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Gesetze VVGneu VVGalt VVGInfoV –
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Visitenkarten Informationsblatt
Checklisten
Kundeninformation Kundenberatung Prämien Obliegenheiten
Lexikon 85 Stichwörter zur VVGReform
Screenshot der CDROM: Sie sehen Checklisten zum neuen Versiche rungsvertragsrecht. Um die Checklisten und Arbeitshilfen einsetzen zu können, klicken Sie einfach per Mausklick auf den Button.
Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 9783448090086
BestellNr. 066270002
1. Auflage 2008 (ISBN 9783448087079) 2., überarbeitete Auflage 2008 © 2008, Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG Niederlassung München Redaktionsanschrift: Postfach, 82142 Planegg Hausanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg Telefon: (089) 895 170, Telefax: (089) 895 17290 www.haufe.de
[email protected] Lektorat: Dipl.Kauf. Kathrin MenzelSalpietro Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie die Auswertung durch Datenbanken, vorbehalten. Redaktion: rausatz, HansJörg Knabel, 77731 Willstätt DesktopPublishing: Helmut Haunreiter, 84533 Marktl Umschlag: Kienle gestaltet, 70199 Stuttgart Druck: BoschDruck GmbH, 84030 Ergolding Zur Herstellung dieses Buches wurde alterungsbeständiges Papier verwendet.
Das neue Versicherungsvertragsrecht in der Praxis
Dr. Frank Baumann LL.M. und Matthias Beenken
2. Auflage
Haufe Mediengruppe Freiburg · Berlin · München
Inhaltsverzeichnis Vorwort
6
1 1.1 1.2 1.3 1.4
Das neue Versicherungsvertragsrecht im Überblick Das Reformgesetz Wann das Reformgesetz in Kraft tritt Wann das VVG auf Alt und Neuverträge anzuwenden ist Wo finde ich was im neuen VVG?
9 9 10 11 14
2 2.1 2.2 2.3
So wird der Kunde richtig beraten Welche Beratungspflichten müssen Versicherer leisten? Was der Versicherer dokumentieren muss Was der Versicherer während der Vertragslaufzeit leisten muss Wie der Kunde verzichten kann Ausnahmen Versicherungsvermittlung über Vermittler
22 22 27
Darüber müssen Kunden informiert werden Antragsmodell als Standard Invitatiomodell Weitere Varianten beim Vertragsschluss Inhalt der Vertragsinformationen Welche Informationen bei telefonischer Kontaktaufnahme erforderlich sind Informationspflichten während der Laufzeit des Vertrages
40 40 44 47 49
2.4 2.5 2.6 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6
So setzen Sie Ihre Beratungs und Informations pflichten um 4.1 Statusbezogene Erstinformation 4.2 Beratungsanlass 4.3 Befragung nach Wünschen und Bedürfnissen 4.4 Beratungspflicht 4.5 Empfehlung und Begründung für den Rat 4.6 Mitteilung der Beratungsgrundlage 4.7 Vertragsinformationen 4.8 Beratungsdokumentation 4.9 Antragstellung 4.10 Verkauf durch den Versicherer
31 34 35 37
65 68
4
4
69 71 74 78 80 81 83 88 89 91 91
Inhaltsverzeichnis
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6
Was beim Verkauf noch zu beachten ist Vorvertragliche Anzeigepflicht Versicherungsbeginn Vertragsdauer Widerrufsrecht Abweichender Versicherungsschein Vorläufige Deckung
93 93 103 105 106 109 110
6 6.1 6.2 6.3 6.4
Was sich bei der Prämie ändert Erstprämie Folgeprämie Keine Unteilbarkeit der Prämie mehr Neue Verjährungsregeln für Ansprüche aus Versicherungsverträgen
119 119 121 122
7 7.1 7.2 7.3 7.4
Das ändert sich bei den Obliegenheiten Vertragliche Obliegenheiten Herbeiführung des Versicherungsfalls Gefahrerhöhung Folgen der Neuregelung
127 127 131 134 136
8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7
Was ist in den Versicherungssparten zu beachten Schadenversicherung Haftpflichtversicherung Rechtsschutzversicherung Sachversicherung Lebensversicherung Berufsunfähigkeitsversicherung Krankenversicherung
139 139 141 144 145 147 152 153
9
Vertretungsmacht der Vertreter
160
125
Checklisten
163
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts
170
Literaturhinweise
245
Stichwortverzeichnis
247
5
Vorwort Das Versicherungsvertragsgesetz ist 100 Jahre alt. Trotz vieler zwischenzeitlicher Änderungen wie zuletzt im Jahr 2007 durch das Versicherungsvermittlergesetz entsprach es in Teilen nicht mehr dem Stand der Rechtsprechung. Einige Vorschriften wie beispielsweise die Kenntniszurechnung beim Vertreter waren durch die ständige Rechtsprechung des BGH (vgl. die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung) überholt. Andere Vorschriften mussten ergänzend ausgelegt werden. Manche Vorschriften führten zu Ergebnissen, die als ungerecht empfunden werden. Das „Allesoder-nichts-Prinzip“ ist ein solches Beispiel. Viele Regeln zum Versicherungsvertragsrecht entsprachen nicht mehr heutigen Vorstellungen von Verbraucherschutz. Ein Beispiel ist das bisher weit verbreitete Policenmodell, bei dem die Verbraucherinformationen dem Versicherungsnehmer erst nachträglich mit der Police zur Verfügung gestellt werden. Zwar meinte sogar der Versicherungsombudsmann, dass es in der Praxis keinen Unterschied mache, ob die Versicherungsbedingungen vor oder nach Abschluss des Vertrags vom Versicherungsnehmer nicht gelesen werden, aber der Versicherungsnehmer soll nach allgemeiner Auffassung zumindest die Chance dazu erhalten. Abgesehen davon wurden europarechtliche Bedenken gegen das Policenmodell erhoben. Ob diese Bedenken beim Policenmodell berechtigt sind oder nicht, kann letztendlich dahinstehen, da die Europäische Union auch an ganz anderer Stelle Vorgaben für die nationalen Gesetzgeber macht. So haben zum Beispiel die Fernabsatzrichtlinie und die Versicherungsvermittlerrichtlinie zu Änderungsnotwendigkeiten im VVG geführt. Schließlich hatte das Bundesverfassungsgericht Änderungen des VVG für erforderlich gehalten und so zusätzlichen Zeitdruck für die Umsetzung aufgebaut. Bis Ende 2007 musste der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine größere Transparenz und für eine bessere
6
Vorwort
Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Werten schaffen, die Lebensversicherer mit den Beiträgen der Versicherten schaffen. Eine einfache Änderung einzelner Vorschriften erschien aus diesen Gründen als nicht mehr ausreichend. Im Jahr 2000 hatte das Bundesjustizministerium eine Reformkommission mit dem Auftrag ins Leben gerufen, eine grundlegende Reform des Versicherungsvertragsrechts vorzubereiten. 2004 wurden die Ergebnisse vorgelegt, auf denen – wenn auch mit einigen Änderungen – das aktuelle Reformgesetz basiert. Wenn landläufig von der „VVG-Reform“ die Rede ist, darf nicht ganz unterschlagen werden, dass das am 5.7.2007 vom Deutschen Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts“ mehr umfasst als das allerdings im Zentrum stehende, neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Weitere Änderungen betreffen unter anderem das Einführungsgesetz zum VVG (EGVVG), das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG). Dieser Ratgeber gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, auf die sich die Versicherungswirtschaft und der Versicherungsvertrieb seit dem 1.1.2008 einstellen müssen. Gegenüber der Erstauflage liegt inzwischen auch die endgültige VVG-Informationspflichtenverordnung vor. Auch wenn inzwischen erste Literatur zum neuen VVG verfügbar ist, kann man doch viele der vom neuen VVG verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe und deren Folgen noch lange nicht abschließend bewerten. Der Fokus des Ratgebers liegt auf der praktischen Umsetzung des Gesetzes bei Versicherungsunternehmen und bei Versicherungsvermittlern. Die Praxis kann nicht warten, bis in ferner Zukunft Gerichte die offenen Fragen entschieden haben. Der Ratgeber soll daher eine Orientierungshilfe bieten.
7
1
Das neue Versicherungs vertragsrecht im Überblick
1.1 Das Reformgesetz Am 5.7.2007 hat der Deutsche Bundestag mit der Mehrheit der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen das „Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts“ (Bundestags-Drucksache 16/3945 vom 20.12.2006) einschließlich der Änderungsvorschläge des Rechtsausschusses des Bundestags (Bundestags-Drucksache 16/5862 vom 28.6.2007) verabschiedet. Das Gesetz ist einerseits ein Artikelgesetz, das andere Gesetze und Verordnungen ändert. Andererseits enthält es mit dem neuen „Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz – VVG)“ auch ein vollständiges Gesetz. Im Übrigen werden die folgenden Gesetze bzw. Verordnungen geändert oder ergänzt: • Einführungsgesetz zum VVG (EG-VVG) (Artikel 2), • Bürgerliches Gesetzesbuch (BGB) (Artikel 3), • Handelsgesetzbuch (HGB) (Artikel 4), • Einführungsgesetz zum HGB (Artikel 5), • Versicherungsunternehmen-Rechnungslegungsverordnung (Artikel 6), • Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) (Artikel 7), • Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) (Artikel 8), • Weitere Rechtsvorschriften, in denen Verweise auf das VVG enthalten sind, insbesondere in Zusammenhang mit Pflichtversicherungen (Artikel 9). Außerdem wird die Gesundheitsreform oder genauer gesagt die Bestimmungen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes zur privaten Krankenversicherung (Artikel 43 zum VVG und 44 zum VAG)
Siehe CDROM
Artikelgesetz, das ein voll ständiges Gesetz enthält
Gesundheits reform fließt ein
9
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Das neue Versicherungsvertragsrecht im Überblick
übernommen. Das war im Übrigen der Grund für die FDP-Fraktion, die VVG-Reform abzulehnen, der sie ansonsten inhaltlich zustimmte. Zwei Rechts verordnungen
Siehe CDROM
Im neuen VVG ist zudem die Ermächtigung zum Erlass von zwei Rechtsverordnungen enthalten: • Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-Informationspflichtenverordnung – VVG-InfoV): Die Verordnung wurde vom Bundesjustizministerium in Abstimmung mit dem Finanz- und dem Verbraucherschutzministerium erlassen (§ 7 Abs. 2 VVG). • Muster einer Widerrufsbelehrung: Dieses Muster wird vom Bundesjustizministerium erlassen (§ 8 Abs. 5 VVG). Die VVG-InfoV wurde erst ganz knapp vor In-Kraft-Treten der VVG-Reform am 21. Dezember 2007 veröffentlicht und sieht deshalb differenzierte Vorschriften zum In-Kraft-Treten und eine Übergangsregelung vor, durch die die Unternehmen Zeit zur Anpassung ihrer Vertragsinformationen erhalten haben .
1.2 Wann das Reformgesetz in Kraft tritt
Siehe CDROM Beginn am 1.1.2008
Rechtsnorm: Artikel 12 Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Das Reformgesetz ist im Wesentlichen am 1.1.2008 in Kraft getreten. Die Reform der Krankenversicherung infolge des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes tritt hingegen erst am 1.1.2009 in Kraft. Hinweis: Dazu gehören die Einführung einer Versicherungspflicht für alle Perso nen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht der Gesetzlichen Kranken versicherung zuzuordnen sind, und die Einführung eines Basistarifs in der privaten Krankenversicherung.
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Wann das VVG auf Alt und Neuverträge anzuwenden ist
1
Die VVG-InfoV ist grundsätzlich ebenfalls am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Ausgenommen hiervon sind die Vorschriften zum Kostenausweis in der Lebens-, Berufsunfähigkeits-, Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr sowie in der Krankenversicherung sowie zum Produktinformationsblatt. Diese Vorschriften treten abweichend erst am 1. Juli 2008 in Kraft. Zudem sieht eine Übergangsvorschrift vor, dass bis zum 30. Juni 2008 die Informationspflichten auch unter Verwendung der bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Verbraucherinformationen erfüllt werden können.
1.3 Wann das VVG auf Alt und Neuverträge anzuwenden ist Rechtsnormen: Artikel 1–6 EG-VVG Auch wenn das neue VVG am 1.1.2008 in Kraft getreten ist, müssen seine Bestimmungen zunächst nur auf Neuverträge unmittelbar angewendet werden. Bei Altverträgen, die bis einschließlich zum 31.12.2007 abgeschlossen wurden, gibt es verschiedene Besonderheiten, von denen die wichtigsten hier vorgestellt werden: • Grundsätzlich gilt das alte VVG bis zum 31.12.2008 weiter. • Das gilt auch für Versicherungsfälle zu Altverträgen, die bis zum 31.12.2008 eintreten.
Siehe CDROM Volle Anwen dung bei Neu verträgen
Beispiel: Am 31.12.2008 verursacht der Versicherungsnehmer grob fahr lässig einen Brandschaden. Betroffen davon ist ein vor dem 1.1.2008 abgeschlossener Hausratversicherungsvertrag. Der Schaden wird zwar erst im Jahr 2009 reguliert, angewendet wer den muss aber das alte VVG in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung. Das bedeutet nichts anderes als dass der Versicherer wegen grober Fahrlässigkeit leistungsfrei wird. Tritt der gleiche Schaden einen Tag später (also am 1.1.2009) ein, kann sich der Versicherer nicht mehr auf Leistungsfreiheit berufen.
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Das neue Versicherungsvertragsrecht im Überblick
Tipp: Gut die Hälfte der Versicherungsunternehmen hat sich nach einer Unter suchung des VersicherungsJournals freiwillig zur vorzeitigen Anwendung 1 des neuen Rechts auch auf Altverträge bereit erklärt. Allerdings gilt dies zumeist nur für einige der verschiedenen Verbesserun gen für den Versicherungsnehmer, insbesondere für den Verzicht auf das AllesoderNichtsPrinzip bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versi cherungsfalls mit rund 80 Prozent. Deutlich seltener gilt dies auch für den Verzicht auf das AllesoderNichtsPrinzip bei grob fahrlässiger Verlet zung von vertraglichen Obliegenheiten und erst recht für andere Verbes serungen wie Verjährungsregeln, Wegfall des Prinzips der Unteilbarkeit der Prämie, vorvertragliche Anzeigepflicht oder Gefahrerhöhungen. •
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen können zum 1.1.2009 geändert werden, soweit sie nicht mehr dem neuen VVG entsprechen. Achtung: Der Versicherer kann die Allgemeinen Versicherungsbedingungen ändern und an das neue Recht anpassen. Dann muss er sie dem Versicherungs nehmer mindestens einen Monat vor ihrem Wirksamwerden (spätestens also zum 30.11.2008) vorlegen, wobei die Änderungen kenntlich gemacht werden müssen. Dieses besondere Bedingungsanpassungsrecht gilt aber nur insoweit, als eine Anpassung an das neue VVG erforderlich ist. Es darf also nicht benutzt werden, um Änderungen in die AVB „einzupflegen“, die nichts mit der Reform des VVG zu tun haben.
•
Bereits seit 1.1.2008 gelten insbesondere die geänderten Vorschriften zur Vertretungsmacht der Versicherungsvertreter. Beispiel: Am 2.1.2008 erfährt ein Versicherungsvertreter im beruflichen Zusammenhang, dass seine Kundin eine Vorerkrankung hat, die sie aber im Antrag zur Lebensversicherung nicht angibt. Der Ver sicherer kann sich später nicht auf Verletzung der vorvertragli
1
12
14.12.2007, www.versicherungsjournal.de/mehr.php?Nummer=95177, dort findet sich auch eine umfassende Tabelle mit den Antworten der Versicherer.
Wann das VVG auf Alt und Neuverträge anzuwenden ist
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chen Anzeigepflicht berufen, sondern muss sich die Kenntnis sei nes Vertreters zurechnen lassen. Allerdings vollzieht der Gesetz geber damit nur den Stand der so genannten „Auge und Ohr Rechtsprechung“ nach. Das heißt, dass im Streitfall ein Gericht auch vor dem 1.1.2008 bereits in diesem Sinne gegen eine Anzei gepflichtverletzung entscheiden würde. •
•
Ebenfalls bereits zum 1.1.2008 werden die geänderten Vorschriften zur Krankenversicherung auch für Altverträge wirksam, sofern der Versicherer die geänderten Versicherungsbedingungen spätestens einen Monat vor Wirksamwerden – also spätestens bis einschließlich 30.11.2007 – unter Kenntlichmachung der Unterschiede – vorgelegt hat. Viele Krankenversicherer haben hiervon Gebrauch gemacht. Die Verjährungsfristen des BGB sind ebenfalls ab 1.1.2008 anzuwenden, und zwar auf alle Ansprüche, die zu diesem Datum noch nicht nach bisherigem Recht verjährt sind. Allerdings gilt eine Übergangsregelung. Treffen alte Verjährungsfristen nach § 12 Abs. 1 VVG und die neuen Verjährungsfristen zusammen, muss der Lauf der Verjährungsfristen im Einzelfall genau miteinander verglichen werden. Beispiele: • Am 1.12.2007 ist dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Entschädigung aus seinem Versicherungsvertrag entstanden. Am 1.1.2008 ist dieser Anspruch noch nicht verjährt, denn die Verjährung nach § 12 Abs. 1 VVGalt beträgt zwei Jahre ab Ende 2007 gerechnet. Die neue Verjährungsfrist nach § 195 BGB beträgt drei Jahre. Sie würde also eigentlich bis Ende 2010 laufen. Die alte Verjährungsfrist endet jedoch bereits En de 2009 – und sie bleibt maßgeblich. • Ebenfalls am 1.12.2007 ist dem Versicherungsnehmer ein An spruch auf die Erlebensfallleistung seiner Lebensversicherung entstanden. Auch dieser Anspruch ist am 1.1.2008 nicht ver jährt, und die Verjährung beträgt bei Lebensversicherungen nach § 12 Abs. 1 VVGalt sogar fünf Jahre, reicht also in die sem Beispiel bis Ende 2012. Das ist länger als die neue dreijäh rige Verjährung – in diesem Fall gilt noch die alte, längere Ver jährung.
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Das neue Versicherungsvertragsrecht im Überblick •
In der Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung erhält der Versicherungsnehmer auch künftig keinen Anspruch auf Überschussbeteiligung, wenn sein solcher Anspruch vertraglich ausgeschlossen war. Im Übrigen aber sind die neuen Bestimmungen zur verbesserten Überschussbeteiligung ab 1.1.2008 auch auf Altverträge anzuwenden, wenn eine Überschussbeteiligung vereinbart ist. Dagegen sind die Neuregelungen zum Rückkaufswert auf Altverträge auf Dauer nicht anzuwenden.
1.4 Wo finde ich was im neuen VVG? Die Orientierung im neuen VVG ist für Praktiker nicht ganz einfach, weil sich die Paragrafennummern teilweise deutlich verschoben haben und manche Sachverhalte, die bisher in mehreren Paragrafen verstreut geregelt waren, an neuer Stelle zusammengeführt wurden. Auch sind neue Bereiche hinzugekommen (beispielsweise zur vorläufigen Deckung oder zur Berufsunfähigkeitsversicherung). Eine Hilfe bei der Suche bietet die nachstehende tabellarische Übersicht: Titel der Vorschrift (nach neuem VVG) Siehe CDROM
Teil 1
Allgemeiner Teil
Kapitel 1
Vorschriften für alle Versicherungszweige
Paragraf im alten VVG
Paragraf im neuen VVG
Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften Vertragstypische Pflichten
§1
§1
Rückwärtsversicherung
§2
§2
Versicherungsschein
§3
§3
Versicherungsschein auf den Inhaber
§4
§4
Abweichender Versicherungsschein
§5
§5
Beratung des Versicherungsnehmers
–
§6
Information des Versicherungsnehmers
–
§7
§5a
§8
Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers Rechtsfolgen des Widerrufs
14
–
§9
Beginn und Ende der Versicherung
§7
§ 10
Verlängerung, Kündigung
§8
§ 11
Wo finde ich was im neuen VVG?
Titel der Vorschrift (nach neuem VVG)
Paragraf im alten VVG
Paragraf im neuen VVG
Versicherungsperiode
§9
§ 12
Änderung von Anschrift und Name
§ 10
§ 13
Fälligkeit der Geldleistung
§ 11
§ 14
Hemmung der Verjährung
§ 12
§ 15
Insolvenz des Versicherers
§ 13
§ 16
§ 15
§ 17
§ 15 a
§ 18
Abtretungsverbot bei unpfändbaren Sachen Abweichende Vereinbarungen
1
Abschnitt 2 Anzeigepflicht, Gefahrerhöhung, andere Obliegenheiten Anzeigepflicht
§ 16
Vertreter des Versicherungsnehmers
§ 19
§ 19 § 20
Ausübung der Rechte des Versicherers
§ 20
§ 21
Arglistige Täuschung
§ 22
§ 22
Gefahrerhöhung
§ 23
§ 23
Kündigung wegen Gefahrerhöhung
§ 24
§ 24
Prämienerhöhung wegen Gefahrerhöhung
–
§ 25
Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung
§ 25
§ 26
Unerhebliche Gefahrerhöhung
§ 29
§ 27
Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit
§6
§ 28
Teilrücktritt, Teilkündigung, teilweise Leistungsfreiheit
§ 30
§ 29
Anzeige des Versicherungsfalles
§ 33
§ 30
Auskunftspflichten des Versicherungsnehmers
§ 34
§ 31
Abweichende Vereinbarungen
§ 34a
§ 32
§ 35
§ 33
Abschnitt 3 Prämie Fälligkeit Zahlung durch Dritte
§ 35 a
§ 34
Aufrechnung durch den Versicherer
§ 35 b
§ 35
Leistungsort
§ 36
§ 36
Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 38
§ 37
Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 39
§ 38
Vorzeitige Vertragsbeendigung
§ 40
§ 39
Kündigung bei Prämienerhöhung
§ 31
§ 40
§ 41 a
§ 41
§ 42
§ 42
§ 74
§ 43
Herabsetzung der Prämie Abweichende Vereinbarungen Abschnitt 4 Versicherung für fremde Rechnung Begriffsbestimmung
15
1
Das neue Versicherungsvertragsrecht im Überblick Paragraf im alten VVG
Paragraf im neuen VVG
Rechte des Versicherten
§ 75
§ 44
Rechte des Versicherungsnehmers
§ 76
§ 45
Rechte zwischen Versicherungsnehmer und Versicher tem
§ 77
§ 46
Kenntnis und Verhalten des Versicherten
§ 79
§ 47
Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
§ 80
§ 48
Titel der Vorschrift (nach neuem VVG)
Abschnitt 5 Vorläufige Deckung Inhalt des Vertrags
–
§ 49
Nichtzustandekommen des Hauptvertrags
–
§ 50
Prämienzahlung
–
§ 51
Beendigung des Vertrags
–
§ 52
Anmeldepflicht
–
§ 53
Verletzung der Anmeldepflicht
–
§ 54
Einzelpolice
–
§ 55
Verletzung der Anzeigepflicht
–
§ 56
Abschnitt 6 Laufende Versicherung
Gefahränderung
–
§ 57
Obliegenheitsverletzung
–
§ 58
Abschnitt 7 Versicherungsvermittler, Versicherungsberater Unterabschnitt 1 Mitteilungs und Beratungspflichten Begriffsbestimmungen
§ 42 a
§ 59
Beratungsgrundlage des Versicherungsvermittlers
§ 42 b
§ 60
Beratungs und Dokumentationspflichten des Versicherungsvermittlers
§ 42 c
§ 61
Zeitpunkt und Form der Information
§ 42 d
§ 62
Schadenersatzpflicht
§ 42 e
§ 63
Zahlungssicherung zu Gunsten des Versicherungs nehmers
§ 42 f
§ 64
Großrisiken
§ 42 g
§ 65
Nicht gewerbsmäßig tätige Vermittler
§ 42 h
§ 66
Abweichende Vereinbarungen
§ 42 i
§ 67
Versicherungsberater
§ 42 j
§ 68
Gesetzliche Vollmacht
§ 43
§ 69
Kenntnis des Versicherungsvertreters
§ 44
§ 70
Abschlussvollmacht
§ 45
§ 71
Unterabschnitt 2 Vertretungsmacht
16
Wo finde ich was im neuen VVG?
Titel der Vorschrift (nach neuem VVG) Beschränkung der Vertretungsmacht
Paragraf im alten VVG
Paragraf im neuen VVG
§ 47
§ 72
–
§ 73
Überversicherung
§ 51
§ 74
Unterversicherung
§ 56
§ 75
Taxe
§ 57
§ 76
Mehrere Versicherer
§ 58
§ 77
Angestellte und nicht gewerbsmäßig tätige Vermittler Kapitel 2
1
Schadensversicherung
Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften
Haftung bei Mehrfachversicherung
§ 59
§ 78
Beseitigung der Mehrfachversicherung
§ 60
§ 79
Fehlendes versichertes Interesse
§ 68
§ 80
Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 61
§ 81
Abwendung und Minderung des Schadens
§ 62
§ 82
Aufwendungsersatz
§ 63
§ 83
Sachverständigenverfahren
§ 64
§ 84
Schadensermittlungskosten
§ 66
§ 85
Übergang von Ersatzansprüchen
§ 67
§ 86
§ 68 a
§ 87
§§ 52, 54, 86, 88
§ 88
§ 85
§ 89
Abweichende Vereinbarungen Abschnitt 2 Sachversicherung Versicherungswert Versicherungsbegriff für Inbegriff von Sachen Erweiterter Aufwendungsersatz
–
§ 90
Verzinsung der Entschädigung
§ 94
§ 91
Kündigung nach Versicherungsfall
§ 96
§ 92
Wiederherstellungsklausel
§ 97
§ 93
–
§ 94
Veräußerung der versicherten Sache
§ 69
§ 95
Kündigung nach Veräußerung
§ 70
§ 96
Anzeige der Veräußerung
§ 71
§ 97
Schutz des Erwerbers
§ 72
§ 98
Zwangsversteigerung, Erwerb des Nutzungsrechts
§ 73
§ 99
Wirksamkeit der Zahlung gegenüber Hypotheken gläubigern
17
1
Das neue Versicherungsvertragsrecht im Überblick Paragraf im alten VVG
Paragraf im neuen VVG
Leistung des Versicherers
§ 149
§ 100
Kosten des Rechtsschutzes
§ 150
§ 101
Betriebshaftpflichtversicherung
§ 151
§ 102
Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 152
§ 103
Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
§ 153
§ 104
Anerkenntnis des Versicherungsnehmers
§ 154
§ 105
Fälligkeit der Versicherungsleistung
§ 154
§ 106
Rentenanspruch
§ 155
§ 107
Verfügung über den Freistellungsanspruch
§ 156
§ 108
Mehrere Geschädigte
§ 156
§ 109
Insolvenz des Versicherungsnehmers
§ 157
§ 110
Kündigung nach Versicherungsfall
§ 158
§ 111
§ 158 a
§ 112
Titel der Vorschrift (nach neuem VVG) Teil 2
Einzelne Versicherungszweige
Kapitel 1
Haftpflichtversicherung
Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften
Abweichende Vereinbarungen Abschnitt 2 Pflichtversicherung Pflichtversicherung
§ 158 b
§ 113
Umfang des Versicherungsschutzes
–
§ 114
Direktanspruch
–
§ 115
Gesamtschuldner
–
§ 116
§ 158 c
§ 117
–
§ 118
Obliegenheiten des Dritten
§ 158 d
§ 119
Obliegenheitsverletzung des Dritten
§ 158 e
§ 120
Aufrechnung gegenüber Dritten
§ 158 g
§ 121
Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache
§ 158 h
§ 122
Rückgriff bei mehreren Versicherten
§ 158 i
§ 123
–
§ 124
–
§ 125
Schadensabwicklungsunternehmen
§ 158 l
§ 126
Freie Anwaltswahl
§ 158 m
§ 127
Gutachterverfahren
§ 158 n
§ 128
Abweichende Vereinbarungen
§ 158 o
§ 129
Leistungspflicht gegenüber Dritten Rangfolge mehrerer Ansprüche
Rechtskrafterstreckung Kapitel 2
Rechtsschutzversicherung
Leistung des Versicherers
18
Wo finde ich was im neuen VVG?
Titel der Vorschrift (nach neuem VVG) Kapitel 3
Paragraf im alten VVG
Paragraf im neuen VVG
§ 129
§ 130
–
§ 131
Transportversicherung
Umfang der Gefahrtragung Verletzung der Anzeigepflicht Gefahränderung
§ 142
§ 132
Vertragswidrige Beförderung
§ 137
§ 133
Ungeeignete Beförderungsmittel Aufwendungsersatz
–
§ 134
§ 133
§ 135
Versicherungswert
§ 140
§ 136
Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 130
§ 137
–
§ 138
Haftungsausschluss bei Schiffen Veräußerung der versicherten Sache oder Güter
§ 142
§ 139
Veräußerung des versicherten Schiffes
§ 143
§ 140
Befreiung durch Zahlung der Versicherungssumme
§ 145
§ 141
Kapitel 4
Gebäudefeuerversicherung
Anzeigen an Hypothekengläubiger
–
§ 142
Fortdauer der Leistungspflicht gegenüber Hypotheken gläubigern
–
§ 143
Kündigung des Versicherungsnehmers
–
§ 144
Übergang der Hypothek
–
§ 145
Bestätigungs und Auskunftspflicht des Versicherers
–
§ 146
Änderung von Anschrift und Name des Hypotheken gläubigers
–
§ 147
Andere Grundpfandrechte
–
§ 148
Eigentümergrundpfandrechte
–
§ 149
Kapitel 5
1
Lebensversicherung
Versicherte Person
§ 159
§ 150
Ärztliche Untersuchung
§ 160
§ 151
Widerruf des Versicherungsnehmers
–
§ 152
Überschussbeteiligung
–
§ 153
Modellrechnung
–
§ 154
Jährliche Unterrichtung
–
§ 155
Kenntnis und Verhalten der versicherten Person
§ 161
§ 156
Unrichtige Altersangabe
§ 162
§ 157
Gefahrerhöhung
§ 164
§ 158
Bezugsberechtigung
§ 166
§ 159
19
1
Das neue Versicherungsvertragsrecht im Überblick Paragraf im alten VVG
Paragraf im neuen VVG
Auslegung der Bezugsberechtigung
§ 167
§ 160
Selbsttötung
§ 169
§ 161
Tötung durch Leistungsberechtigten
§ 170
§ 162
Prämien und Leistungsänderung
§ 172
§ 163
Bedingungsanpassung
§ 172
§ 164
Prämienfreie Versicherung
§ 174
§ 165
Kündigung des Versicherers
§ 175
§ 166
–
§ 167
Titel der Vorschrift (nach neuem VVG)
Umwandlung zur Erlangung eines Pfändungsschutzes Kündigung des Versicherungsnehmers
§ 165
§ 168
Rückkaufswert
§ 176
§ 169
Eintrittsrecht
§ 177
§ 170
Abweichende Vereinbarungen
§ 178
§ 171
Kapitel 6
Berufsunfähigkeitsversicherung
Leistung des Versicherers
–
§ 172
Anerkenntnis
–
§ 173
Leistungsfreiheit
–
§ 174
Abweichende Vereinbarungen
–
§ 175
Anzuwendende Vorschriften
–
§ 176
Ähnliche Versicherungsverträge
–
§ 177
§ 180 a
§ 178
Kapitel 7
Unfallversicherung
Leistungen des Versicherers Versicherte Person
§ 179
§ 179
Invalidität
–
§ 180
Gefahrerhöhung
–
§ 181
Mitwirkende Ursachen
–
§ 182
Herbeiführung des Versicherungsfalles
–
§ 183
Abwendung und Minderung des Schadens
§ 183
§ 184
Bezugsberechtigung
§ 180
§ 185
Hinweispflicht des Versicherers
–
§ 186
Anerkenntnis
–
§ 187
Neubemessung der Invalidität
–
§ 188
Sachverständigenverfahren, Schadensermittlungskosten
§ 184
§ 189
Pflichtversicherung
§ 185
§ 190
§ 180 a
§ 191
Abweichende Vorschriften
20
Wo finde ich was im neuen VVG? Paragraf im alten VVG
Paragraf im neuen VVG
Vertragstypische Leistungen des Versicherers
§ 178 b
§ 192
Versicherte Person
§ 178 a
§ 193
§§ 178 a, 178 k
§ 194
§ 178 a
§ 195
Titel der Vorschrift (nach neuem VVG) Kapitel 8
Krankenversicherung
Anzuwendende Vorschriften Versicherungsdauer Befristung der Krankentagegeldversicherung
–
§ 196
Wartezeiten
§ 178 c
§ 197
Kindernachversicherung
§ 178 d
§ 198
Beihilfeempfänger
§ 178 e
§ 199
Bereicherungsverbot
–
§ 200
Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 178 l
§ 201
Auskunftspflicht des Versicherers
§ 178 m
§ 202
Prämien und Bedingungsanpassung
§ 178 g
§ 203
Tarifwechsel
§ 178 f
§ 204
Kündigung des Versicherungsnehmers
§ 178 h
§ 205
Kündigung des Versicherers
§ 178 i
§ 206
Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses
§ 178 n
§ 207
Abweichende Vereinbarungen
§ 178 o
§ 208
Rückversicherung, Seeversicherung
§ 186
§ 209
Großrisiken, laufende Versicherung
§ 187
§ 210
Pensionskassen, kleinere Versicherungsvereine, Versicherungen mit kleinen Beiträgen
§ 189
§ 211
Fortsetzung der Lebensversicherung nach der Elternzeit
–
§ 212
Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten bei Dritten
–
§ 213
§ 42 k
§ 214
–
§ 215
Teil 3
1
Schlussvorschriften
Schlichtungsstelle Gerichtsstand
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2
So wird der Kunde richtig beraten
Ein zentraler Punkt der VVG-Reform ist die Ausweitung der anlassbezogenen Befragungs-, Beratungs- und Dokumentationspflichten auf die Versicherer, die seit Inkrafttreten des Versicherungsvermittlergesetzes am 22. Mai 2007 auch bereits für gewerbliche Versicherungsvermittler und -berater gelten. Doch die Pflichten werden keineswegs „1 zu 1“ übertragen, im Detail gibt es wichtige Unterschiede. Völlig neu sind die Pflichten nicht. Ein Versicherer hatte auch schon vor Inkrafttreten der VVG-Reform für die Folgen einer fehlerhaften Beratung oder einer verzögerten Bearbeitung eines Erst- oder Änderungsantrags sowohl während der Vertragsanbahnung als auch während des laufenden Versicherungsvertrages einzustehen (vgl. zum Beispiel BGH VersR 86, 329; BGH VersR 87, 663). Allerdings kann die Tatsache, dass die Pflichten nun explizit im Gesetz festgehalten sind, durchaus dazu führen, dass sich Versicherungsnehmer weitaus häufiger als bisher darauf berufen werden.
2.1 Welche Beratungspflichten müssen Versicherer leisten? Rechtsnorm: § 6 Abs. 1 VVG Siehe CDROM
22
Vor Vertragsabschluss hat ein Versicherer den Versicherungsnehmer anlassbezogen • nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen, • zu beraten, • die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben und • all dies zu dokumentieren.
Welche Beratungspflichten müssen Versicherer leisten?
2
Ziel ist, dass der Versicherungsnehmer versteht, warum ihm welches Angebot unterbreitet wird. Ziel ist hingegen nicht, den Versicherungsnehmer über alle nur denkbaren Risiken und Bedarfe aufzuklären, wie es beispielsweise der Verbraucherzentrale Bundesverband mit der so genannten Haushaltsanalyse in den Beratungen zum Vermittlergesetz gefordert hat.
Versicherungs nehmer soll verstehen, warum ihm was angeboten wird
Zunächst ist Voraussetzung, dass ein Anlass zur Beratung besteht. Dafür nennt das Gesetz drei Voraussetzungen: • Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen
3 Gründe für einen Beratungsanlass
Beispiele: • Eine Versicherung sieht individuelle Versicherungsbedingungen vor, die von allgemein bekannten Standard Versicherungsbedin gungen abweichen. • Die Versicherung sieht langfristige Verpflichtungen und eine ungewisse Entwicklung der Ansprüche und Leistungen vor (beispielsweise Lebens und Krankenversicherungen). • Der Versicherungsnehmer hat geringe oder keine Vorkenntnis se und Erfahrungen mit Versicherungen. • Der Versicherungsnehmer unterliegt offensichtlich Irrtümern über die angebotene Versicherung. •
Person des Versicherungsnehmers Beispiele • In den Personenversicherungszweigen werden Angaben wie Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand benötigt, ohne die ein Angebot gar nicht möglich ist. • Der Versicherungsnehmer hat offenkundig Verständnis , Sprach oder ähnliche Probleme.
23
2
So wird der Kunde richtig beraten •
Situation des Versicherungsnehmers Beispiele: • In der Sachversicherung sind Angebote ohne nähere Angaben zum Risiko nicht möglich. • In den Personenversicherungen werden Angaben wie Einkom mens und Versorgungssituation zur Erstellung bedarfsgerech ter Angebote benötigt. • Bestehende Versicherungen sind zu berücksichtigen. • Die angebotenen Versicherungen sollten voraussichtlich auf Dauer für den Kunden finanzierbar sein.
Gefragt werden muss nach • Wünschen: Darunter sind subjektive und oft nur laienhaft unspezifisch vorgetragene Vorstellungen zu verstehen. Beispiele: • Der Kunde möchte sein Kind versichern. • Der Kunde will Steuern sparen. • Die Kundin hat gelesen, die Renten seien nicht mehr sicher, und möchte mehr darüber wissen. • Die Versicherung soll möglichst wenig kosten. • Bei der Versicherung soll später noch etwas „herauskommen“. •
Bedürfnissen: Diese sind besser mit Bedarf zu übersetzen. Beispiele: • Hausratversicherung: Lage und Ort der Wohnung, Bauart des Hauses, evtl. Nachbarschaftsgefahren, Versicherungswert des Hausrats, mögliche Zusatzdeckungen, ggf. bestehende Versi cherung etc. • Private Haftpflichtversicherungen: Art der privaten Haft pflichtrisiken, ggf. bestehende Versicherungen. • Berufsunfähigkeits/Rentenversicherung: Einkommen der ver sicherten Person, Höhe gesetzlicher Rentenansprüche, ggf. be stehende Versorgungen. • Risikolebensversicherung: Versorgungsbedarf im Todesfall für Hinterbliebene oder für Kredite, ggf. bestehende Versorgungen.
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Welche Beratungspflichten müssen Versicherer leisten?
2
Tipp: Zusammenfassend kann man sagen, dass nahezu immer ein Beratungs anlass vorliegt, wenn es zu einem Gespräch zwischen Versicherer und potenziellem Kunden kommt.
Weiter hat der Versicherer Beratung zu leisten. Die Beratung muss aber nicht uferlos und unwirtschaftlich sein, sie kann „unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien“ erfolgen.
Keine unwirt schaftliche Beratung gefordert
Achtung: Diese Einschränkung ist kein Freibrief für eine unzureichende Beratung, wie der Gesetzgeber schon in der Begründung zum Vermittlergesetz klar gestellt hat. Wenn der Versicherer erkennt, dass ein Anlass zur Aufklä rung des Kunden besteht, kann er die Beratung nicht unter Hinweis auf die zu günstige Prämie der abzuschließenden Versicherung verweigern.
Beispiele: • Ein Kunde lässt sich zur Privathaftpflichtversicherung beraten. Der Angestellte des Versicherers nimmt dabei einen Hund wahr. Auch wenn die Prämie für die Privathaftpflichtversicherung günstig ist, sollte der Angestellte den Kunden darauf ansprechen, ob ihm be wusst ist, dass er eine separate Tierhalterhaftpflichtversicherung benötigt. • Eine Kundin möchte eine Auslandsreisekrankenversicherung ab schließen. Beim Versicherer besteht bereits eine Krankenvollversi cherung für diese Kundin. Auch wenn die Auslandsreisekrankenver sicherung eine günstige Prämie vorsieht, wird man vom Versicherer erwarten können, dass er die Kundin darüber aufklärt, dass in die sem Fall die Vollversicherung das Auslandsreiserisiko bereits abdeckt und eine separate Zusatzversicherung entbehrlich ist. • Ein Kunde schließt eine günstige Unfallversicherung ab, glaubt aber fälschlicherweise, die Unfallversicherung würde ihn auch bei krankheitsbedingter Invalidität absichern. Der Versicherer erkennt das im Gespräch. Auch hier ist eine Beratung angebracht, selbst wenn sie dem Versicherer in Relation zur Prämie der Unfallversi cherung als zu aufwändig erscheint.
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2 Jeder Rat ist zu begründen
So wird der Kunde richtig beraten
Schließlich hat der Versicherer jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat zu begründen. Das scheint eine nahe liegende Forderung zu sein, soll doch der Kunde verstehen, warum er welche Versicherung abschließt. Die Realität ist jedoch eine andere, wie Untersuchungen immer wieder zeigen. Gerade die Begründung ist oft unzureichend, was später zu Problemen führt, weil der Kunde eine falsche Vorstellung vom abgeschlossenen Versicherungsschutz hat. Beispiele: • Der Kunde glaubt, mit dem Abschluss einer Riesterrente seine RentenVersorgungslücke geschlossen zu haben. • Die Kundin erfährt erst beim Unfall, dass die Invaliditätssumme ihrer Unfallversicherung nicht ausreicht, um den Einkommensaus fall zu ersetzen. Für das gleiche Geld, für das sie eine Reihe nicht existenzwichtiger Zusatzleistungen zur Unfallversicherung abge schlossen hat, wäre auch eine ausreichende Invaliditätssumme abschließbar gewesen. • Der Kunde freut sich über seinen Unterversicherungsverzicht in der Hausratversicherung. Nach einem Wohnungsbrand mit Total schaden wird festgestellt, dass die per Pauschalberechnung fest gelegte Versicherungssumme bei weitem nicht ausreicht. • Ein türkischer Kunde erhält eine KfzVersicherung, deren Gel tungsbereich nicht den asiatischen Teil der Türkei umfasst.
Tipp: Häufig wird beklagt, durch die neuen Beratungspflichten würde zusätz licher Aufwand erzeugt. Dabei wird übersehen, dass eine angemessene, am Bedarf des Kunden orientierte Beratung zu zusätzlichen bzw. höhe ren Abschlüssen führt. Zudem reduzieren sich Auseinandersetzungen im Versicherungsfall. Auch die Stornowahrscheinlichkeit sinkt, wenn der Kunde versteht, was er warum gekauft hat. „Unter dem Strich“ ist eine qualitativ hochwertige Beratung wesentlich kostengünstiger als der schnelle und unqualifizierte Abverkauf billiger und nicht bedarfsgerech ter Produkte.
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Was der Versicherer dokumentieren muss
2
Beispiel: Versicherer A führt eine Verkaufsaktion „Unfall“ durch. Die Mitarbei ter erhalten den Auftrag, 1.000 Bestandskunden, die bisher keine Un fallversicherung abgeschlossen haben, eine solche anzubieten. Damit die Kunden sich leicht überzeugen lassen, wird dazu ein Pauschalan gebot „für nur 10 Euro im Monat“ zusammengestellt, mit dem die Preisschwelle beim Kunden leicht genommen werden soll. Nach 1.000 Terminen entscheiden sich 300 Kunden für dieses Angebot, der Versi cherer gewinnt 300 x 10 Euro x 12 Monate = 36.000 Euro Umsatz. Bei 1.000 Terminen entspricht das 36 Euro pro Termin. Versicherer B hat ebenfalls 1.000 Bestandskunden, die bisher keine Absicherung des Arbeitseinkommens abgeschlossen haben. Die Mitar beiter führen bei den 1.000 Kunden eine Bedarfsanalyse durch und stellen fest, dass 500 einen Bedarf haben. Dieser liegt im Durch schnitt bei drei Versicherungsprodukten (Berufsunfähigkeit, Unfall, Krankentagegeld) und bei 75 Euro monatlichem Aufwand. In 500 Zweitterminen werden 200 Kunden davon überzeugt. Der Versicherer gewinnt 200 x 75 Euro x 12 Monate = 180.000 Euro Umsatz. Bei 1.500 Terminen entspricht das 120 Euro pro Termin.
2.2 Was der Versicherer dokumentieren muss Rechtsnorm: § 6 Abs. 1 und 2 VVG Der Versicherer muss die erfragten Wünsche und Bedürfnisse, das Beratungsergebnis und die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat dokumentieren. Er kann die Dokumentation „unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags“ vornehmen.
Siehe CDROM
Nach Komplexi tät des Vertrags
Beispiel: Privathaftpflichtversicherung Zu einer Privathaftpflichtversicherung dokumentiert der Versicherer: 1. Gesprächsdaten: Gespräch vom 5.3.2008, 16 Uhr; VN Martin Mus termann, Musterstr. 1, 12345 Musterstadt; Beratung durch Verena Direktionsbevollmächtigte; keine weiteren Anwesenden beim Ge spräch. 2. Anlass: Kunde fragt nach Privathaftpflicht. 3. Wünsche: Preiswerte Versicherung, gerne mit Selbstbeteiligung.
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2
So wird der Kunde richtig beraten
4. Bedarf auf Basis der Angaben des Kunden: Kunde benötigt Privat haftpflicht, es liegen keine weiteren privaten Haftpflichtrisiken vor. Eine Versicherung besteht bisher nicht, Vorschäden liegen keine vor. Ausdrücklich gewünscht wurden: − Versicherungssumme 3 Mio. Euro pauschal, − Selbstbeteiligung 150 Euro pro Versicherungsfall, − Forderungsausfalldeckung. 5. Rat und Begründung: PHV Komfort Tarifstand 02/08 mit 150 Euro Selbstbeteiligung. Diese deckt den beschriebenen Bedarf des Kun den. Beispiel: Betriebshaftpflichtversicherung Zu einer Betriebshaftpflichtversicherung dokumentiert der Versiche rer: 1. Gesprächsdaten: Gespräch vom 6.3.2008, 10 Uhr; VN Renate Mus terfrau, Musterstr. 3, 12345 Musterstadt; Beratung durch Manfred Direktionsbevollmächtigter; keine weiteren Anwesenden beim Ge spräch. 2. Anlass: Kundin hat Betrieb neu eröffnet und benötigt Betriebs haftpflicht. 3. Wünsche: Umfassende Deckung der betrieblichen Haftpflichtrisi ken. 4. Bedarf auf Basis der Angaben der Kundin: − Risikobeschreibung: Metzgerei mit Imbiss und Partyservice, 3 Mitarbeiter + bis zu 10 Aushilfen, alle mit Arbeiten auf fremden Grundstücken; keine Filialbetriebe. − Vorhandene Zusatzrisiken: Fettabscheider; Privathaftpflicht Betriebsinhaber. − Vorversicherung: keine. − Vorschäden: keine. − Gewünschte Versicherungssummen: 3 Mio. Euro Personen/ Sachschäden, 100.000 Euro Vermögensschäden. − Gewünschte Deckungserweiterungen: 10.000 Euro Tätigkeits schäden; Abwasser und Allmählichkeitsschäden; Be und Ent ladeschäden; Belegschafts und Besucherhabe; Mietsachschä den 100.000 Euro. − Selbstbeteiligung: nicht gewünscht.
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Was der Versicherer dokumentieren muss
2
5. Rat und Begründung: Kompaktpolice Handel/Handwerk/Gewerbe Tarifstand 01/08, 3 Mio. Euro Personen/Sachschäden, 100.000 Eu ro Vermögensschäden, Einschluss Fettabscheider und Privathaft pflicht Betriebsinhaber. Diese Versicherung deckt den oben be schriebenen und gewünschten Bedarf vollständig ab.
Wie die Beispiele zeigen, kann der Umfang der Dokumentation durchaus begrenzt sein. Wichtig ist, dass vollständig nachvollziehbar bleibt, • wann wer mit wem gesprochen hat, • was Auslöser/Anlass des Gesprächs war, • welche Fragen gestellt und wie diese beantwortet wurden, • welches Ergebnis die fachliche Beratung erbracht hat, • welche Versicherung mit welcher Begründung vorgeschlagen wurde, • warum der Versicherungsnehmer einem ihm erteilten Rat ggf. nicht folgt.
Warum eine vollständige Dokumentation wichtig ist
Siehe CDROM
Achtung: Die Beratungsdokumentation kann leicht wertlos werden, wenn die o ben genannten Punkte nicht beachtet werden. Die folgenden Beispiele zeigen, welche Folgen ein Auslassen dieser Punkte haben kann: • Gesprächsangaben: Später werden vom Kunden Zeugen benannt, die beim Gespräch gar nicht anwesend waren. • Gesprächsanlass: Später wird vom Kunden behauptet, dass eine um fassende Beratung und nicht nur eine Beratung zu einem einzelnen Produkt angezeigt war. • Gestellte Fragen: Später wird vom Kunden behauptet, dass bestimmte in der Beratungssituation nahe liegende Fragen nicht ge stellt wurden. • Ergebnis der fachlichen Beratung: Später ist nicht mehr nachvoll ziehbar, warum bestimmte Produkte und Produktgestaltungen emp fohlen wurden, weil keine Deckungs oder Versorgungslücken be nannt werden. • Rat und Begründung: Später wird vom Kunden behauptet, dass eine falsche Begründung verwendet und dadurch eine für den Kunden ungeeignete Versicherung abgeschlossen wurde.
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2
So wird der Kunde richtig beraten
Die Dokumentation muss dem VN übermittelt werden. Allerdings verlangt das VVG nur die Übermittlung des erteilten Rates und der Gründe hierfür. Tipp: Es hat keinen Sinn, nur einen Teil der Dokumentation zu übermitteln, weil dann genau die zuvor genannten Missverständnisse auftreten oder abweichende Verläufe der Beratung behauptet werden können. Form anforderungen an die Dokumentation
Die an den VN übermittelte Dokumentation muss • klar und verständlich • in Textform • vor Vertragsabschluss • oder auf Wunsch des VN oder bei vorläufiger Deckung auch zunächst mündlich und nachträglich, unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform übermittelt werden.
Klar und verständlich
„Klar und verständlich“ bedeutet, dass bei allem Interesse an einer wirtschaftlichen, knappen Dokumentation vor allem standardisierter Versicherungen der Kunde dazu in der Lage sein muss, das Übermittelte zu verstehen. Deshalb verbieten sich Kürzel, Verweise auf Bedingungen oder Fachbegriffe, sofern sie nicht als bekannt vorausgesetzt werden können. Tipp: Für eine moderne Datenverarbeitung sollte es kein Problem darstellen, über Kürzel, Schlüsselnummern o. Ä. eine Wiedergabe durch Textbau steine anzustoßen, die dem Kriterium „klar und verständlich“ entspre chen.
Vor Vertrags abschluss
Siehe CDROM
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„Vor Vertragsabschluss“ heißt, dass je nach Art des Zustandekommens des Vertrags unterschiedliche Zeitpunkte infrage kommen. Tipp: Damit die Dokumentation ihren Zweck erfüllt, den Kunden in seiner Kaufentscheidung zu unterstützen, sollte sie so schnell wie möglich, am
Was der Versicherer während der Vertragslaufzeit leisten muss
2
besten unmittelbar zum Ende des Beratungsgesprächs ausgehändigt werden. Die Dokumentation eignet sich sehr gut als Erfolgssicherungs instrument im Verkaufsgespräch, wie das folgende Beispiel eines Ge sprächsablaufs zeigt: • Gesprächseröffnung, Aufbau einer guten Gesprächsatmosphäre. • Klärung des Gesprächsanlasses: Was genau ist Gegenstand des nachfolgenden Gesprächs? Welches Ziel soll das Gespräch haben? Was wird ggf. auf weitere Termine verlegt? • Befragung des Kunden, welche grundsätzlichen Wünsche er in Zu sammenhang mit dem vereinbarten Ziel hat. • Befragung des Kunden nach seinem Bedarf, insbesondere tarifie rungsrelevante Daten, bestehende Versicherungen. • Durchführung der Bedarfsanalyse und Präsentation des Ergebnis ses, beispielsweise von Versorgungslücken. • Vorstellen dazu passender Angebote und Begründung. • Erstellen der Dokumentation und Besprechung derselben mit dem Kunden als Zusammenfassung des vorausgegangenen Gesprächs. • Entscheidung des Kunden, ob er dem Gesprächsverlauf, dem Ge sprächsergebnis und dem Rat des Versicherers zustimmt. • Bei positiver Entscheidung: Aufnahme des Antrags/der Anträge. • Bei negativer Entscheidung: Vermerken derselben, möglichst mit Gründen, in der Dokumentation. • Unterschriften unter Antrag und zur Bestätigung des Erhalts unter Beratungsdokumentation. • Verabschiedung, ggf. Vereinbarung eines Folgetermins.
2.3 Was der Versicherer während der Vertragslaufzeit leisten muss Rechtsnorm: § 6 Abs. 4 VVG Anders als bei Versicherungsvermittlern sind Versicherer ausdrücklich auch verpflichtet, während der Vertragslaufzeit erkennbare Anlässe für eine Nachfrage und Beratung zu nutzen. Das ist an sich nicht vollkommen neu. Zum Teil hat die Rechtsprechung bereits in der Vergangenheit Beratungspflichten des Versicherers während der Laufzeit eines Vertrags bejaht. Durch die ausdrückliche Aufnahme
Siehe CDROM Anlassbezogene Frage und Beratungs pflicht
31
2
So wird der Kunde richtig beraten
von Beratungspflichten in das Gesetz ist damit zu rechnen, dass sich Kunden häufiger als bisher auf ihre Rechte berufen werden.
Siehe CDROM
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Beispiele: • Ein VN ruft beim Versicherer an und meldet zu seinem Hausrat versicherungsvertrag eine neue Adresse. Der Versicherer sollte hierin den Anlass zur Nachfrage erkennen, ob der VN umgezogen ist und der Hausratversicherungsvertrag überprüft und neu geord net werden muss. • Ein VN meldet eine neue Bankverbindung zur Direktversicherung. Darin kann der Anlass bestehen, den VN zu fragen, ob ein Arbeit geberwechsel vorliegt und dadurch eine neue Bedarfssituation entstanden ist. • Ein VN meldet einen Schaden, der abgelehnt werden muss, weil der vorhandene Versicherungsvertrag diese Leistung nicht um fasst. Hier ist ein Anlass gegeben, den VN über die Grenzen seines Versicherungsschutzes aufzuklären und zu fragen, ob er zumin dest für die Zukunft eine Anpassung seines Vertrags wünscht. • Eine Firma sendet eine EMail und teilt darin mit, eine neue Filiale eröffnet zu haben. Hier ist ein Beratungsanlass für eine bestehen de Betriebshaftpflicht und eine Inventarversicherung zu erken nen, um zu überprüfen, ob die neue Filiale besonders eingeschlos sen werden muss. • Die gesetzlichen Voraussetzungen einer geförderten Altersvorsor ge haben sich zum Nachteil oder zum Vorteil des VN verändert, was Auswirkung auf seinen aktuell abgeschlossenen Vertrag hat. Es besteht ein Anlass, den VN darüber aufzuklären und nach sei nem Anpassungswunsch zu fragen. • Die Mindestdeckungssumme einer PflichtHaftpflichtversicherung wird durch eine neue Verordnung angehoben. Die Betroffenen müssen ihre Haftpflichtversicherungen anpassen. • Ein VN beschwert sich über die Prämienrechnung und lässt dabei erkennen, dass er über den Sinn und den Umfang der abgeschlos senen Versicherungen im Unklaren ist. Auch das ist ein Bera tungsanlass. • Ein VN erfragt den aktuellen Rückkaufswert seiner Lebensversi cherung. Das kann ein Beratungsanlass sein, weil der VN mögli cherweise Bedarf an Auszahlung oder Umstellung der Lebensversi cherung und Informationsbedarf zu den Möglichkeiten und den ggf. damit verbundenen Nachteilen hat.
Was der Versicherer während der Vertragslaufzeit leisten muss •
2
Ein VN hat mit seiner Lebensversicherung eine Hypothek abgesi chert, was dem Versicherer bekannt ist. Durch eine Absenkung der Überschussbeteiligung kann der Versicherer absehbar die ur sprünglich geschätzte Ablaufleistung und damit die Tilgung der Hypothek nicht sicherstellen, es ist ein Beratungsanlass zur Ver tragsanpassung gegeben.
Wie die Beispiele zeigen, gibt es zahlreiche Anlässe zur Nachfrage und Beratung. Zudem gibt es verschiedene Kommunikationskanäle, über die Kunden und Versicherer miteinander in Kontakt treten. Das bedeutet, dass Versicherer alle diese „Schnittstellen“ zum Kunden feststellen und die dort tätigen Mitarbeiter sensibilisieren müssen, damit sie • Frage- und Beratungsanlässe sicher erkennen und • adäquat nutzen.
Tipp: Der Frage und Beratungsanlass muss nicht immer unmittelbar von dem Mitarbeiter genutzt werden, der mit dem Kunden in Kontakt steht, aber der entsprechende Mitarbeiter muss dafür sorgen, dass eine geeignete Person dies erfüllt (beispielsweise der betreuende Vermittler).
Wird die Beratungspflicht zum Beispiel an Versicherungsvertreter delegiert, muss sichergestellt und überwacht werden, dass die Beratungspflicht auch erfüllt wird.
Beratung über Vertreter
Achtung: Eine Verletzung dieser wie aller Beratungspflichten zieht nach § 6 Abs. 5 VVG die Verpflichtung nach sich, einen entstanden Schaden zu erset zen. Das gilt nur dann nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Vertreten muss er die Pflichtverletzung aller dings auch dann, wenn sie von einem Erfüllungsgehilfen begangen wird (beispielsweise von einem Vertreter).
Eine Dokumentationspflicht hat der Versicherer nach Abschluss des Versicherungsvertrags nicht.
Keine Dokumentation notwendig
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2
So wird der Kunde richtig beraten
Tipp: Auch wenn keine Dokumentation der anlassbezogenen Beratung nach Vertragsschluss gefordert wird, ist zumindest eine interne Dokumenta tion sinnvoll. Dadurch lässt sich später die Kommunikationshistorie bes ser nachvollziehen und der Nachweis erbringen, dass ein erkannter Be ratungsanlass genutzt wurde.
2.4 Wie der Kunde verzichten kann Rechtsnorm: § 6 Abs. 3 und 4 VVG Siehe CDROM Nach Komplexi tät des Vertrags
Der Kunde muss sich nicht „zwangsberaten“ lassen. Er hat das Recht, • vor dem Abschluss auf die Beratung und auf die Dokumentation zu verzichten, • während der Vertragslaufzeit im Einzelfall auf eine Beratung zu verzichten. Damit der Kunde jedoch vor den Konsequenzen dieses Schritts gewarnt wird und nicht leichtfertig auf seine Rechte verzichtet oder vom Versicherer dazu gedrängt werden kann, sind besondere Formvorschriften zu beachten: • Auf Beratung und Dokumentation vor einem Vertragsabschluss kann der Kunde nur durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer darauf hingewiesen wird, dass sich der Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen. Beispiel: „Hiermit erkläre ich, Max Mustermann, dass ich auf eine Beratung und auf eine Dokumentation beim Abschluss der Rentenversicherung bei der Proximus Lebensversicherung AG verzichte. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass dieser Verzicht für mich von Nachteil sein kann, falls ich gemäß § 6 Abs. 5 VVG Schadenersatzansprüche gegen die Proximus geltend machen will. Ort, Datum, handschriftliche Unterschrift des Kunden“
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Ausnahmen •
2
Auf Beratung während des Vertragsverhältnisses kann der Kunde durch eine einfache schriftliche Erklärung im Einzelfall verzichten.
Der Verzicht ist nicht nur für den Kunden mit Nachteilen verbunden, weil er möglicherweise einen ungeeigneten Versicherungsschutz einkauft. Ohne Dokumentation kann er dem Versicherer nur schwer einen Beratungsfehler nachweisen. Auch der Versicherer hat Nachteile durch den Verzicht. Denn auch er kann sich kaum vom Vorwurf einer Falschberatung entlasten, wenn keine Dokumentation existiert. Wird der Verzicht zudem regelmäßig statt nur in Einzelfällen eingesetzt, kann das dazu führen, dass die Verzichte der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) unterworfen und für unwirksam erklärt werden, weil ein regelmäßiger Verzicht offenkundig der Intention des Gesetzgebers widerspricht, nach der regelmäßig eine Beratung stattfinden soll.
Verzicht bedeu tet Nachteile für Kunden und Versicherer
2.5 Ausnahmen Rechtsnorm: § 6 Abs. 6 VVG Die Vorschriften zur Beratungspflicht des Versicherers gelten dann nicht, wenn der Versicherungsvertrag von einem Versicherungsmakler vermittelt wird. Grund ist, dass der Versicherer nicht zum Makler in Konkurrenz treten soll, obwohl der VN den Makler mit der Vermittlung und in diesem Zusammenhang auch mit der Beratung beauftragt hat.
Siehe CDROM Von Maklern vermittelte Verträge
Achtung: Das Gesetz lässt hier jedoch eine Lücke. Der Versicherer ist in diesem Fall auch während der Vertragslaufzeit nicht zur anlassbezogenen Be fragung und Beratung eines Kunden verpflichtet, offenbar in der An nahme, dass ein Makler stets auch Bestandsbetreuung leistet und alle Informationen zur Verfügung hat, die der Versicherer besitzt und die einen Beratungsanlass auslösen können. Tatsächlich kann ein Makler vertrag vorsehen, dass der Makler nur die Abschlussvermittlung und die dazu gehörende Beratung schuldet.
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2 Ausnahme Fernabsatz
So wird der Kunde richtig beraten
Eine Beratung ist ebenfalls nicht erforderlich, wenn es sich beim Versicherungsvertrag um einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312 b Abs. 1 und 2 BGB handelt. § 312 b Abs. 1 und 2 BGB 1 (1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Fi nanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und ei nem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fern kommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz or ganisierten Vertriebs oder Dienstleistungssystems erfolgt. 2 Finanzdienstleistungen im Sinne des Satzes 1 sind Bankdienst leistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelper sonen, Geldanlage oder Zahlung. (2) Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperli che Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, EMails sowie Rundfunk, Tele und Mediendienste.
Entscheidend beim Fernabsatzvertrag ist, dass er unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zu Stande kommt. Beispiele: • Ein Kunde ruft beim Versicherer an und schließt den Versiche rungsvertrag am Telefon ab. • Ein anderer Kunde reagiert auf einen Werbebrief des Versicherers und sendet den beiliegenden Antrag auf dem Postweg zurück. • Ein dritter Kunde schließt auf der Website des Versicherers einen Vertrag ab.
In diesen Fällen geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Kunde selbst kein Interesse an einer Beratung hat und deshalb diese Leistung nicht erbracht werden muss, wenn sich nicht im Einzelfall ein konkreter Beratungsanlass ergibt.
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Versicherungsvermittlung über Vermittler
2
Achtung: Der Fernabsatzausschluss ist in verschiedener Hinsicht mit Vorsicht zu genießen. Bietet der Versicherer aktiv durch Mailings, Call Center etc. für den Kunden im Einzelfall für dessen Bedarf ungeeignete Versicherungs verträge an, wird die Frage sein, ob er sich mit Verweis auf den Fernab satzausschluss jeglicher Verantwortung für die mangelhafte Beratung entziehen kann, insbesondere dann, wenn er parallel auch persönliche Beratung durch eigene Angestellte oder durch Vermittler anbietet. Unproduktiv dürfte auch ein Wettbewerb eines Versicherers mit seinen eigenen Vertretern sein, indem er bei zentralen Marketingaktionen ge ringeren Aufwand mit der Beratung und Dokumentation betreibt als es sein Vertreter leisten muss – das dürfte die Zusammenarbeit mit den eigenen Vermittlern auf Dauer nachhaltig belasten.
2.6 Versicherungsvermittlung über Vermittler Rechtsnormen: §§ 59 ff. VVG Beim Neuabschluss wie auch bei einer Vertragsveränderung hat ein Versicherungsvermittler selbst alle zuvor beschriebenen Pflichten der anlassbezogenen Befragung, Beratung und Dokumentation zu erfüllen. Die Pflichten müssen nicht zweimal erfüllt werden, deshalb braucht der Versicherer die Beratung nicht selbst zu leisten, wenn ein selbstständiger Versicherungsvermittler zur Erfüllung dieser Pflichten eingeschaltet ist. Im Fall des Versicherungsmaklers wurde bereits dargestellt, dass eine Beratungspflicht durch den Versicherer explizit ausgeschlossen wird. Der Versicherungsvertreter wird hingegen als Erfüllungsgehilfe des Versicherers tätig. Er erfüllt also sozusagen sowohl seine eigenen Beratungspflichten als auch diejenigen seines Versicherers. Das hat aber wichtige Konsequenzen: Versicherer und Versicherungsvertreter müssen sich darüber verständigen, wie die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten sichergestellt wird, und das umso mehr, als es heute üblich ist, dass Kunde, Versicherer und Vermittler in vielfältiger Weise miteinander kommunizieren können und deshalb leicht Informationen verloren gehen. Hier muss sichergestellt werden, dass stets die erste Stelle, mit der der Kunde in Berührung kommt, Beratungsanlässe erkennt und entweder selbst nutzt oder veranlasst, dass die notwendige Beratung geleistet wird.
Siehe CDROM Vertreter erfüllt Versicherer Pflichten
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So wird der Kunde richtig beraten
Beispiel: Ein hausratversicherter Kunde meldet der Hotline des Versicherers seinen Umzug. Der Hotlinemitarbeiter erkennt darin einen Beratungs anlass und informiert den betreuenden Vertreter, dass dieser eine Be ratung anbieten muss.
Siehe CDROM
Versicherungsvermittler haben zusätzlich Pflichten zu beachten. Dazu zählen: • Statusbezogene Erstinformation (§ 11 VersVermV): Der Vermittler muss den Kunden beim ersten geschäftlichen Kontakt über seinen Namen, seine Firma und Firmenadresse, die Art des gewerberechtlichen Vermittlerstatus (Makler oder Vertreter mit Gewerbeerlaubnis, auf Antrag von der Erlaubnispflicht befreiter oder als gebundener Vertreter erlaubnisfrei) und ggf. bestehende Beteiligungsverhältnisse zwischen ihm und einem Versicherer informieren. Weiter hat er darin die Adressen der Versicherungsombudsleute anzugeben. • Mitteilung zur Beratungsgrundlage (§ 60 Abs. 2 VVG): In jedem Beratungsgespräch vor Antragsaufnahme hat ein Makler, der seine gesetzliche, weit gehende Beratungsgrundlage nach § 60 Abs. 1 VVG im Einzelfall beschränken will, sowie jeder Versicherungsvertreter dem Kunden die Markt- und Informationsgrundlage für die Beratungsleistung und die Namen der dem Rat zu Grunde gelegten Versicherer zu nennen. Vertreter haben zusätzlich anzugeben, für welche Versicherer sie tätig sind, und ob sie dies ausschließlich tun. Achtung: Die Mitteilung zur Beratungsgrundlage wird in der Praxis oft unter schätzt und vor allem mit der statusbezogenen Erstinformation („Visi tenkarte“) verwechselt. Dabei sind die Rechtsfolgen weitaus gravieren der als bei einer nicht oder falsch erbrachten statusbezogenen Erstinformation. Während der Verstoß gegen die Erstinformations pflicht in erster Linie eine Ordnungswidrigkeit darstellt, begründet eine falsch oder nicht erbrachte Mitteilung zur Beratungsgrundlage Scha denersatzansprüche des Kunden gegen den Vermittler.
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Versicherungsvermittlung über Vermittler
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Beispiele: • Ein Mehrfachvertreter vertritt fünf Lebensversicherer, die alle ei nen für den konkreten Kunden geeigneten Rentenversicherungsta rif anbieten. Da der Mehrfachvertreter bei Lebensversicherer Nr. 1 einen Wettbewerb gewinnen möchte, empfiehlt er nur diesen. Später stellt sich heraus, dass Lebensversicherer Nr. 1 aufgrund einer falschen Kapitalanlagepolitik, die zum Zeitpunkt des Ver tragsabschluss dem Vertreter bereits bekannt war, seine Über schüsse drastisch herabsetzen muss und der Kunde bei allen vier anderen Lebensversicherern wesentlich höhere Leistungen erhal ten hätte. Daraufhin macht der Kunde Schadenersatzansprüche gegen den Mehrfachvertreter geltend. • Ein Ausschließlichkeitsvertreter berät einen Kunden zur Renten versicherung und erwähnt im Beisein von Zeugen mehrfach, dass er sehr lange Erfahrung im Versicherungsmarkt besitze und diesen analysiert habe, dieses Angebot sei das beste, das verfügbar sei. Auch weitere Bemerkungen lassen den Kunden und seine Zeugen nicht darüber im Zweifel, dass es sich um einen Makler handele. Später stellen sich die Versprechungen des Vertreters als zu voll mundig heraus. Der Kunde richtet Schadenersatzansprüche gegen den Vertreter und macht glaubhaft, dass der Vertreter nach § 59 Abs. 3 Satz 2 VVG den Eindruck erweckt habe, ein Makler zu sein, die damit verbundene Beratungsgrundlage aber nicht eingehalten hat. • Ein Versicherungsmakler berät seinen Kunden zur Berufsunfähig keitsversicherung. Vor Kurzem hat ihm der Maklerbetreuer von Versicherer A attraktive Broschüren zu diesem Thema ausgehän digt, mit denen sich das Produkt hervorragend verkaufen lässt. Deshalb verkauft der Makler seinem Kunden auch die Berufsunfä higkeitsversicherung des Versicherers A. Später stellt sich heraus, dass für die Bedürfnisse des Kunden Versicherer B wesentlich bes ser geeignet gewesen wäre. Der Kunde kann deshalb einen An spruch auf Leistung nicht durchsetzen und macht den Makler schadenersatzpflichtig.
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3
Darüber müssen Kunden informiert werden
Rechtsgrundlagen: § 7 VVG, VVG-InfoV Siehe CD ROM
Leitbild des Gesetzgebers ist, dass ein Versicherungsnehmer eine informierte Entscheidung treffen kann. Dazu benötigt er im Vorfeld alle für den Versicherungsvertrag relevanten Informationen. Vor diesem Hintergrund muss man die wesentlichen Veränderungen sehen, die in Bezug auf die bisherige Verbraucherinformation und in Bezug auf die Modelle zu deren Übermittlung stattgefunden haben.
3.1 Antragsmodell als Standard Policenmodell entfällt
Augenfälligste Änderung bei den Informationspflichten ist, dass das so genannte Policenmodell entfallen ist (§ 5a VVG-alt). Dieses Modell sah vor, dass die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen nachträglich mit der Police zugesendet werden. Das wurde mit einem besonderen Widerspruchsrecht verbunden. Versicherer sendet • Police, • Versicherungsbedingungen, • Verbraucherinformation, • Widerrufsbelehrung an Kunden
Vermittler/ Versicherer nimmt Antrag auf
Nein Widerspruch innerhalb von 14 Tagen?
Ja
Vertrag zustande gekommen Vertrag nicht zustande gekommen
Abb. 1: Policenmodell Das Policenmodell war den Verbraucherschützern schon lange ein Dorn im Auge, weil ihrer Meinung nach der Kunde ohne vorherige Aushändigung der Versicherungsbedingungen und der Verbrau-
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Antragsmodell als Standard
cherinformationen keine informierte Entscheidung treffen könne. Allerdings befürchtete selbst der ehemalige Versicherungsombudsmann und BGH-Richter Professor Römer, dass in der Praxis der typische Kunde die Vertragsinformationen weder vor noch nach Antragstellung lese. Schließlich wurden auch europarechtliche Bedenken gegen das bisherige Modell erhoben. § 7 VVG sieht nun das so genannte Antragsmodell als Standard vor. Danach sind • die Vertragsbestimmungen, • die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und • die zusätzlichen, in der VVG-InfoV genannten Informationen rechtzeitig vor Antragstellung dem Kunden mitzuteilen. Vermittler/ Versi
cherer händigt rechtzeitig • Versicherungs
bedingungen • Informationen gemäß VVG
InfoV aus
Vermittler/ Versicherer nimmt Antrag auf
Versicherer sendet • Police, • Widerrufs
belehrung an Kunden
Widerruf Nein innerhalb von 2 Wochen (Lebensver
sicherung: 30 Tagen)? Ja
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Welche Informationen vorliegen müssen
Vertrag zustande gekommen
Vertrag nicht zustande gekommen
Abb. 2: Antragsmodell Was in diesem Zusammenhang „rechtzeitig“ bedeutet, wird vom Gesetzgeber nicht genauer definiert. Die überwiegende Meinung geht derzeit dahin, „rechtzeitig“ wie folgt zu definieren: • Die Übergabe erfolgt innerhalb eines Verkaufsgesprächs rechtzeitig, wenn sie zeitlich vor der Antragsaufnahme stattfindet und der Kunde die Möglichkeit erhält, je nach Wunsch zunächst die Vertragsinformationen zur Kenntnis zu nehmen. Das gilt aber nur bei standardisierten Produkten ohne komplizierte, ungewöhnliche Bestimmungen und ohne langfristige Verbindlichkeiten für den Kunden. • Dagegen ist in allen anderen Fällen dem Kunden Zeit zum Studium der Vertragsinformationen zu geben, was einen zweiten Termin im Abstand einiger weniger Tage erforderlich macht.
Was rechtzeitig bedeutet
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Darüber müssen Kunden informiert werden
Das gilt insbesondere bei komplizierten, mit individuellen Bedingungen versehenen, nicht leicht zu verstehenden oder mit langfristigen Verbindlichkeiten und Nachteilen verbundenen Produkten. Tipp: Es entspricht durchaus der praktischen Erfahrung, dass sich für den Kunden aufwändige, teure Versicherungen oder ungewöhnliche De ckungskonzepte ohnehin kaum in nur einem einzigen Termin verkaufen lassen, so dass es für den Vermittler leicht ist, die gesetzliche Anforde rung umzusetzen. Beachten muss der Vermittler allerdings, dass die Vertragsinformationen so frühzeitig ausgehändigt werden, dass der Kunde über das Angebot und die dazu gehörenden Informationen aus reichend lange nachdenken kann. Beispiel: • Ein Kunde hat seit Jahren beim Versicherer A eine Kfz Versicherung. Er kennt den Unterschied zwischen Voll und Teil kaskoversicherung und die Bedeutung von Selbstbeteiligungen. Eines Tages kauft er ein neues Fahrzeug und will auch dieses wie der bei Versicherer A versichern. In dieser Situation liegt es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht im Interesse des Kunden, ihn zu zwingen, zunächst mehrere Tage die Vertragsinformationen zu studieren, ehe er einen Antrag stellen, die Versicherungsbestäti gung erhalten und sein Fahrzeug zulassen darf. • Eine Kundin hat gerade geheiratet und möchte sich angesichts der neuen Familiensituation über ihre Alters und die Hinterbliebe nenversorgung informieren. Vorkenntnisse wie auch Vorversiche rungen sind nicht vorhanden. Auch die neue steuerliche Situation muss berücksichtigt werden. Der Versicherer B führt eine entspre chende Analyse durch und schlägt mehrere Produkte zur Alters vorsorge und zur Hinterbliebenenversorgung vor, bei denen jeweils eine Reihe von Informationen zum Leistungsumfang und zur steu erlichen Behandlung notwendig sind. Teilweise müssen auch noch unterschiedliche Varianten wie beispielsweise fondsorientierte oder klassische Anlagen gegeneinander abgewogen werden. Es liegt unmittelbar auf der Hand, dass die Kundin in dieser Situation keine sofortige, fundierte Entscheidung treffen kann, sondern Zeit zum Nachdenken und zum Studium der umfangreichen Informati onen benötigt.
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Antragsmodell als Standard
Gegen das Antragsmodell wird häufig eingewendet, dass es zu sehr hohem logistischem Aufwand führt, zumal hier Vertragsinformationen zu einem Zeitpunkt ausgehändigt werden müssen, in dem sich der Kunde oft noch nicht entschieden hat. Das kann zu vermehrter Übermittlung von Vertragsinformationen führen, die nicht zum Abschluss führen. Eine besondere Schwierigkeit stellt das Antragsmodell für Makler und Mehrfachvertreter dar, die mit vielen Versicherern zusammenarbeiten und dementsprechend unterschiedlichste Verfahren zur Bereitstellung und Übermittlung der Vertragsinformationen anwenden müssen. Allerdings zeigt sich schon jetzt, dass auch diese Probleme lösbar sind. Die Informationen nach § 7 VVG sind in Textform zu übermitteln. Zudem sind sie „in einer dem eingesetzten Kommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich“ zu übermitteln.
3 Logistischer Aufwand hoch
Textform er leichtert Über mittlung
Beispiele: • Ein Vermittler überreicht die Vertragsinformationen im persönli chen Beratungsgespräch als gedruckte Broschüre, in gut lesbarer Schriftgröße und mit einer übersichtlichen Gliederung. • Ein Versicherer bietet im Internet für den Onlineabschluss die ent sprechenden Informationen als PDFDatei zum Download an. • Ein Vermittler übergibt dem Vertragsinteressenten einen USB Stick, auf dem die relevanten Vertragsinformationen in übersicht lichen PDFDruckstücken abgespeichert sind. • Ein Versicherer hat eine CDROM zusammengestellt, auf der alle benötigten Vertragsinformationen als HTMLDateien, die mit je dem handelsüblichen Browser gelesen, gedruckt und gespeichert werden können, hinterlegt wurden. • Ein Vermittler sendet online aus seinem Angebotsprogramm eine Anforderung an den Versicherer, der über seine Druckstraße die angeforderten Vertragsinformationen druckt und per Post an den Kunden sendet, so dass diese zum Zweitgespräch beim Kunden vorliegen.
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Darüber müssen Kunden informiert werden
Standardisie rung nimmt zu
Eine aktuelle Befragung der Versicherungsunternehmen durch das VersicherungsJournal zeigt, dass praktisch alle Versicherer einen oder mehrere der beispielhaft aufgezeigten Wege der Informationsübermittlung anbieten. Zudem haben Dienstleister wie Pools, Servicegesellschaften oder Produktvergleichsprogrammhersteller die Chance erkannt, neue Plattformen zu schaffen, über die der Vermittler zentral sicher nicht von allen, aber doch von vielen Versicherern die relevanten Informationen abrufen kann. Zudem gibt es seit einiger Zeit Standardisierungsbemühungen im Markt wie beispielsweise die Brancheninitiative Prozessoptimierung e.V. (BiPRO), der zahlreiche Versicherer und Maklerprogrammhersteller angehören. Dadurch ist in nächster Zeit zunehmend mit neuen Verfahren zu rechnen, über die Makler und Mehrfachvertreter zumindest im Massengeschäft ohne größeren Aufwand die notwendigen Vertragsinformationen in verschiedener Weise erhalten können.
Risiko ewiges Widerrufsrecht
Die „richtige“ Einhaltung des Antragsmodells ist vor allem aus einem Grund von Bedeutung: Wird der Versicherungsnehmer nicht oder nicht vollständig gemäß § 7 VVG informiert, beginnt die Frist für das Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers gemäß § 8 Abs. 2 VVG nicht zu laufen. Anders als nach altem Recht ist dann der Versicherungsvertrag dauerhaft schwebend wirksam, das heißt, der Versicherungsnehmer kann jederzeit nachträglich von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Achtung: Ewig widerrufbare Versicherungsverträge sind der Traum eines jeden Wettbewerbers – schon im Interesse der Bestandssicherheit muss es das Bestreben eines Versicherers und eines Versicherungsvermittlers sein, es nicht dazu kommen zu lassen und für die ordnungsgemäße In formation und damit auch den Beginn der Widerrufsfrist Sorge zu tra gen.
3.2 Invitatiomodell Wegen der unbestreitbaren Nachteile des Antragsmodells wurde bereits früh als Alternative das so genannte Invitatiomodell in die
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Invitatiomodell
Diskussion gebracht. Derzeit wird es von einer Mehrheit, aber keineswegs von allen Versicherern und auch nicht in allen Sparten angeboten. Tendenziell steht es zudem nur Maklern und Mehrfachvertretern, zumeist aber nicht Ausschließlichkeitsvertretern zur Verfügung. Bei diesem Modell stellt der Versicherungsnehmer keinen verbindlichen Antrag, sondern seine Erklärung wird als Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (invitatio ad offerendum) betrachtet. Der Versicherer sendet anschließend den Versicherungsschein mit den Vertragsinformationen als Angebot gekennzeichnet zu. Dies ist im rechtlichen Sinne der Antrag. Der Versicherungsvertrag kommt erst zu Stande, wenn der Versicherungsnehmer den Antrag ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten annimmt. Dieses Modell hat den Vorteil, dass im Verkaufsgespräch nicht zwingend alle Vertragsinformationen vorliegen müssen. Allerdings setzt es voraus, dass ein zweistufiger Verkaufsprozess durchgeführt wird, weil die Annahme des Angebots durch den Versicherungsnehmer erst noch erfolgen muss. Die Annahme muss entweder ausdrücklich, zum Beispiel durch Unterschreiben und Rücksenden einer Annahmeerklärung, oder konkludent erfolgen.
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Zweistufiger Verkaufsprozess zwingend
Achtung: Als konkludentes Handeln kann beispielsweise die Überweisung der Erstprämie durch den VN anzusehen sein. Allerdings wird in den meis ten Fällen das Lastschrifteinzugsverfahren vereinbart. Das bloße Dulden eines Lastschrifteinzugs kann hingegen in der Regel nicht als konklu dentes Handeln interpretiert werden, das heißt der Vertrag ist dadurch allein nicht zustandegekommen. Außerdem wird der Versicherungs nehmer den Einzug der Erstprämie nur dulden wollen, wenn zuvor schon ein Vertrag wirksam zustande gekommen ist. Daran fehlt es aber, wenn erst dass Dulden des Prämieneinzugs zum Vertragsschluss führt.
Dem Invitatiomodell begegnen somit durchaus erhebliche rechtliche Bedenken. Ein wichtiges praktisches Argument gegen das Modell ist aber, dass viele Kunden es schlicht und ergreifend nicht verstehen werden. Denn seit je her interpretieren Versicherungsnehmer das Zusenden einer Versicherungspolice als Zeichen, dass der gewünschte Versicherungsvertrag zu Stande gekommen ist. Nun wird der Versicherer bzw. zumeist ein Versicherungsvermittler dem Kunden
Risiken des Invitatiomodells
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3
Darüber müssen Kunden informiert werden
aufwendig erklären müssen, dass dies beim Invitatiomodell gerade nicht der Fall ist und welche Folgen es hat, wenn die Zustimmung nicht erteilt wird. Gerade an Versicherungsmakler stellt ein Vertragsschluss im Invitatio-Verfahren somit hohe Anforderungen, denn sie müssen ihre Kunden umfassend über Vor- und Nachteile des gewählten Vertragsabschlussverfahrens beraten. Beispiel: Ein Versicherungsmakler vermittelt seinem Kunden eine Krankenver sicherung und nutzt dabei das InvitatioVerfahren, um die Versiche rungsbedingungen nicht selbst aushändigen zu müssen. Der Kunde erhält die Police und Vertragsinformationen als Angebot, versäumt es aber, die Annahmeerklärung zu unterschreiben und zurückzusenden. Auch der Makler versäumt es, entsprechend tätig zu werden und eine Annahmeerklärung zu veranlassen. Wenige Wochen später wird eine schwere Erkrankung des Kunden festgestellt, die eine teure Behandlung nach sich zieht. Der Kranken versicherer verweigert die Leistung, weil noch kein Vertrag zu Stande gekommen sei. Der Kunde glaubt, dass er von seinem Makler nicht ausreichend über die Natur des Invitatiomodells aufgeklärt worden ist und beansprucht von ihm Ersatz für den entstandenen Schaden, in diesem Fall für die Behandlungskosten abzüglich der ersparten Versi cherungsprämie.
Mindestens als ungeklärt anzusehen sind weitere rechtliche Probleme wie beispielsweise die Fragen, wann die vorvertragliche Anzeigepflicht beim Invitatiomodell endet oder welche Rechte der Versicherungsnehmer bei Abweichungen zwischen Antrag und Police geltend machen kann. Tipp: Das Invitatiomodell sollte als Übergangsbehelf angesehen werden, so lange Versicherer oder dritte Dienstleister keine zufrieden stellenden Lösungen für die Umsetzung des Antragsmodells anbieten können. Auf längere Sicht erscheint das Invitatiomodell nicht als geeignetes Ver tragsschlussverfahren.
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Weitere Varianten beim Vertragsschluss
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3.3 Weitere Varianten beim Vertragsschluss Derzeit sind nicht nur die oben beschriebenen Vertragsschlussverfahren verbreitet, sondern es gibt weitere Versuche, die im Wesentlichen dem Zweck dienen, den Verkaufsprozess an das bislang praktizierte Policen-Modell anzunähern. Diskutiert, bisher aber selten angewendet wird ein „Modell der be2 dingten Antragserklärung“ . Bei diesem Modell richtet der Kunde zunächst ähnlich dem Invitatiomodell eine unverbindliche Anfrage an den Versicherer auf einem Antragsformular, ohne vorher die Vertragsinformationen übermittelt zu erhalten. Auch hier stellt der Kunde also keinen verbindlichen Antrag. Zusätzlich wird Folgendes vereinbart: Der zunächst unverbindliche Antrag soll rückwirkend Verbindlichkeit erlangen, nachdem der Versicherer seinen Vertragsinformationspflichten nachgekommen ist. Hat also der Kunde die gesetzlich geschuldeten Informationen erhalten, wird aus seinem unverbindlichen Antrag ein im Rechtssinne verbindlicher Antrag, den der Versicherer dann durch Übersenden der Versicherungspolice annehmen kann. Gegen das Modell gibt es ebenfalls ernst zu nehmende rechtliche Bedenken, die bisher nicht ausgeräumt werden konnten. Insbesondere wird dabei immer wieder die Frage zu beantworten sein, ob solche Modelle in ihren praktischen Auswirkungen eine Wiedereinführung des Policenmodells „durch die Hintertür“ darstellen, was wohl als Missstand angesehen werden dürfte und beispielsweise aufsichtsrechtliche Konsequenzen haben kann. Für den Bereich der Versicherungsmakler wird außerdem die so 3 genannte Stellvertreterlösung als möglich angesehen und von einigen Versicherern auch aktiv unterstützt. Hinter dem Begriff der Stellvertreterlösung oder des Stellvertretermodells verbirgt sich zweierlei: 2
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Modell der bedingten Antragserklä rung
Stellvertreter lösung
Vgl. Baumann, Horst: Es gibt den dritten Weg, Versicherungswirtschaft 23/2007, S. 1955-1957 Vgl. Schirmer, Helmut; Sandkühler, Hans-Ludger: VVG-Reform: Vertragsschlussmodelle und ihre Bedeutung für das Maklergeschäft, Zeitschrift für Versicherungswesen 23/2007, S. 771-776
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3
Darüber müssen Kunden informiert werden •
•
Der Versicherungsmakler nimmt kraft seiner Sachwalterstellung stellvertretend für den Kunden rechtzeitig vor Antragstellung die Vertragsinformationen entgegen. Damit wird hier also das Antragsmodell umgesetzt. Dies kann praktisch dadurch erfolgen, dass der Versicherer die Vertragsinformationen in seinem Maklerportal zur Verfügung stellt. Unklar ist bisher, ob der Makler immer als bevollmächtigt anzusehen ist, die Vertragsinformationen entgegenzunehmen oder ob es einer besonderen Vollmacht bedarf und wie diese auszugestalten ist. Der Versicherungsmakler nimmt kraft einer ihm als Sachwalter erteilten Vollmacht beim Invitatiomodell auch das Angebot des Versicherers an, erteilt also stellvertretend für den Kunden die Annahmeerklärung.
Dieses Modell wird verständlicherweise in Maklerkreisen sehr begrüßt, seine Vereinbarkeit mit § 7 VVG aber unterschiedlich beurteilt, denn die Pflicht zur Vertragsinformation ist gemäß § 7 VVG vom Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer zu erfüllen. Ob der Versicherungsmakler zumindest im Massengeschäft mit Privatkunden faktisch wirklich als Sachwalter für den Kunden sorgsam alle Vertragsinformationen zur Kenntnis nimmt, oder nicht doch allein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein eher Versicherungsvertretern ähnliches Verkaufsverhalten an den Tag legt, wird zu überprüfen sein. Und ob dann insbesondere in den Fällen, in denen keine ausdrückliche Vollmacht des Kunden vorlag, dieser hinreichend informiert wurde, könnte zumindest zweifelhaft sein. Es gibt für diese Situation den Vorschlag, der Versicherer solle zusätzlich die Vertragsinformationen der Police beilegen – hier stellt sich aber wie oben die Frage, ob eine solche Praxis dann nicht doch wieder als Wiederherstellung des Policenmodells „durch die Hintertür“ bewertet werden wird. Auch ist bisher unklar, welchen zusätzlichen Haftungsrisiken sich der Makler aussetzt, der per Stellvertreterlösung Informationen entgegennimmt, die der Kunde jedoch nicht erhält. Jedenfalls wird sich regelmäßig aus dem Versicherungsmaklervertrag die Pflicht des Versicherungsmaklers ergeben, die ihm übermittelten Vertragsinformationen an den Versicherungsnehmer weiterzuleiten, wenn
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Inhalt der Vertragsinformationen
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dieser nicht über sie verfügt. Denn auch wenn der Informationsfluss über den Versicherungsmakler als Stellvertreter des Kunden erfolgt, soll letztendlich doch der Kunde informiert werden. Das gilt vor allen Dingen dann, wenn der Versicherungsmakler seinen Kunden nach Abschluss des Versicherungsvertrags nicht betreuen will. Tipp: Der gerade Weg ist auch hier der beste: Der Kunde soll informiert wer den. § 7 VVG sieht dabei keinen Unterschied vor, ob es sich um den Kunden eines Maklers, eines Vertreters oder direkt eines Versicherers handelt. Kern der Bestimmung ist in jedem Fall, dass der Kunde eine informierte Entscheidung treffen kann, indem er mindestens die Möglichkeit hat, die Vertragsinformationen vor seiner rechtsverbindlichen Antragserklä rung zur Kenntnis zu nehmen. Und das kann er regelmäßig nur, wenn er sie nachweislich auch tatsächlich erhalten hat! Natürlich hat er die Möglichkeit, auch einen Dritten mit der InEmpfangnahme der Unterla gen zu bevollmächtigen. Dies sollte sich aber eindeutig aus einer einem Dritten erteilten Vollmacht ergeben.
3.4 Inhalt der Vertragsinformationen Nach § 7 Abs. 1 VVG hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf: • Vertragsbestimmungen einschließlich der • Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie • die in der VVG-InfoV bestimmten weiteren Informationen. Dies ist nicht grundsätzlich neu, sondern der Umfang der erforderlichen Vertragsinformationen ist deutlich angestiegen. Neu ist, dass die Vertragsinformationen nicht mehr nur Verbrauchern im Sinne von § 13 BGB, sondern allen Versicherungsnehmern mit Ausnahme von Großrisiken im Sinne von Art. 10 EGVVG zustehen. Aus diesem Grund ist der bisher eingeführte Begriff „Verbraucherinformation“ nicht mehr zutreffend.
Nicht mehr nur Verbraucher
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3 Siehe CDROM
Darüber müssen Kunden informiert werden
Checkliste: Großrisiko nach Art. 10 EGVVG Als Großrisiko gilt insbesondere ein Unternehmen, das mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllt: • Bilanzsumme: 6,2 Millionen Euro, • Nettoumsatzerlöse: 12,8 Millionen Euro, • 250 Arbeitnehmer im Durchschnitt des Wirtschaftsjahres. Weiter gelten als Großrisiko Versicherungsverträge über Transport und Luftfahrtrisiken sowie über Kredit und Kautionsrisiken.
Beispiel: Ein Einzelhändler mit drei Angestellten wird als Großrisiko behandelt, wenn er eine Transportversicherung abschließt. Wenn er hingegen eine Inventar oder eine Betriebshaftpflichtversicherung abschließt, ist er kein Großrisiko nach Art. 10 EGVVG. Textform Mehr Informationen als bisher erforderlich
Viele der Inhalte der Vertragsinformationen mussten auch bisher schon als Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG-alt bzw. der Anlage dazu ausgehändigt werden. Die VVG-InfoV sieht allerdings eine Reihe neuer Informationen vor. Besonders betroffen sind davon die Lebens- und die Krankenversicherung. Nach § 2 VVG-InfoV muss der Versicherer in der Lebens-, der Berufsunfähigkeits- und der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr zusätzliche Informationen erteilen; nach § 3 VVGInfoV in der Krankenversicherung. Neu ist insbesondere auch das Produktinformationsblatt nach § 4 VVG-InfoV. Achtung: Da die VVGInformationspflichtenverordnung erst sehr knapp vor In KraftTreten erlassen wurde und die Vorbereitungszeit für die Umset zung der neuen Informationspflichten zu kurz ist, treten Teile der VVG InfoV abweichend erst am 1.7.2008 in Kraft, und zwar die Vorschriften zur Offenlegung von Kosten sowie zum Produktinformationsblatt. Au ßerdem gibt es eine Übergangsvorschrift, wonach bis zum 30.6.2008 die Vertragsinformationspflicht auch durch Übermittlung der bis zum 31.12.2007 vorgeschriebenen Verbraucherinformationen erledigt wer den darf.
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Inhalt der Vertragsinformationen
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Informationspflichten in allen Versicherungszweigen Die in § 1 VVG-InfoV festgehaltenen Informationspflichten für alle Versicherungszweige entsprechen in weiten Teilen der bisherigen Anlage Teil D zum VAG und damit der bisherigen Verbraucherinformation bis auf Formulierungsunterschiede. Mitzuteilen sind: 1. Identität des Versicherers oder der Niederlassung (grundsätzlich wie bisher) und Handelsregistereintragung 2. Identität eines Vertreters des Versicherers in dem Mitgliedsstaat der EU, in dem der VN seinen Wohnsitz hat; gibt es diesen nicht, dann auch alternativ eine andere gewerblich tätige Person, mit der der VN geschäftlich zu tun hat – beispielsweise ein Vermittler (neu) 3. Ladungsfähige Anschrift, ggf. sonstige für den VN wichtige Anschriften, bei juristischen Personen, Personenvereinigungen oder -gruppen auch der Name eines Vertretungsberechtigten (in dieser Detailliertheit neu) 4. Hauptgeschäftstätigkeit des Versicherers (neu) 5. Angaben zum Bestehen von Garantiefonds oder anderen Entschädigungsregelungen (grundsätzlich wie bisher) 6. a) Die für das Versicherungsverhältnis geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen und Tarifbestimmungen sowie b) die wesentlichen Merkmale der Versicherungsleistung, insbesondere über Art, Umfang und Fälligkeit der Leistung (grundsätzlich wie bisher) 7. Gesamtpreis, ggf. Einzelausweis bei verbundenen Versicherungen (grundsätzlich wie bisher) 8. Ggf. zusätzlich anfallende Kosten (grundsätzlich wie bisher) 9. Einzelheiten zur Zahlung, Erfüllung, Zahlungsweise (grundsätzlich wie bisher) 10. Befristung von Angeboten (neu) 11. Ggf. Hinweis auf zugrunde liegende Finanzinstrumente mit speziellen Wertschwankungsrisiken (neu) 12. Beginn, Dauer, Antragsbindefrist (grundsätzlich wie bisher) 13. Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrecht und wie es auszuüben ist (grundsätzlich wie bisher)
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Darüber müssen Kunden informiert werden
14. Laufzeit, ggf. Mindestlaufzeit (grundsätzlich wie bisher) 15. Beendigung, insbesondere Kündigungsmöglichkeiten und ggf. fällige Vertragsstrafen (neu) 16. Mitgliedsstaaten der EU, deren Recht zugrunde gelegt wird (neu) 17. Anwendbares Recht (grundsätzlich wie bisher), zuständiges Gericht (neu) 18. Sprache für Bedingungen und Kommunikation (neu) 19. Außergerichtliches Beschwerdeverfahren (neu) 20. Name und Anschrift der Aufsichtsbehörde und Beschwerdemöglichkeit dort (grundsätzlich wie bisher) Neu ist außerdem, dass die Informationen nach Nr. 3 zur ladungsfähigen Anschrift, 13 zum Widerrufsrecht und 15 zu Beendigungsmöglichkeiten „einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form“ bedürfen.
Informationspflichten in der Lebensversicherung Auch in der Lebensversicherung gab es bisher bereits eine Reihe spezifischer Informationspflichten, die sich nun sinngemäß in § 2 Abs. 1 VVG-InfoV wiederfinden, wenn auch zum Teil präzisiert und erweitert. Zudem wurden diese ausgeweitet auf die Berufsunfähigkeits- und teilweise auf die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr. 1. Angaben zur Höhe der in die Prämie einkalkulierten Kosten in Euro,, dabei sind – die Abschlusskosten als einheitlicher Gesamtbetrag – die übrigen einkalkulierten (Verwaltungs-)Kosten als Anteil der Jahresprämie unter Angabe der jeweiligen Laufzeit auszuweisen. Diese Regelung ist neu. 2. Angaben zu möglichen sonstigen Kosten in Euro,, insbesondere solche, die einmalig oder aus besonderem Anlass entstehen können. Auch diese Regelung ist neu. 3. Berechnungsgrundsätze und Maßstäbe für die Überschussermittlung und Überschussbeteiligung (wie bisher) 4. Rückkaufswerte in Euro (grundsätzlich wie bisher)
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Inhalt der Vertragsinformationen
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5. Mindestversicherungsbetrag für Umwandlung in eine prämienfreie oder prämienreduzierte Versicherung oder über die Leistung hieraus (grundsätzlich wie bisher) 6. Die in den Rückkaufswerten nach Nr. 4 und den Mindestversicherungsbeträgen nach Nr. 5 enthaltenen garantierten Anteile in Euro (grundsätzlich wie bisher) 7. Bei fondsgebundenen Versicherungen Angaben zu den zugrunde liegenden Fonds und der Art der darin enthaltenen Vermögenswerte (grundsätzlich wie bisher) 8. Allgemeine Angaben über die für diese Versicherungsart geltende Steuerregelung (wie bisher) Der Kostenausweis wurde in vielfältiger Weise kritisiert, weil insbesondere bei einem Ausweis in Euro eine Wettbewerbsverzerrung zu anderen Produkten entsteht, bei denen der Gesetzgeber keinen Ausweis der eingerechneten Vertriebskosten verlangt (z. B. Fondssparpläne). Ein deutliches Beispiel dafür ist die Riesterrente, bei der Versicherungs- und Kapitalanlageprodukte direkt miteinander konkurrieren, das aber mit unterschiedlich weit reichenden Offenlegungspflichten. Auch wird befürchtet, dass der Ausweis der Abschlusskosten Kunden dazu verleiten kann, eine Provisionsabgabe zu verlangen, die jedoch nach wie vor in Deutschland verboten ist. Verbraucherschützer kritisieren umgekehrt, dass der Verordnungsgeber nach der massiven Kritik der Branche auf den Ausweis der tatsächlich entstandenen Kosten verzichtet hat und nur den Ausweis der kalkulatorischen Kosten verlangt. Dadurch würden insbesondere die im Maklervertrieb und bei Strukturvertrieben häufig weit über den kalkulatorischen Kosten liegenden effektiven Abschlusskosten nicht erkennbar. So sei es ein offenes Geheimnis der Branche, dass diesen Vermittlern oft weitaus mehr als die rechnungsmäßig höchstens zulässigen 40 Promille Abschlussprovision in der Lebensversicherung gezahlt würden, wohingegen in der Ausschließlichkeit deutlich niedrigere Sätze die Regel seien. Der Ausweis der kalkulatorischen Kosten führt im Ergebnis auch dazu, dass mit Ausnahme des vermutlich etwas günstigeren Direktvertriebs eine Gleichbehandlung der Vertriebswege stattfindet und das Kostenkriterium keine Voroder Nachteile für bestimmte Vertriebswege darstellt.
Kritik am Kostenausweis
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3 Siehe CDROM
Honorarver mittlung als Alternative?
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Darüber müssen Kunden informiert werden
Tipp: Der Ausweis der Abschluss und Vertriebskosten stellt eine Herausfor derung für den Vertrieb dar, die zum Teil hohen Beträge, die durch die überwiegend diskontierte Vergütung entstehen, zu rechtfertigen. Als Er läuterungen dafür kommen beispielsweise infrage: • Die Abschluss und Vertriebskosten sind nicht mit den Abschluss vergütungen (Provisionen, Courtagen) des Vermittlers zu verwech seln. Vielmehr werden damit auch die in Zusammenhang mit An trags und Gesundheitsprüfung sowie Vertragsausfertigung entstehenden Kosten des Versicherers getragen. Das sieht man be reits daran, dass auch Direktversicherer Abschlusskosten auszu weisen haben. • Mit den Abschlussvergütungen werden viele Tätigkeiten des Ver mittlers bezahlt, die der Kunde unmittelbar nicht sieht. Dazu zäh len die Aus und Weiterbildung, die Informationsbeschaffung, Markt und Produktanalyse und auswahl, vergebliche Beratungs gespräche ohne Abschluss u. a. • Mit der diskontierten Vergütung ist in der Regel auch die Betreu ungsleistung über die gesamte Laufzeit des Vertrags ganz oder weit gehend abgegolten. • Die Vergütungssysteme der Versicherungswirtschaft sehen traditio nell unterschiedlich kostendeckende Vergütungen für unterschiedli che Produkte vor. Der Kostenausweis suggeriert überhöhte Vergü tungen für Personenversicherungen. Nicht deutlich wird allerdings, dass Vermittler vielfach für Kfz und für andere Sachversicherungen keine kostendeckenden Vergütungen erhalten und deshalb wie jeder Unternehmer eine Mischkalkulation betreiben müssen. • Die diskontierte Vergütung ist in verschiedener Hinsicht für den Kunden günstiger als eine laufende, wie sie bei vielen Kapitalanla geprodukten üblich ist (wie beispielsweise der Vergleich gezillmer ter und ungezillmerter Lebensversicherungen zeigt).
Die Offenlegung der Vermittlungs- und Abschlusskosten gibt auch der Diskussion um die Beratung und Vermittlung gegen Honorar neuen Auftrieb. Es ist bekannt, dass in einigen skandinavischen Nachbarländern die Zahlung einer Vergütung an den Versicherungsmakler durch den Versicherer untersagt ist. Diese Versicherungsmakler müssen stattdessen eine Vergütungsvereinbarung mit ihren Kunden treffen. In den USA wurden Vereinbarungen zwi-
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schen Versicherern und Maklern mit aller Schärfe kritisiert, nach denen Makler mit Hilfe von Sondervergütungen animiert wurden, ihr Geschäft bevorzugt bestimmten Versicherern anzutragen. Die Europäische Kommission hat eine Sektorenuntersuchung unter anderem zu der Frage durchgeführt, ob es Wettbewerbshemmnisse im Industrieversicherungsgeschäft gibt, die auch durch eine vom Versicherer geleistete Vergütung des Maklers verursacht sein könnte. Bestätigt hat sich dieser „Verdacht“ allerdings nicht. Trotzdem steht noch immer die Frage im Raum, ob Versicherungsmakler in ihrer Eigenschaft als Sachwalter des Kunden eine Vergütung vom Versicherer erhalten sollten. Checkliste: Beratung und Vermittlung gegen Honorar – was geht und wo die Grenzen liegen • Wer darf gegen Honorar rechtlich beraten? Rechtsberatung in Zusammenhang mit Versicherungsverträgen ist nur Versicherungsberatern nach § 34 e GewO und in bestimmten Ausnahmefällen Versicherungsmaklern nach § 34 d Abs. 1 GewO erlaubt. • In welchen Fällen darf ein Versicherungsmakler rechtliche Bera) tung gegen Honorar leisten? Die Gewerbeerlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO umfasst auch die Erlaubnis, Dritte, die nicht Verbraucher im Sinne von § 13 BGB (Privatpersonen) sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prü) fung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt recht) lich zu beraten. Beispiele: a. Ein Handelsunternehmen bittet einen Versicherungsmakler um ein Zweitgutachten zum betrieblichen Versicherungsbedarf, obwohl keine Absicht besteht, anschließend diesem Makler die Vermittlung aller oder bestimmter Verträge zu übertragen.
Siehe CD)ROM
b. Ein ausländischer Konzern möchte einen einheimischen Betrieb übernehmen. Im Rahmen der Due Dilligence wird ein Wertgut) achten der Feuerversicherungswerte benötigt und ein Makler beauftragt, dieses Gutachten anzufertigen. • Wer darf gegen vom Kunden gezahltes Honorar Versicherungen vermitteln? Das kommt nur für Versicherungsmakler nach § 34 d Abs. 1 GewO infrage.
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Darüber müssen Kunden informiert werden
• Was ist bei der Vermittlung gegen Honorar zu beachten? Nach Auffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf) sicht (BaFin) ist die Vermittlung gegen Honorar nur zulässig, wenn nicht gleichzeitig eine Courtage vom Versicherer fließt. Deshalb beschränkt sich der Bereich der Honorarvermittlung auf das Ange) bot abschlusskostenfreier Tarife. Neuere Urteile deuten auf eine Aufweichung dieser Regel hin. Zudem wird bereits seit Langem auf den Fortfall des bisher maßgeblichen Provisionsabgabeverbots spe) kuliert. Allerdings ist derzeit Vorsicht geboten, wenn Courtage und Honorar parallel fließen sollen. Das muss durch einen besonderen Aufwand begründet werden können. Dem steht in der Praxis aller) dings häufig zusätzlich entgegen, dass ein Makler nach § 60 Abs. 1 VVG ohnehin eine weit gehende Verpflichtung zur Marktuntersu) chung und nach § 61 Abs. 1 VVG zur entsprechenden Befragung, Beratung und Begründung hat. In keiner Weise zu beanstanden ist deshalb in jedem Fall, wenn ) die Honorarvereinbarung erfolgsabhängig gestaltet wird (also auch nur bei Abschluss eines Vertrags ein Honorar zu berechnen ist) und wenn ) abschlusskostenfreie Tarife angeboten werden (also nicht Cour) tage und Honorar additiv gefordert werden). • Alle anderen Vereinbarungen sind zumindest angreifbar.
Schließlich ist fraglich, ob der Kostenausweis tatsächlich zu der geforderten Transparenz des Produktes Lebensversicherung führt. Die derzeitige Ausgestaltung ist zumindest nicht dazu geeignet, dass der Kunde nachvollziehen kann, welcher exakte Teil seines Beitrags tatsächlich als Spar- und als Risikobeitrag verwendet wird. Durch den Ausweis der kalkulatorischen Kosten wird dies für den Kunden nicht deutlich. Im Gegenteil, in der nun gefundenen Kostenoffenlegung steckt das Risiko, dass der Kunde dies als Entscheidungskriterium für oder gegen bestimmte Angebote einer Lebensversicherung missversteht. Welche Folgen das haben kann, illustriert das nachfolgende, vereinfachte Beispiel für einen möglichen Kostenausweis in zwei Angeboten zur Lebensversicherung und die jeweils erreichten Ablaufleistungen:
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Inhalt der Vertragsinformationen
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Angebot: Lebensversicherung, 25 Jahre Laufzeit, 2.000 Euro Jahres beitrag Versicherer 1 Kosten • Einmalig 1.600 Euro • Laufend 200 Euro jährlich
Versicherer 2 Kosten • Einmalig 2.000 Euro • Laufend 300 Euro jährlich
Kunde entscheidet sich nach Kosten für Versicherer 1 •
Ø Verzinsung der Sparbeiträ) ge: 4,2 Prozent • Ablaufleistung: 80.250 Euro
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Ø Verzinsung der Sparbeiträ) ge: 5,2 Prozent • Ablaufleistung: 87.750 Euro
Kunde verliert 7.500 Euro
Abb. 3: Kostenausweis zur Lebensversicherung Die Grafik oben zeigt: So wird der Kunde mit dem Kostenausweis zur Lebensversicherung verwirrt. § 154 Abs. 1 VVG sieht in der Lebensversicherung eine Modellrechnung vor, wenn der Versicherer im Angebot oder beim Abschluss der Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe möglicher Ablaufleistungen macht. In dieser Modellrechnung hat der Versicherer drei mögliche Ablaufleistungen anzugeben, die sich auf der Basis seiner individuellen Rechnungsgrundlagen, aber normierter Zinssätze ergeben könnten. Die Zinssätze werden in § 2 Abs. 3 VVGInfoV festgesetzt. Dies hat der Gesetzgeber bestimmt, um die Zinssätze entsprechend den Marktentwicklungen anpassen zu können, was auf dem Verordnungsweg erheblich einfacher durchführbar ist als durch Gesetzesänderung. Danach sind folgende Zinssätze zu verwenden: • Der Höchstrechnungszins von aktuell 2,25 Prozent, multipliziert mit 1,67 (bei exakter Rechnung also 3,7575 Prozent, wobei die Vermutung nicht fern liegt, dass der Verordnungsgeber eigentlich eine Multiplikation mit 1 2/3 und damit 3,75 Prozent gemeint hat)
Modellrechnung
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Darüber müssen Kunden informiert werden • •
Der Zinssatz nach Nr. 1 plus 1 Prozentpunkt (4,7575 oder 4,75 Prozent) Der Zinssatz nach Nr. 1. minus 1 Prozentpunkt (2,7575 oder 2,75 Prozent) Beispiel: Angebot Rentenversicherung Tarif Proximus SuperRente Klassik Jährlich garantierte Rente: 2.118,20 Euro Voraussichtliche jährliche Rente bei Rentenbezug 3.309,40 Euro Modellrechnung Voraussichtliche jährliche Rente bei Rentenbezug bei Verzinsung mit den Zinssätzen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1–3 VVG)InfoV: 1. Mit 3,75 Prozent: 3.228,00 Euro 2. Mit 4,75 Prozent: 3.819,40 Euro 3. Mit 2,75 Prozent: 2.741,70 Euro
Tipp: Sinn der Modellrechnung ist, dass der Kunde erfährt, dass die Ablauf) leistungen von Lebensversicherungen nicht garantiert sind. Durch die drei verschiedenen Beträge kann er das Ausmaß von Zinsschwankungen leichter abschätzen.
Die Modellrechnung ist hingegen wenig geeignet, verschiedene Angebote zur Lebensversicherung miteinander zu vergleichen und auf dieser Basis eine Entscheidung zu treffen. Denn wie beim Kostenausweis weiter oben dargestellt gilt auch hier, dass der Kunde nicht erfährt, welche Verzinsung der wegen der differierenden Rechnungsgrundlagen unterschiedlich hohen Sparbeiträge jeweils zu erwarten ist. Denn gerade der Zins wird durch die Normierung gleichgeschaltet. Damit kann der Kunde ebenso teure Fehlentscheidungen treffen wie im o. g. Beispiel zum Kostenausweis. Die Modellrechnung ist deshalb beispielsweise vom Herausgeber des map-reports, Manfred Poweleit, auch als Schützenhilfe für schwache
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Lebensversicherer kritisiert worden, weil die Gefahr bestehe, dass sich solche Versicherer hinter der Modellrechnung „verstecken“ und höhere laufende Verzinsungen suggerieren könnten, als sie tatsächlich erreichen. Umgekehrt werden starke Lebensversicherer mit hohen laufenden Verzinsungen gezwungen, sich schlechter darzustellen als ihre Leistung tatsächlich ist. Ob damit die Modellrechnung ihren Zweck erfüllt, den in der Vergangenheit unter Wettbewerbsaspekten gelegentlich aufgetretenen Missbrauch von Beispielrechnungen auszuschalten und dem Kunden eine bessere Entscheidungsgrundlage zu bieten, bezweifelt der Gesetzgeber sogar selbst, wie man seiner Begründung zum § 154 VVG entnehmen kann. Allerdings bezieht der Gesetzgeber die weiterhin bestehende Missbrauchsgefahr auf die Tatsache, dass Lebensversicherer weiterhin eigene Hochrechnungen angeben können. Den umgekehrten Fall hat er wohl nicht in Betracht gezogen. Beispiel: Lebensversicherer A hat über die Jahre eine sehr erfolgreiche Kapital anlagepolitik betrieben und erreicht nachweislich über lange Zeit räume eine laufende Verzinsung von 5,0 Prozent. In seinen Angeboten muss er jedoch eine Modellrechnung mit den drei Zinssätzen 2,75, 3,75 und 4,75 Prozent angeben, woraus der Laie durchaus schließen dürfte, dass gemäß der Tendenz zur Mitte der mittlere Zinssatz von 3,75 Prozent als realistisch anzusehen ist. Die eigene Beispielrech nung mit 5,0 Prozent des Versicherers wird er hingegen unter Um ständen als übertrieben ablehnen. Lebensversicherer B hingegen hat eine wenig erfolgreiche Kapitalan lagepolitik und phasenweise sogar Mühe, überhaupt den Garantiezins zu erwirtschaften. Er wird verständlicherweise auf die Angabe seines eigenen realistischen Zinssatzes von beispielsweise 3,0 Prozent ver zichten und dem Kunden nur die Modellrechnung offerieren. Angenommen, beide Lebensversicherer hätten ansonsten die gleichen Rechnungsgrundlagen, werden beide Versicherer die gleichen Ablauf leistungen in ihren Modellrechnungen ausweisen. Es gibt damit für den Kunden scheinbar keinen Grund, sich gegen Lebensversicherer B und für Lebensversicherer A zu entscheiden. Hat der Kunde beispielsweise über 30 Jahre 3.000 Euro jährlich an Sparbeiträgen eingezahlt, wird er bei Lebensversicherer A eine
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laufleistung von rund 209.000 Euro, bei Lebensversicherer B hingegen von nur etwa 147.000 Euro erwarten können. Die Modellrechnung kann also zu Fehlentscheidungen mit erheblichen Folgewirkungen führen. Berufsunfähig keitsversiche rung
Unfallversiche rung mit Prä mienrückge währ
In der Berufsunfähigkeitsversicherung muss der Versicherer nach § 2 Abs. 4 VVG-InfoV zusätzlich darauf hinweisen, dass der Begriff der Berufsunfähigkeit anders zu verstehen ist als derjenige in der Krankentagegeldversicherung oder insbesondere der sozialrechtliche Begriff der Erwerbsminderung. Auf die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr sind die genannten Informationspflichten nur teilweise und sinnentsprechend anzuwenden. Die Vorschriften zur Offenlegung der einkalkulierten sowie sonstigen Kosten gelten hier nicht.
Informationspflichten in der Krankenversicherung In der substitutiven Krankenversicherung muss der Versicherer dem VN folgende zusätzliche Informationen geben, die sich wiederum teilweise mit bereits bestehenden Vorgaben inhaltlich decken: 1. Angaben zu einkalkulierten Kosten wie in der Lebensversicherung (neu) 2. Angaben zu möglichen sonstigen Kosten wie in der Lebensversicherung (neu) 3. Angaben zur Auswirkung steigender Krankheitskosten auf die zukünftige Beitragsentwicklung (wie bisher) 4. Hinweise auf Beitragsbegrenzungsmöglichkeiten im Alter (grundsätzlich wie bisher) und auf Prämienminderung bei Bedürftigkeit (neu) 5. Hinweis auf die Wechselbeschränkung in die GKV bei fortschreitendem Alter (wie bisher) 6. Hinweis auf Wechselbeschränkung innerhalb der PKV bei fortschreitendem Alter, und dass diese ggf. auf den Wechsel in den Standard- oder Basistarif beschränkt bleibt (neu) 7. Übersicht über die Beitragsentwicklung in Euro der letzten 10 Jahre vor Angebotsstellung unter der Annahme, dass eine Person gleichen Geschlechts mit Eintrittsalter 35 damals in diesem Tarif
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versichert worden wäre. Bei jüngeren Tarifen ist die entsprechend kürzere Entwicklung mit Hinweis auf die geringe Vergleichbarkeit sowie zusätzlich ein vergleichbarer anderer Tarif über 10 Jahre darzustellen. Tipp: Hier ist der Verordnungsgeber den berechtigten Einwänden der PKV entgegen gekommen, wonach die ursprünglich geplanten individuellen Berechnungen ausgehend vom tatsächlichen Eintrittsalter und der Ge sundheitssituation – mit Blick auf Risikozuschläge – zu einem nicht vertretbaren Rechenaufwand geführt hätten. Die jetzt gefundene Lö sung vereinfacht die Information, weil je Tarif einheitliche Standard Übersichten über die Beitragsentwicklung möglich sind. Sinn der Übersicht über die Beitragsentwicklung ist es, den Kunden zum einen auf die Möglichkeit der Beitragssteigerung zum Beispiel durch den medizinischen Fortschritt aufmerksam zu machen und ihm eine konkrete Vorstellung vom Ausmaß solcher Anpassungen zu vermitteln. Allerdings ist die Übersicht nicht geeignet, eine zuverlässige Prognose über die künftige Beitragsentwicklung abzugeben. Insofern kann die Information sogar irreführend sein, wenn beispielsweise in der Vergan genheit besondere Einflüsse und Entscheidungen des Versicherers zu einer von der Norm nach oben wie nach unten abweichenden Beitrags entwicklung geführt haben, die sich so nicht wiederholen werden. Nicht umsonst benutzen spezialisierte Ratingunternehmen eine weitaus grö ßere Zahl von Informationen und Kennzahlen, um die Vorzugswürdig keit bestimmter Versicherer und bestimmter Tarife zu bewerten.
Bezüglich der Kostenoffenlegung gilt im Prinzip die gleiche Kritik wie hinsichtlich der Offenlegung der Kosten in der Lebensversicherung: Beispiel: Zwei Krankenversicherungsangebote Ein Kunde hat zwei Krankenversicherungsangebote vorliegen. Bei bei den hat der Kunde einen Jahresbeitrag von 4.800 Euro für eine Voll versicherung zu zahlen. Krankenversicherer A weist Abschluss und Vertriebskosten von 2.800 Euro sowie sonstige, in die Prämie eingerechnete Kosten von 900 Eu ro jährlich aus.
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Krankenversicherer B weist Abschluss und Vertriebskosten von 2.000 Euro sowie sonstige, in die Prämie eingerechnete Kosten von 700 Eu ro jährlich aus. Unter diesen Umständen entscheidet sich der Kunde für Krankenver sicherer B. Einige Jahre später benötigt der Kunde psychotherapeutische Behandlungen. Bei Krankenversicherer A werden die Kosten von 4.500 Euro übernommen, bei Krankenversicherer B hingegen sind psychotherapeutische Behandlungen bedingungsgemäß nicht vorge sehen. Dieses Beispiel zeigt, dass der Kostenvergleich nichts über die Qualität des gekauften Versicherungsschutzes aussagt. Zehn Jahre nach Abschluss stellt der Kunde zudem fest, dass Versi cherer A dank eines guten und dementsprechend teureren Leistungs managements und einer restriktiven Zeichnungspolitik die Beiträge nur um 2 Prozent pro Jahr auf 5.851 Euro jährlich, Krankenversicherer B aber um 5 Prozent pro Jahr auf 7.819 Euro anheben musste. Die anfängliche Vorteilhaftigkeit bei den Kosten verkehrt sich ins Gegen teil und beschert dem Kunden nach nur zehn Jahren eine um ein Drit tel höhere Prämie.
Hinzu kommt, dass der Kostenausweis eine Benachteiligung der privaten gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung darstellt, die zu einem solchen Kostenausweis nicht verpflichtet wird. Dabei ist im Markt bekannt, dass auch gesetzliche Krankenkassen teilweise erhebliche Aufwendungen zur Mitgliedergewinnung und -erhaltung haben, darunter auch Vermittlungsprovisionen.
Produktinformationsblatt Eigentlich anderer Zweck
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Neu ist die Anforderung, ein Produktinformationsblatt zu entwickeln und den übrigen Vertragsinformationen voranzustellen. Ursprünglich entstand die Idee eines solchen Blatts auf Anregung der Versicherungswirtschaft und des Versicherungsombudsmanns in der Absicht, das Policenmodell zu retten, indem zusammengefasst vor Antragstellung die Informationen übermittelt werden sollten, die „für den Abschluss oder die Erfüllung des Versicherungsvertrages von besonderer Bedeutung sind“, wie es in § 4 Abs. 1 VVGInfoV heißt.
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Deshalb steht die Branche dem Produktinformationsblatt an sich positiv gegenüber, nicht allerdings der Tatsache, dass es nun die Vielfalt zu übermittelnder Informationen um eine weitere steigert, zumal dies in einem Stadium erfolgt, in dem der Kunde noch keine Vertragsentscheidung getroffen hat, die Übermittlung unter Umständen also nicht einmal zu einem Vertrag führt. Dieses Argument wird man nicht von der Hand weisen können. Die ersten Produktinformationsblätter ähneln außerdem eher Produktinformationsbroschüren. Dies kann schnell zu einem „Informationsoverkill“ des Kunden führen. Achtung: Das Produktinformationsblatt muss anders als ursprünglich geplant nur Verbrauchern i. S. v. § 13 BGB und nicht allen VN ausgehändigt wer& den.
Das Produktinformationsblatt muss in einer einheitlichen Reihenfolge, durch die die Vergleichbarkeit gewährleistet wird, folgende Informationen nach § 4 Abs. 2, 3 und 4 VVG-InfoV enthalten: 1. Art des angebotenen Versicherungsvertrags 2. Beschreibung des versicherten Risikos wie auch der ausgeschlossenen Risiken; in der Lebensversicherung ist zusätzlich auf die Modellrechnung hinzuweisen, die nicht in das Produktinformationsblatt selbst integriert werden soll 3. Prämie in Euro, deren Fälligkeit und Zahlungsweise, Folgen der unterbliebenen oder verspäteten Zahlung; in der Lebens-, Berufsunfähigkeits- und Krankenversicherung sind zusätzlich die einkalkulierten Abschluss- und sonstigen Kosten sowie die möglichen, nicht einkalkulierten Kosten zu nennen 4. Leistungsausschlüsse 5. Vorvertragliche Anzeigepflichten und Rechtsfolgen bei deren Nichtbeachtung 6. Vertragliche Obliegenheiten und Rechtsfolgen bei deren Nichtbeachtung 7. Im Versicherungsfall zu beachtende Obliegenheiten und Rechtsfolgen bei deren Nichtbeachtung
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Darüber müssen Kunden informiert werden
8. Beginn und Ende des Versicherungsschutzes 9. Beendigungsmöglichkeiten des Vertrags Das Produktinformationsblatt ist als solches zu bezeichnen und soll „in übersichtlicher und verständlicher Form knapp dargestellt werden“. Außerdem muss darauf hingewiesen werden, dass die Informationen nicht abschließend sind. Soweit sinnvoll, ist jeweils anzugeben, welche Bestimmung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen maßgeblich ist. Tipp: Das Produktinformationsblatt wird in vielen Fällen dem Ansinnen einer knappen Darstellung nicht genügen können. Sein Sinn ist zudem in Fra& ge gestellt, weil ohnehin alle Vertragsinformationen ausgehändigt wer& den müssen, die Informationen also doppelt erfolgen. Es wäre sinnvoller gewesen, wenn sich der Gesetz& und der Verordnungsgeber auf eine der besseren Vergleichbarkeit und Verständlichkeit dienenden Strukturie& rung der Vertragsbestimmungen und Versicherungsbedingungen kon& zentriert hätten. Umgekehrt könnte das Produktinformationsblatt allerdings dann eine wichtige – positive – Rolle spielen, wenn ein Kunde die Rechtzeitigkeit der Informationsübermittlung bestreitet. Möglicherweise könnte dann die Frage der Rechtzeitigkeit auch an der Zeit bemessen werden, die ihm zur Kenntnisnahme des Produktinformationsblatts zur Verfügung stand, anstatt sie ausschließlich an der Kenntnisnahmezeit für die teil& weise bis zu über 100 Seiten betragenden sonstigen Pflichtinformatio& nen zu bemessen. So wird es beispielsweise im Fernabsatz, aus dem das Rechtzeitigkeitskriterium stammt, als ohne Weiteres zulässig angese& hen, dass ein Kunde z. B. im Internet vor Abgabe einer Bestellung eine ausdrückliche Bestätigung abgibt, dass er die Allgemeinen Geschäftsbe& dingungen zur Kenntnis genommen und akzeptiert hat. Es wird hinge& gen nicht verlangt, dass er nachweist, dass er diese vollständig gelesen hat. Es liegt auf der Hand, dass dies nicht verlangt werden kann. Aller& dings muss die entsprechende Rechtsprechung abgewartet werden.
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Welche Informationen bei telefonischer Kontaktaufnahme erforderlich sind
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3.5 Welche Informationen bei telefonischer Kontaktaufnahme erforderlich sind Rechtsnormen: § 7 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 4 VVG, § 5 VVGInfoV Versicherungen werden immer wieder auch telefonisch abgeschlossen, ohne persönlichen Kontakt zum Kunden. Das schließt die rechtzeitige Übermittlung aller Vertragsbestimmungen, der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und sonstiger Informationen gemäß VVG-InfoV in Textform aus. Der Gesetzgeber wollte den Telefonverkauf nicht unterbinden, aber Mindeststandards für diese Verkaufsform schaffen. Die Informationsübermittlung kann in Textform nachgeholt werden, wenn ein Vertrag auf Verlangen des Kunden telefonisch oder mit anderen Kommunikationsmitteln geschlossen wird, die die Informationsübermittlung vor Antragstellung in Textform nicht zulassen.
Siehe CDROM
Mindest standards für Telefonverkauf
Tipp: Nahezu jedes andere Kommunikationsmittel lässt die Übermittlung vor Antragstellung zu. Insbesondere per Brief oder per Internet mit integ rierter Downloadmöglichkeit ist die Informationsübermittlung möglich.
In diesen Fällen muss die Informationsübermittlung „unverzüglich nach Vertragsschluss nachgeholt werden“.
Übermittlung muss nachge holt werden
Beispiel: Ein Kunde beantragt telefonisch bei einem Direktversicherer eine Pri vathaftpflichtversicherung. Der Versicherer sendet dem Kunden die vollständigen Vertragsinformationen zusammen mit dem Versiche rungsschein zu.
Bei der telefonischen Kontaktaufnahme durch den Versicherer sind allerdings Mindestinformationen zu beachten: • Identität des Versicherers, zu der neben dem Namen des Versicherers oder der Niederlassung eines ausländischen Versicherers auch die Handelsregistereintragung und die Registernummer,
Siehe CDROM
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Darüber müssen Kunden informiert werden
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die Anschrift, die Rechtsform und der Sitz bzw. die ladungsfähige Anschrift gehören, geschäftlicher Zweck des Anrufs, wesentliche Merkmale der Versicherungsleistung, insbesondere die maßgeblichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen und Angaben über die Art, den Umfang, die Fälligkeit und die Erfüllung der Leistung des Versicherers, Gesamt- und Einzelpreise der angebotenen Versicherung und ggf. anfallende zusätzliche Kosten, Zahlungsweise und Erfüllung der Zahlungspflicht, ggf. bestehende Befristung der Gültigkeitsdauer des Angebots, Beginn der Versicherung und Dauer der Antragsbindefrist, Bestehen und Ausübung eines Widerrufsrechts, Laufzeit des Vertrags, Information darüber, dass der Kunde auf Wunsch mehr Informationen erhalten kann und welcher Art diese Informationen sind.
Nur wenn der Kunde nach der letztgenannten Information ausdrücklich auf weitere Informationen verzichtet, ist das Gespräch in dieser Form ausreichend. Beispiel: Die Mitarbeiterin Claudia Garat von der Proximus Versicherung AG ruft im Rahmen einer Telefonaktion Martin Renner an, um ihm eine Unfallversicherung anzubieten. Garat: Guten Tag, Herr Renner. Mein Name ist Claudia Garat von der Proximus Versicherung AG in Köln. Uns wurde gesagt, dass Sie Inte resse an unserem Angebot der Proximus Unfallversicherung Spezial haben. Renner: Das ist richtig. Garat: Darf ich Sie zunächst fragen, ob Ihnen eine telefonische Bera tung und Informationen dazu genügen oder ob Sie auf eine persönli che Beratung Wert legen. Sie sollten wissen, dass Sie auf eine Reihe von Vertragsinformationen Anspruch haben, die wir Ihnen aber nur in einem persönlichen Gespräch vorab aushändigen könnten – am Tele fon geht das leider nicht.
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Welche Informationen bei telefonischer Kontaktaufnahme erforderlich sind
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Renner: Nein, ich möchte das Thema trotzdem gerne mit Ihnen am Telefon besprechen. Ich will die Versicherung schnell abschließen, außerdem sind Sie mir als gutes Versicherungsunternehmen bekannt. Garat: Das ist schön. Zunächst muss ich Sie aber darüber informieren, dass die Proximus Versicherung AG ihren Sitz in der Assekuranzstr. 1 in 50996 Köln hat und in Köln im Handelsregister unter der der Nummer HRB 0815 eingetragen ist. – Die Proximus Unfallversiche9 rung Spezial ist ein besonders interessantes Produkt. Nur bis Ende diesen Monats bieten wir Ihnen auf Basis der Proximus Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen ein Komplettpaket für nur 10 Euro im Monat, unabhängig von der Art Ihrer beruflichen Tätigkeit. Als Leistungen sind darin eine Todesfallsumme von 10.000 Euro, eine Leistung bei unfallbedingter Invalidität von 100.000 Euro, Bergungs9 kosten bis zu 5.000 Euro und ein Unfall9Krankenhaustagegeld von 10 Euro enthalten. Die Versicherung beginnt am nächsten Monatsers9 ten und wird für drei Jahre Versicherungsdauer abgeschlossen. Sind Sie hieran interessiert? Renner: Ja, diese Versicherung möchte ich gerne abschließen. Garat: Gut. Soll die Versicherung nur für Sie persönlich oder auch für weitere Personen abgeschlossen werden? Renner: Nein, nur für mich. Garat: Ich habe hier folgende Adresse von Ihnen gespeichert: Kun9 denweg 2, 51101 Köln. Ist das richtig? Renner: Ja, die Adresse stimmt. Garat: Dann benötige ich noch Ihr Geburtsdatum. Renner: Das ist der 26.5.1965. Garat: Danke. Dann darf ich Sie noch darüber informieren, dass Sie an diesen Antrag 14 Tage gebunden sind. Sie haben außerdem ein Wi9 derrufsrecht. Das bedeutet, dass Sie Ihren Antrag innerhalb von zwei Wochen ab Zusendung des Versicherungsscheins, der Vertragsbe9 stimmungen und der sonstigen Vertragsinformationen und einer Wi9 derrufsbelehrung, die wir Ihnen noch einmal in Textform senden, ge9 genüber unserem Haus widerrufen können. Damit habe ich diesen Antrag auf die Proximus Unfallversicherung Spezial von Ihnen aufge9 nommen und bedanke mich für das Telefonat. Renner: Ich bedanke mich ebenfalls. Auf Wiederhören.
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Darüber müssen Kunden informiert werden
Tipp: Ob ein solcher Versicherungsabschluss am Telefon sinnvoll ist, mag da hingestellt bleiben. Aber zumindest wurden hier die gesetzlichen Anfor derungen an die zu übermittelnden Informationen eingehalten.
3.6 Informationspflichten während der Laufzeit des Vertrages Nach § 6 VVG-InfoV muss der Versicherer dem VN mitteilen, wenn sich seine Identität verändert oder sich Änderungen von Rechtsvorschriften ergeben und dadurch bestimmte Angaben der §§ 1 und 2 VVG-InfoV nicht mehr zutreffen. Sieht der Vertrag eine Überschussbeteiligung vor, ist jährlich eine Information über deren Stand und über die darin enthaltenen garantierten Überschussbeteiligungen zu erteilen, dies gilt allerdings nicht für die Krankenversicherung. In der substitutiven Krankenversicherung sind bei Prämienerhöhungen besondere Informationen zum Tarifwechselrecht, zum Wechselrecht in den Standard- bzw. Basistarif und auf die Möglichkeit der Prämienminderung bei Bedürftigkeit erforderlich. Auf Anfrage muss der Versicherer dem VN den Übertragungswert seiner Krankenversicherung, also die übertragbare Alterungsrückstellung, mitteilen. Ab 1.1.2013 ist dieser Übertragungswert jährlich mitzuteilen.
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So setzen Sie Ihre Beratungs und Informationspflichten um
Insbesondere selbstständigen Versicherungsvermittlern wurden mit dem Inkrafttreten des Vermittlergesetzes am 22. Mai 2007 eine Reihe von Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten auferlegt. Der Wegfall des Policenmodells bedeutet, dass selbstständige Versicherungsvermittler zusätzlich die rechtzeitige Übermittlung der Vertragsinformationen (Vertragsbestimmungen, Allgemeine Versicherungsbedingungen und weitere Informationen gemäß VVG-InfoV) sicherstellen müssen. Für die Praxis stellt sich die Frage der „richtigen“ Reihenfolge der verschiedenen Pflichten, aber auch der möglichst verkaufsorientierten statt abschlussverhindernden Umsetzung.
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So setzen Sie Ihre Beratungs und Informationspflichten um
Neukunde
Bestandskunde § 11 VersVermV
Erstinformation
Klärung Beratungsanlass Befragung nach Wünschen und Bedürfnissen Beratung Empfehlung und Begründung für den Rat
§ 61 Abs. 1 VVG § 60 Abs. 2 VVG
Mitteilung zur Beratungsgrundlage
Invitatiomodell
Antragsmodell
Vertragsbedingungen und informationen
§ 7 VVG
ggf. Zweittermin § 61 Abs. 1 VVG
Beratungsdokumentation
Antrag
Unverbindlicher Antrag
Zweittermin nach Zugang Police und Vertragsinform. Zustimmung des VN
Abb. 4: Ablaufschema Verkauf nach dem VVG
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Statusbezogene Erstinformation
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4.1 Statusbezogene Erstinformation Rechtsnorm: § 11 VersVermV Gewerblich tätige Versicherungsvermittler haben einem Neukunden beim ersten Geschäftskontakt folgende Angaben klar und verständlich in Textform mitzuteilen: • Familienname, Vorname, Firma, • betriebliche Anschrift, • ob er als –
Versicherungsmakler mit Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO,
–
Versicherungsvertreter
Siehe CDROM Beim ersten Geschäfts kontakt
− mit Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO, − nach § 34 d Abs. 4 GewO als gebundener Versicherungsvertreter, − mit Erlaubnisbefreiung nach § 34 d Abs. 3 GewO als produktakzessorischer Versicherungsvertreter oder –
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als Versicherungsberater mit Erlaubnis nach § 34 e GewO gemeldet und ins Vermittlerregister eingetragen ist sowie wie sich diese Eintragung überprüfen lässt. Anschrift, Telefonnummer und Internetadresse des Vermittlerregisters bzw. der Gemeinsamen Stelle, die dieses trägt. Falls erforderlich, direkte oder indirekte Beteiligungen von mehr als 10 Prozent am Kapital oder an den Stimmrechten des Vermittlerunternehmens an einem Versicherer oder umgekehrt eines Versicherers am Vermittlerunternehmen. Anschriften der Versicherungsombudsleute als Schlichtungsstelle für Streitigkeiten zwischen Vermittlern und Kunden.
Die Umsetzung erfolgt meistens mit einer um die oben stehenden Informationen angereicherten Visitenkarte, teilweise auch mit Informationsblättern oder Imagebroschüren.
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4 Siehe CDROM
So setzen Sie Ihre Beratungs und Informationspflichten um
Beispiel: Visitenkarte eines Ausschließlichkeitsvertreters (Vorderseite) Manfred Mustermann Proximus Versicherungen Versicherungsfachmann (BWV) Manfred Mustermann e. K. Generalvertreter der Proximus Versicherung AG Hauptstr. 1 44789 Bochum Tel. 0234/12 34 56 Fax 0234/65 43 21 EMail
[email protected] Siehe CDROM
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Beispiel: Visitenkarte eines Ausschließlichkeitsvertreters (Rückseite) Ich bin als Versicherungsvertreter nach § 34 d Abs. 4 der Gewer beordnung als Versicherungsvertreter ausschließlich für die Proximus Versicherung AG tätig und bei der Industrie und Handelskammer Bochum gemeldet. Eingetragen bin ich im Vermittlerregister unter der Nummer _____. Überprüfen können Sie das im Internet unter www.vermittlerregister.info oder beim Deutschen Industrie und Han delskammertag (DIHK) e. V., Breite Straße 29, 10178 Berlin, Tel. 0 30 2 03 080. Sollten Sie ausnahmsweise einmal nicht mit meiner Beratungsleis tung zufrieden sein, können Sie sich auch an folgende Adressen wen den: • Versicherungsombudsmann, Postfach 08 06 22, 10006 Berlin, www.versicherungsombudsmann.de, Tel. 0 18 04 22 44 24. • Ombudsmann für die private Kranken und Pflegeversicherung, Postfach 06 02 22, 10052 Berlin, www.pkvombudsmann.de, Tel. 0 18 02 55 04 44.
Statusbezogene Erstinformation
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Tipp: Viele Vertreter glauben, sie müssten beim geschäftlichen Erstkontakt ihren Status als Ausschließlichkeits oder als Mehrfachvertreter offen baren, was nicht der Fall ist. Offenbart werden muss nur der gewerbe rechtliche Status. Und nur der „gebundene Versicherungsvertreter“ nach § 34 d Abs. 4 GewO kann nichts anderes als ein Ausschließlichkeitsver treter sein, während Vertreter mit Gewerbeerlaubnis nach § 34 d Abs. 1 oder produktakzessorische Vertreter nach § 34 d Abs. 3 GewO sowohl Ausschließlichkeits als auch Mehrfachvertreter sein können.
Verkäuferisch kann die statusbezogene Erstinformation genutzt werden, um das eigene Vermittlerunternehmen und ggf. das vertretene Versicherungsunternehmen näher vorzustellen. Beispiel: Versicherungsvertreter Klaus Feldlager ist mit der Neukundin Renate Meier verabredet. Feldlager: Frau Meier, schön dass Sie heute Zeit haben, um mit mir über Ihre Altersvorsorge zu sprechen. Zunächst aber möchte ich mich Ihnen vorstellen, damit Sie überhaupt wissen, mit wem Sie es zu tun haben. Dazu habe ich Ihnen ein Informationsblatt mitgebracht. Dort finden Sie meine Adresse und vor allem auch meine Telefonnummer. Das ist wichtig für Sie, denn ich biete Ihnen Service und unterscheide mich darin von Direktversicherern, bei denen Sie sich um alles selbst kümmern müssen. Außerdem finden Sie auf dem Informationsblatt meine Registrie rungsnummer, denn ich habe nach einer entsprechenden Prüfung durch die IHK Köln eine Gewerbeerlaubnis erhalten. So können Sie sicher sein, dass Sie es mit einem „seriösen“ Vermittler zu tun haben, der die nötige Solidität, aber auch die entsprechende Fachkenntnisse mitbringt. Und ich habe nichts zu verbergen: Sollten Sie wider Erwarten einmal mit meiner Leistung unzufrieden sein, nenne ich Ihnen schon jetzt die Adressen der Beschwerdestellen, an die Sie sich kostenlos wenden können. Meier: So hat sich noch kein Vertreter bei mir vorgestellt – das gibt mir ein gutes Gefühl. Lassen Sie uns jetzt über meine Altersvorsorge sprechen.
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Angestellte eines Versicherungsunternehmens müssen sich nicht in dieser Form vorstellen. Dennoch dürfte auch hier eine Visitenkarte mindestens mit vollständigen Namens- und Adressangaben „zum guten Ton“ gehören.
4.2 Beratungsanlass Rechtsnormen: §§ 6 Abs. 1 und 61 Abs. 1 VVG Siehe CDROM Keine Pflicht zur Zwangs beratung
Oft wird missverständlich angenommen, dass es nach dem Vermittlergesetz wie auch nach dem neuen § 6 VVG eine Zwangsverpflichtung zur Beratung gibt. Das ist nicht der Fall. Für eine Beratung muss vielmehr ein Anlass bestehen. Was unter einem Anlass zu verstehen ist, umschreibt das VVG mit folgenden drei Punkten: • Die angebotene Versicherung ist schwierig zu beurteilen Beispiele: • Eine GesellschafterGeschäftsführerversorgung enthält komplizier te Komponenten, deren steuerliche Wirkung der Kunde nur mithil fe seines Steuerberaters nachvollziehen kann. • Ein Kunde hat nur geringe Vorkenntnisse in Sachen Versicherung und bekommt eine von den marktüblichen Standards abweichende Berufsunfähigkeitsversicherung angeboten. • Ein Neukunde besitzt überhaupt keine Vorkenntnisse in Sachen Versicherungen und bekommt verschiedene „Familienversicherun gen“ angeboten.
Tipp: Das Beispiel zeigt bereits, dass die Schwierigkeit der Beurteilung einer angebotenen Versicherung nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv bedingt sein kann. Hier kommt es auf die Erfahrung des Versicherers bzw. des Versicherungsvermittlers und das „offene Ohr“ für Rückfragen an, die Missverständnisse oder gar ein Unverständnis des Kunden signa lisieren.
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Beratungsanlass •
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Person des Versicherungsnehmers Beispiele: Ohne Angaben zu Alter, Geschlecht, Beruf, Vorerkrankungen u. a. sind Angebote zur Lebens, Berufsunfähigkeits, Unfall oder Krankenversicherung in der Regel gar nicht zu erstellen. • Ein Kunde hat bekanntermaßen bereits schlechte Erfahrungen mit Versicherungen gemacht und möchte deshalb genau darüber auf geklärt werden, welchen Nutzen ihm die angebotene Versicherung bringt und welche Grenzen der Versicherungsschutz aufweist. •
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Situation des Versicherungsnehmers Beispiele: Eine Krankenvollversicherung hat keinen Sinn, wenn der Kunde sich nicht aus der gesetzlichen Krankenversicherung befreien kann. • Lebens, Berufsunfähigkeits und Unfallversicherungen sollten auf die Einkommens und Vermögensverhältnisse des Kunden abge stimmt sein. • Steuerliche Aspekte können in der Altersvorsorge entscheidend für die Auswahl des Produktes sein. • Sachversicherungen sollten auf die tatsächlich vorhandenen Sach werte abgestimmt sein. • Bereits vorhandene Versicherungen sind einzubeziehen, um Dop pelversicherungen und Lücken im Versicherungsschutz zu vermei den. • Versicherungsschutz sollte voraussichtlich dauerhaft bezahlbar sein, weshalb auch die finanzielle Situation des Kunden eine wich tige Rolle spielt. •
Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Beratungsanlass nahezu immer besteht. Auszuschließen ist ein Beratungsanlass dann, wenn der Kunde bereits ausreichend beraten wurde und ausschließlich eine Produktvermittlung benötigt.
Beratungsanlass besteht fast immer
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So setzen Sie Ihre Beratungs und Informationspflichten um
Beispiel: Eine Kundin hat sich von einem nach § 34 e GewO zugelassenen Ver sicherungsberater beraten lassen und fordert anschließend einen Ver sicherungsmakler auf, ihr die vom Versicherungsberater empfohlenen Produkte und Leistungsgestaltungen zu vermitteln.
Verkäuferisch hingegen ist eine Beratung überaus wertvoll. Denn nur im Rahmen einer Beratung kann der Versicherer oder der Versicherungsvermittler • erfahren, welchen Bedarf der Kunde hat, • erfahren, welche Vorstellungen und Ziele für den Kunden wichtig sind, • Bedarfe herausfinden, die der Kunde selbst nie als solche erkannt oder formuliert hätte, • wenig stornogefährdete, sinnvolle und bedarfsgerechte Produkte anbieten, • den Kunden durch die Dienstleistung binden und vor Wettbewerbseinflüssen schützen. Der Beratungsanlass ist zudem gestaltbar. Das heißt, dass es der Vermittler selbst in der Hand hat, mit dem Kunden zu vereinbaren, wie weit der Anlass gehen soll und welche Chancen er sich damit für das Verkaufsgespräch eröffnet. Beispiele: • Ein Kunde spricht den Versicherungsvermittler an, nachdem er von den Vorteilen einer Riesterrente gehört hat. Der Versicherungs vermittler überzeugt den Kunden davon, dass der Verkauf einer Riesterrente nur dann sinnvoll ist, wenn zuvor die Versorgungssi tuation analysiert und besprochen wurde, um die Versorgungslü cken vollständig zu erfassen und auch unter Berücksichtigung der optimalen Verwendung und der optimalen Besteuerung ein geeig netes Versorgungspaket vorschlagen zu können. • Eine Neukundin fragt den Versicherungsvermittler, ob er einen günstigeren KfzVersicherungstarif für sie ausfindig machen kann. Der Vermittler überzeugt die Kundin davon, dass sein Service aus mehr als nur der KfzVersicherung besteht und er zunächst ihre vollständige Versicherungs und Versorgungssituation kennen ler
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nen möchte, um einen ihren Wünschen und ihrem Bedarf entspre chenden Versicherungsschutz bieten zu können. • Ein Kunde ruft seinen Versicherungsvermittler an und fragt nach einer Gebäudeversicherung für sein neu erworbenes Mehrfamili enhaus. Daraufhin vereinbart der Vermittler mit dem Kunden ein Beratungsgespräch vor Ort, um zu prüfen, ob rund um das neu erworbene Gebäude weitere Versicherungen wie Gebäude und Gewässerschadenhaftpflicht, Feuerhaftungs, Glas, Mietverlust versicherung und bei einem ggf. geplanten Umbauvorhaben auch entsprechende Bauversicherungen benötigt werden.
Tipp: Der Beratungsanlass sollte zu Beginn eines Verkaufsgesprächs genau besprochen und die Zielsetzung des Gesprächs einvernehmlich mit dem Kunden abgestimmt werden. Das kann dazu führen, dass von vornherein mehrere Beratungstermine vereinbart werden müssen, weil eine kom plexe Bedarfsanalyse oft nicht während nur eines Einzeltermins zu leis ten ist. Verkäuferisch hat das den Vorteil, dass der Kunde genau weiß, was das Ziel des Gesprächs ist, und sich professioneller und zielorien tierter beraten fühlt. Dieses Ziel bietet einen Referenzpunkt für die wei teren Fortschritte des Verkaufsgesprächs und kann immer wieder als Argument für erfolgssichernde Zwischenfragen genutzt werden. Der Anlass kann außerdem dazu genutzt werden, sich Chancen für den Ab schluss verschiedener Versicherungsprodukte zu eröffnen.
Achtung: Dokumentieren Sie den Anlass des Gesprächs! Vielfach wird dies ver gessen. Das hat den Nachteil, dass die Beratungsdokumentation unvoll ständig ist und nicht erkennbar wird, warum die Beratung einen be stimmten Verlauf genommen und ein bestimmtes Ergebnis erreicht hat. Das kann jedoch wichtig sein, um nachzuweisen, dass die anlassabhän gigen Pflichten auch erfüllt worden sind.
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So setzen Sie Ihre Beratungs und Informationspflichten um
4.3 Befragung nach Wünschen und Bedürfnissen Rechtsnormen: §§ 6 Abs. 1 und 61 Abs. 1 VVG Siehe CDROM Anlass abhängige Fragepflicht
Liegt ein Beratungsanlass vor, hat der Versicherer bzw. der Versicherungsvermittler den Kunden nach seinen Wünschen und nach seinen Bedürfnissen zu befragen. Unter Wünschen werden gemeinhin subjektive Vorstellungen des Kunden verstanden, die häufig nicht unmittelbar darin bestehen, ein bestimmtes Produkt zu erwerben. Vielmehr geht es darum, bestimmte wünschenswerte Zustände herbeizuführen oder wiederherzustellen. Dazu kommen ganz allgemeine Vorstellungen und Präferenzen bei den vertraglichen Vereinbarungen. Beispiele: • Ein Kunde wünscht, im Alter gut versorgt zu sein. Herauszufinden und zu präzisieren, was in diesem Zusammenhang „gut“ bedeutet, ist die Aufgabe des Versicherers oder des Vermittlers. • Eine Kundin möchte für ihre Kinder vorsorgen. Ob sie damit die Vorsorge gegen Unfälle, gegen Krankheit, gegen die finanziellen Belastungen von Ausbildung oder Studium, gegen das Versterben von Erziehungsberechtigten oder Ähnliches meint, müssen Versi cherer bzw. Vermittler durch Fragen herausfinden. • Eine Kundin hat gelesen, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung eine gute Sache sei, und möchte mehr darüber wissen. Ob diese Versicherung überhaupt für sie infrage kommt und der entspre chende Bedarf besteht, muss erst ermittelt werden. • Ein Kunde wünscht eine „günstige“ Versicherung. Ob er dafür auch bereit ist, auf bestimmte Einschlüsse und Deckungsmöglich keiten zu verzichten, kann man daraus noch nicht schließen, das muss hinterfragt werden. • Ein betrieblicher Kunde legt auf umfassenden Versicherungsschutz ohne Selbstbeteiligungen oder ähnliche Einschränkungen Wert. Es gilt zu klären, welcher Bedarf überhaupt besteht und welchen Preis der Kunde für „umfassenden Versicherungsschutz“ und für den Verzicht auf Selbstbeteiligungen zu zahlen bereit ist.
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Befragung nach Wünschen und Bedürfnissen
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Bedürfnisse hingegen werden besser mit „Bedarf“ übersetzt. Es geht um die objektivierbaren Sachverhalte, die eine Versicherung überhaupt sinnvoll erscheinen lassen. Beispiele: • Eine Kundin ist gesetzlich krankenversichert und hat Bedarf, von der GKV nicht übernommene Leistungen privat abzudecken. • Ein Kunde hat ein bestimmtes Einkommen und deutlich darunter liegende Ansprüche auf Rente wegen Erwerbsminderung, woraus ein Versicherungsbedarf im Fall der Erwerbsminderung sowie dar über hinaus im Fall der Berufsunfähigkeit resultiert. • Das Haus eines Kunden hat einen Versicherungswert von aktuell 280.000 Euro, die es gegen Gefahren wie Feuer u. a. abzusichern gilt. • Die Kundin hat ein Kfz und deshalb Bedarf für eine KfzVer sicherung.
Wünsche und Bedürfnisse hängen eng miteinander zusammen, aber sie sind keine „Einbahnstraßen“: Aus einem bestimmten Wunsch resultiert keineswegs immer nur genau ein Versicherungsprodukt. Im Gegenteil! Häufig ist der Kunde gar nicht an einem bestimmten Versicherungsprodukt, sondern an der Beseitigung eines empfundenen Mangels, einer Sorge interessiert. Herauszufinden, ob beispielsweise die Sorge vor einem Einkommensverlust über eine Kranken-, eine Berufsunfähigkeits-, eine Erwerbsunfähigkeits-, eine Dread Disease- oder eine Unfallversicherung gedeckt wird, ist Aufgabe des Versicherers oder Versicherungsvermittlers. Verkäuferisch sind Fragen außerordentlich wichtig zur aktiven Gestaltung des Gesprächs, zum frühzeitigen Erkennen der Abschlussmotive und möglicher Widerstände sowie zu deren Überwindung. Die beste Argumentation für ein Produkt ist die, die ein Kunde selbst liefert.
Häufig geht es nicht nur um ein Produkt
Beispiel: Eine Kundin möchte in jedem Fall gut abgesichert sein, „wenn es mal Streit mit Nachbarn oder Ärger mit dem Chef gibt“. Der Versiche rungsvermittler hinterfragt dieses Motiv und findet als Bedarf heraus, dass die Kundin bisher weder über eine Haftpflicht noch über eine
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So setzen Sie Ihre Beratungs und Informationspflichten um
Rechtsschutzversicherung verfügt. Er schlägt ihr den Abschluss je ei ner passenden Privathaftpflicht und Rechtsschutzversicherung vor. Er begründet das damit, dass die Kundin so vermeiden kann, von Drit ten wie zum Beispiel den Nachbarn für einen von ihr verursachten Schaden in Anspruch genommen werden zu können, sich aber genau so wehren kann, wenn sie zu Unrecht von Nachbarn oder von ihrem Arbeitgeber angegangen wird, beispielsweise wenn der Arbeitsvertrag gekündigt wird. Die Kundin versteht daraufhin, dass die beiden ange botenen Produkte ihr „Problem“ lösen.
Achtung: Dokumentieren Sie die erfragten Wünsche und Bedürfnisse. Nur so wird nachweisbar, dass die Fragepflichten erfüllt wurden. Insbesondere wird dadurch deutlich, auf welchen Wünschen und auf welchen Angaben des Kunden zu seinem Bedarf das Beratungsergebnis resultiert. Das kann haftungsrechtlich von großer Bedeutung sein.
4.4 Beratungspflicht Rechtsnormen: §§ 6 Abs. 1 und 61 Abs. 1 VVG Siehe CDROM Kardinalpflicht des Vermittlers
Begrenzungs möglichkeit nach Prämien höhe
Versicherer und Versicherungsvermittler müssen qua Gesetz eine Beratungsleistung erbringen, sofern ein Anlass dazu besteht. Damit stellt die Beratungspflicht für Versicherungsvermittler eine Kardinalpflicht dar. Die Bedeutung der Beratung wurde insgesamt aufgewertet. Allerdings verlangt das VVG keinen unwirtschaftlichen Beratungsaufwand. Die Beratung kann „unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien“ begrenzt werden. Achtung: Diese Einschränkung ist keine Freizeichnung von einer situationsge recht notwendigen Beratung. Das machte der Gesetzgeber bereits in seiner Begründung zum Vermittlergesetz deutlich. Beispiel: Erkennt der Versicherer bzw. der Vermittler, dass der Kunde über eine wesentliche Eigenschaft der angebotenen Versicherung im Irrtum ist, darf er die notwendige Aufklärung nicht verweigern, weil die Prämie zu gering ist.
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Empfehlung und Begründung für den Rat
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Aus dem Gesamtzusammenhang wird deutlich, dass sich die Beratung auf den Beratungsanlass und auf die erfragten Wünsche und Bedürfnisse beziehen soll. Beispiel: Anlass des Gesprächs ist die Zulassung des ersten eigenen Kfz des Kunden. Der Kunde wünscht eine umfassende Absicherung der mit dem Kfz zusammenhängenden Risiken, bisher sind keine Versicherun gen vorhanden. Hieraus lässt sich eine Beratung zur Kfz Versicherung, zur KfzRechtsschutzversicherung und ggf. zur Unfall versicherung für Fahrer und sonstige Fahrzeuginsassen ableiten, nicht aber zur Altersvorsorge oder zur Hausratversicherung des Kunden.
Verkäuferisch ist die Beratungsphase die Phase, in der der Vermittler oder Verkäufer des Versicherungsunternehmens am besten seine Kompetenz ausspielen kann. Allerdings ist das auch eine Phase, in der ein Kunde leicht überfordert oder umgekehrt enttäuscht werden kann, indem Abschlüsse zum Beispiel „zerredet“ werden. Tipp: Wenn der Anlass des Gesprächs sauber geklärt und die passenden Fra gen zu Wünschen und Bedürfnissen gestellt wurden, sollte die Beratung möglichst eng auf diesen Anlass und auf die erhobenen Informationen bezogen werden. Dadurch lässt sich ein „Zerreden“ oder „Aneinander vorbeireden“ vermeiden.
4.5 Empfehlung und Begründung für den Rat Rechtsnormen: §§ 6 Abs. 1 und 61 Abs. 1 VVG Ziel eines jeden Verkaufsgesprächs ist es, ein oder mehrere Versicherungsprodukte zu empfehlen und die Zustimmung des Kunden dazu zu erhalten. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass diese Vorschläge auch begründet werden – Untersuchungen zeigen, dass das aber selbst nach Umsetzung des Vermittlergesetzes keineswegs immer oder zumindest oft nicht sehr überzeugend der Fall ist.
Siehe CDROM
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Das Gesetz verlangt, die „Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben“. Beispiele: • Ich empfehle Ihnen den Abschluss einer Krankentagegeldversiche rung, weil Sie damit den Einkommensausfall abdecken können, der nach Ablauf der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch den Ar beitgeber entsteht. • Ich rate Ihnen, die Klausel „Erweiterte Elementarschäden“ einzu schließen, weil solche Elementarschäden wie Überschwemmung, Schneedruck, Erdbeben u. a. für Ihr Haus eine vollständige oder weit gehende Zerstörung oder Beschädigung zur Folge haben können. • Um Ihr Ziel einer Abdeckung der Versorgungslücke im Alter zu er reichen, haben wir die verschiedenen Möglichkeiten der Absiche rung in den drei steuerlichen Schichten verglichen und festge stellt, dass die Rürup und die Riesterrente wegen der darin enthaltenen Verwendungsbeschränkungen nicht Ihren Wünschen entsprechen. Eine betriebliche Altersversorgung kommt für Sie als selbstständiger Einzelkaufmann nicht infrage. Deshalb empfehle ich Ihnen den Abschluss einer privaten Rentenversicherung.
Tipp: Gerade bei der Begründung der empfohlenen Versicherungen ist es rat sam, den Anlass des Gesprächs zu nennen und die Begründung auf die erfragten Wünsche und Bedürfnisse zu stützen. So wird später nach vollziehbar, warum es zu einer bestimmten Empfehlung gekommen ist.
Beispiel: Ein Versicherungsvermittler berät seinen Kunden zur Altersvorsorge. Im Gespräch äußert der Kunde, dass eine kapitalgedeckte, geförderte Vorsorge wegen der Verwendungsbeschränkungen nicht erwünscht ist. Stattdessen entscheidet er sich für eine klassische Rentenversi cherung mit vorgelagerter Besteuerung nach Schicht 3. In der Beratungsdokumentation hält der Vermittler dazu lediglich fest, „Ich habe dem Kunden den Abschluss einer Rentenversicherung Tarif Superrente bei der Proximus Lebensversicherung AG empfohlen, weil dieser Tarif leistungsstark und zur Altersvorsorge geeignet ist.“
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Mitteilung der Beratungsgrundlage
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Einige Jahre später sucht der Kunde einen Steuerberater auf und lässt sich zu seinem Entsetzen vorrechnen, welche Steuervorteile ihm durch diese Entscheidung entgangen sind. Eine Kündigung der Ren tenversicherung wäre zudem mit großen Verlusten verbunden. Der Kunde bezichtigt den Vermittler der Falschberatung und behauptet, dass er sich für eine Rürup oder Riesterrente entschieden hätte, wenn er über die damit verbundenen Steuervorteile aufgeklärt wor den wäre. Dass damit Verwendungsbeschränkungen verbunden sind, habe für ihn keine Bedeutung. Der Vermittler, der sich mit einer Schadenersatzforderung auseinan der setzen muss, kann über seine Beratungsdokumentation nicht nachweisen, dass er den Kunden über die Besteuerungsmöglichkeiten aufgeklärt und mit ihm über die Verwendungsbeschränkungen ge sprochen hat. Insbesondere kann er nicht nachweisen, dass sich der Kunde in Kenntnis dieser Tatsachen gegen eine geförderte Vorsorge entschieden hat.
Achtung: Die Empfehlungen und die Gründe dafür gehören in die Beratungsdo kumentation. Versicherer dürfen gemäß § 6 Abs. 2 VVG ihre Beratungs dokumentation hierauf beschränken, sinnvoll ist das allerdings aus den oben genannten Gründen der Nachvollziehbarkeit der Empfehlungen nicht.
4.6 Mitteilung der Beratungsgrundlage Rechtsnorm: § 60 Abs. 2 VVG Gewerblich tätige Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler, die ihre weit gehende Beratungsgrundlage gemäß § 60 Abs. 2 VVG beschränken wollen, müssen ihrem Kunden klar und verständlich in Textform mitteilen, auf welcher Beratungsgrundlage ihre Leistung erbracht wird, bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt. Inhalte der Mitteilung sind: • Markt- und Informationsgrundlage, • Namen der dem Rat zu Grunde gelegten Versicherer. • Nur Vertreter: Welche Versicherer vertreten werden und ob sie ausschließlich vertreten werden.
Siehe CDROM Vertreter und Makler mit beschränkter Beratungs grundlage zur Mitteilung verpflichtet
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So setzen Sie Ihre Beratungs und Informationspflichten um
Achtung: Viele Versicherungsvermittler glauben, dass die Mitteilung der Bera tungsgrundlage mit der statusbezogenen Erstinformation identisch und durch diese bereits erledigt sei. Das ist nicht der Fall. Die Mitteilung der Beratungsgrundlage ist in jedem Beratungsgespräch zu erbringen, die statusbezogene Erstinformation hingegen nur einmalig beim ersten Ge schäftskontakt, es sei denn, der Vermittlerstatus ändert sich (z. B. vom gebundenen Vertreter nach § 34 d Abs. 4 GewO zum Makler nach § 34 d Abs. 1 GewO). Die statusbezogene Erstinformation enthält den gewerberechtlichen Status, die Mitteilung der Beratungsgrundlage hin gegen benennt konkret, was im jeweiligen Einzelfall die Grundlage der Beratung war. Eine Verletzung der statusbezogenen Erstinformation ist „nur“ eine Ordnungswidrigkeit, eine Verletzung der Mitteilung der Be ratungsgrundlage kann hingegen Schadenersatzansprüche gegen den Vermittler begründen. Mitteilung per Informations blatt
Siehe CDROM
Die Mitteilung der Beratungsgrundlage kann auf verschiedene Weise erfolgen. Verbreitet ist die Verwendung eines Informationsblatts. Ein Informationsblatt ermöglicht es vor allem Maklern und Mehrfachvertretern, die im Einzelfall umfassenden Informationen einbezogener Informationen und Versicherer darzustellen. Beispiel: Informationsblatt eines Mehrfachvertreters Mike Rüstler Rüstlers Versicherungsvermittlerbüro Versicherungsfachmann (BWV) Mike Rüstler Geschäftsführer Rüstlers Versicherungsbüro oHG Mehrfachgeneralvertretung Hauptstr. 2 44789 Bochum Tel. 0234/99 88 77 Fax 0234/77 88 99 EMail
[email protected] 84
Mitteilung der Beratungsgrundlage
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Sehr geehrte Interessentin, sehr geehrter Interessent, vom Gesetzgeber bin ich gehalten, Ihnen eine Reihe Informationen über mich als Versicherungsvermittler zu geben. Damit diese Informa tionen für Sie von Nutzen sind, habe ich sie in diesem Blatt für Sie zusammengestellt und erläutert. Was für ein Versicherungsvermittler bin ich? Ich bin als Versicherungsvertreter mit einer Erlaubnis durch die In dustrie und Handelskammer Bochum nach § 34 d Absatz 1 der Ge werbeordnung tätig. Konkret bedeutet das, dass ich als sogenannter MehrfachGeneralvertreter mit verschiedenen Versicherungsunternehmen zusammenarbeite. Mit diesen Unternehmen habe ich Agenturverträge abgeschlossen und kann Ihnen dadurch eine größere Auswahl an leistungsfähigen Versi cherern und Versicherungsprodukten bieten. Die Erlaubnis habe ich erhalten, nachdem die IHK Bochum festgestellt hat, dass ich für diese Tätigkeit geeignet und qualifiziert bin sowie eine ausreichende Ver mögensschadenHaftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Wie können Sie das überprüfen? Eingetragen bin ich im Vermittlerregister unter der Nummer _____. Das können Sie gerne überprüfen, und zwar im Internet unter der Ad resse www.vermittlerregister.info oder beim Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK) e. V., Breite Straße 29, 10178 Berlin, Tel. 0 30 2 03 080. Wenn meine Leistung einmal nicht Ihren Ansprüchen genügen sollte Mein Bestreben ist stets, Ihnen leistungsfähigen und Ihrem Bedarf entsprechenden Versicherungsschutz zu beschaffen. Sollte es bei aller Sorgfalt doch einmal zu Fehlern kommen und sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie zur Aufklärung einen unabhängigen Beistand benöti gen, stehen Ihnen die sogenannten Ombudsleute des Versicherungs wesens zur Verfügung. Ihre Aufgabe ist, Streit zwischen Ihnen als Kunde und mir als Vermittler zu schlichten und damit teure Rechts auseinandersetzungen zu vermeiden. Sie erreichen die Ombudsleute unter folgenden Adressen: • Versicherungsombudsmann, Postfach 08 06 22, 10006 Berlin, www.versicherungsombudsmann.de, Tel. 0 18 04 22 44 24.
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Ombudsmann für die private Kranken und Pflegeversicherung, Postfach 06 02 22, 10052 Berlin, www.pkvombudsmann.de, Tel. 0 18 02 55 04 44.
Im Übrigen hoffe ich natürlich sehr, dass dies niemals notwendig wird und Sie mit meiner Leistung stets zufrieden sind. In diesem Sinne freue ich mich auf eine gute Zusammenarbeit – Ihr Mike Rüstler Maklervertrag umfasst Darlegung der Beratungs grundlage
Versicherungsmakler, die ihre Beratungsgrundlage im Einzelfall beschränken wollen, können die Mitteilung der Beratungsgrundlage auch dadurch erreichen, dass sie mit dem Kunden einen entsprechenden Maklereinzelvertrag abschließen. Das ist für den Makler allein schon aus Nachweisgründen vermutlich die sicherste Form der Vereinbarung. Tipp: Die Mitteilung der Beratungsgrundlage sollte standardmäßig zusätzlich in die Beratungsdokumentation aufgenommen werden. Dadurch wird leichter verständlich – und nachweisbar –, wie es zu einem bestimmten Versicherungsvorschlag gekommen ist. Da aber die Mitteilung der Bera tungsgrundlage zeitlich vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden zu erfolgen hat, reicht die Aufnahme in die Beratungsdokumentation häufig nicht aus, es sei denn, der Vermittler erstellt sie während des Gesprächs und überreicht sie z. B. noch vor Antragstellung.
Verzicht möglich, aber problematisch
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Auf die Mitteilung der Beratungsgrundlage kann der Kunde nach § 60 Abs. 3 VVG durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten. Doch wie alle Verzichtserklärungen, ist auch diese mit vielen rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Wird der Verzicht formularmäßig zum Beispiel über Vordrucke erklärt, wird zum Teil die Auffassung vertreten, dies verstoße gegen AGB-Recht. Zum einen könne der Versicherungsmakler seine Beratungsgrundlage ohnehin nur im Einzelfall einschränken, zum anderen sei die Beratungspflicht des Versicherungsmaklers und damit als Ausfluss auch die Information über die Beratungsgrundlage eine Kardinalpflicht, von der sich der Versicherungsmakler nach bisheriger Rechtsprechung
Mitteilung der Beratungsgrundlage
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im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht freizeichnen könne. Auch wenn einiges dafür spricht, dass der Gesetzgeber in § 60 Abs. 3 VVG den Ausnahmefall eines Verzichts explizit geregelt hat, der wirksam ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 VVG erfüllt sind, sind Verzichtserklärungen bis auf Weiteres mit Vorsicht zu genießen. Beispiel: Ein Versicherungsvertreter erweckt beim Kunden durch seine Formu lierungen und seine Marktkenntnis den Eindruck, „unabhängig“ zu sein. Er schlägt dem Kunden den Abschluss einer Versicherung vor, worauf dieser eingeht. Eine Mitteilung über die Beratungsgrundlage unterlässt er. Wenig später kommt es zu einem nicht versicherten Schadenfall mit erheblicher Schadensumme. Der Kunde erfährt durch ein Sachver ständigengutachten, dass es durchaus Versicherungen gegeben hätte, die für seinen Schaden aufgekommen wären, und dass der Bera tungsanlass vorhanden war, eine solche Versicherung zu empfehlen. Daraufhin macht er gegen den Vertreter Schadenersatzansprüche gel tend und kann vor Gericht glaubhaft machen, dass sich der Vertreter ihm gegenüber als Versicherungsmakler dargestellt habe (§ 59 Abs. 3 Satz 2 VVG). Er habe jedoch seine Beratungsgrundlage einer „hinrei chenden Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträ gen und von Versicherern“ (§ 60 Abs. 1 VVG) offenkundig nicht ein gehalten.
Der Pseudomakler hat sich hier gleich in mehrfacher Hinsicht pflichtwidrig verhalten. Zum einen hat er den Kunden nicht über eine beschränkte Beratungsgrundlage informiert und zum anderen die sich aus seinem Versicherungsmaklerstatus ergebenden Beratungspflichten verletzt. Tipp: Kurz zusammengefasst: Verzichten Sie auf den Verzicht!
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4.7 Vertragsinformationen Rechtsnormen: § 7 Abs. 2 VVG, §§ 1–4 VVG-InfoV Siehe CDROM
Wird das Antragsmodell verwendet, steht am Ende der Beratung zusammen mit dem Rat, dessen Begründung und der Mitteilung der Beratungsgrundlage auch die Übergabe der Vertragsinformationen an. Dazu genügen in der Regel keine ausschließlich vorgedruckten Informationen, die fertig zum Gespräch mitgebracht werden können. Vielmehr müssen mindestens • das Produktinformationsblatt, • in der Lebens-, der Berufsunfähigkeits- und der Unfallversicherung mit Prämiengewähr zusätzlich die Informationen nach § 2 VVG-InfoV (vor allem in die Prämie eingerechnete Kosten, Rückkaufswerte, Mindestversicherungsbeiträge zur Umwandlung in eine prämienfreie/-reduzierte Versicherung sowie Modellrechnung), • in der Krankenversicherung die Informationen nach § 3 VVGInfoV (vor allem in die Prämie eingerechnete Kosten und die Übersicht über die fiktive Beitragsentwicklung der letzten zehn Jahre) individuell erstellt werden, weil sich die hierfür erforderlichen Daten erst aus dem konkreten Angebot ermitteln lassen. Tipp: Das ist im Prinzip nur so zu leisten, dass der Vermittler die individuellen Informationen entweder beim Verkaufstermin im Büro erzeugt und übergibt oder beim Termin vor Ort mit dem Kunden per Laptop und Mobildrucker erzeugt. Alternativ kommt die virtuelle Übergabe per CD oder USBStick infrage, sofern der Kunde diese verwenden kann.
Um das Kriterium der „Rechtzeitigkeit“ der Informationsübermittlung zu erfüllen, wird es bei komplizierteren Verträgen oder bei Verträgen mit längerfristiger Bindung des Kunden erforderlich sein, das Gespräch an dieser Stelle zu unterbrechen und einen Zweittermin einige Tage später zu vereinbaren.
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Beratungsdokumentation
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Tipp: Gerade bei Lebens und Krankenversicherungen ist es sinnvoll, den Kun den nicht zum kurzfristigen Abschluss zu drängen, um spätere „Kaufreue“ und damit Widerrufserklärungen nach § 8 VVG oder Früh stornierungen zu vermeiden. Verkaufspsychologisch erhöht die freiwilli ge Unterbrechung des Verkaufsprozesses durch den Vermittler zur Schaffung einer Bedenkzeit das Vertrauen des Kunden, dass er eine gu te Entscheidung trifft. Dagegen erzeugt ein forcierter Abschluss beim Kunden eher das ungute Gefühl, dass er zu seinem Nachteil schell über redet werden soll.
Tipp: Gegen seinen Willen muss kein Kunde gezwungen werden, einen Ab schluss aufzuschieben. Falls es dem ausdrücklichen Wunsch des Kunden entspricht, umgehend im selben Termin seine Entscheidung zu treffen und den Antrag zu stellen, sollte der Vermittler das in der Beratungsdo kumentation vermerken.
Wird anstelle des Antrags- das Invitatiomodell angewendet, entfällt die Übergabe der Vertragsinformationen in diesem Stadium des Verkaufsgesprächs. Stattdessen geht der Vermittler zur Erstellung der Beratungsdokumentation und eines unverbindlichen Antrags über. Die Vertragsinformationen werden dem Kunden erst zusammen mit der Police als Angebot des Versicherers zugesendet.
4.8 Beratungsdokumentation Rechtsnormen: §§ 61 Abs. 1, 62 Abs. 1 VVG Der Vermittler hat die erfragten Wünsche und Bedürfnisse, das Ergebnis seiner Beratung und den erteilten Rat mit Begründung zu dokumentieren. Dabei kann er die Dokumentation der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags anpassen.
Siehe CDROM Anpassung an Komplexität möglich
Beispiel: Bei Verträgen des Massengeschäfts wie Kfz, Hausrat und Privat haftpflichtversicherungen wird ein weit gehend standardisiertes Beratungsprotokoll eingesetzt, in dem mithilfe von Textbausteinen
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begrenzt auf eine Seite Umfang die oben genannten Informationen dargestellt werden. Das Deckungskonzept zu einer gewerblichen Haftpflichtversicherung wird durch ein individuelles, auf den Einzelfall bezogenes Protokoll dokumentiert, in dem der Vermittler wesentliche Gesprächsinhalte festhält, insbesondere auch über besprochene Deckungserweiterun gen, ausschlüsse und Obliegenheiten.
Die Beratungsdokumentation ist klar und verständlich in Textform zu erstellen. Zeitlich ist sie vor dem Abschluss des Vertrags an den Kunden zu übermitteln. Achtung: Mit dem Wegfall des Policenmodells reicht es daher in der Regel nicht mehr aus, die Beratungsdokumentation zusammen mit der Police dem Kunden zuzusenden, wie dies vor allem viele Ausschließlichkeitsversi cherer bisher umgesetzt haben. Dort wird die Beratungsdokumentation zusammen mit dem Antrag elektronisch vom Vermittler erzeugt und in der Druckstraße des Versicherers gefertigt. Nach dem Antragsmodell kommt der Vertrag jedoch bereits mit Zusendung der Police zustande, die dann mitgesendete Beratungsdokumentation wäre daher zu spät übermittelt.
Tipp: Die Beratungsdokumentation sollte möglichst parallel zum Beratungs gespräch angelegt werden. Entsprechende Protokollmuster erleichtern den Vorgang. Dann kann die Beratungsdokumentation gleichzeitig als „roter Faden“ zur Strukturierung des Verkaufsgesprächs genutzt wer den. Des Weiteren kann die Beratungsdokumentation zur Erfolgssicherung eingesetzt werden, indem sie zum Ende der Beratung mit dem Kunden besprochen und so das Einverständnis des Kunden eingeholt wird. Da durch wird gleichzeitig das Kaufsignal des Kunden eingefordert.
Beispiel: Ein Vermittler hat ein Verkaufsgespräch zur Einkommensabsicherung mit einer standardisierten Beratungsdokumentation strukturiert: Er hat den Anlass notiert, die Fragen zu den Wünschen und zum Bedarf
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Antragstellung
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des Kunden gestellt und die Antworten festgehalten, das Beratungs ergebnis einer Versorgungslücke im Falle einer länger als sechs Wo chen andauernden Arbeitsunfähigkeit und im Falle einer Berufsunfä higkeit ermittelt und als Beträge festgehalten sowie seinen Ratschlag mitsamt Begründung notiert, eine Krankentagegeld und eine Berufs unfähigkeitsversicherung abzuschließen. Daraufhin händigt er dem Kunden das Beratungsprotokoll aus, bespricht es mit ihm und fragt ihn abschließend, ob alles richtig und im Sinne des Kunden wiederge geben wurde. Der Kunde bejaht das, woraufhin der Vermittler die ent sprechenden Anträge ausfüllt und vom Kunden unterschreiben lässt.
4.9 Antragstellung Wird das Antragsmodell verwendet, folgt die Aufnahme des Antrags als Willenserklärung des Kunden. Beim Invitatiomodell hingegen wird zwar ebenfalls ein Antrag aufgenommen, dieser muss jedoch ausdrücklich als unverbindliche Aufforderung zur Abgabe eines Angebots gekennzeichnet werden. Vor allem in der Ausschließlichkeit werden häufig gleichzeitig Antragsdaten und Daten erfasst, die für die Beratungsdokumentation erforderlich sind. Dadurch verkürzt sich der Vorgang der Antragsaufnahme deutlich (beispielsweise auf die Erhebung der Gesundheitsfragen bzw. der Risikobeschreibung und die endgültige Freigabe an den Versicherer). Versicherungsmakler erstellen in den Sachversicherungszweigen meist Deckungsaufgaben an den Versicherer, sofern sie eine Vollmacht des Kunden erhalten haben (einschließlich Maklerauftrag). Eine Antragsaufnahme mit dem entsprechenden Formular des ausgewählten Anbieters erfolgt in der Regel nur noch in den Personenversicherungszweigen, wo dies wegen der großen Bedeutung der Gesundheitsfragen unabdingbar ist.
Verbindlich oder unverbindlich – je nach Modell
4.10 Verkauf durch den Versicherer Die bisher beschriebenen Bestandteile des Verkaufsprozesses beziehen sich auf die Pflichten des gewerblichen Versicherungsvermittlers. Etwas knapper, aber durchaus vergleichbar fällt der Ablauf des
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Verkaufsprozesses aus, wenn ein Versicherer bzw. sein Angestellter den Verkauf durchführt. Hier entfallen • die statusbezogene Erstinformation und • die Mitteilung der Beratungsgrundlage. Im Übrigen gelten jedoch die gleichen Pflichten und die gleichen daraus folgenden Strukturierungsvorschläge wie beim Vermittler. Tipp: Auch wenn keine statusbezogene Erstinformation vorgeschrieben ist, gehört es zum guten Ton, dass auch der Angestellte eines Versicherers zumindest eine Visitenkarte übergibt. Besser wäre es, wenn er den Ver sicherer zudem mit geeigneten Informationsmaterialien vorstellen wür de.
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Was beim Verkauf noch zu beachten ist
5.1 Vorvertragliche Anzeigepflicht Rechtsnormen: §§ 19, 21, 22 VVG Versicherungsverträge bedeuten, dass beide Parteien Rechte erwerben und Pflichten übernehmen. Eine wichtige Pflicht des Kunden besteht aber bereits vor Vertragsbeginn: Die Anzeige gefahrerheblicher Umstände (beispielsweise durch die Beantwortung von Gesundheitsfragen oder durch die Beantwortung von Fragen zum versicherten Risiko). Hier gibt es mit der VVG-Reform eine deutliche Lastenverschiebung zwischen Versicherer und Kunde. Bisher hatte der Kunde eine erhebliche Mitverantwortung für die Anzeige aller für den Versicherungsvertrag relevanten, gefahrerheblichen Umstände beim Versicherer getragen. Diese Pflicht endete nicht mit der Antragstellung, sie bestand bis zum Zustandekommen des Vertrags fort. Die Konsequenz: Nicht selten konnte sich der Versicherer mit Erfolg auf eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berufen, konnte also vom Vertrag zurücktreten und war für den eingetretenen Versicherungsfall leistungsfrei. Dabei schadete dem Versicherungsnehmer schon einfache Fahrlässigkeit, also in der Praxis jede Nachlässigkeit.
Siehe CDROM
Mit dem neuen Recht wird die Anzeigepflicht des Kunden wie folgt begrenzt: • Zeitlich: Bis zur Abgabe der Vertragserklärung (beim Antragsmodell: der Antrag, bei den anderen Vertragsschlussverfahren die zum Vertragsschluss führende Erklärung des Kunden). • Inhaltlich: Die dem Kunden bekannten Gefahrumstände, die
Begrenzung der Pflichten nach neuem Recht
Gesundheits und Risikofragen
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Was beim Verkauf noch zu beachten ist –
für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, objektiv erheblich sind und
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nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Formell: Die Fragen des Versicherers müssen in Textform erfolgen, die Anzeige der gefahrerheblichen Umstände ist nicht formbedürftig.
Die beiden wichtigsten Änderungen sind, • dass der Kunde nur noch beantworten muss, wonach er ausdrücklich in Textform gefragt worden ist, und • dass er diese Obliegenheit grundsätzlich nur bis zu seiner Vertragserklärung (Antragstellung beim Antragsmodell, s. o.) hat und nicht eigeninitiativ auch später Gefahrumstände nachmelden muss, die ihm bis zum Zustandekommen des Vertrags bekannt werden. Allerdings hat der Versicherer die Möglichkeit, dem Kunden noch Fragen zu stellen, nachdem dieser seine Vertragserklärung abgegeben hat, der Vertrag aber noch nicht zustande gekommen ist (also beim Antragsmodell: nach Antragsstellung, aber vor Annahme des Antrags). Stellt er solche Fragen, müssen diese natürlich wahrheitsgemäß beantwortet werden. Beispiel: Eine Kundin stellt am 15.1. einen Antrag auf Krankenversicherung und beantwortet die Frage, ob eine Schwangerschaft vorliegt, wahrheits$ gemäß mit „nein“. Am 29.1. wird bei ihr eine Schwangerschaft festge$ stellt. Wegen Arztrückfragen und Bearbeitungsrückständen beim Krankenversicherer wird der Antrag erst am 15.2. angenommen. Ein arglistiges Verhalten der Kundin liegt nicht vor. • Nach bisherigem Recht wäre die Kundin verpflichtet gewesen, die Schwangerschaft dem Versicherer nachzumelden. • Nach neuem Recht ist die Kundin nicht verpflichtet, die Schwan$ gerschaft anzuzeigen, es sei denn, der Versicherer fragt vor Ver$ tragsannahme erneut nach.
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Vorvertragliche Anzeigepflicht
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Tipp: Damit der Versicherer im Fall einer größeren Verzögerung bei der An tragsprüfung (beispielsweise wegen erforderlicher Arztanfragen) trotz dem erfährt, ob sich in der Zwischenzeit die Risikoverhältnisse verändert haben, kann er vor Vertragsannahme erneut nachfragen. Der Kunde ist ausdrücklich zur Beantwortung der erneuten Fragen verpflichtet.
Die Verschiebung der Verantwortung für die Anzeige von gefahrerheblichen Umständen vom Kunden zum Versicherer bleibt nicht ohne Folgen. Denn nun muss der Versicherer detaillierter nachfragen, wenn er sich ein genaues Bild von den Gesundheits- oder Risikoverhältnissen des Kunden machen will. Nur dann kann er sich bei einer eventuellen Falsch- oder Nichtbeantwortung auf Rechtsfolgen berufen. Checkliste Folgende Möglichkeiten der Reaktion auf die veränderte vorvertragli che Anzeigepflicht bestehen:
Versicherer muss genauer nachfragen
Siehe CDROM
1. Deutlich ausführlichere und genauere Fragen. Umfassende Fra gen wie „Sind oder waren Sie in den letzten fünf Jahren krank?“ sind nicht mehr konkret genug. Vorteil: Der Versicherer kann den bisherigen Ablauf beibehalten, dass der Vertrieb die notwendigen Erhebungen zur Gesundheits oder zur Risikobeschreibung durchführt. Nachteil: Der Verkaufsprozess wird verlängert und das Verhältnis zwischen Vermittler und Kunde zusätzlich belastet, weil ein Kun de u. U. sehr detaillierte Fragen verweigern wird. Das Haftungsri siko des Vermittlers steigt, insbesondere dann, wenn zum Beispiel viele medizinische Fachbegriffe abgefragt werden, deren Bedeu tung der Vermittler selbst nicht einschätzen kann. 2. Beibehaltung des heutigen Fragenumfangs, dafür entweder en gere Zeichnungs/Annahmerichtlinien oder höhere Prämien. Vorteil: Die bisherigen, bekannten Anträge können weiter ver wendet werden. Nachteil: Fortgesetzte Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten – Kunden, Vermittler und Versicherer; ggf. geringere Annahmequo ten und höhere Prämien, die beide für den Vertrieb nachteilig sind.
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Was beim Verkauf noch zu beachten ist
3. Teleunderwriting: Im angelsächsischen Raum bereits weit ver breitet ist das Teleunderwriting, wonach der Vermittler überhaupt keine Gesundheitsfragen mehr zu Personenversicherungen auf nimmt und dies dem Versicherer bzw. einem entsprechend ge schulten Call Center des Versicherers überlässt. Der Kunde erhält anschließend eine Abschrift des Interviews und wird aufgefordert, dessen Richtigkeit durch Unterschrift zu bestätigen. In Deutsch land hat beispielsweise die Delta Lloyd angekündigt, dieses Ver fahren auf freiwilliger Basis anzubieten. Vorteil: Weniger Arbeit und höhere Rechtssicherheit für den Ver mittler, möglicherweise situationsgerechtere Auskünfte der versi cherten Person, die zu einer besseren Risikoeinschätzung führen als Arztauskünfte. Nachteil: Der Vermittler hat keinen Einfluss auf den Prozess, durch ungeschickte laienhafte Antworten kann sich eine versi cherte Person möglicherweise den Zugang zum Versicherungs schutz verbauen. 4. Arztuntersuchungen: Bei Personenversicherungen kann alterna tiv zur Beantwortung von Gesundheitsfragen eine entsprechende ärztliche Untersuchung vereinbart werden oder Auskünfte der be handelnden Ärzte zur Grundlage genommen werden. Bekannt ge worden ist beispielsweise das Modell der KarstadtQuelle Versiche rungen, für deren Vollversicherung Premium Select die versicherte Person einen eintägigen Check in einer Privatklinik vornehmen lassen muss. Vorteil: Weniger Arbeit und höhere Rechtssicherheit für den Ver mittler, möglicherweise qualifiziertere Auskünfte, und damit eine bessere Einschätzung des Risikoprofils. Nachteil: Der Vermittler hat keinen Einfluss auf den Prozess.
Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht Die vorvertragliche Anzeigepflicht wird verletzt, wenn der Kunde ihm bekannte gefahrerhebliche Umstände, die für den fraglichen Vertrag von Bedeutung sind und nach denen der Versicherer ausdrücklich in Textform gefragt hat, nicht oder nicht richtig anzeigt. Ein solches Fehlverhalten kann weiterhin sanktioniert werden, allerdings wurden die Rechtsfolgen deutlich verbraucherfreundlicher gestaltet.
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Vorvertragliche Anzeigepflicht
Wie bisher, kann bei arglistiger Verletzung der Anzeigepflicht der Vertrag angefochten werden. Ein Rücktritt vom Vertrag ist hingegen nur noch möglich, wenn die Anzeigepflicht • vorsätzlich oder • grob fahrlässig verletzt wurde und der Versicherer den Vertrag bei Kenntnis des gefahrerheblichen Umstands nicht einmal zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte. Das bedeutet, dass der Versicherer nicht mehr in jedem Fall bei grober Fahrlässigkeit wirksam zurücktreten kann. Bei Fahrlässigkeit muss sich der Kunde entlasten und beweisen, dass seine Fahrlässigkeit nicht grob war. Allerdings muss der Versicherer im Streitfall seine Risikoprüfungsgrundsätze darlegen, wenn der Kunde einwendet, dass der Versicherer den Vertrag bei Kenntnis des verschwiegenen oder falsch dargestellten gefahrerheblichen Umstands gegen höhere Prämie oder Risikoausschluss angenommen hätte. Ob dies dann zutrifft, muss gegebenenfalls im Rahmen einer Beweisaufnahme festgestellt werden. Beweispflichtig ist der Versicherungsnehmer.
5 Rücktrittsrecht eingeschränkt
Beispiel: Ein gewerblicher Arbeitnehmer gibt im Antrag zur Berufsunfähig keitsversicherung an, vor einigen Jahren leichte Rückenbeschwerden gehabt zu haben. Der Lebensversicherer nimmt den Antrag an. Ein Jahr später beantragt der Kunde Berufsunfähigkeitsleistungen. Dem Versicherer wird bekannt, dass es sich bei den „leichten Rückenbe schwerden“ um eine leichte Bandscheibenvorwölbung handelte. Eine vorsätzliche Untertreibung der damaligen Beschwerden kann dem Kunden im konkreten Fall nicht bewiesen werden, aber zumindest eine grob fahrlässige Untertreibung liegt nahe. Der Versicherer weist nach, dass er in seinen internen Richtlinien ein striktes Annahmever bot für Berufsunfähigkeitsversicherungen bei Bandscheibenschäden erklärt hat, und kann vom Vertrag zurücktreten, weil er den Vertrag bei Kenntnis des Bandscheibenvorfalls nicht angenommen hätte.
Eine nicht vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berechtigt den Versicherer nur zur Kündigung der Versicherung mit einem Monat Kündigungsfrist.
Kündigungs recht
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5 Alternative Vertrags anpassung
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
Das Rücktrittsrecht wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und das Kündigungsrecht nach § 19 Abs. 3 Satz 2 VVG sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen (Beispiel: Prämienerhöhung oder Ausschluss), angenommen hätte. Die geänderten Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers • grundsätzlich rückwirkend Vertragsbestandteil, • bei einer vom Kunden nicht zu vertretenden Pflichtverletzung aber erst in der laufenden Versicherungsperiode wirksam. Beispiel: • Ein Kunde beantragt eine Lebensversicherung und verweist den Versicherer an seinen Hausarzt. Dort zieht der Versicherer unvoll ständige Erkundigungen ein, wodurch eine Vorerkrankung nicht bekannt wird. Das fällt drei Jahre später auf. Der Versicherer macht daraufhin einen Risikozuschlag geltend. Da der Kunde die Anzeigepflichtverletzung nicht zu vertreten hatte, kann der Versi cherer diesen Risikozuschlag erst ab Beginn des laufenden Versicherungsjahres verlangen. • Ein anderer Kunde verwechselt unabsichtlich beim Ausfüllen des Antrags einen medizinischen Fachbegriff. Daraufhin wird der Ver trag ohne Erschwernis angenommen. Das fällt drei Jahre später auf. Das Verhalten des Kunden wird als leicht fahrlässig bewertet. Da er die Pflichtverletzung jedoch zu vertreten hat, kann der Ver sicherer rückwirkend ab Vertragsbeginn den in diesem Fall not wendigen Risikozuschlag verlangen.
Hier kann es unter Umständen zu einer vom Gesetzgeber nicht gesehenen Rechtsfolge kommen, wenn die Annahmegrundsätze des Versicherers einen Leistungsausschluss vorsehen und der Versicherungsfall bereits eingetreten ist. Das könnte dann für den Versicherungsnehmer die missliche Folge haben, dass der Versicherer aufgrund des fahrlässigen Verhaltens die geänderten Bedingungen nur für die Zukunft dem Vertrag zugrunde legen kann, er aber wegen des Leistungsausschlusses für den eingetretenen Versicherungsfall nicht leisten muss, was an sich aber nur bei mindestens grob fahrlässigem Verhalten des Versicherungsnehmers in Betracht kommen
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Vorvertragliche Anzeigepflicht
soll. Wie die Rechtsprechung diesen Widerspruch lösen wird, bleibt abzuwarten, doch spricht einiges dafür, dass der Versicherer in diesem Fall zwar ab der laufenden Versicherungsperiode die neuen Bedingungen dem Vertrag zugrunde legen darf, dies aber seine Eintrittspflicht für den eingetretenen Versicherungsfall nicht berührt. Wenn eine Vertragsänderung verlangt wird, muss der Kunde die Vertragsänderung aber nicht zwingend hinnehmen. Er kann den Vertrag mit Wirkung zumindest für die Zukunft außerordentlich kündigen. Das gilt dann, wenn • eine Prämienerhöhung von mehr als zehn Prozent oder • ein Risikoausschluss verlangt wird.
5
Recht zur außerordentli chen Kündigung bei Vertrags anpassung
Achtung: Die oben beschriebenen Rechte kann der Versicherer nur geltend ma chen, wenn er • den Kunden durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat (zum Beispiel durch eine besonders hervorgehobene Belehrung im Antrag), • nicht etwa auf anderem Weg von dem nicht angezeigten Gefahrum stand Kenntnis hatte oder von der Unrichtigkeit der Anzeige wusste.
Beispiel: Eine Kundin gibt im Antrag zur Krankenversicherung nicht an, dass sie im vergangenen Jahr in psychotherapeutischer Behandlung war. Der Vertreter, der den Vertrag vermittelt, weiß über diesen Umstand Bescheid, informiert aber den Versicherer aus Sorge vor der zu erwar tenden Antragsablehnung und der ihm damit entgehenden Ab schlussprovision nicht. Später wird die Anzeigepflichtverletzung dem Versicherer bekannt. Doch die Kundin kann den Umstand nachweisen, dass der Vertreter über die unrichtige Anzeige bereits bei Antragsauf nahme informiert war. Der Versicherer muss sich nach § 70 VVG das Wissen seines Vertreters zurechnen lassen. Damit kann er sich nicht auf seine Rechte aus der Anzeigepflichtverletzung berufen.
Außerdem sind die oben beschriebenen Rechte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 VVG innerhalb eines Monats schriftlich geltend zu machen. Diese Frist beginnt mit der Kenntnis von der Verletzung der Anzeigepflicht. Der Versicherer muss den Rücktritt begründen und darf
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5 Leistungs freiheit eingeschränkt
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
später Gründe nur dann nachschieben, wenn die Monatsfrist bezüglich dieser Gründe noch nicht abgelaufen ist. Neben Rücktritt oder Kündigung ist die Leistungsfreiheit im Versicherungsfall die schwerwiegendste Konsequenz für den Kunden. Hierauf kann sich der Versicherer nur noch in folgenden Fällen mit Erfolg berufen: • bei arglistiger Verletzung der Anzeigepflicht, • bei Rücktritt des Versicherers wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht, letzteres mit der Einschränkung, dass der Versicherer den Vertrag nachweislich nicht oder nicht so angenommen hätte. Zusätzlich muss die Verletzung der Anzeigepflicht im zuletzt genannten Fall ursächlich sein für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls oder für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht. Beispiel: Ein Kunde hat seine vorvertragliche Anzeigepflicht vorsätzlich ver letzt, indem er absichtlich eine Vorerkrankung bei seiner Krankenver sicherung verschwiegen hat. Der Kunde erleidet einen Unfall und muss behandelt werden. In diesem Zusammenhang fällt die Anzeige pflichtverletzung auf. Allerdings hat die verschwiegene Vorerkran kung keinerlei Einfluss auf den Eintritt und die Feststellung des Un falls, auch nicht auf die Behandlungskosten und deren Feststellung. Daraufhin kann der Versicherer zwar den Rücktritt vom Vertrag we gen der Anzeigepflichtverletzung erklären, sich aber nicht auf Leis tungsfreiheit berufen.
Verjährungs fristen
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Auf vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen kann sich der Versicherer zudem nicht mehr zeitlich unbegrenzt berufen. Vielmehr gelten folgende Ausschlussfristen: • nach Ablauf von fünf Jahren nach Vertragsschluss, • nach Ablauf von drei Jahren in der Krankenversicherung (§ 194 Abs. 1 Satz 4 VVG) und • nach Ablauf von zehn Jahren bei vorsätzlicher oder arglistiger Anzeigepflichtverletzung.
Vorvertragliche Anzeigepflicht
5
Vorvertragliche Anzeigepflicht schuldhaft arglistig vorsätz lich
verletzt
nicht schuldhaft
fahrlässig grob
leicht
der Versicherer hätte den Vertrag, wenn auch ggf. zu anderen Bedingungen,... nicht ange nommen
Anfech tung
Rücktritt
angenommen
Rückwirkende Anpassung
nicht ange nommen
angenom men
Kündi gung
Anpassung ab lfd. Jahr
zusätzlich Versicherungsfall eingetreten kausal
nicht kausal
für den eingetretenen Versicherungsfall
Leistungsfreiheit
Leistungspflicht
Abb. 5: Rechtsfolgen bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§ 19 VVG)
Checkliste: Rechtsfolgen der vorvertraglichen Anzeigepflicht Das ist im Fall einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zu Siehe CDROM prüfen: Wurde der Kunde bei Antragstellung nach diesem Umstand in Text form gefragt? Ja: Prüfung fortsetzen Nein: keine Rechtsfolgen Wurde der Kunde durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen? Ja: Prüfung fortsetzen Nein: keine Rechtsfolgen
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5
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
Haben der Versicherer oder sein Repräsentant (Mitarbeiter, Vertreter) den verschwiegenen Gefahrumstand nicht gekannt und auch nicht von der Unrichtigkeit der Anzeige gewusst? Ja: Prüfung fortsetzen Nein: keine Rechtsfolgen Macht der Versicherer seine Rechte innerhalb eines Monats ab Kenntnis der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung schriftlich geltend? Ja: Prüfung fortsetzen Nein: keine Rechtsfolgen Hat der Kunde die vorvertragliche Anzeigepflicht arglistig verletzt (Nachweis durch Versicherer!)? Ja: Der Versicherer kann den Vertrag anfechten und sich auf Leistungsfreiheit im Versicherungsfall berufen. Nein: Prüfung fortsetzen Hat der Kunde die vorvertragliche Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt (Nachweis durch Versicherer!)? Ja: Der Versicherer kann vom Vertrag zurücktreten. Auf Leis tungsfreiheit kann er sich nur berufen, wenn es einen ur sächlichen Zusammenhang zur Anzeigepflichtverletzung gibt. Nein: Prüfung fortsetzen Hat der Kunde die vorvertragliche Anzeigepflicht grob fahrlässig ver letzt (Entlastung vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit muss Kunde erbringen!)? Ja: Der Versicherer kann vom Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherer den Vertrag nicht einmal zu anderen Bedin gungen angenommen hätte. Ist dies hingegen der Fall (Beweislast: Kunde!), werden die Bedingungen auf Verlan gen des Versicherers rückwirkend Vertragsinhalt, wenn der Kunde auf die Folgen der Anzeigepflichtverletzung in Textform hingewiesen wurde. Bei > 10 Prozent Prämien erhöhung oder bei Leistungsausschluss hat der Kunde al lerdings ein außerordentliches Kündigungsrecht. Auf Leis tungsfreiheit kann sich der Versicherer nur berufen, wenn es einen ursächlichen Zusammenhang zur Anzeigepflicht verletzung gibt. Nein: Prüfung fortsetzen
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Versicherungsbeginn
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Hat der Kunde die vorvertragliche Anzeigepflicht leicht fahrlässig ver letzt? Ja: Der Versicherer kann den Vertrag kündigen, wenn er den Vertrag nicht einmal zu anderen Bedingungen angenom men hätte. Ist dies hingegen der Fall (Beweislast: Kunde) werden die Bedingungen auf Verlangen des Versicherers rückwirkend Vertragsinhalt, wenn der Kunde auf die Fol gen der Anzeigepflichtverletzung in Textform hingewiesen wurde. Bei > 10 Prozent Prämienerhöhung oder bei Leis tungsausschluss hat allerdings der Kunde ein außerordentliches Kündigungsrecht. Auf Leistungsfreiheit kann sich der Versicherer nicht berufen. Nein: Prüfung fortsetzen Hat der Kunde die vorvertragliche Anzeigepflicht nicht zu vertreten? Ja: Der Versicherer kann den Vertrag kündigen, wenn er den Vertrag nicht einmal zu anderen Bedingungen angenom men hätte. Ist dies hingegen der Fall (Beweislast: Kunde), werden die Bedingungen mit Wirkung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsinhalt, wenn der Kunde auf die Folgen der Anzeigepflichtverletzung hingewiesen wur de. Bei > 10 Prozent Prämienerhöhung oder bei Leistungs ausschluss hat allerdings der Kunde ein außerordentliches Kündigungsrecht. Auf Leistungsfreiheit kann sich der Ver sicherer nicht berufen.
5.2 Versicherungsbeginn Rechtsnorm: § 10 VVG Mit der VVG-Reform wird der bisherige Grundsatz aufgegeben, nach dem ein Versicherungsvertrag um 12 Uhr mittags des Tages beginnt, an dem der Vertrag geschlossen wird, und auch wieder um 12 Uhr mittags am letzten Tag der Vertragsdauer endet. Nur in der Krankenversicherung galt bisher schon abweichend als Versicherungsbeginn 0 Uhr des ersten Tages der Vertragslaufzeit und als Versicherungsende 24 Uhr des letzten Tages der Vertragslaufzeit. Allerdings kann der Versicherungsbeginn vertraglich verändert werden.
Siehe CDROM Vertragsbeginn und ende auf 0 Uhr verlegt
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5
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
Beispiel: Ein Hausratversicherer bestimmt in seinen Allgemeinen Versiche rungsbedingungen, dass der Versicherungsvertrag um 12 Uhr des als Vertragsbeginn bezeichneten Tages beginnt und um 12 Uhr des als Vertragsende bezeichneten Tages endet. Das tut er, um Zurechnungs schwierigkeiten zu vermeiden, falls Einbrüche und andere Hausrat schäden nachts passieren und der exakte Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls nicht mehr feststellbar ist.
Tipp: Bei der Umdeckung von Versicherungsverträgen müssen Versicherer und Versicherungsvermittler in Zukunft besonders darauf achten, zu wel chem Zeitpunkt ein bisheriger Vertrag endet und zu welchem Zeitpunkt der angebotene neue Vertrag beginnt, um Deckungslücken zu vermei den. Hierin steckt auch ein Risiko für eine Fehlberatung, die den Kunden zu Schadenersatzansprüchen berechtigt.
Beispiel: Ein Versicherungsvertreter überzeugt seinen Kunden, die bisherige Hausratversicherung zu kündigen und bei ihm neu abzuschließen. Der Kunde kündigt den bisherigen Vertrag, der noch nach altem Recht abgeschlossen wurde, mit Wirkung zum 12.6.2008 (Ablauf des Ver trags). Der Vertreter nimmt den neuen Vertrag mit Vertragsbeginn 13.6.2008 auf (§ 10 VVG wurde nicht in den Versicherungsbedingun gen abgeändert). Der alte Hausratvertrag endet am 12.6.2008 um 12 Uhr. Um 17 Uhr kommt es zu einem Einbruchdiebstahl. Der neue Vertrag beginnt aber erst am 13.6. um 0 Uhr. Der Schaden ist nicht versichert. Der Kunde macht daraufhin Schadenersatzansprüche ge gen den Vertreter geltend, weil der ihn beim Angebot der neuen Hausratversicherung hinsichtlich des Vertragsbeginns falsch beraten hat und dadurch ein Vermögensschaden (nicht übernommener Ein bruchdiebstahlschaden) entstanden ist.
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Vertragsdauer
5
5.3 Vertragsdauer Rechtsnorm: § 11 VVG Versicherungsverträge mit Ausnahme von Lebens- und Krankenversicherungen können auf eine bestimmte mehrjährige Dauer abgeschlossen werden. Bis 1994 waren hierfür noch Zehnjahresverträge zulässig. Die Laufzeit wurde auf fünf Jahre verkürzt, genauer gesagt erhielt der Kunde zum Schluss des fünften oder jedes darauf folgenden Jahres das Recht zu einer fristgerechten Kündigung des Vertrags. Die Laufzeit wird nun erneut verkürzt, und zwar auf drei Jahre. Das heißt, dass Versicherer zwar weiterhin Verträge mit fünf oder sogar zehn Jahren Laufzeit vereinbaren können, diese Verträge werden aber für den Kunden schon nach drei Jahren Laufzeit kündbar sein.
Siehe CDROM Vertrags bindung auf drei Jahre verkürzt
Beispiel: Ein Haftpflichtversicherungsvertrag wurde mit Beginn zum 1.12.2007 nach altem Recht als Fünfjahresvertrag geschlossen (also mit Ablauf zum 1.12.2012). Ab 1.1.2009 ist das neue Versicherungsrecht auch auf Altverträge anzuwenden. Das heißt, dass der Vertrag bereits zum 1.12.2010 erstmals für den Kunden kündbar sein wird.
Checkliste: Auswirkungen der verkürzten Vertragslaufzeiten auf den Versicherungsvertrieb Siehe CDROM Für den Versicherungsvertrieb hat die Verkürzung der Vertragslaufzei ten Konsequenzen bei der Vergütung. Denn vielfach werden Anreize zur Vereinbarung von Mehrjahresverträgen durch Provisionsstaffeln geboten. Hier gibt es mehrere Handlungsoptionen: • Beibehaltung der bisherigen Vertragslaufzeiten und der bisherigen Provisionsstaffeln unter Inkaufnahme der Tatsache, dass die abge schlossenen Mehrjahresverträge dennoch früher kündbar sind. Vorteil: Keine Vertragsveränderungen notwendig; Kunde profitiert von der längeren Bindung durch die Preis und Leistungsgarantie für diesen Zeitraum. Nachteil: Der Versicherer muss in Kauf nehmen, dass Verträge schneller gekündigt werden.
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5
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
• Verkürzung der Vertragslaufzeiten analog zum VVG und Streichung der bisherigen oberen Provisionsstaffeln. Vorteil: Umsetzung ohne Mehrkosten für den Versicherer. Nachteil: Einkommensverluste des Vertriebs und fehlende Akzep tanz, weil kaum damit zu rechnen ist, dass alle Kunden von dem früheren Kündigungsrecht auch Gebrauch machen werden. • Verkürzung der Vertragslaufzeiten analog zum VVG und Übernah me der oberen Provisionsstaffeln auf die kürzeren Laufzeiten. Vorteil: Keine Einkommensverluste für den Vertrieb. Nachteil: Mehrkosten des Versicherers, sofern Kunden vermehrt von der früheren Kündigungsmöglichkeit Gebrauch machen. • Umgestaltung des Vergütungssystems als durchlaufende Vergü tung ohne Differenzierung zwischen Abschluss und Bestandsver gütungen. Vorteil: Auswirkungen der Laufzeitverkürzung spielen keine Rolle mehr, freie Entscheidung auch für Einjahresverträge. Nachteil: Bestände sind unter Umständen leichter angreifbar; Ak zeptanzprobleme beim Vertrieb durch mögliche Eingriffe in Besitz stände und mögliche Einkommensverluste. • Beibehaltung des bisherigen Vergütungssystems, aber Verläng erung der Stornohaftung. Vorteil: Keine Mehrkosten für Versicherer, Anreiz zu verstärkter Bestandserhaltung. Nachteil: Einkommensverluste und damit Akzeptanzprobleme beim Vertrieb möglich.
5.4 Widerrufsrecht Rechtsnorm: §§ 8, 9, 152 Abs. 1 VVG Siehe CDROM Einheitliche Widerrufsfristen
Erheblich vereinfacht wurden die bisher unterschiedlich geregelten Widerrufs- und Widerspruchsrechte, die je nach Art des Zustandekommens des Vertrags und je nach Vertriebsweg differierten. Nun gilt einheitlich, dass der Kunde seine Vertragserklärung (Antrag) • innerhalb von zwei Wochen • in der Lebensversicherung abweichend innerhalb von 30 Tagen widerrufen kann.
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Widerrufsrecht
5
Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Er kann in Textform erklärt werden. Beispiel: Ein Kunde sendet seinen Widerruf per SMS auf das Diensthandy des Versicherungsmitarbeiters, bei dem er den Antrag gestellt hat.
Um die oben genannten Fristen einzuhalten, genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung. Den Zugang muss der Kunde aber nach wie vor beweisen können. Beispiel: Eine Kundin hat am 4.1. den Antrag auf KfzVersicherung gestellt. Am 18.1. schickt sie einen Einschreibebrief an den Versicherer ab und wi derruft darin den Antrag. Der Brief geht erst am 20.1. beim Versiche rer ein. Dennoch hat die Kundin den Widerruf fristgerecht erklärt, weil sie ihn innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung abge schickt hat.
Für die Praxis wichtig sind die Voraussetzungen, unter denen die Widerrufsfristen überhaupt erst zu laufen beginnen. Das ist nämlich erst dann der Fall, wenn der Kunde folgende Unterlagen in Textform erhalten hat: • Versicherungsschein, • Vertragsbestimmungen, Allgemeine Versicherungsbedingungen und weitere Informationen gemäß § 7 VVG und VVG-InfoV, • deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und dessen Rechtsfolgen, wofür das Bundesjustizministerium ein Muster im Rahmen einer Rechtsverordnung veröffentlichen wird.
Wann die Widerrufsfrist zu laufen beginnt
Achtung: Wenn die Informationspflichten nach § 7 VVG nicht oder nicht voll ständig erfüllt wurden oder die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, beginnen die Widerrufsfristen nicht, das heißt: Der Versiche rungsvertrag ist zeitlich unbegrenzt widerrufbar. Anders als bisher (§ 5 a Abs. 2 Satz 4 VVGalt) erlischt das Widerrufsrecht nicht mehr nach einem Jahr!
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5
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
Wann kein Widerrufsrecht besteht
Kein Widerrufsrecht besteht bei folgenden Versicherungsverträgen: • Kurzfristige Verträge mit weniger als einem Monat Laufzeit (Beispiele: Veranstaltungshaftpflichtversicherung für eine eintägige Festveranstaltung, Ausstellungsversicherung für eine vierwöchige Kunstausstellung), • Versicherungsverträge über vorläufige Deckung, ausgenommen allerdings Fernabsatzverträge, • Versicherungsverträge mit Pensionskassen zur Entgeltumwandlung von Arbeitnehmern (auch hier sind allerdings Fernabsatzverträge ausgenommen), • Versicherungsverträge über Großrisiken im Sinne des Art. 10 EGVVG, • Verträge, die von beiden Vertragsparteien auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vollständig erfüllt sind, bevor der Kunde sein Widerrufsrecht ausgeübt hat.
Rückgewähr aller Leistungen
Widerruft der Kunde den Vertrag, sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Das gilt sowohl für bereits an den Versicherer gezahlte Prämien als auch für an den Kunden erbrachte Leistungen (zum Beispiel Schadenzahlungen). Die Leistungen aus dem Vertrag sind spätestens 30 Tage nach Empfang der Widerrufserklärung zurückzuerstatten. Eine Prämienzahlung kann der Versicherer nur dann trotz Widerruf verlangen, wenn der Kunde nicht nur über sein Widerrufsrecht und dessen Rechtsfolgen aufgeklärt wurde, sondern auch • über den zu zahlenden Betrag und • wenn er zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz bereits vor Ende der Widerrufsfrist beginnen soll. Der Versicherer hat dann einen zeitanteiligen Anspruch auf Prämie bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Widerrufserklärung beim Versicherer eingeht. Beispiel: Ein Kunde beantragt am 10.3. eine Feuerversicherung mit 1.200 Euro Jahresprämie. Er erhält neben allen Vertragsinformationen auch die Widerrufsbelehrung und stimmt ausdrücklich zu, dass der Versiche
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Abweichender Versicherungsschein
5
rungsschutz sofort am 10.3. beginnen soll. Am 24.3. sendet er jedoch eine Widerrufserklärung ab, die am 25.3. beim Versicherer eingeht. Der Versicherer hat nun Anspruch auf eine Prämie für den Zeitraum 10.3. bis 25.3. = 15 Tage. Damit ergibt sich folgender Prämienanspruch: 1.200 Euro Jahresprämie : 365 Tage x 15 Tage = 49,32 Euro.
Bei fehlerhaftem Hinweis hat der Versicherer zusätzlich die Prämie für das erste Jahr des Versicherungsschutzes zu erstatten, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat bereits Leistungen aus dem Versicherungsvertrag in Anspruch genommen.
Rückgewähr einer Jahres2 prämie
Beispiel: Ein Kunde wird nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht be2 lehrt. Der Versicherungsvertrag beginnt am 1.1.2008. Anfang des Jah2 res 2010 lässt sich der Kunde von einem Wettbewerber überzeugen, dass dessen Versicherung ein besseres Angebot darstellt. Ein Schaden ist bisher nicht angefallen. Der Kunde widerruft seinen bisherigen Vertrag. Da die Belehrung un2 terblieben ist, hat die Widerrufsfrist noch nicht begonnen. Der bishe2 rige Versicherer muss den Vertrag rückabwickeln und darf die anteili2 ge Prämie bis zum Zugang der Widerrufserklärung behalten. Allerdings muss er die Prämie für das erste Versicherungsjahr vom 1.7.2008 bis zum 30.6.2009 wegen der fehlerhaften Belehrung zu2 rückzahlen.
5.5 Abweichender Versicherungsschein Rechtsnorm: § 5 VVG Wie bisher auch hat der Kunde die Möglichkeit, einem vom Antrag abweichenden Versicherungsschein innerhalb eines Monats nach Zugang zu widersprechen. Der Widerspruch kann in Textform erfolgen. Macht der Kunde keinen Gebrauch vom Widerspruchsrecht, gelten die Abweichungen als genehmigt.
Siehe CD2ROM Widerspruchs2 recht bei Ab2 weichungen
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5
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
Voraussetzung ist jedoch, dass der Versicherer den Kunden • auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein hinweist, • bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinweist, dass die Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Kunde nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Bei fehlerhafter Mitteilung gilt der Vertrag mit dem Antragsinhalt als zu Stande gekommen. Beispiel: Eine Kundin beantragt eine Einbruchdiebstahlversicherung für ihr Ge schäft. Der Versicherer nimmt abweichend vom Antrag eine Klausel auf, wonach der Versicherungsschutz erlischt, wenn die Kundin das Geschäft nicht durch eine VdSanerkannte Einbruchmeldeanlage si chert. Diese Klausel markiert der Sachbearbeiter mit Leuchtstift. Im Anschreiben zum Versicherungsschein schreibt er: „Sehr geehrte Kun din, wir machen Sie besonders darauf aufmerksam, dass wir abwei chend vom Antrag die Klausel XYZ in den Vertrag aufgenommen ha ben, die wir im beiliegenden Versicherungsschein mit einem auf fälligen Hinweis kenntlich gemacht haben. Wenn Sie hiermit nicht einverstanden sein sollten, haben Sie das Recht, innerhalb eines Mo nats nach Zugang dieses Schreibens und des Versicherungsscheins diesem zu widersprechen. Unterlassen Sie den Widerspruch, gilt die Abweichung als von Ihnen genehmigt.“
5.6 Vorläufige Deckung Rechtsnormen: §§ 49–52 VVG Siehe CDROM Erstmals im VVG geregelt
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Erstmals wird der Vertrag über vorläufige Deckung eigenständig im VVG geregelt. Der Gesetzgeber begründet das mit der großen Bedeutung der vorläufigen Deckung. Allerdings hat er auch durch die Informationspflichten nach § 7 VVG Erschwernisse für das Zustandekommen des Vertrags geschaffen, die dem Charakter der vorläufigen Deckung nicht gerecht werden. Auch weitere Fragen mussten
Vorläufige Deckung
5
geregelt werden, wie insbesondere die Frage nach den für den Vertrag gültigen Bedingungen oder die Frage nach der Prämienzahlungspflicht. Beratung des Kunden Die Beratungspflichten nach §§ 6 bzw. 61 VVG mussten hingegen für die vorläufige Deckung nicht besonders angepasst werden, und das aus zwei Gründen: • Die Beratung ist nur anlassbezogen notwendig. Wenn der Kunde eine kurzfristige Deckung benötigt, wird er selbst den Anlass sehr eng wählen, so dass nur sehr wenig Beratung notwendig ist. Beispiel: Ein Bestandskunde spricht den Versicherungsvermittler an, weil er ein neues Auto gekauft hat und eine Versicherungsbestätigung benötigt, damit das Fahrzeug zugelassen werden kann. Der Vermittler befragt den Kunden abhängig von diesem Anlass, • ob in der Haftpflichtversicherung eine unbegrenzte oder eine be grenzte Versicherungssumme vereinbart werden soll, • ob über die Haftpflichtversicherung hinaus eine Teil oder eine Vollkaskodeckung gewünscht ist, • welche Selbstbeteiligung hierfür gelten soll. Sollte der Kunde wiederum Fragen zur Bedeutung dieser Deckungsbe standteile und der Selbstbeteiligungen haben, wird der Vermittler ihn hierüber aufklären. Ansonsten hat der Vermittler im Prinzip seiner anlassbezogenen Beratungspflicht in diesem Stadium der Vertrags verhandlung Genüge getan. Beim Neukunden würde der Vermittler zusätzlich die Personaldaten des Kunden erfragen. Weiter wird er fragen, ob ein Vorvertrag besteht und welches Schicksal dieser erleidet, ob also beispielsweise Schadenfreiheitsrabatte übernommen werden können. •
Die Beratungsdokumentation kann bei vorläufigen Deckungen zunächst mündlich erfolgen und muss erst nach Vertragsschluss in Textform übermittelt werden.
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5
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
Information des Kunden Erleichterung der Informati onspflicht
Dagegen bestimmt § 49 Abs. 1 VVG, dass die Informationspflichten nach § 7 VVG später erfüllt werden können. Damit ist kein Verzicht notwendig, sondern lediglich eine stillschweigende oder ausdrückliche Vereinbarung, dass der Kunde die Vertragsinformationen nur auf Anforderung und spätestens mit dem Versicherungsschein erhält. Beispiel: Eine Kundin bittet im Büro des Versicherungsvertreters um eine vor läufige Versicherungsbestätigung für ihr neues Kfz. Das bisher bereits versicherte Fahrzeug wird gleichzeitig verkauft. Die Kundin macht deutlich, dass sie den bisherigen KfzVersicherungsvertrag im bisheri gen Deckungsumfang auch für das neue Kfz nutzen möchte. Sie er hält die Versicherungsbestätigung und verlässt das Büro. Die Ver tragsinformationen erhält sie erst drei Tage später, als sie das Büro erneut aufsucht, um eine Kopie des Fahrzeugscheins abzugeben und die genaue Vertrags und Prämiengestaltung hinsichtlich der ver schiedenen Rabattmerkmale zu besprechen.
Achtung: Die Erleichterung der Informationspflicht gilt ausdrücklich nicht für Fernabsatzverträge.
Beispiel: • Ein Kunde beantragt im Internet beim Versicherer eine vorläufige Deckung zur KfzVersicherung. Bevor er den Antrag abschicken kann, muss er die vollständigen Vertragsinformationen zur Kennt nis nehmen, die er als PDF oder HTMLDatei downloaden oder sich per EMail zuschicken lassen kann. • Eine Kundin ruft beim Versicherer an und beantragt eine vorläufi ge Deckung für die Feuerversicherung ihres Neubaus. Da das Tele fon die Übermittlung der Vertragsinformationen nicht zulässt, kann der Versicherer nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG auf die Informa tion zunächst verzichten, muss sie aber mit der Zusendung der Police nachholen.
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Vorläufige Deckung
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Vereinbarte Bedingungen Hat der Kunde bei der vorläufigen Deckung die Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht erhalten, kann später fraglich sein, welche als vereinbart gelten sollen. Zu diesem Zweck bestimmt § 49 Abs. 2 VVG eine Reihenfolge, welche Bedingungen jeweils Gültigkeit erlangen: • Üblicherweise für den vorläufigen Versicherungsschutz verwendete Bedingungen (eigenständige AVB für die vorläufige Deckung in der XYZ-Versicherung). •
•
Gibt es diese nicht, dann gelten die im Hauptvertrag vereinbarten Versicherungsbedingungen, ohne dass es eines ausdrücklichen Hinweises bedarf. Ist aber auch hier strittig, welche Bedingungen im Hauptvertrag vereinbart werden sollten, dann gelten die für den Kunden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses günstigsten Bedingungen. Beispiel: Eine Kundin beantragt eine vorläufige Deckung zur KfzVersicherung. Der Versicherer hält keine AVB für die vorläufige Deckung in der Kfz Versicherung bereit. Stattdessen bietet er eine AVB zur Kfz Versicherung „Basis“ und eine AVB zur KfzVersicherung „Top“ an. Letztere umfasst Leistungsverbesserungen wie den Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit in der Kaskodeckung, Mallorca Police, Erweiterung des Geltungsbereichs u. a. Wenige Tage nach Beginn der vorläufigen Deckung und noch vor der Verhandlung der Bedingungen zum Hauptvertrag kommt es zu einem grob fahrlässig verursachten Unfall mit einem Kaskoschaden. Die Kundin macht daraufhin Schadenersatz geltend. Der Versicherer ar gumentiert, dass die Kundin einen sehr preissensiblen Eindruck mache und deshalb mit Sicherheit die „Basis“Deckung gewählt hätte, und kürzt daraufhin wegen der groben Fahrlässigkeit den Schadenersatz. Die Kundin wiederum legt dar, dass sie in jedem Fall die „Top“ Deckung beantragt hätte, wenn es vor dem Unfall bereits zur Ver tragsverhandlung gekommen wäre. Da nun die vereinbarten AVB strittig sind, gelten die für die Kundin günstigeren AVB „Top“ als ver einbart.
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5
Was beim Verkauf noch zu beachten ist
Tipp: Versicherer sollten eigenständige AVB für die vorläufige Deckung ent wickeln und beispielsweise auf ihrer Homepage zum Download anbie ten. Ansonsten ist es bei unterschiedlich günstigen AVB unerlässlich, auch vor Erteilung der vorläufigen Deckung eine Beratung und Informa tion des Kunden durchzuführen und darin deutlich zu machen, welche AVB für die vorläufige Deckung gelten sollen, wenn sich der Versicherer später auf weniger günstige AVB berufen will.
Verkaufsprozess
Siehe CDROM
Der Verkaufsprozess verändert sich durch die Gewährung einer vorläufigen Deckung vor allem dadurch, dass die Beratung typischerweise in zwei Teile zerfällt und die Vertragsinformationen später nachgeholt werden. Wenn ein gewerblich tätiger Versicherungsvermittler den Vertrag vermittelt, kann der Ablauf des Verkaufsprozesses am Beispiel einer Kfz-Versicherung für einen Neukunden mit einem persönlichen Kontakt wie folgt ablaufen: • Statusbezogene Erstinformation durch Überreichen der Visitenkarte an den Neukunden. • Klärung Beratungsanlass: Der Kunde wünscht ausdrücklich nur eine Versicherungsbestätigung für sein neues Kfz, der Vermittler vermerkt das in seinem Beratungsprotokoll. • Teil 1 der anlassbezogenen Befragung und Beratung: Der Vermittler fragt nach – –
• •
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persönlichen Daten des Kunden zur Anlage einer Kundenakte,
gewünschtem Deckungsumfang (Haftpflicht, Voll- oder Teilkasko, Selbstbeteiligungen in Kasko), hierzu vermerkt er die Antworten des Kunden in seinem Beratungsprotokoll. Der Vermittler erstellt die vorläufige Deckungsbestätigung und händigt sie dem Kunden aus. Vereinbarung eines Zweittermins nach Zulassung des Kfz.
Vorläufige Deckung •
•
•
•
•
•
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Teil 2 der anlassbezogenen Befragung und Beratung (Zweittermin): Der Vermittler fragt nach –
Führerscheindaten,
–
Fahrzeugdaten,
–
individuellen Nutzungs- und Rabattmerkmalen,
–
gewünschten Zusatzleistungen
und notiert die Angaben des Kunden in seiner Beratungsdokumentation. Empfehlung und Begründung: Der Vermittler empfiehlt einen bestimmten Versicherungsumfang, ermittelt ein entsprechendes Angebot, begründet das Angebot mit den Wünschen und dem Bedarf des Kunden und hält Empfehlung und Begründung in der Beratungsdokumentation fest. Mitteilung der Beratungsgrundlage: Der Vermittler übergibt dem Kunden ein Informationsblatt zu seiner Beratungsgrundlage. Vertragsinformationen: Der Vermittler übergibt dem Kunden ein Bedingungsbündel und Ausdrucke des Angebots und des Produktinformationsblatts. Beratungsdokumentation: Der Vermittler händigt dem Kunden die während der Beratung entstandene Beratungsdokumentation aus. Antrag: Da der Kunde keine weitere Bedenkzeit zum Studium der Vertragsinformationen wünscht, nimmt der Vermittler den Antrag auf, lässt ihn unterschreiben und sendet ihn ab.
Prämienzahlung Üblicherweise ist eine eigenständige Prämienabrechnung für die vorläufige Deckung nicht notwendig, wenn der Hauptvertrag zu Stande kommt und die Vertragslaufzeit (und damit die prämienbelastete Zeit) die vorläufige Deckung umfasst. Allerdings kann der Versicherer ein Interesse daran haben, bei Nichtzustandekommen des Hauptvertrags eine Prämie für das getragene Risiko zu verlangen.
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Was beim Verkauf noch zu beachten ist
Ist der Kunde zur Prämienzahlung im Fall des Nichtzustandekommens des Hauptvertrags verpflichtet, kann der Versicherer eine zeitanteilige Prämie für die Zeit der vorläufigen Deckung verlangen. Beispiel: Ein Kunde lässt sich zum 1.3. vorläufige Deckung für eine Gebäude# versicherung für sein neu erworbenes Betriebsgebäude erteilen. Die verwendeten vorläufigen Versicherungsbedingungen sehen eine Prä# mienzahlungspflicht für den Fall des Nichtzustandekommens des Hauptvertrags vor. Die Jahresprämie für diese Versicherung beträgt 1.430 Euro. Am 25.4. scheitern die Verhandlungen über die endgültigen Vertrags# konditionen. Die Gebäudeversicherung wird zu diesem Datum bei ei# nem anderen Versicherer eingedeckt. Dem Versicherer steht folgende Prämie für die Zeit der vorläufigen Deckung zu: Zeit der Deckung: • Monat März = 31 Tage • Monat April = 25 Tage • Summe = 56 Tage Anteiliger Prämienanspruch = 1.430 Euro : 365 Tage x 56 Tage = 219,40 Euro.
Achtung: Die bisher verbreitete Abrechnung nach so genannten Kurztarifen mit einer im Verhältnis zur Zeit überproportionalen anteiligen Jahresprämie ist in der Praxis kaum noch möglich. Sie setzt nämlich eine entspre# chende Vereinbarung mit dem Kunden und eine rechtzeitig vor Antrag# stellung vollständig übermittelte Vertragsinformation voraus. Gerade das ist jedoch bei vorläufigen Deckungen wegen des bestehenden Zeit# drucks häufig nicht möglich.
Üblicherweise werden so genannte Einlösungsklauseln verwendet. Das bedeutet, dass der Versicherungsschutz erst dann beginnt, wenn die Erst- oder Einmalprämie vom Kunden geleistet wurde. Das jedoch widerspricht dem Sinn der vorläufigen Deckung. Deshalb kann ein Versicherer den Beginn des Versicherungsschutzes zwar von der Zahlung einer Prämie abhängig machen, muss das aber dem Kun-
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Vorläufige Deckung
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den durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinwies im Versicherungsschein mitteilen. Achtung: Auch diese Vereinbarung setzt voraus, dass der Kunde die Vertragsin formationen rechtzeitig erhält und ein Versicherungsschein vorliegt. Damit wird diese Einschränkung der Leistungspflicht nur selten zum Tragen kommen.
Tipp: Die verschiedenen Einschränkungen der Versichererrechte bei der vor läufigen Deckung sind Anlass, die Vergabe dieses Vertrauensvorschusses nicht leichtfertig vorzunehmen.
Vertragsbeendigung Der Vertrag über eine vorläufige Deckung kann auf folgende Arten beendet werden: • Zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Hauptvertrag mit gleichartigem Versicherungsschutz geschlossen wird, und zwar auch dann, wenn er bei einem anderen Versicherer abgeschlossen wird. • Zu dem Zeitpunkt, zu dem ein weiterer Vertrag über eine vorläufige Deckung mit gleichartigem Versicherungsschutz geschlossen wird, und zwar auch dann, wenn sie von einem anderen Versicherer gewährt wird. • Ablauf, wenn ein solcher vereinbart wurde. • Kündigung durch eine der Vertragsparteien: Die Kündigung kann nach § 52 Abs. 4 VVG ohne Einhaltung einer Frist ausgesprochen werden, wird aber nur bei einer vom Kunden ausgesprochenen Kündigung sofort wirksam; bei einer vom Versicherer ausgesprochenen Kündigung wird die Kündigung erst zwei Wochen nach Zugang wirksam. • Zahlungsverzug, wenn das Einlösungsprinzip wirksam vereinbart wurde und der Kunde mit der Erstprämie in Verzug gerät.
Siehe CDROM
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5
Was beim Verkauf noch zu beachten ist •
Mitteilungs pflicht des Kunden
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Widerruf des Antrags zum Hauptvertrag nach § 8 VVG oder Widerspruch gegen einen abweichenden Versicherungsschein nach § 5 VVG.
Schließt der Kunde den Hauptvertrag mit gleichartigem Inhalt bei einem anderen Versicherer ab oder erhält er von einem anderen Versicherer vorläufigen Deckungsschutz mit gleichartigem Inhalt, muss er das dem Versicherer, der zunächst vorläufige Deckung geboten hat, unverzüglich mitteilen. Eine Verletzung dieser Obliegenheit kann Schadenersatzansprüche des Versicherers gegen den Kunden begründen.
6
Was sich bei der Prämie ändert
Eine gravierende Veränderung bei den Bestimmungen zur Zahlung der Prämie besteht für den Praktiker schon darin, dass sich die gewohnten Paragrafennummern verschieben, was den Zahlungsverzug bei der Erst- und bei der Folgeprämie angeht: Beide Prämien sind nun in den §§ 37 und 38 VVG geregelt. Die wahrscheinlich gravierendste inhaltliche Änderung ist der Wegfall des so genannten Prinzips der Unteilbarkeit der Prämie.
6.1 Erstprämie Rechtsnormen: §§ 33, 37 VVG Die Fälligkeit der einmaligen Prämie oder der Erstprämie tritt nach § 33 Abs. 1 VVG „unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Versicherungsscheins“ ein. Damit wird die Widerrufsfrist nach § 8 VVG berücksichtigt. Für die Lebensversicherung bestimmt § 152 Abs. 3 VVG abweichend, dass die Einmal- oder Erstprämie erst 30 Tage nach Zugang des Versicherungsscheins fällig ist. Weitere Ausnahmen zu diesen Fälligkeitsregeln sind: • Bei Abweichungen des Versicherungsscheins hat der Kunde nach § 5 VVG ein Widerspruchsrecht von einem Monat, die Fälligkeit der Prämie tritt damit erst einen Monat nach Zugang des Versicherungsscheins ein. • Bei bestimmten Vertragsarten gibt es nach § 8 Abs. 3 VVG kein Widerrufsrecht. Demzufolge ist dort die Prämie unmittelbar nach Zugang des Versicherungsscheins fällig.
Siehe CDROM Widerrufsfrist bei Fälligkeit berücksichtigt
Tipp: Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 VVG ist abdingbar. Das heißt, dass der Versicherer die Verzögerung der Fälligkeit um die Widerrufsfrist in sei nen Versicherungsbedingungen abbedingen kann.
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6 Rücktritt bei verschuldeter Nichtzahlung
Was sich bei der Prämie ändert
Gerät der Kunde mit der Einmal- oder Erstprämie in Verzug, kann der Versicherer nach § 37 Abs. 1 VVG vom Vertrag zurücktreten. Allerdings gilt das nur, sofern der Kunde die Nichtzahlung zu vertreten (also verschuldet) hat. Beispiel: Eine Kundin überweist ihre Erstprämie zur Lebensversicherung frist gerecht an den Versicherer. Durch einen Buchhaltungsfehler wird ihre Prämie jedoch einem falschen Vertrag zugewiesen. Der entstandene Verzug ist von der Kundin nicht zu vertreten, der Versicherer kann deshalb nicht vom Vertrag zurücktreten.
Keine Rücktrittsfiktion mehr
Geringfügige Restbeträge, die der Kunde nicht zahlt, berechtigen den Versicherer nicht zum Rücktritt. Römer/Langheid nennen in ihrem Kommentar zum VVG als Beispiele aus der Rechtsprechung 2,70 DM von 47,30 DM oder 2,70 DM von 162 DM, die von den Gerichten als geringfügig angesehen wurden, wohingegen 36,70 DM von 704,40 DM oder 52,50 DM von 1.052,50 DM als nicht mehr geringfügig eingeschätzt wurden. Entfallen ist die so genannte Rücktrittsfiktion, wonach es automatisch als Rücktritt gilt, wenn der Versicherer die Einmal- oder Erstprämie nicht innerhalb von drei Monaten vom Fälligkeitstag an gerichtlich geltend macht. Achtung: Wenn der Kunde mit seiner Einmal oder Erstprämie in Verzug gerät, muss der Versicherer in jedem Fall handeln und ausdrücklich den Rück tritt vom Vertrag erklären!
Leistungs freiheit bei verschuldeter Nichtzahlung Hinweispflicht
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Solange die Einmal- oder Erstprämie nicht gezahlt ist, kann sich der Versicherer im Versicherungsfall auf Leistungsfreiheit berufen. Auch hier gilt, dass dies nur möglich ist, wenn der Kunde die Nichtzahlung zu vertreten hat. Der Versicherer muss den Kunden zudem durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit hinweisen.
Folgeprämie
6
Beispiel: Der Versicherer vermerkt im Versicherungsschein, hervorgehoben durch einen Kasten: „Beachten Sie, dass wir nicht zur Leistung ver pflichtet sind, wenn die Erstprämie zu diesem Vertrag bei Eintritt ei nes Versicherungsfalls noch nicht gezahlt wurde. In diesem Fall ge nießen Sie keinen Versicherungsschutz. Aus diesem Grund sollten Sie sicherstellen, dass die Erstprämie zu diesem Vertrag unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach Zu gang dieses Versicherungsscheins bezahlt wird.“
Bisher wurde eine solche Belehrung durch die Rechtsprechung eigentlich nur dann gefordert, wenn der Vertrag eine erweiterte Einlösungsklausel vorsah, wonach der Versicherungsschutz rückwirkend mit der Zahlung der Erstprämie in Kraft tritt. Die Belehrungspflicht wird mit der VVG-Reform ins Gesetz übernommen und auf alle Verträge unabhängig von der Vereinbarung zur Einlösung ausgeweitet.
6.2 Folgeprämie Rechtsnorm: § 38 VVG Die wichtigste Änderung beim Zahlungsverzug der Folgeprämie betrifft die Mahnfristen. Die qualifizierte Mahnung kann nun in Textform erstellt werden. Bisher galt die vereinfachte Schriftform mit Nachbildung einer eigenhändigen Unterschrift. Die Mahnfristen betragen • generell mindestens zwei Wochen, • in der Krankenversicherung wegen der besonderen sozialen Bedeutung dieser Versicherung mindestens zwei Monate (§ 194 Abs. 2 VVG).
Siehe CDROM Einheitliche Mahnfrist – bis auf Krankenver sicherung
Dagegen wird auf die bisherige, auf einen Monat verlängerte Mahnfrist für Gebäudeversicherungen verzichtet. Wie bisher auch, kann der Versicherer nach Ablauf der Mahnfristen den Vertrag fristlos kündigen. Die Kündigung kann mit der Mahnung zusammen ausgesprochen werden, so dass sie automatisch mit erfolglosem Verstreichen der Mahnfrist in Kraft tritt.
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6 Kunde kann nachzahlen, auch bei einge tretenem Versicherungs fall
Was sich bei der Prämie ändert
Wie bisher auch, kann der Kunde durch Nachzahlung der fälligen Folgeprämie innerhalb eines Monats die Kündigung unwirksam werden lassen. Anders als bisher gilt das selbst dann, wenn in der Zwischenzeit der Versicherungsfall eingetreten ist. Allerdings ändert das nichts daran, dass der Versicherer ab der Kündigung des Vertrags leistungsfrei ist. Beispiel: Eine ältere Kundin sieht nicht mehr ein, warum sie eine Privathaft pflichtversicherung braucht, weil doch „die Kinder aus dem Haus sind“. Sie zahlt die Folgeprämie nicht und gerät in Verzug. Der Versi cherer übermittelt in Textform die qualifizierte Mahnung und die Kündigung. Zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung verur sacht die Kundin einen kleineren Haftpflichtschaden. Daraufhin er kennt sie, dass diese Versicherung doch außerordentlich wichtig für sie ist, und zahlt umgehend die ausstehende Prämie nach. Der Versi cherer übernimmt zwar nicht den eingetretenen Haftpflichtschaden, die Kündigung ist aber unwirksam.
6.3 Keine Unteilbarkeit der Prämie mehr Rechtsnormen: § 39 VVG Siehe CDROM
Nur zeitanteili ger Prämien anspruch
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An verschiedenen Stellen klang bereits an, dass ein althergebrachtes „Prinzip“ im neuen VVG weit gehend aufgegeben wird: das Prinzip der Unteilbarkeit der Prämie. Es besagt, dass dem Versicherer bei vorzeitiger Vertragsbeendigung im laufenden Versicherungsjahr die volle Prämie für das laufende Versicherungsjahr zusteht, obwohl er kein Risiko mehr trägt. Das Grundprinzip lautet jetzt nach § 39 Abs. 1 Satz 1 VVG, dass dem Versicherer „nur derjenige Teil der Prämie [zusteht], der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat“. Damit wird deutlich, dass die Abrechnung des Vertrags „pro rata temporis“ oder taggenau zu erfolgen hat.
Keine Unteilbarkeit der Prämie mehr
Von diesem Prinzip gibt es einige Ausnahmen: • Bei einem Rücktritt wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 2 VVG oder bei einer Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung steht dem Versicherer die Prämie bis zum Wirksamwerden der Rücktritts- oder der Anfechtungserklärung zu. • Bei einem Rücktritt wegen Nichtzahlung der Einmal- oder Erstprämie nach § 37 Abs. 1 VVG steht dem Versicherer eine angemessene Geschäftsgebühr zu. • In der Hagelversicherung bleibt es beim Prinzip der Unteilbarkeit der Prämie (§ 92 Abs. 3 VVG). • Wenn das versicherte Interesse bei Beginn der Versicherung nicht besteht, kann der Versicherer eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen (§ 80 Abs. 1 VVG). Falls der Kunde diese Versicherung jedoch in betrügerischer Absicht abgeschlossen hat, um sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, steht dem Versicherer die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von diesen Umständen erfahren hat (§ 80 Abs. 3 VVG).
6 Siehe CDROM
Wie bisher auch, kann der Kunde bei Insolvenz des Versicherers (§§ 39 Abs. 2 und 16 VVG) eine zeitanteilige Prämie für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses unter Abzug der für diese Zeit aufgewendeten Kosten zurückfordern. Beispiel: 2006 meldete der Spezialversicherer Ancora VersicherungsAG Insol venz an – ganz unwahrscheinlich ist die Anwendung dieser Bestim mung deshalb nicht.
In welchen Fällen spielt der Fortfall des Prinzips der Unteilbarkeit der Prämie eine Rolle? • Außerordentliche Kündigung des Vertrags durch den Kunden nach einem Versicherungsfall (§§ 92, 111 VVG). • Außerordentliche Kündigung des Vertrags durch den Versicherer wegen Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit (§ 28 VVG).
Wann zeitantei lige Prämien infrage kommen
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6
Was sich bei der Prämie ändert •
Außerordentliche Kündigung des Vertrags durch den Versicherer wegen einer Gefahrerhöhung (§ 24 VVG).
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Außerordentliche Kündigung des Vertrags durch den Versicherer wegen Zahlungsverzugs bei der Folgeprämie (§ 38 VVG). Kündigung des Vertrags durch den Versicherer oder durch den Erwerber der versicherten Sache nach einem Eigentumsübergang (§ 96 VVG). Risikowegfall (§ 80 Abs. 2 VVG). Herabsetzung der Prämie wegen Wegfall einer Gefahrerhöhung oder wegen unrichtiger, irrtümlicher Angaben des Kunden (§ 41 VVG).
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• •
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Beseitigung einer Mehrfachversicherung (§ 79 VVG). Beispiel: Ein Kunde hat sich über die Schadensregulierung des Feuerschadens in seiner Hausratversicherung geärgert und will den Versicherer wechseln. Der Bescheid des Versicherers ist am 10.3. dem Kunden zu' gegangen, am 20.3. (und damit gemäß § 92 Abs. 2 VVG innerhalb ei' nes Monats) kündigt der Kunde die Versicherung mit sofortiger Wir' kung. Die Kündigung geht am 21.3. beim Versicherer ein. Die Versicherungsperiode läuft noch bis zum 1.1. des Folgejahres, die Jahresprämie in Höhe von 127 Euro wurde für das laufende Versiche' rungsjahr im Voraus bezahlt. Der Versicherer muss den Vertrag wie folgt abrechnen: Zeitraum der Risikotragung Januar = 31 Tage Februar = 28 Tage März = 21 Tage Summe = 80 Tage Zeitanteiliger Prämienanspruch = 127 Euro : 365 Tage x 80 Tage = 27,84 Euro Rückerstattungsanspruch = 127 Euro – 27,84 Euro = 99,16 Euro.
Umdeckung erleichtert
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In vertrieblicher Hinsicht bedeutet das, dass Versicherungsverträge deutlich leichter umgedeckt werden können. Der Kunde muss nicht
Neue Verjährungsregeln für Ansprüche aus Versicherungsverträgen
6
mehr dazu angehalten werden, einen Vertrag erst zum Ende der laufenden Versicherungsperiode zu kündigen, damit er die dem bisherigen Versicherer zustehende volle Jahresprämie nicht verliert. Für den Versicherer bedeutet das, dass er finanzielle Verluste hinnehmen muss, was sich langfristig prämiensteigernd auswirken dürfte. Analog bedeutet das auch für den Vertrieb Einnahmeausfälle, weil die Vergütungen in der Regel unmittelbar aus der zu Grunde liegenden Prämie berechnet werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit es zu einem verstärkten Wettbewerb und einer verstärkten Abwerbung von Beständen kommen wird. Tipp: Im Markt ist ohnehin ein Trend zu beobachten, von den in der Vergan genheit verbreiteten langfristigen Bindungen des Kunden mehr und mehr abzugehen. So wird beispielsweise von einem InternetDirektver sicherer mit monatlicher Kündigungsmöglichkeit seiner Verträge ge worben – der Versicherer gehört zu einem großen Versicherungskon zern, der sein Geschäft noch weit gehend von Versicherungsvermittlern zugetragen erhält. Auch in anderen Branchen ist ein solcher Trend zu erkennen. Umso mehr steigt die Kundenbindung in ihrer Bedeutung, durch die eine Wechselgefährdung des Kunden möglichst vermieden wird.
6.4 Neue Verjährungsregeln für Ansprüche aus Versicherungsverträgen Rechtsnormen: §§ 199 BGB, 15 VVG Ansprüche aus Versicherungsverträgen wie beispielsweise Schadenzahlungen oder Ablaufleistungen verjähren nach neuem Recht nicht mehr fest nach zwei bzw. in der Lebensversicherung nach fünf Jahren (§ 12 Abs. 1 VVG-alt). Diese Verjährungsfristen entsprachen nicht mehr dem Verbraucherschutz, wie er in der Schuldrechtsreform des Jahres 2002 zum Ausdruck kam. Nach der Schuldrechtsreform wurde eine Vielzahl von speziellen Verjährungsvorschriften aufgehoben, es war daher nur konsequent, dass sich dies bei der Reform des VVG fortsetzt.
Siehe CDROM
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6 Drei Jahre Verjährungsfrist
Was sich bei der Prämie ändert
Das VVG verzichtet nun auf eine eigenständige Definition von Verjährungsfristen. Anzuwenden sind deshalb die allgemeinen Verjährungsfristen nach den §§ 195 ff. BGB. Danach verjähren Ansprüche in drei Jahren. Allerdings beginnt die Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, • in dem der Anspruch entstanden ist und • der Gläubiger – in diesem Fall der Versicherungskunde – Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Umständen (Person des Schuldners und anspruchsbegründende Umstände) hatte, die ihn zum Anspruch berechtigen. Beispiel: Im März 2008 kommt es zu einem Rohrbruch in einem gegen Lei tungswasserschäden versicherten Haus. Der Rohrbruch wird beseitigt. Im September 2009 wird ein schwerer Folgeschaden des Rohrbruchs entdeckt. Der Anspruch des Kunden auf eine Leistung aus der Lei tungswasserversicherung verjährt erst drei Jahre nach Ende des Jah res 2009, also Ende 2012. Nach altem Recht wäre der Anspruch be reits Ende 2010 verjährt.
Die Ansprüche verjähren allerdings spätestens zehn Jahre nach der Entstehung der Ansprüche unabhängig von der Kenntnis des Kunden oder spätestens 30 Jahre nach dem Schadenereignis. Achtung: Auch die bisherige Ausschlussfrist von sechs Monaten zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Versicherer nach dessen schriftlicher Ablehnung derselben (§ 12 Abs. 3 VVGalt) entfällt ersatz los!
Die Verjährung wird wie bisher gehemmt, wenn der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag angemeldet wurde. Die Hemmung dauert bis zum Zugang der Entscheidung des Versicherers beim Kunden in Textform. Die Verjährung kann zudem nach neuem Recht auch durch Dritte und deren Ansprüche ausgelöst werden; beispielsweise durch einen Pfandgläubiger (Zessionar).
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7
Das ändert sich bei den Obliegenheiten
Einer der zentralen Punkte der VVG-Reform ist die Stärkung des Verbraucherschutzes und hier insbesondere die Abmilderung der Rechtsfolgen bei einer Verletzung vertraglicher Obliegenheiten. Prägend ist hier der weit gehende Verzicht auf das so genannte „Alles-oder-nichts-Prinzip“. Zudem wurde die Behandlung von Obliegenheiten während der Vertragslaufzeit, vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls deutlich vereinheitlicht und damit übersichtlicher gestaltet.
7.1 Vertragliche Obliegenheiten Rechtsnormen: § 28, 30, 31, 82 VVG In Versicherungsverträgen werden häufig Pflichten des Kunden – Obliegenheiten – vereinbart. Hierzu gehören beispielsweise: • Anzeige der Änderung von Name oder Anschrift (§ 13 VVG), • Anzeige von Gefahrerhöhungen (mit denen wir uns im Hauptkapitel Bestandsänderung näher befassen werden), • Mitteilung einer Mehrfachversicherung (§ 77 VVG), • Anzeige einer Veräußerung (§§ 95, 102 Abs. 2, 142 VVG), • spartenspezifische Sicherheitsvorschriften wie zum Beispiel Sicherungsmaßnahmen bei vorübergehend unbewohnten Gebäuden, Einbruchsicherungen u. a.
Siehe CDROM
Werden solche Obliegenheiten verletzt, gibt es in der Regel zwei Rechtsfolgen, auf die sich der Versicherer berufen kann: die Vertragskündigung und die Leistungsfreiheit im Versicherungsfall. Innerhalb eines Monats ab Kenntnis der Obliegenheitsverletzung kann der Versicherer bei Verletzung einer Obliegenheit, die vor Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllen ist, den Vertrag ohne Ein-
Rechtsfolgen der Obliegen heitsverletzung
127
7
Das ändert sich bei den Obliegenheiten
haltung einer Kündigungsfrist kündigen, es sei denn, die Obliegenheitsverletzung war weder vorsätzlich noch grob fahrlässig. Der Versicherungsnehmer muss sich daher entlasten. Neu ist damit, dass der Versicherer kein außerordentliches, fristloses Kündigungsrecht mehr hat, wenn nur eine einfache und keine grobe Fahrlässigkeit des Kunden bei der Obliegenheitsverletzung vorliegt.
Kein Kündi gungsrecht bei einfacher Fahrlässigkeit
Kündigung Verletzung einer Obliegenheit vor Eintritt des Versicherungsfalls vom Kunden zu vertreten (schuldhaft)
arglistig
vorsätzlich
Kunde muss sich entlasten
grob fahrlässig
nicht zu vertreten
fahrlässig
Kunde muss sich vom Vorwurf grober Fahrlässigkeit entlasten
Fristlose Kündigung
kein Recht zur außerordentlichen Kündigung
Abb. 6: Beweislast bei Obliegenheitsverletzung Leistungsfrei heit bei Arglist und Vorsatz mit Einschränkun gen
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Die Rechtsfolge Leistungsfreiheit wurde ebenfalls deutlich eingeschränkt. Wesentliche Veränderungen sind, dass sich der Versicherer nur noch bei arglistiger Verletzung der Obliegenheit in jedem Fall auf Leistungsfreiheit berufen kann. Bei vorsätzlicher Handlung kann sich der Versicherer nicht auf Leistungsfreiheit berufen, wenn die Verletzung der Obliegenheit • weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls • noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist.
7
Vertragliche Obliegenheiten
Damit wurde die so genannte Relevanzrechtsprechung umgesetzt. Steht Fahrlässigkeit im Raum, und kann sich der Kunde nicht vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entlasten, bleibt der Versicherer dennoch zur Leistung verpflichtet. Allerdings kann er diese unter den gleichen Voraussetzungen des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Versicherungsfall und Obliegenheitsverletzung in einem der Schwere der Schuld des Kunden entsprechenden Verhältnis kürzen. Besteht kein solcher ursächlicher Zusammenhang, bleibt der Versicherer in vollem Umfang zur Leistung verpflichtet. In jedem Fall zur Leistung verpflichtet ist der Versicherer bei leichter Fahrlässigkeit sowie bei Obliegenheitsverletzungen, die der Kunde nicht zu vertreten hat.
Kürzungsrecht bei grober Fahrlässigkeit
Leistungsfreiheit Eine Obliegenheit wurde verletzt vom Kunden zu vertreten (schuldhaft)
vorsätzlich
arglistig
Leistungsfreiheit
grob fahrlässig
fahrlässig
Ursächlicher Zusammenhang für Eintritt oder Feststellung des Versicherungsfalls
Ursächlicher Zusammenhang für Feststellung oder Umfang der Leistungspflicht
ja
ja
nein
Leistungspflicht
Leistungspflicht mit Kürzungsrecht
nicht zu vertreten
nein
Leistungspflicht
Abb. 5: Leistungsfreiheit
129
7 Hinweispflicht bei Obliegen heiten nach Versicherungs fall
Das ändert sich bei den Obliegenheiten
Für die Verletzung einer Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit, die nach Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllen ist, gelten grundsätzlich die gleichen Regeln. Allerdings muss der Versicherer zusätzlich den Kunden nach § 28 Abs. 4 VVG durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Rechtsfolge Leistungsfreiheit bei Verletzung der Obliegenheiten hinweisen. Beispiel: Ein Hausratversicherungskunde meldet einen Feuerschaden. Der Ver sicherer fordert ihn schriftlich auf, alle zur Aufklärung des Schadens notwendigen Auskünfte zu geben und bei der Aufklärung mitzuwir ken. Er weist den Kunden in dieser Mitteilung darauf hin, dass eine Verletzung dieser Obliegenheiten den Versicherer zur vollständigen oder teilweisen Leistungsfreiheit berechtigen kann.
Anzeige und Auskunfts pflicht
Schadenabwen dung und minderung
130
Der Kunde hat den Versicherungsfall nach § 30 VVG anzuzeigen und nach § 31 VVG die notwendigen Auskünfte zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht erforderlich sind. Auch Belege sind beizubringen, soweit dies zumutbar ist. Eine Verletzung dieser Anzeige- und Auskunftsobliegenheiten zieht die oben dargestellten Rechtsfolgen nach sich. Allerdings kann sich der Versicherer nicht auf Leistungsfreiheit berufen, wenn er auf andere Weise rechtzeitig vom Versicherungsfall Kenntnis erlangt hat. Speziell in der Schadenversicherung hat der Kunde im Schadenfall nach § 82 VVG die Pflichten • nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen, • zumutbare Weisungen des Versicherers zu befolgen und je nach den Umständen auch Weisungen einzuholen. Für eine Verletzung der Schadenabwendungs- und -minderungspflichten gelten die gleichen Regeln wie oben beschrieben, wonach nur noch bei vorsätzlicher Verletzung und Kausalität Leistungsfreiheit eintritt. Bei grober Fahrlässigkeit und Kausalität hat der Versicherer lediglich ein Kürzungsrecht. Ausgenommen von der Schadenabwendungs- und -minderungspflicht bleibt die Unfallversicherung (§ 184 VVG).
Herbeiführung des Versicherungsfalls
7
7.2 Herbeiführung des Versicherungsfalls Rechtsnorm: § 81 VVG In der Schadenversicherung spielt die Frage einer Leistungsfreiheit bei schuldhafter Herbeiführung des Versicherungsfalls eine besondere Rolle. Auch hier „fällt“ das Alles-oder-Nichts-Prinzip, indem eine vollständige Leistungsfreiheit grundsätzlich nur noch bei vorsätzlicher Handlung des Kunden eintreten kann.
Siehe CDROM
Beispiel: Der Kunde legt in seinem kurz vor der Insolvenz stehenden Hotel ein Feuer, um die Versicherungssumme seiner Inventarversicherung zu kassieren und damit seine Schulden zu bezahlen. Der Versicherer kann den Vorsatz nachweisen und ist leistungsfrei.
Bei grob fahrlässigem Handeln ist der Versicherer hingegen zwar zur Leistung verpflichtet, kann die Leistung aber in einem der Schwere der Schuld des Kunden entsprechenden Verhältnis kürzen. Umstritten ist, ob dies ausnahmsweise sogar zu einer Kürzung auf „Null“ führen kann. Näheres dazu weiter unten. Beispiel: Eine Autofahrerin überfährt geblendet von der Sonne, aber mit nied riger Geschwindigkeit eine rote Ampel und kollidiert im Kreuzungs verkehr mit einem anderen Fahrzeug. Es entsteht ein Kaskoschaden an ihrem Fahrzeug. Der Kaskoversicherer wendet grobe Fahrlässigkeit wegen des Überfahrens der roten Ampel ein. Unter Berücksichtigung der Umstände des Schadenhergangs kürzt er den Schadenersatz um 50 Prozent.
Wie die Kürzungen erfolgen sollen, dafür muss die Praxis Anhaltspunkte entwickeln. Der Gesetzgeber liefert dazu keine konkreten Vorgaben. Eine Theorie besagt, dass eine generelle Kürzung von 50 Prozent angemessen sein könnte, es sei denn, der Versicherungsnehmer weise nach, dass dies nicht angemessen ist. Andere Theorien sehen differenziertere Kürzungen vor. So schlagen Burmann/Heß/ Höke/Stahl für typische Fälle grober Fahrlässigkeit im Bereich der Kfz-
Erfahrungswer te für Kürzung müssen sich erst bilden
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7
Das ändert sich bei den Obliegenheiten
Versicherung folgende Anhaltswerte vor, wobei es ausdrücklich jeweils auf die Umstände des Einzelfalls ankommen soll: Mögliche Kürzung der Versicherungsleistung Fehlverhalten des Versicherungsnehmers Verletzung von Obliegenheiten vor dem Versicherungsfall: SchwarzfahrtKlausel FührerscheinKlausel
Denkbarer Folge
1
Leistungsfreiheit Leistungsfreiheit, eventuell 75 % Kürzung
FahruntüchtigkeitsKlausel Leistungsfreiheit Blutalkoholgehalt ab 1,1 Promille Blutalkoholgehalt 0,5 Promille (in Ausnahmefällen Kürzung um 25 % auch ab 0,3 Promille) Verletzung von Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls: Leistungsfreiheit Unfallflucht, Nachtrunk Falschangaben Rettungs und SchadenminderungsObliegenheit
Leistungsfreiheit bei Arglist, sonst kommt es auf Kausalität an Leistungsfreiheit bei Arglist, sonst kommt es auf Kausalität an
Herbeiführung des Versicherungsfalls in der Kaskoversicherung: Rotlichtverstoß Kürzung um 50 % Stoppschild überfahren Kürzung um 25 % Übermüdung Kürzung um 75 % Überholmanöver Kürzung um 50 % GeschwindigkeitsÜberschreitung Kürzung um 75 % Erhebliche (Straftatbestand) Rechtfertigt Fahrverbot (innerorts mind. 30, außerorts Kürzung um 50 % mind. 40 km/h zu schnell) Geringere Kürzung um 25 % Verreißen der Lenkung beim Bücken nach Gegenstand Kürzung um 50 % Kürzung um 25 % Verreißen der Lenkung wegen Ablenkung durch Kleinkind oder Greifen nach Taschentuch Zurücklassen von Schlüssel im Handschuhfach Kürzung um 25 % Steckenlassen des Schlüssels im Fahrzeug Kürzung um 50 % Zurücklassen von Fahrzeugpapieren Keine Kürzung Unzureichende Sicherung der KfzSchlüssel Je nach Fall Kürzung um 2575 % 1 Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sind auch andere Entscheidungen möglich. Hierzu werden die Gerichte im Lauf der Zeit Erfahrungssätze bilden. Vgl. Burmann, Heß, Höke, Stahl: Das neue VVG im Straßenverkehrsrecht
Umstritten ist derzeit noch, ob eine Kürzung nach der Schwere der Schuld auch bis auf einen Schadenersatz von 0 Euro möglich ist.
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Herbeiführung des Versicherungsfalls
Hierzu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Nach teilweiser Auffassung spricht nach der Neufassung des § 28 Abs. 2 VVG einiges für eine Kürzungsmöglichkeit auf Null, nach anderer Auffassung soll eine Kürzung auf 0 Euro der Intention des Gesetzgebers widersprechen, den Kunden im Falle grob fahrlässigen Handelns nicht ganz ohne Entschädigung dastehen zu lassen. Die Gesetzesbegründung gibt hierzu keinen eindeutigen Anhaltspunkt. Allerdings gibt es von diesen Regeln Ausnahmen: • In der Haftpflichtversicherung bleibt der Versicherer wie bisher bei grober Fahrlässigkeit zur vollen Leistung verpflichtet. Leistungsfreiheit kann nur bei vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführten Haftpflichtschäden eingewendet werden (§ 103 VVG). • Das Gleiche gilt in der Unfallversicherung (§ 183 VVG). • In der nach Art der Schadenversicherung betriebenen Krankenversicherung ist § 81 VVG gar nicht anzuwenden (§ 184 Abs. 1 Satz 1 VVG). • In der Transportversicherung bleibt es hingegen beim bisherigen Recht, wonach bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls die Leistungspflicht vollständig entfällt (§ 137 VVG). In dieser Sparte handelt es sich bei den Kunden in der Regel um weniger schutzbedürftige Vollkaufleute, die die Bedeutung grob fahrlässigen Handelns wesentlich besser einschätzen können als normale Verbraucher.
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Ausnahmen
Versicherungsfall schuldhaft
herbeigeführt
nicht schuldhaft
fahrlässig
vorsätzlich grob
Leistungsfreiheit Kürzungsrecht
leicht
Leistungspflicht
Abb. 6: Abschaffung des Alles-oder-Nichts-Prinzips bei Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer (§ 81 VVG)
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Das ändert sich bei den Obliegenheiten
Beweisregeln (bez. Leistungsfreiheit) Arglist Vorsatz
Fahrlässigkeit grobe Herbeiführung des Versicherungsfalls
Versicherer beweispflichtig
leichte
Entlastung vom Vorwurf der Verletzung von Obliegenheiten, Gefahrstandspflicht, Schadenabwendungs und minderungs pflicht
Versicherungsnehmer beweispflichtig
Abb. 7: Beweisregeln zum Nachweis des Ausmaßes der Schuld des Versicherungsnehmers hinsichtlich Leistungsfreiheit
7.3 Gefahrerhöhung Rechtsnormen: §§ 23–27 VVG Siehe CDROM Gefahrstands pflichten
Der Kunde hat wie bisher auch nach Antragstellung folgende Pflichten: • Ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vorzunehmen oder eine solche zuzulassen. • Eine nachtäglich erkannte, willentliche Gefahrerhöhung unverzüglich anzuzeigen. • Eine unabhängig vom Willen des Kunden eingetretene Gefahrerhöhung unverzüglich anzuzeigen. Ausgenommen hiervon sind nur • unerhebliche Gefahrerhöhungen, • Gefahrerhöhungen, bei denen der Kunde davon ausgehen konnte, dass sie mitversichert sind. Spezielle Vorschriften gelten in der • Lebens- und der Berufsunfähigkeitsversicherung (§§ 158, 176 VVG): Hier gelten nur Gefahrumstände als Gefahrerhöhung, die
134
7
Gefahrerhöhung
•
• •
ausdrücklich als solche vereinbart wurden (nicht also beispielsweise das Älterwerden einer Person). Unfallversicherung (§ 181 Abs. 1 VVG): Auch hier müssen Gefahrumstände ausdrücklich vereinbart werden. Typisch ist, dass der Berufswechsel als Gefahrerhöhung definiert wird. Krankenversicherung (§ 194 Abs. 1 VVG): Hier gilt das Gleiche, weil sonst jede Erkrankung als Gefahrerhöhung anzusehen wäre. Laufende Versicherung (§ 57 VVG) und Transportversicherung (§ 132 VVG): Die laufende Versicherung wird auch als Generalpolice bezeichnet und vor allem in der Transportversicherung verwendet. Bei ihr werden bestimmte Risiken als Gattung bezeichnet und versichert und erst nachträglich per Einzelanmeldung eingeschlossen. Hier gilt dem Charakter dieser Versicherungsart entsprechend, dass der Kunde auch ohne Zustimmung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vornehmen darf – zum Beispiel eine Warenart mit erhöhter Gefahr transportieren kann –, aber die Gefahrerhöhung unverzüglich anzuzeigen hat.
Als Sanktionen einer Verletzung der genannten Pflichten kommen grundsätzlich die Kündigung, die Vertragsanpassung und die Leistungsfreiheit infrage. Bei der Anwendung dieser Rechte ist wieder eine ähnliche Systematik maßgebend wie bei den sonstigen vertraglichen Obliegenheiten. Danach ist die Kündigung nach § 24 VVG möglich innerhalb eines Monats ab Kenntnis • ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Gefahrerhöhung , • mit Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist bei leicht fahrlässiger Gefahrerhöhung, bei nachträglich erkannter und unverzüglich angezeigter Gefahrerhöhung und bei unwillentlich eingetretener und unverzüglich angezeigter Gefahrerhöhung.
Sanktions möglichkeiten
Alternativ zur Kündigung kann der Versicherer nach § 25 VVG andere Bedingungen verlangen, insbesondere eine höhere Prämie oder einen Ausschluss der erhöhten Gefahr. Da der Vertrag dann möglicherweise nicht mehr im Interesse des Kunden liegt, hat der Kunde ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht, wenn die
Vertrags anpassung
Kündigung
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7 Leistungs freiheit
Das ändert sich bei den Obliegenheiten
Prämie um mehr als 10 Prozent angehoben oder ein Leistungsausschluss verlangt wird. Auf vollständige Leistungsfreiheit kann sich der Versicherer nur berufen, wenn der Kunde die Gefahrerhöhung vorsätzlich herbeigeführt oder zugelassen hat, oder wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige der Gefahrerhöhung dem Versicherer hätte zugehen müssen und die Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt wurde. Ausnahme: Dem Versicherer war zu diesem Zeitpunkt die Gefahrerhöhung bekannt. Auch in diesen Fällen bleibt der Versicherer aber zur Leistung verpflichtet, wenn die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt oder den Umfang der Leistungspflicht war, oder wenn zu dem Zeitpunkt, als der Versicherungsfall eintrat, für den Versicherer die Kündigungsfrist abgelaufen war, ohne dass er gekündigt hatte. Bei grober Fahrlässigkeit besteht wiederum ein Kürzungsrecht nach dem Grad der Schwere der Schuld des Kunden. Weiter oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass das möglicherweise auch zu einer Kürzung bis auf 0 Euro führen kann. In allen anderen Fällen bleibt die volle Leistungspflicht bestehen.
7.4 Folgen der Neuregelung Das Kürzungsrecht bei grober Fahrlässigkeit wird als wesentliche Verbesserung der Kundenrechte betrachtet. Dadurch soll die bisherige harte Grenze zwischen voller Leistungspflicht bei nur leicht fahrlässiger Pflichtverletzung und vollständiger Leistungsfreiheit bei grober Fahrlässigkeit vermieden werden. Das habe in der Vergangenheit Richter immer wieder vor eine schwierige Entscheidung gestellt, heißt es in der Begründung, weil das Ergebnis der Entscheidung in jedem Fall unbefriedigend sei. Ob das neue Recht hier wirksam Abhilfe schaffen kann, wird jedoch bezweifelt: • Es gibt keine vom Gesetzgeber vorgegebenen Anhaltspunkte, welche Kürzung der Schwere der Schuld des Kunden entspricht. Selbst im Ausland fehlen aussagekräftige Erfahrungswerte weitgehend. Bekannt geworden ist nur das Beispiel der Schweiz, wo
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Folgen der Neuregelung
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sich Erfahrungssätze für die Kürzung des Schadenersatzes bei Unfällen unter Alkoholeinfluss gebildet haben. Es ist denkbar, in Ausnahmefällen eine Kürzung auf 0 Prozent vorzunehmen, wenn die Schuld des Kunden für gravierend gehalten wird, womit im Ergebnis das alte Recht wiederhergestellt wäre. Ob das rechtlich haltbar wäre, ist zumindest umstritten. Es kann beim Zusammentreffen von Obliegenheitsverletzung und Ausschlusstatbestand zu einer mehrfachen Quotierung kommen, was die oben aufgeworfenen Probleme noch verstärkt. Der Kunde wird die Verbesserung vielfach nicht als solche empfinden. Aus seiner Perspektive wird die Kürzung des Schadenersatzes ein Ärgernis darstellen, weil der subjektiv als bestehend empfundene Anspruch auf volle Leistung dadurch beeinträchtigt wird. Die Tatsache, dass der Versicherer überhaupt etwas zahlt, wird der Kunde sogar als Bestätigung empfinden, in Wahrheit einen Anspruch auf (volle) Leistung zu haben. Es ist damit zu rechnen, dass eine Kürzung verstärkt argumentativ begleitet werden muss. Ob im Ergebnis tatsächlich eine Verbesserung des Verbraucherschutzes vorliegt, steht noch in den Sternen, denn einige Gerichte haben in der Vergangenheit das Vorliegen eines grob fahrlässigen Verhaltens auch deshalb verneint, weil der vollständige Anspruchsverlust in der konkreten Situation als ungerecht empfunden wurde. Dies wird sich nun ändern mit der Folge, dass Gerichte vor dem Hintergrund der Quotierungsmöglichkeit vielleicht auch bei Sachverhalten eine grobe Fahrlässigkeit bejahen, bei denen diese bislang verneint wurde. Damit steht ein Großteil der bisherigen Rechtsprechung zur groben Fahrlässigkeit auf dem Prüfstand.
Für die Versicherer und den Versicherungsvertrieb wird die Situation somit nicht einfacher. Vielmehr wird die Kundenbeziehung auch in Zukunft mindestens in gleichem Maß wie bisher, vielleicht sogar noch stärker auf eine harte Probe gestellt.
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7 Siehe CDROM
Das ändert sich bei den Obliegenheiten
Checkliste: Wegfall des AllesodernichtsPrinzips – welche Handlungsoptionen bestehen? Versicherer müssen prüfen, wie sie auf die neue Rechtslage reagieren wollen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten: • Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit: Das ent spricht dem gegenwärtigen Markttrend, der in der KfzVersiche rung begonnen hat und sich inzwischen in der Gebäude und Hausratversicherung fortsetzt. Vorteil: Keine Auseinandersetzungen mit dem Kunden, keine Be lastung von Kundenbeziehungen und damit höhere Kundenbin dung auch für den Vertrieb. Nachteil: Inkaufnahme vermehrter Schadenkosten. • Restriktivere Annahmepolitik Vorteil: Bessere Bestandsrentabilität, keine Mehrkosten durch neues Recht. Nachteil: Erschwernis bei der Kundengewinnung und damit Ein kommensverluste für den Vertrieb. • Restriktivere Schadenregulierung (weniger Kulanzen, vermehrte Einwendung grober Fahrlässigkeit und anschließender Kürzung der Leistung). Vorteil: Ausgleich der Mehrkosten des neuen Rechts. Nachteil: Belastung der Kundenbeziehungen, zumindest länger fristig Erschwernis bei der Kundengewinnung und damit Einkom mensverluste für den Vertrieb. • Beibehaltung des bisherigen Annahme und Regulierungsverhal tens und Anwendung des neuen Rechts. Vorteil: Kaum Erschwernis bei der Kundengewinnung. Nachteil: Höherer Schadenaufwand, vermehrte Auseinanderset zung mit Kunden.
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Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
In allen Versicherungssparten gibt es in unterschiedlichem Maß Änderungen, vielfach wird allerdings lediglich geltendes Rechtsprechungsrecht kodifiziert. Im Folgenden werden die wichtigsten Änderungen in den verschiedenen Versicherungssparten aufgezeigt.
8.1 Schadenversicherung Besteht eine Überversicherung, kann jede Vertragspartei die Herabsetzung der Versicherungssumme verlangen (§ 74 Abs. 1 VVG). Neu ist, dass die Überschreitung ausdrücklich „erheblich“ sein muss.
Über versicherung
Tipp: Als „erheblich“ werden üblicherweise mindestens 10 Prozent angese hen.
Selbst bei betrügerisch vom Kunden vereinbarter Überversicherung steht dem Versicherer eine Prämie nur bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von der Überversicherung erfahren hat (§ 74 Abs. 2 VVG). Nach altem Recht hingegen konnte der Versicherer die volle Prämie für das laufende Versicherungsjahr beanspruchen. Auch bei der Unterversicherung wurde ergänzt, dass sie erst entsteht, wenn die Versicherungssumme „erheblich“ niedriger ist als der Versicherungswert zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls. Das bedeutet, dass eine Kürzung der Leistung wegen einer Unterversicherung in der Regel erst ab 10 Prozent Unterschreitung des Versicherungswerts zulässig sein dürfte.
Unter versicherung
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Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
Tipp: Das ist beispielsweise in den gängigen Allgemeinen Versicherungsbe dingungen zur Hausratversicherung schon seit Langem durch eine Vor sorgesumme von 10 Prozent berücksichtigt (z. B. § 12 Satz 2 VHB 2005). Auch der Unterversicherungsverzicht ist eine häufig verwendete Klausel.
Achtung: Wichtig für den Versicherer und den Versicherungsvertrieb ist, dass ei ne auf einem Beratungsfehler beruhende Unterversicherung den Kun den zum Schadenersatz berechtigt.
Beispiel: Ein Versicherungsvermittler berät die Kundin zur Hausratversicherung und erfährt, dass sie eine Wohnung mit 75 qm Wohnfläche hat. Dar aufhin empfiehlt er den Abschluss einer Hausratversicherung mit ei ner Versicherungssumme von 75 qm x 650 Euro = 48.750 Euro mit der Begründung, dass bei Vereinbarung von 650 Euro pro qm ein Un terversicherungsverzicht eingeschlossen wird. Einige Zeit später kommt es zu einem schweren Brand. Dabei wird die Wohnungseinrichtung vollständig zerstört. Ein Sachverständiger ta xiert den Neuwert der Einrichtung auf 73.000 Euro. Die Hausratversi cherung übernimmt jedoch nur die Versicherungssumme von 48.750 Euro + 10 Prozent Vorsorge = 53.625 Euro. Die Differenz von 73.000 Euro Versicherungswert und 53.625 Euro = 19.375 Euro stellt einen Vermögensschaden der Kundin da, den sie nach § 63 VVG gegen den Versicherungsvermittler wegen Verletzung der Beratungspflichten hinsichtlich einer ausreichenden Versicherungssumme geltend macht. Die eingesparte Mehrprämie für eine ausreichend hohe Versiche rungssumme, die sie sich ggf. entgegenhalten muss, beträgt gerade einmal 21,60 Euro jährlich.
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Haftpflichtversicherung
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8.2 Haftpflichtversicherung Rechtsnormen: §§ 105, 108, 115, 118 VVG Die wichtigsten Änderungen in der Haftpflichtversicherung betreffen das bisherige Anerkenntnisverbot, das bisherige Abtretungsverbot und die Pflichtversicherung. Vereinbarungen, wonach der Haftpflichtversicherer leistungsfrei wird, wenn der Kunde den Anspruch eines Dritten ohne Einwilligung des Haftpflichtversicherers anerkennt oder befriedigt, sind nach neuem Recht unwirksam. Bisher war ein solches Anerkenntnis deckungsschädlich, zumindest soweit es nicht offenkundig unbillig war. Bei dieser Regelung ist es die Intention des Gesetzgebers, den Kunden nicht ohne Versicherungsschutz zu belassen, wenn er zwar voreilig einen Anspruch anerkannt oder befriedigt hat, der Versicherer aber ohnehin zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Dafür besteht jetzt verstärkt die Gefahr, dass Kunden voreilig Ansprüche anerkennen, die nicht berechtigt sind und deshalb auch weiterhin nicht vom Versicherer übernommen werden, denn durch die Anerkennung kann der Kunde den Versicherer nicht wirksam zur Leistung verpflichten. Zudem nimmt der Kunde dem Versicherer die Möglichkeit, einen unberechtigten Anspruch abzuwehren und beim berechtigten Anspruch zu prüfen, inwieweit er berechtigt ist.
Siehe CDROM
Anerkenntnis verbot unwirksam
Beispiel: Die Kundin hat eine Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen. Ihr minderjähriger Sohn zerstört eine Fensterscheibe beim Spielen auf dem Hof, obwohl er unter Aufsicht seiner Mutter stand. Der Hausei gentümer verlangt daraufhin einen Ersatz der Scheibe. Die Mutter zahlt ihm die geforderte Summe. Anschließend meldet sie den Scha den ihrer Privathaftpflichtversicherung. Allerdings stellt die Versiche rung fest, dass die Kundin nicht zum Schadenersatz verpflichtet war, weil ihr Sohn nicht strafmündig ist und sie selbst ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt hat. Aus diesem Grund lehnt der Versicherer den An spruch ab. Die Kundin muss den Schaden nun aus eigener Tasche tra gen.
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Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
Tipp: Versicherer und Versicherungsvermittler sollten allein zur Vermeidung des Vorwurfs der Falschberatung Kunden einer Haftpflichtversicherung deutlich darauf hinweisen, dass sie zwar zur Anerkennung und Befriedi$ gung von Schadenersatzansprüchen berechtigt sind, ohne gleich den Deckungsanspruch gegen den Versicherer zu verlieren, dies aber unbe$ dingt vorher mit dem Versicherer abstimmen müssen, um zu vermeiden, dass der Versicherungsnehmer aufgrund des abgegebenen Anerkennt$ nisses auf einem Teil des Schadens sitzen bleibt. Als Argument kann genannt werden, dass die Versicherungsleistung einer Haftpflichtversi$ cherung gerade auch die Prüfung der Haftungsfrage und die Abwehr unberechtigter Ansprüche umfasst, was nur möglich ist, wenn keine voreilige Anerkenntnis ausgesprochen wird. Es ist nicht auszuschließen, dass fehlende Aufklärung als Beratungsver$ schulden bewertet wird und den Kunden zum Schadenersatz berechtigt. Deshalb sollte in die Beratungsdokumentation zu einer Haftpflichtversi$ cherung standardmäßig ein entsprechender Hinweis auf die erfolgte Belehrung aufgenommen werden. Abtretung Freistellungsan$ spruch möglich
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Eine weitere nachhaltige Veränderung des bisherigen Haftpflichtrechts betrifft die Verfügung über den Freistellungsanspruch (§ 108 VVG). Wie bisher sind Verfügungen des Kunden über den Freistellungsanspruch gegen den Versicherer gegenüber Dritten unwirksam, um zu vermeiden, dass der Kunde die Rechte des Anspruchstellers durch Verfügungen beschneidet. Dafür allerdings darf eine Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Dritten – also an den Anspruchsteller – anders als bisher nicht mehr durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen ausgeschlossen werden. Das bedeutet, dass im Einzelfall ein Direktanspruch des Geschädigten hergestellt werden kann, indem der Schädiger und Haftpflichtversicherungsnehmer seinen Freistellungsanspruch an den Geschädigten abtritt. Dieser kann sich dann direkt an den Haftpflichtversicherer halten. Daran könnte er beispielsweise dann ein Interesse haben, wenn er sich nicht selbst mit dem Versicherer auseinandersetzen will. Eine solche Verfügung kann nur noch durch Individualabrede entweder bei Vertragsschluss oder bei Schadenmeldung ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss per Versicherungsbedingungen ist nicht
Haftpflichtversicherung
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mehr möglich, wobei es keine Rolle spielt, ob die Bedingungen im Einzelfall als Allgemeine oder als Besondere Versicherungsbedingungen oder in sonst anderer Art bezeichnet werden. Tipp: Vor Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Geschädigten sollte ein Versicherungsmakler seinen Kunden darüber aufklären, dass dieser dann im Prozess zwar als Zeuge aussagen kann, dafür aber seine Aussa ge der freien Beweiswürdigung unterliegt. Der Prozess kann daher auch deshalb verloren gehen, weil der Richter dem Versicherungsnehmer als Zeugen schlicht und ergreifend nicht glaubt.
Eigentlich war es das Ziel des Gesetzgebers, den so genannten Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer auf breiter Front durchzusetzen, insbesondere auch in der Pflichtversicherung. Hier allerdings konnte die Versicherungswirtschaft Änderungen durchsetzen, so dass der Direktanspruch in der Pflichtversicherung (§ 115 VVG) nun nur in folgenden Bereichen möglich ist: • Wie bisher in der Kfz-Haftpflichtversicherung. • Neu in sonstigen Pflichtversicherungen, aber nur, wenn –
über das Vermögen des Kunden ein Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde.
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der Aufenthaltsort des Kunden unbekannt ist.
Geringfügige Ausweitung Direktanspruch
Diese Erweiterung des Direktanspruchs dürfte in der Praxis kaum Wirkung entfalten, weil eine wesentliche Voraussetzung fehlt: Für die über 100 Pflichtversicherungen, die allein aufgrund bundes- und landesrechtlicher Vorschriften in Deutschland bestehen, gibt es – anders als bei der Kfz-Haftpflichtversicherung – keine öffentlich zugänglichen Register, in denen Geschädigte feststellen können, gegen welchen Haftpflichtversicherer sie ihren Anspruch richten können, falls der Schädiger nicht mehr zur Durchsetzung der Ansprüche in der Lage oder daran interessiert ist. „Unbekannt“ wird der Aufenthaltsort des Versicherungsnehmers im Übrigen nur selten
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8 Rangfolge mehrerer Ansprüche
Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
sein, denn vorausgehen müssen zum Beispiel erfolglose Nachfragen beim Einwohnermeldeamt, beim letzten Arbeitgeber, den letzten Nachbarn. Neu in der Pflichtversicherung ist zudem die Regelung einer Rangfolge von Entschädigungsansprüchen für den Fall, dass die Versicherungssumme nicht für alle Ansprüche ausreicht. Danach sind Ansprüche in folgender Reihenfolge zu befriedigen: 1. Personenschäden, für die weder der Schädiger noch andere Haftpflichtversicherer oder Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte aufkommen. 2. Sach- und Vermögensschäden, für die weder der Schädiger noch andere Haftpflichtversicherer oder sonstige Dritte aufkommen. 3. Ansprüche anderer Versicherer oder Dritter, die auf diese wegen Personen- oder sonstiger Schäden übergegangen sind. 4. Ansprüche, die auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind. 5. Alle sonstigen Ansprüche.
8.3 Rechtsschutzversicherung Rechtsnorm: § 125 VVG Siehe CDROM
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Die VVG-Reform wurde dazu genutzt, den Versicherungssparten einheitliche Definitionen voranzustellen, was die Leistung des Versicherers in dieser Sparte ist. Damit soll nach der Gesetzesbegründung in der Regel keineswegs die Kreativität der Branche eingeschränkt und die Entwicklung neuerer Deckungsformen behindert werden. Allerdings entspricht das zum einen der Systematik und hilft zum anderen in Zweifelsfällen dabei, die wesentliche Leistung einer bestimmten Versicherung bestimmen zu können. In der Rechtsschutzversicherung wird erstmals die Leistung des Versicherers definiert. „Bei der Rechtsschutzversicherung ist der Versicherer verpflichtet, die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen“ (§ 125 VVG). Im Kern geht es um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen. Welche das sind und welche Leistungen hierfür in welcher Hö-
Sachversicherung
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he erbracht werden, bleibt den vertraglichen Vereinbarungen vorbehalten. Im Übrigen wurden die Bestimmungen des bisherigen Rechts inhaltlich unverändert übernommen.
8.4 Sachversicherung Rechtsnormen: §§ 88, 90, 97 VVG Der Eigentumsübergang spielt im VVG eine wichtige Rolle, weil mit ihm die auf die Sache bezogene Versicherung mit übergeht. Dieser Grundsatz gilt nun ausdrücklich auch für Haftpflichtversicherungen, die auf das übergehende Objekt bezogen sind, insbesondere also für Betriebshaftpflichtversicherungen (§ 102 Abs. 2 VVG) und für Pflicht-Haftpflichtversicherungen (§ 122 VVG). Zur Anzeige der Veräußerung sind nach neuem Recht ausdrücklich sowohl Veräußerer als auch Erwerber verpflichtet (§ 97 Abs. 1 VVG). Tritt der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt ein, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen, hat dies die Leistungsfreiheit des Versicherers zur Folge. Allerdings muss der Versicherer nachweisen können, dass er den Vertrag mit dem Erwerber nicht geschlossen hätte.
Siehe CDROM
Leistungsfrei heit einge schränkt
Beispiel: Laut internen Annahmerichtlinien werden keine Versicherungsverträ ge mit Personen geschlossen, bei denen in der Vergangenheit bereits wegen Nichtzahlung der Erst oder der Folgeprämie ein Rücktritt oder eine Kündigung ausgesprochen werden musste. Ein ehemaliger Kun de, der wegen Nichtzahlung einer Folgeprämie gekündigt wurde, er wirbt ein bei diesem Versicherer versichertes Haus, zeigt den Erwerb jedoch ebenso wie der Veräußerer nicht unverzüglich an. Drei Monate später tritt ein Sturmschaden ein, anlässlich dessen auch die Veräu ßerung dem Versicherer bekannt gegeben wird. Der Versicherer beruft sich auf Leistungsfreiheit, weil die Veräußerungsanzeige verspätet eingegangen ist und der Versicherer den Vertrag mit dem Erwerber nicht abgeschlossen hätte.
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Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
Tipp: Versicherer müssen sich darauf einstellen, künftig ihre Annahme und Zeichnungsrichtlinien im Streitfall offenlegen zu müssen.
Weiterhin können Versicherer wie Erwerber die Versicherung innerhalb eines Monats ab Kenntnis kündigen. Die Kündigungsfristen sind asymmetrisch: Der Versicherer kann mit einem Monat Frist kündigen, der Erwerber entweder sofort oder zum Ende der laufenden Versicherungsperiode. Tipp: Anders als bisher muss der Erwerber nicht mehr zum Ende der laufen den Versicherungsperiode kündigen, wenn er nicht den Verlust der Jah resprämie riskieren will. Denn der Vertrag ist bei vorläufiger Beendigung mit Eingang der Kündigung pro rata temporis abzurechnen. Zeitwert
Erweiterter Aufwendungs ersatz
Als Versicherungswert gilt in der Sachversicherung stets der Zeitwert – Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles in neuwertigen Zustand, aber unter Abzug eines Minderwertes „neu für alt“ (§ 88 VVG) –, soweit nichts anderes vereinbart wird. Nur in der Transportversicherung gelten abweichende Definitionen des Versicherungswerts (§ 136 VVG). Ins VVG aufgenommen wurde zudem der „Erweiterte Aufwendungsersatz“ zur Umsetzung der entsprechenden Rechtsprechung. Damit sind Aufwendungen gemeint, die zur Abwendung oder Minderung eines noch nicht eingetretenen, aber unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalls unternommen werden. Damit handelt es sich streng genommen noch nicht um Schadenabwendungs- und minderungskosten (§ 82 VVG), weil der Versicherungsfall nicht eingetreten ist, gleichwohl sind sie aber im Interesse des Versicherers. Beispiel: Ein Hausratversicherungskunde bemerkt einen intensiven Schmorge ruch, der aus einem elektrischen Gerät in seiner Küche austritt. Um eine Entzündung und einen Brand zu verhindern, reißt er die Elektro installation aus der Wand und macht den dabei entstandenen Scha den als Aufwendungsersatz zur Abwehr eines bevorstehenden Versi cherungsfalls geltend.
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Lebensversicherung
8.5 Lebensversicherung Rechtsnormen: §§ 153–155, 169 VVG Die Lebensversicherung stand im Fokus der Reformbemühungen, insbesondere auch seit den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts von 2005. Ob die geforderte Transparenz des Produkts mit den Neuregelungen erreicht werden konnte, muss sich erst noch zeigen. Den Forderungen der Verfassungsrichter entsprechend wurde die Überschussbeteiligung neu geregelt. Danach hat der Kunde jetzt nicht nur Anspruch auf eine Beteiligung am Überschuss, sondern auch an den Bewertungsreserven (§ 153 Abs. 1 VVG), es sei denn, eine Überschussbeteiligung ist insgesamt ausgeschlossen. Unter Bewertungsreserven sind stille Reserven zu verstehen, die durch die vorsichtige Bewertung von Anlagemitteln entstanden sind.
Siehe CDROM
Anspruch auf Bewertungs reserven
Beispiel: Ein Lebensversicherer hat einen Teil seiner Anlagemittel in Immobi lien investiert. Er bilanziert die Immobilien nach dem Nie derstwertprinzip (§ 252 HGB) mit dem Anschaffungspreis von 6.200.000 Euro. Tatsächlich haben die Immobilien aber zum Bilanz stichtag einen Marktwert von 7.900.000 Euro, so dass eine Bewer tungsreserve von 1.700.000 Euro vorliegt.
Diese stillen Reserven werden benötigt, um Schwankungen in der Wertentwicklung auszugleichen und langfristige Garantien sicherstellen zu können. Andererseits sind sie durch die Beiträge der Kunden entstanden, so dass die Kunden berechtigterweise Anspruch auf die stillen Reserven erheben können. Um einen gerechten Ausgleich zwischen beiden Interessen zu finden, legt der Gesetzgeber eine hälftige Beteiligung der Kunden fest (§ 153 Abs. 3 VVG). Fällig wird der Anspruch regelmäßig bei Beendigung des Vertrags. Es kann aber eine frühere Zuteilung vereinbart werden.
50 Prozent Anteil
Beispiel: Ein Lebensversicherer hat Ende 2007 60 Mio. Euro Bewertungsreser ven. Durch Veränderungen an den Kapitalmärkten schrumpfen diese Reserven bis Ende 2010 auf 12 Mio. Euro zusammen. Der Vertrag ei
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Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
nes Kunden endet zu diesem Zeitpunkt. Insgesamt sind 200.000 Kun den mit jeweils gleich hohen Ansprüchen versichert. Der Vertrag des Kunden wird wie folgt abgerechnet: Überschuss plus 50 Prozent der Bewertungsreserve von 12 Mio. Eu ro : 200.000 = 30 Euro. Ende 2007 hätte dieser Anteil noch 50 Pro zent von 40 Mio. Euro : 200.000 = 100 Euro betragen.
Jährliche Unter richtung
Die Verteilung der Überschüsse hat nach einem verursachungsorientierten Verfahren zu erfolgen. Damit bleibt die Freiheit zur Gestaltung von Tarifen, Bestandsgruppen und Gewinnverbänden auf der Basis anerkannter versicherungsmathematischer Grundsätze (z. B. Modellrechnung) erhalten. Im laufenden Vertragsverhältnis hat der Versicherer jährliche Unterrichtungen des Kunden bei Lebensversicherungen mit Überschussbeteiligung vorzunehmen (§ 155 VVG). Darin soll der Kunde über die Entwicklung der Ansprüche aus seinem Vertrag einschließlich der Überschussbeteiligung informiert werden. Sofern der Versicherer ursprünglich bezifferte Angaben zu möglichen Überschussbeteiligungen gemacht hat, muss er in der jährlichen Unterrichtung Abweichungen zur ursprünglichen Hochrechnung aufzeigen. Beispiel: Eine Rentenversicherung wird zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, zu dem der Versicherer eine hohe Überschussbeteiligung bieten kann. Der Kundin wird eine garantierte Rente von 450 Euro monatlich und eine Gesamtrente einschließlich nicht garantierter Überschüsse von 1.000 Euro in Aussicht gestellt. Damit ist die Versorgungslücke der Kundin, die in der Beratung ermittelt wurde, vollständig gedeckt. Einige Jahre später muss der Versicherer aufgrund ungünstiger Ent wicklungen an den Kapitalmärkten seine Überschussbeteiligung er heblich reduzieren. Auf Basis der neuen Zahlen ergibt sich nur noch eine Gesamtrente einschließlich nicht garantierter Überschüsse von 800 Euro. Damit ist eine Versorgungslücke von 200 Euro monatlich entstanden.
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Lebensversicherung
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Tipp: Die jährliche Unterrichtung sollte dazu genutzt werden, bei größeren Abweichungen, die das bekannte oder das mutmaßliche Versorgungsziel des Kunden gefährden können, eine erneute Beratung anzubieten. Das schon allein deshalb, weil ein frühzeitiges Handeln des Kunden zur Nut zung von Zinseszinseffekten von Vorteil ist. Je später die Schließung einer entstandenen Versorgungslücke vorgenommen wird, desto über proportional teurer wird das Schließen der Versorgungslücke.
Eine weitere, auch durch Urteile des Bundesgerichtshofs von 2005 mit ausgelöste Reform ist die der Rückkaufswertberechnung bei vorzeitiger Beendigung einer Lebensversicherung. Auslöser war der Umstand, dass bei der verbreiteten Berücksichtigung von Abschlusskosten unmittelbar bei Vertragsbeginn („Zillmer-Verfahren“) und von nicht immer transparenten Stornoabzügen in den ersten Versicherungsjahren keine oder nur sehr geringe Rückkaufswerte entstanden waren.
Höhere Rück kaufswerte
Nach § 169 VVG gilt nun Folgendes: • Es besteht ein Anspruch auf einen Rückkaufswert. • Basis hierfür ist das nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik und den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation ermittelte Deckungskapital. Der zwischenzeitlich verwendete Begriff des Zeitwerts konnte nie abschließend definiert und einheitlich angewendet werden. • Von diesem Deckungskapital dürfen Abschluss- und Vertriebskosten abgezogen werden, aber – nur maximal bis zu den aufsichtsrechtlichen Höchstzillmersätzen (40 Promille) – und verteilt auf die ersten fünf Vertragsjahre. • Der Rückkaufswert und das Ausmaß, in dem er garantiert ist, muss im Vertrag für jedes Versicherungsjahr angegeben werden. • Ein Stornoabzug ist nur zulässig, wenn er – vereinbart, beziffert und angemessen ist und – nicht zur Deckung ungetilgter Abschluss- und Vertriebskosten genutzt wird. Die Folge sind deutlich höhere Rückkaufswerte für früh stornierende Kunden.
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Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
Beispiel: Ein Kunde kündigt nach zwei Jahren seine Lebensversicherung, in die er jährlich 500 Euro eingezahlt hat. Davon werden jährlich 100 Euro für den Risikoschutz und für Verwaltungskosten verbraucht. Die Ver( tragslaufzeit war für 25 Jahre vereinbart, die Abschluss( und Ver( triebskosten betragen 40 Promille der Beitragssumme von 500 Eu( ro x 25 Jahre = 500 Euro. Nach bisherigem Recht (ohne Berücksichtigung der Kosten des Risi( koschutzes und eventueller Überschüsse) hätte der Kunde nach den drei Jahren einen Rückkaufswert von 2 Jahre x (500 Euro – 100 Euro) = 800 Euro – 500 Euro Abschluss( und Vertriebskosten = 300 Euro erhalten. Nach neuem Recht stehen ihm zu: 2 Jahre x (500 Euro – 100 Euro) = 800 Euro – (500 Euro Abschluss( und Vertriebskosten : 5 Jahre x 2 Jahre) = 600 Euro.
Herabsetzung möglich
Konsequenzen für den Vertrieb
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Ausgenommen hiervon bleiben fondsgebundene Lebensversicherungen. Dort gilt weiterhin der Zeitwert als Grundlage des Rückkaufswerts. Auch ausländische Lebensversicherungen können vom Deckungskapital abweichende Bezugswerte vereinbaren. Falls der Versicherer durch die Neuregelung des Rückkaufswerts vermehrtes Frühstorno erlebt und in Schwierigkeiten gerät, seine langfristigen Verpflichtungen zu erfüllen, kann er den Rückkaufswert jeweils auf ein Jahr befristet angemessen herabsetzen. Für den Vertrieb hat die Neuregelung des Rückkaufswerts möglicherweise folgende Konsequenzen: • Es ist nicht auszuschließen, dass die Neuregelung des Rückkaufswerts zu einer verstärkten Abwerbung von Kunden führen wird, weil die Hürden für eine Vertragskündigung in Form der Verluste eingezahlter Prämien sinken. • Die Stornohaftungszeiten sind vielfach angepasst worden. Marktüblich sind nun fünf statt bisher zwei bis drei Jahre Stornohaftungszeit. Rechtlich problematisch ist, ob bestehende Courtagevereinbarungen im Hinblick auf die VVG-Reform auch ohne Zustimmung des Versicherers angepasst werden können. Zum Teil wird vertreten, ohne das Einverständnis des Versicherungsvermittlers ginge dies nicht, zum Teil wird aber auch die Meinung vertreten, der Versicherer können eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage
Lebensversicherung
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(§ 313 BGB) verlangen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass es insbesondere wegen der seit einiger Zeit anhaltenden Flaute beim Absatz von Lebensversicherungen Aufweichungen dieser Regelungen oder Erhöhungen der Provisionssätze geben wird, um den wirtschaftlichen Verlust der Vermittler auszugleichen und Anreize für den Verkauf zu setzen. Beispiel: Ein Vermittler vermittelt 1 Mio. Euro Beitragssumme Leben im Jahr für 40 Promille Provisions(/Courtagesatz. Im ersten Jahr gehen hier( von 5 % ins Storno, in den Folgejahren jeweils 2 %. Die bisherige Stornohaftungsregelung sah vor, dass der Vermittler beim Erstjahresstorno die Provision/Courtage voll und beim Zweitjah( resstorno zur Hälfte zurückzahlen muss. Damit entstanden ihm nach bisheriger Regelung folgende Rückbelastungen: • Erstjahresstorno: 1 Mio. Euro x 40 %o x 5 % Stornoquote = 2.000 Euro • Zweitjahresstorno: 1 Mio. Euro x 40 %o x 2 % Stornoquote : 2 = 400 Euro • Summe Rückbelastungen: 2.400 Euro Nach der VVG(Reform wird die Stornohaftungsregelung auf 5 Jahre ausgedehnt. Im Erststornojahr wird die Provision/Courtage voll, im Zweitstornojahr zu 4/5, im Drittstornojahr zu 3/5 u.s.w. belastet. Da( mit entstehen ihm jetzt folgende Rückbelastungen: • Erstjahresstorno: 1 Mio. Euro x 40 %o x 5 % Stornoquote = 2.000 Euro • Zweitjahresstorno: 1 Mio. Euro x 40 %o x 2 % Stornoquote : 5 Jahre x 4 Jahre = 640 Euro • Drittjahresstorno: 1 Mio. Euro x 40 %o x 2 % Stornoquote : 5 Jahre x 3 Jahre = 480 Euro • Viertjahresstorno: 1 Mio. Euro x 40 %o x 2 % Stornoquote : 5 Jahre x 2 Jahre = 320 Euro • Fünftjahresstorno: 1 Mio. Euro x 40 %o x 2 % Stornoquote : 5 Jahre = 160 Euro • Summe Rückbelastungen: 3.600 Euro. Die Rückbelastungssumme liegt in diesem Beispiel um 50 % über der bisherigen.
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Was ist in den Versicherungssparten zu beachten •
Der Druck auf die Versicherer und die Vermittler könnte steigen, verstärkt ungezillmerte Tarife anzubieten, damit höhere Rückkaufswerte verbleiben.
8.6 Berufsunfähigkeitsversicherung Rechtsnorm: §§ 172–174 VVG Siehe CDROM Definition Berufsunfähig keit
Verweisung muss vereinbart werden
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Erstmals wird der Begriff der Berufsunfähigkeit im VVG definiert: „Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersgerechtem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.“ Damit wird der Weiterentwicklung der Berufsunfähigkeitsversicherung Rechnung getragen, die sich nicht mehr – wie in der Vergangenheit üblich – an der Ausbildung oder der Erfahrung orientieren soll, sondern den Begriff der Berufsunfähigkeit am zuletzt ausgeübten Beruf festmacht. Damit wird auch hier die Rechtsprechung im VVG berücksichtigt. Auslöser für eine Berufsunfähigkeit können Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall sein, soweit der Kräfteverfall nicht auf normales, altersbedingtes Nachlassen der Kräfte zurückzuführen ist. Berufsunfähigkeit kann sowohl teilweise als auch vollständig eintreten. Ab wann ein Leistungsanspruch gegeben ist, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Das Gleiche gilt für die daran geknüpften Leistungen. Die Berufsunfähigkeit muss voraussichtlich auf Dauer bestehen. Die Rechtsprechung hat hierzu einen Drei-Jahres-Prognosezeitraum entwickelt. Vertraglich können aber auch kürzere Prognosezeiträume vereinbart werden. Nach § 172 Abs. 3 VVG kann als Voraussetzung für die Leistungspflicht zusätzlich vereinbart werden, • dass die versicherte Person keine andere Tätigkeit ausübt (konkrete Verweisung) und
Krankenversicherung •
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dass sie keine andere Tätigkeit übernehmen kann, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten und der bisher erreichten Lebensstellung übernehmen könnte (abstrakte Verweisung).
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Versicherer keine konkrete oder abstrakte Verweisung einwenden kann, wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart wurde. Anerkenntnisse darf ein Versicherer nur einmal zeitlich befristen. Damit soll verhindert werden, dass der Kunde unnötig lang in Unsicherheit lebt, ob der Versicherer aufgrund der behaupteten Berufsunfähigkeit nun leistet. Sofern die Voraussetzungen für die Leistungspflicht entfallen sind, also die Berufsunfähigkeit nicht mehr besteht, muss der Versicherer dem Kunden diese Veränderung in Textform darlegen, um leistungsfrei zu werden. Die Leistungsfreiheit tritt dann auch nicht sofort, sondern erst mit Ablauf des dritten Monats ab Zugang der Erklärung ein.
Nur ein befristetes Anerkenntnis möglich Darlegungs pflicht als Voraussetzung für Leistungs wegfall
Beispiel: Ein Kunde hat eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, die eine konkrete Verweisungsmöglichkeit vorsieht. Nach einer Erkran kung wird er berufsunfähig und erhält vom Versicherer die vertraglich vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente zugesprochen. Nach zwei Jahren geht der Kunde dennoch wieder einer beruflichen Tätigkeit nach, auf die er auch verwiesen werden kann. Die Voraussetzungen für die Leis tungspflicht sind damit entfallen. Der Versicherer teilt diesen Um stand seinem Kunden mit. Drei Monate später stellt er die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente ein.
8.7 Krankenversicherung Die wahrscheinlich wichtigsten Änderungen für die Krankenversicherung stammen gar nicht aus der VVG-Reform selbst. Vielmehr dient das Reformgesetz unter anderem als Übermittler derjenigen Teile des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (Gesundheitsreform 2007), die die private Krankenversicherung betreffen.
Gesundheits reform eingearbeitet
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Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
Diese Veränderungen treten erst zum 1. Januar 2009 in Kraft, werden aber vermutlich die private Krankenversicherung nachhaltig verändern. Dazu werden die nachfolgenden Bestimmungen ins Gesetz aufgenommen. Allgemeine Versicherungspflicht in der privaten Krankenversicherung Versicherungs pflicht in der PKV
Nach § 193 Abs. 3 VVG i. d. F. ab 1.1.2009 ist „jede Person mit Sitz im Inland“ verpflichtet, für sich selbst und für die gesetzlich vertretenen Personen – insbesondere also für Kinder – eine Krankheitskostenversicherung mindestens für ambulante und stationäre Heilbehandlung bei einem privaten Krankenversicherer abzuschließen. Selbstbeteiligungen dürfen dabei 5.000 Euro im Jahr nicht überschreiten, womit Großschadenstarife nur noch eingeschränkt möglich sind. Ausgenommen von dieser Versicherungspflicht werden nur Personen, die • gesetzlich krankenversichert sind, • Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, • Asylbewerberleistungen erhalten oder • Arbeitsförderungs- oder Sozialleistungen sowie gesetzliche Rentenleistungen erhalten. Achtung: Anders als oft behauptet führt der Gesetzgeber 2009 keine allgemeine Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung ein, sondern eine Versicherungspflicht zur privaten Krankenversicherung. Nur wer unzweifelhaft zur gesetzlichen Krankenversicherung zählt, ist hiervon ausgenommen. Zweifelsfälle wie zum Beispiel bisher Unversicherte, Einwanderer oder Rückkehrer aus dem Ausland ohne nachweisbare Vergangenheit als gesetzlich Versicherte sind damit stets von privaten Krankenversicherern aufzunehmen.
Als Sanktion gegen ein Nichtbefolgen dieser Versicherungspflicht erhält der Krankenversicherer, bei dem sich der Versicherungspflichtige verspätet versichert, nur ein schwaches Mittel. Nach § 193 Abs. 4 VVG i. d. F. ab 1.1.2009 kann er ab dem zweiten Monat der Verspätung einen Prämienzuschlag in Höhe von einem Monatsbei-
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Krankenversicherung
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trag pro angefangenem Monat der Nichtversicherung erheben. Ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung beträgt der Zuschlag nur noch ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Ist die Dauer der Nichtversicherung nicht zu ermitteln, ist von mindestens fünf Jahren auszugehen. Der Kunde kann zudem eine Stundung verlangen, sofern die Zahlung des Prämienzuschlags für ihn „eine ungewöhnliche Härte“ darstellt. Beispiel: Ein Nichtversicherter geht davon aus, noch lange gesund zu bleiben und schließt keine Krankenversicherung ab. Nach vier Jahren wird er doch schwer krank und benötigt teure Behandlungen und Medika mente. Daraufhin versichert er sich kurzerhand nach und muss einen Prämienzuschlag von vier vollen Monatsbeiträgen und für weitere 43 Monate von je einem sechstel Monatsbeitrag = ca. 11 Monatsbei träge nachentrichten. Gespart hatte er aber bis dahin 36 Monatsbei träge.
Basistarif Ab 1.1.2009 ist nach § 12 Abs. 1 a VAG ein Basistarif anzubieten, der ungefähr das Leistungsniveau der gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht, aber nach Art der privaten Krankenversicherung mit Alterungsrückstellungen zu kalkulieren ist, keine Risikozuschläge oder Vertragsablehnungen wegen der Gesundheitssituation vorsehen darf und im Beitrag begrenzt ist auf den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung. Der bisherige Standardtarif und der seit 1.7.2007 angebotene modifizierte Standardtarif sind in den Basistarif zu überführen. Es wird zudem ein branchenübergreifender Risikostrukturausgleich eingeführt. Achtung: Der Risikostrukturausgleich schafft Anreize für den einzelnen Kranken versicherer, bisher unerwünschte, hohe Risiken anzuwerben, weil da durch der eigene Marktanteil ausgeweitet und die Beitragseinnahme gesteigert werden kann. Die erhöhte Schadenbelastung kann indessen an das Kollektiv der privaten Krankenversicherungsbranche abgewälzt werden. Das dadurch hervorgerufene Verhalten wird in der Wissen schaft als „Moral Hazard“ bezeichnet.
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8 Wechselrecht im ersten Halbjahr 2009
Keine Leistungs freiheit möglich
Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
Der Basistarif muss im ersten Halbjahr 2009 nach § 193 Abs. 5 VVG i. d. F. ab 1.1.2009 einmalig zum Wechsel geöffnet werden für • alle freiwillig gesetzlich Versicherten, • alle Beihilfeberechtigten, • alle mit einem Normaltarif privat Krankenversicherten. Danach ist der Basistarif regelmäßig innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Wechselmöglichkeit eines bisher gesetzlich Krankenversicherten wegen dreijährigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze für den Wechsel zu öffnen. Weitere Einschränkungen privatwirtschaftlicher Rechte des Krankenversicherers liegen darin, dass bedürftigen Versicherten die Hälfte des Beitrags zum Basistarif erlassen werden muss. Das wird durch Umlage auf alle Versicherten subventioniert. Im Fall der Nichtzahlung der Prämie kann sich der private Krankenversicherer nicht mehr auf Leistungsfreiheit berufen. Stattdessen kann sich der Versicherer nach § 193 Abs. 6 VVG i. d. F. ab 1.1.2009 nur auf ein Ruhen der Leistungen berufen, muss aber dennoch Aufwendungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erbringen. Änderungen ab 2008 Rechtsnormen: §§ 192, 196, 199, 202 VVG
Siehe CDROM
Definitionen der Leistung
Ab 1.1.2008 wirksam werden hingegen verschiedene Änderungen und Erweiterungen des bisherigen, historisch gesehen nachträglich ins VVG aufgenommenen Krankenversicherungsrechts. Dazu zählt eine Definition der vertragstypischen Leistungen des Krankenversicherers. Diese Definition gliedert sich in: • Krankheitskostenversicherung, • Krankenhaustagegeldversicherung, • Krankentagegeldversicherung, • Pflegekrankenversicherung. In der Krankheitskostenversicherung hat der Versicherer „im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen und für sonstige vereinbarte Leistungen einschließlich solcher bei Schwangerschaft
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Krankenversicherung
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und Entbindung sowie für ambulante Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen“ zu erbringen. Neu ist, dass die Aufwendungen nicht nur medizinisch notwendig sein müssen, sondern auch nicht „in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen“ stehen dürfen (Wirtschaftlichkeitsgebot). Neu ist weiterhin, dass auch Leistungen des Gesundheitsmanagements aufgeführt werden. Diese Leistungen können zusätzlich Inhalt der Krankheitskostenversicherung sein. Dazu zählen • Beratung zu Leistungen der Krankheitskostenversicherung, • Beratung zur Berechtigung von Entgeltansprüchen von Ärzten, Krankenhäusern und anderen Erbringern von Gesundheitsleistungen, • Abwehr unberechtigter Ansprüche von Erbringern von Gesundheitsleistungen, • Unterstützung bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen Erbringer von Gesundheitsleistungen zum Beispiel bei ärztlichen Fehlern, • Unmittelbare Leistungsabrechnung mit den Erbringern von Gesundheitsleistungen.
Medizinisch notwendig und wirtschaftlich
In der Krankheitskostenversicherung für Beihilfeempfänger (§ 199 VVG) kann vereinbart werden, dass sie automatisch mit der Versetzung in den Ruhestand in dem Umfang endet, in dem sich der Beihilfeanspruch erhöht.
Änderungen bei Beihilfe versicherung
Beispiel: Ein Landesbeamter wird in den Ruhestand versetzt. Bisher hatte er 50 Prozent Beihilfeanspruch. Mit dem Ruhestand steigt sein Anspruch auf 70 Prozent. Die bisher abgeschlossene private Krankenversiche rung für die verbleibenden 50 Prozent während der aktiven Dienstzeit reduziert sich automatisch um die 20 Prozent, die im Ruhestand we niger abzusichern sind.
Sofern sich der Beihilfeanspruch verändert oder entfällt, kann der Beihilfeempfänger nach neuem Recht innerhalb von sechs statt bis-
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8 Verlängerungs recht Kranken tagegeld
Was ist in den Versicherungssparten zu beachten
her nur innerhalb von zwei Monaten eine Anpassung der privaten Krankenversicherung im Umfang des veränderten Beihilfeanspruchs verlangen. Eine Krankentagegeldversicherung kann auf die Vollendung des 65. Lebensjahres befristet werden. Allerdings verlängert sich die Lebensarbeitszeit künftig (so wurde das allgemeine Rentenalter für jüngere Jahrgänge gerade von 65 auf 67 angehoben). Neu ist, dass Kunden einer Krankentagegeldversicherung eine Verlängerung der Versicherung über 65 Jahre hinaus für weitere fünf Jahre verlangen können. Der Versicherer hat den Kunden hierüber frühestens sechs Monate vor Vertragsablauf zu informieren. Eine Verletzung der Mitteilungspflicht hat zur Folge, dass sich die Frist für die Inanspruchnahme auf den Zeitpunkt der Vollendung des 66. Lebensjahres verlängert. Tritt vorher der Versicherungsfall ein, ist der Versicherer dennoch leistungsfrei. Beispiel: Eine versicherte Person ist vor sechs Monaten 65 geworden. Die bis her vereinbarte Krankentagegeldversicherung ist mit Vollendung des 65. Lebensjahres ausgelaufen, die Person ist jedoch weiter berufstä tig. Eine Information über das Verlängerungsrecht hat der Versicherer versäumt. Da erkrankt die Person und beansprucht Leistungen aus der Kranken tagegeldversicherung, deren Verlängerung sie gleichzeitig beantragt. Die Verlängerung muss der Versicherer annehmen, kann aber die Leis tung für den bereits eingetretenen Versicherungsfall ablehnen.
Zwei Monate Zahlungsfrist
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Das Verlängerungsrecht kann bis zu zwei Monate nach Vollendung des 65. Lebensjahres wahrgenommen werden, ohne dass eine erneute Risikoprüfung oder Wartezeiten fällig werden. Darüber hinaus kann die versicherte Person eine weitere Verlängerung für weitere fünf Jahre beantragen (im Ergebnis also bis zu einem Alter von 75 Jahren). Hierauf muss der Versicherer allerdings nicht erneut bei Auslaufen der ersten Verlängerung besonders hinweisen. Eine weitere Veränderung betrifft den Zahlungsverzug mit der Folgeprämie. Die nach § 38 VVG vorgesehene Mahnfrist von zwei Wo-
Krankenversicherung
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chen wird wegen der besonderen sozialen Bedeutung der Krankenversicherung auf zwei Monate verlängert. Einschließlich der Möglichkeit, die Unwirksamkeit der Kündigung bei Nachzahlung innerhalb eines weiteren Monats herbeizuführen, kann der Kunde im Ergebnis bis zu drei Monate die Folgeprämie nicht zahlen, ehe er den Krankenversicherungsvertrag endgültig verliert. Zudem gibt es besondere Hinweispflichten, die der Versicherer in der Mahnung zu erfüllen hat. Er hat darauf hinzuweisen, dass • der Abschluss einer neuen Krankenversicherung nach einer Kündigung wegen Nichtzahlung nach § 38 Abs. 3 VVG zur Folge hat, dass der Kunde eine neue Gesundheitsprüfung durchführen lassen muss und die neue Versicherung mit einer Beschränkung des Versicherungsumfangs und auch mit einer höheren Prämie verbunden sein kann. • Bezieher von Arbeitslosengeld II unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 SGB II einen Zuschuss zu ihren Beiträgen zur Kranken- oder Pflegeversicherung erhalten können. • Der Träger von Sozialhilfe unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und 3 SGB XII die Beiträge zur Kranken- oder Pflegeversicherung übernehmen kann. Neben verschiedenen anderen Details ist auch neu, dass nach § 202 VVG der Versicherer nicht nur einem Arzt, sondern auch einem Rechtsanwalt gegenüber verpflichtet ist, auf Verlangen des Kunden Auskunft über oder Einsicht in Gutachten zu geben, die der Versicherer zur Prüfung der Leistungspflicht bezüglich der medizinischen Notwendigkeit eingeholt hat.
Auskunft auch an einen Anwalt
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Vertretungsmacht der Vertreter
Rechtsnormen: §§ 69–73 VVG Siehe CDROM
Versicherungsvertreter gelten wie bisher auch als bevollmächtigt, • Anträge, deren Widerruf, zum Antrag gehörende Anzeigen und sonstige Erklärungen des Kunden entgegenzunehmen, • Verlängerungs- und Änderungsanträge, deren Widerruf, Kündigungen, Rücktritts- und sonstige Erklärungen sowie während der Vertragsdauer zu erstattende Anzeigen entgegenzunehmen, • vom Versicherer ausgefertigte Policen und Nachträge an den Kunden zu übermitteln, • Zahlungen des Kunden in Zusammenhang mit der Vermittlung oder dem Abschluss eines Versicherungsvertrags entgegenzunehmen. Zusätzlich kann auch eine Abschlussvollmacht erteilt werden. Der historisch überkommene Bezirksagent wurde hingegen mangels praktischer Bedeutung aus dem VVG herausgenommen. Beschränkungen der Vertretungsmacht muss ein Kunde oder andere Dritte nicht gegen sich gelten lassen, wenn sie nur per Allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgenommen wurden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Allgemeinen Versicherungsbedingungen ausdrücklich als AVB oder anders bezeichnet werden. Beispiel: Ein Versicherer hält in seinen als „Besondere Bedingungen und Risi kobeschreibungen“ bezeichneten Bedingungen einer Haftpflichtversi cherung fest, dass seine Versicherungsvertreter abweichend von § 69 Abs. 1 VVG nicht als bevollmächtigt gelten, Anträge und andere Er klärungen und Anzeigen des Kunden entgegenzunehmen. Ein Kunde sucht den Vertreter auf und zeigt ihm einen Versiche rungsfall an. Der Vertreter meldet diesen jedoch nicht weiter. Als der Versicherer wesentlich später vom Versicherungsfall erfährt, beruft er sich auf Leistungsfreiheit, weil der Versicherungsfall nicht rechtzeitig
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Vertretungsmacht der Vertreter
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angezeigt wurde, denn der Vertreter sei zur Entgegennahme der An zeige nicht berechtigt gewesen. Der Kunde muss das jedoch nicht ge gen sich gelten lassen, weil die „Besonderen Bedingungen und Risiko beschreibungen“ Allgemeine Versicherungsbedingungen darstellen und die auf diesem Weg vorgenommene Vollmachtsbeschränkung nach § 72 VVG unwirksam ist.
Eine entscheidende Änderung betrifft § 70 VVG. Bisher musste der Versicherer nach § 44 VVG-alt die Kenntnis eines reinen Vermittlungsagenten nicht gegen sich gelten lassen. Das hat der BGH jedoch mit der so genannten „Auge- und Ohr-Rechtsprechung“ in der Praxis in das Gegenteil verkehrt. Dem hat der Gesetzgeber nun Rechnung getragen und das VVG auch insoweit nach den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung reformiert. „Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis des Versicherers erheblich ist, steht die Kenntnis des Versicherungsvertreters der Kenntnis des Versicherers gleich.“
„Auge und Ohr“
Beispiel: • Ein Versicherungsvertreter erfährt im Beratungsgespräch, dass die Kundin vor einigen Jahren eine Nierenoperation durchführen las sen musste. Im Versicherungsantrag zur Krankenversicherung gibt sie das trotz ausdrücklicher Frage nicht an. Der Krankenversicherer muss sich die Kenntnis seines Vertreters zurechnen lassen und kann sich nicht später auf eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berufen. • Die Versicherungsvertreterin hat bei ihrem Besuch beim Kunden erfahren, dass ein neuer, feuergefährlicher Betrieb in das versi cherte Gebäude einzieht. Der Gebäudeinhaber und Kunde verletzt seine Pflichten, keine Gefahrerhöhung ohne Zustimmung des Ver sicherers zuzulassen oder eine nachträglich als solche erkannte Gefahrerhöhung unverzüglich anzuzeigen. Dennoch kann sich der Versicherer später nicht auf entsprechende Rechtsfolgen berufen, weil die Vertreterin von der Gefahrerhöhung wusste.
Allerdings ist nicht jede Kenntnis des Vertreters als Kenntnis des Versicherers anzusehen. Ausgeschlossen bleibt die Kenntnis, die der Vertreter außerhalb seiner Tätigkeit als Vertreter und ohne Zusammenhang mit dem betreffenden Versicherungsvertrag erlangt hat. Auch das entspricht dem bisherigen Stand der Rechtsprechung.
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Vertretungsmacht der Vertreter
Beispiel: Eine Versicherungsvertreterin lernt im Urlaub einen Kunden ihres Ver sicherers kennen und erfährt von ihm, dass er im Antrag seiner Un fallversicherung, die er bei einer anderen Agentur desselben Versiche rers abgeschlossen hat, falsche Angaben gemacht hat. Dieses Wissen ist privat erworben und steht nicht im Zusammenhang mit einem von der Vertreterin vermittelten Vertrag. Es ist deshalb nicht dem Versi cherer zuzurechnen.
Die Bestimmungen zur Vollmacht und zur Wissenszurechnung gelten nicht nur für Versicherungsvertreter, sondern laut § 73 VVG ausdrücklich auch für Angestellte eines Versicherers und für nicht gewerbsmäßig tätige, selbstständige Vermittler.
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Checklisten
Checkliste: Informationspflichten des Versicherers Die folgenden Informations und Aufklärungspflichten hat der Versi cherer:
Siehe CDROM
• § 5 VVG: Auffälliger Hinweis im Versicherungsschein auf Antrags abweichungen. • § 6 VVG: Anlassbezogene Befragung, Beratung und Dokumentation beim Abschluss sowie anlassbezogene Nachfrage und Beratung beim laufenden Vertragsverhältnis. • § 7 VVG: Übermittlung der Vertragsbestimmungen, AVB und sons tigen Informationen nach VVGInfoV rechtzeitig vor Antragstel lung. • § 8 VVG: Belehrung über das Widerrufsrecht. • § 19 Abs. 5 VVG: Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtver letzung durch gesonderte Mitteilung. • § 25 Abs. 2 VVG: Hinweis auf das Recht des Kunden zur Kündigung bei geänderten Bedingungen wegen Gefahrerhöhung. • § 28 Abs. 4 VVG: Aufklärung über die Rechtsfolgen einer Verlet zung von Auskunfts und Aufklärungsobliegenheiten nach einem Versicherungsfall. • § 37 Abs. 2 VVG: Hinweis auf Rechtsfolge der Nichtzahlung der Einmal oder Erstprämie. • § 38 Abs. 3 VVG: Hinweis auf die Wirksamkeit der Kündigung bei Zahlungsverzug der Folgeprämie. • § 40 Abs. 1 VVG: Hinweis auf das außerordentliche Kündigungs recht bei Prämienerhöhung. • §§ 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 VVG: Mitteilung oder auffälliger Hinweis im Versicherungsschein zu einer Vorläufigen Deckung, wenn der Beginn des Versicherungsschutzes von der Prämienzahlung abhän gen soll. • § 154 Abs. 2 VVG: Hinweis auf den fiktiven Charakter und auf die Unverbindlichkeit der Modellrechnung in der Lebensversicherung.
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Checklisten
• § 166 Abs. 3 VVG: Hinweis auf die eintretende Umwandlung einer Lebensversicherung in eine prämienfreie Versicherung bei Zah lungsverzug der Folgeprämie. • § 186 VVG: Hinweis auf vertragliche Anspruchs und Fälligkeits voraussetzungen in der Unfallversicherung nach Anzeige des Ver sicherungsfalls. • § 194 Abs. 2 Satz 2 VVG: Aufklärung in der qualifizierten Mahnung einer Krankenversicherung über die mit dem Verlust der Kranken versicherung verbundenen besonderen Nachteile, über Zuschuss möglichkeiten für Bezieher des Arbeitslosengeldes II und über Möglichkeiten der Beitragsübernahme bei Beziehern der Sozialhil fe. • § 196 Abs. 1 Satz 3 VVG: Hinweis auf das Verlängerungsrecht einer Krankentagegeldversicherung über das 65. Lebensjahr hinaus frü hestens sechs Monate vor dem Ende der Versicherung. • § 10 a Abs. 1 VAG: Hinweis in Antragsvordrucken für mehrere Ver sicherungen auf die rechtliche Selbstständigkeit beantragter Ver träge und auf die für sie vorgesehenen Versicherungsbedingungen und die geltenden Antragsbindungsfristen und Vertragslaufzeiten. Besondere Informationspflichten des Versicherungsvermittlers • § 60 Abs. 2 VVG: Mitteilung der Beratungsgrundlage. • §§ 61 Abs. 1 und 62 Abs. 1 VVG: Anlassbezogene Befragung, Bera tung und Dokumentation.
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Checklisten
Checkliste: Text oder Schriftform? Das neue VVG sieht in der Regel für Erklärungen, Mitteilungen und Befragungen die Textform vor. In einigen Bereichen gibt es ausdrück' lich ein Wahlrecht, einige wenige Erklärungen müssen in Schriftform erfolgen.
Siehe CD'ROM
Textform • Versicherungsschein (§ 3 VVG): Auch bisher gab es schon die Er' leichterung zur Schriftform, wonach die Nachbildung einer hand' schriftlichen Unterschrift genügte. Achtung: Wird der Versiche' rungsschein als elektronisches Dokument versendet, hat der VN Anspruch, auf Verlangen hin diesen als Urkunde, sprich in Papier' form, zu erhalten. • Widerspruch des VN bei abweichendem Versicherungsschein (§ 5 VVG). • Beratungsdokumentation des Versicherers sowie des Versicher' ungsvermittlers (§§ 6, 62 VVG). • Vertragsbestimmungen, AVB und sonstige Informationen nach VVG'InfoV sowie während der Laufzeit des Vertrags mitzuteilende Informationen wie u. a. die Entwicklung der Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag (§§ 7, 155 VVG). • Widerruf eines Vertrags durch den VN (§ 8 VVG). • Erklärungen des Versicherers zur Leistungspflicht im Versicher' ungsfall (§§ 15, 115, 173, 187 VVG). • Mitteilung des Versicherers zu Änderungen beim Prämieneinzug (§ 33 VVG). • Hinweis des Versicherers auf Leistungsfreiheit bei Nichtzahlung der Erstprämie (§§ 37, 52 VVG). • Qualifizierte Mahnung des Versicherers bei Zahlungsverzug der Folgeprämie (§ 38 VVG). • Vereinbarung der Einlösungsklausel beim Vertrag über vorläufige Deckung (§ 51 VVG). • Erklärungen in Zusammenhang mit dem Eigentumsübergang (§ 98 VVG). • Anspruchstellung beim Direktanspruch gegen eine Pflichtversiche' rung (§ 119 VVG). • Benachrichtigung von Hypothekengläubigern bei Nichtzahlung der Prämie (§ 142 VVG).
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Checklisten
• Vereinbarung über gefahrerhöhende Umstände in der Lebens' und Unfallversicherung (§§ 158, 181 VVG). • Benachrichtigung von Bezugsberechtigten bei Kündigung einer Lebens' oder Krankenversicherung (§§ 166, 206 VVG). • Benachrichtigung über den Fortfall der Voraussetzungen für die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung (§ 174 VVG). • Hinweis des Versicherers auf Anspruchs' und Fälligkeits' voraussetzungen sowie einzuhaltende Fristen im Versicherungsfall einer Unfallversicherung (§ 186 VVG). • Benennung eines Bezugsberechtigten durch den Versicherungs' nehmer in der Krankenversicherung (§ 194 VVG). • Aufforderung zum Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (§ 205 VVG). Textform, wahlweise kann aber auch Schriftform vereinbart werden • Vorvertragliche Anzeige von Gefahrumständen; Frage des Versicherers hiernach; Mitteilung an den VN über die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung (§§ 19, 32 VVG). • Hinweis des Versicherers auf Rechtsfolge einer Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit (§§ 28, 32 VVG). • Anzeige der Veräußerung, Kündigung des Erwerbers (§§ 96, 97, 98 VVG). • Verlangen des Versicherungsnehmers auf Umwandlung der Le' bensversicherung in eine prämienfreie Versicherung (§§ 165, 171 VVG). • Kündigung des Versicherungsnehmers einer Lebensversicherung (§§ 168, 171 VVG). • Kündigung des Versicherungsnehmers in der Krankenversicherung (§§ 205, 208 VVG). Schriftform • Verzicht des Versicherungsnehmers auf Beratung und/oder Doku' mentation, auf die Mitteilung zur Beratungsgrundlage des Vermittlers und auf die vor Antragstellung übermittelten Vertragsinformationen (§§ 6, 7, 60, 61 VVG). • Geltendmachung von Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzei' gepflichtverletzung durch den Versicherer (§ 21 VVG).
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Checklisten
• Bevollmächtigung eines Versicherungsvermittlers zur Entgegen' nahme von Leistungen für den Versicherungsnehmer (§ 64 VVG). • Einwilligung der versicherten Person bei einer Versicherung auf fremde Rechnung in einer über eine Sterbegeldversicherung hi' nausgehende Todesfall' sowie Unfallversicherung (§§ 150, 179 VVG). Checkliste: Vorteile des Kunden durch die VVGReform • Beratung des Kunden: Der Kunde wird über seinen Bedarf und über die dazu passenden Produkte und Produktgestaltungen aufgeklärt. Auch während des Vertragsverhältnisses kann er sich darauf verlassen, dass er bei Vorliegen eines für den Versicherer erkennbaren Bedarfs angespro' chen und zu dem Bedarf beraten wird. Wird der Kunde falsch bera' ten, kann er Schadenersatzansprüche gegen den Versicherer oder den Vermittler geltend machen. • Kenntniszurechnung: Hat ein Versicherungsvertreter gefahrerhebliche Umstände vom Kunden erfahren, kann dem Kunden nicht mehr der Vorwurf ge' macht werden, er habe sie dem Versicherer nicht gemeldet. • Information des Kunden: Der Kunde erhält vor seiner Entscheidung alle für den Vertrag be' deutsamen Bedingungen und Informationen und kann dadurch ei' ne informierte Entscheidung treffen. • Vorvertragliche Anzeigepflicht: Der Kunde wird davon entlastet, selbst einschätzen zu müssen, welche Umstände gefahrerheblich sind und im Antrag angegeben werden müssen. Zudem muss er grundsätzlich keine Veränderun' gen mehr nachmelden, die zwischen Antragstellung und Vertrags' schluss eintreten. • Widerrufsrecht: Die bisher sehr unübersichtlichen Widerrufs' und Widerspruchs' fristen sind vereinheitlicht und dadurch für den Kunden wesentlich leichter nachvollziehbar und im Bedarfsfall anwendbar. • Vertragslaufzeiten: Der Kunde ist in der Schaden'/Unfallversicherung nur noch maxi' mal drei Jahre an einen Versicherungsvertrag gebunden und kann frühzeitiger wechseln, sofern sich neue und für seinen Bedarf günstigere Versicherungsmöglichkeiten eröffnen.
Siehe CD'ROM
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Checklisten
• Aufgabe des AllesodernichtsPrinzips: Selbst bei grob fahrlässiger Verletzung von Obliegenheiten oder grob fahrlässiger Herbeiführung eines Versicherungsfalls steht der Kunde nicht mehr ganz ohne Ansprüche auf die vertragliche Leis tung da. Er kann zumindest eine im Verhältnis zur Schwere seines Verschuldens gekürzte Leistung in Anspruch nehmen. Zudem wird er in wichtigen Situationen vom Versicherer gewarnt, so dass die Verletzung vertraglicher Pflichten nicht überraschend zu solchen Konsequenzen führt. • Wegfall des Prinzips der Unteilbarkeit der Prämie: Der Kunde muss bei vorzeitiger Beendigung des Vertrags nicht mehr Beiträge bis zum Ende des laufenden Versicherungsjahres zahlen, obwohl der Versicherer kein Risiko mehr trägt. Auch der Wechsel des Versicherers wird dadurch beschleunigt, wenn der Kunde mit dem bisherigen Versicherer wegen dessen Schadenregu lierung unzufrieden oder ein Erwerber an einem anderen Versiche rer interessiert ist. • Vorläufige Deckung: Der Kunde kann weiterhin vorläufigen Deckungsschutz erhalten, selbst wenn die umfangreichen Informationspflichten nicht vorab möglich sind. In Zweifelsfällen gelten für ihn die günstigsten Ver sicherungsbedingungen. • Pflichtversicherung: Zumindest in den Fällen, in denen der Schädiger insolvent oder nicht mehr auffindbar ist, kann der Kunde einen Direktanspruch gegen den Pflichtversicherer geltend machen. • Haftpflichtversicherung: Dem Kunden kann ein an sich berechtigter Freistellungsanspruch nicht mehr verweigert werden, nur weil er einen Anspruch ohne Abstimmung mit dem Versicherer anerkannt oder befriedigt hat. Zudem darf er in der Regel seinen Freistellungsanspruch an den Geschädigten abtreten und es ihm damit ermöglichen, sich direkt an den Versicherer zu wenden, womit die belastende Auseinander setzung zwischen Schädiger und Geschädigtem reduziert wird. • Lebensversicherung: Der Kunde profitiert von der Neuregelung der Überschussbeteili gung durch einen Anteil an den durch seine Beitragsleistung mit entstandenen Bewertungsreserven. Falls eine Lebensversicherung vorzeitig gekündigt werden muss, ist insbesondere in den ersten Vertragsjahren durch die Verteilung der Abschluss und Vertriebs kosten ein deutlich höherer Rückkaufswert zu erwarten. Durch die
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Checklisten
Modellrechnung bei Abschluss erfährt der Kunde, in welchen Bandbreiten typischerweise Ablaufleistungen schwanken können, und dass die in Aussicht gestellten Leistungen nicht in vollem Um fang garantiert sind. Damit wird spätere Enttäuschung und der Ausfall einkalkulierter Leistungen vermieden. Durch die jährliche Mitteilung bleibt der Kunde zudem ständig informiert, wie sich die Ansprüche aus seinem Vertrag entwickeln und welche positiven wie negativen Abweichungen zur ursprünglichen Hochrechnung zu erwarten sind. • Krankenversicherung: Beim Zahlungsverzug der Folgeprämie hat der Kunde deutlich mehr Zeit, so dass der wichtige Krankenversicherungsschutz nicht unmittelbar gefährdet ist. Zudem wird er vom Versicherer über Möglichkeiten zur Bezuschussung bei Bedürftigkeit aufgeklärt. Der Basistarif bietet vielen Kunden mit Vorerkrankungen erstmals ei nen Zugang zur privaten Krankenversicherung, auch ältere Versi cherte mit sehr hohen Beiträgen können hiervon profitieren. Der Wechsel der Krankenversicherung auch in vorgerücktem Alter wird durch teilweise übertragbare Alterungsrückstellungen erheblich er leichtert. • Textform: Viele Mitteilungen werden erheblich erleichtert, weil keine Schrift form mehr benötigt wird. Mitteilungen per EMail, Internetkon taktformular, Fax etc. sind wesentlich kostengünstiger. • Verjährungsfristen: Ansprüche des Kunden aus Versicherungsverträgen verjähren nicht mehr unabhängig von der Kenntnis des Kunden von seinem An spruch und nicht mehr bereits nach zwei, sondern erst nach drei Jahren. Auch die für den Kunden nachteilige Ausschlussfrist für die Klageerhebung bei Ablehnung einer Leistung von nur sechs Mona ten ist damit hinfällig.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts
Vom 23. November 2007 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz –VVG) Inhaltsübersicht Teil 1 Allgemeiner Teil Kapitel 1 Vorschriften für alle Versicherungszweige Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § § § § § § § § § § § § § § § § §
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
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Vertragstypische Pflichten Rückwärtsversicherung Versicherungsschein Versicherungsschein auf den Inhaber Abweichender Versicherungsschein Beratung des Versicherungsnehmers Information des Versicherungsnehmers Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers Rechtsfolgen des Widerrufs Beginn und Ende der Versicherung Verlängerung, Kündigung Versicherungsperiode Änderung von Anschrift und Name Fälligkeit der Geldleistung Hemmung der Verjährung Insolvenz des Versicherers Abtretungsverbot bei unpfändbaren Sachen
§ 18 Abweichende Vereinbarungen Abschnitt 2 Anzeigepflicht, Gefahrerhöhung, andere Obliegenheiten § § § § § § § § § § §
19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29
Anzeigepflicht Vertreter des Versicherungsnehmers Ausübung der Rechte des Versicherers Arglistige Täuschung Gefahrerhöhung Kündigung wegen Gefahrerhöhung Prämienerhöhung wegen Gefahrerhöhung Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung Unerhebliche Gefahrerhöhung Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit Teilrücktritt, Teilkündigung, teilweise Leis tungsfreiheit § 30 Anzeige des Versicherungsfalles § 31 Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers § 32 Abweichende Vereinbarungen Abschnitt 3 Prämie § § § § § § § § §
33 34 35 36 37 38 39 40 41
Fälligkeit Zahlung durch Dritte Aufrechnung durch den Versicherer Leistungsort Zahlungsverzug bei Erstprämie Zahlungsverzug bei Folgeprämie Vorzeitige Vertragsbeendigung Kündigung bei Prämienerhöhung Herabsetzung der Prämie
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 42 Abweichende Vereinbarungen Abschnitt 4 Versicherung für fremde Rech nung § § § §
43 44 45 46
Begriffsbestimmung Rechte des Versicherten Rechte des Versicherungsnehmers Rechte zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem § 47 Kenntnis und Verhalten des Versicherten § 48 Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
§ 64 Zahlungssicherung zugunsten des Versiche rungsnehmers § 65 Großrisiken § 66 Sonstige Ausnahmen § 67 Abweichende Vereinbarungen § 68 Versicherungsberater
§ § § § §
69 70 71 72 73
Abschnitt 5 Vorläufige Deckung § § § §
49 50 51 52
§ § § § § §
53 54 55 56 57 58
Kapitel 2 Schadensversicherung
Inhalt des Vertrags Nichtzustandekommen des Hauptvertrags Prämienzahlung Beendigung des Vertrags Abschnitt 6 Laufende Versicherung Anmeldepflicht Verletzung der Anmeldepflicht Einzelpolice Verletzung der Anzeigepflicht Gefahränderung Obliegenheitsverletzung
Abschnitt 7 Versicherungsvermittler, Versi cherungsberater Unterabschnitt 1 Mitteilungsund Beratungspflichten § 59 Begriffsbestimmungen § 60 Beratungsgrundlage des Versicherungsvermittlers § 61 Beratungsund Dokumentationspflichten des Versicherungsvermittlers § 62 Zeitpunkt und Form der Information § 63 Schadensersatzpflicht
Unterabschnitt 2 Vertretungsmacht Gesetzliche Vollmacht Kenntnis des Versicherungsvertreters Abschlussvollmacht Beschränkung der Vertretungsmacht Angestellte und nicht gewerbsmäßig tätige Vermittler
Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § § § § § § § § § § § § § §
74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87
Überversicherung Unterversicherung Taxe Mehrere Versicherer Haftung bei Mehrfachversicherung Beseitigung der Mehrfachversicherung Fehlendes versichertes Interesse Herbeiführung des Versicherungsfalles Abwendung und Minderung des Schadens Aufwendungsersatz Sachverständigenverfahren Schadensermittlungskosten Übergang von Ersatzansprüchen Abweichende Vereinbarungen Abschnitt 2 Sachversicherung
§ § § § § §
88 89 90 91 92 93
Versicherungswert Versicherung für Inbegriff von Sachen Erweiterter Aufwendungsersatz Verzinsung der Entschädigung Kündigung nach Versicherungsfall Wiederherstellungsklausel
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 94 Wirksamkeit der Zahlung gegenüber Hypo thekengläubigern § 95 Veräußerung der versicherten Sache § 96 Kündigung nach Veräußerung § 97 Anzeige der Veräußerung § 98 Schutz des Erwerbers § 99 Zwangsversteigerung, Erwerb des Nut zungsrechts Teil 2 Einzelne Versicherungszweige Kapitel 1 Haftpflichtversicherung Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § 100 § 101 § 102 § 103 § 104 § 105 § 106 § 107 § 108 § 109 § 110 § 111 § 112
Leistung des Versicherers Kosten des Rechtsschutzes Betriebshaftpflichtversicherung Herbeiführung des Versicherungsfalles Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers Anerkenntnis des Versicherungsnehmers Fälligkeit der Versicherungsleistung Rentenanspruch Verfügung über den Freistellungsanspruch Mehrere Geschädigte Insolvenz des Versicherungsnehmers Kündigung nach Versicherungsfall Abweichende Vereinbarungen Abschnitt 2 Pflichtversicherung
§ 113 § 114 § 115 § 116 § 117 § 118 § 119 § 120 § 121 § 122
Pflichtversicherung Umfang des Versicherungsschutzes Direktanspruch Gesamtschuldner Leistungspflicht gegenüber Dritten Rangfolge mehrerer Ansprüche Obliegenheiten des Dritten Obliegenheitsverletzung des Dritten Aufrechnung gegenüber Dritten Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache § 123 Rückgriff bei mehreren Versicherten § 124 Rechtskrafterstreckung
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Kapitel 2 Rechtsschutzversicherung § 125 § 126 § 127 § 128 § 129
Leistung des Versicherers Schadensabwicklungsunternehmen Freie Anwaltswahl Gutachterverfahren Abweichende Vereinbarungen Kapitel 3 Transportversicherung
§ 130 § 131 § 132 § 133 § 134 § 135 § 136 § 137 § 138 § 139
Umfang der Gefahrtragung Verletzung der Anzeigepflicht Gefahränderung Vertragswidrige Beförderung Ungeeignete Beförderungsmittel Aufwendungsersatz Versicherungswert Herbeiführung des Versicherungsfalles Haftungsausschluss bei Schiffen Veräußerung der versicherten Sache oder Güter § 140 Veräußerung des versicherten Schiffes § 141 Befreiung durch Zahlung der Versicherungs summe Kapitel 4 Gebäudefeuerversicherung § 142 Anzeigen an Hypothekengläubiger § 143 Fortdauer der Leistungspflicht gegenüber Hypothekengläubigern § 144 Kündigung des Versicherungsnehmers § 145 Übergang der Hypothek § 146 Bestätigungs und Auskunftspflicht des Versicherers § 147 Änderung von Anschrift und Name des Hypothekengläubigers § 148 Andere Grundpfandrechte § 149 Eigentümergrundpfandrechte Kapitel 5 Lebensversicherung § 150 Versicherte Person § 151 Ärztliche Untersuchung
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 152 § 153 § 154 § 155 § 156 § 157 § 158 § 159 § 160 § 161 § 162 § 163 § 164 § 165 § 166 § 167 § 168 § 169 § 170 § 171
Widerruf des Versicherungsnehmers Überschussbeteiligung Modellrechnung Jährliche Unterrichtung Kenntnis und Verhalten der versicherten Person Unrichtige Altersangabe Gefahränderung Bezugsberechtigung Auslegung der Bezugsberechtigung Selbsttötung Tötung durch Leistungsberechtigten Prämienund Leistungsänderung Bedingungsanpassung Prämienfreie Versicherung Kündigung des Versicherers Umwandlung zur Erlangung eines Pfän dungsschutzes Kündigung des Versicherungsnehmers Rückkaufswert Eintrittsrecht Abweichende Vereinbarungen Kapitel 6 Berufsunfähigkeitsversicherung
§ 172 § 173 § 174 § 175 § 176 § 177
Leistung des Versicherers Anerkenntnis Leistungsfreiheit Abweichende Vereinbarungen Anzuwendende Vorschriften Ähnliche Versicherungsverträge Kapitel 7 Unfallversicherung
§ 178 § 179 § 180 § 181 § 182 § 183 § 184 § 185 § 186 § 187 § 188
Leistung des Versicherers Versicherte Person Invalidität Gefahrerhöhung Mitwirkende Ursachen Herbeiführung des Versicherungsfalles Abwendung und Minderung des Schadens Bezugsberechtigung Hinweispflicht des Versicherers Anerkenntnis Neubemessung der Invalidität
§ 189 Sachverständigenverfahren, Schadensermittlungskosten § 190 Pflichtversicherung § 191 Abweichende Vereinbarungen Kapitel 8 Krankenversicherung § 192 Vertragstypische Leistungen des Versiche rers § 193 Versicherte Person § 194 Anzuwendende Vorschriften § 195 Versicherungsdauer § 196 Befristung der Krankentagegeldversicherung § 197 Wartezeiten § 198 Kindernachversicherung § 199 Beihilfeempfänger § 200 Bereicherungsverbot § 201 Herbeiführung des Versicherungsfalles § 202 Auskunftspflicht des Versicherers; Scha densermittlungskosten § 203 Prämienund Bedingungsanpassung § 204 Tarifwechsel § 205 Kündigung des Versicherungsnehmers § 206 Kündigung des Versicherers § 207 Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses § 208 Abweichende Vereinbarungen Teil 3 Schlussvorschriften § 209 Rückversicherung, Seeversicherung § 210 Großrisiken, laufende Versicherung § 211 Pensionskassen, kleinere Versicherungsver eine Versicherungen mit kleineren Beträgen § 212 Fortsetzung der Lebensversicherung nach der Elternzeit § 213 Erhebung personenbezogener Gesundheits daten bei Dritten § 214 Schlichtungsstelle § 215 Gerichtsstand
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts
Teil 1 Allgemeiner Teil Kapitel 1 Vorschriften für alle Versicherungszweige Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften §1 Vertragstypische Pflichten Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versi cherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versi cherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des verein barten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten. §2 Rückwärtsversicherung (1) Der Versicherungsvertrag kann vorsehen, dass der Versicherungsschutz vor dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses beginnt (Rückwärtsversiche rung). (2) Hat der Versicherer bei Abgabe seiner Ver tragserklärung davon Kenntnis, dass der Eintritt eines Versicherungsfalles ausgeschlossen ist, steht ihm ein Anspruch auf die Prämie nicht zu. Hat der Versicherungsnehmer bei Abgabe seiner Vertrags erklärung davon Kenntnis, dass ein Versicherungs fall schon eingetreten ist, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet. (3) Wird der Vertrag von einem Vertreter ge schlossen, ist in den Fällen des Absatzes 2 sowohl die Kenntnis des Vertreters als auch die Kenntnis des Vertretenen zu berücksichtigen. (4) § 37 Abs. 2 ist auf die Rückwärtsversicherung nicht anzuwen den.
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§3 Versicherungsschein (1) Der Versicherer hat dem Versicherungsneh mer einen Versicherungsschein in Textform, auf dessen Verlangen als Urkunde, zu übermitteln. (2) Wird der Vertrag nicht durch eine Niederlas sung des Versicherers im Inland geschlossen, ist im Versicherungsschein die Anschrift des Versicherers und der Niederlassung, über die der Vertrag ge schlossen worden ist, anzugeben. (3) Ist ein Versicherungsschein abhandenge kommen oder vernichtet, kann der Versicherungs nehmer vom Versicherer die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins verlangen. Unterliegt der Versicherungsschein der Kraftloserklärung, ist der Versicherer erst nach der Kraftloserklärung zur Ausstellung verpflichtet. (4) Der Versicherungsnehmer kann jederzeit vom Versicherer Abschriften der Erklärungen verlangen, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat. Benötigt der Versicherungsnehmer die Abschriften für die Vornahme von Handlungen gegenüber dem Versicherer, die an eine bestimmte Frist gebunden sind, und sind sie ihm nicht schon früher vom Versicherer übermittelt worden, ist der Lauf der Frist vom Zugang des Verlangens beim Versicherer bis zum Eingang der Abschriften beim Versiche rungsnehmer gehemmt. (5) Die Kosten für die Erteilung eines neuen Ver sicherungsscheins nach Absatz 3 und der Abschrif ten nach Absatz 4 hat der Versicherungsnehmer zu tragen und auf Verlangen vorzuschießen. §4 Versicherungsschein auf den Inhaber (1) Auf einen als Urkunde auf den Inhaber aus gestellten Versicherungsschein ist § 808 des Bür gerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. (2) Ist im Vertrag bestimmt, dass der Versicherer nur gegen Rückgabe eines als Urkunde ausgestell ten Versicherungsscheins zu leisten hat, genügt, wenn der Versicherungsnehmer erklärt, zur Rück
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts gabe außerstande zu sein, das öffentlich beglau bigte Anerkenntnis, dass die Schuld erloschen sei. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Versiche rungsschein der Kraftloserklärung unterliegt.
sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des ange botenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.
§5 Abweichender Versicherungsschein
(2) Der Versicherer hat dem Versicherungsneh mer den erteilten Rat und die Gründe hierfür klar und verständlich vor dem Abschluss des Vertrags in Textform zu übermitteln Die Angaben dürfen mündlich übermittelt werden, wenn der Versiche rungsnehmer dies wünscht oder wenn und soweit der Versicherer vorläufige Deckung gewährt. In diesen Fällen sind die Angaben unverzüglich nach dem Vertragsschluss dem Versicherungsnehmer in Textform zu übermitteln; dies gilt nicht, wenn ein Vertrag nicht zustande kommt und für Verträge über vorläufige Deckung bei Pflichtversicherungen.
(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abwei chung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungs nehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. (2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versiche rungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechts folgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf merksam zu machen. (3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen. (4) Eine Vereinbarung, durch die der Versiche rungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam. §6 Beratung des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherer hat den Versicherungsneh mer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Be dürfnissen zu befragen und, auch unter Berück sichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versi cherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten
(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Bera tung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzan spruch nach Absatz 5 geltend zu machen. (4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 be steht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist. Der Versicherungsnehmer kann im Einzellfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzich ten. (5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungs nehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungs verträge über ein Großrisiko im Sinn des Artikels 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Versi cherungsvertragsgesetz nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versiche rungsnehmer von einem Versicherungsmakler ver mittelt wird oder wenn es sich um einen Vertrag im
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Fernabsatz im Sinn des § 312b Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs handelt. §7 Information des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherer hat dem Versicherungsneh mer rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragser klärung seine Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die in einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Informationen in Textform mitzuteilen. Die Mitteilungen sind in einer dem eingesetzten Kommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich zu übermitteln. Wird der Vertrag auf Verlangen des Versicherungsnehmers telefo nisch oder unter Verwendung eines anderen Kom munikationsmittels geschlossen, das die Informati on in Textform vor der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers nicht gestattet, muss die Information unverzüglich nach Vertragsschluss nachgeholt werden; dies gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer durch eine gesonderte schriftliche Erklärung auf eine Information vor Abgabe seiner Vertragserklärung ausdrücklich verzichtet. (2) Das Bundesministerium der Justiz wird er mächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminis terium der Finanzen und im Benehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zum Zweck einer umfassenden Information des Versicherungs nehmers festzulegen,
Vertriebskosten, soweit eine Verrechnung mit Prämien erfolgt, und über sonstige Kosten mit zuteilen sind, 3. welche weiteren Informationen bei der Kranken versicherung, insbesondere über die Prämien entwicklung und gestaltung sowie die Ab schluss und Vertriebskosten, mitzuteilen sind, 4. was dem Versicherungsnehmer mitzuteilen ist, wenn der Versicherer mit ihm telefonisch Kon takt aufgenommen hat und 5. in welcher Art und Weise die Informationen zu erteilen sind. Bei der Festlegung der Mitteilungen nach Satz 1 sind die vorgeschriebenen Angaben nach der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungs vorschriften für die Direktversicherung (mit Aus nahme der Lebensversicherung) sowie zur Ände rung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG (ABl. EG Nr. L 228 S. 1), der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. EG Nr. L 271 S. 16) sowie der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen (ABl. EG Nr. L 345 S. 1) zu beachten.
1. welche Einzelheiten des Vertrags, insbesondere zum Versicherer, zur angebotenen Leistung und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie zum Bestehen eines Widerrufsrechts, dem Versicherungsnehmer mitzuteilen sind,
(3) In der Rechtsverordnung nach Absatz 2 ist ferner zu bestimmen, was der Versicherer während der Laufzeit des Vertrags in Textform mitteilen muss; dies gilt insbesondere bei Änderungen früherer Informationen, ferner bei der Krankenver sicherung bei Prämienerhöhungen und hinsichtlich der Möglichkeit eines Tarifwechsels sowie bei der Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung hinsichtlich der Entwicklung der Ansprüche des Versicherungsnehmers.
2. welche weiteren Informationen dem Versiche rungsnehmer bei der Lebensversicherung, insbe sondere über die zu erwartenden Leistungen, ihre Ermittlung und Berechnung, über eine Mo dellrechnung sowie über die Abschluss und
(4) Der Versicherungsnehmer kann während der Laufzeit des Vertrags jederzeit vom Versicherer verlangen, dass ihm dieser die Vertragsbestimmun gen einschließlich der Allgemeinen Versicherungs bedingungen in einer Urkunde übermittelt; die
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Kosten für die erste Übermittlung hat der Versiche rer zu tragen. (5) Die Absätze 1 bis 4 sind auf Versicherungs verträge über ein Großrisiko im Sinn des Artikels 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Versi cherungsvertragsgesetz nicht anzuwenden. Ist bei einem solchen Vertrag der Versicherungsnehmer eine natürliche Person, hat ihm der Versicherer vor Vertragsschluss das anwendbare Recht und die zuständige Aufsichtsbehörde in Textform mitzutei len. §8 Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherungsnehmer kann seine Ver tragserklärung innerhalb von zwei Wochen wider rufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begrün dung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung. (2) Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem folgende Unterlagen dem Versicherungs nehmer in Textform zugegangen sind: 1. der Versicherungsschein und die Vertragsbe stimmungen einschließlich der Allgemeinen Ver sicherungsbedingungen sowie die weiteren In formationen nach § 7 Abs. 1 und 2 und 2. eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des Widerrufs, die dem Versicherungsnehmer seine Rechte entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels deutlich macht und die den Namen und die Anschrift des jenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und auf die Regelungen des Absatzes 1 Satz 2 ent hält. Die Belehrung genügt den Anforderungen des Satzes 1 Nr. 2, wenn das vom Bundesministerium der Justiz auf Grund einer Rechtsverordnung nach Absatz 5 veröffentlichte Muster verwendet wird.
Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen nach Satz 1 obliegt dem Versicherer. (3) Das Widerrufsrecht besteht nicht 1. bei Versicherungsverträgen mit einer Laufzeit von weniger als einem Monat, 2. bei Versicherungsverträgen über vorläufige Deckung, es sei denn, es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinn des § 312b Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 3. bei Versicherungsverträgen bei Pensionskassen, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beru hen, es sei denn, es handelt sich um einen Fern absatzvertrag im Sinn des § 312b Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 4. bei Versicherungsverträgen über ein Großrisiko im Sinn desArtikels10Abs. 1 Satz 2 des Einfüh rungsgesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz. Das Widerrufsrecht ist ausgeschlossen bei Versi cherungsverträgen, die von beiden Vertragsparteien auf ausdrücklichen Wunsch des Versicherungsneh mers vollständig erfüllt sind, bevor der Versiche rungsnehmer sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. (4) Im elektronischen Geschäftsverkehr beginnt die Widerrufsfrist abweichend von Absatz 2 Satz 1 nicht vor Erfüllung auch der in § 312e Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelten Pflich ten. (5) Das Bundesministerium der Justiz wird er mächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustim mung des Bundesrates Inhalt und Gestaltung der dem Versicherungsnehmer nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 mitzuteilenden Belehrung über das Widerrufs recht festzulegen. §9 Rechtsfolgen des Widerrufs Übt der Versicherungsnehmer das Widerrufs recht nach § 8 Abs. 1aus, hat der Versicherer nur den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfal
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts lenden Teil der Prämien zu erstatten, wenn der Versicherungsnehmer in der Belehrung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen worden ist und zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz vor Ende der Widerrufsfrist beginnt; die Erstattungspflicht ist unverzüglich, spätestens 30 Tage nach Zugang des Widerrufs zu erfüllen. Ist der in Satz 1 genannte Hinweis unterblieben, hat der Versicherer zusätz lich die für das erste Jahr des Versicherungsschut zes gezahlten Prämien zu erstatten; dies gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer Leistungen aus dem Versicherungsvertrag in Anspruch genommen hat. §10 Beginn und Ende der Versicherung Ist die Dauer der Versicherung nach Tagen, Wo chen, Monaten oder einem mehrere Monate um fassenden Zeitraum bestimmt, beginnt die Versi cherung mit Beginn des Tages, an dem der Vertrag geschlossen wird; er endet mit Ablauf des letzten Tages der Vertragszeit. § 11 Verlängerung, Kündigung (1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit ein gegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt. (2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbe stimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten. (3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertrags parteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.
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(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. § 12 Versicherungsperiode Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres. § 13 Änderung von Anschrift und Name (1) Hat der Versicherungsnehmer eine Änderung seiner Anschrift dem Versicherer nicht mitgeteilt, genügt für eine dem Versicherungsnehmer gegen über abzugebende Willenserklärung die Absendung eines eingeschriebenen Briefes an die letzte dem Versicherer bekannte Anschrift des Versicherungs nehmers. Die Erklärung gilt drei Tage nach der Absendung des Briefes als zugegangen. Die Sätze 1 und 2 sind im Fall einer Namensänderung des Versicherungsnehmers entsprechend anzuwenden. (2) Hat der Versicherungsnehmer die Versiche rung in seinem Gewerbebetrieb genommen, ist bei einer Verlegung der gewerblichen Niederlassung Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend anzuwenden. § 14 Fälligkeit der Geldleistung (1) Geldleistungen des Versicherers sind fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versi cherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen. (2) Sind diese Erhebungen nicht bis zum Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Versicherungs falles beendet, kann der Versicherungsnehmer Abschlagszahlungen in Höhe des Betrags verlan gen, den der Versicherer voraussichtlich mindestens zu zahlen hat. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die Erhebungen infolge eines Verschuldens
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts des Versicherungsnehmers nicht beendet werden können. (3) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherer von der Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszin sen befreit wird, ist unwirksam. § 15 Hemmung der Verjährung Ist ein Anspruch aus dem Versicherungsvertrag beim Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem An spruchsteller in Textform zugeht. § 16 Insolvenz des Versicherers (1) Wird über das Vermögen des Versicherers das Insolvenzverfahren eröffnet, endet das Versiche rungsverhältnis mit Ablauf eines Monats seit der Eröffnung; bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es der Insolvenzmasse gegenüber wirksam. (2) Die Vorschriften des Versicherungsaufsichts gesetzes über die Wirkungen der Insolvenzeröff nung bleiben unberührt. § 17 Abtretungsverbot bei unpfändbaren Sachen Soweit sich die Versicherung auf unpfändbare Sachen bezieht, kann eine Forderung aus der Versicherung nur auf solche Gläubiger des Versi cherungsnehmers übertragen werden, die diesem zum Ersatz der zerstörten oder beschädigten Sachen andere Sachen geliefert haben. §18 Abweichende Vereinbarungen Von § 3 Abs.1 bis 4, § 5 Abs. 1 bis 3,den §§ 6 bis 9 und 11 Abs. 2 bis 4, § 14 Abs. 2 Satz 1 und § 15 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
Abschnitt 2 Anzeigepflicht, Gefahrerhöhung, andere Obliegenheiten § 19 Anzeigepflicht (1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Ge fahrumstände, die für den Entschluss des Versiche rers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versiche rer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet. (2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine An zeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. (3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist aus geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahr lässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versiche rer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen. (4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versi cherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtver letzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil. (5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versiche rungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverlet zung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausge
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts schlossen, wenn der Versicherer den nicht ange zeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte. (6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versiche rungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen. § 20 Vertreter des Versicherungsnehmers Wird der Vertrag von einem Vertreter des Versi cherungsnehmers geschlossen, sind bei der Anwen dung des § 19 Abs. 1 bis 4 und des § 21 Abs. 2 Satz 2 sowie Abs. 3 Satz 2 sowohl die Kenntnis und die Arglist des Vertreters als auch die Kenntnis und die Arglist des Versicherungsnehmers zu berücksichti gen. Der Versicherungsnehmer kann sich darauf, dass die Anzeigepflicht nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt worden ist, nur berufen, wenn weder dem Vertreter noch dem Versicherungsneh mer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. § 21 Ausübung der Rechte des Versicherers (1) Der Versicherer muss die ihm nach § 19 Abs. 2 bis 4 zustehenden Rechte innerhalb eines Monats schriftlich geltend machen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht, die das von ihm geltend gemachte Recht begründet, Kenntnis erlangt. Der Versicherer hat bei der Ausübung seiner Rechte die Umstände anzugeben, auf die er seine Erklärung stützt; er darf nachträglich weitere Umstände zur Begründung seiner Erklärung ange ben, wenn für diese die Frist nach Satz 1 nicht verstrichen ist. (2) Im Fall eines Rücktrittes nach § 19 Abs. 2 nach Eintritt des Versicherungsfalles ist der Versi
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cherer nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, die Verletzung der Anzeigepflicht bezieht sich auf einen Umstand, der weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Hat der Versiche rungsnehmer die Anzeigepflicht arglistig verletzt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet. (3) Die Rechte des Versicherers nach § 19 Abs. 2 bis 4 erlöschen nach Ablauf von fünf Jahren nach Vertragsschluss; dies gilt nicht für Versicherungs fälle, die vor Ablauf dieser Frist eingetreten sind. Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht vorsätzlich oder arglistig verletzt, beläuft sich die Frist auf zehn Jahre. § 22 Arglistige Täuschung Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unbe rührt. § 23 Gefahrerhöhung (1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestat ten. (2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträg lich, dass er ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, hat er die Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. (3) Tritt nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers eine Gefahrerhöhung unab hängig von seinem Willen ein, hat er die Gefahrer höhung, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 24 Kündigung wegen Gefahrerhöhung
§ 26 Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung
(1) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Ver pflichtung nach § 23 Abs. 1, kann der Versicherer den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Verpflichtung weder vorsätzlich noch grob fahrläs sig verletzt. Beruht die Verletzung auf einfacher Fahrlässigkeit, kann der Versicherer unter Einhal tung einer Frist von einem Monat kündigen.
(1) Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahr erhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungs nehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(2) In den Fällen einer Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 2und 3kannder Versichererden Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen. (3) Das Kündigungsrecht nach den Absätzen 1 und 2 erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats ab der Kenntnis des Versicherers von der Erhöhung der Gefahr ausgeübt wird oder wenn der Zustand wiederhergestellt ist, der vor der Gefahrer höhung bestanden hat. § 25 Prämienerhöhung wegen Gefahrerhöhung (1) Der Versicherer kann an Stelle einer Kündi gung ab dem Zeitpunkt der Gefahrerhöhung eine seinen Geschäftsgrundsätzen für diese höhere Gefahr entsprechende Prämie verlangen oder die Absicherung der höheren Gefahr ausschließen. Für das Erlöschen dieses Rechtes gilt § 24 Abs. 3 entsprechend. (2) Erhöht sich die Prämie als Folge der Gefahr erhöhung um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Absicherung der höheren Gefahr aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mittei lung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungs nehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzu weisen.
(2) In den Fällen einer Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 2 und 3 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt ein tritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugegangen sein müssen, es sei denn, dem Versi cherer war die Gefahrerhöhung zu diesem Zeit punkt bekannt. Er ist zur Leistung verpflichtet, wenn die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 23 Abs. 2 und 3 nicht auf Vorsatz beruht; im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung gilt Absatz 1 Satz 2. (3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, 1. soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war oder 2 wenn zur Zeit des Eintrittes des Versicherungs falles die Frist für die Kündigung des Versiche rers abgelaufen und eine Kündigung nicht er folgt war. § 27 Unerhebliche Gefahrerhöhung Die §§ 23 bis 26 sind nicht anzuwenden, wenn nur eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr vorliegt oder wenn nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass die Gefahrerhöhung mitversi chert sein soll.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 28 Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit (1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegen heit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrläs sigkeit. (2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätz lich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers ent sprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer. (3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Fest stellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
§ 29 Teilrücktritt, Teilkündigung, teilweise Leistungsfreiheit (1) Liegen die Voraussetzungen, unter denen der Versicherer nach den Vorschriften dieses Ab schnittes zum Rücktritt oder zur Kündigung be rechtigt ist, nur bezüglich eines Teils der Gegens tände oder Personen vor, auf die sich die Versicherung bezieht, steht dem Versicherer das Recht zum Rücktritt oder zur Kündigung für den übrigen Teil nur zu, wenn anzunehmen ist, dass für diesen allein der Versicherer den Vertrag unter den gleichen Bedingungen nicht geschlossen hätte. (2) Macht der Versicherer von dem Recht zum Rücktritt oder zur Kündigung bezüglich eines Teils der Gegenstände oder Personen Gebrauch, ist der Versicherungsnehmer berechtigt, das Versiche rungsverhältnis bezüglich des übrigen Teils zu kündigen. Die Kündigung muss spätestens zum Schluss der Versicherungsperiode erklärt werden, in welcher der Rücktritt oder die Kündigung des Versicherers wirksam wird. (3) Liegen die Voraussetzungen, unter denen der Versicherer wegen einer Verletzung der Vorschrif ten über die Gefahrerhöhung ganz oder teilweise leistungsfrei ist, nur bezüglich eines Teils der Gegenstände oder Personen vor, auf die sich die Versicherung bezieht, ist auf die Leistungsfreiheit Absatz 1 entsprechend anzuwenden. § 30 Anzeige des Versicherungsfalles
(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfrei heit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verlet zung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts oder Aufklärungsoblie genheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mittei lung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.
(1) Der Versicherungsnehmer hat den Eintritt des Versicherungsfalles, nachdem er von ihm Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzei gen. Steht das Recht auf die vertragliche Leistung des Versicherers einem Dritten zu, ist auch dieser zur Anzeige verpflichtet.
(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versi cherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegen heit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.
(2) Auf eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer im Fall der Verletzung der Anzeige pflicht nach Absatz 1 Satz 1 nicht zur Leistung verpflichtet ist, kann sich der Versicherer nicht berufen, wenn er auf andere Weise vom Eintritt des
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Versicherungsfalles rechtzeitig Kenntnis erlangt hat.
§ 34 Zahlung durch Dritte
§ 31 Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers
(1) Der Versicherer muss fällige Prämien oder sonstige ihm auf Grund des Vertrags zustehende Zahlungen vom Versicherten bei einer Versicherung für fremde Rechnung, von einem Bezugsberechtig ten, der ein Recht auf die Leistung des Versicherers erworben hat, sowie von einem Pfandgläubiger auch dann annehmen, wenn er die Zahlung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückweisen könnte.
(1) Der Versicherer kann nach dem Eintritt des Versicherungsfalles verlangen, dass der Versiche rungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststel lung des Versicherungsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Belege kann der Versicherer insoweit verlangen, als deren Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann. (2) Steht das Recht auf die vertragliche Leistung des Versicherers einem Dritten zu, hat auch dieser die Pflichten nach Absatz 1 zu erfüllen. § 32 Abweichende Vereinbarungen Von den §§ 19 bis 28 Abs. 4 und § 31 Abs. 1 Satz 2 kann nicht zum Nachteil des Versicherungs nehmers abgewichen werden. Für Anzeigen nach diesem Abschnitt, zu denen der Versicherungsneh mer verpflichtet ist, kann jedoch die Schrift oder die Textform vereinbart werden.
Abschnitt 3 Prämie § 33 Fälligkeit (1) Der Versicherungsnehmer hat eine einmalige Prämie oder, wenn laufende Prämien vereinbart sind, die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Versiche rungsscheins zu zahlen. (2) Ist die Prämie zuletzt vom Versicherer einge zogen worden, ist der Versicherungsnehmer zur Übermittlung der Prämie erst verpflichtet, wenn er vom Versicherer hierzu in Textform aufgefordert worden ist.
(2) Ein Pfandrecht an der Versicherungsforde rung kann auch wegen der Beträge einschließlich ihrer Zinsen geltend gemacht werden, die der Pfandgläubiger zur Zahlung von Prämien oder zu sonstigen dem Versicherer auf Grund des Vertrags zustehenden Zahlungen verwendet hat. § 35 Aufrechnung durch den Versicherer Der Versicherer kann eine fällige Prämienforde rung oder eine andere ihm aus dem Vertrag zuste hende fällige Forderung gegen eine Forderung aus der Versicherung auch dann aufrechnen, wenn diese Forderung nicht dem Versicherungsnehmer, sondern einem Dritten zusteht. § 36 Leistungsort (1) Leistungsort für die Zahlung der Prämie ist der jeweilige Wohnsitz des Versicherungsnehmers. Der Versicherungsnehmer hat jedoch auf seine Gefahr und seine Kosten die Prämie dem Versiche rer zu übermitteln. (2) Hat der Versicherungsnehmer die Versiche rung in seinem Gewerbebetrieb genommen, tritt, wenn er seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 37 Zahlungsverzug bei Erstprämie (1) Wird die einmalige oder die erste Prämie nicht rechtzeitig gezahlt, ist der Versicherer, solan ge die Zahlung nicht bewirkt ist, zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, es sei denn, der Versicherungs nehmer hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten. (2) Ist die einmalige oder die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht gezahlt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Nicht zahlung nicht zu vertreten. Der Versicherer ist nur leistungsfrei, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungs schein auf diese Rechtsfolge der Nichtzahlung der Prämie aufmerksam gemacht hat. § 38 Zahlungsverzug bei Folgeprämie (1) Wird eine Folgeprämie nicht rechtzeitig ge zahlt, kann der Versicherer dem Versicherungsneh mer auf dessen Kosten in Textform eine Zahlungs frist bestimmen, die mindestens zwei Wochen betragen muss. Die Bestimmung ist nur wirksam, wenn sie die rückständigen Beträge der Prämie, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffert und die Rechtsfolgen angibt, die nach den Absätzen 2 und 3 mit dem Fristablauf verbunden sind; bei zusam mengefassten Verträgen sind die Beträge jeweils getrennt anzugeben. (2) Tritt der Versicherungsfall nach Fristablauf ein und ist der Versicherungsnehmer bei Eintritt mit der Zahlung der Prämie oder der Zinsen oder Kosten in Verzug, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet. (3) Der Versicherer kann nach Fristablauf den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, sofern der Versicherungsnehmer mit der Zahlung der geschuldeten Beträge in Verzug ist. Die Kündi gung kann mit der Bestimmung der Zahlungsfrist so verbunden werden, dass sie mit Fristablauf wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer zu
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diesem Zeitpunkt mit der Zahlung in Verzug ist; hierauf ist der Versicherungsnehmer bei der Kündi gung ausdrücklich hinzuweisen. Die Kündigung wird unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats nach der Kündigung oder, wenn sie mit der Fristbestimmung verbunden worden ist, innerhalb eines Monats nach Fristab lauf die Zahlung leistet; Absatz 2 bleibt unberührt. § 39 Vorzeitige Vertragsbeendigung (1) Im Fall der Beendigung des Versicherungs verhältnisses vor Ablauf der Versicherungsperiode steht dem Versicherer für diese Versicherungsperi ode nur derjenige Teil der Prämie zu, der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat. Wird das Versicherungsverhältnis durch Rücktritt auf Grund des § 19 Abs. 2 oder durch Anfechtung des Versicherers wegen arglisti ger Täuschung beendet, steht dem Versicherer die Prämie bis zum Wirksamwerden der Rücktritts oder Anfechtungserklärung zu. Tritt der Versicherer nach § 37 Abs. 1 zurück, kann er eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen. (2) Endet das Versicherungsverhältnis nach § 16, kann der Versicherungsnehmer den auf die Zeit nach der Beendigung des Versicherungsverhältnisses entfallenden Teil der Prämie unter Abzug der für diese Zeit aufgewendeten Kosten zurückfordern. § 40 Kündigung bei Prämienerhöhung (1) Erhöht der Versicherer auf Grund einer An passungsklausel die Prämie, ohne dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes entsprechend ändert, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mittei lung des Versicherers mit sofortiger Wirkung, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Wirksamwer dens der Erhöhung, kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf das Kündigungsrecht hinzuweisen. Die Mitteilung muss dem Versicherungsnehmer spätestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Erhöhung der Prämie zugehen.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn der Versi cherer auf Grund einer Anpassungsklausel den Umfang des Versicherungsschutzes vermindert, ohne die Prämie entsprechend herabzusetzen.
(3) Ergibt sich aus den Umständen nicht, dass der Versicherungsvertrag für einen anderen ge schlossen werden soll, gilt er als für eigene Rech nung geschlossen.
§ 41 Herabsetzung der Prämie
§ 44 Rechte des Versicherten
Ist wegen bestimmter gefahrerhöhender Um stände eine höhere Prämie vereinbart und sind diese Umstände nach Antragstellung des Versiche rungsnehmers oder nach Vertragsschluss weggefal len oder bedeutungslos geworden, kann der Versi cherungsnehmer verlangen, dass die Prämie ab Zugang des Verlangens beim Versicherer angemes sen herabgesetzt wird. Dies gilt auch, wenn die Bemessung der höheren Prämie durch unrichtige, auf einem Irrtum des Versicherungsnehmers beru hende Angaben über einen solchen Umstand veranlasst worden ist.
(1) Bei der Versicherung für fremde Rechnung stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu. Die Übermittlung des Versi cherungsscheins kann jedoch nur der Versiche rungsnehmer verlangen.
§ 42 Abweichende Vereinbarungen Von § 33 Abs. 2 und den §§ 37 bis 41 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewi chen werden.
Abschnitt 4 Versicherung für fremde Rechnung § 43 Begriffsbestimmung (1) Der Versicherungsnehmer kann den Versiche rungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versi cherten, schließen (Versicherung für fremde Rech nung). (2) Wird der Versicherungsvertrag für einen an deren geschlossen, ist, auch wenn dieser benannt wird, im Zweifel anzunehmen, dass der Versiche rungsnehmer nicht als Vertreter, sondern im eige nen Namen für fremde Rechnung handelt.
(2) Der Versicherte kann ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers nur dann über seine Rechte verfügen und diese Rechte gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz des Versicherungs scheins ist. § 45 Rechte des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherungsnehmer kann über die Rechte, die dem Versicherten aus dem Versiche rungsvertrag zustehen, im eigenen Namen verfü gen. (2) Ist ein Versicherungsschein ausgestellt, ist der Versicherungsnehmer ohne Zustimmung des Versicherten zur Annahme der Leistung des Versi cherers und zur Übertragung der Rechte des Versi cherten nur befugt, wenn er im Besitz des Versi cherungsscheins ist. (3) Der Versicherer ist zur Leistung an den Versi cherungsnehmer nur verpflichtet, wenn der Versi cherte seine Zustimmung zu der Versicherung erteilt hat. § 46 Rechte zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem Der Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, dem Versicherten oder, falls über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, der Insolvenz masse den Versicherungsschein auszuliefern, bevor
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts er wegen seiner Ansprüche gegen den Versicherten in Bezug auf die versicherte Sache befriedigt ist. Er kann sich für diese Ansprüche aus der Entschädi gungsforderung gegen den Versicherer und nach deren Einziehung aus der Entschädigungssumme vor dem Versicherten und dessen Gläubigern befriedigen. § 47 Kenntnis und Verhalten des Versicherten (1) Soweit die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, sind bei der Versicherung für fremde Rech nung auch die Kenntnis und das Verhalten des Versicherten zu berücksichtigen. (2) Die Kenntnis des Versicherten ist nicht zu berücksichtigen, wenn der Vertrag ohne sein Wissen geschlossen worden ist oder ihm eine rechtzeitige Benachrichtigung des Versicherungs nehmers nicht möglich oder nicht zumutbar war. Der Versicherer braucht den Einwand, dass der Vertrag ohne Wissen des Versicherten geschlossen worden ist, nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag ohne Auftrag des Versicherten geschlossen und bei Vertrags schluss dem Versicherer nicht angezeigt hat, dass er den Vertrag ohne Auftrag des Versicherten schließt. § 48 Versicherung für Rechnung „wen es angeht“ Ist die Versicherung für Rechnung „wen es an geht“ genommen oder ist dem Vertrag in sonstiger Weise zu entnehmen, dass unbestimmt bleiben soll, ob eigenes oder fremdes Interesse versichert ist, sind die §§ 43 bis 47 anzuwenden, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass fremdes Interesse versichert ist.
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Abschnitt 5 Vorläufige Deckung § 49 Inhalt des Vertrags (1) Bei einem Versicherungsvertrag, dessen we sentlicher Inhalt die Gewährung einer vorläufigen Deckung durch den Versicherer ist, kann vereinbart werden, dass dem Versicherungsnehmer die Ver tragsbestimmungen und die Informationen nach § 7Abs. 1 in Verbindung mit einer Rechtsverord nung nach § 7 Abs. 2 nur auf Anforderung und spätestens mit dem Versicherungsschein vom Versicherer zu übermitteln sind. Auf einen Fernab satzvertrag im Sinn des § 312b Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist Satz 1 nicht anzu wenden. (2) Werden die Allgemeinen Versicherungsbe dingungen dem Versicherungsnehmer bei Vertrags schluss nicht übermittelt, werden die vom Versi cherer zu diesem Zeitpunkt für den vorläufigen Versicherungsschutz üblicherweise verwendeten Bedingungen, bei Fehlen solcher Bedingungen die für den Hauptvertrag vom Versicherer verwendeten Bedingungen auch ohne ausdrücklichen Hinweis hierauf Vertragsbestandteil. Bestehen Zweifel, welche Bedingungen für den Vertrag gelten sollen, werden die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vom Versicherer verwendeten Bedingungen, die für den Versicherungsnehmer am günstigsten sind, Vertragsbestandteil. § 50 Nichtzustandekommen des Hauptvertrags Ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, im Fall des Nichtzustandekommens des Hauptvertrags eine Prämie für die vorläufige Deckung zu zahlen, steht dem Versicherer ein Anspruch auf einen der Lauf zeit der vorläufigen Deckung entsprechenden Teil der Prämie zu, die beim Zustandekommen des Hauptvertrags für diesen zuzahlen wäre.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 51 Prämienzahlung (1) Der Beginn des Versicherungsschutzes kann von der Zahlung der Prämie abhängig gemacht werden, sofern der Versicherer den Versicherungs nehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versiche rungsschein auf diese Voraussetzung aufmerksam gemacht hat.
erklärt, endet der Vertrag über vorläufige Deckung spätestens mit dem Zugang des Widerrufs oder des Widerspruchs beim Versicherer. (4) Ist das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann jede Vertragspartei den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Die Kündigung des Versicherers wird jedoch erst nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang wirksam.
(2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
(5) Von den Absätzen 1 bis 4 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
§ 52 Beendigung des Vertrags
Abschnitt 6 Laufende Versicherung
(1) Der Vertrag über vorläufige Deckung endet spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem nach einem vom Versicherungsnehmer geschlossenen Haupt vertrag oder einem weiteren Vertrag über vorläufi ge Deckung ein gleichartiger Versicherungsschutz beginnt. Ist der Beginn des Versicherungsschutzes nach dem Hauptvertrag oder dem weiteren Vertrag über vorläufige Deckung von der Zahlung der Prämie durch den Versicherungsnehmer abhängig, endet der Vertrag über vorläufige Deckung bei Nichtzahlung oder verspäteter Zahlung der Prämie abweichend von Satz 1 spätestens zu dem Zeit punkt, zu dem der Versicherungsnehmer mit der Prämienzahlung in Verzug ist, vorausgesetzt, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Rechtsfolge aufmerksam gemacht hat.
§ 53 Anmeldepflicht
(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer den Hauptvertrag oder den weiteren Vertrag über vorläufige Deckung mit einem anderen Versicherer schließt. Der Versiche rungsnehmer hat dem bisherigen Versicherer den Vertragsschluss unverzüglich mitzuteilen. (3) Kommt der Hauptvertrag mit dem Versiche rer, mit dem der Vertrag über vorläufige Deckung besteht, nicht zustande, weil der Versicherungs nehmer seine Vertragserklärung nach § 8 widerruft oder nach § 5 Abs. 1 und 2 einen Widerspruch
Wird ein Vertrag in der Weise geschlossen, dass das versicherte Interesse bei Vertragsschluss nur der Gattung nach bezeichnet und erst nach seiner Entstehung dem Versicherer einzeln aufgegeben wird (laufende Versicherung), ist der Versiche rungsnehmer verpflichtet, entweder die versicher ten Risiken einzeln oder, wenn der Versicherer darauf verzichtet hat, die vereinbarte Prämien grundlage unverzüglich anzumelden oder, wenn dies vereinbart ist, jeweils Deckungszusage zu beantragen. § 54 Verletzung der Anmeldepflicht (1) Hat der Versicherungsnehmer die Anmeldung eines versicherten Risikos oder der vereinbarten Prämiengrundlage oder die Beantragung der De ckungszusage unterlassen oder fehlerhaft vorge nommen, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versiche rungsnehmer die Anmelde oder Antragspflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat und die Anmeldung oder den Antrag unverzüglich nach Kenntniserlangung von dem Fehler nachholt oder berichtigt.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (2) Verletzt der Versicherungsnehmer die Anmel de oder Antragspflicht vorsätzlich, kann der Versicherer den Vertrag fristlos kündigen. Die Versicherung von Einzelrisiken, für die der Versi cherungsschutz begonnen hat, bleibt, wenn ande res nicht vereinbart ist, über das Ende der laufen den Versicherung hinaus bis zu dem Zeitpunkt bestehen, zu dem die vereinbarte Dauer der Versicherung dieser Einzelrisiken endet. Der Versicherer kann ferner die Prämie verlangen, die bis zum Wirksamwerden der Kündigung zu zahlen gewesen wäre, wenn der Versicherungsnehmer die Anmeldepflicht erfüllt hätte. § 55 Einzelpolice (1) Ist bei einer laufenden Versicherung ein Ver sicherungsschein für ein einzelnes Risiko (Einzelpo lice) oder ein Versicherungszertifikat ausgestellt worden, ist der Versicherer nur gegen Vorlage der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Durch die Leis tung an den Inhaber der Urkunde wird er befreit. (2) Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, ist der Versicherer zur Leistung erst verpflichtet, wenn die Urkunde für kraftlos erklärt oder Sicherheit geleistet ist; eine Sicherheitsleis tung durch Bürgen ist ausgeschlossen. Dies gilt auch für die Verpflichtung des Versicherers zur Ausstellung einer Ersatzurkunde. (3) Der Inhalt der Einzelpolice oder eines Versi cherungszertifikats gilt abweichend von § 5 als vom Versicherungsnehmer genehmigt, wenn dieser nicht unverzüglich nach der Übermittlung wider spricht. Das Recht des Versicherungsnehmers, die Genehmigung wegen Irrtums anzufechten, bleibt unberührt. § 56 Verletzung der Anzeigepflicht (1) Abweichend von § 19 Abs. 2 ist bei Verlet zung der Anzeigepflicht der Rücktritt des Versiche rers ausgeschlossen; der Versicherer kann innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an, zu dem er Kenntnis von dem nicht oder unrichtig angezeigten
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Umstand erlangt hat, den Vertrag kündigen und die Leistung verweigern. Der Versicherer bleibt zur Leistung verpflichtet, soweit der nicht oder unrich tig angezeigte Umstand nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war. (2) Verweigert der Versicherer die Leistung, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht inner halb eines Monats von dem Zeitpunkt an ausgeübt wird, zu welchem dem Versicherungsnehmer die Entscheidung des Versicherers, die Leistung zu verweigern, zugeht. § 57 Gefahränderung (1) Der Versicherungsnehmer hat dem Versiche rer eine Änderung der Gefahr unverzüglich anzu zeigen. (2) Hat der Versicherungsnehmer eine Gefahrer höhung nicht angezeigt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungs fall nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzei ge dem Versicherer hätte zugehen müssen. Er ist zur Leistung verpflichtet, 1. wenn ihm die Gefahrerhöhung zu dem Zeitpunkt bekannt war, zu dem ihm die Anzeige hätte zuge hen müssen, 2. wenn die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt worden ist oder 3. soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war.
(3) Der Versicherer ist abweichend von § 24 nicht berechtigt, den Vertrag wegen einer Gefahr erhöhung zu kündigen.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 58 Obliegenheitsverletzung (1) Verletzt der Versicherungsnehmer bei einer laufenden Versicherung schuldhaft eine vor Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllende Obliegenheit, ist der Versicherer in Bezug auf ein versichertes Einzelrisiko, für das die verletzte Obliegenheit gilt, nicht zur Leistung verpflichtet. (2) Bei schuldhafter Verletzung einer Obliegen heit kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er Kenntnis von der Verlet zung erlangt hat, mit einer Frist von einem Monat kündigen. Abschnitt 7 Versicherungsvermittler, Versicherungsberater Unterabschnitt 1 Mitteilungs und Beratungspflichten § 59 Begriffsbestimmungen (1) Versicherungsvermittler im Sinn dieses Ge setzes sind Versicherungsvertreter und Versiche rungsmakler. (2) Versicherungsvertreter im Sinn dieses Gesetzes ist, wer von einem Ver sicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. (3) Versicherungsmakler im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungs verträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Als Versicherungsmakler gilt, wer gegenüber dem Versicherungsnehmer den Anschein erweckt, er erbringe seine Leistungen als Versiche rungsmakler nach Satz 1. (4) Versicherungsberater im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig Dritte bei der Vereinbarung,
Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen im Versicherungsfall berät oder gegenüber dem Versicherer außergerichtlich vertritt, ohne von einem Versicherer einen wirt schaftlichen Vorteil zu erhalten oder in anderer Weise von ihm abhängig zu sein. § 60 Beratungsgrundlage des Versicherungsvermittlers (1) Der Versicherungsmakler ist verpflichtet, sei nem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen, so dass er nach fachlichen Kriterien eine Empfehlung dahin abge ben kann, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen. Dies gilt nicht, soweit er im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungs nehmers diesen ausdrücklich auf eine einge schränkte Versicherer und Vertragsauswahl hin weist. (2) Der Versicherungsmakler, der nach Absatz 1 Satz 2 auf eine eingeschränkte Auswahl hinweist, und der Versicherungsvertreter haben dem Versi cherungsnehmer mitzuteilen, auf welcher Markt und Informationsgrundlage sie ihre Leistung erbringen, und die Namen der ihrem Rat zu Grunde gelegten Versicherer anzugeben. Der Versiche rungsvertreter hat außerdem mitzuteilen, für welche Versicherer er seine Tätigkeit ausübt und ob er für diese ausschließlich tätig ist. (3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Mit teilungen und Angaben nach Absatz 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten. § 61 Beratungs und Dokumentationspflichten des Versicherungsvermittlers (1) Der Versicherungsvermittler hat den Versi cherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Ver" hältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren. (2) Der Versicherungsnehmer kann auf die Bera" tung oder die Dokumentation nach Absatz 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungs" nehmers auswirken kann, gegen den Versiche" rungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen. § 62 Zeitpunkt und Form der Information (1) Dem Versicherungsnehmer sind die Informa" tionen nach § 60 Abs. 2 vor Abgabe seiner Ver" tragserklärung, die Informationen nach § 61 Abs. 1 vor dem Abschluss des Vertrags klar und verständ" lich in Textform zu übermitteln. (2) Die Informationen nach Absatz 1 dürfen mündlich übermittelt werden, wenn der Versiche" rungsnehmer dies wünscht oder wenn und soweit der Versicherer vorläufige Deckung gewährt. In diesen Fällen sind die Informationen unverzüglich nach Vertragsschluss, spätestens mit dem Versiche" rungsschein dem Versicherungsnehmer in Textform zu übermitteln; dies gilt nicht für Verträge über vorläufige Deckung bei Pflichtversicherungen. § 63 Schadensersatzpflicht Der Versicherungsvermittler ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsneh" mer durch die Verletzung einer Pflicht nach § 60 oder § 61 entsteht. Dies gilt nicht, wenn der Versi"
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cherungsvermittler die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. § 64 Zahlungssicherung zugunsten des Versicherungsnehmers Eine Bevollmächtigung des Versicherungsver" mittlers durch den Versicherungsnehmer zur An" nahme von Leistungen des Versicherers, die dieser auf Grund eines Versicherungsvertrags an den Versicherungsnehmer zu erbringen hat, bedarf einer gesonderten schriftlichen Erklärung des Versicherungsnehmers. § 65 Großrisiken Die §§ 60 bis 63 gelten nicht für die Vermittlung von Versicherungsverträgen über Großrisiken im Sinn des Artikels 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungs" gesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz. § 66 Sonstige Ausnahmen Die §§ 60 bis 64, 69 Abs. 2 und § 214 gelten nicht für Versicherungsvermittler im Sinn von § 34d Abs. 9 Nr. 1 der Gewerbeordnung. § 67 Abweichende Vereinbarungen Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. § 68 Versicherungsberater Die für Versicherungsmakler geltenden Vor" schriften des § 60 Abs. 1 Satz 1,des § 61 Abs. 1und der §§ 62 bis 65 und 67 sind auf Versicherungsbe" rater entsprechend anzuwenden. Weitergehende Pflichten des Versicherungsberaters aus dem Auftragsverhältnis bleiben unberührt.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Unterabschnitt 2 Vertretungsmacht § 69 Gesetzliche Vollmacht (1) Der Versicherungsvertreter gilt als bevoll mächtigt, 1. Anträge, die auf den Abschluss eines Versiche rungsvertrags gerichtet sind, und deren Widerruf sowie die vor Vertragsschluss abzugebenden An zeigen und sonstigen Erklärungen vom Versiche rungsnehmer entgegenzunehmen, 2. Anträge auf Verlängerung oder Änderung eines Versicherungsvertrags und deren Widerruf, die Kündigung, den Rücktritt und sonstige das Ver sicherungsverhältnis betreffende Erklärungen sowie die während der Dauer des Versicherungs verhältnisses zu erstattenden Anzeigen vom Ver sicherungsnehmer entgegenzunehmen und 3. die vom Versicherer ausgefertigten Versiche rungsscheine oder Verlängerungsscheine dem Versicherungsnehmer zu übermitteln. (2) Der Versicherungsvertreter gilt als bevoll mächtigt, Zahlungen, die der Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit der Vermittlung oder dem Abschluss eines Versicherungsvertrags an ihn leistet, anzunehmen. Eine Beschränkung dieser Vollmacht muss der Versicherungsnehmer nur gegen sich gelten lassen, wenn er die Beschrän kung bei der Vornahme der Zahlung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
Versicherungsvertreters der Kenntnis des Versiche rers gleich. Dies gilt nicht für die Kenntnis des Versicherungsvertreters, die er außerhalb seiner Tätigkeit als Vertreter und ohne Zusammenhang mit dem betreffenden Versicherungsvertrag erlangt hat. § 71 Abschlussvollmacht Ist der Versicherungsvertreter zum Abschluss von Versicherungsverträgen bevollmächtigt, ist er auch befugt, die Änderung oder Verlängerung solcher Verträge zu vereinbaren sowie Kündigungs und Rücktrittserklärungen abzugeben. § 72 Beschränkung der Vertretungsmacht Eine Beschränkung der dem Versicherungsver treter nach den §§ 69 und 71 zustehenden Vertre tungsmacht durch Allgemeine Versicherungsbedin gungen ist gegenüber dem Versicherungsnehmer und Dritten unwirksam. § 73 Angestellte und nicht gewerbsmäßig tätige Vermittler Die §§ 69 bis 72 sind auf Angestellte eines Ver sicherers, die mit der Vermittlung oder dem Ab schluss von Versicherungsverträgen betraut sind, und auf Personen, die als Vertreter selbständig Versicherungsverträge vermitteln oder abschließen, ohne gewerbsmäßig tätig zu sein, entsprechend anzuwenden.
(3) Der Versicherungsnehmer trägt die Beweis last für die Abgabe oder den Inhalt eines Antrags oder einer sonstigen Willenserklärung nach Absatz 1 Nr. 1 und 2. Die Beweislast für die Verletzung der Anzeigepflicht oder einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer trägt der Versicherer.
Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften
§ 70 Kenntnis des Versicherungsvertreters
§ 74 Überversicherung
Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis des Versicherers erheblich ist, steht die Kenntnis des
(1) Übersteigt die Versicherungssumme den Wert des versicherten Interesses (Versicherungswert) er
Kapitel 2 Schadensversicherung
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts heblich, kann jede Vertragspartei verlangen, dass die Versicherungssumme zur Beseitigung der Über versicherung unter verhältnismäßiger Minderung der Prämie mit sofortiger Wirkung herabgesetzt wird. (2) Schließt der Versicherungsnehmer den Ver trag in der Absicht, sich aus der Überversicherung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu ver schaffen, ist der Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umstän den Kenntnis erlangt. § 75 Unterversicherung Ist die Versicherungssumme erheblich niedriger als der Versicherungswert zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles, ist der Versicherer nur verpflichtet, die Leistung nach dem Verhältnis der Versicherungssumme zu diesem Wert zu erbringen. § 76 Taxe Der Versicherungswert kann durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) festgesetzt werden. Die Taxe gilt auch als der Wert, den das versicherte Interesse bei Eintritt des Versicherungs falles hat, es sei denn, sie übersteigt den wirklichen Versicherungswert zu diesem Zeitpunkt erheblich. Ist die Versicherungssumme niedriger als die Taxe, hat der Versicherer, auch wenn die Taxe erheblich übersetzt ist, den Schaden nur nach dem Verhältnis der Versicherungssumme zur Taxe zu ersetzen. § 77 Mehrere Versicherer (1) Wer bei mehreren Versicherern ein Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert, ist verpflichtet, jedem Versicherer die andere Versicherung unver züglich mitzuteilen. In der Mitteilung sind der andere Versicherer und die Versicherungssumme anzugeben.
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(2) Wird bezüglich desselben Interesses bei ei nem Versicherer der entgehende Gewinn, bei einem anderen Versicherer der sonstige Schaden versi chert, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden. § 78 Haftung bei Mehrfachversicherung (1) Ist bei mehreren Versicherern ein Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert und übersteigen die Versicherungssummen zusammen den Versiche rungswert oder übersteigt aus anderen Gründen die Summe der Entschädigungen, die von jedem Versi cherer ohne Bestehen der anderen Versicherung zu zahlen wären, den Gesamtschaden (Mehrfachversi cherung), haften die Versicherer in der Weise als Gesamtschuldner, dass jeder Versicherer den von ihm nach dem Vertrag zu leistenden Betrag zu zahlen hat, der Versicherungsnehmer aber insge samt nicht mehr als den Betrag des Schadens verlangen kann. (2) Die Versicherer sind im Verhältnis zueinander zu Anteilen nach Maßgabe der Beträge verpflich tet, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen haben. Ist auf eine der Versicherungen ausländisches Recht anzuwenden, kann der Versicherer, für den das ausländische Recht gilt, gegen den anderen Versicherer einen Anspruch auf Ausgleichung nur geltend machen, wenn er selbst nach dem für ihn maßgeblichen Recht zur Ausgleichung verpflichtet ist. (3) Hat der Versicherungsnehmer eine Mehr fachversicherung in der Absicht vereinbart, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist jeder in dieser Absicht geschlossene Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt. § 79 Beseitigung der Mehrfachversicherung (1) Hat der Versicherungsnehmer den Vertrag, durch den die Mehrfachversicherung entstanden ist, ohne Kenntnis von dem Entstehen der Mehr
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts fachversicherung geschlossen, kann er verlangen, dass der später geschlossene Vertrag aufgehoben oder die Versicherungssumme unter verhältnismä ßiger Minderung der Prämie auf den Teilbetrag herabgesetzt wird, der durch die frühere Versi cherung nicht gedeckt ist. (2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn die Mehrfachversicherung dadurch entstanden ist, dass nach Abschluss der mehreren Versicherungsverträ ge der Versicherungswert gesunken ist. Sind in diesem Fall die mehreren Versicherungsverträge gleichzeitig oder im Einvernehmen der Versicherer geschlossen worden, kann der Versicherungsneh mer nur die verhältnismäßige Herabsetzung der Versicherungssummen und der Prämien verlangen. § 80 Fehlendes versichertes Interesse (1) Der Versicherungsnehmer ist nicht zur Zah lung der Prämie verpflichtet, wenn das versicherte Interesse bei Beginn der Versicherung nicht be steht; dies gilt auch, wenn das Interesse bei einer Versicherung, die für ein künftiges Unternehmen oder für ein anderes künftiges Interesse genommen ist, nicht entsteht. Der Versicherer kann jedoch eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen. (2) Fällt das versicherte Interesse nach dem Be ginn der Versicherung weg, steht dem Versicherer die Prämie zu, die er hätte beanspruchen können, wenn die Versicherung nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, zu dem der Versicherer vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangt hat. (3) Hat der Versicherungsnehmer ein nicht be stehendes Interesse in der Absicht versichert, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist der Vertrag nichtig; dem Versiche rer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.
§ 81 Herbeiführung des Versicherungsfalles (1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung ver pflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätz lich den Versicherungsfall herbeiführt. (2) Führt der Versicherungsnehmer den Versiche rungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers ent sprechenden Verhältnis zu kürzen. § 82 Abwendung und Minderung des Schadens (1) Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. (2) Der Versicherungsnehmer hat Weisungen des Versicherers, soweit für ihn zumutbar, zu befolgen sowie Weisungen einzuholen, wenn die Umstände dies gestatten. Erteilen mehrere an dem Versiche rungsvertrag beteiligte Versicherer unterschiedliche Weisungen, hat der Versicherungsnehmer nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln. (3) Bei Verletzung einer Obliegenheit nach den Absätzen 1 und 2 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsneh mer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsneh mers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer. (4) Abweichend von Absatz 3 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für die Feststellung des Versi cherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 83 Aufwendungsersatz (1) Der Versicherer hat Aufwendungen des Versi cherungsnehmers nach § 82Abs.1 und 2, auch wenn sie erfolglos bleiben, insoweit zu erstatten, als der Versicherungsnehmer sie den Umständen nach für geboten halten durfte. Der Versicherer hat den für die Aufwendungen erforderlichen Betrag auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen. (2) Ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung zu kürzen, kann er auch den Aufwendungsersatz nach Absatz 1 entsprechend kürzen. (3) Aufwendungen des Versicherungsnehmers, die er gemäß den Weisungen des Versicherers macht, sind auch insoweit zu erstatten, als sie zusammen mit der sonstigen Entschädigung die Versicherungssumme übersteigen. (4) Bei der Tierversicherung gehören die Kosten der Fütterung und der Pflege sowie die Kosten der tierärztlichen Untersuchung und Behandlung nicht zu den vom Versicherer nach den Absätzen 1 bis 3 zu erstattenden Aufwendungen. § 84 Sachverständigenverfahren (1) Sollen nach dem Vertrag einzelne Vorausset zungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden, ist die getroffene Feststellung nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirkli chen Sachlage erheblich abweicht. Die Feststellung erfolgt in diesem Fall durch gerichtliche Entschei dung. Dies gilt auch, wenn die Sachverständigen die Feststellung nicht treffen können oder wollen oder sie verzögern. (2) Sind nach dem Vertrag die Sachverständigen durch das Gericht zu ernennen, ist für die Ernen nung das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schaden entstanden ist. Durch eine ausdrückli che Vereinbarung der Beteiligten kann die Zustän digkeit eines anderen Amtsgerichts begründet
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werden. Die Verfügung, durch die dem Antrag auf Ernennung der Sachverständigen stattgegeben wird, ist nicht anfechtbar. § 85 Schadensermittlungskosten (1) Der Versicherer hat dem Versicherungsneh mer die Kosten, die durch die Ermittlung und Feststellung des von ihm zu ersetzenden Schadens entstehen, insoweit zu erstatten, als ihre Aufwen dung den Umständen nach geboten war. Diese Kosten sind auch insoweit zu erstatten, als sie zusammen mit der sonstigen Entschädigung die Versicherungssumme übersteigen. (2) Kosten, die dem Versicherungsnehmer durch die Zuziehung eines Sachverständigen oder eines Beistandes entstehen, hat der Versicherer nicht zu erstatten, es sei denn, der Versicherungsnehmer ist zu der Zuziehung vertraglich verpflichtet oder vom Versicherer aufgefordert worden. (3) Ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung zu kürzen, kann er auch den Kostenersatz entspre chend kürzen. § 86 Übergang von Ersatzansprüchen (1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatz anspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden. (2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatz anspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Formund Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versiche rungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers ent sprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer. (3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versiche rungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht. § 87 Abweichende Vereinbarungen Von den §§ 74, 78 Abs. 3, den §§ 80, 82 bis 84 Abs. 1 Satz 1und§ 86kannnicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. Abschnitt 2 Sachversicherung § 88 Versicherungswert Soweit nichts anderes vereinbart ist, gilt als Ver sicherungswert, wenn sich die Versicherung auf eine Sache oder einen Inbegriff von Sachen be zieht, der Betrag, den der Versicherungsnehmer zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles für die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung der versicherten Sache in neuwertigem Zustand unter Abzug des sich aus dem Unterschied zwischen alt und neu ergebenden Minderwertes aufzuwenden hat. § 89 Versicherung für Inbegriff von Sachen (1) Eine Versicherung, die für einen Inbegriff von Sachen genommen ist, umfasst die jeweils dem Inbegriff zugehörigen Sachen. (2) Ist die Versicherung für einen Inbegriff von Sachen genommen, erstreckt sie sich auf die Sachen der Personen, mit denen der Versiche rungsnehmer bei Eintritt des Schadens in häusli
cher Gemeinschaft lebt oder die zu diesem Zeit punkt in einem Dienstverhältnis zum Versiche rungsnehmer stehen und ihre Tätigkeit an dem Ort ausüben, für den die Versicherung gilt. Die Versi cherung gilt insoweit als für fremde Rechnung genommen. § 90 Erweiterter Aufwendungsersatz Macht der Versicherungsnehmer Aufwendungen, um einen unmittelbar bevorstehenden Versiche rungsfall abzuwenden oder in seinen Auswirkungen zu mindern, ist § 83 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden. § 91 Verzinsung der Entschädigung Die vom Versicherer zu zahlende Entschädigung ist nach Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Versicherungsfalles für das Jahr mit 4 Prozent zu verzinsen, soweit nicht aus einem anderen Rechts grund höhere Zinsen verlangt werden können. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange der Schaden infolge eines Verschuldens des Versicherungsneh mers nicht festgestellt werden kann. § 92 Kündigung nach Versicherungsfall (1) Nach dem Eintritt des Versicherungsfalles kann jede Vertragspartei das Versicherungsverhält nis kündigen. (2) Die Kündigung ist nur bis zum Ablauf eines Monats seit dem Abschluss der Verhandlungen über die Entschädigung zulässig. Der Versicherer hat eine Kündigungsfrist von einem Monat einzu halten. Der Versicherungsnehmer kann nicht für einen späteren Zeitpunkt als den Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen. (3) Bei der Hagelversicherung kann der Versiche rer nur für den Schluss der Versicherungsperiode kündigen, in welcher der Versicherungsfall einge treten ist. Kündigt der Versicherungsnehmer für einen früheren Zeitpunkt als den Schluss dieser
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Versicherungsperiode, steht dem Versicherer gleichwohl die Prämie für die laufende Versiche rungsperiode zu. § 93 Wiederherstellungsklausel Ist der Versicherer nach dem Vertrag verpflich tet, einen Teil der Entschädigung nur bei Wieder herstellung oder Wiederbeschaffung der versicher ten Sache zu zahlen, kann der Versicherungs nehmer die Zahlung eines über den Versiche rungswert hinausgehenden Betrags erst verlangen, wenn die Wiederherstellung oder Wiederbeschaf fung gesichert ist. Der Versicherungsnehmer ist zur Rückzahlung der vom Versicherer geleisteten Entschädigung abzüglich des Versicherungswertes der Sache verpflichtet, wenn die Sache infolge eines Verschuldens des Versicherungsnehmers nicht innerhalb einer angemessenen Frist wiederherge stellt oder wiederbeschafft worden ist. § 94 Wirksamkeit der Zahlung gegenüber Hypothe kengläubigern (1) Im Fall des § 93 Satz 1 ist eine Zahlung, die ohne die Sicherung der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung geleistet wird, einem Hypothe kengläubiger gegenüber nur wirksam, wenn ihm der Versicherer oder der Versicherungsnehmer mitgeteilt hat, dass ohne die Sicherung geleistet werden soll und seit dem Zugang der Mitteilung mindestens ein Monat verstrichen ist. (2) Soweit die Entschädigungssumme nicht zu einer den Vertragsbestimmungen entsprechenden Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung ver wendet werden soll, kann der Versicherer mit Wirkung gegen einen Hypothekengläubiger erst zahlen, wenn er oder der Versicherungsnehmer diese Absicht dem Hypothekengläubiger mitgeteilt hat und seit dem Zugang der Mitteilung mindes tens ein Monat verstrichen ist. (3) Der Hypothekengläubiger kann bis zum Ab lauf der Frist von einem Monat dem Versicherer gegenüber der Zahlung widersprechen. Die Mittei
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lungen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen unter bleiben, wenn sie einen unangemessenen Aufwand erfordern würden; in diesem Fall läuft die Frist ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Entschädigungs summe. (4) Hat der Hypothekengläubiger seine Hypothek dem Versicherer angemeldet, ist eine Zahlung, die ohne die Sicherung der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung geleistet wird, dem Hypothe kengläubiger gegenüber nur wirksam, wenn dieser in Textform der Zahlung zugestimmt hat. (5) Die Absätze 1 bis 4 sind entsprechend anzu wenden, wenn das Grundstück mit einer Grund schuld, Rentenschuld oder Reallast belastet ist. § 95 Veräußerung der versicherten Sache (1) Wird die versicherte Sache vom Versiche rungsnehmer veräußert, tritt an dessen Stelle der Erwerber in die während der Dauer seines Eigen tums aus dem Versicherungsverhältnis sich erge benden Rechte und Pflichten des Versicherungs nehmers ein. (2) Der Veräußerer und der Erwerber haften für die Prämie, die auf die zur Zeit des Eintrittes des Erwerbers laufende Versicherungsperiode entfällt, als Gesamtschuldner. (3) Der Versicherer muss den Eintritt des Erwer bers erst gegen sich gelten lassen, wenn er hiervon Kenntnis erlangt hat. § 96 Kündigung nach Veräußerung (1) Der Versicherer ist berechtigt, dem Erwerber einer versicherten Sache das Versicherungsverhält nis unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats ab der Kenntnis des Versicherers von der Veräußerung ausgeübt wird.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (2) Der Erwerber ist berechtigt, das Versiche rungsverhältnis mit sofortiger Wirkung oder für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode zu kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats nach dem Erwerb, bei fehlender Kenntnis des Erwerbers vom Bestehen der Versicherung innerhalb eines Monats ab Erlan gung der Kenntnis, ausgeübt wird. (3) Im Fall der Kündigung des Versicherungsver hältnisses nach Absatz 1 oder Absatz 2 ist der Veräußerer zur Zahlung der Prämie verpflichtet; eine Haftung des Erwerbers für die Prämie besteht nicht. § 97 Anzeige der Veräußerung (1) Die Veräußerung ist dem Versicherer vom Veräußerer oder Erwerber unverzüglich anzuzeigen. Ist die Anzeige unterblieben, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versiche rungsfall später als einen Monat nach dem Zeit punkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen, und der Versicherer den mit dem Veräußerer bestehenden Vertrag mit dem Erwerber nicht geschlossen hätte. (2) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 ist der Ver sicherer zur Leistung verpflichtet, wenn ihm die Veräußerung zu dem Zeitpunkt bekannt war, zu dem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen, oder wenn zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles die Frist für die Kündigung des Versicherers abge laufen war und er nicht gekündigt hat. § 98 Schutz des Erwerbers Der Versicherer kann sich auf eine Bestimmung des Versicherungsvertrags, durch die von den §§ 95 bis 97 zum Nachteil des Erwerbers abgewichen wird, nicht berufen. Jedoch kann für die Kündigung des Erwerbers nach § 96 Abs. 2 und die Anzeige der Veräußerung die Schriftform oder die Textform bestimmt werden.
§ 99 Zwangsversteigerung, Erwerb des Nutzungsrechts Geht das Eigentum an der versicherten Sache im Wege der Zwangsversteigerung über oder erwirbt ein Dritter auf Grund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Verhältnisses die Berechtigung, versicherte Bodenerzeugnisse zu beziehen, sind die §§ 95 bis 98 entsprechend anzuwenden.
Teil 2 Einzelne Versicherungszweige Kapitel 1 Haftpflichtversicherung Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § 100 Leistung des Versicherers Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versiche rer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungs nehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren. § 101 Kosten des Rechtsschutzes (1) Die Versicherung umfasst auch die gerichtli chen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. Die Versicherung umfasst ferner die auf Weisung des Versicherers aufgewendeten Kosten der Verteidi gung in einem Strafverfahren, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, welche die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers gegenüber einem Drit ten zur Folge haben könnte. Der Versicherer hat die
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen.
§ 103 Herbeiführung des Versicherungsfalles
(2) Ist eine Versicherungssumme bestimmt, hat der Versicherer die Kosten eines auf seine Veran# lassung geführten Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach Absatz 1 Satz 2 auch insoweit zu ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendun# gen des Versicherers zur Freistellung des Versiche# rungsnehmers die Versicherungssumme überstei# gen. Dies gilt auch für Zinsen, die der Versiche# rungsnehmer infolge einer vom Versicherer veran# lassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem schuldet.
Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflich# tet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich und widerrechtlich den bei dem Dritten eingetretenen Schaden herbeigeführt hat.
(3) Ist dem Versicherungsnehmer nachgelassen, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzu# wenden, hat der Versicherer die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung zu bewirken. Diese Verpflichtung besteht nur bis zum Betrag der Versicherungssum# me; ist der Versicherer nach Absatz 2 über diesen Betrag hinaus verpflichtet, tritt der Versicherungs# summe der Mehrbetrag hinzu. Der Versicherer ist von der Verpflichtung nach Satz 1 frei, wenn er den Anspruch des Dritten dem Versicherungsnehmer gegenüber als begründet anerkennt. § 102 Betriebshaftpflichtversicherung (1) Besteht die Versicherung für ein Unterneh# men, erstreckt sie sich auf die Haftpflicht der zur Vertretung des Unternehmens befugten Personen sowie der Personen, die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehen. Die Versicherung gilt insoweit als für fremde Rechnung genommen. (2) Wird das Unternehmen an einen Dritten ver# äußert oder auf Grund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Verhältnisses von einem Dritten übernommen, tritt der Dritte an Stelle des Versicherungsnehmers in die während der Dauer seiner Berechtigung sich aus dem Versi# cherungsverhältnis ergebenden Rechte und Pflich# ten ein. § 95 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 96 und 97 sind entsprechend anzuwenden.
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§ 104 Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherungsnehmer hat dem Versiche# rer innerhalb einer Woche die Tatsachen anzuzei# gen, die seine Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnten. Macht der Dritte seinen Anspruch gegenüber dem Versicherungs# nehmer geltend, ist der Versicherungsnehmer zur Anzeige innerhalb einer Woche nach der Geltendmachung verpflichtet. (2) Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, Prozesskos# tenhilfe beantragt oder wird ihm gerichtlich der Streit verkündet, hat er dies dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Dies gilt auch, wenn gegen den Versicherungsnehmer wegen des den Anspruch begründenden Schadensereignisses ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. (3) Zur Wahrung der Fristen nach den Absät# zen 1 und 2 genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige. § 30 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. § 105 Anerkenntnis des Versicherungsnehmers Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn ohne seine Einwilligung der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder dessen Anspruch anerkennt, ist unwirksam. § 106 Fälligkeit der Versicherungsleistung Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer innerhalb von zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, zudem der Anspruch des Dritten mit bindender
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Wirkung für den Versicherer durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist, vom Anspruch des Dritten freizustellen. Ist der Dritte von dem Versicherungsnehmer mit bindender Wirkung für den Versicherer befriedigt worden, hat der Versicherer die Entschädigung innerhalb von zwei Wochen nach der Befriedigung des Dritten an den Versicherungsnehmer zu zahlen. Kosten, die nach § 101 zu ersetzen sind, hat der Versicherer innerhalb von zwei Wochen nach der Mitteilung der Berechnung zu zahlen. § 107 Rentenanspruch (1) Ist der Versicherungsnehmer dem Dritten zur Zahlung einer Rente verpflichtet, ist der Versiche rer, wenn die Versicherungssumme den Kapitalwert der Rente nicht erreicht, nur zur Zahlung eines verhältnismäßigen Teils der Rente verpflichtet. (2) Hat der Versicherungsnehmer für die von ihm geschuldete Rente dem Dritten kraft Gesetzes Sicherheit zu leisten, erstreckt sich die Verpflich tung des Versicherers auf die Leistung der Sicher heit. Absatz 1 gilt entsprechend. § 108 Verfügung über den Freistellungsanspruch (1) Verfügungen des Versicherungsnehmers über den Freistellungsanspruch gegen den Versicherer sind dem Dritten gegenüber unwirksam. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfü gung im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung gleich. (2) Die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Dritten kann nicht durch Allgemeine Versiche rungsbedingungen ausgeschlossen werden.
Beträge zu erfüllen. Ist hierbei die Versicherungs summe erschöpft, kann sich ein bei der Verteilung nicht berücksichtigter Dritter nachträglich auf § 108 Abs. 1 nicht berufen, wenn der Versicherer mit der Geltendmachung dieser Ansprüche nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste. § 110 Insolvenz des Versicherungsnehmers Ist über das Vermögen des Versicherungsneh mers das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der Dritte wegen des ihm gegen den Versicherungs nehmer zustehenden Anspruchs abgesonderte Befriedigung aus dem Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers verlangen. § 111 Kündigung nach Versicherungsfall (1) Hat der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalles den Anspruch des Versiche rungsnehmers auf Freistellung anerkannt oder zu Unrecht abgelehnt, kann jede Vertragspartei das Versicherungsverhältnis kündigen. Dies gilt auch, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer die Weisung erteilt, es zum Rechtsstreit über den Anspruch des Dritten kommen zu lassen. (2) Die Kündigung ist nur innerhalb eines Mo nats seit der Anerkennung oder Ablehnung des Freistellungsanspruchs oder seit der Rechtskraft des im Rechtsstreit mit dem Dritten ergangenen Urteils zulässig. § 92 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist anzu wenden. § 112 Abweichende Vereinbarungen Von den §§ 104 und 106 kann nicht zum Nach teil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
§ 109 Mehrere Geschädigte Ist der Versicherungsnehmer gegenüber mehre ren Dritten verantwortlich und übersteigen deren Ansprüche die Versicherungssumme, hat der Versi cherer diese Ansprüche nach dem Verhältnis ihrer
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Abschnitt 2 Pflichtversicherung
§ 115 Direktanspruch
§ 113 Pflichtversicherung
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Scha densersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
(1) Eine Haftpflichtversicherung, zu deren Ab schluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht (Pflichtversicherung), ist mit einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versiche rungsunternehmen abzuschließen.
1. wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungs gesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
(2) Der Versicherer hat dem Versicherungsneh mer unter Angabe der Versicherungssumme zu bescheinigen, dass eine der zu bezeichnenden Rechtsvorschrift entsprechende Pflichtversicherung besteht.
2. wenn über das Vermögen des Versicherungs nehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
(3) Die Vorschriften dieses Abschnittes sind auch insoweit anzuwenden, als der Versicherungsvertrag eine über die vorgeschriebenen Mindestanforde rungen hinausgehende Deckung gewährt.
3. wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
§ 114 Umfang des Versicherungsschutzes (1) Die Mindestversicherungssumme beträgt bei einer Pflichtversicherung, soweit durch Rechtsvor schrift nichts anderes bestimmt ist, 250 000 Euro je Versicherungsfall und eine Million Euro für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres. (2) Der Versicherungsvertrag kann Inhalt und Umfang der Pflichtversicherung näher bestimmen, soweit dadurch die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung nicht gefährdet wird und durch Rechtsvorschrift nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Ein Selbstbehalt des Versicherungsnehmers kann dem Anspruch des Dritten nach § 115 Abs. 1 in Verbindung mit § 117 Abs. 1 nicht entgegengehalten und gegenüber einer mitversicherten Person nicht geltend ge macht werden.
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Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungs pflicht des Versicherers aus dem Versicherungsver hältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner. (2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzan spruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungs nehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzan spruchs gegen den ersatzpflichtigen Versiche rungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versiche rer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umge kehrt.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 116 Gesamtschuldner (1) Im Verhältnis der Gesamtschuldner nach § 115 Abs. 1 Satz 4 zueinander ist der Versicherer allein verpflichtet, soweit er dem Versicherungs( nehmer aus dem Versicherungsverhältnis zur Leistung verpflichtet ist. Soweit eine solche Ver( pflichtung nicht besteht, ist in ihrem Verhältnis zueinander der Versicherungsnehmer allein ver( pflichtet. Der Versicherer kann Ersatz der Aufwen( dungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. (2) Die Verjährung der sich aus Absatz 1 erge( benden Ansprüche beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch des Dritten erfüllt wird. § 117 Leistungspflicht gegenüber Dritten (1) Dem Anspruch des Dritten nach § 115 kann nicht entgegengehalten werden, dass der Versiche( rer dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer nicht oder nur teilweise zur Leistung verpflichtet ist. (2) Ein Umstand, der das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, kann dem Anspruch des Dritten nach § 115 nur entgegengehalten werden, wenn das Schadensereignis später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem der Versicherer diesen Umstand der hierfür zuständigen Stelle angezeigt hat. Dies gilt auch, wenn das Versiche( rungsverhältnis durch Zeitablauf endet. Der Lauf der Frist beginnt nicht vor Beendigung des Versi( cherungsverhältnisses. Ein in den Sätzen 1 und 2 bezeichneter Umstand kann dem Anspruch des Dritten auch dann entgegengehalten werden, wenn vor dem Zeitpunkt des Schadensereignisses der hierfür zuständigen Stelle die Bestätigung einer entsprechend den Rechtsvorschriften abgeschlos( senen neuen Versicherung zugegangen ist. Die vorstehenden Vorschriften dieses Absatzes gelten nicht, wenn eine zur Entgegennahme der Anzeige nach Satz 1 zuständige Stelle nicht bestimmt ist.
(3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 ist der Ver( sicherer nur im Rahmen der vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme und der von ihm übernommenen Gefahr zur Leistung verpflichtet. Er ist leistungsfrei, soweit der Dritte Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger erlangen kann. (4) Trifft die Leistungspflicht des Versicherers nach Absatz 1 oder Absatz 2 mit einer Ersatzpflicht auf Grund fahrlässiger Amtspflichtverletzung zu( sammen, wird die Ersatzpflicht nach § 839 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Verhältnis zum Versicherer nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Voraussetzungen für die Leistungspflicht des Ver( sicherers vorliegen. Satz 1 gilt nicht, wenn der Be( amte nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs persönlich haftet. (5) Wird über das Vermögen des Versicherers das Insolvenzverfahren eröffnet, endet das Versiche( rungsverhältnis abweichend von § 16 erst mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Insolvenzver( walter diesen Umstand der hierfür zuständigen Stelle angezeigt hat; bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es der Insolvenzmasse gegenüber wirksam. Ist eine zur Entgegennahme der Anzeige nach Satz 1 zuständige Stelle nicht bestimmt, endet das Versi( cherungsverhältnis einen Monat nach der Benach( richtigung des Versicherungsnehmers von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; die Benachrich( tigung bedarf der Textform. § 118 Rangfolge mehrerer Ansprüche (1) Übersteigen die Ansprüche auf Entschädi( gung, die auf Grund desselben Schadensereignisses zu leisten ist, die Versicherungssumme, wird die Versicherungssumme nach folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, an die Ersatzberechtigten ausgezahlt: 1. für Ansprüche wegen Personenschäden, soweit die Geschädigten nicht vom Schädiger, von ei( nem anderen Versicherer als dessen Haftpflicht( versicherer, einem Sozialversicherungsträger
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts oder einem sonstigen Dritten Ersatz ihrer Schä den erlangen können; 2. für Ansprüche wegen sonstiger Schäden natürli cher und juristischer Personen des Privatrechts, soweit die Geschädigten nicht vom Schädiger, einem anderen Versicherer als dessen Haft pflichtversicherer oder einem Dritten Ersatz ihrer Schäden erlangen können; 3. für Ansprüche, die nach Privatrecht auf Versi cherer oder sonstige Dritte wegen Personen und sonstiger Schäden übergegangen sind; 4. für Ansprüche, die auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind; 5. für alle sonstigen Ansprü che. (2) Ist die Versicherungssumme unter Berück sichtigung nachrangiger Ansprüche erschöpft, kann sich ein vorrangig zu befriedigender Anspruchsbe rechtigter, der bei der Verteilung nicht berücksich tigt worden ist, nachträglich auf Absatz 1 nicht berufen, wenn der Versicherer mit der Geltendma chung dieses Anspruchs nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste. § 119 Obliegenheiten des Dritten (1) Der Dritte hat ein Schadensereignis, aus dem er einen Anspruch nach § 115 Abs. 1 herleiten will, dem Versicherer innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem Schadensereignis Kenntnis erlangt hat, in Textform anzuzeigen; zur Fristwah rung genügt die rechtzeitige Absendung. (2) Macht der Dritte den Anspruch gegen den Versicherungsnehmer gerichtlich geltend, hat er dies dem Versicherer unverzüglich in Textform anzuzeigen. (3) Der Versicherer kann von dem Dritten Aus kunft verlangen, soweit sie zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich ist. Belege kann der Versicherer inso weit verlangen, als deren Beschaffung dem Dritten billigerweise zugemutet werden kann.
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§ 120 Obliegenheitsverletzung des Dritten Verletzt der Dritte schuldhaft die Obliegenheit nach § 119 Abs. 2 oder 3, beschränkt sich die Haftung des Versicherers nach den §§ 115 und 117 auf den Betrag, den er auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit zu leisten gehabt hätte, sofern der Dritte vorher ausdrücklich und in Textform auf die Folgen der Verletzung hingewiesen worden ist. § 121 Aufrechnung gegenüber Dritten § 35 ist gegenüber Dritten nicht anzuwenden. § 122 Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache Die §§ 95 bis 98 über die Veräußerung der versi cherten Sache sind entsprechend anzuwenden. § 123 Rückgriff bei mehreren Versicherten (1) Ist bei einer Versicherung für fremde Rech nung der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber nicht zur Leistung verpflichtet, kann er dies einem Versicherten, der zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versiche rungsvertrag befugt ist, nur entgegenhalten, wenn die der Leistungsfreiheit zu Grunde liegenden Umstände in der Person dieses Versicherten vorlie gen oder wenn diese Umstände dem Versicherten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt waren. (2) Der Umfang der Leistungspflicht nach Absatz 1 bestimmt sich nach § 117 Abs. 3 Satz 1; § 117 Abs. 3 Satz 2 ist nicht anzuwenden. § 117 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden. (3) Soweit der Versicherer nach Absatz 1 leistet, kann er beim Versicherungsnehmer Rückgriff neh men.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzu wenden, wenn die Frist nach § 117 Abs. 2 Satz 1 und 2 noch nicht abgelaufen ist oder der Versiche rer die Beendigung des Versicherungsverhältnisses der hierfür zuständigen Stelle nicht angezeigt hat. § 124 Rechtskrafterstreckung (1) Soweit durch rechtskräftiges Urteil festge stellt wird, dass dem Dritten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zusteht, wirkt das Urteil, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versiche rer ergeht, auch zugunsten des Versicherungsneh mers, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherungsnehmer ergeht, auch zugunsten des Versicherers. (2) Ist der Anspruch des Dritten gegenüber dem Versicherer durch rechtskräftiges Urteil, Aner kenntnis oder Vergleich festgestellt worden, muss der Versicherungsnehmer, gegen den von dem Versicherer Ansprüche auf Grund des § 116 Abs. 1 Satz 2 geltend gemacht werden, diese Feststellung gegen sich gelten lassen, es sei denn, der Versiche rer hat die Pflicht zur Abwehr unbegründeter Entschädigungsansprüche sowie zur Minderung oder zur sachgemäßen Feststellung des Schadens schuldhaft verletzt. Kapitel 2 Rechtsschutzversicherung § 125 Leistung des Versicherers Bei der Rechtsschutzversicherung ist der Versi cherer verpflichtet, die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen. § 126 Schadensabwicklungsunternehmen (1) Werden Gefahren aus dem Bereich der Rechtsschutzversicherung neben anderen Gefahren versichert, müssen im Versicherungsschein der
Umfang der Deckung in der Rechtsschutzversiche rung und die hierfür zu entrichtende Prämie ge sondert ausgewiesen werden. Beauftragt der Versicherer mit der Leistungsbearbeitung ein selbständiges Schadensabwicklungsunternehmen, ist dieses im Versicherungsschein zu bezeichnen. (2) Ansprüche auf die Versicherungsleistung aus einem Vertrag über eine Rechtsschutzversicherung können, wenn ein selbständiges Schadensabwick lungsunternehmen mit der Leistungsbearbeitung beauftragt ist, nur gegen dieses geltend gemacht werden. Der Titel wirkt für und gegen den Rechts schutzversicherer. § 727 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden. § 127 Freie Anwaltswahl (1) Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, zu seiner Vertretung in Gerichts und Verwaltungsver fahren den Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll, aus dem Kreis der Rechtsanwäl te, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt, frei zu wählen. Dies gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer Rechtsschutz für die sonstige Wahrnehmung rechtlicher Interes sen in Anspruch nehmen kann. (2) Rechtsanwalt ist auch, wer berechtigt ist, unter einer der in der Anlage zu § 1des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland vom 9. März 2000 (BGBl. I S. 182, 1349), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Oktober 2003 (BGBl. I S. 2074) geändert wor den ist, in der jeweils geltenden Fassung genannten Bezeichnungen beruflich tätig zu werden. § 128 Gutachterverfahren Für den Fall, dass der Versicherer seine Leis tungspflicht verneint, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete oder mutwillig sei, hat der Versi cherungsvertrag ein Gutachterverfahren oder ein anderes Verfahren mit vergleichbaren Garantien für die Unparteilichkeit vorzusehen, in dem Meinungs
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts verschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien über die Erfolgsaussichten oder die Mutwilligkeit einer Rechtsverfolgung entschieden werden. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Verneinung seiner Leistungspflicht hierauf hinzu weisen. Sieht der Versicherungsvertrag kein derar tiges Verfahren vor oder unterlässt der Versicherer den Hinweis, gilt das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers im Einzelfall als anerkannt. § 129 Abweichende Vereinbarungen Von den §§ 126 bis 128 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. Kapitel 3 Transportversicherung § 130 Umfang der Gefahrtragung (1) Bei der Versicherung von Gütern gegen die Gefahren der Beförderung zu Lande oder auf Binnengewässern sowie der damit verbundenen Lagerung trägt der Versicherer alle Gefahren, denen die Güter während der Dauer der Versicherung ausgesetzt sind. (2) Bei der Versicherung eines Schiffes gegen die Gefahren der Binnenschifffahrt trägt der Versiche rer alle Gefahren, denen das Schiff während der Dauer der Versicherung ausgesetzt ist. Der Versi cherer haftet auch für den Schaden, den der Versi cherungsnehmer infolge eines Zusammenstoßes von Schiffen oder eines Schiffes mit festen oder schwimmenden Gegenständen dadurch erleidet, dass er den einem Dritten zugefügten Schaden zu ersetzen hat. (3) Die Versicherung gegen die Gefahren der Binnenschifffahrt umfasst die Beiträge zur großen Haverei, soweit durch die HavereiMaßnahme ein vom Versicherer zu ersetzender Schaden abgewen det werden sollte.
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§ 131 Verletzung der Anzeigepflicht (1) Abweichend von § 19 Abs. 2 ist bei Verlet zung der Anzeigepflicht der Rücktritt des Versiche rers ausgeschlossen; der Versicherer kann innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an, zu dem er Kenntnis von dem nicht oder unrichtig angezeigten Umstand erlangt hat, den Vertrag kündigen und die Leistung verweigern. Der Versicherer bleibt zur Leistung verpflichtet, soweit der nicht oder unrich tig angezeigte Umstand nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war. (2) Verweigert der Versicherer die Leistung, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht inner halb eines Monats von dem Zeitpunkt an ausgeübt wird, zu welchem dem Versicherungsnehmer die Entscheidung des Versicherers, die Leistung zu verweigern, zugeht. § 132 Gefahränderung (1) Der Versicherungsnehmer darf abweichend von § 23 die Gefahr erhöhen oder in anderer Weise ändern und die Änderung durch einen Dritten gestatten. Die Änderung hat er dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. (2) Hat der Versicherungsnehmer eine Gefahrer höhung nicht angezeigt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungs fall nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzei ge dem Versicherer hätte zugehen müssen. Er ist zur Leistung verpflichtet, 1. wenn ihm die Gefahrerhöhung zu dem Zeitpunkt bekannt war, zu dem ihm die Anzeige hätte zu gehen müssen, 2. wenn die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt worden ist oder 3. soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (3) Der Versicherer ist abweichend von § 24 nicht berechtigt, den Vertrag wegen einer Gefahr erhöhung zu kündigen. § 133 Vertragswidrige Beförderung (1) Werden die Güter mit einem Beförderungs mittel anderer Art befördert als vereinbart oder werden sie umgeladen, obwohl direkter Transport vereinbart ist, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet. Dies gilt auch, wenn ausschließlich ein bestimmtes Beförderungsmittel oder ein bestimm ter Transportweg vereinbart ist. (2) Der Versicherer bleibt zur Leistung verpflich tet, wenn nach Beginn der Versicherung die Beför derung ohne Zustimmung des Versicherungsneh mers oder infolge eines versicherten Ereignisses geändert oder aufgegeben wird. § 132 ist anzu wenden. (3) Die Versicherung umfasst in den Fällen des Absatzes 2 die Kosten der Umladung oder der einstweiligen Lagerung sowie die Mehrkosten der Weiterbeförderung. § 134 Ungeeignete Beförderungsmittel (1) Ist für die Beförderung der Güter kein be stimmtes Beförderungsmittel vereinbart, ist der Versicherungsnehmer, soweit er auf dessen Aus wahl Einfluss hat, verpflichtet, Beförderungsmittel einzusetzen, die für die Aufnahme und Beförderung der Güter geeignet sind. (2) Verletzt der Versicherungsnehmer diese Ob liegenheit vorsätzlich oder grob fahrlässig, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, die Verletzung war nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht. (3) Erlangt der Versicherungsnehmer Kenntnis von der mangelnden Eignung des Beförderungsmit tels, hat er diesen Umstand dem Versicherer unver züglich anzuzeigen. § 132 ist anzuwenden.
§ 135 Aufwendungsersatz (1) Aufwendungen, die dem Versicherungsneh mer zur Abwendung oder Minderung des Schadens entstehen, sowie die Kosten für die Ermittlung und Feststellung des Schadens hat der Versicherer auch insoweit zu erstatten, als sie zusammen mit der übrigen Entschädigung die Versicherungssumme übersteigen. (2) Sind Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung oder zur Ermittlung und Feststellung des Schadens oder zur Wiederherstellung oder Ausbesserung der durch einen Versicherungsfall beschädigten Sache gemacht oder Beiträge zur großen Haverei geleistet oder ist eine persönliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Entrichtung solcher Beiträge entstanden, hat der Versicherer den Schaden, der durch einen späteren Versicherungsfall verursacht wird, ohne Rücksicht auf die von ihm zu erstattenden früheren Aufwen dungen und Beiträge zu ersetzen. § 136 Versicherungswert (1) Als Versicherungswert der Güter gilt der ge meine Handelswert und in dessen Ermangelung der gemeine Wert, den die Güter am Ort der Absen dung bei Beginn der Versicherung haben, zuzüglich der Versicherungskosten, der Kosten, die bis zur Annahme der Güter durch den Beförderer entste hen, und der endgültig bezahlten Fracht. (2) Der sich nach Absatz 1 ergebende Wert gilt auch bei Eintritt des Versicherungsfalles als Versi cherungswert. (3) Bei Gütern, die beschädigt am Ablieferungs ort ankommen, ist der Wert, den sie dort in be schädigtem Zustand haben, von dem Wert abzu ziehen, den sie an diesem Ort in unbeschädigtem Zustand hätten. Der dem Verhältnis der Wertmin derung zu ihrem Wert in unbeschädigtem Zustand entsprechende Bruchteil des Versicherungswertes gilt als Betrag des Schadens.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 137 Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 140 Veräußerung des versicherten Schiffes
(1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung ver pflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätz lich oder grob fahrlässig den Versicherungsfall herbeiführt.
Wird ein versichertes Schiff veräußert, endet abweichend von § 95 die Versicherung mit der Übergabe des Schiffes an den Erwerber, für unter wegs befindliche Schiffe mit der Übergabe an den Erwerber im Bestimmungshafen.
(2) Der Versicherungsnehmer hat das Verhalten der Schiffsbesatzung bei der Führung des Schiffes nicht zu vertreten. § 138 Haftungsausschluss bei Schiffen Bei der Versicherung eines Schiffes ist der Versi cherer nicht zum Ersatz eines Schadens verpflich tet, der daraus entsteht, dass das Schiff in einem nicht fahrtüchtigen Zustand oder nicht ausreichend ausgerüstet oder personell ausgestattet die Reise antritt. Dies gilt auch für einen Schaden, der nur eine Folge der Abnutzung des Schiffes in gewöhnli chem Gebrauch ist. § 139 Veräußerung der versicherten Sache oder Güter (1) Ist eine versicherte Sache, für die eine Ein zelpolice oder ein Versicherungszertifikat ausge stellt worden ist, veräußert worden, haftet der Erwerber abweichend von § 95 nicht für die Prä mie. Der Versicherer kann sich gegenüber dem Erwerber nicht auf Leistungsfreiheit wegen Nicht zahlung der Prämie oder wegen Nichtleistung einer Sicherheit berufen, es sei denn, der Erwerber kannte den Grund für die Leistungsfreiheit oder hätte ihn kennen müssen. (2) Der Versicherer ist abweichend von § 96 nicht berechtigt, das Versicherungsverhältnis we gen Veräußerung der versicherten Güter zu kündi gen. (3) Der Versicherungsnehmer ist abweichend von § 97 nicht verpflichtet, dem Versicherer die Veräu ßerung anzuzeigen.
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§ 141 Befreiung durch Zahlung der Versicherungssumme (1) Der Versicherer ist nach Eintritt des Versiche rungsfalles berechtigt, sich durch Zahlung der Versicherungssumme von allen weiteren Verbind lichkeiten zu befreien. Der Versicherer bleibt zum Ersatz der Kosten verpflichtet, die zur Abwendung oder Minderung des Schadens oder zur Wiederher stellung oder Ausbesserung der versicherten Sache aufgewendet worden sind, bevor seine Erklärung, dass er sich durch Zahlung der Versicherungssum me befreien wolle, dem Versicherungsnehmer zugegangen ist. (2) Das Recht des Versicherers, sich durch Zah lung der Versicherungssumme zu befreien, erlischt, wenn die Erklärung dem Versicherungsnehmer nicht innerhalb einer Woche nach dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherer Kenntnis von dem Versiche rungsfall und seinen unmittelbaren Folgen erlangt hat, zugeht. Kapitel 4 Gebäudefeuerversicherung § 142 Anzeigen an Hypothekengläubiger (1) Bei der Gebäudefeuerversicherung hat der Versicherer einem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, unverzüglich in Text form anzuzeigen, wenn die einmalige oder die erste Prämie nicht rechtzeitig gezahlt oder wenn dem Versicherungsnehmer für die Zahlung einer Folge prämie eine Frist bestimmt wird. Dies gilt auch, wenn das Versicherungsverhältnis nach Ablauf der
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Frist wegen unterbliebener Zahlung der Folgeprä mie gekündigt wird. (2) Der Versicherer hat den Eintritt des Versiche rungsfalles innerhalb einer Woche, nachdem er von ihm Kenntnis erlangt hat, einem Hypothekengläu biger, der seine Hypothek angemeldet hat, in Textform anzuzeigen, es sei denn, der Schaden ist unbedeutend. § 143 Fortdauer der Leistungspflicht gegenüber Hypothekengläubigern (1) Bei nicht rechtzeitiger Zahlung einer Folge prämie bleibt der Versicherer gegenüber einem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek ange meldet hat, bis zum Ablauf eines Monats ab dem Zeitpunkt zur Leistung verpflichtet, zu welchem dem Hypothekengläubiger die Bestimmung der Zahlungsfrist oder, wenn diese Mitteilung unter blieben ist, die Kündigung mitgeteilt worden ist. (2) Die Beendigung des Versicherungsverhältnis ses wird gegenüber einem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, erst mit dem Ablauf von zwei Monaten wirksam, nachdem ihm die Beendigung und, sofern diese noch nicht eingetreten war, der Zeitpunkt der Beendigung durch den Versicherer mitgeteilt worden ist oder er auf andere Weise hiervon Kenntnis erlangt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn das Versicherungsverhältnis wegen unterbliebener Prämienzahlung durch Rücktritt oder Kündigung des Versicherers oder durch Kündigung des Versicherungsnehmers, welcher der Hypothekengläubiger zugestimmt hat, beendet wird. (3) Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend für die Wirksamkeit einer Vereinbarung zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer, durch die der Umfang des Versicherungsschutzes gemin dert wird oder nach welcher der Versicherer nur verpflichtet ist, die Entschädigung zur Wiederher stellung des versicherten Gebäudes zu zahlen. (4) Die Nichtigkeit des Versicherungsvertrags kann gegenüber einem Hypothekengläubiger, der
seine Hypothek angemeldet hat, nicht geltend gemacht werden. Das Versicherungsverhältnis endet jedoch ihm gegenüber nach Ablauf von zwei Monaten, nachdem ihm die Nichtigkeit durch den Versicherer mitgeteilt worden ist oder er auf andere Weise von der Nichtigkeit Kenntnis erlangt hat. § 144 Kündigung des Versicherungsnehmers Hat ein Hypothekengläubiger seine Hypothek angemeldet, ist eine Kündigung des Versicherungs verhältnisses durch den Versicherungsnehmer unbeschadet des § 92 Abs. 1 und des § 96 Abs. 2 nur wirksam, wenn der Versicherungsnehmer mindestens einen Monat vor Ablauf des Versiche rungsvertrags nachgewiesen hat, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung spätestens zuläs sig war, das Grundstück nicht mit der Hypothek belastet war oder dass der Hypothekengläubiger der Kündigung zugestimmt hat. Die Zustimmung darf nicht ohne ausreichenden Grund verweigert werden. § 145 Übergang der Hypothek Soweit der Versicherer den Hypothekengläubiger nach § 143 befriedigt, geht die Hypothek auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil eines gleich oder nachstehenden Hypothekengläubigers gel tend gemacht werden, dem gegenüber die Leis tungspflicht des Versicherers bestehen geblieben ist. § 146 Bestätigungs und Auskunftspflicht des Versicherers Der Versicherer ist verpflichtet, einem Hypothe kengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, die Anmeldung zu bestätigen und auf Verlangen Auskunft über das Bestehen von Versicherungs schutz sowie über die Höhe der Versicherungs summe zu erteilen.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 147 Änderung von Anschrift und Name des Hypothekengläubigers Hat der Hypothekengläubiger dem Versicherer eine Änderung seiner Anschrift oder seines Namens nicht mitgeteilt, ist § 13 Abs. 1 auf die Anzeigen und Mitteilungen des Versicherers nach den §§ 142 und 143 entsprechend anzuwenden. § 148 Andere Grundpfandrechte Ist das Grundstück mit einer Grundschuld, Ren tenschuld oder Reallast belastet, sind die §§ 142 bis 147 entsprechend anzuwenden. § 149 Eigentümergrundpfandrechte Die durch die §§ 142 bis 148 begründeten Rech te können nicht zugunsten von Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden, die dem Versicherungsnehmer zustehen, geltend gemacht werden. Kapitel 5 Lebensversicherung § 150 Versicherte Person (1) Die Lebensversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. (2) Wird die Versicherung für den Fall des Todes eines anderen genommen und übersteigt die vereinbarte Leistung den Betrag der gewöhnlichen Beerdigungskosten, ist zur Wirksamkeit des Ver trags die schriftliche Einwilligung des anderen erforderlich; dies gilt nicht bei Kollektivlebensversi cherungen im Bereich der betrieblichen Altersver sorgung. Ist der andere geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt oder ist für ihn ein Betreuer bestellt und steht die Vertretung in den seine Person betreffenden Angelegenheiten dem Versicherungsnehmer zu, kann dieser den
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anderen bei der Erteilung der Einwilligung nicht vertreten. (3) Nimmt ein Elternteil die Versicherung auf die Person eines minderjährigen Kindes, bedarf es der Einwilligung des Kindes nur, wenn nach dem Vertrag der Versicherer auch bei Eintritt des Todes vor der Vollendung des siebenten Lebensjahres zur Leistung verpflichtet sein soll und die für diesen Fall vereinbarte Leistung den Betrag der gewöhnli chen Beerdigungskosten übersteigt. (4) Soweit die Aufsichtsbehörde einen bestimm ten Höchstbetrag für die gewöhnlichen Beerdi gungskosten festgesetzt hat, ist dieser maßgebend. § 151 Ärztliche Untersuchung Durch die Vereinbarung einer ärztlichen Unter suchung der versicherten Person wird ein Recht des Versicherers, die Vornahme der Untersuchung zu verlangen, nicht begründet. § 152 Widerruf des Versicherungsnehmers (1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage. (2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer den Rückkaufs wert einschließlich der Überschussanteile oder, wenn dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist, die für das erste Jahr gezahlten Prämien zu erstatten. (3) Abweichend von § 33 Abs. 1 ist die einmalige oder die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 153 Überschussbeteiligung (1) Dem Versicherungsnehmer steht eine Beteili gung an dem Überschuss und an den Bewertungs reserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen; die Überschussbetei ligung kann nur insgesamt ausgeschlossen werden. (2) Der Versicherer hat die Beteiligung an dem Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen; andere vergleichbare angemessene Verteilungsgrundsätze können ver einbart werden. (3) Der Versicherer hat die Bewertungsreserven jährlich neu zu ermitteln und nach einem verursa chungsorientierten Verfahren rechnerisch zuzuord nen. Bei der Beendigung des Vertrags wird der für diesen Zeitpunkt zu ermittelnde Betrag zur Hälfte zugeteilt und an den Versicherungsnehmer ausge zahlt; eine frühere Zuteilung kann vereinbart werden. Aufsichtsrechtliche Regelungen zur Kapi talausstattung bleiben unberührt. (4) Bei Rentenversicherungen ist die Beendigung der Ansparphase der nach Absatz 3 Satz 2 maß gebliche Zeitpunkt. § 154 Modellrechnung (1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Le bensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garan tierten Leistungen hinaus, hat er dem Versiche rungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrun delegung der Rechnungsgrundlagen für die Prä mienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. Dies gilt nicht für Risikoversiche rungen und Verträge, die Leistungen der in § 54b Abs. 1 und 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechen modell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann. § 155 Jährliche Unterrichtung Bei Versicherungen mit Überschussbeteiligung hat der Versicherer den Versicherungsnehmer jährlich in Textform über die Entwicklung seiner Ansprüche unter Einbeziehung der Überschussbe teiligung zu unterrichten. Ferner hat der Versiche rer, wenn er bezifferte Angaben zur möglichen zukünftigen Entwicklung der Überschussbeteili gung gemacht hat, den Versicherungsnehmer auf Abweichungen der tatsächlichen Entwicklung von den anfänglichen Angaben hinzuweisen. § 156 Kenntnis und Verhalten der versicherten Person Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtli cher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen. § 157 Unrichtige Altersangabe Ist das Alter der versicherten Person unrichtig angegeben worden, verändert sich die Leistung des Versicherers nach dem Verhältnis, in welchem die dem wirklichen Alter entsprechende Prämie zu der vereinbarten Prämie steht. Das Recht, wegen der Verletzung der Anzeigepflicht von dem Vertrag zurückzutreten, steht dem Versicherer abweichend von § 19 Abs. 2 nur zu, wenn er den Vertrag bei richtiger Altersangabe nicht geschlossen hätte.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 158 Gefahränderung (1) Als Erhöhung der Gefahr gilt nur eine solche Änderung der Gefahrumstände, die nach ausdrück licher Vereinbarung als Gefahrerhöhung angesehen werden soll; die Vereinbarung bedarf der Textform. (2) Eine Erhöhung der Gefahr kann der Versiche rer nicht mehr geltend machen, wenn seit der Erhöhung fünf Jahre verstrichen sind. Hat der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 vorsätzlich oder arglistig verletzt, beläuft sich die Frist auf zehn Jahre. (3) § 41 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Herabsetzung der Prämie nur wegen einer solchen Minderung der Gefahrumstände verlangt werden kann, die nach ausdrücklicher Vereinbarung als Gefahrminderung angesehen werden soll. § 159 Bezugsberechtigung (1) Der Versicherungsnehmer ist im Zweifel be rechtigt, ohne Zustimmung des Versicherers einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen sowie an die Stelle des so bezeichneten Dritten einen anderen zu setzen. (2) Ein widerruflich als bezugsberechtigt be zeichneter Dritter erwirbt das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles. (3) Ein unwiderruflich als bezugsberechtigt be zeichneter Dritter erwirbt das Recht auf die Leis tung des Versicherers bereits mit der Bezeichnung als Bezugsberechtigter. § 160 Auslegung der Bezugsberechtigung (1) Sind mehrere Personen ohne Bestimmung ihrer Anteile als Bezugsberechtigte bezeichnet, sind sie zu gleichen Teilen bezugsberechtigt. Der von einem Bezugsberechtigten nicht erworbene Anteil wächst den übrigen Bezugsberechtigten zu.
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(2) Soll die Leistung des Versicherers nach dem Tod des Versicherungsnehmers an dessen Erben erfolgen, sind im Zweifel diejenigen, welche zur Zeit des Todes als Erben berufen sind, nach dem Verhältnis ihrer Erbteile bezugsberechtigt. Eine Ausschlagung der Erbschaft hat auf die Berechti gung keinen Einfluss. (3) Wird das Recht auf die Leistung des Versi cherers von dem bezugsberechtigten Dritten nicht erworben, steht es dem Versicherungsnehmer zu. (4) Ist der Fiskus als Erbe berufen, steht ihm ein Bezugsrecht im Sinn des Absatzes 2 Satz 1 nicht zu. § 161 Selbsttötung (1) Bei einer Versicherung für den Todesfall ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn die versicherte Person sich vor Ablauf von drei Jahren nach Abschluss des Versicherungsver trags vorsätzlich selbst getötet hat. Dies gilt nicht, wenn die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen worden ist. (2) Die Frist nach Absatz 1 Satz 1 kann durch Einzelvereinbarung erhöht werden. (3) Ist der Versicherer nicht zur Leistung ver pflichtet, hat er den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. § 162 Tötung durch Leistungsberechtigten (1) Ist die Versicherung für den Fall des Todes eines anderen als des Versicherungsnehmers ge nommen, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vor sätzlich durch eine widerrechtliche Handlung den Tod des anderen herbeiführt. (2) Ist ein Dritter als Bezugsberechtigter be zeichnet, gilt die Bezeichnung als nicht erfolgt, wenn der Dritte vorsätzlich durch eine widerrecht
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts liche Handlung den Tod der versicherten Person herbeiführt.
oder die Herabsetzung der Versicherungsleistung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf.
§ 163 Prämien und Leistungsänderung
§ 164 Bedingungsanpassung
(1) Der Versicherer ist zu einer Neufestsetzung der vereinbarten Prämie berechtigt, wenn
(1) Ist eine Bestimmung in Allgemeinen Versi cherungsbedingungen des Versicherers durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch be standskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärt worden, kann sie der Versicherer durch eine neue Regelung ersetzen, wenn dies zur Fortführung des Vertrags notwendig ist oder wenn das Festhal ten an dem Vertrag ohne neue Regelung für eine Vertragspartei auch unter Berücksichtigung der Interessen der anderen Vertragspartei eine unzu mutbare Härte darstellen würde. Die neue Rege lung ist nur wirksam, wenn sie unter Wahrung des Vertragsziels die Belange der Versicherungsnehmer angemessen berücksichtigt.
1. sich der Leistungsbedarf nicht nur vorüberge hend und nicht voraussehbar gegenüber den Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämie geändert hat, 2. die nach den berichtigten Rechnungsgrundlagen neu festgesetzte Prämie angemessen und erfor derlich ist, um die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistung zu gewährleisten, und 3. ein unabhängiger Treuhänder die Rechnungs grundlagen und die Voraussetzungen der Num mern 1 und 2 überprüft und bestätigt hat. Eine Neufestsetzung der Prämie ist insoweit ausge schlossen, als die Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt der Erst oder Neukalkulation unzurei chend kalkuliert waren und ein ordentlicher und gewissenhafter Aktuar dies insbesondere anhand der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren statistischen Kalkulationsgrundlagen hätte erkennen müssen. (2) Der Versicherungsnehmer kann verlangen, dass an Stelle einer Erhöhung der Prämie nach Absatz 1 die Versicherungsleistung entsprechend herabgesetzt wird. Bei einer prämienfreien Versi cherung ist der Versicherer unter den Vorausset zungen des Absatzes 1 zur Herabsetzung der Versicherungsleistung berechtigt. (3) Die Neufestsetzung der Prämie und die Her absetzung der Versicherungsleistung werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Herabset zung und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt.
(2) Die neue Regelung nach Absatz 1 wird zwei Wochen, nachdem die neue Regelung und die hierfür maßgeblichen Gründe dem Versicherungs nehmer mitgeteilt worden sind, Vertragsbestand teil. § 165 Prämienfreie Versicherung (1) Der Versicherungsnehmer kann jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine prämien freie Versicherung verlangen, sofern die dafür vereinbarte Mindestversicherungsleistung erreicht wird. Wird diese nicht erreicht, hat der Versicherer den auf die Versicherung entfallenden Rückkaufs wert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. (2) Die prämienfreie Leistung ist nach anerkann ten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation unter Zugrundelegung des Rückkaufswertes nach § 169 Abs. 3 bis 5 zu berechnen und im Vertrag für jedes Versicherungsjahr anzugeben.
(4) Die Mitwirkung des Treuhänders nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 entfällt, wenn die Neufestsetzung
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (3) Die prämienfreie Leistung ist für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode unter Berück sichtigung von Prämienrückständen zu berechnen. Die Ansprüche des Versicherungsnehmers aus der Überschussbeteiligung bleiben unberührt. § 166 Kündigung des Versicherers (1) Kündigt der Versicherer das Versicherungs verhältnis, wandelt sich mit der Kündigung die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung um. Auf die Umwandlung ist § 165 anzuwenden. (2) Im Fall des § 38 Abs. 2 ist der Versicherer zu der Leistung verpflichtet, die er erbringen müsste, wenn sich mit dem Eintritt des Versicherungsfalles die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt hätte. (3) Bei der Bestimmung einer Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 hat der Versicherer auf die eintretende Umwandlung der Versicherung hinzuweisen. (4) Bei einer Lebensversicherung, die vom Ar beitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgeschlossen worden ist, hat der Versicherer die versicherte Person über die Be stimmung der Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 und die eintretende Umwandlung der Versicherung in Textform zu informieren und ihnen eine Zahlungs frist von mindestens zwei Monaten einzuräumen. § 167 Umwandlung zur Erlangung eines Pfändungsschutzes Der Versicherungsnehmer einer Lebensversiche rung kann jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versi cherung in eine Versicherung verlangen, die den Anforderungen des § 851c Abs. 1 der Zivilprozess ordnung entspricht. Die Kosten der Umwandlung hat der Versicherungsnehmer zu tragen.
§ 168 Kündigung des Versicherungsnehmers (1) Sind laufende Prämien zu zahlen, kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluss der laufenden Versiche rungsperiode kündigen. (2) Bei einer Versicherung, die Versicherungs schutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, steht das Kündigungsrecht dem Versicherungsnehmer auch dann zu, wenn die Prämie in einer einmaligen Zahlung besteht. (3) Die Absätze 1 und 2 sind nicht auf einen für die Altersvorsorge bestimmten Versicherungsver trag anzuwenden, bei dem der Versicherungsneh mer mit dem Versicherer eine Verwertung vor dem Eintritt in den Ruhestand ausgeschlossen hat; der Wert der vom Ausschluss der Verwertbarkeit be troffenen Ansprüche darf die in § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bestimmten Beträge nicht übersteigen. § 169 Rückkaufswert (1) Wird eine Versicherung, die Versicherungs schutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufge hoben, hat der Versicherer den Rückkaufswert zu zahlen. (2) Der Rückkaufswert ist nur insoweit zu zah len, als dieser die Leistung bei einem Versiche rungsfall zum Zeitpunkt der Kündigung nicht übersteigt. Der danach nicht gezahlte Teil des Rückkaufswertes ist für eine prämienfreie Versiche rung zu verwenden. Im Fall des Rücktrittes oder der Anfechtung ist der volle Rückkaufswert zu zahlen. (3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode be
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts rechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapi tals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; die aufsichts rechtlichen Regelungen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt. Der Rückkaufswert und das Ausmaß, in dem er garantiert ist, sind dem Versi cherungsnehmer vor Abgabe von dessen Vertrags erklärung mitzuteilen; das Nähere regelt die Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 2. Hat der Versi cherer seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Ver tragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, kann er für die Berechnung des Rückkaufswertes an Stelle des Deckungskapitals den in diesem Staat vergleichbaren anderen Be zugswert zu Grunde legen. (4) Bei fondsgebundenen Versicherungen und anderen Versicherungen, die Leistungen der in § 54b des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeich neten Art vorsehen, ist der Rückkaufswert nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert der Versicherung zu berechnen, soweit nicht der Versicherer eine bestimmte Leistung garantiert; im Übrigen gilt Absatz 3. Die Grundsät ze der Berechnung sind im Vertrag anzugeben. (5) Der Versicherer ist zu einem Abzug von dem nach Absatz 3 oder 4 berechneten Betrag nur berechtigt, wenn er vereinbart, beziffert und angemessen ist. Die Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschluss und Vertriebskosten ist unwirksam. (6) Der Versicherer kann den nach Absatz 3 be rechneten Betrag angemessen herabsetzen, soweit dies erforderlich ist, um eine Gefährdung der Belange der Versicherungsnehmer, insbesondere durch eine Gefährdung der dauernden Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen ergeben den Verpflichtungen, auszuschließen. Die Herabset zung ist jeweils auf ein Jahr befristet. (7) Der Versicherer hat dem Versicherungsneh mer zusätzlich zu dem nach den Absätzen 3 bis 6
berechneten Betrag die diesem bereits zugeteilten Überschussanteile, soweit sie nicht bereits in dem Betrag nachdenAbsätzen3bis 6enthaltensind,sowie den nach den jeweiligen Allgemeinen Versiche rungsbedingungen für den Fall der Kündigung vorgesehenen Schlussüberschussanteil zu zahlen; § 153 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt. § 170 Eintrittsrecht (1) Wird in die Versicherungsforderung ein Ar rest vollzogen oder eine Zwangsvollstreckung vorgenommen oder wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherungsnehmers eröffnet, kann der namentlich bezeichnete Bezugs berechtigte mit Zustimmung des Versicherungs nehmers an seiner Stelle in den Versicherungsver trag eintreten. Tritt der Bezugsberechtigte ein, hat er die Forderungen der betreibenden Gläubiger oder der Insolvenzmasse bis zur Höhe des Betrags zu befriedigen, dessen Zahlung der Versicherungs nehmer im Fall der Kündigung des Versicherungs verhältnisses vom Versicherer verlangen könnte. (2) Ist ein Bezugsberechtigter nicht oder nicht namentlich bezeichnet, steht das gleiche Recht dem Ehegatten oder Lebenspartner und den Kin dern des Versicherungsnehmers zu. (3) Der Eintritt erfolgt durch Anzeige an den Versicherer. Die Anzeige kann nur innerhalb eines Monats erfolgen, nachdem der Eintrittsberechtigte von der Pfändung Kenntnis erlangt hat oder das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. § 171 Abweichende Vereinbarungen Von § 152 Abs. 1 und 2 und den §§ 153 bis 155, 157, 158, 161 und 163 bis 170 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers, der versicher ten Person oder des Eintrittsberechtigten abgewi chen werden. Für das Verlangen des Versicherungs nehmers auf Umwandlung nach § 165 und für seine Kündigung nach § 168 kann die Schrift oder die Textform vereinbart werden.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Kapitel 6 Berufsunfähigkeitsversiche rung § 172 Leistung des Versicherers (1) Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Versicherer verpflichtet, für eine nach Beginn der Versicherung eingetretene Berufsunfähigkeit die vereinbarten Leistungen zu erbringen. (2) Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausge übten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beein trächtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechen dem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussicht lich auf Dauer nicht mehr ausüben kann. (3) Als weitere Voraussetzung einer Leistungs pflicht des Versicherers kann vereinbart werden, dass die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die zu über nehmen sie auf Grund ihrer Ausbildung und Fähig keiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. § 173 Anerkenntnis (1) Der Versicherer hat nach einem Leistungsan trag bei Fälligkeit in Textform zu erklären, ob er seine Leistungspflicht anerkennt. (2) Das Anerkenntnis darf nur einmal zeitlich begrenzt werden. Es ist bis zum Ablauf der Frist bindend. § 174 Leistungsfreiheit (1) Stellt der Versicherer fest, dass die Voraus setzungen der Leistungspflicht entfallen sind, wird er nur leistungsfrei, wenn er dem Versicherungs nehmer diese Veränderung in Textform dargelegt hat.
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(2) Der Versicherer wird frühestens mit dem Ab lauf des dritten Monats nach Zugang der Erklärung nach Absatz 1 beim Versicherungsnehmer leis tungsfrei. § 175 Abweichende Vereinbarungen Von den §§ 173 und 174 kann nicht zum Nach teil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. § 176 Anzuwendende Vorschriften Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähig keitsversicherung entsprechend anzuwenden, so weit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen. § 177 Ähnliche Versicherungsverträge (1) Die §§ 173 bis 176 sind auf alle Versiche rungsverträge, bei denen der Versicherer für eine dauerhafte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit eine Leistung verspricht, entsprechend anzuwen den. (2) Auf die Unfallversicherung sowie auf Kran kenversicherungsverträge, die das Risiko der Beein trächtigung der Arbeitsfähigkeit zum Gegenstand haben, ist Absatz 1 nicht anzuwenden. Kapitel 7 Unfallversicherung § 178 Leistung des Versicherers (1) Bei der Unfallversicherung ist der Versicherer verpflichtet, bei einem Unfall der versicherten Person oder einem vertraglich dem Unfall gleichge stellten Ereignis die vereinbarten Leistungen zu erbringen. (2) Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Per son durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheits
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts schädigung erleidet. Die Unfreiwilligkeit wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
Vereinbarung als Gefahrerhöhung angesehen werden soll; die Vereinbarung bedarf der Textform.
§ 179 Versicherte Person
(2) Ergeben sich im Fall einer erhöhten Gefahr nach dem geltenden Tarif des Versicherers bei unveränderter Prämie niedrigere Versicherungsleis tungen, gelten diese mit Ablauf eines Monats nach Eintritt der Gefahrerhöhung als vereinbart. Weiter gehende Rechte kann der Versicherer nur geltend machen, wenn der Versicherungsnehmer die Ge fahrerhöhung arglistig nicht angezeigt hat.
(1) Die Unfallversicherung kann für den Eintritt eines Unfalles des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Eine Versiche rung gegen Unfälle eines anderen gilt im Zweifel als für Rechnung des anderen genommen. (2) Wird die Versicherung gegen Unfälle eines anderen von dem Versicherungsnehmer für eigene Rechnung genommen, ist zur Wirksamkeit des Vertrags die schriftliche Einwilligung des anderen erforderlich. Ist der andere geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt oder ist für ihn ein Betreuer bestellt und steht die Vertretung in den seine Person betreffenden Angelegenheiten dem Versicherungsnehmer zu, kann dieser den anderen bei der Erteilung der Einwilligung nicht vertreten. (3) Soweit im Fall des Absatzes 2 nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versi cherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, sind auch die Kenntnis und das Verhalten des anderen zu berücksichtigen. § 180 Invalidität Der Versicherer schuldet die für den Fall der In validität versprochenen Leistungen im vereinbarten Umfang, wenn die körperliche oder geistige Leis tungsfähigkeit der versicherten Person unfallbe dingt dauerhaft beeinträchtigt ist. Eine Beeinträch tigung ist dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Ände rung dieses Zustandes nicht erwartet werden kann.
§ 182 Mitwirkende Ursachen Ist vereinbart, dass der Anspruch auf die verein barten Leistungen entfällt oder sich mindert, wenn Krankheiten oder Gebrechen bei der durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschädi gung oder deren Folgen mitgewirkt haben, hat der Versicherer die Voraussetzungen des Wegfalles oder der Minderung des Anspruchs nachzuweisen. § 183 Herbeiführung des Versicherungsfalles (1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung ver pflichtet, wenn im Fall des § 179 Abs. 2 der Versi cherungsnehmer vorsätzlich durch eine widerrecht liche Handlung den Versicherungsfall herbeiführt. (2) Ist ein Dritter als Bezugsberechtigter be zeichnet, gilt die Bezeichnung als nicht erfolgt, wenn der Dritte vorsätzlich durch eine widerrecht liche Handlung den Versicherungsfall herbeiführt. § 184 Abwendung und Minderung des Schadens Die §§ 82 und 83 sind auf die Unfallversicherung nicht anzuwenden.
§ 181 Gefahrerhöhung
§ 185 Bezugsberechtigung
(1) Als Erhöhung der Gefahr gilt nur eine solche Änderung der Umstände, die nach ausdrücklicher
Ist als Leistung des Versicherers die Zahlung ei nes Kapitals vereinbart, sind die §§ 159 und 160 entsprechend anzuwenden.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 186 Hinweispflicht des Versicherers
den Grad der Invalidität neu zu bemessen, nicht berufen.
Zeigt der Versicherungsnehmer einen Versiche rungsfall an, hat der Versicherer ihn auf vertragli che Anspruchs und Fälligkeitsvoraussetzungen sowie einzuhaltende Fristen in Textform hinzuwei sen. Unterbleibt dieser Hinweis, kann sich der Versicherer auf Fristversäumnis nicht berufen.
§ 189 Sachverständigenverfahren, Schadensermittlungskosten Die §§ 84 und 85 Abs. 1 und 3 sind entspre chend anzuwenden.
§ 187 Anerkenntnis
§ 190 Pflichtversicherung
(1) Der Versicherer hat nach einem Leistungsan trag innerhalb eines Monats nach Vorlage der zu dessen Beurteilung erforderlichen Unterlagen in Textform zu erklären, ob und in welchem Umfang er seine Leistungspflicht anerkennt. Wird eine Invaliditätsleistung beantragt, beträgt die Frist drei Monate.
Besteht für den Abschluss einer Unfallversiche rung eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift, hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Versicherungssumme zu bescheinigen, dass eine der zu bezeichnenden Rechtsvorschrift entsprechende Unfallversicherung besteht.
(2) Erkennt der Versicherer den Anspruch an oder haben sich Versicherungsnehmer und Versi cherer über Grund und Höhe des Anspruchs geei nigt, wird die Leistung innerhalb von zwei Wochen fällig. Steht die Leistungspflicht nur dem Grunde nach fest, hat der Versicherer auf Verlangen des Versicherungsnehmers einen angemessenen Vor schuss zu leisten. § 188 Neubemessung der Invalidität (1) Sind Leistungen für den Fall der Invalidität vereinbart, ist jede Vertragspartei berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahre nach Eintritt des Unfalles, neu bemessen zu lassen. In der Kinderunfallversicherung kann die Frist, innerhalb derer eine Neubemessung verlangt werden kann, verlängert werden. (2) Mit der Erklärung des Versicherers über die Leistungspflicht ist der Versicherungsnehmer über sein Recht zu unterrichten, den Grad der Invalidität neu bemessen zu lassen. Unterbleibt diese Unter richtung, kann sich der Versicherer auf eine Ver spätung des Verlangens des Versicherungsnehmers,
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§ 191 Abweichende Vereinbarungen Von § 178Abs. 2 Satz 2 und den §§ 181,186 bis188 kann nicht zum Nachteil des Versicherungs nehmers oder der versicherten Person abgewichen werden. Kapitel 8 Krankenversicherung § 192 Vertragstypische Leistungen des Versicherers (1) Bei der Krankheitskostenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen und für sonstige vereinbarte Leistungen einschließ lich solcher bei Schwangerschaft und Entbindung sowie für ambulante Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen zu erstatten. (2) Der Versicherer ist zur Leistung nach Absatz 1 insoweit nicht verpflichtet, als die Aufwendun gen für die Heilbehandlung oder sonstigen Leistun
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts gen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen.
§ 193 Versicherte Person
(3) Als Inhalt der Krankheitskostenversicherung können zusätzliche Dienstleistungen, die in unmit telbarem Zusammenhang mit Leistungen nach Absatz 1 stehen, vereinbart werden, insbesondere
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
1. die Beratung über Leistungen nach Absatz 1 sowie über die Anbieter solcher Leistungen; 2. die Beratung über die Berechtigung von Entgelt ansprüchen der Erbringer von Leistungen nach Absatz 1;
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
3. die Abwehr unberechtigter Entgeltansprüche der Erbringer von Leistungen nach Absatz 1;
§ 194 Anzuwendende Vorschriften
4. die Unterstützung der versicherten Personen bei der Durchsetzung von Ansprüchen wegen feh lerhafter Erbringung der Leistungen nach Absatz 1 und der sich hieraus ergebenden Folgen;
(1) Soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird, sind die §§ 74 bis 80 und 82 bis 87 anzuwen den. Die §§ 23 bis 27 und 29 sind auf die Kranken versicherung nicht anzuwenden. § 19 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 ist auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat. Abweichend von § 21 Abs. 3 Satz 1 beläuft sich die Frist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers auf drei Jahre.
5. die unmittelbare Abrechnung der Leistungen nach Absatz 1mit deren Erbringern. (4) Bei der Krankenhaustagegeldversicherung ist der Versicherer verpflichtet, bei medizinisch not wendiger stationärer Heilbehandlung das verein barte Krankenhaustagegeld zu leisten. (5) Bei der Krankentagegeldversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den als Folge von Krank heit oder Unfall durch Arbeitsunfähigkeit verur sachten Verdienstausfall durch das vereinbarte Krankentagegeld zu ersetzen. (6) Bei der Pflegekrankenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, im Fall der Pflegebedürf tigkeit im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für die Pflege der versicherten Person zu erstatten (Pflegekostenversicherung) oder das vereinbarte Tagegeld zu leisten (Pflegetagegeldversicherung). Absatz 2 gilt für die Pflegekostenversicherung entsprechend. Die Regelungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch über die private Pflegeversiche rung bleiben unberührt.
(2) § 38 ist auf die Krankenversicherung mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 Satz 1 mindestens zwei Monate betra gen muss. Zusätzlich zu den Angaben nach § 38 Abs. 1 Satz 2 hat der Versicherer den Versiche rungsnehmer darauf hinzuweisen, dass 1. der Abschluss einer neuen Krankenversicherung nach der Kündigung des Versicherers nach § 38 Abs. 3 für den Versicherungsnehmer mit einer neuen Gesundheitsprüfung, einer Einschränkung des Umfangs des bisherigen Versicherungsschut zes sowie einer höheren Prämie verbunden sein kann, 2. Bezieher von Arbeitslosengeld II unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch einen Zuschuss zu den
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Beiträgen erhalten können, die sie für eine private Kranken" oder Pflegeversicherung zah" len, 3. der Träger der Sozialhilfe unter den Vorausset" zungen des § 32 Abs. 2 und 3 des Zwölften Bu" ches Sozialgesetzbuch Beiträge zur privaten Kranken"oder Pflegeversicherung übernehmen kann. (3) Steht dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person ein Anspruch auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grund gezahlter Entgelte gegen den Erbringer von Leistungen zu, für die der Versi" cherer auf Grund des Versicherungsvertrags Erstat" tungsleistungen erbracht hat, ist § 86 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden. (4) Die §§ 43 bis 48 sind auf die Krankenversi" cherung mit der Maßgabe anzuwenden, dass ausschließlich die versicherte Person die Versiche" rungsleistung verlangen kann, wenn der Versiche" rungsnehmer sie gegenüber dem Versicherer in Textform als Empfangsberechtigten der Versiche" rungsleistung benannt hat; die Benennung kann widerruflich oder unwiderruflich erfolgen. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, kann nur der Versi" cherungsnehmer die Versicherungsleistung verlan" gen. Einer Vorlage des Versicherungsscheins bedarf es nicht. § 195 Versicherungsdauer (1) Die Krankenversicherung, die ganz oder teil" weise den im gesetzlichen Sozialversicherungssys" tem vorgesehenen Kranken" oder Pflegeversiche" rungsschutz ersetzen kann (substitutive Kranken" versicherung), ist vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und der §§ 196 und 199 unbefristet. Wird die nicht substitutive Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung betrieben, gilt Satz 1 entspre" chend. (2) Bei Ausbildungs", Auslands", Reise" und Restschuldkrankenversicherungen können Ver" tragslaufzeiten vereinbart werden.
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(3) Bei der Krankenversicherung einer Person mit befristetem Aufenthaltstitel für das Inland kann vereinbart werden, dass sie spätestens nach fünf Jahren endet. Ist eine kürzere Laufzeit vereinbart, kann ein gleichartiger neuer Vertrag nur mit einer Höchstlaufzeit geschlossen werden, die unter Einschluss der Laufzeit des abgelaufenen Vertrags fünf Jahre nicht überschreitet; dies gilt auch, wenn der neue Vertrag mit einem anderen Versicherer geschlossen wird. § 196 Befristung der Krankentagegeldversicherung (1) Bei der Krankentagegeldversicherung kann vereinbart werden, dass die Versicherung mit Vollendung des 65. Lebensjahres der versicherten Person endet. Der Versicherungsnehmer kann in diesem Fall vom Versicherer verlangen, dass dieser den Antrag auf Abschluss einer mit Vollendung des 65. Lebensjahres beginnenden neuen Krankentage" geldversicherung annimmt, die spätestens mit Vollendung des 70. Lebensjahres endet. Auf dieses Recht hat der Versicherer ihn frühestens sechs Monate vor dem Ende der Versicherung unter Beifügung des Wortlauts dieser Vorschrift in Text" form hinzuweisen. Wird der Antrag bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Vollendung des 65. Le" bensjahres gestellt, hat der Versicherer den Versi" cherungsschutz ohne Risikoprüfung oder Wartezei" ten zu gewähren, soweit der Versicherungsschutz nicht höher oder umfassender ist als im bisherigen Tarif. (2) Hat der Versicherer den Versicherungsnehmer nicht nach Absatz 1 Satz 3 auf das Ende der Versi" cherung hingewiesen und wird der Antrag vor Vollendung des 66. Lebensjahres gestellt, gilt Absatz 1 Satz 4 entsprechend, wobei die Versiche" rung mit Zugang des Antrags beim Versicherer beginnt. Ist der Versicherungsfall schon vor Zugang des Antrags eingetreten, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet. (3) Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend, wenn in unmittelbarem Anschluss an eine Versi" cherung nach Absatz 1 Satz 4 oder Absatz 2 Satz 1 eine neue Krankentagegeldversicherung beantragt
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts wird, die spätestens mit Vollendung des 75. Lebensjahres endet.
ist die Vereinbarung eines Risikozuschlags höchs tens bis zur einfachen Prämienhöhe zulässig.
(4) Die Vertragsparteien können ein späteres Lebensjahr als in den vorstehenden Absätzen festgelegt vereinbaren.
(3) Als Voraussetzung für die Versicherung des Neugeborenen oder des Adoptivkindes kann eine Mindestversicherungsdauer des Elternteils verein bart werden. Diese darf drei Monate nicht über steigen.
§ 197 Wartezeiten (1) Soweit Wartezeiten vereinbart werden, dür fen diese in der Krankheitskosten, Krankenhausta gegeld und Krankentagegeldversicherung als allgemeine Wartezeit drei Monate und als beson dere Wartezeit für Entbindung, Psychotherapie, Zahnbehandlung, Zahnersatz und Kieferorthopädie acht Monate nicht überschreiten. Bei der Pflege krankenversicherung darf die Wartezeit drei Jahre nicht überschreiten. (2) Personen, die aus der gesetzlichen Kranken versicherung ausscheiden, ist die dort ununterbro chen zurückgelegte Versicherungszeit auf die Wartezeit anzurechnen, sofern die Versicherung spätestens zwei Monate nach Beendigung der Vorversicherung zum unmittelbaren Anschluss daran beantragt wird. Dies gilt auch für Personen, die aus einem öffentlichen Dienstverhältnis mit Anspruch auf Heilfürsorge ausscheiden. § 198 Kindernachversicherung (1) Besteht am Tag der Geburt für mindestens einen Elternteil eine Krankenversicherung, ist der Versicherer verpflichtet, dessen neugeborenes Kind ab Vollendung der Geburt ohne Risikozuschläge und Wartezeiten zu versichern, wenn die Anmel dung zur Versicherung spätestens zwei Monate nach dem Tag der Geburt rückwirkend erfolgt. Diese Verpflichtung besteht nur insoweit, als der beantragte Versicherungsschutz des Neugeborenen nicht höher und nicht umfassender als der des versicherten Elternteils ist. (2) Der Geburt eines Kindes steht die Adoption gleich, sofern das Kind im Zeitpunkt der Adoption noch minderjährig ist. Besteht eine höhere Gefahr,
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für die Auslands und die Reisekrankenversicherung nicht, soweit für das Neugeborene oder für das Adoptivkind ander weitiger privater oder gesetzlicher Krankenversi cherungsschutz im Inland oder Ausland besteht. § 199 Beihilfeempfänger (1) Bei der Krankheitskostenversicherung einer versicherten Person mit Anspruch auf Beihilfe nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes kann vereinbart werden, dass sie mit der Versetzung der versicherten Person in den Ruhestand im Umfang der Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes endet. (2) Ändert sich bei einer versicherten Person mit Anspruch auf Beihilfe nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes der Beihilfebemessungssatz oder entfällt der Beihilfeanspruch, hat der Versi cherungsnehmer Anspruch darauf, dass der Versi cherer den Versicherungsschutz im Rahmen der bestehenden Krankheitskostentarife so anpasst, dass dadurch der veränderte Beihilfebemessungs satz oder der weggefallene Beihilfeanspruch aus geglichen wird. Wird der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Änderung gestellt, hat der Versicherer den angepassten Versicherungsschutz ohne Risikoprüfung oder Wartezeiten zu gewähren. § 200 Bereicherungsverbot Hat die versicherte Person wegen desselben Ver sicherungsfalles einen Anspruch gegen mehrere Erstattungsverpflichtete, darf die Gesamterstattung die Gesamtaufwendungen nicht übersteigen.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 201 Herbeiführung des Versicherungsfalles Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflich tet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versi cherte Person vorsätzlich die Krankheit oder den Unfall bei sich selbst herbeiführt. § 202 Auskunftspflicht des Versicherers; Schadensermittlungskosten Der Versicherer ist verpflichtet, auf Verlangen des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person einem von ihnen benannten Arzt oder Rechtsanwalt Auskunft über und Einsicht in Gut achten oder Stellungnahmen zu geben, die er bei der Prüfung seiner Leistungspflicht über die Not wendigkeit einer medizinischen Behandlung einge holt hat. Der Auskunftsanspruch kann nur von der jeweils betroffenen Person oder ihrem gesetzlichen Vertreter geltend gemacht werden. Hat der Versi cherungsnehmer das Gutachten oder die Stellung nahme auf Veranlassung des Versicherers einge holt, hat der Versicherer die entstandenen Kosten zu erstatten. § 203 Prämien und Bedingungsanpassung (1) Bei einer Krankenversicherung, bei der die Prämie nach Art der Lebensversicherung berechnet wird, kann der Versicherer nur die entsprechend den technischen Berechnungsgrundlagen nach den §§ 12, 12a und 12e in Verbindung mit § 12c des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu berechnende Prämie verlangen. Die Möglichkeit, mit Rücksicht auf ein erhöhtes Risiko einen angemessenen Risi kozuschlag oder einen Leistungsausschluss zu vereinbaren, bleibt unberührt. (2) Ist bei einer Krankenversicherung das ordent liche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehen den Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungs
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grundlagen auch für bestehende Versicherungsver hältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängi ger Treuhänder die technischen Berechnungs grundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Dabei darf auch ein betragsmäßig festgelegter Selbstbehalt angepasst und ein verein barter Risikozuschlag entsprechend geändert werden, soweit dies vereinbart ist. Maßgebliche Rechnungsgrundlagen im Sinn der Sätze 1 und 2 sind die Versicherungsleistungen und die Sterbe wahrscheinlichkeiten. Für die Änderung der Prä mien, Prämienzuschläge und Selbstbehalte sowie ihre Überprüfung und Zustimmung durch den Treuhänder gilt § 12b Abs. 1 bis 2a in Verbindung mit einer auf Grund des § 12c des Versicherungs aufsichtsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung. (3) Ist bei einer Krankenversicherung im Sinn des Absatzes 1 Satz 1 das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausge schlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens berechtigt, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen den veränderten Verhältnissen anzupassen, wenn die Änderungen zur hinreichen den Wahrung der Belange der Versicherungsneh mer erforderlich erscheinen und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderun gen überprüft und ihre Angemessenheit bestätigt hat. (4) Ist eine Bestimmung in Allgemeinen Versi cherungsbedingungen des Versicherers durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärt worden, ist § 164 anzuwenden. (5) Die Neufestsetzung der Prämie und die Än derungen nach den Absätzen 2 und 3 werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderun gen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 204 Tarifwechsel Bei einem bestehenden unbefristeten Versiche rungsverhältnis kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer verlangen, dass dieser nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in Ver bindung mit einer Rechtsverordnung nach § 12c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Versicherungsaufsichtsge setzes Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrech nung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt. Soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungs nehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, kann der Versiche rer für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen. Der Versi cherungsnehmer kann die Vereinbarung eines Risikozuschlags und einer Wartezeit dadurch abwenden, dass er hinsichtlich der Mehrleistung einen Leistungsausschluss vereinbart. § 205 Kündigung des Versicherungsnehmers (1) Vorbehaltlich einer vereinbarten Mindestver sicherungsdauer bei der Krankheitskostenund bei der Krankenhaustagegeldversicherung kann der Versicherungsnehmer ein Krankenversicherungs verhältnis, das für die Dauer von mehr als einem Jahr eingegangen ist, zum Ende des ersten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhal tung einer Frist von drei Monaten kündigen. Die Kündigung kann auf einzelne versicherte Personen oder Tarife beschränkt werden. (2) Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken oder pflegeversicherungspflichtig, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krank heitskosten, eine Krankentagegeld oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversiche rung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungs pflicht kündigen. Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer
den Eintritt der Versicherungspflicht nicht inner halb von zwei Monaten nachweist, nachdem der Versicherer ihn hierzu in Textform aufgefordert hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Versäumung dieser Frist nicht zu vertreten. Macht der Versicherungsnehmer von seinem Kündigungs recht Gebrauch, steht dem Versicherer die Prämie nur bis zu diesem Zeitpunkt zu. Später kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist. Der Versicherungspflicht steht der gesetzliche An spruch auf Familienversicherung oder der nicht nur vorübergehende Anspruch auf Heilfürsorge aus einem beamtenrechtlichen oder ähnlichen Dienst verhältnis gleich. (3) Ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag, dass bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters oder bei Eintreten anderer dort genannter Voraus setzungen die Prämie für ein anderes Lebensalter oder eine andere Altersgruppe gilt oder die Prämie unter Berücksichtigung einer Alterungsrückstellung berechnet wird, kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffe nen versicherten Person binnen zwei Monaten nach der Änderung zum Zeitpunkt ihres Wirksam werdens kündigen, wenn sich die Prämie durch die Änderung erhöht. (4) Erhöht der Versicherer auf Grund einer An passungsklausel die Prämie oder vermindert er die Leistung, kann der Versicherungsnehmer hinsicht lich der betroffenen versicherten Person innerhalb eines Monats nach Zugang der Änderungsmittei lung mit Wirkung für den Zeitpunkt kündigen, zu dem die Prämienerhöhung oder die Leistungsmin derung wirksam werden soll. (5) Hat sich der Versicherer vorbehalten, die Kündigung auf einzelne versicherte Personen oder Tarife zu beschränken und macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, kann der Versicherungs nehmer innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung die Aufhebung des übrigen Teils der Versicherung zu dem Zeitpunkt verlangen, zu dem die Kündigung wirksam wird. Satz 1 gilt entspre chend, wenn der Versicherer die Anfechtung oder
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts den Rücktritt nur für einzelne versicherte Personen oder Tarife erklärt. In diesen Fällen kann der Versi cherungsnehmer die Aufhebung zum Ende des Monats verlangen, in dem ihm die Erklärung des Versicherers zugegangen ist. § 206 Kündigung des Versicherers (1) Die ordentliche Kündigung einer substituti ven Krankheitskosten , Krankentagegeld oder Pflegekrankenversicherung durch den Versicherer ist ausgeschlossen. Sie ist ferner ausgeschlossen für eine Krankenhaustagegeldversicherung, die neben einer Krankheitskostenvollversicherung besteht. Eine Krankentagegeldversicherung, für die kein gesetzlicher Anspruch auf einen Beitragszu schuss des Arbeitgebers besteht, kann der Versiche rer abweichend von Satz 1 in den ersten drei Jahren unter Einhaltung einer Frist von drei Mona ten zum Ende eines jeden Versicherungsjahres kündigen. (2) Für die ordentliche Kündigung einer nicht substitutiven Krankenversicherung, die nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, gilt Absatz 1 entsprechend. (3) Liegen bei einer Krankenhaustagegeldversi cherung oder einer Krankheitskostenteilversiche rung die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vor, kann der Versicherer das Versicherungsverhältnis nur innerhalb der ersten drei Versicherungsjahre zum Ende eines Versicherungsjahres kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. (4) Wird eine Krankheitskostenversicherung oder eine Pflegekrankenversicherung vom Versicherer wegen Zahlungsverzugs des Versicherungsnehmers wirksam gekündigt, sind die versicherten Personen berechtigt, die Fortsetzung des Versicherungsver hältnisses unter Benennung des künftigen Versi cherungsnehmers zu erklären; die Prämie ist ab Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses zu leisten. Die versicherten Personen sind vom Versi cherer über die Kündigung und das Recht nach Satz 1 in Textform zu informieren. Dieses Recht endet zwei Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem
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die versicherte Person Kenntnis von diesem Recht erlangt hat. (5) Die ordentliche Kündigung eines Gruppenver sicherungsvertrags, der Schutz gegen das Risiko Krankheit enthält, durch den Versicherer ist zuläs sig, wenn die versicherten Personen die Kranken versicherung unter Anrechnung der aus dem Ver trag erworbenen Rechte und der Alterungs rückstellung, soweit eine solche gebildet wird, zu den Bedingungen der Einzelversicherung fortsetzen können. Absatz 4 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. § 207 Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses (1) Endet das Versicherungsverhältnis durch den Tod des Versicherungsnehmers, sind die versicher ten Personen berechtigt, binnen zwei Monaten nach dem Tod des Versicherungsnehmers die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses unter Benennung des künftigen Versicherungsnehmers zu erklären. (2) Kündigt der Versicherungsnehmer das Versi cherungsverhältnis insgesamt oder für einzelne versicherte Personen, gilt Absatz 1 entsprechend. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn die versicher te Person von der Kündigungserklärung Kenntnis erlangt hat. Handelt es sich bei dem gekündigten Vertrag um einen Gruppenversicherungsvertrag und wird kein neuer Versicherungsnehmer benannt, sind die versicherten Personen berechtigt, das Versicherungsverhältnis unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alte rungsrückstellung, soweit eine solche gebildet wird, zu den Bedingungen der Einzelversicherung fortzu setzen. Das Recht nach Satz 3 endet zwei Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem die versicherte Person von diesem Recht Kenntnis erlangt hat. (3) Verlegt eine versicherte Person ihren ge wöhnlichen Aufenthalt in einen anderen Mitglied staat der Europäischen Union oder einen anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäi schen Wirtschaftsraum, setzt sich das Versiche rungsverhältnis mit der Maßgabe fort, dass der
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Versicherer höchstens zu denjenigen Leistungen verpflichtet bleibt, die er bei einem Aufenthalt im Inland zu erbringen hätte.
2. Versicherungen, die bei einem Verein genommen werden, der als kleinerer Verein im Sinn des Ver2 sicherungsaufsichtsgesetzes anerkannt ist,
§ 208 Abweichende Vereinbarungen
3. Lebensversicherungen mit kleineren Beträgen und
Von den §§ 194 bis 199 und 201 bis 207 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person abgewichen werden. Für die Kündigung des Versicherungsnehmers nach § 205 kann die Schrift2 oder die Textform verein2 bart werden.
Teil 3 Schlussvorschriften § 209 Rückversicherung, Seeversicherung Die Vorschriften dieses Gesetzes sind auf die Rückversicherung und die Versicherung gegen die Gefahren der Seeschifffahrt (Seeversicherung) nicht anzuwenden. § 210 Großrisiken, laufende Versicherung Die Beschränkungen der Vertragsfreiheit nach diesem Gesetz sind auf die in Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Versicherungsver2 tragsgesetz genannten Großrisiken und auf laufen2 de Versicherungen nicht anzuwenden. § 211 Pensionskassen, kleinere Versicherungsvereine, Versicherungen mit kleineren Beträgen (1) Die §§ 37, 38, 165, 166, 168 und 169 sind, soweit mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ab2 weichende Bestimmungen getroffen sind, nicht anzuwenden auf 1. Versicherungen bei Pensionskassen im Sinn des § 118b Abs. 3 und 4 des Versicherungsaufsichts2 gesetzes,
4. Unfallversicherungen mit kleineren Beträgen. (2) Auf die in Absatz 1 Nr. 1 genannten Pensi2 onskassen sind ferner nicht anzuwenden 1. die §§ 6 bis9, 11, 150 Abs. 2 bis 4 und § 152 Abs 1 und 2; für die §§ 7 bis 9 und 152 Abs. 1 und 2 gilt dies nicht für Fernabsatzverträge im Sinn des § 312b Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; 2. § 153, soweit mit Genehmigung der Aufsichts2 behörde in den Allgemeinen Versicherungsbe2 dingungen abweichende Bestimmungen getrof2 fen sind; § 153 Abs. 3 Satz 1 ist ferner nicht auf Sterbekassen anzuwenden. (3) Sind für Versicherungen mit kleineren Beträ2 gen im Sinn von Absatz 1 Nr. 3 und 4 abweichende Bestimmungen getroffen, kann deren Wirksamkeit nicht unter Berufung darauf angefochten werden, dass es sich nicht um Versicherungen mit kleineren Beträgen handele. § 212 Fortsetzung der Lebensversicherung nach der Elternzeit Besteht während einer Elternzeit ein Arbeitsver2 hältnis ohne Entgelt gemäß § 1a Abs. 4 des Be2 triebsrentengesetzes fort und wird eine vom Ar2 beitgeber zugunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgeschlossene Lebensversicherung wegen Nichtzahlung der während der Elternzeit fälligen Prämien in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt, kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer innerhalb von drei Monaten nach der Beendigung der Elternzeit verlangen, dass die Versicherung zu den vor der Umwandlung verein2 barten Bedingungen fortgesetzt wird.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 213 Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten bei Dritten (1) Die Erhebung personenbezogener Gesund heitsdaten durch den Versicherer darf nur bei Ärzten, Krankenhäusern und sonstigen Krankenan stalten, Pflegeheimen und Pflegepersonen, anderen Personenversicherern und gesetzlichen Krankenkassen sowie Berufsgenossenschaften und Behörden erfolgen; sie ist nur zulässig, soweit die Kenntnis der Daten für die Beurteilung des zu versichernden Risikos oder der Leistungspflicht erforderlich ist und die betroffene Person eine Einwilligung erteilt hat. (2) Die nach Absatz 1 erforderliche Einwilligung kann vor Abgabe der Vertragserklärung erteilt werden. Die betroffene Person ist vor einer Erhe bung nach Absatz 1 zu unterrichten; sie kann der Erhebung widersprechen. (3) Die betroffene Person kann jederzeit verlan gen, dass eine Erhebung von Daten nur erfolgt, wenn jeweils in die einzelne Erhebung eingewilligt worden ist. (4) Die betroffene Person ist auf diese Rechte hinzuweisen, auf das Widerspruchsrecht nach Absatz 2 bei der Unterrichtung. § 214 Schlichtungsstelle (1) Das Bundesministerium der Justiz kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz privatrechtlich organisierte Einrichtungen als Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beile gung von Streitigkeiten 1. bei Versicherungsverträgen mit Verbrauchern im Sinn des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 2. zwischen Versicherungsvermittlern oder Versi cherungsberatern und Versicherungsnehmern im
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Zusammenhang mit der Vermittlung von Versi cherungsverträgen anerkennen. Die Anerkennung ist im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Die Beteiligten können diese Schlichtungsstelle anrufen; das Recht, die Gerichte anzurufen, bleibt unberührt. (2) Privatrechtlich organisierte Einrichtungen können als Schlichtungsstelle anerkannt werden, wenn sie hinsichtlich ihrer Antworten und Vor schläge oder Entscheidungen unabhängig und keinen Weisungen unterworfen sind und in organi satorischer und fachlicher Hinsicht die Aufgaben erfüllen können. (3) Die anerkannten Schlichtungsstellen sind verpflichtet, jede Beschwerde über einen Versiche rer oder einen Versicherungsvermittler, Vermittler nach § 66 und Versicherungsberater zu beantwor ten. (4) Die anerkannten Schlichtungsstellen können von dem Versicherungsvermittler, Vermittler nach § 66 oder Versicherungsberater ein Entgelt erhe ben. Bei offensichtlich missbräuchlichen Beschwer den kann auch von dem Versicherungsnehmer ein Entgelt verlangt werden. Die Höhe des Entgeltes muss im Verhältnis zum Aufwand der anerkannten Schlichtungsstelle angemessen sein. (5) Soweit keine privatrechtlich organisierte Ein richtung als Schlichtungsstelle anerkannt wird, kann das Bundesministerium der Justiz im Einver nehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Tech nologie und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Aufga ben der Schlichtungsstelle durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates einer Bundes oberbehörde oder Bundesanstalt zuweisen und deren Verfahren sowie die Erhebung von Gebühren und Auslagen regeln.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts § 215 Gerichtsstand (1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig. (2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden. (3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungs nehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageer hebung nicht bekannt ist.
Artikel 2 Änderung des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz über den Versicherungsvertrag Das Einführungsgesetz zu dem Gesetz über den Versicherungsvertrag in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 76322, veröffentlich ten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 25. Februar 2000 (BGBl. I S. 154), wird wie folgt geändert: 1. Die Bezeichnung des Gesetzes wird wie folgt gefasst: „Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz“
2. Das Erste Kapitel wird wie folgt gefasst: „Erstes Kapitel Übergangsvorschriften zum Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Artikel 1 Altverträge, Allgemeine Versicherungsbedingungen (1) Auf Versicherungsverhältnisse, die bis zum Inkrafttreten des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) am 1. Januar 2008 entstanden sind (Altverträge), ist das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der bis dahin geltenden Fassung bis zum 31. Dezem ber 2008 anzuwenden, soweit in Absatz 2 und den Artikeln 2 bis 6 nichts anderes bestimmt ist. (2) Ist bei Altverträgen ein Versicherungsfall bis zum 31. Dezember 2008 eingetreten, ist in soweit das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung weiter anzuwenden. (3) Der Versicherer kann bis zum 1. Januar 2009 seine Allgemeinen Versicherungsbedin gungen für Altverträge mit Wirkung zum 1. Ja nuar 2009 ändern, soweit sie von den Vorschrif ten des Versicherungsvertragsgesetzes abwei chen, und er dem Versicherungsnehmer die geänderten Versicherungsbedingungen unter Kenntlichmachung der Unterschiede spätestens einen Monat vor diesem Zeitpunkt in Textform mitteilt. (4) Auf Fristen nach § 12Abs.3desGesetzes über den Versicherungsvertrag, die vor dem 1. Januar 2008 begonnen haben, ist § 12 Abs. 3 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag auch nach dem 1. Januar 2008 anzuwenden.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Artikel 2 Vollmacht des Versicherungsvertreters, Krankenversicherung Auf Altverträge sind die folgenden Vorschrif ten des Versicherungsvertragsgesetzes bereits ab 1. Januar 2008 anzuwenden: 1. die §§ 69 bis 73 über die Vertretungsmacht des Versicherungsvertreters und der in § 73 erfassten Vermittler; 2. die §§ 192 bis 208 für die Krankenversiche rung, wenn der Versicherer dem Versiche rungsnehmer die auf Grund dieser Vorschrif ten geänderten Allgemeinen Versicherungsbe dingungen und Tarifbestimmungen unter Kenntlichmachung der Unterschiede spätes tens einen Monat vor dem Zeitpunkt in Text form mitgeteilt hat, zu dem die Änderungen wirksam werden sollen. Artikel 3 Verjährung (1) § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auf Ansprüche anzuwenden, die am 1. Januar 2008 noch nicht verjährt sind. (2) Wenn die Verjährungsfrist nach § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs länger ist als die Frist nach § 12 Abs. 1 des Gesetzes über den Versi cherungsvertrag in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung, ist die Verjährung mit dem Ablauf der in § 12 Abs. 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag in der bis zum 31. De zember 2007 geltenden Fassung bestimmten Frist vollendet. (3) Wenn die Verjährungsfrist nach § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kürzer ist als die Frist nach § 12 Abs. 1 des Gesetzes über den Versi cherungsvertrag in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung, wird die kürzere Frist vom 1. Januar 2008 an berechnet. Läuft jedoch die längere Frist nach § 12 Abs. 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung früher als die
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Frist nach § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ab, ist die Verjährung mit dem Ablauf der länge ren Frist vollendet. (4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend auf Fristen anzuwenden, die für die Geltendma chung oder den Erwerb oder Verlust eines Rech tes maßgebend sind. Artikel 4 Lebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung (1) § 153 des Versicherungsvertragsgesetzes ist auf Altverträge nicht anzuwenden, wenn eine Überschussbeteiligung nicht vereinbart worden ist. Ist eine Überschussbeteiligung vereinbart, ist § 153 des Versicherungsvertragsgesetzes ab dem 1. Januar 2008 auf Altverträge anzuwenden; vereinbarte Verteilungsgrundsätze gelten als angemessen. (2) Auf Altverträge ist anstatt des § 169 des Versicherungsvertragsgesetzes, auch soweit auf ihn verwiesen wird, § 176 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag in der bis zum 31. Dezem ber 2007 geltenden Fassung weiter anzuwenden. (3) Auf Altverträge über eine Berufsunfähig keitsversicherung sind die §§ 172, 174 bis 177 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht anzu wenden. Artikel 5 Rechte der Gläubiger von Grundpfandrechten (1) Rechte, die Gläubigern von Grundpfand rechten gegenüber dem Versicherer nach den §§ 99 bis 107c des Gesetzes über den Versiche rungsvertrag in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung zustehen, bestimmen sich auch nach dem 31. Dezember 2008 nach diesen Vorschriften. Die Anmeldung eines Grundpfand rechts beim Versicherer kann nur bis zum 31. Dezember 2008 erklärt werden. (2) Hypotheken, Grundschulden, Rentenschul den und Reallasten,
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts 1. die in der Zeit vom 1. Januar 1943 bis zum 30. Juni 1994 zu Lasten von Grundstücken be$ gründet worden sind, 2. für die eine Gebäudeversicherung bei einer öffentlichen Anstalt unmittelbar kraft Geset$ zes oder infolge eines gesetzlichen Zwanges bei einer solchen Anstalt genommen worden ist und 3. die nach der Verordnung zur Ergänzung und Änderung des Gesetzes über den Versiche$ rungsvertrag in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7632$1$1, veröffent$ lichten bereinigten Fassung als angemeldet im Sinn der §§ 99 bis106 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag gelten, sind, wenn das Versicherungsverhältnis nach Überleitung in ein vertragliches Versicherungsverhältnis auf Grund des Gesetzes zur Überleitung lan$ desrechtlicher Gebäudeversicherungsverhält$ nisse vom22. Juli 1993 (BGBl. I S. 1282, 1286) fortbesteht, zur Erhaltung der durch die Fikti$ on begründeten Rechte bis spätestens 31. De$ zember 2008 beim Versicherer anzumelden. Die durch die Verordnung zur Ergänzung und Änderung des Gesetzes über den Versiche$ rungsvertrag begründete Fiktion erlischt mit Ablauf des 31. Dezember 2008. Artikel 6 Versicherungsverhältnisse nach § 190 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag Das Versicherungsvertragsgesetz gilt nicht für die in § 190 des Gesetzes über den Versiche$ rungsvertrag in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung bezeichneten Altverträge.“
3. Artikel 10 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst: „Für einen Versicherungsvertrag über ein Großri$ siko können die Parteien das Recht eines ande$ ren Staates wählen.“
Artikel 3 Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 20 des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2614), wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 330 wie folgt gefasst: „§ 330 Auslegungsregel bei Leibrentenvertrag“. 2. § 330 wird wie folgt geändert: a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst: „§ 330 Auslegungsregel bei Leibrentenvertrag“. b) Satz 1 wird wie folgt gefasst: „Wird in einem Leibrentenvertrag die Zahlung der Leibrente an einen Dritten vereinbart, ist im Zweifel anzunehmen, dass der Dritte un$ mittelbar das Recht erwerben soll, die Leis$ tung zu fordern.“
Artikel 4 Änderung des Handelsgesetzbuchs Der Zehnte Abschnitt des Fünften Buchs und § 905 des Handelgesetzbuchs in der im Bundesge$ setzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100$1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 30 des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2614) geändert worden ist, werden aufgehoben.
Artikel 5 Änderung des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch Das Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungs$ nummer 4101$1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 5. Januar 2007 (BGBl. I S. 10), wird wie folgt geändert:
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts 1. Nach dem Siebenten Abschnitt wird folgender Achter Abschnitt eingefügt: „Achter Abschnitt Übergangsvorschrift zum Handelsrechtsreformgesetz Artikel 38 Hat die Änderung der Firma eines Einzel kaufmanns oder einer Personenhandelsgesell schaft ausschließlich die Aufnahme der nach § 19 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs in der ab dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung vorge schriebenen Bezeichnung zum Gegenstand, be darf diese Änderung nicht der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister.“ 2. Folgender Sechsundzwanzigster Abschnitt wird angefügt: „Sechsundzwanzigster Abschnitt Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Artikel 63 Der Zehnte Abschnitt des Fünften Buchs und § 905 des Handelsgesetzbuchs sind auf Versi cherungsverhältnisse, die bis zum Inkrafttreten des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. No vember 2007 (BGBl. I S. 2631) am 1. Januar 2008 entstanden sind, bis zum 31. Dezember 2008 anzuwenden.“
Artikel 6 Änderung der Versicherungsunternehmens Rechnungslegungsverordnung Die VersicherungsunternehmensRechnungs legungsverordnung vom 8. November 1994 (BGBl. IS. 3378), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 29. Mai 2006 (BGBl. I S. 1278), wird wie folgt geändert:
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1. In § 31 Abs.1 Nr. 1wird die Angabe „§ 68 Abs. 1 bis 3“ durch die Angabe „§ 80“ ersetzt. 2. § 54 wird wie folgt gefasst: „§ 54 Zeitwert der Kapitalanlagen Für zum Anschaffungswert oder zum Nenn wert ausgewiesene Kapitalanlagen ist im An hang jeweils der Zeitwert anzugeben. Die Er mittlung des Zeitwerts erfolgt 1. für Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken nach § 55 sowie 2. für die übrigen Kapitalanlagen nach § 56. Zu dem sind die Gesamtsumme der Anschaf fungskosten der in die Überschussbeteiligung einzubeziehenden Kapitalanlagen, die Ge samtsumme des beizulegenden Zeitwerts sel biger Kapitalanlagen und der sich daraus er gebende Saldo anzugeben.“ 3. Dem § 64 wird folgender Absatz 9 angefügt: „(9) § 54 in der vom 1. Januar 2008 an gel tenden Fassung ist erstmals auf den Jahresab schluss fürdas nach dem 31. Dezember 2006 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden.“
Artikel 7 Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes Das Versicherungsaufsichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 923), wird wie folgt geändert: 1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert: a) Die Angabe zu § 10a wird wie folgt gefasst: „§ 10a Mehrere Anträge; Information bei be trieblicher Altersversorgung und bei Krankenversicherung“.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts b) Die Angabe zu § 11b wird wie folgt gefasst: „§ 11b Treuhänder in der Lebensversiche% rung“. c) Die Angabe zu § 85a wird wie folgt gefasst: „§ 85a Information über Geschäftstätigkeit im Ausland“. d) Die Angabe zu Anlage D wird wie folgt ge% fasst: „D. Informationen bei betrieblicher Al% tersvorsorge“. 2. In § 8 Abs. 1 Satz 1 werden der Punkt am Satz% ende durch ein Komma ersetzt und folgende Nummer 4 angefügt: „4. im Fall des Betriebs der Krankenversiche% rung Tatsachen vorliegen, welche die An% nahme rechtfertigen, dass das Versiche% rungsunternehmen Tarife einführen wird, die im Sinn des § 204 des Versicherungs% vertragsgesetzes einen gleichartigen Versi% cherungsschutz gewähren wie die Tarife eines anderen mit ihm konzernmäßig ver% bundenen Versicherungsunternehmens, so% fern durch die Einführung solcher Tarife die Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt werden.“ 3. In § 10 Abs. 3 werden die Wörter „Artikel 10 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgeset% zes zum Versicherungsvertragsgesetz“ ersetzt. 4. § 10a wird wie folgt gefasst: „§ 10a Mehrere Anträge; Information bei betrieblicher Altersversorgung und bei Krankenversicherung (1) Antragsvordrucke dürfen nur so viele An% träge auf Abschluss rechtlich selbständiger Ver% sicherungsverträge enthalten, dass die Über% sichtlichkeit, Lesbarkeit und Verständlichkeit nicht beeinträchtigt werden. Der Antragsteller ist schriftlich und unter besonderer Hervorhe% bung auf die rechtliche Selbständigkeit der be%
antragten Verträge einschließlich der für sie vorgesehenen Versicherungsbedingungen sowie auf die jeweils geltenden Antragsbindungsfristen und Vertragslaufzeiten hinzuweisen. (2) Lebensversicherungen und Pensionskassen, soweit sie Leistungen der betrieblichen Alters% versorgung erbringen, haben die Versorgungs% anwärter und Versorgungsempfänger, die nicht zugleich Versicherungsnehmer sind, nach Maß% gabe der Anlage D zu informieren. (3) Vor Abschluss eines privaten Krankenver% sicherungsvertrags ist von dem Interessenten der Empfang eines amtlichen Informationsblattes der Bundesanstalt zu bestätigen, welches über die verschiedenen Prinzipien der gesetzlichen sowie der privaten Krankenversicherung auf% klärt.“ 5. § 11b wird wie folgt gefasst: „§ 11b Treuhänder in der Lebensversicherung Soweit bei den nach dem 28. Juli 1994 ge% schlossenen Lebensversicherungsverträgen die Prämien mit Wirkung für bestehende Versiche% rungsverträge geändert werden können, dürfen entsprechende Änderungen erst in Kraft gesetzt werden, nachdem ihnen ein unabhängiger Treu% händer zugestimmt hat. Für den Treuhänder gilt § 12b Abs. 3 und 4 entsprechend. Die Mitwir% kung des Treuhänders entfällt, wenn Änderun% gen nach Satz 1 der Genehmigung der Auf% sichtsbehörde bedürfen.“ 6. § 12 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 wird der Satzteil vor Nummer 1 wie folgt gefasst: „Soweit die Krankenversicherung ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversiche% rungssystem vorgesehenen Kranken% oder Pflegeversicherungsschutz ersetzen kann (substitutive Krankenversicherung), darf sie im Inland vorbehaltlich des Absatzes 6 nur
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts nach Art der Lebensversicherung betrieben werden, wobei“. b) Absatz 4a Satz 2 wird wie folgt gefasst: „Für Versicherungen mit befristeten Ver( tragslaufzeiten nach § 195 Abs. 2 und 3 des Versicherungsvertragsgesetzes sowie bei Ta( rifen, die regelmäßig spätestens mit Vollen( dung des 65. Lebensjahres enden, gilt Satz 1 nicht.“ c) Folgender Absatz 6 wird angefügt: „(6) Substitutive Krankenversicherungen mit befristeten Vertragslaufzeiten nach § 195 Abs. 2 und 3 sowie § 196 des Versicherungs( vertragsgesetzes können ohne Alterungs( rückstellung kalkuliert werden.“ 7. § 12b wird wie folgt geändert: a) In Absatz 2 Satz 4 werden die Wörter „dies hätte erkennen müssen“ durch die Wörter „dies insbesondere anhand der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren statistischen Kalkula( tionsgrundlagen hätte erkennen müssen“ er( setzt. b) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a ein( gefügt: „(2a) Das Versicherungsunternehmen hat für jeden nach Art der Lebensversicherung kalkulierten Tarif jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Sterbewahrscheinlich( keiten durch Betrachtung von Barwerten zu vergleichen. Ergibt die der Aufsichtsbehörde und dem Treuhänder vorzulegende Gegen( überstellung für einen Tarif eine Abweichung von mehr als 5 vom Hundert, hat das Unter( nehmen alle Prämien dieses Tarifs zu über( prüfen und mit Zustimmung des Treuhänders anzupassen. Absatz 2 Satz 3 bis 5 gilt ent( sprechend.“ c) In Absatz 5 wird die Angabe „§ 178g Abs. 3“ durch die Angabe „§ 203 Abs. 3“ ersetzt.
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8. § 12c wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 werden der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgende Nummer 5 angefügt: „5.
das Verfahren zur Gegenüberstellung der kalkulierten mit den zuletzt veröf( fentlichten Sterbewahrscheinlichkeiten nach § 12b Abs. 2a Satz 1 und 2 sowie die Frist für die Vorlage der Gegenüber( stellung an die Aufsichtsbehörde und den Treuhänder festzulegen.“
b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst: „(2) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1und2sindimEinvernehmenmit dem Bundesministerium der Justiz zu erlassen.“ 9. Die Überschrift des § 85a wird wie folgt ge( fasst: „§ 85a Information über Geschäftstätigkeit im Ausland“. 10. In § 110a Abs. 4 Nr. 2 werden die Wörter „§§ 10 und 10a mit der Maßgabe, dass in der Verbraucherinformation nach Anlage D Ab( schnitt I Nr. 1 Buchstabe h auch die Anschrift einer sonstigen Stelle anzugeben ist, an die sich der Versicherungsnehmer bei Beschwerden über den Versicherer nach dem ausländischen Recht wenden kann, §§“ durch die Wörter „die §§ 10, 10a,“ ersetzt. 11. In § 111 Abs. 2 werden die Wörter „des Einfüh( rungsgesetzes zu dem Gesetz über den Versi( cherungsvertrag“ durch die Wörter „Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Versicherungsver( tragsgesetz“ ersetzt. 12. In § 113 Abs. 2 Nr. 4 wird die Angabe „Ab( schnitt III“ gestrichen. 13. In § 118e Abs. 5 Satz 3 wird die Angabe „Ab( schnitt III“ gestrichen.
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts 14. Die Anlage D wird wie folgt geändert: a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst: „Informationen bei betrieblicher Altersvor sorge“. b) Die Abschnitte I und II werden aufgehoben sowie die Angabe „Abschnitt III“ gestrichen.
der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughal ter Ersatz seines Schadens erlangen kann, ent fällt die Leistungspflicht des Versicherers.“ 3. In § 3a Satz 1 wird die Angabe „§ 3 Nr. 1“ durch die Wörter „§ 115 Abs.1 des Versicherungsver tragsgesetzes“ ersetzt. 4. Nach § 3a wird folgender § 3b eingefügt:
Artikel 8 Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes Das Pflichtversicherungsgesetz vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), zuletzt geändert durch Artikel 296 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), wird wie folgt geändert: 1. § 2 Abs. 2 wird wie folgt geändert: a) In Satz 3 werden die Wörter „des Sechsten Titels des Zweiten Abschnitts des Gesetzes über den Versicherungsvertrag und des § 3“ durch die Wörter „der §§ 100 bis 124 des Ver sicherungsvertragsgesetzes sowie der §§ 3 und 3b“ ersetzt. b) In Satz 4 werden die Wörter „des § 3 Nr. 9 bis 11“ durch die Wörter „der §§ 116 und 124 des Versicherungsvertragsgesetzes“ ersetzt.
„§ 3b Schließt der Erwerber eines veräußerten Fahr zeugs eine neue KraftfahrzeugHaftpflicht versicherung, ohne das auf ihn übergegangene Versicherungsverhältnis zu kündigen, gilt dieses mit Beginn des neuen Versicherungsverhältnis ses als gekündigt.“ 5. In § 4 Abs. 2 Satz 3 wird die Angabe „§3 Nr. 4 und 5“ durch die Wörter „§ 117 Abs. 1 und 2 des Versicherungsvertragsgesetzes“ ersetzt.
Artikel 9 Änderung weiterer Rechtsvorschriften (1) § 94 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2510) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
2. § 3 wird wie folgt gefasst: „§ 3 Ist der Versicherer gegenüber dem Versiche rungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau und Betriebsvor schriften der StraßenverkehrsZulassungs Ordnung nicht entsprach oder von einem unbe rechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wur de, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsver tragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verwei sen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversi cherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2Abs. 1Nr. 1bis 5 von
1. In Absatz 2 werden die Wörter „§§ 158c bis 158k des Gesetzes über den Versicherungsver trag vom 30. Mai 1908 (RGBl. S. 263), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 30. Juni 1967 (BGBl. I S. 609)“ durch die Wörter „§ 113 Abs. 3 und die §§ 114 bis 124 des Versicherungsver tragsgesetzes“ ersetzt. 2. In Absatz 3 Satz 2 werden die Wörter „§§ 158c bis 158k des Gesetzes über den Versicherungs vertrag“ durch die Wörter „§ 113 Abs. 3 und die §§ 114 bis 124 des Versicherungsvertragsgeset zes“ ersetzt. 3. In Absatz 4 werden die Wörter „§ 158c Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts durch die Wörter „§ 117 Abs. 2 des Versiche rungsvertragsgesetzes“ ersetzt. (2) In § 19a Abs. 5 der Bundesnotarordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnum mer 3031, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 358) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 158c Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 117 Abs. 2des Versicherungsvertragsgesetzes“ ersetzt. (3) In § 51 Abs. 7 der Bundesrechtsanwaltsord nung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede rungsnummer 3038, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 358) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 158c Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 117 Abs. 2 des Versicherungsvertragsge setzes“ ersetzt. (4) Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der im Bundesge setzblatt Teil III, Gliederungsnummer 3151, veröf fentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 13 des Gesetzes vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122), wird wie folgt geän dert: 1. In § 145 Abs. 2 wird die Angabe „ ,§ 884 Nr.4“ gestrichen. 2. In § 146 Abs. 3 wird die Angabe „und § 884 Nr. 4“ gestrichen. (5) In § 20 Abs. 1 Nr. 5 des Umwelthaftungsge setzes vom 10. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2634), das zuletzt durch Artikel 129 des Gesetzes vom 19. April 2006 (BGBl. I S. 866) geändert worden ist, werden jeweils die Wörter „§ 158c Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 117 Abs. 2 des Versicherungsvertragsge setzes“ ersetzt.
chen Schulden in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4015, veröffentlichten berei nigten Fassung wird gestrichen. (7) In § 45 Abs. 7 der Patentanwaltsordnung vom 7. September 1966 (BGBl. I S. 557), die zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. IS. 358) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 158c Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 117 Abs. 2des Versicherungsvertragsgesetzes“ ersetzt. (8) In § 25 Abs. 2 Satz 2 und § 67 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes in der Fassung der Be kanntmachung vom 4. November 1975 (BGBl. I S. 2735), das zuletzt durch Artikel 25 des Gesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 158c Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 117 Abs. 2 des Versicherungsvertragsge setzes“ ersetzt. (9) In § 54 Abs. 1 Satz 3 der Wirt schaftsprüferordnung in der Fassung der Bekannt machung vom 5. November 1975 (BGBl. I S. 2803), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 3. September 2007 (BGBl. I S. 2178) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 158c Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 117 Abs. 2des Versicherungsvertragsge setzes“ ersetzt. (10) In § 6 Abs. 3 der Bewachungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Juli 2003 (BGBl. I S. 1378), die zuletzt durch Artikel 84 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818) geändert worden ist, wird die Angabe „§ 158c Abs. 2“ durch die Angabe „§ 117 Abs. 2“ ersetzt. (11) Das Atomgesetz in der Fassung der Be kanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), zuletzt geändert durch Artikel 161 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), wird wie folgt geändert: 1. § 14 Abs.1 wird wie folgt gefasst:
(6) § 7 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über die Verjäh rung von deutschen Auslandsschulden und ähnli
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts „(1) Wird die Deckungsvorsorge bei Anlagen und Tätigkeiten, bei denen eine Haftung nach dem Pariser Übereinkommen in Verbindung mit § 25 Abs. 1 bis 4, nach § 25a, nach einem der in § 25a Abs. 2 genannten internationalen Verträge oder nach § 26 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 1a in Betracht kommt, durch eine Haftpflichtversi/ cherung erbracht, gelten für diese, ohne dass ein Direktanspruch im Sinn von § 115 des Versiche/ rungsvertragsgesetzes begründet wird, die §§ 117 und 119 bis 122 des Versicherungsver/ tragsgesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist des § 117 Abs. 2 des Versiche/ rungsvertragsgesetzes zwei Monate beträgt und ihr Ablauf bei der Haftung für die Beförderung von Kernmaterialien und radioaktiven Stoffen, die ihnen nach § 26 Abs. 1a gleichgestellt sind, für die Dauer der Beförderung gehemmt ist; bei Anwendung des § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versi/ cherungsvertragsgesetzes bleibt die Freistel/ lungsverpflichtung nach § 34 außer Betracht. § 109 des Versicherungsvertragsgesetzes ist nicht anzuwenden.“ 2. § 34 Abs. 3 wird wie folgt gefasst: „(3) Im Übrigen finden auf die Freistellungs/ verpflichtung die §§ 83 und 87 und die Vor/ schriften des Teils 2 Kapitel 1 des Versicherungs/ vertragsgesetzes mit Ausnahme der §§ 103 und 118 entsprechende Anwendung, ohne dass ge/ gen den zur Freistellung Verpflichteten ein Di/ rektanspruch im Sinn von § 115 des Versiche/ rungsvertragsgesetzes begründet wird.“ (12) In § 5 Abs. 4 der Atom rechtlichen De/ ckungsvorsorge/Verordnung vom 25. Januar 1977 (BGBl. S. 220), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. August 2005 (BGBl. I S. 2365, 2976) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 158c Abs. 2 des Gesetzes über den Versiche/ rungsvertrag“ durch die Wörter „§ 117 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes“ ersetzt. (13) In § 6 Abs. 1 Satz 6 der Verordnung über die Lebens/ und Rentenversicherung aus Anlass der Neuordnung des Geldwesens in der im Bundesge/ setzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7602/6/a,
veröffentlichten bereinigten Fassung werden die Wörter „§§ 39, 189 des Gesetzes über den Versi/ cherungsvertrag sinngemäß“ durch die Wörter „§§ 38, 211 des Versicherungsvertragsgesetzes entsprechend“ ersetzt. (14) In §4 Satz 1der Zweiten Verordnung über die Schadens/, Unfall/ und Krankenversicherung aus Anlass der Neuordnung des Geldwesens in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7602/7/2/a, veröffentlichten bereinigten Fassung werden die Wörter „§ 51 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 74 des Versicherungsvertragsgesetzes“ ersetzt. (15) In § 9 Abs. 4 des Fünften Vermögensbil/ dungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), das zuletzt durch Artikel 13a Nr. 4 des Gesetzes vom 16. Juli 2007 (BGBl. IS. 1330) geändert worden ist, werden die Angabe „§ 176“ durch die Angabe „§ 169“ und die Angabe „§ 174“ durch die Angabe „§ 165“ ersetzt. (16) Das Betriebsrentengesetz vom 19. Dezem/ ber 1974 (BGBl. I S. 3610), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554), wird wie folgt geändert: 1. § 2 Abs. 2 wird wie folgt geändert: a) In Satz 4 werden die Wörter „§ 176 Abs. 3 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag be/ rechneten Zeitwerts“ durch die Wörter „§ 169 Abs. 3 und 4 des Versicherungsvertragsgeset/ zes berechneten Wertes“ ersetzt. b) In Satz 6werdendie Wörter „§ 176 Abs. 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 169 Abs. 1 des Versiche/ rungsvertragsgesetzes“ ersetzt. 2. In § 7 Abs. 1 Satz 3 wird die Angabe „§ 11“ durch die Angabe „§ 14“ ersetzt. (17) § 10 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Aufhebung des Hilfskassengesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts 82301, veröffentlichten bereinigten Fassung wird aufgehoben. (18) § 9 Abs. 2 Nr. 1 der Signaturverordnung vom 16. November 2001 (BGBl. I S. 3074), die durch Artikel 2 des Gesetzes vom 4. Januar 2005 (BGBl. I S. 2) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In Satz 1werdendie Wörter „§ 158b Abs. 2 und die §§ 158c bis 158k des Gesetzes über den Ver sicherungsvertrag“ durch die Wörter „§ 113 Abs. 2 und 3 und die §§ 114 bis 124 des Versiche rungsvertragsgesetzes“ ersetzt.
2482), das zuletzt durch Artikel 28 Abs. 4 des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Absatz 9 wird aufgehoben. 2. Absatz 10 wird Absatz 9 und ihm wird folgender Satz angefügt: „Die vorstehenden Regelungen zum Versiche rungsvertrag sind auf eine Anwartschafts versicherung in der privaten Krankenversi cherung entsprechend anzuwenden.“
Artikel 10 2. Satz 2 wird wie folgt gefasst: „Zuständige Behörde nach § 117 Abs. 2 des Ver sicherungsvertragsgesetzes ist die Behörde nach § 116 des Telekommunikationsgesetzes.“ (19) In § 3 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 der Eisenbahnhaftpflichtversicherungsverordnung vom 21. Dezember 1995 (BGBl. I S. 2101), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 3. August 2005 (BGBl. IS. 2270, 2420) geändert worden ist, wird jeweils die Angabe „§ 158c Abs. 2 Satz 1“ durch die Angabe „§ 117 Abs. 2 Satz 1“ ersetzt. (20) In§ 43 Abs. 3 und § 50 Abs. 2 des Luftver kehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. Juni 2007 (BGBl. I S. 986) geändert worden ist, werden jeweils 1. das Wort „besonderen“ gestrichen und die Wörter „Gesetzes über den Versicherungsver trag“ durch das Wort „Versicherungsvertragsge setzes“ ersetzt und 2. folgender Satz angefügt: „§ 114 des Versicherungsvertragsgesetzes gilt nicht.“ (21) § 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477,
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Artikel 43 des GKVWettbewerbsstärkungsge setzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 20. Juli 2007 (BGBl. IS. 1595) geändert worden ist, wird aufgehoben.
Artikel 11 (1) Kapitel 8 des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) wird wie folgt gefasst: „Kapitel 8 Krankenversicherung § 192 Vertragstypische Leistungen des Versicherers (1) Bei der Krankheitskostenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen und für sonstige vereinbarte Leistungen einschließlich solcher bei Schwan gerschaft und Entbindung sowie für ambulante Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Pro grammen zu erstatten. (2) Der Versicherer ist zur Leistung nach Ab satz 1 insoweit nicht verpflichtet, als die Auf wendungen für die Heilbehandlung oder sonsti
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts gen Leistungen in einem auffälligen Missver hältnis zu den erbrachten Leistungen stehen.
Elften Buches Sozialgesetzbuch über die private Pflegeversicherung bleiben unberührt.
(3) Als Inhalt der Krankheitskostenversiche rung können zusätzliche Dienstleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Leistungen nach Absatz 1 stehen, vereinbart werden, insbe sondere
(7) Bei der Krankheitskostenversicherung im Basistarif nach § 12 des Versicherungsaufsichts gesetzes kann der Leistungserbringer seinen An spruch auf Leistungserstattung auch gegen den Versicherer geltend machen, soweit der Versi cherer aus dem Versicherungsverhältnis zur Leis tung verpflichtet ist. Im Rahmen der Leistungs pflicht des Versicherers aus dem Versiche rungsverhältnis haften Versicherer und Versiche rungsnehmer gesamtschuldnerisch.
1. die Beratung über Leistungen nach Absatz 1 sowie über die Anbieter solcher Leistungen; 2. die Beratung über die Berechtigung von Ent geltansprüchen der Erbringer von Leistungen nach Absatz 1; 3. die Abwehr unberechtigter Entgeltansprüche der Erbringer von Leistungen nach Absatz 1; 4. die Unterstützung der versicherten Personen bei der Durchsetzung von Ansprüchen wegen fehlerhafter Erbringung der Leistungen nach Absatz 1 und der sich hieraus ergebenden Folgen; 5. die unmittelbare Abrechnung der Leistungen nach Absatz 1mit deren Erbringern. (4) Bei der Krankenhaustagegeldversicherung ist der Versicherer verpflichtet, bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung das vereinbarte Krankenhaustagegeld zu leisten. (5) Bei der Krankentagegeldversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den als Folge von Krankheit oder Unfall durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Verdienstausfall durch das verein barte Krankentagegeld zu ersetzen. (6) Bei der Pflegekrankenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, im Fall der Pflegebe dürftigkeit im vereinbarten Umfang die Aufwen dungen für die Pflege der versicherten Person zu erstatten (Pflegekostenversicherung) oder das vereinbarte Tagegeld zu leisten (Pflegetagegeld versicherung). Absatz 2 gilt für die Pflegekosten versicherung entsprechend. Die Regelungen des
§ 193 Versicherte Person; Versicherungspflicht (1) Die Krankenversicherung kann auf die Per son des Versicherungsnehmers oder eines ande ren genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung ge nommen wird. (2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versi cherung auf die Person eines anderen auch de ren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen. (3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Ge schäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsun ternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stati onäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbar ten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine be tragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5 000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und auf rechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfe satz nicht gedeckten VomHundertAnteils auf
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts den Höchstbetrag von 5 000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die 1. in der gesetzlichen Krankenversicherung ver) sichert oder versicherungspflichtig sind oder 2. Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihil) feberechtigt sind oder vergleichbare Ansprü) che haben im Umfang der jeweiligen Berech) tigung oder 3. Anspruch auf Leistungen nach § 2 des Asyl) bewerberleistungsgesetzes haben oder 4. Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leis) tungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat. Ein vor dem 1. April 2007 vereinbarter Krank) heitskostenversicherungsvertrag genügt den An) forderungen des Satzes 1. (4) Wird der Vertragsabschluss später als ei) nen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Ab) satz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbei) trag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren ange) fangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindes) tens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prä) mienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufen) den Prämie zu entrichten. Der Versicherungs) nehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn ihn die so) fortige Zahlung ungewöhnlich hart treffen wür) de und den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestunde) te Betrag ist zu verzinsen.
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(5) Der Versicherer ist verpflichtet, 1. allen freiwillig in der gesetzlichen Kranken) versicherung Versicherten a) innerhalb von sechs Monaten nach Einfüh) rung des Basistarifes, b) innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vor) gesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnis) ses, 2. allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversiche) rung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht be) reits eine private Krankheitskostenversiche) rung mit einem in Deutschland zum Ge) schäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsun) ternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, 3. Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 er) gänzenden Versicherungsschutz benötigen, 4. allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutsch) land zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Ver) sicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird, Versicherung im Basistarif nach § 12 Abs. 1a des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu gewähren. Ist der private Krankheitskostenversicherungsver) trag vor dem1. Januar 2009 abgeschlossen, kann bei Wechsel oder Kündigung des Vertrags der Abschluss eines Vertrags im Basistarif beim ei) genen oder einem anderen Versicherungsunter) nehmen unter Mitnahme der Alterungsrückstel) lungen gemäß § 204 Abs. 1 nur bis zum 30. Juni 2009 verlangt werden. Der Antrag muss bereits
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts dann angenommen werden, wenn bei einer Kün digung eines Vertrags bei einem anderen Versi cherer die Kündigung nach § 205 Abs. 1 Satz 1 noch nicht wirksam geworden ist. Der Antrag darf nur abgelehnt werden, wenn der An tragsteller bereits bei dem Versicherer versichert war und der Versicherer
zinsen einen Säumniszuschlag von 1 vom Hun dert des Beitragsrückstandes zu entrichten. Sind die ausstehenden Beitragsanteile, Säumniszu schläge und Beitreibungskosten nicht innerhalb eines Jahres nach Beginn des Ruhens vollständig bezahlt, so wird die Versicherung im Basistarif fortgesetzt. Satz 6 bleibt unberührt.
1. den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder
(7) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 12 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 12 Abs. 1c des Versicherungsaufsichtsge setzes angewiesen ist.
2. vom Versicherungsvertrag wegen einer vor sätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist. (6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Ver sicherer zu mahnen. Ist der Rückstand zwei Wo chen nach Zugang der Mahnung noch höher als der Prämienanteil für einen Monat, stellt der Versicherer das Ruhen der Leistungen fest. Das Ruhen tritt drei Tage nach Zugang dieser Mittei lung beim Versicherungsnehmer ein. Vorausset zung ist, dass der Versicherungsnehmer in der Mahnung nach Satz 1 auf diese Folge hingewie sen worden ist. Das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn der Versicherungsnehmer oder die versi cherte Person hilfebedürftig im Sinn des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Berechtig ten vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen. Während der Ruhenszeit haftet der Versicherer ausschließlich für Aufwendun gen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwanger schaft und Mutterschaft erforderlich sind. Anga ben zum Ruhen des Anspruchs kann der Versi cherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Abs. 1a des Fünften Buches Sozial gesetzbuch vermerken. Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer für jeden angefangenen Monat des Rückstandes an Stelle von Verzugs
§ 194 Anzuwendende Vorschriften (1) Soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird, sind die §§ 74 bis 80 und 82 bis 87 anzu wenden. Die §§ 23 bis 27 und 29 sind auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden. § 19 Abs. 4 ist auf die Krankenversicherung nicht an zuwenden, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat. Abweichend von § 21 Abs. 3 Satz 1 beläuft sich die Frist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers auf drei Jahre. (2) Steht dem Versicherungsnehmer oder ei ner versicherten Person ein Anspruch auf Rück zahlung ohne rechtlichen Grund gezahlter Ent gelte gegen den Erbringer von Leistungen zu, für die der Versicherer auf Grund des Versicherungs vertrags Erstattungsleistungen erbracht hat, ist § 86 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden. (3) Die §§ 43 bis 48 sind auf die Krankenver sicherung mit der Maßgabe anzuwenden, dass ausschließlich die versicherte Person die Versi cherungsleistung verlangen kann, wenn der Ver sicherungsnehmer sie gegenüber dem Versiche rer in Textform als Empfangsberechtigten der Versicherungsleistung benannt hat; die Benen nung kann widerruflich oder unwiderruflich er folgen. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, kann
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§ 195 Versicherungsdauer
der Antrag bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Vollendung des 65. Lebensjahres gestellt, hat der Versicherer den Versicherungsschutz oh ne Risikoprüfung oder Wartezeiten zu gewähren, soweit der Versicherungsschutz nicht höher oder umfassender ist als im bisherigen Tarif.
(1) Die Krankenversicherung, die ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversiche rungssystem vorgesehenen Kranken oder Pflege versicherungsschutz ersetzen kann (substitutive Krankenversicherung), ist vorbehaltlich der Ab sätze 2 und 3 und der §§ 196 und 199 unbefris tet. Wird die nicht substitutive Krankenversiche rung nach Art der Lebensversicherung betrieben, gilt Satz 1 entsprechend.
(2) Hat der Versicherer den Versicherungs nehmer nicht nach Absatz 1 Satz 3 auf das Ende der Versicherung hingewiesen und wird der An trag vor Vollendung des 66. Lebensjahres ge stellt, gilt Absatz 1 Satz 4 entsprechend, wobei die Versicherung mit Zugang des Antrags beim Versicherer beginnt. Ist der Versicherungsfall schon vor Zugang des Antrags eingetreten, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet.
(2) Bei Ausbildungs, Auslands, Reise und Restschuldkrankenversicherungen können Ver tragslaufzeiten vereinbart werden.
(3) Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend, wenn in unmittelbarem Anschluss an eine Versi cherung nach Absatz 1 Satz 4 oder Absatz 2 Satz 1 eine neue Krankentagegeldversicherung beantragt wird, die spätestens mit Vollendung des 75. Lebensjahres endet.
nur der Versicherungsnehmer die Versicherungs leistung verlangen. Einer Vorlage des Versiche rungsscheins bedarf es nicht.
(3) Bei der Krankenversicherung einer Person mit befristetem Aufenthaltstitel für das Inland kann vereinbart werden, dass sie spätestens nach fünf Jahren endet. Ist eine kürzere Laufzeit vereinbart, kann ein gleichartiger neuer Vertrag nur mit einer Höchstlaufzeit geschlossen wer den, die unter Einschluss der Laufzeit des abge laufenen Vertrags fünf Jahre nicht überschreitet; dies gilt auch, wenn der neue Vertrag mit einem anderen Versicherer geschlossen wird. § 196 Befristung der Krankentagegeldversicherung (1) Bei der Krankentagegeldversicherung kann vereinbart werden, dass die Versicherung mit Vollendung des 65. Lebensjahres der versicher ten Person endet. Der Versicherungsnehmer kann in diesem Fall vom Versicherer verlangen, dass dieser den Antrag auf Abschluss einer mit Vollendung des 65. Lebensjahres beginnenden neuen Krankentagegeldversicherung annimmt, die spätestens mit Vollendung des 70. Lebens jahres endet. Auf dieses Recht hat der Versiche rer ihn frühestens sechs Monate vor dem Ende der Versicherung unter Beifügung des Wortlauts dieser Vorschrift in Textform hinzuweisen. Wird
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(4) Die Vertragsparteien können ein späteres Lebensjahr als in den vorstehenden Absätzen festgelegt vereinbaren. § 197 Wartezeiten (1) Soweit Wartezeiten vereinbart werden, dürfen diese in der Krankheitskosten, Kranken haustagegeld und Krankentagegeldversicherung als allgemeine Wartezeit drei Monate und als besondere Wartezeit für Entbindung, Psychothe rapie, Zahnbehandlung, Zahnersatz und Kiefer orthopädie acht Monate nicht überschreiten. Bei der Pflegekrankenversicherung darf die Warte zeit drei Jahre nicht überschreiten. (2) Personen, die aus der gesetzlichen Kran kenversicherung ausscheiden oder die aus einem anderen Vertrag über eine Krankheitskostenver sicherung ausgeschieden sind, ist die dort unun terbrochen zurückgelegte Versicherungszeit auf die Wartezeit anzurechnen, sofern die Versiche rung spätestens zwei Monate nach Beendigung
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts der Vorversicherung zum unmittelbaren An schluss daran beantragt wird. Dies gilt auch für Personen, die aus einem öffentlichen Dienstver hältnis mit Anspruch auf Heilfürsorge ausschei den. § 198 Kindernachversicherung (1) Besteht am Tag der Geburt für mindestens einen Elternteil eine Krankenversicherung, ist der Versicherer verpflichtet, dessen neugeborenes Kind ab Vollendung der Geburt ohne Risikozu schläge und Wartezeiten zu versichern, wenn die Anmeldung zur Versicherung spätestens zwei Monate nach dem Tag der Geburt rückwirkend erfolgt. Diese Verpflichtung besteht nur inso weit, als der beantragte Versicherungsschutz des Neugeborenen nicht höher und nicht umfassen der als der des versicherten Elternteils ist. (2) Der Geburt eines Kindes steht die Adopti on gleich, sofern das Kind im Zeitpunkt der A doption noch minderjährig ist. Besteht eine hö here Gefahr, ist die Vereinbarung eines Risikozuschlags höchstens bis zur einfachen Prämienhöhe zulässig. (3) Als Voraussetzung für die Versicherung des Neugeborenen oder des Adoptivkindes kann eine Mindestversicherungsdauer des Elternteils vereinbart werden. Diese darf drei Monate nicht übersteigen. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für die Aus lands und die Reisekrankenversicherung nicht, soweit für das Neugeborene oder für das Adop tivkind anderweitiger privater oder gesetzlicher Krankenversicherungsschutz im Inland oder Aus land besteht. § 199 Beihilfeempfänger (1) Bei der Krankheitskostenversicherung ei ner versicherten Person mit Anspruch auf Beihil fe nach den Grundsätzen des öffentlichen Diens tes kann vereinbart werden, dass sie mit der Versetzung der versicherten Person in den Ruhe
stand im Umfang der Erhöhung des Beihilfebe messungssatzes endet. (2) Ändert sich bei einer versicherten Person mit Anspruch auf Beihilfe nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes der Beihilfebemes sungssatz oder entfällt der Beihilfeanspruch, hat der Versicherungsnehmer Anspruch darauf, dass der Versicherer den Versicherungsschutz im Rahmen der bestehenden Krankheitskostentarife so anpasst, dass dadurch der veränderte Beihil febemessungssatz oder der weggefallene Beihil feanspruch ausgeglichen wird. Wird der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Ände rung gestellt, hat der Versicherer den angepass ten Versicherungsschutz ohne Risikoprüfung oder Wartezeiten zu gewähren. (3) Absatz 2 gilt nicht bei Gewährung von Versicherung im Basistarif. § 200 Bereicherungsverbot Hat die versicherte Person wegen desselben Versicherungsfalles einen Anspruch gegen meh rere Erstattungsverpflichtete, darf die Gesamter stattung die Gesamtaufwendungen nicht über steigen. § 201 Herbeiführung des Versicherungsfalles Der Versicherer ist nicht zur Leistung ver pflichtet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person vorsätzlich die Krankheit oder den Unfall bei sich selbst herbeiführt. § 202 Auskunftspflicht des Versicherers; Schadensermittlungskosten Der Versicherer ist verpflichtet, auf Verlangen des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person einem von ihnen benannten Arzt oder Rechtsanwalt Auskunft über und Einsicht in Gutachten oder Stellungnahmen zu geben, die er bei der Prüfung seiner Leistungspflicht über die
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung eingeholt hat. Der Auskunftsanspruch kann nur von der jeweils betroffenen Person oder ihrem gesetzlichen Vertreter geltend gemacht werden. Hat der Versicherungsnehmer das Gutachten oder die Stellungnahme auf Veranlassung des Versicherers eingeholt, hat der Versicherer die entstandenen Kosten zu erstatten. § 203 Prämien und Bedingungsanpassung (1) Bei einer Krankenversicherung, bei der die Prämie nach Art der Lebensversicherung berech net wird, kann der Versicherer nur die entspre chend den technischen Berechnungsgrundlagen nach den §§ 12, 12a und 12e in Verbindung mit § 12c des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu berechnende Prämie verlangen. Außer bei Ver trägen im Basistarif nach § 12 des Versiche rungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer mit Rücksicht auf ein erhöhtes Risiko einen ange messenen Risikozuschlag oder einen Leistungs ausschluss vereinbaren. Im Basistarif ist eine Risikoprüfung nur zulässig, soweit sie für Zwe cke des Risikoausgleichs nach § 12g des Versi cherungsaufsichtsgesetzes oder für spätere Ta rifwechsel erforderlich ist. (2) Ist bei einer Krankenversicherung das or dentliche Kündigungsrecht des Versicherers ge setzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorüberge hend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungs grundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu fest zusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen über prüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Dabei dürfen auch ein betragsmäßig festge legter Selbstbehalt angepasst und ein vereinbar ter Risikozuschlag entsprechend geändert wer den, soweit dies vereinbart ist. Maßgebliche Rechnungsgrundlagen im Sinn der Sätze 1 und 2 sind die Versicherungsleistungen und die Ster bewahrscheinlichkeiten. Für die Änderung der
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Prämien, Prämienzuschläge und Selbstbehalte sowie ihre Überprüfung und Zustimmung durch den Treuhänder gilt § 12b Abs. 1 bis 2a in Ver bindung mit einer auf Grund des § 12c des Ver sicherungsaufsichtsgesetzes erlassenen Rechts verordnung. (3) Ist bei einer Krankenversicherung im Sinn des Absatzes 1 Satz 1 das ordentliche Kündi gungsrecht des Versicherers gesetzlich oder ver traglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung der Verhältnisse des Gesundheits wesens berechtigt, die Allgemeinen Versiche rungsbedingungen und die Tarifbestimmungen den veränderten Verhältnissen anzupassen, wenn die Änderungen zur hinreichenden Wah rung der Belange der Versicherungsnehmer er forderlich erscheinen und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Ände rungen überprüft und ihre Angemessenheit bes tätigt hat. (4) Ist eine Bestimmung in Allgemeinen Versi cherungsbedingungen des Versicherers durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch ei nen bestandskräftigen Verwaltungsakt für un wirksam erklärt worden, ist § 164 anzuwenden. (5) Die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach den Absätzen 2 und 3 werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Än derungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt. § 204 Tarifwechsel (1) Bei bestehendem Versicherungsverhältnis kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer verlangen, dass dieser 1. Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter An rechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung an nimmt; soweit die Leistungen in dem Tarif, in
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bis herigen Tarif, kann der Versicherer für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und in soweit auch eine Wartezeit verlangen; der Versicherungsnehmer kann die Vereinbarung eines Risikozuschlages und einer Wartezeit dadurch abwenden, dass er hinsichtlich der Mehrleistung einen Leistungsausschluss ver einbart; bei einem Wechsel aus dem Basistarif in einen anderen Tarif kann der Versicherer auch den bei Vertragsschluss ermittelten Risi kozuschlag verlangen; der Wechsel in den Ba sistarif des Versicherers unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung ist nur möglich, wenn a) die bestehende Krankheitskostenversiche rung nach dem 1. Januar 2009 abgeschlos sen wurde oder b) der Versicherungsnehmer das 55. Lebens jahr vollendet hat oder das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, aber die Voraus setzungen für den Anspruch auf eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt und diese Rente beantragt hat oder ein Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen oder vergleichbaren Vorschriften bezieht oder hilfebedürftig nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ist oder c) die bestehende Krankheitskostenversiche rung vor dem 1. Januar 2009 abgeschlos sen wurde und der Wechsel in den Basista rif vor dem 1. Juli 2009 beantragt wurde; 2. bei einer Kündigung des Vertrags und dem gleichzeitigen Abschluss eines neuen Ver trags, der ganz oder teilweise den im gesetzli chen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Krankenversicherungsschutz ersetzen kann, bei einem anderen Krankenversicherer a) die kalkulierte Alterungsrückstellung des Teils der Versicherung, dessen Leistungen dem Basistarif entsprechen, an den neuen
Versicherer überträgt, sofern die gekündig te Krankheitskostenversicherung nach dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde; b) bei einem Abschluss eines Vertrags im Ba sistarif die kalkulierte Alterungsrückstel lung des Teils der Versicherung, dessen Leistungen dem Basistarif entsprechen, an den neuen Versicherer überträgt, sofern die gekündigte Krankheitskostenversicherung vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde und die Kündigung vor dem 1. Juli 2009 erfolgte. Soweit die Leistungen in dem Tarif, aus dem der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als im Basistarif, kann der Ver sicherungsnehmer vom bisherigen Versicherer die Vereinbarung eines Zusatztarifes verlangen, in dem die über den Basistarif hinausgehende Alterungsrückstellung anzurechnen ist. Auf die Ansprüche nach den Sätzen 1 und 2 kann nicht verzichtet werden. (2) Absatz 1 gilt nicht für befristete Versiche rungsverhältnisse. (3) Soweit die Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, haben die Versicherungsnehmer und die versicherte Person das Recht, einen gekündigten Versiche rungsvertrag in Form einer Anwartschaftsversi cherung fortzuführen. § 205 Kündigung des Versicherungsnehmers (1) Vorbehaltlich einer vereinbarten Mindest versicherungsdauer bei der Krankheitskosten und bei der Krankenhaustagegeldversicherung kann der Versicherungsnehmer ein Krankenversi cherungsverhältnis, das für die Dauer von mehr als einem Jahr eingegangen ist, zum Ende des ersten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten kündigen. Die Kündigung kann auf einzelne ver sicherte Personen oder Tarife beschränkt wer den.
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (2) Wird eine versicherte Person kraft Geset zes kranken oder pflegeversicherungspflichtig, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Mo naten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten, eine Krankentagegeld oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwart schaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen. Die Kündi gung ist unwirksam, wenn der Versicherungs nehmer dem Versicherer den Eintritt der Versi cherungspflicht nicht innerhalb von zwei Monaten nachweist, nachdem der Versicherer ihn hierzu in Textform aufgefordert hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Versäu mung dieser Frist nicht zu vertreten. Macht der Versicherungsnehmer von seinem Kündigungs recht Gebrauch, steht dem Versicherer die Prä mie nur bis zu diesem Zeitpunkt zu. Später kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsver hältnis zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nach weist. Der Versicherungspflicht steht der gesetz liche Anspruch auf Familienversicherung oder der nicht nur vorübergehende Anspruch auf Heilfürsorge aus einem beamtenrechtlichen oder ähnlichen Dienstverhältnis gleich. (3) Ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag, dass bei Erreichen eines bestimmten Lebensal ters oder bei Eintreten anderer dort genannter Voraussetzungen die Prämie für ein anderes Le bensalter oder eine andere Altersgruppe gilt oder die Prämie unter Berücksichtigung einer Alte rungsrückstellung berechnet wird, kann der Ver sicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffenen versicherten Person binnen zwei Monaten nach der Änderung zum Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens kündigen, wenn sich die Prämie durch die Änderung er höht. (4) Erhöht der Versicherer auf Grund einer Anpassungsklausel die Prämie oder vermindert er die Leistung, kann der Versicherungsnehmer hinsichtlich der betroffenen versicherten Person innerhalb eines Monats nach Zugang der Ände rungsmitteilung mit Wirkung für den Zeitpunkt
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kündigen, zu dem die Prämienerhöhung oder die Leistungsminderung wirksam werden soll. (5) Hat sich der Versicherer vorbehalten, die Kündigung auf einzelne versicherte Personen oder Tarife zu beschränken, und macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, kann der Versiche rungsnehmer innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung die Aufhebung des übri gen Teils der Versicherung zu dem Zeitpunkt verlangen, zu dem die Kündigung wirksam wird. Satz 1 gilt entsprechend, wenn der Versicherer die Anfechtung oder den Rücktritt nur für ein zelne versicherte Personen oder Tarife erklärt. In diesen Fällen kann der Versicherungsnehmer die Aufhebung zum Ende des Monats verlangen, in dem ihm die Erklärung des Versicherers zuge gangen ist. (6) Abweichend von den Absätzen 1 bis 5 kann der Versicherungsnehmer eine Versiche rung, die eine Pflicht aus § 193 Abs. 3 Satz 1 erfüllt, nur dann kündigen, wenn er bei einem anderen Versicherer für die versicherte Person einen neuen Vertrag abschließt, der dieser Pflicht genügt. Die Kündigung wird erst wirksam, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die versicherte Person bei einem neuen Versi cherer ohne Unterbrechung versichert ist. § 206 Kündigung des Versicherers (1) Jede Kündigung einer Krankheitskosten versicherung, die eine Pflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 erfüllt, ist durch den Versicherer ausge schlossen. Darüber hinaus ist die ordentliche Kündigung einer Krankheitskosten, Krankenta gegeld und einer Pflegekrankenversicherung durch den Versicherer ausgeschlossen, wenn die Versicherung ganz oder teilweise den im gesetz lichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Kranken oder Pflegeversicherungsschutz erset zen kann. Sie ist weiterhin ausgeschlossen für eine KrankenhaustagegeldVersicherung, die neben einer Krankheitskostenvollversicherung besteht. Eine Krankentagegeldversicherung, für die kein gesetzlicher Anspruch auf einen Bei
Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts tragszuschuss des Arbeitgebers besteht, kann der Versicherer abweichend von Satz 2 in den ersten drei Jahren unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende eines jeden Versi% cherungsjahres kündigen. (2) Liegen bei einer Krankenhaustagegeldver% sicherung oder einer Krankheitskostenteilversi% cherung die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vor, kann der Versicherer das Versiche% rungsverhältnis nur innerhalb der ersten drei Versicherungsjahre zum Ende eines Versiche% rungsjahres kündigen. Die Kündigungsfrist be% trägt drei Monate. (3) Wird eine Krankheitskostenversicherung oder eine Pflegekrankenversicherung vom Versi% cherer wegen Zahlungsverzugs des Versiche% rungsnehmers wirksam gekündigt, sind die versi% cherten Personen berechtigt, die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses unter Benennung des künftigen Versicherungsnehmers zu erklären; die Prämie ist ab Fortsetzung des Versicherungsver% hältnisses zu leisten. Die versicherten Personen sind vom Versicherer über die Kündigung und das Recht nach Satz 1 in Textform zu informie% ren. Dieses Recht endet zwei Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem die versicherte Person Kennt% nis von diesem Recht erlangt hat. (4) Die ordentliche Kündigung eines Gruppen% versicherungsvertrags, der Schutz gegen das Ri% siko Krankheit enthält, durch den Versicherer ist zulässig, wenn die versicherten Personen die Krankenversicherung unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alte% rungsrückstellung, soweit eine solche gebildet wird, zu den Bedingungen der Einzelversiche% rung fortsetzen können. Absatz 3 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. § 207 Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses (1) Endet das Versicherungsverhältnis durch den Tod des Versicherungsnehmers, sind die ver% sicherten Personen berechtigt, binnen zwei Mo% naten nach dem Tod des Versicherungsnehmers
die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses unter Benennung des künftigen Versicherungs% nehmers zu erklären. (2) Kündigt der Versicherungsnehmer das Ver% sicherungsverhältnis insgesamt oder für einzelne versicherte Personen, gilt Absatz 1 entspre% chend. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn die versicherte Person von der Kündigungserklärung Kenntnis erlangt hat. Handelt es sich bei dem gekündigten Vertrag um einen Gruppenversiche% rungsvertrag und wird kein neuer Versiche% rungsnehmer benannt, sind die versicherten Per% sonen berechtigt, das Versicherungsverhältnis unter Anrechnung der aus dem Vertrag erwor% benen Rechte und der Alterungsrückstellung, soweit eine solche gebildet wird, zu den Bedin% gungen der Einzelversicherung fortzusetzen. Das Recht nach Satz 3 endet zwei Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem die versicherte Person von diesem Recht Kenntnis erlangt hat. (3) Verlegt eine versicherte Person ihren ge% wöhnlichen Aufenthalt in einen anderen Mit% gliedstaat der Europäischen Union oder einen anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, setzt sich das Versicherungsverhältnis mit der Maßgabe fort, dass der Versicherer höchstens zu denjenigen Leistungen verpflichtet bleibt, die er bei einem Aufenthalt im Inland zu erbringen hätte. § 208 Abweichende Vereinbarungen Von den §§ 194 bis 199 und 201 bis 207 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person abgewichen wer% den. Für die Kündigung des Versicherungsneh% mers nach § 205 kann die Schrift oder die Text% form vereinbart werden.“ (2) § 12 Abs. 1b des Versicherungsaufsichts% gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 7 dieses Gesetzes geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
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Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts a) In Satz 1 Nr. 2 werden die Angabe „§ 178a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und 4“ durch die Angabe „§ 193 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und4“ und die An% gabe „§ 178a Abs. 5“ durch die Angabe „§ 193 Abs. 3“ ersetzt. b) In Satz 1Nr. 3wirddie Angabe „§ 178a Abs. 5 Satz 1“ durch die Angabe „§ 193 Abs. 3 Satz 1“ ersetzt. c) In Satz 2 wird die Angabe „§ 178f Abs. 1“ durch die Angabe „§ 204 Abs. 1“ ersetzt. d) In Satz 3 wird die Angabe „§ 178h Abs. 1“ durch die Angabe „§ 205 Abs. 1“ ersetzt. e) In Satz 4 Nr. 2 werden die Wörter „(§ 16 in Verbindung mit § 178k des Versicherungsver% tragsgesetzes)“ gestrichen. (3) In § 13 Abs. 5 der Kalkulationsverordnung vom 18. November 1996 (BGBl. I S. 1783), die durch Artikel 45 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) geändert worden ist, wird die Angabe „§ 178fAbs. 1 Nr. 2“ durch die Angabe „§ 204 Abs. 1 Nr. 2“ ersetzt.
Artikel 12 Inkrafttreten, Außerkrafttreten (1) Artikel 5 Nr. 1 tritt mit Wirkung vom 25. Ap% ril 2006 in Kraft. In Artikel 1 tritt § 7 Abs. 2 und 3 des Versicherungsvertragsgesetzes am Tag nach der Verkündung in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Gesetz vorbehaltlich des Absatzes 2 am 1. Januar 2008 in Kraft.
Gleichzeitig treten außer Kraft: 1. Das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnum% mer 7632%1, veröffentlichten bereinigten Fas% sung, zuletzt geändert durch Artikel 43 des Ge% setzes vom26. März 2007 (BGBl. I S. 378), dieses wiederum geändert durch Artikel 10 dieses Ge% setzes; 2. die Verordnung zur Ergänzung und Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungs% nummer 7632%1%1, veröffentlichten bereinigten Fassung; 3. die Dritte Verordnung zur Ergänzung und Ände% rung des Gesetzes über den Versicherungsver% trag in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede% rungsnummer 7632%1%3, veröffentlichten bereinigten Fassung; 4. die Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung in der im Bundesge% setzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7632%3, veröffentlichten bereinigten Fassung; 5. das Gesetz zur Überleitung landesrechtlicher Gebäudeversicherungsverhältnisse vom 22. Juli 1993 (BGBl. I S. 1282, 1286).
(2) Artikel 11 dieses Gesetzes tritt am 1. Januar 2009 in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 23. November 2007
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Der Bundespräsident
Horst Köhler
Die Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel
Die Bundesministerin der Justiz
Brigitte Zypries
Literaturhinweise Frank Baumann/Hans-Ludger Sandkühler: Das neue Versicherungsvertragsgesetz, 2008, Haufe Verlag. Frank Baumann/Matthias Beenken: Das neue Versicherungsvertragsgesetz – Zahlen, Daten, Fakten, 3. Auflage, 2008, Haufe Verlag. Burmann, Michael/Heß, Rainer/Höke, Bernd-Matthias/Stahl, Kerstin: Das neue VVG im Straßenverkehrsrecht, 2008, Verlag Franz Vahlen Bundesgesetzblatt Jahrgang 2007 Teil I Nr. 59, ausgegeben zu Bonn am 29. November 2007, S. 2631-2677: Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2007 Teil I Nr. 66, ausgegeben zu Bonn am 21. Dezember 2007, S. 3004-3007: Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-Informationspflichtenverordnung – VVG-InfoV) vom 18. Dezember 2007 Bundestags-Drucksache 16/3945: Gesetzentwurf der Bundesregierung mit Begründung eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 20.12.2006. Bundestags-Drucksache 16/5862: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts. Deutsch, Erwin: Das neue Versicherungsvertragsrecht, 6. Aufl. 2008, Verlag Versicherungswirtschaft Deutscher Versicherungs-Schutzverband e. V. (Hrsg.): Das neue Versicherungs-Handbuch, Sonderheft 1/2008 zur VVG-Reform, 2007, Haufe Verlag. Meixner, Oliver/Steinbeck, René: Das neue Versicherungsvertragsrecht, 2008, Verlag C. H. Beck
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Literaturhinweise
Wolfgang Römer/Theo Langheid: Versicherungsvertragsgesetz, Kommentar, 2. Auflage, 2003, Verlag C. H. Beck. Schimikowski, Peter/Höra, Knut: Das neue Versicherungsvertragsgesetz, 2008, Bundesanzeiger Verlag Schimikowski, Peter: Vertragsabschluss nach der Invitatio-Lösung und das neue VVG, in: Zeitschrift Versicherungswirtschaft, 62. Jg., Heft 9, S. 715 ff. Sven Marlow/Udo Spuhl: Das Neue VVG kompakt, 2007, Verlag Versicherungswirtschaft. VVG-Kommission: Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April 2004, 2004, Verlag Versicherungswirtschaft.
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Stichwortverzeichnis Abschlusskosten 88, 149 Abschlussvollmacht 160 Abtretungsverbot 141 AllesodernichtsPrinzip 127 Allgemeine Versicherungsbedin gungen Vorläufige Deckung 113 Alterungsrückstellung 155 Altverträge 11 Anerkenntnis 153 Anerkenntnisverbot 141 Antragserklärung, bedingte 47 Antragsmodell 41, 48, 88 Anzeige der Veräußerung 145 gefahrerheblicher Umstände 93 Anzeige und Auskunftsobliegen heiten 130 Artikelgesetz 9 Auge und OhrRechtsprechung 161
Direktanspruch 142 Dokumentation 27 Formvorgaben 30 Übermittlung der 30 Dokumentationsverzicht 34
Basistarif 155 bedingte Antragserklärung 47 Bedürfnisse 24, 78 Begründung des Rates 26, 82 Beihilfeempfänger 157 Beitragsentwicklung Übersicht über die 88 Beratung 25, 80 während der Vertragslaufzeit 31 Beratungs und Dokumentations pflichten 22, 69 Beratungsanlass 23, 74 Beratungsdokumentation 27 Beratungsgrundlage Mitteilung zur 38 Beratungsverzicht 34 Berufsunfähigkeit 152 Bewertungsreserven 147
Gesundheitsreform 9, 153 GKVWettbewerbsstärkungsgesetz 9, 10, 153 Großrisiko 49
Deckungskapital 149
Eigentumsübergang 145 Einlösungsklausel 116 Entschädigungsansprüche Rangfolge der 144 Erstinformation statusbezogene 38 Erweiterter Aufwendungsersatz 146 Erwerber 145 Fälligkeit 119 Fernabsatzvertrag 36, 112 Folgeprämie 121 Freistellungsanspruch Verfügung über den 142 Fünfjahresvertrag 105
Höchstzillmersatz 149 Honorarberatung 54 Informationspflicht 51 Berufsunfähigkeitsversicherung 52 Krankenversicherung 60 Lebensversicherung 52 Unfallversicherung 52 während Vertragslaufzeit 68 Inhalt der Vertragsinformationen 49 Invitatiomodell 44, 48, 89, 91 Kenntniszurechnung 161 Kostenausweis 53 Krankentagegeldversicherung 158
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Stichwortverzeichnis Lebensversicherung 147 ausländische 150 fondsgebundene 150 Leistungsausschluss 98 Leistungsfreiheit 100, 120, 127, 130, 131, 135, 145, 156 Mahnfristen 121 Mahnung 159 Markt und Informationsgrundlage 83 Modell der bedingten Antragserklärung 47 Modellrechnung 57, 88 Obliegenheiten 127 Pflichtversicherung 143 Policenmodell 40, 69 Prämie 119 Erstprämie 119 Fälligkeit 119 Folgeprämie 121 Vorläufige Deckung 115 Prämienerhöhung 98 Produktinformationsblatt 50, 62, 88 Prognosezeitraum 152 Provisionsabgabe 53 Relevanzrechtsprechung 129 Reserven, stille 147 Risikostrukturausgleich 155 Rückkaufswert 14, 149 Rücktritt 97 Rücktrittsfiktion 120 Schadenabwendungs und minderungskosten 146 Schadenabwendungs und minderungspflicht 130 Standardtarif 155 Stornoabzug 149 Stornohaftungszeit 150 Telefonverkauf 65 Textform 43 Überschussbeteiligung 14, 147 Überversicherung 139
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Unterrichtung jährliche 148 Unterversicherung 139 Verbraucherinformation 49 Verjährung Hemmung der 126 Vermittlergesetz 69 Versicherungsfall Herbeiführung des 131 Versicherungsmakler Vermittlung durch 35 Versicherungsschein abweichender 119 Versicherungsvermittlergesetz 22 Versicherungsvertrag Komplexität des angebotenen 27 Versicherungswert 146 Vertragsanpassung 135 Vertragsinformationen 49 Vertragsinformationen, Inhalt 49 Vertriebskosten 88, 149 Verweisung 152 Verzicht auf Beratung 34 auf Dokumentation 34 auf Mitteilung der Beratungsgrundlage 86 auf Nachfrage und Beratung im Vertragsverhältnis 34 Visitenkarte 71 VVGInformationspflichtenverord nung 50 Widerruf 106, 119 Widerrufsbelehrung 10 Widerrufsrecht 44 Widerspruch 106 Wirtschaftlichkeitsgebot 157 Wünsche 24, 78 Zahlungsverzug Einmalprämie 120 Erstprämie 120 Folgeprämie 121, 158 ZillmerVerfahren 149