für den Beginn Erläuterung der prinzipiellen Vorgehensweise
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement
211
Tabelle 4.15 (Fortsetzung) 5.3 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.4.1 5.4.4.2 5.4.5 5.4.6 5.5
Vorprüfung (Auditierung) Hauptprüfung Belegexemplar Weitere Exemplare Festlegung der Dokumente für 100%-Prüfung Auswahl einer repräsentativen Stichprobe Ermittlung des Stichprobenumfangs Stichprobenauswahl Durchführung und Protokollierung der Prüfung Vorgehensweise bei Qualitätsmängeln in der Stichprobe Nachbesserung und Nachprüfung
6
Auswertung der Qualitätsprüfung und Verantwortlichkeiten
7
Stufenplan zur Durchführung und Auswertung der Prüfungen
Beilage Formblatt „Meldungen Prüfung AS BUILT-Dokumentation“
Die Prüfung konzentrierte sich zunächst auf das Belegexemplar (s. Abschn. 4.5.3.4) in Papierform und verlief in folgenden vier Hauptschritten: 1. Schritt: Vorprüfung des Belegexemplars Erfüllungskontrolle grundlegender Qualitätsanforderungen betreffs Inhalt, Nutzung und Verwaltung der AS BUILT-Dokumentation durch Auditierung.
2. Schritt: Hauptprüfung des Belegexemplars Erfüllungskontrolle aller Qualitätsanforderungen durch Detailprüfung auf Ordner- bzw. Dokumentenebene. Dazu wurde im Team festgelegt: – welche Dokumente einer 100%-Prüfung und welche einer Stichprobenprüfung unterzogen werden, – wie groß der Stichprobenumfang entsprechend der Gesamtzahl zu prüfender Einzeldokumente und der gewünschten Treffergenauigkeit sein muss (z. B. mittels statistischer Methoden), – wie die repräsentative Stichprobe für die Prüfung zu entnehmen ist, – wie zu verfahren ist, wenn die Stichprobe nicht die zugesicherten Eigenschaften (Qualitätsanforderungen) erfüllt. Festgestellte Mängel wurden mit Hilfe des Formulars in Abb. 4.6 erfasst, an den Auftragnehmer gemeldet und mit ihm abgestimmt.
3. Schritt: Nachbesserung aller Exemplare Beseitigung der zum Zeitpunkt „Übergabe AS BUILT-Dokumentation“ bekannten und angeführten Restpunkte zur Dokumentation sowie der vom Auftraggeber während der Prüfung festgestellten, angezeigten und abgestimmten Mängel durch den Auftragnehmer. Abmeldung des behobenen Mangels unter Nutzung des Formulars in Abb. 4.6.)
212
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement
4. Schritt: Nachprüfung Erfüllungskontrolle der Nachbesserung und gegebenenfalls Abmelden der erfolgten Mangelbeseitigung in der Datenbank.
Anschließend erfolgte eine stichprobenartige Identitätsprüfung aller anderen Exemplare im Vergleich zum qualitätsgerechten Belegexemplar. (s. Abschn. 4.5.3.4) Nachbesserungen wurden von Anfang an in allen Exemplaren (inkl. dem Elektronischen Exemplar) vorgenommen. Für die Prüfung des Elektronischen Exemplars gab es eine extra Richtlinie. Änderungen an der Dokumentation, die aus technischen Maßnahmen resultierten, wurden während des Prüfzeitraumes in den Change-Control-Vorgängen gespeichert und erst nach Abnahme der AS BUILT-Dokumentation eingepflegt. 4.6.5 Abnahme der AS BUILT-Dokumentation Die werkvertragliche Abnahme der AS BUILT-Dokumentation sollte, wie bereits im Abschn. 4.5.2, Buchstabe j) begründet, abgekoppelt von der Anlagenabnahme erfolgen. Die konkreten Voraussetzungen und Bedingungen für die Abnahme sind im Vertrag zu regeln. Dazu gehören u. a.: − − − −
Nachweis der vollständigen Lieferung gemäß Vertrag, Nachweis der qualitätsgerechten Lieferung gemäß Vertrag, Prüffrist des Auftraggebers, Abstimmung der Restpunktliste zur AS BUILT-Dokumentation, inkl. der Termine für deren Erledigung, − Abstimmung zur Gewährleistung für die AS BUILT-Dokumentation, inkl. der zugehörigen Gewährleistungsvoraussetzungen. Das Praxisbeispiel eines Abnahmeprotokolls für die AS BUILT-Dokumentation enthält Abb. 4.7. Im konkreten Praxisbeispiel wurden in das Protokoll bewusst noch ergänzende Erklärungen des Auftragnehmers aufgenommen, da zu diesen Fragen im Anlagenvertrag keine Aussagen gemacht waren. Für die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit der AS BUILT-Dokumentation hat der Auftragnehmer nach deutschem Recht gemäß BGB, § 634a (s. Zitat in Abschn. 2.5.3) zu gewährleisten, da die Dokumentationsleistungen zu den im BGB angeführten Planungsleistungen gehören. Dies bedeutet, wenn nicht anders vereinbart, eine Gewährleistungsdauer von 5 Jahren für die Baudokumente und von 2 Jahre für alle anderen Dokumente. Dabei bezieht sich die Gewährleistung im Normalfall auf den Zustand des Belegexemplars zum Abnahmezeitpunkt der AS BUILT-Dokumentation.
4.6 Beachtung der Dokumentation beim Projektmanagement LOGO AG
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LOGO AN PROTOKOLL über die ABNAHME der AS BUILT-Dokumentation
Projekt: Auftraggeber: Auftrags-Nr. des AG: Auftragnehmer: Auftrags-Nr. des AN: Kurzbeschreibung der Lieferungen und/oder Leistungen:
1. Die in ... Exemplaren übergebene AS BUILT-Dokumentation (in Papierform) ist bis auf die in Beilage A zu diesem Protokoll aufgeführten Restpunkte vertragsgemäß. 2. Die in ... Exemplaren in Form eines Handbuches „Elektronische Dokumentation“ auf Datenträgern übergebene AS BUILT-Dokumentation (Elektronische Version) ist bis auf die in Beilage B zu diesem Protokoll aufgeführten Restpunkte vertragsgemäß. 3. Die übergebene AS BUILT-Dokumentation umfasst ganzheitlich alle technischen Dokumente der Anlage. Außerhalb dieser Dokumentation gibt es keine weiteren technischen Dokumente. 4. Die AS BUILT-Dokumentation entspricht den gesetzlichen Bestimmungen sowie den gültigen Regelwerken. 5. Für die Erledigung der Restpunkte gemäß Beilagen A und B sowie noch zu beseitigender Mängel an der AS BUILT-Dokumentation, die im Gewährleistungszeitraum begründet angezeigt werden, trägt der Auftragnehmer die Kosten. 6. Mit der übergebenen AS BUILT-Dokumentation besitzt der Auftraggeber alle notwendigen Unterlagen für einen bestimmungsgemäßen und sicheren Betrieb sowie zur Inspektion, Wartung und Instandsetzung der Anlage. 7. Bei Beachtung der in der AS BUILT-Dokumentation dargelegten Sachverhalte einschließlich Hinweise sind während des Betriebes die Sicherheit gewährleistet und eine Gefährdung von Leben und Gesundheit der Beschäftigten sowie der Umwelt ausgeschlossen. 8. Die übergebene AS BUILT-Dokumentation gibt dem Betreiber die Voraussetzung zur Beherrschung aller vorhersehbaren Störfallrisiken. Bis zum Zeitpunkt der Abnahme wurde die o. g. AS BUILT-Dokumentation, soweit wie möglich seitens des Auftraggebers einer Vorprüfung unterzogen. Dabei wurde folgendes Ergebnis festgestellt: Bei der Prüfung haben sich keine erkennbaren Mängel ergeben.
1)
Bei der Prüfung haben sich die in der Beilage zu diesem Protokoll aufgeführten Restleistungen/Restpunkte ergeben, die jedoch nach heutiger Beurteilung die Sicherheit und Betriebsfähigkeit der Anlage nicht beeinträchtigen.
Die Restleistungen/Restpunkte werden innerhalb der jeweils angegebenen Fristen beseitigt. 1)
214
4 Beachtung der Dokumentation im Anlagenvertrag und beim Projektmanagement Gegen die Aufnahme des kommerziellen Dauerbetriebes für die zugehörige Anlage/Teilanlage bestehen aus Sicht der notwendigen AS BUILT-Dokumen-tation keine Bedenken. Die in der Beilage C zu diesem Protokoll angeführten Festlegungen sind zu be1) achten.
Hiermit wird die Abnahme der o. g. AS BUILT-Dokumentation im Rechtssinn (§ 640 BGB) ausgesprochen. Die Gewährleistung für die AS BUILT-Dokumentation beginnt am……..… und endet am ………... Der Auftraggeber behält sich die Geltendmachung etwa verwirkter Vertragsstrafen oder entsprechender Zahlungen hiermit vor.
Ort:
Datum:
Auftragnehmer
Auftraggeber
1) Zutreffendes ankreuzen
Abb. 4.7 Protokoll über die Abnahme der AS BUILT-Dokumentation im Rechtssinn (nach § 640 BGB) (Praxisbeispiel)
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Bei der Vorbereitung und Abwicklung von Anlageninvestitionen erfüllen die Dokumentation und die zugehörigen Dokumente hauptsächlich vier Aufgaben, die Grundlage sind für: – das Vorbereiten und Herbeiführen einer begründeten Entscheidung über die Anlageninvestition, – das Einholen der Genehmigung für Errichtung und Betrieb der Anlage, – die Herstellung der Anlage sowie für – die Vorbereitung und Durchführung der Anlageinbetriebnahme. Zugleich entstehen im Ergebnis der angeführten Aufgabenerfüllung zahlreiche neue Dokumente, die letztlich in der Projekt- bzw. AS BUILT-Dokumentation abgelegt/gespeichert werden. Im verfahrenstechnischen Anlagenbau ist der Projektablauf im klassischen Fall zweigeteilt (s. Abb. 5.1). vorläufig
Durchführbarkeitsstudie/ Grundlagenermittlung
endgültig
Verfahrens entwicklung / Vorplanung Entwurfsplanung/ Genehmigungsplanung/ Kostenermittlung Ausführungsplanung
Beschaffung
wiederholte Vorkalkulationen mit zunehmendem
Bau / Montage
Genauigkeitsgrad und steigenden Kosten Inbetriebnahme
Konzept--/Entscheidungsabschnitt Konzept
Abb. 5.1 Phasen des Projektablaufs
Ausführungs -/Abwicklungsabschnitt -/Abwicklungsabschnitt
216
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Zunächst wird ein Konzept- bzw. Entscheidungsabschnitt sowie anschließend nach der Investitionsentscheidung ein Ausführungs- bzw. Abwicklungsabschnitt durchlaufen. Innerhalb beider Abschnitte gibt es wiederum verschiedene Projektphasen, die die einzelnen Tätigkeiten während der Herstellung der Anlagen inhaltlich beschreiben. • Konzept- bzw. Entscheidungsabschnitt Ausgehend von der Aufgabenstellung (Lastenheft) ist letztlich die Entwurfsplanung (Basic Engineering) durchzuführen. Die Dokumente (Planungstiefe) des Basic Engineering müssen die Genehmigungsplanung und die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zur Anlageninvestition ermöglichen. Sie müssen zugleich ausreichende Vorgaben für den 2. Projektabschnitt zur Anlagenrealisierung machen. Da der 1. Projektabschnitt vor der verbindlichen Investitionsentscheidung liegt, wird er als „vorläufig“ bzw. „vorbereitend“ charakterisiert. • Ausführungs- bzw. Abwicklungsabschnitt Sobald die Investition freigegeben und die behördliche Genehmigung erteilt sind, kann die Anlagenrealisierung erfolgen. Diese beginnt zunächst mit der Ausschreibung bzw. Anfrage zu den festgelegten Leistungspaketen, z. B. Ausführungsplanung und technische Realisierung getrennt (als Engineeringvertrag) oder in einem Paket (als Generalvertrag). Nach Abschluss der notwendigen Anlagenverträge erfolgen die vereinbarte Detailplanung und die Realisierung der Anlage. Der 2. Projektabschnitt endet i. Allg. mit der werkvertraglichen Abnahme der Vertragsleistung.
5.1 Phasenmodell beim Planen und Errichten verfahrenstechnischer Anlagen Der Lebenszyklus verfahrenstechnischer Anlagen wird in sog. Lebensphasen unterteilt [5−1] [3−3] [3−11]. Mögliche grafische Darstellungen des Phasenmodells für Planung und Errichtung verfahrenstechnischer Anlagen zeigen Abb. 5.1 und die nachfolgende Abb. 5.2. Der gesamte Projektablauf entsprechend Abb. 5.1 wird i. Allg. in neun Einzelphasen untergliedert, die wie folgt charakterisiert sind: Phase 1: Grundlagenermittlung Erarbeiten der Aufgabenstellung/des Lastenhefts; Festlegung der Projektziele bezüglich Produkt, Kapazität, Kosten, Termine; Festlegung der Projektorganisation; Vorgabe sonstiger Rahmenbedingungen, wie z. B. Verfahren oder Beistell-/ Mitwirkungsleistungen des Auftraggebers
5.1 Phasenmodell beim Planen und Errichten verfahrenstechnischer Anlagen
217
Projektstart Grundlagenermittlung Die durchführbare Anlage
Basic Design Die ausgewählte Anlage
Basic Engineering Die genehmigungsfähige und ausschreibbare Anlage
Detail Engineering Die herstellbare Anlage
Errichtung Die funktionsfähige Anlage
Inbetriebnahme Die produktionsfähige Anlage
Projektabschluss Abb. 5.2 Übersicht zum Projektablauf im verfahrenstechnischen Anlagenbau
Phase 2: Vorplanung (Basic Design/Preliminary Planning/Pre-Engineering Erarbeiten projektspezifischer, insbesondere kapazitäts- und standortbezogener Verfahrensunterlagen sowie von prinzipiellen Vorgaben zum Anlagenkonzept und zur Projektabwicklung. Auf Basis des Lastenhefts werden: – Lösungsalternativen für das Verfahren, die Technik und die Projektabwicklung erarbeitet, – die Lösungsalternativen beurteilt und eine Vorzugsvariante ausgewählt, – der ausgewählte Lösungsvorschlag begründet und dokumentiert. Bei Bauvorhaben gemäß HOAI [4−2] werden die Kosten für die Vorplanung mit ca. 11 % des Gesamthonorars angegeben (s. Tab. 4.3 in Abschn. 4.3).
Phase 3: Entwurfsplanung (Basic Engineering) (s. Abschn. 5.2) Phase 4: Genehmigungsplanung (Planning local authority documentation) (s. Abschn. 5.3) Phase 5: Planung für Investitionsentscheidung (Cost estimation) Ermitteln der Investitionskosten inkl. Engineering; Ermittlung der Betriebs und Instandhaltungskosten; Durchführung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen; Vorbereiten der Investitionsentscheidung
218
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Phase 6: Ausführungsplanung (Detail Engineering) (s. Abschn. 5.4) Phase 7: Beschaffung (Procurement) (s. Abschn. 3.5 und 5.5) Phase 8: Bau und Montage (Construction (s. Abschn. 5.6) Phase 9: Inbetriebnahme (Commissioning) (s. Abschn. 5.7)
5.2 Dokumentenerstellung im Basic Engineering Das Basic Engineering (Entwurfsplanung) beinhaltet die Erarbeitung eines verbindlichen Gesamtentwurfes (Verfahren und Technik) für die Anlage sowie für die Abwicklung des Projektes. Es umfasst insbesondere die verfahrenstechnische Planung (Synonym: Prozessplanung) und liefert die Aufgabenstellung bzw. Vorgaben für die Fachplanungen. Im Basic Engineering (verkürzt: „Basic“) wird die während der Vorplanung ausgewählte Lösungsvariante insgesamt planerisch vertieft (entworfen), sodass – eine Investitionsentscheidung fundiert vorbereitet, – die Genehmigungsplanung behördengerecht durchgeführt und – gegebenenfalls die Fach- bzw. Ausführungsplanung begonnen werden können. Bei Bauvorhaben gemäß HOAI [4−2] werden die Kosten für die Entwurfsplanung mit ca. 15 % des Gesamthonorars angegeben (s. Tab. 4.3 in Abschn. 4.3). In der Praxis erfolgt nicht selten die Vor- und Entwurfsplanung in einem Vorgang, da beispielsweise keine ausgeprägte Variantenbetrachtung erforderlich ist. Die Projektphasen 2 und 3 verschmelzen dann. Das Basic Engineering wird aus Know-how-Gründen oftmals vom Auftraggeber eigenverantwortlich durchgeführt. Er bildet zu diesem Zweck ein Arbeitsteam, ggf. unter Einbeziehung externer Spezialisten, das unter seiner Leitung die Basic Engineering-Dokumentation erarbeitet. Mitunter wird das Basic Engineering auch an ein Ingenieurbüro „nach außen“ vergeben und im Rahmen eines Engineeringvertrags erarbeitet. Das gleiche Ingenieurbüro bemüht sich u. U. später um den Auftrag zum Detail Engineering und ggf. auch um den zur Anlagenrealisierung. Bei einer zweigeteilten Projektabwicklung gemäß Abb. 5.1 bildet die Basic Engineering-Dokumentation die Grundlagen für den späteren Anlagenvertrag. Sie muss aus diesem Grund besonders ausführlich und präzise sein. Man spricht in diesen Fall auch von einem „Extended Basic“. In Tabelle 5.1 sind typische Arbeitsaufgaben und Dokumente eines erweiterten Basic Engineering angeführt.
5.2 Dokumentenerstellung im Basic Engineering
219
Tabelle 5.1 Aufgaben und Dokumente des Basic Engineering (Praxisbeispiel) 1
Verfahrensgrundlagen 1.1 Entwurfsdaten (Kapazität, Ausbeuten, Betriebsbedingungen u. ä.) 1.2 Produkte 1.3 Medien und Energien 1.4 Angaben zu Anlagengrenzen, spezifische Standortbedingungen u. ä 1.5 Anforderungen zu GSU (Gesundheit−Sicherheit−Umweltschutz) 1.6 Vorgaben zu Gewährleistung und Garantien
2
Design Basis (Zusammenstellung der Ergebnisse und Vorgaben aus der Vorplanung)
3
Verfahrenstechnische Planung 3.1 Fließbildarbeit (Verfahrens- und R&I-Fließbilder) 3.2 Verfahrens- und Anlagenbeschreibung 3.3 Stoff- und Mengenbilanzen, Verbrauchzahlen, Versorgungskonzept 3.4 Energiebilanzen, Verbrauchszahlen, Energiekonzept 3.5 Auslegungsdrücke und -temperaturen, Druckstufen 3.6 Verfahrenstechnische Auslegung der Hauptausrüstungen 3.7 Vorgaben für Werkstoffeinsatz und Oberflächenschutz 3.8 Ausrüstungslisten und -datenblätter inkl. Entwurfsskizzen
4
3D-Modell- und Aufstellungsentwurfsplanung 4.1 Entwurf Lageplan 4.2 Anlagenlayoutplanung (Anordnung von Teilanlagen, Gebäuden, Straßen, Trassen, Flucht- und Zufahrtswegen, Lager- und Freiflächen usw.) 4.3 3D-Anlagenentwurf mit Positionierung der Hauptelemente 4.4 Grobaufstellungsplanung (u. a. als Basis für Genehmigungsantrag, Gefahrenzonenpläne)
5
Fachspezifische Entwurfsplanung 5.1 Bauentwurf 5.2 Entwurfplanung für Rohrleitungen (Rohrklassen, kritische Rohrleitungen, Konzeption für Stressberechnung u. ä.) 5.3 Prozessleittechnische Entwurfsplanung (MSR, PLS) 5.4 Elektrotechnische Entwurfsplanung 5.5 Entwurfsplanung für Technische Gebäudeausrüstung 5.6 Entwurfsplanung von Spezialgewerken (z. B. Nachrichten-, Analysentechnik)
6
Konzept für GSU (Gesundheit−Sicherheit−Umweltschutz) 6.1 Sicherheitsbetrachtungen in Vorbereitung des Genehmigungsantrags (z. B. ggf. Sicherheitsanalyse n. Störfallverordnung [3−8], Ausbreitungsrechnung, Notentspannungskonzept) 6.2 Explosionsschutzdokumente inkl. Gefahrenzonenpläne 6.3 Liste der Gefahrstoffe mit Mengenangaben, Stoffdatenblättern 6.4 Brandschutzkonzept 6.5 Entsorgungskonzept 6.6 Schallschutzkonzept
7
Bedienungskonzeption
8
Instandhaltungskonzeption
220
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Tabelle 5.1 (Fortsetzung) 9
Sonstige Vorgaben und Hinweise für Ausführungsplanung
10
Beschaffungskonzeption (inkl. Bau, Montage, Inbetriebnahme)
11
Vorbereiten der Bestellungen terminkritischer Lieferungen/Leistungen
12
Angaben zum Projektmanagement (Organisation, Controlling)
13
Angaben zum Herbeiführen einer Investitionsentscheidung
5.3 Erarbeiten des Genehmigungsantrags Die behördliche Genehmigung stellt die Errichtung und den Betrieb von Anlagen auf eine gesicherte Rechtsgrundlage. Die berechtigten Interessen der Allgemeinheit und die Belange des Anlagenbetreibers werden im Genehmigungsverfahren geprüft, gegeneinander abgewogen und soweit wie möglich ausgeglichen. Verantwortlich für den Genehmigungsantrag und die Einholung der Genehmigung ist i. d. R. der Bauherr oder Anlagenbetreiber. Die Genehmigungsdokumentation obliegt somit der Verantwortung des Auftraggebers, unabhängig davon, wie umfangreich der Auftragnehmer daran mitwirkt. Entsprechend wird der Auftraggeber, z. B. durch eine zentrale Abteilung oder durch den Betreiber, die Genehmigungsdokumentation auch selbst verantwortlich pflegen und verwalten. Die Genehmigung unterliegt der nationalen Gesetzgebung. Die weiteren Ausführungen gelten und beschränken sich auf den Standort Bundesrepublik Deutschland, wobei generell gilt: Verfahrenstechnische Anlagen sind in der Mehrzahl aller Fälle genehmigungsbedürftig.
5.3.1 Übersicht zu Genehmigungsverfahren für verfahrenstechnische Anlagen [3−6] [3−7] a) Genehmigungen nach Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG [2−13] • Verfahrenstechnische Anlagen sind in vielen Fällen auf der Grundlage des BImSchG zu genehmigen. Genehmigungen sind für alle Anlagen erforderlich, auf die die Merkmale, wie sie im BImSchG bzw. der 4. BImSchV [2−33] festgelegt sind, zutreffen. In der 4. BImSchV, § 1 wird dazu ausgeführt: Die Errichtung und der Betrieb der im Anhang (zu dieser Verordnung - d. Verf.) genannten Anlagen bedürfen einer Genehmigung, soweit den Umständen nach zu erwarten ist, dass sie länger als während der zwölf Monate, die auf die Inbetriebnahme folgen, an demselben Ort betrieben werden.
5.3 Erarbeiten des Genehmigungsantrags
221
Im Wesentlichen sind die angeführten, nach BImSchG genehmigungspflichtigen Anlagen dadurch charakterisiert, dass von ihnen umweltrelevante Emissionen ausgehen können. • Wegen der hervorragenden Bedeutung der Genehmigung nach dem BImSchG für verfahrenstechnische Anlagen wird in Abschn. 5.3.2 das Genehmigungsverfahrens nach BImSchG näher betrachtet. b) Wasserrechtliche Genehmigungsverfahren nach Wasserhaushaltsgesetz WHG [5−10][3−45] • Für den Gewässerschutz enthält das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) als Rahmengesetz u.a. Regelungen zum ordnungsgemäßen Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, insbesondere beim Betrieb von Anlagen zum Umgang mit solchen Flüssigkeiten und Gasen in Rohrleitungen und beim Einleiten von Stoffen in Gewässer bzw. die öffentliche Kanalisation. • Gemäß dem Wasserrecht sind verschiedene Verfahren (Erlaubnisse, Bewilligungen, Genehmigungen) erforderlich. Dabei ist zu beachten, dass neben den bundesrechtlichen Vorschriften auch landesrechtliche und kommunale Vorschriften zu beachten sind. • Nach § 2 WHG ist für die Benutzung von Gewässern eine Erlaubnis oder Bewilligung erforderlich. Benutzungen im Sinne § 3 WHG sind im Wesentlichen: – Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern, – Aufstauen und Absenken von oberirdischen Gewässern, – Entnehmen fester Stoffe aus oberirdischen Gewässern, soweit dies auf den Zustand des Gewässers oder auf den Wasserabfluss einwirkt, – Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer, – Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, – Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser. • Erlaubnisse und Bewilligungen können unter Benutzungsbedingungen und Auflagen erteilt werden. Das in Ergänzung zu § 4 WHG jeweils geschaffene Landesrecht ist anzuwenden. Für die Verfahren sind die §§ 7 und 8 WHG sowie die jeweiligen Ausführungsvorschriften der Landeswassergesetze zu beachten. • Wer ein Gewässer ohne behördliche Erlaubnis oder Bewilligung benutzt oder gegen Benutzungsbedingungen oder Auflagen verstößt, handelt ordnungswidrig. • In der Industrie sind insbesondere wasserrechtliche Erlaubnisse für die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern bzw. aus dem Grundwasser sowie deren Rückführung von Bedeutung. • Im Rahmen der Erlaubnis wird geprüft, ob die Benutzung der Gewässer gemeinverträglich ist. Im Grunde genommen ist die Erlaubnis nur eine Unbedenklichkeitsbescheinigung. Dieses Verfahren ist somit kein förmliches Verfahren. Das Vorhaben muss nicht ausgeschrieben werden und Beteiligte müssen nicht gehört werden. Die wasserrechtliche Erlaubnis kann jederzeit widerrufen werden.
222
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
• Im Rahmen der Bewilligung wird das Recht gewährt, ein Gewässer in einer bestimmten Art und Weise zu benutzen. Eine Bewilligung kann nicht widerrufen werden. Eine Bewilligung kommt in erster Linie für die öffentliche Wasserversorgung und die Wasserkraftnutzung in Frage. Im Gegensatz zu einem Erlaubnisverfahren kann die Bewilligung nur in einem förmlichen Verfahren erteilt werden, d. h. Betroffene und beteiligte Behörden haben Gelegenheit, ihre Einwendungen geltend zu machen. Damit ist ein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren verbunden. • Genehmigungen sind vorrangig für das Einleiten von Abwasser in die Kanalisation (Indirekteinleiter) nötig. Auf Grund des § 7a WHG ist sicherzustellen, dass vor dem Einleiten von Abwasser mit gefährlichen Stoffen in eine öffentliche Abwasseranlage die Schadstofffracht des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik und für bestimmte gefährliche Stoffe nach dem Stand der Technik möglich ist. • Unterliegt das zu genehmigende Projekt dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) [3−9], so kann eine Erlaubnis, Bewilligung oder Genehmigung nur erteilt werden, wenn zuvor eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgte. • Ist die Abwasserbehandlungsanlage als Bauvorhaben nach dem Baurecht ebenfalls genehmigungspflichtig, so muss die Baugenehmigung i. Allg. noch neben der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung eingeholt werden. Die Landesbauordnungen sind zu beachten. c) Erlaubnisse für überwachungsbedürftige Anlagen nach Geräte- und Produktsicherheitsgesetz - GPSG [2−20] • Nach § 11 des GPSG bedürfen bestimmte Anlagen mit Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit für Beschäftigte oder Dritte einer besonderen Überwachung. • Es wird unterschieden nach dem Anzeigeverfahren bzw. Erlaubnisverfahren. Welchen Verfahren die einzelnen Anlagen unterliegen, ist im Wesentlichen abhängig von der Anlagengröße oder Anlagenart. • Die Anzeigepflicht hat den Zweck, die zuständige Behörde darüber zu unterrichten, dass eine überwachungsbedürftige Anlage errichtet und betrieben werden soll. Damit erhält die Behörde die Möglichkeit, bestimmte Anlagen gezielt zu überwachen, falls dies auf Grund von Erfahrungen aus Unfällen und Schäden oder anderen Gründen erforderlich ist. • Die Erlaubnispflicht ist schärfer als die Anzeigepflicht. Der Erlaubnispflicht unterliegen solche überwachungsbedürftigen Anlagen, deren Gefährdungsgrad für die Beschäftigten und die Allgemeinheit besonders hoch ist. Darunter fallen z. B. bestimmte Dampfkesselanlagen, Druckbehälteranlagen und Füllanlagen für Gase. Derartige Anlagen dürfen nur in Betrieb genommen werden, wenn von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt worden ist. • Wichtige überwachungsbedürftige Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 2a des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes sind: – Dampfkesselanlagen, – Druckbehälteranlagen außer Dampfkesseln,
5.3 Erarbeiten des Genehmigungsantrags
223
– Füllanlagen, Lageranlagen – Aufzugsanlagen, – Elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Räumen. d) Genehmigungsverfahren nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz KrW-/AbfG [5−2] • Nach dem KrW-/AbfG ist die Errichtung, der Betrieb und die wesentlichen Änderungen von Abfallentsorgungsanlagen (z. B. Deponien, Verbrennungsanlagen) genehmigungspflichtig. • Abfälle aus Betrieben, die gesundheits-, luft- oder wassergefährdend, explosibel oder brennbar sind, unterliegen einer besonderen Überwachung und bedürfen eines Nachweisverfahrens. • Das Abfallrecht unterliegt Bund und Ländern (z. B. bei der Überwachung der Abfallentsorgungsanlagen). • In § 31 KrW-/AbfG wird zur Planfeststellung und Genehmigung festgelegt: (1) Die Errichtung und der Betrieb von ortsfesten Abfallbeseitigungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen zur Beseitigung sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen der Genehmigung nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes; einer weiteren Zulassung nach diesem Gesetz bedarf es nicht. (2) Die Errichtung und der Betrieb von Deponien sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. In dem Planfeststellungsverfahren ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.
• Bei der Planfeststellung (Planfeststellungsverfahren) werden alle eine Anlage betreffenden Genehmigungen, Erlaubnisse, Bewilligungen und Zustimmungen der verschiedenen Behörden (z. B. aus wasserrechtlicher oder immisionsschutzrechtlicher Sicht) in einem Genehmigungsverfahren gebündelt und konzentriert. • Somit hat das Planfeststellungsverfahren eine ähnliche Konzentrationswirkung wie das Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG. Sein Ablauf ist gleichfalls ähnlich. Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens ist der Planfeststellungsbeschluss, mit der die Zulässigkeit eines Vorhabens festgestellt wird. • Integriert in das Planfeststellungsverfahren ist stets die Umweltverträglichkeitsprüfung der Anlage. e) Genehmigungsverfahren nach dem Baurecht - BauGB [5−3] • Gebäude und ortsfeste Einrichtungen unterliegen dem Bauordnungsrecht. Zu ortsfesten baulichen Einrichtungen gehören z. B. Überdachungen, befestigte Flächen, Lüftungsanlagen sowie nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des BImSchG. Für ihre Errichtung, Änderung (z. B. Erweiterungen, Anbau, Umbau, Nutzung eines Lagers für Werkräume) oder ihren Abriss sind Ge-
224
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
nehmigungen erforderlich, die von den zuständigen Kommunal- bzw. Kreisbehörden einzuholen sind. • Die baurechtliche Genehmigung verfahrenstechnischer Anlagen ist i. Allg. integraler Bestandteil des Genehmigungsverfahrens nach BImSchG bzw. des Planfeststellungsverfahrens nach KrW-/AbfG. • Dabei gelten die einschlägigen baurechtlichen Bestimmungen, die für alle Bauwerke zur Anwendung kommen. f) Ausgewählte sonstige Genehmigungen • Zulassungen für Untertageanlagen einschließlich zugehöriger obertägiger Einrichtungen nach dem Bundesberggesetz • Genehmigungen von Anlagen zur Herstellung von Pharmaka (sofern nicht gentechnisch erzeugt) nach dem Arzneimittelgesetz • Genehmigungen für gentechnische Anlagen nach dem Gentechnikgesetz 5.3.2 Genehmigungsverfahren nach BImSchG [2−13] Die Kriterien für die Einordnung, ob eine Anlage nach BImSchG genehmigungsbedürftig ist, sind in den Paragraphen 4 bis 25 des BImSchG genannt. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen genehmigungsbedürftigen Anlagen (BImSchG §§ 4 bis 21) und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen (BImSchG §§ 22 bis 25) entsprechend ihrer Emissionen und Immissionen. Des Weiteren existieren zahlreiche Verordnungen zur Durchführung des BImSchG, von denen drei an dieser Stelle besonders relevant sind: − Die 4. BImSchV [2−33] definiert genehmigungsbedürftige Anlagen. − Die 9. BImSchV [5−4] legt das Genehmigungsverfahren fest. − Die 12. BImSchV [3−8] ist die sog. Störfallverordnung (StörfallV). Im Genehmigungsverfahren wird prinzipiell zwischen einem förmlichen Verfahren und einem vereinfachten Verfahren unterschieden (s. Abb. 5.3). Betreffs näherer Einzelheiten sei auf die Fachliteratur [3−6] [3−7] verwiesen. Für besonders sicherheits- und umweltrelevante Anlagen fordert der Gesetzgeber im Genehmigungsverfahren gegebenenfalls zusätzliche Sicherheitsanalysen und Umweltverträglichkeitsprüfungen. Die Inhalte von Sicherheitsanalysen wurden bereits im Abschn. 3.4 behandelt. Im § 2 Abs. (1) des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) [3−9] steht geschrieben: Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf 1. Mensch, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, 2. Kultur- und sonstige Sachgüter.
5.3 Erarbeiten des Genehmigungsantrags Vorgespräche
Verfahren nach 4. BImSchV?
Spalte 1
Spalte 2
Förmliches Verfahren
Vereinfachtes Verfahren
nein Verfahren?
Versuchsanlage
ja Genehmigungsantrag Eingangsbestätigung Prüfung durch Genehmigungsbehörde Eventuell Gutachten
Genehmigungsantrag Eingangsbestätigung Prüfung durch Genehmigungsbehörde Gutachten Öffentliche Bekanntmachung Auslegung (1 Monat)
nein Einsprüche?
ja Erörterungstermin
Abschließende Prüfung und Entscheidung Bescheid an Antragsteller und Beteiligte
Abschließende Prüfung und Entscheidung Bescheid an Antragsteller
ja
nein Einverständnis?
Widerspruch
ja Rechtskraft
Abb. 5.3 Ablauf zum Genehmigungsverfahren gemäß BImSchG
Erfolg?
nein Verwaltungsgerichtsklage
225
226
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung Sie wird unter Einbeziehung der Öffentlichkeit durchgeführt. Wird über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden, werden die in diesen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen, einschließlich der Wechselwirkungen, zusammengefasst.
Die Vorhaben (Anlagen), für die eine UVP nötig ist, sind Anhang zum UVPG aufgeführt. Tabelle 5.2 enthält die wichtigsten Unterlagen, die für eine UVP vorzulegen sind. Die Antragsunterlagen für die Genehmigung sind entsprechend den Verwaltungsvorschriften der zuständigen Genehmigungsbehörde auszuarbeiten. In Abschn. 3.4 sind beispielhaft die Gliederung dieser Antragsunterlagen sowie eines erteilten Genehmigungsbescheids angeführt. Die erteilte Genehmigung gilt grundsätzlich für den im Antrag formulierten bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage, der in der 2. Störfall-Verwaltungsvorschrift [5−5] wie folgt definiert ist: Bestimmungsgemäßer Betrieb ist der Betrieb, für den eine Anlage nach ihrem technischen Zweck bestimmt, ausgelegt und geeignet ist; Betriebszustände, die der erteilten Genehmigung oder nachträglichen Anordnungen nicht entsprechen, gehören nicht zum bestimmungsgemäßen Betrieb. Der bestimmungsgemäße Betrieb umfasst: − den Normalbetrieb − den An- und Abfahrbetrieb, − den Probebetrieb sowie − Inspektions-, Wartungs- und Instandsetzungsvorgänge. Tabelle 5.2 Unterlagen für die Umweltverträglichkeitsprüfung a)
Mindestangaben: − Angaben zu Standort, Art und Umfang sowie Bedarf an Grund und Boden − Beschreibung von Art und Menge der zu erwartenden Emissionen und Reststoffe − Beschreibung der Maßnahmen, mit denen Beeinträchtigungen der Umwelt vermieden, vermindert oder soweit möglich ausgeglichen werden sowie der Ersatzmaßnahmen − Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen − Beschreibung des technischen Verfahrens
b)
Wenn für die Beurteilung des Vorhabens erforderlich und für den Antragsteller zumutbar: − Beschreibung der Umwelt − Übersicht über die geprüften Vorhabensalternativen und Angaben der Auswahlgründe − Angaben zu den Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der Angaben (z. B. Wissenslücken) − Allgemein verständliche Zusammenfassung
5.4 Dokumentenerstellung im Detail Engineering
227
5.4 Dokumentenerstellung im Detail Engineering Das Detail Engineering (Ausführungsplanung) ist die Erledigung aller ingenieurtechnischen Fachplanungsfunktionen. Es liefert ausführungsreife Unterlagen (Dokumentation) für die Realisierung der Anlage sowie auch für deren Inbetriebnahme und Dauerbetrieb. Man spricht mitunter verkürt vom „Detail“. Input für das Detail Engineering sind die Basic Engineering-Dokumentation (s. Abschn. 5.2) sowie relevante Vorgaben aus dem Genehmigungsverfahren bzw. im Ergebnis der Investitionsentscheidung. Um die ausgeprägte und wichtige Schnittstelle zwischen „Basic“ und „Detail“ eindeutig inhaltlich zu definieren, sollten die Input-Dokumente als „freigegeben“ gekennzeichnet sein, z. B. mit dem Revisionsstatus AFD (Approved for Design − zur Detailplanung freigegeben). Im Ergebnis des Detail Engineering entstehen Ausführungsdokumente, die u. a. als Grundlage dienen für: • die Beschaffung aller notwendigen Lieferungen und Leistungen, • die Errichtung (Bau, Montage) der Anlage, incl. der rechts-/vertragsrelevanten Abnahmehandlungen, • die Durchführung der Funktionsprüfungen und der sicherheitstechnischen Prüfungen gemäß den relevanten Rechtsvorschriften, • den Nachweis der/des genehmigungsgerechten Errichtung/Betriebs der Anlage sowie für die Fortschreibung der Genehmigung, • die Vorbereitung und Durchführung der Inbetriebnahme, einschließlich dem rechtsverbindlichen Leistungsnachweis der Anlage, • die Nutzung der Anlage im bestimmungsgemäßen Betrieb, • die Instandhaltung und ggf. Erweiterung der Anlage, • die Gewährleistung und den Nachweis der Sorgfaltspflicht der verantwortlichen Unternehmen und Personen. Im Anlagenvertrag ist in der Regel der (General-)Auftragnehmer/-unternehmer (GA/GU) insgesamt für die Leistungen während des Detail Engineering verantwortlich. Bei einem Generalvertrag (s. Abschn. 4.5.1.1) ist dies a piori gegeben und bei einem Engineeringvertrag (s. Abschn. 4.5.1.2) wird ihm häufig diese Gesamtverantwortung, mit dem Ziel einer fachlichen Koordinierung, Betreuung und Erfüllungskontrolle, vom Auftraggeber übertragen. Die verschiedenen Ausführungsdokumente werden in einem, zunehmend tieferen und weltweit globaleren, arbeitsteiligen Prozess erarbeitet. Dabei finden meistens die folgenden Leistungsvarianten parallel statt: Var.1: Der GU erarbeitet mit seinem eigenem Personal, ggf. unter Einbeziehung von „geleastem“ Fremdpersonal, einen Teil der Ausführungsdokumente. Bemerkung:
Der GU erarbeitet selbst vorrangig die grundlegenden, die knowhow-intensiven und die sicherheitsrelevanten Dokumente. Dies betrifft u. a. die Dokumentenarten der Teildokumentation VERFAHRENSTECHNIK und die Übersichtsdokumente anderer Fach-
228
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung gewerke. In Abhängigkeit vom Verfahren/Projekt, von den Forderungen des Kunden, von der Marktsituation und von der Fachkompetenz des GU kann dessen Leistungsanteil sehr verschieden sein.
Var. 2: Der GU vergibt Planungsleistungen an Subunternehmer, die unter seiner Verantwortung definierte Ausführungsdokumente erarbeiten. Bemerkung:
Betroffen sind vorrangig Dokumentenarten, − die viele Einzeldokumente umfassen und wiederkehrende Tätigkeiten beinhalten (z. B. Rohrleitungsisometrien inkl. Stücklisten, Schaltpläne, ggf. auch R&I-Fließbilder), − für die Planungs-Fremdaufträge exakt abgegrenzt, formuliert und kontrolliert werden können und wo dem GU ggf. die Fachkompetenz fehlt (z. B. Bauzeichnungen, PLS- und TGAPlanungsleistungen).
Var. 3: Der GU (im Generalvertrag) bzw. der Auftraggeber (im Engineeringvertrag) kauft die Planungsleistungen und -dokumente im Rahmen eines Liefer- und/ oder Leistungsvertrags mit ein. Bemerkung:
In diesen Fällen erarbeitet der Hersteller oder die Montagefirma die Ausführungsdokumente, die sie für ihre Auftragserfüllung benötigen, selbst. Diese Variante wird im Anlagenbau häufig praktiziert und betrifft z. B.: − die Erarbeitung der Fertigungsdokumente für Einzelausrüstungen (Apparate, Behälter, Maschinen, Geräte) durch die Hersteller, − die Tiefbau-, Hochbau- und Stahlbauplanung durch die ausführenden Bau- bzw. Montagefirmen, − die Erarbeitung kompletter Package-unit-Dokumentationen (PU) durch den beauftragten Anlagenhersteller.
Die Variante 2 und insbesondere die Variante 3 enthalten zahlreiche risikobehaftete Planungsschnittstellen, die in Form von Lastenheften für PU, Technischen Beschaffungsunterlagen, Auftragsspezifikationen u. ä. exakt zu definieren und zu bedienen sind. Diese Schnittstellendokumente sollten den Revisionsstatus AFD (Approved for Design) besitzen und sind vom GU bzw. Auftraggeber im Rahmen des Beschaffungsvorgangs freizugeben. Die Ausführungsdokumente werden während der Baustellenabwicklung als Teile der Anlagendokumentation genutzt und teilweise auch für die Erarbeitung der Betriebsdokumentation verwendet. Die Detail Engineering-Dokumentation fließt somit bald in die Anlagendokumentation ein. Ein eigenständiger Dokumentationsbegriff für diese temporäre Engineeringdokumentation ist deshalb wenig üblich. Gegen Ende der Inbetriebnahme werden die Ausführungsdokumente „as built“ revidiert und als wesentlicher Bestandteil der AS BUILT-Dokumentation an den Auftraggeber übergeben.
5.5 Beschaffen und Einordnen der Hersteller- und/oder Lieferantendokumente
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5.5 Beschaffen und Einordnen der Hersteller- und/oder Lieferantendokumente Die Hersteller- bzw. Lieferantendokumente sind die produktbeschreibenden und/oder produktbegleitenden Dokumente des Herstellers bzw. Lieferanten. Sie beziehen sich i. Allg. auf Produkte (s. Abschn. 2.5.2, Buchstabe a)) und sind Leistungen eines Kaufvertrags (s. Abschn. 4.4.2). Die grundlegenden Prozeduren [5−1] zur Beschaffung von Lieferungen und Leistungen sind zunächst im Qualitätsmanagementhandbuch jedes Unternehmens als Verfahrensanweisung (VA) geregelt. Mitunter wird noch getrennt in eine – VA für technische Ausrüstungen und Leistungen und eine – VA für Anlageninvestitionen. Die detaillierten Ausführungen werden i. Allg. in einer Beschaffungsrichtlinie (Synonym: Einkaufsrichtlinie) näher ausgestaltet. Die Gliederung dieser Unternehmensrichtlinie entspricht weitgehend der einer kaufmännischen Bestellung (s. Abschn. 3.5, Tabelle 3.10) oder der eines Anlagenvertrags (s. Abschn. 4.5.1.3, Tabelle 4.5), je nachdem was vorrangig zu beschaffen ist. Die Richtlinien sind als konkrete Handlungsanleitungen formuliert und machen Angaben über Ziele, Verantwortlichkeiten, Prozeduren mit Haltepunkten, Checklisten usw. Bei größeren Projekten reichen diese firmeninternen Festlegungen nicht aus. Sie werden, z. B. in Form einer Projektrichtlinie BESCHAFFUNG, durch abgestimmte projektspezifischen Festlegungen ergänzt. Tabelle 5.3 zeigt ein Beispiel. Tabelle 5.3 Inhaltsverzeichnis einer Projektrichtlinie BESCHAFFUNGSLEISTUNGEN (Praxisbeispiel) 1
Grundsätzliches 1.1 Organisationsstruktur, Organigramm 1.2 Projektspezifische Grundlagen für Beschaffungsleistungen 1.3 Vorgaben aus Anlagenvertrag 1.3.1 Verantwortlichkeiten 1.3.2 Termine
2
Beschaffung 2.1 Leistungskatalog 2.2 Planung der Beschaffung 2.3 Bieterauswahl 2.4 Anfragen 2.4.1 Benennung und Kennzeichnung 2.4.2 Geltende Liefer- und Einkaufbedingungen 2.4.3 Geheimhaltung 2.4.4 Ersatz- und Verschleißteile 2.4.5 Serviceleistungen
230
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Tabelle 5.3 (Fortsetzung) 2.5 Angebote 2.5.1 Angebotseinholung 2.5.2 Angebotsvergleich 2.6 Angebotsverhandlungen 2.6.1 Verhandlungsprotokoll 2.6.2 Zahlungsbedingungen 2.6 3 Bürgschaften 2.6.4 Dokumentation 2.6.5 Vertragsstrafen, Pönalen 2.6.6 Gewährleistung 2.6.7 Leistungsgarantien 2.6.8 Mängel an Lieferungen/Leistungen 2.6.9 Qualitätssicherung 2.6.10 Materialbeschaffungs- und Fertigungsplan 2.6.11 Versicherungen 2.6.12 Optionen (z. B. Ersatz- und Verschließteile für 2 Jahre) 3
Bestellung 3.1 Bestellausführung 3.2 Bestellannahme 3.1.1 Bestätigung 3.1.2 Einsprüche
4
Termincontrolling
5
Prüfungen, Freigaben, Entgegennahmen, Abnahmen 5.1 Inspektionen und Prüfungen beim Hersteller 5.2 Freigaben von Beschaffungsleistungen beim Hersteller 5.2.1 Freigabe von Engineeringleistungen 5.2.2 Freigaben zur Fertigung 5.2.3 Test- und Probeläufe beim Hersteller 5.2.4 Freigaben zur Auslieferung 5.3 Entgegennahme bzw. Abnahme von Lieferungen/Leistungen 5.3.1 Entgegennahme der Lieferung 5.3.2 Werkvertragliche Abnahmen
6
Koordinierung der Bestellung 6.1 Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten 6.2 Schriftverkehr und Kommunikation 6.2 Änderung der Bestellung 6.3 Verhalten bei Abweichungen
7
Verpackung, Signierung, Transport
8
Rechnungsprüfung Anhang Anhang 1 Anhang 2 Anhang 3 Anhang 4 Anhang 5
Organigramm und Stellenbeschreibungen Verhandlungsprotokoll (Muster) Geheimhaltungsvereinbarung (Muster) Diverse Formblätter und Checklisten für Prüfungen/Freigaben Richtlinie für „Verpackung, Signierung, Transport“
5.5 Beschaffen und Einordnen der Hersteller- und/oder Lieferantendokumente
231
Nachfolgend wird vorausgesetzt, dass der SOLL-Zustand für die Hersteller-/ Lieferantendokumentation in der Bestellung umfassend und eindeutig spezifiziert ist. Hat dies der Auftraggeber versäumt oder als nicht notwendig erachtet oder aus Kosten-/Termingründen nicht durchsetzen können, so liegt von Anfang an ein „Geburtsfehler“ an der Dokumentation vor, der später nur mit operativen Mehraufwand und -kosten zu reparieren ist. Die Tabelle 5.4 enthält ergänzend zu den grundlegenden Ausführungen im Abschn. 3.5 einige konkrete Erfahrungen und Hinweise, um solche Fehler möglichst zu vermeiden. Tabelle 5.4 Spezielle Hinweise an den Auftraggeber, die bezüglich der Dokumentation in der Bestellung zu vereinbaren sind. 1
Die Zahlung für das gelieferte Produkt sollte nur bei erfolgter Lieferung der bestellgerechten Hersteller-/Lieferantendokumentation erfolgen. Die Vereinbarung eines eigenen Zahlungsmeilenstein (z. B. 10% des Gesamtbetrags) für die Dokumentation ist häufig für den Hersteller nicht verpflichtend genug.
2
Es ist grundsätzlich, z. B. in Form eines Dokumentenverzeichnisses, zu vereinbaren, welche Dokumente in Papierform und/oder welche Dokumente als Dateien (inkl. Format, Erstellungssoftware usw.) zu liefern sind.
3
Dokumente und Daten, die der Hersteller vorab zur produktbegleitenden Dokumentation übergeben soll, wie z. B. Massen, Maßblätter, Anschlusskoordinaten, sind ausdrücklich zu vereinbaren.
4
Die Lieferung einer EG-Konformitätserklärung (inkl. Angabe der Rechtsgrundlage) ist ausdrücklich zu vereinbaren. Dies gilt insbesondere für Maschinen, da die Hersteller mitunter geneigt sind, nur eine Herstellererklärung mitzuliefern und die Vorschriften nicht immer eindeutig sind.
5
Die Lieferung zusätzlicher Dokumente aus dem EG-Konformitätsbewertungsverfahren, wie z. B. − Bescheinigungen über Bau- und Druckprüfungen von Druckgeräten, − Ex- bzw. PTB-Bescheinigungen für Geräte oder Maschinen in explosionsgefährdeten Bereichen, − Herstellerbescheinigungen von Zuliefern (Subkontraktoren) ist ausdrücklich zu bestellen. Ansonsten liefern die Hersteller häufig nur die EGKonformitätserklärung ohne Begleitdokumente.
6
Die Lieferung qualitätsrelevanter Nachweisdokument, wie z. B. – Prüfbescheinigungen für metallische Werkstoffe (sog. Werkstoffzeugnisse), – Dokumente (Berichte, Protokolle, Aufzeichnungen) über zerstörungsfreie Werkstoffprüfungen, über Eignungstest von Materialien sowie über Messungen der Oberflächengüte, der Beschichtungsdicken, der Isolationswiderständen, – Nachweise über die Einhaltung vorgegebener Fertigungs- und Prüfvorschriften des Auftraggebers ist ausdrücklich zu bestellen.
232
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Tabelle 5.4 (Fortsetzung) 7
Die ggf. gewünschte Lieferung der Gefahrenanalyse oder neuerdings der Risikobeurteilung des Herstellers ist ausdrücklich zu bestellen. Aus den Vorschriften folgert eine derartige Lieferpflicht des Herstellers nicht automatisch.
8
Die Lieferung von speziellen Arbeitsdiagrammen, Kennlinienfeldern u. ä. Angaben über das Betriebsverhalten der jeweiligen Anlagenkomponente, die die Inbetriebnehmer und Betreiber benötigen, ist ausdrücklich zu bestellen. Ansonsten machen die Hersteller innerhalb der Betriebsanleitung ggf. nur allgemeine Angaben.
9
Falls in der Betriebsanleitung strukturierte und ausführliche Hinweise und Prozeduren bei der Fehlersuche gewünscht werden, sind diese ausdrücklich zu bestellen.
10
Die Übergabe von Wartungs- und Inspektionslisten sowie von Ersatz- und Verschleißteillisten ist nach Umfang und Form ausdrücklich zu bestellen
Um die Dokumentationsvorgaben aus der Bestellung möglichst effizient umzusetzen, gelten für den Besteller und den Hersteller folgende Hinweise: • Während des Beschaffungsvorgangs muss von beiden Partnern der Grundsatz „gelebt“ werden: Die Dokumentation ist als Teil des Produkts zu sehen und zu realisieren! • Die Dokumentationsleistungen sind voll in die Qualitätssicherungsmaßnahmen während der Auftragsbearbeitung zu integrieren (s. Abschn. 4.6.3). • Analog zur Anlagenkomponente ist die fertiggestellte, produktbegleitende Dokumentation durch den Besteller beim Hersteller zu prüfen und nur im Erfolgsfall zur Auslieferung freizugeben. Restpunkte sind möglich, aber wesentliche Mängel an der Dokumentation behindern die Auslieferung des Produkts und die damit verbundenen Zahlungen. In die Prüfung der Hersteller-/Lieferantendokumentationen können erfolgreich externe Dokumentationsdienstleister einbezogen werden (s. auch Tabelle 4.2 in Abschn. 4.3). Diese wirken insbesondere – auf Basis von sog. Dokumentationsanforderungslisten bei der formellen Prüfung (Vollständigkeit, Form, Lesbarkeit, Eindeutigkeit) sowie ferner – unter Nutzung von Checklisten, Dokumentenarten-Spezifikationen, Musterdokumenten, Erfahrungen usw. bei der inhaltliche Qualitätsprüfung mit. Sie können darüber hinaus alle Prüfungen und Freigaben, inkl. der Abarbeitung eventueller Restpunkte, koordinieren und nachvollziehbar dokumentieren. Zahlreiche Beispiele für die umfangreiche und erfolgreiche Mitwirkung externer Dokumentationsdienstleister sind aus der Halbleiterbranche bekannt. Sie werden in diesen Fällen i. d. R. im Auftrag und im Projektteam des (General-) Auftragnehmers verantwortlich tätig und sind gegenüber den zahlreichen Subunternehmern und dem Auftraggeber der zentrale Ansprechpartner und Koordinator für technische Dokumente. • Die mit dem Produkt zeitgleiche bzw. zeitnahe Fertigstellung, Prüfung und Auslieferung der Dokumentation ist auch deshalb notwendig, da die Beschaf-
5.6 Fortschreiben der Dokumentation während der Baustellenphase
233
fung i. Allg. mittels eines Kaufvertrags (s. Abschn. 4.4.2) abgewickelt wird und der Erfüllungsanspruch bei einer Übergabe und Entgegennahme ohne gleichzeitige Mängelanzeige (Restpunktliste) erlischt. • Jede Hersteller- bzw. Lieferantenrechnung ist zu prüfen (sachlich, monetär), ob die zugehörigen und bestellten Dokumentationsleistungen erbracht sind. Bei wesentlichen Mängeln ist die Rechnung zurückzuweisen. Nichtwesentliche Mängel sind als Restpunkte (Erfüllungsanspruch) der in Rechnung gestellten Leistungen zu erfassen und zu vereinbaren. Gegebenfalls kann der Auftraggeber nach BGB, § 644 Abs. (3): „.....einen angemessenen Teil der Vergütung verweigern, mindestens in Höhe des Dreifachen der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten“.
• Der Besteller muss entscheiden, ob die Hersteller-/Lieferantendokumentation „frei Baustelle“ oder „frei Stammhaus“ geliefert werden soll. In der Regel sollte die Auslieferung über das Stammhaus erfolgen, da noch Kontroll-, Kennzeichnungs- und Einordnungsaufgaben sowie weitere Verwaltungsmaßnahmen zu erledigen sind. Falls die Dokumentationsprüfung durch den Besteller bereits vor Auslieferung erfolgte, kann sie im Sonderfall auch direkt zur Baustelle geliefert werden. • Die bestellgerechten Hersteller-/Lieferantendokumente müssen dem Baustellenteam für die Bau- und Montageausführung zur Verfügung gestellt werden. Dabei sind die entsprechenden Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Fachbauleiter (FBL) (z. B. für Maschinen/Apparate, E-Technik, PLT-Technik und Technische Gebäudeausrüstung) zu klären. Die FBL sollten während der Baustellenabwicklung jeweils „ihre“ Hersteller-/ Lieferantendokumente verantwortlich pflegen und verwalten. Dies schließt auch deren Revision bei Änderungen ein. • Die Hersteller-/Lieferantendokumente ordnen sich zunächst in das Baustellenexemplar der Anlagendokumentation ein. Nach Ende der Montage und Inbetriebnahme fließen sie, ggf. nach erfolgter Asbuilt-Revision durch den Hersteller/Lieferant, in die AS BUILT-Dokumentation für die Gesamtanlage ein.
5.6 Fortschreiben der Dokumentation während der Baustellenphase Unter Bau und Montage wird die Gesamtheit aller Arbeiten verstanden, die zum physischen Errichten der Anlage auf der Baustelle notwendig sind. Man spricht auch von der Baustellenphase, die mit der Baustelleneröffnung beginnt und mit Protokollierung der MECHANISCHEN FERTIGSTELLUNG endet. In Abb. 5.4. ist schematisch der Dokumentationsprozess während der Baustellenphase dargestellt. Grundsätzlich werden folgende zwei Kategorien von Dokumenten unterschieden:
234
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Ausführungsdokumente (Bau, Montage, Prüfungen, Tests, Abnahme)
Anlagenplanung Fertigung
Lieferung Bau-/Montage
AS BUILT-Dokumentation Prüfungen/Tests/ Abnahmen Inbetriebnahme Dauerbetrieb
Abwicklungs-/Qualitäts-/Prüfdokumente
Anfrage Vertragsabschluß
Instandhaltung
Anlagenübergabe/ -übernahme
Abb. 5.4 Dokumentenbedarf während der Anlagenrealisierung
a) Ausführungsdokumente für Bau, Montage, Prüfungen, Tests, Abnahmen • Die baustellenspezifischen Ausführungsdokumente enthalten Informationen und Vorgaben für die Baustellentätigkeiten. • Die meisten dieser Dokumente entstehen während des Detail Engineering (s. Abschn. 5.4). Die Package-unit-Dokumente (s. Abschn. 3.6.8) sind eingeschlossen. Technische Änderungen während der Abwicklung, die sich im Vergleich zum Revisionsstatus AFC (Approved for Construction) ergeben, sind vom zuständigen Fachbauleiter im Masterdokument (als Roteintragungen in der Papierversion oder in der elektronischen Arbeitsversion) zu erfassen. Entsprechend dem Änderungsumfang werden die Masterdokumente von Zeit zu Zeit durch das Stammhaus des Auftragnehmers oder beauftragte Dienstleister revidiert. • Die zweite Gruppe sind die Ausführungsdokumente von Einzelausrüstungen, die mit den Hersteller-/Lieferantendokumentationen (s. Abschn. 5.5) geliefert wurden und produktspezifische Vorgaben zur Montage bzw. Inbetriebnahme enthalten. Ihre Pflege erfolgt analog zu den Engineeringdokumenten, nur dass der Hersteller bzw. Lieferanten die CAD-/CAE-Revisionen erledigt. • Darüber hinaus werden in Vorbereitung und während der Baustellenphase zahlreiche neue Ausführungsdokumente erzeugt, die sowohl technischer als auch sicherheitlicher und organisatorisch-administrativer Art sein können. Beispiele sind: – Montageablauf- bzw. -terminpläne, – Gefährdungsbeurteilungen für die Bau- und Montagetätigkeiten, – Fertigungs- und Montagerichtlinien,
5.6 Fortschreiben der Dokumentation während der Baustellenphase
– – – – – – – – – –
235
Montagevorschriften und Montageanweisungen, Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) [5−6], Richtlinien und Vorschriften zur Qualitätsüberwachung, Ausbildungsprogramm und zugehörige Ausbildungsunterlagen, Reinigungsprogramme und Reinigungsvorschriften, Prüfhandbuch (s. Abschn. 3.7.5), Prüfvorschriften und Prüfanweisungen, Programm und Vorschriften für Funktionsprüfungen, Programm für Leistungsnachweise von Nebenanlagen, Prozedur und Checkliste zur MECHANISCHEN FERTIGSTELLUNG.
Die wichtigen sicherheitlichen und organisatorisch-adminstrativen Regelungen der Baustelle werden i. Allg. in einem Baustellenhandbuch (Synonyme: Baustellenordnung oder Baustellenrichtlinie) zusammengefasst. Dies entspricht de facto dem „Grundgesetz der Baustelle“. Alternativ zum ganzheitlichen Baustellenhandbuch wären mehrere problemspezifische Baustellenrichtlinien möglich. Beispielweise wurde für ein internationales Großprojekt zum Errichten eines Fusionsexperiments [5−7] ein Montagehandbuch bestehend aus einem Teil A: MONTAGESICHERHEIT (s. Tabelle 5.5) und einem Teil B: MONTAGEORGANISATION erarbeitet. • Die angeführten Nachweisdokumente werden nach Vertragsende i. d. R. nicht in die AS BUILT-Dokumentation eingeordnet, sondern in der Projektdokumentation archiviert. Tabelle 5.5 Inhaltsverzeichnis von Teil A: MONTAGESICHERHEIT eines Montagehandbuchs (Praxisbeispiel) 1
Geltungsbereich
2
Zweck und Aufbau
3
Montagesicherheit 3.1 Grundlegende Dokumente und Regelungen im Unternehmen 3.1.1 Organisation der Arbeitssicherheit im Unternehmen 3.1.2 Organisation der Arbeitssicherheit auf der Montagestelle 3.1.3 Verantwortung und Pflichtenübertragung für Beschäftigte von Fremdfirmen 3.2 Instituts- und Hallenzugang, Anwesenheitserfassung, Arbeiten außerhalb der Dienstzeit 3.3 Arbeitserlaubnisse/-freigaben 3.4 Arbeitsschutz 3.4.1 Gefährdungsbeurteilungen 3.4.2 Betriebsanweisungen (sicherheitsrelevant) 3.4.3 Unterweisungen 3.4.5 Arbeitsmittel 3.4.6 Strahlenschutz 3.4.7 Persönliche Schutzausrüstung 3.4.8 Arbeitsmedizinische Vorsorge 3.4.9 Erste-Hilfe und Notfallmaßnahmen
236
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Tabelle 5.5 (Fortsetzung) 3.4.10 Innerbetrieblicher Verkehr und Transport, Verkehrswege 3.5 Brandschutz 3.6 Sonstige Gesundheits- und Umweltgefährdungen 3.6.1 Gefahrstofferfassung 3.6.2 Abluft- und Wassergefährdung 3.6.3 Abfallentsorgung 3.7 Sicherheitsingenieur, -koordinator, -beauftragte Anhang (Der Anhang besteht aus insgesamt 17 Beilagen, die zu den Abschnitten des Inhaltsverzeichnisses nähere Ausführungen sowie verbindliche Handlungsanweisungen enthalten)
b) Abwicklungsdokumente sowie Qualitäts- und Prüfdokumente • Diese Kategorie von Dokumenten entsteht im Ergebnis von Baustellentätigkeiten und dient als Nachweis einer rechtskonformen, sicheren, qualitätsgerechten und funktionsgerechten Ausführung. Diese Dokumente werden auch als Nachweis- oder Erfüllungsdokumente bezeichnet. Beispiele derartiger Nachweis-/Erfüllungsdokumentenarten sind: – – – – – – – – – – – – – – – –
Anwesenheitsnachweise, Nachweise von Einweisungen und Unterweisungen, Protokolle von Sicherheitsbegehungen bzw. -befahrungen, Lieferscheine, Wareneingangsscheine, Warenrückgabescheine, Dokumente zu Änderungsvorgängen, Nachweise über erteilte Freigaben, Nachweise von Qualitätsprüfungen während Bau und Montage, Mängelanzeigen bzw. -meldungen, Bescheinigungen bzw. Protokolle über durchgeführte Sicherheitsprüfungen, Protokolle über durchgeführte Funktionsprüfungen, Nachweise über durchgeführte Dichtheitsprüfungen, Protokolle über behördliche Kontrollen und Begehungen, Protokolle über werkvertragliche Abnahmen von Nebenanlagen, Besprechungsprotokolle, Aktionspunktlisten, Summen-Fortschrittskurven, Fortschrittsberichte, ggf. EG-Konformitätserklärung für Gesamtanlage.
• Sofern die Herstellung einer schlüsselfertigen Anlage unter Vertrag steht, d. h. der (General-)Auftragnehmer die Anlage zum Zeitpunkt MECHANISCHE FERTIGSTELLUNG de facto in Verkehr bringt, ist die Frage zu beantworten: Muss für die verfahrenstechnische Gesamtanlage gemäß MaschinenRichtlinie [2−18] die EG-Konformität erklärt werden? Die Antwort, dies zeigt die Praxis, ist nicht eindeutig. In manchen Projekten wird eine gesamthafte EG-Konformitätserklärung ausgestellt sowie eine dazu vorab notwendige Risikobeurteilung (Gefahrenanaly-
5.7 Fortschreiben der Dokumentation bei der Inbetriebnahme und Instandhaltung
237
se) (s. Abschn. 3.6.4, Buchstabe b)) erarbeitet; in anderen vergleichbaren Projekten wiederum nicht. Entscheidend ist im jeweiligen Fall, wie sich die Vertragspartner zu diesem Sachverhalt vereinbaren. Für verfahrenstechnische Anlagen wird die Maschinen-Richtlinie entsprechend den Erfahrungen des Verfassers nicht einheitlich angewandt, wobei als Orientierung das Positionspapier des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V.) [5−8] zitiert werden soll: 2. Verfahrenstechnische Anlagen mit maschinellen Ausrüstungen Vom Grundsatz her völlig anders zu beurteilen (d. Verf.: als „Verkettete Maschinen, (z. B. Transferstraße“, die unter 1. als „Gesamtheit von Maschinen“ eingestuft wurden) sind Anlagen, die zur Erfüllung ihrer Funktion, der bestimmungsgemäßen Verwendung vorwiegend aus Einrichtungen bestehen, die technisch (und rechtlich) gesehen keine Maschinen sind und bei denen Maschinen den Anlagenzweck nicht bestimmen, sondern nur zur Unterstützung des Prozessablaufs dienen. Nach Auffassung des VDMA betrachtet der europäische Gesetzgeber solche verfahrenstechnischen Anlagen nicht als „Gesamtheit von Maschinen“. Das heißt, nach Auffassung des VDM sind solche Anlagen als Gesamtheit nicht CE-kennzeichnungspflichtig. Das Anbringen einer CE-Kennzeichnung ist nach Brüsseler Auffassung jedoch nicht verboten.
Falls für die Gesamtanlage eine EG-Konformitätserklärung ausgestellt wird, ist diese später bei wesentlichen gesundheits- und/oder sicherheitsrelevanten Änderungen auch gesamthaft zu verwalten und fortzuschreiben. • Zu den Nachweis- und Erfüllungsdokumenten gehören ebenfalls die Dokumente des Controllings und die Qualifizierungsdokumente für die Installation Qualification (IQ), die beispielsweise in Pharmaprojekten gemäß der Good Manufacturing Practice (GMP) erarbeitet werden. • Die Verantwortung für die Dokumente tragen der Oberbauleiter und die Fachbauleiter sowie bei ausgewählten Dokumenten der Projektleiter. • Je nach Dokumentenart werden die angeführten Dokumente nach Vertragsende abgelegt bzw. gespeichert in – der Projektdokumentation (zugeordnet zu Projektvorgängen), – der AS BUILT-Dokumentation (zugeordnet zur Anlagenkomponente), – der Prüfdokumentation, insbesondere in den Prüfbüchern von prüfpflichtigen Anlagenkomponenten.
5.7 Fortschreiben der Dokumentation bei der Inbetriebnahme und Instandhaltung Die Nutzung und Ergänzung der Dokumentation für die Inbetriebnahme [3−17] und die Instandhaltung ist ähnlich der Situation, wie im vorherigen Abschnitt für die Bauphase beschrieben. Die Dokumente in Tabelle 5.6 belegen dies.
238
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Tabelle 5.6 Ausführungs- und Nachweisdokumente der Inbetriebnahme und Instandhaltung (Auswahl)
Nachweisdokumente
Ausführungsdokumente
Inbetriebnahme (Betrieb)
Instandhaltung
– Protokoll MF/MC inkl. Restpunktliste, – Arbeitsexemplar der Anlagendokumentation inkl. Herstellerdokumentationen, – Inbetriebnahmeablauf bzw. -teminpläne, – Inbetriebnahmeanleitung für Gesamtanlage (s. Abschn. 3.6.8), – Inbetriebnahmehandbuch, – Gefährdungsbeurteilungen für Inbetriebnahmetätigkeiten, – Anweisungen für Inbetriebnahmevorbereitung/-durchführung (s. Abschn. 3.7.2), – Anweisungen für Dauerbetrieb, – Anweisungen für Außerbetriebnahme, – Unterlagen für den Anfahrcheck, – Probebetriebs- und Anfahrprogramm, – Abgaben zum Hoch- und Einfahren, – Verhalten bei technologischen und technischen Störungen (u.a. Störungsdiagnose), – Programm des Garantieversuchs und Leistungsnachweises usw.
– Wartungs- und Inspektionsplan für die Gesamtanlage, – Ersatz- und Verschleißteilliste für die Gesamtanlage, – Strukturierung der Anlage in Technische Plätze, Kontierung, – Richtlinie zur Vergabe von Instandhaltungsleistungen, – Instandhaltungshandbuch bzw. -richtlinie (s. Abschn. 3.7.3), – Vorgaben zur Inspektion und Wartung, – Vorgaben bei störungsbedingter Instandsetzung, – Vorgaben für zustandsorientierte Instandsetzung, – Vorgaben für Instandsetzung bei Stillständen, – Relevante technische Dokumente usw.
– – – – – – –
– Einweisungs-/Unterweisungsnachweise, – Arbeitsauftrag, Jobkarte, – Arbeitserlaubnisscheine, – handrevidierte technische Bestandsdokumente, – Übergabe neuer technischer Dokumente zum Einpflegen, – Arbeits- /Stundennachweise, – Freigabemeldung für Wiederinbetriebnahme usw.
Einweisungs-/Unterweisungsnachweise, Arbeitserlaubnisscheine, Spül- und Reinigungsnachweise, Protokolle zum Dichtheitsnachweis, Bescheinigungen v. Sicherheitsprüfungen, Protokolle über Funktionsprüfungen, Protokolle zur ANZEIGE der BETRIEBS-BEREITSCHAFT, – Protokoll zum Leistungsnachweis, – Protokoll zur Abnahme usw. (s. auch Tabelle. 3.30 in Abschn. 3.6.8)
• Da die Inbetriebnahme die erste Phase des genehmigten bestimmungsgemäßen Betriebes ist, ist ein Großteil der in Tabelle 5.6 angeführten Ausführungsdokumente auch für den späteren Dauerbetrieb der Anlage relevant. Dies trifft insbesondere auf die Betriebsanweisungen zu, die im Betriebshandbuch zusammengefasst sind (s. Abschn. 3.7.2). • Im Weiteren wird vorausgesetzt, dass die Gesamtdokumentation in die Qualitätskontrollen während der Baustellenphase einbezogen war und zum Zeitpunkt der MECHANISCHEN FERTIGSTELLUNG eine vor Ort nutzbare und auf das Qualitätsmerkmal „wie montiert“ vorgeprüfte Gesamtdokumentation vorliegt. Das Inbetriebnahmemanagement ist verantwortlich, dass Änderungen während der anschließenden Inbetriebnahme erfasst und ggf. sofort in das Vor-Ort-
5.7 Fortschreiben der Dokumentation bei der Inbetriebnahme und Instandhaltung
239
Arbeitsexemplar eingepflegt werden. Die folgenden zwei Varianten werden dabei vorrangig praktiziert: a) Jede Änderung wird entsprechend einer Projektrichtlinie zum ChangeControl beantragt, genehmigt und ausführungsgerecht dokumentiert. Bemerkung: Die einzelnen, bis zur Endabnahme der Anlage angefallenen ChangeControl-Vorgänge werden i. d. R. in die AS BUILT-Dokumentation bis zu ihrer Lieferung eingepflegt. Diese Prozedur ist aufwendig, aber sie minimiert Fehler und ist nachvollziehbar. Für Pharmaanlagen ist sie entsprechend den GMP(Good Manufacturing Practice)-Grundsätzen zwingend.
b) Die Änderungen werden vom verantwortlichen Inbetriebnahmeingenieur erfasst und vor Ort in die Master-Dokumente eingetragen. Bemerkung: In vielen Fällen sind die Master noch Papierdokumente und die Eintragungen erfolgen per Hand mittels Rotstift. Am Ende der Inbetriebnahme werden die Master kopiert und dienen als Grundlage für die Endrevision der AS BUILT-Dokumentation. Diese Prozedur ist weniger aufwendig, aber zugleich subjektiver geprägt und schlechter nachvollziehbar.
• Neben der Erfassung von Änderungen findet während der Inbetriebnahme aber auch eine Dokumentationsprüfung statt, indem − die Dokumentation zunehmend genutzt wird und evtl. Mängel konkret sichtbar werden und − in Vorbereitung der Endabnahme von Anlage und Dokumentation der Auftraggeber gezielt mit deren Prüfung beginnt. Erkannte Mängel sollten direkt während des gemeinsamen Arbeitsprozesses kommuniziert und vom Auftragnehmer behoben werden. Ist die Abstimmung auf der Arbeitsebene nicht möglich, wird das Prüfergebnis in Form einer Mangelmeldung (s. Abb. 4.6. in Abschn. 4.6.3) formal erfasst und verwaltet. • Analog zur Baustelle werden die Nachweisdokumente nach Vertragsende abgelegt bzw. gespeichert in – der Projektdokumentation (zugeordnet zu Projektvorgängen), – der AS BUILT-Dokumentation, z. T. als Anhang INBETRIEBNAHME, – der Prüfdokumentation, insbesondere in den Prüfbüchern von prüfpflichtigen Anlagenkomponenten, – anderen Teildokumentationen der Betriebsdokumentation. • Die Grundlagen für die Instandhaltung sind im Instandhaltungshandbuch enthalten (s. Abschn. 3.7.3). Dessen Erarbeitung sollte vorrangig der Anlagenbetreiber leiten und aktiv unterstützen; auch dann, wenn er laut Vertrag nicht für die Inbetriebnahme verantwortlich ist. Er hat auf diesem Fachgebiet i. Allg. mehr Erfahrung als der Auftragnehmer und muss die mittelfristigen Instandhaltungsziele im Fokus haben, wie z. B.
240
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
– Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit, – Nutzung einer zustandorientierten Instandhaltung bzw. planmäßiger Anlagenstillstände, – kostengünstige Ersatz- und Verschleißteilhaltung, ggf. zusammen mit anderen Betrieben, – effiziente Bewirtschaftung der Instandhaltungsmaßnahmen (Beauftragung Kostenzuordnung, Kostenanalyse, Inventarisierung u. a.), – Maßnahmen der Anlagen- und Prozessanalyse/-optimierung. • Neben den Instandhaltungsanweisungen werden für eine effiziente Inbetriebnahme besonders die Ersatz- und Verschleißteillisten sowie der Wartungs- und Inspektionsplan für die Gesamtanlage benötigt. Zweckmäßig und kostengünstig kann es sein, wenn für zuvor definierte Funktionseinheiten die Wartungs- und Inspektionsarbeiten zusammen mit den Überwachungsmaßnahmen (wiederkehrende Sicherheitsprüfungen) geplant werden. Ein Beispiel für eine kleinere Kesselanlage zeigt Abb. 5.5. Im Vertrag bzw. später während der Projektabwicklung sind dazu abzustimmen: – Wer erarbeitet verantwortlich die vorgenannten drei Dokumentenarten und wie sind die Arbeiten im Einzelnen organisiert? Bemerkung: Da die Informationen i. d. R. mühsam aus den Betriebsanleitungen der Hersteller/Lieferanten zusammengestellt werden müssen, ist der Aufwand erheblich.
– Wie sind die Beschaffung und das Controlling der Instandhaltungsarbeiten zu organisieren und zu dokumentieren? Bemerkung: Die Prozedur sowie die genutzte Software sollten von Anfang an so sein, wie sie später der Betreiber während des Dauerbetriebs beabsichtigt.
In der Praxis werden diese Arbeiten häufig nicht rechtzeitig und nicht weitsichtig genug geplant und ausgeführt. Nicht selten werden sie erst nach Vertragsabschluss vereinbart und entsprechend als Change-Order realisiert.
5.8 Fertigstellen der AS BUILT-Dokumentation Die Fertigstellung der CAD-/CAE-revidierten AS BUILT-Dokumentation erfolgt i. Allg. im Stammhaus des Auftragnehmers auf Basis einer Kopie des handrevidierten Arbeitsexemplars. Zu diesem Zweck ist das Arbeitsexemplar zu einem definierten Zeitpunkt „einzufrieren, wobei mehrere Varianten möglich sind. In der Regel wird als „Freezing-Point“ bzw. als Zeitpunkt für die As-builtRevision der Abnahmetermin oder der Termin des Gefahren-/Verantwortungsübergangs für die Anlage festgelegt. Das heißt, die vertragsgemäße AS BUILTDokumentation wird, wie im Abschn. 4.5.2, Buchstabe j) empfohlen, zeitversetzt zur Anlage fertig gestellt und werkvertraglich abgenommen.
5.8 Fertigstellen der AS BUILT-Dokumentation 241
Abb. 5.5 Datenblatt für die integrierte Überwachung und Instandhaltung einer Kesselanlage (Praxisbeispiel)
242
5 Erstellen und Nutzen der Dokumentation während der Anlagenrealisierung
Der Auftragnehmer führt anschließend im Zeitraum von ca. 3 bis 6 Wochen die CAD-/CAE-Revision durch und stellt die AS BUILT-Dokumentation in der vereinbarten Form und Exemplarzahl zur Auslieferung an den Kunden her. Änderungsvorgänge zur Dokumentation, die nach dem sog. Freezing-Point, entstehen, müssen unter Verantwortung des Auftragnehmers als Change-ControlVorgänge erstellt und zunächst gestapelt werden. Das gilt auch für Änderungen, die während des Prüfungszeitraums der gelieferten AS BUILT-Dokumentation bis zur werkvertraglichen Abnahme anfallen (s. Abschn. 4.6.4). Die Dokumente dieser Vorgänge sind als Bestandteil der Vertragsleistung bzw. AS BUILT-Dokumentation zu verstehen und entsprechend dem vereinbarten Lieferumfang (s. Abschn. 4.5.3.4) mit zu übergeben. Sie sind nach der Abnahme einzupflegen. Dafür verantwortlich ist dann der Auftraggeber, der i. d. R. noch den Auftragnehmer mit der fachlichen Ausführung beauftragt. In der Praxis fordert mitunter der Auftraggeber im Vertrag, dass die AS BUILT-Dokumentation bereits ca. 4 Wochen vor dem geplanten Endabnahmetermin für die Anlage (zumindest handrevidiert und in 1 Exemplar) übergeben wird, sodass der Auftraggeber in Vorbereitung dieser Endabnahme die Gesamtdokumentation prüfen kann. Größere Mängel sind bis zur Abnahme der Anlage zu beheben. Als Begründung wird vom Auftraggeber genannt, dass die ausstehende Restzahlung für die AS BUILT-Dokumentation ggf. nicht ausreicht, um die Nachbesserungsarbeiten durchzusetzen. Der Autor kann aus seiner Berufspraxis heraus, in der er mehrfach umfangreiche AS BUILT-Dokumentationen auditiert und verantwortlich geprüft hat, diese Bedenken nicht teilen. Voraussetzung war allerdings, dass für die Dokumentationsleistung eine äquivalente Vergütung auf werkvertraglicher Basis vereinbart war. Die Abnahmeprozedur zur AS BUILT-Dokumentation wurde bereits im Abschn. 4.6.5 beschrieben.
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
Sobald die werkvertragliche Abnahme der AS BUILT-Dokumentation erfolgt ist, wird der Auftraggeber für den Umgang mit der Gesamtdokumentation verantwortlich. Bevor darauf im folgenden Abschnitt 6.1 näher eingegangen wird, sei noch folgender Hinweise vorangestellt. Der Auftraggeber sollte das Belegexemplar der AS BUILT-Dokumentation oder eine Kopie in elektronischer Form derart archivieren, dass dessen Zustand zum Abnahmezeitpunkt beweiskräftig dokumentiert wird. Nur so kann er im Gewährleistungsfall seiner Beweispflicht nachkommen und belegen, dass der Auftragnehmer den Dokumentationsmangel zu vertreten hat. Die Art und Weise der Archivierung, z. B. als Belegexemplar in Papierform oder im PDF-Format bzw. PDF/A-Format (Standard für Langzeitarchivierung) [6−2], sind mit dem Auftragnehmer abzustimmen und zu vereinbaren. Die Dokumente aus Änderungsvorgängen, die zwischen dem „Freezing-point“ für die AS BUILT-Dokumentation und ihrem Abnahmezeitpunkt (s. Abschn. 5.8) anfallen, sind – ebenfalls in einem Exemplar in unveränderter Form, zum Beispiel als Anhang zum Belegexemplar, aufzubewahren bzw. zu archivieren und – ferner in die anderen Exemplare der AS BUILT-Dokumentation einzupflegen.
6.1 Verantwortlichkeiten und Nutzung der Dokumentation beim Anlagenbetrieb Der Auftraggeber überträgt zunächst i. Allg. die Aufgaben und Pflichten sowie nach Möglichkeit auch die Verantwortung (s. Abschn. 2.4) für die Gesamtdokumentation auf den Anlagenleiter oder eine andere Führungskraft. Folgende Varianten sind üblich: Var.1: Der Anlagen- bzw. Betriebsleiter ist für die Gesamtdokumentation (archivieren, aufbewahren, nutzen, pflegen) allein verantwortlich. Bemerkung:
Dies ist eine „klare“ Regelung, da die Verantwortung für die Gesamtdokumentation bei einer Person liegt. Der Betriebsleiter delegiert i. d. R. die Pflichten und Verantwortung wie folgt weiter:
244
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
– für die Anlagendokumentation an einen oder zwei Betriebsingenieure (ggf. getrennt für Mechanik und EMSR),
– für Teile der Betriebsdokumentation (z. B. Prüfdokumentation, Qualitätsdokumentation, Beschaffungsdokumentation) an Spezialisten des Betriebs und/oder der Zentralbereiche. In die konkrete Aufgabenbearbeitung werden häufig externe Dienstleister einbezogen. In Großanlagen bzw. im Pharmabereich wird mitunter eine Dokumentationsstelle des Betriebs bzw. Bereichs eingerichtet und deren Leiter weitestgehend für die Dokumentation verantwortlich gemacht.
Var. 2: Die Pflichten und Verantwortung für die Dokumentation werden vom Unternehmer zentral auf mehrere Bereiche und Personen übertragen. Bemerkung:
Diese Variante ist fachlich orientiert. Sie beinhaltet eine „geteilte“ Verantwortung mit zahlreichen Schnittstellen und entsprechend viel Konfliktpotential. Praktiziert wird beispielsweise die folgende Übertragung von Pflichten und Verantwortung: – für die Anlagendokumentation an den Leiter Technik, – für Teile der Prüfdokumentation (z. B. Prüfbücher für Druckgeräte und für WHG-Behälter) an die Abteilung Anlagensicherheit und – für sonstige Teile der Betriebsdokumentation an den Betriebsleiter. Die Einbeziehung externer Dienstleister in die Aufgabenbearbeitung ist gleichfalls üblich.
Welche Variante angewandt wird, hängt auch von der „gewachsenen“ Unternehmensstruktur ab. Die Betriebsleiter neigen, aus verständlichen Gründen, gern zur 2. Variante. Der Verfasser favorisiert i. Allg. im Sinne einer einheitlichen Verantwortlichkeit für Anlage und Dokumentation sowie der verringerten Schnittstellen die 1. Variante. In jedem Fall muss das Ziel eines effizienten Dokumentenmanagements während des Dauerbetriebs sein: Die richtigen Informationen, zur richtigen Zeit nutzergerecht und mit geringen Kosten zu liefern. Wofür die Informationen während des Dauerbetriebs verfahrenstechnischer Anlagen benötigt werden, veranschaulicht Abb. 6.1. Die Dokumentation fungiert als Träger und Vermittler dieser Informationen (s. Abschn. 1.3). Dabei kann der Nutzerkreis bezüglich Informationsbedarf, Fachwissen, Erfahrungsschatz, Verantwortung, Befugnissen u. v. a. sehr umfangreich und verschiedenartig sein. Im Einzelnen sind u. a. folgende Bedürfnisse bzw. Wünsche anzutreffen: • Die Behörden möchten übersichtliche, verständliche Informationen zu speziellen Sachverhalten und Vorkommnissen. • Die Öffentlichkeit möchte allgemeinverständlich informiert werden, was im Betrieb hergestellt wird, welche potentiellen Gesundheits- und Umweltgefährdungen bestehen und welche Vorkehrungen getroffen wurden.
6.1 Verantwortlichkeiten und Nutzung der Dokumentation beim Anlagenbetrieb
Gewährleisten der Anlagensicherheit
Information der Behörden und der Öffentlichkeit
Gewährleisten der Arbeitssicherheit
Dokumentation Basis für wirtschaftliche Instandhaltung
Basis für Nachinvestitionen
245
Vorgaben für Bedienhandlungen und Strömungsdiagnose
Optimieren der Prozessbedingungen und Produktionsabläufe
verfahrenstechnischer Anlagen
Ausbilden und Einarbeiten des Bedienungs- und Servicepersonals
Bestandteil des Umweltmanagementsystems
Bestandteil des Qualitätsmanagementsystems
Abb. 6.1 Nutzung der Dokumentation während des Dauerbetriebs
• Die Sicherheitsabteilung und der TÜV-Sachverständige brauchen aktuelle Bestandsunterlagen, um die wiederkehrenden Risikobeurteilungen für die Anlage sowie die wiederkehrenden Prüfungen überwachungspflichtiger Anlagenkomponenten durchzuführen. • Der Arbeitsschutzverantwortliche (GSU) will überprüfen, inwieweit die bestehenden Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen noch dem aktuellen Anlagenregime und neuen Rechtsvorschriften entsprechen. • Die Schichtführer und Anlagenfahrer möchten verständliche Betriebsanweisungen für das Bedienen der Anlage. Bei abweichenden Betriebszuständen und Störungen brauchen sie präzise Vorgaben, wie Ursachen schnell und eindeutig identifiziert und wie entsprechende Gegen- bzw. Reparaturmaßnahmen eingeleitet werden können. • Die Tagschichtmeister und Betriebsingenieure benötigen detaillierte Informationen über Aufbau und Funktion der Anlage, um neues Bedien- bzw. Servicepersonal zu schulen und einzuarbeiten. Zugleich brauchen sie präzise und verständliche Betriebs- und Instandhaltungsanweisungen, die auch die neuesten Sicherheitsvorschriften erfüllen. • Die Produktion braucht as-built“ R&I-Fließbilder sowie Datenblätter und Arbeitsdiagramme der einzelnen Komponenten, um die Produktion schnell den Markterfordernissen anzupassen. • Der Betriebsingenieur und die beauftragte Fremdfirma brauchen vollständige und aktuelle Unterlagen, um die notwendige Instandsetzungsmaßnahme schnell und sachgerecht auszuführen. • Die Investitionsabteilung braucht präzise und aktuelle Bestandsunterlagen, möglichst als bearbeitbare Dateien, von allen Gewerken, um dringende Erweiterungsmaßnahmen schnell und fehlerfrei zu planen und zu realisieren.
246
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
• Der Qualitätsinspektor fordert, dass alle qualitätsrelevanten Change-ControllVorgänge in der Dokumentation nachvollziehbar erfasst sind. • Das Management fordert, dass jederzeit eine rechtskonforme sowie vollständige und aktuelle Dokumentation verfügbar ist, der Geheimnisschutz gewahrt bleibt und zugleich die Kosten reduziert werden.
6.2 Situationsanalyse und Wirtschaftlichkeitspotentiale Der Verfasser kann rückblickend auf seine langjährige Seminartätigkeit zur Dokumentationsthematik bestätigen, dass immer mehr Unternehmen, insbesondere in Verbindung mit Neuinvestitionen, bemüht sind, den Dokumentationsprozess im Leben der Anlage systematisch und wirtschaftlich zu gestalten. Die Risiken eines möglichen Organisationsverschuldens, die bei mangelhafter Dokumentation bestehen, werden den Führungskräften zunehmend bewusst. Schwere Havarien und Unfälle, die sich in den letzten Jahren ereigneten und zu strafrechtlichen Ermittlungen führten, haben unter den Führungskräften u. a. die Frage aufgeworfen: Wann kann mir bei Mängeln in der Dokumentation ein strafrechtlich relevanter Fahrlässigkeitsvorwurf erhoben werden? In Abschn. 2.3 dieses Buchs wurde versucht, darauf eine Antwort zu geben. Trotzdem wird von vielen Managern nach wie vor die Dokumentation als Kostenfaktor gesehen. Die Chancen und Wirtschaftlichkeitspotentiale auf diesem Fachgebiet werden zu wenig erkannt und noch weniger genutzt. Eine entsprechend kritische Situationsanalyse enthält Tabelle 6.1. Tabelle 6.1 Kritische Situationsanalyse zur betrieblichen Dokumentation verfahrenstechnischer Anlagen 1
Vom Betreibermanagement wird nicht selten eine vollständige und aktuelle Dokumentation als nicht zwingend eingeschätzt und die dazu erforderlichen Kosten gescheut. Die Pflege wird auf wenige Dokumentenarten beschränkt.
2
Ein ganzheitliches Konzept zum Erstellen, Nutzen und Pflegen der Dokumentation im Lebenszyklus der Anlage ist selten. Die Dokumentation wird zu sehr als abgeschlossene AS BUILT-Dokumentation im Rahmen des Anlagenvertrags und nicht als dynamische, langlebige Dokumentation während des Lebenszyklus verstanden.
3
Struktur, Inhalt und Bearbeitungswerkzeuge der Dokumentation sind stark durch die Anforderungen bei der Anlagenrealisierung geprägt. Der Auftraggeber (Betreiber) nimmt während der Projektabwicklung zu wenig Einfluss auf die Gestaltung der Dokumentation in seinem Sinne.
4
Die als Teil der AS BUILT-Dokumentation übergebene Elektronische Dokumentation ist häufig für eine effiziente Nutzung und Pflege nicht geeignet bzw. dem Betreiber fehlen dazu die Voraussetzungen.
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
247
Tabelle 6.1 (Fortsetzung) 5
Der Änderungsprozess zur Dokumentation ist oft nicht bzw. nicht ausreichend praktikabel geregelt bzw. wird nicht „gelebt“. Große Teile der Dokumentation sind nicht mehr aktuell. Das Vertrauen in die Dokumentation sowie deren Nutzung werden dadurch geringer. Die Mitarbeiter schaffen sich Teils „eigene Bestände“ an.
6
Notwendige Aktualisierungen, z. B. in Vorbereitung von Erweiterungsmaßnahmen bzw. wegen neuer Rechtsvorschriften, lösen neue und teuere As built-Aufnahmen bzw. andere Sofortaktionen aus.
Die in Tabelle 6.1 geschilderte Situation bewirkt, dass in nicht wenigen Betrieben die Dokumentation den Nutzeranforderungen gemäß Abschn. 6.1 nicht gerecht wird. Die notwendigen betrieblichen Maßnahmen können folglich nicht optimal vorbereitet und durchgeführt werden. In anderen Fällen vergeht ggf. unnötig viel Zeit, um technische Störungen zu diagnostiziert und zu beseitigen. Der Verfasser ist der festen Überzeugung, dass ein professionelles Dokumentenmanagement, sowohl während des Projekts als auch während des Anlagenbetriebs, ein wichtiger Wirtschaftlichkeitsfaktor mit erheblichem Effektivitätspotential ist. Um diese Wirtschaftlichkeitsreserven zu erschließen, sind insbesondere die folgenden beiden Hauptaufgaben erfolgreich zu lösen. a) Die AS BUILT-Dokumentationen, die bei Neu-, Erweiterungs- und Modernisierungsinvestitionen erarbeitet werden, müssen zielgerichtet entsprechend den Erfordernissen des betrieblichen Dokumentationsprozesses realisiert werden. Bemerkung: Das heißt, Dokumentationsleistungen in Verbindung mit Investitionen müssen verstärkt die längerfristigen Anforderungen berücksichtigen. Die Ausführungen der vorhergehenden Kapitel dieses Buchs dienten diesem Anliegen.
b) Das betriebliche Dokumentenmanagement muss konsequent gemäß den aktuellen und zukünftigen Anforderungen an die Dokumentation sowie mit Hilfe des bewährten Know-hows und der geeigneten Software-Tools effizient organisiert und praktiziert werden. Bemerkung: Was dazu im Einzelnen zu tun ist, wird in den nachfolgenden Abschnitten dieses Kapitel empfohlen.
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements Die weiteren Ausführungen beinhalten Arbeitsschritte und inhaltliche Hinweise, wie bei der Neugestaltung und i. d. R. auch bei der Reorganisation des betrieblichen Dokumentationenmanagements grundsätzlich vorgegangen werden kann.
248
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
6.3.1 Begriffsdefinition und Arbeitsschritte Das Dokumentenmanagement (DM) (Synonym: Dokumentationswesen) umfasst die Gesamtheit von Prozessen, Abläufen und Verantwortlichkeiten, die die Administration (erfassen, verwalten) von Dokumenten betreffen (nach [1−5]). Das Attribut „betrieblich“ bedeutet die Anwendung während der Dauerbetriebsphase. Folgende Prozesse stehen bei verfahrenstechnischen Anlagen im Mittelpunkt des Dokumentenmanagements: • Kennzeichnen der Dokumente, • Erfassen der AS BUILT-Dokumentation im betrieblichen Ordnungs- und Verwaltungssystem, • Indexieren der Dokumente (z. B. durch Stamm- bzw. Metadaten), • Ablegen und Archivieren der Dokumente, • Verteilung und Umlauf der Dokumente, • Fortschreibung und Historienverwaltung von Dokumenten, • Qualitätsprüfung und Freigabe von Dokumenten, • Suche nach Dokumenten bzw. Dokumenteninhalten sowie ggf. bereitstellen der gesuchten Dokumente, • Vernichten von Dokumenten, • Regeln von Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Befugnissen betreffs Inhalt und Verwaltung von Dokumenten. Den betrieblichen Dokumentationsprozess erfolgreich zu realisieren, ist in erster Linie eine Managementaufgabe. Die mitunter anzutreffende Meinung, dass leistungsstarke Software-Tools (Bearbeitungswerkzeuge) dieses Problem lösen, ist eine Illusion. Der Einsatz eines effizienten Tools ist für den Erfolg wichtig, setzt aber Klärungsprozesse voraus. Den möglichen Arbeitsablauf beim Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements, der im Einzelfall ggf. anzupassen ist, zeigt Abb. 6.2. Es bedarf zunächst einer klaren Ziel- und Aufgabenformulierung sowie der notwendigen organisatorisch-administrativen Regelungen im Betrieb. Erst auf dieser Basis kann konkret über den Einsatz eines DokumentenManagement-Systems (DMS) oder anderer Software-Tools beraten und entschieden werden. In den weiteren Abschnitten werden die in Abb. 6.2 dargestellten Arbeitsschritte näher betrachtet. 6.3.2 Zielstellungen für Neugestaltung bzw. Reorganisation des betrieblichen Dokumentenmanagements Der Anlagenbetreiber muss sich zunächst klar werde, welche Ziele (Ergebnisse) er mit dem eigenen betrieblichen Dokumentenmanagements erreichen will. Dabei geht es insbesondere um Ergebnisse, die wirtschaftlich bewertbar sind und eine Projektentscheidung ermöglichen.
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
249
1. Erarbeiten und Bestätigen der grundlegenden Zielstellungen, die mit Hilfe des betrieblichen Dokumentationsmanagement zu erreichen sind. 2. Ermitteln der Nutzungsanforderungen an das betriebliche Dokumentationsmanagement 3. Identifizieren und Analysieren der betrieblichen Geschäftsprozesse, die Änderungen an der betrieblichen Dokumentation verursachen 4. Einschätzen der vorhandenen und beschaffbaren Software-Tools für das betriebliche Dokumentenmanagement
5. Lösungssuche und Lösungsfindung zur Realisierung eines effizienten betrieblichen Dokumentenmanagements 6. Festlegen und Bestätigen der erarbeiteten Lösung in einer Richtlinie zum Umgang mit der betrieblichen Dokumentation
7. Umsetzen der festgelegten Regelungen zum Dokumentenmanagement in der betrieblichen Praxis Abb. 6.2 Arbeitsschritte beim Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
Die Angaben in Tabelle 6.2 sollen dafür als Anregung dienen. Tabelle 6.2 Mögliche Zielstellung für die Neugestaltung bzw. Reorganisation des betrieblichen Dokumentenmanagements 1
Gewährleistung der Technischen Integrität – Einhalten von Unternehmensgrundsätzen – Minimieren von Schnittstellenproblemen und -kosten – Fehlervermeidung und Kosteneinsparung durch Standardisieren von Prozessabläufen, Begriffen, Dokumenteninhalten u. ä. – weitgehende Gewährleistung der Synchronität zwischen Anlage und Dokumentation
2
Erfüllen der Sorgfaltspflichten – Vermeiden bzw. Abwehr von Schadenersatzansprüchen – umfassende Einhaltung von GSU
3
Zeit- und Kostenersparnis – Verkürzen der Suchzeiten nach Dokumenten – erhöhte Anlagenverfügbarkeit durch schnellere Fehler- bzw. Schadendiagnose
250
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
Tabelle 6.2 (Fortsetzung) – verringerter Aufwand beim Änderungsdienst – Vermeiden von erneuten Vor-Ort-Bestandsaufnahmen – Einsparen von Kosten (Raum, Suchzeit u. a.) durch elektronische Dokumentation und Verringerung des Dokumentenbestandes – Automatisieren von Arbeitsabläufen – flexiblere Anpassung an neue Anforderungen – Klarstellen der Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Befugnisse bzgl. der Dokumentation – klare und eindeutige Vorgaben an Kontraktoren 4
Qualitätserhöhung und damit verbundene Kostenreduzierung – ganzheitliche Nutzung aktueller und identischer Dokumente – Fehlervermeidung durch Nutzung eines DMS (Dokument-Management-System) – Vermeiden von Nachbesserungskosten
6.3.3 Ermitteln der Nutzeranforderungen an das betriebliche Dokumentenmanagement Zunächst ist zu identifizieren, welche Dokumentenarten zur betrieblichen Gesamtdokumentation gehören. Zu diesem Zweck ist für den Betrieb die Liste wichtiger Dokumentenarten (LwD) zu erarbeiten (s. Abschn. 3.1.2). Diese Tätigkeit bewirkt eine intensive Auseinandersetzung mit den Bestandteilen der Dokumentation und deren Informationsinhalten. Folgende Hinweise werden gegeben: • Die Arbeitsgruppe „Erarbeiten LwD“ sollte wegen der strategischen Bedeutung vom Betriebsleiter geführt werden. Mitwirken sollten die primär vom Dokumentenmanagement betroffenen Fachleute des Betriebes. Das Einbeziehen erfahrener, externer Spezialisten ist ratsam. • In der LwD sind zunächst alle Dokumentenarten, auch die Office-Dokumente, zu erfassen. Erst danach ist zu entscheiden, welche Dokumentenarten zum Geltungsbereich des betrieblichen Dokumentations-Managements gehören sollen. • Die LwD sollte als Datenbank, in der auch definierte Merkmale der Dokumentenarten gespeichert werden können, erstellt werden. Damit ist später eine Umsortierung, z. B. Zuordnung zu Anlagenobjekten oder Betriebseinheiten, leicht möglich. • Die Strukturierung der LwD kann analog zur Gliederung der Gesamtdokumentation (s. Kap. 3) erfolgen. Das Normenwerk [1−4] [3−1] bis [3−3] ist bei der Strukturierung und bei der Begriffswahl hilfreich. • In die LwD sollte in einer Spalte „Dokumentenanzahl“, die näherungsweise ermittelte Anzahl der Einzeldokumente (der jeweiligen Dokumentenart) eingetragen werden. Damit kann der Dokumentationsumfang abgeschätzt werden. In einem 2. Schritt ist zu ermitteln und in der LwD zu vermerken, welche Dokumentenarten unveränderlich (statisch) und welche veränderlich (dynamisch)
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
251
sind. Erstere sind „nur“ abzulegen bzw. zu archivieren, eventuell auch gegen neue auszutauschen, während die dynamischen Dokumentenarten „as built“ und später „as maintained“, „as changed“ usw. zu pflegen sind. Der folgende 3. Schritt ist einer der schwierigsten und beantwortet die Frage: Welche Dokumentenarten bzw. Einzeldokumente müssen bzw. sollten, unter Abwägung der Risiken und Kosten, während des Anlagenbetriebs aktuell gepflegt werden (sog. Life-cycle-Dokumente) und welche nicht? Die Frage lässt erkennen, dass es i. Allg. nicht wirtschaftlich und auch nicht nötig ist, die Gesamtdokumentation „synchron“ zur verfahrenstechnischen Anlage zu pflegen. Dabei müssen im Besonderen innerhalb einer Dokumentenart auch nicht alle Einzeldokumente gepflegt werden. Bei der Festlegung der Life-cycle-Dokumente ist insbesondere zu klären: a) Welche Dokumentenarten bzw. Einzeldokumente werden zu welchem Zweck und zu welchem Zeitpunkt aktuell gebraucht? Bemerkung: Die Auswahl muss sowohl die inhaltlichen Aspekte (s. Abschn. 6.1) als auch haftungsrechtliche und wirtschaftliche Aspekte (Möglichkeiten und Kosten der Pflege) berücksichtigen. In vielen Fällen ist es ein iterativer Entscheidungsprozess.
b) Wie wird mit den restlichen Nicht-Life-cycle-Dokumenten verfahren? Bemerkung: Für die betroffenen Nicht-Life-cycle-Dokumentenarten bzw. Einzeldokumente ist zu diskutieren und zu entscheiden, wie verfahren wird. Alternativen sind beispielsweise: – Die Dokumente, analog den statischen Dokumenten, abzulegen und die eintretenden Änderungen nicht mehr zu erfassen. Wenn später der aktuelle Stand benötigt wird, ist eine neue Bestandsaufnahme nötig. – Die Änderungen nur als Roteintragung im Papiermaster zu erfassen, ohne anschließende CAD/CAE-Revision. Zu einem späteren Zeitpunkt wird über die weitere Vorgehensweise entschieden. Diese Alternative wird i. Allg. dann praktiziert, wenn der elektronische Änderungsdienst nicht möglich bzw. aufwendig ist. Beispiele sind Rohrleitungsisometrien, Bau-/Stahlbauzeichnungen und TGA-Zeichnungen. Das Master muss dabei konsequent im Änderungs-Workflow erfasst sein. Ansonsten wird später die Aktualität angezweifelt.
c) Ist die im Team getroffene Risikoentscheidung entsprechend a) und b) vertretbar? Wenn ja, ist diese nachvollziehbar zu dokumentieren. Bemerkung: Beim Protokollieren der Entscheidungsgrundlagen und -gesichtspunkte sind insbesondere die „Grenzfälle“ zu berücksichtigen.
d) Mitunter wird im Ergebnis von a) bis c) aus der LwD eine spezielle „Liste der Life-cycle-Dokumente“ extrahiert. Die derart vollzogene Klassifizierung der Dokumentenarten definiert, gemeinsam mit den Angaben zur Nutzung der betrieblichen Dokumentation (s. Abschn. 6.1), die Anforderungen an das betriebliche Dokumentenmanagement. Es ist ratsam, dies in einem Lastenheft zusammenzufassen.
252
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
6.3.4 Analyse der Ursachen für Dokumentationsänderungen Der Änderungsdienst zur Dokumentation ist in der betrieblichen Praxis häufig die Schwachstelle im betrieblichen Dokumentenmanagement. Er weist beispielsweise erhebliche Mängel auf, indem – die Revision der Dokumente auf Grund technischer Änderungen nicht, nicht vollständig bzw. zu spät erfolgt, – die an mehrere Stellen notwendigen Änderungen unterschiedlich und nicht abgestimmt eingearbeitet werden, – die Änderungen nicht in allen Exemplaren eingepflegt werden, – die Änderungen nicht ausreichend kommuniziert werden. Bei einer derartigen Situation sind Fehler und Störungen im Arbeitsprozess vorprogrammiert. Es entstehen erhebliche „versteckte“ Mehrkosten. Existiert dieser Zustand länger, so gibt es häufig ein zunehmendes „Misstrauen“ in die Dokumentation. Sobald man der Dokumentation aber nicht mehr traut, wird sie auch immer weniger genutzt. Werden dann beispielsweise für eine Erweiterungsinvestition aktuelle Bestandsunterlagen benötigt, so bleibt nur die teure Lösung der As built-Bestandsaufnahme oder der Betreiber geht mit einem erheblichen Claimrisiko in die Vertragsabwicklung (s. Abschn. 4.5.2, Buchstabe g)). Aus dem Gesagten lässt sich folgern: Das betriebliche Dokumentenmanagement muss gewährleisten, dass alle organisatorischen, sicherheitlichen, technischen u. ä. Änderungen adäquat zum Sachstand (Vorschriften, Anlage, Organisation) in die Dokumentation eingepflegt werden. Zu diesem Zweck sind zunächst die betrieblichen Geschäftsprozesse, die Änderungen an der vorhandenen Dokumentation nach sich ziehen, zu identifizieren und in ihrer Wirkung zu analysieren. Ferner sollte in vorhandenen Betrieben geprüft werden, wie die bisher bestehenden Organisationsabläufe zum Änderungs-Workflow der Dokumentation funktionieren. Beispiele für betriebliche Änderungsprozesse, die gravierende Auswirkungen auf die Dokumentation haben, sind: a) Umsetzen neuer bzw. veränderter Organisations- und/oder Sicherheitsrichtlinien des Unternehmens. Bemerkung: Neue bzw. veränderte Unternehmensrichtlinien können sich u. a. beim Wechsel des Eigentümers oder in Auswertung von Havarien bzw. schweren Unfällen ergeben. Sie werden i. d. R. organisatorisch und dokumentarisch stabsmäßig vorbereitet und „von oben nach unten“ konsequent, auch in der betrieblichen Dokumentation, durchgesetzt.
b) Beachten neuer bzw. veränderter Vorschriften bezüglich GSU (Sicherheit – Gesundheit – Umwelt).
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
253
Bemerkung: Die Gesetz- und Normengeber verursachen häufig Änderungen an der Dokumentation. Ein Beispiel ist die zunehmend europäische Gesetzgebung. In größeren Unternehmen werden die Konsequenzen für deren Umsetzung stabsmäßig umgesetzt; in kleineren ist dies nicht selten ein Problem. Nicht wenige Betriebsleiter sind unsicher, inwieweit sie alle Vorschriften beachten und dies auch nachvollziehbar dokumentieren. Da der Gesetzgeber zunehmend Schutzziele und nicht Maßnahmen vorgibt, werden für den Anlagenbetreiber die Handlungsspielräume und entsprechend die Unsicherheiten größer.
c) Anlagenänderungen durch Investitionen. Bemerkung: Bei Neubau-, Erweiterungs- und/oder Optimierungsinvestition muss die Dokumentation einerseits wesentliche Vorgaben liefern, andererseits wird sie im Ergebnis gravierend verändert. Abbildung 6.3 zeigt den Informations- und Dokumentenfluss. Vorteilhaft ist, dass diese technischen und dokumentarischen ChangeVorgänge bewusst geplant werden können. Wie dies im verfahrenstechnischen Anlagenbau vollzogen wird, ist in Kapitel 5 beschrieben. Entscheidend für die effiziente Einbindung dieser neuen AS BUILT-Teildokumentation in das bestehende Dokumentenmanagement ist, dass sie – das gleiche Ordnungs- und Kennzeichnungssystem besitzen sowie – möglichst komplett in elektronischer Form sowie im Speziellen als bearbeitbare Dateien übergeben werden (s. Abschn. 4.5.3.1). In jedem Fall sollte 1 Belegexemplar der AS BUILT-Dokumentation, die die Änderungsinvestition vertragsgerecht beschreibt, als „juristisch Urkunde“ im „eingefrorenen“ Zustand archiviert werden. Auftragsdaten Konzeptdaten Anlagen planen Änderungsdaten
Bestelldaten Vorgaben zur Dokumentation der Anlage
Montage-, InbetriebnahmeDaten Anlagen errichten
IH-Vorschriften IH-Strategien Daten von Standards, Normen, Modellen
Daten Instandhaltung, Anlagentechnik
Anlagen instandhalten
Daten zu Optimierungsvorschlägen
Abb. 6.3 Informations- und Dokumentenfluss beim Planen, Errichten und Instandhalten von Anlagen
254
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
d) Anlagenänderungen durch Instandhaltung (IH). Bemerkung: Abbildung 6.3 zeigt, dass die Prozeduren bei der Instandhaltung (bestehend aus Inspektion, Wartung, Instandsetzung) prinzipiell denen bei Investitionen gleichen. Dass die Änderungen aus der Instandhaltung unbedingt in die Dokumentation eingepflegt werden müssen, soll Abb. 6.4 belegen. Wenn die kumulierten Instandhaltungs- und Rückbaukosten das 2- bis 3fache der Investitionskosten ausmachen, ist der Änderungsumfang bezüglich der Dokumentation ebenfalls in dieser Größenordnung. Das heißt, große Teile der Anlagendokumentation erneuern sich während der Betriebsphase ebenfalls 1 bis 2 Mal. Sofern die Instandhaltungsmaßnahmen geplant werden, ist eine analoge Prozedur zur Dokumentationspflege wie bei Investitionen möglich (s. Kap. 5). Problematischer hinsichtlich der Dokumentationspflege sind operative Instandsetzungsarbeiten auf Grund technischer Störungen. In diesen Fällen muss zunächst die Störung schnell behoben werden, ohne dass zuvor ein neues technisches Dokument engineert und freigegeben wurde. Die große Gefahr ist, dass dann letztlich kein Change-Control-Vorgang zur Dokumentation stattfindet.
Idee Planungskosten 9 - 19 %
Mittelbewilligung
Fremd- u. Eigenlieferung 91 - 81 % Anlagenübergabe
100 %
100 %
Dauerbetrieb Instandhaltungskosten 2 - 4 % pro Jahr Stilllegung
Rückbaukosten
Anlagenende 0
50
100
150
200
250 %
Abb. 6.4 Kumulative Kosten im Leben einer Anlage (Prinzipdarstellung)
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
255
e) Anlagenänderungen durch Demontage von Anlagenteilen. Bemerkung: Nicht mehr benötigte Anlagenteile verursachen i. Allg. Kosten und sollten möglichst demontiert bzw. rückgebaut werden. Die damit verbundenen Änderungen sind analog wie bei Instandhaltungsmaßnahmen in die betriebliche Dokumentation einzupflegen.
6.3.5 Software-Tools für das betriebliche Dokumentenmanagement Die „Welt der Software“ auf dem Gebiet der Dokumentenherstellung und Dokumentenverwaltung entwickelt sich stürmisch. Viele Software-Anbieter werben mit der Möglichkeit, dass ihre Produkte auch Dokumente speichern und nutzerfreundlich verwalten können. Grundsätzlich ist dies auch richtig, aber bekanntlich steckt der „Teufel im Detail.“ Die folgenden Ausführungen sollen deshalb für den auf diesem Wissensgebiet noch unerfahrenen Anlagenbetreiber eine Orientierung geben. Im Kapitel 7 wird dies speziell für den Einsatz von Dokumenten-Management-Systemen (DMS) vertieft. Aus Sicht des Verfassers lassen sich die einzelnen Software-Tools, die für das betriebliche Dokumentenmanagement nutzbar sind, grob wie folgt einteilen: a) Office-Software Für das Erstellen und Verwalten von Office-Dokumenten nutzen die meisten Unternehmen eine Standardsoftware, z. B. MS Office-Tools. Diese Tools sind vorrangig für Office-Dokumente und nicht für technische Dokumente entwickelt worden. Sofern die Dokumente im Datei-/Daten-Format dieser Software oder in einem anderen Standardformat, z. B. PDF, TIF oder JPEG, vorliegen, ist eine begrenzte Dokumentenverwaltung inkl. Dokumentennutzung/-änderung möglich. Dies erfolgt i. d. R. dadurch, dass vom Explorer aus die Erzeugersoftware aufgerufen wird. Die Projektdokumentation sowie Teile der Betriebsdokumentation (Betriebshandbuch, Instandhaltungshandbuch, Betriebstagebuch, QM-Handbuch) werden häufig mittels dieser Basissoftware verwaltet. b) Betriebswirtschaftliche Standard- bzw. Anwendersoftware Die meisten Unternehmen nutzen für die Abwicklung der Geschäftsprozesse eine Standardsoftware bzw. eine angepasste Anwenderlösung, z. B. die Software R/3 von der Firma SAP. Diese betriebswirtschaftlichen Softwareprodukte wurden schwerpunktmäßig für das Datenmanagement (Kosten, Termine, Ressourcen) entwickelt, können aber auch Dokumente speichern und verwalten. Bei der Bewirtschaftung verfahrenstechnischer Anlagen wird diese Software unter anderem genutzt für – das Bearbeiten von Beschaffungsvorgängen aller Art, – das Planen und Abwickeln von Instandhaltungsleistungen,
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6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
– das Planen und Abwickeln von Leistungen für wiederkehrende Sicherheitsprüfungen. In Verbindung mit der jeweiligen Vorgangsbearbeitung werden die zugehörigen technischen und sicherheitlichen Dokumente, wie • Ersatz- und Verschleißteillisten, Wartungs- und Inspektionslisten, Checklisten, Instandhaltungsanweisungen, Betriebsanleitungen, Datenblätter, Apparatezeichnungen, Stücklisten, EG-Konformitätserklärungen, Prüfanweisungen, Prüfbescheinigungen usw.) sowie relevante kaufmännische Dokumente, wie • Beschaffungsrichtlinien, Technische Beschaffungsunterlagen, Spezifikationen, Bestellungen, Musterformulare, QS-Checklisten, Stundennachweise, Aufmaßprotokolle, Rechnungen, Zahlungsanweisungen mit dieser Software erfasst und während der Auftragsabwicklung selektiv genutzt. Das ohnehin vorhandene betriebswirtschaftliche Software-Tool wird somit auch zur Verwaltung ausgewählter technischer und sicherheitlicher Dokumente genutzt. Eine Nutzungserweiterung auf die gesamte Anlagen- und Betriebsdokumentation erfolgt in vielen Fällen nicht, sodass für das Dokumentenmanagement weitere Software-Tools notwendig sind. c) Software für 3D- und 2D-Anlagenplanung Die Planungssoftware für verfahrenstechnische Anlagen gestattet i. Allg. von der Anlage 3D-CAD-Anlagenmodelle zu erstellen. Aus diesem Modell können anschließend zahlreiche weitere Dokumente, wie Aufstellungs- und Etagenpläne, Schnittdarstellungen, Rohrleitungsisometrien, Bau-/Stahlbauzeichnungen, Stücklisten usw., generiert werden. Darüber hinaus besitzt diese Software u. a. einen sog. P&ID-Modul, um insbesondere Verfahrens- und R&I-Fließbilder zu zeichnen. Neben der grafischen 3D- und 2D-Darstellung ermöglicht die Software auch die Daten- und Dokumentenverwaltung, indem z. B. die Grafiksymbole mit Datensätzen und/oder Dokumenten verlinkt werden. Ersteres führt vom CAD (Computer Aided Design) zum CAE (Computer Aided Engineering) und letzteres zum EDMS (Engineeing Document Management System). Die Stärke dieser Software ist ihre CAD/CAE-Funktionalität, d. h. die CAD-/ CAE-basierte Dokumentenarten lassen sich gut ändern und verwalten. Die klassischen Zeichnungsverwaltungssysteme sind dafür typisch. Beim Erfassen und Verwalten anderer Datenformate oder bei sehr großen Datenmengen treten nicht selten Probleme auf. Verschiedene Dokumenten-Management-Systeme nutzen eine grafische 2DDarstellung (z. B. R&I-Fließbilder) als Nutzeroberfläche. Viele Anlagenbetreiber pflegen die Änderungen in das 3D-Modell und die 2DPläne bzw. Fließbilder nicht selbst ein, sondern beauftragen von Zeit zu Zeit (gemäß Änderungsumfang) zentrale Bereiche oder externe Dienstleister
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
257
d) Software für Fachplanung Für die Fachplanung anderer Gewerke gibt es zahlreiche spezifische SoftwareTools. Dies gilt besonders für die Prozessleit- und Elektrotechnik sowie für die Technische Gebäudeausrüstung. Diese Tools können i. d. R. auch mit dem jeweiligen Dokument verknüpfte Daten oder andere Dokumente verwalten. Ausgeprägt ist dies in der PLT-/E-Technik in Verbindung mit der Pflege von Schaltplänen und PLT-Stellenblättern. Die Änderungen der PLT-/E-Technik sollten möglichst zeitnah zur technischen Realisierung in die elektronische Dokumentation eingepflegt werden, damit die Sachverhalte und Historie noch „frisch“ sind. Eine Erfassung der Änderungen durch Roteintragungen im Papierdokument, z. B. im Übersichtsschaltplan oder Stromlaufplan, ist häufig schwierig. Das zeitnahe Einpflegen der Änderungen macht nicht selten der Betriebsingenieur selbst. Entsprechend ist er auch an der Nutzung „seiner“ Software für die Verwaltung von gewerkespezifischen Dokumenten interessiert. e) Dokumenten-Management-Systeme (DMS) Ein Software-Tool, welches speziell zum Erfassen und Verwalten von vielen und verschiedenartigen Dokumenten entwickelt wurde und auch geeignet ist, wird als Dokumenten-Management-System (DMS) definiert. Das DMS dient somit vorrangig dem Management von elektronischen Dokumenten [6−1] [6−3] [6−4] und weniger deren Herstellung. Entsprechend den Grundlagen der Dokumentationslehre [1−1] muss ein DMS im Dokumentationsprozess folgende Aufgaben unterstützen (s. Abb. 6.5):
Aufzunehmendes Dokument
Benutzerfrage
erfassen signieren
Ordnungsprinzip
indexieren
Ordnungssystem
formulieren der formalen Suchfrage
indexierte Deskriptoren
Deskriptorenspeicher
formale Suchfrage selektierte Signaturen
Dokumentenspeicher
selektierte Dokumente
Abb. 6.5 Systematik im Umgang mit der Dokumentation bzw. mit einem DokumentenManagement-System (nach [1−1])
258
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
• Beschaffen und Erfassen Zuerst muss der Dokumentationsbedarf ermittelt und die benötigten Dokumente beschafft werden. Es sollten möglichst keine wichtigen Dokumente übersehen werden. Ferner ist zu prüfen, ob von den beschafften Dokumenten schon welche gespeichert sind. Das Erfassen kann das Signieren (Aufbringen des Dokumentenkennzeichens) beinhalten. Mitunter wird dies auch dem Indexieren zugeordnet. • Indexieren Unter Indexieren wird das inhaltliche Erschließen eines Dokuments verstanden. Dabei erfolgt das Feststellen und Kennzeichnen des Inhalts eines Dokumentes mit Hilfe von Deskriptoren (Synonym: Attribute, Metadaten). Im speziellen Fall sind dies Schlagwörter. • Speichern Zu unterscheiden ist der Dokumentenspeicher und der Deskriptorenspeicher. Im Dokumentenspeicher (Synonym: Ablage, Archiv, Magazin, Lager) sind die Dokumente im vollen Umfang enthalten. Der Deskriptorenspeicher speichert, welchen Dokumenten welche Deskriptoren indexiert wurden. Er ist im Sonderfall ein Schlagwortkatalog. • Recherchieren Die Recherche (Synonym: Retrieval, Search) ist das gezielte Suchen und Wiederfinden von Dokumenten zu einem interessierenden Sachverhalt. Der interessierende Sachverhalt wird als allgemeine oder verbale Suchfrage bezeichnet. Für die Recherche wird der Sachverhalt z. B. durch Deskriptoren ausgedrückt und bildet dann die formale Suchfrage. Damit erfolgt eine gezielte Abfrage des Deskriptorenspeichers auf relevante Dokumente. Das Ergebnis dieser Abfrage kann z. B. das Dokumentenkennzeichen sein. Mittels diesem kann dann auf die Dokumente selbst zugegriffen werden. Die verschiedenen DMS unterscheiden sich darin, wie umfangreich, komfortabel und effektiv die verfügbaren Funktionalitäten sind. Entsprechend dem angebotenen Service wird unterteilt in: – DMS im engeren Sinne Sind die „klassischen“ DMS, die Verwaltungsfunktionen für die stark wachsenden Dateibestände zur Verfügung stellen. Typische Funktionalitäten sind: visualisierte Ordnungsstrukturen, Ein-/Ausgabe, Versionisieren/Pflegen, Indexieren und indexgestütze Dokumentensuche. – DMS im weiteren Sinne Dies sind moderne DMS, die neben den Möglichkeiten eines DMS im engeren Sinne noch zusätzliche Funktionalitäten besitzen, wie beispielsweise: Schrifterkennung/Vektorisieren, automatisches Indexieren, Volltext-/Freitextrecherche, Computer Output on Laser Disc (COLD), Workflow, Scannen/Document Imaging, Groupware, Archivieren.
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
259
Die stark in Entwicklung begriffenen DMS im weiteren Sinne bieten neue Einsatzmöglichkeiten für ein übergeordnetes Wissensmanagement [6−5] [6−6] im Betrieb bzw. Unternehmen. Zielstellung ist vorrangig, das im Unternehmen vorhandene Wissen (Erfahrungen) besser zu nutzen und die Kommunikation effektiver zu gestalten. Interessant erscheint dabei insbesondere die Anwendung interaktiver Software für elektronische Enzyklopädien im Internet und Projekt sowie für Social Software in Unternehmen [6−7]. In verfahrenstechnischen Anlagen ist für viele Betreiber gegenwärtig noch der erfolgreiche Einsatz eines DMS im engeren Sinne eine echte Herausforderung (s. Kapitel 7). Mögliche realistische Forderungen an ein solches DMS sind in Tabelle 6.3 angeführt. Diese können auch für Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen für eine DMS-Einführung genutzt werden. Tabelle 6.3 Anforderungen an ein DMS für die betriebliche Dokumentation 1
Dokumentenorganisation und -zugang – flexible Organisation – klares Ordnungsprinzip – komfortable Suchfunktionen – View-Funktionen für zahlreiche Dateiformate
2
Dokumentensicherheit – Schutz vor unberechtigtem Zugriff – Schutz vor ungewollten Änderungen, Vernichtung, Verlust – Versionskontrolle möglich Workflow-Funktionen – automatische Verteilung von Dokumenten – Steuerung des Bearbeitungsablaufes von Dokumenten – Alarm- und Controlling-Funktionen – Parallelbearbeitung von Dokumenten möglich
3
Auch wenn moderne Systeme zunehmend eine Volltextrecherche ermöglichen, so bleibt für die schnelle und bedarfsgerechte Nutzung betrieblicher Dokumentenmanagement-Systeme das anwenderspezifische Indexieren wichtig. Dies bedeutet für das Dokument charakteristische sog. Metadaten [6−1] (Synonym: Stammdaten, Kerndaten, Dokumentattribute) zu finden und als Datensatz in einer Datenbank des DMS abzuspeichern. Man spricht auch von einer „elektronischen Karteikarte“, in der die Metadaten enthalten sind. Typische Metadaten für die meisten DMS sind: – Dateibezeichnung, Dokumentenart, Benennung, Dokumentkennzeichen, Version, Änderungsdatum, zugehöriger technischer Gegenstand – Ersteller, Erstelldatum, Dateiformat, Erstellungssoftware, Status, Freigeber, Freigabedatum, Lebensphase, Erfassungsdatum im DMS, Verfügbarkeit – für Papierform: DIN-Format, Ablageort, Entleiher Insgesamt verdeutlichen die Ausführungen dieses Abschnitts, dass es für das betriebliche Dokumentenmanagement kein universelles Software-Tool gibt.
260
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
In der Regel werden mehrere Tools als Teil- bzw. Insellösung genutzt. Solange die einzelnen Aufgaben und Anwendungen eindeutig abgegrenzt sind und keine Redundanzen bestehen, ist dies auch nicht problematisch. 6.3.6 Erarbeiten und Festlegen betrieblicher Regelungen zum Dokumentenmanagement Nachdem für das angestrebte effektive betriebliche Dokumentenmanagement – die Zielstellungen schriftlich formuliert und vom Leiter bestätigt sind sowie – der IST-Zustand bezüglich Nutzeranforderungen, Änderungsnotwendigkeiten und verwendbarer Software-Tools erfasst und analysiert wurde, muss die konkrete Lösungssuche und -findung vollzogen werden. Im Weiteren werden dazu einige verallgemeinerte Hinweise und Vorschläge unterbreitet. Im Speziellen sei auf die praxisbezogen Ausführungen im Kapitel 7 verwiesen. 6.3.6.1 Vorbemerkungen und Hinweise • Die Betriebsführung muss bei der Lösungssuche verantwortlich und inhaltlich mitwirken. Nur so ist gewährleistet, dass sie die Ergebnisse nachvollziehen kann und später, während der häufig beschwerlichen Umsetzung, vorbehaltlos mit trägt. Dem Verfasser sind zwei erfolgreiche Beispiele bekannt, bei denen der Abteilungs- bzw. Betriebsleiter an der Sache persönlich Spaß gefunden und sich als Projektleiter an die „Spitze gestellt“ hatte. • Alle beteiligten Führungskräfte müssen sich bemühen, die Vorteile eines effizienten betrieblichen Dokumentenmanagements deutlich heraus zu arbeiten und überzeugend zu vertreten. Es reicht nicht aus, wenn nur die Sorgfaltspflichtund Sicherheitsaspekte betont werden. Zusätzlich müssen die Chancen der Kosteneinsparungen und Gewinnerhöhung herausgearbeitet werden. Falls in den Betrieben das notwendige fachliche Know-how fehlt, muss es eingekauft werden. • Ein verändertes Dokumentenmanagement, insbesondere hinsichtlich der technischen Dokumente, kann nur dann erfolgreich sein, wenn es die Akzeptanz der Nutzer (Betriebsingenieure, Meister, Schichtführer, Operator, Servicepersonal) findet. Das heißt, die Meinung dieses Personenkreises muss rechtzeitig erfragt und nach Möglichkeit pragmatisch beachtet werden. Die Nutzer sind in alle wichtigen Diskussions- und Entscheidungsprozesse sowie bei eventuellen Präsentationen und Tests einzubeziehen. Misserfolge bei der Reorganisation der betrieblichen Dokumentmanagements, auch in großen Unternehmen, waren häufig darin begründet, dass die Projektziele zu umfangreich und zu wenig praxisorientiert waren. In der Folge fanden die vorgeschlagenen Maßnahmen keine Akzeptanz beim Betriebspersonal und wurden letztlich in Misskredit gebracht bzw. „torpediert“.
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
261
• Der Dokumenten-Workflow ist in die Regelungen zu den sicherheitlichen, technischen und/oder organisatorischen Arbeitsabläufen (s. Abschn. 6.3.4) zu integrieren. Es gilt der Grundsatz: Die Änderungen an der Anlage und die an der Dokumentation sind möglichst in einer Prozedur gemeinsam zu betrachten und zu realisieren. • Das betriebliche Dokumentenmanagement muss konsequent in elektronischer Form organisiert werden. Dies bedeutet u. a. – zu ermitteln, wo Dokumente in Papierform zwingend sind (z. B. in Pharmaanlagen bzw. als gerichtsfeste Dokumentation), – zu ermitteln, ob in Grenzfällen die Risiken vertretbar sind (z. B. Betriebsanweisungen in elektronischer Form im Rechnernetz), – dass neue Dokumente, die bei Investitions- und/oder Instandhaltungsmaßnahmen anfallen, konsequent in elektronischer Form und möglichst als bearbeitbare Dateien beschafft bzw. selbst erstellt werden, – dass Papierdokumente von Herstellern bzw. aus Altbeständen konsequent in das Software-Tool eingepflegt werden, – die hardwareseitigen Voraussetzungen für die effektive Nutzung zu schaffen, wie z. B. ausreichende Anzahl an Bildschirmen, große Bildschirmformate, Einscannmöglichkeiten, Plotmöglichkeiten, – ein DMS, insbesondere für die Verwaltung der technischen Dokumente, einzuführen und zu nutzen, – das Personal intensiv im Umgang mit der elektronischen Dokumentation inkl. der Hard- und Software zu schulen und fortzubilden, – sich gegebenenfalls zu verständigen, dass im Zweifel die elektronische Version der Dokumentation das Primat hat, getreu dem Grundsatz: Die Wahrheit liegt im Rechnersystem/-netz des Betriebes. • Das Handling mit Papierdokumenten sollte soweit wie möglich minimiert werden. Trotzdem sind Papierdokumente in viele Fällen noch unverzichtbar, da – sie als Originale benötigt werden, z. B. für GMP-relevante Dokumente in Pharmaanlagen, – sie weniger manipulierbar sind als elektronische Dokumente und somit eine größere Beweiskraft besitzen, z. B. fordern die Behörden i. Allg. zumindest ein Exemplar in Papierform, – sie in größeren Formaten und somit besser lesbar und übersichtlicher verfügbar sind, – in der Vor-Ort-Arbeit und Werkstattarbeit noch unverzichtbar sind, – für den Informationsaustausch mit Kontraktoren benötigt werden. Die benötigten Papierdokumente sollten konsequent mittels der betrieblichen Software-Tools erzeugt werden.
262
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
6.3.6.2 Integration ins betriebliche Qualitätsmanagement-System Die erarbeiteten betrieblichen Regelungen zum Dokumentenmanagement sind in das Qualitätsmanagement-Systems (QS) des Betriebs aufzunehmen und in die betroffenen Unterlagen des Qualitätsmanagementhandbuchs einzupflegen. Gemäß dessen Struktur (s. Abb. 3.38 in Abschn. 3.7.7) betrifft dies gegebenenfalls: • die Ergänzung der Unternehmensziele hinsichtlich der Zielstellungen für das betriebliche Dokumentenmanagement. • das zusätzliche bzw. veränderte Einbeziehen des Dokumenten-Workflow in die definierten Prozessabläufe und in die Verfahrensanweisungen (VA). Betroffene VA sind in verfahrenstechnischen Betrieben insbesondere: – – – – – – –
VA für Anlageninvestitionen, inkl. Vertragsprüfung, VA für Beschaffung technischer Ausrüstungen und Leistungen, VA zur Durchführung von Instandhaltungsarbeiten, VA zur Durchführung von Prüfungen, VA zur Designprüfung und -lenkung, VA zur Lenkung fehlerhafter Produkte VA zur Aus- und Fortbildung von Betriebs- und Servicepersonal.
Darüber hinaus gibt es in dem betrieblichen QM-Handbuch meistens eine eigenständige Verfahrensanweisung „Ändern & Verteilen von Dokumenten“, die unmittelbar an das neue bzw. veränderte betriebliche Dokumentenmanagement anzupassen ist. In Abb. 6.6 ist beispielhaft der mögliche Arbeitsablauf eine solche Verfahrensanweisung dargestellt. In dieser VA ist unter dem Punkt „Geltungsbereich“ festzulegen, für welche ausgewählten Dokumentenarten bzw. Einzeldokumente die VA gilt. Dies kann beispielsweise durch Bezug auf eine entsprechende Markierung in der Liste wichtiger Dokumentenarten (LwD) erfolgen. Eine Einbeziehung aller technischen Dokumente ist i. d. R., mit Ausnahme von Pharmaanlagen, nicht wirtschaftlich und nicht praktikabel. • das Ergänzen der arbeitsplatzbezogenen Regelungen, wie Anweisungen, Vorschriften, Arbeitsplatzbeschreibungen, Checklisten, um zusätzliche Festlegungen zum Dokumenten-Workflow. 6.3.6.3 Richtlinien zu Ausführung und Verwaltung der betrieblichen Dokumentation Die mehr grundsätzlichen Festlegungen zum Dokumentenmanagement im Qualitätsmanagement-Handbuch sind notwendig, müssen aber für die praktische Arbeit konkretisiert und auch einfacher bzw. verständlicher formuliert werden. Dies erfolgt i. d. R. in Form von verbindlichen betrieblichen Richtlinien. In den vorhergehenden Kapiteln wurde bereits auf Richtlinien bzw. Spezifikationen, in denen Dokumentationsbelange bei Anlageninvestitionen geregelt sind, verwiesen.
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
Start
Nr.
Änderungsantrag erstellen
1
Prüfen
2 3
nein
Änderung genehmigt?
Information an Antragsteller
Ende
5
nein
Dokument o.K.?
V
M
Dokumente
QS
Antrag schriftlich
1
Antrag auf Änderung mit Begründung stellen
alle
2
Antrag prüfen
zust. Stelle
3
Entscheidung
zust. Stelle
4
Information an den Antragsteller
QS
Stellungnahme
5
Dokument ändern
siehe Matrix
Entwurf neues Dokument
6
Dokument auf Inhalt prüfen
siehe Matrix
geprüftes Dokument
7
Geändertes Dokument freigeben
siehe Matrix
freigegebenes Dokument
8
Dokument verteilen und Empfangsbestätigung
Änderungsdienst
neus Dokument
4
Dokument ändern
Tätigkeit
263
6
Stellungnahme
ja nein Freigabe 7
ja Verteilen
8
Ende
Abb. 6.6 Arbeitsablauf beim Ändern & Verteilen von definierten Dokumenten (Auszug aus einer gleich lautenden Verfahrensanweisung (Praxisbeispiel)
Zu derartigen Richtlinien können gehören: – eine Richtlinie für die Beschaffung komplexer Engineering- und/oder Investitionsleistungen im Rahmen von Anlagenverträgen, inkl. zugehöriger Dokumentationsleistungen (s. Abschn. 4.5). Die vertragliche Spezifikation der AS BUILT-Dokumentation ist ein Teil davon (s. Abschn. 4.5.3). – eine Richtlinie für die Beschaffung von Ausrüstungen und Leistungen über Hersteller bzw. Lieferanten (s. Abschn. 3.5 und 5.5). – eine Projektrichtlinie DOKUMENTATION, in der nähere Ausführungen zur Abwicklung der Dokumentationsleistungen während des Projekts gemacht werden (s. Abschn. 4.6.1). – weitere Festlegungen zu Dokumentationsleistungen bei Investitionen sind enthalten in Unterlagen für das Einholen von Genehmigungen (s. Abschn. 5.3), für die Baustellenabwicklung (s. Abschn. 5.6) und für die Inbetriebnahme (s. Abschn. 5.7).
264
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
All diese Festlegungen dienen dem Ziel, die Dokumentationsleistungen bei Investitionen sowohl hinsichtlich einer effizienten Projektabwicklung als auch im Hinblick eines wirtschaftlichen betrieblichen Dokumentenmanagements erfolgreich zu organisieren. Die angeführten investitionsbezogenen Richtlinien müssen um weitere Festlegungen, betreffs der einzelnen betrieblichen Arbeitsvorgänge inkl. zugehöriger Dokumentationsleistungen ergänzt werden. Dies kann beispielsweise durch eine übergreifende Richtlinie „Umgang mit der betrieblichen Dokumentation“ geschehen (s. Tabelle 6.4). Nicht selten werden aber auch einzelnen Richtlinien erarbeitet, wie z. B.: − − − − −
Richtlinie zur Kennzeichnung der Anlage und der Dokumentation, Richtlinie zur Abwicklung von Instandhaltungsarbeiten, inkl. Demontage, Richtlinie zur Durchführung wiederkehrender Prüfungen, Richtlinie zur rechnergestützten Dokumentenerstellung, Richtlinie zur Erfassung und Verwaltung technischer Dokumente im Dokumenten-Management-System (DMS).
Tabelle 6.4 Inhaltsverzeichnis einer Richtlinie „Umgang mit der betrieblichen Dokumentation“ (Praxisbeispiel) Inhaltsverzeichnis Zielstellung 1
Anwendungsbereich, Zuständigkeiten
2
Begriffsbestimmung
3
Ordnungstechniken 3.1 Ordnungstechniken auf Dokumentenebene 3.1.1 Schriftfelder 3.1.2 Benennungen und Inhalte 3.1.3 Dokumentenkennzeichen 3.1.4 Vermerke zu Erstellen, Prüfen, Freigabe 3.1.5 Kenntlichmachen von Änderungen 3.2 Ordnungstechniken auf Ablageebene 3.2.1 Arbeitsexemplar (Papierform) 3.2.2 Beleg-/Archivexemplar 3.2.3 Handbestände 3.2.4 Ablage in elektronischen Systemen
4
Arbeitsabläufe 3.1 Beschaffen und Erzeugen von Dokumenten 3.1.1 Papierdokumente 3.1.2 Elektronische Dokumente (Dateien) 3.2 Eingabe elektronischer Dokumente in die betrieblichen Tools 3.3 Verteilen von Dokumenten 3.3.1 Papierdokumente 3.3.2 Elektronische Dokumente
6.3 Realisieren des betrieblichen Dokumentenmanagements
265
Tabelle 6.4 (Fortsetzung) 3.4 Änderung von Dokumenten 3.4.1 Grundsätze 3.4.2 Änderungen durch Managemententscheidungen 3.4.3 Änderungen wegen GSU (Gesundheit−Sicherheit−Umweltschutz) 3.4.4 Änderungen durch Investitionsmaßnahmen 3.4.5 Änderungen durch Instandhaltungsmaßnahmen 3.4.5.1 Auftragserteilung 3.4.5.2 Arbeitserlaubnis/-freigabe 3.4.5.3 Fertigmeldung und Anzeige der Betriebsbereitschaft 3.4.5.4 Abmeldung der IH-Maßnahme im System 3.4.6 Sonstige Änderungsursachen 3.5 Sicherung der Dokumentation und Datenschutz 5
Mitgeltende Dokumente
6
Änderungsdienst
7
Verteiler
8
Anhang (u. a. die relevanten mit geltenden Richtlinien und Spezifikationen)
6.3.7 Umsetzen der Festlegungen in der betrieblichen Praxis Die festgelegten betrieblichen Maßnahmen zum Dokumentenmanagement müssen in der praktischen Arbeit konkret umgesetzt und „gelebt“ werden. Dies erfordert zunächst eine vorbehaltlose Unterstützung und Vorbildfunktion der Betriebsführung. Darüber hinaus müssen die Nutzer in das neue System eingeführt und geschult werden. Die betrieblichen Vorteile und möglichst auch die persönlichen Vorteile, die der einzelne Nutzer hat, sind zu verdeutlichen. Zugleich ist ein Verbesserungsprozess derart zu organisieren, dass Nutzerhinweise schnell aufgegriffen, im Team diskutiert und ggf. im System umgesetzt werden. Die Nutzung des betrieblichen Dokumentenmanagements wird manch neue Frage aufwerfen, die bei deren Konzipierung noch nicht aktuell war bzw. nicht bedacht wurde. Mögliche Problemfälle, die nur angedeutet werden können und auf die es i. Allg. keine „Patentlösung“ gibt, sind beispielsweise: a) Wie sind die Dokumente der Ersatz- und Verschleißteile zu verwalten? Bemerkung: Aus Sicht des Verfassers sollten diese Dokumente, sobald sie geliefert wurden, vollständig im betrieblichen Dokumentenmanagement erfasst und verwaltet werden. Ihr „Einbauort“ ist de facto das Lager.
b) Wer pflegt die Änderungen in die Dokumentation ein, wenn Fremdfirmen die Instandhaltungsmaßnahmen ausführen? Bemerkung: Dies ist im Einzelfall zu entscheiden. In der Regel gibt es Bedenken, dass die Fremdfirmen dies zuverlässig tun.
266
6 Nutzung und Pflege der Dokumentation während des Anlagenbetriebs
c) Sind die Package-unit-Dokumentation (in Papierform) als Ganzes abzulegen und zu verwalten oder sollten die Einzeldokumente in die Gesamtdokumentation eingeordnet werden? Bemerkung: In jedem Fall ist ein Belegexemplar der Package-unit-Dokumentation, zumindest während des Gewährleistungszeitraumes, in der gelieferten Form als Ganzes sicher abzulegen. Darüber hinaus können die Einzeldokumente eines weiteren Arbeitsexemplars separiert und in die Gesamtdokumentation eingeordnet werden.
Entsprechend den gesammelten Erfahrungen im Umgang mit der betrieblichen Dokumentation sind die notwendigen Regelungen von Zeit zu Zeit kritisch zu hinterfragen und ggf. fortzuschreiben.
7 Einführung eines Dokumenten-ManagementSystems für die Anlagendokumentation
Die folgenden Ausführungen beschreiben eine bewährte und erfolgreiche Methodik sowie die zugehörigen inhaltlichen Schwerpunkte, die bei der Vorbereitung und Einführung eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) für eine verfahrenstechnische Anlage zu beachten sind. Sie resultieren insbesondere aus den langjährigen praktischen Erfahrungen des Verfassers und aus zahlreichen Gesprächen mit Fachkollegen. Die angeführten Fallbeispiele erläutern die Einführung eines DMS in Verbindung mit der Investition in einer bestehenden verfahrenstechnischen Großanlage. Mit dem DMS sind sowohl die neuen technischen Dokumente als auch der weiterhin gültige Altbestand an Dokumenten zu erfassen und zu verwalten. Die Gliederung dieses Kapitels wurde entsprechend der praktizierten Vorgehensweise bei der Einführung eines Dokumenten-Management-Systems gewählt.
7.1 Projektentwicklung Die Dokumentation von Anlagen wird in den Unternehmen allgemein unterschätzt und findet bei der Unternehmensleitung oft zu wenig Beachtung. Viele Unternehmen möchten einerseits über eine ausführliche und effiziente Dokumentation verfügen, sind aber im Gegenzug nicht bereit hierfür Personal und Finanzen bereitzustellen. Beschließt der Anlagenbetreiber die Einführung einer neuen Dokumentenverwaltung, müssen die zu erfüllenden Aufgaben und Ziele als zukunftsweisendes Konzept entwickelt werden. Die wesentlichen Aufgaben im Lebenszyklus verfahrenstechnischer Anlagen sind die Planung, der Bau, der Betrieb, die Instandhaltung und der Rückbau der Anlage bzw. der Anlagenteile. Die Dokumentenverwaltung muss diesen Aufgaben und zusätzlich den gesetzlichen, genehmigungsrechtlichen und ökologischen Anforderungen gerecht werden. Weitere Erfordernisse für eine gesicherte Dokumentation ergeben sich aus: – – – –
den erhöhten Anforderungen an die Sicherheit und Qualität, der detaillierten Arbeitsteilung, dem Umweltschutz und der notwendigen Information der Öffentlichkeit.
268
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
Die Bereitstellung einer aktuellen Anlagendokumentation wird für den Betreiber einer Anlage eine zunehmend schwierigere und sehr aufwendige Aufgabe. Am Beispiel einer verfahrenstechnischen Anlage wird gezeigt, welche Kriterien dabei beachtet werden müssen und welcher Aufwand in diesem Zusammenhang entsteht. Neben dem Erstellen einer Dokumentation bei der Investition (Bauphase) stellt die Nutzung und Pflege während des Dauerbetriebs, einschließlich der Instandhaltungs-, Umbau- und Rückbaumaßnahmen, einen zusätzlichen Schwerpunkt dar. Bedingt durch den Ausbau und die Modifizierung der Anlagen entstehen, neben den bestehenden (Papier-) Dokumentationen, im großen Umfang Dokumente auf digitaler Datenbasis. Um die gesamte Anlagendokumentation für den technischen Bereich verwalten und pflegen zu können, müssen hierfür die Voraussetzungen geschaffen werden. Vor allem durch die immer mehr in den Vordergrund drängenden juristischen Probleme, hinsichtlich des Problemkreises der Produkthaftung, des Organisationsverschuldens und der Umweltstrafgesetzgebung, wird die Anlagendokumentation zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor für ein Unternehmen. Ein verbreiteter Ansatz ist bei vielen Betreibern der Gedanke, die Verwaltung der Dokumente über ein CAD-System bzw. über eine Verzeichnisstruktur (Explorer) zu regeln. Da aber eine systematische Verwaltung von Dokumenten hierüber problematisch ist, muss sich die Suche auf eine Datenbank gestützte EDV-Lösung konzentrieren. Hinzu kommen unter anderem die bekannten Schnittstellenprobleme in der „CAD-Welt“ und der hohe Konvertierungsaufwand bei den ReleaseWechseln. Die Festlegung auf ein bestimmtes CAD-System ist schwierig, da die Betreiber eine Vielzahl von Auftragnehmern haben, die ihre EDV-Daten in den unterschiedlichsten Formaten liefern. Ein öffentlicher Auftraggeber ist beispielsweise zusätzlich gehalten, jedem Anbieter die Möglichkeit einer, vom EDV-System unabhängigen, Angebotsabgabe zu eröffnen. Um die Relationen, zwischen einem teueren CAD-System und dem Auftragsvolumen einzuhalten, ist es, z. B. einem Kleinunternehmen nicht zuzumuten, seine Dokumentation durch eine vorgegebene Software zu erstellen. Eine solche Anforderung ist bei Einführung eines DMS zu berücksichtigen. In dem nachfolgend beschriebenen Beispiel wurde vom Betreiber eine Studie in Auftrag gegeben, die den Ist-Zustand der bestehenden Dokumentation genau analysiert hat, um hieraus zukunftsweisende Lösungsansätze zu entwickeln. Auf der Basis dieser Studie wurde die Zielsetzung in einem Lastenheft (Beschreibung aller Anforderungen hinsichtlich des Liefer- und Leistungsumfangs) definiert. Das Anforderungsprofil an ein zu beschaffendes Dokumenten-ManagementSystem (nachfolgend als DMS bezeichnet) kann mit folgenden Punkten zusammengefasst werden: • • • •
Verwaltung der Dokumente über ein DMS, Datenmanagement basierend auf einer relationalen Datenbank, Bearbeitung von Vektor und Rasterdaten (Hybrid-CAD), Speichern der Dokumente als Raster- und Vektor-Daten,
7.1 Projektentwicklung
269
• Umsetzung der Anlagenstruktur (Anlagenkennzeichnung). Vor dem Hintergrund, dass die Anlagen zwischen 20 und 60 Jahre in Betrieb sind, ist eine - nach heutigen Maßstäben - sichere Speichermöglichkeit festzulegen. Als Speichermedium kommen z. B. RAID-Systeme (redundante Speicherung von Daten) und als Langzeit-Speicherformat das Rasterdatenformat TIFF G4 in Frage. Diese Fragestellungen sind jeweils unternehmensabhängig zu beantworten. Die Projektentwicklung zur Einführung eines Dokumenten-ManagementSystems basiert auf den Grundlagen des Projektmanagements. Zum Einstieg in ein solches Projekt sind grundlegende Überlegungen hinsichtlich der Projektinitialisierung, des Projektrahmens, der Projektziele, der Projektbegründung und der Projektphasen zu treffen. a) Projektinitialisierung Eine Projektinitialisierung ergibt sich meist aus Zuständen, die für ein Unternehmen von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Die erforderliche einheitliche Verwaltung der Anlagendokumentation ergibt sich u. a. aus folgenden Problemsituationen: • • • • • •
unzureichende Dokumentenpflege, unvollständige und widersprüchliche Dokumentation, Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Dokumenten, dezentrale Dokumentenaufbewahrung (Verwaltung & Anlagenbereiche), aufwendige Archivierung (dezentrale Papierarchive), keine Möglichkeit zur Übernahme von EDV-Dokumenten.
b) Projektrahmen Wichtig für die Projektdefinition ist die Klärung der Rahmenbedingungen. Wo soll beispielsweise das Dokumentenmanagementsystem eingesetzt werden und welche Anlagen, Anlagenteile und Technische Einrichtungen sollen dokumentiert werden? Ferner ist zu klären, in welcher Tiefe die Anlagen zu dokumentieren sind, um eine ganzheitliche Dokumentation zu gewährleisten. Die Rahmenbedingungen können wie folgt definiert werden: • Projektumfeld: − Informationssystem für die Mitarbeiter auf den Anlagen, − Informations- und Bearbeitungssystem für die Bereiche Planung und Bau. • Projektbereiche: − Bautechnik (z. B. Schal- und Bewehrungszeichnungen), − Maschinenbau (z. B. Aufstellungspläne und Montagezeichnungen), − Elektrotechnik (z. B. Schaltpläne). c) Projektziel Die Zielsetzung zur Einführung eines Dokumenten-Management-Systems muss klar, verständlich, eindeutig und realistisch sein. In diesem Zusammenhang ist
270
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
immer wieder festzustellen, dass die Vorstellungen, was ein System leisten soll, häufig weit überzogen sind. Nicht alles was die Systeme anbieten, ermöglicht das Erreichen des Ziels. Hier müssen sich die Projektbeteiligten auf eine sinnvolle Machbarkeit einigen, da durch überfrachtete Vorstellungen ein solches Projekt sehr schnell scheitern kann. In dem nachfolgend beschriebenen Praxisbeispiel zur Systemeinführung eines Dokumentenmanagements werden die Forderungen nach einer umfassenden Dokumentenverwaltung konkret auf den Bereich der „Anlagendokumentation“ eingegrenzt und entsprechend festgelegt. Als Projektziel wird beispielsweise eine Dokumentenverwaltung für die Anlagendokumentation mit einem integrierten CAD-System definiert, damit auch die technischen Belange umfassend berücksichtigt werden können. Das DMS ist das Tragwerk für die umfassende Verwaltung der Anlagendokumentation. Das CAD-System erfüllt die Anforderung hinsichtlich der Bearbeitung vorhandener und neuer Dokumente. d) Projektbegründung Es ergibt sich immer die Fragestellung nach der Begründung und den Nutzen (immateriell und finanziell) für die Einführung einer Dokumentenverwaltung. Beispielhaft können hier folgende Punkte genannt werden: • • • •
Verwalten der technischen Datenbestände, Steuern des Freigabe- und Änderungswesens der Dokumente, Beheben von Organisationsschwachpunkten, Bewältigen komplexer Anforderungen der Zukunft (Stichworte: Wissensmanagement / Informationsflut), • finanzielle Amortisation (Einsparpotenzial gegenüber Betriebskosten pro Jahr), • Erhalten des Dokumentenwertes von ca. 15% des Anlagenwertes. e) Projektphasen Nach Festlegung der Rahmenbedingungen ist das Projekt in Phasen zu gliedern, um einen strukturierten Ablauf zu gewährleisten (s. Tabelle 7.1). Die tabellarisch dargestellte Struktur der Projektphasen ist eine beispielhafte und erweiterungsfähige Unterteilung, nach der die Systemeinführung zweckmäßig erfolgen kann. Die so definierten Schritte zur Systemeinführung in Projektphasen gewährleisteten eine kontinuierliche Projektentwicklung. Sie eröffnet ferner den Anbietern und dem Auftraggeber die Möglichkeit, die Strukturen den sachlichen und technischen Entwicklungen anzupassen. In den weiteren Ausführungen wird von einer Gliederung entsprechend der folgenden vier Projektphasen ausgegangen: • • • •
IST-Analyse (Phase I), Systemkonzept (Phase II), Systemauswahl (Phase III), Realisierung (Phase IV).
7.2 IST-Analyse (Phase I)
271
Tabelle 7.1 Projektphasenübersicht Phasen
Aktivitäten
Zielergebnisse
1
IST - Analyse
− Analyse der vorhandenen Dokumentation − Organisationsanalyse − Analyse der Geschäftsabläufe − Analyse des Nutzungspotenzials
Systemvorschlag für die „Anlagendokumentation“
2
Systemkonzept
– – – – – – –
Zielformulierung Aufbau von Richtlinien Anlagenkennzeichnungssystem EDV-Analyse Auftragnehmer Aufbau-/Ablauforganisation Systemauslegung Software Systemauslegung Hardware – Erstellung des Lastenheftes
Definition der Anforderungen und des Leistungsumfangs für das Lastenheft
3
Systemauswahl
– – – – – – – – – –
Systementscheidung
Systemauswahl
– – – – –
Pflichtenheft Angebot Vertrag Systemeinführung Systemabnahme
4
Realisierung
Angebotsanfrage Angebotsbewertung Auswahl der Anbieter Vorgespräche bei den Anbietern Präsentation der Systeme Bewertung der Präsentation Auswahl des Systems Systemtest Systembewertung
Systemeinführung
Jede dieser Phasen wird mit Einzelaktivitäten und Zielvorgaben verknüpft. Hierdurch können in jeder Phase die geplanten und veranlassten Aktivitäten mit den Zielergebnissen verglichen und nach ihrer Erfüllung freigegeben werden.
7.2 IST-Analyse (Phase I) Grundlage für die Einführung einer “Verwaltung technischer Dokumente” ist die Formulierung der Ziele und der Aufgabenstellung. Um die bereits einleitend beschriebene Problematik einer unvollständigen und teilweise widersprüchlichen Anlagendokumentation grundlegend zu definieren, ist eine Analyse der Dokumentation, der Geschäftsabläufe, des Bedarfs der Doku-
272
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
mentenverwaltung und letztlich der Nachweis des Nutzens im Vergleich zu den Kosten erforderlich. Die Durchführung einer Analyse kann durch Eigenleistung oder über die Beauftragung eines unabhängigen Beratungsunternehmens erfolgen, wobei eine externe Sicht, das Ziel einer neutralen Bewertung der unternehmensspezifischen Gegebenheiten eindeutig begünstigt. Auf Basis dieser Analyse lassen sich die Konzeption des erforderlichen Dokumenten-Management-Systems und die Optimierung der Ablauforganisation ableiten. Um eine Struktur entwickeln zu können, ist die vorhandene Dokumentation einer IST-Analyse (s. Tabelle 7.2) zu unterziehen. In der Praxis hat es sich als nützlich erwiesen, gleichzeitig die Geschäftsabläufe der Dokumentation, exemplarisch mit aufzunehmen, um die Nutzungsmöglichkeiten und Nutzungsgrenzen, z. B. für einen Workflow (Automatisierung der Arbeitsabläufe), zu erkennen. Tabelle 7.2 Maßnahmen zur IST-Analyse Maßnahmen
Aktivität
Hilfsmittel
Ziel
Analyse der Anlagendokumentation
Untersuchung auf Umfang, Qualität, Format, Vollständigkeit, und Aktualität.
Erstellen eines Fragebogens
Ermitteln aller Dokumente für die jeweiligen Anlagenbereiche
Analyse der Ablageorganisation
Untersuchung, wie die Dokumentation im Unternehmen abgelegt und verwaltet wird
Fragebogen und Interview der Beteiligten
SOLL-/ISTAbgleich
Analyse der Geschäftsabläufe
Ermittlung typischer Geschäftsabläufe im Zusammenhang mit den Bestandsdokumenten
Fragebogen und Interview der Beteiligten
SOLL-/ISTAbgleich
Ermitteln des Nutzungspotentials
Analyse des Kosten-/ Nutzenpotentials
Eckdaten der bisherigen und zukünftigen Kosten
Darstellung der Kosteneinsparung
In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, welche technischen Unterlagen für eine schlüssige Dokumentation benötigt werden. Dabei gilt die Erfahrung: Nur wenn man die Dokumentenart kennt, ist der Nutzer in der Lage danach zu suchen! a) Durchführung der Analyse zur Dokumentenerfassung Eine der ersten Maßnahmen ist der Abgleich der bestehenden Anlagen mit der vorhandenen Dokumentation, um anschließend eine Strukturierung/Gliederung
7.2 IST-Analyse (Phase I)
273
der Dokumente, bezogen auf die jeweilige Anlage, vorzunehmen. In die Analyse zur Dokumentenerfassung sind alle Bereiche, in denen Dokumente vorhanden sind, einzubeziehen. In der Praxis haben sich einfach gestaltete Fragebögen bewährt, die von den Mitarbeitern/-innen schnell bearbeitet werden können. Wichtig ist, dass vor Verteilen der Fragebögen an die Abteilungen bzw. Arbeitsbereiche, die “Know-how”-Träger der Dokumentation ausfindig gemacht werden, damit die richtigen Personen am richtigen Ort angesprochen werden. Nur dies gewährleistet, dass das Ergebnis der Analyse realistisch ist. Ziel der Analyse ist es, den Anteil der Dokumente für jeden Anlagenbereich und die Gesamtsumme der Dokumente, u. a. bezogen auf die DIN-Formate, zu ermitteln. b) Fragebogen zur Dokumentenerfassung Um die notwendigen Aussagen über den Zustand der Anlagendokumentation machen zu können, ist eine umfangreiche Erfassung der vorhandenen Dokumente durchzuführen (s. Tabelle 7.3). Zur Anlagendokumentation gehören z. B. Zeichnungen, Stücklisten, Betriebsanleitungen, Abnahmeprotokolle, Genehmigungen und Prüfzeugnisse. Der Umfang kann jedoch, je nach Anlage, variieren und muss auf die Gegebenheiten angepasst werden. Die vorhandene Dokumentation ist zu sichten und hinsichtlich der Qualität, Aktualität und Vollständigkeit zu analysieren. Zur möglichst genauen Erfassung aller relevanten Dokumente und um vergleichbare Daten zu erhalten, ist es zweckmäßig, einen Fragebogen entsprechend der Tabelle 7.3 zu entwickeln. Dieser ist für jede Anlage (ggf. auch für Anlagenteile) von den sachkundigen Mitarbeitern/-innen auszufüllen. c) Auswertung der Dokumentenerfassung Die ausgefüllten Fragebögen werden einzeln ausgewertet. Untersucht werden insbesondere die Anzahl der vorhandenen Dokumente, bezogen auf alle vorhandenen technischen Einrichtungen und die Dokumentenformate. Bei der Zusammenfassung der Ergebnisse am Beispiel der Tabelle 7.4 wird der Dokumentationsaufwand für eine Anlage deutlich. Im vorliegenden Fall liegen für die Bereiche Bau-, Maschinen- und Elektrotechnik insgesamt 929 Dokumente vor, die mit einem Aktualitätsgrad von ca. 80% und einem Vollständigkeitsgrad von ca. 70% bewertet wurden. Da bei einer Recherche nicht alle Dokumente erfasst werden, kann davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der vorhandenen Dokumente um ca. 30% größer ist. Damit verändert sich der Dokumentenumfang, der zukünftig für diese Anlage archiviert werden muss, von 929 auf ca.1200 Dokumente. Für den Bereich der Maschinentechnik kann für dieses Beispiel aus der Tabelle 7.4 abgeleitet werden, dass die Dokumentation für diese technische Einrichtung unterrepräsentiert ist und die vorhandenen Unterlagen vervollständigt werden müssen.
274 7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
7.2 IST-Analyse (Phase I)
275
Ausführung
Vollständigkeit
Konstruktionsstand
Aktualität
1 1 2 1 3 3
1/2 1/2 1/4 1/4 1/4 1/4
90% 85% 50% 80% 40% 75%
B B B A V B
85% 100% 70% 90% 40% 95%
Formate
Maschinenzentrale Hochbau Maschinenzentrale Tiefbau Maschinenzentrale Maschinenbau Maschinenzentrale Verfahrenstechnik
90x A0 A1 A2 A3 150
3 2
8 4 2 1
6 3 5
Maschinenzentrale Sonderdokumente Maschinenzentrale Elektrotechnik
Summen / Durchschnitt Summe aller Dokumente
A4
Lagerort
Bereich
Anlage
(Anzahl pro Format)
10 10 120 A 60 A 15 15 20 M K 8 44 M 65 528 M
5 15 14 25 98 772 929
1,8 -
70% -
Bemerkung
Qualität
Tabelle 7.4 Musterauswertung einer Dokumentenerfassung
80%
Die Untersuchung verdeutlicht ferner, dass von den 929 gefundenen Dokumenten, allein 772 Dokumente im Format DIN A4 vorlagen. Der Dokumentenumfang gemäß den verschiedenen DIN-Formaten ist für die Auslegung des DMS wichtig, da in diesem Zusammenhang die Fragestellung nach großformatigen Einzeldokumenten (Format bis A0) und mehrseitigen Dokumenten (Multipage- Dokumente) geklärt werden muss. Geht man davon aus, dass die gesamte verfahrenstechnische Anlage aus ca. 45 bis 50 Anlagen besteht, so kann eine Gesamtanzahl von ca. 40000 Dokumenten angenommen werden. Die Zusammenstellung und Auswertung für die Gesamtanlage kann entsprechend Tabelle 7.4 erfolgen. Aus den zusammengefassten Ergebnissen lässt sich der Speicherbedarf für ein Dokumentenmanagementsystem ableiten. Als Erfahrungswert für ca. 6500 Dokumente (in den beschriebenen DINFormaten) ist ein Speicherbedarf von ca. 7,5 GB erforderlich. Mit den verfügbaren Speichermedien stellt diese Datenmenge mit der heutigen Technik kein besonderes Problem dar. d) Analyse der Ablageorganisation Um eine Projektlösung zu erreichen, die sich an zukünftigen Technologien und an den besonderen Gegebenheiten des Unternehmens orientiert, ist auf Basis der durchgeführten Dokumentenanalyse die zukünftige Ablageorganisation zu entwickeln. In diesem Zusammenhang sind Vorgaben für das Erstellen der benötigten Dokumentation und für die Anlagenkennzeichnung erforderlich. Hieraus leiten sich später die technische Plattform und die Konzeption des einzuführenden DMS ab. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die Dokumente strukturiert abgelegt werden. Das ermöglicht eine beschleunigte Recherche, dem schnellen Zugriff und eine einfache Reproduktion der im DMS vorhandenen Dokumente.
276
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
Abb. 7.1 Anlagen- und Dokumentenstruktur
In einem ersten Schritt empfiehlt es sich, anhand der existierenden Dokumente und der vorhandenen Anlage die Dokumentation zu strukturieren. Das genannte Beispiel orientiert sich an einer verfahrenstechnischen Anlage, bei der die technischen Einrichtungen der Bau-, Maschinen- und Elektrotechnik und Verfahrenstechnik berücksichtigt wurden. Eine mögliche Gliederung der Anlage und die Zuordnung der Dokumente beschreibt Abb. 7.1. Die Ablageebene ist gegliedert als Verfahrenstechnische (Gesamt-)Anlage, der Anlage, dem Anlageteil und der Technischen Einrichtung. e) Analyse der Geschäftsabläufe Mit der Analyse von exemplarischen Geschäftsabläufen (Geschäftsprozessen) werden die Nutzungsmöglichkeiten und Nutzungsgrenzen der bisherigen Arbeitsweise transparent. Sie eröffnet die Möglichkeit der Prozessoptimierung. Darüber hinaus kann mit einer solchen Analyse das Einsparpotenzial, das durch eine EDV-gestützte Dokumentenverwaltung erreicht wird, ermittelt werden. Zu diesem Zweck sind bei der Analyse der Geschäftsabläufe: • • • • •
die beteiligten Personen, die Häufigkeit der angeforderten Dokumente, die örtlichen Verhältnisse (Lage der Archive), der erforderliche Zeitaufwand zur Dokumentenbereitstellung und das Verbesserungspotenzial
zu betrachten. Ziel ist ein SOLL-/IST-Vergleich, der “alten” gegenüber der “neuen” Arbeitsweise, um eine Entscheidungsgrundlage zu erhalten.
7.2 IST-Analyse (Phase I)
277
Als Beispiel kann der Ablauf, der für die Beschaffung eines Dokumentes erforderlich ist und der zugehörige Zeitaufwand ermittelt werden. Im konkreten Fall dauerte die Bearbeitungsdauer für einzelne Vorgänge “Dokumentensuche“ bis zu 96 Stunden. f) Kosten-/Nutzenanalyse Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist eine Kosten-/Nutzenbetrachtung erforderlich, um die Einsparpotenziale den Entscheidungsträgern des Unternehmens darzustellen und zu verdeutlichen. Die Analyse und Bewertung kann und darf sich nicht auf eine isolierte Betrachtungsweise von bestimmten Details, wie der Neubeschaffung eines EDV-Systems beschränken. Es ist immer der Gesamtzusammenhang aller Faktoren zu betrachten und zu bewerten. Einsparungspotenziale (s. Tabelle 7.5) bei der Einführung einer digitalen Technologie, gegenüber der analogen Arbeitsweise, ergeben sich nicht nur in den vielfach günstigeren Folgekosten, sondern auch durch die mögliche Automatisierung der Informationsprozesse. In vielen Fällen nicht zahlenmäßig zu bewerten, aber gegebenenfalls von großer Bedeutung, können auch positive Nebeneffekte sein, wie: • das sichere Wiederfinden von technischen Dokumenten, • das Vermeiden von Doppelarbeit und • der fehlerfreie und effektive Informationstransfer. Für die Einführung eines digitalen Archivs sind nicht nur die vergleichbaren Kosten von Bedeutung, vielmehr sind es auch die nicht direkt zu bewertenden Kosten, wie z. B. die Ergonomie, Qualitätsverbesserungen und Effizienz. Mit der besseren Verwaltung der Anlagendokumentation lassen sich erhebliche Einsparungen bei der Dokumentenbereitstellung für Neu- und Umbaumaßnahmen sowie für die Wartung und Instandsetzung erzielen. Die Kostenersparnis ermittelt sich aus Eckdaten wie der Anzahl der aktiven Dokumente, der Zugriffhäufigkeit, der Zeitersparnis pro Dokument und dem Stundensatz der Mitarbeiter/innen. Tabelle 7.5 Kosteneinsparung durch Einsatz digitaler Archive Einsparpotenziale in Prozent Dokumente
Personalbedarf
Reduzierung der Bearbeitungszeiten
erstellen
bis zu 10 %
bis zu 20 %
suchen
bis zu 90 %
bis zu 90 %
reproduzieren
bis zu 40 %
bis zu 75 %
duplizieren
bis zu 80 %
bis zu 85 %
archivieren
bis zu 60 %
bis zu 70 %
verteilen
bis zu 70 %
bis zu 60 %
Archiv (Lagerbedarf)
bis zu 80 %
Kostenreduzierung bis zu 50 %
278
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
Abzüglich der Investitionen und Betriebskosten (Investitionskosten, Abschreibung, Wartung, Verzinsung des Anlagenkapitals) betrug im konkreten Beispielfall die Kosteneinsparung für die ersten vier Jahre nach DMS-Einführung ca. 18 % gegenüber der bisherigen Arbeitsweise. Weitere Einsparpotenziale, die durch den Einsatz von digitalen Archiven erreicht werden können, sind in Tabelle 7.5 angeführt. Die Werte basieren auf allgemeinen Erfahrungen beim Einsatz digitaler Archive.
7.3 Systemkonzept (Phase II) a) Zielsetzung Um den Entscheidungsträgern das Ziel und die Aufgabe zu verdeutlichen, die mit dem Aufbau einer EDV-gestützten Dokumentenverwaltung verbunden sind, muss das Hauptziel des Projektes (s. Abschn. 7.1c)) abschließend formuliert werden. Dies kann z. B. lauten: Einführung eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) mit einem integrierten CAD-System. b) Gesamtkonzept der Dokumentation Um ein DMS erfolgreich einzuführen, müssen die künftigen Rahmenbedingungen für die Dokumentation festgelegt werden. In dieser Projektphase werden die Ergebnisse der IST-Analyse (s. Abschn. 7.2) herangezogen. Die Betrachtung der Analysenergebnisse und die Festlegung der zukünftigen organisatorischen Randbedingungen ist für die erfolgreiche Einführung der Dokumentenverwaltung eine unabdingbare Voraussetzung. Als Bestandteile des Gesamtkonzeptes sind: • die künftige Ausführung (Umfang und Qualität) der Dokumentation, • die Festlegung der Anlagenkennzeichnung, • die Definition der Arbeitsabläufe (Workflow) wie z. B. das Änderungswesen in Form von Spezifikationen (z. B. als Unternehmensrichtlinie oder Werknorm) und Ablaufstrukturen festzulegen. c) Vorgaben für die Dokumentation Eine Spezifikation für die Dokumentation, die z. B. vom Anlagenbetreiber erarbeitet und freigeben wurde, ist im Anlagenbau als Bestandteil der zu schließenden Lieferverträge zu vereinbaren. Die Spezifikation kann als Richtlinie oder Werknorm ausgeführt sein und beschreibt die Ausführung der von den Auftragnehmern zu liefernden Dokumentation. Sie legt die Art, den Aufbau, die Ausführung und den Umfang der zu liefernden Anlagendokumente fest. Als Beispiel ist das Inhaltsverzeichnis einer Werknorm „Ausführung der Anlagendokumentation“ in der Tabelle 7.6 beschrieben.
7.3 Systemkonzept (Phase II)
279
Tabelle 7.6 Inhaltsverzeichnis einer Werknorm „Ausführung der Anlagendokumentation“ 1
Anwendungsbereich und Zweck – Allgemeine Hinweise, z. B. Geltungsbereich der Werknorm und Umgangssprache – Mitgeltende Normen (Hinweis auf allgemeingültige und spezielle Normen) – Hinweise zur Anlagenkennzeichnung
2
Anlagendokumentation (Anwendung grundlegender DIN-Normen) 2.1 Übergreifende Bestimmungen – Prüf- und Genehmigungsverfahren zur Freigabe der Dokumentation – Übergabe der Bestandsdokumentation (Festlegung der Papierversion und der Datenträger) 2.2 Zeichnungsausführung: – Forderungen an DIN - Formate, Zeichnungsrahmen und Schriftfeld – Forderungen an die Zeichnungsdarstellung wie z. B. Linienstärke, Maßeintragungen, Beschriftung, Dokumentationssystematik, usw. – Vorgaben zur Verwendung von Sinnbildern und grafischen Symbolen 2.3 Begriffsbestimmungen – Erläuterung der zur Anlagendokumentation gehörenden Teile und Dokumentenarten
3
Umfang der Dokumentation – Beschreibung der, im Rahmen der Realisierungsmaßnahme zu liefernden Anlagendokumente für die Bau-, Elektro-, Maschinen- und Verfahrenstechnik – Ferner die in diesem Zusammenhang stehenden Betriebsanweisungen für das Betreiben und die Instandhaltung der jeweiligen Anlagen und Anlagenteile
4
Kennzeichnung der Anlagendokumentation – Vorgaben und Forderungen an die Kennzeichnung der Dokumente, um eine sichere und ordnungsgemäße Ablage zu gewährleisten
5
Datenformate (DMS) – Festlegung der EDV-Datenformate für die Übergabe der Dokumentation, damit eine Fortschreibung der Dokumente gewährleistet ist
6
Änderungen – Beschreibung der Verfahrensweise, nach der Änderungen an Zeichnungen u. a. technischen Dokumenten vorgenommen werden
Eine spezifikationsgerecht gelieferte Dokumentation erleichtert dem Betreiber später die Archivierung und die Pflege der Dokumentation. Entsprechend leidvoller Erfahrungen sei angemerkt: Eine Vielzahl von Normen (ISO, EN, DIN) machen Vorgaben zur Gestaltung von Dokumenten. In der Praxis zeigt sich jedoch häufig, dass ungeachtet dessen viele Unternehmen eine “eigenwillige” Auffassung von der Form und dem Inhalt der zu beschreibenden Anlage haben. Fehlerhafte und schlimmstenfalls falsche Dokumente sind leider keine "Seltenheit”.
280
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
d) Anlagen- und Dokumentenkennzeichungssystem (s. auch Abschn. 3.9) Eine örtliche und namentliche Bezeichnung der Anlagenkomponenten ist für die Orientierung vor Ort zweckmäßig, reicht aber nicht aus, um eine Anlagendokumentation ordnungsgemäß zu verwalten. Die Einführung eines systematisch aufgebauten Anlagen- und Dokumentenkennzeichnungssystems wird im Allgemeinen in Verbindung mit Erneuerungsund Umbaumaßnahmen dann notwendig, wenn: • • • • •
ein Dokumenten-Management-System eingeführt wird, eine Optimierung der Anlagenbewirtschaftung vorgenommen wird, einheitliche Schnittstellen erforderlich werden, die Instandhaltung vereinheitlicht wird Betriebsanweisungen u. a. Anweisungen erarbeitet werden müssen.
Die Bedeutung der Anlagenkennzeichnung und der damit verbundene Aufwand werden sehr oft unterschätzt. Ohne ein hierarchisch strukturiertes Ordnungssystem sind technische und organisatorische Schnittstellenprobleme zu erwarten. Für eine konsequente Dokumentenverwaltung ist zunächst ein systematisches und praktikables Anlagenkennzeichnungssystem erforderlich (s. Abschn. 3.9.2). Darauf aufbauend kann dann die Kennzeichnung der zugehörigen Dokumente erfolgen (s. Abschn. 3.9.3). Nach Fertigstellung der Anlage können die gekennzeichneten Dokumente direkt in das DMS übernommen werden. Die heutigen Systeme sind vielfach in der Lage über Funktionen, wie z. B. eine Freitextrecherche, die gesuchten Dokumente zu finden. Eine einheitliche Nomenklatur erleichtert in der Praxis die Handhabung mit der Dokumentation und ist für komplexe Anlagen unabdingbar. Als Grundlage für eine Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung bietet sich das Kraftwerkskennzeichnungssystem (KKS) [3−38] [3−39] oder die Kennzeichnungssystematik für technische Produkte und technische Produktdokumentation nach DIN 6779 [3−34] an. Mit den in der DIN 6779 festgelegten Strukturen können branchenübergreifend komplexe Anlagen, wie z. B. Kraftwerke, Chemieanlagen, Schiffe usw., gekennzeichnet werden. Selbst bei einer hohen Kennzeichnungstiefe beinhaltet diese Kennzeichnungssystematik ein ausreichend großes Kennzeichnungspotenzial (s. Abschn. 3.9.2.1). Durch Anfügen eines Kennzeichnungsblocks für das Dokument, verknüpft durch das Vorzeichen „&“, ist die Erweiterung zum Dokumentenkennzeichen sehr einfach möglich. Die Vorgaben zur Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung können zweckmäßig in einer Werknorm zusammengestellt werden. Sie sollte zunächst die spezifischen Anforderungen des Anlagenbetreibers definieren und gegebenenfalls um weitere erforderliche Kennungen ergänzt werden. Die Festlegung der Anlagen- und Dokumentenkennzeichnung ist ein schwieriger Prozess, der ausführliche Diskussion erfordert und über einen Zeitraum von mehreren Monaten geführt werden muss.
7.3 Systemkonzept (Phase II)
281
Dabei gilt der Grundsatz: Bei der Entwicklung des Anlagen- und Dokumentenkennzeichnungssystems ist eine Zusammenarbeit mit dem Anlagenplaner, den Betriebsverantwortlichen und vor allem den “Praktikern”, den Meistern vor Ort, besonders zu empfehlen. Selbst spätere Korrekturen, z. B. mittels ergänzender Kurzzeichen, sollten möglich sein und bedacht werden. Das Anlagen- und Dokumentenkennzeichen gliedert sich in mehrere durch Kurzzeichen getrennte Blöcke, mit denen man die Anlage u. a. funktionsbezogen und ortsbezogen beschreiben kann (s. Abb. 7.2). Mit dieser Systematik wird eine eindeutige Identifizierung und Lokalisierung (Ortskennzeichnung) der Anlage, dem Anlagenteil, der Technischen Einrichtung und dem Betriebsmittel gewährleistet.
∗
Gesamtanlage
=
Anlage/Anlagenteil/Technische Einrichtung
+
Ortskennzeichnung
−
Betriebsmittel/Bauteil
&
Dokument – Nr. (Zeichnungs-/Dokumentennummer)
Abb. 7.2 Struktur des Anlagen- und Dokumentenkennzeichungssystem
Die auf eine Anlage abgestimmte Kennzeichnung wird häufig als "sprechender Schlüssel bzw. Kurzzeichen" gefordert. Dieser "Schlüssel" sollte so gewählt werden, dass über die abgekürzten Begriffe die Anlage ohne Schlüsselhandbuch erkennbar ist. Beispiele für einen “sprechenden Schlüssel” können z. B. ein Kurzzeichen "BA" (Betriebsanlage) für die Anlage oder ein Kurzzeichen "HW" (Hauptwarte) für einen Anlagenteil sein. Wenn die Werknorm bei allen Realisierungsmaßnahmen konsequent angewendet wird, ermöglicht die systematische Anlagenkennzeichnung eine schlüssige Zuordnung aller Dokumente im Leben einer Anlage. Mithilfe einer eindeutigen Kennzeichnung kann die gesamte Dokumentation sicher im DMS verwaltet werden. e) Workflow Mit der Einführung eines DMS können Arbeitsvorgänge über ein SoftwareWorkflow-Modul automatisiert werden. Unter Workflow versteht man im Allgemeinen Vorgangssysteme, mit denen Geschäftsprozesse/Arbeitsabläufe dargestellt werden können. Dadurch kann die organisatorische Leistungsfähigkeit im Unternehmen verbessert werden. Dazu zählt insbesondere eine schnelle, fehlerfreie und flexible Vorgangsbearbeitung. Diese Vorgangssysteme zeichnen sich u. a. durch eine elektronische Verteilung der Dokumente sowie durch die Unterstützung der Vorgangsverarbeitung
282
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
(Wiedervorlage, Genehmigung, Freigabe) von Dokumenten aus. WorkflowSysteme lassen sich zu mächtigen Werkzeugen ausbauen, was aber nicht in jedem Fall erforderlich bzw. sinnvoll ist. Mit dem Workflow erfolgt die Bearbeitung des aktuellen Geschehens. Für die Bereiche der Dokumentenarchivierung und Dokumentensuche können überschaubare Vorgänge eingerichtet werden. Diese können zu einem späteren Zeitpunkt z. B. in einen Workflow für die Änderung der Dokumente integriert werden. Am Beispiel eines Ablaufplanes für die Dokumentensuche soll ein „Workflow“ verdeutlicht werden (s. Abb. 7.3). Alle abgebildeten Schritte werden im DMS automatisiert. Der Nutzer wird anschaulich durch das System geführt und kann sich auf den zu bearbeitenden Vorgang konzentrieren. f) Lastenheft Um die Anforderungen und die Zielsetzungen an ein DMS in die Praxis umzusetzen, sind diese in einem Lastenheft zu beschreiben. Das Lastenheft ist im konkreten Fall eine Zusammenfassung des vom Systemnutzer gewünschten Leistungs- und Lieferumfangs. Es sind Informationen aufzunehmen, die ein Systemanbieter benötigt, um das System zu konzipieren und um eine Kostenkalkulation zu erstellen. Als Grundlage für die Erarbeitung des Lastenheftes „Einführung eines DMS“ kann die VDE/VDI Richtlinie 3694 (Lastenheft/Pflichtenheft für den Einsatz von Automatisierungssystemen) [7−1] empfohlen werden. Das Lastenheft dient später dem Auftraggeber als Vergleichsgrundlage der eingereichten Angebote. In dem Lastenheft sind z. B.: • • • •
der Aufbau der Anlagendokumentation, die Ausgangssituation im Unternehmen, die allgemeinen Anforderungen an das DMS und CAD System, die Anforderungen an die Hardware (Systemintegration),
Abb. 7.3 Workflow bei der Dokumentensuche
7.3 Systemkonzept (Phase II)
• • • • •
283
die Systemauslegung für die Hard- und Software, die Anforderungen für die Inbetriebnahme, die Anforderungen an die Qualität der Hard- und Software (Zertifikate), die Anforderungen an die Projektabwicklung und die Hinweise zum Pflichtenheft
beschrieben bzw. festgelegt. Es enthält die Anforderungen aus Anwendersicht einschließlich aller Randbedingungen. Die Anforderungen sind hard- und softwareneutral zu beschreiben, um ein möglichst breites Anbieterspektrum zu erreichen. Das folgende Beispiel soll dies verdeutlichen. Bsp.: Beschreibung von Soft- und Hardwarekriterien im Lastenheft Auszugsweise werden einige allgemeine Anforderungen an ein Dokumentenmanagement, wie sie im Lastenheft festgelegt werden können, aufgezählt. • Software – Übersicht über die vorhandenen Dokumente, – Aufbau der Anlagendokumentation, – schneller Zugriff auf die Dokumente, – Zugriff auf die Dokumente über spezielle Suchfunktionen, – schnelle und einfache Prüfung der Dokumente auf Aktualität und Vollständigkeit, – Vereinheitlichung der Dokumentenarten, – Vereinfachen und Unterstützen der Aktualisierung und Fortschreibung, – Dokumentenverwaltung für Ausleihkontrolle, Inventarisierung, Standortverwaltung usw., − einfache Übernahme externer Dokumente, − Definition der Arbeitsabläufe (Workflow) wie die Vorgangsverwaltung von Dokumentenänderungen und die Dokumentenfreigabe, − Redlining (Marker) = Anfügen von Korrekturen und Vermerken in Dokumenten, − übergreifende Koordination und Zentralisierung der Plan- und Dokumentenverwaltung, − Hilfestellung für Wartungs- und Planungsarbeiten auf der Anlage, − Datenübergabe an die Auftragnehmer, − die Anlagendokumentation soll nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden, d. h. kostengünstig zu handhaben sein, − Integration der CAD- und Office-Anwendungen in das DMS, − die Ergonomie und die intuitive Erlernbarkeit muss gegeben sein, − Verwaltung aller Dokumente der Bautechnik, Tiefbau/Hochbau, Maschinentechnik, Elektrotechnik und Verfahrenstechnik, − usw. • Hardware Bei der Beschreibung der Anforderungen für die Hardware sind die Schwer-
284
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
punkte besonders auf die Einhaltung der Ergonomie- und Arbeitsplatzrichtlinien zu legen. Die Vorgaben für die Gerätetechnik sowie die Leistungsforderungen an die Rechnereinheiten, Bildschirme und Grafikkarten müssen so sein, dass alle geforderten Leistungsmerkmale der Software und der vorhandenen Hardwareumgebung (zukunftsorientiert) erfüllt werden. Die Struktur der Hardware-Ausbaustufen) sollte beschrieben werden. • Weitere Anforderungen Im Lastenheft können auch weitere Anforderungen z. B. an die Datensicherheit, die Netzwerkfähigkeit der Ein- und Ausgabegeräte (wie Scanner, Drucker, Plotter), sowie die Zugriffzeiten festgelegt werden. Forderungen die eine schnelle Nutzung des Systems gewährleisten sollen sind entsprechend zu formulieren. Solche Anforderungen beinhalteten u. a. Bedingungen an die Installation, Inbetriebnahme und den Probebetrieb, sowie zur Abnahme und Gewährleistung. In diesem Zusammenhang kann auch die Projektabwicklung, die Form der Projektorganisation und des Angebotes (Kosten und Produktbeschreibung), sowie evtl. vom Auftraggeber vorgegebene Vertragsgrundlagen beschrieben werden. • DMS - Struktur − Mit einer allgemeingültigen grafisch gestalteten Hard- und Software-Struktur (s. Abb. 7.4) kann der Aufbau der Benutzeroberfläche und das Zusammenwirken der Hardwarekomponenten am besten verdeutlicht werden. Suchfunktion Archivierung Datenexport Viewer CAD / Pixeleditor
Benutzeroberfläche (Software)
DMS
Client
Drucker / Plotter
Struktur Scanner
Server
Hardware
Archiv: Zeichnungen Projektdokumentation Betriebsdokumente usw.
Abb. 7.4 Struktur des Verwaltungs- und Speichersystems
Datenbank
7.4 Systemauswahl (Phase III)
285
Die Struktur des Verwaltungs- und Speichersystems dargestellt kann beispielsweise so gestaltet sein, dass alle Anwendungen, die zur Verwaltung und Bearbeitung der Dokumente benötigt werden, über eine einheitliche Bearbeitungsmaske erfolgten.
7.4 Systemauswahl (Phase III) In Vorbereitung der Systemauswahl ist vom Projektbeauftragten bzw. dem Projektteam die Vorgehensweise für die Systemausschreibung festzulegen. In der Praxis hat sich folgende Vorgehensweise (Strategie) bewährt: − Freigabe des Lastenheftes durch den/die Auftraggeber. − Auswahl und Festlegung der geeigneten Systemanbieter. − Aufforderung der Systemanbieter zur Angebotsabgabe gemäß Lastenheft, Fragenkatalog und Terminvorgabe. − Auswertung der Angebote und Auswahl von mindestens drei Anbietern. − Systempräsentation von maximal drei Anbietern. Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Software, durch die künftigen Anwender bzw. durch ein Projektteam. − Auswahl eines Systems durch das Projektteam. − Beurteilung des ausgewählten Systems im Rahmen einer Teststellung. − Vertragsverhandlungen und Vertragsabschluß mit dem Systemlieferanten. − Systemeinführung nach einem Stufen- und Terminplan. Festlegung der Kriterien für die Systemabnahme. a) Ausschreibung Es ist zu empfehlen, die Ausschreibung auf Basis des Lastenheftes und einem Fragenkatalog durchzuführen. Der Fragenkatalog wird intern mit, für den Bieter nicht sichtbaren, Bewertungskriterien versehen. Dies erleichtert die Auswahl des Systems, gibt Hinweise auf die Qualifikation des Bieters und die Qualität des Angebotes. Mögliche Informationen, die vom Bieter abgefragt und nach Angebotabgabe bewertet werden können, enthält Tabelle 7.7. Ein zusätzliches Leistungsverzeichnis ermöglicht den Kostenvergleich zwischen den Anbietern betreffs zusätzlicher Kosten, z. B. für die Systemkonfiguration (Einrichten des Systems auf die Anwenderbedürfnisse) und für die Schulung der Anwender. Die Bereitstellung der Ausschreibungsunterlagen auf Datenträger erleichtert die Auswertung der Angebote. In den folgenden Ausführungen wird die Bewertung von Anbietern näher erläutere. Grundlage sind die angebotenen Gesamtkosten (Hardware-, Software- und Dienstleistungskosten) und der beantwortete Fragenkatalog (Fragestellungen zur Dienstleistung, Hardware, DMS, CAD und Qualitätsmanagement).
286
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
Tabelle 7.7 Fragenkatalog für die Bieter Bewertungskriterien 1.
Systemanbieter
2.
Produktpalette
Bewertung Die Beantwortung der einzelnen Fragen kann über eine Gewichtung und deren Erfüllungsgrad bewertet werden.
3.
Referenzen
4.
Dienstleistung
Gewichtung
2 = wichtig
5.
Systemarchitektur DMS
3 = sehr wichtig
6.
DMS Funktionalität
7.
Qualitätsnachweis
1 = erfüllt
8.
Sonstiges
2 = gut erfüllt
9.
Erklärungen des Systemanbieters
3 = sehr gut erfüllt
Erfüllungsgrad
1 = weniger wichtig
0 = nicht erfüllt
Die Bewertungszahl ergibt sich aus Gewichtung x Erfüllungsgrad und der Gesamtsumme aller Einzelbewertungen.
b) Angebotsauswertung Bei den eingereichten Angeboten ist zu beachten, dass in der jeweiligen Angebotssumme alle „Nebenkosten“ erfasst und ausgewiesen sind. Eine Korrektur wird erforderlich, wenn z. B. die Dienstleistungskosten für die Installation und Konfiguration nicht im Angebot aufgeführt sind. Diese können, wenn abverlangt, entweder nachgefordert werden oder das Angebot wird verworfen. Die Angebote können anschließend, auch unter Einbeziehung der Fragebogenbewertung, verglichen und gewertet werden. Mit den drei erstplazierten Systemanbietern sind Vorgespräche zu führen, bei denen spezifische Systemfragen und die durchzuführende Präsentation besprochen werden. In den Gesprächen kann die Professionalität des Anbieters bewertet und die Umsetzung der vorgegebenen Musterdokumentation besprochen werden. Die Musterdokumentation wird den Bietern im Vorfeld der Gespräche übergeben, um anhand der praktischen Erfordernisse einen Eindruck von der Umsetzung mit der angebotenen Software zu bekommen und um sich zu überzeugen, ob die gestellten Forderungen letztlich erfüllt werden können. c) Systempräsentation Durch Systempräsentationen haben die Systemanbieter die Gelegenheit, vor den zukünftigen Anwendern ihr DMS-System zu präsentieren. Da die meisten Systeme als technisch gleichwertig betrachtet werden können, und um für die Anwender die einzelnen DMS-Systeme vergleichbar zu machen, ist die Präsentation anhand einer vorgegebenen Musterdokumentation zweckmäßig. Entscheidend für die erfolgreiche Präsentation ist vorrangig der Nachweis ei-
7.4 Systemauswahl (Phase III)
287
ner schnellen und nachvollziehbaren Dokumentensuche, die insbesondere die Bedürfnisse der Anwender widerspiegelt. Tabelle 7.8 Fragebogen zur Systembewertung Fragebogen zur Systembewertung (Muster) 1
Allgemeine Bewertung
A
Schwierigkeitsgrad beim Systemeinstieg?
B
Benutzeroberfläche des DMS?
C
Benutzeroberfläche der Module?
D
Präsentation insgesamt?
Bewertungsscala − 1
+ 2
3
Fragebogen zur Systembewertung (Muster) 2
Dokumentensuche
A
Suchfunktion zum auffinden der Daten und Dokumente?
B
Anzeige der Dokumente (Liste, Icon)?
C
Anzeige der zum Projekt gehörenden Dokumente?
D
Visualisierung einzelner Dokumente (Viewer)?
E
Visualisierung mehrerer Dokumente?
3
Änderungsmanagement
A
Redlining (Eintragen von Änderungsinformationen)?
B
Workflow (Versenden der Änderungsinformationen?)
4
Druckmanagement
A
Handhabung des Druckmanagers?
5
Welche weiteren Anregungen haben Sie?
A
Welche Funktionen haben Ihnen besonders gut gefallen?
B
Was hat Ihnen am vorgestellten System nicht gefallen?
Name/Tel.:
4
5
6
7
8
9
10
Bewertungsscala − 1
+ 2
3
4
5
6
7
8
9
10
288
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
Die Anwender sind generell in die Bewertung und Auswahl des DMS-Systems mit einzubeziehen. Unterstützend ist hier ein übersichtlicher Fragebogen zur Systembewertung (s. Tabelle 7.8), mit dem das vorgestellte System mit Hilfe einer Bewertungsscala (z. B. von 1 bis 10) beurteilt werden kann. Die erreichte Punktzahl spiegelt u. ä. die erfüllten Anwenderbedürfnisse wider. d) Teststellung Um die Risiken bei der DMS-Einführung zu verringern, ist grundsätzlich ein Systemtest einzuplanen. Erst wenn die im Lastenheft gestellten Forderungen in einem Praxistest erfolgreich waren, ist nachgewiesen, dass die gewünschten Funktionen auch umgesetzt werden können. Mit dem ausgewählten Systemlieferanten ist eine Teststellung über mindestens zwei Monate zu vereinbaren. Während der Teststellung werden noch einmal alle im Lastenheft und im Fragenkatalog gestellten Forderungen geprüft und bewertet. Die Testphase kann gemäß den Schwerpunkten in Tabelle 7.9 unterteilt werden. Tabelle 7.9 Prüfschwerpunkte bei Teststellung eines DMS-Systems Testphasen
Beschreibung
1
Installation
Bewertung der Softwareinstallation und Netzwerkintegration mit Plotterfunktionstest. usw.
2
Dokumentenmanagement
Funktionsprüfung der Benutzeroberfläche, Dokumenten-, Archiv und Projektverwaltung. Test der Systemhandhabung wie dem Plotmanagement, der Menüführung, der gezielten Suchmöglichkeit nach den Dokumenten über Kernmerk- und Sachmerkmale auf Basis der bestehenden Anlagenkennzeichnung. Versionskontrolle und Statuskontrolle (gesperrt/freigegeben). Zugangs- und PrivilegienManagement zum DMS. Referenzierung von Dokumenten. usw.
3
Dokumentenbearbeitung
Einbindung der CAD-Anwendung und Rasterdatenbearbeitung sowie der WINDOWS-Office-Software. Schnittstelle zu SQL-fähigen Datenbanken. Standardschnittstelle zur Übernahme von gescannten Daten (Rasterdaten).
4
Workflow
Strukturierter Arbeitsfluss bei Dokumentenänderungen. Redlinig (Marker) = Eintragen von Änderungsinformationen, ohne Änderung des Originals. usw.
5
Auskunftsarbeitsplatz
Anbindung der vorhandenen Clients und Test der Anwenderakzeptanz.
6
Pflichtenheft
Überprüfung des Fragenkatalogs. Umsetzung der Testergebnisse in das Pflichtenheft. usw.
7.4 Systemauswahl (Phase III)
289
Die angeführte Aufteilung orientiert sich an dem Ziel, möglichst alle Erfordernisse während der Teststellung zu erfassen und die Merkmale für das Pflichtenheft festzuhalten. Das Ergebnis wird in einem Bericht zusammengefasst und ist die Grundlage des zu schließenden Vertrages mit dem Systemlieferanten. Die Testphase macht es möglich, alle Fragestellungen und Modifikationsmöglichkeiten in einem Katalog festzuhalten. Die Angaben aus dem Katalog dienen zugleich zur Spezifikation des erforderlichen bzw. notwendigen Dienstleistungsumfangs, die der Systemlieferant zur späteren unternehmens- und anwenderspezifischen Konfiguration seines DMS benötigt. Der Katalog ist auch die Grundlage für das zu erarbeitende Pflichtenheft gemäß dem folgenden Verständnis des Autors nach VDI/VDE-Richtlinie 3694 [7−1]: Das Pflichtenheft beschreibt, die realisierbaren Anforderungen des Lastenheftes. Es wird auf der Basis des Lastenheftes und der gewonnenen Erkenntnisse aus den Präsentationen und der Teststellung erstellt. Das Pflichtenheft definiert, wie und womit die Anforderungen zu realisieren sind. Das Pflichtenheft ist die Grundlage für die Bestellung. e) Systementscheidung Die Entscheidung für das “richtige” System ist und wird immer schwierig sein. Die Entwicklungen auf dem Softwaremarkt sind schnelllebig und unübersichtlich. Eine Entscheidung, die heute als richtig erscheint, kann morgen schon wieder falsch sein, da z. B. das Softwareunternehmen aufgekauft oder das ausgewählte Produkt “einfach” nicht mehr weiterentwickelt und schließlich vom Markt genommen wurde. Eine Systementscheidung muss individuell für jedes Unternehmen, abhängig von den Bedürfnissen der Mitarbeiter sowie der Soft- und Hardwareumgebung, getroffen werden. Aus der Sicht des Autors ist es sinnvoll die Entscheidungskriterien im Vorfeld der Entscheidung schriftlich festzulegen. Die Systementscheidung sollte ganzheitlich folgende Kriterien berücksichtigen: 1. Ausschreibung Abgabe und Form des Angebotes im Vergleich zum Lastenheft sowie Beantwortung des Fragenkatalogs. 2. Angebotsbewertung Kosten und ermittelte Bewertungszahl gemäß Fragenkatalog. 3. Präsentation Bewertung der Umsetzung der Musterdokumentation und die Anwenderakzeptanz im Rahmen der Präsentationen. 4. Teststellung Anforderungen des Lastenheftes wie: • • • •
Der Verwaltung von Raster- und Vektordokumenten. Der hybriden Rasterdatenbearbeitung. Der Integration in das Netzwerk und der Hardware des Auftraggebers. Der Möglichkeit der Vorgangsbearbeitung (Workflow) usw..
290
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
Im Erfolgsfall kann der Unternehmensleitung und den Kostenverantwortlichen eine schlüssig dokumentierte Entscheidungsgrundlage vorgelegt werden.
7.5 Realisierung (Phase IV) a) Systemauslegung Sobald die Systemauswahl erfolgt ist, können die Beschaffung der Hard- und Software sowie die Realisierung der Dokumentenverwaltung mit dem ausgewählten DMS beginnen. Die Übersichtsdarstellung in Abb. 7.5 zeigt beispielhaft eine vorgegebene und zu realisierende DMS-Struktur. Mittels dieser Struktur soll u. a. die Bereitstellung der archivierten Dokumente für jeden Standort gewährleistet werden. Die DMS-Software wird später während der Realisierungsphase auf den Bedarf der Anwender abgestimmt, wobei die Arbeitsabläufe (Workflow) weitestgehend automatisiert werden sollten. Die Softwarestruktur muss an die unternehmensspezifischen Anforderungen angepasst werden, um Schnittstellenverluste zu vermeiden. Ein DMS kann in den meisten Fällen, durch seine offene Struktur, mit den Erfahrungen und Anforderungen der Anwender „wachsen“. Durch die Systemoffenheit wird das Investitionsrisiko minimiert sowie Effektivitätssteigerungen und Kosteneinsparungen möglich. b) Systembeschaffung Die Beschaffung und Installation der Hard- und Software sollte in mehreren Schritten erfolgen. Im nachfolgend beschriebenen Beispiel wurde die Realisierung in drei Schritten durchgeführt. Dazu ist im Vertrag zu vereinbaren, dass die Freigabe der vereinbarten Schritte von der vertragsgerechten Realisierung des jeweils vorausgegangen Schrittes abhängig ist. 1. Schritt In diesem Schritt erfolgt die Einrichtung des DMS-Bearbeitungs- und Verwaltungsarbeitsplatzes sowie die Anbindung eines Clients und der verfügbaren Netzwerkplotter / Netzwerkdrucker. Es erfolgt die Installation der Datenbank und der Softwarewerkzeuge zur Dokumentenverwaltung und Dokumentenbearbeitung, wie z. B. das CAD-System, der DMS-Manager/-Viewer. Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt noch sehr geringen Datenbestände ist im ersten Schritt die Realisierung auf einem Einzelarbeitsplatz zu bevorzugen, da hier bei Problemstellungen schneller reagiert werden kann. Alle Archivstrukturen und Modulfunktionalitäten werden auf diesem Arbeitsplatz getestet sowie abgenommen und dokumentiert.
7.5 Realisierung (Phase IV)
291
Abb. 7.5 Systemauslegung
292
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
2. Schritt Mit dem zweiten Schritt kann der Archivserver, zur Aufnahme größerer Datenmengen, beschafft werden. Die im 1. Schritt eingerichtete Datenbank (Archivdaten) und die DMS-Module werden auf den Archivserver übertragen. Nach diesem Schritt kann auch die Anbindung weiterer Clients erfolgen. 3. Schritt In diesem Schritt erfolgt die Einrichtung der Auskunftsarbeitsplätze auf den Anlagenstandorten und deren Anbindung an den Archivserver, über die vorhandenen Netzwerke. c) Systemumsetzung des DMS Die praktische Umsetzung des DMS ist in folgende Module (s. Tabelle 7.10) gegliedert: • • • •
Managementmodul (Datenmanagement & Workflow), Funktionsmodul (Viewer), Applikationsmodul (hybride CAD-Anwendung), Datenbankmodul.
Tabelle 7.10 Übersicht der DMS-Module Managementmodule
Funktionsmodul
Applikationsmodul
Archiv
Workflow
Viewer
Hybrid-CAD
Struktur der Anlagenkennzeichnung
Änderungswesen
Sichten der Dokumente
Bearbeiten der Dokumente
Archivierung im Rasterformat (Tiff/G4)
Automatisierung der Arbeitsprozesse
Darstellung und Drucken gemäß Auswahl
Hybride Bearbeitung von Vektor und Pixel
Datenbankmodul
Den einzelnen Modulen sind die in der Teststellung (s. Tabelle 7.9) überprüften Funktionen zugeordnet, die zur besseren Übersicht näher erläutert werden. Die Benennung der Module ist bewusst allgemein gehalten, da die Softwareanbieter hinsichtlich der Funktionsbezeichnungen sehr kreativ sind. Um die Funktionen besser nachvollziehen zu können, verbessert eine derartige Zuordnung die Vergleichbarkeit der Systeme. • Managementmodul Das Managementmodul fasst die Funktionalität der projekt- und produktorientierten Verwaltung des Datenbestands zusammen. Dieses Modul bildet die
7.5 Realisierung (Phase IV)
293
Kernfunktion des DMS ab, bestehend u. a. aus den Verwaltungsfunktionen, wie z. B. speichern, suchen, drucken, referenzieren, sperren, usw.. Weitere Funktionen der Vorgangsbearbeitung (Abbildung von Geschäftsprozessen), wie z. B. der Workflow zur Dokumentenänderung, werden diesem Modul zugeordnet. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Funktionen auf den Bedarf der Anwender abgestimmt werden. • Funktionsmodul Mit dem Funktionsmodul wird ein Viewer zum Sichten der Dokumente bereitgestellt. Der Viewer ermöglicht die Suche, das Sichten und wenn erforderlich das Ausdrucken der Dokumente über ein Plot-Management. Der Viewer kann unterschiedliche Datenformate interpretieren und anzeigen. Ein solches Modul kann ca. 120 Datenformate visualisieren und wird bei den Auskunftsstationen (Clients) eingesetzt. Wichtig ist dabei die Funktionalität zur vertrauten Windowsumgebung. Angemerkt sei an dieser Stelle noch einmal, dass im vorliegenden Beispiel für das DMS das Datenformat TIFF-G4 als Archivierungsformat festgelegt wurde, da die Daten im „Langzeitformat“ gespeichert werden sollen. Es handelt sich hierbei um ein frei zugängliches Datenformat, welches zukünftig durch entsprechende Programme interpretierbar ist. Dieses Datenformat wird durch das PDF-A-Format ergänzt werden können. Zusätzlich bietet der Markt noch sog. Redlining-Module, die wie ein Notizblock funktionieren. Es können hier Informationen auf Zeichnungen und Dokumente aufgebracht werden, ohne diese zu verändern. Erläuterungstexte und Skizzen werden auf einer gesonderten Ebene abgelegt und an das Dokument angebunden. Dieses Modul versetzt die Mitarbeiter/-innen in die Lage, Korrekturen zu dokumentieren und die Informationen von Änderungen an die zentrale Dokumentenverwaltung weiterzuleiten. Diese Funktion kann auch in ein zukünftiges Workflow eingebunden werden. • Applikationsmodul In diesem Modul kann z. B. die Bearbeitungs- und Modifizierungssoftware zugeordnet werden. Für die Bearbeitung und Pflege der Dokumente wurde ein hybrides CAD-System (Raster/Vektor Editiersystem) als Applikation in das Datenmanagement eingebunden. Dieses System verfügt über die einschlägig bekannten Funktionen, die für die Bearbeitung von Raster- und Vector-Dateien erforderlich sind. Der Hauptzweck, im vorliegenden Praxisbeispiel ist die Übernahme und Konvertierung der CAD-Daten in das DMS. Das Zusatzprogramm zur Rastereditierung dient der Pflege von gescannten Daten aus dem Altarchiv. Ein solches System stellt eine Bearbeitungsfunktionalität für Rasterdaten zu Verfügung. Das Programm erkennt Rasterinformationen wie Linien, Kreise, Elementschnittpunkte als Elemente und erleichtert hierdurch die Handhabung dieser Daten.
294
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
Grundverschmutzungen von gescannten Dokumenten können mit diesem Modul weitgehend automatisch bearbeitet werden. Dynamische Kopier-, Bewegungs- und Skalierfunktionen erleichtern das Einpassen von Rasterelementen, wie Baugruppen und Texte. • Datenbankmodul Vor der Beschaffung einer Datenbank ist zu prüfen, ob aus Kostengründen, ggf. auf eine bereits im Unternehmen vorhandene Datenbanksoftware für das DMS angewendet werden kann. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, bietet Markt eine Vielzahl hierauf spezialisierten Anbieter. Als Datenbank empfiehlt eine relationale Datenbank, die eine SQL-Schnittstelle zu Verfügung stellt. Nach Auffassung des Autors sollte die Datenbank unabhängig von der DMSSoftware gekauft werden, damit bei künftigen Systemfortschreibungen (Migration), im Bedarfsfall, auch ein Wechsel des DMS-Anbieters möglich ist. d) Systemfortschreibung (Migration) Die wirtschaftlichen Erfordernisse bewirken, dass die Arbeitsprozesse kontinuierlich und in immer kürzeren Zeitabständen weiterentwickelt werden müssen. Um den Anforderungen des Marktes und der Ergonomie zu genügen, ist bereits nach relativ kurzer Nutzungsdauer eine Systemfortschreibung (Migration) erforderlich. Unter dem Begriff Migration werden neue Funktionen, unter Beibehaltung der bestehenden Datenbankinformationen, auf das bestehende System aufgesetzt. Migrationen werden vor allem durch die Weiterentwicklung der Betriebssysteme und dem Bedürfnis nach verbesserter Ergonomie der Anwendungssoftware verursacht. In Tabelle 7.11 wird ein Beispiel für die Planung einer Migration verdeutlicht. Tabelle 7.11 Migrationsmatrix Neu
DMSServersoftware
DMSAdministration
Managementmodul Archiv
X
X
Managementmodul Workflow
X
Funktionsmodul Viewer
X
Alt
Applikationsmodul Hybrid-CAD
CADHybridanwendung
X
Basis: vorhandene Relationale - Datenbank
7.6 Zusammenfassung und Schlussbemerkung
295
Zur besseren Übersicht ist eine Matrix der vorhandenen DMS-Module zu den neuen DMS-Modulen erstellt worden. Damit wir die Übertragung der gewünschten Funktionen gewährleistet. Wichtig ist, dass die „alten“ Funktionen mit den „neuen“ Funktionen abgeglichen werden, da der Anwender die bewährten Funktionalitäten in der neuen Anwendung wieder finden will.
7.6 Zusammenfassung und Schlussbemerkung Die Realität beim Dokumentenmanagement sieht auch heute noch so aus, dass die meisten Dokumentationen, zumindest das Belegexemplar der AS BUILT-Dokumentation, in Papierform geliefert werden. Unter anderem ist dies begründet in der Schnittstellenproblematik zwischen den Systemen: Man ist nie sicher, ob auch alle Daten 1:1 übertragen wurden! Ein unternehmensweites Dokumenten-Management-System wird auch heute noch durch eine Kombination aus organisatorischen und technischen Restriktionen erheblich behindert. Bei der Einführung eines DMS ist die Dokumentenstruktur inkl. der Kennzeichnung ein sehr wichtiger Faktor! Je eindeutiger ein Dokument strukturiert bzw. charakterisiert ist, umso klarer lässt sich seine Zuordnung bestimmen (Aufteilung in Kern- und Sachmerkmale). Die Ablage des Dokuments ist dann, im Zusammenhang mit den entsprechenden Bearbeitungsregeln, einfacher zu organisieren und eindeutig zu definieren. Freitextrecherchen stoßen, entsprechend den gemachten Erfahrungen, bei gescannten technischen Dokumenten schnell an ihre Grenze. • Das Einpflegen der Dokumente in das DMS sollte in folgender Weise erfolgen: − − − −
erfassen, prüfen freigeben/ablehnen und ablegen (archivieren) nach Kern- und Sachmerkmalen.
• Die wichtigen Meilensteine und Erfahrungen bei Einführung eines DMS sind: − Analyse der vorhandenen Dokumente und Prozesse hinsichtlich der geplanten DMS-Anwendung (Menge, Formate, Zugriffshäufigkeit, Ablageorganisation). − Erarbeiten des Lastenheftes und des DMS-Grobdesigns. Dabei ist „weniger mitunter mehr“, denn ein globales und unternehmensweit genutztes DMS ist für viele Unternehmen auch heute noch eher Vision als Realität. − Ausgehend vom Grobdesign erfolgt die Auswahl eines DMS, welches die definierten Anforderungen am besten abdeckt.
296
7 Einführung eines Dokumenten-Management-Systems für die Anlagendokumentation
− Die Einführung eines DMS erfolgt schrittweise, wobei zunächst die Bereiche berücksichtigt werden, die aus dem DMS den größtmöglichen Nutzen ziehen. − Die Akzeptanz der Nutzer entscheidet oftmals über den Erfolg oder Nichterfolg einer DMS-Einführung. Zusammenfassend ist festzustellen: Es gibt keine "guten und schlechten Systeme“, sondern vor allem „passende oder nicht-passende“!
Glossar
(Bem.: Begriffe aus Glossar sind im Text fett gedruckt) Ablegen, Ablage:
Kurz- und mittelfristige Aufbewahrung und Verwaltung von Informationen bzw. Dokumenten zum Zwecke des schnellen und einfachen Zugriffs (im Unterschied zum Archiv) (nach [1−5])
Abnahme:
Rechtsverbindliche Bestätigung einer erbrachten Leistung auf deren Vertragsgemäßheit (engl.: acceptance)
Abstract:
Inhaltliche Zusammenfassung eines Dokuments; wird oft erstellt, um die Suche zu erleichtern
Anlage:
Menge von Ausrüstungen und Kopplungen zur Durchführung eines Prozesses (Verfahrens)
Anlagendokumentation:
Gesamtheit aller Dokumente, die zur technologischen, technischen, baulichen und sicherheitlichen Beschreibung der Anlage dienen
Anlagenkennzeichen (AKZ):
Identifikator für eine bestimmte Anlagenkomponente/Bauteil (allgemein: Objektkennzeichen)
Anlagenvertrag:
Verbindliche Vereinbarung zwischen Partnern über die Herstellung bzw. Planung einer kompletten Anlage
ANZEIGE der Protokoll über die Bereitschaft der Anlage, mit dem AnfahBETRIEBSren (start-up), d. h. der 1. Etappe des Probebetriebs zu beBEREITSCHAFT: ginnen (engl.: ready for start up) Arbeitsexemplar:
Vollständige Kopie des Belegexemplars, die als Arbeitsgrundlage für Betrieb und Technik dient und gemäß dem aktuellen Anlagen- und Betriebszustand gepflegt wird. Das Arbeitsexemplar bzw. Teile dessen können auch in elektronischer Form vereinbart werden.
Archiv:
Möglichkeit der langfristigen, strukturierten und statischen Aufbewahrung von Dokumenten (nach [1−5])
298
Glossar
Archivssytem:
Software bzw- -komponente zur revisionssicheren, unveränderbaren Langzeit-Speicherung (Endablage) großer Informationsmengen
AS BUILTDokumentation:
Gesamtdokumentation der Anlage, die den Sachstand über die Anlage zum Zeitpunkt ihrer Abnahme richtig (as built) und vollständig gemäß vertraglicher Vereinbarung beschreibt (Synonym: Enddokumentation)
Attribut:
Identifizierende und/oder beschreibende Eigenschaft eines Dokuments
Audit:
Regelmäßige, objektive, dokumentierte und im übergeordneten Zusammenhang stehende Handlung, die untersucht, prüft und beurteilt
Aufbewahren:
Archivieren über einen definierten Zeitpunkt
Backup:
Sicherung von Daten und Dokumenten mittels einer Kopie auf ein externes Medium (nach [6−1])
Barcode:
Kodierungsverfahren, bei dem nach einem festgelegten Schema grafische Informationen (Balken) in Zahlen und Buchstaben gewandelt werden können und umgekehrt (nach [1-5])
Basic Design:
Erarbeitung projektspezifischer, insbesondere kapazitätsund standortbezogener Verfahrensunterlagen sowie von prinzipiellen Vorgaben zum Anlagenkonzept und zur Projektabwicklung (Synonym: Preliminary Planning, PreEngineering) (deutsch: Vorplanung)
Basic Engineering:
Erarbeitung eines verbindlichen Gesamtentwurfes (Verfahren und Technik) für die Anlage sowie für die Abwicklung des Projektes (deutsch: Entwurfsplanung)
Bearbeitbare Dateien:
Dateien, die im Format der Erzeugersoftware vorliegen (Synonym: veränderbare Dateien; Vektordateien)
Befugnis:
Recht, im definierten Aufgabenbereich und Kompetenzumfang selbständig Entscheidungen über den Einsatz von Personal-, Betriebs- und Finanzmitteln sowie ggf. die Freigabe von Informationen zu treffen
Belegexemplar:
AS BUILT-Dokumentation (i. d. R. in Papierform), in der bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Bescheinigungen über Sicherheitsprüfungen) alle Originaldokumente abgelegt sind. Sie wird in dieser Form unverändert archiviert und dokumentiert den Sachstand zum Zeitpunkt der werkvertraglichen Abnahme (Synonym: Archivexemplar).
Glossar
299
Das Belegexemplar bzw. Teile dessen können auch in elektronischer Form vereinbart werden. Beschaffung:
Gesamtprozess der Vorbereitung und Realisierung von Bestellungen für Lieferungen und Leistungen, die zur Anlagenrealisierung und ggf. zur Inbetriebnahme notwendig sind
Beschaffungsdokumentation:
Gesamtheit der Dokumente, die für die Beschaffung der Lieferungen und Leistungen zur Anlagenrealisierung und ggf. zur Inbetriebnahme erarbeitet und abgelegt (gespeichert, archiviert) werden, (Synonym: Einkaufsdokumentation)
Bestellung (einer Aufsichtsperson):
Schriftliche Beauftragung und Namhaftmachung einer verantwortlichen Person für eine definierte Aufgabe, inkl. der damit verbundenen Verantwortung, Befugnisse u. a. Bedingungen
Bestellung (kaufmännisch):
Beauftragung einer Teilleistung im Anlagenbau unter Bezugnahme auf ein Angebot
Bestimmungsgemäßer Betrieb:
Betrieb, für den eine Anlage nach ihrem technischen Zweck bestimmt, ausgelegt und geeignet ist; Betriebszustände, die der erteilten Genehmigung oder nachträglichen Anordnungen nicht entsprechen, gehören nicht zum bestimmungsgemäßen Betrieb [5−5]. Der bestimmungsgemäße Betrieb umfasst: − den Normalbetrieb − den An- und Abfahrbetrieb − den Probebetrieb sowie − Inspektions-, Wartungs- und Instandsetzungsvorgänge.
Betrieb bzw. Betreiben:
Zeitraum bzw. Handlung zur bestimmungsgemäßen Nutzung der Anlage nach Beendigung der Inbetriebnahme bis zu ihrer Stilllegung (engl.: production), (Synonym: Dauerbetrieb bzw. Kommerzieller Betrieb)
Betriebsanleitung:
Beinhaltet die für die Inbetriebnahme, Wartung, Inspektion, Überprüfung der Funktionsfähigkeit und gegebenenfalls Reparatur der Maschine bzw. des Geräts notwendigen Pläne und Schemata sowie alle zweckdienlichen Angaben, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit ([2−15] [2−16])
Betriebsanweisung:
Arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene, verbindliche schriftliche Anordnungen und Verhaltensregeln des Arbeitgebers an weisungsgebundene Arbeitnehmer zum Schutz vor Unfallund Gesundheitsgefahren sowie zum Schutz der Umwelt (nach [2−19])
300
Glossar
Betriebsdokumentation:
Gesamtheit aller Dokumente, die (zusätzlich zur Anlagendokumentation) für die Inbetriebnahme, den Betrieb, die Überwachung und die Instandhaltung der Anlage nötig sind sowie als Nachweis dienen
Betriebshandbuch:
Zusammenstellung allgemeiner betrieblicher Sicherheitsvorschriften sowie aller sicherheits- und betriebsrelevanten Anweisungen an das Betriebspersonal
BG-Grundsätze:
Maßstäbe in bestimmten Verfahrensfragen, z. B. hinsichtlich der Durchführung von Prüfungen
BGInformationen:
Hinweise und Empfehlungen, die die praktische Anwendung von Regelungen zu einem Sachgebiet oder Sachverhalt erleichtern sollen
BG-Regeln:
Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sind Zusammenstellungen bzw. Konkretisierungen von Inhalten z. B. aus − staatlichen Arbeitsschutzvorschriften (Gesetze, Verordnungen), − BG-Vorschriften (Unfallverhütungsvorschriften), − Technischen Spezifikationen, − Erfahrungen berufsgenossenschaftlicher Präventionsarbeit.
BG-Vorschriften:
Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sind Unfallverhütungsvorschriften im Sinne des § 15 SGB VIII
Browser:
Programm, das für den Internetdienst entwickelt wurde, um Dokumente über eine Internetverbindung anzuzeigen und herunterzuladen (nach [1−5])
CI (Codes Information):
Codierte Zeichen, die vom Computer interpretierbar und verarbeitbar sind
Code:
Zeichenzuordnung
Controlling:
Prozesse und Regeln, die innerhalb des Projektmanagements zur Sicherung des Erreichens der Projektziele beitragen [5−9] oder Gesamtheit der Führungsaufgaben zur Überwachung und zielorientierten Steuerung eines Projekts
Datei:
Logisch zusammengehörige, in sich abgeschlossene und gemeinsam gespeicherte Menge von Daten
Glossar
301
Daten:
Strukturierte Informationen, die verarbeitet werden oder das Ergebnis einer Verarbeitung sind (nach [1−1]) oder rückübertragbare, formalisierte Darstellung von Informationen, die für deren Kommunikation, Auswertung und Weiterverarbeitung geeignet ist (nach [1−2])
Datensatz:
Logisch zusammengehörige Menge von mehren Daten (nach [1−1])
Datenträger:
Material, auf dem Daten aufgezeichnet und von dem sie wieder gewonnen werden können [1−1]
Design Qualification (DQ):
Dokumentierter Nachweis, dass der Planungsprozess entsprechend den geltenden Vorgaben (z. B. in Vertrag, Projektrichtlinien, Pflichtenheft, Produktspezifikationen, Ausrüstungsspezifikationen, GMP-Anforderungen, GMP-Anweisungen, Planungsrichtlinien) durchgeführt wurde, (deutsch: Designqualifizierung)
Deskriptoren:
Schlagwörter u. ä., die den wesentlichen Inhalt eines Dokuments charakterisieren, (Synonyme: Metadaten, Stammdaten, Kerndaten, Dokumentattribute)
Deskriptorenspeicher:
Speicher mit Dokumentenkennzeichen und indexierten Deskriptoren
Detail Engineering:
Erledigung aller ingenieurtechnischen Fachplanungsfunktionen; es liefert die Grundlage für die Anlagenrealisierung. (deutsch: Ausführungsplanung)
Dokument:
Materielle Unterlage/Beleg (gegenständlich) bzw. Datei (elektronisch) mit strukturierten, zusammengehörigen Aufzeichnungen/Informationen über ein Projekt bzw. Objekt. oder festgelegte und strukturierte Menge von Informationen, die als Einheit verwaltet und zwischen Anwendern und Systemen ausgetauscht werden kann (nach [1−2])
Dokumentation:
Gesamtheit aller Dokumente zu einem Projekt bzw. Objekt oder Sammlung von Dokumenten, die einem bestimmten Gegenstand zugeordnet sind (nach [1−2])
Dokumentationsbenutzer:
Unternehmen bzw. Person, das/die die Dokumentation bzw. Teile davon nutzt
Dokumentationserzeuger:
Unternehmen bzw. Person, das/die beim Erstellen, Verwalten oder Pflegen der Dokumentation bzw. von Teilen mitwirkt
302
Glossar
Dokumentenart:
Dokumente gleicher inhaltlicher Zielstellung und gleicher formaler Struktur (Synonym: Dokumententyp)
Dokumentenkennzeichen (DKZ):
Identifikator für ein bestimmtes Dokument in Beziehung zu einem Objekt (Komponente), dem das Dokument zugeordnet ist [1−4]
Dokumentenmanagement (DM):
Gesamtheit von Prozessen, Abläufen und Verantwortlichkeiten, die die Administration (Verwaltung) von Dokumenten betreffen (nach [1−5]), (Synonym: Dokumentationswesen)
DokumentenManagementSystem (DMS):
Software-Tool (-produkt), welches speziell zum Erfassen und Verwalten von vielen Dokumenten entwickelt wurde und geeignet ist
Dokumentenspeicher:
Speicher (Synonym: Ablage, Archiv, Magazin, Lager), der die Dokumente enthält
Dokumentenversion:
Identifizierter Zustand eines Dokuments in seinem Lebenszyklus, der gespeichert ist, sodass er als Dokumentenstand wiedergewonnen und/oder verteilt werden kann [6−1], (Synonym: Revisionsstatus eines Dokuments)
EG-Konformitäts- Schriftliche Erklärung eines Herstellers bzw. sein Bevollerklärung: mächtigten, das ein von ihm in Verkehr gebrachtes Produkt (Maschine, Druckgerät u. a.) allen relevanten europäischen Richtlinien und Normen entspricht Elektronisches Exemplar:
AS BUILT-Dokumentation in elektronischer Form, die insbesondere die Life-cycle-Dokumente als bearbeitbare Dateien im Format der Erzeugersoftware enthält. Andere Dokumente liegen in konvertierter bzw. eingescannter Form vor (Synonym: DV-Exemplar).
Emissionen:
Von einer Anlage ausgehende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen u. a. Erscheinungen
Engineeringdokumentation:
Gesamtheit der Dokumente, die während der Anlagenplanung (von Grundlagenermittlung bis Detail Engineering) erarbeitet, verwaltet und abgelegt bzw. gespeichert werden
Engineeringvertrag:
Vertrag über das Erbringen von Ingenieurleistungen und ggf. zur Wahrnehmung des Projektmanagements; u. U. inkl. des Inbetriebnahmemanagements (engl.: engineering contract)
Entwurfsplanung:
s. Basic Engineering
Glossar
303
Errichten (Errichtung):
Gesamtheit der Arbeiten auf der Baustelle im Zeitraum von der Baustelleneröffnung bis zur Protokollierung der MECHANISCHEN FERTIGSTELLUNG bzw. bis zum Beginn der Inbetriebnahme (engl.: erection)
Erstinbetriebnahme:
Überführung der Anlage aus dem Ruhezustand nach MECHANISCHER FERTIGSTELLUNG in den Dauerbetriebszustand nach Anlagenübergabe/-übernahme
Faksimile:
Dokument, das mit einem anderen Dokument in Ausführung (Form, Aussehen, Inhalt) genau übereinstimmt
Fertigung:
Herstellung und Werkmontage von Anlagenkomponenten bzw. –teilen (engl.: fabrication)
Formular:
Hilfsmittel zur Beeinflussung von organisatorischen Abläufen im Sinne: Klarheit, Akzeptanz, Ordnung, Funktionalität, Werbung usw. oder elektronischer Vordruck, der eine formatierte und einheitliche Informationsein- und -ausgabe ermöglicht (nach [6−1]).
Freigabe:
Formelle Aktion einer autorisierten Person/Organisation, mit der ein Dokument für einen deklarierten Zweck im Prozessablauf für gültig erklärt wird [6−1].
Gefährdung:
Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung unabhängig von deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit [3−43]
Gefährdungsbeurteilung:
Systematische Ermittlung und Bewertung relevanter Gefährdungen der Beschäftigten mit dem Ziel, erforderliche Arbeitschutzmaßnahmen festzulegen [3−44] (s. auch Abschn. 3.7.2)
Gefahrenanalyse:
s. Risikobeurteilung
Genehmigungsdokumentation:
Gesamtheit der Dokumente, die für Beantragung, Erteilung und Erhaltung einer behördlichen Genehmigung zur Errichtung und dem Betrieb einer Anlage nötig sind sowie erarbeitet und abgelegt bzw. gespeichert werden
Generalvertrag:
Vertrag über die Errichtung einer funktionstüchtigen (schlüsselfertigen) Anlage gegen Zahlung eines Pauschalbzw. Festpreises (engl.: turnkey contract)
Gesamtdokumentation:
Gesamtheit aller Dokumente, die im Leben der Anlage erstellt, verwaltet und archiviert werden
304
Glossar
Gewährleistung:
Im Rahmen eines Vertrags für eine vereinbarte Beschaffenheit (zugesicherte Eigenschaften) des Werkes (Vertragsgegenstand) gemäß den vereinbarten Maßnahmen bei Nichterfüllung ein zu stehen
Gliederungsstufe:
Teil (z. B. Anlage, Komponente, Bauteil, Dokumentenart) eines hierarchisch gegliederten Gesamtsystems Im konkreten Fall ist die Gliederungsstufe ein Teil eines Kennzeichnungsblocks
Gliederungszeichen:
Zeichen (z. B. Punkt „.“) zwischen Kennzeichenteilen, um diese aufzugleidern und besser lesbar zu machen
Good Manufacturing Practice (GMP):
Teil der Qualitätssicherung (d. Verf.: in Pharmaprojekten), der gewährleistet, dass Produkte gleich bleibend nach den Qualitätsstandards produziert und geprüft werden, die der vorgesehenen Verwendung und den Zulassungsunterlagen entsprechen [6−8] (deutsch: Gute Herstellungspraxis)
Gültiges Dokument:
Dokument, welches erstellt, geprüft und freigegeben ist
Haftung:
Persönlich für etwas, z. B. für entstandenen Schaden, einstehen [2−27]
Haftpflicht:
Verpflichtung, den Schaden zu ersetzen, den man einem Dritten zugefügt hat
Herstellerdokument:
Produktbeschreibendes und/oder produktbegleitendes Dokument des (Produkt-)Herstellers
Hyperlink:
Querverweis, der als hervorgehobene Stelle im Hauptfenster des Benutzers erscheint (nach [1−5])
Image:
Aus einzelnen Bildpunkten (Rasterpunkte, Pixel) zusammengesetztes elektronisches Abbild eines Papierdokuments
Immissionen:
Auf Menschen sowie Tiere, Pflanzen oder andere Sachen einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen
Inbetriebnahme:
Überführung der Anlage aus dem Ruhezustand in den Dauerbetriebszustand (engl.: commissioning), (s. auch: Erstinbetriebnahme)
Inbetriebnahmeanleitung:
Teildokumentation der Anlagendokumentation, in dem das notwendige Wissen (Leitlinien) für eine vertragsgemäße Inbetriebnahme zusammengefasst ist
Glossar
305
Index:
Menge festgelegter (beschreibender und identifizierender) Suchinformationen eines Dokuments
Indexdatenbank:
Integrierte Referenzdatenbank eines DMS, die die Indexinformationen der abgelegten oder archivierten Dokumente enthält
Indizieren:
Erstellen möglichst eindeutiger Zugriffsinformationen (z. B. Schlagwörter) für das schnelle Wiederauffinden gespeicherter Dokumente (nach [1−5])
Inspektion:
Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des IstZustandes von technischen Mitteln eines Systems [3−20]
Installation Quali- Formaler und systematischer Nachweis, dass alle wesentlification (IQ): chen Aspekte der Anlagenmontage/-installation (Hard- und Software) den vereinbarten Regeln entsprechen, mit den freigegebenen Ausführungsdokumenten übereinstimmen und die Empfehlungen der Zulieferer berücksichtigen (deutsch: Installationsqualifizierung) Instandhaltung (IH):
Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Sollzustandes sowie zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes von technischen Mittel eines Systems [3−20], (Die IH umfasst: Inspektion, Wartung, Instandsetzung)
Instandhaltungshandbuch:
Zusammenfassung aller relevanten technisch-organisatorischen Informationen, Regeln. Anweisungen usw. für die Anlageninstandhaltung
Instandsetzung:
Maßnahmen zur Wiederherstellung des Sollzustandes von technischen Mitteln eines Systems [3−20]
Inverkehrbringen: Entgeltliche oder unentgeltliche erstmalige Bereitstellung einer Maschine oder einer unvollständigen Maschine in der Gemeinschaft (d. Verf.: EG) im Hinblick auf ihren Vertrieb oder ihre Benutzung [2−18] Kennzeichen:
Code (Folge von Buchstaben, Ziffern, Vorzeichen, Gliederungszeichen) zur Charakterisierung eines Objekts bzw. Dokuments
Kennzeichnungsblock:
Teil eines Kennzeichens zur Kennzeichnung einer Gliederungsstufe
Klassifizierungssystem:
Ordnungssystem, das nach dem Ordnungsprinzip KLASSIFIKATION aufgebaut ist
Lastenheft:
Zusammenstellung der Anforderungen an die herzustellende Anlage aus Sicht des Auftraggebers
306
Glossar
oder Gesamtheit der Forderungen an die Lieferungen und Leistungen eines Auftragnehmers [4−7] (Synonyme: Aufgabenstellung/Spezifikation für Herstellung der Anlage Requirements Specification) Lebenszyklus: (einer Anlage)
Zeitraum von der Auftragserteilung zur Planung und Errichtung einer Anlage bis zum Ende ihrer Demontage und Entsorgung
Lieferantendokument:
Produktbeschreibendes und/oder produktbegleitendes Dokument des (Produkt-)Lieferanten
Life-cycleDokument:
Dokument, das während des Anlagenbetriebs gemäß dem aktuellen Stand gepflegt wird
Liste wichtiger Dokumentenarten (LwD):
Strukturierte Zusammenstellung aller wichtigen Dokumentenarten aus der Gesamtdokumentation über die Anlage
Master (-dokument):
Aktuelle, gültige und verbindliche Arbeitsversion eines Dokuments
MECHANISCHE Zeitpunkt, zu dem die Montage der Anlage einschließlich FERTIGaller wesentlichen Isolierungs- und Anstricharbeiten beenSTELLUNG: det und die Prüfungen auf mechanische Vollständigkeit und Funktionsfähigkeit, welche auch die Mess-, Regel-, Steuerungs- und Überwachungsanlagen und die Elektroeinrichtungen umfassen, sowie die Prüfungen gemäß relevanter Rechtsvorschriften, behördlicher Vorgaben und Stand der Technik erfolgreich durchgeführt und nachvollziehbar dokumentiert wurden Metadaten:
Merkmale zur Identifizierung und Beschreibung eines Dokuments [6−1] ( s. auch Deskriptoren)
Montage (inkl. Bau):
Gesamtheit aller Arbeiten, die zur physischen Errichtung der Anlage auf der Baustelle zu erledigen sind (engl.: construction)
NCI (Non Coded Information):
Bilder, Sprache, Ton, Video u. a., die vom Computer nicht direkt verarbeitbar sind
Ordnungsprinzip:
Dokumentarischer Grundgedanke, nach dem ein Ordnungssystem aufgebaut ist
Operational Qualification (OQ):
Formaler und systematischer Nachweis, dass eine Anlage, Teilanlage, System oder Subsysteme die Funktion wahrnimmt, für die sie oder es erstellt wurde, und zwar im
Glossar
307
Rahmen der vorgesehenen Betriebsbereiche (deutsch: Funktionsqualifizierung) Original:
Erstversion eines Dokuments
Package-unit:
Teilanlage, die als Ganzes von einem Kontraktor bzw. Subunternehmer geliefert, errichtet und i. Allg. von diesem in Betrieb genommen wird
Performance Qualification (PQ):
Formaler und systematischer Nachweis, dass eine Anlage, Teilanlage, System oder Subsysteme die Leistungsfähigkeit erbringt, für die sie oder es erstellt wurde (deutsch: Leistungsqualifizierung)
Pflicht:
Notwendigkeit zu einem Tun oder Unterlassen, die sich aus Vertrag, Gesetzen, Verhaltensnormen, Anweisungen usw. ergibt
Pflichtenheft:
Vom Auftragnehmer erarbeitete Realisierungsvorgaben aufgrund der Umsetzung des vom Auftraggeber vorgegebenen Lastenhefts [4−7]
Pflichtenübertragung:
Übertragung von Pflichten (Aufgaben, Verantwortung, Befugnis) von einem Unternehmer oder einem durch ihn Beauftragten auf eine andere verantwortliche Person (Aufsichtsperson)
Planung:
Erstellen von technologisch-technischen sowie organisatorisch-administrativen Unterlagen, die für die Beschaffung, Errichtung, den bestimmungsgemäßen Betrieb und die Instandhaltung von Anlagen benötigt werden (engl.: engineering)
PDF (Portable Document File) :
Plattformübergreifendes Dateiformat für (deutsch: übertragbares Dokumentenformat)
Produkt:
Jede bewegliche Sache, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet, sowie Elektrizität [2−22]
Produktdokumentation:
s. Technische Produktdokumentation
Projekt:
Einmaliges und zeitlich begrenztes Vorhaben
Projektdokumentation:
Gesamtheit aller Dokumente, die für die organisatorischadministrative Abwicklung (Management) eines Projekts erarbeitet, verwaltet und abgelegt bzw. gespeichert werden
Projektmanagement:
Gesamtheit der Führungsorganisation, -aufgaben, -methoden und -mittel für die Abwicklung eines Projektes
Dokumente,
308
Glossar
Prüfbuch:
Lebenslaufakte einer Anlagenkomponente, in der von allen Sicherheitsprüfungen dieser Komponente die Ergebnisse (Prüfbescheinigungen) und die zugehörigen technischen Dokumente, Messprotokolle usw. abgelegt bzw. gespeichert sind.
Prüfdokumentation:
Zusammenstellung von Dokumenten über durchgeführte rechts- und sicherheitsrelevante Prüfungen Zum Teil auch auf komponentenspezifische Prüfbücher verteilt
Prüfhandbuch:
Zusammenstellung von Aktionspunkten und ergänzenden Hinweisen zur Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation der ganzheitlichen Anlagenüberwachung im Leben einer Anlage
Qualität:
Gesamtheit von Merkmalen und Merkmalswerten einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen (n. DIN ISO 2000 ff.) oder Übereinstimmung der Realität mit allen vereinbarten und festgelegten Anforderungen
Qualitätsmanagement:
Alle Tätigkeiten des Gesamtmanagements, die im Rahmen des Qualitätsmanagement-Systems die Qualitätspolitik, die Ziele und Verantwortungen festlegen sowie diese durch Mittel wie Qualitätsplanung, -lenkung, -sicherung, -darlegung und -verbesserung verwirklichen
Qualitätsmanagementhandbuch:
Überblicksmäßige Darstellung und Beschreibung des Qualitätsmanagementsystems des Unternehmens bzw. Betriebs
Qualifizierung:
Dokumentierte Beweisführung, dass alle Ausrüstungsgegenstände (inkl. Leittechnik mit Software) einwandfrei arbeiten und tatsächlich zu den erwarteten Ergebnissen führen
Realisierung:
Gesamtheit der Arbeiten von der Auftragserteilung bis zur Endabnahme der Vertragsleistung, (Synonym: Herstellung, z. B. der Anlage)
Recherche:
Gezieltes Suchen und Wiederfinden von Dokumenten zu einem interessierenden Sachverhalt
Redundanz:
Mehrfaches Vorkommen desselben materiellen Dokuments an unterschiedlichen Stellen der Dokumentation (körperliche Redundanz) oder mehrfaches Vorkommen desselben Inhalts an verschiedenen Stellen des Dokuments bzw. anderer Dokumente (inhaltliche Redundanz)
Glossar
309
Revisionsstatus:
s. Dokumentenversion
Risikoanalyse:
Identifizierung von Gefährdungen und deren Ursachen sowie die Bestimmung der potentiellen Konsequenzen und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten (qualitativ und quantitativ)
Risikobeurteilung: Risikoanalyse mit anschließender Risikobewertung Risikobewertung:
Einschätzung des potentiellen Schweregrads einer Gefährdung sowie der Eintrittswahrscheinlichkeit und Vergelich mit einem Bewertungsmaßstab (Akteptanzkriterien)
Rückbau:
Gesamtheit der Tätigkeiten für Außerbetriebnahme (Stilllegung), Abriss (Abbruch), Demontage und Entsorgung der Anlage
Scannen:
Erstellen einer elektronischen Kopie (Abbild) eines Dokuments
Schaden:
Nachteil, den jemand durch ein bestimmtes Ereignis erleidet
Schlüssel:
rein numerisches Kennzeichen
Sicherheit:
Fähigkeit eines Systems, innerhalb der vorgegebenen Grenzen und während einer gegebenen Zeitspanne keine Gefährdungen für Personen, Sachen und Umwelt zu verursachen bzw. eintreten zu lassen
Sicherheitsanalyse:
Gesetzlich vorgeschriebene Darstellung und Schriftform der Sicherheitsbetrachtung. bestimmter genehmigungsbedürftiger Anlagen
Sicherheitsmange- Zusammenstellung grundsätzlicher Regelungen des Betriebs menthandbuch: zum Gesundheitsschutz−Sicherheit−Umweltschutz (GSU) Signatur:
Eindeutiges Identifikationskennzeichen eines Dokuments
Speichern:
Sammeln und Einlagern von Gegenständen oder Informationen bzw. Daten in einem Speicher
Stammdaten:
Beschreibende Zusatzdaten (Attribute) eines Dokuments (Synonym: Metadaten)
Stückliste:
Für den jeweiligen Zweck vollständiges, formal aufgebautes Verzeichnis für Gegenstände
Subunternehmer:
Unternehmen bzw. Lieferanten, derer sich der Auftragnehmer (Generalunternehmer) zur Erbringung seiner Vertragsleistung bedient
310
Glossar
System:
Menge von Elementen sowie von Beziehungen zwischen den Elementen und mit der Umgebung
Technische Gesamtheit technischer Dokumente, die ein Produkt beProduktdokumen- schreiben und für die Herstellung, Installation, Wartung, tation: den Gebrauch oder die Beschaffung dieses Produkts benötigt werden [1−6] Technische Spezifikation:
Lieferantenunabhängige technische Unterlagen für Anfrage und Bestellung, ( Synonym: Technische Beschaffungsunterlagen (TBU))
Umweltverträglichkeitsprüfung:
Unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf 1. Mensch, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, 2. Kultur- und sonstige Sachgüter. Sie wird unter Einbeziehung der Öffentlichkeit durchgeführt [3−9].
Unternehmer:
Natürliche oder juristische Person oder rechtskräftige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (BGB § 14)
Unterweisung:
Arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene mündliche Informationen über Gefahrstoffe, Unterrichtungen über Schutzmaßnahmen sowie Belehrungen über das richtige Verhalten und den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen
Validierung:
Dokumentierte Beweisführung, dass ein Prozess in einer Anlage reproduzierbar ein spezifikations- und qualitätsgerechtes Produkt erzeugt
Verantwortung:
Auftrag, im definierten Aufgabenbereich für ein bestimmtes Ergebnis ein zu stehen
Verfahren:
Gesamtheit der physikalisch-technischen, chemischen und biologischen Wirkungsabläufe (Synonym: Prozess)
Verfahrensanweisung:
detaillierte Beschreibung komplexer, bereichsübergreifender Abläufe und Schnittstellen; enthalten fachliches und organisatorisches Know-how, wie Abläufe, Zuständigkeiten, Hinweise, Formulare, Checklisten u. a.
Glossar
311
verfahrenstechnische Anlage:
Anlage zur Durchführung von Stoffänderungen und/oder Stoffwandlungen mit Hilfe zweckgerichteter physikalischer und/oder chemischer und/oder biologischer Wirkungsabläufe [1−11]
verfahrenstechnisches System:
Gesamtheit des verfahrenstechnischen Prozesses und der verfahrenstechnischen Anlage
Verschulden:
Bezeichnet das objektiv pflichtwidrige und subjektiv vorwerfbare Verhalten einer schuldfähigen Person [2−27]
Verschlüsseln:
Indexieren mit Hilfe eines Schlüssels
Vertrag:
Rechtsgeschäft, das durch zwei sich deckende Willenserklärungen zustande kommt (Gemeint ist in diesem Buch i. d. R. der Anlagenvertrag)
Vertragsart:
Bezeichnung eines Anlagenvertrages, die den Vertragsumfang/-gegenstand widerspiegelt
Vertragsform:
Bezeichnung eines Anlagenvertrages, die die Rechtsform ausdrückt
Volltextrecherche: Auffinden von Dokumenten in einer Vielzahl gleicher oder gleichartiger Dateien auf einem Computer, einem Server und/oder im Internet (Synonym: Volltextsuche) Vorplanung:
s. Basic Design
Wartung:
Maßnahmen zur Bewahrung des Soll-Zustandes von technischen Mitteln eines Systems [3−20]
Wiederinbetriebnahme:
Überführung der Anlage aus dem Ruhestand nach Abstellung (Stillstand) in den Dauerbetriebszustand
Workflow:
automatisierte Arbeitsabläufe/Vorgangssteuerung (umfasst die Automatisierung und die Unterstützung von Kommunikationsprozessen)
Zuständigkeit:
Auftrag, definierte Aufgabenbereiche zu bearbeiten und bestimmte Aktivitäten einzuleiten
Literaturverzeichnis
(Bem.: Angaben zu Rechtsvorschriften in der jeweils geltenden Fassung) [1–1]
Gaus, W.: Dokumentations- und Ordnungslehre. 5. überarb. Aufl., Berlin, Heidelberg, New York u. a.: Springer-Verlag 2005
[1–2]
DIN-Taschenbuch 351. Dokumentationswesen. 1. Aufl., Berlin, Wien, Zürich; Beuth Verlag 2002
[1–3]
DIN EN 82045-1 (IEC 82045-1): Dokumentenmanagement, Teil 1: Prinzipien und Methoden
[1–4]
DIN EN 61355 (IEC 61355): Klassifikation und Kennzeichnung von Dokumenten für Anlagen, Systeme und Einrichtungen
[1–5]
Götzer, K.; Schneiderath, U.; Maier, B.; Komke, T.: DokumentenManagement. 3. Aufl., Heidelberg: dpunkt.verlag 2004
[1–6]
DIN 6789: Dokumentationssystematik, Teil 1: Aufbau Technischer Produktdokumentationen
[1–7]
Juhl, D: Technische Dokumentation. 2. Aufl., Berlin, Heidelberg, New York u. a.: Springer-Verlag 2005
[1–8]
Hoffmann, W.; Hölscher, B. G.: Erfolgreich beschreiben – Praxis des Technisches Redakteurs. 2. Aufl., Berlin, Offenbach: vde-verlag 1994
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Sachwortverzeichnis
Abnahme 168, – AS BUILT-Dokumentation 212 – im Anlagenvertrag 185 – nach BGB 168 – Rechtsfolgen 169 – Protokoll 213 Anlage 4, 14, 216 – -kennzeichen 147 – Lebenszyklus 14, 216 – -modell 77 – -planung 58 – verfahrenstechnische 4 – Vorschriften 5, 19, 22 – Wesensmerkmale 4 Anlagenbetrieb 243 – Dokumentationsnutzung 244 – Dokumentenmanagement 247 – Umgang mit Dokumentation 262 Anlagendokumentation 50, 70 – Aufbewahrung 41, – Strukturierung 70 – Teildokumentationen 74 bis 125 Anlagenkennzeichnung 146, 147 – bei DMS-Einführung 280 – nach DIN 6779 148 – nach KKS 151 Anlagenvertrag 155, 165, 176 – Anhang Dokumentation 187 – Dienstvertrag 171 – Engineeringvertrag 173 – Generalvertrag 172 – Hauptteil 177 – Kaufvertrag 170 – Mustervertrag 176 – für Projektphasen 195 – Werkvertrag 167
Anzeige der Betriebsbereitschaft 181, 200 Apparatedokumente 92, 94 Aufbewahrungsgründe/-fristen 41 Arbeitsexemplar 178, 195 AS BUILT-Dokumentation 3, 178, 210, 212, 240 – Abnahme 212 – Aufbewahrung 41 – Fertigstellung 240 – Lieferumfang 194 – Prüfung 210 – Qualitätsanforderungen 191 – Qualitätssicherung 205 – Spezifikation 190 Basic Design 59, 217 Basic Engineering 59, 218 Baudokumentation 82 – Dokumentenarten 83 – Gewährleistung 40, 148 Baustellenhandbuch 235 Baustellenphase 199, 233 – Dokumentenarten 234, 236 Behälterdokumente 92, 94 Belegexemplar 178, 195 – Aufbewahrung 48, 243 – Prüfung 211 Beschaffung 64, 229 Beschaffungsdokumentation 50, 64, 229 – Anfrageunterlagen 65 – Herstellerunterlagen 229 – Lieferantenunterlagen 229 Bestellung (kaufmännisch) 65, 231 – Dokumentenanforderung 67
322
Sachwortverzeichnis
– Hinweise an Dokumentation 231 – Inhaltsverzeichnis 66 Bestellung (verantwortungsseitig) 31, 159 bestimungsgemäßer Betrieb 226 Betreiberdokumentation 16 Betrieb (s. Anlagenbetrieb) Betriebsanleitung 96, 117 – für EMSR-Betriebsmittel 115 – für Gesamtanlage 122 – Mindestangaben n. ATEX 117 – für Produkt 95, 96 Betriebsanweisung 127, 238 – für Anlagenbetrieb 131 – für Ausrüstungstypical 132 – für Bedienung 130 – für Gefahrstoffe 129 Betriebsdokumentation 50, 72, 126 – Betriebshandbuch 127 – Betriebstagebuch 127 – Instandhaltungshandbuch 133 – Prüfhandbuch 135 – Qualitätsmanagementhandbuch 139 – Sicherheitsmanagementhandbuch 138 – Strukturierung 126 – Übersichtsdokumente 127 – Umweltmanagementhandbuch 141 Betriebshandbuch 127, 238 Betriebstagebuch 134 Beweislast(-pflicht) 35, 243 – nach ProdHaftG 33 – nach UmweltHG 36 – nach Werkvertrag 169 – Normalfall 32 Change-Management 182, 202, 239, 252 Darbietung 34 Datei 1 – bearbeitbare 125, 186
Daten 1, 188 – -management 188 – Meta- 259 Datensatz 1 Detail Engineering 59, 227 Dienstvertrag 171 Dokument 2 – Aufbewahrung 41 – Faksimile 2 – Image 2 – -kennzeichen 152, 280 – Life-cycle- 189, 251 – Master- 2, 234, 239 – Original 2 Dokumentation 2 – Änderungen 182 – Anforderungen 8, 67 – AS BUILT- 3, 17, 210, 212, 240 – Besonderheiten 4, 6 – Dienstleister 161 – Eigentum 186 – Exemplare 178, 194 – Gesamt- 3, 14, 50 – Gewährleistung 39, 184 – Grundstruktur 49 – Haftung 32 – Hauptaufgaben 12 – Hauptdokumentationen 50 – im Anlagenvertrag 172, 177 – in Projektphasen 195 – Kosten 160 – Lebenszyklus 14 – Lieferumfang 194 – Nutzung im Betrieb 244, 246 – Pflege im Betrieb 260, 262, 265 – rechtliche Aspekte 19 – Rechtsvorschriften 22 – Regelungen nach BGB 165 – Technische 3, 70 – Technische Produkt- 3, 36 – Teildokumentationen 50 – Ziel 8 Dokumentationsbenutzer 9 Dokumentationserzeuger 9 Dokumentenarten 51 – Apparate/Behälter/Maschinen 92
Sachwortverzeichnis
– Bau/Stahlbau 82 – Baustellenphase 233 – Beschaffungsdokumentation 64, 229 – Betriebsphase 127, 134, 135, 138, 139, 141, 262 – Elektrotechnik 106 – Engineering 57, 218, 227 – Genehmigungsdokumentation 60, 220 – grafische 52 – Inbetriebnahme 122, 237 – Instandhaltung 133, 238 – -kennzeichen 152 – Liste wichtiger 52, 152, 196, 250 – nichtgrafische 52 – Projektdokumentation 56 – Prozessleittechnik 106 – Rohrleitungen 98 – Technische Gebäudeausrüstung 117 – Verfahrens-/Prozesstechnik 74 – Zuordnung 54 Dokumentenerstellung 215 – Basic Engineering 218 – Baustellenphase 233 – Betriebsphase 247, 262 – Detail Engineering 227 – Genehmigung 60, 220 – Inbetriebnahme 237 – Instandhaltung 237 – Übersicht 215 Dokumentenmanagement 188, 247 – Änderungsprozesse 252 – betriebliches 247 – für Anlagendokumentation 267 – im Anlagenvertrag 188 – Nutzeranforderungen 250 – Regelungen 260 – Reorganisation 248 – Software 255 – Zielstellung 249 Dokumenten-Management-System (DMS) 257, 267 – Grundlagen 257 – Projektbeispiel 267
323
– Wissensmanagement 259 EG-Konformitätserklärung 96, – für Gesamtanlage 236 – für Produkt 96, 115 – in Bestellung 231 Eigentumsregelung 186 Elektrodokumentation 106 – für Anordnungen 113 – für Funktionen 109 – für Produktdarbietung 115 – für Schaltungen 111 – für Technische Daten 107 – Übersicht 106 Elektronisches Exemplar 178, 195 Engineeringdokumentation 50, 57 Engineeringprozess 59 Engineeringvertrag 47, 173 – Leistungen 174 Errichten 17, 122 Errichterdokumentation 16 Fahrlässigkeit 23 – Definition 24 – fahrlässiges Handeln 23 – Grobe- 24 – Risikopotential 27 Gefahrenanalyse 96, 232 Gefährdungsbeurteilung 96, 128 – Definition 128 Genehmigungsdokumentation 50, 60, 220 – -antrag 61, 220 – -bescheid 64 Genehmigungsverfahren 220 – nach BImSchG 224 – Übersicht 220 Generalvertrag 46, 172 Gesamtdokumentation 3, 14, 50 Gewährleistung 39, 184 – nach BGB 39 – nach VOB 40
324
Sachwortverzeichnis
– im Anlagenvertrag 184 Haftung 32 – nach ProdHaftG 33 – nach UmweltHG 36 Hauptdokumentationen 50 Herstellerdokumentation 66, 229 – Beschaffen und Einordnen 229 – für Druckbehälter 94 – für Pumpe 97 – Qualitätssicherung 205 Image 2 Inbetriebnahme 122, 199, 237 – -anweisungen 131 – Dokumentenarten 124, 238 Inbetriebnahmeanleitung 122 – Gliederung 123 – Verantwortlichkeit 122 Information 8 Instandhaltung 133, 237, 254 – -anweisungen 134 – Bestandteile 133 – Dokumentationspflege 254 – Dokumentenarten 238 Instandhaltungshandbuch 133 – Erarbeitung 239 – Gliederung 133 Inverkehrbringen 95, 115, 123 Kaufvertrag 170 Kosten 160 – DMS-Einführung 277 – Vergütung 181 – Wirtschaftlichkeit 246 Lastenheft 155, 251 – Checkliste 156 – für DMS-Einführung 282 Lebenszyklus 14 – der Anlage 15 – der Dokumentation 16
Lieferantendokumentation 66, 229 – Beschaffen und Einordnen 229 – Inhaltsverzeichnis 69 – Qualitätssicherung 205 Life-cycle-Dokumente 189, 251 Liste wichtiger Dokumentenarten (LwD) 52, 152, 189, 196, 250 Managementsysteme 12 – Dokumenten 247, 257, 267 – Integriertes 12 – Qualitäts- 139 – Sicherheits- 138 – Umwelt- 142 – Wissens- 259 Maschinendokumente 92, 95 Masterdokument 2, 234, 239 Mechanische Fertigstellung (MF) 17, 181, 199, 233 Migration 294 Normen 22, 183 Ordnungswidrigkeit 25 Original(-dokument) 2, 55 Package-unit (PU) 124, 228, 266 – Dokumentation 124 Pflichten 19, 31 – Musterformular 159 – Sorgfalts- 31 – -übertragung 30 Pflichtenheft 157 Pflichtverletzungen 24 – Konsequenzen 24 PLT-Dokumentation 106 – Bedienungshandbuch 116 – für Anordnungen 113 – für Funktionen 109 – für Produktdarbietung 115 – für Schaltungen 111 – für Technische Daten 107,
Sachwortverzeichnis
– Übersicht 106 Produkt 33 – Betriebsanleitung 95, 96, 115 – -dokumentation 3, 33, 36 – EG-Konformität 96, 115 – Gefahrenanalyse 96, 232 – -haftungsgesetz 33 – Risikobeurteilung 96 Projektdokumentation 50, 56 Projekthandbuch 57 Projektmanagement 200 – Abnahme AS BUILT-Dok. 212 – Beschaffungsrichtlinie 229 – Change-Management 202 – Dokumentationsrichtlinie 201 – Einführung eines DMS 267 – Prüfung AS BUILT-Dok. 210 – Qualitätssicherung 205 Projektphasen 195, 215 – Abwicklungsphase 216, 234 – Baustellenabwicklung 199 – Beschaffungsleistungen 198 – Einführung eines DMS 267 – Inbetriebnahme 199 – Konzeptphase 216 – Planungsleistungen 195 Prozesstechnik 74 – Dokumentenarten 74 Prüfbücher 138, 239 Prüfhandbuch 135 Qualitätsmanagement 139, 205 – betriebliches 262 – -handbuch 139 – Qualitätsanforderungen 191 – Qualitätssicherung 180, 205, 210 – Verfahrensanweisung 140, 262 Recht 20 – Übersicht 20 – zu Sicherheit/Gesundheit 21 Rechtsvorschriften 22 Regeln der Technik 22 – allgemein anerkannte 22
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– berufsgenossenschaftliche 22 Risikobeurteilung 96, 232, 236 Rohrleitungsdokumentation 98 – Dokumentenarten 98 – Rohrklasse 99 – Rohrleitungsbuch 105 – Rohrleitungsisometrie 103 Rückbau 17 Rückbaudokumentation 16, 50, 142 Schaden 23 – -ersatz 32, 36 Sicherheitsanalyse 61, 224 Sicherheitsmanagement 135, 138 – -handbuch 138 – Änderungsprozesse 252 Situationsanalyse 246 Sorgfaltspflichten 31 Strafrecht 26 Technische Dokumentation 3, 70 Technische Gebäudeausrüstung (TGA) 117 – Dokumentenarten 121 Technische Regeln (s. Regeln der Technik) Technische Produktdokumentation 3, 36 – Aufbewahrung 43 – Apparate/Behälter/Maschinen 92 – Definition 3 – EMSR-Betriebsmittel 115 Teildokumentation 50 – Apparate/Behälter/Maschinen 92 – Bau/Stahlbau 82 – Elektrotechnik 106 – Inbetriebnahme 122 – Package-units 124 – Prozessleittechnik 106 – Rohrleitungen 98 – Technische Gebäudeausrüstung 117 – Verfahrenstechnik 74
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Sachwortverzeichnis
Umweltmanagement 141 – -handbuch 141 Umweltverträglichkeitsprüfung 61, 143, 224 – Unterlagen 226 Verantwortung 30, 158 – auf Baustelle 243 – bei Inbetriebnahme 238 – im Betrieb 243 – im Projektteam 158 – -übertragung 30, 159 Verfahrensanweisungen 139, 262 Verfahrenstechnik 74 – Dokumentenarten 74 Verschulden 32 Vertrag (s. Anlagenvertrag) Vertragsarten 172 – Engineeringvertrag 173 – Generalvertrag 172 – Mustervertrag 176
Vorsatz 23 – Definition 24 – vorsätzliches Handeln 23 Vorschriften 5, 19, 22, 183 – BG-Vorschriften 19 – im Vertrag 183 – Rechts- 22 Werkvertrag 167 – Gewährleistung 39 Wirtschaftlichkeit 246, 277 Wissensmanagement 259 Workflow 252, 261, 281 Zivilrecht 20, 24