Der Schwarm
Der Schwarm Band 1
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Das Jahr 3438: Als Perry Rhodan von einer Fernexpe...
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Der Schwarm
Der Schwarm Band 1
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Das Jahr 3438: Als Perry Rhodan von einer Fernexpedition in die MilchstraÄe zurÅckkehrt, wird er Zeuge eines atemberaubenden Schauspiels. Tausende von Sonnen und Planeten tauchen auf, gehÅllt in riesige Blasen - es ist der Schwarm. Dann verlassen gigantische Raumschiffe, die so genannten Manips, das kosmische Gebilde. Eine Strahlungswelle eilt ihnen voraus, die den Intelligenzen der MilchstraÄe den Verstand raubt. Ein RÅckfall beginnt, der alle galaktischen Kulturen in ein todbringendes Chaos stÅrzt. Nur wenige Menschen und AuÄerirdische erweisen sich als immun, dar unter Perry Rhodan. Verzweifelt nehmen sie den Kampf gegen den Unter gang auf...
Alle Rechte vorbehalten
Ç 2005 by Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
www.moewig.de
Redaktion: Klaus N. Frick
Titelillustration: Dirk Schulz
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, PÉÄneck
Printed in Germany 2005
www.perry-rhodan.net
ISBN 3-8118-5540-9
Prolog
Die MilchstraÄe im Jahr 3438. Nach langen, harten KÅmpfen ist es dem Solaren Imperium gelungen, die Invasion der Takerer zurÇckzuschlagen. Mit knapper Not: Pluto, der ÅuÄerste Planet des Heimatsystems der Menschheit, wurde vernichtet; die Çbrigen Planeten entgingen nur durch eine glÇckliche FÇgung diesem Schicksal. WÅhrend der Kampf um das Solsystem wogte, trug Perry Rhodan mit seinem Flaggschiff, der MARCO POLO, den Kampf in die Heimat der Invasoren. Nach erfolgreicher ErfÇllung ihrer Mission befindet sich die MARCO POLO auf dem RÇckflug aus der viele Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis Gruelfin. Perry Rhodan und seine GefÅhrten glauben, einer Zeit des Friedens und des Wohlstands entgegenzufliegen - ein furcht barer Irrtum ...
1. Juli 3438
MARCO POLO
ÑWie benehmen sich Ihre Wandeltaster?Ö
Oberstleutnant Dr.-Ing. Nemus Cavaldi, Leitender Ingenieur der MARCO POLO, lachte. ÑWie guterzogene Kinder, Sir. Alles in Ordnung. Ich glaube nicht, daÄ wir nochmals mit Schwierigkeiten zu rechnen haben. Das wÜre innerhalb der Dakkarzone auch nicht wÅnschenswert. Ende, Sir.Ö Perry Rhodan schaltete die Bildsprechverbindung ab. Cavaldis feistes Gesicht verblaÄte. ÑEin tÅchtiger MannÖ, stellte Atlan fest. Der Regierende Lordadmiral der USO saÄ neben Rhodan im zweiten Kommandeursessel des Ultraschlachtschiffes MARCO POLO, das sich auf dem Heimflug zur MilchstraÄe befand. ÑEin KÉnner!Ö verbesserte Rhodan. ÑDu solltest mit deinem Lob nicht so sparsam umgehen.Ö Atlan runzelte die Stirn. Er schaute sich prÅfend in der groÄrÜumigen Zentrale des terranischen Superriesen um. WÜhrend des BrÅckenschlags durch die Dakkarzone zwischen der fÅnften und sechsten Dimension hatten alle drei Emotionauten ihre ManÉverplÜtze eingenommen. Oberst Elas Korom-Khan flog das Schiff. Der Erste Kosmonautische Emotiooffizier, Oberstleutnant Senco Ahrat, Åberwachte die auf geistiger Ebene aufgenommenen SchaltvorgÜnge des Kommandanten. Major Mentro Kosum, Zweiter Emotiooffizier der MARCO POLO, saÄ einsatzbereit im dritten Kontursitz. Ebenso wie seine beiden Kollegen trug er eine SERT-Haube, deren Impulstaster die befehlsgebenden GedankenstrÉme der parapsychisch begabten MÜnner abnahm, sie weitergab und die entsprechenden GerÜte zur Reaktion zwang. >Simultane Emotio- und Reflex-Transmission< nannte man diesen erstaunlichen Vorgang. Nicht einmal die als reaktionsschnell
bekannten Haluter oder Ertruser waren fÜhig, die gedankenschnelle Schaltgeschwindigkeit der Emotionauten annÜhernd zu erreichen. Atlan schwenkte seinen Kontursitz herum und schaute erneut auf die groÄen Bildschirme der Panoramagalerie. Dort drauÄen war alles und nichts. Das dunkelrote Wabern und Wallen, in dem zahllose RiesenmolekÅle zu schwimmen schienen, war der optisch erkennbare Teil eines dimensionalen áberlagerungsraumes, der bislang nur rechnerisch erfaÄt werden konnte, und das nur vage. Atlan wuÄte lediglich, daÄ die MARCO POLO mit milliardenfacher Geschwindigkeit des Lichts durch ein Kontinuum raste, das mit dem gewohnten und begreifbaren Einsteinschen Weltraum nichts mehr zu tun hatte. Rhodans Frage nach der FunktionstÅchtigkeit des derzeit eingeschalteten Pralitzschen Wandeltasters war daher berechtigt gewesen. Diese GerÜte waren die wichtigsten Teilaggregate des Dimesextatriebwerks, mit dessen Hilfe man die gigantischen Entfernungen zwischen den Galaxien Åberwinden konnte. Bedeutsam an dieser technischen Neuentwicklung war die Tatsache, daÄ die MARCO POLO das erste von Menschen erbaute Raumschiff war, das Åber derartige Maschinenanlagen verfÅgte. Atlan entschloÄ sich zu einer verspÜteten Antwort. ÑAlso schÉn, dann ist Cavaldi eben ein KÉnner. Einverstanden! Wenn er das Schiff diesmal programmgemÜÄ bis zur MilchstraÄe bringt, will ich ihm sogar noch mehr ehrenvolle Bezeichnungen zubilligen. ábrigens, gilt der letzte Befehl immer noch?Ö Atlan klopfte mit dem Zeigefinger bedeutungsvoll an den zurÅckgeklappten Panzerhelm seines Schutzanzuges. ÑEr gilt noch!Ö bestÜtigte Rhodan knapp. ÑFunksprechverbindung bleibt zusÜtzlich zum Interkomkontakt bestehen.Ö Atlan seufzte in sein vorgeschwenktes Helmmikrophon. Mentro Kosum lachte. Dieser Mann war in der Lage, trotz seiner angestrengten TÜtigkeit auch noch die GesprÜche auf der Interkom- und Funkfrequenz zu verarbeiten. ÑBitte keinen KnÅttelvers, Mr. KosumÖ, warnte Rhodan. ÑSie haben uns damit ausreichend strapaziert.Ö ÑWie Sie meinen, SirÖ, ertÉnte eine Stimme aus den Helmlautsprechern.
ÑDas meine ich nicht nur, sondern das ist eine begrÅndete VorsichtsmaÄnahme! In der Dakkarzone fÅhle ich mich so wohl wie in einem dunklen Keller. Ich wÜre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie meine Auffassung teilen wÅrden.Ö ÑGenau, genau, so sprach der Richter, erging es meinem Lieblings dichter. In Klammern SchÅller.Ö Rhodan holte tief Luft. Das unterdrÅckte GelÜchter aus etwa achttausend Kehlen klang in seinem Helmlautsprecher wie ein Donnergrollen. ÑIch bitte um RuheÖ, rief der GroÄadministrator. ÑUnd Sie, Mr. Kosum, Sie sollten sich endlich abgewÉhnen, sich fÅr einen Historiker und Altsprachenforscher zu halten. Der Dichter hieÄ nicht SchÅller sondern Schiller. AuÄerdem kann ich mich nicht erinnern, aus seinem Munde jemals etwas derart Absurdes gehÉrt zu haben.Ö ÑAh, den haben Sie noch persÉnlich gekannt, Sir?Ö Rhodan grinste. Kosum war in seiner Art unschlagbar. ÑKosum, Sie sind ein verkanntes GenieÖ, sagte Atlan. ÑMelden Sie sich nach der Heimkehr bei der USO. Ich kann Ihnen auf alle FÜlle eine wesentlich bessere Bordverpflegung bieten.Ö ÑSchmutzige Abwerbung eines auf Kosten des Solaren Imperiums geschulten MannesÖ, klang es aus den HelmgerÜten. ÑJa, runzle nur nicht die Stirn, alter Arkonide. Hier spricht Sonderoffizier Guck, auch Gucky genannt. Von wegen unsere besten Leute mit deiner lÜcherlichen USO-Bordverpflegung kÉdern. Mein Freund Kosum wird dir etwas husten.Ö TatsÜchlich hÉrte man ein Husten. Danach Kosums Stimme, die infolge seiner SERT-Haube verzerrt wurde. ÑVerzeihung, Herr Mausbiber, aber ich habe mich soeben entschlossen, das Angebot eines ehrenwerten Mannes mit allen Konsequenzen zu Åberdenken. Wenn man an diese dehydrierten Nahrungsmittel in terranischen Kampfschiffen denkt, kÉnnte ein kluger Mann sehr wohl zu der Auffassung kommen, daÄ...Ö ÑHalt ja den MundÖ, vernahm man Guckys schrille Stimme. ÑKein Wort mehr, oder ich bin die lÜngste Zeit dein Freund gewesen.Ö Atlan rÅttelte am HalsverschluÄ seines Anzugs. ÑVerflixtes Ding! Wann werden die Terraner endlich Kombinationen bauen, die ihre
TrÜger nicht erwÅrgen. Was das Angebot betrifft: Es gilt, Mr. Kosum.Ö Rhodan achtete nicht mehr auf den Meinungsaustausch. Er wuÄte nur zu gut, daÄ die achttausend MÜnner der MARCO POLO wÜhrend des riskanten Fluges nichts besser gebrauchen konnten als Ablenkung und nochmals Ablenkung. Atlan, Kosum und Gucky verhielten sich sehr geschickt. NatÅrlich waren sie ebenfalls Åber sie psychologischen Gefahrenmomente orientiert, die eine solche Reise mit sich brachte. Rhodan duldete das WortgeplÜnkel. Auch Korom-Khan unterbrach es nicht, obwohl es seine Aufgabe als Kommandant gewesen wÜre, an Bord des von ihm gefÅhrten Raumschiffes die unerlÜÄliche Disziplin aufrecht zu erhalten. Rhodans und Atlans Blicke kreuzten sich. Beide MÜnner schmunzelten. Sie hatten sich wortlos verstanden. Captain Verso Honadri, Erster Streifenoffizier vom Dienst an Bord der MARCO POLO, kÅmmerte sich weder um die Gefahrenmomente der Dakkarreise noch um das GeplÜnkel. Er hÉrte es ebenso wie die anderen MÜnner der Besatzung, nur dachte er nicht daran, seine Aufgabe auch nur eine Sekunde lang zu vernachlÜssigen. Zu seiner Streife gehÉrten zehn Mann des Wachkommandos und fÅnf Kampfroboter, die er mit Hilfe eines tragbaren SpezialgerÜtes jederzeit umprogrammieren konnte. Die Kontrolltrupps waren wÜhrend der turbulenten Ereignisse in der Galaxis NGC 4594 zusammengestellt worden, als takerische Pedotransferer versucht hatten, unauffÜllig einzusickern und besonders die fÅhren den MÜnner des Schiffes geistig zu Åbernehmen. Das war auch der Grund dafÅr, daÄ die Roboter und zusÜtzlich zwei Spezialisten GerÜte mitfÅhrten, die einen von Transferern Åbernommenen Menschen orten konnten. Eine weitaus bessere Entwicklung war unterdessen auf der Erde herangereift. Honadri befand sich mit seinem Trupp in HÉhe der 22. Etage, Zwischendeck II. Hier lagen die kleineren StaurÜume fÅr hochwertige BedarfsgÅter.
Im Labyrinth der GÜnge, AufzÅge und Lagerhallen, den benachbarten MaschinenrÜumen und Ersatzteildepots muÄte man sich schon auskennen, um sich nicht rettungslos zu verirren. Die Raumfahrersage berichtete vom Tod eines neuen Besatzungsmitgliedes, das sich derart verlaufen hatte, bis der Mann schlieÄlich verhungerte. Das aber sollte sich an Bord eines Superschiachtschiffes zu getragen haben. Das Kugelschiff hatte 1,5 Kilometer durchmessen, die MARCO POLO jedoch durchmaÄ 2,5 Kilometer. Dennoch herrschte in dieser gewaltigen Kugelrundung eine drangvolle Enge. Sie wurde durch die Konstruktion an sich, die MaschinenrÜume, Lagerhallen, Hangars und tausend andere Einrichtungen hervorgerufen. Es war daher nicht verwunderlich, daÄ sich Captain Verso Honadri Åberwiegend auf seine vielfÜltigen OrtungsgerÜte verlieÄ. Sie arbeiteten auch in der Dakkarzone, denn die UmwelteinflÅsse des fÅnf- und sechsdimensionalen Raumes wurde von dem Sextadimschirm des BrÅckenschlagtriebwerks reflektiert. ÑOrtung Energiestrahl, SirÖ, meldete einer der Kampfroboter. ÑGeringe Leistung. Wahrscheinlich Desintegrator. Handfeuerwaffe.Ö Honadri blieb stehen. Mit einer unbewuÄten Bewegung umklammerte er den Griff seiner Dienstwaffe. Es war ein Kombistrahler. ÑEinpeilen, sofort.Ö ÑPeilung steht. Auswertung nach programmiertem Lageplan beendet. Raum VALO-III-sechs. Erneute Energieentwicklung.Ö Captain Honadri begann zu rennen. Die Halle III-sechs war ihm sehr gut bekannt. Dieses Deck glaubte er wie seine Notration zu kennen, was sich aber gelegentlich als Irrtum erwiesen hatte. Niemand konnte die RÜumlichkeiten dieses Ultragiganten genau registrieren. Nach drei Minuten kam das Kommando vor dem Sicherheitsschott der kleinen Lagerhalle an. Die beiden davor stationierten Kampfroboter lagen bewegungsunfÜhig am Boden. Sie hatten sich erstaunlicherweise selbst zerstÉrt. Honadri zog wortlos die Waffe. Das MikrofunkgerÜt des Helms schaltete er ab. Ein hinweisender Wink wurde von seinen MÜnnern
verstanden. Niemand sprach ein Wort. Die Roboter standen reglos im Hintergrund. ÑFunksprechverbotÖ, ordnete der Streifenoffizier an. ÑNur normale VerstÜndigung. Wenn dort drinnen jemand ist, wird er auf jeden Funkpiepser lauschen, der ihm eventuell gefÜhrlich werden kÉnnte. Darasch, Éffnen Sie die Schleuse mit Katastrophenimpuls. Los schon!Ö Er war hochgewachsen, schmal und wirkte zerbrechlich. Blonde Haare quollen unter seinem zurÅckgeklappten Helm hervor. Seine Stirn war hochgewÉlbt, vertrÜumt wirkende Augen visierten durch die Optik einer kleinen Waffe sein Ziel an. Er schoÄ. Der fÅnfte Dakkarkom lÉste sich unter dem flimmernden Energiestrahl des Desintegrators. Das GerÜt zerfiel in seine molekularen Bestandteile. Er lÜchelte, sah sich prÅfend um und steckte die Waffe durch den geÉffneten MagnetverschluÄ seiner Schutzkombination in eine AuÄentasche seiner normalen Borduniform. Ein Fauchen lieÄ ihn zusammenfahren. Lohende Atomglut zischte an ihm vorbei. Die Strahlbahn schlug in die Wandung, wÉlbte einen kleinen Vulkan aus sofort verflÅssigtem Material auf und ÅberschÅttete ihn mit einem Schauer aus winzigen Glutperlen. Sie hÜtten ihn sofort getÉtet, wenn er nicht den Panzerhelm geschlossen und die Magnethalterung verankert hÜtte. Ein glÅhender Luftwirbel schleuderte ihn zur Seite. Er stolperte Åber ein Ersatzteil, fiel zu Boden und blieb reglos liegen. ÑGenauso bleiben, HÜnde nach hinten strecken, keine Bewegung, oder ich verwandle dich in eine Gaswolke. Liegenbleiben, habe ich gesagt!Ö áber sich, aber noch einige Meter entfernt, gewahrte er das verzerrte Gesicht eines Captains. Die MÅndung seiner Energiewaffe flammte ultrablau. Ein winziger Druck auf den Feuerknopf und ... ÑDer Kerl hat alle fÅnf DakkarkomgerÜte mit einem Desintegrator zerstrahlt, SirÖ, vernahm er die Stimme eines anderen Mannes.
ÑDas - das kann es doch nicht geben, Sir! Jetzt bekommen wir nie mehr Funkkontakt mit Ganjo Ovaren und der Galaxis Gruelfin. Du verdammter...Ö Er schrie. Er hatte geglaubt, niemals in seinem Leben schreien zu mÅssen. Jetzt schrie er trotzdem in Todesangst. Der zweite Mann kam mit schuÄbereiter Waffe auf ihn zu. ÑIch schieÄe dich nieder...!Ö ÑRuhe, Sergeant!Ö schrie der Captain. ÑBeherrschen Sie sich. Oldert, Peytcher, richten Sie den Saboteur auf. Schutzanzug entfernen, nach Waffen durchsuchen.Ö Er fÅhlte sich von vier krÜftigen MÜnnerfÜusten hochgerissen. Dann stand er wieder auf seinen Beinen, doch dicht vor seinem KÉrper flammte immer noch die MÅndung einer Waffe. Captain Verso Honadri hatte seine Fassung zurÅckgewonnen. Er hatte den StrahlschuÄ abgefeuert, doch jetzt stand er einer neuen Situation gegenÅber. Er fÅhlte, daÄ sich seine MÜnner kaum noch beherrschen konnten. So sprang Honadri zwischen den Saboteur und Sergeant Daraschs Waffe. Nur langsam lieÄ der schwer atmende Mann den Strahler sinken. ÑSirÖ, sagte er. ÑWarum lassen Sie mich diesen Kerl nicht...Ö ÑWeil es hier nach den Gesetzen der Solaren Flotte ein Bordgericht gibt, Darasch. Deshalb! Kommen Sie zu sich! Sichern Sie vor allem Ihre Dienstwaffe. Na, alles wieder in Ordnung?Ö Darasch nickte nur. Ein Blick des Hasses traf den Saboteur. Jetzt erst hatte der Wachoffizier Gelegenheit, seinen Gefangenen eingehend zu mustern. ÑAch, Sie sind das! Captain Ricod Esmural, Dimesexta-Ingenieur, Mitglied des Schaltmeisterteams aus Dr. Cavaldis Garde. Warum haben Sie sich in diesen Lagerraum geschlichen und die fÅnf DakkarfunkgerÜte zerstÉrt? Warum, Mann? Sind Sie wahnsinnig geworden?Ö Der Wachoffizier schrie. Esmural Åberwand seine Todesangst schneller, als sie ihn Åbermannt hatte. ÑEs steht Ihnen nicht zu, mir Fragen zu stellen. Schon gar nicht in einem solchen Tonfall.Ö
Honadri beherrschte sich mÅhsam. Er drehte sich um, ging zum nÜchsten Interkom-AnschluÄ hinÅber und drÅckte auf die rote Notruftaste. ÑWas? Sind Sie betrunken? Ein Saboteur...?Ö Oberst Toronar Kasom, Ertruser und Zweiter Stellvertretender Kommandant der MARCO POLO, war mehr verblÅfft als schockiert. Etwas hilflos sah er zu der Empore mit den groÄen HauptschaltgerÜten hinÅber. Rhodan war aufmerksam geworden. ÑWas ist? Schwierigkeiten?Ö ÑEs sieht so aus, Sir. Ein gewisser Captain Esmural, DimesextaIngenieur, soll die fÅnf DakkarkomgerÜte zerstrahlt haben. Er wurde von der Streife gefaÄt.Ö Atlan und Perry Rhodan handelten gleichzeitig. Ihre HÜnde berÅhrten sich auf der Umschalttaste, die eine Verlegung des InterkomgesprÜches auf die Bildschirme der zentralen SchiffsfÅhrung bewirkte. Honadri wurde eingeblendet. ÑWen haben Sie verhaftet?Ö fragte Rhodan mit unheimlich wirkender Beherrschung. ÑBerichten Sie.Ö Captain Honadri wiederholte seine Meldung. Der Saboteur wurde von zwei MÜnnern des Streifenkommandos vor die Aufnahmekamera des Lagerraumes gestellt. Rhodan kannte ihn nur flÅchtig. Atlan war besser informiert. Er beugte sich weit vor. ÑEsmural! Ein AuÄenseiter. Keinerlei Kontakt mit anderen MÜnnern der Besatzung. Und er hat die unersetzbaren DakkarkomgerÜte vernichtet? Ich ...Ö ÑUnterbrechungÖ, drang eine andere Stimme aus den Lautsprechern. ÑWichtige Meldung. Psychologische Abteilung, Dr. Eysbert spricht. Ich habe die Meldung mitgehÉrt Ich darf die SchiffsfÅhrung darauf aufmerksam machen, daÄ Esmurals Psychogramm sehr eigentÅmlich ist. Seine Verhaltensweise ist...Ö ÑEbenfalls UnterbrechungÖ, warf Rhodan ein. Seine Stimme klang lauter als sonst. ÑKommen Sie zur Sache. Ihr wissenschaftlicher Kommentar kann spÜter erfolgen. Was gibt es dringend zu sagen?Ö
Thunar Eysbert, der Chef-Kosmopsychologe der MARCO POLO, galt als Åberlegener SpÉtter, der sich selten grob ausgesprochenen Anweisungen unterwarf. Diesmal war er dazu bereit. ÑIn Kurzform: Esmurals Intelligenzquotient liegt nahezu hundert Prozent Åber der Norm. ZurÅckhaltender, abweisender Typ. Er besitzt an Bord nur einen Freund und Vertrauten. Sein Name und Rang: Terso Hosputschan, Captain und Hyperphysiker. GehÉrt zum Waringer-Bordteam. Es wÜre zu Åberlegen, ob der Sabotageakt des Verhafteten isoliert zu betrachten ist. Ich denke an die Tatsache, daÄ wir vor einiger Zeit vergeblich versuchten, zur MilchstraÄe zu starten. Die Wandeltaster versagten aus bislang ungeklÜrten GrÅnden. Ende.Ö Rhodan bewies erneut, daÄ man ihn nicht umsonst einen Sofortumschalter nannte. Seine Anweisungen kamen umgehend. Sie wurden gleichzeitig Åber Helmfunk und Interkom in jede Abteilung Åbertragen. ÑAn Kommandant - Dakkarflug sofort unterbrechen. ZurÅck in den Normalraum. Maschinenhauptleitstand - blockieren Sie alle manuellen Sonderschaltungen aus den Notsteuerzentralen. Nur die Emotionsbefehle durchlassen. AusfÅhrung!Ö Rhodan war aus seinem Sessel gesprungen. Seine HÜnde bebten kaum merklich, als er einige VerschlÅsse seiner Kombination Éffnete und den Helm zu Boden fallen lieÄ. ÑSir, wir liegen exakt auf ZielkursÖ, vernahm er Korom-Khans Stimme. ÑRaus aus der Dakkar-Halbspur!Ö schrie Rhodan. ÑWer sagt Ihnen, daÄ der laufende Wandeltaster einwandfrei funktioniert? Schalten Sie.Ö Korom-Khan befolgte die Anordnung. Gedankenbefehle wurden von der SERT-Haube aufgenommen und auf die ausfÅhrenden Positroniken Åbertragen. Die Positronik zeigte Rotlicht. Sie war lahmgelegt worden. Die beiden anderen Emotionauten griffen in die vielfachen SteuervorgÜnge ein. Sicherheitsschotte schlugen zu. Die normalen Impulstrieb werke des Schiffes sprangen an, noch ehe die optischen Effekte der Dakkarzone auf den Bildschirmen verblaÄten. Der Dakkarflug wurde unvermittelt beendet.
Die MARCO POLO stÅrzte in das Einsteinsche Normaluniversum zurÅck. Rhodan wandte den riesigen Bildschirmen der Panoramagalerie den RÅcken zu. So konnte er nicht sofort sehen, daÄ die MARCO POLO nicht wie erwartet dicht vor der MilchstraÄe stand, sondern inmitten der trostlosen EinÉde zwischen den Welteninseln. Weder die Galaxis NGC 4594 noch die Heimat der Menschen konnte auf Anhieb und mit bloÄen Augen erkannt werden. Auf den Schirmen glÜnzten nur zahllose Leuchtpunkte und milchig strahlende Sternballungen. Vor dem RaumflugkÉrper Éffnete sich weit die SchwÜrze des interkosmischen Leerraumes. Atlan sprang auf. Fassungslos schaute er auf die Schirme. Rhodan hatte inzwischen die Lage erfaÄt und gehandelt. Nur Sekunden nach dem Schock materialisierte Gucky vor ihm. ÑWohin?Ö Rhodan riÄ den nur einen Meter groÄen Mausbiber mit dem linken Arm hoch, drÅckte ihn gegen seine Brust und erklÜrte mit jener seltsamen Ruhe, die fÅr ihn in derartigen Augenblicken typisch war: ÑIn den Hochenergieraum, wo der zur Zeit eingesetzte Wandeltaster aufgehÜngt ist. Schnell, Kleiner. Atlan, du kommst mit Ras Tschubai nach.Ö Ehe Gucky und Rhodan aus der Zentrale verschwanden, bemerkte der Arkonide noch, daÄ Perry seine Waffe feuerbereit in der Rechten hielt. Tschubai materialisierte ebenfalls in der Steuerzentrale. Es geschah in dem Augenblick, als sich Mentro Kosum eigenmÜchtig entschloÄ, die wichtigsten Maschinenanlagen der MARCO POLO durch eine Notschaltung stillzulegen. Das war nur in Gefahrenmomenten erster GrÉÄenordnung erlaubt. ÑBesser ist besserÖ, erklÜrte Kosum. Er schien die Ruhe selbst zu sein. ÑWenn hier schon sabotiert wird, dann wenigstens nicht bei laufenden Kraftwerken.Ö Rhodan und Gucky materialisierten im Ultraenergie-Wandelraum. Die glockenfÉrmig konstruierte Halle wurde von halbmeterstarken WÜnden aus Ynkelonium-Terkonitstahl von der nebenan installierten Haupteinheit des Dimesextatriebwerks abgeriegelt.
Drahtlose Dakkarpulsleiter endeten mit ihren isolierenden Sextadim-RÉhrenfeldern an den WandelempfÜngern. Sie nahmen die KrÜfte des Wandeltasters auf und lenkten sie in die Schirmstrahler des Dimesextatriebwerks. Inmitten der Kuppelhalle hing in tragenden KraftfeldsÜulen der kugel fÉrmige Pralitzsche Wandeltaster. Das Material der AuÄenverkleidung hatte sich wÜhrend der Betriebsschaltung dunkelrot verfÜrbt. Als Rhodan eintraf, mÜÄigte sich das kalte GlÅhen bereits. Ein hochgewachsener, zerbrechlich wirkender Mann stand mit schuÄbereiter Waffe vor einer geÉffneten Wartungsklappe. Rhodan schoÄ, ehe der Saboteur sein Vorhaben vollenden konnte. Captain Terso Hosputschan wurde von dem LÜhmstrahl voll getroffen. Er versuchte, mit letzter Muskelkraft den Finger zu krÅmmen, doch da traf ihn ein zweiter SchuÄ. Sein KÉrper versteifte sich. Mit glasig werdenden Augen erkannte er den Mann, der nur wenige Meter von ihm entfernt so plÉtzlich aufgetaucht war. Neben ihm stand ein nichtmenschliches Wesen. Hosputschan stÅrzte schwer zu Boden. Rhodan stand noch immer an der gleichen Stelle. Nur Gucky trippelte einige Schritte nach vorn. ÑVorsicht! Nicht zu nahe an die Energie-TragstÅtzen herangehenÖ, warnte Rhodan mit beherrschter Stimme. Der Mausbiber war verwirrt. Er schaute erst auf den paralysierten Wissenschaftler, dann hinauf zu dem Wartungsluk und wieder zurÅck auf Hosputschan. ÑWenn du mich nicht sofort gerufen hÜttest, wÜren wir zu spÜt gekommenÖ, stellte Gucky fest. ÑKein Mensch hÜtte diesen Raum schnell genug auf normalem Wege erreichen kÉnnen.Ö ÑJa!Ö ÑIst das alles, was du zu der unglaublichen Geschichte zu sagen hast?Ö Rhodan steckte seine Waffe in die GÅrteltasche zurÅck. Als er die hinderlichen VerschlÅsse seines Anzugs noch weiter Éffnete, bemerkte Gucky das Beben seiner HÜnde. Der Kleine lachte humorlos auf.
ÑDas geht auch einem Rhodan an die Nerven, wie? Frag mich nicht, wie es in mir aussieht. Ich komme mir vor wie narkotisiert. Der wollte doch tatsÜchlich in den Wandeltaster hineinschieÄen. Angenommen, wir wÜren noch in der Dakkarzone gewesen: Was wÜre dann passiert?Ö Rhodan trocknete sich die schweiÄbedeckte Stirn ab. ÑNichts, Kleiner, gar nichts! Wir wÜren lediglich in den Normalraum zurÅckgefallen. Mir ist es aber wesentlich lieber, diesen Effekt mit einem intakten Wandeltaster bewuÄt einzuleiten als mit einem zerschossenen in zwangslÜufiger Form.Ö Der Afroterraner Ras Tschubai traf zusammen mit Atlan ein. Jenseits der Stahlschotte wurden GerÜusche vernehmbar. Das Streifenkommando nÜherte sich. Atlan betrachtete den Saboteur und die klaffende Wartungsklappe. Dann schob auch er seine Waffe in die Tasche zurÅck. Er schaute Rhodan in die Augen. ÑNicht jedem Terraner kann man trauen, wie? Es ist mir rÜtselhaft, wie die beiden MÜnner durch die Endkontrollen schlÅpfen konnten. Wieso ist ihre Geisteshaltung nicht bemerkt worden? Wir haben vor dem Start der MARCO POLO einige Dutzend Tests durchgefÅhrt.Ö Rhodan fÅhlte sich plÉtzlich schwach und zerschlagen. Er suchte nach einem Sitzplatz. Weiter drÅben fand er vor der Kontrollschalttafel einige ausklappbare Wandhocker. ÑWer sagt dir, daÄ Esmural und Hosputschan schon damals die Absicht hatten, unsere Heimreise zu verhindern?Ö Atlan winkte unwirsch ab. Er beachtete kaum die aufgleitenden Sicherheitsschotte. Captain Honadri sprang zuerst in den Hochenergie raum hinein. Als er Rhodan und Atlan bemerkte, senkte er seine Waffe. Rhodan lieÄ ihn nicht zu Wort kommen. ÑBringen Sie den Saboteur zusammen mit dem anderen in die Haupt zentrale. Nein, bitte keine Fragen. Ich kÉnnte sie nicht beantworten. Ich kann Ihnen zu diesem Zeitpunkt lediglich verbindlich sagen, weshalb wir am 2. Juli 3438 nicht zur MilchstraÄe starten konnten. Die Pralitzschen Wandeltaster sind nicht auf dem Planeten First Love fehlgeschaltet worden, sondern von diesem Herrn dort.Ö
Honadri bemÅhte sich, einigermaÄen Haltung zu bewahren. Rhodans bitteres Auflachen verriet ihm genug Åber den GemÅtszustand des Expeditionsleiters. Rhodan schien gedankenverloren. Er bemerkte auch nicht die Wissenschaftler, die nacheinander den Raum betraten. Es handelte sich um einige Sektorchefs der MARCO POLO, unter Ihnen Professor Geoffry Abel Waringer, Dr.-Ing. Cavaldi und der Chef der Mathelogischen Abteilung, Professor Eric Biehinger. ÑDa fliegt man nun mit einem Prototyp unter allen mÉglichen Gefahren zu einer Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis, um dort zu versuchen, eine fÅrchterliche Gefahr fÅr die Menschheit abzuwenden, aber dann, wenn man wieder nach Hause will, tauchen plÉtzlich zwei Wahn sinnige auf und vernichten jene GerÜte, ohne die man diese Riesendistanz nicht Åberwinden kann. TrÜume ich?Ö Rhodan sah sich um. Niemand antwortete. Wiringer stand lÜngst vor der Wartungsklappe des Wandeltasters. Nebenan rumorte der kleine Schwarzschildreaktor, der fÅr die Energieversorgung der Tragfelder zustÜndig war. Es war eine der wenigen Kraft anlagen, die Kosum nicht abgeschaltet hatte. Die MARCO POLO glitt mit annÜhernd lichtschneller Fahrt und im freien Fall durch das absolute Nichts zwischen den Galaxien. Waringer drehte sich um. Alle sahen ihn an. Atlan rÜusperte sich. ÑNun, Geoffry, wie sieht es da drinnen aus? Kann man das noch ein mal reparieren, oder sind wir dazu verdammt, bis in alle Ewigkeit mit Unterlicht durch das Universum zu treiben, um dann vielleicht in vielen Millionen Jahren die MilchstraÄe zu erreichen?Ö Waringer, schlaksig und unbeholfen wirkend wie immer, zerrte unschlÅssig an seinen Fingern. Es knackte. ÑLaÄ das seinÖ, bat Rhodan mÅde. ÑIch kann es nun einmal nicht hÉren. Also, wie lautet das Urteil des Fachwissenschaftlers?Ö ÑGanz so dramatisch wÅrde es wohl nicht seinÖ, erklÜrte Waringer. ÑIn der Dakkarzone werden wir immerhin eine gewisse Strecke zurÅckgelegt haben. AuÄerdem wÜre die restliche Reichweite der Linearkonverter zu berÅcksichtigen.Ö ÑWortspielereienÖ, wehrte Atlan unwillig ab. ÑFunktioniert der Wandler noch?Ö
ÑAnscheinend ja. Es sieht alles gut aus. Dennoch bin ich sicher, daÄ Hosputschan eine Manipulation vorgenommen hat. Welche, kann ich jetzt noch nicht sagen. Wenn man mich vielleicht in Ruhe arbeiten lieÄe...Ö Rhodan stand auf. Honadris Roboter trugen den paralysierten Saboteur hinaus. ÑArbeite, Geoffry, arbeite so schnell und gut wie nie zuvor. Komm aber bitte nicht auf die Idee, dieses GerÜt durch ein Reserveaggregat aus tauschen zu lassen. Ich ahne, daÄ die drei Reservewandler nur noch TrÅmmerhaufen sind. Die wird sich Hosputschan zuerst vorgenommen haben. HÜtte er den eingeschalteten Wandler, also diesen hier, sofort zerstÉrt, hÜtte er wohl kaum noch Gelegenheit gefunden, auch die Ersatzeinheiten unbrauchbar zu machen. Wir hÜtten sehr schnell eingegriffen. Logisch, nicht wahr?Ö Es dauerte nur eine Minute, bis ein Techniker aus Cavaldis Stab den Tasterraum betrat. Der junge Ingenieur war blaÄ. Rhodan schaute ihn prÅfend an, ehe er fragte: ÑNun, wie grÅndlich sind die ErsatzgerÜte unbrauchbar gemacht worden?Ö ÑErledigt, SirÖ, berichtete der Ingenieur niedergeschlagen. ÑMit Bord mitteln kÉnnen die SchuÄschÜden keinesfalls behoben werden. Auf einer irdischen Spezialwerft aber sicherlich.Ö ÑDa mÅssen Sie erst einmal hinkommen. Meine Herren, ich erwarte Ihren detaillierten Bericht. Keine BeschÉnigungen bitte. Stellen Sie auch fest, wie weit wir uns bereits von Gruelfin entfernt haben. Ja - noch etwas...Ö Rhodan blieb im Schleusenluk stehen und drehte den Kopf. Waringer wuÄte, welche Bemerkung nun fallen wÅrde. ÑIch mÉchte gerne erfahren, welche Zeitspanne seit dem EintauchmanÉver in den Dakkarraum vergangen ist. Der Eingriff der Dilatation dÅrfte ja allgemein bekannt sein, nicht wahr? Versuchen Sie wenigstens eine annÜhernd exakte Berechnung.Ö Rhodan ging. Zweiundzwanzig betroffene MÜnner blieben zurÅck.
2.
Jedem Kommandanten eines terranischen Raumschiffs stand es zu, ein Bordgericht einzuberufen, den Vorsitz zu Åbernehmen und ein straffÜllig gewordenes Besatzungsmitglied abzuurteilen. Das Bordgericht hatte laut Gesetz aus fÅnf Personen zu bestehen. Dem Angeklagten war ein Verteidiger zur VerfÅgung zu stellen. Als AnklÜger hatte ein Offizier der SchiffsfÅhrung zu fungieren. Juristische Kenntnisse waren erforderlich. Im Fall der Saboteure Ricod Esmural und Terso Hosputschan hatte der Kommandant der MARCO POLO die Anklagevertretung Åbernommen. Zum Verteidiger war der Chefmathelogiker Professor Dr. Eric Biehinger berufen worden. GroÄadministrator Perry Rhodan war zum Vorsitzenden ernannt worden. Vier weitere Bordrichter hatten ihn in der Urteilsfindung zu unter stÅtzen. Ihre Stimmen waren gleichberechtigt mit der des Vorsitzenden. Mit Oberst Korom-Khan war fÅr die Saboteure ein harter AnklÜger erschienen. Korom-Khans Intellekt war nicht zu unterschÜtzen. In dem Mathelogiker hatte er jedoch einen ernstzunehmenden Gegner mit her vorragenden geistigen FÜhigkeiten gefunden. Die MARCO POLO glitt noch immer im freien Fall durch den interkosmischen Leerraum. Die Gutachten der SachverstÜndigen lagen bereits vor. Erstaunlicherweise hatten die beiden Angeklagten ihre Vergehen unumwunden zugegeben. Sie hatten es gelassen und im vollen BewuÄt sein der drohenden Konsequenzen getan. Im Gegensatz zum Zivilrecht des Imperiums, das die Todesstrafe nicht mehr kannte, war es mÉglich, an Bord eines im Kampfeinsatz stehenden Raumschiffes (und bis zur Ankunft in der MilchstraÄe galt dies noch fÅr die MARCO POLO) die Todesstrafe zu verhÜngen. Das aber war auch nur dann zulÜssig, wenn die Straftat das Leben aller Besatzungsmitglieder, die Existenz der Menschheit und Åberdies das betreffende Raumfahrzeug eindeutig gefÜhrdete.
Das war hier der Fall. Die vorliegenden Berichte der wissenschaftlichen SachverstÜndigen waren vernichtend. Die achttausend MÜnner der MARCO POLO waren so gut wie verloren. Das Ultraschlachtschiff war am 16. Juli 3438 Standardzeit mit Heimatkurs gestartet. Nun zeigten die Borduhren den 17. Juli 3438, 3:56 Uhr an. Ob diese Zeitmessung noch richtig war, konnte niemand sagen. Der in Betrieb gewesene Pralitzsche Wandeltaster hatte wÜhrend des Dakkarfluges zwar funktioniert, aber die groÄe Frage war, wie er gearbeitet hatte. Nach einem nahezu einstÅndigen Dakkarflug, immer nach der gÅltigen Bordzeit gerechnet, hÜtte man sich der MilchstraÄe schon so weit genÜhert haben mÅssen, daÄ sie als eindeutig erkennbarer Leuchtball von Åbergeordneter Ausdehnung sichtbar gewesen wÜre. Auf den Bildschirmen waren aber nur Lichtpunkte zu erkennen. Jeder davon war eine Galaxis. Die Saboteure waren verhÉrt worden. Die Zeugenaussagen lagen vor. Perry Rhodan als Vorsitzender des Bordgerichtes hatte sich bislang schweigsam verhalten. Die EinfÅhrungsphase des Prozesses war beendet. Rhodan schien bedrÅckt zu sein. Die groÄe Offiziersmesse, die als Verhandlungsraum gewÜhlt worden war, war ÅberfÅllt. Besatzungsmitglieder aller Dienst grade hatten sich in den Raum gedrÜngt. Jene, die keinen Platz gefunden hatten, verfolgten die Verhandlung an der bordeigenen Interkomanlage. Esmural und Hosputschan saÄen vor der improvisierten Richterempore. Vor Rhodan lagen die Gutachten. Er Åberflog die schriftlich nieder gelegten Texte, verzichtete jedoch vorerst darauf, sie wÉrtlich vorzulesen. Er sah zu den beiden Saboteuren hinÅber. ÑDie Gutachten der SachverstÜndigen liegen zwar schriftlich vor, aber das Gericht legt Wert darauf, die darin enthaltenen Aussagen in direkter Form zu hÉren. Ich darf Professor Geoffry Abel Waringer bitten, seine Feststellungen in Gegenwart aller Beteiligten wÉrtlich zu wiederholen. Vorher noch eine Frage an die Herren Esmural und Hosputschan: Warum haben Sie diese Sabotageakte begangen? Warum? Ihr Herr Verteidiger mÉchte Sie als unzurechnungsfÜhig hinstellen. SchlieÄen Sie sich dieser Auffassung an?Ö
Weder Hosputschan noch Esmural beantworteten die dominierende Frage. Sie beschrÜnkten sich auf das SekundÜre. Hosputschan erklÜrte lÜchelnd: ÑWir widersprechen sehr entschieden dieser Definition. Es liegt weder eine geistige Erkrankung noch eine Affekthandlung vor. Wir haben die MaÄnahmen als unerlÜÄlich angesehen und sie daher durchgefÅhrt.Ö Rhodan achtete nicht auf das Raunen der EmpÉrung. Atlan fÅhlte die innere Verwirrung des Freundes. Es war der seltsamste ProzeÄ, dem er jemals beigewohnt hatte. ÑEine unglaubliche ArroganzÖ, flÅsterte ihm Mentor Kosum zu. ÑDie Burschen reden sich um ihren Kopf.Ö ÑWÜhrend meiner Zeit hÜtten sie zehn Minuten nach dem Verbrechen die Schleuse passiert, aber ohne Schutzanzug.Ö ÑSie urteilen hart, Admiral!Ö ÑDeshalb bin ich auch nicht als Richter zugelassen worden. Saboteure, die ein Schiff mit achttausendkÉpfiger Besatzung gefÜhrden, verdienen den Tod. Das ist jedenfalls die Meinung eines alten Arkonidenadmirals und Imperators.Ö Professor Waringer trat vor den Richtertisch. Rhodan sprach ihn an. Diesmal verzichtete er darauf, den ehemaligen Gatten seiner vor tausend Jahren ermordeten Tochter zu duzen. ÑBitte, fassen Sie sich kurz. Ihre schriftliche ErklÜrung wird noch vor der UrteilsverkÅndung in vollem Wortlaut verlesen. Welche SchÜden sind aufgetreten?Ö Waringer strich sich Åber die Haare. ÑEs dÅrfte jedermann klar sein, daÄ nach der Vernichtung der fÅnf DakkarkomgerÜte eine Funkverbindung mit Ovaron nicht mehr mÉglich ist. Die MeÄergebnisse beweisen, daÄ wir uns etwa zwÉlf Millionen Lichtjahre von der Galaxis Gruelfin entfernt haben. Die maximale Reich weite der MARCO POLO betrÜgt im Einsatz ihrer vier Ultrakomp-Linearkonverter ebenfalls zwÉlf Millionen Lichtjahre. Infolge der zahlreichen LangstreckenflÅge wÜhrend des vergangenen Einsatzes ist der derzeit installierte Konverter mit etwa fÅnfzig Prozent seiner Leistung ausgeàbrannt. Wir haben keine Chance mehr, im Linearflug NGC 4594 zu erreichen. Eine Hilfeleistung durch Ganjo Ovaron ist infolge der fehlenden Funkverbindung aus-
geschlossen. Wir stehen mit immer noch fast licht schneller Fahrt im Normalraum. Die MilchstraÄe ist etwa noch vierundzwanzig Millionen Lichtjahre entfernt, also weit auÄerhalb unserer Reichweite. Diese Distanz kann nur mit dem Dimesextatriebwerk Åber brÅckt werden.Ö ÑIst ein Hyperfunkkontakt zu Ovarons weit vorgeschobenen Flotteneinheiten mÉglich?Ö Waringer erwiderte: ÑAusgeschlossen! Dazu benÉtigen wir die etwa zwanzigfache Sendeenergie als vorhanden.Ö ÑUnsere Chancen, Professor?Ö ÑGleich Null, es sei denn, es wÅrde gelingen, die Justierungsverschiebung innerhalb des einzigen nicht durch StrahlschÅsse zerstÉrten Wandeltasters zu beheben. Wir bemÅhen uns. Die Hilfeleistung von Captain Hosputschan wÜre unschÜtzbar wertvoll. Er weiÄ als einziger Mann sehr genau, in welcher Form und mit welchen Manipulierungsdaten die Fehlleistung hervorgerufen wurde.Ö Rhodan sah erneut zu den Saboteuren hinÅber. ÑCaptain Hosputschan, sind Sie bereit, dem Physikerteam des Schiffes mit genauen Angaben behilflich zu sein?Ö Hosputschan lÜchelte nur. Zu einer anderen âuÄerung lieÄ er sich nicht hinreiÄen. ÑWir mÅssen uns wohl selbst helfen, Professor. Bitte, fahren Sie fort!Ö ÑAll dies ist noch das geringste ábel. Viel schwerer wiegt die Frage, welche Zeitspanne tatsÅchlich vergangen ist. Die Borduhren zeigten eine Dakkarflugdauer von neunundfÅnfzig Minuten und achtzehn Sekunden an. Der Wert ist sicherlich irrefÅhrend.Ö ÑWeshalb?Ö Rhodan hatte Waringer selten so humorlos auflachen hÉren. ÑInfolge der Fehlschaltung des Pralitzschen Wandeltasters erzeugte das Dimesextatriebwerk ein Abschirmfeld, dessen Energiewerte weit von der errechneten und erforderlichen Norm abwichen. Das steht fest. Wir bezeichnen den Effekt als >AbsorptionsUndichteHochenergieImpulsstromwiderstand< charakterisiert. Es ist vergleichbar mit
dem altertÅmlichen Wellen- und Reibungswiderstand am Rumpf eines alten Seeschiffes, das nicht Åber eine geeignete und hemmungsmindernde Unterwasserformgebung verfÅgte.Ö Rhodan wuÄte bereits aus dem Bericht, welche Folgeerscheinungen diese Absorptions-Undichte mit sich bringen wÅrde. Er fragte dennoch danach. Waringer biÄ sich auf die Lippen. Seine ineinander gekreuzten Finger knackten in den Gelenken. Niemand achtete darauf. ÑDas PhÜnomen der sogenannten Zeitdilatation ist seit Einstein bekannt und durch die nachfolgende Raumflugpraxis erwiesen. Es darf nicht angenommen werden, daÄ der Dilatationseffekt ausschlieÄlich und nur im Normaluniversum eintritt, und zwar dann, wenn sich ein RaumflugkÉrper der einfachen Lichtgeschwindigkeit nÜhert. Die dadurch bedingte totale VerÜnderung der bordeigenen Bezugsebene im VerhÜltnis zur Bezugsebene anderer Beobachter, die beispielsweise auf einem HimmelskÉrper vom Range der Erde leben, muÄ in unserem Falle ebenso als gegeben eingestuft werden. Es ist dabei unwesentlich, daÄ wir uns in einer physikalisch fremden Dimension befanden. Die Fehlschaltung des Wandeltasters bewirkte zweifellos eine Zustandsform, die mit einem Einsteinschen Dilatationseffekt identisch ist.Ö ÑUnd Sie glauben, daÄ wir einer Ühnlichen Erscheinung unterworfen wurden?Ö ÑJa!Ö bestÜtigte Waringer. ÑNur mit dem Unterschied, daÄ die Erfahrungswerte des Normaluniversums in unserem Falle ungÅltig sind. Wir waren mit einem manipulierten Wandeltaster neunundfÅnfzig Minuten und achtzehn Sekunden innerhalb der Dakkarhalbspur unterwegs. Die zurÅckgelegte Distanz ist bekannt, nicht aber die dafÅr benÉtigte Zeit. FÅr uns sind nicht mehr als diese neunundfÅnfzig Minuten vergangen. Welche Zeit unterdessen auf der Erde verstrichen ist, kann niemand beantworten. Es kÉnnen drei Wochen Standard sein, hundert Monate oder auch zweitausend Jahre. Unsere PrÜzisionsinstrumente wurden dem Effekt ebenfalls ausgesetzt. Die Borduhren zeigen genau jene Zeit an, die sie im EinfluÄbereich der Dakkar-Dilatation messen muÄten. Es ist zwecklos, zu versuchen, die Erscheinung in ihrer Gesamtheit zu deuten, oder sie gar berechnen zu wollen. An Bord der MARCO POLO gibt es nichts,
was sich vor dem Effekt hÜtte verstecken kÉnnen. FÅr uns sind neunundfÅnfzig Minuten vergangen!Ö Rhodan sah auf dem vor ihm stehenden Mikromonitor der Rundumerfassung erregt aufspringende MÜnner. Es war in allen Abteilungen das gleiche Bild. Den Ton hatte er ohnehin abgeschaltet. Er wuÄte aus den Berichten der Sektorleiter, wie angespannt die Situation war. Zu diesem Zeitpunkt versuchte Gucky erneut, den Geistesinhalt der beiden Saboteure auf telepathischer Ebene zu erfassen. Es gelang ihm nicht. Terso Hosputschan stand unvermittelt auf und hob die Hand. Im Saal wurde es still. Die Diskussionen verstummten. Achttausend MÜnner verfolgten hÉchstinteressiert den Vorgang auf ihren Abteilungsbildschirmen. In Rhodan erwachte eine unsinnige Hoffnung. ÑWollen Sie unseren Wissenschaftlern nun doch behilflich sein? Sie kennen jetzt die Situation.Ö ÑDeshalb verlange ich sofortige Aufmerksamkeit, Perry Rhodan.Ö Der GroÄadministrator stÅtzte die HandflÜche auf die Tischkante und erhob sich. Es wirkte auf die Beobachter, als wÅrde er sich mÅhevoll hochstemmen. ÑBitte? Sie verlangen etwas?Ö ÑEs wÅrde Ihrer Arroganz keinen Schaden zufÅgen, wenn Sie den Vor sitzenden mit dem ihm zustehenden Titel anredeten, Captain Hosputschan!Ö warf Professor Kaspon ein. Er fungierte als beigeordneter Richter und war Chef der chirurgischen Abteilung innerhalb der MARCO POLO. Hosputschan blickte ihn nachdenklich an. Dann lÜchelte er wieder. ÑDas widersprÜche meiner MentalitÜt, Kaspon. Nichts kann mich dazu bewegen, Sie oder Rhodan so anzureden, wie Sie es aus dem Munde bedauernswerter Menschen der Gattung des Homo sapiens gewohnt sind.Ö Wenn Rhodan und die ZuhÉrer bislang noch nicht verblÅfft gewesen waren, dann waren sie es nach dieser ErklÜrung. Nur ein Mann begann blitzschnell zu begreifen. Es war der Kosmopsychologe Thunar Eysbert.
Er hegte seit Stunden einen gewissen Verdacht. Nun glaubte er ihn bestÜtigt zu sehen. Eysbert, der SpÉtter und Zyniker, erhob sich von seinem Sitz. ÑIch bitte den Vorsitzenden des Bordgerichts ums WortÖ, sagte er. Perry Rhodan beherrschte sich, so gut es ihm mÉglich war. Er winkte dem Kosmopsychologen zu. Eysbert schritt nach vorn. Wenige Meter vor den Saboteuren blieb er stehen. Diesmal zeigte er das gleiche Åberlegene LÜcheln, das bisher nur auf den Lippen der Angeklagten zu bemerken gewesen war. ÑSie gebrauchten soeben den Begriff >Homo sapiens< in betont diskriminierender Form. Damit bezeichneten Sie den heute lebenden Menschen der bekannten Gattung. Darf ich demnach annehmen, daÄ Sie sich als die Vertreter einer anderen und vielleicht besseren oder groÄartigeren Menschengattung betrachten?Ö Hosputschan verfÜrbte sich. Er stand abrupt auf. Sein gebieterischer Blick war unÅbersehbar, aber seine Haltung wirkte lÜcherlich. ÑVorsichtÖ, warnte Professor Eysbert in seinem sÅffisanten Tonfall. ÑFallen Sie bitte nicht um, wenn ich ausatme.Ö Nun stand auch Ricod Esmural auf. ÑIch warne Sie!Ö sagte Hosputschan. ÑSie sprechen mit zwei Vertretern der neuen Menschengattung; dem Homo superior! Ich erklÜre mich nunmehr zu dieser Auskunft bereit, weil Waringers Auswertung Åber die hyperphysikalischen VorgÜnge an Bord dieses widerlichen Vernichtungsinstrumentes, das Sie MARCO POLO nennen, meinen Berechnungen entsprechen. Sie sind verloren!Ö Rhodan fiel bei diesen Worten in seinen Stuhl zurÅck. ÑNein, nicht das!Ö stÉhnte er. Auf das Stimmengewirr im Messesaal achtete er nicht. PlÉtzlich glaubte er, die Situation unter ganz anderen Gesichtspunkten betrachten zu mÅssen. ÑIch bitte um Ruhe!Ö drang seine Stimme aus einigen tausend Lautsprechern. ÑRuhe bitte! Die Verhandlung sollte nicht stÜndig gestÉrt werden. Captain Hosputschan, wollen Sie bitte einige Schritte nÜher treten.Ö Die beiden Saboteure verstÜndigten sich mit einem Blick. SchlieÄlich befolgten sie die Aufforderung.
AuÄer Rhodan war der beisitzende Bordrichter, Major Ataro Kusumi, die Ruhe selbst. Er beobachtete ohne jede erkennbare Emotion. ÑHosputschan, ich bin bereit, mich Ihrer Auslegung der persÉnlichen Anrede anzuschlieÄenÖ, sagte Rhodan. ÑSie geben sich als Vertreter einer neuen Menschengattung aus, als Vertreter des Homosuperior. Ihre erstaunlichen Individualdaten, deretwegen Sie zur Besatzung der MARCO POLO zÜhlen, sind der Schiffsleitung bekannt. Mir wird jetzt klar, weshalb Sie versucht haben, die Heimkehr dieses Raumschiffes zu verhindern. Sie sind keine Saboteure aus niederen BeweggrÅnden, sondern áberzeugungstÜter. Wenn Sie so groÄen Wert darauf legen, die Maschinenanlagen des Schiffes derart zu manipulieren, daÄ wir weder nach Gruelfin zurÅckkehren noch die MilchstraÄe erreichen kÉnnen, dÅrfte das eigentlich nur in einer Ursache begrÅndet sein.Ö ÑSie sehen mich beinahe neugierig.Ö Hosputschan lÜchelte. Der GroÄadministrator lieÄ sich nicht beeindrucken. ÑAls man Ihren Kollegen Ricod Esmural ertappte, zeigte er Symptome echter Todesangst. Sie sind weder kÉrperlich noch psychisch sehr widerstandsfÜhig.Ö Hosputschan machte eine Handbewegung. Es war, als wolle er diese Bemerkung hinwegwischen. ÑDiese Dinge sind fÅr Geisteswissenschaftler der waren Reinheit nebensÜchlich.Ö ÑSehr schÉn. Akzeptiert. Das Bordgericht setzt sich nicht aus Unmenschen zusammen.Ö ÑAber aus treu ergebenen Dienern eines despotischen Diktators, der es versteht, die Menschheit zu unterjochen und sie derart zu manipulieren, daÄ er etwa fÅnfzehnhundert Jahre lang seine absolute Herrschaft erhalten konnte. Ich spreche von Ihnen, Perry Rhodan.Ö Perry betrachtete den Angeklagten mit gesteigertem Interesse. ÑIch verstehe. Warum sind Sie plÉtzlich bereit, die Fragen des Bordgerichtes offen zu beantworten?Ö ÑDas sollten Sie erfaÄt haben. Ich weiÄ jetzt sicher, daÄ die MARCO POLO nicht mehr zur Erde zurÅckkehren kann. Meine Geheimhaltungsvorschriften sind somit hinfÜllig geworden. Ricod
Esmural und ich haben unser Ziel erreicht. Sie werden niemals mehr die Erde betreten. Sollten Sie jedoch die restliche Entfernung im einfachen lichtschnellen Flug zurÅcklegen, werden Ihre Untertanen und Sie nur um wenige Monate altern. Ich erinnere an Waringers AusfÅhrungen. Der Dilatationseffekt wird Ihnen diese Gnade gewÜhren. Auf der fernen Erde werden aber unterdessen einige Millionen Jahre vergehen. Zeit genug fÅr uns, Ihre technischen und militÜrischen Anlagen vÉllig zu demontieren, den normalen Menschen von der aggressiven Wissenschaft zu entfernen und ihn zu seinen Wurzeln zurÅckzufÅhren. Sie werden nach so langer Zeit keine Chance mehr haben. Deshalb meine Aussage.Ö ÑAber Sie haben Furcht vor der Hinrichtung nach Artikel 25 des Flottengesetzes!Ö Hosputschan erblaÄte. Esmural wechselte ebenfalls die Gesichtsfarbe. Eysbert lauschte angespannt auf die Dialoge. ÑBeleidigen Sie uns nicht, Rhodan! Auf der Erde existieren bereits zwei Millionen Vertreter des Homosuperior. Wir sind nur langsam herangereift. Wir haben uns verborgen, weil wir wuÄten, daÄ Sie uns andernfalls ausrotten wÅrden.Ö ÑDa irren Sie sich aber gewaltigÖ, entgegnete Rhodan. ÑSchÉn, Sie wollen also das Solare Parlament stÅrzen, mich ausschalten und sÜmtliche technischen sowie militÜrischen Anlagen des Solaren Imperiums demontieren. Habe ich richtig verstanden?Ö ÑNein. Sie Åbersehen wesentliche Details. Der Mensch an sich muÄ geÜndert werden. Jedwede Regierungsform wird abgeschafft. Nur das Individuum hat Åber sich selbst zu bestimmen. Der Mensch aus der Gattung des Homo sapiens wird zum gesunden Ackerbau zurÅckgefÅhrt. Alle GÅter der Erde gehÉren jedermann. Friede fÅr jedermann. Ihre Diktatur nÜhert sich ihrem Ende, Mister Rhodan! Ich darf Ihnen versichern, daÄ Sie infolge der Zeitdilatation innerhalb der Dakkarzone schon viel lÜnger unterwegs sind, als es Ihre Bordinstrumente anzeigen. Wir, die Vertreter des Homo superior, werden nur noch den Geisteswissenschaften dienen. Die Primitiven dÅrfen in gesunder Luft arbeiten. Wir werden fÅr sie sorgen.Ö ÑUnd wenn eines Tages ein wenig friedfertiger Flottenchef der galaktischen Springer landet - was machen Sie dann? Meditieren?Ö
ÑDas lassen Sie unsere Angelegenheit sein!Ö erklÜrte Hosputschan. Professor Eysbert erhob die Hand. Rhodan nickte ihm zu. ÑIch bitte das Bordgericht, die Verhandlung um vier Stunden zu vertagen. Ich mÉchte die Aussagen der beiden Herren auswerten und das Ergebnis dem Gericht vorlegenÖ Rhodan stand auf. ÑDem Antrag wird stattgegeben. Die Sitzung wird fÅr vier Stunden unterbrochen.Ö Nach der Fortsetzung des Verfahrens hatte Eysbert als SachverstÜndiger auszusagen. Sein Gutachten basierte nicht nur auf seiner Meinung, sondern auf der eines Gremiums von Fachwissenschaftlern. Eysbert stellte fest, daÄ die beiden an Bord anwesenden Vertreter des terranischen Homo superior keinesfalls die Endphase dieser Menschengattung reprÜsentieren konnten. Zweifellos wÅrde es auf Terra eines Tages einen Neuen Menschen geben, jedoch einen, der es kraft seiner Åberragenden Intelligenz verstehen wÅrde, hohe Ethik und Moral mit zwingenden Notwendigkeiten in Einklang zu bringen. ä Die derzeitigen Vertreter des Homo superior seien in ihrem jetzigen Entwicklungsstadium noch keinesfalls in der Lage, die harten Erfordernisse der Praxis annÜhernd zu erfassen. Ihre Intelligenz sei unbestritten, nicht aber ihre Lebensauffassung, die in einem totalen Pazifismus und unrealistischen Planungen bestÅnde. Allein ihre erklÜrte Absicht, Kraftwerke zu demontieren, die ausschlieÄlich zur Stromversorgung der solaren BevÉlkerung dienten, sei im hÉchsten Grade besorgniserregend. Ihr Vorhaben, nach der Art der Haluter individualautark, also ohne jede Gesetzgebung zu leben, wÜre mit einem Selbstmord identisch. AbschlieÄend fÅhrte Eysbert an, der derzeitige Homo superior wÜre gut beraten, wenn er sich mit Billigung des Solaren Parlamentes auf einen anderen Planeten zurÅckziehen und dort seinen Neigungen nachgehen wÅrde. Die Flotte des Imperiums wÅrde den erforderlichen militÜrischen Schutz fÅr diese Aussiedlungswelt Åbernehmen.
Hosputschan und Esmural lÜchelten nur. Sie sprachen kein Wort mehr. Sie wuÄten, daÄ die MARCO POLO verloren war. Diese Meinung Ünderte sich genau zweieinhalb Minuten vor der UrteilsverkÅndung. Waringer, der sich lÜngst wieder in der Stationierungshalle des fehlgeschalteten Pralitzschen Wandeltasters aufhielt, rief Åber Interkom an. Rhodan, der soeben das Urteil verlesen wollte, schaute zu dem Bild schirm hinÅber. Waringer grinste. SchlieÄlich sagte er betont: ÑSo schlau, wie mein Kollege Hosputschan zu sein glaubt, war er nun doch nicht! Wenn er es vermieden hÜtte, aus reiner Vorsicht auch noch den Åberlichtschnellen Leitstrahlprojektor im Kugelfeldtrafo TP-4 kurzzuschlieÄen, hÜtten wir den eigentlichen Fehler nie gefunden. Zuviel Vorsicht ist manchmal ungesund.Ö ÑKann der Wandler repariert werden?Ö rief Rhodan aufgeregt zu den Mikrophonen hinÅber. ÑSelbstverstÜndlich. Er wurde ja nicht zerschossen wie die drei ErsatzgerÜte. Der Kugelfeldtrafo war eine unÅbersehbare Spur zum eigentlichen Tatort, wenn ich so sagen darf. Die Justierungsverschiebung er folgte in der Ausgangsschaltung. âuÄerst kompliziert. Mein Herr Kolàlege kann wirklich etwas! Die BeschÜdigung im Leitstrahlprojektor sollte eine zufÜllige Neuprogrammierung durch die Dakkarpositronik verhindern. Das wÜre zwar niemals mÉglich gewesen, aber unser Freund konnte es nicht unterlassen, noch ein ZusatzgerÜt zu beschÜdigen. Eine Fehljustierung ist nÜmlich keine BeschÜdigung im Sinne des Wortes. Wir werden die Neujustierung und die kleine Reparatur in etwa fÅnf Stunden beendet haben.Ö Hosputschan brach zusammen. Er weinte wie ein Kind. Eysbert sah ihn nachdenklich an. AnschlieÄend verkÅndete Perry Rhodan das Urteil. ÑIm Namen des gesetzgebenden Solaren Parlamentes und der von ihm vertretenen Menschheit, diese wiederum vertreten durch das Bordgericht des Ultraschlachtschiffes MARCO POLO, ergeht folgender BeschluÄ: Das Bordgericht muÄ aufgrund der Verhaltensweise beider Angeklagten und ihrer âuÄerungen auf eine Aburteilung im Sinne des Flottengesetzes verzichten. Captain Ricod Esmural und Captain Terso Hosputschan sind nicht nur als verbreche-
risch handelnde Personen an Bord eines terranischen Kampfschiffes zu betrachten, sondern auch als gefÜhrliche Sabo teure am Fortbestand der Menschheit. Das Bordgericht hat sich daher entschlossen, die beiden Offiziere zu inhaftieren und sie nach der Heimkehr dem Obersten Solaren Gerichtshof zur endgÅltigen Aburteilung zu Åbergeben.Ö Die beiden Vertreter des Homo superior brachen endgÅltig zusammen. Sie wurden von Medorobotern sofort in die Bordklinik eingeliefert. Rhodan beendete die Verhandlung. ErschÉpft begab er sich zu seiner Kabine, wo Atlan bereits auf ihn wartete. Der Arkonide reichte dem Freund einen Becher Kaffee. ÑNun, wie fÅhlst du dich?Ö ÑWie eine aus dem Wasser gezogene Katze.Ö ÑHm ... Hast du Åberhaupt noch erfaÄt, daÄ Korom-Khan die Todes strafe nach Artikel 25 forderte?Ö ÑAllerdings. Es schlug mir auf den Magen.Ö ÑAber, aberÖ, spÉttelte der Lordadmiral. ÑEinem Despoten von deiner Art mÅÄte es doch Befriedigung bereiten, zwei Saboteure hinrichten zu lassen, die nicht nur sein kostbares Leben, sondern auch das von achttausend treu ergebenen Sklaven bedrohten! Ferner hÜtte ein Diktator jetzt schon zu Åberlegen, wie er die Vertreter des Homo superior nach seiner RÅckkehr zur Erde schleunigst ausrotten kann. Ein Psychofeldzug sollte vorbereitet werden! In jedem Normalmenschen mÅÄte abgrundtiefer HaÄ gegen den Neumenschen entfacht werden. Das wÜre doch Åberhaupt kein Problem. Warum tust du das nicht, mein Freund?Ö Rhodan stellte den Becher zur Seite. Seine Augen waren ohne Glanz. ÑEntweder du fÅhrst sofort eine andere Sprache, oder du bist in drei Sekunden aus meinen PrivatrÜumen verschwunden.Ö Atlan schnallte seinen WaffengÅrtel ab. ÑMit dem Mann kann man aber auch wirklich nicht vernÅnftig redenÖ, grinste er. ÑIn Ordnung, Terraner, wann ist Waringer mit der Reparatur fertig?Ö
WÜhrend der Gerichtsverhandlung war die Fahrt der MARCO POLO auf ein Zehntel der einfachen Lichtgeschwindigkeit gedrosselt worden. Rhodan hatte weitere unerwÅnschte Dilatationseffekte innerhalb des Einsteinschen Normalraumes vermeiden wollen. Vor einer knappen Stunde waren die Ergebnisse der durchgefÅhrten Abstimmung bekanntgegeben worden. Die Problemstellung hatte gelautet: Soll die Besatzung das Schiff zur Galaxis Gruelfin zurÅckfliegen, um dort eine vÉllige Wiederherstellung der Pralitzschen Wandeltaster zu versuchen; oder soll augenblicklich die Weiterreise zur Heimatgalaxis angetreten werden? Das Resultat der Wahl hatte keine Zweifel aufkommen lassen. Kein Mitglied der Besatzung hatte darauf bestanden, NGC 4594 erneut aufzusuchen. Der Grund dafÅr war einleuchtend gewesen. Wenn der vom Waringerteam reparierte und neujustierte Wandeltaster Åberhaupt noch funktionierte, war es relativ gleichgÅltig, welche Distanz damit zurÅckgelegt wurde. Entweder er arbeitete einwandfrei, oder er versagte vollstÜndig. So hatte man sich entschlossen, den Dakkarsprung bis zur MilchstraÄe zu riskieren. Niemand hatte gegen den Vorschlag der SchiffsfÅhrung protestiert. Rhodans VerantwortungsgefÅhl war noch mehr als bisher belastet worden. Er war sich darÅber klar, welches Wagnis er auf sich nahm. Dazu warf sich fÅr ihn die quÜlende Frage auf, ob jedermann an Bord der MARCO POLO die Sachlage so eindeutig erfaÄt hatte, um seine Meinung wirklich individuell ÜuÄern zu kÉnnen. Rhodan hatte das unbestimmte GefÅhl, als hÜtten sich mindestens siebentausend Besatzungsàmitglieder blindlings auf seinen Vorschlag eingestellt und daher ihre Ja-Stimme abgegeben. Atlan ahnte, was in dem Freund vorging. Er saÄ wiederum neben Rhodan im zweiten Kommandeursitz. Vor einer Minute hatte die MARCO POLO Fahrt aufgenommen. Das DrÉhnen der normallichtschnellen Impulstriebwerke war fÅr eine Unterhaltung hinderlich. Die SchutzanzÅge waren erneut angelegt worden. Die Funksprechanlagen arbeiteten zuverlÜssig. Wenn Bildsendungen aus anderen Abteilungen ankamen, wurde der Ton automatisch auf die Helmlautsprecher Åbertragen.
Im Maschinenhauptleitstand schaltete und beobachtete der Leitende Ingenieur mit gewohnter PrÜzision. Das EintauchmanÉver in den Dakkarraum stand dicht bevor. Achttausend Menschen wuÄten, welches Risiko sie auf sich nahmen. Die MilchstraÄe war immerhin noch vier undzwanzig Millionen Lichtjahre entfernt. Oberst Korom-Khan leitete das ManÉver ein. Die Emotionauten Senco Ahrat und Mentro Kosum Åberwachten jeden Schaltvorgang. Korom-Khan arbeitete zuverlÜssig. Die Absprunggeschwindigkeit zum Dakkarraum war mit genau 2,35967 Prozent Unterlichtfahrt berechnet worden. Das entlastete den Wandeltaster, der als einziges GerÜt seiner Art Åberhaupt noch funktionieren konnte. ÑKlar zum HalbspurmanÉverÖ, ertÉnte Cavaldis Stimme. Sein Gesicht war auf den Interkombildschirmen zu sehen. Die Panoramagalerie zeigte dagegen die SchwÜrze des interkosmischen Leerraumes. Die Heimatgalaxis war noch weit entfernt. Sie war als Zielpunkt in die Dakkarpositronik eingespeist worden. ÑWenn es diesmal nicht gelingt, dÅrften die Saboteure ihr Ziel erreicht habenÖ, erklÜrte Rhodan. ÑIch bin nicht daran interessiert, mit einem Dilatationsflug Millionen Jahre unterwegs zu sein und dabei selbst nur wenige Monate zu altern. Eine erschreckende Vorstellung.Ö Das Tosen der Impulstriebwerke verstummte plÉtzlich. Ein seltsames Wispern erklang. Die SchwÜrze des Normaluniversums verschwand. Auf den Bildschirmen tauchte wieder das dunkelrote Wallen auf. Tausende von Universen, jedes einem RiesenmolekÅl gleichend, fesselten den Blick. Im Gegensatz zur Hinreise klang das MaschinengerÜusch anders. Das DrÉhnen der hochgefahrenen Kraftwerke schien in seiner LautstÜrke stÜndig zu variieren. Cavaldi meldete sich erneut. ÑMaschinenhauptleitstand. Professor Waringer ist bei mir. Die MeÄdaten sind einwandfrei. Die neue Justierung steht. Keine VerÜnderungen. Das absorbierende Dakkarfeld um die Schiffszelle ist spannungsstabil. Wir kommen durch! Ende.Ö Rhodan atmete tief ein. Mentro Kosum drehte sich um. Er lÜchelte ihm zu.
ÑSiehste, sagte der Wissende, drei und drei ergibt dennoch sieben.Ö Die Stimmung an Bord besserte sich von Minute zu Minute. Eine halbe Stunde nach dem Einbruch in die 6-D-Halbspur kamen neue Meldungen durch. Der Pralitzsche Wandeltaster arbeitete nach wie vor zufriedenstellend. Die Zielpositronik rechnete stÜndig mit. Jenes blasenartige Leuchtgebilde, das anscheinend >unter< dem Schiff hing, war das Universum, zu dem die MilchstraÄe und auch die Galaxis Gruelfin gehÉrten. Die ursprÅnglichen BefÅrchtungen, unter UmstÜnden in einem fremden Universum herauszukommen, hatten sich als unbegrÅndet erwiesen. Die energetische Artverwandtschaft des Schiffes verbot es von selbst. SchlieÄlich war es soweit. Waringer meldete sich nochmals. ÑIch bin jetzt wieder in der physikalischen Zentrale. Der RÅcksturz steht bevor. Nach Zielanmessung wird es in drei Minuten geschehen. Ich wÅrde vorschlagen, vorsichtshalber die Sicherheitsgurte anzulegen. Wenn der Wandeltaster doch noch TÅcken zeigen sollte, kÉnnte es zu starken Vibrationen kommen.Ö ÑDer Vorschlag wird als Anweisung an alle Abteilungen weitergeleitetÖ, entgegnete Rhodan. ÑDrÅckt die Daumen, Freunde. Die Zentrale ist klar, Cavaldi. Der Kommandant wird sofort nach dem RÅcksturz in den Einsteinraum ein BremsmanÉver einleiten. Lassen Sie die Emotiodirektschaltung offen, und verzichten Sie auf eigene MaÄnahmen.Ö Man hatte etwas Ungewisses erwartet. Atlan hatte mit einem DonnergetÉse gerechnet, Rhodan mit diesen seltsamen FlÅstererscheinungen, andere MÜnner mit starken ErschÅtterungen oder gar schweren MaterialbrÅchen. Nichts dergleichen geschah. Die MARCO POLO fiel sanft in das Normaluniversum zurÅck. PlÉtzlich strahlten die Bildschirme auf. Das Raumschiff raste auf eine sternfunkelnde Galaxis zu. Milliarden Sonnen, die wegen der anscheinend noch groÄen Entfernung wie eine dichtgeballte, ineinander verschmolzene Masse von hoher Leuchtkraft wirkten, bewiesen, daÄ man angekommen war. Dennoch erkannten die erfah-
renen Kosmonauten sofort eine UnregelmÜÄigkeit, die infolge der Steuerjustierung nicht hÜtte auftreten dÅrfen. ÑIch bitte um RuheÖ, rief Rhodan. Als das Stimmengewirr in seinem Helmlautsprecher immer lauter wurde, Éffnete er den Schutzanzug, klappte den Helm zurÅck und lieÄ ein Mikrophon der Rundrufanlage vor seinen Mund schwingen. ÑRhodan an alle. Seien Sie doch vernÅnftig! Ich sehe ebenfalls, daÄ wir nicht in, sondern vor der MilchstraÄe herausgekommen sind.Ö ÑIst das die MilchstraÄe, Sir?Ö fragte jemand. Die erregten Diskussionen verstummten. ÑIch hoffe es. Warten wir ab, was die Astronomen und Astrophysiker zu sagen haben. Achtung, Polobservatorium: Haben Sie bereits mit den Messungen begonnen?Ö ÑSelbstverstÜndlich, Sir. Wir geben die optischen Erfassungsdaten soeben in die Vergleichspositronik ein. In drei Minuten wissen wir mehr. Es sieht aber ganz so aus, als hÜtten wir die MilchstraÄe erreicht.Ö In den vielen Abteilungen, den fÅnfzig Korvetten und den fÅnfzig Leichten Kreuzern der Planetenklasse herrschte beklemmende Stille. Die Astrophysiker meldeten sich. Ihre Radioteleskope waren ausgefahren worden. ÑWir empfangen die Impulse eines Radiosterns. Auswertung kommt soeben an. Es ist ein Pulsar. AuÄenrandsonne vom EinzelgÜngertyp. GehÉrt jedoch noch zur Galaxis. Sekunde bitte ...Ö Einen Augenblick spÜter war der Radiostern identifiziert. ÑOrtung steht fest. Es handelt sich um das Sonnenleuchtfeuer Hyperon-Gal-SÅd, ein roter Riese. Seine Entfernung vom Solsystem betrÜgt 24 300 Lichtjahre. Die Distanz zwischen uns und dem Leuchtfeuer macht etwa 8000 Lichtjahre aus. Wir sind zu Hause, Sir.Ö Wenig spÜter hatten die Astronomen mit ihren riesigen Energiefeld-Linsenteleskopen den Stern erfaÄt. Es war das berÅhmte Leuchtfeuer Galaxis-SÅd.
Rhodan gab dem Kommandanten einen Wink. Korom-Khan schaltete. Die mÜchtigen Triebwerke der MARCO POLO brÅllten erneut auf. Das vorgesehene BremsmanÉver wurde eingeleitet, um die fast lichtschnelle Eintauchfahrt zu reduzieren. Das war auch zur Erzielung genauerer MeÄàergebnisse unerlÜÄlich. Der normale Bordbetrieb begann wieder. Achttausend grenzenlos erleichterte Menschen beglÅckwÅnschten sich. Die SchutzanzÅge wurden abgelegt und verstaut. Rhodan reichte seine Kombination einem herbeieilenden Roboter. Perry schritt zu den Sitzen der Emotionauten hinÅber. ÑMr. Kosum, lÉsen Sie den Kommandanten ab. ábernehmen Sie die SchiffsfÅhrung. Und Sie, meine Herren, sollten jetzt schleunigst Ihre Kabinen aufsuchen. Sie sind ÅbermÅdet. Kommen Sie!Ö Korom-Khan und Ahrat schwenkten die SERT-Hauben zurÅck. Die Spuren der ErschÉpfung waren in ihren Gesichtern eingegraben. Senco Ahrat war an der Grenze seiner LeistungsfÜhigkeit angekommen. Korom-Khan fÅhlte sich etwas besser. ÑDas ist der schÉnste Befehl, den ich je erhalten habeÖ, erklÜrte der Emotionaut. ÑMarschieren wir los, Senco. Unser Frischling wird den Rest besorgen.Ö Sie lachten Mentro Kosum an. Er, der nur als Beobachter fungiert hatte, grinste zurÅck und sagte: ÑHuch, wieherte das SchÜfchen, schon wieder zwei Ochsen weniger.Ö ÑDiesen Menschen sollte man einsperrenÖ, klagte Ahrat. ÑHaben Sie schon einmal wiehernde Schafe gesehen?Ö Korom-Khan nickte ungerÅhrt. ÑHier in der Zentrale. Dort sitzt ein solches Monstrum.Ö Er deutete auf Kosum, dessen Gesicht soeben bis zur HÉhe der Nasen wurzel unter der SERT-Haube verschwand. Die MARCO POLO verminderte weiterhin ihre Eintauchfahrt. Die kosmonautischen Positroniken errechneten bereits den gÅnstigsten Anflugkurs zum irdischen Sonnensystem. Nur wenige MÜnner erinnerten sich in diesen Minuten an den von Waringer prophezeiten Zeitverschiebungseffekt wÜhrend des ersten Dakkarfluges. Man war zu Hause!
Rhodan dachte in dieser Hinsicht in anderen Bahnen. Niemand auÄer Atlan bemerkte seine Sorgen. Der GroÄadministrator schwieg jedoch.
3. Der Schwarm Der Hyperraum riÄ in jenem Augenblick auf, als Mentro Kosum die Schwarzschildreaktoren der Impulstriebwerke hochfuhr und die Andruckneutralisatoren mit Arbeitsstrom aus den separaten Kraftwerken versorgte. Das DrÉhnen der Triebwerke und Energieanlagen war plÉtzlich nicht mehr zu hÉren. Ein anderes, viel mÜchtigeres GerÜusch brach wie eine Sturmflut Åber das Schiff herein. Die in der Zentrale stationierten Strukturtaster schlugen unter ohrenbetÜubendem Krachen durch. Die GerÜte wurden mitgefÅhrt, um die Transitionen von den alten áberlichtantrieben anmessen zu kÉnnen. Noch vor zwÉlfhundert Jahren hatten sie zur StandardausrÅstung eines jeden terranischen Raumschiffes gehÉrt. Nun wurden sie plÉtzlich zu einer Gefahrenquelle. Die herausfliegen den Sicherungseinheiten wurden durch enorme HochenergiestrÉme Åber brÅckt. Die Strukturtaster explodierten. Die Kugelzelle der MARCO POLO wurde bis an die Grenzen der Bruchfestigkeit belastet. Es war, als begÜnnen zehntausend Bronzeglocken zu drÉhnen. Rhodan wurde von den gewaltigen ErschÅtterungen zu Boden geschleudert. Dies rettete ihm das Leben. Der junge Mathematiker, neben dem er soeben noch gestanden hatte, wurde von einem glÅhenden BruchstÅck explodierender Strukturmesser durchbohrt und getÉtet. Im Flaggschiff der Solaren Flotte brach die HÉlle los. Atlan war eben falls zu Boden gerissen worden. Die Zelle vibrierte immer noch. Eine StrukturerschÅtterung von bisher noch nie beobachteten AusmaÄen muÄte stattgefunden haben.
Atlan sah Rhodans Mundbewegungen. Er schien mit voller LautstÜrke zu schreien. Wahrscheinlich wollte er Anweisungen geben. Niemand hÉrte ihn. Mentro Kosum hatte mit der fÅr einen Emotionauten typischen Reaktionsgeschwindigkeit die Sachlage rascher erfaÄt als jeder andere Mann an Bord. Kosum schaltete die mit Vollschub laufenden Triebwerke sofort ab. Die zwÉlf GroÄkraftwerke wurden dagegen mit ihren insgesamt sechs undneunzig mÜchtigen Schwarzschildreaktoren auf Maximalleistung hochgefahren. Der somit erzeugte Kraftstrom - es handelte sich um neunhundertsechzig Millionen Megawatt - wurde im gleichen Sekundenbruchteil auf den Paratronschutzschirm geleitet. Seine Projektoren sprangen an. Als eine zweite StrukturerschÅtterung Åber das Schiff hereinbrach, stand der 5-D-Schirm mit voller KapazitÜt. Die auftreffenden Energien wurden reflektiert und in den Hyperraum abgeleitet. Gleichzeitig liefen die Triebwerke und Andruckneutralisatoren aus. Jedes Watt Kraftstrom wurde nun fÅr den mÜchtigen Energieschirm benÉtigt. Kosum hatte die Abwehrschirme der anderen Gattungen nicht eingesetzt. Sie hÜtten nur Energie verzehrt und wÜren innerhalb dieses hyperphysikalischen Infernos nutzlos gewesen. Rhodan richtete sich auf. StÉhnend betastete er den angeschlagenen HÅftknochen. Verletzte schrien um Hilfe. Die weiÄglÅhenden Bruch stÅcke der explodierten Strukturtaster hatten wie die Splitter einer detonierenden Granate gewirkt. Die Medoroboter waren bereits unterwegs. Sie hatten durch Kosums Gedankenbefehl Katastrophenalarm erhalten. Bevor Rhodan zu dem Platz des diensthabenden Emotionauten taumeln und sich an dessen Sitzlehne festklammem konnte, erfolgte die dritte StrukturerschÅtterung. Diesmal war sie so heftig, daÄ der Paratronschirm bis zu neunundneunzig Prozent seiner AbsorptionskapazitÜt belastet wurde. Wieder riÄ der Hyperraum auf, diesmal jedoch durch die von dem Energiefeld abgestrahlten WirkungskrÜfte. Die MARCO POLO schlingerte im freien Fall durch den Raum. FÅr einige Augenblicke trat der Zustand der Schwerelosigkeit auf. Rhodans Beine flogen nach oben. Er wÜre durch die Zentrale getrie-
ben worden, wenn er sich nicht an Kosums Sessellehne hÜtte festhalten kÉnnen. Aber auch diese Situation wurde von dem Emotionauten sofort erkannt. Die Notstromaggregate sprangen an. Kosum fÅhrte den Projektoren zur Erzeugung einer kÅnstlichen Gravitation die Energie so vorsichtig zu, daÄ sie nur allmÜhlich mit ihrer Leistung einsetzten. Somit wurden die hilflos umhertreibenden MÜnner von einer langsam ansteigenden Schwerkraft behutsam zu Boden gezogen. Die Interkomanlagen waren Åberlastet. Jedermann wollte wissen, was eigentlich geschehen war. Rhodan muÄte erneut um Ruhe ersuchen. Als es in den Lautsprechern stiller wurde, erkundigte er sich schwer atmend: ÑKosum, was war das? Haben Sie eine ErklÜrung?Ö Der Emotionaut antwortete zÉgernd. Er muÄte sich nach wie vor voll auf die Maschinenanlagen konzentrieren. Seine Stimme klang leise und stockend. ÑDrei Strukturschockwellen. Die letzte war die stÜrkste. Etwas muÄ nach der Art unserer alten Transitionsraumschiffe aus dem Hyperraum gekommen sein.Ö ÑAlso keine Linearflugsymptome?Ö ÑAuf keinen Fall. Wir wÜren durch die Gewalt der Schockwellen bei nahe vernichtet worden.Ö Rhodan begab sich zur Rundrufanlage. Atlan war schon dort. Er unter hielt sich mit Dr. Cavaldi. Ñ ... alles in Ordnung, Sir. Die VibrationsdÜmpfer aller Maschinenanlagen sind robotgesteuert angelaufen. Das war unser GlÅck. Ich lasse bereits die Reaktorfundamente ÅberprÅfen. Es kÉnnten Kapillarrisse auf getreten sein. Sie kÉnnen sich auf uns verlassen. Sorgen Sie bitte dafÅr, daÄ kein Triebwerk eingeschaltet wird, ehe meine Technikerteams die Festigkeitsmessungen beendet haben. Ich mÉchte keinen Brennkammerreaktor querkant durch das Schiff sausen sehen. Es wÜre peinlich.Ö ÑVerstanden. Kosum, haben Sie mitgehÉrt?Ö Der Emotionaut hob bestÜtigend die Hand. ÑAlles in Ordnung, Dr. CavaldiÖ, rief Atlan zurÅck. ÑWir warten Ihre Meldung ab.Ö
Rhodan drÅckte auf die Ruftaste zur Ortungszentrale. Major Ataro Kusumi erschien auf dem Bildschirm. ÑHaben Sie feststellen kÉnnen, wer uns da so freundlich empfangen hat?Ö Der Ortungschef lachte grimmig auf. ÑUnd ob, Sir! In einer Entfernung von nur eineinhalb Lichtjahren sind insgesamt drei Pulks aus dem Hyperraum gekommen. Sie verwenden jene Transitionstriebwerke, die wir schon vor tausend Jahren auf den Schrotthaufen geworfen haben. Der erste Pulk war der kleinste. Etwa zwanzigtausend RaumflugkÉrper von vÉllig verschiedenartiger GrÉÄenordnung und ÜuÄerer Gestaltung.Ö ÑWas? Wieviel?Ö ÑZwanzigtausend. Eher mehr als weniger. Der zweite Pulk war dreimal so groÄ. Der dritte umfaÄte die mehr als zehnfache Menge an Objekten aller Art. Ganz in unserer NÜhe rasen demnach einige hunderttausend unidentifizierbare GegenstÜnde mit etwa halber Lichtgeschwindigkeit durch den Raum auf die vor uns liegende Galaxis zu. Das ist heller Wahnsinn! Ich habe die Schiffe, oder was es sonst sein mag, auf meinen Reliefschirmen. Die Konturen sind gut auszumachen. Konstruktionen sind darunter, die ganz sicher mehrfach grÉÄer als die Erde sind.Ö Allans Augen trÜnten, ein Zeichen fÅr seine NervositÜt. Rhodan schwieg fassungslos. Dann reagierte er seine Erregung mit einigen krÜftigen FlÅchen ab. ÑSchalten Sie Ihre Reliefbilder auf die Panoramagalerie. Passen Sie weiterhin auf. Orten Sie, was Sie mit Ihren áberlichtgerÜten erfassen kÉnnen. Sind die FlugkÉrper selbstleuchtend?Ö ÑEinige davon: erstaunlicherweise, Sir! Ich habe noch nie ein Raum schiff gesehen, das wie eine Sonne strahlt. Die Åberwiegende Zahl der Dinger ist jedoch so schwarz und optisch unsichtbar wie der Leerraum. Triebwerksimpulse kÉnnen wir aber stÜndig anmessen.Ö ÑAlso ein ganzer SchwarmÖ, erklÜrte Atlan, der seine innere Ruhe wiedergefunden hatte. ÑWoher kommt dieses Gewimmel? Ich - oh, der Herr Mausbiber ist auch schon da.Ö Gucky materialisierte unvermittelt. Ras Tschubai folgte ihm. Die Mutanten Takvorian, Merkosh der GlÜserne und Fellmer Lloyd tra-
fen durch die Rohrverbindungen der NotausgÜnge ein. Takvorian fluchte. FÅr seinen PferdekÉrper war selbst die grÉÄte RÉhre zu eng gewesen. Er massierte seine Vorderbeine. Zu diesem Zeitpunkt kam die vierte Schockwelle. Wieder brach der Paratronschirm beinahe zusammen. ÑNochmals mindestens hunderttausend FlugkÉrperÖ, meldete Kusumi. ÑAllmÜhlich glaube ich an Geister.Ö Ein Interkomschirm leuchtete auf. Das Gesicht eines Afroterraners wurde erkennbar. ÑOberstleutnant Menesh Kuruzin, Chef Erste Kreuzerflottille an Expeditionsleiten Ich wÅrde mir diesen Schwarm gerne einmal aus der NÜhe ansehen. Kann ich mit meinen zehn Kreuzern ausgeschleust werden?Ö ÑErlaubnis verweigert. Sie bleiben hier. Wenn Sie drauÄen von einer fÅnften Schockwelle erfaÄt werden, sind Sie rettungslos verloren. Sie haben ja wohl bemerkt, daÄ sogar die MARCO POLO beinahe zertrÅmmert worden wÜre.Ö ÑVerstanden, Sir. Ende.Ö ÑBesondere Anweisungen?Ö erkundigte sich Mentro Kosum. Rhodan schÅttelte den Kopf. Er beobachtete immer noch die Bild schirme, auf denen zahllose grÅne Leuchtpunkte zu sehen waren. Da meldete sich die Ortung erneut. ÑSelbst wenn Sie mich fÅr einen Narren halten, Sir: Innerhalb dieses riesigen Schwarms befinden sich strahlende Sonnen.Ö ÑVerrÅckt!Ö ÑIch Åberspiele Ihnen die MeÄergebnisse. Sir, dort drÅben fliegen Sonnen mit!Ö Atlan nahm im nÜchsten Sessel Platz. Auf der Stirn des Arkoniden bildete sich eine groÄe Beule. ÑDas haben wir ja wieder einmal glÜnzend gemachtÖ, stellte er fest. ÑDa ist man kaum dem gruelfinschen Hexenkessel entkommen, da hat man mit MÅhe und Not zwei Saboteuren einen Strich durch die Rechnung gemacht, und nun, dicht vor der MilchstraÄe, fliegen uns sage und schreibe hunderttausende fremde FlugkÉrper vor die Nase. Ist das nichts?Ö ÑIronie jeder Art ist zur Zeit unangebrachtÖ, wies ihn Rhodan zurecht. ÑSind die Verletzten versorgt?Ö
ÑNatÅrlich. Das haben die Ertruser Toronar Kasom und Hartom Manis organisiert. Icho Tolot versucht, den voraussichtlichen Kurs des Schwarms festzustellen. Es sieht ganz danach aus, als wollten die Herrschaften unsere Galaxis durchqueren. Warum sie das vorhaben, solltest du mich allerdings nicht fragen. Die MARCO POLO raste mit nur fÅnfzig Prozent der einfachen Lichtgeschwindigkeit auf das Sonnenleuchtfeuer Hyperon-Gal-SÅd zu. Ehe Rhodan einen EntschluÄ fassen konnte, meldete sich die Ortung wiederum. ÑKusumi spricht. Wir haben ein Raumschiff auf den Schirmen. Sehr nahe, kaum zwei Lichtstunden entfernt. HÜlt ungefÜhr unsere Fahrt, auch etwa den gleichen Kurs. EinzelgÜnger Weitab vom Schwarm. KÉnnte das ein vorgeschobener Beobachter sein? Das Konturbild der Åberlichtschnellen Reflextaster ist seltsam. Das Ding gleicht einem irdischen Meerestier.Ö ÑWelchem?Ö ÑEtwa einem Stachelrochen, Sir. Nur fliegt es mit dem Stachel voran. Genaue GrÉÄendaten kÉnnen noch nicht ermittelt werden. Der Rochen ist aber auf alle FÜlle wesentlich kleiner als die MARCO POLO.Ö Rhodan entschied sich in wenigen Augenblicken. ÑAchtung, an alle. Wir fliegen das fremde Raumfahrzeug an. Ich mÉchte wenigstens annÜhernd erfahren, mit wem wir es zu tun haben. Klar Schiff zum Gefecht. Feuerleitzentrale, peilen Sie den Fremden vorsichtshalber an.Ö ÑWelche Waffen sollen notfalls eingesetzt werden, Sir?Ö fragte der Erste Feuerleitoffizier, Major Pedro Cuasa, zurÅck. ÑNotfalls - ich betone den Begriff notfalls! - alles, was wir haben. Mr. Kosum, Sie fÅhren weiterhin das Schiff. Korom-Khan und Ahrat sind zu erschÉpft. Trauen Sie sich das zu? Wir mÅssen unter UmstÜnden blitz artig fliehen.Ö Kosum nickte. Eine neue Ortungsmeldung kam durch. ÑDer Schwarm hÅllt sich energetisch ein. Die Ortung wird schwierig, jetzt ist sie fast unwirksam geworden. Alles wirkt verschleiert, schemenhaft.Ö ÑUnd das ausgemachte Einzelschiff?Ö
ÑNoch klar erkennbar. Es bleibt stur auf Kurs.Ö ÑWoraus zu folgern wÜre, daÄ wir mit einer fÅnften Hyperschockwelle nicht mehr zu rechnen habenÖ, meldete sich Professor Waringer. ÑDer Schwarm hat sich abgesichert. Wenn man dort noch andere Einheiten erwartete, hÜtte man den Aufbau der Schutzfelder sicherlich noch verzÉgert.Ö ÑLogisch. Nehmen Sie Kurs auf das Rochenschiff, Mr. Kosum. Und passen Sie auf. Ich mÉchte mich nicht mit einigen hunderttausend fremden Raumflugobjekten anlegen.Ö Die MARCO POLO stieÄ aus der Librationszone in den Normalraum vor. Die Besatzungen der Korvetten und der Kreuzer der Planetenklasse waren klar zum Ausschleusen. Rhodan hatte sich jedoch noch nicht entschlieÄen kÉnnen, die groÄen Beiboote schon vor dem ersten nÜheren Kontakt mit der unbekannten Schiffsbesatzung aus den Hangars schieÄen zu lassen. Das terranische Flottenflaggschiff erschien nur zehntausend Kilometer von dem Unbekannten entfernt im Einsteinschen Raum. Die Ortung meldete sich sofort. ÑKlares Reliefbild. Messungen sind jetzt mÉglich. Der Fremde gleicht in der ÜuÄeren Form tatsÜchlich einem Rochen. Der als Stachel bezeichnete Auswuchs scheint ein relativ dÅnnes, bewegliches Gebilde von der Art eines Tentakels zu sein. LÜnge siebzig bis achtzig Meter. Dreieck form der Zelle. Die Spannweite der Schwingen betrÜgt zirka hundert fÅnfzig Meter. Sehr flach, kaum dreiÄig Meter stark. VerhÜltnis Spannweite zur RumpfhÉhe etwa eins zu fÅnf. Keine erkennbare Angriffsabsicht. Ende.Ö ÑFeuerleitzentraleÖ, meldete sich Major Pedro Cuasa. ÑBitte an SchiffsfÅhrung: nicht nÜher herangehen! Wenn ich das Wirkungsfeuer erÉffnen muÄ, sind die zehntausend Kilometer Distanz zwischen uns und dem Ziel bereits gefahrbringend. Eine Transformbreitseite kann uns im Åberlappenden Kugelausdehnungseffekt noch erfassen.Ö ÑVerstanden, Cuasa. Wir bleiben auf SicherheitsentfernungÖ, erwiderte Rhodan. ÑSchiffsklinik: Wie ist das Befinden der Emotio-
nauten Korom-Khan und Senco Ahrat? KÉnnen Sie denn nichts unternehmen?Ö Professor Shenko Trestow, Chef der Abteilung fÅr Innere Medizin, wurde auf den Schirmen der Interkomanlage sichtbar. Sein dunkelhÜutiges Gesicht war unwillig verzogen. ÑDie beiden MÜnner, die ich vor kaum einer Stunde in einen gesundheitsfÉrdernden Tiefschlaf gelegt habe, kann ich jetzt nicht gewaltsam herausreiÄen.Ö ÑEntschuldigen Sie.Ö ÑNa alsoÖ, meinte Trestow. ÑDie Patienten sind fÅr fÅnfzehn Stunden dienstuntauglich. Wenn Sie schon fremde Raumschiffe anfliegen wollen, mÅssen Sie mir das frÅher sagen.Ö Der Arzt schaltete ab. Atlan lachte verhalten. Perry Rhodan rief die Hyperfunkzentrale. ÑMajor Donald FreyerÖ, kam die Antwort. ÑAnweisungen, Sir?Ö ÑJa. Peilen Sie den Fremden mit Ihren Richtstrahlern ein. Hyperfunkspruch. Vorerst in Bild und Interkosmo. Wenn er nicht darauf reagiert, versuchen Sie es mit normallichtschnellen Anrufen auf den gelÜufigen Frequenzen. Spricht er darauf auch nicht an, wenden Sie die alten Morsezeichen an.Ö ÑSymbolgruppen auf mathematisch begreifbarer Ebene, Sir?Ö ÑGenau das. Intelligente Wesen mÅssen es verstehen. Fragen Sie nach Art und Herkunft der Besatzungsmitglieder. Stellen Sie uns vor, und betonen Sie, daÄ wir lediglich neugierig sind. Stellen Sie weder aggressive Fragen noch ein Ultimatum. Alles klar?Ö ÑVollkommen, Sir. Ich schalte in die Hauptsteuerzentrale um. HÉren Sie bitte mit.Ö Nur eine Minute spÜter begann Donald Freyer mit seinen Anrufen. Er erklÜrte, es handle sich um ein terranisches Raumschiff auf der RÅckreise zur Heimatgalaxis, stellte den Kommandeur vor und bat die Fremden um nÜhere AuskÅnfte. Der Spruch wurde auf zehn verschiedenen Hyperfrequenzen wieder holt. Niemand antwortete. Atlan pfiff gedankenverloren vor sich hin. Es war eine uralte Melodie. ÑMuÄ das sein?Ö ÑEh ...?Ö Atlan schaute Rhodan verwundert an. ÑAch so, entschuldige. Ich stÉre wohl. Da drÅben scheint man taub zu sein. Oder kennt man noch keinen Hyperfunk?Ö
Rhodan blickte unverwandt auf die groÄen Bildschirme. Auf ihnen glÜnzte ein scharfgezeichnetes Reliefbild. ÑDie hÉren uns! Wesen, die mit solchen FlottenverbÜnden durch den FÅnf-D-Raum springen, kennen auch den Hyperfunk. Freyer, versuchen Sie es mit scharfer LaserbÅndelung auf Ultrakurzwelle. AusfÅhrung.Ö Wieder wurde der gleiche Text gesendet. Keine Antwort. Der Schwarm zog unterdessen unbeirrt seines Weges. Seine GesamtgrÉÄe war nicht annÜhernd abzuschÜtzen. ÑMorsen Sie jetzt, Freyer.Ö Die MÜnner der MARCO POLO sahen sich stumm an. Das Verhalten des Unbekannten war eigenartig. Gucky materialisierte in der Zentrale. Er trug seinen speziellen Kampfanzug. Er trippelte auf Rhodan zu und blieb neben dem Sessel stehen. ÑKeinen Kommentar, bitteÖ, schnitt er Rhodan das Wort ab. ÑIch habe mich kostÅmiert, weil ich die Absicht habe, mich drÅben einmal umzusehen.Ö ÑDu bleibst hier!Ö befahl Rhodan mit ungewohnter SchÜrfe. ÑDas ist eine dienstliche Anweisung, Mr. Guck! Die Unbekannten werden mir allmÜhlich unheimlich. Freyer redet mit Engelszungen. Milder und behutsamer kann man wohl kaum noch einen friedlichen Kontakt anstreben.Ö Atlan rief Åber sein KommandogerÜt einen Roboter herbei und lieÄ sich ebenfalls seinen Kampfanzug bringen. Er legte ihn an, ohne ein Wort zu verlieren. Rhodan beobachtete ihn unverwandt. ÑDarf man fragen, was der Herr Lordadmiral beabsichtigt?Ö ÑNoch nichts. Ich mÉchte nur nicht gebraten werden. Einschlagende HochenergieschÅsse haben die Åble Eigenschaft, beachtliche Temperaturen zu entwickeln. Das kennst du doch, oder?Ö Rhodan schwieg verbissen. Freyer morste und sprach immer noch. Die Automatik tastete alle bekannten FrequenzbÜnder ab und benutzte sie fÅr die wortgleichen Sendungen. ÑDas sollte wohl wieder einmal ein Hinweis auf meine Åberspitzte HumanitÜt sein, nicht wahr?Ö Atlan lachte trocken auf.
ÑGenau, mein Freund, genau! LaÄ dir von einem erfahrenen Flottenchef sagen, daÄ dein Vorgehen unsinnig ist. SelbstverstÜndlich hÉrt man uns drÅben. Willst du warten, bis dir die Unbekannten eine bittere Lektion erteilen? Ich bezweifle allmÜhlich deine ...Ö ÑOrtung spricht!Ö schrie jemand erregt dazwischen. ÑDas Rochen schiff dreht bei gleichbleibender Fahrt und Kurs um seine Hochachse. Die FlÜchenkonturen wandern aus. Der Stachelauswuchs bewegt sich.Ö ÑKlar zur FeuererÉffnungÖ, ordnete Rhodan an. ÑObjekt-Zielortung steht, ist eingepeilt; Positronik schwenkt die GeschÅtze nach Kurs, Fahrtstufe und eventuellen AusweichmanÉvern des Unbekannten mitÖ, berichtete der Erste Feuerleitoffizier. ÑEnergieentwicklung!Ö teilte die Ortung mit. ÑWelche? StrahlbeschuÄ?Ö ÑDas kÉnnen wir nicht feststellen, SirÖ, antwortete Kusumi zÉgernd. ÑWas soll das heiÄen?Ö fragte Rhodan ungeduldig zurÅck. ÑWenn Sie schon eine Energiefreigabe ausmachen kÉnnen, dann sollten Sie auch wissen, was es...Ö ÑUnterbrechung, dringend. Etwas trifft unseren Paratronschirm. Er wird aber keineswegs belastet. Verstehe ich nicht, Sir! Die bei uns ankommenden KrÜfte sind so schwach, daÄ ich sie normalerweise ignorieren wÅrde. Es ist, als schÉsse jemand mit einem Luftgewehr gegen eine Panzerwand.Ö ÑWaringer sprichtÖ, meldete sich das hyperphysikalische Genie der Menschheit. ÑKÉnnt ihr mich in der Hauptzentrale sehen? Ich stehe ziemlich verdeckt hinter einem MeÄgerÜt.Ö ÑJa, wir sehen dich. Was gibt es, Geoffry? Konkrete Feststellungen?Ö ÑJa und nein. Der Fremde scheint etwas hilflos zu sein. Die auftreffen den Impulse sind auf alle FÜlle nicht mit einem gefÜhrlichen Waffen strahl vergleichbar. In gewisser Weise hat Kusumi recht.Ö Rhodan schwenkte seinen Sitz herum und rief die Feuerleitzentrale erneut an. ÑCuasa, lassen Sie unter diesen UmstÜnden die Finger von Ihrer Feuer orgel. Ich mÉchte nicht zum MÉrder werden. Die ...Ö
ÑUnterbrechung, dringend, Stufe einsÖ, hÉrte man die aufgeregte Stimme des Leitenden Ingenieurs. ÑKosum, brechen Sie sofort das ManÉver zur Fahrtangleichung ab. Sie wissen, daÄ bei einem so harten Gegenschub die Andruckneutralisatoren unter Vollast laufen. Die GerÜte beginnen zu strahlen, zeigen falsche MeÄwerte an und erzeugen hier, in unserer unmittelbaren NÜhe, eine Art von BetÜubungseffekt. Noch schlimmer reagieren die Gravitationsabsorber. Sie sind ohne jeden Schaltbefehl angelaufen und strahlen ebenfalls, jedoch mit grundfalschen Ausgangsdaten. Schalten Sie ab, oder fliehen Sie. Schnell, Kosum! Verdammt, hÉrt mich denn niemand?Ö Rhodan sprang zu dem Emotionauten hinÅber. Mentro Kosum saÄ, seiner Eigenschaft entsprechend, wie versteinert in seinem Sessel, Seine HÜnde hatten nichts zu tun. Nur sein Geist arbeitete. ÑBefolgen Sie den Ratschlag!Ö schrie Rhodan. Er bÅckte sich, nÜherte seine Lippen dem Rand der SERT-Haube und rief nochmals: ÑKosum, Bremsschub aufheben! Alle GerÜte abschalten! HÉren Sie?Ö ÑIch hÉre, Sir. Befehl wird bereits ausgefÅhrt.Ö Das Donnern der mit Umlenkschub arbeitenden Triebwerke verstummte schlagartig. Kosum arbeitete mit der PrÜzision eines Roboters. Oberst Hartom Manis, Stellvertretender Kommandant, rannte durch die Zentrale. Hinter ihm folgte Kasom. Wenn Kosum ausfallen sollte, waren die beiden reaktionsschnellen UmweltangepaÄten fÜhig, die MARCO POLO in abgestimmter Teamarbeit zu steuern. ÑKosum!Ö drang Cavaldis Stimme aus den Lautsprechern. ÑKosum, Sie Narr! Handeln Sie doch. Ich finde meine Schalter nicht mehr, oder ich hÜtte lÜngst eingegriffen, Rhodan ich - ich finde meine Schalter nicht mehr. Perry...Ö Cavaldi schrie verzweifelt. AnschlieÄend begann er zu kichern und wie ein Kind zu singen, was mit dem Singsang eines FÅnfjÜhrigen endete. ÑRingelreih, ringelreih, schon kommt unsere Mutti bei; da liegt unser Ball, da hinten, Mutti wird ihn wiederfinden, ringelringelreih...Ö
Dr.-Ing. Nemus Cavaldi sang weiter. Seine Stimme wurde immer schriller. SchlieÄlich kreischte er wie ein Kleinkind auf, rief nach einem imaginÜren Hund, der ihn beschÅtzen sollte, und begann zu weinen. ÑWaringer spricht. Ruhe, zuhÉren. Gefahrenstufe einsÖ, brÅllte der Hyperphysiker Åber das Interkom. ÑUnser Paratronschirm wird manipuliert, desgleichen die Andruckneutralisatoren und Gravitationsabsorber. Sie strahlen am hÜrtesten. Der Schirm blieb in seiner Gesamtheit stehen, aber er unterliegt einer fÅnfdimensionalen StrukturverÜnderung. Abschalten das Ding, sofort abschalten. Perry, Feuer erÉffnen! Wir wer den mit einer unbekannten Waffe angegriffen. Die Leute beginnen zu verdummen. So schieÄt doch endlich!Ö Rhodan rannte zu seinem Platz zurÅck. Fast fiel er Åber den Schwenkarm des Kommandomikrophons. ÑMajor Cuasa, Feuer frei. SchieÄen Sie den Angreifer ab!Ö Der Erste Feuerleitoffizier antwortete nicht Dagegen schalteten sich unverhofft einige Stationen ein, deren Meldungen fÅr die Schiffsleitung schon immer von untergeordneter Bedeutung gewesen waren. ÑWarum ist es hier so hell, Vati?Ö fragte jemand stockend. ÑVati, ich habe Angst.Ö Der Mann schluchzte. ÑVati, es ist zu hell.Ö Rhodan begann innerlich zu verzweifeln. Wie gehetzt schaute er sich in der riesigen Hauptzentrale um. Techniker, Wissenschaftler und Kosmonauten benahmen sich wie Irre. Viele saÄen stumpfsinnig auf ihren PlÜtzen. Andere lallten unsinnige Worte. Eine dritte Gruppe wankte durch den Raum. Einige krabbelten auf allen vieren. ÑKosum!Ö schrie Rhodan. ÑKosum, sind Sie noch klar? Ich spÅre nichts von dem Effekt, Kosum!Ö ÑVÉllig in Ordnung, SirÖ, lautete die Antwort. ÑIch bin als Emotionaut indirekt mentalstabilisiert. Wir - zum Teufel - jetzt spielt Cavaldi verrÅckt. Er schaltet die direkte Emotio-Blocksteuerung ab, Sir...Ö Von Kosums Gesicht waren nur ein Teil der Nase, Wangen- und Mundpartie zu erkennen. Sie waren plÉtzlich schweiÄbedeckt. Er aktivierte all seine KrÜfte. Es nÅtzte nichts.
Der Ertruser Hartom Manis begann plÉtzlich zu toben. Bei ihm ÜuÄerte sich der fremde EinfluÄ auf andere Art. BrÅllend riÄ er sich die Anschnallgurte vom Leib, sah sich mit stupiden Augen um und kam auf Atlan zu. Der Arkonide rief nach Gucky, der nach dem von Rhodan ausgesprochenen Einsatzverbot beleidigt verschwunden war. Jetzt wankte der zweieinhalb Meter groÄe Ertruser auf den Arkoniden zu. Ein Mann der Zentralebesatzung lief Manis Åber den Weg. Der UmweltangepaÄte blieb fÅr eine Sekunde stehen, blickte den jungen Sergeanten an und schlug ihn dann mit einem fÅrchterlichen Hieb nieder. ÑHunger!Ö drÉhnte die Stimme des Kolosses. ÑIch habe Hunger. In meiner HÉhle ist es dunkel, und die Fleischkammer ist leer. Hunger! Du Hund!Ö Er rannte auf Atlan zu. Der Lordadmiral wich in letzter Sekunde zur Seite, stÅrzte, wÜlzte sich blitzschnell herum, zog den Kombistrahler und schaltete ihn auf ParalysebeschuÄ. Der Ertruser schrie wie ein angeschossenes Raubtier. Er sprang. Seine HÜnde waren weit nach vom gestreckt. Ehe er auf den Lordadmiral fallen konnte, schoÄ Atlan. Der LÜhmstrahl traf den Stellvertretenden Kommandanten im Gesicht. Hartom Manis stÅrzte neben Atlan zu Boden, schrie noch einmal auf und erstarrte. Atlan richtete sich keuchend auf. Rhodan paralysierte soeben einen tobsÅchtig gewordenen Programmierer, der mit einem aus der Wand gerissenen Arbeitshocker auf eine Rechenpositronik einschlug. ÑKÅmmere dich um Kasom!Ö schrie Perry. Atlan rannte mit schuÄbereiter Waffe zum Steuersitz des zweiten Ertrusers hinÅber. Kasom schaltete und schaltete, jedoch kein einziges BestÜtigungssignal kam durch. ÑWaffe wegÖ, sagte er mit seiner drÉhnenden Stimme. ÑIch bin eben falls mentalstabilisiert. Beherrschen Sie sich Atlan. Hier scheint nicht jedermann verrÅckt geworden zu sein. Kosum hat recht. Im Maschinenhauptleitstand ist der Teufel los. Die MÜnner scheinen ihre Freude daran zu haben, mit allen mÉglichen Schaltern und
KnÉpfen zu spielen. Je bunter und auffallender sie sind, um so mehr werden sie betÜtigt. Wir sind manÉverunklar.Ö Atlan atmete auf. Er entschuldigte sich hastig. ÑIn Ordnung, Sir. Jetzt kommt aber noch eine weitere Tatsache hinzu! ZusÜtzlich zu unseren verdummten MÜnnern beginnen all jene Positroniken falsch zu reagieren, die einen organisch lebenden Plasmazusatz besitzen. Mein Rat: Setzen Sie ausschlieÄlich vollpositronische Roboter ohne biologisch lebende Teilaggregate ein. Die werden wohl noch einwandfrei funktionieren.Ö In dieser Sekunde traf Ras Tschubai in der Zentrale ein. Rhodan atmete auf. Zugleich erfolgte eine schwere Explosion. Irgend jemand hatte eine Maschine oder gar eine Waffe eingeschaltet, die diese Behandlung nicht vertragen hatte. Die MARCO POLO stand kurz vor der Selbstvernichtung. Beinahe achttausend Menschen, die mehr oder weniger verdummt waren, handelten wie spielende Kinder. Niemand schien mehr zu begreifen, vor welchen Steuer- und Schaltanlagen er saÄ. Jene Besatzungsmitglieder, die von dem Verdummungseffekt nicht so schwer betroffen waren, saÄen wie benommen auf ihren ManÉver- und GefechtsplÜtzen. Sie betasteten zÉgernd ihre Schalter und Instrumente. Dennoch waren auch sie gefÜhrlich. Ihre restliche Intelligenz sagte ihnen, daÄ sie diesen oder jenen Befehl auszufÅhren hÜtten. Nur wuÄten sie nicht mehr, wie die Anweisung befolgt werden konnte. Weitere Explosionen erfolgten. PlÉtzlich begannen zwei Triebwerke zu tosen. Im Maschinenhauptleitstand schien jemand die Notschalter zur Erzeugung einer Rotationsbewegung um die Polachse betÜtigt zu haben. Die MARCO POLO begann zu kreiseln. Hohe AndruckkrÜfte wurden fÅhlbar. Perry Rhodan, der gerade mit Ras Tschubai springen wollte, wurde zusammen mit dem Mutanten hinweggeschleudert. Beide MÜnner schlitterten durch die Zentrale und schlugen gegen ein SteuergerÜt. Diesmal erhielt Mentro Kosum eine Chance. Die Kontrollautomatik zum Ausgleich solcher ManÉver war vollpositronisch. Sie rea-
gierte auf seinen Gedankenbefehl, blockierte die Manuellsteuerung der Maschinen zentrale und hob durch einen kurzen Gegenschub die Rotation auf. Rhodan war besinnungslos. Die entstandenen BeharrungskrÜfte hatten bereits sechseinhalb Gravos erreicht gehabt. Bevor Perry Rhodan wieder zu sich kam, wurde er von Ras Tschubai hochgerissen. Der Afroterraner war ebenfalls unempfindlich gegen die Verdummungsstrahlung. Er teleportierte mit Rhodan in den Maschinenhauptleitstand, ein kaum zu Åbersehendes Labyrinth verschieden groÄer Hallen, Schaltstationen und Kontrollpulten. Hier, zehn Decks unterhalb der inneren Kommandokugel, war die HÉlle los. Die einigermaÄen intelligent gebliebenen Ingenieure saÄen auf ihren PlÜtzen. Andere MÜnner sprangen wie ausgelassene Kinder umher, drÅckten hier und dort auf Schalter und zerschlugen dabei die Sicheàrungshauben von wichtigen Einheiten. ÑKommen Sie zu sich, SirÖ, drÜngte der Teleporter und schlug mit den flachen HÜnden krÜftig gegen Rhodans Wangen. Sekunden spÜter wurde Perry wieder aktiv. Er erfaÄte die Sachlage blitzartig. Ohne zu zÉgern, paralysierte er achtzehn MÜnner, die es besonders toll trieben. Tschubai erÉffnete ebenfalls das Feuer. Dann nÜherte sich ein dreieinhalb Meter groÄer Gigant. Icho Tolot besaÄ einen sehr hohen Intelligenzquotienten und Åberdies zwei Gehirne, das OrdinÜrgehirn fÅr seine motorischen KÉrperfunktionen und ein Planhirn fÅr mathematische Aufgaben. Beide Gehirne schienen miteinander zu kÜmpfen. FÅr einen Augen blick entstand der Eindruck, als ob der Haluter Rhodan begrÅÄen wollte. Dann aber schien sein OrdinÜrgehirn wieder die Oberhand zu gewinnen. Klagend tappte er nÜher. ÑKleines, mein Kleines!Ö schrie er. ÑWarum richtest du deine Waffe gegen mich? Liebe ich dich nicht? Bin ich nicht ein Freund der Menschen? Mein Kleines, du wirst doch nicht auf einen Freund schieÄen. Perry ...Ö
ÑSo handeln Sie dochÖ, rief Rhodan dem Teleporter zu, der vor dem Riesen bereits in Deckung ging. ÑEin Haluter vertrÜgt die zwanzigfache Paralysedosis.Ö Beide MÜnner schÉssen. Sie feuerten mehrmals auf den KÉrper des Kolosses, aber er wollte nicht besinnungslos werden. BrÅllend, seine vier Arme ausgestreckt, sprang er nÜher. Erst die drei letzten StrahlschÅsse brachten ihn zu Boden. Rhodan richtete sich schweiÄÅberstrÉmt auf. Tschubai paralysierte noch drei Ingenieure, die versuchten, den Anlaufschalter der zwÉlf GroÄkraftwerke nach unten zu drÅcken. Endlich sprach ein Interkom an. Kosum meldete sich aus der Zentrale. ÑSind Sie unten, Sir? Wenn ja, heben Sie die Emotio-Blockade auf. Das sind die beiden Kippschalter vor Cavaldis Sitz. Sicherungshauben anheben und auf die rote Markierung tippen.Ö Rhodan rannte zum nÜchsten Mikrophon. ÑVerstanden, Kosum. Der Ingenieur liegt mit dem OberkÉrper darauf. Haben Sie neue Meldungen erhalten?Ö ÑJa, von Waringer. Die fÅnfdimensionale Energiekonstante unserer Schutzschirme, Neutralisatoren, vor allem aber jene der kÅnstlichen Schwerkrafterzeuger ist durch den Waffenstrahl des unbekannten Schiffes manipuliert worden.Ö ÑSonst noch etwas?Ö ÑJa! Alle Personen, die entweder mentalstabilisiert oder natÅrlich mutiert sind, sprechen auf die Verdummungsstrahlung nicht an! Das gilt auch fÅr AktivatortrÜger wie Sie und Atlan, sowie fÅr alle Emotionauten. Die Mutanten sperren die Verdummten ein oder betÜuben sie. Oberst Joak Cascal kÅmmert sich um die Hangars der Beiboote. Dort ist allerhand los. Ein Kommandant wollte starten. Er ist gegen die Schleusentore geknallt. Cascal hat ihn paralysiert. Lord Zwiebus und Alaska Saedelaere sind in der Bordklinik. Dort beschieÄt sich das Personal mit Medikamenten aus Hochdruckspritzen. Die MunitionsrÜume werden von Takvorian und Merkosh abgeriegelt. Ich habe sÜmtliche vollpositronischen Roboter umprogrammiert und eingesetzt. Sie betÜuben jedermann, der ihnen Åber den Weg lÜuft.Ö ÑMein Gott!Ö Üchzte Rhodan. ÑWo ist Atlan?Ö
ÑUnterwegs zur Feuerleitzentrale. Er kommt aber nicht durch, da er immer wieder von Verdummten aufgehalten wird. Gucky war vorÅber gehend bewuÄtlos. Jemand hat ihm etwas Åber den SchÜdel geschlagen. Er ist bei mir in der Zentrale. Er sagt mir soeben, in wenigen Augenàblicken kÉnnte er zu Atlan springen und ihn zur Feuerleitzentrale bringen.Ö ÑIn Ordnung. Tschubai bleibt bei mir. Ich werde jetzt Ihre Emotioschaltung wieder klarmachen.Ö ÑIn Ordnung, Sir. Aber schnell, wenn es geht.Ö Gucky traf bei Atlan ein. Der Lordadmiral befand sich in einem Handgemenge mit Verdummten, die ihm unbedingt ihr neuestes Spielzeug vorfÅhren wollten. Es handelte sich um eine schwere Transformkanone vom Kaliber viertausend Gigatonnen TNT. Drei MÜnner hantierten an den manuellen AuslÉsungsschaltungen. Dabei entluden sie das GeschÅtz. Der VerschluÄ sprang auf, und die zur Abstrahlung gedachte Bombe glitt auf den Entladungsschienen aus der Entmaterialisierungskammer nach unten. Dort blieb sie liegen. Sie war scharf! Gucky kam noch rechtzeitig genug an, um den Spieldrang der groÄen Kinder mit LÜhmstrahlen zu beenden. Atlan richtete sich stÉhnend auf, sah sich um und hob seine Waffe vom Boden auf. ÑZum Teufel, wo bleibst du denn? Ich muÄ zur Feuerleitzentrale. Komm!Ö Er riÄ Gucky hoch und entmaterialisierte mit ihm. Major Cuasa, der schlanke Terraner, saÄ vor dem Hufeisenpult der Feuerleitorgel. Er hÜtte nur auf die richtigen KnÉpfe zu drÅcken brauchen, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Atlan riÄ den hilflos umhertastenden Mann aus dem Sitz und nahm selbst Platz. Gucky paralysierte jene MÜnner, die sich nicht so ruhig verhielten wie Cuasa. Der groÄe Erfassungsschirm der Zielortungspositronik leuchtete hell und klar. Das Rochenraumschiff war konturscharf auszumachen. Die Justierung war richtig. Die Vollautomatik hatte jede noch so winzige Kursabweichung des Fremden verfolgt, sie berechnet und auf die GeschÅtze Åbertragen.
Atlan drÅckte auf die grÅnmarkierten KnÉpfe der Steuerbordseite. Er schoÄ ausschlieÄlich mit den Transformkanonen. Die MARCO POLO wurde erschÅttert und nach Feuerlee abgetrieben. Die Åberlichtschnell abgestrahlten Transformgeschosse materialisierten ohne jeden Zeitverlust vor, Åber und neben dem Ziel. Dort zÅndeten sie. ZweiunddreiÄig Ladungen zu je viertausend Gigatonnen TNT traten augenblicklich in den KernprozeÄ. Eine ultrablau flammende Sonne entstand. Sie breitete sich so schnell aus, daÄ Atlan unwillkÅrlich die Sessel lehne umklammerte. Das fremde Schiff war verschwunden. Diesen ungeheuren Gewalten hatte es nicht standhalten kÉnnen. Genau zu dem Zeitpunkt hatte Rhodan seine Schaltung beendet. Die Maschinen reagierten wieder auf Kosums Emotiobefehle. Atlan hÉrte das AufbrÅllen der Aggregate. FÅr einen Moment kamen einige Gravos als Andruckbelastung durch. Dann hatten sich die Absorber eingespielt. Kosum ergriff die Flucht! Er wich dem rÜtselhaften Gegner und den Gewalten der eigenen Transformsalve aus. Das stÜrkste Schiff der Solaren Flotte floh vor einem Gegner, den man nicht einmal hatte identifizieren kÉnnen. Atlan drehte sich um. Jemand hatte ihm auf die Schulter getippt. Hinter ihm stand Major Pedro Cuasa. Seine Augen blickten wieder klar. ÑSir, Sie werden verzeihen, aber ich habe es nicht gerne, wenn andere Leute meine Arbeit verrichten. Sie haben eine Transformsalve ausgelÉst! Was ist denn eigentlich los?Ö Atlan fÅhlte sich unendlich mÅde. Cuasa half ihm aus dem Sitz. Besorgt schaute er den Lordadmiral an. ÑCuasa, haben Sie vergessen, daÄ Sie wie ein Idiot vor Ihrer Feuerorgel saÄen und nicht mehr wuÄten, was die KnÉpfe und Schalter zu bedeuten haben?Ö Der Major schaute ihn verblÅfft an. ÑAber, Sir, wie ...Ö ÑSchon gut, Junge, schon gutÖ, winkte Atlan deprimiert ab. ÑIch nehme an, daÄ die anderen MÜnner nun auch wieder vernÅnftig geworden sind. Wenn ich das fremde Schiff nicht vernichtet hÜtte, gliche die MARCO POLO nach wie vor einem Kindergarten mit
gemeingefÜhrlichen Babys. Nein, lassen Sie mich jetzt in Ruhe. Sie erfahren alles von Perry Rhodan persÉnlich. Legen Sie Ihre paralysierten MÜnner auf bequeme Konturlager. Sie werden bald wieder zu sich kommen. Wissen Sie, wenn verspielte Kleinkinder ÅbermÅtig werden, dann muÄ man etwas unternehmen. SchlÜge auf das Hinterteil hÜtten in dieser Situation wenig genÅtzt.Ö
4. Die MARCO POLO hatte unter Kosums FÅhrung in einem groÄangelegten LinearmanÉver zirka achttausend Lichtjahre zurÅckgelegt. Kosum war planmÜÄig nahe dem Sonnenleuchtfeuer Hyperon-GalSÅd aus der Librationszone herausgekommen. Nun flog das Schiff im freien Fall und nur mit einem Bruchteil der ein fachen Lichtgeschwindigkeit wieder auf die MilchstraÄe zu. Perry Rhodan hatte den groÄen Konferenzraum gewÜhlt. Die Besatzung konnte das GesprÜch Åber Interkom mithÉren. Die Chefs der wissenschaftlichen und technischen Teams sowie die verantwortlichen Offiziere der kosmonautischen SchiffsfÅhrung waren anwesend. Zu ihnen zÜhlten auch die Kommandeure der Kreuzer- und KorvettenverbÜnde. Niemand war heiter gestimmt. Das Erlebnis mit dem fremdartigen Rochenraumschiff gab zu denken. Rhodan hatte das Wort ergriffen. ÑDie primÜre Frage lautet, ob wir zu dem sogenannten Schwarm zurÅckkehren und eine Identifizierung versuchen sollen, oder ob wir...Ö ÑDas Vorhaben lehne ich abÖ, fiel ihm Waringer ins Wort. ÑBitte lassen Sie mich ausreden. Ich wollte auch die sofortige Heim kehr zum Solsystem vorschlagen. Durch den so plÉtzlich unterbrochenen Dakkar-Funkverkehr mit Titan und Merceile wissen wir nicht, wie die Pedoinvasion verlaufen ist. Was ist aus den Sammlern und diesem Vascalo geworden? Den Schwarm kÉnnen wir noch aufsuchen, diesmal jedoch mit einem kampfstarken Verband.Ö
ÑSchon besserÖ, meinte Waringer. ÑDer Schwarm steht immerhin noch etwa achttausend Lichtjahre von den Grenzen der MilchstraÄe entfernt. Wenn sich die dortigen Kommandeure, oder was immer sie sind, nicht zu einer erneuten Transition entschlieÄen, werden die Einheiten nicht vor zirka zehntausend Jahren eintreffen.Ö ÑGeoffry, was hast du zu den Vorkommnissen zu erklÜren?Ö fragte Rhodan. ÑIch habe keine Ahnung, wie die Fremden den Manipulierungsstrahl erzeugt haben. Ich weiÄ nur, daÄ er eine geringe Energieleistung besaÄ. Dennoch reichte er aus, um unseren Paratronschirm in seinem strukturellen Aufbau zu beeinflussen. Das Paratronfeld lieÄ den Verdummungsstrahl ohne weiteres passieren, das aber nur deshalb, weil es selbst auf die SchwingungsÜnderung ansprach. Als Folge davon wurden alle GerÜte, die auf fÅnfdimensionaler Basis arbeiten, ebenfalls manipuliert. Im Schiff entstand eine kÅnstliche GravitationskÉnstante, die sowohl von den SekundÜrstrahlungen des Abwehrschirms als auch von den mit Falschwerten laufenden Andruckneutralisatoren und Schwerkraftabsorbern erzeugt wurde. Die MeÄergebnisse liegen vor. Sie sind erstaunlich. Es hat sich nÜmlich gar nicht viel geÜndert.Ö Waringer blickte sich etwas hilflos um. Es schien, als wollte er eine andere, bessere ErklÜrung hÉren. ÑWelche MeÄergebnisse?Ö fragte Rhodan? ÑDie MaÄeinheit der galaktischen Feldlinien-Gravitationskonstante wird nach meinem verstorbenen Kollegen, Professor Arno Kalup, in Megakalup ausgedrÅckt. Der Begriff war bis zur Einsatzreife des Lineartriebwerks unbekannt. Er bezeichnet die Schwingungsfrequenz Åbergeordneter, also fÅnfdimensionaler Energieeinheiten, die Åberall anzutreffen sind. Jede Sonne ist ein Hyperstrahler. Das konnte man frÅher nicht anmessen. Das Geheimnis der Gravitation beruht auf dieser dimensional Åbergeordneten Basis. Wenn nun die Feldlinien-Konstante manipuliert wird, kommt es zu einem Effekt, auf den menschliche Gehirne offenbar sehr empfindlich reagieren. Wir haben festgestellt, daÄ sogar unsere bordeigenen Versuchstiere verdummt wurden. Daraus ist zu folgern, daÄ nicht nur Menschen angegriffen werden.Ö ÑDas betrifft aber wohl hauptsÜchlich die Galaxis mit ihren vielfÜltigen EnergiestrÉmen!Ö
ÑSicherÖ, stimmte Waringer zu. ÑEs hat uns aber ebenfalls betroffen, denn jedes Schiff raumfahrender VÉlker besitzt Schutzschirme, Andruckneutralisatoren und vor allem AntigravitationsgerÜte. Wir waren also eine indirekte Kleingalaxis mit einer eigenen Gravitationskonstante. Die aber wurde um genau 852 Megakalup reduziert. Die Folgeerscheinung: Jede Person, die nicht einen mentalen Schutzblock besaÄ, mutiert war oder einen Zellaktivator trug, litt unter einer sofort einsetzenden KonzentrationsschwÜche, die sich innerhalb weniger Augenblicke zur Verdummung steigerte. Wenn dieser Schwarm in der MilchstraÄe ankommt, kÉnnte es sehr leicht geschehen, daÄ einige zehntausend Rochenraumschiffe der bekannten Art die galaktischen Feldlinien-Gravitationskonstante manipulieren und somit eine galaxisweite Verdummung der dortigen Lebewesen hervorrufen.Ö ÑDas scheint mir aber doch stark Åbertrieben!Ö wehrte der eigentliche Chefphysiker der MARCO POLO, Professor Dr. Renus Ahaspere ab. ÑBedenken Sie die gewaltige Ausdehnung unserer Galaxis.Ö Waringer ÜuÄerte resigniert: ÑIch bin wegen meiner Theorien schon immer belÜchelt worden. Ich halte es jedenfalls fÅr mÉglich, daÄ die Unbekannten die gesamte MilchstraÄe manipulieren kÉnnen. Wissen Sie auch, weshalb ich zu einer derart verrÅckt klingenden Auffassung kam?Ö ÑNein.Ö ÑDer Umformungsstrahl, der uns lahmgelegt hat, war derart energiearm und lÜcherlich schwach, daÄ ihn normalerweise kein Mensch beachtet hÜtte. Jede HÉhenstrahlung ist intensiver. Man hat einen Schiffsgiganten wie die MARCO POLO gewissermaÄen mit einem Nadelstich unbrauchbar gemacht, indem man seine Besatzung verdummte. Meinen Sie nicht auch, daÄ dieser Effekt bei Anwendung wesentlich energiereicherer Mittel auf eine Galaxis vom Range der MilchstraÄe ausgedehnt werden kÉnnte? Gravitationsfelder gibt es Åber all. Wir finden sie sogar im Leerraum zwischen den Sternen.Ö ÑAber...Ö ÑEntschuldigen Sie, ProfessorÖ, unterbrach Rhodan. ÑIch werde nach diesem Erlebnis auf alle FÜlle eine KlÜrung versuchen. Wir
sehen uns einer akuten Gefahr gegenÅber, mag es nun sein, wie es will. Jedenfalls, so glaube ich, werden die Unbekannten wohl die Macht besitzen, wenigstens ihr Durchzugsgebiet zu verdummen. Das wÜre schon schlimm genug. Lassen wir die wissenschaftlichen StreitgesprÜche. Meine Frage an Sie: Was wollen die Unbekannten? Was haben sie vor? Ist das eine Invasion? Wenn ja - gegen wen ist sie gerichtet? Gilt sie der Menschheit oder anderen VÉlkern?Ö ÑDas kann zu dieser Stunde noch niemand beantwortenÖ, behauptete der Kosmopsychologe Eysbert gelassen. ÑStellen Sie den Komplex zurÅck, Sir. Vergessen Sie bitte auch nicht die beiden Inhaftierten, die sich als AngehÉrige des Homo superior ausgeben. Wir sollten schnellstens die Erde anfliegen.Ö ÑIch glaube, ich hatte einmal etwas von einer Zeitdilatation gesagtÖ, flÅsterte Waringer. Er wurde trotzdem gehÉrt. Rhodan erhob sich. ÑWir starten sofort zum Solsystem. Die Distanz von etwas Åber vierundzwanzigtausend Lichtjahren werden wir mit GewaltmanÉvern in nur zwei Linearetappen zurÅcklegen. HÜlt das Ihr Kompensationskonverter noch aus, Cavaldi?Ö ÑIch garantiere dafÅr.Ö ÑNur sollten Sie nicht wieder mit diversen Schaltern herumspielenÖ, spÉttelte Ahaspere. Rhodan lieÄ einige Aufzeichnungen vorfÅhren, die von den automatischen Kameras der áberwachungspositronik gemacht worden waren. Sie zeigten die Schreckensszenen wÜhrend der Verdummungsperiode. Hier und da begann jemand Åber seine eigenen Streiche zu lachen. ÑIch bewundere die MenschenÖ, drÉhnte Icho Tolot. ÑWer darÅber noch lachen kann, ist seelisch und kÉrperlich gesund. Wollten Sie nicht besondere VerhaltensmaÄnahmen anordnen?Ö Tolots groÄe Augen richteten sich auf Rhodan. Er nickte. ÑJa. Ich bitte um grÉÄte Aufmerksamkeit. Die von Tolot ausgearbeiteten Details werden spÜter in Ihre Abteilungen Åberspielt. HÉren Sie trotz dem genau zu.Ö Rhodan machte eine Kunstpause. ÑWir mÅssen vorsichtshalber voraussetzen, daÄ wir nochmals einem rochenfÉrmigen Raumschiff der Fremden begegnen. Jedes Be-
satzungsmitglied, dessen ImmunitÜt eindeutig feststeht, erhÜlt fÅr den Katastrophenfall einen Einsatzplan. Alle Roboter, die biologische Zusatzaggregate besitzen, werden jetzt schon stillgelegt. Die Explosionen sind erwiesenermaÄen von den Kampfmaschinen verursacht worden. Alle normalpositronischen Roboter erhalten sofort eine Sonderprogrammierung, die im Fall einer erneuten Verdummungswelle automatisch aktiviert wird. Eine Spezialpositronik, die im Augenblick angeschlossen wird, legt gleichzeitig alle Aggregate still, die ebenfalls biologisch lebende ZusÜtze besitzen. Damit haben wir groÄe Gefahrenquellen beseitigt. Es wurde festgestellt, daÄ der Grad der Verdummung variabel ist. Menschen mit einem hohen Intelligenzquotienten benahmen sich vernÅnftiger als solche, die von Natur aus keine Genies sind. Das sollte beachtet werden. Die Roboter und solche Personen, die noch einigermaÄen klar denken kÉnnen, erhalten die Anweisung, schwerer geschÜdigte Besatzungsmitglieder sofort in sichere RÜume einzusperren. Wir nehmen die groÄen MesserÜume. Das wÜre vorerst alles. Der Einsatzplan wird, wie erwÜhnt, auf alle Bildschreiber Åberspielt. Jedermann sollte vorbereitet sein.Ö Rhodan beendete die Sitzung. Viele Fragen hatten allerdings nicht geklÜrt werden kÉnnen. Kuruzins Bitte, mit einem Kreuzer den Schwarm anfliegen zu dÅrfen, wurde abgelehnt. Rhodan wollte unverzÅglich zum Solsystem zurÅckkehren. Eine Stunde spÜter nahm die MARCO POLO Fahrt auf. Unterdessen hatten achttausend Menschen erfahren, was sie im Falle eines erneuten >Verdummungsangriffes< zu tun hatten. Und die immunen Personen wuÄten nun genau, wann und wie sie sich an ihren Einsatzorten einzufinden hat ten. Es war nichts Åbersehen worden. Die terranische GrÅndlichkeit feierte wieder einmal Triumphe. Atlan war skeptisch. Er war zum Notbefehlshaber der Feuerleitzentrale ernannt worden. ÑWo ich doch so miserabel schieÄe!Ö hatte sein ironischer Kommentar gelautet. Rhodan lauschte auf das Donnern des Waringschen UltrakompLinearkonverters. Der Zielstern glÜnzte als energetischer Reflexpunkt auf dem Librationsbildschirm der Peilautomatik.
Die hyperphysikalische Zentrale hatte soeben durchgegeben, das EintauchmanÉver in den Einsteinraum wÅrde in fÅnf Minuten und zweiunddreiÄig Sekunden erfolgen. Rhodans áberlegungen folgten absonderlichen Bahnen. Er zweifelte nicht am Gelingen der Linearetappe, die immerhin fÅnfzehntausend Lichtjahre ÅberbrÅcken sollte. Perry Åberdachte vielmehr nochmals alle Vorbereitungen. Er sah die Verdummungskatastrophe wie einen Alptraum vor seinem geistigen Auge aufleuchten. Er dachte Åber die getroffenen Anordnungen nach. Waren sie richtig berechnet worden? Hatte man verborgene Gefahrenquellen ebenfalls auf gespÅrt, waren sie berÅcksichtigt worden? Stand jeder Immune genau auf dem richtigen Platz, wenn es nochmals zu einem solchen Effekt kommen sollte? Hatte der Haluter richtig kalkuliert? War es den rochenÜhnlich geformten Fremdraumschiffen bereits gelungen, tiefer in die MilchstraÄe vorzustoÄen? Wenn ja - waren dort schon Manipulationen vorgenommen worden? Rhodans áberlegungen schweiften ab. Das Jetzt war eine erfaÄbare RealitÜt. Wie aber war der von Waringer vorausgesagte Dilatationseffekt wÜhrend des ersten, miÄglÅckten Dakkarfluges zu bewerten? Wieviel Zeit war auf der Erde tatsÜchlich vergangen? War es gelungen, die takerische Invasion aufzuhalten und Vascalos Sammler zu vernichten? Was wÅrde man vorfinden? Totales Chaos, eine andere Regierungsform, ein zerbrochenes Solares Imperium oder gar einen sterbenden Planeten? Die Fragen wurden immer quÜlender. Die seelische Belastung zeichnete sich in Rhodans Gesichtsausdruck ab. ÑBeruhige dich, FreundÖ, flÅsterte Atlan. Seine Finger umspannten Rhodans Handgelenk. ÑNichts wird so heiÄ gegessen, wie es gekocht wird. Ein altes terranisches Sprichwort. Abwarten, konzentrieren und dem Kommenden mit Ruhe und Entschlossenheit begegnen. Wir werden bald wissen, welche Zeit tatsÜchlich vergangen ist. AuÄerdem steht die Chance, einem Fremdschiff zu begegnen, eins zu zehn hoch hunderttau send! Die MilchstraÄe ist groÄ genug, um selbst zehn Millionen Fremde nicht auffallen zu lassen. Derart un-
wahrscheinliche ZufÜlle gibt es nicht. Die VorsichtsmaÄnahmen sind dennoch richtig.Ö ÑIch danke dirÖ, Rhodan sprach leise. ÑWas werden wir auf der Erde vorfinden? Menschen, die unsere Namen nur noch aus einer Sage kennen?Ö ÑAbwarten, habe ich dir geraten. Es wird dir vielleicht helfen, daÄ ich als Chef der USO fungiere. Es kÉnnte sein, daÄ ich es einmal war! Das kommt ganz darauf an, wie lange wir nach der Bezugsebene der Erde unterwegs waren. Wenn die Reise zu lange gedauert hat, werden wir von vorne beginnen mÅssen.Ö ÑOptimist!Ö ÑSchon immer gewesenÖ, bestÜtigte Atlan lachend. ÑWas bleibt einem biologisch unsterblichen AktivatortrÜger Åbrig? Oder hattest du etwa angenommen, du kÉnntest das Schicksal stets nach deinen WÅnschen und Vorstellungen beeinflussen? Wenn du das einmal in voller Konsequenz begriffen haben solltest, wirst du auch meine Einstellung verstehen. Ich bin hart geworden, alter Freund! Ich glaube nicht mehr vorbehaltlos an Ideale aller Art. In diesem Universum gibt es nichts, was vollkommen ist. Es kann im ersten Augenblick wundervoll erscheinen; aber dann kommt garantiert der Haken. Du hast jetzt nichts anderes zu tun, als dich voll und ganz auf dein Ziel zu konzentrieren. Das ist die weitverstreute Menschheit mit all ihren Nachkommen, UmweltangepaÄàten, StÉrenfrieden und VernÅnftigen. Und wenn wir tatsÜchlich nochmals einem Fremdschiff mit der ÜuÄeren Form eines Rochen begegnen sollten, dann ...Ö ÑWas dann?Ö unterbrach Rhodan. ÑSchieÄen! Sofort!Ö ÑDu siehst nicht nur hart aus, Arkonide; du bist es auch.Ö ÑDas rÜt mir mein Instinkt, den ich fÅr recht zuverlÜssig halte. AuÄer dem besitze ich bekanntlich ein Extrahirn. Es arbeitet zeitweise zufriedenstellender als deine Positroniken und Ratgeber. Abwarten, mein Freund! Tolot ist der gleichen Auffassung.Ö ÑEintauchmanÉver wird eingeleitetÖ, meldete sich Cavaldi. ÑNoch zwei Minuten.Ö
Atlan schaute sich prÅfend in der Zentrale um. Korom-Khan und Senco Ahrat saÄen unter ihren SERT-Hauben. Mentro Kosum schlief im Bereitschaftsraum der Emotionauten. ÑIch wÅrde mir Åber diesen Schwarm vorerst Åberhaupt keine Sorgen machen, Perry. Entscheidender sind die derzeitigen VerhÜltnisse auf der Erde. Wir wissen nicht, weshalb der Dakkarfunkverkehr mit Merceile so plÉtzlich abgebrochen ist.Ö ÑAngriff auf Titan!Ö vermutete Rhodan. ÑVascalo der Krumme dÅrfte wohl Ovarons dortige Geheimstation eingepeilt haben. Ich an seiner Stelle hÜtte alles darangesetzt, die unwillkommene NachrichtenbrÅcke zu Gruelfin zu zerstÉren.Ö ÑRichtig. Der Tod des Taschkars Ginkorasch und die MachtÅbernahme durch die Juclas dÅrften Vascalos Entscheidungen wesentlich beeinfluÄt haben. Taktisch und strategisch gesehen mÅÄte ihm das Solsystem von der Sekunde an gleichgÅltig geworden sein.Ö ÑMan kann sich irren, Freund.Ö Atlan winkte ab. ÑWir werden sehen. Vor allem solltest du nicht Reginald Bull, Tifflor und Deighton unterschÜtzen. Sie werden mit den Sammlern fertig geworden sein.Ö Die Linearpositronik begann zu zÜhlen. Noch sechzig Sekunden bis zum EintauchmanÉver. Dann wÅrde man endlich wieder daheim sein. Mentro Kosum wurde jetzt erst geweckt. Er war sofort munter, stand auf und eilte durch die kleine Spezialschleuse zur Zentrale hinÅber. Niemand beachtete ihn. Rhodan rief bereits die Mutanten und Mental stabilisierten an. ÑIch hoffe, Sie haben bereits Ihre PlÜtze eingenommen. Ich ... Gucky, was soll das?Ö Der Kleine war plÉtzlich erschienen. Atlan nahm ihn auf den Arm. Der Mausbiber grinste. ÑIch bringe meinen Freund zur Feuerleitzentrale, wenn du nichts dagegen hast. BerÅhmte Leute reisen heutzutage per Teleporter.Ö Kosum begab sich zu seinem Sitz. Rhodan seufzte. Alles geschah in den letzten Sekunden vor dem RÅcksturzmanÉver.
Das Tosen des Konverters verstummte. Damit erlosch auch das Kompensationskraftfeld, das die energetischen KrÜfte der vier- und fÅnfdimensionalen Zone abschirmte und dem FlugkÉrper somit erlaubte, die schmale Librationszone zwischen den KrÜfteballungen zur weit Åberlichtschnellen Fortbewegung zu benutzen. Der RÅcksturz erfolgte. Es war ein tausendfach geÅbtes, vÉllig alltÜgliches ManÉver. Niemand dachte sich etwas dabei. Das einwandfreie Gelingen war zur SelbstverstÜndlichkeit geworden. Diesmal aber kam es zur Katastrophe. Jedermann wartete mit innerer Spannung auf das unverhoffte Auftauchen eines rochenfÉrmigen Fremdraumschiffes. Die MARCO POLO war planmÜÄig ein Lichtjahr vor dem eingepeilten Zielstern herausgekommen. Der Wiedereintritt in den gewohnten Normalraum wirkte wie ein betÜubender Donnerschlag. Rhodan Éffnete erleichtert aufatmend den engen HalsverschluÄ seiner Bordkombination, die auch als leichter Raumanzug verwendet werden konnte. Vor sich sah er die Bildschirme der Panoramagalerie aufflammen. Man befand sich nach dem Åber fÅnfzehntausend Lichtjahre hinwegreichenden LinearmanÉver bereits tief in den AuslÜufern der Heimatgalaxis, und zwar in den Grenzgebieten jenes unbedeutenden Spiralarmes, in dem die irdische Sonne eingebettet lag. ÑAlles klar, Cavaldi? Hat der Konverter gut durchgehalten?Ö Rhodan erblickte auf den kleinen Bildschirmen der internen Bordverbindung ein lachendes Gesicht. ÑDu, warum ist das hier so grÅn? Darf ich da einmal drauffassen? Ach bitte ...Ö, die Stimme wurde weinerlich, Ñnur einmal draufdrÅcken. Ich mag grÅne KnÉpfe...Ö Rhodan sprang aus dem Kommandeursessel hoch. Kosum schwenkte seine SERT-Haube zur Seite, verlieÄ ebenfalls seinen Platz und zog blitz schnell die Waffe. Sie war lÜngst auf ParalysebeschuÄ eingestellt. Korom-Khan blieb ruhig sitzen. Auch er hatte fÅr den Notfall Anweisungen erhalten. Senco Ahrat stand wesentlich langsamer auf, doch dafÅr erÉffnete er zuerst das Paralysefeuer auf den Ertru-
ser Hartom Manis, der schon wieder behauptete, man wolle ihn auf diesem verfluchten Schiff verhungern lassen. Rhodan aktivierte die vorbereiteten Roboter mit seinem KommandogerÜt. Die Maschinen verlieÄen ihre frÅhzeitig bezogenen Einsatzstandorte und folgten ihrer Programmierung. Rhodan war grau im Gesicht. Fassungslos schaute er zu Kosum hin Åber, der in diesem Augenblick die mit biologisch lebenden ZusÜtzen ausgerÅsteten Spezialpositroniken stillegte. Senco Ahrat war bereits verschwunden. Er hatte das Kommando Åber die wichtige Ortungszentrale zu Åbernehmen, die hilflos gewordene Besatzung mit UnterstÅtzung der Roboter einzusperren und den Welt raum abzusuchen. Professor Waringer meldete sich. ÑIch bin im Maschinenhauptleitstand eingetroffen. Ich Åbernehme. Die physikalische Abteilung ist jetzt unwichtig. Die Roboter transportieren die Verdummten ab. Ich habe nur zwei ParalyseschÅsse gebraucht. Wie sieht es in der Zentrale aus?Ö ÑNiederschmetterndÖ, entgegnete Rhodan erregt. ÑGroÄer Gott, Geoffry, wie konnte das geschehen? Haben wir schneller Wirkungsfeuer erhalten als gedacht? Aber das ist doch unmÉglich!Ö Waringer lachte sarkastisch auf. ÑNatÅrlich ist es das. Tatsache ist, daÄ unsere Besatzung im Augen blick des Wiedereintritts in den Normalraum noch schneller und intensiver verdummte als vorher bei dem FeuerÅberfall durch das Rochenschiff. Perry, es tut mir leid, aber meine dÅstere Prognose hat sich bewahrheitet! Die fÅnfdimensionale FeldlinienGravitationskonstante der MilchstraÄe ist manipuliert worden. Viel intensiver als angenommen! Wir sind in ein Meer der Verdummung eingetaucht.Ö Rhodan setzte sich wieder. Seine áberlegungen jagten einander. Nach dem ersten Schock begann er wieder so rasch und prÜzise zu reagieren, wie man es von ihm gewohnt war. ÑGut, die Sachlage muÄ hingenommen werden. Meine Frage an dich: Weshalb trat der Effekt erst jetzt - nach dem RÅcksturz - auf? Warum nicht schon wÜhrend des Linearfluges? Dabei standen wir bekanntlich ebenfalls bereits im EinfluÄbereich der Galaxis.Ö
Rhodan hÉrte das Zischen eines LÜhmschusses. Hinter Waringer brach ein um sich schlagender Mann zusammen. ÑVerzeihungÖ, entschuldigte sich Geoffry. ÑIch muÄte mich wehren. Sind die Emotioschaltungen klar?Ö ÑAlles in Ordnung. Reaktionen vÉllig normalÖ, entgegnete Korom-Khan. Er entwickelte eine bewundernswerte Ruhe und Selbstbeherrschung. Es fiel kein ÅberflÅssiges Wort. Niemand schrie; niemand brÅllte. Jedermann behielt die Nerven. Das war gut so. ÑWas deine Frage Åber den Linearflug betrifft, Perry: Die Librationszone ist ein schmaler, energetisch neutraler Streifen zwischen der vierten und fÅnften Dimension. Wir wehren durch das Kompensationsfeld beide energetischen áberlappungseinflÅsse ab, wir reflektieren und neutralisieren sie. Daher ist die Manipulationskonstante nicht wirksam geworden.Ö Rhodan trocknete sich den SchweiÄ von der Stirn ab. Er achtete kaum auf die Meldungen, die von den einzelnen Notbefehlshabern einliefen. Ihn hatte nur das groÄe Ganze zu interessieren. Er hatte jetzt die Entscheidungen zu treffen. Die Beantwortung der eingehenden Meldungen war Kosums Angelegenheit. Die fÅr eine andere Situation vorgesehenen SicherheitsmaÄnahmen bewÜhrten sich tadellos. ÑVorsicht, Kosum, da will Ihnen jemand an den KragenÖ, warnte Rhodan geistesabwesend. Kosum schoÄ. Ein Mann brach paralysiert zusammen. Ein Transportroboter brachte ihn in die vorbereiteten VerschluÄ rÜume der Bordklinik. ÑGeoffry, das sind grauenhafte Aussichten! Das bedeutet also, daÄ sÜmtliche Besatzungen von Raumschiffen, Raumstationen, planetarischen StÅtzpunkten und auch die BevÉlkerungen aller Planeten verdummt sind?Ö Waringer nickte. Rhodan riÄ die Bordkombination noch weiter auf. ÑGeoffry, das ist die grÉÄte Katastrophe, die jemals Åber die VÉlker der MilchstraÄe hereingebrochen ist. Das darf doch nicht mÉglich sein.Ö ÑUnterbrechung. Alaska Saedelaere spricht. Ich habe planmÜÄig die Funkzentrale Åbernommen.Ö ÑJa - was gibt es? Haben Sie neue UnglÅcksnachrichten?Ö
ÑLeider, Sir. Die von Ihnen angedeutete Katastrophe scheint eingetreten zu sein. Ich habe in den vergangenen zehn Minuten etwa tausend Hilferufe aus der nÜheren galaktischen Umgebung empfangen. Es handelt sich Åberwiegend um automatische Notsender von Raumschiffen. AuÄeràdem fange ich etwa zehn Sender ein, die offensichtlich von intelligent gebliebenen Lebewesen bedient werden. Die SprÅche sind variabel, indirekte Lagebeurteilungen. Das beweist, daÄ es nicht nur auf der MARCO POLO immune Menschen gibt.Ö ÑNatÅrlich nicht. Allein die USO besitzt zahlreiche mentalstabilisierte Spezialisten. Dazu kommen noch die MÜnner und Frauen der Solaren Abwehr. Viele Kommandanten mit Sonderaufgaben sind ebenfalls mentalstabilisiert worden.Ö Rhodan umklammerte die Lehnen seines Sessels. Einige Sekunden lang kÜmpfte er mit sich, bis er die inhaltsschwere Frage aussprach: ÑEmpfangen Sie auch Notrufe aus dem Solsystem? Von der Erde? Wir sind nur noch knapp neuneinhalbtausend Lichtjahre entfernt. Die groÄen Sender von Terrania mÅÄten uns erreichen kÉnnen.Ö ÑNein, Terra schweigt. Dagegen scheinen aber viele Einheiten der Solaren Flotte zu funken. Es ist furchtbar. Soeben teilt jemand mit, er wolle Selbstmord begehen.Ö Augenblicke spÜter verÜnderte sich die Situation erneut. Atlan meldete sich. ÑIch fÅhle mich in der Feuerleitzentrale ÅberflÅssig. Hier gibt es weit und breit nichts, was mit normalen Waffen bekÜmpft werden kÉnnte. Cascal und die Mutanten haben Schwierigkeiten mit den vielen Besatzungsmitgliedern der Kreuzer und Korvetten. Ich ...Ö Ein Donnerschlag erschÅtterte die Kugelzelle der MARCO POLO. AnschlieÄend meldete sich Cascal. Er trug einen schweren Kampfanzug und hatte die Waffe in der Hand. ÑIch brauche Hilfe. Wir schaffen es nicht. Ein JÜgerpilot ist mit einer Lightning unter Vollschub gestartet. Er hat die Schleusentore durchbrochen und eine explosive Dekompression verursacht. Der JÜger ist verloren. Schicken Sie mir Hilfe.Ö Rhodans Befehle kamen rasch. Robotereinheiten, die ihre Aufgabe vollendet oder beinahe erledigt hatten, wurden abgezogen. Sie
trafen wenig spÜter in den groÄen Hangarhallen der Kreuzer und Korvetten ein. Die beiden Teleportermutanten sprangen von einem Schiff zum anderen. Sie nahmen jedesmal zwei Roboter mit, die mit Paralysewaffen ein griffen. AllmÜhlich stabilisierte sich die Situation. Es war durchaus nicht ein fach, nahezu achttausend Menschen, die Åberdies noch auf vielen Stationen und groÄen Beibooten untergebracht waren, rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, oder sie davor zu bewahren, grenzenloses Unheil anzurichten. FÅnf Stunden vergingen, bis man die letzten Kranken versorgt hatte. Etwa zweitausend Besatzungsmitglieder hatten paralysiert werden mÅssen. Die AufnahmekapazitÜt der Bordklinik war zu klein. So wurden sie von Medorobotern in Hallen und Kabinen gebettet. Die nÜchste Aufgabe bestand darin, diese RÜume so abzusichern, daÄ die wiedererwachenden Paralysierten kein Unheil anrichten konnten. Nach acht Stunden hatten die wenigen immunen Menschen der MARCO POLO gewonnen. Es war ein bitterer Sieg. Sie trafen sich in der Zentrale. Die Mutanten Gucky, Ras Tschubai, Fellmer Lloyd, Merkosh und Takvorian waren erschÉpft. Die Mentalstabilisierten wie Joak Cascal, Alaska Saedelaere, Lord Zwiebus und Toronar Kasom verrieten deutlich ihre innere Verzweiflung. Die AktivatortrÜger wie Rhodan, Waringer und Atlan bemÅhten sich um Selbstbeherrschung. Die drei Emotionauten Korom-Khan, Ahrat und Kosum kÅmmerten sich unterdessen um die SchiffsfÅhrung. Die verdummten Besatzungsmitglieder befanden sich in guter Obhut. Sie wurden von den speziell programmierten Robotern Åberwacht und verpflegt. Viele der Raumfahrer hatten jetzt nach einer achtstÅndigen Einwirkung der Manipulationskonstante eine gewisse psychische StabilitÜt zurÅckgewonnen. Man konnte bemerken, daÄ sie nachzudenken begannen. Jene, die aufgrund ihres ursprÅnglich sehr hohen Intelligenzquotienten nicht zu sehr verdummt waren, boten ihre Hilfe an. Als
Rhodan von den Robotkommandeuren die entsprechenden Nachrichten erhielt, entschloÄ er sich augenblicklich, diesen MÜnnern und Frauen eine Chance zu geben. Die Roboter erhielten die entsprechenden Befehle. So geschah es, daÄ etwa siebenhundert Besatzungsmitglieder besondere Freiheiten erhielten. Sie versorgten die vÉllig Verdummten. Sie Éffneten Konservendosen, wÜrmten sie auf und brachten ihre SchÅtzlinge dazu, Speisen und GetrÜnke zu sich zu nehmen. Die hochspezialisierten medizinischen Roboter behandelten zahlreiche KnochenbrÅche, schwere Prellungen und Verletzungen anderer Art. Als Rhodan anschlieÄend einen Teil der aufgefangenen NotfunksprÅche durchlas, ahnte er, daÄ an Bord der MARCO POLO noch erstaunlich gute VerhÜltnisse herrschten. Das gab ihm neue Kraft. Andere Kommandeure der Solaren Flotte, besonders aber die KapitÜne der zahllosen Handelsraumschiffe, waren nicht in der glÅcklichen Lage gewesen, relativ viele mentalstabilisierte Helfer an Bord zu haben. áber sie war das Chaos mit voller HÜrte hereingebrochen. Ein Hilferuf war besonders erschÅtternd. Der Hyperfunker eines Passagierraumschiffes war als einziger Mensch immun. Er hatte sich in seiner Zentrale eingeschlossen, gefunkt und gefunkt; doch niemand hatte ihm Hilfe bringen kÉnnen. Vor etwa zwanzig Minuten war seine letzte Meldung durchgekommen. Dann hatte er das Schiff gesprengt. Die wenigen Immunen der MARCO POLO saÄen beisammen. Die technisch-wissenschaftlichen Faktoren wurden nochmals durchgesprochen. Es schien sicher zu sein, daÄ diese Rochenschiffe schon lange vor dem Schwarm in der Galaxis eingetroffen waren, um dort Vorarbeit zu leisten. Sie konnte nur in der Manipulierung der galaktischen Gravitationskonstante bestanden haben. Die Feldlinienfrequenz war wiederum um genau 852 Megakalup abgesunken. Das schien zur Verdummung eines jeden Lebewesens auszureichen. Warum das getan wurde, war nach wie vor unklar. Atlan hielt die MaÄnahme fÅr die Vorbereitung zu einem GroÄangriff.
Waringer war der Auffassung, der vermutete Gegner kÉnnte unter UmstÜnden gar nicht erfaÄt haben, welches Unheil er Åber die Galaxis gebracht hatte. Waringer gebrauchte die Begriffe ÑInstinkttriebÖ und Ñnaturbedingte HandlungsweiseÖ. Was war richtig? Genau betrachtet, wuÄten die Immunen nur, daÄ sie sich in einer Notlage befanden, die sie im letzten Moment noch hatten meistern kÉnnen. Dann sprach Perry Rhodan jene schicksalsschweren Worte aus, die mindestens Atlan und Waringer schon durchdacht hatten. ÑSie wissen, daÄ wir noch etwa neuneinhalbtausend Lichtjahre zurÅck zulegen haben, um das Solsystem zu erreichen. Ich erinnere an Waringers Feststellung Åber das Abklingen des Verdummungseffektes innerhalb des Linearraumes. Wir mÅssen aber ein letztes LinearmanÉver durchfÅhren, oder wir erreichen niemals die Erde. Sie ahnen, was ich damit sagen will?Ö ÑIch bin ein Narr!Ö rief Gucky. ÑDaran habe ich nicht gedacht. Wenn wir jetzt wieder in den Linearraum gehen, dann mÅssen unsere Kranken ja plÉtzlich wieder normal werden, oder?Ö Der Mausbiber sah sich fragend um. Rhodan strich sich mit einer Hand Åber die Augen. ÑGenau das!Ö bestÜtigte er. Seine Stimme klang heiser: ÑWenn die Vernunft zurÅckkehrt, werden unsere Leute wissen, was ihnen bei einem erneuten Eintauchen in den Einsteinraum bevorsteht. Sie werden sofort erkennen, daÄ sie dann wiederum dem Verdummungseffekt ausgeliefert sind. Wie werden sie sich verhalten? Werden sie uns mit Waffengewalt zwingen, im Linearflug die Galaxis erneut zu verlassen? Man wird sich erinnern, daÄ es im Leerraum zu keiner Beeinflussung gekommen ist. AuÄerdem hat die POLO Leistungsreserven, um noch mindestens zehn Millionen Lichtjahre ÅberbrÅcken zu kÉnnen. Das genÅgt vollkommen, um den Andromedanebel mit den dortigen terranischen StÅtzpunkten erreichen zu kÉnnen. Femer wird man sich an die mit uns befreundeten Maahks erinnern, die uns sicherlich beistehen wÅrden. Was also werden unsere Leute unternehmen, sobald sie ihre Vernunft wiedererlangt haben?Ö ÑSie werden uns steinigenÖ, stellte Atlan fest.
ÑDas ist ein historischer Begriff. Immerhin trifft er den Nagel auf den Kopf. Arkonide, wÜrest du freiwillig bereit, dich verdummen zu lassen? Oder wÅrdest du auf einem Weiterflug zum sicheren Andromedanebel bestehen? Notfalls mit Waffengewalt! WÅrdest du nicht blitzartig begreifen, daÄ ein Wiedereintauchen nahe der Erde vielleicht eine permanente VerblÉdung bewirken mÅÄte? WÅrdest du mir glauben, wenn ich dir versicherte, unsere Wissenschaftler kÉnnten dagegen sicherlich ein Heilmittel entdecken? KÉnntest du eines vagen Versprechens wegen deinen Selbsterhaltungstrieb unterdrÅcken? Nun ...?Ö Atlan Åberlegte lange. ÑNein! Ich glaube es nicht.Ö Rhodan nickte. ÑIch danke dir. Das war ehrlich. Ich kÉnnte fÅr niemand garantieren. Andererseits mÅssen wir die Erde erreichen!Ö ÑSind Sie in der Hinsicht ganz sicher, Sir?Ö warf Joak Cascal ein. Rhodan sah ihn forschend an. ÑSie haben das GlÅck, infolge einer frÅheren Kopfverletzung mental stabilisiert zu sein. Ihre Frage ist in Ordnung. Was mir weniger gefÜllt, ist Ihr sÅffisantes LÜcheln. Ja, wir mÅssen die Erde anfliegen!Ö Cascal, als Zyniker bekannt, lÜchelte weiter. ÑDas wÜre reiflich zu Åberlegen. Meiner Auffassung nach sind Sie entschlossen, wieder in den Linearflug zu gehen, die Kranken weiterhin unter VerschluÄ zu halten, um sie nach dem EintauchmanÉver erneut der Verdummung preiszugeben. Oder sollte ich mich irren, Sir?Ö ÑIhr Tonfall gefÜllt mir jetzt noch viel weniger.Ö ÑDas ist mir - mit Verlaub - in der gegenwÜrtigen Situation gleichgÅltig.Ö ÑEs steht Ihnen selbstverstÜndlich zu, Ihre Meinung zu ÜuÄern. Sie sollten allerdings nicht soweit gehen, die gesamte Menschheit zu gefÜhrden. Hier sind nur achttausend Leute an Bord. Allein auf Terra leben acht Milliarden Menschen, die sicherlich unsere Hilfe brauchen.Ö ÑSie Åbersehen den Effekt der Zeitverschiebung. Wer garantiert Ihnen, daÄ Sie die altbekannte Menschheit Åberhaupt noch vorfinden werden?Ö
ÑMein GefÅhl!Ö entgegnete Rhodan knapp. ÑLassen wir das, Oberst. Ich stelle Ihnen jedoch anheim, die MARCO POLO mit einem Åberlichtschnellen Beiboot zu verlassen, um irgendwo zu versuchen, fÅr unsere GeschÜdigten eine schnellere Hilfeleistung zu erwirken, als ich sie viel leicht arrangieren kann.Ö ÑDarum geht es mir nicht. Ich glaube, daÄ jeder Mensch an Bord dieses Schiffes nach seiner Meinung befragt werden sollte.Ö ÑDas Resultat kann ich Ihnen jetzt schon verraten, Oberst!Ö antwortete Atlan. ÑDa wir nicht wissen, wann wir eigentlich angekommen sind, wird diese UngewiÄheit fÅr die Meinungsbildung der MÜnner ausschlag gebend sein. Man wird sein eigenes, schlechtes Gewissen damit beruhigen, daÄ man ohnehin viel zu spÜt kommen wÅrde, um fÅr die gesamte Menschheit noch etwas tun zu kÉnnen. Sehen Sie das ein? Also wird man uns zwingen, Fahrt zur Andromedagalaxis aufzunehmen. Lehren Sie mich die Menschen kennen, Sie JÅngling!Ö Cascal antwortete nicht. Zehn Minuten spÜter lieÄ Rhodan abstimmen. Die immunen Besatzungsmitglieder der MARCO POLO waren dafÅr, die Kranken unter VerschluÄ zu halten, sie gut zu versorgen; ihnen jedoch wÜhrend des bevorstehenden Linearfluges keine volle Handlungsfreiheit zu gestatten. Nur Cascal stimmte dagegen. Rhodan erhob sich. AbschlieÄend erklÜrte er: ÑWir werden sehen, was wir auf der Erde vorfinden. Herrscht dort ausschlieÄlich das Chaos, und ist der Untergang nicht aufzuhalten, mÅssen wir zum Andromedanebel starten. Unsere unter Schutzhaft stehenden Besatzungsmitglieder werden dann automatisch wieder normal. Sind Sie damit einverstanden, Mr. Cascal?Ö Der Oberst wiegte den Kopf. Ein undefinierbarer Brummlaut war seine einzige âuÄerung. ÑIch deute diese Antwort als Zustimmung. Jedermann wird die Situation verstehen. Zuerst aber will ich sehen, was im Solsystem geschehen ist. Oberst Korom-Khan, legen Sie den Anflugkurs fest. Wir starten sofort.Ö Der Waringsche Ultrakompkonverter arbeitete seit wenigen Sekunden. Die MARCO POLO war bereits in den Linearraum vorgestoÄen.
Die gegen die Verdummungsstrahlung immunen Besatzungsmitglieder des Schiffes waren einsatzbereit. Den beiden Teleportermutanten war die Aufgabe zugeteilt worden, im Falle einer gefahrbringenden Situation sofort einzugreifen und Rhodan sowie Atlan mitzunehmen. Das Schiff wurde von Korom-Khan geflogen. Kosum und Ahrat hatten Bereitschaftsdienst. Drei Minuten waren bereits vergangen. In der Hauptsteuerzentrale sprach niemand ein Wort. Man beobachtete aufmerksam Åber die Bildschirme die Hallen und kleineren RÜume, in denen die Verdummten untergebracht waren. Ihre Verhaltensweise hatte sich nicht geÜndert. Es wurde gespielt, gelacht und Unfug getrieben. Andere MÜnner und Frauen saÄen schweigend auf ihren PlÜtzen. Anscheinend bemÅhten sie sich, die Situation zu begreifen. FÅnf Minuten vergingen. Keine Reaktion. Dann aber, etwa sieben Minuten nach dem erfolgten LinearmanÉver, Ünderte sich die Situation. Nahezu achttausend Menschen wurden plÉtzlich wieder normal. AnfÜnglich schauten sie sich nur verwundert um. Wenig spÜter erfaÄten sie die Sachlage und reagierten. Auf diesen Augenblick hatte Perry Rhodan mit innerer Furcht gewartet. Professor Dr. Eysbert eilte zum nÜchsten Interkom und rief die Zentrale an. Rhodan meldete sich persÉnlich. ÑSchÉn, Sie zu sehen, SirÖ, vernahm Rhodan Eysberts Stimme. ÑAuf Grund meiner bislang noch oberflÜchlichen Auswertung nehme ich an, daÄ wir von einem zweiten Verdummungsstrahl getroffen worden sind. Die besprochenen SchutzmaÄnahmen sind offenbar durchgefÅhrt worden.Ö ÑDas ja!Ö Eysbert stutzte bei dieser Auskunft. ÑWas soll das heiÄen? Sie weichen aus!Ö ÑIch hielt es vorerst fÅr richtig. Sie irren sich. Wir sind nicht von einem rochenfÉrmigen Raumschiff angegriffen worden. Waringers Theorie hat sich in schrecklicher Form bewahrheitet. Die MilchstraÄe scheint in ihrer fÅnfdimensionalen Konstante manipuliert worden zu sein. Bitte, hÉren Sie zu. Ich will Ihnen die Vorkommnisse erklÜren.Ö
Rhodan schilderte jedes Detail. Er verschwieg auch nicht die BeschluÄfassung der immunen Besatzungsmitglieder. ÑAch, so ist das!Ö entgegnete Eysbert gedehnt. Er gab sich gelassen und selbstsicher. ÑSie wissenÖ, teilte er schlieÄlich mit, ÑdaÄ alle wieder intelligent gewordenen Besatzungsmitglieder Ihre Lageschilderung mitgehÉrt haben? Sind Sie sich darÅber klar?Ö ÑJa! Ich habe die Rundumschaltung des Interkoms veranlaÄt.Ö ÑEine sehr kluge Taktik, Sir. Gedenken Sie, die BeschluÄfassung der Immunen in die Tat umzusetzen? Moment bitte ...Ö Eysbert verschwand fÅr einen Augenblick vom Bildschirm. Dann tauchte er wieder auf. Er gab sich immer noch souverÜn. ÑMir wurde mitgeteilt, daÄ mir die betroffenen Besatzungsmitglieder Vollmacht erteilt haben, mit Ihnen zu verhandeln.Ö ÑDas ist mir angenehm, Professor. Ich schÜtze beherrschte MÜnner.Ö ÑIch ebenfalls. Das Ündert jedoch nichts an der Tatsache, daÄ Sie uns bei einem erneuten Eintauchen in den Einsteinraum der Verdummung preisgeben wollen. Wir, die Leidtragenden, sind der Auffassung, daÄ Sie dazu kein Recht besitzen! Sie haben in anerkennenswerter Offenheit erwÜhnt, daÄ unsere Maschinenleistung ausreichend wÜre, den Andromedanebel zu erreichen. Das war anstÜndig, Sir! Zur Zeit sind wir jedoch inhaftiert und von Kampfrobotern bedroht.Ö ÑNiemand bedroht Sie. Ich weigere mich nur, wegen der WÅnsche von achttausend AngehÉrigen der Solaren Flotte darauf zu verzichten, die Erde anzufliegen. Dort leben acht Milliarden Menschen, auf den vielen anderen von uns besiedelten Planeten ein Vielfaches davon! Sie alle benÉtigen Hilfe.Ö Eysbert schien sich jetzt nur noch mit MÅhe beherrschen zu kÉnnen. Im Hintergrund schrien MÜnner, die von der Bildoptik nicht erfaÄt wurden. ÑJetzt geht es losÖ, flÅsterte Mentro Kosum. Rhodan gab ihm ein Zeichen. ÑSie weigern sich also!Ö stellte Eysbert fest. ÑUnsere Meinung ist Ihnen gleichgÅltig, nicht wahr?Ö
ÑDurchaus nicht. Ich bin nur der Auffassung, daÄ achttausend MÜnner und Frauen im Interesse von vielen Milliarden anderen Menschen ein nicht unzumutbares Opfer zu bringen haben.Ö ÑDas sagt der militÜrisch denkende Oberbefehlshaber der Solaren Flotte und der geschulte Politiker.Ö Rhodan atmete tief ein. Er kÜmpfte um seine innere Ausgeglichenheit. ÑSie irren sich, Professor. Das stelle ich als verantwortungsbewuÄter Mensch fest. Sie haben nicht das Recht, Ihr persÉnliches Wohlbefinden in den Vordergrund zu stellen.Ö Jemand schrie wie ein TobsÅchtiger. Ein junger Mann, den Rhodan nicht kannte, stieÄ den Psychologen zur Seite und stellte sich vor der Kamera auf. Das Gesicht des Unbekannten war verzerrt. ÑSie wollen uns wieder der VerblÉdung ausliefern, nur um Ihre politischen Ziele erreichen zu kÉnnen. Euch Immunen geht es ja gut, nicht wahr? Ihre SchÉntuerei ist Taktik, sonst nichts. Ich verlange, daÄ Sie im Linearraum bleiben, nÜmlich dort, wo ich vernÅnftig bin. Ich verbiete Ihnen, mich nochmals der VerblÉdung auszusetzen. Ich verbiete es Ihnen, Sie... Sie...Ö Eine Faust wurde schattenhaft erkennbar, die des Ertrusers Hartom Manis. Der Tobende sank besinnungslos zusammen. Manis erschien auf dem Schirm. ÑEs muÄte seinÖ, entschuldigte er sich. ÑDas alles Åbersteigt die KrÜfte des Jungen. So ergeht es Åbrigens vielen. Wie sieht es nun aus, Sir? Wollen Sie uns tatsÜchlich opfern?Ö ÑNiemand will Sie opfern, ich am allerwenigstenÖ, entgegnete Rhodan. ÑHÉren Sie zu, was die Immunen gemeinsam besprochen haben.Ö Rhodan erklÜrte den Inhalt der Sitzung nochmals und fuhr fort: ÑWenn wir wissen, wie sich die VerhÜltnisse auf der Erde entwickelt haben, sehen wir weiter. Ist die Lage unrettbar verloren, starten wir zum Andromedanebel. Vorher aber mÅssen wir erfahren, wie es im Solsystem aussieht, welche Zeit wir verloren haben und wie die Invasion der Takerer verlaufen ist. Sie werden wieder verdummen, das ist richtig. Aber haben Sie dabei Schmerzen empfunden? Hat Ihnen jemand Schaden zugefÅgt? Sind Sie etwa verhungert oder verdurstet? Abgesehen von jenen Personen, die wir paralysie-
ren muÄten, ist niemandem etwas geschehen. KÉnnen Sie nicht im Interesse der gesamten Menschheit den Manipulationseffekt nochmals auf sich nehmen? Mein Gott, Sie spÅren doch nichts davon!Ö Rhodan sprach noch etwa dreiÄig Minuten zu den mehr oder weniger deprimierten Besatzungsmitgliedern. AnschlieÄend bat er um eine Abstimmung. Die Auswertung wurde von einem Wahlgremium unter der Leitung von Professor Eysbert vorgenommen. Als das Ergebnis endlich ermittelt war, nÜherte sich die MARCO POLO bereits ihrem Flugziel - dem irdischen Sonnensystem. Eysbert benahm sich nach wie vor wie ein zivilisierter Mensch. Andere tobten. Man konnte es hÉren. Hier und da zischten ParalyseschÅsse aus Roboterwaffen. ÑSie haben gewonnen!Ö erklÜrte Eysbert. ÑAchtundfÅnfzig Prozent aller Stimmen befÅrworten Ihre Theorie, zweiundvierzig Prozent der Stimmberechtigten sind dagegen. Ich nehme an, daÄ Sie dieses Ergebnis mit groÄer Freude begrÅÄen werden.Ö Ñáberhaupt nicht, Professor! Ich beginne nur wieder, an die Vernunft und an das VerantwortungsbewuÄtsein jener MÜnner und Frauen zu glauben, die zusammen mit mir den Ganjo Ovaron nach Hause gebracht und in der Galaxis Gruelfin fÅr die gesamte Menschheit gekÜmpft haben.Ö ÑNun schÉn, dann kehren Sie in den Normalraum zurÅck. Die BlÉden grÅÄen Sie, Imperator!Ö Eysbert schaltete ab. Kosum unterbrach zahlreiche Interkomverbindungen, die von den verschiedensten Stationen aus angewÜhlt wurden. ÑEs hat keinen Zweck mehrÖ, entschuldigte sich der Emotionaut. ÑSchauen Sie nicht so unglÅcklich, Sir. Sie haben schlieÄlich keinen Hin richtungsbefehl fÅr achttausend Mann gegeben.Ö ÑDoch, indirekt! Ich mÉchte nicht in Eysberts Haut stecken. Wir sind tatsÜchlich die vom GlÅck BegÅnstigten. Hoffentlich haben wir die richtige Entscheidung getroffen.Ö Nur drei Minuten spÜter stÅrzte die MARCO POLO in das Einsteinsche Normaluniversum zurÅck. Die Verdummung der Besatzungsmitglieder begann erneut. Vor dem Schiff lag das irdische Sonnensystem.
Wenig spÜter erfolgte durch die Ortung die erste erschreckende Entdeckung. Der systemumspannende Paratronschirm existierte nicht mehr! Auch Pluto, der neunte Planet des Solsystems war verschwunden. Man ortete lediglich eine riesige TrÅmmermasse. Pluto war offensichtlich explodiert. Aber wieso? Vor allem aber: Wann war das geschehen? Die wenigen immunen MÜnner der MARCO POLO sahen bestÅrzt auf das klare Bild der Hyper-Reliefortung und der optischen Erfassung. Rhodan ergriff zuerst das Wort. ÑDas ist der Anfang der auf uns zukommenden áberraschungen, Freunde! Wenn das so weitergeht, kÉnnen wir unsere RettungsplÜne getrost aufgeben. Ja, zum Donnerwetter, kann mir denn niemand verraten, welches Datum man auf der Erde schreibt?Ö Niemand konnte es. Selbst ein Genie wie Waringer nicht. ÑKorom-Khan, lineares KurzmanÉver von einer Minute einleiten. Direkt in das System hineinfliegen. Atlan, bitte in die Feuerleitzentrale zurÅckkehren. Klar Schiff zum Gefecht, so gut es eben mÉglich ist. Schutzschirme aufbauen.Ö
5. Juni 3441
Terra
Es war fÅrchterlich. Etwa dreiÄigtausend Raumschiffe der solaren Heimatflotte trieben steuerlos durch den Raum. Ihre Funkstationen schwiegen. Rhodan fragte sich, ob die verdummten Besatzungsmitglieder noch in der Lage gewesen waren, die dehydrierten Nahrungsmittel zuzubereiten. Unter UmstÜnden waren etliche hunderttausend Mitglieder der Solaren Flotte bereits verhungert. Um so zwingender ergab sich der Verdacht, daÄ die MARCO POLO viel spÜter als gedacht heimgekehrt war. Niemand kÅmmerte sich um das mit rasender Fahrt ankommende GroÄraumschiff. FrÅher wÜre das undenkbar gewesen. Schon ein
unangemeldet einfliegender Frachter wÜre spÜtestens in HÉhe der Neptun bahn angehalten worden. Alaska Saedelaere saÄ in der Funkzentrale. Er war alleine. Er bemÅhte sich, mit der Erde Hyperkomkontakt aufzunehmen; aber niemand antwortete. SchlieÄlich erschienen Rhodan, Gucky, Takvorian und Mentro Kosum in dieser wichtigen Abteilung. Perry hÉrte sich fÅnf Minuten lang die Anrufe des Mannes mit der Halbmaske an. ÑHÉren Sie auf, Alaska. Ich hoffe, mit meiner Auswertung recht zu haben. Wenn auf der Erde Åberhaupt noch Funkstationen mit vernÅnftig gebliebenen Besatzungen existieren, dann wird man Ihre Hyperkomanrufe ignorieren!Ö ÑBitte ...!Ö entgegnete Alaska fassungslos. ÑSagten Sie >ignorieren