Michael Ebert Der Konzernabschluss als Element der Corporate Governance
GABLER RESEARCH Rechnungswesen und Unternehme...
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Michael Ebert Der Konzernabschluss als Element der Corporate Governance
GABLER RESEARCH Rechnungswesen und Unternehmensüberwachung Herausgegeben von Professor Dr. Hans-Joachim Böcking, Professor Dr. Michael Hommel und Professor Dr. Jens Wüstemann
Die Schriftenreihe präsentiert Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung zu den Themengebieten Financial Accounting, Business Reporting, Business Audit, Business Valuation und Corporate Governance. Die Beiträge dieser Reihe verfolgen das Ziel, Vorgaben der Gesetzgebung, der nationalen und internationalen Standardsetter sowie Empfehlungen der Wirtschaftspraxis mittels des Instrumentariums der betriebswirtschaftlichen Theorie zu beschreiben, zu analysieren und insbesondere vor dem Hintergrund der Anforderungen des Kapitalmarktes weiterzuentwickeln.
Michael Ebert
Der Konzernabschluss als Element der Corporate Governance Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dirk Simons
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Mannheim, 2009
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Sabine Schöller Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2393-6
Geleitwort Auch wenn das Konzept der Informationsfunktion von Jahresabschl¨ ussen bereits viel l¨anger diskutiert wird als der Begriff Corporate Governance Verwendung findet, so d¨ urfte doch Einigkeit bestehen, dass Jahresabschl¨ usse das wesentliche Element eines funktionierenden Corporate Governance Systems darstellen. Unabh¨angig von ihrer Rechtstellung ben¨otigen Kapitalgeber n¨amlich Informationen u ¨ber die Verm¨ogens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens, dem sie Finanzmittel zur Verf¨ ugung gestellt haben oder zur Verf¨ ugung zu stellen wollen. Diese Informationsnotwendigkeit ergibt sich unter anderem, um eventuell bestehende Kontroll- und Mitspracherechte auszu¨ uben, die angemessene Verg¨ utung des eingesetzten Kapitals in Form von Zinsen, Dividenden oder Kurssteigerungen zu u uckgew¨ahrung ¨berwachen oder um gegebenenfalls eine vollst¨andige Kapitalr¨ sicherzustellen. Besonders deutlich tritt dieses Problem hervor, wenn man Eigenkapitalgeber betrachtet, die anonym am Kapitalmarkt investieren. Formal erfolgt zwar ein Erwerb von Anteilsrechten an Einzelgesellschaften, diese stellen jedoch regelm¨aßig Muttergesellschaften von Konzernen dar. Damit treten die beiden Grundprobleme, die den Bedarf nach Corporate Governance begr¨ unden, in Reinkultur auf: Die Separation von Eigentum, das den Eigenkapitalgebern zusteht und Verf¨ ugungsgewalt, die einem angestellten Management u ¨bertragen wird sowie das Bestehen von Informationsasymmetrie zwischen Investoren und Management. Vor diesem Hintergrund wird bereits fr¨ uh in der Geschichte von Kapitalgesellschaften eine Informationspflicht, zum Beispiel in Form von Rechnungslegung, eingef¨ uhrt, um das Funktionieren von Kapitalm¨arkten zu unterst¨ utzen. Normgeber und Standardsetzer arbeiten folglich daran, mittels geeigneter Rechnungslegungsvorschriften eine m¨oglichst gute Informationsversorgung sicherzustellen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass im Prozess der Finanzberichterstattung verschiedene Beeintr¨achtigungen der Informationsfunktion auftreten k¨onnen. Michael Ebert systematisiert und analysiert diese Beeintr¨achtigungen mittels eines aus den Kognitionswissenschaften entlehnten Sender-Empf¨anger-Modells. Das bilanzierende Unternehmen als Sender vermag durch Bilanzpolitik den Informationsgehalt eines Jahresabschlusses zu beeinflussen. Dar¨ uber hinaus determinieren auch die Standards selber die Informationsg¨ ute. Besonders hervorzuheben ist aber die Rolle des Empf¨angers, der ein
vi
Geleitwort
großer Raum einger¨aumt wird. Kognitive Imperfektheiten k¨onnen dazu f¨ uhren, dass der Bilanzleser die im Jahresabschluss kodiert enthaltenen Informationen nicht vollst¨andig nutzbar machen kann. Insofern kann es selbst bei Abwesenheit von Bilanzpolitik und dem Vorliegen perfekter Rechnungslegungsstandards zu Dysfunktionalit¨aten kommen. Michael Ebert widmet jeder der drei Komponenten des Sender-Empf¨anger-Modells eine eigene Analyse und greift dabei auf ein Portfolio von Methoden, das von analytischtheoretischen Modellen bis zur experimentellen Studie reicht, zur¨ uck. Damit gelingt ihm ¨ einen umfassender Uberblick von Informationsbeeintr¨achtigungen, der kenntnisreich und pr¨agnant vermittelt wird. Michael Ebert leistet damit einen hochrelevanten und aktuellen Beitrag zur betriebswirtschaftlichen Betrachtung von Corporate Governance und der besonderen Bedeutung der Finanzberichterstattung im Governance System. Prof. Dr. Dirk Simons
Vorwort Als ich die Arbeit an dieser Dissertation im Laufe des Jahres 2005 begann, schien mir das Schreiben eines Vorworts lediglich die letzte Pflicht, ein unwichtiges, dazu noch eitles Detail zu sein. Vor allem lag es noch in ferner Zukunft und war deswegen keiner weiteren Gedanken wert. Nichts davon gilt mehr. Dass die Arbeit irgendwann fertig sein w¨ urde, war noch am ehesten vorherzusehen. Die Erkenntnis, dass mir das Schreiben des Vorworts mehr Bed¨ urfnis als Pflicht sein w¨ urde, wuchs mit der Menge an Menschen, denen ich das Gelingen dieser Arbeit verdanke und deren Beitrag, das liegt in der Natur wissenschaftlicher Arbeit, mir h¨aufig erst nach einiger Zeit wirklich bewusst geworden ist. So begr¨ undet auch die Hoffnung, dass wenigstens einige dieser Menschen irgendwann einmal einen Blick in dieses Buch werfen werden, meine Einsicht, dass ein Vorwort genau der richtige Ort ist, um Danke zu sagen. Die vorliegende Arbeit wurde von der Fakult¨at f¨ ur Betriebswirtschaftslehre der Universit¨at Mannheim als Dissertation angenommen. Sie entstand w¨ahrend meiner Zeit als wissenschaftlicher Angestellter am Lehrstuhl meines Doktorvaters, Herrn Professor Dr. Dirk Simons. Ihm zuallererst bin ich angesichts der fertigen Arbeit sehr dankbar – f¨ ur die M¨oglichkeit, mir meine Themen frei zu w¨ahlen, seine absolute Unvoreingenommenheit gegen¨ uber Forschungsfragen und Methoden und die vielen fachlichen Diskussionen der letzten Jahre. Mein Dank gilt weiterhin Herrn Professor Dr. Jens W¨ ustemann, sowohl f¨ ur ¨ die Ubernahme des Zweitgutachtens als auch f¨ ur die sehr umsichtige Unterst¨ utzung bei der Ver¨offentlichung dieser Arbeit. Neben der Familie sind es vor allem meine unmitelbaren Lehrstuhlkollegen, denen ich mit meiner Promotion das Leben schwer gemacht habe. Nicht nur, dass ich Ihnen durch unz¨ahlige Fragen, Diskussionen und ad-hoc Vortr¨age die Zeit f¨ ur Ihre eigenen Projekte ge” raubt“ habe. Die Konzentration auf die Dissertation besonders in der Schlussphase war nur m¨oglich, weil sie in dieser Zeit viele meiner Aufgaben am Lehrstuhl u ¨bernommen haben. Daf¨ ur m¨ochte ich insbesondere Dipl.-Kffr. Martina Corsten, Dipl.-Kffr. Julia Grathwohl, Dipl.-Kfm. Dennis Voeller sowie Julia Spieß ganz herzlich danke sagen. Ein besonderer Platz geb¨ uhrt an dieser Stelle Dr. Nicole Zein und Dr. Jannis Bischof. Ich habe in den vergangenen Jahren durch kaum etwas anderes so viel gelernt, wie durch die gemeinsame Forschung und das gemeinsame Schreiben. Zuletzt gilt mein Dank allen, die diese Arbeit
viii
Vorwort
oder Teile davon in verschiedenen Stadien lasen und kommentierten und so wesentlich zu ihrem Gelingen beitrugen. Der gr¨oßte Dank geb¨ uhrt meinen Eltern und meiner Frau f¨ ur ihre unbedingte Unterst¨ utzung, ihr Vertrauen, ihre Geduld und vor allem ihre Ermutigung, den wissenschaftlichen Weg weiterzugehen. Ihnen m¨ochte ich dieses Buch widmen. Dr. Michael Ebert
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort
v
Vorwort
vii
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung
1
1.1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2. Das Corporate Governance System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
1.3. Die Informationsfunktion des Konzernabschlusses . . . . . . . . . . . . . . 10 2. Beeintr¨ achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
19
2.1. Empirische Evidenz zur Bilanzpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.2. Bilanzielle Abbildung von Unternehmenszusammenschl¨ ussen . . . . . . . . 22 2.3. Bilanzpolitisches Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.3.1. Zahlung einer Kontrollpr¨amie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.3.2. G¨ unstiger Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.4. Erkl¨arungsans¨atze f¨ ur tranchenweisen Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3. Beeintr¨ achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten 41 3.1. Der Informationsgehalt von Abschlussdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.2. Interne Nutzung des Goodwills . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.3. Literatur¨ uberblick und Kontexteinordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.3.1. Potentielle Zielkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.3.2. Der Goodwill als bilanzpolitisches Instrument . . . . . . . . . . . . 48 3.4. Charakterisierung der Verhandlungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.4.1. Bestimmung des Kaufpreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.4.2. Bestimmung der Referenzl¨osung: Verhandlungsstrategie ohne EmpireBuilding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3.5. Beitrag der externen Rechnungslegung zur Aufdeckung von Empire Building 58 3.5.1. Analyse des Verhandlungsergebnisses mit Hilfe der Rechnungslegung 61
x
Inhaltsverzeichnis 3.5.2. Bedeutung der Rechnungslegung zur Aufdeckung von Empire Building bei Bilanzpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.6. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
69
4.1. Empirische Evidenz zu Wahrnehmungseffekten auf Ebene der Investoren . 69 4.2. Finanzinstrumente nach IAS 39 und die Risikowahrnehmung von Investoren 72 4.3. Verzerrte Risikowahrnehmung durch Bilanzkategorien . . . . . . . . . . . . 75 4.4. Verzerrte Risikowahrnehmung durch Anhangangaben . . . . . . . . . . . . 79 4.5. Untersuchungsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4.5.1. Experiment 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4.5.2. Experiment 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.5.3. Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.6. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . 85 4.6.1. Risikowahrnehmung in Abh¨angigkeit vom Informationsset (H1a und H2a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4.6.2. Wahrnehmungsbasierte Erkl¨arungen f¨ ur die Risikoeinsch¨atzung von Finanzinstrumenten (H1b und H1c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4.6.3. Der Einfluss von Investorenmerkmalen auf die Risikowahrnehmung (H2b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 4.7. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . 97 5. Der Aufsichtsrat als komplement¨ arer Governance Mechanismus
101
5.1. Wertorientierte Aufsichtsratsverg¨ utung und Unternehmenswert . . . . . . . 103 5.2. Der Aufsichtsrat als Element der Corporate Governance . . . . . . . . . . . 104 ¨ 5.2.1. Definition der Uberwachungsaufgabe des Aufsichtsrats . . . . . . . 104 ¨ 5.2.2. Wirkung der Uberwachungst¨atigkeit auf den Unternehmenswert . . 106 5.2.3. Die Motivation von Aufsichtsr¨aten mittels Verg¨ utung und Haftung . 109 5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten . . . . . . . . . . 114 5.3.1. Modellannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.3.2. Ergebnisse des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 5.4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 6. Schlussbemerkungen
135
Anhang
137
A.
Beweis zu Behauptung 3.1: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Inhaltsverzeichnis
xi
B.
Beweis zu Behauptung 3.2: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
C.
Beweis zu Behauptung 3.3: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
D.
Beweis zu Behauptung 3.4: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
E.
Beweis zu Behauptung 3.7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
F.
Untersuchungsinstrument zur Untersuchung der Risikowahrnehmung . . . . 144
G.
Dominanz der Gleichgewichte aus Sicht des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . 162
H.
Beweis zu Behauptung 5.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
I.
Beweis zu Behauptung 5.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Tabellenverzeichnis 2.1. Konsolidierung bei Erwerb mit Kontrollpr¨amie in einem Schritt . . . . . . 30 2.2. Konsolidierung bei Erwerb mit Kontrollpr¨amie in zwei Schritten . . . . . . 30 2.3. Konsolidierung bei g¨ unstigem Erwerb in einem Schritt . . . . . . . . . . . 33 2.4. Konsolidierung bei g¨ unstigem Erwerb in zwei Schritten . . . . . . . . . . . 33 3.1. Preissetzungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.2. Strategie eines vikarischen Managements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3.3. Strategieprofil der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4.1. Unterschiede im wahrgenommenen Risiko der Bilanzkategorien . . . . . . . 86 4.2. Verf¨ ugbarkeitseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4.3. Bin¨ares Regressionsmodell - Deskriptive Statistiken . . . . . . . . . . . . . 95 4.4. Bin¨ares Regressionsmodell - Korrelationsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . 96 4.5. Bin¨ares Regressionsmodell - Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 5.1. Gleichgewichte in Abh¨angigkeit von den Parameterkonstellationen . . . . . 126
Abbildungsverzeichnis 1.1. Institutioneller Rahmen der CG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
1.2. Corporate Governance Mechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
1.3. Sender-Empf¨anger-Modell des externen Rechnungswesens . . . . . . . . . . 15 2.1. Buchungss¨atze bei Erwerb in einer Tranche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.2. Buchungss¨atze bei Erwerb in zwei Tranchen . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.3. Abgrenzung relevanter Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.4. Goodwilleffekt bei Zahlung einer Kontrollpr¨amie . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.5. Goodwilleffekt bei g¨ unstigem Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3.1. Fallunterscheidungen in Abh¨angigkeit von qH -pH -Kombinationen . . . . . . 55 3.2. Konfliktpotentiale zwischen Vorstand und Anteilseignern . . . . . . . . . . 60 3.3. Transaktionpreise und Goodwills in Abh¨angigkeit von y . . . . . . . . . . . 62 4.1. Gliederungsformate europ¨aischer Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 4.2. Interaktion von Kategorie und Informationsmenge . . . . . . . . . . . . . . 86 4.3. Verteilungen der R¨ange ohne Anhangangaben . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4.4. Verteilungen der R¨ange nach Anhangangaben . . . . . . . . . . . . . . . . 93 5.1. Modell in extensiver Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 5.2. Erwartete Auszahlung in Abh¨angigkeit von S . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Glossar AaG
Anteile anderer Gesellschafter
ADHGB
Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch
AFS
Available for Sale
AktG
Aktiengesetz
ANOVA
Analysis of Variance
AR
Aufsichtsrat
Az.
Aktenzeichen
BC
Basis for Conclusions
BGB
B¨ urgerliches Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
BilMoG
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
c.p.
ceteris paribus
CEO
Chief Executive Officer
CFO
Chief Finanial Officer
CG
Corporate Governance
D&O
Directors and Officers
DAI
Deutsches Aktieninstitut
DCF
Discounted Cash Flow
DCGK
Deutscher Corporate Governance Kodex
df
Degrees of Freedom
DGB
Deutscher Gewerkschaftsbund
ED
Exposure Draft
EDF
Exposure Draft of An Improved Conceptual Framework for Financial Reporting
xviii
Glossar
EK
Eigenkapital
FGM
Full Goodwill-Methode
FV
Fair Value
GGW
Gleichgewicht
HFT
Held for Trading
HGB
Handelsgesetzbuch
IAS
International Accounting Standard(s)
IASB
International Accounting Standards Board
IFRS
International Financial Reporting Standard(s)
KB
Konzernbilanz
L&R
Loans and Receivables
M&A
Mergers and Acquisitions
MitbestG
Gesetz u ¨ber die Mitbestimmung der Arbeitnehmer
MU
Mutterunternehmen
NBM
Neubewertungsmethode
NUW
Nettounternehmenswert
OLG
Oberlandesgericht
PGG
Pooling-Gleichgewicht
PrALR
Allgemeines Landrecht f¨ ur die Preußischen Staaten
PublG
Publizit¨atsgesetz
Rz.
Randziffer
Glossar
SFAS
xix
Statements of Financial Accounting Standards
SGG
Separating-Gleichgewicht
SQA
Summe der quadrierten Abweichungen
StdAbw
Standardabweichung
TransPuG
Transparenz- und Publizit¨atsgesetz
TU
Tochterunternehmen
UMAG
Gesetz zur Unternehmensintegrit¨at und Modernisierung des Anfechtungsrechts
WpHG
Wertpapierhandelsgesetz
WpPG
Wertpapierprospektgesetz
Symbolverzeichnis α1
A posteriori Wahrscheinlichkeit eines guten Vorstands wenn s beobachtet wird
α2
A posteriori Wahrscheinlichkeit eines schlechten Vorstands wenn s beobachtet wird
β
Wahrscheinlichkeit der Kontrolle durch Aufsichtsrat
C
Kontrolle des Aufsichtsrats
D
Summe aus erwarteten Haftungs- und Reputationssch¨aden des Vorstands
Anteil der zweiten Tranche am Beteiligungserwerb
ε(S) A priori Wahrscheinlichkeit eines guten Vorstands E[·]
Erwartungswert
EK
bilanzielles Eigenkapital
FA
Fixer Bestandteil der Aufsichtsratsverg¨ utung
FV
Fixer Bestandteil der Vorstandsverg¨ utung
ΔGW Goodwilldifferenz γ
Beteiligungsquote
GW
Bilanzieller Goodwill
H
Summe aus erwareteten Haftungs- und Reputationssch¨aden des Aufsichtsrats
I
¨ Ubernahmepreis
K
Kontrollkosten des Aufsichtsrats
λ
Faktor zur Festlegung des Fair Values
N
Privater Nutzen des Vorstands
N U W Nettounternehmenswert aus Aneilseignersicht
xxii
Symbolverzeichnis
ΠA i
Gesamtverg¨ utung des Aufsichtsrats
ΠVi
Gesamtverg¨ utung des Vorstands
P OG offen gelegte Preisobergrenze P (·)
Wahrscheinlichkeitsverteilung bzgl. der Wertvorstellungen des Verk¨aufers
p(·)
Wahrscheinlichkeit
pH
Wahrscheinlichkeit eines Verk¨aufers mit hoher Preisobergrenze
Pi
Unternehmenswert i ∈ {H, M, L}
P OGi Preisobergrenze eines K¨aufers mit Wertvorstellung i P U Gi Preisuntergenze eines Verk¨aufers mit Wertvorstellung i Q(·)
Wahrscheinlichkeitsverteilung bzgl. der Wertvorstellungen des K¨aufers
Q
Erwarteter Reputationsschaden des Aufsichtsrats
qH
Wahrscheinlichkeit K¨aufers mit hoher Preisobergrenze
Rj
Erwarteter Reputationsschaden des Vorstands, j ∈ {G, B}
S
Such- und Bestellaufwand
s
Sorgfalt des Vorstands
θ
Ausmaß der Bilanzpolitik bei Kaufpreisallokation
t
Zeitpunkt
TP
Transaktionspreis
VV
Monet¨ares Aquivalent zum Arbeitsleid des Vorstands
w
Parameter der variablen Vorstandsverg¨ utung
X
Fair Value des identifizierbaren Nettoverm¨ogens
x
Transaktionswahrscheinlichkeit
y
Anteilige Transaktionsrente der schw¨acheren Verhandlungspartei
z
Parameter der variablen Aufsichtsratsverg¨ utung
Symbolverzeichnis ZA
Zielfunktion des Aufsichtsrats
ZV
Zielfunktion des Vorstands
ZF M Zielfunktion des Managements ZF AE Zielfunktion der Anteilseigner
xxiii
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung 1.1. Einleitung Kapitalgesellschaften, insbesondere Publikumsgesellschaften, stellen die Grundlage der modernen Wirtschaft dar; Roth & W¨orle (2004, S. 565) bezeichnen sie gar als Mei” sterst¨ ucke der modernen industriellen Wirtschaft“. Ihre Erfindung erlaubte nicht nur die Finanzierung gr¨oßerer und riskanterer privatwirtschaftlicher Unternehmungen als dies uhrte auch durch Einzelpersonen oder Personengesellschaften m¨oglich gewesen war,1 sie f¨ zur Herausbildung eines neuen Berufsstandes, dem des angestellten Managers.2 Dieser f¨ uhrt im Auftrag der Eigent¨ umer das Unternehmen und hat dabei weitestgehende Kontrolle u ¨ber die wirtschaftliche Verwendung der Unternehmensressourcen, ohne selbst Unternehmensanteile in nennenswertem Umfang besitzen zu m¨ ussen. Diese Trennung von Eigentum und Kontrolle beinhaltet die M¨oglichkeit unterschiedlicher Interessen von Eigent¨ umern und Managern bez¨ uglich der Verwendung der Unternehmensressourcen.3 Adam Smith schreibt in seinem 1776 erschienenen Werk The Wealth of Nations“ ” u ¨ber die Direktoren von Aktiengesellschaften, sie seien nachl¨assig und freigiebig im Umgang mit den ihnen anvertrauten Ressourcen und erkl¨art dies mit mangelnder Interessen¨ ubereinstimmung:4 1
Vgl. L¨offelholz (1935, S. 251ff.). Davis (1897, S. 273) bemerkt, dass ..nahezu alle Unternehmungen, ” deren erfolgreiche Durchf¨ uhrung große Investitionen erfordert, von ... Kapitalgesellschaften durchgef¨ uhrt ¨ [werden]“[eigene Ubersetzung]. Dies begr¨ undet er sp¨ ater mit Skalenertr¨ agen, die erst durch Inkorporation erm¨oglicht werden: ...whether absorption by a group of the activity ... is advantageous, depends upon the ” relation between the unit of greatest efficiency of the activity itself and the unit of ability to exercise the ability“, Davis (1897, S. 293). Als weitere Ursache f¨ ur die Entstehung moderner Organisationsformen und die damit einhergehende Abl¨ osung mittelalterlicher Z¨ unfte weist Kieser (1989) auf deren im Kern religi¨ ose und profitfeindliche Verfassung hin, die sie daran hinderte, sich an die gesellschaftlichen Ver¨ anderungen des sp¨aten Mittelalters und der Renaissance anzupassen. 2 Zur Herausbildung der Exekutivorgane von Korporationen, angefangen von mittelalterlichen Z¨ unften u ¨ber die ersten Kapitalgesellschaften bis ins 20. Jahrhundert vgl. O’Donnell (1952). Am Beispiel mittelalterlicher M¨onchsorden verdeutlicht Kieser (1987) Managementstrukturen, die denen moderner Unternehmen bereits sehr nahe kommen. 3 Vgl. Berle & Means (1968). 4 Smith (1994, S. 800). Lewellen (1968) lehnt die Interessendivergenz zwischen Management und Eigent¨ umern aufgrund der Beobachtung ab, dass Manager h¨ aufig selbst, wenn auch wenige, Anteile am Unternehmen besitzen. Da diese aber einen großen Anteil am privaten Verm¨ ogen der Manager ausma¨ chen, sieht er deren Interessen weitgehend in Ubereinstimmung mit den Interessen der reinen Kapitalgeber. Dem halten Bryan et al. (2000) und Smith & Watts (1992) entgegen, dass dies auch zu einer aus Sicht der Eigent¨ umer u aßigen Risikoaversion aufgrund geringer Diversifikationsm¨ oglichkeiten ¨berm¨
2
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung The directors of such companies, however, being the managers rather of other people’s money than of their own, it cannot well be expected, that they should watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery frequently watch over their own.
Die potentiellen Kosten dieses Interessenkonflikts aus Sicht der Eigent¨ umer werden unter dem Begriff Prinzipal-Agenten-Problem subsumiert.5 Sie haben im Laufe der Zeit zur Herausbildung einer Vielzahl von vertraglichen Instrumenten gef¨ uhrt, die diesen Konflikt verhindern oder zumindest mindern sollen.6 Ross (1973) zeigt, dass die Ursache des Konflikts in einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Eigent¨ umern und Managern begr¨ undet ist. Nachdem es angestellt wird, erlangt das Management im Zuge der Unternehmensf¨ uhrung spezifisches Wissen u ¨ber den Wert der einzelnen Unternehmensressourcen in verschiedenen Anwendungsm¨oglichkeiten. Dieser Informationsvorteil, verbunden mit der Unbeobachtbarkeit der Intentionen und Aktionen des Managements durch die Unternehmenseigner, erlaubt ersterem, zu Lasten der Eigent¨ umer, einen Teil der Unternehmensrente zu appropriieren.7 Daher ist es nicht u uh in der Geschichte der Kapitalge¨berraschend, dass bereits sehr fr¨ sellschaft Informationspflichten eingef¨ uhrt wurden, um einen Abbau dieser Informationsasymmetrie zu bewirken. Ein wesentliches Instrument hierbei stellt der Jahresabschluss des Unternehmens dar. Urspr¨ unglich individuell vertraglich geregelt, wurde seine Aufstellung auch infolge wirtschaftlicher Krisen und Skandale immer st¨arker gesetzlich reglementiert.8 Das vielleicht prominenteste Beispiel der j¨ ungeren Vergangenheit stellt der Enron-Skandal dar, in dessen Folge der Sarbanes-Oxley-Act verabschiedet wurde. Dieser enth¨alt unter anderem erweiterte Berichtspflichten u ufung ¨ber Korrekturen, die infolge der Abschlusspr¨ vorgenommen werden, u ¨ber Vorg¨ange unter dem Bilanzstrich oder den Ausweis von ProForma-Gewinnen.9 Wurden in den ersten Aktiengesellschaften Gesch¨aftsberichte noch ledes Managements f¨ uhren kann. Außerdem verweisen Jensen & Meckling (1976, S. 312) darauf, dass das Management die Kosten opportunistischen Verhaltens u ¨ber die eigene Beteiligung am Unternehmen nur anteilig zu tragen hat, den Nutzen aber vollst¨ andig vereinnahmt. 5 Zur einer der ersten vollst¨ andigen formal-analytischen Beschreibungen dieses Problems vgl. Ross (1973). 6 Vgl. Abschnitt 1.2. 7 Andere Vertragsbeziehungen der Unternehmung, wie Fremdkapitalfinanzierung, Liefervertr¨ age oder Gemeinschaftsunternehmen bergen ¨ ahnliche Prinzipal-Agenten-Konflikte. Deren konstituierende Eigenschaft besteht immer darin, dass der Eigent¨ umer einer Ressource die (teilweise) Kontrolle dar¨ uber an einen Vertragspartner abgibt und dessen Handlungen nicht direkt beobachten bzw. steuern kann. 8 F¨ ur einen kompakten geschichtlichen Abriss zu Entwicklung des Jahresabschlusses in Deutschland vgl. Coenenberg (2005, S. 9f.). Barth (1953) und Barth (1955) stellen die Entwicklung des deutschen Handels¨ und Steuerbilanzrechts im 19. Jahrhundert ausf¨ uhrlich dar. Einen kurzen Uberblick u ¨ber internationale Entwicklungen bieten Glautier & Underdown (2001, S. f.) und Seicht (1970, S. 17-41). 9 Vgl. 107th Congress of the United States of America (2002, Sec. 401). Zu weiteren Beispielen vgl. Borrus et al. (2002) und Berle & Means (1968, S. 115). F¨ ur ein fr¨ uhes Beispiel vgl. Baetge (2009) i.V.m. Lehmann
1.1. Einleitung
3
diglich sporadisch und, wie L¨offelholz (1935, S. 253) bemerkt, nur auf Verlangen Außenstehender erstellt, war es bereits im sp¨aten 19. Jahrhundert g¨angige Praxis englischer Aktiengesellschaften, nach einheitlichen Regeln erstellte und gepr¨ ufte Gesch¨aftsberichte ur die Preußizu ver¨offentlichen.10 In Deutschland enthielt das Allgemeine Landrecht f¨ schen Staaten vom 5. Februar 1794 erstmals eine gesetzliche Rechenschaftspflicht der Gesch¨aftsf¨ uhrer einer Korporation gegen¨ uber ihren Mitgliedern, wenngleich diese noch nicht im Detail geregelt war.11 Das Interesse der vorliegenden Arbeit liegt daher darin, einzusch¨atzen, inwiefern sich Konzernabschl¨ usse zur Vermittlung unternehmensbezogener Informationen an die Eigent¨ umer des Konzerns oder andere Interessengruppen eignen. Nur wenn diese Eignung gegeben ist, k¨onnen Konzernabschl¨ usse den jeweiligen Prinzipalen dazu dienen, den Einfluss des Managements auf ihre individuellen Interessen zu beurteilen und durch wirtschaftliche Entscheidungen zu steuern. Als Ergebnis soll diese Arbeit aufzeigen, unter welchen Einschr¨ankungen die von Konzernabschl¨ ussen vermittelten Daten als entscheidungsn¨ utzliche Informationsquellen dienen k¨onnen. Als potentiell einschr¨ankende Faktoren werden an ausgew¨ahlten Beispielen die Bilanzpolitik von Seiten des berichtenden Managements, fehlender Informationsgehalt der vermittelten Daten, sowie die imperfekte Wahrnehmung der Abschlussdaten durch individuelle Investoren untersucht. Die Arbeit ist wie folgt gegliedert: In den verbleibenden Abschnitten dieses Kapitels erfolgt eine Abgrenzung der f¨ ur die Arbeit wesentlichen Begriffe Corporate Governance“ ” und Informationsfunktion“. Der Konzernabschluss wird dabei als ein Element der Corpo” rate Governance identifiziert. In Kapitel 2 wird verdeutlicht, dass der Konzernabschluss anf¨allig f¨ ur opportunistisch motivierte Gestaltungen ist und dadurch einen Teil seines potentiellen Informationsgehalts verlieren kann. Kapitel 3 zeigt f¨ ur einen verwandten Sachverhalt, dass der Konzernabschluss f¨ ur einzelne Informationsbed¨ urfnisse nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Informationsgehalt i.S. einer Eingrenzung m¨oglicher Umweltzust¨ande aufweist und Kapitel 4 verdeutlicht, wie Eigenschaften der menschlichen Wahrnehmung zu einer kognitiven Verzerrung der berichteten Informationen f¨ uhren k¨onnen. Den Abschluss der Arbeit bildet Kapitel 5, in welchem die Wirkungsweise eines zum Konzernabschluss komplement¨aren Corporate Governance Instruments, namentlich des Aufsichtsrates, modelliert wird und in dem gezeigt wird, wie dieser durch variable & Ring (1902, S. 373) bzgl. der Reaktion des deutschen Gesetzgebers auf den Gr¨ undungsschwindel von 1881 mit der Festlegung fortgef¨ uhrter Anschaffungs- und Herstellungskosten als relevantem Wertmaßstab in den Bilanzen von Kapitalgesellschaften. 10 Vgl. Watts (1977). In den gleichen Zeitraum f¨ allt die Herausbildung des Berufsstandes der public accountants in England, vgl. Edwards et al. (2007). 11 Vgl. PrALR (1794, 6. Titel, § 131).
4
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung
Verg¨ utung zu einem anteilseigner-orientierten Verhalten angereizt werden kann.
1.2. Das Corporate Governance System Der Begriff Corporate Governance (CG) wurde nach Becht et al. (2003, S. 5) vermutlich erstmals 1960 von Richard Eells verwendet. Obwohl er seit u ¨ber 40 Jahren existiert, herrscht bis heute Uneinigkeit u ¨ber seine inhaltliche Bedeutung. Eells selbst bezeichnete damit die Struktur und Funktionsweise des Gemeinwesens Unternehmung“ [eigene ” 12 ¨ Ubersetzung]. Die Notwendigkeit, Struktur und Funktionsweise einer Unternehmung zu untersuchen, ist sp¨atestens seit Coase’s Aufsatz The Nature of the Firm“ Bestand” teil der akademischen Agenda.13 Darin geht er der Frage nach, warum nicht s¨amtliche ¨okonomischen Transaktionen direkt u ¨ber den Markt koordiniert werden. Die daraus resultierende wissenschaftliche Diskussion der vergangenen Jahrzehnte hat eine Vielzahl unterschiedlicher CG-Definitionen hervorgebracht. Einander sehr ¨ahnliche, wenn auch weitgehend unspezifische Definitionen finden sich zum Beispiel bei Bleicher & Paul (1986, S. 263), Ebke (1994, S. 16), Gillan & Starks (1998, S. 4), v. Werder (2003, S. 4) oder Berger (2004, S. 547). Dort wird CG allgemein als Gesamtheit der Gesetze, Regeln und Faktoren beschrieben, welche die Leitung eines Unternehmens und seine Einbindung in die Umwelt betreffen.14 Demnach z¨ahlen zur Corporate Governance neben den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Management, Anteilseignern, Fremdkapitalgebern und Besch¨aftigten auch die allgemeine Rechtsordnung, welche z.B. die rechtlichen Grenzen individueller Vertr¨age definiert, sowie kulturelle Aspekte, welche beispielsweise die moralischen Grenzen f¨ ur eine akzeptable Unternehmensf¨ uhrung definieren. Abbildung 1.1 verdeutlicht diese Sichtweise. Im Zentrum der Corporate Governance steht das Unternehmen - in Abbildung 1.1 als stilisierte Bilanz dargestellt - als Institution, welche materielle und intellektuelle Ressourcen b¨ undelt und damit Verm¨ogenswerte schafft. Der engere institutionelle Rahmen wird hier durch implizite und explizite Vertr¨age zwischen den unmittelbaren Stakeholdern des Unternehmens gesetzt, also denjenigen, die dem Unternehmen diese Ressourcen zur Verf¨ ugung stellen. Neben den Vertragsbeziehungen zwischen den unmittelbaren Stakeholdern des Unternehmens finden sich dar¨ uber hinaus auch Einfl¨ usse aus den relevanten M¨arkten Produktmarkt, Arbeitsmarkt und Kapitalmarkt, aus den Gemeinschaften, in 12
Eells (1960, S. 108): the structure and functioning of the corporate polity“. ” Vgl. Coase (1937). 14 v. Werder (2003) nimmt auch eine Unterscheidung zwischen dem deutschen Begriff der Unternehmensverfassung und dem international u ¨blichen Begriff Corporate Governance vor, indem er ersterem unternehmensinterne Faktoren und letzterem dar¨ uber hinaus unternehmensexterne Faktoren zuordnet. Im Rahmen dieser Arbeit wird zwischen diesen Begriffen nicht unterschieden. Beide werden synonym verwendet und umfassen sowohl interne als auch externe Faktoren. 13
1.2. Das Corporate Governance System
5
denen ein Unternehmen pr¨asent ist (St¨adte/Gemeinden, Interessengemeinschaften, Lobbyverb¨ande) und dem kulturellen Rahmen, in dem sich das Unternehmen bewegt. Rechtssystem Unternehmen = Vertragsnexus M¨arkte
Lieferanten
Politik
Aufsichtsgremium Mitarbeiter
Aktion¨are Management
Verm¨ogensKunden werte
Kultur
EK
Kreditoren
FK
Gesellschaft
Abbildung 1.1.: Institutioneller Rahmen der CG, aus Gillan (2006, S. 383). Eine deutlich spezifischere Definition findet sich bei Williamson (1985), welcher CG als Mechanismus beschreibt, der sicherstellen soll, dass ...das Management sich gegen¨ uber ” den Arbeitskr¨aften, Lieferanten, Kunden und Eigent¨ umern pflichtgem¨aß verh¨alt, und 15 ¨ Das zentrale Thema gleichzeitig dem ¨offentlichen Interesse dient“[eigene Ubersetzung]. dieser Definition, n¨amlich der Interessenausgleich zwischen verschiedenen, dem Unternehmen verbundenen Gruppen, erweitert die oben genannten unspezifischen Definitionen um eine Zielstellung der CG. Entsprechende Begriffsbestimmungen sind auch bei Witt (2001, S. 85), Tirole (2001, S. 4), Solomon & Solomon (2004, S. 14) oder Boot & Macey (2004, S. 361) zu finden. Wie dieser Interessenausgleich stattzufinden hat, bzw. worin die Interessen der einzelnen Stakeholder eines Unternehmens u ¨berhaupt bestehen, bleibt allerdings auch bei diesen Definitionen offen.16 Eine Operationalisierung des Begriffs der Interessen von Stakeholdern wird durch die Theorie der Eigentumsrechte17 erm¨oglicht. Demnach ist Corporate Governance ein Mechanismus, der die Verteilung residualer Eigentumsrechte am Unternehmen regelt, d.h. solcher Eigentumsrechte, die nicht bereits ex ante vertraglich verteilt werden konnten.18 15
Williamson (Vgl. 1985, S. 299): ...a mechanism to ensure that corporate management does right by ” ’labor, suppliers, customers, and owners while simultaneuosly serving the public interest’.“ Eine allgemeine Beschreibung des Interessenausgleichs u arer und nicht¨ber Seitenzahlungen monet¨ monet¨arer Art ist bei Cyert & March (1963, S. 29f.) zu finden. 17 Vgl. Richter & Furubotn (2003, Kapitel III). 18 Zu verteilende Eigentumsrechte umfassen dabei grunds¨ atzlich das Recht der Nutzung (usus), das Recht 16
6
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung
Zingales (1998, S. 498) und Hart (1995) definieren CG beispielsweise als Mechanismus zur Verteilung nachvertraglich entstehender Quasirenten bzw. residualer Kontrollrechte.19 In ihrer Essenz f¨ uhren diese Definitionen zur Gretchenfrage der Corporate Governance Diskussion: Welcher Interessengruppe sollten die residualen Entscheidungsrechte zustehen? Diese Diskussion wird gemeinhin auf die Frage verk¨ urzt, ob die Entscheidungsrechte nur den Eigenkapitalgebern (Shareholder-Ansatz) oder anteilig allen Interessengruppen undungen f¨ ur beide Ans¨atze (Stakeholder-Ansatz) eines Unternehmens zustehen.20 Begr¨ finden sich unter anderem bei Williamson (1985). Demnach sollten CG-Systeme shareholder value-orientiert sein, da Aktion¨are die einzige Interessengruppe darstellen, deren Vertrag mit dem Unternehmen nicht regelm¨aßig erneuert und somit an ver¨anderte Umweltverh¨altnisse angepasst wird. Dar¨ uber hinaus werden ihre Anspr¨ uche im Falle einer Liquidation zuletzt befriedigt.21 Die Anteilseigner stellen also jene Gruppe dar, deren urspr¨ unglicher Vertrag aufgrund seiner unbegrenzten Laufzeit das gr¨oßte Risiko unvorhergesehener Kontingenzen aufweist und die deshalb Tr¨ager der residualen Entscheidungsrechte sein sollte. Dar¨ uber hinaus soll das CG-System nach Williamson (1985) jedoch auch die Interessen anderer Gruppen ber¨ ucksichtigen, solange deren Anspr¨ uche auf imperfekten M¨arkten entstehen.22 Den oben aufgef¨ uhrten Definitionen folgend, resultiert der Bedarf f¨ ur Corporate Governance aus der Existenz unvollst¨andiger Vertr¨age und der Gefahr opportunistischen der Nutzenziehung (usus fructus), das Recht zum Verbrauch oder zur Abwandlung (abusus) und das Recht zur Ver¨außerung (ius abudendi ) eines wirtschaftlichen Gutes, vgl. Richter & Furubotn (2003, S. 23). 19 Hart (1995, S. 680): Governance structure can be seen as a mechanism for making decisions that have ” not been specified in the initial contract. More precisly, governance structure allocates residual rights of control over the firm’s nonhuman assets; that is, the right to decide how these assets should be used, given that a usage has not been specified in an initial contract.“ [Hervorhebung im Original]; Zingales (1998, S. 498): ... I define corporate governance as the complex set of constraints that shape the ex ” post bargaining over the quasi-rents generated by a firm.“ [Hervorhebung im Original]. 20 F¨ ur exemplarische Diskussionen vgl. Solomon & Solomon (2004); Witt (2001); Bleicher & Paul (1986). 21 Williamson (1985, S. 304f): Stockholders, by contrast, invest for the life of the firm, and their claims ” are located at the end of the queue should liquidation occur.“ Weiter Beispiele f¨ ur eine shareholder-value orientierte Sichtweise finden sich z.B. bei Shleifer & Vishny (1997), Bergl¨ of (1997) oder Larcker et al. (2007). 22 Williamson (1985, S. 299f): Since imperfect markets afford very unsatisfactory relief against corpo” rate malfunctions, all constituencies require direct access to corporate governance lest their legitimate interests be ignored or abused.“ Das zentrale Argument liegt hier darin, dass auf unvollkommenen M¨arkten nicht alle Kontingenzen kontrahierbar sind, z.B. aufgrund mangelnder Voraussicht. Weiterhin vgl. Boot & Macey (2004), v. Werder (2003) sowie Tirole (2001). Eine sehr ausf¨ uhrliche Diskussion der Frage, welche Gruppe die residualen Anspr¨ uche und Entscheidungsrechte einer Unternehmung innehaben sollte bietet Hansmann (1996). Seiner Analyse zufolge sollte immer diejenige Interessengruppe die residualen Entscheidungsrechte innehaben, die das gr¨ oßte Verh¨ altnis aus Entscheidungsnutzen und Entscheidungskosten realisieren kann.
1.2. Das Corporate Governance System
7
Verhaltens seitens einzelner Stakeholder des Unternehmens. Dies findet expliziten Ausdruck bei Williamson (2002, S. 174):23 If human actors are not only confronted with needs to adapt to the unforeseen (by reason of bounded rationality), but are also given to strategic behavior (by reason of opportunism), then costly contractual breakdowns (refusals of cooperation, maladaption, demands for renegotiation) may be posed. In that event, private ordering efforts to devise supportive governance structures, thereby to mitigate prospective contractual impasses and breakdowns, have merit. Williamson weist darauf hin, dass unvollst¨andige Vertr¨age aus beschr¨ankter Rationalit¨at24 der Vertragspartner resultieren. Nach Simon (1955, S. 103f.) bed¨ urfen rationale Entscheidungen unter anderem der Kenntnis s¨amtlicher m¨oglicher Resultate der verf¨ ugbaren Handlungsoptionen und ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten. Positive Transaktionskosten25 vertraglicher Vereinbarungen, zu denen die Kosten der Vertragsvorbereitung (Such- und Informationskosten), der Vertragsvereinbarung (Verhandlungs- und Entscheidungskosten) und die Kosten der Vertrags¨ uberwachung und -durchsetzung z¨ahlen26 machen Rationalit¨at aber schnell prohibitiv teuer, da sich viele ¨okonomisch interessante Situationen durch uber hinaus k¨onnen eine sehr hohe Anzahl denkbarer Entwicklungen auszeichnen.27 Dar¨ kognitive Beschr¨ankungen, z.B. in der Beurteilung sehr kleiner Wahrscheinlichkeiten oder in der Unterscheidung relevanter Umweltzust¨ande,28 zur Vernachl¨assigung m¨oglicher Entwicklungen und letztendlich zu unvollst¨andigen Vertr¨agen f¨ uhren. Unvollst¨andige Vertr¨age wiederum bieten Ansatzpunkte f¨ ur opportunistisches Verhalucksichtslose ten.29 Williamson (1985, S. 47) definiert opportunistisches Verhalten als r¨ 23
Die Auffassung von Unternehmen als Geflecht impliziter und expliziter Vertr¨ age (nexus of contracts) ¨ erlaubt eine unmittelbare Ubertragung von Williamson’s allgemeiner Aussage zu Governance auf Corporate Governance. Vgl. Jensen & Meckling (1976, S. 311): The private corporation or firm is simply ” one form of legal fiction which serves as a nexus for contracting relationships and which is also characterized by the existence of divisible residual claims on the assets and cash flows of the organization which can generally be sold without permission of the other contracting individuals .“[Hervorhebung im Original] Argumentativ verwandt ist die Charakterisierung von Unternehmen als Geflecht wechselseitiger spezifischer Investitionen, vgl. Rajan & Zingales (1998) und Rajan et al. (2000). Der Bedarf an Corporate Governance resultiert auch dort aus der M¨ oglichkeit opportunistischen Verhaltens und der Unvorhersehbarkeit s¨amtlicher zuk¨ unftiger Kontingenzen. 24 Der Begriff der beschr¨ankten Rationalit¨ at im Zusammenhang mit ¨ okonomischen Entscheidungen wurde von Simon (1955, S. 113) gepr¨ agt. Sehr lesenswerte Begr¨ undungen beschr¨ ankter Rationalit¨ at als Standardannahme ¨okonomischer Betrachtungen geben Thaler (2000) und Conlisk (1996). 25 Die Wirkung von Transaktionskosten auf die Organisation o ¨konomischer Austauschbeziehungen steht im Mittelpunkt der Transaktionskostentheorie. Vgl. dazu vor allem Williamson (2002), Williamson (1981) und Williamson (1979). 26 Vgl. Richter & Furubotn (2003, S. 59ff). 27 Vgl. Bamberg & Coenenberg (2000, Kap. 4). 28 Vgl. Kahneman (2003). 29 Vgl. Simon (1955, S. 99) und Williamson (1985, S. 45f.).
8
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung
¨ Verfolgung eigenn¨ utziger Ziele30 welches explizit die gezielte Ubervorteilung von Vertragspartnern umfasst. In Bezug auf unvollst¨andige Vertr¨age bedeutet dies, dass opportunistische Agenten nicht antizipierte Renten vollst¨andig vereinnahmen oder Informationsasymmetrien ausnutzen bzw. aufbauen, um ihren Anteil an antizipierten aber unsicheren Renten u ¨ber den vertraglich vereinbarten Teil hinaus zu erh¨ohen. Folgerichtig wirken beobachtbare CG-Mechanismen in Richtung einer Verringerung der Transaktionskosten oder einer Verhinderung opportunistischen Verhaltens. Einen ausf¨ uhr¨ lichen Uberblick u ¨ber regelm¨aßig beobachtbare CG-Mechanismen bietet Gillan (2006). Im Rahmen eines extensiven Literatur¨ uberblicks unterscheidet er jeweils f¨ unf Gruppen von unternehmensinternen und -externen CG-Mechanismen. Dabei sind unter internen CG-Mechanismen solche zu verstehen, die das Verh¨altnis der unmittelbaren Unternehmensstakeholder (vgl. S. 4) untereinander betreffen. Unter externen Mechanismen sind die Einfl¨ usse der Unternehmensumwelt zu verstehen, welche nicht unmittelbar vertraglich geregelt werden k¨onnen, aber Auswirkungen auf Unternehmensvertr¨age haben. Abbildung 1.2 verdeutlicht diese Systematisierung in Kurzform. Zu den externen CG-Mechanismen z¨ahlen der Einfluss der M¨arkte, in denen das Unterur Unternehmenskontrolle32 nehmen agiert, insbesondere die Kapitalm¨arkte,31 der Markt f¨ oder der Markt f¨ ur Managerleistung.33 Ebenso Teil des Corporate-Governance-Systems sind das regulatorische Umfeld mit Gesetzen und Standards oder private Quellen der Unternehmens¨ uberwachung, wie z.B. die Medien und private Vereine (z.B. Deutsche Schutzvereinigung f¨ ur Wertpapierbesitz, Schutzverein der Bankkunden e.V.).34 Eine ambivalente Stellung im Corporate Governance System nimmt der Punkt Pr¨ ufung/Beratung“ ein. Ei” nerseits sind Durchf¨ uhrung und Umfang von Abschlusspr¨ ufungen gesetzlich vorgeschrieben, in Deutschland z.B. durch § 316ff. des Handelsgesetzbuches (HGB), und entziehen sich daher individuell vertraglichen Regelungen. Damit sind Wirtschaftspr¨ ufer im Sinne obiger Definition als externer Corporate-Governance-Mechanismus anzusehen. Andererseits bieten Wirtschaftspr¨ ufer auch individuell vertraglich vereinbarte Dienstleistungen an, wie z.B. Beratung bei B¨orseng¨angen oder bei der Implementierung von Anreizsystemen, und sind dieser Funktion sowohl Stakeholder des Unternehmens als auch Mitwirkende 30
W¨ortlich: arglistiger Eigennutz ( ...self-interest seeking with guile.“). ” Vgl. Jensen & Meckling (1976, S. 329). 32 Vgl. Manne (1965). 33 Vgl. Jensen & Meckling (1976, S. 328). 34 F¨ ur einen ausf¨ uhrlichen Literatur¨ uberblick zum Markt f¨ ur Unternehmenskontrolle vgl. Martynova & Renneboog (2008) und Gaspar et al. (2005), sowie Jensen (1993). Zum Zusammenhang zwischen CG und Marktbeobachtung-/analyse (insb. Ratings und Analystenempfehlungen) siehe exemplarisch AshbaughSkaife et al. (2006), Fogarty & Rogers (2005), Bhojraj & Sengupta (2003). Zusammenh¨ ange zwischen dem Rechtsrahmen und CG werden z.B. in Gordon (2005), Becht et al. (2003) und Shleifer & Vishny (1997) thematisiert. 31
1.2. Das Corporate Governance System
9
Corporate Governance Externe Mechanismen Rechtssystem Gesetze Standards
M¨arkte Kapitalm¨ arkte M¨arkte f¨ ur Kontrolle Arbeitsm¨ arkte Produktm¨ arkte
Kapitalmarktinformationen/Analyse Kreditinstitute Analysten
Pr¨ ufung/Beratung Rechnungslegung/ Wirtschaftspr¨ ufung Rechtsberatung Financial Services
¨ Private Uberwachung
Interne Mechanismen Aufsichtsrat/Board Rolle Struktur Anreize
Anreizsysteme Anteilsbesitz Verg¨ utung Arbeitsumfeld
Kapitalstruktur Fremdkapital Eigenkaiptal
Satzung Schutz vor ¨ Ubernahmen
Interne Kontrollsysteme Interne Revision Risikomanagementsystem Ethische Grunds¨ atze
Medien
Abbildung 1.2.: Corporate Governance Mechanismen (in Anlehnung an Gillan (2006, S. 384).) der internen Governance. Die Einordnung in Abbildung 1.2 erfolgt dennoch auf Seiten der externen Mechanismen, da die Wirtschaftspr¨ ufer auch in ihrer Rolle als Berater oder Dienstleister keinen generischen internen Governancemechanismus verk¨orpern, sondern lediglich bestehende Funktionen ausf¨ ullen. Als interne CG-Mechanismen werden in erster Linie der Aufsichtsrat bzw. das Board of uber hinaus werden Directors sowie Anreizsysteme f¨ ur das Management identifiziert.35 Dar¨ ¨ die Kapitalstruktur, Satzungsbestimmungen, z.B. zur Abwehr feindlicher Ubernahmen, und interne Kontrollsysteme genannt. Das CG-Instrument, das im Rahmen dieser Arbeit n¨aher untersucht werden soll, ist 35
Vgl. Deutsch (2005) sowie Hermalin & Weisbach (2003) f¨ ur umfassende Meta-Analysen des Board of Directors und seinen Einfluss auf die CG. Ausf¨ uhrliche Untersuchungen von Anreizsystemen f¨ ur das Management und ihre Wirkung finden sich z.B. bei Arya & Mittendorf (2005), Dutta & Reichelstein (2005), Gordon (2005), Abowd & Kaplan (1999) und Garen (1994). Andere Studien untersuchen ob durch Anreizsysteme bestimmte Fehlanreize, z.B. zu Bilanzpolitik, induziert werden, vgl. dazu Gaver et al. (1995) und Healy (1985).
10
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung
die externe Finanzberichterstattung von Unternehmen, die in Abbildung 1.2 sowohl unter Gesetze/Standards“ als auch unter Rechnungslegung/Wirtschaftspr¨ ufung“ einzuordnen ” ” ist. Sie l¨asst sich grunds¨atzlich in periodische und aperiodische Berichte unterscheiden. Die periodischen Finanzberichte, (Konzern-)Jahresabschl¨ usse und Quartalsabschl¨ usse, sind unabh¨angig vom Eintreten bestimmter Umst¨ande zu erstellen und zu ver¨offentlichen.36 Aperiodische Finanzberichte dagegen werden durch außerordentliche Unternehmensentwicklungen wie Anteilsemissionen, unvorhergesehene Gewinne und Verluste oder bestimmte Transaktionen ausgel¨ost, wobei die Berichte nicht zwangsl¨aufig vollst¨andige Abschl¨ usse darstellen, sondern auch in Form von B¨orsenmitteilungen37 , Prospekten38 , Pressekonferenzen, Analystengespr¨achen und ¨ahnlichem erfolgen k¨onnen. In der vorliegenden Arbeit wird die Analyse aus zwei Gr¨ unden auf den Konzernabschluss beschr¨ankt. Erstens soll die Informationswirkung periodischer Unternehmensberichte untersucht werden. Aperiodische Unternehmensver¨offentlichungen, obwohl relevante Informationsquellen, erfolgen eben nur anlassbezogen und bilden dabei h¨aufig lediglich die Auswirkungen ganz spezieller Sachverhalte auf das Unternehmen ab. Da ihre Form und ihr Inhalt außerdem in sehr unterschiedlichem Grad gesetzlich reglementiert sind, d¨ urften sie nur einen stark von der jeweiligen Situation abh¨angigen Einfluss auf das CG-System haben. Zweitens wird Konzernabschl¨ ussen von Seiten der Standardsetzer vorrangig eine Informationsfunktion zugesprochen (siehe Abschnitt 1.3). Im folgenden Abschnitt wird daher zun¨achst der Begriff Informationsfunktion“ f¨ ur die ” Zwecke dieser Arbeit abgegrenzt. Im Anschluss daran wird der Prozess der Informationsvermittlung durch Unternehmensberichte modellhaft abgebildet. Anhand der einzelnen Elemente dieses Prozesses wird in den anschließenden Kapiteln verdeutlicht, wie die Eignung des Konzernabschlusses zur Informationsvermittlung beeintr¨achtigt werden kann.
1.3. Die Informationsfunktion des Konzernabschlusses Bevor auf die Definition der Informationsfunktion im Sinne des deutschen Gesetzgebers oder internationaler Standardsetzer eingegangen werden kann, ist es notwendig die Rolle der externen Rechnungslegung im Corporate Governance System zu spezifizieren. Corporate Governance wurde in Abschnitt 1.2 als Gesamtheit aller Institutionen definiert, die unter anderem opportunistisches Verhalten einzelner Stakeholder gegen¨ uber den anderen Stakeholdern begrenzen sollen. Wie in Abschnitt 1.1 ausgef¨ uhrt, nimmt das Konzernma36 37 38
Vgl. §§ 242, 290 HGB oder IAS 1.49. Vgl. §§ 15, 15a WpHG (Wertpapierhandelsgesetz). Vgl. § 3 WpPG (Wertpapierprospektgesetz).
1.3. Die Informationsfunktion des Konzernabschlusses
11
nagement eine besondere Rolle im Corporate Governance System ein, da es die unmittelbare Verf¨ ugungsgewalt u ¨ber die Unternehmensressourcen innehat und diese im Sinne der Konzernstakeholder wirtschaftlich einsetzen soll. Die so begr¨ undete Prinzipal-AgentenBeziehung ist durch Informationsasymmetrie und potentiell divergierende Interessen zwischen dem Management und den Stakeholdern gekennzeichnet und bietet somit sowohl das Potential als auch die Motivation zu opportunistischem Managementverhalten. Sein Informationsvorsprung erm¨oglicht es dem Konzernmanagement, Nutzen aus unvollst¨andigen Vetr¨agen zu ziehen, indem es beispielsweise unvorhergesehene Gewinne stillwscheigend appropriiert, sei es direkt durch die monet¨are Vereinnahmung dieser Gewinne oder indirekt durch eine entsprechende Verringerung des Arbeitseinsatzes. Jensen & Meckling (1976, S. 308) argumentieren, dass derartiges opportunistisches Verhalten entweder durch eine Verringerung der Informationsasymmetrie oder durch eine Interessenangleichung zwischen Management und Stakeholdern begrenzt werden kann. Beide Ans¨atze sind in Abbildung 1.2 in Form verschiedener CG-Mechanismen zu finden und beide greifen auf externe Finanzberichte wie den Konzernabschluss zur¨ uck. So stellen aus Konzernabschl¨ ussen gewonnene Kennzahlen regelm¨aßig die Bemessungsgrundlage erfolgsabh¨angiger Verg¨ utungskomponenten39 oder die Grundlage kennzahlenbasierter Steuerungssysteme dar und dienen so der Angleichung divergierender Interessen von Management und Eignern des Konzerns. Eine ¨ahnliche Funktion erf¨ ullen bestimmte Vereinbarungen in Kreditvertr¨agen, debt covenants, die die Verletzung bestimmter rechnungslegungsbasierter Kennzahlen sanktionieren, z.B. durch sofortige F¨alligkeit des Kredits.40 Sie dienen einerseits der Angleichung der Interessen von Fremdkapitalgebern und Management, im speziellen des Interesses an der Sicherung der zuk¨ unftigen R¨ uckzahlungsf¨ahigkeit. Andererseits verringert der Konzernabschluss die Informationsasymmetrie zwischen Kreditgebern und Management u ¨ber die zu erwartenden Zahlungsstr¨ome und erm¨oglicht so erst das Erkennen von Vertragsverletzungen. Weitere in Abbildung 1.2 aufgef¨ uhrte CGMechanismen, die ebenfalls im Konzernabschluss ver¨offentlichte Unternehmensinformationen ber¨ ucksichtigen, sind der Markt f¨ ur Unternehmenskontrolle oder der Kapitalmarkt. Ihre Wirkung beruht letztlich darauf, dass ver¨offentlichte Unternehmensinformationen in den Marktpreis eingehen41 und dass ein niedriger Marktpreis aus Sicht des Managements ¨ Kosten verursacht, da einerseits die Wahrscheinlichkeit einer Ubernahme mit anschließendem wahrscheinlichen Verlust der Managementposition steigt42 und andererseits der Zugang zu Kapital erschwert wird oder der Wert eigener Aktienoptionen sinkt. Im Kontext 39
Vgl. Vgl. Vgl. 42 Vgl. 40 41
Fischer & Trost (2009). Ball et al. (2007, S. 9ff.). Nichols & Wahlen (2004). Manne (1965).
12
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung
der Governance nach Williamson (2002) (siehe S. 7), kommt dem Konzernabschluss im Rahmen des CG-Systems folglich die Aufgabe zu, private Informationen des Managements ¨offentlich bekannt zu machen und so die Transaktionskosten, zu denen auch Agencykosten z¨ahlen,43 aller Stakeholder zu senken.44 In Deutschland ist die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses gesetzlich geregelt. Der Gesetzgeber verlangt von Kapitalgesellschaften einen Konzernabschluss sowie einen Konzernlagebericht, sofern zwischen ihnen und einem anderen Unternehmen nach Maßgabe des § 290 Abs. 1 oder 2 HGB eine Mutter-Tochter-Beziehung besteht.45 Die zur Aufstellung des Konzernabschlusses anzuwendenden Vorschriften unterscheiden sich in Abh¨angigkeit von der Finanzierung des Konzerns. Konzerne, die einen geregelten Kapitalmarkt innerhalb der Europ¨aischen Union in Anspruch nehmen, sind gem¨aß § 315a HGB verpflichtet, ihren Konzernabschluss unter Anwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) aufzustellen, soweit diese von der Kommission der Europ¨aischen Gemeinschaften gepr¨ uft und zugelassen wurden. Nicht kapitalmarktorientierte Konzerne d¨ urfen die IFRS anwenden, ansonsten muss ihr Konzernabschluss nach HGB-Vorschriften aufgestellt werden. Der Zweck eines Konzernabschlusses besteht sowohl nach den IFRS, als auch nach dem HGB in der Vermittlung unternehmensbezogener Informationen. Im HGB findet dieser Zweck seinen Ausdruck darin, dass ein Konzernabschluss ...ein den tats¨achlichen ” Verh¨altnissen entsprechendes Bild der Verm¨ogens-, Finanz- und Ertragslage...“ 46 des Konzerns vermitteln soll. Die IFRS definieren den Zweck des Jahresabschlusses als ...to provi” de information about the financial position, performance and changes in financial position of an enterprise that is useful [...] in making economic decisions.“ 47 Im IFRS Exposure Draft of An Improved Conceptual Framework for Financial Reporting (im Folgenden EDF) wird die Informationsfunktion ebenfalls als zentrale Aufgabe allgemeiner Jahresabschl¨ usse aufgefasst: The objective of general purpose financial reporting is to provide ” financial information about the reporting entity that is useful to present and potential equity investors, lenders and other creditors in making decisions...“.48 Diese Funktion wird explizit auch auf solche Berichtsinstrumente ausgeweitet, die nicht Bestandteil des eigentlichen Jahresabschlusses sind.49 W¨ahrend die handelsrechtliche Vorschrift keine Aussage 43
Vgl. Richter & Furubotn (2003, S. 61f.). Vgl. Bushman & Smith (2001), Holthausen & Watts (2001). 45 Personengesellschaften k¨ onnen auch Konzernm¨ utter sein. F¨ ur sie ergibt sich die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses ggf. nach § 11 PublG (Publizit¨ atsgesetz). 46 Vgl. § 279 Abs. 2 HGB. 47 Vgl. IFRS Rahmenkonzept Rz. 12. 48 Vgl. EDF.OB2. 49 Vgl. EDF.OB3. 44
1.3. Die Informationsfunktion des Konzernabschlusses
13
dar¨ uber trifft, welchem Zweck die vermittelten Informationen dienen sollen, verlangt das IFRS Rahmenkonzept Entscheidungsn¨ utzlichkeit f¨ ur die wirtschaftlichen Entscheidungen eines breiten Spektrums an Abschlussadressaten.50 Prim¨are Nutznießer der so vermittelten Informationen stellen nach Auffassung der Standardsetzer jedoch aktuelle und potentielle Kapitalgeber des Konzerns dar.51 Die Interessen anderer Bilanzadressaten wie die des Staates, der Arbeitnehmer, der Kunden und Lieferanten werden denen der Kapitalgeber untergeordnet bzw. als identisch mit deren Interessen angesehen.52 Im IFRS Rahemenkonzept und im EDF werden die zu vermittelnden Informationen weiter dahingehend konkretisiert, dass sie die Einsch¨atzung u ¨ber Umfang, zeitlichen Anfall und Unsicherheit zuk¨ unftiger vom Konzern generierter Zahlungsstr¨ome unterst¨ utzen und so Entscheidungen u ug¨ber Kauf und Verkauf von Unternehmensanteilen oder die Verf¨ barmachung bzw. R¨ uckforderung von Fremdkapital erm¨oglichen sollen.53 Außerdem werden Personalentscheidungen bez¨ uglich des Management-Teams als relevante ¨okonomische Entscheidungen genannt, die durch die vermittelten Informationen unterst¨ utzt werden uhrten CGsollen.54 In diesen Informationszwecken finden sich die in Abbildung 1.2 aufgef¨ Mechanismen wieder. So erm¨oglicht die F¨ahigkeit zur Beurteilung erwarteter Zahlungsstr¨ome und somit zur Bewertung des Unternehmens erst die disziplinierende Wirkung des Marktes f¨ ur Unternehmenskontrolle oder des Kapitalmarkts.55 Ebenso wird dadurch die Beurteilung des Managements unterst¨ utzt, worauf erfolgsabh¨angige Verg¨ utungsbestandteile oder der Manager-Arbeitsmarkt aufbauen. Allerdings beruht die so definierte Informationsfunktion des Konzernabschlusses auf der Grundannahme, dass Abschlussinformationen grunds¨atzlich zur Bewertung von Unternehmensanteilen geeignet sind, dass sie also die Einsch¨atzung zuk¨ unftiger unsicherer Zahlungsstr¨ome erlauben. Die Plausibilit¨at dieser Annahme wurde in der Vergangenheit vielfach empirisch belegt. So dokumentiert z.B. Ko50
Vgl. IFRS Rahmenkonzept Rz. 12. In EDF.OB2 wurden die relevanten Abschlussadressaten explizit auf Kapitalgeber eingeschr¨ ankt, wobei neben Finanzkapital auch Human- oder Sachkapital angesprochen wird, vgl. EDF.OB6c. 51 Vgl. Reiner (2008, § 264 Rn. 17ff.) sowie IFRS Rahmenkonzept Rz. 9-10 und EDF.OB6. 52 Dies entspricht einer Shareholder -orientierten Sichtweise, wie auf S. 6 vorgestellt. 53 Vgl. IFRS Rahmenkonzept Rz. 15ff. und EDF.OB10. 54 Vgl. IFRS Rahmenkonzept Rz. 14 und EDF.OB12. Im Zuge der Neufassung des IFRS Rahmenkonzepts ist die Diskussion aufgekommen, ob die Funktion des Finanzberichte ausschließlich eine Bewertungsperspektive oder zus¨atzlich eine Steuerungsperspektive umfassen soll. Beide F¨ alle stellen unterschiedliche Varianten der Informationsfunktion dar, da die relevanten Informationen unter den beiden Perspektiven nicht zwangsl¨aufig deckungsgleich sind. Vgl. dazu PAAinE (2007) und Lennard (2007). 55 In diesem Sinn ist auch die Aussage in EDF.OB3 zu verstehen, dass Rechnungslegungsstandards von hoher Qualit¨at zu einer effiziente Ressourcenallokation am Kapitalmarkt beitragen: Wenn die vermittelten Informationen bei der Bewertung von Unternehmen helfen, sorgt der Kapitalmarkt f¨ ur eine effiziente Ressourcenallokation, da das Kapital den Unternehmen zufliesst, die bei gegebenem Kapitaleinsatz die h¨ochsten R¨ uckfl¨ usse generieren. Vgl. Healy & Wahlen (1999). Diese Begr¨ undung unterliegt nach Mundheim (1964) bereits dem 1933 in den USA verabschiedeten Securities Act.
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1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung
¨ thari (2001) in einem auf¨ uhrlichen Uberblick u ¨ber die kapitalmarktorientierte Rechnungslegungsforschung unter anderem einen Einfluss von Rechnungslegungsinformationen auf die Marktpreise von Unternehmensanteilen. Der Einfluss von Ergebnisgr¨oßen des Jahresabschlusses auf den Aktienkurs wird auch in Nichols & Wahlen (2004) thematisiert. Dazu verdeutlichen die Autoren, welche Zusammenh¨ange gelten m¨ ussen, damit dieser Einfluss gegeben ist56 und belegen die Plausibilit¨at dieser Zusammenh¨ange anhand vorhandener Studien und eigener Untersuchungen. Holthausen & Watts (2001) diskutieren Studien zur Wertrelevanz von Rechnungslegungsdaten, das heißt, zum Zusammenhang bestimmter Rechnungslegungsdaten mit dem Aktienkurs des berichtenden Unternehmens, in Bezug auf die zugrunde liegende Rechnungslegungstheorie, die implizit angenommenen Bewertungsmodelle und deren Vereinbarkeit mit dem konstatierten Rechnungslegungszweck. Auch ihre Ergebnisse untermauern obige Annahme, dass Rechnungslegungsinformationen grunds¨atzlich f¨ ur Bewertungszwecke geeignet sind und daf¨ ur genutzt werden. Zum gleichen Ergebnis kommen auch Healy & Palepu (2001), die unter anderem die empirische Forschung zur freiwilligen Offenlegung und zu den Effekten von Ausweis- und Bewertungswahlrechten untersuchen. Neben der Informationsfunktion f¨ ur Bewertungs- und Steuerungszwecke k¨onnen Unternehmensberichte auch andere Zwecke erf¨ ullen. Dazu z¨ahlen beispielsweise die Aussch¨ uttungsbegrenzung, wie ihn z.B. das HGB f¨ ur den Einzelabschluss vorsieht,57 eine gesellschaftliche Rechenschaftsfunktion,58 oder unternehmensplanerische Zwecke.59 Von diesen Funktionen des Jahresabschlusses wird im Lichte der empirischen Befunde und dem explizierten Zweck des Konzernabschlusses im Folgenden abgesehen und es wird davon ausgegangen, dass dieser in erster Linie Informationszwecken f¨ ur potentielle und aktuelle Kapitalgeber dient. Damit der Konzernabschluss die oben beschriebene Informationsfunktion erf¨ ullt, muss sichergestellt werden, dass die vermittelten Daten tats¨achlich informativ in dem Sinne sind, dass der Bilanzadressat die Abschlussdaten zur Bewertung der Unternehmensanteile oder zur Beurteilung der Unternehmensf¨ uhrung nutzen kann. Da der Konzernabschluss ver¨offentlicht wird und damit Bestandteil der Unternehmenskommunikation ist, l¨asst sich die mit ihm bezweckte Informationsvermittlung in einem Kommunikationsmodell veran56
Insbesondere muss gelten, dass die gegenw¨ artigen Gewinne Indikatoren f¨ ur zuk¨ unftige Gewinne darstellen, dass zuk¨ unftige Gewinne R¨ uckschl¨ usse auch zuk¨ unftige Dividenden zulassen und dass die zuk¨ unftigen Dividenden den gegenw¨ artigen Unternehmenswert beeinflussen. Vgl. Nichols & Wahlen (2004, S. 266). 57 Vgl. § 174 AktG, sowie § 121 und § 169 HGB. 58 Vgl. Deegan & Unerman (2006, S. 178f.). 59 Vgl. , Cloyd et al. (1996), Watts & Zimmerman (1979); Watts (1977).
1.3. Die Informationsfunktion des Konzernabschlusses
15
schaulichen. Abbildung 1.3 zeigt in Anlehnung an H¨ utten (2000) ein einfaches Modell der Unternehmenskommunikation, in dem das Ziel der IFRS, n¨amlich mit dem Konzernabschluss den Kapitalgebern entscheidungsn¨ utzliche Informationen zur Verf¨ ugung zu stellen, abgebildet wird.
Sender Unternehmensleitung Auswahl/Kodierung der Nachricht
¨ Ubermittlungssystem
Empf¨anger Investoren/Aktion¨ are
Konzernabschluss
Empfang/Dekodierung der Nachricht
R¨ uckkopplung Reaktion auf Nachricht Abbildung 1.3.: Sender-Empf¨anger-Modell des externen Rechnungswesens In diesem Modell kommt der Unternehmensleitung60 die Funktion des Nachrichtensenders zu. Dazu muss es im Prozess der Konzernabschlusserstellung die Daten, die mit dem Konzernabschluss u ¨bermittelt werden sollen, ausw¨ahlen und kodieren. Auswahl und Kodierung unterliegen den Restriktionen der Rechnungslegungsvorschriften, d.h., die M¨oglichkeiten zur Auswahl bestimmter Informationen sind durch bestimmte Offenlegungspflichten beschr¨ankt61 und die Kodierung der Informationen wird durch Gliederungs-, sowie Ansatz- und Bewertungsvorschriften geregelt.62 In einem ersten Schritt stellt das Management also unter Beachtung der erforderlichen Pflichtangaben, sowie ¨ Kosten-Nutzen-Uberlegungen f¨ ur dar¨ uber hinausgehende freiwillige Angaben, die im Konzernabschluss zu u ¨bermittelnden Daten zusammen. Im Anschluss daran kodiert es diese durch Anwendung von Rechnungslegungsstandards zu einem Konzernabschluss. Dieser ¨ Konzernabschluss stellt das Ubermittlungssystem der Kommunikation dar und wird von den Abschlussadressaten als Nachricht empfangen. Im vorliegenden Kontext sollen Investoren und Aktion¨are, sowie ggf. deren Vertreter, als Empf¨anger der Nachricht betrachtet werden. Die Empf¨anger m¨ ussen f¨ ur eine erfolgreiche Kommunikation die Nachricht zun¨achst wahrnehmen, d.h., sie m¨ ussen realisieren, dass ihnen vom Sender eine Nachricht zugegangen ist. Im Falle periodischer Unternehmensberichte kann dies bei sach60
Unternehmensleitung und Management werden im Folgenden synonym verwendet. Mit dem Begriff Management ist folglich immer die oberste F¨ uhrungsebene gemeint. Vgl. z.B. Mindestumfang des Jahresabschlusses laut IAS 1.8 und § 297 Abs. 1 HGB. 62 Vgl. z.B. IAS 1.51-126. 61
16
1. Problemstellung und Begriffsabgrenzung
verst¨andigen Adressaten als gegeben angenommen werden. Die erhaltene Nachricht muss dann, wieder unter R¨ uckgriff auf die Rechnungslegungsvorschriften, dekodiert werden, um die darin enthaltenen Daten zu extrahieren und nutzen zu k¨onnen. Rechnungslegungsstandards und gesetzliche Vorschriften stellen also den institutionellen Rahmen der Kommunikation zur Verf¨ ugung, indem sie sicherstellen, dass das berichtende Unternehmen und die Abschlussadressaten in diesem Kommunikationsprozess die gleiche Sprache sprechen. An dieser Stelle lohnt es, noch einmal auf den Unterschied zwischen periodischen und aperiodischen Unternehmensberichten zu schauen. Aperiodische Berichte, wie Pressemitteilungen oder m¨ undliche Mitteilungen in Telefonkonferenzen oder Interviews unterliegen keinen Rechnungslegungsvorschriften. Damit ist nicht sichergestellt, dass die Adressaten der Nachrichten diese auch so verstehen wie vom Unternehmen gewollt. Außerdem kann es passieren, dass die Adressaten gar nicht erkennen, dass ihnen eine Nachricht u ¨bermittelt wurde. Das in Abbildung 1.3 gezeigte Kommunikationsmodell ist f¨ ur die Untersuchung solch einer aperiodischen Unternehmenspublizit¨at folglich nicht geeignet. Wenn die dekodierten Daten von den Abschlussadressaten als Informationen wahrgenommen werden,63 besteht, wie Abbildung 1.3 zeigt, die M¨oglichkeit einer R¨ uckkopplung, so dass die Investoren und Aktion¨are auf den Empfang bestimmter Informationen mit wirtschaftlichen Entscheidungen, wie Kauf und Verkauf von Anteilen, oder der Implementierung diver¨ ser Governancemechanismen, wie Anreizvertr¨agen oder Uberwachungsgremien, reagieren k¨onnen. Die folgenden Kapitel sollen an ausgew¨ahlten Beispielen die Fehleranf¨alligkeit dieses Kommunikationsprozesses demonstrieren und aufzeigen, wie durch St¨orungen der einzelnen Prozesselemente die Informationsfunktion des Konzernabschlusses beeintr¨achtigt werden kann. Kapitel 2 und 4 zeigen unter der Annahme, dass der Konzernabschluss entscheidungsrelevante Informationen enth¨alt, wie eine Beeinflussung der Kodierung durch den Sender oder eine fehlerhafte Dekodierung der Nachricht durch die Empf¨anger den Informationsgehalt und damit die Funktions des Konzernabschlusses im CG-System st¨oren k¨onnen. Kapitel 3 verdeutlicht, dass die Informationsfunktion immer in Bezug auf kon¨ krete Entscheidungen gesehen werden muss. In Ubereinstimmung mit den g¨ ultigen Rechnungslegungsvorschriften erstellte Konzernabschl¨ usse k¨onnen f¨ ur bestimmte vom konstatierten Rechnungslegungszweck durchaus erfasste Entscheidungen uninformativ sein. Nachdem potentielle Beeintr¨achtigungen der Informationsfunktion im Rahmen des eingef¨ uhrten Kommunikationsmodells diskutiert wurden, kehrt Kapitel 5 zum allgemeinen 63
Zur Unterscheidung von Daten und Informationen sei auf Seite 41 verwiesen.
1.3. Die Informationsfunktion des Konzernabschlusses
17
Corporate Governance System zur¨ uck und diskutiert den Einsatz eines zum Rechnungswesen komplement¨aren CG-Mechanismus zum Zweck der Kontrolle opportunistischen Verhaltens aufgrund unvollst¨andiger Vertr¨age. Im dort vorgestellten Modell der F¨ uhrungsund Kontrollstruktur deutscher Kapitalgesellschaften wird verdeutlicht, wie im Sinne einer shareholder value-orientierten Corporate Governance durch unternehmenswertabh¨angige Verg¨ utung des Aufsichtsrats eine Steigerung des Nettounternehmenswertes erreicht werden kann.
2. Beeintr¨ achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik 2.1. Empirische Evidenz zur Bilanzpolitik Unter Bilanzpolitik ist das Ergreifen gezielter Maßnahmen mit Auswirkungen auf den (Konzern-)Jahresabschluss zur Beeinflussung des Entscheidungsverhaltens von Bilanzadressaten oder von Rechtsfolgen des Abschlusses zu verstehen.1 Sie stellt damit einen Teil der Berichtspolitik eines Unternehmens dar, welche des Weiteren Aspekte freiwilliger Berichterstattung sowie die Nutzung verschiedener Formen der Interaktion mit den Stakeholdern, z.B. Telefonkonferenzen oder Road Shows, beinhaltet.2 Das Ergreifen bilanzpolitischer Maßnahmen durch das Topmanagement von kapitalmarktorientierten Unternehmen wurde in einer Vielzahl empirischer Studien belegt. Die dabei gefundenen Ergebnisse lassen unter anderem R¨ uckschl¨ usse auf die intendierte Ergebniswirkung, die Art der bilanzpolitischen Maßnahmen oder den Einfluss bestimmter Elemente des CG-Systems auf die Anreize f¨ ur Bilanzpolitik zu.3 Zur intendierten Ergebniswirkung zeigen empirische Untersuchungen, dass die Richtung der Bilanzpolitik (gewinnerh¨ohend, gewinnmindern oder gewinngl¨attend) von den Anreizen des berichtenden Managements abh¨angt.4 Sawicki & Shrestha (2008) und Cheng & Warfield (2005) zum Beispiel pr¨asentieren Belege daf¨ ur, dass Manager gewinnerh¨ohende Bilanzpolitik betreiben, bevor sie eigene Anteile am Unternehmen verkaufen und dass sie gewinnmindernde Bilanzpolitik betreiben, wenn sie zus¨atzliche Anteile kaufen wollen. 1
Vgl. Wagenhofer & Ewert (2007, S. 235), Dechow & Skinner (2000, S. 238f.), Healy & Wahlen (1999, S. 368). Vgl. Hutton (2004). Zur Motivation allgemeiner Berichtspolitik vgl. Arya & Mittendorf (2005) oder Boot & Thakor (2001). Miller (2002) dokumentiert den Einsatz zus¨ atzlicher freiwilliger Informationen und deren verbale Aufbereitung als Mittel zur Maskierung negativer Unternehmensentwicklungen. Einen ¨ahnlichen Aspekt der Berichtspolitik dokumentiert Aerts (2005), indem er den Text des Jahresabschlusses (accounting narrative) auf retrospektive Rechtfertigungen und Attributierungen der berichteten Ergebnisse untersucht. Er stellt dabei fest, dass die Tendenz des Managements positive Ergebnisse unternehmensinternen und negative Ergebnisse unternehmensexternen Faktoren zuzuschreiben, von dessen Anreizstruktur abh¨angt. Die Verwendung graphischer Mittel zur Hervorhebung positiver und Verschleierung neagtiver Entwicklungen beschreiben Jones & Beatiie (2008). 3 ¨ Lev (2003) gibt einen sehr eing¨ angigen Uberblick u ¨ber Motive, Methoden und gesellschaftliche Kosten von Bilanzpolitik. 4 Vgl. Wagenhofer & Ewert (2007, S. 245ff.), Healy & Wahlen (1999), Healy (1985). 2
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2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
Auch Darrough & Rangan (2005) finden entsprechende Evidenz. Sie zeigen, dass Unternehmen vor B¨orseng¨angen Bilanzpolitik betreiben, die konsistent zu einer Erh¨ohung des erwarteten Ausgabepreises ist. Geiger & North (2006) dokumentieren gewinnmindernde Bilanzpolitik neu berufener Finanzvorst¨ande. Sie erweitern damit die Ergebnisse zum sour genannten Big bath accounting 5 durch neu berufene Vorstandsvorsitzende.6 Anreize f¨ gewinngl¨attende Bilanzpolititk leitet Moses (1987) aus Verg¨ utungsvertr¨agen f¨ ur Manager ab, die Gewinnschwankungen ber¨ ucksichtigen. Aus Spr¨ ungen in der Verteilung offengelegter Gewinne schlossen Burgstahler & Dichev (1997), dass Manager Anreize dazu haben, durch gewinnerh¨ohende Bilanzpolitk bestimmte Gewinnschwellen zu erreichen.7 Diese Schwellen sind der Gewinn der Vorperiode, sowie mindestens positive Gewinne. Als weitere relevante Schwelle wurde von Degeorge et al. (1999) der von Analysten prognostizierte Gewinn identifiziert.8 In diesem Zusammenhang zeigen Barua et al. (2006), dass die von Burgstahler & Dichev (1997) identifizierten Anreize zur Bilanzpolitik davon abh¨angen, ob die betrachteten Unternehmen vor den bilanzpolitischen Maßnahmen Gewinne oder Verluste aufweisen. Zweifel an der These, dass die von Burgstahler & Dichev (1997) aufgezeigten Diskontinuit¨aten in der Verteilung von Gewinnen immer ein Beleg f¨ ur Bilanzpolitik sind, ¨außern Beaver et al. (2007). Sie erkl¨aren die Spr¨ unge im Bereich der Nullgewinne9 mit asysmmetrischen Effekten der Besteuerung und der außerordentlichen Erfolgsgr¨oßen auf Gewinn- und Verlustfirmen.10 In Bezug auf die Art der ergriffenen Maßnahmen dokumentiert ein anderer Zweig empirischer Untersuchungen das Ausmaß buchm¨aßiger Bilanzpolitik (accrual management) 5
Big bath accounting ist so zu verstehen, dass neue Topmanager durch gewinnmindernde Bilanzpolitik stille Reserven aufbauen k¨onnen, die ihnen z.B. in zuk¨ unftigen Perioden h¨ ohere erfolgsabh¨ angige Verg¨ utung gew¨ahren oder ihre F¨ uhrunsgsqualit¨ aten in besserem Licht erscheinen lassen. Die Verantwortung f¨ ur diesen Gewinnr¨ uckgang wird den Vorg¨ angern angelastet. Vgl. Masters-Stout et al. (2008, S. 1371). Riedl ¨ (2004) beschreibt eine Form des big baths bei der Anderungen von Rechnungslegungsstandards als Anlass f¨ ur die Schaffung stiller Reserven genutzt werden. 6 Vgl. Masters-Stout et al. (2008), Guan et al. (2005), Denis & Denis (1995) oder Moore (1973). 7 F¨ ur eine Diskussion der Folgen verfehlter Gewinnschwellen vgl. Dechow & Skinner (2000). 8 Vgl. auch Brown & Caylor (2005), die zeigen, dass nach 1993 Ananlystenprognosen die dominante Gewinnschwelle darstellen. Dies erkl¨ aren sie mit einer st¨ arkeren Wahrnehmung von Analystenprognosen im betreffenden Zeitraum und mit gestiegener Prognosequalit¨ at. 9 Geht man davon aus, dass die Gewinne von Unternehmen in einem Kapitalmarkt zu einem bestimmten Zeitpunkt ann¨ahernd gleichverteilt sein sollten, so zeigt sich empirisch, dass geringe Verluste (Gewinne) u aufig) auftreten. Burgstahler & Dichev (1997) hatten das als Beleg f¨ ur ¨berdurchschnittlich selten (h¨ Bilanzpolitik zur Vermeidung von Verlusten interpretiert. Jacob & Jorgensen (2007) wiederum zeigen, dass die Interpretation von Beaver et al. (2007) nur einen geringen Teil der Diskontinuit¨ at um Null erkl¨aren. 10 Insbesondere zeigen sie, dass die Gewinne von profitablen Firmen durch Einkommensteuern in Richtung des Nullpunkts gedr¨ uckt werden und dass die Verluste von schwach unprofitablen Firmen durch dort h¨aufiger auftretende außerordentliche Belastungen vom Nullpunkt weggezogen werden, so dass auch ohne Bilanzpolitik verh¨ altnism¨ aßig viele Unternehmen mit geringen Gewinnen und verh¨ altnism¨ aßig wenige mit nur geringen Verlusten aufreten.
2.1. Empirische Evidenz zur Bilanzpolitik
21
im Verh¨altnis zu realer Bilanzpolitik (real activities manipulation).11 In einer umfangreichen Befragung von Finanzvorst¨anden amerikanischer Aktiengesellschaften belegen Graham et al. (2005) nicht nur eine u ¨beraus hohe Bereitschaft, Bilanzpolitik zu betreiben, selbst wenn dadurch der langfristige Unternehmenswert sinkt. Sie dokumentieren auch eine h¨ohere soziale Akzeptanz realwirtschaftlicher Maßnahmen gegen¨ uber buchm¨aßigen Anpassungen. Die Nutzung realer Bilanzpolitik wird auch empirisch belegt. So zeigt Roy¨ chowdhury (2006) f¨ ur amerikanische Unternehmen, dass gezielte Uberproduktion oder die zeitliche Steuerung von Verk¨aufen zur gezielten Beeinflussung des ausgewiesenen Gewinns utzung bei Nelson et al. (2003). In eingesetzt werden.12 Diese Ergebnisse finden Unterst¨ einer Befragung u ufer h¨aufig eingesetzte ¨ber ihre Berufspraxis identifzierten Wirtschaftspr¨ Elemente der Bilanzpolitik, wie die Verschiebung von Ertr¨agen zwischen Perioden, die Verschleppung von Abschreibungen oder auch Wertverschiebungen im Rahmen der Kaufpreisallokation nach Unternehmenszusammenschl¨ ussen. Barton (2001) schließlich findet Belege daf¨ ur, dass Unternehmen zum Zweck der Gewinngl¨attung buchm¨aßige Bilanzpolitik und Finanzderivate teilweise substitutiv einsetzen.13 Wechselwirkungen mit den institutionellen Rahmenbedingungen verdeutlichen zum Beispiel die Ergebnisse von Burgstahler & Eames (2006) oder Athanasakou et al. (2009). In beiden Untersuchungen wird gezeigt, dass Unternehmen neben Ergebnismanagement durch Bilanzpolitik auch versuchen, Erwartungsmanagement zu betreiben, indem die Gewinnerwartungen der Analysten durch bewusst niedrige Gewinnank¨ undigungen gesenkt und so leichter erreichbar werden. Einen Zusammenhang zwischen der Aus¨ ubung bilanzieller Wahlrechte und steuerlichen Vorschriften auch bei amerikanischen Unternehmen dokumentieren Cloyd et al. (1996). Sie begr¨ unden dies damit, dass die Wahrscheinlichkeit f¨ ur die Anerkennung der Unternehmenssteuererkl¨arung durch die Finanzbeh¨orde steigt, wenn es keine Differenzen zur handelsbilanziellen Behandlung der angegebenen Gesch¨aftsvorf¨alle gibt. Leuz et al. (2003) schließlich zeigen, dass auch der Grad an Investorenschutz in einem bestimmten Kapitalmarkt mit dem beobachtbaren Ausmaß an Bilanzpolitik zusammenh¨angt. Zusammengefasst belegen diese Ergebnisse damit auch eine Interdependenz der einzelnen Elemente des Corporate Governance Systems, wie es in Abschnitt 1.2 beschrieben wurde. 11
Unter buchm¨aßiger Bilanzpolitik ist die Ausnutzung bilanzieller Ansatz- und Bewertungswahlrechte ohne Beeinflussung des zugrunde liegenden Gesch¨ aftsvorfalls zu verstehen. Reale Bilanzpolitik beschreibt die Gestaltung der der Bilanzierung zugrunde liegenden Gesch¨ aftsvorf¨ alle, vgl. Wagenhofer & Ewert (2007, S. 239). 12 Reale Bilanzpolitik wird hier definiert als Abweichung vom normalen Gesch¨ aftsablauf, vgl. Roychowdhury (2006, S. 337). Vgl. auch Darrough & Rangan (2005). 13 Das jeweilige Verh¨altnis von Bilanzpolitik und Derivatenutzung wird nach Barton (2001, S. 9ff.) von den Grenzkosten der Instruments in der jeweiligen Situation, ihrer Effizienz oder Effektivit¨ at bestimmt.
22
2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie durch das Zusammenspiel von realer Sachver¨ haltsgestaltung und buchm¨aßiger Bilanzpolitik im Zuge der Ubernahme einer Mehrheitsbeteiligung der Informationsgehalt des Konzernabschlusses durch das Management des u ¨bernehmenden Unternehmens beeinflusst werden kann. Insbesondere soll gezeigt werden, dass sich die H¨ohe des ausgewiesenen Goodwills beeinflussen l¨asst, ohne dass davon die Wertans¨atze anderer Verm¨ogensgegenst¨ande ber¨ uhrt werden. Angesichts der Bedeutung des Goodwills, dessen Indikatorfunktion f¨ ur den Wert eines Unternehmens vielfach belegt wurde,14 kann die Informationsfunktion des Konzernabschlusses durch derartige Gestaltungen signifikant beeintr¨achtigt werden. Im nachfolgenden Abschnitt soll zun¨achst die bilanzielle Abbildung von Unternehmenszusammenschl¨ ussen dargestellt werden, bevor im Anschluss daran das interessierende bilanzpolitische Potential herausgestellt wird. Das Kapitel endet mit einer Diskussion m¨oglicher Motivationen f¨ ur die beschriebene Form der Sachverhaltsgestaltung.
2.2. Bilanzielle Abbildung von Unternehmenszusammenschlu ¨ ssen15 Mit der Neufassung des IFRS 3, zwingend anzuwenden f¨ ur Unternehmenszusammenschl¨ usse, die nach dem 1. Juli 2009 erfolgen,16 hat das IASB (International Accounting Standards Bord ) unter anderem die Bewertung der Anteile anderer Gesellschafter im Konurfen gem¨aß zernabschluss an die Bewertung der Mehrheitenanteile angepasst.17 Erstere d¨ IFRS 3.19 im Zeitpunkt der Erstkonsolidierung entweder wie bisher mit dem Wert des anteiligen identifizierbaren Nettoverm¨ogens (Neubewertungsmethode - NBM) oder neuerdings mit ihrem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) bilanziert werden.18 Letztgenannte Option wird als Full Goodwill -Methode (FGM) bezeichnet, da aus ihrer Anwendung folgt, dass im Erwerbszeitpunkt die Differenz zwischen dem Fair Value der Anteile anderer Gesellschafter und dem Fair Value des auf diese Anteile entfallenden identifizierbaren Nettoverm¨ogens als Goodwill bilanziert wird. Der Fair Value dieser Anteile soll, IFRS 3.B44 folgend, entweder auf Basis beobachtbarer Marktwerte oder mit Hilfe von Bewertungsver14
Vgl. z.B. Schilling & Vassalli (2007), Henning et al. (2000), Hopkins et al. (2000). Vgl. Ebert & Simons (2009). 16 Eine freiwillige fr¨ uhere Anwendung ist zul¨ assig f¨ ur Berichtsperioden, die nicht vor dem 30.6.2007 beginnen. 17 Zur ausf¨ uhrlichen Darstellung des IFRS 3 und Vergleichen der Einzelbestimmungen mit IFRS 3 (2004) siehe Hachmeister (2008), Hendler & Z¨ ulch (2008), Pellens et al. (2008), Schultze et al. (2008) oder Schwedler (2008). Zur Full Goodwill -Methode nach ED IFRS 3 (2005) vgl. z.B. Haaker (2006) und Hayn (2005). 18 Im Folgenden wird immer auf die Standards in ihrer revidierten Fassung von 2008 Bezug genommen. Nur ein Bezug auf ¨altere Fassungen wird explizit gekennzeichnet. 15
2.2. Bilanzielle Abbildung von Unternehmenszusammenschl¨ ussen
23
fahren, wie z.B. DCF- (Discounted Cash Flow ) oder Residualgewinnverfahren, ermittelt werden.19 Der auf die Mehrheitenanteile entfallende bilanzielle Goodwill wird als Differenz zwischen dem gezahltem Kaufpreis und dem Fair Value des anteiligen identifizierbaren Nettoverm¨ogens ermittelt. Aufgrund der Beibehaltung einer Anschaffungskostenrestriktion f¨ ur den bilanziellen Goodwill der Mehrheitsgesellschafter liegt kein Full Goodwill -Ansatz im eigentlichen Sinne vor.20 Dennoch wird in Anlehnung an den u ¨blichen Sprachgebrauch hier von der Full Goodwill -Methode gesprochen, sofern die Anteile der anderen Gesellschafter mit ihrem Fair Value bewertet werden. In IFRS 3.BC331 begr¨ undet das IASB die Verwendung des Kaufpreises als beste N¨aherung f¨ ur den Fair Value der erworbenen Anteile anhand zweier Argumente. Erstens stellten Unternehmenserwerbe regelm¨aßig At arm’s length-Transaktionen zwischen sachverst¨andigen, unabh¨angigen und transaktionswilligen Dritten dar; demnach sollten die Fair Values der getauschten Leistungen einander entsprechen. Zweitens stelle der Kaufpreis einen objektiven Wert dar und man vermeide so zuk¨ unftige Diskussionen u ¨ber die korrekte Fair Value-Ermittlung. Hinsichtlich des Verh¨altnisses von gezahltem Kaufpreis und dem Wert der erworbenen Anteile k¨onnen drei F¨alle unterschieden werden: Der Kaufpreis u ¨berschreitet den Fair Value der erworbenen Anteile, er unterschreitet den Fair Value des identifizierbaren Nettoverm¨ogens oder er liegt zwischen diesen beiden Werten. Im erstgenannten Fall wurde f¨ ur die Anteile zu viel gezahlt, so dass es durch den Bezug auf die Anschaffungskosten der Beteiligung zur Erfassung eines teilweise nicht werthaltigen Goodwills f¨ ur die Mehrheitenanteile kommt. Im Rahmen zuk¨ unftiger Werthaltigkeitstests wird dieser jedoch ¨ korrigiert und die Uberzahlung durch eine erfolgswirksame Wertberichtigung im Konzernunstiger Erwerb (ein sogenannter barabschluss kommuniziert.21 Im zweiten Fall liegt ein g¨ gain purchase) vor. Dabei wird im Erwerbszeitpunkt die Differenz zwischen dem Fair Value des identifizierbaren Nettoverm¨ogens und dem Kaufpreis gewinnerh¨ohend verbucht.22 Auch der g¨ unstige Erwerb wird folglich durch eine erfolgswirksame Ber¨ ucksichtigung im Konzernabschluss sichtbar. Nicht eigenst¨andig geregelt sind Situationen, in denen der Erwerber einen Preis zahlt, der zwischen dem Fair Value des anteiligen identifizierbaren Nettoverm¨ogens und dem Fair Value der erworbenen Anteile liegt. Aus Sicht des K¨aufers l¨asst sich auch dies als g¨ unstiger Erwerb interpretieren, da der Fair Value der erworbenen Unternehmensantei19
Mackenstedt et al. (Vgl. 2006, S. 1041) zu einer Systematisierung anwendbarer Bewertungsverfahren. Vgl. IASB (2008, S. 12). Vgl. IFRS 3.54. 22 Vgl. IFRS 3.34-36. Zur Bilanzierung von bargain purchases vgl. beispielhaft Hahn (2007) und Gros (2005). 20 21
24
2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
le den Wert der hingegebenen Verm¨ogenswerte u ¨berschreitet. Bei Anwendung der Full Goodwill -Methode verh¨alt sich dann jedoch der auf die Mehrheitsgesellschafter entfallende Goodwill nicht proportional zu dem f¨ ur die anderen Gesellschafter ermittelten Goodwill.23 Der gleiche Effekt tritt ein, wenn durch den Erwerb Synergieeffekte realisiert werden k¨onnen, die nur den Mehrheitsgesellschaftern zu Gute kommen und die von diesen im Zuge ¨ der Ubernahme auch verg¨ utet werden. In IFRS 3.B45 wird die M¨oglichkeit solcher Situationen zwar explizit erw¨ahnt, dennoch werden daraus keine von der Standardsituation abweichenden Bilanzierungsvorschriften abgeleitet. Nachfolgend wird zur Illustration des bilanzpolitischen Spielraums, der der soeben beschriebenen Konstellation innewohnt, der Kauf einer Mehrheitsbeteiligung betrachtet, welcher im Sinne des IAS 27.4 ein Mutter-Tochter-Verh¨altnis begr¨ undet und nach IFRS 3 als Unternehmenszusammenschluss zu bilanzieren ist. Dazu wird die bilanzielle Abbildung eines Unternehmenserwerbs in einem Schritt (Situation 1) mit der eines Erwerbs verglichen, bei dem durch zwei nacheinander u ¨bereignete Tranchen exakt die gleichen Beteiligungsverh¨altnisse hergestellt, sowie in der Summe die gleichen Anschaffungskosten gezahlt werden (Situation 2). Situation 1 Das Unternehmen M U erwirbt im Zeitpunkt t0 einen Kapitalanteil γ, mit γ ∈ (0.5, 1], an Unternehmen T U zu einem Kaufpreis I, wobei Kapital- und Stimmrechtsanteile einander annahmegem¨aß entsprechen. Im Erwerbszeitpunkt hat das einzeln identifizierbare Nettoverm¨ogen der T U einen Fair Value in H¨ohe von X und der Fair Value des gesamten Nettoverm¨ogens, also der Marktwert des Eigenkapitals, betr¨agt λX.24 Es wird typischerweise λ > 1 gelten, da zum Gesamtwert eines Unternehmens, f¨ ur das die Fortf¨ uhrungspr¨amisse zutrifft, auch nicht separierbare verm¨ogenswerte Vorteile z¨ahlen.25 Damit ergibt sich der Wert der nicht separierbaren ¨okonomischen Vorteile aus Sicht des Ver¨außerers zu (λ−1)X. Im Sinne einer kompakteren und aussagekr¨aftigeren Darstellung wird hier davon ausgegangen, dass die Einzelbilanz der T U bereits s¨amtliche identifizierbaren Verm¨ogenswerte ¨ und Schulden zu Zeitwerten enth¨alt. Uber den Goodwill hinaus bestehen folglich keine stillen Reserven und Bilanzpolitik im Rahmen der Kaufpreisallokation bleibt von der Betrachtung ausgeschlossen.26 23
Zur unterschiedlichen Bewertung von Mehrheitsanteilen und Anteilen anderer Gesellschafter vgl. K¨ uting et al. (2008, S. 141) und IFRS 3.B45. 24 Unter dem Marktwert des Eigenkapitals wird hier ein Pr¨ a-Akquisitionsmarktwert verstanden. Das ist der Wert des Eigenkapitals in seiner Nutzung vor Ver¨ außerung. Vgl. dazu IFRS 3.BC316. 25 Vgl. IFRS 3.BC313. Im Falle von λ < 1 best¨ unde die optimale Strategie in der Liquidation von T U . 26 Vgl. Z¨ ulch & W¨ unsch (2008), Bartels & v. Kanitz (2005), Kuhlewind (2005), Zelger (2005) und Ballwieser et al. (2004) zu verschiedenen Facetten der Kaufpreisallokation im Rahmen von Unternehmens-
2.2. Bilanzielle Abbildung von Unternehmenszusammenschl¨ ussen
25
Wird die Erstkonsolidierung nach Maßgabe der in IFRS 3.19 erlaubten Full Goodwill Methode durchgef¨ uhrt, werden die Anteile anderer Gesellschafter (AaG) in H¨ohe ihres Zeitwertes ausgewiesen und es sind in Situation 1 folgende Konsolidierungsbuchungen vorzunehmen: (i)
γX
Eigenkapital
I − γX
Goodwill (ii)
Eigenkapital Goodwill
an
Beteiligung
an
AaG
I
(1 − γ)X (1 − γ)(λ − 1)X
(1 − γ)λX
Abbildung 2.1.: Buchungss¨atze bei Erwerb in einer Tranche Buchungssatz (i) zeigt die Ermittlung des erworbenen Goodwills als Differenz aus den Anschaffungskosten der Beteiligung, I, und dem auf die Mehrheitsgesellschafter entfallenden, anteiligen und neubewerteten Eigenkapital, γX. Buchungssatz (ii) zeigt die Ermittlung des auf die Minderheiten entfallenden Goodwills als Differenz aus dem Fair Value ihrer Anteile an T U , (1 − γ)λX, und ihrem Anteil am neubewerteten Eigenkapital der T U , (1 − γ)X. Gem¨aß IFRS 3.32 hat der Erwerber den Betrag als Goodwill zu erfassen, der verbleibt, wenn man von der Summe aus den Anschaffungskosten der Mehrheitsbeteiligung und dem Wert der Anteile anderer Gesellschafter den Fair Value des erworbenen identifizierbaren Nettoverm¨ogens abzieht. Daher umfasst der bei der FGM ausgewiesene Goodwill Anteile, die auf den Mehrheitsgesellschafter entfallen, sowie Anteile, die anderen Gesellschaftern zuzurechen sind. Gleichung (2.1) zeigt den in Situation 1 insgesamt zu bilanzierenden Goodwill, hier mit GW1 bezeichnet.27 GW1 = I + (1 − γ)λX − X
(2.1)
Sofern das Ziel der IFRS, einen gestaltungsunabh¨angigen Ausweis ¨okonomischer Sachverhalte zu gew¨ahrleisten, erreicht wird, d¨ urfte sich der bilanzielle Goodwill auch dann nicht ¨andern, wenn der Beteiligungserwerb in zwei oder mehr Tranchen zerlegt wird.28 Diese Hypothese wird durch Betrachtung der Situation 2 u uft. ¨berpr¨
zusammenschl¨ ussen nach IFRS 3. Entgegen der mathematischen Konvention werden die letzten beiden Terme in (2.1) nicht zusammengefasst. Gleichung (2.1) ist damit ein exaktes formales Abbild des Standardtextes. 28 Vgl. IFRS Rahmenkonzept Rz. 35, nach der wirtschaftliche Vorg¨ ange in erster Linie auf Basis ihres okonomischen Gehalts abgebildet werden und nicht lediglich auf Basis ihrer rechtlichen Ausgestaltung. ¨ 27
26
2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
Situation 2 Im Gegensatz zu Situation 1 erwirbt M U die Beteiligung an T U nunmehr in zwei Schritten. Dazu schl¨agt M U dem Verk¨aufer nach Einigung u ¨ber die zu erwerbende Beteiligungsquote γ und den Kaufpreis I vor, den Erwerb in zwei Transaktionen zu zerlegen. Im ersten Schritt wird, wie in Situation 1, eine Mehrheitsbeteiligung erworben, allerdings nur in H¨ohe von (1 − )γ mit 0 ≤
γλX), ergeben je nach gew¨ahltem Erwerbsverlauf un¨ terschiedliche bilanzielle Goodwills. Gleiches gilt f¨ ur Ubernahmen, bei denen ein Preis unterhalb des Fair Values der Anteile, aber oberhalb des Fair Values des anteiligen identifizierbaren Nettoverm¨ogens (γX < I < γλX), gezahlt wird. Im Folgenden sollen beide F¨alle dargestellt werden, um die Differenz zwischen den beiden Goodwillausweisen zu illustrieren.
32 33
Vgl. IFRS Rahmenkonzept Rz. 35. Von Bilanzpolitik im Rahmen der Kaufpreisallokation einmal abgesehen, w¨ urde das identifizierbare Nettoverm¨ogen der T U unabh¨ angig vom gezahlten Kaufpreis und vom erworbenen Anteil vollst¨ andig in die Konzernbilanz u oße Goodwill ließe aufgrund ihrer Anschaffungs¨bernommen. Einzig die Residualgr¨ ¨ kostenrestriktion f¨ ur den Mehrheitsanteil R¨ uckschl¨ usse auf den wirtschaftlichen Gehalt der Ubernahme zu.
28
2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
2.3. Bilanzpolitisches Potential Zur Strukturierung der folgenden Untersuchung verdeutlicht Abbildung 2.3 die Fallkonstellationen, die sich aus dem Zusammenspiel der gezahlten Preise in der ersten und zweiten Transaktion sowie der Aus¨ ubung des Bilanzierungswahlrechtes nach IFRS 3.19 ergeben. Die relevanten Einflussgr¨oßen stellen dabei das Verh¨altnis von hingegebenen zu erhaltenen Nettoverm¨ogenswerten (Kontrollpr¨amie vs. g¨ unstiger Erwerb), die Art der zweiten Transaktion (ex ante geregelte Aufteilung eines Erwerbsvorgangs vs. Nachkauf von Anteilen am Kapitalmarkt) sowie die gew¨ahlte Bilanzierungsmethode (FGM vs. NBM) dar. Zwei Transaktionen Verh¨altnis Preis/ant. EK Preis der 2. Transaktion
Kontrollpr¨amie
g¨ unstiger Erwerb
Ex ante - Preis
Marktpreis
Ex ante - Preis
Marktpreis
FGM
ΔGW < 0
ΔGW = 0
ΔGW > 0
ΔGW = 0
NBM
ΔGW < 0
ΔGW = 0
ΔGW < 0
ΔGW = 0
Abbildung 2.3.: Abgrenzung relevanter Fallkonstellationen Von Interesse sind hier nur die F¨alle, in denen eine Gestaltung des Unternehmenserwerbs in der beschriebenen Art die H¨ohe des bilanziellen Goodwills beeinflussen kann.34 Wie Abbildung 2.3 zeigt, f¨ uhrt die Anwendung der Full Goodwill -Methode immer dann zu Goodwilldifferenzen, wenn der Kaufpreis f¨ ur das gesamte Beteiligungspaket ex ante festgelegt wird und sich vom Fair Value der u ¨bertragenen Beteiligung unterscheidet. Anders verh¨alt es sich in Situationen, in denen ohne vorherige Vereinbarung zus¨atzliche Anteile an Tochterunternehmen am Markt nachgekauft werden. Die Kontrollpr¨amie bzw. die Ersparnis des g¨ unstigen Erwerbs f¨allt dann ausschließlich im Zeitpunkt des Kontrollerwerbs an. Die Wirkung auf den Goodwill entfaltet sich also vollumf¨anglich beim Kauf der ersten Tranche, so dass keine Goodwilldifferenzen zwischen einem einstufigen und einem 34
Eine konzeptionell ¨ahnliche Gestaltungsm¨ oglichkeit im Zusammenhang mit dem Verkauf von Mehrheitsbeteiligungen wird von L¨ udenbach & Hoffmann (2005, S. 1810f.) beschrieben. Durch Zerlegung der Ver¨außerung in mehrere Tranchen, wobei erst mit der letzten Tranche die Kontrolle verloren geht, f¨ uhrt hier zu einer Erh¨ ohung des Entkonsolidierungserfolgs.
2.3. Bilanzpolitisches Potential
29
zweistufigen Anteilserwerb mehr auftreten k¨onnen. Die M¨oglichkeit der bilanziellen Gestaltung des ausgewiesenen Goodwills beschr¨ankt sich damit auf solche F¨alle, in denen ein ¨ ex ante festgelegtes Ubernahmepaket in zwei oder mehr Tranchen zerlegt wird. Nur diese Situationen werden daher in den folgenden Ausf¨ uhrungen ber¨ ucksichtigt, wobei außerdem ausschließlich die FGM betrachtet wird. Die NBM f¨ uhrt ebenfalls zu Goodwilldifferenzen. Deren Ursache liegt aber im gleichen Buchungsmechanismus begr¨ undet wie im Fall der FGM. Auf eine separate Darstellung wird daher verzichtet. 2.3.1. Zahlung einer Kontrollpr¨ amie F¨ ur den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung werden regelm¨aßig Kontrollpr¨amien gezahlt.35 ¨ Der Erwerber kann zum Beispiel durch die Ubernahme der Kontrolle Synergieeffekte realisieren, die dem Ver¨außerer nicht zug¨anglich waren.36 Der Ver¨außerer wird dies aber im ¨ Rahmen der Ubernahmeverhandlungen antizipieren und seine Anteile nur dann verkaufen, wenn er an diesen Synergieeffekten beteiligt wird, d.h., wenn der vereinbarte Kaufpreis gr¨oßer ist als der Fair Value der zu u ¨bereignenden Anteile in ihrer gegenw¨artigen Nutur die Beteiligung zung.37 Im hier vorgestellten Beispiel heißt das, der Erwerber M U zahlt f¨ γ einen Preis, der u ¨ber dem Pr¨aakquisitions-Fair-Value der erworbenen Anteile liegt, d.h. I > γλX. Folgendes Zahlenbeispiel soll den Sachverhalt illustrieren. Es sei X = 100, λX = 110, γ = 0.8, = 0.3 und I = 90. Der Erwerb in einem Schritt ergibt die in Tabelle 2.1 abgebildete Konsolidierung zur Konzernbilanz.38 Wird der Erwerb dagegen in zwei Transaktionen zerlegt, resultiert das in der in Tabelle 2.2 gezeigten Konzernbilanz. Aus Gleichung (2.3) l¨asst sich ablesen, dass der Goodwillausweis beim Erwerb in zwei Transaktionen um (γλX − I) = 0.3(88 − 90) = −0.6 vom Goodwillausweis beim Erwerb in einem Schritt abweicht. Abbildung 2.4 auf Seite 32 verdeutlicht diesen Effekt. Dargestellt ist in Anlehnung an Baxter & Spinney (1975) die Aufdeckung der Unternehmenswertbestandteile des Tochterunternehmens in der Konzernbilanz und ihre Aufteilung auf Mehrheitsgesellschafter und andere Gesellschafter.39 Das innere Quadrat entspricht dabei jeweils dem Fair Value des identifizierbaren Nettoverm¨ogens des u ¨bernommenen Unter35
¨ ¨ F¨ ur eine theoretische Fundierung von Ubernahmepr¨ amien sowie einen Uberblick u ¨ber empirische Be¨ lege zu Ubernahmepr¨ amien vgl. Eckbo (2009). Dort werden z.B. Offenlegungsregeln im Zusammen¨ ¨ hang mit Ubernahmegeboten, der Auktionscharakter vieler Ubernahmen und die Vermachtung der ¨ Ubernahmesituation durch Abwehrmechanismen, wie z.B. Poison pills, erl¨ autert. 36 Vgl. IFRS 3.BC316 . 37 ¨ Zur Ratio solcher Ubernahmeverhandlungen vgl. Kapitel 3. 38 Die Superskripte an den gebuchten Werten bezeichnen die Nummern der Buchungss¨ atze aus Abschnitt 2.2. 39 Vgl. Baxter & Spinney (1975, S. 33).
30
2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
Bilanzposition
MU
TU
90
90
sonstige Aktiva
100
200
300
Eigenkapital
150
100
250
12 90
80I 20II
150 22
40
100
I
300
AaG Fremdkapital
Haben KB
10I 2II
Goodwill Beteiligung
Soll
II
140
22 140
Tabelle 2.1.: Konsolidierung bei Erwerb mit Kontrollpr¨amie in einem Schritt
Bilanzposition
MU
TU
7 4,4IV 90
KB
100
200
300
Eigenkapital
150
100
250
11,4 III
90
sonstige Aktiva
63 27V
300 56III 44IV 0,6V
AaG
149,4 48,4
26,4V Fremdkapital
Haben
III
Goodwill Beteiligung
Soll
40
100
140
IV
22 140
Tabelle 2.2.: Konsolidierung bei Erwerb mit Kontrollpr¨amie in zwei Schritten
nehmenes, X, und das ¨außere Quadrat dem Gesamtunternehmenswert vor Ver¨außerung, λX. Der dunkelgrau hinterlegte Bereich entspricht der Differenz dieser beiden Gr¨oßen und quantifiziert den gesamten Goodwill vor Ver¨außerung. Bei Anwendung der Full Goodwill Methode und einem gezahlten Preis I > γλX, symbolisiert durch ein gestrichelt umgrenztes Rechteck, wird dieser Goodwill voll aufgedeckt. Dar¨ uber hinaus wird in Situation 1 ein Goodwill in H¨ohe der gezahlten Kontrollpr¨amie aktiviert. Dieser ist in der linken Grafik als dunkelgraues Rechteck oberhalb des ¨außeren Quadrates gezeigt, so dass die
2.3. Bilanzpolitisches Potential
31
dunkelgraue Fl¨ache den gesamten bilanziellen Goodwill repr¨asentiert.40 Das gew¨ahlte Rechenbeispiel ergibt einen Anteil anderer Gesellschafter von 22, der sich jeweils aus einem 20%-Anteil am identifizierbaren Nettoverm¨ogen (20) und am Goodwill vor Ver¨außerung (2) zusammensetzt. In analoger Weise ergibt sich der Mehrheitenanteil, wobei zus¨atzlich ¨ die Ubernahmepr¨ amie von 2 als Goodwill aktiviert wird. ¨ In Situation 2 wird ebenfalls der volle Goodwill vor Ubernahme aufgedeckt, allerdings f¨allt die ausgewiesene Kontrollpr¨amie geringer aus, da f¨ ur die erste Tranche der Transaktion nur ein Preis von (1 − )I gezahlt wird. Obwohl die verbleibende anteilige Kontrollpr¨amie im zweiten Erwerbsschritt gezahlt wird, kommt es hier nicht zu einer Aktivierung als Goodwill. Vielmehr wird dieser Anteil der Kontrollpr¨amie erfolgsneutral im Eigenkapital verrechnet. In Abbildung 2.4 wird dies durch den Betrag der nun aktivierten Kontrollpr¨amie in H¨ohe von 1.4 deutlich. Die Zerlegung des Unternehmenserwerbs in zwei separate Transaktionen erlaubt nach IFRS 3 also, einen geringeren Goodwill auszuweisen, als das bei einer singul¨aren Transaktion der Fall gewesen w¨are. Bei einem strukturierten Erwerb von 100% der Anteile ließe sich so maximal die H¨alfte der gezahlten Kontrollpr¨amie verbergen. Infolgedessen k¨onnte ein externer Bilanzleser zu einer fehlerhaften Einsch¨atzung ¨ der Ubernahmesituation kommen.41 Man beachte, dass dieser Effekt nicht von der Wahl der Full Goodwill -Methode abh¨angt. Vielmehr verst¨arkt er sich noch bei Anwendung der Neubewertungsmethode, bei der kein Minderheitengoodwill aufgedeckt wird. Die Differenz des bilanzierten Goodwills, die sich bei zweistufigem Anteilserwerb im Vergleich zum Erwerb in einem Schritt ergibt, umfasst dann zus¨atzlich den erworbenen Goodwill, der laut rechter Grafik auf den Anteil γ entf¨allt (im Rechenbeispiel: 2.4). Damit ist die entstehende Goodwilldifferenz im Fall einer Kontrollpr¨amie kein Resultat der Neuregelung von IFRS 3, sondern konnte auch schon auf Basis des IFRS 3 (2004) auftreten, wenn man den Zukauf von Anteilen an Tochterunternehmen unter Anwendung der Einheitstheorie als Verschiebung innerhalb des Eigenkapitals verstanden hat.42
40
Dass es sich bei Kontrollpr¨ amien um werthaltige Goodwillbestandteile handelt, haben Henning et al. (2000) gezeigt. Sie haben den Zusammenhang der einzelnen Goodwillbestandteile mit dem Unternehmenswert untersucht und f¨ ur beide Teilgr¨ oßen signifikante Erkl¨arungsgehalte f¨ ur den Marktwert des Eigenkapitals gefunden. 41 ¨ Zum Beispiel k¨onnte die Rentabilit¨ at der Ubernahme (und damit die Managementleistung) u atzt ¨bersch¨ werden. F¨ ur eine ausf¨ uhrliche Diskussion m¨ oglicher Implikationen sei auf Abschnitt 2.4 verwiesen. 42 Zu den Varianten der bilanziellen Abbildung einer Aufstockung von Mehrheitenanteilen und ihrer Zul¨assigkeit im IFRS Abschluss vgl. Ballwieser et al. (2008, S. 595, Rz. 115), Bonham et al. (2008, S. 544), Senger et al. (2006, § 33, Rz. 107), Baetge et al. (2002, IAS 27, Rz. 187).
32
2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
Situation 1 20%
Situation 2
80% 2
20%
24%
56% 1.4
Kontrollpr¨ amie
Kontrollpr¨ amie
2.4
2
20
80
8
Nettoverm¨ ogen
Goodwill
2
20
24
56
5.6
Nettoverm¨ ogen
Goodwill
Abbildung 2.4.: Goodwilleffekt bei Zahlung einer Kontrollpr¨amie 2.3.2. G¨ unstiger Erwerb Neben der Zahlung von Kontrollpr¨amien kann es auch Situationen geben, in denen ein g¨ unstiger Erwerb vorliegt. Diese seien durch einen Preis I < γλX gekennzeichnet. Man beachte, dass der hier zugrunde gelegte Begriff eines g¨ unstigen Erwerbs den bargain purchase nach IFRS 3.34 einschließt. Dar¨ uber hinaus umfasst er aber auch solche F¨alle, in denen der Erwerber sehr wohl das anteilige identifizierbare Nettoverm¨ogen verg¨ utet, nicht aber den vollen Wert der dar¨ uber hinaus erworbenen nicht identifizierbaren Verm¨ogensvorteile (γX < I < γλX). Solche Situation lassen sich IFRS 3.35 folgend zum Beispiel damit begr¨ unden, dass der Ver¨außerer durch Zeit- oder Liquidit¨atsrestriktionen zu einem schnellen ¨ Verkauf gezwungen wird und die Ubernahme deswegen nicht den Charakter einer At arm’s length-Transaktion hat. Zur Illustration des Sachverhaltes dient folgendes Zahlenbeispiel. Wie in Abschnitt 2.3.1 gelte X = 100, λX = 110, γ = 0.8, = 0.3. Der vereinbarte Kaufpreis betrage nun aber nur I = 85. Die Tabellen 2.3 und 2.4 zeigen die Kapitalkonsoliderungsbuchungen und die daraus resultierenden Konzernbilanzen jeweils f¨ ur den Erwerb in einem Schritt und in zwei Schritten. Gleichung (2.3) ergibt f¨ ur diesen Fall eine positive Goodwilldifferenz in H¨ohe von (γλX − I) = 0.3(88 − 85) = 0.9. Das heißt der Erwerb in zwei kurz aufeinanderfolgenden Tranksaktionen bedingt einen h¨oheren bilanziellen Goodwill als eine singul¨are
2.3. Bilanzpolitisches Potential
Bilanzposition
33
MU
TU
85
85
sonstige Aktiva
100
200
300
Eigenkapital
150
100
250
7 85
80I 20II
150 22
35
100
I
300
AaG Fremdkapital
Haben KB
5I 2II
Goodwill Beteiligung
Soll
II
135
22 135
Tabelle 2.3.: Konsolidierung bei g¨ unstigem Erwerb in einem Schritt
Bilanzposition
MU
TU
sonstige Aktiva Eigenkapital
Haben
3,5III 4,4IV
Goodwill Beteiligung
Soll
85 100 150
100
7,9 III
85 200
59,5 25,5V
300 250
300 III
56 44IV
0,9V
150,9
48,4IV
AaG 26,4V Fremdkapital
KB
35
100
135
22 135
Tabelle 2.4.: Konsolidierung bei g¨ unstigem Erwerb in zwei Schritten
Transaktion. Das bilanzpolitische Potential kehrt sich gegen¨ uber der Situation mit Kontrollpr¨amie also um. Abbildung 2.5 verdeutlicht den Unterschied. IFRS 3.32 begrenzt den Goodwillausweis f¨ ur die Mehrheitsgesellschafter auf den erworbenen Goodwill. Ein Preis I < γλX ergibt also einen bilanziellen Goodwill, der mindestens um den Betrag γ(λ − 1)X geringer ausf¨allt als der Full Goodwill des erworbenen Unternehmens.43 Da bei ¨ tranchenweisem Erwerb die Ubereignung der zweiten Tranche als reine Transaktion un43
Als Full Goodwill wird hier der Pr¨ a-Akquisitions-Goodwill verstanden, vgl. S. 24.
34
2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
ter Eigenkapitalgebern verstanden wird, kommt es nicht zur Anpassung des bilanzierten Goodwills. Der urspr¨ unglich auf die Minderheitsgesellschafter entfallende Goodwillanteil in H¨ohe von 0.9 bleibt bilanziell bestehen, obwohl er durch den Kaufpreis nicht verg¨ utet wurde. Die Anschaffungskostenrestriktion des IFRS 3 f¨ ur den bilanziellen Goodwill der Mehrheitsgesellschafter wird so ausgehebelt. In Analogie zur Situation mit Kontrollpr¨amie ließe sich hier bei einem strukturierten Erwerb von 100% der Anteile maximal die H¨alfte des bargain gains erfolgsneutral vereinnahmen. Werden die Anteile anderer Gesellschafter dagegen lediglich mit dem Fair Value des anteiligen identifizierbaren Nettoverm¨ogens bewertete (NBM), ¨andert sich nicht nur der Betrag der Goodwilldifferenz, sondern auch deren Vorzeichen. Nun ergibt der zweistufige Erwerb einen geringeren Goodwill (im Beispiel um 1.5) als der Erwerb in einer Tranche, da der zu aktivierende Mehrheitsgoodwill in der ersten Transaktion entsteht und nicht durch die zweite Transaktion aufgestockt wird. Das Methodenwahlrecht des IFRS 3 zur Bewertung der Anteile anderer Gesellschafter in Kombination mit der Zerlegung eines Erwerbs in mehrere Tranchen erlaubt folglich die gezielte Beeinflussung des bilanziellen Goodwills nach oben oder unten.
Situation 1 20%
Situation 2
80%
20%
24%
56%
0.9 2.4
2
20
80
5
Nettoverm¨ ogen
2
20
24
56
3.5
Nettoverm¨ ogen
Goodwill
Abbildung 2.5.: Goodwilleffekt bei g¨ unstigem Erwerb
Goodwill
2.4. Erkl¨arungsans¨atze f¨ ur tranchenweisen Erwerb
35
2.4. Erkl¨ arungsans¨ atze fu ¨ r tranchenweisen Erwerb Die Zerlegung eines Erwerbsvorgangs in zwei oder mehr Tranchen erlaubt, wie in den beiden vorangegangenen Abschnitten gezeigt wurde, eine gezielte Steuerung der in der Konzernbilanz vermittelten Informationen. Dass eine derartige Zerlegung kein rein hypo¨ thetischer Fall ist, zeigt die Ubernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank im Jahr 2008. Am 31. August 2008 wurde zwischen der Allianz und der Commerzbank die ¨ ¨ Ubernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank vereinbart. Die Ubereinkunft sah ¨ ¨ einen Ubernahmepreis von ca. 8.8 Mrd. e vor, wobei die Ubernahme des Aktienpakets in zwei Transaktionen erfolgen sollte. In der ersten Transaktion h¨atte die Commerzbank Ende 2008 ca. 60% der Anteile erworben und so eine Stimmrechtsmehrheit an der Dresdner Bank erlangt. Die verbliebenen 40% der Anteile w¨aren im Laufe des Jahres 2009 gegen Zahlung des Restbetrags u ¨bertragen worden. Der Gesamtkaufpreis, welcher in Form von Barmitteln, eigenen Aktien und Unternehmensanteilen an Tochterunternehmen entrichtet werden sollte, war ex ante festgelegt. Wert¨anderungen der hinzugebenden eigenen Aktien h¨atten sich nicht in den Anschaffungskosten niedergeschlagen, sondern lediglich im resultierenden Austauschverh¨altnis von empfangenen und hingegebenen Anteilen.44 Da aus dem Vorliegen einer derartigen Gestaltung von Unternehmens¨ ubernahmen nicht ohne weiteres auf bilanzpolitische Motive geschlossen werden kann, sollen im Folgenden alternative Erkl¨arungsans¨atze diskutiert und hinsichtlich ihrer Plausibilit¨at gew¨ urdigt werden. F¨ ur einen tranchenweisen Erwerb k¨onnen verschiedene Erkl¨arungsmuster identifiziert werden. Diese lassen sich in finanzwirtschaftliche und rechnungswesenbezogene Argumentationen unterscheiden. Bei den finanzwirtschaftlichen Erkl¨arungsmustern lassen sich Liquidit¨atsrestriktionen und Imperfektheiten am Markt f¨ ur Unternehmens¨ ubernahmen anf¨ uhren. Unterliegt der Erwerber eines Unternehmens Liquidit¨atsrestriktionen, so w¨ urde die Aufteilung des zu entrichtenden Kaufpreises auf mehrere Zahlungszeitpunkte dazu f¨ uhren, dass im zweiten Erwerbsschritt liquide Mittel eingesetzt werden k¨onnten, die z.B. in Form von Dividendenzufl¨ ussen aus dem bereits im ersten Transaktionszeitpunkt u ¨bernommenen Unternehmen stammen. Auch die Besicherung von zum Erwerb aufzunehmenden Krediten k¨onnte mit den bereits erworbenen Anteilen erfolgen. Inso¨ fern k¨onnte sich die Ubernahme zumindest partiell selbst finanzieren. Angesichts der H¨ohe des Kaufpreises und der typischerweise zu beobachtenden Kurs-Gewinn-Verh¨altnisse d¨ urfte allerdings die Finanzierungskraft zwischenzeitlich zugeflossener liquider Mittel ver44
Vgl. Commerzbank (2008). Aufgrund der Finanzkrise wurde die zweite Transaktion außerplanm¨ aßig vorgezogen. Die Gestaltung als Erwerb in zwei Tranchen blieb davon unber¨ uhrt, vgl. Commerzbank (2009).
36
2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
nachl¨assigbar gering sein. Gleiches gilt f¨ ur die Besicherung von Krediten mittels der bereits erworbenen Anteile. Vielmehr ließen sich auch sofort 100% der Anteile kreditfinanziert erwerben, wobei die zu erwerbenden Anteile unmittelbar zur Kreditsicherung eingesetzt werden k¨onnten. Hinsichtlich der Marktimperfektionen sind Informationsasymmetrien auf Seiten des Er¨ werbers zu ber¨ ucksichtigen. Durch die tranchenweise Ubernahme erhielte er Gelegenheit, die Werthaltigkeit seiner Investition kritisch zu hinterfragen, da die im ersten Schritt erworbenen Mehrheitsanteile einen unbeschr¨ankten Zugang zu den internen Rechnungswesendaten des erworbenen Unternehmens sicherten. W¨ urden Sachverhalte offenbar, die eine Revision der Zahlungsbereitschaft begr¨ undeten, k¨onnte im Rahmen der zweiten Tranche eine Nachverhandlung stattfinden. Der tranchenweise Erwerb k¨onnte insofern eine Analogie zur Skontogew¨ahrung im Warenverkehr darstellen, die in der Literatur auch als Gegenleistung f¨ ur eine z¨ ugige Qualit¨ats¨ uberpr¨ ufung der erhaltenen Waren interpretiert wird.45 Diesem Argument widerspricht jedoch die vertragliche Ex-ante-Fixierung des Kaufpreises, die der Annahme einer Nachverhandlung entgegensteht. Außerdem ist davon auszugehen, dass im Rahmen von k¨auferseitigen Due-Dilligence-Pr¨ ufungen ein hinreichender Zugang zu internen Rechnungswesendaten gew¨ahrt wird und somit ein ausreichender Abbau der Informationsasymmetrie erfolgt.46 Insgesamt verm¨ogen die finanzwirtschaftlichen Erkl¨arungsans¨atze einen tranchenweisen Erwerb also nicht zu plausibilisieren. Die rechnungswesenbezogenen Erkl¨arungsmuster bauen auf dem Anreiz zu opportunistischem Verhalten des Managements auf, der in Abschnitt 1.2 als urs¨achlich f¨ ur den Bedarf an CG Mechanismen identifiziert wurde. Erstens hat das externe Rechnungswesen, wie in Abschnitt 1.3 gezeigt, die Aufgabe, potentielle Investoren und gegenw¨artige Kapitalgeber sowohl mit Informationen zu versorgen, die ihnen eine Einsch¨atzung des Unternehmenswertes erm¨oglichen, als auch mit Informationen u uhrung ¨ber die Art der Unternehmensf¨ durch das Management. Zweitens h¨angen die Verg¨ utung sowie nicht-monet¨are Anreize des Managements sehr h¨aufig direkt oder indirekt von rechnungswesenbasierten Informationen ab: Direkt z.B. u utung mittels origin¨arer bilanzieller Erfolgs¨ber die Bemessung der Verg¨ maße, wie dem Jahres¨ uberschuss und indirekt z.B. u utung mit¨ber die Bemessung der Verg¨ tels marktwertbasierter Erfolgsmaße, wie der Kapitalrendite.47 Die damit erzielte Bindung des Managements an den Erfolg oder Wert des Unternehmens kann zu Fehlanreizen f¨ uhren, 45
Vgl. zu dieser Interpretation des Lieferantenkredits Lee & Stowe (1993) und Smith (1987). Vgl. zur Due Dilligence Sch¨ uppen & Walz (2005). 47 In Fischer & Trost (2009) gaben knapp 93% der befragten CFOs und Investor-RelationsVerantwortlichen an, eine variable Verg¨ utung zu erhalten. Unter den Bemessungsgrundlagen rangiert das Periodenergebnis mit 30% der Nennungen an erster Stelle gefolgt vom Aktienkurs (18.8%) und der Gesamtkapitalrendite (16.8%). Zur Konzernsteuerung auf Basis externer Rechnunsgwesendaten vgl. auch Simons & Ebert (erscheint 2009, Teil A, Kapitel 3 IV). 46
2.4. Erkl¨arungsans¨atze f¨ ur tranchenweisen Erwerb
37
die sich in Bilanzpolitik niederschlagen. Die im Konzernabschluss vermittelten Informationen werden durch derartig verursachte Bilanzpolitik verzerrt, die Informationsfunktion mithin beeintr¨achtigt. Das Beispiel einer an der Kapitalrendite bemessenen Verg¨ utung illustriert diesen Zusammenhang. In Abschnitt 2.3.1 wurde gezeigt, dass ein tranchenweiser Erwerb im Fall einer Kontrollpr¨amie zu einem geringeren Goodwillausweis f¨ uhrt als ein einstufiger Erwerb. Dadurch sinkt einerseits die Wahrscheinlichkeit zuk¨ unftiger GoodwillImpairments, weil nur ein geringerer origin¨arer Goodwill als in der Vergleichssituation geschaffen werden muss, um den Wertverzehr des derivativen Goodwills zu kompensieren. Somit treten seltener Belastungen des Konzernergebnisses auf, was sich positiv auf den Z¨ahler der Bemessungsgrundlage Kapitalrendite auswirkt. Andererseits f¨allt aufgrund des geringeren Aktivierungsvolumens mit der Bilanzsumme auch der Nenner einer an der Kapitelrendite orientierten Bemessungsgrundlage geringer aus, was ebenfalls die erwartete variable Verg¨ utung erh¨oht. Dar¨ uber hinaus kann die verringerte Wahrscheinlichkeit außerplanm¨aßiger Goodwillabschreibungen auch die erwartete Verg¨ utung aus aktienbasierten Anreizsystemen erh¨ohen.48 Empirische Befunde legen n¨amlich den Schluss nahe, dass solche Abschreibungen negative Aktienkursreaktionen verursachen.49 Konsistent zu dem beschriebenen Anreiz f¨ ur eine den Goodwill verringernde Bilanzpolitik ist die empirische Evidenz. So ergeben die Untersuchungen von Choi & Lee (1991) und Grinyer et al. (1991), dass in Rechnungslegungsregimen mit ergebniswirksamer Goodwillbehandlung signifikant geringere Goodwills bilanziert und signifikant geringere Kontrollpr¨amien gezahlt wurden als in solchen Regimen, die eine erfolgsneutrale Goodwillvereinnahmung erlauben.50 Einen Hinweis auf die zielgerichtete Gestaltung von Unternehmens¨ ubernahmen zur Vermeidung erfolgswirksamer Goodwillabschreibungen liefert die Studie von Ramanna (2008). Hier wird gezeigt, dass genau jene Unternehmen, die in der Vergangenheit durch die Anwendung der Interessenzusammenf¨ uhrungsmethode einen bilanziellen Goodwillausweis vermieden haben, im Zuge der Neugestaltung des Statement of Financial Accounting Standards (SFAS) 142 gezielte Lobbyarbeit gegen deren Abschaf48
Zum Informationsgehalt außerplanm¨ aßiger Goodwillabschreibungen vgl. Wielenberg & Scholze (2007). ¨ Zu einem Uberblick u ¨ber verschiedene empirische Studien zum Informationsgehalt der Goodwillbilanzierung vgl. Sellhorn (2004, S. 57ff.). J¨ ungere Studien finden einen negativen Zusammenhang zwischen außerplanm¨aßigen Goodwillabschreibungen und der Aktienkursentwicklung, vgl. Li et al. (2004) und Richardson (2002). Im Gegensatz dazu finden ¨ altere Studien, wie Francis et al. (1996) und Zucca & Campbell (1992), keinen derartigen Zusammenhang. 50 Vor diesem Hintergrund bekommt die hier zugrundeliegende Neuregelung des IFRS 3 und IAS 27 eine besondere Note, da der deutsche Gesetzgeber das offene Wahlrecht zur Verrechnung des erworbenen Goodwills mit den R¨ ucklagen im Zuge des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) abgeschafft hat. Dieser bilanzrechtliche Fortschritt auf nationaler Ebene wird durch die internationale Entwicklung partiell konterkariert, da es die geltenenden IFRS-Regelungen erm¨ oglichen, Teile der im Zuge eines tranchenweisen Erwerbs gezahlten Kontrollpr¨ amien verdeckt mit den R¨ ucklagen zu verrechnen. 49
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2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
fung betrieben haben. Genau diese Identit¨at wird von Ramanna (2008) als Beleg f¨ ur planm¨aßiges Vorgehen bei der Gestaltung von Unternehmens¨ ubernahmen interpretiert. Neben den verg¨ utungsbasierten Anreizen kann das Management mit Bilanzpolitik der in diesem Kapitel beschriebenen Art auch nicht-monet¨are Interessen verfolgen. Dies zeigt zum Beispiel der Fall einer Zerlegung des Erwerbs in zwei Tranchen bei Vorliegen eines bargain purchase.51 Dadurch wird eine Verringerung des erfolgswirksam zu vereinnahmenden passiven Unterschiedsbetrags bewirkt. Da die Erwartungen u ¨ber Dividendenaussch¨ uttungen an den Jahres¨ uberschuss ankn¨ upfen, verbleiben so liquide Mittel unter der Kontrolle des Managements, statt an die Anteilseigner ausgesch¨ uttet zu werden. Dem ließe sich einerseits entgegenhalten, dass grunds¨atzlich auch Gewinnr¨ ucklagen, in ur Gedie der erfolgsneutral vereinnahmte Teil des Unterschiedsbetrags gebucht wird,52 f¨ winnaussch¨ uttungen zur Verf¨ ugung st¨ unden. Außerdem findet die betrachtete Eigenkapitalmehrung im rechtlich nicht aussch¨ uttungsrelevanten Konzernabschluss statt. Diesen Einw¨anden l¨asst sich unter Verweis auf Fischer & Trost (2009) begegnen. Zeigt deren Studie doch, dass der Konzernjahres¨ uberschuss die wichtigste erfolgsorientierte Determinante der Aussch¨ uttungspolitik darstellt und dass die sonstigen Eigenkapitalpositionen f¨ ur die Bestimmung der Aussch¨ uttung keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle spielen. Außerdem zeigen Studien wie Nelson & Tayler (2007) und Maines & McDaniel (2000), dass die Wahrnehmung von Informationen durch die Anteilseigner vom Ort ihrer Pr¨asentation im Jahresabschluss abh¨angen kann. Die erfolgsneutrale Vereinnahmung in der Bilanz kann folglich zu anderen Entscheidungen f¨ uhren als eine erfolgswirksame Vereinnahmung u ¨ber die Gewinn- und Verlustrechnung. An die Kontrolle u upfend, bietet Empire Building, also die ¨ber liquide Mittel ankn¨ Ausweitung des Konzerns u ¨ber seine aus Sicht der Anteilseigner optimale Gr¨oße durch die Investition freier Zahlungsmittel in kapitalwertnegative Projekte, Anreize zu einem m¨oglichst geringen Goodwillausweis.53 Dabei maximiert das Management eines Unternehmens seinen eigenen Nutzen zum Nachteil der Anteilseigner, indem es freie Mittel des Konzerns in kapitalwertnegative Unternehmenakquisitionen investiert, um bspw. die eigene Position zu sichern oder mehr Prestige bzw. eine gr¨oßere Machtf¨ ulle zu genießen. In ¨ Kapitel 3 wird gezeigt, dass sich in Ubernahmesituationen, die durch eine Bandbreite ra¨ tionaler Ubernahmepreise gekennzeichnet sind, Empire Building auch in kapitalwertpositiven Akquisitionen ¨außern kann, wenn ein u ¨bernahmewilliges Management seine Verhand¨ lungsposition nicht konsequent nutzt, um so ein Scheitern der Ubernahmeverhandlungen 51 52 53
Gemeint ist hier ein bargain purchase im Sinne des IFRS 3. Vgl. Buchungssatz V, S. 26. Zur u ¨blichen Definition von Empire Building vgl. Kanniainen (2000, S. 136) oder Jensen (1986, S. 323).
2.5. Zusammenfassung
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zu verhindern. Dies erh¨oht tendenziell die gezahlte Kontrollpr¨amie und den bilanzie¨ rungspflichtigen Goodwill. Die Zerlegung der Ubernahme in zwei Tranchen b¨ote hier die M¨oglichkeit, einen Teil der h¨oheren Kontrollpr¨amie aus dem Goodwill herauszuhalten, um so Hinweise auf Empire Building zu verhindern. Insofern ergibt sich auch hier eine letzlich rechnungswesenbasierte Plausibilisierung f¨ ur einen tranchenweisen Erwerb.
2.5. Zusammenfassung Im vorliegenden Kapitel wurde die Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion des Konzernabschlusses durch opportunistisch motivierte Bilanzpolitik thematisiert. Am Beispiel des bilanziellen Goodwills aus Unternehmenszusammenschl¨ ussen, der auf Basis der aktuellen IFRS 3 und des IAS 27 ermittelt wird, wurde gezeigt, dass das bilanzierende Unternehmen durch Sachverhaltsgestaltung den ausgewiesenen Goodwill deutlich beeinflussen kann, ohne eine bilanzielle Umkehrung dieser Maßnahme in zuk¨ unftigen Perioden bef¨ urchten zu m¨ ussen.54 Damit wird die bilanzielle Abbildung von Unternehmens¨ ubernahmen dem selbst gestellten Anspruch der IFRS, n¨amlich den wirtschaftlichen Gehalt von Transaktionen weitestgehend unabh¨angig von ihrer legalen Ausgestaltung zu zeigen,55 nicht gerecht. Der Zweck des Konzernabschlusses, entscheidungsrelevante Informationen u ¨ber die Verm¨ogens-, Finanz- und Ertragslage sowie deren Ver¨anderungen (Abschnitt 1.3) zu vermitteln, wird somit verfehlt. In Bezug auf das Kommunikationsmodell aus Abbildung 1.3 zeigt sich, dass die Beeintr¨achtigung der Informations¨ ubermittlung im hier beschriebenen Sachverhalt auf zwei ¨ Ebenen stattfindet. Die Gestaltung der Ubernahme als einzelne oder mehrteilige Transaktion entspricht der Auswahl der zu vermittelnden Daten, da sich das Management damit darauf festlegt, entweder u ¨ber eine oder u ¨ber zwei Transaktionen zu berichten und zwar unabh¨angig von eventuellen Bilanzierungswahlrechten. Letztere dagegen betreffen in einer zweiten Ebene die Kodierung der Information durch den Sender. Die Beeinflussung des ausgewiesenen Goodwills resultiert aus dem Zusammenwirken dieser Ebenen: ein zweistufiger Erwerb unter Anwendung der NBM f¨ uhrt immer zu einem verringerten Goodwill, ein zweistufiger Erwerb und Bilanzierung per FGM ergibt nur bei Kontrollpr¨amien einen geringeren, ansonsten einen h¨oheren Goodwill als der einstufige Erwerb. Damit verbunden ist die Erkenntnis, dass der Standardsetzer im vorliegenden Fall nur im begrenztem Umfang zu einer Verhinderung von Bilanzpolitik beitragen kann, weil sich zumindest die 54
Dieses Problem wird auch zuk¨ unftig bestehen, da der vorgeschlagene Standard des IASB zur Erstellung konsolidierter Abschl¨ usse, ED 10 Consolidated Financial Statements, ebenfalls die f¨ ur das bilanzpolitische Potential urs¨achliche Behandlung von zugekauften Anteilen beibeh¨ alt. 55 Vgl. IFRS Rahmenkonzept Rz. 35, Alexander & Jermakowicz (2006).
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2. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch Bilanzpolitik
Sachverhaltsgestaltung seinem unmittelbaren Einfluss entzieht. Im nachfolgenden Kapital wird als weiteres Element des Kommunikationsprozesses zwi¨ schen Unternehmen und Abschlussadressaten das Ubermittlungssystem selbst betrachtet. Wiederum am Beispiel der Goodwillbilanzierung im Zuge von Unternehmens¨ ubernahmen wird verdeutlicht, dass die im Konzernabschluss vermittelten Daten f¨ ur sich genommen uninformativ f¨ ur bestimmte wirtschaftliche Entscheidungen der Anteilseigner sein k¨onnen und erst durch eine bestimmte Art der Bilanzpolitik und die Ber¨ ucksichtigung zus¨atzlicher Informationsquellen einen Informationsgehalt gewinnen.
3. Beeintr¨ achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten In Abschnitt 1.3 wurde die Informationsfunktion dahingehend konkretisiert, dass die vermittelten Informationen das Potential haben sollen, die Abschlussadressaten bei wirtschaftlichen Entscheidungen zu unterst¨ utzen. Insbesondere sind damit Entscheidungen u ¨ber Kauf oder Verkauf von Unternehmensanteilen, Bereitstellung von Kapital oder Beurteilung der Managementleistung gemeint (vgl. S. 13). Bereits die Differenzierung der Funktion des Rechnungswesens in eine Bewertungs- und eine Steuerungsfunktion, wie sie vom IFRS Rahmenkonzept vorgenommen wird, kann einen Bedarf nach unterschiedlichen Informationen ergeben.1 Es kann also Situationen geben, in denen die Daten des Konzernabschlusses keinen diagnostischen Wert f¨ ur die Abschlussadressaten besitzen, obwohl weder Bilanzpolitik seitens des bilanzierenden Managements noch eine fehlerhafte Informationsverarbeitung durch die Abschlussleser vorliegt. Wie dieses Kapitel zeigen wird, ergibt sich eine solche Situation zum Beispiel bei der Beurteilung der Angemessenheit ¨ von gezahlten Ubernahmepr¨ amien. Die Eignung von Informationssystemen zur Unterst¨ utzung bestimmter Entscheidungen wird in der Literatur unter den Schlagw¨ortern Informationsgehalt“und Informati” ” onswert“ diskutiert. Unter Informationsgehalt versteht man in diesem Zusammenhang die F¨ahigkeit einer Nachricht2 , dem Entscheider eine feinere Partitionierung der entscheidungsrelevanten Umweltzust¨ande zu erlauben, d.h., die Menge der m¨oglichen Umweltzust¨ande und damit die Konsequenzen der ihm offenstehenden Entscheidungsalternativen genauer einzusch¨atzen.3 Ein positiver Informationswert liegt dann vor, wenn 1
Vgl. Christensen & Demski (2003, S. 291f.) und Hitz (2007, S. 333). Das Problem wird noch um eine Dimension erweitert, wenn man unterschiedliche Adressatengruppen zul¨ asst. Die Diskussion um die Existenz optimaler Rechnungslegungsstandards hat gezeigt, dass es nicht m¨ oglich ist, Standards (sprich: Informationssysteme) zu finden, die allen Adressatengruppen gleichermaßen relevante Informationen gew¨ahren. Vgl. Cushing (1977); Chambers (1976); Beaver & Demski (1974); Demski (1973); Marshall (1972). 2 Zur Unterscheidung zwischen Nachrichten und Informationen vgl. Bloomfield (2002, S. 234). Dieser unterscheidet Daten und Statistiken. Daten werden als ... ink spots on a sheet of paper , or bits ” stored in a computer file.“ definiert, w¨ ahrend Statistiken die ...useful facts extracted from that data...“ ” beinhalten. In ¨ahnlicher Weise l¨ asst sich argumentieren, dass Nachrichten erst dann Informationen sind, wenn sie Informationsgehalt der oben beschriebenen Form besitzen, wenn sie also im w¨ ortlichen Sinne informativ“ sind. 3” Vgl. Wagenhofer & Ewert (2007, Kap. 4).
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3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
der zus¨atzliche Nutzen aus einer Verbesserung der Entscheidung die Kosten der daf¨ ur notwendigen Informationsbeschaffung u ¨bersteigt.4 Der Informationsgehalt von Jahresabschl¨ ussen kann z.B. darin bestehen, dass die Erwartungen von Investoren u ¨ber die unsicheren zuk¨ unftigen Zahlungsstr¨ome des bilanzierenden Unternehmens revidiert werden k¨onnen und die Investoren so zu einer besseren Einsch¨atzung des Wertes der gehaltenen Unternehmensanteile gelangen. Informationsgehalt kann auch darin bestehen, den Aktion¨aren eine bessere Bestimmung der Wahrscheinlichkeiten zu erlauben, mit denen das Konzernmanagement bestimmte unbeobachtbare Aktionen durchgef¨ uhrt hat und so zu einer besseren Einsch¨atzung der Unternehmensf¨ uhrung zu gelangen.5 Beide Perspektiven finden sich in der Definition der Informationsfunktion des IASB (siehe S. 13) als Bewertungs- und Steuerungsfunktion wieder.
3.1. Der Informationsgehalt von Abschlussdaten Der Informationsgehalt von Jahresabschl¨ ussen wurde seit der grundlegenden Studie von Ball & Brown (1968) in einer Vielzahl von Aufs¨atzen empirisch untersucht. Diese Studien bauen auf der Grundannahme auf, dass neue Informationen u ¨ber den Wert eines Unternehmens am Kapitalmarkt eingepreist werden,6 d.h., dass eine Preisreaktion erfolgt, die die durch die neue Information erfolgte Ver¨anderung des erwarteten Unternehmenswertes abbildet.7 In Umkehrung dieses theoretisch hergeleiteten Zusammenhangs wird in den empirischen Untersuchungen aus Preisreaktionen infolge der Ver¨offentlichung von Finanzberichten auf deren Informationsgehalt geschlossen.8 Zentrale Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass Jahresabschlussinformationen Informationsgehalt besitzen, d.h., dass sie zu einer Kapitalmarktreaktion, sowohl in Bezug auf das Handelsvolumen als auch in Bezug auf Aktienkurse, f¨ uhren. Dabei h¨angt die St¨arke der beobachteten Reaktionen und folglich der implizierte Informationsgehalt unter anderem mit der Gr¨oße des berichtenden Unternehmens, der Branche, dem betrachteten Kapitalmarktsegment und der Existenz anderer Informationsquellen zusammen.9 Neben den empirischen Studien zum allgemeinen Informationsgehalt der Rechnungslegung, in denen der Jahresabschluss in der Regel auf lediglich eine berichtete Ergeb4
Vgl. Hitz (2007, S. 333). Vgl. Christensen & Demski (2003, S. 136f.). 6 Diese Eigenschaft von Kapitalm¨ arkten wird als Informationseffizienz bezeichnet, vgl. Fama (1970). 7 Vgl. Ball & Brown (1968, S. 160.). 8 ¨ F¨ ur einen umfassenden Uberblick u ¨ber Studien zur Kapitalmarktrelevanz der Rechnungslegung und deren methodische Begr¨ undung vgl. Kothari (2001). 9 ¨ F¨ ur einen ausf¨ uhrlichen Uberblick u olls & ¨ber die empirische Forschung zur Informationswirkung vgl. M¨ Strauß (2007) oder Nichols & Wahlen (2004). Siehe auch Abschnitt 1.3. 5
3.1. Der Informationsgehalt von Abschlussdaten
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nisgr¨oße komprimiert wird, gibt es aus anderen Untersuchungen Hinweise darauf, dass spezielle Bestandteile des Konzernabschlusses, einzelne Bilanzpositionen oder konkrete Rechnungslegungsvorschriften ungeeignet sind, bestimmte Informationsbed¨ urfnisse der Kapitalgeber des Konzerns zu befriedigen. So zeigen Dutta & Reichelstein (2005) zum Beispiel, dass die ratierliche Gewinnvereinnahmung bei langfristigen Fertigungsauftr¨agen, wie sie in der Percentage of Completion Methode vorgeschrieben ist, dazu f¨ uhren kann, dass trotz ex ante nettobarwertnegativer Fertigungsprojekte in jeder Periode ein positiver Jahres¨ uberschuss ausgewiesen wird. Aus Sicht der Kapitalgeber eines Unternehmens gew¨ahrt der Jahres¨ uberschuss somit keine Information dar¨ uber, ob das Management tats¨achlich nur solche Auftr¨age akquiriert, die einen Nettoverm¨ogenszuwachs erm¨oglichen.10 Eine andere Studie von Sharma & Iselin (2003) zeigt in einem experimentellen Ansatz, dass Kennzahlen auf Basis der Gewinn- und Verlustrechnung ungeeignet sind, die Wahrscheinlichkeit einer nahenden Insolvenz zu bestimmen. Auch in diesem Fall wird also f¨ ur bestimmte Entscheidungssituationen gezeigt, dass wenigstens ein Teil der Abschlussdaten, der zumindest von nicht-professionelle Investoren intuitiv ber¨ ucksichtigt w¨ urde, nicht zur Erf¨ ullung der Informationsfunktion beitr¨agt. Zur Illustration der M¨oglichkeit, dass auch Konzernabschlussdaten, die ausschließlich auf Grund eines bestimmten Ereignisses generiert werden, nicht unbedingt geeignet sind, die f¨ ur bestimmte Entscheidungen der Anteilseigner notwendigen Informationen u ¨ber das betreffende Ereignis zu vermitteln, wird im Folgenden der Fall von Unternehmens¨ ubernahmen betrachtet, bei denen eine werthaltige Kontrollpr¨amie gezahlt wird. Es wird ge¨ zeigt, dass die Bilanzierung der Ubernahme nach IFRS 3, insbesondere der dabei ermittelte ¨ Goodwill im Ubernahmezeitpunkt keine Informationen u ¨ber die zugrunde liegende Ver¨ handlungssituation und damit u unde des Managements zur Ubernahme ¨ber die Beweggr¨ bietet.
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Die Ursache f¨ ur dieses Ergebnis liegt den Autoren zufolge darin begr¨ undet, dass in der u ¨blichen Ausgestaltung des Rechnungswesens Opportunit¨ atskosten vernachl¨ assigt werden. F¨ ur eine Percentage of Completion Methode, welche die Kosten der Periode in Relation zu den diskontierten Gesamtkosten setzt und eine entsprechende anteilige Ertragsvereinnahmung vorsieht, k¨ onnen sie zeigen, dass das Rechnungswesen barwertnegative Projekte durch Verluste anzeigt.
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3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
3.2. Interne Nutzung des Goodwill-Accountings als Informationsinstrument bei angestrebten Unternehmensu ¨ bernahmen11 In der j¨ ungeren Vergangenheit haben gegl¨ uckte Unternehmens¨ ubernahmen breites ¨offent¨ von Microsoft liches Interesse gefunden.12 Aktuelle Beispiele sind die Ubernahmeofferte an Yahoo, die zu Beginn des Jahres 2008 prominent in den Medien verfolgt worden ist ¨ oder die Ubernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank, ebenfalls im Jahr 2008. Hervorgerufen wird dieses Interesse durch das Kapitalvolumen, das im Rahmen von Fu13 ¨ umgesetzt wird.14 Obwohl das Transaktionsvolumen in 2007 sionen und Ubernahmen gegen¨ uber 2006 um 15% auf den historischen H¨ochstwert von weltweit 4.5 Billionen US-$ uber 2006 um 0.5% auf 33189 angewachsen ist,15 ging die Anzahl der Transaktionen gegen¨ uckg¨ange bei zur¨ uck.16 Außerdem waren im zweiten Halbjahr 2007 erstmals seit 2003 R¨ Transaktionsvolumen und -anzahl gegen¨ uber den Vergleichswerten der vorhergehenden Halbjahre zu verzeichnen. Diverse M&A-Dienstleister interpretieren diese Entwicklung als vorteilhaft f¨ ur strategische Investoren17 , da sich nunmehr die M¨oglichkeit b¨ote, zu ¨ vern¨ unftigen Akquisitionspr¨amien“ Ubernahmen zu bewerkstelligen.18 ” ¨ Bei Akquisitionspr¨amien kann es sich grunds¨atzlich um spekulativ bedingte Uber¨ zahlungen handeln, um Uberzahlungen, die aus mangelndem Verhandlungsgeschick resultieren oder um Zahlungen, die als Entgelt f¨ ur nicht bilanzierungsf¨ahige wirtschaftliche Vor¨ teile aus der Ubernahme geleistet werden. Unabh¨angig von ihrer Ursache schlagen sich solche Pr¨amien regelm¨aßig in der Bilanzposition Goodwill nieder. In einem sich abk¨ uhlenden ¨ M&A-Markt nimmt zwar die Bedeutung spekulativer Uberzahlungen ab, die beiden anderen Komponenten treten jedoch in unver¨anderter Intensit¨at auf. Es besteht somit weiter¨ hin die Notwendigkeit, die Angemessenheit der gezahlten Ubernahmepr¨ amien und damit den wirtschaftlichen Erfolg der Akquisition beurteilen zu k¨onnen. Dies gilt umso mehr, als eine langfristige Studie auf Basis ¨offentlich verf¨ ugbarer Daten, welche 189 Transaktio11
Vgl. Simons & Ebert (2008). ¨ Vgl. z.B. die Berichterstattung zur Ubernahme des niederl¨ andischen Bankhauses ABN Amro, des spanischen Energieversorgers Endesa oder des luxemburgischen Stahlkonzerns Arcelor. 13 Im Weiteren wird synonym der Terminus Mergers & Acquisitions (M&A) verwendet. 14 Vgl. KPMG (2007). 15 Zur zyklischen Entwicklung des M&A-Marktes vgl. Jansen (2001, S. 3). 16 ¨ Man beachte, dass auch das Ende der Ubernahmewelle im Zuge der New Economy durch steigende ¨ Transaktionspreise bei einer abnehmenden Anzahl von Ubernahmen gekennzeichnet war. 17 Im Gegensatz zu Finanzinvestoren streben strategische Investoren eine Verbesserung der Wettbewerbsposition, die Expansion in neue bzw. die Durchdringung bestehender M¨ arkte oder die Nutzung von Synergiepotentialen zur Kostensenkung an, vgl. Deloitte (2007, S. 10). 18 Vgl. Kunisch (2008) oder Deloitte (2007). 12
3.2. Interne Nutzung des Goodwills
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nen b¨orsennotierter deutscher Unternehmen umfasst, zu dem Schluss kommt, dass rund die H¨alfte der Transaktionen als Misserfolge einzustufen seien.19 In einer erg¨anzenden Erhebung werden u.a. unrealistische Kauf- bzw. Verkaufspreise als wesentlicher Faktor f¨ ur diese Misserfolgsquote vermutet. Dabei zeigt sich außerdem, dass die unternehmensinterne Evaluation vorgenommener Transaktionen deutlich positiver ausf¨allt als eine Evaluation durch die Anteilseigner. Bedeutsam aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist somit, ob eine gegl¨ uckte Unternehmens¨ ubernahme im Sinne einer tats¨achlich durchgef¨ uhrten Transaktion auch als erfolgreich im Sinne einer aus Anteilseignersicht wertmaximierenden Aktivit¨at zu qualifizieren ist. Zielsetzung dieses Kapitels ist es dementsprechend, zu untersuchen, inwiefern die bilan¨ zielle Behandlung von Unternehmens¨ ubernahmen geeignet ist, im Ubernahmezeitpunkt Informationen u ¨ber den betriebswirtschaftlichen Erfolg einer Transaktion zu liefern. Dies schließt die Beurteilung der Angemessenheit des Transaktionspreises ebenso ein, wie die ¨ Aufdeckung eventuell unterschiedlicher Beurteilungen u ¨ber die Vorteilhaftigkeit einer Ubernahme. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Transaktionen, bei denen das Management aufgrund opportunistischer Motive seine Verhandlungsmacht nur unvollst¨andig ausnutzt. Das bedeutet, dass Transaktionen betrachtet werden, bei denen ein Preis gesetzt wurde, der aus einer Ex-ante-Betrachtungsweise nicht zu einer Maximierung der erwarteten Transaktionsrente f¨ uhrt. Im Hinblick auf die Informationsfunktion der Rechnungslegung ergibt sich dabei zun¨achst die Frage, inwieweit die H¨ohe des Goodwills, im Sinne einer Partitionierung m¨oglicher Verhandlungssituationen, R¨ uckschl¨ usse auf die vorliegende Situation erlaubt. Daran schließt sich die Frage an, ob die Daten des externen Rechnungswesens alleine ausreichend sind, um die gew¨ unschten R¨ uckschl¨ usse ziehen zu k¨onnen oder ob ggf. weitere Informationsquellen herangezogen werden m¨ ussen. Schließlich wird die Frage aufgeworfen, ob die betrachteten Informationen robust gegen¨ uber eventueller Bilanzpolitik seitens des Managements sind. Diese Fragen sind zum einen dadurch motiviert, dass die Rechnungslegung nach IFRS den Anspruch erhebt, relevante Informationen f¨ ur Investitionsentscheidungen von Eigenkapitalgebern und zur Beurteilung des Managements bereitzustellen.20 Dieser Anspruch gewinnt durch die Konvergenz von externem und internem Rechnungswesen zus¨atzliche Bedeutung.21 Zum anderen ist unklar, inwieweit sich 19
Vgl. Ernst & Young (2006, S. 19). In einem Beitrag des manager-magazins vom 5.9.2006 werden z.B. ¨ folgende gegl¨ uckte Ubernahmen mit Beteiligung deutscher Unternehmen als misslungen tituliert: Chrysler durch Daimler-Benz, Rover durch BMW, Reebok durch Adidas, Mobilcom durch France Telecom, Gerling durch Talanx, Dresdner Bank durch Allianz und Hypovereinsbank durch Unicredit. 20 Vgl. IFRS Rahmenkonzept Rz. 14. 21 Zur Konvergenz der Rechnungslegung vgl. z.B. Simons & Weißenberger (2008).
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3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
Unternehmens¨ ubernahmen aus einer partiellen Zieldivergenz zwischen Management und Anteilseignern erkl¨aren lassen. Vor diesem Hintergrund ist die F¨ahigkeit der Anteilseig¨ ner zur kritischen Beurteilung von Ubernahmen von zentraler Bedeutung f¨ ur die Ausgestaltung der Rechnungslegung. Die Erkenntnisbeitr¨age der vorliegenden Modellierung bestehen darin, dass auf Basis eines rationalen Preissetzungsmechanismus’ die Auswirkungen externer Einfl¨ usse, wie z.B. Verhandlungsgeschick, auf die H¨ohe des Goodwills verdeutlicht werden und dass das Potential der Rechnungslegung zur Partitionierung der Verhandlungssituationen analysiert sowie die Identifizierbarkeit von Empire Building unter derartigen Umst¨anden herausgearbeitet wird. ¨ Dazu gliedert sich das Kapitel wie folgt: Im Abschnitt 3.3 wird zun¨achst ein Uberblick u ¨ber die existierende Literatur zu diesem Thema gegeben und in Abschnitt 3.4 die ¨okonomische Ausgangssituation beschrieben. In Abschnitt 3.5 wird der Informationsgehalt des Goodwill-Accountings zur Rekonstruktion der Verhandlungssituation zun¨achst unter Vernachl¨assigung und sp¨ater unter Ber¨ ucksichtigung m¨oglicher Bilanzpolitik untersucht. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse in Abschnitt 3.6.
3.3. Literaturu ¨ berblick und Kontexteinordnung ¨ Der nachfolgende Uberblick umfasst zwei Literaturstr¨ange. Zum einen wird betrachtet, inwieweit Akquisitionsentscheidungen des Managements durch das Motiv des Empire Buildings beeinflusst werden. Zum anderen werden empirische Befunde zur Bilanzpolitik im Zusammenhang mit der Goodwillbilanzierung referiert. Die Notwendigkeit hierf¨ ur ergibt sich dadurch, dass das Ziel dieses Kapitels darin besteht, die Eignung von Daten der Kapitalkonsolidierung als Indikator f¨ ur das Vorliegen opportunistischer Akquisitionsentscheidungen zu analysieren. 3.3.1. Potentielle Zielkonflikte ¨ In Situationen, die, wie Ubernahmen, in besonderem Maße durch Informationsasymmetrie zwischen Management und Anteilseignern gekennzeichnet sind, ist von einer erh¨ohten Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens auszugehen. Eine besondere Form des opportunistischen Verhaltens ist das so genannte Empire Building.22 Hierbei handelt es ¨ sich um ein Uberinvestitionsproblem, bei dem das Management Investitionen durchf¨ uhrt,
22
Vgl. Ashbaugh-Skaife et al. (2006, S. 206f.), die als m¨ ogliche Auspr¨ agungen opportunistischen Verhaltens shirking, consumption of perquisits, overcompensation, ... empire building“ anf¨ uhren. ”
3.3. Literatur¨ uberblick und Kontexteinordnung
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die die Anteilseigner selbst unterlassen h¨atten. Dies geschieht, um durch externes Wachstum den eigenen Einflussbereich zu vergr¨oßern bzw. die Verg¨ utungsaussichten zu verbessern.23 Jensen (1986) hat dieses Problem als Implikation seiner Free-Cash-Flow-Hypothese bekannt gemacht. Eine formale Definition des Empire Buildings gibt z.B. Kanniainen utungsbestandteile (2000).24 Danach betreibt ein risikoaverser Manager, der variable Verg¨ erh¨alt, statt eines unternehmenswertmaximierenden Verhaltens Empire Building, indem er in Projekte investiert, deren marginaler Wertbeitrag f¨ ur die Anteilseigner unterhalb der marginalen Kosten liegt. Aufgrund von Datenrestriktionen ist ein unmittelbarer empirischer Nachweis des Empire Buildings regelm¨aßig nicht m¨oglich. Daher betrachten die meisten Studien in diesem Kontext den Zusammenhang zwischen Unternehmens¨ ubernahmen und den Renditen, die die Anteilseigner daraus erzielen. Die empirischen Evidenzen sind allerdings gemischt. In verschiedenen Studien wurde beobachtet, dass aus Perspektive der Anteilseig¨ ner unvorteilhafte Ubernahmen get¨atigt wurden, bei denen die Gewinne des akquirierten Gesch¨aftsbereichs negativ mit denen der bereits vorhandenen Gesch¨aftsbereiche korre¨ liert waren. Amihud & Lev (1981) interpretieren diese Ubernahmen als Versuch seitens ¨ des Managements, aus eigenn¨ utzigen Uberlegungen einen Diversifikationseffekt zu erzielen.25 Die Untersuchungsergebnisse werden allerdings von Lane et al. (1998) als Artefakte des verwendeten Untersuchungsdesigns zur¨ uckgewiesen.26 Dennoch wird der von Amihud & Lev (1981) beschriebene Zusammenhang zwischen unternehmensinterner Diversifikation und beeintr¨achtigter Unternehmenswertentwicklung in Untersuchungen von Berger & Ofek (1995), Comment & Jarrell (1995) und Lang & Stulz (1994) best¨atigt. Diesen Studien ¨ zufolge f¨ uhrt Diversifikation mittels Ubernahmen zu Wertverlusten durch Quersubventio¨ nen und Uberinvestitionen in unprofitable Gesch¨aftsbereiche. Auch j¨ ungere Untersuchungen von Ahn et al. (2006), Billett & Mauer (2003) und Rajan et al. (2000) kommen zu vergleichbaren Ergebnissen. Diesen Erkenntnissen widersprechen allerdings z.B. Chevalier (2004) oder Campa & Kedia (2002), die die Kausalit¨at zwischen Diversifikation und Kursabschlag anzweifeln. Speziell identifizieren beide Studien ein Endogenit¨atsproblem, indem sie einen Teil des Kursabschlags auf Unternehmenscharakteristika zur¨ uckf¨ uhren, ¨ die die Ubernahmeentscheidung erst ausgel¨ost haben.27 Dazu ist konsistent, dass Villa23
Vgl. Jensen (1986, S. 323): Managers have incentives to cause their firms to grow beyond the optimal ” size. Growth increases managers’ power by increasing the resources under their control. It is also associated with increases in managers’ compensation, ... .“ 24 Vgl. Kanniainen (2000, S. 136), Propostition 1. 25 Zur Hypothese eigenn¨ utziger Unternehmens¨ ubernahmen vgl. auch Trautwein (1990, S. 287f.) und Mueller (1969, S. 644ff.). Zu gegenteiligen Ergebnissen vgl. Benston (1985). 26 Vgl. Lane et al. (1998, S. 564). 27 Vgl. Chevalier (2004, S. 4) und Campa & Kedia (2002, S. 1733).
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3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
longa (2004) und Mansi & Reeb (2002) zwar die Existenz von Konglomeratsabschl¨agen best¨atigen, diese aber nicht als Beleg f¨ ur opportunistische Handlungen des Managements werten. ¨ F¨ ur den deutschen Kapitalmarkt liegt eine detaillierte Studie zu Ubernahmeabschl¨ agen von Gerke et al. (1995) f¨ ur den Zeitraum von 1987 bis 1992 vor. Dieser Studie zufolge kann weder f¨ ur vertikale noch f¨ ur horizontale Diversifikationen die Hypothese vom vikarisch, d.h. im Sinne eines treuen Sachwalters der Eigent¨ umer handelnden Management abgelehnt ¨ werden. F¨ ur konglomerate Ubernahmen, bei denen keine identifizierbare Diversifikationsrichtung vorliegt, schließen die Autoren jedoch auf opportunistische Akquisitionsmotive. Auch Fauver et al. (2003) und Lins & Servaes (1999) untersuchen im Rahmen internationaler Studien deutsche Daten. Sie finden allerdings im Gegensatz zu Bartsch & B¨orner (2007) keinen signifikanten Konglomeratsabschlag. Obwohl die theoretisch-analytische Literatur eindeutige Bedingungen identifiziert, unter denen Empire Building zu erwarten w¨are, sind die empirischen Befunde uneinheitlich. Zwar stellt die Mehrzahl der empirischen Studien u ¨bereinstimmend Konglomeratsabschl¨age fest, allerdings unterscheiden sich die Interpretationen bzw. Erkl¨arungsmuster f¨ ur deren Existenz. Aus dem Vorhandensein von Konglomeratsabschl¨agen l¨asst sich dennoch ableiten, dass die Kapitalmarktakteure im Zuge von Unternehmens¨ ubernahmen eine Verschlechterung ihrer Verm¨ogensposition bef¨ urchten. Trotz der oben genannten methodischen Einschr¨ankungen und der Uneindeutigkeit der Erkl¨arungsversuche wird f¨ ur Zwecke der Modellierung daher davon ausgegangen, dass grunds¨atzlich Anreize f¨ ur Empire Building vorliegen. 3.3.2. Der Goodwill als bilanzpolitisches Instrument Gem¨aß IFRS bildet der Goodwill nicht aktivierungsf¨ahige Sachverhalte ab, f¨ ur die der Erwerber bereit war, einen erh¨ohten Kaufpreis zu entrichten.28 Beispiele k¨onnen Wettbewerbspositionen, rechtlich nicht sch¨ utzbare Verfahrensinnovationen oder ¨ahnliche, vom Unternehmen als Ganzem nicht separierbare, wirtschaftliche Vorteile sein.29 Um den Anteil solch subjektiver Werte an der Konzernbilanzsumme zu reduzieren, werden zum einen bereits in der Bilanz des u ¨bernommenen Unternehmens ausgewiesene Verm¨ogenswerte zum Zeitwert aktiviert. Zum anderen werden Nachaktivierungen, insbesondere imma28
¨ Vgl. K¨ uting (2000, S. 99) zu einer ¨ alteren Ubersicht u afts- oder Firmenwerte, die das Eigen¨ber Gesch¨ kapital um ein Vielfaches u ¨bersteigen. 29 Im Appendix A zum IFRS 3 wird Goodwill definiert als: An asset representing the future economic ” benefits arising from other asstes acquired in a business combination that are not individually identified and separately recognised.“ Vgl. auch Senger et al. (2006, § 33, Rdnr. 97) oder Hachmeister (2005, S. 203).
3.3. Literatur¨ uberblick und Kontexteinordnung
49
terieller Verm¨ogenswerte, vorgenommen, wobei die Aktivierungsf¨ahigkeit nur durch die ¨ Einzelerwerbsfiktion im Zuge der Ubernahme hergestellt wird.30 Dadurch soll sowohl die Differenz zwischen gezahltem Kaufpreis und dem Gegenwert aus erworbenen Verm¨ogenswerten und Schulden so gering wie m¨oglich gehalten, als auch die Abschreibungsgrundlage f¨ ur die Folgeperioden m¨oglichst nah an die Anschaffungskosten des Erwerbers herangebracht werden.31 Eine besondere Bedeutung kommt dem Goodwill im Rahmen der Konzernbilanzpolitik zu.32 Aus Beitr¨agen zum Behavioural Accounting wird deutlich, dass die Informationswahrnehmung von Bilanzadressaten von der Zuordnung eines Sachverhaltes zu einer bestimmten Bilanzposition bzw. von deren Bezeichnung abh¨angen kann.33 Empirische Befunde legen die Vermutung nahe, dass dies auch f¨ ur die Kaufpreisallokation auf Goodwill und stille Reserven zutrifft, da das regulatorische Umfeld die Aufteilung des gezahlten Kaufpreises beeinflusst. So k¨onnen Grinyer et al. (1991) zeigen, dass in der Vergangenheit Bewertungsspielr¨aume bei stillen Reserven zum Ausweis eines m¨oglichst hohen Goodwills ausgenutzt wurden, sofern dieser ergebnisneutral mit den R¨ ucklagen verrechnet werden durfte.34 Dieses Ergebnis findet Best¨atigung bei Choi & Lee (1991), die h¨ohere ¨ Ubernahmepr¨ amien sowie bei gleichen Pr¨amien tendenziell h¨ohere Goodwills in Großbritannien im Vergleich zu ¨ahnlichen Transaktionen in den USA damit erkl¨aren, dass Goodwills nach britischen Rechnungslegungsstandards nicht erfolgswirksam abgeschrieben wurden.35 Diese Studien legen nahe, dass bilanzpolitische Bedeutung und Entscheidungsrelevanz des Goodwills von den maßgeblichen Abschreibungsvorschriften gepr¨agt werden.36 Eine vergleichbare Interpretation liegt den empirischen Befunden zum Wahlrecht zwischen Erwerbs- und Interessenzusammenf¨ uhrungsmethode zugrunde. Die – mittlerweile aus den meisten Normensystemen verbannte – Interessenzusammenf¨ uhrungsmethode geht bilanztechnisch nicht von einem Erwerbsvorgang aus. Dementsprechend werden weder stille Reserven aufgedeckt, noch ein Goodwill bilanziert,37 so dass die Folgeperioden 30
Vgl. IFRS 3 Rz. 10ff. oder Wolz (2005, S. 211). Vgl. Kuhner (2005, S. 14ff.). Zur Signalwirkung von Unterschiedsbetr¨ agen aus der Erstkonsolidierung vgl. Simons (2003). 33 Vgl. dazu Kapitel 4 sowie Koonce et al. (2005a, S. 875ff.) und Hopkins (1996). 34 Vgl. Grinyer et al. (1991, S. 53f.). 35 Vgl. Choi & Lee (1991, S. 235f.). Siehe auch Dunne & Ndubizu (1995). 36 Vgl. Wielenberg & Scholze (2007) zur Wechselwirkung zwischen planm¨ aßigen, aber uninformativen sowie außerplanm¨aßigen und informativen Abschreibungen. Zu Anreizwirkungen von Abschreibungen vgl. z.B. Haaker (2007), Rogerson (1997) oder Reichelstein (1997). 37 Erg¨anzende Informationen waren z.B. im Anhang zu pr¨ asentieren. Erkenntnisse des Behavioural Accountings zeigen jedoch, dass die Informationseinbettung, z.B. in Bilanz oder Anhang, die Informationswahrnehmung beeinflusst. Vgl. dazu Nelson & Tayler (2007, S. 7) oder Cotter & Zimmer (2003, S. 23). 31 32
50
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
frei von Ergebnisbelastungen bleiben. Dies hat in der Vergangenheit international zu bilanzpolitisch motivierten Anpassungen von Unternehmenserwerben gef¨ uhrt, um die Anwendungsvoraussetzungen der Interessenzusammenf¨ uhrungsmethode zu erf¨ ullen.38 Hopkins et al. (2000) und Hong et al. (1978) zeigen allerdings, dass f¨ ur die Anwendung der Interessenzusammenf¨ uhrungsmethode empirisch keine positiven Kapitalmarktreaktionen ausgemacht werden konnten. Zusammenfassend l¨asst sich festhalten, dass die Bewertung des Goodwills sowohl von den Bilanzierenden als auch von den Standardsetzern fr¨ uhzeitig als wichtige bilanzpolitische Komponente im Konzernabschluss identifiziert worden ist.39 Dabei wird in erster Linie auf die Ergebnisbelastung zeitlich nachfolgender Abschreibungen und deren Signalwirkung verwiesen, was besonders durch die Einf¨ uhrung des Impairment-only-Ansatzes ur die fr¨ uhzeitige Beurteilung eines Erwerbsvorgangs durch die Anteilsmotiviert ist.40 F¨ eigner kann die Signalwirkung von in zuk¨ unftigen Perioden liegenden Abschreibungen allerdings nicht herangezogen werden. Aus diesem Grund widmet sich die vorliegende Untersuchung dem Informationsgehalt, der sich aus der H¨ohe des Goodwills im Erwerbszeitpunkt selbst ergibt.
3.4. Charakterisierung der Verhandlungssituation Die Ermittlung des Transaktionspreises h¨angt in Kauf- bzw. Verkaufssituationen wesentlich von den Preisgrenzen und der zugrunde liegenden Informationsverteilung ab. Im Fall der Informationssymmetrie zwischen K¨aufer und Verk¨aufer besteht das Hauptproblem in der Ermittlung der jeweiligen Preisuntergrenze und Preisobergrenze durch die Verhandlungsparteien selbst. Die Preisuntergrenze des potentiellen Verk¨aufers, im Folgenden mit P U G bezeichnet, ber¨ ucksichtigt dabei neben dem Buchwert des bilanziellen Nettoverm¨ogens weitere Komponenten. Dazu geh¨oren Bewertungsreserven, z.B. wegen anschaffungskostenbasierter Bewertung bilanzierter Verm¨ogensgegenst¨ande, Ansatzreserven, z.B. aufgrund von expliziten Ansatzverboten im Einzelabschluss,41 sowie nicht bilanzierte und nicht u ¨bertragbare wirtschaftliche Vorteile, z.B. h¨ochstpers¨onliche Vorteile oder nicht u ¨bertragbare Synergieeffekte seitens des Verk¨aufers.42 Die Preisobergrenze des po38
Vgl. Dharan (1997, S. 330) und Gagnon (1971, S. 60). Vgl. Ramanna (2008). 40 Prominente Beispiele sind die Goodwill-Abschreibungen im Jahr 2002 bei Time Warner und bei der Deutschen Telekom, vgl. Sellhorn (2004, S. 1). 41 Als Beispiel seien Verm¨ ogensgegenst¨ ande nach § 248 Abs. 2 HGB oder Verm¨ ogenswerte nach IAS 38.63 genannt. 42 Zu einer vergleichbaren Taxonomie der Wertkomponenten siehe Schultze (2003, S. 8). Zum Begriff der h¨ochstpers¨onlichen Vorteile vgl. Moxter (2003, S. 20). 39
3.4. Charakterisierung der Verhandlungssituation
51
tentiellen K¨aufers, im Folgenden mit P OG bezeichnet, wird neben dem Wert, den er den ¨ identifizierbaren Verm¨ogenswerten des Ubernahmeobjekts beimisst, durch Rationalisierungsgewinne und Synergieeffekte bestimmt, die durch Kauf und Nutzung des Objekts im eigenen Konzern entstehen. Derartige Vorteile kommen beispielsweise zustande, weil sich Produktprofile erg¨anzen, Vertriebswege koordiniert werden k¨onnen oder MitarbeiterKnow-How besser ausgenutzt wird. Bei wechselseitiger Beobachtbarkeit der jeweiligen Preisgrenzen k¨ame es, unter Annahme rationaler Akteure, bei Vorliegen eines Einigungsintervalls [P U G; P OG] mit P OG > P U G immer zu einer Transaktion.43 Unter Informationsasymmetrie ist den Parteien die Preisgrenze des jeweiligen Verhandlungspartners nicht mit Sicherheit bekannt. Das Hauptproblem besteht nunmehr darin, dass Existenz und Gr¨oße des Einigungsintervalls unbekannt sind. Der K¨aufer hat lediglich Vermutungen u ¨ber m¨ogliche Auspr¨agungen der Preisuntergrenze, was formal als Wahrscheinlichkeitsverteilung P (·) u ¨ber einem Intervall [P U GL ; P U GH ] mit P U GL < P U GH abgebildet werden kann. Analog hat der Verk¨aufer Vermutungen u ¨ber m¨ogliche Auspr¨agungen der Preisobergrenze, formal repr¨asentiert durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung Q(·) u ¨ber dem Intervall [P OGL ; P OGH ] mit P OGL < P OGH . Setzt man strikt positive Dichten und P U GL < P OGH sowie P U GH > P OGL voraus, so folgt aus dem Myerson-Satterthwaite-Theorem, dass es keine Einigung zwischen den Parteien gibt, die ex post effizient, individuell rational und anreizkompatibel ist.44 Im Ergebnis k¨ame es trotz der Existenz eines Einigungsintervalls nie zur Durchf¨ uhrung einer f¨ ur sich genommen vorteilhaften Transaktion. Eine L¨osung dieses Problems besteht in der Implementation eines Mechanismus, der Anreizkompatibilit¨at und individuelle Rationalit¨at sicherstellt. Einen solchen Mechanismus findet man z.B. bei Myerson (1984). Dieser kann als Mediationsprozess interpretiert werden. Formal handelt sich um die Anwendung des Revelationsprinzips,45 das besagt, ...dass es zu jedem Vertrag, der eine nicht wahrheitsgem¨aße Berichterstattung induziert, ” einen ergebnis¨aquivalenten Vertrag mit wahrheitsgem¨aßer Berichterstattung gibt.“ 46
43
Dieses Ergebnis folgt aus der klassischen ¨ okonomischen Sichtweise, bei der unter Ausblendung von Informationsasymmetrien nur auf Paretoeffizienz abgestellt wird, vgl. z.B. Myerson (2008, S. 586): The classical economic result was that unrestricted free trade can achieve allocative efficiency, in the ” sense that reallocating the available ressources cannot improve everyone’s welfare.“ 44 Vgl. Myerson & Satterthwaite (1983, S. 273), Corollary 1. Zu einer komprimierten Darstellung vgl. Fudenberg & Tirole (1991, S. 277f.). 45 Zu einer Anwendung des Revelationsprinzips in einem vergleichbaren Problem der Unternehmensbewertung, vgl. Wagenhofer (1998, S. 347). 46 Wagenhofer & Ewert (2007, S. 304). Zur Interpretation als Mediationsprozess vgl. z.B. Myerson (2008, S. 586) oder Fudenberg & Tirole (1991, S. 289f.). In beiden Quellen finden sich außerdem weitere Nachweise zum Revelationsprinzip.
52
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
3.4.1. Bestimmung des Kaufpreises Im Folgenden wird von Informationsasymmetrie zwischen K¨aufer und Verk¨aufer ausgegangen. Auf Seiten des K¨aufers agiert das Management, das selbst¨andig potentielle ¨ Ubernahmekandidaten identifiziert, mit diesen in Verhandlung tritt und im Falle einer ¨ ¨ Einigung die Ubernahme abwickelt. Im Zuge der Ubernahmegespr¨ ache gewinnt das Management annahmegem¨aß hinreichend viele Informationen, um die eigene Preisobergrenze festzulegen. Gleiches gilt f¨ ur den Verk¨aufer in Bezug auf die Preisuntergrenze.47 Aufgrund der Informationsasymmetrie hinsichtlich der vom K¨aufer f¨ ur realisierbar gehaltenen Synergieeffekte, kennt der Verk¨aufer die Preisobergrenze nicht. Vereinfachend werden die m¨oglichen Auspr¨agungen der Preisobergrenze bin¨ar modelliert.48 Der Verk¨aufer geht mit der Wahrscheinlichkeit qH von einer hohen Preisobergrenze, P OGH , und mit der Gegenwahrscheinlichkeit 1 − qH von einer niedrigen Preisobergrenze, P OGL , aus. Folglich repr¨asentiert die Differenz P OGH − P OGL die Unkenntnis des Verk¨aufers u ¨ber die k¨auferseitig f¨ ur realisierbar gehaltenen Synergievorteile. Analog gilt f¨ ur den K¨aufer, dass Unkenntnis u ¨ber einen Teil der Ansatzreserven und die verk¨auferseitigen h¨ochstpers¨onlichen Vorteile und Synergieeffekte vorliegt. Dementsprechend vermutet er, mit der Wahrscheinlichkeit pH einem Verk¨aufer mit hoher Preisuntergrenze, P U GH , und mit der Wahrscheinuberzustehen. lichkeit 1−pH einem Verk¨aufer mit niedriger Preisuntergrenze, P U GL , gegen¨ Die Unkenntnis des K¨aufers u ¨ber die verk¨auferseitig nicht u ¨bertragbaren Vorteile und ggf. noch nicht entdeckten Nachaktivierungsm¨oglichkeiten49 findet ihren Ausdruck in der Differenz P U GH − P U GL . Weiterhin wird P U GL < P OGL < P U GH < P OGH unterstellt, so dass es Situationen mit und solche ohne Einigungsintervall gibt. Außerdem wird im Hinblick auf die sp¨ater zu modellierenden Anteilseigner unterstellt, dass sie keinen Zugang ¨ zu detaillierten Informationen die Ubernahme betreffend haben. Es wird also lediglich Kenntnis u ¨ber die Wahrscheinlichkeitsverteilungen P (·) und Q(·) angenommen. Schließlich wird unterstellt, dass es sich um hinreichend sachverst¨andige Anteilseigner handelt, die in der Lage sind, P U GL aus dem Jahresabschluss des u ¨bernommenen Unternehmens herzuleiten. Diese Annahme ist deswegen gerechtfertigt, weil die Differenz zwischen P U GL und P U GH gerade durch die verk¨auferseitig privaten Informationen definiert ist. Zus¨atzlich zur bin¨aren Abbildung der Informationsasymmetrie wird als weitere Vereinfachung P OGH − P OGL = P U GH − P U GL unterstellt, um den formalen Aufwand im Rahmen der Beweisf¨ uhrung gering zu halten. Man beachte, dass die materielle Unterschiedlichkeit dieser beiden Differenzen von der wertm¨aßigen Gleichsetzung unber¨ uhrt 47 48 49
Zu dieser Annahme vgl. z.B. Matschke & Br¨ osel (2005, S. 113). Vgl. z.B. Myerson (2008, 1991, 1984). Zur Identifikation nachzuaktivierender Verm¨ ogenswerte vgl. Zelger (2005, S. 106ff.).
3.4. Charakterisierung der Verhandlungssituation
53
bleibt. Außerdem wird die Diskussion des Problems auf symmetrische Mediationspl¨ane beschr¨ankt.50 Solch ein Mediationsplan ist in Tabelle 3.1 abgebildet.51 Der dort gezeigte Plan repr¨asentiert mittels der stetigen Variable y unendlich viele effiziente Verhandlungsl¨osungen, die vom Mediator so festgesetzt sind, dass Anreizkompatibilit¨at und individuelle Rationalit¨at gelten. Nach Festlegung des Preissetzungsmechanismus durch den Mediator teilen K¨aufer und Verk¨aufer diesem ihre tats¨achlichen Grenzpreise mit. Damit kann der Mediator eindeutig die Verhandlungskonsequenzen bestimmen, indem er die korrespondierende Zelle der Tabelle 3.1 ausw¨ahlt.
K¨aufer
(1 − qH ) P OGL
qH P OGH
pH
P U GH
(0; ∗)
(x; P OGH − y)
(1 − pH )
P U GL
(x; P U GL + y)
U GL (1; P OGH +P ) 2
Verk¨aufer
Tabelle 3.1.: Preissetzungsmechanismus
In Tabelle 3.1 repr¨asentiert jedes Tupel den situationsbedingten Verhandlungsausgang. Der erste Wert kennzeichnet die Wahrscheinlichkeit, mit der die Transaktion durchgef¨ uhrt wird und der zweite Wert den dabei gezahlten Kaufpreis. Zur Gew¨ahrleistung der individuellen Rationalit¨at wird zudem verlangt, dass y ≤ P OGi − P U Gi , i ∈ {L, H}, da der Transaktionspreis f¨ ur die nord¨ostliche bzw. die s¨ udwestliche Zelle sonst außerhalb des Einigungsintervalls l¨age. Aufgrund der Annahme P U GH > P OGL scheitern in der nordwestlichen Zelle die Verhandlungen in Ermangelung eines Einigungsintervalls, was bedeutet, dass die Transaktion mit der Wahrscheinlichkeit null zustande kommt und der Transaktionspreis nicht definiert ist. In der s¨ ud¨ostlichen Zelle kommt es mit der Wahrscheinlichkeit eins zu einer Transaktion, wobei die Transaktionsrente h¨alftig zwischen den beiden Parteien aufgeteilt wird. In den verbleibenden Zellen kommt es nur mit der Wahrscheinlichkeit x zum Handel, wobei der Transaktionspreis entweder als Zuschlag y auf die Preisuntergrenze des Verk¨aufers (s¨ udwestliche Zelle) oder als Abschlag von der Preisobergrenze des K¨aufers (nord¨ostliche Zelle) bestimmt wird. Dieser Mechanismus stellt einen symmetrischen Mediationsplan dar, weil in beiden Zellen die gleiche Wahrscheinlichkeit x 50
Aus Gr¨ unden der Anschaulichkeit wird der Preissetzungsprozess im Folgenden als Mediation beschrieben. Formal handelt es sich um ein bayesianisches Gleichgewicht, so dass die Eigenschaften individuelle ¨ Rationalit¨at und Anreizkompatibilit¨ at gegeben sind. Reale Ubernahmeverhandlungen ben¨ otigen selbstverst¨andlich keinen Mediator, sondern lediglich einen geeigneten bilateralen Verhandlungsrahmen, der diese beiden Eigenschaften sicherstellt. 51 Zu den Eigenschaften dieses Verhandlungsplanes vgl. auch Myerson (vgl. 1991, S. 70f.).
54
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
zur Anwendung kommt und die Auszahlungskonsequenzen f¨ ur die beiden Parteien spiegelbildlich definiert sind. Eine Beschr¨ankung auf symmetrische Mediationspl¨ane ist m¨oglich, weil diese auch unter Hinzuziehung nicht-symmetrischer Pl¨ane die Eigenschaft der Anreizkompatibilit¨at behalten.52 Aufgrund der bin¨aren Modellierung der m¨oglichen Auspr¨agungen der Grenzpreise sind die Voraussetzungen des Myerson-Satterthwaite-Theorems nicht erf¨ ullt. Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass es effiziente Verhandlungsl¨osungen gibt, die auch ohne Mediationsprozess individuell rational und anreizkompatibel sind. Dementsprechend ist zun¨achst die Einhaltung der Anreizkompatibilit¨at bez¨ uglich einer wahrheitsgem¨aßen Offenbarung der Preisgrenze gegen¨ uber dem Mediator zu pr¨ ufen. Behauptung 3.1 Die Anreizbedingungen f¨ ur einen Verk¨aufer mit hoher Preisuntergrenur einen K¨aufer mit niedriger Preisobergrenze, P OGL , sind nicht binze, P U GH , und f¨ dend. Beweis: Siehe Anhang A. Aus Behauptung 3.1 folgt, dass bei der Bestimmung des Mediationsmechanismus f¨ ur die Einhaltung der Anreizkompatibilit¨at f¨ ur einen Verk¨aufer mit hoher Preisuntergrenze, ur einen K¨aufer mit niedriger Preisobergrenze, P OGL , keine AnforderunP U GH , bzw. f¨ gen beachtet werden m¨ ussen, da beide niemals einen Anreiz haben, dem Mediator ihre wahre Preisbereitschaft zu verschweigen. Zur Veranschaulichung stelle man sich vor, dass sowohl ein Verk¨aufer mit P U GH als auch ein K¨aufer mit P OGL in einer relativ starken Verhandlungsposition sind und folglich keinen Grund haben, eine schwache Position vorzut¨auschen. Behauptung 3.2 Anreizkompatibilit¨at ist f¨ ur einen Verk¨aufer mit niedriger Preisunterur jede beliebige Wahrscheinlichkeit x ∈ [0, 1] erf¨ ullt, falls gilt y ≥ grenze, P U GL , f¨ ur einen K¨aufer mit hoher PreisqH (P OGH − P U GL ). Analog ist Anreizkompatibilit¨at f¨ ur jede beliebige Wahrscheinlichkeit x ∈ [0, 1] erf¨ ullt, falls y ≥ obergrenze, P OGH , f¨ (1 − pH )(P OGH − P U GL ) gilt. Beweis: Siehe Anhang B.
52
Vgl. Myerson (2008, S. 595). Zur Bestimmung (auch nicht-symmetrischer) anreizkompatibler Pl¨ ane mit Hilfe der linearen Optimierung vgl. ebenda.
3.4. Charakterisierung der Verhandlungssituation
55
Um die in Behauptung 3.2 identifizierten F¨alle im weiteren Verlauf des Beitrages nicht im Wege einer Fallunterscheidung separat betrachten zu m¨ ussen, werden Grenzen min = qH
P OGL − P U GL P OGH − P U GL
und pmax = H
P U G H − P U GL P OGH − P U GL
eingef¨ uhrt. Somit werden durch die Annahme P OGi − P U Gi ≥ y, welche individuelle Rationalit¨at garantiert, gleichzeitig die in Behauptung 3.2 identifizierten F¨alle ausgeschlossen. Abbildung 3.1 verdeutlicht die vorgenommene Einschr¨ankung grafisch. Nachfolgend ucksichtigen, dass werden nur noch die Bereiche I und II analysiert.53 Weiterhin ist zu ber¨ in Abh¨angigkeit von den Wahrscheinlichkeiten qH und pH zur Beschreibung der Transaktionswahrscheinlichkeit x entweder die Bedingung (C.1) – im Gebiet I – oder die Bedingung (C.2) – im Gebiet II – einschl¨agig ist. qH 1
I
III II P OGL −P U GL P OGH −P U GL
IV
0
P U GH −P U GL P OGH −P U GL
1
pH
Abbildung 3.1.: Fallunterscheidungen in Abh¨angigkeit von qH -pH -Kombinationen In den verbleibenden Bereichen I und II muss nunmehr durch die Festsetzung von Kombinationen aus Transaktionswahrscheinlichkeiten und Transaktionspreisen sichergestellt werden, dass f¨ ur Verk¨aufer mit niedriger Preisuntergrenze und f¨ ur K¨aufer mit hoher Preis53
Die nachfolgend abgeleiteten Ergebnisse lassen sich f¨ ur hinreichend kleine y auf die Fl¨ achen III und IV u ¨bertragen.
56
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
obergrenze Anreizkompatibilit¨at hergestellt wird. Behauptung 3.3 F¨ ur einen Verk¨aufer mit niedriger Preisuntergrenze, P U GL , m¨ ussen Transaktionswahrscheinlichkeiten x < 1 immer dann zur Sicherstellung der Anreizkompatibilit¨at festgelegt werden, wenn y
0
P OGH −P U GH 2
die Transaktionswahrschein-
lichkeit x bereits gleich eins ist, so dass kein Spielraum f¨ ur Empire Building mehr besteht. Vergleiche auch die Bedingungen (C.1) und (C.2) in Anhang C. Das Interesse der Anteilseigner besteht weiterhin in der Maximierung des erwarteten Transaktionsvorteils. Insofern stimmt die Zielfunktion der Anteilseigner mit der Zielfunktion des vikarischen Managements in Abschnitt 3.4.2 u ¨berein. Da die Anteilseigner keinen ¨ Zugang zu detaillierten Informationen betreffend die Ubernahme haben, d.h., es wird
3.5. Beitrag der externen Rechnungslegung zur Aufdeckung von Empire Building
59
lediglich Kenntnis u ¨ber die Wahrscheinlichkeitsverteilungen P (·) und Q(·) angenommen, ¨ bestimmen sie die aus ihrer Sicht optimale Ubernahmestrategie auf Basis von Erwartungswerten. OGH −P U GL ein m¨oglichst Behauptung 3.7 Die Anteilseigner streben f¨ ur qH < 1 − pH PP OG H −P OGL
geringes y an. In allen u ¨brigen F¨allen sind sie an einem m¨oglichst hohen y interessiert. Beweis: Vgl. Anhang E. Eine Zusammenfassung der Beweisergebnisse zeigt Tabelle 3.3. Dabei bezeichnet ZF AE die Zielfunktion der Anteilseigner, wie sie in Anhang E definiert ist. Die Fallunterscheidung in die Bereiche I und II entspricht der Abbildung 3.1. Bereich I Anteilseigner
dZF AE dy
>0
Bereich II dZF AE dy
OGH −P U GL < 0 falls qH < 1 − pH PP OG H −P OGL
Tabelle 3.3.: Strategieprofil der Anteilseigner
Aus Tabelle 3.3 folgt, dass die Anteilseigner im Bereich I ein m¨oglichst großes y anstreben. Das bedeutet, sie pr¨aferieren aufgrund der Unkenntnis der tats¨achlich bestehenden Grenzpreise eine m¨oglichst große Ann¨aherung der nach Tabelle 3.1 m¨oglichen Transaktionspreise. Gleiches gilt f¨ ur den in Abbildung 3.2 als IIa bezeichneten Teil. Sofern OGH −P U GL gilt, was in Abbildung 3.2 dem Bereich IIb entspricht, streben qH < 1 − pH PP OG H −P OGL
die Anteilseigner ein m¨oglichst kleines y an. Ursache hierf¨ ur ist, dass sie mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit erwarten, dass das Management eine niedrige Preisobergrenze hat. In diesem Fall f¨ uhrt eine Verringerung von y zu einer Reduktion des Kaufpreises und daraus folgend zu einer Erh¨ohung der anteiligen Transaktionsrente, die das Absinken der Transaktionswahrscheinlichkeit x u ¨berkompensiert. Ein Vergleich der Behauptungen 3.6 und 3.7 zeigt, dass es zu unterschiedlichen Zielvorstellungen zwischen Management und Anteilseignern kommen kann. Diese Konfliktbereiche werden in Abbildung 3.2 in Form eines (pH − qH )–Diagramms dargestellt. In den Bereichen I und IIa sind die Anteilseigner an einem m¨oglichst hohen y interessiert. Gem¨aß Behauptung 3.4 entspricht die Strategie des Managements mit hoher Preisobergrenze diesem Interesse. Aufgrund des Empire Buildings w¨ahlt auch das Management mit ¨ niedriger Preisobergrenze ein hohes y, so dass es auch hier zu einer Ubereinstimmung mit den Zielvorstellungen der Anteilseigner kommt.
60
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten qH 1
I
IIa IIb
P OGH −P U GH P OGH −P U GL
0
pH P U GH −P U GL P OGH −P U GL
Abbildung 3.2.: Konfliktpotentiale zwischen Vorstand und Anteilseignern Im Bereich IIb w¨ unschen die Anteilseigner aufgrund ihrer Einsch¨atzungen bez¨ uglich pH und qH ein m¨oglichst kleines y. Ein Management mit hoher Preisobergrenze weicht, allerdings im besten Interesse der Anteilseigner, von dieser Vorgabe ab. Auch ein Management mit niedriger Preisobergrenze weicht von den Zielvorstellungen der Anteilseigner ab, Ursache ist hier allerdings das Empire Building. Da die Transaktion auch zu einem niedrigeren Kaufpreis, dann allerdings mit geringerer Wahrscheinlichkeit, h¨atte bewirkt werden k¨onnen, kommt es zu einer relativen Sch¨adigung der Anteilseigner. Hier k¨onnte der Rechnungslegung eine Identifikationsfunktion zukommen, um die Konfliktposition der Organe identifizieren und das Management in Regress nehmen zu k¨onnen. Die weitere Analyse konzentriert sich dementsprechend ausschließlich auf den Bereich IIb, da Rechnungslegung nur hier das Potential hat, zu einer Verbesserung der Verm¨ogensposition der Anteilseigner beizutragen.56
56
Ein Informationswert der Rechnungslegung k¨ onnte sich hier ergeben, wenn die Anteilseigner ¨ Ubernahmen zu zustimmungspflichtigen Gesch¨ aften erkl¨ arten und sich vor der Genehmigung Probekonsolidierungen vorlegen ließen. Wenn diese Probekonsolidierungen Empire Building identifizieren, k¨onnten die Anteilseigner eine Maximierung ihrer Zielfunktion durchsetzen.
3.5. Beitrag der externen Rechnungslegung zur Aufdeckung von Empire Building
61
3.5.1. Analyse des Verhandlungsergebnisses mit Hilfe der Rechnungslegung Da das Ziel dieses Kapitels ausschließlich darin besteht, das Informationspotential der Rechnungslegung zu analysieren, wird von organisatorischen Vorkehrungen zur Abmilderung des Interessengegensatzes, z.B. der Einrichtung von Kontrollgremien oder anderen in Kapitel 1 eingef¨ uhrten Corporate Governance Mechanismen, abstrahiert. Hinsichtlich der Informationsasymmetrie zwischen Management und Anteilseignern des potentiellen Erwerbers ist festzuhalten, dass letztere weder den Zeitwert des zu u ¨bernehmenden Unternehmens noch die Zahlungsbereitschaft des Managements kennen. Allerdings kennen ¨ sie ebenfalls (pH , pL ) bzw. (qH , qL ), sowie P U GL . Im Fall einer erfolgreichen Ubernahme besteht das Interesse der Anteilseigner des u ¨bernehmenden Unternehmens darin, einen Hinweis auf das eventuelle Vorliegen von Empire Building zu erhalten. Dementsprechend kommt es kritisch darauf an, ob aus den Rechnungslegungsdaten ex post die tats¨achlich vorliegende Verhandlungsposition abgleitet werden kann. Aus Sicht der Anteilseigner stellt sich die Frage, ob insbesondere die Daten der Kaufpreisallokation ein geeignetes Instrument zur Identifizierung solcher Konfliktsituationen darstellen. Man beachte, dass in der vorliegenden Situation nachtr¨agliche außerplanm¨aßige Abschreibungen nicht der Informationsvermittlung dienen k¨onnen, da zum einen von grunds¨atzlich werthaltigen Transaktionen ausgegangen wird, so dass keine außerplanm¨aßigen Abschreibungen auftreten, und zum anderen eine sofortige Einsch¨atzung angestrebt wird, so dass außerplanm¨aßige Abschreibungen zu sp¨at bekannt w¨ urden. Neben dem Transaktionspreis selbst, kann ein im Zuge der Kaufpreisallokation entstehender Goodwill als potentiell informative Gr¨oße dienen. Nachfolgende Abbildung 3.3 veranschaulicht die Entwicklung von Transaktionspreis und bilanziellem Goodwill in Abh¨angigkeit von y am Beispiel der nachfolgenden Parameterkonstellation:57 P OGH = 200 P OGL = 20 P U GH = 190 P U GL = 10 Laut Verhandlungsplan, der in Tabelle 3.1 abgebildet ist, kommt es in drei m¨oglichen ¨ Situationen zu einer Ubernahme. Diese drei Situationen finden sich in Abbildung 3.3 wieder. • Situation 1 entspricht der nord¨ostlichen Zelle in Tabelle 3.1. Dabei trifft ein Management mit hoher Preisobergrenze, P OGH , auf einen Verk¨aufer mit hoher Preisuntergrenze, P U GH . 57
Unabh¨angig von den gew¨ ahlten Parametern ergeben sich unter G¨ ultigkeit der in dieser Modellierung getroffenen allgemeinen Annahmen immer die gleichen Grafiken. Die Parameterwahl beeinflusst ausschließlich die Skalierung.
62
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
TP (P OGH ) 200
GW 1
190 3
1
190
105 20 (P U GL ) 10
3
95
2
10 0
10
y
Transaktionspreis
2
0
10
10
y
Goodwill
Abbildung 3.3.: Transaktionpreise und Goodwills in Abh¨angigkeit von y • Situation 2 entspricht der s¨ udwestlichen Zelle in Tabelle 3.1. Dabei trifft ein Management mit niedriger Preisobergrenze, P OGL , auf einen Verk¨aufer mit niedriger Preisuntergrenze, P U GL . • Situation 3 schließlich entspricht der s¨ ud¨ostlichen Zelle in Tabelle 3.1, in welcher ein Management mit hoher Preisobergrenze, P OGH , auf einen Verk¨aufer mit niedriger Preisuntergrenze, P U GL , trifft. Von besonderem Interesse f¨ ur die Anteilseigner ist entsprechend Behauptung 3.5 die Situation 2, da es nur hier zu Empire Building kommt. Sieht man annahmegem¨aß von Bilanzpolitik ab,58 so l¨asst sich Situation 1 ggf. anhand unerwarteter Nachaktivierungen vorher bilanziell nicht erfasster Verm¨ogenswerte identifizieren. Sollte jedoch die gesamte Differenz P U GH − P U GL aus h¨ochstpers¨onlichen Vorteilen des Verk¨aufers bestehen, so ist auch eine Identifikation der Situation 1 nicht mehr m¨oglich. Die Situationen 2 und 3 aus Abbildung 3.3 sind anhand der aufgedeckten Verm¨ogenswerte zun¨achst nicht unterscheidbar, da im Rahmen der Neubewertung in beiden F¨allen P U GL resultiert. Die linke Grafik in Abbildung 3.3 zeigt, dass in Situation 2 der Transaktionspreis, T P2 = P U GL + y, in y steigt. Mit dem Transaktionspreis steigt auch der ur nicht separat Goodwill, GW2 = P U GL + y − P U GL = y, als Ausdruck der Zahlung f¨ bilanzierbare Verm¨ogenswerte. In Situation 3 sind sowohl der Transaktionspreis als auch der Goodwill von y unabh¨angig und f¨ ur jedes y gr¨oßer als die entsprechenden Werte in Situation 2. Dennoch ist eine Unterscheidung zwischen diesen Situationen mittels Good58
Bilanzpolitik wird im Abschnitt 3.5.2 eingef¨ uhrt.
3.5. Beitrag der externen Rechnungslegung zur Aufdeckung von Empire Building
63
¨ will nicht m¨oglich, weil in einer konkreten Ubernahmesituation die Vergleichsm¨oglichkeit zu den anderen denkbaren Konstellationen nicht gegeben ist. Damit lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: Ergebnis 1 Die Rechnungslegung partitioniert nicht zwischen den Situationen 2 und 3. Ergebnis 2 Das Vorliegen von Empire Building in Situation 2 ist durch relativ niedrige Goodwills gekennzeichnet. Letzteres Ergebnis erscheint auf den ersten Blick kontra-intuitiv. Es tritt allerdings systematisch auf und ist nicht von der gew¨ahlten Parameterkonstellation abh¨angig. Ursache ¨ ist, dass in der vorliegenden Modellierung keine willk¨ urlichen Uberzahlungen zugelassen werden, sondern nur die Aufteilung der Transaktionsrente durch die Verhandlung stattfindet. Anhand dieses Ergebnisses wird deutlich, dass die Fokussierung auf besonders hohe Goodwills als Indikator f¨ ur Empire Building unvollst¨andig ist. In Situationen, in denen es zu einer relativen Anteilseignersch¨adigung dergestalt kommt, dass relativ u ¨berh¨ohte Transaktionspreise gezahlt werden, ohne dass sich die absolute Vorteilhaftigkeit umkehrt, geben gerade niedrige Goodwills Hinweise auf Empire Building. Insgesamt ist festzuhalten, dass eine Identifikation der Situation 2, welche das interessierende Empire Building beinhaltet, nicht m¨oglich ist. Einen Ausweg aus dieser Situation b¨ote die Verpflichtung des Managements, seine individuelle Preisobergrenze wahrheitsgem¨aß zu offenbaren. Mit Hilfe einer Preisobergrenze P OGi , i ∈ {L, H} k¨onnten die Anteilseigner nachtr¨aglich die Verhandlungssituationen rekonstruieren und beurteilen, ob das Management in ihrem Sinne gehandelt hat. Zur Partitionierung der beiden Situationen ist die Kenntnis einer der beiden Preisobergrenzen ausreichend, solange die Struktur des Verhandlungsmechanismus’ bekannt ist und die Transaktionsrente nicht genau h¨alftig auf die Parteien aufgeteilt wurde. Dies l¨asst sich am oben eingef¨ uhrten Zahlenbeispiel verdeutlichen. Man stelle sich vor, die tats¨achliche Verhandlungssituation entsprach der s¨ udwestlichen Zelle in Tabelle 3.1, d.h., es galten P U GL = 10 und P OGL = 20 und es wurde ein y = 5 vereinbart. Daraus resultieren folgende o¨ffentliche Signale: der Transaktionspreis betr¨agt T P2 = 15, der Goodwill betr¨agt GW2 = 5 und das neubewertete Eigenkapital des u ¨bernommenen Unternehmens wird mit EK = P U GL = 10 angesetzt. Selbst bei Offenlegung der maximalen Preisbereitschaft durch das Management, P OG = 20,59 gelingt es hier nicht, die Verhandlungssituationen 2 und 3 zu unterscheiden, da bei y = 5 59
Man beachte, dass aus Sicht der Anteilseigner nicht identifizierbar ist, ob diese Preisbereitschaft relativ hoch oder relativ niedrig ist. Ansonsten w¨ are eine R¨ uckrechnung unn¨ otig und die Situation k¨ onnte unmittelbar identifiziert werden.
64
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
beide Situationen zu identischen Preisen und Goodwills f¨ uhren: 20 + 10 = 15 2 20 − 10 = =5 2
T P3 = GW3
Eine solche Unterscheidung gelingt nur f¨ ur y =
P OGL −P U GL 60 . 2
In Abwandlung zum obigen
Beispiel stelle man sich vor, es sei y = 4 vereinbart worden. Die resultierenden o¨ffentlichen Signale w¨aren entsprechend T P2 = 14 und GW2 = 4. Die Kenntnis der Preisobergrenze erlaubt den Anteilseignern nun, Situation 3 auszuschließen, da gilt: 20 + 10 14 = 2 20 − 10 = 4 = 2
T P3 = GW3
Weiterhin ist zu beachten, dass die Angabe der Preisuntergrenzen keine weitere Partitionierung zul¨asst, da die korrespondierenden Informationen, P U Gi , i ∈ {L, H}, bereits durch die Rechnungslegung bekannt sind. Zusammenfassend ist folglich festzuhalten, dass die Rechnungslegungsdaten nur in Zusammenhang mit weiteren Informationsquellen eine ausreichende Partitionierung der Verhandlungskonstellation erlauben, um auf EmpireBuilding zur¨ uckschließen zu k¨onnen. Außerdem k¨onnen niedrige Goodwills ein Indikator f¨ ur Empire Building sein, wobei die Qualifikation als niedrig in der Einzelsituation in Ermangelung von Vergleichswerten scheitert. 3.5.2. Bedeutung der Rechnungslegung zur Aufdeckung von Empire Building bei Bilanzpolitik Geht man davon aus, das Management k¨onne gezwungen werden, den Anteilseignern seine maximale Preisbereitschaft zu offenbaren, so h¨angt eine Identifizierung von Situation 2 kritisch von der M¨oglichkeit zu Bilanzpolitik ab. L¨asst man die in Abschnitt 3.5.1 getroffene Annahme, das Management verf¨ uge u ¨ber keinerlei Spielraum zu Bilanzpolitik, fallen, so existieren zwei M¨oglichkeiten, Empire Building zu kaschieren, obwohl den Anteilseignern die Preisobergrenze des Managements bekannt ist. Dabei bedeutet Bilanzpolitik zum Beispiel, dass die Bewertung des einzeln identifizierbaren Verm¨ogens im Rahmen der Kaufpreisallokation in einem gewissen Umfang manipuliert werden kann.61 Das heißt, 60 61
Hierf¨ ur wird auf die in Behauptung 3.6 hergeleitet Bedingung zur¨ uckgegriffen. Diese ist wegen P OGH − P U GH = P OGL − P U GL auf die obige Situation anwendbar. Eine andere M¨oglichkeit wird in Kapitel 2 vorgestellt. Dort wird der bilanzielle ausgewiesene Goodwill ¨ durch eine Zerlegung der Ubernahme in mehrere Tranchen teilweise erfolgsneutrel mit dem Eigenkapital
3.5. Beitrag der externen Rechnungslegung zur Aufdeckung von Empire Building
65
es besteht die M¨oglichkeit, zur Bestimmung des Goodwills statt P U GL einen Betrag P U GL ± θ vom Kaufpreis in Abzug zu bringen.62 Einerseits best¨ unde so die M¨oglichkeit, den Goodwill auf null zu reduzieren und dadurch ein y in H¨ohe von null vorzut¨auschen. Diese Vorgehensweise ist allerdings aus zwei Gr¨ unden ineffizient. Zum einen verl¨ore ein Goodwill in H¨ohe von null seinen Signalcharakter, sofern es an dieser Stelle zu einem Pooling von vikarischen, d.h. auf Empire Building verzichtenden, und nicht vikarischen Managern k¨ame. Managements in Situation 2, welche gerade kein Empire Building betrieben haben, verl¨oren so ihre einzige M¨oglichkeit, dies glaubw¨ urdig zu signalisieren. Zum anderen bedeutete eine Reduktion des Goodwills, dass erh¨ohte stille Reserven ausgewiesen werden m¨ ussten. Daraus ergibt sich jedoch in den Folgeperioden aus planm¨aßigen Abschreibungen eine Ergebnisbelastung. Demzufolge ließe sich f¨ ur einen Goodwill von null eine separierende Eigenschaft sicherstellen, indem ¨ eine Anbindung eventueller Ubernahmepr¨ amien f¨ ur das Management an zuk¨ unftige Konzerngewinne vorgesehen w¨ urde. Andererseits best¨ unde die M¨oglichkeit, durch Erh¨ohung des Goodwills mit Situation 3 zu poolen. Dazu muss gelten, dass der tats¨achliche Transaktionspreis (Goodwill) dem Transaktionspreis (Goodwill) entspricht, der sich bei einer R¨ uckrechung auch f¨ ur Situation 3 ergibt. vorget¨ auschter TP
P OG + (P U GL − θ) = 2 ⇔ θ = P OG − P U GL − 2y
tats¨ achlicher TP
P U GL + y
F¨ ur das Beispiel auf Seite 64 ergab sich f¨ ur y = 4 ein T P = 14 und Situation 2 w¨are unter Offenlegung der tats¨achlichen Preisobergrenze P OG = 20 und unter Abwesenheit von Bilanzpolitik eindeutig identifizierbar, da eine R¨ uckrechnung f¨ ur Situation 3 einen T P = 15 erg¨abe. L¨asst man nun Bilanzpolitik der oben beschriebenen Form zu, reicht eine im Rahmen der Kaufpreisallokation vorgenommene niedrigere Bewertung der einzeln identifizierbaren Verm¨ogensgegenst¨ande um θ = 2 aus, um die Identifikation zu verhindern. Die Anteilseigner w¨ urden dann folgende Werte beobachten: T P = 14, EK = 10 − 2 = 8 und GW = 14 − 8 = 6. Die Offenlegung der Preisobergrenze P OG = 20 w¨ urde sie zu folgender
62
verrechnet. Bilanzpolitisches Potential kann z.B. durch Ermessensspielr¨ aume in der Fair-Value-Bewertung entste¨ hen. Zu einer Ubersicht vgl. Ballwieser et al. (2004, S. 533).
66
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
R¨ uckrechnung zu Situation 3 f¨ uhren: 20 + 8 = 14 2 20 − 8 = =6 2
T P3 = GW3
Eine eindeutige Identifikation von Situation 2 w¨are damit nicht mehr m¨oglich. Diese Form der Bilanzpolitik kann auch durch Verg¨ utungsvertr¨age, die eine ergebnis- oder aktienkursabh¨angige Verg¨ utung definieren, nicht verhindert werden, da das Management durch eine solche Vorgehensweise sogar einen weiteren Vorteil realisiert. Durch die Verlagerung von stillen Reserven in den Goodwill kommt es zu einer Reduktion des planm¨aßigen Abschreibungsvolumens und somit zu einer Reduktion zuk¨ unftiger Ergebnisbelastungen. Allerdings f¨ uhrt diese Form der Bilanzpolitik die M¨oglichkeit zuk¨ unftiger Impairments auf den so erh¨ohten Goodwill ein. Zur Verdeutlichung stelle man sich vor, dass die Aufdeckung der stillen Reserven von Produktionsanlagen zu Gunsten des Goodwills etwas zu gering angesetzt wurde. Da sich diese im Zeitablauf aufgrund Abnutzung und des technischen Fortschritts aber verbrauchen, kann es zu Goodwillimpairments kommen, wenn der Zuwachs an origin¨arem Goodwill nicht ausreicht, um neben der Abnahme des erworbenen Goodwills auch den Verbrauch der dort bilanzpolitisch zugewiesenen stillen Reserven auszugleichen. Aus solchen Impairments resultierende Kursreaktionen w¨ urden wiederum eine marktwertbasierte Entlohnung schm¨alern. Damit stellen diese m¨oglichen zuk¨ unftigen Kosten der Bilanzpolitik ein Korrektiv zum Anreiz f¨ ur Bilanzpolitik im Zuge der Kaufpreisallokation dar. Zu vorstehendem Ergebnis sind zwei Bemerkungen festzuhalten. Zum Ersten stimmt die identifizierte Bilanzpolitik mit der auf Seite 49 vorgestellten empirischen Evidenz zur Kaufpreisallokation bei erfolgsneutraler Goodwillverrechnung u ¨berein. Zum Zweiten ist zu konstatieren, dass eine planm¨aßige Abschreibung des Goodwills die Vorteilhaftigkeit der hier betrachteten Form von Bilanzpolitik reduzierte, weil sich zumindest im Zeitablauf eine vollst¨andige Umkehrung der bilanzpolitischen Maßnahmen erg¨abe, so dass z.B. unter Verg¨ utungsgesichtspunkten nur ein Zinseffekt auftr¨ate. Der in IFRS 3 i.V.m. IAS 36 verfolgte Impairment-only-Ansatzes f¨ ur den Goodwill ist jedoch nicht geeignet, den vorstehenden Anreiz zu Bilanzpolitik zu beseitigen. Nur wenn es mit Sicherheit zu einer vollst¨andigen Aufwandswirkung der in den Goodwill verlagerten stillen Reserven k¨ame, w¨ urde dieses Ziel erreicht. Alternativ w¨are auch vorstellbar, dass das vikarische Management in Situation 3 Bilanzpolitik einsetzt, um die vorliegende Situation zu signalisieren. Zum Beispiel k¨onnte es
3.6. Zusammenfassung der Ergebnisse
67
versuchen, ein Signal zu setzen, welches Situation 2 eindeutig ausschließt. Dazu m¨ usste es sicherstellen, dass die bilanzierten Gr¨oßen unter Ber¨ ucksichtigung des Preismechanismus f¨ ur Situation 2 nicht den beobachteten Transaktionspreis ergeben. Dieser betr¨agt in Situation 3: T P3 =
P OGH + P U GL 2
Bilanzpolitik kann wiederum im Rahmen der Kaufpreisallokation vorgenommen werden und beeinflusst die H¨ohe des Goodwills und des identifizierbaren Nettoverm¨ogens. EK = P U GL + θ P OGH − P U GL −θ 2
GW3 =
Die daraus resultierenden Bilanzgr¨oßen d¨ urften, in den Preismechanismus f¨ ur Situation 2 eingesetzt, nicht den beobachteten Transaktionspreis ergeben, d.h., θ m¨ usste so gew¨ahlt werden, dass gilt:
T P3 P OGH + P U GL 2
bilanzierter GW
P OGH − P U GL −θ = + 2 P OGH − P U GL = (P U GL + θ) + −θ 2 identifiziertes Nettoverm¨ ogen
0 = 0
(P U GL + θ)
→ Widerspruch
Eine derartige Bilanzpolitik ist im Rahmen des IFRS 3 nicht m¨oglich, da die Anschaffungskostenrestriktion f¨ ur den erworbenen Goodwill der Mehrheitsanteile verlangt, dass die Gleichung T P = neubewertetes Nettoverm¨ogen + GW erf¨ ullt wird. Maßnahmen im Zuge der Kaufpreisallokation verlagern lediglich Werte zwischen den beiden Summanden dieser Gleichung, so dass es nicht gelingt, bestimmte Situationen eindeutig auszuschließen.
3.6. Zusammenfassung der Ergebnisse Insgesamt beantwortet das Modell zun¨achst die simple Frage, ob ein hoher oder ein niedriger Goodwill kritisch hinterfragt werden sollte. Aufbauend auf einer sehr allgemeinen Modellierung des Verhandlungsprozesses wird eine abgeschw¨achte Version von EmpireBuilding analysiert. Daher kann festgehalten werden, dass ein Erkenntnisbeitrag der vorliegenden Modellierung darin besteht, dass auf Basis eines rationalen Preissetzungsmechanismus’ die Auswirkungen externer Einfl¨ usse, wie z.B. Verhandlungsgeschick, auf die H¨ohe
68
3. Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion durch uninformative Daten
des Goodwills verdeutlicht werden. W¨ahrend typischerweise hohe Goodwills als Indikator m¨oglichen Empire Buildings betrachtet werden, zeigt der vorliegende Beitrag zum einen, dass hohe Goodwills auch aus ung¨ unstigen Verhandlungspositionen resultieren k¨onnen, wie dies z.B. in den Situationen 1 und 3 in Abbildung 3.3 der Fall ist. Zum anderen ergibt sich f¨ ur eine weniger auff¨allige Form von Empire Building, in der es lediglich zu einer relativen Anteilseignersch¨adigung kommt, dass gerade sehr niedrige Goodwills m¨ogliches Empire Building anzeigen k¨onnen. Dabei zeigt sich allerdings, dass die Daten des externen Rechnungswesens alleine selbst unter Ausschluss von Bilanzpolitik nicht ausreichen, um ein gegebenenfalls vorliegendes Empire Building anzuzeigen. Ursache hierf¨ ur ist ein fehlender Referenzpunkt, der die Unterscheidung von niedrigen und hohen Goodwills erm¨oglicht. Dieser Referenzpunkt kann durch die Bekanntgabe der maximalen Zahlungsbereitschaft des Managements bereitgestellt werden. Hierbei ist festzuhalten, dass die Partitionierung der m¨oglichen Verhandlungssituationen kritisch auf der Kenntnis des Verhandlungsmechanismus’ beruht. Integriert man Bilanzpolitik in das Modell, so wird der Vorteil, der aus der Kenntnis der Preisobergrenze resultiert, wieder aufgezehrt. Die vorliegende Betrachtung zeigt, dass die Daten des Jahresabschlusses in bestimmten Situationen, ohne Verschulden des berichtenden Unternehmens und ohne fehlerhafte Wahrnehmung des Abschlusses durch die Aktion¨are, keinen Informationsgehalt in Bezug auf bestimmte Entscheidungserfordernisse haben. Dies kommt einer Einschr¨ankung der Informationsfunktion des Konzernabschlusses gleich. Relativierend muss aber betont werden, dass diese Beurteilung nur f¨ ur die beschriebene Entscheidungssituation gilt und keine allgemeine Aussage u usse enth¨alt. ¨ber den Informationsgehalt konsolidierter Abschl¨ F¨ ur andere Entscheidungssituationen lassen sich durchaus Informationen aus der beschriebenen Bilanzierung von Unternehmens¨ ubernahmen ziehen, z.B. Informationen u ¨ber die absolute Werthaltigkeit des u ¨bernommenen Verm¨ogens oder u ¨ber die H¨ohe nicht identifizierbarer Verm¨ogenswerte. Es wurde ebenso gezeigt, dass durch Kombination mit anderen Informationsquellen auch f¨ ur die Beurteilung der relativen Vorteilhaftigkeit einer Investition durchaus ein Informationsgehalt entstehen kann, der aber kritisch davon abhing, inwiefern Bilanzpolitik Kosten verursacht. Nachdem in Kapitel 2 die Beeintr¨achtigung der Informationsfunktion von Seiten des Informationssenders und im vorliegenden Kapitel 3 Beeintr¨achtigungen durch mangelnde Diagnostizit¨at der u ¨bermittelten Daten diskutiert wurde, soll im nun folgenden Kapitel 4 auf St¨orungen der Informationsfunktionen eingegangen werden, die im Prozess der Informationswahrnehmung durch die Bilanzadressaten begr¨ undet liegen.
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten Dieses Kapitel untersucht, wie der Prozess der Informationswahrnehmung durch die Adressaten des Konzernabschlusses auf dessen Informationsfunktion wirkt. Nachdem in den beiden vorangegangenen Kapiteln im Kontext des Kommunikationsmodells aus Abbildung 1.3 bereits der Sender einer Nachricht und die Nachricht an sich thematisiert wurden, soll nun der Empf¨anger einer Nachricht im Vordergrund stehen.
4.1. Empirische Evidenz zu Wahrnehmungseffekten auf Ebene der Investoren Am Kapitalmarkt k¨onnen lediglich die Ergebnisse der Informationswahrnehmung und ¨ -verarbeitung in Form von Preis¨anderungen oder Anderungen im Handelsvolumen beobachtet werden und nicht die eigentliche Wahrnehmung der Informationen, so dass die empirische Evidenz zu Wahrnehmungseffekten u ¨berwiegend auf experimentell gewonnenen Ergebnissen beruht.1 Untersuchungen u ¨ber die Wahrnehmung von Rechnungslegungsinformationen haben z.B. Ankereffekte,2 eine zu starke Gewichtung weniger relevanter usse der Pr¨asentation bestimmter Daten aufgezeigt.4 Informationen3 oder Einfl¨ 1
¨ Vgl. Elliott (2006), Koonce et al. (2005a) und Hopkins (1996). F¨ ur einen Uberblick vgl. Kachelmeier & King (2002). 2 Diese Effekte beschreiben, dass Individuen zur Beurteilung von Entscheidungsalternativen von einem Startwert (Anker) ausgehen und diesen zur Rekonstruktion fehlender Informationen nur unzureichend adjustieren. In der Folge wird die Entscheidung in Richtung des Ankers verzerrt, vgl. Smith & Kida (1991, S. 473f.). 3 Dieser Effekt beschreibt die Tendenz von Individuen, Informationen eine durchschnittliche Entscheidungsrelevanz zuzuschreiben. Dadurch u atzen sie die Relevanz irrelevanter Daten und un¨bersch¨ tersch¨atzen die Relevanz relevanter Daten, vgl. Bloomfield et al. (2000, S. 114). Zur intuitiven Ber¨ ucksichtigung nicht-diagnostischer Daten, d.h., solcher Daten, die f¨ ur eine vorliegende Entscheidungssituation keinen Informationsgehalt besitzen, siehe auch Doherty et al. (1979). 4 Die Pr¨asentation beeinflusst unter anderem die Salienz der Informationen, wobei unter Salienz die Auff¨alligkeit einer Information zu verstehen, d.h., wie stark sie einem Entscheider auff¨ allt oder der Grad zu dem sie sich von anderen Informationen abhebt, vgl. Hirshleifer & Teoh (2003, S. 342) oder Hogarth (1987, S. 210). Eng mit dem Konzept der Salienz verwandt sind Repr¨ asentativit¨ ats- oder Verf¨ ugbarkeitseffekte. Repr¨ asentativit¨ at bedeutet, dass die wahrgenommene Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses davon abh¨angt, wie gut es die grundlegenden Eigenschaften der Gesamtpopulation von Ereignissen repr¨asentiert. Verf¨ ugbarkeit bedeutet, dass die wahrgenommene Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses davon abh¨angt, wie leicht es in Erinnerung gerufen, gedanklich konstruiert oder mit be-
70
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten Ankereffekte werden beispielsweise von Hobson & Kachelmeier (2005), Dietrich et al.
(2001) und Kennedy et al. (1998) dokumentiert. Letztere betrachten der Offenlegung von Eventualschulden nach SFAS Nr. 5, der es erlaubt, lediglich ein Minimum, Maximum oder den wahrscheinlichsten Wert der Eventualverbindlichkeit anzugeben. Sie zeigen, dass die Bewertung der Eventualverbindlichkeit durch potentielle Investoren von der offengelegten Gr¨oße abhing. Teilnehmer die mit dem Maximum konfrontiert wurden, sch¨atzten die minimale Eventualverbindlichkeit h¨oher ein, als solche, die mit dem wahrscheinlichsten Wert, dem Minimum oder keiner Angabe konfrontiert wurden. Anhand eines experimentellen Marktes zeigen Dietrich et al. (2001) dass die Einsch¨atzungen auch Konsequenzen ¨ f¨ ur Marktpreise haben k¨onnen. In ihrem Experiment u ¨ber eine hypothetische Olfirma ¨ konnten sie zeigen, dass die Angabe maximal m¨oglicher Olreserven, zus¨atzlich zum Erwartungswert, den Marktpreis im Vergleich zur Angabe der minimalen Reserven und des Erwartunsgwertes erh¨oht. Hobson & Kachelmeier (2005) kommen in einem ¨ahnlichen Versuchsaufbau bez¨ uglich der Bewertung eines generischen Investitionsobjekts zu vergleichbaren Ergebnissen.5 Eine zu starke Gewichtung vergangenheitsbezogener Informationen f¨ ur Prognosen von Finanzdaten werden von Lev et al. (2005), Bloomfield et al. (2003) und Calegari & Fargher (1997) aufgezeigt. Die beiden letzten Studien zeigen in experimentellen M¨arkten, dass sich Investoren bei der Sch¨atzung zuk¨ unftiger Gewinne zu stark auf die Gewinne vergangener Perioden st¨ utzen und dass sich dies in den Marktpreisen der entsprechenden Aktien widerspiegelt. Lev et al. (2005) zeigen in einer empirischen Untersuchung, dass Investoren bei der Bewertung von Unternehmen die zuk¨ unftige Umkehrung konservativer oder aggressiver Gewinnermittlung nur unzureichend ber¨ ucksichtigen.6 Stattdessen schreiben sie die aktuellen und vergangenen Gewinne in die Zukunft fort. Mit Bezug auf die Salienz zeigen verschiedene Untersuchungen, dass die Ber¨ ucksichtigung von Rechnungslegungsdaten im Entscheidungsprozess davon abh¨angen kann, wo und in welcher Weise sie pr¨asentiert werden. Aboody (1996) zum Beispiel dokumentiert eine unterschiedliche Wahrnehmung von Bilanz- und Anhangangaben in den Abschl¨ ussen von ¨ ¨ Ol- und Gasunternehmen. Die erwarteten Folgen von starken Olpreisver¨anderungen auf stimmten Erfahrungen assoziiert werden kann. Zu beiden Definitionen und experimentellen Nachweisen vgl. Kadous et al. (2006), Hopkins (1996) oder Tversky & Kahneman (1973). 5 Alle drei Untersuchungen waren so aufgebaut, dass die Teilnehmer die nicht offengelegten Paramter der Verteilung h¨atten bestimmen k¨ onnen. Dennoch zeigte sich, dass der berichtete Randwert als Ankerpunkt f¨ ur die Sch¨atzung der fehlenden Angaben verwendet wurde und die wahrgenommene Verteilung in seine Richtung verschoben war. 6 Als Beispiel f¨ ur konservative Rechnungslegung verwenden Lev et al. (2005) eine sofortige erfolgswirksame Erfassung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Als aggressive Rechnungslegung eine Aktivierung dieser Ausgaben.
4.1. Empirische Evidenz zu Wahrnehmungseffekten auf Ebene der Investoren
71
¨ den Wert der bilanzierten Olreserven f¨ uhrten hier zu unterschiedlichen Auswirkungen auf den Marktpreis, je nachdem ob die Unternehmen die Information direkt in der Bilanz oder lediglich im Anhang pr¨asentierten. Einen ¨ahnlichen Effekt beschreiben Maines & McDaniel (2000). Sie kommen in einer Untersuchung u ¨ber ein Wahlrecht beim Ausweis nicht-operativer Gewinne zu dem Ergebnis, dass die gleiche Information in der Entscheidungsfindung von Investoren unterschiedlich gewichtet wird, je nachdem ob sie in einem eigenst¨andigen Bericht oder als Teil einer integrierten Eigenkapitalver¨anderungsrechnung pr¨asentiert wird.7 Neben dem Einfluss des Pr¨asentationsortes auf die Wahrnehmung von Informationen, bieten weitere Studien Belege daf¨ ur, dass diese auch vom Pr¨asentationsformat abh¨angt. Weber et al. (2005) zeigen diesbez¨ uglich einen Effekt der grafischen Aufbereitung von Risikoinformationen auf das wahrgenommene Risiko.8 Auch die folgende Studie belegt Repr¨asentativit¨ats- und Verf¨ ugbarkeitseffekte im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Finanzberichten. Die Untersuchung zeigt, dass das Klassifizierungswahlrecht f¨ ur Finanzinstrumente, welches durch IFRS 7 im Zusammenspiel mit IAS 39 er¨offnet wird, die Risikowahrnehmung individueller Investoren beeinflussen kann. Dies erfolgt unabh¨angig von dem der Bilanzierung zugrunde liegenden wirtschaftlichen Sachverhalt und ist in der Informationswahrnehmung der Investoren begr¨ undet. Diese Untersuchung baut sowohl auf den Ergebnissen analytischer Modelle, die den Effekt des Pr¨asentationsformats auf die Risikowahrnehmung als Resultat beschr¨ankter Rationalit¨at9 oder asymmetrischer Information10 modellieren, als auch auf empirischer Evidenz auf, welche die Effekte gleich informativer, aber unterschiedlich ausgestalteter Offenlegungsformen belegt.11 Bisherige Studien zum wahrgenommenen Risiko von Finanzinstrumenten bezogen sich h¨aufig auf Berichtsformate, die unter IFRS entweder nicht erlaubt sind, z.B. weil sich die Studien auf US-amerikanische Vorschriften beziehen, auf generische Berichtsformate, die im Interesse eines m¨oglichst kontextunabh¨angigen Untersuchungsaufbaus Verwendung finden,12 oder solche, die nach IFRS zwar zul¨assig aber nicht u ¨blich sind. Im Gegensatz dazu baut die folgende Studie auf der h¨aufig zu beobachtenden Offenlegungspraxis von Kreditinstituten auf, die ihre Finanzinstrumente nach den Bewer7
Konkret zeigen Maines & McDaniel (2000), dass die Teilnehmer ihrer Studie unrealisierte Gewinne st¨arker ber¨ ucksichtigen, wenn sie in einer eigenst¨ andigen Gesamterfolgsrechnung (Statement of comprehensive income) ausgewiesen werden, im Gegensatz zu einer Pr¨ asentation als Teil der Eigenkapitalver¨ anderungsrechnung. Zu ¨ ahnlichen Ergebnissen vgl. auch Viger et al. (2008) oder Bloomfield & Libby (1996). 8 Vgl. hierzu auch Raschke & Steinbart (2008) oder Simcox (1984). 9 Vgl. Hirshleifer & Teoh (2003). 10 Vgl. Dye & Sridhar (2004). 11 ¨ Vgl. Riedl & Srinivasan (2007) sowie Aboody (1996). Vgl. Koonce & Mercer (2005) f¨ ur einen Uberblick. 12 Zu einer Diskussion des Einflusses, den der Untersuchungskontext auf die Untersuchungsergebnisse aus¨ ubt, vgl. Haynes & Kachelmeier (1998).
72
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
tunsgskategorien des IFRS 7 gegliedert ausweisen. Es wird gezeigt, dass diese Art der Bilanzgliederung nicht geeignet ist, Risikobeurteilungen zu unterst¨ utzen, da die Adressaten aus der Bilanz keine Informationen u ¨ber den Typ der bilanzierten Finanzinstrumente erhalten und das finanzielle Risiko des Unternehmens anhand ihrer Vorstellungen von den f¨ ur die berichtete Kategorie typischen Finanzinstrumenten sch¨atzen. Diese Einsch¨atzung kann zu einer verzerrten Risikowahrnehmung f¨ uhren, weil IAS 39 weitgehende Freiheit bei der Klassifizierung von Finanzinstrumenten gew¨ahrt, so dass die tats¨achlich bilanzierten Finanzinstrumente weit von der typisierten Vorstellung abweichen k¨onnen.
4.2. Finanzinstrumente nach IAS 39 und die Risikowahrnehmung von Investoren Die große Mehrzahl der Bilanzpositionen von Konzernabschl¨ ussen, die von Finanzinstituten auf Basis der IFRS erstellt werden, unterliegen dem Einfluss der Bilanzierungsund Offenlegungsregeln u ¨ber Finanzinstrumente, insbesondere IAS 39 und IFRS 7.13 ¨ Ahnliches gilt f¨ ur einen substantiellen Teil der Bilanzen in anderen Industrien. Dabei herrscht weitgehende Einigkeit dar¨ uber, dass beide Standards dem Management weitreichende Bewertungs- und Offenlegungswahlrechte einr¨aumen.14 Eines dieser Wahlrechte betrifft die Untergliederung der Finanzinstrumente in der Bilanz. F¨ ur die Untergliederung von Finanzinstrumenten in der Bilanz von Kreditinstituten lassen sich drei grunds¨atzliche Ans¨atze unterscheiden (Abbildung 4.1). Erstens, obwohl in IFRS Konzernbilanzen europ¨aischer Banken kaum angewandt, die Untergliederung nach Investitionszwecken, wie Sicherungsinstrumente, Handelsbestand, langfristige und kurzfristige Investitionen. Zweitens eine Untergliederung nach dem Typ der Finanzinstrumente, die beispielsweise zwischen Aktien, festverzinslichen Wertpapieren und Derivaten unterscheidet. Dieses Pr¨asentationsformat wurde von der gemeinsamen Arbeitsgruppe der Standardsetzer (JWG f¨ ur Joint Working Group of Standard Setters) speziell mit dem Ziel einer Unterscheidung von origin¨aren und derivativen Finanzinstrumenten bef¨ urwortet.15 Wie bereits angesprochen gibt es allerdings Hinweise darauf, dass eine Unterscheidung von Finanzinstrumenten nach ihrem Typ eine verzerrte Risikowahrnehmung auf Seiten der Investoren bewirkt, insbesondere eine erh¨ohte Risikowahrnehmung von derivativen
13
Die betroffenen Positionen, ’Finanzinstrumente’, sind in IAS 32.11 definiert als ...Vertrag, der gleich” zeitig bei dem einem Unternehmen zu einem finanziellen Verm¨ ogenswert und bei dem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem Eigenkapitalinstrument f¨ uhrt.“ 14 Vgl. Gebhardt et al. (2004) und Walton (2004). 15 Vgl. Joint Working Group of Standard Setters (1997, BC 5.1-5.5).
4.2. Finanzinstrumente nach IAS 39 und die Risikowahrnehmung von Investoren
73
Finanzinstrumenten.16 Dies mag ein Grund daf¨ ur sein, dass weniger als ein Viertel der europ¨aischen Banken diese Gliederungsform anwenden17 und dass die Berichterstattung u ¨ber Derivate immer noch als unzureichend angesehen wird, obwohl sie sich zumindest in den Vereinigten Staaten in den 1990er Jahren verbessert zu haben scheint.18
Sonstige 21.82% Investitionszweck 11.82%
Bewertungskategorien 50.91%
Produkttyp 15.45%
Abbildung 4.1.: Gliederungsformate europ¨aischer Banken, vgl. W¨ ustemann & Bischof (2008) Die dritte Gliederungsm¨oglichkeit, die von der Mehrheit der europ¨aischen Banken genutzt wird, ist der Ausweis nach Bewertungskategorien. IFRS 7 erlaubt die Verwendung dieser Kategorien zur Bezeichnung der entsprechenden Bilanzpositionen. Damit beeinflusst die Einordnung in eine bestimmte Bewertungskategorie nicht nur den Realisationszeitpunkt und die Erfolgswirksamkeit von Bewertungsgewinnen, sondern auch die Pr¨asentation der Finanzinstrumente in der Bilanz. Da die Einordnung von Finanzinstrumenten in die Bewertungskategorien ein weitgehendes Wahlrecht des Managements darstellt,19 k¨onnen Unternehmen mit identischen Investitionen in Finanzinstrumente Konzernabschl¨ usse ausweisen, die sich sowohl in der Bewertung als auch in der Bezeichnung der Bilanzpositionen voneinander unterscheiden. Dabei k¨onnen identische Investitionen auch solche sein, die sich z.B. die Replizierbarkeit unbedingter Derivate, wie Zinsswaps oder Forwards, zunutze machen. Unternehmen, die Derivate halten, m¨ ussen diese verpflichtend in die Kategorie ’Zu Handelszwecken gehaltene Finanzinstrumente’ (HFT Held for trading)20 einordnen, welche eine Unterkategorie von ’Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente’ (FV - Financial instruments at fair 16
Vgl. Koonce et al. (2008), Koonce et al. (2005a) sowie Koonce et al. (2005b). Vgl. Bodnar & Gebhardt (1999). Vgl. Woods & Marginson (2004), Edwards & Eller (1996) sowie Edwards & Eller (1995). 19 Vgl. IAS 39.9. 20 Es werden die k¨ urzeren und u urzungen der Kategorien verwendet. ¨blicheren englischen Abk¨ 17 18
74
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
value through profit and loss) darstellt und ebenfalls in einer erfolgswirksamen Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert resultiert. Da f¨ ur origin¨are Finanzinstrumente keine bindende Verpflichtung zur Einordnung in eine bestimmte Kategorie besteht, kann das Unternehmen durch die Replizierung des Derivats mittels origin¨arer Finanzinstrumente21 unter gleich bleibenden ¨okonomischen Bedingungen die verpflichtende Kategorisierung als HFT umgehen.22 Vielmehr hat das bilanzierende Unternehmen nun die M¨oglichkeit, das origin¨are Finanzinstrument in die Kategorien ’FV’, ’Zur Ver¨außerung verf¨ ugbare Finanzinstrumente’ (AFS - Available for sale) oder ’Kredite und Forderungen’ (L&R - Loans and receivables) einzuordnen.23 Die Konzernabschl¨ usse von ansonsten ¨okonomisch identischen Unternehmen k¨onnen sich bei einer Gliederung nach Bewertungskategorien im Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes also in zwei wesentlichen Punkten unterscheiden. Erstens in der Bezeichnung der Bilanzpositionen je nach gew¨ahlter Bewertungskategorie und zweitens im ausgewiesenen Wert. W¨ahrend die origin¨aren Finanzinstrumente jeweils auf der Aktiv- und Passivseite mit ihren vollen Anschaffungskosten angesetzt werden, die sich im Erstbewertungszeitpunkt u ¨ber die Kategorien ’FV’, ’AFS’ und ’L&R’ nicht unterscheiden, fallen die Anschaffungskosten f¨ ur unbedingte Derivate in der Regel sehr gering aus, da die Risiken zwischen beiden Vertragspartnern gleichm¨aßig verteilt werden. Die Bilanzierung dieser geringen Anschaffungskosten f¨ ur unbedingte Derivate wird auch als Off-Balance-Approach der Bewertung bezeichnet. Die hier beschriebene Situation findet ihre realwirtschaftliche Entsprechung z.B. im Asset/Liability-Management einer Bank. Die realen und bilanziellen Wahlrechte einer solchen Bank werden in der folgenden Untersuchung experimentell ausgenutzt. Demzufolge k¨onnte einem Zins¨anderungsrisiko, dass sich zum Beispiel aus der Deckung langfristiger finanzieller Verbindlichkeiten mit kurzfristigen finanziellen Verm¨ogenswerten ergibt, entweder durch einen Zinsswap oder durch ein langfristiges Investment mit kurzfristiger Refinanzierung begegnet werden. Die Aus¨ ubung dieses realwirtschaftlichen Wahlrechts zieht bilanzielle Konsequenzen nach sich. Wird der Zinsswap gew¨ahlt, ist die Bilanzierung als ’Zu Handelszwecken gehalten’ eindeutig. Werden die origin¨aren Finanzinstrumente gew¨ahlt, kann der langfristige Verm¨ogenswert in eine beliebige Bewertungskategorie eingeordnet werden.24 21
Bodnar & Gebhardt (1999, S. 172f.) dokumentieren f¨ ur deutsche und amerikanische Unternehmen den Verzicht auf Derivate im Management von W¨ ahrungsrisiken zugunsten origin¨ arer und aktiv gemanagter Instrumente. 22 Tats¨achlich unterscheiden sich das Derivat und ein replizierendes Portfolio aus origin¨ aren Finanzinstrumenten geringf¨ ugig im Ausfallrisiko, vgl. Hull (2006) oder Minton (1997). Davon wird hier abstrahiert. 23 ’AFS’ verlangt eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert. Wert¨ anderungen werden hier erfolgsneutral im Eigenkapital erfasst. ’L&R’ verlangt eine Bewertung zu fortgef¨ uhrten Anschaffungskosten. 24 Die finanzielle Verbindlichkeit d¨ urfte ebenso als ’Zu Handelszwecken gehalten’ oder ’Erfolgswirksam
4.3. Verzerrte Risikowahrnehmung durch Bilanzkategorien
75
4.3. Bilanzbasierte Beeinflussung des durch Investoren wahrgenommenen Risikos von Finanzinstrumenten Die im vorangegangenen Abschnitt identifizierten Ausweiswahlrechte w¨aren unsch¨adlich, w¨ urden die Abschlussadressaten die Bilanz durchschauen und die ¨okonomische Identit¨at der zugrundeliegenden wirtschaftlichen Gegenbenheiten erkennen. Diese Annahme muss angesichts der in Kapitel 2 dokumentierten Wirksamkeit von Bilanzpolitik sowie der zu Beginn dieses Kapitels aufgef¨ uhrten Literatur zur Wahrnehmung finanzieller Informationen in Frage gestellt werden. Fr¨ uhere Studien haben ergeben, dass Variationen in der Darstellung und Beschreibung von Finanzkontrakten die Risikowahrnehmung von Investoren durch die Betonung bestimmter Eigenschaften dieser Kontrakte beeinflussen.25 Rechnungslegungsprinzipien, die nicht sicherstellen, dass ¨okonomisch identische Situationen auch gleich abgebildet werden, k¨onnen daher zu einer verzerrten Risikowahrnehmung (im Folgenden bias) von Bilanzadressaten f¨ uhren. Als bias wird in der vorliegenden Untersuchung ein Unterschied im wahrgenommen Risiko verstanden, der einzig aus der Kategorisierung nach IAS 39 resultiert. In Bezug auf die Wahrnehmung von Finanzinformationen wird erwartet, dass Investoren bei der Einsch¨atzung des Risikos26 eines Unternehmens, welches in seiner Bilanz Finanzinstrumente mittels der Bewertungskategorien ausweist, auf die Repr¨asentativit¨atsheuristik und die Verf¨ ugbarkeitsheuristik zur¨ uckgreifen.27 Die Repr¨asentativit¨atsheuristik wurde zuerst von Tversky & Kahneman (1974) beschrieben und sp¨ater in einer Vielzahl von Studien zur Erkl¨arung individuel¨ atzung der Wahrler Investitionsentscheidungen verwendet.28 Sie beschreibt eine Ubersch¨ zum beizulegenden Zeitwert bewertet’ klassifiziert und entsprechend bewertet werden. Andernfalls ist sie mit den fortgef¨ uhrten Anschaffunskosten zu bewerten, vgl. IAS 39.47. Von diesem Wahlrecht wird in der Untersuchung abstrahiert. 25 Vgl. Gramlich et al. (2006), Koonce et al. (2005a), Hodder et al. (2001), Kennedy et al. (1998) oder Hopkins (1996). 26 Unter dem Begriff ’Risiko’ ist im Folgenden immer das von den Investoren wahrgenommene Gesamtrisiko eines zu beurteilenden Unternehmens im Vergleich zu anderen Unternehmen zu verstehen. Wie Schrand & Elliott (1998) diskutieren, ber¨ ucksichtigt dieser Begriff verschiedene Risikodimensionen und entzieht sich einer f¨ ur Berichterstattungszwecke geeigneten objektiven Definition. Koonce et al. (2005b) haben experimentell gezeigt, dass die Wahrnehmung finanzieller Risiken nicht nur von deren quantitativen Eigenschaften, wie der Volatilit¨ at der Ergebnisse oder den Wahrscheinlichkeiten m¨ oglicher Ergebnisse abh¨angt, vgl. Ross et al. (1999, S. 221f.), sondern auch von psychologischen Faktoren, vgl. Hodder et al. (2001, S. 55). Diese umfassen Aspekte wie die Kontrollierbarkeit eines Risikos, ob man sich dem Risiko freiwillig oder gezwungermaßen aussetzt oder der M¨ oglichkeit existenzbedrohender Ergebnisse, vgl. auch Slovic (1987). 27 Ob ein Entscheider bewusst oder unbewusst auf heuristische Entscheidungsverfahren zur¨ uckgreift, ist im Rahmen dieser Studie irrelevant. Eine solche Unterscheidung h¨ atte z.B. dann Bedeutung, wenn die Ursache beschr¨ankt rationalen Verhaltens bestimmt werden soll, um Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Vgl. Simon (1955). 28 Vgl. Brav & Heaton (2002), Shleifer (2000), Barberis et al. (1998).
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4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
scheinlichkeit eines Umweltzustandes, f¨ ur den der berichtete Sachverhalt als repr¨asentativ angesehen wird, bei gleichzeitiger Untersch¨atzung der Wahrscheinlichkeiten aller anderen Umweltzust¨ande, die im gleichen Sachverhalt resultieren k¨onnten.29 Ein zweiter Einfluss auf die Risikoeinsch¨atzung wird durch die sogenannte Verf¨ ugbarkeitsheuristik ausge¨ ubt. Dies bedeutet, dass die Einsch¨atzung der Wahrscheinlichkeiten m¨oglicher Umweltzust¨ande u ugbar sind ¨berm¨aßig von solchen Assoziationen beeinflusst wird, die kognitiv leichter verf¨ als andere, z.B. weil sie erst k¨ urzlich aktiviert wurden oder generell h¨aufiger aktiviert werden.30 Die Beobachtbarkeit dieser Heuristik wird dadurch erschwert, dass Individuen sie h¨aufig nur dann anwenden, wenn die Assoziationen hinreichend stark und damit leicht verf¨ ugbar sind,31 oder wenn die Entscheidungssituation von relativ geringer pers¨onlicher Relevanz ist.32 In der hier vorliegende Untersuchung wird davon ausgegangen, dass die Repr¨asentativit¨atsheuristik Verwendung findet, wenn Bilanzleser die Bewertungskategorien in Typen von Finanzinstrumenten u ur die anschließende ¨bersetzen. F¨ Risikobeurteilung auf Basis dieser repr¨asentativen Finanzinstrumente wird ein Einfluss von Verf¨ ugbarkeitseffekten erwartet. Die Erwartung, dass Verf¨ ugbarkeitseffekte auftreten, wird durch Ergebnisse bestehender Studien motiviert, welche dokumentiert haben, dass die Risikowahrnehmung von Investoren nicht nur vom ¨okonomischen Risiko der zu beurteilenden Finanzinstrumente abh¨angt, sondern auch von deren Bezeichnung. Koonce et al. (2005a) konnten zeigen, dass ein Portfolio aus Finanzinstrumenten, welches einen Swap beinhaltet, dann als risikanter wahrgenommen wird als ein zahlungsstrom¨aquivalentes Portfolio ohne Swap, wenn dieser Umstand explizit genannt wird. Dieser Effekt kann durch die Offenlegung der Zahlungsstr¨ome und den daraus resultierenden Zeitwerten verringert werden. Interessanterweise verringert sich das wahrgenommene Risiko signifikant, wenn der Swap ausdr¨ ucklich als Sicherungsinstrument beschrieben wird. Dieser Effekt ist unabh¨angig von zus¨atzlichen Informationen. Daraus schließen die Autoren, dass die Bezeichnung (label ) von Finanzinstrumenten unterschiedliche Assoziationen hervorruft und so die Risikowahrnehmung beinflusst.33 Ohne zus¨atzliche Bezeichnung, die auf einen Versicherungszweck hinweist, werden Derivate nach Meinung von Koonce et al. (2005a) vor allem deswegen mit einem hohen Risiko verbun29
Vgl. zu einer ausf¨ uhrlichen Diskussion und Einordnung in eine ganze Klasse ¨ ahnlicher Heuristiken Kahneman (2003). 30 Vgl. Tversky & Kahneman (1973). 31 Vgl. Schwarz & Vaughn (2002). 32 Vgl. Grayson & Schwarz (1999). Hohe pers¨ onliche Relevanz in deren Studie bedeutete physische Gefahr, ¨ da sie die Beurteilung sexueller Ubergriffe untersucht haben. Im Vergleich dazu werden Investitionsentscheidungen deren potentielle Folgen nicht existenzbedrohend sind eine geringere pers¨ onliche Relevanz aufweisen und folglich eine st¨ arkere Verwendung der Verf¨ ugbarkeitsheuristik implizieren. 33 Koonce et al. (2005a) argumentieren, dass die Bezeichnung als Sicherungsinstrument den m¨ oglichen Versicherungscharakter von Swaps betont.
4.3. Verzerrte Risikowahrnehmung durch Bilanzkategorien
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den, da Verluste im Zusammenhang mit Finanzderivaten in den letzten Jahren regelm¨aßig in den Massenmedien diskutiert wurden und deswegen kognitiv hoch verf¨ ugbar sind. Diese Einsch¨atzung findet weitere Unterst¨ utzung bei Chalmers & Godfrey (2004), Bodnar & Gebhardt (1999) und Vietze (1997). Eine Vielzahl an Beispielen bietet die aktuelle Finanzkrise, deren Ursachen auch darin gesehen werden, dass Hypothekenfinanzierer die hohen Ausfallrisiken ihrer Kreditvertr¨age durch Derivate, sogenannte Credit Default Swaps, auf Kapitalmarktinvestoren abgew¨alzt und diese das zugrunde liegende Risiko untersch¨atzt haben.34 ¨ Neben einer Ubertragung der oben aufgef¨ uhrten Ergebnisse auf das institutionelle Umfeld einer IFRS-konformen Bilanzierung, zeigt die vorliegende Studie auch die Auswirkungen der bereits angesprochenen Kreditkrise auf die Risikowahrnehmung von Konsumentenkrediten. Wie bereits angesprochen, werden solche Privatkredite als Ausl¨oser der Finanzkrise im Jahr 2007 betrachtet.35 Die damit einhergehende negative Berichterstattung u urfte die ¨ber Privatkredite mit hohem Ausfallrisiko, sogenannte subprime credits, d¨ Risikowahrnehmung von Konsumentenkrediten a¨hnlich negativ beeinflussen, wie es bei Derivaten zu beobachten ist. Folglich wird, wie f¨ ur eine Investition in Finanzderivate, auch f¨ ur eine Investition in Konsumentenkredite eine hohe Risikowahrnehmung erwartet. Wie in Abbildung 4.1 gezeigt wurde, werden in Europa Finanzinstrumente gerade nicht nach ihren Typen geordnet ausgewiesen. Nachdem der erwartete Effekt verschiedener Typen von Finanzinstrumenten auf die Risikowahrnehmung erkl¨art wurde, bleibt folglich noch die erwartete Verbindung zwischen der offengelegten Bilanzkategorie und den unterschiedlichen Typen von Finanzinstrumenten zu erl¨autern. Diese Verbindung resultiert aus der Repr¨asentativit¨atsheuristik. Wird also eine Bewertungskategorie als repr¨asentativ f¨ ur ein Investment in einen bestimmten Typ von Finanzinstrumenten gesehen, so u ¨bertr¨agt sich die Risikowahrnehmung des repr¨asentativen Typs auf diese Bewertungskategorie. Das erm¨oglicht den Investoren u ¨berhaupt erst, Risikoeinsch¨atzungen auf Basis der Bilanz vorzunehmen, obwohl die berichteten Kategorien selbst nicht mit bestimmten Risiken assoziiert werden. In Bezug auf die Bilanzierung von Finanzinstrumenten wird erwartet, dass die Kategorie ’HFT’ als repr¨asentativ f¨ ur eine Investition in Finanzderivate und die Kategorie ’L&R’ als repr¨asentativ f¨ ur eine Investition in Konsumentenkredite angesehen wird. Das w¨ urde bedeuten, dass ein Investor angesichts der Kategorie ’HFT’ der Verwendung von Finanzderivaten eine hohe Wahrscheinlichkeit zuordnet, obwohl diese typischerweise nur einen relativ geringen Teil der in diese Kategorie eingeordneten Finanzinstrumente ausma34 35
Vgl. Eckl-Dorna (2009) und Buchter (2008). Vgl. Greenlaw et al. (2008) sowie Ryan (2008).
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4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
chen. Diese Erwartung zieht ihre Begr¨ undung aus zwei Argumenten. Das erste Argument resultiert aus der bilanziellen Behandlung derivativer Finanzinstrumente. F¨ ur diese besteht gerade kein Kategorisierungswahlrecht, sondern eine Verpflichtung zur Einordnung in die Kategorie ’Zu Handelszwecken gehalten’, w¨ahrend alle anderen Finanzinstrumente wahlweise in diese Kategorie eingeordnet werden k¨onnen. Dadurch k¨onnten Bilanzleser vernachl¨assigen, dass der Anteil origin¨arer Finanzinstrumente den von Finanzderivaten innnerhalb dieser Kategorie normalerweise deutlich u ¨berschreitet.36 Die Wahrscheinlichkeit einer Investition in Finanzderivate wird folglich u ¨bersch¨atzt. Das zweite Argument folgt aus empirischen Untersuchungen. Diese zeigen erstens, dass Investoren insbesondere Finanzderivate mit Spekulationsmotiven verbinden37 und zweitens, dass der Handelsbestand an Finanzinstrumenten generell mit spekulativen Investments gleichgesetzt wird.38 Bei Vorliegen der Kategorie ’HFT’ besteht folglich die M¨oglichkeit, dass Investoren entweder direkt u ¨ber ihre Kenntnis der relevanten Bilanzierungsvorschriften oder indirekt u ¨ber die Vermutung spekulativer Investitionen auf eine Investition in Finanzderivate schliessen. Dar¨ uber hinaus wird erwartet, dass die Kategorie ’L&R’ als repr¨asentativ f¨ ur eine Investition in Konsumentenkredite angesehen wird, da die Bezeichnung ’Kredite und Forderungen’ eine ausschließliche Verwendung f¨ ur kredit¨ahnliche Produkte impliziert. Dies ist aus zwei Gr¨ unden irref¨ uhrend. Erstens k¨onnen Konsumentenkredite in jede beliebige Kategorie eingeordnet werden. Zweitens lassen sich auch andere Finanzinstrumente in ’Kredite und Forderungen’ einordnen, solange sie nicht an einem aktiven Markt gehandelt werden und die Zahlungsstr¨ome hinreichend sicher bestimmt werden k¨onnen. Aufgrund der Bezeichnung wird dennoch erwartet, dass Investoren die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen Kredite ausgegebenen hat, bei Vorliegen der Kategorie ’L&R’ u ¨bersch¨atzen und bei ihrem Fehlen untersch¨atzen. Im Zusammenhang mit den Kategorien ’Zur Ver¨außerung verf¨ ugbar’ und ’Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete Finanzinstrumente’ ist zu Erwarten, dass Repr¨asentativit¨at keine Rolle spielt. Keine dieser Kategorien weist auf einen bestimmten Investitionszweck hin oder ist Gegenstand spezieller Regelungen. Die Fair Value Option in IAS 39.9 erlaubt eine breite Anwendung der Fair-Value-Kategorie und ’AFS’ ist als Residualkategorie definiert, der alle Finanzinstrumente zugeordnet werden, die nicht zu einer der anderen Kategorien geh¨oren. Die Kategorie ’FV’ verdient dennoch besondere Aufmerksamkeit, da der Fair Value als Bemessungsgrundlage sowohl im Zusammenhang mit Finanzderivaten als auch im Zusammenhang mit der Kreditkrise diskutiert wurde. Daraus l¨asst sich die Erwartung 36
Anders ausgedr¨ uckt ist die Basisrate (vgl. Eisenf¨ uhr & Weber (2003, S. 367)) origin¨ arer Finanzinstrumente in ’HFT’ gr¨oßer als die derivativer Instrumente. Vgl. Trombley (2003) und Shefrin & Statman (2000). 38 Vgl. Young (1996). 37
4.4. Verzerrte Risikowahrnehmung durch Anhangangaben
79
ableiten, dass die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert, die gerade im Zusammenhang mit finanziellen Krisen breite Aufmerksamkeit in den Massenmedien genießt, mit Verlustugbarkeitseffekt aus der Verwendung situationen assoziiert wird39 und so ein direkter Verf¨ der FV-Kategorie resultiert. Da entsprechende Assoziationen zu ’AFS’ fehlen, wird f¨ ur diese Kategorie eine relativ niedrige Risikowahrnehmung erwartet. Die aus dem theoretischen Rahmen abgeleiteten Erwartungen lassen sich zu folgenden Hypothesen verdichten: H1a: Die Risikowahrnehmung ¨okonomisch identischer Unternehmen variiert mit den in der Bilanz gezeigten Bewertungskategorien. H1b: Bestimmte Bewertungskategorien des IAS 39 werden als repr¨asentativ f¨ ur bestimmte Investitionen angesehen. Insbesondere wird die Kategorie Zu Handelszwecken gehaltene Finanzinstrumente als repr¨asentativ f¨ ur die Verwendung von Finanzderivaten angesehen und die Kategorie Kredite und Forderungen als repr¨asentativ f¨ ur Konsumentenkredite. H1c: Die Unterschiede in der Risikowahrnehmung resultieren aus der h¨oheren Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen mit Finanzderivaten, Konsumentenkrediten sowie der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert.
4.4. Beeinflussung des durch Investoren wahrgenommenen Risikos von Finanzinstrumenten infolge zus¨ atzlicher Anhangangaben ¨ Die Wahrnehmung von Finanzinstrumenten, die nach IAS 39 bilanziert und in Ubereinstimmung mit IFRS 7 anhand ihrer Bewertungskategorien offen gelegt werden, h¨angt nicht nur von den in der Bilanz gezeigten Informationen ab, sondern auch von den umfangreichen Anhangangaben, die von diesen Standards verlangt werden. Entsprechende Evidenz bieten Dietrich et al. (2001) und Bloomfield & Libby (1996). Sie untersuchen f¨ ur Offenlegungswahlrechte, ob die Vermittlung einer wertrelevanten Information in leicht zug¨anglicher Form (Bilanz) oder schwer zug¨anglicher Form (Anhang) zu unterschiedlich starken Preisreaktionen f¨ uhrt und kommen zu dem Schluss dass Information im Anhang durchaus wahrgenommen und eingepreist werden, wenn auch weniger stark als entsprechende Informationen in der Bilanz. 39
Vgl. Sunder (2008) sowie European Central Bank (2004).
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4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten Im Rahmen des hier vorliegenden Untersuchungsaufbaus wird erwartet, dass Anhang-
angaben u ¨ber den Typ der bilanzierten Finanzinstrumente dann einen Effekt auf die Risikowahrnehmung aus¨ uben, wenn der offengelegte Typ von den als repr¨asentativ angesehen Typen abweicht. Ohne Anhangangaben beeinflusst der in Abschnitt 4.3 beschriebene Repr¨asentativit¨atseffekt die Assoziation der Kategorien mit bestimmten Finanzinstrumenten. Heterogene Einsch¨atzungen der Investoren u ¨ber die Kategorisierung werden folglich zu einer gewissen Variabilit¨at der mit einer Kategorie assoziierten Instrumente f¨ uhren. Unter G¨ ultigkeit der Hypothesen H1a bis H1c resultiert daraus auch eine Variabilit¨at hinsichtlich der Risikowahrnehmung der verschiedenen Kategorien. Die Anhangangaben, welche unter anderem die Typen der zugrundeliegenden Finanzinstrumente offenbaren, ersetzen die indirekte Verbindung von Kategorie mit Finanzinstrument per Repr¨asentativit¨atsheuristik durch eine direkte Verbindung. Daher wird eine Anpassung des wahrgenommenen Risikos erwartet, wenn die Anhangangaben den individuellen Investor dar¨ uber informieren, dass eine bestimmte Kategorie nicht die erwarteten Finanzinstrumente enth¨alt. Die Risikowahrnehmung wird dann direkt von den Assoziationen beeinflusst, die f¨ ur die tats¨achlich vorhandenen Finanzinstrumenten verf¨ ugbar sind. Dabei ist zu erwarten, dass einige der Investoren ihre Risikoeinsch¨atzung st¨arker revidieren werden als andere, sei es weil deren urspr¨ ungliche Einsch¨atzung akkurater war oder weil pers¨onliche Eigenschaften ihre Bereitwilligkeit oder F¨ahigkeit zur Revision fehlerhafter Einsch¨atzungen bestimmen. Diese Studie versucht daher auch, erkl¨arende Faktoren f¨ ur eine Revision der Risikoeinsch¨atzung zu identifizieren. Die theoretische Basis f¨ ur diesen Teil der Untersuchung liefern Koonce et al. (2005b) mit ihrem Ergebnis, dass die Risikowahrnehmung von Finanzinstrumenten unter anderem von wahrnehmungspsychologischen Faktoren abh¨angt, wie sie Slovic (1987) beschrieben hat. Diese Faktoren repr¨asentieren zwei Dimensionen individuellen Risikoempfindens, die mit Dread (Furcht) und Unknown (Fremdheit) bezeichnet werden.40 Sie repr¨asentieren Aspekte m¨oglicher Konsequenzen von Risiken oder die Vertrautheit des Individuums mit bestimmten Risiken.41 In Bezug auf Investitionsentscheidungen repr¨asentieren sie Umst¨ande wie das Wissen von Investoren u ¨ber finanzielle Risiken verschiedener Investitionsm¨oglichkeiten und ihre Kontrollierbarkeit, oder potentiell katastrophale Auswirkungen einer Investition auf das eigene Verm¨ogen. Slovic (1987) zeigt, dass diese Faktoren unbewusst in alle Risikobeurteilungen einfließen 40
Die Dimension Dread umfasst solche Aspekte wie die Kontrollierbarkeit, die M¨ oglichkeit katastrophaler oder existenzbedrohender Resultate, Langzeitwirkungen, Unfreiwilligkeit oder die als fair wahrgenommene Verteilung von Risiken. Unknown dagegen dr¨ uckt die Wahrnehmung von Risiken bez¨ uglich ihrer Beobachtbarkeit und Messbarkeit, des zeitlichen Abstands zu ihren Auswirkungen oder des Grades aus, zu dem Risiken wissenschaftlich verstanden wurden. Vgl. dazu Slovic (1987, S. 282). 41 Vgl. Hodder et al. (2001).
4.5. Untersuchungsaufbau
81
und sehr stark durch externe Faktoren, wie mediale Pr¨asenz, pers¨onliche Erfahrungen oder Distanz (zeitlich, r¨aumlich oder emotional) beeinflusst werden.42 Dementsprechend k¨onnen unterschiedliche Risikowahrnehmungen in der vorliegenden Untersuchung z.B. von unterschiedlichen Erfahrungen der Teilnehmer mit Kapitalmarktinvestitionen abh¨angen. Dieser Faktor wird mit Hilfe einer Teilnehmerbefragung erfasst. Die zweite Fragestellung dieser Untersuchung besch¨aftigt sich folglich mit dem Einfluss zus¨atzlicher Anhangangaben auf die Risikowahrnehmung und die Erkl¨arung eines solchen Einflusses durch individuelle Faktoren. Folgende Hypothesen werden getestet: H2a: Das wahrgenommene Risiko der pr¨asentierten Unternehmen ¨andert sich, wenn die Bilanzen um Anhangangaben erg¨anzt werden, die den Typ der bilanzierten Finanzinstrumente offenbaren. H2b: Die Ver¨anderung der Risikowahrnehmung h¨angt mit der pers¨onlichen Investitionserfahrung der Investoren zusammen.
4.5. Untersuchungsaufbau 4.5.1. Experiment 1 Die Hypothesen H1a, H2a und H2b wurden in einem Experiment mit einem 4×2 withinussen participants-Design untersucht,43 bei dem die Teilnehmer auf Basis von Jahresabschl¨ einen Vergleich der Risiken einer Investition in die jeweiligen berichtenden Unternehmen vornehmen sollten. Untersucht wurde ob ein Zusammenhang zwischen der offengelegten Bewertungskategorie nach IAS 39 und der Risikowahrnehmung besteht und ob zus¨atzliche Anhangangaben diesen Zusammenhang ver¨andern. Die Jahresabschl¨ usse bildeten ein Unternehmen in einer Situation ab, die der in Abschnitt 4.2 beschriebenen entspricht, wobei jeweils unterschiedliche Bewertungskategorien f¨ ur eine Finanzanlage gew¨ahlt wurden. Die
42
Zeitliche Distanz dr¨ uckt aus, wie lang es dauert, bis die Auswirkungen riskanter Entscheidungen wirksam werden. Ein Beispiel f¨ ur große zeitliche Distanz und deswegen geringe Risikowahrnehmung bietet die Diskussion um die Gefahren der Emmission von Treibhausgasen, die bereits in den 1960er Jahren begann, vgl. Keeling (1960). Emotionale Distanz dr¨ ukt aus, wie stark die Risikowahrnehmung von Emotionen im Vergleich zu Fakten, wie der j¨ ahrlichen Anzahl von Unf¨ allen, beeinflust wird. Slovic (1987, S. 285) f¨ uhrt die Diskussion um die Nutzung von Kernenergie als Beispiel f¨ ur eine Risikowahrnehmung an, die nur einen geringen Bezug zu objektiven Fakten aufweist. 43 Within participants bedeutet, dass die Manipulation der unabh¨ angigen Variablen innerhalb einer Teilnehmergruppe erfolgt. Jeder Teilnehmer wird dabei allen Auspr¨agungen der unabh¨ angigen Variablen ausgesetzt. Im Gegensatz dazu manipulieren between participants Untersuchungen die unabh¨ angigen Variablen in unterschiedlichen Teilnehmergruppen. Jeder Teilnehmer wird nur einer Auspr¨ agung der unabh¨angigen Variablen ausgesetzt
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4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
erste unabh¨angige Variable dieser Assoziationsstudie stellte folglich die Bewertungskategorie dar, die in vier unterschiedlichen Auspr¨agungen manipuliert wurde, ’Zu Handelszwecken gehalten’, ’Forderungen’, ’Erfolgswirksam zum Fair Value’ oder ’Zur Ver¨außerung verf¨ ugbar’. Die zweite unabh¨angige Variable betraf den Umfang an verf¨ ugbaren Informationen. In einem ersten Durchgang mussten die Teilnehmer nur auf Basis von Bilanzen u ¨ber die pr¨asentierten Risiken entscheiden. In der zweiten Runde wurden die Bilanzen um Anhangangaben erg¨anzt. Als abh¨angige Variable wurde ein Maß f¨ ur das wahrgenommene Risiko bez¨ uglich der pr¨asentierten Unternehmen verwendet, indem die Teilnehmer nach jeder Runde die pr¨asentierten Unternehmen anhand des von ihnen wahrgenommen Risikos ordnen sollten. Der erste Rang sollte dem Unternehmen zugewiesen werden, dessen Risiko als das h¨ochste wahrgenommen wurde. Rang vier entsprechend dem mit dem niedrigsten Risiko. Da gleiche R¨ange ausdr¨ ucklich erlaubt wurden, konnten die Teilnehmer durch ihre Antwort ausdr¨ ucken, dass sie die ¨okonomische Gleichheit der Unternehmen erkannt haben. Die Anhangangaben im zweiten Durchgang des Experiments enthielten Angaben zum Typ der bilanzierten Instrumente, insbesondere die Angabe ob es sich um Derivate oder origin¨are Finanzinstrumente handelte. Informationen bez¨ uglich des Zwecks der entsprechenden Investition, z.B. Spekulation oder Sicherung, wurden nicht gegeben, um den Effekt der Bewertungskategorien auf die Risikowahrnehmung isolieren zu k¨onnen. F¨ ur die sp¨atere Interpretation der Ergebnisse ist ebenfalls wichtig, dass die Teilnehmer erst durch die Anhangangaben erfuhren, dass das einzige Unternehmen mit der h¨oheren bilanziellen Eigenkapitalquote in Derivate investiert hatte, w¨ahrend die anderen Unternehmen nur origin¨are Finanzinstrumente hielten. Außerdem enthielten die Angaben explizit die Wertmaßst¨abe (Anschaffungskosten oder beizulegender Zeitwert) der betreffenden Positionen. Das experimentelle Instrument ist in Anhang F aufgef¨ uhrt. Das Experiment umfasste insgesamt vier Teile. Im ersten Teil wurden die Teilnehmer aufgefordert, den Bewertungskategorien des IAS 39 typische Finanzinstrumente zuzuordnen. Die Antwortm¨oglichkeiten wurden dabei nicht eingeschr¨ankt, d.h., es wurde keine Liste m¨oglicher Finanzinstrumente vorgelegt, um die Verf¨ ugbarkeit Kategorie-bezogener Assoziationen nicht zu kontaminieren. Danach erfolgten die beiden Untersuchungsrunden sowie eine abschließende Datenerhebung mittels Fragebogen. Das Experiment wurde in einer circa 25-min¨ utigen Sitzung durchgef¨ uhrt, vor deren Beginn der Ablauf des Experiments ausf¨ uhrlich erkl¨art wurde. Um externe Einfl¨ usse m¨oglichst konstant zu halten, wurde das Experiment jeweils ohne Ank¨ undigung zu Beginn regul¨arer Vorlesungen durchgef¨ uhrt. Reihenfolgeeffekten, die sich aus dem Aufbau der Experimentunterlagen ergeben k¨onnten, wurde durch eine alternierende Reihenfolge der pr¨asentierten Bilanzen entgegengewirkt.
4.5. Untersuchungsaufbau
83
Ein Within-participants-Aufbau wurde gew¨ahlt, weil fr¨ uhere Studien zur Risikowahrnehmung gezeigt haben, dass Teilnehmer Schwierigkeiten bei der Abgabe absoluter Risikoeinsch¨atzungen hatten. Das wahrgenommene Risiko ist eine relative Gr¨oße und deswegen unabh¨angig von Alternativen nur schwer anzugeben.44 Eine relative Risikoeinsch¨atzung verlangt daher die Kenntnis von Alternativen, die im Rahmen eines within-participantsDesigns zur Verf¨ ugung gestellt werden konnten. 4.5.2. Experiment 2 Da die nat¨ urliche Verf¨ ugbarkeit spezifischer Assoziationen mit bestimmten Finanzinstrumenten, auf die sich die Hypothesen H1b und H1c beziehen, nicht direkt beobachtet werden kann, wurde der Untersuchungsaufbau in einem zweiten Experiment leicht angepasst. Dazu wurde zu Beginn des Experiments die Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen entweder mit Derivaten oder Konsumentenkrediten manipuliert, so dass sich f¨ ur Experiment zwei ein 4×2×2 Aufbau ergibt. Einem Teil der Teilnehmer wurde ein bekanntes Interview mit Warren Buffett aus dem Fortune Magazine vorgelegt, dem anderen Teil ein Beitrag von Larry Summers in der Financial Times.45 Warren Buffett dramatisiert in dem Interview die Gefahren, die von Finanzderivaten im Allgemeinen und Hedgefonds im Speziellen f¨ ur den Kapitalmarkt ausgehen. Dieser Artikel sollte die Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen mit Finanzderivaten erh¨ohen. Larry Summers beschreibt die Kreditkrise in den USA und prognostiziert drastische weitere Abschreibungen auf Hypothekenkredite sowie eine Ausweitung der Krise auf andere Kreditsegmente. Hierdurch wurde eine h¨ohere Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen mit Krediten angestrebt. Zur Sicherstellung einer erfolgreichen Manipulation wurden den Teilnehmern vor Beginn des eigentlichen Experiments je vier inhaltliche Fragen zu ihrem Artikel gestellt und ihre Ergebnisse nur dann ber¨ ucksichtigt, wenn mindestens drei der Fragen richtig beantwortet wurden. Dies f¨ uhrte zur Eliminierung von 20 Beobachtungen aus der Stichprobe. 4.5.3. Teilnehmer Teilnehmer waren 302 (Experiment 1) bzw 129 (Experiment 2) Studenten aus den betriebswirtschaftlichen Fakult¨aten dreier deutscher Universit¨aten. Um die Reaktionen nicht berufsm¨aßiger aber in Grundz¨ ugen sachverst¨andiger Investoren abzubilden, waren alle 44 45
Vgl. Koonce et al. (2005a) und Hsee (1996). Warren Buffett ist Chairman of the Board des Investmentunternehmens Berkshire Hathaway und einer der erfolgreichsten Investoren der vergangenen 40 Jahre, vgl. http://www.berkshirehathaway.com. Larry Summers ist Nationaler Wirtschaftsberater des derzeitigen amerikanischen Pr¨ asidenten Barrack Obama. Davor war er Pr¨ asident der Universit¨ at von Harvard, US-Finanzminister und Chef¨ okonom der Weltbank, vgl. http://www.whitehouse.gov/administration/eop/nec/chair.
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4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
Teilnehmer Studenten des Hauptstudium in wirtschaftswissenschaftlichen Studieng¨angen. Zweifel an der Eignung von Studenten zur Darstellung bestimmter Gruppen von Entscheidern beruhen in der Regel auf der Frage, ob sie in vergleichbaren Situationen tats¨achlich ein ¨ahnliches Entscheidungsverhalten zeigen w¨ urden.46 Libby & Luft (1993) und Libby et al. (2002) stellen dazu heraus, dass das Entscheidungsverhalten von den F¨ahigkeiten des Entscheiders und dessen entscheidungsrelevantem Wissen abh¨angt. Im vorliegenden Experiment bezieht sich F¨ahigkeit auf das Verm¨ogen der Studenten, entscheidungsrelevante Informationen zu akquirieren und zu verarbeiten.47 Vorhandene Studien bieten Belege daf¨ ur, dass fortgeschrittene Studenten Informationen tats¨achlich in ¨ahnlicher Weise aufnehmen und verarbeiten wie Investoren. Northcraft & Neale (1987) zeigen zum Beispiel, dass sowohl Studenten als auch Experten in Bewertungsentscheidungen Ankereffekten unterliegen. Von Whitecotton (1996) stammen Belege daf¨ ur, dass fortgeschrittene Studenten zum Zwecke von Wahrscheinlichkeitsurteilen Informationen ¨ahnlich wie Finanzanalysten verarbeiten, wenn auch weniger effizient. Speziell ihre F¨ahigkeit diagnostische von nichtdiagnostischer Information zu unterscheiden glich der von Analysten st¨arker als der von Grundstudiumsstudenten. Elliott et al. (2007) schließlich zeigen, dass Studenten zumindest in Experimenten geringer Komplexit¨at geeignete Substitute f¨ ur Investoren darstellen.48 Das vorliegende Experiment gleicht den soeben pr¨asentierten Studien insofern, als es die Anf¨alligkeit der Wahrnehmung von Finanzinformationen f¨ ur Verf¨ ugbarkeitseffekte untersucht. Da diese Effekte in der menschlichen Wahrnehmung begr¨ undet liegen,49 sollte er bei Studenten wie auch Investoren auftreten. Dar¨ uber hinaus zeichnet sich das Experiment durch eine geringe Komplexit¨at aus, da die Teilnehmer auf Basis weniger und u ¨berschaubar strukturierter Informationen entscheiden sollten und die Entscheidung nur weniger Argumentationsschritte bedurfte. Mit Bezug auf entscheidungsrelevantes Wissen verlangen die hier durchgef¨ uhrten Experimente lediglich Basiswissen bez¨ uglich internationaler Rechnungslegungsregeln und ein grundlegendes Wissen u ¨ber Finanzinstrumente. Dies wird als gegeben angesehen, da die Teilnehmer, wie die abschließende Befragung ergab, im Hauptstudium bereits zumindest einf¨ uhrende Bilanzierungs- und Finanzierungsvorlesungen absolviert haben. Demnach hatten alle Teilnehmer mindestens eine Finanzierungsveranstaltung (im Durchschnitt 1.79 in Experiment 1 und 2.16 in Experiment 2), sowie mindestens zwei Bilanzierungsvorlesungen (im Durchschnitt 2.76 in Experiment 1 und 2.93 in Experiment 2) geh¨ort. Nur 37.97% (42.42%) hatten dagegen eigene Erfahrungen mit Kapitalmarktinve46
Vgl. Vgl. Vgl. 49 Vgl. 47 48
Peecher & Solomon (2001). Elliott et al. (2007). auch Kadous et al. (2006) und Harper et al. (1987). Abschnitt 4.1.
4.6. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen
85
stitionen. Experiment 1 wurde an drei deutschen o¨ffentlichen Universit¨aten durchgef¨ uhrt, Experiment 2 lediglich an der Universit¨at Mannheim. Damit sollten Einfl¨ usse eines speziellen Studienplans auf das entscheidunsgrelevante Wissen kontrollieren und Studenten in verschiedenen Phasen ihres Hauptstudiums ber¨ ucksichtigt werden.
4.6. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 4.6.1. Risikowahrnehmung in Abh¨ angigkeit vom Informationsset (H1a und H2a) Die Hypothesen H1a und H2a werden f¨ ur die Auswertung des Experiments folgendermaßen operationalisiert:50 H1a: Die Verteilungen der R¨ange der zu beurteilenden Unternehmen A bis D unterscheiden sich voneinander. H2a: Die Verteilungen der R¨ange pro zu beurteilendem Unternehmen unterscheiden sich vor und nach Offenlegung zus¨atzlicher Angaben u ¨ber den Typ der bilanzierten Finanzinstrumente. Im ersten Teil von Experiment 1 sch¨atzten die Teilnehmer das Risiko lediglich auf Basis der vorgelegten Bilanzen ein. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Einordnung in verschiedene Bewertungskategorien und deren Offenlegung in der Bilanz die Gleichheit der bilanzierenden Unternehmen verschleiert und zu unterschiedlichen Risikoeinsch¨atzungen f¨ uhrt. Wie Tabelle 4.1 zeigt, werden Unternehmen B, welches die Fair-Value-Kategorie ausweist (Durchschnittsrang 2.26) und Unternehmen D, mit der Kategorie ’L&R’ (Durchschnittsrang 2.19), als riskanteste Anlagen angesehen. Unternehmen C mit der Kategorie ’AFS’ wird als durchschnittlich riskante Alternative wahrgenommen. Unternehmen A mit der Kategorie ’HFT’ und der, bedingt durch die Off balance-Bewertung des Derivats besten Eigenkapitalquote, wird als am wenigsten riskante Alternative eingesch¨atzt. Alle Unterschiede zwischen den durchschnittlichen R¨angen, außer der zwischen dem Durchschnittsrang von B und D, erweisen sich in linearen Kontrasttests51 als signifikant auf dem 1% Niveau (siehe Tabelle 4.1). Die Nullhypothese zu H1a wird daher abgelehnt. 50 51
Angegeben sind die Alternativhypothesen. Statistisch getestet werden jeweils die Nullhypothesen, dass kein entsprechender Effekt vorliegt. Lineare Kontrasttests werden verwendet, um das steigende Risiko falsch positiver Testergebnisse bei multiplen Tests innerhalb einer Stichprobe zu ber¨ ucksichtigen. Sie stellen sicher, dass ein multiples Signifikanzniveau eingehalten wird, vgl. Sachs & Hedderich (2006, S. 428ff.).
86
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
Kategorie ∅ Rang (StAbw)
HFT 2.96 (1.27)
HFT
-
FV
ohne Anhangangaben FV AFS L&R 2.26 2.59 2.19 (.88) (.87) (1.02) -8.37∗∗∗
-4.50∗∗∗
-9.30∗∗∗
-
3.88∗∗∗
ns
-
-4.80∗∗∗
AFS L&R
HFT 2.64 (1.32) -
mit Anhangangaben FV AFS L&R 2.49 2.6 2.27 (.89) (.88) (1.07) ns
ns
-4.13∗∗∗
-
ns
-2.41∗
-
-3.67∗∗∗
-
-
Tabelle 4.1 zeigt die Resultate von Experiment 1, welches untersucht, wie die Teilnehmer das Risiko von Anlagealternativen einsch¨ atzen, die sich nur in der Wahl der Bewertungskategorie f¨ ur eine Finanzanalage unterscheiden. (Rang 1 = h¨ ochstes Risiko, Rang 4 = niedrigstes Risiko). Die Tabelle enth¨ alt die resultierenden t-Werte multipler linearer Kontrasttests (Lineare Kontraste nach Tuckey-Kramer). Signifikante Unterschiede der beobachteten Verteilungen der R¨ ange mit einer verbleibenden Fehlerwahrscheinlichkeit von 10%, 5% und 1% werden mit ∗ , ∗∗ und ∗∗∗ gekennzeichnet. Nicht signifikante Differenzen werden durch ’ns’ angezeigt.
Tabelle 4.1.: Unterschiede im wahrgenommenen Risiko der Bilanzkategorien
2.9
Durchschnittsrang
2.8 2.7 HFT 2.6 2.5
FV
2.4 2.3
ohne Anhang
mit Anhang Informationsset
Abbildung 4.2.: Interaktion von Kategorie und Informationsmenge
4.6. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen
87
Nachdem die Teilnehmer in zweiten Teil zus¨atzliche Anhangangaben erhalten haben, verringert sich die maximale Differenz zwischen den Durchschnittsr¨angen von 0.77 auf 0.37. Wie Tabelle 4.1 zeigt, bleibt die Reihenfolge der Durchschnittsr¨ange jedoch unver¨andert. Paarweise Vergleiche mittels linearer Kontrasttests, aufgef¨ uhrt in im rechten Teil von Tabelle 4.1, zeigen, dass sich zumindest das Risiko von Unternehmen D weiterhin signifikant vom wahrgenommenen Risiko der anderen Unternehmen unterscheidet. Da die Summe der zu verteilenden R¨ange pro Teilnehmer konstant ist (ipsative Daten), lassen sich keine Aussagen u ¨ber die Risikowahrnehmung auf individueller Ebene machen. Aus den Unterschieden auf Ebene der Stichprobe aber l¨asst sich auch bei vorsichtiger Interpretation52 der Schluss ziehen, dass das von IFRS 7 und IAS 39 einger¨aumte Wahlrecht, Finanzinstrumente in der Bilanz anhand ihrer Bewertungskategorien auszuweisen, den Investoren nicht erlaubt, ¨okonomische Identit¨at trotz unterschiedlicher Bewertungskategorien zu erkennen. Zus¨atzliche Informationen anhand von Anhangangaben k¨onnen den Effekt der Bewertungskategorien verringern, wenn auch nicht ganz unterdr¨ ucken. Betrachtet man den Effekt der Anhangangaben auf die vergebenen R¨ange, so zeigt sich, dass sich nur die R¨ange der Kategorien ’HFT’ und ’FV’ signifikant ¨andern (p < .001, siehe Abbildung 4.2). Eine ausf¨ uhrliche Diskussion, worin diese Beobachtung begr¨ undet sein k¨onnte, ist in Abschnitt 4.6.3 zu finden. Neben dieser allgemeinen Analyse der Ergebnisse lohnt ein Blick auf den Effekt, den die Anhangangaben auf die einzelnen Kategorien aus¨ uben. Panel A in Tabelle 4.1 zeigt, wie sich die Durchschnittsr¨ange der einzelnen Unternehmen zwischen dem ersten und zweiten Teil des Experiments unterscheiden. Die Anhangangaben in Bezug auf die manipulierte Bilanzposition offenbaren, dass Unternehmen A Derivate h¨alt und die anderen Unternehmen keine Derivate halten. Nach Offenlegung dieser Information ver¨andern sich jedoch lediglich die Durchschnittsr¨ange von Unternehmen A und Unternehmen B signifikant (jeweils p < .001). Damit wird die Nullhypothese zu H2a abgelehnt. A wird nach Anhangangaben riskanter wahrgenommen und B weniger riskant. Dieser Anpassung des Risikos k¨onnte entweder durch die, bei jeweils gegenteiligen Erwartungen, u ¨berraschende Information hervorgerufen werden, dass A in Derivate investiert hat oder das B u ¨berraschenderweise ¨ keine Derivate h¨alt. In jedem Fall deutet die Anderung der Risikowahrnehmung auf einen Effekt der Bezeichnung Derivat“ hin. Dieser Effekt wird in Abschnitt 4.6.3 detaillierter ” diskutiert. Da die in Abschnitt 4.3 formulierten Hypothesen neben der Wahrnehmung von Derivaten auch die Wahrnehmung von Krediten betreffen, verdient auch die Risikobeurteilung 52
Vgl. Steenkamp et al. (2001).
88
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
von Unternehmen D, welches die Kategorie ’L&R’ ausweist, Aufmerksamkeit. Finanzinstrumente in dieser Kategorie werden zu fortgef¨ uhrten Anschaffungskosten bewertet und verursachen daher nur eine geringe Ergebnisvolatilit¨at. Dennoch wird Unternehmen D als riskantestes Unternehmen wahrgenommen und zwar unabh¨angig von der Menge an verf¨ ugbaren Informationen. Dar¨ uber hinaus f¨allt auf, dass nach der Offenlegung des Anhangs einzig Unternehmen D weiterhin als signifikant riskanteres Unternehmen beurteilt wird (Tabelle 4.1, Panel A). Eine m¨ogliche Erkl¨arung hief¨ ur b¨ote ein Verf¨ ugbarkeitseffekt, n¨amlich dass die Berichterstattung im Zuge der Kreditkrise, die Teilnehmer f¨ ur Kreditrisiken sensibilisiert, d.h. diese Risiken kognitiv verf¨ ugbar gemacht hat. Da die Krise zum Zeitpunkt der durchf¨ uhrung des Experiments noch relativ jung war, wurde ein ¨ahnlicher Effekt ¨ im Zusammenhang mit Krediten bisher nicht experimentell beobachtet. Eine Uberpr¨ ufung dieser Interpretation der Ergebnisse wird durch Experiment 2 erm¨oglicht. 4.6.2. Wahrnehmungsbasierte Erkl¨ arungen f¨ ur die Risikoeinsch¨ atzung von Finanzinstrumenten (H1b und H1c) Zur Analyse von wahrnehmungsbasierten Erkl¨arungen f¨ ur die Unterschiede im wahrgenommenen Risiko dient Experiment 2. Zun¨achst werden wieder die vorgenannten Hypothesen f¨ ur Zwecke der statistischen Auswertung konkretisiert: ugbarkeit negativer Assoziationen mit Finanzderivaten erh¨oht H1b1 : Die Erh¨ohung der Verf¨ den Rang von Unternehmen A relativ zu einer Situation, in der die Verf¨ ugbarkeit nicht manipuliert wurde (Experiment 1). ugbarkeit negativer Assoziationen mit Krediten erh¨oht den H1b2 : Die Erh¨ohung der Verf¨ Rang von Unternehmen D relativ zu einer Situation, in der die Verf¨ ugbarkeit nicht manipuliert wurde (Experiment 1). ugbarkeit negativer Assoziationen mit Finanzderivaten in H1b3 : Die Erh¨ohung der Verf¨ einer Gruppe (Buffett) und Krediten in der anderen Gruppe (Summers) erh¨oht den Rang von Unternehmen A (D) in Gruppe Buffett (Summers) relativ zu Gruppe Summers (Buffett). H1c: Die Manipulation der Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen mit Derivaten oder Krediten erh¨oht den Rang der Unternehmen, die die Kategorien ’HFT’ oder ’L&R’ ausweisen relativ zu einer Situation ohne derartige Manipulation (Experiment 1). In Bezug auf die Hypothese H1c offenbart Tabelle 4.2, dass sich die vergebenen Risikor¨ange nach Manipulation der Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen f¨ ur Derivate einerseits und Kredite andererseits, im Vergleich zu Experiment 1 (ohne entsprechende
4.6. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen
89
Manipulation) ¨andern. Konkret betrifft das die Unternehmen, die die Kategorien ’Zu Handelszwecken gehalten’ oder ’Kredite und Forderungen’ ausweisen. Die Nullhypothese zu H1c wird daher abgelehnt. Da die Assoziationen typspezifisch manipuliert werden (Derivate und Kredite) und sich nur die Beurteilung bestimmter Kategorien ¨andert, deutet dies daruf hin, dass einzelne Kategorien mit bestimmten Typen in Zusammenhang gebracht werden. In der Herleitung von H1b (Abschnitt 4.3) wurde daf¨ ur die Reur den Vergleich pr¨asentativit¨atsheuristik herangezogen. Tests der Hypothesen H1b1−3 f¨ der jeweiligen Stufen von Experiment 1 und 2 (ohne Anhangangaben) erlauben eine Validierung dieser Annahme.
∅-R¨ange (Standardabweichung) vor Anhangangaben HFT L&R
nach Anhangangaben HFT L&R
Derivatmanipulation
2.82 (1.29)
2.48∗∗ (.88)
2.13∗∗∗ (1.31)
2.67∗∗ (1.08)
Kreditmanipulation
3.19∗ (1.17)
2.18 (.91)
2.76 (1.21)
2.43 (1.11)
Differenz (p-Wert)
.0631∗
.0448∗∗
.0067∗∗∗
.0288∗∗
Tabelle 4.2 zeigt die Resultate von Experiment 2 welches untersucht, wie die Teilnehmer das Risiko von Anlagealternativen einsch¨ atzen, die sich nur in der Wahl der Bewertungskategorie f¨ ur eine Finanzanalage unterscheiden. (Rang 1 = h¨ ochstes Risiko, Rang 4 = niedrigstes Risiko). Dabei wurde die Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen mit Derivaten (Buffett) bzw. Krediten (Summers) manipuliert. Aufgef¨ uhrt sind die ∅-R¨ange und Standardabweichungen der R¨ ange f¨ ur beide Manipulationen vor und nach dem Zugang von erl¨auternden Anhangangaben nur f¨ ur die beiden Unternehmen, f¨ ur die sich signifikante Differenzen zeigen. Signifikanzindikatoren an den Durchschnittsr¨ angen zeigen signifikante Unterschiede zum entsprechenden Rang in Experiment 1, also zu einer Situation ohne Verf¨ ugbarkeitsmanipulation (Tabelle 4.1). ∗∗∗ , ∗∗ , und ∗ zeigen eine signifikante Differenzen auf 1%, 5%, und 10% Signifikanzniveau an.
Tabelle 4.2.: Verf¨ ugbarkeitseffekte Zu Handelszwecken gehaltene Finanzanlagen (H1b1 ) Teilnehmer, die mit dem Buffett-Artikel u ¨ber die potentiellen Gefahren von Finanzderivaten und den Zusammenbruch von LTCM53 als Resultat von Derivatgesch¨aften konfrontiert wurden, nahmen die Kategorie ’L&R’ als signifikant weniger riskant wahr als Teilnehmer, die nicht entsprechend manipuliert wurden (Durchschnittsrang 2.48 gegen¨ uber 2.19 in 53
LTCM Long Term Capital Management war ein US-amerikanischer Hedge-Fond, der sich 1998 mit Zinsswaps so stark verspekuliert hatte, dass dies starke Auswirkungen auf den amerikanischen Finanzmarkt hatte und zu einer staatlichen Intervention f¨ uhrte.
90
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
Experiment 1, p < .05). Das Bewusstsein von Gefahren aus Kreditgesch¨aften scheint hier durch die Verf¨ ugbarkeit der Gefahren von Derivaten u ¨berlagert zu werden. Da die Risikowahrnehmung in diesen Experimenten relativ mittels Risikor¨angen gemessen wurde und die Summe der zu verteilenden R¨ange immer 10 ergibt, bedeutet ein h¨oherer Rang f¨ ur die Kategorie ’L&R’ einen entsprechend niedrigeren Rang f¨ ur andere Kategorien. Die im Vergleich zu Experiment 1 gr¨oßte durchschnittliche Verringerung des Rangs (gr¨oßte Erh¨ohung des wahrgenommenen Risikos) erfuhr das Unternehmen, welches zu Handelszwecken gehaltene Finanzinstrumente ausgewiesen hatte. Diese Beobachtung erlaubt einerseits den Schluss, dass ’L&R’ nicht als repr¨asentativ f¨ ur Finanzderivate angesehen wird und andererseits die Vermutung, dass Kategorie ’HFT’ als repr¨asentativ f¨ ur Derivate angesehen wird. Da der Durchschnittsrang von Unternehmen A, welches die Kategorie ’HFT’ aufwies, in der Buffett-Manipulation sich nicht signifikant vom entsprechenden Rang in Experiment 1 unterscheidet, kann die Nullhypothese zu H1b1 zun¨achst nicht abgelehnt werden. Indirekte Unterst¨ utzung f¨ ur H1b liefert aber die Beobachtung, dass zumindest die ’Kredite und Forderungen’ als nicht repr¨asentativ f¨ ur ein Investment in Derivate angesehen wird. Diese Beobachtung erlaubt auch eine ausf¨ uhrlichere Diskussion der zun¨achst u ¨berraschend niedrigen Risikoeinsch¨atzung der Kategorie ’HFT’ in Experiment 1. Tabelle 4.1 zeigt, dass der Durchschnittsrang des Unternehmens mit dieser Kategorie vor Zugang von Anhangangaben h¨oher ist als der aller anderen Kategorien (p < .01) und nach Zugang der Anhangangaben immer noch h¨oher ist als der Rang des Unternehmens D mit der Kategorie ’L&R’ (p < .01). Aus dem Aufbau des Experiments lassen sich hierf¨ ur zwei m¨ogliche Ursachen ableiten. Entweder f¨ uhrt die Bezeichnung der Kategorie als ’Zu Handelzwecken gehalten’ zu einer niedrigeren Risikowahrnehmung (Label-Effekt), weil z.B. vermutet wird, dass Derivate grunds¨atzlich zu Sicherungszwecken eingesetzt werden. Oder die niedrigere Bewertung der Kategorie, verbunden mit einer c.p. niedrigeren Fremdkapitalquote und einem niedrigeren Anteil von Finanzinstrumenten an der Bilanzsumme, bedingt die bessere Risikobeurteilung. Die Ergebnisse von Experiment 2 zeigen nun, dass die Kategorie ’HFT’ genau dann als die Riskanteste wahrgenommen wird, wenn die Teilnehmer mit dem Buffett-Artikel manipuliert wurden und durch Anhangangaben erfahren haben, dass diese tats¨achlich Derivate enth¨alt (Tabelle 4.2, Panel B). Die Risikowahrnehmung von ’HFT’ kehrt sich also im Vergleich zu allen anderen Situationen komplett um, was einen Label-Effekt als Ursache f¨ ur die niedrige Risikowahrnehmung in den anderen Situationen als unwahrscheinlich erscheinen l¨asst. Damit verbleibt die Bilanzstruktur als erkl¨arender Faktor und es liegt der Schluss nahe, dass der risikoerh¨ohende Repr¨asentativit¨atseffekt von Derivaten auf die Kategorie ’HFT’ durch die Off balance-Bewertung der Derivate
4.6. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen
91
u ¨berkompensiert wird. Letztere wirkt damit einer verzerrten Risikowahrnehmung der Kategorie ’Zu Handeslzwecken gehalten’ entgegen. Kredite und Forderungen (H1b2 ) und (H1b3 ) Teilnehmer, die mit dem Summers-Artikel u ¨ber die Kreditkrise konfrontiert wurden, nehmen die Kategorie ’HFT’ als signifikant weniger riskant wahr, als die Teilnehmer in Experiment 1 (3.19 gegen¨ uber 2.96, p < .01). Die Wahrnehmung von derivatebezogenen Risiken scheint hier durch die kognitive Verf¨ ugbarkeit kreditbezogener Risiken u ¨berlagert zu werden. Da die Rangsumme u ¨ber alle Unternehmen fix ist, deutet dies wieder im Umkehrschluss auf eine h¨ohere Risikowahrnehmung bez¨ uglich des Unternehmens mit der Kategorie ’L&R’ hin. Da diese allerdings schon ohne Manipulation (Experiment 1) als riskanteste Alternative wahrgenommen wurde, lassen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Experimenten feststellen. Die Nullhpothese zu H1b2 kann daher nicht abgelehnt werden. Als indirekte Unterst¨ utzung f¨ ur die u ¨bergeordnete Hypothese H1b von Seite 79 l¨asst sich dennoch anf¨ uhren, dass zumindest die Kategorie ’HFT’ nicht als repr¨asentativ f¨ ur Kredite angesehen wird. Diese indirekte Unterst¨ utzung durch den Ausschluss bestimmter Repr¨asentativit¨aten wird dadurch best¨arkt, dass zwischen den Manipulationen in Experiment 2 und vor Zugang der Anhangangaben, also in der Situation, in der sich die Teilnehmer auf Repr¨asentativit¨atsheuristiken st¨ utzen m¨ ussen, signifikante Unterschiede in den Risikowahrnehmungen der Kategorien ’Zu Handelszwecken gehalten’ und ’Kredite und Forderungen’ in der vorhergesagten Richtung zu beobachten sind. Diese Beobachtungen, in Tabelle 4.2 zu finden, erlauben es auch, die Nullhypothese zu H1b3 abzulehnen. Interessant ist, dass auch nach Offenlegung der Anhangangaben nur diese beiden Kategorien von den Manipulationen betroffen sind und dass die gleichen Unterschiede in den R¨angen signifikant bleiben. Der indirekte Hinweis auf die Repr¨asentativit¨atsheuristik, n¨amlich der intuitive Ausschluss bestimmter Repr¨asentativit¨aten wird hierdurch, insbesondere in Bezug auf die Kategorie ’L&R’, best¨arkt. Fair Value Kategorie Neben einem Blick auf die Bewertungsketagorien ’Zu Handelszwecken gehalten’ sowie ’Kredite und Forderungen’ lohnt eine n¨ahere Betrachtung der Risikowahrnehmung der Fair-Value-Kategorie. Der Durchschnittsrang dieser Kategorie wurde durch die Manipulationen nicht ber¨ uhrt. Es f¨allt jedoch auf, dass das Risiko dieser Kategorie u ¨ber beide Experimente hinweg als recht hoch wahrgenommen wird. Die R¨ange von ’FV’ f¨ ur Experiment 2 sind nicht in Tabelle 4.2 aufgef¨ uhrt, die Kategorie wurde jedoch u ¨ber alle Messungen mindestens als zweitriskanteste Alternative wahrgenommen. Eine Fair Value
92
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
Bewertung scheint von den Teilnehmern unabh¨angig von den zugrundeliegenden Finanzinstrumenten als Risikofaktor betrachtet zu werden. Dies spricht zun¨achst einmal nicht gegen die allgemeine Hypothese H1c (Abschnitt 4.3), dass eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert negative Assoziationen ausl¨ost. Ein Test dieser Hypothese ist aber auf Basis der vorliegenden Experimente nicht m¨oglich. So l¨asst sich nur vermuten, dass solche negativen Assoziationen durch die Debatte u unde der Kreditkrise ¨ber die wirtschaftlichen Gr¨ kognitiv hoch verf¨ ugbar sind.54 4.6.3. Der Einfluss von Investorenmerkmalen auf die Risikowahrnehmung (H2b) Modell Die Ergebnisse aus Experiment 1 zeigen, dass die Offenlegung zus¨atzlicher Anhangangaben sowohl die Risikowahrnehmung von Unternehmen A, welches Kategorie ’HFT’ ausweist, als auch die von Unternehmen B (Fair-Value-Kategorie) beeinflusst. W¨ahrend die Kategorie ’HFT’ nach dem Zugang der Anhangangaben u ¨ber eine Investition in Derivate signifikant riskanter bewertet wird, sinkt die Risikowahrnehmung der Kategorie ’FV’ signifikant, nachdem offenbart wird, dass B lediglich origin¨are Finanzinstrumente h¨alt. Diese gegenl¨aufigen Effekte visualisiert Abbildung 4.2 in einem Interaktionsplot. In der Analyse der Risikowahrnehmung vor Anhangangaben f¨allt auf, dass die Verteilung der R¨ange f¨ ur Unternehmen A U-f¨ormig ist (siehe Abbildung 4.3). Die u ¨berwiegende Mehrzahl der Teilnehmer ¨außerte also eine extreme, d.h., sehr hohe oder sehr niedrige, Risikowahrnehmung bez¨ uglich Unternehmen A. Die Verteilung der R¨ange bleibt auch nach Anhangangaben U-f¨ormig (siehe Abbildung 4.4). W¨ahrend jedoch die Anzahl der Teilnehmer, welche Unternehmen A ein extremes Risiko bescheinigen, nahezu unver¨andert bleibt (235 in Runde 1 vs. 221 in Runde 2), wird Unternehmen A nach Offenlegung des Anhangs von deutlich mehr Teilnehmern als riskanteste und von deutlich weniger Teilnehmer als am wenigsten riskante Alternative wahrgenommen.55 Die weiterhin hohe Anzahl von Teilnehmern, welche Unternehmen A das geringste Risiko zuspricht, erkl¨art sich entweder aus einer h¨oheren Gewichtung der Off balance-Bewertung von Derivaten in ihrer Wahrnehmung oder aus ¨ dem Uberwiegen von Versicherungsaspekten im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Derivaten. Wie in Abschnitt 4.4 postuliert wurde, sollte ein Teil dieser Variation mit der Heterogenit¨at der Teilnehmer in Bezug auf pers¨onliche Erfahrungen und Eigenschaften zu 54 55
Vgl. Greenlaw et al. (2008) und Ryan (2008). Ein χ2 -Test zeigt, dass die R¨ ange von A nicht gleichverteilt sind und sich die Verteilungen vor und nach Offenlegung der Anhangangaben signifikant voneinander unterscheiden (p < .001).
4.6. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen
Abbildung 4.3.: Verteilungen der R¨ange ohne Anhangangaben
Abbildung 4.4.: Verteilungen der R¨ange nach Anhangangaben
93
94
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
erkl¨aren sein. Diejenigen Teilnehmer, die dem allgemeinen Risiko von Finanzderivaten ein h¨oheres Gewicht beimessen als der vorteilhaften Kapitalstruktur, die sich aus der Off balance-Bewertung von Derivaten ergibt, und die die Kategorie ’HFT’ urspr¨ unglich nicht als repr¨asentativ f¨ ur ein Investment in Finanzderivate angesehen haben, werden ihre Risikoeinsch¨atzungen ¨andern, sobald ihnen durch den Anhang die Information zugeht, dass unter dieser Kategorie Derivate bilanziert werden. Das Gewicht, welches die Investoren dem jeweiligen Aspekt (allgemeines Risiko von Derivaten vs. Off balance-Bewertung) zuweisen, ist eine Funktion ihrer jeweiligen Risikowahrnehmung. Diese wird auch durch psychologische Risikofaktoren bestimmt (siehe Abschnitt 4.4) und k¨onnte daher von den Eigenschaften der Entscheider, wie bspw. deren individueller Erfahrung mit Kapitalmarkufen, wird der Effekt der tinvestitionen, abh¨angen.56 Um diesen Zusammenhang zu u ¨berpr¨ zus¨atzlichen Anhangangaben auf den Rang des Unternehmens A mit einer Bin¨arvariable, Aswitch, erfasst. Diese ber¨ ucksichtigt alle Beobachtungen aus Experiment 1, in denen Unternehmen A in der ersten Runde mit dem niedrigsten Risiko (h¨ochster Rang) versehen wurde. Sie nimmt den Wert 1 an, wenn sich der Rang von Unternehmen A nach Zugang der Anhangangaben um mindestens 2 verringert hat, d.h. wenn das wahrgenommene Risiko signifikant gestiegen ist. Ansonsten nimmt sie den Wert 0 an. In Bezug auf die Histogramme in den Abbildungen 4.3 und 4.4 bildet Aswitch die Verlagerung von Beobachtungen von der rechten Seite des Histogramms A auf die linke Seite ab. Mittels Regression wird dann der Einfluss individueller Investitionserfahrung auf die Wahrscheinlichkeit einer Erh¨ohung des wahrgenommen Risikos infolge der Anhangangaben (P rob(Aswitch = 1)) untersucht. Dazu werden Angaben genutzt, die mit offenen Fragestellung vor dem Experiment und mittels Fragebogen nach Abschluss des Experiments erhoben wurden. Die interessierende erkl¨arende Variable stellt hierbei die individuelle Investitionserfahrung, Exper, dar. Außerdem wurden eine Reihe von Kontrollvariablen erhoben, deren Zusammensetzung sich in den untersuchten Regressionsmodellen I und II unterscheidet. Diese Kontrollvariabeln sind in Tabelle 4.3 zusammengefasst. Dernhft ist eine bin¨are Variable, mit der auf Heterogenit¨at bez¨ uglich des Bilanzierungswissens der Teilnehmer kontrolliert wird. Sie nimmt den Wert 1 an, wenn der Teilnehmer in der offenen Fragestellung zu Beginn des Experiments einer anderen Kategorie als ’HFT’ Finanzderivate zugeordnet hat, ansonsten den Wert 0. Alle anderen Kontrollvariablen wurden nach dem Experiment abgefragt. Da die Verf¨ ugbarkeit von Assoziationen mit bestimmten Finanzinstrumenten nach Abschnitt 4.3 auch von der Medienpr¨asenz dieser Instrumente abh¨angt und diese Verf¨ ugbar56
Erfahrung“ w¨ urde einen Aspekt der von Slovic (1987) identifizierten Risikodimension Unknown abbil” den.
4.6. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen
95
keit in Experiment 1 nicht manipuliert wurde, muss auch deren Variation im Teilnehmerfeld kontrolliert werden. Dazu wurden die Teilnehmer gefragt, wie leicht es ihnen f¨allt, Beispiele f¨ ur negative bzw. positive Berichterstattungen u ¨ber Derivate zu finden. Daraus wurden dann die Variablen Medianeg und Mediarel generiert, wobei Medianeg die absolute Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen mit Derivaten abbildet und Mediarel die relative Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen (relativ zur Verf¨ ugbarkeit entsprechender positiver Assoziationen). Medianeg wird in Modell I und Mediarel in Modell II verwendet. Desweiteren verwendet Modell II die Variablen Confjudg und Trustfr. Erstere dr¨ uckt aus, wie sicher sich die Teilnehmer ihrer Entscheidungen im Experiment waren. Trustfr misst, f¨ ur wie geeignet die Teilnehmer Jahresabschlussdaten zur Risikobeurteilung halten. Mit diesen beiden Variablen soll die individuelle Unsicherheit der Teilnehmer bez¨ uglich der gestellten Aufgabe im Experiment kontrolliert werden.
Variable Aswitch Exper Dernhft Medianeg Mediarel Confjudg Trustfr
∅
StdAbw
Minimum
Maximum
0.2601 0.3797 0.3311 39.9385 20.2025 23.5226 45.7850
0.4400 0.4862 0.4722 40.6076 38.4222 20.7310 23.3233
0 0 0 0 -100 0 0
1 1 1 100 100 100 100
Definition der Variablen:
Aswitch Exper Dernhft Medianeg Mediarel Confjudg Trustfr
1 wenn Rang von Unternehmen A (mit Anhangangaben) - Rang von Unternehmen A (ohne Anhang) ≥ 2; sonst 0 1 wenn Teilnehmer angibt, professionelle Erfahrung mit Investitionsentscheidungen zu haben; sonst 0 1 wenn Teilnehmer eine andere Kategorie als HFT mit der Bilanzierung von Finanzderivaten assoziiert; sonst 0 Leichtigkeit, mit der sich Teilnehmer einer negativen Berichterstattung u ¨ber Derivate erinnern kann (0 u ¨berhaupt nicht leicht; 100 sehr leicht) Differenz zwischen der Leichtigkeit, sich einer neagtiven und einer positiven Berichterstattung u ¨ber Derivate zu erinnern Vertrauen der Teilnehmer in die eigenen Entscheidungen w¨ ahrend des Experiments (0 kein Vertrauen; 100 vollst¨ andiges Vertrauen) Eignung von Jahresabschl¨ ussen zur Risikobeurteilung (0 ungeeignet; 100 vollst¨ andig geeignet)
Tabelle 4.3.: Bin¨ares Regressionsmodell - Deskriptive Statistiken
96
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten Eine erste Intuition u ultigkeit der Annahme bez¨ uglich des Zusammenhangs ¨ber die G¨
von Aswitch mit der erkl¨arenden Variable bietet Tabelle 4.4. Die dort gezeigten Spearman-Korrelationskoeffizienten zeigen statistisch signifikante Korrelationen zwischen Aswitch und Exper, Medianeg sowie Mediarel. Es gibt keine Kollinearit¨at zwischen den unabh¨angigen Variablen, außer zwischen Medianeg und Mediarel, was durch deren Konstruktion bedingt ist.
(1) Exper (2) Dernhft (3) Medianeg (4) Mediarel (5) Confjudg (6) Trustfr
Aswitch
(1)
0.2527 (0.0362) 0.1830 (0.1323) 0.2907 (0.0154) 0.2607 (0.0305) -0.1781 (0.1433) 0.0574 (0.6393)
1.0000 -0.0089 (0.9421) -0.0625 (0.6098) -0.0837 (0.49439 -0.0759 (0.53559 -0.0934 (0.4452)
(2)
(3)
(4)
(5)
1.0000 0.1892 (0.1194) 0.0855 (0.4850) 0.1604 (0.1880) -0.1099 (0.3685)
1.0000 0.7977 (0.0000) 0.0426 (0.7282) -0.2009 (0.0979)
1.0000 -0.1175 (0.3364) -0.1228 (0.3147)
1.0000 0.1440 (0.2377)
Angegeben sind Spearman-Korrelationskoeffizienten. Dies ber¨ ucksichtigen, dass einige Variablen (Aswitch, Dernhft) per Definition nicht normalverteilt sind. In Klammern sind die p-Werte angegeben. F¨ ur eine Beschreibung der Variablen siehe Tabelle 4.3.
Tabelle 4.4.: Bin¨ares Regressionsmodell - Korrelationsmatrix Modellergebnisse Die Ergebnisse der beiden Regressionsmodelle sind in Tabelle 4.5 aufgef¨ uhrt. H2b fokussierte auf die Investitionserfahrung als erkl¨arende Variable. Die Regressionsergebnisse zeigen, dass der positive Koeffizient von Exper in beiden Modellen signifikant von null verschieden ist (5% Niveau in Modell I und 1% Niveau in Modell II). Die Regressio¨ nen zeigen also robuste Evidenz, dass die Anderung der Risikowahrnehmung aufgrund zus¨atzlicher Informationen mit der Investitionserfahrung zusammenh¨angt. Die Nullhypothese zu H2b wird daher abgelehnt. Da sich die Koeffizienten einer bin¨aren Regression nicht unmittelbar als Maß f¨ ur den Einfluss der unabh¨angigen auf die abh¨angige Variable interpretieren lassen, wird auf die erste Ableitung zur¨ uckgegriffen (in der Tabelle 4.5 mit (+) gekennzeichnet). Die auf diese Weise ermittelten Ergebnisse lassen sich so interpretieren, dass professionelle Erfahrung mit Kapitalmarktinvestitionen die Wahrscheinlichkeit
4.7. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
97
f¨ ur eine signifikante Erh¨ohung des wahrgenommenen Risikos nach Zugang der Anhangangaben um ca. 25-30% erh¨oht, wenn alle anderen Variablen auf ihren Durchschnittswert gesetzt werden. Investitionserfahrung wird also von einer gr¨oßeren Sensitivit¨at bez¨ uglich der Bezeichnung Derivate“ begleitet. Dies steht in Einklang mit den psychologischen ” Risikofaktoren, da mehr Erfahrung auch mehr Wissen u ¨ber die spezifischen Risiken derivativer Finanzinstrumente mit sich bringt. Die Kontrollvariablen Medianeg und deuten darauf hin, dass eine h¨ohere Verf¨ ugbarkeit negativer Assoziationen (absolut oder relativ) die Wahrscheinlichkeit einer starken Reaktion auf die Anhangangaben erh¨oht. Auch dies entspricht den Vorhersagen der psychologischen Risikoforschung und unterstreicht die Ergebnisse aus Experiment 2. Auch ohne Manipulation ist die Medienpr¨asenz von Finanzderivaten ein starker Faktor bez¨ uglich der Sensitivit¨at der Risikowahrnehmung f¨ ur die Investition in finanzielle Derivate. Die anderen Kontrollvariablen sind nicht signifikant.
4.7. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse In der vorliegenden Untersuchung wurden Unternehmen, die ihre Finanzinstrumente in die unterschiedlichen Bewertungskategorien des IAS 39 einordneten, trotz gleicher o¨konomischer Grundlage als unterschiedlich riskant wahrgenommen, sofern den Investoren nur die Bilanz mit den Kategorien als Informationsinstrument zur Verf¨ ugung stand. Trotz der Gew¨ahrung zus¨atzlicher Informationen mittels Anhangangaben wurde auch im zweiten Teil des ersten Experiments die Kategorie ’L&R’ als riskanter wahrgenommen als die anderen Kategorien. Die ¨okonomische Identit¨at der Unternehmen wurde also auch dann nicht vollst¨andig erkannt, wenn der Typ der bilanzierten Finanzinstrumente offengelegt wurde. Die Wahrnehmung einiger Teilnehmer bez¨ uglich der Kategorie ’Zu Handelszwecken gehaltene Finanzinstrumente’ ¨anderte sich jedoch drastisch von einer Einstufung als Anlage mit dem geringsten Risiko hin zu einer Einstufung als riskanteste Anlage. Diese Ergebnisse ließen sich unter R¨ uckgriff auf die Repr¨asentativit¨atsheuristik und auf Verf¨ ugbarkeitseffekte erk¨aren. In Abwesenheit genauer Informationen u ¨ber die bilanzierten Finanzinstrumente bilden die Investoren Vorstellungen dar¨ uber, f¨ ur welchen Typ von Instrumenten die Bewertungskategorien repr¨asentativ sein k¨onnten und beurteilen das Risiko des bilanzierenden Unternehmens auf Basis dieser Einsch¨atzung. Dabei wird ihr Urteil von Assoziationen bez¨ uglich der vermuteten Finanzinstrumente beeinflusst. Wird die Unsicherheit u ¨ber den Typ der Instrumente aufgel¨ost, h¨angt ihre Einsch¨atzung dagegen von Assoziationen mit den tats¨achlich gehaltenen Kontrakten ab. Die Studie hat gezeigt, dass das Wahlrecht des IFRS 7 zur Verwendung der Bewertungs-
98
4. Verzerrte Informationswahrnehmung der Bilanzadressaten
Abh¨angige Variable
Aswitch
Modell N
I 70
Testvariablen Experb Kontrollvariablen Dernhftb Medianeg Mediarel Confjudg Trustfr Constant ln L % korrekt vorhergesagt χ2 (p-Wert)
II 69
(#)
(+)
(#)
(+)
.7970∗∗ (.3504)
.2592
1.0149∗∗∗ (.3954)
.3236
.4290 (.3532) .0103 (.0042) -1.6233 (.3765)
.1405
.8647 (.3897) .0102 (.0047) -.0209 (.0119) .0164 (.0094) -1.9370 (.6831)
.2815
.0033 -
-35.39 72.86 12.97 (< .01)
.0032 -.0064 .0051 -
-32.85 76.81 17.37 (< .01)
(#) Angegeben sind die Koeffizienten der Probitregression mit Standardfehler in Klammern. ∗∗∗ , ∗∗ , und ∗ kennzeichnen signifikant von Null verschiedene Koeffizienten auf einem Signifikanzniveau von 1%, 5% und 10%. (+) dy/dx wird am Durchschnitt der unabh¨ angigen Variablen bestimmt. F¨ ur Bin¨ arvariablen, die in der Tabelle mit b markiert sind, entspricht dy/dx der Differenz der Wahrscheinlichkeiten P (y = 1|x = 0) und P (y = 1|x = 1). y entspr¨ ache hier Aswitch.
Tabelle 4.5.: Bin¨ares Regressionsmodell - Ergebnisse kategorien aus IAS 39 f¨ ur die Bezeichnung der Bilanzpositionen das Potential hat, die Risikowahrnehmung nicht-professioneller Investoren zu beeinflussen. Die Beeinflussung l¨asst sich zwar durch zus¨atzliche Anhangangaben teilweise neutralisieren, da in der Vergangenheit aber gezeigt wurde, dass Anhangangaben gerade von nicht-professionellen Investoren deutlich weniger Aufmerksamkeit erfahren als Bilanzgr¨oßen57 ist davon auszugehen, dass dieser Effekt die Entscheidungsn¨ utzlichkeit von Konzernabschl¨ ussen nach IFRS beein57
Vgl. Hodge et al. (2004) und Harper et al. (1987).
4.7. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
99
tr¨achtigt. Ungeachtet eventueller Anreize, dies auch bilanzpolitisch auszunutzen, kann die Informationsfunktion des Konzernabschlusses also durch Effekte beeintr¨achtigt werden, die im Prozess der Wahrnehmung von Informationen durch die Informationsadressaten begr¨ undet sind.
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨ arer Governance Mechanismus In Kapitel 1 wurde Corporate Governance als die Gesamtheit aller Mechanismen eingef¨ uhrt, die dazu dienen, opportunistisches Verhalten aufgrund unvollst¨andiger Vetr¨age ¨ zu beschr¨anken (S. 7). Einen Uberblick u ¨ber diese Mechanismen, externe wie interne, bot Abbildung 1.2. Die Kapitel 2, 3 und 4 diskutierten auf Basis einer Konzernrechnungslegung nach IFRS einen zentralen externen CG Mechanismus, den Konzernabschluss, unter dem Blickwinkel seiner Wirksamkeit als Informationsinstrument f¨ ur externe Kapitalgeber. Wie sich zeigte, kann seine Wirksamkeit durch Bilanzpolitik seitens des bilanzierenden Managements, beschr¨ankte Rationalit¨at der Kapitalgeber als Abschlussadressaten oder fehlende Diagnostizit¨at der vermittelten Daten eingeschr¨ankt sein. Daraus folgt die Notwendigkeit mehrerer ineinander greifenender Corporate Governance Instrumente. Als ein zur Informationsvermittlung per Finanzberichterstattung komplement¨ares CorporateGovernance-Instrument wird in diesem Kapitel institutionelle Kontrolle des Managements im Auftrag der Anteilseigner analysiert. Der Aufsichtsrat ist ein Gesellschaftsorgen, welches in Deutschland seit der 1. Aktienrechtsnovelle des ADHGB (Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch) vom 11. Juni 1870 f¨ ur Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien vorgeschrieben ur Genossenschaften war ein Aufsichtsrat fakultativ vorgesehen. Meyers Konversaist.1 F¨ tionslexikon aus dem Jahr 1874 liefert allerdings einen Hinweis darauf, dass Aufsichtsr¨ate auch ohne rechtliche Verpflichtung u ¨blich waren und somit einen Marktmechanismus zur L¨osung von Corporate Governance Problemen darstellen. Dort heißt es, dass Aufsichtsr¨ate ... ein den Aktiengesellschaften und Aktienkommanditgesellschaften durch das Gesetz ” vorgeschriebenes, bei den eingetragenen Genossenschaften zul¨assiges und stets vorhandenes Gesellschaftsorgan...“[eigene Hervorhebung] darstellen.2 Zu dieser Ansicht gelangen auch Hermalin & Weisbach (2003) unter Verweis auf die weltweite Verbreitung von ¨ Aufsichtsr¨aten oder ¨ahnlichen Uberwachungsorganen (z.B. die nicht gesch¨aftsf¨ uhrenden Mitgleider eines Boards of Directors) u ¨ber verschiedene Unternehmenstypen und ihre Dauerhaftigkeit in der Unternehmenspraxis. Trotz ihrer langen Geschichte gibt es jedoch 1 2
Vgl. Lieder (2006, S. 93). Meyer (1874, S. 184).
102
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
keine abschließende Theorie, die die Existenz von Aufsichtsr¨aten endogen erkl¨art. Fama & Jensen (1983) f¨ uhren Effizienzgewinne in der Organisation offener und komplexer Unternehmen als einen Grund f¨ ur die Herausbildung von Kontrollorganen an.3 Ein Beispiel f¨ ur mangelnde Kontrolleffizienz in offenen Unternehmen b¨ote das Versagen individueller Aufsicht in großen Publikumsgesellschaften. Da der Nutzen der individuellen Managementkontrolle allen Anteilseignern zugute kommt, die Kosten aber individuell getragen werden m¨ ussen, kommt es in Publikumsgesellschaften zu einer suboptimalen Beaufsichtigung der Unternehmensf¨ uhrung durch die Aktion¨are, obwohl der zu erwartende Nutzen die Kosten insgesamt u ¨berschreitet.4 Eine L¨osungsm¨oglichkeit b¨oten sogenannte große“ ” Anteilseigner, deren Anteil am Nutzen der Aufsicht groß genug ist, um die individuellen Kosten zu rechtfertigen.5 Ebenso w¨are es m¨oglich, diese individuelle Kostenbeschr¨ankung aufzuheben, indem einzelne Aktion¨are f¨ ur ihre Aufsichtst¨atigkeit aus Unternehmensmitteln verg¨ utet w¨ urden. Dies w¨ urde bereits in einem aufsichtsrats¨ahnlichen Kontrollorgan resultieren. Ein weiterer Erkl¨arungsansatz f¨ ur die Existenz von Aufsichtsr¨aten argumentiert, dass durch große Kontrollorgane die f¨ ur opportunistisches Verhalten notwendigen Seitenzahlungen eskalieren und so prohibitiv wirken.6 Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird im vorliegenden Kapitel die Existenz von Aufsichtsr¨aten als exogen gegeben angenommen. Aus dem institutionellen Rahmen deutscher Kapitalgesellschaften wird in der folgenden Untersuchung erstmals das vollst¨andige Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten, welches ¨ die Auswahl und Bestellung geeigneter Vorst¨ande sowie deren Uberwachung umfasst, in einem Modell dargestellt, um anschliessend analytisch zu untersuchen, ob die Eigenkapitalgeber des Unternehmens von einer unternehmenswertbasiertern variablen Verg¨ utung des Aufsichtsrats profitieren k¨onnen. Dabei zeigt sich, dass eine solche Verg¨ utung des Aufsichtsrats geeignet ist, diesen zu einer h¨oheren Sorgfalt bei der Bestellung des Vorstands anzuregen. Dies zieht im Rahmen des verwendeten Modells einen h¨oheren Nettounternehmenswert nach sich und ist aus Sicht der Aktion¨are somit vorteilhaft.
3
Offene Unternehmen sind nach Fama & Jensen (1983, S. 312) typische Aktiengesellschaften auf Inhaberaktien. Komplexe Unternehmen sind solche, bei denen spezifisches Wissen f¨ ur verschiedene Informationen weit im Unternehmen gestreut ist, vgl. Fama & Jensen (1983, S. 308). Vgl. auch Williamson (1984). 4 ¨ Vgl. Byrd et al. (1998). Dieser Effekt ist unter der Bezeichung Offentliches-Gut-Problem bekannt F¨ ur eine ausf¨ uhrliche Darstellung vgl. Varian (1999, Kap. 34). 5 Vgl. Shleifer & Vishny (1986). 6 Vgl. Hermalin & Weisbach (2003).
5.1. Wertorientierte Aufsichtsratsverg¨ utung und Unternehmenswert
103
5.1. Wertorientierte Vergu ¨ tung des Aufsichtsrats und ihre Auswirkungen auf den Unternehmenswert Die duale Struktur der Unternehmensf¨ uhrung, bestehend aus Vorstand und Aufsichtsrat, betont die Abgrenzung der Unternehmensleitung von der Unternehmenskontrolle und ist ein Charakteristikum deutscher Kapitalgesellschaften. Demnach erfolgt die Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand, dessen T¨atigkeit wiederum der Kontrolle durch den Aufsichtsrat unterliegt. Beide Organe stehen in der Verpflichtung, ihr Wirken zum Wohle der (Aktien-)Gesellschaft einzubringen.7 Was der Gesetzgeber unter dem Wohl der Gesellschaft versteht, wird im AktG nicht konkretisiert. In der Begr¨ undung zum Entwurf des Gesetzes zur Unternehmensintegrit¨at und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) heißt es allerdings, dass dem Wohl der Gesellschaft gedient wird, wenn die langfristige Ertragsst¨arke des Unternehmens und die Wettbewerbsf¨ahigkeit seiner Produkte und Dienstleistungen gesichert wird.8 Dieser Sichtweise folgend, beschr¨anken sich die Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat damit nicht nur auf die Sicherung des Unternehmensbestands, sondern auch auf die langfristige Sicherstellung des Unternehmenserfolgs. Auf dieser Basis wird im Folgenden davon ausgegangen, dass der Aufsichtsrat zum Wohle der Gesellschaft und der Gesellschafter handelt, wenn er auf die Steigerung des Unternehmenswertes hinwirkt9 und das ein Anreiz zu wertsteigerndem Verhalten des Aufsichtsrats im Interesse der Anteilseigner liegt. Damit wird ausdr¨ ucklich der Wertorientierung b¨orsennotierter Unternehmen Rechnung getragen, an der sich die Qualit¨at der Unternehmensf¨ uhrung und insbesondere der Unternehmens¨ uberwachung aus sharholder value-orientierter Sichtweise messen lassen soll.10 Weil der Aufsichtsrat als wichtiges Element der zweistufigen Unternehmensf¨ uhrung verstanden wird und diese im internationalen Vergleich eine Besonderheit darstellt, wirft dies berechtigterweise die Frage auf, ob eine solche Institution aus einer Kosten-NutzenPerspektive ¨okonomisch gerechtfertigt ist. Ein Blick in die Gesch¨aftsberichte b¨orsennotierter Kapitalgesellschaften in Deutschland offenbart, dass die Verg¨ utungen von Aufsichtsr¨aten und Vorst¨anden deutliche Unterschiede in ihrer H¨ohe und der Struktur aufweisen, woraus m¨oglicherweise geringere Anreize f¨ ur den Aufsichtsrat resultieren, seine geutung von Aufsichtsr¨aten setzlichen Pflichten wahrzunehmen.11 Die Leistung und die Verg¨ waren in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Versagen der 7
Vgl. §§ 93 Abs. 1 und 116 AktG. Vgl. Bundesministerium der Justiz (2004, S. 18). Vgl. Dutzi (2005, S. 198), Ruhwedel & Epstein (2003, S. 161). 10 Vgl. B¨ocking et al. (2005, S. 5). 11 Vgl. Eigendorf et al. (2006). 8 9
104
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
Aufsicht in prominenten Unternehmensskandalen, vieldiskutierte Themen.12 Dabei hatte die Bundesregierung bereits im Jahr 2002 mit dem Transparenz- und Publizit¨atsgesetz (TransPuG) die gesetzliche Definition der Aufgaben des Aufsichtsrats an Rechtsprechung und Unternehmenspraxis angepasst, sowie die Verg¨ utungsvorschriften konkretisiert. Dies geschah im Wesentlichen durch die Verankerung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) in Form einer comply or explain-Vorschrift13 in § 161 AktG.14 Insbesondere enth¨alt der DCGK Empfehlungen zur variablen Verg¨ utung von Aufsichtsr¨aten, die auch den langfristigen Erfolg der Gesellschaft ber¨ ucksichtigen soll.15 Auf dieser Basis wird im weiteren Verlauf des Kapitels herausgearbeitet, inwiefern eine variable Verg¨ utung von Auf¨ sichtsr¨aten zu einer unternehmenswertorientierten Uberwachung beitr¨agt. Hierbei wird die ¨ wertorientierte Uberwachung als das Zusammenspiel aus sorgf¨altiger Bestellung geeigne¨ ter Vorst¨ande und begleitender Uberwachung verstanden. In Abschnitt 5.2 wird zun¨achst die Bedeutung des Organs Aufsichtsrat f¨ ur b¨orsennotierte deutsche Aktiengesellschaften ¨ herausgestellt. Anschließend wird die gesetzliche Sichtweise zur Uberwachungsaufgabe des ¨ Aufsichtsrats dargelegt, welche implizit aufzeigt, inwieweit die Uberwachung wertorien¨ tiert erfolgen kann. Insbesondere wird auf die Anreize zur Wahrnehmung der Uberwachungsaufgabe eingegangen, welche auf Verg¨ utung, Reputation und Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern zur¨ uckzuf¨ uhren sind. Den Einfluss der Verg¨ utung auf die Qualit¨at der ¨ Uberwachungst¨atigkeit zeigt schließlich die modelltheoretische Analyse in Abschnitt 5.3. Die wesentlichen Ergebnisse werden in Abschnitt 5.4 zusammengefasst.
5.2. Der Aufsichtsrat als Element der Corporate Governance ¨ 5.2.1. Definition der Uberwachungsaufgabe des Aufsichtsrats ¨ Nach § 111 Abs. 1 AktG stellt die Uberwachung des Vorstands die zentrale Aufgabe des Aufsichtsrats dar. Dennoch konkretisiert das Aktiengesetz selbst diese Aufgabe nur unzureichend. So besagt § 111 Abs. 2 AktG, dass der Aufsichtsrat ...die B¨ ucher und Schriften ” der Gesellschaft sowie die Verm¨ogensgegenst¨ande ... einsehen und pr¨ ufen [kann]“[eigene Hervorhebung]. Dar¨ uber hinaus legt § 111 Abs. 4 AktG fest, dass der Aufsichtsrat oder die Satzung bestimmte Arten von Gesch¨aften festzulegen hat, die der Zustimmung des Auf-
12
Vgl. Oliver (2009), Spiegel-online (2009), Jungbluth (2008), Fockenbrock (2007), Grass (2007), n-tv online (2007), Syre (2005), Heise-online (2005), Hegele-Raih (2004). Es wird eine j¨ahrliche Erkl¨ arung u ¨ber die Einhaltung der DCGK-Empfehlungen (comply) oder eine Begr¨ undung f¨ ur ihre Nichtanwendung (explain) vorgeschrieben. 14 Vgl. TransPuG (2002, Art. 1, Pkt. 16). 15 Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (2008, Pkt. 5.4.6). 13
5.2. Der Aufsichtsrat als Element der Corporate Governance
105
¨ sichtsrats bed¨ urfen.16 Die Ausgestaltung und der Umfang der Uberwachung wird dem Aufsichtsrat folglich weitestgehend anheim gestellt. Weiterhin bestimmt § 84 AktG, dass die Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft vom Aufsichtsrat bestellt und bei grober Pflichtverletzung abberufen werden. ¨ Aufgrund seiner Unbestimmtheit im Aktiengesetz erfuhr der Begriff der Uberwachung in zwei Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) eine Konkretisierung. Darin wird die ¨ ¨ Uberwachungsfunktion in eine nachgelagerte Kontrolle und eine pr¨aventive Uberwachung des Vorstands unterteilt.17 Hierbei bezieht sich die nachgelagerte Kontrolle auf abgeschlossene T¨atigkeiten des Vorstands und umfasst zum Beispiel die Einforderung und Pr¨ ufung der nach § 90 AktG zu erstellenden Vorstandsberichte sowie die Durchsetzung von Innenhaftungsanspr¨ uchen gegen¨ uber dem Vorstand nach § 112 AktG.18 Desweiteren ist die Gesch¨aftsf¨ uhrung auf Rechtm¨aßigkeit, Ordnungsm¨aßigkeit und Zweckm¨aßigkeit zu ¨ sieht dar¨ uber hinaus vor, dass der Aufsichtsrat pr¨ ufen.19 Die pr¨aventive Uberwachung durch kontinuierliche Interaktion mit dem Vorstand Einfluss auf die Unternehmensentwicklung nimmt.20 Darunter ist die Beratung mit dem Vorstand u ¨ber die Leitung des Unternehmens und somit die Mitwirkung an wichtigen unternehmerischen Entscheidungen zu verstehen. Diese Abgrenzung der Aufgaben des Aufsichtsrats findet sich auch unter Punkt 5.1.1 des DCGK wieder, der explizit die Einbeziehung des Aufsichtsrats in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung f¨ ur das Unternehmen vorsieht.21 Dies ist allerdings nicht so zu verstehen, dass der Aufsichtsrat origin¨are Gesch¨aftsf¨ uhrungsaufgaben wahrunde auch der in § 105 AktG ausgedr¨ uckte Grundsatz der Trennung von nimmt.22 Dem st¨ Gesch¨aftsf¨ uhrung und Kontrolle entgegen. Die Einbeziehung des Aufsichtsrats erstreckt sich im Regelfall auf Diskussion und Beratung und wird nur im Fall zustimmungspflichtiger Gesch¨afte zur tats¨achlichen Entscheidungsgewalt.23 Zur Funktion des Aufsichtsrats geh¨ort u ¨ber die begleitende Kontrolle hinaus die ord¨ nungsgem¨aße Bestellung des Vorstands sowie die Uberpr¨ ufung, ob potentielle Vorstandsmitglieder f¨ ur diese Aufgabe geeignet sind.24 Sihler (2001) vertritt sogar die Auffassung, dass die wichtigste Aufgabe des Aufsichtsrats ... die Auswahl der Vorstandsmit” 16
Beispielhaft k¨onnen f¨ ur zustimmungspflichtige Gesch¨ afte die Kreditgew¨ ahrung an Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder oder Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn genannt werden. F¨ ur weitere Beispiele vgl. Henze (2005, S. 167). 17 Vgl. R¨ossler (2001, S. 435), BGH (1997) sowie BGH (1991). 18 Vgl. §§ 90, 111, 112 AktG, Th¨ ummel (1997, S. 1118). 19 Vgl. H¨ uffer (2004, Rz. 6), Salzberger (2000, S. 760). 20 Vgl. H¨ uffer (2004, Rz. 5). 21 Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (2008, Pkt. 5.1.1). 22 Vgl. Potthoff et al. (2003, S. 2). 23 Vgl. § 105 AktG, Witte & Hrubesch (2004, S. 725), B¨ ocking & Wesner (2004, S. 106). 24 Vgl. § 84 AktG, Witte & Hrubesch (2004, S. 725).
106
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
glieder und vor allem des Vorstandsvorsitzenden [ist].“ 25 Ber¨ ucksichtigt man, dass ein Vorstandsmitglied f¨ ur einen nicht unerheblichen Zeitraum einen starken Einfluss auf die Gesch¨aftsf¨ uhrung eines Unternehmens hat, ist dieser Auffassung sicher zuzustimmen. Bestandteil der Bestellungsfunktion ist auch die Vereinbarung eines Verg¨ utungsvertrags, der durch die Einbeziehung leistungs- bzw. erfolgsabh¨angiger Komponenten Anreize f¨ ur 26 ¨ Unternehmenswertsteigerungen schaffen soll. Zusammenfassend geh¨oren zur Uberwachungst¨atigkeit des Aufsichtsrats die Bestellung eines sachverst¨andigen und pers¨onlich geeigneten Vorstands, die Einforderung und Bewertung von Informationen u ¨ber die Gesch¨aftsf¨ uhrung sowie die kontinuierliche Beobachtung und Beratung des Vorstands bei unternehmerischen Entscheidungen.27 Trotz der vor dem TransPuG geringen Konkretisierung der Aufgaben des Aufsichtsrats, ¨ sah Scheffler (1995) bereits im Jahr 1995 die M¨angel der Uberwachungst¨ atigkeit nicht in unzureichenden gesetzlichen Vorschriften, sondern in der mangelnden Wahrnehmung der ¨ Uberwachungsaufgabe durch die Aufsichtsratsmitglieder begr¨ undet.28 Diese Einsch¨atzung findet dadurch Unterst¨ utzung, dass trotz einer deutlichen Konkretisierung der Aufgaben durch den DCGK auch weiterhin M¨angel in der Aus¨ ubung der Aufsicht offenbar werden.29 Aus diesem Grund wird in den weiteren Abschnitten explizit auf die Bedeutung der Verg¨ utung von Aufsichtsratsmitgliedern eingegangen, um aufzuzeigen, inwieweit eine im gesetzlichen Rahmen ausgestaltete wertorientierte Verg¨ utung eine Anreizwirkung f¨ ur ¨ die Aus¨ ubung der Uberwachungst¨ atigkeit haben kann. Dazu ist zun¨achst zu kl¨aren, inwiefern dem Aufsichtsrat tats¨achlich eine wertsteigernde Wirkung zugesprochen werden kann. ¨ 5.2.2. Wirkung der Uberwachungst¨ atigkeit auf den Unternehmenswert Von der begleitenden und beratenden T¨atigkeit des Aufsichtsrats wird ein Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung erwartet, der aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren und der unscharfen Abgrenzung der Aufsichtsratsaufgaben allerdings schwer messbar ist.30 Empirische Studien, zumeist amerikanischen Ursprungs, versuchen daher, die Kontrolleffektivit¨at durch die Eigenschaften des Kontrollgremiums zu erkl¨aren. Externen Boardmitgliedern (outside directors), die keine F¨ uhrungsverantwortung im betrachteten Un25
Sihler (2001, S. 13), vgl. auch G¨ otz (1995, S. 348). Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (2008, Pkt. 4.2.2. und 4.2.3). 27 Vgl. Witte & Hrubesch (2004, S. 725), B¨ ocking & Wesner (2004, S. 106). 28 Vgl. Scheffler (1995, S. 208). 29 Vgl. G¨oggelmann (2008), o.V. (2001). 30 Vgl. Becht et al. (2003, S. 72f.), die die Meßbarkeit der Aufsichtsratsleistung anhand der u ¨blicherweise verwendeten Kennzahlen bezweifeln. Als Beispiele f¨ uhren sie Sitzungsh¨ aufigkeit oder die Verg¨ utung an. 26
5.2. Der Aufsichtsrat als Element der Corporate Governance
107
ternehmen tragen und somit dem deutschen Aufsichtsrat am ehesten entspr¨achen, wird dabei ein h¨oheres Maß an Unabh¨angigkeit gegen¨ uber dem gesch¨aftsf¨ uhrenden Manager (CEO - Chief executive officer ) unterstellt als in das operative Gesch¨aft eingebundenen Boardmitgliedern (inside directors) oder solchen, die der Gesch¨aftsf¨ uhrung pers¨onlich ur diese exoder vertraglich verbunden sind (gray/affiliated directors).31 Daraus wird f¨ ternen Boardmitglieder ein st¨arkerer Anreiz zur Kontrolle abgeleitet. Darauf aufbauend wird ein positiver Zusammenhang zwischen der Unabh¨angigkeit des Kontrollgremiums (Anteil externer Boardmitglieder) und der Unternehmenswertentwicklung postuliert. Die empirischen Befunde sind jedoch uneinheitlich. Baysinger & Butler (1985) finden keinen Zusammenhang zwischen dem Unternehmensschicksal32 und dem Anteil der outside directors im Board. Gleiches gilt f¨ ur Hermalin & Weisbach (1991). Hermalin (2005) bezweifelt sogar grunds¨atzlich die Effektivit¨at des Kontrollorgans. Im Gegensatz dazu zeigen Rosenstein & Wyatt (1990) im Rahmen einer Event-Studie, dass sich die Aufnahme zus¨atzlicher outside directors geringf¨ ugig positiv auf die Entwicklung des Aktienkurses auswirkt. Auch Deutsch (2005) zeigt in einer Meta-Analyse systematische Zusammenh¨ange zwischen der Zusammensetzung des Boards und kritischen Entscheidungen des Vorstandes auf, die als Indikator daf¨ ur interpretiert werden k¨onnen, dass outside directors als Governance Mechanismus zur Kontrolle potentiell opportunistischer Manager verstanden werden.33 Davon abweichend findet Klein (1998) zwar keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Boardzusammensetzung und der Unternehmenswertentwicklung, jedoch wird ein positiver Zusammenhang zwischen dem Anteil inside directors, die im Finanz- und Investitionsausschuss pr¨asent sind, und der Kursentwicklung festgestellt. Dies wird auf die informationsvermittelnde Rolle zur¨ uckgef¨ uhrt, welche solche Personen gegen¨ uber den restlichen Boardmitgliedern einnehmen. Schließlich weisen Ashbaugh-Skaife et al. (2006) einen positiven Zusammenhang zwischen einem unabh¨angigen Board und besseren Kreditratings der betroffenen Unternehmen nach. Bhojraj & Sengupta (2003) kommen zu einem ¨ahnlichen Ergebnis. Bhagat & Black (2002), Agrawal & Knoeber (1996) und Hermalin & Weisbach (1988) wiederum beobachten einen positiven Zusammenhang zwischen schlechter Kursentwicklung eines Unternehmens und dem Anteil von outside directors im Board. Allerdings ist hier m¨oglicherweise von einer Umkehrung der Kausalit¨at auszugehen, da eine schlechte 31
¨ Die Anderungen des Aktiengesetzes durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) f¨ uhren eine angige und unabh¨ angige Mitgleider auch f¨ ur deutsche Aufsichtsr¨ ate ein vgl. ¨ahnliche Trennung in abh¨ BilMoG (Art. 5, Abs. 3) sowie Z¨ ulch (2009). 32 Vgl. Baysinger & Butler (1985, S. 119), die explizit von ,fortune’ sprechen. 33 Als kritische Entscheidungen versteht Deutsch (2005, S. 426) Entscheidungen, die potentielle AgencyKonflikte bergen.
108
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
Kursentwicklung als Indiz f¨ ur Agencyprobleme dienen k¨onnte, was die Aktion¨are dazu veranlasst, den Anteil externer Boardmitglieder zu erh¨ohen.34 Insgesamt deuten die aufgef¨ uhrten Ergebnisse einen positiven Effekt externer Boardmitglieder auf den Unternehmenswert an. Entsprechende Hinweise liefert auch ein zweiter Literaturstrang, der die ¨okonomischen Determinanten der Verg¨ utung von outside directors untersucht. So finden Bryan et al. (2000) einen positiven Zusammenhang zwischen unternehmenswertbasierten Verg¨ utungsinstrumenten f¨ ur externe Boardmitglieder und der St¨arke des Agencykonflikts in den untersuchten Unternehmen. Sie schließen daraus, dass auf st¨arkere Agencykonflikte mit einem st¨arkeren Einsatz von Kontrollanreizen reagiert wird und deuten ihre Ergebnisse als Hinweis darauf, dass unabh¨angige Direktoren zur wertorientierten Kontrolle dienen sollen. Entsprechende Ergebnisse liefern auch die Untersuchungen von Fich & Shivdasani (2005) und Linn & Park (2005). Erstere zeigen f¨ ur ihre Stichprobe einen positiven Zusammenhang zwischen dem Unternehmenswert und optionsbasierten Verg¨ utungsinstrumenten f¨ ur outside directors. Den genau gegenteiligen Effekt finden Brick et al. (2006), die f¨ ur ihre Stichprobe zeigen, dass die Verg¨ utungen der CEOs und der externen Boardmitglieder positiv korreliert sind und dass sehr hohe Verg¨ utungen beider Organe mit niedrigen Unternehmenswerten einhergehen. Sie werten dies als Hinweis auf die Unwirksamkeit der Kontrolle. Besonders interessant ist das Ergebnis von Fich & Shivdasani (2005), dass die Berufung zus¨atzlicher outside directors nur dann einen positiven Kurseffekt nach sich zieht, wenn diese einen optionsbasierten Verg¨ utungsvertrag erhalten, ansonsten aber einen negativen Kurseffekt. Linn & Park (2005) zeigen, dass das Niveau der Gesamtverg¨ utung und der Anteil wertbasierter Bestandteile positiv von den Wachstumschancen des Unternehmens abh¨angen. Dies werten sie als Hinweis, dass outside directors eine Kontrollfunktion haben, die in Unternehmen mit hohen Wachstumschancen st¨arker angereizt werden muss, da auch die Kontrollkosten mit den Wachstumschancen steigen. Den Grund hierf¨ ur sehen sie darin, dass hohe Wachstumschancen mit Unsicherheit verbunden sind und die Gesch¨aftsf¨ uhrung dadurch ihren Informationsvorteil st¨arker nutzen kann. Evidenz zur Kontrollfunktion in spezifischen Situationen bietet Perry (1999). In seiner Studie erh¨oht eine wertbasierte Verg¨ utung des Board of directors die Wahrscheinlichkeit, dass das Topmanagement aufgrund schlechter Unternehmensentwicklung ausgewechselt wird, wenn das Board u ¨berwiegend mit externen Mitgliedern besetzt ist. Deutsch (2007) zeigt in seiner Untersuchung, dass die H¨ohe der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen positiv mit dem Anteil externer Boardmitglieder korreliert ist, wenn diese eine 34
Vgl. auch Deutsch (2005) und Bhagat & Black (2002) zu Zweifeln an der unterstellten Kausalit¨ at im Rahmen von Board-Studien.
5.2. Der Aufsichtsrat als Element der Corporate Governance
109
unternehmenswertbasierte Verg¨ utung erhalten, und wertet das als unternehmenswertsteigernden Effekt der Kontrolle.35 Farrell & Hersch (2008) schließlich beobachten, dass es einen Trend zu transparenter wertbasierter Verg¨ utung gibt, indem die Verg¨ utung mittels einer fixen Anzahl von Aktien oder Optionen durch Verg¨ utung mittels eines fixen Paketwertes ersetzt wird. Die Anzahl der Optionen oder Aktien schwankt also je nach St¨ uckpreis. Der Wert der Verg¨ utung ist so immer unmittelbar nachvollziehbar und unabh¨angig von der Kursentwicklung. Dennoch bleiben die wertbasierten Anreize bestehen, da im Gegensatz zum so fixierten Einkommen, das durch die in vergangenen Perioden erhaltenen Anteile oder Optionen repr¨asentierte Verm¨ogen sehr wohl auf Kurs¨anderungen reagiert. ¨ Die Ubertragbarkeit dieser empirischen Ergebnisse auf das deutsche Corporate Governance System ist aufgrund der institutionellen Differenzen nicht uneingeschr¨ankt m¨oglich. Die Ergebnisse deuten aber darauf hin, dass den externen Boardmitgliedern eine Kontrollfunktion bez¨ uglich der Handlungen der gesch¨aftsf¨ uhrenden Direktoren zugesprochen wird. Damit k¨amen sie der Institution des deutschen Aufsichtsrats recht nahe, so dass im Folgenden davon ausgegangen wird, dass der Aufsichtsrat durch eine Verringerung der Agency-Kosten aus opportunistischem Verhalten des Managements, einen Einfluss auf den Unternehmenswert hat. 5.2.3. Die Motivation von Aufsichtsr¨ aten mittels Verg¨ utung und Haftung Unternehmenswertbasierte Aufsichtsratsverg¨ utung Die rechtliche Grundlage f¨ ur die Verg¨ utung des Aufsichtsrats stellt § 113 AktG dar. Eine Verg¨ utung ist demnach nicht zwingend erforderlich, sondern wird auf Beschluss der Hauptversammlung gew¨ahrt oder utung ist nach § 113 Abs. 3 AktG nicht auf eiist satzungsm¨aßig festgelegt.36 Die Verg¨ ne fixe Verg¨ utung beschr¨ankt, sondern kann auch variable Bestandteile, zum Beispiel in Abh¨angigkeit vom Jahresgewinn, enthalten. Zudem soll die Verg¨ utung in einem angemessenen Verh¨altnis zu den Aufgaben der einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrats und zur uffer (2004, Rz. 2 und 4) konkreLage der Gesellschaft stehen.37 Plagemann (2007) und H¨ tisieren unter Verweis auf den DCGK den Begriff der Angemessenheit. Hier werden die Qualifikation der Person, die erbrachte Leistung und der Marktwert des Unternehmens als Determinanten der Angemessenheit genannt und es wird explizit darauf hingewiesen, dass eine wirtschaftlich schlechte Lage nicht unbedingt mit niedriger Verg¨ utung einhergehen 35
F¨ ur weitere Studien, die aufgrund der Art der Verg¨ utung den outside directors eine Kontrollfunktion zuschreiben, vgl. Ertugrul & Hedge (2008) oder Cordeiro et al. (2005). Auch einen Anspruch auf Aufwandsentsch¨ adigung haben gem¨ aß § 104 Abs. 6 AktG lediglich gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglieder. 37 Vgl. § 113 Abs. 1 AktG. 36
110
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
muss. Eine variable, erfolgsorientierte Aufsichtsratsverg¨ utung wird auch vom Deutschen Corutungsbeporate Governance Kodex angeregt.38 Dabei wird gefordert, dass dieser Verg¨ standteil auch den langfristigen Unternehmenserfolg reflektieren soll. Durch den Verweis des § 161 AktG auf den DCGK, und die damit einhergehende Verpflichtung, eine Nichtbefolgung der Empfehlungen des DCGK zu begr¨ unden, erh¨oht dies den Druck, Aufsichtsr¨ate unternehmenswertbasiert zu verg¨ uten.39 Aus den Vorgaben des AktG und des DCGK hat die Beratungsgesellschaft Towers Perrin im Auftrag des Deutschen Aktieninstituts (DAI) Empfehlungen zur Aufsichtsratsverg¨ utung abgeleitet, in denen sich die Verg¨ utung aus fixen Bestandteilen, kurzfristig variabler Verg¨ utung und langfristig variabler Verg¨ utung zusammensetzt, wobei letztere aktienkursabh¨angig ausgestaltet sein soll.40 Eine derartige Ausgestaltung der Verg¨ utung soll Anreize setzen, die Beratungs- und Kontrollfunktion intensiver wahrzunehmen, um eine langfristige Steigerung des Unternehmenswerts zu verfolgen.41 Deutsche Aufsichtsr¨ate weden nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) zumindest in Unternehmen mit mehr als 2000 Angestellten auch mit Vertretern der Arbeitnehmerseite besetzt.42 Obwohl diese Aufsichtsr¨ate nach § 111 AktG und § 116 AktG in gleicher Weise den Interessen des Unternehmens verpflichtet sind wie die anderen Aufsichtsratsmitglieder, k¨onnte man argumentieren, dass sie in erster Linie den Arbeitnehmerinteressen verpflichtet sind. Diese jedoch decken sich nicht zwangsl¨aufig mit den Interessen der ucksichtigung der oben aufanderen Stakeholder, insb. denen der Aktion¨are.43 Unter Ber¨ gef¨ uhrten empirischen Evidenz, nach der dem Aufsichtsrat die Rolle einer Kontrollinstanz zur Verringerung von Agency-Konflikten zukommt, l¨asst sich dennoch eine weitgehende Interessenkonvergenz der Aufsichtsr¨ate annehmen. Opportunistisches Verhalten des Managements d¨ urfte in der Regel alle Interessengruppen sch¨adigen. In Bezug auf die Wirkung monet¨arer Anreize f¨ ur Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat ist zu beachten, dass diese h¨aufig einen Teil ihrer Verg¨ utung an Arbeitnehmerorganisationen abf¨ uhren m¨ ussen. So 38
Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (2008, Pkt. 5.4.6). Vgl. Fallgatter (2003, S. 704). Vgl. Helbig et al. (2003). 41 Zur Abw¨agung zwischen Beratungs- und Kontrollfunktion und hierauf basierender Verg¨ utung vgl. Bischof (2006, S. 2632f.). Inwieweit die vom DAI/Towers Perrin empfohlenen variablen ¨ Verg¨ utungskomponenten geeignet sind, eine Anreizwirkung auf die Uberwachungspflicht des Aufsichtrats zu entfalten, analysiert Fallgatter (2004). 42 Im Jahr 2007 waren von 526 Aufsichtsr¨ aten in DAX 30 Unternehmen, 44% Arbeitnehmervertreter. Vgl. Kramarsch & Filbert (2007). 43 So k¨onnten Arbeitnehmer aufgrund ihrer mangelnden Diversifikationsm¨ oglichkeiten im Gegensatz zu den Aktion¨aren unternehmerische Risiken scheuen, die potentiell den Bestand des Unternehmens gef¨ahrden. 39 40
5.2. Der Aufsichtsrat als Element der Corporate Governance
111
schreibt der DGB Bundesausschuss seit dem 1. Januar 2006 vor, dass einfache Aufsichtsratsmitglieder 10% von den j¨ahrlichen Bez¨ ugen bis e3500 und 90% von allen dar¨ uber hinaus gehenden Bez¨ ugen an die Hans-B¨ockler-Stiftung abzuf¨ uhren haben. Dennoch k¨onnen die verbleibenden Bez¨ uge im Verh¨altnis zum sonstigen Einkommen recht hoch sein und so sehr wohl eine Anreizwirkung entfalten. Aus diesen Gr¨ unden wird im Folgenden nicht zwischen verschiedenen Aufsichtsratsfraktionen unterschieden. Einer unternehmenswertbasierten Verg¨ utung, sowohl f¨ ur Vorst¨ande als auch Aufsichtsr¨ate, wird vorgeworfen, durch die Einf¨ uhrung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage f¨ ur beide Organe den Anreiz zur Kontrolle des Vorstands durch den Aufsichtsrat zu urchtungen hatten schw¨achen.44 Die vom Bundesgerichtshof dahingehend ge¨außerten Bef¨ zur Folge, dass die Unterlegung von Aktienoptionsprogrammen f¨ ur Aufsichtsratsmitglieder u uckkauf eigener Aktien oder die Begebung von Wandel- oder Optionsanlei¨ber den R¨ urchtung nicht von der Hand zu weisen hen ausgeschlossen worden ist.45 Obwohl diese Bef¨ ¨ der Verg¨ utungssysteme ist,46 argumentiert Plagemann (2007), dass eine Ubereinstimmung nicht zwangsl¨aufig zu einer Schw¨achung der Kontrollfunktion f¨ uhrt. W¨are dies der Fall, m¨ usste die gleiche Bef¨ urchtung gegen¨ uber einer variablen, gewinnbasierten Verg¨ utung vorgebracht werden. Dennoch sieht das Aktiengesetz in § 87 Abs. 1 AktG f¨ ur Mitglieder des Vorstands unter anderem eine gewinnorientierte Entlohnung vor, die nach § 113 Abs. 3 AktG auch f¨ ur Aufsichtsratsmitglieder zul¨assig ist. Im Ergebnis ist auch bei gewinnbasierter Aufsichtsratsverg¨ utung eine Interessenkonvergenz zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ¨ nicht vermeidbar, so dass eine verminderte Uberwachungst¨ atigkeit des Aufsichtsrats und Kollusion mit dem Vorstand nicht ausgeschlossen ist. Insgesamt erscheint ein unternehmenswertorientierter Verg¨ utungsanspruch f¨ ur Aufsichts¨ ratsmitglieder naheliegend, weil die Uberwachungsaufgabe des Aufsichtrats an einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes ausgerichtet ist (siehe S. 104).47 Folglich sollte als Resultat vorangegangener Diskussion und ”[a]ngesichts des Charakters der ge¨ setzlichen Uberwachungsaufgabe des Aufsichtsrates, die u ¨ber die reine Rechtm¨aßigkeitskontrolle hinausgeht und ... auch unternehmerische Entscheidungen einschließt, ... der BGH .. keine Gefolgschaft finden, sollte er generell jegliche Form der erfolgsorientierten und am Aktienkurs ausgerichteten Verg¨ utung der Mitglieder des Aufsichtsrats in Frage stellen wollen,”48 zumal Plagemann (2007) argumentiert, dass sich aus dem Mobilcom44
Vgl. BGH (2004), Vetter (2004, S. 235), Deutscher Gewerkschaftsbund (2003, S. 11). Vgl. Henze (2005, S. 165), Richter (2004, S. 949). 46 Vgl. Brick et al. (2006). 47 Vgl. Plagemann (2007) und M¨ ager (1999, S. 1939). Auch aus Vorstandssicht wird u ¨berwiegend bef¨ urwortet, den Aufsichtsrat an der Wertentwicklung des Unternehmens teilhaben zu lassen und die Verg¨ utung an die langfristige Wertsteigerung zu koppeln. Vgl. Hartmann (2003, S. 79). 48 Vetter (2004, S. 238). 45
112
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
Urteil des BGH49 keine generelle Ablehnung unternehmenswertbasierter Verg¨ utungssysteme ableiten liesse. Geltendmachung von Haftungsanspr¨ uchen gegen den Aufsichtsrat Neben der Verg¨ utung wird auch der Haftung eine Anreizwirkung f¨ ur die Pflichtenwahrnehmung des Aufsichtsrats beigemessen. Bei Organen einer Kapitalgesellschaft ist zwischen der Geltendmachung von Regressanspr¨ uchen aus der Innenhaftung und der Außenhaftung zu unterscheiden.50 Die Innenhaftung bezieht sich dabei auf Sch¨aden, die dem Unternehmen, und die Außenhaftung auf Sch¨aden, die Unternehmensfremden, zum Beispiel Lieferanten, Kunden oder Gl¨aubigern, vom haftenden Organ zugef¨ ugt wurden. Die Außenhaftung des Aufsichtsrats spielt in der Literatur wie in der Praxis bislang eine untergeordnete Rolle. Sie greift nur in den Situationen, in denen der Aufsichtsrat faktisch Vorstandsaufgaben wahrnimmt oder in Situationen, in denen er solchen Vorstandsmaßnahmen zustimmt bzw. sie billigend in Kauf nimmt, mit denen absolut gesch¨ utzte Rechte Dritter verletzt werden.51 Die Innenhaftung des Aufsichtsrats beruht auf § 116 AktG i.V.m. § 93 AktG. Demnach sind sowohl Mitglieder des Aufsichtsrats als auch Vorstandsmitglieder dem Unternehmen zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie den Schaden pflichtwidrig (§ 93 Abs. 2 AktG) und schuldhaft (§ 93 Abs. 1 AktG) verursacht haben.52 Schuldhaft handelt der Aufsichtsrat gem¨aß § 276 BGB, wenn er die Pflichtverletzung fahrl¨assig oder vors¨atzlich begeht. Fahrl¨assig bedeutet, dass er die zur pflichtgem¨aßen Kontrolle notwendigen Informationen nicht einfordert oder nicht ber¨ ucksichtigt und der Schaden unter Ber¨ ucksichtigung aller verf¨ ugbaren Informationen nicht unvermeidbar ist.53 Die Feststellung einer Pflichtverletzung ist nicht problematisch, wenn diese aus der Missachtung gesetzlich eindeutig kodifizierter Pflichten resultiert. Beispielhaft k¨onnen hierf¨ ur der Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht nach § 116 AktG oder die sch¨adigende Beeinflussung von Mitgliedern der Unternehmensverwaltung gem¨aß § 117 AktG angef¨ uhrt ¨ werden. Der Nachweis einer Verletzung der Uberwachungspflicht ist jedoch schwieriger zu erbringen. Pflichtverletzungen im Rahmen der r¨ uckschauenden Kontrolle liegen vor, ¨ wenn der Aufsichtsrat von den zur Verf¨ ugung stehenden Uberwachungsinstrumenten kei¨ nen oder zu sp¨aten Gebrauch macht.54 In Bezug auf die pr¨aventive Uberwachungsaufgabe ist eine Pflichtverletzung dann gegeben, wenn der Aufsichtsrat gegen gesetzliche oder 49
Vgl. BGH (2004). Vgl. Mielke (2005, S. 251). 51 Vgl. Th¨ ummel (1999, S. 886). 52 Vgl. § 93 AktG, Witte & Hrubesch (2004, S. 728), Th¨ ummel (1999, S. 885). 53 Vgl. § 276 Abs. 2 BGB. Dort heißt es: Fahrl¨ assig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ” außer Acht l¨asst.“ 54 Vgl. Kling (2005, S. 48). 50
5.2. Der Aufsichtsrat als Element der Corporate Governance
113
satzungsm¨aßige Bestimmungen verst¨oßt.55 Zuk¨ unftig d¨ urfte die H¨ urde zur Durchsetzung von Haftungsanspr¨ uchen gegen¨ uber Aufsichtsr¨aten in derartigen F¨allen niedriger sein,56 denn mit einem Urteil des OLG (Oberlandesgericht) D¨ usseldorf (Az.: I-IX U 22/08) ist ihre Durchsetzung bei nachl¨assiger Kontrolle und Unternehmens¨ uberwachung erleichtert worden. Das OLG hatte argumentiert, dass der Aufsichtsrat seine Kontrollpflicht dadurch schuldhaft verletzt hatte, dass er trotz des dringenden Verdachts betr¨ ugerischer Handlungen des Vorstands notwendige Nachforschungen bewusst unterlassen habe. Im Gegensatz zur Haftung aufgrund einer Pflichtverletzung, kommt eine Haftung f¨ ur den Erfolg der unternehmerischen Entscheidungen des Vorstands und deren Billigung durch den Aufsichtsrat aber nicht in Frage, solange beide Organe ...vern¨ unftigerweise ” annehmen durfte[n], auf der Grundlage angemessener Information, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ 57 Dieser Grundsatz wird durch die sogenannte business judgement rule konkretisiert, die der Gesch¨aftsf¨ uhrung eines Unternehmens das Recht zugesteht, unternehmerische Risiken einzugehen, ohne die eine unternehmerische T¨atigkeit nicht m¨oglich w¨are.58 Neben der Geltendmachung von Schadenersatzanspr¨ uchen er¨offnet das Aktiengesetz weitere Sanktionsm¨oglichkeiten gegen Aufsichtsr¨ate, die der Wahrnehmung ihrer Pflichten nicht nachkommen.59 So kann einzelnen Mitgliedern die Entlastung verweigert werden oder eine Abberufung aus dem Amt erfolgen.60 Diese Sanktionen werden zwar in der Regel nicht die gleichen finanziellen Konsequenzen wie Regressforderungen f¨ ur die betroffenen Aufsichtsr¨ate haben, sie sind aber mit erheblichen negativen Wirkungen f¨ ur deren Reputation verbunden.61 ¨ Nachdem die Uberwachungsaufgabe und der gesetzliche Rahmen zur Verg¨ utung und Haftung von Aufsichtsr¨aten in Deutschland dargelegt und diskutiert wurden, soll im Folgenden daraus ein Modell abgeleitet und untersucht werden, wie Verg¨ utung und Haftung ¨ im Rahmen dieses Modells die Wahrnehmung der Uberwachungsaufgabe beeinflussen.
55
Vgl. Paal (2005, S. 384), Th¨ ummel (1999, S. 886). Vgl. G¨oggelmann (2008). 57 § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG. 58 Vgl. Bundesministerium der Justiz (2004, S. 17f.) i.V.m. §§ 116 und 93 Abs. 1 AktG, BGH (1997). 59 Zur Verpflichtung eines Aufsichtsratsmitglieds zu Schadenersatzzahlung vgl. Roth & W¨ orle (2004, S. 567). 60 Vgl. Paal (2005, S. 383), §§ 103 Abs. 1 und 120 AktG. 61 Vgl. Semler (2005, S. 321f.). 56
114
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨ aten Die modelltheoretische Analyse ber¨ ucksichtigt die zwei wesentlichen Aufgaben der Aufsichtsratst¨atigkeit: Bestellung des Vorstands und Aus¨ ubung der Kontrollt¨atigkeit. Hierbei stellt das Modell auf die Interaktion zwischen der Pflichterf¨ ullung des Vorstands bei ¨ der Unternehmensleitung und der des Aufsichtsrats bei der Uberwachung des Vorstands ab. Das Modell ist an die spieltheoretische Modellierung der Leitungs- und Kontrollstruktur deutscher Kapitalgesellschaften von Simons (2005) angelehnt, anhand derer Gesetzes¨anderungen und Kodex-Empfehlungen aufgegriffen und diskutiert werden, die eine Steigerung der Aufsichtsratsleistung betreffen. Auch Chwolka (1999) und Pirchegger & Sch¨ondube (2006) modellieren das Verh¨altnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in deutschen Kapitalgesellschaften. Bei Chwolka (1999) obliegt es dem Aufsichtsrat, mittels Kontrollhandlungen R¨ uckschl¨ usse auf die Komponente des Unternehmensergebnisses zu ziehen, welche nicht durch die Arbeitsanstrengung des Vorstands beeinflussbar ist. Dadurch lassen sich aus dem Unternehmensergebnis R¨ uckschl¨ usse auf den Arbeitseinsatz des Vorstands ziehen.62 Als Ergebnis der modelltheoretischen Analyse resultieren vom Bericht des Aufsichtsrats abh¨angige Verg¨ utungen. Allerdings ist der als optimal ermittelte Verg¨ utungsvertrag nicht mit dem Aktiengesetz vereinbar. Auch Pirchegger & Sch¨ondube (2006) diskutieren die leistungsabh¨angige Entlohnung von Aufsichtsratsmitgliedern in Abh¨angigkeit von den Gr¨oßen Unternehmenswert und Bericht des Managements (Konzernabschluss). Im Ergebnis ist eine Bemessung der Verg¨ utung am Unternehmenswert einer Bemessung am Bericht des Managements u ¨berlegen, da aus Eignerperspektive nur so die wertsteigernde Anreizintensit¨at in der Verg¨ utung f¨ ur das Management gesetzt wird.63 In einer ¨ahnlichen Modellierung zeigt Hartmann (2003), dass aus Aktion¨arssicht eine erfolgsabh¨angige Entlohnung des Aufsichtsrats einer rein fixen Entlohnung vorzuziehen ist, da sie die Agency-Kosten in einem zweistufigen Governance-System verringert.64 Im vorliegenden Modell wird das Zusammenwirken der T¨atigkeiten von Aufsichtsrat und Vorstand und deren Effekt auf den Unternehmenswert abgebildet. Dieser stellt die Bemessungsgrundlage f¨ ur die variable Verg¨ utung beider Parteien dar. In der Abbildung ¨ der Uberwachungsaufgabe ist zus¨atzlich zur Kontrolle erstmalig der Aspekt der vorgelagerten Bestellung des Vorstands enthalten, so dass der Aufgabenbereich des Aufsichtsrats in deutschen Kapitalgesellschaften vollst¨andige Ber¨ ucksichtigung findet.
62 63 64
Vgl. Chwolka (1999, S. 635f.). Vgl. Pirchegger & Sch¨ondube (2006). Vgl. Hartmann (2003, S. 66).
5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten
115
5.3.1. Modellannahmen Die Aufsichtsratst¨atigkeit umfasst zwei Aufgabenschwerpunkte, die sich als Aktionen zum einen in der Bestellung des Vorstands und zum anderen in der begleitenden Kontrolle des Vorstands audr¨ ucken. Der Vorstand hat die Leitung des Unternehmens auszu¨ uben, welche sich im Modell in der Wahl eines Sorgfaltsniveaus ¨außert. F¨ ur die Modellierung zentral ist die Interaktion zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, die sich im erreichbaren Unternehmenswert Pi , mit i ∈ {H, M, L} und PH > PM > PL , wiederspiegelt. Dabei wird von modellexogenen Effekten, wie zum Beispiel der konjunkturellen Entwicklung, abgesehen. Abh¨angig vom resultierenden Unternehmenswert bestimmen sich die Auszahlungen f¨ ur Vorstand und Aufsichtsrat. Abbildung 5.1 verdeutlicht die Herleitung der Auszahlungstruktur f¨ ur Vorstand und Aufsichtsrat in Abh¨angigkeit von den Modellannahmen. In der Modellierung wird die variable Verg¨ utung des Vorstands und des Aufsichtsrats nicht in kurz- oder langfristig variable Verg¨ utung unterschieden,65 da vorrangig der Frage nachgegangen wird, ob eine variable erfolgsorientierte Verg¨ utung u ur die ¨berhaupt Anreize f¨ Wahrnehmung der Aufsichtsratspflichten liefert. Demnach ist in Pi implizit auch der Zusammenhang zwischen dem Unternehmenswert, wie er sich im Aktienkurs best¨atigt, und rechnungslegungs- bzw. zahlungsbasierten Gr¨oßen enthalten, da letztere in die Ermittlung des Unternehmenswerts einfließen.66 Der Vorstand erh¨alt eine Verg¨ utung, ΠVi , welche sich aus einem fixen und einem variablen Bestandteil zusammensetzt, ΠVi = F V + wPi . Der variable Bestandteil bemisst sich utung des Aufsichtsrats, ΠA mit dem Anteil w am Unternehmenswert Pi . Die Verg¨ i , besteht utung des ebenfalls aus einem fixen und einem variablen Bestandteil.67 Die variable Verg¨ Aufsichtsrats stellt auf die Ergebnisgr¨oße nach Verg¨ utung des Vorstands ab und hat die A V 68 Form ΠA i = F + z(Pi − F − wPi ).
Wie Abbildung 5.1 zeigt, kommt der Aufsichtsrat zun¨achst seiner Verpflichtung nach, einen Vorstand zu bestellen. Es sei angenommen, dass es zwei Typen von Vorst¨anden gibt, die Unterschiede in ihrer F¨ahigkeit der Unternehmensf¨ uhrung aufweisen. So gibt es qualifizierte und weniger qualifizierte Vorst¨ande, die als gute (G) bzw. schlechte (B ) Vorstandstypen bezeichnet werden. Dabei ist ein guter Vorstand in der Lage, bei sorgf¨altiger 65
F¨ ur die Frage der optimalen Einbeziehung von variabel kurz- bzw. langfristigen Ergebnisgr¨ oßen in Verg¨ utungsvertr¨agen f¨ ur Aufsichtsr¨ ate sei auf Pirchegger & Sch¨ ondube (2006) verwiesen. 66 Vgl. die Ausf¨ uhrungen zum Informationsgehalt der Rechnungslegung in Kapitel 3. Aus diesem Grund werden auch bilanzpolitische Effekte, die zum Beispiel den kurzfristigen Erfolg (Jahres¨ uberschuss) zu Lasten einer langfristigen Wertentwicklung erh¨ ohen, nicht einbezogen. 67 Damit ist die Modellierung konzeptionell stimmig zur Anregung des DCGK u utung von ¨ber die Verg¨ Aufsichtsr¨aten. 68 Zum Netto-Unternehmenswert als Bemessungsgrundlage der Aufsichtsratsverg¨ utung nach Abzug der Vorstandsverg¨ utung siehe auch Pirchegger & Sch¨ ondube (2006).
116
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
Natur
Vorstand
β1 sorgf¨altig (s)
Kontrolle (C) V V PH ΠA H − K − S ΠH − V
α1 PH ΠA 1 − β1 H −S ¬Kontrolle
G
ε(S)
Auszahlungen AR V
Aufsichtsrat
¬sorgf¨altig
β2
PM
V ΠA M − K − S ΠM − RG
1 − β2
PL
ΠA L −H −S
β1
PM
V V ΠA M − K − S ΠM − V
1 − β1
PM
ΠA M −Q−S
β2
PM
V ΠA M − K − S ΠM − RB
1 − β2
PL
ΠA L −H −S
α2
1 − α1
1 − ε(S)
ΠVH − V V
ΠVL − D + N
ΠVM − V V
B
1 − α2 ΠVL − D + N
Abbildung 5.1.: Modell in extensiver Form Arbeit einen h¨oheren Unternehmenswert zu erzielen als ein schlechter, sei es aufgrund seiner besseren Ausbildung, seines h¨oheren Talents oder mehr Erfahrung als Vorstand.69 Da die Vorstandstypen nicht sicher unterscheidbar sind, wird der Aufsichtrat nur mit der Wahrscheinlichkeit ε(S) einen guten Vorstand bestellen und mit der Gegenwahrscheinlichkeit 1 − ε(S) einen schlechten. Diese Wahrscheinlichkeiten sind vom Aufsichtsrat jedoch insofern beeinflussbar, als er durch vorgelagerten Such- und Bestellungsaufwand, zum Beispiel durch langfristige Beobachtung potentieller Kandidaten, umfangreiche und 69
Vgl. G¨otz (1995, S. 348f.).
5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten
117
wiederholte Sondierungsgespr¨ache etc., mit zunehmender Wahrscheinlichkeit einen guten Vorstand bestellt. Dieser Aufwand verursacht dem Aufsichtsrat Arbeitsleid, dessen finan¨ zielles Aquivalent sich in Bestellungskosten S, mit S ≥ 0, ausdr¨ uckt. F¨ ur ε(S), d.h. die ex ante Wahrscheinlichkeit u ¨ber das Vorliegen der Vorstandstypen aus Sicht des Aufsichtsrats, gilt:70 ε(S = 0) = 0.5,
lim ε(s) = 1,
S→∞
∂ε(S) > 0, ∂S
∂ 2ε 0 ausgedr¨ leid. Er erzielt sogar einen pers¨onlichen Nutzen, N , indem er zum Beispiel Ressourcen des Unternehmens oder Arbeitszeit f¨ ur private Zwecke einsetzt. Dieser Nutzen fließt ihm allerdings nur zu, sofern der Aufsichtsrat nicht kontrolliert, d.h., wenn seine private Nutzenziehung vom Aufsichtsrat unentdeckt bleibt. Kommt der Aufsichtsrat seiner Verpflichtung zur Kontrolle nach, wird angenommen, dass er mangelnde Sorgfalt seitens des Vorstands immer entdeckt und sanktioniert. Diese Sanktion kann zum Beispiel darin bestehen, dass der Vertrag des Vorstands nach Ablauf nicht verl¨angert wird oder der Aufsichtsrat im Falle der Verl¨angerung eine niedrigere Verg¨ utung anbietet. Durch die damit verbundene Außenwirkung erleidet der Vorstand einen Reputationsschaden, welcher mit Rj , j ∈ {G, B}, gekennzeichnet wird. Der Reputationsschaden f¨allt f¨ ur die unterschiedlichen Typen von Vorst¨anden verschieden hoch aus, da sich ihre zuk¨ unftigen Einkommenseinbußen bei Verlust des Vorstandspostens aufgrund ihrer unterschiedlichen F¨ahigkeiten unterscheiden. Es gelte RG > RB . Nur aus der Verhaltenskombination von mangelnder Sorgfalt des Vorstands und unterlassener Kontrolle durch den Aufsichtsrat ergib sich als Unternehmenswert PL , der damit ein eindeutiges Signal u ¨ber eine Pflichtverletzung von Vorstand und Aufsichtsrat ist, so dass beide mit Haftungsfolgen rechnen m¨ ussen. Die erwartete Haftung des Vorstands ist mit D gekennzeichnet und umfasst neben dem Reputationsschaden auch anteilige Schadenersatzanspr¨ uche der Unternehmenseigner (d.h. D > Rj ). Anreize zum Fehlverhalten des Vorstands ergeben sich, wenn die private Nutzenziehung den potentiellen Nachteil der Entdeckung u ¨berwiegt, d.h. ΠVH − ΠVL − V V + D < N . Auf Seiten des Aufsichtsrat wird Arbeitsleid durch Suchaufwand und Kontrollaufwand verursacht. Der Kontrollaufwand wird mit Kontrollkosten von K, mit K > 0, assoziiert. Neben den Kontrollkosten fallen die Bestellungskosten von S, sowie abh¨angig von der gew¨ahlten eigenen Aktion und dem realisierten Unternehmenswert Pi , erwartete Haftungskosten in H¨ohe von H an.
120
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
Da PL ein eindeutiger Indikator f¨ ur eine Pflichtverletzung beider Leitungsorgane des Unternehmens ist, wird bei dessen Auftreten immer mit einer Klage der Anteilseigner und erwarteten Haftungsfolgen zu rechnen sein. Ergibt sich der Unternehmenswert PH , kommt es nicht zur Klage und damit auch zu keiner Haftung. Die Haftung H des Aufsichtsrats resultiert aus Schadenersatzforderungen der Anteilseigner, die maximal eine Gr¨oßenordnung von PH −PL annehmen k¨onnen.79 Neben der Haftung umfasst H auch Reputationskosten. ur eine m¨ogRealisiert sich der Unternehmenswert PM liegt zumindest ein Indikator f¨ liche Pflichtverletzung von Vorstand oder Aufsichtsrat vor. Dies f¨ uhrt annahmegem¨aß dazu, dass die Aufsichtsratst¨atigkeit durch die Anteilseigner hinterfragt wird. Folgen in Form eines Reputationsschadens Q hat dies f¨ ur den Aufsichtsrat nur dann, wenn ihm mangelnde Kontrolle nachgewiesen werden kann. Beispiele f¨ ur Reputationssch¨aden bieten die Verweigerung der Entlastung des Aufsichtsrats durch die Hauptversammlung (§ 120 AktG), eine m¨ogliche Abl¨osung als Aufsichtsrat (§ 103 AktG) oder die Nichtverl¨angerung des Mandats und hiermit einhergehende Verg¨ utungseinbußen. Ist er seiner Kontrollpflicht tats¨achlich nachgekommen, kann er dies u.a. durch Sitzungsprotokolle, Schriftverkehr oder ¨ Ahnliches belegen, und seine Reputation bleibt unber¨ uhrt. Ist er seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen, fehlen solche Belege und der Reputationsverlust tritt ein. Ein Anreiz des Aufsichtsrats zur Kontrolle besteht, da f¨ ur die Haftungs- und Reputationskosten K < Q < H gelte. Der Vorstand wird bei PM nie haften, da extern nicht verifizierbar ist, ob der mittlere Unternehmenswert dem Typ des Vorstands zuzurechnen ist oder durch mangelnde Sorgfalt zustande kam. Im Folgenden wird untersucht, welche Gleichgewichte im Kontrollspiel resultieren und wie die Gleichgewichte auf Variationen der Modellparameter reagieren. Hierauf aufbauend werden Aussagen bez¨ uglich des zu erwartenden Unternehmenswerts abgeleitet, die insbesondere den Einfluss einer variablen Aufsichtsratsverg¨ utung auf den erwarteten Nettounternehmenswert hervorheben. 5.3.2. Ergebnisse des Modells Ermittlung der Gleichgewichte Aufgrund der Informationsasymmetrie u ¨ber den Typ des Vorstands und der M¨oglichkeit, dass dieser zwischen zwei Aktionen w¨ahlen kann, sind folgende Verhaltensannahmen m¨oglich: i.) Die Vorstandstypen G und B sind immer sorgf¨altig. 79
Aufgrund der geringen empirischen Evidenz von Haftungsanspr¨ uchen, sowie der M¨ oglichkeit, sich per D&O-Versicherung (Verm¨ ogensschadenhaftpflichtversicherungen f¨ ur F¨ uhrungskr¨ afte) gegen Schadenersatzanspr¨ uche zu versichern, wird der Erwartungswert der Schadenersatzforderung regelm¨ aßig unterhalb dieser Gr¨oßenordnung liegen.
5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten
121
ii.) Beide Vorstandstypen sind nie sorgf¨altig. iii.) Nur der gute Vorstandstyp ist sorgf¨altig, der schlechte Vorstandstyp ist nicht sorgf¨altig. iv.) Nur der gute Vorstandstyp ist nicht sorgf¨altig, der schlechte Vorstandstyp ist sorgf¨altig. v.) Mindestens einer der beiden Vorstandstypen randomisiert. Von besonderem Interesse sind hierbei die Varianten i.) und iii.). Erstere stellte aus Sicht aller Anspruchsgruppen des Unternehmens den Idealzustand dar, da ein niedriger Unternehmenswert ausgeschlossen werden kann. In Fall i) w¨aren die Vorstandstypen ex post sogar u ¨ber den erreichten Unternehmenswert, PH oder PM , unterscheidbar, so dass auch die Erf¨ ullung der Bestellungsfunktion durch den Aufsichtsrat beurteilbar w¨are. Bei der Variante iii.) w¨are die Unterscheidung der Vorstandstypen abh¨angig vom Signal des Sorgfaltsniveaus m¨oglich. Aus Sicht des Aufsichtsrats w¨are dies insofern attraktiv, als er bei Beobachtung sorgf¨altiger Arbeit eventuell zumindest dann auf Kontrolle verzichten k¨onnte, wenn er mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit davon ausginge, einen guten Vorstand bestellt zu haben. Aufwand bei der Vorstandsbestellung und bei der begleitenden Kontrolle k¨onnten dann teilweise substitutiv eingesetzt werden. Im Folgenden werden exemplarisch die Existenz des Pooling-Gleichgewichts Vorstand ” arbeitet immer sorgf¨altig“ und des Separationsgleichgewichts Vorstandstyp G ist sorgf¨altig, ” Vorstandstyp B ist nicht sorgf¨altig“ samt Eintrittsbedingungen und Reaktion des Auf¨ sichtsrats untersucht. Eine Ubersicht u ¨ber alle gefunden Gleichgewichte findet sich in Tabelle 5.1 auf Seite 126. i.) Im Pooling-Gleichgewicht Vorstand arbeitet immer sorgf¨altig“ gilt p(s|G, w, S) = ” p(s|B, w, S) = 1. Der Vorstand kennt seinen Typ, aber der Aufsichtsrat kann aus der Beobachtung des Sorgfaltsniveaus nicht auf den Vorstandstypen r¨ uckschließen. Der Vergleich der erwarteten Auszahlung des Aufsichtsrats in Abh¨angigkeit von seinem Kontrollverhalten (C) bei Beobachtung sorgf¨altiger Vorstandsarbeit ergibt:80 E[Z A |s, C] > E[Z A |s, ¬C] A A A A A ΠA M − K − S + α1 (ΠH − ΠM ) > ΠM − Q − S + α1 (ΠH − ΠM + Q) Q−K α1 < Q 80
(5.2)
Z A bezeichnet die Zielfunktion des Aufsichtsrats. Sie entspricht der Verg¨ utung abz¨ uglich der Kosten ur aus Arbeitsleid, Reputation und Haftung. Z V stellt die Zielfunktion des Vorstands dar. E[·] steht f¨ den Erwartungswert.
122
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
F¨ ur das Signal s kann der Aufsichtsrat seine a priori Wahrscheinlichkeiten u ¨ber den Typ des Vorstand im Pooling-Fall nicht auf das Signal konditioniert aktualisieren, so dass die a posteriori mit den a priori Wahrscheinlichkeiten u ¨ber das Vorliegen der Vorstandstypen u ¨bereinstimmen: p(s|G, w, S)ε(S) p(s|G, w, S)ε(S) + p(s|B, w, S)(1 − ε(S)) = ε(S)
α1 = p(G|s, w, S) = α1
(5.3)
Die Wahrscheinlichkeit β1 , mit der der Aufsichtsrat nach Empfang des Signals s eine Kontrolle durchf¨ uhrt, h¨angt demnach nur vom Verh¨altnis aus Kontrollkosten und Reputationskosten ab. Es gilt: ⎧ ⎪ ⎪ ⎪1 ⎨ β1 =
∈ ]0, 1[ ⎪ ⎪ ⎪ ⎩0
⎧ ⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨⎪ ⎭
(5.4)
Je gr¨oßer also die Kontrollkosten in Relation zum Reputationsschaden sind, umso weniger lohnt sich Kontrolle angesichts der gegebenen Wahrscheinlichkeit, einen schlechten Vorstand bestellt zu haben. Weicht der Vorstand von der vermuteten Gleichgewichtsstrategie ab und empf¨angt der Aufsichtsrat das Signal nicht sorgf¨altig“, ¬s, so ergibt ein Vergleich seiner erwarteten ” Auszahlungen:81 E[Z A |¬s, C] > E[Z A |¬s, ¬C] A ΠA M − K − S > ΠL − H − S
z(1 − w)(PM − PL ) > K − H
(5.5)
Wegen K < H ist (5.5) immer erf¨ ullt, so dass der Aufsichtsrat auf mangelnde Sorgfalt des Vorstands immer mit Kontrolle reagieren w¨ urde, d.h. β2 = 1. Wie Gleichung (5.4) zeigt, wird der Aufsichtsrat bei Beobachtung von sorgf¨altig“ f¨ ur ε(S) < ” kontrollieren, so dass β1 = 1 gilt.
Q−K Q
ebenfalls
Gegeben diese Strategie des Aufsichtsrats folgt aus dem Vergleich f¨ ur die Auszahlungen 81
Unabh¨angig von der Wahrscheinlichkeitsverteilung ergeben sich f¨ ur den Aufsichtsrat bei Beobachtung des out-of-equilibrium Signals sichere Auszahlungen in Abh¨ angigkeit von seinen Handlungen. Daher ist keine Konkretisierung des Updating-Prozesses außerhalb der Gleichgewichtsvermutung erforderlich.
5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten
123
der Vorstandstypen G und B,82 E[Z V |G, s, β1 ] = ΠVH − V V
> ΠVM − RG = E[Z V |G, ¬s, β2 ]
w(PH − PM ) + RG > V V
E[Z V |B, s, β1 ] = ΠVM − V V
(5.6)
> ΠVM − RB = E[Z V |B, ¬s, β2 ]
RB > V V
(5.7)
dass ein stets sorgf¨altiges Verhalten beider Vorstandstypen und Kontrolle durch den Aufsichtsrat ein Pooling-Gleichgewicht ergeben. Solange gem¨aß (5.7) das Arbeitsleid geringer ist als der Reputationsschaden bevorzugen beide Vorstandstypen sorgf¨altig“.83 Dieses ” kontraintuitive Gleichgewicht resultiert hier aus den externen Paramtern. Bedingung (5.7) zusammen mit Bedingung (5.4) definieren eine unendliche Menge an Gleichgeichten in denen der Vorstand immer sorgf¨altig arbeitet und der Aufsichtsrat in Abh¨angigkeit von den Bestellkosten, den Kontrollkosten und dem erwarteten Reputationsschaden immer, manchmal oder nie kontrolliert. Ist K im Vergleich zu Q sehr klein, kann es aufgrund der Eigenschaften von ε(S) prohibitiv teuer sein, einen guten Vorstand zu bestellen. Stattdessen lohnt es sich f¨ ur den Aufsichtsrat, immer zu kontrollieren und so Reputationssch¨aden zu vermeiden.84 iii.) Im separierenden Gleichgewicht Vorstandstyp G arbeitet immer sorgf¨altig, Typ B ” nie sorgf¨altig“ gilt p(s|G, w, S) = 1, p(s|B, w, S) = 0. In diesem Fall kann der Aufsichtsrat aus der Beobachtung des Sorgfaltsniveaus s eine Aktualisierung seiner Wahrscheinlichkeitsvermutung vornehmen und perfekt auf den Vorstandstyp schließen: p(s|G, w, S)ε(S) p(s|G, w, S)ε(S) + p(s|B, w, S)(1 − ε(S)) = 1
α1 = p(G|s, w, S) = α1
82
(5.8)
Die Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Kontrollverhalten des Aufsichtsrats, β1 , kann in den Auszahlungen der Vorstandstypen unbestimmt bleiben, da die Auszahlungen des Vorstands bei sorgf¨ altigem Verhalten unabh¨angig von der Aktion des Aufsichtsrats sind. 83 Die restriktivere der beiden Bedingungen ist in Gleichung (5.7) gegeben. Q−K 84 Wird K im Vergleich zu Q sehr klein, so gilt lim = 1. Damit gilt immer ε(S) < Q−K und Q Q (Q−K)→Q
aus Bedingung (5.4) folgt β1 = 1.
124
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
Unter Ber¨ ucksichtigung dieser a posteriori Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Vorstandstyp ergibt ein Vergleich der erwarteten Auszahlung des Aufsichtsrats bei Beobachtung sorgf¨altiger Vorstandsarbeit:85 E[Z A |s, C] > E[Z A |s, ¬C] A ΠA H − K − S > ΠH − S
K < 0
(5.9)
Beobachtet der Aufsichtsrat unter dieser Verhaltensannahme bez¨ uglich der Vorstandstypen das Signal s, hat er keinen Anreiz, Kontrollkosten einzugehen und wird nicht konur den Empfang des Signals ¬s folgt gem¨aß Gleichung (5.5), dass trollieren (β1 = 0). F¨ der Aufsichtsrat immer kontrollieren wird (β2 = 1). F¨ ur die erwarteten Auszahlungen des Vorstands vom Typ G folgt, gegeben die Strategie und Verhaltensvermutung des Aufsichtsrats: E[Z V |G, s, β1 ] = ΠVH − V V
> ΠVM − RG = E[Z V |G, ¬s, β2 ]
w(PH − PM ) > V V − RG w(PH − PM ) + RG > V V
(5.10)
Der gute Vorstandstyp bevorzugt s, wenn der Vorteil der h¨oheren Verg¨ utung und der vermeidbare Reputationsschaden das Arbeitsleid u ur ¨bersteigen. In gleicher Weise gilt f¨ den Vorstandstyp B: E[Z V |B, s, β1 ] = ΠVM − V V
< ΠVM − RB = E[Z V |B, ¬s, β2 ]
RB < V V
(5.11)
Die Strategie des Aufsichtsrats, nur bei dem Signal ¬s zu kontrollieren, f¨ uhrt genau dann zu einem separierenden Verhalten der Vorstandstypen, wenn der Vorteil aus sorgf¨altiger Arbeit beim Vorstand Typ G das Arbeitsleid u ¨bersteigt, beim Vorstand vom Typ B aber unterschreitet. Im vorliegenden Modell ist diese Situation m¨oglich. Beide Vorstandstypen verf¨ ugen annahmegem¨aß u uglich der Unterneh¨ber unterschiedliche F¨ahigkeiten bez¨ mensf¨ uhrung, wodurch die erzielbaren Vorteile aus Sorgfalt im Ergebnis unterschiedlich hoch ausfallen.
85
Beide Aktionen des Vorstands k¨ onnen mit positiver Wahrscheinlichkeit eintreten, so dass keine out-ofequilibrium beliefs festzulegen sind.
5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten
125
Aus (5.6), (5.7), (5.10) und (5.11) lassen sich die Bedingungen ableiten unter denen die jeweiligen Vorstandstypen immer bzw. nie sorgf¨altig sind. Diese Bedingungen lauten zusammengefasst: i.) V V < RB : Beide Vorstandstypen G, B sind immer sorgf¨altig. ii.) V V > RG + w(PH − PM ): Beide Vorstandstypen sind nie sorgf¨altig. iii.) V V > RB und V V < RG + w(PH − PM ): Nur der gute Vorstandstyp ist sorgf¨altig, der schlechte Vorstandstyp ist nicht sorgf¨altig. iv.) V V < RB und V V > RG + w(PH − PM ): Nur der gute Vorstandstyp ist nicht sorgf¨altig, der schlechte Vorstandstyp ist sorgf¨altig. Dar¨ uber hinaus k¨onnen F¨alle eintreten, in denen die Vorstandstypen ihr Verhalten randomisieren. In diesen F¨allen treten allerdings keine Gleichgewichte auf. Ohnehin stellen sie Kombinationen der reinen Strategien dar, so dass sich die folgende Analyse auf letztere beschr¨ankt. Zusammen mit den in (5.4) und (5.5) hergeleiteten Bedingungen f¨ ur die Aktionswahl des Aufsichtsrats ergeben sich neun Parameterkonstellationen, die auf Gleichgewichte untersucht werden m¨ ussen. Fall iv.) kann im Rahmen der Modellierung nicht eintreten, da die beiden Bedingungen einander widersprechen. Tabelle 5.1 fasst die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammen. Analyse der ermittelten Gleichgewichte Um den Einfluss der Aufsichtsratsverg¨ utung auf den Unternehmenswert beurteilen zu k¨onnen, muss f¨ ur die in Tabelle 5.1 ermittelten Gleichgewichte untersucht werden, welchen Einfluss die Modellparameter, insbesondere F A und z, sowie die Aktionen des Aufsichtsrats auf ihr Eintreten haben. Von besonderem Interesse ist dabei, ob die variable Verg¨ utung den Suchaufwands S, die Notwendigkeit von Kontrollen, sowie in Folge die Wahrscheinlichkeit eines hohen Unternehmenswertes beeinflussen kann. In den Pooling-Gleichgewichten stimmen die a prioir und a posteriori Wahrscheinlichkeiten u ur den Aufsichtsrat in den ¨berein. Damit lassen sich die erwarteten Auszahlungen f¨ vier ermittelten Pooling-Gleichgewichten (P GG) in Abh¨angigkeit von ε(S) darstellen. A A P GG1 : E[Z A ] = ΠA M − K − S + ε(S)(ΠH − ΠM )
A A P GG2 : E[Z A ] = ΠA M − Q − S + β1 (Q − K) + ε(S) ΠH − ΠM + (1 − β1 )Q
A A P GG3 : E[Z A ] = ΠA M − Q − S + ε(S)(ΠH − ΠM + Q)
P GG4 : E[Z A ] = ΠA M −K −S
126
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
Der Vergleich der erwarteten Auszahlungen in Anhang G zeigt, dass die Auszahlung im Pooling-Gleichgewicht 2 f¨ ur ε(S) < Q−K Q
Q−K Q
von derjenigen in Gleichgewicht 1 und f¨ ur ε(S) >
von der Auszahlung in Gleichgewicht 3 dominiert wird. Pooling-Gleichgewicht 4
wird von Pooling-Gleichgewicht 1 dominiert. Im Folgenden werden daher nur die Pooling Gleichgewichte 1 und 3 n¨aher betrachtet. Pooling-Gleichgewicht 1 Die erwartete Auszahlung des Aufsichtsrats im Pooling-Gleichgewicht 1, mit β1 = 1; β2 = 1; p(s|G, w, S) = p(s|B, w, S) = 1, betr¨agt: E[Z A ] = F A − zF V + z(1 − w)PM − K − S + ε(S)z(1 − w)(PH − PM ) ∗
(5.12)
∗∗
In Gleichung (5.12) kennzeichnet (∗) die erwartete Grundentlohnung, welche der Aufsichtsrat unabh¨angig vom Typ des bestellten Vorstands in diesem Gleichgewicht erreicht. Der mit (∗∗) gekennzeichnete Term beschreibt die erwartete zus¨atzliche Entlohnung f¨ ur den Fall, dass ein Vorstand vom Typ G vorliegt. Beide Terme sind vom Anreizparameter
Parameter V V < RB
RB < V V V V < RG + w(PH − PM )
ε(S)
Q−K Q
Pooling-GGW1
Pooling-GGW2
Pooling-GGW3
Vorstand: s
Vorstand: s
Vorstand: s
AR: C
AR: C, β ∈ [0, 1] AR: ¬C
Separierendes GGW Vorstand Typ G: s Vorstand Typ B: ¬s AR: C wenn ¬s, sonst ¬C
V V > RG + w(PH − PM ) Pooling-GGW4 Vorstand: ¬s AR: C
Tabelle 5.1.: Gleichgewichte in Abh¨angigkeit von den Parameterkonstellationen
5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten
127
z und vom Bestellungsaufwand S abh¨angig. Folglich sind Partialanalysen m¨oglich, die die Suchkosten und den Parameter der variablen Verg¨ utung einbeziehen. Die Maximierung der erwarteten Auszahlung des Aufsichtsrats u uhrt zu ¨ber die Suchkosten S f¨ ∂E[Z A ] ∂ε(S) ! = −1 + z(1 − w)(PH − PM ) = 0 ∂S ∂S ∂ε(S) z(1 − w)(PH − PM ) = 1 ∂S 1 ∂ε(S ∗ ) = ⇔ ∂S ∗ z(1 − w)(PH − PM )
(5.13)
Die Bedingung (5.13) wird aufgrund der Eigenschaften von ε(S) (siehe S. 117) ohne variable Entlohung des Aufsichtsrats, d.h. bei z = 0, nie erf¨ ullt sein. Dies bedeutet, dass es ohne variable Entlohnung nicht gelingt, den Aufsichtsrat zu einer hohen Sorgfalt bei der Bestellung des Vorstands anzureizen. Er w¨ahlt S ∗ = 0, wodurch ε(S ∗ ) = 0.5 gilt. Damit liegt die Wahrscheinlichkeit, einen lediglich mittleren Unternehmenswert zu erzielen, bei 50%. Erst eine variable Entlohung des Aufsichtsrats f¨ uhrt in diesem Gleichgewicht dazu, dass neben der Kontrollfunktion die vorgelagerte Bestellungsfunktion vom Aufsichtsrat wahrgenommen wird, da der Ausichtsrat erst dann am h¨oheren Unternehmenswert partizipiert. Dies zeigt sich sowohl in der positiven Kreuzableitung der erwarteten Auszahlung nach S und z,
∂ε(S) ∂ 2 E[Z A ] = (1 − w)(PH − PM ) > 0, ∂S∂z ∂S
(5.14)
als auch im Vergleich des Anstiegs von ε(S), der in (5.1) definiert ist, und Bedingung (5.13). Eine Erh¨ohung des variablen Entlohnungsparameters f¨ uhrt nach Gleichung (5.13) zu einem sinkenden Anstieg von ε(S ∗ ). Da gem¨aß (5.1) der Anstieg von ε(S) mit steigendem S sinkt, impliziert eine steigende variabler Entlohnung einen steigenden optimalen Suchaufwand des Aufsichtsrats. Pooling-Gleichgewicht 3 Die erwartete Auszahlung des Aufsichtsrats im Pooling-Gleichgewicht 3, mit β1 = 0; β2 = 1; p(s|G, w, S) = p(s|B, w, S) = 1, betr¨agt: E[Z A ] = F A − zF V + z(1 − w)PM − Q − S + ε(S)(z(1 − w)(PH − PM ) + Q) ∗
∗∗
(5.15) Der mit (∗) gekennzeichnete Term in Gleichung (5.15) entspricht wieder der Mindestentlohnung des Aufsichtsrat und der mit (∗∗) gekennzeichnete Term der zus¨atzlichen
128
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
Entlohnung bei Bestellung eines Vorstands vom Typ G. Die Ableitung der erwarteten Auszahlung des Aufsichtsrats nach S ergibt in Analogie zu (5.13): ∂ε(S ∗ ) 1 = ∂S ∗ z(1 − w)(PH − PM ) + Q
(5.16)
Im Unterschied zu PGG1 kann diese Bedingung ohne jegliche variable Entlohnung erf¨ ullt sein. Dies ist im Reputationseffekt Q begr¨ undet, zu dem es in diesem Gleichgewicht mit der ¨ ufung Wahrscheinlichkeit (1−ε(S ∗ )) komm, da der mittlere Unternehmenswert zur Uberpr¨ der Aufsichtsratst¨atigkeit durch die Anteilseigner f¨ uhrt und diese jedesmal mangelnde Kontrolle aufdecken werden. Je h¨oher dieser Schaden ausf¨allt, umso gr¨oßer ist aus Sicht des Aufsichtsrats der Vorteil einer sorgf¨altigen Auswahl des Vorstands. Dar¨ uber hinaus steigt der Vorteil einer sorgf¨altigen Auswahl wie in Pooling-Gleichgewicht 1 mit dem variablen Entlohnungsparameter z. Dies best¨atigt erneut die Kreuzableitung der erwarteten Auszahlung nach S und z, die Gleichung (5.14) entspricht. Separations-Gleichgewicht Eine entsprechende Analyse kann f¨ ur das separierende Gleichgewicht vorgenommen werden. Die erwartete Auszahlung f¨ ur den Aufsichtsrat in Abh¨angigkeit von ε(S) betr¨agt:
E[Z A ] = F A − zF V + z(1 − w)PM − K − S + ε(S)(z(1 − w)(PH − PM ) + K)
(5.17)
Die Maximierung der erwarteten Auszahlung u ¨ber S ergibt die Bedingung ∂ε(S) (z(1 − w)(PH − PM ) + K) = 1. ∂S Stellt man (5.18) nach
∂ε(S) ∂S
(5.18)
um, so zeigt sich, dass der aus Sicht des Aufsichtsrats optimale
Suchaufwand S sowohl in dem variablen Anreizparameter z als auch in den Kontrollkosten K steigt:
1 ∂ε(S ∗ ) = ∂S ∗ z(1 − w)(PH − PM ) + K
(5.19)
Wie in der Analyse des PGG1 gilt, dass aus (5.1) bekannt ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines Vorstands vom Typ G mit dem investierten Suchaufwand steigt, allerdings mit einer abnehmenden Rate. Die Bedingung (5.19) zeigt nun, dass der Anstieg dieser Wahrscheinlichkeit im Optimum von S umso geringer ausf¨allt, je gr¨oßer der variable Anreizparameter z ist. Daraus folgt unter Ber¨ ucksichtigung von
∂ 2 ε(S) ∂S 2
< 0, dass S mit der
variablen Entlohnung steigen muss. Dies ist ¨okonomisch plausibel, denn mit steigender
5.3. Modellierung zum Aufgabenspektrum von Aufsichtsr¨aten
129
variabler Entlohnung nimmt der Vorteil aus der Bestellung eines guten Vorstands, ΠA H statt ΠA ur die Abh¨angigkeit von S von K. M , zu. Analog gilt die Argumentation f¨ Bewertung der Gleichgewichte aus Sicht des Aufsichtsrats Behauptung 5.1 Der Aufsichtsrat pr¨aferiert immer das separierende Gleichgewicht. Beweis: Siehe Anhang H. Diese Pr¨aferenz erkl¨art sich daraus, dass der Aufsichtsrat im separierenden Gleichgewicht durch die perfekte Signalisierung des Vorstandstyps u ¨ber dessen Sorgfaltsniveau jegliche Reputations- und Haftungskosten sowie, im Fall eines Vorstands vom Typ G, auch die Kontrollkosten einspart. Allerdings hat der Aufsichtsrat keine M¨oglichkeit, das separierende Gleichgewicht zu erzwingen. Wie in der Tabelle 5.1 deutlich wird, h¨angt das Ergebnis, ob sich ein Pooling-Gleichgewicht oder ein separierendes Gleichgewicht einstellt, von den Parametern V V , Rj und w ab. Selbst wenn der Einfluss des Aufsichtsrats auf das Arbeitsleid des Vorstands langfristig gesehen relativ gering sein d¨ urfte, ist sein Einfluss auf den variablen Entlohnungsparameter w unmittelbar gegeben (§ 84 Abs. 1 AktG). Der Aufsichtsrat bestellt den Vorstand und legt dessen Verg¨ utungsstruktur fest. Aus den Eintrittsbedingungen der Gleichgewichte lassen sich c.p. die Grenzen f¨ ur w bestimmen, f¨ ur die der Aufsichtsrat entweder ein Pooling- oder ein separierendes Gleichgewicht erreicht. Gilt gem¨aß Tabelle 5.1 V V < RB , d.h., es liegen die Pooling-Gleichgewichte 1 bis 3 vor, werden beide Vorstandstypen unabh¨angig vom Verg¨ utungsvertrag immer sorgf¨altig sein, so dass der Aufsichtsrat dem Vorstand jede beliebige Verg¨ utung anbieten kann, die sein Arbeitsleid kompensiert. Gilt ur den schlechten Vorstand von vornherein undagegen V V > RB ist sorgf¨altige Arbeit f¨ lohnend und es h¨angt vom Parameter w ab, ob sich das separierende Gleichgewicht oder das Pooling-Gleichgewicht 4 einstellt. Es gilt w>
V V − RG P H − PM
w
0 ∂S ∂S
(5.24)
Das Gleichgewicht, f¨ ur welches der Aufsichtsrat im Zuge seiner Optimierung das h¨ochste S ∗ w¨ahlt, maximiert den NUW der Eigner. Behauptung 5.2 Die Anteilseigner des Unternehmens pr¨aferieren Pooling-Gleichgewicht 3. Beweis: Siehe Anhang I. Hieraus ergibt sich ein Spannungsverh¨altnis zwischen den Pr¨aferenzen von Aufsichtsrat und Anteilseignern. Wenn der Aufsichtsrat die M¨oglichkeit hat, u ¨ber die Wahl eines geeigneten w oder u ¨ber seinen Einfluss auf den potentiellen Reputationsschaden des schlechten Vorstands, RB , das separierende Gleichgewicht zu erreichen, maximiert er durch Wahl ∗ zwar seine erwartete Auszahlung, aber nicht den Nettounternehmenswert. von SSGG
Sofern allerdings V V < RB gilt, ist das separierende Gleichgewicht nicht erreichbar und der Aufsichtsrat maximiert seine Auszahlung u ¨ber die Wahl von S ∗ in den Pooling-Gleichgewichten 1 oder 3. Die Wahl zwischen PGG1 und PGG3 h¨angt gem¨aß Anhang I vom Verh¨altnis von ε(S) zu
Q−K Q
ab. Gilt ε(S) >
Q−K Q
maximiert der Auf-
sichtsrat seine Auszahlung in Pooling-Gleichgewicht 3 und maximiert dabei den NettoUnternehmenswert. Wichtig aus Sicht der Anteilseigner ist, dass gem¨aß (5.16) S und damit ε(S) mit der variablen Verg¨ utung z steigt, so dass sie u ¨ber z beeinflussen k¨onnen, ob obige Ungleichung erf¨ ullt ist. Das heißt, die Anteilseigner haben durch die variable Verg¨ utung die M¨oglichkeit, den Aufsichtsrat zu einer unternehmenswertmaximierenden Wahrnehmung seiner Funktion anzureizen. Eine zweite M¨oglichkeit best¨ unde in der Beeinflussung von Q. W¨ urden die Anteilseigner den potentiellen Reputationsschaden des ¨ Aufsichtsrats aus mangelnder Uberwachung verringern, w¨ urde es f¨ ur diesen lohnender, Kontrolle durch Suchaufwand zu substituieren. Zusammengefasst stehen den Anteilseignern somit zwei Instrumente zur Verf¨ ugung, den Aufsichtsrat zu einer NUW-maximierenden Arbeit anzuregen. Sie k¨onnen zum Einen u ¨ber die variable Entlohnung z einen Anreiz setzen, innerhalb eines Gleichgewichts einen m¨oglichst hohen Suchaufwand zu betreiben. Die Auswahl eines bestimmten Gleichgewichts allerdings ist u utung, z, nicht be¨ber den Anreizparameter der variablen Verg¨ einflussbar. Zum Anderen kann u ¨ber die externen Parameter der Aufsichtsratst¨atigkeit, Q und K, zumindest die Variante des Pooling-Gleichgewichts mit immer sorgf¨altigen
5.4. Zusammenfassung der Ergebnisse
133
Vorst¨anden (PGG1 oder PGG3) angesteuert werden. Wenngleich der Einfluss der Anteilseigner auf K eher gering ist, l¨asst sich der Reputationsschaden Q unmittelbar u ¨ber die Entlastung durch die Hauptversammlung oder Wiederbestellungsoptionen als Aufsichtsrat beeinflussen.89
5.4. Zusammenfassung der Ergebnisse Der vorgestellte Modell analysiert, inwiefern eine variable Verg¨ utung f¨ ur Aufsichtsr¨ate ¨ einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Uberwachungspflichten aus¨ ubt. Unter Bezug auf den rechtlichen Rahmen der Aufsichtsratst¨atigkeit in Deutschland werden im Rahmen der spieltheoretischen Modellierung die Aufgaben des Aufsichtsrats in Bestellung des Vorstands und Kontrolle der Vorstandsarbeit unterschieden. Die Problematik der Auswahl des Vorstands ist in unterschiedlichen Vorstandstypen begr¨ undet, die unterschiedliche F¨ahigkeiten der Unternehmensf¨ uhrung aufweisen, wodurch eine Steigerung des Unternehmenswerts erreicht wird. W¨ahrend bisher in der Verg¨ utung von deutschen Aufsichtsr¨aten fixe und wertunabh¨angige Bestandteile dominieren,90 sprechen die hier gezeigten Ergebnisse deutlich daf¨ ur, verst¨arktes Augenmerk auf variable, am Unternehmenswert ausgerichtete Verg¨ utungsbestandteile zu legen. Als Ergebnis der Analyse zeigt sich, dass das strategische Verhalten von Aufsichtsrat und Vorstand unter den modellierten institutionellen Rahmenbedingungen zu f¨ unf m¨oglichen Gleichgewichten f¨ uhren kann. In das strategische Verhalten des Aufsichtsrats ¨ fließen Kontrollkosten aus der Uberwachung des Vorstands ebenso ein, wie ein zu erwartetender Reputationsschaden bei nachl¨assiger Kontrolle. In Abh¨angigkeit von der begleitenden Kontrolle des Aufsichtsrats sind drei PoolingGleichgewichte m¨oglich, in denen der Vorstand immer sorgf¨altig die Unternehmensleitung aus¨ uben wird. In Abh¨angigkeit von den Modellparametern ist ein weiteres PoolingGleichgewicht m¨oglich, in welchem die Vorst¨ande nie sorgf¨altig agieren und der Aufsichtsrat zur Vermeidung von Haftungs- und Reputationskosten immer kontrollieren wird. Dar¨ uber hinaus wurde ein separierendes Gleichgewicht identifiziert, in dem die Vorst¨ande ihren Typ u ubte Gesch¨aftsf¨ uhrungssorgfalt signalisieren und der Aufsichts¨ber die ausge¨ rat die Aus¨ ubung seiner Aufsichtspflicht vom empfangenen Signal abh¨angig macht. Dieses Gleichgewicht erwies sich aus Sicht des Aufsichtsrats als optimal. Aus Sicht der Anteilseigner dagegen erwies sich Pooling-Gleichgewicht 3 als optimal, in welchem alle Vorst¨ande im89
In keinem Fall darf aus Sicht der Anteilseigner der Reputationseffekt soweit verringert werden, dass er durch die Kontrollkosten streng dominiert wird, K > Q. Im Ergebnis w¨ urde jeglicher Anreiz zur Kontrolle wegfallen und kein unternehmenswertmaximierendes Gleichgewicht mehr existieren. 90 Vgl. Kramarsch & Filbert (2007).
134
5. Der Aufsichtsrat als komplement¨arer Governance Mechanismus
mer sorgf¨altig sind und der Aufsichtsrat nie kontrolliert. Zun¨achst scheint dieses Ergebnis die Institution Aufsichtsrat in Frage zu stellen. Dieser hat im beschriebenen Gleichgewicht dennoch zwei wichtige Funktionen. Erstens wird das sorgf¨altige Handeln der Vorst¨ande u ¨ber die Androhung von Kontrolle durch den Aufsichtsrats angereizt. Zweitens ist dieses Pooling-Gleichgewicht nur erreichbar, wenn der Aufsichtsrat seiner Bestellungsfunktion hinreichend intensiv nachkommt. Letzteres ist durch variable wertbasierte Verg¨ utung anreizbar. Im Ergebnis der Modellierung ist eine variable am Unternehmenswert ausgerichtete Verg¨ utung von Aufsichtsr¨aten, so wie es auch im Deutschen Corporate Governance ¨ Kodex angeregt wird, zu empfehlen, um die Qualit¨at der Uberwachungst¨ atigkeit, die sich im erwarteten Nettounternehmenswert ausdr¨ uckt, zu erh¨ohen. Dieses Kapitel grenzt sich thematisch von den vorhergehenden ab, indem es einen Corporate Governance Mechanismus betrachtet, der als komplement¨ar zur gesetzlich geregelten Unternehmenspublizit¨at angesehen werden kann. Statt opportunistischem Verhalten der Unternehmensf¨ uhrung aufgrund asymmetrischer Informationen und unvollst¨andiger Vertr¨age dadurch zu begegnen, dass das Management von Rechts wegen verpflichtet wird, Informationsasymmetrien abzubauen, bewirkt der Aufsichtsrat eine Interessenangleichung zwischen Anteilseignern und Management durch seine Aufsichtst¨atigkeit und das daraus resultierende Sanktionspotential. Dieses ergibt sich daraus, dass er zumindest dem Sinne des AktG nach, u ¨ber Bestellung und Abberufung von Vorst¨anden, und deren Verg¨ utungsvertr¨age entscheidet, sowie Schadenersatzanspr¨ uche der Anteilseigner gegen¨ uber dem Vorstand vertritt. Das der Aufsichtsrat sich dabei, wie in Kapitel 3 auch auf den Konzernabschluss st¨ utzt, tut der Komplementarit¨at keinen Abbruch. Zu Beginn dieses Kapitels wurde argumentiert, dass die Existenz von Aufsichtsr¨aten m¨oglicherweise ¨ dadurch begr¨ undet werden k¨onnte, dass Kosten/Nutzen-Uberlegungen einzelne Aktion¨are davon abhalten k¨onnten, verf¨ ugbare Informationen zu sammeln und in ihre wirtschatlichen Entscheidungen einzubeziehen. Angesichts der in Kapitel 4 gezeigten Schwierigkeiten bei der Extraktion relevanter Informationen aus Konzernabschl¨ ussen, ist dieser Effekt auch bei grunds¨atzlich werthaltigen Konzernabschl¨ ussen vorstellbar. Versch¨arft wird er noch durch verschleiernde Bilanzpolitik, wie sie in Kapitel 2 beschrieben wurde. Hier kommt dem Aufsichtsrat eine entscheidende Rolle in der Sicherstellung und Gewinnung entscheidungsrelevanter Informationen aus den Berichten der Gesch¨aftsf¨ uhrung zu, da er als gemeinschaftlich finanzierte Kontrollinstanz die Kosten der Informationsgewinnung im gleichen Maße wie den Nutzen verteilt.
6. Schlussbemerkungen ¨ Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die vertragliche Ubertragung der Kontrolle u umern auf angestellte Manager. Angesichts ¨ber Kapitalgesellschaften von den Eigent¨ der damit verbundenen Prinzipal-Agenten-Probleme wurde ein Bedarf an Corporate Go¨ vernance Mechanismen abgeleitet und ein kurzer Uberblick u ¨ber die wesentlichen Gruppen von Corporate-Governance-Instrumenten gegeben. Als eines dieser Instrumente wurde das externe Rechnungswesen und hier insbesondere der Konzernabschluss identifiziert. Die Auffassung der externen Berichterstattung als Bestandteil der Unternehmenskommunikation erlaubte es, die Informationsvermittlung mittels des Konzernabschlusses in ein Kommunikationsmodell einzuordnen und dessen einzelne Elemente, Sender, ¨ Ubertragungssystem und Empf¨anger, separat zu untersuchen. Im Zuge dieser Untersuchungen wurde gezeigt, dass die Informationswirkung des Konzernabschlusses durch senderseitige Bilanzpolitik, durch empf¨angerseitige Wahrnehmungsdefizite, sowie durch systematische Unzul¨anglichkeiten des Informationssystems ’Konzernabschluss’beeintr¨achtigt werden kann. Im Ergebnis verdeutlichte dies, dass der Konzernabschluss f¨ ur eine funktionierende Corporate Governance durch andere Corporate-Governance-Instrumente erg¨anzt werden muss. Im letzten Kapitel der Arbeit wurde ein solches Instrument, der Aufsichtsrat, exemplarisch darauf hin untersucht, ob seine Effektivit¨at durch unternehmenswertbasierte Verg¨ utungsvereinbarungen erh¨oht werden kann. Die Komplementarit¨at der Corporate-Governance-Mechanismen Konzernabschluss und Aufsichtsrat zeigt sich darin, dass Letzterer als fachkundiger Vertreter der Eigent¨ umer durch eigene Pr¨ ufung und Beauftragung eines externen Abschlusspr¨ ufers sch¨adliche Bilanzpolitik, wie sie in Kapitel 2 dokumentiert wurde, verhindern soll und so zumindest senderseitige Beeintr¨achtigungen der Informationsfunktion des Konzerabschlusses mindert. Durch die Ber¨ ucksichtigung weiterer unternehmensinterner Informationsquellen kann der Aufsichtsrat, wie Kapitel 3 gezeigt hat, unter bestimmten Bedingungen auch dann Informationen aus dem Konzernabschluss ziehen und publik machen, die allein auf Basis des Abschlusses nicht nutzbar gewesen w¨aren, so dass er auch systembedingte Einschr¨ankungen der Informationsfunktion des Konzernabschlusses teilweise kompensieren kann. Nicht diskutiert wurde der Einfluss des Aufsichtsrats auf die Rezeption der Abschlussinformtionen durch individuelle Investoren oder Aktion¨are. Es ist allerdings denkbar, dass er auch hier als vermittelndes Organ wirken
136
6. Schlussbemerkungen
kann, indem er zum Beispiel den Vorstand zur Adoption bestimmter Bilanzierungswahlrechte anh¨alt, die nicht zur Verzerrung der Bilanzwahrnehmung f¨ uhren oder indem er den Vorstand auf der j¨ahrlichen Hauptversammlung auffordert, zu bestimmten Bilanzpositionen Stellung zu nehmen. Die Bedeutung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den hier vorgestellten Themen wird durch die aktuelle Finanzkrise deutlich illustriert. Im April 2007 wurde mit der Insolvenz des Hypothekenfinanzierers New Century Financial eine Lawine in Gang gesetzt, die zun¨achst den amerikanischen Finanzmarkt und sp¨ater die Finanzbranche und andere Branchen weltweit in eine schwere Krise st¨ urzte.1 Die Schuld an der Krise wird einer Vielzahl von Institutionen und Personengruppen zugeschoben, darunter utungssystemen f¨ ur auf kurzfristigen Erfolg erpichte den Regulierungsbeh¨orden2 , den Verg¨ Bankmanager3 , den Rechnungslegungsvorschriften zur Bewertung von Finanzinstrumenten4 oder Ratingagenturen.5 Ein Blick auf Abbildung 1.2 zeigt, dass sich jedes Element dieser Aufz¨ahlung dort als Bestandteil des Corporate Governance Systems wieder findet. Die Besch¨aftigung mit solchen Themen wie der Rechnungslegung, Aufsichtsorganen oder Anreizsystemen hat also mehr als einen rein theoretischen Wert, sondern kann, ganz im Sinne der Governance Definition von Williamson (2002) helfen, sehr reale Gefahren f¨ ur Unternehmen und die Wirtschaft zu b¨andigen, die aus dem Zusammentreffen von unvollst¨andigen Vertr¨agen und opportunistischen Agenten resultieren. Die in dieser Arbeit vorgestellten Diskussionsbeitr¨age zeigen Schwachstellen des Corporate Governance Instruments Konzernrechnungslegung auf und erlauben eine Einsch¨atzung des Beitrags, den die Konzernrechnungslegung zu einer funktionierenden Corporate Governance sinnvollerweise leisten kann.
1
Vgl. Vgl. Vgl. 4 Vgl. 5 Vgl. 2 3
BBC (2009). Storbeck (2008), Zeit (2008). Cohan (2009), Kakutani (2009), Sch¨ onman (2009), o.V. (2008). Norris (2009), Baetge (2009). Eine gegen¨ atzliche Meinung vertritt V´eron (2008). Zeit (2008).
Anhang A. Beweis zu Behauptung 3.1: (i) Die Anreizbedingung eines Verk¨aufers mit hoher Preisuntergrenze, P U GH ist nicht bindend. Sie lautet: 0(1 − qH ) + qH x(P OGH − y − P U GH ) U GL − P U GH ≥ (1 − qH )x(P U GL + y − P U GH ) + qH P OGH +P 2
(A.1)
Wegen P OGH − P OGL = P U GH − P U GL vereinfacht sich (A.1) zu: ⎡
⎤ qH ⎣ x qH (P OGL − P U GH ) +P U GH − P U GL − y ⎦ ≥ (P OGL − P U GH ) 2 y ≥ qH (P OGH − P U GL ) 2 qH (P OGH − P U GL ) | >y 2
(C.1)
(ii) Ausgehend von der Anreizbedingung (B.2) lassen sich die (x, y)–Kombinationen, die Anreizkompatibilit¨at f¨ ur einen K¨aufer mit hoher Preisobergrenze P OGH herstellen, folgendermaßen zusammenfassen: ⎧ ⎪ ⎪ ⎪= 1 ⎪ ⎨ x
⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎩≤
(1 − pH )(P OGH − P U GL ) 2 [(1 − pH )(P OGH − P U GL ) − y]
| (1 − pH )(P OGH − P U GL ) > y ≥ (1 − pH )(P OGH − P U GL ) (C.2) 2 (1 − pH )(P OGH − P U GL ) | >y 2
Dabei ist zu beachten, dass nur Transaktionswahrscheinlichkeiten x, die die untere Zeile von (C.1) bzw. (C.2) f¨ ur gegebene Transaktionspreise y mit Gleichheit erf¨ ullen, effizient sind. Andernfalls w¨ urden vorteilhafte Transaktionen unterbleiben, ohne dass dies zur Einhaltung von (C.1) oder (C.2) erforderlich w¨are.
Beweis zu Behauptung 3.4:
141
D. Beweis zu Behauptung 3.4: Das Management maximiert die Differenz zwischen eigenem Grenzpreis P OGi , i ∈ {L, H} und dem gem¨aß Tabelle 3.1 festzusetzenden Transaktionspreis. Formal sind vier F¨alle zu unterscheiden. Dabei bezeichnet ZFiM , i ∈ {L, H}, die Zielfunktion des vikarischen ur den Bereich I Managements bei Vorliegen des Grenzpreises P OGi . Weiterhin gilt f¨ ur den Bereich II r = (1 − pH ) zu lesen ist: r = qH , w¨ahrend f¨ (i) und (ii) P OGH und Bereich I bzw. Bereich II: P OGH − P U GL 2 r(P OGH − P U GL )y P OGH − P U GL + (1 − pH ) = pH 2[r(P OGH − P U GL ) − y] 2
ZFHM = pH xy + (1 − pH )
(D.1)
Die korrespondierende Ableitung lautet: dZFHM 2r2 (P OGH − P U GL )2 >0 = pH dy 4[r(P OGH − P U GL ) − y]2
(D.2)
(iii) und (iv) P OGL und Bereich I bzw. Bereich II: ZFLM = 0pH + (1 − pH )x(P OGL − P U GL − y) = r(P OGH − P U GL )(P OGL − P U GL − y) (1 − pH ) 2[r(P OGH − P U GL ) − y]
(D.3)
Damit ergibt sich f¨ ur die Ableitung: dZFLM dy
r2 (P OGH − P U GL )2 − r(P OGH − P U GL )(P OGL − P U GL ) 2[r(P OGH − P U GL ) − y]2 r(P OGH − P U GL )[r(P OGH − P U GL ) − (P OGL − P U GL )] = −(1 − pH ) 2[r(P OGH − P U GL ) − y]2 < 0 (D.4) = −(1 − pH )
142
Anhang
E. Beweis zu Behauptung 3.7
Die Ex-ante-Zielfunktion des Aufsichtsrats h¨angt von seiner A-priori-Einsch¨atzung der Wahrscheinlichkeiten pH und qH ab, da je nach deren Verh¨altnis entweder die Bedingung (C.1) oder (C.2) bindend ist. (i) Falls qH > (1 − pH ) bindet Bedingung (C.1) und die Zielfunktion der Anteilseigner (AE) lautet:
qH (P OGH − P U GL )y 2 [qH (P OGH − P U GL ) − y] qH (P OGH − P U GL ) + (1 − pH )(1 − qH )(P OGL − P U GL ) 2 [qH (P OGH − P U GL ) − y] P OGH − P U GL + (1 − pH )qH 2
ZFAE = [qH − (1 − pH )]
(E.1)
Die Ableitung nach y lautet folglich: 2 (P OGH − P U GL )2 dZFAE 2qH = [qH − (1 − pH )] dy 4[qH (P OGH − P OGL ) − y]2 2qH (P OGH − P U GL )(P OGL − P U GL ) + (1 − pH )(1 − qH ) >0 4[qH (P OGH − P OGL ) − y]2
(E.2)
(ii) Falls qH < (1 − pH ) bindet Bedingung (C.2) und die Zielfunktion der Anteilseigner lautet: (1 − pH )(P OGH − P U GL )y ZFAE = [qH − (1 − pH )] 2 [(1 − pH )(P OGH − P U GL ) − y] ΠM − Q − S + β1 (Q − K) A +ε(S) ΠA H − ΠM + (1 − β1 )Q
−K > −Q + β1 (Q − K) + ε(S)(1 − β1 )Q −(1 − β1 )K > −(1 − β1 )Q + (1 − β1 )ε(S)Q Q−K ε(S) < Q
(G.1)
ur β1 = 1 fallen die beiden Gleichgewichte zusammen. f¨ ur β1 ∈ [0, 1[. F¨ Vergleich der erwarteten Auszahlungen des Aufsichtsrat in P GG3 und P GG2 E[Z A ]P GG3 > E[Z A ]P GG2 A A A ΠA M − Q − S + ε(S)(ΠH − ΠM + Q) > ΠM − Q − S + β1 (Q − K) A +ε(S) ΠA H − ΠM + (1 − β1 )Q
ε(S)Q > β1 (Q − K) + ε(S)(1 − β1 )Q ε(S)β1 Q > β1 (Q − K) Q−K ε(S) > Q ur β1 = 0 unterscheiden sich die Auszahlungen nicht. f¨ ur β1 ∈]0, 1]. F¨
(G.2)
Beweis zu Behauptung 5.1
163
H. Beweis zu Behauptung 5.1 Die Pr¨aferenz des Aufsichtsrats ist abh¨angig von den erwarteten Verg¨ utungen. Es gilt: A A E[Z A |P GG1] = ΠA M − K − S + ε(S)(ΠH − ΠM ) A A E[Z A |P GG3] = ΠA M − Q − S + ε(S)(ΠH − ΠM + Q) A A E[Z A |SGG] = ΠA M − K − S + ε(S)(ΠH − ΠM + K)
Ein Vergleich der erwarteten Auszahlungen ergibt: E[Z A |P GG1] > E[Z A |P GG3] A A A A A ΠA M − K − S + ε(S)(ΠH − ΠM ) > ΠM − Q − S + ε(S)(ΠH − ΠM + Q) Q−K ⇔ ε(S) < Q
(H.1)
Ob der Aufsichtsrat PGG1 oder PGG3 vorzieht, h¨angt vom Verh¨altnis aus Kontrollkosten und Reputationsschaden ab. Je weiter diese Gr¨oßen auseinander liegen, umso gr¨oßer ist der Bruch auf der rechten Seite von (H.1) und umso gr¨oßer ist, gegeben ein bestimmter Suchaufwand S, die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ungleichung erf¨ ullt ist. Weiterhin gilt: E[Z A |P GG1] > E[Z A |SGG] A A A A A ΠA M − K − S + ε(S)(ΠH − ΠM ) > ΠM − K − S + ε(S)(ΠH − ΠM + K)
⇔K < 0
(H.2)
und E[Z A |P GG3] > E[Z A |SGG] A A A A A ΠA M − Q − S + ε(S)(ΠH − ΠM + Q) > ΠM − K − S + ε(S)(ΠH − ΠM + K)
⇔Q < K
(H.3)
Da sowohl (H.2) als (H.3) annahmegem¨aß nie erf¨ ullt sind, pr¨aferiert der Aufsichtsrat immer das separierende Gleichgewicht.
164
Anhang
I. Beweis zu Behauptung 5.2 Wegen (5.1) gilt: Sa > Sb ∂ε(S) ∂ε(S) wenn < ∂Sa ∂Sb
(I.1)
Damit lassen sich die aus Sicht des Aufsichtsrats optimalen Suchaufw¨ande S ∗ in den identifizierten Gleichgewichten vergleichen. Aus den Bedingungen (5.13), (5.16) und (5.19) folgt: ∂ε(S) 1 = ∂SP∗ GG1 z(1 − w)(PH − PM ) ∂ε(S) 1 = SP∗ GG3 bei ∂SP∗ GG3 z(1 − w)(PH − PM ) + Q ∂ε(S) 1 ∗ bei = SSGG ∗ ∂SSGG z(1 − w)(PH − PM ) + K
SP∗ GG1 bei
Wegen (I.1) gilt:
wenn
1
SP∗ GG3 > SP∗ GG1
1 < z(1 − w)(PH − PM ) + Q z(1 − w)(PH − PM ) ⇔Q > 0
(I.2)
Der aus Sicht des Aufsichtsrats optimale Suchaufwand in Pooling-Gleichgewicht 1 ist also immer kleiner als der in Pooling-Gleichgewicht 3. Weiterhin gilt:
wenn
1
∗ > SP∗ GG3 SSGG
1 < z(1 − w)(PH − PM ) + K z(1 − w)(PH − PM ) + Q ⇔Q < K
(I.3)
Da gilt Q > K, ist der aus Sicht des Aufsichtsrats optimale Suchaufwand im separierenden Gleichgewicht immer kleiner als der im Pooling-Gleichgewicht 3.
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