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Eurostat, 13. Eine Ausnahme sind Produzenten, bei denen es sich um finanzielle Mittler handelt, denn sie sind dem Sektor finanzielle Kapitalgesellschaften zuzuordnen. Bundesministerium für Finanzen et al (Hrsg), Arbeitsbehelf für Gemeinden und Städte zur Unterstützung der Einrichtung von Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit (1997), 13. Siehe dazu zB Schwarz, Die VGR als System, Nichtfinanzielle Sektorkonten nach ESVG 1995, Statistische Nachrichten 2001, 449. § 5 Abs 4 Bundesmuseen-Gesetz 2002, BGBl 2002 I/14. § 7 Abs 2 Bundestheaterorganisationsgesetz, BGBl 1998 I/108 idF BGBl 2001 I/136. § 32 Bundesstatistikgesetz 2000, BGBl 1999 I/163 idF BGBl 2001 I/136.
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lich signifikanten Preisen verkaufen. Nichtmarktproduzenten sind Produzenten, die Dritten den größten Teil ihrer Produktion kostenlos oder zu wirtschaftlich nicht signifikanten Preisen zur Verfügung stellen. Dementsprechend erfordert ein „Umsatz“ im Sinne des ESVG 95 einen wirtschaftlich signifikanten Preis. Ein Preis ist wirtschaftlich signifikant, wenn er die von den Produzenten angebotenen und von den Käufern nachgefragten Mengen signifikant beeinflusst und umgekehrt.56
bbb) Zahlungen des Staates Der Begriff des Umsatzes erfasst nach dem ESVG 95 auch „Zahlungen des Staates“, wenn sie „allen Produzenten eines Wirtschaftszweiges“ gewährt werden und „an das Volumen oder den Wert der Produktion“ gebunden sind (Punkt 3.33. des ESVG 95). Derartige Zahlungen des Staates spielen bei ausgegliederten Rechtsträgern eine ganz besondere Rolle, da sie üblicherweise manchmal auch überwiegend und ausschließlich - Leistungen für den Staat erbringen und als Entgelt dafür entsprechende Zahlungen vom Staat empfangen. Diese Zahlungen als Entgelt für bestimmte Leistungen können von vorneherein nicht „allen Produzenten eines Wirtschaftszweiges“ zugestanden werden. Daher stellen „Zahlungen des Staates“ wohl dann Umsätze dar, wenn sie für die betreffende Gegenleistung auch anderen Produzenten des betreffenden Wirtschaftszweiges geboten werden müssten - also ihrer Höhe nach „marktkonform“ sind - und das Ausmaß der Zahlungen durch Angebot und Nachfrage („Volumen“ und „Wert“ der Produktion) bestimmt wird. Öffentliche institutionelle Einheiten, die hauptsächlich vom Staat finanziert werden, und zwar entweder entsprechend ihren Kosten oder auf der Grundlage von Verhandlungen (Globalbudget), bei denen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden (Gesamtleistung, Zahlungen in Form von Arbeitnehmerentgelten usw), sind dem Sektor Staat zuzurechnen, da diese Zahlungen des Staates keinen Umsätzen entsprechen.57
D. Verfassungsrechtliche Grundlagen des Budgetrechts 1. Die Budgethoheit des Nationalrats Verfassungsgesetzliche Grundlagen für das Haushaltsrecht des Bundes finden sich in den Bestimmungen der Art 51 bis 51c so wie in Art 42 Abs 5 B-VG. Unter dem Budgetrecht im subjektiven Sinn wird das Recht des Nationalrates verstanden, die Ausgaben und Einnahmen des Staates durch formelles Gesetz zu bewilligen und damit die Entscheidungsgewalt über die Staatsfinanzen, also Budgethoheit auszuüben.58 Damit hängt zusammen, dass dem Bundesrat bei Gesetzesbeschlüssen gemäß Art 42 Abs 5 B-VG keine Mitwirkung zusteht, so dass der Bundesrat gegen die genannten Gesetzesbeschlüsse keinen Einspruch erheben kann und diese Gesetzesbeschlüsse ohne weiteres zu beurkunden und 56
57 58
Eurostat, 13. Wenn unter administrativen, sozialen oder politischen Gesichtspunkten entschieden worden ist, welche Gesamtmenge eines bestimmten nichtmarktbestimmten Gutes oder einer bestimmten nichtmarktbestimmten Dienstleistung angeboten werden soll, wird für dieses Gut bzw diese Dienstleistung absichtlich ein Preis festgelegt, der deutlich unter dem Gleichgewichtspreis liegt, bei dem die Nachfrage genau dem Angebot entsprechen würde. Eurostat, 15. Holoubek, ÖHW 1989, 175 mwH.
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kundzumachen sind.59 Die Bundesverfassung enthält keine Ermächtigung an den Budgetgesetzgeber, generelle, über ein Finanzjahr hinausgehende Regelungen betreffend die Bewilligung von Ausgaben zu treffen. Der Nationalrat kann die ihm durch die Bundesverfassung eingeräumte Ermächtigung weder übertragen noch auf sie verzichten.60 Dem Nationalrat steht es im Gegenzug dazu nicht zu, das Budgetgesetz mit außerbudgetären materiellen Normen zu bepacken (Bepackungsverbot).61 Die näheren Bestimmungen über die Erstellung des BFG und über die Haushaltsführung des Bundes sind gemäß Art 51 Abs 6 B-VG durch Bundesgesetz zu treffen. Nach § 32 BHG ist primär der Bundesminister für Finanzen für die Ausarbeitung des Budgetgesetzentwurfes verantwortlich. Er hat von den haushaltsleitenden Organen Entwürfe einzuholen (§ 30 BHG) und mit den Ressortleitern Budgetverhandlungen zu führen. Der Bundesminister für Finanzen hat die Voranschlagsentwürfe unter Bedachtnahme auf die gesetzlich festgelegten Ziele der Haushaltsführung (§ 2 BHG) sowie die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bundes zu überprüfen und sodann den Bundesvoranschlagsentwurf62 zu erstellen.63 Art 51 Abs 2 B-VG verpflichtet die Bundesregierung den Entwurf eines BFG für das folgende Finanzjahr spätestens zehn Wochen vor Ablauf des Finanzjahres - konkret spätestens am 22. Oktober - vorzulegen.64 Art 51 Abs 1 B-VG verpflichtet den Nationalrat, seinen Beratungen den Entwurf der Bundesregierung zugrunde zu legen. Bis zum 22. Oktober hat die Bundesregierung das Antragsmonopol, danach initiiert ihre Vorlage das Gesetzgebungsverfahren nur dann, wenn noch kein Initiativantrag eingebracht wurde. Ein BFG ist damit subsidiär auf Grund eines Initiativantrages möglich.65 Existiert bereits ein Selbständiger Antrag des Nationalrates, so kann dieser selbst entscheiden, ob er einen verspäteten Regierungsentwurf noch in Verhandlung nimmt oder nicht.66 Auch Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, die einen der in Art 42 Abs 5 B-VG genannten Gegenstände zum Inhalt haben und „ohne Mitwirkung“ des Bundesrates zustande kommen, sind vom Präsidenten des Nationalrates dem Bundesrat zu übermitteln. Nimmt der Bundesrat einen derartigen an ihn übermittelten Gesetzesbeschluss in 59 60
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Rödler, Haushaltsrecht, 18. VfSlg 4340. Die Budgethoheit des Nationalrates wird zB verletzt, wenn die Zuständigkeit des Nationalrates zur Aufnahme oder Konvertierung von Bundesanleihen oder die Zuständigkeit zur Verfügung über Bundesvermögen an den Bundesminister für Finanzen in verfassungswidriger Weise delegiert wird. Damit wird auch das im Art 18 B-VG verankerte Legalitätsprinzip verletzt, weil eine solche Delegation die Verwaltungsbehörde zu einem Handeln ermächtigt, das nicht durch das Gesetz vorausbestimmt ist. Hengstschläger, Das Haushaltsrecht des Bundes aus juristischer Sicht, in Gantner (Hrsg), 34. Der Bundesvoranschlag muss eine Spezialisierung der Ausgaben mindestens hinsichtlich ihrer Art und ihrer Höhe nach vornehmen, VfSlg 4340. Die Erstellung des Stellenplanentwurfes obliegt dem Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen (§ 33 BHG). Bei nicht rechtzeitiger Vorlage des Budgetgesetzentwurfes kann die Säumigkeit der Bundesregierung zu einem Misstrauensvotum durch den Nationalrat gemäß § 74 Abs 1 und 2 B-VG führen oder zur staatsrechtlichen Anklage gegen die Regierungsmitglieder gemäß Art 142 B-VG, siehe dazu Hengstschläger in Korinek/ Holoubek (Hrsg), Art 51 Rz 27. Holoubek, ÖHW 1989, 176. Hengstschläger in Gantner (Hrsg), 35 f.
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Behandlung fehlt ihm dafür eine Zuständigkeit.67 Würde er einem diesbezüglichen Gesetzesbeschluss des Nationalrates zustimmen, wäre das eine verfassungswidrige Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren. Probleme können hierbei Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates bereiten, welche sowohl einfachgesetzliche Bestimmungen als auch solche enthalten, welche den Materien gemäß Art 42 Abs 5 B-VG zuzuordnen sind (zB in den Budgetbegleitgesetzen). In der Gesetzgebungspraxis werden die dem Art 42 Abs 5 B-VG unterfallenden Bestimmungen in den Materialien als solche bezeichnet und der Bundesrat nimmt diese Bestimmungen von seiner Beschlussfassung aus.68 Die Beurteilung darüber, ob ein Gesetzesbeschluss des Nationalrates einen der in Art 42 Abs 5 B-VG genannten Gegenstände betrifft, obliegt primär dem Bundeskanzler, der in solchen Fällen unverzüglich die Beurkundung und Kundmachung in die Wege zu leiten hat.69
2. Die Staatszielbestimmung im Art 13 Abs 2 B-VG Nach Art 13 Abs 2 B-VG haben Bund, Länder und Gemeinden bei ihrer Haushaltsführung die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes anzustreben. Art 13 Abs 2 B-VG stellt eine Staatszielbestimmung im Sinne einer materiellen Wertentscheidung dar.70 Unter Haushaltsführung im Sinne dieser Bestimmung ist die Erstellung des Haushaltsplanentwurfes, die Bewilligung des Haushaltsplanes durch den Nationalrat, der Vollzug des Haushaltsplanes und die Rechnungslegung zu verstehen.71 Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht besteht nach § 2 Abs 2 BHG bei einem ausgewogenen Verhältnis zwischen einem hohen Beschäftigungstand, einem hinreichend stabilen Geldwert, der Sicherung des Wachstumspotentials und der Wahrung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichtes. § 2 Abs 1 BHG verpflichtet darüber hinaus den Bund, bei seiner Gebarung die Verbundenheit der Finanzwirtschaft der Gebietskörperschaften zu berücksichtigen.72
3. Rechtswirkungen und Inhalt des Bundesfinanzgesetzes Dem vom Nationalrat genehmigten Entwurf eines BFG kommt die Form eines Bundesgesetzes zu. Dennoch richtet sich das Budgetgesetz nicht wie bei anderen Bundesgesetzen üblich an die Rechtsunterworfenen, sondern enthält nur Ermächtigungen für Verwaltungsorgane.73 Das BFG ist demnach mit bloßer Innenwirkung ausgestattet. Gemäß § 37 BHG werden durch das BFG Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet noch aufgehoben. Es enthält vielmehr nur Ermächtigungen für Verwaltungsorgane. Demnach sind Regelungen, die sich an außenstehende Rechtsunterworfene richten und in Form eines BFG erzeugt werden, verfassungswidrig. Umgekehrt bleiben materiellrechtliche Ansprüche (zB Subventionen) auch mangels budgetmäßiger Deckung bestehen und sind für materiellrechtliche Verbindlichkeiten (zB Steuern) ausschließlich 67 68 69 70 71 72
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Schick in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 42, Rz 33. Lödl, ÖHW 2002, 56. Schick in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 42, Rz 33. Holoubek, ÖHW 1989, 174. Rödler, Haushaltsrecht, 14. Schwab, Die Haushaltsrechtsreform des Bundes, ÖHW 1986, 1 (10). Zur Kritik an dieser verfassungsrechtlichen Verankerung keynesianischen Gedankenguts siehe Rödler, ecolex 1999, 728 f. Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 (2000), Rz 517.
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die einschlägigen Gesetze maßgeblich.74 Da das Budgetgesetz im Außenverhältnis weder Rechte begründet noch Pflichten auferlegt, kann beispielsweise ein materiellrechtlicher Anspruch einzelner Personen gegen den Bund nicht deshalb untergehen, weil er im Budgetgesetz nicht ausreichend dotiert ist. Grundsätzlich kann beim BFG nach einer sachlichen, betraglichen und zeitlichen Bindungswirkung differenziert werden. Die sachliche Bindungswirkung (qualitative Spezialität) besagt, dass Ausgaben nur insofern geleistet werden dürfen, als sie im BFG bzw in einem Budgetprovisorium ihrer Art nach (durch einen Voranschlagsansatz) vorgesehen sind (Ausnahmen bestehen für außerplanmäßige Ausgaben). Einnahmen sind nach Maßgabe der materiellrechtlichen Bestimmungen (zB den Abgabengesetzen) aufzubringen. Die zeitliche Bindung (temporale Spezialität) erstreckt sich auf die Dauer des Haushaltszeitraumes, somit für jeweils ein Finanzjahr. Aufgrund der betraglichen Bindungswirkung (quantitative Spezialität) dürfen Ausgaben grundsätzlich nur insoweit geleistet werden, als sie im BFG bzw im Provisorium der Höhe nach vorgesehen sind (Ausnahmen bestehen für überplanmäßige Ausgaben).75 Im Gegensatz zur Ausgabenveranschlagung stellt die Höhe der Einnahmenveranschlagung mit Rücksicht auf den Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (Art 126b Abs 5 BVG) kein Limit dafür dar, jede rechtlich begründete Einnahmemöglichkeit wahrzunehmen.76 Dem Grundsatz der doppelten gesetzlichen Bedingtheit der Finanzverwaltungsakte, wonach ein Gebarungsvorgang gleichzeitig sowohl materiellrechtlich begründet als auch bundesfinanzgesetzlich vorgesehen sein muss77, kommt somit nur im Innenverhältnis hinsichtlich der Ausgaben Berechtigung zu.78 Selbst bezogen auf die Ausgabenseite kann die „doppelte gesetzliche Bedingtheit“ relativiert werden, wenn man beachtet, dass die budgetären Ausgabenansätze Höchstbeträge bedeuten und dass die Vollziehung über die im BFG festgelegten Mittel nur nach Maßgabe etwaiger gesetzlicher Vorschriften verfügen darf, aber keinesfalls verpflichtet ist, sie unbedingt zu verausgaben.79 Das BFG heißt genau genommen Bundesfinanzgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages. Inhalt des BFG ist daher die Bewilligung des „Voranschlages der Einnahmen und Ausgaben des Bundes“. Die Ansätze der veranschlagten Einnahmen und der bewilligten Ausgaben sind ausschließlich im Bundesvoranschlag enthalten, der dem BFG zwingend als Anlage anzuschließen ist. Das BFG selbst weist nur die Ge74 75 76 77 78
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Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, Kurzkommentar3 (2002), 215. Rödler, Haushaltsrecht, 132. AB 877 BlgNR 16.GP, 7. Hengstschläger, Budgetrecht, 201 und 258 f. Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51, Rz 91 f. Rödler, Haushaltsrecht, 133. AA Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51, Rz 94, der einerseits betont, dass budgetgesetzliche Ansätze die materiellrechtliche Regelung unberührt lassen und daraus resultierende Rechte und Pflichten nicht tangieren, während er andererseits verneint, dass Ausgaben aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen jedenfalls, unabhängig davon, ob sie in einem Voranschlagsansatz dotiert wurden oder nicht, zu leisten sind. Es kann aber nicht auf der einen Seite ein Anspruch auf Leistung bestehen, dem auf der anderen Seite keine Leistungsverpflichtung gegenübersteht. So ist mE die Auffassung zutreffender, wonach dem Grundsatz der doppelten gesetzlichen Bedingtheit nur im Innerverhältnis hinsichtlich der Ausgaben Bedeutung zukommt. Die haushaltsrechtlichen Bestimmungen binden nur die Organe der Haushaltsführung ohne Außenwirkung, eine Nichtbeachtung derselben kann daher Konsequenzen nur für diese herbeiführen, nicht jedoch für Außenstehende. Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988), 240 f.
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samtsumme der Einnahmen und Ausgaben, getrennt in den allgemeinen Haushalt und den Ausgleichshaushalt, sowie den Gebarungsabgang bzw den Überschuss aus.80 Im „Ausgleichshaushalt“ sind die Einnahmen aus der Aufnahme von Finanzschulden und die Ausgaben für die Rückzahlung von Finanzschulden sowie die zur vorübergehenden Kassenstärkung eingegangenen Geldverbindlichkeiten und die Einnahmen und Ausgaben infolge eines Kapitalaustausches bei Währungstauschverträgen darzustellen. Aus dem allgemeinen Haushalt soll somit das „echte Nettoergebnis“ sichtbar sein.81
4. Die Stellung des Bundesministers für Finanzen im Rahmen des Haushaltsverfassungsrechts Art 51a B-VG verpflichtet den Bundesminister für Finanzen zu vorrangiger Ausgabenbewilligung zur Erfüllung fälliger Verpflichtungen und zur Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bei Bewilligung der übrigen vorgesehenen Ausgaben nach Maßgabe der jeweils zur Verfügung stehenden Einnahmen und ermächtigt ihn zur konjunkturpolitisch erforderlichen Anwendung des Konjunkturausgleichvoranschlags bzw zu vorläufigen Ausgabenbindungen mit Zustimmung der Bundesregierung. Damit wird der Bundesminister für Finanzen zum „Controller“ der Haushaltsführung.82 Er hat auf die Einhaltung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu achten und zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts im Sinne des Art 13 Abs 2 B-VG konjunkturpolitisch aktiv zu werden. Um diesen verfassungsrechtlichen Verpflichtungen gerecht werden zu können, sieht auch das BHG eine Stärkung der Stellung des Bundesministers für Finanzen vor.83
a) Vollzug der Einnahmen- und Ausgabengebarung Der Bundesminister für Finanzen ist nach Art 51a B-VG für die Führung des Gesamthaushaltes verantwortlich. Er hat die verfassungsrechtliche Pflicht, die „Haushaltsführung“ zu gestalten und zu überwachen. In erster Linie hat er dafür Sorge zu tragen, dass die zur Erfüllung fälliger Verpflichtungen erforderlichen Ausgaben geleistet werden. Sodann sind die Mittel für die übrigen im BFG oder einer anderen haushaltsrechtlichen Grundlage (zB im Provisorium) vorgesehenen Ausgaben bereitzustellen, diese jedoch nur nach Maßgabe der jeweils zur Verfügung stehenden Einnahmen.84 Der gesamte Ausgabenbedarf ist durch die Einnahmen des Bundes zu bedecken (Gesamtbedeckungsgrundsatz bzw Grundsatz der Nonaffektation85 nach § 38 BHG). Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen nur für die zweckgebundene Gebarung86 und die Haushaltsrücklagen. Nähere Regelungen betreffend die Einnahmenaufbringung und die Geldmittelbereitstellung durch den Bundesminister für Finanzen sind im § 39 f BHG enthalten. Durch die Bindung des Bundesministers für Finanzen an die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, wäre eine Ausga80 81 82 83 84
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Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51, Rz 63. Walter/Mayer (FN 73), Rz 527. Schwab, ÖHW 1986, 8. Holoubek, ÖHW 1989, 177. Das bedeutet nicht, dass die Ausgaben im BFG nur unter der Voraussetzung genehmigt sind, dass auch die für ihre Bedeckung erforderlichen Geldmittel eingenommen werden, siehe Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51a, Rz 2. Rödler, Haushaltsrecht, 134. Unter Gebarung ist jedes Verhalten (Tun oder Unterlassen) zu verstehen, das finanzielle Auswirkungen hat, VfSlg 7944.
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be, die den im BFG bewilligten Höchstbetrag zwar nicht überschreitet, aber den im BHG geforderten Effektivitätsprinzip nicht gerecht wird, unzulässig.
b) Die Begründung von Finanzschulden Aus Art 42 Abs 5 iVm Art 51 Abs 6 B-VG geht hervor, dass für jede Finanzschuld des Bundes eine konkrete gesetzliche Ermächtigung vorliegen muss und dass die Aufnahme solcher Schulden nach den Bestimmungen des BHG zu erfolgen hat. Nach Ansicht von Hengstschläger sind Finanzschulden demnach „doppelt gesetzlich bedingt“.87 Das BFG räumt dem Bundesminister für Finanzen das Recht ein, bestimmte Kreditoperationen „nach den Bestimmungen des Bundeshaushaltsgesetzes“ durchzuführen. In Ausführung dieser Bestimmung dürfen nach § 65 Abs 1 BHG Finanzschulden des Bundes nur vom Bundesminister für Finanzen und nur nach Maßgabe der hierfür im BFG oder in einem besonderen Bundesgesetz iSd Art 42 Abs 5 B-VG enthaltenen Ermächtigung eingegangen, prolongiert oder konvertiert werden. Nach Art 51 Abs 6 B-VG sind Finanzschulden „Verbindlichkeiten aus Geldmittelbeschaffungen, die nicht innerhalb desselben Finanzjahres getilgt werden, oder aus langfristigen Finanzierungen“.
c) Die Übernahme von Haftungen Gestützt auf Art 51 Abs 6 B-VG bestimmt § 66 BHG, dass eine Haftung des Bundes nur der Bundesminister für Finanzen und nur nach Maßgabe der hierfür im BFG oder in einem besonderen Bundesgesetz iSd Art 42 Abs 5 B-VG enthaltenen Ermächtigung übernehmen darf. Auch Haftungsübernahmen sind somit doppelt gesetzlich bedingt. Der Haushaltsgesetzgeber ist zuständig, die allgemeinen Bestimmungen für Haftungsübernahmen zu erlassen, während es dem Gesetzgeber nach § 42 Abs 5 B-VG - also ausschließlich dem Nationalrat - obliegt, zur Übernahme einer konkreten Haftung zu ermächtigen.88 Ausnahmen davon sind in § 66 Abs 2 BHG vorgesehen (siehe Punkt II.C.g.).
d) Verfügungen über Bundesvermögen Verfügungen über Bundesvermögen sind grundsätzlich durch Gesetze iS von Art 42 Abs 5 B-VG, also ohne Mitwirkung des Bundesrates, zu genehmigen. Durch Art 51 Abs 6 B-VG ermächtigt, trifft das BHG allgemeine Anordnungen über bestimmte Verfügungen. Diese betreffen Forderungen des Bundes oder sonstige Bestandteile des beweglichen bzw unbeweglichen Bundesvermögens. Diese Verfügungen können unter bestimmten Voraussetzungen auch vom Bundesminister für Finanzen ohne spezielle (auf den Einzelfall bezogene) gesetzliche Ermächtigung iSd Art 42 Abs 5 B-VG getroffen bzw bewilligt werden. Die allgemeinen Bestimmungen über die Gebarung von Bundesvermögen (§§ 61 64 BHG) verweisen darauf, dass die Festlegung des konkreten Höchstbetrages, bis zu dem solche Rechtsgeschäfte von geringerer finanzieller Bedeutung durchgeführt werden dürfen, Jahr für Jahr vom Budgetgesetzgeber selbst oder in einem sonstigen Ermächtigungsgesetz nach Art 42 Abs 5 B-VG getroffen werden muss. Alle Verfügungen, die nicht zu den „Kleinverfügungen“ des Bundes oder zu den Verfügungen im Rahmen der normalen Haushaltsführung gehören, unterliegen hingegen der gesetzlichen Ermächtigung nach Art 42 Abs 5 B-VG.89 Grundsätzlich ist daher die Erteilung von Ermächtigungen an die Vollziehung durch das BFG zulässig, wenn das Verhalten der Vollzie-
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Hengstschläger in Korinek Holoubek (Hrsg), Art 51 Rz 64. Ebenda, Rz 68f. Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), Art 51 Rz 71ff.
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hung dem Art 18 Abs 1 B-VG entsprechend durch das BFG vorherbestimmt wird und die ziffernmäßige Bestimmtheit bzw Errechenbarkeit gewährleistet wird.90
e) Konjunkturausgleichvoranschlag und Ausgabenbindungen Mit Art 51a Abs 2 B-VG werden dem Bundesminister für Finanzen zwei Instrumente des Konjunkturausgleichs in die Hand gegeben, auf Grund derer er besonderen konjunkturellen Entwicklungen Rechnung tragen kann. Zum einen handelt es sich hierbei um den Konjunkturausgleichvoranschlag, den der Bundesminister für Finanzen nur verfügen kann, wenn er im BFG vorgesehen war91, zum anderen sind vorläufige oder endgültige Ausgabenbindungen normiert, deren Verfügung mit Zustimmung der Bundesregierung möglich ist. Voraussetzung für die Anwendung dieser Instrumente ist, dass sich die gesamtwirtschaftliche Lage oder die Einnahmen und Ausgaben im Laufe des Finanzjahres wesentlich anders entwickeln, als dies bei der Erstellung des Bundesvoranschlagentwurfes absehbar war.92 Ausgabenbindungen sind grundsätzlich befristet für die Dauer von längstens sechs Monaten zu verfügen. Nur bei einer voraussichtlich bis zum Ende des laufenden Finanzjahres anhaltenden wesentlichen Änderung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung oder abweichenden Entwicklung der veranschlagten Einnahmen und Ausgaben können endgültige Ausgabenbindungen verfügt werden.93 Diese Verfügungen des Bundesministers für Finanzen stellen nach den Materialien weder Rechtsverordnungen noch Bescheide dar.94 Berücksichtigt man den Innennormcharakter des BHG, so ist diese Verfügung nicht als hoheitlicher Rechtsakt mit Außenwirkung zu verstehen.95 Betrachtet man diese Rechtsakte als generelle Weisungen bzw Verwaltungsverordnungen, so ist es bemerkenswert, dass zumindest im Falle einer Ausgabenbindung das BFG teilweise (da finanzgesetzlich bewilligte Ausgabenhöchstbeträge vorübergehend oder endgültig herabgesetzt werden) abgeändert wird, so dass die Verfügung des Bundesministers für Finanzen (natürlich mit Zustimmung der Bun-
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VfSlg 4340 und 5421. Es ist jedoch dem Budgetgesetzgeber nicht verboten, hierbei Voraussetzungen zu bestimmen, auf deren Eintritt Einfluss zu nehmen ihm unmöglich ist (zB wenn die Inanspruchnahme von Ausgaben von der Notwendigkeit, bestimmte Seuchenbekämpfungsmaßnahmen durchzuführen, abhängig gemacht wird), VfSlg 5636. Nach § 29 Abs 1 BHG kann dem Entwurf des BFG auch der Entwurf eines Konjunkturausgleichvoranschlages angefügt werden, der den Einsatz zusätzlicher Bundesmittel vorsieht. Mit diesem Instrument soll unerwarteten Entwicklungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage gegenüber der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft rasch und wirksam entgegengesteuert werden können, AB 877 BlgNR 16.GP, 6. Walter/Mayer (FN 73), Rz 542. Die näheren Voraussetzungen für die Erlassung des Konjunkturausgleichsvoranschlags enthält naturgemäß das ihn vorsehende BFG sowie § 29 BHG. Von der Ermächtigung des Art 51a Abs 2 Z 1 B-VG, einen Konjunkturausgleichvoranschlag vorzusehen, hat der Bundesfinanzgesetzgeber bisher immer Gebrauch gemacht, seine Verpflichtung dazu kann besagter Verfassungsnorm selbst im Falle absehbarer Konjunkturschwankungen nicht entnommen werden. Siehe Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51a, Rz 7. Die einfachgesetzliche Regelung im § 42 BHG gibt nahezu vollständig den Verfassungswortlaut des Art 51a Abs 2 Z 2 B-VG wieder. AB 877 BlgNR 16.GP, 6 f. Holoubek, ÖHW 1989, 191.
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desregierung) einen gesetzesändernden Verwaltungsakt darstellt.96 Die Kontrolle durch den Nationalrat wird in diesem Fall durch eine entsprechende vierteljährliche Berichtspflicht an den Budgetausschuss sichergestellt (§ 42 Abs 3 BHG).
5. Budgetprovisorien Um allenfalls einen budgetlosen Zustand zu verhindern trifft das B-VG entsprechende Vorsorge. Denkbar wäre, dass einerseits die Bundesregierung den Bundesvoranschlagsentwurf nicht rechtzeitig vorlegt, andererseits könnte der Nationalrat bei der Verabschiedung des BFG säumig sein. Was den ersten Fall betrifft, sieht Art 51 Abs 4 B-VG vor, dass ein Entwurf im Nationalrat in diesem Fall auch durch einen Antrag seiner Mitglieder eingebracht werden kann. Sollte die Bundesregierung später einen Entwurf vorlegen, so kann der Nationalrat beschließen, diesen Entwurf seinen Beratungen zugrunde zu legen. Für den zweiten Fall sieht das B-VG ein automatisches sowie ein bundesgesetzliches Budgetprovisorium vor. a) Das automatische Budgetprovisorium Beschließt der Nationalrat vor Ablauf des Finanzjahres kein BFG und trifft er auch keine vorläufige Vorsorge durch Bundesgesetz, so wird das im Art 51 Abs 5 B-VG geregelte „automatische Budgetprovisorium“ unmittelbar aufgrund der Verfassung wirksam. Die rechtzeitige Vorlage eines Entwurfes durch die Bundesregierung ist dafür keine Voraussetzung. Das Provisorium gilt bis zur Erlassung eines BFG. Während seiner Geltung sind die Einnahmen nach der bestehenden Rechtslage aufzubringen. Gemeint sind hiermit die materiellen Verwaltungsvorschriften, denn die Ansätze im BFG sind weder dem Grunde noch der Höhe nach für die Einnahmengebarung bindend.97 Liegt ein Entwurf eines BFG durch die Bundesregierung (spätestens am 31. Dezember) vor, dann sind die Ausgaben bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung, längstens jedoch während der ersten vier Monate des folgenden Finanzjahres (bis Ende April) gemäß diesem Entwurf zu leisten. In diesem Fall sind die Ausgaben ab Mai - und im Fall, dass die Bundesregierung keinen Entwurf vorgelegt hat, vom Beginn des folgenden Finanzjahres an - gemäß den im letzten BFG enthaltenen Ansätzen zu leisten. Hierbei gilt für jeden Monat ein Zwölftel dieser Ausgabenansätze als Grundlage („System der provisorischen Zwölftel“).98 Ausgaben, die ihrer Art nach zwar im Entwurf der Bundesregierung, nicht aber auch im letzten BFG vorgesehen waren, dürfen ab dem fünften Monat des automatischen Budgetprovisoriums nicht mehr getätigt werden (außer solche Ausgaben, die durch die Änderung materieller Gesetze erforderlich geworden sind).99 Die zur Erfüllung von Verpflichtungen (egal ob sie auf einem Gesetz, einem Vertrag oder einer sonstigen Rechtsgrundlage beruhen) erforderlichen Ausgaben sind jedoch nach Maßgabe ihrer Fälligkeit zu leisten. Finanzschulden können nur bis zur Hälfte der jeweils vorgesehenen Höchstbeträge eingegangen werden. Im Übrigen sind die Bestimmungen des letzten BFG (samt Anhängen) sinngemäß anzuwenden. Die während dieses 96 97 98 99
Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51b Rz 11. Lödl, ÖHW 2002, 75 f. Walter/Mayer (FN 73), Rz 534. Lödl, ÖHW 2002, 75.
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Budgetprovisoriums vollzogenen Ausgaben und Einnahmen sind grundsätzlich nur dem Zeitraum des Provisoriums zuzurechnen, sie werden jedoch regelmäßig durch eine bundesfinanzgesetzliche Anordnung der Gesamtgebarung des Finanzjahres zugerechnet, so dass ein einheitlicher Bundesrechnungsabschluss erstellt werden kann.100
b) Das bundesgesetzliche Budgetprovisorium Die Zulässigkeit bundesgesetzlicher Budgetprovisorien geht aus Art 51 Abs 5 B-VG hervor, wo das Wirksamwerden des automatischen Budgetprovisoriums davon abhängig gemacht wird, dass „auch keine vorläufige Vorsorge durch Bundesgesetz“ getroffen wurde. Wird vor Ablauf des Finanzjahres ein bundesgesetzliches Budgetprovisorium erlassen und kundgemacht, dann tritt das automatische Budgetprovisorium nicht in Kraft. Unklar ist, ob der Nationalrat ein bundesgesetzliches Budgetprovisorium auf Antrag der Mitglieder auch dann erlassen kann, wenn die Bundesregierung rechtzeitig den Entwurf eines BFG vorgelegt hat.101 Nähere Regelungen über den Inhalt und das Zustandekommen des gesetzlichen Budgetprovisoriums treffen weder das Haushaltsverfassungsrecht noch das BHG. Nach dem Grundsatz der parlamentarischen Budgethoheit kann aber von einer primären Kompetenz des Nationalrates, über den Staatshaushaltsplan zu entscheiden, ausgegangen werden.102
Nach Art 51 Abs 5 B-VG gilt das automatische Budgetprovisorium bis „zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung“. Da ausdrücklich nicht von einer „bundesfinanzgesetzlichen“ Regelung gesprochen wird, kann der Nationalrat demzufolge auch nach Wirksamwerden des automatischen ein bundesgesetzliches Budgetprovisorium erlassen.103
6. Budgetüberschreitungen Ausgaben, die im BFG entweder ihrer Art nach (außerplanmäßige Ausgaben) nicht vorgesehen sind oder die die vorgesehenen Höchstansätze überschreiten (überplanmäßige Ausgaben), dürfen nach Art 51b Abs 1 B-VG nur auf Grund einer bundesfinanzgesetzlichen Ermächtigung geleistet werden. Diese Novellen zum BFG werden als sogenannte Budgetüberschreitungsgesetze vom Nationalrat beschlossen. Die Abs 2 bis 6 des Art 51b B-VG (bzw in deren Umsetzung § 41 BHG104) beschreiben hingegen die Fälle, in denen außer100 101
102 103 104
Pichler, Bundeshaushaltsrecht: Akteure, Kompetenzen, Prozesse, in Steger (Hrsg), 190. Nach Hengstschläger ist das der Bundesregierung in Art 51 Abs 4 B-VG eingeräumte Antragsmonopol restriktiv zu verstehen und auf den Entwurf des BFG für das kommende Finanzjahr zu beschränken, in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51 Rz 106. Hat die Bundesregierung fristgerecht den Entwurf eines BFG vorgelegt, kommt nach Rödler ein bundesgesetzliches Budgetprovisorium auf Antrag des Nationalrates nicht mehr in Betracht, Haushaltsrecht, 26. Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51 Rz 104. So zB das gesetzliche Budgetprovisorium 2003 (BGBl 2003 I/13). Seinem Wortlaut nach lässt § 41 Abs 2 BHG „bei Gefahr im Verzug“ aufgrund einer Verordnung der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Budgetausschuss Mehrausgaben innerhalb der im Art 51b Abs 2 „und 6“ B-VG vorgesehenen Betragsgrenzen zu. Eine Inanspruchnahme von Mitteln in der von Abs 6 vorgesehenen Höhe (10 % der Gesamtausgabensumme) ist jedoch nur im Verteidigungsfall zuläs-
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und/oder überplanmäßige Budgetüberschreitungen ohne Erlassung eines Budgetüberschreitungsgesetzes vorgenommen werden können. Ausgabenüberschreitungen dürfen aber stets nur bewilligt werden, wenn die Bedeckung durch Einsparungen oder durch Mehreinnahmen sichergestellt ist. Außerplanmäßige Ausgaben im Ausmaß von höchstens 1 ‰ bzw überplanmäßige Ausgaben im Ausmaß von höchstens 2 ‰ der durch das BFG vorgesehenen Gesamtausgabensumme105 können ohne bundesfinanzgesetzliche Ermächtigung bei Gefahr im Verzug geleistet werden. Zur Leistung dieser Ausgaben kann die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Budgetausschuss im Nationalrat durch Verordnung ermächtigen. Trifft der Ausschuss innerhalb von zwei Wochen keine Entscheidung, so gilt das Einvernehmen als hergestellt. Mehrausgaben, die auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung, aus einer bestehenden Finanzschuld, auf Grund einer bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des BFG bestehenden sonstigen Verpflichtung oder infolge unmittelbar damit zusammenhängender Mehrleistungen oder Mehreinnahmen erforderlich werden, können nach Art 51b Abs 3 B-VG als überplanmäßige Budgetüberschreitungen mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen geleistet werden. Während der Bundesminister für Finanzen im Abs 3 verfassungsunmittelbar zur Genehmigung von Budgetüberschreitungen ermächtigt wird, kann er nach Abs 4 vom Bundesfinanzgesetzgeber vorsorglich zur Zustimmung zu überplanmäßigen Ausgaben ermächtigt werden. Hierbei ist die Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen an sachliche Voraussetzungen zu knüpfen und die Höhe der zulässigen Ausgabenüberschreitung muss ziffernmäßig bestimmt oder errechenbar sein. Die Ermächtigung darf sich nur auf Ausgaben beziehen, deren Umschichtung wegen unvorhersehbarer Dringlichkeit notwendig ist, ohne dass dadurch die Ausgabengliederung des Bundesvoranschlages erheblich verändert wird, oder die notwendig werden, wenn sich im Laufe des Finanzjahres eine wesentliche Änderung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abzeichnet, sowie auf geringfügige Mehrausgaben.
Im Verteidigungsfall106 dürfen unabweisliche außerplanmäßige und überplanmäßige Ausgaben bis zur Höhe von 10 % der durch das BFG vorgesehenen Gesamtausgabensumme geleistet werden. Nach Art 51b Abs 6 B-VG dürfen diese Budgetüberschreitungen nur auf Grund einer Verordnung der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Budgetausschuss des Nationalrates geleistet werden. Ausnahmsweise kann hier auch durch das Eingehen oder die Umwandlung von Finanzschulden für die ansonsten nicht gegebene Bedeckung gesorgt werden.107
Der Budgetausschuss ist ein Ausschuss, zu dessen Einrichtung der Nationalrat durch Art 51c B-VG verpflichtet ist. Neben seinen Aufgaben im Zusammenhang mit
105
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sig, weshalb sich die verbale Einbeziehung des Abs 6 in § 41 Abs 2 BHG als verfassungswidrig erweist, Hengstschläger in Gantner (Hrsg), 51. Unter „Gesamtausgabensumme“ ist die in Art I des jährlichen BFG ausgewiesene Schlusssumme des Gesamthaushaltes zu verstehen. Gemäß § 16 Abs 1 BHG bilden der Allgemeine Haushalt und der Ausgleichshaushalt gemeinsam den Gesamthaushalt. Bei Fehlen eines BFG kommt es im Falle eines automatischen Budgetprovisoriums auf die Gesamtausgabensumme des eingebrachten Regierungsentwurfes oder des letzten BFG an, im Falle eines gesetzlichen Budgetprovisoriums wird man sich an dessen Gesamtausgabensumme zu orientieren haben. „Verteidigungsfall“ meint den Fall eines militärischen Angriffes auf Österreich, siehe Walter/Mayer, (FN 73), Rz 540. Hierzu muss der Bundesminister für Finanzen durch Verordnung der Bundesregierung ermächtigt werden.
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Budgetüberschreitungen wird er auch mit der Vorberatung von BFG betraut. Der Budgetausschuss kann bestimmte Aufgaben einem ständigen Unterausschuss übertragen. Der Ausschuss bzw sein ständiger Unterausschuss sind auch außerhalb der Tagungen des Nationalrates einzuberufen, wenn sich dies als notwendig erweist. Der Bundesminister für Finanzen hat dem Budgetausschuss vierteljährlich über getroffene Konjunkturausgleichsmaßnahmen oder Maßnahmen nach Art 51b Abs 2 bis 4 (Budgetüberschreitungen) zu berichten. Weitere Berichte sind nach Maßgabe besonderer bundes(finanz)gesetzlicher Vorschriften zu übermitteln. Die Wahrnehmung dieser Kontrollaufgaben durch den Nationalrat entspricht seinem Budgetrecht im subjektiven Sinn.
7. Grundsätze der Budgeterstellung a) Grundsatz der Einjährigkeit Nach § 51 Abs 2 B-VG ist das Budget für ein Jahr (Finanzjahr) aufzustellen. Gemäß § 3 BHG ist das Finanzjahr das Kalenderjahr. Dies führte in der Praxis dazu, dass regelmäßig gegen Ende der Periode ein „Verbrauchstress“108 festzustellen war, der damit zusammenhing, dass bei Nichtverbrauch der bewilligten Mittel eine Kürzung des Budgets im Folgejahr zu befürchten war. Um dieser Tendenz entgegen zu wirken, hat der Haushaltsgesetzgeber einige Maßnahmen wie zB die in § 52 BHG geregelte Auslaufperiode, die Möglichkeit der Bildung von Rücklagen nach § 53 BHG bzw zum Eingehen von Vorbelastungen nach § 45 BHG vorgesehen.109 Mit der BHG-Novelle 1999 wurden verfassungsrechtliche Ermächtigungen geschaffen, in bestimmten Bereichen den Grundsatz der Einjährigkeit zu durchbrechen (§§ 17a und 17b BHG).110 Die „Flexibilisierungsklauseln“ galten ursprünglich mit einer Befristung bis Ende 2002 (§ 100 Abs 20 und 21 BHG), um dieses moderne Steuerungsinstrument in der Praxis zu erproben. Nachdem die Erprobungsphase gezeigt hat, dass die Anwendung der Flexibilisierungsklausel zu einer eindeutigen Verbesserung der Leistungsund Budgetziele geführt hat, wurde die Geltungsdauer zunächst bis Ende 2006 prolongiert.111 Da die Flexibilisierungsklausel zum Teil in die verfassungsrechtlich vorgegebenen Budgetgrundsätze eingreift, war ihre Einführung mit Verfassungsbestimmung erforderlich. Der Zweck der Regelung liegt in der Schaffung verstärkter Entscheidungsfreiheit gepaart mit mehr Ergebnisverantwortlichkeit (im Sinne des New Public Management), indem den jeweils durch Verordnung112 ausgewählten Organisationseinheiten die volle Flexibilität bei Überschreitungen von Ausgabenansätzen eingeräumt werden soll, ohne dass insoweit das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen hergestellt werden muss.113 Näheres dazu siehe unter Punkt II.B.2.c. 108 109 110 111 112
113
Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51 Rz 44. Hengstschläger in Gantner (Hrsg), 40 ff. BGBl 1999 I/30. BGBl 2002 I/98, siehe dazu RV 781 BlgNR 21.GP, 2. Solche Verordnungen gelten derzeit ua für das Bundesamt für Wasserwirtschaft (BGBl 2004 II/361), die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft (BGBl 2004 II/362) bzw für Alpenländische Milchwirtschaft (BGBl 2004 II/363), die Finanzprokuratur (BGBl 2001 II/471 idF BGBl 2005 II/51), die Sicherheitsakademie (BGBl 2003 II/610), das Österreichische Staatsarchiv (BGBl 2003 II/620), das Österreichische Patentamt (BGBl 2004 II/472), die Heeresforstverwaltung Allentsteig (BGBl 2005 II/441) und einige Justizanstalten. AB 1489 BlgNR 20.GP, 2f.
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b) Grundsatz der Einheit Gemäß Art 51 Abs 3 B-VG ist dem Nationalrat ein Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Bundes vorzulegen. Demnach soll der Bundesvoranschlag der einzige Voranschlag sein und ein Gesamtbild des Bundeshaushalts vermitteln. Selbständige Nebenetats dürfen nicht bestehen. Ein wesentlicher Aspekt des Einheitsgrundsatzes liegt in der grundsätzlichen Neutralität der staatlichen Einnahmen. Diesem Postulat entspricht nun die in § 38 Abs 1 BHG statuierte Verpflichtung, dass grundsätzlich (mit Ausnahme zulässiger Zweckbindungen nach § 38 Abs 2 BHG) alle Einnahmen des Bundes (egal woher sie stammen) der Bedeckung seines gesamten Ausgabenbedarfs zu dienen haben (Nonaffektation).114 Verfassungsrechtlich durchaus problematisch ist die Ausgliederung von Vorhaben mit großem Finanzbedarf aus dem Haushaltsplan. Damit werden Sonderetats eingerichtet, die selbständig neben dem Bundesvoranschlag gebaren („Flucht aus dem Budget“).115 Werden eigene juristische Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts gegründet, denen Aufgaben der Hoheits- oder Privatwirtschaftsverwaltung übertragen werden, dann sind die Einnahmen und Ausgaben dieses selbständigen Rechtsträgers nur mehr ihm und nicht dem Bund zuzurechnen.116 Diese Sonderetats können in Hinblick auf Art 51 Abs 3 B-VG grundsätzlich als verfassungswidrig angesehen werden, allerdings könnte eine sachliche Rechtfertigung für ihre Einrichtung dann gegeben sein, wenn sich ihre Gebarung im Hinblick auf den Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit als effizienter erweist, als eine Verbleib in der Budgetgebarung des Bundes. Die zunehmende Verselbständigung der Finanzgebarung bestimmter Institutionen ermöglicht zwar eine erhöhte finanzielle Flexibilität der jeweiligen Einrichtung durch die relative Unabhängigkeit vom Staatshaushalt bzw den haushaltsrechtlichen Normen, beschränkt aber zugleich die parlamentarische Budgethoheit, weil sich die Einflussnahme des Parlaments zumeist in der Beschlussfassung über das Errichtungsgesetz der Institution erschöpft und der eingerichtete Rechtsträger in der Folge weitgehend finanziell autonom agieren kann.117 c) Grundsatz der Vollständigkeit Aus Art 51 Abs 3 B-VG ist auch abzuleiten, dass in dieses „eine“ Budget alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes aufzunehmen sind, da anderenfalls der Grundsatz der Einheitlichkeit keinen Sinn machen würde. Ganz im Einklang mit dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe ordnet § 16 Abs 1 BHG an, dass in den Voranschlagsentwurf „sämtliche“ im folgenden Finanzjahr zu erwartende Einnahmen und voraussichtlich zu leistende Ausgaben des Bundes aufzunehmen sind. Insbesondere sind auch die Einnahmen aus der Aufnahme und die Ausgaben für die Rückzahlung von Finanzschulden und anderer Geldverbindlichkeiten ins Budget aufzunehmen. Im „Gesamthaushalt“ werden die allgemeinen Einnahmen und Ausgaben (allgemeiner Haushalt) gesondert von den 114 115 116 117
Hengstschläger in Gantner (Hrsg), 46. Dazu ausführlich Smekal, Die Flucht aus dem Budget, 1977; Gantner (Hrsg), Budgetausgliederungen - Fluch(t) oder Segen?, 1994. Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung (1993), 217. Rödler, Haushaltsrecht, 7 f.
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Einnahmen und Ausgaben für die Rückzahlung von Finanzschulden (Ausgleichshaushalt) dargestellt. Der Gesamthaushalt, der aus dem „allgemeinen Haushalt“ gemeinsam mit dem „Ausgleichshaushalt“ gebildet wird, ist stets ausgeglichen zu erstellen. Somit findet die Finanzschuldengebarung im „allgemeinen Haushalt“ nur in Form der Ausgaben für die Verzinsung und Spesen ihren Niederschlag, während im „Ausgleichhaushalt“ alle übrigen Finanzschuldengebarungen und die Kassenstärkungstransaktionen ausgewiesen werden. Die im § 16 Abs 2 BHG angeführten Grenz- und Zweifelsfälle von Einnahmen und Ausgaben, die nicht veranschlagt werden müssen, stellen zwar eine Durchbrechung des Grundsatzes der Vollständigkeit dar, sie werden jedoch zumindest in der Bestandsund Erfolgsrechnung118 erfasst.
d) Grundsatz des Bruttobudgets Einnahmen und Ausgaben sind voneinander getrennt und in der vollen Höhe (brutto) zu veranschlagen (§ 16 Abs 1 BHG). Eine Nettobudgetierung ist nur bei Bundesbetrieben und rechtlich unselbständigem Sondervermögen des Bundes zulässig, indem hier auch nur die Zuschüsse zur Abgangsdeckung und die dem Bund zufließenden Überschüsse in den Bundesvoranschlag aufgenommen werden können. Auch im Falle der Nettobudgetierung wäre nach Art 51 Abs 3 B-VG ein Bruttobudget (zB für Bundesbetriebe) in einer Anlage zum BFG auszuweisen.119 e) Grundsatz der qualitativen und quantitativen Budgetspezialität Die Vollziehung ist grundsätzlich an die einzelnen Budgetansätze gebunden und zwar sowohl qualitativ als auch quantitativ. Ausgaben dürfen also nur dann und nur insoweit getätigt werden, als für sie Mittel im Budget vorgesehen sind. Art 51b Abs 1 B-VG bindet überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben ausdrücklich an eine bundesfinanzgesetzliche Ermächtigung. Näheres dazu siehe unter Punkt I.D.3. f) Grundsatz der Budgetwahrheit Die Einnahmen und Ausgaben sind möglichst genau zu veranschlagen. Die Voranschlagsbeträge sind zu errechnen und wo dies nicht möglich ist, zu schätzen (§17 BHG).
8. Haushaltsrechtliche Aspekte in der Finanzverfassung Regelungsgegenstand des F-VG ist neben der Verteilung der Zuständigkeiten des Bundes und der Länder auf dem Gebiete des Abgabenwesens auch die Bestimmungen über den Finanzausgleich, über Finanzzuweisungen und Zuschüsse und über Fragen des Kreditwesens sowie eben des Haushaltsrechts. Nach § 2 F-VG tragen der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt, den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt grundsätzlich selbst. Der Aufgaben118
119
Nach § 80 Abs 2 BHG werden auf den Bestandskonten jeweils der Anfangsbestand, die Zu- und Abgänge sowie der Endbestand und auf den Erfolgskonten die Aufwendungen und Erträge verrechnet. Voranschlagsunwirksam dürfen nur Einnahmen und Ausgaben gemäß § 16 Abs 2 Z 3 und 9 bis 14 sowie 16 BHG verrechnet werden. Hengstschläger in Gantner (Hrsg), 46 f.
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begriff ist grundsätzlich funktionell zu interpretieren. So hat in den Fällen der mittelbaren Verwaltung grundsätzlich jene Gebietskörperschaft die Kosten zu tragen, deren Angelegenheiten in mittelbarer Vollziehung besorgt werden (zB der Bund die Kosten der mittelbaren Bundesverwaltung). Der Verfassungsgerichtshof120 zählt jedoch die Bereitstellung der für die mittelbare Verwaltung erforderlichen Organe (Personalaufwand) sowie die Vorsorge für die nötigen Sachmittel, die eine unerlässliche Voraussetzung für die Tätigkeit dieser Organe bilden (sog Amtssachaufwand) zu den Aufgaben jenes Rechtsträgers, der zur mittelbaren Verwaltung herangezogen wird. Die Kostentragungspflicht jener Gebietskörperschaft, deren Aufgaben in mittelbarer Verwaltung vollzogen werden, erstreckt sich somit nur auf jenen Teil des Sachaufwandes, „der mit der konkreten Tätigkeit (der in der mittelbaren Verwaltung tätigen Organe) erst entsteht“, sowie auf den Zweckaufwand, das sind jene Aufwendungen, die von vornherein unmittelbar für einen bestimmten Zweck gemacht werden. Dies gilt grundsätzlich auch für die Gemeindeverwaltung nicht nur im eigenen Wirkungsbereich, sondern auch für die Aufgabenerfüllung der Gemeinde im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes und des Landes.121 Entschärft wird dieses Problem durch den Konsultationsmechanismus (siehe Punkt VI.B.), da nunmehr die belastete Gebietskörperschaft der Kostentragung widersprechen kann.122 In Umkehrung des in § 2 F-VG enthaltenen Kostentragungsgrundsatzes geht Art 104 Abs 2 B-VG für die Auftragverwaltung (mittelbare Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes) davon aus, dass die Kosten für die Besorgung derselben grundsätzlich von den Ländern zu tragen sind, weil bundesgesetzlich zu bestimmen ist, inwieweit „in besonderen Ausnahmefällen“ vom Bund ein Kostenersatz zu leisten ist.123 Eine derartige bundesgesetzliche Ausnahmebestimmung enthält § 1 Abs 2 FAG 2005124 für die im Bereich der Bundesstraßenverwaltung sowie des Bundeshochbaus und bei der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften den Ländern übertragenen Aufgaben.125
Nach Art 16 F-VG kann sich der Bund einen Überblick über die finanzielle Lage der Gebietskörperschaften verschaffen, insbesondere durch eine vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Rechnungshof zu erlassende Verordnung über die Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften.126 120 121 122
123 124 125
126
VfSlg 9507. Neuhofer, 435 f. Dies hat zur Folge, dass entweder einstimmig eine Kostentragungsvereinbarung von den jeweiligen Gebietskörperschaften getroffen wird oder dass die rechtsetzende Gebietskörperschaft der belasteten Gebietskörperschaft entstehende finanzielle Mehrausgaben zu ersetzen hat, siehe dazu Matzinger in Steger (Hrsg), 103. Schäffer, Die österreichische Finanzverfassung, in Weigel ua (Hrsg), 88 f. BGBl 2004 I/156 idF BGBl 2005 I/105. Durch die Ausgliederung von Aufgaben des Bundes im Bereich des Hochbaus und des Straßenbaus an die BIG und die ASFINAG bzw durch die Übertragung der Bundesstraßen B an die Länder sind die Bestimmungen über die Kostentragung für die Auftragsverwaltung iSd Art 104 b-VG praktisch obsolet geworden, RV 702 BlgNR 22.GP, 4. Aufgrund der Ermächtigung in § 16 F-VG wurde die Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) erlassen, BGBl 1996/797 idF BGBl 2006 II/45.
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II. Bundeshaushaltsgesetz A. Allgemeine Bestimmungen 1. Der Geltungsbereich des BHG Das BHG gilt nach § 1 „für alle Organe des Bundes, die an der Führung des Bundeshaushaltes beteiligt sind (Organe der Haushaltsführung)“. Hierbei ist vom Organbegriff des B-VG auszugehen. Das BHG bindet Organe des Bundes „im funktionellen Sinn“ und kommt daher auch für die Landeshauptmänner zur Anwendung, wenn diese im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung oder der Auftragsverwaltung tätig werden. Wie schon in Punkt I.D.3. erwähnt kommt dem BHG reiner „Innennormcharakter“ zu, da nur die Beziehungen der haushaltsführenden Organe untereinander geregelt werden. Außenstehende können sich grundsätzlich nicht auf das BHG berufen.127 Dementsprechend normiert § 35 Abs 2 BHG, das durch das jeweilige BFG Ansprüche oder Verbindlichkeiten gegenüber Außenstehenden weder begründet noch aufgehoben werden können.128 Ein Organ des Bundes ist an der Haushaltsführung beteiligt, wenn sein Verhalten geeignet ist, sich auf die Planung, Vollziehung und Kontrolle des Bundeshaushaltes auszuwirken (Beteiligung im abstrakten Sinn). Ob es durch dieses Verhalten zu tatsächlichen Auswirkungen kommt (Beteiligung im konkreten Sinn), ist nicht entscheidend.129
Die Bereiche der Haushaltsführung sind im § 1 Abs 2 BHG taxativ aufgezählt. Demnach umfasst die Haushaltsführung die Vorarbeiten für das Budgetprogramm und den Budgetbericht, die Vorbereitung und Erstellung des Entwurfs für das BFG, die Einnahmen- und Ausgabengebarung, die Bundesvermögens- und Schuldengebarung, den Zahlungsverkehr, die Verrechnung, die Innenprüfung, die Rechnungslegung und das Budget- und Personalcontrolling. Das nichthoheitliche Verwaltungshandeln des Staates ist ebenso Teil der öffentlichen Verwaltung wie das hoheitliche Handeln, daher sind die damit verbundenen Ausgaben Teil der Gebarung mit den im Bundesvoranschlag veranschlagten öffentlichen Geldern.130 Jede Tätigkeit des Bundes, sei es im Hoheitsbereich oder im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, ist im Voraus einer Prüfung auf ihre finanzielle Auswirkung zu unterziehen, wobei sich diese Prüfung an den in § 2 BHG festgelegten Zielen zu orientieren hat. Für nichthoheitliches Verwaltungshandeln ist damit festgelegt, dass jedes Handeln eines Organs der Haushaltsführung im Innenverhältnis durch § 2 iVm den jeweils anzuwendenden haushaltsrechtlichen Bestimmungen determiniert ist.131 Die im § 1 Abs 3 BHG vormals erwähnten Besonderheiten der Haushaltsführung durch Bundesbetriebe wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2001132 mit der Begründung aufgehoben, dass es faktisch keine Bundesbetriebe mehr gibt, womit sich eine 127 128
129 130 131 132
Holoubek, ÖHW 1989, 178. So kommt auch den Abgabenschuldner keine Ingerenz darauf zu, welche von mehreren zulässigen Vollstreckungsmaßnahmen die Vollstreckungsbehörde ergreift, VwGH 2004/13/0049 Rödler, Haushaltsrecht, 48. Wenger, ÖHW 1987, 4 mH auf VfSlg 3262. Holoubek, ÖHW 1989, 183. BGBl 2000 I/142.
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Sonderregelung im BHG erübrigt.133 Selbst der Heeres-Land- und Forstwirtschaftsbetrieb Allentsteig134 wird haushaltsrechtlich zur betriebsähnlichen Einrichtung degradiert.
Die haushaltsleitenden Organe haben nach den Bestimmungen des BHG vielfach das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen herzustellen. In diesem Zusammenhang wird die „Herstellung des Einvernehmens“ mit der „Einholung der (vorherigen) Zustimmung“ gleichgesetzt.135 Kommt in den Fällen, in denen nach dem BHG (und nicht nach anderen Gesetzen136) ein Einvernehmen zwischen dem Bundesminister für Finanzen und einem anderen Bundesminister herzustellen ist137, ein solches nicht zustande, so kommt § 5 Abs 3 letzter Satz Bundesministeriengesetz 1986138 zur Anwendung, wonach sowohl das zuständige als auch ein beteiligtes Bundesministerium, mit dem das Einvernehmen herzustellen ist, die Angelegenheit der Bundesregierung zur Beratung vorlegen kann.
Auch bestimmte Richtlinien139 des Bundesministers für Finanzen können zum Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung durch die Bundesregierung gemacht werden. Gegebenenfalls sind die Richtlinien entsprechend dem Ergebnis einer solchen Beschlussfassung vom Bundesminister für Finanzen unverzüglich zu ändern (§ 1 Abs 5 BHG).140 Grundsätzlich sind die vom Bundesminister für Finanzen zu erlassenden Richtlinien auf der Grundlage des BHG im Gegensatz zu den ebenfalls im BHG vorgesehenen Verordnungen als generelle Weisungen des Bundesministers für Finanzen zu
133 134
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RV 311 BlgNR 21.GP, 46. Eine eigene Regelung besteht noch hinsichtlich der Betriebsabrechnung im § 82 BHG. Bei der Heeresforstverwaltung handelt es sich um eine Organisationseinheit, bei der die Flexibilisierungsklausel zur Anwendung gelangt (§ 17a BHG), BGBl 2005 II/441. Fleischmann in Steger (Hrsg), 312. Pichler in Steger (Hrsg), 193. Nicht erfasst werden beispielsweise Einvernehmensfälle nach § 13 ASFINAGErmächtigungsgesetz 1997 BGBl 1997/113 idF BGBl 2004 I/174 oder § 1 Abs 3 Schönbrunner Tiergartengesetz BGBl 1991/420. Vgl § 12 Abs 2 UG 2002 BGBl 2002 I/120 mit ausdrücklichem Verweis auf § 45 BHG. BGBl 1986/76. Konkret sind davon Richtlinien gemäß § 15 Abs 1 Z 3 (für die Beurteilung, wann die finanzielle Bedeutung anderer, also nicht rechtsetzender Maßnahmen als erheblich anzusehen ist), gemäß § 43 Abs 2 (zur Vorbereitung von Vorhaben von außerordentlicher finanzieller Bedeutung), § 45 Abs 2 (über die Wesentlichkeit von Änderungen bereits genehmigter Vorbelastungen), § 46 Abs 2 (nähere Regelungen zur Durchführung von Vorhaben, aus denen voraussichtlich Berechtigungen des Bundes erwachsen werden), § 55 Abs 4 und 5 (über den Erwerb von Sachen und die Anschaffung von Fahrzeugen für den Bund) sowie § 58 Abs 5 (über die Verwaltung der Bestandteile des Bundesvermögens sowie der im Gewahrsam des Bundes befindlichen fremden Sachen) betroffen. Betrachtet man diese Richtlinien als generelle Weisungen, so müsste hinsichtlich der gesetzlich normierten zwingenden Abänderung solcher Richtlinien durch den Bundesminister für Finanzen ein Eingriff in die ihm als obersten Organ der Vollziehung nach Art 20 B-VG garantierte Weisungsfreiheit geortet werden. Unterstellt man, dass Beschlüsse im Ministerrat immer einstimmig gefasst werden, muss der Bundesminister für Finanzen selbst der Abänderung zugestimmt haben, womit dieses Problem wieder relativiert werden würde. So sah dies offensichtlich auch der Verfassungsausschuss, AB 877 BlgNR 16.GP, 2.
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qualifizieren, und haben daher nur für die dem Bundesminister für Finanzen unterstellten Organe der Haushaltsführung verbindlichen Charakter.141
Die Bestimmung im § 1 Abs 6 BHG musste infolge der Ausgliederung der Universitäten adaptiert werden. Die Universitäten erlangten durch das Universitätsgesetz 2002142 bekanntlich die Vollrechtsfähigkeit und fallen daher gänzlich aus den Geltungsbereich des BHG heraus.143 § 1 Abs 6 BHG bezieht die Ausnahmeregelung vom Geltungsbereich nunmehr auf andere Einrichtungen des Bundes, die aufgrund von Bundesgesetzen im Rahmen ihrer Rechtspersönlichkeit tätig werden (teilrechtsfähige Einrichtungen). Dazu zählen beispielsweise die öffentlich-rechtlich organisierte Geologische Bundesanstalt144 oder das Patentamt145.
2. Ziele der Haushaltsführung Die im § 2 BHG verankerten Ziele der Haushaltsführung entsprechen den verfassungsrechtlichen Vorgaben und tragen „hinsichtlich der Erfordernisse des ‚gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes’ im Besonderen der Entwicklung des Bundeshaushaltes zu einem zentralen Instrument der Wirtschaftspolitik Rechnung“146. § 2 Abs 1 BHG legt die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung der Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts fest. Weiters wird der Bund zur Rücksichtnahme auf die Verbundenheit der Finanzwirtschaft der Gebietskörperschaften verpflichtet. Die Verbundenheit der Finanzwirtschaften ergibt sich vorrangig aus den finanzausgleichsrechtlichen Regelungen. Daneben bestehen finanzielle Verbundenheiten auf privatrechtlicher Grundlage zwischen den Gebietskörperschaften (sog grauer Finanzausgleich).147 Durch die privatrechtliche Rechtsform solcher Vereinbarungen ist man von der Kompetenzverteilung frei gezeichnet und kann folglich auch vom Kostentragungsprinzip abweichen. Ferner bestehen Sondergesetze mit Kostentragungsbestimmungen für Bund, Länder und Gemeinden (zB Krankenanstaltenzusammenarbeitsfondsgesetz)148 oder der Konsultationsmechanismus, welcher vom Kostentragungsprinzip abweichende Bestimmungen enthält. Die untereinander grundsätzlich gleichrangigen Teilziele werden in § 2 Abs 2 BHG angeführt. Dem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht kann demnach nur durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Beschäftigungsstand, einem hinreichend stabilen Geldwert, der Sicherung des Wachstumspotentials und der Wahrung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung getragen werden. Da die konjunkturpolitischen Steuerungsmaßnahmen nach § 2 Abs 3 BHG jeweils auf die am meisten gefährdeten Ziele zu konzentrieren sind, zeichnet sich trotz grundsätzlicher Parität aller Einzelziele 141 142 143
144 145 146 147 148
Holoubek, ÖHW 1989, 203 f. BGBl 2002 I/120. Zu beachten ist jedoch, dass nach § 12 Abs 2 UG 2002 der Bundesminister bzw die Bundesministerin „den für die nächste Leistungsvereinbarungsperiode zur Finanzierung der Universitäten zur Verfügung stehenden Gesamtbetrag festzusetzen“ und darüber das Einvernehmen gemäß § 45 BHG herzustellen hat. § 18a Forschungsorganisationsgesetz BGBl 1981/341 idF BGBl 2004 I/74. § 58a Patentgesetz 1970 BGBl 1970/259 idF BGBl 2004 I/149. AB 877 BlgNR 16.GP, 2. Rödler, Haushaltsrecht, 54. Schäffer (123) 95.
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eine gefahrdominierte Rangordnung ab.149 Als Parameter für die konjunkturelle Entwicklung nennen die jährlichen BFG üblicherweise die reale und nominelle Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes, die Entwicklung des Verbraucherpreisindex, die Arbeitslosenrate, die Gesamtnachfrage, den Index der industriellen Produktion ua. Den im § 2 BHG verankerten Zielen der Haushaltsführung kommt insgesamt eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Haushaltsführung zu, weshalb ihre Nichtbeachtung sowohl disziplinarrechtlich geahndet werden kann (§ 99 BHG), als auch zivilrechtliche Haftungsfolgen nach sich ziehen kann. Soweit es sich um oberste Organe iSv Art 142 B-VG handelt, kann auch die staatsrechtliche Verantwortlichkeit der mit der Haushaltsführung befassten Organe zum Tragen kommen.150
3. Das Haushaltsjahr Nach § 3 BHG ist der Bundeshaushalt für jedes Finanzjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, gesondert zu führen. Für die zeitliche Zuordnung zu einem bestimmten Finanzjahr ist nach § 52 Abs 1 BHG der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Einnahmen tatsächlich zugeflossen und die Ausgaben tatsächlich geleistet worden sind (Zufluss-Abflussprinzip). Ausnahmen von diesem Prinzip ergeben sich aus mittelfristigen Überlegungen, welche ins BHG Eingang gefunden haben. Konkret bestehen Ausnahmen etwa hinsichtlich der Ausgaben für Schulden, die im abgelaufenen Finanzjahr entstanden und fällig geworden sind. Diese dürfen, sofern die Rechnung bis zum Ablauf des Finanzjahres in der Buchhaltung eingelangt ist, noch bis zum 20. Jänner des Folgejahres zu Lasten des abgelaufenen Finanzjahres getätigt werden (Vorbelastungen und die Bildung von Haushaltsrücklagen). Weitere Vorschriften zur zeitlichen Abgrenzung ergeben sich aus § 52 Abs 2 bis 6 BHG. Auch das Budgetprogramm gemäß § 12 BHG stellt ein Instrument zur mittelfristigen Budgetplanung dar.
B. Organisation der Haushaltsführung 1. Aufbauorganisation a) Organe der Haushaltsführung Als Organe der Haushaltsführung werden Amtsorgane sowie Organe der betriebsähnlichen Einrichtungen tätig. Amtsorgane im Sinne des BHG sind nach § 4 Abs 3 alle Organe der Haushaltsführung einschließlich jener, die die Rechte des Bundes im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung wahrzunehmen haben. „Betriebsähnliche Einrichtungen“ sind dadurch charakterisiert, dass sie im allgemeinen Sachgüter oder Dienstleistungen nach wirtschaftlichen Grundsätzen bereitzustellen haben, wobei die Kostendeckung anzustreben ist.151 Für ihre Errichtung ist die Erlassung einer Verordnung durch den/die ressortzuständige/n Bundesminister/in im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen erforderlich (zB Bundesversuchsanstalt152). Während diese Bestimmung 149
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AB 877 BlgNR 16.GP, 2. Die nähere Bestimmung der maßgeblichen Bestimmungsgrößen bleibt dem jeweiligen BFG (§ 29 BHG) bzw den Erläuterungen hierzu (§ 34 Abs 3 BHG) vorbehalten. Holoubek, ÖHW 1989, 181. Holoubek, ÖHW 1989, 179. Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 17. Feber 1987 über die Erklärung der Bundesversuchs- und Forschungsanstalt Arsenal, des Kurhauses Semmering und des Kurheimes Badeschloß Badgastein zu betriebsähnlichen Ein-
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grundsätzlich eine Möglichkeit zur Schaffung von organisatorischen Einrichtungen durch Verordnung bietet, ist eine solche Verordnung zwingend jedoch dann vorzusehen, wenn dadurch die Aufgaben dieser Einrichtung zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer erfüllt werden können. Des Weiteren differenziert das Gesetz zwischen anordnenden und ausführenden Organen. Anordnende Organe sind die haushaltsleitenden und die anweisenden Organe (§ 5 Abs 1 BHG). Ausführende Organe sind die Buchhaltungsagentur153, die Kassen, die Zahlstellen154 und die Wirtschaftsstellen. Durch § 4 Abs 6 BHG wird gewährleistet, dass ein anordnendes Organ die Aufgaben eines ausführenden Organs nicht selbst besorgen darf, was gleichzeitig eine wechselseitige Prüfung indiziert (Trennungsgrundsatz). Davon besteht allerdings eine Ausnahme. § 2 Abs 1 Bundeshaushaltsverordnung 1989 (BHV)155 enthält eine Sonderbestimmung hinsichtlich der Möglichkeit der direkten Weitergabe von bestimmten Verrechnungsdaten (insbesondere unter Einsatz von SAP R/3) durch die anweisenden Organe ohne Mitwirkung der ausführenden Organe (Buchhaltung) an die „Zentrale elektronische Datenverarbeitungsanlage“ (ZEDVA) des Bundes. Mit § 4 Abs 6a BHG wurde erst nachträglich die Verordnungsermächtigung für diese Sonderbestimmungen in der BHV geschaffen.156
Mit Aufgaben der Haushaltsführung dürfen gemäß § 4 Abs 7 BHG Bedienstete nur dann betraut werden, wenn die volle Unbefangenheit157 und Gebarungssicherheit158 gewährleistet sind.
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richtungen, BGBl 1987/88. Mit Verordnung vom 9. Dezember 1986 wurde auch die Heeres-Land- und Forstwirtschaftsverwaltung Allentsteig zur betriebsähnlichen Einrichtung erklärt, BGBl 1986/720. Die Verordnung betreffend das Bundesamt für Zivilluftfahrt, BGBl 1987/10 scheint durch die Gründung der Austro-Control GmbH durch BGBl 1993/898 wohl materiell derogiert worden zu sein. Zur Besorgung der Buchhaltungsaufgaben nach dem BHG wurde eine Buchhaltungsagentur als Anstalt öffentlichen Rechts mit dem Namen „Buchhaltungsagentur des Bundes“ mit Sitz in Wien errichtet. Die Aufgabe der Buchhaltungsagentur besteht in der Führung der Buchhaltung des Bundes ausschließlich für die anweisenden Organe gemäß § 5 BHG, und für die vom Bund verwalteten Rechtsträger (§ 7 Abs 4 BHG) unter Anwendung der Haushaltsvorschriften des Bundes, insbesondere des BHG, siehe BHAG-G BGBl 2004 I/37 idF BGBl 2004 I/93. Ihre wichtigsten Aufgaben sind die Prüfung der Anordnungen, die Voranschlagsüberwachung, die Weitergabe der Verrechnungsdaten, die Forderungs- und Schuldenüberwachung, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs sowie die Buchführung im Wege des Bundesrechenzentrums. Nach § 6 Abs 4 BHG gelten die Zahlstellen als Teile der Buchhaltung. Nach Gründung der Buchhaltungsagentur wird jedoch nur mehr diese als Buchhaltung angesehen. Da die Zahlstellen jedoch - im Gegensatz zu den Buchhaltungen - weiterhin in der Bundesverwaltung verbleiben und eine Zuordnung zu anderen ausführenden Organen nicht zweckmäßig erscheint, werden die Zahlstellen als eigene ausführende Organe festgelegt; RV 381 BlgNR 22.GP, 9. BGBl 1989/570 idF BGBl 2005 II/26. RV 381 BlgNR 22.GP, 9 f. Befangenheit ist dann anzunehmen, wenn subjektive Umstände vorliegen, die bei Wahrnehmung von Aufgaben der Haushaltsführung durch den Bediensteten befürchten lassen, dass sich dieser von anderen als von sachlichen Überlegungen leiten lässt. Nähere Ausführungen zur Befangenheit und zu Unvereinbarkeiten können auch dem § 18 BHV entnommen werden. Gebarungssicherheit liegt vor, wenn jedes für den Bund nachteilige Verhalten in Bezug auf die Haushaltsführung ausgeschlossen erscheint. Bei Unregelmäßigkeiten
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b) Anordnende Organe Im § 5 BHG werden die haushaltsleitenden Organe im Abs 1 und die anweisenden Organe im Abs 2 aufgezählt, wobei beide Gruppen zu den anordnenden Organen zählen. Zu den haushaltsleitenden Organen zählen demnach der Bundespräsident, der Präsident des Nationalrates, der Präsident des Bundesrates, die Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes, der Vorsitzende der Volksanwaltschaft, der Präsident des Rechnungshofes, sowie der Bundeskanzler und die übrigen Bundesminister, soweit sie mit der Leitung eines Bundesministeriums betraut sind. Bundesminister/innen sind als oberste Organe weisungsfrei. Eine rechtliche Bindung beispielsweise an Richtlinien des Bundesministers für Finanzen würde daher dem Organisationsprinzip des Art 20 B-VG widersprechen. Grundsätzlich sind aber alle Ressortminister durch die Ziele und Grundsätze des BHG gebunden und können daher eine diesen Zielen dienende Richtlinie nicht einfach unbeachtet lassen.159
Zu den anweisenden Organen zählen alle haushaltsleitenden Organe, die Landeshauptmänner, soweit sie als Organe des Bundes tätig werden. Bundesorgane im funktionalen Sinn sind die Landeshauptmänner in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung (Art 102 f B-VG) und in den Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung (Art 17 iVm Art 104 Abs 2 B-VG „Auftragsverwaltung“). Für die Übertragung von Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung seitens des Bundes an die Länder ist bedeutsam, dass daraus eine „Verbandslast“ des jeweiligen Bundeslandes insoweit erwächst, als dieses auch organisatorisch für eine wirksame Wahrnehmung der betreffenden Geschäfte zu sorgen hat. Daher können dem betreffenden Bundesland erhebliche Aufwendungen entstehen. Im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes160 ist nämlich im Rahmen von Art 104 Abs 2 B-VG der Zweckaufwand nur nach Maßgabe bundesgesetzlicher Ermächtigung (hier ist auf den jeweiligen Stand des Finanzausgleichrechtes zu verweisen) zu ersetzen, und das „nur in Ausnahmefällen“ (siehe Punkt I.D.8.).161
Weiters zählen zu den anweisenden Organen Organe des Bundes, denen vom zuständigen haushaltsleitenden Organ im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung Aufgaben gemäß § 5 Abs 4 BHG übertragen wurden.162 Ohne Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen können einzelne der im Abs 4 genannten Aufgaben an Bundesorgane übertragen werden, wenn diese in einem Abrechnungsverhältnis zu einem anderen (anweisungsermächtigten) Organ stehen. Letztendlich zählen auch die Mitglieder des Vorstandes der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA)163 in Bezug auf die Erfüllung der im § 2 Bundesfinan-
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oder Ordnungswidrigkeiten sind die betreffenden Bediensteten ihrer Funktion zu entheben, siehe Rödler, Haushaltsrecht, 65. Holoubek, ÖHW 1989, 204. VfSlg 11.204, 12.667, 13.737. Raschauer in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 104 B-VG, Rz 35 ff. ZB die VO des Bundesministers für Landesverteidigung betreffend die Übertragung von Aufgaben nach § 5 Abs 2 Z 4 des Bundeshaushaltsgesetzes, BGBl 2006 II/309. Gemäß der Verfassungsbestimmung im § 1 Abs 1 Bundesfinanzierungsgesetz (BGBl 1992/763) ist der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, zur Durchführung der in § 2 bezeichneten Aufgaben eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu
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zierungsgesetz genannten Aufgaben (zB die Aufnahme von Finanzschulden des Bundes, den Abschluss von Währungstauschverträgen und sonstiger Kreditoperationen) zu den anweisenden Organen. Mit dem Arbeitsmarktservice-Begleitgesetz164 wurden schließlich auch die Leiter der Geschäftsstellen und Ämter des Arbeitsmarktservices zu anweisenden Organen.
Zu den Aufgaben der haushaltsleitenden Organe zählen nach § 5 Abs 3 BHG unter anderen: • die Ermittlung der ihren Wirkungsbereich betreffenden voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen, einschließlich der finanziellen Auswirkungen der in Aussicht genommenen rechtsetzenden und sonstigen Maßnahmen (für die nächsten drei Finanzjahre) • die Mitwirkung an der Erstellung des Budgetprogrammes und des Budgetberichtes • die Mitwirkung an der Vorbereitung des Bundesvoranschlagsentwurfes und des Stellenplanentwurfes • weitere Aufgaben im Rahmen des unterjährigen Budgetvollzuges Den anweisenden Organen obliegt die Mitwirkung an den Aufgaben der haushaltsleitenden Organe sowie insbesondere die Begründung und Aufhebung von Berechtigungen und Forderungen sowie von Verpflichtungen und Schulden des Bundes und Verfügungen über Bundesvermögen oder fremdes Vermögen, welches sich in Verwahrung des Bundes befindet. Der Bundeskanzler und die übrigen Bundesminister haben zur Besorgung ihrer Aufgaben im Rahmen der Haushaltsführung Haushaltsreferenten zu bestellen.165 c) Ausführende Organe Grundsätzlich haben sich die anweisenden Organe gemäß § 6 Abs 1 BHG bei der Besorgung der Buchhaltungsaufgaben der „Buchhaltung“ zu bedienen. Die „Buchhaltung“ ist die Buchhaltungsagentur, eine ausgegliederte Anstalt öffentlichen Rechts, auf die die Aufgaben der Haushaltsverrechnung des Bundes übertragen wurden. Die Buchhaltung ist bei der Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben (die im § 7 BHG aufgezählt werden) an die Weisungen166 des jeweils zuständigen anweisenden Organs gebunden. Hinsichtlich der Aufgaben nach § 7 Abs 1 BHG obliegt der Buchhaltungsagentur eine Betriebspflicht. Kassen sind Einrichtungen des Zahlungsverkehrs und des Rechnungswesens auf der Ebene der gemäß § 5 Abs 2 Z 5 BHG zu bestimmenden anweisungser-
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gründen, die zur Gänze im Eigentum des Bundes steht. Der Sitz der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist Wien. BGBl 1994/314. Die Bestimmung schließt nicht aus, dass mehrere Ministerien einen gemeinsamen Haushaltsreferenten bestellen können, oder andererseits auch ein Bundesminister mehrere Haushaltsreferenten bestellen kann, AB 877 BlgNR 16.GP, 3. Das Haushaltsrecht verwendet üblicherweise den Begriff der „Anordnung“, wobei nach dem abgeschlossenen Katalog von Rechtsformentypen solche Anordnungen wohl nur als Weisungen qualifiziert werden können. Dies verdeutlicht auch § 21 BHV durch die Normierung eines Widerspruchsrechtes, wonach von der Buchhaltung oder der Kasse derartige Anordnungen dann nicht zu vollziehen sind, wenn sie mit den Haushalts- und sonstigen Vorschriften nicht übereinstimmen. Allerdings kann der Anordnende in solchen Fällen auf seiner Anordnung beharren, was dann schriftlich festzuhalten ist.
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mächtigten Organe. Die im § 9 BHG geregelten Aufgaben der Kassen sind im Wesentlichen jenen der Buchhaltung vergleichbar. Auch die Kassen sind nur an die Anordnungen jener anweisenden Organe gebunden bei denen die Kasse eingerichtet wurde. Nach § 8 Abs 3 BHG ist vom zuständigen haushaltsleitenden Organ zu prüfen, ob die weitere Beibehaltung einer Kasse wirtschaftlich vertretbar ist. Trifft dies für eine Kasse nicht mehr zu, ist sie aufzulassen und dies dem Bundesminister für Finanzen, dem Rechnungshof und der Buchhaltung mitzuteilen.167 Mit anderen Aufgaben können die Buchhaltung bzw die Kassen nur beauftragt werden, wenn die Erbringung der Kernaufgaben durch die Übernahme von Zusatzaufgaben nicht beeinträchtigt wird.168
Der Zahlungsverkehr des Bundes ist grundsätzlich bargeldlos abzuwickeln.169 Für die Abwicklung des Barzahlungsverkehrs, der auf ein unumgängliches Ausmaß zu beschränken ist, sind Zahlstellen zuständig. Infolge der Gründung der Buchhaltungsagentur wurden die Zahlstellen als eigene ausführende Organe festgelegt und sind seither keine Teile der Buchhaltung mehr. Die Abwicklung des Barzahlungsverkehrs durch die Buchhaltungsagentur wurde im Hinblick auf die beschränkte Anzahl von Standorten (Wien, Graz, Innsbruck und Linz) als nicht sinnvoll erachtet. Organisatorisch sind die Zahlstellen den Dienststellen, bei denen sie eingerichtet sind, zugehörig. Werden Zahlstellen errichtet, um die Barzahlungsgeschäfte von Kassen abzuwickeln, gelten sie organisatorisch weiterhin als Teile der Kasse. Den nach § 10 Abs 1 BHG bei den anweisenden Organen einzurichtenden Wirtschaftstellen obliegt die Verwaltung, Pflege und Erhaltung des beweglichen und unbeweglichen Bundesvermögens (mit Ausnahme des Geldvermögens und der Bundesbeteiligungen) sowie des in der Verwahrung des Bundes stehenden fremden Vermögens. Soweit ein anweisendes Organ die Geschäfte eines anderen Rechtsträgers führt, so sind die Aufgaben des Rechnungswesens auch von der Buchhaltung bzw der Kasse des anweisenden Organs zu besorgen. Als andere Rechtsträger kommen hierbei sowohl juristische Personen des öffentlichen Rechts (zB Anstalten, Fonds) als auch solche des Privatrechts (zB Kapitalgesellschaften, Stiftungen, Vereine) in Betracht.
Den Wirtschaftsstellen, die ähnlich den Zahlstellen organisiert sind, obliegt nach § 10 Abs 2 BHG die Ausführung von Anordnungen betreffend der Zu- und Abgänge der Bestandteile des Bundesvermögens oder fremden Vermögens.
2. Ablauforganisation a) Planung aa) Budgetprogramm und Budgetbericht (mehrjährige Planung) Das BHG 1986 hat ursprünglich für Zwecke langfristiger Planung lediglich die Erstellung einer Budgetprognose und eines Investitionsprogrammes vorgesehen. Die Budgetprognose lieferte eine Vorschau auf die voraussichtliche Entwicklung des Bundeshaushaltes für die nächsten vier Jahre. Das Investitions167
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Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hat jedoch jedes haushaltsleitende Organ innerhalb seines Wirkungsbereiches mittels Verordnung die Kassenaufgaben mehrerer anweisender Organe einer Kasse bzw die Kassenaufgaben der Kasse im Wirkungsbereich eines anderen haushaltsleitenden Organs zu übertragen. RV 381 BlgNR 22.GP, 6. § 40 Abs 1 BHV.
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programm beinhaltete für eben diesen Zeitraum eine Übersicht über die vom Bund geplanten Investitionen. Am Vorabend des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union erkannte der Gesetzgeber in Eigeninitiative die Notwendigkeit einer Anpassung der im BHG enthaltenen mittelfristigen Planungsinstrumentarien an die Anforderungen, die „an den Leistungsstaat“ gestellt werden, „wie etwa im Zusammenhang mit der Europäischen Integration“.170 Gleichfalls schon erkennbar waren die langfristigen Auswirkungen der damals in Aussicht genommenen (und später nahezu gänzlich in die Tat umgesetzten) Ausgliederungs- und Privatisierungsvorhaben auf den Bundeshaushalt. Im Budgetprogramm sollen die haushaltspolitischen Ziele für die laufende Legislaturperiode und die budgetären Ergebnisse der von der Bundesregierung verfolgten Politik dargelegt werden. Im jährlichen Budgetbericht soll dargestellt werden, inwieweit das Budgetprogramm verwirklicht wurde und allenfalls notwendige Anpassungen vorgenommen wurden. Durch die Einführung der neuen Instrumente erhoffte man sich im Ergebnis auch eine verstärkte Koordinierung der Haushaltsführung durch die Mitglieder der Bundesregierung und darüber hinaus eine Stärkung der parlamentarischen Kontrollrechte im Bereich der Haushaltsführung des Bundes. Gemäß § 12 Abs 1 BHG hat die Bundesregierung bis spätestens sechs Monate nach ihrer Ernennung durch den Bundespräsidenten dem Nationalrat ein Budgetprogramm vorzulegen. Eine Genehmigung des Budgetprogramms durch den Nationalrat ist nicht vorgesehen. Der Geltungszeitraum eines Budgetprogramms entspricht in der Regel der Legislaturperiode von vier Jahren, außer in Fällen, wo die Bundesregierung während einer laufenden Gesetzgebungsperiode neu bestellt wird. Den Entwurf des Budgetprogramms und des Budgetberichtes hat der Bundesminister für Finanzen (soweit es Planstellen betrifft im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler) zu erstellen und der Bundesregierung gemeinsam mit dem Entwurf des BFG vorzulegen (§ 13a BHG). Dem in § 2 Abs 1 BHG verankerten Ziel, bei der Haushaltsführung das aktuelle Budgetprogramm zu beachten, kommt nur bis zum Zeitpunkt der Bestellung einer neuen Bundesregierung Bedeutung zu. Dieses Budgetprogramm ist jedoch der Haushaltsführung durch die Mitglieder einer mit der Fortführung der Verwaltung betrauten einstweiligen Bundesregierung nach Art 71 B-VG weiterhin zugrunde zu legen. Ab dem Zeitpunkt der Bildung der neuen Bundesregierung bis zur Vorlage eines neuen Budgetprogramms durch diese herrscht gleichsam ein budgetprogrammloser Zustand.171 Nach § 12 Abs 2 BHG hat das Budgetprogramm eine Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung für einen mittelfristigen Zeitraum zu enthalten. Ferner ist dem Budgetprogramm eine Darstellung der Haushaltsentwicklung anzuschließen. Das Budgetprogramm muss die haushaltspolitischen Zielsetzungen auf der Basis der Ziele der Haushaltsführung (§ 2 Abs 1 BHG) festlegen. Hierbei können auch jene Aufgabenbereiche genannt werden, denen hinsichtlich der Durchführung Priorität zukommt (Schwerpunktsetzungen). Weiters sind die finanziellen Perspektiven der in Aussicht genommenen, rechtsetzenden und sonstigen (insbesondere der personalwirtschaftlichen) Maßnahmen sowie der in Aussicht genommenen außerbudgetären Finanzierungsvorhaben anzuführen. Änderungen und Ergänzungen (§ 12 Abs 3 BHG) des Budgetprogramms
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sind zulässig und dem Nationalrat spätestens mit dem nächsten Budgetbericht zur Kenntnis zu bringen.
§ 13 BHG sieht als weiteres Instrument der Haushaltsführung die Erstellung eines jährlichen Budgetberichtes durch die Bundesregierung vor. Dieser ist dem Nationalrat zur Kenntnis zu bringen, was aus § 12 Abs 3 BHG abgeleitet werden kann. Der Bericht hat über Lage, Rahmenbedingungen und Entwicklungen des Bundeshaushalts sowie der außerbudgetären Finanzierungsvorhaben Aufschluss zu geben und darzulegen, inwieweit die Vorgaben des Budgetprogramms erfüllt wurden. bb) Finanzielle Auswirkungen neuer rechtsetzender Maßnahmen, über- oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen und Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG Jedem Entwurf eines Bundesgesetzes, einer Vorordnung oder einer der genannten Vereinbarungen ist eine Darstellung anzuschließen, ob und inwieweit die Durchführung der geplanten Maßnahmen zu Mehrausgaben bzw Mindereinnahmen des Bundes führen, deren Höhe für die nächsten drei Finanzjahre zu beziffern sind. Weiters sind die Gründe für die Notwendigkeit solcher Mehrausgaben bzw Mindereinnahmen anzuführen, Kosten-Nutzenüberlegungen anzustellen und Vorschläge zur Bedeckung der erwarteten Mehrausgaben zu unterbreiten (§ 14 Abs 1 BHG). Ein unter Missachtung des § 14 BHG zustande gekommenes Bundesgesetz ist nicht bekämpfbar, da der Verfassungsgerichtshof Gesetze nur auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen kann, nicht aber deren Übereinstimmung mit anderen - stufenbautheoretisch gleichrangigen - Rechtsvorschriften. Eine unter diesen Umständen erlassene Verordnung ist hingegen gesetzwidrig zustande gekommen und wird vom Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines Prüfungsverfahrens nach Art 139 B-VG aufzuheben sein.172
In Beachtung des Gebots, auf die Verbundenheit der Finanzwirtschaft der Gebietskörperschaften Rücksicht zu nehmen, ordnet § 14 Abs 3 BHG an, dass in einer Stellungnahme nach Abs 1 auch aufzuzeigen ist, ob für ein Land oder eine Gemeinde mit der betreffenden Vorschrift des Bundes Ausfälle an Steuererträgen oder Mehrausgaben verbunden sind (siehe dazu auch die Ausführungen zum Konsultationsmechanismus in Punkt IV.B.).173 Soweit es sich bei den in § 14 Abs 1 genannten Maßnahmen nicht um Bundesgesetze handelt, ist vor deren Erlassung oder Abschluss bzw vor der Inkraftsetzung sonstiger Maßnahmen von finanzieller Bedeutung gemäß § 15 BHG (wozu auch Maßnahmen der nichthoheitlichen Verwaltung zählen174) vom zuständigen Bundesminister mit dem Bundesminister für Finanzen das Einvernehmen herzustellen. Für die Ausarbeitung der Darstellung der finanziellen Auswirkungen hat der Bundesminister für Finanzen Richtlinien zu erlassen.175
Nachdem Gemeinschaftsrechtsvorschriften mittelbare oder unmittelbare Auswirkungen auf den Bund und den Bundeshaushalt haben, wurde die Kalkulationspflicht 172 173 174 175
Holoubek, ÖHW 1989, 183 f; Rödler, Haushaltsrecht, 93. Holoubek, ÖHW 1989, 184. Ebenda. Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Richtlinien für die Ermittlung und Darstellung der finanziellen Auswirkungen neuer rechtsetzender Maßnahmen, (BGBl 1999 II/50 zuletzt idF BGBl 2004 II/387).
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des/der zuständigen Bundesministers/Bundesministerin durch § 14 Abs 6 BHG auch auf diese Vorschriften ausgedehnt. Die Darstellung hat sich hierbei insbesondere auf die Veränderung der Mittel zur Finanzierung des Gesamthaushaltes gemäß Art 249 EGVertrag und auf den Nutzen, welcher aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Maßnahmen für Österreich zu erwarten ist, insbesondere auf allfällige Rückflüsse aus dem EU-Haushalt zu beziehen.176
cc) Budget- und Personalcontrolling Mit der Bundeshaushaltsgesetz-Novelle 2002 wurden Bestimmungen zur Einrichtung eines Budget- und Personalcontrollings eingeführt (§§ 15a und b BHG), welches die Erreichung der Ziele der Haushaltsführung und insbesondere die Steuerung des Ressourceneinsatzes (Personal- und Sachmittel) unterstützen sollte. Zur Unterstützung der Planung, Steuerung und Kontrolle von Gesellschaften, an denen der Bund direkt oder indirekt mehrheitlich beteiligt ist, sowie von den der Aufsicht des Bundes unterliegenden Gesellschaften und Anstalten öffentlichen Rechts177 - ausgenommen die Träger der Sozialversicherung - ist die generelle Durchführung eines Beteiligungscontrollings durch den die Anteilsrechte des Bundes verwaltenden bzw durch den für die Aufsicht zuständigen Bundesminister erforderlich, soweit dies nicht ohnehin ausdrücklich im betreffenden Ausgliederungsgesetz vorgesehen ist.178 Für Zwecke des Finanzcontrollings ist von den berichtspflichtigen Unternehmen der Finanzbericht auszuarbeiten, der die Zahlungen des Bundes an die jeweiligen Unternehmungen und die Einnahmen des Bundes von den Unternehmungen sowie allfällige Darlehens- und Haftungsstände des Bundes beinhaltet.179 Auf Aktiengesellschaften, deren Aktien zum amtlichen Handel oder zum geregelten Freiverkehr an der Börse zugelassen sind, ist § 15b BHG nicht anwendbar, um den Publizitätsgrundsatz des Börsenrechts nicht zu verletzen.180 b) Veranschlagung Der Abschnitt IV des BHG enthält auf Basis der verfassungsrechtlichen Bestimmungen (Art 51 B-VG) eine nähere Ausgestaltung der Budgetgrundsätze sowie ausführliche Bestimmungen über die Vorbereitung und Aufstellung des Bundesvoranschlages sowie der sonstigen Anlagen und Übersichten zum BFG und dessen Vorlage an den Nationalrat. Die Budgetgrundsätze wurden bereits im Punkt I.D.7 behandelt. Neben diesem jährlichen Voranschlag sieht § 51 BHG auch einen „Monatsvoranschlag“ vor. Die Ermittlung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben des nächsten Monats soll sicherstellen, dass die 176 177
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179 180
RV 59 BlgNR 22.GP, 91. Ausgegliederte Rechtsträger des Bundes unterliegen § 15b Abs 1 Z 2 BHG selbst dann, wenn sie im jeweiligen Ausgliederungsgesetz nicht als Anstalt oder Gesellschaft des öffentlichen Rechts bezeichnet werden, RV 649 BlgNR 22.GP, 17. Das Beteiligungscontrolling soll die betriebswirtschaftliche Berichterstattung auf Basis von Soll-Ist-Vergleichen umfassen. Entsprechende diesbezügliche Informationen an den Bundesminister für Finanzen sind vorgesehen. RV 780 BlgNR 21.GP, 5 f. RV 780 BlgNR 21.GP, 6. Nach dem Publizitätsgrundsatz sind wesentliche Informationen über Unternehmen nach bestimmten Regeln öffentlich bekannt zu machen, um einen Insiderhandel zu verhindern (§ 82 Börsegesetz 1989), RV 780 BlgNR 21.GP, 6.
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zur Erfüllung verbindlicher Verpflichtungen des Bundes erforderlichen Ausgaben nach Maßgabe ihrer Fälligkeit geleistet werden können (Liquiditätsplanung).181 Für die Ermittlung der Voranschlagsbeträge ist der Grundsatz der Budgetwahrheit bestimmend, wobei auf den Stellenplan Bedacht zu nehmen ist. Besondere Veranschlagungsvorschriften sind für Einzelvorhaben und für Ausgaben nach Maßgabe zweckgebundener Einnahmen vorgesehen. Nach § 17 Abs 3 BHG sind Ausgaben für Einzelvorhaben des Bundes, die über einen Zeitraum von mehreren Finanzjahren zu leisten sein werden, mit dem auf das jeweilige Finanzjahr entfallenden Teilbetrag der voraussichtlichen Gesamtausgaben zu veranschlagen. Die für die erstmalige Veranschlagung ursprünglich vorgesehene Plankostenrechnung in den sog Teilheften wurde im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung fallen gelassen und stattdessen in § 25 Abs 2 Z 3 BHG eine Übersicht über die konkreten Vorbelastungen vorgesehen. Für die Veranschlagung größerer Einzelvorhaben waren sogar aufwendige Kosten-Nutzen-Untersuchungen vorgesehen, die sich in der Praxis als kaum durchführbar erwiesen haben, zumal hinsichtlich der Grundsätze dieser Untersuchungen kein Konsens erzielt werden konnte. Durch die Einführung des Controllings (§ 15a) in den Bereich der Haushaltsführung des Bundes ist eine entsprechende Planung, Steuerung und Kontrolle des Bundeshaushalts sichergestellt. 182
Ausgaben nach Maßgabe zweckgebundener Einnahmen (zB die Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds) sind nach § 17 Abs 5 BHG als solche zu veranschlagen, wenn die betreffenden Einnahmen auf Grund eines Bundesgesetzes (zB dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967183), eines Vertrages oder einer letztwilligen Verfügung nur für bestimmte Zwecke zu verwenden sind.184 Schließlich sind auch Gewinnabfuhren von Unternehmungen und sonstigen Einrichtungen, an denen der Bund (egal in welchem Ausmaß) Anteilsrechte besitzt, mit den voraussichtlich zufließenden Beträgen zu veranschlagen (§ 17 Abs 6 BHG). An dieser Stelle sollen noch einige Bemerkungen zum Budgeterstellungsprozess in der Praxis gemacht werden. Die Erstellung des Bundesbudgets obliegt - wie erwähnt dem Bundesminister für Finanzen. Vor Erlassung der Budgeterstellungsrichtlinien durch den Bundesminister für Finanzen werden vorerst Budget-Zielgrößen für das nächste Finanzjahr ermittelt. Grundlage hierfür bilden das Budgetprogramm der Bundesregierung, das von der Bundesregierung beschlossene und der EU-Kommission übermittelte österreichische Stabilitätsprogramm und die Prognosen über das Wirtschaftswachstum, die insbesondere für die Einnahmenentwicklung der Abgaben besondere Bedeutung haben. Ins Auge gefasst wird auch das jeweilige Defizitziel, das im österreichischen Stabilitätsprogramm im Rahmen des mehrjährigen Defizitpfades festgelegt ist. Auf Basis dieser Vorgaben werden die Budgeteckwerte (Gesamtausgaben und -einnahmen) ermittelt und auf die Ressorts und einzelnen Ressortkapitel aufgeteilt. Im Frühjahr ergehen die Richtlinien für die Erstellung des Budgets an die haushaltsleitenden Organe. In diesen werden pro Budgetkapitel die Budgeteckdaten und allfällige weitere kapitelspezifische Hinweise bekannt gegeben. Die so den haushaltsleitenden Organen mitge181 182 183 184
RV 877 BlgNR 16.GP, 8. RV 311 BlgNR 21.GP, 47. BGBl 1967/376 idF BGBl 2005 I/100. Die im § 17 Abs 5 BHG geregelte „zweckgebundene Gebarung stellt eine Abweichung vom Budgetgrundsatz der „Nonaffektation“ dar, AB 877 BlgNR 16.GP, 6.
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teilten Globaldaten sind von diesen nach den Erfordernissen innerhalb des Ressorts aufzuteilen und das Ergebnis bis Mitte Mai dem Bundesminister für Finanzen bekannt zu geben. Dieser stellt dann die Teilvoranschläge der Ressorts zu einem Gesamtentwurf des BFG zusammen. Ende August bis Mitte September kommt es zu den Ministerverhandlungen. Kann auf Ministerebene keine Einigung erzielt werden, werden die offenen Fragen auf der höchsten politischen Ebene (Bundeskanzler, Vizekanzler, betroffene/r Ressortminister/in und Bundesminister für Finanzen) weiterverhandelt. Die Verhandlungen werden grundsätzlich solange fortgesetzt, bis eine Einigung vorliegt. Jedenfalls müssen die Verhandlungen zeitlich so gestaltet werden, dass der vom Bundesminister für Finanzen erstellte Entwurf des BFG rechtzeitig (zehn Wochen vor Ablauf des Finanzjahres) von der Bundesregierung beschlossen werden kann.185
c) Flexibilisierungsklausel Die im § 17a BHG vorgesehenen - schon im Punkt I.D.7.a. erwähnten - Ausnahmebestimmungen hinsichtlich der Flexibilisierungsklausel können auf die ausgewählte Organisationseinheit über einen mehrjährigen Zeitraum Anwendung finden, wenn dadurch eine bessere Erreichung der Ziele und der Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsführung sichergestellt werden kann. Die betreffenden Organisationseinheiten bleiben weiterhin in den Bundeshaushalt integriert. Grundsätzlich bedürfen überplanmäßige Ausgaben einer bundesfinanzgesetzlichen Ermächtigung sowie der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen (Art 51b Abs 1 ff B-VG, siehe Punkt I.D.6.). Durch die im § 17a Abs 3 BHG normierte Verfassungsbestimmung kann der Leiter der Organisationseinheit vom Bundesminister für Finanzen darüber hinaus zu überplanmäßigen Ausgaben ermächtigt werden, soweit diese Ausgaben durch Ausgabeneinsparungen oder Mehreinnahmen sichergestellt sind, so dass sich keine Saldoverschlechterung gegenüber dem Bundesvoranschlag des jeweiligen Finanzjahres ergibt.186 Im Falle einer Verschlechterung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben gegenüber der Voranschlagsvergleichrechnung (negativer Unterschiedsbetrag), ist dieser durch die für die Organisationseinheit gebildete Rücklage abzudecken. Ein positiver Unterschiedsbetrag soll zwischen der Organisationseinheit und dem allgemeinen Haushalt aufgeteilt werden, wobei der verbleibende Teilbetrag, sofern er nicht zur Abdeckung negativer Unterschiedsbeträge aus früheren Finanzjahren erforderlich ist, einer Rücklage für die Organisationseinheit zugeführt werden soll.187 Besteht eine Minusrücklage, so ist diese binnen der folgenden zwei Finanzjahre auszugleichen und wenn dies nicht möglich ist, hat das zuständige haushaltsleitende Organ durch Ausgabenrückstellungen diese Minusrücklage spätestens in dem auf ihre Entstehung folgenden dritten Finanzjahr abzudecken. Zu Zwecken der Evaluierung und Erfolgskontrolle ist bei der betreffenden Organisationseinheit für die Dauer des Projektzeitraumes ein sog Controlling-Beirat einzurichten, dessen Mitglieder über ein betriebswirtschaftliches Fachwissen verfügen sollten.188 Die 185 186 187
188
Pichler in Steger (Hrsg), 204 f. AB 1489 BlgNR 20.GP, 3. Diese Rücklagen sind teilweise auch für Belohnungen und Leistungsprämien an ihre am Erfolg beteiligten Bediensteten und für deren Fortbildung zu verwenden (§ 17a Abs 5 BHG). AB 1489 BlgNR 20.GP, 4.
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vorerst geltende Befristung der Flexibilisierungsklausel wurde mit BGBl 2006 I/46 wegen der eindeutig positiven Erfahrungen mit diesem Instrument hinsichtlich Steigerung der Effizienz und Motivation in den betreffenden Dienststellen und in Hinblick auf Bestrebungen zur Modernisierung und Flexibilisierung des Haushaltsrechts im Sinne des New Public Management aufgehoben.189 d) Gliederung des Voranschlages Die Gliederung des Voranschlages richtet sich in erster Linie nach institutionellen Gesichtspunkten. Den jeweiligen Gliederungseinheiten sind die Einnahmen und Ausgaben nach organorientierten (=institutionellen) (§§ 18 und 19 BHG) sowie finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten (§§ 19 und 20 BHG) unter gesonderten Voranschlagsansätzen zuzuordnen, wobei die innerstaatliche und internationale Vergleichbarkeit zu berücksichtigen ist.190 Nach organorientierten Gesichtspunkten sind die Einnahmen und Ausgaben in Gruppen (nach der Verwandtheit der zu besorgenden Aufgaben) zu gliedern. Die Gruppen sind weiter in Kapitel, Titel, Paragraphen und Unterteilungen zu gliedern. Nach finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten wird zwischen bestandswirksamen und erfolgswirksamen Einnahmen und Ausgaben unterschieden. Erfolgswirksam sind Einnahmen oder Ausgaben, wenn sie den Unterschied zwischen dem Vermögen und den Schulden des Bundes vermehren oder vermindern, bestandswirksam sind sie dann, wenn sie diesen Unterschied nicht verändern. Die erfolgswirksamen Ausgaben sind nach Personalund Sachausgaben zu unterscheiden. Die Sachausgaben gliedern sich weiter in Ausgaben für Anlagen, für Förderungen und sonstige Aufwendungen. Nach dem Verpflichtungsgrund wird zwischen Ausgaben auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen und Ermessensausgaben differenziert. Gleichartige Einnahmen und Ausgaben sind nach kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gesichtspunkten einem Aufgabenbereich zuzuordnen.
Besondere Bedeutung kommt der vorhabensbezogenen Veranschlagung (§ 23 BHG) zu, wobei als Einzelvorhaben Vorhaben zu behandeln sind, die in wirtschaftlicher, rechtlicher und finanzieller Hinsicht einen einheitlichen Vorgang zum Gegenstand haben. Einzelne Vorhaben sind unter Voranschlagsposten (§ 24 BHG) oder sonst unter Voranschlagsansätzen gesondert zu veranschlagen. Unter einem eigenen Voranschlagsposten werden rechtlich oder wirtschaftlich gleichartige Einnahmen oder Ausgaben zusammengefasst. Um ein einheitliches Postenschema zu gewährleisten, ist ein eigener „Kontenplan“ vorgesehen, der für alle Gebietskörperschaften gilt.191 Dieser Gliederung des Voranschlages kommt auch insoweit Bedeutung zu, als finanzielle Ausgleiche innerhalb des jeweiligen Voranschlagsansatzes, also nur in Bezug auf seine Voranschlagsposten, grundsätzlich ohne Befassung des Bundesfinanzgesetzgebers zulässig sind (§ 48 BHG), während Postenausgleiche, von denen nicht nur ein Voranschlagsansatz betroffen ist, zwingend die Überschreitung des Voranschlagsansatzes bewirken und damit den Regelungen betreffend die überplanmäßigen Ausgaben unterliegen.192 Die Voranschlagsposten eines Kapitels sind vom Bundesminister für Finanzen in besonderen Nachweisungen (Teilheften) zusammenzufassen. Die Teilhefte sind nach 189 190 191 192
RV 1269 BlgNR 20.GP, 2. AB 877 BlgNR 16.GP, 6. Kontenplanverordnung - KPV, BGBl 1987/507 idF BGBl 1990/314. Rödler, Haushaltsrecht, 153.
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§ 25 Abs 1 BHG nicht Bestandteil des Bundesvoranschlages und unterliegen daher nicht der Beschlussfassung des Nationalrates über das BFG. Sie dienen jedoch - wie der Arbeitsbehelf193 - zur Unterstützung der Beratungen des Nationalrates.194
Schließlich ist in einem Stellenplan die höchstzulässige Personalkapazität des Bundes festzulegen, der als Anlage dem jährlichen BFG anzuschließen ist. Es ist dem Budgetgesetzgeber verwehrt, den Stellenplan derart zu fassen, dass damit die innere Organisation einer Behörde bindend festgelegt wird. Es bleibt jedoch dem Budgetgesetzgeber - soweit sich nicht aus der Bundesverfassung Schranken (etwa aus dem Gleichheitsgebot oder aus Art 18 B-VG) ergeben überlassen, wie er in diesem Zusammenhang die Spezialisierung vornimmt, wie er demnach die Planstellen und die Planstellenbereiche umschreibt. Womit eindeutig feststeht, dass durch den Stellenplan die zur Erlassung von organisationsrechtlichen Normen berufenen anderen Normsetzer nicht gebunden werden. Das BFG (samt Anlagen) ermächtigt lediglich dazu, die sich in diesem Zusammenhang ergebenden finanziellen Aufwendungen zu machen.195
3. Einnahmen- und Ausgabengebarung Nachdem dieses Thema aus dem Blickwinkel des Verfassungsrechts schon im Punkt I.D.4.a. behandelt wurde, soll im Folgenden nur mehr auf die im BHG geregelten Besonderheiten im Gebarungsvollzug eingegangen werden. a) Vorbereitung eines Vorhabens Einzelvorhaben iSv § 23 Abs 1 BHG unterliegen hinsichtlich ihrer finanziellen Abwicklung von der Planung bis zur laufenden Kontrolle des fertigen Projekts dem Verfahren gemäß den §§ 43 bis 47 BHG. Damit werden Kontrollmöglichkeiten durch die Einbindung des Nationalrates und die Verpflichtung zur Herstellung des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Finanzen rechtlich gesichert.196 Bereits vor Durchführung eines Einzelvorhabens (§ 23 Abs 1 BHG), also im Vorbereitungsstadium, ist ein Zusammenwirken des zuständigen haushaltsleitenden Organs und des Bundesministers für Finanzen vorgesehen, soweit es sich im Hinblick auf die voraussichtlich damit verbundenen Ausgaben um Vorhaben von außerordentlicher finanzieller Bedeutung 193
194 195
196
Der Arbeitsbehelf (§ 34 Abs 3) enthält insbesondere einen Überblick über die wirtschaftliche Lage und deren voraussichtliche Entwicklung, wobei auch die der Erstellung des BFG zugrunde gelegten Annahmen darzulegen sind, sowie Erläuterungen zu den einzelnen Kapiteln. AB 877 BlgNR 16.GP, 6. VfSlg 9006 mHa Hengstschläger, Budgetrecht, 189. Jede Umschreibung eines Planstellenbereiches durch den Budgetgesetzgeber zielt wesensmäßig auf eine Beschränkung der Leitungsbefugnis der haushaltsleitenden Organe insofern ab, als diese dadurch verhalten werden sollen, die auf eine Planstelle dieses Bereiches ernannte Person auch in diesem Planstellenbereich zu verwenden. Diese Beschränkung der Leitungsbefugnis ist aber von der Verfassung vorausgesetzt (Art 51 Abs 3 B-VG) und somit nicht verfassungswidrig. Jedoch ist es dem haushaltsleitenden Organ durch budgetgesetzliche Bestimmungen nicht verwehrt, Bedienstete trotz Beibehaltung ihrer dienstrechtlichen Stellung ausnahmsweise außerhalb ihres Planstellenbereiches zu verwenden, dies allerdings nur im Rahmen der Dienstrechtsvorschriften und nur dann, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist und im Einzelfall besondere Gründe vorliegen. Holoubek, ÖHW 1989, 187 ff.
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handelt. Der Bundesminister für Finanzen hat bei seiner Beurteilung des Vorhabens nicht nur auf die Bedeckungsmöglichkeiten, sondern auch auf die Vereinbarkeit mit den Zielen der Haushaltsführung abzustellen. Die Herstellung des Einvernehmens kann entfallen, wenn es sich bei dem Vorhaben um Ausgaben nach Maßgabe von zweckgebundenen Einnahmen (§ 17 Abs 5 BHG) handelt. Sofern die Durchführung eines Vorhabens das Eingehen von Verpflichtungen erfordert, bedarf dies grundsätzlich des Zusammenwirkens mit dem Bundesminister für Finanzen. Wurde das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen jedoch schon im Vorbereitungsstadium hergestellt, wird sich eine neuerliche Befassung des Ministers mangels gravierender Projektänderungen erübrigen (§ 44 Abs 2 BHG). Soweit die Durchführung eines Vorhabens das Eingehen von Verpflichtungen erfordert, zu deren Erfüllung in mehreren Finanzjahren oder zumindest in einem künftigen Finanzjahr Ausgaben des Bundes zu leisten sind (sog Vorbelastungen), stellt § 45 BHG eine dem Informations- und Kontrollbedürfnis des Nationalrates adäquate Bestimmung auf, die für bestimmte finanziell bedeutsame Vorhaben eine bundesgesetzliche Ermächtigung vorsieht.197 Ein derartiges Bundesgesetz ist im Art 42 Abs 5 B-VG nicht genannt, womit dem Bundesrat diesbezüglich ein Mitwirkungsrecht zukommt.198
Entstehen aus einem Vorhaben Berechtigungen199 oder Vorberechtigungen (dh Rechte des Bundes auf Einnahmen in künftigen Finanzjahren), die ihrer Art oder dem Umfang nach von erheblicher finanzieller Bedeutung sind, hat das zuständige haushaltsleitende Organ das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen herzustellen (§ 47 BHG). Die Durchführung des Vorhabens unterliegt nach § 47 BHG einer Erfolgskontrolle. b) Vergaberechtliche Aspekte im BHG Nach § 49 Abs 1 BHG haben Organe des Bundes für Leistungen, die sie von anderen Organen des Bundes empfangen, eine Vergütung zu entrichten. Aufgrund der Entgeltlichkeit des Vorganges könnte die Frage aufkommen, ob hier das Vergaberecht zur Anwendung gelangt. Im Falle der hier gegenständlichen Eigenleistungen oder Inhouse-Vergaben, dh der Deckung des Eigenbedarfes an Leistungen im Rahmen der eigenen Organisation und mit eigenen Ressourcen,200 wurde dies vom EuGH als nicht vergaberechtlich relevanter Vorgang eingestuft.201
Nach den Vergaberichtlinien wird als Anwendungsvoraussetzung neben der Entgeltlichkeit auch das Vorliegen eines Vertrages gefordert. Ein Vertrag liegt nur vor, wenn eine Vereinbarung zwischen zwei verschiedenen Personen getroffen wurde.202 Nach § 49 BHG müssen sowohl auf Seiten des Leistungsempfängers als auch auf Seiten des Leistungserbringers Organe des Bundes handeln. Daher kommt wegen der Identität des Rechtssubjektes kein zivilrechtlicher Vertrag, sondern nur ein Verwaltungsüberein-
197 198 199 200 201 202
AB 877 BlgNR 16.GP, 7. Rödler, Haushaltsrecht, 149. Die Begriffe „Berechtigungen“ und „Verpflichtungen“ sind im zivilrechtlichen Sinn zu verstehen. Potacs, Öffentliche Unternehmen, in Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2 (2003), Rz 936. EuGH Rs C-107/98 Teckal, Slg 1999, I-8121. EuGH Rs C-107/98 Teckal, Slg 1999, I-8121, Rz 49.
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kommen in Betracht.203 Der Organbegriff wird wie in § 1 BHG204 so auch hier im Sinne der Art 19 ff B-VG zu verstehen sein, sodass der Leistungsaustausch zwischen dem Bund und beispielsweise anderen Gebietskörperschaften, Selbstverwaltungsträgern oder rechtlich selbständigen Eigengesellschaften des Bundes nicht erfasst wird. Es geht demnach im § 49 Abs 1 BHG ausschließlich um Leistungsbeziehungen zwischen Organen des Bundes. Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn die Organe funktionell als Bundesorgane handeln (zB Organe der Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes). Als Organe des Bundes werden funktionell auch die Landeshauptmänner im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung bzw der Auftragsverwaltung tätig, sodass hier von einer Vergütungspflicht nach § 49 BHG ausgegangen werden könnte, wäre diese einfachgesetzliche nicht durch anders lautende verfassungsrechtliche Bestimmungen überlagert (vgl Punkt I.D.8.). Hinsichtlich der Kostentragungspflicht der Gemeinden (§ 2 F-VG) für Aufgaben des übertragenen Wirkungsbereiches legt der Verfassungsgerichtshof jedoch eine organisatorische (und nicht funktionale) Betrachtungsweise zugrunde, wonach die Gemeinden den mit der Besorgung des übertragenen Wirkungsbereiches verbundenen Personalaufwand und Sachaufwand selbst zu tragen haben und nur der mit der Aufgabenbesorgung verbundene Zweckaufwand vom Bund zu tragen ist.205
c) Haushaltsrücklagen Zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung im Allgemeinen und des Mitteleinsatzes im Besonderen sieht § 53 BHG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Rücklagenzuführung und -entnahme vor.206 Nach Rödler erweitert die Möglichkeit der Bildung von Haushaltsrücklagen den Budgetgrundsatz der Einjährigkeit um den Grundsatz der planerischen Mehrjährigkeit.207 Nicht in Anspruch genommene Teile der Ausgabenansätze können vom Bundesminister für Finanzen für Konjunkturausgleichsmaßnahmen gemäß § 29 oder für Anlagen gemäß § 20 Abs 4 BHG einer Rücklage zugeführt werden.208 Die im § 53 Abs 3 BHG vorgesehene „Ausgleichsrücklage“ ermöglicht einerseits Zahlungen für Schulden und bestimmte Verrechnungsvorgänge, die das jeweils abgelaufene Finanzjahr betreffen, noch innerhalb des gesetzlichen Auslaufzeitraumes (§ 52 Abs 2 und 3) für Rechnung des abgelaufenen Finanzjahres, während andererseits allfällige Schuldaufnahmen zur Bedeckung solcher Ausgaben im Rahmen der finanzgesetzlichen Ermächtigung nur bis zum 31. Dezember des jeweils abgelaufenen Finanzjahres vorgenommen werden dürfen. Daraus können Divergenzen auf der Einnahmen- oder
203 204 205
206 207 208
Rödler, Haushaltsrecht, 155. AB 877 BlgNR 16.GP, 1. Neuhofer, 323 mH auf VfSlg 9507. Zum Amtssachaufwand zählt der Verfassungsgerichtshof jenen Aufwand, der die Voraussetzungen für das Tätigwerden der amtlichen Organe schafft, dagegen gehört jener Aufwand, der mit der konkreten Tätigkeit erst entsteht, nicht mehr dazu (und wäre daher vom Bund zu tragen), VfSlg 2533 und 7314. AB 877 BlgNR 16.GP, 8. Rödler, Haushaltsrecht, 160. Die Rücklagenbildungsmöglichkeit für Bauvorhaben und Liegenschaftsankäufe des Bundes wurde mit der Neuregelung des Immobilienvermögens des Bundes durch das Bundesimmobiliengesetz grundsätzlich obsolet. Sollte dennoch eine Rücklagenbildung im Einzelfall erforderlich sein, kann mit einer Ermächtigung im jeweiligen BFG (§ 53 Abs 4) das Auslangen gefunden werden, RV 59 BlgNR 22.GP, 255.
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Ausgabenseite resultieren, die nur anhand einer „Ausgleichsrücklage“ ausgeglichen werden können.209
d) Förderungsbericht Die Bundesregierung hat dem Nationalrat nach § 54 Abs 1 BHG alljährlich eine sachlich und zeitlich gegliederte Übersicht über die im abgelaufenen Finanzjahr gewährten direkten und indirekten Förderungen vorzulegen (Förderungsbericht).210 Der Förderungsbericht soll die Förderungsmaßnahmen des Bundes überschaubar machen und eine regelmäßige und systematische Grundlage für eine Effizienzkontrolle bieten. Die Berichterstattung des Förderungsberichts umfasst aus Bundesmitteln gewährte direkte Förderungen (Budgetausgaben) sowie geleistete Einnahmenverzichte des Bundes (indirekte Förderungen). Direkte Förderungen sind Ausgaben für zins- oder amortisationsbegünstigte Gelddarlehen, Annuitäten-, Zinsen- und Kreditkostenzuschüsse sowie sonstige Geldzuwendungen, die der Bund einer natürlichen oder juristischen Person für eine von dieser erbrachten oder beabsichtigten Leistung, an der ein erhebliches, vom Bund wahrzunehmendes öffentliches Interesse besteht, gewährt, ohne dafür unmittelbar eine angemessene geldwerte Gegenleistung zu erhalten.211 Indirekte Förderungen sind demgegenüber Einnahmenverzichte des Bundes, die einer natürlichen oder juristischen Person für eine von dieser in ihrer Eigenschaft als Träger von Privatrechten erbrachten Leistung, an der ein vom Bund wahrzunehmendes öffentliches Interesse besteht, durch Ausnahmeregelungen von den allgemeinen abgabenrechtlichen Bestimmungen gewährt wurden (§ 54 Abs 1 Z 2 BHG).
Problematisch erscheint, dass jene Förderungen, die von Organen des Bundes direkt an die Förderungsnehmer ausbezahlt und unter eigenen Voranschlagsposten verrechnet werden, im Förderungsbericht namentlich aufscheinen, während die von sog „Subventionsmittlern“212 an einen größeren Personenkreis ausbezahlten Förderungen lediglich summarisch als an diesen Rechtsträger überwiesen dargestellt werden.213
209
210 211 212
213
AB 877 BlgNR 16.GP, 8. § 52 Abs 2 BHG gilt auch für die Abfuhr von Mitteln gemäß § 16 Abs 3a (das sind die an die EU abzuführenden Mittel zur Finanzierung des Gesamthaushaltes gemäß Art 269 EG-Vertrag). Für den Fall, dass die EU die ihr in einem Finanzjahr gutgeschriebenen Eigenmittel bis zum 31. Dezember nicht vollständig kassenwirksam abruft, sollte die Regelung des Auslaufzeitraumes angewendet werden können. Die am Beginn des laufenden Finanzjahres an die EU zu leistenden Eigenmittelüberweisungen (durch die Einräumung von Guthaben zugunsten der EU) können sodann im Ausmaß der am 31. Dezember des abgelaufenen Finanzjahres bestehenden Differenz zwischen Gutschriften und Überweisungen noch bis 20. Jänner zu Lasten des abgelaufenen Finanzjahres verrechnet werden, AB 389 BlgNR 19.GP, 3. AB 877 BlgNR 16.GP, 8. Vgl § 20 Abs 5 BHG, Wenger, ÖHW 1987, 10. Ausführliches zu diesem Begriff bei Rebhahn, Beihilfen- und Subventionsrecht in Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2 (2003), Rz 853 ff. Rödler, Haushaltsrecht, 163.
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e) Bundesvermögens- und Schuldengebarung Vorgänge im Rahmen der Vermögens- und Schuldengebarung (zB das Eingehen und die Umwandlung von Finanzschulden, die Übernahme und Umwandlung von Bundeshaftungen, sonstige Verfügungen über Bundesvermögen) benötigen zumeist eine besondere Ermächtigung, die gemäß Art 42 Abs 5 BVG nur durch Gesetzesbeschluss des Nationalrates (ohne Mitwirkung des Bundesrates) erteilt werden kann. Solche gesetzlichen Ermächtigungen können für den Einzelfall oder global durch ein besonderes Bundesgesetz - regelmäßig im Rahmen des jährlichen BFG - erteilt werden. Nach § 55 BHG dürfen Sachen (im Sinne der §§ 285 ff ABGB) vom Bund nur dann entgeltlich erworben werden, wenn sie zur Erfüllung seiner Aufgaben aktuell benötigt werden. Hierbei ist vom Effizienzgrundsatz nach Art 126b Abs 5 B-VG und von den im § 2 Abs 1 BHG angeführten Zielsetzungen der Haushaltsführung auszugehen.214 Das BHG enthält weiters Gliederungs- und Bewertungsvorschriften, die den Besonderheiten des Bundesvermögens Rechnung tragen.215 f) Beteiligungserwerb durch den Bund und Aufgabenübertragung an andere Rechtsträger Durch die Ausgliederungswellen der letzten Jahre gewann diese Bestimmung des BHG große Bedeutung, insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion, welche Grenzen für Ausgliederungen sich aus dem Haushaltsrecht ergeben. Die „Flucht aus dem Budget“ hat wegen der damit angestrebten finanz- und konjunkturpolitischen Beweglichkeit, aber wohl auch durch die Möglichkeit der außerbudgetären Finanzierung - und sich damit der Bindung des Budgets zu entziehen, - sehr große Ausmaße angenommen.216 § 59 BHG ist funktional gesehen als wichtiger Ansatz inhaltlicher Determinierung nicht hoheitlichen Verwaltungshandelns zu werten.217 § 59 BHG regelt nämlich die Voraussetzungen, unter denen Anteilsrechte (Beteiligungen) an Gesellschaften und Genossenschaften des Privatrechts erworben werden dürfen. Der Erwerb von Beteiligungen an sowie die Übertragung von Aufgaben des Bundes auf andere Rechtsträger sind in der Regel mit außerbudgetären Finanzierungen verbunden. Nach Absicht des Gesetzgebers soll diese im Haushaltsrecht verankerte Regelung gewährleisten, dass die Vornahme von Ausgliederungen nicht ausufert, „sondern auf ein mit den tragenden Grundsätzen staatlicher Haushaltsführung vereinbares gesamtwirtschaftlich vertretbares Maß beschränkt bleibt, und andererseits der dem Art 20 B-VG entsprechende und insbesondere dem Ausmaß der Bundesbeteiligung nach angemessene Einfluß der obersten Organe der Vollziehung auf die von ihnen in die Aufsichtsorgane solcher Gesellschaften oder Genossenschaften entsandten Vertreter gewahrt bleibt“.218
Anwendung findet diese Bestimmung nur für Beteiligungen an „Gesellschaften und Genossenschaften des Privatrechts“. Beteiligungen an Körperschaften oder anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind davon nicht betroffen.
214 215 216 217 218
AB 877 BlgNR 16.GP, 8 f. §§ 56 ff BHG. Holoubek, ÖHW 1989, 194. Wenger, ÖHW 1987, 7. AB 877 BlgNR 16.GP, 9.
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Problematisch nach Holoubek ist die Verwendung des Begriffes der „Beteiligung“ schlechthin. So scheint der Klammerausdruck „Anteilsrechte“ darauf hinzuweisen, dass unter Beteiligung jede Beteiligung unabhängig von ihrem Ausmaß zu verstehen ist. Diese Auslegung hätte allerdings zur Konsequenz, dass jeder auch noch so geringe Anteilserwerb des Bundes nach § 59 Abs 1 BHG nur zulässig wäre, wenn der Bund einen angemessenen Einfluss im Aufsichtsorgan erhalten würde und seine Interessenswahrung durch die entsprechenden Mitglieder dieses Organs sichergestellt sei. Eine andere denkbare Auslegung des § 59 Abs 1 BHG läge darin, unter einer „Beteiligung“ im hier vorliegenden Verständnis nur eine Beteiligung an einer Gesellschaft ab einer Größenordnung von mindestens 25 % des Gesamtkapitals zu verstehen, wie es der gesellschaftsrechtlichen Terminologie entspricht.219
Beteiligungen dürfen grundsätzlich von einem haushaltsleitenden Organ im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen für den Bund nur erworben werden, wenn einem wichtigen volkswirtschaftlichen Anliegen auf diesem Weg in Übereinstimmung mit den im § 2 Abs 1 BHG genannten Zielen besser entsprochen werden kann. Die sich aus der Beteiligung ergebende Zahlungsverpflichtung des Bundes muss mit einem bestimmten Betrag begrenzt sein. Eine Beteiligung des Bundes an einer Offenen Gesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft als Komplementär ist daher unzulässig.220 Beteiligungen dürfen nach § 59 Abs 1 Z 3 BHG nur erworben werden, wenn der Bund - wie erwähnt - einen angemessenen Einfluss in dem Aufsichtsorgan der betreffenden Gesellschaft oder Genossenschaft erhält und sichergestellt ist, dass die vom Bund gewählten oder entsandten Mitglieder des Aufsichtsorgans in Ausübung ihrer Tätigkeit auch die besonderen Interessen des Bundes berücksichtigen. Eine Weisungsbindung der Vertreter des Bundes im Aufsichtsorgan der betreffenden Gesellschaft oder Genossenschaft wird allerdings nur in engen Grenzen möglich sein, weil nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften beispielsweise die Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in erster Linie den Interessen der Gesellschaft verpflichtet sind.221 Trotz des grundsätzlich bloßen Selbstbindungscharakters des BHG, sieht Wenger in einzelnen Bestimmungen (so auch im § 59) inhaltliche Determinanten für das Verwaltungshandeln mit Außenwirkung, weil privatrechtliches Handeln des Staates der zulässigen Zielverfolgung nach nicht den Handlungen Privater gleichgesetzt werden können, müsste seiner Ansicht nach konsequenterweise auch diese Bestimmung als Sondergesellschaftsrecht qualifiziert werden.222 Nach aA scheidet die Qualifikation des § 59 BHG als Sondergesellschaftsrecht aufgrund des bloßen Innennormcharakters dieses Gesetzes aber aus.223 Die durch § 59 BHG geforderte Sicherstellung der Interessenwahrung des Bundes im Aufsichtgremium verpflichtet demnach nur den Bundesvertreter, der dafür auch verantwortlich gemacht werden kann. Die Wahrnehmung dieser Verpflichtung wird ihm aber nur im Rahmen des allgemeinen Gesellschaftsrechts möglich sein, da § 59 BHG mangels Außenwirkung keine rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf Gesellschaftsebene statuiert.
219 220 221 222 223
Wie beispielsweise im § 131 AktG. Holoubek, ÖHW 1989, 194 ff. Korinek/ Holoubek (FN 185), 220 ff. Holoubek, ÖHW 1989, 195. Holoubek, ÖHW 1989, 196 mwN. Wenger, ÖHW 1987, 3; Holoubek, ÖHW 1989, 196. Holoubek, ÖHW 1989, 196. Korinek/Holoubek (FN 185), 222 f.
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Zudem bedarf der Erwerb einer Beteiligung der bundesgesetzlichen (also nicht bundesfinanzgesetzlichen) Ermächtigung, wenn der im Gesetz bestimmte Höchstbetrag überschritten wird oder die Höhe der Beteiligung bei einer der genannten Gesellschaften die Hälfte des sich ergebenden Grund- bzw Stammkapitals erstmalig übersteigen würde. Bei der Übertragung von Aufgaben des Bundes zur Besorgung an Rechtsträger des Privatrechts, an denen der Bund nicht im Sinne des § 59 Abs 1 BHG beteiligt ist, ist unter sinngemäßer Anwendung des Abs 1 und 2 vorzugehen, wenn die dem betreffenden Rechtsträger aus der Aufgabenbesorgung erwachsenden Kosten zum überwiegenden Teil endgültig den Bund belasten. Damit sollen in erster Linie Fälle erfasst werden, in denen andere Rechtsformen als Gesellschaften und Genossenschaften gewählt werden (zB Vereine). Der Bund ist an einem Rechtsträger auch dann „nicht im Sinne des Abs 1“ beteiligt, wenn er zB keinen angemessen Einfluss in dem Aufsichtsorgan erhält. Dennoch verpflichtet § 59 Abs 5 BHG dazu, in diesem Fall in sinngemäßer Anwendung der Abs 1 und 2 (die einen angemessenen Einfluss im Aufsichtsorgan fordern) vorzugehen. Das kann wohl nur so zu verstehen sein, dass durch den Bund ein angemessener Einfluss auf die Besorgung der übertragenen Aufgaben in jedem Fall sichergestellt werden muss. Dies kann sowohl durch gesetzliche Vorschriften als auch durch privatrechtliche Vereinbarungen - effizienterweise unter Androhung allfälliger Sanktionen für den Fall des Zuwiderhandelns erfolgen.
Weiters ist erforderlich, dass die Kosten aus der Besorgung der übertragenen Aufgaben „endgültig“ den Bund belasten. Von so einer „endgültigen“ Belastung kann im Falle der Übernahme einer „Bundeshaftung“ wohl noch nicht ausgegangen werden. g) Finanzschulden Aus § 65 BHG ergibt sich eine dem Art 51 Abs 6 B-VG und der herrschenden Lehre entsprechende Umschreibung des Begriffes „Finanzschulden“. Demnach sind „Finanzschulden“ alle Geldverbindlichkeiten des Bundes, die zum Zwecke, dem Bund die Verfügungsmacht über Geld zu verschaffen, eingegangen werden. Das wesentliche Begriffsmerkmal liegt demnach in der Geldmittelbeschaffung, für die bestimmte Arten von Kreditoperationen (zB die Aufnahme von Darlehen gegen die Hingabe von Schatzscheinen oder sonstigen Schuldverschreibungen) typisch sind und die insbesondere zur Deckung eines Finanzierungsbedarfes des Gesamthaushaltes oder zur Umwandlung bestehender Finanzschulden zu dienen hat. Zur Eingehung und Umwandlung (Prolongierung und Konvertierung) von Finanzschulden ist ausschließlich der Bundesminister für Finanzen befugt, der hierzu durch einen Beschluss des Nationalrates gemäß Art 42 Abs 5 B-VG ermächtigt wird (üblicherweise im Rahmen des jährlichen BFG). Alle Urkunden über Finanzschulden bedürfen überdies der Gegenzeichnung durch den Präsidenten des Rechnungshofs (siehe Punkt II.E.2.).224 Im § 65 Abs 3 BHG werden Sonderformen von Finanzschulden angeführt. Hierbei handelt es sich um Verbindlichkeiten, die zwar im Zusammenhang mit der laufenden Verwaltungstätigkeit entstehen, bei denen jedoch dem Bund in Ansehung der Finanzierung durch üblicherweise einem am zu Grunde liegenden Rechtsgeschäft nicht unmit224
Korinek/Holoubek (FN 116) 216.
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telbar beteiligten Dritten (zumeist ein Kreditinstitut) bzw wegen der langfristigen Fälligkeitsvereinbarung (zB im Rahmen eines Kauf- oder Leasingvertrages) besondere Finanzierungserleichterungen eingeräumt werden.225 Damit wird der Verwaltung die Möglichkeit versperrt, mittels Zwischenfinanzierung durch Dritte die strengen Bindungen bei der Begründung von Staatsschulden zu unterlaufen.
Alle im § 65 BHG nicht ausdrücklich als „Finanzschulden“ qualifizierten Geldverbindlichkeiten des Bundes gelten als „Verwaltungsschulden“. Diese entstehen gewöhnlich aus Verbindlichkeiten, die im Rahmen der laufenden Verwaltungstätigkeit zustande gekommen sind, bei denen jedoch die Erfüllung durch Zahlung zeitlich hinausgeschoben wird. Eine Mitbefassung des Nationalrates bei der Eingehung von Verwaltungsschulden, wozu es keiner bundesfinanzgesetzlichen Ermächtigung bedarf, ist im Besonderen durch § 45 Abs 3 und 4 BHG sichergestellt.226 Die Eingehung kurzfristiger Verwaltungsschulden, die innerhalb desselben Finanzjahres wieder getilgt werden, steht grundsätzlich jedem Organ der Haushaltsführung im Rahmen seines Wirkungsbereiches zu. § 65a BHG ermöglicht zur Abdeckung notwendiger kassenmäßiger Erfordernisse gemäß § 52 Abs 5 im laufenden Finanzjahr weitere über § 65 hinausgehende Kreditoperationen. Die voranschlagswirksame Verrechnung dieser Gebarung erfolgt im nachfolgenden Finanzjahr. Zur Realisierung wirtschaftlicher Vorteile (zB Schuldaufnahmen vor Eintritt eines erwarteten höheren Zinsniveaus auf den Geld- und Kapitalmärkten) wird darüber hinaus eine betragsmäßig begrenzte Finanzierungsmöglichkeit vor Beginn eines Finanzjahres geschaffen.227 Die einzuhaltenden Voraussetzungen für diese Kreditoperationen sind im § 65b BHG geregelt.
Kreditoperationen für sonstige Rechtsträger oder für Länder sind grundsätzlich nicht dem öffentlichen Sektor Bund zuzurechnen, dh sie sind nicht als Finanzschulden des Bundes zu behandeln. Dennoch darf nach § 65c BHG der Bundesminister für Finanzen bestimmte Kreditoperationen vornehmen und Währungstauschverträge für sonstige Rechtsträger oder für Länder abschließen, natürlich nur auf Grundlage der im BFG oder in einem anderen Bundesgesetz nach Art 42 Abs 5 B-VG enthaltenen Ermächtigungen. „Sonstige Rechtsträger“ im Sinne dieser Bestimmung sind nur solche, an denen der Bund mehrheitlich beteiligt ist oder für deren Kreditoperationen der Bund die Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB oder in Form von Garantien übernommen hat. Der Bundesminister für Finanzen hat sich hierbei der Bundesfinanzierungsagentur zu bedienen.228
225 226 227 228
Pichler in Steger (Hrsg), 201. AB 877 BlgNR 16.GP, 10. AB 1428 BlgNR 18.GP, 2. Die Aufgaben der Bundesfinanzierungsagentur sind im § 2 Bundesfinanzierungsgesetz taxativ aufgezählt, die unter dem Begriff „Public Debt Management“ subsumiert werden können. Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, Auskünfte über alle Geschäftsfälle zu verlangen und jederzeit in die Unterlagen der Bundesfinanzierungsagentur Einschau zu nehmen. Zudem kann er der Geschäftsführung der Bundesfinanzierungsagentur Weisungen betreffend die Besorgung ihrer Aufgaben nach § 2 Abs 1 Bundesfinanzierungsgesetz erteilen. Kocher, Das Finanzierungsmanagement des Bundes in Steger (Hrsg), 147 ff.
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h) Bundeshaftungen Der Begriff der „Bundeshaftungen“ wird im § 66 Abs 1 BHG näher umschrieben. Die aus der Übernahme von Haftungen grundsätzlich resultierende Beihilfenproblematik wird im Beitrag von Jäger in diesem Handbuch näher ausgeführt. Nach § 66 BHG ist eine „Bundeshaftung“ eine Haftung im Sinne einer Bürgschaft nach den §§ 1346 und 1348 bis 1367 ABGB oder eine Garantie des Bundes. Die Haftungsform der „Garantie“ hat sich aus dem bankgeschäftlichen Verkehr entwickelt. Sie hat einen einseitig verpflichtenden Schuldvertrag zum Gegenstand, auf Grund dessen der anspruchsberechtigte Gläubiger eines Dritten selbständige Rechte erwirbt. In den meisten Fällen stellt die Garantie einen Vertrag zwischen dem Financier (zB eine inländische Bank) und dem Garanten (dem Bund) dar, wodurch dem Financier das Risiko des Verlustes der gewährten Mittel im Wesentlichen abgenommen wird.229 Die „Garantie“ ist im Gegensatz zur „Bürgschaft“ nicht akzessorisch.230
Haftungsübernahmen durch den Bund wirken wie Finanzierungshilfen, weil sie für die Begünstigten in Anbetracht der außerordentlich hohen Bonität des Bundes bedeutende wirtschaftliche Vorteile bei der Geldmittelbeschaffung bringen.231 Haftungen belasten den Bundeshaushalt nicht unmittelbar, sondern nur im Ausmaß abzudeckender Schäden aus dem Obligo.232 Daher wird durch sie ein „Schattenhaushalt“ etabliert.233 Der Bund selbst unterliegt auch mit der Haftungsübernahme für ausgegliederte Rechtsträger den Schranken des § 66 BHG, wohingegen diese Bestimmung auf die von ausgegliederten Rechtsträgern ihrerseits übernommenen Haftungen keine Anwendung findet (zB auf Haftungen der Österreichischen Kontrollbank AG). Die Tätigkeiten dieser Rechtsträger zählen nicht mehr zur Verwaltung im Sinne des B-VG, sodass § 66 BHG insofern leer läuft.234 Eine Haftung des Bundes darf ausschließlich der Bundesminister für Finanzen übernehmen. Anderen Bundesministern ist dies nicht gestattet. Die Erteilung der konkreten Ermächtigung hiezu obliegt dem Nationalrat im Rahmen seiner Kompetenzen nach Art 42 Abs 5 B-VG, der hiervon üblicherweise im Rahmen des jährlichen BFG Gebrauch macht. Hierbei sind die zulässigen Höchstbeträge und eine Verknüpfung mit konkreten Vorhaben festzulegen und der Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ist zu beachten. Grundsätzlich soll bei der Übernahme einer Haftung durch den Bund ferner durch eine Regressvereinbarung darauf geachtet werden, dass der 229 230 231
232 233 234
Pale, Haftungsübernahme der Finanzierungsgarantiegesellschaft, ecolex 1995, 411. AB 877 BlgNR 16.GP, 10f. Das geförderte Unternehmen erhält meist relativ zur Marktsituation kostengünstige, von der marktüblichen Risikoprämie aufgrund der Bundeshaftung entlastete Fremdkapitalmittel. Rödler, Haushaltsrecht, 188. Hengstschläger, Budgetrecht, 311. Holoubek, ÖHW 1989, 202. Allerdings wird eine Beteiligung des Bundes an solchen Subventionsmittlern gemäß § 59 BHG nur zulässig sein, wenn sichergestellt ist, dass die für die Übernahme von Bundeshaftungen nach § 66 BHG geltenden Voraussetzungen vom Subventionsmittler erfüllt werden, „um einem wichtigen volkswirtschaftlichen Anliegen auf diesem Wege in Übereinstimmung mit den in § 2 Abs 1 genannten Zielen besser“ zu entsprechen, Korinek/Holoubek (FN 116) 225.
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Bund auf seinen Haftungsanteil eingeschränkt wird, wenn für dieselbe Verpflichtung auch noch andere Rechtsträger eine Haftung übernommen haben (§ 66 Abs 1 Z 4 BHG).
Im Falle einer Inanspruchnahme des Bundes aus der Haftungsübernahme steht ihm nach § 66 Abs 2 Z 4 BHG ein Regressanspruch gegen den Schuldner zu. § 66 Abs 4 BHG statuiert eine jährliche Berichtspflicht des Bundesministers für Finanzen an den Budgetausschuss betreffend die Übernahme von Bundeshaftungen.
C. Vollziehung 1. Anordnungen im Gebarungsvollzug Das BHG regelt im Abschnitt VII die grundsätzlichen Voraussetzungen, die beim Gebarungsvollzug zu beachten sind. Diese Bestimmungen sollen insbesondere den Grundsatz der Trennung zwischen Anweisung und Vollziehung (Anordnung und Ausführung) untermauern. Zahlungen, Verrechnungen sowie Zu- und Abgänge von Sachen sind nur aufgrund einer schriftlichen Anordnung vom ausführenden Organ durchzuführen (§ 67 BHG). Unvorschriftsmäßige Anordnungen dürfen jedoch erst ausgeführt werden, wenn das anordnende Organ die Anordnung berichtigt hat oder trotz Einwendungen des ausführenden Organs aufrecht erhält (§ 67 Abs 4 BHG).235 Werden im Rahmen der Haushaltsführung des Bundes Verrechnungsdaten elektronisch entweder an die Buchhaltung oder direkt an die ZEDVA weitergegeben, entfällt die Schriftlichkeit der Anordnung. Solche Anordnungen sind nach Tunlichkeit unverzüglich zu erteilen. § 69 BHG sieht ausnahmsweise Zahlungen ohne schriftliche Anordnung vor, in Fällen, bei deren Abwicklung das Vorliegen eines Zahlungsauftrages in der Regel nicht abgewartet werden kann (zB Buschauffeur, Kartenautomaten).236
2. Zahlungsverkehr Der Zahlungsverkehr des Bundes ist gemäß § 71 Abs 1 BHG grundsätzlich bargeldlos abzuwickeln und nach Tunlichkeit im Wege der Österreichischen Postsparkasse zu besorgen. Außerdem ist der Barzahlungsverkehr auf das unumgänglich notwendige Ausmaß zu beschränken. Der Zahlungsverkehr des Bundes ist durch den Grundsatz der zentralen Kassenhaltung und die Veranlagung nicht (sofort) benötigter Mittel geprägt.237 Ausgaben sind gemäß Abs 5 von den ausführenden Organen nach Maßgabe ihrer Fälligkeit zu leisten und die Schulden des Bundes sind nach Möglichkeit mit Forderungen gegen denselben Empfangsberechtigten aufzurechnen.
235
236 237
RV 381 BlgNR 22.GP, 11. Zahlungs- und Verrechnungsaufträge haben insbesondere Namen und Anschrift des Zahlungspflichtigen oder Empfangsberechtigten, den anzunehmenden oder auszuzahlenden Betrag, den Grund der Zahlung oder der Verrechnung, die Verrechnungsweisung, Datum der Anordnung mit Unterschrift des Anordnungsbefugten bzw elektronische Unterschrift oder Signatur zu enthalten (§ 68 BHG). RV 877 BlgNR 16.GP, 11. Csoka/Ihle, Das Rechnungswesen des Bundes, in Steger (Hrsg), 231.
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3. Verrechnung Der Begriff „Verrechnung“ wird im BHG in einem umfassenden Sinn verwendet und bezieht sich neben der voranschlagswirksamen Verrechnung, der Bestands- und Erfolgsrechnung beispielsweise auch auf die Lohn- und Gehaltsverrechnung, die Anlagenbuchführung sowie Teile der Statistik. § 74 Abs 1 BHG stellt den Grundsatz der Geldwertverrechnung unter Zugrundelegung der Eurowährung auf. Unter dem Begriff „Geschäftsfälle“ sind alle Vorgänge zu verstehen, die nach den Vorschriften des BHG zur Verrechnung in Betracht kommen. § 75 Abs 1 BHG verankert das Prinzip der Bruttoverrechnung, wonach Vorwegabrechnungen der bei Einnahmenansätzen vorkommenden Ausgaben und umgekehrt grundsätzlich unzulässig sind.238 Bestimmten Verrechnungszwecken dienende gleichartige Konten sind in einem Verrechnungskreis zusammenzufassen (§ 75 Abs 6 BHG). Bezüglich der Verrechnungskreise wird zwischen Hauptverrechnungskreisen und Nebenverrechnungskreisen unterschieden. Hauptverrechnungskreise bestehen für die voranschlagswirksame Verrechnung und für die Bestands- und Erfolgsverrechnung. Zur gesonderten Erfassung von sachlich zusammengehörigen Verrechnungsgrößen können auch Nebenverrechnungskreise eingerichtet werden. Im Rahmen der voranschlagswirksamen Verrechnung werden die aufgrund gesetzlicher, vertraglicher oder sonstiger Bestimmungen einzuhebenden Einnahmen oder zu leistenden Ausgaben des Bundes, die gemäß § 16 BHG zu veranschlagen sind, wirksam für Rechnung eines Voranschlagsansatzes verrechnet (§ 78 BHG). Insgesamt werden für das Verrechnungsverfahren fünf Phasen festgelegt, die von der Genehmigung der Voranschlagsbeträge durch den Nationalrat, über die Verfügungen, die Berechtigungen bzw Verpflichtungen und die Forderungen bzw Schulden bis zur Zahlung reichen. In der Bestands- und Erfolgsverrechnung sind voranschlagswirksame und unwirksame Vermögensänderungen bzw Aufwendungen und Erträge zu buchen. In der Rechnungslegungsverordnung (RLV)239 ist deren bundeseinheitliche Gliederung festgelegt. Auf den Bestandskonten sind nach § 80 Abs 2 BHG jeweils der Anfangsbestand, die Zu- und Abgänge sowie der Endbestand und auf den Erfolgskonten sind die Aufwendungen und Erträge zu verrechnen. Hierbei sind Bewertungen und Abschreibungen nach den diesbezüglichen handels- und steuerrechtlichen Vorschriften vorzunehmen.240 Seit 2005 ist in den Zentralstellen der Bundesministerien auch eine Kosten- und Leistungsrechnung zu führen. Die Kostenrechnung besteht aus einer Kostenartenrechnung und einer Kostenstellenrechnung, um die Kostenstrukturen festzustellen. Darauf aufbauend erfolgt die Leistungsrechnung (Kostenträgerrechnung). Die Ergebnisse der Kosten- und Leistungsrechnung sollen sowohl den ressorteigenen als auch ressortübergreifenden bundesweiten Steuerungszwecken (zB dem Budget- und Personalcontrolling, dem Leistungscontrolling, Leistungskennzahlenvergleich, Benchmarking usw) dienen.241 Nach den §§ 83 bis 87 BHG sind zum Ende jeden Monats Abschlussrechnungen aufzustellen. Diese Monatsnachweisungen sind sowohl über die voranschlagswirksame Verrechnung als auch über die Bestands- und Erfolgsverrechnung aufzustellen. Weiters hat monatlich eine Kassenabrechnung zu erfolgen. Diese monatlichen Aufstellungen 238 239 240 241
RV 877 BlgNR 16.GP, 12. Ausnahmen hiervon sind im § 16 Abs 2 BHG enthalten. BGBl 1990/150, eine Verordnung des Rechnungshofs. RV 877 BlgNR 16.GP, 13. RV 649 BlgNR 22.GP, 17.
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dienen zusammen mit dem Monatshaushalt der Überwachung der Einhaltung des Bundesvoranschlages während des Finanzjahres, der Sicherung der Zahlungsbereitschaft sowie der Ermittlung von monatlichen Gebarungsergebnissen für alle Organe des Bundes.
D. Kontrolle 1. Innenprüfung, Rechnungslegung Grundsätzlich steht den ausführenden Organen das Recht zu, dass sachlich unrichtige oder den Haushaltsvorschriften widersprechende Anordnungen nicht vollzogen werden dürfen. Im Sinne einer umfassenden Gebarungssicherheit sind unter dem Begriff „Innenprüfung“ sowohl die vorhergehenden Prüfungen im Gebarungsvollzug als auch die Nachprüfung zu verstehen. Jeder einer Anordnung zugrunde liegende Beleg242 ist vom jeweiligen Organ auf seinen Grund und auf seine Höhe (materiellrechtliche und rechnerische Richtigkeit) unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (Art 126b Abs 5 B-VG) zu prüfen. Die Anordnungen selbst sind dahingehend zu prüfen, ob diese den Haushaltsvorschriften und den sonstigen Vorschriften entsprechen. Mit solchen Tätigkeiten dürfen Bedienstete nur betraut werden, wenn die volle Unbefangenheit gewährleistet ist und keine Unvereinbarkeit vorliegt. Die Nachprüfung der Geld-, Wertpapier- und Schuldenverrechnung kann wegen der Vielzahl der zu überwachenden Organe nur stichprobenweise (laut § 92 Abs 1 BHG fallweise und unvermutet) vorgenommen werden.243
Die Abschlussrechnungen dienen der Kontrolle der im Bundesvoranschlag enthaltenen Planung durch den Vergleich mit den Ergebnissen der Gebarung eines Jahres. Abschlussrechnungen sind für jedes Finanzjahr von jedem anweisenden Organ aufzustellen. Darüber hinaus haben die haushaltsleitenden Organe zusätzlich Abschlussrechnungen für ihren gesamten Wirkungsbereich aufzustellen. Die Jahresrechnungen sind dem Rechnungshof, jene der haushaltsleitenden Organe auch dem Bundesminister für Finanzen vorzulegen. Die im § 94 BHG vorgesehene Gliederung der Voranschlagsvergleichsrechnung entspricht der Gliederung des Bundesvoranschlagentwurfes und dient somit einer weitestgehenden Transparenz der Verrechnungsergebnisse. Auch die Bestandsund Erfolgsverrechnungen müssen ordnungsgemäß abgeschlossen werden.244 Zu jeder Jahresbestandsrechnung sind die Beteiligungen des Bundes, die Wertpapiere des Bundes, die keine Beteiligungen sind, die Finanzschulden und die Haftungen des Bundes aufgegliedert darzustellen.
2. Bundesrechnungsabschluss und Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof Die Verrechnungsergebnisse jedes Finanzjahres finden ihren Niederschlag im Bundesrechnungsabschluss. Nach Art 121 Abs 2 B-VG und den Bestimmun242 243 244
Außer es handelt sich um verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entscheidungen oder Verfügungen. RV 877 BlgNR 16.GP, 14. RV 877 BlgNR 16.GP, 14.
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gen des Rechnungshofgesetzes245 ist der Rechnungshof zur Erstellung des Bundesrechnungsabschlusses zuständig. Diese Zuständigkeit des Rechnungshofes wird allgemein als Mitwirkung an Verwaltungsaufgaben angesehen.246 Der Bundesrechnungsabschluss ist ein detaillierter Vergleich des tatsächlichen Jahresergebnisses mit dem Jahresvoranschlag und dient damit der parlamentarischen Kontrolle. Dem Bundesrechnungsabschluss ist auch eine Bestands- und Erfolgsrechnung (Vermögens- und Schuldenrechnung) anzuschließen. Der Rechnungshof kann dem Bundesrechnungsabschluss insbesondere als Anlage eine Aufgliederung der wirksamen Ausgaben und Einnahmen des Bundes nach den Kriterien der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung anschließen.247
Der vom Rechnungshof verfasste Bundesrechnungsabschluss ist dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln, der innerhalb von drei Wochen dazu Stellung nehmen kann. Der Rechnungshof hat den Bundesrechnungsabschluss bis spätestens 30. September des nächsten Finanzjahres dem Nationalrat vorzulegen. Zugleich mit dem Bundesrechnungsabschluss ist auch ein Nachweis über den Stand der Bundesschulden vorzulegen. Der Bundesrechnungsabschluss wird vom Budgetausschuss in Verhandlung genommen und in Form eines Gesetzesbeschlusses des Nationalrates (ohne Mitwirkung des Bundesrates) genehmigt.248 Eine allfällige Versagung der Genehmigung hat mittels Beschluss zu erfolgen.249 Im Rahmen der im fünften Hauptstück des B-VG und des Rechnungshofgesetzes geregelten Rechnungs- und Gebarungskontrolle obliegt dem Rechnungshof insbesondere auch die Überprüfung der gesamten Gebarung des Bundes. Weiters wirkt er gemeinsam mit dem Bundesminister für Finanzen an der Ordnung des Rechnungswesens des Bundes mit. Alle Urkunden über Finanzschulden des Bundes sind nach Art 121 Abs 3 B-VG vom Präsidenten des Rechnungshofes gegenzuzeichnen. Diese Gegenzeichnung, die lediglich die Gesetzmäßigkeit zu gewährleisten hat, stellt keine Gültigkeitsvoraussetzung für die Aufnahme von Finanzschulden des Bundes dar.250 Mit dieser Gegenzeichnung wird gewährleistet, dass der zur Eingehung von Finanzschulden ausschließlich zuständige Bundesminister für Finanzen im Rahmen seiner gesetzlichen Ermächtigung zur Schuldenaufnahme gehandelt hat. Darüber hinaus wird mit der Gegenzeichnung auch die ordnungsgemäße Eintragung in das Hauptbuch der Staatsschulden bestätigt.251
III. Haushalts(verfassungs)rechtsreform Die geplante Novelle zum Haushaltsverfassungsrecht soll in zwei Etappen umgesetzt werden, wobei die erste bereits mit 1. Jänner 2007 und die zweite mit 1. Jänner 2011 in Kraft treten sollte. Hauptpunkte des Entwurfs sind eine 245 246 247 248 249 250 251
BGBl 1948/144 idF BGBl 2003 I/100. Hengstschläger, Der Rechnungshof, 1982, 324 mwN. RV 877 BlgNR 16.GP, 14f. Pichler in Steger (Hrsg), 208 f. Rödler, Haushaltsrecht, 42. Ebenda. Pichler in Steger (Hrsg), 203.
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Ergänzung der Haushaltszielbestimmung im Art 13 B-VG, der mehrjährige, verbindliche Finanzrahmen und die neuen Grundsätze der Haushaltsführung. Neben der Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts252 hätten Bund, Länder und Gemeinden bei ihrer Haushaltsführung künftig auch „nachhaltig geordnete Haushalte“ bzw „die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern“ anzustreben. Mit nachhaltig geordneten öffentlichen Haushalten wären eine unangemessen hohe öffentliche Verschuldung sowie erhebliche persistente öffentliche Defizite nicht vereinbar.253 Die Berücksichtigung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter als Zielbestimmung der Haushaltsführung entspricht dem international etablierten Konzept des Gender Budgeting. Der Grundgedanke von Gender Budgeting ist es, die Auswirkungen des Verwaltungshandelns und der Budgetpolitik insbesondere hinsichtlich der Verteilung und Aufbringung öffentlicher Mittel auf Männer und Frauen zu analysieren und gegebenenfalls korrigierende Maßnahmen zu ergreifen.254 Gut getarnt und in einer knappen Formulierung in den Erläuterungen angemerkt ist die - meines Dafürhaltens doch spektakuläre - geplante Änderung des Art 42 Abs 5 BVG. Demnach sollen in Zukunft nicht nur wie bisher das BFG sowie allfällige Novellen und die Budgetprovisorien ohne Mitwirkung des Bundesrates zustande kommen, sondern auch das Bundesfinanzrahmengesetz sowie „ein Bundesgesetz, mit dem nähere Bestimmungen über die Erstellung des Bundesfinanzrahmengesetzes, des Bundesfinanzgesetzes und über die sonstige Haushaltsführung des Bundes getroffen werden“. Letztgenanntes Bundesgesetz enthält Regelungen über Gegenstände, welche bislang (abgesehen von der Erstellung des Bundesfinanzrahmengesetzes) im BHG geregelt wurden. Dies lässt darauf schließen, dass mit Gesetzwerdung des Entwurfes das BHG „ohne Mitwirkung des Bundesrates“ zustande kommen soll. Allgemeine, nicht nur das nächste Finanzjahr betreffende Haushaltsregelungen sind bisher gemäß Art 51 Abs 6 BVG dem einfachen Bundesgesetzgeber (und nicht dem Gesetzgeber nach Art 42 Abs 5 B-VG) vorbehalten. Solche allgemeinen Haushaltsregelungen dürfen grundsätzlich nicht durch ein BFG getroffen werden, sie wären gegebenenfalls verfassungswidrig (Bepackungsverbot). Mit Umsetzung des Entwurfes würden nunmehr bundeshaushaltsgesetzliche Regelungen zwar nicht im Rahmen eines BFG getroffen, aber dennoch durch einen Gesetzgeber, der dem Budgetgesetzgeber gleichkommt (ohne Mitwirkung des Bundesrates). ME wäre damit unvermeidlich eine Aushöhlung des Bepackungsverbotes verbunden.
Zeitlich vorrangig geht es um die Einführung einer mehrjährigen, verbindlichen Finanzplanung (Finanzrahmen). In seiner Ausgestaltung soll der Finanzrahmen verbindlich, mehrjährig, flexibel sowie klar und einfach verständlich sein. Der Finanzrahmen ist somit kein technisches Planungsinstrument, sondern verkörpert die wesentliche politische Prioritätensetzung und steckt somit in verbindlicher Weise den Rahmen ab, innerhalb dessen sich Budgeterstellung und -vollzug bewegen „müssen“.
Er fixiert damit die Ausgabenseite des Budgets (Planung des Ressourcenverbrauchs) mit einer vierjährigen Perspektive und erhöht damit die Planungssicherheit und die Flexibilität. Die erhöhte Flexibilität besteht insbesondere darin, dass nicht ausgeschöpfte Ausgaben grundsätzlich automatisch einer Rücklage gutgeschrieben werden und die 252 253 254
Entsprechend Art I-3 des Entwurfes des Vertrages über eine Verfassung für Europa. Als Obergrenze für die Verschuldung sollte das Maastricht-Schuldenkriterium herangezogen werden. RV 1331 BlgNR 22.GP, 5.
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Zweckbestimmung für Rücklagen wegfällt.255 Die Gliederung erfolgt auf hochaggregierten Ebenen, die Obergrenzen für einzelne Politikbereiche abstecken, die bei der Budgetierung nicht überschritten werden dürfen. Es wird zwischen fixen und variablen Obergrenzen unterschieden. Variable Obergrenzen gelten für jene Bereiche, die stark konjunkturabhängig sind (Arbeitsmarkt, Pensionen, FLAF).256 Auf oberster Ebene wird der Finanzrahmen in fünf Rubriken257 gegliedert. Die Einnahmenseite des Budgets soll jeweils geschätzt werden.
An die Stelle des bisher unverbindlichen Budgetprogramms soll künftig ein verbindliches Bundesfinanzrahmengesetz258 treten. Dieses legt für vier Jahre die Obergrenzen für Ausgaben in vorhinein fest, wobei die festgelegten Obergrenzen auf Ebene der Rubriken grundsätzlich weder beim darauf aufbauenden BFG noch bei dessen Vollzug überschritten werden dürfen.259 Eine Überschreitung der durch das Bundesfinanzrahmengesetz vorgesehenen Obergrenzen durch das BFG würde eine vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmende Verfassungswidrigkeit darstellen.260 Das Bundesfinanzrahmengesetz wird durch einen Strategiebericht261 flankiert, welcher die Ziele des Bundesfinanzrahmens (zB Defizit-, Schulden- und Abgabenquote) erläutern und Auskunft über die voraussichtlichen Einnahmen sowie über die politischen Prioritäten und die Ausgabenschwerpunkte der Bundesregierung geben soll.262 Die neuen Grundsätze der Haushaltsführung betreffen die Wirkungsorientierung, die Transparenz, die Effizienz und die möglichst getreue Darstellung der finanziellen Lage. Der Grundsatz der Wirkungsorientierung bedeutet, dass die Budgeterstellung und Haushaltsführung sich an den mit den eingesetzten Mitteln erreichten Wirkungen zu orientieren hat. Es geht um eine Orientierung an der politischen Zielsetzung und an deren tatsächlichen Umsetzung. Im Zusammenhang mit der Wirkungsorientierung wird auch eine angemessene Evaluierung der Ziele vorzunehmen sein. Der Grundsatz der Transparenz erfasst die schon traditionellen Grundsätze der Budgetklarheit, der Einheit und der Vollständigkeit des Budgets sowie der Bruttobudgetierung. Darüber hinaus bezieht sich der Grundsatz der Transparenz auf die Erkennbarkeit der haushaltspolitischen Ziele, die zeitnahe Veröffentlichung von Informationen bezüglich Budgeterstellung und -vollzug, das Berichtswesen ua. Die Effizienz besteht entweder darin, ein 255 256 257
258
259 260 261
262
RV 1332 BlgNR 22.GP, 2 f. Steger/Mungenast, Grundlagen für ein modernes Haushaltswesen in Steger (Hrsg), 464 f. Rubrik 1: Sicherheit und Recht; Rubrik 2: Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie; Rubrik 3: Bildung, Forschung und Kultur; Rubrik 4: Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt; Rubrik 5: Kassa und Zinsen. Der Entwurf des Bundesfinanzrahmengesetzes ist von der Bundesregierung dem Nationalrat bis spätestens zum 30. April vorzulegen. Sollte bereits ein Bundesfinanzrahmengesetz beschlossen sein, so ist im darauf folgenden Jahr im Sinne einer rollierenden Vorgangsweise jedenfalls das neue Finanzjahr n+4 dem beschlossenen Finanzrahmen anzufügen, RV 1331 BlgNR 22.GP, 6. RV 1332 BlgNR 22.GP, 3 f. RV 1331 BlgNR 22.GP, 8. Neben dem Strategiebericht soll weiterhin ein Budgetbericht erstellt werden, welcher Auskunft über die Einnahmen und Ausgaben des abgelaufenen Finanzjahres erstatten soll, um die Einhaltung des Bundesfinanzrahmengesetzes überprüfen zu können. RV 1332 BlgNR 22.GP, 7. RV 1332 BlgNR 22.GP, 5.
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gegebenes Ziel (eine bestimmte staatliche Leistung) mit einem möglichst geringen Mitteleinsatz zu erreichen (Minimalprinzip) oder mit vorgegebenen Mitteln ein maximales Ergebnis zu erreichen (Maximalprinzip). Der Grundsatz der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage betrifft die Anforderungen an die Beschaffenheit des Budget-, Verrechnungs- und Berichtssystems im weitesten Sinn.263
Zusätzliche Änderungen des Haushaltsverfassungsrechts betreffen die Provisoriumsregelungen im Art 51a B-VG sowie die Budgetüberschreitungen im Art 51b B-VG. Geplant ist weiters eine Reform der Rücklagenbildung, die nicht mehr wie bisher voranschlagswirksam gebildet und verrechnet werden sollen, vielmehr sollen eingesparte bzw nicht verbrauchte Ausgabenbeträge und zweckgebundene Mehreinnahmen auf Grund bundesfinanzgesetzlicher Regelung für Mehrausgaben zur Verfügung stehen und erst dann finanziert werden, wenn sie tatsächlich gebraucht werden.264 Zudem soll der Katalog an zusätzlichen Übersichten zum BFG erweitert werden und auch Angaben zu den finanziellen Beziehungen mit der Europäischen Union gemacht und Informationen über Kapitalbeteiligungen sowie über ausgegliederte Einrichtungen und deren Konnex zum Bundesbudget aufgenommen werden.265
IV. Haushaltsrechtliche Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden A. Finanzausgleich Aus vielerlei Gründen (zB wegen der Komplexität des Themas) ist es im Rahmen dieses Beitrages nicht möglich, auf den Finanzausgleich auch nur in seinen Grundzügen einzugehen. Es kann hier nur auf Publikationen namhafter Autoren zu diesem Themenbereich verwiesen werden.266 In aller Kürze soll angeführt werden, was Regelungsgegenstand des Finanzausgleichs ist. Die verfassungsrechtliche Grundlage des Finanzausgleichs ist das F-VG 1948. Finanzausgleichgesetze sind traditionell zeitlich befristet und ihrer Erlassung gehen intensive Verhandlungen der Finanzausgleichspartner (Bund, Länder sowie Österreichischer Gemeindebund und Österreichischer Städtebund als Vertreter der Gemeindeinteressen) voraus (paktierter Finanzausgleich). Ausgehend vom Grundsatz der eigenen Kostentragung im § 2 F-VG, der eine entsprechende Finanzausstattung der Gebietskörperschaften voraussetzt, ergibt sich die Notwendigkeit eines Finanzausgleiches unter den Gebietskörperschaften. Unter Finanzausgleich im engeren Sinn sind die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge und die Gewährung von Finanzzuweisungen und Zuschüssen für bestimmte Zwecke zu verstehen. Die bundesgesetzliche Verteilung der Besteuerungsrechte ist nicht abschließend, da auch den Ländern ein eingeschränktes Steuererfindungsrecht zukommt und die Länder in dem nicht vom Bund geregelten Bereich zur Verteilung der Besteuerungsrechte und 263 264 265 266
RV 1331 BlgNR 22.GP, 8 f. RV 1332 BlgNR 22.GP, 5. Ebenda, 8. Matzinger in Steger (Hrsg), 67 ff; KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung (Hrsg), Finanzausgleich 2005. Ein Handbuch - mit Kommentar zum FAG 2005 (2005); Matzinger, Der Finanzausgleich ab 2005, ÖGZ 1/2005;
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Abgabenerträge unter sich und den Gemeinden befugt sind.267 Bei der Regelung des Finanzausgleiches ist § 4 F-VG zu beachten, wonach der Finanzausgleich in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen hat und darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden.268
B. Der Konsultationsmechanismus Der Konsultationsmechanismus beruht auf einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.269 Diese Vereinbarung ist am 15. Jänner 1999 in Kraft getreten. Als Vertragspartner scheinen der Bund, die Länder und Gemeinden, letztere vertreten durch den Österreichischen Städtebund und den Österreichischen Gemeindebund, auf (Drei-Ebenen-Vertrag). Die überaus notwendige Mitwirkung der beiden Interessenvertretungen der Gemeinden an einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG bedurfte spezieller verfassungsgesetzlicher Ermächtigung270. Der Konsultationsmechanismus bewirkt eine Abweichung vom Kostentragungsprinzip des § 2 F-VG insofern, als nicht die vollziehende Körperschaft die Kosten zu tragen hat, sondern diejenige Gebietskörperschaft, die den betreffenden Rechtsakt erlassen hat.271 Durch den Konsultationsmechanismus soll verhindert werden, dass Gebietskörperschaften ohne ihre Zustimmung mit Belastungen konfrontiert werden, die sich aus rechtsetzenden Maßnahmen anderer Gebietskörperschaften ergeben.272 Die Vereinbarung ist unmittelbar anwendbar, da es aber nur um eine Berechtigung und Verpflichtung der Vertragsparteien selbst geht, stellt sich die Frage der speziellen Transformation gar nicht.273 Außerdem besteht im Streitfall durch die Möglichkeit, den Verfassungsgerichtshofes gemäß Art 137 B-VG anzurufen, auch ein genügender Rechtschutz.274
Die Geltung der Vereinbarung ist mit der Existenz der Vereinbarung über den Stabilitätspakt verknüpft und umgekehrt ebenso (Art 10 Abs 2 und 3). Die Vereinbarung kann vom Bund, jedem Land und den Gemeinden, vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund, schriftlich gekündigt werden (Art 10 Abs 1).
267 268 269 270
271 272 273
274
Hüttner/Griebler in KDZ (Hrsg), Finanzausgleich 2005. Ein Handbuch - mit Kommentar zum FAG 2005 (2005), 36. Siehe auch VfSlg 12.505. BGBl 1999 I/35. BVG Gemeindebund, BGBl 1998 I/61. Dazu Hattenberger, Öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zwischen staatlicher und gemeindlicher Ebene (“Drei-EbenenVerträge”), in Österreichischer Gemeindebund/Österreichischer Städtebund (Hrsg), 15 Jahre kommunale Interessenvertretung in der Bundesverfassung (2003), 17 ff. Bußjäger, ÖJZ 2000, 581. Hüttner, ÖGZ 1/1999, 6. Oberndorfer/Leitl, Die Kostentragungsregeln nach Art 4 Konsultationsmechanismus im System der Finanzverfassung, in Funk ua (Hrsg), Der Rechtsstaat vor neuen Herausforderungen (FS Adamovich) (2002), 561. Bußjäger, ÖJZ 2000, 581. Eine im Konsultationsgremium beschlossene Einigung bedarf gemäß Art 2 Abs 1 Z 2 BVG Gemeindebund keiner weiteren gesetzlichen Umsetzung und ist daher unmittelbar anwendbar und einklagbar, Oberndorfer/Leitl (FN 273), 565.
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Kernstück des Konsultationsmechanismus ist die wechselseitige Informationspflicht von Bund und Ländern sowie dieser Gebietskörperschaften gegenüber den Gemeinden über so genannte „Vorhaben“. Unter Vorhaben im Sinne der Vereinbarung sind Gesetzesentwürfe der Bundesministerien oder der Ämter der Landesregierung, Gesetzesvorschläge der Bundesregierung oder der Landesregierungen sowie beschlussreife Verordnungsentwürfe der Bundesregierung, einzelner Bundesminister, einer Landesregierung, eines Mitglieds einer Landesregierung oder des Landeshauptmannes in mittelbarer Bundesverwaltung (Art 1 Abs 1 und 2) zu verstehen.275 In die Erläuterungen zu diesen Vorhaben ist eine Darstellung der finanziellen Auswirkungen aufzunehmen, welche den Richtlinien des Bundesministers für Finanzen gemäß § 14 Abs 5 BHG276 zu entsprechen hat. Diese Vorhaben sind innerhalb einer angemessenen Frist (die bei Gesetzes- und Verordnungsentwürfen vier Wochen und bei Gesetzesvorschlägen der Bundesregierung oder einer Landesregierung eine Woche nicht unterschreiten darf) zur Stellungnahme zu übermitteln (Art 1 Abs 4). Die am Vorhaben nicht beteiligten Gebietskörperschaften277, also bei Vorhaben des Bundes die Länder und Gemeinden, können innerhalb der genannten Frist die Vornahme von Verhandlungen in einem Konsultationsgremium verlangen. Die Verhandlungen betreffen die aus der Verwirklichung des Vorhabens resultierenden zusätzlichen finanziellen Ausgaben (einschließlich zusätzlicher Personalkosten)278 des Antragstellers (Art 2 Abs 1).279 Art 3 regelt die Zusammensetzung des Konsultationsgremiums. Wird die Aufnahme von Verhandlungen im Konsultationsgremium verlangt, ist dieses zu 275
276 277
278
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Nicht zu den Vorhaben zählen Gesetzesvorschläge die auf einem selbständigen Antrag im Nationalrat beruhen (Initiativanträge), für die aber die besonderen Kostentragungsfolgen nach Art 5 gelten. Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG werden auch nicht erfasst, dies ist aber insoweit unproblematisch, als aus einer solchen Vereinbarung für die anderen Gebietskörperschaften nur dann Verpflichtungen resultieren können, wenn sie ihr beitreten. Problematischer erscheint die Ausnahme hinsichtlich Staatsverträgen, denn aus dem Abschluss von Staatsverträgen durch den Bund können sich in den Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder (Art 15 Abs 1 B-VG) uU recht kostenaufwändige Erfüllungsverpflichtungen ergeben, Bußjäger, ÖJZ 2000, 581. Richtlinien für die Ermittlung und Darstellung der finanziellen Auswirkungen neuer rechtsetzender Maßnahmen gemäß § 14 Abs 5 BHG, BGBl 1999 II/50. Hierbei wird der Bund als Antragsteller vom Bundesminister für Finanzen vertreten. Die Gemeinden werden auch hier durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund vertreten. Hinsichtlich der Vertretung der Länder geht aus der RV hervor, dass die Länder im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie ihre Vertretung selbst regeln können, wobei in den meisten Fällen der Landeshauptmann zur Vertretung berufen wird, RV 1210 BlgNR 20.GP, 8. Bezug nehmend auf die Kostentragungspflicht im § 2 F-VG könnten zu den „zusätzlich verursachten finanziellen Ausgaben“ der Amtssachaufwand und der Personalaufwand gerechnet werden. Die Richtlinien für die Ermittlung und Darstellung der finanziellen Auswirkungen neuer rechtsetzender Maßnahmen gemäß § 14 Abs 4 BHG rechnen auch die so genannten Nominalausgaben dazu, worunter Transferzahlungen oder materielle oder immaterielle Leistungen eines öffentlichen Rechtsträgers an Einzelpersonen, Personengruppen oder andere öffentliche Rechtsträger und Institutionen verstanden werden. Bußjäger, ÖJZ 2000, 581. Nur wenn durch Vorhaben des Bundes bei den anderen Gebietskörperschaften Mehrausgaben von mehr als 0,1 vT der Ertragsanteile aller Länder und Gemeinden bzw durch ein Vorhaben eines Landes Mehrausgaben von mehr als 0,25 vT der Ertragsanteile der Gemeinden dieses Landes verursacht werden (Bagatellgrenze), können Verhandlungen verlangt werden, andernfalls bleibt es bei den bestehenden Regelungen über die Kostentragung (Art 4 Abs 5).
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konstituieren und hierzu vom Vorsitzenden unverzüglich einzuberufen (Art 4 Abs 1). Den Vorsitz führt im Fall von Einwänden gegen ein Vorhaben des Bundes der Bundeskanzler und bei Einwänden gegen ein Vorhaben eines Landes ein Landesregierungsmitglied (Art 3 Abs 2). Kommt im Konsultationsgremium kein Einvernehmen zustande, sind die tatsächlichen, nach Maßgabe einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Vollziehung angefallenen finanziellen Mehrausgaben durch die rechtsetzende Gebietkörperschaft zu ersetzen.280 Kommt im Konsultationsgremium eine Einigung über die Höhe der zu ersetzenden finanziellen Ausgaben und deren Tragung zustande, dann ist diese Einigung maßgeblich (Art 4 Abs 2). Bezieht sich die Einigung nur auf die Kostentragung, bemisst sich die Höhe des Ersatzes nach der finanziellen Darstellung auf Grundlage der Richtlinie gemäß § 14 Abs 5 BHG. Der Konsultationsmechanismus gilt nicht für Rechtsakte, die in zwingender und nicht überschießender Umsetzung des Gemeinschaftsrechts ergehen281 oder die Gebietskörperschaften in ihrer Eigenschaft als Träger von Privatrechten so wie jeden anderen Rechtsträger treffen282 sowie für rechtsetzende Maßnahmen, die auf dem Gebiet des Abgabenrechts und des Finanzausgleichs getroffen werden (Art 6). Art 5 normiert schließlich eine besondere Kostentragungspflicht für den Fall, wenn ein Gesetzesbeschluss von der dem Konsultationsverfahren unterzogenen Vorlage inhaltlich abweicht und dadurch zusätzliche finanzielle Ausgaben verursacht werden oder wenn er von der Vorlage, über die im Konsultationsgremium Einvernehmen erzielt wurde inhaltlich abweicht oder ein Vorhaben betrifft, das nicht gemäß Art 1 zur Stellungnahme übermittelt werden musste (zB Initiativanträge). Diese Ersatzpflicht trifft jene Gebietskörperschaft, der das rechtsetzende Organ angehört. Eine über Art 5 hinausgehende Sanktionierung ist nicht vorgesehen, insbesondere begründet ein Verstoß des Gesetzgebers gegen die erzielte Einigung keine in eine Verfassungswidrigkeit mündende Fehlerhaftigkeit des Gesetzes.283 Der Vorteil eines Verfahrens nach Art 5 besteht aber darin, dass keine langwierigen Verhandlungen in einem Konsultationsgremium durchgeführt werden müssen.
C. Österreichischer Stabilitätspakt Im Zuge der Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zur Vermeidung eines übermäßigen Defizits (Art 104 EG-Vertrag siehe Punkt I.C.1.) schlossen Bund, Länder und Gemeinden im Jahre 1999 den (ersten) österreichischen Stabilitätspakt284 ab, dessen erklärtes Ziel die Koordination der Haus-
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Diese Rechtsfolge tritt auch ein, wenn die Empfehlungen des Konsultationsgremiums nicht abgewartet werden bzw wenn ihnen nicht Rechnung getragen wird. Siehe dazu Oberndorfer/Leitl (FN 273), 558 mit grafischer Übersicht. Eine Umsetzungsverpflichtung besteht lediglich hinsichtlich von Richtlinien. Verordnungen sind unmittelbar anwendbar. Auch allenfalls zweckmäßige Anpassungen der österreichischen Rechtsordnung an die unmittelbar anwendbaren Verordnungen sind keine Erfüllung von Umsetzungsverpflichtungen und daher nicht von der Vereinbarung ausgenommen, Bußjäger, ÖJZ 2000, 581. Diese Ausnahme bezieht sich nicht auf Maßnahmen, welche die Gebietskörperschaften deswegen besonders treffen, weil gerade sie regelmäßig in dem durch die Maßnahme betroffenen Bereich tätig sind, wie etwa bei der Erhaltung von Krankenanstalten, RV 1210 BlgNR 20.GP, 11. Oberndorfer/Leitl (FN 273), 565. BGBl 1999 I/101. Hierbei erfolgte eine Aufteilung der Defizitquote, wobei 90 % auf den Bund und 10 % (0,3 % des BIP) auf die Länder und Gemeinden entfiel. Die Gebietskörperschaften verpflichteten sich auch zu einer anteiligen bzw verursa-
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haltsführung der Gebietskörperschaften ist. Auch beim Österreichischen Stabilitätspakt handelt es sich um eine modifizierte Variante einer Vereinbarung nach Art 15a B-VG.285 In einer Art Drohgebärde normierte der mit 1. Jänner 2001 in Kraft getretene § 27 Abs 7 FAG 2001, dass die Ertragsanteile der Länder an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben monatlich gekürzt würden, wenn die Länder nicht bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 eine Vereinbarung mit Bund und Gemeinden über einen Stabilitätspakt ratifizieren, in dem sie sich zu einen durchschnittlichen Haushaltsüberschuss verpflichten würden. Unter dem Druck dieser Bestimmung schlossen die Länder mit Bund und Gemeinden den „Österreichischen Stabilitätspakt 2001“286 ab.287 Im Rahmen der Einigung über den Finanzausgleich 2005288 wurde am 25. Oktober 2005 Einvernehmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über einen neuen Österreichischen Stabilitätspakt erzielt. Mit dem „Österreichischen Stabilitätspakt 2005“ soll weiterhin die nachhaltige Einhaltung der Maastricht-Kriterien sichergestellt werden.289 Die Vereinbarung sieht vor, dass zur Verstärkung einer stabilitätsorientierten Haushaltsführung von den Gebietskörperschaften Stabilitätsbeiträge zu leisten sind. Art 2 legt den ordentlichen Stabilitätsbeitrag des Bundes fest, wobei für die Jahre der Geltungsdauer jeweils ein Maximaldefizit vereinbart wurde. Der Beitrag des Bundes ist so berechnet, dass bei ordnungsgemäßer Erbringung der ordentlichen Stabilitätsbeiträge der anderen Vereinbarungspartner Österreich im Jahr 2008 einen ausgeglichenen gesamtstaatlichen Haushalt aufweist. Für die Jahre 2005 und 2006 sind Unterschreitungen des ordentlichen jährlichen Stabilitätsbeitrages nicht zulässig. Liegt das Haushaltsergebnis im Jahr 2007 und 2008 unterhalb des ordentlichen Stabilitätsbeitrags, aber noch oberhalb der in Abs 2 festgelegten Schwellgrenze, gilt dies als zulässig (verringerter Stabilitätsbeitrag). Der Ausnahmecharakter dieser Bestimmung wird dadurch betont, dass im Folgejahr die Unterschreitung auszugleichen ist (erhöhter Stabilitätsbeitrag).290
Art 3 legt den ordentlichen Stabilitätsbeitrag der Länder (einschließlich Wiens) fest, wobei für die Jahre der Geltungsdauer der Vereinbarung jeweils ein Minimalüberschuss vereinbart wurde. Art 4 legt schließlich den ordentli-
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chungsgerechten innerösterreichischen Tragung allfälliger supranationaler Sanktionslasten im Falle mangelnder Budgetdisziplin, vgl dazu Rödler, ecolex 1999, 729. Gamper, JRP 2002, 240. BGBl 2002 I/39. Im Art 18 verpflichtete sich der Bund, § 27 Abs 7 FAG 2001 unter bestimmten Voraussetzungen ersatzlos aufzuheben, zu dieser Problematik ausführlich Gamper, JRP 2002, 240. Da die Höhe der Ertragsanteile und Transfers untrennbar mit der Höhe der Beiträge der Länder gemäß dem Österreichischen Stabilitätspakt zusammenhängen blieb § 25 Abs 6 über die Suspendierung auch im FAG 2005 unverändert bestehen, RV 702 BlgNR 22.GP, 9. RV 701 BlgNR 22.GP, 3. RV 701 BlgNR 22.GP, 4. Soweit ein verringerter Stabilitätsbeitrag erbracht wird, hat er sich innerhalb des maximal zulässigen Unterschreitungsausmaßes zu bewegen. Außerdem hat ein Ausgleich derart stattzufinden, dass über den Zeitraum der Jahre 2007 bis 2008 zumindest der durchschnittliche ordentliche Stabilitätsbeitrag erreicht wird.
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chen Stabilitätsbeitrag der Gemeinden (ohne Wien) fest, wobei für die Geltungsdauer der Vereinbarung jährlich ein ausgeglichener Haushalt vereinbart wird und die Gemeinden landesweise jeweils solidarisch dazu beizutragen haben.291 Bund, Ländern und länderweise den Gemeinden steht es frei, jeweils durch schriftliche Vereinbarung die Haushaltsergebnisse untereinander zu übertragen, soweit der jeweilige ordentliche Stabilitätsbeitrag erfüllt wird. Durch das gemeinsame Ziel, die Maastricht-Kriterien zu erfüllen, ist eine der wichtigsten Eckpunkte des Stabilitätspaktes die gegenseitige Information über sowie die Koordination der Haushaltsführung untereinander. Zu diesen Zwecken wurden einerseits auf Bundesebene ein Bundeskoordinationskomitee, in dem Bund, Länder, Städtebund und Gemeindebund vertreten sind, andererseits auch acht Landeskoordinationskomitees, in dem das jeweilige Land und die jeweilige Landesorganisation des Gemeindebundes und Städtebundes vertreten sind, eingerichtet. Gegenstand der Haushaltskoordinierung im österreichischen Koordinationskomitee sind unter anderem die mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung, die Überwachung der Entwicklung der Haushalte, des öffentlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstandes sowie die Empfehlung oder gar die Festlegung von Maßnahmen, wenn vom Rat auf Grund einer Entscheidung über das Vorliegen eines übermäßigen Defizits eine Empfehlung ausgesprochen wurde. Zur Unterstützung des Vollzugs der Vereinbarung wurde ein sanktioniertes Informationssystem vereinbart (Art 9).292 Auf den Ergebnissen der Haushaltskoordinierung aufbauend erstellt der Bundesminister für Finanzen den Entwurf des österreichischen Stabilitätsprogramms, welches dem Nationalrat zur Kenntnis zu bringen und den zuständigen Organen der Europäischen Union zu übermitteln ist (Art 8).293 Zur Absicherung der in der Vereinbarung festgelegten „verstärkten Haushaltsdisziplin“ wird ein eigener Sanktionsmechanismus eingeführt. Hierbei hat ein ad hoc eingerichtetes Schlichtungsgremium einvernehmlich zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Sanktionsbeitrag294 zu leisten ist (Art 11). Trotz unzulässiger Unterschreitung unterbleibt eine Sanktion, wenn zB eine Änderung der Interpretation des ESVG 95 die Ursache war, oder wenn ein Höchstgericht eine ausschließliche Abgabe durch seine Rechtsprechung vermindert, oder wenn Österreich insgesamt sein Ziel (Nulldefizit) trotzdem erreicht hat (in diesem Fall ist der Fehlbetrag aber nachzubringen).295
Der Österreichische Stabilitätspakt 2005 ist auf bestimmte Zeit, nämlich für die Jahre 2005 bis 2008 abgeschlossen, eine einseitige Kündigungsmöglichkeit wurde nicht vereinbart. Er tritt daher mit Ablauf des Jahres 2008 außer Kraft. Der alte Stabilitätspakt aus 1999 wurde im Übrigen nicht außer Kraft gesetzt, 291 292
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RV 701 BlgNR 22.GP, 4. Bei schuldhafter Verletzung der Informationsverpflichtungen ist ein Sanktionsbeitrag an die Statistik Austria zu leisten. Ob eine schuldhafte Verletzung vorliegt, entscheidet das jeweilige Schlichtungsgremium. Aus dem Österreichischen Stabilitätsprogramm können sich für die Länder und Gemeinden keine über den Inhalt dieser Vereinbarung hinaus reichenden Verpflichtungen ergeben. Der Sanktionsbeitrag beträgt 8 % des jeweils vereinbarten Stabilitätsbeitrages als Fixbeitrag zuzüglich 15 % der unstatthaften (Über?)- bzw Unterschreitung des vereinbarten Stabilitätsbeitrages, höchstens jedoch die Differenz zwischen dem ermittelten Haushaltsergebnis und dem vereinbarten Stabilitätsbeitrag bzw dem vereinbarten Maastricht-Defizit. Matzinger in Steger (Hrsg), 130.
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sondern suspendiert, um nach Außer-Kraft-Treten des neuen Stabilitätspaktes wieder in Kraft zu treten. Lediglich bei Kündigung des Konsultationsmechanismus durch den Bund soll auch der Stabilitätspakt 2005 vorzeitig außer Kraft treten, was einem indirekten Kündigungsrecht des Bundes gleichkommt.296 Umgekehrt soll aber weder Abschluss noch Beendigung des Stabilitätspaktes 2005 eine Auswirkung auf die Geltung des Konsultationsmechanismus haben.297
V. Haushaltsrecht der Länder und Gemeinden A. Der rechtliche Rahmen für die Landeshaushalte Das Haushaltsrecht der Länder sowie die Führung der Landeshaushalte sind grundsätzlich Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Länder (Art 15 Abs 1 B-VG). Die einzelnen Landesverfassungen regeln eingehend jene Rechte des Landtages, die in ihrer Gesamtheit als „finanzielle Kontrolle“ bezeichnet werden können. Dazu zählt das Recht auf Genehmigung des Landesvoranschlages, von Budgetüberschreitungen sowie von Landesrechnungsabschlüssen. Einfachgesetzliche Bestimmungen sind teilweise in den Geschäftsordnungen und Dienstanweisungen enthalten. Nach hL ist der Landesverfassungsgesetzgeber an die Vorstellungen vom rechtlichen Charakter des Voranschlages und der Budgetgenehmigung (insbesondere an die Budgetgrundsätze), wie sie aus dem B-VG sowie der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hervorgehen, gebunden.298
Obwohl es sich beim Landesbudget um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches handelt, verfügt der Bund über eine Reihe von Eingriffsmöglichkeiten in die Budgetgestaltung der Länder, an oberster Stufe im Rahmen des B-VG und des F-VG. Durch einfache Bundesgesetze kommt es zu einer Beschränkung der Budgethoheit der Länder durch den Finanzausgleich. Eine weitere Ausnahme von der Haushaltsführung im selbständigen Wirkungsbereich ist die Möglichkeit des Bundesministers für Finanzen aufgrund der Ermächtigung im Art 16 Abs 1 F-VG, durch Verordnung die Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse einheitlich zu regeln. Der Bundesminister für Finanzen hat von dieser Möglichkeit in der Voranschlagsund Rechnungsabschlussverordnung (VRV)299 Gebrauch gemacht. Die Ausgabenseite wird durch die im österreichischen Stabilitätspakt enthaltene Verpflichtung der Länder, genau vorgegebene Haushaltsergebnisse zu erzielen, zusätzlich eingeschränkt.
Im Bereich der Finanzkontrolle hat der Bund schließlich die ihm verfassungsmäßig eingeräumten Rechte zur Überprüfung der Voranschläge und 296
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Ein gemäß Art 10 Abs 1 des Konsultationsmechanismus durch Kündigung einer anderen Gebietskörperschaft bewirktes Außer-Kraft-Treten des Konsultationsmechanismus führt zwar zum Außer-Kraft-Treten des alten Stabilitätspaktes 1999 gemäß dessen Art 6 Abs 1, aber nicht zum Außer-Kraft-Treten des neuen Stabilitätspaktes, vgl Gamper, JRP 2002, 240. RV 701 BlgNR 22.GP, 5 f. Nach Wiederaufleben des alten Stabilitätspaktes aus 1999 gelten wiederum die dort festgelegten Verschränkungen von Stabilitätspakt und Konsultationsmechanismus. Koja (FN 79) 248 f mwN. BGBl 1996/797 idF BGBl 2006 II/45.
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Rechnungsabschlüsse der Länder. Die selbständige Führung des Landeshaushaltes wird durch § 6 F-VG gewährleistet, wonach die Abgaben nach ihrem Ertrag den Gebieteskörperschaften im eigenen Haushalt zur Verfügung stehen. Allerdings haben die Länder Voranschläge und Rechnungsabschlüsse gemäß Art 127 Abs 2 B-VG dem Rechnungshof zu übermitteln. Der Rechnungshof hat als Organ des Landtages die Gebarung zu überprüfen.300 Weiters kann die Bundesregierung gegen bestimmte Gesetzesbeschlüsse eines Landtages Einspruch erheben, und falls der Landtag seinen Beschluss wiederholt, gilt das im § 9 F-VG vorgesehene Verfahren, das eine Art Oberaufsicht des Bundes vorsieht. Im Falle eines Beharrungsbeschlusses des Landtages entscheiden über das Aufrechtbleiben des Einspruchs (falls er von der Bundesregierung nicht zurückgezogen wird) der Nationalrat und der Bundesrat durch einen ständigen gemeinsamen Ausschuss. Dieser Ausschuss fasst seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Der Gesetzesbeschluss des Landtages kann kundgemacht werden, wenn der Ausschuss nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen entscheidet, dass der Einspruch der Bundesregierung aufrecht zu bleiben hat.301
Allerdings erstellen die Länder ihre jährlichen Haushaltspläne nicht in Form eines Landesgesetzes, sondern sind (mit Ausnahme von Salzburg) auf schlichte Landtagsbeschlüsse ausgewichen, um auf diese Weise zu vermeiden, dass die Bundesregierung dagegen gemäß Art 98 B-VG Einspruch erhebt.302
1. Der Landesvoranschlag Im Allgemeinen wird vom Landesfinanzreferenten der Entwurf für den Landesvoranschlag samt Erläuterungen auf der Grundlage der Teilvoranschläge der zuständigen Verwaltungsstellen verfasst. Nach der Vorberatung durch die Landesregierung wird der Entwurf des Voranschlages dem Landtag vorgelegt. Nach allen Landesverfassungen steht dem Landtag das Recht zu, den Landesvoranschlag zu genehmigen. Für die finanziellen Erfordernisse der Verwaltungsangelegenheiten von Wien als Land hat die Gemeinde Vorsorge zu treffen. Damit hat die Gemeinde Wien in ihrem Voranschlag auch jene Mittel zu veranschlagen, die für die Erfüllung der Landesaufgaben erforderlich sind (§ 132 Abs 4 WStV). Es besteht ein einziges Budget für Wien als Stadt und Land. Die Genehmigung des Voranschlages erfolgt länderweise unterschiedlich, teilweise in Form eines Landesgesetzes oder durch einfachen Beschluss des Landtages.303 300 301 302 303
Smutny in Steger (Hrsg), 325 f. Ebenda, 326. Hengstschläger in Korinek/Holoubek (Hrsg), zu Art 51, Rz 34. Burgenland: Die Landesregierung hat den Landesvoranschlag spätestens einen Monat vor Ablauf des Finanzjahres dem Landtag vorzulegen (Art 37 L-VG, LGBl 1981/42 idF LGBl 2006/44); Kärnten: vor Ablauf des Finanzjahres (Art 60 K-LVG, LGBl 1996/85 idF LGBl 2006/45); Niederösterreich: sechs Wochen vor Ablauf des Kalenderjahres (Art 29 NÖ LV, LGBl 0001-13); Oberösterreich: (Art 55 OÖ Landes-Verfassungsgesetz, LGBl 1991/122 idF LGBl 2004/79); Salzburg: Die Landesregierung hat für das folgende Haushaltsjahr vor seinem Beginn alle Einnahmen und Ausgaben in einem Haushaltsplan zu erfassen. Der Landtag stellt diesen durch Gesetzesbeschluss fest (Art 44 L-VG, LGBl 1999/25 idF LGBl 2006/85); Steiermark: acht Wochen vor Ablauf des Finanzjahres (Art 16 Landes-Verfassungsgesetz, LGBl 1960/1 idF LGBl 2005/94); Tirol: spätestens bis zum 15. November (Art 61 Tir Landesordnung, LGBl 1988/61 idF LGBl 2003/125); Vorarlberg: (Art 56 Verfas-
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Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung die Gesetzesform für die Bewilligung des Landesvoranschlages zu wählen besteht nicht, da die Budgetbewilligung ihrem Inhalt nach nicht Gesetzgebung, sondern Zustimmung zu einem Akt der Vollziehung ist.304
Die Grundsätze für die Erstellung des Voranschlages (und der Rechnungsabschlüsse) ergeben sich - wie erwähnt - aus der VRV 1997.
Nach dem Grundsatz der Jährlichkeit ist der Veranschlagungszeitraum das Kalenderjahr (§ 1 VRV). Nach dem Grundsatz der Vollständigkeit hat der Voranschlag sämtliche Einnahmen und Ausgaben auszuweisen, die im Haushaltsjahr erwartet werden können (§ 2 VRV). Der Grundsatz der Bruttosaldierung (§ 3 VRV) sieht eine Veranschlagung der Einnahmen und Ausgaben in voller Höhe unsaldiert vor. Zudem wären noch die Grundsätze der Budgeteinheit und der Budgetklarheit zu erwähnen, die sich in mehreren Bestimmungen der VRV manifestieren.
Alle Landesverfassungen sehen sowohl Budgetprovisorien vor, für den Fall, dass vor Ablauf des Finanzjahres von den Landtagen kein Landesvoranschlag beschlossen wird, als auch Regelungen hinsichtlich eines Nachtragshaushaltes, sofern außer- oder überplanmäßige Ausgaben durch das Eintreten bestimmter Ereignisse (zB Naturkatastrophen) erforderlich werden.305
2. Der Rechnungsabschluss Nach allen Landesverfassungen haben die Landesregierungen für das abgelaufene Finanzjahr den Rechnungsabschluss zu verfassen und dem Landtag vorzulegen. Die Landtage sind regelmäßig befugt, nach Ablauf des Haushaltsjahres über den ordnungsgemäßen Vollzug der im Voranschlag genehmigten Ansätze zu befinden. Die Vorlage des Rechnungsabschlusses erfolgt im Regelfall „zur Genehmigung“, lediglich in Niederösterreich, Oberösterreich und Vorarlberg ist der Rechnungsabschluss dem Landtag „zur Kenntnisnahme“ vorzulegen.306 Als Angaben zum Rechnungsabschluss sind diesem eine Gebarungsübersicht über die Einnahmen und Ausgaben der Gruppensummen 0 bis 9, gegliedert nach ordentlichen und außerordentlichen Einnahmen und Ausgaben, voranzustellen (§ 17 Abs 1 VRV). Ein Rechnungsquerschnitt, der zur Ermittlung des Maastricht-Ergebnisses dient, kann ebenfalls beigelegt werden (§ 17 Abs 5 VRV).307 Mit der Genehmigung bzw der Kenntnisnahme des Rechnungsabschlusses durch den Landtag erteilt dieser der Landesregierung gewissermaßen die „Entlastung“.308
3. Gebarungskontrolle im Bereich der Länder Nach Genehmigung durch den Landtag ist der Rechnungsabschluss dem Rechnungshof zu übermitteln. Der Rechnungshof ist gemäß Art 121 Abs 1 B-VG nicht nur zur Kontrolle der Gebarung des Bundes, sondern auch zu jener der Länder, der Gemeindeverbände, der Gemeinden und anderer durch Gesetz
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sungsgesetz über die Verfassung des Landes Vorarlberg, LGBl 1999/9 idF LGBl 2004/43), näheres dazu siehe bei Smutny in Steger (Hrsg), 330. Koja (FN 79), 243 ff. Mit kritischen Überlegungen dazu Koja (FN 79), 251 ff. Burgenland: (Art 41 L-VG); Kärnten: (Art 62 L-VG); Niederösterreich: (Art 31 NÖ LV); Oberösterreich: (Art 55 Oberösterreichisches Landes-Verfassungsgesetz); Salzburg: (Art 45 L-VG); Steiermark: (Art 16 Landes-Verfassungsgesetz); Tirol: (Art 63 (Tiroler Landesordnung); Vorarlberg: (Art 56 Verfassungsgesetz über die Verfassung des Landes Vorarlberg). Smutny in Steger (Hrsg), 330 ff. Koja (FN 79), 261.
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bestimmter Rechtsträger berufen. In Angelegenheiten der Länder-, Gemeindeverbände- und Gemeindegebarung sowie der Gebarung der gesetzlich beruflichen Vertretungen, soweit sie in die Vollziehung der Länder fallen (zB die Landwirtschaftskammern), ist der Rechnungshof als Organ des betreffenden Landtages tätig (Art 122 Abs 1 B-VG). Im Unterschied zur Prüfung der Bundesgebarung hat der Präsident des Rechnungshofes Urkunden über Finanzschulden der Länder nicht gegenzuzeichnen und die Landesrechnungsabschlüsse werden regelmäßig von den Landesregierungen erstellt und den Landtagen zur Genehmigung vorgelegt, wohingegen die Erstellung des Bundesrechnungsabschlusses dem Rechnungshof obliegt. Zur Wahrnehmung der Finanzkontrolle haben die Länder auch eigene Landesrechnungshöfe309 bzw in Wien das Kontrollamt310 installiert. Die Landesrechnungshöfe werden als Organ des jeweiligen Landtages tätig und unterliegen bei der Durchführung von Kontrollen keinen Weisungen.311
B. Das Haushaltsrecht der Gemeinden Die Gemeinden haben nach Art 116 Abs 2 B-VG das Recht, im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbständig zu führen, wobei den Gemeinden eine „eigenverantwortliche, weisungsfreie, gesetzmäßige Haushaltsführung“ (Art 118 Abs 4 B-VG) gewährleistet wird. Dieses Recht bildet einen Kernbereich des eigenen Wirkungsbereiches und damit des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechtes. Eine Übertragung der Haushaltsführung auf eine staatliche Behörde (Art 118 Abs 7 B-VG) kommt nicht in Betracht, weil dadurch die Gemeindeautonomie beseitigt würde.312 Das Gemeindehaushaltsrecht wurde landesgesetzlich in den Gemeindeordnungen und Stadtrechten, zum Teil mit weiteren Durchführungsverordnungen oder durch eigene landesgesetzliche Gemeindehaushaltsordnungen geregelt.313
1. Voranschlag Die Gemeindeordnungen und Stadtrechte verpflichten die Gemeinden zur Erstellung eines jährlichen Voranschlages und erklären diesen als verbindliche Grundlage für die Führung des Gemeindehaushaltes. Der Voranschlag der 309
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Burgenland: Art 74 bis 77 L-VG; Kärnten: Art 70 f K-LVG, Niederösterreich: Art 51 bis 56 NÖ LV; Oberösterreich: Art 35 OÖ L-VG; Salzburg: Art 54 L-VG; Steiermark: Landesrechnungshof-Verfassungsgesetz (LGBl 1982/59 idF 2001/34); Tirol: Art 67 bis 70 Tir Landesordnung; Vorarlberg: Art 67 bis 70 Verfassungsgesetz über die Verfassung des Landes Vorarlberg. § 73 WStV. Smutny in Steger (Hrsg), 337. Sturm/Havranek, Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung2 (1998), Rz 1 zu § 86. §§ 67 ff Bgld GO, LGBl 2003/55; §§ 86 ff K-AGO, LGBl 1998/66; §§ 72 ff NÖ GO, LGBl 1000; §§ 74 ff OÖ GO, LGBl 1990/91 idF LGBl 2005/8; §§ 49 ff Sbg GO, LGBl 1994/107 idF LGBl 2004/12; §§ 75 ff Stmk GO, LGBl 1967/115 idF LGBl 2004/49; §§ 75 ff Tir GO, LGBl 2001/36; §§ 73 ff Vlbg GO, LGBl 1985/40 idF LGBl 2004/20. Eigene Haushaltsordnungen gibt es im Burgenland (LGBl 1966/32), Kärnten (LGBl 1999/2 idF LGBl 2004/18), der Steiermark (LGBl 1977/22 idF LGBl 2001/94) sowie in Vorarlberg (LGBl 1998/62). In Wien ist das Gemeindehaushaltsrecht in den §§ 86 f, 101 ff WStV (LGBl 1968/28 idF LGBl 2003/22) geregelt.
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Gemeinde stellt nach der Judikatur des VfGH eine Verordnung, genauer eine so genannte „Verwaltungsverordnung“ dar, da er nur die Organe der Gemeinde selbst bindet und keine Außenwirkung gegenüber anderen Rechtsträgern entfaltet.314 Da die VRV 1997 auch auf die Haushaltsführung der Gemeinden (und Gemeindeverbände315) Anwendung findet, ist hinsichtlich der Form und der Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse sowie der Budgetgrundsätze auf die Ausführungen zum Haushaltsrecht der Länder zu verweisen. Die einzelnen Gemeindeordnungen und Stadtrechte regeln die Festsetzung des Voranschlages recht unterschiedlich. Im Wesentlichen hat jedoch der Bürgermeister den Entwurf des Voranschlages so zeitgerecht zu erstellen, öffentlich aufzulegen und dem Gemeinderat zur Beratung vorzulegen, dass der Voranschlag mit Beginn des Haushaltsjahres (= Kalenderjahres) wirksam werden kann. Während der öffentlichen Auflage des Voranschlagsentwurfes kann jeder Gemeindebürger schriftliche Einwendungen einbringen.316 Der Gemeinderat hat bei der Beratung des Voranschlagsentwurfes auf diese Einwendungen Rücksicht zu nehmen, er ist jedoch nicht an die vorgebrachten Einwendungen der Bürger gebunden. Die Beschlussfassung über den Voranschlag muss immer in einer öffentlichen Sitzung erfolgen (Art 117 Abs 4 B-VG).317
Der beschlossene Voranschlag ist an der Amtstafel kundzumachen und der Aufsichtsbehörde (Landesregierung) vorzulegen. Die Landesregierung kann im Wege der Gemeindeaufsicht gesetzwidrige Teile des Voranschlages durch Verordnung aufheben.318 Die Bürgermeister von Gemeinden mit mindestens 20.000 Einwohnern haben gemäß Art 127a Abs 2 B-VG die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse dem Rechnungshof und gleichzeitig der Landesregierung zu übermitteln. Dies gilt auch für die Gemeindeverbände gemäß Art 127a Abs 8 B-VG. Nach § 16 Abs 1 letzter Satz F-VG ist der Bundesminister für Finanzen berechtigt, sich die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften (somit auch der Gemeinden) vorlegen zu lassen und Auskünfte über deren Finanzwirtschaft einzuholen. Der Voranschlag enthält die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde im Haushaltsjahr. Für die wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde sind Wirtschaftspläne zu erstellen, die dem Gemeindevoranschlag anzuschließen sind. In den Voranschlag selbst ist nur der an den Gemeindehaushalt abzuführende Betrag bzw der aus dem Gemeindehaushalt zu deckende Abgang aufzunehmen.
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VfSlg 1878, 5637. Ausführlich dazu Hengstschläger in Fröhler/Oberndorfer (Hrsg), 41 ff. Da die Ermächtigung zur Erlassung der VRV im § 16 Abs 1 F-VG nur für „Gebietskörperschaften“ gilt und Gemeindeverbände keine Gebietskörperschaften sind, ist die Regelung für Gemeindeverbände verfassungsrechtlich bedenklich, siehe Neuhofer, 490. Das Mitwirkungsrecht der Gemeindebürger ist ein wesentlicher Bestandteil des Voranschlagserzeugungsverfahrens, dessen Verletzung zur Rechtswidrigkeit des Gemeindevoranschlages führt, Hengstschläger in Fröhler/Oberndorfer (Hrsg), 38. Neuhofer, 496. Hengstschläger in Fröhler/Oberndorfer (Hrsg), 8; Aufhebungsgrund kann nur die Rechtswidrigkeit, nicht auch die Zweckwidrigkeit oder Unwirtschaftlichkeit des Voranschlages sein.
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Nach manchen Gemeindeordnungen hat die Gemeinde für einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren einen „mittelfristigen Finanzplan“319 aufzustellen, der der Gemeindevertretung zur Beschlussfassung vorzulegen ist. Der mittelfristige Finanzplan ist zumindest jährlich der Entwicklung anzupassen und um ein weiteres Haushaltsjahr fortzuschreiben.
Nicht jede Abweichung vom Voranschlag führt zu einem Nachtragsvoranschlag. Die Pflicht zur Festsetzung eines Nachtragsvoranschlages wird erst bei erheblichen Abweichungen vom Voranschlag ausgelöst. Für außerplanmäßige und überplanmäßige Ausgaben, die unvermeidlich sind, hat der Bürgermeister den Gemeinderat einen Nachtragsvoranschlag vorzulegen.320 Alle Gemeindeordnungen und Stadtrechte sehen ein Voranschlagsprovisorium für den Fall vor, dass der Voranschlag vom Gemeinderat nicht rechtzeitig zu Beginn des Haushaltsjahres festgesetzt wird.321 In diesem Fall hat der Gemeinderat meist beschränkt auf die ersten drei Monate der nächsten Budgetperiode ein Voranschlagsprovisorium zu beschließen. Kommt weder ein Voranschlag noch ein vom Gemeinderat verfügtes Budgetprovisorium zustande, tritt das in den Gemeindeordnungen und Stadtrechten vorgesehene automatische Budgetprovisorium in Kraft. In einigen Bundesländern gilt das automatische Provisorium nur solange der Gemeinderat keine vorläufige Vorsorge getroffen hat, in anderen kommt es darüber hinaus zur Anwendung, wenn das vom Gemeinderat verfügte Provisorium abgelaufen ist.322
Die Verwendung von Voranschlagsbeträgen für andere als im Gemeindevoranschlag vorgesehene Zwecke (sog Kreditübertragung) bedarf einer Bewilligung des Gemeinderates. Mit solchen Novellen zum Voranschlag in Form von Verordnungen kann erreicht werden, dass ein Mehrbedarf bei einem Ansatz aus einer Ersparnis bei einem anderen Ansatz gedeckt wird.323 Auch außeroder überplanmäßige Ausgaben dürfen nur nach vorheriger Zustimmung des Gemeinderates oder des sonst zuständigen Organs angewiesen werden.
In Fällen äußerster Dringlichkeit, bei Gefahr im Verzug, wenn die Einholung des Gemeinderatsbeschlusses nicht rechtzeitig möglich ist, kann der Bürgermeister die dringend notwendigen Ausgaben, für die im Gemeindevoranschlag keine Vorsorge getroffen wurde, anordnen. Zu dieser Notanordnung des Bürgermeisters ist in der nächsten Sitzung des Gemeinderates die Genehmigung einzuholen.324
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Siehe dazu Enzinger, Mittelfristige Finanzplanung in Gemeinden in Pilz/ Platzer/Stadler (Hrsg), Handbuch der kommunalen Finanzwirtschaft2 (2000), 269 ff. Neuhofer, 499. Im Lichte des Zweckes dieser Vorschrift, nämlich budgetlose Zustände zu vermeiden, wird man die Wortfolge „nicht rechtzeitig beschlossen“ wohl so interpretieren können, dass das Provisorium in allen Fällen wirksam wird, in denen aus irgendeinem Grund (zB wegen seiner Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde gemäß Art 119a Abs 6 B-VG) der Voranschlag nicht zu Beginn des folgenden Finanzjahres in Wirksamkeit treten kann; Hengstschläger in Fröhler/Oberndorfer (Hrsg), 44. Hengstschläger in Fröhler/Oberndorfer (Hrsg), 44 ff. Entsteht trotz dieser gesetzlichen Vorsorge für das Nichteintreten budgetloser Zustände kein Voranschlag und auch kein Provisorium bzw ist dessen befristeter Geltungszeitraum abgelaufen, dann wäre die Erstellung eines Voranschlages im Wege der Ersatzvornahme durch die Aufsichtsbehörde gemäß Art 119a Abs 7 B-VG denkbar und auch zulässig. Hengstschläger in Fröhler/Oberndorfer (Hrsg), 23. Neuhofer, 500 f.
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Eine Besonderheit des Gemeindehaushaltsrechts besteht in der Teilung des Haushaltes in einen ordentlichen und in einen außerordentlichen Haushalt, was eine bessere Übersicht über die Schuldengebarung der Gemeinden ermöglichen soll. Die Gliederung des Voranschlages in einen ordentlichen und in einen außerordentlichen Haushalt bleibt der landesgesetzlichen Regelung vorbehalten. Nach § 4 Abs 1 VRV 1997 sind außerordentliche Einnahmen und Ausgaben als solche besonders zu kennzeichnen und von den Gemeinden in einem besonderen Teil des Voranschlages zu erfassen.325 Nach Abs 2 sind Ausgaben nur dann als außerordentlich zu behandeln, wenn sie der Art nach im Gemeindehaushalt nur vereinzelt vorkommen oder der Höhe nach den normalen Rahmen erheblich überschreiten. Die Veranschlagung außerordentlicher Ausgaben ist weiters nur zulässig, als sie gänzlich oder teilweise durch außerordentliche Einnahmen326 gedeckt werden sollen. In Konsequenz dieser Bestimmung ist es daher nicht möglich, eventuelle Abgänge des ordentlichen Haushaltes mit außerordentlichen Einnahmen zu bedecken (Durchbrechung des Gesamtdeckungsprinzips).327 Allerdings ist infolge dieses finanzwirtschaftlichen Konzeptes die Summe der Investitionen nicht ohne weiteres aus dem Haushaltsplan erkennbar. Sie können nämlich sowohl im ordentlichen als auch im außerordentlichen Haushalt stehen.328
2. Vermögens- und Schuldengebarung Zur rechtzeitigen Leistung von Ausgaben des ordentlichen Haushaltes können mit Beschluss des Gemeinderates Kassenkredite aufgenommen werden. Diese sind gewöhnlich innerhalb einen Jahres zurückzuzahlen und dürfen einen bestimmten Teilbetrag der Einnahmen des ordentlichen Haushalts nicht überschreiten. Soweit es die finanzielle Lage gestattet, soll die Gemeinde zur Vorsorge für künftige Erfordernisse Rücklagen (zB allgemeine Betriebsmittelrücklagen oder bestimmte Sonderrücklagen) anlegen. Darlehen darf die Gemeinde grundsätzlich nur im Rahmen des außerordentlichen Voranschlages zur Bestreitung eines außerordentlichen Bedarfes (zB für Bauvorhaben) aufnehmen, soweit eine andere Bedeckung nicht möglich ist und die Verzinsung und Tilgung des aufzunehmenden Darlehens die Erfüllung der der Gemeinde obliegenden gesetzlichen und vertraglichen Pflichten nicht gefährdet. Die Gemeinden dürfen Darlehen nur gewähren und Bürgschaften und Haftungen nur übernehmen, wenn hierfür ein besonderes Interesse der Gemeinde gegeben ist und der Schuldner nachweist, dass eine ordnungsgemäße Verzinsung und Tilgung gesichert ist. Nach vielen Gemeindeordnungen bedürfen die Aufnahme von Darlehen und die Übernahme von Bürgschaften und Haftungen einer gemeindeaufsichtsbehördlichen Genehmigung.329 Zur Gewährleistung eines flexiblen Haushaltsvollzugs sind verschiedene Instrumente vorgesehen. So können wirtschaftlich und sachlich zusammen gehörige Posten als deckungsfähig erklärt werden, dh dass Einsparungen ohne besondere Beschlussfassung 325
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Dies wird durch die im § 7 Abs 1 lit a VRV vorgesehene Kennzeichnung der Einnahmen und Ausgaben nach haushaltswirtschaftlichen Gesichtspunkten ermöglicht. Dieser Haushaltshinweis gibt an, ob der Budgetansatz dem ordentlichen oder dem außerordentlichen Voranschlag zugehört. Außerordentliche Einnahmen sind zB Darlehen, Erlöse aus der Veräußerung von unbeweglichem Gemeindevermögen, Entnahmen aus dem Kapitalvermögen oder aus den Rücklagen. Bauer, Das Haushaltswesen in Österreichs Gemeinden, in Steger (Hrsg), 354. Palm, Das kommunale Haushaltswesen: Reformerfordernisse und Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung, in Gantner (Hrsg), 86. Neuhofer, 501 f.
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zum Ausgleich von Mehrerfordernissen bei anderen Ausgaben herangezogen werden können (einseitige oder gegenseitige Deckungsfähigkeit). Weiters können Verstärkungsmittel zur Deckung von überplanmäßigen ordentlichen Ausgaben bereits bei der Aufstellung des Voranschlags veranschlagt werden (Deckungsreserve - § 2 Abs 4 VRV 1997). Nicht verbrauchte Mittel können bei gleichzeitiger Dotierung einer Resterücklage in das nächste Finanzjahr vorgetragen werden. Ergänzend zum Voranschlag bzw zum Rechnungsabschluss sind auch der Voranschlags- bzw der Rechnungsquerschnitt zu erstellen, welche die Ableitung des Finanzierungssaldos (Maastricht-Ergebnis) enthalten.330 Ergänzend wird vielfach eine mittelfristige Finanzplanung vorgenommen (mittelfristiger Einnahmen-Ausgabenplan, mittelfristiger Investitionsplan). Schließlich sind das Führen von Vermögens- und Schuldennachweisen sowie die Vermögensrechnung als Bestandteile des Gemeindehaushaltswesens zu erwähnen (§ 16 VRV 1997).
3. Rechnungsabschluss und Gebarungskontrolle Nach Ablauf des Jahres hat der Bürgermeister (in den Städten mit eigenem Statut der Magistrat) den Rechnungsabschluss zu erstellen. Der Rechnungsabschluss umfasst den Kassenabschluss, die Haushaltsrechnung (Jahresrechnung) und die Vermögens- und Schuldenrechnung (§ 10 VRV). Für wirtschaftliche Unternehmungen und „Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit“ haben die Gemeinden gesondert für jede Einrichtung einen Vermögens- und Schuldennachweis zu führen (§ 16 Abs 1 VRV). „Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit“ sind nach dem Abschnitt 85 Betriebe der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Müllbeseitigung, der Einrichtung und Verwaltung von Wohn- und Geschäftsgebäuden sowie zusammengefasste und sonstige Betriebe mit marktbestimmten Tätigkeiten.
Der Rechnungsabschluss ist meist zunächst dem Prüfungsausschuss (Kontrollausschuss) oder dem Kontrollamt zur Vorprüfung vorzulegen.
Wie beim Voranschlag so besteht die Verpflichtung zur öffentlichen Auflage des Rechnungsabschlusses und die Möglichkeit schriftliche Einwendungen einzubringen. Nach Ablauf der Auflagefrist hat der Bürgermeister den Rechnungsabschluss mit etwaigen Einwendungen und dem Bericht des Prüfungsausschusses dem Gemeinderat zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen. Die betreffende Sitzung des Gemeinderates ist öffentlich abzuhalten (Art 117 Abs 4 B-VG).
Der Gemeinderat stellt fest, ob der Rechnungsabschluss gesetzmäßig und richtig ist. Der Beschluss des Gemeinderates über die zustimmende Kenntnisnahme des Rechnungsabschlusses ist keine Verordnung, aber dennoch als Beschluss, der die Öffentlichkeit berührt, öffentlich kundzumachen. Der vom Gemeinderat beschlossene Rechnungsabschluss ist fristgerecht (bis Ende Mai nach Ablauf des Haushaltsjahres) der Aufsichtsbehörde vorzulegen. Die Gemeinden mit mindestens 20.000 Einwohnern und die Gemeindeverbände haben den Rechnungsabschluss bis spätestens sechs Monate nach Abschluss des Rechnungsjahres dem Rechnungshof und der Landesregierung vorzulegen. Zur Prüfung der Gemeindegebarung (sowie der Gebarung der von der Gemeinde verwalteten Stiftungen und Fonds und bestimmter Unternehmungen) ist regelmäßig ein eigener Prüfungsausschuss (oder Kontrollausschuss)331 vom 330 331
§ 9 Abs 1 Z 2 bzw § 17 Abs 2 Z 2 VRV 1997. In den Städten mit eigenem Statut ist idR ein eigenes Kontrollamt als eigene Abteilung des Magistrats mit Sonderrechten einzurichten. So ist der Leiter des Kontrollamtes in Angelegenheiten der Gebarungsprüfung weisungsfrei.
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Gemeinderat einzurichten. Alle im Gemeinderat vertretenen Parteien (Fraktionen) haben Anspruch auf Vertretung im Prüfungsausschuss.332 Der Bürgermeister, Mitglieder des Gemeindevorstandes oder des Stadtsenats dürfen dem Prüfungsausschuss nicht angehören. Die Gebarung der Gemeinde wird daraufhin überprüft, ob sie wirtschaftlich, zweckmäßig, sparsam, richtig und in Übereinstimmung mit den bestehenden Gesetzen und Vorschriften geführt wird. Private Betriebe und Einrichtungen, an welchen die Gemeinde beteiligt ist, dürfen nur mit deren Zustimmung von den Kontrolleinrichtungen der Gemeinde überprüft werden. Die Gemeinde kann sich vertraglich anlässlich einer Beteiligung an einem Unternehmen das Recht der Gebarungsprüfung vorbehalten.333
Über das Ergebnis der Prüfung ist ein schriftlicher Bericht anzufertigen. Nach Einholung der gesetzlich vorgesehenen Stellungnahmen (des Bürgermeisters) ist der Prüfbericht dem Gemeinderat zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.334 Nach Art 119a Abs 2 B-VG hat weiters das Land das Recht, die Gebarung der Gemeinde auf ihre Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Die Gemeindeordnungen berufen durchwegs die Landesregierung zur Kontrolle der Gemeindegebarung.335 Die Gemeinde ist hierbei nicht verpflichtet, den Vorschlägen der Aufsichtsbehörde zu folgen. Im Rahmen der Gebarungskontrolle hat die Aufsichtsbehörde nicht die Rechtsmacht, ihre Empfehlungen gegenüber der Gemeinde durchzusetzen. Allerdings wird ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde gegenüber der Gemeinde mit den Mitteln der Rechtsaufsicht (zB Auflösung des Gemeinderates, Ersatzvornahme) möglich, wenn im Zuge der Gemeindegebarung durch rechtswidrige Vorgangsweisen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden.336
332 333 334 335 336
Dazu Hengstschläger, Gebarungskontrolle, in Fröhler/Oberndorfer (Hrsg), Das Österreichische Gemeinderecht (1982), 5 ff. Hengstschläger (FN 332) 22 ff. Neuhofer, 507 ff. Näheres zum Verfahren siehe bei Hengstschläger (FN 332) 29 ff. Die Landesregierung kann diese Aufgabe unter bestimmten Voraussetzungen auch an die Bezirksverwaltungsbehörden delegieren. Dazu Hengstschläger (FN 332) 42.
Arno Kahl
Öffentliche Unternehmen Rechtsgrundlagen ...........................................................................................348 Grundlegende Literatur...................................................................................349 I. Grundlagen ................................................................................................350 A. Entstehungsgeschichtlicher Abriss ........................................................350 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................352 1. Innerstaatliche Regelungszuständigkeiten.........................................352 2. Gemeinschaftskompetenzen ..............................................................354 C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ...................................................355 1. Art 295 EG-Vertrag...........................................................................355 2. Art 86 EG-Vertrag.............................................................................355 3. Die Akzentuierung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse durch Art 16 EG-Vertrag ........................362 4. Die Transparenzrichtlinie ..................................................................363 II. Der Begriff des öffentlichen Unternehmens ..........................................364 A. Nationales Recht....................................................................................364 B. Gemeinschaftsrecht ...............................................................................365 III. Einteilung öffentlicher Unternehmen...................................................367 A. Unterscheidung nach der Unternehmensträgerschaft...........................368 B. Unterscheidung nach der Rechtsform ...................................................368 C. Unterscheidung nach den Zielen ...........................................................370 IV. Ausgliederung und Privatisierung ........................................................371 A. Ausgliederung........................................................................................371 B. Privatisierung ........................................................................................374 C. Ausgliederung, Privatisierung und Vergaberecht .................................377 1. Vorbemerkung...................................................................................377 2. In-house-Vergabe ..............................................................................378 3. Die Auftragsvergabe durch (öffentliche) Unternehmen....................380 V. Öffentliche Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftssektoren .......381 A. Vorbemerkung .......................................................................................381 B. Die Elektrizitäts- und Gaswirtschaft......................................................383 1. Elektrizitätswirtschaft........................................................................383 2. Gaswirtschaft.....................................................................................388 C. Post und Telekommunikation ................................................................390 1. Die strukturelle Trennung von Post und Telekom ............................390 2. Post....................................................................................................390 3. Telekommunikation...........................................................................391 D. Der Rundfunk ........................................................................................393 E. Der Eisenbahnverkehr...........................................................................395 F. Der Kraftfahrlinienverkehr....................................................................397
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G. Die Bundesstraßen................................................................................ 399 H. Die Verwaltung von Bundesimmobilien ............................................... 400 I. Die gemeinnützigen Bauvereinigungen.................................................. 402 J. Der Bankensektor .................................................................................. 403 K. Die Österreichische Nationalbank (OeNB) .......................................... 405 L. Die Unternehmen im Bereich der ÖIAG ............................................... 407 M. Die Österreichische Staatsdruckerei.................................................... 408 N. Die Staatsmonopole .............................................................................. 409 O. Regulierungsbehörden.......................................................................... 409 1. Die Austro Control GmbH................................................................ 410 2. Von der Telekomregulierung zur konvergenten Regulierung .......... 411 3. Der Postregulator .............................................................................. 414 4. Der Schienenregulator ...................................................................... 414 5. Der Energieregulator......................................................................... 415 6. Die Finanzmarktaufsicht................................................................... 416 Rechtsgrundlagen: EU-Recht: Art 12, 16, 31, 86, 87, 88, 295 EG-Vertrag. VO 1191/69/EWG, Abl L 156/1, idF VO 1893/91/EWG, Abl L 169/1 - gemeinwirtschaftliche Dienste-VO für die Personenbeförderung; RL 80/723/EWG, Abl L 195/35, idF RL 2005/81/EG, Abl L 312/47 - TransparenzRL; RL 91/440/EWG, Abl L 237/25, idF RL 2004/51/EG, Abl L 220/58 - Eisenbahn-BinnenmarktRL; RL 97/67/EG, Abl 1998 L 15/14, idF RL 2002/39/EG, Abl L 176/21 - PostRL; RL 2003/54/EG, Abl L 176/37, idF RL 2004/85/EG, Abl L 236/10 - BeschleunigungsRL Elektrizität; RL 2003/55/EG, Abl L 176/57 - BeschleunigungsRL Erdgas; Außer Kraft getreten: RL 90/387/EWG, Abl L 192/1, idF RL 97/51/EG, Abl L 295/23 ONP-RL (aufgehoben durch Art 26 RL 2002/21/EG, Abl L 108/33 - RahmenRL); RL 90/388/EWG, Abl L 192/10, idF RL 1999/64/EG, Abl L 175/39 - TelekommunikationsdiensteRL (aufgehoben durch Art 10 RL 2002/77/EG, Abl L 249/21 - RahmenRL); RL 96/92/EG, Abl 1997 L 27/20 - Elektrizitäts-BinnenmarktRL (aufgehoben durch Art 29 RL 2003/54/EG, Abl L 176/37 - BeschleunigungsRL Elektrizität); RL 98/30/EG, Abl 204/1 - Erdgas-BinnenmarktRL (aufgehoben durch Art 32 RL 2003/55/EG, Abl L 176/57 - BeschleunigungsRL Erdgas). BVG: Art 7, 10, 17, 51a Abs 1, 116 Abs 2, 118 Abs 2, 119a Abs 2, 126b Abs 5, 127 Abs 1, 127a Abs 1, 133 B-VG; BVG-Rundfunk (BGBl 1974/396); BVG über die Eigentumsverhältnisse in der österreichischen Elektrizitätswirtschaft (Art 2 BGBl I 1998/143); Art 6 EMRK. BG: Erstes VerstaatlichungsG - Erstes VerstG (BGBl 1946/168 idF BGBl 1987/298); Zweites VerstaatlichungsG - Zweites VerstG (BGBl 1947/81 idF BGBl 1992/762); EisenbahnG - EisbG (BGBl 1957/60 idF BGBl I 2006/125); LuftfahrtG - LFG (BGBl 1957/253 idF BGBl I 2006/149); ÖIG-G (BGBl 1967/23); WohnungsgemeinnützigkeitsG - WGG (BGBl 1979/139 idF BGBl I 2003/113); ASFINAG-G (BGBl 1982/591 idF BGBl I 2006/26); NationalbankG - NBG (BGBl 1984/50 idF BGBl I 2004/161); ORF-Gesetz - ORF-G (BGBl 1984/379 idF BGBl I 2005/159); Bundes-HaushaltsG BHG (BGBl 1986/213 idF BGBl I 2006/49; BörseG (BGBl 1989/555 idF BGBl I 2006/48); Schönbrunner TiergartenG (BGBl 1991/420 idF BGBl 1994/117);
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Schönbrunner SchloßG (BGBl 1992/208 idF BGBl 1994/117); BundesbahnG - BBG (BGBl 1992/825 idF BGBl I 2005/80); BG über Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, BGBl 1992/826 idF BGBl I 2004/174); Austro Control-G - ACG (BGBl 1993/898 idF BGBl I 2004/173); Brenner Eisenbahn GmbH-G (BGBl 1995/502 idF BGBl I 2005/163); PoststrukturG - PTSG (BGBl 1996/201 idF BGBl I 2003/71); BundesforsteG (BGBl 1996/793 idF BGBl I 2004/136); StaatsdruckereiG (BGBl 1997/1 idF BGBl I 2001/47); PostG (BGBl I 1998/18 idF BGBl I 2006/33); Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsG - ElWOG (BGBl I 1998/143 idF BGBl I 2005/44); Schienenverkehrsmarkt-RegulierungsG (BGBl I 1999/166); KraftfahrlinienG - KflG (BGBl I 1999/203 idF BGBl I 2006/12); Öffentlicher Personennah- und RegionalverkehrsG ÖPNRV-G (BGBl I 1999/204 idF BGBl I 2002/32); ÖIAG-G 2000 (BGBl I 2000/24 idF BGBl I 2005/103); GaswirtschaftsG - GWG (BGBl I 2000/121 idF BGBl I 2004/115); BG betreffend den stufenweisen Übergang zu der im GWG vorgesehenen Marktorganisation (Art 2 BGBl I 2000/121); Energie-RegulierungsbehördenG - E-RBG (BGBl I 2000/121 idF BGBl I 2002/148); BundesimmobilienG (BGBl I 2000/141 idF BGBl I 2005/144); PrivatradioG - PrRG (BGBl I 2001/20 idF BGBl I 2004/169); KommAustriaG - KOG (BGBl I 2001/32 idF BGBl I 2006/9); BG über die Errichtung einer Bundesbeschaffung GmbH - BB-GmbH-G (BGBl I 2001/39 idF BGBl I 2002/99); PrivatfernsehG - PrTV-G (BGBl I 2001/84 idF BGBl I 2004/169); FinanzmarktaufsichtsbehördenG - FMABG (BGBl I 2001/97 idF BGBl I 2006/141); Austria Wirtschaftsservice-G (BGBl I 2002/130 idF BGBl I 2004/119); TelekommunikationsG 2003 - TKG (BGBl I 2003/70 idF BGBl I 2005/133); BundesbahnstrukturG (BGBl I 2003/138); BundesvergabeG 2006 - BVergG (BGBl I 2006/17).
Grundlegende Literatur: Die folgenden Angaben beziehen sich angesichts des Querschnittcharakters des Themas nur auf grundlegende Literatur, die sich mit öffentlichen Unternehmen im engeren Sinne beschäftigt. Im Übrigen wird auf die Literaturangaben in den einzelnen Spezialbeiträgen des Handbuchs verwiesen. Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 1987; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 1996; Berka, Die Gemeinde als Unternehmer, in: Rebhahn (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht, 1998, 181; Binder, Wirtschaftsrecht2, 1999; Cox (Hrsg), Perspektiven öffentlicher Unternehmen in der Wirtschafts- und Rechtsordnung der Europäischen Union, Bd II, 1996; Eichhorn (Hrsg), Perspektiven öffentlicher Unternehmen in der Wirtschafts- und Rechtsordnung der Europäischen Union, Bd I, 1995; Fremuth, Grundlagen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft, in: Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 21; derselbe, Die Gründung und Führung von öffentlich-gemeinwirtschaftlichen Unternehmen, in: Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 25; derselbe (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse (1998); Fremuth/Klecatsky/Wenger/Wimmer/Franz, Gemeinwirtschaft in der österreichischen Volkswirtschaft am Beispiel der öffentlichen Wirtschaft (1980); Holoubek, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, VVDStRL 60 (2001) 513; derselbe, Liberalisierung, Regulierung und Privatisierung - „Entstaatlichungsdruck“ durch das Gemeinschaftsrecht?, in: ÖJK (Hrsg), Entstaatlichung - Gefahr für den Rechtsstaat?, 2002, 122; derselbe, Die Regulierung des liberalisierten Eisenbahnverkehrs - Aufgaben, Organisation und Verfahren der Schienenverkehrsmarktregulierung im Rechtsvergleich, in: Dullinger/Holoubek/Segalla (Hrsg), Recht und Praxis der Eisenbahnliberalisierung, 2004, 106; Holoubek/Boltz (Hrsg), Strommarktregulierung, 2005; Laurer, Die öffentliche Unternehmung, FS Antoniolli, 1979, 317; Leitl, Regulierungsbehörden im österreichischen Recht, 2006; Morscher, Kommunale Unternehmun-
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gen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag - Rechts- und politikwissenschaftliche Analyse, in: Morscher/Smekal, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag, 1982, 9; Mühlenkamp, Öffentliche Unternehmen, 1994; Neuhofer, Gemeinderecht2, 1998; Obermann/Soukup, Öffentliche Unternehmen und die europäische Integration, 1992; Pauger, Zur Funktionalität der privaten Gesellschaftsformen AG und GmbH für Wirtschaftstätigkeiten der öffentlichen Hand. Plädoyer für eine „Gesellschaft öffentlichen Rechts“, FS Wenger, 1983, 999; Potacs, Öffentliche Unternehmen unter dem Einfluß des Gemeinschaftsrechts, in: Aicher/Holoubek/Korinek (Hrsg), Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht, 2000, 263; derselbe, Öffentliche Unternehmen, in: Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2, 2003, 401; derselbe, Europäischer Leistungsstaat im Wandel, FS Öhlinger, 2004, 486; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen2, 1985; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 2003; Schader Stiftung (Hrsg), Die Zukunft der Daseinsvorsorge, 2001; Schäffer, Wirtschaftsaufsichtsrecht, in: Raschauer (Hrsg) Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2, 2003, 181; Schroeder/Weber (Hrsg), Daseinsvorsorge durch öffentliche Unternehmen und das Europäische Gemeinschaftsrecht (2004); von Loesch, Die gemeinwirtschaftliche Unternehmung, 1977; Wenger, Die öffentliche Unternehmung, 1969; derselbe, Recht der öffentlichen Unternehmungen, in: derselbe (Hrsg), Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Bd II, 1990, 245; Wimmer, Öffentliche Unternehmen und EWG-Vertrag, in: Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich, 1992, 115; derselbe, „Service Public“ in Österreich Öffentliche Aufgabenbesorgung im Spannungsfeld zwischen staatlicher Verantwortung und Marktmechanismus, in: Fremuth (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse (1998) 31; derselbe, Daseinsvorsorge durch die Kommunen unter dem Einfluss des EG-Rechts, ÖGZ 1/2003, 13; Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001).
I. Grundlagen1 A. Entstehungsgeschichtlicher Abriss Der Bestand öffentlicher Unternehmen lässt sich bis in das 18. Jh zurückverfolgen. In der Zeit des Merkantilismus (Kameralismus) waren die staats- und wirtschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Entwicklung der öffentlichen Wirtschaft2 günstig3. Insbesondere im Rahmen ihm selbst vorbehaltener Bereiche4 entwickelte „der Staat“ unternehmerische Tätigkeiten, um seinen stetig steigenden Geldbedarf zu decken. Mithin stellt das Recht der Staatsmonopole den Ausgangspunkt der öffentlichen Unternehmen dar5. Auch wenn zum Unterschied vom Merkantilismus in der zweiten Hälfte des 19. Jh dem bürgerlich-liberalen Zeitgeist entsprechend der private Unternehmer im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung stand und die öffentliche Wirtschafts1 2 3 4 5
Dieser Beitrag wurde im August 2006 fertiggestellt. Öffentliche Wirtschaft verstanden als Oberbegriff, der sowohl die gemein- als auch die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand umfasst. Wenger, Die öffentliche Unternehmung, 1969, 29f. ZB das Post-, Tabak-, Glücksspiel- und Branntweinmonopol. Fremuth, Die Gründung und Führung von öffentlich-gemeinwirtschaftlichen Unternehmen, in: Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich, 1992, 25 (26).
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tätigkeit dementsprechend abnahm, bedeutete dies keineswegs, dass sich der Staat gänzlich aus dem Wirtschaftsleben zurückgezogen hätte. Dies lag insbesondere daran, dass die öffentliche Hand auf Grund des großen Allgemeininteresses an bestimmten, für das Gemeinwesen unverzichtbaren Dienstleistungen gezwungen war, diese Leistungen selbst zu erbringen, da sie von privater Seite nicht oder nicht in ausreichender Qualität oder zu den „vom Staat gewünschten“ gemeinwohlorientierten Modalitäten vorgehalten wurden6. In dieser Zeit liegen - entgegen der damals herrschenden liberalen Doktrin - die Wurzeln zahlreicher kommunaler Wirtschaftstätigkeiten wie beispielsweise der Gasund Wasserversorgung oder des Betriebs von Elektrizitätswerken. Vor dem Hintergrund des staatspolitischen und wirtschaftlichen Notstandes kam es nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer wesentlichen Akzentverschiebung im österreichischen Wirtschaftssystem. Die in zwei Schritten vorgenommenen, umfangreichen Verstaatlichungen7 in den Bereichen Grundstoffindustrie und Banken8 sowie Elektrizitätswirtschaft9 stellten primär den - letztendlich erfolgreichen - Versuch dar, das „Deutsche Eigentum“ für die österreichische Wirtschaft zurückzugewinnen; sie brachten aber zugleich auch einen erheblichen Bedeutungsgewinn der öffentlichen Wirtschaft mit sich. So wurde vom Ersten VerstG rund ein Fünftel des österreichischen Industriepotentials und vom Zweiten VerstG praktisch die gesamte E-Wirtschaft erfasst („verstaatlichte Industrie“). In der Folge entwickelte sich der so bewirkte, überdurchschnittlich große Anteil der öffentlichen Wirtschaft an der Volkswirtschaft zu einem Spezifikum des österreichischen Wirtschaftssystems10. Verbunden damit war ein vergleichsweise hohes Maß an Staatseinfluss und Regulierung in den betroffenen Wirtschaftssektoren. Im Zuge der massiven wirtschaftlichen Probleme der verstaatlichten Industrie ab den 1980’er Jahren kam es zunächst zu umfassenden Teil-, später Totalprivatisierungen11. Etwa zur selben Zeit wurden - auch aus budgetären Gründen - vermehrt Ausgliederungen im Wege der Errichtung von Kapitalgesellschaften12 bzw durch die Bildung selbstständiger Wirtschaftskörper13 vorge6
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So war der Staat zB angesichts zu geringer privater Aktivitäten letztlich gezwungen, den Eisenbahnbau und -betrieb selbst durchzuführen. Eine vergleichbare Entwicklung griff im Bereich der Elektrizitätswirtschaft Platz. Wimmer/Arnold, Die neue Freiheit der Elektrizitätswirtschaft in Österreich, in: Oberösterreichische Kraftwerke AG (Hrsg), Aktuelle Rechtsprobleme der Elektrizitätswirtschaft 1995, 1995, 9 (10ff). Zum wirtschaftlichen Notstand als Zulässigkeitsvoraussetzung der umfassenden Enteignungen durch das Ersten VerstG VfSlg 3118/1956. Schambeck, Wirtschaftsverfassung und Verstaatlichung in Österreich, FS Wenger, 1983, 39 (47f). Vgl das Erste VerstG, BGBl 1946/168. Vgl das Zweite VerstG, BGBl 1947/81. Wenger, Recht der öffentlichen Unternehmungen, in: derselbe (Hrsg), Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Band II, 1990, 245 (Rz 47); Obermann/Soukup, Öffentliche Unternehmen und die europäische Integration, 1992, 12ff. Nicht zuletzt die Krise der „Verstaatlichten“ löste in Österreich eine umfassende Privatisierungsdiskussion aus. Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2, 1998, 258f. ZB Salinen AG, Grazer Stadtwerke AG, Innsbrucker Kommunalbetriebe AG.
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nommen. Der Trend, in staatlichem Eigentum befindliche erwerbswirtschaftliche Betriebe zu veräußern und somit zu privatisieren, hat sich in jüngster Zeit deutlich verstärkt. Dazu kommt, dass die marktwirtschaftlichen Prinzipien durch den Beitritt Österreichs zur EU eine zusätzliche Betonung erfahren haben. Auch wenn der EG-Vertrag gemäß Art 295 die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten unberührt lässt und somit kein europarechtlicher Zwang zu Privatisierungen besteht: Der Druck, das Budget zu konsolidieren, ist durch den EU-Beitritt nicht geringer geworden. Schließlich stieße auch eine großzügige Alimentierung defizitärer öffentlicher Unternehmen seitens der öffentlichen Hand, wie sie der „Verstaatlichten“ in den 1970’er und 1980’er Jahren zu Gute gekommen ist, heute angesichts des gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsrechts (Beihilfenrecht) auf enge Grenzen und wäre sowohl in der Form als auch in dem Ausmaß nicht mehr möglich.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Innerstaatliche Regelungszuständigkeiten Die Fähigkeit von Bund und Ländern, Träger öffentlicher Unternehmen zu sein, wird aus Art 17 B-VG abgeleitet, der diesen Gebietskörperschaften unabhängig von der Kompetenzverteilung im hoheitlichen Bereich - das Handeln in privatrechtlicher Form ermöglicht (Privatwirtschaftsverwaltung)14. Häufig verfolgt die öffentliche Hand mit dem Betrieb eigener Unternehmen die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben bzw „öffentlichen Aufgaben“ iSd Daseinsvorsorge. Während die Zulässigkeit der Führung öffentlicher Unternehmen durch Bund und Länder zu diesem Zweck nicht bezweifelt wird, hält ein Teil der Lehre eine rein erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates auf Grund seiner im Vergleich zum privaten Unternehmer in vielfacher Weise überlegenen Stellung nur „subsidiär“ für zulässig15. Hinsichtlich des bloßen Ziels der Mittelaufbringung wird der (Steuer)Staat - mit Ausnahme der in der Verfassung vorgesehenen Monopole - auf den Weg der Abgabenerhebung verwiesen. Die entgegengesetzte Auffassung sieht eine solche Beschränkung nicht16. Den Gemeinden ist das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen sowie wirtschaftliche Unternehmen zu betreiben, durch Art 116 Abs 2 B-VG eingeräumt (Gemeinde als selbstständiger Wirtschaftskörper). Die Bindung an die allgemeinen Bundes- und Landesgesetze 13 14
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ZB Staatsdruckerei, PSK. ZB Laurer, Die öffentliche Unternehmung, FS Antoniolli, 1979, 317 (321); Novak, Verfassungsrechtliche Grundsatzfragen, in: Funk (Hrsg), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte, 1981, 37 (47). ZB unter Berufung auf Raschauer und Oberndorfer Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 45, die gleichzeitig betonen, dass der erwerbswirtschaftlichen Betätigung des Staates nur „äußerste Grenzen“ gesetzt sind. Vgl dazu Pauger, Zur Funktionalität der privaten Gesellschaftsformen AG und GmbH für Wirtschaftstätigkeiten der öffentlichen Hand, FS Wenger, 1983, 999 (1003); Binder, Wirtschaftsrecht2, 1999, Rz 775ff.
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bedeutet, dass den Gemeinden (auch) beim Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen nur Pflichten auferlegt werden dürfen, die allgemein, also für alle juristischen Personen, gelten. Die Gemeinden dürfen diesbezüglich nicht schlechter gestellt werden als andere Rechtssubjekte17. Lediglich Beschränkungen, die das verfassungsrechtliche Effizienzgebot konkretisieren18, und Restriktionen, die sich aus den Grundrechten oder den Bindungen des Art 118 Abs 2 B-VG ergeben, sind zulässig19. Aus letzterer Bestimmung ergibt sich, dass die (privat)wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde in deren eigenen Wirkungsbereich fällt und somit als Teil der Gemeindeselbstverwaltung verfassungsrechtlich geschützt ist20. Aus dieser Zuordnung wird von der hL21 abgeleitet, dass die wirtschaftliche Tätigkeit - zumindest dort, wo sie einem konkreten Verwaltungszweck dient im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sein muss, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. In zahlreichen Gemeindeordnungen und Stadtstatuten finden sich denn auch Bestimmungen, die die im B-VG zur wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden bzw zum eigenen Wirkungsbereich enthaltenen Vorschriften „konkretisieren“. Diese beschränken den Betrieb kommunaler Unternehmen auf den Fall, dass dies zur Befriedigung eines Bedarfs der Bevölkerung der Gemeinde erforderlich ist und dass die Art und der Umfang der Unternehmung in einem angemessenen Ver-
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Neuhofer, Gemeinderecht2, 1998, 77. ZB die Bindung der Führung öffentlicher Unternehmen an kaufmännische Grundsätze. Korinek/Holoubek (FN 15), 45 (FN 226); Neuhofer (FN 17), 402; Weber, Art 116 BVG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 14. VfSlg 9885/1983. Rill, Art 118 B-VG, in: Rill/Schäffer (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Rz 1. ZB Ringhofer, Die verfassungsrechtlichen Schranken der Selbstverwaltung in Österreich, 3. ÖJT 1967, Bd II/3, 59 f; Fröhler, Die Gemeinde im Spannungsfeld des Sozialstaates, 1970, 36 ff; Fröhler/Oberndorfer, Recht und Organisation der Kommunalwirtschaft, 1974, 56 ff; Pernthaler/Purtscheller, Die Gemeinde im Spannungsfeld von privatrechtlicher Vertragsbindung und öffentlichrechtlicher Aufgabenerfüllung, JBl 1979, 281 (284); Schwarzer, Die verfassungsgesetzliche Garantie der freien wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden und ihre Grenzen, Arbeitshefte der WU - Reihe Rechtswissenschaft Nr 11, 1980, 50 f, 64 ff; Morscher, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag - Rechts- und politikwissenschaftliche Analyse, in: Morscher/Smekal, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag, 1982, 9 (38); Binder, 3.11 Wirtschaftsunternehmungen der Gemeinden, in: Fröhler/Oberndorfer (Hrsg), Österreichisches Gemeinderecht, Loseblatt 1983, 16f; Korinek, Das Zusammenspiel hoheitlicher und privatrechtlicher Gestaltungsakte in der kommunalen Wirtschaftsverwaltung, in: Krejci/Ruppe (Hrsg), Rechtsfragen der kommunalen Wirtschaftsverwaltung, 1992, 27 (33); Funk, Gestaltungsformen kommunaler Wirtschaftsverwaltung, in: Krejci/Ruppe (Hrsg), Rechtsfragen der kommunalen Wirtschaftsverwaltung, 1992 1 (8); Korinek/Holoubek (FN 15), 38; Weber (FN 19) Rz 14; ders, Der Staat als Unternehmer - verfassungsrechtliche Aspekte, in: Schroeder/Weber (Hrsg), Daseinsvorsorge durch öffentliche Unternehmen und das Europäische Gemeinschaftsrecht, 2004, 1 (7 f).
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hältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf stehen22. Verschiedentlich finden sich in Landesverfassungen und Gemeindeordnungen darüber hinausgehend auch spezifische Subsidiaritätsklauseln für die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden. Wirtschaftliche Unternehmen dürfen von Gemeinden demnach nur dann errichtet, übernommen oder betrieben werden, wenn der Zweck der Unternehmung nicht in gleicher Weise durch andere, namentlich Private, erfüllt wird23. Solche spezifischen Subsidiaritätsklauseln werden - weil sie über die erwähnte Konkretisierung hinausgehen - überwiegend als bundesverfassungsrechtlich bedenklich eingestuft. Eine rein erwerbswirtschaftlich ausgerichtete Wirtschaftstätigkeit der Gemeinden wird jedoch überwiegend als nicht zulässig abgelehnt24.
2. Gemeinschaftskompetenzen Gemäß Art 5 Abs 1 EG-Vertrag wird die Gemeinschaft innerhalb der Grenzen der ihr im Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig. Da der EG-Vertrag hinsichtlich der Eigentumsordnung an Produktionsmitteln keine positive Kompetenzbestimmung für ein Tätigwerden der Gemeinschaftsorgane enthält, fällt die entsprechende Zuständigkeit schon nach dem im zitierten Artikel grundgelegten „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigungen“ in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten. Ob und in welchem Ausmaß es also einen öffentlichen Wirtschaftssektor und demnach öffentliche Unternehmen in einem Mitgliedstaat gibt, ist ausschließlich eine wirtschaftspolitische Entscheidung des jeweiligen Staates. Ausdrücklich bestimmt dies Art 295 EG-Vertrag, der als negative Kompetenzbestimmung25 festhält, dass der Vertrag die Eigentumsordnungen der Mitgliedstaaten unberührt lässt26. Art 295 EG-Vertrag räumt der Gemeinschaft was die Errichtung bzw Beibehaltung eines öffentlichen Wirtschaftssektors betrifft - mithin zwar keine Kompetenz ein, zählt aber im Zusammenspiel mit dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigungen gerade deshalb zu den gemeinschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen öffentlicher Unternehmen. Die Kompetenzen der Gemeinschaft beginnen im Zusammenhang mit öffentlichen Unternehmen dort, wo durch die Gestaltung der Eigentumsordnung (Verstaatlichungen, Privatisierungen) sonstige Vertragsvorschriften - insbeson22 23
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Vgl für viele § 71 Abs 1 Vlbg Gemeindegesetz. Zahlreiche Nachweise bei Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb - Zugleich ein Beitrag zur Liberalisierung kommunaler Daseinsvorsorgeleistungen, 2005, 157 (FN 696). Vgl dazu die in FN 21 zitierte Literatur. AA allerdings Ostheim, Gedanken zur Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit der öffentlichen Hand und zur Prüfungskompetenz des Rechungshofes bei wirtschaftlichen Unternehmungen, in: Korinek (Hrsg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof, 1986, 59 (68); Potacs, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen von Public Private Partnerships, in: Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht (Hrsg), Public Private Partnership, 2003, 27 (38). Kingreen, Kommentar zu Art 295 EG-Vertrag, in: Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag2, 2002, Rz 5. Der EG-Vertrag selbst geht in Art 86 von der Existenz öffentlicher Unternehmen aus.
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dere das allgemeine Diskriminierungsverbot (Art 12 EG-Vertrag), die Grundfreiheiten oder das Wettbewerbsrecht inklusive Art 86 EG-Vertrag - berührt werden. So hat die Kommission beispielsweise, um die Offenlegung möglicher Beihilfen an (öffentliche) Unternehmen zu erreichen, die auf Art 86 Abs 3 EGVertrag gestützte TransparenzRL27 erlassen. Eine wettbewerbliche Besserstellung öffentlicher Unternehmen auf Grund ihrer Nahebeziehung zur öffentlichen Hand soll durch die Transparenz ihrer finanziellen Verflechtungen verhindert werden.
C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 1. Art 295 EG-Vertrag Gemäß Art 295 lässt der EG-Vertrag - wie eben erwähnt - die Eigentumsordnungen iSd verfassungsmäßigen Gefüges der Eigentumsrechte unberührt. Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, die Eigentumsordnung als Mittel der nationalen Wirtschaftspolitik zu gestalten und in weiterer Folge öffentliche Unternehmen zu führen oder nicht. Zum Unterschied von den Gemeinschaftsorganen können die Mitgliedstaaten mithin Verstaatlichungen und Privatisierungen vornehmen. Die diesbezügliche Grenze stellen die den Binnenmarkt sichernden Vorgaben des EG-Vertrags dar. Somit bleiben nicht nur die Eigentumsordnungen der Mitgliedstaaten durch den Vertrag, sondern auch der Vertrag durch die Eigentumsordnungen der Mitgliedstaaten unberührt.
2. Art 86 EG-Vertrag a) Vorbemerkung Der EG-Vertrag statuiert eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb als Prinzip nicht nur für die gemeinschaftliche, sondern auch für die nationale Wirtschaftspolitik28. Die Tatsache, dass der Staat auf die wirtschaftliche Gestion „seiner“ öffentlichen Unternehmen auf vielfältige Art und Weise Einfluss nehmen kann, birgt die Gefahr der Wettbewerbsverfälschung in sich. Aus diesem Grund unterwirft Art 86 Abs 1 EG-Vertrag (auch) öffentliche Unternehmen ausdrücklich den Vertragsvorschriften29. Sein Abs 2 enthält für bestimmte Unternehmen die Möglichkeit einer begrenzten Ausnahme von eben diesen Regeln; es zeigt sich der historisch erklär- und belegbare30 Kompromisscharakter des Art 86 EG-Vertrag. 27
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RL 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen, Abl L 195/35, idF RL 2005/81/EG, Abl L 312/47. Vgl dazu ausführlich Wimmer/Arnold (FN 11), 42 ff; Pauger, Marktwirtschaft durch EU-Recht, 1996, 28. Den Grund für die Aufnahme des Art 86 in den EG-Vertrag sieht der EuGH „gerade in dem Einfluß, den die öffentliche Hand auf die kaufmännischen Entscheidungen der öffentlichen Unternehmen ausüben kann“ (EuGH verb Rs 188-190/88, Transparenzrichtlinie, Slg 1982, 2545 [Rz 26]). Der Grund für den Formelkompromiss des Art 86 EG-Vertrag ist darin gelegen, dass es unter den Gründungsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Länder gab, die von einer starken öffentlichen Wirtschaft geprägt waren (Frank-
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Die daraus resultierende Unklarheit seines rechtlichen Gehalts war Grund dafür, dass Art 86 EG-Vertrag anfangs keine praktische Wirkung entfalten konnte31. In jüngerer Zeit allerdings fand sein Schattendasein ein Ende und Anwendungsbereich und Tragweite wurden durch eine mittlerweile reichhaltige Judikatur des EuGH sowie das verstärkte Tätigwerden der Kommission weitgehend ausgeleuchtet. Heute stellt Art 86 EG-Vertrag eines der wichtigsten Instrumente der Gemeinschaft zur Liberalisierung geschützter Wirtschaftsbereiche dar. b) Die Integration öffentlicher Unternehmen in die Wettbewerbsordnung des EG-Vertrags durch Art 86 Abs 1 EG-Vertrag Gemäß Art 86 Abs 1 EG-Vertrag sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, „in bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine dem Vertrag und insbesondere dessen Artikeln 12 und 81 bis 89 widersprechende[n] Maßnahmen [zu] treffen oder bei[zu]behalten“. Erfasst sind von Art 86 Abs 1 EG-Vertrag mithin öffentliche und so genannte privilegierte Unternehmen32. Zwar wird auf den Begriff des öffentlichen Unternehmens nachfolgend in einem eigenen Punkt ausführlicher eingegangen, es ist jedoch für das Verständnis des Art 86 EG-Vertrag bereits an dieser Stelle erforderlich, jene Formel des EuGH wiederzugeben, mit der der Gerichtshof Unternehmen - einer funktionalen Sicht folgend - umschreibt. Danach ist ein Unternehmen „... jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“33. Das maßgebliche Kriterium, das ein Unternehmen zu einem öffentlichen Unternehmen macht, ist die Möglichkeit der Einflussnahme der öffentlichen Hand. Die Art der (möglichen) Einflussnahme ist nicht ausschlaggebend. Das Element der Abhängigkeit vom Staat ist auch für die zweite Gruppe von Unternehmen konstitutiv, die Art 86 Abs 1 EG-Vertrag unterfällt; also für Unternehmen, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren (privilegierte Unternehmen). Während durch die Einräumung besonderer Rechte die betroffenen Unternehmen im Vergleich zu ihren nicht privilegierten Wettbewerbern eine begünstigte Stellung auf dem Markt erlangen, ist bei einem ausschließlichen Recht die Erbringung einer Dienstleistung bzw die Ausübung einer Tätigkeit einem Unternehmen34 zur Gänze vorbehal-
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reich, Italien), und solche, bei denen dies nicht der Fall war (Belgien, Niederlande, Luxemburg). Marhold, Europäisches Wettbewerbsrecht für öffentliche Unternehmen, FS Frotz, 1993, 645 (648); Heinemann, Grenzen staatlicher Monopole im EG-Vertrag, 1996, 54. König/Kühling, Kommentar zu Art 86 EG-Vertrag, in: Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Rz 6ff. Für viele EuGH Rs C-41/90, Höfner, Slg 1991, I-1979 (Rz 21). Vgl aber EuGH Rs C-209/98, FFAD, Slg 2000, I-3743 (Rz 54), wo der EuGH die bevorzugte Bewirtschaftung bestimmter Abfälle durch drei Unternehmen als ausschließliches Recht qualifiziert hat.
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ten35. Mitunter sind ausschließliche bzw besondere Rechte auch konkret in sekundärrechtlichen Bestimmungen definiert36. Das Geschilderte bedeutet zunächst, dass der Bestand von öffentlichen bzw privilegierten Unternehmen per se nicht gegen den EG-Vertrag verstößt. Zudem ergibt sich aus Abs 1 des Art 86 EG-Vertrag, dass private und öffentliche Unternehmen zur Sicherung der wettbewerblichen Chancengleichheit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unterliegen37. Auch führt die Bestimmung im Ergebnis dazu, dass öffentliche Unternehmen sowohl die unternehmensbezogenen Vorschriften des EG-Vertrags38 als auch jene Regeln beachten müssen, die die Mitgliedstaaten betreffen39 und somit von Unternehmen nicht unmittelbar verletzt werden können. Nicht nur ein vertragswidriges Verhalten des beeinflussten Unternehmens, sondern auch Vertragsverstöße durch den handelnden Mitgliedstaat selbst sind verboten. Eine mittelbare Vertragsverletzung durch die Mitgliedstaaten auf Grund ihres beherrschenden Einflusses auf öffentliche und privilegierte Unternehmen ist unzulässig40. Art 86 Abs 1 unterstellt öffentliche Unternehmen und Unternehmen mit besonderen oder ausschließlichen Rechten mithin umfassend der Wettbewerbsordnung des Vertrags. Der EuGH geht davon aus, dass ein Mitgliedstaat, wenn er einem Unternehmen besondere oder ausschließliche Rechte überträgt, für das Unternehmen in der Regel eine marktbeherrschende Stellung schafft41. Dies ist an und für sich noch nicht verboten. Allerdings gilt für diese Unternehmen das Missbrauchsverbot des Art 82 iVm Art 86 EG-Vertrag. Dabei verstößt ein Staat nicht erst dann gegen die Verpflichtungen aus Art 86 Abs 1 EG-Vertrag, wenn er dem Unternehmen eine Position verschafft, in der dieses zwangsläufig - also durch die bloße Ausübung der ihm übertragenen ausschließlichen Rechte42 zum gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht in Widerspruch gerät43. Vielmehr 35 36
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ZB im Falle eines staatlichen Arbeitsvermittlungsmonopols. So zB in Art 2 lit f des Vorschlags für eine VO des Europäischen Parlaments und des Rats über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, KOM(2005) 319 endg., sowie in Art 2 Abs 1 lit f und g der TransparenzRL. Dazu EuGH Rs 188-190, Transparenzrichtlinie, Slg 1982, 2545 (Rz 12). ZB das Kartellrecht. Insb das allgemeine und die besonderen Diskriminierungsverbot(e) sowie das Beihilfenrecht. König/Kühling (FN 32), Rz 26 ff. Der EuGH sieht bei entsprechend intensiven Waren- bzw Dienstleistungsströmen schon ein relativ kleines, wirtschaftlich dann aber bedeutendes Gebiet als „wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes“ an. Vgl EuGH Rs C-179/90, Porto di Genova, Slg 1991, I-5889 (Rz 15). Zwangsläufig verstoßen zB mit ausschließlichen Rechten ausgestattete staatliche Arbeitsvermittlungsstellen dann gegen Art 86 EG-Vertrag, wenn sie offenkundig nicht in der Lage sind, für alle Arten von Tätigkeiten die auf dem Arbeitsmarkt bestehende Nachfrage zu befriedigen. EuGH Rs C-41/90, Höfner, Slg 1991, I-1979 (Rz 34). Kahl, Neue Bedeutung der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ durch den Vertrag von Amsterdam, wbl 1999, 189 (192). EuGH Rs C-323/93, Centre d’insémination de la Crespelle, Slg 1994, I-5077 (Rz 18); Rs C-387/93, Banchero, Slg 1995, I-4663 (Rz 51); Rs C-55/96, Job Centre coop arl, Slg 1997, I-7119 (Rz 31); Rs C-163/96, Silvano Raso, Slg 1998, I-533 (Rz 27, 29f).
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ist schon die Schaffung missbrauchsgeneigter Strukturen, dh die Herbeiführung der Möglichkeit des Verstoßes gegen die Art 81ff EG-Vertrag, mit der sich aus Art 86 Abs 1 EG-Vertrag für die Mitgliedstaaten ergebenden Pflicht unvereinbar44. In solchen Fällen spielt es keine Rolle, dass ein betroffenes Unternehmen allenfalls tatsächlich keinen Missbrauch seiner beherrschenden Stellung begangen hat45. Führen ausschließliche und besondere Rechte zu Beschränkungen von Grundfreiheiten, besteht die Möglichkeit, sie aus Gründen des Allgemeininteresses zu rechtfertigen46. Dienstleistungsmonopole können - wie nachstehend dargestellt wird - gemäß Art 86 Abs 2 EG-Vertrag aus im öffentlichen Interesse gelegenen Gründen nicht-wirtschaftlicher Art mit dem EG-Vertrag vereinbar sein. Der als Verweisungsnorm zu qualifizierende Art 86 Abs 1 EG-Vertrag ist immer dann unmittelbar anwendbar, wenn der Norm, auf die er im konkreten Fall verweist, unmittelbare Anwendbarkeit zukommt. Ist dies der Fall, so unterliegen vertragswidrige staatliche Maßnahmen der direkten Kontrolle nationaler Gerichte47. c) Abs 2 als Regelungsschwerpunkt des Art 86 EG-Vertrag Art 86 Abs 2 EG-Vertrag hat einen anderen Anwendungsbereich als sein Abs 1. Er erfasst nicht Unternehmen, die in einem Abhängigkeits- bzw Naheverhältnis zur öffentlichen Hand stehen, sondern sämtliche Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse („gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen“) betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols48 haben49. Faktisch wird es sich in der Mehrzahl der Fälle freilich um öffentliche Dienstleistungsunternehmen handeln. Für die erwähnten Unternehmen ermöglicht Art 86 Abs 2 EG-Vertrag die Ausnahme von der gemeinschaftlichen Wettbewerbsordnung, soweit deren Anwendung die Erfüllung der einem Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindern würde. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf dabei nicht in einem dem Interesse der Gemeinschaft widersprechenden Ausmaß beeinträchtigt werden. Art 86 Abs 2 EG-Vertrag 44
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Vgl EuGH Rs C-260/89, ERT, Slg 1991, I-2925 (Rz 37, 38); Rs C-179/90, Porto di Genova, Slg 1991, I-5889 (Rz 17); Rs C-320/91, Corbeau, Slg 1993, I-2533 (Rz 18ff); Rs C-18/93, Corsica Ferries, Slg 1994, I-1783 (Rz 42f); Rs C-387/93, Banchero, Slg 1995, I-4663 (Rz 51); Rs C-163/96, Silvano Raso, Slg 1998, I-533 (Rz 27, 29f). Vgl dazu auch Ehricke, Der Art 90 EWGV - eine Neubetrachtung, EuZW 1993, 211 (213) mwN. Vgl dazu EuGH Rs C-163/96, Silvano Raso, Slg 1998, I-533 (Rz 31). Potacs, Öffentliche Unternehmen, in: Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2, 2003, Rz 933. Vgl EuGH Rs 155/73, Sacchi, Slg 1974, 409 (Rz 18); Rs C-179/90, Porto di Genova, Slg 1991, I-5889 (Rz 23f); Rs C-242/95, GT-Link, Slg 1997, I-4449 (Rz 57). Unter Finanzmonopolen werden mit einem ausschließlichen Recht ausgestattete Unternehmen verstanden, die mit dem Ziel gegründet wurden, im Wirkungsbereich dieses Rechts besondere Einnahmen für die öffentliche Hand zu lukrieren. Diese Unternehmen sieht der EuGH als Instrumente der nationalen Wirtschaftsoder Fiskalpolitik. EuGH Rs C-202/88, Telekommunikationsendgeräte, Slg 1991, I-1223 (Rz 12); Rs C-159/94, Kommission/Frankreich, Slg 1997, I-5834 (Rz 55).
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stellt somit den Schnittpunkt von Wettbewerbswirtschaft und gemeinwohlorientierter Wirtschaft50 dar. Unter Dienstleistungen iSd Art 86 Abs 2 EG-Vertrag werden Versorgungsleistungen im weiteren Sinne verstanden, dh wirtschaftliche Aktivitäten zur Sicherung der Infrastruktur und Daseinsvorsorge. Als solche Dienstleistungen wurden anerkannt: im öffentlichen Interesse liegende Verkehrsdienstleistungen auf defizitären Strecken51, die ununterbrochene und flächendeckende Versorgung mit elektrischer Energie52, bestimmte Postdienste53, das Betreiben eines öffentlichen Fernmeldenetzes54, die öffentliche Arbeitsvermittlung55, die Wasserversorgung56, bestimmte Fernsehdienste57, die Bewirtschaftung bestimmter Abfälle58. Dienstleistungen von allgemeinem59 wirtschaftlichen60 50
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Zum häufig in diesem Zusammenhang verwendeten Begriff des „service public“ Wimmer, „Service Public“ in Österreich - Öffentliche Aufgabenbesorgung im Spannungsfeld zwischen staatlicher Verantwortung und Marktmechanismus, in: Fremuth (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse, 1998, 31 (38); Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 2001, 111ff. EuGH Rs 66/86, Ahmed Saeed, Slg 1989, 803 (Rz 35); EuGH Rs C-280/00, Altmark Trans, Slg 2003, I-7747 (Rz 47ff). EuGH Rs C-393/92, Almelo, Slg 1994, I-1477 (Rz 47 ff); Rs C-157/94, Kommission/Niederlande, Slg 1997, I-5699 (Rz 41f); Rs C-158/94, Kommission/Italien, Slg 1997, I-5789 (Rz 39ff); Rs C-159/94, Kommission/Frankreich, Slg 1997, I-5815 (Rz 57f). S auch GA Cosmas zu den zitierten Urteilen, Slg 1997, I-5701 (Rz 91 ff, 100 ff, 105 ff). EuGH Rs C-320/91, Corbeau, Slg 1993, I-2533 (Rz 15). Vgl auch EuGH Rs C-147 und 148/97, Deutsche Post AG, Slg 2000, I-825 (Rz 44). Europäische Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, Abl 1996 C 281/3, Rz 37ff. EuGH Rs C-18/88, GB-INNO-BM, Slg 1991, I-5941 (Rz 16). EuGH Rs C-41/90, Höfner, Slg 1991, I-1979 (Rz 24); Rs C-55/96, Job Centre coop arl, Slg 1997, I-7119 (Rz 26). Europäische Kommission, E v 17. 12. 1981, Abl 1982 L 167/39, Rz 65 (NavewaAnseau). EuGH Rs 155/73, Sacchi, Slg 1974, 409 (Rz 15). EuGH Rs C-209/98, FFAD, Slg 2000, I-3743 (Rz 75ff). Es genügt, wenn die Erbringung einer Dienstleistung im Interesse einer Bevölkerungsgruppe (zB einer Gemeinde) gelegen ist. Dem Wortlaut nach fordert Art 86 Abs 2 EG-Vertrag eine wirtschaftliche Betätigung sowie die Verfolgung eines wirtschaftlichen Interesses. Allerdings ist die Besorgung einer wirtschaftlichen Tätigkeit bereits für die Bejahung der Unternehmenseigenschaft erforderlich. Daher nimmt der EuGH die Differenzierung zwischen wirtschaftlicher und nicht-wirtschaftlicher Tätigkeit bereits auf der Ebene des Unternehmensbegriffs vor. Die Frage nach der wirtschaftlichen bzw nicht-wirtschaftlichen Natur des allgemeinen Interesses im Sinne des Art 86 Abs 2 EG-Vertrag tritt damit in den Hintergrund. Dies erscheint deswegen zutreffend, weil es sonst zu einem Wertungswiderspruch dergestalt kommen könnte, dass nicht-wirtschaftliche Interessen zwar die Ausnahme von den Grundfreiheiten rechtfertigen können, nicht jedoch nach Art 86 Abs 2 EG-Vertrag von den Wettbewerbsregeln. Eine wirtschaftliche Tätigkeit bzw ein Unternehmen, die bzw das ein öffentliches Interesse nicht-wirtschaftlicher Art (zB kultureller, sozialer oder karitativer Natur) verfolgt, würde stellte man nach Art 86 Abs 2 EG-Vertrag tatsächlich auf das Vorliegen eines wirtschaftlichen Interesses ab - unter das Wettbewerbsrecht fallen. Daher sieht Öhlinger in der Bezeichnung „Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ zu Recht eine „Unzulänglichkeit der deutschen Fassung“ (Öhlinger, Verfassungsrechtliche Determinanten des Staates als Leistungsträger, in: Fremuth [Hrsg], Wirt-
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Interesse lassen sich nicht nur aus inhaltlicher Sicht determinieren61. Vielmehr ist für sie typisch, dass sie auf eine ihnen eigene Art und Weise, also unter charakteristischen Modalitäten, erbracht werden62. Zu den Grundsätzen der Dienstleistungserbringung zählen insbesondere die metabetriebswirtschaftlichen Kriterien der Sicherheit, Kontinuität und Flächendeckung der Versorgung, der Transparenz, einer einheitlichen und sozialen Tarifgestaltung sowie des Ausgleichs regionaler Unterschiede. Diese Modalitäten der Leistungserbringung führen häufig zu deren mangelnder Rentabilität. Um in den Genuss der Ausnahme nach Art 86 Abs 2 EG-Vertrag kommen zu können, ist es erforderlich, dass das Unternehmen mit der Dienstleistung betraut wurde. Welche Anforderungen an eine solche Betrauung genau zu stellen sind, ist - angesichts der unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen - nicht gänzlich geklärt. Der EuGH misst die Betrauung an einem strengen Maßstab, weil es sich bei Art 86 Abs 2 EG-Vertrag um eine Ausnahmebestimmung handelt, die eng auszulegen sei. Sicher ist, dass eine Betrauung privater Unternehmen in der Form eines „Hoheitsaktes der öffentlichen Gewalt“63 vorgenommen werden kann. Fraglich ist hingegen, ob eine Betrauung im Sinne des Art 86 Abs 2 EG-Vertrag auch in anderer als in hoheitlicher Form erfolgen kann. Diese Frage ist zu bejahen64. Insbesondere die „Schwierigkeiten einer gemeinschaftseinheitlichen Bestimmung des ‚Hoheitlichen‘ “ dienen als Ausgangspunkt für eine materielle Beurteilung des Betrauungskriteriums65.
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schaft und öffentliches Interesse, 1998, 9 [22, 29 FN 57]) und schlägt die Wendung „wirtschaftliche Dienstleistung von allgemeinem (= öffentlichem) Interesse“ vor. Nach diesem Verständnis sind Leistungen der Daseinsvorsorge mit Marktbezug erfasst. Eine umfassende inhaltliche Festlegung der „öffentlichen Dienstleistungen“ findet sich im Gemeinschaftsrecht nicht. Diesbezüglich sei aber auf die Bemühungen des Centre Européen de l’Enterprise Publique (CEEP) verwiesen. Die von diesem erstellte „Europäische Charta der öffentlichen Dienstleistungen“ ist abgedruckt in Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (Hrsg), Europa, Wettbewerb und öffentliche Dienstleistungen, 1996, 78. Vgl auch Tettinger, Vorüberlegungen zu einer „Charte européenne de service public“, RdE 1995, 175. Der EuGH hat dies deutlich im Corbeau-Urteil (Rs C-320/91, Slg 1993, I-2533 [Rz 15]) zum Ausdruck gebracht und in Bezug auf die Postdienste die Pflicht zur „Sammlung, ... Beförderung und ... Verteilung von Postsendungen zugunsten sämtlicher Nutzer, im gesamten Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats, zu einheitlichen Gebühren und in gleichmäßiger Qualität sowie ohne Rücksicht auf Sonderfälle und auf die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Vorgangs“ als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse qualifiziert. Vgl hinsichtlich der Versorgung mit elektrischer Energie EuGH Rs C-393/92, Almelo, Slg 1994, I-1477 (Rz 48). EuGH Rs 127/73, BRT, Slg 1974, 318 (Rz 19/22). Mestmäcker, RabelsZ 1988, 561 f; Zorn, Die Sicherstellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen im wettbewerbsorientierten Umfeld der Europäischen Union, 2000, 79, jeweils mit Judikaturnachweisen. Vgl auch das NON-Paper der Kommission „Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und staatliche Beihilfen“ v 12.11.2002, Tz 62ff. Pielow (FN 50), 85. Auch Wilmowsky, Mit besonderen Aufgaben betraute Unternehmen unter dem EWG-Vertrag, ZHR 155 (1991) 545 (551); Rapp-Jung, Zur Tragweite von Art. 90 Abs. 2 EGV für die Energiewirtschaft, RdE 1994, 165 (168); Fesenmair, Öffentliche Dienstleistungsmonopole im europäischen Recht, 1996, 206, 296 ff; Burgi, Die öffentlichen Unternehmen im Gefüge des primären Gemeinschaftsrechts,
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Demnach können auch privatrechtliche Vereinbarungen Betrauungen darstellen. Aus materieller Sicht werden für eine Betrauung eine das Unternehmen treffende rechtliche Erfüllungsverpflichtung und - um das Erfordernis eines Vertragsverstoßes für die Erfüllung der übertragenen Aufgabe prüfen zu können - eine eindeutige Festlegung des Leistungsumfangs gefordert. Als entscheidend wird auch angesehen, dass die Übertragung der Sonderpflichten von den Mitgliedstaaten aktiv ausgeht, also vom Staat veranlasst wird, und nicht auf unternehmerischer Eigeninitiative beruht, da Art 86 Abs 2 EG-Vertrag nicht private, sondern mitgliedstaatliche wirtschaftliche Interessen schützt. Damit eine Suspendierung der Vertragsvorschriften in Betracht kommt, muss die Erfüllung der den gemeinwohlorientierten Unternehmen bzw Finanzmonopolen übertragenen besonderen Aufgabe bei Anwendung dieser Vorschriften rechtlich oder tatsächlich unmöglich sein. Die Bestimmungen des EG-Vertrags sind für das betroffene Unternehmen dann nicht einschlägig, wenn ihre Anwendung die Erfüllung der besonderen Pflichten, die den Unternehmen obliegen, tatsächlich oder rechtlich gefährden würde. Geschützt wird also nicht das Monopol, sondern alleine die Erfüllung der übertragenen Aufgabe. Nicht erforderlich ist, dass das Überleben des Unternehmens bedroht wäre66. Der EuGH hält eine Ausnahme von den Vertragsbestimmungen dann für denkbar, wenn diese notwendig ist, um dem betrauten Unternehmen die Erfüllung der besonderen Aufgabe zu wirtschaftlich tragbaren (ausgewogenen) Bedingungen zu ermöglichen67. Letztendlich ausschlaggebender Prüfungsmaßstab für das Aussetzen der Anwendung der Vertragsvorschriften ist das Interesse der Gemeinschaft an einem freien Handelsverkehr. Seine Entwicklung darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft68. Da eine nicht diskriminierende Vergabe ausschließlicher Rechte die Entwicklung
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EuR 1997, 261 (276); Ehricke, Zur Konzeption von Art. 37 I und Art. 90 II EGV, EuZW 1998, 741 (744 f); Rinne, Die Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und öffentlicher Aufgabe, 1998, 62 f; Frenz, Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse - Neuerungen durch Art. 16 EG, EuR 2000, 901 (907); Rumpff, Das Ende der öffentlichen Dienstleistungen in der Europäischen Union?, 2000, 215; Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, 321 f; Nettesheim, Europäische Beihilfeaufsicht und mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge, EWS 2002, 253 (257); von Danwitz, Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in der europäischen Wettbewerbsordnung Eine Perspektive für das öffentliche Kreditwesen? NWVBl 2002, 132 (137). EuGH Rs 159/94, Kommission/Frankreich, Slg 1997, I-5815 (Rz 95). EuGH Rs C-320/91, Corbeau, Slg 1993, I-2533 (Rz 21); Rs C-159/94, Kommission/Frankreich, Slg 1997, I-5815 (Rz 96); verb Rs C-147 bis 148/97, Deutsche Post, Slg 2000, I-825 (Rz 52). Der Akzent des letzten Satzes des Art 86 Abs 2 EG-Vertrag liegt auf der Zunahme des innergemeinschaftlichen Handels als dynamischem Element. Eine unwesentliche hemmende Auswirkung der fraglichen Maßnahmen auf die Entwicklung des Handelsverkehrs kann die Anwendbarkeit des Art 86 Abs 2 EG-Vertrag nicht verhindern. Vgl dazu GA Rozès zu EuGH Rs 78/82, Kommission/Italien, Slg 1983, 1955 (1971, Abschnitt VI, C). Vgl auch GA Cosmas, der im Fall EuGH Rs 157/94, Kommission/Niederlande, Slg 1997, I-5701 (Rz 127) betont, dass durch das Bestehen entsprechender ausschließlicher Einfuhrrechte zunehmende Stromimporte nicht verhindert wurden.
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des Handelsverkehrs am wenigsten beeinträchtigt, fordert die Kommission zum Unterschied vom EuGH, der sich dieser Meinung (noch) nicht angeschlossen hat - grundsätzlich deren wettbewerbliche bzw nicht diskriminierende Vergabe69. Der EuGH hat klargestellt, dass Art 86 Abs 2 EG-Vertrag prinzipiell auch Verstöße gegen Art 31 EG-Vertrag (Verbot diskriminierender Handelsmonopole) rechtfertigen kann70. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Anwendung des Art 86 Abs 2 EG-Vertrag auf den drei Grundsätzen Neutralität, Gestaltungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit basiert. Das bedeutet, dass es zum Ersten nicht auf die jeweilige Unternehmensform (öffentlichrechtlich oder privatrechtlich) ankommt. Zum Zweiten fällt es in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu definieren und diese gegebenenfalls auch zu finanzieren. Allerdings dürfen mit der Erbringung einer solchen Dienstleistung zum Dritten keine unnötigen Handelshemmnisse verbunden sein. Der Wettbewerb und die Binnenmarktfreiheiten dürfen nur soweit eingeschränkt werden, als dies für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben tatsächlich erforderlich ist71.
3. Die Akzentuierung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse durch Art 16 EG-Vertrag Da öffentliche Unternehmen häufig Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbringen, ist in Bezug auf den für sie maßgeblichen Rechtsrahmen - zumindest kursorisch - auch auf Art 16 EG-Vertrag einzugehen. Diese durch den Vertrag von Amsterdam in den EG-Vertrag eingefügte Bestimmung betont erstmals den Stellenwert solcher Dienstleistungen innerhalb der Gemeinschaft und anerkennt ihre Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts72. Sie statuiert das an die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeitsbereiche gerichtete Gebot, dafür Sorge zu tragen, „daß die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, daß sie ihren Aufgaben nachkommen können“. Nicht zuletzt deshalb, weil die Art 73, 86 und 87 des Vertrags ausdrücklich nicht berührt werden73, hat Art 16 EGVertrag nichts am grundsätzlichen Verhältnis zwischen Wettbewerbs- und Gemeinwirtschaftsprinzip im Sinne eines Regel-Ausnahme Verhältnisses geändert. Eine Ausnahme von den Vertragsbestimmungen, insbesondere vom Wettbewerbsrecht, zu Gunsten der genannten Dienstleistungen ist auch nach 69
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Vgl dazu die verschiedenen Vorschläge der Kommission für eine Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, zuletzt KOM(2005) 319 endg. EuGH Rs 159/94, Kommission/Frankreich, Slg 1997, I 5819 (Rz 43ff). Vgl Mitteilung der Kommission - Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM(2000) 580 endg., Rz 20 ff. Art 16 EG-Vertrag hat nicht eine eigenständige Gemeinschaftspolitik zum Gegenstand, sondern einen Teil des Politikbereichs „wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt“ (Art 3 Abs 1 lit k EG-Vertrag). Vgl dazu die 13. von der Konferenz angenommene Erklärung, Abl 1997 C 340/133, wonach Art 16 EG-Vertrag nur auf der Grundlage der Beachtung der geltenden Rechtslage, insbesondere der Rsp des EuGH, umgesetzt wird.
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dem Inkrafttreten des Art 16 EG-Vertrag nur insoweit möglich, als sie für die Aufgabenerfüllung unter zumutbaren wirtschaftlichen Bedingungen unverzichtbar ist (Primat des Wettbewerbs). Dennoch erfahren die Dienste der Daseinsvorsorge durch die Einführung des Art 16 als einen Grundsatz des Vertrags am Ende des Ersten Teils des EGVertrags eine Aufwertung74. Diese Akzentuierung entspricht dem politischen Bedürfnis, nach der in den vorangegangenen Jahren erfolgten Liberalisierung auf dem Gebiet der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen die grundlegende Bedeutung solcher Dienste „positiv zu würdigen“75, und soll beim Erreichen eines Gleichgewichts zwischen dem dominierenden Wettbewerbsprinzip und dem gemeinwirtschaftlichen Prinzip helfen.
4. Die Transparenzrichtlinie Da die TransparenzRL heute für den Großteil der öffentlichen und daseinsvorsorgenden Unternehmen über die Grenzen der verschiedenen Wirtschaftssektoren hinaus gilt76, konstituiert auch sie einen wesentlichen Teil des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens für öffentliche Unternehmen. Ziel der Richtlinie ist seit jeher die Sicherstellung der Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen der öffentlichen Hand und ihren Unternehmen, um eine wirkungsvolle Anwendung der Beihilfevorschriften zu gewährleisten. Demnach müssen sowohl die mittelbare als auch die unmittelbare Bereitstellung öffentlicher Mittel sowie deren Verwendung offengelegt werden. Nach einer Überarbeitung der Richtlinie77 verfolgt die Kommission seit dem Jahr 2000 das zusätzliche Ziel, finanzielle Beziehungen innerhalb der teilweise im gemeinwirtschaftlichen Bereich, teilweise im Wettbewerbsbereich 74
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Vgl dazu Welti, Die kommunale Daseinsvorsorge und der Vertrag über eine Verfassung für Europa, AÖR 2005, 529 (543f, 548), der eine vermeintlich „vorsichtige Tendenz [des EuGH] zur restriktiveren Auslegung von Tatbeständen, mit denen die Reichweite der Markt- und Wettbewerbsregeln bestimmt wird“, ua auch auf Art 16 EG-Vertrag zurückführt. Vgl dazu den De Vigo- und Tsatsos-Bericht über den Vertrag von Amsterdam vom 5. 11. 1997, abgedruckt in EuGRZ 1998, 72 (Z 109). Ursprünglich waren vom Anwendungsbereich der RL Unternehmen, die in den Sektoren Wasser, Energie, Post- und Fernmeldewesen und Verkehr tätig waren, sowie öffentliche Krankenanstalten ausgenommen. Durch die Wettbewerbsentwicklung in der Gemeinschaft zu Beginn der 1980’er Jahre sah sich die Kommission veranlasst, den Anwendungsbereich der RL auszudehnen (RL 85/413/EWG zur Änderung der RL 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, Abl L 229/20). In ihrer Stammfassung fand die TransparenzRL zudem nur auf öffentliche Unternehmen Anwendung. In ihrer geltenden Fassung erfasst sie auch bestimmte private Unternehmen. Dies erklärt sich dadurch, dass auch solche Unternehmen in gemeinwirtschaftlichen und zugleich auch in wettbewerblichen Wirtschaftsbereichen tätig sind. RL 2000/52/EG zur Änderung der RL 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, Abl L 193/75. Auch aus dem mit dieser Novellierung geänderten Namen der TransparenzRL - RL über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen - geht ihr auf bestimmte private Unternehmen erweiterter Anwendungsbereich hervor. Derzeit steht die RL idF RL 2005/81/EG, Abl L 312/47, in Geltung.
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tätigen Unternehmen zu durchleuchten. Die Kommission hat durch die Novellierung der Richtlinie mithin eine Ausweitung der Transparenzpflichten und damit ihrer Befugnisse herbeigeführt78. Neben der finanziellen Transparenz müssen „Unternehmen, die verpflichtet sind, getrennte Bücher zu führen“, Transaktionen zwischen ihren Geschäftsbereichen sichtbar machen und demgemäß auch ihre Finanz- und Organisationsstruktur offen legen. Zum betroffenen Kreis zählen Inhaber besonderer oder ausschließlicher Rechte nach Art 86 Abs 1 EG-Vertrag, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nach Art 86 Abs 2 EG-Vertrag betraut sind, eine Vergütung in Bezug auf diese Tätigkeit erhalten und die zugleich auch andere Tätigkeiten ausüben. Die Buchführung solcher Unternehmen muss eine nach Geschäftsbereichen getrennte Aufstellung der Kosten und Erlöse sowie die Methode, nach der diese zugeordnet werden, enthalten79. Im Ergebnis stellt sich die TransparenzRL in ihrer geltenden Fassung auch als Instrument zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen (Quersubventionierungen) durch Unternehmen dar, die teils in gemeinwirtschaftlichen Sonderrechtsbereichen, teils im wettbewerblichen Umfeld agieren. Für die Kommission ist die Kenntnis der entsprechenden Finanzströme für die weitere Durchsetzung der Marktfreiheiten und des Wettbewerbsrechts hinsichtlich der unter Art 86 Abs 2 EG-Vertrag fallenden Bereiche jedenfalls von großem Nutzen. Wegen mangelnder Umsetzung der Richtlinie hat die Kommission im Sommer 2006 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.
II. Der Begriff des öffentlichen Unternehmens A. Nationales Recht Das österreichische Recht kennt einen gesetzlich definierten einheitlichen Unternehmensbegriff nicht. Vielmehr ist nach dem jeweiligen Normzweck von Rechtsgebiet zu Rechtsgebiet zu unterscheiden. Im Sinne des B-VG ist ein Unternehmen nach ständiger Rechtsprechung des VfGH eine in einer bestimmten Organisationsform in Erscheinung tretende wirtschaftliche Tätigkeit, die sich auf Vermögenswerte stützt und mit Einnahmen und Ausgaben verbunden ist. Nicht maßgeblich ist die Organisationsform, ob eine Einheit Rechtspersönlichkeit besitzt und ob für die verfolgte Tätigkeit besondere Berechtigungen erforderlich sind. Ausschlaggebend ist auch nicht, ob das Handeln auf Gewinn gerichtet ist80. In der österreichischen Lehre wurden bei der Definition des Begriffs des öffentlichen Unternehmens verschiedene Wege beschritten. 78 79
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Bartosch, Neue Transparenzpflichten - eine kritische Analyse des Kommissionsentwurfs einer neuen Transparenzrichtlinie, EuZW 2000, 333. Die neuen Regelungen über die getrennte Buchführung gelten allerdings nicht, soweit entsprechende Spezialvorschriften wie zB im Bereich der Post oder der Energiewirtschaft bestehen. Britz, Staatliche Förderung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen in liberalisierten Märkten und Europäisches Wettbewerbsrecht, DVBl 2000, 1641 (1649). Für viele VfSlg 3296/1957.
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Insbesondere Wenger hat als wesentliches Merkmal eines öffentlichen Unternehmens den Einsatz des Unternehmens als Gestaltungsmittel der Verwaltung in den Vordergrund gestellt. Öffentliche Unternehmen dienen demnach der Erfüllung eines öffentlichen Zwecks iSd Daseinsvorsorge oder der Wirtschaftslenkung81. Eine andere - heute vorherrschende - Auffassung stellt auf die Trägerschaft am Unternehmen ab und versteht unter öffentlichen Unternehmen all jene, die durch eine qualifizierte Beteiligung der öffentlichen Hand bzw durch ein entsprechendes Naheverhältnis zwischen Unternehmen und „Staat“ charakterisiert werden82. Nach diesem weiteren Verständnis wird auch die rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand vom Begriff des öffentlichen Unternehmens umfasst.
B. Gemeinschaftsrecht Seit dem Beitritt zum EWR bzw in der Folge zur EU wird der nationale Begriff des (öffentlichen) Unternehmens vom gemeinschaftsrechtlichen Unternehmensbegriff überlagert. Dieser ist autonom europarechtlich zu bestimmen, wobei mit Blick auf die Ziele vor allem des europäischen Wettbewerbsrechts von einem weiten, funktionalen Unternehmensbegriff auszugehen ist. Der EuGH stellt daher auf die Art der ausgeübten Tätigkeit ab und versteht unter einem Unternehmen „... jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit83, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“. Als wirtschaftlich gilt eine Tätigkeit, wenn es sich um nicht-hoheitliche Maßnahmen handelt, die marktgängig sind, die also einen Güter- oder Dienstleistungsaustausch auf einem Markt zum Gegenstand haben (marktbezogene Tätigkeit)84. EuG und Kommission folgen dieser Definition. Nicht konstitutiv für den Unternehmensbegriff sind Rechtspersönlichkeit sowie das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht85. Jedoch bedarf es eines Minimums an organisatorischer Selbstständigkeit der wirtschaftlich tätigen Einheit. Ob die entsprechende Stelle in die staatliche Verwaltung eingegliedert ist, ist unbedeutend, wie der Fall der italienischen Tabakmonopolverwaltung gezeigt hat86. Auch Anstalten des öffentlichen Rechts können Unternehmen sein. So qualifizierte der EuGH eine in dieser Weise organisierte Arbeitsvermittlung als Unternehmen iSd EG-Vertrags: Dass die Vermittlungstätigkeit 81 82
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Wenger (FN 3), 154, 569. Schauer, Öffentliche Unternehmen in Österreich, in: Chmielewicz/Eichhorn (Hrsg), Handwörterbuch der öffentlichen Betriebswirtschaft, 1989, 1127. Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 1987, 204. Vgl auch die Definition des Statistischen Zentralamtes, das unter öffentlichen Unternehmen jene Betriebe versteht, die im überwiegenden Eigentum bzw in der Verfügungsgewalt von Gebietskörperschaften stehen. Obermann/Soukup (FN 10), 13 (FN 3). Mangels Einheit stellen „anerkannte Hafenarbeiter“ eines Hafengebietes kein Unternehmen dar und zwar auch dann nicht, wenn man sie gemeinsam betrachtet. EuGH Rs C-22/98, Becu, Slg 1999, I-5665 (Rz 26ff). EuGH Rs C-475/99, Ambulanz Glöckner, Slg 2001, I-8089, Rz 19. EuGH Rs 209 bis 215 und 218/78, Van Landewyck/Kommission, Slg 1980, 3125 (Rz 88); Rs C-244/94, FFSA ua, Slg 1995, I-4013 (Rz 21). EuGH Rs 118/85, Kommission/Italien, Slg 1987, 2599 (Rz 8ff).
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normalerweise öffentlich-rechtlichen Anstalten übertragen sei, spreche nicht gegen die wirtschaftliche Natur der Tätigkeit. Die Arbeitsvermittlung sei nicht immer von öffentlichen Einrichtungen betrieben worden und müsse nicht notwendig von solchen Einrichtungen betrieben werden, was insbesondere für die Tätigkeit der Vermittlung von Führungskräften der Wirtschaft gelte87. Auch ein von einer Standesvertretung eines freien Berufs eingerichteter Rentenfonds, der die Höhe der Beiträge und Leistungen selbst bestimmt und in dem Pflichtmitgliedschaft herrscht, ist ein Unternehmen iSd Wettbewerbsrechts88. Anders ist die Situation hinsichtlich - im Sinne des Gemeinschaftsrechts hoheitlicher Tätigkeiten89. Diese stellen keine wirtschaftliche Betätigung dar. So hat der Gerichtshof etwa die Flugsicherungseinrichtung Eurocontrol nicht als Unternehmen angesehen90. Ferner hat er Betätigungen, die ausschließlich sozialen und kulturellen Zwecken dienen und keinen Erwerbszweck verfolgen, als von der Anwendung der Wettbewerbsvorschriften ausgenommen betrachtet. Öffentlich-rechtliche Sozialversicherungssysteme werden etwa nicht als Unternehmen gewertet, wenn sie einem sozialen Zweck dienen, Zwangsmitgliedschaft vorsehen, nach dem Solidaritätsprinzip organisiert sind und ohne Gewinnerzielungsabsicht geführt werden91. Der EuGH hat diese Ausnahme vom Unternehmensbegriff, seinem funktionalen Ansatz folgend, nicht etwa mit dem sozialen Charakter der wahrgenommenen Aufgabe begründet, sondern damit, dass es sich um ein System der sozialen Sicherung handle. Dies ergibt sich für den Gerichtshof vor allem aus der Zwangsmitgliedschaft sowie daraus, dass die gewährten, gesetzlich festgelegten Leistungen für Krankheit und Mutterschaft unabhängig von den Einzahlungen für alle gleich waren. Demgegenüber wurde ein freiwilliges soziales Sicherungssystem mit leistungsorientierter Auszahlung nach dem Kapitalisierungsprinzip als Unternehmen bewertet92. Abgelehnt hat der Gerichtshof auch die Anwendung der (nur bei entgeltlichen Tätigkeiten einschlägigen) Dienstleistungsfreiheit auf nationale Bildungssysteme, wie zB staatliche Schulen93 und Hochschulen, die im Wesentlichen mit öffentlichen Geldern finanziert werden94. Die Kommission
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EuGH Rs C-41/90, Höfner, Slg 1991, I-1979 (Rz 22). Vgl auch EuGH Rs 78/76, Steinike, Slg 1977, 595 (Rz 18); Rs C-55/96, Job Centre coop arl, Slg 1997, I-7119 (Rz 22). EuGH verb Rs C-180 bis 184/98, Pavlov, Slg 2000, I-6451 (Rz 74ff). Zur nicht unproblematischen Unterscheidung zwischen hoheitlichem und unternehmerischem Handeln Heinemann (FN 31), 75ff; Schwarze, Der Staat als Adressat des europäischen Wettbewerbsrechts, EuZW 2000, 613 (614f). EuGH Rs C-364/92, Eurocontrol, Slg 1994, I-43, Rz 18. EuGH verb Rs C-159 und 160/91, Poucet und Pistre, Slg 1993, I-637 (Rz 18f); Rs C-218/00, Cisal die Battistello, Slg 2002, I-691 (Rz 335ff). Vgl auch EuGH verb Rs C-264/01, 306/01, 354/01 und 355/01, AOK Bundesverband, Slg 2004, I-2493 (Rz 47). EuGH Rs C-244/94, FFSA ua, Slg 1995, I-4013 (Rz 17ff); vgl auch Rs C-67/96, Albany, Slg 1999, I-5751 (Rz 84); Rs C-115 bis 117/97, Brentjens’ Handelsonderneming, Slg 1999, I-6025 (Rz 79ff); Rs C-219/97, Maatschappij Drijvende Bokken, Slg 1999, I-6121 (Rz 69ff). EuGH Rs C-263/86, Humbel, Slg 1988, 5365 (Rz 18). EuGH Rs C-109/92, Wirth, Slg 1993, I-6447 (Rz 15).
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unterstützt diese Rechtsprechung95 und sieht beispielsweise eine staatliche Straßenbauverwaltung nicht als Unternehmen an96. Dass die Grenzziehung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit im Einzelfall mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, zeigen die diesbezüglichen Ausführungen in der zitierten Kommissionsmitteilung. Dort sieht die Kommission zunächst unter Berufung auf die Judikatur des EuGH die Tätigkeiten von Gewerkschaften, politischen Parteien, Kirchen und religiösen Gemeinschaften, Verbraucherverbänden, wissenschaftlichen Gesellschaften, Wohlfahrtseinrichtungen sowie Schutz- und Hilfsorganisationen auf Grund ihrer Nichtwirtschaftlichkeit (Besorgung weitgehend sozialer Aufgaben ohne Gewinnabsicht) als von der Anwendbarkeit des europäischen Wettbewerbsrechts ausgenommen. Gleichzeitig hält die Kommission jedoch fest, dass (erst) dann, wenn solche Einrichtungen bei der Erfüllung des Gemeinwohlauftrags wirtschaftliche im Sinne von marktbezogenen Tätigkeiten entfalten, die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zum Tragen kämen. Dass diese „Erläuterungen“ bei der Abgrenzung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht weiterhelfen, ist evident. Ein Unternehmen ist dann als öffentliches Unternehmen iSd Gemeinschaftsrechts zu qualifizieren, wenn der Staat die Möglichkeit besitzt, auf das Unternehmen einen beherrschenden Einfluss auszuüben. Dies wird vermutet, wenn die öffentliche Hand zumindest mittelbar „die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt oder ... über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder ... mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann“ (Art 2 Abs 2 TransparenzRL). Als öffentliches Unternehmen (iSd Art 86 EG-Vertrag) stellt sich somit jedes Unternehmen dar, „auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann“97.
III. Einteilung öffentlicher Unternehmen Öffentliche Unternehmen lassen sich nach den verschiedensten Kriterien einteilen98. Im Folgenden werden sie nach Unternehmensträgerschaft, Rechtsform und ihren Zielen systematisiert.
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Mitteilung der Kommission - Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM(2000) 580 endg., Rz 28 ff. Vgl den Vorschlag für eine Koordinierungsbeihilfenverordnung, KOM(2000) 5 endg., Rz 18 der Begründung. Vgl Art 2 Abs 1 lit b TransparenzRL. Der EuGH hat zwar klargestellt, dass sich diese Definition nur auf den Begriff der öffentlichen Unternehmen im Rahmen der TransparenzRL bezieht (EuGH verb Rs 188-190/80, Transparenzrichtlinie, Slg 1982, 2545 [Rz 24]), sie hat sich mittlerweile jedoch allgemein durchgesetzt. ZB nach ihrem wirtschaftlichen Gegenstand, dem verfolgten Ziel, ihrem wirtschaftlichen Ergebnis oder ihrer Marktstellung und Größe.
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A. Unterscheidung nach der Unternehmensträgerschaft Gliedert man die öffentlichen Unternehmen nach ihren Trägern, kann man vor allem99 Bundes-, Landes- und Gemeindeunternehmen unterscheiden. Als Bundesunternehmen stellten sich insbesondere die heute zum Großteil privatisierten Unternehmen der „Verstaatlichten“ dar. Auch die Verbundgesellschaft, Straßenbaugesellschaften, Gesellschaften zur Verwaltung von Bundesimmobilien, die Bundesbahnen sowie die Post zählen dazu. Aus dem Kreis der Landesunternehmen sind insbesondere LandesElektrizitäts- und -Gasgesellschaften, die Landes-Hypothekenbanken und Landesversicherungsunternehmen zu nennen. Zu den Gemeindeunternehmen zählen beispielsweise Unternehmen im Bereich der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, der Versorgung mit Strom und Gas, der Verkehrsbedienung oder der Müllabfuhr sowie die Gemeindesparkassen.
B. Unterscheidung nach der Rechtsform Die Unterscheidung öffentlicher Unternehmen nach dem Kriterium ihrer Rechtsform ist bedingt durch das Mischverhältnis funktionaler Selbstständigkeit und organisatorischer Beherrschung. Es ergibt sich folgende Einteilung: Einheiten, denen ein geschlossenes wirtschaftliches Konzept bzw eine besondere budgetmäßige Behandlung zukommt, die organisatorisch aber in die allgemeine Verwaltung integriert sind (mangels Selbstständigkeit also Unternehmen nur im weitesten, funktionalen Sinn), stellen so genannte Regiebetriebe dar100. Beispiele hiefür sind die häufig in das Gemeindeamt (den Magistrat) eingegliederten kommunalen Schlachthöfe, Müllabfuhren oder Friedhofsverwaltungen. Eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen diese Unternehmen ebenso wenig wie eine institutionalisierte Selbstständigkeit. Die Betriebsleitung ist an Beschlüsse und Weisungen der vorgesetzten Verwaltungsstellen gebunden. Ein aus organisatorischer Sicht Mehr an Selbstständigkeit bietet der Eigenbetrieb. Dieser entsteht dann, wenn - neben den Kriterien des wirtschaftlichen Konzepts und der besonderen budgetmäßigen Berücksichtigung (Regiebetrieb) - die Trägergebietskörperschaft von ihrem inneren Organisationsrecht Gebrauch macht101 und eine eigene Organisation für den Betrieb zur Verfügung stellt. Auch beim Eigenbetrieb als Erscheinung der inneren Verwaltungsorganisation verbleibt die letztendliche Entscheidungsbefugnis - insbesondere über grundlegende Unternehmensentscheidungen - bei den Organen der Trägergebietskörperschaft. Die Organisationsbefugnis und die Vertretung des Eigenbetriebs nach außen sind im Ergebnis immer auf die entsprechende Gebietskörperschaft rückführbar. Der Eigenbetrieb besitzt zwar finanzielle Selbstständig-
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Auch von den Gebietskörperschaften verschiedene juristische Personen wie zB Kammern oder Tourismusverbände können - dem Staat zuzurechnende - Unternehmensträger sein. Binder (FN 21), 6; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 2003, Rz 322. Vgl VfSlg 8844/1980.
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keit102, eine eigene Rechtspersönlichkeit kommt aber auch ihm nicht zu. Eigenbetriebe werden auch als unselbstständige Anstalten103 bezeichnet. Weiter organisationsrechtlich verselbstständigt als die bisher behandelten Unternehmen ist die selbstständige Anstalt. Ihr kommt eine von der Trägergebietskörperschaft verschiedene Rechtspersönlichkeit zu. Prominenteste Beispiele waren die Landes-Hypothekenbanken104. Die wichtigste Rolle bei den öffentlichen Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit spielen schon seit Langem die Kapitalgesellschaften (AG, GmbH), wobei die Form der GmbH zahlenmäßig überwiegt105. Je nach Eigentum an den Anteilsrechten kann unterschieden werden: Besitzt ein einziger öffentlicher Unternehmensträger sämtliche Anteilsrechte, liegt eine Einmanngesellschaft vor. Teilen sich mehrere öffentliche Unternehmensträger die Anteilsrechte, spricht man von gemischt-öffentlichen Gesellschaften. Beteiligen sich an der Kapitalgesellschaft auch Private, handelt es sich um eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft. Die Beantwortung der Frage, ob für ein öffentliches Unternehmen die Form einer AG oder GmbH gewählt wird, hängt nicht selten mit dem gewünschten Grad der Unabhängigkeit der Geschäftsführung zusammen. Bei der GmbH haben die Gesellschafter insbesondere die Befugnis, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen und so die Geschäftsführung wesentlich zu beeinflussen. Darüber hinaus kann auch die Satzung anordnen, dass bestimmte Arten von Geschäften der Zustimmung des Aufsichtsrats unterliegen. Die konkrete Ausgestaltung der Geschäftsführungsbefugnis ist weitestgehend dispositiv. Tendenziell anders verhält es sich bei der AG, deren Organisation in höherem Maße durch Gesetz determiniert ist. Der Aufsichtsrat ist nicht in der Lage, selbst Geschäftsführungshandlungen zu setzen106 oder dem Vorstand Weisungen zu erteilen. Zwar können Satzung oder Aufsichtsrat anordnen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden können. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht bei laufenden Geschäften107. Der Bundesgesetzgeber kann auf der Grundlage der ihm durch Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG eingeräumten Kompetenz für von ihm gegründete Kapitalgesellschaften so genanntes Sondergesellschaftsrecht erlassen, das auch Gesellschaftern einer AG besondere Weisungs- und Aufsichtsrechte einräumen kann108. Den Ländern kommt eine solche Kompetenz zur Schaffung von Son-
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Vermögensmäßige, rechnungsmäßige und haushaltsrechtliche Selbstständigkeit. Als (selbstständige) Anstalt gilt die zur juristischen Person erhobene Einrichtung mit einem Bestand an sachlichen und persönlichen Mitteln, die dauernd bestimmten Zwecken der öffentlichen Verwaltung gewidmet sind. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 1996, 322. Früher waren auch der ORF und die PSK selbstständige Anstalten. Vgl Korinek S., Ausgliederung - Privatisierung - Beleihung, ZfV 1998, 296 (297). § 95 Abs 5 AktG. Vgl zur Entscheidungsstruktur auch Hauser, Die Wahl der Organisationsform kommunaler Einrichtungen (1987) 40 ff. Korinek/Holoubek (FN 15), 99ff; Winner, Öffentlich-rechtliche Anforderungen und gesellschaftsrechtliche Probleme bei Ausgliederungen, ZfV 1998, 104 (106); Walzel
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derzivilrecht nicht zu109. Dies mag Grund dafür sein, dass von diesen häufiger Unternehmen in der Form von Anstalten betrieben werden. Ausnahmsweise sind öffentliche Unternehmen auch als Vereine110 errich111 tet . Vereine iSd VereinsG 2002 müssen „ideelle Vereine“ sein, das heißt, sie dürfen nicht „auf Gewinn berechnet“ sein. Der Qualifikation als ideeller Verein schadet es jedoch nicht, wenn im Rahmen der Vereinstätigkeit auch unternehmerische Handlungen gesetzt werden, soweit diese den ideellen nachgeordnet sind („Nebentätigkeitsprivileg“). Der VfGH verfolgt in seiner Rechtsprechung eine liberale Linie und lässt auch erwerbswirtschaftliche Vereinstätigkeiten allerdings etwa unter dem Verbot der Gewinnausschüttung - zu112. Ob sich die öffentliche Hand an einer OHG oder KG (als Komplementär) beteiligen darf, ist umstritten, aus haushaltsrechtlichen Gründen aber wohl zu verneinen113.
C. Unterscheidung nach den Zielen Schon alleine aus dem Umstand heraus, dass rationales Handeln ohne Ziel niemals möglich ist, können öffentliche Unternehmen auch nach ihren Zielsetzungen eingeteilt werden; dies allerdings mit der Einschränkung, dass sie in den seltensten Fällen nur ein einziges Ziel verfolgen werden. Das gilt umso mehr, als in der Regel Zielkonkurrenzen bestehen und der Stellenwert des einzelnen Ziels innerhalb eines Zielbündels nicht immer einfach zu bestimmen sein wird114. Die Zuordnung eines konkreten Unternehmens zu einer der nachfolgenden Rubriken wird also nicht in jedem Einzelfall eindeutig sein. Die einmal getroffene Zuteilung eines Unternehmens zu einer Gruppe bedeutet auch nicht, dass sich diese zB auf Grund einer neuen Ausrichtung der öffentlichen Unternehmenstätigkeit nicht wieder ändern könnte. Typisierend kann folgende Einteilung getroffen werden. Versorgungsleistungen: Häufig werden öffentliche Unternehmen betrieben, um die Bevölkerung mit Dienstleistungen zu versorgen, die ein privater Betreiber nicht oder nicht in angemessener Qualität oder zu angemessenen Bedingungen bereithalten würde. Solche gemeinwirtschaftlichen Dienstleistun-
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von Wiesentreu, Rechtsfragen der Ausgliederung öffentlicher Aufgaben, insbesondere im kommunalen Bereich, ÖGZ 1997, H 12, 11 (13f). Holoubek, Öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen von Ausgliederungen und Privatisierungen, ÖGZ 2000, H 12, 22 (23). Ein Verein ist ein freiwilliger, auf Dauer angelegter, auf Grund von Statuten organisierter Zusammenschluss mindestens zweier Personen zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen ideellen Zwecks (§ 1 Abs 1 VereinsG 2002). Vgl zum Vereinsbegriff auch für viele VfSlg 1397/1931. Vgl das „Kuratorium zur Förderung der Wirtschaftsuniversität“, VfSlg 10.371/1985. Vgl zum Nebentätigkeitsprivileg mit einer instruktiven Zusammenfassung der verschiedenen Meinungen Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, Vereinsgesetz 2002 - Kommentar, 2002, § 1 Rz 21 ff. Vgl dazu Wenger (FN 3), 586; Aicher, Zivil- und gesellschaftsrechtliche Probleme, in: Funk (Hrsg), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte, 1981, 191 (217ff). Vgl dazu ausführlich Diederich, Ziele öffentlicher Unternehmen, in: Chmielewicz/ Eichhorn (Hrsg), Handwörterbuch der öffentlichen Betriebswirtschaft, 1989, 1856.
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gen sind häufig defizitär, gleichzeitig aber im öffentlichen Interesse gelegen und für ein funktionierendes Staatswesen unverzichtbar. Ihr Bereithalten wird als öffentliche Aufgabe bzw als Leistung der Daseinsvorsorge gesehen. Die Sicherung solcher Basis- bzw Universaldienste betrifft Wirtschaftssektoren wie beispielsweise die Post, Telekommunikation oder die Strom- und Gasversorgung. Viele der nach Ansicht der Europäischen Kommission nicht zum engsten Kreis der Daseinsvorsorge zählenden Tätigkeiten werden zusehends dem (beschränkten) Wettbewerb unterstellt. Gewinnerzielung: Auch wenn dem Staat zur Mittelbeschaffung primär das Instrument der Steuereinhebung zur Verfügung steht, stellt ein weiteres Ziel öffentlicher Unternehmenstätigkeit die Gewinnerzielung dar. Insbesondere die Errichtung der Staatsmonopole war in hohem Maße vom Zusammenhang zwischen Monopol- und Finanzwesen geprägt (Finanzmonopol)115. Fiskalische Überlegungen waren Hauptmotiv für die Errichtung des Tabak-, Branntwein-, Salz- und Glücksspielmonopols116. Wirtschaftspolitik: Dass mit öffentlichen Unternehmen auch Wirtschaftspolitik betrieben werden kann, liegt auf der Hand. Insbesondere die nach dem Zweiten Weltkrieg vorgenommenen Verstaatlichungen sind auch in diesem Licht zu sehen. Bei der Beteiligung des Bundes an privaten Rechtsträgern müssen gemäß § 59 Abs 1 Z 1 BHG wirtschaftspolitische Überlegungen sogar im Vordergrund stehen. So darf der Bund Beteiligungen an privatrechtlich organisierten Gesellschaften und Genossenschaften nur erwerben, wenn damit „einem wichtigen volkswirtschaftlichen Anliegen“ entsprochen werden kann. Die Rolle, die öffentliche Unternehmen im Rahmen der Wirtschaftspolitik spielen können, ist heute durch das (europäische) Wettbewerbsrecht freilich beschränkt. Verwaltungstätigkeiten: Öffentliche Unternehmen werden auch gegründet, um Verwaltungstätigkeiten effizienter zu erfüllen, als dies bei einer Wahrnehmung der entsprechenden Aufgabe durch die öffentliche Hand selbst der Fall ist („Abstoßen der Hoheitsverwaltung“).
IV. Ausgliederung und Privatisierung A. Ausgliederung Der Begriff Ausgliederung kann typisierend dahin definiert werden, dass Aufgaben nicht mehr vom Verwaltungsapparat einer Gebietskörperschaft wahrgenommen, sondern auf einen für die Aufgabenerfüllung eigens geschaffenen, von der öffentlichen Hand kontrollierten Rechtsträger übertragen werden117. Es findet mithin eine organisatorische, haushaltsmäßig-wirtschaftliche
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Wenger (FN 10), Rz 33; Raschauer, Monopolunternehmen, ZfV 1987, 1 (2). Vgl dazu grundlegend Mayer, Staatsmonopole, 1976, 10ff. Vgl Binder, Der Staat als Träger von Privatrechten, 1980, 186; Funk, Allgemeine verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Probleme, in: derselbe (Hrsg), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte, 1981, 1 (8f).
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Verlagerung und Verselbstständigung von Verwaltungseinheiten statt118. Funktional ist - einen hinreichenden Einfluss auf die Willensbildung vorausgesetzt die ausgliedernde Gebietskörperschaft Unternehmensträgerin, organisatorisch der betreffende Rechtsträger. Als häufigste Ausgliederungsmotive gelten119: • die Flexibilisierung von Entscheidungsprozessen auf Grund strafferer Führungsorganisation; • die gesteigerte Möglichkeit wirtschaftlicher Geschäftsführung durch die Zurückdrängung des politischen Einflusses (Entpolitisierung der Aufgabenfelder); • die Stärkung des Wirtschaftlichkeitsprinzips durch längerfristige Planung; • die Abkoppelung der Personalpolitik vom relativ starren Dienst- und Arbeitsrecht des Trägergemeinwesens (unternehmensorientierte Personalpolitik); • die erhöhten Kooperationsmöglichkeiten des Unternehmens; • die Ermöglichung außerbudgetärer Finanzierungen; • die Einhaltung der Maastricht-Konvergenzkriterien. Die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Betrauung ausgegliederter Rechtsträger mit Angelegenheiten der nicht-hoheitlichen Verwaltung kann positiv beantwortet werden120. Dies ergibt sich ua aus der Kontrollzuständigkeit des RH, die auch ausgegliederte Unternehmen erfasst. Da die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch ausgegliederte, in den Formen des Privatrechts handelnde Rechtsträger - also die unmittelbare Aufgabenerfüllung selbst - keinen Fall von Verwaltung iSd B-VG (mehr) darstellt121, greifen die die Vollziehung determinierenden, verfassungsrechtlichen Bindungen wie zB das Weisungsprinzip (Art 20 Abs 1 B-VG), die Amtsverschwiegenheit (Art 20 Abs 3 B-VG) und die Auskunftspflicht (Art 20 Abs 4 B-VG) hinsichtlich der entsprechenden Tätigkeiten nicht. Lediglich die Verwaltung von Anteilsrechten des ausgegliederten öffentlichen Unternehmens und sonsti118
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Vgl nur die Bundesrechenzentrum GmbH, die Landwirtschaftliche Bundesversuchswirtschaften GmbH, die Staatsdruckerei und Print Media AG, die BIG mbH, die Eisenbahn-Hochleistungs-AG, die Österreichische Bundesforste AG, die ÖBB, die Austro Control GmbH, die Burgtheater GmbH, die Wiener Staatsoper GmbH, die Volksoper Wien GmbH, die Theaterservice GmbH sowie die Gesellschaft öffentlichen Rechts „Spanische Hofreitschule - Bundesgestüt Piber“. Vgl zB Puck, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch juristische Personen des Privatrechts, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden, in: Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Hrsg), Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Privatrechtssubjekte, Schriftenreihe der Bundeskammer, oJ, 9 (15); Binder (FN 117), 196f; Aicher (FN 113), 213f; Funk, Sondergesellschaften in der Bundesverwaltung, ÖZW 1984, 65 (75); derselbe (FN 117), 29ff; Wimmer, Die Ausgliederung von Gemeindebetrieben, ÖGZ 1993, H 9, 2 (4); Atzmüller, Entpolitisierung kommunaler Unternehmen durch Ausgliederung und Neugründung?, in: Strunz/Fohler-Norek/ Edtstadler (Hrsg), Öffentliche Verwaltung im Wandel, 1996, 341ff. Potacs (FN 46), Rz 909. VfSlg 14.075/1995. Funk (FN 117), 1ff; Adamovich/Funk (FN 82), 235; Aicher/Schuster, Die Errichtung und der Betrieb von Gemeindeunternehmen sowie die Erbringung von kommunalen Dienstleistungen unter dem Gesichtspunkt des Artikels 90 EG-Vertrag, in: Neuhofer (Hrsg), Die Gemeinde unter EU-Recht, 1994, 117 (119).
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ges Ingerenzverhalten sind der Trägergebietskörperschaft zuzurechnen und stellen Vollziehung dar. Regie- und Eigenunternehmen sowie Beliehene bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten üben hingegen Verwaltungstätigkeiten iSd B-VG aus. Ausgegliederte Rechtsträger können sich bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch nicht-hoheitliches Handeln mangels Geltung des Legalitätsprinzips122 auch außerhalb gesetzlich entsprechend determinierter organisatorischer, verfahrensmäßiger und inhaltlicher Ermächtigung im Rahmen des allgemeinen Privatrechts bewegen123. Das Gesetz ist „nicht Voraussetzung, sondern Schranke“ des Handelns124. Hinsichtlich der Frage nach der Grundrechtsgebundenheit ausgegliederter öffentlicher Unternehmen bei der Wahrnehmung nicht-hoheitlicher Tätigkeiten (Fiskalgeltung der Grundrechte) wird einerseits die Meinung vertreten, dass die Auslagerung der Verwaltungsagenden den Grundrechtsschutz des Privaten nicht schmälern könne. Ausschlaggebend dafür sei die aus der Staatlichkeit öffentlicher Unternehmen erfließende Übermacht gegenüber dem Einzelnen, die auch nach einer Ausgliederung herrsche125. Andererseits wird die Ansicht vertreten, dass abgestufte Grundrechtsbindungen bestünden, je nachdem, ob es sich um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts handle und in welchem Ausmaß die Trägergebietskörperschaft am ausgegliederten Rechtsträger beteiligt sei126. Der OGH leitet aus dem Gleichheitssatz jedenfalls überall dort, wo die faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität die Möglichkeit der Fremdbestimmung über andere eröffnet, einen Kontrahierungszwang zu angemessenen inhaltlichen Bedingungen für öffentliche Unternehmen ab127. Grenzen für die Ausgliederung öffentlicher Aufgaben ergeben sich insbesondere aus der Kompetenzverteilung, den Grundrechten und dem verfassungsrechtlichen Effizienzprinzip128. Ausgegliederte Rechtsträger können auch mit der Besorgung hoheitlich wahrzunehmender öffentlicher Aufgaben betraut und als Beliehene129 in die öffentliche Verwaltung eingegliedert werden. Nach der Judikatur des VfGH gelten für die Beleihung ausgegliederter Rechtsträger (zB OeNB, Austro 122 123
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Nachweise bei Korinek/Holoubek (FN 15), 68f; Antoniolli/Koja (FN 103), 246. VfSlg 7717/1975. An das allgemeine Effizienzgebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit staatlichen Handelns sind ausgegliederte Rechtsträger natürlich gebunden. VfSlg 7716/1975. Holoubek, Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Konsequenzen der Ausgliederung, Privatisierung und Beleihung, ÖZW 2000, 33 (39). So insb Hengstschläger, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 54, 1995, 165 (191f). ZB Korinek/Holoubek (FN 15), 163ff. Für viele OGH 30. 11. 1993, 4 Ob 146/93. Potacs (FN 46), Rz 909. Zu den Grenzen der Ausgliederung Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT 2003, Bd I/1, 2003. Zum Begriff der Beleihung als Betrauung privater natürlicher oder juristischer Personen mit der Befugnis zur Erlassung von Hoheitsakten in eigener Entscheidungskompetenz vgl mit zahlreichen weiteren Nachweisen Krajcsir, Staatliche Hoheitsverwaltung durch Private, 1999, 95f, 123.
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Control GmbH, Telekom Regulierungs-GmbH, Schienen-Control GmbH, Energie-Control GmbH) folgende, verfassungsrechtliche Vorgaben: Hoheitliches Handeln kommt für ausgegliederte Unternehmen immer nur dann in Betracht, wenn sie dazu ausdrücklich durch Gesetz130 befugt sind. Die Beleihung muss dem aus dem Gleichheitssatz erfließenden Sachlichkeits-131 und dem Effizienzgebot entsprechen. Außerdem dürfen Beleihungen nur für „vereinzelte Aufgaben“, nicht jedoch für ganze Verwaltungsbereiche, vorgenommen werden132. Auch die Notwendigkeit der Unterstellung unter ein verantwortliches oberstes Organ (zB Aufsichts- und Weisungsrechte, Berichtspflichten) stellt eine verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Betrauung ausgegliederter Unternehmen mit hoheitlichen Aufgaben dar133. Damit soll der Ausdünnung der parlamentarischen Kontrolle, die sich nur auf Verwaltungstätigkeiten bezieht, entgegengewirkt werden. Staatliche „Kernaufgaben“ - etwa die Vorsorge für die innere und äußere Sicherheit und die Ausübung der (Verwaltungs)Strafgewalt134 - sind (privatisierungs- und) „ausgliederungsfest“135. Im Einzelnen ergeben sich hier freilich nicht unerhebliche Abgrenzungs- und Begründungsschwierigkeiten136. Die Lehre zieht die Grenzen der zulässigen Beleihung öffentlicher Unternehmen zT erheblich enger als der Gerichtshof137. Insbesondere der sich aus den Art 20 und 77 B-VG ergebenden Leitungsbefugnis (Weisungsbefugnis, Personalhoheit, Organisations- und Finanzgewalt) und dem Verantwortungszusammenhang gegenüber den obersten Organen entspricht es nach dieser Ansicht nicht, wenn als „nachgeordnete Dienststelle“ eine Kapitalgesellschaft zum Einsatz gebracht wird. Überhaupt dürfen nach dieser strengeren Meinung hoheitliche Aufgaben von ausgegliederten Unternehmen nur in einem engen, durch historische Interpretation zu ermittelnden Umfang wahrgenommen werden138.
B. Privatisierung Seitdem die Unterscheidung zwischen öffentlicher und privater Wirtschaftstätigkeit besteht, spielt auch der Begriff der Privatisierung eine Rolle. Es handelt sich dabei um einen schillernden, zT ideologisch gefärbten Terminus, unter dem heute nicht mehr nur ein Eigentumsübergang aus dem öffentlichen in den privaten Sektor verstanden wird. Vielmehr findet der Begriff in einer Vielzahl 130 131 132 133 134
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Vgl VfSlg 7717/1975. Vgl zu Beleihungen auch VfSlg 2332/1952, 4413/1963. Dazu VfSlg 8457/1978, 11.369/1987, 11.693/1988. VfSlg 3685/1960, 10.213/1984. VfSlg 14.473/1996; 16.400/2001. Dazu Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 46 (52f). VfSlg 14.473/1996. S auch VfSlg 17. 341/2004 („Zivildienst“); dazu Baumgartner, Ausgliederung der Zivildienstverwaltung - eine juristische Nachlese, FS Schäffer, 2006, 69. Rill, Grenzen der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung - Überlegungen anläßlich der geplanten Betrauung eines eigenen Rechtsträgers mit der Wertpapieraufsicht, ÖBA 1996, 748 (754). Für viele Leitl, Regulierungsbehörden im österreichischen Recht, 2006, 176ff mwN. Raschauer, Keine Grenzen für Privatisierungen?, ecolex 1994, 434. Raschauer (FN 137), 434. AA Rill (FN 135), 752f.
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von divergierenden139, für die betroffenen öffentlichen Unternehmen mit jeweils unterschiedlichen Auswirkungen verbundenen Sinngehalten Verwendung. Definitionen des Begriffs Privatisierung sind selten. Meist begnügt man sich damit, verschiedene Arten der Privatisierung voneinander zu unterscheiden. In Österreich begann die heute noch nachwirkende Privatisierungsdiskussion zu Beginn der 1980’er Jahre140 vor allem als Reaktion auf wirtschaftliche Probleme der verstaatlichten Industrie. Nach dem Vorbild der Entwicklungen insbesondere in Großbritannien und Deutschland wurden seit 1987 auch in Österreich immer wieder bedeutende Privatisierungsmaßnahmen gesetzt141. In jüngster Zeit sind Privatisierungen wieder vermehrt Gegenstand der österreichischen (Wirtschafts)Politik. Die Motive für Privatisierungen142 klingen ähnlich wie jene für Ausgliederungen. Im Vordergrund steht häufig die Budgetentlastung öffentlicher Haushalte durch die Erzielung von Staatseinnahmen. Dazu kommt, dass von privatisierten Unternehmen höhere Effizienz und mehr Flexibilität erwartet werden. Auch bessere rechtliche Rahmenbedingungen für die jeweilige Aufgabenwahrnehmung in Form geeigneterer, privater Organisationsstrukturen sind Gründe für Privatisierungen. Das Thema Privatisierung betrifft zwei verschiedene Fragenkomplexe. Zum einen steht die Verringerung des Leistungsangebots öffentlicher Verwaltungen und öffentlicher Unternehmen im Zentrum, zum anderen geht es um die Übertragung öffentlichen Eigentums auf private Personen oder Unternehmen143. Hierauf aufbauend kann insbesondere144 die Vermögens- von der Leistungs139 140
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Vgl Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, 1997, 20ff. Zu früheren Privatisierungen vgl Smekal, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag - Finanzwissenschaftliche Analyse, in: Morscher/Smekal, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag, 1982, 85 (145 f). Vgl dazu Schauer, Privatisierung in Österreich - Stand der Entwicklung und wirtschaftliche Hintergründe, in: Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich, 1992, 77 (78, 83f). Dazu Eschenbach/Müller/Gabriel (Hrsg), Privatisierung öffentlicher Leistungen, 1993, 34; Hengstschläger (FN 125), 166ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 54, 1995, 204 (215ff). Kritisch dazu Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (Hrsg), Privatisierungsdogma widerspricht Sozialer Marktwirtschaft, 1994; dieselbe, (Hrsg), Öffentliche Unternehmen - eine Alternative zur Privatisierung, 1996. Vgl auch Lee (FN 139), 46ff. Eichhorn/von Loesch, Privatisierung, in: Chmielewicz/Eichhorn (Hrsg), Handwörterbuch der öffentlichen Betriebswirtschaft, 1989, 1302 (1303). Schauer (FN 141), 78 weist darauf hin, dass über 15 verschiedene Bedeutungen des Wortes „Privatisierung“ dokumentiert sind. Vgl auch die relativ jungen Begriffe der Finanzprivatisierung, funktionellen Privatisierung, Verfahrensprivatisierung und Gewährleistungsprivatisierung, die zT Formen der von Privaten und der Verwaltung arbeitsteilig und kooperativ wahrgenommenen Aufgabenerledigung bezeichnen. Dazu für viele Schuppert, Geändertes Staatsverständnis als Grundlage des Organisationswandels öffentlicher Aufgabenwahrnehmung, in: Budäus (Hrsg), Organisationswandel öffentlicher Aufgabenträger, 1998, 19 (23f); Reichard, Institutio-
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privatisierung unterschieden werden145. Leistungsprivatisierung ist wiederum der Oberbegriff für die so genannte Organisationsprivatisierung (formelle bzw unechte Privatisierung) einerseits und die Aufgabenprivatisierung (materielle bzw echte Privatisierung) andererseits. • Im Rahmen einer Vermögensprivatisierung kommt es zur Übertragung von öffentlichem Eigentum (Anteilsrechten an öffentlichen Unternehmen) auf Private im Wege einer Voll- oder Teilprivatisierung146. Die Teilprivatisierung führt zu gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, bei denen es nicht selten zum Konflikt zwischen erwerbswirtschaftlichen und den von der öffentlichen Aufgabenerfüllung geprägten Zielsetzungen kommt. Überwiegend stehen aber auch bei einer Teilprivatisierung finanzwirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund (Abbau von Budgetdefiziten)147. • Bei der Organisationsprivatisierung verbleibt die Verantwortung für eine Verwaltungsaufgabe grundsätzlich in der Hand des Verwaltungsträgers. Dieser betraut mit ihrer Durchführung einen privatrechtlich organisierten Rechtsträger (insbesondere AG, GmbH), der in seinem Eigentum steht148. Eine Eigentumsübertragung vom öffentlichen Sektor auf private Personen oder Institutionen findet nicht statt149. • Die Aufgabenprivatisierung wird durch einen materiellen Übergang der Verwaltungsaufgabe vom Verwaltungsträger auf den privaten Rechtsträger charakterisiert. Soll die Verwaltungsaufgabe nach Ansicht der öffentlichen Hand nach ihrer Überführung auf den Privaten als solche weiterbestehen, kann der Verwaltungsträger eine fortbestehende Verwaltungsverantwortung statuieren150. Wird dies nicht gewünscht, richtet sich die Durchführung der Verwaltungstätigkeit nach einer Aufgabenprivatisierung nach dem Marktgeschehen151. Dies kann letztlich auch das Ende der Verwaltungsaufgabe zur Folge haben.
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nelle Wahlmöglichkeiten bei der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung, in: Budäus (Hrsg), Organisationswandel öffentlicher Aufgabenträger, 1998, 121 (122ff). Vgl dazu etwa Morscher (FN 21), 63ff; Hengstschläger (FN 125), 170; Stolzlechner, Privatisierung staatlicher Verwaltungsaufgaben und Kontrolle durch die Volksanwaltschaft, ZfV 1997, 1 (2f); Peine, Grenzen der Privatisierung, DÖV 1997, 353 (354f); Kraus, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1997, 104f. Zu Vermögensprivatisierungen kam es in Österreich insb seit dem Ende der 1980’er Jahre im Bereich der „Verstaatlichten“. Demgemäß wird gesetzlich oft die „bestmögliche Veräußerung“ von Bundesanteilen an öffentlichen Unternehmen vorgeschrieben. Vgl für die CA und Länderbank Art I BGBl 1991/163, für die Schönbrunner Tiergarten-GmbH § 2 Abs 1 BGBl 1991/420 idF BGBl 1994/117. So zB geschehen bei der Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes (Bundesimmobilien GmbH, Schönbrunner Tiergarten-GmbH), der Luftraumüberwachung (Austro Control GmbH), der Arbeitsmarktverwaltung (AMS), der Post- und Telegraphenverwaltung (Post und Telekom Austria AG) sowie der Forstverwaltung (Österreichische Bundesforste AG). Vgl Obermann/Scharmer/Soukup, Budgetäre Auswirkungen von Ausgliederungen aus dem öffentlichen Haushalt, ÖHW 1993, 180 (183). Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 54, 1995, 243 (277ff); Wimmer (FN 50), 34. Vgl dazu Hamer/Gebhardt, Privatisierungspraxis - Hilfe zur Umstellung von Staatsauf Privatwirtschaft2, 1992, 74 ff; Obermann/Scharmer/Soukup (FN 149), 183.
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Hinsichtlich einer Grenze für Privatisierungen wurde in der Literatur vor allem auf die so genannten „genuinen Staatsaufgaben“ verwiesen152. Aufgaben aus diesem Bereich dürften nicht auf Private übertragen werden. Was zum Kreis genuiner Staatsaufgaben zählt, ist freilich umstritten (Landesverteidigung, Auswärtige Gewalt, Gesetzgebung und Rechtsprechung, Polizei, Finanzverwaltung etc). In diesem Zusammenhang ist mittlerweile auch auf die dargestellte Judikatur des VfGH zu den Grenzen für Ausgliederungen zu verweisen („staatliche Kernaufgaben“).
C. Ausgliederung, Privatisierung und Vergaberecht 1. Vorbemerkung Das Vergaberecht ist im Zusammenhang mit Ausgliederungen und Privatisierungen unter verschiedenen Aspekten von Bedeutung. So kann mittels Durchführung eines Vergabeverfahrens etwa vermieden werden, dass der Verkauf eines öffentlichen Unternehmens beihilferechtliche Bedenken auslöst153. Finanzielle Kompensationen durch den Staat für - nach wie vor häufig von (ausgegliederten) öffentlichen Unternehmen erbrachte - gemeinwirtschaftliche Leistungen begegnen dann (mit Sicherheit) keinen beihilferechtlichen Problemen, wenn die entsprechenden Dienste ausgeschrieben wurden154. Schließlich sollen ganze Sektoren, wie der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), in dem zahlreiche öffentliche Unternehmen meist in der Form von GmbH oder GmbH & Co KG agieren, mittels Vergaberecht liberalisiert werden. Zu guter Letzt ist zur „Wahrnehmung von Aufgaben auf dem Gebiet des Beschaffungswesens mit dem Ziel einer ökonomisch sinnvollen Volumens- und Bedarfsbündelung zur Optimierung der Einkaufsbedingungen des Bundes nach wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien“ im Jahr 2001 die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) als ausgegliederte, 100%-ige Tochter des BMF gegründet worden155. Alles in allem kann somit festgestellt werden, dass das Vergaberecht heute im Zusammenhang mit öffentlichen Unternehmen und deren Ausgliederung und Privatisierung mannigfache Aufgaben zu erfüllen imstande ist, die weit über den Aspekt einer kostengünstigen Beschaffung hinausreichen. Im Folgenden ist nicht der Raum, vergaberechtliche Aspekte ausgegliederter Unternehmen umfassend und einlässlich zu erörtern. Auf zwei Aspekte soll aber etwas näher eingegangen werden. Sie betreffen die Vergabe von Leistungen an ausgegliederte Unternehmen im Wege der so genannten In-houseVergabe und die Vergabe von Leistungen durch ausgegliederte Rechtsträger. Beide Bereiche sind in erheblichem Maße den Entwicklungen auf Ebene des Gemeinschaftsrechts unterworfen, wobei jener der In-house-Vergabe in jüngerer Zeit durch die Rechtsprechung des EuGH wesentlich vorangetrieben wurde. 152
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Hengstschläger (FN 125), 174f; Steegmann, Die Privatisierung polizeilicher Aufgaben, in: Gusy (Hrsg), Privatisierung von Staatsaufgaben: Kriterien - Grenzen - Folgen, 1998, 237 (243). Vgl dazu Kahl, Beihilfen in der Daseinsvorsorge, in: Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht (Hrsg), Beihilfenrecht, 2004, 225 (259) mwN. EuGH Rs C-280/00, Altmark Trans, Slg 2003, I-7747 (Rz 93). BGBl I 2001/39 idF BGBl I 2002/99.
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2. In-house-Vergabe Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Vergaberechts ist der Abschluss eines schriftlichen, entgeltlichen Vertrags zwischen beschaffender Stelle und Auftragnehmer. Das heißt, es sind übereinstimmende Willenserklärungen zweier verschiedener (juristischer) Personen erforderlich. An dieser „Drittstellung“ iS einer Eigenständigkeit des Auftragnehmers fehlt es, wenn sich der Vergabevorgang ausschließlich innerhalb des Verwaltungsbereichs abspielt. Eine solche Beschaffung eines Auftraggebers im Wege eigener Ressourcen wird als (echte) In-house-Vergabe bezeichnet. Auf In-house-Vergaben finden vergaberechtliche Bestimmungen mangels Vertragsschlusses keine Anwendung (teleologische Reduktion des Auftragbegriffs)156. Der gleiche Vorgang - also die Vergabe von Leistungen an „eigene“ Einheiten der Verwaltung - erfordert dann eine differenziertere Betrachtung, wenn der ins Auge gefasste Leistungserbringer aus dem Verwaltungsapparat ausgegliedert ist und damit etwa zwar im Eigentum der vergebenden Gebietskörperschaft steht, aber doch eine von dieser unterscheidbare Einrichtung darstellt. In einem solchen Fall ist ein Vertragsschluss - zumindest bei einer rein formalen Betrachtung - möglich (Quasi-In-house-Vergabe). Nach ursprünglicher Ansicht der Kommission157 sollten die zur In-houseVergabe aufgestellten Grundsätze auch dann gelten, wenn öffentliche Auftraggeber Leistungen von Rechtsträgern nachfragen, die zu 100% in ihrem Eigentum stehen (Organisationsprivatisierung)158 und ihre Tätigkeiten ausschließlich159 für den Auftraggeber erbringen (Quasi-In-house-Vergabe). Der EuGH ist dieser Ansicht nicht gänzlich gefolgt und hat in seinem Teckal-Urteil160 eine weniger strenge Sicht an den Tag gelegt. Danach sind die VergabeRL dann nicht anwendbar, „wenn die Gebietskörperschaft über die fragliche Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und wenn diese Person zugleich ihre Tätigkeit im wesentlichen für die Gebietskörperschaft oder die Gebietskörperschaften verrichtet, die ihre Anteile innehaben“. Sowohl das Kriterium der „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ als auch jenes der Ausübung der Tätigkeit „im wesentlichen für die Gebietskörperschaft“161 wurden in der Zeit nach dem Urteil unter den verschiedensten Aspekten eingehend diskutiert, wobei bezüglich beider Kriterien jeweils verschiedene Auffassungen
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Vgl bereits GA La Pergola in der Rs C-360/96, BFI Holding BV, Slg 1998, I-6821 (Tz 38); GA Cosmas in Rs C-107/98, Teckal, Slg 1999, 8121 (Tz 52ff). Mitteilung der Kommission - Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union, KOM(98) 143 endg., 11. Die 100%ige Eigentümerschaft soll sicherstellen, dass es sich materiell betrachtet trotz Ausgliederung um einen rein verwaltungsinternen Vorgang handelt. Das Kriterium der ausschließlichen Tätigkeit für den öffentlichen Auftraggeber soll gewährleisten, dass der ausgegliederte Rechtsträger keinerlei andere Tätigkeiten am Markt entfaltet, und so Wettbewerbsverzerrungen vermeiden. EuGH Rs C-107/98, Teckal, Slg 1999, 8121 (Rz 50). Beide Kriterien müssen auch bei gemischt-öffentlichen Gesellschaften (Kooperationsvereinbarungen zwischen Einrichtungen des öffentlichen Rechts; dazu sogleich) erfüllt sein. EuGH, Rs C-84/03, Kommission/Spanien, Slg 2005, I-139 (Rz 38f).
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vertreten wurden162. In der Folgejudikatur zum Teckal-Urteil hat der EuGH die ursprünglich recht weit verstandene Möglichkeit zur Quasi-In-house-Vergabe schrittweise eingeschränkt.163 Mit seinem Urteil in der Rechtssache Stadt Halle beendete der Gerichtshof anders lautende Spekulationen und stellte klar, dass „die - auch nur minderheitliche - Beteiligung eines privaten Unternehmens am Kapital einer Gesellschaft, an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber beteiligt ist, es auf jeden Fall aus[schließt], dass der öffentliche Auftraggeber über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über seine eigenen Dienststellen“164. Im Falle gemischtwirtschaftlicher Unternehmen kommt eine Quasi-In-houseVergabe auf Grund möglicher Wettbewerbsverfälschungen somit nicht in Betracht. Im Parking-Brixen-Urteil konkretisierte der EuGH das Kontrollkriterium: Der Auftraggeber muss - unter Berücksichtigung sämtlicher Rechtsvorschriften und maßgebenden Umstände - die Möglichkeit haben, auf die Entscheidungen der Einrichtung einzuwirken, und zwar „sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wichtigen Entscheidungen“165. Gegen eine entsprechende Kontrolle sprachen im konkreten Fall - im Sinne einer funktionellen Gesamtbetrachtung - die Natur der Aktiengesellschaft, deren Geschäftsführung (alleine) dem Vorstand obliegt und allfälligen Beeinflussungen somit nicht zugänglich ist166, die im konkreten Fall geplante baldige Öffnung der Gesellschaft für Fremdkapital sowie eine von der Gesellschaft sowohl in inhaltlicher als auch geographischer Hinsicht vorgenommene deutliche Ausweitung der Gesellschaftstätigkeit. Die wesentlichste im Parking-Brixen-Urteil enthaltene Beschränkung liegt in der Reduktion der für eine Quasi-In-house-Vergabe geeigneten Gesellschaftsformen; die Rechtsform der AG ist - wenn dem Vorstand die nach dem Gesellschaftsrecht übliche umfassende Geschäftsführungsautonomie eingeräumt ist für eine Quasi-In-house-Vergabe nicht geeignet167. Hinderlich für eine Quasi-In-house-Vergabe ist zudem die (teilweise) Veräußerung (Privatisierung) des leistungserbringenden Auftragnehmers an einen privaten Dritten (unmittelbar) nach der Vergabe. Dies hat der EuGH unter Verweis auf die andernfalls bestehende Möglichkeit der Umgehung des Vergaberechts in seinem Stadtgemeinde Mödling-Urteil klargestellt168. Beurteilungs162
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Für viele Eilmansberger, Vergaberechtliche Schranken von Ausgliederungen und Privatisierungen, JBl 2001, 562 (566); Heid, Exkurs: In-house-Vergabe, in: Heid/Preslmayr (Hrsg), Handbuch des Vergaberechts2, 2005, 139 (141ff); Fruhmann, § 6, in: Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel (Hrsg), Bundesvergabegesetz 2002, 2005, Rz 112ff mwN. Im Carbotermo-Urteil hat der EuGH festgestellt, dass das Wesentlichkeitskriterium nicht nach der 80%-Regel des Art 13 RL 93/38/EWG zu prüfen ist (EuGH 11. 5. 2006, Rs C-340/04, Carbotermo, Rz 57). Zusammenfassend Bauer, In-House-Vergabe: Slimmed Fast, ecolex 2006, 107. EuGH Rs C-26/03, Stadt Halle, Slg 2005, I-1 (Rz 49). Dazu Potacs, Neubestimmung der In-house-Vergabe, ZfV 2005, 513 mit Verweis auf Fruhmann. EuGH Rs C-458/03, Parking Brixen GmbH, Slg 2005, I-8612 (Rz 65). In diesem Sinne auch EuGH 11. 5. 2006, Rs C-340/04, Carbotermo, Rz 36 ff. S auch EuGH 11. 5. 2006, Rs C-340/04, Carbotermo, Rz 38. S aber auch EuGH 6.4.2006, Rs C-410/04, ANAV. EuGH Rs C-29/04, Kommission/Österreich, Slg 2005, I-9705 (Rz 38ff).
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zeitpunkt für die Zulässigkeit des Vergabevorgangs ist mithin wegen der Besonderheit des konkreten Falls (Umgehungsabsicht) nicht der Zeitpunkt der Auftragsvergabe; vielmehr sind auch unmittelbar nach der Vergabe unternommene (Umgehungs)Handlungen zu berücksichtigen. Anknüpfend an seine Entscheidung Kommission/Spanien in der der EuGH erkannte, dass auch im Falle einer öffentlich-öffentlichen Partnerschaft (interkommunale Zusammenarbeit) bezüglich einer Quasi-In-house-Vergabe die Teckal-Kriterien einschlägig sind, präzisierte der Gerichtshof diese Kriterien in seinem Carbotermo-Urteil für solche Partnerschaften. Er stellte fest, dass das Kontrollkriterium aus europarechtlicher Sicht auch von gemischt-öffentlichen Unternehmen erfüllt werden könne und zwar auch im Falle indirekter Beteiligungen (Vergabe an eine Enkelgesellschaft)169. Dass der öffentliche Auftraggeber - ggf auch zusammen mit anderen Stellen - das gesamte Kapital der auftragnehmenden Gesellschaft hält, könne als Indiz dafür gewertet werden, dass er über diese Gesellschaft eine „Kontrolle wie über seine eigene Dienststelle“ ausübt. Auch nach Carbotermo bestehen allerdings nicht unerhebliche Unsicherheiten betreffend die konkrete Form einer vergabefreien interkommunalen Zusammenarbeit. Für die Beurteilung des Kontrollmaßstabs sind nach Ansicht des Gerichtshofs alle Rechtsvorschriften und maßgebenden Umstände, also etwa auch Satzungen, einschlägig. Die Gebietskörperschaft muss auf alle wesentlichen Ziele und Entscheidungen der Gesellschaft Einfluss nehmen. Was das Kriterium der im Wesentlichen für die Gebietskörperschaft verrichteten Tätigkeit betrifft, hat der EuGH festgehalten, dass das Unternehmen - aus quantitativer und qualitativer Sicht - „hauptsächlich für diese Körperschaft tätig wird und jede andere Tätigkeit rein nebensächlich“ sein muss. Heranzuziehen sind alle Tätigkeiten, auch die für andere Anteilseigner. Im Ergebnis zeigt sich die Möglichkeit, von der Quasi-In-house-Vergabe Gebrauch zu machen, nach den in relativ kurzen Abständen ergangenen Entscheidungen des EuGH seit dem Teckal-Urteil doch deutlich beschränkt.
3. Die Auftragsvergabe durch (öffentliche) Unternehmen Sowohl im klassischen als auch im Sektorenbereich können öffentliche Unternehmen bei ihrer Auftragsvergabe an vergaberechtliche Bestimmungen gebunden sein. Im klassischen Bereich betrifft dies die so genannten „Einrichtungen öffentlichen Rechts“. Dieser Begriff soll zum Ausdruck bringen, dass diese Stellen mit der öffentlichen Hand in enger Verbindung stehen. Sie werden dem Vergaberecht unterworfen, weil nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass sie sich bei Beschaffungsvorgängen von anderen als wirtschaftlichen Überlegungen leiten lassen. 169
EuGH Rs C-84/03, Kommission/Spanien, Slg 2005, I-139; EuGH 11. 5. 2006, Rs C340/04, Carbotermo. Vgl zu den Urteilen Müller, In-House-Vergaben kommen nicht zur Ruhe, ZVB 2005/112; Potacs, Neubestimmung der In-house-Vergabe, ZfV 2005, 513; Rieder/Reinthaler, Stadt Halle – Rechtsschutz gegen Direktvergabe und „Aus“ für private Beteiligungen, RdW 2005, 204; Storr, Public-Public-Partnerships, wbl 2005, 555; Egger, Neues vom EuGH: Öffentlich-öffentliche Partnerschaften vergabefrei? ÖGZ 8/2006, 18; Stempkowski, EU-Vergaberecht 2005: Ein Jahr der Entscheidungen …, RFG 2006/2.
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Erfasst sind vom Begriff der Einrichtungen öffentlichen Rechts insbesondere ausgegliederte Rechtsträger, von denen nach der oben vorgenommenen Definition zahlreiche als öffentliche Unternehmen zu beurteilen sein können (zB ORF, OeNB, Müllabfuhr). Um als Einrichtungen öffentlichen Rechts zu gelten, muss zumindest Teilrechtsfähigkeit vorliegen, die Einrichtung einer näher beschriebenen (§ 3 Abs 1 Z 2 BVergG 2006) staatlichen Beherrschung unterliegen und zu dem besonderen Zweck gegründet worden sein, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind. Im Mittelpunkt steht in der Regel die Frage nach einer Tätigkeit im Allgemeininteresse, also im öffentlichen Interesse (gemeinwohlorientierte Zielsetzung), sowie nach der Erfüllung von Aufgaben nicht gewerblicher Art, die dann vorliegt, wenn eine Einrichtung „sich von anderen als wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt“170. Parameter, die in diese Richtung weisen, sind zB das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht, ein Mangel an Wettbewerb auf dem Markt, die Risikotragung durch andere als die Einrichtung selbst sowie deren Finanzierung aus öffentlichen Mitteln. Selbst dann, wenn die Wahrnehmung von Aufgaben nicht gewerblicher Art nur einen im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten der Einheit untergeordneten Stellenwert besitzt, vermag dies nichts daran zu ändern, dass eine Einrichtung öffentlichen Rechts vorliegt, die den vergaberechtlichen Bestimmungen unterworfen ist171 (Infektionstheorie)172. Im Sektorenbereich sind öffentliche Unternehmen dann Auftraggeber iSd BVergG 2006, wenn sie einer Sektorentätigkeit nachgehen. Dies sind zB die Bereitstellung und das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Gas und Wärme sowie von Trinkwasser und die Einspeisung von Gas und Wärme oder Trinkwasser in diese Netze. Weitere Sektorentätigkeiten finden sich insbesondere im Bereich der Verkehrsleistungen (zB ÖBB) und der Postdienste (zB Österreichische Post AG)173. Private Unternehmen fallen dann unter den Begriff des Sektorenauftraggebers, wenn sie ihre Sektorentätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben.
V. Öffentliche Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftssektoren A. Vorbemerkung In Österreich lassen sich öffentliche Unternehmen in zahlreichen wichtigen Wirtschaftssektoren ausmachen. Die Bandbreite ihrer Aktivitäten ist äußerst weit und reicht von der Wahrnehmung (defizitärer) öffentlicher Aufgaben bis hin zu vorwiegend erwerbswirtschaftlichen Betätigungen. Öffentliche Unter170 171 172
173
ZB EuGH Rs C-470/99, Universale-Bau, Slg 2002, I-11617 (Rz 52). EuGH Rs C-44/96, Mannesmann Anlagenbau Austria AG ua/Strohal Rotationsdruck GmbH, Slg 1998, I-73 (Rz 25 f). Griller/Tremmel, Ausgegliederte Rechtsträger im Vergaberecht - Alles oder Nichts?, ecolex 1998, 369; Heid, Geltungsbereich des Bundesvergabegesetzes, in: Heid/Preslmayr (Hrsg), Handbuch Vergaberecht2, 2005, 33 (41). Näher dazu §§ 167 bis 172 BVergG 2006.
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nehmen wurden seit jeher auch als Mittel der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik eingesetzt. Der diesbezügliche Spielraum wurde zwar durch den Beitritt Österreichs zum EWR und in der Folge zur EU durch die damit verbundene Übernahme des europäischen Wettbewerbsrechts erheblich eingeschränkt. Dennoch: Auch der EuGH sieht Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, als Instrumente der nationalen Wirtschafts- oder Fiskalpolitik174. Solche Unternehmen können zwar auch private Unternehmen sein, sind in der Regel jedoch öffentliche Unternehmen. Eine Entwicklung der letzten Jahre ist die vermehrte Schaffung ausgegliederter Rechtsträger als Rechtspersonen des Privatrechts, die zur Wahrnehmung marktregulierender Aufgaben auch mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind („Ausgliederung der Hoheitsverwaltung“). Solche Gesellschaften - meist in Form von GmbH - finden sich insbesondere in Wirtschaftsbereichen, in denen der Staat im Rahmen ehemaliger Monopole nicht nur die Erbringung der jeweiligen Dienstleistung selbst, sondern auch die für die Erbringung der Leistungen unverzichtbaren Infrastruktureinrichtungen betrieben hat. Voraussetzung einer Öffnung dieser Infrastruktursektoren für den Wettbewerb ist der diskriminierungsfreie Zugang zur Infrastrukturnutzung für neue, konkurrierende Anbieter. Eine besondere, von den neuen Regulierungsbehörden zu kontrollierende Gefahr liegt darin, dass die ehemaligen Monopolunternehmen ihre in den entstehenden Märkten (noch) marktbeherrschenden Stellungen missbrauchen, indem sie über die ihnen gehörende Infrastruktur selbst Leistungen erbringen, Konkurrenten aber bei der Nutzung der für die Erbringung der Leistung und somit für fairen Wettbewerb unverzichtbaren Infrastrukturen („essential facilities“) diskriminieren. Die Errichtung unabhängiger Regulierungsbehörden, die auch mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind, ist zum einen durch entsprechendes gemeinschaftliches Sekundärrecht bedingt, zum anderen dadurch, dass die Bewältigung der neuen Verwaltungsbereiche neben juristischem auch umfassenden technischen und wirtschaftlichen Sachverstand erfordert175. Als typische Beispiele seien die Bereiche Post, Telekommunikation, Eisenbahnverkehr sowie Elektrizitäts- und Gasversorgung genannt. Können die Regulierungsbehörden mangels Wahrnehmung wirtschaftlicher Tätigkeiten auch nur schwerlich als öffentliche Unternehmen qualifiziert werden, sollen sie dennoch am Ende dieses Beitrags kursorisch dargestellt werden. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb gerechtfertigt, weil Motiv ihrer Schaffung neben dem Aspekt ihrer Unabhängigkeit und Sachkunde auch die Stärkung unternehmerischer Komponenten im Sinne des „New Public Management“ ist. 174 175
EuGH Rs C-202/88, Telekommunikationsendgeräte, Slg 1991, I-1223 (Rz 12); Rs C-159/94, Kommission/Frankreich, Slg 1997, I-5834 (Rz 55). Vorbild sind die „Independent Regulatory Agencies“ des amerikanischen Verwaltungsrechts. Schäffer, Wirtschaftsaufsichtsrecht, in: Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2, 2003, Rz 506; Grabenwarter/Holoubek, Demokratie, Rechtsstaat und Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag, ZfV 2000, 194 (199); Holoubek, Die Organisation der Medienregulierung im Lichte der Konvergenz, JRP 2000, 216 (219f).
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B. Die Elektrizitäts- und Gaswirtschaft 1. Elektrizitätswirtschaft Obwohl das Zweite VerstG176 nicht mehr in Kraft steht177, prägt es die österreichische Elektrizitätswirtschaft noch heute178. Dies liegt daran, dass der betroffene Wirtschaftssektor im Zuge seiner Verstaatlichung eine systematische Neuordnung erfahren hat. Der von den damals unmittelbar präsenten Erinnerungen an die Kriegszeit geprägte, tragende Gedanke war, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Strom zu angemessenen Preisen im Wege öffentlicher Unternehmen sicherzustellen, wobei die Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) auf verschiedenen Ebenen angesiedelt waren. Zu ihnen zählten nach § 6 Zweites VerstG auf Bundesebene die Verbundgesellschaft (Herbeiführung eines Ausgleichs zwischen Erzeugung und Verbrauch im Verbundnetz), die Sondergesellschaften (Bau und Betrieb von Großkraftwerken), die Landesgesellschaften (Allgemeinversorgung in den Ländern) und die städtischen EVU der Landeshauptstädte Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz und Salzburg (Allgemeinversorgung in den Städten). Nicht zuletzt durch die gesetzliche Verteilung der Aufgaben auf die verschiedenen Unternehmen war die österreichische E-Wirtschaft nach dem Zweiten VerstG im Ergebnis ein geschlossenes System, dessen tragende Pfeiler einerseits ausschließliche Versorgungskonzessionen und den EVU exklusiv zugewiesene Versorgungsgebiete sowie andererseits allgemeine Anschlussund Versorgungspflichten der EVU zu einheitlichen Bedingungen waren. Dieses System war zudem durch eine administrative Strompreisfestsetzung charakterisiert. Das gesetzlich festgeschriebene Gebot, dass die Anteilsrechte an den EVU zu 100% im Eigentum der öffentlichen Hand stehen mussten, wurde 1987 ausschlaggebend waren budgetäre Engpässe - mit der so genannten „Privatisierungsnovelle“ beseitigt179. Die Möglichkeit, 49 bzw 50% der jeweiligen Anteilsrechte zu veräußern, führte in der Folge tatsächlich zur Realisierung entsprechender Privatisierungserlöse. Auf europäischer Ebene wurden beginnend mit dem Weißbuch „Der Binnenmarkt für Energie“180 Schritte zur Liberalisierung des Energie- und damit auch des Elektrizitätsmarktes gesetzt. Die wesentlichste gemeinschaftliche Regelung zur Verwirklichung dieses Zieles stellte die so genannte Elektrizitäts-BinnenmarktRL181 dar. Wesentlicher 176 177 178
179
180 181
BGBl 1947/81. Grundlage des Zweiten VerstG war Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG (Kriegsfolgentatbestand). Vgl dazu VfSlg 4570/1963, 4939/1965. Vgl § 4 Abs 2 BVG über die Eigentumsverhältnisse in der österreichischen Elektrizitätswirtschaft, Art 2 BGBl I 1998/143. Zur geschichtlichen Entwicklung der E-Wirtschaft und des Elektrizitätsrechts Steffek, Überblick über das österreichische Energierecht, RdE 1995, 64ff; Winkler, Das Elektrizitätsrecht, 2000, 45ff. BVG BGBl 1987/321. Seit dieser Novelle müssen sich die Anteile an der Verbundgesellschaft und an den Landesgesellschaften nur mehr zu 51% in öffentlichem Eigentum befinden. Bei Sondergesellschaften liegt die Schwelle bei 51 bzw 50%. Vgl §§ 3 Abs 3, 4 Abs 2 und 5 Abs 1 Zweites VerstG idF der zitierten Novelle. KOM(88) 238 endg. RL 96/92/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, Abl 1997 L 27/20.
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Ansatzpunkt der RL, mit der die Ära nationaler Versorgungsmonopole beendet werden sollte, war eine funktionale Dreiteilung der E-Wirtschaft in die Bereiche Erzeugung, Übertragung und Verteilung von Strom. Die Schlüsselbestimmungen der RL betreffen die Beseitigung ausschließlicher Rechte für die Elektrizitätserzeugung, die funktionelle Entflechtung (Unbundling) der erwähnten Betriebsbereiche sowie den freien, nicht diskriminierenden Netzzugang, insbesondere für so genannte „zugelassene Kunden“. Da sich die erhofften Liberalisierungen nicht einstellten, wurde die ElektrizitätsBinnenmarktRL im Jahr 2003 durch die so genannte BeschleunigungsRL182 ersetzt. Diese sollte einen zweiten Liberalisierungsschub auslösen und enthält sowohl in zeitlicher als auch in rechtlicher Hinsicht engere Umsetzungsvorgaben (zB hinsichtlich des Unbundling und des Netzzugangs bzw der Zugangsverweigerung)183. Der hier interessierende, aus dem Blickwinkel der öffentlichen Elektrizitätswirtschaft einschneidende Schritt wurde freilich bereits mit der der Elektrizitäts-BinnenmarktRL folgenden Systemumstellung gesetzt.
In Österreich haben die europarechtlichen Vorgaben dazu geführt, dass zunächst das Zweite VerstG mit Wirkung vom 19. 2. 1999, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Elektrizitäts-BinnenmarktRL, außer Kraft gesetzt wurde184 und die österreichische Elektrizitätswirtschaft auf der Grundlage des neu erlassenen Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsG (ElWOG)185 eine tiefgreifende Neuordnung erfahren hat186. Das vor dem ElWOG im Zweiten VerstG enthalten gewesene Organisationsrecht iSd Mindestbeteiligung der öffentlichen Hand an den Elektrizitätsunternehmen wurde mit gleichem Inhalt in einem eigenen BVG geregelt187. Mit dem Inkrafttreten der im EnergieliberalisierungsG188 enthaltenen Novelle zum ElWOG wurden in der Folge erneut umfassende Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen vorgenommen189. Ins Spiel kamen neue Akteure, wie Bilanzgruppen, Regelzonenführer und ein unabhängiger Regulator. Vor allem aber wurde der Elektrizitätsmarkt mit 1. 10. 2001 - noch bevor dies die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen erforderten - vollständig geöffnet. Die Anpassung des ElWOG an die BeschleunigungsRL wurde im Jahr 2004 vorgenommen und betraf im Wesentlichen die gesellschaftsrechtliche Entflechtung auch der Verteilernetzbetreiber, die einem integrierten Unter182
183
184 185
186 187 188 189
RL 2003/54/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG, Abl L 176/37, idF RL 2004/85/EG, Abl L 236/10. Rabl, Energierechtsreform 2003 in Europa - endlich freier Strommarkt?, ecolex 2003, 877. Vgl dazu Schneider, Unbundling nach den neuen RL für den Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt, ecolex 2004, 85; Hoffer/Marth, Energiewirtschaft - Umsetzung des Unbundling nach den BeschleunigungsRL, ecolex 2004, 89. Art 2 § 4 Abs 2 BGBl I 1998/143. BG, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz - ElWOG), Art 1 BGBl I 1998/143. Zum Elektrizitätswirtschaftsrecht ausführlich Raschauer, Handbuch Energierecht, 2006, 13ff. Art 2 BGBl I 1998/143. BGBl I 2000/121. Dazu Schmelz/Tremmel, Willkommen im freien Markt?, ecolex 2000, 551; Pauger, Der zweite Liberalisierungsschub - rechtliche Gesamtbilanz, in: Pauger (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle, 2001, 3.
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nehmen angehörten190. Der Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf die (öffentlichen) Unternehmen liegt auf der Hand. Die Kardinalnormen des ElWOG sind jene über die Marktöffnung. Gemäß § 15 ElWOG haben Netzbetreiber den Berechtigten Netzzugang zu genehmigten Allgemeinen Bedingungen und zu bestimmten Systemnutzungstarifen (regulated third party access) zu gewähren, den Kunden steht ein entsprechender Anspruch zu (§ 17 ElWOG). Gemäß § 18 ElWOG müssen die Netzzugangsbedingungen nicht diskriminierend gestaltet sein und dürfen keine missbräuchlichen Praktiken oder ungerechtfertigten Beschränkungen enthalten. Nach der Stammfassung des ElWOG wurde der Kreis der zum Wettbewerb „zugelassenen Kunden“ schrittweise erhöht191. Im Sinne einer Vollliberalisierung sind nunmehr alle Kunden berechtigt, mit Erzeugern, Stromhändlern sowie Elektrizitätsunternehmen Verträge über die Lieferung von elektrischer Energie zur Deckung ihres Bedarfes zu schließen und hinsichtlich dieser Strommengen Netzzugang zu begehren. Die für eine Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes unverzichtbaren technischorganisatorischen Rahmenbedingungen betreffen vor allem die Übertragungs- und Verteilernetze. Die Übertragungsnetze sind in drei so genannte Regelzonen192 einzuteilen. Sie müssen - iSd Unbundling - einem unabhängigen Netzbetreiber (Regelzonenführer) übertragen werden, der für den Betrieb des Netzes verantwortlich ist (§§ 22 Abs 2, 23 ElWOG). Den Betreiber eines Übertragungsnetzes treffen besondere Pflichten. Er muss das System insbesondere sicher, zuverlässig, leistungsfähig und unter Bedachtnahme auf den Umweltschutz betreiben und erhalten. Als Ausgleich dafür steht ihm ein Entgelt einschließlich eines angemessenen Gewinnzuschlags zu. Nach der Stammfassung des ElWOG kam dem Betreiber eines Verteilernetzes das ausschließliche Recht der Allgemeinversorgung zu, was bedeutete, dass er innerhalb seines Gebietes die Stromversorgung aller „seiner“ Kunden durchführen konnte. Nach der Neufassung des ElWOG durch das EnergieliberalisierungsG hat ein Verteilernetzbetreiber (nur mehr) das Recht, innerhalb des von ihm abgedeckten Gebietes alle Endverbraucher und Erzeuger an sein Netz anzuschließen (Recht zum Netzanschluss; § 27 ElWOG). Auch die ursprünglich vorgesehene Versorgungspflicht hat sich zu einer allgemeinen Anschlusspflicht gewandelt. Um die Kosten für die Versorgung des Netzes mit Ausgleichsenergie möglichst verursachergerecht zu gestalten, sieht das ElWOG ein System von Bilanzgruppen vor, denen sich Erzeuger, Verbraucher und Lieferanten anzuschließen haben (§§ 46f). Innerhalb dieser virtuellen Gruppen kommt es zu einem statistischen Ausgleich zwischen dem vorweg pauschalierten Bedarf der Kunden und der Einspeisung der Erzeuger, da eine laufende Bedarfserfassung aller Kunden nicht wirtschaftlich wäre. Die wichtigste Aufgabe des Bilanzgruppenverantwortlichen besteht darin, den Energiesaldo der Gruppe festzustellen und dem Netzbetreiber weiterzugeben193. 190
191
192
193
BGBl I 2004/63. Mit der Novelle des ElWOG, BGBl I 2005/44, wurde die Tätigkeit des Bilanzgruppenkoordinators auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt, nachdem der VfGH wesentliche Teile des VerrechnungsstellenG aufgehoben hatte, das die Aufgaben und Befugnisse der Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für Ausgleichsenergie geregelt hatte (VfSlg 17.160/2004). Endverbraucher, deren Verbrauch im jeweils letzten Abrechnungsjahr 40 (ab 19. 2. 1999; ca 75 Verbraucher), 20 (ab 19. 2. 2000; ca 150 Verbraucher) bzw 9 (ab 19. 2. 2003) GWh überschritten hatte. Die Regelzonen gliedern sich gem §§ 22 ElWOG nach den Netzen der Austrian Power Grid GmbH (Ostösterreich), der Tiroler Wasserkraftwerke AG und der Vorarlberger Kraftwerke AG. Dazu Derler, Bilanzgruppen und Zusammenarbeit mit den Marktpartnern im freien Strommarkt, in: Pauger (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle,
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Mit der Erlassung des ElWOG wurde das die Lieferung elektrischer Energie betreffende Preisrecht aus dem Anwendungsbereich des PreisG 1992 herausgelöst194 und als unmittelbar anwendbares Bundesrecht - in die Stammfassung des ElWOG integriert (§ 33). Die Möglichkeit zur amtlichen Preisregelung wurde zunächst vor allem aufrecht erhalten, um eine Überwälzung der Erlöseinbrüche bei Großabnehmern auf Kleinverbraucher zu verhindern. Mit der vollständigen Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes wurde die amtliche Preisregelung systemkonform im Wesentlichen auf die Bestimmung des Systemnutzungstarifs beschränkt (§ 25 ElWOG).
Nach Ansicht des EuGH ist die Sicherstellung der „ununterbrochenen Stromversorgung im gesamten Konzessionsgebiet für alle Abnehmer, lokale Versorgungsunternehmen oder Endverbraucher, in den zu jeder Zeit geforderten Mengen zu einheitlichen Tarifen und unter Bedingungen ..., die nur nach objektiven Kriterien unterschiedlich sein dürfen, die für alle Kunden gelten“, eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse195. Was die Beschränkung der Vertragsvorschriften betrifft, ging der EuGH noch kurze Zeit vor dem Inkrafttreten der Elektrizitäts-BinnenmarktRL bei der Anwendung des Art 86 Abs 2 EG-Vertrag großzügig vor und sah weder eine Aufteilung des Strommarktes zwischen Erzeugungs- und Versorgungsunternehmen noch die ausschließliche Bindung der lokalen Versorger an die regionalen Versorgungsunternehmen noch das Verbot des Strombezugs aus dem Ausland als mit dem Vertrag jedenfalls unvereinbar196. Mittlerweile zeigt sich der Anwendungsbereich des Art 86 Abs 2 EG-Vertrag durch die Elektrizitäts-BinnenmarktRL und die BeschleunigungsRL freilich erheblich beschränkt. In dem Maß, in dem sich aus sekundärrechtlichen Regelungen ergibt, dass die Sicherstellung der im öffentlichen Interesse gelegenen Dienstleistung einer qualitativ hochwertigen Versorgung mit Strom auch mit weniger schwerwiegenden Eingriffen in die Vertragsvorschriften zu bewerkstelligen ist, erscheinen massive Beschränkungen der Grundfreiheiten und des Wettbewerbsrechts nicht mehr verhältnismäßig. Gemäß § 4 ElWOG sind den Netzbetreibern und Elektrizitätsunternehmen als gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen insbesondere die nicht diskriminierende Behandlung aller Kunden, die allgemeine Anschlusspflicht, die Errichtung und Erhaltung einer ausreichenden Netzinfrastruktur, die Erfüllung der durch Rechtsvorschriften auferlegten Pflichten im öffentlichen Interesse sowie die Mitwirkung an Maßnahmen zur Beseitigung von Netzengpässen und an Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, aufgetragen. Diese Aufzählung zeigt, dass es sich bei den erwähnten Pflichten nur in einem weitesten Sinne um gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen iSd Gemeinschaftsrechts, über weite Strecken jedoch um klassische Marktregulierung handelt. Nicht jede im öffentlichen Interesse auferlegte Handlungsbeschränkung ist als
194 195 196
2001, 81. S auch J. Mayer, Die Liberalisierung des österreichischen Elektrizitätsmarktes, in: Fremuth/Parak (Hrsg), Regulierung der Deregulierung von Infrastrukturmärkten, 2002, 183 (189f). Vgl Art 4 BGBl I 1998/143. EuGH Rs C-393/92, Almelo, Slg 1994, I-1477 (Rz 48). EuGH Rs C-157/94, Kommission/Niederlande, Slg 1997, I-5699; Rs C-158/94, Kommission/Italien, Slg 1997, I-5789; Rs C-159/94, Kommission/Frankreich, Slg 1997, I-5815; Rs C-160/94, Kommission/Spanien, Slg 1997, I-5851.
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gemeinwirtschaftliche Verpflichtung zu qualifizieren. So entsprechen etwa Anschlusspflichten und Diskriminierungsverbote im Rahmen des Netzzugangs dem allgemeinen Grundsatz, dass (Netz)Monopolunternehmen ihre Vertragspartner nicht diskriminieren dürfen197. Der durch die Liberalisierung bewirkte Systemwandel im Elektrizitätswirtschaftsrecht, von dem vor allem öffentliche Unternehmen betroffen sind, lässt sich abschließend plastisch am Beispiel der Versorgungspflicht aufzeigen. Nach deren Abschaffung im Zuge der Vollliberalisierung wurde in der österreichischen Literatur - in Anknüpfung an gewohnte Traditionen im Elektrizitätsbereich - die Frage nach einer subsidiären Versorgungspflicht erhoben, also der Pflicht eines Unternehmens, einen Endkunden mit Energie zu beliefern, dem kein Netzzugang gewährt wird, unabhängig davon, warum dies der Fall ist198. Die Ableitung einer Versorgungspflicht aus der Möglichkeit der Zuweisung von Lieferanten oder Kunden zu einer Bilanzgruppe durch den Regulator wurde schließlich „unter Umständen“ für möglich gehalten199. Nunmehr würde Art 3 Abs 3 BeschleunigungsRL - anders als die Elektrizitäts-BinnenmarktRL - die Möglichkeit der Normierung eines Rechts auf Versorgung (Grundversorgung) mit Strom in Bezug auf Haushaltskunden bzw Kleinunternehmen vorsehen; der in der Abschaffung der Versorgungspflicht erblickte Paradigmenwechsel erscheint zumindest insofern auf europäischer Ebene nicht (mehr) bzw nur mehr beschränkt zu bestehen. Jedoch hat der österreichische Gesetzgeber keinerlei Änderungen betreffend die Versorgungspflicht unternommen200. Das Risiko, mangels Netzzugangs nicht durchgehend mit Energie beliefert zu werden, mag tatsächlich sehr gering sein, prinzipiell besteht es heute aber201, da es vom Markt abhängig ist202. Für die österreichischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen hatte die geschilderte Entwicklung nicht nur zur Folge, dass sie sich den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechend, also iSd Unbundling, umorganisieren 197 198 199
200
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202
Holoubek, Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen in einem liberalisierten Markt, in: Mayer (Hrsg), Hauptfragen des Elektrizitätswirtschaftsrechts, 2003, 19 (23ff). Schmelz/Tremmel (FN 189), 552. Pauger, Reform des Strom- und Gasrechts durch das Energieliberalisierungsgesetz, ÖZW 2001, 2. Vgl auch Holoubek, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, VVDStRL 60, 2001, 513 (527 FN 64); ausführlich ders (FN 197), 27ff. Dies, obwohl in der Literatur hinsichtlich des Rechts auf Versorgung deutlich darauf hingewiesen wurde, dass die entsprechenden „konkreten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für Energieversorger … derzeit nicht (mehr)“ bestünden und im ElWOG nur „ähnliche Verpflichtungen für Netzbetreiber“ als „Placebos“ normiert seien. Holoubek (FN 197), 34; Rabl (FN 182), 878. Nach dem Wegfall der Versorgungsmonopole im Zuge der Systemumstellung könnte eine Versorgungspflicht tatsächlich als „gemeinwirtschaftliche Pflicht“ eines betroffenen Unternehmens betrachtet werden. Vgl im Zusammenhang mit den Zielbestimmungen des § 3 ElWOG Raschauer (FN 186), 29. Vgl auch zum Ziel der Versorgungssicherheit den gleichnamigen Beitrag von Holoubek/Segalla, in: Nowotny/Parak/Scheucher (Hrsg), Handbuch der österreichischen Energiewirtschaft, 2004, 75. In jüngerer Zeit wird sowohl im Elektrizitäts- als auch im Erdgasbereich vermehrt Augenmerk auf eine Verbesserung der Versorgungssicherheit beim Betrieb von Energienetzen gelegt. Vgl dazu das Energie-VersorgungssicherheitsG 2006, BGBl I 106, durch das auch das EnergielenkungsG und das EBMG geändert wurden.
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mussten, sondern auch, dass sie heute insofern in nicht unerheblich veränderter Form bestehen, als es nicht nur vermehrt zu Verschränkungen und Fusionen, sondern auch zu (Teil)Verkäufen203, zT an ausländische Unternehmen, gekommen ist204. Ob die seit Jahren angekündigte (kleine) „Österreichische Stromlösung“ (Verbund und Energieversorger von Wien, Niederösterreich und Burgenland) realisiert wird, ist (noch) nicht klar.
2. Gaswirtschaft Die Entwicklungen in der Erdgaswirtschaft folgen jenen im Bereich der EWirtschaft. Auch im Gasbereich ist die Einführung von Wettbewerb deklariertes Ziel, das begonnen wurde, mit der Erdgas-BinnenmarktRL205 umzusetzen, und nunmehr auf der Grundlage einer diese ablösenden BeschleunigungsRL206 (weiter) verfolgt wird. Nach dem Erlassen der Erdgas-BinnenmarktRL wurden die gasrechtlichen Vorschriften vom österreichischen Gesetzgeber konzentriert und im GaswirtschaftsG (GWG)207 kodifiziert208. Auch hier stehen die Bestimmungen über den Netzzugang im Mittelpunkt. Erdgasunternehmen waren seit 10. 8. 2000 203
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Der Gemeinderat der Stadt Graz hat als Eigentümer der Grazer Stadtwerke AG 2002 beschlossen, die Teilbetriebe Strom, Erdgas und Fernwärme aus der Grazer Stadtwerke AG auszugliedern und in eine neue Gesellschaft, die Energie Graz, einzubringen. Die Energie Graz ist nunmehr eine Tochtergesellschaft der Grazer Stadtwerke AG, Energie Steiermark AG, sowie der Stadt Graz. Im Jahr 2002 verkaufte die Stadt Innsbruck 25% plus eine Aktie der Innsbrucker Kommunalbetriebe AG (Stadtwerke) an die TIWAG. 2003 wurde der Geschäftsbereich Gas ausgegliedert und mit der TIGAS Erdgas Tirol GmbH fusioniert. In Linz wurden 2001 umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen der städtischen Unternehmen (Errichtung einer Holding mit fünf operativen Gesellschaften mbH darunter auch die Elektrizitätsversorgung) mit dem Ziel der Effizienzsteigerung abgeschlossen. Im Februar 2006 wurde der Erwerb des 49%-Anteils der Verbundgesellschaft an der mit 1. 10. 2005 neu gegründeten Energie Klagenfurt GmbH abgeschlossen, in der die Strom-, Wärme- und Gasaktivitäten der Stadtwerke AG gebündelt worden waren. Das Vermögen der Salzburger Stadtwerke AG wurde im Jahr 2000 als Ganzes in die übernehmende Landesgesellschaft (SAFE) eingebracht, sodass das im Zweiten VerstG erwähnte städtische Elektrizitätsunternehmen in Salzburg nicht mehr existiert. Vgl auch den Teilverkauf der KELAG: 63,85% Kärntner Energieholding Beteiligungs GmbH (51% Land Kärnten, 49% RWE Energy), 35,12% Verbund, 0,03% Kärntner Stadtgemeinden. Vgl auch die Auflistung bei Raschauer (FN 186), 26ff. RL 98/30/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, Abl 204/1. Dazu Heidinger/Schneider, Wettbewerb gibt Gas, ecolex 1998, 807; Pauger, Reform des Strom- und Gasrechts durch das Energieliberalisierungsgesetz, ÖZW 2000, 97 (98f). RL 2003/55/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG, Abl L 176/57. Art 1 EnergieliberalisierungsG, BGBl I 2000/121. Zeitpunkt des Inkrafttretens war der 10. 8. 2000. Vgl dazu die Änderungen der GewO 1994, des RohrleitungsG, des PreisG 1992 und des ReichshaftpflichtG in den Art 2 bis 6 leg cit. Zum Gasrecht ausführlich Raschauer (FN 186), 147ff. Zu aktuellen Fragen des Gaswirtschaftsrechts der gleichnamige Tagungsband von Potacs (Hrsg), 2005.
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verpflichtet, zugelassenen Kunden Netzzugang zu gewähren. Diese konnten Bezugsverträge mit in- und ausländischen Gasversorgern ihrer Wahl abschließen. Seit 1. 10. 2002 - also noch bevor dies gemeinschaftsrechtlich geboten war - ist der Gasmarkt vollständig liberalisiert209. Auch im Bereich der Gaswirtschaft wurde vom österreichischen Gesetzgeber das Modell des geregelten Netzzugangs (Zugang zu genehmigten Allgemeinen Bedingungen und veröffentlichten Netzzugangstarifen) gewählt. Die Bestimmungen über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, die rechnerische Entflechtung integrierter Erdgasunternehmen und die Pflichten der Netzbetreiber sind analog zu den entsprechenden elektrizitätsrechtlichen Bestimmungen gestaltet. Mittlerweile verfügen E-Wirtschaft und Gaswirtschaft über gemeinsame Regulierungsbehörden, die Energie-Control GmbH und die Energie-Control Kommission. Analog zum Bereich der Elektrizitätswirtschaft wird auch die Versorgung mit Erdgas über weite Strecken von auf Landes- bzw Stadtebene eingerichteten, häufig öffentlichen Unternehmen besorgt. Allerdings kommt es laufend zu Ausgliederungen, (Teil)Verkäufen und Restrukturierungen, auch in der Form wechselseitiger Beteiligungen210, sodass manchmal erst nach eingehenderen Recherchen festgestellt werden kann, ob die öffentliche Hand tatsächlich (noch) die Anteilsmehrheit hält. Am bedeutendsten Erdgasunternehmen, der OMV, die sich wiederum in mehrere Gesellschaften gliedert (zB Gas-Fernleitung, Rohöl-Auffindung), hält der Bund über die ÖIAG (nur) noch 31,5%. Im Mai 2006 wurden Pläne bekannt, die OMV und die Verbundgesellschaft zu einem großen „EnergiePlayer“ zusammenzuführen. Die in einem BVG festgeschriebene Mehrheit der öffentlichen Hand an der Verbundgesellschaft hätte dann aufgegeben werden müssen. Derzeit werden die Fusionspläne nicht mehr verfolgt.
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§ 1 Abs 3 BG betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation. Vgl nur die Herausnahme und Fusion des Gasbereichs der Innsbrucker Kommunalbetriebe AG mit der TIGAS Erdgas Tirol GmbH. Vgl weiters folgende Unternehmen(sbeteiligungen): TIGAS (85,9993% TIWAG, 14% IKB AG, 0,0007% SPZ Zementwerk Eiberg GmbH & Co KG); BEGAS (51% Gemeindeanteilsverwaltungs GmbH [Zusammenschluss erdgasversorgter burgenländischer Gemeinden], 49% Burgenland Holding AG [69,58% EVN AG, daneben: Wiener Stadtwerke Holding AG, BEWAG, Austrian Hydro Power AG und Streubesitz]); EVN AG (51% NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH, 29,7% EnBW, 13,3% Streubesitz, 6% Raiffeisen Landesbank Oberösterreich); KELAG (63,85% Kärntner Energie-Holding GmbH [51% Land Kärnten, 49% RWE Energy], 35,12% Verbund - Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG, 1% Streubesitz und 0,03% Gemeinden); Salzburg AG für Energie, Verkehr und Telekommunikation (42,56% Land Salzburg, 31,31% Stadt Salzburg, 26,13% Energie Oberösterreich Service- und Beteiligungsverwaltungs-GmbH); Steirische Gas-Wärme GmbH (99,996% Energie Steiermark Holding AG [75% minus 1 Aktie Land Steiermark, 25% plus 1 Aktie Société d’Investissement en Autriche], 0,004% STEWEAG); WIEN ENERGIE Gasnetz GmbH: 100% WIEN ENERGIE GmbH (100% Wiener Stadtwerke Holding AG); Energie Graz GmbH & Co KG (49% Grazer Stadtwerke Energie Holding AG [100% Grazer Stadtwerke AG], 2% Stadt Graz, 49% Energie Steiermark AG).
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C. Post und Telekommunikation 1. Die strukturelle Trennung von Post und Telekom Dienstleistungen im Bereich des Post- und Fernmeldewesens wurden in Österreich traditionell in der Form eines Eigenbetriebes (unselbstständige Anstalt) des Bundes im Rahmen der Post- und Telegraphenverwaltung (PTV) erbracht211. Erst mit dem PoststrukturG (PTSG) aus dem Jahr 1996212 wurde die PTV aus dem ministeriellen Bereich ausgegliedert und ihr Aufgabengebiet dem neu gegründeten selbstständigen Unternehmen „Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft“ (PTA AG) zum 1. 5. 1996 übertragen. Unternehmensgegenstand der Gesellschaft waren die Erbringung von Leistungen in den Bereichen Postdienst, Fernmeldedienst, Paketdienst, Omnibusdienst und andere kommerzielle Leistungen (§ 2 PTSG). Ebenfalls mit dem PTSG wurde die „Post- und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft“ (PTBG) als GmbH errichtet (§ 11 Abs 1 PTSG). Dieser Gesellschaft wurden die Aktien der PTA AG ins Eigentum übertragen. Aufgabe der PTBG waren das Ausüben der Aktionärsrechte bei der PTA sowie die Verwaltung und Tilgung der Schulden, die nicht in der Eröffnungsbilanz der PTA dargestellt wurden. Im Oktober 1996 wurde der Betrieb der Mobilkommunikation rückwirkend per 1. 5. 1995 auf die neu gegründete Mobilkom Austria AG übertragen und per 1. 1. 1998 schließlich der Teilbereich Telekommunikation aus der PTA herausgelöst und in eine 100%ige Tochtergesellschaft (einschließlich der Mobilkom), die Telekom Austria, eingebracht. Damit waren die Bereiche Telekommunikation und „gelbe Post“ nach einer mehr als 100-jährigen gemeinsamen Geschichte rechtzeitig zur Liberalisierung des Telekommarkts strukturell voneinander getrennt.
2. Post Die Pflicht zur „Sammlung, ... Beförderung und ... Verteilung von Postsendungen zugunsten sämtlicher Nutzer, im gesamten Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats, zu einheitlichen Gebühren und in gleichmäßiger Qualität sowie ohne Rücksicht auf Sonderfälle und auf die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Vorgangs“ hat der EuGH als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse iSd Art 86 Abs 2 EG-Vertrag qualifiziert213. Da solche Dienste (Universaldienste) zT defizitär strukturiert sind, kann es zur Sicherstellung ihrer Erbringung erforderlich sein, bestimmte (andere) Postdienste jenem Unternehmen vorzubehalten (Beförderungsvorbehalt), das die für die Allgemeinheit besonders wichtigen Basisdienste erbringt. Damit soll ein finanzieller Ausgleich für durch den Universaldienst beim Unternehmen auftretende wirtschaftliche Belastungen gewährt werden214. Die entsprechenden Rahmenbedingungen finden sich in der PostRL215, die durch das PostG 1997216 umgesetzt wurde. 211 212 213 214
Wenger (FN 3), 269; Funk (FN 117), 24. Art 95 BGBl 201. EuGH Rs C-320/91, Corbeau, Slg 1993, I-2533 (Rz 15). Betrifft ein Beförderungsvorbehalt Leistungen, die besonderen Bedürfnissen von Wirtschaftsteilnehmern entsprechen und bestimmte Leistungen verlangen, die der
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Mit der Erbringung des Universaldienstes217 ist in Österreich die Österreichische Post AG betraut (§ 5 PostG 1997). Als Ausgleich dafür ist ihr - bis auf wenige Ausnahmen - das Erbringen von Postdienstleistungen für persönlich beanschriftete Briefsendungen bis zu einem Gewicht von 50 Gramm als ausschließliches Recht vorbehalten (§ 6 PostG 1997)218. Eine (weitergehende) Einschränkung des Beförderungsvorbehalts ist bis zum Beginn des Jahres 2009 nicht vorgesehen. Die Telekom-Control-Kommission mit einem eigenen dafür zuständigen Senat und die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH fungieren ab 1. 1. 2008 als Post-Regulator (§ 25a PostG 1997219). Die PostRL sieht vor, den Postsektor bis zum Jahr 2009 zur Gänze zu liberalisieren. Nicht zuletzt in Vorbereitung auf diesen Schritt hat die Post AG in den vergangenen Jahren eine erhebliche Zahl von Postämtern geschlossen und die Versorgung der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten auf PostGeschäftsstellen, Landzusteller oder so genannte „mobile Postämter“ umgestellt (vgl § 4 Abs 5 PostG 1997). Am 9. 5. 2006 wurde die ÖIAG ermächtigt, eine Börseneinführung der Österreichischen Post AG von bis zu 49% zum bestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen. Ende Mai dieses Jahres wurde die Post-Aktie zum ersten Mal an der Wiener Börse gehandelt.
3. Telekommunikation Das Paradebeispiel einer erfolgreichen Liberalisierung im Sog des Gemeinschaftsrechts ist der Telekommunikationssektor. Beginnend mit dem Grünbuch der Kommission über die „Entwicklung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationsendgeräte“ aus dem Jahr 1987220 wurde der Markt bis 1. 1. 1998 schrittweise liberalisiert. Nachdem sich im Telekommunikationsbereich lebhafter Wettbewerb, der durch einen neuen Rechtsrahmen auch im Sinne der Konvergenz zukünftig noch forciert werden soll, mit Preissenkungen und Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Anbietern etabliert hat und die Marktanteile der Incumbents (in
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herkömmliche Postdienst nicht anbietet, hält der EuGH einen Beförderungsvorbehalt für unzulässig. EuGH Rs C-320/91, Corbeau, Slg 1993, I-2533 (Rz 19). RL 97/67/EG über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, Abl 1998 L 15/14, idF RL 2002/39/EG, Abl L 176/21. BGBl I 1998/18 idF BGBl I 2006/33. Der Universaldienst umfasst nach § 4 PostG 1997 folgende Leistungen: Abholung, Sortieren, Transport und Zustellung von Postsendungen bis 2 kg und von Postpaketen bis 20 kg sowie Dienste für Einschreib- und Wertsendungen. Der VfGH hält einen Beförderungsvorbehalt im Hinblick auf die Erwerbsfreiheit an sich für unbedenklich, solange die Post die Beförderungsleistungen ordnungsgemäß erbringen kann. Ein Beförderungsvorbehalt für Beförderungsleistungen, für die keine Beförderungspflicht der Post besteht, sowie für Beförderungsleistungen, die von der Post nicht erbracht werden können, stellen allerdings eine nicht mehr adäquate und sachlich nicht gerechtfertigte Beschränkung der Erwerbsfreiheit dar. VfSlg 11.494/1987. Dazu unten beim Postregulator. KOM(87) 290 endg.
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Österreich: Telekom Austria AG) zurückgegangen sind, plant die Kommission, die (asymmetrische) Regulierung nach und nach zu reduzieren. In Österreich trafen die gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Liberalisierungsschritte auf einen zu 100% geschlossenen Telekommunikationsmarkt, in dem bis zum PTSG 1996 die PTV Monopolist in Bezug auf alle öffentlichen Telekommunikationsdienste, die Errichtung der Infrastruktur sowie die Zulassung von Endgeräten war. Nach einem Zwischenschritt in Gestalt des Fernmeldegesetzes 1993221 war der dann vollkommen wettbewerblich ausgerichtete Rechtsrahmen in Österreich im TKG 1997222 grundgelegt, das unter anderem Bestimmungen über den Netzzugang für Wettbewerber und die wettbewerbssichernde Regulierungsbehörde enthielt. Vorbehalte zu Gunsten der Telekom Austria kannte dieses Gesetz nicht mehr. Eine Weiterentwicklung erfuhr das Telekom-Recht zuletzt durch das TKG 2003223, mit dem der Gesetzgeber den umfangreichen neuen europäischen Rechtsrahmen in Gestalt der Rahmen-, Genehmigungs-, Universaldienst-, Zugangs- und der Datenschutzrichtlinie umgesetzt hat. Im Wesentlichen parallel zur rechtlichen Liberalisierung wurden auf unternehmensorganisatorischer Ebene Umstrukturierungen vorgenommen. Im April 1997 verkaufte die PTA AG 25,001% des Aktienkapitals der Mobilkom Austria AG an die Telecom Italia. Diese erwarb 1998 zudem 25,001% an der Telekom Austria AG, die von dieser im Jahr 2002 wieder zurückgekauft wurden. Im Jahr 2000 fand der Börsegang der Telekom Austria statt, der vom Volumen her gesehen der bedeutendste Privatisierungsschritt war. In der Folge kam es in den verschiedenen Unternehmen mehrfach zu massiveren Änderungen der Aktionärsstruktur, wobei sich die Unternehmen ihrerseits an ausländischen Unternehmen beteiligten224. Per 31. 12. 2005 hielt die ÖIAG an der Telekom Austria AG, die im Laufe des Jahres 2006 in eine Holding umstrukturiert werden soll, einen Anteil von weniger als 30%. Das Dargestellte zeigt plastisch, dass die Unternehmensentwicklung von der in den ministeriellen Bereich integrierten PTV als umfassender Monopolistin zu einem im Wettbewerb stehenden Telekommunikationsunternehmen geführt hat, dessen Totalprivatisierung als AG im Übrigen bereits einmal im Raum gestanden ist. Die Telekom Austria AG ist - ähnlich wie die Post AG Universaldienstbetreiber225. Als Ausgleich für die entsprechenden Tätigkeiten 221
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Mit dem FernmeldeG 1993, BGBl 908, wurde der Marktzutritt für sämtliche Bereiche mit Ausnahme der Erbringung des öffentlichen Sprachtelefondienstes sowie der Bereitstellung der öffentlichen Festnetzinfrastruktur liberalisiert. Der behördliche Bereich wurde von jenem der Diensteerbringung getrennt und die Rechtsbeziehung zwischen Post- und Telegraphenverwaltung und ihren Kunden nicht mehr hoheitlich, sondern in privatrechtlicher Form gestaltet. Vgl zum Telekommunikationsrecht das gleichnamige Handbuch von Damjanovic/Holoubek/Kassai/Lehofer/Urbantschitsch, 2006. BGBl I 100. BGBl I 70 idF BGBl I 2005/133. So stehen beispielsweise 100% der Mobiltel Bulgarien im Eigentum der Telekom Austria AG. Nach § 26 Abs 2 TKG 2003 umfasst der Universaldienst 1. den Zugang zum öffentlichen Telefondienst über einen an einem festen Standort realisierten Anschluss, über den auch ein Fax und ein Modem betrieben werden können, einschließlich der
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erhält sie Zahlungen aus dem Universaldienstfonds, der von Marktteilnehmern, die einen gewissen Mindestjahresumsatz erzielen, nach dem Verhältnis ihrer Marktanteile gespeist wird. Zwar normiert das TKG 2003 den Grundsatz, dass der Universaldienstbetreiber im Wege einer jedenfalls alle zehn Jahre stattfindenden Ausschreibung zu eruieren ist (§ 30 TKG 2003), doch ist eine solche faktisch nur dann sinnvoll möglich, wenn der entsprechende Markt ausreichend entwickelt ist. Dies scheint derzeit noch nicht der Fall zu sein, der BMVIT hat den Markt allerdings regelmäßig zu überprüfen und allenfalls eine Ausschreibung zu veranlassen (§ 133 Abs 9 TKG 2003). Der Übergang vom Monopol zum Wettbewerb ist im Bereich der Telekommunikation insofern ein vollständiger, als nicht nur der open entry verwirklicht wurde, sondern darüber hinaus das ehemalige Staatsunternehmen wozu das Gemeinschaftsrecht nicht zwingt - bereits vor seiner Totalprivatisierung stand. Derzeit hält der Bund noch knappe 30% an der Telekom Austria AG, sodass von einem öffentlichen Unternehmen wohl nicht mehr gesprochen werden kann. Zudem wird der Ausschreibungswettbewerb zukünftig auch die Erbringung der Universaldienstleistungen erfassen. Damit ist rechtlich ein Maximum an Wettbewerb realisiert.
D. Der Rundfunk In Österreich stellt Rundfunk kraft verfassungsgesetzlicher Anordnung (BVGRundfunk) eine öffentliche Aufgabe dar226. Nach hL und Rsp227 bedarf der Betrieb von Rundfunk auf der Grundlage dieser verfassungsrechtlichen Norm einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung. Für den Österreichischen Rundfunk (ORF) bildet diese Grundlage das ORF-G228. In Österreich war die Rundfunklandschaft über Jahrzehnte durch ein Monopol des ORF geprägt229. Schließlich war die Marktöffnung im Rundfunkbe-
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fernmeldetechnischen Übertragung von Daten mit Datenraten, die für einen funktionalen Internetzugang ausreichen, 2. die Erbringung eines betreiberübergreifenden Auskunftsdienstes, 3. die Erstellung eines betreiberübergreifenden Teilnehmerverzeichnisses von Teilnehmern an öffentlichen Telefondiensten sowie den Zugang zu diesem Verzeichnis, 4. die flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Sprechstellen an allgemein und jederzeit zugänglichen Standorten. Art I Abs 3 BVG über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks (BVGRundfunk), BGBl 1974/396. Für viele Funk, Medienaufsicht, in: Aicher/Holoubek (Hrsg), Das Recht der Medien, 1998, 45 (54); Holoubek/Damjanovic, Medienregulierung unter „Konvergenz“-Bedingungen, MR, Beilage zu Heft 2/2000, 9; Korinek, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen staatlicher Regulierung der Medien vor dem Hintergrund der Konvergenz, JRP 2000, 129 (132). VfSlg 9909/1983. BGBl 1984/379 idF BGBl I 2005/159 (Titel mit BGBl I 2001/83 geändert von RundfunkG in ORF-G). Vgl dazu VfSlg 2721/1954, wonach der Bund - aus kompetenzrechtlicher Sicht befugt ist, im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit die privatwirtschaftliche Betätigung auf einem bestimmten Gebiet dem Bund als Regal vorzubehalten und dadurch jedes andere Rechtssubjekt von einer gleichartigen Betätigung auszuschließen.
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reich jedoch nicht nur gemeinschaftsrechtlich230, sondern auch verfassungsrechtlich231 geboten. (Erst) In den 1990’er Jahren kam es durch die Schaffung entsprechender gesetzlicher Grundlagen nach und nach zur Liberalisierung im Bereich des privaten Hörfunks, des Hörfunks und Fernsehens im Kabelnetz bzw über Satelliten sowie des terrestrischen Fernsehens232. Aus rechtlicher Sicht ist Wettbewerb im Bereich des Rundfunks heute umfassend möglich.
Hinsichtlich dieses Wettbewerbs wird von der Kommission seit einigen Jahren233 vor allem die Finanzierung des öffentlichen Rundfunks mittels Gebühren kritisch beobachtet. Die Kommission sah in dieser Form der Finanzierung den gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenbegriff berührt234. Zwar ist eine Finanzierung (auch) durch öffentliche Mittel nicht per se unzulässig. Die Gebühren dürfen aber nur zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden, was eine Quersubventionierung wettbewerblicher Bereiche ausschließt. Zudem unterliegt diese Art der Finanzierung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, sodass staatliche Ausgleichszahlungen die mit der Sicherstellung des öffentlichen Auftrags verbundenen Nettomehrkosten nicht übersteigen dürfen und der Wettbewerb auf dem jeweils sachlich relevanten Markt nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden darf, das dem Gemeinschaftsinteresse zuwider läuft.
Ursprünglich war der ORF in der Form einer im Eigentum des Bundes und der Länder stehenden GmbH organisiert („Österreichische Rundfunk GmbH“)235. Im Zuge der Rundfunkreform des Jahres 1974236 wurde er in einen eigenen Wirtschaftskörper mit Rechtspersönlichkeit umgewandelt (§ 1 Abs 1 RFG). Als selbstständige Anstalt öffentlichen Rechts237 war er sein eigener Rechtsträger, an dem keine fremden Anteilsrechte bestanden. Heute ist der ORF eine Stiftung des öffentlichen Rechts238. Ihr Zweck ist die Erfüllung des ihr übertragenen öffentlich-rechtlichen Auftrags (§ 1 ORF-G). Dieser umfasst 230
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Nach zutreffender Auffassung werden die wirtschaftlich-wettbewerblich relevanten Bereiche des Rundfunks vom EG-Vertrag (Dienstleistungsfreiheit) erfasst, inhaltliche, geistig-gesellschaftlich relevante Belange fallen hingegen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (Kulturpolitik). Vgl insb EGMR 24.11.1993, Informationsverein Lentia/Österreich, JBl 1994, 324. Ausführlich Holoubek, Rundfunkgesetz wohin?, 1995. Vgl BG, mit dem Regelungen über regionalen und lokalen Hörfunk erlassen werden (Regionalradiogesetz - RRG), BGBl 1993/506, das durch das BG, mit dem Bestimmungen für privaten Hörfunk erlassen werden (Privatradiogesetz - PrR-G), BGBl I 2001/20 idF BGBl I 2004/169, abgelöst wurde, das nunmehr bundesweite private Radioprogramme ermöglicht; BG, mit dem Bestimmungen über den Kabel- und Satellitenrundfunk erlassen werden (Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz), BGBl I 1997/42, das durch das BG, mit dem Bestimmungen für privates Fernsehen erlassen werden (Privatfernsehgesetz - PrTV-G), BGBl I 2001/84 idF BGBl I 2004/169, ersetzt wurde. Anstoß war insb eine Verurteilung der Kommission im September 1998 wegen ihrer Untätigkeit in zwei Beschwerdefällen (EuG Rs T-95/96, Gestevision Telecinco, Slg 1998, II-3407). Dazu Kahl (FN 153), 240 ff mwN; Thyri/Jäger, Sportfernsehen und EG-Wettbewerbsrecht, wbl 2006, 197 (200). Vgl RFG 1966, BGBl 195. Funk, Rundfunkmonopol aus verfassungsrechtlicher Sicht in Österreich - Gesetzesvorbehalt, Art. 10 EMRK, Rechtsstaatsprinzip, FS Ermacora, 1988, 349 (350). Vgl RFG 1974, BGBl 397, wv durch das RFG 1984, BGBl 379. VfSlg 7593/1975, 7717/1975. Dazu Riccabona, Der ORF am Prüfstand des Stiftungsbegriffs, RfR 2002, 1.
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den Versorgungs- und den Programmauftrag sowie die besonderen Aufträge (vgl §§ 3, 4, 5 ORF-G). Soweit Tätigkeiten des ORF im Rahmen dieses öffentlich-rechtlichen Auftrags erfolgen, ist dieser nicht auf Gewinn gerichtet. Darüber hinausgehende Aktivitäten können gewinnorientiert betrieben werden, müssen aber organisatorisch und rechnerisch von Tätigkeiten im Rahmen des Versorgungsauftrages getrennt werden239. Mittel aus dem Programmentgelt (Rundfunkgebühren) dürfen hiezu nicht verwendet werden (§ 2 ORF-G). Die wichtigsten Organe des ORF sind der Stiftungsrat (Aufsicht), der Generaldirektor (Geschäftsführung), der Publikumsrat (Wahrung der Interessen der Hörer und Seher) sowie die Prüfungskommission (Kontrolle des Jahresund des Konzernabschlusses und des Lageberichts). Das Verhältnis zwischen Generaldirektor und Stiftungsrat entspricht im Wesentlichen jenem zwischen Vorstand und Aufsichtsrat einer AG. Angesichts dessen, dass die überwiegende Zahl von Stiftungsräten nach § 20 ORF-G von der öffentlichen Hand (BReg und Länder) und dass der Generaldirektor wiederum vom Stiftungsrat bestellt und abberufen wird, kann im ORF ein öffentliches Unternehmen gesehen werden, das sich mittlerweile in einem wettbewerblichen Umfeld befindet.
E. Der Eisenbahnverkehr Ausgangspunkt der Liberalisierung des Schienenverkehrs war die Neuausrichtung der europäischen Eisenbahnverkehrspolitik nach dem Untätigkeitsurteil des EuGH240, in dem der Gerichtshof im Gefolge der nur schleppenden Liberalisierung des Verkehrsbereichs urteilte, dass der Rat seiner Verpflichtung, die Dienstleistungsfreiheit auf dem Verkehrssektor herzustellen, nicht nachgekommen sei. Als sich Ende der 1980’er Jahre zudem die wirtschaftliche Lage und die Wettbewerbsposition der Eisenbahnen zunehmend verschlechterten, war es politisch möglich, Entscheidungen in Richtung schrittweiser Liberalisierung des Schienenverkehrs im Rat herbeizuführen und so die gemeinsame Verkehrspolitik im Sinne der Verwirklichung des Binnenmarkts auch im Bereich der Eisenbahndienste neu auszurichten. Herzstück auf dem Weg zu einem „echten gemeinschaftlichen Eisenbahnsystem“241 ist die Richtlinie 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft242. Ihr Art 1 legte ursprünglich fest, „dass internationalen Gruppierungen von Eisenbahnunternehmen sowie Eisenbahnunternehmen, die Verkehrsleistungen im grenzüberschreitenden kombinierten Güterverkehr erbringen, Zugangsrechte zu den Eisenbahnnetzen der Mitgliedstaaten garantiert werden“. Eine umfassende Marktöffnung im Bereich der Beförderung mit der Bahn war damit ersichtlich (noch) nicht angestrebt243. Um den Wettbewerb fair zu gestalten, enthält die Richtlinie - analog zu den anderen
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Zur TransparenzRL Pkt I.C.4. EuGH Rs 13/83, Parlament/Rat, Slg 1985, 1513. Mitteilung der Kommission über eine Eisenbahnpolitik der Gemeinschaft, KOM(89) 564 endg., 5. Abl L 237/25. Zugangs- und Transitrechte standen, abgesehen vom grenzüberschreitenden kombinierten Güterverkehr, lediglich so genannten internationalen Gruppierungen als Verbindung mindestens zweier Eisenbahnunternehmen und dies nur im grenzüberschreitenden Personenverkehr zwischen jenen Staaten zu, in denen die Mitglieder der Gruppierung ihren Sitz haben.
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liberalisierten Netzsektoren - neben den Vorschriften über den Zugang zum Schienennetz auch Bestimmungen, die die Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Bahnen sowie die Trennung des Betriebs der Infrastruktur von der Erbringung der Verkehrsleistungen garantieren244. In der Folge wurden als weitere Liberalisierungsschritte auf europäischer Ebene drei so genannte „Eisenbahnpakete“ geschnürt, die aus einer Vielzahl von Liberalisierungsund Harmonisierungsakten bestehen245. Kurz zusammengefasst stellt sich die daraus resultierende Lage derzeit folgendermaßen dar: Der Güterverkehr wird ab 1. 1. 2006 in zwei Schritten vollständig für den Wettbewerb geöffnet, und zwar nicht nur im grenzüberschreitenden Verkehr, sondern auch hinsichtlich des inländischen Verkehrs (Kabotage), der mit 1. 1. 2007 liberalisiert ist (Zweites Eisenbahnpaket). Die Marktöffnung im Personenverkehr ist Gegenstand des dritten Pakets und geht vergleichsweise langsamer vor sich. Während sich das Europäische Parlament für eine Öffnung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs zum 1. 1. 2008 und für eine Liberalisierung der nationalen Eisenbahnmärkte bis zum 1. 1. 2012 ausgesprochen hat, einigten sich die Verkehrsminister lediglich auf eine Marktöffnung des grenzüberschreitenden Verkehrs ab dem Jahr 2010. Ob sich das Parlament damit begnügen wird, ist offen.
In Österreich wurde die überragende Bedeutung der Eisenbahn für den Staat, die (Volks)Wirtschaft und die Gesellschaft von Beginn246 an erkannt. Dementsprechend sah man nicht nur die Staats-, sondern auch die Privatbahnen als der Staatsverwaltung näherstehend „als irgend ein anderes Institut“ und letztlich als „Theil des Staatsorganismus“ (der Staatsverwaltung) zur Förderung des Allgemeinwohls (Regal)247. Im Laufe der Jahrzehnte griff ein mehrfacher Wechsel zwischen Staats- und Privatbahnsystem Platz248. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bundesbahnen - nach ihrer Trennung von der Reichsbahn - in die unmittelbare Staatsverwaltung249 eingegliedert, die Überleitung der Österreichischen Staatseisenbahnen in einen selbstständigen Wirtschaftskörper allerdings in § 51 Abs 3 BehördenÜberleitungsG ausdrücklich vorbehalten. Das BBG 1969250 trennte schließlich die Hoheitsverwaltung von der Betriebsverwaltung und sah die Errichtung eines selbstständigen Wirtschaftskörpers „Österreichische Bundesbahnen“ vor. Während der ersten Liberalisierungsschritte führten die ÖBB als ausgegliederte, im Eigentum des Bundes stehende und vom Bundeshaushalt losgelöste Gesellschaft sui generis mit eigener Rechtspersönlichkeit den Bereich Erbrin244 245
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Vgl Burmeister, Der Wettbewerb der Eisenbahnen im europäischen Binnenmarkt, 2001, 58ff. Vgl dazu Segalla, Offener Netzzugang im Schienenverkehr, 2002; Zellhofer, Der Wettbewerb auf den Europäischen Schienenverkehrsmärkten, 2003; Dullinger/ Holoubek/Segalla (Hrsg), Recht und Praxis der Eisenbahnliberalisierung, 2004. Als erste Eisenbahn auf dem europäischen Kontinent beruhte die Pferdeeisenbahn zwischen Mauthausen und Budweis, also zwischen Donau und Moldau, auf einer Privilegiumsurkunde vom 7. 9. 1824. Haberer, Das österreichische Eisenbahnrecht, 1885, 6 ff. Erste Staatsbahnperiode ab 1841; Privatbahnsystem ab 1854; bis heute andauerndes Staatsbahnsystem ab 1879. Staatsamt für Industrie, Gewerbe, Handel und Verkehr. Die Generaldirektion der ÖBB wurde zu einer Sektion des zuständigen Bundesministeriums. BGBl 137.
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gung der Verkehrsleistung und den Infrastrukturbereich einschließlich der Funktion als Fahrwegbetreiber und Zuweisungsstelle organisatorisch und rechnerisch voneinander getrennt. Das Schienennetz wurde vom „ÖBB-Bereich Infrastruktur“ verwaltet und betrieben (zB Trassenvergabe, Benützungsentgeltberechnung und -einhebung). Mittlerweile sind die ÖBB auf der Grundlage des Bundesbahnstrukturgesetzes 2003251 als Holding organisiert. Insbesondere Infrastruktur- (ÖBBInfrastruktur Betrieb AG) und Transportbereich (ÖBB-Personenverkehrs AG bzw Rail Cargo Austria AG) sind organisatorisch getrennt252. Am 100%-igen Eigentum des Bundes und an den Aufgaben der ÖBB hat sich zwar nichts Wesentliches geändert, der organisatorische Rahmen wurde jedoch - nicht zuletzt im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben - wesentlich transparenter253. Bisher ist der Druck auf die ÖBB im Gefolge der Liberalisierungsschritte insbesondere im Güterverkehr gestiegen.
F. Der Kraftfahrlinienverkehr Das Ermöglichen eines gewissen Maßes an Mobilität - insbesondere für mobilitätsbehinderte Personen bzw für Personen, die nicht über ein privates Kraftfahrzeug verfügen - wird in Österreich, was den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) betrifft, seit jeher „als eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse, insbesondere der Daseinsvorsorge“254, betrachtet, die traditionell von öffentlichen Unternehmen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene wahrgenommen wird. Auch im Gemeinschaftsrecht gelten die entsprechenden Dienste als gemeinwirtschaftliche Leistungen. Auf Gemeinschaftsebene gestaltet sich die Liberalisierung des ÖPNV vor allem aus drei Gründen interessant: Zum Ersten war es lange Zeit umstritten, ob die entsprechenden Tätigkeiten angesichts der häufig nur regionalen und lokalen Tätigkeiten der betroffenen Unternehmen überhaupt binnenmarktrelevanten Charakter besitzen. Dies hat der EuGH im Jahr 2003 für die Zeit nach
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BGBl I 138. Unter der ÖBB-Holding AG finden sich die ÖBB-Personenverkehrs AG und die Rail Cargo Austria AG, als deren gemeinsame Töchter die ÖBB-Traktion GmbH (Loks und Lokführer) und die ÖBB-Technische Services-GmbH (Werkstätten), sowie die ÖBB-Dienstleistungs GmbH, die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG und die ÖBB-Infrastruktur Bau AG (Planung, Kraftwerke etc) und als Tochter letzterer die ÖBB-Immobilienmanagement GmbH (Bewirtschaftung und Verwertung der Liegenschaften der ÖBB-Infrastruktur Bau AG). Ob integrierte Unternehmen - auch in Gestalt einer Holding - nach dem ersten Infrastrukturpaket zulässig sind, ist umstritten. Dazu Zellhofer (FN 245), 74 unter Verweis auf die Äußerungen der deutschen Bundesregierung, die die Konformität der Holdinglösung mit dem Gemeinschaftsrecht bejaht. Ebenso Holst, RL 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, in: Frohnmeyer/Mückenhausen (Hrsg), EG-Verkehrsrecht - Kommentar, Loseblatt 2001, Rz 17; Ronellenfitsch, Die Umsetzung des Eisenbahninfrastrukturpakets, DVBl 2002, 657 (667). AA Berschin, Zur Trennung von Netz und Betrieb der Deutschen Bahn AG aufgrund des europäischen Eisenbahnpakets, DVBl 2002, 1079. AB 2047 BlgNR 20. GP, 1.
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1995 bejaht255. Zum Zweiten handelt es sich bei den ÖPNV-Dienstleistungen über so weite Strecken wie in keinem anderen der hier behandelten Sektoren um defizitäre Dienste, die nur durch massive Zuführung öffentlicher Mittel256 auf die gewünschte, am Gemeinwohl orientierte Weise erbracht werden. Eine bloße Öffnung des Marktes im Sinne der Schaffung eines open entry wäre für eine Liberalisierung daher nicht ausreichend. Adäquat, aber auch erforderlich ist vielmehr eine Öffnung des Marktes mittels Leistungsausschreibung (nicht Wettbewerb am Markt, sondern Wettbewerb um den Markt). Als Drittes ist der Umstand zu beachten, dass sich die für den ÖPNV-Markt wichtigsten Bestimmungen in einer Verordnung aus dem Jahr 1969 finden, die im Jahr 1991 novelliert wurde257. Auf die aktuellen Verhältnisse sind diese Normen nur mit Mühe und erheblichen rechtlichen Unsicherheiten umlegbar. Die Bemühungen für einen zeitgemäßen Rechtsrahmen laufen auf Europäischer Ebene seit dem Jahr 2000, in dem die Kommission ihren ersten, mittlerweile mehrfach überarbeiteten Entwurf für eine neue ÖPNV-Verordnung vorgelegt hat258. Eine Einigung zwischen Kommission, Parlament und Rat konnte bisher nicht erreicht werden. Derzeit stehen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht die Einhaltung des Beihilfenverbots, des Vergaberechts sowie des von der Kommission hervorgehobenen Gebots der transparenten Vergabe ausschließlicher und besonderer Rechte im Mittelpunkt. Österreich musste auf Grund eines einschlägigen Vertragsverletzungsverfahrens im Gefolge einer intransparenten Vergabe eines Busverkehrs in Osttirol259 jüngst sein KflG ändern. Passend zur unsicheren Rechtslage im Bereich des ÖPNV hat der EuGH im Jahr 2003 das viel beachtete Altmark-Urteil gefällt, in dem er - ausgehend von einer gemeinschaftswidrigen Finanzierungspraxis im ÖPNV - ein beihilferechtliches Sonderregime betreffend den finanziellen Ausgleich für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen geschaffen hat260. Die österreichischen Nahverkehrsunternehmen gehen angesichts der unklaren gemeinschaftsrechtlichen Situation unterschiedliche Wege. Während sich das Innsbrucker Unternehmen (IVB/Innbus) ua durch umfassende organisatorische (Entflechtungs)Maßnahmen261 auf den Wettbewerb vorbereitet hat, 255
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EuGH Rs C-280/00, Altmark Trans, Slg 2003, I-7747 (Rz 79). Vgl auch Kahl, „Kontrollierter Wettbewerb“ als Marktöffnungsinstrument der Kommission am Beispiel des öffentlichen Personennahverkehrs, wbl 2001, 49. Der Bund gibt jährlich über 1 Mrd Euro für den Betrieb im Bereich Nah- und Regionalverkehr aus. VO 1191/69/EWG über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffverkehrs, Abl L 156/1, idF VO 1893/91/EWG, Abl L 169/1. Aktuell ist momentan der dritte Entwurf der Kommission, der „Vorschlag für eine Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße“, KOM(2005) 319 endg. Vgl Mahnschreiben der Europäischen Kommission v 13.10.2004, C(2004) 3808. Dazu näher Kahl (FN 23), 293ff. Verkürzt dargestellt werden alle durch Beihilfen belasteten bzw nicht wettbewerbsfähigen Unternehmensbereiche einer so genannten Regieebene (dieser Begriff hat nichts mit jenem des Regiebetriebes zu tun, sondern bezeichnet eine aus der Verwal-
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legen andere Unternehmen eine eher abwartende Haltung an den Tag. Auf Ebene der größten österreichischen Kraftfahrlinienunternehmen, dem Postbus und dem Bahnbus, kam es im Gefolge der sich abzeichnenden Marktöffnung zur Fusion, die sich - anknüpfend an die Schilderung im Bereich der Post- und Telekommunikation - folgendermaßen darstellt: Nachdem nach der strukturellen Trennung von Post und Telekom Austria der Bereich „Post und Postauto“ in einer AG verselbstständigt worden war, wurde mit Oktober 2000 die Österreichische Postbus AG in eine Schwestergesellschaft der Österreichischen Post AG abgespalten. Die Anteile an der Postbus AG wurden 2001 an die ÖIAG übertragen. Im Jahr 2003 übernahm die ÖBB unter dem Titel „Privatisierung“ 100% der Postbus AG. 2004 spaltete sich die Österreichische Postbus AG in die ÖBB Postbus GmbH (operatives Geschäft) und die Österreichische Postbus AG (Liegenschaften und Personalamt). Mit 1. 1. 2005 fand schließlich die rechtliche Fusion von Bahnbus und ÖBB-Postbus GmbH zu einem gemeinsamen Busunternehmen mit der Marke „Postbus - Ein Unternehmen der ÖBB“ statt262.
G. Die Bundesstraßen Seit den 1960’er Jahren wurden für die Errichtung, Erhaltung und Finanzierung von Bundesstraßen zahlreiche Sondergesellschaften gegründet263. Erst zu Beginn der 1990’er Jahre wurde diese „’Familie’ von Aktiengesellschaften“264 durch Verschmelzungen auf zwei Gesellschaften, die „Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft“ (ÖSAG)265 und die „Alpen Straßen Aktiengesellschaft“ (ASAG)266, reduziert. Die Anteile an diesen Gesellschaften standen im Eigentum des Bundes267 und der jeweils an den verschmolzenen Sondergesellschaften beteiligten Länder. Die Finanzierung der den Gesellschaften übertragenen Aufgaben erfolgte zT unmittelbar durch den
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tung ausgelagerte Verkehrskoordinationsstelle im Gegensatz zu den operativ tätigen Gesellschaften) zugeordnet, die die entsprechenden Dienste dem jeweils, in einem Vergabeverfahren als Bestbieter hervorgekommenen Unternehmen diskriminierungsfrei zur Verfügung stellen kann. Darüber hinaus liegen die Aufgaben der Regieebene insbesondere in der Bestellung von Verkehren, der Koordination von Fahrplänen und der Sicherung der Qualität. Am Kraftfahrlinienmarkt agiert hingegen das von der Regieebene getrennte operative Unternehmen (Innbus GmbH). Dazu ausführlich Baltes/Schaaffkamp, Auf dem Weg in den Wettbewerb, Der Nahverkehr 2000, H 4, 21. Eine kritische beihilferechtliche Beurteilung der Fusion findet sich bei Kahl (FN 153), 261ff. Die erste war die Brenner Autobahn AG, BGBl 1964/135. Funk (FN 119), 65. Bestehend aus der Autobahnen- und Schnellstraßen-AG, der Pyhrn Autobahn AG, der Tauernautobahn AG und der Wiener Bundesstraßen AG (§§ 1 und 2 BG über Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, BGBl 1992/826 idF BGBl I 2004/174). Bestehend aus der Arlberg Straßentunnel AG und der Brenner Autobahn AG (§§ 3 und 4 BG über Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften). Nach § 1 ASFINAG-ErmächtigungsG 1997, BGBl I 113, war die Beteiligung des Bundes an der ÖSAG als Sacheinlage in die ASFINAG einzubringen.
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Bund, zT über die 1982 gegründete, in seinem Eigentum stehende „Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG)268. Im Jahr 2002 wurde die ÖSAG in eine GmbH umgewandelt, was den ersten Schritt einer Neuorganisation des ASFINAG-Konzerns bedeutete. Mit 1. 1. 2005 wurden die vormaligen Tochterunternehmen ÖSAG und ASAG mit der ASFINAG verschmolzen. Die einzelnen Bereiche Planung und Bau, Betrieb und Erhaltung sowie Maut wurden in neuen Gesellschaften zusammengeführt269. Die ASFINAG steht gemäß § 1 ASFINAG-G zur Gänze im Eigentum des Bundes und stellt so ein öffentliches Unternehmen dar. Seit 1997 hat die ASFINAG das Fruchtgenussrecht an den im Eigentum des Bundes stehenden Grundstücken und Anlagen des hochrangigen Bundesstraßennetzes und ist berechtigt, Mauten und Benützungsgebühren einzuheben. Sie plant, finanziert, baut, erhält und betreibt das gesamte österreichische Autobahnen- und Schnellstraßennetz mit einer Gesamtlänge von über 2.000 km. Ihre Leistungen finanziert die ASFINAG durch zweckgebundene Einnahmen (Mauten).
H. Die Verwaltung von Bundesimmobilien Seit Beginn der 1990’er Jahre griff eine schrittweise Ausgliederung der Verwaltung von Bundesimmobilien aus ministeriellen Bereichen Platz, die mit der Übertragung der jeweiligen Aufgaben an Gesellschaften des Privatrechts einherging. So wurde beispielsweise die Dienststelle der BundesgebäudeverwaltungSchloßhauptmannschaft Schönbrunn aufgelöst und für die Erhaltung, Verwaltung und den Betrieb des Schlosses die „Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft m.b.H“ gegründet270. Unternehmensgegenstand ist das Betreiben führender österreichischer Kulturdenkmäler, wie zB des Schlosses Schönbrunn, der Kaiserappartements oder der Silberkammer in der Hofburg, mit der Zielsetzung, diese authentisch zu erschließen und für Kultur, Tourismus und Freizeitangebote nutzbar zu machen. Schon zuvor war zur Fortführung der „betriebsähnlichen Einrichtung“ „Tiergarten Schönbrunn“ die „Schönbrunner Tiergarten-Gesellschaft m.b.H.“ gegründet worden271. Der nicht mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Wirtschaftskörper „Österreichische Bundesforste“, dem insbesondere die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldbodens und die Verbesserung seiner Produktionskraft sowie die Er268 269
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ASFINAG-G, BGBl 1982/591. Derzeit stellt sich der ASFINAG-Konzern (Holding) folgendermaßen dar: ASFINAG Bau Management GmbH; ASFINAG Autobahn Service GmbH Süd; ASFINAG Autobahn Service GmbH Ost; ASFINAG Alpenstraßen GmbH; ASFINAG Autobahn Service GmbH Nord; ASFINAG Verkehrstelematik GmbH; ASFINAG Maut Service GmbH; ASFINAG Verkehrsinfrastrukturberatungs- und BeteiligungsGmbH. BG über die Gründung einer Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft m.b.H. (Schönbrunner Schloßgesetz), BGBl 1992/208 idF BGBl 1994/117. BG über die Errichtung einer Schönbrunner Tiergarten-Gesellschaft m.b.H. (Schönbrunner Tiergartengesetz), BGBl 1991/420 idF BGBl 1994/117. Gem § 2 Abs 1 können die Geschäftsanteile des Bundes an der Gesellschaft veräußert werden.
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haltung der Trink- und Nutzwasserreserven oblagen, ging auf die Mitte der 1990’er Jahre ins Leben gerufene „Österreichische Bundesforste AG“ über272. Diese betreut und bewirtschaftet etwa 10% der Staatsfläche Österreichs und ist damit der größte Naturraummanager, Forstbetrieb sowie Jagdflächenund Fischereigewässerinhaber. Bereits vier Jahre vor der Gründung der Bundesforste AG wurde die gänzlich im Bundeseigentum stehende „Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.“ (BIG) errichtet273. Ihr Unternehmensgegenstand war der Erwerb, die Nutzung, Verwaltung und Veräußerung von Liegenschaften, die Errichtung und Erhaltung von Bauten sowie die Gründung von Gesellschaften zum Erwerb bundeseigener Mietwohngebäude und deren Verwertung. In der Folge wurde die Bauund Liegenschaftsverwaltung des Bundes im Jahr 2000 mit dem BundesimmobilienG274 neu organisiert. Zielsetzung dabei war in Fortsetzung des mit dem BIG-Gesetz begonnenen Weges, das Immobilienvermögen und den Immobilienbedarf des Bundes nach wirtschaftlichen und marktorientierten Grundsätzen zu organisieren, das Kostenbewusstsein bei den Nutzerressorts zu fördern und Instrumente synergetischer Bedarfsfeststellung zu schaffen. Primärer Unternehmensgegenstand der BIG, der wesentliche Teile des Immobilienvermögens275 des Bundes entgeltlich übertragen wurden, ist nunmehr die Bereitstellung von Raum für Bundeszwecke alleine oder gemeinsam mit Dritten276. Im Ausmaß bestehender Nutzungen wurden Mietverhältnisse des Bundes begründet277. Zur Fortführung der Bundesgebäudeverwaltung wurde mit Wirkung zum 1.1.2001 die „Bundesgebäudeverwaltung Österreich“ in die neu errichtete „Immobilienmanagementgesellschaft des Bundes mbH“ (IMB) ausgegliedert. Wichtigste Aufgabe der IMB, die eine Tochtergesellschaft der BIG ist, ist die Erbringung von Hausverwaltungs- und Baubetreuungsleistungen für die BIG zu marktkonformen Bedingungen. Einschlägige Tätigkeiten von Dienststellen der Bau- und Liegenschaftsverwaltung sind - mit Ausnahme der Burghauptmannschaft Österreich (historische Objekte) - ausgelaufen.
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BG zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes „Österreichische Bundesforste“ (Bundesforstgesetz 1996), BGBl 793, idF BGBl I 2004/136. BG über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mit beschränkter Haftung und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften einschließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz), BGBl 1992/419 (außer Kraft getreten durch § 46 BundesimmobilienG [s nächste FN]). BGBl I 141 idF BGBl I 2005/144. Dazu Anlage A des BundesimmobilienG. Zu den Haupttätigkeiten der BIG zählen: Vermietung von Liegenschaften mit dem Schwerpunkt Bundesschulen, Universitäten und Amtsgebäuden, Kundenorientierte Verwaltung und Instandhaltung, Neubau, Generalsanierung, Verkauf von Liegenschaften, Immobiliendevelopement, Facility Management im Einvernehmen mit den Mietern sowie Verwertung entwickelter Projekte mit Privatnutzungscharakter. Der Bund verkaufte der Gesellschaft etwa 5.000 Gebäude mit einem Flächenausmaß von 7,2 Millionen m². Gleichzeitig schloss die BIG mit dem Bund marktmäßige Mietverträge über die von den öffentlichen Stellen genutzten Gebäude ab.
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Für die Finanzierung, Planung, den Bau und die Erhaltung der Bundesstraßen wurde - wie vorstehend erwähnt - die „Autobahnen- und SchnellstraßenFinanzierungs-Aktiengesellschaft“ (ASFINAG) errichtet.
I. Die gemeinnützigen Bauvereinigungen Ein weiterer Bereich der Daseinsvorsorge, in dem auch öffentliche Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen, ist die Schaffung von Wohnraum zu erschwinglichen Preisen für breite Bevölkerungsgruppen. Erste Ansätze der Entwicklung eines Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts liegen in der zweiten Hälfte des 19. Jh278. Heute finden sich die zentralen Bestimmungen über den gemeinnützigen Wohnungsbau im WohnungsgemeinnützigkeitsG (WGG)279. Gemeinnützige Bauvereinigungen sind demnach in privatrechtlichen Formen (Genossenschaft, GmbH oder AG) organisiert (Indienstnahme). Gemäß § 1 Abs 2 WGG haben sie ihre Tätigkeit auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten, ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen und ihren Geschäftsbetrieb regelmäßig prüfen und überwachen zu lassen. Die Betätigung als gemeinnützige Bauvereinigung bedarf einer bescheidmäßigen Anerkennung durch die LReg280, die an eine Bedarfsprüfung geknüpft ist281. Der Status der Gemeinnützigkeit beschränkt einerseits die Freiheiten des Unternehmens im Vergleich zu nicht-gemeinnützigen Bauträgern, andererseits sind mit ihm Steuererleichterungen und bevorzugte Förderungen verbunden. Die unternehmerischen Restriktionen bestehen in der Bindung des Kapitals282, der Limitierung der Geschäftsbereiche283, der Baupflicht284, der Pflicht zur Gewährung kostendeckender Preise sowie der Beschränkung der Gewinnerzielung und -verteilung285. Dazu kommt, dass gemeinnützige Bauvereinigungen einem mehrschichtigen Aufsichts- und Kontrollsystem unterworfen sind286. 278
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Zur Geschichte Funk, Die Entwicklung des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts Vom Förderungsstatut zum branchenbezogenen Wirtschaftsrecht, in: Korinek/Krejci (Hrsg), Handbuch des Bau- und Wohnungsrechts, Bd II, 1988, III - G - 1, 3. BGBl 1979/139 idF BGBl I 2003/113. §§ 1, 31 Abs 1 WGG. § 3 WGG. Dazu Korinek, Das Eigenkapital - Funktion, Aufbringung, Sicherung und Verwendung, in: Korinek/Nowotny (Hrsg), Handbuch der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, 1994, 377 (381ff). § 7 WGG sieht drei Geschäftskreise vor: Hauptgeschäfte (die Errichtung und Verwaltung von Wohnungen), Nebengeschäfte (zB Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes) und zustimmungsbedürftige Zusatzgeschäfte (Geschäfte, die zur ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung erforderlich sind, aber nicht zu den Hauptoder Nebengeschäften zählen). Dazu ausführlich Kleinert, Zum Geschäftskreis gemeinnütziger Bauvereinigungen (§ 7 WGG), WoBl 1991, 109ff; Holoubek, Die Geschäftskreisregelung als Kernstück des WGG, in: Korinek/Nowotny (Hrsg), Handbuch der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, 1994, 345 (353ff). § 7 Abs 5 WGG. Vgl §§ 10, 13, 15 Abs 1 WGG. Dazu zählen die Kontrolle durch unternehmensinterne Organe (§ 12 WGG), die Kontrolle durch Revisoren des zuständigen Prüfungsverbandes (§ 28 WGG) sowie die Aufsicht durch die jeweilige LReg als Behörde der staatlichen Wirtschaftsauf-
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Auch die öffentliche Hand ist an vielen dieser Unternehmen in unterschiedlichem Ausmaß unmittelbar oder mittelbar beteiligt287. Als europarechtliche Schranke kommt hinsichtlich der Tätigkeit gemeinnütziger Bauvereinigungen vor allem bei der Wohnbauförderung in der Form der „Objektförderung“ das Beihilfenrecht der Gemeinschaft in Betracht. Ob die Förderung allerdings geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, erscheint auf Grund ihrer nur regionalen und lokalen Wirkungen zweifelhaft288. Soweit ersichtlich, haben sich in der Praxis bislang noch keine beihilfenrechtlichen Probleme ergeben.
J. Der Bankensektor Auf dem Bankensektor zählen zum Kreis der öffentlichen Unternehmen nach dem Verkauf der Anteile an der CA und der PSK289 im Bereich des Bundes nur mehr die OeNB (dazu im nachfolgenden Punkt) und die Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS), die aus der Finanzierungsgarantie-GmbH und der BÜRGES Förderungsbank GmbH hervorgegangen ist290. Die AWS GmbH steht zu 100% im Eigentum des Bundes und ist als dessen (unveräußerliche) Spezialbank zur Vergabe und Abwicklung von unternehmensbezogenen Wirtschaftsförderungen des Bundes sowie zur Erbringung sonstiger, im öffentlichen Interesse liegender Finanzierungs- und Beratungsleistungen zur Unterstützung der Wirtschaft berufen (§ 2 Austria Wirtschaftsservice-ErrichtungsG). Auf Landes- und Gemeindeebene sind die Landes-Hypothekenbanken und die aus ihnen hervorgegangenen Landesbanken291 sowie die Gemeinde-
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sicht (§ 29 WGG). Korinek, Möglichkeiten und Grenzen wirtschaftsaufsichtsrechtlicher Sanktionen über gemeinnützige Wohnungsunternehmungen, wbl 1987, 290ff; Scherz, Das dichte Netz von Aufsicht und Kontrolle, in: Korinek/Nowotny (Hrsg), Handbuch der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, 1994, 389ff. Zu den Grenzen der Aufsicht durch die LReg Korinek/Holoubek, Unbegrenzte Wirtschaftsaufsicht? Möglichkeiten und Schranken der Aufsicht nach dem WGG, ecolex 1997, 399ff. Vgl zB „Tiroler Gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H.“ TIGEWOSI (Land Tirol 61,39%, Landes-Hypothekenbank Tirol AG und die Tiroler Landesversicherung mit je 7,5%, Stadtgemeinde Innsbruck 4,5%, 9,95% Beteiligungs- und Finanzierungsgesellschaft mbH, Rest: 16 Gemeinden in Nord- und Osttirol); die „Neue Heimat Tirol“ (je 50% Land Tirol und Stadt Innsbruck); Innsbrucker Stadtbau GmbH (51% Neue Heimat Tirol, 49% Stadt Innsbruck); die „Neue Heimat“ Kärnten (seit 1962 im Alleineigentum des Landes). Aicher, Europarechtliche Rahmenbedingungen gemeinnütziger Wohnungswirtschaft, in: Korinek/Nowotny (Hrsg), Handbuch der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, 1994, 459 (472). Die PSK wurde durch Art I BGBl 1996/742 ausgegliedert und in die „Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft“ umgewandelt. Diese wurde der Post- und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (PTBG) übertragen, welche zur Veräußerung der Aktien der PSK ermächtigt wurde (§ 3 Abs 3 BG über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, Art I BGBl 1996/742 idF BGBl I 2000/25). Die ÖIAG hat die PSK schließlich im Sommer 2000 um 17,8 Mrd öS an die BAWAG veräußert. Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, BGBl I 2002/130 idF BGBl I 2004/119. ZB Hypo Tirol Bank AG (100% Land Tirol); Niederösterreichische LandesbankHypothekenbank AG (zu 41% privatisiert); Vorarlberger Landes- und Hypotheken-
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sparkassen als öffentliche Unternehmen zu erwähnen. Allerdings kommt es (auch) hier immer wieder zu Veräußerungen292. Die früher regelmäßig übernommene Haftung der öffentlichen Hand für „ihre“ Banken für den Fall der Zahlungsunfähigkeit (Ausfallsbürgschaft)293 ist vor einigen Jahren auf Grund ihrer wettbewerbsverfälschenden Wirkungen zunehmend in die Kritik geraten. Beihilferechtliche Bedenken führten (sogar) dazu, dass in einer von Deutschland abgegebenen Erklärung zum Vertrag von Amsterdam die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute als Unternehmen bezeichnet wurden, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind294, eine Auffassung, der sich Österreich und Luxemburg anschlossen, nicht jedoch die Kommission295. Diese prüfte in der Folge die Rechtmäßigkeit der Ausfallsbürgschaften (in Deutschland: Gewährträgerhaftung) in mehreren Ländern - darunter auch Österreich296 - und erzielte jeweils Einigungen über die Abschaffung dieser Begünstigung nach ausverhandelten Übergangsfristen297. Die entsprechenden legistischen Maßnahmen waren von Österreich bis zum 30. 9. 2004 zu setzen298.
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bank AG, (ca 73% Vorarlberger Landesbank Holding [Sondervermögen des Landes], ca 23% Austria BeteiligungsGmbH [Landesbanken Baden Württemberg], ca 3% Streubesitz); Oberösterreichische Landesbank AG (50,57% Land OÖ). Vgl zB den Verkauf der Bank Burgenland an die Grazer Wechselseitige, die wiederum zu 45,6% Miteigentümerin an der Kärntner Hypo Alpe-Adria-Bank ist. Die Bundeshaftung für die PSK wurde mit deren Verkauf an die BAWAG im Jahr 2000 beendet. 37. Erklärung zur Schlussakte zu öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten in Deutschland, Abl 1997 C 340/138, sowie die 1. von der Konferenz zur Kenntnis genommene Erklärung Österreichs und Luxemburgs zu Kreditinstituten, Abl 1997 C 340/143. Vgl die Mitteilung über die Anwendung der Art 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften, Abl 2000 C 71/14. In Österreich waren nach Ansicht der Kommission 7 Landes-Hypothekenbanken und 27 Sparkassen betroffen. Mit Österreich wurde eine „Verständigung über die Ausfallshaftung zugunsten der Landes-Hypothekenbanken und Sparkassen“ erreicht. Der einschlägigen, nicht veröffentlichten Kommissionsentscheidung C(2003) 1329 endg. stimmte Österreich mit Schreiben vom 15. 5. 2003 zu. Demgemäß wird die Ausfallshaftung nach einer am 1. 4. 2007 endenden Übergangsfrist aufgehoben. Zum Beihilfeverfahren der Kommission wegen einer staatlichen Haftung zu Gunsten der Dornbirner Sparkasse, die die Kommission als „maßgeschneiderte Garantie, um die Ausfallshaftung zu ersetzen“, bezeichnete, die Zweifel daran wecke, „ob die nützliche Wirkung der Kommissionsentscheidung C(2003) 1329 endg. erhalten bleibt“, Abl 2006 C 92/4 (Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme nach Art 88 Abs 2 EG-Vertrag). Zum Problem der Ausfallshaftung der öffentlichen Hand aus beihilferechtlicher Sicht inklusive der Haftung für die Bank Burgenland ausführlich Jäger, Bestand und Betrieb öffentlicher Kreditinstitute als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, JBl 2005, Teil II, 487ff mit zahlreichen Nachweisen. Zur Bundeshaftung für die BAWAG, BGBl I 2006/61, Jäger, BAWAG-Bürgschaft, Beihilfeverbot und Konkurrentenrechtsschutz, ecolex 2006, 445. Vgl etwa die Änderungen des BG über die Pfandbriefstelle der österreichischen Landes-Hypothekenbanken, des SparkassenG und des Gesetzes betreffend fundierte Bankschuldverschreibungen (zu allen RV 392 BlgNR 22. GP). S zB auch § 2 SparkassenG idgF sowie § 16 vlbg Landes- und Hypothekenbank-Gesetz idF LGBl 2004/24.
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K. Die Österreichische Nationalbank (OeNB) Die Österreichische Nationalbank (OeNB) nimmt im Kreise der österreichischen Banken eine Sonderstellung ein. Sie wurde 1816 zur Neuordnung des durch die Napoleonischen Kriege zerrütteten Währungswesens gegründet und ist heute299 gemäß § 2 Abs 1 NBG300 eine unter Dominanz des Bundes stehende Aktiengesellschaft301. Der beherrschende Einfluss des Bundes ergibt sich zum einen aus seiner 50%igen Beteiligung am Unternehmen302, zum anderen insbesondere dadurch, dass die überwiegende Zahl der Mitglieder des Generalrats sowie die Mitglieder des Direktoriums von der BReg bzw dem BPräs ernannt werden. Diese Ernennungsrechte stellen das Gegengewicht zu einer weitreichenden Notenbankautonomie303 dar, die schon bei der Schaffung des NBG 1955 ein vorrangiges Ziel des Gesetzgebers war304. Vor dem Eintritt in die dritte Stufe der Währungsunion am 1. 1. 1999 war die OeNB als österreichische Zentral- und Notenbank vor allem für die Stabilität des Schillings verantwortlich. Seit dem 1. 1. 1999 ist die OeNB305 integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB). Das ESZB als Gremium insbesondere zur Festlegung und Ausführung der Währungspolitik im Euroraum306 (Art 105 Abs 2 EG-Vertrag) setzt sich aus der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt und den Notenbanken der Mitgliedstaaten zusammen. Es wird von den Beschlussorganen der EZB (EZB-Rat, EZB299
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Insb durch das NBG 1955 wurden die rechtlichen Verhältnisse der OeNB - nach ihrer zweimaligen Liquidierung im Gefolge der beiden Weltkriege - einer umfassenden Neuregelung unterworfen und ihr geld- und währungspolitisches Instrumentarium ausgebaut. Pauger, Österreichisches Bankenrecht, 1989, 124. NBG 1984, BGBl 50 idF BGBl I 2004/161. Zur Anwendung kommt allerdings nicht primär das AktG, sondern das besondere Regelwerk des NBG. Zu den verschiedenen Auffassungen über die Rechtsnatur der OeNB vgl Schwartz, Nationalbank und Bundesvergabegesetz, ecolex 1997, 195f mwN. Vgl auch Potacs, Devisenbewirtschaftung, 1991, 85ff. Gem § 9 Abs 2 NBG 1984 hält der Bund „die Hälfte des Grundkapitals“. Im Zuge des im Mai 2006 geschnürten „Rettungspakets“ für die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene BAWAG wurde vereinbart, dass alle vom ÖGB und von der BAWAG gehaltenen Anteile an der OeNB (zusammen rund 20%) an den Bund übertragen werden. Damit steigt der Anteil des Bundes auf über 50%. Man kann die organisatorische (eigene Rechtspersönlichkeit der OeNB), personelle (entsprechende Unvereinbarkeitsbestimmungen, Unabsetzbarkeit von Generalratsmitgliedern) und funktionelle (Monopol der Banknotenausgabe, Kreditverbot gegenüber Gebietskörperschaften, Weisungsfreiheit) Autonomie unterscheiden. Wenger, Die Notenbankautonomie der österreichischen Nationalbank, FS Koren, 1979, 265 (270ff). Die Novellen des NBG 1984 BGBl I 1998/60 und BGBl I 2000/72 standen im Zeichen der Teilnahme Österreichs an der Europäischen Währungsunion. Es wurde den Anforderungen des EG-Vertrags (vgl va die Unabhängigkeitserfordernisse gem Art 108) und der ESZB-Satzung im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Notenbank und der Integration der OeNB in das ESZB durch eine Neudefinition der Ziele, Aufgaben und Befugnisse und einer Adaptierung des währungspolitischen Instrumentariums entsprochen. Weitere Aufgaben sind die Durchführung der Devisengeschäfte, das Halten der Währungsreserven der MS sowie das Fördern des Funktionierens der Zahlungssysteme.
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Direktorium) geleitet. Vorrangiges Ziel des ESZB ist die Sicherung der Preisstabilität307 (Art 105 Abs 1 EG-Vertrag; § 2 NBG 1984). Für die operative Umsetzung der geldpolitischen Entscheidungen der EZB bzw des EZB-Rats in Österreich ist die OeNB verantwortlich. Im Rahmen dieser Mitwirkung an der Erreichung der Ziele und der Vollziehung der Aufgaben des ESZB ist die Nationalbank durch das NBG mit hoheitlichen Aufgaben betraut308. Auch im Rahmen der Vollziehung des DevisenG 2004 ist die OeNB zur Bescheid- und Verordnungserlassung und somit als beliehenes Unternehmen zu behördlichen Tätigkeiten berufen309. Mithin stellt die OeNB als relativ autonome, außerhalb des staatlichen Verwaltungsapparats stehende Trägerin dezentralisierter öffentlicher Verwaltung eine in ihrer Organisation auch gemeinschftsrechtlich geprägte Einrichtung mittelbarer Staatsverwaltung dar. Die OeNB ist im Wesentlichen wie eine Aktiengesellschaft gestaltet. Die Generalversammlung entspricht der Hauptversammlung, der Generalrat dem Aufsichtsrat und das Direktorium dem Vorstand. Der Generalrat, bestehend aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und 12 weiteren Mitgliedern, hat im Gefolge des Übergangs der währungs- und geldpolitischen Kompetenzen auf das ESZB seine Befugnis zur obersten Leitung der Geschäftsführung und Vermögensverwaltung eingebüßt310. Ihm kommt - neben seiner Funktion als Aufsichtsrat - als neue Zuständigkeit die Beratung des Direktoriums in währungspolitischen Fragen zu. Das Direktorium besteht aus dem Gouverneur, dem Vizegouverneur und zwei weiteren Mitgliedern. Es leitet den gesamten Dienstbetrieb, führt die Geschäfte entsprechend den Leitlinien und Weisungen der EZB und vertritt die OeNB nach außen. Als Mitglied des EZB-Rats ist der Gouverneur bei der Wahrnehmung dieser Funktionen weder an Beschlüsse des Direktoriums noch an solche des Generalrates gebunden und unterliegt auch sonst keinerlei Weisungen. Auf Grund der dezentralen Arbeitsteilung im ESZB hat die OeNB auch nach der Realisierung der Währungsunion wesentliche Aufgaben wie zB die Abwicklung des täglichen Geschäftsverkehrs mit den Banken, die Durchführung von Transaktionen auf dem Geld- und Devisenmarkt, die Sicherstellung der Geldversorgung und Verwaltung der Währungsreserven sowie die Produktion und Ausgabe von Banknoten und Münzen. Deren Herstellung wird entweder direkt von der OeNB vorgenommen oder durch die Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH (OeBS), die 1998 aus der Abteilung „Druckerei für Wertpapiere“ der OeNB ausgegliedert wurde311, bzw durch die Mün307
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Preisstabilität iS auch geringfügiger Preissteigerungen („relative Preisstabilität“). Dazu Potacs, Art 105 EG-Vertrag, in: Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar, 2000, Rz 3. Pauger (FN 299), 146f; Potacs (FN 301), 90ff, 99ff. Vgl §§ 4, 6 Abs 3 DevisenG 2004, BGBl I 2003/123. §§ 20 und 21 NBG 1984 idF der Novelle BGBl I 1998/60. Die Produktion von Schillingbanknoten durch die OeBS ist im Jänner 2000 ausgelaufen. Als gesetzliches Zahlungsmittel wurden Schillingbanknoten und -münzen von der OeNB noch bis Ende 2001 in Umlauf gebracht. Seit Oktober 1999 werden Eurobanknoten produziert.
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ze Österreich AG (MOeAG). Diese wurde mit 1. 1. 1989 als AG unter dem Dach der OeNB organisiert.
L. Die Unternehmen im Bereich der ÖIAG Die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG) wurde als Konzernholding durch das ÖIAG-G aus dem Jahr 1986312 gegründet und ist die Nachfolgerin der Österreichischen Industrieverwaltungs-Aktiengesellschaft313. Zählten zu den Aufgaben der ÖIAG ursprünglich die Erhaltung der durch das Erste VerstG verstaatlichten Unternehmen im Industriebereich und die Durchführung von Teilprivatisierungen, wurden im Laufe der Zeit - nicht zuletzt bedingt durch budgetäre Engpässe - die Vorbereitung314 und Durchführung insbesondere auch von Totalprivatisierungen zu wesentlichen Unternehmenstätigkeiten315. So erklärt § 7 ÖIAG-G 2000316 nunmehr - neben dem Beteiligungsmanagement iSd Sicherns eines Mindestmaßes an Einflussmöglichkeit auf ihre Beteiligungsgesellschaften und dem Akquisitionsmanagement (s zu beiden § 9) - das Privatisierungsmanagement iSd Erfüllung des jeweils für eine Legislaturperiode von der BReg beschlossenen Privatisierungsauftrages317 ausdrücklich zur zentralen Aufgabe318 der ÖIAG. Demnach ist die 312 313
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BGBl 204. Die Herauslösung der „Verstaatlichten“ aus der ministeriellen Verwaltung wurde durch das ÖIG-G, BGBl 1967/23, bewirkt. Die Österreichische Industrieverwaltungs-Gesellschaft mbH (ÖIG) war Treuhandverwalterin der Anteilsrechte des Bundes an den verstaatlichten Unternehmen. Sie wurde durch die ÖIG-G Novelle 1969, BGBl 1970/47, in eine AG, die Österreichische Industrieverwaltungs-Aktiengesellschaft umgewandelt. Schon die Novellen BGBl 1991/421 und 1993/973 verpflichteten die ÖIAG zur Erstellung von Privatisierungskonzepten und zum totalen bzw mehrheitlichen Verkauf der verstaatlichten Unternehmen. Der Versuch, verstaatlichte Unternehmen zusammenhängend zu erhalten und gemeinsam abzugeben (sechs Branchenholdings im Schoße der Austrian Industries AG als Tochtergesellschaft der ÖIAG), scheiterte. Vgl dazu die vollständigen Verkäufe zB der Voest Alpine Bergtechnik GmbH, der AMSAG, der VAMED AG, der Schoeller-Bleckmann Edelstahlrohr GmbH sowie der AMAG und der Salinen AG. BG über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000), BGBl I 24 idF BGBl I 2005/103. Im Rahmen des Auftrages vom 17. 5. 2000 waren der ÖIAG die Privatisierungen der Österreichischen Staatsdruckerei, der Dorotheum GmbH, der Print Media Austria AG, der Flughafen Wien AG, der Austria Tabak AG und der PSK aufgetragen. Gemäß Privatisierungsauftrag vom 1. 4. 2003 ist für folgende Unternehmen oder Anteile an Unternehmen eine vollständige Privatisierung angestrebt: BöhlerUddeholm AG, VA Technologie AG, Voestalpine AG und Österreichische Bergbauholding AG. Für die Telekom Austria AG ist die Privatisierung bis zu 100% anzustreben. Für die Österreichische Post AG wird ein strategischer Partner gesucht. Für die Österreichische Postbus AG ist nach Abgabe von 100% der Aktien an die ÖBB die Übertragung eines maßgeblichen Teils der Österreichischen Postbus AG an private Wettbewerber sicherzustellen. Dass mehrere der erwähnten Aufträge bereits erfüllt wurden, ist an den jeweils einschlägigen Kapiteln dieses Beitrages dargestellt. Ausführlich dazu Nowotny, ÖIAG-Gesetz 2000, ÖZW 2000, 116 (117ff).
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ÖIAG mit der gänzlichen oder teilweisen Privatisierung jener Unternehmen betraut, deren Anteile ihr übertragen sind319 oder ihr künftig durch BG oder Rechtsgeschäft zur Privatisierung übertragen werden. Von 1994 bis 2005 hat die ÖIAG insgesamt einen Privatisierungserlös von über 10 Mrd Euro erzielt. Durch die Tätigkeit der ÖIAG wurde und wird vor allem der Kreis erwerbswirtschaftlich tätiger öffentlicher Unternehmen erheblich geschmälert.
M. Die Österreichische Staatsdruckerei Vor dem 1. 1. 1982 war die Österreichische Staatsdruckerei ein Bundesbetrieb ohne Rechtspersönlichkeit. Durch das StaatsdruckereiG320 wurde sie zum genannten Zeitpunkt in einen Wirtschaftskörper mit eigener Rechtspersönlichkeit (selbstständige Anstalt) umgewandelt. Zu dessen Aufgaben zählten neben der Herstellung von Druckerzeugnissen für die Bundesverwaltung, bei deren Produktion Geheimhaltung bzw die Befolgung von Sicherheitsvorschriften geboten war (zB Reisepässe, Führerscheine, Personalausweise, Briefmarken, Wertpapiere und Fahndungsbücher), auch der Druck der Bundesgesetzblätter und der Stenographischen Protokolle des NR und des BR, der Berichte der VA, die Herstellung von Formularen, Verlautbarungsblättern sowie der Druck der Wiener Zeitung. Die Staatsdruckerei konnte auch sonstige Druckprodukte herstellen sowie den Verlag und den Vertrieb von Büchern, Zeitschriften usw ausüben. Da die Rechtsform der selbstständigen Anstalt als Unternehmensträgerin der geplanten Privatisierung im Wege stand, wurde der Wirtschaftskörper „Österreichische Staatsdruckerei“ durch das StaatsdruckereiG 1996321 mit 1. 1. 1997 in die „Österreichische Staatsdruckerei AG“ umgewandelt. Zugleich wurde die ausschließliche Betrauung der Druckerei mit der Herstellung der erwähnten Druckprodukte auf die Produktion jener Erzeugnisse beschränkt, die wegen des Erfordernisses ihrer Geheimhaltung bzw der Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen322 vom Anwendungsbereich des einschlägigen Vergaberechts ausgenommen waren323. Von der neu errichteten Aktiengesellschaft wurde mit 1. 1. 1998 die „Wiener Zeitung GmbH“ abgespalten, deren Aufgabe die Herstellung und der Verlag der Wiener Zeitung ist (§ 1 Abs 4 StaatsdruckereiG 1996). Die Anteilsrechte des Bundes an der Österreichischen Staatsdruckerei wurden zum Zwecke der Privatisierung in das Eigentum der ÖIAG übertragen324.
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Austrian Airlines AG (39,7%), GKB-Bergbau GmbH (100%), OMV AG (31,5%), Österreichische Post AG (100%), Telekom Austria AG (29,63%). BGBl 1981/340. BGBl I 1997/1. Der Sicherheitsdruck, die Drucklegung und der Vertrieb des BGBl und amtlicher Verlautbarungsblätter für Dienststellen des Bundes sowie der stenographischen Protokolle (§ 2 Abs 3). RV 502 BlgNR 20. GP. § 1 Abs 7 StaatsdruckereiG 1996 idF Art IV BGBl I 1997/97 (PrivatisierungsG).
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Mit der StaatsdruckereiG-Novelle 1999325 wurde die ehemalige Österreichische Staatsdruckerei in „Print Media AG“ umbenannt. Von dieser Gesellschaft wurde die „Österreichische Staatsdruckerei GmbH“ abgespalten, die sich nur mehr mit dem Wert- und Sicherheitsdruck beschäftigt326. Sie wurde im Jahr 2000 privatisiert. Der Verlag der Staatsdruckerei erhielt bereits 1993 den Namen „Verlag Österreich“. Im Jahr 2000 wurde dieser Geschäftsbereich in die Verlag Österreich GmbH eingebracht und privatisiert.
N. Die Staatsmonopole Seit dem Beitritt Österreichs zur EU hat die Bedeutung der Staatsmonopole rasant abgenommen. Bestanden zuvor noch umfassende staatliche Monopolrechte zu Gunsten öffentlicher Unternehmen im Rahmen des Salz-, Tabak-, Branntwein- und Glücksspielmonopols327, wurde das Salzmonopol anlässlich des EU-Beitritts aufgegeben328. Das Alkohol- sowie das Glücksspielmonopol kommen nicht mehr öffentlichen Unternehmen zu Gute. In der Form des Produktions- und Einfuhrmonopols gegenüber Drittstaaten bestand ein Monopol für die Austria Tabak AG. Auch diese Monopolstellungen konnten wohl nur so lange mit Hinweis auf den Charakter eines Finanzmonopols gerechtfertigt werden, als die Austria Tabak AG nicht (vollständig) privatisiert war und für die öffentliche Hand noch die für ein Finanzmonopol erforderlichen Einflussmöglichkeiten bestanden329. Mitte 2001 wurden die letzten Anteile der ÖIAG an der Austria Tabak an die Gallaher Group, den weltweit fünftgrößten Tabakkonzern, verkauft.
O. Regulierungsbehörden Im Folgenden werden für den Kreis (ehemaliger) öffentlicher Unternehmen wichtige Regulierungsbehörden dargestellt. Die Tendenz der Übertragung von Regulierungsaufgaben an spezialisierte, unabhängige, ausgegliederte Rechtsträger steht in engem Zusammenhang mit den entsprechenden Entwicklungen auf europäischer Ebene und hat sich seit der ersten Auflage dieses Buchs fortgesetzt. Immer mehr kristallisiert sich das „Regulierungsrecht“ als abgrenzbare Kategorie des Rechts heraus330. Nachfolgend wird dieser Prozess nachgezeichnet und der Status Quo dargestellt. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung oder einzelnen Problemstellungen, die häufig auch in die Verfassungssphäre reichen, kann an 325 326 327 328
329
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BGBl I 93. Brief- und Wertmarken, (Zulassungs)Bescheinigungen, Reisepässe, Personalausweise, Führerscheine, Sichtvermerke, Aufenthaltstitel. Raschauer (FN 115), 2; Wenger (FN 10), Rz 35ff. Grundlegend Mayer (FN 116). Vgl dazu RV 72 BlgNR 19. GP, 3. Mit dem Verzicht auf das Einfuhrmonopol (vgl Art 31 EG-Vertrag) hatten auch die übrigen Bestimmungen des SalzmonopolG keine wirtschaftliche Bedeutung mehr. Die Salinen AG wurde 1997 privatisiert. So Potacs Öffentliche Unternehmen unter dem Einfluß des Gemeinschaftsrechts, in: Aicher/Holoubek/Korinek (Hrsg), Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht, 2000, 263 (277f). Vgl nur Kneihs, Regulierungsrecht - Eine neue rechtswissenschaftliche Kategorie?, ZÖR 2005, 1.
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dieser Stelle nicht geleistet werden. Diesbezüglich sei auf die mittlerweile zahlreiche Spezialliteratur verwiesen.
1. Die Austro Control GmbH Die Errichtung der Austro Control GmbH sorgte verfassungsrechtlich für Furore, nachdem der VfGH in VfSlg 14.473/1996 die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf die Gesellschaft als verfassungsrechtlich zulässig erachtet und entgegenstehende Bedenken verworfen hatte331. Mittlerweile stellt die Austro Control GmbH ein viel zitiertes Beispiel für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Rechtsträger des Privatrechts mit Mitteln der Hoheitsverwaltung dar. Der örtliche Wirkungsbereich der Austro Control GmbH umfasst das gesamte Bundesgebiet (§ 139 LFG332), die Gesellschaftsanteile sind zu 100% dem Bund vorbehalten333. Sitz der Gesellschaft, die dem BM weisungsgebunden ist, ist Wien. Auf der Grundlage des ACG hat die Austro Control GmbH sämtliche Agenden des früheren Bundesamtes für Zivilluftfahrt übernommen, die nicht durch die in Art II BGBl 1993/898 enthaltene Novelle des LFG dem BM oder dem LH übertragen wurden334. Sie nimmt heute zahlreiche behördliche Aufgaben wahr, wie zB die Bewilligung von Ein-, Aus- und Überflügen, die Prüfung der Luft- und Betriebstauglichkeit, die Bewilligung von und die Aufsicht über Zivilluftfahrschulen und die Erteilung, Verlängerung und den Widerruf von Zivilluftfahrerpersonalausweisen. Die Austro Control GmbH ist auch zur 331
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Ausschlaggebend dafür, dass der Gerichtshof die verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Einbindung in einen Weisungszusammenhang, die Organisationsverantwortung und die Verantwortlichkeit der obersten Organe (Art 20 und 77 BVG) als nicht verletzt erachtete, war, dass dem Bundesminister „umfassende Aufsichts- und Weisungsbefugnisse“ eingeräumt waren, der Gesetzgeber für die Ausgliederung die Rechtsform einer GmbH gewählt hatte, „wobei gemäß Art. I § 1 Abs. 2 und 3 ACG die Mehrheit der Gesellschaftsanteile beim Bund ... zu verbleiben hat“. Dadurch wurde nach Ansicht des Gerichtshofs sichergestellt, dass „auch die Gesellschafterrechte durch ein dem Nationalrat verantwortliches oberstes Organ wahrgenommen werden müssen“. Zudem sei der Bundesminister sachlich in Betracht kommende Ober- und im Instanzenzug übergeordnete Behörde. Schließlich wären der Gesellschaft nur vereinzelte, ganz bestimmte Teilbereiche von Verwaltungsmaterien übertragen, die nicht zu den „Kernbereichen der staatlichen Verwaltung“ zählten. Kritisch insb Raschauer (FN 137), 434ff. BGBl 1957/253 idF BGBl I 2006/149. Gem § 1 Abs 3 ACG, BGBl 1993/898 idF BGBl I 2004/173, sind Kapitalerhöhungen möglich, wenn der Bund die Mehrheit der Anteile (Mehrheit der Stimmrechte; Winner [FN 108], 107) hält und die weiteren Anteile von Flughafenbetriebsgesellschaften übernommen werden. Kritisch dazu Raschauer (FN 137), 436; Resch, Die Austro Control GmbH, ZfV 1998, 272 (274). Gem dem derzeit inkraftstehenden § 2 ACG hat die Austro Control sämtliche dem Bundesamt für Zivilluftfahrt im LFG sowie in den auf Grund des LFG erlassenen Verordnungen und im FlugsicherungsstreckengebührenG bisher übertragenen Aufgaben wahrzunehmen, ausgenommen jene, welche durch Verordnung gemäß § 140b LFG übertragen sind (Gemäß § 140b LFG kann der BMVIT auch andere private Einrichtungen mit an sich der Austro Control GmbH übertragenen Agenden betrauen). Die Austro Control GmbH hat weiters jene Aufgaben zu erfüllen, die ihr durch Bundesgesetze oder auf Grund dieser Bundesgesetze erlassener Verordnungen übertragen worden sind.
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Führung von Verwaltungsverfahren335 und somit zur Bescheiderlassung berufen. Sie wirkt an der Vertretung der Republik Österreich bei internationalen Luftfahrtorganisationen mit, unterstützt die Vorbereitung und Durchführung von luftfahrtrechtlichen Verwaltungsakten des Bundesministers und erstellt über dessen Anforderung Gutachten. Nicht-hoheitliche Tätigkeiten (zB Flugberatung, Flugwetterberatung) spielen eine untergeordnete Rolle. Der Unternehmenszweck der Austro Control GmbH ist kein primär erwerbswirtschaftlicher, sodass die Gesellschaft als Non-Profit-Organisation eingestuft werden kann336. Auch wenn § 1 Abs 2 ACG die Gesellschaft zum „Luftfahrtunternehmen“ erklärt, ist die Austro Control GmbH nicht zum Kreis der öffentlichen Unternehmen zu zählen. Dafür mangelt es an der wirtschaftlichen Tätigkeit. In diesem Sinne hat auch der EuGH in der Eurocontrol, der ähnlich der Austro Control die Kontrolle und Überwachung des Luftraumes übertragen sind, auf Grund des überwiegend „hoheitlichen“, also nicht-wirtschaftlichen, Charakters ihrer Tätigkeiten kein Unternehmen gesehen337.
2. Von der Telekomregulierung zur konvergenten Regulierung Eine unverzichtbare Voraussetzung für die Liberalisierung der Infrastrukturmärkte ist die Trennung regulatorischer von unternehmerischen Aufgaben. Im Bereich der Telekommunikation lagen ursprünglich beide Agenden in der Hand der Post- und Telegraphenverwaltung (PTV). Dies hätte jedoch Art 7 der TelekommunikationsdiensteRL338 widersprochen, wonach die Erteilung von Betriebsgenehmigungen, die Überwachung von Zulassungen und andere regulatorische Aufgaben in den Mitgliedstaaten mit 1. 7. 1991 von einer von der Fernmeldeorganisation unabhängigen Einrichtung durchzuführen waren. Darüber hinaus mussten und müssen die Mitgliedstaaten dann, wenn sie (Mit)Eigentümer von Telekommunikationsunternehmen sind oder die Kontrolle über solche Unternehmen ausüben, eine wirksame strukturelle Trennung zwischen den hoheitlichen Regulierungsfunktionen und den Tätigkeiten im Zusammenhang mit Eigentum oder Kontrolle sicherstellen339. In dieser Hinsicht hatte der gemeinschaftsrechtliche Rahmen in Österreich zur Folge, dass zunächst mit dem FernmeldeG 1993340 eine oberste Fernmel335
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Gem § 6 Abs 2 ACG ist der Höhe der entsprechenden Verwaltungsverfahrensgebühren das Kostendeckungsprinzip zu Grunde zu legen (zur Verfassungskonformität dieser Bestimmung VfSlg 14.474/1996). Winner (FN 108), 109f leitet dies zutreffend aus der Tatsache ab, dass die gemeinwirtschaftlichen Aufgaben Priorität genießen und ihre Erfüllung nicht durch die in gewissem Rahmen möglichen erwerbswirtschaftlichen Leistungen gefährdet werden darf. Vgl dazu auch Weigel, Gibt es Grenzen der Privatisierung?, ÖHW 1999, 179 (192). EuGH Rs C-364/92, Eurocontrol, Slg 1994, I-43 (Rz 30f). RL 90/388/EWG über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste, Abl L 192/10 (mittlerweile außer Kraft getreten). Vgl bereits Art 5a der mittlerweile ebenfalls außer Kraft getretenen RL 90/387/EWG zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision - ONP), Abl L 192/1. BGBl 908.
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debehörde beim damaligen Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr errichtet wurde. Die rasch fortschreitende Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes erforderte jedoch alsbald eine neuerliche Adaptierung der nationalen Rechtsvorschriften. Dies führte zum TKG 1997341, das eine Restrukturierung der Behördenorganisation vornahm und die Grundlage für einen neuen Typus von Regulierungsbehörden bildete. Mit der Errichtung der Telekom-Control Kommission und der TelekomControl GmbH342 beschritt der Gesetzgeber einen neuen Weg bei der Marktregulierung, also der Regulierung hinsichtlich der Erbringung von Telekommunikationsleistungen343. Für Regulierungstätigkeiten im Bereich der civil rights wurde im Lichte des Art 6 EMRK als Tribunal die Telekom-Control Kommission als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag344 (Art 133 Z 4 B-VG) errichtet. Die übrigen Regulierungsagenden nahm die Telekom-Control GmbH wahr, sodass die Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs seit dem TKG 1997 eigentlich von zwei Behörden bzw von einer unabhängi341 342 343 344
BGBl I 100. „Telekom-Control Österreichische Gesellschaft für Telekommunikationsregulierung mbH“ (TKC); Anteilsrechte zu 100% dem Bund vorbehalten. Lust, Telekommunikationsrecht im Überblick, 2004, 22. In VfSlg 15.427/1999 nahm der VfGH grundsätzlich zur Zulässigkeit der Errichtung von Art 133 Z 4-Behörden und des Ausschlusses der Bekämpfbarkeit der von diesen Behörden gefällten Entscheidungen vor dem VwGH Stellung. Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass sich Ausmaß und Gewicht der von solchen Behörden zu besorgenden Aufgaben der Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen inzwischen so weit genähert hätten, dass „die Einrichtung solcher Behörden, welche die Besorgung wesentlicher Staatsaufgaben in größerem Umfang aus der (insbesondere parlamentarischen) Verantwortlichkeit der zur Leitung der Verwaltung berufenen obersten Organe entlässt und der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht, nach beiden Richtungen bereits einer besonderen Rechtfertigung durch gewichtige Gründe bedarf“. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung der TelekomControl Kommission leitete der Gerichtshof aus der Eigenart des ihr zugewiesenen Sachbereichs und der Tatsache ab, dass es sich dabei um einen neuen Verwaltungsbereich handelt, dessen Bewältigung neben juristischen und wirtschaftlichen in besonderem Maße auch technischen Sachverstand erfordert. Dazu komme, dass häufig Entscheidungen über „civil rights“ getroffen werden müssten. Was die Bekämpfbarkeit von Bescheiden der Telekom-Control Kommission betrifft, kam der VfGH im selben Erk zum Ergebnis, dass Art 133 Z 4 B-VG von Art 5a der RL 90/387/EWG idF der RL 97/51/EG verdrängt werde und Beschwerden an den VwGH demgemäß zulässig seien. Der VwGH war anderer Ansicht und legte diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vor. Daraufhin wurde durch die Novelle BGBl I 2000/26 der Rechtszug an den VwGH gesetzlich ausdrücklich für zulässig erklärt (§ 115 Abs 2 TKG 1997). Da also sowohl rechtfertigende Gründe für die Errichtung der Kommission als auch der Rechtszug zum VwGH gegeben waren, erachtete der VfGH die Schaffung der Telekom-Control Kommission als verfassungsrechtlich zulässig. Zum gegenteiligen Ergebnis führte den VfGH allerdings die Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Errichtung der Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde (Privatrundfunkbehörde) als Art 133 Z 4-Behörde (VfSlg 15.886/2000). Kritisch zur Judikatur des VfGH betreffend die Grenzen der Errichtung von Art 133 Z 4-Behörden Mayer, Möglichkeiten und Grenzen der Schaffung neuer unabhängiger Kollegialbehörden nach Art 133 Z 4 B-VG, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Senatsverfahren in Steuersachen, 2001, 45 (46ff). Dazu auch Leitl, Regulierungsbehörden im österreichischen Recht, 2006, 163ff.
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gen345 zweigeteilten Behörde erbracht wurde, wobei der Telekom-Control Kommission die Telekom-Control GmbH als Geschäftsstelle zur Seite gestellt war. Unter dem Blickwinkel der voranschreitenden Verschränkung von Medien- und Telekommunikationsindustrie („Konvergenz“)346 wurde mit 1. 4. 2001 als „Know-how“-Trägerin im Bereich der Konvergenz und als Geschäftsapparat sowohl der Telekom-Control Kommission als auch der neu errichteten KommAustria die nicht gewinnorientierte „Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH)“ ins Leben gerufen. Die Gesellschaft wurde mit der Telekom-Control GmbH ex lege verschmolzen347. Die RTR-GmbH ist im Sinne eines „Konvergenzregulators“ in einen Fachbereich Telekommunikation, der die Telekom-Control Kommission348 unterstützt, und einen Fachbereich Rundfunk, der als Geschäftsapparat der KommAustria fungiert, gegliedert. Die ursprünglich der Telekom-Control GmbH übertragenen Regulierungsaufgaben werden seither von der RTR-GmbH wahrgenommen349. Auch sie ist ein beliehener Privatrechtsträger350. Die KommAustria ist zur Verwaltungsführung in Angelegenheiten der Rundfunkregulierung berufen. Sie ist eine dem Weisungsrecht des Bundeskanzlers unterliegende351 Medienbehörde und übernahm die Agenden der Privatrundfunkbehörde und der Kommission zur Wahrung des RRG, die zugleich Kommission zur Wahrung des KSRG war. Die Zuständigkeiten der KommAustria sind überwiegend352 im KOG (§ 2)353 festgeschrieben. Beru345 346 347 348 349
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352
353
Zu den Maßstäben der Unabhängigkeit vgl Polster, Das Telekommunikationsrecht der Europäischen Gemeinschaft, 1999, 22. Dazu umfassend Damjanovic, Regulierung der Kommunikationsmärkte unter Konvergenzbedingungen, 2002. § 5 Abs 2 KOG. Zu den Zuständigkeiten der Telekom-Control Kommission § 117 TKG 2003. S Parschalk/Otto/Weber/Zuser, Telekommunikationsrecht, 2006, 234f. Zu den Agenden der RTR-GmbH zählen neben der Wahrnehmung der Aufgaben des Geschäftsapparates der KommAustria und der Telekom-Control Kommission die Aufgaben, die ihr nach dem TKG 2003 übertragen sind (§ 115), Aufgaben nach dem SigG, dem ECG und dem KartG, der Aufbau eines Kompetenzzentrums, insbesondere für Fragen der Konvergenz von Medien und Telekommunikation, sowie die Verwaltung und Vergabe der Mittel aus dem Digitalisierungsfonds und aus dem Fernsehfilmförderungsfonds. Vgl zB die Kompetenz zur Erlassung verschiedener Verordnungen (zB Nummerierungsverordnung und Entgeltverordnung). Die parlamentarische Mehrheit für die Errichtung einer verfassungsrechtlich abgesicherten (vgl dazu VfSlg 15.886/2000 - Privatrundfunkbehörde) unabhängigen Behörde kam nicht zustande. Dazu Leitl, Regulierungsbehörden im österreichischen Recht, 2006, 146f. Die Aufgaben der KommAustria wurden im Jahr 2002 mit dem WettbewerbsG, BGBl I 62, um Befugnisse im Bereich des allgemeinen Wettbewerbsrechts und im Jahr 2003 mit dem TKG 2003 um die Regulierung der Kommunikationsinfrastruktur zur Verbreitung von Rundfunk (§ 120) erweitert. Seit 2004 vergibt die KommAustria nach dem PresseförderungsG 2004 die Presseförderung und nach dem PublizistikförderungsG 1984 die Publizistikförderung des Bundes, seit 2006 fungiert sie auf der Grundlage des VerwertungsgesellschaftenG 2006 als Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften. BGBl I 2001/32 idF BGBl I 2006/9.
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fungsinstanz ist der Bundeskommunikationssenat, eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag, der zusätzlich zur Aufgabe als Berufungsbehörde gegenüber Entscheidungen der KommAustria die Agenden der Kommission zur Wahrung des RFG übertragen wurden (Rechtsaufsicht über den ORF)354.
3. Der Postregulator Mit der PostG-Nov 2005355 legte der Gesetzgeber auch für den Bereich des Postwesens den Grundstein für die Errichtung eines unabhängigen Regulators. Zwar wird noch bis Ende 2007 der BMVIT Regulierungsbehörde im Sinne der PostRL sein, ab 1. 1. 2008 tritt diesbezüglich jedoch „die Regulierungsbehörde gemäß § 25a PostG“ an dessen Stelle. Danach sind die TelekomControl Kommission und die RTR-GmbH auch als Postregulatoren tätig. Bei der Telekom-Control Kommission wird ein zweiter Senat errichtet, dem anstelle des Mitglieds mit einschlägigen technischen Kenntnissen (§ 118 Abs 1 TKG 2003) ein Mitglied mit Kenntnissen im Postwesen angehört. Die RTRGmbH fungiert - unter der Leitung des Geschäftsführers für den Fachbereich Telekommunikation - als Geschäftsapparat der Telekom-Control Kommission in Postangelegenheiten. Sie nimmt darüber hinaus - als Beliehene - sämtliche Aufgaben wahr, die im PostG 1997 und in den einschlägigen Verordnungen der Regulierungsbehörde übertragen sind, sofern hiefür nicht die TelekomControl Kommission zuständig ist356.
4. Der Schienenregulator Nach dem Vorbild der Regulierung auf dem Telekommunikationssektor wurde auch für den Bereich der Schienenverkehrsleistungen ein Regulator bestehend aus der Schienen-Control GmbH und der Schienen-Control Kommission ins Leben gerufen357. Ausschlaggebend hiefür war die gemeinschaftsrechtlich motivierte Erkenntnis, dass auch die Marktöffnung für Schienenverkehrsleistungen eine regulierende Aufsichtsfunktion mit allen nötigen Befugnissen erfordere358. Geschaffen wurden die Regulierungsstellen durch das „Schienenverkehrsmarkt-RegulierungsG“359. Auch die „Schienen-Control Österreichische Gesellschaft für Schienenverkehrsmarktregulierung mit beschränkter Haftung“ (Schienen-Control GmbH) ist eine zu 100% im Eigentum des Bundes stehende, nicht gewinnorientierte Gesellschaft, die mit der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse betraut ist. 354 355 356 357
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Zur Verfassungskonformität des Bundeskommunikationssenats VfSlg 16.625/2002. BGBl I 2006/2. Vgl dazu insb § 25a f PostG 1997 nach seinem Inkrafttreten mit 1. 1. 2008. Vgl dazu Urbantschitsch/Feiel, Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Fragestellungen, JBl 2000, 431. Zum Eisenbahnregulierungsrecht allgemein s den gleichnamigen Kommentar von Lewisch, 2002. Vgl auch Holoubek, Die Regulierung des liberalisierten Eisenbahnverkehrs Aufgaben, Organisation und Verfahren der Schienenverkehrsmarktregulierung im Rechtsvergleich, in: Dullinger/Holoubek/Segalla (Hrsg), Recht und Praxis der Eisenbahnliberalisierung, 2004, 106. RV 1835 BlgNR 20. GP, 2. BG, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz 1992 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesetz geändert werden (Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz), BGBl I 1999/166.
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Fachbereiche der Gesellschaft sind Netz, Recht, Betriebswirtschaft Controlling und Verkehrsökonomie. Ihre wichtigsten Aufgaben bestehen in der Entscheidung bei Nutzungskonflikten sowie in der Wettbewerbsaufsicht am Schienenverkehrsmarkt in technischer, rechtlicher, betriebs- und volkswirtschaftlicher Hinsicht. Konkret kommen der Gesellschaft nach dem EisbG 1957 etwa folgende Aufgaben zu360: Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung von Anschlussund Mitbenützungsbegehren sowie zur Gewährleistung des Zugangs zur Schieneninfrastruktur, Durchführung des Verfahrens zur Feststellung der Voraussetzungen für die Ausstellung einer Sicherheitsbescheinigung, Aufsicht über Verhandlungen über die Höhe von Benützungsentgelten, die Marktbeobachtung sowie die Geschäftsführung der Schienen-Control Kommission. Die Schienen-Control Kommission ist eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iSd Art 133 Z 4 B-VG für Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Schienen-Control GmbH zuständig (§§ 78 Abs 2 und 81 Abs 2 EisbG 1957). Weiters fallen in ihren Aufgabenbereich gemäß dem EisbG 1957361 die Entscheidung über Beschwerden von Anschluss- und Mitbenützungsberechtigten, die Wettbewerbsaufsicht im Zusammenhang mit der Verknüpfung von Schienenbahnen, die Genehmigung von Rahmenregelungen mit einer Laufzeit von mehr als 10 Jahren und von Entgelten im Zusammenhang mit der Erhöhung der Fahrwegkapazität, die Entscheidung über Beschwerden gegen Zuweisungsstellen und Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie die Wettbewerbsaufsicht im Zusammenhang mit dem Zugang zur Schieneninfrastruktur und sonstigen Leistungen.
5. Der Energieregulator Auch für die Aufsichts- und Regulierungsfunktionen im Bereich der liberalisierten Energiemärkte stand der Regulator im Telekommunikationssektor Pate. Nach seinem Vorbild wurden als Regulierungsbehörde zunächst eine „Elektrizitäts-Control Österreichische Gesellschaft für die Regulierung in der Elektrizitätswirtschaft mit beschränkter Haftung“ (Elektrizitäts-Control GmbH) und eine Elektrizitäts-Control Kommission errichtet362. Mit einer Novelle zum zitierten Gesetz aus dem Jahr 2002363 wurde auch für den Bereich Erdgas ein Regulator ins Leben gerufen und der Titel des Gesetzes in Energie-RegulierungsbehördenG (E-RBG) abgeändert. Regulierungsbehörden sind die Energie-Control GmbH und die Energie-Control Kommission364. 360 361 362
363 364
§§ 53e, 75, 61, 68a, 77 Abs 1 Z 1, 77 Abs 1 Z 3. §§ 53c, 53f, 64 Abs 5, 65e Abs 4, 72, 73, 74. BG über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission, Art 8 EnergieliberalisierungsG, BGBl I 2000/121. Zur Verfassungskonformität der Strom-Regulatoren vgl Feiel/Urbantschitsch, Die neuen Strom-Regulatoren, ecolex 2000, 826 (827ff). Art 2 BGBl I 148. Zur europäischen Dimension der Regulierung, insb zur „Gruppe der europäischen Regulierungsbehörden für Elektrizität und Erdgas“ (ERGEG) als unabhängiges Beratergremium der Europäischen Kommission und zum „Council of European Energy Regulators“ (CEER) als Vereinigung europäischer Regulatoren mit verschiedenen Arbeitsgruppen, die insb der Erörterung aktueller einschlägiger Themen dienen, Boltz, Die europäische Dimension: Aktuelle Entwicklungen der Strommarktregulie-
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Die „Energie-Control Österreichische Gesellschaft für die Regulierung in der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft mit beschränkter Haftung“ (EnergieControl GmbH) ist gemäß § 7 E-RBG zur Wahrnehmung folgender Aufgaben berufen, sofern hiefür nicht die Energie-Control Kommission zuständig ist: sämtliche Aufgaben, die im ElWOG365, im Bundesgesetz, mit dem die Ausübungsvoraussetzungen, die Aufgaben und die Befugnisse der Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie geregelt werden, im GWG, im E-RBG sowie im Ökostromgesetz und in den auf diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen der Regulierungsbehörde übertragen sind. Erwähnt seien auch die Erstellung von Gutachten und Stellungnahmen über die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse im Elektrizitäts- und Erdgasbereich sowie die Wahrnehmung der den Regulatoren durch das KartG eingeräumten Antrags- und Stellungnahmerechte366. Die Energie-Control GmbH ist zudem zur Geschäftsführung der Energie-Control Kommission berufen. Die Energie-Control Kommission ist eine weisungsfreie Behörde, deren vielfältige Aufgaben in § 16 E-RBG festgelegt sind. Beispielhaft seien erwähnt die Genehmigung der allgemeinen Bedingungen der Netzbetreiber für die Inanspruchnahme der Übertragungs- und Verteilernetze, die Bestimmung der Systemnutzungstarife und sonstiger Tarife gemäß § 25 ElWOG sowie von Tarifen und Verrechnungsgrundsätzen bei Regelzonen überschreitenden Lieferungen von elektrischer Energie, die Untersagung der Anwendung von Bedingungen, die auf Endverbraucher Anwendung finden und die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen sowie die Entscheidungen über Netzzugangsverweigerung. Die Kommission ist eine Art 133 Z 4-Behörde, gegen deren Entscheidungen der VwGH angerufen werden kann367.
6. Die Finanzmarktaufsicht Im Gegensatz zu den bisher dargestellten Regulierungsbehörden ist die Finanzmarktaufsicht (FMA) - wie ihre Vorläuferin, die Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA)368 - nicht in privatrechtlicher Form organisiert. Vielmehr stellt
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rung auf Ebene der Europäischen Union, in: Holoubek/Boltz (Hrsg), Strommarktregulierung, 2005, 113 (115ff). Zur Verfassungswidrigkeit der Verhängung von Einfuhrsperren gegenüber anderen Staaten durch die Elektrizitäts-Control GmbH VfSlg 16.995/2003 (ausgliederungsfeste staatliche Kernaufgabe der Außenpolitik). Zur Streitschlichtung s § 10 E-RBG. Zur Strommarktregulierung insb Holoubek/Boltz (Hrsg), Strommarktregulierung, 2005. Die BWA sollte ursprünglich als GmbH organisiert werden. Im Ergebnis wurde sie jedoch als unabhängige Anstalt öffentlichen Rechts errichtet (Kalss, Die Gestaltung der Kapitalmarktaufsicht in Österreich, ZfV 1998, 252 [258]). Zur Verfassungswidrigkeit der BWA als selbstständige, mit Hoheitsgewalt ausgestattete Anstalt öffentlichen Rechts auf Grund ihrer mangelnden Unterstellung unter die Leitungs- und Organisationsgewalt eines obersten Organs VfSlg 16.400/2001 (vgl bereits zuvor Raschauer [FN 137], 434; Rill [135], 748). Ohne die vom VfGH geforderte Ingerenz des BMF in Gestalt einer unselbstständigen Anstalt oder einer GmbH herzustellen, hat der Gesetzgeber nach dem zitierten Erkenntnis auch die FMA als selbstständige, unabhängige Anstalt öffentlichen Rechts errichtet, allerdings mit verfassungsrechtlicher Absicherung (Schäffer [FN 175], Rz 574 [FN 98f]). Zur Verfassungskonformität der FMA VfSlg 16.641/2002.
Öffentliche Unternehmen
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sie gemäß § 1 Abs 1 FMABG369 eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit dar. Die FMA nahm ihren Betrieb am 1. 4. 2002 auf370, ist in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden und zur Durchführung der Banken-, Versicherungs-, Wertpapier- und Pensionskassenaufsicht (Allfinanzaufsicht) berufen371. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben sind der FMA mit der Erlassung von Bescheiden und Verordnungen auch hoheitliche Instrumente an die Hand gegeben.
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BG über die Errichtung und Organisation der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FinanzmarktaufsichtsbehördenG - FMABG), Art I FMAG, BGBl I 2001/97 idF BGBl I 2006/141. Die Rechte und Pflichten der BWA gingen auf die FMA im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über. Zu den einzelnen Tätigkeitsbereichen § 2 FMABG.
Patrick Segalla
Monopolbetriebe Rechtsgrundlagen ...........................................................................................419 Grundlegende Literatur...................................................................................419 I. Grundlagen ................................................................................................419 A. Allgemeines............................................................................................419 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................420 II. Das Glücksspielmonopol .........................................................................422 III. Das Tabakmonopol ................................................................................422 A. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ...................................................422 B. Allgemeines............................................................................................423 C. Die Monopolverwaltung........................................................................423 D. Ehemaliges Einfuhr- und Herstellungsmonopol ...................................423 E. Das Großhandelsmonopol.....................................................................424 F. Der Kleinhandel ....................................................................................425 Rechtsgrundlagen: GlücksspielG - GSpG (BGBl Nr 620/1989 idF BGBl I Nr 145/2006); TabakmonopolG 1996 - TabMG (BGBl Nr 830/1995 idF BGBl I Nr 47/2006); Tabaksteuergesetz 1995 (BGBl Nr 704/1994 idF BGBl I Nr 47/2006); Tabakgesetz (BGBl Nr 431/1995 idF BGBl I Nr 47/2006).
Grundlegende Literatur: Erlacher, Glücksspielgesetz2, 1997; Herzig/Hecht, Tabakmonopol, Gastgewerbebetriebe und Freiheit des Warenverkehrs, WBl 1997, 277; Mayer, Staatsmonopole, 1976; Raschauer, Monopolunternehmen: Zugleich ein Beitrag zum Recht der öffentlichen Unternehmung, ZfV 1987, 1; Schwartz, Strukturfragen und ausgewählte Probleme des österreichischen Glücksspielrechts, 1998; Schwartz/Wohlfahrt, Glücksspielgesetz Kurzkommentar, 1988; Vcelouch, Vereinbarkeit von Gemeinschaftsrecht und österreichischem „Tabakmonopol“, ÖJZ 1999, 701.
I. Grundlagen A. Allgemeines Das österreichische Wirtschaftssystem folgt bekanntermaßen prinzipiell den Grundsätzen einer liberalen und marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung: Staatliche Monopole erscheinen in einem derartigen System geradezu systemwidrig, waren aber in der Vergangenheit durchaus häufig - und nicht nur in unbedeutenden Wirtschaftssektoren - anzutreffen. Sie entwickelten sich in der Regel aus königlichen Regalien, bei denen bestimmten Privaten Exklusivrechte
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eingeräumt wurden,1 wobei diese Regalien im Laufe der Zeit in Monopole umgewandelt wurden, bei denen der Staat die gegenständlichen Wirtschaftsgebiete selbst übernahm. Hauptmotiv für die Schaffung der Staatsmonopole - va Tabak, Salz, Glücksspiel, teilweise Alkohol - waren in fast allen Fällen fiskalische Überlegungen. Durch die Besteuerung bestimmter Tätigkeiten (Verbrauchssteuer) konnte der Staat zusätzliche Einnahmen erzielen.2 Neben diesem finanziellen Aspekt kamen jedoch auch andere Motive zum tragen, so beispielsweise die Gewährleistung sozialer Preise beim Salz als Gut mit unelastischer Nachfrage und die Verwendung der Glücksspieleinnahmen für soziale Zwecke.3 Im vergangenen Jahrzehnt sank hingegen die Zahl derartiger Staatsmonopole erheblich. Neben einer allgemeinen Tendenz zum Rückzug des Staates aus der eigenverantwortlichen Wahrnehmung wirtschaftlicher Tätigkeiten spielte hierbei auch der EU-Beitritt Österreichs eine zentrale Rolle. So wurden Salzund Branntweinmonopol aufgegeben, und als wirtschaftlich relevante Staatsmonopole bestehen heutzutage nur mehr das Glücksspielmonopol und das Tabakmonopol.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung Gem Art 10 Abs 1 Z 4 ist das Monopolwesen in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Trotz dieser scheinbar klaren Festlegung durch den Verfassungsgeber bereitet die genaue Auslegung des Begriffs Monopolwesen einige Schwierigkeiten.4 Unbestrittenermaßen besteht die Bundeskompetenz des Art 10 Abs 1 Z 4 nur für Staatsmonopole.5 Private Monopole können daher vom Bundesgesetzgeber nicht auf Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG gestützt werden.6 Unabhängig geht die hL jedoch davon aus, dass es dem Bundesgesetzgeber erlaubt ist, die Bewirtschaftung von staatlichen Monopolen an (natürliche und) juristische Personen des Privatrechts zu übertragen.7 In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Österreichischen Lotterien GmbH und die Casinos Austria AG mehrheitlich in privater Hand befinden, ist es allerdings durchaus fragwürdig, ob das Glücksspielmonopol noch ein Staatsmonopol darstellt und die diesen Unternehmen eingeräumten Monopolrechte noch auf Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG gestützt werden können. 1 2 3
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Vgl Mayer, Staatsmonopole, 1976, 15f. Vgl Raschauer, Monopolunternehmen: Zugleich ein Beitrag zum Recht der staatlichen Unternehmung, ZfV 1987, 1 (2). Vgl Raschauer (FN 2), 2f. Im Glücksspielbereich spielten lange Zeit auch moralisch-religiöse Überlegungen eine wichtige Rolle (Vgl Schwartz, Strukturfragen und ausgewählte Probleme des österreichischen Glücksspielrechts, 1998, 6), in jüngerer Zeit kamen auch das Ziel der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Geldwäsche sowie des Spielerschutzes hinzu. Vgl Mayer (FN 1), 1976, 1; Raschauer (FN 2), 1. Mayer, B-VG3, 2002, 24. Vgl Raschauer (FN 2), 3. Raschauer (FN 2), 4f, Schwartz/Wohlfahrt, Glücksspielgesetz, 1998, 39f. AA Mayer (FN 1), 5ff.
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Ein Teil der Lehre und insb Mayer nimmt an, dass dem einfachen Bundesgesetzgeber eine Kompetenzkompetenz zur Normierung der Monopolgegenstände zukommt.8 Dies gelte insbesondere auch dann, wenn die in Frage stehende Angelegenheit im Übrigen in die Kompetenz der Länder fällt,9 und bedeute weiters, dass der (einfache) Bundesgesetzgeber jedes Sachgebiet als Monopol ausgestalten darf. Der Bundesgesetzgeber könne in den Monopolbereichen selbst bestimmen, inwieweit er auch tatsächlich ein Monopol begründet. Sofern er in einem Sachbereich die Reichweite des Monopols begrenzt, falle die Regelung des über das Monopol hinausgehenden Bereichs unter die allgemeinen Kompetenzregeln. Deshalb fallen z.B. jene Glücksspiele, die nicht vom Glücksspielmonopol erfasst sind - weil sie „Veranstaltungswesen“ darstellen Gem Art 15 B-VG in die Zuständigkeit der Länder.10 Nach abweichender Auffassung gewährt Art 10 Abs 1 Z 4 dem einfachen Bundesgesetzgeber keine Kompetenzkompetenz, vielmehr sei der Bedeutungsinhalt des Kompetenztatbestandes „Monopolwesen“ im Wege der Versteinerung zu gewinnen. Raschauer macht als Wesensmerkmal von Staatsmonopolen den Aspekt der Verbrauchsbesteuerung aus.11 Eine Kompetenz zur Monopolschaffung komme dem Bundesgesetzgeber nur insoweit zu, als sich ein derart geschaffenes Monopol auf Verbrauchsabgaben bezieht und sich im Übrigen als intersystematische Fortentwicklung jener Vorbehalte darstellt, die vom Verfassungsgesetzgeber in der Österreichischen Zoll- und Staatsmonopolordnung12 vorgefunden wurden. Sofern der Bundesgesetzgeber ein solches Monopol aber nicht schafft, ergebe sich die Regelungszuständigkeit auch hier nach den allgemeinen Kompetenzregeln. Der einfache Bundesgesetzgeber darf sich auf den Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG „Monopolwesen“ nur dann stützen, wenn er den zu regelnden Bereich tatsächlich als Monopol ausgestaltet, also die monopolisierte Tätigkeit von niemandem außer dem Monopolinhaber ausgeübt werden darf:13 Dies ist einsichtig, weil sonst dem einfachen Bundesgesetzgeber eine Kompetenzkompetenz zukommen würde, jeden beliebigen Regelungsbereich an sich zu ziehen. Es führt aber zu einem durchaus relevanten Problem: Wie zu zeigen sein wird, sieht das TabMG heutzutage kein Monopol im eigentlichen Sinn mehr vor: Vielmehr geht das TabMG von einem streng regulierten Markt aus, der im Bereich des Kleinhandels intensiven Zugangsbeschränkungen unter8 9 10 11
12 13
Ausführlich Mayer (FN 1), 13ff. Mayer (FN 1), 1976, 22f; Schwartz/Wohlfahrt, Der glücksspielrechtliche Ausspielungsbegriff, ÖJZ 1999, 339. Kritisch Schwartz (FN 3), 24ff. Schwartz/Wohlfahrt (FN 7), 19f, Erlacher, Glücksspielgesetz, 1997, 15. VfSlg. 7.567/1975. Raschauer (FN 2), 2. Schwartz will den Inhalt des Kompetenztatbestandes ebenfalls im Wege der Versteinerungstheorie gewinnen: Vgl Schwartz (FN 3), 26 ff. Bei den hier zu behandelnden Rechtsgebieten des Glücksspiel- und Tabakmonopols ergeben sich dadurch kaum Unterschiede zur anderen Sichtweise, weil diese Gebiete bereits im Jahr 1925 als Staatsmonopole ausgestaltet waren, also im versteinerten Inhalt des Kompetenztatbestandes beinhaltet sind. Zu Bedenken hinsichtlich der Kompetenz des Bundesgesetzgebers zur Regelung des Totos siehe den Beitrag Glückspiel- und Wettrecht in diesem Band. ZuStMO, PGS LXIII, 113. Ein „Weniger“ an Beschränkungen wäre auf Grundlage des Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG nicht zulässig: Vgl Mayer (FN 1), 17.
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liegt. Weder die Erzeuger-, noch die Großhändler-, noch die Kleinhändlertätigkeit sind aber heutzutage einem Monopolisten vorbehalten. Daher dürften die heutigen Regelungen des TabMG nicht mehr auf diese Kompetenzgrundlage zu stützen sein; als Alternative kommt Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ in Betracht.14
Besondere Beachtung verdient weiters das Verhältnis zwischen den Art 5 und 6 StGG und der Kompetenznorm des Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG. Denn die Schaffung eines Staatsmonopols gerät zwangsläufig in Konflikt mit den verfassungsgesetzlich gewährleistetet Rechten auf Eigentum und freier Erwerbsbetätigung. Der VfGH hat jedenfalls die Auffassung abgelehnt, dass die Erwerbsfreiheit bei der Regelung von Konzessionsvergaben an Private im Bereich staatlicher Monopole keine Schranke für das gesetzgeberische Handeln darstellt und stattdessen die Beschränkung der Zahl der Spielbankenkonzessionen nach § 21 Abs 4 GSpG an Art 6 StGG gemessen.15
II. Das Glücksspielmonopol Das GSpG unterwirft mit wenigen Ausnahmen - siehe § 4 GSpG - die Veranstaltung von Glücksspielen zur Gänze dem Glücksspielmonopol des Bundes: siehe dazu den Beitrag „Glückspiel- und Wettrecht“ in diesem Band.
III. Das Tabakmonopol A. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Tabakwaren sind Waren iSd Art 28 EGV. Die klassischer Weise in den Mitgliedsstaaten bestehenden Handelsmonopole mit Tabakwaren unterliegen daher auch der Bestimmung des Art 31 EGV, wonach sie derart umzuformen sind, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedsstaaten ausgeschlossen ist. Art 71 der Beitrittsakte Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft16 sah zur Umformung des österreichischen Tabakmonopols eine dreijährige Übergangsfrist vor. Seit Ablauf dieser Frist gelten die allgemeinen Vertragsvorschriften. Nicht unter Art 31 EGV fällt nach Ansicht des EuGH jedoch eine Regelung, die den Einzelhandel mit Tabakwaren staatlich zugelassenen Vertriebshändlern vorbehält, wenn der Staat nicht in die Wahl der Bezugsquellen durch die Einzelhändler eingreift.17 Es handle sich dabei um eine bloße Verkaufsmodalität iSd Keck-Rsp,18 die den Absatz der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedsstaaten nicht stärker berühre als von inländischen Produkten.19 Aus diesem 14
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Zu bemerken ist freilich, dass nach Mayer bereits die Übertragung des Monopols auf die juristische Person des Privatrechts „Austria Tabak AG“ - noch vor ihrer Vollprivatisierung - nicht mit dem Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 4 BVG vereinbar war, weil dieser nur Staatsmonopole im engen Sinn betreffe. Vgl Mayer (FN 1), 7. VfSlg 12.165/1989. BGBl 1995/45. EuGH, Rs C-387/93, Banchero, Slg 1995 I-4663. Vgl Becker in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2000, Art 28 EGV Rz 47ff. Vgl Beck in Schwarze (Hrsg.), (FN 18), Art 31 EGV Rz 11.
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Urteil ergibt sich in Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht, dass eine Beschränkung der Einzelhändler in Hinsicht auf ihre Bezugsquelle auf einen bestimmten Großhandelsmonopolisten gemeinschaftsrechtswidrig wäre. Mit Bezug auf die österreichische Rechtslage wurden zum Teil die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkung des Großhandels auf Gesellschaften, welche im Besitz einer österreichischen Großhandelsgenehmigung sind sowie der Verpflichtung des Gastgewerbes, Tabakerzeugnisse von Tabaktrafiken zu beziehen angezweifelt.20
B. Allgemeines § 1 Abs 1 Tabakmonopolgesetz (TabMG 1996) bestimmt, dass Tabakerzeugnisse im Monopolgebiet nach den Bestimmungen dieses Gesetzes dem Bund als Monopolgegenstände vorbehalten sind.21 Monopolgebiet ist dabei das gesamte Bundesgebiet mit Ausnahme des Gebiets der Ortsgemeinden Jungholz (Tirol) und Mittelberg (Vorarlberg). Das Tabakmonopol wurde allerdings wegen des EU-Beitritts Österreichs stark umgestaltet, wodurch die ehemaligen Ausschließlichkeitsrechte heute keine solchen mehr sind. Dies gilt insbesondere für das Einfuhr- und Herstellungsmonopol, welche beseitigt wurden, sowie das Großhandelsmonopol, wo der Marktzutritt auch anderen Unternehmen als der Austria Tabak AG ermöglicht wurde.22
C. Die Monopolverwaltung Die Verwaltung des Tabakmonopols wird sowohl hinsichtlich des Groß-, wie des Kleinhandels einheitlich von der Monopolverwaltungsgesellschaft mbH wahrgenommen (§ 3):23 Die Monopolverwaltungs GmbH ist eine vom BMF gegründete Gesellschaft, deren Anteile zu 100% dem Bund vorbehalten sind (§ 13). § 13 bis 18 enthaltenen nähere organisationsrechtliche Vorschriften für diese Gesellschaft.
D. Ehemaliges Einfuhr- und Herstellungsmonopol Das bis zum EU-Beitritt bestehende strikte Einfuhrmonopol wurde zunächst auf die Einfuhr von Tabakerzeugnissen aus Drittstaaten beschränkt und 2002 20
21
22 23
So Herzig/Hecht, Tabakmonopol, Gastgewerbebetriebe und Freiheit des Warenverkehrs, WBl. 1997, 277. Sie sehen neben der Problematik des Art 31 EGV auch einen Verstoß gegen Art 86 EGV. AA Vcelouch, Vereinbarkeit von Gemeinschaftsrecht und „Tabakmonopol“ ÖJZ 1999, 701, der die Vereinbarkeit der Regelungen des TabMG mit der Warenverkehrsfreiheit im Lichte des Banchero-Urteils bejaht. Tabakerzeugnisse sind gem § 1 Abs 2 definiert als die Tabakwaren iSd § 2 Tabaksteuergesetz 1995, BGBl Nr 704/1994 (das sind Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und Rauchtabak) sowie Kau- und Schnupftabake, auch wenn sie nur zum Teil aus Tabak bestehen. Zur vorgehenden Rechtslage vgl Curda, Das Tabakmonopolgesetz 1968, 1979. Vor der TabMG-Novelle BGBl I 2002/132 war die Verwaltung des Monopols zweigeteilt: Die gewerbliche Einfuhr und Herstellung von sowie der Großhandel mit Tabakerzeugnissen wurden von der Austria Tabak Aktiengesellschaft wahrgenommen, die Angelegenheiten des Kleinhandels hingegen von der Monopolverwaltungsgesellschaft mbH. Die Änderungen seit damals sollten der Vollprivatisierung der Austria Tabak AG Rechnung tragen.
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vollständig aufgehoben (ehemaliger § 2). Die Einfuhr von Tabakerzeugnissen aus Mitgliedsstaaten der EG wie auch aus Drittstaaten ist daher jedermann gestattet. Als Folge der Vollprivatisierung der Austria Tabak AG wurde 2002 auch deren Herstellungsmonopol (ehemaliger § 4) beseitigt.
E. Das Großhandelsmonopol Ebenfalls aufgrund des Beitritts zur Europäischen Union wurde das davor bestehende völlige Großhandelsmonopol im Ergebnis beseitigt.24 Im Gegensatz zur Vergangenheit ist der Großhandel nunmehr nicht mehr ausschließlich der Austria Tabak vorbehalten. Allerdings ist der Erwerb einer Großhandelsbewilligung an strenge Voraussetzungen geknüpft. § 6 regelt die Voraussetzungen zum Erwerb einer solchen Bewilligung. Sie darf nur an Personen oder Personenvereinigungen erteilt werden, die • ihren Sitz oder Hauptwohnsitz in der EG haben,25 • gem § 13 Abs 2 oder § 19 TabStG 1995 berechtigt sind, Tabakerzeugnisse unter Steueraussetzung zu lagern oder zu beziehen, es sei denn, es werden ausschließlich Kau- oder Schnupftabake gehandelt. Steuerlager gem § 13 Abs 2 TabStG sind Herstellungsbetriebe oder Tabakwarenlager, soweit sie nach § 14 (Herstellungsbetriebe) bzw § 16 (Lager) TabStG bewilligt sind, sowie in anderen Mitgliedsstaaten zugelassene Steuerlager. § 19 TabStG bestimmt, wer als berechtigter Empfänger zu gelten hat: Gem § 19 Abs 1 sind dies Personen, denen von einem anderen Mitgliedsstaat oder gem § 19 Abs 2 die Bewilligung erteilt worden ist, Tabakwaren unter Steueraussetzung aus einem anderen Mitgliedsstaat zu gewerblichen Zwecken nicht nur gelegentlich (Z 1) oder im Einzelfall (Z 2) zu beziehen. Wichtigste Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung im Fall des Abs 1 Z 1 („nicht nur gelegentlich“) ist die grundsätzliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung.26 Weiters ist Sicherstellung in Höhe der Tabaksteuer erforderlich, die voraussichtlich während eines Kalendermonats anfallen wird. Für die Bewilligung im Einzelfall (§ 19 Abs 1 Z 2 TabStG) muss nur eine Sicherheit in Höhe der im Einzelfall anfallenden Tabaksteuer geleistet werden.
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eine Gewerbeberechtigung gem § 124 Z 10 der GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 besitzen (Handelsgewerbe), nicht Tabaktrafikanten sind und weder rechtlich noch faktisch kontrollierend an einem Unternehmen beteiligt sind, das eine Tabaktrafik führt,27 Geschäfts- und Lieferbedingungen gem § 10 Abs 1 und 2 TabMG festgelegt haben.
Unter Großhandel ist gem § 5 Abs 1 der gewerbliche Vertrieb von Tabakerzeugnisse zu verstehen, so weit es sich nicht um Kleinhandel handelt (und keine der sonstigen Ausnahmen vorliegt). Unter Kleinhandel ist gem Abs 2 die entgeltliche Abgabe von Tabakerzeugnisse an Verbraucher im Monopolgebiet aufgrund eines Bestellungsvertrages zu verstehen. Er ist im Regelfall den Tabaktrafikanten vorbehalten. Gilt auch für die zur Geschäftsführung berufenen Personen (§ 6 Abs 3). Diese Pflicht gilt gem § 6 Abs 4 TabMG auch, wenn nur mit Kau- oder Schnupftabaken gehandelt wird. Gilt auch für die zur Geschäftsführung berufenen Personen (§ 6 Abs 3).
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Für die Erteilung der Großhändlerbewilligung ist gem § 7 Abs 1 TabMG der BMF zuständig. Treten die Voraussetzungen des § 7 Abs 5 TabMG ein, ist die Bewilligung zu widerrufen. § 8 TabMG normiert weitreichende Pflichten des Großhändlers. Der Großhändler muss gem § 8 Abs 1 alle Tabakerzeugnisse, die er im Monopolgebiet abgeben will, nach Maßgabe der vorhandenen Bestände auf Bestellung allen Tabaktrafikanten zu den gleichen Bedingungen liefern, wobei für übliche Gebindegrößen eine Lieferverpflichtung gilt und die Lieferung binnen drei Wochen ab Bestellung zu erfolgen hat. Lieferkosten darf der Großhändler nur verrechnen, wenn die Summe der Kleinverkaufspreise der jeweiligen Bestellung weniger als EUR 400,- beträgt (§ 8 Abs 4). § 8 Abs 5 bis 8 regeln weitere Modalitäten der Lieferung und des Preises.
Es ist dem Großhändler untersagt, Tabakerzeugnisse entgeltlich direkt an Verbraucher abzugeben, es sei denn, eine tabaksteuerfreie Abgabe ist zulässig (§ 8 Abs 2). Der Großhändler bestimmt unter Beachtung der Vorschriften des Tabakgesetzes über Mindestverkaufspreise (§ 2 Abs 4 Tabakgesetz) die Preise, zu denen seine Tabakerzeugnisse durch die Tabaktrafikanten zu verkaufen sind. Er hat die Preise dem BMF schriftlich bekannt zu geben und muss sie auf eigene Kosten im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlichen; davor ist ein Verkauf der Tabakerzeugnisse an Tabaktrafikanten unzulässig (§ 9 Abs 1; Dasselbe gilt sinngemäß für Preisänderungen: Abs 2). Der 2006 neu eingeführte § 2 Abs 4 Tabakgesetz sieht vor, dass der Gesundheitsminister im Einvernehmen mit dem Finanzminister „im Interesse der Tabakprävention zur Sicherstellung eines Mindestpreisniveaus den Mindestkleinverkaufspreis für Tabakerzeugnisse durch Verordnung“ festsetzen darf. Auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmung wurde die Mindestpreisregelungsverordnung28 erlassen. Diese Regelung von Mindestpreisen dürfte aber gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen, nämlich gegen die vom EuGH29 aus Art 9 der Richtlinie 95/59/EG30 abgeleitete Befugnis von Tabakherstellern oder Importeuren, ihre Preise frei festzulegen.31
§ 10 TabMG enthält nähere Bestimmungen über die vom Großhändler verpflichtend festzulegenden allgemeinen Geschäfts- und Lieferbedingungen, welche die Geschäftsbeziehungen zu den Tabaktrafikanten regeln. Weiters treffen den Großhändler Meldepflichten über seine Umsätze (§ 11).
F. Der Kleinhandel Der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen ist zwar Bestandteil des Tabakmonopols, stellt aber kein Monopol im technischen Sinn dar. Er ist allerdings streng reglementiert: Das Recht, Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen zu betreiben
28 29 30
31
BGBl II Nr 171/2006. Vgl zB EuGH, C-302/00, Kommission gg Frankreich, Slg 2002 S I-02055. Richtlinie 95/59/EG des Rates vom 27. November 1995 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer, Abl L 291/40 vom 6.12.1995. Die Europäische Kommission hat aus dem genannten Grund ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Vgl die Pressemeldung der Kommission IP/06/483 vom 10.4.2006.
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steht grundsätzlich nur Tabaktrafikanten zu (§ 5 Abs 2 TabMG).32 Das TabMG enthält genaue Vorschriften über ihre Bestellung und ihren Betrieb. Zuständig hierfür ist grundsätzlich die Monopolverwaltungsgesellschaft mbH, die für die Mitwirkung bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben verschiedene Organe zu bilden hat: • Der Neuerrichtungsbeirat wirkt mit bei Neuerrichtungen oder Verlegungen von Tabaktrafiken bzw. Tabakwarenautomaten, die außerhalb des Standorts einer Tabaktrafik betrieben werden (§ 19). • Die Besetzungskommissionen treffen grundsätzlich die Entscheidung über die Bestellung von Tabaktrafikanten. Je Bundesland ist eines solche Kommission zu bilden (§ 20). • Die Besetzungsoberkommission (§ 21) hat gem § 33 Gutachten über die Bestellung von Tabaktrafikanten zu erstellen. § 22 enthält gemeinsame Bestimmungen für Bildung und Tätigkeit des Beirats bzw. der Kommissionen. Tabaktrafiken sind Geschäfte, in denen der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen betrieben wird. Ihre Inhaber werden als Tabaktrafikanten bezeichnet (§ 23 Abs 1). Das TabMG unterscheidet in § 23 zwischen Tabakfachgeschäften, welche ausschließlich Tabakerzeugnisse führen (oder Tabakerzeugnisse und die in § 23 Abs 3 aufgezählten Waren, in einem Umfang der den Charakter als Tabakfachgeschäft wahrt) und Tabakverkaufsstellen (alle anderen Tabaktrafiken).
Im Bereich des Kleinhandels mit Tabakerzeugnissen besteht ein ausgeprägter Konkurrenzschutz: Tabaktrafiken dürfen an Standorten, an denen bisher kein solches Geschäft bestanden hat, nur errichtet werden, wenn hierfür ein dringender Bedarf besteht und eine nicht zumutbare Schmälerung des Ertrags benachbarter Tabaktrafiken ausgeschlossen erscheint (§ 24 Abs 1). Selbiges gilt sinngemäß für Standortverlegungen bestehender Tabaktrafiken (§ 24 Abs 2). Die Entscheidung über die Zulassung einer Neuerrichtung bzw. Verlegung erfolgt durch die Monopolverwaltungs GmbH, die zwingend ein Gutachten des Landesgremiums der Tabaktrafikanten einzuholen hat. Spricht sich das Landesgremium dagegen aus, kann ein Gutachten des Neuerrichtungsbeirats eingeholt werden; vor Gutachtenserstattung ist die Neuerrichtung bzw. Verlegung unzulässig (§ 24 Abs 3). Vor Bestellung eines Tabaktrafikanten hat eine Ausschreibung zu erfolgen (§ 25 Abs 1), solange nicht einer der Ausnahmetatbestände des § 25 Abs 6 und 7 greift. Die Ausschreibung wird von der Monopolverwaltung GmbH durchgeführt (Abs 2), wobei die Frist zur Anbotstellung mindestens einen Monat ab Anschlag der Ausschreibung zu betragen hat (Abs 4). In der Ausschreibung ist bekannt zu geben, ob die Tabaktrafik als Tabakfachgeschäft oder als Tabakverkaufsstelle zu führen ist, wobei als Tabakfachgeschäft nur solche Trafiken auszuschreiben sind, aus deren Erträgen der Lebensunterhalt des Trafikanten
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Ausgenommen davon ist der Verkauf durch Gaststätten gem § 40 Abs 1 TabMG sowie gem § 5 Abs 5 TabMG der Verkauf unter Freilassung von der Tabaksteuer (z.B. auf Flughäfen im Duty-Free-Verkauf für Reisende in Drittstaaten).
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voraussichtlich bestritten werden kann (Abs 5). Vor der Ausschreibung bestehen Anhörungsrechte des Landesgremiums der Tabaktrafikanten (Abs 8). § 27 TabMG normiert Ausschließungsgründe für die Person des Tabaktrafikanten. U.a. besteht ein Vorrangsrecht von Personen, die die Staatsangehörigkeit eines EWRVertragsstaates besitzen. Weiters werden Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Bewerbers gestellt. Bewerber (bzw. Angehörige, die mit dem Bewerber in Haushaltsgemeinschaft leben oder ein vom Bewerber rechtlich oder faktisch kontrolliertes Unternehmen) dürfen den Großhandel mit Tabakerzeugnissen nicht ausüben. Um ein Tabakfachgeschäft dürfen sich nur natürliche Personen bewerben (§ 27 Abs 2). Bei der Bestellung des Tabaktrafikanten aus der Liste der nicht ausgeschlossenen Bewerber genießen gewisse Personen Vorzugsrechte. Vorzugsberechtigt sind gem § 29 Abs 3 Inhaber einer Amtsbescheinigung oder eines Opferausweise nach § 4 OpferfürsorgeG, Empfänger einer Beschädigtenrente nach dem KriegsopferversorgungsG oder dem HeeresversorgungsG, wenn ihre Erwerbsfähigkeit um mind 50% gemindert ist, Empfänger einer Witwen- oder Witwerrente bzw. beihilfe nach OpferfürsorgeG, KriegsopferversorgungsG oder HeeresversorgungsG sowie begünstigte Behinderte iSd § 2 BehinderteneinstellungsG. Ausgenommen von diesem Vorzugsrecht sind diese Personen, wenn der Zeitraum bis zum Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters weniger als fünf Jahre beträgt (§ 29 Abs 2). Bestimmte Angehörige des bisherigen Tabaktrafikanten haben gem § 31 Abs 1 Anspruch auf Fortführung der Tabaktrafik. Besteht ein solcher Anspruch, ist eine Neuausschreibung nicht vorzunehmen (§ 25 Abs 6 Z 2). Die Auswahl des Tabaktrafikanten unter den Bewerben ist nach bestimmten, in § 30 festgelegten Kriterien zu treffen: Unter den vorzugsberechtigten Personen gem § 29 ist die Auswahl nach dem Maß der Bedürftigkeit, bei gleicher Bedürftigkeit nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. der Behinderung vorzunehmen. Die Auswahl unter nicht vorzugsberechtigten Bewerbern ist nach kaufmännischen Grundsätzen zu treffen. § 30 enthält nähere Bestimmungen betreffend die Auswahlkriterien.
Die Auswahl trifft im Regelfall die Besetzungskommission nach § 20 (§ 32 Abs 1). § 32 Abs 2 bis 4 bestimmt Ausnahmen. Von der Entscheidung sind alle Bewerber durch die Monopolverwaltungs GmbH schriftlich unter Angabe der Gründe zu verständigen (§ 32 Abs 5). Die übergangenen Bewerber können binnen zwei Wochen bei der Monopolverwaltungs GmbH schriftlich beantragen, dass diese endgültig über die Bestellung entscheiden soll. Ein solcher Antrag kann auch von jenem Mitglied der Besetzungskommission gestellt werden, das von der GmbH namhaft gemacht wurde. Es sind nur solche Anträge zu berücksichtigen, die begründet sind (§ 33 Abs 1). Die GmbH hat sodann innerhalb von drei Monaten eine endgültige Entscheidung zu treffen, wobei vor der Entscheidung ein Gutachten der Bestellungsoberkommission einzuholen ist (§ 33 Abs 2). Der ausgewählte Bewerber ist durch zivilrechtlichen Bestellungsvertrag zum Tabaktrafikanten zu bestellen (§ 34 Abs 1; §§ 34 bis 39 enthalten nähere Bestimmungen über den Vertrag und die Rechte und Pflichten der Trafikanten).33
33
Weil der Bestellungsvorgang von Tabaktrafikanten ein privatrechtlicher Akt ist, sind ausschließlich die Zivilgerichte zuständig: VfSlg 12114/1989.
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Segalla
Eine Ausnahme vom Kleinhandelsmonopol der Tabaktrafiken regelt § 40,34 wonach Gaststätten unter den dort festgelegten Bedingungen Tabakerzeugnisse, die sie in einer Tabaktrafik zu den Kleinverkaufspreisen eingekauft haben, zu einem Preis verkaufen dürfen, der um mindestens 10% über dem Kleinverkaufspreis liegt.35
34
35
Vgl Hecht/Herzig, Tabakmonopol und Erwerbsfreiheit: Zur Zulässigkeit des Tabakwarenverkaufs an Tankstellen, ZfV 1997, 444 für eine kritische Betrachtung des § 40 TabMG aus verfassungsrechtlicher und rechtspolitischer Sicht. In der Vergangenheit war für den Verkauf von Tabakerzeugnisse in Gaststätten auch ein Höchstpreis vorgeschrieben. Der VfGH hat diese Regelung jedoch in VfSlg 15509/1999 aufgehoben.
Sechster Teil: Produktrecht
Lukas Binder
Vermessungswesen Messwesen - Eichwesen Rechtsgrundlagen ...........................................................................................432 Grundlegende Literatur...................................................................................432 I. Grundlagen ................................................................................................433 A. Allgemeines............................................................................................433 1. Vermessungsrecht .............................................................................433 2. Maß- und Eichwesen.........................................................................434 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................435 1. Vermessungsrecht .............................................................................435 2. Maß- und Eichwesen.........................................................................436 C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ...................................................436 1. Maß- und Eichwesen.........................................................................436 II. Vermessungswesen ..................................................................................437 A. VermG....................................................................................................437 1. Aufgaben der Landesvermessung .....................................................437 2. Vermessungsbehörden ......................................................................438 3. Kataster .............................................................................................439 4. Verhältnis Vermessungsbehörden - Grundbuchsgericht Finanzämter ......................................................................................440 5. Zivilrechtliche Folgen der Vermessung ............................................440 6. VermessungsVO 1994.......................................................................441 7. Staatsgrenzen.....................................................................................441 B. Andere bundesrechtliche Regelungen....................................................441 1. MarkscheideVO ................................................................................441 2. Grundbuchsregelungen .....................................................................442 III. Mess- und Eichwesen .............................................................................442 A. Maß- und Eichgesetz (MEG) .................................................................442 1. Allgemein ..........................................................................................442 2. Gliederung des MEG.........................................................................442 3. Mess- und Eichbehörden...................................................................443 B. Eichwesen (MEG)..................................................................................444 1. Eichung - rechtliche Qualifikation ....................................................444 2. Eichzeichen .......................................................................................446 3. Eichpflicht .........................................................................................447 4. Eichbehörden und ihre Aufgaben......................................................448
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Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht: RL 71/316/EWG,Abl 1971 L202/1 idF RL 83/575/EWG, Abl 1983 L 332/43; RL 80/181/EWG, Abl 1980 L39/40 idF RL 1999/103/EWG, Abl 2000 L 34/17; RL 76/211/EWG, Abl 1976 L 46/1, RL 90/384/EWG, Abl 1990 L 189/1 idF RL 93/68/EWG, Abl 1993 L 220/1. Innerstaatliches Recht Bundesrecht: VermessungsG (VermG, BGBl 1968/306 idF BGBl 2005 I/136); BundesG vom 5. Juli 1950 über das Maß- und Eichwesen (MEG, BGBl 1950/152 idF BGBL 2004 I/137); Allgemeines GrundbuchsanlegungsG (AllgGAG, BGBl 1930/2 idF BGBl 2003 I/112); GrundbuchsumstellungsG (GUG, BGBl 1980/550 idF BGBl 2004 I/128); LiegenschaftsteilungsG (LiegTeilG, BGBl 1930/3 idF BGBl 2003 I/112); StaatsgrenzG (BGBl 1974/9 idF BGBl 2001 I/98); Gegenseitige Anerkennung auf dem Gebiet des Maß- und Eichwesens (BGBl 1993/858 idF BGBl 1993/917); Staatsgrenze Österreich Deutschland (BGBl 1975/490); MarkscheideVO (BGBl 2001 II/69); Staatsgrenze Österreich - Schweiz (BGBl 1972/331); Staatsgrenze Österreich - Tschechoslowakei (Slowakei) (BGBl 1975/344); Staatsgrenze Österreich - Tschechoslowakei (Tschechien) (BGBl 1975/344); Staatsgrenze Österreich - Ungarn (BGBl 1965/72 idF BGBl 1990/656); VermessungsVO 1994 (VermV, BGBl 1994/562); Akkreditierung des Österr. Verbandes für Elektrotechnik (ÖVE), BGBl 1997 II/298; Eich-ZulassungsVO, BGBl 1992/785 idF 1993/917; VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Eichgebühren (Eichgebührenverordnung 1999, BGBl 1998 II/467); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Sitz der Eichämter und den Umfang ihrer fachlichen Befugnisse, BGBl 1997 II/390. Landesrecht: Salzburg: SbG BaupolizeiG 1997 (BauPolG); Salzburger FlurverfassungsLandesG (Sbg FLG 1973); Tirol: Tir FlurverfassungslandesG 1996 (TFLG 1996); Vorarlberg:G über die Abfuhr, die Vermeidung, die Verwertung und die Ablagerung von Abfällen (vlbg AbfallG); G über die Regelung der Flurverfassung (vlbg FlVG); G über die Raumplanung (vlbg RPG); Niederösterreich: Nö BodenschutzG (nö BSG); Burgenland:G vom 27. Juli 1970 über die Regelung der Flurverfassung (bgl FlVG); Kärnten: Flurverfassungs-LandesG 1979 (K-FLG); Oberösterreich: Oö Flurverfassungs-LandesG 1979 (Oö FLG 1979); LandesG vom 6. Oktober 1993 über die Raumordnung im Land Oberösterreich (Oö ROG 1994); LandesG über die land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechte (Oö BRG 1998); Steiermark: Steiermärkisches AgrargemeinschaftenG 1985 (StAgrGG 1985); Steiermärkisches BauG (Stmk BauG). Völkerrecht: Übereinkommen über die Gründung einer Internationalen Organisation für das gesetzliche Messwesen (Eichwesen), BGBl 1958/171 idF BGBl 1968/364 (Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend den Geltungsbereich des Übereinkommens über die Gründung einer Internationalen Organisation für das gesetzliche Messwesen (Eichwesen), BGBl 1994/326)
Grundlegende Literatur: Bydlinski, Welche Neuerungen bringt die Grundbuchsnovelle 1997?, immolex 1997, 125; Davy, Rechtsfragen im Eichwesen, ZfV 1982, 139; Dittrich/Hrbek/Kaluza (Hrsg), Das österreichische Vermessungsrecht, 1976; Junius (Hrsg), Recht und Vermessung, 1993; Kaluza/Twaroch, Österreichisches Maß- und Eichrecht 1993; Kienast, Die Aufgabe der Vermessungsämter bei den Sonderverfahren nach den §§ 13 und 14 und den §§ 15 bis 22 LTG; Österreichischer Geodätentag 2, 1985, Graz Vermessung und Recht,
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1985; Schwarzer, Nationale und internationale Verpackungsreglementierung als Unternehmensdatum, ÖZW 1993, 16.
I. Grundlagen A. Allgemeines 1. Vermessungsrecht a) Historischer Überblick1 Die erste Regelung der Landvermessung auf österreichischem Gebiet erfolgte mit dem Allerhöchsten Patent vom 23. Dezember 1817. Zum Zwecke der gerechten Erhebung der Grundsteuer in den deutschen und italienischen Provinzen sah es die Anlegung eines Grundsteuerkatasters vor. Die dazu notwendigen Vermessungsarbeiten wurden durch „eigene, wissenschaftlich gebildete und praktisch geübte Feldmesser“ in den Jahren 1818 bis 1861 vorgenommen.2 Es folgten im Jahre 1869 das Gesetz über die Regelung der Grundsteuer,3 mit dem Gesetz vom 23. Mai 1883 wurde die Evidenzhaltung des Katasters völlig neu geregelt und zugleich eine Verbindung zum Grundbuchsrecht hergestellt. Im Jahre 1896 wurde es durch das Revisionsgesetz4 ergänzt. Hinsichtlich der Organisation der Vermessung bestanden lange Zeit zerstreute Zuständigkeiten. Ursprünglich war das staatliche Vermessungswesen auf das Finanz(Grundsteuerkataster), das Innen- (Kommission für die internationale Erdmessung, Gradmessungsbüro) und das Militärressort verteilt, erst 1919 wurde es unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst. Im Jahre 1923 schuf man schließlich das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen. Durch das Vermessungsgesetz 1968, mehrfach novelliert bis zum heutigen Tage in Geltung, erfuhr das Vermessungswesen eine vollständige Überarbeitung und Erneuerung. So stellen beispielsweise die Angaben des Katasters die relevante Grundlage für die Bestimmung des Grenzverlaufes dar. Der Naturgrenze kommt nur sekundäre Bedeutung insoferne zu, als sie nur innerhalb der Fehlerabweichung des Katasters beachtlich ist. b) Vermessung als Wirtschaftsfaktor Hinter dem Projekt der Erfassung von Grundstücken in einem Kataster stand ursprünglich die Absicht eine möglichst lückenlose und effektive Besteuerung des Grundbesitzes zu ermöglichen. Neben diesen primär steuertechnischen Zwecken tat sich schließlich ein besonderer Vorteil des Katasters hervor: Durch die bücherliche Erfassung sämtlicher Grundstücke und Grenzen war es möglich geworden ein Grundstück einer bestimmten Person zuzuordnen. Durch das Publizitätsprinzip5 besteht für den Erwerber einer Lie1 2 3
4 5
Siehe näher bei Knechtel, Die Rechtlichkeit des Raumes, FS Winkler (1997), 461ff. Vgl die Erläuternden Bemerkungen zu BGBl 306/1968, 508 Blg NR 11.GP. RGBl 1869/88. Mit ihm wurden neue Vorschriften über die Bewertung der Grundstücke erlassen und erstmals auch die Vermessung von Veränderungen vorgesehen. RGBl 1896/121. Siehe zu diesem gesetzlich nicht ausdrücklich verankertem Prinzip insbesondere die §§ 63ff GBG.
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genschaft umfassende Sicherheit über das tatsächliche Ausmaß und sonstige Eigenschaften, wie etwa Belastungen des zu erwerbenden Grundstückes. Nach dem bis zum Inkrafttreten des Vermessungsgesetzes alleinig bestehenden Grundsteuerkataster6 nahmen hingegen nur die Grundstücksnummern am öffentlichen Glauben des Grundbuches teil, während die Grundbuchsmappe lediglich zur Veranschaulichung der Lage der Liegenschaft bestimmt war.7 Seit der Einführung des § 49 VermG sind die im Kataster verzeichneten „Papiergrenzen“ rechtlich relevant. Dies bewirkt einen erheblichen Ausbau des Schutzes des Vertrauens auf den Grundbuchstand. Schon die Erläuternden Bemerkungen zum Vermessungsgesetz erklären die Darstellung der Verhältnisse an Grund und Boden, die für zahlreiche staatliche und private Anliegen erforderlich sind, zum Zweck der Landvermessung.
2. Maß- und Eichwesen a) Historischer Überblick8 Die in Österreich seit 1871 bestehende Maß- und Gewichtsordnung wurde bis zum Jahre 1933 siebenmalig novelliert und schließlich 1939 durch das deutsche Maß- und Gewichtsgesetz außer Kraft gesetzt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war es durch die in der Zwischenzeit weiter entwickelten Methoden und praktischen Erfahrungen nicht mehr möglich, zu den ursprünglichen Regelungen zurückzukehren, sodass der Weg einer völligen Neukodifikation beschritten wurde. Das Maß- und Eichgesetz (MEG) wurde zwischenzeitig mehrmalig novelliert, einerseits um Anpassungen an internationale Übereinkünfte über zu verwendende Einheiten und deren Definitionen9 vorzunehmen, andererseits um Ergänzungen hinsichtlich neu hinzugekommener Messwerte10 einzufügen. b) Maß- und Eichwesen als Wirtschaftsfaktor Die Tatsache, dass Messwesen und Messgeräte neben der Münzprägung zu jenen Bereichen gehören, die weltweit als erste amtlich kontrolliert wurden, zeigt, dass die Genauigkeit von Messungen das tägliche Leben der Allgemeinheit im speziellen und den Handel im besonderen direkt und indirekt beeinflusst. Schon die bereits genannte Regierungsvorlage zählte das Eichwesen zu den Aufgaben der Hoheitsverwaltung und verstand darunter die „Obsorge um die Richtigkeit von Messgeräten, deren Anzeigen Interessen der Öffentlichkeit berühren”. Es liegt auf der Hand, dass im Zuge der zunehmenden Technisierung des Alltages und des zunehmenden Warenaustausches zwischen immer mehr Staaten über immer weitere Entfernungen einerseits die Notwendigkeit einheitlicher Maßsysteme, andererseits eine 6
7 8 9
10
Das VermG 1968 ist auch im Zusammenhang mit der Umstellung der Besteuerungsgrundlage von Katasterreinertrag und Bonität auf Einheitswerte (Bewertungsgesetz 1955) zu sehen. Vgl § 3 Allgemeines Grundbuchsanlegungsgesetz, und 508 BlgNR, 11.GP, 12. RV 159 BlgNR 6. GP, 15ff. So wurde beispielsweise im Zuge der 9. GKMG von 1948 (Generalkonferenz für Maß und Gewicht) das Joule als Wärmeeinheit festgelegt und eine Empfehlung dahingehend ausgesprochen, den Gebrauch der Kalorie möglichst zu vermeiden. Vgl etwa die Maßeinheit des Becquerel als Messwert für die Radioaktivität eines Radionuklids.
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Gewährleistung der Richtigkeit der angezeigten Einheiten für einen reibungslosen und ungehinderten Warenaustausch zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Notwendigkeit nach einem staatlichen Regulativ zur Förderung der Lauterkeit des Handels ist aber insoferne nicht neu, als es gilt, das Vertrauen der Konsumenten in das System des Handelsverkehrs generell zu stärken, indem die einzelnen Parteien im Geschäftsverkehr ebenso geschützt werden, wie das reibungslose Funktionieren der Handelsmärkte insgesamt. Diesem Bedürfnis trägt das MEG dadurch Rechnung, dass es Anforderungen an die Genauigkeit und die sonstigen Leistungsmerkmale von Messgeräten normativ festlegt und die laufende Überprüfung der Einhaltung dieser Vorschriften vorschreibt. Auf internationaler Ebene sichert das Internationale Büro für Maße und Gewichte (BIPM)11 die weltweite Vereinheitlichung physikalischer Messungen. Zu seinen Aufgaben gehören etwa die Festlegung der grundlegenden Normen und Maßstäbe für die Messung der physikalischen Grundeinheiten sowie die Aufbewahrung der internationalen Prototypen. Bei diesen Tätigkeiten wird das BIPM durch das Internationale Komitee für Maße und Gewichte (CIPM)12 überwacht, welches seinerseits wiederum der Aufsicht der Generalkonferenz für Maße und Gewichte (CGPM)13 untersteht. Dieses höchste Organ der Meterkonvention ist für deren Durchsetzung verantwortlich. Ihr gehören Delegierte aus allen Konventionsstaaten an.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Vermessungsrecht Das B-VG nennt zwei Kompetenztatbestände, denen die im Vermessungsgesetz geregelten Angelegenheiten des Vermessungswesens zugeordnet werden können. Es sind dies einerseits Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG, der die Grenzvermarkung der Staatsgrenzen neben anderen auswärtigen Angelegenheiten in Gesetzgebung und Vollziehung in den Kompetenzbereich des Bundes verweist, und Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG andererseits. Letzterer bestimmt eine umfassende Zuständigkeit des Bundes in den Angelegenheiten des Vermessungswesens. Auch vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bundesverfassung bereits bestehenden einfachgesetzlichen Regelungen bezüglich Landvermessung und Grundkataster ist das Vermessungsgesetz diesen Kompetenztatbeständen zuzuordnen. Über die genannten Kompetenztatbestände hinaus berühren einige Regelungen des Vermessungsgesetzes Angelegenheiten des Zivilrechtswesens,14 welches gem Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG ebenso in Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund vorbehalten ist. Die Vollziehung des Vermessungsgesetzes erfolgt in Übereinstimmung mit Art 102 Abs 2 B-VG15 durch den Bundesminister, das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen sowie die Vermessungsämter in unmittelbarer Bundesverwaltung. 11 12 13 14 15
Bureau International des Poids et des Mesures, http://www.bipm.fr. Comité International des Poids et Mesures, http://www.bipm.fr/en/committees/cipm. Conférence Général des Poids et Mesures. Vgl etwa die §§ 12 Abs 3, 25 Abs 4, 44 Abs 2, sowie 52 Z 3 und 4 VermG. Art 102 Abs 2 B-VG sieht vor, dass bestimmte, taxativ aufgezählte Kompetenzmaterien, zu denen auch das Vermessungswesen zählt, in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden können.
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2. Maß- und Eichwesen Als Kompetenzgrundlage des Maß- und Eichgesetzes kommt Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG in Betracht, der die Angelegenheiten des Maß- und Gewichtswesens in Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund zuweist. Jedenfalls bezüglich des Maßwesens kann diese Zuordnung in die Bundeskompetenz begrifflich eindeutig und ohne weitere Erläuterungen erfolgen. Das Eichwesen lässt sich demgegenüber nicht eindeutig dem Begriff des Gewichtswesens zuorrdnen. Ausgehend von der Versteinerungstheorie16 ist das, was unter den einzelnen Kompetenzbegriffen zu verstehen ist, danach zu beurteilen, in welcher rechtlichen Prägung die Rechtsordnung diese Begriffe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bundesverfassung verwendet hat.17 Als solches der Begriffsbildung zu Grunde zu legendes Versteinerungsmaterial findet sich - ausgehend davon, dass sie als Bundesgesetz übergeleitet wurde18 - die bereits erwähnte „Neue Maß- und Gewichtsordnung“19. Deren Art XI sah vor, dass zum Messen und Wägen im öffentlichen Verkehr nur gehörig geeichte und gestempelte Maße, Gewichte und Waagen angewendet werden dürfen. Die Eichung und Stempelung der Maße, Gewichte und Apparate hatte durch die hierzu bestellten öffentlichen Eichämter zu erfolgen. Insofern deckt also der Kompetenztatbestand des „Gewichtswesens“ in Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG auch die Agenden der Eichung ab. Berücksichtigt man über das bloße Versteinerungsmaterial hinaus auch noch den jeweils stattgefundenen Fortschritt und alle Neuentwicklungen, die in das einschlägige Gebiet Einzug gehalten haben,20 so werden aufgrund der genannten Kompetenzgrundlage auch all jene Messgeräte der Eichpflicht nach diesem Bundesgesetz unterstellt, die erst in jüngerer Zeit entwickelt wurden bzw erstmalig Verwendung gefunden haben. Hinsichtlich der Vollziehung ermöglicht Art 102 Abs 2 B-VG, dass die Angelegenheiten des Maß- und Gewichtswesens unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden können. Es steht dem Bund jedoch frei21, mit diesen Angelegenheiten die Landeshauptmänner zu betrauen.
C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 1. Maß- und Eichwesen Der Grund für das Bestehen metrologischer Rechtsvorschriften ist, wie bereits dargelegt, im Schutzbedürfnis einzelner Parteien des Handelsverkehrs sowie in der Gewährleistungsfunktion für das Funktionieren der Handelsmärkte zu suchen. Vor Schaffung der Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend gemeinsame Vorschriften über Messgeräte sowie 16 17 18 19 20
21
Vgl Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung, 1980, 69ff. Vgl VfSlg 4349/1963, 2721/1954, 3227/1957, 5679/1968 ua. Siehe hierzu näher mwN Davy, Rechtsfragen im Eichwesen, ZfV 1982, 139 (140ff). RGBl 1872/16. Das sind jene Neuregelungen, die nach ihrem Inhalt systematisch dem Kompetenzgrund angehören, vgl VfSlg 3670/1960; Zum Begriff der intrasystematischen Fortentwicklung siehe mwN Funk (FN 16) 77ff. Vgl hierzu Art 102 Abs 3 B-VG.
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über Mess- und Prüfverfahren22 waren die technischen Merkmale für Messgeräte sowie die Mess- und Prüfverfahren durch zwingende, jedoch von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat differierende Vorschriften festgelegt. In dem Ausmaß, als diese Unterschiede geeignet waren, den Warenverkehr zu behindern oder ungleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Gemeinschaft zu schaffen, sollten sie durch die genannte Richtlinie beseitigt werden. Im Besonderen sah die Richtlinie entsprechende Verfahren für die EWG-Bauartzulassung, die EWG-Ersteichung und für das EWG-Meß- und Prüfverfahren vor. Die Garantie für ein Funktionieren des Systems ist eine gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Prüfverfahren zwischen den Mitgliedstaaten. Mittlerweile können die in der genannten Richtlinie getroffenen Vorkehrungen jedoch aufgrund des starken technischen Fortschrittes der Messtechnik und geänderter ökonomischer Umstände die Zielerreichung nicht mehr in vollem Umfang gewährleisten, sodass eine grundlegende Überarbeitung bereits in Vorbereitung ist.23
II. Vermessungswesen A. VermG 1. Aufgaben der Landesvermessung Aufgabe und Zweck der Landesvermessung ist es, die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse an Grund und Boden im gesamten Bundesgebiet, deren Kenntnis für zahlreiche öffentliche und private Anliegen erforderlich ist, in Karten, Plänen und Büchern darzustellen.24 Die sich daraus ergebenden Aufgaben lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Die Grundlagenvermessungen, die Angelegenheiten des Katasters und die Herstellung von Landkarten, Messungsaufnahmen aus Flugzeugen, die Vermarkung und die Vermessung der Staatsgrenzen.25 Die erste Gruppe umfasst alle grundlegenden Vermessungen, die nach außen dem Anschluss an die internationale Erdmessung und nach innen der Schaffung einheitlicher Ausgangspunkte für alle Detailvermessungen dienen.26 Die zweite betrifft alle Arbeiten, die zur Anlage und Führung eines Katasters über die einzelnen Grundstücke und deren Grenzen maßgeblich und notwendig sind.27 Die letzte Gruppe schließlich bilden jene Arbeiten, deren Ergebnis die Darstellung des Bundesgebietes in Form einer der den wissenschaftlichen und praktischen Anforderungen entsprechenden Landkarte ist. 28 22 23 24 25 26
27 28
RL 71/316/EWG, Abl 1971 L 202/1. Vgl den von der Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Messgeräte, KOM 2000, 566 endg. Vgl FN 1. § 1 Z 9 und 10 VermG. § 1 Z 1 VermG. Es sind dies: 1. Die Schaffung und Erhaltung eines engmaschigen Festpunktefeldes, 2. Die astronomisch-geodätischen Arbeiten für die Zwecke des Festpunktefeldes und solche zur Erforschung der Erdgestalt, 3. Die Schaffung und Erhaltung von Höhenpunkten besonderer Genauigkeit und 4. Die Arbeiten zur Erforschung des Schwerkraftfeldes der Erde und für die geophysikalische Landesaufnahme. § 1 Z 2 bis 6 VermG. § 1 Z 8 VermG.
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2. Vermessungsbehörden a) Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen Bis 1921 waren die Aufgaben des Vermessungswesens mannigfaltig aufgeteilt und zerstreut zwischen dem Finanzministerium, dem Staatsamt für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten und dem Militärressort. Durch das Statut des Ministers für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten, vom 12.1.1921 wurde erstmals eine einheitliche Zentralstelle, das Bundesvermessungsamt geschaffen. 1923 erweiterte eine Verordnung der Bundesregierung29 den Wirkungskreis des Bundesvermessungsamtes und übertrug diesem die Zuständigkeit für das gesamte Eichwesen. Unter einem erhielt es die auch heute noch gültige Bezeichnung als „Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen“. In organisatorischer Hinsicht ist das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nachgeordnet und hat mit diesem und den ihm unterstellten Vermessungsämtern die Aufgaben des Vermessungsgesetzes zu besorgen. Auf das behördliche Verfahren ist in beiden Fällen das AVG 195030 anzuwenden. Dann, wenn das Ergebnis des Verfahrens eine reine Beurkundung oder eine bloße Erhebung tatsächlicher Verhältnisse darstellt,31 ist abweichend vom AVG vorgesehen, dass ein Bescheid nur dann zu erlassen ist, wenn dem Begehren des Antragsstellers nicht oder nicht vollinhaltlich stattgegeben wird. b) Aufgaben des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen Die grundlegende Verteilung der im §1 VermG angeführten Aufgaben der Landesvermessung erfolgt in § 2 VermG. Die Grundlagenvermessungen,32 die allgemeine Neuanlegung des Grenzkatasters, die Übernahme der Ergebnisse von Verfahren der Agrarbehörden in den Angelegenheiten der Bodenreform in den Grenzkataster, die topographische Landesaufnahme zum Zweck der kartographischen Bearbeitung, die Herstellung der staatlichen Landkarten, die Herstellung von Messungsaufnahmen aus Zivilluftfahrzeugen im Fluge und die Vermarkung der Staatsgrenzen sind vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen zu besorgen. Den dem Bundesamt nachgeordneten Vermessungsämtern kommt die Aufgabe zu, für die teilweise Neuanlegung des Grenzkatasters und die Führung
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BGBl 1923/550. BGBl 1950/172. Vgl § 3 VermG, welcher als solche Angelegenheiten die folgenden nennt: § 34 VermG: Antrag der Grundeigentümer auf Grenzvermessungen; §38 VermG: Erhebungen der Benützungsart auf Antrag des Grundstückseigentümers; § 40 VermG: Wiederherstellung streitiger Grundstücksgrenzen auf Antrag des Grundstückseigentümers; § 41 VermG: Vermessung von nicht im Grenzkataster enthaltenen Grundstücken auf Antrag der beteiligten Eigentümer. §1 Z 1 VermG; Nach Maßgabe der Erfordernisse der Landesvermessung kann das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen vermessungstechnische Arbeiten von Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen durchführen lassen.
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desselben zu sorgen, sowie Amtshandlungen durchzuführen, die im Zusammenhang mit diesem stehen.33
3. Kataster Zum Zweck der Errichtung des Katasters wurde das Bundesgebiet zunächst in Katastralgemeinden eingeteilt. In jeder dieser Verwaltungseinheiten bekam schließlich nach der Vollendung des Katasters jedes Grundstück eine eigene Grundstücksnummer zugewiesen, so dass an Hand der Kennzahl der Katastralgemeinde und der Grundstücksnummer jedes Grundstück34 eindeutig bezeichnet ist. Waren früher zwecks Erhebung der Grundsteuer die einzelnen Grundstücke in einem Grundsteuerkataster35 eingetragen, so wurde dessen Inhalt durch das Vermessungsgesetz in einen neuen Grenzkataster übergeleitet. Grundstücke, die noch nicht im Grundsteuerkataster enthalten waren, wurden vermessen und im Grenzkataster erfasst. Der Grenzkataster setzt sich aus dem technischen Operat und dem Grundstücksverzeichnis zusammen. Seine Funktion ist es, die Grenzen der einzelnen Grundstücke verbindlich nachzuweisen und die Benützungsarten, Flächenausmaße und sonstiger Angaben zur leichteren Kenntlichmachung ersichtlich zu machen.36
Das Grundstücksverzeichnis als Kernstück des Katasters enthält die einzelnen bereits aufgenommenen Grundstücke sowie bestimmte Schlüsselinformationen zu diesen: Es sind dies die Grundstücksnummer,37 die Benützungsarten
33
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36
37
Die nach § 34 VermG bestehende, uneingeschränkte Verpflichtung der Vermessungsämter, Grenzvermessungen durchzuführen, besteht nur hinsichtlich jener Sprengel, in denen kein Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen seinen Sitz hat. Vgl. § 7a Abs 2 VermG: Grundstücke werden durch Grundbuchsbeschluss oder im Zuge der Neuanlegung des Grundbuches neu gebildet oder gelöscht. Bis zum Jahre 1940 erfolgte die Bewertung des Grundbesitzes auf der Grundlage des Grundsteuerregelungsgesetzes, so dass die darauf beruhenden Katastervorschriften vollständig anwendbar blieben. Das BewertungsG hat dieses Rechtsgebiet völlig umgestaltet und sind die Einheitswerte als Besteuerungsgrundlage an die Stelle der früher von den Vermessungsämtern ausgestellten Grundbesitzbögen getreten. Diese Einheitswerte werden von den Finanzämtern nicht mehr auf Grund von Katastralreinertrag und Bonität erstellt, sondern beruhen zumeist auf den Ergebnissen der Bodenschätzung. Diese enthalten lediglich bestimmte Angaben über tatsächliche Verhältnisse an Grund und Boden, ziehen aber keine Rechtswirkungen nach sich, insbesondere ist hieraus keine Flächenwidmung ersichtlich. Nach § 7a VermG ist jedes Grundstück als Teil einer Katastralgemeinde mit einer eigenen Nummer zu bezeichnen. Hinsichtlich der Vorgangsweise bei der Numerierung ist zu differenzieren in: 1. Numerierung bei der Teilung: Wird ein Grundstück geteilt, so wird die neue Nummer in Form eines Bruches dargestellt. Den Zähler bildet die ursprüngliche Grundstücksnummer, während der Nenner fortlaufend zu numerieren ist. Werden geteilte Grundstücke neuerlich geteilt, so erhält ein Teilstück die Nummer des geteilten Grundstückes, die weiteren sind in Bruchform mit dem gleichen Zähler und fortlaufenden Nennern zu bezeichnen. 2. Numerierung bei der Vereinigung: Übernommen wird jene Grundstücksnummer, die den Anschluss an die umliegenden Grundstücke am besten vermittelt. 3. Die fortgesetzte Numerierung: neu entstehende Grundstücke sind im Anschluss an die bisherige höchste Grundstücksnummer fortlaufend weiter zu numerieren.
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der einzelnen Benützungsabschnitte,38 das Gesamtflächenausmaß sowie die Ausmaße der einzelnen Benützungsabschnitte, die sonstigen Angaben zur leichteren Kenntlichmachung und die jeweiligen Eintragungen39. Gemäß den Anordnungen des § 14 VermG ist der Grenzkataster öffentlich im Sinne des Datenschutzgesetzes40 und kann somit jedermann zu den festgesetzten Zeiten den Grenzkataster unter Aufsicht eines Organes des Vermessungsamtes sowie unter Leistung einer hierfür einzuhebenden Verwaltungsabgabe41 in den Kataster Einsicht nehmen42 und Abschriften und Auszüge anfertigen. Von der öffentlichen Einsicht ausgenommen ist jedoch das Personenverzeichnis des Grundbuches.43
4. Verhältnis Vermessungsbehörden - Grundbuchsgericht Finanzämter Der Abschnitt VII des VermG bestimmt das Verhältnis zwischen den Vermessungsämtern, den Grundbuchsgerichten und den Finanzämtern. Zweck ist, das Grundstücksverzeichnis des Grenzkatasters in einer elektronischen Datenbank mit dem Hauptbuch des Grundbuches zu verbinden. Weiters wird durch die Verpflichtung der mit der Führung der Verzeichnisse bzw Bücher betrauten Stellen, wechselseitig alle Änderungen, die zu einer Änderung im anderen Buch führen könnten, bekanntzugeben, eine vollständige Übereinstimmung dieser beiden Bücher erreicht.44 Jedenfalls aber ist dem Grundbuchsgericht in angemessenen Zeitabständen eine (aktuelle) Kopie der Katastralmappe zur Verwendung als Grundbuchsmappe zu übersenden.45 Um auch der Finanzverwaltung den direkten Zugriff auf die Angaben des Grundstücksverzeichnisses zu gewährleisten, die diese benötigt, um den Grundbesitz bewerten und besteuern zu können, bestimmt § 46 VernG, dass dieser Auszüge aus dem Grundstücksverzeichnis auf elektronischem Wege zu übermitteln sind.
5. Zivilrechtliche Folgen der Vermessung Neben dem Großteil der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen des Vermessungsgesetzes normiert der IX. Abschnitt die zivilrechtlichen Folgen des neu geordneten Vermessungswesens: Aus § 49 VermG ergibt sich die negative Seite dessen, was im Grundbuchsrecht als positives Publizitätsprinzip bezeichnet wird:46 Jemandem, der im Vertrauen auf die im Grenzkataster 38
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Vgl den Anhang zum VermG: Als Kategorien der Benützungsarten werden genannt: 1. Bauflächen, 2. Landwirtschaftlich genutzte Grundflächen, 3. Gärten, 4. Weingärten, 5. Alpen, 6. Wald, 7. Gewässer und 8. Sonstige. Eintragungen nach § 11 VermG sind 1. Einverleibungen, 2. Anmerkungen und 3. Ersichtlichmachungen. Datenschutzgesetz 2000, BGBl 1999 I/165, idF BGBl 2005 I/13. Vgl § 47 VermG sowie die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Vermessungsgebühren, BGBl. Nr. 753/1994. Der Umfang der Einsichtsbefugnis richtet sich nach den §§ 47 und 48 VermG. Um in dieses Einsicht zu erhalten, bedarf es der Bescheinigung eines rechtlichen Interesses, wie etwa eines Exekutionstitels. § 45 Abs 1 und 2 VermG. § 45 Abs 3 VermG. Siehe zu diesem gesetzlich nicht ausdrücklich verankerten Prinzip insbesondere die §§ 63ff GBG. Anders als im Grundbuchsrecht hängt der Schutz des Vertrauens nach den vermessungsrechtlichen Bestimmungen nicht vom Verstreichen einer Frist ab, sondern tritt unmittelbar mit erfolgter bücherlicher Eintragung ein.
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enthaltenen Grenzen ein Recht erworben hat,47 kann ein Anspruch, der sich auf eine in der Natur ersichtliche Grenze stützt, nicht entgegengehalten werden.48 In weiterer Verfolgung dieses Prinzipes des Schutzes des Vertrauens auf den bücherlichen Stand schließt § 50 VermG die Ersitzung von Teilen eines im Kataster eingetragenen Grundstückes aus, um so einer Verschiebung der im Kataster eingetragenen Grenzen hintanzuhalten. Nicht verhindert wird dadurch allerdings die Ersitzung von ganzen Grundstücken, oder jene von Teilen von Grundstücken, die noch nicht im Kataster eingetragen sind.
6. VermessungsVO 1994 Um eine einheitliche technische Gestaltung der Vermessungsarbeiten gewährleisten zu können wurden für die im Vermessungsgesetz vorgesehenen Tätigkeiten einheitliche Vorschriften in Gestalt der Vermessungsverordnung 199449 geschaffen. Diese enthält nähere Bestimmungen über obligatorische Angaben in zu bestimmten Zwecken angefertigten Plänen sowie Vorsehungen über zu verwendende Verfahren und schliesslich nähere Bestimmungen über die Vermessungszeichen und deren Anbringung.
7. Staatsgrenzen Vermessung findet nicht nur im Inland statt, auch das Bundesgebiet hat gemäß den zwischenstaatlichen Vereinbarungen über die Vermessung und Vermarkung von Staatsgrenzen gegenüber dem Ausland auf bestimmte Weise gekennzeichnet zu werden. Das Staatsgrenzgesetz50 enthält diesbezüglich einschlägige Bestimmungen und regelt darüber hinaus weitere Angelegenheiten in diesem Zusammenhang, wie etwa die Freihaltung von Grenzflächen51 und Kennzeichnung der Staatsgrenzen, Durchführung von Arbeiten an der Staatsgrenze sowie Entschädigungsfragen im Zusammenhang mit diesen Arbeiten.
B. Andere bundesrechtliche Regelungen 1. MarkscheideVO52 Für die Durchführung von Vermessungen im Anwendungsbereich des Mineralrohstoffgesetzes53, also im Bereich des Bergbaues,54 normiert die Markscheide47
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Ob jemand in Vertrauen auf den Inhalt des Katasters ein Recht erworben hat, ist nach den in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Vertrauensschutz in Grundbuchssachen zu beurteilen. Hiervon ist die Frage der schuldrechtlichen Beziehung zum Vormann zu trennen, die naturgemäss von den vermessungsrechtlichen und grundbuchsrechtlichen Vorschriften nicht berührt wird. BGBl 1994/562. BGBl 1974/9 idF BGBl 2001 I/98. Vgl § 1 Staatsgrenzgesetz: Es sind dies jene Grundflächen, die innerhalb eines Streifens von 1 Meter Breite entlang der Staatsgrenze liegen, sowie jene inländischen Grundstücksteile, die innerhalb eines Kreises mit dem Radius von 1 m um die neben der Grenzlinie angebrachten Staatsgrenzzeichen liegen. Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über Vermessungen beim Bergbau, das Bergbaukartenwerk und die Erfassung von Bodenbewegungen, BGBl. II Nr. 69/2001. BGBl 1999 I/38, idF BGBl 2006 I/84. Siehe im Einzelnen § 2 MinroG.
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verordnung einschlägige vermessungstechnische Vorschriften. Ganz grundlegend sieht diese Verordnung eine vollständige Orientierung der markscheiderischen Vermessung am System der Landesvermessung vor. Zur kartographischen Erfassung der Messergebnisse ist die Führung eines eigenen Bergbaukartenwerkes vorgesehen.
2. Grundbuchsregelungen Zentrale Vorschrift des zivilrechtlichen Grundbuchsrechtes ist das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955,55 das das Grundbuch, bestehend aus dem Hauptbuch und der Urkundensammlung, geordnet nach Katastralgemeinden und laufenden Tagebuchzahlen, eingerichtet hat. Neben diesem enthalten das Liegenschaftsteilungsgesetz56 und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch einschlägige Vorschriften.
III. Mess- und Eichwesen A. Maß- und Eichgesetz (MEG) 1. Allgemein Für das Funktionieren eines jeden Marktes ist es von emminenter Bedeutung, dass die Teilnehmer wissen, was, und in welchen Mengen gehandelt wird. Hat man sich zum Warenaustausch auf bestimmte Einheiten geeinigt ist aber auch ein gewisses Vertrauen darauf, dass die Waren entsprechend diesen Einheiten genau gehandelt werden, unabdingbar. Es bedarf daher einer exakten Festlegung der Maßeinheiten wie der Umrechnungsschlüssel einerseits und einer Gewährleistung der Richtigkeit der Messergebnisse andererseits. Letzteres sollen die Vorschriften des Eichwesens gewährleisten. Insgesamt betrachtet liefert das Maß- und Eichgesetz in diesem Bereich die grundlegenden, vereinheitlichten Rahmenbedingungen für Technik und Wirtschaft.
2. Gliederung des MEG Wie sich schon der Bezeichnung als Maß- und Eichgesetz entnehmen lässt, besteht das MEG aus zwei Regelungsbereichen. Der erste Abschnitt regelt die gesetzlichen Maße und deren im amtlichen und geschäftlichen Verkehr innerhalb Österreichs zu verwendenden Einheiten. Er beinhaltet die Definitionen der gesetzlichen Maßeinheiten57 und eine Festsetzung ihrer zulässigen Vielfachen und Teile.58 Die nach dem MEG in Österreich zu verwendenden gesetzlichen Maßeinheiten gehören zum größten Teil dem Internationalen Einheitensystem (SI59) an und entsprechen daher den Beschlüssen der Generalkonferenz 55 56 57 58 59
Bundesgesetz vom 2. Feber 1955 über die Grundbücher, BGBl 1955/39, idF BGBl 2003 I/112. BGBl 1930/3, idF BGBl 2003 I/112. § 2 MEG. §3 MEG. Système International d’Unités. Die Einteilung der Maßeinheiten beruhen auf sieben Basiseinheiten, von denen sechs durch physikalische Experimente auf Naturkonstante zurückgeführt werden können (Meter, Sekunde, Ampere, Kelvin, Candela und Mol). Hinzu kommen die beiden rein mathematisch definierten Einheiten für
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für Maß und Gewicht der Internationalen Meterkonvention.60 Jene Einheiten, bei denen es sich im wesentlichen um physikalische Größen handelt, die im Eich- und Prüfungswesen zur Anwendung kommen, bilden die Grundlage des österreichischen Maß- und Messwesens. Entsprechend dem technischen Fortschritt und dem internationalen Bestreben um eine möglichst weitgehende Vereinheitlichung der Maßeinheiten unterliegt das MEG diesbezüglich einer ständigen Erweiterung und laufenden Aktualisierung. Untrennbar verbunden mit der Festlegung der gesetzlichen Maßeinheiten ist das Eichwesen. Dieses bildet den zweiten Abschnitt des Maß- und Eichgesetzes und gewährleistet, dass den Maßeinheiten entsprechend tatsächlich gemessen und abgerechnet wird. Die verwendeten Messgeräte müssen so richtig eingestellt sein, dass ihre Messergebnisse, freilich innerhalb bestimmter normierter Fehlergrenzen, mit den gesetzlichen Definitionen der Maßeinheiten in Übereinstimmung gebracht werden können. Dementsprechend versteht man unter dem Begriff des Eichwesens die Obsorge um die Richtigkeit jener Messgeräte, deren Anzeigen Interessen der Öffentlichkeit berühren.61 Das MEG62 schreibt für jene Messeräte, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert wird, eine Eichung verpflichtend vor.63 Jeder, der ein eichpflichtiges Messgerät verwendet64 oder auch bloß bereit hält65 ist auch für dessen vorschriftsgemäße Eichung verantwortlich.
3. Mess- und Eichbehörden Im Rahmen der Festlegung der gesetzlichen Maßeinheiten kommt dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen die Aufgabe zu, entsprechend dem Stand und den Erfordernissen der Messtechnik die nationalen Etalons66 aufzubewahren, deren Anschluss an die internationalen Etalons zu gewährleisten und
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den ebenen Winkel einerseits (Radiand) und den Raumwinkel (Steradiant) andererseits. Mittels festgelegten Dezimalfaktoren werden von diesen Einheiten Teile und Vielfache gebildet. Abweichend von diesem System bestehen lediglich einige allgemein gebräuchliche Einheiten, wie zB der rechte Winkel oder die Zeiteinheiten Tag, Stunde und Minute. RGBl 1876/20. So die Erläuternden Bemerkungen zu § 7 MEG, 159 BlgNR 6. GP, S 23. Vgl § 7 Abs 1 MEG Sogenannte Eichpflicht. Darunter wird die Verwendung unter den im Gesetz angeführten Bedingungen verstanden. Ferner werden auch Messgeräte im Gesundheits- und im Sicherheitswesen der Eichpflicht unterworfen. Gemäß § 7 Abs 3 MEG wird ein Messgerät dann bereitgehalten, wenn die äußeren Umstände erkennen lassen, dass es ohne besondere Vorbereitung in Gebrauch genommen werden kann. Dies trifft jedoch dann nicht zu, wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass dieses Gerät ausschließlich musealen oder dekorativen Zwecken dient. „Etalon“ wird definiert als: „Maßverkörperung, Messgerät oder Messeinrichtung, die den Zweck haben, eine Einheit oder einen oder mehrere bekannte Größenwerte zu bestimmen, zu verkörpern, zu bewahren oder zu reproduzieren, um diese an andere Messgeräte durch Vergleich weiter zu geben.“ Siehe hierzu Kaluza/Twaroch, Österreichisches Maß- und Eichrecht 1993, 37; Vgl weiters mwH Davy, Rechtsfragen im Eichwesen, ZfV 1982, 139 (140).
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durch Verordnung Darstellungsverfahren festzulegen.67 Die dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen unterstehenden Eichämter sind darüber hinaus für die Eichung eichpflichtiger Messgeräte, die eichpolizeiliche Revision,68 die Fertigpackungskontrolle,69 die Festlegung von geeigneten Verfahren für die Bewertung von Getreide, bestimmte Aufgaben im Rahmen der objektiven Schallpegelmessung und die Verfahren zur Darstellung der Normalzeit zuständig.
B. Eichwesen (MEG) 1. Eichung - rechtliche Qualifikation Vor der Klärung der Rechtsnatur des Vorganges der „Eichung“ bedarf es zuallererst einer Erläuterung dieses Begriffes: Es handelt sich dabei um die technische Überprüfung eines bei der Eichbehörde zur Eichung beantragten Messgerätes. Die Eichbehörde hat zu prüfen, ob das Messgerät eichfähig70 im Sinne des MEG ist. Im Rahmen spezifischer Tests wird bei der Eichung die Rückführbarkeit der Messergebnisse auf die gesetzliche, physikalische Definition der Maßeinheit überprüft und im Falle von Abweichungen wieder hergestellt. Entspricht das Messgerät danach den Eichvorschriften, so wird das Gerät als geeicht gekennzeichnet indem der Eichstempel71 angebracht wird. Die Eichung wird jeweils nur für eine bestimmte Dauer, die „Nacheichfrist“, bestätigt, nach deren Ablauf das eichpflichtige Messgerät einer neuerlichen Eichung zu unterziehen ist. Entspricht das Messgerät hingegen nicht der Zulassung, ist der Antrag auf Eichung mittels Bescheid zurückzuweisen. 67
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Da sich die Definitionen der gesetzlichen Einheiten im wesentlichen nur auf die Größe und nicht die Art ihrer Verkörperung beziehen, muss eine reale Grundlage geschaffen werden, auf die bei der Entscheidung von Streitfragen zurückgegriffen werden kann. Als Beispiel für ein derartiges Darstellungsverfahren wäre etwa die Darstellung eines Meters durch Lichtwellenlängen zu nennen. Vgl 159 BlgNR, 6. GP, S. 23. Im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit überprüfen die Organe des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen über die Eichpflicht und kontrollieren insbesondere, ob der gemäß § 14 MEG bestehenden Nacheichpflicht zeitgerecht nachgekommen wurde. Neben den Organen der Eichbehörden sind weiters bestimmte im Lebensmittelgesetz und im Preisauszeichnungsgesetz genannte Organwalter sowie Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Verwendung und Gültigkeit der Stempel befugt. Vgl hierzu § 50 MEG. Vgl die Fertigpackungsverordnung 1993 idF BGBl 2001 II/211. Geprüft werden hierbei Maßbehältnis-Flaschen, ds Behältnisse aus Glas oder anderen Werkstoffen mit einer Formsteifigkeit, die dieselben messtechnischen Garantien zulässt, wie Glas. Voraussetzung hierbei ist, dass es sich um Behältnisse handeln muss, die verschlossen oder verschließbar und für Flüssigkeiten bestimmt sein müssen. Vgl § 38 MEG; Eichfähig sind nur jene Messgeräte, die vom Bundesamt für Eichund Vermessungswesen zur Eichung zugelassen sind. Dies können nur jene Messgeräte oder Teile derselben sein, deren physikalische Grundlage und technische Ausführung die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Messergebnisse während einer für diese Geräte festgelegten Nacheichfrist sicherstellen. Dies wird durch eine eingehende physikalisch-technische Untersuchung festgestellt. Die nähere Ausgestaltung des Eichstempels wird in der Eich-Zulassungsverordnung geregelt.
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Ausgehend davon ist die rechtliche Qualifikation der Eichung vorzunehmen: Der nahe liegendste Schluss, es handle sich bei der Eichung um einen Bescheid,72 wird durch § 56 Abs 5 MEG ausgeschlossen, welcher bestimmt, dass über die Eichung und über die Prüfung der Verkehrsfähigkeit eines Messgerätes ein Bescheid nicht zu erlassen ist.73 Während also die Zurückweisung der Eichung und die Verneinung der Eichpflicht einer bescheidmäßigen Erledigung zugeführt werden, ist die erfolgreiche Eichung durch die Anbringung des Eichstempels zu bestätigen. Dieser Vorgang lässt auf das Vorliegen einer behördlichen Beurkundung, also einer behördliche Bestätigung über nicht bestrittene Rechtsverhältnisse oder Tatsachen, schließen.74 Das Abgrenzungsmerkmal zwischen einer behördlichen Beurkundung und Bescheiden ist nach herrschender Ansicht im normativen Gehalt des behördlichen Aktes zu suchen. Bescheidqualität kommt nur Akten mit normativem Gehalt zu, von Bedeutung ist, ob die Behörde hoheitliche Gewalt ausüben will.75 Beurkundungen erschöpfen sich im Gegensatz dazu in einer schlichten Wissenserklärung der Behörde. Ganz verbergen lassen sich jedoch gewisse normative Elemente einer erfolgreichen Eichung nicht, erfüllt doch etwa die Verwendung eines eichpflichtigen aber nicht geeichten Gerätes den Straftatbestand des § 63 MEG ungeachtet des Umstandes, ob es richtig misst. Davy76 erblickt daher in der Eichung einen Verwaltungsakt sui generis, den er etwa als „verbindliche Beurkundung“ bezeichnet wissen möchte. Demgegenüber beurteilen Kaluza/Twaroch die Anbringung des Eichstempels als Bekanntgabe eines Gutachtens mit (unmittelbaren) Rechtsfolgen. Walter/Mayer77 beziehen insoferne eine vermittelnde Stellung, als sie die Eichung als „behördliche Beurkundung“ bezeichnen, sich aber bezüglich ihrer Rechtsnatur nicht festlegen. Im Endergebnis scheint der Ansicht Davys der Vorzug zu geben sein, ist doch bereits den Ausführungen der Regierungsvorlage zu § 56 MEG zu entnehmen, dass zur Erleichterung des Vorganges Eichung Ausnahmen vom AVG vorgesehen wurden. Es wäre verfehlt, eine Einordnung der Eichung in die Konzeption des AVG zu versuchen,
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Nach herrschender Auffassung wird der Bescheid gekennzeichnet als individueller, hoheitlicher, im Außenverhältnis ergehender, normativer, d.h. rechtsgestaltender oder rechtsfeststellender Verwaltungsakt. Sämtliche dieser Elemente werden durch die Eichung verwirklicht. Zum Begriff siehe exemplarisch Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7 (1999), Rz 373ff. Ursprünglich umfasste § 56 Abs 5 MEG zusätzlich das Verbot, über die Zurückweisung des Antrages auf Eichung einen Bescheid zu erlassen. Der Verfassungsgerichtshof griff jedoch korrigierend ein, als er diese Bestimmung wegen Unvereinbarkeit mit dem rechtsstaatlichen Prinzip insoweit aufhob, als sie auch bei einer Zurückweisung des Eichgesuches die Erlassung eines (zurückweisenden) Bescheides verhinderte. Siehe VfSlg 13223/1992. Vgl mwN FN18, 146. Vgl statt aller: Walter/Mayer, (FN72), Rz 384, 397. Vgl FN18. Walter/Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2 ( 1987), 541.
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als deren Ausnahme sie schon nach der Intention des Gesetzgebers konzipiert war.78 Dem zu Folge ist die Eichung somit als Verwaltungsakt sui generis zu werten. Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen ist ermächtigt, im Wege einer Verordnung festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Messgeräte, die lediglich für den einmaligen Gebrauch bestimmt sind79 und die den Eichvorschriften nicht vollkommen entsprechen, ausnahmsweise dennoch zur messtechnischen Kontrolle zuzulassen sind.
2. Eichzeichen a) Begriffsbestimmung Im Zuge der Stempelung der geeichten Geräte ist das Eichzeichen anzubringen, das aus dem Bundeswappen mit zwei jeweils seitlich beigefügten sechsstrahligen Sternen besteht. Handelt es sich bei den Geräten um Präzisionsgeräte, so ist diesem Zeichen als Präzisionszeichen ein weiterer, vierstrahliger Stern beizufügen. Wird einem Messgerät die Verkehrsfähigkeit entzogen, so ist das Eichzeichen durch die Beifügung eines Entwertungszeichens zu entwerten.
b) Eich-Zulassungsverordnung Diese Verordnung des BMWA dient - unter Bedachtnahme auf den Stand der Wissenschaft, auf bestehende internationale Verpflichtungen sowie auf vergleichbare ausländische oder internationale Vorschriften - der Festlegung der näheren Bestimmungen über die Arten der Zulassung, die Zulassungsprüfung und die Erprobung der Messgeräte oder deren Teile, die Zulassungserteilung, die Beschränkung, die Aufhebung und das Erlöschen der Zulassung.80 Ferner legt sie die genauen Ausgestaltungsformen der Eichzeichen fest. Hinsichtlich der Zulassung von Geräten zur Eichung ist zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu unterscheiden. Es kann bereits eine bestimmte Eichvorschrift bestimmte Bauarten von Geräten allgemein zur Eichung freigeben, es muss also nicht eigens um eine Zulassung der Bauart angesucht werden.81 Auf Antrag kann darüber hinaus eine bestimmte Bauart von Messgeräten oder deren Teilen sowie diese selbst mittels Bescheid zugelassen werden.82 Jene Geräte, die den Eichvorschriften nicht vollkommen entsprechen, oder bezüglich derer noch keine Eichvorschriften erlassen worden sind, können ausnahmsweise zur Eichung zugelassen werden.83 Entspricht das fragliche Messgerät oder dessen Bauart einer Harmonisierungsrichtlinie der Gemeinschaft, so ist diesem eine EWG-Zulassung bzw eine EWG-Bauartzulassung zu erteilen, aufgrund derer das EWG-Zulassungszeichen auf dem Gerät anzubringen ist.
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Davon zu trennen ist die Frage der verfassungsmäßigen Zulässigkeit einer derartigen, vom AVG abweichenden Regelung nur zu Zwecken der Verwaltungsvereinfachung. Vgl mwH Davy, FN18, 140ff. Vgl § 18a MEG. Vgl § 38 Abs 8 MEG. Allgemeine Zulassung. Besondere Zulassung. Ausnahmsweise Zulassung.
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3. Eichpflicht84 a) Allgemeines Messgeräte, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert wird, sind eichpflichtig. Es sind dies etwa Messgeräte, die im amtlichen und im rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet oder bereit gehalten werden.85 Abgesehen vom amtlichen oder rechtsgeschäftlichen Verkehr unterliegen die genannten Messgeräte auch dann der Eichpflicht, wenn sie in bestimmten, in § 8 Abs 3 genannten Zusammenhängen86 entweder verwendet oder bereit gehalten werden. Gewichtsstücke und Waagen unterliegen sogar dann der Eichpflicht, wenn sie in öffentlichen Wägeanstalten verwendet oder auch nur bereitgehalten werden. Unter besonderen Bestimmungen werden weiters jene Geräte der Eichpflicht unterstellt, die im Gesundheitswesen und für den Umweltschutz verwendet oder bereitgehalten werden,87 wie etwa im Speziellen Dosimeter für ionisierende Strahlung, Messgeräte zur Bestimmung von Kennwerten des Schalls oder Messgeräte zur Bestimmung der Aktivität von Radionukliden, sowie solche, die im Sicherheitswesen und im Verkehrswesen verwendet oder bereitgehalten werden.88 Erleichterungen der Eichpflicht gibt es hingegen für die in § 8 MEG genannten Messgeräte, wenn sie ausschliesslich der Herstellung von Fertigpackungen89 dienen, die gem § 19 MEG von der Eichbehörde überwacht werden. Diese unterliegen dann ebensowenig der Eichpflicht wie die in Abs 6 leg cit genannten Viehwaagen oder Messgeräte in staatlich akkreditierten Beglaubigungs- oder Kalibrierstellen. Ebenfalls von der Eichpflicht ausgenommen sind jene Messgeräte in staatlich akkreditierten Prüfund Überwachungsstellen, bezüglich derer die Richtigkeit und Zuverlässigkeit für die beabsichtigte Verwendung im Rahmen der Akkreditierung nachgewiesen wird.
b) Nacheichung Um den grundlegenden Zweck des Eichwesens, nämlich der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit und Richtigkeit der zu Messzwecken herangezogenen oder auch nur bereitgehaltenen Geräte erfüllen zu können, sind diese neben der Ersteichung laufend, binnen bestimmter normierter Zeitspannen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen. Zu diesem Zweck ist daher eine Pflicht zur
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Vgl §§ 7 ff MEG. Es sind dies jedenfalls Lager- und Transportbehälter, wenn sie als Messgeräte zur Bestimmung des Rauminhaltes im amtlichen oder rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet werden. Siehe weiters § 8 Abs 1 MEG: Messgeräte zur Bestimmung der Länge, der Fläche und des Raumes, Taxameter, Messgeräte zur Bestimmung der Masse, Gewichtsstücke und Waagen, Messgeräte für Gas, Flüssigkeiten und kalorische Energie, ua. Eichpflicht besteht somit beispielsweise bei Verwendung oder Bereithaltung auf Grund geltender Rechtsvorschriften oder im Zusammenhang mit behördlichen Verfügungen, zur Prüfung von An- und Verkäufen, zur Ermittlung des Arbeitslohnes, zur Prüfung der Arbeitsleistung, zur Messung von Sachentschädigungen, oder zur Erstattung bestimmter Gutachten Vgl § 11 MEG. Vgl § 13 MEG. Vgl § 8 Abs 5 MEG.
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Nacheichung bestimmt,90 deren sich eichpflichtige Geräte binnen einer bestimmten Frist91 zu unterziehen haben.
Explizit ausgenommen von der Eichpflicht92 sind Schankgefässe93 und Fertigpackungen94. Um bei diesen Gefäßen die Einhaltung der eichrechtlichen Vorschriften gewährleisten zu können, knüpft das MEG bereits an deren Herstellung an. Für die Einhaltung der diesbezüglichen eichrechtlichen Vorschriften, die durch die Eichbehörden überwacht wird, sind die Hersteller verantwortlich.
4. Eichbehörden und ihre Aufgaben Die Agenden des Mess- und Eichwesens werden gemäss Art 102 Abs 2 B-VG in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen.95 Oberstes Organ ist somit der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit,96 dessen Aufsicht das mit Sitz in Wien errichtete Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen97 (BAEV) untersteht. Der Wirkungsbereich des BAEV bezieht sich auf das gesamte Bundesgebiet. Dem BAEV sind wiederum die einzelnen Eichämter unterstellt, die jeweils durch Verordnung des Bundesministers eingerichtet werden. In diesen wird die Errichtung, die Auflassung, der Sitz und der Umfang der Befugnisse der einzelnen Eichämter im jeweiligen Einzelfall geregelt.
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§ 14 MEG; Gem § 17 MEG sind bestimmte Messgeräte von dieser Verpflichtung ausgenommen; es sind dies etwa Messgeräte, die ausschließlich aus Glas, Porzellan oder Steingut bestehen. § 15 MEG. Diese Fristen bewegen sich zwischen einem Jahr für Messgeräte zur Bestimmung des Wassergehaltes von Getreide und sechzehn Jahren bei bestimmten Induktions-Elektrizitätszählern. Diese Fristen sind jedoch insoferne flexibel gestaltet, als sie durch Verordnung verlängert werden können. Vgl § 19 MEG. Dies sind gemäß der Legaldefinition des § 20 MEG jene Gefäße, die erst bei eintretendem Bedarf gefüllt werden. Sie müssen mit einem Füllstrich, einer Liter- und einer Herstellerbezeichnung versehen sein. Jene Getränke, die in Schankgefäßen ausgeschenkt werden müssen, welche Werkstoffe zulässig sind, sowie Nenninhalte und gestattete Mengenabweichungen, sind durch Verordnung des Bundesministers festzulegen. Dabei handelt es sich um Behältnisse beliebiger Art, die in Abwesenheit des Käufers abgepackt und verschlossen werden, wobei die Menge des darin enthaltenen Erzeugnisses einen vorausbestimmten Wert besitzt und ohne Öffnen oder merkliche Veränderung der Verpackung nicht verändert werden kann. Fertigpackungen gleicher Nennfüllmenge dürfen gewerbsmäßig nur so hergestellt werden, dass die Füllmenge zum Zeitpunkt der Herstellung im Mittel die Nennfüllmenge nicht unterschreitet und gewisse, gem § 27 MEG vom Bundesminister mittels Verordnung festgelegte Minusabweichungen nicht unterschreitet. Gem. Art 102 Abs 3 B-VG könnte sich der Bundesminister im Rahmen der Vollziehung dieser Agenden auch der Landeshauptmänner bedienen. Diesem kommen im Bereich des Maß- und Eichwesens umfassende Verordnungsermächtigungen zu. Die Hauptaufgabe des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen liegt in seiner Zuständigkeit, die Eichvorschriften zu erlassen sowie die Messgeräte, die diesen Eichvorschriften entsprechen, zur Eichung zuzulassen. Die Eichvorschriften enthalten insbesondere Bestimmungen über die näheren Bedingungen der Eichfähigkeit, die zulässigen Grenzen der Abweichung von der Richtigkeit, sowie über die Art der Stempelung der Messgeräte. Daneben kommen ihm noch verschiedene weitere Aufgaben, wie etwa die Aufbewahrung der nationalen Etalons zu.
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In Bezug auf die einzelnen Eichämter ist wiederum zu unterscheiden hinsichtlich der ständigen Amtsstellen, also der Stamm- bzw der Nebeneichämter, und der nicht ständiger Amtsstellen. Eichungen in nicht ständigen Amtsstellen können entweder ambulant, die Eichungen werden in diesen Fällen mit den transportablen Ausrüstungen des Eichamtes durchgeführt, oder in Abfertigungsstellen erfolgen. Die Letztgenannten können auf Antrag und Kosten einzelner Unternehmungen eingerichtet werden, die Eigenschaft als Amtsstelle kommt ihnen aber nur während der Zeit der dienstlichen Anwesenheit der Beamten zu. Aber auch am Herstellungs- oder Aufstellungsort der Messgeräte können Amtsstellen eingerichtet werden, wenn die Eichbehörde dies vorschreibt oder auf Antrag zulässt.
Technisches Sicherheitsrecht Michael Holoubek
Kapitel 1: Normung Rechtsgrundlagen ...........................................................................................452 Grundlegende Literatur...................................................................................453 I. Grundlagen ................................................................................................453 A. Allgemeines............................................................................................453 1. Historischer Hintergrund...................................................................453 2. Ökonomischer Hintergrund und Zielsetzungen der Normung ..........454 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................456 II. Normen .....................................................................................................457 A. Rechtsnatur von Normen .......................................................................457 B. Nationale Normen..................................................................................458 1. ÖNORMEN.......................................................................................458 2. ON Regel (ONR)...............................................................................459 C. Europäische Normen.............................................................................460 1. Allgemeines.......................................................................................460 2. Arten europäischer Normen ..............................................................462 D. Internationale Normen und Normungsorganisationen .........................464 1. Internationale Normen.......................................................................464 2. Internationale Normungsorganisation (ISO) .....................................464 3. Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC)........................465 4. International Telecommunication Union (ITU) ................................465 5. Sonstige Internationale Normungsorganisationen.............................465 III. Nationale Normung................................................................................466 A. Das NormenG als innerstaatliche Rechtsgrundlage .............................466 B. Österreichisches Normungsinstitut (ON)...............................................469 1. Allgemeines.......................................................................................469 2. Prinzipien der Tätigkeit des ON........................................................470 3. Aufgaben des ON ..............................................................................471 C. Das Verfahren zur Erstellung einer „ÖNORM“...................................471 1. Fachnormenausschüsse, Fachnormenunterausschüsse und Arbeitsgruppen .................................................................................471 2. Das Verfahren ...................................................................................472 3. Einspruchsverfahren..........................................................................473 4. Laufende Geschäfte...........................................................................474 5. Mitgliedschaft im CEN .....................................................................474
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IV. Europäische Normung........................................................................... 475 A. Die „Neue Konzeption“ ........................................................................ 475 1. Allgemeines ...................................................................................... 475 2. Grundsätze der neuen Konzeption.................................................... 477 B. Organisation der europäischen Normung ............................................ 479 1. CEN .................................................................................................. 479 2. CENELEC (Comité Européen de Normalisation Électrotechnique) 483 3. Gemeinsame Facharbeit ................................................................... 483 4. ETSI.................................................................................................. 483 C. Ablauf des Normungsverfahrens........................................................... 484 1. Prinzipien.......................................................................................... 484 2. Fragebogenverfahren ........................................................................ 485 3. Verfahren in den technischen Komitees ........................................... 486 4. CEN/CENELEC-Umfrage................................................................ 487 5. Annahme von EN und HD................................................................ 488 6. CDL-Verfahren ( Normenkontrollverfahren) ................................... 489 7. Einstufiges Annahmeverfahren (UAP) ............................................. 489 8. Abweichungen und besondere nationale Bedingungen .................... 490 9. Sicherung des Vorrangs der europäischen Normung........................ 491 D. Konformitätsnachweis .......................................................................... 493 E. Schutzklauselverfahren ......................................................................... 496 V. Rechtsstaatliche und demokratische Probleme der Normung ............ 497 VI. Umweltnormung .................................................................................... 500 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und der technischen Vorschriften, Abl 1998 L 204/37; Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Technische Normen und gegenseitige Anerkennung“, Abl 1996 C 212/7; Beschluss 90/683/EWG des Rates vom 13.12.1990 über die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren, Abl 1990 L380/13 idF 93/465/EWG, Abl 1993 L 220/23; Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Parlaments und Rates über die Finanzierung der europäischen Normung, KOM (2005), 377 endg.; Mitteilung der Kommission über die Rolle der europäischen Normung im Rahmen der europäischen Politik und Rechtsvorschriften, KOM(2004) 674 endg.; Mitteilung der Kommission „Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der europäischen Normung“, KOM (2004) 130 endg.; Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Massnahmen auf Grundlage der Entschliessungen über die Europäische Normung, die 1999 vom Rat und vom Europäischen Parlament verabschiedet wurden, KOM (2001) 527 endg.; Bericht der Kommission „Effizienz und Verantwortlichkeit in der europäischen Normung im Rahmen des neuen Konzepts“, KOM (1998) 291 endg. Innerstaatliches Recht NormenG 1971 - NormenG (BGBl 1971/240).
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Grundlegende Literatur: Anselmann, Technische Vorschriften und Normen in Europa, 1991; Attlmayr, Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des „Bezugnehmens“ auf Normen anderer Rechtsetzungsautoritäten, ÖJZ 2000, 96; Breier, Das PCP-Urteil des Europäischen Gerichtshofs, ÖJZ 1994, 794; Breulmann, Normung und Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, 1993; Buschbaum/Schulz, Europäisierung des deutschen Umweltrechts am Beispiel des Technikstandards „Beste verfügbare Techniken“, Natur und Recht 2001, 181ff.; Davy, Legalität durch Sachverstand?, ZfV 1982, 345ff.; DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg), Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung, 2000; Geuder, Normen und ihre Bedeutung im technischen Recht, ÖJZ 1976, 652ff.; Griller, Das Österreichische Normungsinstitut im Geflecht internationaler Beziehungen, ÖZöRV 1988, 237; Hartmann, ÖNORMEN, ihr Zustandekommen, ihre Rechtsnatur und ihre Anwendung im technischen Recht, in: Korinek/Krejci (Hrsg), Handbuch des Bau- und Wohnungsrechts, Loseblatt, 1982 ff; Holoubek, Verbraucherschutz durch Produktrecht, in: Aicher/Holoubek (Hrsg), Der Schutz von Verbraucherinteressen, 2000; Korinek, Die Verbindlichkeit technischer Normen im nationalen Recht und im europäischen Gemeinschaftsrecht, in: FS Lendi, 1998, 315 ff; Korinek, Normung im Spannungsfeld von Effizienz und demokratischer Legitimation, DIN-Mitt. 75.1996, 436ff; Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 1979; Müller-Graff (Hrsg), Technische Regeln im Binnenmarkt, 1991; Nicolas/Repussard, Gemeinsame Normen für die Unternehmen, 1995; Rengeling (Hrsg), Schriften zum deutschen und europäischen Umweltrecht, Band 13 (Umweltnormung), 1997; Rönck, Technische Normen als Gestaltungsmittel des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1995; SchmidtPreuss, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56, 1997, 160; Schulte, Materielle Regelungen: Umweltnormung, in: Rengeling (Hrsg), Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht, Band I² Allgemeines Umweltrecht, 2003; Sladecek/Dübell/Mayer (Hrsg), Das Österreichische Normenwesen, 1972; Thienel, Verweisungen auf ÖNORMEN, 1990; Zubke-von Thünen, Technische Normung in Europa, 1999.
I. Grundlagen A. Allgemeines 1. Historischer Hintergrund Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung des 19. Jhdts wurden, bedingt durch die Vielzahl der Betriebe, in unüberschaubarer Vielfalt verschiedenste „Werknormalien“ geschaffen.1 Die dadurch bedingte Inkompatibilität der Produkte unterschiedlicher Hersteller brachte unweigerlich die Notwendigkeit großer Lagerhaltungen, die Unmöglichkeit der Spezialisierung auf Teilprodukte sowie in deren Gefolge Beschränkungen des Handelsverkehrs mit sich. Diese Hemmnisse standen dem verstärkten Anliegen der Rationalisierung des Produktionsprozesses naturgemäß entgegen. Dies führte zur Gründung der ersten Normungsausschüsse und in weiterer Folge zur Schaffung nationaler Normungsorganisationen. So gründeten die USA im Jahre 1901 die erste derar-
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Vgl. Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 1979, 179.
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tige Institution, das National Bureau of Standards (NBS), während zeitgleich in Großbritannien die British Standards Institution (BSI) geschaffen wurde.2 Österreich folgte im September 1920 mit der Gründung des Österreichischen Normenausschusses für Industrie und Gewerbe (ÖNIG).3 Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde der Österreichische Normenausschuss neu gegründet und kümmerte sich sofort um die Schaffung der für den Wiederaufbau vordringlich benötigten Normen, also insbesondere jener für das Bauwesen.4 1969 änderte der Normenausschuss seinen Namen in die auch heute noch gültige Bezeichnung „Österreichisches Normungsinstitut“ (ON), behielt jedoch seine Rechtsnatur als Verein nach dem Vereinsgesetz bei.5 Schon früh erkannte auch der Gesetzgeber die Notwendigkeit der Einbindung privaten Sachverstandes in das Recht der Technik und unterstrich dies bereits 1910 durch Erlassung der „Lex Exner“.6 Dem folgte 1954 das erste Bundesgesetz über das Normenwesen, welches die Regelung der Tätigkeiten eines mit der Normungsarbeit beauftragten Vereines zum Gegenstand hatte.7 Auf dessen Grundlage erfolgte die formelle Beauftragung des Österreichischen Normungsinstitutes, ÖNORMEN zu erarbeiten und Österreich in den entsprechenden Organisationen auf internationaler Ebene zu vertreten.
2. Ökonomischer Hintergrund und Zielsetzungen der Normung Dem System der Normung kommt für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes8 eine entscheidende Rolle zu: Eine einheitliche und damit leistungsfähige Normung bewirkt sowohl auf nationaler wie auch internationaler Ebene die Aufhebung von Handelshemmnissen im Bereiche des Warenverkehrs einerseits durch die erweiterte Möglichkeit zum Austausch der einzelnen Produkte untereinander, andererseits auch durch die Möglichkeit der Spezialisierung auf die Entwicklung oder Erzeugung von Teilprodukten. Nicht zu übersehen sind schließlich die vielfach durch die umfassende Beteiligung der betroffenen Verkehrskreise erzielbaren Synergieeffekte wie auch die Bünde-
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Siehe Sladecek/Dübell/Mayer (Hrsg), Das Österreichische Normenwesen, 1972, 16f. Siehe bei Geuder, Normen und ihre Bedeutung im technischen Recht, ÖJZ 1976,652 (653). Hartmann, ÖNORMEN, ihr Zustandekommen, ihre Rechtsnatur und ihre Anwendung im technischen Recht, in: Korinek/Krejci (Hrsg), Handbuch des Bau- und Wohnungsrechts, Loseblatt, 1982 ff, V-Mon-1, 1 (7 f). Hinsichtlich der historischen Entwicklung auf dem Gebiet der elektrotechnischen Normung siehe Holoubek, Elektrotechnikrecht. Gesetz vom 9. September 1910, betreffend das technische Untersuchungs-, Erprobungs- und Materialprüfungswesen, RGBl. Nr. 185, abgedruckt in Sladecek/Dübell/Mayer (FN2), 122. Im Bereich der Elektrotechnik findet sich erstmals 1965 eine gesetzliche Regelung: Das Elektrotechnikgesetz normiert die Zuständigkeit des Österreichischen Vereines für Elektrotechnik (ÖVE), elektrotechnische Bestimmungen auszuarbeiten. Vgl. näher Holoubek, Elektrotechnikrecht. siehe den Bericht der Kommission für den Rat und das Europäische Parlament vom 13.05.1998 „Effizienz und Verantwortlichkeit in der europäischen Normung im Rahmen des neuen Konzepts“, KOM(98) 291 endg.
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lung des jeweils einschlägigen Sachverstandes zu einem bestimmten Gegenstand. Die Grundidee der Normung ist Einheitlichkeit, Konsistenz und Systematik.9 Normung wird eingesetzt, um durch Rationalisierung Kosten einzusparen, durch Vereinheitlichung von Terminologie zu einer besseren Verständigung zu kommen und um Technologietransfer und Technologieaustausch zu unterstützen. Normung wird aber auch vermehrt dazu verwendet, eine Auswahl aus mehreren gleichgerichteten innovativen Systementwicklungen zu treffen, auf deren Grundlage dann von den unterschiedlichen Unternehmen jeweils kompatible Produkte weiterentwickelt werden können.10 Aus all dem ergibt sich die Funktion der Normung als wichtiger Beitrag zum freien Verkehr mit Industriewaren. Darüber hinaus fördert ein für alle Unternehmen gleiches, gemeinsames technisches Umfeld deren Wettbewerbsfähigkeit insbesondere auf dem Gebiet der neuen Technologien sowohl auf dem Gemeinschaftsmarkt wie insbesondere auch auf den Außenmärkten. In jüngerer Zeit trat zu diesen „klassischen“ Funktionen der Normung ein weiteres Aufgabenfeld hinzu: Bedingt durch die zunehmende Komplexität der wirtschaftlichen Prozesse und die rasch fortschreitende Technisierung bei immer spezialisierterem Sachverstand steht die Gesetzgebung, will sie selbst alle Bereiche, insbesondere des Produkt, Technik- und Umweltrechts einer materiellen Regelung zuführen, vor schier unbewältigbaren Anforderungen.11 In diesem Zusammenhang wurde dem Versuch umfassender materieller Regelungen im Gesetz selbst mangelnde Steuerungsfähigkeit attestiert,12 und in der darauf entstandenen Diskussion nach Lösungen und Alternativen gesucht, um den notwendigen technischen Sachverstand zu inkorporieren, ohne sich ihm auszuliefern. Rechtstechnisch war der entscheidende Schritt der von der umfassenden materiellen Steuerung im Gesetz selbst hin zum vermehrten Einsatz von eher prozedural ausgelegten Regelungen im Sinne einer „regulated self-regulation“. Man erkannte, dass verbindlich erklärte technische Normen nicht nur eine sachverständige Aussage, sondern darüber hinaus auch eine wertende Komponente enthalten. Dies aber erfordert, dass auch im (technischen) Normsetzungsverfahren staatliche Letztverantwortung gegeben sein muss. Der Weg zum Einsatz privater Normen im Rahmen der Gesetzgebung, also der Weg zum „kooperativen Staat“,13 ist durch solche Regelungstechniken geebnet.
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Vgl. mwN. Rönck, Technische Normen als Gestaltungsmittel des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1995, 29f. Beispielsweise anzuführen sind in diesem Zusammenhang etwa GSM, GPRS sowie UMTS. In diesem Zusammenhang ist etwa an die Diskussion rund um Mobilfunksendeanlagen im Zusammenhang mit technischen Anforderungen und gesundheitlich notwendigen Grenzwerten zu erinnern. Hinsichtlich der Biotechnologie sei exemplarisch die prEN 13441:2001, die sich mit der Einschließung gentechnisch veränderter Pflanzen beschäftigt, erwähnt. Zur Diskussion siehe Schulte, Materielle Regelungen: Umweltnormung, in: Rengeling (Hrsg) Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht, Band I², Allgemeines Umweltrecht, 2003, 497ff mwN; mit besonderer Bezugnahme auf das konstatierte Steuerungsversagen des Rechtes in Bezug auf die Technik siehe Schuppert, Grenzen und Alternativen von Steuerung durch Recht, in: Grimm (Hrsg) Wachsende Staatsaufgaben - sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, 1990, 217, 218f. Schulte (FN12) Rz 15f.
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B. Kompetenzrechtliche Einordnung Gemäß Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG ist das „Normenwesen“ in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Gemäß Art 102 Abs 2 B-VG kann das Normenwesen auch im Wege unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden. Der Inhalt dieses Kompetenztatbestandes ist umstritten.14 Weil dieser Kompetenztatbestand mit dem B-VG neu eingeführt wurde und zum damaligen Zeitpunkt keine einschlägigen Gesetzgebungsakte bestanden, stößt die Sinnermittlung mittels der „Versteinerungstheorie“ an Grenzen.15 Der historische Kontext legt es nahe,16 dass der Verfassungsgesetzgeber damit nicht nur die Ermächtigung zur bundesgesetzlichen Festlegung von „technischen Normen“ sondern vor allem auch die Konstituierung einer zukunftsträchtigen17 staatlichen Aufgabe wahrnehmen wollte, die nicht nur durch staatliche Vollziehung sondern auch durch staatlich regulierte private Tätigkeit erfüllt werden kann.18 Der Kompetenztatbestand „Normenwesen“ in Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG deckt daher nicht nur gesetzliche Standardisierungen sondern vor allem auch gesetzliche Regelungen, die diese Aufgabe privaten Institutionen über- und diesen bestimmte Organisations- und Verfahrensanforderungen auftragen.19 Gute Gründe sprechen damit dafür, dass auch insoferne die „Regulierung der Selbstregulierung“, also die Voraussetzungen, die Organisation und das Verfahren einschließlich der inhaltlichen Grundsätze für staatlich anerkannte Normierungstätigkeit in Rede stehen, durch Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG eine ausschließliche Bundeskompetenz begründet wird. Den Landesgesetzgebern ist damit eine vergleichbare „Anerkennung“ von Normungseinrichtungen kompetenzrechtlich verwehrt. Damit ist allerdings die Frage, welche „Standardisierungen“ durch solchermaßen anerkannte Normungseinrichtungen geschaffen werden dürfen, nicht 14 15
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Ausführlich Gutknecht, Kompetenzrechtliche Grundlagen für die Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie, WBl 2001, 175 (181 ff mwH). Zur Problematik des „Versteinerungszeitpunkts“ im Hinblick auf bereits in der Stammfassung des B-VG 1920 enthaltene Kompetenztatbestände wie das Normenwesen Wiederin, Anmerkungen zur Versteinerungstheorie, FS Winkler, 1997, 1231 (1237 f mwN) und zum Problem neu geschaffener Kompetenztatbestände aaO, 1245 f. Siehe dazu Griller, Das Österreichische Normungsinstitut im Geflecht internationaler Beziehungen, ÖZöRV 1988, 237 (243); Thienel, Verweisungen auf ÖNORMEN, 1990, 13; Larcher, Die neuen ÖNORMEN des Verdingungswesens A 2060 und B 2110, RdW 1984, 166, 202 (166 f); Geuder (FN 3) 652 f; Gutknecht, BBl 2001, 182 f (dort insbesondere die Hinweise auf die Stellungnahmen der Staatskanzlei bzw vor allem des Staatsamts für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten zur Einführung des Kompetenztatbestands). Vgl Gutknecht (FN 16) 182. Zum Zusammenhang zwischen der Aufnahme neuer Kompetenztatbestände und der Anerkennung bzw Aufwertung von Staatsaufgaben Wiederin (FN 15) 1246 mwH. Zur historischen Entwicklung des Normenwesens mit dem im Rahmen der technischen Abteilung des Hauptverbandes der Industrie Österreichs gegründeten „Österreichischen Normenausschuß für Industrie und Gewerbe (ÖNIG)“ vgl. die EB zum NormenG 1954, 137 BlgNR, 7. GP, 3 und Hatschek, Die Bedeutung des Normenwesens im österreichischen Recht, ÖVBl 1936, 156, 179, 203 (159 f); Hartmann (FN 4) 7f.
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entschieden. Sie beantwortet sich auch nicht aus der staatlichen Kompetenzzuweisung, sondern zunächst aus der grundrechtlich abgesicherten privatautonomen Stellung der Normungseinrichtungen, ihrer „Normungsautonomie.“20 Abgesehen von dem Umstand, dass als „Normen“ im Sinne des Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG Standardisierungen zur Vereinheitlichung von Wirtschaftsprozessen zu verstehen sind, lassen sich diesem Kompetenztatbestand keine inhaltlichen Grenzen darüber entnehmen, was Normungseinrichtungen, die der Bund auf Grundlage des Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG staatlich anerkannt hat, zum Gegenstand ihrer Normierung machen. Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG enthält daher auch keine Begrenzung für Normierungsprozesse im Dienstleistungsbereich oder im Hinblick auf typische Vertragsgestaltungen.21 Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG ermächtigt allerdings den Bundesgesetzgeber nicht, in einem entsprechenden Verfahren erzeugte technische Normen in jeglicher Hinsicht für verbindlich zu erklären. Die Verbindlicherklärung technischer Normen stellt vielmehr eine Regelung der jeweiligen materiellen Angelegenheit dar, die kompetenzrechtlich je nach der zugrundeliegenden Sachmaterie zu beurteilen und insoweit nach dem System der Kompetenzverteilung sowohl dem Bundes- wie dem Landesgesetzgeber zukommt.22
II. Normen Die europäischen Normungsorganisationen CEN/CENELEC haben in EN 45020 „Norm“ als „Dokument, das mit Konsens erstellt und von einer anerkannten Institution angenommen wurde und das für die allgemeine und wiederkehrende Anwendung Regeln, Leitlinien oder Merkmale für Tätigkeiten oder deren Ergebnisse festlegt, wobei ein optimaler Ordnungsgrad in einem gegebenen Zusammenhang angestrebt wird“,23 definiert.
A. Rechtsnatur von Normen Normen im Sinne des Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG sind Spezifikationen, die von einer anerkannten Normungsorganisation zur wiederholten oder ständigen 20
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Schulte (FN 12) Rz 127; Schmidt-Preuss, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung VVDStRL 56 (1997), 160, 203ff. Vgl zur diesbezüglichen Diskussion und mit diesbezüglich anderer Auffassung Larcher (FN 16) 167; Geuder (FN 3) 652 ff; siehe in diesem Zusammenhang auch den Hinweis auf den historisch nachweisbaren Zweck derartiger Regelungswerke, unter anderem auch Lieferbedingungen zu standardisieren, bei Gutknecht (FN 16) 182, mwN. Siehe in diesem Sinn - bezogen auf die Frage der Publikation von verbindlich erklärten ÖNORMEN - Thienel, Verweisungen auf ÖNORMEN, 1990, 47 f; Thienel zu Folge deckt Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG nur eine bundesgesetzliche Regelung bezüglich der Publikation von Normen allgemein, also von nicht verbindlich erklärten Normen. Bei verbindlich erklärten Normen können die Länder auch die notwendigen Regelungen über die Publikation der verbindlich erklärten ÖNORMEN erlassen. Normen sollen weiters auf den gesicherten Ergebnissen von Wissenschaft, Technik und Erfahrung basieren und auf die Förderung optimaler Vorteile für die Gesellschaft abzielen. (ISO/IEC Leitfaden 2:1996, Begriff 3.2).
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Anwendung angenommen wurden, deren Anwendung jedoch nicht zwingend vorgeschrieben ist. Mithilfe von Normen werden Richtlinien für die Herstellung eines Erzeugnisses, dessen Gebrauchstauglichkeit, Aussehen, Abmessungen, Formen, Eigenschaften oder Qualitätsmerkmale aufgestellt, die zu einer Vereinheitlichung, Vereinfachung und nicht zuletzt zu einer Verbesserung der Produktion, der Verwendungsmöglichkeiten der Produkte und der Produkte selbst führen sollen.24 Üblicherweise wird in diesem Zusammenhang zwischen Normen mit technischen Inhalten,25 Verfahrensnormen,26 Normen mit typisierten Vertragsinhalten27 und sogenannten „Mischnormen“28 unterschieden.29 Aufgrund des Umstandes, dass Normen durch gesellschaftliche Einrichtungen im Rahmen ihrer Privatautonomie in Zusammenarbeit mit Vertretern von Unternehmen sowie von Verbrauchern erstellt werden, die Normsetzungstätigkeit daher im privaten Bereich erfolgt, kann derartigen Normen keine über private Regelsetzung hinausgehende Bedeutung, insbesondere keine Rechtsnormen vorbehaltene Verbindlichkeit zukommen.30 Um Rechtsverbindlichkeit zu erlangen bedürfen derartige Normenwerke daher stets der Verbindlicherklärung durch den Gesetzgeber31 bzw der ausdrücklichen Aufnahme in ein Vertragswerk. Rechtsverbindlichkeit können Normen auch erlangen, indem die maßgeblichen Verkehrskreise diese tatsächlich regelmäßig als Handlungsmaßstab heranziehen und die Normen solcherart zum Handelsbrauch (§ 364 HGB) oder zur Verkehrssitte (§ 863 ABGB) werden. Rechtliche Bedeutung können Normen weiters erlangen, wenn sie zur Interpretation unbestimmter Gesetzesbegriffe, insbesondere sogenannter Technikklauseln32, herangezogen werden.33
B. Nationale Normen 1. ÖNORMEN ÖNORMEN als Produkte des Österreichischen Normungsinstitutes (ON) stellen die Ergebnisse österreichischer nationaler Normierungstätigkeit dar.34 Eine ÖNORM hat nach der Geschäftsordnung des Österreichischen Normungsinsti24 25 26 27 28 29 30 31
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Vgl Zubke- von Thünen, Technische Normung in Europa, 1999, 133ff. Etwa Normen zur Vereinheitlichung von Produktmaßen, Prüfnormen u. dgl. Den größten Bekanntheitsgrad dürfte wohl die ÖNORM A 2050 über das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge erlangt haben. Vgl etwa die Bauvertragsnorm ÖNORM B 2110/2000. Das sind Normen, die keiner der Gruppen direkt zurechenbar sind, wie zB Normen im Bereich des Umweltschutzes oder der Terminologie. Vgl mwN Löschnigg/Reissner, Zur rechtlichen Relevanz der ÖNORM über Bildschirmarbeitsplätze, ecolex 1991, 480. Siehe hierzu näher Thienel (FN 22), 14 mwH. Mittels Inkorporation oder Verweisung, siehe Korinek, Die Verbindlichkeit technischer Normen im nationalen Recht und im europäischen Gemeinschaftsrecht, FS Lendi, 319ff. Näher zur Problematik Davy, Legalität durch Sachverstand?, ZfV 1982, 345. Vgl Korinek (FN 31), 318. Derzeit existieren rund 11.500 ÖNORMEN. Davon sind etwa 3.000 Normendokumente rein national, ca 6.900 auch europäische Normen und ca 1.600 internationaler Provenienz. Vgl. Barfuß, FS Koppensteiner, 2001, 543.
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tutes (ON) unter Bindung an die Richtlinienvorgaben des Vorstandes so abgefasst zu werden, dass ihr Ziel und Zweck sowie der Kreis der Normadressaten eindeutig erkennbar sind. Dabei sollte die Textierung so gewählt sein, dass die Norm durch Gesetz oder Verordnung verbindlich erklärt werden kann. Ist der Gegenstand einer auszuarbeitenden ÖNORM noch wesentlichen Änderungen unterworfen, was etwa aufgrund einer laufenden technischen Entwicklung der Fall sein kann, aber dennoch entweder ein Bedürfnis des Marktes nach einer solchen Norm gegeben ist, oder zusätzlich einschlägige Erfahrungen und Anregungen aus der Praxis benötigt werden, kann das vorliegende Zwischenergebnis als Vornorm veröffentlicht werden.35 Die Behandlung, Vorgangsweise und Rechtsnatur gleicht jener einer ÖNORM, jedoch ist für ihre Verabschiedung Dreiviertelmehrheit ausreichend. Die Laufzeit einer Vornorm sollte weiters einen Zeitrahmen von fünf Jahren nicht übersteigen. Auf ihre Eigenschaft als Vornorm ist in den Vorbemerkungen zur Vornorm hinzuweisen.
2. ON Regel (ONR) Das Österreichische Normungsinstitut bietet neben Normen nach dem bereits zitierten Verständnis der EN 45020 dem Markt eine weitere Art von Spezifikationen an: die ON Regel (ONR). Deren Konzept beruht im wesentlichen auf der Erkenntnis, dass das System der Schaffung von Normen in jenen Bereichen, die eine hohe Innovationsdichte aufweisen, oftmals überfordert scheint, und ein ausreichender Konsens nicht in der geforderten Geschwindigkeit erzielt werden kann. Dementsprechend anders ist das Verfahren zur Erstellung einer ONR gestaltet. Während bei der Ausarbeitung einer ÖNORM alle betroffenen Verkehrskreise beteiligt werden, arbeiten an einer ONR nur mindestens zwei der interessierten Gruppen mit. Das Konsensprinzip, das bei ÖNORMEN eine umfassende Akzeptanz sichern soll, kommt bei den ONR nicht zur Anwendung, die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst. Als weitere wichtige Abweichung zu dem Verfahren der Erarbeitung von ÖNORMEN ist der Entfall des zwingenden öffentlichen Einspruchsverfahrens zu nennen. Eine Auflage der ONR-Entwürfe ist zwar möglich, jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Zur Gewährleistung eines einheitlichen und kohärenten Normensystems ist jedoch zu beachten, dass keine Widersprüche zu anderen ONR oder ÖNORMEN entstehen. Durch die genannten Abweichungen kann eine Beschleunigung und wesentliche Vereinfachung des Ausarbeitungsprozesses erzielt werden, die Möglichkeit, die ONR zu einem späteren Zeitpunkt in eine ÖNORM - freilich unter Einhaltung der entsprechenden Verfahren - weiter zu entwickeln, bleibt erhalten. Ähnlich der ONR bestehen gleichartige Pendants auch auf europäischer wie internationaler Ebene: CEN nennt jene, den ONR in ihrem Entstehen ähnlichen Dokumente, CEN-Workshop-Agreements (CWA), jene auf dem Gebiet der Elektrotechnik werden unter der Bezeichnung „Europäische Spezifikationen“ (ES) erstellt. ISO und IEC erarbeiten in ähnlicher Weise Industry Technical Agreements (ITA) und Publicly Available Specifications (PAS). ISO kennt darüber hinaus noch Technical Specifications (TS).
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Vgl. Pkt. 4.5.10 der Geschäftsordnung des ON.
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C. Europäische Normen 1. Allgemeines Auf dem Weg zur Verwirklichung des freien Binnenmarktes gilt es, die Hürde der technischen Handelshemmnisse zu überwinden. Denn der freie Warenverkehr stößt dort an Grenzen, wo faktische Gegebenheiten wie eben national unterschiedliche Normen einen Warenaustausch schwierig bis unmöglich machen.36 Die Warenverkehrsfreiheit37 verbietet mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung,38 worunter jene Handelsregelungen der Mitgliedstaaten verstanden werden, die geeignet sind, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern. Gestützt auf das Urteil Cassis de Dijon39 vertritt die Kommission40 den Standpunkt, ein Mitgliedstaat könne den Verkauf eines in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellten und in Verkehr gebrachten Erzeugnisses nicht verbieten, selbst dann nicht, wenn dieses Erzeugnis nach anderen technischen oder qualitativen Vorschriften als den für die inländischen Erzeugnisse geltenden hergestellt worden ist. Die aus Art 28 EG folgende Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur wechselseitigen Anerkennung ihrer Produkt- und Sicherheitsstandards findet ihre Grenzen ausschließlich an den Schutzrechten des Art 30 EG sowie den zwingenden Erfordernissen, die der EuGH als immanente Schranken von Art 28 EG in seiner Rechtsprechung anerkannt hat.41 Von diesen sind im vorliegenden Zusammenhang vor allem der Gesundheitsschutz, der Schutz der öffentlichen Sicherheit sowie der Verbraucher42- und Umweltschutz43 von Bedeutung. Für das technische Sicherheitsrecht bedeutet die Cassis de Dijon- Rechtsprechung, dass die von Art 28 EG geschützte Freiheit des Warenverkehrs an ihre Grenzen stößt, soweit einzelne mitgliedstaatliche Vorschriften den Schutz von Sicherheit, Gesundheit, Umwelt und Verbrauchern bezwecken.44 Die naturgemäß nahezu ständige Betroffenheit dieser Rechtsgüter zieht dem freien Warenverkehr im Bereich des Umwelt- und des Technikrechtes zum einen in einer doch nicht unerheblichen Weise Grenzen, die nur mit Hilfe einer 36 37 38 39 40
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So etwa, wenn ein in einem Mitgliedstaat produziertes Elektrogerät in einem anderen aufgrund unterschiedlicher Netzspannungen nicht verwendet werden kann. Art 28 EGV. zur Auslegung siehe EuGH Rs 8/74, AS 1974, S837 ff, Dassonville, wie auch EuGH Rs 120/78, Slg 1979, S 649 ff, Cassis de Dijon. FN 38. Mitteilung der Kommission über die Auswirkungen des Cassis den Dijon Urteiles, Abl Nr C 256 vom 3.10.1980, 2; vgl. näher bei Becker, in: Schwarze (Hrsg), EUKommentar, 2000, Art 28, Rn 45f. EuGH, Slg. 1979, 649 (622, Rn. 8)- Rewe; Slg. 1988, 4489 (4511, Rn 15f.) SMANOR. EuGH, Slg. 1979, 649, Rn. 8. - Cassis de Dijon; EuGH Slg. 1994, I-317, Rn. 15 Clinique. EuGH, Slg. 1988, 4607 (4630, Rn.9) - Dänische Pfandflaschen. Siehe hierzu EuGH, Slg. 1986, 419 (436, Rn. 17) - Holzbearbeitungsmaschinen; Slg. 1981, 3277 (3291, Rn. 14) - Biologische Producten.
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Harmonisierung und einheitlichen Festlegung des geforderten Schutzniveaus überwunden werden können, da eine solche die Unanwendbarkeit des Schutzmechanismus der Art 28 und 30 EG zur Folge hat. Ist die erfolgte Harmonisierung hinsichtlich des in Frage kommenden Schutzgutes eine vollständige,45 so ist der von der Harmonisierungsrichtlinie vorgegebene Maßstab bei der Beurteilung der Zulässigkeit von nationalen Schutzmaßnahmen und durchgeführten Kontrollen alleinig ausschlaggebend und kann ein Schutz- bzw. Sicherungsverfahren ausschließlich auf Gemeinschaftsebene nach einem einheitlichen Verfahren mit einheitlichen Wirkungen auf sämtliche Mitgliedstaaten durchgeführt werden.46 Zum zweiten birgt die „marktöffnende Wirkung“ der Grundfreiheiten die Gefahr einer Nivellierung der Produktanforderungen nach unten, also einer Orientierung am kleinsten gemeinsamen Nenner.47 Grundlegend für die Entwicklung einer einheitlichen Organisation der Normung auf europäischer Ebene war ein Bekenntnis des Rates der europäischen Union48 zu den zwei wesentlichen Grundprinzipien der Normung, in dem sich der Rat ausdrücklich auf die herausragende Bedeutung der Normung für die Verwirklichung der Ziele eines freien Waren- und Dienstleistungsverkehres berief: • Normung ist eine freiwillige, vom Konsens getragene Tätigkeit, die von den und für die interessierten Parteien auf Grundlage von Offenheit und Transparenz im Rahmen unabhängiger und anerkannter Normungsorganisationen durchgeführt wird und zur Verabschiedung von Normen führt, deren Befolgung freiwillig ist. • Normen sollten zweckmäßig sein, aufgrund der umfassenden Beteiligung aller interessierten Parteien am Normungsprozess einen hohen Akzeptanzgrad aufweisen, untereinander kohärent sein und technologische Innovationen und Wettbewerb zulassen. Deshalb sollten sie auf fundierten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen basieren, in regelmäßigen Abständen auf den neuesten Stand gebracht werden und nach Möglichkeit leistungsbezogen sein. In konsequenter Weiterführung dieser Darlegungen forderte der Rat die Kommission dazu auf, in Konsultation mit den Mitgliedstaaten Leitlinien für eine europäische Normungspolitik im internationalen Kontext zu entwickeln und dem Rat hiefür bis längstens 30.06.2001 zu berichten.49
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Siehe etwa EuGH Slg. 1994, 5243 (5263, Rn. 14) - Ortscheit; Slg. 1989, 617 (638f., Rn. 15) - Schumacher; Nach der Modellrichtlinie im Anhang zur Entschließung des Rates über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normung, Abl 1985 C 136/3(4), haben die im Rahmen der „Neuen Konzeption“ ergangenen Richtlinien im Regelfall eine vollständige Harmonisierung vorzusehen. Hinsichtlich der Sperrwirkung gemeinschaftsrechtlicher Harmonisierungsvorschriften siehe Becker (FN40), Art 30 EGV, Rn. 85ff. MwN Holoubek, Verbraucherschutz durch Produktrecht, in: Aicher/ Holoubek(Hrsg), 2000, 92. Entschließung des Rates vom 28.10.1999 zur Funktion der Normung in Europa, Abl 2000 C 141/1. Vgl Kom (2001), 527 endg.; veröffentlicht in CONNEX 12/2001, 5ff; Die Kommission gibt an dieser Stelle einen Überblick über bereits verwirklichte Vorhaben und
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2. Arten europäischer Normen a) Europäische Norm (EN) Eine Europäische Norm (EN) ist eine CEN/CENELEC-Norm, die mit einer doppelten Verpflichtung verbunden ist: Sie muss einerseits auf nationaler Ebene übernommen50 werden, indem ihr der Status einer nationalen Norm gegeben wird, andererseits müssen ihr entgegenstehende nationale Normen zurückgezogen werden.51 b) Harmonisierungsdokument (HD) HD (Harmonisierungsdokumente) sind CEN/CENELEC-Normen, die mit der Verpflichtung verbunden sind, auf nationaler Ebene zumindest durch öffentliche Ankündigung von HD-Nummer und -Titel übernommen zu werden. Ihr entgegenstehende nationale Normen sind zurückzuziehen.52 Es unterscheidet sich somit von einer EN dadurch, dass dem Harmonisierungsdokument nicht der Status einer nationalen Norm verliehen werden muss. Nationale Normen dürfen daher beibehalten bzw neu herausgegeben werden, sofern deren technischer Inhalt dem des HD entspricht. c) Europäische Vornorm (ENV) Europäische Vornormen sind provisorische Normen zur vorläufigen Anwendung und werden vornehmlich im Rahmen der entwicklungsbegleitenden Normung,53 insbesondere für Gebiete mit hohem technischem Innovationsgrad oder bei dringendem Bedarf für eine Leitlinie, vor allem dann ausgegeben und eingesetzt, wenn Sicherheitsgesichtspunkte keine Rolle spielen. ENV können durch ein technisches Gremium des CEN/CENELEC oder mithilfe eines Fragebogens und schriftlicher Abstimmung über ein geeignetes Bezugsdokument binnen dreier Monate erarbeitet werden, ohne dass es des hiefür üblichen Einspruchsverfahrens bedürfe. Auch ENV müssen von den Mitgliedstaaten übernommen werden, dies allerdings unbeschadet bereits vorhandener nationaler Normen zum gleichen Regelungsgegenstand. Nach dem Ablauf einer Frist von drei Jahren wird die ENV einem festgelegten Überprüfungsverfahren unterzogen, in dem über das weitere Schicksal der Vornorm entschieden wird. Sie kann entweder unmittelbar in eine EN übergeleitet, einmal als Vornorm verlängert oder auch zurückgezogen und somit überhaupt verworfen werden. d) Europäische Technische Zulassung (Agrément) „Europäische Technische Zulassungen“ sind keine Normen, sondern positive technische Beurteilungen der Brauchbarkeit von Produkten hinsichtlich der
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geplante Innovationen und Verbesserungsmaßnahmen auf dem Gebiet der technischen Normung. Die Übernahme wie die Zurückziehung in Österreich haben durch den zuständigen Fachnormenausschuss (FNA) zu erfolgen. Siehe 3.1.4. der Geschäftsordnung CEN/CENELEC. Siehe 3.1.5. der Geschäftsordnung CEN/CENELEC. Vgl Schulte, Verfassungsrechtliche Beurteilung der Umweltnormung, in: Rengeling (Hrsg), Schriften zum deutschen und europäischen Umweltrecht, Band 13 (Umweltnormung), 1998, 181 ff.
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„wesentlichen Anforderungen“ im Sinne der einschlägigen Richtlinien.54 Sie bescheinigen die Merkmale eines Produktes im Hinblick auf ihre Relevanz für die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen der Richtlinien und legen für die Dauer der Gültigkeit der Zulassung, welche im Regelfall fünf Jahre beträgt, die Verwendungsbedingungen des betreffenden Produktes fest. Auf diese Form der Zulassung von Produkten wird zumeist dann zurückgegriffen, wenn ein Produkt infolge seiner Neuartigkeit oder seiner neuartigen Verwendung nicht durch eine europäische oder nationale Norm, mit welcher die Einhaltung der „wesentlichen Anforderungen“ bescheinigt werden könnte, abgedeckt ist oder abgedeckt werden kann. Solche Zulassungen werden vom Hersteller des Produktes oder dessen Importeur in die Gemeinschaft beantragt und von einer hiefür einschlägigen, vom jeweiligen Mitgliedstaat autorisierten Zulassungsstelle55 erteilt. e) CEN Workshop Agreement (CWA) Ähnlich der ON-Regel werden bei CEN sogenannte CWA´s erarbeitet, um den Bedürfnissen des Marktes rasch entsprechende normenähnliche Dokumente zur Verfügung stellen zu können, wenn die Mechanismen des „ordentlichen“ Normungsverfahrens nicht flexibel genug sind, um in der geforderten Geschwindigkeit brauchbare Normungsergebnisse liefern zu können. Als Foren für die Erarbeitung dieser CWA dienen die CEN Workshops, deren Struktur offener und unbürokratischer gestaltet ist, als jene der Technischen Komitees. Dadurch wird in gewisser Weise ein Brückenschlag zwischen den rein unternehmerischen Konsortien, die ohne Beteiligung der Öffentlichkeit De-facto-Normen schaffen, und dem formellen Verfahren der europäischen Normung im Rahmen von CEN, erzielt. Abweichend von EN, HD oder ENV können CWA auch mehrere normungstechnische Lösungen vorsehen, die zueinander in einer Art „Wettbewerbsverhältnis“ stehen. Solcherart können verschiedene Technologien oder Schnittstellen auf ihre Akzeptanz auf dem freien Markt getestet werden. Im Hinblick auf eine spätere Übernahme der CWA als EN oder ENV sind jedoch die PNE-Regeln56 zu beachten. f) Technical Reports Technical Reports schließlich stellen eine weitere Kategorie von möglichen Arbeitsergebnissen der Facharbeit eines CEN/CENELEC-Komitees dar: Sie dienen dazu, die einschlägigen Fachkreise vom Ergebnis eines Normungsverfahrens zu unterrichten, das für sich von hohem Interesse, für eine Normung allerdings aus verschiedenen Gründen nicht geeignet ist.
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Siehe zur „Neuen Konzeption“ unten VI.A. Zu den Zulassungsstellen siehe näher Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung. Die PNE-Regeln (règles pour la rédaction et la présentation des normes européennes - Regeln für den Aufbau und die Gestaltung Europäischer Normen) beinhalten Vorschriften und Richtlinien über die Erarbeitung und Gestaltung von Europäischen Normen hinsichtlich deren Aufbau und Abfassung. Sie finden sich in Teil 3 der GO CEN/CENELEC.
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D. Internationale Normen und Normungsorganisationen 1. Internationale Normen Unter einer internationalen Norm wird eine von einer internationalen normschaffenden Institution/Normungsorganisation angenommene Norm verstanden, die der Öffentlichkeit zugänglich ist.57 Die internationalen Normungsorganisationen sind ungeachtet des Umstandes, dass einige ihrer Mitglieder in ihren Staaten Behördenstatus genießen, privatrechtliche Vereinigungen, deren Mitglieder die jeweiligen nationalen Normungsorganisationen sind. Diesen kommt somit die Aufgabe zu, die Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten zu vertreten. Aufgrund der im Vergleich zur Europäischen Normung fehlenden Integration erlangen internationale Normen nur unverbindlichen Charakter, stellen also bloße Empfehlungen an die Mitgliedstaaten dar, denen es freigestellt ist, diese in ihre nationalen Normenwerke zu übernehmen.58 Dabei sind die Mitgliedstaaten wiederum bei der Wahl der Mittel der Umsetzung völlig frei. Lag früher der Schwerpunkt internationaler Normungstätigkeit eher auf der Festlegung von Grund- und Rahmenordnungen, wie etwa zu Terminologie, Einheiten, Formelzeichen und dergleichen, geht in jüngerer Zeit die Tendenz zunehmend in Richtung Sicherheitsnormung und Normung zur Erzielung von Kompatibilität.
2. Internationale Normungsorganisation (ISO)59 Die 1947 aus der 1926 gegründeten Normungsorganisation ISA (Federation of the National Standardizing Associations) hervorgegangene ISO hat rund 130 Mitglieder, die sich aus den staatlichen Normungsorganisationen rekrutieren60 und repräsentiert damit etwa 95% der gesamten Weltproduktion. Ziel der Tätigkeit der ISO ist die Erarbeitung von ISO Standards, welche zu einer möglichst weltweiten Vereinheitlichung möglichst vieler Normen für sämtliche Industriesparten führen sollen. Die Akzeptanz der ISO-Normen beruht im Wesentlichen auf der Freiwilligkeit der Anwendung. Einzelstaatliche Abweichungen aufgrund spezieller Interessen bleiben somit möglich. Neben den ISO-Normen erarbeitet ISO auch den ON-Regeln und den CEN Workshop Agreements entsprechende Normungsdokumente, die Industry Technical Agreements (ITA)61, die Publicly Available Specifications (PAS)62 und die Technical Specifications (TS)63. 57
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ISO/IEC Leitfaden 2:1996, Begriff 3.2.1.1; Von der ISO und IEC veröffentlichte Internationale Normen werden mit den Anfangs-Großbuchstaben „I“ und „S“ (de: „I“ und „N“) geschrieben, d. h. „International Standard“ („Internationale Norm“). Natürlich nur unter dem Vorbehalt, dass im fraglichen Bereich keine der internationalen Norm entgegenstehende Europäische Norm besteht. www.iso.ch. Dies hat zur Konsequenz, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Rahmen ihrer Mitarbeit bei ISO/IEC nicht durch CEN oder CENELEC einheitlich vertreten sind, sondern jeder Staat ein eigenständiges, unabhängiges Mitglied dieser Organisationen ist. Insgesamt kommt daher den Mitgliedstaaten der EU - und damit der europäischen Normung - ein erheblich größerer Einfluss zu als den USA, wie dies von ANSI, der US-Normungsinstitution, moniert wird. Vgl. hierzu das Strategiepapier „National Standards Strategy for the United States“, abrufbar unter der Adresse http://www.ansi.org/public/ national_strategy.pdf . ITA´s sind als technische Dokumente vor allem für jene Bereiche mit hohem technischen Innovationsgrad gedacht. Das Verfahren zur Erzielung der gewünschten
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3. Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC)64 Die IEC ist mit ihrem Gründungsjahr 1906 die älteste internationale Normungsorganisation. Als Schwesterorganisation von ISO betätigt sie sich auf dem Gebiet der Elektrotechnik und erarbeitet die IEC Standards, welche ein einheitliches Normenwerk auf dem Gebiet der Elektrotechnik schaffen sollen.
4. International Telecommunication Union (ITU)65 Die ITU ging am 1. März 1993 aus dem früheren International Telegraph and Telephone Consultative Committee (CCITT) hervor, dessen Anfänge bis ins Jahr 1865 zurückreichen. Ihre Tätigkeit erstreckt sich auf die nachfolgenden drei Sektoren: Normierung im Bereich des Telekommunikationswesens - ITUT, im Bereich der Radiokommunikation - ITU-R, (vormals CCIR bzw. IFRB), sowie im Bereich der Entwicklung des Telekommunikationssektors - ITU-D, deren Zielsetzung es ist, die Telekommunikationsdienste weltweit zu erleichtern und zu verbessern.
5. Sonstige Internationale Normungsorganisationen CCITT/CCIR, Ausschüsse der Internationalen Fernmeldeunion FAO/WHO, Internationale Organisation für Ernährung und Landwirtschaft/ Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen mit dem Normenprogramm Ernährung (Codex Alimentarius) IAEO, Internationale Atomenergie-Organisation IAO, Internationale Arbeitsorganisation ICAO, Internationale Luftfahrtorganisation IMCO, Internationale Maritime Beratungsorganisation JCSS, Gemeinsames Komitee für strukturelle Sicherheit OIML, Internationale Organisation des gesetzlichen Messwesens UIT, Internationale Union der Telekommunikation WMO, Meteorologische Weltorganisation
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Normungsergebnisse ist ebenso wie der Teilnehmerkreis weitgehend undeterminiert, es bleibt also den einzelnen Unternehmen überlassen, untereinander einen Konsens zu finden. Das Fehlen von starren Regeln, wie etwa einzuhaltende Fristen für Einspruchsverfahren, macht dieses Verfahren geeignet, innerhalb weniger Monate brauchbare Normungsergebnisse zu erzielen. Beschließt eine Arbeitsgruppe innerhalb der ISO, dass der in der Form eines normativen Dokumentes erzielte Konsens betreffend ein bestimmtes Arbeitsthema veröffentlicht werden sollte, so geschieht dies in der Form einer PAS. Ähnlich wie bei den CWA ist es bei den PAS möglich, dass verschiedene Lösungsvarianten miteinander im Wettbewerb stehen. Längstens alle drei Jahre sind die PAS zu überarbeiten, nach sechs Jahren ist die PAS entweder zurückzuziehen oder in eine ISO-Norm umzuwandeln. In jenen Fällen, in denen ein Komitee beschlossen hat, eine ISO-Norm zu veröffentlichen, aber festgestellt hat, dass die dazu nötige Zustimmung nicht erzielbar ist, kann das Dokument unter bestimmten Voraussetzungen als TS veröffentlicht werden. Vgl. näher FN 59. www.iec.ch www.itu.int
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III. Nationale Normung A. Das NormenG als innerstaatliche Rechtsgrundlage Rechtsgrundlage nationaler österreichischer Normungstätigkeit ist das Bundesgesetz vom 16. Juni 1971 über das Normenwesen (Normengesetz 1971) i.d.F. BGBl. Nr. 240/1971. Das NormenG 1971 ist eine Neufassung des alten Normengesetzes aus 1954, das nach den Erläuternden Bemerkungen66 den zeitgemäßen Anforderungen an die Rationalisierung der Produktion zwecks Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Produkte sowohl auf dem Inlandsmarkt als auch im Export angepasst werden sollte. Als besonderes Merkmal ist die Beibehaltung jener Regelung des § 1 Abs 3 NormenG 1971 hervorzustreichen, derzufolge nur einem Verein die Befugnis zur Schaffung und Herausgabe von nationalen Normen verliehen werden kann.67 Weiters wurde im Bewußtsein der immer größer werdenden Bedeutung der Normung und ob des Umstandes, dass sich der Staat schon 1971 immer mehr der Ergebnisse dieser privaten Normungstätigkeit bediente, jener Textteil des § 2 des NormenG 1954 gestrichen, welcher sicherstellen sollte, dass das Österreichische Normungsinstitut als der betraute Verein seine Aufgaben ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu erfüllen hatte.
Da den ÖNORMEN aufgrund ihrer Ausarbeitung durch einen privaten Verein nicht schon eo ipso Rechtswirksamkeit zukommen kann, sieht das NormenG in seinem § 5 vor, dass ÖNORMEN per Gesetz oder Verordnungen für verbindlich erklärt werden können.68 Hierbei verdient § 8 des NormenG 1971 besondere Beachtung, der dem Verein die ausschließliche Befugnis zur Verwendung des Kennwortes „ÖNORM“ sowie deren Kennzeichen zuteilt, indem deren unbefugte Verwendung durch Dritte zur mit Strafe bedrohten Verwaltungsübertretung erklärt wird. Die rechtliche Beziehung zwischen dem Bund und dem ON, dem auf Grund des § 1 Abs 1 NormenG bescheidmäßig die Befugnis verliehen wurde, die von ihm geschaffenen Normen als ÖNORMEN zu bezeichnen, wird in der Literatur unterschiedlich eingeordnet. Mit der erwähnten Befugnis, die, wie dargestellt, nur einem Verein und nur einem solchen exklusiv verliehen werden kann,69 ist - neben der Ermächtigung zur Führung des Bundeswappens - insbesondere das ausschließliche Recht zur Erarbeitung und Verwertung von ÖNORMEN verbunden. Die in § 2 Abs 1 NormenG geforderten Voraussetzungen für die Verleihung einer solchen Befugnis sind so formuliert, dass sie als gesetzliche Anforderungen an die Organisation der Normungsarbeit wirken.70 Weiters legt das
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373 BlgNR, 12.GP. Im Lichte der Zuständigkeitsverteilung zwischen dem ON und dem ÖVE bedeutet dies, dass auf dem Gebiet der Elektrotechnik, welches alleine dem ÖVE vorbehalten ist, keine ÖNORMEN bestehen. Deren Funktion wird durch die vom ÖVE auszuarbeitenden elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften wahrgenommen. Zu diesen vgl näher Holoubek, Elektrotechnikrecht. Die vom ÖVE auszuarbeitenden elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften werden regelmässig durch die Bestimmungen der Elektrotechnikverordnung - derzeit in der Fassung des BGBl. Nr. 575/1996 - für verbindlich erklärt. § 1 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 NormenG. So muss der Verein satzungsgemäß die Sicherheit bieten, dass bei der Schaffung von ÖNORMEN entsprechend ihrem Wirkungsbereich Stellen der Hoheits- und Wirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder, einschließlich etwa bestehender
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NormenG den Mindestinhalt der Geschäftsordnung des Vereins und damit des ON fest, woraus sich gesetzlich zwingend vorgesehene Aufgaben des ON ergeben.71 Diese zweifellos besondere Rechtsbeziehung zwischen dem Bund und einem privaten Verein wird in der Literatur dahingehend beschrieben, dass das ON zwar keine behördlichen Funktionen im engeren Sinn, wegen seiner organisatorischen und funktionellen Nahebeziehung zur staatlichen Verwaltung aber so genannte schlichte Hoheitsverwaltung72 ausübe,73 weshalb seine Tätigkeit als die eines „Beliehenen“74 oder, weil es sich um die Mitwirkung eines privaten ausgegliederten Rechtsträgers an der Besorgung öffentlicher Aufgaben handle, als „Indienstnahme“75 zu qualifizieren sei. Dagegen wurde eingewendet, dass der Einordnung als „Beleihung“ entgegenstehe, dass dem ON nicht einmal potentiell Imperium zur Verfügung stehe,76 womit es überhaupt unzutreffend sei, von der Erfüllung schlicht hoheitlicher Verwaltungsaufgaben und damit von einer „Inpflichtnahme“ zu diesem Zweck zu sprechen.77 Nun weist die Tätigkeit des ON und die zwischen dieser Einrichtung und dem Bund auf Grund des NormenG bestehende rechtliche Beziehung zweifellos Besonderheiten auf, die eine Einordnung schwierig machen. Die verwendeten begrifflichen Kategorien insbesondere der „Indienstnahme“ wurden zur Beschreibung der Beziehungen von ausgegliederten bzw privaten Rechtsträgern zur staatlichen Verwaltung entwickelt; im vorliegenden Fall besteht freilich ein funktionelles Naheverhältnis vor Allem zu genereller Rechtssetzung. insbesondere auch zur Gesetzgebung. Weiters ist das Verhältnis zwischen dem NormenG sowohl 1954 wie 1971 und dem ON ein spezifisches, das sich von sonstigen Formen der Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten an private Rechtsträger unterscheidet. Es ist evident, dass der Gesetzgeber jeweils ganz konkret den „Österreichischen Normenausschuss“ bzw das „Österreichische Normungsinstitut“78 vor Augen hatte. Die Regelungen des NormenG erfolgten also, um die Tätigkeit des Vereins, auf den sie sich beziehen, gesetzlich einzufassen.
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selbständiger Wirtschaftskörper, die Vertreter der Wissenschaft sowie die am Normenwesen interessierten Standesvertretungen als Interessenvertretungen der Erzeuger und Verbraucher mitwirken (§ 2 Abs 1 lit a NormenG). Organisation und Durchführung der Normungsarbeit, Anpassung der ÖNORMEN an den jeweiligen Stand der Wissenschaft und der Technik sowie an wirtschaftliche Gegebenheiten, Verfahren zur Übernahme europäischer und internationaler Normen, Kooperation mit anderen Normenorganisationen etc, siehe im Einzelnen § 2 Abs 2 NormenG. Zum Begriff Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht², 2003, Rz 729 ff. Geuder (FN 3) 655; Griller (FN 16) 242. Schäffer, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private (Beleihung und Inpflichtnahme), in: Bundeswirtschaftskammer (Hrsg), Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Privatrechtssubjekte, 1973, 58 (62). Griller (FN 16) 242. Koja, Die Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben durch Private, Festschrift Antoniolli, 1979, 439 (452 f). Thienel (FN 22) 15. Die Namensänderung erfolgte auf Grund eines Beschlusses der Generalversammlung des Vereins im Jahre 1968, siehe Geuder (FN 3) 655.
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Die Begründung dafür liegt in der besonderen Bedeutung, die die Ergebnisse der Tätigkeit des Vereins - die Normen - für den Staat und zwar in zweifacher Hinsicht haben: Zum einen als Entlastung bei der Erarbeitung staatlicher Rechtssetzungsakte, weil auf die Inhalte der durch die private Einrichtung erarbeiteten Normen verwiesen oder diese in staatliche Rechtssetzungsakte inkorporiert werden können. Zum anderen zur Entlastung staatlicher Rechtssetzung überhaupt, weil die Normen das in der Gesellschaft zweifellos vorhandene Regulierungsbedürfnis über weite Strecken zu befriedigen vermögen, ohne dass es überhaupt zu einer staatlichen Verbindlicherklärung kommen muss.79 Es kann zunächst festgehalten werden, dass das ON zweifellos „öffentliche“, gleichwohl aber gerade nicht „staatliche“ Aufgaben wahrnimmt.80 Insoferne handelt es sich bei der Tätigkeit des ON gerade nicht um eine Hilfsfunktion für die staatliche Rechtssetzung, sondern eben um gesellschaftliche Regelbildung.81 Es handelt sich freilich um gesellschaftliche Regelsetzung, die in besonderem Maße staatlich reguliert ist. Das unterscheidet die Tätigkeit des ON etwa von anderen Vereinen,82 die für ihren Bereich auch „regelbildend“ wirken. Insoweit besteht zweifellos eine besondere Rechtsbeziehung zwischen dem ON und dem Bund.83 Zur Erfassung des Dargelegten erscheint der Terminus „regulierte Selbstregulierung“ geeignet.84 Damit können zwei Dinge deutlich gemacht werden. Zum einen, dass es sich bei der Tätigkeit des ON weder um auch nur in einem weiten Sinn staatliche Tätigkeit noch um eine „Hilfstätigkeit“ für den Staat handelt, sondern um autonome Tätigkeit im gesellschaftlichen Bereich. Zum Zweiten, dass diese Tätigkeit in besonderem Maß gesetzlich geformt ist. Daran anknüpfend bietet auch die Frage, ob und inwieweit die Tätigkeit des ON dem Staat zuzurechnen ist, ein differenziertes Bild. Nicht ist sie es, wenn es um die 79 80 81 82 83
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Hierin liegt der eigentliche Effekt der „Selbstregulierung“. Zur Unterscheidung Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, FS Nipperdey, 1965, Band II, 877 ff. Vgl Raschauer (FN 72), Rz 119 f. Man denke an europäische oder internationale Sportvereinigungen. Die Bezeichnung dieses Zusammenhanges mit dem Begriff „Indienstnahme“, der damit auch für die Besorgung öffentlicher und nicht staatlicher Aufgaben verwendet wird, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage. Dagegen spricht, dass damit die Abgrenzungsfunktion der Zurechnung Privater zur Hoheitsverwaltung und damit zur staatlichen Verwaltung im Sinne des B-VG verloren geht, siehe Holoubek, Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Konsequenzen der Ausgliederung, Privatisierung und Beleihung, ÖZW 2000, 33 (34) und ausführlich im Hinblick auf die Übertragung öffentlicher Aufgaben auf private Rechtsträger Holoubek, Durchführung der Vereinsaufgaben mit öffentlichen Mitteln - Zur allgemein verwaltungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Bindungen des Vereins für Bewährungshilfe, in: Zur Übertragung sozialpolitischer Aufgaben des Staates an Private - Am Beispiel der Bewährungshilfe, SUB Extra 6/1992, 21 ff. Zum Begriff Schmidt-Aßmann, Regulierte Selbstregulierung als Element verwaltungsrechtlicher Systembildung, in: Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, Die Verwaltung - Beiheft 4, 2001, 253 (254 ff); zur Diskussion um die Einordnung in Deutschland vgl einerseits Di Fabio, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56 (1997), 235 (271 ff) und andererseits Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, 89.
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Zurechnung zur staatlichen Verwaltung im verfassungsrechtlichen Sinn geht.85 Anderes kann für spezielle Zurechnungsfragen, etwa im Bereich der Grundrechte oder der Grundfreiheiten des EGV gelten.
B. Österreichisches Normungsinstitut (ON) 1. Allgemeines Das Österreichische Normungsinstitut (ON) ist ein Verein86 nach dem Vereinsgesetz 1951, der aus dem 1920 in Wien gegründeten „Österreichischen Normenausschuss für Industrie und Gewerbe“, ÖNIG, hervorgegangen ist. Sein Zweck ist es, „auf gemeinnütziger Basis eine Vereinfachung der wirtschaftlichen Tätigkeit durch Aufstellung von Regeln, durch Vereinheitlichung von Begriffen, Formen und Abmessungen sowie durch Auswahl von Verfahren und Mustern (Normalisierung, Simplifizierung und Typisierung)“ herbeizuführen und so technische Handelshemmnisse abzubauen. Dieses Ergebnis ist unter anderem durch „Schaffung, Veröffentlichung und Verbreitung von österreichischen Normen (ÖNORMEN) ..., Zusammenarbeit mit Organisationen des Inund Auslandes, die gleiche oder ähnliche Ziele verfolgen oder mit dem Normenwesen zusammenhängende Aufgaben behandeln ..., Übernahme oder Empfehlung internationaler und ausländischer Normen und Normungsempfehlungen sowie deren Verbreitung in Österreich ...“ zu erreichen. Das österreichische Normenwesen findet seine Rechtsgrundlage im Normengesetz 1971, mit welchem der Gesetzgeber dem damaligen BM für Bauten und Technik gem § 1 Abs 1 leg. cit. die Ermächtigung erteilte, „...einem Verein, dessen Zweck die Schaffung und Veröffentlichung von Normen und dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn berechnet ist, ... die Befugnis zu verleihen, die von ihm geschaffenen Normen als „Österreichische Normen“ zu bezeichnen.“87 Das österreichische Normungsinstitut erhielt diese Befugnis bescheidmäßig zuerkannt.88 In fachlicher Hinsicht steht das ON gem §9 NormenG unter der Aufsicht des BMWA,89 welcher die erteilte Befugnis zur ausschließlichen Normierungstätigkeit widerrufen kann, wenn entweder die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung nicht mehr vorliegen oder der Verein den mit der Befugnis verbundenen Pflichten trotz nachweisbarer Aufforderung nicht mehr nachkommt. Entsprechend der Konzeption der Normung als autonome Selbstregulierung der beteiligten Wirtschaftskreise ist es primär Aufgabe des Vereins, die notwendigen finanziellen Mittel zu beschaffen. Reicht dies für die Finanzierung der dem ON zugewiesenen Aufgaben nicht aus, so ist zusätzlich eine Unter-
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Holoubek (FN 83) 35; ebenso wenig ist die Tätigkeit des ON der Staatsfunktion Gesetzgebung zuzurechnen. Gem. § 5 der Statuten des ON können alle physischen und juristischen Personen und sonstigen Rechtsträger, die sich mit den Zielen und Aufgaben des Vereines identifizieren, ordentliche Vereinsmitglieder sein. § 1 Abs 1 Normengesetz 1971, BGBl. Nr. 240/1971. Siehe Hartmann (FN 4). Vgl. § 9 NormenG 1971 iVm Anlage L, Z 25 zu § 2 BMG.
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stützung durch die öffentliche Hand vorgesehen.90 Entsprechend den Vereinsstatuten91 erfolgt die Finanzierung durch Mitgliedsbeiträge der ordentlichen Mitglieder, durch den Verkauf von Normen, technischen Regelwerken, Publikationen im Umfeld zur Normung sowie den sonstigen entgeltlichen Dienstleistungen des Vereines, durch Abgeltungen für die Überlassung des Urheberrechts an Normen, technischen Regelwerken und Publikationen, durch Subventionen, durch Spenden und durch sonstige, dem Vereinszweck dienende Veranstaltungen, Leistungen und Tätigkeiten.92
2. Prinzipien der Tätigkeit des ON a) Mitwirkungsprinzip Um dem Anspruch an Normen als von anerkannten Institutionen angenommene, für die wiederkehrende Anwendung bestimmte und den Stand der Technik wiedergebende Dokumente gerecht werden zu können, ist es nötig, dass sie mit Konsens unter möglichst breiter Beteiligung der interessierten und beteiligten Verkehrskreise erstellt werden. § 2 NormenG 1971 bestimmt, dass die Befugnis zur Betrauung eines Vereines mit Normungsvorhaben nur dann erfolgen darf, wenn dieser gewährleisten kann, dass die am Normungsvorhaben interessierten Stellen der Hoheits- bzw Wirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder, einschließlich etwa bestehender selbständiger Wirtschaftskörper, Vertreter der Wissenschaft sowie Standes- oder Interessenvertretungen der Erzeuger wie der Konsumenten, so sie ein Interesse am Normierungsvorhaben aufweisen, teilnehmen. Dementsprechend sieht das ON in seiner vom BMWA als Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsordnung93 vor, dass die vorgenannten Institutionen, Unternehmen und Personen vor Konstituierung eines die Normungsarbeit leistenden Fachnormenausschusses zur Teilnahme an der Normungstätigkeit einzuladen sind.
b) Konsensprinzip Wiewohl der Fachnormenausschuss nach einer Abstimmung über die Auflage einer neugeschaffenen Norm zum Einspruch durch die Öffentlichkeit bei Vorliegen von weniger als ein Viertel Gegenstimmen bei der Geschäftsführung einen Antrag auf Zulassung eines Mehrheitsbeschlusses stellen kann, ergibt sich aus dem Ausnahmecharakter dieser Vorschrift, dass das Erfordernis der Einstimmigkeit den Grundsatz des Abstimmungsverfahrens bei der Erstellung von Normen darstellt.94
c) öffentliches Einspruchsverfahren Über das bereits genannte Mitwirkungsprinzip hinaus dient das öffentliche Einspruchsverfahren dazu, vor Verabschiedung und Herausgabe einer neuen Norm diese einer breiten Öffentlichkeit zur Einsichtnahme zugänglich zu machen, damit diese zu den 90 91 92
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Zu den im Rahmen der Novelle 1971 getroffenen Maßnahmen vgl. oben, V.A. Vgl § 3 Statuten ON. Zwei Drittel des Budgets des ON wird durch den Verkauf von Normen eingenommen, zusätzlich können zwei bis drei Prozent des Gesamtbudgets durch Mitgliedsbeiträge acquiriert werden. Der restliche Kapitalbedarf wird je zur Hälfte durch die Wirtschaftskammern im Namen der Vereinsmitglieder und den Bund finanziert. Die Zuwendungen des Bundes bestehen einerseits darin, die Mitgliedsbeiträge bei CEN und ISO zu bezahlen sowie andererseits aus einer unmittelbaren Basiszuwendung an den Verein. Pkt 2.1 der GO des ON. Zum Verfahren und den jeweiligen Abstimmungserfordernissen siehe näher bei V.B.3.a.
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geplanten Normen Einsprüche erheben kann, die vor der endgültigen Verabschiedung der Norm noch berücksichtigt werden können. Solcherart wird sichergestellt, dass die neu zu schaffende Norm von einem möglichst breiten Konsens nicht nur der Teilnehmer am Arbeitsprozess im Fachnormenausschuss sondern auch der breiten Öffentlichkeit getragen wird und daher auch tatsächlich Anwendung und Akzeptanz findet.
3. Aufgaben des ON Laut Statuten und Geschäftsordnung ist es Aufgabe des ON, in organisatorischer wie auch in inhaltlicher Hinsicht, einerseits auf nationaler, andererseits auf europäischer wie auch internationaler Ebene am Normschaffungsverfahren mitzuwirken, sei es durch eigene Facharbeit oder durch Zusammenarbeit mit gleichartigen Organisationen. Neben der originären Aufgabe der Normschaffung selbst, hat das ON darüber hinaus auch damit zusammenhängende Tätigkeiten, wie etwa die Herausgabe, Veröffentlichung und Verbreitung von ÖNORMEN, die Veröffentlichung und Verbreitung ausländischer, europäischer und internationaler Normen, sonstiger technischer Regeln sowie einschlägiger Publikationen durchzuführen und eine die Normung als solche fördernde Öffentlichkeitsarbeit zu leisten.
C. Das Verfahren zur Erstellung einer „ÖNORM“ 1. Fachnormenausschüsse, Fachnormenunterausschüsse und Arbeitsgruppen Diese Gremien sind für die eigentliche Normungsarbeit zuständig: Zusammengesetzt gemäß dem Normengesetz, d.h. unter Mitwirkung von interessierten, einschlägigen Stellen und Vertretern der Hoheits- und Wirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder, einschließlich etwa bestehender selbständiger Wirtschaftskörper, von Vertretern der Wissenschaft sowie von am Normenwesen interessierten Standesvertretungen als Interessenvertretungen der Erzeuger und Verbraucher95 haben sie die Aufgabe, für ein bestimmtes Fachgebiet ÖNORMEN zu erstellen, die Entwicklungen in ihrem Fachgebiet zu verfolgen, bereits bestehende ÖNORMEN an neue Entwicklungen oder internationale bzw europäische Vorgaben anzupassen und in gleichartigen Gremien regionaler ( z.B. CEN) oder internationaler (z.B. ISO) Normungsorganisationen mitzuarbeiten. Im Rahmen der europäischen Normung kommt den Fachnormenausschüssen die Funktion eines „Spiegelgremiums“ für die jeweiligen CENKomitees zu. In ihnen entsteht die nationale Willensbildung, es wird also jener einheitliche nationale Standpunkt, den die Delegierten in CEN/CENELEC auf europäischer Ebene zu vertreten haben, aus der Vielzahl der Interessen herausgearbeitet und festgelegt. Für ein Tätigwerden eines FNA hat der betreffende Referent des ON gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Fachnormenausschusses bis zum 30. November eines jeden Jahres ein Jahresprogramm für das nachfolgende Jahr zu erstellen, welches vom FNA zu beschließen ist. Dieses hat die zur Bearbeitung vorgesehenen Normvorhaben, diejenigen Normen, die voraussichtlich zum
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Einspruch durch die Öffentlichkeit verabschiedet werden sowie jene Normen zu umfassen, die voraussichtlich ausgedruckt und verabschiedet werden. Die potentiell interessierten Stellen sind schriftlich zur Mitarbeit einzuladen. Werden neue Normen verabschiedet96, so ist diese Tatsache sowohl im elektronischen Listenteil97 der Fachzeitschrift des Normungsinstitutes, “CONNEX“, wie auch im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu veröffentlichen.98 Es wird also bloß die Tatsache des Bestehens einer neuen ÖNORM, nicht deren Text selbst kundgemacht.99
2. Das Verfahren Jede natürliche und juristische Person, die ein Interesse an der Schaffung einer ÖNORM hat, kann die Einleitung des Normungsverfahrens anregen. Sie hat diesfalls einen begründeten Vorschlag über ein gewünschtes Normungsthema bei der Geschäftsführung des ON einzubringen, die über die Aufnahme des Normungsvorschlages in das Arbeitsprogramm entscheidet. Besteht ein fachlich einschlägiger, zuständiger Fachnormenausschuß (FNA), so hat die Geschäftsführung mit diesem das Einvernehmen zu suchen. Besteht noch kein solcher FNA, trifft der Geschäftsführer eine Entscheidung darüber, ob an den Vorstand ein Antrag auf Konstituierung eines neuen FNA gestellt wird. Wird ein FNA mit einem Normungsvorhaben betraut, so hat dieser seine Arbeit grundsätzlich so voranzutreiben, dass das Normierungsvorhaben binnen zweier Jahre abgeschlossen werden kann. Dabei ist darauf zu achten, dass die zu erarbeitenden ÖNORMEN weder mit bestehenden Rechtsvorschriften im Widerspruch stehen, noch dass es zu thematischen Überschneidungen mit oder gar Widersprüchen zu bereits bestehenden ÖNORMEN kommt. Im letzteren Fall ist es Aufgabe der Vorsitzenden sowie der Referenten der betroffenen FNAs, für eine rechtzeitige Koordinierung zu sorgen. Auf Antrag kann auch die Geschäftsführung unter Beiziehung eines Mitgliedes des Präsidiums eine derartige Koordinierungssitzung einberufen. Abgrenzungsfragen sowie Fragen über formale Vorgangsweisen entscheidet das Präsidium über Antrag des Geschäftsführers endgültig. Nach dem Prinzip der Gleichrangigkeit der Mitglieder erarbeiten diese in laufenden Sitzungen und unter Verfassung von Sitzungsberichten in Form von Beschlussprotokollen Entwürfe für ÖNORMEN. Während des Arbeitsvorganges der Erarbeitung der Normentwürfe kann der Mitarbeiterkreis entsprechend den fachlichen Anforderungen erweitert wie auch eingeschränkt werden, eben-
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In der Terminologie der Geschäftsordnung des ON: „ausgedruckt“. Vgl http://www.on-norm.at/publish/connex_listenteil.html. Vgl Pkt. 7. der Geschäftsordnung des ON. Der vollständige Text der Norm kann entweder kostenlos beim ON eingesehen werden, wobei die Möglichkeit der Anfertigung von Abschriften besteht, oder aber käuflich erworben werden. Der Verkauf von Normen stellt eine wichtige Finanzierungsgrundlage des Normungsinstitutes dar. Zu den sich daraus im Zusammenhang mit der Verbindlicherklärung von Normen ergebenden Fragestellungen siehe unten, VI.F.
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so können zur Behandlung spezieller Themen einschlägige Experten zur Beratung herangezogen werden.100 Nach Zustandekommen eines ÖNORMEN-Vorschlages ist dieser zumindest zweimalig zu lesen, wobei der FNA nach der abschließenden Lesung über die Auflage des Normenentwurfes zum Einspruch durch die Öffentlichkeit abstimmt. Es bedarf hierzu der vorherigen Ankündigung in der Tagesordnung der betreffenden Sitzung, der Anwesenheit mehr als der Hälfte der Mitglieder des FNA101 und des Nichtvorliegens von Gegenstimmen,102 damit der ÖNORM-Vorschlag als zum Einspruch durch die Öffentlichkeit verabschiedet gilt. Liegen hingegen Gegenstimmen vor, so ist der ÖNORM-Vorschlag vorläufig abgelehnt. Die Gegenstimme sowie deren Begründung sind im Sitzungsprotokoll zu vermerken. Wurde ein ÖNORM-Vorschlag abgelehnt und betragen die Gegenstimmen aber weniger als ein Viertel der Anzahl der stimmberechtigten Mitarbeiter, so kann der FNA aufgrund eines einfachen Mehrheitsbeschlusses durch die Geschäftsführung beim Präsidium einen Antrag auf Zulassung eines Mehrheitsbeschlusses stellen lassen, wobei bei einer neuerlichen Abstimmung unter Außerachtlassung der Stimmenthaltungen eine Mehrheit von drei Viertel der Stimmen zur Auflage des Normenentwurfes zum Einspruch durch die Öffentlichkeit ausreicht. Bei unveränderter Übernahme von ausländischen oder internationalen Normen (z.B. ISO) oder Normentwürfen sowie Entwürfen zu ÖNORMVornormen103 hingegen genügt schon bei der erstmaligen Abstimmung Dreiviertelmehrheit. Eine nationale Abstimmung hat überhaupt zu entfallen, wenn sich aufgrund von bindenden Regelungen wie z.B. der CEN-Geschäftsordnung ergibt, dass regionale oder internationale Normen aufgrund deren Annahme im regionalen oder internationalen Gremium in das innerstaatliche Normenwerk zu übernehmen sind. Entgegenstehende gesetzliche Bestimmungen bleiben jedoch wirksam. Bei der Abstimmung ist jedes Mitglied des Fachnormenausschusses berechtigt, seine Stimme auf einen anderen Mitarbeiter zu delegieren, wobei ein anwesender Mitarbeiter jedoch insgesamt nicht mehr als drei delegierte Stimmen auf sich vereinen darf.
3. Einspruchsverfahren Im Zuge der Abstimmung über die Auflegung eines Normvorschlages zum Einspruch durch die Öffentlichkeit104 hat der beschließende FNA auch die 100 101
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Zu Beschlussfähigkeit und Mitarbeiterwechsel siehe Pkt 2 der GO ON. Diese Anforderung kann gem. Pkt 4.5.2 der GO entfallen, wenn mindestens 3 Mitarbeiter sowie entweder der Vorsitzende oder ein Stellvertreter anwesend sind und in der Einladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde. Stimmenthaltungen werden dabei nach Pkt 4.5.4 der Geschäftsordnung nicht berücksichtigt. Vgl. Pkt II.B.1. Diese Tatsache wird durch Ankündigung des Titels der Norm im elektronischen Listenteil der Fachzeitschrift „CONNEX“ und unter der Internetadresse des ON (www.on-norm.at), sowie - abhängig von der jeweiligen Norm - in geeigneten Medien bekannt gegeben. Der vollständige Text kann - wie bereits publizierte Normen
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Dauer der Einspruchsfrist festzulegen, wobei eine Mindestfrist von 6 Wochen jedenfalls einzuhalten ist. Während der Dauer der Einspruchsfrist ist jede natürliche oder juristische Person - ausgenommen die Mitarbeiter des zuständigen FNA - berechtigt, Einsprüche zu ÖNORM-Entwürfen zu erheben. Nach deren Ablauf muss der FNA über die eingelangten Einsprüche beraten und kann hiefür den „Einsprecher“ beiziehen. Das Ergebnis der Beratungen wird vom FNA beschlussmässig festgehalten und festgelegt, ob die Norm zum Ausdruck freigegeben wird, ob ein „Schluss-Entwurf“ ohne Einspruchsfrist mit einer Laufzeit von bis zu maximal drei Jahren herausgegeben wird,105 oder ob infolge wesentlicher Änderungen neuerlich ein ÖNORM-Entwurf zum Einspruch durch die Öffentlichkeit aufzulegen ist. Im Falle der Herausgabe eines „Schluss-Entwurfes“ werden bereits bestehende ÖNORMEN zurückgezogen. Stimmen bei der abschließenden Entscheidung über den erhobenen Einspruch drei Viertel der anwesenden Mitglieder für die Annahme des Einspruches, so gilt dieser als angenommen. Der Einsprecher ist, so er bei der Beratung nicht anwesend war, vom Ergebnis der Einspruchsbehandlung schriftlich zu verständigen.
4. Laufende Geschäfte Um gewährleisten zu können, dass sich die ÖNORMEN ständig auf dem aktuellen Stand der Technik befinden, sieht die Geschäftsordnung des ON vor, dass der jeweils zuständige FNA, so er nicht ohnedies laufend tagt, jede ÖNORM nach maximal zweijähriger Laufzeit einer Überprüfung zu unterziehen hat. Anlässlich dieser Überprüfung wird festgelegt, ob die betreffende ÖNORM weiterhin unverändert in Kraft bleiben soll, ob sie zwar in Kraft bleiben, aber doch einer Überarbeitung unterzogen werden soll, oder ob sie mangels Übereinstimmung mit dem Stand der Technik106 zurückzuziehen ist. Wie bei der Neuveröffentlichung von ÖNORMEN gilt auch hier, dass der zuständige FNA für den fachlichen Inhalt der Norm verantwortlich ist.
5. Mitgliedschaft im CEN Wie im Normengesetz vorgesehen107 pflegt das ON die Verbindungen zu ausländischen und internationalen Normungsorganisationen und ist in dieser Eigenschaft das Österreich vertretende Mitglied bei CEN. Im Zuge der Mitarbeit an der europäischen Normung dienen die einzelnen Fachnormenausschüsse des ON als „Spiegelgremien“ zu den jeweiligen technischen Komitees auf der Ebene des CEN, in denen parallel zur Normungsarbeit auf Europaebene im
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auch - entweder beim ON eingesehen oder erworben werden, die Normtexte liegen jedoch auch bei - je nach Norm verschiedenen - Partnerorganisationen des ON zur Einsicht auf. Eine wichtige derartige Partnerorganisation ist etwa die Wirtschaftskammer. Vgl Pkt. 4.7.3 Abs 2 der GO. Unter dem Stand der Technik versteht man ein entwickeltes Stadium der technischen Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, soweit Produkte, Prozesse und Dienstleistungen betroffen sind. Als Basis dienen die diesbezüglichen gesicherten Erkenntnisse von Wissenschaft, Technik und Erfahrung. [ISO/IEC Leitfaden 2:1996, Begriff 1.4] § 2 Abs 2 Z 8 NormenG.
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nationalen Umfeld an der Festlegung des einheitlichen nationalen Standpunktes gearbeitet wird,108 nach dessen Maßgabe die nationalen Interessen im europäischen Normungsprozess zu vertreten sind.
IV. Europäische Normung A. Die „Neue Konzeption“109 1. Allgemeines Das ursprüngliche Konzept der Kommission, die aufgrund der unterschiedlichen technischen Vorschriften und den damit verbundenen unterschiedlichen Schutzniveaus in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Handelshemmnisse zugunsten eines freien Binnenmarktes zu beseitigen, bestand darin, einzelne Harmonisierungsrichtlinien für jede Produktkategorie zu erlassen. Diesen Plänen folgte jedoch bald die Ernüchterung, da die Inhalte dieser Richtlinien notwendig sehr technisch gehalten sein mussten und überdies nach der damals einschlägigen Kompetenzgrundlage des Artikels 100 EWG-Vertrag Einstimmigkeit vorgeschrieben war. Angesichts der äußerst langsamen Fortschritte bei der Ausarbeitung dieser Richtlinien110 und der Erkenntnis, dass derartige technische Vorschriften mit dem Stand der Technik zumindest Schritt halten müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Gemeinschaft nicht zu gefährden, und daher laufend einer Änderung unterzogen werden müssten, begann die Suche nach einem faktisch bewältigbaren Verfahren zur Harmonisierung der technischen Vorschriften. Es kam zur Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die sich mit den Fragen der Beziehung von grundlegenden Sicherheitsanforderungen in Richtlinien und technischen Festlegungen in Normen sowie mit dem Themenkreis des Nachweises der Konformität zu beschäftigen hatte, und die Vorschläge für die Beteiligung der Öffentlichkeit am Normierungsprozess wie auch Mechanismen zur Überwindung allfälliger Schwierigkeiten bei Anwendung des Normenverweises ausarbeiten sollte. Nach Vorliegen der Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe folgte zum einen mit der Einheitlichen Europäischen Akte111 die Aufnahme eines erleichterten Erzeugungsverfahrens unter anderem für derartige Richtlinien. Nach Art 95 EG (früher Art 100a EGV) können Richtlinien schon mit qualifizierter Mehrheit verabschiedet werden. Zum anderen legte die „Entschließung über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Nor-
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Zu weiteren Zuständigkeiten der nationalen Normungsorganisationen im Zuge der Ausarbeitung europäischer Normen siehe Kapitel VI. Zu den nach der neuen Konzeption bereits erlassenen Richtlinien siehe Europäische Kommission, Leitfaden für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien(2000), 13. Musterbeispiel ist die sogenannte Rasenmäherrichtlinie (Richtlinie 84/538/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den zulässigen Schalleistungspegel von Rasenmähern), deren Ausarbeitung einen Zeitraum von 7 Jahren beanspruchte. Vgl statt aller Holoubek (FN 47) 91 f. Die Einheitliche Europäische Akte v. 17./28.2. 1986, Abl 1987 L 169/1.
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mung“112 die Grundlage für ein „kooperatives“ Normkonkretisierungsverfahren nach dem Modell einer „regulierten Selbstregulierung“. Die Richtlinien selbst begnügen sich damit, die „grundlegenden Anforderungen“, insbesondere im Hinblick auf Sicherheit, aber auch Umweltgerechtigkeit oder Verbraucherschutzstandards von Produkten sowie das Verfahren zum Nachweis der Normkonformität113 und schließlich ein Schutzklauselverfahren festzuschreiben. Die materielle Konkretisierung der „grundlegenden Anforderungen“ sowie die Einzelheiten des Konformitätsnachweises werden an die Europäischen Normen delegiert. Wesentlich ist dabei, dass der Nachweis der Normkonformität eine - allerdings im Schutzklauselverfahren in Ausnahmesituationen widerlegliche - Vermutung konstituiert, das Produkt entspreche den „grundlegenden Anforderungen“ der Richtlinie. Der Konformitätsnachweis stellt freilich nur den standardisierten „Normalfall“ dar, wie ein Produzent oder ein Händler nachweisen kann, dass sein Produkt den Anforderungen der Richtlinie bzw. der jeweiligen Umsetzungsvorschrift entspricht. Grundsätzlich steht ihm auch die Möglichkeit eines individuellen Einzelnachweises offen, der freilich weiterhin durch mitgliedstaatliche Vorschriften geregelt wird bzw. geregelt werden kann. Mittlerweile ist Normung ein integraler Bestandteil der europäischen Politik zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und zur Beseitigung von Handelshemmnissen geworden. Sie hat sich in diesem Zusammenhang als erfolgreiches Werkzeug erwiesen und soll aus diesem Grund in der europäischen Politik und Rechtsetzung zukünftig noch stärker genutzt werden, unter anderem auch für Bereiche die über den Binnenmarkt für Waren hinausgehen.114 Mit diesem erweiterten Anwendungsbereich für Normen ist die Planung einer eigenen Rechtsgrundlage für die Finanzierung der europäischen Normung115 sowie eine Überarbeitung des Normenteils der Richtlinie 98/34 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften verbunden.116
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Entschließung des Rates vom 7.Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normen, Abl 1985 C 136/1. Der Anhang zur Entschließung des Rates enthält eine „Modellrichtlinie“, die die wesentlichen Inhalte der im Rahmen der „neuen Konzeption“ zu beschließenden Einzelrichtlinien vorgibt. Vgl auch das Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat „ Vollendung des Binnenmarktes“ vom 14.6.1985, KOM(85) 310 endg., 19ff. Vgl. dazu den Beschluß 93/465/EWG des Rates vom 22. Juli 1993, Abl 1993 L 220/23, in welchem die in den einzelnen Richtlinien zu verwendenden, einheitlichen Module zur Konformitätsbewertung festgelegt wurden. Vgl. dazu die Mitteilung der Kommission über die Rolle der europäischen Normung im Rahmen der europäischen Politik und Rechtsvorschriften vom 18.10.2004, KOM(2004) 674 endg. Vgl. dazu den Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Parlaments und Rates über die Finanzierung der europäischen Normung, KOM (2005), 377 endg. KOM(2004) 674 endg 3.
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2. Grundsätze der neuen Konzeption Beim Erlaß von Richtlinien im Bereich der Harmonisierung technischer Anforderungen an Produkte nach den Grundsätzen der „Neuen Konzeption”117 sind die nachfolgenden Grundprinzipien zu beachten: Die nach den Art 95 und 251 EGV erlassenen Harmonisierungsrichtlinien beschränken sich nach der neuen Konzeption darauf, ausschliesslich die an das jeweilige Produkt zu stellenden grundlegenden Sicherheitsanforderungen (oder sonstigen Anforderungen im Interesse des Gemeinwohls) festzuschreiben. Diese Anforderungen finden sich in den Anhängen zu den einzelnen Richtlinien und enthalten alles, was zur Erreichung des Ziels der Richtlinie notwendig ist. Um verkehrsfähig zu sein, müssen die einzelnen Erzeugnisse diesen grundlegenden Anforderungen genügen. Damit ist der freie, ungehinderte Warenverkehr für diese Produkte in der Gemeinschaft gewährleistet. Den europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC wird unter Berücksichtigung des Standes der Technologie die Aufgabe übertragen, unter Heranziehung und Berücksichtigung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen technische Spezifikationen auszuarbeiten, die die Beteiligten benötigen, um Erzeugnisse herstellen und in Verkehr bringen zu können, die den in den Richtlinien festgelegten grundlegenden Anforderungen entsprechen. Diese technischen Spezifikationen erhalten keinerlei obligatorischen Charakter, sondern bleiben freiwillige Normen. Der einzelne Hersteller hat somit die Wahl normkonform zu produzieren oder sich eines anderen, ihm geeigneter erscheinenden Verfahrens oder einer andersartigen Produktgestaltung zu bedienen. Ungeachtet des freiwilligen Charakters der harmonisierten Normen haben die einzelnen Produkte - also auch solche, die nicht den Normen konform hergestellt wurden - jedenfalls den in der Richtlinie enthaltenen grundlegenden Anforderungen zu entsprechen, um in Verkehr gebracht werden zu können.
Gleichzeitig werden jedoch die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, bei Erzeugnissen, die nach harmonisierten Normen (bzw. vorläufig nach nationalen Normen) hergestellt worden sind, eine Übereinstimmung mit den in der Richtlinie aufgestellten „grundlegenden Anforderungen” anzunehmen. Bezogen auf die vorgenannte Wahlmöglichkeit des einzelnen Herstellers, die harmonisierten Normen anzuwenden oder nicht, bedeutet dies, dass derjenige, der nicht normkonform produziert, den Beweis fuer die Übereinstimmung seiner Erzeugnisse mit den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie zu erbringen hat. Abgestellt auf den Inhalt der jeweiligen Harmonisierungsrichtlinie ergibt sich daher folgendes Bild: Die Richtlinie umschreibt ihren Anwendungsbereich und legt notwendigerweise mit unbestimmten Rechtsbegriffen und unter Zuhilfenahme von Generalklauseln die grundlegenden Anforderungen im Hinblick auf Sicherheit, Gesundheit, Umwelt- und Verbraucherschutz fest. Auf dieser Basis erarbeiten CEN/CENELEC europäische Normen, die diese grund117
Richtlinien nach der „Neuen Konzeption“ sind beispielsweise: Niederspannungsgeräte, RL 93/68/EWG; Bauprodukte, RL 89/106/EWG; Maschinen, RL 2006/42/EG; Persönliche Schutzausrüstungen, RL 96/58/EG; Spielzeug, RL 88/378/EWG; Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen, RL 99/5/EG.
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legenden Anforderungen in harmonisierten Normen konkretisieren. Die Mitgliedstaaten trifft nun in weiterer Folge die Pflicht, die harmonisierten Normen in geeigneter Weise innerstaatlich zu übernehmen, sowie das gemeinschaftsweite Inverkehrbringen ebenso wie die Inbetriebnahme solcher, diesen Anforderungen genügender Produkte nicht zu behindern. Abschließend wird in der Richtlinie geregelt, wie der jeweilige Hersteller die Konformität seines Produktes mit diesen grundlegenden Sicherheits- und Umweltanforderungen nachweisen kann. Hervorzustreichen ist, dass die genannten grundlegenden Anforderungen - anders als etwa Richtlinien im Bereich des Umweltschutzes - keine Mindestanforderungen aufstellen, sondern den Richtlinien vielmehr der Anspruch zukommt, abschließende Regelungen aufzustellen,118 die nur noch den jeweiligen sektorspezifischen Anforderungen angepasst werden müssen.119 Dies erfolgt durch Konkretisierung und Anpassung der grundlegenden Anforderungen an die jeweiligen sektorspezifischen Erfordernisse in den technischen Normen, die vom Europäischen Normungsinstitut (CEN) im Zusammenwirken mit den einzelnen nationalen Normungseinrichtungen ausgearbeitet und schließlich - Konsens bei der Abstimmung über die Veröffentlichung der erarbeiteten Norm vorausgesetzt - als „Harmonisierte Normen“ beschlossen und verabschiedet werden. Produkte, die den einschlägigen, (nationalen, in Umsetzung der harmonisierten Normen entstandenen) Normen entsprechen, haben die Vermutung für sich, den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie zu entsprechen.
Die „neue Konzeption“ der Rechtsvereinheitlichung mit Hilfe der Normung bringt somit eine vollständige Harmonisierung in den jeweils betroffenen Sektoren mit sich und verpflichtet daher die Mitgliedstaaten dazu, alle im Widerspruch stehenden nationalen Rechtsvorschriften aufzuheben, wobei die Mitgliedstaaten im allgemeinen auch nicht befugt sind, strengere als in der Richtlinie vorgesehene Vorschriften beizubehalten oder zu erlassen. Allenfalls besteht auf Grundlage der Artikel 28 und 30 EG die Möglichkeit eines „Schutzklauselverfahrens“,120 das den Mitgliedstaaten eine Einschränkung der Verkehrsfähigkeit von Produkten gestattet, wenn zu befürchten steht, das Produkt erfülle entweder nicht die Anforderungen der Richtlinie, es wären die einschlägigen Normen nicht korrekt angewandt worden oder eine Abweichung des Produktes von den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie sei auf einen Mangel der Norm selbst zurückzuführen.121 118 119
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Anselmann, Technische Vorschriften und Normen in Europa, 1991, 34. Die neue Konzeption verbietet den Mitgliedstaaten aber auch eine allzu detaillierte Konkretisierung der grundlegenden Anforderungen im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung, da eine solche wieder die Harmonisierungsabsicht unterlaufen würde. Vgl. unten, Pkt IV.E. Neben der Möglichkeit, ein Schutzklauselverfahren in Anspruch zu nehmen, ist auf die allgemeine, sogenannte Schutzverstärkungsklausel des Art 95 Abs 4 EG hinzuweisen. Diese erlaubt es den Mitgliedstaaten, trotz gemeinschaftsrechtlicher Vollharmonisierung, abweichende, ein höheres Schutzniveau vorsehende, einzelstaatliche Bestimmungen - freilich nur in engen Grenzen - beizubehalten. Grenzen sind einem nationalen Alleingang insoferne gesetzt, als nur solche Vorschriften beibehalten werden können, die „ durch wichtige Erfordernisse iS des Art 30 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind“. Die Einschränkung, dass es sich dabei um „wichtige Erfordernisse“ handeln müsse, ist im Sinne der Rechtsprechung zu den Art 28 und 30 EG als Beschränkung auf „zwingende Erfordernisse“ zu verstehen. Will ein Mitgliedstaat nationale Bestim-
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In konsequenter Verfolgung dieses Ansatzes sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bei unberechtigter Verwendung des CE-Kennzeichens122 sofort einzugreifen und repressive Maßnahmen zu verhängen, die jedoch - insbesondere dem Hersteller und der Kommission gegenüber - genau zu begründen sind. Auf bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten für den Hersteller oder Importeur des betroffenen Produktes ist hinzuweisen.
Eine Stillhalteverpflichtung123 während der Ausarbeitung von EN einschließlich der nachfolgenden Pflicht des Mitgliedstaates, diese nach Verabschiedung in das nationale Normenwerk zu übernehmen, stellt sicher, dass dem europäischen Prozess der Erarbeitung von Normen Vorrang vor nationalen Normierungsvorhaben zukommt.
B. Organisation der europäischen Normung 1. CEN a) Überblick, Entwicklung und Rechtsnatur Im Rahmen des Marshall-Planes und unter der Leitung der OECD wurde am 24. Oktober 1957 mit einer losen Zusammenarbeit zwischen den Direktoren der nationalen Normungsorganisationen begonnen, um auf dem Wege der einheitlichen Normung und im Interesse des wirtschaftlichen Wiederaufbaus Europas eine Steigerung der Produktivität zu bewirken. Die in den ersten drei Resolutionen definierte Zielsetzung124 dieser Vereinigung bestand in der Beseitigung technischer Handelshemmnisse durch gemeinsame europäische Normungsarbeiten. Europaweit einheitliche Normen sollten helfen, den Austausch von Waren und Dienstleistungen zu erleichtern. In jenen Fällen, in denen es mit den Anforderungen der EU und EFTA in Einklang zu bringen war, erzielte man durch die Übernahme von ISO-Empfehlungen eine wesentliche Erleichterung dieses Angleichungsprozesses. In den Jahren 1975/1976 verlegte diese noch lose Vereinigung ihren Sitz nach Brüssel und konstituierte sich ursprünglich unter der Bezeichnung „Zu-
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mungen beibehalten, so hat er dies der Kommission vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Harmonisierungsmaßnahme zu notifizieren und die Gründe für die Beibehaltung darzutun. Der Entscheidung der Kommission, mit der eine nationale Maßnahme bestätigt oder abgelehnt wird, wurde von der Rechtsprechung des EuGH „konstitutiver Charakter“ zugemessen. Vgl näher mwH Herrnfeld, in Schwarze(Hrsg) EUKommentar, 2000, Art 95, RZ 55 ff.; Breier, Das PCP-Urteil des Europäischen Gerichtshofs, ÖJZ 1994, 794; EuGH Rs 120/78, Cassis de Dijon, Slg 1979, 649; EuGH Rs C-319/97, Antoine Kortas, Slg 1999, I-3143; EuGH Rs C 41/93 Frankreich gegen Kommission, Slg 1994, I-1829. Die Anbringung dieses Kennzeichens, das aus der Buchstabenfolge „CE“ besteht, bescheinigt einem Produkt die Konformität mit sämtlichen Verpflichtungen, die den Hersteller in Bezug auf das Erzeugnis aufgrund der Gemeinschaftsrichtlinien treffen. Eine Stillhalteverpflichtung ist eine von den CEN/CENELEC-Mitgliedern übernommene Verpflichtung, nichts zu unternehmen, weder während der Vorbereitung einer EN oder eines HD noch nach deren Annahme, was die angestrebte Harmonisierung beeinträchtigen könnte, und insbesondere keine neue oder überarbeitete nationale Norm zu veröffentlichen, die nicht vollständig mit einer existierenden EN oder einem HD übereinstimmt. Vgl. 6.1. GOCEN/CENELEC; siehe weiters Griller (FN 16) 266 f. Vgl. näher mwN Zubke-von Thünen (FN 24) 633 f.
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sammengefasste Normungsinstitution in Westeuropa“, später umbenannt in „CEN“, als gemeinnütziger internationaler Verein mit technisch-wissenschaftlichem Charakter nach belgischem Recht. Ursprünglich umfasste dieser Verein lediglich die nationalen Normungsinstitutionen der einzelnen Mitgliedstaaten der EU sowie des EWR-Raumes und der Schweiz. 1992 öffnete die CEN-Generalversammlung einer neuen Kategorie von Mitgliedern den Zugang zu den Gremien des CEN: Diese als „assoziierte Mitglieder“ bezeichneten sozialen und wirtschaftlichen Interessenverbände auf europäischer Ebene haben die folgenden Bedingungen zu erfüllen: • Die Beteiligung an diesen Organisationen muss - unter Beachtung der jeweiligen internen Regeln - allen interessierten Gremien oder Staatsangehörigen aller jener Länder offen stehen, die ein nationales Mitglied im CEN haben. • Sie müssen ein berechtigtes Interesse an der europäischen Normung im allgemeinen oder zumindest in einem größeren Wirtschaftszweig im besonderen aufweisen. • Sie müssen aufgrund ihrer Mitglieder und ihrer inneren Organisation in der Lage sein, sachdienlich und auf repräsentative Weise an den Zielen des CEN mitzuwirken. • Sie müssen sich verpflichten, zur Verwirklichung der Ziele des CEN beizutragen und die Normung zu fördern. Die assoziierten Mitglieder können an den der Beschlussfassung vorausgehenden Debatten teilnehmen und in den sektoralen technischen Büros ihre Standpunkte darlegen. Mangels Stimmrechtes sind sie jedoch nicht in der Lage, an der Beschlussfassung mitzuwirken.
Nach innen bilden privates Satzungs- bzw. Geschäftsordnungsrecht die Rechtsgrundlage für Organisation und Verfahren der europäischen Normung. Nach außen findet sich die Rechtsgrundlage in den zwischen EU und EFTA sowie den europäischen Normungsorganisationen getroffenen Vereinbarungen,125 sowie in Kooperationsverträgen zwischen den Normungsinstituten selbst.126 b) Organe und Einrichtungen des CEN Unter der Leitung des Präsidenten nehmen die Delegationen aller Mitglieder, also der jeweiligen nationalen Normungsorganisationen, an der Generalversammlung als oberstem Gremium und Beschlussorgan des CEN teil. Sie entscheidet über die Aufnahme neuer Mitglieder, über die Mitgliedsbeiträge, über den Haushalt der Organisation und schließlich über Grundsatzfragen der Normenpolitik. Gemäß Art 17 der Satzung darf ein CEN-Mitglied, dem es nicht möglich ist, an einer Sitzung der Generalversammlung teilzunehmen, unter 125
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Zur vertraglichen Grundlage der Zusammenarbeit zwischen der Kommission der Europäischen Gemeinschaft und den Europäischen Normungsorganisationen vgl. CEN/CENELEC Memorandum Nr. 4, Allgemeine Leitsätze, http://www.cenelec. org/tools/corporate.htm; Rönck (FN 9) 95ff; Nicolas/Repussard, Gemeinsame Normen für die Unternehmen, 1994, 86ff. Vgl. hierzu das CEN/CENELEC Memorandum Nr. 3, Vereinbarung für die Zusammenarbeit zwischen CEN und CENELEC, http://www.cenelec.org/tools/corporate.htm.
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Einhaltung bestimmter Auflagen ein anderes CEN-Mitglied dazu ermächtigen, in seinem Namen zu handeln und abzustimmen. Diese Delegationsmöglichkeit wird jedoch dadurch beschränkt, dass ein Mitglied nur ein weiteres mit vertreten darf. Der Verwaltungsrat des CEN setzt sich aus den Direktoren der nationalen Normungsinstitutionen zusammen und entscheidet über allgemeine Fragen des Tätigwerdens des CEN. Seine Entscheidungen unterliegen jedoch der nachträglichen Überprüfung durch das höchste Vereinsorgan, die Generalversammlung. Das unter der Leitung des Generalsekretärs stehende Zentralsekretariat befindet sich am eingetragenen Sitz des CEN und organisiert das Tätigwerden des CEN.127 Der Generalsekretär selbst ist darüber hinaus für die Ausführung der Beschlüsse der Generalversammlung, des Verwaltungsrates sowie der von diesen eingesetzten Ausschüsse verantwortlich. Daher sind auch Vertreter des Zentralsekretariates zu den Sitzungen der anderen Organe des CEN grundsätzlich zugelassen. Das Technische Büro (BT) besteht aus dem Präsidenten und/oder dem(den) Vizepräsidenten sowie einem ständigen Delegierten jedes Mitgliedes, dem die Aufgabe zukommt, dieses effektiv zu vertreten. Die Sitzungen des BT finden unter der Leitung des Präsidenten oder eines Vizepräsidenten statt. Der Aufgabenbereich des BT liegt in der Koordinierung, Steuerung, Organisation und Überwachung der Arbeitsverfahren sowie der Ausarbeitung und Planung des Normenprogrammes. In diesem Rahmen kommt dem BT etwa die Entscheidungsbefugnis über die Aufnahme von Normenprojekten in das Arbeitsprogramm des CEN, weiters die Einrichtung oder Auflösung eines Technischen Komitees oder die Auflage beziehungsweise Aufhebung einer Stillhalteverpflichtung für die Mitgliedstaaten zu. Das BT prüft neue Projekte, den Fortschritt der Normungsarbeit und stellt so unter anderem die größtmögliche Koordination zwischen den einzelnen Technischen Komitees sicher. Ein Überlappen einzelner Normungsarbeiten in fachlicher Hinsicht wird dadurch verhindert.128 Vertreter der EU-Kommission und des EFTA-Sekretariates sowie - vertragliche Vereinbarungen vorausgesetzt - Vertreter anderer Organisationen können als Beobachter den Sitzungen des BT beiwohnen. Der Vorsitzende darf darüber hinaus in besonderen Fällen Fachleute zur Teilnahme an den Sitzungen einladen.
Je nach konkretem Erfordernis können von der Generalversammlung, vom Technischen Büro oder vom CEN/CENELEC-Präsidialausschuß Programmkomitees eingerichtet werden, damit diese die Planung und Programmgestaltung der Normungstätigkeit innerhalb eines bestimmten, abgrenzbaren Bereiches umfassend koordinieren. Sie arbeiten dabei in der Eigenschaft von Beratern, die ihre Empfehlungen an das übergeordnete Gremium129 richten. Ziel 127 128
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So nimmt es etwa auch die Funktionen des Sekretariates des Technischen Büros wahr. Vgl. GOCEN/CENELEC 2.1.2. Über die bereits genannten Kompetenzen hinaus kommen dem BT noch weitere, in Pkt. 2 des Zweiten Teiles der Geschäftsordnung (Gemeinsame Regeln für die Normungsarbeit) aufgezählte Befugnisse und Aufgaben zu. Das ist jenes Gremium, welches das Programmkomitee jeweils im Einzelfall einrichtet, also die Generalversammlung, das Technische Büro oder der Präsidialausschuss.
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dieser Empfehlungen hat dabei zu sein, dass binnen annehmbarer Frist zusammenhängende und widerspruchsfreie Normen erstellt werden können. Auf dem ihnen zugewiesenen Gebiet haben die Programmkomitees das Normungsprogramm, also ein Arbeitsprogramm beinhaltend die laufenden Arbeitsthemen der Normungstätigkeit zu erstellen und dieses mindestens einmal jährlich fortzuschreiben. Dabei sind nachfolgende Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen: • Vorhandene ISO/IEC-Normen werden als EN oder HD angenommen • Die Ergebnisse von ISO/IEC auf demselben Gebiet werden abgewartet • Die Normungstätigkeit wird mit der Absicht begonnen, das Ergebnis an ISO/IEC weiterzugeben • Normungsarbeit wird nicht aufgenommen bzw bereits laufende Arbeiten werden eingestellt Jedes CEN/CENELEC-Mitglied hat das Recht, ein Mitglied des Programmkomitees zu bestimmen. Um sicherzustellen, dass der Bedarf an europäischer Normung auch zielsicher erhoben und bewertet werden kann, ist vorgesehen, dass diese Mitglieder der oberen Managementebene der interessierten Kreise zu entstammen haben. In den Technischen Komitees (TC, Comités Techniques), welche je nach Bedarf vom Technischen Büro eingesetzt oder aufgelöst werden, findet die eigentliche Normungstätigkeit statt. Jedem CEN/CENELEC- Mitglied als gleichzeitigem Mitglied der TCs steht das Recht zu, seine Delegierten in die Technischen Komitees zu entsenden. Es sollte dabei darauf geachtet werden, dass pro TC und pro Mitglied nur maximal drei Delegierte gleichzeitig an den Sitzungen teilnehmen. Nach dem Prinzip der territorialen Repräsentation und damit ein rascher Fortschritt bei der Normungstätigkeit gewährleistet werden kann, ist jedes Mitglied dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Delegationen einen jeweils einheitlichen nationalen Standpunkt als Ergebnis eines nationalen Meinungsbildungsprozesses unter Beteiligung aller von der Arbeit in einem Staat betroffener Fachkreise vertritt. Der Aufgabenbereich der einzelnen TC liegt in der Erarbeitung von Normenentwürfen für einzelne Produkte bzw Produktarten in dem ihnen jeweils zugewiesenen Fachgebiet, wobei jedes Technische Komitee zur Erfüllung dieser Aufgaben ein Arbeitsprogramm aufzustellen hat, das für jedes Projekt genaue Angaben über Titel, Anwendungsbereich und Zieldaten für die kritischen Stufen enthält und mindestens einmal jährlich zu überprüfen ist. Dieses Programm bedarf der Zustimmung des BT. Im Rahmen der eigentlichen Normungsarbeit sind die TC gehalten, sämtliche ihre Arbeit betreffenden internationalen und nationalen Normungsarbeiten wie auch solche aus verwandten Gegenständen zu berücksichtigen. Hat ein Technisches Komitee schließlich alle ihm zugewiesenen Aufgaben erfüllt und wurde die Norm verabschiedet, so behält es seine Zuständigkeit zur Änderung und Auslegung sowie zur periodischen Überprüfung derselben. Bei der Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben können sich die Technischen Komitees der sogenannten Arbeitsgruppen und Unterkomitees bedienen, welche zur Erledigung bestimmter, kurzfristiger Aufgaben innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne eingerichtet werden dürfen. Die formell eingerichteten Arbeitsgruppen, die aus einzelnen zumeist vom übergeordneten Technischen Komitee bestellten Mitgliedern bestehen, haben von diesem jeweils klare Handlungsvorgaben zu erhalten und sind in der Regel nach Beendigung der gestellten Aufgaben wieder aufzulösen.
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Hat ein TC ein großes Arbeitsprogramm zu erledigen, sind für unterschiedliche Teile dieser Arbeit unterschiedliche Kenntnisse notwendig und erfordert der Umfang der besonderen Arbeiten eine Koordinierung über eine lange Zeitspanne hinweg, so kann das TC - Zustimmung durch das Technische Büro vorausgesetzt - Unterkomitees einrichten. Die Mitglieder dieser Unterkomitees sind gleich wie bei den TC die CEN/CENELEC-Mitglieder und unterliegen hinsichtlich ihrer Verpflichtungen denselben Vorschriften wie die Mitglieder der TCs.
Entsprechend der Eigenschaft als europäische Normungsorganisation bestimmt die Geschäftsordnung von CEN/CENELEC130 die Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch als die drei offiziellen Sprachen des Komitees, in denen sämtliche Normen und deren Entwürfe auszuarbeiten sind.
2. CENELEC (Comité Européen de Normalisation Électrotechnique) Diese Schwesterorganisation des CEN ging 1973 aus den beiden internationalen Organisationen CENELCOM und CENEL hervor. Sie wurde 1976 als belgischer privatrechtlicher Verein zur Vereinigung der nationalen elektrotechnischen Normungsorganisationen umstrukturiert. Im Rahmen des gemeinsamen Zieles der Vereinheitlichung der Normung im europäischen Raum und des Abbaues möglicher durch unterschiedliche Normen bestehender Handelshemmnisse kommt CENELEC die Aufgabe der Normung auf dem Gebiet der Elektrotechnik zu. So hatte sich CENELEC beispielsweise dazu bereit erklärt, die Harmonisierung jener Normen zu übernehmen, die zur Ausfüllung der sogenannten Niederspannungsrichtlinie nötig waren. Da die Geschäftsordnung von CEN und CENELEC Organisation und Verfahren der beiden Vereine gemeinsam regelt, ist hinsichtlich der Erfüllung der CENELEC zukommenden Aufgaben und seiner Organe auf die bereits dargestellten Regelungen und Organisationsvorschriften des CEN zu verweisen.131 Unterschiede in der Organisation bestehen lediglich im Bereich der Mitgliedschaft insoferne, als seine Mitglieder anstatt der nationalen Normungsorganisationen die jeweiligen elektrotechnischen Komitees in den Mitgliedstaaten sind. Im Unterschied zu CEN nimmt CENELEC jedoch erst dann selbst Normungsarbeiten auf, wenn keine geeigneten internationalen Normen zur Verfügung stehen.
3. Gemeinsame Facharbeit 132 In den Fällen, in denen elektrotechnische und nichtelektrotechnische Gebiete gemeinsame Aspekte haben und die Gefahr einer Doppelarbeit gegeben ist, setzt der gemeinsame Präsidialausschuss von CEN/CENELEC nach Konsultation aller Mitglieder gemeinsame Technische Komitees oder gemeinsame Arbeitsgruppen ein, um Harmonisierungsaufgaben durchführen zu lassen.
4. ETSI133 Bis zum Jahre 1988 wurde die technische Normung auf dem Gebiet der Telekommunikation zuerst durch die nationalen Fernmeldeverwaltungen, ab 1959 130 131 132 133
Pkt. 3.2 GO CEN/CENELEC. Dies gilt insbesondere auch für die drei offiziellen Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch. Art 9. GOCEN/CENELEC. European Telecommunications Standards Institute.
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durch die „Konferenz der Post- und Fernmeldeverwaltungen“ (CEPT)134 wahrgenommen. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass diese Organisation den Anforderungen der Verwirklichung des Binnenmarktes bis Ende 1992 nicht gewachsen sein würde. Im Anschluss an das „Grünbuch Telekommunikation“135 der Kommission aus 1987 wurde mit 31. 3. 1988 das ETSI gegründet und 1992 von der Kommission der Europäischen Union als europäische Organisation zur Erstellung von Telekommunikationsnormen anerkannt. Abweichend von der Organisationsstruktur von CEN/CENELEC ist das ETSI in der Form eines nicht gewinnorientierten Vereins nach dem französischen Gesetz vom 1. Juli 1901 und dem Dekret vom 16 August 1901 gebildet und hat seinen Sitz in Sophia-Antipolis, Frankreich. Die satzungsmäßige Aufgabe des ETSI besteht darin, jene technischen Normen zu entwerfen und zu überarbeiten, die von den Mitgliedern des Institutes benötigt werden, also jene, die zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und zu diesen verwandten Diensten benötigt werden.136 Ähnlich wie auch CEN/CENELEC sieht die Satzung des ETSI auf der internationalen Ebene eine weitgehende Orientierung an den Ergebnissen der internationalen Normung, insbesondere den Normungsergebnissen der ITU, vor.
C. Ablauf des Normungsverfahrens 1. Prinzipien Wie bei nationalen Normungsverfahren sind auch bei der Normung durch CEN/CENELEC die grundlegenden Prinzipien einer effektiven Normung zu beachten:137 • Sicherung der Interessen aller beteiligter Kreise durch entsprechende Repräsentation in den nationalen Lenkungs- und Normungsgremien. • Ein auf nationaler Ebene durchgeführtes, öffentliches Einspruchsverfahren soll die allgemeine Möglichkeit zur Mitarbeit eröffnen und so die Transparenz der Norm bewirken. • Höhere Akzeptanz der Normen durch grundsätzliche Anstrebung von Einstimmigkeitsbeschlüssen und Konsens bei sämtlichen Beschlüssen. • Freiwillige Teilnahme am Normungsprozess und freiwillige Anwendung harmonisierter europäischer Normen. • Stand der Technik wird durch die Mitwirkung von ehrenamtlichen Experten aus sämtlichen Mitgliedstaaten sowie der Möglichkeit des Einspruches durch die Öffentlichkeit erreicht. • Größtmögliche Breitenwirkung durch Heranziehung und Übernahme internationaler Normungsergebnisse, sofern möglich und geeignet. • Technische Kohärenz und Abbau von Handelshemmnissen durch Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Übernahme europäischer Normen in das 134 135 136 137
Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télécommunications. KOM (87) 290 endg. Vgl. Art 1 Statuten ETSI; http://portal.etsi.org/directives/home.asp. Vgl. Zubke-von Thünen (FN 24) 644ff.
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innerstaatliche Normenwerk sowie zur Zurückziehung entgegenstehender Normen. Grundsätzlich können die nationalen Mitgliedorganisationen, jedes CEN/CENELEC-Fachgremium, die Kommission der Europäischen Union, das EFTA-Sekretariat, eine internationale Organisation, sowie jede europäische Wirtschafts-, Berufs-, Fach- oder Wissenschaftsorganisation dem Zentralsekretariat Vorschläge für die Aufnahme neuer Normungsarbeiten unterbreiten, die dieses an das Technische Büro weiterleitet. Die Entscheidung über die weitere Vorgangsweise steht dann dem Technischen Büro zu, welches sich hiefür eines vom Programmkomitee entwickelten Planes sowie sämtlicher einschlägiger Informationen bedienen kann. Wird die Notwendigkeit bzw. Sinnhaftigkeit der Aufnahme eines neuen Normungsthemas bejaht, so ist nach bereits bestehenden internationalen Normen, die für eine Übernahme - allenfalls unter Anpassung oder Vervollständigung - geeignet erscheinen, zu suchen. Dabei sind primär ISO/IEC-Normen heranzuziehen, subsidiär ist es dem Technischen Büro oder dem zuständigen Technischen Komitee oder seinem Sekretariat gestattet, ein anderes geeignetes Dokument als Grundlage für die auf Ausarbeitung einer EN oder eines HD gerichtete Normungsarbeit heranzuziehen. Den wichtigsten Fall stellt aber das „Mandat“ der Kommission im Rahmen der „Neuen Konzeption“ dar. Dabei kann die Kommission auf Basis der Richtlinie über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften138 sowie der auf deren Grundlage erarbeiteten „Allgemeinen Leitsätze für die Zusammenarbeit zwischen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und CEN/CENELEC“139 an CEN/CENELEC ein Mandat zur Erarbeitung einer harmonisierten Norm erteilen, deren Ziel es ist, die in der Harmonisierungsrichtlinie enthaltenen grundlegenden Anforderungen insoferne zu konkretisieren, dass bei Einhaltung der Norm den grundlegenden Anforderungen zweifelsfrei entsprochen wird. Die solcherart ausgearbeiteten Normen sind von der Kommission mit Hinweis auf die der Norm zugrunde liegende Richtlinie im Amtsblatt Nr. C zu veröffentlichen.140 Für die Entstehung einer EN oder eines HD sind drei Wege gangbar: Sie können Ergebnis des Fragebogenverfahrens, der Arbeit eines Technischen Komitees oder einer Kombination aus beidem sein.
2. Fragebogenverfahren Liegt ein neues bzw ein überarbeitetes und zur Übernahme geeignetes Referenzdokument vor, so kann sich das BT ohne Befassung eines Technischen Komitees des sogenannten Fragebogenverfahrens bedienen, um zu evaluieren, ob genügend Interesse an der Harmonisierung des vorgeschlagenen Gegenstandes besteht, in welchem Grad eine nationale Harmonisierung mit dem Referenzdokument bereits besteht, und ob dieses Dokument als EN, HD oder ENV annehmbar erscheint. Je nachdem, ob ein neues Referenzdokument oder ob ein überarbeitetes, dessen vorige Ausgabe bereits als EN oder HD angenommen 138 139 140
RL 83/189/EWG idF der RL 98/34/EG. Vgl. CEN/CENELEC Memorandum Nr. 4. Vgl. Korinek (FN 31) 323f.; Anselmann (FN 114) 84ff.
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worden war, vorliegt, wird im ersten Fall der „Erstfragebogen“, im zweiten Fall der „Fortschreibfragebogen“ versandt. So kein anderslautender Beschluss des BT vorliegt, beginnt mit dem Tag der Versendung des Fragebogens die Verpflichtung zur Stillhaltung, die es den CEN/CENELEC-Mitgliedern verbietet, eine neue oder überarbeitete Norm herauszugeben, die nicht völlig mit der EN oder dem HD übereinstimmt. Die Mitgliedstaaten haben binnen einer Frist von drei bzw sechs Monaten in ihren Antworten Abänderungsvorschläge oder Anträge auf nationale Abweichungen einzubringen und diese ausführlich zu begründen und insbesondere im Einzelnen den Einfluss nationaler Vorschriften, insbesondere eines Prüfungs- oder Zulassungszwanges auf die Harmonisierung zu erläutern.141 Beantragen während des Frageverfahrens mindestens drei Mitglieder die Harmonisierung, so ist dies ausreichend, um ein Interesse an der Harmonisierung als gegeben zu betrachten. Die zum Fragebogen eingegangenen Stellungnahmen bilden die Entscheidungsgrundlage für den weiteren Verlauf des Normungsverfahrens. Das BT oder das Technische Komitee - je nach Zuständigkeit - greifen bezüglich ihrer Entscheidung der Annahme oder der Zurückweisung von Stellungnahmen auf diese zurück, um zu einer der nachfolgenden Entscheidungen zu kommen: • Bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird, werden die Stellungnahmen an ein Technisches Komitee, ein Berichter-Sekretariat oder eine besondere Ad hocGruppe verwiesen, um so fachlichen Rat einzuholen. • Das Referenzdokument wird zur formellen Abstimmung gestellt, ob es als EN, HD oder ENV angenommen werden kann. • Das Referenzdokument erfordert weitere Facharbeit, die an ein bestehendes oder neu zu errichtendes Fachgremium vergeben wird. • Eine Harmonisierung ist infolge ungenügenden nationalen Interesses nicht möglich oder nicht notwendig. In diesem Fall wird dem Technischen Büro vorgeschlagen, die Stillhalteverpflichtung aufzuheben. • Ein CEN/CENELEC-Bericht wird herausgegeben, um aus erster Hand Informationen über die Harmonisierungssituation zu geben. Das Technische Büro hat über den Fortbestand der Stillhalteverpflichtung zu entscheiden.
3. Verfahren in den technischen Komitees Voraussetzung für ein Tätigwerden des TC ist, dass kein internationales Bezugsdokument in der vorliegenden Fassung angenommen werden kann. In den Technischen Komitees wird in den oben bereits näher dargestellten Gremien an der Erstellung eines Normentwurfes gearbeitet. Die von den TC erstellten Arbeitsentwürfe werden dabei entweder zur Beratung in den Sitzungen des TC oder zur schriftlichen Stellungnahme oder Abstimmung verteilt. Ziel dieser Vorgangsweise ist, dass schließlich die wesentliche, vorzugsweise einhellige Zustimmung zu einem Arbeitsentwurf erreicht wird142 und dieser Entwurf als EN oder HD angenommen werden kann. Bei Vorliegen eines solcherart angenommenen Entwurfes wird dieser vom Technischen Komitee an das CEN/CENELEC Zentralsekretariat weitergeleitet, wo der Entwurf eine
141 142
GO CEN/CENELEC, 4.2.6. GO-CEN/CENELEC, 4.3.3.
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Nummer als prEN143 oder prHD144 erhält. Im Anschluss daran leitet das Zentralsekretariat das CEN/CENELEC-Umfrageverfahren ein. Kann ein TC innerhalb des von ihm im Rahmen des Arbeitsprogrammes ausgearbeiteten und vom Technischen Büro genehmigten Zeitrahmens keinen Entwurf einer EN oder eines HD fertig stellen oder aus anderen Gründen die Arbeit an einem Normprojekt nicht mehr weiterführen, so hat es einen Situationsbericht zu erstellen und diesen dem BT auszuhändigen. Sinn und Zweck dieses Situationsberichtes ist es, den Stand des Ausarbeitungsverfahrens einschließlich einer Darstellung der Punkte der Übereinstimmung oder Meinungsverschiedenheiten sowie Informationen über die Natur der während der Arbeit aufgetretenen hemmenden Ursachen zu unterbreiten und eine Abschätzung vorzunehmen, ob innerhalb einer zu bestimmenden Verlängerungsfrist mit dem Normungsziel nützlichen Ergebnissen gerechnet werden kann. Das BT hat diesen Bericht zu beraten und anschließend darüber zu entscheiden, ob die Arbeit mit neuen Zieldaten fortgesetzt wird, und in jedem Fall festlegen, ob es einen CEN/CENELECBericht zur Herausgabe an die Mitglieder oder andere, außerhalb von CEN/CENELEC stehende Gremien oder Organisationen autorisieren will.
4. CEN/CENELEC-Umfrage Als Grundlage dieses Umfrageverfahrens wird der Normentwurf an sämtliche Mitglieder verteilt, damit diese binnen üblicherweise145 sechs Monaten die Stellungnahmen der Öffentlichkeit einholen. Dazu ist in Österreich die Neuerscheinung von CEN-Entwürfen im elektronischen Listenteil der Zeitschrift „CONNEX“ zu verlautbaren, um auf diesem Wege die Öffentlichkeit zur Abgabe von Stellungnahmen einzuladen. Langen beim Österreichischen Normungsinstitut derartige Entwürfe ein, werden diese zur Erarbeitung der Stellungnahme dem zuständigen Fachnormenausschuss oder den vom FNA hierzu bestimmten Mitgliedern übergeben. So auf einem bestimmten Fachgebiet kein FNA eingerichtet ist, sollen nach Möglichkeit einschlägige Fachleute mit der Aufgabe der Erarbeitung der Stellungnahme beauftragt werden. Ergeben die bei CEN/CENELEC eingelangten Ergebnisse des Umfrageverfahrens eine ausreichende, vorzugsweise einstimmige Zustimmung zum Inhalt des Entwurfes,146 so erarbeitet das Sekretariat des TC - unbeschadet der Durchsicht der eingegangenen fachlichen Stellungnahmen durch das TC - eine endgültige Textfassung, die schließlich angenommen werden soll. Ist jedoch aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen ersichtlich, dass für die Verabschiedung des Entwurfes als EN oder HD keine hinreichende Zustimmung besteht, so kann das TC beschließen, eine zweite Umfrage durchzuführen, die üblicherweise147 zwei, höchstens aber vier Monate dauert. Führt auch diese zweite Umfrage nicht zu der angestrebten Mehrheit bzw. Einstimmigkeit, so darf kein weiteres Umfrageverfahren mehr durchgeführt werden. Ist also ersichtlich, dass ein vorgeschlagener Text nicht die für die Veröffentlichung als EN hinreichen-
143 144 145 146 147
Projet EN, Europäischer Norm-Entwurf bei CEN/CENELEC. Projet HD, Europäischer Harmonisierungsdokument-Entwurf bei CEN/CENELEC. Vgl. GO CEN/CENELEC Pkt. 4.8.3 Vgl. GO CEN/CENELEC Pkt. 4.3.7 Vgl. GO CEN/CENELEC Pkt. 4.3.8
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de Zustimmung erlangen wird, sofern nicht „B-Abweichungen“148 hinzugefügt werden, soll die Erstellung eines HD in Betracht gezogen werden.
5. Annahme von EN und HD Die Annahme des endgültigen Wortlautes eines Europäischen Norm-Entwurfes (prEN) oder eines Harmonisierungsdokument-Entwurfes (prHD) erfolgt durch eine formelle Abstimmung innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Versendung der Abstimmungsformulare, die zusammen mit dem endgültigen Wortlaut in den drei Sprachfassungen an die Mitglieder verteilt werden, bei welcher die abgegebenen Stimmen der Mitglieder nach einem festgelegten Schlüssel zu gewichten149 sind. Entsprechend der Zielsetzung, Normen effektiv zu harmonisieren, haben die Mitglieder bei der Abstimmung Nein-Stimmen zu begründen und Pro-Stimmen jedenfalls unbedingt abzugeben.
Ist das Ergebnis der Abstimmung positiv und wurde keine Berufung eingelegt,150 so hat das BT die Annahme der EN oder des HD festzustellen, und die Termine für die nationale Übernahme, das Datum für die Zurückziehung entgegenstehender nationaler Normen sowie das Datum für die Veröffentlichung von identischen nationalen Normen oder Anerkennungen festzulegen.151 Ist das Abstimmungsergebnis allerdings negativ, so hat das BT über die weitere Vorgangsweise zu entscheiden und festzulegen, ob die Stillhalteverpflichtung aufgehoben wird.
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Nationale Abweichungen von einem Harmonisierungsdokument, die auf besonderen technischen Anforderungen beruhen und die für eine bestimmte Übergangsfrist noch erlaubt sind, werden in der Terminologie der Geschäftsordnung von CEN/CENELEC als „B-Abweichungen“ bezeichnet. Vgl. Pkt 3.1.10 der Geschäftsordnung von CEN/CENELEC und unter Punkt 8. Zur Verteilung des Stimmgewichtes siehe GO CEN/CENELEC, Pkt. 5.1.4 f.: So kommen den Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Italien sowie dem Vereinigten Königreich je 10 Stimmen zu, Spanien besitzt 8 Stimmen, Belgien, die Niederlande, Griechenland, Portugal und die Schweiz je 5 Stimmen. Österreich und Schweden beteiligen sich je mit 4 Stimmen an der Abstimmung, während Dänemark, Finnland, Irland und Norwegen durch je 3 Stimmen repräsentiert werden. Luxemburg besitzt 2, Island nur eine Stimme. Ist ein Mitglied der Meinung, ein Tätigwerden oder ein Unterlassen eines Gremiums oder Funktionärs von CEN/CENELEC sei nicht in Übereinstimmung mit der Satzung oder der Geschäftsordnung oder sei in anderer Weise nicht mit den Zielen von CEN/CENELEC vereinbar oder in Bezug auf die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes, in Bezug auf Sicherheit, Umweltschutz oder Gesundheit nicht mit den vorgegebenen Zielen im Einklang, so kann es binnen zweier Monate ab Erhalt des Sitzungsberichtes oder des Abstimmungsergebnisses unter Beifügung einer ausführlichen Begründung Einspruch beim Generalsekretär einlegen. Siehe hierzu näher Anhang A der GO. Die relevanten Daten sind: dor: Datum der Ratifizierung. Von diesem Zeitpunkt an gilt die Norm als angenommen; dav: Datum der Verfügbarkeit. Datum, zu dem der endgültige Text einer angenommenen EN/HD in den offiziellen Sprachfassungen vom Zentralsekretariat verteilt wird; doa: Datum der Ankündigung. Spätestes Datum, zu dem das Vorhandensein einer EN/HD oder ENV auf nationaler Ebene angekündigt werden muss; dop: Datum der Veröffentlichung. Spätestes Datum, zu dem eine EN auf nationaler Ebene durch Veröffentlichung einer identischen nationalen Norm oder durch Anerkennung übernommen werden muss; dow: Datum der Zurückziehung. Zu diesem müssen nationale Normen, die einer EN/HD entgegenstehen, zurückgezogen werden; vgl. GO CEN/CENELEC 3.1.11-15
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Bei der Auswertung der eingelangten Stimmen ist so vorzugehen, dass zuerst die Stimmen der Mitglieder zu zählen sind. Der Normungsvorschlag ist angenommen, wenn mindestens 77% der gewichtet abgegebenen Stimmen für die Annahme des Vorschlages sind. Wurde diese Mehrheit von 77% jedoch nicht erreicht, so werden die Stimmen der EU-Staaten gesondert gezählt. Der Vorschlag wird auch dann angenommen, wenn unter Berücksichtigung der Stimmgewichtung mindestens 77% der abgegebenen Stimmen dieser Länder Ja-Stimmen sind. In diesem Fall werden allerdings nur die EU-Staaten sowie diejenigen EFTA-Staaten gebunden, die dem Entwurf zugestimmt haben. Stimmenthaltungen sind bei der Abstimmung nicht zu berücksichtigen.
6. CDL-Verfahren ( Normenkontrollverfahren) Innerhalb der vorgenannten Frist von sechs Monaten zur Einholung der Stellungnahmen der Öffentlichkeit hat auch die erste Prüfung des Entwurfes im CDL-Verfahren durch die Normenprüfstelle152 stattzufinden. Das CDL, die Normenprüfstelle, wurde als Beratungsgremium eingesetzt, um den Redaktionskomitees der TC und anderen, Normen erstellenden Gremien bei der Gestaltung von Normen und Bearbeitung redaktioneller Stellungnahmen zu helfen. Die erste Prüfung der Norm läuft parallel zur CEN/CENELEC-Umfrage, die zweite derartige Überprüfung einer zu verabschiedenden Norm findet im Vorfeld der formellen Abstimmung statt. Der Normenprüfstelle kommt bei dieser Überprüfung keine Kompetenz zu, über den fachlichen Inhalt der Norm zu beschließen, sie kann jedoch zur Übereinstimmung des Normentwurfes mit den PNE-Regeln153 sowie dazu Stellung nehmen, ob der fachliche Inhalt einer prEN oder eines prHD mit einer bereits bestehenden, veröffentlichten EN/HD in Widerspruch steht oder diesbezüglich überflüssige Parallelaussagen enthält.
7. Einstufiges Annahmeverfahren (UAP) Begründet ein Dokument welchen Ursprunges auch immer die Vermutung, es könne dieses Schriftstück ohne weiteres auf europäischer Ebene als Norm angenommen werden, so kann nach Einleitung durch das Zentralsekretariat für ein solches „Referenzdokument“ eine schnelle Annahme als EN oder HD erreicht werden, indem das Fragebogenverfahren sogleich mit der Abstimmung verbunden wird. Handelt es sich um ein Dokument eines technischen Komitees, so verbindet das einstufige Annahmeverfahren das Umfrageverfahren mit der formellen Abstimmung. Wird ein positives Abstimmungsergebnis erzielt, so informiert das Zentralsekretariat die Mitglieder des technischen Büros über die Termine für Verfügbarkeit und Übernahme, ohne den beschlossenen Text noch einmal zu verteilen. Die Annahme des Ergebnisses gilt als Ratifizierung. Zur selben Zeit haben das technische Komitee oder die Berichter-Sekretariate in Zusammenarbeit mit der Normenprüfstelle die eingelangten redaktionellen Stellungnahmen zu prüfen und spätestens zum Termin der Verfügbarkeit den Schlusstext für die Verteilung zu erstellen. Ist das Abstimmungsergebnis jedoch negativ, wird das Dokument an das zuständige BT oder TC retourniert. Das Technische Büro entscheidet sodann - so ein TC eingeschaltet wurde, unter Einholung von dessen Stellungnahme - über das weitere Procede152 153
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re. Es hat sich auch mit der Frage zu befassen, ob die Stillhalteverpflichtung aufgehoben werden sollte. Nach Zustimmung des BT kann das Dokument entweder einem neuerlichen einstufigen Annahmeverfahren oder einer formellen Abstimmung unterzogen werden.
8. Abweichungen und besondere nationale Bedingungen Ziel der Harmonisierung ist es, dass ein nach nationalen Vorschriften und Normen hergestelltes Produkt ohne Änderung auch den Normen und einschlägigen Vorschriften der übrigen Mitgliedstaaten entspricht. Vielfach werden jedoch von den Mitgliedern von CEN/CENELEC die Harmonisierung behindernde Ausnahmen oder Abweichungen gewünscht. Diesfalls haben die Mitglieder einen Antrag auf gemeinsame Abänderung154 oder besondere nationale Abweichung155 in der Antwort auf einen ausgesandten Fragebogen oder frühestmöglich bei der Normungsarbeit, spätestens jedoch während der CEN/CENELEC-Umfrage, zu stellen. Jeder derartige Antrag hat unter genauer Bezugnahme auf das Arbeitsdokument und unter detaillierter Anführung der Gründe sowie der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen darzutun, warum eine Abänderung gewünscht wird. Nationale Abweichungen von einer EN oder einem HD, die auf von den Mitgliedern derzeit nicht abänderbaren Vorschriften beruhen, werden als AAbweichungen bezeichnet, unter dem Begriff B-Abweichung versteht man nationale Abweichungen von einem HD, die auf besonderen technischen Anforderungen des Mitgliedstaates beruhen, deren Beibehaltung binnen einer bestimmten Übergangsfrist wirklich notwendig und daher noch gestattet ist. Demgegenüber stellen besondere nationale Bedingungen, also eine nationale Eigenschaft oder Praxis, die nicht - selbst nach einem längeren Zeitraum geändert werden kann, keine Abweichungen im vorgenannten Sinne dar.156 Bei der Textierung von EN oder HD ist somit acht zu geben, dass diesen besonderen nationalen Bedingungen entsprochen wird, ohne dass extra auf sie verwiesen werden muss. Ist dies nicht möglich, so sind besondere nationale Bedingungen unter Angabe des technischen Sachverhaltes und des Landes in einem eigenen normativen Anhang aufzuführen. Je nach Zuständigkeit hat sich das BT oder das TC mit den eingelangten Anträgen zu befassen und abschließend zu entscheiden, ob der Antrag für eine zu bestimmende Übergangszeit angenommen, abgelehnt oder dem Mitglied zur nochmaligen kritischen Auseinandersetzung und zur neuerlichen Stellungnahme zurückgeleitet wird. Weiters besteht noch die Möglichkeit, den Antrag bis zur gemeinsamen Abänderung des Referenzdokumentes in Schwebe zu halten, es kann der Antrag an ein TC, BerichterSekretariat oder eine Arbeitsgruppe zur weiteren Untersuchung durch Fachleute weitergegeben werden, als besondere nationale Bedingung eingestuft oder angenommen werden. Bei völliger Unvereinbarkeit wird die Harmonisierung des Gegenstandes entweder 154
155
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Änderung, Ergänzung oder Streichung im Inhalt eines von CEN/CENELEC angenommenen Referenzdokumentes, die dadurch Teil der EN oder des HD ist. Vgl Pkt. 3.1.6 GO. Änderung, Ergänzung oder Streichung in einer nationalen Norm gegenüber dem Inhalt einer Norm oder eines HD für denselben Anwendungsbereich der EN oder des HD. Sie ist nicht Bestandteil der EN oder des HD. Vgl. Pkt. 3.1.8. GO. Die GO CEN/CENELEC nennt in diesem Zusammenhang beispielshaft klimatische Bedingungen oder Erdungsbedingungen.
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vertagt und die nächste Ausgabe des Referenzdokumentes abgewartet, oder das Projekt als Ganzes eingestellt.
9. Sicherung des Vorrangs der europäischen Normung a) Übernahmsverpflichtung, Zurückziehungsverpflichtung Wurde ein Arbeits- oder Referenzdokument als EN gemäß den oben dargestellten Regeln von CEN/CENELEC angenommen, so sind alle Mitglieder verpflichtet, die angenommene Norm entweder durch Veröffentlichung eines in fachlicher sowie gestalterischer Hinsicht identischen Textes oder durch Anerkennung ohne Einschränkung in das innerstaatliche Normenwerk zu übernehmen und entgegenstehende bzw. anderslautende innerstaatliche Normen zurückzuziehen.157 Handelt es sich beim angenommenen Dokument um ein HD, so hat die Übernahme in das Innerstaatliche Normenwerk durch öffentliche Ankündigung der Nummer und des Titels des HD sowie durch die Zurückziehung etwaiger entgegenstehender nationaler Normen zu geschehen.158 Im Anwendungsbereich eines HD ist es den Mitgliedern jedoch freigestellt, weiterhin nationale Normen zu einem diesem unterfallenden Gegenstand beizubehalten oder neu herauszugeben, wenn ihr Inhalt dem des HD entspricht. Nummer, Titel und Ausgabedatum dieser Normen sind dem Zentralsekretariat mitzuteilen. b) Stillhalteverpflichtung Die den Mitgliedern von CEN/CENELEC während des Normungsverfahrens auferlegte Stillhalteverpflichtung bedeutet, dass diese während der Vorbereitung einer EN oder eines HD nichts unternehmen dürfen, was die bevorstehende Harmonisierung gefährden könnte. Insbesondere besteht die Pflicht, keine neue oder überarbeitete nationale Norm zu veröffentlichen, die nicht vollständig mit einer existierenden EN oder HD übereinstimmt. Diese Stillhalteverpflichtung bezieht sich allerdings nur auf konkrete Normungsprojekte, nicht auf ganze Arbeitsgebiete oder -programme. Eine Aufhebung dieser Verpflichtung bei aufrechtem Normprojekt kommt nur dann in Betracht, wenn ein CEN/CENELEC-Mitglied während der Stillhalteverpflichtung auf Probleme stößt, die Sicherheit oder Gesundheit betreffen und sofortiges Handeln erfordern.159 Sofern es sich nicht um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift samt sämtlicher weiterer, für die nähere Beurteilung relevanter Unterlagen zu über157 158 159
Siehe GO, Pkt 5.2.2. siehe GO, Pkt. 5.2.3. Vgl GO CEN/CENELEC 6.2.4., Art 9 Abs 7 der RL 98/34/EG. In diesem Fall muss das Mitglied sofort den Mitgliedern des technischen Büros und dem Zentralsekretariat einen Vorschlag für die Ausarbeitung oder die Änderung einer EN oder eines HD unterbreiten und gleichzeitig den Vorschlag zur öffentlichen Umfrage auf nationaler Ebene in Umlauf bringen. Auf der Ebene von CEN/CENELEC hat binnen einer Frist von längstens vier Monaten ab Eingang des Abänderungsvorschlages beim technischen Büro - nach sachverständiger Begutachtung des Entwurfes und einer Abstimmung - eine Entscheidung über das weitere Verfahren zu fallen.
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mitteln sowie begründet darzulegen, aus welchen Gründen die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift als erforderlich angesehen wird. Ebenso haben die Mitgliedstaaten bei wesentlichen Änderungen von technischen Vorschriften vorzugehen. Gleichzeitig haben die Mitgliedstaaten die von dem Normungsvorhaben betroffenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Volltext beizuschließen, wenn deren Wortlaut für die Beurteilung der Tragweite des Entwurfes der technischen Vorschrift notwendig ist. Ein Verstoß gegen diese Notifizierungspflicht zieht die Unanwendbarkeit der betroffenen technischen Vorschrift auf Einzelpersonen nach sich.160 Sowohl die Kommission als auch die übrigen Mitgliedstaaten, welche ohne Verzögerung von der Kommission über das Vorhaben zu informieren sind, sind befugt, Bemerkungen bezüglich allfälliger Neuschaffung von Handelshemmnissen durch den Normentwurf bei dem Mitgliedstaat, von welchem der Entwurf stammt, anzubringen, die dieser bei der weiteren Ausarbeitung möglichst zu berücksichtigen hat. Jedenfalls aber ist der notifizierende Mitgliedstaat verpflichtet,161 mit der Annahme des Entwurfes eine Stillhaltefrist von drei Monaten ab Eingang der Benachrichtigung bei der Kommission einzuhalten, um der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu einer Stellungnahme offen zu lassen. Handelt es sich um den Entwurf einer technischen Vorschrift in Form einer freiwilligen Vereinbarung, bei der der Staat Vertragspartner ist, und die im öffentlichen Interesse die Einhaltung von technischen Spezifikationen und sonstigen Vorschriften - Vergabevorschriften im öffentlichen Beschaffungswesen ausgenommen - bezwecken, so bestimmt sich diese Frist mit vier Monaten. Die Entwürfe für technische Vorschriften dürfen bei fruchtlosem Verstreichen der Frist angenommen werden. Erheben jedoch entweder die Kommission oder ein Mitgliedstaat binnen drei Monaten ab dem Stichtag dahingehende Einwände, die geplante Maßnahme könnte den freien Warenverkehr beeinträchtigen, so verlängert sich die Stillhaltefrist um weitere drei Monate. Der betroffene Mitgliedstaat hat sodann der Kommission mitzuteilen, welche Maßnahmen er aufgrund der eingelangten Stellungnahmen zu ergreifen beabsichtigt. Wenn die Kommission binnen der vorgenannten Dreimonatsfrist bekannt gibt, dass sie beabsichtigt, für den gleichen Gegenstand eine Richtlinie, eine Verordnung oder eine Entscheidung im Sinne des Artikel 249 EGV vorzuschlagen, anzunehmen, oder dem Rat einen derartigen Vorschlag bereits vorgelegt hat, verlängert sich die Stillhaltefrist des Mitgliedstaates auf 12 Monate. Legt der Rat binnen der zuletzt genannten Stillhaltefrist von 12 Monaten einen gemeinsamen Standpunkt fest, so verlängert sich diese Frist neuerlich, insgesamt auf 18 Monate.
160
161
Siehe zum Notifikationsverfahren Bernhard/Madner, JRP 1998, 87; Traimer, JRP 2000, 137 (146f); Bericht der Kommission vom 23.5.2003 über die Funktionsweise der Richtlinie 98/34/EG in den Jahren 1999 bis 2001, KOM(2003) 200 endgültig; EuGH Rs C- 194/94, 30.4.1996, Slg 1996, I-2201, Rs C-226/97, 16.6.1998, Slg 1998, I-3711, Rs C- 443/98, 26.9.2000, Slg 2000, I-7535. Vgl. Art. 9 der RL 98/34/EG.
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Die Stillhalteverpflichtung kommt jedoch in den Fällen nicht zur Anwendung, in denen ein Mitgliedstaat aus dringenden Gründen durch eine ernste und unvorhersehbare Situation, die sich auf den Gesundheitsschutz von Menschen und Tieren, auf den Erhalt von Pflanzen oder auf die Sicherheit bezieht, gezwungen ist, binnen kürzester Zeit Normen auszuarbeiten und zu erlassen, ohne dass eine vorherige Konsultation möglich wäre. c) Graphik: Ablauf des Normungsverfahrens RICHTLINIE NACH DER NEUEN KONZEPTION legt grundlegende Anforderungen fest
CEN
Kommission erteilt M andat CEN/CENELECMitglieder beschicken TC
technisches Komitee arbeitet Entwurf aus
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(nationale Normungsgremien)
Spiegelgremium •führt U mfrageverfahren / öffentliches Auflageverfahren durch •Beratung der Ergebnisse im Spiegelgremium •einheitliche nationale Stellungnahme an das technische Komitee
CEN technisches Komitee erstellt endgültige Fassung
ON
(nationale Normungsgremien)
FORMELLE ABSTIMMUNG
UMSETZUNG IN NATIONALE NORMEN
D. Konformitätsnachweis Während die Anwendung der von den europäischen Normungsinstitutionen ausgearbeiteten Normen durch den einzelnen wie bereits erwähnt162 gemeinschaftsrechtlich nicht verpflichtend vorgeschrieben ist, so ist die Rechtslage bezüglich der in den Richtlinien selbst enthaltenen grundlegenden Anforderungen konzeptbedingt eine andere: Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Regelungen vorzusehen, dass nur solche Produkte in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden können, die den grundlegenden Anforderungen hinsichtlich Sicherheit, Gesundheit, Verbraucher- und Umweltschutz genügen. Im Rahmen der „neuen Konzeption“ können sich die Hersteller von normkonform erzeugten Produkten zur Erlangung der Erlaubnis für das Anbringen des CEZeichens in der Regel auf eine Konformitätsvermutung berufen. Die Ausarbeitung einheitlicher Normen für Produkte, deren Einhaltung den Produzenten nicht zwingend vorgeschrieben ist, stellt zwar einen wesentlichen Schritt hin zum Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse dar, kann diese 162
Vgl bereits oben, Pkt IV.A.2.
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Hemmnisse jedoch nicht alleine beseitigen. Um erkennen zu können, ob ein in den Verkehr zu bringendes Produkt den europäischen Normen oder den darauf basierenden nationalen Normen auch tatsächlich entspricht, ist es erforderlich, die Produkte auf ihre Normkonformität hin zu überprüfen. Es kann aber sein, dass eine solche Überprüfung eines Produktes in einem Staat noch nicht die Überzeugung eines anderen Staates herbeiführt, auf das Ergebnis des Prüfverfahrens zu vertrauen. Ordnet jeder Staat eine eigenständige Überprüfung des Produktes zur Feststellung seiner Normkonformität an, so löst sich der durch die einheitliche Normungsarbeit erzielte Nutzen unverzüglich wieder auf, die zu beseitigenden Handelshemmnisse bestehen in anderer Form weiter, da sich der Hersteller wieder in jedem Staat einem sowohl zeitlich wie auch finanziell in der Regel aufwendigen Einzelprüfungsverfahren gegenüber sieht. Die Neue Konzeption auf dem Gebiet der Normung wurde daher 1990163 durch ein Gesamtkonzept der Konformitätsbewertung ergänzt. Das Ziel dieses Konzeptes besteht darin, ein Funktionieren der gegenseitigen Anerkennung im geregelten wie auch im nicht geregelten Bereich der Produktnormung zu gewährleisten: Im nicht geregelten Bereich besteht die Möglichkeit, Abkommen über die gegenseitige Anerkennung zwischen den einzelnen Konformitätsbewertungsstellen durch die Sektorkomitees der hiefür speziell eingerichteten Europäischen Organisation für Zertifizierung und Prüfung (EOTC)164 in Beachtung von Grundsätzen und Verfahren, die die Anerkennung aller interessierten Parteien genießen, zu schließen. Für den durch Richtlinien bereits harmonisierten Bereich ist im Regelfall davon auszugehen, dass vom Hersteller lediglich die Abgabe einer Erklärung verlangt wird, dass er sich bei der Herstellung an die Vorgaben der harmonisierten Normen gehalten hat (Konformitätserklärung).
Für jene Produkte aber, bei deren Herstellung der Produzent andere als die harmonisierten Normen angewandt hat, kann die Normkonformität und somit die Übereinstimmung mit den grundlegenden Sicherheitsanforderungen nicht vermutet werden, der Produzent bzw. Importeur hat mittels einer Bescheinigung einer unabhängigen Prüfstelle den Nachweis zu erbringen, dass auch sein Produkt die in der Richtlinie geforderten grundlegenden Anforderungen erfüllt: Abhängig von der Produktart und den konkreten Sicherheitsaspekten kann zusätzlich zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen auch eine Zertifizierung durch eine „benannte Stelle“165 vorgeschrieben werden, ob das konkrete Produkt nach den jeweils einschlägigen Normen hergestellt wurde und mit diesen auch tatsächlich übereinstimmt. Im Einzelnen besteht für - normkonform hergestellte - Produkte im Rahmen des Gesamtkonzeptes der Konformitätsbewertung ein System aus acht 163 164 165
Entschließung des Rates vom 21.12.1989, Abl. Nr. C vom 6.1.1990, 1; Beschluss des Rates 93/465/EWG vom 22.7.1993, Abl Nr. L220, vom 30.8.1993, 23. European Organisation for Conformity Assessment; Vgl dazu Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung. Zu den benannten Stellen vgl. Röhl, Akkreditierung und Zertifizierung im Produktsicherheit, 2000, 32ff.; In den Richtlinien nach der neuen Konzeption werden Mindestkriterien festgelegt, die von den Prüfeinrichtungen erfüllt werden müssen, um von den Mitgliedstaaten benannt werden zu können, Prüfungen, Zertifizierungen und Überwachungen durchzuführen. Siehe hierzu etwa Normen der Reihe 45000.
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Grundmodulen166 zur Zertifizierung von Produkten, die auf vielfältige Weise miteinander kombiniert werden, um anhand der von einem speziellen Produkt konkret ausgehenden Gefahren individuelle Konformitätsbewertungsverfahren zusammenstellen zu können, die in der jeweiligen Richtlinie vorgesehen sein müssen.167 Als mögliche Ebenen der Durchführung dieser Verfahren kommen das Entwurfstadium, das Stadium der Produktion oder beide Stadien in Betracht, wobei in den acht möglichen Verfahren jeweils die einzelnen Maßnahmen angeführt sind, die der Hersteller bzw, so eine Untersuchung auch durch unabhängige Stellen vorgesehen ist, diese unabhängige Stelle durchzuführen hat. Nach erfolgreicher Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens hat die prüfende Stelle eine Bescheinigung über den erfolgreichen Abschluss der Tests auszustellen. Damit ist der Hersteller berechtigt, auf seinen Produkten das sogenannte „CE-Zeichen“ anzubringen. Folgende Grundmodule stehen für die Zusammenstellung eines Konformitätsbewertungsverfahrens zur Auswahl: • Interne Fertigungskontrolle: Die Produktentwürfe und Produkte werden nur betriebsintern geprüft, es bedarf daher nicht der Einschaltung einer externen Stelle. • EG-Baumusterprüfung: Dieses Modul sieht die Prüfung des Entwurfes eines künftigen Produktes durch eine zugelassene Zertifizierungsstelle vor, bedarf aber im Sinne der vorgenannten Kombinationsmöglichkeiten einer zusätzlichen Bewertung des fertigen Produktes auf der Fertigungsstufe. • Konformität mit der Bauart: Ein fertiges Produkt wird auf seine Übereinstimmung mit der im Rahmen der EG-Baumusterprüfung als tauglich befundenen Bauart hin untersucht. Diese Untersuchung kann durch den Unternehmer selbst wie auch durch eine benannte Stelle erfolgen. • Qualitätssicherung Produktion: Auch dieses Modul folgt der EGBaumusterprüfung im Fertigungsstadium. Beruhend auf der Qualitätssicherungsnorm EN ISO 9002 wird hier zwingend eine benannte Stelle eingeschaltet, die für die Zulassung und Kontrolle des vom Hersteller festgelegten Qualitätssicherungssystems für Herstellung, Endabnahme und Prüfung verantwortlich ist. • Qualitätssicherung Produkt: Ebenfalls auf Basis der EG-Baumusterprüfung beruht dieses Modul auf EN ISO 9003, wobei für die Zulassung und Kontrolle des vom Hersteller festgelegten Qualitätssicherungssystems für die Endabnahme und Prüfung eine benannte Stelle verantwortlich ist. • Produktprüfung: Eine benannte Stelle prüft die Konformität des Produktes mit der in der EG-Baumusterprüfung festgelegten und genehmigten Bauart und stellt die Konformitätsbescheinigung aus. • Einzelprüfung: Hierbei wird jedes Produkt auf Entwurfs- wie Fertigungsebene einzeln durch eine Zertifizierungsstelle geprüft, die bei Konformität eine Konformitätsbescheinigung ausstellt. • Umfassende Qualitätssicherung: Beruhend auf der Qualitätssicherungsnorm EN ISO 9001 wird eine benannte Stelle eingeschaltet, die für die Zulassung und Kontrolle des vom Hersteller festgelegten Qualitätssicherungssystems für Entwurf, 166
167
Zur Auswahl stehen folgende acht Module: Interne Fertigungskontrolle, Baumusterprüfung, Konformität mit der Bauart, Qualitätssicherung Produktion, Qualitätssicherung Produkt, Prüfung der Produkte, Einzelprüfung, Umfassende Qualitätssicherung. Bei Festlegung der möglichen Module für ein Produkt muss versucht werden, dem Hersteller so viele Möglichkeiten des Konformitätsnachweises offen zu lassen, wie mit der Gewährleistung der Erfüllung der Anforderungen zu vereinbaren ist.
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Herstellung, Endabnahme und Prüfung verantwortlich ist. Dieses Modul kommt auf Entwurfs- wie Herstellungsebene zur Anwendung.
Die Behörden der übrigen Mitgliedstaaten haben dies grundsätzlich zu akzeptieren, es ist von der Übereinstimmung des Produktes mit den in der Richtlinie enthaltenen grundlegenden Anforderungen auszugehen. Das am Produkt angebrachte „CE-Kennzeichen“ fungiert somit insoferne als „Warenpass“, als das betroffene Produkt auf dem europäischen Binnenmarkt ohne Einschränkungen frei handelbar ist und in Betrieb genommen werden darf. Kommen für ein Produkt jedoch mehrere Richtlinien zur Anwendung, so hat es die Anforderungen sämtlicher dieser Richtlinien zu erfüllen; diesfalls besagt das CE-Kennzeichen, dass das Produkt mit sämtlichen der aufgestellten „grundlegenden Anforderungen“ übereinstimmt.168 Wurde allerdings lediglich eine Herstellererklärung abgegeben, hat der Hersteller oder Importeur des fraglichen Produktes also die vorgeschriebene Prüfung ohne Beiziehung einer benannten Stelle selbst durchgeführt, und hegen die Behörden berechtigten Zweifel an der Konformität des Produktes, so können sie vom Hersteller Angaben über die durchgeführten Sicherheitsprüfungen verlangen.
E. Schutzklauselverfahren Im Zusammenhang mit akuten Gefährdungslagen kann sich die Notwendigkeit ergeben, die Verkehrsfähigkeit bestimmter Produkte einzuschränken oder diese gänzlich aus dem Verkehr zu nehmen. Als Konsequenz der mit der jeweiligen Harmonisierungsrichtlinie erlangten vollständigen Harmonisierung sind Schutz- und Sicherungsverfahren jedoch nur noch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene nach gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Verfahren mit gleicher Rechtswirkung für alle Mitgliedstaaten zulässig. Diese Schutz- und Sicherungsverfahren ergeben sich aus den sekundärrechtlichen Schutzklauseln, die sich in den Richtlinie nach der Neuen Konzeption finden.169 Anwendungsfall bzw. Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Schutzklausel ist, dass ein Mitgliedstaat der Auffassung ist, ein normkonform hergestelltes Produkt weiche von den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie ab. Dies kann der Fall sein, weil das Produkt entweder die grundlegenden Anforderungen der Richtlinie nicht erfüllt, die einschlägigen technischen Normen mangelhaft angewandt wurden, oder die Abweichungen auf einen Mangel der angewandten Norm selbst zurückzuführen sind.170 Im Gegensatz zur widerlegbaren Vermutungswirkung technischer Normen auf innerstaatlicher Ebene 168
169 170
Teilweise besteht für den Hersteller jedoch eine Wahlmöglichkeit, welcher der anwendbaren Richtlinien er sein Produkt unterstellen möchte. Das nach Durchführung dieses Konformitätsverfahrens angebrachte CE-Kennzeichen bezieht sich in diesem Fall nur auf die Erfüllung jener Anforderungen, die in der konkret angewandten Richtlinie normiert wurden. Die Richtlinie für Warmwasserheizkessel (RL 92/42/EWG) sowie jene für Kühlund Gefriergeräte (RL 96/57/EWG) weisen keine Schutzklauseln auf. Darüberhinaus sehen die Richtlinien der Neuen Konzeption Eingriffsbefugnisse der Mitgliedstaaten gegen die unberechtigte Verwendung des CE-Kennzeichens vor und verpflichten sie, alle repressiven Maßnahmen genau zu begründen und bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten anzugeben.
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reicht jedoch eine behördliche Feststellung der sicherheitstechnischen Unzulänglichkeiten im harmonisierten Bereich nicht mehr aus, um dauerhaft Schutzmaßnahmen ergreifen zu können. Es bedarf vielmehr einer Bestätigung der ergriffenen vorläufigen Schutzmaßnahme im Wege des durchzuführenden gemeinschaftsrechtlichen Schutzklauselverfahrens. Bei Verhängung von vorläufigen innerstaatlichen Maßnahmen hat die Kommission von der Inanspruchnahme dieser Schutzklausel informiert zu werden. Sie bestimmt sodann auf Basis einer Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Normen das weitere Vorgehen.171 Die Kommission ist jedoch an die Entscheidungen des Ausschusses nicht gebunden, sondern hat diese lediglich zu berücksichtigen. Weil die Kommission dem EGV, der ein hohes Schutzniveau für die gemeinschaftliche Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltpolitik vorschreibt, verpflichtet ist, und sie dementsprechend ihre Letztverantwortung im Schutzklauselverfahren wahrzunehmen hat, ist rechtlich eine entsprechende „Auffangverantwortung“ normiert. Ob die Praxis diesem Anspruch tatsächlich gerecht wird, bedürfte näherer Untersuchung. In praktischer Hinsicht werden Schutzklauselverfahren oft als Anlaß genommen, die Überarbeitung der betroffenen europäischen Norm zu erwirken.
V. Rechtsstaatliche und demokratische Probleme der Normung Das System der Normung als „regulierter Selbstregulierung“ wirft eine Reihe rechtsstaatlicher und demokratischer Grundsatzfragen auf.172 Die besondere Bedeutung der Normung im Rahmen der „neuen Konzeption“ der Rechtsharmonisierung auf europäischer Ebene hat diese Diskussion noch verstärkt.173 Darauf kann hier nur schlagwortartig hingewiesen werden: 171
172
173
Durch die Richtlinie 98/34/EG, Abl 1998 L 204/37 wurde zur Beratung der Kommission in Angelegenheiten des Normenwesens im Zusammenhang mit der neuen Konzeption bei dieser ein ständiger Ausschuss eingerichtet, der sich aus Delegierten der Mitgliedstaaten sowie einem, den Vorsitz des Ausschusses führenden Vertreter der Kommission zusammensetzt. Zur Errichtung derartiger Ausschüsse im allgemeinen vgl Rönck (FN 9) 188ff. mwN; Ein besonderes strukturelles Defizit attestiert von Danwitz, Europarechtliche Beurteilung der Umweltnormung, in Rengeling (FN 53), dem Verfahren der Normprüfung: Aus dem Nichtbestehen von Regelungen über Beschlussquoren für Beschlüsse des Ausschusses leitet er das Erfordernis von Einstimmigkeit ab und weist auf die Gefahr des Absinkens des Schutzniveaus auf den geringsten gemeinsamen Nenner hin. Vgl Schmidt-Preuß und Di Fabio, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung (FN 20) 160 bzw 235; Trute, Die Verwaltung und das Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, DVBl 1996, 950. Vgl etwa Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, 1990; Di Fabio, Produktharmonisierung durch Normung und Selbstüberwachung, 1996; Von Danwitz (FN 53) 187 ff; Schulte (FN 53) 165 ff; derselbe (FN 12) ; Korinek (FN 31) 322 ff.
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Die wesentlichen Einwände174 gehen dahin, dass bei der Normung in demokratisch nicht mehr hinnehmbarer Weise Normsetzungsbefugnisse mit weitgehendem Verbindlichkeitsanspruch auf private Vereinigungen übertragen würden, ohne dass durch adäquate staatliche respektive gemeinschaftsrechtliche Vorkehrungen eine Übereinstimmung dieser privaten Normsetzung mit den gesetzgeberischen Vorgaben sichergestellt wäre. Weiters werden Bedenken angemeldet, dass die Organisation und das Verfahren der privaten Normsetzung insbesondere im europäischen Kontext rechtsstaatlichen Garantien insbesondere der Öffentlichkeit und Transparenz des Verfahrens nicht genügen und institutionelle Sicherungen fehlen, dass alle betroffenen Interessen am privaten Normausarbeitungsprozess angemessen beteiligt werden. Dem werden die in der Natur der Sache liegenden Grenzen eines materiellen Steuerungsansatzes,175 der Aspekt der „steuernden Rezeption“, der auf die Zurechnung und damit auch demokratische und rechtsstaatliche Legitimation der staatlichen Organe verweist, die die privaten Normen rezipieren,176 und der Umstand entgegengehalten, dass die notwendige demokratische und rechtsstaatliche Verantwortung durch - in Österreich jedenfalls gesetzlich vorgesehene - Organisations- und Verfahrensgarantien hergestellt werden kann.177 Die staatliche „Letztverantwortung“ in diesem prozeduralen Sinn lässt sich dadurch sicherstellen, dass die wesentlichen Eckpunkte des Verfahrens und der Organisation der Normung durch demokratisch legitimierten staatlichen Rechtssetzungsakt gewährleistet werden und dass eine staatliche Aufsicht über den Normungsprozess als solchen, das heißt insbesondere über die Normungsorganisation, die ja ihrerseits die Einhaltung der Verfahrensbedingungen zu gewährleisten hat, stattfindet. Aus diesem Blickwinkel ist ein öffentliches und offenes Auflageverfahren ebenso unverzichtbar178 wie die gesetzlich gewährleistete interessenplurale Zusammensetzung der Normungsgremien.179 174
175 176 177 178 179
Vereinzelt geblieben ist das Bedenken, dass mit der Regelung des § 1 Abs 1 und 3 NormenG eine gleichheitswidrige Diskriminierung anderer Vereine (und man müsste wohl ergänzen: Personen allgemein) verbunden sei (so Geuder (FN 3) 655). Dem ist entgegenzuhalten, dass durch § 1 NormenG niemand gehindert wird, Normen im Sinne von technischen Regelwerken aufzustellen; dafür, dass das Gesetz ein Ausschließlichkeitsrecht an der Bezeichnung „ÖNORM“ und damit der Tätigkeit des ON vorsieht, gibt es eine Reihe sachlicher Gründe, insbesondere kann der Vereinheitlichungszweck bei konkurrierenden Institutionen deutlich schwerer erreicht werden. Insoweit stellt sich das „Exklusivrecht“ der Verwendung der Bezeichnung „ÖNORM“ als sachlich gerechtfertigt und im Übrigen auch im öffentlichen Interesse liegende und verhältnismäßige Beschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit anderer Einrichtungen, die ebenfalls Normen erarbeiten, dar. Schulte (FN 12), Rz 131ff; Korinek (FN 31) 326. Siehe insbesondere Schmidt-Preuß (FN 20) 203 ff. Schulte (FN 12), Rz 134f. Siehe insbesondere Korinek (FN 31) 327. Dabei kommt es bei rechtsdogmatischer Betrachtung auf die Möglichkeit, dass sich so genannte „diffuse Interessen“ (Holoubek (FN47) 69) im Normerarbeitungsprozess einbringen können, nicht aber auf die - rechtspolitisch oft problematische - Frage an, ob und inwieweit dies von den faktischen Gegebenheiten her tatsächlich möglich ist, weil auch der staatliche Gesetzgebungsprozess nur die potentielle Möglichkeit der Interesseneinbringung, nicht aber ein bestimmte Ergebnis garantiert. Den tatsächlichen Problemen soll in Österreich etwa durch die Einrichtung eines
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Aus rechtsstaatlicher Sicht ist in Österreich insbesondere die Frage der Publikation von für verbindlich erklärten Normen180 erörtert worden.181 Thienel hat dabei dargelegt, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten ist, dass der Text der verwiesenen ÖNORM selbst im Bundes- oder Landesgesetzblatt kundgemacht wird.182 Umstritten ist weiterhin, ob - jeweils unter der Voraussetzung, dass auf diese Umstände im Gesetz jeweils hingewiesen wird - die Auflage der Norm beim ON verbunden mit der Möglichkeit, kostenlos Einsicht zu nehmen bzw sie entgeltlich zu erwerben, ausreicht,183 oder ob jedenfalls die Auflage bei einer staatlichen Einrichtung verbunden mit der Möglichkeit, Kopien gegen Kostenersatz zu erhalten, gegeben sein muss.184 In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass nach herrschender Auffassung den Normungseinrichtungen an den erarbeiteten Normen Urheberrechte zukommen.185 Zur Entschärfung dieser Problematik hat der Bund mit dem ON eine Vereinbarung abgeschlossen, derzufolge das ON die Publikation verwiesener ÖNORMEN gestattet, der Bund dem Normungsinstitut dafür einen pauschalierten Entschädigungsbetrag erstattet.186 Auf Landesebene besteht derzeit keine derartige Regelung. Unstrittig ist nach herrschender Auffassung schließlich, dass Verweisungen auf ÖNORMEN nur in so genannter „statischer“ Form zulässig sind.187 Die Einbindung von europäischen Normen in den Rechtssetzungsprozess im Rahmen der „neuen Konzeption“ ist allerdings weitergehend als „normkonkretisierende gleitende Verweisung“188 ausgestaltet. Allerdings unterscheidet sich die Verbindlichkeit von Normen in der gemeinschaftsrechtlichen Konzeption von Verweisungen im innerstaatlichen Recht. Sie werden durch die Bezugnahme in der Richtlinie und das Normungsmandat der Kommission nicht im Rechtssinne verbindlich, sondern begründen bloß eine widerlegliche Vermutung, dass normkonforme Produkte oder Dienstleistungen den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie entsprechen.189 Insoweit stellen sie eine Fortentwicklung der Regelungstechnik der Verwendung von Technikklauseln dar.190 Insoweit ist
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Verbraucherrats beim ON Rechnung getragen werden, siehe dazu Holoubek (FN 47) 95 f; dort auch zur besonderen Verantwortung staatlicher Vertreter, insbesondere Vertreter der staatlichen Verwaltung in den Normungsgremien für die Anliegen derartiger „diffuser Interessen“. Dass die Auslegung des § 6 Abs 6 NormenG, derzufolge nur der Titel neu geschaffener ÖNORMEN, nicht aber der gesamt Normtext selbst, öffentlich verlautbart wird, für ÖNORMEN an sich aus verfassungsrechtlicher Sicht ausreicht, dürfte unumstritten sein. Siehe ausführlich Thienel (FN 22) 33 ff mwH. Dies ergibt sich aus Art 49 Abs 2 B-VG, siehe Thienel (FN 22) 35 ff. So wohl Korinek (FN 31) 321. So Thienel (FN 22) 46. Siehe Korinek (FN 31) 321. Siehe Korinek (FN 31) 321 f; verwiesene und entsprechend kundgemachte Normen sind freie Werke im Sinne des § 7 Urheberrechtsgesetz; fraglich ist, ob dies auch für bloß verwiesene, nicht aber kundgemachte Normen gilt, siehe Korinek (FN 31) 322. Thienel (FN 22) 31, 80. Marburger (FN 1) 405 f. Siehe ausführlich oben Punkt IV.A.2. Korinek (FN 31) 322.
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auch der Hinweis berechtigt, dass Richtlinien ein deutliches Mehr an Präzesionsgrad zukommt als derartigen allgemeinen Technikklauseln191 und dass bei derartigen rechtsnormkonkretisierenden Verweisungen der Rahmen des rechtlich Erlaubten durch die Richtlinie abschließend umschrieben wird.192
VI. Umweltnormung193 Beschäftigt man sich mit der Gestaltung, der Herstellung, dem Gebrauch und der Entsorgung von Produkten, ist es klar, dass jedes Produkt - auf welche Weise und mit welcher Intensität auch immer - gewisse umweltrelevante Auswirkungen hat. Gerade der Normung, die sich mit der Optimierung sämtlicher dieser Produktionsstufen beschäftigt, kommen große Einflussmöglichkeiten auf die Umweltaspekte des gesamten Produktzyklus zu. Es war daher nahe liegend, dass sich auch die Kommission194 und die Normungsorganisationen diesem Thema annahmen. Denn wiewohl die Normung von ihrer Grundkonzeption her primär ein Mittel zur Beseitigung von technischen Handelshemmnissen ist, darf nicht übersehen werden, dass Normung eben nicht nur Rationalisierung und Qualitätssicherung für die Wirtschaft und die Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten für Menschen im Umgang mit der Technik bedeutet, sondern zunehmend auch die Berücksichtigung von Umweltaspekten verlangt. Da es von der konkreten Ausgestaltung der Norm abhängt ob und inwiefern Umweltschutz eine Rolle spielt strebt die Kommission eine systematische und verpflichtende Berücksichtigung von Umweltaspekten für alle Interessengruppen und ihre Fachleute, welche die Normen ausarbeiten, an.195 Bis dato wurde vor allem versucht bei der Entstehung von Umweltbelastungen anzusetzen und diese durch umweltgerechte Produktplanung, Entwicklung und Konstruktion bereits im Ansatz zu verhindern. Der produktbezogene Umweltschutz ist besonders innovationsintensiv, da eine disziplinenübergreifende Vorgangsweise vom Maschinenbau über die Prozesstechnik bis hin etwa zum Einsatz neuer Werkstoffe nötig und nützlich ist. In diesem Zusammenspiel kommt den Normen eine besondere Bedeutung zu, da so eine umfassende Interoperabilität gewährleistet werden kann.
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Schmidt-Preuß (FN 20) 209. Schulte (FN 12), Rz 66. Umweltnormung ist jenes Normenwerk privater Normungsorganisationen, das dem Umweltschutz dient. Bereits getroffene Maßnahmen in diesem Bereich sind etwa die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle, RL 94/62/EG, Abl 1994 L 365/10. In struktureller Hinsicht war das europäische Umweltrecht ursprünglich von materiellen Regelungen dominiert, während Impulse aus dem angloamerikanischen Raum eher hin zu einer vermehrt prozeduralen Ausgestaltung der Steuerungselemente führten. In letzter Zeit ist das Umweltrecht von einem diese beiden Ansätze verbindenden, integrativen Ansatz geprägt, bei dem auch die speziellen Steuerungselemente der Umweltnormung herausgearbeitet werden. Siehe vertiefend Schulte (FN 12). Mitteilung über die Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der europäischen Normung, KOM (2004) 130 endg. KOM (2004) 130 endg 11.
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Im Rahmen des produktbezogenen Umweltschutzes steht derzeit die „Integrierte Produktpolitik“ (IPP)196 im Mittelpunkt.197 Gemäß dem Konzept der Integrierten Produktpolitik werden neben der Produktion verstärkt die Umweltauswirkungen der Produkte selbst untersucht und deren gesamter Lebensweg unter diesem Blickwinkel betrachtet. Recyclinggerechte Produktion, die Frage nach Inhaltsstoffen von Produkten und Umweltkennzeichnung seien an dieser Stelle beispielhaft erwähnt. Kennzeichen der IPP ist, dass dabei sämtliche vorhandenen Instrumente198 des Umweltmanagements sowie Umweltschutzauflagen weiterhin Anwendung finden, aber durch Integration in andere Politikbereiche in ein umfassenderes Konzept gestellt werden können. Dadurch kann gewährleistet werden, dass nachteilige Umweltauswirkungen nicht von einem „Lebensabschnitt“ des Produktes einfach auf den nächsten verlagert werden, sondern eben insgesamt eine „ganzheitliche“ Betrachtung im Sinne eines lebenszyklusbezogenen Denkens des jeweils betroffenen Produktes erreicht werden soll, wobei die nachteiligen Auswirkungen in ihrer Gesamtheit minimiert werden sollen. Normung ist dabei nur ein Teilaspekt des Konzeptes der Integrierten Produktpolitik. Auf legislativer Ebene gibt es derzeit noch keine verbindliche Regelung199 für den Umweltschutz im Verhältnis zu den Produkten.200 Die Integration von Umweltschutzaspekten in die Normung ist daher freiwillig. Zur Beseitigung dieser oft als unzureichend bemängelten Rechtslage wird etwa vom Europäischen Umweltbüro (EEB)201 die Verabschiedung einer Richtlinie oder Verordnung verlangt, in der die Umweltschutzanforderungen für Produkte klar geregelt werden, wie beispielsweise etwa einer Art „Normen-UVP“. Dringend erforderlich sei zudem eine Richtlinie über Umwelthaftung und die Änderung von Mandaten an die Europäischen Normungsorganisationen CEN/CENELEC und ETSI, damit Umweltschutzinteressen künftig obligatorisch beachtet werden müssen. 196
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Die integrierte Produktpolitik ist ein Konzept der Umweltpolitik, das sich von herkömmlichen umweltpolitischen Ansätzen insoferne unterscheidet, als es alle Produkte und Dienstleistungen sowie ihre Umweltauswirkungen umfasst und dabei den Gesichtspunkt des Produktlebenszyklus (Rohstoffgewinnung, Rohstoffverarbeitung, Fertigung, Vertrieb, Nutzung und Entsorgung) zum obersten Prinzip erhebt sowie eine Verlagerung der Umweltprobleme zwischen verschiedenen Umweltmedien vermeidet. Vgl näher das Grünbuch der Kommission zur integrierten Produktpolitik, KOM(2001) 68 endg. Weiters ist auf die Umweltauswirkungen elektrotechnischer und elektronischer Geräte (EEE) hinzuweisen. Beispielsweise seien etwa EMAS-Umweltmanagement- und Umweltbetriebsprüfungssystem, Umweltzeichen, Umweltsteuern oder dergleichen genannt. Zwar stellt die Mitteilung der Kommission über die Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der europäischen Normung nur eine unverbindliche Aufforderung aller Betroffenen dar, Umweltschutz nachhaltig in die Normung einzubeziehen. Jedoch hat die Kommission als praktische Konsequenz dieser Politik den europäischen Normungsgremien beispielsweise bereits ein Mandat für die Planung von Normungsarbeit im Bereich des Öko-Designs energiebetriebener Produkte erteilt. Obwohl es für Produktionsverfahren zwar eine europäische Umweltgesetzgebung gibt, beschränkt sich die Gesetzgebung bezogen auf Produkte jedoch auf einige wenige Fälle. European Environmental Bureau; www.eeb.org.
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Die Integrierte Produktbetrachtung fand jedoch auf anderer als legislativer Ebene Beachtung: Konkret schlugen sich diese Überlegungen im CEN System Handbuch202 „Betrachtung des gesamten Lebensweges eines Produktes“ nieder. Dieses statuiert die Aufgabe jedes mit der Normungsarbeit befassten Technischen Komitees, sämtliche Umweltaspekte, die in Zusammenhang mit dem Produkt, das genormt werden soll, stehen, genau zu identifizieren.203 Diese Arbeiten sollen möglichst schon im Zeitpunkt der Zuweisung der Norm an das Technische Komitee, spätestens aber im Zeitpunkt der Bearbeitung der einzelnen Entwürfe aufgenommen werden, um Verzögerungen der Normungsarbeit zu vermeiden. Wurde eine Auswahl getroffen, welche dieser identifizierten möglichen Auswirkungen des Produktes durch den zu schaffenden Standard tatsächlich beeinflusst werden können, so ist das Technische Komitee gehalten, sie in die Anforderungen der Norm mit einzubeziehen und eine Dokumentation über die Ergebnisse der Erarbeitung der Umweltaspekte, die in Folge getroffenen Entscheidungen und die Lebensphase des Produktes zusammenzustellen und sie der Norm beizufügen. Auf diesem Wege können schließlich die Normen dazu beitragen, potentielle negative Umweltauswirkungen des genormten Produktes zu minimieren.204
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204
CEN System Handbook, 31.03.2000, Environmental guidelines. Zur Vereinfachung und Beschleunigung enthält das CEN-Systemhandbuch im Anhang eine auf Produktnormen zugeschnittene, vorläufige Checkliste über umweltrelevante Aspekte in Normen, die tunlichst angewendet werden sollten. Als mögliche Umweltrelevante Aspekte werden hier genannt: Verbrauch von Ressourcen, Energieverbrauch, Luftverschmutzung, Wasserverschmutzung, Abfall, Lärm, Verbreitung gefährlicher Substanzen, Einwirkungen auf die Bodenbeschaffenheit und Umweltrisken durch Unfälle und Missbrauch. Als weitere Reaktionen der Normungsgremien auf Umweltschutzanforderungen sind etwa der beim DIN eingerichtete Normungsausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (NAGUS), das bei CEN eingerichtete SABE (Strategic Advisory Body on Environment), das CEN-Planungskomitee PC-7 „Umwelt“ die Arbeitsgruppe „Umweltaspekte in Produktnormen“, das ISO/TC 207 „Umweltmanagement“, der von ihm erarbeitete ISO-Leitfaden 64 über die Berücksichtigung von Umweltaspekten in Produktnormen sowie die ISO-Norm 14040 „Umweltmanagement - ProduktÖkobilanz - Prinzipien und allgemeine Anforderungen“ zu nennen.
Michael Holoubek
Kapitel 2: Akkreditierung und Zertifizierung Rechtsgrundlagen ...........................................................................................503 Grundlegende Literatur...................................................................................504 I. Grundlagen ................................................................................................504 A. Begriffsbestimmungen ...........................................................................504 1. Akkreditierung ..................................................................................504 2. Prüfung..............................................................................................504 3. Überwachung ....................................................................................505 4. Zertifizierung.....................................................................................505 5. Kalibrierung ......................................................................................505 B. Historischer Hintergrund ......................................................................505 C. Ökonomischer Hintergrund...................................................................506 II. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................507 III. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ..................................................508 A. Globales Konzept...................................................................................508 B. Europäische Organisation für Prüfung und Zertifizierung (EOTC) .....509 IV. Die Regelungen des Akkreditierungsgesetzes (AkkG) ........................510 A. Akkreditierungsverfahren ......................................................................510 1. Voraussetzungen für die Akkreditierung ..........................................510 2. Versicherungspflicht .........................................................................512 3. Entscheidung mittels Bescheid..........................................................512 4. Aufsicht über die akkreditierten Stellen ............................................513 5. Aufgaben akkreditierter Prüf- und Überwachungsstellen Abgrenzung zur Zertifizierung .........................................................514 B. Zertifizierungsverfahren ........................................................................514 C. Rechtliche Einordnung von Akkreditierung und Zertifizierung.............515 1. Das hoheitliche Akkreditierungsverhältnis zwischen Akkreditierungsstelle (BMWA) und „benannter“ Stelle ..................515 2. Das Konformitätsprüfungsverhältnis als privates vertragliches Leistungsrechtsverhältnis..................................................................516 V. Sonderbestimmungen für elektronische Signaturen.............................525 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht Entschließung der Rates vom 21. Dezember 1989 zu einem Gesamtkonzept für die Konformitätsbewertung, Abl 1990 C 10/1; Mitteilung KOM(89) 209 endg, Abl 1989 C 267/3; Beschluss 93/465/EWG, Abl 1993 L 220/23; Europäische Normenserie EN 45000 (alt) / EN ISO/IEC 17025 (neu);
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Innerstaatliches Recht Akkreditierungsgesetz (AkkG), BGBl 1992/468 idF 85/2002; AkkreditierungsgebührenVO, BGBl 1994/70 idF BGBl 2001 II/490; AkkreditierungsversicherungsVO, BGBl 1997 II/13 idF BGBl 2001 II/490; AkkreditierungszeichenVO, BGBl. II Nr. 186/1997.
Grundlegende Literatur: Hansen, Zertifizierung und Akkreditierung von Produkten und Leistungen der Wirtschaft, 1993; Röhl, Akkreditierung und Zertifizierung im Produktsicherheitsrecht, 2000; Röhl, Konformitätsbewertung im Europäischen Produktsicherheitsrecht, in: SchmidtAßmann/Schöndorf-Haubold, Der Europäische Verwaltungsverbund, 2005, 153; Wloka/ Gloze, Akkreditierung und Qualitätssicherung für das Prüfwesen in Europa, 1994.
I. Grundlagen A. Begriffsbestimmungen 1. Akkreditierung Akkreditierung ist die formelle Anerkennung der Kompetenz hinsichtlich Qualifikation und Ausstattung einer Stelle,1 bestimmte Tätigkeiten sach- und anforderungsgerecht auszuführen bzw ausführen zu können. Akkreditierung bedeutet also, dass Prüflaboratorien, Zertifizierungs- und Inspektionsstellen regelmäßig2 von Dritten, den Akkreditierungsstellen, nach öffentlich bekannt gegebenen technischen Kriterien auf ihre fachliche Leistungsfähigkeit hin geprüft und bewertet werden. Als neutrale Bewertung ist die Akkreditierung ein wichtiger Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von Vertrauen in diese Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen. In Österreich obliegen gem § 8 Akkreditierungsgesetz - zumindest auf Ebene des Bundes - ausschließlich dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Aufgaben einer Akkreditierungsstelle.
2. Prüfung Prüfung ist ein technischer Vorgang zur Ermittlung eines oder mehrerer Kennwerte eines bestimmten Produktes, Verfahrens oder einer Dienstleistung, der gemäß einer vorbestimmten, einheitlich festgelegten Verfahrensweise durch eine Stelle, deren Kompetenz hiefür durch die Akkreditierungsstelle bestätigt wurde, durchzuführen ist.
1 2
In Betracht kommen Prüf-, Überwachungs-, Zertifizierungs-, Kalibrier- und Beglaubigungsstellen. Gemäß § 13 Abs 1 AkkG beträgt die Frist für die periodisch wiederkehrende Überprüfung der akkreditierten Stelle längstens fünf Jahre. Zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen oder anderer Vorschriften als jener des AkkG kann der Akkreditierungsbescheid auch kürzere Intervalle vorsehen. Liegen wichtige Gründe (etwa Strafanzeigen oder begründeter Verdacht des Vorliegens von Entziehungsgründen) vor, so kann die Akkreditierungsstelle die akkreditierte Stelle jederzeit einer Überprüfung unterziehen (§ 13 Abs 2 AkkG).
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3. Überwachung Überwachung ist die Untersuchung eines Erzeugnisses, seiner Bauart, einer Dienstleistung, eines Verfahrens oder einer technischen Anlage und der Feststellung ihrer Konformität mit besonderen oder allgemeinen Anforderungen durch einen Sachverständigen oder eine sachverständige Stelle, dessen oder deren Kompetenz hiefür durch die Akkreditierungsstelle anerkannt wurde.
4. Zertifizierung Zertifizierung ist die förmliche Bescheinigung der Konformität von Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen mit einschlägigen Rechtsvorschriften, Normen und anderen normativen Dokumenten durch einen unparteiischen Dritten, der für diese Tätigkeit von einer befugten Stelle - also im Anwendungsbereich des AkkG von der Akkreditierungsstelle - akkreditiert ist. Eine Zertifizierungsstelle ist somit eine Stelle, die Zertifizierungen der Konformität durchführt, und deren Kompetenz hiefür von einer Akkreditierungsstelle bestätigt wurde.3
5. Kalibrierung Kalibrierung ist die Zuordnung von angezeigten zu den zugehörigen bekannten Werten einer Messgröße. Kalibrierstellen sind von der Akkreditierungsstelle im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft zu akkreditieren. Eine Kalibrierung ersetzt nicht die Eichpflicht gemäß Maß- und Eichgesetz.4
B. Historischer Hintergrund Bis zum Jahre 1992 war das Zertifizierungs- und Akkreditierungswesen in Österreich durch das Gesetz vom 9. September 1910 betreffend das technische Untersuchungs-, Erprobungs- und Materialprüfwesen, besser bekannt unter dem Synonym „Lex Exner“,5 geregelt. Erst mit dem Beitritt zum EWR sowie darauf folgend zur Europäischen Union, in welcher bereits zu diesem Zeitpunkt das „Neue Konzept“ der Normung sowie das „Globale Konzept“ für Zertifizierung und Prüfwesen6 ausgearbeitet und in Verwendung waren, und aufgrund der Unterzeichnung des „EFTA-Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Prüfzeugnissen und Konformitätsnachweisen“7 war es notwendig geworden, die Rechtslage so zu ändern, dass nach Inkrafttreten dieses Abkommens Prüfstellen benannt werden konnten, die nach den ISO-Richtlinien 25 und 38, in weiterer Folge umgesetzt in der europäischen Normenserie 45000, von einer nationalen Akkreditierungsstelle auf die Erfüllung der in diesen Normen enthaltenen Anforderungen hin überprüft worden waren. Diesen Vorgaben entsprechend orientierte man sich an den Grundsätzen der 3 4 5 6 7
Zur Tätigkeit einer Zertifizierungsstelle vgl §§ 31 - 35 AkkG. Vgl Binder, Vermessungswesen - Messwesen - Eichwesen. RGBl 1910/185; Abgedruckt bei Sladecek/Dübell/Mayer (Hrsg), Das Österreichische Normenwesen, 1972, 16f. Zu diesen Konzepten siehe unten Punkt III bzw zu einer umfassenden Darstellung Holoubek, Normung. BGBl 1990/593.
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Gleichstellung ausländischer mit inländischen Prüf- und Überwachungsberichten sowie Zertifizierungen bei Gleichwertigkeit und Gegenseitigkeit.
C. Ökonomischer Hintergrund Das auf der Grundlage des „Neuen Konzeptes der Normung“ sowie dem „Globalen Konzept für Zertifizierung und Prüfwesen“8 beruhende Produktsicherheitsrecht der Europäischen Union dient neben seiner Funktion zur Gewährleistung von Sicherheit für Konsumenten und Umwelt vor allem dem Funktionieren des freien Binnenmarktes. Während sich das „Neue Konzept der Normung“ um die Schaffung einheitlicher Vorschriften für Produkte bemüht und einheitliche Verfahren für die Konformitätsbewertung der Produkte mit den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Harmonisierungsrichtlinien entwirft, dient das „Globale Konzept“ der Beseitigung von Handelshemmnissen, die durch die Nichtanerkennung einmal durchgeführter Konformitätsbewertungen entstehen können. Durch die Schaffung eines europaweit einheitlichen und vor allem transparenten Systems der Beurteilung von Produkten wird dafür Sorge getragen, dass sämtliche zur Überprüfung der Konformität von Produkten zugelassenen Stellen einem einheitlichen, konstanten Qualitätsniveau entsprechen und daher die gemeinschaftsweite Anerkennung einer einmal durchgeführten Produktprüfung, die europaweit nach einheitlichen Kriterien vorgenommen wird, vorgeschrieben werden kann, dabei aber auch das Vertrauen der Konsumenten in das europäische Produktrecht gestärkt wird. Das an einem Produkt angebrachte CE-Kennzeichen bestätigt den positiven Abschluss eines in der betreffenden Richtlinie geforderten Konformitätsbewertungsverfahrens und fungiert insoweit als Warenpass, als das Produkt jedenfalls gemeinschaftsweit in Verkehr gebracht werden kann und kostspielige weitere Produktprüfungen unterbleiben.9 Nicht nur die mit dem CE-Kennzeichen verbundene freie Handelbarkeit und die Erlaubnis zum freien Inverkehrbringen des Produktes sondern vor allem auch das durch dieses transparente und in allen Mitgliedstaaten gleiche Verfahren erzielbare gegenseitige Vertrauen in die Produktqualität und die Qualität der Überprüfung sind es, die zur Vollendung eines nicht nur potentiellen Binnenmarktes und damit zur Förderung eines umfassenden gemeinschaftsinternen Wettbewerbes beitragen sollen.
Aber nicht nur die Produkte treten in ungehinderten Wettbewerb zueinander, auch die akkreditierten Stellen, denen die Möglichkeit geboten wird, in einem einheitlichen und transparenten System ihre Kompetenz, Unbescholtenheit und Unabhängigkeit nachzuweisen, können durch diesen Nachweis gemeinschaftsweit als Konformitätsbewertungsstellen auftreten und so mit anderen gleichartigen Stellen in einen „Qualitätswettbewerb“ treten. Das „Zertifizierungswesen“ und der Zertifizierungsmarkt haben mittlerweile ökonomisch bedeutende Ausmaße erreicht. Auch wenn in diesem Kapitel entsprechend seiner systematischen Stellung in diesem Handbuch die Produktzertifizierung im Vordergrund steht ist doch darauf hinzuweisen, dass ein wesentlich Trend in diesem Bereich heute im Bereich eines umfassenderen Qualitätsmanagements liegt, der insbesondere die Zertifizierung ganzer unternehmensinterner Ablaufsysteme erfasst. Aus der Sicht der Unternehmen geht es 8 9
Siehe dazu näher unter Punkt III/A. Zur Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Schutzklausel vgl Holoubek, Normung.
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hier vielfach im Rahmen der Wertschöpfungskette darum, die „Qualität“ von Lieferanten im Wege einer so genannten „Systemzertifizierung“ bescheinigt zu erhalten. Daneben tritt heute verstärkt auch die so genannte „Personalzertifizierung“. Im Rahmen des Qualitätsmanagements kommt dabei der Zertifizierung von unternehmensinternen Abläufen für Dienstleistungserbringungen immer mehr Bedeutung zu. Einen wesentlichen Bestandteil von Systemzertifizierungen stellen so genannte „Audits“ dar.10 Bei diesen konzentriert sich die Untersuchung nicht auf einzelne Produkte, sondern versucht, die jeweiligen Qualitätssicherungssysteme selbst zu überwachen und zu evaluieren. Umwelt-Audit und EMAS-Prüfung im Bereich des Umweltmanagements kommt hier wegweisende Funktion zu. Auch im Bereich des Arzneimittel- und Medizinprodukterechts sind Audits mittlerweile präsent,11 da Qualitätsmanagementsysteme aus der modernen Medizin, aufgrund der Notwendigkeit, genau definierte Vorgaben einzuhalten, nicht mehr wegzudenken sind.12 Mit diesen Entwicklungen haben sich auch die grundlegenden Zielsetzungen der Zertifizierung weiter entwickelt: Steht bei der Produktzertifizierung im Rahmen der Konformitätsbescheinigung mit einer Norm vor allem im Vordergrund, Schwachstellen des Produkts, also ein Unterschreiten grundlegender Sicherheitsanforderungen, auszuschließen, ist die Systemzertifizierung grundsätzlich - orientiert an entsprechenden benchmarks - auf eine besondere Leistungsfähigkeit der Systeme ausgerichtet. Die Zielsetzung der Zertifizierung liegt hier insbesondere auch darin, im Rahmen des Prozesses - insbesondere unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Audits - Verbesserungspotentiale im Prozess zu erkennen und in den Prozess zu integrieren, um auf diese Weise die Leistungsfähigkeit des Systems als Ergebnis des Zertifizierungsprozesses möglichst zu optimieren.13
II. Kompetenzrechtliche Einordnung Im Zuge der Ausarbeitung des Akkreditierungsgesetzes (AkkG) ging ursprünglich der Ministerialentwurf des damaligen Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten von einer umfassenden Bundeskompetenz aus. Diese Ansicht stützte sich auf eine „Versteinerungsargumentation“ unter Rückgriff auf das Gesetz vom 9.9.1910 betreffend das technische Untersuchungs-, Erprobungs- und Materialprüfungswesen, „Lex Exner“,14 sowie darauf, dass Art 102 Abs 2 B-VG das „technische Versuchswesen“ zu jenen Angelegenheiten zählt, 10
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Audit, lateinisch für Anhörung, steht für die Untersuchung bestimmter Abläufe und kommt ursprünglich aus der Unternehmensführung (Personal- und Rechnungswesen). Vom Gesetzgeber wird dieser Begriff vor allem für die Evaluierung interner Qualitätssicherungsmaßnahmen herangezogen. So spricht bspw. § 2 Z 11 IndustrieunfallVO (BGBl II 354/2002), von Auditierung als einer „systematischen, nach festgelegten Regeln von einer unabhängigen Stelle durchgeführten Untersuchung.“ Siehe dazu § 47 AMG und § 56 MPG (BGBl 657/1996 idF BGBl I 119/2003). Vgl Z 18 der RV BG, mit dem das MPG geändert wird, aus 1996 zu § 56 Abs 1 MPG (BGBl 657/1996 idF BGBl I 119/2003). Für eine nähere Betrachtung von Struktur und Ablauf der Auditverfahren und insbes des Umwelt-Audit s Fuchs, Strukturen und Merkmale neuer Verwaltungsverfahren (Diss., Univ. Wien). Vgl FN5.
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die in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden können.15 Insbesondere auf Grund eines Gutachtens des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes,16 das darlegte, dass Art 102 Abs 2 B-VG für sich keine Kompetenzgrundlage für ein umfassendes Akkreditierungsgesetz des Bundes biete, ging der Gesetzgeber in der Folge davon aus, dass das technische Versuchs- bzw Prüfwesen als Annexmaterie anzusehen ist.17 Das Akkreditierungsgesetz trägt dieser Auffassung Rechnung, indem es in seinem § 1 Abs 2 zum Einen seinen Geltungsbereich auf Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen in jenen Sachmaterien beschränkt, in denen der Bund sowohl für die Gesetzgebung als auch die Vollziehung zuständig ist. Zum Zweiten gilt das Akkreditierungsgesetz gemäß § 1 AkkG nur für jene Sachgebiete, in denen die einschlägigen Materiengesetze keine speziellen Regelungen über die Akkreditierung vorsehen, es kommt also auch im Bundesbereich nur subsidiär zur Anwendung.
III. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen A. Globales Konzept Akkreditierung und Zertifizierung stehen im Zusammenhang mit der „Neuen Konzeption“ der europäischen Produktpolitik. Rasch wurde dabei erkannt, dass dieses neue Konzept einer Ergänzung hinsichtlich der Bewertung der Konformität bedurfte, die 1989 im „Globalen Konzept“ der Konformitätsbewertung18 erfolgte. Dieses sieht den Aufbau und Betrieb eines europaweit einheitlichen und transparenten Systems der Akkreditierung und Zertifizierung, also einer europäischen Qualitätssicherungsinfrastruktur vor, die sich jedoch nicht nur auf den gemeinschaftsrechtlich reglementierten, also harmonisierten Bereich beschränkt, sondern sich auch auf den nichtreglementierten Bereich auswirken soll, indem etwa Vereinbarungen zwischen den in diesen Bereichen tätigen Stellen über die gegenseitige Anerkennung von Zertifizierungen und Prüfungen gefördert werden. Als Basis für dieses System dienten lange Zeit die ISO-Richtlinien 25 und 38, die in der europäischen Normenserie EN 45000 umgesetzt worden sind. Diese Normen erfuhren in der Zwischenzeit eine Überarbeitung, die einschlägigen Normen finden sich nunmehr in der Norm EN ISO/IEC 17025. Zur Erreichung dieses Zieles der Gewährleistung der Transparenz der einzelnen Systeme der Konformitätsbewertung und insbesondere der Wahrung bzw. Herstellung einer Vergleichbarkeit der Kompetenz der Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen wurden • jene Normen, welche für die Organisation und die Arbeitsweise der Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen gelten, harmonisiert, 15 16 17 18
Siehe dazu Gutknecht, Kompetenzrechtliche Grundlagen für die Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie, bbl 2001, 175 (181). Zitiert bei Gutknecht (FN15), 181. Vgl EB RV 508 BlgNR 18.GP S 11. Entschließung der Rates vom 21. Dezember 1989 zu einem Gesamtkonzept für die Konformitätsbewertung, Abl 1990 C 10/1; Mitteilung KOM(89) 209 endg, Abl 1989 C 267/3; Beschluss 93/465/EWG, Abl 1993 L 220/23
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jene Normen, die für die Organisation und die Arbeitsweise der staatlichen Akkreditierungsstellen gelten, die die vorgenannten Stellen akkreditieren, harmonisiert, diejenigen nationalen Systeme harmonisiert, die die Akkreditierungsstellen bestimmen (Akkreditierungssysteme).
Konkret bedeutet dies, dass das System der Konformitätsbewertung und Akkreditierung derartig organisiert ist, dass an oberster Stelle nationale Akkreditierungsstellen vorgesehen werden. Den Mitgliedstaaten bleibt es hierbei unbenommen, diese Stellen staatlich oder privat einzurichten bzw eine oder mehrere solcher Akkreditierungsstellen zu schaffen; gefordert ist nur die Letztverantwortung der nationalen Behörden. Aufgabe der so geschaffenen Akkreditierungsstellen ist die Aufsicht über und die Benennung jener Stellen, die unmittelbar die Konformitätsbewertungen, Prüfungen oder Überwachungen durchführen. Dies geschieht ausgehend von den einzelnen Harmonisierungsrichtlinien und unter Verwendung eines Regimes, das durch den Beschluss des Rates vom 22. Juli 1993 über die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren und die Regeln für die Anbringung und Verwendung der CE-Konformitätskennzeichnung19 eingeführt wurde:
Um eine bestimmte Richtlinie umzusetzen, müssen die darin vorgesehenen Standards überprüft werden. Die Akkreditierungsstelle wählt für diese Aufgabe unter den technisch einschlägig kompetenten Stellen jene aus, die den zur Durchführung der Konformitätsprüfung notwendigen Mindestanforderungen der Richtlinie hinsichtlich Qualifikation, Ausstattung und Integrität entsprechen. Hinsichtlich dieser Anforderungen sind die solcherart ausgewählten bzw „benannten“ Stellen von der Akkreditierungsstelle laufend zu überprüfen. Auch der nachträgliche Entzug der Akkreditierung ist möglich, muss den übrigen Mitgliedstaaten allerdings zur Kenntnis gebracht werden.20 Diese Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen sind nun berechtigt, anhand der von der Harmonisierungsrichtlinie vorgegebenen Konformitätsbewertungsverfahren die konkrete Leistung, das konkrete Produkt oder die konkrete Person auf ihre Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie hin zu überprüfen, zu überwachen bzw. bei bestätigter Konformität das entsprechende Zertifikat auszustellen.
B. Europäische Organisation für Prüfung und Zertifizierung (EOTC21) Um die Vorteile des beschriebenen Systems der Organisation, Zertifizierung und Akkreditierung im Bereich der Europäischen Normung einerseits auch auf jene Bereiche ausdehnen zu können, die nicht durch Harmonisierungsrichtlinien erfasst sind, in denen also die Mitgliedstaaten in der Ausgestaltung der 19 20
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FN 18. Die Verpflichtung einen solchen Entzug zu melden, ergibt sich aus der Befugnis der einmal benannten Stellen, gemeinschaftsweit als Zertifizierungsstelle tätig zu werden. European Organisation for Conformity Assessment, früher European Organisation for Testing and Certification. Die Kurzbezeichnung EOTC wurde jedoch ungeachtet der geänderten und der Tätigkeit des ETOC besser entsprechenden Bezeichnung beibehalten.
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grundlegenden Sicherheitsanforderungen frei sind,22 und andererseits auch die gegenseitige Anerkennung von Prüfungen und Zertifizierungen mit bzw zwischen Drittstaaten zu fördern, wurde 1990 in Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission, der EFTA und den Europäischen Normungsorganisationen die Europäische Organisation für Prüfung und Zertifizierung, EOTC, ins Leben gerufen. Ihre Aufgaben bestehen darin, durch die Organisation von Konferenzen und Foren die Rahmenbedingungen für einen Informationsaustausch, gegenseitige Vertrauensbildung und schließlich für den Abschluss von internationalen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung zu schaffen.
IV. Die Regelungen des Akkreditierungsgesetzes (AkkG) A. Akkreditierungsverfahren 1. Voraussetzungen für die Akkreditierung a) Gemeinsame Voraussetzungen für Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen Für sämtliche zu akkreditierende Stellen normiert das Akkreditierungsgesetz gemeinsame, von diesen zu erfüllende Voraussetzungen:23 Um eine strikte Trennung von Prüfer und Geprüftem im Interesse des Vertrauens Außenstehender in das System von Zertifizierung und Akkreditierung gewährleisten zu können, muss sowohl die zu akkreditierende Stelle als auch deren jeweiliges Personal frei von kommerziellem, finanziellem und anderem Einfluss sein, der das von ihr abzugebende, rein auf Sachverstand basierende Urteil beeinflussen könnte. So dürfen weder die Zertifizierungsstelle noch ihr Personal anders als im Rahmen der Prüfung, Überwachung oder Zertifizierung mit dem Produkt oder der Leistung, das oder die es zu beurteilen gilt, befasst werden.24 Beteiligungen an der Entwicklung, der Herstellung oder dem Vertrieb des Produktes sind daher ebenso unzulässig und mit der Tätigkeit als benannte Stelle nicht vereinbar, wie der Besitz etwaiger Rechte in diesem Zusammenhang.25 Weiters darf das Entlohnungsschema des Personals weder an das Ergebnis noch die Anzahl der durchgeführten Prüfungen geknüpft sein. Hinsichtlich der Organisation der zu akkreditierenden Stelle normiert das Akkreditierungsgesetz die Notwendigkeit eines gesamtverantwortlichen Leiters, eines Zeichnungsberechtigten für jedes Fachgebiet, der - im Falle einer Zertifizierungs- oder Überwachungsstelle - auf dem Gebiet der Qualitätssicherung ausgebildet sein muss, der entsprechenden Qualifizierung und Zuverlässigkeit des Personals sowie der Ausstattung mit geeigneten Räumlichkeiten und Einrichtungen. Die Begründung hiefür findet sich in 22
23 24
25
Freilich bedeutet dies für die Mitgliedstaaten nicht, dass sie unbegrenzte Spielräume zur Ausgestaltung dieser Anforderungen zur Verfügung haben. Das Primärrecht, insbesondere die Grundfreiheiten des EGV setzen den mitgliedstaatlichen Regelungsspielräumen auch hier Grenzen. Vgl §§ 18 bis 21 bzw 23 AkkG. Dies stellt eine bedeutende Hürde für „Werksprüfstellen“ dar. Hier werden diese Anforderungen hinsichtlich Unabhängigkeit in der Praxis so verstanden, dass zwischen Produktion und Vertrieb und der Werksprüfstelle eine derartige Trennung bestehen muss, dass das Prüflaboratorium quasi als „third party“ agieren kann. Zu denken wäre hier etwa an Immaterialgüterrechte.
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den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Stammfassung des Akkreditierungsgesetzes:26 Das hohe Maß der Anforderungen ergebe sich schon aus dem Charakter der Prüfberichte als öffentliche Urkunden, daher müsse ein besonderes Maß der Zuverlässigkeit des verantwortlichen Personals gefordert werden. Als Gründe, die ein besonderes Maß an Zuverlässigkeit und Integrität ausschließen könnten, nennen die Materialien etwa das Vorliegen von Verwaltungsstrafen oder gerichtlicher Strafen. In Entsprechung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, ein Akkreditierungssystem gemäß der europäischen Normenserie 45000 sowie EN 29000 zu schaffen, ist im Akkreditierungsgesetz das Bestehen eines Qualitätssicherungsverfahrens, das nicht nur abstrakt beschrieben sein darf, sondern konkrete Auswirkungen auf die Prüftätigkeit haben und geeignet sein muss, die Qualität derselben effektiv zu sichern, als zwingende Voraussetzung vorgesehen. Das Qualitätssicherungssystem muss schließlich in einem Qualitätssicherungshandbuch festgehalten sein, welches dem bei der zu akkreditierenden Stelle tätigen Personal tatsächlich zur Verfügung stehen muss.
Um den sich ständig ändernden Anforderungen entsprechen zu können, ohne dass dafür jeweils das Akkreditierungsgesetz geändert werden müsste, enthält § 22 AkkG eine Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, unter näher bezeichneten Umständen zusätzliche obligatorische Voraussetzungen für eine Akkreditierung zu schaffen. Die von den Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen zu erfüllenden konkreten materiellen Voraussetzungen für ihre Akkreditierung, die zu den allgemeinen Anforderungen hinsichtlich Integrität und Unabhängigkeit hinzutreten, werden in den einzelnen Harmonisierungrichtlinien genannt: Sie bestimmen sich nach den Eigenschaften und Beschaffenheiten des jeweils zu prüfenden, überwachenden oder zu zertifizierenden Gegenstandes.
b) Besondere Voraussetzungen für Zertifizierungsstellen Während Prüf- und Überwachungsstellen auf Grund eines Antrages mittels Bescheid akkreditiert werden, erfolgt die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen mittels Verordnung, ohne dass irgendjemandem ein Rechtsanspruch auf die Akkreditierung zukommt.27 Diese besondere Behandlung von Zertifizierungsstellen entspringt dabei weniger einer besonderen Eigenart ihrer Tätigkeiten sondern vielmehr einer internationalen Praxis, in (produkt-)spezifischen Fachbereichen, die in der Regel dem Anwendungsbereich einer Harmonisierungsrichtlinie entsprechen, nur eine beschränkte Anzahl von Zertifizierungsstellen zuzulassen und zu benennen.28 Wäre ein einheitliches Zulassungsverfahren mit Antrag und Zulassung mittels Bescheid auch für die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen gewählt worden, so wäre die Zahl der zu benennenden Stellen erheblich größer als bei der gewählten Vorgangsweise, was jedoch nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage dem Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt nicht opportun erschien.29 26 27 28 29
Vgl FN17. § 17 Abs 5 AkkG. Vgl RV 508 BlgNR (FN17), ad § 17. Diese Regelung dürfte, weil sie die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des Handelns der Akkreditierungsstelle und damit jeden Rechtsschutz von Zulassungswerbern ausschließt, verfassungswidrig sein (siehe schon Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht1, 1998, RZ 783/ FN71); zur Verpflichtung des Gesetzgebers, aus rechtsstaatlichen Gründen keine im Rechtsschutzsystem nicht aufgreifbaren Entscheidun-
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Neben den gemeinsamen Erfordernissen für die Akkreditierung, wie sie bereits oben dargestellt wurden, haben Zertifizierungsstellen noch zusätzlich die in § 17 AkkG genannten Voraussetzungen zu erfüllen: Ausgehend von den Zielvorgaben und dem wirtschaftlichen Hintergrund des Gesamtkonzeptes des Akkreditierungswesens muss die Zertifizierungsstelle erwarten lassen, dass ihre Zertifikate international anerkannt werden. Weiters wird gefordert, die Zertifizierungsstelle müsse Gewähr für eine ordnungsgemäße Zertifizierungstätigkeit bieten, die Zertifizierungsstelle müsse ein Lenkungsgremium aufweisen, dem die Festlegung der Geschäftspolitik der Stelle, die Aufsicht und die Umsetzung derselben sowie die Aufsicht über ihre Gebarung übertragen sind, und schließlich ein Verfahren zur Behandlung von Beschwerden vorsehen.
2. Versicherungspflicht Um eventuellen, sich im Rahmen ihrer Zertifizierungstätigkeit ergebenden Schadenersatzpflichten nachkommen zu können, werden die Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen nach § 24 AkkG außerdem verpflichtet30 eine Versicherung abzuschließen.31
3. Entscheidung mittels Bescheid Erfüllt eine Prüf- oder Überwachungsstelle die bereits genannten Voraussetzungen zu ihrer Akkreditierung und strebt sie eine solche nach dem Akkreditierungsgesetz für dessen Geltungsbereich an, so hat sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit einen diesbezüglichen schriftlichen Antrag einzubringen, der sämtliche wesentlichen Angaben gemäß § 9 AkkG zu enthalten hat. Entscheidende Bedeutung kommt hierbei der Angabe der genauen Art der Akkreditierung, des angestrebten Fachgebietes, der durchzuführenden Prüfverfahren, der Namen der verantwortlichen Personen, Angaben über die einschlägigen Qualifikationen des Fachpersonals sowie über das Qualitätssicherungshandbuch, eine Dokumentation zur Beschreibung der besonderen Methoden und Verfahren zur Erreichung des Qualitätszieles, zu, wobei per Verordnung des BMWA als Akkreditierungsstelle weitere Antragserfordernisse bestimmt werden können. Liegt ein solcher Antrag vor, so überprüft die Akkreditierungsstelle das Vorliegen sämtlicher genannter Voraussetzungen. Zu diesem Zweck kann sie sich einschlägiger, speziell qualifizierter Sachverständiger bedienen, und, bei Zweckmäßigkeit, zusätzlich, niemals jedoch ausschließlich, auch die Teilnahme der antragstellenden Stelle an einer Eignungs- oder Vergleichsprüfung auf deren Kosten anordnen, wenn dadurch weder unverhältnismäßige Kosten noch eine ungebührliche Verzögerung des Zulassungsver-
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gen der staatlichen Verwaltung zu ermöglichen, die Rechtspositionen der Rechtsunterworfenen gestalten bzw in diese eingreifen, siehe VfSlg 14295/1995, 13699/1994, 13223/1992. Ebenso ist diese Verpflichtung in den einzelnen Materiengesetzen wie dem § 28 KesselG (BGBl.Nr. 211/1992) oder beispielsweise auch im § 147 der MaschinensicherheitsVO (BGBl.Nr. 306/1994 idF BGBl. II Nr. 62/2006) wiedergegeben. Die Mindesthöhe der Pauschaldeckungssummen von Versicherungsverträgen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die von Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen gemäß § 24 Abs. 3 Akkreditierungsgesetz, abzuschließen sind, finden sich in § 2 der Akkreditierungsversicherungsverordnung (BGBl. II Nr. 13/1997).
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fahrens bewirkt werden. Erfüllt der Antragsteller die Voraussetzungen einer Akkreditierung für die beantragte Akkreditierungsart, so hat die Akkreditierungsstelle die begehrte Akkreditierung mittels Bescheid auszusprechen.32 Der Inhalt des Bescheides entspricht dabei den notwendigen Angaben des Antrages, listet also die erteilten Befugnisse der Stelle anhand festgelegter Prüfungsverfahren detailliert auf und enthält weiters Angaben über die jeweils verantwortlichen Personen und die Geltungsdauer der Akkreditierung. Zur flexiblen Gestaltung dieses Systems und im Hinblick auf spezielle Verordnungen hinsichtlich der Anforderungen an die Akkreditierungswerber ist schließlich noch die Möglichkeit der Erteilung von Auflagen vorgesehen.
4. Aufsicht über die akkreditierten Stellen Im Hinblick auf die Anforderungen der europäischen Normen der Serie 45000 und die staatliche Verantwortung für die Qualität der benannten Stellen sieht das Akkreditierungsgesetz eine wiederkehrende laufende Überprüfung der für die einzelnen akkreditierten Stellen geltenden Akkreditierungsvoraussetzungen vor. Überprüft wird, ob die Akkreditierungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt sind oder ob die Akkreditierung aufgrund von Mängeln entzogen oder beschränkt werden muss. Diese Überprüfungen haben längstens alle fünf Jahre stattzufinden, wobei bei Vorliegen wichtiger Gründe, wie etwa in Beschwerdefällen, bei Strafanzeigen, oder bei begründetem Verdacht des Vorliegens von Entziehungsgründen auch jederzeit eine Überprüfung angeordnet werden kann. So zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen oder Verträge notwendig, kann die regelmäßige Untersuchung des Vorliegens der Akkreditierungsvoraussetzungen auch generell in kürzeren Intervallen vorgenommen werden. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben kommen der Akkreditierungsstelle bzw. den von ihr beauftragten Sachverständigen umfassende Befugnisse zu:33 Es dürfen die Räumlichkeiten, in denen die akkreditierte Stelle im Rahmen ihrer Akkreditierung tätig ist, jederzeit34 betreten werden, Eignungsprüfungen zur Feststellung der Prüffähigkeit einer Prüfstelle selbst durchgeführt oder die Durchführung aufgetragen werden, die Vorbereitung, Verpackung und Versendung von Proben, Prüfgegenständen oder anderen benötigten Sachen und die Teilnahme an Vergleichsprüfungen sowie die Übersendung von Berichten über die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vorgenommenen Tätigkeiten verlangt werden. Untersucht werden kann schließlich auch die Wirksamkeit des Qualitätssicherungssystems. Ergibt die Überprüfung, dass die Akkreditierungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen, so wird die untersuchte Stelle formlos vom Ausgang der Überprüfung verständigt und die Akkreditierungsstelle trägt die Kosten der Überprüfung. Bestehen jedoch Mängel und werden die Akkreditierungsvoraussetzungen nicht mehr in vollem Umfang erfüllt, so wird die Akkreditierung mit Bescheid entzogen oder der Leistungsfähigkeit der Stelle entsprechend angepasst. Die überprüfte Stelle hat in diesem Fall die Kosten zu tragen. Darüber hinaus hat die Akkreditierungsstelle die Akkreditierung bei Vorliegen eines der Tatbestände des §14 Abs 3 AkkG zu entziehen oder einzuschränken, also etwa, wenn unrichtige Prüfungsergebnisse vorliegen und dabei allgemein anerkannte
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Der Antragsteller hat somit einen Rechtsanspruch auf seine Akkreditierung. Siehe § 13 Abs 3 iVm §§ 27 und 30 AkkG. Vgl RV 508 BlgNR (FN 17), ad § 13.
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Fehlergrenzen signifikant überschritten werden, oder behördlichen Mitteilungen nicht oder nur mit ungerechtfertigter Verzögerung nachgekommen wird.35
5. Aufgaben akkreditierter Prüf- und Überwachungsstellen Abgrenzung zur Zertifizierung Im Rahmen des beschriebenen europäischen Ordnungsrahmens zur Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen und einheitlichen Produktstandards ist es Aufgabe der akkreditierten Prüf- und Überwachungsstellen, bestimmte Kennwerte hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und des Qualitätsniveaus einzelner Erzeugnisse zu ermitteln oder die Einhaltung bestimmter Vorschriften zu überwachen. Ergebnis der Tätigkeit der Prüf- bzw Überwachungsstellen sind somit sachverständige Gutachten über die vorgenommenen Untersuchungen. Abhängig von den jeweiligen Anforderungen des in der einzelnen Harmonisierungsrichtlinie vorgesehenen Konformitätsbewertungsverfahrens kann etwa unmittelbar auf der Basis dieser Prüfungen und Überwachungen eine Herstellererklärung abgegeben werden.36 Ist eine solche auf Grund der Gefahrengeneigtheit des in Frage stehenden Produktes oder sonstiger Umstände nicht ausreichend, um das Produkt zum freien Verkehr zulassen zu können, muss eine formelle Zertifizierung durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle erfolgen. Diese können im Rahmen des Bescheinigungsverfahrens auf die Ergebnisse bereits durchgeführter, in den Modulen vorgeschriebener Prüfungen und Überwachungen zurückgreifen. Bei Konformität wird ein Zertifikat ausgestellt, auf Grund dessen die Anbringung des CE-Kennzeichens auf dem Produkt gestattet ist. Das AkkG unterscheidet insoweit zwischen Prüf- und Überwachungsstellen und Zertifizierungsstellen, als es verschiedene Akkreditierungsverfahren vorsieht. Werden erstere mittels Bescheid ernannt, so ist für die Ernennung letzterer eine Verordnung notwendig. § 17 AkkG schreibt die Verordnungsform für die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen fest, um nicht der Möglichkeit, für bestimmte Fachbereiche nur eine geringe Zahl an Zertifizierungsstellen zuzulassen, verlustig zu gehen.37 Im Gegensatz dazu sieht § 11 AkkG neben der Bescheidform für Prüf- und Überwachungsstellen auch einen, bei Vorliegen sämtlicher Vorraussetzungen entstehenden, Rechtsanspruch auf Akkreditierung vor.38
B. Zertifizierungsverfahren Dem so genannten „Globalen Konzept für Zertifizierung und Prüfwesen“, das 1989 den Grundstein für ein europäisches Gesamtkonzept der Konformitäts35
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Als weitere Gründe für die Entziehung oder Einschränkung der Akkreditierung nennt § 14 Abs 3 AkkG ein mehrmaliges, außerhalb der Fehlergrenzen liegendes Abschneiden bei Vergleichsprüfungen und eine den Bestimmungen des AkkG oder einer auf dessen Grundlagen erlassenen Verordnung nicht entsprechende Ausübung der akkreditierten Tätigkeit. Zu den im Rahmen der Konformitätsbewertung vorgesehenen Modulen vgl Holoubek, Normung. EBRV 508 BlgNR 18. GP, zu § 17 Für Prüf- und Überwachungsstellen heißt es in § 11 Abs 1 AkkG: „ … hat die Akkreditierungsstelle die Akkreditierung durch Bescheid auszusprechen.“
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bewertung legte,39 entspringen auch die je nach Produktbereich unterschiedlichen Verfahren der Zertifizierung. Die jeweils einschlägigen Verfahrensarten werden in Richtlinien wie z.B. der Druckgeräterichtlinie 97/23/EG, oder der Maschinenrichtlinie 98/37/EG vorgegeben. Ihrer bedienen sich dann auch die Benannten Stellen bei der Bewertung der Konformität einzelner Produkte. Diese Bewertung findet auf Antrag40 des Unternehmers, der sein Produkt zertifizieren und ein CE-Kennzeichen anbringen lassen will, statt. Mit dem Antrag hat er auch den zu prüfenden Gegenstand vorzubringen bzw. auf den Ort an dem dieser sich befindet zu verweisen.41 Die tatsächlichen Prüfungsmodalitäten ergeben sich aus einem Modulmodell,42 das dem Hersteller unter Umständen auch die Wahl zwischen verschiedenen Verfahren lässt. Besonders häufig kommen die Zertifizierungen bei der Baumusterprüfung und bei der Qualitätssicherung zur Anwendung.43 Die Zertifizierungsentscheidung hat, wenn sie ablehnend bzw. einschränkend ist, genau begründet zu sein und dem Antragsteller die Rechtsbehelfe und Rechtsbehelffristen zu nennen.44 Als Rechtsbehelf kommt beispielsweise im Baumusterprüfungsverfahren nach §10 MaschinensicherheitsVO eine binnen 14 Tagen zu stellende Aufsichtsbeschwerde an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten in Frage.45
C. Rechtliche Einordnung von Akkreditierung und Zertifizierung 1. Das hoheitliche Akkreditierungsverhältnis zwischen Akkreditierungsstelle (BMWA) und „benannter“ Stelle Im Zusammenhang mit Akkreditierung und Zertifizierung sind zwei Rechtsverhältnisse zu unterscheiden: dasjenige zwischen der Akkreditierungsstelle und der akkreditierten, „benannten“ Stelle, also insbesondere der Zertifizierungsstelle auf der einen, und dasjenige zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Unternehmer, der seine Produkte bzw Dienstleistungen zertifizieren lassen will, auf der anderen Seite. Das Rechtsverhältnis zwischen Akkreditierungsstelle und akkreditierter Einrichtung ist dabei von den einschlägigen Rechtsgrundlagen als hoheitliches Verwaltungsrechtsverhältnis, das Akkreditierungsverfahren als Verwaltungsverfahren ausgestaltet (Prüf- und Überwachungsstellen) bzw hoheitlich durch Verordnung geregelt (Zertifizierungsstellen).
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KOM (89) 209 endg, Abl 1989 C 267/3. Ein derartiger Antrag hat u.a. Name (Firma) und vollständige Anschrift des Herstellers oder gegebenenfalls seines Bevollmächtigten in Österreich, den Herstellungsort des Produkts und die zur Prüfung notwendigen technischen Unterlagen zu enthalten. Vgl. bspw. § 10 Abs 4 Maschinen-SicherheitsVO. Siehe Holoubek, Normung IV.D. Röhl, Konformitätsbewertung, 159. Vgl. bspw. Druckgeräte-RL 97/23/EG. §11 Abs 5 MaschinensicherheitsVO, siehe näher unten Punkt C/2.
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2. Das Konformitätsprüfungsverhältnis als privates vertragliches Leistungsrechtsverhältnis Für den einzelnen Unternehmer zumeist unmittelbar einschlägig und daher wichtiger ist freilich das Rechtverhältnis zwischen dem Produkthersteller, der sein Produkt zertifizieren lassen möchte, und der Zertifizierungsstelle. Die Einordnung dieses Rechtsverhältnisses in herkömmliche (verwaltungs)rechtliche Kategorien bereitet der Lehre46 allerdings erhebliche Schwierigkeiten. Auf den ersten Blick scheint die Frage einfach zu beantworten: Die Zertifizierungsstelle ist keine staatliche Behörde im organisatorischen Sinn, sondern ein vom Staat verschiedener Rechtsträger, dessen Unabhängigkeit gerade eine der Voraussetzungen für seine Akkreditierung ist. Es handelt sich zwar um staatlich autorisierte (das heißt mit Bescheid oder bei Zertifizierungsstellen im Verordnungsweg dazu ermächtige und berechtigte) Einrichtungen, in der Regel aber um Private. Zwischen der Zertifizierungsstelle und dem eine Zertifizierung beantragenden Unternehmer wird kein Verwaltungsverfahren (im Sinne des AVG) abgeführt, sondern die Rechtsbeziehung zwischen Zertifizierungsstelle und Unternehmer ist in einem privatrechtlichen Vertrag geregelt. Grundlage der Konformitätsbewertung durch die Zertifizierungsstelle bei der Produktzertifizierung etwa ist ein privatrechtlicher Vertrag zwischen dem Hersteller und der akkreditierten Zertifizierungsstelle. Die Zertifizierungsstelle erlässt auch keine - jedenfalls nicht ausdrücklich als solche gekennzeichneten „Bescheide“ sondern stellt Konformitätsbescheinigungen, Zertifikate aus. Der erste Blick spricht also insbesondere auf Grund der privatrechtlichen, vertraglichen Rechtsbeziehung zwischen Hersteller und Zertifizierungsstelle dafür, dieses Rechtsverhältnis als privatrechtliches einzuordnen. In der Konformitätsbescheinigung kann man dann - vergleichbar anderen Sachverhalten sachverständiger Bescheinigung oder Begutachtung durch Prüf- und Überwachungsstellen - die Abgabe einer sachverständigen gutachtlichen Äußerung sehen, die auf Grund des privatrechtlichen Rechtsverhältnisses von der Zertifizierungsstelle geschuldet ist. Auf Grund des vertraglichen Rechtsverhältnisses und ihrer besonderen Stellung trifft die Zertifizierungsstelle dann insbesondere gegenüber dem Hersteller die Verantwortung als Sachverständiger.47 Bei näherer Betrachtung unterscheiden sich allerdings die Rechtswirkungen, die an eine Konformitätsbescheinigung durch eine Zertifizierungsstelle geknüpft sind, doch erheblich von anderen Konstellationen sachverständiger Bescheinigungen oder Prüfungen. Dies gilt allerdings nur für jenen Bereich, in dem auf Grund entsprechender gemeinschaftsrechtlicher Regelungen und/oder der innerstaatlichen (Umsetzungs)vorschriften die Einhaltung bestimmter (Umwelt-, Sicherheits- etc)Anforderungen, wie sie sich insbesondere aus europäischen Normen ergeben, rechtlich verbindlich angeordnet ist und damit insbesondere das oben beschriebene globale System der Konformitätsbewertung rechtlich verbindlich zur Anwendung gelangt. Außerhalb dieses rechtlich ver46 47
Spruchpraxis oder Höchstgerichtsentscheidungen zu dieser Frage stehen, soweit zu sehen, noch aus. Ob und gegebenenfalls inwieweit damit vertraglich auch Schutzwirkungen zugunsten Dritter (die etwa das Produkt bestimmungsgemäß verwenden und auf das Zertifikat vertraut haben) begründet werden, ist hier nicht zu untersuchen.
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bindlichen Systems gemeinschaftsweiter Konformitätsbewertung, wenn also Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen freiwillig am Maßstab bestimmter europäischer oder innerstaatlicher Normen „zertifizieren“ lassen, gilt das im Folgenden Ausgeführte nicht. Im Bereich ausschließlich freiwilliger Zertifizierung kommen - mangels entsprechender rechtlicher „Verbindlicherklärung“ - der Zertifizierung die im Folgenden zu behandelnden speziellen Rechtswirkungen nicht zu, es bleibt bei den „allgemeinen Wirkungen“, die sich an die Einhaltung und sachverständige Bestätigung der Normkonformität von Produkten knüpfen können.48 Soweit allerdings ein gemeinschaftsrechtlich und in der Folge durch die einschlägigen innerstaatlichen Umsetzungsvorschriften angeordnetes bestimmtes Verfahren der Konformitätsbewertung verbindlich ist und damit entsprechende rechtliche Marktzulassungsbedingungen bestehen, weisen Zertifizierungen eine Reihe von rechtlichen Besonderheiten auf. Zwar unterliegen die Zertifizierungsstellen keiner strengen Zuständigkeitsordnung, der Hersteller kann also gemeinschaftsweit auswählen, bei welcher Zertifizierungsstelle er das Zertifizierungsverfahren beantragt.49 Allerdings besteht für Zertifizierungsverfahren nach einigen Rechtsvorschriften50 insoweit ein „Exklusivitätsanspruch“, als der Hersteller, kommt es zu einer negativen Entscheidung der Zertifizierungsstelle, nicht einfach zur nächsten Zertifizierungsstelle weiterziehen kann und dort ein neuerliches Verfahren beantragen darf.51 Die Entscheidung der Zertifizierungsstelle wirkt, wenn eine solche Regelung besteht (sonst bleibt es wohl beim Informationsaustausch der benannten Stellen ohne Verbindlichkeit) - positiv oder negativ - gemeinschaftsweit und bindet gemeinschaftsweit andere Zertifizierungsstellen wie mitgliedstaatliche oder gemeinschaftliche Behörden.52 Das unterscheidet die Zertifizierung also von einem „klassischen Sachverständigengutachten“, das durch andere Sachverständigengutachten in Frage gestellt werden kann. Anders als bei „klassischen Sachverständigengutachten“ kommt es in der Folge auch nicht zu einer staatlichen behördlichen Entscheidung, sondern die wesentlichen binnenmarktbezogenen Rechtswirkungen, das heißt die gemeinschaftsweite Produktzulassung, knüpft sich unmittelbar an die Zertifizierung. Die staatlichen Behörden können ihre Entscheidung nicht anstelle derjenigen der Zertifizierungsstelle setzen. Sie können nur in einem speziell geregelten Verfahren in Ausnahmesituationen, dem Schutzklauselverfahren, im Zusammenwirken mit anderen Mitgliedstaaten und der Kommission bestimmte Rechtswirkungen, die mit der Zertifizierung verbunden sind, wieder aussetzen.
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Siehe Holoubek, Normung. Zum europaweiten Wettbewerb der Zertifizierungsstellen siehe bereits oben I.A.3. Vgl etwa den Anhang VI.3.1. der MedizinprodukteRL und § 29 Abs 1 Medizinproduktegesetz. Vgl dazu die Überlegungen von Fuchs (FN 13), die für den Anwendungsbereich jener Rechtsvorschriften, die - wie zB § 29 Abs 1 MPG - eine Parallelbetrauung benannter Stellen untersagen, eine neuerliche Antragstellung bei einer anderen Stelle als dem Normzweck widerstrebend und daher unzulässig bewertet. Zur Ausnahme der Schutzklauselverfahren siehe oben IV.C.2.
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Manche der einschlägigen materiellrechtlichen Regelungen enthalten auch verfahrensrechtliche Anforderungen einschließlich Rechtsschutzanforderungen, die - aus österreichischem Blickwinkel gesehen - eher ein hoheitliches Verwaltungsrechtsverhältnis nahe legen. So verlangt Art 18 der DruckgeräteRichtlinie,53 dass jede in Anwendung dieser Richtlinie getroffene Entscheidung, die eine Einschränkung des Inverkehrsbringens und der Inbetriebnahme eines Druckgerätes oder einer Baugruppe zur Folge hat oder dessen Zurücknahme vom Markt erzwingt, genau zu begründen ist. Sie ist den Betroffenen unverzüglich unter Angabe der Rechtsbehelfe, die nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Rechtsvorschriften eingelegt werden können, und der Rechtsbehelfsfristen mitzuteilen Bezüglich Baumusterbescheinigungen verlangt § 11 der österreichischen Maschinensicherheitsverordnung,54 dass die Prüfstelle im Fall einer negativen Entscheidung, also wenn sie die Ausstellung einer Baumusterbescheinigung oder eine Ergänzung einer solchen verweigert, dies gegenüber dem Antragsteller zu begründen hat und auch dem BMWA mitzuteilen hat. Gleiches gilt, wenn die Prüfstelle eine einmal erteilte Baumusterbescheinigung zurückzieht. Auf deren Verlangen hat die Stelle auch anderen Prüfstellen dies entsprechend mitzuteilen. § 11 Abs 6 der Maschinensicherheitsverordnung räumt dem Antragsteller in einem solchen Fall die Möglichkeit einer Aufsichtsbeschwerde an das BMWA ein, auf Grund derer das BMWA die Prüfstelle, die die Ausstellung einer Baumusterbescheinigung verweigert hat, oder auch eine andere Prüfstelle auf Kosten des Antragstellers mit einer neuerlichen Baumuster- oder Ergänzungsprüfung beauftragen kann. Das Aufsichtsbeschwerdeverfahren führt also zu einer nochmaligen Prüfung, ohne dass die Regelung näher anordnet, ob für die Prüfstelle - vergleichbar der Situation bei kassatorischen Rechtsmittelentscheidungen - eine gewisse Bindungswirkung an Rechtsauffassungen der Aufsichtsbehörde bestehen sollen. Weil eine diesbezügliche ausdrückliche Anordnung fehlt und im Hinblick auf die Qualifikation der Tätigkeit der Prüfstelle als Sachverständigentätigkeit und ihre Unabhängigkeit wird man daher annehmen müssen, dass eine solche nicht gegeben ist und das Aufsichtsbeschwerdeverfahren also nur zu einer nochmaligen, in der Sache aber wiederum ausschließlich eigenverantwortlichen sachverständigen Prüfung durch die Prüfstelle führt. Mehr als eine neuerliche sachverständige Begutachtung kann also das im Zusammenhang mit Baumusterbescheinigungen angeordnete Aufsichtsbeschwerdeverfahren nicht erreichen. Inhaltliche Einflussnahme auf die Entscheidung - Ausstellung einer Baumusterbescheinigung oder nicht - kommt der Aufsichtsbehörde keine zu. Vor dem geschilderten Hintergrund gibt es insbesondere in Deutschland gewichtige Stimmen, die die Tätigkeit der „benannten Stellen“ bei der Zertifizierung als Beleihung einstufen und damit funktionell als Ausübung hoheitli-
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RL 97/23/EG, Abl 1997 L 181/1. Die MaschinensicherheitsVO (BGBl. Nr. 306/1994 idF BGBl. Nr. II 330/2006) setzt insbesondere die Richtlinie RL 2006/42/EG Abl L 157/24 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen um, siehe im Einzelnen § 11 Abs 5 bis 7 MaschinensicherheitsVO.
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cher Verwaltungstätigkeit betrachten.55 Für diese Auffassung kann insbesondere ins Treffen geführt werden, dass der Zertifizierungsstelle eine Reihe einseitiger Entscheidungsbefugnisse zukommen. Diese betreffen nicht nur die Zertifizierungsentscheidung als solche, sondern vor allem ihre Befugnis, die Konformitätsbescheinigung einseitig bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen wieder aufzuheben, wie dies in den gesetzlichen Grundlagen in manchen Fällen vorgesehen ist.56 Allerdings ist auf der anderen Seite sogleich auch festzuhalten, dass in einer Reihe von Fällen derartige Kontroll- und Rücknahmerechte nur in der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Hersteller und der benannten Stelle geregelt sind, die Zertifizierungsstellen allerdings manchmal auf Grund spezieller (gemeinschafts)rechtlicher Bestimmungen wiederum dazu verpflichtet sind, entsprechende Klauseln in ihre Verträge aufzunehmen.57 Dazu kommen oft auch umfangreiche Befugnisse der Zertifizierungsstellen zur Besichtigung von Betriebsräumen des Herstellers im Rahmen des Zertifizierungsprozesses. Auch die einschlägigen innerstaatlichen Regelungen bedienen sich in mancher Hinsicht einer Terminologie, die eher einem Verwaltungsverfahren denn einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis entspricht: oft ist vom „Antrag“ des Herstellers die Rede.58 Stellt man dieses System vor den Hintergrund des österreichischen Verwaltungs- und insbesondere des Amtshaftungsrechts, so ergeben sich durchaus Argumente für eine Einordnung der Tätigkeit der Zertifizierungsstelle in den Bereich hoheitlicher Verwaltungstätigkeit.59 Die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle erfolgt auf hoheitlicher Grundlage und die Zertifizierungsstelle ist gegenüber dem Hersteller zu einseitigen Erklärungen ermächtigt. Vor dem Hintergrund eines sehr weiten Verständnisses des so genannten „funktionellen Zusammenhangs“ zur Hoheitsverwaltung, wie sie der OGH im Amtshaftungsrecht entwickelt hat,60 könnte eine Zurechnung der Tätigkeit der Zertifizierungsstellen zur staatlichen Verwaltung durchaus begründet werden. Auch mit Blick auf Rechtsschutzbedürfnisse des Herstellers könnte die „öffentlich-rechtliche“, „hoheitliche“ Lösung Einiges für sich haben. Allerdings wirft ein solches „Beleihungsmodell“ eine Reihe von Problemen insbesondere im Hinblick auf die Rechtsprechung des VfGH zur Zulässigkeit der Beleihung ausgegliederter Rechtsträger, insbesondere Privater, mit hoheit55 56
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Siehe beispielsweise Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, 1999, 329 f; Scheel, DVBl 1999, 442 (446 f). Siehe z.B. Art 15 Abs 2 RL 98/79/EG (In-vitro-Diagnostika), Art 11 Abs 5 der DruckgeräteRL 97/23/EG oder § 11 Abs 5 Maschinen-SicherheitsVO (BGBl. Nr. 306/1994). Vgl. bspw. Art 16 Abs 6 der MedizinprodukteRL 93/42/EWG oder Art 15 Abs 6 der Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika. Dazu Röhl, Konformitätsbewertung, 165. Siehe für „Antrag“ bspw. § 10 Abs 2 MaschinensicherheitsVO. Es kann hier dahinstehen, ob es sich dabei über weite Strecken möglicherweise um so genannte „schlichte“ Hoheitsverwaltung handelt und ob diese Bezeichnung hier zutreffend wäre. Siehe insbesondere die, wenn auch in der Literatur durchaus kritisierten Entscheidungen zu § 57a KFG (OGH SZ 54/19) und Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht², Rz 118, oder zu den privaten Kesselprüfstellen, OGH 27.3.2001, ÖZW 2002, 59 mit Anmerkung Kucsko-Stadlmayer.
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lichen Entscheidungsbefugnissen auf.61 Insbesondere die vom VfGH in ständiger Rechtsprechung geforderten Leitungs- und Weisungsbefugnis oberster Verwaltungsorgane gegenüber dem beliehenen Rechtsträger fehlen bei Zertifizierungsstellen in den einschlägigen gesetzlichen Grundlagen und stünden im Übrigen auch im Widerspruch zu den (gemeinschafts)rechtlichen Unabhängigkeitsvorgaben.62 Und aus Rechtsschutzgründen wäre die „hoheitliche“ Deutung nur dann konsequent, wenn man die einschlägigen Bescheinigungen und Anerkennungen der Zertifizierungsstelle als hoheitliche Verwaltungsakte, mithin als Bescheide deuten würde bzw annimmt, dass es eine verfassungsrechtliche Verpflichtung gibt, in den innerstaatlichen Umsetzungsgesetzen das Zertifizierungsverfahren als hoheitliches Verwaltungsverfahren und die Konformitätsbescheinigungen (Zertifikate) als Bescheid auszugestalten. Ansonsten würde nämlich das öffentlich-rechtliche Rechtsschutzsystem, insbesondere die Beschwerdemöglichkeit an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, nicht greifen. Und das Amtshaftungsrecht alleine lässt erst recht wieder, insbesondere im Hinblick auf den gerade gegenüber Zertifizierungsstellen auch bedeutenden Rechtsschutz über Unterlassungsverpflichtungen, eine Reihe von Lücken offen.63 Weiters ist es wohl schwierig, die abgestuften Verfahren der Konformitätsbescheinigung - von der Selbsterklärung bis zur Zertifizierung64 - einheitlich in ein hoheitliches Schema „zu pressen“. Nur auf diese Weise wäre aber entsprechender Rechtsschutz insbesondere gegen abweisende Abänderungsoder Widerrufsentscheidungen, also negative Äußerungen der benannten Stellen gegeben. Ein bloßer amtshaftungsrechtlicher Schadenersatzanspruch, also reiner Sekundärrechtsschutz, vermag hier keine effektive Rechtsmöglichkeit zu eröffnen. Man nehme als Beispiel an, dass ein Unternehmen mit entsprechend zertifizierten Produkten an einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren teilnimmt. Die entsprechende Konformitätsbescheinigung ist in den Ausschreibungsunterlagen gefordert. Im Laufe eines Vergabeverfahrens erklärt die Zertifizierungsstelle, die die Konformitätsbescheinigung ausgestellt hat, gegenüber dem Auftraggeber, das Zertifikat, also die Konformitätsbescheinigung „zurückzunehmen“. In solchen und ähnlichen Konstellationen ist es wesentlich, dass der Hersteller die inhaltliche Korrektheit dieser Entscheidung der Zertifizierungsstelle überprüfen und gegebenenfalls die Zertifizierungsstelle dazu verhalten kann, diese Entscheidung zu korrigieren. Bloß amtshaftungsrechtlicher Sekundärrechtsschutz hilft hier schon auf Grund der oft schwierigen Beweiserfordernisse nicht effektiv weiter.
Vor allem aber ist den innerstaatlichen Rechtsvorschriften - auf die es auch bei Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften diesbezüglich, also für die Zuordnung zum verwaltungsbehördlichen oder zum zivilgerichtlichen Rechtsweg ja in erster Linie ankäme - eine entsprechend deutliche Zuweisung 61 62 63
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Zu dieser Rechtsprechung siehe zuletzt ausführlich Kucsko-Stadlmayer, Grenzen der Ausgliederung, Gutachten 15. ÖJT 2003, Band I/1, 2003, 75 ff. Siehe bspw. Anhang XI der MedizinprodukteRL 93/42/EWG oder Anhang IV der DruckgeräteRL 97/23/EG. Vgl mutatis mutandis zum - freilich nicht vertraglichen, sondern deliktischen Rechtsverhältnis bei „behördlichen Warnungen“ Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht², Rz 741 mwH. Siehe Holoubek Normung IV.D.
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hoheitlicher Entscheidungsgewalt an die Zertifizierungsstellen nicht zu entnehmen. Wie etwa das oben angeführte Beispiel der Baumusterbescheinigung zeigt, belassen es diese Rechtsvorschriften bei einer sachverständigen „Gutachtensentscheidung“ und sehen gerade nicht die Setzung hoheitlicher Rechtsakte vor. Das ist auch insofern konsequent, wenn man genauer überlegt, worin die einschlägigen Rechtswirkungen der Marktzulassung des Produkts insbesondere begründet liegen. Diese Rechtswirkungen folgen doch aus den jeweiligen generellen Rechtsgrundlagen unmittelbar,65 will heißen, diese ordnen unmittelbar wirksam an, dass an das Vorliegen einer entsprechenden Konformitätsbescheinigung die entsprechenden marktzulassenden Rechtswirkungen geknüpft sind. Durch die - nur beschränkt im Rahmen des Schutzklauselverfahrens widerlegliche - Vermutung der Erfüllung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen knüpft also die generelle Norm unmittelbar an eine sachverständige Äußerung, die Konformitätsbescheinigung in Form der Zertifizierung, also des Zertifikats, bestimmte Rechtswirkungen, nämlich die ex lege wirkende Vermutung. Der sachverständigen Konformitätsbescheinigung kommt also so etwas wie „Tatbestandswirkung“ zu, die unmittelbar auf Grund der einschlägigen gesetzlichen Regelungen bei ihrem Vorliegen bestimmte Rechtswirkungen auslöst. Die Zertifizierungsstelle erlässt aber auch bei einer positiven Konformitätsbescheinigung keine individuelle Norm, deren Willensakt auf die Marktzulassung des Produkts gerichtet wäre, sondern sie erlässt eine sachverständige Aussage, dass das Produkt mit bestimmten, in technischen Normen niedergelegten Anforderungen übereinstimmt. Die Rechtsfolge der Produktzulassung ergibt sich aus der unmittelbar wirksamen Anordnung in der generellen Norm, nicht aus einem normativen Willensakt der Zertifizierungsstelle. Vor diesem Hintergrund wird aber deutlich, dass entgegen einiger Indizien das Rechtsverhältnis zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Hersteller nicht auf die Erlassung einer konkreten Rechtsnorm gerichtet ist, womit auch die Ausgestaltung als hoheitliches Verwaltungsverfahren gerade nicht nahe liegt. Ziel des auf vertraglicher Rechtsgrundlage zwischen dem Hersteller und der Zertifizierungsstelle begründeten Rechtsverhältnisses ist die Erstattung einer sachverständigen Begutachtung, nicht die Erlassung eines Rechtsakts. Insofern verbleibt die Konformitätsbescheinigung konsequent im privaten Bereich,66 die hoheitliche Verbindlicherklärung erfolgt auf gesetzlicher Ebene. Insgesamt sprechen daher meines Erachtens bessere Argumente dafür, das Rechtsverhältnis zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Hersteller als privatrechtliches Rechtsverhältnis zu begreifen, das freilich in den einschlägigen materiellen gesetzlichen Regelungen, die ihrerseits wieder oft gemeinschaftsrechtliche Vorgaben umsetzen, stark öffentlich-rechtlich determiniert
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Zur ex lege Vermutung siehe zB Art 7 Abs 2 MaschinenRL, Art 5 Abs 1 SpielzeugRL, Art 13 Abs 1 MessgeräteRL, Art 5 Abs 2 DruckgeräteRL; zur Möglichkeit der Kommission in „Überprüfungsverfahren“ harmonisierte Normen auf ihre Richtlinienkonformität zu prüfen siehe zB Art 10 MaschinenRL, Art 6 SpielzeugRL. Vgl auch Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 2003, Rz 117f; Krajcsir, Staatliche Hoheitsverwaltung durch Private, 1998, 167f.
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ist.67 Die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Recht verschwimmen in derartigen Rechtsverhältnissen zusehends.68 Angesichts der in Österreich verfassungsrechtlich vorgegebenen Unterscheidung in entsprechend formgebundenes hoheitliches Verwaltungsverfahren oder eben in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallendes „privatrechtliches Rechtsverhältnis“ liegt es nahe, das Rechtsverhältnis zwischen benannter Stelle, insbesondere auch Zertifizierungsstelle und dem Produkthersteller als - wenn auch öffentlich-rechtlich stark „durchwirktes“ - Rechtsverhältnis zwischen Privaten zu qualifizieren, das im Hinblick auf den Rechtsschutz der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte im Sinne des § 1 JN unterliegt.69 In diesem Rahmen greifen dann jene zivilrechtlichen Instrumente, die nicht zuletzt aus Rechtsschutzgründen gegenüber Einrichtungen entwickelt worden sind, die über eine besondere Stellung im Rechtsverkehr insbesondere auf Grund hoheitlicher Rechtsgrundlagen verfügen: Den Zertifizierungsstellen kommt in ihrem Bereich - insbesondere auf Grund des Umstands, dass, wendet sich ein Hersteller einmal an eine Zertifizierungsstelle, er das Verfahren auch ausschließlich dort führen kann - eine qualifizierte Stellung zu, die privatrechtlich bestimmte Rechtsfolgen, insbesondere ein Diskriminierungsverbot und entsprechende Sorgfaltspflichten auslöst.70 67
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So gibt es Vorschriften, die die Neutralität der Zertifizierungsstelle gegenüber den Geprüften sicherstellen und insbesondere finanzielle Abhängigkeiten vermeiden sollen, siehe in den Anforderungen aufgrund des AkkG den Punkt IV/A/1 und zB Anhang XI der MaschinenRL; Art 12 Z 1 (Neutralität) und 6 (Unparteilichkeit) MessgeräteRL; Anhang III.3. SpielzeugRL. In anderen, verfassungsrechtlich anders organisierten Verwaltungsrechtssystemen kann es durchaus nahe liegen, das Rechtsverhältnis zwischen benannter Stelle und dem Hersteller als öffentlich-rechtliches, gleichwohl vertragliches Rechtsverhältnis einzustufen und - besteht eine ausgebaute, insbesondere Leistungs- und Verpflichtungsklagen einschließende Verwaltungsgerichtsbarkeit - auch einem öffentlichrechtlichen Rechtsschutzverhältnis zu unterstellen. Diese Möglichkeiten scheiden im österreichischen Verwaltungsrechtssystem auf Grund der verfassungsrechtlich vorgegebenen starken Rechtsformgebundenheit insbesondere des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aus. Zur Rechtsnatur benannter Stellen im globalen Konzept des europäischen Produktrechts auch die Ausführungen von Fuchs (FN 13). Ein „Kontrahierungszwang“ muss damit freilich nicht zwingend verbunden sein, das hängt von der konkreten Marktsituation ab. Sind entsprechend viele Zertifizierungsstellen für ein bestimmtes Produkt oder einen bestimmten Bereich zugelassen, sodass für den Hersteller angemessen und zumutbar alternative Möglichkeiten eines Zertifizierungsverfahrens zur Verfügung stehen, so kann er sich auch an eine andere Zertifizierungsstelle wenden (und die ursprüngliche etwa wegen Überlastung die Annahme des entsprechenden „Auftrags“ verweigern). Es kommt wie immer bei dieser Argumentationsfigur auf Zumutbarkeit und angemessene Bedingungen an. Wenn aber das Rechtsverhältnis zwischen Hersteller und Zertifizierungsstelle einmal begründet und das Zertifizierungsverfahren damit „eingeleitet“ ist, treffen die Zertifizierungsstelle, weil der Hersteller nicht mehr so einfach beliebig zu anderen Stellen wechseln kann, besondere Sorgfaltspflichten. In deren Rahmen ist freilich auch zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Regelungen der Zertifizierungsstelle eben auch bestimmte öffentliche Interessen, also die Bescheinigung der Übereinstimmung des Produkts mit Sicherheitsanforderungen, übertragen und eine Verantwortung der Zertifizierungsstelle also nicht nur gegenüber dem Hersteller sondern insbesondere auch in dieser Hinsicht besteht. Es handelt sich eben um eine unabhängige sachverständige Stelle.
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Weiters folgen aus dem vertraglichen Verhältnis in Umsetzung der öffentlichrechtlichen Vorgaben entsprechende Verantwortlichkeiten der Zertifizierungsstelle, insbesondere im Hinblick auf Entscheidungspflicht, aber auch die Beseitigung von rechtswidrigen negativen Entscheidungen oder Korrektur- oder Widerrufs-Entscheidungen im Rahmen des über die Zertifizierungsentscheidung hinaus reichenden Rechtsverhältnisses (also zB im Zusammenhang mit der Aufhebung oder Abänderung von Konformitätsbescheinigungen). Haftungs- und Unterlassungsansprüche ebenso wie positive Verhaltenspflichten der Zertifizierungsstelle zur Vermeidung von Schäden stellen zivilrechtlich anerkannte Rechtsschutzinstrumente dar,71 die im Rechtsverhältnis zwischen Hersteller und Zertifizierungsstelle ausreichenden Rechtsschutz gewährleisten.72 Es überzeugt meines Erachtens daher auch nicht, was freilich insbesondere im Hinblick auf die Rechtsprechung des OGH zu § 57a KFG-Überprüfungen durchaus nahe liegt,73 die Tätigkeit der benannten Stellen, insbesondere auch von Zertifizierungsstellen unter amtshaftungsrechtlichen Gesichtspunkten funktionell der Verwaltung zuzurechnen. Die Zertifizierungsstelle wird nicht „für die Verwaltung“, also für den Staat, sondern grundsätzlich, wenn auch weitgehend öffentlich-rechtlich determiniert, im privatautonomen Bereich als private Einrichtung tätig.74 Die wesentliche „hoheitliche“ Wirkung, also die rechtsverbindliche Produktzulassung, liegt denn auch nicht in der Konformitätsbescheinigung als solcher, sondern in der gesetzlichen Anordnung, dass an die Konformitätsbescheinigung eine solche Rechtswirkung geknüpft wird. Aus der Sicht der Zertifizierungsstelle bleibt die Konformitätsbescheinigung eine sachverständige Beurteilung am Maßstab technischer Normen. Die Ingerenzbefugnis des Staates hat daher in der Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlagen und darauf folgend im Akkreditierungsverfahren ihre Grenzen: Dort können entsprechende öffentlich-rechtliche Verpflichtungen auf die privatautonome Gestionsbefugnis der benannten Stelle übertragen werden. Aus dieser Sicht erscheint es aber konsequent, den Anwendungsbereich des Amtshaftungsrechts auf diese hoheitlichen Rechtsverhältnisse, also auf Maßnahmen im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens insbesondere, zu begrenzen. Konformitätsbeschei71
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Vgl insbesondere die im Zusammenhang mit Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber entwickelte Rechtsprechung zur Gewährleistung zivilrechtlichen Rechtsschutzes, wenn und insoweit kein spezifisch gesetzlich geregelter verwaltungsbehördlicher Vergaberechtsschutz zur Anwendung kommt (dazu nur Rummel, ÖZW 1999, 1 ff). Wenn auch die Zurechnungskriterien zum Staat großteils andere sind beim öffentlichen Auftraggeber erfolgt eine direkte, funktionelle Zurechnung zum Staat - und es sich bei den eben in aller Regel privaten Zertifizierungsstellen gerade nicht um „staatlich beherrschte“ Einrichtungen handelt, so unterliegen diese auf Grund der hoheitlichen Übertragung von „Konformitätsbescheinigungsbefugnissen“ im Wege des Akkreditierungsverfahrens „Neutralitätsanforderungen“, wie sie sonst für staatliche Zulassungsstellen typisch sind. Für eine solche Sichtweise insbesondere Merli, Vortrag an der Wirtschaftsuniversität Wien im Juni 2005. OGH SZ 54/19 und dazu Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht², Rz 118. Vgl für diesen Gedanken mit entsprechender Kritik an amtshaftungsrechtlichen Entscheidungen des OGH Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht², Rz 118 und Kucsko-Stadlmayer, ÖZW 2002, 59.
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nigungen einer Zertifizierungsstelle können amtshaftungsrechtlich also dann und nur dann und im Wege einer Verantwortlichkeit der Akkreditierungsstelle - relevant sein, wenn die kausale Verursachung für den Schaden in Fehlern im Rahmen der Akkreditierung liegt.75 Die „Sachverständigentätigkeit“ der Zertifizierungsstelle bleibt aber in deren alleiniger auch haftungsrechtlicher Verantwortlichkeit, für die - möglicherweise, das kann hier dahinstehen, in Umsetzung einer entsprechenden Gewährleistungsverantwortung - der Staat eben Absicherungen in Form einer Versicherungspflicht angeordnet hat.76 In der deutschen Literatur wird schließlich auch erwogen, das System der „benannten Stellen“ und damit das Rechtsverhältnis der Zertifizierungsstellen zu den Herstellern bei der Produktzulassung der EG-Eigenverwaltung zuzurechnen.77 Diese Auffassung sieht in den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen spezielle „Vollzugsregelungen“ (in einem weiten insbesondere nicht dem innerstaatlichen Begriff der „Vollziehung“ - um eine solche handelt es sich bei der Tätigkeit der benannten Stellen gerade nicht - gleichzuhaltenden, sondern deutlich darüber hinausgehenden Sinn), die der EGEigenverwaltung viel näher stehen als dem indirekten Vollzug von Gemeinschaftsrecht durch mitgliedstaatliche Behörden. Die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen wird demzufolge auch direkt der Gemeinschaft zugeordnet. Das verschiebt, wie diese Auffassung erkennt, die Legitimations- und Rechtsschutzprobleme einschließlich der Haftungsprobleme freilich nur auf die gemeinschaftsrechtliche Ebene, wo entsprechende Vorkehrungen gefordert werden, die dann wiederum vor allem in den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen näher ausgestaltet werden müssten. Es ist aber schon fraglich, ob diese Auffassung den spezifischen Charakteristika des indirekten Vollzugs von Gemeinschaftsrecht gerecht wird: Hier überformt das Gemeinschaftsrecht eben die innerstaatlichen auch organisations- und verfahrensrechtlichen Regelungen, sodass es sich eben funktionell um gemeinschaftliche, organisatorisch freilich um mitgliedstaatliche Vollzugszuständigkeiten handelt. Diese sind auch nicht ausschließlich gemeinschaftsrechtlich, sondern - „doppelte Bindung“78 wesentlich auch innerstaatlich determiniert. Gemeinschaftsrecht und innerstaatliches Recht greifen hier eben ineinander. Auch die Tatsache, dass die gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlagen zumeist in Richtlinienform ergehen, legt es nahe, die in Umsetzung dieser Richtlinien auf Grund entsprechender mitgliedstaatlicher, gesetzlicher Anordnungen vorgesehenen „Vollzugsformen“ im Wege der indirekten Vollziehung von Gemeinschaftsrecht allenfalls der Gemeinschaft über die Mitgliedstaaten und jedenfalls nicht dieser direkt zuzurechnen. Aber es ist schon allgemein fraglich, ob die Unterscheidung in funkti75
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Gemeinschaftsrechtlich könnte man im Hinblick auf legislative Haftung allenfalls auch an fehlende gesetzliche Verpflichtungen in den einschlägigen materiellen gesetzlichen Regelungen denken. Insofern unterscheidet sich die Situation nicht von anderen grundsätzlich ebenso privaten Schadensverhältnissen wie etwa bei einem Verkehrsunfall, bei denen ebenfalls im Hinblick auf Dritte Versicherungspflichten bestehen. Siehe dazu insb Röhl, Konformitätsbescheinigung, 166 ff. Siehe nur Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht², 2001, 102 mwH.
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onelle und organisatorische Zurechnung im vorliegenden Zusammenhang allein adäquat ist. Es muss doch berücksichtigt werden, dass die insoweit "autonome" Rechtsetzung der Mitgliedstaaten im Bereich gemeinschaftsrechtlicher Spielräume auch funktionell den Mitgliedstaaten zuzurechnen ist. Und überhaupt ist eine "saubere" Trennung von heteronomer gemeinschaftsrechtlicher Determinierung und autonomem Spielraum der Mitgliedstaaten mit entsprechender funktioneller Zurechnung im Geflecht vor allem auch finaler Determinierung durch Prinzipien und allgemeine Grundsätze schwierig. Die Veränderungen durch das Gemeinschaftsrecht gehen hier auch im Bereich mitgliedstaatlicher organisations- und verfahrensrechtlicher Instrumente und Institute tief und lassen sich nicht durch eine Abschottung der mitgliedstaatlichen Vollzugstätigkeit zu Gunsten einer im funktionellen Sinn sehr weit verstandenen europäischen Eigenverwaltung vermeiden.
V. Sonderbestimmungen für elektronische Signaturen79 Für den Bereich der Elektronischen Signaturen wurde bereits in der einschlägigen Richtlinie80 ein vom üblichen Konzept der Akkreditierung und Zertifizierung abweichendes System des Marktzutrittes und der Marktüberwachung gewählt: Zertifizierungsdiensteanbieter81 sollten, ohne dem Erfordernis der Einholung einer Genehmigung oder einer solchen in der Wirkung gleichkommenden Beschränkung unterworfen zu sein, unmittelbar ihre Tätigkeit aufnehmen können. Dementsprechend sieht das Signaturgesetz (SigG) grundsätzlich nur die Verpflichtung zur Anzeige der Aufnahme von Diensten als Zertifizierungsdiensteanbieter bei einer Überwachungsstelle vor. Dieser Anzeige sind Dokumente beizuschließen, aus denen erkennbar sein muss, ob den einschlägigen Sicherheitsbestimmungen des Signaturgesetzes entsprochen wird.82
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Unter einer elektronischen Signatur werden elektronische Daten verstanden, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder mit diesen logisch verknüpft werden, und die der Authentifizierung, also der Identitätsfeststellung des Signators dienen. Näher Damjanovic, Öffentlich-rechtliche Aspekte des E-Commerce, Punkt VI. RL 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen, Abl 2000 L 13/12. Eine natürliche oder juristische Person oder eine sonst rechtsfähige Einrichtung, die Zertifikate ausstellt oder andere Signatur- und Zertifizierungsdienste erbringt. Im Sinne des Signaturgesetzes werden wiederum unter Zertifizierungsdiensten abweichend von der üblichen Terminologie auf dem Gebiet der Akkreditierung die Bereitstellung von Signaturprodukten und -verfahren, die Ausstellung, Erneuerung und Verwaltung von Zertifikaten, Verzeichnis- und Zeitstempeldienste sowie Rechnerund Beratungsdienste im Zusammenhang mit elektronischen Signaturen verstanden. Zu den weiteren Begriffsbestimmungen siehe näher bei § 2 Signaturgesetz. Je nach Qualifikation der Signatur, ob es sich um eine „sichere Signatur“ oder um eine einfache elektronische Signatur handeln soll, müssen verschiedene Anforderungsstufen erfüllt werden. Zum derzeitigen Zeitpunkt gibt es zwei Diensteanbieter, die A-Trust Gesellschaft für Sicherheitssysteme im elektronischen Datenverkehr GmbH und die Telekom Austria AG, die qualifizierte Zertifikate im Sinne des § 5 SigG vergeben, die mit einer den Anforderungen des § 2 Z 3 lit. a bis d SigG entsprechenden Signatur des Zertifizierungsdiensteanbieters versehen sein muss. Quelle: www.signatur.rtr.at
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Als solche Überwachungsstelle fungiert gemäß § 13 SigG die TelekomControl-Kommission (TCK), die sich bei der Durchführung der Aufsicht wiederum der RTR-GmbH83 in ihrer Funktion als Geschäftsstelle der TCK bedient.84 Zur Aufsichtstätigkeit der TCK und der RTR-GmbH gehören insbesondere 1. die Überprüfung der Umsetzung der Angaben im (der Anzeige beizulegenden) Sicherheits- und im Zertifizierungskonzept der Diensteanbieter, 2. im Fall der Bereitstellung sicherer elektronischer Signaturen die Verwendung geeigneter technischer Komponenten und Verfahren (§ 18 SigG) zu überwachen, 3. Zertifizierungsdiensteanbieter nach § 17 SigG zu akkreditieren und 4. die organisatorische Aufsicht über Bestätigungsstellen (§ 19 SigG) durchzuführen.85 Als Mittel stehen ihr dabei die Untersagung der Verwendung bestimmter ungeeigneter technischer Komponenten oder Verfahren sowie der Widerruf bestimmter Zertifikate zur Verfügung. Darüber hinaus kann den Stellen auch die Ausübung der Tätigkeit teilweise oder zur Gänze untersagt werden, wenn nicht gelindere Mittel in Betracht kommen. Im Fall von qualifizierten Zertifikaten86 oder sicheren Signaturverfahren87 sind neben der Verpflichtung zur Anzeige eine Reihe weiterer im SigG und der SigV näher dargelegte Mindeststandards von den Diensteanbietern zu erfüllen, deren Einhaltung von der Aufsichtsstelle überprüft wird. Bei technischen Komponenten und Verfahren für die Erzeugung sicherer Signaturen etwa muss von einer Bestätigungsstelle bescheinigt sein, dass die Sicherheitsanforderungen erfüllt sind (§ 18 Abs. 5 SigG). Als erste und bislang einzige österreichische Bestätigungsstelle wurde der Verein "Zentrum für sichere Informationstechnologie - Austria (A-SIT)" anerkannt;88 über diesen übt die TCK die organisatorische Aufsicht aus. Ein Anbieter, der sichere elektronische Signaturverfahren bereitstellt, kann sich darüber hinaus gemäß § 17 SigG vor der Aufnahme der Tätigkeit von der Aufsichtsstelle akkreditieren lassen. Akkreditierte Zertifizierungsdiensteanbieter dürfen sich mit Zustimmung der Aufsichtsstelle im Geschäftsverkehr als solche bezeichnen. Im Zusammenhang mit Signatur- und Zertifizierungsdiensten sowie mit Signaturprodukten darf diese Bezeichnung nur verwendet werden, wenn die Sicherheitsanforderungen nach § 18 erfüllt werden.
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Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) wurde durch § 5 des KommAustria-Gesetzes BGBl 2001 I/32 als Rechtsnachfolgerin der TelekomControl GmbH gegründet. Die RTR-GmbH prüft unter anderem die von den Zertifizierungsdiensteanbietern erstatteten Anzeigen und Anträge auf Akkreditierung, führt im Auftrag der Telekom-Control-Kommission weitere Erhebungen wie z. B. eine Besichtigung der Einrichtungen des Zertifizierungsdiensteanbieters vor und erstattet darüber Berichte an die Telekom-Control-Kommission. Näher zu den einzelnen Agenden http://www.signatur.rtr.at/de/supervision/tkk.html. Vgl § 2 Z 9 Signaturgesetz. Vgl § 2 Z 3 Signaturgesetz. Die Anerkennung erfolgte durch die Verordnung BGBl II 2000/31.
Michael Holoubek
Kapitel 3: Elektrotechnikrecht Rechtsgrundlagen ...........................................................................................527 I. Grundlagen ................................................................................................528 A. Allgemeines............................................................................................528 1. Historischer Hintergrund...................................................................528 2. Ökonomischer Hintergrund...............................................................529 II. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................529 III. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ..................................................530 IV. Die Regelungen des Elektrotechnikgesetzes.........................................532 A. Anwendungsbereich...............................................................................532 B. Begriffsbestimmungen ...........................................................................533 1. Elektrische Betriebsmittel .................................................................533 2. Elektrische Anlage ............................................................................533 C. Normalisierung und Typisierung...........................................................533 D. Sicherheitsmassnahmen ........................................................................534 1. Elektrotechnische Sicherheitsvorschriften ........................................534 2. Erfüllungsnachweis ...........................................................................535 3. Überwachung und Kontrolle .............................................................536 E. Herstellungs-, Änderungs- und Instandhaltungsbefugnis......................537 F. Sonderbestimmungen und Behördenzuständigkeit ................................537 1. Sonderbestimmungen ........................................................................537 2. Behörden ...........................................................................................539 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht RL 73/23/EWG, Abl 1973 L 77/29 (geändert durch RL 93/68/EWG des Abl L 1993 220/1); RL 89/336/EWG, Abl 1989 L 139/19 (geändert durch RL 91/263/EWG Abl L 1991 128/1, RL 92/31/EWG Abl L 1992 126/11 und RL 93/68/EWG Abl L 1993 220/1 30.8.1993); RL 1999/5/EG, Abl 1999 L 91/10 (geändert durch VO (EG) Nr. 1882/2003 Abl L 2003 284/1). Innerstaatliches Recht Elektrotechnikgesetz 1992 - ETG 1992 (BGBl 1993 I/106 idF BGBl 2001 I/136), Elektrotechnikverordnung 1996 - ETV 1996 (BGBl 1996 II/105 idF BGBl 2006 II/33).
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I. Grundlagen A. Allgemeines 1. Historischer Hintergrund Schon von Beginn an erfuhr das Gebiet der Elektrotechnik losgelöst vom allgemeinen Normenwesen eine eigenständige Regelung. Die Trennung dieser beiden eng verwandten Rechtsgebiete ist allerdings vor allem historisch und nicht durch erhebliche sachliche Unterschiede begründet. Die Erarbeitung elektrotechnischer Normen und Standards auf nationaler Ebene begann 1883 durch den Wiener Elektrotechnischen Verein, als dieser beschloss, sein Wissen über die sichere Herstellung, Weiterleitung und Anwendung der elektrischen Energie in „Regulative“ zu fassen. Noch im selben Jahr ordnete die k.u.k.-Statthalterei die Bindung der Errichtung elektrischer Anlagen an einschlägige Fachkenntnisse an und verwies dabei auf jene künftig auszuarbeitenden „Regulative“. Nach 1945 zog das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau die Agenden der Normalisierung im Bereich der Elektrotechnik an sich, überließ diese jedoch wegen Überlastung bereits ab 1957 wiederum dem Österreichischen Verein für Elektrotechnik (ÖVE) und beauftragte ihn in einem zur Ausarbeitung elektrotechnischer Vorschriften und Normen. Im Jahre 1965 erging schließlich das Elektrotechnikgesetz in seiner ersten Fassung. Darin schrieb man die Zuständigkeit des ÖVE zur Erarbeitung elektrotechnischer Bestimmungen erstmals gesetzlich fest. Im Rahmen der darauf folgenden Novellierung und insbesondere durch das Elektrotechnikgesetz 1992 (ETG 1992) wurden die elektrotechnischen Vorschriften an den Stand der Technik angepasst und Modifikationen im Zusammenhang mit dem Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum vorgenommen. Auf internationaler Ebene erkannte man bereits 1906 die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Elektrotechnik und gründete die IEC, International Electrotechnical Commission.1 In dieser erarbeiten heute in 169 Technischen Komitees und Subkomitees sowie in rund 500 Arbeitsgruppen Fachleute aus 67 Mitgliedstaaten und weiteren assoziierten Staaten Entwürfe zu elektrotechnischen Normen. Hinsichtlich des Aufbaues orientiert sich diese Organisation an den bereits von der ISO bekannten und bewährten Strukturen:2 Die Normungsarbeit geschieht in den Technischen Komitees und deren Subkomitees und Arbeitsgruppen. Liegt ein Entwurf für eine Norm vor, so ist ein spezielles, wiederum dem Verfahren der ISO nachgebildetes Annahmeverfahren3 durchzuführen, im Rahmen dessen eine möglichst breite, vordringlich einstimmige Annahme des Entwurfes erreicht werden soll. Seit September 1996 besteht zwischen dem IEC und CENELEC,4 dem Euro1 2 3
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www.iec.ch Siehe dazu Holoubek, Normung. Besondere Bedeutung kommt dem JTC1, dem Joint Technical Commitee 1, zu, welches 1987 als übergreifendes Technisches Komitee zwischen ISO, IEC und ITU für die Normungsarbeit in der Informationstechnologie zuständig erklärt wurde. Für nähere Informationen siehe www.jtc1.org. Comité Européen de Normalisation Electrotechnique.
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päischen Komitee für elektrotechnische Normung, ein Kooperationsabkommen5 zur Vermeidung von Reibungsverlusten durch doppelte Anstrengungen sowie zur Beschleunigung der Vorbereitung neuer Normen. Als ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser weitgehenden Abstimmung6 wird so eine weit über den europäischen Raum hinaus wirkende Kompatibilität von Produktanforderungen bewirkt. Sind die Ergebnisse einer Parallelabstimmung sowohl im Bereich der IEC als auch von CENELEC positiv, so wird die Norm als Internationaler Standard publiziert und gleichzeitig als Europäische Norm kundgemacht.7
2. Ökonomischer Hintergrund Der Bereich der Elektrotechnik und somit auch jener der diesbezüglichen Normung erstreckt sich von Generatoren über Übertragungsmaterial hin zu Transformatoren, Motoren, Batterien und elektrischen Verbraucherprodukten und umfasst auch Geräte wie Computer, Büromaschinen und Telekommunikationsgeräte. Die zunehmende Technisierung des Alltags, die so oft attestiert wird, ist zu einem Großteil auf immer neue elektrotechnische Produkte zurückzuführen.8 Die dabei der Normung zukommende Aufgabe liegt darin sicherzustellen, dass die einzelnen Produkte und deren Bestandteile untereinander kompatibel sind und zu gewährleisten, dass alle angebotenen Dienste mit allen Produkten verwendet werden können. Die Bedeutung des elektrotechnischen Sektors verdeutlicht sich anhand der wirtschaftlichen Eckdaten:9 1999 erwirtschaftete der Bereich der Elektrotechnik im Raum der Europäischen Union und der EFTA ein Volumen von rund 430 Milliarden Euro, dies bei Beschäftigungszahlen von etwas über zwei Millionen. Die Exporte beliefen sich auf 294 Milliarden Euro, davon entfielen rund 62% auf den innergemeinschaftlichen Handel. Insgesamt stellt Europa mit diesen Exporten etwa 30 % des gesamten Welthandels auf dem Sektor der Elektrotechnik. Während bei Verbraucherelektronik mengenmäßig noch die Importe in die Gemeinschaft überwiegen, konnte die Gemeinschaft ihre Präsenz bei Hochspannungselektronik ausbauen: Im Bereich der Windenergie etwa bemisst sich der Anteil der Gemeinschaft am gesamten Weltmarkt auf über 80 %.
II. Kompetenzrechtliche Einordnung Die in Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG enthaltene Zuweisung von „... Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen und Einrichtungen, Sicherheitsmassnahmen auf diesem Gebiet“ sowohl in Gesetzgebung als auch in Vollziehung 5 6
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Sogenanntes „Dresdner Abkommen“. So waren im Jahre 2005 68.93% aller CENELEC Normen identisch mit IEC Dokumenten, weiteren 7.86% der CENELEC Normen dienten solche der IEC als Basis, lediglich die restlichen 23.21% stellen das Ergebnis rein europäischer Normungstätigkeit dar. Vgl näher: CENELEC, Annual Report 2005. Zum Verfahren der Kundmachung vgl Holoubek, Normung. Der elektrotechnische Sektor stellt, gemessen am jeweiligen Prozentsatz der Verkäufe neuer Produkte, das innovationsintensivste technische Gebiet dar. Die Daten entstammen einer Studie über die Auswirkungen der Normung, die die Europäische Kommission im November 2000 startete. Die Ergebnisse wurden damals auf einer Website (www.standardsimpact.org/electrical.php) veröffentlicht, die jedoch derzeit offline ist.
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in die Kompetenz des Bundes findet sich schon in der Fassung des B-VG vom 1.10.1920.10 Nach der Judikatur des VfGH sind davon Sicherheitsmaßnahmen „auf dem Gebiet“ elektrischer Anlagen und Einrichtungen, nicht nur solche „bei“ elektrischen Anlagen oder „für“ solche, umfasst.11 Unter den von diesem Kompetenztatbestand erfassten Sicherheitsmaßnahmen sind daher nicht nur Maßnahmen „in Bezug auf“ (andere) elektrische Anlagen und Einrichtungen zu verstehen, sondern auch solche Maßnahmen, die selbst in Gestalt elektrischer Anlagen und Einrichtungen getroffen werden.12
III. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Mit der Richtlinie 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen, besser bekannt unter der Bezeichnung als Niederspannungsrichtlinie, wurde das Gebiet der technischen Sicherheit auf europäischer Ebene weitgehend revolutioniert, vereinfacht und vor allem vereinheitlicht. Schon lange bevor auf dem Gebiet der allgemeinen technischen Normung auf europäischer Ebene durch die Annahme der Entschließung über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Normung13 eine völlige Neuordnung erfolgte, nahm die Niederspannungsrichtlinie die wesentlichen Elemente dieser Konzeption bereits vorweg: Artikel 2 der Richtlinie verweist auf bestimmte, in Anhang I der Richtlinie näher dargelegte, grundsätzliche Sicherheitsziele, denen elektrische Betriebsmittel oder Anlagen entsprechen müssen, um in Verkehr gebracht werden zu dürfen. Ob ein Produkt diese Anforderungen erfüllt, und daher in der gesamten Gemeinschaft verkehrsfähig ist, hängt dabei von seiner Konfor-
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Demgegenüber verwiesen die Vorentwürfe noch generell das Elektrizitätswesen in Gesetzgebung und Vollziehung in den Kompetenzbereich des Bundes. Siehe zur Entwicklung näher bei Ermacora, Die Entstehung der Bundesverfassung 1920 IV, 647. Die Rechtsbegriffe „elektrisch“ und „Elektrizität“ erfassen demnach das Phänomen „Elektrizität“ über die Produktion und den Verbrauch als Gegenstand des modernen Lebens hinaus als physikalisches Phänomen in seiner Gesamtheit. Besteht Regelungsbedarf etwa im Hinblick auf Luftelektrizität (zB Blitzschutzanlagen) oder durch Reibung entstandene Elektrizität, so ist nach Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG eine Regelungskompetenz des Bundes gegeben. Vgl näher VfSlg 6011/1969. Unter solchen Maßnahmen sind etwa Blitzschutzanlagen zu verstehen. Vgl schon FN11. Maßnahmen, die in Zusammenhang mit der Beseitigung von Gefahren aus Potentialunterschieden stehen, die nicht mittelbar oder unmittelbar von einer Anlage zur Herstellung oder Leitung von elektrischem Strom ausgehen, sind demnach ebenso von der Bundeskompetenz umfasst. Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normen, Abl 1985 C 136/1; vgl Holoubek,Normung.
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mität mit technischen Normen ab:14 Den obersten Maßstab bilden dabei harmonisierte Normen.15 Soweit solche nicht oder noch nicht zur Verfügung stehen, erklärt die Richtlinie eine Konformität der Produkte mit den Sicherheitsanforderungen der International Commission on the Rules for the Approval of the Electrical Equipment16 (CEE - él) oder jenen der International Electrotechnical Commission17 (IEC) als ausreichend und verpflichtet die Mitgliedstaaten, auch solche Produkte zum freien Verkehr zuzulassen, sofern auf diese Bestimmungen ein eigenes Veröffentlichungsverfahren angewandt wurde.18 Liegen aber auch solche Sicherheitsanforderungen nicht vor, so kommt den nationalen Bestimmungen Bedeutung zu: Als ausreichend ist dabei anzusehen, wenn die in Frage stehenden elektrischen Betriebsmittel in Übereinstimmung mit den Sicherheitsanforderungen der im herstellenden Mitgliedstaat anzuwendenden Normen gefertigt worden sind, wenn diese die gleiche Sicherheit bieten wie jene, die in ihrem eigenen Hoheitsgebiet gefordert wird.19 Die Vermutung der Übereinstimmung der Erzeugnisse mit diesen technischen Normen wird durch das von den zugelassenen nationalen Stellen20 ausgestellte „Konformitätszeichen“ oder die „Konformitätsbescheinigung“ oder durch die „Konformitätserklärung“ des Herstellers bescheinigt.21 Die einzelnen Mitgliedstaaten haben diese Bescheinigungen anzuerkennen, so dass die damit versehenen Produkte gemeinschaftsweit für den freien Verkehr zuzulassen sind. Ist jedoch keine Konformität des Produktes mit jenen Normen gegeben, so haben die Mitgliedstaaten dennoch die freie Verkehrsfähigkeit zu gewährleisten, wenn die fraglichen elektrischen Betriebsmittel dennoch die in der Richtlinie genannten, grundlegenden Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit erfüllen. 14
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Die Konformität mit diesen Normen wird mittels eines Konformitätsbewertungsverfahrens festgestellt. Der positive Abschluss eines solchen berechtigt zur Anbringung des CE-Zeichens am Produkt, welches in der Gemeinschaft als Warenpass fungiert. Als harmonisierte Normen werden jene Normen bezeichnet, die im gegenseitigen Einvernehmen von den Stellen, die von den Mitgliedstaaten gemäß Art 11 der Niederspannungsrichtlinie mitgeteilt wurden, festgelegt und die im Rahmen der einzelstaatlichen Verfahren bekannt gegeben worden sind. Vgl. Art 5 Niederspannungsrichtlinie. Internationale Kommission für die Regelung der Zulassung elektrischer Ausrüstungen. Internationale Elektrotechnische Kommission. Die Kommission teilt den Mitgliedstaaten die in den Dokumenten verlangten Sicherheitsanforderungen mit, worauf diese binnen einer Frist von drei Monaten ihre Einwände gegen die übermittelten Bestimmungen anbringen können. Diejenigen Sicherheitsanforderungen schließlich, gegen die keine Einwände erhoben worden sind, werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Dies erlaubt es den Mitgliedstaaten jedoch nicht, die Einhaltung von Sicherheitsanforderungen zu verlangen, die von den Sicherheitszielen der Richtlinie nicht erfasst sind. Vgl. die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Niederspannungsrichtlinie, Abl 1982 C 59/2. Siehe hierzu näher Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung. Zum Verfahren im Zusammenhang mit der Bescheinigung der Konformität vgl näher Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung.
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Dementsprechend bietet die Richtlinie dem Hersteller elektrischer Betriebsmittel auch die Möglichkeit, die Übereinstimmung des Produktes mit den Sicherheitszielen der Richtlinie durch einen Gutachterbericht einer der Kommission angezeigten Stelle22 feststellen zu lassen.23 Auch in diesem Fall ist es den Mitgliedstaaten ausschließlich dann erlaubt, Maßnahmen zur Einschränkung des freien Verkehrs oder des Inverkehrbringens zu treffen, wenn gleichzeitig ein gemeinschaftsrechtliches Schutzklauselverfahren eingeleitet wird.24 Die Einhaltung dieses Verfahrens, in dessen Rahmen der Mitgliedstaat nachzuweisen hat, dass die von ihm reklamierten Produkte tatsächlich nicht den Sicherheitsanforderungen entsprechen, stellt dabei eine Voraussetzung für die Gültigkeit der einzelstaatlichen Maßnahme dar.25
Da es sich somit um eine Richtlinie zur vollständigen Harmonisierung des von ihr erfassten Bereiches handelt, sind Betriebsmittel, die den elf26 Sicherheitszielen der Richtlinie entsprechen, somit zum ungehinderten Verkehr zuzulassen. Die Hersteller können also nicht mehr zur Einhaltung von solchen einzelstaatlichen Vorschriften angehalten werden, die von der Richtlinie inhaltlich abweichen.
IV. Die Regelungen des Elektrotechnikgesetzes A. Anwendungsbereich Hauptanliegen des Elektrotechnikgesetzes ist es, umfassende Sicherheit auf dem Gebiet der Elektrotechnik zu gewährleisten, sowie die österreichischen elektrotechnischen Vorschriften an die Vorgaben der Niederspannungsrichtlinie anzupassen. Dies geschieht einerseits durch die Festlegung der Rahmenbedingungen der diesbezüglichen Normung und Typisierungen, und andererseits durch die Festlegung bestimmter grundlegender Anforderungen an elektrische Betriebsmittel und elektrische Anlagen sowie deren Errichtung, Betrieb und Instandhaltung. Zur Gewährleistung einer flexiblen Regelung dieser Angelegenheiten, die eine rasche Anpassung an akute Gefährdungslagen oder den technischen Fortschritt erlaubt, sieht §3 ETG 1992 eine Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in Bezug auf elektrotechnische Sicherheitsmaßnahmen vor.27 22 23
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In Betracht kommen hier vor allem akkreditierte Prüf- Überwachungs- und Zertifizierungsstellen. Zu diesen siehe näher Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung. Vgl Art. 8 Abs. 2 Niederspannungsrichtlinie. Dadurch wird eine weitgehende Möglichkeit für Produktinnovationen offen gelassen, die als solche nicht auf bereits bestehenden Normen beruhen können. Zum Schutzklauselverfahren siehe Holoubek, Normung. Kommt das Schutzklauselverfahren aber zu dem Ergebnis, dass das beanstandete Produkt - entgegen der Auffassung des dieses Verfahren einleitenden Mitgliedstaates - den Sicherheitsanforderungen der Richtlinie genügt, so ist es wiederum zum ungehinderten Verkehr zuzulassen. Diese werden in Art. 2 und Anhang I der Niederspannungsrichtlinie aufgezählt. Siehe weiters Pkt 2.3 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Niederspannungsrichtlinie, FN19. In diesen kann er insbesondere Bestimmungen für die Elektrotechnik (Elektrotechnische Sicherheitsvorschriften, Vorschriften über Normierung und Typisierung) für verbindlich erklären, die dann als „SNT-Vorschriften“ - Vorschriften über Sicherheit, Normalisierung und Typisierung - bezeichnet werden.
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B. Begriffsbestimmungen 1. Elektrische Betriebsmittel Dies sind Gegenstände, die als Ganzes oder in einzelnen Teilen zur Gewinnung, Fortleitung oder zum Gebrauch elektrischer Energie bestimmt sind. Ebenso sind betriebsmäßige Zusammenfassungen mehrerer elektrischer Betriebsmittel, die als bauliche Einheit in Verkehr gebracht werden und zumindest zu diesem Zeitpunkt als bauliche Einheit ortsveränderlich sind, elektrische Betriebsmittel im Sinne des ETG.
2. Elektrische Anlage Bei elektrischen Anlagen im Sinne des ETG handelt es sich um ortsfeste28 betriebsmäßige Zusammenfassungen elektrischer Betriebsmittel, soweit diese Zusammenfassung nicht nach §1 Abs 1 ETG als Betriebsmittel zu betrachten ist. Anlagen zum Potentialausgleich, Erdungsanlagen, Blitzschutzanlagen und Anlagen zum kathodischen Korrosionsschutz unterfallen ebenfalls dem Begriff einer elektrischen Anlage.
C. Normalisierung und Typisierung Um dem Grundgedanken des technischen Sicherheitsrechtes, nämlich der Gewährleistung der Sicherheit von Produkten, Dienstleistungen und Verfahren, Rechnung tragen zu können, ist es notwendig, dass elektrotechnische Produkte ebenso wie Produkte im Allgemeinen bestimmten Sicherheitsanforderungen entsprechen. Dabei kommen auch auf dem Spezialgebiet der Elektrotechnik die Prinzipien der Normalisierung und Typisierung zur Anwendung: Elektrische Anlagen wie deren Änderungen müssen hinsichtlich der Stromart, der Frequenz und der Spannung so weit wie möglich einheitlich ausgeführt werden. Um gewährleisten zu können, dass diese Anforderungen tatsächlich erfüllt werden, sind vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mittels Verordnung29 die erforderlichen Regelungen zu treffen. In diesen Verordnungen können neben den einheitlich festgelegten Frequenzen, Stromarten und Spannungen für besondere Verhältnisse auch von diesen abweichende Frequenzen, Stromarten oder Spannungen für zulässig erklärt werden. Das Elektrotechnikgesetz sieht weiters ausdrücklich vor, dass im Rahmen dieser Verordnungen auch ÖNORMEN, Normen internationaler Normungsorganisationen, in denen das Österreichische Normungsinstitut oder der Österreichische Verband für Elektrotechnik vertreten sind, sowie vor allem Österreichische Bestimmungen für Elektrotechnik oder Teile aller dieser genannten Dokumente für verbindlich erklärt werden können. Im Falle einer derartigen Verbindlicherklärung sind jene Normen entweder in ihrem vollen Wortlaut in der Verordnung wiederzugeben, oder sie sind - unter
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Als ortsfest gelten auch elektrische Anlagen auf Fahrzeugen, transportablen Bauwerken und fliegenden Bauten. Siehe hierzu die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Normalisierung, Typisierung und Sicherheit elektrischer Betriebsmittel und Anlagen sowie sonstiger Anlagen im Gefährdungs- und Störungsbereich elektrischer Anlagen, Elektrotechnikverordnung 1993, BGBl 1994/47, idF. Elektrotechnikverordnung 1996, zuletzt geändert durch BGBl 2006 II/33.
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Angabe desjenigen Ortes, an dem sie erhältlich sind, oder zur Einsicht aufliegen - näher zu bezeichnen.30 Hinsichtlich der Normungsarbeit stellt das Gebiet der Elektrotechnik insofern eine Besonderheit dar, als diese sowohl auf internationaler wie auch auf nationaler Ebene in eigenen Institutionen stattfindet. Elektrotechnische Standardisierung findet auf internationaler Ebene in der IEC31, der Schwesterorganisation der ISO, statt, auf europäischer Ebene ist das CENELEC32 zur gemeinsamen elektrotechnischen Normung berufen. Auf nationaler österreichischer Ebene findet diese Besonderheit ihre Entsprechung in der Zuständigkeit des ÖVE,33 „Österreichische Bestimmungen für die Elektrotechnik“ auszuarbeiten.34 Dieser gesetzlichen Verpflichtung entsprechend ist der ÖVE auch Mitglied von ISO und CENELEC und wirkt in diesen über seine Abteilung „Österreichisches Elektrotechnisches Komitee“35 an der Ausarbeitung von europäischen und internationalen elektrotechnischen Normen mit. Neben dieser Facharbeit in den internationalen Gremien ist es Aufgabe dieser Abteilung, nationale Bestimmungen für die Elektrotechnik auszuarbeiten, die Übernahme europäischer oder internationaler Normen in das nationale Regelwerk zu koordinieren und das der Veröffentlichung von Normen vorausgehende Abstimmungsverfahren auf nationaler Ebene durchzuführen.
D. Sicherheitsmassnahmen 1. Elektrotechnische Sicherheitsvorschriften Generell verbietet das ETG das Inverkehrbringen36 all jener elektrischen Betriebsmittel, die nicht den in § 3 Abs 1 ETG genannten grundlegenden Anforderungen, die an sie gestellt werden, oder den auf der Grundlage des ETG erlassenen Verordnungen, entsprechen.37 Es steht dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit jedoch neben der Möglichkeit, einschlägige elektrotechnische Sicherheitsvorschriften für rechtsverbindlich zu erklären, auch noch die Möglichkeit zu, solche Vorschriften lediglich zur Anwendung zu empfehlen. 30
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Abweichend von der sonst im Zusammenhang mit der Verbindlicherklärung technischer Normen üblichen Vorgangsweise, jene für verbindlich erklärten Normen nur namentlich anzuführen, enthält die ETV 1996 in ihrem Anhang III die verbindlich erklärten ÖVE-Normen im Volltext. International Electrotechnical Commission. Comité Européen de Normalisation Electrotechnique. Österreichischer Verein für Elektrotechnik. So ausdrücklich § 3 Abs 5 Elektrotechnikgesetz 1992. ÖEK; Es betreut die die eigentliche Facharbeit leistenden 15 Fachausschüsse und 92 Fachunterausschüsse und Arbeitsgruppen, die allen interessierten Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Behörden und Konsumenten zur Mitarbeit offen stehen. Ähnlich wie bei der Normungsarbeit im ON (vgl Holoubek, Normung) ist dadurch eine Beteiligung unterschiedlicher Interessengruppen sichergestellt. Als Inverkehrbringen definiert das ETG in § 3 Abs 8 das Lagern, Feilhalten, Ankündigen, Ausstellen, Werben, Verkaufen und jedes sonstige Überlassen, sowie die Herstellung oder die direkte Einfuhr eines Produktes zum Eigengebrauch. Jede elektrische Anlage und jedes elektrische Betriebsmittel haben dabei grundsätzlich jeweils nur die Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bzw Herstellung zu erfüllen. Dient jedoch eine Anpassung der Rechtslage dem Abstellen eines erheblichen sicherheitstechnischen Missstandes, oder kann die Umstellung ohne größere Beeinträchtigungen des Betriebes durchgeführt werden, so kann der BMWA dennoch mittels Verordnung oder Bescheid eine Anwendung der neuen Sicherheitsvorschriften anordnen (§ 4 ETG).
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Dem Einzelnen38 bleibt es also unbenommen, entweder jenen Bestimmungen gemäß zu produzieren, oder den Ansprüchen an die geforderte Sicherheit sonst auf andere geeignete Weise nachzukommen. Hier kann der BMWA wiederum durch Verordnung jene Bedingungen festlegen, unter welchen die Anforderungen an die Sicherheit als erfüllt angesehen werden.39 Welche elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften jeweils Anwendung finden, ist dem Anhang zur Elektrotechnikverordnung40 zu entnehmen, der diesbezüglich ein zusammenfassendes Verzeichnis enthält.
2. Erfüllungsnachweis Auf Grund internationaler Abkommen, die eine solche Verpflichtung auferlegen, zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für Sachen oder zur Sicherung des ungestörten Betriebes anderer elektrischer Anlagen hat der BMWA die Möglichkeit, durch Verordnung elektrische Betriebsmittel zu bestimmen, für die ein Nachweis der Erfüllung der grundlegenden elektrotechnischen Anforderungen, wie in § 3 Abs 1 und 2 ETG bestimmt, zu erbringen ist, bevor diese erstmals in Verkehr gebracht werden.41 In dieser Verordnung ist zusätzlich anzugeben, welcher Art die erforderlichen oder zulässigen Nachweise zu sein haben, und wie diese miteinander kombiniert werden können. Als Nachweise kommen insbesondere in Betracht: • Bescheinigungen der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen, die von einer gesetzlich hierzu befugten,42 unabhängigen österreichischen Stelle43 ausgestellt wurden. • Vom Hersteller oder Importeur angebrachte Zeichen, die die Erfüllung der geforderten Sicherheitskriterien bescheinigen.44 • Bestätigungen des Herstellers oder des Importeurs über die Erfüllung der genannten Anforderungen. 38
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Die genannten Verpflichtungen richten sich an denjenigen, der die elektrische Anlage oder das elektrische Betriebsmittel errichtet, herstellt, einführt, instandhält, betreibt oder in Verkehr bringt. Darüber hinaus gehende Möglichkeiten, Verpflichtungen und Aufträge im Sinne des § 3 ETG zu erteilen, enthält Abs 11 leg cit. Vgl § 3 Abs 6 ETG. Elektrotechnikverordnung 1993, BGBl 1994/47, idF. Elektrotechnikverordnung 1996, BGBl 2006 II/33. Abgesehen vom Fall einer internationalen Verpflichtung zur Schaffung einer derartigen Verpflichtung ist die Geltungsdauer einer derartigen Verordnung mit drei Jahren zu befristen. Siehe hierzu Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung. Sind im Ausland ausgestellte Bescheinigungen den österreichischen gleichwertig und besteht Gegenseitigkeit, so kann der BMWA mittels Verordnung oder Bescheid diese anerkennen. Im Hinblick auf die Warenverkehrsfreiheit ist diese Bestimmung so zu verstehen, dass Bescheinigungen, die innerhalb der Europäischen Union ausgestellt wurden, den inländischen gleichzustellen sind. Sind die Bedingungen, unter denen ausländische Zeichen angebracht und Bestätigungen ausgestellt werden dürfen, den Bedingungen für inländische Zeichen und Bestätigungen gleichwertig, und besteht Gegenseitigkeit, so kann der BMWA mittels Bescheid oder Verordnung diese anerkennen. Hinsichtlich Bescheinigungen aus dem Raum der EU gilt, dass diese österreichischen Bescheinigungen gleichzuhalten sind.
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3. Überwachung und Kontrolle a) Überwachungsverfahren Elektrische Anlagen und das in Verkehr bringen elektrischer Betriebsmittel unterliegen hinsichtlich der Einhaltung der einschlägigen elektrotechnischen Vorschriften einer Überwachung durch entweder den Landeshauptmann, in dessen Bundesland sich die elektrischen Anlagen befinden, oder den BMWA, wenn sich die elektrische Anlage auf mehr als nur ein Bundesland erstreckt, oder das in Verkehr bringen elektrischer Betriebsmittel Gegenstand der Überwachung ist. Den mit der Vornahme der sicherheitstechnischen Prüfung jeweils im Einzelfall beauftragten Organen ist Zutritt zu den elektrischen Anlagen und den Räumlichkeiten, in denen elektrische Betriebsmittel in Verkehr gebracht werden, zu gewähren. Lässt sich die Konformität des Betriebsmittels nicht an Ort und Stelle beurteilen, ist die Behörde darüber hinaus befugt, das Betriebsmittel durch eine hierzu befugte Prüfstelle45 prüfen zu lassen. Bei Gefahr im Verzuge ist der Zutritt zu jeder Zeit zu ermöglichen. Darüber hinaus trifft die Betreiber der zu prüfenden Anlage oder jenen, der die elektrischen Betriebsmittel in Verkehr bringt, die Pflicht zur Duldung46 der Untersuchungen sowie zu einer umfassenden Unterstützung des Organs, wie etwa durch die Erteilung von Auskünften.47 Hinsichtlich der Kostentragung bestimmt § 9 Abs 9 ETG, dass diese nur dann dem Bescheidadressaten vorzuschreiben sind, wenn die elektrische Anlage oder das elektrische Betriebsmittel nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht.
b) Maßnahmen zur Gefahrenabwehr Ergibt die Überwachung oder eine begründete Mitteilung einer nach einem internationalen Abkommen hierzu berechtigten ausländischen Stelle, dass ein elektrisches Betriebsmittel oder eine elektrische Anlage nicht den gesetzlichen Anforderungen aufgrund des ETG oder der hierzu ergangenen Verordnungen entspricht, so hat die Behörde dem Betreiber48 der Anlage oder dem Verfügungsberechtigten49 des Betriebsmittels die Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes mittels Bescheid binnen einer in diesem festzusetzenden Frist aufzutragen.50 Droht jedoch durch diese mangelnde Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen eine unmittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Perso45 46
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Zu den befugten Prüfstellen vgl näher Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung. Von der Pflicht zur Duldung ist auch mitumfasst, dass die elektrischen Anlagen oder Betriebsmittel vorübergehend in Betrieb genommen oder außer Betrieb gestellt werden. Im Rahmen der Untersuchungen ist jedoch darauf Acht zu geben, dass jede nicht unbedingt notwendige Störung oder Behinderung des Geschäftsbetriebes oder Betriebsablaufes zu vermeiden ist. Betreiber einer Anlage ist nach der Legaldefinition des § 9 Abs 3 ETG deren Eigentümer, dessen Stellvertreter oder Beauftragter, subsidiär der Anlageninhaber sowie jede sonst offensichtlich mit der tatsächlichen Betriebsaufsicht betraute Person. Es ist dies der Geschäfts- oder Betriebsinhaber, sein Stellvertreter oder Beauftragter sowie jede sonstige, offenkundig mit der Leitung des Betriebes betraute Person. In einzelnen, durch örtliche oder sachliche Verhältnisse bedingten Fällen kann der BMWA über Antrag Ausnahmen von der Anwendung bestimmter elektrotechnischer Sicherheitsbestimmungen bewilligen, wenn die elektrotechnische Sicherheit im gegebenen Falle gewährleistet erscheint.
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nen oder für Sachen, so sind, wenn eine elektrische Anlage betroffen ist, alle zur Gefahrenabwehr geeigneten Maßnahmen zu treffen, worunter expressis verbis auch die Stilllegung bzw. Außerbetriebnahme der Anlage im notwendigen Ausmaß zu verstehen ist. Auf den Betriebs- oder Versorgungszweck der Anlage ist jedoch stets Rücksicht zu nehmen. Handelt es sich jedoch um elektrische Betriebsmittel, so ist deren Inverkehrbringen zu untersagen. Diese Untersagung ist aber auch auf alle sonstigen, im Betrieb - oder bei anderen Verfügungsberechtigten51 - lagernden Betriebsmittel auszudehnen, von denen nach ihrer Art, Marke, Type, Fabrikationsnummer oder ihrem Herstellungsjahr anzunehmen ist, dass sie die selbe vorschriftswidrige Beschaffenheit aufweisen. Ist es zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen geboten, so kann das Verkaufsverbot nach Verständigung des Verfügungsberechtigten unmittelbar an Ort und Stelle verhängt werden, ohne dass ein förmlicher Bescheid erlassen wird. Ein solcher schriftlicher und begründeter Bescheid ist jedoch binnen zwei Wochen nachträglich zu erlassen. Geschieht dies nicht, so gelten die verhängten Maßnahmen als aufgehoben. Ist es zur dringenden Information der beteiligten Verkehrskreise oder zur Abwendung drohender gesundheitlicher Schäden einer größeren Zahl von Verwendern der elektrischen Betriebsmittel notwendig, so kann der Inhalt der Verfügung im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ verlautbart werden. In dieser sind nur die betroffenen elektrischen Betriebsmittel sowie deren Art, Marke, Type, Seriennummer und Herstellungsjahr sowie die festgestellte Vorschriftswidrigkeit anzugeben.
Wird der Behörde nachgewiesen, dass der gesetzmäßige Zustand wieder hergestellt wurde, so sind die erlassenen Maßnahmen auf Antrag aufzuheben. Ist eine Maßnahme verlautbart worden, so ist auch deren Rücknahme bzw. Aufhebung zu verlautbaren.
E. Herstellungs-, Änderungs- und Instandhaltungsbefugnis Betreffend der Herstellung, Änderung und Instandhaltung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel differenziert das Elektrotechnikgesetz in gewerbsmäßige und nicht gewerbsmäßige Tätigkeiten. Während sich die Erlaubnis zur Durchführung ersterer unbeschadet der Bestimmungen des Ziviltechnikergesetzes nach den einschlägigen gewerberechtlichen Vorschriften richtet, ist die nicht gewerbsmäßige Herstellung, Änderung und Instandhaltung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel nur solchen Personen gestattet, die die hiefür notwendigen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen oder die Arbeiten unter der Aufsicht solcher Personen durchführen.
F. Sonderbestimmungen und Behördenzuständigkeit 1. Sonderbestimmungen Betreffend bestimmter elektrischer Anlagen und Betriebsmittel bestehen aufgrund deren spezieller Eigenschaften hinsichtlich ihres Verwendungszweckes besondere, von den erörterten abweichende Bestimmungen. Es sind dies elektrische Anlagen und Betriebsmittel, die ausschließlich dem Betrieb von Eisenbahnen, dem Bergbau, der Luftfahrt, der Schifffahrt, der Landesverteidigung 51
In diesem Fall ist auch den anderen vom Verkaufsverbot betroffenen Verfügungsberechtigten ein entsprechender Bescheid zuzustellen.
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oder Fernmeldezwecken der Post dienen.52 In diesen Fällen sind die Bestimmungen des ETG nur subsidiär anzuwenden, also nur so weit, als nicht Sonderbestimmungen bezüglich Normalisierung, Typisierung und elektrische Sicherheitsmaßnahmen Anwendung finden. Für elektrische Anlagen oder Betriebsmittel der Landesverteidigung finden im Falle eines Einsatzes die Bestimmungen des ETG darüber hinaus nur dann Anwendung, wenn dadurch der Einsatz nicht behindert wird. Wird im Rahmen der Überwachung ein Missstand festgestellt und werden Sicherheitsmaßnahmen getroffen, so werden in weiterer Konsequenz dieser Sonderbestimmungen für diese auch jene Behörden zuständig, die für den Verwendungszweck des Betriebsmittels oder der Anlage generell zuständig sind. Handelt es sich um Ausnahmebewilligungen für solche elektrischen Anlagen oder Betriebsmittel, die unmittelbar den speziellen, genannten Zielen dienen, so ist hiefür abweichend von der Zuständigkeit des BMWA der jeweils in Betracht kommende Bundesminister zuständig. Wirken sich die Ausnahmebewilligungen lediglich auf solche speziellen Anlagen aus, so verlangt das ETG ein Einvernehmen der beteiligten Bundesminister zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung. Einem besonderen gesetzlichen Regelungsregime unterliegen Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen. Dieses ist insbesondere im Neunten Abschnitt des TKG 2003 und im Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen53, das wiederum wesentlich die - auf dem New Approach-Ansatz beruhende - Richtlinie über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen54 umsetzt.55 Eine genaue Begriffsdefinition von „Funkanlage“ findet sich in § 3 Z 6 TKG 200356, eine solche der Telekommunikationsendeinrichtung in § 3 Z 22 TKG 200357. Kurz zusammengefasst müssen Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen als grundlegenden Anforderung den Schutz der Gesundheit und Sicherheit des Benutzers und anderer Personen gewährleisten, einschließlich der in der Niederspannungsrichtlinie genannten Sicherheitsanforderungen sowie bestimmte Schutzanforderungen in Bezug auf die elektromagnetische Verträglichkeit.58 Dazu kommen weitere spezielle Anforderungen im Hinblick auf die Vermeidung funktechnischer Störungen im Hinblick auf zugewiesene Frequenznutzungen.59 Zur Konkretisierung wird - im Telekommunikationsbereich vorwiegend durch ETSI60 - auf ausgearbeitete harmonisierte Normen verwiesen und es werden zum Nachweis der Übereinstimmung mit den grundlegenden 52 53
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Vgl § 14 ETG 1992. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen erlassen wird und das Telekommunikationsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden, BGBl I 2001/124 idF BGBl I 2002/25. Richtlinie 99/5/EG des Rates vom 9.3.1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität, Abl 1999 L 91/10. Zum Regelungsbereich ausführlich Damjanovic ua, Handbuch des Telekommunikationsrechts, 2006, 56 ff. Darunter fallen so unterschiedliche Anlagen wie der drahtlose Garagenöffner, das Mobiltelefon oder der Rundfunkgroßsender, siehe Damjanovic ua (FN 55), 56. Gleichlautende Begriffsbestimmungen finden sich in § 2 Z 3 und § 2 Z 2 FTEG. Richtlinie 89/336/EWG des Rates vom 3.5.1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über elektromagnetische Verträglichkeit, Abl 1989 L 139/19. Siehe näher Damjanovic ua (FN 55), 58. Siehe Holoubek, Normung.
Technisches Sicherheitsrecht: Elektrotechnikrecht
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Anforderungen, woraus die entsprechende Konformitätsvermutung folgt, unterschiedliche Module von Konformitätsbewertungsverfahren für unterschiedliche Geräte vorgegeben. Auch ein entsprechendes Schutzklauselverfahren ist vorgesehen.61
2. Behörden a) Allgemein Zur Vollziehung des Elektrotechnikgesetzes sind, wie bereits dargestellt, nebeneinander die Landeshauptleute und der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit berufen. Die Zuständigkeit eines Landeshauptmannes ist hinsichtlich jener elektrischen Anlagen und Betriebsmittel gegeben, die sich in seinem jeweiligen Bundesland befinden. Erstreckt sich eine elektrische Anlage jedoch auf mehr als nur ein Bundesland oder handelt es sich um Agenden im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen von elektrischen Betriebsmitteln, so besteht eine Zuständigkeit des Bundesministers. b) Elektrotechnischer Beirat Der elektrotechnische Beirat wurde mit dem Ziel gegründet, dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit bei der Vollziehung des Elektrotechnikgesetzes unterstützend zur Seite zu stehen. Bei der Ausarbeitung von generellen Regelungen, wobei vor allem Verordnungen nach dem ETG sowie sonstige Fragen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht kommen, hat der BMWA den Beirat zu hören. Über Aufforderung hat der Beirat dem Bundesminister binnen angemessener Frist Gutachten zu erstatten. Der Beirat besteht aus ehrenamtlichen, jeweils für eine Funktionsperiode von fünf Jahren ernannten Fachleuten auf dem Gebiet der Elektrotechnik, die sich einerseits aus bestimmten Ministerien und andererseits aus privaten Organisationen, die sich mit den Angelegenheiten der Elektrotechnik beschäftigen, sowie den Universitäten rekrutieren.62 Die einzelnen, im ETG taxativ aufgezählten Organisationen schlagen Fachleute vor, die sodann vom BMWA als Mitglieder des Elektrotechnischen Beirates ernannt werden.63
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Im Detail Damjanovic ua (FN 55), 58 ff. Vgl § 16 Abs 3 ETG. Der Elektrotechnische Beirat kann jedoch zu seinen Sitzungen, denen je nach dem Verhandlungsgegenstand die zuständigen Bundesministerien und Ämter der Landesregierungen beiwohnen, auch andere Sachverständige heranziehen oder die Behandlung von Sonderfragen einem Unterausschuss übertragen; siehe § 16 Abs 5 ETG.
Michael Holoubek
Kapitel 4: Bauprodukterecht Rechtsgrundlagen ...........................................................................................541 Grundlegende Literatur...................................................................................542 I. Kompetenzrechtliche Einordnung ...........................................................542 II. EU-Bauproduktenrichtlinie ....................................................................545 A. Historischer Hintergrund/Allgemeines..................................................545 B. Inhalt......................................................................................................547 1. Definition Bauprodukt.......................................................................547 2. Anforderungen an Bauwerke und Grundlagendokumente ................547 3. Erstellung von Normen und Leitlinien ..............................................549 4. Normkonforme Produkte...................................................................550 5. Alternative: europäische technische Zulassung.................................551 6. Schutzklauseln...................................................................................552 III. Umsetzung in Österreich .......................................................................553 A. Allgemeines............................................................................................553 B. Umsetzungsmaßnahmen der Länder .....................................................553 C. Umsetzungsmaßnahmen des Bundes .....................................................555 IV. Schwierigkeiten auf Gemeinschaftsebene ............................................555 Rechtsgrundlagen: Innerstaatliches Recht Bundesrecht: BundesG über das Inverkehrbringen von Bauprodukten und den freien Warenverkehr mit diesen, BauPG, BGBl 1997 I/55. Landesrecht: Burgenland: G. vom 20. November 1997, mit dem Bauvorschriften für das Burgenland erlassen werden (Bgld. BauG, LGBl 1998/10 idF LGBl 2006/13) Kärnten: Kärntner Akreditierungs- und BaustoffzulassungsG (krnt AkkBauZG, LGBl 1994/24 idF LGBl 2001/31); Kärntner BauO 1996 (K-BO 1996, LGBl 1996/62 idF LGBl 2004/22). Niederösterreich: Niederösterreichische BauO 1996, LGBl 8200-0 idF LGBl 8200-5 und LGBl 8200-6. Oberösterreich: LandesG vom 5. Mai 1994 über die Planung und Ausführung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen (oö BauTG, LGBl 1994/67 idF LGBl 2002/114). Salzburg: Salzburger BauprodukteG (sbg BauPG, LGBl 1995/11 idF LGBl 1995/47, 1995/63, 1995/123 (Berichtigungen) und LGBl 2001/73); VO der Salzburger Landesregierung vom 28.Mai 1997 über das Erfordernis einer österreichischen technischen Zulassung für bestimmte Bauprodukte (sbg Bauprodukte-ZulassungsVO, LGBl 1997/41 idF LGBl 2004/70) Steiermark: Steiermärkisches BauG (Stmk BauG, LGBl 1995/59 idF LGBl 2003/78); Gesetz vom 20. März 2001 über das Inverkehrbringen und die Verwendbarkeit von Bauprodukten (Stmk BauPG 2000 LGBl 2001/50 idF LGBl 2005/85); Gesetz vom
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4.April über die Akkreditierung von Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen (Stmk AkkG, LGBl 1995/62 idF LGBl 2002/7) Tirol: Tiroler Bauprodukte- und Akkreditierungsgesetz 1998 vom 11.Dezember 1997 über die Beteiligung des Landes Tirol am Österreichischen Institut für Bautechnik, das Inverkehrbringen von Bauprodukten und die Akkreditierung von Prüf- , Überwachungsund Zertifizierungsstellen (tir BauPAkkG, LGBl 1998/16, wiederverlautbart im LGBl 2001/95); Kundmachung der Landesregierung vom 23. Oktober 2001 über die Wiederverlautbarung des G. vom 11. Dezember 1997, mit dem eine BauO für Tirol erlassen wird (Tiroler BauO 1998, LGBl 1998/15, wiederverlautbart im LGBl. Nr. 94/2001). Vorarlberg: Baugesetz (Vlbg BauG, LGBl 1972/39 idF 2005/27); Bauproduktegesetz (Vlbg BauPG, LGBl 1994/33 idF 2000/65). Wien: G. über Bauprodukte und die Akkreditierung von Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen für Bauprodukte in Wien (WBAG, LGBl 1996/30); VO des Magistrates der Stadt Wien vom 4. September 1996, womit die Zuständigkeiten als Akkreditierungs- und Zulassungsstelle nach dem Wiener Bauprodukten- und AkkreditierungsG (WBAG) dem OIB übertragen und Bauschbeträge für die von den Antragstellern einzuhebenden Beiträge festgesetzt werden (WBAG - ZuständigkeitsübertragungsVO mit OIB-Tarif, 12/01/2006, Abl 2006/02). Gliedstaatenverträge der Bundesländer: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Regelung der Verwendbarkeit von Bauprodukten (siehe etwa: stmk LGBl 1999/80); Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Zusammenarbeit im Bauwesen (Umsetzung der EG-Bauproduktenrichtlinie, exemplarisch: Sbg LGBl 1993/112). Gemeinschaftsrecht: RL 89/106/EWG, Abl 1988 L40/12 idF RL 93/68/EWG, Abl 1993 L 220/1.
Grundlegende Literatur: Giese, Salzburger Baurecht, 2006; Gutknecht, Kompetenzrechtliche Grundlagen für die Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie, bbl 2001, 175; Hämmerlein, Wohnungswirtschaft und Verbraucherschutz im EG-Binnenmarkt, NZ 1994, 162ff; Jahnel, Baurecht, in: Bachmann ua (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5, 2004, 347 (368 f); Karner, Bauprodukterecht, 1997; Mikulits, Probleme der Umsetzung der EU-Bauproduktenrichtlinie, bbl 1999, 93ff.
I. Kompetenzrechtliche Einordnung Ausgangspunkt ist die Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG, der zufolge das Baurecht in Gesetzgebung und Vollziehung in die Zuständigkeit der Länder fällt.1 Daneben bestehen für einzelne, in Art 10 B-VG genannte Sachgebiete spezielle Baurechtskompetenzen des Bundes.2 Nach der Judikatur des VfGH3 sowie des VwGH4 wird für das Vorliegen einer baurechtlichen Annexkompetenz des Bundes ein „unlöslicher“ Zusammenhang mit der betreffenden Sach1 2
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Grundlegend: VfSlg 2685/1954. So zB Bergwesen, Verkehrswesen, betreffend Eisenbahnen, Schiffahrt, Luftfahrt, Bundestheater, Forstwesen oder militärische Angelegenheiten, siehe näher mwH Gutknecht, Kompetenzrechtliche Grundlagen für die Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie, bbl 2001, 175 (178). VfSlg 2685/1954, 2905/1955. Vgl exemplarisch VwGH 10.12.1991, 91/05/063, VwSlg 14.265 A/1995.
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materie verlangt. Je nach Sachmaterie kann dem Bund dabei die Kompetenz zukommen, auch die baurechtlichen Belange umfassend und abschließend zu regeln,5 oder aber es wird das Bauwesen nur in bestimmten Aspekten erfasst, sodass im verbleibenden Bereich die Zuständigkeit der Länder bestehen bleibt.6 Vor dem Hintergrund dieser kompetenzrechtlichen Ausgangslage bereitet die Ermittlung der Zuständigkeit zur Umsetzung der Bauprodukterichtlinie (BPRL) erhebliche Schwierigkeiten. Zunächst erachteten sich die Länder im Hinblick auf ihre allgemeine Baurechtskompetenz gemäß Art 15 Abs 1 B-VG auch für die Regelung des Inverkehrbringens von Bauprodukten und damit zur Umsetzung der Bauprodukterichtlinie für zuständig. Sie koordinierten ihre Umsetzungsgesetzgebung dabei über eine Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG und richteten als Zulassungsstelle das Österreichische Institut für Bautechnik (OIB)7 ein.8 Der Bundesgesetzgeber erließ in der Folge ebenfalls zur Umsetzung der Bauprodukterichtlinie ein eigenes Bundes-Bauproduktegesetz. Der Bundesgesetzgeber steht dabei kompetenzrechtlich auf dem Standpunkt, dass seine qua Annexkompetenz gegebene baurechtliche Regelungszuständigkeit in speziellen Sachmaterien auch die Kompetenz zur Regelung des Inverkehrbringens von Bauprodukten umfasse, die im Rahmen der von diesen Sachmaterien erfassten Bautätigkeiten Verwendung finden.9 Wesentlich ist dabei, dass der Bundesgesetzgeber von seiner Regelungszuständigkeit alle jene Bauprodukte als erfasst ansieht, die auch in den seiner Regelungszuständigkeit unterliegenden Sachmaterien Verwendung finden. Dem haben insbesondere Attlmayer/ Bellina-Freimuth10 entgegengehalten, dass eine Baurechtskompetenz des Bundes nur bei „spezifisch unauflöslichem Zusammenhang“ mit der jeweiligen Sachmaterie und damit seine Regelungszuständigkeit für das Inverkehrbringen von Bauprodukten nur für solche Produkte gegeben sei, die ausschließlich in Sachbereichen eingesetzt werden, für die der Bund eine exklusive Regelungskompetenz besitzt.11 Einen grundsätzlich anderen Ansatz wählt Gutknecht.12 Sie geht zunächst davon aus, dass die Baurechtskompetenz - und zwar sowohl die allgemeine 5
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So zB im Berg-, Forst- oder Verkehrswesen, siehe Attlmayer/Bellina-Freimut, Zur kompetenzrechtlichen Beurteilung der Zuständigkeit des Inverkehrbringens von Bauprodukten, bbl 2000, 91 (98). Vgl hierzu mwN Gutknecht (FN 2) 178; VwSlg 14.271 A/1995. Das OIB ist ein gemeinnütziger Verein nach dem Vereinsgesetz mit Sitz in Wien, seine Vereinsmitglieder sind die 9 Bundesländer. Vgl dazu näher Mikulits, Probleme der Umsetzung der EU-Bauproduktenrichtlinie, bbl 1999, 93 (94); dort auch zur besonderen Umsetzungstechnik im burgenländischen Baugesetz, das für die Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie die beiden Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG (Vereinbarung gemäß Artikel 15 a B-VG über die Regelung der Verwendbarkeit von Bauprodukten, Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Zusammenarbeit im Bauwesen) im Landesgesetzblatt kundmachte und auf gesonderte Umsetzungsmaßnahmen verzichtete. Vgl RV 148 BlgNR 20. GP, vgl mwH Gutknecht (FN 2) 13f. Attlmayer/Bellina-Freimuth (FN 5) insb 98 ff. Attlmayer/Bellina-Freimuth (FN 5) 100 f; eine Bundeskompetenz im Hinblick auf Bauprodukte bestünde nach dieser Auffassung etwa für Eisenbahnschienen oder -schwellen, so Attlmayer/Bellina-Freimuth, aaO, 101. Gutknecht (FN 2) 173.
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Baurechtskompetenz der Länder gemäß Art 15 Abs 1 B-VG als auch die speziellen baurechtlichen Annexkompetenzen des Bundes - nur Regelungen über die „Verwendung“ von Bauprodukten umfassen, insbesondere damit auch Vorschriften über die Zulassung von Baustoffen als wesentliches Element des Bautechnikrechts jeweils für bestimmte Bauwerke. Demgegenüber sei das „Inverkehrbringen“, also die Zulassung zum Handel mit Bauprodukten, von der Baurechtskompetenz nicht mitumfasst.13 Die Zuständigkeit zur Regelung des Inverkehrsbringens von Bauprodukten liege auf Grund der Kompetenztatbestände Normenwesen (Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG), Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG) und Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG) ausschließlich beim Bund. Gute Gründe dürfte zunächst einmal die Auffassung für sich haben, dass Verwendungsregelungen, also insbesondere Baustoffzulassungen für bestimmte Baumaßnahmen, der Baurechtskompetenz unterfallen. Eine Verwendungsvorschrift in diesem Sinn liegt jedenfalls dann vor, wenn präventive verwaltungsbehördliche Genehmigungsverfahren für bestimmte Bauprodukte, die für bestimmte Baumaßnahmen verwendet werden sollen, vorgesehen werden. Gute Gründe sprechen weiters dafür, dass der Kompetenztatbestand „Normenwesen“ eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundes für die Regelung von Organisation und Verfahren von (privaten) Einrichtungen, die (technische) Normen erarbeiten, vorsieht14. Fraglich ist allerdings, ob der Kompetenztatbestand „Normenwesen“ auch umfassend und ausschließlich die Zuständigkeit zur Regelung über die Zertifizierung von Produkten umfasst.15 Hier dürften doch gute Argumente dafür sprechen, dass - wie die Frage der Verbindlicherklärung von technischen Normen auch - die Regelungszuständigkeit zur Verleihung von Akkreditierungs- und Zertifizierungsbefugnissen Bestandteil der jeweiligen Sachmaterie ist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Unterscheidung zwischen „Inverkehrbringen“ und „Verwendung“ doch fragwürdig ist. Denn Sinn und Zweck der Befugnis zum Inverkehrbringen von Bauprodukten ist es ja gerade, dass die Unternehmer und Konsumenten diese Bauprodukte für Baumaßnahmen ohne weitere behördliche Überprüfung verwenden können. Insoweit also die allgemeine Baurechtskompetenz der Länder und nicht spezielle Baurechtsmaterien wie etwa das Eisenbahnwesen betroffen sind, sprechen gute Gründe dafür, dass die Zulassung zum Handel, also zum Inverkehrbringen eines Bauprodukts, auch die Zulassung zur Verwendung mitumfasst16. Im Hinblick auf die Gewerberechtskompetenz ist darauf hinzuweisen, dass diese im vorliegenden Zusammenhang nur allgemeine, handelsbezogene Produktregelungen und nicht produktspezifisches Produktsicherheitsrecht umfasst, für das eigenständige Sachkompetenzen bestehen.
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Gutknecht (FN 2) 180 f. Siehe dazu Holoubek, Normung. Dafür Gutknecht (FN 2) 183. Für eine Trennung demgegenüber Gutknecht (FN 2) 181.
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II. EU-Bauproduktenrichtlinie A. Historischer Hintergrund/Allgemeines Dem Markt für Bauprodukte kommt infolge seiner wirtschaftlichen Bedeutung17 große Aufmerksamkeit zu. Natürliche Gegebenheiten wie unterschiedliche klimatische und bautechnische Erfordernisse, aber auch die faktisch geringe Bereitschaft der Mitgliedstaaten, an der Erarbeitung von gemeinsamen technischen Standards aktiv mitzuwirken, hinderten ein schnelles Vorankommen auf dem Weg zu einem harmonisierten Binnenmarkt für Bauprodukte. Das vom Europäischen Rat im Juni 1985 gebilligte Weißbuch über die Vollendung des Binnenmarktes18 sah in seinem Paragraphen 71 vor, diese allgemeine Politik branchenspezifisch zu akzentuieren und insbesondere auch auf dem Bausektor durchzuführen. Die durch unterschiedliche nationale Anforderungen an Bauprodukte in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden technischen Hemmnisse sollten, sofern sie nicht durch die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit zwischen allen Mitgliedstaaten abgebaut werden können, im Wege der Neuen Konzeption auf dem Gebiet der Normung19 beseitigt werden. Die Bauprodukterichtlinie20 ist in diesem System der „neuen Konzeption“21 ergangen und beschränkt sich deshalb auf die Festlegung von grundlegenden Anforderungen, die erfüllt werden müssen, damit die Bauprodukte gemeinschaftsweit in Verkehr gebracht werden können.22 Die Besonderheit besteht im vorliegenden Fall darin, dass Bauprodukte als Gegenstand der Richtlinie insofern „quasi unselbständige“ Produkte sind, als sie definitionsgemäß dazu bestimmt sind, in Bauwerken verbaut zu werden. Dem Rechnung tragend knüpfen die in der Bauproduktenrichtlinie enthaltenen grundlegenden Anforderungen auch nicht an das einzelne Produkt, sondern an das aus einer Vielzahl von zusammengefügten Bauprodukten bestehende Bauwerk an. Mit den Bauprodukten müssen also Bauwerke errichtet werden können, die als Ganzes und in ihren Teilen - unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit während einer üblichen und wirtschaftlich angemessenen Verwendungszeit einzelnen, mehreren oder allen der an sie gestellten, grundlegenden Anforderungen bei normaler Art der Instandhaltung genügen müssen. Auf diesen ersten Schritt der Festlegung von übergeordneten, speziellen Anforderungen an die Bauwerke folgt als zweiter Schritt die Erstellung von Grundlagendokumenten.23 Die Kommission arbeitet in diesen auf technischer Ebene jene Kriterien heraus, denen die einzelnen Bauprodukte genügen müs17
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Die Baubranche war 2002 für EU Kapitalbewegungen in der Höhe von 1004 Mrd. Euro verantwortlich und übertrifft auch in beschäftigungspolitischer Hinsicht alle anderen Wirtschaftszweige der Industrie (http://europa.eu.int/scadplus/leg/de/lvb/ l21181.htm). KOM(85) 310. Vgl Holoubek, Normung. RL 89/106/EWG, Abl 1988 L 40/12 idF RL 93/68/EWG, Abl 1993 L 220/1. Entschließung des Rates vom 7.Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normen, Abl 1985 C 136/1. Die Richtlinie regelt also ausschließlich das „Inverkehrbringen“ von Bauprodukten. Früher als „ Interpretative Dokumente“ bezeichnet.
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sen, und die für die Ausarbeitung harmonisierter Normen24 als Grundlage dienen. Erfüllen Bauprodukte die an sie gestellten Anforderungen, so sind sie „brauchbar“ im Sinne der Richtlinie und können - nach erfolgreichem Absolvieren eines Konformitätsbewertungsverfahrens25 - mit der CE-Kennzeichnung versehen und gemeinschaftsweit in Verkehr gebracht werden.26 Aufgrund der Besonderheiten des Bausektors und zur Beachtung unterschiedlicher Niveaus der wesentlichen Anforderungen bei bestimmten Bauwerken und faktischer Unterschiede in den einzelnen Mitgliedstaaten sollten ursprünglich in den Grundlagendokumenten und in den harmonisierten technischen Spezifikationen Klassen für Anforderungen und Leistungsniveaus sowie Grenzwerte vorgesehen werden, denen die Produkte in den Mitgliedstaaten künftig genügen hätten müssen. Von diesem Vorhaben wurde jedoch - eine diesbezügliche Ausnahme stellen nur die Euroklassen des Brandverhaltens und die Klassen des Brandwiderstandes dar - Abstand genommen. Es ist nunmehr ausreichend, wenn der Hersteller sogenannte „declared values“ angibt.27 Dabei handelt es sich um die nach einem harmonisierten Verfahren tatsächlich erreichten Messergebnisse betreffend bestimmter harmonisierter Kennwerte des jeweiligen Produktes.
Die Richtlinie beschränkt sich also einerseits darauf, die Vorschriften über das Inverkehrbringen dieser Produkte zu regeln,28 und andererseits darauf, qualitative Anforderungen aufzustellen. Die Art der Produktleistung und die Nachweisverfahren sind also national nicht mehr frei regelbar, wohl aber die quantitativen Anforderungen an die Leistungen eines Produktes im Rahmen der gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen technischen Spezifikationen. Unter denselben Voraussetzungen können auch nationale Anforderungen betreffend Gesundheits- und Umweltschutz erlassen werden. Insgesamt bedeutet dieses neue Organisationskonzept auf dem Markt der Bauprodukte freilich auch, dass nunmehr nicht wie bisher die öffentlich-rechtlichen Regelungen ausschließlich die Verwendung von Bauprodukten regeln, sondern durch die Bauprodukterichtlinie und die in Folge erlassenen Bauproduktegesetze auch der Handel mit diesen, der bislang ausschließlich dem Zivilrecht unterlag, einem öffentlich24
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Zur Ausarbeitung europäischer harmonisierter Normen sind das Europäische Komitee für Normung (CEN) und das Europäische Komitee für elektrische Normung (CENELEC) gemäß den am 13.November 1984 unterzeichneten Leitlinien für die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den vorgenannten Stellen zuständig. Eine harmonisierte Norm ist eine technische Spezifikation (Europäische Norm oder Harmonisierungsdokument), die von einer der beiden oder von beiden vorgenannten Stellen im Auftrag der Kommission gemäß der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28.März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (Abl 1983 L 109/8) festgelegt wurde. Vgl Art 4 Abs 1 BPRL. Wie das einzelne Konformitätsbewertungsverfahren zu gestalten ist, also welche Prüfungen auf welcher Produktionsstufe durchgeführt werden müssen, und ob insbesondere eine laufende Überprüfung der Produktion verlangt wird, ergibt sich aus der jeweils einschlägigen technischen Spezifikation. Nach Ansicht der Kommission ist die Kennzeichnung des einzelnen Bauproduktes mit dem CE-Kennzeichen nicht bloß geduldet, sondern vielmehr obligatorischer Natur. Bei bestätigter Konformität ist daher das Kennzeichen auf dem Produkt anzubringen. Siehe bei Mikulits (FN 8) 97. Außer Betracht bleiben demgegenüber die Vorschriften über die Verwendung der Produkte.
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rechtlichen Regime unterworfen ist. Dieses neue öffentlich-rechtliche Regime gewährleistet aber auch, dass im Verkehr befindliche und für diesen zugelassene Produkte ein bestimmtes, leicht nachvollziehbares Qualitätsniveau besitzen und gewissen grundlegenden Güte- und Sicherheitsaspekten genügen.
B. Inhalt 1. Definition Bauprodukt Vom Anwendungsbereich der Richtlinie sind jene Produkte umfasst, die hergestellt werden, um dauerhaft in Bauwerke des Hoch- oder des Tiefbaus eingebaut zu werden. Hinsichtlich der Bauprodukte29 wird näher differenziert in Baustoffe, also ungeformte Stoffe wie Beton oder Zement, in geformte Stoffe, wie Ziegel oder Stahlträger, und in Bauteile, das sind aus Baustoffen hergestellte Gegenstände wie Fenster oder Türen. Nach Auffassung der Kommission gehören hierzu auch Anlagen und Einrichtungen sowie ihre Teile für Heizung, Klima, Lüftung, sanitäre Zwecke, elektrische Versorgung, Lagerung umweltgefährdender Stoffe, aber auch vorgefertigte Bauwerke, die als solche auf den Markt kommen. Anlagen sind etwa Lüftungsanlagen, die auf der Baustelle zusammengesetzt werden müssen.
2. Anforderungen an Bauwerke und Grundlagendokumente Wie bereits erwähnt bezieht sich die Bauprodukterichtlinie nur mittelbar auf Bauprodukte, die „grundlegenden Anforderungen“ der Richtlinie werden unmittelbar an die Bauwerke selbst gestellt. Die einzelnen Bauprodukte werden daher erst dann zum freien, gemeinschaftsweiten Verkehr zugelassen, wenn sie „brauchbar“ sind, also sichergestellt ist, dass das Bauwerk, für das sie durch Einbau, Zusammenfügung, Anbringung oder Installierung verwendet werden sollen, bei ordnungsgemäßer Planung und Bauausführung die grundlegenden Anforderungen nach Artikel 3 der Bauproduktenrichtlinie erfüllen kann. Diese Brauchbarkeit wird entweder durch eine positive Konformitätsbescheinigung mit einer technischen Spezifikation oder eine europäische technische Zulassung oder aber dadurch nachgewiesen, dass der Produzent oder Händler den Nachweis für den Einzelfall auf sonstige Weise erbringt. Die genannten grundlegenden Anforderungen an Bauwerke, auf welche in Art 3 der Richtlinie verwiesen wird, finden sich im Anhang I der Bauproduktenrichtlinie und beziehen sich auf: • Mechanische Festigkeit und Standsicherheit,30 • Brandschutz,31 29 30
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Siehe hierzu Protokollerklärung Nr. 3 zur Bauproduktenrichtlinie. Das Bauwerk muss derart entworfen und ausgeführt sein, dass die während der Errichtung und Nutzung möglichen Einwirkungen keines der nachstehenden Ereignisse zur Folge haben: 1. Einsturz des gesamten Bauwerks oder eines Teils; 2. größere Verformungen in unzulässigem Umfang; 3. Beschädigungen anderer Bauteile oder Einrichtungen und Ausstattungen infolge zu großer Verformungen der tragenden Baukonstruktion; 4. Beschädigungen durch ein Ereignis in einem zur ursprünglichen Ursache unverhältnismäßig großen Ausmaß. Das Bauwerk muss derart entworfen und ausgeführt sein, dass bei einem Brand 1. die Tragfähigkeit des Bauwerks während eines bestimmten Zeitraums erhalten bleibt, 2. die Entstehung und Ausbreitung von Feuer und Rauch innerhalb des Bau-
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• Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz,32 • Nutzungssicherheit,33 • Schallschutz34 und • Energieeinsparung und Wärmeschutz.35 Diese wesentlichen Anforderungen müssen jedoch, um ein Mandat zur Ausarbeitung einer produktbezogenen Norm36 erteilen zu können, konkretisiert werden, sodass daraus auch Anforderungen an diejenigen Produkte abgeleitet werden können, die durch die konkrete Norm harmonisiert werden sollen.37 Zum diesem Zweck wurden von der Kommission unter Heranziehung und Angabe von Bezugsdokumenten sogenannte Grundlagendokumente38 erstellt, die die grundlegenden Anforderungen konkret ausformulieren. Sie dienen als Zwischenglieder zwischen den grundlegenden Anforderungen und den Mandaten, die die Kommission an CEN/CENELEC zur Ausarbeitung von Europäischen Normen und an EOTA zur Erarbeitung von Leitlinien für Europäische Technische Zulassungen erteilen. Darüber hinaus fungieren sie als Basis für die Anerkennung nationaler technischer Spezifikationen.39 Zur besseren Verwend-
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werks begrenzt wird, 3. die Ausbreitung von Feuer auf benachbarte Bauwerke begrenzt wird, 4. die Bewohner das Gebäude unverletzt verlassen oder durch andere Maßnahmen gerettet werden können, 5. die Sicherheit der Rettungsmannschaften berücksichtigt ist. Das Bauwerk muss derart entworfen und ausgeführt sein, dass die Hygiene und die Gesundheit der Bewohner und der Anwohner insbesondere durch folgende Einwirkungen nicht gefährdet werden: 1. Freisetzung giftiger Gase, 2. Vorhandensein gefährlicher Teilchen oder Gase in der Luft, 3. Emission gefährlicher Strahlen, 4. Wasser- oder Bodenverunreinigung oder -vergiftung, 5. unsachgemäße Beseitigung von Abwasser, Rauch und festem oder flüssigem Abfall, 6. Feuchtigkeitsansammlung in Bauteilen und auf Oberflächen von Bauteilen in Innenräumen. Das Bauwerk muss derart entworfen und ausgeführt sein, dass sich bei seiner Nutzung oder seinem Betrieb keine unannehmbaren Unfallgefahren ergeben, wie Verletzungen durch Rutsch-, Sturz- und Aufprallunfälle, Verbrennungen, Stromschläge, Explosionsverletzungen. Das Bauwerk muss derart entworfen und ausgeführt sein, dass der von den Bewohnern oder von in der Nähe befindlichen Personen wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufriedenstellende Nachtruhe-, Freizeit- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind. Das Bauwerk und seine Anlagen und Einrichtungen für Heizung, Kühlung und Lüftung müssen derart entworfen und ausgeführt sein, dass unter Berücksichtigung der klimatischen Gegebenheiten des Standortes der Energieverbrauch bei seiner Nutzung gering gehalten und ein ausreichender Wärmekomfort der Bewohner gewährleistet wird. Daneben kommen noch in Betracht: Aufträge zur Ausarbeitung von Leitlinien für die europäische technische Zulassung oder der Anerkennung anderer technischer Spezifikationen. Durch das geschilderte System der kontinuierlichen Ableitung von Leistungsmerkmalen aus den grundlegenden Anforderungen an Bauwerke ist es auch möglich geworden, sämtliche Bauprodukte im Rahmen der Bauprodukterichtlinie zu regeln. Die Grundlagendokumente entsprechen den grundlegenden Anforderungen und beziehen sich dementsprechend auf: Mechanische Festigkeit und Standsicherheit, Brandschutz, Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz, Nutzungssicherheit, Schallschutz und Energieeinsparung und Wärmeschutz. Die Mitgliedstaaten können der Kommission diejenigen nationalen technischen Vorschriften übermitteln, die ihrer Meinung nach mit den grundlegenden Anforde-
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barkeit wurden die Terminologie wie die technischen Grundlagen vereinheitlicht. Zusätzlich war in der Bauprodukterichtlinie ursprünglich beabsichtigt, für jede Anforderung soweit erforderlich und nach dem Stand der Wissenschaft und Technik möglich, Klassen und Leistungsniveaus vorzusehen, um den unterschiedlichen Niveaus der wesentlichen Anforderungen bei bestimmten Bauwerken und den Unterschieden in den einzelnen Mitgliedstaaten gerecht zu werden.40 Davon nahm die Praxis jedoch weitgehend Abstand, sodass lediglich im Bereich der grundlegenden Anforderungen: Brandschutz sogenannte „Euroklassen des Brandverhaltens“ und „Klassen des Brandwiderstandes“ existieren.41 Darüber hinaus wird lediglich im Rahmen der „grundlegenden Anforderungen 1“, die mechanische Festigkeit und Standsicherheit betreffend, im Wege der „Eurocodes“ Harmonisierungsarbeit geleistet.42
Hinsichtlich der übrigen grundlegenden Anforderungen hat die Praxis der Umsetzung der Bauprodukterichtlinie einen anderen Weg eingeschlagen: Gegenstand der Harmonisierung sind bestimmte Kennwerte („declared values“) des jeweiligen Produktes sowie die Verfahren und Prüfmethoden zu deren Ermittlung. Anhand dieser „declared values“ kann in jedem Mitgliedstaat festgestellt werden, ob die in den jeweiligen nationalen Vorschriften vorgesehenen, qualitativen Anforderungen an das Produkt erfüllt werden. Nur in diesem Fall kann das Bauprodukt in dem jeweiligen Mitgliedstaat in Verkehr gebracht werden.
3. Erstellung von Normen und Leitlinien Wie allgemein auf dem Gebiet der Normung auf Gemeinschaftsebene43 erfolgt die Ausarbeitung von harmonisierten Normen auch auf dem Bausektor unter Zuhilfenahme von CEN/CENELEC unter Beteiligung der interessierten Kreise im Speziellen und der Öffentlichkeit im Allgemeinen.44 Bei der Erstellung von Leitlinien für die Erteilung einer europäischen technischen Zulassung an Produkte bedient sich die Kommission der Hilfe des Gremiums der von den Mitgliedstaaten bestimmten Zulassungsstellen (EOTA45). Die Kommission bzw der bei dieser eingerichtete Ständige Ausschuss für Bauprodukte46 arbeiten in einem ersten Schritt auf der Basis erstellter Grundlagendokumente Mandate für CEN bzw. EOTA aus, die die zu behandelnden Leistungsanforderungen (Produktkennwerte) enthalten und die Details zum Konformitätsbescheinigungs-
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rungen der Richtlinie übereinstimmen. Schließt sich die Kommission dieser Ansicht an, so wird die nationale Norm in ein Verzeichnis jener Normen aufgenommen, bei deren Erfüllung ein Produkt als mit der Richtlinie übereinstimmend gilt. Siehe näher Art 4 Abs 3 sowie Art 5 Abs 2 der BPRL. Vgl die Erwägungsgründe zu RL 89/106/EWG, Abl 1988 L 40/12. Vgl Mikulits (FN 8) 97. Derartige „Eurocodes“ stehen bereits in der Form von Europäischen Vornormen zur Verfügung, deren Umwandlung in Europäische Normen ist derzeit im Gange. Zu Vornormen und Europäischen Normen vgl näher Holoubek, Normung. Vgl Holoubek, Normung. Entsprechend den allgemeinen Bestimmungen der am 13. November 1984 unterzeichneten Übereinkunft zur Zusammenarbeit zwischen CEN/EOTA und der Kommission. European Organisation for Technical Approvals. Gem Art 19 der BPRL.
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verfahren festlegen.47 Im Anschluss daran übermittelt die Kommission die Mandate an CEN bzw. EOTA, welche Arbeitsprogramme zu erstellen haben, die wiederum der Kommission vorzulegen sind und von dieser angenommen werden müssen, bevor mit der eigentlichen Normungsarbeit begonnen werden kann.48
4. Normkonforme Produkte Will nun ein Hersteller sein entsprechend den Anforderungen einer harmonisierten Norm49 hergestelltes Produkt gemeinschaftsweit in Verkehr bringen, und ist dieses Produkt nicht infolge seiner untergeordneten Rolle in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit gem. Art 4 Abs 5 vom Erfordernis der Vorlage eines Nachweises seiner Konformität ausgenommen,50 so hat der Hersteller oder sein in der Gemeinschaft ansässiger Bevollmächtigter zur Feststellung der Konformität seines Produktes eine Prüfung desselben durchzuführen oder andere Nachweise auf der Grundlage der technischen Spezifikationen51 zu erbringen.52 Ob hierzu als Minimum das Bestehen eines werkseigenen Produktionskontrollsystems53 zur Feststellung der Übereinstimmung der Produkte mit den einschlägigen technischen Spezifikationen ausreicht, oder ob zusätzlich eine für das Produkt oder die Produktgruppe einschlägig zugelassene Zertifizierungsstelle54 einzuschalten ist, entscheidet die Kommission in Zusammenarbeit mit dem Ständigen Ausschuss für das Bauwesen.55 Von der Entscheidung über den für ein Produkt oder eine ganze Produktgruppe zu erbringenden Nachweis 47 48
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Zum Konformitätsbewertungsverfahren vgl Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung. Zum Normungsverfahren allgemein vgl Holoubek, Normung; hinsichtlich des genauen Ablaufes der Erstellung von Normungsmandaten bzw Mandaten für die Ausarbeitung von Leitlinien siehe www.oib.or.at. Die solcherart erstellten Normen werden sodann von der Kommission im Amtsblatt Nr C durch Bekanntgabe der Fundstellen veröffentlicht. Entsprechend gilt dies auch für Produkte, die konform mit nationalen Normen hergestellt wurden, sofern diese auf europäischer Ebene als mit den wesentlichen Anforderungen vereinbar qualifiziert wurden. Vgl dazu Art 3 Abs 3 BPRL. Die Kommission und der Ständige Ausschuss für das Bauwesen erstellen, verwalten und überarbeiten gem Art 4 Abs 5 der Richtlinie eine Liste jener Produkte, die in Bezug auf die Gesundheit und die Sicherheit nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die darin enthaltenen Produkte können ohne weiteres Konformitätsbescheinigungsverfahren in Verkehr gebracht werden, solange nur eine Erklärung des Herstellers über die Konformität mit den anerkannten Regeln der Technik vorliegt. Auf diesen Produkten darf jedoch das CE-Kennzeichen nicht angebracht werden. Europäische technische Spezifikationen: 1. harmonisierte europäische Normen, 2. europäische technische Zulassungen sowie 3. anerkannte nationale Normen. Vgl Art 13 Abs 2 BPRL. Art 13 Abs 3 lit a BPRL. Zum Problem der Akkreditierung von werkseigenen Prüfoder Überwachungsstellen vgl Holoubek, Akkreditierung und Zertifizierung. Art 13 Abs 3 lit b BPRL. SCC (Standing Committee on Construction). Bei dieser Entscheidung kommt der Bedeutung des Produktes in Bezug auf die grundlegenden Anforderungen insbesondere bezüglich Gesundheit und Sicherheit, der Beschaffenheit des Produktes, dem Einfluss der Veränderlichkeit seiner Eigenschaften auf seine Gebrauchstauglichkeit und der Fehleranfälligkeit seines Herstellungsprozesses Wichtigkeit zu (Art 13 Abs 4 BPRL). Es ist dabei jeweils dasjenige Verfahren zu wählen, welches unter Berücksichtigung der Sicherheitsanforderungen das am wenigsten beschwerliche ist.
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führt ein im jeweiligen Einzelfall festzulegendes Verfahren56 zur Ausstellung einer Konformitätserklärung oder zur Erteilung eines Konformitätszertifikates durch die zugelassene Zertifizierungsstelle. Der Unterschied liegt darin, dass es sich im ersten Fall nicht um externe Überwachung durch eine benannte Stelle, sondern um werkseigene Produktionskontrolle, die durch den Hersteller selbst oder seinen in der Gemeinschaft ansässigen Bevollmächtigten wahrgenommen wird, handelt. Nach erfolgreichem Bestehen dieses Konformitätsbescheinigungsverfahrens kann bzw muss57 das CE-Kennzeichen auf dem Produkt angebracht und kann dieses im gesamten Binnenmarkt in Verkehr gebracht werden. Die Systeme der Konformitätsbescheinigung58 reichen dabei von der bloßen Notwendigkeit einer Erstprüfung durch den Hersteller und des Bestehens einer werkseigenen Produktionskontrolle bis hin zur Zertifizierung der Produktionskontrolle und Entnahme von Stichproben aus der Produktion durch eine zugelassene Stelle, wobei die zu treffenden Maßnahmen vor allem von der Gefahrengeneigtheit des Produktes abhängig sind.
5. Alternative: europäische technische Zulassung Die Brauchbarkeit eines Produktes lässt sich jedoch nicht nur aus dessen Übereinstimmung mit einer harmonisierten Norm ableiten, sie ist auch dann als gegeben zu betrachten, wenn es die Erfordernisse einer nationalen, gemäß dem dafür vorgesehenen Verfahren der Bauprodukterichtlinie59 anerkannten technischen Spezifikation erfüllt. Aber auch dann, wenn die technische Beurteilung eines einzelnen betroffenen Produktes zu dem Ergebnis kommt, dieses erfülle die wesentlichen Anforderungen, um für die Errichtung bestimmter Bauwerke verwendet werden zu können, ist das Produkt brauchbar im Sinne der Richtlinie.60 Liegen weder eine harmonisierte europäische Norm, noch eine anerkannte nationale Norm, noch ein Mandat für eine harmonisierte Norm vor, und stimmen die Kommission und der ständige Ausschuss für das Bauwesen darin überein, dass im fraglichen Bereich eine Norm nicht oder noch nicht ausgearbeitet werden kann,61 oder weicht ein Produkt trotz Bestehens einer harmonisier-
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Im Anhang III der Richtlinie werden Module für die individuelle, den jeweiligen Anforderungen des einzelnen Produktes gerecht werdende Zusammenstellung dieser Verfahren der Bescheinigung der Konformität mit technischen Spezifikationen angeführt. Nach Ansicht der Kommission ist das Anbringen der CE-Kennzeichnung obligatorisch. Vgl Anhang III der Bauprodukterichtlinie. Vgl Art 4 Abs 3 BPRL. Die „Brauchbarkeit“ von Produkten als Voraussetzung des Inverkehrbringens spiegelt das der Bauprodukterichtlinie zugrunde liegende Konzept wider: Relevant für die Beurteilung eines Produktes ist nicht die Erfüllung bestimmter taxativ aufgezählter Merkmale, es kommt vielmehr auf gesamte Produktleistung, seine „Performance“ an. Wird während eines laufenden Zulassungsverfahrens ein Mandat zur Erarbeitung einer Norm erstellt, und bestehen für das fragliche Produkt Leitlinien für eine solche Zulassung, so hindert dies die Erteilung der Zulassung auf Gemeinschaftsebene
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ten technischen Spezifikation oder einer anerkannten nationalen Norm nicht nur unwesentlich von dieser ab, so besteht die Möglichkeit der Erteilung einer europäischen technischen Zulassung.62 Europäische technische Zulassungen werden in der Regel auf fünf Jahre erteilt, können aber verlängert werden. Die Beurteilung des Produktes im Rahmen des Verfahrens zur europäischen technischen Zulassung erfolgt auf der Basis der Grundlagendokumente sowie unter Heranziehung der vom Gremium der Zulassungsstellen63 erarbeiteten Leitlinien64 für europäische technische Zulassungen einzelner Produkte oder der ganzen Produktgruppe, sowie verschiedener Untersuchungen und Prüfungen, die in diesen festgelegt werden. Daneben enthalten sie Angaben über die vom Hersteller durchzuführenden Kontrollen und das im jeweiligen Einzelfall anzuwendende Konformitätsbewertungsverfahren. Liegen die Leitlinien jedoch nicht oder noch nicht vor, so kann dennoch unter Berücksichtigung der einschlägigen wesentlichen Anforderungen und der Grundlagendokumente eine Zulassung erteilt werden, wenn sich die Bewertung des Produktes auf einvernehmliche Stellungnahmen65 der von den Mitgliedstaaten bekannt gegebenen Zulassungsstellen stützt.66 Jene Produkte, die im Hinblick auf die Kriterien der Gesundheit und der Sicherheit nur eine untergeordnete Rolle spielen, können schon bei Vorliegen einer Konformitätserklärung des Herstellers in Verkehr gebracht werden. Eine Kennzeichnung mit dem CE-Zeichen bleibt diesen Produkten jedoch verwehrt, sie sind aber in eine Liste aufzunehmen, die von der Kommission in Konsultation mit dem Ständigen Ausschuss für das Normenwesen zu erstellen, zu verwalten und laufend zu überarbeiten ist.
6. Schutzklauseln Wie im Bereich der Normung im Allgemeinen67 ist darauf hinzuweisen, dass auch auf dem Bausektor ungeachtet der grundsätzlichen Verpflichtung der
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nicht. Dies gilt bis zum Inkrafttreten der harmonisierten Norm in den Mitgliedstaaten. Abweichend davon und im Einzelfall kann eine Zulassung auch erteilt werden, wenn ein Mandat für eine harmonisierte Norm bereits existiert oder für Produkte, bei denen die Kommission festgestellt hat, dass eine harmonisierte Norm ausgearbeitet werden kann. Diese Zulassung darf jedoch nur für einen bestimmten, festgelegten Zeitraum erteilt werden (Art 8 Abs 3 BPRL). EOTA, European Organisation for Technical Approvals. Ähnlich dem CEN und CENELEC ist EOTA ein gemeinnütziger Verein nach belgischem Recht mit Sitz in Brüssel. Ihre Mitglieder sind die von den einzelnen Mitgliedstaaten für die Erteilung europäischer technischer Zulassungen benannten Zulassungsstellen. ETAG (European Technical Approval Guidelines). Diese Leitlinien sind gem. Art 11 der RL nach Befassung des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen vom genannten Gremium der Zulassungsstellen der Mitgliedstaaten (EOTA) auszuarbeiten und beinhalten eine Liste der konkret zu berücksichtigenden Grundlagendokumente, die konkreten Anforderungen an das Produkt, die Methode der Auswertung und der Beurteilung der Prüfergebnisse, die Kontroll- und Konformitätsverfahren sowie die Geltungsdauer der Zulassung, die üblicherweise fünf Jahre beträgt, aber verlängert werden kann. Diese werden in einem eigenen Konsultationsverfahren eingeholt. Kann keine Einigkeit erzielt werden, so ist gem Art 9 Abs 2 der RL der ständige Ausschuss für das Bauwesen zu befassen. Vgl Holoubek, Normung.
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Mitgliedstaaten, Produkte, die den Anforderungen der Bauprodukterichtlinie gerecht werden, auf ihrem Gebiet ungehindert zum freien Verkehr zuzulassen,68 die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Schutzklauseln69 besteht. Ist ein Mitgliedstaat der Ansicht, dass ein Produkt, dessen Konformität bescheinigt wurde, den grundlegenden Anforderungen nicht entspricht, so hat er das betreffende Produkt vom Markt zu nehmen und die Kommission unter Bekanntgabe der Gründe dafür zu benachrichtigen. Insbesondere ist anzugeben, ob das fragliche Produkt den zugrundeliegenden technischen Spezifikationen nicht entspricht, ob diese mangelhaft angewandt worden sind, oder ob die Nichtübereinstimmung des Produktes mit den grundlegenden Anforderungen der BPRL aus einer Mangelhaftigkeit der Spezifikation selbst herrührt. Die Kommission informiert sodann die betroffenen Parteien und stellt aufgrund dieser Konsultationen fest, ob die getroffene Maßnahme gerechtfertigt ist, oder nicht. Gründet sich der Mangel des Produktes in der Fehlerhaftigkeit der angewandten Spezifikation, so ist der Ständige Ausschuss für das Bauwesen sowie - wenn es sich bei dieser um eine harmonisierte Norm handelt - der Ständige Ausschuss für das Normenwesen70 zu befassen. Auf der Basis der Ergebnisse dieses Konsultationsverfahrens entscheidet die Kommission abschließend ob die jeweilige europäische oder nationale technische Spezifikation auch weiterhin als Grundlage für das Konformitätsverfahren herangezogen werden darf. Sämtliche Mitgliedstaaten sind über den Verlauf des Prüfungsverfahrens und die diesbezüglichen Ergebnisse zu unterrichten.
III. Umsetzung in Österreich A. Allgemeines Aufgrund der vorstehend geschilderten, derzeit noch nicht durch den Verfassungsgerichtshof geklärten, diffizilen Kompetenzrechtslage wird die Bauproduktenrichtlinie derzeit durch insgesamt 9 Landesgesetze, zwei Gliedstaatenverträge nach Art 15a B-VG, 1 Bundesgesetz und verschiedene Verordnungen in österreichisches Recht umgesetzt:
B. Umsetzungsmaßnahmen der Länder Die zentrale Umsetzungsmaßnahme und Grundlage der einschlägigen Landesgesetze stellt die Vereinbarung der Länder71 gem Art 15a B-VG über die Zu68 69 70 71
Siehe näher Art 6 der BPRL. Vgl Holoubek, Normung. Siehe zu diesem Holoubek, Normung. Der Bund ist nicht Vertragspartei dieser Vereinbarung, die getroffenen Regelungen finden daher in den kompetenzrechtlich derzeit dem Bund zugewiesenen Bereichen keine Anwendung. Es führt diese Situation zu teilweise unbefriedigenden bzw verfassungswidrigen Konstellationen, wenn etwa einzelne Bundesländer Akkreditierungen des Bundes nicht anerkennen. Die Frage der kompetenzrechtlichen Zuständigkeit ist von der Frage zu unterscheiden, ob es auch innerhalb Österreichs eine Verpflichtung gibt, auf Grund einer speziellen landesgesetzlichen bzw einer bundesgesetzlichen Regelung zugelassene Bauprodukte auch in anderen Ländern bzw im Bundesbereich als „brauchbar“ anzuerkennen. Eine solche Verpflichtung ergibt
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sammenarbeit im Bauwesen72 dar: Geregelt werden etwa Einzelheiten und Voraussetzungen der Akkreditierung von Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen, die europäische und österreichische technische Zulassung, das Konformitätsbewertungsverfahren, Konformitätszertifikate und die Gestaltung sowie Verwendung des CE-Zeichens. Des Weiteren ist die Verpflichtung enthalten, jeweils erteilte Zertifizierungen sowie solche Zertifikate aus einem EUMitgliedstaat gegenseitig anzuerkennen.73 Als gemeinsame Akkreditierungsund Zertifizierungsstelle wurde schließlich das Österreichische Institut für Bautechnik (OIB)74 gegründet. Einen weiteren Vertragsgegenstand bilden ferner Regelungen betreffend das Inverkehrbringen von Bauprodukten. Im Rahmen der Umsetzungsmaßnahmen wurde von den Ländern gem Art 15a B-VG weiters die Vereinbarung über die Regelung der Verwendbarkeit von Bauprodukten75 getroffen: Sie dient der Koordination der Erlassung von Landesvorschriften über diejenigen Anforderungen, die im Rahmen der Baustoffzulassung im Zusammenhang mit der Verwendung von Bauprodukten an diese zu stellen sind.76 Kern dieses Gliedstaatsvertrages ist die Regelung, dass Bauprodukte, für die keine europäischen technischen Spezifikationen77 vorliegen, nur dann verwendet werden dürfen, wenn sie der Baustoffliste ÖA78 entsprechen oder ein Gutachten des OIB vorliegt. Bauprodukte, für die europäische technische Spezifikationen vorliegen, dürfen hingegen verwendet werden, wenn sie einer solchen und der Baustoffliste ÖE79 entsprechen.
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sich aus Art 4 B-VG (zu Art 4 B-VG als Garantie eines einheitlichen österreichischen Binnenmarkts und seiner Funktion als „Kompetenzausübungsschranke“ Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 110 ff). Nur wo im Einzelfall besondere sachliche Gründe dafür ins Treffen geführt werden können kann die jeweilige landes- bzw bundesgesetzliche Regelung eine derartige wechselseitige Anerkennung ausschließen. Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Zusammenarbeit im Bauwesen (Umsetzung der EG-Bauprodukterichtlinie, exemplarisch: sbg LGBl 1993/112). Wenn Zertifikate von „landesrechtlich“ akkreditierten Stellen wechselseitig (ebenso wie solche aus EU-Mitgliedstaaten) anerkannt werden, ist - bei sonst gleichen Voraussetzungen - die Nicht-Anerkennung von durch „bundesrechtlich“ akkreditierte Stellen ausgestellten Zertifikaten gleichheitswidrig. Vgl FN 7. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Regelung der Verwendbarkeit von Bauprodukten (siehe exemplarisch stmk LGBl 1999/80) An dieser Stelle werden insbesondere die quantitativen Anforderungen an Bauprodukte gemeinsam geregelt und etwa jene Klassen für Produktleistungen festgelegt, die nach dem Konzept der BPRL schon in den harmonisierten Normen enthalten sein sollten. Vgl dazu schon Pkt II.B.2. Unter dem Begriff „europäische technische Spezifikation“ versteht die BPRL Normen und europäische technische Zulassungen (Art 4 Abs 1 BPRL). Die Baustoffliste ÖA beinhaltet jene Anforderungen an Bauprodukte, für welche noch keine europäischen technischen Spezifikationen vorliegen. Die Baustoffliste ÖE dient vor allem der besseren Handhabung der „declared values“, die von dem Hersteller eines Bauproduktes bezüglich einzelner Kennwerte desselben angegeben werden. In ihr sind die jeweils von einem speziellen Produkt zu erfüllenden Anforderungen an die einzelnen Produktkennwerte, je nach Verwendung desselben, aufgeschlüsselt.
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C. Umsetzungsmaßnahmen des Bundes Regelungsgegenstand des Bauproduktegesetzes des Bundes80 sind das Inverkehrbringen von Bauprodukten, die in die Kompetenz des Bundes fallen, die Anforderungen an deren Verwendung sowie der freie Warenverkehr mit diesen. Es gilt für jene Bauprodukte, für die harmonisierte oder anerkannte Normen oder Leitlinien für die europäische technische Zulassung bestehen und deren Fundstellen durch Verordnung kundgemacht wurden. Von der Anwendung des Bauproduktegesetzes des Bundes sind weiters jene Produkte erfasst, denen trotz Nichtbestehens von Leitlinien im Einvernehmen der Zulassungsstellen eine europäische technische Zulassung erteilt wurde, sowie jene nach Art 4 Abs 5 der Richtlinie, die in Bezug auf die Gesundheit und Sicherheit nur eine untergeordnete Bedeutung haben und mittels Verordnung bekannt gemacht wurden. Das Inverkehrbringen eines Bauproduktes ist nach dem Bauproduktegesetz des Bundes nur dann gestattet, wenn es brauchbar ist und seine Konformität entsprechend, also entweder durch eine Erklärung des Herstellers oder durch ein Konformitätszertifikat, nachgewiesen worden ist.
IV. Schwierigkeiten auf Gemeinschaftsebene Ungeachtet des Umstandes, dass die Bauprodukterichtlinie bereits aus dem Jahre 1989 datiert, ließ die Umsetzung derselben zu wünschen übrig: Die Bereitschaft der Mitgliedstaaten, an dem geschaffenen System der Harmonisierung der Vorschriften für Bauprodukte aktiv mitzuwirken, war derart gering, bisweilen durch strikte Weigerungen sowie vorgeschobene rechtliche Auffassungsunterschiede gar kontraproduktiv, sodass bis zum Jahre 1997 keine einzige harmonisierte Norm vorlag. Ebensowenig waren die Mandate an die europäischen Normungsorganisationen zur Gänze ausgearbeitet worden, bis Jahresmitte 1997 lagen erst für 17 Produktfamilien Normungsaufträge vor.81 Die Harmonisierungsmaßnahmen beschränkten sich entgegen den Intentionen der Bauprodukterichtlinie, die dieses Instrument eher als Ausnahme denn als Regel konzipiert hatte, darauf, einzelnen nationalen Produkten aufgrund von bereits ausgearbeiteten Leitlinien82 eine Europäische Technische Zulassung zu erteilen. Bis auf die Produktfamilie der Metalldübel gab es auch keine Bauprodukte, die mit dem CE-Kennzeichen versehen werden konnten. Diese Verzögerungen werden neben der beschränkten Kooperationsbereitschaft der Mitgliedstaaten aber auch auf organisatorische und personelle Probleme der zuständigen Abteilungen, auf die Komplexität der Richtlinie und unterschiedliche Interpretationen derselben83 zurückgeführt. Nunmehr sollten diese Hemmungsgründe zum Großteil
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BGBl 1997 I/55. Dieses Bild ergab der ernüchternde Bericht der Kommission über die Bauproduktenrichtlinie an das Europäische Parlament, vom Mai 1996, KOM (96) 0202 - C40636/96, der jedoch nicht im Amtsblatt der Gemeinschaft veröffentlicht wurde. ETAG: European Technical Approval Guidelines. Vgl FN 63. Hierbei handelt es sich vor allem um unterschiedliche Sichtweisen hinsichtlich der Vermeidung von Grenzwerten und Klassen, die durch die Angabe von „declared values“ ersetzt wurde, hinsichtlich Vorschriften über die Berücksichtigung von bestimmten gefährlichen Inhaltsstoffen in Bauprodukten, wie etwa Asbest, sowie hin-
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beseitigt sein, ein gewisser Unwille und Schwachstellen bei der Normungsarbeit werden der Harmonisierung des Sektors der Bauprodukte aber nach wie vor attestiert.84 Zum derzeitigen Zeitpunkt sind die ersten 100 von 450 geplanten harmonisierten Normen im Bereich des Bauwesens geschaffen. Weitere 100 Normen sind bereits ausgearbeitet und durchlaufen gerade das Annahmeverfahren.
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sichtlich der Verbindlichkeit des CE-Kennzeichens. Siehe hierzu Mikulits (FN8) 96f. Vgl die Schlussfolgerungen des Vorsitzenden der Konferenz „Bauprodukte für den Binnenmarkt - Erwartungen und Realität“, vom 4./5. 12.2001, abrufbar unter http://www.cenorm.be/news/conferences/construction.htm.
Lukas Binder
Kapitel 5: Produktsicherheitsrecht Rechtsgrundlagen ...........................................................................................557 I. Grundlagen ................................................................................................557 A. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................557 B. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ...................................................559 1. Allgemeines.......................................................................................559 2. Begriffsbestimmungen: .....................................................................560 II. Inhalt.........................................................................................................562 A. Pflichten des Inverkehrbringers ............................................................562 B. Behördliche Maßnahmen.......................................................................563 1. Allgemeines.......................................................................................563 2. Beurteilung der Sicherheit eines Produktes.......................................564 C. Marktaufsicht.........................................................................................565 1. Organe ...............................................................................................565 2. Befugnisse der Aufsichtsorgane........................................................565 3. Auflagen............................................................................................567 4. Rechtsmittel.......................................................................................567 5. Meldepflichten ..................................................................................568 III. Produktsicherheitsbeirat .......................................................................569 A. Aufgaben................................................................................................569 B. Zusammensetzung..................................................................................569 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht RL 92/59/EWG, Abl 1992 L 228/24 idF RL 2001/95/EG, Abl 2001 L 11/4. Innerstaatliches Recht ProduktsicherheitsG - PSG 2004 (BGBl 2005 I/16).
I. Grundlagen A. Kompetenzrechtliche Einordnung Die Kompetenz zur Erlassung von Regelungen, wie sie die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit erfordert, findet sich nach herrschender Auffassung vornehmlich in Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG. Dieser weist die Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie sowohl in Gesetzgebung als auch in Vollziehung dem Bund zu. Nach der Versteinerungstheorie sind die unter diesen Kompetenztatbestand fallenden Regelungen - freilich unter Berücksichtigung
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Binder
einer möglichen intrasystematischen Fortentwicklung1 - nach dem Stande der einfachen Gesetzgebung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kompetenzverteilung zu ermitteln.2 Das diesbezüglich vorhandene Material zeigt,3 dass schon im relevanten Versteinerungszeitpunkt Maßnahmen bestanden, die die Abwehr spezieller Missstände bei der Gewerbeausübung im Interesse der Gewerbetreibenden selbst, anderer Gewerbetreibender sowie der Kunden4 bezweckten. Der Bundesgesetzgeber berief sich bereits anlässlich der Erlassung des Produktsicherheitsgesetzes 1983 zutreffender Weise hauptsächlich auf seine Gewerberechtskompetenz gemäß Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG. Ergänzend führen die diesbezüglichen Erläuterungen5 weitere Kompetenzbestimmungen des Art 10 B-VG an. Und zwar jene, die Verwaltungsbereiche betreffen, zu denen verwaltungspolizeiliche Maßnahmen6 zum Schutz vor gefährlichen Produkten als Annexregelungen getroffen werden können.7 Hierzu kann sich der Gesetzgeber auf eine Reihe verfassungsgerichtlicher Entscheidungen berufen.8 Gleiches gilt auch für das Produktsicherheitsgesetz 2004.9 Hinsichtlich der für die kompetenzrechtliche Einordnung maßgeblichen Kriterien besteht zwischen dem Produktsicherheitsgesetz 1983 und jenem aus 2004 kein Unterschied. Beiden ist die Abwehr spezifischer Gefahren, die aus der Gewerbeausübung - der Herstellung von und den Handel mit gefährlichen Produkten - resultieren, gemein.
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Vgl VfSlg 3393/1958, 4117/1961, 4883/1964, 5748/1968, 6137/1970. Vgl VfSlg 2500/1953, 3670/1960, 4227/1962, 5024/1965. Da der Wortsinn dieses Kompetenztatbestandes allein über Umfang und Inhalt des Begriffes keinen genügenden Aufschluss gibt, ist davon auszugehen, dass das B-VG die Begriffe, die es bei Aufstellung des Kompetenzkataloges verwendet, in jener Bedeutung gebraucht, die ihnen in der einfachen Gesetzgebung nach deren Stand im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kompetenzartikel, d. i. am 1. Oktober 1925, zukam (VfSlg. 5019/1965). Von vordringlichem Interesse ist die GewO 1859 idF der letzten GewO-Novelle vor dem 1. Oktober 1925 BGBl. 1925/277; Siehe mwN Gutknecht, Kompetenzrechtliche Grundlage für die Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie, bbl 2001 (175), 184f. Vgl VfSlG 10.831/1986. Vgl. RV 1326 BlgNR 15.GP. Zum Begriff der Verwaltungspolizei und zur Abgrenzung gegenüber der Sicherheitspolizei vgl Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1998, 140 (Rz 256ff). Die Erläuterungen zählen insbesondere die folgenden Kompetenzen auf: Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG: Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland, Art 10 Abs 1 Z 7 BVG: Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG: Kraftfahrwesen, Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG: Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen und Einrichtungen, Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiet, Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG: Gesundheitswesen, Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG: Ernährungswesen einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle, Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG: Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen und der Luftfahrt sowie der Schifffahrt, Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG: Bergwesen, Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG: Dampfkessel- und Kraftmaschinenwesen. Siehe näher etwa VfSlg 3650/1959, 5910/1969, 2670/1954, 4117/1961, 2918/1955. BGBl 2005 I/16.
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B. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 1. Allgemeines Als wichtigen Beitrag zur Verwirklichung des freien Binnenmarktes und zum Abbau bestehender Handelshemmnisse verfolgt die Gemeinschaft im Produktrecht vor allem den Weg einer Harmonisierung der an die einzelnen Produkte zu stellenden Anforderungen. In der Form von Richtlinien werden grundlegende Sicherheitsanforderungen an diese oder an ganze Produktgruppen abstrakt festgelegt. Das System der Europäischen Normung übernimmt es in weiterer Folge, diese abstrakten Anforderungen in Produktnormen zu konkretisieren.10 Außerhalb der von diesen Richtlinien erfassten Bereiche bestimmten ursprünglich die einzelnen Mitgliedstaaten zumeist nationale Mindestschutzniveaus hinsichtlich der allgemein an Produkte zu stellenden Sicherheitsanforderungen. Da diese aber in der Regel von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden ausgestaltet waren, bildeten sich neue Handelshemmnisse und Wettbewerbsverfälschungen, die es im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes zu beseitigen galt.
Mit der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit11 wurden gemeinschaftsweit einheitliche allgemeine Anforderungen an die Sicherheit von Produkten normiert. Ihr Geltungsbereich erfasst alle gegenwärtigen und alle zukünftigen Produkte, die für Verbraucher bestimmt sind12 oder von diesen benützt werden könnten, soweit sie nicht schon durch spezielle Vorschriften geregelt werden.13 Die Wirkung der Richtlinie ist daher auf die eines „Auffangnetzes“ beschränkt, da sie ausschließlich für alle jene Produkte und Risiken gilt, die nicht in besonderen gemeinschaftsrechtlichen oder bundesgesetzlichen - Vorschriften geregelt sind.14 Bestehen nur hinsichtlich gewisser aber eben nicht aller Aspekte eines bestimmten Produktes Vorschriften in Bezug auf dessen Sicherheit, so kommen die Bestimmungen des Produktsicherheitsgesetzes zur Anwendung. In diesen Fällen allerdings ist der Anwendungsbereich beschränkt auf die nicht speziell geregelten Aspekte. Das PSG 2004 umfasst somit alle nicht in Spezialgesetzen geregelten Aspekte von Produkten im Hinblick auf die an sie zu stellenden allgemeinen Sicherheitsanforderungen.
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Die Normungsarbeit findet in CEN/CENELEC, zwei privaten Vereinen nach belgischem Recht, im Rahmen eines Verfahrens statt, das nach dem Prinzip einer „regulierten Selbstregulierung“ organisiert ist. Vgl hierzu ausführlich und nwN Holoubek, Normung. RL 92/59/EWG, Abl 1992 L 228/24 idF RL 2001/95/EG, Abl 2001 L 11/4. Produktionsanlagen, Investitionsgüter und andere nur zur beruflichen Nutzung bestimmte Produkte werden dagegen von der Richtlinie nicht erfasst. Die Bestimmungen der Richtlinie kommen also nur subsidiär zur Anwendung. Vgl exemplarisch: Elektrotechnikgesetz 1992 (BGBl 1993/106, idF BGBl 2001 I/136), Lebensmittelgesetz 1975 (BGBl Nr. (1975/86 idF BGBl 2006 I/13), Chemikaliengesetz 1996 (BGBl I Nr. 53/1997 idF BGBl 2004 I/151), Gewerbeordnung 1994 (BGBl 194/1994, idF BGBl 2006 I/84), Arzneimittelgesetz (BGBl Nr. 185/1983 idF BGBl 2005 I/153), Waffengesetz 1996 (BGBl 1997 I/12 idF BGBl 2004 I/136), ua.
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2. Begriffsbestimmungen: a) Produkt Der Produktbegriff der Produktsicherheitsrichtlinie erfasst jedes Produkt15, das für Verbraucher bestimmt ist oder von Verbrauchern benützt werden könnte und im Rahmen einer Geschäftstätigkeit16 entgeltlich oder unentgeltlich geliefert oder zur Verfügung gestellt wird.17 Zwischen neuen, gebrauchten oder wieder aufgearbeiteten Produkten unterscheidet die Richtlinie nur dann, wenn die Produkte als Antiquitäten oder als solche Produkte geliefert werden, die vor ihrer Verwendung in Stand gesetzt oder wieder aufgearbeitet werden müssen. Hat in diesem Fall der Lieferant klare Angaben hierüber gemacht, so sind diese Produkte vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen.18 Das in Umsetzung der Richtlinie ergangene Produktsicherheitsgesetz (PSG 2004)19 definiert über den Produktbegriff der Richtlinie hinaus als Produkt jede bewegliche körperliche Sache einschließlich Energie, und zwar auch dann wenn sie Teil einer anderen beweglichen Sache oder mit einer unbeweglichen Sache verbunden worden ist.20 Durch das PSG 2004 neu eingeführt wurde der Verweis auf 15
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Angesichts der wachsenden Bedeutung von Dienstleistungen und ob des Umstandes, dass auch bei diesen Sicherheitsaspekte eine wesentliche Rolle spielen, wurden bei der Umsetzung der Richtlinie in manchen Staaten neben Produkten auch Dienstleistungen in den Anwendungsbereich mit einbezogen. Ursprünglich war es beabsichtigt, Dienstleistungen auch in die Neufassung der Richtlinie mit einzubeziehen, von diesem Vorhaben wurde jedoch wieder Abstand genommen, um noch einschlägige Untersuchungen anstrengen zu können. Vgl die Begründungserwägung Nr 1 zu RL 2001/95/EG. Das PSG verwendet an Stelle dieses Terminus die Wortfolge „zu Erwerbszwecken ausgeübten Tätigkeit“. Die überarbeitete Richtlinie 2001/95/EG weist ausdrücklich darauf hin, dass der Produktbegriff auch jene Produkte einschließt, die im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen geliefert werden. Dienstleistungen selbst unterliegen jedoch nicht den Bestimmungen der Richtlinie. Der ursprüngliche Vorschlag für eine Richtlinie über eine allgemeine Produktsicherheit beinhaltete demgegenüber sämtliche Produkte, also auch solche, die für eine Verwendung durch Arbeiter oder in Handel und Industrie bestimmt waren. Von diesem Vorhaben wurde jedoch nach eingehender Diskussion wieder abgegangen und der Geltungsbereich auf die genannten Verbraucherprodukte beschränkt, da einerseits die Unterscheidung und getrennte Behandlung von dem Produkt immanenten Gefahren und jenen, die durch die Handhabung desselben durch Arbeiter im Rahmen ihres Betriebes hervorgerufen werden, unmöglich schien und man andererseits die doppelte Determinierung von im Zuge eines Betriebes verwendeten Produkten durch arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen und jenen über die allgemeine Produktsicherheit als konfliktträchtig erachtete. Man beurteilte daher das Risiko möglicher inhaltlicher Komplikationen gegenüber den nur als gering eingestuften Vorteilen der Einbeziehung von betrieblich verwendeten Produkten als zu groß. Vgl Review and revision of directive 92/59/EEC (General Product Safety) - Discussion Paper, abrufbar unter: http://europa.eu.int/eur-lex/en/com/pdf/2000/ en_500PC01 39.pdf. Diese Anforderung erfuhr im PSG insoferne eine Verschärfung, als dort gefordert wird, dass der Hersteller diesen Umstand „nachweislich mitgeteilt“ haben müsse. Vgl § 3 Z 1 PSG 2004. PSG 2004 (BGBl 2005 I/16). Vgl hierzu den Produktbegriff des Produkthaftungsgesetzes (PHG, BGBl 1988/99 idF BGBl I 2001/98) und weiterführend dazu insbesondere die Problematik der
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Produkte, die im Rahmen der Erbringung einer Dienstleistung zur Verfügung gestellt wurden. Produkte im Sinne der Richtlinie können entweder „sicher“ oder „gefährlich“ sein. Sicher sind Produkte, deren normale oder vernünftiger Weise vorhersehbare Verwendung21 keine oder nur geringe, vertretbare Gefahren mit sich bringt. Das Kriterium der geringen, vertretbaren Gefahren ist jeweils anhand des konkreten Produktes zu beurteilen. Die dem Produkt innewohnenden Gefahren müssen unter Wahrung eines hohen Schutzniveaus für die Gemeinschaft und die Sicherheit von Personen vor dem Hintergrund der Verwendung der Produkte abgewogen werden. Das solcherart verbleibende Risiko muss schließlich mit der geforderten Sicherheit verein- und insgesamt vertretbar sein. Bedeutung kommt hierbei vor allem den Eigenschaften des Produktes, seiner Zusammensetzung, der Verpackung, der Wartung und den Bedingungen des Zusammenbaues des Produktes zu. Ist eine gemeinsame Verwendung mit anderen Produkten vernünftiger Weise vorhersehbar, so ist die Einwirkung des Produktes auf andere Produkte zu beachten. Seiner Aufmachung, Etikettierung, gegebenenfalls seiner Gebrauchs- und Bedienungsanleitung und den Anweisungen für seine Entsorgung, sowie allen sonstigen Angaben oder Informationen seitens des Herstellers ist darüber hinaus Aufmerksamkeit zu schenken.22 Nicht zuletzt muss für die Beurteilung der Gefährlichkeit des Produktes auch auf den Kreis jener Verbraucher Bedacht genommen werden, die bei Verwendung des Produktes einem höheren Risiko ausgesetzt sind.23 Demgegenüber vermögen aber weder die mögliche Erreichbarkeit einer höheren Sicherheitsstufe, noch die Verfügbarkeit anderer, sicherer Produkte Einfluss auf die Bewertung eines Produktes als sicher oder nicht sicher zu nehmen. Gleiches gilt umgekehrt, wenn auf dem Produkt Warnhinweise angebracht werden, die auf allfällige, von diesem unzulässiger Weise ausgehende Gefahren hinweisen. Auch eine solche Maßnahme vermag die Zuordnung des Produktes nicht beeinflussen.24
Im PSG 2004 wurde die Beschränkung auf körperliche Sachen fallen gelassen und somit der Anwendungsbereich auf Software erweitert. Die erläuternden Bemerkungen anerkennen ausdrücklich, dass auch Software sicherheitsrelevante Eigenschaften haben kann. Erfüllt ein Produkt nicht die genannten Sicherheitsanforderungen, so handelt es sich sowohl nach der Richtlinie als auch nach dem PSG 2004 um ein „gefährliches“ Produkt. Das In Verkehr Bringen eines gefährlichen Produktes ist generell nicht gestattet.
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„Weiterfresserschäden“. Vgl hierzu Posch, Produkthaftungsgesetz, in: Schwimann (Hrsg), ABGB Praxiskommentar2 Band 8 Haftpflichtgesetze, 1997, 391ff Das Kriterium einer vernünftiger Weise vorhersehbaren Verwendung beinhaltet auch die Lebens- bzw Gebrauchsdauer eines Produktes. Steht daher ein Produkt über seine übliche Lebensdauer hinaus in Verwendung, so ist dies keine bestimmungsgemäße Verwendung. Zusätzlich nennt das PSG das Verhalten des Produktes bei der Wartung, Lagerung und beim Transport. Hiefür nennt das PSG 2004 neben den schon im PSG 2004 angeführten Kindern explizit auch ältere Personen oder Menschen mit Behinderung; vgl. hierzu § 4 Abs. 1 Z 1 PSG 2004. Vgl Art 5 Abs 1 der Produktsicherheitsrichtlinie sowie § 4 Abs 2 PSG 2004.
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b) In-Verkehr-Bringer Das PSG definiert den Begriff des „In Verkehr-Bringers“ so, dass darunter jeder Hersteller, Importeur oder Händler, der ein Produkt auf den Markt bringt, zu verstehen ist. c) Hersteller Hersteller eines Produktes im Sinne der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit ist dessen Produzent, wenn er seinen Sitz in der Gemeinschaft hat. Darüber hinaus ist jede andere natürliche oder juristische Person Hersteller, die entweder als solcher auftritt, indem sie das fragliche Produkt in ihrem Namen oder unter Anbringung ihres Markenzeichens oder eines anderen Unterscheidungszeichens hervorbringt. Hersteller ist aber auch derjenige, der das Produkt wieder aufgearbeitet hat, sowie auch der Vertreter des Herstellers dann, wenn sich dessen Sitz außerhalb der Gemeinschaft befindet. Besitzen weder der Hersteller noch einer seiner Vertreter eine Niederlassung auf dem Gebiet der Gemeinschaft, so treffen die Pflichten des Herstellers den Importeur. Die Herstellerpflichten treffen aber auch alle sonstigen Gewerbetreibenden der Absatzkette, sofern sie die Sicherheitseigenschaften eines bereits auf den Markt gebrachten Produktes beeinflussen. d) Händler Gewerbetreibende der Absatzkette des fraglichen Produktes, die ein Produkt liefern oder zur Verfügung stellen, und deren Tätigkeiten im Gegensatz zu den letztgenannten „Herstellern“ dessen Sicherheitseigenschaften nicht beeinflussen, sind „Händler“ im Sinne der Richtlinie.
II. Inhalt A. Pflichten des Inverkehrbringers Die zentrale Verpflichtung der Inverkehrbringer von Produkten, also der Hersteller, Importeure und Händler, besteht darin, ausschließlich sichere Produkte in Verkehr zu bringen.25 Auf Verlangen der Marktaufsichtsbehörde sind die Qualität der Produkte und die Einhaltung der geforderten Sicherheitsmaßstäbe durch die Bereitstellung von produkt- oder produktionsbezogenen Unterlagen oder Aufzeichnungen, wie etwa von Prüfergebnissen,26 nachzuweisen. Das Kriterium der sicheren Produkte und des obligatorischen Nachweises der Erfüllung der geforderten Anforderungen bezieht sich jedoch nicht auf jedes einzel25
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Hersteller haben dies in einer dem Stand der Technik entsprechenden Weise zu gewährleisten. Vergleiche hierzu etwa die in vielen harmonisierten Normen vorgesehenen Konformitätsbewertungsverfahren, die zum Zweck einer gleichbleibenden Produktqualität eine laufende Produktionskontrolle mittels eines Qualitätsmanagementsystems vorschreiben. Siehe mwN Holoubek, Normung. Siehe hierzu die im Bereich der Bauprodukte zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Produktes anzugebenden „declared values“. Dies sind Messergebnisse in Bezug auf bestimmte, festgelegte Produktkennwerte und dienen zur Feststellung der Erfüllung bestimmter, jeweils national festgelegter Anforderungen. Vgl mwN Holoubek, Bauprodukterecht.
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ne Produkt sondern nur auf die einzelnen Produktposten. Dadurch bietet sich den Herstellern die Möglichkeit, diesen Nachweispflichten durch die Einführung eines Qualitätssicherungssystems27 nachkommen zu können. Neben diesem generellen Gebot stellen die Produktsicherheitsrichtlinie wie auch das PSG zusätzliche Anforderungen an Hersteller und Importeure. Diese haben die Verbraucher etwa durch Anbringung von Warnhinweisen auf allfällige Gefahren, die während einer üblichen oder zumindest vernünftigerweise vorhersehbaren Gebrauchsdauer vom Produkt ausgehen (können) und die ohne entsprechende Warnhinweise nicht unmittelbar erkennbar sind, hinzuweisen. Zur Beurteilung dieser Gefahren und zum Schutz vor diesen haben die Hersteller und Importeure den Verbrauchern sämtliche hierzu nötigen Informationen zu erteilen. Hersteller und Importeure haben sich zusätzlich auch noch nach dem Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produktes über alle Tatsachen und Umstände zu informieren, die auf eine möglicherweise verborgene und bisher unbekannte Gefährlichkeit eines Produktes für die Gesundheit oder das Leben von Menschen deuten könnten. Stellt sich also nach Inverkehrbringen des Produktes heraus, dass entgegen den ursprünglichen Erwartungen vom Produkt Gefahren ausgehen, die mit den Anforderungen an sichere Produkte nicht zu vereinbaren sind, und von dem die In-Verkehr-Bringer wissen oder wissen müssen, dass das von ihnen in Verkehr gebrachte Produkt Gefahren für die Verbraucher mit sich bringt, die mit den allgemeinen Sicherheitsanforderungen nicht vereinbar sind, haben sie unverzüglich die zuständigen Behörden zu informieren. Händler trifft darüber hinaus auch die Pflicht, erstens die Hersteller, Importeure und Konsumenten zu verständigen, wenn sie die Gefährlichkeit eines Produktes betreffende Hinweise oder Informationen erhalten haben oder zumutbarer Weise erhalten hätten müssen und zweitens diese Produkte selbst nicht in Verkehr zu bringen. Ganz generell sind die Händler zur Mitarbeit verpflichtet, wenn Maßnahmen zur Vermeidung von Gefährdungen, die von Produkten ausgehen, getroffen werden.28
B. Behördliche Maßnahmen 1. Allgemeines Die Produktsicherheitsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, nationale Behörden für die Aufsicht des Marktes zu schaffen29 und diese mit bestimmten Mindestkompetenzen auszustatten. So muss die Marktaufsichtsbehörde befugt sein, geeignete Maßnahmen zur Kontrolle der Sicherheit von Produkten treffen zu können,30 was auch die Kompetenz zur Sanktionierung bei Zuwiderhandeln gegen getroffene Maßnahmen mit einschließt. Die Umsetzungsmaßnahmen haben auch die effektive Möglichkeit der Mitgliedstaaten vorzusehen, bereits in Verkehr gebrachte Produkte, deren Gefährlichkeit sich nachträglich herausge27 28 29 30
Bei Bestehen eines solchen wird vermutet, die in Verkehr gebrachten Produkte seien sicher im Sinne der Richtlinie. Vgl § 7 Abs 4 PSG 2004. Die mit diesen Agenden beauftragten Behörden sind der Kommission bekannt zu geben. Artikel 6 der Richtlinie zählt beispielshaft Befugnisse der einzurichtenden Behörden auf und nennt etwa die Möglichkeit, das Inverkehrbringen von Produkten gewissen Vorbedingungen unterwerfen zu können, zwecks Sicherheitsprüfung ein Produkt einer Produktreihe entnehmen zu können, die Anbringung von Warnhinweisen verlangen zu können, das Inverkehrbringen während eines benötigten Prüfungszeitraumes vorübergehend verbieten zu können, und dergleichen.
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stellt hat, vom Markt nehmen zu können. Um die Einheit des Binnenmarktes aufrechterhalten zu können, verpflichtet die Richtlinie aber zur einer sofortigen Unterrichtung der Kommission von einer derartigen, die Verkehrsfähigkeit eines Produktes beeinträchtigenden Maßnahme, sofern die Maßnahme nicht nur begrenzte Auswirkungen hat oder lediglich das Gebiet eines Mitgliedstaates betroffen ist. 31 Als Ausgleich zu diesen umfassenden Eingriffsbefugnissen der Marktaufsicht sieht die Richtlinie zum Schutz der Inverkehrbringer von Produkten verpflichtend die Einrichtung eines effektiven Rechtsschutzverfahrens vor. Ordnet die Aufsichtsbehörde Maßnahmen an, die das Inverkehrbringen eines bestimmten Produktes behindern oder gar untersagen, so muss bei den zuständigen Gerichten32 ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden können.
2. Beurteilung der Sicherheit eines Produktes33 Ob ein Produkt sicher oder gefährlich im Sinne der Begriffsbestimmung ist, bestimmt sich entweder nach jenen innerstaatlichen Normen, die eine harmonisierte Europäische Norm umsetzen, oder es werden sonstige innerstaatliche Normen als weitere Beurteilungsgrundlage herangezogen34. Stimmt das Produkt mit den genannten Vorgaben überein, so ist dies als Indiz für seine Sicherheit zu werten.35 Darüber hinaus können die einzelnen Produkte auch noch am Stand der Technik auf dem Gebiet der Gesundheit und Sicherheit36 sowie an den auf diesem Gebiet bestehenden Verhaltenskodices gemessen werden. Abgesehen von den genannten Kriterien ist ein Produkt überdies auch dann sicher, wenn es die Sicherheit bietet, die der Verbraucher billigerweise erwarten darf,37 oder den Empfehlungen des Produktsicherheitsbeirates entspricht. Erfüllt ein Produkt sämtliche einschlägigen Vorgaben der Normen und entspricht es dem Stand der Technik, so kann sich dennoch nach seinem Inverkehrbringen herausstellen, dass es eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen darstellt. Auch in diesem Fall hat die Marktaufsicht ein-
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Derartige Maßnahmen sind überdies nur gemäß den Vorgaben der Artikel 28 bis 30 EGV zulässig. So Art 16 Abs 2 der Richtlinie. Vgl § 5 Abs 3 PSG 2004. § 5 PSG 2004 führt detailliert abgestuft die Verfahren zur Beurteilung der Konformität eines Produktes an. Die Richtlinie 2001/95/EG streicht generell die Wichtigkeit von technischen Normen deutlicher heraus und beschränkt die Übereinstimmung von Produkten mit den genannten Normen nicht mehr auf die bloße Indizwirkung. Entsprechen die Produkte den genannten technischen Normen, wird davon ausgegangen, dass sie sicher sind. Gemäß § 5 Abs. 4 PSG 2004 hindert einen nachgewiesene Konformität bei Hervorkommen dennoch gegebener Gefährlichkeit eines Produktes nicht die Setzung von behördlichen Maßnahmen. Hierzu verweist das PSG 2004 auf § 2 Abs. 8 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl 1994/ 450, idF. BGBl 2001 I/ 159. Was im Einzelfall an Produktsicherheit erwartet werden kann, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage (SZ 65/149; SZ 70/61 jeweils mwN). Zur Konkretisierung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes darf der Richter seine allgemeine Lebenserfahrung einsetzen, dieses Wissen kann aber vom Revisionsgericht überprüft werden (SZ 65/149).
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zugreifen und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Gefährdungen aufzutragen bzw zu verhängen.
C. Marktaufsicht 1. Organe Um den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Organisation der Marktaufsichtsbehörden nachzukommen, lehnt sich das PSG 2004 bei der Umsetzung der Richtlinie im wesentlichen an die bereits bewährten Strukturen des Lebensmittelgesetzes an.38 Wie in diesem haben die Landeshauptmänner die Agenden der Marktaufsicht im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung wahrzunehmen und sich zur tatsächlichen Vollziehung geeigneter und hiefür besonders zu schulender Aufsichtsorgane zu bedienen. Die Landeshauptmänner haben nach Bestimmung der zur Unterstützung herangezogenen Organe diese dem Bundesminister bekanntzugeben, der sie wiederum gemäß den Vorschriften der Richtlinie39 der Kommission zu melden hat.40 Die konkrete Organisation der Marktaufsicht durch die einzelnen Landeshauptmänner erfolgte je nach Bundesland verschieden. Zumeist wurde die Materie je einem Abteilungsleiter des Amtes der Landesregierung zugewiesen, der wiederum nach Bundesland verschieden bereits mit ähnlichen Aufgaben betraut war.
2. Befugnisse der Aufsichtsorgane In Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, eine umfassende und effektive Marktüberwachung zu gewährleisten, sieht das PSG 2004 eine Reihe von behördlichen Befugnissen der Aufsichtsorgane und Verpflichtungen der Mitgliedstaaten vor.41 § 11 PSG 2004 ermächtigt die Aufsichtsorgane überall dort, wo Produkte in Verkehr gebracht werden, Nachschau zu halten, Produktproben zu ziehen42 und diese im Anschluss einer amtlichen Untersuchung43 zuzuführen. Eine auf Verlangen des Betriebsinhabers zu leistende Entschädigung in der Höhe des Einstandspreises der gezogenen Probe entfällt dann, wenn die Untersuchung
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Vgl §§ 35 ff LMG. Art 6 der RL über die allgemeine Produktsicherheit. Diese Stellen sind der Kommission bekannt zu geben, die diese Meldung wiederum an die übrigen Mitgliedstaaten weiterzuleiten hat. Durch die Gewährleistung gegenseitigen Informationsflusses soll ein rasches Reagieren auf Produktsicherheitsnotfälle ermöglicht werden. Immanente Voraussetzung dafür ist ein ständiger Erfahrungsaustausch der einzelnen Mitgliedstaaten untereinander, die jeweils auch ihre entsprechenden Organisationen kennen müssen. Die von den Mitgliedstaaten zu schaffenden Behörden müssen mit der Kompetenz ausgestattet sein, angemessene Sanktionen bei Zuwiderhandeln gegen die Richtlinie zu verhängen (vgl Art 7 der Richtlinie). Bei Gefahr in Verzug besteht dieses Recht zu jeder Zeit, ansonsten zu den üblichen Geschäfts- und Betriebsstunden. Spätestens bei Betreten des Betriebes ist der Betriebsinhaber von der Maßnahme zu verständigen. Die Untersuchung hat bei der vom Bundesminister genannten geeigneten oder einer sonst für die Untersuchung der einschlägige Produktgruppe akkreditierten Prüfstelle zu erfolgen.
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ergibt, dass das Produkt nicht den normierten Sicherheitsanforderungen entspricht. Im Rahmen der Marktaufsicht können die Aufsichtsorgane vorläufige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erlassen, wenn entweder die von einem Produkt ausgehende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen durch ein Gutachten einer akkreditierten in- oder ausländischen Prüfstelle oder eines befugten Ziviltechnikers festgestellt wurde oder ein begründeter Verdacht bezüglich der Gefährlichkeit des Produktes vorliegt44 oder schließlich das in Verkehr bringen eines Produktes offenkundig einer behördlich angeordneten Maßnahme widerspricht, sowie weiters dann, wenn ein Produkt bereits Gegenstand einer Maßnahme in einem Vertragsstaat des EWR war und diese Maßnahme im Rahmen des RAPEX-Verfahrens notifiziert wurde.
Will die Aufsichtsbehörde eine Maßnahme erlassen, die die Verkehrsfähigkeit eines Produktes behindert oder zumindest beschränkt, so hat sie nur das jeweils gelindeste zur effektiven Abwehr der drohenden Gefahr führende Mittel anzuwenden. Die vorläufige Maßnahme gilt als aufgehoben, wenn der zuständige Landeshauptmann nicht binnen eines Monates einen schriftlichen Bescheid hierüber erlässt. Dieser ist dem Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zur Kenntnis zu bringen. Droht der Gesundheit oder dem Leben einer größeren Zahl von Menschen Gefahr, so ist der Inhalt der getroffenen Maßnahmen darüber hinaus in jeweils für den konkreten Einzelfall geeigneten Medien zu veröffentlichen.45 Verhängt die Marktaufsicht eines Mitgliedstaates eine Sofortmaßnahme, die die Vermarktung oder Verwendung eines Produktes oder eines ganzen Produktpostens in seinem Hoheitsgebiet verhindert, einschränkt oder besonderen Bedingungen unterwirft, so ist der Mitgliedstaat nach Art 8 der Richtlinie verpflichtet, die Maßnahmen unverzüglich der Kommission zu notifizieren. Der Informationsfluss zwischen den Mitgliedstaaten wird durch das Informationssystem RAPEX46 gewährleistet. Gemäß den diesbezüglichen Erläuterungen im Anhang II zur Richtlinie47 bezieht sich dieses Informationsverfahren auf solche ernsten Gefahren für die Gesundheit und die Sicherheit von Verbrauchern, die von den betreffenden betreffenden Produkten48 ausgehen. Die Kommission kann, wenn sie von der Gefährlichkeit eines Produktes Kenntnis erlangt, auch selbst nach Anhörung der Mitgliedstaaten diese zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen verpflichten.
Korrespondierend zu den Befugnissen der Aufsichtsorgane besteht eine weit gehende Mitwirkungspflicht der von der behördlichen Maßnahme betroffenen Betriebsinhaber wie auch deren Stellvertreter und Beauftragten. Sie sind 44
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In diesem Fall sind nicht nur die Marktaufsichtsorgane sondern auch die Organe der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung ermächtigt, die erforderlichen Maßnahmen anzuordnen. Werden die verhängten Maßnahmen wieder aufgehoben, so ist dieser Umstand unter Beifügung der Gründe hiefür in den selben Medien ebenso zu kund zu machen. Rapid Exchange of information system; die Europäische Kommission veröffentlich einen wöchentlichen Überblick über die aktuellen RAPEX-Meldungen im Internet unter: http://ec.europa.eu/consumers/dyna/rapex/rapex_en.cfm. „Verfahrensregeln für die Anwendung von RAPEX und Leitlinien für die Meldungen“ Nicht anzuwenden ist das Informationsverfahren auf Lebensmittel und Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 75/319/EWG(1) und 81/851/EWG(2).
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verpflichtet die vorzunehmenden Amtshandlungen zu ermöglichen, alle Orte bekannt zu geben, an denen das betroffene Produkt in Verkehr gebracht wird, den Aufsichtsorganen Zutritt zu diesen Orten zu gewähren, ihnen Einsicht in die einschlägigen Unterlagen zu ermöglichen und die Organe insgesamt durch die Erteilung von Auskünften, Vorlage von Unterlagen und dergleichen, wie auch Hilfestellung bei der Probenziehung umfassend bei deren Aufsichts- und Kontrolltätigkeit zu unterstützen.
3. Auflagen § 11 PSG 2004 zählt die Maßnahmen auf, die der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz im Rahmen der Marktaufsicht zur Vermeidung von Gefährdungen der Sicherheit und der Gesundheit von Verbrauchern zu treffen hat.49 Insbesondere sind an dieser Stelle die folgend Aufgezählten als mögliche behördliche Maßnahmen vorgesehen: • • • • • • • • • •
die Verpflichtung des Inverkehrbringers zur Beigabe oder Verbesserung der Gebrauchsanweisung oder zur Anbringung von Kennzeichnungselementen auf der Verpackung oder dem Produkt selbst; die Verpflichtung, auf dem Produkt in einer Art und Weise vor Gefahren zu warnen und Verhaltenshinweise zu deren Vermeidung zu geben, wie es der Dringlichkeit der Gefahrenabwehr entspricht; die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Warnhinweisen oder anderen dringenden Informationen in einer für die betroffenen Verkehrskreise geeigneten Weise und den dafür geeigneten Medien; Gebote und Verbote betreffend Werbemaßnahmen für Produkte; die Festlegung bestimmter Beschaffenheitsanforderungen50, insbesondere durch die gänzliche oder teilweise Verbindlicherklärung von nationalen oder internationalen Normen; die Verpflichtung zum Nachweis der Erfüllung bestimmter Prüfanforderungen; Verbote oder Beschränkungen des Inverkehrbringens;51 Verbote oder Beschränkungen des Exports;52 die Verpflichtung zur unverzüglichen Rücknahme eines bereits in Verkehr gebrachten Produktes oder Produktpostens und nötigenfalls dessen Vernichtung unter geeigneten Bedingungen; die Verpflichtung zur Durchführung eines unverzüglichen und effizienten Rückrufes eines bereits in Verkehr gebrachten Produktes oder Produktpostens von den Verbrauchern, gegebenenfalls die Veröffentlichung dieses Rückrufes in den für die betroffenen Verkehrskreise geeigneten Medien sowie nötigenfalls die Vernichtung des Produktes oder Produktpostens unter geeigneten Bedingungen..
4. Rechtsmittel § 18 PSG 2004 enthält in Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, zum Schutz der von Maßnahmen der Marktaufsicht betroffenen Inverkehrbringer ein effektives Rechtsschutzverfahren vorzusehen, eine diesbezügliche Be49 50 51 52
Es ist bei der Auswahl der konkret zu verhängenden Maßnahme wie bereits erörtert stets das gelindeste, noch zum Ziel führende Mittel anzuwenden. Etwa der verpflichtende Einbau bestimmter Sicherheitsvorrichtungen. In Betracht kommen etwa die Beschränkung auf einen bestimmten Kundenkreis oder eine, bestimmten Anforderungen genügende Vertriebsart. ZB Beschränkungen hinsichtlich eines speziellen Bestimmungslandes.
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rufungsmöglichkeit. Gegen Bescheide der Marktaufsichtsbehörden können die einzelnen Adressaten des Bescheides Berufung an den örtlich zuständigen UVS erheben. Für Berufungen gegen vorläufige Maßnahmen im Sinne des § 16 und die diese Bescheide abändernde Bescheide des zuständigen Bundesministeriums ist derjenige UVS örtlich zuständig, in dessen Sprengel die dem genannten Bescheid zu Grunde liegende vorläufige Maßnahme gesetzt wurde. Gegen andere behördliche Maßnahmen ist Berufung an den UVS zu erheben, in dessen Sprengel der Geschäftssitz des Bescheidadressaten liegt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Amtsbeschwerde, die zur Gewährleistung der Einheitlichkeit der Entscheidungspraxis sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des betroffenen Bescheidadressaten wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden kann. Ob das PSG 2004 die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften somit hinreichend umsetzt, hängt nicht zuletzt von der Frage ab, ob das gewählte Rechtsschutzsystem den Anforderungen eines wie in der Richtlinie geforderten, gerichtlichen Rechtsschutzes genügt. Auszugehen ist dabei von den vom EuGH zu Art 234 (ex-Art 177) EGV entwickelten Grundsätzen über die zur Vorlage berechtigten Gerichte und dem sich daraus ergebenden, eigenständigen Gerichtsbegriff. Ob demnach ein Gericht im Sinne des Art 234 EGV vorliegt, richtet sich nach den folgenden Kriterien:53 • Unabhängigkeit des entscheidenden Organs • Einrichtung durch Gesetz • Ständiger Charakter (dauerhaft eingerichtet) • Obligatorische Gerichtsbarkeit • Streitiges Verfahren • Entscheidung nach Rechtsnormen Nach einhelliger Auffassung vermag die Organisation der Unabhängigen Verwaltungssenate diesen Kriterien gerecht zu werden,54 so dass diese nach dem Verständnis des Art 234 EGV Gerichte sind. Insgesamt also und ob des Umstandes, dass in der Richtlinie keine speziellen, über jene des Art 234 EGV hinausgehenden Anforderungen an den gerichtlichen Rechtsschutz gestellt werden, ist die in Österreich gewählte Umsetzungsmaßnahme, die UVS mit dem Rechtsschutz zu betrauen, als richtlinienkonform zu beurteilen.
5. Meldepflichten Über die Verpflichtung der hiefür bestellten Aufsichtsorgane der Marktüberwachung hinaus normiert das PSG 2004 eine passive Meldepflicht für Leiter des ärztlichen Dienstes und aufsichtsführende Ärzte von Krankenanstalten. Die Letztgenannten sind verpflichtet, über Anfrage der zuständigen Behörden 53
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Vgl hierzu näher bei Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 129a B-VG, Rz 74ff.; Siehe auch die Darstellung der Entscheidungen zu Art 234 (ex-Art 177) EGV bei den SA des GA Tesauro zu EuGH RS C-54/96, Dorsch Consult, Slg 1997, I-4961, Rz 21ff. Zur Vereinbarkeit der UVS mit den Anforderungen des Art 6 EMRK vgl statt aller Korinek/Holoubek, (FN53), Rz 7ff; vgl EuGH, Rs C-258/97, Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH.
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betreffend Wahrnehmungen über gefährliche Produkte Auskunft zu geben. Weiters haben alle für den Bund tätigen Vollzugsorgane dienstliche Wahrnehmungen über gefährliche Produkte zu melden55. Dementsprechend wurde auch in der Praxis die Organisation der Marktaufsicht so ausgestaltet, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit der beauftragten Organe eher im Bereich der Verhängung von Maßnahmen als der tatsächlichen Marktüberwachung liegt. Eine solche wird bereits durch die Vielzahl der zu Meldungen Verpflichteten sowie die für Produktsicherheitsnotfälle eingerichteten Verständigungssysteme RAPEX56 und CPSC57 hinreichend gewährleistet.
III. Produktsicherheitsbeirat A. Aufgaben Die Aufgabe des Produktsicherheitsbeirates58 liegt in der Beratung des zur Entscheidung in Angelegenheiten der allgemeinen Produktsicherheit berufenen Bundesministers in grundsätzlichen Fragen des Schutzes von Verbrauchern vor gefährlichen Produkten. Darüber hinaus fungiert der Beirat als Forum zum Austausch von Erfahrungen und Kenntnissen zur Erreichung der grundlegenden Ziele des Produktsicherheitsgesetzes. Weitere Aufgaben des Produktsicherheitsbeirates sind die Unterstützung des zuständigen Bundesministers bei der Risikobewertung und Konformitätsbeurteilung von Produkten und die Erarbeitung von Empfehlungen zu Fragen der Produktsicherheit und Unfallverhütung. Zu diesem Zweck sieht § 21 Abs 5 PSG 2004 vor, daß der Produktsicherheitsbeirat im Rahmen der Überwachung des Marktes jeweils vor Erlassung einer in der Form einer Verordnung zu ergehenden behördlichen Maßnahme jedenfalls anzuhören ist.
B. Zusammensetzung Der beim Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz eingerichtete Produktsicherheitsbeirat setzt sich aus insgesamt 18 Mitgliedern zusammen, von denen je 1 Mitglied von den folgenden Organisationen entsandt wird: • Wirtschaftskammern Österreichs; • Bundeskammer der Arbeiter und Angestellten; • Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs; • Österreichischer Gewerkschaftsbund. Zusätzlich zu diesen Mitgliedern sind seit dem PSG 2004 auch die schon früher beigezogenen Experten59 stimmberechtigte Mitglieder des Beirates. 55 56 57 58 59
§ 8 PSG 2004 enthält hierzu nähere Regelungen hinsichtlich Form und Inhalt dieser Meldungen. Vgl FN46. U.S. Consumer Product Safety Commission; http://www.cpsc.gov. Seine Aufgaben wurden mit dem PSG 2004 erheblich ausgebaut. Diese werden von den folgenden Organisationen namhaft gemacht: der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, dem Institut Sicher Leben im Kuratorium für Schutz und Sicherheit, dem Österreichischen Komitee für Unfallverhütung im Kindesalter, dem Seniorenrat, dem Verein für Konsumenteninformation, dem Verein zur Wahrung der Interessen von autorisierten und akkreditierten Versuchsanstalten und Prüfstellen (Austrolab), dem Verbraucherrat am Österreichischen Normungsinstitut, der Ös-
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Der Bundesminister ist Vorsitzender der Sitzungen des Beirates und kann über die ordentlichen Mitglieder hinaus noch zusätzlich Sachverständige und Auskunftspersonen beratend beiziehen. Ordentliche Mitglieder können sich von Experten im unbedingt nötigen Ausmaß begleiten lassen. Der Beirat behandelt die ihm zugewiesenen Aufgaben gemäß einer von ihm selbst beschlossenen und vom Bundesminister genehmigten Geschäftsordnung in nichtöffentlicher Sitzung mit einfacher Mehrheit, wobei nicht mehrheitsfähige Meinungen stets protokollarisch festzuhalten sind.
terreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, dem Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz. Weiters gehört dem Beirat ein gemeinsamer Vertreter der Länder an. Vgl. § 20 Abs.2 PSG 2004.
Andreas Hauer
Lebensmittelrecht Rechtsgrundlagen ...........................................................................................572 Grundlegende Literatur...................................................................................579 I. Grundlagen ................................................................................................579 A. Allgemeines............................................................................................579 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................580 C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ...................................................581 1. Primärrecht ........................................................................................581 2. Sekundärrecht....................................................................................584 II. Der Geltungsbereich des LMSVG..........................................................584 III. Die lebensmittelrechtliche Ordnung.....................................................585 A. Der Lebensmittelbegriff .........................................................................585 B. Allgemeine Verbote im Lebensmittelverkehr .........................................585 1. Das Verbot gesundheitsschädlicher oder ungeeigneter Lebensmittel................................................................585 2. Das Verbot minderwertiger Lebensmittel .........................................585 3. Das Verbot verordnungswidriger Lebensmittel ................................587 4. Das Verbot irreführender Angaben ...................................................587 5. Verbotene krankheitsbezogene Angaben ..........................................588 C. Diätetische Lebensmittel .......................................................................590 D. Behandlung mit ionisierenden Strahlen ................................................591 E. Hygiene im Lebensmittelbereich............................................................591 1. Allgemeines.......................................................................................591 2. Eintragung und Zulassung von Betrieben .........................................592 F. Die lebensmittelrechtliche Verantwortung des Lebensmittelunternehmers.....................................................................593 IV. Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel..................................593 A. Gebrauchsgegenstände..........................................................................593 B. Kosmetische Mittel.................................................................................594 V. Nationales Verordnungsrecht .................................................................595 A. Allgemeines............................................................................................595 B. Im Besonderen Lebensmittelkennzeichnung ..........................................596 VI. Die Vollziehung des unmittelbar anwendbaren EG-Lebensmittelrechts..........................................................................597 VII. Lebensmittelpolizeiliche Aufsicht........................................................599 A. Organisation..........................................................................................599 B. Ausführung ............................................................................................601 1. Planmäßigkeit....................................................................................601 2. Instrumente der Kontrolle und zur unmittelbaren Gefahrenabwehr..601 3. Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung im Besonderen..............603
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4. Rückstandskontrollen von Lebensmitteln tierischer Herkunft im Besonderen....................................................................................... 603 VIII. Zwischenstaatlicher Lebensmittelverkehr........................................ 604 A. Innergemeinschaftlicher Lebensmittelverkehr ...................................... 604 B. Lebensmittelverkehr mit Drittstaaten.................................................... 604 1. Einfuhr .............................................................................................. 604 2. Ausfuhr ............................................................................................. 604 IX. Lebensmitteluntersuchungsanstalten und Lebensmittelgutachter... 605 A. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit........................... 605 B. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH............ 605 C. Untersuchungsanstalten der Länder..................................................... 606 D. Private Lebensmittelgutachter.............................................................. 606 X. Das österreichische Lebensmittelbuch................................................... 606 XI. Lebensmittelstrafrecht .......................................................................... 607 A. Justizstrafrecht ...................................................................................... 607 B. Verwaltungsstrafrecht ........................................................................... 608 XII. Zusammenhänge................................................................................... 609 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht VO: Verordnung (EWG) Nr 1898/87 über den Schutz der Bezeichnung der Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung, Abl L 182/36; Verordnung (EWG) Nr 1576/89 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen, Abl L 160/1; Verordnung (EWG) Nr 1014/90 mit Durchführungsbestimmungen für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen, Abl L 105/9; Verordnung (EWG) Nr 2377/90 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs, Abl L 224/1; Verordnung (EWG) Nr 1601/91 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung aromatisierter weinhaltiger Getränke und aromatisierter weinhaltiger Cocktails, Abl L 149/1; Verordnung (EWG) Nr 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel, Abl L 198/1; Verordnung (EWG) Nr 2568/91 über die Merkmale von Olivenölen sowie die Verfahren zu ihrer Bestimmung, Abl L 248/1; Verordnung (EWG) Nr 315/93 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln, Abl L 37/1; Verordnung (EG) Nr 122/94 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr 1601/91 hinsichtlich der Definition, Bezeichnung und Aufmachung von aromatisiertem Wein sowie aromatisierten weinhältigen Getränken und Cocktails, Abl L 21/7; Verordnung (EG) Nr 2991/94 mit Normen für Streichfette, Abl L 316/2; Verordnung (EG) Nr 2232/96 zur Festlegung eines Gemeinschaftsverfahrens für Aromastoffe, die in oder auf Lebensmitteln verwendet werden oder verwendet werden sollen, Abl L 299/1; Verordnung (EG) Nr 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten, Abl L 43/1; Verordnung (EG) Nr 2597/97 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse hinsichtlich Konsummilch, Abl L 351/13; Verordnung (EG) Nr 1760/2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen, Abl L 204/1; Verordnung (EG) Nr 1825/2000 mit Durchführungsvor-
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schriften zur Verordnung (EG) Nr 1760/2000 hinsichtlich der Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen, Abl L 216/8; Verordnung (EG) Nr 466/2001 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln, Abl L 77/1; Verordnung (EG) Nr 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, Abl L 31/1; Verordnung (EG) Nr 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel, Abl L 268/1; Verordnung (EG) Nr 1830/2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln, Abl L 268/24; Verordnung (EG) Nr 2065/2003 über Raucharomen zur tatsächlichen oder beabsichtigten Verwendung in oder auf Lebensmitteln, Abl L 309/1; Verordnung (EG) Nr 608/2004 über die Etikettierung von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten mit Phytosterin-, Phytosterinester-, Phytostanol- und/oder Phytostanolesterzusatz, Abl L 97/44; Verordnung (EG) Nr 852/2004 über Lebensmittelhygiene, Abl L 139/1; Verordnung (EG) Nr 853/2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs, Abl L 139/55; Verordnung (EG) Nr 854/2004 mit spezifischen Vorschriften für die amtliche Überwachung von zu menschlichem Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs, Abl L 139/206; Verordnung (EG) Nr 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebens- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz, Abl L 165/1; Verordnung (EG) Nr 1935/2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, Abl L 338/4; Verordnung (EG) Nr 37/2005 zur Überwachung der Temperaturen von tief gefrorenen Lebensmitteln in Beförderungsmitteln sowie Einlagerungs- und Lagereinrichtungen, Abl L 10/18; Verordnung (EG) Nr 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs, Abl L 70/1; Verordnung (EG) Nr 1895/2005 über die Beschränkung der Verwendung bestimmter Epoxyderivate in Materialien und Gegenständen, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, Abl L 302/28; Verordnung (EG) Nr 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel, Abl L 338/1; Verordnung (EG) Nr 509/2006 über die garantiert traditionellen Spezialitäten bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln, Abl L 93/1; Verordnung (EG) Nr 510/2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, Abl L 93/12; Verordnung (EG) Nr 627/2006 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr 2065/2003 hinsichtlich der Qualitätskriterien für validierte Analyseverfahren zur Probenahme, Identifizierung und Charakterisierung primärer Räucherprodukte, Abl L 109/3. RL: Richtlinie zur Festsetzung des Höchstgehalts an Erukasäure in Speiseölen und fetten sowie in Lebensmittel mit Öl- und Fettzusätzen 76/621/EWG, Abl L 202/35; Richtlinie über kosmetische Mittel 76/768/EWG, Abl L 262/169; Richtlinie über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in Obst und Gemüse 76/895/EWG, Abl L 340/26 [siehe zum zeitlichen Geltungsbereich Art 48 Abs 1 VO Nr 396/2005]; Richtlinie über Vinylchlorid-Monomer enthaltende Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 78/142/EWG, Abl L 44/15; Richtlinie zur Festlegung spezifischer Reinheitskriterien für Emulgatoren, Stabilisatoren, Verdickungs- und Geliermittel, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen 78/663/EWG, Abl L 223/7; Erste Richtlinie zur Festlegung gemeinschaftlicher Analysemethoden für die Kontrolle von zur menschlichen Ernährung bestimmten Zuckerarten 79/796/EWG, Abl L 239/24; Erste Richtlinie zur Festsetzung gemeinschaftlicher Analysemethoden zur Prüfung bestimm-
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ter Sorten eingedickter Milch und Trockenmilch für die menschliche Ernährung 79/1067/EWG, Abl L 327/29; Richtlinie zur Festlegung gemeinschaftlicher Analysemethoden für die amtliche Prüfung des Gehalts an Vinylchlorid-Monomer in Materialien und Gegenständen, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 80/766/EWG, Abl L 213/42, Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern 80/777/EWG, Abl L 229/1; Richtlinie über die gemeinschaftliche Analysemethode zur Bestimmung des Erukasäuregehalts in Speiseölen und -fetten sowie in Lebensmitteln mit Öl- und Fettzusätzen 80/891/EWG, Abl L 254/35; Erste bis siebente Richtlinie über Analysemethoden zur Kontrolle der Zusammensetzung der kosmetischen Mittel 80/1335/EWG, Abl L 383/27; 82/434/EWG, Abl L 185/1; 83/514/EWG, Abl L 291/9; 85/490/EWG, Abl L 295/30; 93/73/EWG, Abl L 231/34; 95/32/EG, Abl L 178/20; 96/45/EG, Abl L 213/8; Richtlinie zur Festlegung der gemeinschaftlichen Analysemethode für die amtliche Prüfung auf Vinylchlorid, das von Bedarfsgegenständen in Lebensmittel übergegangen ist 81/432/EWG, Abl L 167/6; Erste Richtlinie zur Festlegung gemeinschaftlicher Analysemethoden für die Überwachung der Einheitskriterien bestimmter Lebensmittelzusatzstoffe 81/712/EWG, Abl L 257/1; Richtlinie über die Grundregeln für die Ermittlung der Migration aus Materialien und Gegenständen aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 82/711/EWG, Abl L 297/26; Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über bestimmte Milcherzeugnisse (Kaseine und Kaseinate) für die menschliche Ernährung 83/417/EWG, Abl L 237/25; Richtlinie über Keramikgegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 84/500/EWG, Abl L 277/12; Erste Richtlinie zur Festlegung der Gemeinschaftsmethoden für die Analysen von Nährkaseinen und Nährkaseinaten 85/503/EWG, Abl L 308/12; Richtlinie über die Liste der Simulanzlösemittel für die Migrationsuntersuchungen von Materialien und Gegenständen aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 85/572/EWG, Abl L 372/14; Richtlinie über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in Getreide 86/362/EWG, Abl L 221/37 [siehe zum zeitlichen Geltungsbereich Art 48 Abs 1 VO Nr 396/2005]; Richtlinie über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in Lebensmitteln tierischen Ursprungs 86/363/EWG, Abl L 221/43 [siehe zum zeitlichen Geltungsbereich Art 48 Abs 1 VO Nr 396/2005]; Erste Richtlinie zur Festlegung der Gemeinschaftsmethoden für die Probenahme von Kaseinen und Kaseinaten 86/424/EWG, Abl L 243/29; Richtlinie betreffend die Angabe des Alkoholgehalts als Volumenkonzentration in der Etikettierung von alkoholhaltigen, für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln 87/250/EWG, Abl L 113/57; Erste Richtlinie zur Festlegung der Gemeinschaftsmethoden für die Probenahme von Dauermilcherzeugnissen 87/524/EWG, Abl L 306/24; Richtlinie über Extraktionslösungsmittel, die bei der Herstellung von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten verwendet werden 88/344/EWG, Abl L 157/28; Richtlinie über Aromen zur Verwendung in Lebensmitteln und über Ausgangsstoffe für ihre Herstellung 88/388/EWG, Abl L 184/61; Richtlinie über Zusatzstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen 89/107/EWG, Abl L 40/27; Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften über tiefgefrorene Lebensmittel 89/108/EWG, Abl L 40/34; Richtlinie über Angaben oder Marken, mit denen sich das Los, zu dem ein Lebensmittel gehört, feststellen läßt 89/396/EWG, Abl L 186/21; Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, 89/398/EWG, Abl L 186/27; Richtlinie über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln 90/496/EWG, Abl L 276/40; Richtlinie über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in bestimmten Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs, einschließlich Obst und Gemüse, 90/642/EWG, Abl L
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350/71 [siehe zum zeitlichen Geltungsbereich Art 48 Abs 1 VO Nr 396/2005]; Richtlinie über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung 91/321/EWG, Abl L 175/35; Richtlinie zur Festlegung des Probenahmeverfahrens und des gemeinschaftlichen Analyseverfahrens für die amtliche Kontrolle der Temperaturen von tiefgefrorenen Lebensmitteln 92/2/EWG, Abl L 34/30; Richtlinie über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung zur Ausfuhr in Drittländer 92/52/EWG, Abl L 179/129; Richtlinie über die Unterstützung der Kommission und die Mitwirkung der Mitgliedsstaaten bei der wissenschaftlichen Prüfung von Lebensmittelfragen, 93/5/EWG, Abl L 52/18; Richtlinie über Materialien und Gegenstände aus Zellglasfolien, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 93/10/EWG, Abl L 93/27; Richtlinie über die Freisetzung von N-Nitrosaminen und N-nitrosierbaren Stoffen aus Flaschen und Beruhigungssaugern aus Elastomeren oder Gummi 93/11/EWG, Abl L 93/37; Richtlinie über die Herstellung von Nektar ohne Zusatz von Zuckerarten oder Honig 93/45/EWG, Abl L 159/133; Richtlinie über Süßungsmittel, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen 94/35/EWG, Abl L 237/3; Richtlinie über Farbstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen, 94/36/EG, Abl L 237/13; Richtlinie über Angaben, die zusätzlich zu den in der Richtlinie 79/112/EWG aufgeführten Angaben auf dem Etikett bestimmter Lebensmittel vorgeschrieben sind 94/54/EG, Abl L 300/14; Richtlinie über andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel 95/2/EWG, Abl L 61/1; Richtlinie mit Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 76/768/EWG betreffend die Nichteintragung eines oder mehrerer Bestandteile in die für die Etikettierung kosmetischer Mittel vorgesehene Liste 95/17/EG, Abl L 140/26; Richtlinie zur Festlegung spezifischer Reinheitskritierien für Süßungsmittel, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen, 95/31/EWG, Abl L 178/1; Richtlinie zur Festlegung spezifischer Reinheitskriterien für Lebensmittelfarbstoffe 95/45/EG, Abl L 226/1; Richtlinie über Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder 96/5/EG, Abl L 49/17; Richtlinie über Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung 96/8/EG, Abl L 55/22; Richtlinie über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw thyreostatischer Wirkung und von ß-Agonisten in der tierischen Erzeugung 96/22/EG, Abl L 125/3; Richtlinie über Kontrollmaßnahmen hinsichtlich bestimmter Stoffe und ihrer Rückstände in lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen 96/23/EG, Abl L 125/10; Richtlinie zur Festlegung spezifischer Reinheitskriterien für andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel 96/77/EG, Abl L 339/1; Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch 98/83/EG, Abl L 330/32; Richtlinie über mit ionisierenden Strahlen behandelte Lebensmittel und Lebensmittelbestandteile 1999/2/EG, Abl L 66/24; Richtlinie über die Festlegung einer Gemeinschaftsliste von mit ionisierenden Strahlen behandelten Lebensmitteln und Lebensmittelbestandteilen 1999/3/EG, Abl L 66/24; Richtlinie über Kaffee- und Zichorien-Extrakte 1999/4/EG, Abl L 66/26; Richtlinie über die Ausnahme von Art 7 der Richtlinie 79/112/EWG hinsichtlich der Etikettierung von Lebensmitteln 1999/10/EG, Abl L 69/22; Richtlinie über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke 1999/21/EG, Abl L 91/29; Richtlinie 2000/13/EG über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, Abl L 109/29; Richtlinie über Kakao- und Schokoladeerzeugnisse für die menschliche Ernährung 2000/36/EG, Abl L 197/19; Richtlinie über Stoffe, die Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, zu besonderen Ernährungszwecken zugefügt werden dürfen 2001/15/EG, Abl L 52/19; Richtlinie über Honig 2001/110/EG, Abl L 10/47; Richtlinie über bestimmte Zuckerarten für die menschliche Ernährung 2001/111/EG, Abl L 10/53; Richtlinie über Fruchtsäfte und bestimmte gleichartige Erzeugnisse für die menschliche Ernährung 2001/112/EG, Abl L 10/58; Richtlinie über Konfitüren, Gelees, Marmeladen und Makronencrem für die menschliche Ernährung 2001/113/EG, Abl L 10/67; Richtlinie über bestimmte Sorten eingedickter Milch und Trockenmilch für die menschliche
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Ernährung 2001/114/EG Abl L 15/19; Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel 2002/46/EG, Abl L 183/51; Richtlinie über die Etikettierung von chininhaltigen und von koffeinhaltigen Lebensmitteln 2002/67/EG, Abl L 191/20; Richtlinie über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 2002/72/EG, Abl L 220/18; Richtlinie zur Festlegung von tierseuchenrechtlichen Vorschriften für das Herstellen, die Verarbeitung, den Vertrieb und die Einfuhr von Lebensmitteln tierischen Ursprungs 2002/99/EG, Abl L 18/11; Richtlinie zur Festlegung des Verzeichnisses, der Grenzwerte und der Kennzeichnung der Bestandteile natürlicher Mineralwässer und der Bedingungen für die Behandlung natürlicher Mineralwässer und Quellwässer mit ozonangereicherter Luft 2003/40/EG, Abl L 126/34; Richtlinie über die Inspektion und Überprüfung der Guten Laborpraxis (GLP) 2004/9/EG, Abl L 50/28. Nationales Recht BG: Bundesgesetz über Sicherheitsanforderungen und weitere Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher (Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz LMSVG) BGBl 2006 I/13, BGBl 2005 I/151, BGBl 2006 II/95; Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz (BGBl 1963/112 idF BGBl 1990/288 und 1999 I/115); Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz - GESG), BGBl 2002 I/63, 2003 I/78, 2004 I/83, 2005 I/87, 2005 I/107 und BGBl 2005 I/153; Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP-Durchführungsgesetz), BGBl 1991/82 idF BGBl 2002 I/95. „Verordnungen“, die gemäß § 96 Z 1 und Z 2 sowie § 97 LMSVG weiter „als Bundesgesetze“ in Kraft stehen: Verordnung über den Verkehr mit Essigsäure zu Genußzwecken (BGBl 1959/148 idF BGBl 1975/86 und 2006 I/13 (BG); Verordnung über Herstellung, Verkauf, Zurichtung und Verwendung von Geschirren und Geräten, die mit Lebensmitteln unmittelbar in Berührung kommen, über Kinderspielzeug bestimmter Art sowie über bestimmte Arten der Aufbewahrung und Verpackung von Lebensmitteln Geschirrverordnung (BGBl 1960/258 idF BGBl 1993/893, 1994/775, 1994/823, 2003 I/476 und 2006 I/13); Verordnung über das Verbot bzw die Verwendungsbeschränkung bestimmter nickelhältiger Gebrauchsgegenstände - Nickelverordnung (BGBl 2000 II/204 idF BGBl 2002 II/87 und 2005 II/297). Durchführungsverordnungen zum LMG 1975, die gemäß § 98 Abs 1 LMSVG als Verordnungen aufgrund des LMSVG weitergelten: Verordnung über gasförmige Füllstoffe für Spielzeugluftballons (BGBl 1978/22); Verordnung über die Ausbildung von Aufsichtsorganen (BGBl 1983/397); Verordnung über den Höchstgehalt von Mykotoxinen bei Lebensmitteln (BGBl 1986/251); Verordnung über Arzneimittelrückstände in Lebensmitteln (BGBl 1988/542); Verordnung über die tarifmäßige Festlegung der Gebühren für die von den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung vorzunehmenden Untersuchungen und Begutachtungen - Gebührentarifverordnung (BGBl 1989/189 idF BGBl 1992/409, 1994/477, 1997 II/332, 2001 II/43 und 2006 II/13); Verordnung über die Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln (Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMKV) BGBl 1993/72, idF BGBl 1993/557, 1995/555, 1999 II/462, 2002 II/371, 2003 II/222, 2005 II/103 (VFB), 2005 II/111, 2005 II/408; Verordnung über Margarineerzeugnisse und Mischfetterzeugnisse
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(BGBl 1993/378); Verordnung über das Verbot der Verwendung von Stoffen bei Vorratsschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln (BGBl 1993/652 idF BGBl 1994/343, 1995/669 und 2000 I/105 [BG]); Verordnung über Gebrauchsgegenstände aus Keramik und Gebrauchsgegenstände mit einem Überzug aus Email - Keramik-Verordnung (BGBl 1993/893); Verordnung über Hygienevorschriften für die Herstellung und Vermarktung von Rohmilch, wärmebehandelter Milch und Erzeugnissen auf Milchbasis Milchhygieneverordnung (BGBl 1993/897 idF BGBl 1998 II/40 und § 95 Abs 8 LMSVG); Verordnung über Gebrauchsgegenstände aus Zellglasfolie - ZellglasfolienVerordnung (BGBl 1994/128 idF BGBl 2005 II/298); Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel (BGBl 1994/201); Verordnung über Analysemethoden für die Überwachung der Reinheitskriterien bestimmter Zusatzstoffe - Zusatzstoff-Analysenverordnung (BGBl 1994/466); Verordnung zur Festsetzung des Höchstgehaltes an Erucasäure Erucasäureverordnung (BGBl 1994/468); Verordnung über die Kennzeichnung von Zusatzstoffen für Lebensmittel und Verzehrprodukte - Zusatzstoffkennzeichnungsverordnung (BGBl 1994/476); Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug - Spielzeugverordnung (BGBl 1994/823 idF BGBl 2003 II/245); Verordnung über Analysenmethoden zur Kontrolle der Zusammensetzung der kosmetischen Mittel - Kosmetik-Analysenverordnung (BGBl 1995/95 idF BGBl 1996/546 und 1997 II/383); Verordnung über die Freisetzung von N-Nitrosaminen und N-nitrosierbaren Stoffen aus Flaschen und Beruhigungssaugern aus Elastomeren oder Gummi (BGBl 1995/104); Verordnung über die Qualitätsanforderungen an Oberflächenwasser für die Trinkwassergewinnung - Oberflächen-Trinkwasserverordnung (BGBl 1995/359); Verordnung über Farbstoffe, die in kosmetischen Mitteln sein dürfen - Kosmetik-Farbstoffverordnung (BGBl 1995/416 idF BGBl 2005 II/360); Verordnung über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (BGBl 1995/531 idF BGBl 1997 II/292); Verordnung über die Verwendung von Extraktionslösungsmitteln bei der Herstellung von Lebensmitteln und Verzehrprodukten Extraktionslösungsmittelverordnung (BGBl 1995/642 idF BGBl 1998 II/465); Verordnung über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln - NWKV, BGBl 1995/896 idF BGBl II 2004/435, II 2005/103 (DFB); Verordnung über Kontrollmaßnahmen betreffend kosmetische Mittel (BGBl 1996/168 idF BGBl 2005 II/92); Verordnung über die Nichteintragung eines oder mehrerer Bestandteile in die für die Kennzeichnung kosmetischer Mittel vorgesehene Liste (BGBl 1996/359); Verordnung über Eiprodukte Eiprodukteverordnung (BGBl 1996/527 idF § 95 Abs 8 LMSVG); Verordnung über den Zusatz von Farbstoffen zu Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln - Farbstoffverordnung (BGBl 1996/541 idF BGBl 2000 II/222, 2002 II/465 und 2005 II/211); Verordnung über den Zusatz von Süßungsmitteln zu Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln - Süßungsmittelverordnung (BGBl 1996/547 idF BGBl 1996/680, 1998 II/257, 1999 II/21, 2002 II/42 und 2005 II/212); Verordnung über Nährkaseine und Nährkaseinate (BGBl 1996/548); Verordnung über die Überwachung und Kontrolle von tiefgefrorenen Lebensmitteln (BGBl 1996/581); Verordnung über die Bestimmung des Alkoholgehaltes bei - der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung unterliegenden Getränken - Alkoholangabenverordnung (BGBl II 1997/136); Verordnung über die Vorbildung von Lebensmittelgutachtern - Lebensmittelgutachterverordnung (BGBl 1997 II/161); Verordnung über Aromen und deren Ausgangsstoffe - Aromenverordnung (BGBl 1998 II/42); Verordnung über Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung (BGBl 1998 II/112); Verordnung über Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder - Beikostverordnung (BGBl 1998 II/133 idF 1999 II/200); Verordnung über das Verbot der Verwendung von Weichmachern bei bestimmtem Spielzeug aus Kunststoff für Kinder unter 36 Monaten (BGBl 1998 II/255); Verordnung über andere Zusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel - ZuV (BGBl 1998 II/383 idF BGBl 2000 II/132, 2000 II/315, 2001 II/193, 2003 II/14, 2004 II/265, 2005 II/364); Verordnung über natürliche Mineralwässer und Quellwässer - Mineral-
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wasser- und Quellwasserverordnung (BGBl 1999 II/309 idF BGBl 2004 II/500); Verordnung über kosmetische Mittel - Kosmetikverordnung (BGBl 1999 II/375 idF BGBl 2000 II/285, 2003 II/338, 2005 II/68 und 2006 II/53); Verordnung über Kaffee- und Zichorienextrakte (BGBl II 2000/391); Verordnung über das Verbot der Verwendung von Weichmachern bei bestimmten Babyartikeln aus Weich-PVC für Kinder unter 36 Monaten (BGBl 2000 II/111); Verordnung über die Behandlung von Lebensmitteln und Verzehrprodukten mit ionisierenden Strahlen (BGBl 2000 II/327); Verordnung über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, BGBl 2000 II/416; Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung - TWV), BGBl 2001 II/304 idF BGBl 2006 II/254; Verordnung über Höchstwerte von Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln in oder auf Lebensmitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs - Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung - SchäHöV (BGBl 2002 II/441 idF BGBl 2003 II/552, 2004 II/434, 2005 II/166 und BGBl 2006 II/130); Verordnung zur Festlegung von Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die amtliche Kontrolle bestimmter Waren auf Einhaltung der Höchstgehalte für Kontaminanten (Kontaminanten-Analyseverordnung), BGBl 2003 II/422 idF BGBl 2004 II/433; Verordnung über Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff, die für die Verwendung bei Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln bestimmt sind (Kunststoffverordnung 2003) BGBl 2003 II/476 idF BGBl 2005 II/242; Verordnung über bestimmte Zuckerarten - Zuckerverordnung, BGBl 2003 II/472; Verordnung über Kakao- und Schokoladeerzeugnisse - Schokoladeverordnung, BGBl 2003 II/628; Verordnung über Honig - Honigverordnung, BGBl 2004 II/40; Verordnung über bestimmte Sorten eingedickter Milch und Trockenmilch, BGBl 2004 II/45; Verordnung über Fruchtsäfte und einige gleichartige Erzeugnisse - Fruchtsaftverordnung, BGBl 2004 II/83; Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (Nahrungsergänzungsmittelverordnung - NEMV) BGBl 2004 II/88; Verordnung über das Verbot der Verwendung bestimmter Azofarbstoffe bei Gebrauchsgegenständen (Azofarbstoffverordnung 2004), BGBl 2004 II/320 idF BGBl 2006 II/52; Verordnung über die innerstaatliche Durchführung der Verordnungen (EG) Nr 1830/2003 und Nr 608/2004, BGBl 2004 II/373; Verordnung über Konfitüre, Gelees, Marmeladen und Maronencremen - Konfitürenverordnung 2004, BGBl 2004 II/367; Verordnung über die Kennzeichnung von Materialien und Gegenständen, die für die Verwendung bei Lebensmitteln bestimmt sind, BGBl 2005 II/262. Durchführungsverordnungen bereits unmittelbar zum LMSVG: Verordnung über die Anpassung bestimmter Lebensmittelhygienevorschriften (Lebensmittelhygiene-Anpassungsverordnung), BGBl 2006 II/91; Verordnung über Lebensmittelhygieneanforderungen an Einzelhandelsunternehmen (Lebensmittel-Einzelhandelsverordnung), BGBl 2006 II/92; Eintragungs- und Zulassungsverordnung, BGBl 2006 II/93; Verordnung über Rohmilch und Rohrahm (Rohmilchverordnung), BGBl 2006 II/106; Verordnung über die Direktvermarktung von Lebensmitteln (Lebensmittel-Direktvermarktungsverordnung), BGBl 2006 II/108; Verordnung über die Schlachttier- und Fleischuntersuchung sowie die Untersuchung von Fischereierzeugnissen (Fleischuntersuchungsverordnung 2006 - FlUVO), BGBl 2006 II/109; Verordnung über Kontrollmaßnahmen betreffend bestimmte Stoffe und deren Rückstände in lebenden Tieren und Lebensmitteln tierischer Herkunft (Rückstandskontrollverordnung 2006), BGBl 2006 II/110; Verordnung über Stoffe, die diätetischen Lebensmitteln zu besonderen Ernährungszwecken zugefügt werden dürfen und über allgemeine Kennzeichnungsvorschriften für diätetische Lebensmittel (Diät-Rahmenverordnung), BGBl 2006 II/162; Verordnung über den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH zur Übernahme von amtlichen Proben, BGBl 2006 II/209; (teilweise:) Verordnung über die veterinärbehördliche Grenzkontrolle und über
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das innergemeinschaftliche Verbringen von Tieren, Waren und Gegenständen (Veterinärbehördliche Einfuhr- und Binnenmarktverordnung 2001; EBVO 2001), BGBl 2001 II/355, BGBl 2004 II/266 und 2006 II/129.
Grundlegende Literatur: Fessler, LMSVG. Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz. Textausgabe (2006); C. Hauer, Österreichisches Lebensmittelrecht und die Europäische Union (1997); Kobelt/Sanwidi, Das neue Lebensmittelhygiene-Recht. Kommentar zur VO (EG) Nr. 852/2004 und zur VO (EG) Nr. 853/2004 (2005); Nentwich, Das Lebensmittelrecht der Europäischen Union. Entstehung, Rechtsprechung, Sekundärrecht, nationale Handlungsspielräume (1994); Prichenfried, Lebensmittelrecht, in Norer (Hrsg), Handbuch des Agrarrechts (2005) 171ff; Prichenfried, Qualitätsvorschriften, in Norer (Hrsg), Handbuch des Agrarrechts (2005) 185ff; Schroeder/Kraus, Europäisches und Österreichisches Lebensmittelrecht. Textsammlung samt Einleitung und Synopse (2006); Schroeder/Kraus, Grundprinzipien des neuen Lebensmittelrechts. Das Zusammenspiel von EU-BasisVO und neuem LMSVG, wbl 2006, 245ff; Leidwein, Europäisches Agrarrecht² (2004) 377ff; Stadlmeier, Le Gourmet Europeén? Oder: De gustibus non est disputandum. Zur Lebens- und Genussmitteljudikatur des EuGH, in Köck/Lengauer/Ress (Hrsg), Europarecht im Zeitalter der Globalisierung. FS Fischer (2004) 529ff. Siehe im Übrigen die Literaturhinweise zum „alten“ Lebensmittelrecht bei A. Hauer, Lebensmittelrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht II (2002) 139f.
I. Grundlagen1 A. Allgemeines Das geltende Lebensmittelrecht ist ein unübersichtliches Gemenge aus nationalem österreichischem Recht und unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht. Im Zentrum des österreichischen Lebensmittelrechts steht das erst jüngst erlassene Lebensmittelsicherheitsund Verbraucherschutzgesetz (LMSVG)2, welches das LebensmittelG 1975 abgelöst hat3. Wie dieses regelt auch das LMSVG neben Lebensmitteln des weiteren kosmetische Mittel sowie Gebrauchsgegenstände. Es verfolgt in der Hauptsache zwei Ziele, nämlich den Schutz der Gesundheit der Verbraucher sowie den Schutz der Verbraucher vor Täuschung4. Wie bereits das LMG 1975 lässt sich auch das LMSVG in beträchtlichen Teilen als „Rahmengesetz“ charakterisieren, das die Verwaltung ermächtigt, „in seinem Rahmen“ ein detailliertes lebensmittelrechtliches Regelungsregime auf Verordnungsebene zu etablieren. In diesem Sinn ist das österreichische Lebensmittelrecht auch durch eine nur schwer überschaubare Vielzahl von 1
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Stand: 1. August 2006. Für wertvolle fachliche Unterstützung habe ich Frau Dr. Elisabeth Würthinger, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre der Johannes Kepler Universität Linz, zu danken. BGBl 2006 I/13, bereits vor seiner Kundmachung erstmals novelliert durch BGBl 2005 I/151, und weiters idF BGBl 2006 II/95. Siehe zum LMG 1975 die Darstellung in der ersten Auflage dieses Handbuches mit weiteren Nachweisen der Literatur und der Rechtsprechung. So explizit § 2 Abs 1 LMSVG.
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Durchführungsverordnungen charakterisiert5, die in fortwährender Bewegung ist, sodass jeder Versuch einer detaillierten Darstellung alsbald zu einer Momentaufnahme von bloß noch historischem Interesse mutieren muss. Die wesentliche legistische Verschlechterung des geltenden Lebensmittelrechtes - verglichen mit dem LMG 1975 - liegt aber im unübersichtlichen „Zusammenspiel“ mit der zunehmenden Zahl unmittelbar anwendbarer lebensmittelrechtlicher EG-Verordnungen: Das LMSVG ist in diesem Sinne nur noch in beschränktem Maße als systematisch aufgebautes, aus sich heraus verständliches Regelungswerk zu bezeichnen; beträchtliche Teile des Gesetzes sind vielmehr eher als - für sich allein genommen völlig unverständliches - Flickwerk zur Ergänzung von Gemeinschaftsrecht zu qualifizieren, dessen Sinngehalt sich erst aus der umständlichen Zusammenschau von sperrigen österreichischen Gesetzestexten mit noch sperrigeren EG-Vorschriften erschließt. Hauptsäulen des geltenden Lebensmittelrechtes sind (nach wie vor): • die Verbote gesundheitsschädlicher Lebensmittel, Gebrauchsstoffe und kosmetischer Mittel, • das Irreführungsverbot, • das - allerdings auf die gemeinschaftsrechtliche Ebene gehobene - Hygienegebot, • die planmäßige und strenge behördliche Aufsicht über die Lebensmittelwirtschaft durch besonders geschulte Organe und • die fachkundige Untersuchung durch staatliche Untersuchungsanstalten sowie • ein effektives Lebensmittelstrafrecht.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung Das materielle Lebensmittelrecht des LMSVG stützt sich in der Hauptsache auf die Kompetenztatbestände des „Gesundheitswesens“ und des „Ernährungswesens einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle“ in Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG. In diesem Sinne hat der VfGH bereits in VfSlg 3324/1958 die „Lebensmittelüberwachung“ pauschal und ohne nähere Begründung als „Zweig der Gesundheitspolizei“ bezeichnet. Mit seinem Erkenntnis vom 2. Juli 19686 hat er den Rechtssatz geprägt, daß „unter Ernährungswesen einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle (Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG) ... nicht nur Maßnahmen zur Überwachung der Nahrungsmittel vom sanitären Standpunkt, sondern auch Maßnahmen, die unmittelbar die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zum Inhalt haben“, fallen7. In seinem Erkenntnis vom 26.
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Vgl die einleitende Auflistung. VfSlg 5748/1968 = BGBl 1968/273. In dieser Entscheidung hat er übrigens auch darauf hingewiesen, daß der „volkswirtschaftlich gewiss vorhandene Zusammenhang“ zwischen Produktion und Konsumation „nicht zu der Annahme verführen [dürfe], daß die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte und die Tierhaltung deshalb, weil sie auch für die Ernährung von Bedeutung sind, unter `Ernährungswesen´ und damit in die Bundeskompetenz fallen könnten. Eine derart umfassende, die gesamte Agrarwirtschaft einschließende Bedeutung kommt dem Begriff `Ernährungswesen´ nicht zu. Ihm können vielmehr Angelegenheiten, die nur mittelbar die Ernährung betreffen, nicht unterstellt werden.“
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März 19778 hat er schließlich einen weiteren Rechtssatz aufgestellt, wonach „gesetzliche Regelungen, die verhindern sollen, daß Lebensmittel anläßlich der Beförderung mit Kraftfahrzeugen verderben, ... eine Angelegenheit des Gesundheitswesens nach Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG“ seien. Zuletzt vertrat der VfGH die Auffassung, daß die kompetenzrechtliche Basis des LMG 1975 nicht nur im Tatbestand des „Ernährungswesens einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle“ zu finden sei, sondern auch jene des „Gesundheitswesens und des Veterinärwesens in Betracht zu ziehen“ seien, weil das LMG 1975 nicht nur Lebensmittel, sondern auch Verzehrprodukte, Zusatzstoffe, kosmetische Mittel und Gebrauchsgegenstände regle9. Auf eine präzisere Abgrenzung des Kompetenztatbestandes des „Gesundheitswesens“ von jenem des „Ernährungswesens“ hat sich der VfGH angesichts des Umstandes, daß beide Kompetenztatbestände in die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes fallen, nicht eingelassen. Weder das „Gesundheitswesen“ noch das „Ernährungswesen“ dürfen nach Art 102 Abs 2 B-VG ohne weiters in unmittelbarer Bundesverwaltung geführt werden (vgl VfSlg 8466/1978).
C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 1. Primärrecht Die gemeinschaftsrechtliche Garantie des freien Warenverkehrs umfasst auch den freien Verkehr mit Lebensmitteln im Binnenmarkt. Nationale Regelungen des Lebensmittelrechtes müssen sich daher insbesondere am gemeinschaftsrechtlichen Maßstab der Freiheit des Warenverkehrs messen lassen. In diesem Zusammenhang verbietet Art 28 EGV „mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung ... zwischen den Mitgliedsstaaten“. Nach der Rechtsprechung des EuGH10 erfasst dieses Verbot „jede Handelsregelung der Mitgliedsstaaten ..., die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“. Der EuGH rechnet folglich beispielsweise auch Vorschriften über die Lebensmittelzusammensetzung und über die Lebensmittelkennzeichnung sowie nationale Genehmigungsvorbehalte zu den Maßnahmen gleicher Wirkung11. Aus Art 8 9 10
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VfSlg 8035/1977 = BGBl 1977/316. VfSlg 8466/1978 = ÖJZ 1979, 501, = ÖZW 1979, 58 mAnm Laurer = JBl 1980, 252. Etwa EuGH Rs 8/74, Dassonville, Slg 1974, 837 (852); Rs 13/78, Joh. Eggers Sohn & Co, Slg 1978, 1935 (1953); Rs 174/82, Sandoz, Slg 1983, 2445 (2460); Rs 227/82, Van Bennekom, Slg 1983, 3883 (3904); Rs 178/84, Reinheitsgebot für Bier, Slg 1987, 1227, (1268 Rz 27); Rs 407/85, Drei Glocken GmbH, Slg 1988, 4233 (4278 Rz 9); Rs C-391/92, Apothekenvorbehalt, Slg 1995, I-1621; Rs C-383/97, Van der Laan, Slg 1999, I-731 (759 Rz 18). Konkret zählen nach der Rsp des EuGH zu Maßnahmen gleicher Wirkung im Lebensmittelverkehr etwa das Verbot, ein Schinkenerzeugnis bestimmter Zusammensetzung (EuGH Rs C-383/97, Van der Laan, Slg 1999, I-731) oder Teigwaren bestimmter Zusammensetzung in Verkehr zu bringen (EuGH Rs 407/85, Drei Glocken GmbH, Slg 1988, 4233 [4279 Rz 11]); die Vorschreibung eines Mindestfettgehaltes für Käse (EuGH Rs C-210/89, Kommission/Italien, Slg 1990, I-3697: bzw das Verbot, das Produkt andernfalls als „Käse“ in Verkehr zu bringen); ein Verkehrsverbot
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28 EGV folgt damit nach herrschender Lesart im Ergebnis, dass Waren, die in einem Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurden, grundsätzlich auch in anderen Mitgliedsstaaten verkehrsfähig sind („Cassis de DijonPrinzip“; „Herkunftslandprinzip“). Freilich gilt zu Art 28 EGV und damit auch zum „Cassis de Dijon-Prinzip“ der Vorbehalt des Art 30 EGV. Demnach steht Art 28 EGV Einfuhrverboten oder Einfuhrbeschränkungen nicht entgegen, die ua „aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, ... oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums“ gerechtfertigt sind12. Damit können wegen Art 30 EGV - die das Lebensmittelrecht weithin begründenden - Rücksichten der öffentlichen Gesundheit nationale Einschränkungen des freien Warenverkehrs rechtfertigen13. Der EuGH anerkennt daneben aber ua auch noch die Interessen des Verbraucherschutzes, namentlich des Schutzes der Verbraucher vor Irrtum und Täuschung, als Rechtfertigungsgrund für Be-
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für Bier, dessen Säuregehalt einen bestimmten Grad überschreitet (EuGH Rs 94/82, De Kikvorsch, Slg 1983, 947 [958]), oder für Trinkbranntwein, dessen Weingeistgehalt ein bestimmtes Maß nicht erreicht (EuGH Rs 120/78, Cassis de Dijon, Slg 1979, 649); Verbote bestimmter Zusatzstoffe (EuGH Rs 53/80, Kaasfabriek Eyssen, Slg 1981, 409 [421 Rz 11]; Rs 304/84, Muller, Slg 1986, 1511 [1526 Rz 16]); die Festlegung von Bakterienhöchstwerten für Milch (EuGH Rs 97/83, Melkunie, Slg 1984, 2367 [2383f]) und von Höchstwerten für Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf Obst (EuGH Rs 94/83, Heijn, Slg 1984, 3263); Verbote von Erzeugnissen, die mit bestimmten Planzenschutzmitteln behandelt worden sind (EuGH Rs 54/85, Mirepoix, Slg 1986, 1067 [1078 Rz 12]); Genehmigungsvorbehalte für vitaminisierte Lebensmittel (EuGH Rs 174/82, Sandoz, Slg 1983, 2445 [2460]), für Vitaminpräparate (EuGH Rs 227/82, Van Bennekom, Slg 1983, 3883 [3904]) und für Farbstoffe (EuGH Rs 247/84, Motte, Slg 1985, 3897); der Vorbehalt eines bestimmten Gattungsbegriffes zugunsten der nationalen Produktion (EuGH Rs 182/84, Miro [„Genever“], Slg 1985, 3731 [3746 Rz 22]); das Verbot der Bezeichnung als Bier für solches, das dem nationalen „Reinheitsgebot“ nicht entspricht (EuGH Rs 178/84, Reinheitsgebot für Bier, Slg 1987, 1227); oder andere Gebote oder Verbote bestimmter Angaben auf der Verpackung oder dem Etikett, wenn dadurch eine Änderung des Etiketts erforderlich wird, unter dem die Ware im Ausfuhrmitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wird (EuGH Rs 27/80, Fietje, Slg 1980, 3839 [38539; Rs 94/82, De Kikvorsch, Slg 1983, 947 [959]; Rs 286/86, Deserbais, Slg 1988, 4907 [4925]). Allerdings dürfen diese Verbote oder Beschränkungen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten darstellen. Vgl nur etwa die Fälle, die folgenden Entscheidungen des EuGH zugrundelagen: EuGH Rs 53/80, Kaasfabriek Eyssen, Slg 1981, 409; Rs 174/82, Sandoz, Slg 1983, 2445; Rs 227/82, Van Bennekom, Slg 1983, 3883; Rs 97/83, Melkunie, Slg 1984, 2367; Rs 94/83, Heijn, Slg 1984, 3263; Rs 247/84, Motte, Slg 1985, 3897; Rs 304/84, Muller, Slg 1986, 1511; Rs 54/85, Mirepoix, Slg 1986, 1067. Daher müssen Anforderungen eines Mitgliedsstaates (die dieser auch an Importwaren heranträgt), welche strenger als die anderer Mitgliedstaaten sind, nicht in jedem Fall gemeinschaftsrechtswidrig sein (vgl zB EuGH Rs 53/80, Kaasfabriek Eyssen, Slg 1981, 409 [421f Rz 13f]; Rs 227/82, Van Bennekom, Slg 1983, 3883 [3905 Rz 38]; Rs 94/83, Heijn, Slg 1984, 3263 [3280 Rz 16]). Dazu kommt, dass bei der Gefahreneinschätzung nach Maßgabe des Standes der wissenschaftlichen Forschung gewisse Spielräume bestehen (vgl etwa EuGH Rs 97/83, Melkunie, Slg 1984, 2367 [2386 Rz 18]; Rs 247/84, Motte, Slg 1985, 3897 [3904 Rz 19f]).
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schränkungen des freien Warenverkehrs14. Der Rückgriff auf Art 30 EGV ist freilich dann nicht mehr möglich, wenn Richtlinien der Gemeinschaft die Harmonisierung jener Maßnahmen vorsehen, die zur Verwirklichung des konkreten Schutzzieles, das durch den Rückgriff auf Art 30 EGV erreicht werden soll, erforderlich sind15. Nationale Einschränkungen des freien Warenverkehrs müssen jedenfalls verhältnismäßig sein16. Wenn es also etwa um die Beurteilung von Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Menschen geht, dann darf diese nicht ebenso wirksam durch andere Maßnahmen geschützt werden können, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken17. Anstelle von absoluten Verkehrsverboten im Interesse des Schutzes der Verbraucher vor Irreführung reicht nach der Rsp des EuGH regelmäßig überhaupt das - weniger einschneidende - Gebot zu angemessener Kennzeichnung18. Nach den Umständen können wegen Art 30 EGV auch nationale Genehmigungsvorbehalte durchaus gemeinschaftsrechtskonform sein19 und zwar gerade auch in Bezug auf Waren, die in anderen Staaten bereits rechtmäßig in Verkehr gebracht20 oder dort gar in einem eigenen Verfahren zugelassen wurden21. Die Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht setzt allerdings voraus, daß die Genehmigung erteilt wird, wenn die im Sinne von Art 30 EGV beachtlichen Interessen nicht entgegenstehen22. 14
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Siehe etwa EuGH Rs 27/80, Fietje, Slg 1980, 3839 (3853f); Rs 182/84, Miro, Slg 1985, 3731 (3743 Rz 10); Rs 216/84, Kommission/Frankreich, Slg 1988, 793 (812 Rz 119); Rs 94/82, De Kikvorsch, Slg 1983, 947 (957); Rs C-383/97, Van der Laan, Slg 1999, I-731 (760). EuGH Rs C-350/97, Monses, Slg 1999, I-2921 (2944 Rz 24). Vgl davor ähnlich etwa EuGH Rs 247/84, Motte, Slg 1985, 3897 (3903 Rz 16); Rs 304/84, Muller, Slg 1986, 1511 (1526 Rz 14). Vgl etwa EuGH Rs 174/82, Sandoz, Slg 1983, 2445 (2463); Rs 227/82, Van Bennekom, Slg 1983, 3883 (3905); Rs 247/84, Motte, Slg 1985, 3897 (3905 Rz 22); Rs 304/84, Muller, Slg 1986, 1511 (1528 Rz 23). So zB EuGH Rs 97/83, Melkunie, Slg 1984, 2367 (2384 Rz 12). Siehe etwa EuGH Rs 407/85, Drei Glocken GmbH, Slg 1988, 4233 (4278f Rz 16); Rs C-210/89, Kommission/Italien (Mindestfettgehalt für Käse), Slg 1990, I-3697 (3708 Rz 17); Rs C-383/97, Van der Laan, Slg 1999, I-731 (760 Rz 24). Im besonderen für Zusatzstoffe. Vgl etwa EuGH Rs 174/82, Sandoz, Slg 1983, 2445 (2463); Rs 247/84, Motte, Slg 1985, 3897 (3905 Rz 23); Rs 178/84, Reinheitsgebot für Bier, Slg 1987, 1227 (1273 Rz 42); Rs 42/90, Bellon, Slg 1990, I-4863 (4882). Vgl aber auch jüngst EuGH Rs C-77/97, Unilever, Slg 1999, I-431 (insb Rz 34) = WBl 1999, 111ff. Siehe weiters OGH 16.6.1998, 4 Ob 126/98b. Etwa EuGH Rs 247/84, Motte, Slg 1985, 3897 (3905 Rz 23f). Vgl etwa EuGH Rs C-293/94, Brandsma, Slg 1996, I-3159 (3177 Rz 13). EuGH Rs 174/82, Sandoz, Slg 1983, 2445 (2463 Rz 18); Rs 227/82, Van Bennekom, Slg 1983, 3883 (3905); Rs 247/84, Motte, Slg 1985, 3897 (3905 Rz 23); Rs 178/84, Reinheitsgebot für Bier, Slg 1987, 1227 (1274 Rz 44); Rs 42/90, Bellon, Slg 1990, I 4863 (4883); vgl zu nationalen Beweislastregeln zB EuGH Rs 174/82, Sandoz, Slg 1983, 2445 (2464f Rz 21ff). Wirtschaftsteilnehmer müssen die „Möglichkeit haben ..., in einem leicht zugänglichen Verfahren, das innerhalb eines angemessenen Zeitraumes abgeschlossen werden kann, zu beantragen, daß die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe durch einen Rechtsakt von allgemeiner Wirkung zugelassen wird“ (EuGH Rs 178/84, Reinheitsgebot für Bier, Slg 1987, 1227 [1274 Rz 45]; Rs 42/90, Bellon, Slg 1990, I-4863 [4883 Rz 15]; vgl auch bereits EuGH Rs 304/84, Muller, Slg 1986, 1511 [1528 Rz 23]; Rs 54/85, Mirepoix, Slg 1986, 1067 [1079 Rz 17]).
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2. Sekundärrecht Das Lebensmittelsekundärrecht der Europäischen Gemeinschaft ist durch eine Fülle von Richtlinien und Verordnungen gekennzeichnet23. Der Gemeinschaftsrechtsgesetzgeber tendiert in letzter Zeit dazu, anstelle umsetzungsbedürftigen Richtlinienrechts verstärkt das Regelungsinstrument der unmittelbar anwendbaren Verordnungen einzusetzen. Es waren auch mehrere, seit dem Jahr 2002 erlassene EG-Verordnungen, welche (neben der Rechtsprechung des EuGH) den österreichischen Gesetzgeber zur Neuerlassung des Lebensmittelgesetzes gedrängt haben, nämlich vor allem die so genannte „Basisverordnung“ (EGVerordnung 2002/178) und die EG-Lebensmittelhygieneverordnungen 2004/852, 2004/853 und 2004/854. Die EG-Lebensmittel-„Basisverordnung“ verlangt eine Neuausrichtung des EG-Lebensmittelrechtes am „horizontalen Gesamtrahmen“ der Art 5 bis 10 leg cit, die insbesondere die „Risikoanalyse“, das „Vorsorgeprinzip“, den Schutz der Verbraucherinteressen und den Grundsatz der Transparenz betonen. In der Folge wendet sich die „Basisverordnung“ mit einigen grundlegenden Anforderungen an die Lebensmittelunternehmer (Gebot der Lebensmittelsicherheit, Eigenkontrolle, Rückverfolgbarkeit) und regelt im (quantitativen) Hauptteil die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit24. Schließlich sieht die Basisverordnung ein gemeinschaftsweites, vernetztes Schnellwarnsystem vor25, ermächtigt die Kommission zur (subsidiären) Verfügung lebensmittelpolizeilicher Maßnahmen26 und fordert die präventive Erstellung eines allgemeinen Planes für das Krisenmanagement ein27. Die EG-Lebensmittelhygieneverordnungen 2004/852 (allgemein) und 2004/853 (Lebensmittel tierischen Ursprungs) sowie 2004/854 (amtliche Überwachung) widmen sich in beachtlicher Detailliertheit den Anforderungen der Hygiene an die Lebensmittelproduktion.
II. Der Geltungsbereich des LMSVG Das LMSVG regelt die Anforderungen an Lebensmittel, an Wasser für den menschlichen Gebrauch, an Gebrauchsgegenstände und an kosmetische Mittel. Es gilt für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen, also insbesondere für die Landwirtschaft, die Lebensmittelindustrie, den Groß- und den
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Weiters muß es „den Wirtschaftsteilnehmern möglich sein ..., gegen die rechtswidrige Versagung einer Zulassung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens vorzugehen. ... [Es ist] von der zuständigen nationalen Stelle darzutun, daß das Verbot aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung dieses Mitgliedstaates gerechtfertigt ist; dabei können sie jedoch von den Wirtschaftsteilnehmern die Vorlage der in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen verlangen, die für die Beurteilung des Sachverhalts von Nutzen sein könnten“ (EuGH Rs 178/84, Reinheitsgebot für Bier, Slg 1987, 1227 [1274 Rz 46]; Rs 42/90, Bellon, Slg 1990, I-4863 [4883 Rz 16]). Siehe die Auflistung im Vorspann oben sowie die Textauswahl Schröder/Kraus, Europäisches und österreichisches Lebensmittelrecht (zum Stand 20.01.2006). Siehe zu dieser näher unten IX.A. Art 50 der Verordnung. Art 53 der Verordnung („Notfälle“). Art 55 der Verordnung.
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Einzelhandel. Ausgenommen ist die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch oder für die häusliche Verarbeitung, Handhabung oder Lagerung von Lebensmitteln, Gebrauchsgegenständen und kosmetischen Mitteln zum häuslichen privaten Verbrauch28.
III. Die lebensmittelrechtliche Ordnung A. Der Lebensmittelbegriff Lebensmittel sind „alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie … von Menschen aufgenommen werden“29. Gleichgültig ist, ob diese Stoffe oder Erzeugnisse in unverarbeitetem oder erst im verarbeiteten oder zumindest teilweise verarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch Getränke, Kaugummi, Wasser30 sowie alle Stoffe, die den Lebensmitteln bei der Herstellung oder Ver- oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden. Auf die physiologische Erforderlichkeit eines Stoffs für die menschliche Ernährung kommt es nicht an31. Keine Lebensmittel sind indessen nach Art 2 EG-VO 2002/178: Futtermittel; lebende Tiere, soweit sie nicht für das Inverkehrbringen zum menschlichen Verzehr hergerichtet worden sind; Pflanzen vor dem Ernten; Arzneimittel; kosmetische Mittel; Tabak und Tabakerzeugnisse; Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe; Rückstände und Kontaminanten.
B. Allgemeine Verbote im Lebensmittelverkehr 1. Das Verbot gesundheitsschädlicher oder ungeeigneter Lebensmittel § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG verbietet das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die gesundheitsschädlich32 oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet33 sind. Wer gesundheitsschädliche Lebensmittel vorsätzlich oder fahrlässig in Verkehr bringt, macht sich nach § 81 Abs 1 bzw nach § 82 Abs 1 LMSVG gerichtlich strafbar.
2. Das Verbot minderwertiger Lebensmittel § 5 Abs 1 Z 2 LMSVG verbietet das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die verfälscht oder wertgemindert sind34, ohne dass dieser Umstand „deutlich und 28 29 30 31 32 33 34
§ 1 Abs 2 LMSVG, also etwa das Ziehen von Gemüse und das Halten von Kaninchen für den Eigenverbrauch. § 3 Z 1 LMSVG iVm Art 2 1. Absatz EG-VO 2002/178. Ab der Stelle der Einhaltung im Sinne des Art 6 RL 98/83/EG. VwSlg 10.329 A/1980, 11.142 A/1983. Lebensmittel sind gesundheitsschädlich, „wenn sie geeignet sind, die Gesundheit zu gefährden oder zu schädigen“ (§ 5 Abs 5 Z 1 LMSVG). Lebensmittel sind für den menschlichen Verzehr ungeeignet, „wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist“ (§ 5 Abs 5 Z 2 LMSVG). Die gesonderten Verbotstatbestände des § 7 Abs 1 LMG 1975 betreffend Verdorbenheit, Unreife und Nachmachung sind entfallen.
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allgemein verständlich kenntlich gemacht ist“. Die Übertretung des § 5 Abs 1 Z 2 LMSVG ist nach verwaltungsbehördlich (§ 90 Abs 1 Z 2 LMSVG) strafbar. Lebensmittel sind nach § 5 Abs 5 Z 3 LMSVG verfälscht, wenn ihnen wertbestimmende Bestandteile, deren Gehalt vorausgesetzt wird, nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen wurden, oder sie durch Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe verschlechtert wurden, oder ihnen durch Zusätze oder Manipulationen der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt wurde, oder wenn sie nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt wurden. Als Maßstab dient eine vorausgesetzte (gesollte) Beschaffenheit von Lebensmitteln; die insoweit maßgebende „Beschaffenheitsnorm“ ergibt sich entweder aus einschlägigen Rechtsvorschriften, etwa Durchführungsverordnungen zu § 6 LMSVG, oder hilfsweise aus der „Verbrauchererwartung“35. Dabei gilt das Österreichische Lebensmittelbuch (§ 76 LMSVG) als wichtiges Instrument zur Feststellung der Verbrauchererwartungen, nämlich als - wenn auch widerlegbares - diesbezügliches Sachverständigengutachten36. Zu weit ginge nach der Rechtsprechung des OGH37 allerdings, wenn die Strafgerichte „ganz unkritisch [Feststellungen des Lebensmittelbuches] übernehmen, nach denen die Verbrauchererwartung in Ansehung der Zusammensetzung bestimmter Lebensmittel … auf Zehntelprozente zugespitzt sein soll“. Für Lebensmittel, die aus dem EWR-Raum importiert werden, erwartet der Verbraucher bloß Übereinstimmung mit der Rechtsordnung des Herkunftslandes. Jedenfalls liegt eine Verfälschung nur vor, wenn eine Verschlechterung der Ware gegenüber der Verbrauchererwartung im Wege eines regelwidrigen Eingriffes durch ein der Definition des § 5 Z 3 LMSVG entsprechendes Verhalten vorgenommen wurde38. Lebensmittel, die nur wegen von Menschen nicht beeinflussbaren (ubiquitären) Umweltbedingungen mit Schadstoffen belastet sind und deswegen von der Verbrauchererwartung abweichen und trotzdem als „Bio-Produkte“ deklariert werden, sind daher nach OGH EvBl 1986/83 nicht verfälscht. Lebensmittel sind nach § 5 Abs 5 Z 4 LMSVG wertgemindert, wenn sie nach der Herstellung, ohne dass eine weitere Behandlung erfolgt ist, eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Bestandteilen oder ihrer spezifischen wertbestimmenden Wirkung oder Eigenschaft erfahren haben, soweit sie nicht für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind. Die Beurteilung als wertgemindert muss sich daher auf ein bestimmtes wertbestimmendes Merkmal (Bestandteil, Wirkung, Eigenschaft) beziehen und jenen Grenzwert bestimmen, bei dessen Überschreitung eine Wertminderung iSv § 5 Abs 5 Z 4 leg cit („erhebliche“ Minderung) vorliegt39. Beispiele wertgeminderter Lebensmittel sind etwa „Orangensaft dessen Vitamin-C-Gehalt nachgelassen hat, Tiefkühlwaren, die aufgetaut wurden und wieder eingefroren werden, Gewürze oder Genussmittel wie zB Tee oder Kaffee welche einen erheblichen Aromaverlust erlitten haben“40. Eine Wert35 36
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Vgl in diesem Sinn etwa OGH SSt 52/33 = EvBl 1981/214; EvBl 1984/164. So etwa OGH SSt 52/33 = EVBl 1981/214. Unter Einbeziehung von OGH 14.5.1985 ÖBl 1985, 156 ff („verweisende Verbraucherwartung“), schließt sich der Kreis: Der Verbraucher erwartet nach dieser Entscheidung nämlich dann, wenn er selbst keine konkreten Vorstellungen von der Ware hat, ein dem Lebensmittelbuch entsprechendes Produkt. SSt 52/33 = EvBl 1981/214. OGH EvBl 1986/83; ÖBl 1990, 200 ff. Vgl dazu VwGH 22.03.1993, 92/10/0096 = WBl 1993, 268, mit eingehenden Darlegungen zur Wertminderung von Milchprodukten durch Hefe. So AB 1433 BlgNR 13.GP 3 (zur entsprechenden Bestimmung des LMG 1975); und: „Unvermeidliche Wertminderungen, die nach der Verkehrsauffassung hinge-
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minderung kann daher auch in mangelnder Frische von Milchprodukten liegen41. Die Verwendung eines verschmutzten Pfefferstreuers führt hingegen nicht zwangsläufig zu einer Wertminderung42. Verfälschte oder wertgeminderte Lebensmittel dürfen gemäß § 5 Abs 1 Z 2 LMSVG dennoch in Verkehr gebracht werden, wenn dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist. Nach VwSlg 14.299 A/199543 ist eine Wertminderung von Milchprodukten in der Form „mangelnder Frische“ bereits durch die Angabe des (überschrittenen) Ablaufdatums deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht, sodass es keiner zusätzlichen ausdrücklichen Hinweise bedarf44.
3. Das Verbot verordnungswidriger Lebensmittel § 5 Abs 1 Z 3 LMSVG verbietet, Lebensmittel in Verkehr zu bringen, die Durchführungsverordnungen nach § 4 Abs 3, § 6 oder § 57 Abs 1 leg cit widersprechen. § 4 Abs 3 LMSVG ermächtigt den BMGF, mit Verordnung nähere Vorschriften zur Durchführung der in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren EG-Rechtsakte zu erlassen. Nach § 6 leg cit hat den BMGF mit Verordnung Vorschriften für Lebensmittel, insbesondere betreffend die Beschaffenheit, das Gewinnen, das Herstellen, Verarbeiten, Behandeln, die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen, die Kennzeichnung und die Verwendung von Angaben (Abs 1) sowie für das Bereitstellen von Wasser für den menschlichen Gebrauch und die Anforderungen von Wasser für den menschlichen Gebrauch zu erlassen45. § 57 Abs 1 leg cit gewährt eine Verordnungsermächtigung betreffend die Durchführung von Rückstandskontrollen. Auf Grundlage dieser Ermächtigungen stehen zahlreiche Verordnungen, die noch zum LMG 1975 ergangen sind, in Geltung46.
4. Das Verbot irreführender Angaben § 5 Abs 2 LMSVG verbietet, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Der Verstoß gegen dieses Verbot macht nach § 90 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 leg cit verwaltungsbehördlich strafbar. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere • zur Täuschung geeignete Angaben47 über die Eigenschaft des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit48, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit49, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;
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nommen werden, sind nicht darunter zu verstehen. Von einer Semmel, die am Nachmittag verkauft wird, erwartet niemand, dass sie wie frisch gebacken ist, ebenso wenig kann jemand erwarten, dass Sauerkraut im Frühjahr den gleichen Frischezustand hat, den es im Herbst hatte.“ Vgl hierzu VwSlg 14.299 A/1995 = ÖBl 1996, 214. Vgl näher VwGH 9.11.1992, 92/10/0045. ÖBl 1996, 214. Vgl aber auch § 9 Abs 2 LMKV 1993 (BGBl 1993/72, zuletzt idF BGBl II 2005/408). Siehe die Verordnungen über Wasser: Oberflächen-Trinkwasserverordnung (BGBl 1995/359), Mineralwasser- und Quellwasserverordnung (BGBl II 1999/309 idF BGBl II 2004/500); Trinkwasserverordnung (BGBl II 2001/304 idF 2006 II/254). Siehe die einleitenden Rechtsquellennachweise. Vgl aus der Rechtsprechung ua VwSlg 10.034 A/1980 („Frankfurter“ mit zu geringer Länge), VwGH 9. 11. 1992, 91/10/0105 = WBl 1993, 168 (Bezeichnung von Schweinskarree ohne Knochen als „Filet-Ersatz“), OGH, ÖBl 1991, 232 ff („Him-
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Hauer Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften die das Lebensmittel nicht besitzt; Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.
Allein eine Unterlassung von Angaben begründet noch keinen Verstoß gegen § 5 Abs 2 LMSVG50. Die abstrakte Eignung von Angaben zur Irreführung reicht aus, weshalb es nicht auf eine konkrete Irreführung bestimmter Personen51 ankommt. „Zur Irreführung geeignet“ bedeutet, dass ein nicht unerheblicher Teil der Betroffenen durch bestimmte Angaben etc. irregeführt werden kann52. Die Angaben etc müssen sich auf Umstände beziehen, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung wesentlich sind53. Das österreichische Lebensmittelbuch ist ein wichtiger Anhaltpunkt zur Feststellung jener Umstände, die nach der Verkehrsaufassung und im Besondern nach der Verbrauchererwartung wesentlich sind.
5. Verbotene krankheitsbezogene Angaben § 5 Abs 3 LMSVG verbietet es, beim Inverkehrbringen oder in der Werbung einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen zu lassen54. Das Verbot bezieht sich nicht auf wahrheitsgemäße Angaben über den diätetischen Zweck diätetischer Lebensmittel. Zuwiderhandlungen gegen § 5 Abs 3 LMSVG sind gemäß § 90 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 verwaltungsbehördlich strafbar.
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beeressig“); ÖBl 1985, 156 ff (Bezeichnung eines Tafelquellwassers als Mineralwasser); EvBl 1987/183 = JBl 1987, 395 f (ungarischer oder steirischer Honig); ÖBl 1990, 200 ff („Rindsschnitzelfleisch im Ganzen“). Vgl zur Bezeichnung eines als „Gewürzsalz“ einzustufenden Produktes zugleich weiters als „Gewürzmischung“ und „Gewürzzubereitung“ VwGH 17. 2. 1992, 90/10/0169 = WBl 1992, 271. Unzutreffende Angaben über die empfohlene Aufbrauchsfrist im Sinne des Lebensmittelkennzeichnungsrechtes sind zur Irreführung der Konsumenten geeignet und erfüllen den Tatbestand der verbotenen Falschbezeichnung (vgl etwa VwGH 26. 11. 1990, 90/10/0127 ua; 3. 6. 1996, 96/10/0028; 29. 6. 1998, 94/10/0132). Ob dies zutrifft, hängt davon ab, ob die seinerzeit deklarierte Haltbarkeitsfrist in Verbindung mit den angegebenen Lagerbedingungen für die betreffende Ware objektiv und generell betrachtet unrichtig (also zu lang bemessen) war (VwGH 29. 6. 1998, 94/10/0132); vgl zum gebotenen Sorgfaltsmaßstab VwGH 12. 6. 1989, 88/10/0169 = WBl 1990, 20f. Vgl zur nachträglichen Verlängerung der empfohlenen Aufbrauchfrist durch „Neuetikettierung“ VwGH 14. 5. 1990, 89/10/0162 = WBl 1991, 132 f, und § 10 Abs 1 LMKV 1993. Vgl VwSlg 11.428 A/1984. VwGH 27.11.1995, 95/10/0139 VwGH 9. 11. 1992, 91/10/0105 = WBl 1993, 168. Bloße Angaben gegenüber einem Lebensmittelaufsichtsorgan sind nach dem Erkenntnis des VwGH vom 27. 11. 1995, 95/10/0139, nicht tatbildlich. Vgl VwSlg 10.868 A/1982 = ÖGZ 1983, 371 zur Charakterisierung „biologisch gewonnen“. Während § 9 LMG 1975 noch explizit unter der Überschrift „Verbote gesundheitsbezogener Angaben“ stand, spricht das LMSVG nunmehr vom Verbot „krankheitsbezogener Aufmachung“ (vgl § 90 Abs 1 Z 1 leg cit).
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Das LMSVG hat sich mit § 5 Abs 3 vom alten, gemeinschaftsrechtlich kritisierten System des Genehmigungsvorbehaltes für gesundheitsbezogene Angaben55 getrennt und überdies den Katalog verbotener Verhaltensweisen gestrafft. Zur Vorgängerbestimmung, die große praktische Bedeutung hatte, lag zahlreiche Rechtsprechung vor56. Die Judikatur hat die Vorläuferregelung des § 9 LMG vorwiegend im Dienste des Schutzes der Verbraucher vor Täuschung gesehen, „weil durch die gesundheitsbezogene Anpreisung und gesundheitsbezogene Werbung eine Irreführung des Konsumenten im breiten Ausmaß erfolgen kann. Durch besondere, einseitige Hervorhebung der jedem Lebensmittel innewohnenden physiologischen Wirkung (normales Stoffwechselgeschehen) auf den Organismus ist es möglich, beim Laien völlig falsche Vorstellungen über den wahren Wert und die Bedeutung eines bestimmten Lebensmittels zu erwecken (zB ‚Glukose zum Brennstoffbedarf ihrer Zellen notwendig’)“57. Für die Beurteilung, ob eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des § 9 Abs 1 LMG 1975 vorlag, war nach ständiger Rechtsprechung die „Verkehrsauffassung“ maßgeblich58. Es kommt demnach „auf den Eindruck an, der sich beim flüchtigen Lesen für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten ergibt, wobei auch auf den Gesamteindruck der Mitteilung Bedacht zu nehmen ist“59. Die Beurteilung der Frage ob eine gesundheitsbezogene Angabe vorlag und wie eine Ankündigung auf Verbraucherkreise wirke, wurde regelmäßig als Rechtsfrage qualifiziert60, weshalb keine Beweisaufnahmen erforderlich waren61. Die Rechtsprechung62 zählte zu den gesundheitsbezogenen Angaben im Sinn von § 9 Abs 1 LMG „auch Generalisierungen, die zwar von kritischen Menschen nicht ernst genommen werden mögen, von denen aber nicht auszuschließen ist, dass sie bei der Masse der Konsumenten den beabsichtigten Eindruck erzielen“. In diesem Sinn waren auch Bezeichnungen, die die Worte „gesund“ oder „Gesundheit“ ohne weiteren Hinweis auf konkrete physiologische Wirkungen enthielten, wie beispielsweise „Gesundheitsfrucht“ oder „für gesunde Haut“, als gesundheitsbezogene Angaben zu werten63. Für das Verbot 55 56 57 58 59 60 61 62 63
Vgl § 9 LMG 1975 und dazu A. Hauer, Lebensmittelrecht1 160 ff. Vgl die Nachweise bei A. Hauer, Lebensmittelrecht1 160 ff. Vgl etwa VwGH 30.9.1992, 92/10/0095 = WBl 1993, 267; 26.6.1995, 81/10/0165; OGH SZ 55/15 = ÖBl 1982, 39 ff. Vgl nur etwa OGH ÖBl 1990, 23 f; VwSlg 10.502 A/1981, 13.925 A/1993, 14.306 A/1995. Vgl in diesem Sinn nur etwa VwSlg 12.475 A/1987, 14.122 A/1994, 14.306 A/1995. Vgl VwSlg 13.925 A/1993, OGH ÖBl 1992 114 ff. „Verbraucherbefragungen“ wurden deshalb grundsätzlich nicht als erforderlich erachtet (VwGH 22.3.1999, 98/10/0420). Etwa VwSlg 12.776 A/1988, 13.925 A/1993. Vgl zB VwSlg 13.925 A/1993; VwGH 22.3.1999, 98/10/0326. Im einzelnen sei exemplarisch auf folgende Entscheidungen zu § 9 Abs 1 LMG 1975 hingewiesen: „Gesundheitstrank“ (VwGH 22. 3. 1999, 98/10/0326), „Das gesunde Plus“ (VwGH 22. 3. 1999, 98/10/0420),“mit zwei bis drei Blütenpollen-Kapseln unterstützen Sie Ihre tägliche Zufuhr an Mineralstoffen und Spurenelementen“ (VwGH 23. 10. 1995, 94/10/0053),“bei erhöhter Belastung“ und „... in besonderen Belastungssituationen“ (VwSlg 14.306A/1995), die Phantasiebezeichungen „Quickvital Cholestobran“ und „Cholestoform“ (VwGH 23. 1. 1995, 91/10/0215 = WBl 1996, 43f), „... senken das Hungergefühl, wirken stimulierend auf den Kreislauf, mild entwässernd und aktivie-
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gesundheitsbezogener Angaben wurde als gleichgültig erachtet, ob die Angabe wahr oder unwahr war64.
C. Diätetische Lebensmittel Diätetische Lebensmittel sind nach § 3 Z 3 LMSVG Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung65 bestimmt sind und die sich auf Grund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des besonderen Verfahrens ihrer Herstellung deutliche von den Lebensmitteln des allgemeinen Verkehrs unterscheiden, die sich für den angegebenen Ernährungszweck eigenen und mit dem Hinweis darauf in Verkehr gebracht werden, dass sie für diese Zwecke geeignet sind. Zu denken ist etwa an Diabetikernahrung oder Säuglingsnahrung. Das LMSVG hat das Inverkehrbringen diätetischer Lebensmittel vergleichsweise liberalisiert. Die ehemalige Meldepflicht samt anschließender behördlicher Untersagungsbefugnis nach § 17 LMG 1975 wurde nicht ins neue Lebensmittelrecht übernommen. § 8 LMSVG trifft eine differenzierende Regelung: • Diätetische Lebensmittel, die von Anhang I der Richtlinie 89/398/EWG erfasst sind, dürfen ohne weiteres in Verkehr gesetzt werden66. • Andere diätetische Lebensmittel67 müssen vor dem Inverkehrbringen dem BMGF68 gemeldet werden69. Verstöße gegen diese Ordnungsvorschrift
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ren den Abbau von überschüssigen Kohlehydraten und Zuckerwerten“, „aktivierend auf die Nierenfunktionen“, „erhöht den täglichen Energie-Grundumsatz (Stoffwechselaktivierung)“, „aktivieren den zellulären Fett- und Zuckerabbau“( VwGH 26. 4. 1999, 99/10/0008), Hinweise auf eine Stärkung der Blasenfunktion, eine positive Beeinflußung von Beschwerden beim Harnlassen und auf die Funktion als Ballastund Quellstoff bei ernährungsbedingter Stuhlverstopfung (VwGH 22. 3. 1999, 98/10/0250), „Die gesunde Alternative“ (VwSlg 13.925A/1993), „Für gesunde Haut“ (VwGH 30. 9. 1992, 92/10/0095 = WBl 1993, 267), die Angabe „nur ca. 105 kcal/100 g -- ich mache fit und nicht dick“ (VwGH 9. 7.1992, 91/10/0239), „Das Olivenöl von Kilis -- Freund ihrer Gesundheit“ (VwGH 17. 2. 1992, 91/10/0012 = WBl 1992, 271), „+ Vitamin C - Kalorien = Gesundheitsfrucht“ (VwGH 31. 1. 1992, 90/10/0216 = WBl 1992, 271), die Angabe „die Einnahme sollte mindestens drei Monate lang erfolgen“ im Zusammenhang mit der unmittelbar davor stehenden täglichen Einnahmeempfehlung (VwSlg 12.475A/1987). Etwa OGH SZ 55/15 = ÖBl 1982, 39 ff, VwSlg 12.266 A/1986, 12.475 A/1987, 13.925 A/1993. Eine besondere Ernährung muss den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprechen: bestimmte Gruppen von Personen, deren Verdauungs-, Resorptionsprozess oder Stoffwechsel gestört ist (etwa Diabetiker: VwSlg 9879 A/1979) oder bestimmte Gruppen von Personen, die sich in besonderen physiologischen Umständen befinden und deshalb einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe ziehen können oder gesunde Säuglinge oder Kleinkinder. § 8 Abs 1 LMSVG im Umkehrschluss. Die RV (797 BlgNR 22.GP 11) weist hin auf „diätetische Lebensmittel zur Frühgeborenen-Nahrung oder zur Muttermilchanreicherung für Frühgeborene; weiters glutenfreie diätetische Lebensmittel bei Zöliakie oder diätetische Lebensmittel zur Ernährung bei Phenylketonurie, sofern es sich nicht um diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke handelt.“ Eine Verordnung nach § 8 Abs 3 LMSVG wurde bislang nicht erlassen. § 8 Abs 1 LMSVG.
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sind nach § 90 Abs 5 LMSVG verwaltungsbehördlich strafbar. Eine behördliche Untersagungsermächtigung ist damit nicht mehr verknüpft. Wahrheitsgemäße Angaben über den diätetischen Zweck sind nicht vom allgemeinen Verbot krankheitsbezogener Angaben erfasst70.
D. Behandlung mit ionisierenden Strahlen Lebensmittel dürfen nur mit behördlicher Zulassung mit ionisierenden Strahlen behandelt werden; solchermaßen behandelte Lebensmittel dürfen nur mit behördlicher Zulassung in Verkehr gebracht oder verbracht werden71. Die BMGF hat die Strahlenbehandlung nach Maßgabe von § 9 Abs 2 LMSVG mit Verordnung zuzulassen72. Derzeit lässt die Verordnung BGBl II 2000/327 die Strahlenbehandlung nur für „getrocknete aromatische Kräuter und Gewürze“ zu.
E. Hygiene im Lebensmittelbereich 1. Allgemeines Das LMSVG konnte das allgemeine Hygienegebot des § 20 LMG 1975, das große praktische Bedeutung hatte73, nicht übernehmen. Allgemeine Hygienevorschriften enthalten nunmehr unmittelbar anwendbare EG-Verordnungen, nämlich • die Verordnung (EG) 2004/852 über Lebensmittelhygiene und - diese ergänzend • die Verordnung (EG) 2004/853 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs. Zuwiderhandlungen gegen die materiellen Hygienevorschriften dieser EG-Verordnungen sind nach § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG verwaltungsbehördlich strafbar. Die auf Grundlage der Art 7 f der EG-Lebensmittelhygieneverordnung ausgearbeiteten Leitlinien für eine gute Hygienepraxis sind als ministerielle Erlässe unter www.bmgf.gv.at veröffentlicht und stellen nicht unmittelbar verbindliche Fachgutachten des ständigen Hygieneausschusses74 dar.
Die Verordnungsermächtigungen der §§ 11 bis 14 LMSVG dienen der Ergänzung des Gemeinschaftsrechts: • Die Verordnungen (EG) 2004/852 und 2004/853 gelten nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen bestimmter Erzeugnisse durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, welche die Erzeugnisse direkt an die Endverbraucher abgeben („Direktvermarktung“). § 11 LMSVG ermächtigt den BMGF zur Erlassung diesbezüglicher Hygienevorschriften im Verordnungswege. Die hierzu ergangene Lebensmittel-Direktvermarktungsverordnung enthält Hygienevorschriften für 70 71 72
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§ 5 Abs 3 LMSVG. § 9 Abs 1 LMSVG. Sowohl die Option der Zulassung „für bestimmte Lebensmittel“ durch Bescheid (§ 14 Abs 2 LMG 1975) als auch die unmittelbare Pflicht zur Kennzeichnung bestrahlter Lebensmittel (§ 14 Abs 1 LMG 1975) gehören nicht mehr dem Rechtsbestand an. Vgl die Rechtsprechungsnachweise bei A. Hauer, Lebensmittelrecht 174 f. § 78 LMSVG.
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wildlebende Fische, wildwachsende Pflanzen, Rohmilch, Rohrahm, Eier, erlegtes Wild sowie Geflügel und Kaninchenfleisch, das im Wege der Direktvermarktung abgegeben wird. Die EG-VO 2004/853 gilt, abgesehen von bestimmten Ausnahmen, nicht für den Einzelhandel75. Spezifische Hygieneanforderungen an Lebensmittel tierischen Ursprungs für Einzelhandelsunternehmen im Sinn von § 12 LMSVG enthält die Lebensmittel-Einzelhandelsverordnung76; die Verordnung bezieht sich auf Fleisch, Milch, Eier und Fisch. Die Lebensmittelhygiene-Anpassungsverordnung77 enthält Anpassungen bestimmter Lebensmittelhygienevorschriften der EG-Verordnung 2004/853 im Hinblick auf die weitere Anwendung traditioneller Methoden und strukturelle Anforderungen an die Betriebe78. Die auf § 14 Z 1 LMSVG gestützte Rohmilchverordnung regelt das Inverkehrbringen von Rohmilch und Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, sowie damit in Zusammenhang stehende Behandlungs- und Kennzeichnungsvorschriften.
2. Eintragung und Zulassung von Betrieben Art 6 der EG-Lebensmittelhygieneverordnung 2004/852 verpflichtet die Lebensmittelunternehmer, ihre Betriebe zu melden; damit sollen die amtlichen Hygienekontrollen erleichtert werden. Diese Meldung hat beim Landeshauptmann zu erfolgen79. Nach Art 4 der EG-Lebensmittelhygieneverordnung 2004/853, betreffend Lebensmittel tierischen Ursprungs, dürfen die dort genannten Betriebe ihre Tätigkeit erst nach Zulassung durch die zuständige staatliche Behörde, das ist in Österreich der Landeshauptmann80, aufnehmen81. Die Zulassung erfolgt nach den Regeln der Eintragungs- und Zulassungsverordnung82; demnach müssen für die bescheidmäßige Zulassung lediglich formale Antragskriterien erfüllt werden; die Zulassung ist allerdings zu entziehen, wenn einem lebensmittelpolizeilichen Auftrag nach § 39 LMSVG nicht Folge geleistet wird und die Entziehung zur Abwehr von gesundheitlichen Folgen für die Verbraucher oder zu deren Schutz vor nicht sicheren Waren erforderlich ist83. Das BMGF muss die Liste der zugelassenen Betriebe und die ihnen zugeordneten Kontrollnummern in geeigneter Weise veröffentlichen84.
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RV 797 BlgNR 22.GP 12. BGBl 2006 II/92. BGBl 2006 II/91. Betreffend Stallungen, Anlagen für das Reinigen, Waschen und Desinfizieren von Transportmitteln für Tiere, Zerlegungsräume, Desinfektion, Lagerung von vorläufig beanstandetem Fleisch und Temperaturanforderungen für Faschiertes. § 10 Abs 1 LMSVG. § 10 Abs 1 LMSVG. § 10 Abs 2 LMSVG enthält diesbezügliche Ausnahmen, mit Verordnung können weitere Betriebe in die Zulassungspflicht einbezogen werden. BGBl 2006 II/93. § 8 Eintragungs- und Zulassungsverordnung. § 10 Abs 6 LMSVG; siehe www.bmgf.gv.at.
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F. Die lebensmittelrechtliche Verantwortung des Lebensmittelunternehmers Die Lebensmittelunternehmer sind nicht nur zur Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften, sondern auch zur Eigenkontrolle verpflichtet85. Gegebenenfalls müssen sie - und zwar bereits aus eigener Veranlassung - gesundheitsschädliche oder für den Verzehr ungeeignete Lebensmittel vom Markt nehmen, die Verbraucher unterrichten und bereits gelieferte Produkte zurückrufen sowie die Behörden informieren86. Die Herkunft von Lebensmitteln muss rückverfolgt werden können, wozu die Lebensmittelunternehmer entsprechende Systeme und Verfahren einrichten müssen (Rückverfolgbarkeit)87.
IV. Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel A. Gebrauchsgegenstände „Gebrauchsgegenstände“ sind88 • Materialien und Gegenstände, „die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln unmittelbar oder mittelbar in Berührung zu kommen“89;90 • Materialien und Gegenstände, die bestimmungsgemäß oder vorhersehbar in Kontakt mit kosmetischen Mitteln kommen zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck als Umschließungen für die Verwendung von kosmetischen Mitteln zu dienen; • Gegenstände, die dazu bestimmt sind, ausschließlich oder überwiegend in Kontakt mit dem Mund oder der Mundschleimhaut von Kinder zu kommen; • Gegenstände, die bestimmungsgemäß äußerlich mit dem menschlichem Körper oder den Schleimhäuten in Berührung kommen zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck der Körperhygiene, sofern sie nicht kosmetische Mittel oder Medizinprodukte sind; • Spielzeug für Kinder bis zum vollendetem 14. Lebensjahr. 85 86 87 88 89
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Art 17 Abs 1 EG-VO 2002/178 und § 21 LMSVG. Näher Art 19 EG-VO 2002/178. Näher Art 18 EG-VO 2002/178 sowie § 22 LMSVG. § 3 Z 7 LMSVG iVm Art 1 Abs 1 EG-VO 2004/1935. Art 1 Abs 1 EG-VO 2004/1935. Nach der Präzisierung des Art 1 Abs 2 leg cit gilt diese Verordnung „für Materialien und Gegenstände, einschließlich aktiver und intelligenter Lebensmittelkontakt-Materialien und -Gegenstände …, die als Fertigerzeugnis dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen oder bereits mit Lebensmitteln in Berührung sind und dazu bestimmt sind, oder vernünftigerweise vorhersehen lassen, dass sie bei normaler oder vorhersehbarer Verwendung mit Lebensmitteln in Berührung kommen oder ihre Bestandteile an Lebensmittel abgeben.“ Nach Art 1 Abs 3 leg cit gilt diese Verordnung nicht für: Antiquitäten, Überzugs- und Beschichtungsmaterialien, wie Materialien zum Überziehen von Käserinden, Fleisch- und Wurstwaren oder Obst, die mit dem Lebensmittel ein Ganzes bilden und mit diesem verzehrt werden können, und ortsfeste, öffentliche oder private Wasserversorgungsanlagen. Der VwGH hat beispielsweise auch eine in einem Fleischereibetrieb verwendete Faschiermaschine dazu gezählt (VwSlg 14.930 A/1998).
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Gebrauchsgegenstände dürfen nach § 16 Abs 1 LMSVG bei Strafdrohung91 nicht in Verkehr gebracht werden, wenn sie • gesundheitsschädlich92 oder • für den bestimmungsgemäßen Gebrauch ungeeignet sind oder • bei bestimmungsgemäßem Gebrauch geeignet sind, Lebensmittel oder kosmetische Mittel nachteilig zu beeinflussen oder • Durchführungsverordnungen widersprechen. Auf der Verordnungsermächtigung des § 19 LMSVG93 beruhen zahlreiche, noch auf Grundlage des LMG 1975 ergangene Durchführungsverordnungen94. Auf Grundlage von § 18 Z 3 LMSVG können beispielsweise auch Packungshöchstgrenzen verfügt werden95. Die Verbote irreführender Angaben (§ 5 Abs 2 LMSVG) und krankheitsbezogener Angaben (§ 5 Abs 3 leg cit) gelten sinngemäß. Stoffe, die bisher (20. Jänner 2006) nicht für die Herstellung von Gebrauchsgegenständen (im Sinn von § 3 Z 7 lit a LMSVG) rechtmäßig Verwendung gefunden haben, dürfen für diese Zwecke nur nach behördlicher Zulassung und im Einklang mit dieser in Verkehr gebracht werden96. Über die Zulassung entscheidet die BMGF mit Bescheid nach Maßgabe von § 17 Abs 2 LMSVG.
B. Kosmetische Mittel Kosmetische Mittel sind Stoffe oder Zubereitungen, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den verschiedenen Teilen des Körpers (Haut, Behaarungssystem, Nägel, Lippen und intime Regionen) oder mit den Zähnen und den Schleimhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen, und zwar zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck, diese zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern oder den Körpergeruch zu beeinflussen oder um sie zu schützen oder in gutem Zustand zu halten (§ 3 Z 8 LMSVG)97, also beispiels91 92 93
94
95 96 97
§ 90 Abs 1 Z 3, Z 5 und Z 6 sowie § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG. Siehe § 5 Abs 5 Z 1 LMSVG. Der VfGH hegte gegen die Vorläuferbestimmung, nämlich § 29 LMG 1975 keine determinierungsrechtlichen Bedenken (VfSlg 11.056/1986). Diese Bestimmung räumte dem BMSG nach VfSlg 13.891/1994 einen „Entscheidungsspielraum“ ein, zu welchem der VfGH nur die „Plausibilität“ der Erwägungen der verordnungserlassenden Behörde prüfte (vgl abermals VfSlg 13.891/1994). Folgende Durchführungsverordnungen stützen sich ausschließlich oder zumindest in Teilen auf § 19 LMSVG: die SpielzeugluftballonVO (BGBl 1978/22), die Vorratsschutz- und SchädlingsbekämpfungsmittelVO (BGBl 1993/652 idgF), die KeramikVO (BGBl 1993/893 idgF), die MilchhygieneVO (BGBl 1993/897 idgF), die Zellglasfolien-VO (BGBl 1994/128 idgF), die SpielzeugVO (BGBl 1994/823 idgF), die Flaschen- und BeruhigungssaugerVO (BGBl 1995/104), die EiprodukteVO (BGBl 1996/527), die WeichmacherverbotsVOen (BGBl 1998 II/255 und BGBl 2000 II/111), die NickelVO (BGBl 2000 II/204 idgF), die TrinkwasserVO (BGBl 2001 II/304 idgF), die KunststoffVO 2003 (BGBl 2003 II/476 idgF) sowie die AzofarbstoffVO 2004 (BGBl 2004 II/320 idgF). Vgl VfSlg 13.891/1994. § 17 Abs 1 LMSVG. Nach § 1 Abs 3 Z 3 AMG sind kosmetische Mittel keine Arzneimittel, „sofern ihre Anwendung und Wirkung auf den Bereich der Haut und ihrer Anhangsgebilde und
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weise Zahnpasten und andere Zahnpflegemittel98, Insektenabwehrmittel zum Schutz der menschlichen Haut99, Franzbranntwein100 und Haarpflegemittel101. Kosmetische Mittel dürfen nach § 18 Abs 1 LMSVG bei Strafe102 nicht in Verkehr gebracht werden, wenn • sie gesundheitsschädlich sind, • ihre bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist oder • sie Durchführungsverordnungen103 widersprechen104. Auf Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 20 LMSVG stehen derzeit noch mehrere, bereits auf Grundlage des LMG 1975 ergangene Verordnungen in Geltung, nämlich die Kosmetikverordnung105, die Kosmetik-Analysenverordnung106 und die Kosmetik-Farbstoffverordnung107. Das Verbot von Angaben, die zur Irreführung geeignet sind (§ 5 Abs 2 LMSVG), gilt sinngemäß. Das Verbot krankheitsbezogener Angaben (§ 5 Abs 3 LMSVG) gilt mit der Einschränkung, dass krankheitsbezogene Angaben, die sich auf einen der Legaldefinition entsprechenden Verwendungszweck beziehen, zulässig sind108. Der ehemalige Zulassungsvorbehalt für pharmakologisch wirksame Stoffe109 wurde wegen gemeinschaftsrechtlicher Bedenken ebensowenig übernommen wie der frühere Zulassungsvorbehalt für gesundheitsbezogene Angaben110.
V. Nationales Verordnungsrecht A. Allgemeines Das LMSVG trägt wie bereits das LMG 1975 nach wie vor zu einem beträchtlichen Maße den Charakter eines „Rahmengesetzes“, das zahllose lebensmittel-
98 99 100 101 102 103 104
105 106 107 108
109 110
der Mundhöhle beschränkt sind“. Ein „Erkältungsbad“ hat der VwGH unlängst mit eingehender Begründung als Arzneimittel und nicht als kosmetisches Mittel qualifiziert (VwGH 29.1.2001, 97/10/0040). Vgl etwa OGH SZ 55/15 = ÖBl 1982, 39 ff; SZ 56/131 = ÖBl 1984, 22 ff; ÖBl 1986, 155 ff; ÖBl 1990, 23 f, WBl 1993, 58. Vgl OGH, ÖBl 1994, 121 ff mit eingehender Darstellung des Verhältnisses zum AMG. Vgl VwGH 29.10.1992, 92/10/0121; 20.6.1994, 92/10/0118. Im Gegensatz nämlich zu Haarwuchsmittel (OGH, ÖBl 1993, 68 ff). § 90 Abs 1 Z 4 und § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG. § 20 LMSVG. Ein eigenes Bundesgesetz verbietet (unter Vorbehalten) das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind (BGBl I 2004/122; Durchführungsverordnung: BGBl I 2005/361). BGBl 1999 II/375 idF BGBl 2000 II/285, 2003 II/338, 2005 II/68 und 2006 II/53. BGBl 1995/95 idF BGBl 1996/546 und 1997 II/383. BGBl 1995/416 idF BGBl 2005 II/360. § 18 Abs 2 2. Satz LMSVG. Zu der entsprechenden Vorgängerbestimmung wurden etwa die Hinweise „für gesunde Haut“ (VwGH 30.9.1992, 92/10/0095 = WBL 1993, 267) oder die Anpreisung „erhalten Sie die Gesundheit Ihrer Haut … sie bleibt länger jugendlich frisch … schenkt Vitalität und jugendliche Frische … die Haut bleibt jung und schön“ (VwGH 26.6.1995, 91/10/0165) für zulässig erachtet. § 27 Abs 3 LMG 1975. RV 797 BlgNR 22.GP, 12.
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rechtliche Details nicht selbst festlegt, sondern diesbezügliche Verordnungsermächtigungen enthält. Solche Verordnungsermächtigungen finden sich über das gesamte LMSVG verstreut111. Sie sind nur im geringen Maße und vielfach durch Allgemeinplätze (zB „zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung“) determiniert und räumen dem BMGF daher weitreichende Spielräume ein. Auf Grundlage dieser Verordnungsermächtigungen steht ein vielfältiges, in wesentlichen Teilen übergeleitetes112 Lebensmittelverordnungsrecht in Geltung, das zahllose Detailanforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel enthält.113
B. Im Besonderen Lebensmittelkennzeichnung Lebensmittelkennzeichnungsrechtliche Vorschriften enthalten bereits das unmittelbar anwendbare EG-Gemeinschaftsrecht114 sowie unter anderem die §§ 5 Abs 2 und 3 und andere Bestimmungen des LMSVG115. Daneben hat die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993116 beträchtliche praktische Bedeutung erlangt117. 111 112 113 114
115 116
117
Siehe die §§ 4, 6, 7, 15, 19, 20, 34, 50, 57 leg cit. Siehe § 98 Abs 1 LMSVG. Vgl die Auflistung der Verordnungen im Vorspann zu diesem Beitrag. Siehe etwa die Verordnung (EWG) Nr 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel, Abl L 198/1, die Verordnung (EG) Nr 608/2004 über die Etikettierung von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten mit Phytosterin-, Phytosterinester-, Phytostanol- und/oder Phytostanolesterzusatz, Abl L 97/44, die Verordnung (EG) Nr 509/2006 über die garantiert traditionellen Spezialitäten bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln, Abl L 93/1, sowie die Verordnung (EG) Nr 510/2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, Abl L 93/12. Das unmittelbar wirksame Verbot irreführender Angaben ist im weiteren Sinn ebenfalls eine lebensmittelkennzeichnungsrechtliche Vorschrift. BGBl 1993/72, zuletzt idF 2005 II/408. Sie erging auf Grundlage des § 19 Abs 1 LMG 1975 und steht mit Hinblick auf § 6 Abs 2 und § 98 Abs 1 LMSVG nach wie vor in Geltung. Daneben enthalten allerdings zahlreiche weitere lebensmittelrechtliche Durchführungsverordnungen neben anderen Vorschriften auch vereinzelte kennzeichnungsrechtliche Bestimmungen, zu nennen sind insbesondere folgende Verordnungen: Margarineerzeugnisse- und MischfetterzeugnisseVO (BGBl 1993/378), die MilchhygieneVO (BGBl 1993/897), die VO über tiefgeforene Lebensmittel (BGBl 1994/201), die ZusatzstoffkennzeichnungsVO (BGBl 1994/476), die VO über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (BGBl 1995/531), die ExtraktionslösungsmittelVO (BGBl 1995/642 idgF), die NährwertkennzeichnungsVO (BGBl 1995/896), die EiprodukteVO (BGBl 1996/527), die FarbstoffVO (BGBl 1996/541), die SüßungsmittelVO (BGBl 1996/547 idgF), die NährkaseineVO (BGBl 1996/548), die AromenVO (BGBl 1998 II/42), die VO über Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung (BGBl 1998 II/112), die BeikostVO (BGBl 1998 II/133), die Mineral- und QuellwasserVO (BGBl 1999 II/309), die VO über Kaffee- und Zichorienextrakte (BGBl 2000 II/391), die VO über diätische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (BGBl 2000 II/416), die ZuckerVO (BGBl 2003 II/472), die SchokoladeVO (BGBl 2003 II/628), die HonigVO, (BGBl 2004 II/40), die VO über bestimmte Sorten eingedickter Milch und Trockenmilch (BGBl 2004 II/45), die FruchtsaftVO (BGBl 2004 II/83) und die KonfitürenVO 2004 (BGBl 2004 II/367).
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Der VwGH118 sah einen wesentlichen Zweck der Lebensmittelkennzeichnungspflicht darin, „dem Letztverbraucher beim Kauf verpackter Waren Chancen der Warenprüfung einzuräumen, die denen des Erwerbers unverpackter Ware möglichst nahekommen“. Der Zweck des Lebensmittelkennzeichnungsrechtes erschöpft sich indes nicht bloß in dieser Zielsetzung119. Der OGH qualifiziert Normen des Lebensmittelkennzeichnungsrechtes nicht als wettbewerbsrechtlich neutrale Ordnungsvorschriften, sondern als dem Schutz (auch) des lauteren Wettbewerbs dienende Normen, deren Übertretung einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG bildet120. Die Verordnungsermächtigungen des § 32 Abs 1, 3 und 5 UWG, betreffend die Kennzeichnung von Waren, sind auf Lebensmittel nur insoweit anzuwenden, als durch Verordnung angeordnet werden kann, dass diese Waren nur in vorgeschriebenen Mengeneinheiten oder nur unter Ersichtlichmachung des Preises in Beziehung auf bestimmte Gewichts- und Mengeneinheiten feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden dürfen121.
VI. Die Vollziehung des unmittelbar anwendbaren EG-Lebensmittelrechts Das Lebensmittelrecht ist in zunehmendem Maße in unmittelbar anwendbaren (weder näher umsetzungsbedürftigen noch umsetzungsfähigen) EG-Verordnungen geregelt, deren Vollziehung den staatlichen Behörden obliegt und deren Beachtung den Bürgern, soweit sie Normadressaten sind, unmittelbar aufgetragen ist. Die in der Anlage zum LMSVG taxativ aufgezählten122 EG-Verordnungen sind im Rahmen des LMSVG zu vollziehen (§ 4 Abs 1 leg cit), wobei der BMGF diesbezügliche Durchführungsverordnungen erlassen kann und die Vollzugszuständigkeit im Übrigen zwischen dem BMGF und dem LH geteilt ist123. Zu den unmittelbar anwendbaren lebensmittelrechtlichen EG-Verordnungen zählen folgende: •
•
118 119 120 121
122 123
Die Verordnung (EG) Nr 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten hat insbesondere Lebensmittel, die genetisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, zum Gegenstand und unterwirft sie einem Genehmigungsvorbehalt sowie spezifischen Kennzeichnungspflichten. Die beiden neuen EG-Verordnungen 1829/2003 und 1830/2003 lösen die gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und daraus gewonnene Erzeugnisse aus der Gruppe der neuartigen Lebensmittel (Verordnung 258/1997). Die Verordnung
VwSlg 9952 A/1979, 10.849 A/1982. Vgl etwa jüngst auch OGH, ÖBl 1999, 19 (22): „Primus“. Vgl OGH SZ 49/70 = ÖBl 1976, 101 ff; WBl 1987, 163 f. Ausdrücklich § 32 Abs 6 UWG. Auf kosmetische Mittel und Gebrauchsgegenstände findet § 32 UWG hingegen Anwendung (vgl in diesem Zusammenhang neben anderen insbesondere die auf Grundlage des § 32 UWG ergangene Verordnung über die Kennzeichnung kosmetischer Mittel, BGBl 1993/891, die SpielzeugkennzeichnungsVO, BGBl 1994/1029, und Verordnung über die Kennzeichnung von Gebrauchsgegenständen, die für die Verwendung bei Lebensmitteln bestimmt sind, BGBl 2005 II/262). Der BMGF ist zur Aktualisierung der Anlage im Verordnungswege ermächtigt (§ 4 Abs 2 LMSVG); siehe dazu die Verordnung BGBl 2006 II/95. Näher § 4 Abs 4 und Abs 5 LMSVG.
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Hauer 1829/2003 regelt die Zulassung und Kennzeichnung, während sich die Verordnung 1830/2003 mit der Rückverfolgbarkeit von GVO und deren Produkten beschäftigt. Die Verordnung (EG) Nr 2377/90 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs sieht die Kategorisierung der in Tierarzneimitteln verwendeten pharmakologisch wirksamen Stoffe und gegebenenfalls die Festlegung von Höchstmengen für deren Rückstände (Anhänge I bis IV) vor und legt das diesbezügliche Verfahren fest. Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen von Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs aus anderen Mitgliedsstaaten nicht aus dem Grund der darin enthaltenen Tierarzneimittelrückstände unterbinden, sofern die Grenzwerte der Anhänge dieser Verordnung eingehalten werden. Die Verordnung (EG) Nr 315/93 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln verpflichtet ua zur möglichsten Vermeidung von Kontaminationen von Lebensmitteln und verbietet jedenfalls gesundheitsschädliche Kontaminationen. Für bestimmte Kontaminanten können nach einem eigenen Verfahren Höchstwerte festgelegt werden. Die Mitgliedsstaaten müssen kontaminierte Lebensmittel, die dieser Verordnung entsprechen, akzeptieren. Die Verordnung (EWG) Nr 1898/87 regelt, welche Erzeugnisse die Bezeichnungen "Milch" und ähnliche Bezeichnungen (Molke, Rahm etc) tragen dürfen, und die Verordnung (EG) Nr 2597/97 stellt einige Anforderungen an Konsummilch auf. Die Verordnung (EG) Nr 2991/94 über Streichfette begründet bestimmte Anforderungen an Streichfette und ihre Kennzeichnung. Die Verordnung (EWG) Nr 1576/89 regelt die Kategorien, die Bezeichnung und die Aufmachung von Spirituosen im Dienste der Qualitätssicherung in eingehender Weise. Die Verordnung (EG) Nr 2232/96 legt das Verfahren für die Zulassung chemisch definierter Aromastoffe sowie eine Liste der zulässigen Aromastoffe fest, die in der ganzen Europäischen Union gilt. Die Verordnung (EG) Nr 2065/2003 regelt die Herstellung, Zulassung und Verwendung von Raucharomen und sieht ein Verfahren vor, in dem die Europäische Kommission die sog Primärprodukte - Primärrauchkondensat und Primärteerphase - für die Herstellung von Raucharomen zulässt. Die zugelassenen Stoffe werden in einer Positivliste im Anhang der Verordnung vermerkt. Die Verordnung beschränkt sich auf die Kontrolle und Zulassung von Primärprodukten. Die Verordnung (EG) Nr 1760/2000 regelt im Titel II die obligatorische Rindfleischetikettierung (Abschnitt I) sowie die freiwillige Rindfleischetikettierung (Abschnitt II). Die Kennzeichnung trifft Rindfleisch - inklusive Saumfleisch und Nierenzapfen -, das frisch, gekühlt oder tiefgekühlt in Verkehr gebracht wird und zwar auf jeder Vermarktungsstufe, ungeachtet, ob es für den Konsumenten oder für die Verarbeitung bestimmt ist und ungeachtet der Betriebsgröße (einschließlich der landwirtschaftlichen Direktvermarktung). Verarbeitungsprodukte sowie gewürztes oder gesalzenes Rindfleisch sind vom Titel II der Verordnung 1760/2000 nicht betroffen. Unter „Etikettierung“ versteht die Verordnung die Anbringung eines Etiketts an ein einzelnes Stück oder mehrere Stücke Fleisch oder ihre Verpackung oder im Falle nicht vorverpackter Erzeugnisse schriftliche und deutlich sichtbare geeignete Angaben für den Verbraucher am Ort des Verkaufs. Die Verordnung (EG) Nr 608/2004 enthält Vorschriften über die Etikettierung von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten mit Phytosterin-, Phytosterinester-, Phytostanol- und/oder Phytostanolesterzusatz. Die Verordnung (EG) Nr 1935/2004 gilt für Materialien und Gegenstände, einschließlich aktiver und intelligenter Lebensmittelkontaktmaterialien, die als Fertig-
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erzeugnis dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen oder bereits mit Lebensmitteln in Berührung sind und dazu bestimmt sind oder vernünftigerweise vorhersehen lassen, dass sie bei normaler oder vorhersehbarer Verwendung mit Lebensmitteln in Berührung kommen oder ihre Bestandteile an Lebensmittel abgeben. Die Tiefkühlverordnung Nr 37/2005 betrifft die Temperaturüberwachung und -aufzeichnung in Beförderungsmitteln sowie Einlagerungs- und Lagereinrichtungen, die für tiefgefrorene Lebensmittel verwendet werden. Verordnung (EG) Nr 1895/2005 betreffend bestimmte Epoxyderivate regelt die Verwendung von Bisphenol-A-DiGlycidyl-Ether („BADGE“), Bisphenol-FDiGlycidyl-Ether („BFDGE“) und Novolac-Glycidylether („NOGE“) und einiger ihrer Derivate in Materialien und Gegenständen aus Kunststoff jeglicher Art, in mit Oberflächenbeschichtung versehenen Materialien und Gegenständen und in Klebstoffen, sofern diese dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und setzt spezifische Migrationsgrenzwerte fest. Die Verordnung (EG) Nr 852/2004 enthält allgemeine Lebensmittelhygienevorschriften für Lebensmittelunternehmer auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln. Neben wesentlichen Begriffsbestimmungen regelt sie ua das allgemeine Hygienegebot, wonach alle Lebensmittelunternehmer verpflichtet sind, in ihrem Verantwortungsbereich die Einhaltung der einschlägigen allgemeinen und spezifischen Hygienevorschriften zu gewährleisten, eine allgemeine Betriebsregistrierungspflicht sowie das Konzept und Verfahren für die Erarbeitung und Prüfung von branchenbezogenen nationalen oder gemeinschaftlichen freiwilligen "Leitlinien für eine gute Hygiene-Praxis". Desweiteren verpflichtet die Verordnung, die Gefahrenanalyse nach den Grundsätzen des HACCP-Konzeptes in allen Betrieben ausgenommen Lebensmittelunternehmer auf der Stufe der Primärproduktion durchzuführen. Ergänzend zu dieser allgemeinen Hygieneverordnung enthält die Verordnung Nr 853/2004 spezifische Hygienevorschriften für Betriebe, die Lebensmittel tierischen Ursprungs verarbeiten. Sie gilt für unverarbeitete Erzeugnisse und verarbeitete Erzeugnisse tierischen Ursprungs. Lebensmittel, die sowohl Erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs als auch Verarbeitungserzeugnisse tierischen Ursprungs enthalten, fallen nicht unter diese Verordnung. Ausgenommen aus dem Anwendungsbereich sind ebenfalls unter anderem grundsätzlich Einzelhandelsbetriebe (mit Ausnahmen) sowie die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch.
VII. Lebensmittelpolizeiliche Aufsicht A. Organisation Die Kontrolle der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften ist dem Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung zugewiesen124. Er ist dabei an den Revisions- und Probenplan des BMGF gebunden125. Der Landeshauptmann darf bestimmte Überwachungsaufgaben unter den Voraussetzungen des § 25 Abs 1 LMSVG mit Verordnung geeigneten Gemeinden zur
124 125
§ 24 Abs 1 LMSVG. Siehe aber zur Schlachttier- und Fleischuntersuchung im Bundesheer § 26 LMSVG. Näher § 31 LMSVG.
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Vollziehung im übertragenen, weisungsgebundenen Wirkungsbereich delegieren126. Der Landeshauptmann muss sich zur Erfüllung seiner Aufsichtspflichten besonders geschulter127 Aufsichtsorgane bedienen128, deren Einschreiten ihm auch regelmäßig zuzurechnen ist129. • Grundsätzlich muss der Landeshauptmann Aufsichtsorgane einsetzen, die in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen130. Für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung sowie für Hygienekontrollen von Schlacht-, Zerlegungs- und Wildbearbeitungsbetrieben müssen Tierärzte in einem solchen Dienstverhältnis verwendet werden131. • Bei Bedarf kann der Landeshauptmann auch Tierärzte, die in keinem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, verwenden132, allerdings nur für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, für Hygienekontrollen von Schlacht-, Zerlegungs- und Wildbearbeitungsbetrieben sowie für die Entnahme von Proben von lebenden Tieren133. Solche Tierärzte sind durch Bescheid nach § 28 LMSVG zu beauftragen (= beleihen). • Zur Unterstützung der amtlichen Tierärzte kann der Landeshauptmann amtliche Fachassistenten bei der Schlachttier- und Fleischuntersuchung und den Hygienekontrollen von Schlacht-, Zerlegungs- und Wildbearbeitungsbetrieben heranziehen („Fleischuntersucher“). Sie stehen entweder in einem Dienstverhältnis zur Gebietskörperschaft oder werden beliehen. • Die Zuordnung betriebseigener Hilfskräfte als Aufsichtsorgan zum zuständigen amtlichen Tierarzt kommt als Geflügelfleischuntersucher in Betracht134. • Schließlich darf der LH Tierärzte zur Schlachttieruntersuchung vor allem in landwirtschaftlichen Betrieben, zur Vornahme der Kontrollen in Milcherzeugungsbetrieben sowie zur Probenentnahme bei lebenden Tieren zur 126
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Vgl für St. Pölten und Wiener Neustadt die Verordnung NÖ-GSlg 9490/01, für Linz, Steyr und Wels OÖ LGBl 1976/12, für Klagenfurt und Villach Ktn LGBl 1975/98, für Innsbruck Tir LGBl 1975/56 und für Graz Stmk LGBl 1982/17. Die Aus- und Fortbildung regelt § 29 LMSVG samt Verordnungsermächtigung (siehe derzeit die Verordnung über die Ausbildung von Aufsichtsorganen, BGBl 1983/397). Das „Ausbildungsgesetz Verbrauchergesundheit - AGVG“, BGBl I 2005/129, richtet einen „Ausbildungsbeirat Verbrauchergesundheit“ beim BMGF ein, der der geringen Koordination bei der Aus- und Weiterbildung von amtlichen Kontrollorganen in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Futtermittelkontrolle, Veterinärwesen und Tierschutz Abhilfe verschaffen soll. Die gleichgelagerte Vorgängerregelung des § 35 Abs 2 LMG 1975 hatte nach VfSlg 8466/1988 (= ÖJZ 1979, 501, = ÖZW 1979, 58 mAnm Laurer = JBl 1980, 252) keine Frage der Behördenorganisation (in Sonderheit des Amtes der Landesregierung) zum Gegenstand, sondern die materielle Frage der Überwachung des Lebensmittelverkehrs und widersprach daher nicht der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung. Vgl VfSlg 8471/1978, 9020/1981. Ihre Bestellung ist durch einen „entsprechenden Bestellungsakt kundzutun“, was nach den Absichten des Gesetzgebers nicht zwangsläufig ein Bescheid sein muss. § 24 Abs 3 LMSVG. § 24 Abs 4 LMSVG. RV 797 BlgNR 22.GP, 13. § 24 Abs 6 LMSVG iVm Art 5 Z 6 EG-VO 2004/854 (theoretisch auch in Bezug auf Kaninchenfleisch); RV 797 BlgNR 22.GP 13.
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Rückstandsuntersuchung mit Bescheid beleihen135, die allerdings nicht als „amtliche“ Tierärzte, sondern nur als „zugelassene“ Tierärzte gelten136. Die Kontrolle der Einhaltung der EG-Verordnungen zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und betreffend Bescheinigungen besonderer Merkmale von Agrarerzeugnissen erfolgt durch private Kontrollstellen, die der behördlichen Zulassung bedürfen und mit Hoheitsgewalt beliehen sind137.
B. Ausführung 1. Planmäßigkeit Die amtlichen Kontrollen sind planmäßig durchzuführen138. Ein mehrjähriger integrierter Kontrollplan139 soll Vorgehensweisen und Prioritäten der Kontrollen darstellen und ist an die Europäische Kommission zu übermitteln. Im Rahmen dieses Kontrollplanes erlässt der BMGF jährlich einen Revision- und Probenplan140, bei dem es sich um eine interne Anweisung an den Landeshauptmann als Kontrollbehörde handelt, aus der die der Aufsicht unterliegenden Unternehmen keine Rechte ableiten können. Ein Notfallplan141 des BMGF142 enthält die durchzuführenden Maßnahmen, „wenn eine Ware ein ernstes Risiko für die Gesundheit des Verbrauchers darstellt“.
2. Instrumente der Kontrolle und zur unmittelbaren Gefahrenabwehr Die §§ 35 ff LMSVG vermengen Kontrollbefugnisse (insbesondere zur Probennahme) mit gefahrenpolizeilichen Ermächtigungen (im Besonderen § 39 leg cit), die Beschlagnahmebefugnis hat gemischten Charakter; näherhin sind hervorzuheben: • Die Aufsichtsorgane des Landeshauptmannes sind zu Nachforschungen aller Art befugt und dürfen zu diesem Zweck insbesondere Grundstücke, Gebäude und Transportmittel betreten, Personen befragen, Geschäftsunterlagen einsehen und Proben entnehmen143. Die Unternehmer müssen die Kontrollen dulden144. Die Aufsichtsorgane, die sich gegebenenfalls ausweisen müssen, dürfen die Kontrolle erzwingen und erforderlichenfalls hiezu die Unterstützung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes 135 136 137 138
139 140 141 142 143 144
§ 27 Abs 1 LMSVG. RV 797 BlgNR 22.GP 14. § 45 LMSVG. Die Lebensmittelüberwachung dient dem Schutz der Konsumenten vor gesundheitlicher Gefährdung und vor Irreführung, hingegen nicht der Sicherung der Beweislage dessen, der Lebensmittel in Verkehr bringt, in einem späteren Gewährleistungsprozess gegen seinen Lieferanten (OGH SZ 57/149 = EvBl 1985/21). Er ist auf Grundlage der Art 41 f EG-VO 2004/882 vom BMGF zu erstellen (§ 30 Abs 1 LMSVG). § 31 LMSVG. Art 13 EG-VO 2004/882. § 32 LMSVG. Näher § 35 LMSVG. Näher § 38 LMSVG.
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anfordern145. Kontrollen sind in der Regel nur nach Vorankündigung und während der Geschäfts- oder Betriebszeiten sowie unter Vermeidung der Störung des Geschäftsbetriebes durchzuführen146. Die wichtigste Überwachungsbefugnis ist die Befugnis zur Entnahme von Warenproben147. Die Probennahme kann erforderlichenfalls erzwungen werden148. Art und Ausmaß der Warenproben sind nach den Umständen des Einzelfalles im Hinblick auf die vorzunehmende Untersuchung149 zu bestimmen150. Gegenproben sollen dem Lebensmittelunternehmer gegebenenfalls Kontrolluntersuchungen ermöglichen151. Von den Kontrollproben nach § 36 sind Monitorproben nach § 37 LMSVG zu unterscheiden152. § 39 ermächtigt der LH zur Verfügung gefahren- oder ordnungspolizeiliche Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikominderung (wie insbesondere Verbote des Inverkehrbringens, Betriebsschließungen, Anordnungen unschädlicher Beseitigung, der Rücknahme vom Markt oder des Rückrufes vom Verbraucher), jeweils auf Kosten des Unternehmers. Maßnahmen sind regelmäßig mit Bescheid zu verfügen, dem eine Aufforderung zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes per Verfahrensanordnung durch das Aufsichtsorgan vorangehen kann; bei Gefahr im Verzug sind Aufsichtsorgane auch ermächtigt vorläufig verfahrensfreie Anordnungen zu treffen. § 35 Abs 6 LMSVG. Der VwGH (27.11.1995, 93/10/0238 = WBl 1997, 88) hat zu § 37 Abs 4 LMG 1975 erkannt, dass bloß vermeidbare Störungen zu unterbleiben haben, wobei eine „Störung des Geschäftsbetriebes“ nicht schon dann vorliegt, wenn Kunden auf Bedienung warten müssen, zumal das Gesetz die Kontrolle auf die Geschäfts- oder Betriebszeiten legt. § 35 Abs 4 LMSVG gibt keinen Rechtfertigungsgrund zur Verweigerung des Zutritts zu Betriebsstätten (vgl abermals VwGH 27.11.1995, 93/10/0238). Siehe zum weiten Warenbegriff § 3 Z 14 LMSVG, weshalb nach VwSlg 14.930 A/1998 auch „Proben“ von Geräten, die zur Herstellung von Lebensmittel eingesetzt werden (wie etwa Teile einer Faschiermaschine) genommen werden können. Siehe § 35 Abs 2 Z 4 und Abs 6 LMSVG. Die Entnahme von Warenproben gilt als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (VfSlg 9020/1981) und greift in die verfassungsgesetzliche Garantie der Unversehrtheit des Eigentums ein (VfSlg 8471/1978, 9020/1981), ist aber durch dessen Vorbehalt im Allgemeinen gedeckt. Die entnommene amtliche Probe ist dem örtlich zuständigen Institut für Lebensmitteluntersuchung (FN 179) oder der örtlich zuständigen Untersuchungsanstalt der Länder (FN 183) zu übermitteln (§ 36 Abs 9 LMSVG). Vgl in diesem Sinn ausdrücklich VfSlg 8471/1978 in Beantwortung determinierungsrechtlicher Bedenken (siehe bestätigend VfSlg 9020/1981 und OGH SZ 57/149). Daher kann die Probennahme von zwei mal acht Kilogramm Beinschinken nach den Umständen gerechtfertigt sein (VfSlg 8471/1978), vgl zur Probennahme einer gesamten Hühnerlieferung VfSlg 9020/1981. Näher § 36 LMSVG passim und zu Hintergründen der Verdoppelung der Gegenprobe EuGH 10.04.2003 Rs C-276/01, Slg 2003, I-3735, sowie dazu RV 797 BlgNR 20.GP 15. Sie dienen nicht der Überwachung eines einzelnen Lebensmittelunternehmens, weshalb auch keine Gegenproben anzulegen sind, sondern der Informationserhebung über den Markt; sie sind nicht unmittelbar Anlass gefahrenpolizeilicher Maßnahmen, lösen aber wohl gegebenenfalls Anzeigen an die Aufsichtsorgane aus.
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Aufsichtsorgane haben gesundheitsschädliche Waren153 vorläufig in Beschlag zu nehmen154. Die vorläufige Beschlagnahme erlischt ex lege, wenn nicht binnen vier Wochen ein strafgerichtlicher Beschlagnahmebefehl oder ein verwaltungsstrafbehördlicher Beschlagnahmebescheid ergeht. Die beschlagnahmten Waren verbleiben zwar im Betrieb155, dürfen vom Unternehmer aber bei Strafe nicht verwendet werden156. • Hoheitliche Warnungen der Öffentlichkeit vor dem Verbrauch von Waren muss der BMGF bei begründetem Verdacht der Gemeingefährdung herausgeben, wenn also Waren wahrscheinlich gesundheitsschädlich sind und dadurch eine größere Bevölkerungsgruppe gefährdet wird157. Der jährliche Trinkwasserbericht der BMGF dient der gefahrenunabhängigen Information der Verbraucher158.
3. Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung im Besonderen In Nachfolge des Fleischuntersuchungsgesetzes, das durch § 95 Abs 6 LMSVG aufgehoben worden ist, regelt § 53 leg cit in Verbindung mit der EG-VO 2004/854 sowie mit der Fleischuntersuchungsverordnung 2006159 die Schlachttieruntersuchung (= Untersuchung vor der Schlachtung) und die Fleischuntersuchung (= Untersuchung nach der Schlachtung) insbesondere in Bezug auf Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen etc durch amtliche Tierärzte des Landeshauptmannes auf dessen Genusstauglichkeit. Die amtlichen Tierärzte führen auch die Hygienekontrollen in Schlacht-, Zerlegungs- und Wildbearbeitungsbetrieben nach den Kriterien der EG-VO 2004/854 durch.
4. Rückstandskontrollen von Lebensmitteln tierischer Herkunft im Besonderen Lebensmittel tierischer Herkunft sind stichprobenweise auf Rückstände von Stoffen mit anaboler Wirkung, Tierarzneimitteln sowie anderen Stoffen, welche die menschliche Gesundheit gefährden könnten und auf Umweltkontaminanten zu untersuchen160. Näheres regelt die Rückstandskontrollverordnung 2006161. Wenn unzulässige Rückstände festgestellt werden, muss der Landeshauptmann erforderlichenfalls den Tierbestand mit Bescheid sperren lassen162.
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Wenn einer behördlich angeordneten Maßnahme gemäß § 39 nicht fristgerecht Folge geleistet wird auch, wenn dies zum Schutz der Verbraucher vor nicht sicheren Waren erforderlich ist. Dabei handelt es sich um Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (vgl VfSlg 8466/1978 sinngemäß). Die selbständige Bekämpfung solcher Akte wird auch durch die nachträgliche Erlassung von Beschlagnahmeverfügungen nach § 41 Abs 3 LMSVG nicht berührt (siehe abermals VfSlg 8466/1978). § 41 Abs 6 LMSVG. § 271 StGB. § 43 LMSVG. Näher § 44 LMSVG. BGBl 2006 II/109. Näher §§ 56 ff LMSVG. BGBl 2006 II/110. § 58 LMSVG.
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Tiere, die vorschriftswidrig behandelt worden sind (im Besonderen mit nicht zugelassenen Stoffen oder Erzeugnissen), sind zu töten163.
VIII. Zwischenstaatlicher Lebensmittelverkehr A. Innergemeinschaftlicher Lebensmittelverkehr Im innergemeinschaftlichen Lebensmittelverkehr gilt die Warenverkehrsfreiheit (Art 28 EGV)164. Lebensmittelpolizeiliche Grenzkontrollen finden nicht statt. Lebensmittelkontrollen erfolgen nach allgemeinen Regeln in den Bestimmungsbetrieben165. Wenn Lebensmittel tierischer Herkunft aus anderen EU-Staaten gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften verstoßen, kann unter anderem die Rücksendung in den Versenderstaat angeordnet werden166.
B. Lebensmittelverkehr mit Drittstaaten 1. Einfuhr Lebensmittel, die in die Gemeinschaft eingeführt werden sollen, müssen prinzipiell den lebensmittelrechtlichen Vorschriften der Gemeinschaft entsprechen167. § 46 LMSVG verzahnt die lebensmittelpolizeiliche Einfuhrkontrolle mit der zollamtlichen Kontrolle. Bei nach Gemeinschaftsrecht intensiver zu kontrollierenden Waren müssen die Unternehmer die Zollbehörden und den Landeshauptmann vorab über Art und Ankunftszeit der Sendung informieren168. Ergibt sich bei der Einfuhr (unter anderem) der Verdacht eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften sind die Waren bis zur entgültigen behördlichen Entscheidung unter amtliche Aufsicht zu stellen169. Besonderes gilt für Lebensmittel tierischer Herkunft: hier entscheiden die Grenztierärzte an den veterinärbehördlichen Grenzkontrollstellen nach Untersuchung der Tiere über die Zulassung der Einfuhr170.
2. Ausfuhr Nach Art 12 EG-VO 2002/178 müssen Lebensmittel, die in Drittstaaten ausgeführt werden sollen, • entweder den gemeinschaftsrechtlichen Lebensmittelvorschriften entsprechen • oder den Vorschriften des Bestimmungslandes entsprechen171. 163 164 165 166 167 168 169 170
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Näher § 59 LMSVG. Siehe näher bereits oben I.C.1. Siehe § 49 Abs 5 LMSVG mit Bezug auf Lebensmittel tierische Herkunft. § 49 Abs 6 LMSVG. Art 12 EG-VO 2002/178. § 47 Abs 1 LMSVG. Näher § 48 LMSVG. Näher § 49 LMSVG. Siehe auch die Veterinärbehördliche Einfuhr- und Binnenmarktverordnung 2001 (EBVO 2001), BGBl 2001 II/355, BGBl 2004 II/266 und 2006 II/129. Diese Bestimmungslandrechtskonformität hat der Unternehmer zu dokumentieren (§ 52 Abs 2 LMSVG).
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Bei fehlender Konformität der auszuführenden Ware muss die zuständigen Behörde des Bestimmungslandes der Einfuhr zustimmen172. • Gesundheitsschädliche Lebensmittel dürfen keinesfalls ausgeführt werden. Die in § 51 LMSVG vorgesehene „Ausfuhrberechtigung“ ist eine Art Bestätigung, dass die betrieblichen Einrichtungen und die Produktionsweisen des Lebensmittelunternehmers den Anforderungen des Bestimmungslandes entsprechen, und wird dem Lebensmittelunternehmer über dessen Antrag und in seinem Interesse mit Bescheid erteilt.173
IX. Lebensmitteluntersuchungsanstalten und Lebensmittelgutachter A. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Die „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“174 ist ungeachtet ihrer Benennung keine Behörde im Sinne der österreichischen Rechtsdogmatik, also eine mit Hoheitsgewalt ausgestattete Organisationseinheit, sondern ein beratender Apparat, der vor allem wissenschaftliche Expertise zur Verfügung stellen soll175. In diesem Sinn hat sie im Detail insbesondere folgende Aufgaben: die Erstellung wissenschaftlicher Gutachten im Dienste der EG und der Mitgliedsstaaten, die wissenschaftliche und technische Unterstützung der Kommission, die Vergabe wissenschaftlicher Studien, die Identifizierung und Beschreibung neu auftretender Risken und die Vernetzung mit gleichartigen Organisationen
B. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (= „Agentur“ = AGES)176 hat unter anderem die Aufgabe der Untersuchung und Begutachtung von Lebensmittelproben177. Sie ist (unter anderem) an die Stelle der ehemaligen Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung getreten178. Der örtliche Zuständigkeitsbereich der einzelnen Institute für Lebensmitteluntersuchung dieser Agentur zur Übernahme von amtlichen Proben gemäß § 36 Abs 9 LMSVG ist in der Verordnung BGBl II 2006/209 festgesetzt179. Die Labors der 172 173 174
175 176 177 178 179
Die Zustimmung muss der Unternehmer einholen (§ 52 Abs 3 LMSVG). Näher § 51 LMSVG. Die Behörde, die durch die Art 22 ff EG-VO 2002/178 eingerichtet und mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist (Art 46 leg cit), hat ihren Sitz in Parma und tritt im Internet unter www.efsa.europa.eu auf. Ihre Organe sind ein Verwaltungsrat, ein geschäftsführender Direktor, ein Beirat sowie ein wissenschaftlicher Ausschuss mit wissenschaftlichen Gremien. Art 22 Abs 2 und Art 23 leg cit. Siehe dazu näher das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz - GESG, BGBl 2002 I/63, zuletzt idF BGBl 2005 I/153. Internet: www.ages.at. § 65 Abs 1 LMSVG, § 8 Abs 2 Z 6 GESG. Vgl § 17 Abs 1 und § 18 Abs 1 GESG. Institut für Lebensmitteluntersuchung Graz: Steiermark, Kärnten, politische Bezirke Oberwart, Güssing und Jennersdorf; Institut für Lebensmitteluntersuchung Inns-
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Agentur müssen für lebensmittelrechtliche Untersuchungen akkreditiert sein180. Wenn die Agentur bei ihrer Tätigkeit zur begründeten Auffassung gelangt, dass der Verdacht der Verletzung von lebensmittelrechtlichen Vorschriften gegeben ist, muss sie das in ihrem Gutachten feststellen und der zuständigen Behörde Miteilung erstatten181. Die Pflicht zur Tragung der Kosten der Untersuchung und Begutachtung ist in § 71 LMSVG differenzierend geregelt182.
C. Untersuchungsanstalten der Länder Untersuchungsanstalten der Länder, die Aufgaben wie die AGES besorgen wollen, bedürfen der Bewilligung des BMGF183.
D. Private Lebensmittelgutachter Private Lebensmittelgutachter benötigen eine Bewilligung des BMGF184. Das Fehlen dieser Bewilligung berechtigt Behörden allerdings noch nicht, Gutachten von vornherein nicht anzuerkennen und im Verfahren nicht zu berücksichtigen185.
X. Das österreichische Lebensmittelbuch Das Österreichische Lebensmittelbuch (ÖLMB - Codex Alimentarius Austriacus) ist eine Verlautbarung von Sachbezeichnungen, Begriffsbestimmungen, Untersuchungsmethoden und Beurteilungsgrundsätzen sowie von Richtlinien für das Inverkehrbringen von Waren, die dem LMSVG unterliegen186. Es wird vom BMGF herausgegeben und von der Kodexkommission
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bruck: Tirol und Vorarlberg; Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz: Oberösterreich; Institut für Lebensmitteluntersuchung Salzburg: Land Salzburg; Institut für Lebensmitteluntersuchung Wien: Wien, Niederösterreich und Burgenland (ausgenommen politische Bezirke Oberwart, Güssing und Jennersdorf). § 68 Abs 2 LMSVG. Die gebotene fachliche Qualifikation des Gutachterpersonals regelt § 70 LMSVG sowie die Verordnung BGBl 1997 II/161. § 69 LMSVG. Siehe zur Diskussion zur Heranziehung der anzeigenden Untersuchungsanstalt bzw ihrer Bediensteter als Sachverständige in einem nachfolgenden Strafverfahren VfSlg 10.701/1985 = ÖZW 1981, 61 mAnm Barfuß; dann EGMR im Fall Bönisch EuGRZ 1986, 127; zum Sachverständigenbeweis; VwGH 9.11.1992, 92/10/0045; 31.5.1999, 98/10/0008; zur Befangenheitsfrage siehe VwSlg 9848 A/1979. Siehe zur Kostenhöhe die Gebührentarifverordnung BGBl 1989/189, zuletzt idF BGBl 2006 I/13. Näher § 72 LMSVG. Kärnten, Vorarlberg und Wien haben Lebensmitteluntersuchungsanstalten eingerichtet. Näher § 73 LMSVG. Die Liste der Lebensmittelgutachter ist im Sinn von § 74 LMSVG unter www.bmgf.gv.at veröffentlicht. Die (bescheidmäßige) Verweigerung einer Bewilligung greift in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsfreiheit ein (VfSlg 12.578/1990, vgl dazu auch ecolex 1991, 289). Vor dem Hintergrund der verfassungsgesetzlich garantierten Berufsausbildungsfreiheit (Art 18 StGG) muss das Berufsausbildungserfordernis einer praktischen Untersuchungstätigkeit an allen dafür geeigneten Einrichtungen absolviert werden können (näher VfSlg 12.578/1990). VwGH 26.11.1990, 90/10/0127. § 76 LMSVG.
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vorbereitet187. Das ÖLMB ist nach hA selbst keine Verordnung188, sondern vielmehr „Ausdruck der Auffassung der am Lebensmittelverkehr interessierten Geschäftskreise“189 und enthält „zur allgemeinen Kenntnis gebrachte Erfahrungswerte“190. Es trägt daher den „Charakter eines subjektivierten Sachverständigengutachtens, das widerlegbar die konkrete Verbrauchererwartung wiedergibt“191. Das ÖLMB trägt also „nicht den Charakter einer Rechtsverordnung, sondern eines objektivierten, als Beweismittel besonderer Art zu würdigenden, jedoch keineswegs unwiderlegbaren Sachverständigengutachtens, welches die Meinung der am Verkehr mit Lebensmitteln beteiligten Kreise (Erzeuger, Händler und Verbraucher) und auch die der Behörde wiederspiegelt und damit insbesondere auch die konkrete Verbrauchererwartung wiedergibt“192.
XI. Lebensmittelstrafrecht Die §§ 81 ff LMSVG bilden die Grundlage des gerichtlichen und des verwaltungsbehördlichen Lebensmittelstrafrechtes, das für die Praxis beträchtliche Bedeutung hat193.
A. Justizstrafrecht Gerichtlich194 strafbar macht sich, wer gesundheitsschädliche Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände oder kosmetische Mittel - sei es vorsätzlich195, sei es fahrlässig196 - in Verkehr bringt. Weiters macht sich gerichtlich strafbar, wer der Fleischuntersuchungspflicht zuwider handelt197. Die den Gegenstand gerichtlich strafbarer Handlungen bildenden Waren sind regelmäßig einzuziehen (§ 83 LMSVG). Bei wiederholter Begehung kann dem Täter auch die Ausübung seines Gewerbes untersagt (§ 84 LMSVG) und auf die Veröffentlichung des Unterteilsspruchs erkannt (§ 85 LMSVG) werden. Der Unternehmer haftet nach Maßgabe des § 86 leg cit für Geldstrafen etc, zu deren Zahlungen Arbeitnehmer oder Beauftragte seines Betriebes wegen gerichtlich strafbarer Handlungen des Lebensmittelstrafrechtes verurteilt worden sind. 187 188
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Siehe zur Zusammensetzung der Kodexkommission § 77 LMSVG sowie zur FAO/WHO Codex Alimentarius-Kommission (WECO) § 80 leg cit. Vgl nur etwa VfSlg 10.224/ 1984 (= ÖJZ 1985, 700), VfSlg 12.396/1990, 13.107/1992 (= ÖJZ 1993, 175 f); VwSlg 11.428 A/1984, OGH SSt 52/33 = EvBl 1981/214, OGH EvBl 1984/164. VfSlg 8903/1980. VfSlg 12.396/1990, 13.107/1992. So VwGH 20.6.1994, 92/10/0118. Vgl etwa OGH SSt 52/33 = EvBl 1981/214, dann OGH EvBl 1984/164; ÖBl 1985, 156 ff; ÖBl 1990, 200 ff; ÖBl 1991, 232 ff, jeweils unter Bezugnahme auf Judikatur bzw Literatur. Vgl auch die Referate und Beiträge zur Tagung der ÖJK 1982 zum Thema „Probleme des Lebensmittelrechts“. Vgl zur örtlichen Zuständigkeit der Strafbezirksgerichte § 88 LMSVG. § 81 Abs 1 LMSVG. § 82 Abs 1 LMSVG. Näher § 81 Abs 3 und § 82 Abs 2 LMSVG.
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B. Verwaltungsstrafrecht Die Verwaltungsstraftatbestände in Lebensmittelsachen sind in den §§ 90 ff LMSVG in zahlreichen Verästelungen geregelt198. Beträchtliche praktische Bedeutung hatten in der Vergangenheit insbesondere die Verwaltungsstraftatbestände des Inverkehrbringens wertgeminderter Lebensmittel (nunmehr § 90 Abs 1 Z 2 LMSVG)199, der Zuwiderhandlung gegen Kennzeichnungsvorschriften in Verordnungen (§ 90 Abs 3 Z 2 leg cit)200 und des Verstoßes gegen das Hygienegebot201. Zuwiderhandlungen gegen das in der Anlage zum LMSVG aufgelistete, unmittelbar anwendbare Verordnungsrecht der EG sind nach § 90 Abs 3 Z 1 leg cit verwaltungsbehördlich strafbar. Die Verfolgungsverjährungsfrist ist bei den meisten Verwaltungsübertretungen auf ein Jahr verlängert (§ 90 Abs 7 LMSVG). Die Verfallstrafe ist vorgesehen202 ebenso wie die Veröffentlichung des Straferkenntnisses203. Besondere praktische Bedeutung haben die Fragen um die Verantwortung des Betriebsinhabers, der nach außen zur Vertretung berufenen Person oder eines verantwortli-
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Regelmäßig auftauchende Probleme des Verwaltungsstrafrechtes in Lebensmittelsachen betreffen die Frage nach der gehörig präzisen Umschreibung der Tat im Bescheidspruch (vgl hiezu etwa VwGH 17. 2. 1997, 95/10/0228; 26. 5. 1997, 93/10/0084; 26. 5. 1997, 94/10/0075; 11. 5. 1998, 97/10/0250), im besonderen auch was die gebotene nähere Umschreibung der Art des Inverkehrbringens anlangt (vgl hiezu etwa VwGH 17. 3. 1997, 93/10/0066; 11. 5. 1998, 97/10/0250; 18. 10. 1999, 98/10/0004). Die Umschreibung der Tat durch einen Verweis auf das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung kann nach den Umständen aber ausreichen (VwGH 29. 3. 1995, 90/10/0147 = WBl 1996, 171). Eine Beeinflussung der Waren durch den Inverkehrbringer gehört nicht zum Tatbestand (so VwGH 22. 3. 1993, 92/10/0096). Es handelt sich um ein Begehungsdelikt (VwSlg 14.262 A/1995). Vgl zur gehörigen Konkretisierung der Tat etwa VwGH 17. 2. 1997, 95/10/0228; 26. 5. 1997, 93/10/0084; 26. 5. 1997, 94/10/0075. Die Zuwiderhandlung gegen die Kennzeichnungspflichten der LMKV stellt ein Unterlassungsdelikt dar (etwa VwGH 30. 6. 1997, 97/10/0045; 20. 9. 1999, 97/10/0011). Ehedem § 20 LMG 1975, nunmehr § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG iVm den einschlägigen EG-Lebensmittelhygieneverordnungen. Zu § 20 LMG 1975 hielt der VwGH unter anderem folgendes fest: Bei dieser Verwaltungsübertretung handelte es sich nach der Rechtsprechung des VwGH um ein „abstraktes Gefährdungsdelikt“ (vgl etwa VwSlg 10.998 A/1983 (nur Rechtssatz), VwGH 26. 1. 1998, 97/10/0156; 15. 11. 1999, 96/10/0188), um ein „Ungehorsamdelikt“ im Sinne des § 5 Abs 1 VStG (vgl etwa VwSlg 10.997 A/1983, 10.998 A/1983 (jeweils nur Rechtssatz), VwGH 27. 11. 1995, 93/10/0100; 29. 1. 1996, 92/10/0449) und um ein „Unterlassungsdelikt“ (vgl etwa VwSlg 10.998 A/1983 (nur Rechtssatz), VwSlg 13.310 A/1990). Demnach war zur Konkretisierung des Tatvorwurfes (§ 44a Z 1 VStG) „die individualisierte Beschreibung jener Handlungen im Spruch des Bescheides erforderlich, die der Täter hätte setzen müssen“ (VwSlg 10.998 A/1983, 13.310 A/1990; VwGH 11. 11. 1991, 91/10/0026). Der Tatort liegt dabei grundsätzlich dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen, was im Falle der Verantwortlichkeit des Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft der Ort des Sitzes der Unternehmensleitung ist (VwGH 26. 2. 1996, 95/10/0240). § 90 Abs 8 iVm § 83 sowie § 92 LMSVG. § 90 Abs 8 iVm § 85 LMSVG.
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chen Beauftragten für das gesamte Geschehen im Betrieb204. Der VwGH konzediert, dass „die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung nicht zuläßt, daß sich der Unternehmer (Arbeitgeber, strafrechtlich Verantwortliche) aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt; es muß ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf mögliche und zumutbare Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Dabei trifft ihn jedoch die Obliegenheit, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, daß seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im einzelnen darzulegen hat. Davon, daß der Verantwortliche das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft gemacht hätte, kann nur gesprochen werden, wenn konkret dargelegt wird, in welcher Weise im Unternehmen sichergestellt wird, daß Verletzungen der in Rede stehenden Vorschriften vermieden bzw Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden; insbesondere ist darzulegen, auf welche Weise der Verantwortliche seiner Verpflichtung zur Überwachung der von ihm beauftragten Personen nachgekommen ist und wieso er dessen ungeachtet die in Rede stehende Übertretung nicht verhindern konnte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen genügt den dargelegten Anforderungen nicht“205.
XII. Zusammenhänge Das Lebensmittelrecht weist mit zahlreichen weiteren Rechtsmaterien Berührungspunkte und Überschneidungen auf; hingewiesen sei auf folgende Regelungen: • Für die Lebensmittel Wein und Obstwein gilt das WeinG 1999206, das insbesondere die Herstellung, die Bezeichnung und Aufmachung und die verwaltungspolizeiliche Kontrolle einer eingehenden Regelung unterzieht207. • § 38 StrahlenschutzG, BGBl 1969/227, verpflichtet den Landeshauptmann die erforderlichen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen zu treffen, wenn die Strahlungsintensität auf Grund radioaktiver Verunreinigung (etwa auch eines Unfalles in einem AKW) ein Ausmaß übersteigt, bei dem die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft besteht; in Betracht kommen insb Beschränkungen des Verkehrs mit Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Produkten und der Wasserbenützung208.
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Vgl aus der Rechtsprechung insbesondere VwSlg 14.300 A/1995, VwGH 27. 11. 1995, 93/10/0100; 27. 11. 1995, 93/10/0186; 29. 1. 1996, 92/10/0449; 26. 2. 1996, 92/10/0446; 26. 1. 1998, 97/10/0156; 26. 4. 1999, 99/10/0008. Vgl etwa VwGH 27. 11. 1995, 93/10/0186, 29. 1. 1996, 92/10/0449. BGBl I 1999/141, zuletzt idF BGBl I 2005/87. Siehe hiezu näher Brustbauer/Mraz, Das österreichische Weingesetz und seine praktische Anwendung (Loseblattausgabe). Vgl zum Verhältnis des § 38 StrahlenschutzG zum LMG 1975 eingehend Thienel, Schutzmaßnahmen 740ff.
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Das QualitätsklassenG209 ist als Sondervorschrift auf dem Gebiet der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs iSd Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG gedacht und regelt Qualitätsklassen als „bestimmte, nach dem Grad der Qualität abgestufte und für jede Stufe zu einer Einheit zusammengefaßte Gruppen von Qualitätsnormen, denen landwirtschaftliche Erzeugnisse entsprechen müssen, damit sie unter einer bestimmten Bezeichnung in Verkehr gebracht werden dürfen“ (so § 1 Abs 1 leg cit). Das Rindfleisch-EtikettierungsG210 betraut die „Agrarmarkt Austria“ (AMA) mit der Vollziehung des freiwilligen Rindfleisch-Etikettierungssystem (Abschnitt II des Titels II der EG-Verordnung 2000/1760). Für die Überwachung der obligatorischen Rindfleischetikettierung ist der Landeshauptmann nach § 24 LMSVG zuständig211. Das TiermehlG212 setzt die Entscheidung des EG-Rates 2000/766/EG über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien („BSE“) und die Verfütterung von tierischem Protein um. Es verbietet - die Verfütterung von verarbeiteten tierischen Proteinen an Nutztiere, die zur Nahrungsmittelproduktion gehalten, gemästet oder gezüchtet werden, - das Inverkehrbringen, den Handel, die Einfuhr aus Drittländern und die Ausfuhr in Drittländer von verarbeiten tierischen Proteinen, die zur Verfütterung an Nutztiere, die zur Nahrungsmittelproduktion gehalten, gemästet oder gezüchtet werden, einschließlich Wild, bestimmt sind. Auf Grund der Verordnungsermächtigung in § 7 TiermehlG stehen die BSE-Landwirtschafts-Verordnung 2004213, die Tiermehl-Gesetz-Anpassungsverordnung 2002214 und die Tiermehl-Gesetz-Anpassungsverordnung 2004215 in Geltung. Das Bundesgesetz zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern (Zoonosegesetz)216 regelt - die Organisation der Überwachung von Zoonosen (= Krankheiten und/oder Infektionen, die auf natürlichem Weg direkt oder indirekt zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können) und Zoonoseerregern, - die Überwachung diesbezüglicher Antibiotikaresistenzen,
Bundesgesetz über die Einführung von Qualitätsklassen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, BGBl 1967/161 idgF. BGBl 1998 I/80, zuletzt idF BGBl 2002 I/95. Vgl Teil 1 Z 10 der Anlage zum LMSVG. Bundesgesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Rates über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und die Verfütterung von tierischem Protein vom 4. Dezember 2000 (Tiermehl-Gesetz), BGBl 2000 I/143, 2001 I/22, 2001 I/74, 2002 II/235 und BGBl 2004 II/294. BGBl 2004 II/258. BGBl 2002 II/235. BGBl 2004 II/294. BGBl 2005 I/128.
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die epidemiologische Untersuchung lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche und - den Austausch von Informationen über Zoonosen und Zoonoseerreger. Insbesondere soll durch das Gesetz die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den für Futtermittel-, Veterinär-, Lebensmittel- und Humanbereich zuständigen Organen bzw Behörden sichergestellt werden217. Das FuttermittelG218 regelt die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen zur Tierernährung. Es verbietet unter anderem Futtermittel, Vormischungen oder Zusatzstoffe herzustellen, in Verkehr zu bringen oder an Nutztiere zu verfüttern, die dazu geeignet sind, die Qualität der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse, insbesondere im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit, nachteilig zu beeinflussen oder die Gesundheit von Tieren zu schädigen. Unter „Nutztieren“ versteht das Gesetz Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde, Kaninchen, Gänse, Enten, Hühner, Truthühner, Speisefische und andere Tiere, die zum Zweck der Gewinnung tierischer Erzeugnisse gefüttert oder gehalten werden. Siehe zum Verhältnis des LMG 1975 zum Biozid-ProdukteG, BGBl 2000 I/105, dessen § 3 Abs 2 Z 4, und zum ChemikalienG 1996, BGBl 1997 I/53, dessen § 4 Abs 2 Z 6 und Abs 3 Z 2. Siehe zum Tabakgesetz die Darstellung von Damjanovic in diesem Band, zum Gentechnikrecht Stelzer/Gotsbacher in diesem Band und zum LebensmittelbewirtschaftungsG 1997 Koller in diesem Band.
So die RV 1085 BlgNR 22.GP 3. Bundesgesetz über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen (Futtermittelgesetz 1999 - FMG 1999, BGBl 1999 I/139, zuletzt idF BGBl 2005 I/87.
Christoph Bezemek/Dragana Damjanovic
Tabakrecht I. Grundlagen ................................................................................................614 A. Allgemeines............................................................................................614 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................615 1. Innerstaatliche Regelungszuständigkeit ............................................615 2. Die Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im Bereich des Tabakwesens ..............616 C. Gemeinschafts- und völkerrechtliche Grundlagen ................................618 1. Internationale Vorgaben - die Weltgesundheitsorganisation ............618 2. Europäisches Tabakrecht...................................................................619 II. Tabakgesetz ..............................................................................................622 A. Allgemeines............................................................................................622 B. Regelungen über die Produktion und den Vertrieb von Tabakerzeugnissen ................................................................................623 C. Erhebung der verwendeten Inhaltsstoffe ...............................................624 D. Überwachung ........................................................................................625 E. Mindestkleinverkaufspreise ...................................................................625 F. Werbung und Sponsoring ......................................................................626 G. Nichtraucherschutz ...............................................................................628 III. Sonstige tabakbezogene Regelungen ....................................................629 Rechtsgrundlagen: EU-Recht: RL 92/79/EWG, Abl 1992 L 316/8 idF RL 2003/117/EG, Abl 2003 L 333/49; RL 92/80/EWG, Abl 1992 L 316/10 idF RL 2003/117/EG, Abl 2003 L 333/49; RL 95/59/EG, Abl 1995 L 291/40 idF RL 2002/10/EG, Abl 2002 L 46/26; RL 2001/37/EG, Abl 2001 L 194/26; RL 2003/33/EG, Abl 2003 153/16 BG: TabakG (BGBl 1995/431 idF BGBl. I 2006/47); Tabaksteuergesetz (BGBl 1994/704 idF BGBl. I 2006/47)
Grundlegende Literatur: Caspar, Das europäische Tabakwerbeverbot und das Gemeinschaftsrecht, EuZW 2000, 238; Eisenberger/Urbantschitsch, Tabakwerbe-Richtlinie: Gemeinschafts- und verfassungsrechtliche Fragestellungen, ÖZW 1998, 106; dies., Harmonisierung und Gesundheitsschutz, ecolex 2000, 843; Esson/Leeder, The Millennium Health Goals and Tobacco Control, 2004; Görlitz, EU-Binnenmarktkompetenzen und Tabakwerbeverbote, EuZW 2003, 485; Laffert, Rauchen, Gesellschaft und Staat: Konsumanomalien, Wohlfahrtseffekte und staatlicher Regulierungsbedarf im Zusammenhang mit dem Zigarettenkonsum, 1998; Kamann, Viel Rauch um nichts? - Gesundheitsschutz im Rahmen der Binnenmarktharmonisierung gemäß Art 95 EGV nach dem „Tabakwerbeurteil“ des EuGH, ZEuS 2001, 23; Leitner, Zum Ersatz von Raucherschäden nach österreichischem Recht, ÖJZ 2004, 93; Pichler (Hrsg), Rauchen und Recht, 2004; Rasch-
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auer, Ultra-vires Akte der Europäischen Gemeinschaften, ÖJZ 2000, 241; Schroeder, Vom Brüsseler Kampf gegen den Tabakrauch - 2.Teil, EuZW 2001, 489; Selmayer/Kamann/Ahlers, Die Binnenmarktkompetenz der Europäischen Gemeinschaft, EWS 2003, 49; Sopp, Tabakkonsum und Tabakwerbeverbot - eine ökonomische Analyse des Germeinschaftsrechts, EuZW 2005, 365; Strejcek (Hrsg.), Rauchen im Recht, 2007; Wägenbauer, Binnenmarkt und Gesundheitsschutz - eine schwierige Kohabitation, EuZW 2000, 549; Wägenbaur, Tabak, Ende der Diskussion oder Diskussion ohne Ende?, EuZW 2003, 107.
I. Grundlagen A. Allgemeines Ließ sich das Verhältnis der Rechtsordnung zum Tabakkonsum an sich vor etwa 60 Jahren noch eher subtil durch ein Erkenntnis des VfGH, wonach die ungleiche Zuteilung von Zigaretten an Männer und Frauen „auf objektiven Merkmalen [fußt] und […] daher nicht die Einräumung eines Vorrechtes an das männliche Geschlecht“ beinhaltet,1 beschreiben, so zeichnet es sich heute weitaus direkter - durch eine überaus hohe Regelungsdichte aus. Die Aufmachung von Tabakprodukten, ihr Vertrieb, ihre Bewerbung und der Ort ihres Konsums unterliegen vor dem Hintergrund veränderter gesellschaftlicher Wahrnehmung2 und neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse weitgehender Regulierung.3 Unbestrittenerweise sind die durch den Tabakkonsum für die Volksgesundheit verursachten Schäden enorm: Rauchen ist wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge eine wesentliche Ursache mehrerer oft tödlich verlaufender Krankheiten.4 So sterben weltweit beinah fünf Millionen5, im Gebiet der Gemeinschaft mehr als 650.0006 und in Österreich ungefähr 14.0007 Menschen jährlich an dessen Auswirkungen. Dabei beschränkt sich die Schädlichkeit des Tabakrauchs nicht nur auf den aktiven Konsum, sondern hat - wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen - darüber hinaus auch negative Auswirkun-
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VfSlg. 1526/1947. Vgl hiezu etwa die Ausführungen von Pichler, Rauchen: Eben noch fesch und schon verboten? in: Pichler, Rauchen & Recht, 11ff sowie von Strejcek, Tabak im Spiegel von Recht, Politik und Literatur in: Strejcek, Rauchen im Recht, 297ff. Beide Faktoren spiegeln sich im rechtswissenschaftlichen Diskurs nicht zuletzt auch dergestalt wider, als in der jüngeren Vergangenheit auch die Ersatzfähigkeit von Raucherschäden erörtert wurde. Vgl hiezu die Ausführungen von Leitner, Zum Ersatz von Raucherschäden nach österreichischem Recht, ÖJZ 2004, 93ff sowie Davani, Der Konstruktionsfehler der Zigarette nach dem PHG in Österreich, ecolex 2004, 437ff. Tabak verursacht Krebs-, Atemwegs- sowie in hohem Ausmaß Herz-KreislaufErkrankungen. Zu den gesundheitlichen Auswirkungen siehe hiezu die von der Europäischen Kommission herausgegebene Studie, Tobacco or Health in the European Union - Past, Present and Future, 2004, 27ff. Siehe dazu etwa die von der WHO in Auftrag gegebene Studie von Esson/Leeder, The Millennium Health Goals and Tobacco Control, 2004, 18. Siehe hiezu die von der Europäischen Kommission herausgegebene Studie, Tobacco or Health in the European Union - Past, Present and Future, 2004, 13. So etwa die EB zur RV 700 BlgNR 22. GP, 6.
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gen auf die Gesundheit von Nichtrauchern, die Tabakrauch ausgesetzt sind (Passivraucher).8 Nichtsdestotrotz rauchen heute annähernd 40% der erwachsenen Bevölkerung in der Gemeinschaft.9 Dabei ist eine bemerkenswerte Zunahme bei Frauen10 sowie insb. auch bei Jugendlichen11 festzustellen. Angesichts dieser Entwicklung und der volkswirtschaftlichen Kosten, die aus ihr erwachsen,12 wird die Notwendigkeit eines gezielten Vorgehens im Hinblick auf Risikoaufklärung und Bekämpfung des Tabakkonsums deutlich.13 Dergestalt wurden sowohl auf internationaler14 als auch auf gemeinschaftlicher15 und innerstaatlicher Ebene16 eine Reihe von Maßnahmen, die zur Verringerung des Tabakkonsums sowie letztlich der dadurch verursachten Schäden beitragen sollen, getroffen. Zu diesen Maßnahmen, die nachfolgend näher behandelt werden sollen, zählen entsprechende Gesundheitserziehung und Informationskampagnen, eine vom Konsum abschreckende Politik hoher Steuern für Tabak, die Regulierung der Herstellung und Vermarktung von Tabakprodukten, verbesserte Produktinformationen, eine weitgehende Einschränkung der Tabakwerbung sowie Vorschriften, die Nichtraucher vor der Belästigung und den Gefahren durch das Rauchen anderer schützen sollen.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Innerstaatliche Regelungszuständigkeit Der wesentliche Zweck der in Rede stehenden Bestimmungen ist in der Abwehr der durch den Tabakkonsum entstehenden Gefahren für die menschliche Gesundheit zu sehen - selbige unterfallen daher dem Kompetenztatbestand Gesundheitswesen (Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG). 17 Gesetzgebung und Voll-
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Vgl etwa IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans Volume 83 - Tobacco Smoke and Involuntary Smoking Summary of Data Reported and Evaluation, 2002 9ff. Abrufbar unter: http://monographs.iarc.fr/ENG/ Monographs/vol83/volume83.pdf sowie Studnicka, Rauchen als Faktor der Eigen- und Fremdgefährdung in: Pichler (Hrsg), Rauchen und Recht, 2004, 43f. Vgl Special Eurobarometer 183/Wave 58.2, 4 abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ health/ph_determinants/life_style/Tobacco/Documents/eb582_smoking_env_en.pdf. Vgl hiezu KOM(2003) 230 endg, 6. Der Europäische Gesundheitsbericht 2005, 2005, 78. Vgl hiezu etwa die Ausführungen von Sopp, EuZW 2005, Tabakkonsum und Tabakwerbeverbot - eine ökonomische Analyse des Germeinschaftsrechts, 366ff. Zur Notwendigkeit der Regulierung der Tabakindustrie siehe auch Götz von Laffert, Rauchen, Gesellschaft und Staat: Konsumanomalien, Wohlfahrtseffekte und staatlicher Regulierungsbedarf im Zusammenhang mit dem Zigarettenkonsum, 1998. Dazu siehe gleich unten Pkt. I.C.1. Dazu siehe gleich unten Pkt. I.C.2. Dazu siehe gleich unten Pkt. II und III. Vgl etwa VfSlg 3650/1959, 7582/1975, 8035/1977: „ [...] Maßnahmen der Staatsgewalt, die der Abwehr von Gefahren für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung (für die Volksgesundheit) dienen, gehören zur Sanitätspolizei und damit zum Gesundheitswesen (Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG). Siehe auch Mayer, B-VG3, 2002, Art 10 B-VG I.12.
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ziehung in Bezug auf Regulierungsmaßnahmen auf dem Tabaksektor sind sohin primär dem Bund zugewiesen. Einzelne Vorschriften jedoch, die jedenfalls mittelbar die Regulierung des Tabaksektors zum Gegenstand haben und gesundheitspolitisch angelegt sind, sich dabei aber zugleich auch von ihren Schutzbestrebungen her in einem besonderen Maße auf einen speziellen, zur Länderzuständigkeit gehörenden Bereich konzentrieren, fallen entsprechend der Gesichtspunktetheorie in Gesetzgebung und/oder Vollziehung in die Kompetenz der Länder.18 Zu diesen Vorschriften zählen insbesondere Regelungen über den Erwerb von Tabakerzeugnissen oder deren Konsum durch Jugendliche, die in den verschiedenen Jugendschutzgesetzen der Länder niedergelegt sind, da bei jenen nicht die Aspekte des Gesundheitswesens, sondern solche des Jugendschutzes im Vordergrund stehen.19
2. Die Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im Bereich des Tabakwesens Die zentralen Maßnahmen, die bislang auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene im Bereich des Tabakwesens getroffen wurden (TabakRL, TabakwerbeRL),20 wurden im Rahmen der gemeinschaftlichen Aktionsprogramme zur Harmonisierung des Binnenmarktes, somit primär auf der Grundlage von Art 95 EGV eingeführt. Diese Gemeinschaftskompetenz als Rechtsgrundlage für die genannten Maßnahmen heranzuziehen, hat jedoch mehrere rechtliche Bedenken aufgeworfen; verfolgen doch die im Tabakwesen erlassenen Gemeinschaftsvorschriften gleichsam neben der Rechtsangleichung der mitgliedstaatlichen Regelungen zu weiten Teilen auch gesundheitspolitische Zielsetzungen. Für den Bereich des Gesundheitswesens ist die Gemeinschaft aber lediglich - wie sich aus dem in Art 152 Abs 4 lit c EGV21 ausdrücklich normierten Harmonisierungsverbot ergibt - auf Fördermaßnahmen22 beschränkt.23 Mit den dadurch aufgeworfenen Fragen, wie weit die Kompetenznorm des Art 95 EGV für die Regulierung des Tabaksektors reicht und in welchem Verhältnis sie zum Harmonisierungsverbot nach Art 152 Abs 4 lit c EGV steht, hatte sich der EuGH grundlegend in einem Verfahren, zur Primärrechtskonformität der ersten TabakwerbeRL24 auseinanderzusetzen.25 18 19 20 21
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Zur Gesichtspunktetheorie Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung, 1980, 48 ff. Zu den Kompetenzen im Bereich des Jugendschutzes VfSlg 7946/1976. Zu diesen siehe gleich unten Pkt. I.C.2. Danach hat der Rat „Fördermaßnahmen, die den Schutz und die Verbesserung der menschlichen Gesundheit zum Ziel haben, unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten“ zu treffen. Zu den Fördermaßnahmen der Gemeinschaft, die der Bekämpfung des Tabakkonsums dienen sollen, siehe näher unten Pkt. I.C.2.a. Siehe hiezu Wichard, in: Callies/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV-Kommentar, 2007, Art. 152 EGV, Rdnr. 16 ff. 98/43/EG Abl 1998 L 213/9. EuGH, Rs C-376/98, Deutschland/Parlament und Rat, Slg. 2000, I-8419; Vgl aus der diesbezüglichen Literatur etwa Caspar, Das europäische Tabakwerbeverbot und das Gemeinschaftsrecht, EuZW 2000, 238ff; Eisenberger/Urbantschitsch, Tabakwerbe-Richtlinie: Gemeinschafts- und verfassungsrechtliche Fragestellungen, ÖZW 1998, 106; Kamann, Viel Rauch um nichts? - Gesundheitsschutz im Rahmen der Binnenmarktharmonisierung gemäß Art 95 EGV nach dem „Tabakwerbeurteil“ des
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Der Auffassung des Gerichtshofs zufolge ist Art 95 EGV dann als Rechtsgrundlage heranzuziehen, wenn dies für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist und dadurch der ausdrückliche Ausschluss jeglicher Harmonisierung gemäß Art 152 Abs 4 lit c EGV nicht umgangen wird. Demnach müssten Maßnahmen, die sich auf Art 95 EGV stützen, tatsächlich den Zweck haben, die Voraussetzungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern.26 Hemmnisse des freien Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehrs sowie die sich daraus ergebenden Wettbewerbsverzerrungen müssten zumindest wahrscheinlich und jene Maßnahmen gemäß Art 95 EGV, die zur Vorbeugung und nicht erst zur Vermeidung der Entstehung solcher Hindernisse erlassen werden, geeignet sein, dies auch zu erreichen. Liegen diese Voraussetzungen vor, was anhand „objektiver gerichtlich nachprüfbarer Umstände“ aus Ziel und Inhalt des betreffenden Rechtsaktes zu ermitteln ist,27 so steht nach Ansicht des EuGH der Heranziehung von Art 95 EGV nicht entgegen, dass die auf dieser Grundlage erlassenen Maßnahmen auch gesundheitspolitische Zielsetzungen verfolgen.28 Dies gelte jedoch dann nicht, wenn der betreffende Rechtsakt eine Harmonisierung der Marktbedingungen in der Gemeinschaft gleichsam nur nebenbei bewirke.29 Im Lichte dieser Erwägungen kam der EuGH zum Schluss, dass die umstrittene erste Tabakwerberichtlinie, die jede Form der Werbung und des Sponsoring untersagte,30 angesichts ihres allgemeinen Charakters nicht auf Art 95 EGV gestützt werden konnte; waren doch den Ausführungen des Gerichtshofs zufolge für einen großen Teil der Werbemedien - vorwiegend der ortsgebundenen - keine Hemmnisse für den freien Verkehr aufgrund unterschiedlicher mitgliedstaatlicher Regelungen und insofern auch kein Beitrag der Tabakwerbungsrichtlinie zu ihrer Beseitigung gegeben. Ebenso wenig konnte er für bestimmte Bereiche der Tabakmärkte spürbare Wettbewerbsverzerrungen erkennen,31 die es rechtfertigen würden, Art 95 EGV für ein allgemeines Werbeverbot, wie es die Richtlinie vorsieht, zur Anwendung zu bringen. Aus diesen Gründen erklärte der Gerichtshof die erste Tabakwerberichtlinie gemäß Art
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EuGH, ZEuS 2001, 23; Leidenmühler, Tabak, Werbung und das Europarecht, ecolex 1999, 138; Raschauer, Ultra-vires Akte der Europäischen Gemeinschaften, ÖJZ 2000, 241; Wägenbauer, Binnenmarkt und Gesundheitsschutz - eine schwierige Kohabitation, EuZW 2000, 549; Selmayer/Kamann/Ahlers, Die Binnenmarktkompetenz der Europäischen Gemeinschaft, EWS 2003, 49ff. EuGH (FN 25) Rdnr. 86. Insofern impliziert Art 95 EGV keine allgemeine Kompetenz zur Regelung des Binnenmarktes. Dies würde dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung widersprechen. So der EuGH bereits in Rs. C-233/94, Deutschland/EP und Rat, Slg. 1997, I-2405, Rdnr. 13; Rs. C-300/89, Titandioxid, Slg. 1991, I-2867, Rdnr. 10. Vielmehr schreibt Art 95 Abs 3 ausdrücklich vor, dass bei Harmonisierungen von einem hohen Gesundheitsschutzniveau auszugehen ist. Vgl EuGH (FN 25) Rdnr. 88. Vgl EuGH Rs. C-155/91, Abfallrichtlinie, Slg. 1993, I-939, Rdnr. 19. Art 3 Abs 1 RL 98/43/EG (FN 24). So stellte der Gerichtshof fest, dass im Wettbewerb zwischen den Werbeagenturen und den Herstellern von Werbeträgern im Hinblick auf verschiedene Formen des Sponsoring sowie auch auf dem Markt der Tabakerzeugnisse keine spürbaren Verzerrungen gegeben seien.
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231 Abs 1 EGV für nichtig, stellte dabei aber gleichzeitig ausdrücklich klar, dass er den Erlass einer Richtlinie, die lediglich bestimmte Formen der Werbung und des Sponsoring untersagt hätte, als zulässig erachtet. 32 Die Vorgaben des Gerichtshofs wurden von Seiten des Gemeinschaftsgesetzgebers - jedenfalls vordergründig - bereitwillig aufgegriffen. Wenngleich der Kritik des EuGH auch inhaltlich entsprechender Tribut gezollt wurde,33 so sind insbesondere die Erwägungsgründe jener Rechtsakte,34 die das Tabakrecht nachfolgend gemeinschaftsweit in Einklang bringen sollten, in geradezu offenkundiger Manier vom Bemühen gekennzeichnet, ihre Bedeutung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts hervorzustreichen;35 eine Vorgehensweise, die auch von Erfolg gekrönt werden sollte, hielten doch in weiterer Folge sowohl die TabakRL als auch die Neufassung der TabakwerbeRL - zum Teil heftiger Kritik innerhalb der Literatur entgegen36 - der Überprüfung durch den Gerichtshof stand.37
C. Gemeinschafts- und völkerrechtliche Grundlagen 1. Internationale Vorgaben - die Weltgesundheitsorganisation Die besorgniserregende weltweite Verbreitung des Tabakkonsums hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veranlasst, dieser Entwicklung verstärkt auf globaler Ebene zu begegnen. So hat die Weltgesundheitsversammlung (WHA) als leitendes Organ der WHO im Jahr 1999 mittels einer einstimmig angenommenen Resolution38 den Weg zur Schaffung einer multilateralen Rahmenvereinbarung zur Überwachung des Tabakkonsums eröffnet. Dieses Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (Tabakrahmenübereinkommen) wurde am 21. Mai 2003 abgeschlossen39 und von Österreich mit dem 15. September 2005 ratifiziert.40 Die Annahme durch die Europäische Gemeinschaft erfolgte bereits durch eine Ratsentscheidung im Juni 2004.41 32 33 34 35 36
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Vgl EuGH (FN 25) Rdnr. 117. Vgl hiezu unten 1.C.2.c. Vgl die RL 2001/37/EG sowie 2003/33EG. S. hiezu unten I.C.2. Vgl hiezu die beinah sardonische Kritik bei Schroeder, Vom Brüsseler Kampf gegen den Tabakrauch - 2. Teil, EuZW 2001, 490. S. hiezu etwa Schroeder (FN 35), 490ff; Görlitz, EU-Binnenmarktkompetenzen und Tabakwerbeverbote, EuZW 2003, 487ff; Wägenbaur, Tabak, Ende der Diskussion oder Diskussion ohne Ende?, EuZW 2003, 108f sowie zuletzt die Glosse von Stein, EuZW 2007, 46 (54ff). Vgl hiezu im Einzelnen EuGH, Rs C-491/01, British American Tobacco, Slg 2002, I-11453; Rs C-434/02, Arnold André, Slg 2004 I-11825; Rs C-210/03, Swedish Match, Slg 2004 I-11893; sowie jüngst EuGH vom 12.12.2006 Rs C-380/03, Deutschland/Parlament und Rat, n.v. Zur näheren Auseinandersetzung mit der kompetenzrechtlichen Einordnung der EG-Regulierungsakte im Bereich Tabak vgl insb. Selmayr/Kamann/Ahler (oben FN 25) 50ff sowie Ludwigs, Art. 95 EG als allgemeine Kompetenz zur Regelung des Binnenmarktes oder als „begrenzte Einzelermächtigung“?, EuZW 2006, 417. WHA 53.16. WHA 56.1. BGBl III 219/2005. 2004/513/EG, Abl 2004 L 213/8.
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Das Vertragswerk selbst ist denkbar umfassend und enthält neben Vorgaben im Hinblick auf preisbezogene und steuerliche Maßnahmen zur Verminderung der Nachfrage nach Tabak (Art 6), Regelungen in Bezug auf die Verpackung und Etikettierung von Tabakerzeugnissen sowie über Angaben im Hinblick auf ihre Inhaltsstoffe (Art 10 ff) und Vorgaben in Bezug auf Werbung für Tabakerzeugnisse, Verkaufsförderung oder Sponsoring (Art 13), insbesondere Bestimmungen, die den Vertrieb von Tabakerzeugnissen regulieren sollen (Art 15 und 16). Die genannten Bestimmungen finden sich materiell sowohl in europarechtlichen als auch in innerstaatlichen Akten wieder.42 Durch Art 23 des Tabakrahmenübereinkommens wurde eine Konferenz der Vertragsparteien eingerichtet, deren Aufgabe es insbesondere ist, regelmäßig die Durchführung des Übereinkommens zu prüfen und die notwendigen Entscheidungen zur Förderung seiner wirksamen Durchführung zu treffen43 (Art 23 Abs 5). Die erste Tagung der Konferenz fand im Februar 2006 statt.44
2. Europäisches Tabakrecht a) Allgemeines Um der überaus hohen Zahl der Todesopfer, die der Tabakkonsum in der Gemeinschaft nach sich zieht, zu begegnen, wurden von Seiten der Europäischen Gemeinschaft in Ausübung ihrer Kompetenz gemäß Art 152 EGV entsprechende Aufklärungsprogramme lanciert, die durch weitläufige Information der Bevölkerung dazu beitragen sollen, ein hohes Niveau im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu etablieren.45 Dezidiert auf die Problematik des Tabakkonsums bezogen, wurde im März 2005 die mit 72 Millionen Euro dotierte Kampagne „Help - für ein rauchfreies Leben“ gestartet46, die einerseits präventiv (somit im Hinblick auf die Aufklärung über mit dem Tabakkonsum verbundenen Risiken) als auch insoweit unterstützend wirken soll, als Raucher zum Aufgeben ermuntert und bei der Entwöhnung unterstützt werden sollen. Zentral ist der Tabaksektor von Gemeinschaftsvorgaben jedoch im Rahmen der Binnenmarktharmonisierung betroffen. Hier sind zunächst jene Rechtsakte zu nennen, welche die Verbrauchsteuer auf Zigaretten und andere Tabakwaren annähern sollen;47 unmittelbare Bedeutung für die Herstellung, die Aufmachung, den Vertrieb sowie die Bewerbung von Tabakwaren kommt der Tabakrichtlinie48 sowie der Tabakwerberichtlinie49 zu. Auf die beiden letztgenannten Rechtsakte soll daher im Weiteren näher eingegangen werden. 42 43 44 45
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Vgl hiezu RL 2001/37/EG, RL 2003/33/EG (unten I.C.2.b sowie I.C.2.c) sowie etwa die EB zur RV 700 BlgNR 22. GP, 2. Dies etwa durch Strategieentwicklung und Umsetzung sowie im Rahmen der Mittelaufbringung. Vgl hiezu im Einzelnen Art 23 Abs 5 lit a-h. Vgl hiezu die Materialien unter http://www.who.ind/gp/fctcc. Vgl in diesem Zusammenhang insbesondere das zwischen 1996 und 2002 durchgeführte Programm Europa gegen den Krebs (Abl 1986 C 184/19 verlängert durch Abl 2001 L 79/1). Vgl hiezu MEMO/05/68 sowie www.help-eu.com. Siehe hiezu die RL 92/79/EWG und idF RL 2003/117/EG sowie die RL 95/59/EG idF RL 2002/10/EG. Vgl. hiezu Sonnleithner, Die Quellen des Tabaksteuer-Rechts in: Strejcek (Hrsg), Rauchen im Recht, 282ff. 2001/37/EG.
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b) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen Vordringlich in der Intention, die bestehenden Rechtsvorschriften auf den neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu bringen50 sowie jene Handelshemmnisse zu beseitigen, die durch Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen auftraten und dadurch das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigten, wurden mit der so genannten „Tabakrichtlinie“ bislang bestehende Gemeinschaftsrechtsakte51 überarbeitet und ergänzt. Den Vorgaben der Richtlinien entsprechend, dürfen in den Mitgliedstaaten ausschließlich Zigaretten in den freien Verkehr gebracht, vermarktet oder hergestellt werden, die näher bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. So darf der Teergehalt 10 mg je Zigarette, der Nikotingehalt 1,0 mg je Zigarette und der Kohlenmonoxidgehalt 10 mg je Zigarette nicht überschreiten. Diese Vorgaben gelten nunmehr auch für Zigaretten, die in der Gemeinschaft hergestellt, aber aus dem Gemeinschaftsgebiet exportiert werden (Art 3 Abs 2).
Der Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalt von Zigaretten ist auf einer Schmalseite der Zigarettenpackung anzugeben; diese Angaben müssen mindestens 10 % der betreffenden Fläche einnehmen. Tabakerzeugnisse52 haben auf ihren Packungen allgemeine („Rauchen ist tödlich/Rauchen kann tödlich sein“ oder „Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu“) und ergänzende Warnhinweise (etwa „Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs“ oder „Rauchen kann zu einem langsamen und schmerzhaften Tod führen“) aufzuweisen. Diese Warnhinweise müssen 30 bzw 40 % der Außenfläche der entsprechenden Breitseite der Packung einnehmen, auf der sie aufgedruckt sind. Auch im Hinblick auf Schriftart und Formatierung bestehen nähere Vorgaben (vgl im Einzelnen Art 5 Abs 6 Tabakrichtlinie).
Begriffe, Namen, Marken und Zeichen, die den Eindruck erwecken, ein bestimmtes Tabakerzeugnis sei weniger schädlich als andere (etwa „mild“ oder „light“) dürfen auf der Verpackung von Tabakerzeugnissen nicht verwendet werden (Art 7 Tabakrichtlinie).53 Tabak zum oralen Gebrauch54 darf nicht in Verkehr gebracht werden55 (Art 8 Tabakrichtlinie).56 49 50 51 52 53 54
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2003/33/EG. Vgl den 4. Erwägungsgrund der RL 2001/37/EG. Siehe RL 89/622/EWG, Abl 1989 L 359/1 idF 92/41/EWG, Abl 1992 L 158/30 sowie RL 90/239/EWG, Abl 1990 L 137/36. Außer solche zum oralen Gebrauch (hiezu sogleich) sowie sonstige nicht zum Rauchen bestimmte Tabakerzeugnisse. S. hiezu die kritischen Anmerkungen von Wägenbaur, (FN 36) 109. Gemäß Art 2 Z 4 Tabakrichtlinie somit grundsätzlich alle zum oralen Gebrauch bestimmten Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus Tabak bestehen mit Ausnahme solcher Erzeugnisse, die zum Rauchen und Kauen bestimmt sind. Dies unter Ausnahme des Staatsgebiets des Königreichs Schweden gemäß Art 151 der Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens. Dies obwohl dem von dieser Bestimmung unmittelbar betroffenen „swedish snus“ eine wesentlich geringere Gesundheitsgefährdungsneigung attestiert wird, als Ta-
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Den Mitgliedstaaten steht es frei, ergänzende Warnhinweise in Form von Farbfotografien oder anderen Abbildungen gemäß den Vorgaben einer Entscheidung der Kommission anzubringen (Art 5 Abs 3 Tabakrichtlinie)57.
c) Die „neue“ Tabakwerberichtlinie Ausgehend von den Anforderungen, die der EuGH im Rahmen der Nichtigerklärung der ersten Tabakwerberichtlinie58 im Hinblick auf die Reichweite der in Art 95 EGV festgelegten Binnenmarktharmonisierungskompetenz formulierte,59 ist die neu gefasste Tabakwerberichtlinie60 in wesentlich stärkerem Ausmaß an der grenzüberschreitenden Wirkung der anzugleichenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten orientiert. Jene Elemente, die vom EuGH ob ihrer mangelnden Maßgeblichkeit für den Abbau von Handelshemmnissen oder der fehlenden Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen (rein innerstaatlich wirksame Werbemaßnahmen wie Kinooder Plakatwerbung bzw. bloß regional wirksames Sponsoring) kritisiert worden waren, wurden vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen und in eine, die Tabakrichtlinie und die Tabakwerberichtlinie flankierende Empfehlung des Rates aufgenommen. 61 Inhaltlich verbietet die Richtlinie nunmehr grundsätzlich jede Art der kommerziellen Kommunikation mit dem Ziel der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf von Tabakerzeugnissen zu fördern in der Presse und anderen gedruckten Veröffentlichungen. 62 Gleiches gilt für Dienste der Informationsgesellschaft (Art 3 Tabakwerberichtlinie). Rundfunkwerbung für Tabakerzeugnisse ist kategorisch verboten (Art 4 Tabakwerberichtlinie).63 Sponsoring von Veranstaltungen oder Aktivitäten, an denen mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind, die in mehreren Mitgliedstaaten stattfinden oder die eine sonstige grenzüberschreitende Wirkung aufweisen, ist untersagt.64 Gleiches gilt für die
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bakprodukten, die geraucht werden. Vgl hiezu die Ausführungen von Kunze, Die rechtliche Position der EU zum Tabakproblem in: Pichler (Hrsg), Rauchen & Recht, 2004, 48ff. Vgl die Entscheidung 2003/641/EG, Abl 2003 L 226/24. Art 3 dieser Entscheidung folgend richtete die Kommission 2005 eine Bibliothek der Quelldokumente ein (vgl die Entscheidungen K [2005] 1452 endg. und K [2006] 1502 endg.). 98/43/EG, Abl 1998 L 213/9. S. hiezu oben I.B.2. 2003/33/EG. 2003/54/EG, Abl 2003 L 22/31 (siehe hiezu sogleich). Dies unter Ausnahme solcher gedruckter Medien, die ausschließlich für im Tabakhandel tätige Personen bestimmt sind, sowie von Veröffentlichungen, die in Drittländern gedruckt und herausgegeben werden, sofern diese nicht hauptsächlich für den Gemeinschaftsmarkt bestimmt sind. Dies ergibt sich für den Bereich der Fernsehwerbung und des Teleshoppings für Zigaretten bereits aus Art 13 der Fernsehrichtlinie (89/552/EWG, Abl 1989 L 298/23 idF 97/36/EG, Abl 1997 L 202/60, wurde für den Hörfunk jedoch erst durch Art 3 der Tabakwerberichtlinie etabliert). Vgl hiezu Bezemek/Ribarov, SectorSpecific Regulation at Content Level in: Holoubek/Damjanovic/Traimer, Regulating Content, 126 ff. Vgl hiezu bereits die Ausführungen des EuGH zur ersten Tabakwerberichtlinie oben I.B.2 sowie die Empfehlung des Rates 2003/54/EG (siehe hiezu sogleich).
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kostenlose Verteilung von Tabakerzeugnissen im Zusammenhang mit solchem Sponsoring. d) Sonstige Gemeinschaftsakte Um jene gesundheitspolitischen Aspekte, die, unbeschadet des Art 95 Abs 3 EGV inhärenten hohen Gesundheitsschutzniveaus, nicht im Rahmen der Binnenmarktharmonisierungskompetenz bewältigt werden können, auf Gemeinschaftsebene anzunähern, wurde 2002 seitens des Rates eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten zur Prävention des Rauchens und für Maßnahmen zur gezielteren Eindämmung des Tabakkonsums abgegeben.65 Diese Empfehlung beinhaltet sowohl Vorgaben im Hinblick auf den Vertrieb von Tabakerzeugnissen als auch in Bezug auf Sponsoring und Werbung. So sollen etwa der Zugang zu den Produkten in Zigarettenautomaten reguliert, der Verkauf von Süßigkeiten und Spielzeug, das für Kinder bestimmt ist und dem Aussehen bestimmter Tabakerzeugnisse ähnelt, sowie der Verkauf einzelner Zigaretten oder von Zigarettenpackungen mit weniger als 19 Stück verboten werden. Werbestrategien unter Verwendung von Tabak-Markennamen bei tabakfremden Produkten oder Dienstleistungen sowie Kinowerbung und letztlich jede andere Form von Reklame, Sponsoring oder von Praktiken, mit denen direkt oder indirekt für Tabakerzeugnisse geworben wird, sind nach Möglichkeit zu unterbinden. Der österreichische Gesetzgeber hat mehrere dieser Empfehlungen im Rahmen des TabakG berücksichtigt (siehe hiezu sogleich). Abseits dieser Empfehlungen des Rates sei an dieser Stelle noch auf mögliche legislative Maßnahmen europäischer Dimension hingewiesen: Wenngleich die Gemeinschaft im Bereich des Gesundheitswesens in ihren Tätigkeiten auf Fördermaßnahmen beschränkt ist (s. hiezu oben I.B.2.), mehren sich die Vorstöße gemeinschaftsweite Rahmenbedingungen für Rauchverbote an öffentlich zugänglichen Orten zu etablieren; etwaige diesbezügliche Möglichkeiten werden in einem jüngst veröffentlichten Grünbuch der Kommission erörtert.66
II. Tabakgesetz A. Allgemeines Das TabakG67 normiert, in Umsetzung der dargestellten gemeinschafts- und völkerrechtlichen Vorgaben, Rahmenbedingungen für die Produktion, den Vertrieb und die Bewerbung von Tabakerzeugnissen sowie den Nichtraucherschutz. Im Wesentlichen enthält es Vorschriften zur Qualitätssicherung, Maximalwerte für den Schadstoffgehalt von Tabakerzeugnissen, weitreichende Etikettierungsbestimmungen zum Zweck umfassender Konsumentenaufklärung, Werbebeschränkungen für Tabakwaren, sowie durch die Festlegung von Rauchverboten an bestimmten Orten. 65 66 67
2003/54/EG, Abl 2003 L 22/31. Green Paper - Towards a Europe free from tobacco smoke: policy options at EU level, COM(2007) 27 final. BGBl I 1995/431 idF BGBl I 2006/47.
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B. Regelungen über die Produktion und den Vertrieb von Tabakerzeugnissen Den engen Vorgaben der Tabakrichtlinie entsprechend68, dürfen der Kondensat-(Teer-)gehalt 10 mg, der Nikotingehalt 1,0 mg und der Kohlenmonoxidgehalt 10 mg im Rauch einer Zigarette nicht überschreiten. Die gleichen Grenzwerte gelten auch für Zigaretten, die im Inland hergestellt werden und für den Export aus der Europäischen Union bestimmt sind (§ 4 Abs 2 und 3 TabakG). Der durchschnittliche Gehalt an Kondensat-(Teer-), Nikotin- und Kohlenmonoxid im Rauch einer Zigarette der betreffenden Sorte ist auf Zigarettenpackungen auszuweisen (§ 4a TabakG). Die Angaben sind auf einer Schmalseite der Zigarettenpackung so aufzudrucken, dass sie mindestens 10 % der betreffenden Fläche einnehmen (§ 6 Abs 4 TabakG). Das Verfahren zur Messung der in § 4 festgesetzten Höchstmengen und zur Kontrolle des Kondensat-(Teer-), Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalts bezüglich der in § 4 TabakG festgesetzten Höchstmengen und der gemäß § 4a TabakG anzugebenden Menge wurde auf dem Verordnungsweg festgelegt.69
In Umsetzung des in der Tabakrichtlinie vorgegebenen Katalogs sind allgemeine und ergänzende Warnhinweise auf Packungen von Tabakerzeugnissen, die zum Rauchen bestimmt sind, anzubringen (§ 5 Abs 1 und 2 TabakG). Diese Warnhinweise sind jeweils alternierend so zu verwenden, dass sie regelmäßig auf den Packungen erscheinen (§ 5 Abs 3 TabakG). Der allgemeine Warnhinweis („Rauchen kann tödlich sein“ oder „Rauch fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu“) hat mindestens 30 % der Außenfläche der vorderen Breitseite der Packung einzunehmen (§ 6 Abs 1 TabakG). Der ergänzende Warnhinweis hat 40 % der hinteren Breitseite der Packung einzunehmen (§ 6 Abs 2 TabakG). Die Packungen von Tabakerzeugnissen, die nicht zum Rauchen bestimmt sind, müssen auf der Vorderseite der Packung den Warnhinweis: „Dieses Tabakerzeugnis kann Ihre Gesundheit schädigen und macht abhängig“ aufweisen. Auch dieser Warnhinweis hat mindestens 30 % der vorderen Breitseite der Packung einzunehmen (§ 6 Abs 1 TabakG).
Sämtliche Warnhinweise sowie die Angaben des Kondensat-(Teer-), Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalts sind in Helvetica fett schwarz auf weißem Hintergrund zu drucken, wobei der aufgedruckte Wortlaut den größtmöglichen Anteil der zur Verfügung stehenden Fläche einzunehmen hat, in deutscher Sprache zu verfassen und unablösbar und unverwischbar aufzudrucken. Diese Aufdrucke dürfen nicht durch andere Angaben oder Bildzeichen verdeckt oder undeutlich gemacht werden und sind an einem nicht aufklappbaren Teil der Packung so anzubringen, dass sie beim Öffnen der Verpackung 68 69
Richtlinie 2001/37/EG, Abl 2001 L 194/26. Siehe hiezu bereits oben I.C.2.b. Vgl Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zur Festlegung von Verfahren für die Messung und Kontrolle des Kondensat- (Teer-), Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalts im Rauch von Zigaretten BGBl II 1996/738 idF BGBl II 2004/217. Die Verordnung bezieht sich zwar nach wie vor auf die §§ 4 Abs 2 und 7 Abs 3 des TabakG idF BGBl 1995/431; mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 16.608) muss ihr „die Qualität einer Durchführungsverordnung im Sinne der betreffenden neu gefassten Gesetzesbestimmung insoweit zukommen, als sie auch in der neuen Fassung Deckung“ findet, was im Verhältnis zwischen den genannten Bestimmungen und der in Geltung stehenden Ermächtigung in § 4b TabakG anzunehmen ist.
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nicht verdeckt, undeutlich oder getrennt werden können (siehe hiezu und zu weiteren Vorgaben § 6 Abs 5 TabakG). Tabakerzeugnisse sind zur Sicherstellung der Identifizierung und Rückverfolgung in angemessener Form zu kennzeichnen, dies unter Angabe der Chargennummer oder einer entsprechenden Kennzeichnung auf der Verpackungseinheit, die die Feststellung des Ortes und des Zeitpunkts der Herstellung ermöglicht (§ 7 Abs 1 TabakG).
Auf Packungen von Tabakerzeugnissen dürfen keine Begriffe, Namen, Marken oder figurative oder sonstige Zeichen verwendet werden, die den Eindruck erwecken, ein bestimmtes Tabakerzeugnis sei weniger schädlich als das andere (§ 7 Abs 3 TabakG); die Verwendung von Markennamen wie „Milde Sorte“ ist auf Grund dieser Bestimmung nicht länger möglich.70 Tabakerzeugnisse, die den dargestellten Vorgaben (s. im Einzelnen §§ 3-7 TabakG samt der korrespondierenden VO) nicht entsprechen oder für den oralen Gebrauch71 bestimmt sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Auch das In-Verkehr-Bringen von Einzelzigaretten, unverpackten Zigaretten oder Zigarettenpackungen unter einer Mindestgröße von 20 Stück ist verboten (vgl § 2 Abs 1 und 2 TabakG), um einerseits den Preisvergleich zwischen den einzelnen Produkten zu erleichtern und Mogelpackungen zu vermeiden, andererseits um über einen solchen Steuerungsmechanismus mittelbar ein entsprechend hohes Preisniveau zu etablieren, das insbesondere dazu angetan sein soll, dem Einstieg im Jugendalter entgegen zu wirken.72 Wer den genannten Bestimmungen entgegen Tabakerzeugnisse in Verkehr bringt, kann gemäß § 14 Abs 1 mit einer Geldstrafe von bis zu € 7.260,- belegt werden. Die gegenständlichen Tabakerzeugnisse sind einzuziehen, außer es ist gewährleistet, dass dieselben nicht unter Verletzung der Bestimmungen des TabakG oder der entsprechenden VO in Verkehr gebracht werden.
C. Erhebung der verwendeten Inhaltsstoffe Hersteller und Importeure, die Tabakerzeugnisse in Verkehr bringen, haben bis zum Ende jeden Jahres dem Bundesministerium für Gesundheit eine nach Markennamen und Art gegliederte Liste sämtlicher Inhaltsstoffe, die bei der Herstellung dieser Tabakerzeugnisse verwendet wurden, und ihre Mengen zu übermitteln. Diese Übermittlung kann, unter bestimmten Voraussetzungen, auch durch den Lizenz- oder Auftraggeber erfolgen (§ 8 Abs 1 und 2 TabakG). Dieser Liste ist eine Erklärung beizufügen, in der die Gründe für die Zusetzung von Inhaltsstoffen zu den Tabakerzeugnissen zu erläutern sind. In dieser Erklärung sind Funktion und Kategorie der Inhaltsstoffe sowie toxikologische Daten insbesondere im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Auswirkungen und unter dem Gesichtspunkt jedwe70
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72
Vgl hiezu wiederum die kritischen Ausführungen von Wägenbaur (FN 36), 109 zu Art 7 der TabakRL 2001/37/EG sowie die Darstellung bei Strejcek, Tabakgesetz in: Strejcek (Hrsg), Rauchen im Recht, 2007, 48. Ausgenommen hievon ist wiederum Kautabak. Da das TabakG selbst keine Legaldefinition der Begriffskette „Tabak zum oralen Gebrauch“ enthält, ist zur näheren Bestimmung auf die Definition des dem Terminus zu Grunde liegenden Art 2 Z 4 der Tabakrichtlinie 2001/37/EG zurückzugreifen. Vgl hiezu EB zur RV 700 BlgNR 22. GP, 3; die vorliegende Regelung geht somit über die in Art 1 lit. f. der Empfehlung des Rates 2003/54/EG vorgesehene Mindestpackungsgröße von 19 Stück hinaus.
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der süchtigmachender Wirkung anzuführen (§ 8 Abs 4 TabakG); ein Verzeichnis des auf den Packungen angegebenen Kondensat-(Teer-), Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalts jener Zigaretten, die im vergangenen Jahr durch den Verpflichteten in Verkehr gebracht wurden (§ 8 Abs 6 TabakG), ist anzuschließen.
D. Überwachung Die Überwachung der genannten Bestimmungen obliegt dem Bundesminister für Gesundheit (BMGFJ). Von ihm eingesetzte Aufsichtsorgane sind befugt, sämtliche Betriebe, durch die Tabakerzeugnisse in Verkehr gebracht werden, zu besichtigen, Aufzeichnungen einzusehen, die Produktions- und Vertriebszwecken dienen, sowie Proben von Tabakerzeugnissen zu entnehmen. Derartige Proben sind nach Möglichkeit in drei gleiche Teile zu teilen, die amtlich zu verschließen sind. Ein Teil der Probe ist, soweit dies zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens erforderlich ist,73 der amtlichen Prüfung zuzuführen (dazu sogleich), ein Teil verbleibt als Muster beim Bundesministerium für Gesundheit, der dritte Teil ist dem Betriebsinhaber als Gegenprobe zu Beweiszwecken zu überlassen. Die Probenentnahme ist zu bestätigen; auf Antrag des Betriebsinhabers ist für die entnommene Probe Entschädigung zu leisten (vgl zu all dem näher § 9 TabakG).
Gemäß § 9 TabakG entnommene Proben sind (sofern erforderlich) von akkreditierten Prüf- und Überwachungsstellen auf ihre Konformität mit den der §§ 3, 4, 4a und 4b TabakG, somit insbesondere auf die Wahrung der Höchstgrenzen des Kondensat-(Teer-), Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalts74 hin zu untersuchen (§ 10 TabakG).
E. Mindestkleinverkaufspreise Um dem preislichen Konkurrenzkampf auf dem Tabaksektor entgegenzuwirken,75 wurde mit BGBl I 47/2006 in Gestalt von § 2 Abs 4 TabakG ein gesundheitspolitisch motiviertes Instrument zur Tabakprävention geschaffen. Die genannte Bestimmung ermächtigt die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen (nunmehr BMGFJ) im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen im Interesse der Tabakprävention zur Sicherstellung eines Mindestpreisniveaus den Mindestkleinverkaufspreis von Tabakerzeugnissen durch Verordnung festzusetzen.
Von dieser Ermächtigung wurde in Form der MindestpreisregelungsVO76 Gebrauch gemacht, deren § 4 gemäß ab 15. Mai 2006 ein entsprechender Mindestkleinverkaufspreis, der pro Stück 92,75% des gewichteten Durchschnittspreises aller verkauften Zigaretten des abgelaufenen Kalenderjahres beträgt77, vorgesehen ist (§ 2 Abs 1 MindestpreisregelungsVO). 73 74 75 76 77
Was wohl in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle gegeben sein dürfte, da sonst die Probeentnahme an sich fragwürdig erschiene. Vgl hiezu näher oben II.B. Vgl IA 777/A 22.GP. BGBl II 2006/171. Der Mindestkleinverkaufspreis für Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten ist mit 90% des gewichteten Durchschnittsgrammpreises aller verkauften Feinschnitttabake für selbstgedrehte Zigaretten des abgelaufenen Kalenderjahres pro Gramm festgesetzt (§ 2 Abs 2 MindestpreisregelungsVO). Zur Berechnung Vgl näher § 3 MindespreisregelungsVO.
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Dieses Regelungsmodell begegnet jedoch, insbesondere vor dem Hintergrund von Art 9 der RL 95/59/EG, wonach etwa Hersteller frei für jedes ihrer Erzeugnisse und für jeden Mitgliedstaat, in dem diese Erzeugnisse in den Verkehr gebracht werden sollen, den Kleinverkaufshöchstpreis bestimmen, europarechtlichen Bedenken.78 Bereits vor einigen Jahren hat der EuGH in einer weitgehend ähnlichen Konstellation entschieden, dass Rechtsvorschriften, denen zufolge Mindestpreise für den Kleinverkauf von Tabakwaren durch Ministererlass festgesetzt werden müssen, mit der genannten Richtlinienbestimmung unvereinbar sind.79 In der jüngeren Vergangenheit wurden durch die Kommission gleich gegen mehrere Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren auf Grund von Mindestpreisregelungen für Zigaretten eingeleitet80; auch an Österreich erging vor dem Hintergrund der MindestpreisregelungsVO ein entsprechendes Mahnschreiben81. Der einhelligen Ansicht des Gerichtshofs und der Kommission zufolge ist die Zielsetzung, ein möglichst hohes Gesundheitsschutzniveau zu etablieren, nicht über Mindestpreise, sondern über erhöhte Besteuerung zu verfolgen, die den Grundsatz der freien Preisfestsetzung an sich unangetastet ließe.82
F. Werbung und Sponsoring In Umsetzung der Vorgaben der Tabakwerberichtlinie83 und des Tabakrahmenübereinkommens der WHO84 sieht § 11 TabakG umfassende Regelungen für Werbung und Sponsoring für Tabakerzeugnisse vor. Die Definitionen von Werbung und Sponsoring in § 1 Z 7 und 7a TabakG sind mit jenen der TabakwerbeRL de facto ident. Der in § 11 Abs 1 TabakG getroffene apodiktische Ausspruch „Werbung und Sponsoring für Tabakerzeugnisse sind verboten“ wird durch die in den folgenden Absätzen vorgesehenen Ausnahmen und Einschränkungen jedoch in wesentlichen Teilbereichen ausgehöhlt. So normiert etwa § 11 Abs 2 TabakG eine Ausnahme für Namen, Marken und Symbole, die zur Zeit des Inkrafttretens der Bestimmung85 bereits guten Glaubens sowohl für Tabakerzeugnisse als auch für andere Erzeugnisse verwendet wurden, dergestalt, als solche für die
78
79 80 81 82 83 84 85
S. hiezu auch Klingenbrunner, Gemeinschaftsrechtliche Fragen der Festsetzung von Mindestverkaufspreisen für Zigaretten in: Strejcek (Hrsg), Rauchen im Recht, 2007, 193ff. EuGH Rs C-216/98, Kommission/Griechenland, Slg 2000, I-8921. Vgl die Vertragsverletzungsfälle 2005/2003 (Frankreich), 2005/2248 (Belgien), 2006/2083 (Irland). 2006/2288. Vgl etwa IP/06/866 sowie EuGH (FN 78) Rdnr 31. S. hiezu oben I.C.2.c. BGBl III 2005/219. Gemäß § 17 Abs 2 TabakG der 31. Juli 2005. Der Bestimmung des § 11 Abs 3 TabakG, wonach die Ausnahme des Abs 2 für Namen, Marken oder Symbole für von Tabakerzeugnissen verschiedene Erzeugnisse, die nach Inkrafttreten dieser Bestimmung entwickelt und in Verkehr gebracht werden, nicht gilt, kommt kein eigenständiger normativer Gehalt zu; wiederholt sie doch bloß den zwingenden Umkehrschluss aus dem vorhergehenden Absatz.
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anderen Erzeugnisse an sich sowie für die Bewerbung oder Sponsoring zu Gunsten dieser Erzeugnisse verwendet werden dürfen. Hierbei sind folgende Voraussetzungen kumulativ zu beachten: Zum einen muss es sich bei den anderen Erzeugnissen, Veranstaltungen und Aktivitäten oder der darauf bezogenen Werbung sowie dem darauf bezogenen Sponsoring eindeutig nicht um Tabakerzeugnisse handeln. Des Weiteren dürfen auch keine sonstigen für ein Tabakerzeugnis bereits benutzten Unterscheidungsmerkmale Verwendung finden
Weitergehend sind die Ausnahmen in § 11 Abs 4 TabakG. Dieser Bestimmung zufolge sind insbesondere Werbung durch Tabaktrafikanten gemäß § 39 Abs 1 TabakmonopolG86 (§ 11 Abs 4 Z 4 TabakG), Plakatwerbung für Tabakerzeugnisse87 sowie Kinowerbung im Rahmen nicht jugendfreier Kinovorstellungen (§ 11 Abs 4 Z 6 TabakG) zulässig. Auch ist das Sponsoring von Veranstaltungen und Aktivitäten, an denen nur ein Staat beteiligt ist, die nur in einem Staat stattfinden und auch keine sonstige grenzüberschreitende Wirkung haben, gestattet (§ 11 Abs 4 Z 5 TabakG). Nähere Vorgaben im Hinblick auf die Ausgestaltung der Werbung trifft § 11 Abs 5 TabakG. So hat Werbung für Tabakerzeugnisse grundsätzlich auf die Gesundheitsschädlichkeit des Tabakkonsums hinzuweisen.88 Darüber hinaus verbietet die genannte Bestimmung u. a. Plakatwerbung im direkten Sichtbereich von Schulen und Jugendzentren, Werbung für filterlose Zigaretten, Werbung, die speziell an Jugendliche adressiert ist, sowie Werbung durch oder mit Leistungssportlern und Prominenten.
§ 11 Abs 6 TabakG verbietet jede verbilligte Abgabe, Gratisverteilung und Zusendung von Tabakerzeugnissen mit dem Ziel der direkten oder indirekten Verkaufsförderung. Dieser Grundsatz wird durch die Ausnahme des nachfolgenden Absatzes, wonach die stückweise Gratisabgabe an erwachsene Raucher in Tabaktrafiken anlässlich der Neueinführung einer Marke innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach erstmaligem Inverkehrbringen dieser Marke zulässig ist, jedoch weit gehend abgeschwächt.89 Ein Verstoß gegen die genannten Werbe- und Sponsoringverbote ist gemäß § 14 Abs 1 TabakG mit Geldstrafe von bis € 7260,- bedroht.
86 87 88 89
BGBl 1995/830 idF BGBl I 2006/47. S. zum Bereich des Tabakmonopols Segalla, Monopolbetriebe in diesem Handbuch. Bis zu einer Größe von 16 Bogenanschlägen (§ 11 Abs 5 Z 1 TabakG). Vgl. zum Begriff der Plakatwerbung VwGH, 17.12.2002, 2002/11/0268. Dies unter Verwendung eines Warnhinweises gemäß § 5 Abs 1 oder 2 im Umfang von 10% des Werbemittels. Die diesbezügliche Argumentation der EB zu RV 700 BlgNR 22. GP, 5, wonach es durch diese Bestimmung „ gestattet sein [soll], […] neue, allenfalls weniger schädliche Produkte […] zu promoten und den Umstieg auf diese zu erleichtern“ scheint, angesichts der Tatsache, dass Zigaretten in zunehmendem Maße diverse Zusatzstoffe enthalten (vgl hiezu Davani, [FN 3] 438ff), auf eher tönernen Beinen zu stehen. Überdies scheint äußerst fraglich, ob und inwieweit dem Inhaber einer Tabaktrafik die Pflicht zukommt, zu untersuchen, ob es sich bei dem jeweiligen Abnehmer um einen erwachsenen Raucher handelt (bzw. was in concreto unter einem Raucher zu verstehen ist) oder ob bei entsprechendem Zuwiderhandeln die Strafbestimmung des § 14 Abs 1 Z 3 zur Anwendung gelangt.
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G. Nichtraucherschutz Nachdem auch die gesundheitlichen Gefahren des „Passivrauchens“ in unzweifelhafter Weise wissenschaftlich belegt sind, kommt den Rahmenbedingungen des Nichtraucherschutzes stetig wachsende Bedeutung zu. Im TabakG sehen die §§ 12-13a durch die Festlegung ortsbezogener Rauchverbote weitgehende Nichtraucherschutzbestimmungen vor. So wird das Rauchen in Räumen, die Unterrichts-, Fortbildungs- und Verhandlungszwecken sowie der schulsportlichen Betätigung gewidmet sind, untersagt (§ 12 Abs 1 TabakG). Darüber hinausgehend ist Schülern das Rauchen in der Schule, an sonstigen Unterrichtsorten und bei Schulveranstaltungen sowie schulbezogenen Veranstaltungen gemäß § 9 Abs 2 Schulordnung90 untersagt. An schulischen oder sonstigen Einrichtungen, in denen (unter anderem) Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, aufgenommen oder beherbergt werden, ist es, den Vorgaben von § 13 Abs 3 TabakG entsprechend, weiters nicht möglich, Räumlichkeiten zu bezeichnen, in denen das Rauchen gestattet ist. Sofern es sich nicht um allgemein bildende Pflichtschulen handelt, kann das Rauchverbot für Schüler - unter Beachtung der entsprechenden landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen91 - im Hinblick auf Freiflächen der Schulliegenschaft durch eine entsprechende Bestimmung der Hausordnung zurückgenommen werden (§ 9 Abs 2 Schulordnung iVm § 13 Abs 1 und 3 TabakG).
§ 13 Abs 1 TabakG normiert darüber ein generelles Rauchverbot in Räumen, die von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden können, einschließlich der nicht ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flugund Schiffsverkehrs92 („öffentlicher Ort“ - vgl § 1 Z 11 TabakG).93 Dieses allgemeine Rauchverbot umfasst somit ein denkbar weiteres Spektrum, das von Amtsgebäuden über Hochschulen bis hin zu Geschäftslokalen reicht; ausgenommen hievon sind gemäß § 13 Abs 4 TabakG insbesondere Gastgewerbebetriebe94 und Tabaktrafiken.
90 91 92
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BGBl 1974/373 idF BGBl 1996/221. S. hiezu unten III. In Einrichtungen, die über eine ausreichende Anzahl an Räumlichkeiten verfügen, können Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird (§ 13 Abs 2 TabakG). S. hiezu insb. aus arbeitsrechtlichem Blickwinkel Posch, Rauch(er)entwarnung, ecolex 2005, 229ff, die jedoch contra legem auch Tabaktrafiken dem Geltungsbereich des allgemeinen Rauchverbots unterwirft, ebd. 230 sowie Grillberger, Nichtraucherschutz im Arbeitsrecht in: Pichler (Hrsg), Rauchen & Recht, 2004, 65ff. Einer Zielvereinbarung des Gesundheitsministeriums und des Fachverbandes Ga stronomie zufolge (abrufbar unter: http://www.nichtraucherfuehrer.at/download/ Vereinbarung.pdf) sollten jedoch bis zum Ende des Jahres 2006 in 90% aller Speiselokale mit einer Fläche von mehr als 75 m² Nichtraucherbereiche im Ausmaß von 40% geschaffen werden. Im Dezember 2006 erging überdies durch Beschluss des Steirischen Landtages (Landtagsbeschluss 436, 15.GP) die Aufforderung an die Landesregierung, „alle Maßnahmen zu ergreifen, um ein generelles Rauchverbot für sämtliche öffentlich zugänglichen Veranstaltungen, die nicht unter freiem Himmel stattfinden, umzusetzen“, was in Anbetracht der kompetenzrechtlichen Situation (s. hiezu oben I.B.1) im Kern nur so gedeutet werden kann, dass die Landesregierung die gegenständliche Aufforderung an Bundesregierung und Nationalrat weiterzuleiten hat.
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Rauchverbote sind durch Hinweise oder Symbole entsprechend kenntlich zu machen, die in ausreichender Zahl und Größe so anzubringen sind, dass sie überall im Raum oder der Einrichtung klar ersichtlich sind (§ 13a TabakG). Die Verletzung dieser Kennzeichnungspflicht ist mit Geldstrafe von bis zu € 720,sanktioniert (§ 14a TabakG). Darüber hinaus erfolgt eine Evaluierung der Einhaltung der Rauchverbote; gegebenenfalls wird diesbezüglich die Festlegung von Sanktionen bei einem Verstoß gegen sonstige Rauchverbotsregelungen geprüft.95
III. Sonstige tabakbezogene Regelungen Neben diesen oben dargelegten Vorgaben des TabakG finden sich auch in einer Reihe anderer Gesetze tabakrechtlich relevante Bestimmungen, die primär Nichraucherschutzanliegen verfolgen und in den jeweiligen Materiengesetzen niedergelegt sind. So verpflichtet § 30 Abs 1 ASchG96 den Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass Nichtraucher vor den Einwirkungen von Tabakrauch am Arbeitsplatz geschützt sind, soweit dies nach Art des Betriebes möglich ist. Arbeiten Nichtraucher und Raucher aus betrieblichen Gründen in einem Büroraum oder einem vergleichbaren Arbeitsraum, der nur von Betriebsangehörigen genutzt wird, ist das Rauchen am Arbeitsplatz verboten. Gemäß § 4 Abs 6 MSchG97 dürfen werdende Mütter (sofern sie nicht selbst rauchen), soweit es die Art des Betriebes gestattet,98 nicht an Arbeitsplätzen beschäftigt werden, bei denen sie der Einwirkung von Tabakrauch ausgesetzt sind.99 Zusätzlich zu den genannten Regelungen besteht eine Fülle landesgesetzlicher Dienstnehmerschutzbestimmungen.100 Weitere gesundheits- oder brandschutzbedingte gesetzliche Vorgaben finden sich etwa im Bereich des Strafvollzugs-,101 Kranken- und Kuranstaltenrechts102 sowie im ForstG103. Darüber hinaus enthalten die landesgesetzlichen Jugendschutzbestimmungen Regelungen, die etwa den Verkauf von Tabakerzeugnissen an Jugendliche und deren Konsum betreffen.104 95 96 97 98 99
100
101 102 103 104
EB zur RV 700 BglNR 22. GP, 2. BGBl 1995/450 idF BGBl I 2001/159. Beinah wortgleich § 30 Abs 1 und 2 B-BSG BGBl I 1999/70 idF BGBl I 2003/131. BGBl 1979/221 idF BGBl I 2004/123. Als Negativbeispiel sind in diesem Zusammenhang insbesondere Gastronomiebetriebe zu nennen. Vgl hiezu etwa Grillberger, (FN 92). Der Arbeitsplatzbegriff iSv § 4 Abs 6 MSchG muss sohin über jenen des „vergleichbaren Arbeitsraums“ iSv § 30 ASchG hinausgehen, da der Norm sonst kein eigenständiger Sinngehalt zukäme. Vgl etwa § 26 des Wiener Bedienstetenschutzgsetzes 1998 LGBl 1998/49 idF LGBl 2006/44 oder § 99h der Salzburger Landarbeitsordnung LGBl 1996/7 idF LGBl 2006/21. Vgl § 40 Abs 1 StVG BGBl 1969/144 idF BGBl I 2006/113. Vgl § 6 Abs 1 Lit. e KAKuG BGBl 1957/1 idF BGBl I 2006/157. Vgl hiezu etwa §§ 40 Abs 1 und 41 Abs 1 ForstG BGBl 1975/440. Entgegen medialen Verlautbarungen ist die mit 1.1.2007 vorgenommene Umrüstung von Tabakwarenautomaten auf das System eines obligatorischen Altersnachweises
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Bemerkenswert ist, dass den einzelnen landesgesetzlichen Regelungen dem Wortlaut nach durchaus unterschiedliche Tragweite zukommt. Ist etwa gemäß § 11 Abs 1 des Wr. Jugendschutzgesetzes105 jungen Menschen bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres bloß der Konsum von Tabakwaren in der Öffentlichkeit untersagt, so verbietet § 8 Abs 1 OÖ Jugendschutzgesetz106 Jugendlichen der selben Altersgruppe den Erwerb und Konsum kategorisch.
Aus steuerrechtlicher Perspektive ist auf die Bestimmungen des gemeinschaftsrechtlich geprägten107 Tabaksteuergesetzes108 zu verweisen.
105 106 107 108
mittels Bankomatkarte nicht durch die einzelnen Jugendschutzgesetze der Länder bedingt; die Pflicht hiezu entspringt vielmehr den Standesregeln der Tabaktrafikanten. Vgl. zu diesem Komplex Klingenbrunner, Zigarettenautomaten und Jugendschutz in: Strejcek (Hrsg), Rauchen im Recht, 2007, 433ff. LGBl 2002/17. LGBl 2001/93 idF 2005/90. Vgl. FN 47.. Tabaksteuergesetz 1995, BGBl 1994/704 idF BGBl I 2006/47.
Manfred Stelzer/Birgit Havranek
Gentechnikrecht Rechtsgrundlagen ...........................................................................................632 Grundlegende Literatur...................................................................................632 I. Grundlagen ................................................................................................633 A. Allgemeines............................................................................................633 1. Einleitung ..........................................................................................633 2. Grundlegendes Regelungsanliegen des GTG....................................636 3. Der Anwendungsbereich des Gentechnikgesetzes ............................637 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................639 C. Europarechtliche Grundlagen...............................................................640 II. Arbeiten im geschlossenen System .........................................................642 A. Begriff und Klassifizierungen ................................................................642 B. Behörden und Verfahren .......................................................................645 C. Kennzeichnung ......................................................................................649 D. Transgene Tiere ....................................................................................649 1. Herstellung von und Arbeiten mit transgenen Tieren .......................649 2. Verfahren bei Arbeiten mit transgenen Tieren..................................650 III. Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen............................650 A. Begriff ....................................................................................................650 B. Stufenprinzip..........................................................................................652 C. Bewilligungspflicht und Verfahren, Kennzeichnung .............................653 D. Kennzeichnung ......................................................................................657 E. Durchführung der Freisetzung ..............................................................657 F. Behördenzuständigkeit, Kontrollen und sonstige Maßnahmen .............658 G. Die zivilrechtliche Haftung ...................................................................659 IV. In-Verkehr-Bringen gentechnisch veränderter Produkte .................663 A. Begriff und Reichweite...........................................................................663 B. Bewilligungspflicht und Verfahren ........................................................664 1. Genehmigungspflicht ........................................................................664 2. Verfahren...........................................................................................666 3. Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Erzeugnissen...........671 4. Unbeabsichtigtes Vorhandensein von GVO in anderen Produkten - Schwellenwerte .............................................................671 5. Behördenzuständigkeit und Kontrollen.............................................672 6. Soziale Unverträglichkeit ..................................................................673 V. Die Gentechnik-Vorsorgegesetze der Länder........................................674 VI. Genetische Analyse.................................................................................678 A. Begriff der genetischen Analyse ............................................................678 B. Bewilligungspflicht und sachliche Anforderungen ................................681 VII. Gentherapie ...........................................................................................685
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A. Begriff.................................................................................................... 685 B. Das Verbot der Keimbahntherapie ....................................................... 686 C. Bewilligungspflicht und Verfahren ....................................................... 686 VIII. Schlussbemerkung .............................................................................. 688 Rechtsgrundlagen: Europarecht RL 90/219/EWG über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen, Abl 1990 L 117/1 idF RL 98/81/EG, Abl 1998 L 330/13; RL 2001/18/EG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG, Abl 2001 L 106/1; VO (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel, Abl 2003 L 268/1 Innerstaatliches Recht BG: Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit GVO, das Freisetzen und Inverkehrbringen von GVO und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz - GTG) und das Produkthaftungsgesetz geändert wird (BGBl 1994/510 idF BGBl 2005 I/127) LG: Gesetz vom 19. Mai 2005 über Maßnahmen der Gentechnik-Vorsorge (Bgld. Gentechnik-Vorsorgegesetz - Bgld. GtVG), LGBl für Burgenland 2005/64; Gesetz über die Regelung von Maßnahmen der Gentechnik-Vorsorge (Kärntner GentechnikVorsorgegesetz - K-GtVG), LGBl für Kärnten 2005/5; NÖ Gentechnik-Vorsorgegesetz, 6180/00; Landesgesetz über Regelungen und Maßnahmen zur Gentechnik-Vorsorge (Oö. Gentechnik-Vorsorgegesetz 2006 - Oö. Gt-VG 2006), LGBl für Oberösterreich 2006/79; Gesetz vom 7. Juli 2004 über Maßnahmen der Gentechnik-Vorsorge (Gentechnik-Vorsorgegesestz), LGBl für Salzburg 2004/75; Gesetz vom 24. Mai 2006, mit dem Maßnahmen zur Gentechnik-Vorsorge getroffen werden (Steiermärkisches Gentechnik-Vorsorgesetz - StGTVG), LGBl für Steiermark 2006/97; Gesetz vom 9. März 2005, mit dem Maßnahmen zur Gentechnik-Vorsorge getroffen werden (Tiroler Gentechnik-Vorsorgegesetz), LGBl für Tirol 2005/36; Gesetz über Maßnahmen der Gentechnik-Vorsorge (Wiener Gentechnik-Vorsorgegesetz), LGBl für Wien 2005/53 VO: AnhörungsVO, BGBl 1997 II/61 idF BGBl 1998 II/164; Saatgut-GentechnikVO, BGBl 2001 II/478; SystemVO, BGBl 2002 II/431; FreisetzungsVO, BGBl 2005 II/260; Gentechnik-KennzeichnungsVO, BGBl 2006 II/5; Gentechnik-RegisterVO BGBl 2006 II/141; Verordnung über das Verbot des Inverkehrbringens von gentechnisch verändertem Mais, BGBl 1997 II/45; Verordnung über das Verbot des Inverkehrbringens von gentechnisch verändertem Mais Zea Mays L, Linie MON 810, BGBl 1999 II/175; Verordnung über das Verbot des Inverkehrbringens des gentechnisch veränderten Maises Zea Mays L. T 25, BGBl 2000 II/120; Verordnung, mit der das In-Verkehr-Bringen von gentechnisch verändertem Raps aus der Ölrapslinie GT73 in Österreich verboten wird, BGBl 2006 II/157
Grundlegende Literatur: Bernat, Recht und Humangenetik - ein österreichischer Diskussionsbeitrag, in: FS Steffen, 1995; Eberbach/Lange/Ronellenfitsch, Gentechnikrecht, Kommentar; HeberleBors, Herausforderung Gentechnik, 1996; Herdegen, Internationale Praxis Gentechnikrecht, Kommentar; Huber/Stelzer, Öffentlich-rechtliche Rechtsfragen der Gentechnolo-
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gie, in: Gentechnologie im österreichischen Recht, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, 1991; Kerschner/Wagner, Koexistenz zwischen Gentechnik, Landwirtschaft und Natur, 2003; Koch/Ibelgaufts, Gentechnikgesetz, Kommentar; Loibl/Stelzer, Nationale Souveränität im Gentechnikrecht, Rechtsgutachten im Auftrag der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz; Markl (Hrsg), Neue Gentechnologie und Zellbiologie, 1988; Schenek, Das Gentechnikrecht der Europäischen Gemeinschaft, 1995; Selb, Zum Entwurf eines Gentechnikgesetzes, JBl 1991, 749; Stelzer, Sicherheit durch Recht oder Rechtssicherheit?, FORUM 1993, 56; derselbe, Das Gentechnikgesetz zwischen Verfassungsrecht, Europarecht und Sicherheit, JBl 1995, 756; derselbe, Umfang der Öffentlichkeitsbeteiligung und Parteistellung im gentechnikrechtlichen Genehmigungsverfahren, ZfV 1996, 17; derselbe, Moratorium der Gentechnik? Verfassungs-und europarechtliche Vorgaben der Errichtung gentechnikfreier Bewirtschaftungsgebiete, BMSG (Hrsg), 2003; derselbe, Datenschutz im Gentechnikrecht, in: Stelzer (Hrsg), Biomedizin - Herausforderung für den Datenschutz, 2005, 79; von Kameke, Gemeinschaftliches Gentechnikrecht, Die Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG, 1995
I. Grundlagen A. Allgemeines 1. Einleitung Als Gentechnik1 bezeichnet man die Gesamtheit der Methoden zur Charakterisierung und Isolierung von genetischem Material, zu dessen Rekombination und zur Wiedereinführung und Vermehrung des rekombinierten Materials in anderer biologischer Umgebung;2 sie beschreibt einen Teilbereich der Biotechnologie, welche sich allgemein durch die integrierte Anwendung von Biochemie, Mikrobiologie und Verfahrenstechnik die technische Nutzbarmachung biologischer Vorgänge zum Ziel setzt.3 Die eigentliche Entwicklung der Gentechnik als moderne mikrobiologische Verfahrenstechnik beginnt 19744 mit den ersten erfolgreichen Experimenten der Wissenschaftler Boyer und Cohen zur Übertragung genetischer Merkmale von Antibiotikaresistenzen.5 Seither haben sich die Anwendungsmöglichkeiten der Gentechnik in der Medizin und im pharmazeutischen Bereich, in der chemischen Industrie, der Nahrungsmittelindustrie ebenso wie in der Landwirtschaft und im Rahmen der Entwicklung neuer, im Umweltschutzbereich bedeutsamer, Verfahrenstechniken etabliert.6 1 2 3 4
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Zum Unterschied der Begriffe Gentechnik und Gentechnologie siehe Schenek, 31, mwN. Zur Definition einschließlich der biologischen Grundlagen der Gentechnologie vgl Huber/Stelzer, 4ff. Den Aspekt der Verknüpfung des besonderen Verfahrensablaufs mit ökonomischem und gesellschaftlichem Nutzen untersucht Schenek, 28ff. Die Geschichte der Genetik reicht noch viel weiter bis zu ihrem Begründer, dem Mönch Gregor Mendel, zurück. Sein Verdienst war die Entdeckung der Gene als Elemente der Vererbung in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Entwicklung der Gentechnik wird sehr anschaulich dargestellt von Heberle-Bors, 35ff. Heberle-Bors, 67ff. Vgl zu den Anwendungsbereichen der Gentechnik etwa Swetly, Industrielle Aspekte des Einsatzes der Gentechnologie, in: Markl, 147 (148); Heberle-Bors, Neue Tech-
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Seit Beginn der Entdeckung der Natur und Funktionsweise der Erbinformation von Lebewesen und deren gezielter Manipulation und Übertragung bestanden massive Bedenken ob möglicher unabschätzbarer Gefahren bzw Risiken. Diesen Bedenken versuchten die Wissenschaftler zunächst im Wege der Selbstbindung Rechnung zu tragen. Als ein erster Schritt wurde ein Sicherheitskonzept in Form von Prinzipien als Grundlage für die Durchführung gentechnischer Arbeiten verabschiedet,7 denen kurze Zeit später die sog NIH-Richtlinien8 der US-Gesundheitsbehörde (National Institute of Health, NIH) folgten.9 Der Schwerpunkt dieser Richtlinien lag zunächst auf Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen im Labor bzw im Rahmen industrieller Produktion,10 während Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) anfänglich einem generellen Verbot unterlagen. Im Zuge von Tendenzen zur Lockerung rigoroser Verbote legte 1986 die „OECD ad hoc Arbeitsgruppe von Regierungsexperten über Sicherheit und Regelungen in der Biotechnologie“ einen Bericht11 über die mögliche Freisetzung von GVO auf der Basis eines präventiven Vorgehens case by case und step by step vor, dem alle Mitgliedstaaten der OECD zustimmten.12 Die umfassende Verrechtlichung des Umganges mit der Gentechnik wurde zunächst nicht realisiert. Die Diskussion in Europa wurde dann maßgeblich von einer Entscheidung des HessVGH13 beeinflusst, wonach es in Deutschland zunächst eines Gesetzes bedurfte, ehe gentechnische Anlagen von Verwaltungsbehörden genehmigt werden konnten. Wenngleich die vor dem Verwaltungsgericht unterlegenen Betreiber noch den Rechtszug an das Bundesverfassungsgericht offen gehabt hätten, war es nun die (deutsche) Industrie selbst, die auf eine rasche Erlassung eines Gentechnikgesetzes drängte. Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen musste ebenso rasch eine europäische Lösung gefunden werden, die schließlich zur Erlassung zweier Richtlinien führte. Regelungsgegenstand dieser Richtlinien waren zum einen Arbeiten mit GVO im geschlossenen System (SystemRL) und die Freisetzung bzw das In-Verkehr-Bringen von GVO (FreisetzungsRL).14
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nologien in der Pflanzenzüchtung, in: Markl, 65 (75ff); Mayr/Schleger, Neue Biotechnologien in der Tierzucht, in: Markl, 103ff; Schenek, 34ff; Bericht der EnqueteKommission des Deutschen Bundestages: Chancen und Risiken der Gentechnologie, 1986, 40ff. Angenommen im Zuge der International Conference on Recombinant DNAMolecules, besser bekannt als Asomilar-Konferenz 1975. Guidelines for Research Involving Recombinant DNA Molecules (NIH Guidelines), ursprüngliche Fassung in: US FedReg (1976) Vol. 41, S. 27902ff; diese wurde bereits einige Male geändert, siehe dazu die Nachweise bei Herdegen/Dederer, in: Herdegen, Band 2, P.I., Rz 40ff. Ähnliche Richtlinien wurden in weiterer Folge auch in anderen Ländern erlassen, so etwa in Großbritannien oder in Deutschland die „Richtlinien zum Schutz vor Gefahren durch in-vitro neukombinierte Nukleinsäuren“ (Gen-Richtlinien), Bundesanzeiger Nr. 56, 21. 3. 1978. Für einen Überblick über ausländische Sicherheitsvorschriften vor Erlassung einschlägiger Gesetze siehe Huber/Stelzer, 48ff. Recombinant DNA Safety Considerations; Nachweis bei Lange, in: Eberbach/Lange/Ronellenfitsch, Band 3, Teil D. II. Einl. 90/220/EWG, Fn 10. Als Basis einer international einheitlichen Bewertung wurde dieser Bericht Grundlage zahlreicher einschlägiger nationaler Regelungen. VGH Kassel, NJW 1990, 336. RL 90/219/EWG (SystemRL) und RL 90/220/EWG (FreisetzungsRL). Mittlerweile wurde die RL 90/220/EWG durch die RL 2001/18/EG ersetzt.
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In Österreich begann Mitte der Achtzigerjahre ebenfalls eine Debatte um ein eigenes Gentechnikgesetz.15 Dazu wurde zunächst eine Studie in Auftrag gegeben,16 die den auf gentechnisch indizierte Sachverhalte anwendbaren bestehenden Rechtsbestand erfassen und etwaige Regelungslücken aufdecken sollte. Ein Handlungsbedarf des Gesetzgebers17 war vor dem Hintergrund bestehender Regelungsdefizite nicht nur politisch, sondern auch wegen des schon damals absehbaren Inkrafttretens des EWR-Abkommens geboten: Darin verpflichtete sich Österreich mit 1. 1. 1995 zur Umsetzung der beiden GentechnikRichtlinien der EG. In Folge wurden mehrere Ministerialentwürfe erarbeitet,18 die zum Teil heftig kritisiert wurden.19 Erst ein IA20, der sich im Wesentlichen auf die Regierungsvorlage unter Einbeziehung der Ergebnisse des Gesundheitsausschusses21 stützte, wurde noch knapp vor Ende der 18. GP als Gentechnikgesetz beschlossen.22 Dieses bestand zu seiner Erlassung 1994 aus XII Abschnitten mit insgesamt 111 Paragraphen und enthielt eine Reihe von Verordnungsermächtigungen; mit der Novelle 199823 wurden dem III. Abschnitt der § 39a über die Parteistellung und ein neuer Abschnitt IVa mit Regelungen über die zivilrechtliche Haftung sowie die §§ 101a bis 101e als Grundlage für behördliche Maßnahmen - zu erwähnen ist besonders jene zur Wiederherstellung der Umwelt - eingefügt, sowie die Einführung eines Gentechnikregisters und einer Sicherheitsdokumentation angeordnet. 2002 wurde durch eine neuerliche Novelle24 im Wesentlichen die RL 98/81/EG zur Änderung der SystemRL umgesetzt. Grundlegende Anpassungen des GTG im Bereich der Freisetzung und des In-VerkehrBringens von GVO erfolgten schließlich im Zuge der Umsetzung der neuen FreisetzungsRL 2001/18/EG durch die Novelle BGBl 2004 I/126. Diese Novelle betraf insbesondere die Neuregelung der Sicherheitsbewertung von Freisetzungsanträgen und Anträgen zum In-Verkehr-Bringen, eine verbesserte Transparenz und Information der Öffentlichkeit,25 die Sicherstellung der Überwachung und schließlich die Einführung von Regelungen zum Schutz der heimischen Landwirtschaft und der Sicherung der biologischen und konventionellen Wirtschaftsweise.26 In diesem Zusammenhang ergin15
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Vgl auch den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung an den Nationalrat zu grundsätzlichen Aspekten der Gentechnologie und der humanen Reproduktionsmedizin, 1986. Gentechnologie im österreichischen Recht, Studie im Auftrag des (damaligen) Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, der Öffentlichkeit vorgestellt Anfang 1991. Für eine Darstellung der wesentlichsten Regelungslücken vgl die Ergebnisse der Studie und illustrativ Stelzer, FORUM 1993, 56 (57). Ein dritter Entwurf wurde schließlich als Regierungsvorlage zur Abstimmung ins Parlament eingebracht. Vgl etwa Selb, JBl 1991, 749ff. 732/A, II-13804 BlgNR 18. GP. 1730 BlgNR 18. GP. BGBl 1994/510. Vgl zur Entstehungsgeschichte im Überblick Bernat, 33 (34). BGBl 1998 I/73. BGBl 2002 I/94. Zur Erhöhung der Transparenz ist in zahlreichen Bestimmungen vorgesehen, dass die zuständige Behörde - idR der Bundesminister für Gesundheit und Frauen - verschiedene Informationen auf der Internet-Seite der Behörde veröffentlicht. Siehe näher die Information des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen, abrufbar unter http://www.bmgf.gv.at/cms/site/themen.htm?channel=CH0252, login am 8. 5. 2006.
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gen auch die Gentechnik-Vorsorgegesetze der Länder.27 Mit der Novelle BGBl 2005 I/127, in Kraft getreten am 1. 12. 2005, wurden schließlich die Genanalyse und die Gentherapie zum Teil grundlegend neu geregelt.
Das erreichte Regelungswerk ist sowohl umfänglich als auch in der Sache beträchtlich. Regelungsgegenstand des GTG sind Arbeiten mit GVO im geschlossenen System (II. Abschnitt, §§ 5 bis 35 GTG); das Freisetzen von GVO (III. Abschnitt, Teil A §§ 36 bis 53); das In-Verkehr-Bringen von Erzeugnissen, die aus GVO bestehen oder solche enthalten (III. Abschnitt, Teil B, §§ 54 bis 63); die genetische Analyse (IV. Abschnitt, §§ 64 bis 73) und die Gentherapie am Menschen (IV. Abschnitt, §§ 74 bis 79); schließlich zivilrechtliche Regelungen von Haftungsfragen (IVa. Abschnitt, §§ 79a bis 79m). Daneben bestehen eine Reihe von organisatorischen Vorschriften betreffend die Gentechnikkommission, die verschiedenen zu bildenden wissenschaftlichen Ausschüsse und das Gentechnikbuch (V. Abschnitt, §§ 80 bis 99). Zuständigkeitsund Kontrollvorschriften (VI. Abschnitt, §§ 100 bis 101e), Vorschriften über die Sicherheitsforschung, vorläufige Zwangsmaßnahmen sowie das Erlöschen der Berechtigung (VII. bis IX. Abschnitt), Regelungen betreffend den Datenschutz (X. Abschnitt, §§ 105, 106), den internationalen Informationsaustausch (XI. Abschnitt) sowie Übergangs-, Straf- und Schlussbestimmungen (XII. Abschnitt) bilden den Abschluss.
2. Grundlegendes Regelungsanliegen des GTG Das - naheliegende - Anliegen des GTG war zunächst die Umsetzung der beiden Gentechnikrichtlinien der EG in nationales Recht vor dem Hintergrund internationaler Verpflichtungen. Dabei verfolgt es, entsprechend den Vorgaben der erwähnten Richtlinien, sowohl einen Schutz- als auch einen Förderzweck. Ersterem kommt dabei jedenfalls Vorrang zu und wird gesetzlich wesentlich konkreter ausgestaltet. Erklärtes Ziel (§ 1 GTG)28 des Gesetzes ist es, die Gesundheit des Menschen einschließlich seiner Nachkommenschaft vor Schäden zu schützen, die entweder unmittelbar durch Eingriffe am menschlichen Genom, durch Genanalysen oder Auswirkungen von GVO entstehen können, oder mittelbar durch Auswirkungen von GVO auf die Umwelt auftreten. Darüber hinaus soll auch die Umwelt29 vor schädlichen Auswirkungen durch GVO geschützt werden: Es soll ein hohes Maß an Sicherheit für den Menschen und
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Siehe dazu näher unter V. Bedeutung kommt § 1 Z 1 und Z 2 GTG jedenfalls im Hinblick auf eine Auslegung der einzelnen Bestimmungen im GTG zu. Fraglich mag sein, ob der Einzelne aus § 1 GTG subjektive Rechte abzuleiten vermag. Wohl wird alleine aus § 1 Z 2 GTG (Förderzweck) dem Betreiber kein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Genehmigung bzw Nicht-Untersagung lediglich anmeldepflichtiger Vorhaben erwachsen. Der Förderzweck übernimmt aber die Funktion einer Bestandsicherung gentechnischer Arbeiten zur Forschung und Entwicklung vor dem Hintergrund des Schutzgüterziels nach § 1 Z 1 GTG. Zu den aufgeworfenen Fragen vgl für die deutsche Rechtslage Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 1, Rz 2ff, Rz 67f; Herdegen, in: Eberbach/Lange/ Ronellenfitsch, Band 1, Teil B, § 1 GenTG, Rz 11ff mwN aus Literatur und Judikatur. Insb die Ökosysteme, vgl § 1 GTG.
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die Umwelt gewährleistet werden (§ 1 Z 1 GTG). Schutzgüter sind demnach sowohl die menschliche Gesundheit30 als auch - gleichrangig - die Umwelt.31 Im Hinblick auf dieses oberste (Schutz)Ziel regelt das GTG entsprechend seiner präventiven Ausrichtung Sicherheitsfragen, wozu ein umfangreiches System von Aufzeichnungs-, Anmelde- und Genehmigungsvorschriften unter Einbeziehung der Expertise von Sachverständigen als Instrument zur Verfügung steht.
Der allgemeine Förderzweck drückt sich in § 1 Z 2 GTG aus, in dem sich das Gesetz auch zum Ziel setzt, die Anwendung der Gentechnik zum Wohle des Menschen durch Festlegung rechtlicher Rahmenbedingungen für deren Erforschung, Entwicklung und Nutzung zu fördern.32 Intendiert ist damit, die Gentechnik als relativ junge aber zukunftsträchtige wissenschaftliche Methode in zufriedenstellender Weise in die Gesellschaft zu integrieren. Dieses Anliegen mündet auch im Versuch der Schaffung möglichst ausgewogener Verhältnisse, die methodisch zu einer Güterabwägung zwingen, in der die unterschiedlichen Interessen zu einem Ausgleich zu bringen sind.33 Eine - für das österreichische Verwaltungsrecht neuartige - Anlehnung an die Regelungstechnik der EU bietet § 3 GTG: Dort schreibt das GTG - in der Form eines Gesetzestextes also - für seine Vollziehung Grundsätze vor, die von der Behörde34 beachtet werden sollen:35 Es sind dies das Vorsorgeprinzip (Z 1), das Zukunftsprinzip (Z 2), das Stufenprinzip (Z 3), das demokratische Prinzip (Z 4) und das ethische Prinzip (Z 5). Auch wenn diesen Prinzipien bislang in der Literatur36 ein über die Bedeutung als Programmsätze oder deklaratorische Anordnungen hinausgehender normativer Charakter abgesprochen wurde, spielten sie zumindest anfänglich in der Praxis doch eine gewisse Rolle als Interpretationshilfen.
3. Der Anwendungsbereich des Gentechnikgesetzes § 2 GTG legt den Anwendungsbereich des Gentechnikgesetzes fest, wobei sich - dies sei gleich vorweg erwähnt - der tatsächliche Regelungsinhalt nur im Zusammenhang mit den Begriffsbestimmungen des § 4 GTG ergibt. Diese 30
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Menschliches Leben neben der Gesundheit fehlt als explizites Schutzgut im GTG, wird aber wohl vom Schutz der Gesundheit gedeckt sein; andererseits erfasst der Schutz des § 1 Z 1 GTG nicht nur bereits lebende Menschen - einschließlich deren Leibesfrucht -, sondern auch kommende Generationen. Die Umwelt als eigenständiges Schutzgut gleichrangig neben der Gesundheit als Regelungsziel zu erfassen entspricht zwar den europarechtlichen Vorgaben, wirft jedoch Fragen in kompetenzrechtlicher Hinsicht auf, dazu näher unter I. B. und allgemein Stelzer, JBl 1995, 756 (758ff). RV 1465 BlgNR 18. GP, 39. Mit dem damit zum Ausdruck kommenden Förderzweck betont das GTG durchaus das positive Potential, das die Gentechnik für die Wirtschaftsentwicklung und die Medizin darstellt. Eine solche Berücksichtigung fehlte im ersten Entwurf; vgl dazu die zutreffende Kritik von Selb, 749 (749f). Näher Stelzer, FORUM, 56 (57). Etwa bei der Erlassung von Sicherheitsmaßnahmen durch Verordnung, vgl RV 1465 BlgNR 18. GP, 48. Kritik an diesen Grundsätzen - insb an deren Aufnahme in den Gesetzestext selbst wurde schon früh geäußert, vgl Selb, 749 (753), der sie als „Neuheit der Gesetzgebungslehre“ bezeichnet und ihren Platz eher in den Erläuternden Bemerkungen sieht. Selb, 749 (753f); Herdegen, Band 2, L.I., Rz 9.
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können erst mit Hilfe von einschlägigem (natur)wissenschaftlichem Sachverstand klar voneinander abgegrenzt werden.37 Der Schlüsselbegriff im Gentechnikrecht, dessen Bedeutung auch zur Klärung der Frage nach dem Anwendungsbereich des Gesetzes unerlässlich ist, ist jener des Organismus bzw des gentechnisch veränderten Organismus (GVO). Seine Bedeutung im Rahmen des Gentechnikgesetzes erklärt sich aus § 4 Z 1 GTG: Dort wird er definiert als ein- oder mehrzelliges Lebewesen oder nichtzelluläre vermehrungsfähige biologische Einheit einschließlich Viren, Viroide und unter natürlichen Umständen infektiöse und vermehrungsfähige Plasmide.38 Von dieser Begriffsbestimmung ausgehend sind GVO solche, deren genetisches Material so verändert worden ist, wie dies unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination oder andere herkömmliche Züchtungstechniken nicht vorkommt. Insbesondere hat das Gesetz dabei im Wesentlichen DNA-Rekombinationstechniken, Verfahren direkter Erbguteinführung und Zellfusion sowie Hybridisierungsverfahren vor Augen,39 während natürliche Abläufe vom Gesetz ebenso nicht erfasst werden wie herkömmliche Methoden der Biotechnologie. § 2 Abs 2 GTG legt demonstrativ einen Katalog von Ausnahmen fest, welche Verfahren einer genetischen Veränderung aus dem Anwendungsbereich des GTG ausgeklammert bleiben. Dies gilt jeweils nur unter der Voraussetzung, dass dabei nicht mit GVO oder mit gentechnisch veränderter Nukleinsäure gearbeitet wird.40 Die erwähnten Verfahren führen nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes auch nicht zu GVO. § 2 Abs 3 GTG nimmt schließlich das In-Verkehr-Bringen und die Kennzeichnung von Arzneimitteln iSd § 1 Abs 1 und Abs 2 Arzneimittelgesetz41 und deren nachfolgende Verwendung aus dem Anwendungsbereich des GTG aus. Für diesen Bereich stellen die
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Näher zur Problematik der Legaldefinitionen für das deutsche Gentechnikgesetz Ronellenfitsch, in: Eberbach/Lange/Ronellenfitsch, Band 1, Teil B, § 3 GenTG, Rz 58ff. Die zitierte Bestimmung enthält also eine Aufzählung dessen, was unter diesen Begriff nach der Vorstellung des Gesetzgebers fallen soll. Viren, Viroide und Plasmide wurden deshalb ausdrücklich in die Definition aufgenommen, weil diese als subzelluläre Einheiten keinen eigenen Stoffwechsel haben und sich auch nicht selbständig vermehren können. Im naturwissenschaftlichen Sinn sind sie daher gar keine Organismen. Ausführlich zum Begriff des Organismus im deutschen GenTG, der dort (§ 3 Z 1) definiert wird als „jede biologische Einheit, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen“ siehe Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 15. Es sind dies insb DNS (oder: DNA)-Rekombinationstechniken unter Verwendung von Vektorsystemen (§ 4 Z 3 lit a GTG), direktes Einführen von außerhalb des Organismus zubereiteten genetischen Informationen in einen Organismus einschließlich Makroinjektion, Mikroinjektion, Mikroverkapselung, Elektroporation oder Verwendung von Mikroprojektilen (Verfahren direkter Erbguteinführung) (lit b); Zellfusion sowie Hybridisierungsverfahren, bei denen lebende Zellen mit neuen Kombinationen von genetischem Material entstehen, die unter natürlichen Bedingungen nicht auftreten, ausgenommen jene Verfahren, die ausdrücklich aus dem Geltungsbereich des GTG durch § 2 Abs 2 Z 5 und Z 6 ausgenommen wurden (lit c); zu diesen Verfahren ausführlich Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 126ff. Rekombinierte DNS-Moleküle, also keine Organismen. BGBl 1983/185 idF BGBl I 2005/153.
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ArzneimittelRL und die in ihrer Umsetzung ergangenen nationalen Regelungen ein eigenes Regelungsregime zur Verfügung.42
B. Kompetenzrechtliche Einordnung Im Wesentlichen stützt sich das GTG auf den Kompetenztatbestand Gesundheitswesen (Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG), weil „die Gentechnik potentiell geeignet ist, die Gesundheit des Menschen sowohl unmittelbar als auch mittelbar über die Umwelt zu gefährden und solche Gefahren in mehreren Verwaltungsbereichen auftreten können.“43 Dieser Tatbestand ist freilich nur begrenzt fähig, das vorliegende Gesetz zu tragen. Nach der Jud des VfGH44 sind davon nämlich nur Maßnahmen gedeckt, die zur Abwehr von Gefahren für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung getroffen werden, außer es wird eine für eine bestimmte andere Kompetenzmaterie allein typische Abart dieser Gefahr bekämpft. Ergänzend zum Gesundheitswesen rekurrieren die EB45 - undifferenziert - auf die Kompetenztatbestände Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie,46 Wasserrecht,47 Hochschulwesen,48 sowie Luftreinhaltung und Abfallwirtschaft, soweit diese Angelegenheiten gemäß Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG dem Bund zugewiesen sind.
Dass die Wahl der aus dem B-VG zur Verfügung stehenden Kompetenztatbestände diffizile Fragen und Abgrenzungsprobleme aufwirft, je nachdem, welche Anliegen konkret den Mittelpunkt des Regelungsinteresses bilden, wurde bereits am Beginn der Diskussion um die Verrechtlichung der Gentechnik verdeutlicht.49 Letztlich konnten nicht alle sich aus einer kompetenzrechtlichen Einordnung ergebenden Probleme gelöst werden; das vorliegende GTG ist mit Bedenken kompetenzrechtlicher Art in mehrerer Hinsicht konfrontiert. Probleme treten in erster Linie im Zusammenhang mit einer umfassenden behördlichen Umweltverträglichkeitsprüfung, wie sie das GTG entsprechend den europarechtlichen Vorgaben regeln möchte, auf: Nach § 40 Abs 1 GTG hat die Behörde Freisetzungsanträge nämlich dann zu genehmigen, wenn ua gewährleistet ist, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik notwendigen Vorkehrungen getroffen wurden und deshalb nachteilige Folgen für die Sicherheit iSd § 1 Z 1 GTG nicht zu erwarten sind. Der bezogene § 1 Z 1 GTG allerdings beschreibt als Schutzgüter neben der menschlichen Gesundheit als ein eigenständiges und davon unabhängiges (arg: sowie) die Umwelt, insbesondere die Ökosysteme. Eine derart umfassende Berücksichtigung der Umwelt in Gesetzgebung und Vollziehung kann aber in keinem der zitierten Kompetenztatbestände erblickt werden.50 Weiter ist auf § 68 GTG hinzuweisen, der eine Bewilligungspflicht für Labors zur Durchführung einer genetischen Analyse auch dann, wenn sich diese im Verbund einer Krankenanstalt befinden, vorsieht: Die vorgesehene Zulassung ist dann zu erteilen, wenn „aufgrund der personellen und sachlichen 42 43 44 45 46 47 48 49 50
Vgl dazu auch Kopetzki, Arzneimittelrecht, in diesem Band. RV 1465 BlgNR 18. GP, 46. Etwa VfSlg 3650/1959, 7582/1975, 13.237/1992. RV 1465 BlgNR 18. GP, 46. Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG. Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG. Art 14 Abs 1 B-VG. Huber/Stelzer, 39ff. Zu den kompetenzrechtlichen Bedenken eingehend Stelzer, JBl 1995, 757ff.
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Ausstattung eine dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechende Durchführung“ und ein den gentechnikrechtlichen Vorschriften entsprechender Datenschutz gewährleistet ist (§ 68 Abs 3 GTG). Wenn und insoweit es sich bei den die Durchführung beabsichtigenden Einrichtungen um Krankenanstalten iSd §§ 1 und 2 KAKuG handelt, drängt sich die Frage auf, ob hier nach Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG dem Bund nicht lediglich die Gesetzgebung über die Grundsätze, den Ländern hingegen die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung zukommt.51 Daneben betreffen die kompetenzrechtlichen Bedenken das weitgehende Verbot von Arbeiten zur Herstellung transgener Wirbeltiere (§ 9 Abs 1 GTG). Für die Normierung eines solchen Verbotes jedenfalls in dieser Allgemeinheit steht dem Bund wohl auch keine Kompetenz zu: Ob etwa in der landwirtschaftlichen Tierzucht gentechnische Verfahren angewendet werden dürfen, fällt mit Sicherheit in die Regelungszuständigkeit der Länder.52 Ebenso in die Kompetenz der Länder fallen Fragen landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsmaßnahmen. Diese werden derzeit im Rahmen von Gentechnik-Vorsorgegesetzen der Länder geregelt und betreffen die Koexistenz von traditionellem, biologischem und gentechnischem Landbau.
C. Europarechtliche Grundlagen Durch den bereits angesprochenen Umfang der Anwendungsmöglichkeiten gentechnischer Verfahren und die daraus resultierende strategische Bedeutung der Gentechnologie war auch auf europäischer Ebene bald die Notwendigkeit eines regulierenden Eingriffes evident: Einerseits sollten gemeinschaftsrechtliche Anforderungen an einen umfassenden Gesundheits- und Umweltschutz geschaffen werden, andererseits nicht das Ziel eines Binnenmarktes durch Wettbewerbsverzerrungen für den Fall, dass die einzelnen Mitgliedstaaten den Zugang zu den neuen Techniken unterschiedlich regeln, torpediert werden.53
Bereits 198854 lagen erste Vorschläge der Kommission55 für die in Aussicht genommenen Gentechnikrichtlinien vor. Nach wesentlichen Änderungen56 mündeten die umfangreichen Arbeiten - vor allem auf Drängen Deutschlands - in die beiden bereits erwähnten Richtlinien des Rates, nämlich die RL 90/219/EWG (SystemRL) und die RL 90/220/EWG (FreisetzungsRL): Während die SystemRL mit GVO57 in Zusammenhang stehende Anwendungen im geschlossenen System abdeckt, beschäftigt sich die FreisetzungsRL mit der Freisetzung von GVO sowie dem In-Verkehr-Bringen und der Kennzeichnung von Produkten, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen. Beide RL verfolgen mit ihren vorwiegend präventiven Maßnahmen die Prinzipien der Gefahrenvermeidung und Risikovorsorge58 zum Schutz der Gesundheit und Umwelt.59 Mit
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Stelzer, JBl 1995, 757f. Dazu näher ebenfalls Stelzer, JBl 1995, 758. Vgl Erwägungsgrund 4 der FreisetzungsRL. Zum Strategiekonzept der Kommission 1983 und dessen vorrangig wirtschaftspolitische Bedeutung siehe Schweizer/Calame, Das Gentechnikrecht der Europäischen Gemeinschaft, RIW 1997, 34. Abl C 198 vom 28. 7. 1988, 9 (zur SystemRL), ebenfalls Abl C 198 vom 28. 7. 1988, 19 (betreffend die FreisetzungsRL). Für Änderungen besonders der FreisetzungsRL siehe von Kameke, 36ff. Von der RL erfasst werden Mikroorganismen, nicht aber Pflanzen, Tiere oder die humangenetische Anwendung am Menschen. Schweizer/Calame (Fn 54), 34 (43).
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den beiden RL folgte die Gemeinschaft zunächst grundsätzlich einem so genannten horizontalen, methoden- oder verfahrensorientierten Regelungsansatz, der am Spezifikum der gentechnischen Veränderung ansetzt.60 Zunehmend wird dieser aber durch einen vertikalen Regelungszugang unterlaufen: Immer öfter61 werden gentechnikspezifische Regelungen in jene eines Produktes oder Bereiches einbezogen; so etwa im Arzneimittel-, Saatgut-, Lebensmittel-, oder Futtermittelrecht.62 Das horizontale Gentechnikrecht soll dagegen nur mehr dort gelten, wo keine vertikalen spezielleren Regeln bestehen. Kritik an der zunehmenden Vertikalisierung setzt vor allem an einer damit einhergehenden Unübersichtlichkeit bzw Uneinheitlichkeit an, nicht zuletzt weil die produktspezifischen Bestimmungen in verschiedenem Ausmaß wieder auf die beiden Gentechnik-Richtlinien bzw deren Anhänge verweisen.63 Die Harmonisierung der so entstandenen Regelungsvielfalt ist eines der Grundanliegen im Zuge gemeinschaftsrechtlicher Reformen im Gentechnikrecht.
Als Kompetenzgrundlage für die intendierten Rechtsangleichungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten standen grundsätzlich Art 95 EGV und Art 175 EGV mit ihren entsprechenden Verfahren zur Verfügung.64 Die FreisetzungsRL stützt sich auf Art 95 EGV mit dem vorrangigen Ziel der Harmonisierung nationaler Rechtsvorschriften zur Verwirklichung des Binnenmarktes; für die SystemRL wurde hingegen Art 175 EGV - also die Umweltschutzkompetenz65 - gewählt. Die Wahl der Kompetenztatbestände wurde in beiden Fällen in Frage gestellt; sie ist in der Tat nicht ohne Bedeutung: Insbesondere bemisst sich danach der den Mitgliedstaaten verbleibende Regelungsspielraum bei der Umsetzung der in den Richtlinien enthaltenen europarechtlichen Vorgaben. Dieser ist jedenfalls im Fall des Art 175 EGV im Vergleich zu Art 95 EGV größer. Nach Art 176 EGV nämlich hindern „Schutzmaßnahmen, die aufgrund des Art 175 getroffen werden, die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen“: Den Mitgliedstaaten bleibt sowohl die Einführung als auch die Beibehaltung strengerer Maßnahmen unbenommen, die SystemRL selbst legt nur Mindestanforderungen fest.
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Beide Begriffe sind weit zu interpretieren, Schweizer/Calame (Fn 54), 34 (40); Schenek, 184. Die Vorteile vertikaler Regelungen liegen besonders darin, einheitliche, produktspezifische Zulassungsverfahren nach der Vorstellung des one-door-one-key Prinzips bedarfsgerecht zu gestalten. Vgl dazu Schenek, 138ff; weiters von Kameke, 71. Diesen Aspekt der Reformen der FreisetzungsRL betont von Kameke, 131, der von einer „Vertikalisierung des Produktzulassungsrechts“ spricht. So zB die VO (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel. Dazu näher von Kameke, 131ff. Vgl das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, wonach Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen (Art 249 EGV) nur erlassen werden dürfen, wenn konkrete Vertragsbestimmungen solche zur Regelung vorsehen. Dieser Artikel ermächtigt den Rat gemäß dem Verfahren nach Art 251 EGV und nach Anhörung des Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen, zur Erreichung der Ziele nach Art 174 tätig zu werden: Der bezogene Art 174 legt selbst die umweltpolitischen Ziele der Gemeinschaft fest.
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Dagegen verbleibt den Mitgliedstaaten nach Art 95 Abs 4 EGV lediglich ausnahmsweise66 die Möglichkeit einzelstaatlicher Sonderregelungen: Nur solche Bestimmungen dürfen beibehalten werden, die durch die wichtigen Erfordernisse des Art 30 EGV oder durch den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind.67 Diese stehen im Übrigen unter dem Genehmigungsvorbehalt der Kommission (Art 95 Abs 6 EGV).
II. Arbeiten im geschlossenen System A. Begriff und Klassifizierungen Das österreichische GTG regelt in seinem II. Abschnitt das Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen im geschlossenen System. Es intendiert damit zum einen die Umsetzung der SystemRL, indem es gentechnische Veränderungen an Mikroorganismen68 erfasst (die damit zu gentechnisch veränderten Mikroorganismen - GVM - werden), geht zum anderen darüber insofern hinaus, als es auch Arbeiten mit höheren Organismen - Pflanzen und Tieren berücksichtigt und dabei auch die „Herstellung“ transgener Tiere einer (beschränkenden) Regelung unterwirft. Unter Arbeiten mit GVO wird nach § 4 Z 4 GTG69 die Herstellung, Verwendung und Vermehrung von GVO (lit a) und die Lagerung, Zerstörung, Entsorgung sowie der innerbetriebliche Transport70 von GVO, soweit noch keine Genehmigung für deren Freisetzung oder In-Verkehr-Bringen erteilt wurde (lit b), verstanden. „Geschlossenheit“ des Systems bedeutet im Wesentlichen, dass spezifische organisatorische und technische Sicherheitsmaßnahmen den Kontakt der verwendeten GVO mit der Bevölkerung und der Umwelt begrenzen, um eine unkontrollierte Vermehrung von GVO in der Außenwelt zu verhindern und auf diese Weise ein hohes Sicherheitsniveau für die Bevölkerung und die Umwelt zu erreichen (vgl § 4 Z 7 GTG). Kommt es zu einem versehentlichen Austritt mit anschließender sicherheitsgefährdender (§ 1 Z 1 GTG) Kontamination mit GVO oder zu deren Vermehrung außerhalb des ge66 67 68 69
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Zu den umstrittenen Voraussetzungen vgl etwa Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art 95, Rz 103ff. Vgl dazu die Sozialverträglichkeitsklausel des § 63 GTG. Dazu näher unter IV. B. 6. Zur Definition des Mikroorganismus iS der SystemRL siehe Art 2 lit a; iSd GTG: § 4 Z 2 GTG. Diese Bestimmung definiert neben einer Arbeit mit GVO auch die Grenze zwischen dieser und einer Arbeitsreihe. Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Genehmigung von Arbeitsreihen näher Stelzer, JBl 1995, 756 (762f). Im Unterschied zum außerbetrieblichen Transport. Innerbetrieblicher Transport ist ein Transport von GVO, bei dem derselbe Betreiber Absender und Empfänger ist und der innerhalb eines Betriebsgeländes oder über eine kurze Strecke außerhalb des Betriebsgeländes jedenfalls so stattfindet, dass eine ständige Überwachung des Transportvorganges bei gleichzeitig einsatzbereiten betriebseigenen Sicherheitsvorkehrungen erfolgt (vgl § 4 Z 5 GTG). Außer dem innerbetrieblichen Transport definiert das GTG die verschiedenen Formen, die den Umfang des Arbeitens mit GVO umgrenzen, selbst nicht näher; dazu gibt es Versuche in der deutschen Literatur, vgl etwa Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 58ff.
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schlossenen Systems, stellt dies einen Unfall dar (§ 4 Z 12 GTG). In einem solchen Fall sind die nach § 11 GTG vorgesehenen Notfallmaßnahmen zu ergreifen, sowie im Übrigen die Verhaltensregeln der zitierten Bestimmung zu beachten. Werden die Einschließungsmaßnahmen absichtlich überwunden, handelt es sich begrifflich entweder um eine Freisetzung oder um In-VerkehrBringen von GVO, wofür die dafür einschlägigen Regelungen maßgeblich sind.71 Wie bereits ausgeführt, erfasst das GTG Arbeiten mit GVO, die nach einem sogleich näher zu beschreibenden System anmelde- oder genehmigungspflichtig sind, unterwirft aber nicht die Anlage selbst einem rechtlichen Regime. Im Unterschied etwa zum deutschen GenTG kennt das österreichische GTG daher keine Bewilligung einer gentechnischen Anlage. Diese muss daher allenfalls nach anderen Regelungen bewilligt werden. Handelt es sich um eine gewerbliche Betriebsanlage, sind die Vorschriften der §§ 74ff GewO anzuwenden. Daraus ergeben sich aber eine Fülle noch nicht aufgearbeiteter Fragen für die Praxis: So ist im Grunde nicht ersichtlich, wie im Rahmen einer gewerblichen Betriebsanlagenbewilligung spezifische Fragen der darin beabsichtigterweise entfalteten gentechnischen Arbeiten unberücksichtigt bleiben sollten.72
§ 5 GTG sieht - nach dem Vorbild des deutschen Gentechnikgesetzes, der NIH-Richtlinien und der Schweizer Störfallverordnung - für Arbeiten mit GVO im geschlossenen System eine Einteilung in vier Sicherheitsstufen vor. Die SystemRL enthält eine solche Klassifizierung erst seit ihrer Änderung durch die RL 98/81/EG. Entscheidend für die Einteilung ist dabei das Risiko für die Gesundheit des Menschen einschließlich seiner Nachkommenschaft sowie für die Umwelt iSd § 1 Z 1 GTG, beurteilt nach dem Stand von Wissenschaft und Technik.73 Die Sicherheitsstufe 1 (§ 5 Z 1 GTG) umfasst demnach Arbeiten, bei denen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik von keinem oder nur einem vernachlässigbaren Risiko für die Schutzgüter des § 1 Z 1 GTG auszugehen ist.74 Bei Arbeiten der Sicherheitsstufe 4 (§ 5 Z 4 GTG) ist hingegen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik von einem hohen Risiko für die Sicherheit iSd § 1 Abs 1 GTG auszugehen; den Sicherheitsstufen 2 (§ 5 Z 2 GTG) und 3 (§ 5 Z 3 GTG) sind jene Arbeiten zuzuordnen, bei denen sich das zu erwartende Risiko nach dem Stand von Wissenschaft und Technik auf ein geringes bzw mäßiges beschränkt. Determinanten für die Einteilung zu einer Sicherheitsstufe sind einerseits die Zuordnung der verwendeten GVO zu einer der vier Risikogruppen iSd § 6 GTG, für den Fall der Herstellung von GVO auch jene der Spender- oder Emp71 72 73
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Zur Unterscheidung Freisetzung - In-Verkehr-Bringen vgl unter III. A. Vgl zum gewerblichen Betriebsanlagenrecht die Beiträge in diesem Band. Unter dem Stand der Technik versteht dabei das GTG den auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen, Bau- und Betriebsweisen (§ 4 Z 8 GTG). Typen von GVM, die sicher für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sind, können künftig im Verordnungsweg unter Bedachtnahme auf europarechtliche Vorgaben (vgl Anhang II Teil C der SystemRL) aufgelistet werden; werden bei Arbeiten im geschlossenen System nur derart „sichere“ GVM verwendet, entfällt darauf die Anwendung aller spezifischer Bestimmungen betreffend Arbeiten mit GVM im geschlossenen System (II. Abschnitt, §§ 5 bis 35 GTG) sowie der Abschnitt IVa über die zivilrechtliche Haftung (§ 12a GTG).
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fängerorganismen, andererseits die beabsichtigten Sicherheitsmaßnahmen sowie die geplante Abfall- und Abwasserbeseitigung: Werden risikominimierende biologische Sicherheitsmaßnahmen75 verwendet, kann dies eine Zuordnung zu einer niedrigeren Sicherheitsstufe rechtfertigen, als es die Einteilung zu einer Risikogruppe erfordern würde (§ 6 Abs 1, Abs 7 GTG). Die Kriterien für die Zuordnung zu einer der vier Risikogruppen sind kaskadenartig auf mehreren Norm- und Abstraktionsebenen umschrieben: allgemein in § 6 Abs 2 GTG, näher für die einzelnen Risikogruppen in den Absätzen 3 bis 5 des § 6 GTG sowie in § 1 SystemVO76: Von wesentlicher Bedeutung sind dabei die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik sicherheitsrelevanten (§ 1 Z 1 GTG) Eigenschaften der verwendeten Spender- und Empfängerorganismen (§ 6 Abs 2 Z 1 GTG), der verwendeten Vektoren (§ 6 Abs 2 Z 2 GTG), der eingefügten fremden Nukleinsäureabschnitte (§ 6 Abs 2 Z 3 GTG), des hergestellten oder verwendeten GVO (§ 6 Abs 2 Z 4 GTG) und der vom GVO wegen neu eingefügter Nukleinsäureabschnitte gebildeten Genprodukte (§ 6 Abs 2 Z 5 GTG). Die angesprochenen Eigenschaften sind in den Anhängen I 1 bis I 5 zur SystemVO im Detail präzisiert.
Die Sicherheitseinstufung ist vom Betreiber, also definitionsgemäß (vgl § 4 Z 18 GTG) von jener natürlichen oder (den Organen jener) juristischen Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder Erwerbsgesellschaft, die unter ihrem Namen Arbeiten mit GVO durchführt, vor Aufnahme jeder Arbeit oder Arbeitsreihe unter Berücksichtigung der dargestellten gesetzlichen Determinanten eigenverantwortlich vorzunehmen (§ 6 Abs 1 GTG),77 schriftlich festzuhalten und zu begründen (§ 6 Abs 8 GTG): Es liegt daher zunächst in der Verantwortung des Betreibers, das Gefahrenpotential der intendierten Tätigkeit einzuschätzen. In Zweifelsfällen muss aber die Behörde entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Betreibers, im Rahmen eines Feststellungsverfahrens durch Bescheid nach Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses, die Sicherheitseinstufung vornehmen (§ 7 GTG).78 Das Gesetz unterscheidet weiters - abhängig vom verwendeten Kulturvolumen - zwischen Arbeiten im kleinen Maßstab in den einzelnen Sicherheitsstufen und solchen im großen Maßstab; Arbeiten mit gentechnisch veränderten Pflanzen oder Tieren fallen ebenfalls unter die Arbeiten im kleinen Maßstab (§ 4 Z 9 und Z 11 GTG). Für die Anmelde- bzw Genehmigungspflicht der 75
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Biologisches Containment, vgl RV 1465 BlgNR 18. GP, 51. Darunter ist grundsätzlich die Verwendung bestimmter, anerkannter Vektor-Wirt (Empfängerorganismus)systeme zu verstehen, bei denen man aufgrund der durch Mutation bedingten Veränderung davon ausgehen kann, dass sie sich außerhalb der Laborbedingungen nicht vermehren können, dh nicht mehr fähig sind, ihre natürlichen Lebensräume zu besiedeln und für Mensch und Umwelt daher gefahrlos sind; zu anerkannten biologischen Sicherheitsmaßnahmen vgl die deutsche Gentechnik-Sicherheitsverordnung in: Eberbach/Lange/Ronellenfitsch, Band 2, Teil C; zur Definition vgl Koch/Ibelgaufts, Zweiter Teil § 7, Rz 41ff. Zur Verordnungsermächtigung siehe § 8 GTG; die Festlegung von Kriterien für die Sicherheitseinstufung bzw Risikogruppenzuteilung im Verordnungsweg soll einer flexiblen, laufenden Anpassung der Kriterien an den erzielten Fortschritt dienen; vgl RV 1465 BlgNR 18. GP, 51. Besonders strenge Anforderungen stellt § 6 Abs 3 GTG dabei an eine Zuordnung eines GVO in die Risikogruppe 1. Zunächst sind aber idR die Sicherheitsmaßnahmen der höheren Sicherheitsstufe anzuwenden (§ 7 Abs 1 GTG).
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Arbeiten im geschlossenen System an sich hat diese Unterscheidung keine Bedeutung; sie wirkt sich aber etwa auf die Pflichten des Betreibers zur Vermeidung bzw bei Eintritt eines allfälligen Unfalles (§ 11 GTG) sowie auf das weitere behördliche Verfahren (§ 22 GTG) aus.
B. Behörden und Verfahren Arbeiten im geschlossenen System dürfen idR erst nach Einleitung bzw Durchführung eines Anmelde- oder Genehmigungsverfahrens (§§ 19, 20 GTG) begonnen werden: Ob Arbeiten lediglich anzumelden sind, oder ob dafür eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, hängt davon ab, in welche Sicherheitsstufe die Arbeiten fallen und ob es sich dabei um erstmalige oder weitere Arbeiten handelt. Das GTG sieht in den unteren Sicherheitsstufen nunmehr auch Arbeiten im geschlossenen System vor, die sogleich nach der Anmeldung aufgenommen werden dürfen, also lediglich einem Meldeverfahren unterliegen. Bloß anmeldepflichtig sind nach § 19 GTG erstmalige Arbeiten mit GVM in einer gentechnischen Anlage in den Sicherheitsstufen 1 und 2, weitere Arbeiten mit GVM in einer gentechnischen Anlage in der Sicherheitsstufe 2, erstmalige Arbeiten mit transgenen Pflanzen oder Tieren in einer gentechnischen Anlage, weitere Arbeiten mit transgenen Pflanzen oder Tieren in einer gentechnischen Anlage, sofern eine Sicherheitseinstufung in die Sicherheitsstufe 1 nicht zulässig ist, sowie weitere Arbeiten mit transgenen Wirbeltieren in der Sicherheitsstufe 1 in einer gentechnischen Anlage. Weitere Arbeiten in der Sicherheitsstufe 1 sowie weitere Arbeiten mit transgenen Pflanzen oder Tieren in einer gentechnischen Anlage in der Sicherheitsstufe 1 sind demnach nicht einmal anmeldepflichtig. Genehmigungspflichtig sind dagegen nach § 20 GTG Arbeiten mit GVM in einer gentechnischen Anlage in den Sicherheitsstufen 3 und 4. Die Anmeldung bzw der Antrag und die dazugehörigen Unterlagen79 sind in Original und Kopie bei der Behörde (§ 100 GTG) einzubringen. Behörde ist, wenn die Arbeiten im geschlossenen System an wissenschaftlichen Hochschulen oder an wissenschaftlichen Einrichtungen des Bundes in seinem Ressortbereich erfolgen, der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, im Übrigen der Bundesminister für Gesundheit und Frauen. Art und Umfang dieser Unterlagen sind der Anlage 1 zum GTG im Detail zu entnehmen, wobei zT unterschiedliche Anforderungen bestehen, je nachdem, ob Arbeiten mit GVM (Teil A der Anlage 1) oder Arbeiten mit gentechnisch veränderten Pflanzen oder Tieren (Teil B der Anlage 1) durchgeführt werden sollen. § 24 GTG enthält Vorschriften über den erlaubten Beginn der Arbeiten und sieht dabei grundsätzlich Wartefristen von 45 bzw 30 Tagen vor, wobei in manchen Fällen die zuständige Behörde einem früheren Arbeitsbeginn zustimmen kann.
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Die Antragsformulare sind auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen erhältlich: http://www.bmgf.gv.at/cms/site/inhalte.htm?channel= CH0252&thema=CH0259; login am 9. 5. 2006.
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Bestimmte Arbeiten dürfen, wie erwähnt, unmittelbar nach ihrer Anmeldung aufgenommen werden: Erstmalige Arbeiten mit GVM in den Sicherheitsstufen 1 und 2, wenn die Behörde für Arbeiten in einer höheren Sicherheitsstufe in derselben gentechnischen Anlage bereits eine Anmeldung zur Kenntnis genommen oder eine Genehmigung erteilt hat; weitere Arbeiten mit GVM in einer gentechnischen Anlage in der Sicherheitsstufe 2; sowie unter bestimmten Voraussetzungen weitere Arbeiten mit transgenen Pflanzen oder Tieren in einer gentechnischen Anlage, sofern eine Sicherheitseinstufung in die Sicherheitsstufe 1 nicht zulässig ist und weitere Arbeiten mit transgenen Wirbeltieren in der Sicherheitsstufe 1.80 Diese Arbeiten unterliegen daher lediglich einem Meldeverfahren, bei denen eine bescheidmäßige Zustimmung oder ein Untersagungsbescheid der Behörde nicht mehr zulässig ist.81 Genehmigungspflichtige Arbeiten dürfen nicht vor Erteilung der behördlichen Genehmigung aufgenommen werden, wobei das Gesetz Fristen für die Entscheidung der Behörde vorsieht, deren Länge davon abhängt, um welche Arbeiten es sich handelt, ob allenfalls schon eine Genehmigung in derselben gentechnischen Anlage in der höheren Sicherheitsstufe erteilt wurde und ob dem Antrag ein Protokoll des Komitees für die biologische Sicherheit82 über die erfolgte Freigabe beiliegt.83 Vor der Einreichung des Anmelde- oder Genehmigungsantrages hat der Betreiber neben der Sicherheitseinstufung weitere „Vorarbeiten“ zu leisten. Zunächst sind von ihm alle nach dem Stand von Wissenschaft und Technik notwendigen Sicherheitsmaßnahmen einerseits zur Vermeidung von Unfällen (Präventivmaßnahmen), andererseits zur Minimierung von Auswirkungen eines sich trotzdem ereignenden Unfalls zu treffen. Zentrale Verpflichtung des Betreibers ist die Erstellung eines Notfallplanes.84 Dieser soll im Wesentlichen die bei einem Unfall zu ergreifenden innerbetrieblichen Maßnahmen, Anleitungen für Betriebspersonal und Feuerwehr sowie eine Benachrichtigungskette enthalten (§ 11 Abs 1 Z 1 und Z 2 GTG). Daneben soll vom Betreiber für die Durchführung von Arbeiten in den höheren Sicherheitsstufen ein Bereitschaftsdienst eingerichtet und ausgebildet werden (§ 11 Abs 1 Z 3 GTG). § 11 Abs 1 Z 4 GTG verpflichtet den Betreiber binnen sechs Wochen nach Aufnahme bestimmter Arbeiten zur Anrainerinformation hinsichtlich notwendiger Sicherheitsmaßnahmen für den Fall des Eintritts eines Unfalles. Einmal jährlich sind die Beschäftigten über die zu ergreifenden Sicherheitsmaßnahmen 80
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Voraussetzung neben dem Vorliegen des Protokolls des Komitees für die biologische Sicherheit über die erfolgte Freigabe ist, dass auf diese Arbeiten nicht das behördliche Verfahren über Arbeiten mit transgenen Tieren (§§ 26f) anwendbar ist; siehe dazu unter D. Siehe RV 967 BlgNR, 21. GP, zu § 22. Dieses Komitee hat der Betreiber für jede gentechnische Anlage einzurichten (§ 16 Abs 1 GTG). Für Regelungen betreffend Zusammensetzung und Aufgaben des Komitees siehe § 16 Abs 2 bis Abs 4 GTG. Die Fristen betragen 45, 60 bzw 90 Tage. Dieser ist vor der Aufnahme von Arbeiten in den Sicherheitsstufen 3 und 4 im kleinen Maßstab und Arbeiten in den Stufen 2, 3 und 4 im großen Maßstab der Behörde und der zuständigen Feuerwehr, daneben auch der zuständigen Bezirkshauptmannschaft, zu übermitteln (§ 11 Abs 1 Z 2 GTG).
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zur Minimierung allfälliger Unfallfolgen zu unterweisen (§ 11 Abs 1 Z 5 GTG). § 11 Abs 2 GTG beschreibt die konkreten Pflichten des Betreibers, wenn ein Unfall tatsächlich eintritt: Unfallhergang und ergriffene Sicherheitsmaßnahmen sind zu protokollieren, die Behörde (§ 100 GTG) ist zu unterrichten;85 spätestens binnen eines Monats nach dem Unfallgeschehen sind konkrete Angaben im gesetzlich umschriebenen Umfang auch schriftlich zu übermitteln. Den Betreiber, erforderlichenfalls auch die Behörde, trifft darüber hinaus eine Pflicht zum Monitoring der Auswirkungen bestimmter Unfälle (§ 11 Abs 4 GTG). Für jede gentechnische Anlage muss vom Betreiber ein Beauftragter für die biologische Sicherheit bestellt werden, der im Rahmen der Antragsunterlagen namhaft zu machen ist. Seine fachlichen Voraussetzungen, die in § 14 Abs 2 GTG näher umschrieben werden,86 sind dabei bekannt zu geben.87 Seine Aufgaben und Pflichten88 sind ebenso wie seine Rechte89 gesetzlich formuliert (§ 14 Abs 4 und 5 GTG); er darf nur in einem Dienstverhältnis zum Betreiber stehen90 und muss während der Arbeiten anwesend oder zumindest kurzfristig erreichbar sein (§ 14 Abs 3 GTG). Zur Vorgangsweise beim Wechsel des Beauftragten siehe § 14 Abs 6 bis 8 GTG. Daneben verpflichtet § 15 GTG den Betreiber zur Bestellung eines Projektleiters für jede Arbeit mit GVO - außer der Lagerung und dem innerbetrieblichen Transport in den Sicherheitsstufen 2, 3 und 4 sowie für jede Arbeitsreihe. § 16 verlangt vom Betreiber, für jede gentechnische Anlage ein Komitee für die biologische Sicherheit einzurichten.91
Für das weitere behördliche Verfahren sieht § 22 GTG zunächst die Prüfung der Anmeldung bzw des Antrages auf die Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des GTG und allfälligen Verordnungen vor, wobei der Beurteilung der Richtigkeit der Sicherheitseinstufung und allenfalls der 85
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Unverzüglich telefonisch oder per Fax über einen Unfall bei Arbeiten im kleinen Maßstab in der Sicherheitsstufe 4 oder in den Stufen 2, 3 und 4 im großen Maßstab (§ 11 Abs 3 GTG). Im Fall solcher Unfälle müssen auch der zuständige Landeshauptmann, die örtlich zuständige BVB und die Gemeinde verständigt werden: § 11 Abs 5 GTG. Mindestens zweijährige praktische Erfahrung mit einschlägigen Arbeiten mit GVO und ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit verlangt § 14 Abs 2 GTG. Auch der Projektleiter muss über ausreichende praktische Erfahrung mit Arbeiten mit GVO verfügen. Eine nähere Ausgestaltung dieses Anfordernisses könnte im Wege der Verordnung ergehen: vgl die Verordnungsermächtigung des § 17 GTG. Ebenso wie Name und Qualifikation der Mitglieder des Komitees für biologische Sicherheit, siehe Anlage 1 zum GTG. Überprüfung der Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen und des Notfallplanes; Information des Betreibers über sicherheitsrelevante Mängel; Erstattung von Vorschlägen zum Notfallplan und zur Unterweisung von Mitarbeitern; Führung schriftlicher Aufzeichnungen über seine Tätigkeit. Unterstützung bei seinen Aufgaben durch den Betreiber, Gewährung von ausreichend Zeit, uU Hilfspersonal, Räumlichkeiten etc. Das soll einerseits Kontinuität im Betrieb, andererseits mehr Sicherheit für den Betreffenden gegenüber einem Werkvertrag gewährleisten, RV 1465 BlgNR 18. GP, 52. Im klinischen Bereich der medizinischen Fakultäten ist ein Dienstverhältnis des Beauftragten für die biologische Sicherheit im Rahmen der universitären Einrichtung dem Dienstverhältnis zum Betreiber, soweit dieser Träger der Krankenanstalt ist, gleichzusetzen. Vgl dazu näher § 16 Abs 2 bis 8 GTG.
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Angemessenheit der Einschließungsmaßnahmen bzw Maßnahmen zur Abfallentsorgung besondere Bedeutung zukommt. Handelt es sich nicht um bloße Meldeverfahren im oben beschriebenen Sinn, kann die Behörde - sollte dies im Interesse der Sicherheit erforderlich sein - im Ermittlungsverfahren anordnen, dass Arbeiten erst später aufgenommen werden oder (sollten sie bereits durchgeführt werden) vorübergehend eingestellt werden, bis die Behörde die Genehmigung erteilt bzw binnen einer Frist von 45 Tagen ab Anmeldung ausspricht, dass sie die Anmeldung zur Kenntnis nimmt. Bei den bloßen Meldeverfahren kann die Behörde allenfalls nachträgliche Maßnahmen iSd § 33 GTG zur Verhinderung nachteiliger Auswirkungen auf die Sicherheit ergreifen.92 Vor der Entscheidung über die Genehmigung von Arbeiten in den Sicherheitsstufen 3 und 4 sowie über Anmeldungen für Arbeiten mit transgenen Wirbeltieren zu bestimmten Zwecken, ist, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Artgrenze durchbrochen wird, ein Gutachten des zuständigen Ausschusses der Gentechnikkommission einzuholen. Über Anträge auf Genehmigung von Arbeiten in der Sicherheitsstufe 3 im großen Maßstab, ausgenommen Arbeiten zu Entwickungszwecken, sowie über Anträge auf Genehmigung erstmaliger Arbeiten in der Sicherheitsstufe 4 oder weiterer Arbeiten in der Sicherheitsstufe 4 im großen Maßstab muss ein Anhörungsverfahren93 durchgeführt werden. Ist sichergestellt, dass die gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere betreffend die Sicherheitsausstattung der gentechnischen Anlage, erfüllt wurden und die für die entsprechende Sicherheitsstufe notwendigen Vorkehrungen getroffen wurden, so dass negative Folgen für die Sicherheit nicht erwartet werden können, sowie unter der Voraussetzung, dass seitens des Betreibers ein Haftpflichtversicherungsnachweis erbracht wurde, muss die Behörde die Genehmigung erteilen (§ 23 Abs 1 GTG). Wenn eine oder mehrere dieser Voraussetzungen nicht vorliegen, ist die Durchführung anmeldepflichtiger Arbeiten zu versagen bzw die Genehmigung genehmigungspflichtiger Arbeiten zu untersagen.94 Die Genehmigung kann auch befristet sein oder mit Bedingungen oder Auflagen versehen werden, wenn dies im Interesse der Sicherheit erforderlich ist (§ 23 Abs 3 GTG). Im Hinblick auf die verfahrensrechtliche Lockerung in den unteren Sicherheitsstufen wurden durch die GTG-Novelle BGBl 2002 I/94 die Möglichkeiten der Behörde zur Ergreifung nachträglicher Maßnahmen erweitert: Werden nach Erteilung der Genehmigung, nach Ablauf der Untersagungsfrist bzw nach Beginn der Arbeiten erhebliche negative sicherheitsrelevante Umstände bekannt, so kann die Behörde - freilich unter möglichster Schonung der erworbenen Rechte - zusätzliche geeignete Sicherheitsauflagen erteilen, die Durchführung der Arbeiten beschränken, verbieten oder vorübergehend einstellen, sowie die schadlose Beseitigung der GVO anordnen (§ 33 GTG). 92 93 94
Dazu Näher sogleich. Dazu näher § 28 GTG. Das gilt, wie erwähnt, nicht für jene Arbeiten, die einem bloßen Meldeverfahren unterliegen; vgl § 23 Abs 2 GTG.
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Die praktischen Erfahrungen zeigen, dass Arbeiten mit GVO im geschlossenen System die größte Bedeutung im Rahmen der Anwendung der Gentechnik zukommt: Aus dem Dritten Bericht der Gentechnikkommission95 geht hervor, dass im Berichtszeitraum 1. 6. 2001 bis 1. 6. 2004 243 Verwaltungsverfahren (aufgrund von Anmelde- und Genehmigungsanträgen) durchgeführt wurden. In dieser Zahl sind die oben beschriebenen Meldeverfahren nicht enthalten, sodass die Anzahl der durchgeführten Arbeiten im geschlossenen System höher liegt. 77% der neuen Anmeldungen bzw Anträge auf Genehmigung betrafen die Sicherheitsstufe 1, 22% die Sicherheitsstufe 2 und lediglich 1% die Sicherheitsstufe 3. Festgehalten wird auch, dass die im Berichtszeitraum durchgeführten behördlichen Kontrollen keine Beanstandungen ergaben.
C. Kennzeichnung Gemäß § 62a GTG müssen nunmehr auch GVO, die für Arbeiten im geschlossenen System bereitgestellt werden, auf einem Etikett oder Begleitdokument als GVO gekennzeichnet sein.
D. Transgene Tiere 1. Herstellung von und Arbeiten mit transgenen Tieren § 9 Abs 1 GTG unterwirft Arbeiten mit transgenen Wirbeltieren,96 die unter Durchbrechung der Artgrenze „hergestellt“ wurden, sowie Arbeiten zu deren „Herstellung“, engen Grenzen:97 Sie sind ausschließlich zu Zwecken der Biomedizin und der entwicklungsbiologischen Forschung zulässig. Damit soll dem Anliegen der Erhaltung der natürlichen Artenvielfalt Rechnung getragen werden.98 Gesetzlich ist weiter festgelegt, wann die Artgrenze durchbrochen wird, wobei unter Bedachtnahme auf die Fortpflanzung auf die Identität der Art der Empfängerorganismen hinsichtlich wesentlicher Körperbaumerkmale, physiologischer Funktion und Leistung abgestellt wird. Bestehen darüber Zweifel, 95
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Die Einrichtung der Gentechnikkommission folgt der Erkenntnis, dass bei der Vollziehung dieses Gesetzes die Expertise von einschlägigen Sachverständigen (vgl dazu insb die Zusammensetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse) unbedingt notwendig ist. Daneben sollen ihr aber auch Vertreter anderer Fachrichtungen (Philosophie, Theologie, Medizin) sowie der Sozialpartner und der „kritischen Öffentlichkeit“ (vgl RV 1465 BlgNR 18. GP, 65) angehören. Zu Einrichtung, Zusammensetzung, Aufgaben und Beschlussfassung näher §§ 80 bis 84 GTG. Es zählt zu ihren Aufgaben, auf der Grundlage der ihr von den ständigen wissenschaftlichen Ausschüssen übermittelten Berichte - die Ausschüsse haben nach § 93 Abs 1 GTG bis zum 1. 3. eines jeden Jahres über das vergangene Jahr einen Tätigkeitsbericht abzuliefern - in Abständen von drei Jahren einen Bericht über die Anwendung der Gentechnik zu erstellen: § 99 Abs 5 GTG. Der erste derartige Bericht wurde 1998 erarbeitet und am 14. 1. 1999 von der Gentechnikkommission einstimmig angenommen. Mittlerweile liegt der dritte Bericht dieser Kommission vor. Dieser ist abrufbar unter http://www.bmgf.gv.at/cms/site/detail.htm?thema=CH0254&doc=CMS1113215228 099, login am 9. 5. 2006. Den Begriff der transgenen Tiere definiert § 4 Z 15 GTG folgendermaßen: Tiere, die durch Einfügen eines oder mehrerer Gene in die Keimbahn oder durch Deletion eines oder mehrere Gene aus der Keimbahn entstehen. Zur kompetenzrechtlichen Problematik in diesem Zusammenhang siehe schon unter I. B. Vgl RV 1465 BlgNR 18. GP, 51.
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kann - über Antrag des Betreibers - ein Verfahren zur Erlassung eines Feststellungsbescheides initiiert werden. Die Behörde (§ 100 GTG) entscheidet nach Anhörung des wissenschaftlichen Ausschusses für Arbeiten im geschlossenen System.
2. Verfahren bei Arbeiten mit transgenen Tieren Die Bestimmungen über das behördliche Verfahren bei Arbeiten mit transgenen Tieren (§ 26 GTG) berücksichtigen, dass dazu regelmäßig ein Genehmigungs- oder Anmeldeverfahren nach dem Tierversuchsgesetz (TVG)99 erforderlich ist. IS einer Verfahrenskonzentration sind dieser Genehmigung Unterlagen im gesetzlich umschriebenen Umfang100 beizugeben; die Entscheidung der nach dem TVG zuständigen Behörde101 ersetzt im Rahmen ihres Geltungsumfanges die nach dem GTG erforderliche Anmeldung von Arbeiten mit transgenen Tieren (§ 27 Abs 1 GTG). Die Behörde hat bei der Genehmigung nach dem TVG jedenfalls auch die Genehmigungsvoraussetzungen des GTG (§§ 9, 10 GTG) zu prüfen; liegen diese nicht vor, ist auch die Genehmigung nach dem TVG zu versagen (§ 27 Abs 2 GTG). Bei Zweifeln betreffend die Sicherheitseinstufung oder für den Fall, dass bei Arbeiten zu anderen als biomedizinischen Zwecken oder Zwecken der entwicklungsbiologischen Forschung Grund zur Annahme besteht, die Artgrenze werde durchbrochen, ist darüber hinaus eine Stellungnahme des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses der Gentechnikkommission einzuholen. Neben dem TVG ist nunmehr auch das Tierschutzgesetz des Bundes102 zu beachten, das für alle Tiere gilt. Gegenstand dieses Gesetzes ist der Schutz von Tieren, soweit dieser nicht durch andere Gesetze bundesgesetzlich geregelt ist so etwa durch das TVG oder durch das Tiertransportgesetz.103 Diese Regelungen bleiben durch das TSchG unberührt. Relevant scheint das TSchG daher insbesondere dann, wenn Arbeiten mit bzw zur Herstellung von transgenen Tieren nicht in den Anwendungsbereich des TVG fallen. Das TSchG enthält ua Verbote der Tierquälerei (§ 5), der Tötung von Tieren ohne vernünftigen Grund (§ 6) sowie des Eingriffs an Tieren (§ 7).
III. Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen A. Begriff Unter einer Freisetzung versteht das GTG (§ 4 Z 20 GTG) „das absichtliche Ausbringen von GVO, einer Kombination von GVO oder einer Kombination 99 100 101
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BGBl 1989/501, zuletzt geändert durch BGBl 2005 I/162. Siehe Anlage 1 Teil B GTG. Zuständige Behörde zur Erteilung der Genehmigungen ist für Tierversuche in Angelegenheiten des Hochschulwesens sowie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und ihrer Einrichtungen der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, sonst der Landeshauptmann in erster Instanz. Er hat sich hiebei Sachverständiger zu bedienen. Eine Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes richtet sich an den jeweils zuständigen Bundesminister: § 10 Abs 2 TVG. TSchG BGBl 2004 I/118. Näher RV 446 BlgNR, 22. GP.
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von GVO mit anderen Organismen aus einem geschlossenen System in die Umwelt, sofern dies nicht im Rahmen einer Genehmigung zum In-VerkehrBringen zulässig ist.“ Der Gesetzgeber hatte damit eine gezielte - iS von bewusster und gewollter104 - Entlassung von GVO in die Umwelt vor Augen105 und grenzt so die Freilassung von GVO von deren Verwendung im geschlossenen System106 ab. Mit der - durch die Novelle BGBl 2004 I/126 geänderten - Definition wird nunmehr klargestellt, dass eine absichtliche Freisetzung auch dann gegeben ist, wenn die Genehmigung zum In-Verkehr-Bringen den Zweck des (späteren) generellen Ausbringens in die Umwelt nicht umfasst. Der Gesetzgeber hatte dabei insbesondere Fälle vor Augen, bei denen eine EU-weite Genehmigung zum In-Verkehr-Bringen etwa nur für Zwecke des Imports oder der Weiterverarbeitung vorliegt; für das Ausbringen in die Umwelt bedarf es daher in diesem Fall eines Freisetzungsantrages in Österreich.107 Nicht als Freisetzung gilt gemäß ausdrücklicher Anordnung (§ 2 Abs 4 GTG), die Verwendung von GVO zum Zweck der somatischen Gentherapie. Die Genehmigung zur Durchführung einer klinischen Prüfung zu diesem Zweck unterliegt einer eigenen Genehmigung nach § 76 GTG, in deren Rahmen die Frage allfälliger nachteiliger Folgen durch ein mögliches Ausbringen solcher GVO in die Umwelt mit zu prüfen ist. In der deutschen Literatur wird für die Abgrenzung der Freisetzung zum InVerkehr-Bringen das subjektive Moment besonders betont:108 Nur wenn darauf abgezielt wird, ein Produkt, das GVO enthält oder aus solchen besteht, in die Umwelt auszubringen, spricht man von einer Freisetzung iSd Gesetzes. Wird hingegen ein Wechsel eines solchen Produktes oder Organismusses vom Herrschaftsbereich des Betreibers heraus in jenen eines Dritten intendiert, liegt begrifflich In-Verkehr-Bringen vor. Aus dem dritten Bericht der Gentechnikkommission109 geht hervor, dass im Berichtszeitraum 1. 6. 2001 bis 1. 6. 2004 kein einziger Antrag auf Freisetzung gestellt wurde. Dies hängt mit dem weitgehenden politischen Konsens in Österreich zusammen, wonach Freisetzungen von GVO abgelehnt werden. So versuchte das Land Oberösterreich sogar über geraume Zeit, in europarechtlich problematischer Weise und vorläufig
104
105 106 107 108 109
In der deutschen Literatur wurde auch die Frage aufgeworfen, welchem Regime ein unabsichtliches, versehentliches Entweichen von GVO unterstehen soll, vgl dazu Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 219. Dort wird es als Unterfall des Umganges mit GVO im geschlossenen System gelöst. Kann es angesichts der Menge und der Eigenschaften der entwichenen GVO zu einer Gefährdung der Sicherheit iSd § 1 Z 1 GTG durch Kontamination oder Vermehrung der GVO außerhalb des geschlossenen Systems kommen, liegt wohl ein „Unfall bei Arbeiten mit GVO im geschlossenen System“ (§ 4 Z 12 GTG) vor, bei dem entsprechend den dafür vorgesehenen Regelungen (§ 11 GTG) zu handeln ist. Kommt es im Übrigen im Zuge von Freisetzungen zu einer unvorhergesehenen Abweichung vom geplanten Versuchsablauf, die eine sicherheitsgefährdende (§ 1 Z 1 GTG) Vermehrung von GVO zur Folge hat, sind die Vorschriften betreffend den Unfall im Zuge von Freisetzungen (§ 49 GTG) einschlägig. RV 1465 BlgNR 18. GP, 50. Zum geschlossenen System und den dafür charakteristischen Barrieren vgl oben II. A. RV 617 BlgNR 22. GP, 6. Zur Definition und Abgrenzung der Begriffe „Freisetzung“ und „In-VerkehrBringen“ vgl näher Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 219 (225ff). Vgl Fn 95.
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auch noch gegen die Rechtsüberzeugung der europäischen Institutionen,110 das gesamte Landesgebiet zur „gentechnikfreien Zone“ zu erklären.
B. Stufenprinzip Informationen betreffend Interaktionen von GVO und das Verhalten von GVO unter komplexen Umweltbedingungen sind trotz wachsender Erfahrungen der Wissenschaft noch immer begrenzt.111 Aus diesem Grund war die Idee, wissenschaftliches Neuland nur Schritt für Schritt zu betreten, schon in den OECDSafety Considerations112 enthalten. Sie stellt auch ein zentrales Anliegen der FreisetzungsRL113 dar. Entsprechend geht auch das GTG in seinen bereits erwähnten „Grundsätzen“114 davon aus, dass die Freisetzung von GVO nur stufenweise ausgedehnt werden darf, wobei die Bewertung der vorhergehenden Stufen ergeben haben muss, dass nach dem Stand der Wissenschaft und Technik keine nachteiligen Folgen für die Sicherheit der Rechtsgüter iSd § 1 Z 1 GTG zu erwarten sind.115 In der Praxis bedürfte es für eine solche Risikobewertung jedenfalls einer genauen Dokumentation und Vorlage aller Daten betreffend die vorangegangenen, bereits durchlaufenen Stufen. In ihrem dritten Bericht hat die Gentechnikkommission in diesem Zusammenhang festgehalten, dass zum Stufenprinzip keine konkreten für Österreich spezifischen Aussagen getroffen werden können, weil im Berichtszeitraum kein Freisetzungsantrag eingebracht wurde. § 36 GTG legt im Detail die einzelnen Stufen fest: Die erste Stufe der Freisetzung soll ein Versuch in einem kleinen Ausmaß sein, das dadurch bestimmt wird, dass nach dem Stand von Wissenschaft und Technik die Gefahr einer unbegrenzten Verbreitung und Vermehrung von GVO außerhalb des Versuchsbereiches stark herabgesetzt ist. Dabei sollen die für ein geschlossenes System charakteristischen Schranken „erst sehr vorsichtig gelockert“ werden, eine unkontrollierte Verbreitung oder Vermehrung soll vermieden werden. Die aufgrund dieser Versuche gewonnenen Daten sollen dann die im zweiten Schritt vorgesehenen Versuche im großen Ausmaß (§ 36 Abs 1 Z 2 GTG) mit kontrollierter Verbreitung und Vermehrung der GVO ermöglichen.116 Von dem geschilderten Stufenprinzip geht das Gesetz in § 36 Abs 2 GTG insofern ab, als Freisetzungen ohne Sicherheitsrisiko (§ 1 Z 1 GTG) auch dann genehmigt werden müssen (arg: hat die Behörde zu genehmigen), wenn die Stufe 1 nicht durchlaufen wurde. Für diese behördliche Einschätzung steht kein eigenes (Feststellungs-)Verfahren zur Verfügung, sondern sie erfolgt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens.117 110
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So hat die Kommission den entsprechenden Gesetzesentwurf nach Art 95 Abs 6 EGV nicht genehmigt. Die - von der Republik Österreich vertretene - Klage war beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften nicht erfolgreich; vgl dazu das Urteil vom 5. 10. 2005 in den verbundenen Rechtssachen T-366/03 und T235/04. RV 1465 BlgNR 18. GP, 57. Recombinant DNA Safety Considerations. Safety Considerations for industrial, agricultural and environmental applications of organisms derived by recombinant DNA techniques, Paris (OECD) 1986. Dazu von Kameke, 35f. Vgl Erwägungsgrund 24 der FreisetzungsRL. Siehe oben unter I. A. 2. Vorsorgeprinzip, vgl § 3 Z 1 GTG. RV 1465 BlgNR 18. GP, 57. RV 1465 BlgNR 18. GP, 57.
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C. Bewilligungspflicht und Verfahren, Kennzeichnung Grundsätzlich bedarf nach § 37 Abs 1 GTG jede118 Freisetzung einer Genehmigung der Behörde, die nur im Rahmen eines „europäischen“ Verfahrens erteilt werden kann. Das Gesetz macht hier keinen Unterschied, zu welchen Zwecken (Forschungs- oder gewerbliche Zwecke) eine Freisetzung erfolgt, jeder Antrag muss für den Einzelfall untersucht und geprüft werden. Vor einer Genehmigung darf mit einer Freisetzung nicht begonnen werden.119 § 37 GTG verlangt einen Antrag, dem umfangreiche Informationen anzuschließen sind. Eine Zusammenfassung des Antrages ist von der Behörde binnen 30 Tagen nach dessen Einlangen der Europäischen Kommission zu übermitteln (§ 39 Abs 4 GTG). Dem Antrag sind zunächst Angaben zur Beurteilung der Sofort- und Spätfolgen des GVO oder der Kombination von GVO und deren Auswirkungen auf die Sicherheit iSd § 1 Z 1 GTG beizugeben (§ 37 Abs 2 Z 1 GTG).120 Weiters ist eine Darstellung und Bewertung der bei der vorgesehenen Freisetzung des oder der GVO zu erwartenden Auswirkungen auf die Sicherheit iSd § 1 Z 1 GTG anzuschließen (§ 37 Abs 2 Z 2 GTG). Im Rahmen dieser Sicherheitsbewertung wurden in der FreisetzungsRL erstmals einheitliche Kriterien unter besonderer Berücksichtigung auch langfristiger und akkumulierter Umweltauswirkungen festgelegt. Dabei sind Markergene in GVO, die Antibiotikaresistenzen vermitteln oder schädliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, besonders zu berücksichtigen. Nähere Regelungen über Inhalt, Umfang und Form des Antrages und der anzuschließenden Unterlagen enthält die Anlage 1 zur FreisetzungsVO,121 die auf Basis der Ermächtigung in (ua) § 38 GTG erlassen wurde. Die erforderlichen Angaben sind dabei unterschiedlich ausgestaltet, je nachdem, ob es sich bei den GVO, deren Freisetzung beantragt wird, um höhere Pflanzen handelt122 oder nicht.123 Jedenfalls sind allgemeine Informationen (Name und Anschrift des Betreibers; Name und Ausbildung des/der vom Betreiber vorgesehenen, verantwortlichen Wissenschaftler[s]; Angaben zum sonstigen Personal und dessen Ausbildung; Bezeichnung des Vorhabens) beizubringen. ZT ist die Übermittlung in elektronischer Form vorgesehen. § 37 Abs 4 GTG ermöglicht, 118
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Aus § 37 Abs 2 Z 2 lit f GTG, der ausdrücklich „Ort(e)“ der Freisetzung nennt, argumentiert Herdegen, dass für mehrere ortsverschiedene Freisetzungen desselben GVO ein Antrag reichen dürfte, vgl Herdegen, Band 2, L. I., Rz 61. Eine ortspezifische Prüfung wird dadurch wohl allerdings nicht obsolet. Dies erklärt sich vor dem Hintergrund, dass Sicherheitsfragen nur in einem bestimmten ökologischen Umfeld auftreten. VwGH 21. 1. 1997, 96/11/0166. Näher § 37 Abs 2 Z 1 lit a bis lit g GTG, der den Katalog der erforderlichen Informationen gem Art 13 FreisetzungsRL zusammenfasst. BGBl 2005 II/260. Anlage 1, Teil B: Informationen über die Empfängerpflanze(n), die gentechnische Veränderung, die gentechnisch veränderte Pflanze, den Ort der Freisetzung, die Bedingungen der Freisetzung, über Pläne zur Kontrolle, Überwachung, Nachbehandlung und Abfallentsorgung. Anlage 1, Teil A: Informationen über die GVO, über die Bedingungen der Freisetzung und die für die Freisetzung maßgeblichen Eigenschaften der Umwelt, die Wechselwirkungen zwischen dem GVO und der Umwelt, über Überwachung, Kontrollmaßnahmen, Notfallplan und Entsorgung.
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auf Daten oder Ergebnisse früherer Anträge auch anderer Antragsteller124 zurückzugreifen. Die bei der Erstellung der Sicherheitsbewertung anzuwendenden Grundsätze und Methoden finden sich in Anlage 2 der FreisetzungsVO. Ergänzend dazu sind die Leitlinien zur Ergänzung des Anhanges II der Richtlinie 2001/18/EG gemäß der Entscheidung 2002/623/EG insoweit zu berücksichtigen, als sie im Hinblick auf die jeweilige Eigenschaft des GVO oder des Erzeugnisses, auf die näheren Umstände der beabsichtigten Freisetzung oder des In-VerkehrBringens, auf die voraussichtliche Verwendung sowie auf die den GVO aufnehmende Umwelt einschließlich des Menschen von Relevanz sind. Die Anlagen 1 und 2 der FreisetzungsVO wurden entsprechend den Vorgaben der Anhänge II und III der FreisetzungsRL formuliert. Die damit erreichte Festlegung neuer, einheitlicher Kriterien für die Sicherheitsbewertung ist einer der wesentlichen Inhalte der Novelle BGBl 2004 I/126. Sollte es zur Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen (§ 40 Abs 1 GTG) erforderlich sein, kann dem Antragsteller unter Angabe einer Begründung auferlegt werden, weitere Informationen nachzubringen (§ 39 Abs 2 GTG). Kommt der Antragsteller selbst während des Genehmigungsverfahrens zu neuen Informationen oder wird das in Aussicht genommene Projekt in sicherheitsrelevanter (§ 1 Z 1 GTG) Weise geändert, muss er von sich aus den Antrag entsprechend anpassen und die Behörde informieren.125
Für den weiteren Gang des Genehmigungsverfahrens ordnet § 39 Abs 3 GTG die obligatorische Durchführung126 eines Anhörungsverfahrens im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und die Einholung eines Gutachtens des wis-
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Zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Erstantragstellers allerdings nur mit dessen schriftlicher Zustimmung. § 37 Abs 5 GTG. Fraglich kann sein, ob und inwieweit den Vorschriften über das Anhörungsverfahren und die Erlangung der Parteistellung durch § 82 Abs 7 AVG (materiell) derogiert wurde (so offenbar List, Kodex Umweltrecht25). Abgesehen davon, dass dem Gesetzgeber nur schwer unterstellt werden kann, dass er die in Reaktion auf das Gentechnikvolksbegehren mit entsprechender Öffentlichkeitswirkung erlassenen Regelungen wenige Wochen später durch eine in der Öffentlichkeit weit weniger wahrgenommene Bestimmung weitgehend konterkarieren wollte, ist auf die unterschiedliche Funktion von Anhörungsverfahren und mündlicher Verhandlung, die schon in der unterschiedlichen Begrifflichkeit zum Ausdruck kommt, hinzuweisen. Während die mündliche Verhandlung ein klassisches Instrument eines auf Parteirechten basierenden Interessenausgleiches und damit dem rechtsstaatlichen Prinzip verpflichtet ist, sollte das Anhörungsverfahren als Ausfluss des demokratischen Prinzips (§ 3 Z 4 GTG) der öffentlichen Diskussion und Information dienen. Es ließe sich daher gut vertreten, dass beide Institutionen nebeneinander bestehen können und das Anhörungsverfahren nicht bloß eine Spielart einer mündlichen Verhandlung darstellt, die durch die Bestimmungen des AVG weitgehend obsolet geworden ist. Zu bedenken ist auch, dass die obligatorische „Anhörung und Unterrichtung“ der Öffentlichkeit nunmehr durch Art 9 FreisetzungsRL europarechtlich vorgegeben ist, wobei den Mitgliedstaaten eine nähere Regelung obliegt. Im Sinne einer europarechtskonformen Interpretation bietet sich daher die vorgetragene Auslegungsvariante an, wonach die Bestimmungen des GTG über das Anhörungsverfahren weiter anzuwenden sind. Eine tiefergehende Lösung der hier aufgeworfenen Frage muss freilich einer eigenen Untersuchung vorbehalten bleiben.
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senschaftlichen Ausschusses für Freisetzungen und In-Verkehr-Bringen127 an. Die gesetzlichen Bestimmungen über das Anhörungsverfahren - § 43 GTG wurden betreffend Kundmachung und Ablauf sowie Art und Umfang der vorausgehenden Einsichtnahme in den Antrag und die dazugehörigen Unterlagen durch die AnhörungsVO128 näher ausgestaltet. Um eine entsprechende Publizitätswirksamkeit herzustellen, enthält das GTG selbst besondere Kundmachungsvorschriften (§ 43 GTG):129 Während einer dreiwöchigen Frist haben Unterlagen betreffend den Freisetzungsantrag bei allen Ämtern der Landesregierungen und Gemeinden im örtlichen Zuständigkeitsbereich der geplanten Freisetzung zur öffentlichen Einsichtnahme aufzuliegen. Jedermann steht es frei, binnen dieser Frist begründete Einwendungen schriftlich zu übermitteln; einen diesbezüglichen Hinweis hat die Kundmachung zu enthalten130 (§ 43 Abs 1 GTG). Jeder, der derart begründete Einwendungen erhoben hat, ist von der Behörde zur Anhörung, die innerhalb von drei Wochen ab Ende der Auflegungsfrist stattfinden muss,131 zu laden, wobei die Ladung auch in der Kundmachung erfolgen kann (§ 43 Abs 2 GTG). Gesondert zu laden sind die anderen potentiellen Parteien, deren Stellung in § 39a GTG geregelt ist: Neben dem Antragsteller jene Gemeinde und jenes Bundesland, in deren/dessen Zuständigkeitsbereich die Freisetzung erfolgen soll (vgl § 39a Abs 1 Z 2, Z 6 GTG) bzw die angrenzende(n) Gemeinde(n) iSd § 39a Abs 1 Z 3 GTG und der Eigentümer des für die Freisetzung in Aussicht genommenen Grundstücks sowie die Nachbarn132 iSd § 39a Abs 1 Z 4 und Z 5 GTG. Die Genannten erlangen nach dem Willen des Gentechnikgesetzgebers133 dann die Stellung als Partei, wenn sie begründete Einwendungen schriftlich der Behörde übermittelt und bei der Anhörung näher erläutert haben. Der Eigentümer jenes Grundstücks, auf dem die Freisetzung stattfinden soll, sowie die Nachbarn müssen darüber hinaus 127
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Dieser ständige Ausschuss der Gentechnikkommission ist vom Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen einzurichten (§ 85 Abs 1 Z 2 GTG); Aufgaben und Zusammensetzung sind in § 87 GTG geregelt. BGBl 1997 II/61 idF BGBl 1998 II/164. Vgl auch § 2 Abs 1 bis Abs 3 AnhörungsVO. § 2 Abs 2 AnhörungsVO. § 4 Abs 1 AnhörungsVO. Das Gesetz formuliert dabei einen - sachlich allerdings nur schwer rechtfertigbaren engen Nachbarbegriff: Nur jene Personen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung und während des Verfahrens Grundstücke, die mit dem Grundstück, auf dem die Freisetzung erfolgen soll, eine gemeinsame Grenze haben, dieses entweder im Eigentum oder gepachtet haben, sowie all jene, die sich während der beschriebenen Zeit nicht nur vorübergehend auf einem dieser Grundstücke aufhalten, somit also nur Anrainer, sind Nachbarn iS der erwähnten Bestimmung. Wenn es allerdings wahr ist, dass Gefahren eines Freisetzungsversuches etwa darin gelegen sein können, dass gentechnisch veränderte Pflanzen negative Auswirkungen auf ihr ökologisches Umfeld haben können, dann sind geographische Eingrenzungen der Parteistellung nur soweit gerechtfertigt, als sie die mögliche Betroffenheit berücksichtigen. Für eine Annahme einer über die ausdrückliche gesetzliche Regelung hinausgehenden Parteistellung auf der Grundlage des § 8 AVG, wie noch von Stelzer, ZfV 1996, 17 (19ff), vorgeschlagen, dürfte seit der Neufassung hingegen kein Raum mehr bestehen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Eingrenzungen der Parteistellung einer Sachlichkeitsprüfung im Lichte des Gleichheitssatzes (Art 7 B-VG) standhalten würden. Auf ein mögliches Derogationsproblem durch § 82 Abs 7 AVG sei hier nur hingewiesen - eine ausführlichere Untersuchung würde den Rahmen der vorliegenden Darstellung sprengen.
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zugleich mit ihren schriftlichen Einwendungen den Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Parteistellung erbracht haben. Dem Antragsteller ist die Stellung als Partei in jedem Fall zugesichert (§ 39a Abs 1 Z 1 GTG). Die zulässigen Einwendungen umschreibt § 39a Abs 2 GTG: So können Gemeinden ausschließlich die Einhaltung der Rechtsvorschriften für die Sicherheit iSd § 1 Z 1 GTG innerhalb ihres jeweiligen örtlichen und Bundesländer jene im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches einmahnen. Eigentümer und Nachbarn können sich auf Vorschriften berufen, die der Sicherheit ihrer eigenen Gesundheit und jener ihrer Nachkommenschaft dienen.
Nach der Intention des Gesetzes soll das Ermittlungsverfahren rasch durchgeführt werden: Entsprechend europarechtlicher Vorgaben bleibt der Behörde für ihre Entscheidung über die Genehmigung der Freisetzung nur eine relativ kurze Frist: Sie hat über den Antrag binnen 90 Tagen134 ab Eingang des Antrages zu entscheiden (§ 40 Abs 1 GTG). Dabei sind die Entscheidungskriterien gesetzlich umschrieben. Sie muss (arg: hat) die Freisetzung genehmigen, wenn die folgenden Voraussetzungen des § 40 Abs 1 GTG erfüllt sind: Es muss sichergestellt sein, dass • allen gesetzlichen und durch Verordnung festgelegten Verpflichtungen betreffend die Freisetzung vom Betreiber nachgekommen wurde (§ 40 Abs 1 Z 1 erster Fall); • die Freisetzung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik durchgeführt wird (§ 40 Abs 1 Z 1 zweiter Fall); • die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik notwendigen Vorkehrungen getroffen wurden und deshalb keine nachteiligen Folgen für die Sicherheit zu erwarten sind (§ 40 Abs 1 Z 2). Schließlich muss der Betreiber den entsprechenden Haftpflichtversicherungsnachweis (vgl § 79j Abs 1 GTG) erbracht haben (§ 40 Abs 1 Z 3).135 Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Betreiber einen Rechtsanspruch darauf, dass die Genehmigung erteilt wird.136 Dabei kann die Genehmigung geeignete Nebenbestimmungen - Auflagen und Bedingungen - enthalten oder der Zeitraum für die Durchführung der Freisetzung befristet werden, soweit dies im Interesse der Sicherheit (§ 1 Z 1 GTG) erforderlich ist.137 Bei ihrer 134
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Verbesserungsaufträge und Mitteilungen der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens iSd § 41 GTG hemmen die Entscheidungsfrist; ebenso die Anhörung gem § 43 GTG, allerdings höchstens für 30 Tage. Siehe dazu auch die FreisetzungsRL, Art 6 Abs 6: In die 90-Tage Frist dürfen Zeitspannen nicht eingerechnet werden, während derer die Behörde auf weitere verlangte Informationen vom Anmelder wartet. Wegen einer öffentlichen Anhörung darf die 90-tägige Frist um nicht mehr als 30 Tage überschritten werden. Die Verlässlichkeit des Antragstellers ist nach dem Erk des VwGH vom 21. 1. 1997, 96/11/0166 schon mangels Festlegung geeigneter Kriterien zu deren Feststellung im GTG nicht Gegenstand der Prüfung im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens. Diese Ansicht dürfte aber, schon aus europarechtlichen Gründen, verfehlt sein. Siehe dazu Loibl/Stelzer, 57ff. RV 1465 BlgNR 18. GP, 58. Konnten mit der Freisetzung bestimmter GVO in bestimmten Ökosystemen bereits ausreichend Erfahrungen gesammelt werden, kann der Bundesminister für Gesundheit und Frauen nach Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses der Gentechnikkommission bei der Europäischen Kommission einen Antrag auf Anwendung „differenzierter“ (dh vereinfachter) Verfahren auf diese Arten von
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Entscheidung hat die Behörde zu berücksichtigen, dass die Verwendung von Markergenen in GVO, die Antibiotikaresistenzen vermitteln und schädliche Auswirkungen auf die Sicherheit haben können, bis zum 31. 12. 2008 einzustellen ist.138 Die Behörde hat jede über den Antrag getroffene Entscheidung sowohl der Europäischen Kommission als auch dem Bundesland, in dem die Freisetzung erfolgen soll, mitzuteilen sowie der Öffentlichkeit Informationen über jede Genehmigung auf ihrer Internetseite bereitszustellen (§ 40 Abs 4 und 5 GTG).
D. Kennzeichnung Gemäß § 62a GTG müssen nunmehr auch GVO, die für eine Freisetzung bereitgestellt werden, auf einem Etikett oder Begleitdokument als GVO gekennzeichnet sein.
E. Durchführung der Freisetzung Eine Freisetzung darf erst nach einer entsprechenden Genehmigung begonnen und durchgeführt werden. Dabei sind alle nach dem Stand von Wissenschaft und Technik sicherheitsnotwendigen (§ 1 Z 1 GTG) Vorkehrungen und Maßnahmen zu treffen. Es obliegt dem Betreiber, für deren Einhaltung zu sorgen (§ 45 Abs 1 GTG), der sich auch nach einer Genehmigung über sicherheitsgefährdende (§ 1 Z 1 GTG) Umstände der Freisetzung informieren und für den Fall, dass solche auftreten, die Behörde davon unterrichten muss (Sorgfaltspflicht, § 45 Abs 2, Abs 3 GTG).139 Ein Wechsel in der Person des Betreibers ist der Behörde unverzüglich mitzuteilen, berührt aber sonst weder die Zulässigkeit einer bereits genehmigten Freisetzung noch die damit verbundenen Verpflichtungen (§ 47 GTG). Der Betreiber hat auch die zur Vermeidung von Unfällen notwendigen Maßnahmen zu treffen. Ereignet sich trotzdem ein Unfall, sind Notfallmaßnahmen zu ergreifen. Ferner ist eine mögliche Vermehrung der GVO außerhalb des Versuchsbereichs zu überwachen. Daneben bestehen Mitteilungspflichten an die Behörde; diese wiederum hat ihrerseits die Öffentlichkeit über jeden sicherheitsrelevanten Unfall via Internet zu informieren sowie „das betreffende Bundesland“ in Kenntnis zu setzen (§ 49 Abs 1 bis Abs 5 GTG).
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GVO stellen (Art 7 FreisetzungsRL) und zur Umsetzung des darüber im Komitologieverfahren ergangenen (positiven) Beschlusses im Einvernehmen mit gesetzlich genannten anderen Ministern durch Verordnung die näheren Bestimmungen für die Durchführung vereinfachter behördlicher Verfahren iSd § 42 GTG zur Genehmigung der Freisetzung festlegen. Eine entsprechende Verordnung wurde bislang freilich nicht erlassen. Jedenfalls entfällt im vereinfachten Verfahren die obligatorische Durchführung einer Anhörung und die Einholung des Gutachtens des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses (§ 39 Abs 3 GTG). Ein Mitgliedstaat kann aber auch trotz einer entsprechenden Entscheidung im EU-Regelungsausschuss entscheiden, ein „differenziertes Verfahren“ nicht anzuwenden („Opting out“: RV 617 BlgNR, 22. GP, 7); diese Entscheidung ist - ebenso wie eine allfällige Verordnung der Kommission mitzuteilen. Dies entspricht der Vorgabe in Art 4 Abs 2 FreisetzungsRL. Herdegen, Band 2, L.I., Rz 76.
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Über die Freisetzung sind begleitende Aufzeichnungen im gesetzlich umschriebenen Umfang140 zu führen und aufzubewahren (vgl § 52 GTG). Nach Durchführung der Freisetzung ist eine Mitteilungspflicht des Betreibers angeordnet: Alle sicherheitsrelevanten Daten und Ergebnisse sind der Behörde mitzuteilen, die diese auch an den zuständigen wissenschaftlichen Ausschuß der Gentechnikkommission und der Europäischen Kommission zur Sicherstellung des innergemeinschaftlichen Informationsaustausches weiterleiten muss (§ 46 Abs 1 und Abs 2 GTG).
F. Behördenzuständigkeit, Kontrollen und sonstige Maßnahmen Behörde hinsichtlich Freisetzungen an wissenschaftlichen Hochschulen oder in wissenschaftlichen Einrichtungen des Bundes ist der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, ansonsten der Bundesminister für Gesundheit und Frauen (§ 100 Abs 1 und Abs 2 GTG). Die Organe der zuständigen Behörde können an Orten, an denen sie die Freisetzung von GVO in begründeter Weise vermuten, Nachschau halten, zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen und Bescheide Überprüfungen durchführen, Einschau in die Aufzeichnungen nehmen, sowie Proben entnehmen (näher § 101 GTG). Dabei hat sie der Betreiber zu unterstützen (§ 101 Abs 3 GTG). Im Fall von Freisetzungen ohne vorherige Genehmigung ist die Freisetzung rückgängig zu machen: Die Behörde muss dem Betreiber die Entfernung der GVO und erforderlichenfalls begleitende sicherheitsgewährleistende Maßnahmen auferlegen. Die GVO werden beschlagnahmt (§ 101b Abs 1 und Abs 2 GTG). Die genehmigungslose Freisetzung selbst ist, wenn keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, eine Verwaltungsübertretung, die mit bis zu € 21.800,- zu bestrafen ist (§ 109 Abs 2 Z 1 GTG); die GVO sind als verfallen zu erklären. Wird die Freisetzung nach Erteilung der Genehmigung beabsichtigt oder unbeabsichtigt in einer Weise geändert, die erheblich nachteilige Auswirkungen auf die Sicherheit (§ 1 Z 1 GTG) haben könnte, oder werden nach Erteilung der Genehmigung mit derartigen Auswirkungen verbundene Umstände bekannt, so hat die Behörde, soweit unmittelbare Gefahren drohen, unter möglichster Schonung erworbener Rechte zusätzliche geeignete Sicherheitsauflagen zu erteilen, die Durchführung der Freisetzung zu beschränken oder zu verbieten und die schadlose Beseitigung der freigesetzten GVO anzuordnen. Über derartige Maßnahmen sind der Öffentlichkeit Informationen auf der Internetseite der Behörde zugänglich zu machen (§ 48 GTG).141 Dazu kann nach § 51 GTG die Behörde während und nach der Freisetzung im Versuchsgebiet und in dessen Umgebung Kontrollen durchführen und dabei auch Proben entnehmen. Dem Betreiber sind die Wiederherstellung der Umwelt bzw die zur Verhinderung weiterer Umweltbeeinträchtigungen erforderlichen Maßnahmen aufzutragen, wenn durch die GVO die Umwelt so wesentlich beeinträchtigt 140 141
Vgl die Verordnungsermächtigung zur näheren Bestimmung von Inhalt, Art und Form der Aufzeichnungen in § 53 GTG. Siehe dazu das Gebot nach erhöhter Transparenz und Information der Öffentlichkeit in Art 8 Abs 2 FreisetzungsRL.
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wird, dass die Sicherheit (§ 1 Z 1 GTG) nicht mehr gewährleistet werden kann (§ 101a GTG). Allenfalls muss die Behörde selbst diese Maßnahmen veranlassen. Dritte haben Eingriffe (zB durch Benützen und Betreten von Grundstücken) - soweit sie sich als notwendig erweisen - zu dulden. Für allfällige Nutzungsbeeinträchtigungen hat der Betreiber eine Entschädigung zu leisten, deren Höhe von der Behörde (mit Bescheid) festzusetzen ist, wenn keine Einigung zwischen den Parteien erzielt werden konnte. Gegen einen solchen Bescheid ist kein Rechtsmittel zulässig, binnen drei Monaten nach dessen Erlassung kann aber eine Entscheidung beim zuständigen Bezirksgericht beantragt werden, wodurch der Bescheid außer Kraft tritt (sukzessive Kompetenz). § 103 GTG ermächtigt die Behörde zur Ergreifung vorläufiger Zwangsmaßnahmen an Ort und Stelle, wenn diese zur Abwehr unmittelbar drohender Gefahren für die Sicherheit erforderlich sind. Dies gilt wohl für genehmigte wie für genehmigungslose Freisetzungen142 und umfasst Maßnahmen, wie etwa die Beseitigung freigesetzter GVO und deren Verbringung an einen sicheren Ort bis hin zur Einstellung der Freisetzung entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung. Darüber ist binnen zwei Wochen ein Bescheid zu erlassen, der sofort vollstreckbar143 ist; sonst gilt die getroffene Maßnahme als aufgehoben. Fallen die Voraussetzungen für die sofortigen Maßnahmen weg, sind sie zu widerrufen. Solche vorläufigen Zwangsmaßnahmen sind wohl als Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, die allerdings nur bis zur Erlassung des Bescheides selbständig existent sind.144 Ergeht über derartige Maßnahmen ein Bescheid, ist eine erhobene Maßnahmenbeschwerde zurückzuweisen. Wird hingegen kein Bescheid erlassen, wird wohl eine Sachentscheidung über die Rechtmäßigkeit der - wenngleich schon außer Kraft getretenen - verfügten Maßnahmen zu treffen sein.
G. Die zivilrechtliche Haftung Bereits im Zuge der Beratungen zur Erlassung des GTG lagen Empfehlungen zur Schaffung spezifischer zivilrechtlicher Haftungsregelungen im Gentechnikgesetz selbst vor.145 Eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung 142
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Vgl VwGH 21. 1. 1997, 96/11/0166: Ist allerdings ein Verfahren zur Genehmigung einer Freisetzung bereits anhängig und bis zur Entscheidungsreife gediehen und kennt der Genehmigungswerber aufgrund des ihm eingeräumten Parteiengehörs die vorzusehenden Bedingungen und Auflagen, unter denen die Freisetzung künftig durchgeführt werden darf, kann die Behörde - wenn noch vor Erlassung des Bescheides die Freisetzung begonnen wird - nicht allein deswegen eine unmittelbar drohende Gefahr für die Sicherheit annehmen und Maßnahmen vorschreiben, weil der Genehmigungsbescheid noch nicht erlassen und sein Inhalt dem Genehmigungswerber deswegen noch nicht bekannt sein könne. Raschauer, RdU 1997, 80, macht allerdings darauf aufmerksam, dass dieses Erk wegen der Besonderheiten des konkreten Sachverhaltes nicht verallgemeinerungsfähig sei. Der Berufung kommt hier keine aufschiebende Wirkung zu (vgl § 64 Abs 2 AVG). Die Erforderlichkeit iSd Art 11 Abs 2 B-VG wird damit begründet, dass die nach § 103 GTG zu treffenden Maßnahmen zur Abwehr eines wahrscheinlichen Schadenseintrittes keinen Aufschub dulden: RV 1465 BlgNR 18. GP, 70. VfSlg 8888/1980, 9099/1981, 12.211/1989. Kletecka, Haftungsfragen der Gentechnologie, JAP 1996, 230, mwN.
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wurde im Hinblick auf ein geplantes Umwelthaftungsgesetz für Österreich146 damals nicht normiert. Bekanntlich wurde dieses Vorhaben nicht realisiert, es scheiterte am Widerstand der Wirtschaft schon vor dem Stadium einer RV; zugleich wurde argumentiert, es sei besser, Legislativvorhaben der Europäischen Gemeinschaft im Bereich einer Umwelthaftung abzuwarten.147 Im Zuge des „Gentechnikvolksbegehrens“ wurde die Einführung eines speziellen Haftungsregimes zwar nicht direkt gefordert, aber von Seiten der Regierung als „Ersatz“ für einige zentrale Anliegen, welche sich von vornherein als unrealisierbar herausgestellt hatten, weil Österreichs Souveränität so weit gar nicht mehr reichte,148 ins Spiel gebracht. Sie stellte schließlich einen wesentlichen - wenn nicht den wesentlichsten Teil der Novelle 1998 zum GTG dar.149 Diese Novelle brachte eine Einfügung des Abschnittes IVa. (§§ 79a bis 79j GTG) über eine spezifische zivilrechtlich Haftung:150 Festgelegt wurde damit eine betraglich der Höhe nach unbegrenzte verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung,151 die mit der „besonderen Ungewißheit über Risikointensität und Wahrscheinlichkeit einer Schädigung besonders schutzwürdiger Güter“ gerechtfertigt wurde.152 Ein zentrales Anliegen der Novelle 2004 war - wie erwähnt - der Schutz der biologischen und konventionellen Landwirtschaft. Dementsprechend wurden im Bereich der zivilrechtlichen Haftung neue Regelungen (§ 79k bis 79m GTG) hinsichtlich der Koexistenz der verschiedenen Bewirtschaftungsweisen sowie eine Sorgfaltspflicht zur Vermeidung der Vermischung von GVO mit Waren, die bestimmungsgemäß keine GVO enthalten dürfen, eingefügt.153 Ansprüche, die von den Haftungsregelungen des GTG nicht erfasst sind, sind nach den Vorschriften des ABGB und des PHG zu prüfen.154
Mittlerweile wurde auf europäischer Ebene die UmwelthaftungsRL155 verabschiedet, die von den Mitgliedstaaten bis Ende April 2007 umzusetzen ist. Eingeführt wurde damit erstmals ein harmonisiertes Haftungs- und Sanierungs146 147
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Zum zähen Ringen um eine Umwelthaftung vgl Stabentheiner, Der weite Weg zur Umwelthaftung, RdU 1995, 3. Einen Überblick darüber gibt Riedler, Umwelthaftungsrecht in statu nascendi Aktuelle Entwicklungstendenzen bei der Schaffung eines österreichischen Umwelthaftungsgesetzes (Teil I), RdU 1995, 8. Vgl Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des GentechnikVolksbegehrens, 1111 BlgNR 20. GP, 5. Zu den rechtspolitischen Hintergründen und generell zur Entstehungsgeschichte vgl Stabentheiner (Fn 146), 3; derselbe, Die neue Gentechnikhaftung, ÖJZ 1998, 521; Kletecka, Gentechnik: Gefährdungshaftung dringend erforderlich, ecolex 1997, 339; zum Diskussionsentwurf des BMJ, BMJ 12. 6. 1997, 7.720A/3-I.2/1997, siehe Kletecka, Der Entwurf eines Gentechnikhaftungsgesetzes, ecolex 1997, 572. § 79i GTG: Es besteht aber uneingeschränkte Konkurrenz mit anderen Haftungsgründen aus dem ABGB, insb der Verschuldenshaftung nach §§ 1295ff ABGB, Dittrich-Tades, ABGB36, Band II, Anm. 1 zu § 79i GTG. Dazu allgemein Dittrich-Tades, ABGB36, Band II, Anm. 1 zum IVa. Abschnitt des GTG. Siehe dazu den Bericht des besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens, 1111 BlgNR 20. GP, 8. Weitere Bestimmungen zur Koexistenz sind im GTG mangels entsprechender Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht enthalten (so auch die Materialen RV 617 BlgNR, 22. GP, 4. Zu den Regelungen der Länder siehe näher unter V. Näher Bernert, Haftung für den Genmais, Teil 1, JAP 2004/2005, 119; Teil 2 JAP 2004/2005, 187. RL 2004/35/EG, Abl L 2004 143/56. Siehe dazu „Der Standard“ vom 18. 10. 2005: Umwelthaftung wird strenger.
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regime auf Basis des Verursacherprinzips für (1) die Schädigung geschützter Arten und natürlicher Lebensräume („Biodiversitätsschäden“), (2) die Schädigung der Gewässer (Verschlechterungen der Wasserqualität) und (3) jede Bodenverunreinigung, die ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellt. Die Richtlinie gilt ausdrücklich nicht für Personenschäden, Schäden am Privateigentum oder wirtschaftliche Verluste und lässt Ansprüche im Zusammenhang mit diesen Schäden unberührt.156 Der Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst die genannten Umweltschäden, die durch die Ausübung einer der in Anhang III aufgezählten (gefährlichen) beruflichen Tätigkeiten verursacht worden sind157 und sieht dafür eine verschuldensunabhängige Haftung vor. Für Biodiversitätsschäden, die durch die Ausübung anderer als der in Anhang III aufgezählten Tätigkeiten entstanden sind, tritt die Haftung nur dann ein, wenn der Betreiber vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.158 Ist ein Umweltschaden eingetreten, hat der Betreiber die Behörde zu informieren und geeignete Sanierungsmaßnahmen (auf seine Kosten) zu ergreifen. Im Anhang II sind die gemeinsamen Rahmenbedingungen für die Sanierungsmaßnahmen aufgelistet: Primär geht es darum, bei Biodiversitätsschäden und Gewässerschäden den vorherigen Zustand möglichst wieder herzustellen; ist das nicht möglich, ist eine „ersatzweise Sanierung“ und Ausgleichssanierung für zwischenzeitig entstandene Verluste durchzuführen. Ferner muss jedes erhebliche Gesundheitsrisiko beseitigt werden. Zur Sanierung von Bodenschäden sind alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass die Schadstoffe beseitigt, kontrolliert, eingedämmt oder vermindert werden, sodass der geschädigte Boden kein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellt. Betroffene mit „ausreichendem Interesse“ oder NGOs können mögliche Schäden bei der Behörde anzeigen und diese zum Tätigwerden auffordern.159 Weiters ist in der Richtlinie (noch) auf freiwilliger Basis eine Deckungsvorsorge vorgesehen. Ob und welche Umsetzungsmaßnahmen getroffen werden und ob dadurch auch Änderungen im GTG eintreten werden, bleibt abzuwarten. Im Folgenden soll lediglich ein kurzer Überblick über die Haftungsregelungen im GTG geboten werden. Eine nähere Darstellung der gentechnikrechtlichen Haftungsregelungen, die der Sache nach privatrechtliche Vorschriften und somit begrifflich nicht „öffentliches Recht“ darstellen, muss aus Platzgründen unterbleiben. Haftungsgegenstand sind nach § 79a GTG Arbeiten mit GVO (§ 4 Z 4 GTG) und die Freisetzung von GVO (§ 4 Z 20 GTG).160 Ist ein Erzeugnis iSd 156 157
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Siehe Erwägungsgrund 14 der UmwelthaftungsRL. Dazu zählt auch jede absichtliche Freisetzung von GVO in die Umwelt, sowie die Beförderung und das In-Verkehr-Bringen von GVO nach der FreisetzungsRL: Anhang III, Pkt 11 der UmwelthaftungsRL. Näher Art 3 UmwelthaftungsRL. Art 12 der Richtlinie. Das gilt auch dann, wenn bereits eine Genehmigung für die Freisetzung oder für das In-Verkehr-Bringen vorliegt, solange das Erzeugnis, das aus GVO besteht oder solche enthält, noch nicht entsprechend der Zulassung in-Verkehr-gebracht worden ist. § 79a enthält somit eine über die Begriffsbestimmungen des § 4 Z 4 GTG bzw des § 4 Z 20 GTG hinausgehende begriffsmodifizierende Erweiterung des Haftungsgegenstandes. Damit sollen Haftungslücken, die sich etwa im Fall der Lagerung oder
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§ 54 Abs 1 GTG einmal der Zulassung gemäß in Verkehr gebracht, greifen nicht mehr die speziellen gentechnischen Haftungsregelungen, sondern jene des Produkthaftungsgesetzes.161 Die Bereiche der Genomanalyse und der Gentherapie bleiben aus der spezifisch gentechnischen Haftung jedenfalls ausgeklammert. Das Gesetz sieht eine Haftung für Personen- oder Sachschäden sowie bestimmte, über einen reinen Ökoschaden hinausgehende162 Umweltbeeinträchtigungen vor, die als Folge der durch die gentechnische Veränderung bewirkten Eigenschaften des Organismusses (bzw in Verbindung mit dessen sonstigen gefährlichen Eigenschaften) entstanden sind.163 Haftpflichtig ist der Betreiber, mehrere Haftpflichtige haften zur ungeteilten Hand, wenn sich die den einzelnen zurechenbaren Schäden nicht auseinanderhalten lassen. Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte (zB Pächter) eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes164 hat nunmehr einen Unterlassungsanspruch165 gegenüber seinem Nachbarn,166 der Erzeugnisse, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen, anbaut.167 Der Anspruch besteht, wenn die von diesen Erzeugnissen ausgehenden Einwirkungen das nach den ortsüblichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die Benützung des betroffenen Grundstückes wesentlich beeinträchtigen.168 Daneben stehen dem Betroffenen - verschuldensunabhängige - Ersatzansprüche hinsichtlich des durch die Einwirkung entstandenen Schadens einschließlich des entgangenen Gewinns und der Kosten der Wiederherstellung der Umwelt zu (§ 79k Abs 2 GTG). Geht die Beeinträchtigung von mehreren Nachbarn aus, haftet jeder nur für den ihm zurechenbaren Anteil; ist dieser nicht feststellbar, haften sie zur ungeteilten Hand.
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des innerbetrieblichen Transportes von GVO im Rahmen einer zwar genehmigten, aber tatsächlich noch nicht begonnenen Freisetzung auftun können, vermieden werden. Vgl dazu Stabentheiner (Fn 149), 521 (524). Dass diese Konstruktion aus dogmatischer Sicht nicht zwingend ist begründet Stabentheiner (Fn 149), 521 (524, Fn 29). Zur Haftung nach dem PHG siehe näher Bernert (Fn 154), 188ff. Stabentheiner (Fn 149), 521 (526ff); Züfle, Gentechnologie - ein Haftpflichtrisiko mit vielen Facetten, ZfV (Zeitschrift für Versicherungswesen) 1999, 699 (702). Siehe auch die Beweislastregel des § 79d GTG. Die Ansprüche von nicht landwirtschaftlich arbeitenden Grundbesitzern richten sich dagegen (weiterhin) nach den allgemeinen Regeln der §§ 364, 364a ABGB. Siehe näher Bernert (Fn 154), 119. § 79k Abs 1 GTG. Siehe näher Kerschner, Neue Gentechnikhaftung in der Landwirtschaft (§§ 79k - 79m GTG), RdU 2005, 112. Die betreffenden Grundstücke müssen aber nicht unmittelbar aneinander grenzen: RV 617 BlgNR, 22. GP, 12. Und zwar unabhängig davon, ob deren In-Verkehr-Bringen genehmigt wurde. „Anbau“ ist weit zu verstehen und umfasst nicht nur Beeinträchtigungen in der „Anbauphase“, sondern auch Beeinträchtigungen während der „Wachstumsphase“, der Ernte oder noch später: RV 617 BlgNR, 22. GP, 12. Eine solche wesentliche Beeinträchtigung liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betroffene die Erzeugnisse seines Grundstücks auf Grund der Einwirkungen nicht oder auch nicht in der von ihm beabsichtigen Art und Weise in Verkehr bringen kann.
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Vor der Einbringung von auf die neuen Haftungsregelungen gestützten Klagen muss aber eine außergerichtliche Streitbeilegung versucht werden (§ 79m GTG).
IV. In-Verkehr-Bringen gentechnisch veränderter Produkte A. Begriff und Reichweite Das Gentechnikgesetz versteht unter In-Verkehr-Bringen die entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung für Dritte von Erzeugnissen, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, sowie deren Verbringung in das Bundesgebiet, soweit diese Erzeugnisse (a) nicht zu Arbeiten mit GVO in gentechnischen Anlagen bestimmt sind, (b) nicht Gegenstand einer genehmigungspflichtigen Freisetzung sein sollen oder (c) nicht für wissenschaftliche Zwecke einschließlich klinischer Prüfungen bestimmt sind. Gemeint ist damit deren gezielte, bewusste, willentliche Übertragung aus dem Herrschaftsbereich des Betreibers hinaus in jenen eines Dritten,169 gleichgültig, ob dieser Herrschaftswechsel gewerbsmäßig oder gegen Entgelt erfolgt.170 Solange ein Produkt den Herrschaftsbereich des Betreibers tatsächlich noch nicht verlassen hat,171 oder Erzeugnisse entwendet werden, wurden sie iSd GTG nicht In-Verkehr-gebracht. Ob die Abgabe von Erzeugnissen an Transportunternehmen (Spediteure, Frachtführer, Lagerhalter) im Rahmen eines arbeitsteiligen Herstellungsprozesses als InVerkehr-Bringen zu werten ist, hängt wohl von den Umständen des Einzelfalles ab.172 Unter „In-Verkehr-Bringen“ fällt auch der - gleichgültig ob zu gewerblichen Zwecken verfolgte - 173 Import von Produkten, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, als gesteuertes, körperliches, transportweises Überführen nach Österreich.174 Die praktische Relevanz der Bestimmungen über das In-Verkehr-Bringen von solchen Erzeugnissen ist aus mehreren Gründen eher bescheiden: Zunächst ist schon der Anwendungsbereich der Regelungen insofern beschränkt, als nur Produkte betroffen sind, die aus GVO bestehen oder solche enthalten. Das bedeutet im Lichte der Definition des Organismus, die dem Gentechnikrecht 169 170 171 172 173
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Herdegen/Dederer, in: Eberbach/Lange/Ronellenfitsch, Band 1, Teil B., § 14 GenTG, Rz 48ff; Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 229ff. Herdegen/Dederer, in: Eberbach/Lange/Ronellenfitsch, Band 1, Teil B., § 14 GenTG, Rz 50. Etwa im Fall einer Lagerung zum Versand oder eines innerbetrieblichen Transportes. Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 229ff; Herdegen/Dederer, in: Eberbach/Lange/Ronellenfitsch, Band 1, Teil B., § 14 GenTG, Rz 54. Im Gegensatz zur Durchfuhr (Transit) oder zur Ausfuhr aus dem Geltungsbereich des Gesetzes, vgl Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 236f; Herdegen/Dederer, in: Eberbach/Lange/Ronellenfitsch, Band 1, Teil B., § 14 GenTG, Rz 49; rechtlich relevant können dabei - gemäß dem sofort zu beschreibenden Regime des GTG, das auch in diesem Teil eine Umsetzung der FreisetzungsRL darstellt - nur Importe von außerhalb der EU sein. Zur Definition Koch/Ibelgaufts, Erster Teil § 3, Rz 234.
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zugrunde liegt, dass es sich um eine vermehrungsfähige Einheit handeln muss und nicht bloß um deren Bestandteil. Um dies an einem einfachen Beispiel zu erläutern: Die berühmt gewordene „Antimatsch“-Tomate „flavr-savr“ stellt für sich genommen - einen solchen GVO dar. Aber schon aus ihr hergestelltes Tomatenmark enthielte definitionsgemäß keinen „Organismus“ mehr. Fraglich könnte sein, ob ganze Tomaten, wenn sie geschält und haltbar gemacht in Dosen verpackt angeboten würden, Erzeugnisse wären, die GVO enthielten oder aus solchen bestehen: Hier käme es darauf an, ob sie noch vermehrungsfähig wären. So anschaulich das Tomatenbeispiel sein mag, so unpassend ist es für die Frage nach der Anwendung der in Rede stehenden Bestimmungen des GTG. Diese werden nämlich weitgehend durch Spezialrecht verdrängt: Wie bereits erwähnt,175 weichen verstärkt vertikale, auf einem sektoren- oder produktspezifischen Ansatz basierende Regelungen das horizontale Konzept der FreisetzungsRL auf: Bedeutsame Anwendungsbereiche der Gentechnik sind bereits Gegenstand eigener europarechtlicher Regelungen, die selbst das Regime zu deren In-Verkehr-Bringen zur Verfügung stellen. So wurde etwa Mitte April 2004 die (unmittelbar anwendbare) Verordnung über die Zulassung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel176 wirksam. Auf das Verfahren zur Genehmigung des In-Verkehr-Bringens solcher GVO-Erzeugnisse finden die einschlägigen Bestimmungen der FreisetzungsRL keine Anwendung mehr;177 das Verfahren ist hauptsächlich bei der EU-Kommission und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit durchzuführen. Der innerstaatliche Vollzug erfolgt idR im Rahmen des Lebensmittelrechts.178
B. Bewilligungspflicht und Verfahren 1. Genehmigungspflicht Grundsätzlich bedarf das In-Verkehr-Bringen von Erzeugnissen einer behördlichen Genehmigung, die vom Hersteller bzw Importeur der Erzeugnisse zu beantragen ist (§ 54 Abs 1 GTG).179 Auf Erzeugnisse, die in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel fallen, sind - wie erwähnt - die Vorschriften des GTG über das In-Verkehr-Bringen - außer § 62c Abs 1 GTG180 - nach der ausdrücklichen 175 176 177 178 179
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Siehe dazu schon unter I. C. Verordnung Nr. 1829/2003, Abl 2003 L 268/1. Vgl die Erwägungsgründe 5, 6 und 7 der VO Nr. 1829/2003. ZT wird aber wieder auf die FreisetzungsRL verwiesen. Siehe dazu nunmehr das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz LMSVG, BGBl 2006 I/13, § 4 Abs 1 iVm Z 11 und 12 des Teils I der Anlage. Vgl zum Antrag auf Genehmigung des In-Verkehr-Bringens § 55 Abs 2 bis Abs 4 GTG. Fehlen im Antrag zur Beurteilung der Genehmigung erforderliche weitere Informationen, muss die Behörde dem Antragsteller unter Angabe einer Begründung deren Beibringen auferlegen (§ 58 Abs 3 GTG). § 56 GTG ermächtigt zur näheren Ausgestaltung der Vorschriften über Inhalt, Umfang und Form der dem Antrag beizugebenden Unterlagen sowie der bei Erstellung der Unterlagen anzuwendenden Methoden durch Verordnung; dabei sind die einschlägigen Anhänge II, III und IV der FreisetzungsRL zu beachten. Die Vorlage auf Datenträgern kann vorgesehen werden. Vgl dazu die FreisetzungsVO BGBl 2005 II/260 und näher sogleich. Diese Bestimmung betrifft Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Vermeidung der Vermischung von GVO mit bestimmungsgemäß GVO-freien Waren. Auch im Gentech-
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Anordnung des § 54 Abs 3 Z 2 GTG nicht anzuwenden; diese gemeinschaftsrechtliche Vorschrift enthält eigene Zulassungsbestimmungen. Keiner Genehmigung bedarf es für GVO-Erzeugnisse, wenn zu deren Herstellung bereits zum In-Verkehr-Bringen nach dem GTG genehmigte Erzeugnisse bestimmungsgemäß verwendet wurden (§ 54 Abs 3 GTG). Vollziehende und kontrollierende Behörde ist im Rahmen des In-Verkehr-Bringens der Bundesminister für Gesundheit und Frauen181 (§ 100 Abs 2 GTG). Der Genehmigung zum InVerkehr-Bringen durch die österreichische Behörde stehen Genehmigungen gleich, die von Behörden eines anderen Mitgliedstaates der EU oder des EWR in Anwendung der (alten oder neuen) FreisetzungsRL erteilt worden sind (§ 54 Abs 4 GTG). Das heißt: Wurde irgendwo in der EU ein Erzeugnis iSd GTG bereits am Markt zugelassen, bedarf es in Österreich dafür keiner Genehmigung mehr.182 In der Genehmigung ist der vorgesehene Verwendungszweck auszuweisen (§ 54 Abs 1 GTG). Ist das In-Verkehr-Bringen eines Erzeugnisses bereits genehmigt, soll es aber eine andere als die in der Marktzulassung ausgewiesene Verwendung finden, muss für dieses In-Verkehr-Bringen eine gesonderte Genehmigung erteilt werden (§ 54 Abs 2 GTG). Genehmigte Erzeugnisse sind unverzüglich in das beim Bundesminister für Gesundheit und Frauen geführte Gentechnikregister einzutragen. Aufzunehmen sind sowohl das Datum als auch der Umfang der Genehmigung zum In-Verkehr-Bringen, weiters - nach Maßgabe der Gentechnik-RegisterVO183 - Daten über Anbauorte von InVerkehr-gebrachten und zugelassenen GVO-Kulturpflanzen. Jedermann ist berechtigt, in das Gentechnikregister Einsicht zu nehmen; es ist auch im Internet zugänglich184 (§ 101c Abs 1 bis Abs 3 GTG).185 Werden Erzeugnisse ohne Genehmigung in-Verkehr-gebracht, stellt dies, sofern nicht eine von den Gerichten zu verfolgende strafbare Handlung vorliegt oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen strenger bestraft werden muss, eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit bis zu € 21.800,- zu bestrafen (§ 109 Abs 2 Z 2 GTG). Weitere Verwaltungsstraftatbestände im Zusammenhang mit dem In-VerkehrBringen von gentechnisch veränderten Erzeugnissen finden sich in § 109 Abs 3 GTG Z 27 bis Z 32.
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nikregister sollen nach der genannten Verordnung genehmigte Waren geführt werden: RV 617 BlgNR, 22. GP, 8. Ausgenommen ist die bescheidmäßige Aufforderung zur Leistung der Sicherheitsmaßnahmen nach § 61 GTG durch den Bundeskanzler. Mit dem Stand September 2005 waren nach der FreisetzungsRL insgesamt 18 Produkte zugelassen; bei drei davon besteht nach wie vor ein Importverbot für Österreich; vgl Fn 204 und Fn 185. Den Berichten der Gentechnikkommission ist zu entnehmen, dass in Österreich bislang noch kein einziger Antrag auf Genehmigung des In-Verkehr-Bringens gestellt wurde. Dies spiegelt das politische Klima wider, das Produkten, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen, sofern es sich dabei nicht um Arzneimittel handelt, skeptisch bis ablehnend gegenübersteht. BGBl 2006 II/141. http://www.bmgf.gv.at/cms/site/detail.htm?thema=CH0264&doc=CMS11182368 62696, login am 8. 5. 2006. Wie erwähnt (Fn 182) besteht bei dreien nach der FreisetzungsRL zugelassenen Produkten nach wie vor ein Importverbot für Österreich. Ein Verfahren zur Aufhebung dieser Maßnahmen, das von der Kommission angestrengt wurde, blieb bislang erfolglos - siehe auch Fn 206.
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Aus dem dritten Bericht der Gentechnikkommission186 geht hervor, dass im Berichtszeitraum 1. 6. 2001 bis 1. 6. 2004 bei der zuständigen nationalen Behörde kein einziger Antrag auf In-Verkehr-Bringen gestellt wurde. Auf EU-Ebene wurde allerdings das seit 1998 herrschende (und noch 2001 beim EU-Umweltministerrat bestätigte) Moratorium bezüglich Neuzulassungen im Hinblick auf mittlerweile bestehende umfassende europarechtliche Regelungen beendet: Im Mai 2004 wurde - gegen den Widerstand einer Reihe von Mitgliedstaaten (auch Österreich) - der Zuckermais BT 11 von der EU-Kommission für den Import zu Nahrungsmittelzwecken zugelassen; im Juli 2004 folgte die Zulassung der Maislinie NK603.187
2. Verfahren Das In-Verkehr-Bringen eines Erzeugnisses iSd § 54 Abs 1 GTG188 ist vom Hersteller oder Importeur zu beantragen. Welche Angaben dem Genehmigungsantrag beizugeben sind, ergibt sich zu einem wesentlichen Teil bereits aus dem Gesetz (§ 55 Abs 2 Z 1 bis Z 11 GTG); sie betreffen grundsätzlich die für die Freisetzung erforderlichen Angaben und Unterlagen (§ 37 Abs 2 Z 1 GTG, Anhang III der FreisetzungsRL), sowie weiters die spezifischen Informationen für das In-Verkehr-Bringen (Art 13, Anhang IV der FreisetzungsRL). Dazu zählen: Eine Bezeichnung und Beschreibung des Erzeugnisses im Hinblick auf die durch die gentechnische Veränderung bedingten besonderen Eigenschaften; Name und Anschrift des Antragstellers bzw des für das InVerkehr-Bringen Verantwortlichen; eine Beschreibung der vorgesehenen Verwendung und der geplanten räumlichen Verbreitung; Bedingungen für das InVerkehr-Bringen, insbesondere für die Verwendung und Handhabung des Erzeugnisses; Informationen über die vorgesehene Verpackung und Kennzeichnung sowie die sichere Anwendung des Erzeugnisses; einen Vorschlag für die Geltungsdauer der Genehmigung, der 10 Jahre nicht überschreiten darf,189 schließlich ein Überwachungsplan. Weiters sind dem Antrag eine auf diesen Angaben beruhende Sicherheitsbewertung (§ 37 Abs 2 Z 2 GTG, Anhang II der FreisetzungsRL) und eine Zusammenfassung des Antrages beizugeben. Auf begründetes Verlangen des Antragstellers kann die Behörde auf die Beigabe bestimmter Informationen hinsichtlich der sicheren Anwendung des Erzeugnisses verzichten, wenn nach dem Stand von Wissenschaft und Technik aufgrund der Ergebnisse einer
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Vgl Fn 95. Siehe näher den dritten Bericht der Gentechnikkommission (Fn 95), 12f. Das In-Verkehr-Bringen von Pflanzenschutzmitteln ist bei der zur Vollziehung des PflanzenschutzmittelG zuständigen Behörde zu beantragen. Diese Behörde hat allerdings ebenfalls die Vorschriften über das Genehmigungsverfahren nach dem GTG sowie jene über vorübergehende Verbote und Beschränkungen (§ 60 GTG) und Sicherheitsmaßnahmen (§ 61 GTG) anzuwenden. Die Zulassung nach dem PflanzenschutzmittelG ersetzt im Rahmen ihres Geltungsumfanges die nach dem GTG erforderliche Genehmigung zum In-Verkehr-Bringen (§ 58 Abs 8 GTG). Die Genehmigung für das In-Verkehr-Bringen von Produkten der in Rede stehenden Art ist grundsätzlich mit maximal 10 Jahren zu befristen - vgl Art 15 Abs 4 der FreisetzungsRL. Nach Ablauf dieser Frist sind freilich Verlängerungen möglich. Siehe dazu Art 17 der FreisetzungsRL.
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Freisetzung oder der Sicherheitsbewertung keine nachteiligen Auswirkungen auf die Sicherheit zu erwarten sind (§ 55 Abs 5 GTG).190
Nähere Bestimmungen über Inhalt, Umfang und Form der Unterlagen sowie die bei Erstellung der Unterlagen anzuwendenden Grundsätze und Methoden enthält die FreisetzungsVO.191 Neben dem Absehen von manchen Formerfordernissen im Einzelfall (§ 55 Abs 5 GTG) ist die Festlegung von vereinfachten Verfahrensregelungen mit Verordnung für Fälle, in denen bereits ausreichende Erfahrungen gesammelt wurden, möglich (§ 56 Abs 2 GTG). Gleich vorweg soll - wie bereits eingangs angedeutet - klargestellt werden, dass es sich bei dem Verfahren zum In-Verkehr-Bringen um kein rein innerstaatliches Verwaltungsverfahren handelt, sondern, in Umsetzung der FreisetzungsRL, um ein europaweit durchzuführendes, gemischt nationalgemeinschaftliches Zulassungsverfahren unter Einbindung der EU-Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.192 Durch den positiven Abschluss eines solchen Verfahrens in einem Mitgliedstaat wird der Zugang zum europäischen Markt geschaffen. Wie noch zu zeigen sein wird, räumt aber bereits die FreisetzungsRL den Mitgliedstaaten gewisse Möglichkeiten ein, das InVerkehr-Bringen von Produkten, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, in einem Mitgliedstaat zumindest vorläufig zu unterbinden. Diese Möglichkeiten hat der österreichische Gesetzgeber um die sog „Sozialverträglichkeitsklausel“193 erweitert. Die Durchführung eines Anhörungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung ist im Rahmen des Verfahrens zum In-Verkehr-Bringen eines GVO-Erzeugnisses (anders als im Verfahren zur Genehmigung von Freisetzungen) gesetzlich nicht vorgeschrieben. Zunächst hat die Behörde (§ 100 Abs 1 Z 2 GTG) vor einer Genehmigung ein Gutachten des wissenschaftlichen Ausschusses für Freisetzung und In-Verkehr-Bringen194 der Gentechnikkommission einzuholen. Sind zur Beurteilung weitere Informationen notwendig, hat sie die Behörde vom Antragsteller unter Angabe einer Begründung einzuholen. Dann ist der Antrag binnen längstens 90 Tagen auf formale und inhaltliche Kriterien zu überprüfen. Es ist zu untersuchen, ob der Antrag vollständig ist, die in dem Erzeugnis enthaltenen GVO entweder in Österreich oder in einem anderen EU-Staat bereits im Rahmen einer dafür erteilten Genehmigung freigesetzt wurden oder dafür zumindest die Voraussetzungen bestehen, sowie ob nach dem Stand von Wissenschaft und Technik, insbesondere aufgrund der Sicherheitsbewertung, keine nachteiligen Folgen für die Sicherheit (§ 1 Z 1 GTG) zu erwarten sind.195 Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat die Behörde eine Kopie des Antrages sowie einen nach den Leitlinien des Anhanges VI der FreisetzungsRL zu erstellenden Bewertungsbericht samt einer Beschreibung der Bedingungen, unter denen die Genehmigung vorgeschlagen wird, an die 190 191 192
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Nach den Materialien soll das bei „erwiesener Unbedenklichkeit“ möglich sein: RV 617 BlgNR, 22. GP, 8. Siehe dazu die Verordnungsermächtigung in § 56 Abs 1 GTG. Vgl RV 1465 BlgNR 18. GP, 60. Herdegen, Band 1, EG-Recht/Erläuterung, 2., 47ff; von Kameke, 46ff. Im Genehmigungsverfahren zur Freisetzung findet dagegen lediglich ein Informationsaustausch statt. Dazu näher unter IV. B. 6. Vgl §§ 85 Abs 1 Z 2 GTG. Zusammensetzung und Aufgaben regelt § 87 GTG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Markergene, die schädliche AntibiotikaResistenzen vermitteln können, in Erzeugnissen, die nach dem 31. 12. 2004 in-Verkehr-gebracht werden, nicht mehr verwendet werden dürfen.
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EU-Kommission weiterzuleiten. Dabei ist der Behörde kein Ermessen eingeräumt (arg: hat)196. Fällt der Bewertungsbericht negativ aus, ist das In-Verkehr-Bringen ohne Einbindung der anderen Mitgliedstaaten zu versagen (§ 58 Abs 4 GTG). Auch ein solcher Bewertungsbericht ist allerdings der EU-Kommission zu übermitteln. Im Falle eines positiven Bewertungsberichts wird das gemeinschaftliche Entscheidungsverfahren gem Art 15 („Standardverfahren“) bzw Art 18 („Gemeinschaftsverfahren im Fall von Einwänden“) der FreisetzungsRL ausgelöst: Die EU-Kommission leitet den Bewertungsbericht den zuständigen Behörden aller übrigen Mitgliedstaaten weiter. Diese sowie auch die EU-Kommission haben nun die Möglichkeit, binnen 60 Tagen weitere Informationen einzuholen, „Bemerkungen“ vorzubringen oder begründete Einwände gegen das In-Verkehr-Bringen des betreffenden GVO197 zu erheben. Die zuständigen Behörden und die EU-Kommission können binnen einer Frist von 105 Tagen nach Weiterleitung des Bewertungsberichts auch offene Fragen mit dem Ziel erörtern, eine Einigung herbeizuführen. Wurden nun weder begründete Einwände erhoben, noch allfällige offene Fragen geklärt, hat die nationale Behörde, bei der das Verfahren anhängig gemacht wurde, innerhalb von 30 Tagen nach Abschluss des gemeinschaftlichen Verfahrens die Genehmigung zu erteilen.198 Davon werden der Antragsteller, die anderen Mitgliedstaaten und die EU-Kommission unterrichtet. Die Genehmigung kann Auflagen und Bedingungen für Art und Umfang des In-Verkehr-Bringens und für die 196 197
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Vgl Herdegen, Band 2, Teil L.I., Rz 89: Dem korrespondiert ein Anspruch des Antragstellers. Art 15 Abs 1 der FreisetzungsRL. Vgl demgegenüber das Verfahren zum Informationsaustausch gem Art 11 der FreisetzungsRL im Rahmen der Genehmigung einer Freisetzung, bei dem die übrigen Mitgliedstaaten binnen 30 Tagen direkt oder über die EU-Kommission „Bemerkungen“ vorbringen können. Noch zur Rechtslage nach der FreisetzungsRL 90/220/EG hat der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens (EuGH, RS C-6/99, Association Greenpeace France ua, Slg 2000, I-1651) klargestellt, dass den Mitgliedstaaten, hat die Kommission im Verfahren nach (dem damaligen) Art 13 Abs 4 FreisetzungsRL einen positiven Beschluss gefasst, kein Ermessen eingeräumt ist: Sie haben vielmehr die Genehmigung zum In-Verkehr-Bringen zu erteilen. Ein Mitgliedstaat ist aber dann nicht dazu verpflichtet, wenn er inzwischen über neue Informationen verfügt, die ihn zu der Auffassung gelangen lassen, das angemeldete Erzeugnis könne eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen. Er muss jedoch die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten unverzüglich davon unterrichten, damit innerhalb der im damaligen Art 16 Abs 2 FreisetzungsRL festgelegten Frist eine Entscheidung nach dem Verfahren des (früheren) Art 21 der RL 90/220/EG ergehen konnte. Im Zuge des vorhin erwähnten Vorabentscheidungsverfahrens hatte der EuGH weiter zu klären, wie vorzugehen ist, wenn die Entscheidung der nationalen Behörde betreffend die Genehmigung zum In-Verkehr-Bringen vor einem nationalen Gericht wegen „Unregelmäßigkeiten“ im Zuge der Prüfung des Genehmigungsantrages (vgl Art 12 Abs 1 FreisetzungsRL alt) angefochten wird. Dazu führte er aus: „Stellt das nationale Gericht fest, daß die zuständige nationale Behörde infolge von Unregelmäßigkeiten im Ablauf der in Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 90/220 vorgesehenen Prüfung der Anmeldung durch diese Behörde die Akte nicht gemäß Absatz 2 dieser Bestimmung mit einer befürwortenden Stellungnahme an die Kommission weiterleiten durfte, ist dieses Gericht verpflichtet, den Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsersuchens anzurufen, wenn es der Auffassung ist, daß diese Unregelmäßigkeiten geeignet sind, die Gültigkeit des positiven Beschlusses der Kommission zu beeinträchtigen, und dabei gegebenenfalls den Vollzug der Maßnahmen zur Durchführung dieses Beschlusses auszusetzen, bis der Gerichtshof über die Frage der Gültigkeit entschieden hat.“ UE kann davon ausgegangen werden, dass die zur alten Rechtslage ergangene Entscheidung - mutatis mutandis - auch auf die neue Rechtslage zutreffen wird.
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Verwendung des Erzeugnisses vorschreiben, die geboten sind, um nachteilige Folgen für die Sicherheit auszuschließen (§ 58a Abs 1 GTG). Im Falle eines Einwandes wird im Rahmen eines Ausschussverfahrens199 eine Entscheidung getroffen. Fällt sie positiv aus, ist die Genehmigung von der nationalen Behörde, in Österreich also vom Bundesminster für Gesundheit und Frauen, ebenfalls zu erteilen, ansonsten zu versagen (§ 58 Abs 6 Z 2 GTG). Im Rahmen des Geltungsbereiches der erteilten Genehmigung bedarf die Abgabe und Verwendung von GVOErzeugnissen keiner weiteren Genehmigung mehr (§ 59 GTG), das Erzeugnis darf also überall in der Gemeinschaft in-Verkehr-gebracht werden (Art 19 FreisetzungsRL). Umgekehrt bedeutet das, dass für jede Verwendung, die nicht von der bereits erteilten Genehmigung umfasst ist, eine (weitere) Genehmigung (zur Freisetzung bzw zum InVerkehr-Bringen) nach dem GTG beantragt werden muss.200
Mit der GTG-Novelle 2004 wurden auch Vorschriften über Inhalt, Erneuerung und Änderung der erteilten Genehmigung sowie Kontrollmaßnahmen in das GTG eingefügt (§§ 58a bis 58e GTG): In den Bescheid über die Genehmigung sind neben den Auflagen und Bedingungen insbesondere der Anwendungsbereich der Genehmigung, die Beschreibung der Identität des/der als Erzeugnis in-Verkehr-gebrachten GVO und ihrer spezifischen Erkennungsmarker, die Geltungsdauer der Genehmigung, die mit längstens 10 Jahren zu befristen ist,201 die Bedingungen für das In-Verkehr-Bringen des Erzeugnisses, die Bedingungen für den Schutz bestimmter Ökosysteme/Umweltgegebenheiten und/oder geographischer Gebiete, die vorgeschriebene Kennzeichnung,202 schließlich die Anforderungen bezüglich Überwachung, Überwachungsplan und Information der Behörde, insbesondere über vorgesehene Standorte zum Anbau, aufzunehmen. Zur Erhöhung der Transparenz hat die Behörde die Öffentlichkeit über jede Genehmigung auf ihrer Internetseite zu informieren.203 Für die Durchführung der Überwachung gemäß dem Überwachungsplan sowie eine entsprechende Berichtslegung ist der Genehmigungsinhaber verantwortlich. Die Berichte sind an die EU-Kommission und die anderen Mitgliedstaaten weiterzuleiten und die Ergebnisse der Überwachung auf der Internetseite der Behörde zu veröffentlichen; zur Vermeidung nachteiliger Folgen für die Sicherheit kann die Behörde den Überwachungsplan auch ändern (§ 58c GTG). Die Kontrolle der Einhaltung des Überwachungsplanes obliegt der Behörde, die dafür auch externe Sachverständige oder sach199 200 201
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Siehe Art 30 Abs 2 FreisetzungsRL, Beschluss 1999/468/EG. So zB für den Anbau, wenn die Genehmigung nur für den Import und die Weiterverarbeitung erteilt wurde: RV 617 BlgNR 22. GP, 10. Die Befristung ist im Hinblick auf die Überprüfung der Auswirkungen des Erzeugnisses auf die Sicherheit vorgesehen. Spätestens 9 Monate vor Ablauf der erteilten Genehmigung kann eine Erneuerung der Genehmigung beantragt werden, wobei wieder ein gemeinschaftliches Genehmigungsverfahren vorgesehen ist. Zu Antragsvoraussetzungen und Verfahren siehe näher § 58b GTG. Die Geltungsdauer der Erneuerung der Genehmigung kann neuerlich befristet werden, wobei die Befristung grundsätzlich 10 Jahre nicht überschreiten soll. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung darf das Erzeugnis gemäß den ursprünglichen Bedingungen weiter in-Verkehrgebracht werden. Die Worte „Dieses Produkt enthält genetisch veränderte Organismen“ müssen auf dem Etikett oder in einem Begleitdokument angegeben sein: § 58a Abs 1 Z 6 GTG. Nach den Materialien soll der Genehmigungsbescheid selbst veröffentlicht werden: RV 617 BlgNR 22. GP, 9.
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verständige Einrichtungen (insbesondere das Umweltbundesamt und die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH) einschalten kann (§ 101 Abs 5 GTG). § 58d GTG enthält eine Verordnungsermächtigung zur Festlegung näherer Bestimmungen für die Erstellung und den Überwachungsplan. Gelangt die Behörde nach Erteilung der Genehmigung aufgrund neuer Informationen zu der Auffassung, dass das Erzeugnis die Sicherheit gefährden könnte, ist - zur allfälligen Änderung (der Bedingungen und Auflagen) der Genehmigung oder zu deren Aufhebung - wieder ein Verfahren unter Einbeziehung der EU-Kommission und der übrigen Mitgliedstaaten einzuleiten (Art 20 Abs 3 der FreisetzungsRL), gemäß dessen Ergebnis zu verfügen ist (§ 58e GTG).
Daneben besteht nach Maßgabe des Art 23 der FreisetzungsRL („Schutzklausel“) für die Mitgliedstaaten nach Erteilung der Genehmigung gem § 60 Abs 1 GTG die Möglichkeit, durch vorläufige Maßnahmen den Einsatz und/oder Verkauf eines GVO als Produkt oder in einem Produkt vorübergehend einzuschränken oder zu verbieten: Nämlich dann, wenn die jeweilige nationale Behörde aufgrund neuer oder zusätzlicher Informationen oder aufgrund einer Neubewertung vorliegender Informationen berechtigten Grund zur Annahme hat, dass von einem bereits zugelassenen Erzeugnis ein Sicherheitsrisiko (§ 1 Z 1 GTG) ausgeht. Davon sind die EU-Kommission, die übrigen EUMitgliedstaaten sowie die Öffentlichkeit unverzüglich zu unterrichten (§ 60 Abs 2 GTG). Die Kommission oder der Rat treffen die endgültige Entscheidung über die von den nationalen Behörden getroffenen - an und für sich als lediglich vorläufig konzipierten - Maßnahmen (§ 60 Abs 2 GTG). Auf der Grundlage des § 60 GTG bestehen (immerhin seit 1997, 1999 bzw 2000) in Österreich drei Untersagungs-Verordnungen,204 die alle das In-VerkehrBringen von gentechnisch verändertem Mais betreffen. Alle drei Erzeugnisse wurden mit Entscheidung der EU-Kommission zuvor bereits genehmigt.205 Diese Importverbote wurden erst unlängst von den EU-Umweltministern bestätigt, bleiben also vorerst weiterhin aufrecht.206 Eine endgültige Entscheidung darüber steht bislang aus. Erst kürzlich wurde ein weiteres Importverbot betreffend gentechnisch veränderten Raps verordnet.207 Während eines laufenden Genehmigungsverfahrens bzw auch nach erteilter Genehmigung treffen den Antragsteller bzw Genehmigungsinhaber besondere Sorgfaltspflichten: Er muss sich eigenverantwortlich über die Risiken des Erzeugnisses für die Sicherheit iSd § 1 Z 1 GTG informieren und dementsprechend die der Behörde vorgelegten Angaben und Unterlagen überprüfen, die Behörde unterrichten und gegebenenfalls für die Sicherheit erforderliche Maßnahmen ergreifen (§ 57 Z 1 bis Z 3 GTG). Droht eine Gefahr für die Sicherheit (§ 1 Z 1 GTG), muss der Bundesminister für Gesundheit und Frauen dem Hersteller oder Importeur bescheidmäßig die umfassende Information der betroffenen Verkehrskreise - dh also auch der Verbraucher - über die Risiken sowie über Sicherheits- und Beseitigungsmaßnahmen auftragen und diese erforderlichenfalls zur Entfernung der Erzeugnisse vom Markt auffordern (§ 61 GTG). 204 205 206 207
Verordnung BGBl 1997 II/45; Verordnung BGBl 1999 II/175; Verordnung BGBl 2000 II/120. 97/98/EG, Abl 1997 L 31/69; 98/292/EG, Abl 1998 L 131/38; 98/293/EG, Abl 1998 L 131/30. Siehe dazu die Information auf der Homepage des Bundesministers für Gesundheit und Frauen: http://www.bmgf.gv.at. BGBl 2006 II/157.
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3. Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Erzeugnissen Das GTG trifft in § 62 eine Reihe von Vorgaben betreffend die Verpackung und Kennzeichnung der Erzeugnisse, die durch die GentechnikKennzeichnungsVO208 näher präzisiert werden. Zur Information sowohl des Handels als auch der Verbraucher sowie zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit von GVO dürfen Erzeugnisse, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, oder Gemische aus GVO und gentechnisch nicht veränderten Organismen, nur unter Einhaltung aller durch Gesetz209 und Verordnung diesbezüglich festgelegter Vorschriften und mit dem ausdrücklichen Hinweis „Dieses Produkt enthält genetisch veränderte Organismen“ in Verkehr gebracht werden. Von der Kennzeichnungspflicht nach dem GTG ausgenommen sind bestimmte Erzeugnisse, für die idR spezifische Vorschriften über die Kennzeichnung bestehen. Dazu zählen nach § 1 Abs 2 Gentechnik-KennzeichnungsVO: • gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel iSd VO Nr. 1829/2003; • Saatgut iSd Saatgut-GentechnikVO; • Arzneimittel iSd § 1 Abs 1 und Abs 2 ArzneimittelG; • Produkte, die Erzeugnisse enthalten, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, sofern diese Produkte für eine unmittelbare Verarbeitung vorgesehen sind, der Anteil an GVO in diesen Produkten oder Produktmischungen einen Schwellenwert von 0,9% nicht übersteigt und dieser Anteil unbeabsichtigt oder technisch unvermeidbar ist.
4. Unbeabsichtigtes Vorhandensein von GVO in anderen Produkten - Schwellenwerte Zum Schutz der heimischen Landwirtschaft und des biologischen und konventionellen Anbaues wurden durch die Novelle 2004 besondere Sorgfaltspflichten zur Vermeidung der Vermischung von GVO mit bestimmungsgemäß GVOfreien Produkten in das GTG eingefügt: Alle Vertreiber und Verwender von GVO-Erzeugnissen sind verpflichtet, sorgfältig darauf hinzuwirken, dass insbesondere bei Vertrieb, Transport, Lagerung, Verwendung und Verarbeitung eine Vermischung der GVO mit Waren, die bestimmungsgemäß keine GVO enthalten dürfen, vermieden wird. Für einen Verstoß gegen diese besondere Sorgfaltspflicht besteht zwar keine (verwaltungs)strafrechtliche Sanktion, er kann aber im Rahmen einer allfälligen Haftung (Beweislastumkehr) für durch GVO verursachte Schäden geltend gemacht werden.210 Im Fall unbeabsichtigter oder technisch unvermeidbarer Vermengung von GVO mit anderen Produkten sind im GTG bzw in einschlägigen (nationalen und europarechtlichen) Verordnungen mittlerweile sog Schwellenwerte von zulässigen GVO-Spuren vorgesehen.211 Die Verpflichtung zum Nachweis, dass das Vorhandensein von GVO 208 209 210 211
BGBl 2006 II/5. Siehe im Einzelnen § 62 Abs 1 Z 1 bis Z 5 GTG. RV 617 BlgNR, 22. GP, 10. Der VwGH hatte sich in seinem Erk 25. 2. 2003, 2001/11/0254 mit einem Beschwerdefall auseinanderzusetzen, in dem dem Beschwerdeführer gem § 61 GTG ua die unverzügliche Rückholung von Maissaatgut, das eine Vermengung mit GVO von unter 0,1 % aufwies, aufgetragen wurde. Der VwGH nahm schon damals - trotz Fehlens entsprechender Grenzwertregelungen im GTG und vor Inkrafttreten der
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unbeabsichtigt oder technisch unvermeidbar ist, trifft denjenigen, der das GVO-Produkt in-Verkehr-bringt oder gebracht hat (§ 62c Abs 5 GTG). Vorgesehen ist weiters eine Verordnungsermächtigung an den Bundesminister für Gesundheit und Frauen zur Anpassung der Schwellenwerte im Rahmen der Durchführung von entsprechenden Beschlüssen der EU (§ 62c Abs 6 GTG).
Folgende Schwellenwertregelungen sind vorgesehen: Für Saatgut212 ordnet § 3 Abs 1 Saatgut-GentechnikVO an, dass zufällig oder auf technisch nicht vermeidbare Weise entstandene Verunreinigungen mit GVO in der Erstuntersuchung „nicht vorhanden sein“ und bei der Nachkontrolle im Rahmen der Saatgutverkehrskontrolle den Wert von 0,1% nicht überschreiten dürfen. § 62c Abs 2 GTG legt den Schwellenwert von 0,1% auch für in der EU bzw im EWR nicht zugelassene GVO213 fest, sofern das Vorhandensein dieses GVO unbeabsichtigt oder technisch unvermeidbar ist. Für Produkte, die für die unmittelbare Verwendung als Lebens- oder Futtermittel oder für die Verarbeitung vorgesehen sind, und die - unbeabsichtigt oder technisch unvermeidbar - Spuren eines noch nicht im EWR zugelassenen GVO enthalten, gilt bis zum 18. 4. 2007 ein Schwellenwert von 0,5%, wenn der GVO im bisherigen Zulassungsverfahren positiv bewertet wurde, das Zulassungsverfahren aber noch nicht abgeschlossen ist (§ 62c Abs 3 GTG). Auf Produkte, die einen Grad der Vermengung mit GVO unterhalb der genannten Schwellenwerte aufweisen, sind die übrigen Vorschriften betreffend Freisetzung und In-Verkehr-Bringen (Genehmigung, Kennzeichnung etc) nicht anzuwenden. Die Kennzeichnungs-Bestimmung (§ 62 GTG) ist auf Produkte, die Spuren von im EWR zugelassenen GVO enthalten, nicht anzuwenden, sofern diese Produkte für eine unmittelbare Verarbeitung (insbesondere industrielle Zwecke) vorgesehen sind, der GVO-Anteil einen Schwellenwert von 0,9% nicht übersteigt und die Vermengung unbeabsichtigt oder technisch unvermeidbar ist (§ 62c Abs 4 GTG). Die VO (EG) 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel legt ebenfalls einen Schwellenwert von 0,9% für Spuren von zugelassenen GVO in Lebensmittel und Futtermittel fest.
5. Behördenzuständigkeit und Kontrollen Zuständige Behörde hinsichtlich In-Verkehr-Bringen ist der Bundesminister für Gesundheit und Frauen (§ 100 Abs 1 Z 2 GTG). Er ist auch zur Kontrolle des In-Verkehr-Bringens berufen (§ 101 GTG): Dessen Organe können an Orten, an denen sie Grund zur Annahme haben, dass dort GVO-Erzeugnisse inVerkehr-gebracht werden, Nachschau halten,214 Überprüfungen durchführen, in Aufzeichnungen einsehen und Proben entnehmen.215 Sofern Wirtschaftlichkeit,
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Saatgut-GentechnikVO - den Standpunkt ein, dass sich die belangte Behörde mit der Frage auseinandersetzen hätte müssen, ob und inwieweit nach dem Stand der Technik bei der Herstellung von nicht gentechnisch veränderten Saatgutsorten Vermengungen mit GVO unvermeidlich gewesen waren, welche Grenzwerte nach dem Stand von Wissenschaft und Technik maßgeblich seien und ob diese Grenzwerte überschritten worden seien; nicht vermeidbare Vermengungen unter dem Grenzwert machten das Saatgut nicht zu einem Erzeugnis iSd § 54 Abs 1 GTG. Der in § 2 Abs 1 Z 1 bis Z 8 Saatgut-GentechnikVO BGBl 2001 II/478 aufgezählten Arten. Dh solche, deren In-Verkehr-Bringen für Zwecke des Anbaues gem der FreisetzungsRL nicht zulässig ist: § 1 Z 2 und Z 3 Saatgut-GentechnikVO. Und zwar bei Gefahr in Verzug immer, sonst während der üblichen Betriebs-, und Geschäftsstunden; Störungen oder Behinderungen des Betriebes sind zu vermeiden (§ 101 Abs 2 GTG). Nach Möglichkeit ist eine Gegenprobe auszufolgen.
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Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit es erfordern, können mit dieser Kontrolle auch externe Sachverständige oder sachverständige Einrichtungen (insbesondere das Umweltbundesamt) - mit Bescheid - betraut werden. Die Kontrollen sind zu dulden und die Arbeit der Organe zu unterstützen. § 101d GTG sieht für die Sicherheitskontrolle (§ 1 Z 1 GTG) von inVerkehr-gebrachten GVO-Erzeugnissen eine beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eingerichtete Sicherheitsdokumentation vor. Diese enthält Daten über die sicherheitsrelevanten Eigenschaften der Erzeugnisse sowie die Identifikation der enthaltenen GVO. Die dafür notwendigen Angaben gelangen gemeinsam mit dem Genehmigungsantrag an die Dokumentationsstelle (§ 101d Abs 1, Abs 2 Z 1 bis Z 6 GTG).
6. Soziale Unverträglichkeit Lässt das In-Verkehr-Bringen bestimmter Erzeugnisse eine soziale Unverträglichkeit erwarten, sieht § 63 GTG vor, dass die Bundesregierung216 auf Vorschlag des Bundesministers für Gesundheit und Frauen217 das gewerbsmäßige In-Verkehr-Bringen von Erzeugnissen, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen, untersagen muss (§ 63 Abs 2 GTG). Dabei soll nach § 63 Abs 1 GTG eine soziale Unverträglichkeit dann vorliegen, wenn nach sachlichen Grundlagen anzunehmen ist, dass derartige Erzeugnisse zu einer nicht ausgleichbaren Belastung der Gesellschaft oder gesellschaftlicher Gruppierungen führen könnten, und wenn diese Belastung für die Gesellschaft aus volkswirtschaftlichen, sozialen oder sittlichen Gründen nicht annehmbar erscheint. Diese Klausel schreibt in einem nationalen Gesetz nieder, was unter dem Titel „soziale Verträglichkeit“ in der Gentechnik-Diskussion schon lange geführt und bereits im Rahmen des EWR-Vertrages erwähnt wurde.218 Die vom österreichischen Gesetzgeber gewählte Lösung begegnet nicht zuletzt durch ihre unklare Fassung Auslegungsproblemen sowohl in verfassungsrechtlicher als auch in europarechtlicher Hinsicht. Da sie bislang nicht angewendet wurde, haben sich ihre einzelnen Elemente auch im praktischen Bezug noch nicht weiter erhellt.
Unklar ist vor allem, was unter einer - wie es das Gesetz fordert - nicht ausgleichbaren Belastung der Gesellschaft oder einer gesellschaftlichen Gruppierung zu verstehen ist. Es stellt sich zunächst die Frage, ob auf eine rein wirtschaftliche Ausgleichsfähigkeit einer Belastung abgestellt wird, oder ob darunter etwa auch psychische Beeinträchtigungen fallen können,219 sowie ob solche Belastungen konkret nur die österreichische Gesellschaft (bzw eine ihrer Gruppen, wie etwa Bergbauern oder Biobauern220) treffen kann, oder ob vielmehr iS einer ethischen oder moralischen Vorstellung gemeint ist, Verantwortung für die Menschheit im Allgemeinen zu übernehmen. Es ist nicht auszuschließen, 216 217
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Bekanntlich ist Einstimmigkeit bei Beschlüssen des Kollegiums der Bundesregierung erforderlich. Einen solchen Vorschlag muss der Bundesminister nach Anhörung der Gentechnikkommission unterbreiten, sobald abzusehen ist, dass derartige Erzeugnisse in Österreich gewerbsmäßig in-Verkehr-gebracht werden könnten. Vgl EWR-Vertrag, BGBl 1993/909, Anhang IV Z 25. Näher Loibl/Stelzer, 44. In der Tat dürfte der Gesetzgeber bei der Formulierung strukturelle Probleme in der Landwirtschaft vor Augen gehabt haben.
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dass die Sozialverträglichkeitsklausel zwingend (auch) auf sozialethische Kriterien rekurriert.221 Wenngleich klar sein dürfte, dass die Sozialverträglichkeitsklausel nach den bislang geltenden europarechtlichen Vorgaben unzulässig gewesen ist,222 könnte ihr gerade die neuerlassene FreisetzungsRL eine ausreichende europarechtliche Deckung verschafft haben, wenn dort die Berücksichtigung ethischer Kriterien ausdrücklich aus dem Harmonisierungsbereich ausgenommen wird.223
V. Die Gentechnik-Vorsorgegesetze der Länder Maßnahmen zur Regelung des Nebeneinanders von biologischer bzw konventioneller Landwirtschaft und landwirtschaftlichen Betrieben, die mit GVO arbeiten möchten - und damit zum Schutz GVO-freier Bewirtschaftungsformen - sind ein zentraler Punkt der laufenden Gentechnik-Diskussion. Auf europarechtlicher Ebene bestehen dazu seit 2003 - rechtlich unverbindliche - Leitlinien der EU-Kommission für nationale Koexistenz-Maßnahmen.224 Weitere harmonisierte Regelungen fehlen bislang. Ein wesentliches Anliegen der EUKommission ist dabei, sowohl den Marktakteuren (Landwirten) als auch den Konsumenten die Wahlmöglichkeit zwischen Produkten der verschiedenen Bewirtschaftungsformen zu sichern und keine Form der Landwirtschaft von vornherein auszuschließen. Im Zusammenhang mit der Koexistenz-Frage bzw der Frage nach den Möglichkeiten der Errichtung gentechnikfreier Bewirtschaftungsgebiete sind weiters die Fauna-Flora-HabitatRL 92/43/EWG225 sowie die Verordnung über den ökologischen Landbau, 2092/91/EWG, von Bedeutung.226 Auf nationaler Ebene wurde im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft eine Arbeitsgruppe „Gentechnik“ sowie von dieser eine KoexistenzStrategiegruppe eingesetzt, die im Jahr 2004 Empfehlungen für eine gemeinsame Koexistenz-Strategie von Bund und Ländern erarbeitet hat.227 Wie bereits erwähnt, sind die Kompetenzen des Bundesgesetzgebers hinsichtlich Koexistenz-Regelungen beschränkt; jedenfalls scheinen die Länder, wenn und soweit es sich dabei um Fragen des landwirtschaftlichen „AnbauManagements“ handelt, primär zuständig zu sein. In manchen Bundesländern wurde hingegen die Forderung erhoben, den Einsatz von GVO flächendeckend zu verbieten, ihr Gebiet also zur „gentechnikfreien Zone“ zu erklären. Oberösterreich erarbeitete im Jahr 2002 schließlich den Entwurf eines Gentechnik-
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Herdegen, Band 2, L.I., Rz 95. Zur ausführlichen Begründung dafür vgl Loibl/Stelzer, 48ff. AA Nentwich, Spezifische nationale Spielräume bei der Umsetzung der EG-Richtlinie „über die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt“ (RL 90/220/EWG) anlässlich eines EWR- bzw EG-Beitritts Österreichs, 1993, 8ff. Vgl den Erwägungsgrund 9 der FreisetzungsRL. Empfehlung der EU-Kommission vom 23. 7. 2003, Abl 2003 L 189/36. Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Dazu eingehend Stelzer, Moratorium, 34ff. Siehe den dritten Bericht der Gentechnikkommission (Fn 95), 13.
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Verbotsgesetzes,228 der von der EU-Kommission gem Art 95 Abs 6 EGV abgelehnt wurde:229 Österreich habe weder neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Schutz der Umwelt vorgelegt noch landesspezifische Probleme durch die Verwendung von GVO nachweisen können. Eine gegen diese Entscheidung erhobene Klage, die im Wesentlichen damit begründet wurde, dass aufgrund der klein strukturierten Landwirtschaft in Oberösterreich ein Nebeneinander von biologischem bzw konventionellem Landbau und Landwirtschaft unter Einsatz von GVO nicht möglich sei, wurde vom Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften abgewiesen. Die Oberösterreichische Landesregierung hat - Zeitungsberichten zufolge einstimmig - beschlossen, gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel einzulegen230 (vgl Art 110ff EuGH-VfO). Es dürfte aber klar sein, dass ein generelles Verbot des Einsatzes von GVO auf dem Gebiet eines Bundeslandes - abgesehen von damit verbundenen verfassungsrechtlichen Problemen - mit den europarechtlichen Vorgaben nur schwer vereinbar ist. Die meisten Länder - und jüngst auch Oberösterreich selbst - haben mittlerweile andere Wege eingeschlagen und im Hinblick auf das bestehende EU-Regelungswerk und die völkerrechtlichen Verpflichtungen nach dem Vorbild des Bundeslandes Kärnten Koexistenz-Maßnahmen in Form von „Gentechnik-Vorsorgegesetzen“ erlassen.231 Als technische Vorschriften sind die Gesetze notifikationspflichtig und wurden einem Informationsverfahren232 unter Einbindung der EU-Kommission und der anderen Mitgliedstaaten unterzogen.233 Die genannten Landesgesetze sind im Einzelnen zT etwas unterschiedlich ausgestaltet; es kann daher im Folgenden nur ein Überblick über die getroffenen Regelungen geboten werden, wobei auf wesentliche Unterschiede hingewiesen wird. In den Anwendungsbereich dieser Gesetze fallen im Wesentlichen Maßnahmen zur Vorsorge gegen die unbeabsichtigte Vermischung von GVO mit anderen Produkten, zur Sicherstellung ökologischer Bewirtschaftungsformen iSd Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel,234 zur Erhaltung der biologischen Vielfalt ohne Beeinträchtigung 228 229 230 231
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Siehe Kerschner/Wagner, 22f. Siehe die Entscheidung Abl 2003 L 230/34. Zu einer europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Bewertung des Entwurfes siehe Stelzer, Moratorium. Oberösterreichische Nachrichten vom 29. 11. 2005, 3. Bgld. Gentechnikvorsorgegesetz, LGBl 64/2005; Kärntner Gentechnik-Vorsorgegesetz, LGBl 5/2005; NÖ Gentechnik-Vorsorgegesetz, 6180/00; Oö. Gentechnik Vorsorgegesetz 2006, LGBl 79/2006; Steiermärkisches Gentechnik-Vorsorgesetz, LGBl 97/2006; Gentechnik-Vorsorgegesetz Salzburg, LGBl 75/2004; Tiroler Gentechnik-Vorsorgegesetz, LGBl 36/2005; Wiener Gentechnik-Vorsorgegesetz, LGBl 53/2005. RL 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, Abl 1998 L 204/37. Vgl zB die zusammenfassende Darlegung der Ergebnisse des Notifikationsverfahrens des Kärntner Gentechnik-Vorsorgegesetz in den Erläuterungen zum Entwurf, Zl. -2V_LG-690/56-2004. Abl 1991 L 198/1 idF Abl 2003 L 206/17.
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durch GVO sowie zur Erhaltung von wild wachsenden Pflanzenarten und frei lebenden Tieren sowie ihrer natürlichen Lebensräume in naturschutzrechtlich besonders geschützten Bereichen. Auf Arbeiten im geschlossenen System sind die Gesetze hingegen nicht anwendbar.235 Nach den Gesetzen dürfen GVO auf einer Grundfläche nur bei Durchführung und Einhaltung solcher Vorsichtsmaßnahmen ausgebracht werden, dass dadurch auf anderen Grundflächen, die tatsächlich oder potentiell Träger von natürlichen Pflanzen sind, bzw anderen landwirtschaftlich nutzbaren Flächen eine Vermengung durch GVO nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vermieden wird. Ist ein Grundsstück, auf dem das Ausbringen von GVO in Aussicht genommen wird, nach Größe, Lage oder Beschaffenheit für die beabsichtigte Nutzung nicht geeignet, ist darauf das Ausbringen verboten. Darüber hinaus dürfen GVO auf Grundflächen idR nur soweit ausgebracht werden, als dadurch in bestimmten, besonders geschützten Gebieten236 wildlebende Tierund Pflanzenarten sowie deren natürliche Lebensräume nicht beeinträchtigt werden bzw. Ausnahmebewilligungen vorliegen. Es ist idR vorgesehen, dass die Landesregierung solche Vorsichtsmaßnahmen durch Verordnung näher bestimmen kann. Insbesondere kommen dabei in Betracht: Einhaltung von Sicherheitsabständen, Einrichtung von Pufferzonen, Anlage von Pollenfallen oder Pollenbarrieren, Einhaltung von Fruchtfolgen, Wahl spezifischer Aussaatzeiten und Anbauverfahren, sorgfältige Handhabung des Saatgutes uam. Für die Ausbringung von GVO sehen die einzelnen Gesetze Anzeige-237 bzw Bewilligungsverfahren238 vor:239 Zuständige Behörde ist idR die Landesregierung, in Wien der Magistrat; über Berufungen entscheidet der UVS.
Im Fall der Anzeigepflicht sind der Anzeige eine Reihe von Unterlagen240 anzuschließen, auf deren Basis die Landesregierung zu erheben hat, ob die Grundfläche für die beabsichtige Aussaat nach den zuvor genannten Kriterien und nach den aus Anlass der gentechnikrechtlichen Zulassung vorgesehenen Bedingungen und Auflagen für die beabsichtigte Nutzung geeignet ist. Wird die beabsichtige Ausbringung nicht binnen bestimmter Frist untersagt oder stellt die Landesregierung vor Ablauf dieser Frist fest, dass keine Untersagungsgründe entgegenstehen, bzw stimmt sie ausdrücklich der beabsichtigten Nutzung zu, dürfen zugelassene GVO unter Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen bzw von allenfalls durch Verordnung festgelegten Vorsichtsmaßnahmen ausgebracht werden. Das Ausbringen von GVO in Europaschutzgebieten, Naturschutzgebieten etc unterliegt idR besonderen Bedingungen.
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Weiters sind von den einzelnen Gesetzen bestimmte Maßnahmen nach anderen Landesgesetzen ausgenommen. Naturschutzgebieten, Europaschutzgebieten, Nationalparks, Biosphären, Naturdenkmäler, Alpinregionen, Gletscher usw. Siehe im Einzelnen jeweils § 3 der Gentechnik-Vorsorgesetze. Kärnten, Tirol, Oberösterreich. Burgenland, Niederösterreich, Salzburg, Steiermark, Wien. Siehe dazu im Einzelnen jeweils § 3 bzw § 4 der Gentechnik-Vorsorgegesetze. Diese betreffen sowohl das Grundstück, die Eigentums- bzw Nutzungsrechte daran, als auch den GVO, dessen Ausbringung beabsichtigt ist, sowie Angaben über vorgesehene Vorsichtsmaßnahmen. Insb bedarf es auch eines Nachweises über die Zustimmung der Miteigentümer bzw des Eigentümers des Grundstücks, wenn der Anzeiger nicht Alleineigentümer bzw bloß Nutzungsberechtigter ist.
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Auch in den Bewilligungsverfahren sind dem Antrag entsprechende Unterlagen anzuschließen. Die zuständige Behörde darf die Bewilligung nur erteilen, wenn nach Lage, Größe und Beschaffenheit des Grundstücks anzunehmen ist, dass bei Einhaltung der aufgetragenen Vorsichtsmaßnahmen das unbeabsichtigte Vorhandensein von GVO auf anderen Grundflächen vermieden werden kann. Spezielle Bewilligungserfordernisse bestehen idR bei einem geplanten Ausbringen von GVO in Europaschutzgebieten, Naturschutzgebieten etc. Wenn eine endgültige Beurteilung einzelner Auswirkungen zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung nicht möglich ist, kann die Bewilligung auch unter dem Vorbehalt späterer Anordnungen erteilt werden. Keinesfalls darf die Behörde in diesem Verfahren Fragen prüfen, die bereits Gegenstand des Zulassungsverfahrens des betreffenden Produktes waren. Eine solche Vorgangsweise wäre europarechtswidrig, weil damit das Ziel der europaweiten Marktzulassung konterkariert würde. Im Bgld. Gentechnik-Vorsorgegesetz ist im Bewilligungsverfahren ausdrücklich eine Parteistellung der Landesumweltanwaltschaft vorgesehen; damit verbunden ist das Recht, Rechtsmittel und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.241 In anderen Gesetzen sind zT besondere Anhörungsrechte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens normiert.
Im Fall der Nichtuntersagung bzw Bewilligung treffen den zur Ausbringung Berechtigten Informationspflichten. IdR242 haben die Landesregierungen die Öffentlichkeit zu informieren. ZT ist ausdrücklich eine Veröffentlichung der beabsichtigten Nutzung unter Angabe des wesentlichen Inhalts der Anzeige bzw Bewilligung auf der Internetseite der Behörde vorgesehen.243 Des Weiteren treffen die einzelnen Gesetze idR Regelungen über die Vorgangsweise bei Verdacht der unerwünschten Ausbreitung,244 über die behördliche Überwachung, Überwachungsbefugnisse und behördliche (Wiederherstellungs)Aufträge, Ersatzhaftung für behördliche Aufträge245 sowie betreffend den Wechsel der Nutzungsberechtigten. Zumeist246 sind auch Entschädigungen für Personen, denen durch die rechtswidrige Ausbringung von GVO ein Schaden entstanden ist, vorgesehen.247 Entschädigungsberechtigt sind nur Personen, die am gesetzwidrigen 241 242
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Demgegenüber wäre die Erhebung einer Amtsbeschwerde wegen objektiver Rechtsverletzung vor dem Verfassungsgerichtshof unzulässig (VfSlg 17.220/2004). In Wien hat die Landwirtschaftskammer die Information des Ausbringers in der nächstmöglichen Ausgabe ihres Mitteilungsblattes „Die Information“ zu veröffentlichen. Burgenland, Kärnten. Niederösterreich und Salzburg sehen eine „geeignete Form“ der Veröffentlichung vor und verweisen dabei auf die Möglichkeit des Internets. In Oberösterreich ist die Öffentlichkeit auch in geeigneter Weise zu informieren. Die in der Anzeige enthaltenen Angaben dürfen für das Internet aufbereitet werden. Der begründete Verdacht einer solchen Ausbreitung ist unverzüglich der Landesregierung anzuzeigen. Vorgesehen ist eine subsidiäre Haftung des Grundeigentümers, wenn er dem Ausbringen zugestimmt oder dieses geduldet hat. Nicht vorgesehen in Niederösterreich und Wien. Diese Regelungen sind im Hinblick auf die Kompetenz des Bundes „Zivilrechtswesen“ iSd Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG nicht unproblematisch: Gem Art 15 Abs 9 B-VG sind die Länder im Bereich ihrer Gesetzgebung (nur) befugt, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des Straf- und Zivilrechtswesens zu treffen. Die Judikatur des VfGH verlangt dafür einen „rechtstechnischen“ Zusammenhang mit der verwaltungsrechtlichen Regelung (zB VfSlg 13.322/1992).
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Ausbringen von GVO nicht mitgewirkt, diesem zugestimmt oder es geduldet haben. In erster Linie soll zwischen den Beteiligten eine (zivilrechtliche) Vereinbarung über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen und deren Höhe zustande kommen. Gelingt dies nicht, entscheidet die Bezirksverwaltungsbehörde; für Berufungen ist im Hinblick auf Art 6 EMRK der UVS zuständig. Über die Berechtigungen zum Ausbringen von GVO sowie allfällige behördliche Aufträge nach den Landesgesetzen sind von den Landesregierungen Aufzeichnungen und Übersichtskarten in Form sog Gentechnik-Bücher zu führen, aus denen die durch die Nutzung betroffenen Grundstücke ersichtlich sind. Die einzelnen Gesetze enthalten dazu nähere Vorschriften über die aufzunehmenden Daten, die Führung und Zugänglichmachung der Bücher. Schließlich sind in allen Gesetzen Strafbestimmungen normiert, die insbesondere das Ausbringen von GVO ohne Einhaltung der vorgesehenen Verfahren, die Zuwiderhandlung gegen Melde- und Informationspflichten sowie gegen behördliche Aufträge mit empfindlichen Verwaltungsstrafen sanktionieren.
VI. Genetische Analyse Bereits in seiner Stammfassung aus 1994 übernahm das GTG europaweit eine gewisse Vorreiterrolle, indem es neben den durch die beiden Richtlinien vorgegebenen Themenbereichen der Arbeiten in geschlossenen Systemen sowie der Freisetzung von GVO auch die humangenetischen248 Verfahren der genetischen Analyse und der Gentherapie (dazu unter VII.) am Menschen einer Regelung unterworfen hatte. Dieser - heute nach wie vor nicht harmonisierte Bereich wurde durch die erst jüngst, am 1. 12. 2005 in Kraft getretene Novelle zum GTG, BGBl 2005 I/127, einer grundlegenden und weitgehenden Revision, deren Auswirkungen für die Praxis auch noch gar nicht absehbar sind, unterzogen. Grund für die weitergehenden Änderungen waren zum einen Wertungswidersprüche, die im Vollzug der bestehenden Vorschriften immer deutlicher zu Tage traten, und zum anderen die Entwicklung der Technologie selbst, die vor allem der genetischen Analyse in den kommenden Jahren einen wesentlich bedeutsameren Stellenwert in der Medizin einräumen könnte als dies vor mehr als einem Jahrzehnt absehbar war. So könnte die genetische Analyse besonders im Rahmen der Pharmakogenetik zu einem Standardtest werden, der genauso selbstverständlich zum Einsatz gelangen könnte wie alle herkömmlichen Laboruntersuchungen.
A. Begriff der genetischen Analyse Zunächst fällt bereits auf, dass das Gesetz nicht mehr von einer „Genanalyse“ spricht, sondern an ihre Stelle den Terminus „genetische Analyse“ setzt. Erfasst wird auch nicht mehr nur die „molekulargenetische Untersuchung an Chromosomen, Genen und DNS-Abschnitten eines Menschen zur Feststellung von Mutationen“ (§ 4 Z 23 GTG alte Fassung). Das Gesetz definiert die genetische Analyse heute als: „Laboranalyse, die zu Aussagen über konkrete Eigenschaften hinsichtlich Anzahl, Struktur oder Sequenz von Chromosomen, Genen oder 248
Zum Begriff der Humangenetik vgl Schenek, 32ff.
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DNA-Abschnitten oder von Produkten der DNA und deren konkrete chemische Modifikationen führt, und die damit nach dem Stand von Wissenschaft und Technik Aussagen über einen Überträgerstatus, ein Krankheitsrisiko, eine vorliegende Krankheit oder einen Krankheits- oder Therapieverlauf an einem Menschen ermöglicht“ (§ 4 Z 23 GTG neue Fassung). Hintergrund für diese sehr weite Definition der genetischen Analyse war der, bereits in der Vorauflage näher erörterte Umstand, dass eine singuläre Regelung der DNA-Analyse, verstanden als molekulargenetische Untersuchung, an die sich teilweise strenge Kautelen knüpften, in zunehmenden Ausmaß als sinnlos erschien. Jedenfalls die meisten der vorgesehenen Rechtsfolgen fanden und finden ihre sachliche Rechtfertigung nicht so sehr in der Verwendung einer bestimmten Methode bzw einer bestimmen Technik, sondern in der erzielten Aussagekraft der Analyse, die - im Lichte der Vollzugspraxis - nicht (mehr) durch die Verwendung einer bestimmten Untersuchungsmethode indiziert angesehen werden konnte. Es kam aus der Perspektive der Betroffenen, nämlich der Patientinnen und Patienten, auf ein gewisses aleatorisches Element an, ob die Vorschriften der Qualitätssicherung, der besonderen Geheimhaltung und der Beratung Anwendung fanden.249 Freilich, diese Problematik hat sich das GTG dadurch eingehandelt, dass es sich nicht ausschließlich auf Technikfragen beschränkt hat, sondern Fragen der Einwilligung, der Aufklärung, der Beratung und der spezifischen Geheimhaltung mitgeregelt hat, und in der Sache systematisch gesehen damit eigentlich immer Arztrecht oder Krankenanstaltenrecht gewesen ist. In der Literatur wurde daher gelegentlich betont,250 dass die Regelungen des GTG eigentlich nicht viel anderes enthielten, als nach allgemeinem Arztrecht ohnehin gelte, allerdings war im Vollzug des GTG durchaus zu bemerken, dass von der Praxis gerne Umkehrschlüsse dergestalt gezogen wurden, wonach das, was im GTG für die genetische Analyse ausdrücklich geregelt war, auf alle anderen Fälle im Zweifel nicht Anwendung finden sollte. Rechtstechnisch hätte man zwei Möglichkeiten gehabt, dieses Problem zu lösen: Entweder auf alle nicht unmittelbar technikbezogenen Regelungen zu verzichten, oder aber alle gleichgelagerten Untersuchungen in den Regelungsbereich des GTG mit hereinzunehmen. Politisch gangbar war offenbar nur der zweite Weg; ob damit aber alle Abgrenzungsfragen befriedigend gelöst sind und ob insgesamt der nunmehr getroffene Regelungsumfang praktisch zu bewältigen sein wird, wird erst die Zukunft zeigen. 249
250
So zeigte sich im Verlaufe der Zeit, dass die offenkundigen Grundannahmen, die die Regelungen über die Genanalyse 1994 trugen, in dieser Form unhaltbar waren. 1994 ging man offenbar davon aus, dass eine molekulargenetische Analyse zum einen eine sichere Aussage über das Vorliegen einer bestimmten Erberkrankung bzw eines Überträgerstatus geben würde und zum anderen in dieser Funktion einzigartig sei. Beides ist jedenfalls zu relativieren. Zum einen liefert auch der „Gentest“ nicht immer Sicherheit, sondern vielfach auch nur Wahrscheinlichkeiten, zum anderen gibt es auch andere Untersuchungsmethoden als die molekulargenetische Analyse, die zu gleichwertigen Ergebnissen führen können. Man denke in diesem Zusammenhang etwa nur an die Proteinanalyse, die in vielen Fällen eindeutige Aussagen über Mutationen erlaubt und damit in ihrer Aussagekraft einer molekulargenetischen Analyse gleichwertig ist. Bernat, Schutz vor genetischer Diskriminierung und Schutzlosigkeit wegen genetischer Defekte: die Genanalyse am Menschen und das österreichische Recht, in: Byrd/Hruschka/Joerden (Hrsg), Jahrbuch für Recht und Ethik X, 2002, 191f.
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Ihre erste besondere Auswirkung zeitigt die Änderung der Begriffsbestimmung für das in § 67 GTG normierte und an Arbeitgeber und Versicherer gerichtete Verbot, Ergebnisse einer genetischen Analyse von Arbeitssuchenden, Arbeitnehmern oder Versicherern zu erheben, verwerten, verlangen oder anzunehmen. Der Verstoß gegen dieses Verbot stellt für Arbeitgeber bzw Versicherer eine mit bis zu € 36.300 zu bestrafende Verwaltungsübertretung dar, sofern keine strafbare Handlung oder eine nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedrohte Übertretung vorliegt (§ 109 Abs 1 Z 1 und Z 2 GTG). Wohl in beiden Fällen251 ist auch schon der Versuch der beschriebenen Tätigkeiten strafbar. Bedeutsam ist nunmehr, dass von dem in Rede stehenden Verbot nicht mehr nur die molekulargenetischen Analysen erfasst werden, sondern dieses Verbot auch für die genetischen Analysen in dem vorhin beschriebenen umfassenden Sinn gilt, womit Wertungswidersprüche zu den versicherungsvertragsrechtlichen Bestimmungen weitgehend beseitigt werden.252 Inwieweit sich dieses Verbot gegenüber Versicherungen aber praktisch für jene Daten aufrechterhalten lassen wird, die Bestandteile von Krankengeschichten werden bzw werden können, bleibt abzuwarten. Nicht ausdrücklich gelöst wurde weiters die Frage, ob auch die gesetzlichen Sozialversicherungsträger unter das Verbot des § 67 GTG fallen.253 Ausgedehnt wurde das Verbot ausdrücklich auch auf das Verlangen nach Abgabe bzw die Annahme von Körpersubstanzen für genanalytische Zwecke. § 64 GTG statuiert weiterhin das Verbot von Eingriffen in das Erbmaterial der menschlichen Keimbahn über einen Verweis auf § 9 Abs 2 FMedG:254 Der Gesetzgeber folgt damit der Auffassung, Eingriffe in die Keimzellbahnen vor dem Hintergrund mannigfaltiger Missbrauchsmöglichkeiten solange zu verbieten, als die „ethischen und sozialen Voraussetzungen für ihren Einsatz zu therapeutischen Zwecken nicht gegeben sind.“255 Dieses Verbot steht allerdings einer reinen Entnahme von Keimzellen, ohne eine Manipulation der Erbinformation vorzunehmen, nicht entgegen.256
251
252 253
254 255 256
Argument dafür ist das Druckbild des § 109 Abs 1 GTG: Der Satz „Der Versuch ist strafbar“ ist an den Rand gerückt und kann sich daher sowohl auf die Ziffer 1 (Arbeitsverhältnisse) als auch auf Ziffer 2 (Versicherungsverhältnisse) beziehen. Freilich wird dann völlig unverständlich, warum § 109 Abs 1 die beiden Fälle überhaupt unterscheidet. Vgl dazu Bernert, Europarechtliche Implikationen des Verbotes nach § 67 GTG, in: Stelzer (Hrsg), Biomedizin - Herausforderung für den Datenschutz, 2005, 19. In der Praxis werden Daten aus einer genetischen Analyse sowohl angefordert als auch ausgefolgt. Bei einer weiten Interpretation des Versicherungsbegriffes ist dieses Verhalten nach dem GTG ebenso strafbar wie alle Mitwirkungshandlungen. Diskutiert werden kann aber, was das Schutzgut dieser Bestimmung ausmacht: die Intimsphäre des Patienten oder die Beschränkung der privatautonomen Vertragsgestaltung. Im zweiten Fall könnte allenfalls eine teleologische Reduktion des Versicherungsbegriffs erwogen werden. BGBl 1992/275. RV 1465 BlgNR 18. GP, 62. Die Mat erwähnen etwa eine Entnahme zu diagnostischen oder Forschungszwecken, RV 1465 BlgNR 18. GP, 62.
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B. Bewilligungspflicht und sachliche Anforderungen Das Gesetz unterscheidet zunächst zwischen der Durchführung einer genetischen Analyse zu medizinischen Zwecken (§ 65 GTG) auf der einen Seite sowie zu wissenschaftlichen Zwecken und zur Ausbildung (§ 66 GTG) auf der anderen. Bei den Bestimmungen für die zu wissenschaftlichen oder zu Ausbildungszwecken durchgeführte genetische Analyse rückt der Schutz der Anonymität des Betreffenden in den Vordergrund: Sind die Proben nicht anonymisiert,257 muss die Zustimmung des Probenspenders zur genetischen Analyse schriftlich und ausdrücklich sein. Der von der Praxis daraus vielfach gezogene Schluss, anonymisierte Proben dürften ohne Zustimmung des Spenders wozu auch immer verwendet werden, ist problematisch und auch im Lichte der - von Österreich wegen des angeblich zu geringen Schutzniveaus noch nicht ratifizierten - Bioethikkonvention des Europarates258 auch auf internationaler Ebene kaum vertretbar. Die Veröffentlichung und Verarbeitung von Ergebnissen ist nur dann erlaubt, wenn der Spender keinesfalls mehr bestimmbar ist (§ 66 Abs 2 GTG). Im Rahmen der Durchführung der genetischen Analyse zu medizinischen Zwecken kann zwar noch immer zwischen jener zur Feststellung einer Prädisposition für eine (Erb)Krankheit oder eines Überträgerstatus einerseits (prädiktive Genanalyse) und einer genetischen Analyse im Rahmen der Diagnose einer bereits manifest gewordenen Erkrankung andererseits unterschieden werden, allerdings differenziert das GTG seit der Novelle, BGBl 2005 I/127, weiter und unterteilt die genetischen Analysen in vier Typen (§ 65 Abs 1 GTG neue Fassung). Typ 1 und Typ 2 betreffen genetische Analysen im Rahmen der Diagnose manifester Erkrankungen. Die genetische Analyse des Typs 1 dient der Feststellung einer bestehenden Erkrankung, der Vorbereitung einer Therapie oder Kontrolle eines Verlaufs und basiert auf Aussagen über konkrete somatische Veränderungen von Anzahl, Struktur, Sequenz oder deren konkrete chemische Modifikationen von Chromosomen, Genen oder DNAAbschnitten. Jene des Typs 2 dient der Feststellung einer bestehenden Erkrankung, welche auf einer Keimbahnmutation beruht. Die genetischen Analysen des Typs 3 und 4 sind in der Sache prädiktiver Natur. Jene des Typs 3 dient der Feststellung einer Prädisposition für eine Krankheit, insbesondere der Veranlagung für eine möglicherweise zukünftig ausbrechende genetisch bedingte Erkrankung oder Feststellung eines Überträgerstatus, für welche nach dem Stand von Wissenschaft und Technik Prophylaxe oder Therapie möglich sind, während eine genetische Analyse des Typs 4 der Feststellung einer solchen Prädisposition oder der Feststellung eines solchen Überträgerstatus dient, wobei aber nach dem Stand von Wissenschaft und Technik weder eine Prophylaxe 257
258
Wobei als anonymisierte Proben auch solche gelten, die zwar nicht namentlich beschriftet, aber mit einem Code versehen sind, der über die wissenschaftliche Einrichtung die Probe mit einem Spender verbinden kann. Solche Proben sind daher nicht anonymisiert im Sinne des DSG 2000; vgl zu dem Stelzer, Datenschutz, 79. Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin: Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin vom 4. 4. 1997, abgedruckt in Herdegen, Band 2, Internationales Recht/Regelungen, 5.
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noch eine Therapie möglich sind. Prädiktive genetische Analysen, das sind also Analysen des Typs 3 und 4, dürfen nur auf Veranlassung eines in Humangenetik oder medizinischer Genetik ausgebildeten Facharztes oder eines für das Indikationsgebiet zuständigen behandelnden oder Diagnose stellenden Facharztes erfolgen (§ 68 Abs 1 GTG). Außerdem dürfen solche Analysen nur in einer hiefür ausdrücklich zugelassenen Einrichtung durchgeführt werden. Die Zulassung ist vom Leiter der Einrichtung, in der die Durchführung solcher genetischer Analysen beabsichtigt ist, beim Bundesminister für Gesundheit und Frauen zu beantragen. Das Bundesministerium stellt auf seiner Homepage dafür entsprechende Formulare zur Verfügung. Die Zulassung ist nach Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses259 zu erteilen, wenn aufgrund der personellen und sachlichen Ausstattung eine dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Durchführung der genetischen Analysen sowie der Schutz der dabei anfallenden genetischen Daten sichergestellt ist.260 § 68 Abs 3 GTG sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass der Bundesminister bei Erteilung einer Genehmigung auch geeignete Auflagen und Bedingungen vorschreiben kann. Der Wegfall der Voraussetzungen oder bei Vorliegen schwerer Mängel kann die Bewilligung widerrufen werden oder es können nachträglich geeignete Auflagen vorgeschrieben werden. Schon im Lichte der bisherigen Rechtslage wurde es in der Vollzugspraxis aus der Perspektive der Anforderung an die personelle Ausstattung der Einrichtung als besonders wesentlich angesehen, dass der Leiter der Einrichtung bzw des Labors eine besondere fachliche Qualifikation aufwies; die fraglichen Kriterien waren im Gentechnikbuch festgeschrieben worden. Nunmehr wurden diese Anforderungen ausdrücklich dem GTG in § 68a inkorporiert. Nach dieser Bestimmung hat der Leiter der Einrichtung jeweils einen Laborleiter zu bestellen, der aber mit der Person des Leiters der Einrichtung identisch sein kann. Dieser Laborleiter muss bestimmte fachliche Qualifikationen erfüllen, die nunmehr in § 68a Abs 2 GTG ausdrücklich genannt und in Hinblick auf die bisherigen, im Gentechnikbuch niedergelegten, Anforderungen leicht modifiziert wurden. Der Laborleiter ist für die laufende Unterweisung der Mitarbeiter und die Leitung sowie die Beaufsichtigung der Durchführung der genetischen Analysen verantwortlich. Er hat dabei die für das Labor geeigneten Datenschutzmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu treffen und für ihre Einhaltung zu sorgen. Insbesondere werden Labors nunmehr durch das Gesetz ausdrücklich zur Teilnahme an Ringversuchen verhalten. Werden zum Zeitpunkt der Zulassung einer Einrichtung keine Ringversuche angeboten, so ist der Laborleiter nunmehr verpflichtet, sich regelmäßig und höchstens in sechsmonatigen Abständen bei der Behörde zu erkundigen, ob bereits geeignete Ringversuche angeboten werden. Die Behörde ihrerseits hat nach § 79 Abs 1 Z 3 GTG die 259
260
Nach § 72 Abs 2 GTG kann der Bundesminster für Gesundheit und Frauen mittels Verordnung für bestimmte Fälle ein vereinfachtes Verfahren vorsehen, in dem nur die Berichterstatter zu befassen sind. Die Vollzugspraxis hat sich von Anfang an dahin entwickelt, nicht Einrichtungen zuzulassen, in denen (prädiktive) Genanalysen schlechthin durchgeführt werden, sondern die Zulassung jeweils auf bestimmte Analysen zu beschränken, mit der Konsequenz, dass Labors, wollten sie das Spektrum der von ihnen angebotenen Analysen erweitern, um neuerliche Zulassung anzusuchen hatten. Diese, durch das Gesetz kaum gedeckte, Praxis wurde nunmehr im Nachhinein insofern legalisiert, als sich heute aus der Verordnungsermächtigung des § 72 Abs 2 GTG (vereinfachtes Verfahren) indirekt ergibt, dass Zulassungen auf bestimmte Methoden bzw Indikationsbereiche beschränkt werden können.
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angebotenen Ringversuche in einem eigens dafür einzurichtenden elektronischen Register zu verzeichnen. Scheidet der Laborleiter aus oder wird seine Bestellung widerrufen, so ist unverzüglich ein neuer Laborleiter zu bestellen, wobei der Leiter der Einrichtung der Behörde das Ausscheiden und jeden Wechsel in der Person des Laborleiters unverzüglich schriftlich mitzuteilen hat. Dabei hat er auch die fachliche Qualifikation jedes Nachfolgers nachzuweisen. Labors, die genetische Analysen des Typs 2 durchzuführen beabsichtigen, bedürfen zwar keiner Bewilligung des Bundesministers für Gesundheit und Frauen, müssen aber einen Laborleiter bestellen, der den fachlichen Anforderungen des § 68a Abs 2 GTG entspricht. Dieser Laborleiter ist der Behörde unter Anschluss der erforderlichen Nachweise für die fachliche Qualifikation schriftlich bekannt zu geben. Ihn treffen dieselben Verpflichtungen wie einen Laborleiter einer Einrichtung, in der genetische Analysen des Typs 3 und 4 durchgeführt werden.
Genetische Analysen des Typs 2, 3 oder 4 sowie genetische Analysen im Rahmen einer pränatalen Untersuchung dürfen nur nach Vorliegen einer schriftlichen Bestätigung der zu untersuchenden Person durchgeführt werden (im Falle einer pränatalen Untersuchung: der Schwangeren), wonach die betreffende Person bzw die Schwangere zuvor durch einen in Humangenetik oder medizinischer Genetik ausgebildeten Facharzt oder einen für das Indikationsgebiet zuständigen Facharzt über deren Wesen, Tragweite und Aussagekraft aufgeklärt worden ist und aufgrund eines auf diesem Wissen beruhenden freien Einverständnisses der genetischen Analyse zugestimmt hat. In jenen Fällen, in denen es sich um pränatale Untersuchungen handelt, muss die Aufklärung und Zustimmung der Schwangeren auch die Risiken des vorgesehenen Eingriffs umfassen. Vor und nach einer solchen genetischen Analyse hat eine ausführliche Beratung der zu untersuchenden Personen vorgenommen zu werden. Die Beratung nach Durchführung einer solchen genetischen Analyse muss insbesondere die sachbezogene umfassende Erörterung aller Untersuchungsergebnisse und medizinischen Tatsachen sowie aller möglichen medizinischen, sozialen und psychischen Konsequenzen umfassen. Bei einer entsprechenden Disposition für eine erbliche Erkrankung mit gravierenden physischen, psychischen oder sozialen Auswirkungen ist auch auf die Zweckmäßigkeit einer zusätzlichen nicht medizinischen Beratung durch einen Psychologen oder Psychotherapeuten oder durch einen Sozialarbeiter schriftlich hinzuweisen. Beratungen vor und nach einer genetischen Analyse dürfen nicht direktiv erfolgen. Im Rahmen des Beratungsgespräches ist ausdrücklich auch darauf aufmerksam zu machen, dass der Ratsuchende auch nach erfolgter Einwilligung zur genetischen Analyse oder nach erfolgter Beratung sich jederzeit dafür entscheiden kann, das Ergebnis der Analyse und der daraus ableitbaren Konsequenzen nicht erfahren zu wollen. Die Beratungen vor und nach einer genetischen Analyse gemäß Abs 1 des § 69 GTG sind mit einem individuellen Beratungsbrief an den Ratsuchenden abzuschließen, in dem die wesentlichen Inhalte des Beratungsgesprächs in allgemeinverständlicher Weise zusammengefasst sind. 261
261
Die Novelle zum GTG, BGBl 2005 I/127, hebt damit einige Elemente der „Leitlinien für die genetische Beratung“, wie sie von der Gentechnikkommission am 24. 6. 2002 beschlossen und im Gentechnikbuch veröffentlicht worden waren, in Gesetzes-
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Umfassend fallen schließlich die spezifisch gentechnikrechtlichen Vorschriften zum Datenschutz aus, die eine Vielzahl von Auslegungsproblemen mit sich gebracht haben.262 Diese Bestimmungen wurden durch die Novelle, BGBl 2005 I/127, modifiziert und den Anforderungen der Praxis angepasst: Grundsätzlich dürfen nach § 71 GTG erhobene Daten nur an einen eng umgrenzbaren Personenkreis weitergegeben (§ 71 Abs 1 Z 4 lit a bis lit e GTG) und müssen vor unbefugtem Zugriff geschützt werden (§ 71 Abs 1 Z 5 GTG). Die untersuchte Person selbst hat jederzeit das Recht auf Einsicht in die sie betreffenden Daten (§ 71 Abs 1 Z 1 GTG), ihr sind auch solche Untersuchungsergebnisse mitzuteilen, die „unerwartet“ im Zuge einer genetischen Analyse herausgefunden wurden, wenn sie ausdrücklich danach fragt oder die Ergebnisse sonst von unmittelbarer klinischer Bedeutung sind (§ 71 Abs 1 Z 2 GTG). Ansonsten kann diese Mitteilung in Grenzfällen auch unterbleiben. Die Verwendung von Daten in nicht anonymisierter Form zu ursprungsfremden Zwecken ist nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Zustimmung der betreffenden Person erlaubt (§ 71 Abs 1 Z 3 GTG). Der Antragsteller nach § 68 GTG hat im Rahmen des Antragsformulars durch Beantwortung detaillierter Fragen, so etwa nach der Zugriffsmöglichkeit oder nach Bestehen oder Nichtbestehen von Vernetzungen, nachzuweisen, dass die betreffende Einrichtung den datenschutzrechtlichen Anforderungen genüge tun kann.263 Waren die bisher beschriebenen Regelungen über den Datenschutz bereits Bestandteil der Stammfassung des GTG, so sind die Bestimmungen über die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse durch die Novelle, BGBl 2005 I/127, neu gefasst worden. Ergebnisse aus genetischen Analysen des Typs 1 dürfen in Arztbriefen und Krankengeschichten nunmehr in jedem Fall dokumentiert werden. Ergebnisse des Typs 2 und 3 dürfen hingegen nur dann in Arztbriefe und Krankengeschichten aufgenommen werden, wenn der Patient dem nicht schriftlich widersprochen hat. Ergebnisse aus genetischen Analysen des Typs 4 dürfen hingegen niemals in Arztbriefen und Krankengeschichten aufscheinen. Sie dürfen, ebenso wie Ergebnisse des Typs 2 oder 3, wenn der Patient der in Rede stehenden Dokumentation widersprochen hat, nur in der Einrichtung, in der sie erhoben worden sind, und nur auf Veranlassung des behandelnden Arztes automationsunterstützt verarbeitet werden. Sie sind von anderen Datenarten gesondert aufzubewahren oder zu speichern und dürfen nur von jenen Personen, die in der Einrichtung mit der Ermittlung, Bearbeitung und Auswertung der Daten unmittelbar befasst sind, und nur mit einer gesonderten Zugriffsmöglichkeit abrufbar sein.264 Untersuchungsergebnisse, die in Arztbriefen und Krankengeschichten dokumentiert werden, sind damit in Hinkunft einem größeren Kreis an Personen zugänglich, als dies § 71 GTG prinzipiell vorgesehen hat. Fraglich ist somit, ob dadurch nicht auch Versicherungen Zugriff auf diese Informationen bekommen werden, unabhängig davon, dass ihnen nach § 67 GTG der Zugang verboten ist.
262 263 264
rang (das Gentechnikbuch ist abrufbar auf der Homepage des BMGF, www.bmgf.gv.at, login 8. 1. 2006). Vgl dazu Stelzer, Datenschutz, 79. Vgl Punkt 3.2 des Antragsformulars betreffend Maßnahmen zum Datenschutz. Zur Auslegung dieser Bestimmung vgl näher Stelzer, Datenschutz, 79.
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Die Leiter zugelassener Einrichtungen treffen eine Reihe von Meldepflichten. So haben sie alle im Hinblick auf die Durchführung von genetischen Analysen des Typs 3 oder 4 wesentlichen Änderungen der sachlichen und personellen Ausstattung unverzüglich der Behörde mitzuteilen. Weiters ist eine Zusammenfassung über die in dieser Einrichtung durchgeführten genetischen Analysen des Typs 3 oder 4 mithilfe eines Formblatts für das jeweils abgelaufene Jahr zu melden. Diese Meldepflicht beginnt mit 1. 2. 2006. Die Einrichtungen zur Durchführung von genetischen Analysen sind vom Bundesminister für Gesundheit und Frauen in einem eigens dafür eingerichteten elektronischen Register zu verzeichnen. Dieses Register ist prinzipiell für jedermann zugänglich. Mit Stand vom 30. 6. 2005 waren 46 Einrichtungen zur Durchführung von genetischen Analysen zugelassen worden.265
VII. Gentherapie A. Begriff Unter somatischer Gentherapie am Menschen versteht das GTG nach der Novelle, BGBl 2005 I/127, „die Anwendung der gezielten Einbringung isolierter exprimierbarer Nukleinsäuren in somatische Zellen im Menschen, die zur Expression der eingebrachten Nukleinsäuren führt, oder die Anwendung derart außerhalb des menschlichen Organismus gentechnisch veränderter Zellen oder Zellverbände am Menschen“. Dabei gilt nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ein mit somatischer Gentherapie behandelter Mensch nicht als GVO (§ 4 Z 24 GTG); die Durchführung einer somatischen Gentherapie unterliegt daher auch nicht den Vorschriften des GTG über das Arbeiten mit GVO im geschlossenen System und der Freisetzung von GVO (§ 78 GTG). Allerdings ist zu beachten, dass sich bei einer Gentherapie prinzipiell auch Freisetzungsprobleme stellen. Die Verabreichung genetisch veränderter Organismen an einen Patienten bedeutet der Sache nach insofern eine „Freisetzung“, als diese von kontrollierbaren Laborbedingungen in eine „Umwelt“ gebracht werden, wo sie nicht mehr in gleicher Weise beherrschbar sind. Das GTG trägt diesem Umstand insofern Rechnung, als Gentherapien zum Zwecke einer klinischen Prüfung nur dann genehmigt werden dürfen (siehe dazu sogleich), wenn als Folge einer Gentherapie je nach dem Stand von Wissenschaft und Technik ein „nachteilige Folgen für die Sicherheit (§ 1 Z 1) bewirkendes Ausbringen dieser GVO in die Umwelt nicht zu erwarten ist“ (vgl § 75 Abs 3 GTG idF der Novelle BGBl 2005 I/127). Ziel der Gentherapie am Menschen ist es, durch Ersatz eines kranken durch ein gesundes, funktionstüchtiges Gen mittels Gentransfer einen genetischen Schaden zu beheben.266 Dabei kann man grundsätzlich zwischen ihren beiden Arten, der somatischen Gentherapie und der Keimbahntherapie, differenzieren: Während bei ersterer ausschließlich eine Korrektur von Genen in somatischen Zellen, dh in Körperzellen (Gewebe- oder Organzellen) mit Ausnahme der Keimzellen (Eizellen, Spermien) vorgenommen wird, bezieht sich die The-
265 266
Vgl RV 1083 BlgNR 22. GP, 3 Zum Verfahren ausführlich Wintersberger, Genanalyse und Gentherapie in der Medizin, in: Markl, 112 (119ff).
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rapie bei der Keimbahntherapie auf die in den Keimzellen selbst enthaltenen Erbinformationen.
B. Das Verbot der Keimbahntherapie Wie bereits erwähnt, ergibt sich über einen in § 64 GTG enthaltenen „Erinnerungsvermerk“,267 der auf die Unzulässigkeit jedes Eingriffs in die Keimzellbahn, festgelegt in § 9 Abs 2 FMedG, rekurriert, ein Verbot der Keimbahntherapie: Einem „fundamentalen gesellschaftlichen Anliegen“268 entsprechend sollen Eingriffe in das Erbmaterial der menschlichen Keimbahn - insbesondere wegen der Unabsehbarkeit der möglichen Folgen für nachfolgende Generationen - keinesfalls durchgeführt werden dürfen. Abgesehen vom gesetzlichen Verbot der Keimbahntherapie sind die Erfolge damit auch im Tierversuch bislang sehr bescheiden geblieben, so dass ihre Anwendung beim Menschen auch vor diesem Hintergrund zurzeit unabsehbar ist.269 In der Sache betreffen die einschlägigen Regelungen des GTG heute daher ausschließlich Forschungsarbeiten. Die verhältnismäßig restriktiven Bestimmungen - siehe sogleich - dürften sich dabei allerdings nicht als besonders förderlich erweisen.
C. Bewilligungspflicht und Verfahren Die Voraussetzungen für den Einsatz der somatischen Gentherapie am Menschen sind besonders streng gestaltet: Zunächst darf auch sie nur nach dem Stand von Wissenschaft und Technik durchgeführt werden. Eine Zweckbindung dieser Methode ausschließlich zur Therapie oder Verhütung schwerwiegender Erkrankungen am Menschen (§ 74 Z 1 GTG) sowie zur Etablierung dafür geeigneter Verfahren im Rahmen einer klinischen Prüfung (§ 74 Z 2 GTG) soll schon von vornherein verhindern, dass die Gentherapie für medizinisch nicht indizierte Behandlungen missbraucht wird.270 Des Weiteren macht das GTG zur Voraussetzung, dass nach dem Stand von Wissenschaft und Technik bei Anwendung der Gentherapie eine Veränderung des Erbmaterials der Keimbahn ausgeschlossen werden können muss; sollte sich eine solche Veränderung nicht zur Gänze ausschließen lassen, darf die somatische Gentherapie nur dann durchgeführt werden, wenn der Vorteil, den man sich für die Gesundheit des Patienten verspricht, das Risiko der Veränderung übersteigt und überhaupt nur bei solchen Menschen, die - wie es das GTG ausdrückt - mit Sicherheit keine Nachkommen haben können.271 Wohl zu Recht wird diese 267 268 269
270 271
Bernat, 33 (52). So die Materialien, RV 1465 BlgNR 18. GP, 62. So Dohr, Der extrakorporale Keim: Möglichkeiten und Grenzen der Forschung, in: Bernat (Hrsg), Die Reproduktionsmedizin am Prüfstand von Ethik und Recht, 2000, 1 (5). Die Materialien nennen etwa kosmetische Zwecke oder Leistungssteigerungen, RV 1465 BlgNR 18. GP, 64. Zellen der Keimbahn eines solcherart behandelten Menschen dürfen auch nicht - im Rahmen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung - zur „Herstellung“ von Embryonen außerhalb des Körpers einer Frau verwendet werden. Damit soll wohl eine Spende von Eizellen oder Spermien für eine in vitro Fertilisation unterbunden werden. Dieses Verbot ist aber angesichts der Unzulässigkeit sowohl der Eizell- als
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Bedingung in der Literatur als „höchst problematisch“ kritisiert,272 läuft sie doch letztlich darauf hinaus, todkranke und therapiewillige Menschen über diese Voraussetzung dazu zu bringen, sich sterilisieren zu lassen. Man wollte damit auf jeden Fall ausschließen, dass es zu irgendeiner - sei es auch unbeabsichtigten - Einschleusung fremder Erbinformation in die Keimbahn und damit zur Übertragung auf Nachkommen kommt.273 Ob diese Bedingung vor dem Hintergrund des Art 8 EMRK einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung standhalten kann, scheint fraglich. Allerdings muss man heute all diesen rechtlichen Erwägungen hinzufügen, dass beim derzeitigen Wissensstand über Gentherapien über solche Auswirkungen viel zu wenig bekannt sein dürfte, als dass sie in einem behördlichen Verfahren ernsthaft als Prüfungsmaßstab herangezogen werden könnten. Uns ist - jedenfalls bis zum heutigen Zeitpunkt - kein Fall bekannt geworden, in dem aus diesem Grund die Zulassung einer Gentherapie problematisiert, geschweige denn versagt wurde. Freilich mag dieser Umstand auch damit zusammenhängen, dass entgegen den ursprünglichen Erwartungen bis heute kein Gentherapieversuch nachhaltig erfolgreich war.274 Während die durch das GTG 1994 geschaffene Rechtslage sowohl eine Bewilligung der Einrichtung, in der eine Gentherapie durchgeführt werden sollte, als auch eine Bewilligung der Durchführung der Gentherapie zum Zwecke einer klinischen Prüfung selbst (was in der Praxis im Regelfall zu einer zweifachen Bewilligungspflicht führte) kannte, beseitigt die Novelle BGBl 2005 I/127 die, aus kompetenzrechtlicher Sicht ohnehin problematische275 Bewilligungspflicht der Einrichtung. Vom 1. 12. 2005 an ist sohin nur noch die Durchführung der Therapien - gleichgültig, zu welchem Zweck sie durchgeführt wird - selbst bewilligungspflichtig, allerdings darf sie weiterhin nur von einem Arzt und nur in einer Krankenanstalt vorgenommen werden. Um diese Bewilligung hat der Leiter der Krankenanstalt gemeinsam mit dem Prüfungsleiter276 beim Bundesminister für Gesundheit und Frauen anzusuchen. Sie ist nach
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auch der Samenspende im Rahmen der IVF schon durch das FMedG überflüssig, so zutreffend Bernat, 33 (55). Herdegen, Band 2, Teil L.I., Rz 121. RV 1465 BlgNR 18. GP, 64. Dieses Verbot versteht sich vor dem Hintergrund der Unantastbarkeit eines natürlich (göttlichen) Schöpfungsplanes. Der Wertungswiderspruch im österreichischen Recht vor dem Hintergrund der Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruches wegen embryopatischer Indikation bis zur Geburt eines Kindes, bei dem eine ernste Gefahr besteht, dass es geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde (§ 97 Abs 1 Z 2 StGB) ist dabei besonders deutlich; vgl dazu auch Herdegen, Band 2, Teil L.I., Rz 121. Mit Datum vom 30. 6. 2005 waren insgesamt sieben klinische Prüfungen zur Durchführung einer somatischen Gentherapie bewilligt worden. Vergleiche dazu die RV 1083 BlgNR 22. GP, 3 Fraglich war nämlich, ob diese nicht der Sache nach auf den Kompetenztatbestand „Heil- und Pflegeanstalten“ zu stützen gewesen wäre und eine Regelung daher dem Bund nur hinsichtlich der Grundsätze zugekommen war. Siehe dazu schon Stelzer, JBl 1995, 756 Diese Vorschrift reflektiert den Umstand, dass es heute nach wie vor keine etablierten Verfahren der Gentherapie gibt, neue Anträge daher im Regelfall auch dem Zweck dienen werden, „geeignete Verfahren im Rahmen einer klinischen Prüfung“ zu etablieren.
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Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses und allenfalls des Arzneimittelbeirates zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 74 GTG erfüllt sind und überdies aufgrund der personellen und sachlichen Ausstattung eine dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Durchführung zu erwarten ist. Außerdem ist der Schutz der allenfalls anfallenden genanalytischen Daten gemäß § 71 GTG sicherzustellen. Das Gesetz ermächtigt den zur Entscheidung berufenen Bundesminister nunmehr ausdrücklich, erforderlichenfalls Bedingungen und Auflagen bei Bewilligung einer Gentherapie vorzusehen, um die Gesetzeskonformität herzustellen. Es wurde bereits erwähnt, dass im Rahmen des Bewilligungsverfahrens auch zu prüfen ist, ob GVO’s in die Umwelt gelangen könnten und dadurch die Sicherheit der Bevölkerung (§ 1 Z 1 GTG) gefährdet sein könnte. In einem solchen Fall wäre die Bewilligung zu versagen. Für klinische Prüfungen zum Zwecke der somatischen Gentherapie gelten neben jenen des GTG zusätzlich auch die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes.277 Den für die Durchführung der Gentherapie verantwortlichen Arzt treffen eine Reihe von Sorgfalts- und Meldepflichten (§§ 77 und 78a GTG idF BGBl 2005 I/127). Er hat insbesondere den tatsächlichen Beginn, den Verlauf, die Anzahl der behandelten Personen sowie die Beendigung der somatischen Gentherapie der Behörde zu melden sowie ihr auch unverzüglich alle mit der Gentherapie zusammenhängenden Tatsachen und Umstände bekannt zu geben, die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik geeignet sind, die Gesundheit der mit der Therapie behandelten Menschen oder das an der Gentherapie beteiligte Personal oder die Umwelt zu gefährden. Erforderlichenfalls kann die Behörde (weitere) Auflagen erteilen oder die Weiterführung der Gentherapie gänzlich untersagen.
Bewilligte Gentherapien sind vom zuständigen Bundesminister in ein elektronisches Register aufzunehmen, das im Prinzip jedermann zugänglich ist; freilich dürfen keine identifizierbaren Angaben über behandelte Personen veröffentlicht werden, auch die Angaben über die verwendeten therapeutischen Gene und Gentransfers sowie der Bericht über den Verlauf der Gentherapie und der Abschlussbericht sind in einen nicht-öffentlichen Teil des Registers aufzunehmen.
VIII. Schlussbemerkung Wenn man die Entwicklung des Gentechnikrechts in den letzten 10 bis 15 Jahren auf österreichischer, aber auch auf europäischer Ebene verfolgt hat, so fällt auf, dass es in zunehmenden Ausmaß und vor allem im Bereich der so genannten „grünen Gentechnik“ de facto zum „Gentechnik-Verhinderungsrecht“ geworden ist; der Fördergedanke, der in § 1 Z 2 GTG formuliert wurde, ist damit weitgehend in den Hintergrund gedrängt worden. Diese Entwicklung wurde auch durch eine großteils negative Besetzung des Begriffs „Gen“ in der politischen und öffentlichen Debatte begünstigt. In diesem Sinne kann man heute Schlagzeilen in der politischen Berichterstattung lesen, die von „genfreien Zonen“ oder von „genfreier Babynahrung“ sprechen. Supermärkte verkaufen Produkte mit Aufklebern, die bei flüchtiger Lektüre ebenfalls den Eindruck 277
Vgl insbesondere den III. Abschnitt (§§ 28ff) des Arzneimittelgesetzes über klinische Prüfungen und den Beitrag von Kopetzki in diesem Band.
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vermitteln, als seien diese Nahrungsmittel „genfrei“. Auf der anderen Seite zeigt sich eine nahezu sorglose Akzeptanz der Gentechnik im Bereich der Medizin („rote Gentechnik“). Mit ihrer Entwicklung dort im Zusammenhang stehende Probleme des Datenschutzes und des Versicherungsrechts werden in der Öffentlichkeit kaum diskutiert. Grenzen in der öffentlichen Debatte werden lediglich dort gezogen, wo es um Fragen des Embryonenschutzes oder der Fortpflanzungsmedizin geht. Keiner öffentlichen Debatte unterliegen ferner mögliche Risiken von Arbeiten im geschlossenen System (Labor). Diese merkwürdig ambivalente Wahrnehmung der Gentechnik in der Öffentlichkeit führt in einem Fall dazu, dass mögliche Chancen, die in dieser Technologie liegen, so gut wie gar nicht wahrgenommen werden278 (mit all den ökonomischen Nachteilen, die sich daraus ergeben könnten), und im anderen Fall mögliche Risiken und Gefahren kaum mehr adäquat (öffentlich) diskutiert werden.
278
Abzuwarten bleibt schließlich die Entwicklung vor dem Hintergrund des Ausganges des WTO-Verfahrens gegen die EU betreffend das EU-Zulassungsverfahren für GVO, das im Mai 2003 von den USA, unterstützt von Kanada und Argentinien, eingeleitet wurde und in dem im Februar 2006 ein Zwischenbericht zugunsten der Kläger ergangen ist.
Martin Attlmayr
Chemikalienrecht Rechtsgrundlagen ...........................................................................................692 Grundlegende Literatur...................................................................................695 I. Grundlagen ................................................................................................695 A. Allgemeines............................................................................................695 1. Begriff des Chemikalienrechts ..........................................................695 2. Entwicklung ......................................................................................696 3. Regelungsanliegen des Chemikalienrechts .......................................699 4. Grundsätze des Chemikalienrechts....................................................700 6. Gefährliche Eigenschaften ................................................................704 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................705 1. Bundeszuständigkeit..........................................................................705 2. Landeszuständigkeit ..........................................................................709 C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ...................................................711 1. Geltendes Gemeinschaftsrecht ..........................................................711 2. Reform des Chemikalienrechts der Gemeinschaft: REACH.............713 3. Ausblick ............................................................................................717 II. Das Chemikaliengesetz 1996 ...................................................................717 A. Allgemeines............................................................................................717 1. Begriffsbestimmungen ......................................................................717 2. Abgrenzungen ...................................................................................718 3. Geltungsbereich des ChemG 1996 ....................................................720 B. Ausnahmen vom ChemG 1996...............................................................720 C. Anmelderegeln.......................................................................................721 1. Anmeldesystem .................................................................................721 2. Anmeldepflichtige .............................................................................721 3. Anmeldeverfahren.............................................................................722 4. Anmeldepflicht für gemeldete und nachgemeldete Stoffe ................724 D. Einstufung von Chemikalien .................................................................724 1. Allgemeines.......................................................................................724 2. Chemikalienrechtlicher Verantwortlicher .........................................725 3. Nachforschungspflicht ......................................................................725 4. Einstufung .........................................................................................725 5. Bekanntgabe der Einstufungsdaten ...................................................726 E. Regulierung verbrauchsintensiver Produkte (Wasch- und Reinigungsmittel) ..................................................................................726 1. Bisherige Rechtslage .........................................................................726 2. Rechtslage nach Inkrafttreten der Detergenzien-V ...........................727 F. Kennzeichnungspflicht...........................................................................733 1. Allgemeines.......................................................................................733
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2. Kennzeichnungsvorschriften im Einzelnen ...................................... 734 3. Sicherheitsdatenblatt......................................................................... 736 G. Verpackungsvorschriften ...................................................................... 737 1. Allgemeines ...................................................................................... 737 2. Verpackungsvorschriften für gefährliche Chemikalien .................... 737 3. Spezifische Bestimmungen für den Einzelhandel............................. 738 4. Verpackungsvorschriften für Fertigwaren ........................................ 738 H. Verkehrsbeschränkungen...................................................................... 738 1. Inverkehrsetzen von Chemikalien..................................................... 738 2. Ein- und Ausfuhr von Chemikalien .................................................. 739 3. Verbote und Beschränkungen........................................................... 744 4. Werbebeschränkungen...................................................................... 745 5. Verkehrsbeschränkungen für Gifte................................................... 745 I. Das Aufsichtsrecht des Chemikaliengesetzes 1996 ................................ 749 1. Prüfstellen ......................................................................................... 749 2. Prüfnachweise................................................................................... 750 3. Überwachung.................................................................................... 750 III. Die Regulierung von Pestiziden ............................................................ 751 A. Allgemeines ........................................................................................... 751 B. Biozid-Produkte .................................................................................... 752 1. Grundlagen ....................................................................................... 752 2. Ziel der Regulierung von Biozid-Produkten..................................... 752 3. Begriffsbestimmungen...................................................................... 752 4. Geltungsbereich ................................................................................ 755 5. Zulassungs- und Registrierungsregelungen ...................................... 756 6. Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften .............................. 761 7. Verkehrsbeschränkungen.................................................................. 763 8. Aufsichtsrecht ................................................................................... 764 C. Pflanzenschutzmittel ............................................................................. 766 1. Allgemeines ...................................................................................... 766 2. Begriff............................................................................................... 766 3. Zulassungsregelungen....................................................................... 766 4. Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften .............................. 773 5. Werbebeschränkungen...................................................................... 775 6. Einfuhr von Pflanzenschutzmitteln................................................... 775 7. Anwendungsbezogene Regulierung von Pflanzenschutzmitteln ...... 776 8. Aufsichtsrecht ................................................................................... 780 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen VO: V (EWG) 793/93 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe (Abl L 084/01); V (EG) 1488/94 zur Festlegung von Grundsätzen für die Bewertung der von Altstoffen ausgehenden Risiken für Mensch und Umwelt gemäß der Verordnung (EWG) 793/93 des Rates (Abl L 161/03); V (EG) 142/97 über die in der Verordnung (EWG) 793/93 vorgesehene Übermittlung von Informationen über be-
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stimmte chemische Altstoffe (Abl L 025/11); V (EG) 3093/94 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (Abl L 333/01) - Ozon-V; V (EG) 304/2003 über die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien (Abl L 063/1) - Aus- und Einfuhr-V; V (EG) 648/2004 über Detergenzien (Abl L 104/1) - Detergenzien-V; V (EG) 850/2004 über persistente organische Schadstoffe (Abl L158/7) idF der Berichtigung der V (EG) 850/2004 (Abl L 229/5) - Schadstoff-V RL: RL 67/548/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (Abl L 196/01) idF RL 2004/73/EG (Abl L 152/1) - Stoff-RL; RL 76/769/EWG zur Angleichung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Abl L 262/201) idF RL 2005/90/EG (Abl L 33/28) - Verbots-RL; RL 79/117/EWG über das Verbot des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln, die bestimmte Wirkstoffe enthalten (Abl L 33/36) - Pflanzenschutzmittelverbot-RL; RL 91/155/EWG zur Festlegung der Einzelheiten gemäß Art 10 RL 88/378/EWG eines besonderen Informationssystems für gefährliche Zubereitungen (Abl L 076/35) idF RL 2001/58/EG (Abl L 212/24); RL 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (Abl L 230/1) idF RL 2006/39/EG Abl L 104/30 - Pflanzenschutzmittel-RL; RL 93/67/EWG zur Festlegung von Grundsätzen für die Bewertung der Risiken für Mensch und Umwelt von gemäß der Richtlinie 67/548/EWG des Rates notifizierten Stoffen (Abl L 227/09); RL 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (Abl L 123/1) - BiozidProdukte-RL; RL 1999/45/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen (Abl L 200/1) idF RL 2006/8/EG (Abl L 19/12) - Zubereitungs-RL; RL 2000/21/EG über das Verzeichnis der gemeinschaftlichen Rechtsakte gemäß Art 13 Absatz 1 fünfter Gedankenstrich der RL 67/548/EWG (Abl L 103/70) Völkerrechtliche Grundlagen Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe, BGBl III 2004/158; Rotterdamer Übereinkommen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel, BGBl III 2005/67 Bundesrechtliche Grundlagen Gesetze: Bundesgesetz über den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Chemikalien (Chemikaliengesetz 1996 - ChemG 1996), BGBl I 1997 /53 idF BGBl I 2004/151; Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl I 1997/60, idF BGBl I 2004/83; Bundesgesetz, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden, BGBl I 2000/105 idF BGBl I 2004/151 VO: Verordnung über die Abbaubarkeit bestimmter Waschmittelinhaltsstoffe und über die Bestimmung des Phosphatgehaltes, BGBl 1987/239 idF 1989/639; Verordnung über das Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffe als Treibgas in Druckgaspackungen, BGBl 1989/55; Verordnung über die Meldung mindergiftiger Zubereitungen, BGBl 1989/211; Formaldehydverordnung, BGBl 1990/194; Verordnung über das Verbot vollhalogenierter Fluorkohlenwasserstoffe, BGBl 1990/310; Verordnung über das Verbot von Halonen, BGBl 1990/576; Verordnung über ein Verbot bestimmter gefährlicher Stoffe in Pflanzenschutzmitteln, BGBl 1992/97 idF BGBl 1994/903; Verordnung über das Erlöschen der Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit gleichem Wirkstoff (Pflanzenschutzmittel - Wirkstoffverordnung), BGBl 1992/626; Cadmiumverordnung,
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BGBl 1993/855; Verordnung über das Verbot von halogenierten Biphenylen, Terphenylen, Naphtalinen und Diphenylmethanen, BGBl 1993/210; Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Aerosolpackungen (Aerosolpackungsverordnung) BGBl 1994/560; Verordnung über Mitteilungen hinsichtlich der Ausfuhr von Stoffen oder Zubereitungen, die dem Prior Informed Consent unterliegen (PICVerordnung), BGBl 1994/683; Lösungsmittelverordnung 1995, BGBl 1995/872 idF BGBl II 2005/398; Verordnung über die Anwendung giftrechtlicher Bestimmungen auf bestimmte Stoffe und Zubereitungen (Selbstbedienungsverordnung), BGBl 1995/232; Verordnung über ein Verbot bestimmter teilhalogenierter Kohlenwasserstoffe (HFCKW-Verordnung), BGBl 1995/750; Chemikalienverordnung 1999 (ChemV 1999), BGBl II 2000/81 idF BGBl II 2005/103; Giftliste-Meldeverordnung, BGBl II 1999 /129; Giftinformations-Verordnung 1999, BGBl II 1999/137 idF BGBl II 2005/289; Halonbankverordnung (HalonbankV), BGBl II 2000/77; Chemikalien-GLP-Inspektionsverordnung - GLP-V, BGBl II 2000/211; Giftverordnung 2000, BGBl II 2001/24; Chemikalien-Anmeldeverordnung 2002 (Chem-AnmV 2002), BGBl II 2002/428; GiftlisteVerordnung 2002, BGBl II 2003/317; Chemikalien-Verbotsverordnung 2003, BGBl II 2003/477 idF BGBl II 2005/158; Kundmachungen: Bekanntmachung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Veröffentlichung der Richtlinie 2000/32/EG der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, mit der eine Änderung von Anhang I und Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG des Rates über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe erfolgt ist, und über die Veröffentlichung der Richtlinie 2000/33/EG der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, mit der eine Änderung von Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG des Rates über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe erfolgt ist, sowie gemeinschaftsrechtliches und innerstaatliches Inkrafttreten der Änderungen BGBl II 2000/326; Bekanntmachung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Veröffentlichung der Richtlinie 2004/73/EG der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, mit der eine Änderung von Anhang I und Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG des Rates über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe erfolgt ist sowie dem gemeinschaftsrechtlichen und innerstaatlichen In-Kraft-Treten der Änderungen, BGBl II 2004/418 Landesrechtliche Grundlagen (Bgld) Gesetz vom 26. Jänner 1995 über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft (Burgenländisches Pflanzenschutzmittelgesetz), LGBl 1995/32 idF LGBl 2001/32; (Ktn) Gesetz vom 20. November 1990 über den Schutz vor giftigen und sonstigen gefährlichen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft (Kärntner Chemikaliengesetz - K-CG), LGBl 1991/31 idF LGBl 1993/78, LGBl 1998/12; (Nö) Gesetz über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft, LGBl 6170-0 (1990), idF LGBl 6170-1 1 (2001); (Oö) Landesgesetz vom 3. Juli 1991 über die Erhaltung und den Schutz des Bodens vor schädlichen Einflüssen sowie über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Oö Bodenschutzgesetz 1991), LGBl 1997/63, idF LGBl 1997/104, LGBl 1998/37, LGBl 1999/34, LGBl 2002/25, LGBl 2005/100; (Sbg) Gesetz vom 3. Juli 1991 über die Verwendung von gefährlichen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft (Salzburger landwirtschaftliches Pflanzenschutzmittelgesetz), LGBl 1991/79 idF LGBl 2001/46; (Stmk) Gesetz vom 14. März 1989 über die Verwendung von Chemikalien in der Landwirtschaft (Steiermärkisches landwirtschaftliches Chemikaliengesetz), LGBl 1989/47, idF LGBl 2000/58; (Tir) Gesetz vom 15. Mai 1991 über die Verwendung von gefährlichen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft
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(Tiroler Pflanzenschutzmittelgesetz), LGBl 1991/53, idF LGBl 2001/109, LGBl 2002/89; (Vlbg) Gesetz über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, LGBl 1991/25, idF 1993/68, LGBl 1998/3, LGBl 2001/58; (Wr) Gesetz über den Schutz des Menschen und der Umwelt bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Wiener Pflanzenschutzmittelgesetz), LGBl 1990/18, idF LGBl 1990/23, LGBl 2001/11
Grundlegende Literatur: Vorbach, Chemikalienrecht in Österreich und in der EU, Wien 1995; Schmied, Die neue Lösungsmittelverordnung - ökologischer Rückschritt oder Umweltpolitik mit Augenmaß? RdU 1996, 17 ff; Feierl, Chemikaliengesetz 96, Wien 1997; Ulrich, Chemikaliengesetz 1996, Wien 1998; Kind, Das Europäische Umweltrecht 1996, RdU 1998, 15 ff; Benedikter, Das Inverkehrsetzen von Chemikalien in Österreich, Wien 2000; Ermacora/Krämer, Die Umsetzung des europäischen Umweltrechts in Österreich, Wien 2000; Köck, Zur Diskussion um die Reform des Chemikalienrechts in Europa - Das Weissbuch der EG-Kommission zur zukünftigen Chemikalienpolitik, ZUR 2001, 303 ff; Calliess, Die Reform des europäischen Chemikalienrechts im Lichte des Vorsorgeprinzips, in: Institut für Völkerrecht der Universität Göttingen, Abteilung Europarecht - Göttinger online-Beiträge zum Europarecht, Nr 5, S 1-33 (2004); Rengeling, Europäisches Chemikalien- und Stoffrecht - Entwicklungen zur Umgestaltung des deutschen Rechts, DVBl 2005, 393 ff
I. Grundlagen A. Allgemeines 1. Begriff des Chemikalienrechts Chemikalienrecht umfasst Rechtsvorschriften betreffend Stoffe, Zubereitungen und Fertigwaren, welche darauf abzielen, möglichst umfassend die menschliche Gesundheit und Umwelt vor negativen, durch Stoffe, Zubereitungen und Fertigwaren verursachten Auswirkungen zu schützen. Das Chemikalienrecht reguliert das Inverkehrsetzen von Chemikalien, verbietet gefährliche Chemikalien oder beschränkt deren Verwendung oder Inverkehrsetzen auf bestimmte Anwendungen, Personenkreise oder bestimmte Situationen. Das gemeinschaftsrechtliche Chemikalienrecht verfolgt darüber hinaus noch die Ziele, durch die Angleichung der entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, ein einheitliches Schutzniveau im Gebiet der Gemeinschaft zu schaffen und auf dem Gebiet des Chemikalienrechtes einen ausgewogenen Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft sicherzustellen. Das Chemikalienrecht ist im Wesentlichen Teil des stoff- und produktbezogenen Umweltrechts. Es enthält freilich auch Bezüge zum gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsrecht, da mit den entsprechenden Regelungen über Chemikalien auch verhindert werden soll, dass ein Mitgliedstaat durch entsprechende Rechtsvorschriften protektionistische Ziele verfolgt. Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene stehen als Rechtsquellen die Verordnungen bezüglich Altstoffe,1 über das Verbot von bestimmten Chemikalien zum Schutz der Ozonschicht,2
1 2
V (EWG) 793/93, V (EWG) 1488/94, V (EG) 142/97. V (EG) 3093/94.
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über die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien3 sowie über Detergenzien4 als unmittelbar anzuwendendes Chemikalienrecht in Geltung. Daneben sind zahlreiche Richtlinien in Kraft, die in Österreich größtenteils auf Bundesebene, zum geringen Teil auf Landesebene umgesetzt wurden. Herzstück des Chemikalienrechts auf Bundesebene ist das mehrfach novellierte ChemG 1996 mit seinen zahllosen Verordnungen, die spezifische chemikalienrechtliche Vorschriften näher determinieren. Neben dem ChemG 1996 bestehen zahlreiche Sondervorschriften chemikalienrechtlichen Inhaltes. Hierzu zählen das BiozidG und das PMG 1997. Das DMG 1994, das FMG, aber auch das ArzneimittelG und das SMG enthalten stoffbezogene Regelungen chemikalienrechtlichen Inhaltes. Das Pestizidrecht, welches im PMG 1997 und im BiozidG geregelt ist, weist eine besondere Nähe zum ChemG 1996 auf, zumal sein Regelungsgegenstand - die Bewältigung und Minimierung der von Pestiziden (Pflanzenschutzmittel, Biozid-Produkte, Insektizide) ausgehenden Risken und Gefahren - große Übereinstimung mit dem allgemeiner formulierten Regelungsgegenstand des ChemG 1996 aufweist. Weshalb also regelt also das ChemG 1996 nicht abschließend alle Chemikalien, einschließlich der Gruppe der Pestizide? Die Materialien des BiozidG berufen sich auf die allgemeine Konzeption des ChemG 1996, welche den von den von Bioziden ausgehenden Gefahren nicht adäquat begegnen könne.5 ME ist dies nicht überzeugend. Die Arzneimittel- oder Suchtmittelregulierung verfolgt tatsächlich andere Regulierungsschwerpunkte als das ChemG 1996. Das FMG und das DMG 1994 gehen ebenfalls über den primären Fokus des ChemG 1996 hinaus. Für die Regulierung der Gruppe der Pestizide kann aber kein prinzipieller Unterschied festgestellt werden. Sie sind systematisch nichts anderes als eine große Untergruppe in der großen Familie der Chemikalien iSd Definition der Stoff-RL6 und könnten somit ohne Einbußen in einem „Chemikalien-“ bzw „Stoffgesetzbuch“ mit den Bestimmungen des ChemG 1996 zusammengefasst werden, was rechtspolitisch wünschenswert wäre.
Chemikalienrechtlichen Regelungen ist gemeinsam, dass sie stoff- und produktbezogenes Recht sind. Sie schaffen Regelungen für Stoffe, Polymere, Zubereitungen und Fertigwaren. Der Schwerpunkt der vorliegenden Darstellung liegt auf den Regelungen des ChemG 1996. Ein Überblick über die Regulierung der Biozide und Pflanzenschutzmittel findet sich am Ende dieses Beitrages (Kapitel III.).
2. Entwicklung Das Chemikalienrecht als eigenständige Materie ist eine Entwicklung der jüngeren Vergangenheit. Erst mit dem BG zum Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen Belastungen durch chemische Stoffe,7 wurde ein umfassendes und modernes Chemikalienrecht in Österreich geschaffen, dessen wesentliche Zielsetzung darin bestand, umfassenden Schutz vor gefährlichen Chemikalien zu gewährleisten. 3 4 5 6 7
V (EG) 304/2003. V (EG) 648/2004. 52 BlgNR 21. GP, Erl I.1. Dies kommt klar in der Begriffsbestimmung des Art 3 Z 4 V(EG) 304/2003 über die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien zum Ausdruck. ChemG 1987, BGBl 326.
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Vor Erlassung des ChemG 1987 bestanden bloß punktuelle gesetzliche Regelungen, die unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes stoffbezogene Vorschriften enthielten. Sie bezogen sich vor allem auf bestimmte Gruppen von Chemikalien, wie Arzneimittel, Gifte und Suchtgifte.8 Als erste Vorläufer chemikalienrechtlicher Vorschriften kann man jene betreffend den Verkehr mit Giften, gifthältigen Drogen und gesundheitsgefährlichen chemischen Präparaten ansehen.9 Das aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen10 erlassene Giftgesetz, BGBl 1928/287, regelte erstmals den Verkehr und die Gebarung mit Giften und Rauschgiften. Diese Bestimmungen wurden durch die reichsdeutsche Betäubungsmittelgesetzgebung abgelöst11 und nach 1945 wieder in Kraft gesetzt. Während das GiftG 1928 Gifte und Suchtgifte regelte, wurden später die Suchtgifte von einer eigenen gesetzlichen Grundlage erfasst, dem SuchtgiftG.12 Das 1951 wiederverlautbarte GiftG (BGBl 297) regelte forthin nur mehr den Verkehr und die Gebarung mit Giften. Die Trennung in Suchtgifte und sonstige Chemikalien gilt seitdem und wurde auch durch das ChemG 1996 nicht überwunden. Ein kodifiziertes Chemikalienrecht fehlt sohin ebenso, wie eine systematische Behandlung der verstreut geregelten chemikalienrechtlichen Bestimmungen durch die Lehre. Dies zeigt sich auch sehr deutlich, wenn man einen Blick in die gängigen Lehrbücher jener Zeit vornimmt. Walter/Mayer behandeln etwa in ihrer zweiten Auflage des Besonderen Verwaltungsrechts lediglich die zum damaligen Zeitpunkt (1987) geltenden Regelungen für gewisse chemische Stoffe und Zubereitungen, insbesondere jene für Gifte und Medikamente.13 Raschauer14 erwähnt in seinem zur gleichen Zeit entstandenen Umweltschutzrecht Chemikalien überhaupt nicht. Somit blieb es dem ChemG 1987 vorbehalten, eine erste Kompilation chemikalienrechtlicher Vorschriften zu wagen. 1984 verabschiedete der Nationalrat programmatisch das BVG über den umfassenden Umweltschutz, BGBl 1984/491. Damit wurde die Konzeption des vorsorgenden Umweltschutzes, wie sie allen chemikalienrechtlichen Vorschriften zugrunde liegt, in die österreichische Rechtsordnung - zunächst als Staatszielbestimmung mit fraglicher normativer Wirkung15 - eingeführt. Bereits vor dem BVG über den umfassenden Umweltschutz führte der Bundesgesetzgeber 8 9 10
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15
Vgl zB SuchtgiftG; GiftG. Vgl die Verordnung vom 21.4.1876, RGBl 60. Haager Opiumkonvention, BGBl 1921/361; Genfer Opiumkonvention BGBl 1928/244; ferner die Genfer Konventionen vom 13.4.1931, BGBl 1934 II 198 und vom 26.6.1936, BGBl 1950/178. Verordnung vom 1.12.1938, dRGBl I S 1706, GBlÖ 1939/5. BGBl 1946/207. Walter/Mayer, Besonderes Verwaltungsrecht2, 1987, 556, 609 ff. Umweltschutzrecht2, 1988, 15; Raschauer kritisiert einleitend das Fehlen eines Produktsicherheitsrechts, welchem durch das in Aussicht gestellte Chemikaliengesetz abgeholfen werden sollte. Zur Diskussion des Inhalts des BVG über den umfassenden Umweltschutz vgl Kerschner (Hrsg), Staatsziel Umweltschutz. Der Einfluß des österreichischen BVG über den umfassenden Umweltschutz auf Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit, 1996; Öhlinger, Verfassungsrecht4, 1999, Rz 100 f.
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den Vorsorgegrundsatz mit dem Waschmittelgesetz, BGBl 1984/300, welches Wasch- und Reinigungsmittel betraf, in die österreichische Rechtsordnung ein. Das WaschmittelG regelte vor allem die Beschaffenheit von Waschmitteln in Hinblick auf ihre Abbaubarkeit der in ihnen enthaltenen Stoffe.16 Das ChemG 1987, BGBl 326, baute ebenfalls auf dem Vorsorgegrundsatz auf. Der Regelungsbereich des ChemG 1987 betraf die Herstellung und das Inverkehrbringen von Chemikalien (ausgenommen jener Chemikalien, die sondergesetzlich bereits geregelt waren) bis hin zu ihrer Entsorgung. Das ChemG 1987 hatte den Charakter eines Rahmengesetzes, welches für Chemikalien, die nicht sondergesetzlich geregelt wurden, galt.17 Sonderregelungen fanden sich zB für Waschund Reinigungsmittel im WaschmittelG, für Düngemittel im DMG (BGBl 1994/513), für Pflanzenschutzmittel im PMG (BGBl 1990/476) sowie für chemische Lebensmittelzusatzstoffe im LMG (BGBl 1975/86).18 Das Gemeinschaftsrecht lieferte entscheidende Impulse zur Weiterentwicklung des österreichischen Chemikalienrechts im ChemG 1996. Die ersten legislativen Schritte auf Gemeinschaftsebene wurden bereits im Jahr 1967 mit der Stoff-RL vorgenommen. Seit 1981 schreibt das Gemeinschaftsrecht die Prüfung und Zulassung neuer Stoffe und Zubereitungen vor deren Inverkehrsetzen in der Gemeinschaft vor. Bereits vor dem österreichischen Beitritt zur Gemeinschaft nahm der österreichische Gesetzgeber in den Jahren 1989, 1990 und 1992 einige Anpassungen des Rechtsbestandes im Hinblick auf gemeinschaftsrechtliche Vorschriften vor.19 Mit dem Beitritt Österreichs zur Gemeinschaft musste schließlich deren Rechtsbestand mit einigen zwischenzeitig obsoleten Ausnahmen zur Gänze übernommen werden. Dies geschah mit dem ChemG 1996, da sich im Stadium der Vorbereitung einer groß angelegten Novelle zum ChemG 1987 herausgestellt hatte, dass eine Totalrevision der österreichischen Chemikalienrechts notwendig sein würde.20 Gleichzeitig integrierte man das WaschmittelG in das ChemG 1996 da hierdurch eine aktuelle und detaillierte Information der Behörden effizienter gewährleistet werden sollte. Diese deregulatorische Maßnahme21 war insbesondere auch im Hinblick auf ein 1993 ergangenes Erk des VfGH22 sinnvoll, zumal der VfGH festgestellt hatte, dass das WaschmittelG und das ChemG 1987 weitgehende Überschneidungen in Bezug auf Ziele und den zum Einsatz kommenden Instrumenten aufwiesen. Im Sinne einer Vereinfachung der Rechtslage auf dem Gebiet des Umweltschutzes wurden daher die bislang auf zwei völlig verschiedenen Gesetzen aufgeteilten
16 17 18 19 20 21
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Walter/Mayer (FN 13) 558. Ulrich, Chemikaliengesetz 1996, 1998, 66. Ulrich (FN 17) 20. BGBl 1989/300 und 1990/325, 1992/759; dazu Ermacora/Krämer, Die Umsetzung des europäischen Umweltrechts in Österreich, 2000, 182. Ulrich (FN 17) 20. Diese Maßnahme kann als geglückte Deregulierung verstanden werden, da hiermit einerseits dem Konzept der quantitativen Deregulierung Rechnung getragen wurde, weil der Normenbestand reduziert wurde, andererseits aber auch jenem der quantitativen Deregulierung, da ein beide Regelungsanliegen umfassendes Gesetz anstelle von zwei sich weitgehend überschneidender Rechtsvorschriften trat. 10.12.1993, G 167/92.
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Umweltschutzvorschriften in einem Gesetzeswerk zusammengeführt.23 Neben diesem prinzipiellen legistischen Anliegen griff das ChemG 1996 auch in das bisherige System des Giftrechtes sowie in administrative Bestimmungen ein. Als grundlegende verwaltungsvereinfachende Maßnahme wurden zwei Gremien, die Chemikalienkommission und der Wissenschaftliche Ausschuss (§§ 44 f ChemG 1987), ersatzlos beseitigt. Mit dem BiozidG wurde das ChemG 1996 erstmals umfassend novelliert. Diese Novelle diente va infolge der Umsetzung der RL 98/8/EG erforderlich gewordenen Anpassungen des ChemG 1996 und änderte dieses Gesetz nur hinsichtlich der Abgrenzung zum BiozidG. Eine weitere wichtige Novellierung des ChemG 1996 wurde mit der Erlassung der Detergenzien-V (V [EG] 648/2004) erforderlich und erfolgte mit der Novelle BGBl I 2004/98. Mit dieser Novelle entfielen die materiellen Bestimmungen zur Regulierung von Waschmitteln (§§ 29-34 ChemG 1996) und wurden durch die für die zur Vollziehung der Detergenzien-V erforderlichen formellen Bestimmungen über Zuständigkeiten ersetzt. Das Waschmittelrecht ist somit nunmehr nahezu ausschließlich durch unmittelbar anzuwendendes Gemeinschaftsrecht reguliert. Lediglich die V über die Abbaubarkeit bestimmter Waschmittelinhaltsstoffe und über die Bestimmung des Phosphatgehalts aus dem Jahre 1987 erinnert noch an die Pionierleistung der österreichischen Waschmittelgesetzgebung.24 Mit der 2003 erlassenen und bereits 2005 novellierten Chem-VerbotsV 2003 vereinheitlichte der Verordnungsgeber zahlreiche Verbote bestimmter Chemikalien, wie zB Antifouling-Stoffe, Asbest, Trichlorethan ua) und hob die für jede dieser Chemikalien erlassenen Verordnungen auf. Eine einschneidende und wesentliche Änderung des Chemikalienrechts steht mit der Erlassung der geplanten REACH-V auf Gemeinschaftsebene bevor. Diese V (siehe dazu näher unten I.C.2.) wird die Rahmenbedingungen auf dem Gebiet des Chemikalienrechts neu definieren, indem die bisher nicht vom bestehenden Chemikalienrecht ausreichend erfassten „Altstoffe“, welche bereits vor Einführung des Chemikalienrechts in der Gemeinschaft existierten, einem Regelungswerk unterworfen werden. Es ist zu erwarten, dass diese geplante V auch zu Veränderungen des Rechtsbestandes auf nationaler Ebene führen wird.
3. Regelungsanliegen des Chemikalienrechts Grundsätzliches Anliegen des Chemikalienrechts ist der umfassende vorsorgliche Schutz des Lebens und der Gesundheit des Menschen sowie der Schutz der Umwelt vor schädigenden Einwirkungen, die durch das Herstellen und Inverkehrsetzen, den Erwerb, das Verwenden oder die Abfallbehandlung von Chemikalien entstehen können.25 23 24
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Vgl 414 Blg NR 20. GP. Diese V wurde aufgrund des ChemG 1987 erlassen und galt, da sie nicht aufgehoben wurde offensichtlich weiter. Sie wird aktuell als geltendes Recht im RIS geführt. Freilich dürfte die Detergenzien-V dieser V materiell derogiert haben. Vgl dazu den Allgemeinen Teil der EB 414 BLG NR 20. GP, Erwägungen zur Stoff-RL; Feierl, Chemikaliengesetz 96, 1997; zum ChemG 1987 Vorbach, Chemikalienrecht in Österreich und in der EU, 1995, 3.
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Gleichzeitig sollen unter Beibehaltung eines hohen Schutzniveaus die Unterschiede der innerstaatlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten für Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Chemikalien beseitigt werden, um einen störungsfreien und funktionierenden Handel mit solchen Stoffen und Zubereitungen zu ermöglichen. Wesentliches Ziel der chemikalienrechtlichen Vorschriften der Gemeinschaft ist daher der Abbau von Handelshemmnissen durch Angleichung der einschlägigen Vorschriften für die Einstufung der Gefahr, Verpackung und Kennzeichnung von Chemikalien. Der Gedanke der Gefahrenabwehr und des Umweltschutzes steht aber auch in den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften als wesentliches Regelungsziel neben dem Ziel des Abbaues von Handelshemmnissen.26
4. Grundsätze des Chemikalienrechts Diese Zielsetzungen des Chemikalienrechts sind in § 1 ChemG 1996 programmatisch festgehalten und statuierten zur Durchsetzung des zentralen Gedankens der Gefahrenabwehr zwei leitende Prinzipien, das Versorgungsprinzip (§ 1 Abs 1) sowie den Grundsatz der Herstellerverantwortlichkeit. a) Vorsorgeprinzip Gemäß diesem Grundsatz sollen Leben und Gesundheit des Menschen sowie die Umwelt vor Gefahren, die von Chemikalien ausgehen, geschützt werden. Dieser Grundsatz entspricht dem das Verwaltungsrecht, soweit es die Gefahrenabwehr zum Inhalt hat, tragenden Grundsatz der Prävention. Dieser Gedanke kommt gemeinschaftsrechtlich sowohl im EGV als auch in der grundsätzlichen Zielrichtung der Stoff-RL, die Erreichung eines hohen Schutzniveaus bei Chemikalien anstrebt, zum Ausdruck.27 Innerstaatlich ergab sich dieser Grundsatz bisher weniger aus dem ChemG 1987, sondern vielmehr aus der Konzeption der BVG über den umfassenden Umweltschutz.28 Der VfGH strich in einem Erk29 den Versorgungsgrundsatz des ChemG 1987 hervor und stellte insbesondere klar, dass das ChemG 1987 sowohl den Schutz der Umwelt als auch den Schutz der Gesundheit des Menschen zum Inhalt hatte und daher auf sämtliche Gefahren, die von Chemikalien auszugehen drohen, anzuwenden sei. Durch die explizite Zielbestimmung des § 1 Abs 1 ChemG 1996 bestehen keine Zweifel am Vorsorgecharakter des ChemG 1996. b) Prinzip der Herstellerverantwortlichkeit Gemäß § 1 Abs 2 ChemG 1996 hat jeder Hersteller, Importeur, sonstiger Anmeldungspflichtiger sowie Vertreiber von Chemikalien („Inverkehrsetzer“) in Eigenverantwortung seine Produkte auf mögliche Gefahren hin zu untersuchen, sich über neue Erkenntnisse bisher unbekannter Gefahren zu informieren und
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Vgl zB die Erwägungen zur ZubereitungsRL und zur Verbots-RL. Vgl dazu die Erwägungsgründe zur Stoff-RL, wonach ein hohes Schutzniveau hinsichtlich der Gesundheit, Sicherheit und Schutz des Menschen und Umwelt gegen potentielle Gefahren infolge des Inverkehrbringens neuer Stoffe gefordert wird. Vgl 414 BlgNR 20. GP zu § 1 Abs 1. VfSlg 13635/1993.
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geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung zu setzen.30 Dieses Prinzip, das bereits weitgehend im ChemG 1987 für Hersteller und Importeure, nicht jedoch für sonstige Inverkehrbringer galt, ist in Art 6 der Stoff-RL verankert. In Umsetzung dieser RL wurde die reine Herstellerverantwortlichkeit aufgegeben und das Prinzip der Herstellerverantwortlichkeit auf sämtliche Inverkehrsetzer, insbesondere auch Händler, ausgedehnt. Die Herstellerverantwortlichkeit umfasst die Einstufungs- und Kennzeichnungspflicht für bekannte Gefahren. Daneben ist der Inverkehrsetzer auch zum Hinweis auf allfällige Gefahren bei nicht ausreichend geprüften Chemikalien verpflichtet. Diese Verpflichtung wird letztlich aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten im Umgang mit Chemikalien begründet. Der Hersteller solcher Chemikalien könne am ehesten das Gefahrenpotential erkennen und somit geeignete Sicherheitsvorkehrungen für den Umgang mit solchen Chemikalien einleiten.31 Das ChemG 1996 ist diesbezüglich jedoch äußerst offen und spricht seinem Wortlaut in § 1 Abs 2 nach von einer Prüfung, ob die von den Inverkehrsetzern hergestellten oder in Verkehr gesetzten Chemikalien zu schädlichen Einwirkungen auf das Leben oder die menschliche Gesundheit bzw die Umwelt führen können sowie durch welche Maßnahmen diesen Einwirkungen begegnet werden könne. Vom telos des Gesetzes erscheint die Ausdehnung der Herstellungsverantwortlichkeit auch auf potentielle unbekannte Gefahren als gerechtfertigt. Eine Klarstellung dieser Frage wäre dennoch wünschenswert. Vom Umfang her umfasst die Herstellerverantwortlichkeit die Prüfpflicht aller Chemikalien eines Herstellers auf mögliche schädliche Einwirkungen im Rahmen der Selbstkontrolle durch den Hersteller und Maßnahmen zur Behebung der Gefahr. Selbstkontrolle: Der Hersteller hat von ihm hergestellte oder vertriebene Chemikalien auf schädliche Auswirkungen, die durch diese Chemikalien verursacht werden können, zu prüfen. Diese Prüfung kann vom Herstellungsverantwortlichen selbst, aber auch von Dritten in dessen Auftrag vorgenommen werden.32 Nähere Bestimmungen werden vom ChemG 1996 nicht getroffen. Dagegen sehen die Stoff-RL in Art 3 Abs 1 iVm Anhang V und VI Stoff-RL, wie auch die ZubereitungsRL in Art 3 Abs 3 ZubereitungsRL33 geben dagegen die Methoden und Kriterien zur Einstufung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen oder Zubereitungen detailliert vor. Insofern ist zu fragen, ob diesbezüglich die gemeinschaftsrechtliche Umsetzung im ChemG 1996 mangelhaft geblieben ist. Ulrich34 geht ohne nähere Begründung davon aus, dass die Prüfungen „jedenfalls“ im Umfang der Methoden zur Einstufung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen oder Zubereitungen iSd Stoff- und der ZubereitungsRL anzustellen seien, wenn der Stoff oder die Zubereitung noch nicht eingestuft wurde. Diese Ansicht geht jedoch am grundlegenden Problem vor-
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Ulrich (FN 17) 26. Ulrich (FN 17) 32. Ulrich (FN 17) 33. Die ZubereitungsRL verweist in Art 3 (3) lit b) auf Anh V und VI Stoff-RL Kommentar 33.
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bei, dass RL vollständig umzusetzen sind.35 Eine solche Umsetzung ist nach der Judikatur des EuGH36 auch durch eine Verweisung auf die entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen in der Regel nicht vollständig erbracht worden, so dass bloße Verwaltungspraxis jedenfalls nicht den Umsetzungskriterien des Gemeinschaftsrechts entspricht.37 Andererseits bleibt die Stoff-RL insofern hinter den Anforderungen des ChemG 1996 zurück, als nach Art 6 Stoff-RL keine Prüfungspflicht in Form der Selbstkontrolle besteht, sondern lediglich eine Informationspflicht über die einschlägigen und zugänglichen Angaben zu Eigenschaften der von der Herstellerverantwortlichkeit umfassten gefährlichen Stoffe. Der Wissensstand ist nach der RL der Stand der Wissenschaft. Die in § 1 Abs 2 ChemG 1996 vorgesehene Neuschaffung von Erkenntnissen wird von Art 6 Stoff-RL nicht verlangt. Schutzmaßnahmen zur Risikominimierung: Das Prinzip der Herstellerverantwortlichkeit zwingt den Inverkehrbringer, geeignete Schutzmaßnahmen zur Risikominimierung zu treffen, wenn von einer Chemikalie schädliche Einwirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt ausgehen können. Ergeben die Prüfungen iRd Selbstkontrolle keine gefährlichen Eigenschaften nach § 3 Abs 1 ChemG 1996 und ist eine Anmeldung nicht erforderlich, so ist der Stoff oder die Zubereitung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 ChemG 1996 entsprechend zu kennzeichnen. c) Grundsätze des besonderen Chemikalienrechts Für besonders „risikoreiche” Bereiche sehen chemikalienrelevante Vorschriften die Regelungstechnik der vorsorglichen und umfassenden Prüfung von Stoffen oder Produkten durch die Behörde vor, von deren Ergebnis die Zulassung oder Registrierung zum Inverkehrsetzen des betreffenden Stoffes oder Produktes abhängt. Dieses Regulierungskonzept eines Zulassungs- und Registrierungssystems ist stärker auf die Gefahren- bzw Risikovorsorge hin ausgerichtet, als das im ChemG 1996 verwirklichte Anmeldesystem, das im Verein mit Einstufungsund Kennzeichnungsvorschriften von gefährlichen Produkten ausgehende Gefahren aufzeigen, aber nicht gänzlich verhindern können. Daher bedienen sich die Regulierungen der Biozid-Produkte, Pflanzen- und Düngemittel, aber auch der Arzneimittel des Konzeptes der Zulassung und Registrierung. Diese verwaltungstechnisch aufwändigen Zulassungs- und Registrierungssysteme rechtfertigen sich vor allem in Bereichen, die dafür bekannt sind, dass die Verwendung der entsprechenden Stoffe oder Produkte Gefahren bzw Risiken mit sich bringen kann, jedoch die Verwendung dieser Stoffe oder Produkte oft notwendig oder sogar von besonderem Nutzen ist. Das österreichische BiozidProdukte-, Pflanzenschutzmittel- oder Arzneimittelrecht sehen solche Zulassungssysteme vor, da - wegen der Gefährlichkeit bzw der möglichen Neben35
36 37
Dazu Dossi, Zur Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in Österreich, in Österreichische Juristenkommission (Hrsg), Österreich als Mitglied der Europäischen Union, 1999, 32. EuGH Rs C-96/95, Kommission v Deutschland, Slg 1997, I-1653, Rz 36; vgl auch Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und innerstaatliches Recht, 1998, 109 f. Öhlinger/Potacs (FN 36) 104.
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wirkungen der betreffenden Stoffe oder Produkte - ein angemessenes Schutzniveau erforderlich, gleichzeitig aber ein Verzicht auf diese Mittel aus verschiedenen Gründen (Pflanzenschutz, Volksgesundheit usw) nicht immer oder grundsätzlich nicht möglich ist. BiozidG: Das BiozidG folgt - wie das ChemG 1996 - der Konzeption eines vorsorglichen Umweltschutzes, wie sie im BVG Umfassender Umweltschutz zum Ausdruck kommt, bezweckt den vorbeugenden Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren sowie der Umwelt vor den von Biozid-Produkten ausgehenden Gefahren. PMG 1997: Dieses G bezweckt die risikominimierte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln unter Zugrundelegung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit von Menschen und Tieren und für die Umwelt zu schaffen und gleichzeitig die ausreichende Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln sicherzustellen (vgl § 1 PMG 1997). Als Instrumente für die Erreichung dieses Zieles dienen Zulassungsregelungen, Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften, Informationspflichten, Verbote und Beschränkungen sowie Einfuhrregelungen, sowie Maßnahmen behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Kontroll- und Beschlagnahmerechte). Damit ist das Regelungsanliegen des PMG 1997 hinsichtlich des Einsatzes von chemischen Stoffen, Zubereitungen und Organismen - den Pflanzenschutzmitteln - zur Bekämpfung von Schadorganismen in der Landwirtschaft mit jenem des ChemG 1996 hinsichtlich chemischer Stoffe, Zubereitungen und Fertigwaren allgemein weitgehend deckungsgleich. Dies trifft auch auf die im Zusammenhang mit der Pflanzenschutzmittelregulierung relevanten Landeschemikaliengesetze zu. Zweifellos bezwecken auch diese den Schutz vor der Anwendung gefährlicher Pflanzenschutzmittel.38 Es dürfen nur zugelassene Pflanzenschutzmittel verwendet werden, sie müssen sachgerecht und nur so verwendet werden, dass Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Menschen oder für die Umwelt ausgeschlossen ist. Zudem werden noch Vorschriften über die Aufbewahrung, Lagerung, deren Aufbringung und Zubereitung erlassen.39 Ferner enthalten die Landeschemikaliengesetze Verwendungsbeschränkungen für Pflanzenschutzmittel. Sie können zur Gänze, auf bestimmte Zeit oder für bestimmte Gebiete verboten werden.40 Diese Vorschriften sind Ausdruck des Vorsorgeprinzips. Vergleichbar mit dem Prinzip der Herstellerverantwortlichkeit im ChemG 1996 normiert das PMG 1997 Meldepflichten für Antragsteller und Zulassungsinhaber über neue Erkenntnisse zu potentiell gefährlichen Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Umwelt (vgl § 25 leg cit) sowie Pflichten für Geschäfts- und Betriebsinhaber zur Angabe aller Orte und Beförderungsmittel, 38
39 40
Vgl § 1 S 1 K-CG: „Diese Gesetz dient zum Schutz des Menschen und dem Schutz der Umwelt […]“; ähnlich § 1 Abs 1 S 1 NÖ PMG; § 16 OÖ BodenschutzG; § 1 Abs 1 Sbg PMG; § 1 Abs 2 Stmk ChemG; § 1 Abs 1 Wr PMG; vgl auch § 2 Abs 2 Vlbg PMG: „Pflanzenschutzmittel sind so zu verwenden, dass das Leben und die Gesundheit von Menschen und die Umwelt nicht beeinträchtigt werden.“ § 4 Bgld PMG; § 4 NÖ PMG; § 18 Abs 1-7 OÖ BodenschutzG; § 4 Sbg PMG; § 4 Stmk ChemG; § 5 Tir PMG; § 3 Abs 2 Vlbg PMG; §§ 3 iVm 5 Wr PMG. § 9 Bgld PMG; § 4 (Verwendungsverbot) iVm § 5 (Verwendung); § 11 (Verwendungsbeschränkungen) K-CG; § 7 NÖ PMG; § 4 Abs 3 Sbg PMG; § 7 Stmk ChemG; § 7 Tir PMG; § 3 Abs 1 Vlbg PMG; § 8 Wr PMG.
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der Mitwirkung bzw Duldung des Ziehens von Proben der Pflanzenschutzmittel, der Kontrolle der einschlägigen Unterlagen usw (vgl § 30 leg cit). Zudem normieren die Landeschemikaliengesetze das Prinzip der „sachkundigen Verwendung“; Pflanzenschutzmittel dürfen nur von einem sachkundigen Landwirt oder sonstigen sachkundigen Personen oder verlässlichen Arbeitskräften unter Verantwortung solcher sachkundigen Personen, verwendet werden.41 Ein weiteres, dem PMG 1997 und den Landeschemikaliengesetzen zugrunde liegendes Prinzip ist das der Informationspflicht. Wer Pflanzen oder Pflanzenbestandteile, die mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden und wegen dieser Behandlung nicht zum Verzehr durch Menschen oder Tiere bestimmt sind, veräußert oder jemanden überlässt, hat den Empfänger solcher Pflanzen oder Pflanzenbestandteile entsprechend zu informieren, etwa, indem entsprechende Hinweise auf Handelspackungen aufgedruckt werden.42
6. Gefährliche Eigenschaften Das Chemikalienrecht setzt hinsichtlich seiner Regelungsintensität an den Eigenschaften der Chemikalien an. Dabei verfolgt das ChemG 1996 eine dem Gemeinschaftsrecht weitgehend idente Systematik der gefährlichen Eigenschaften.43 § 3 Abs 1 Z 1 bis 15 ChemG 1996 listet die gefährlichen Eigenschaften von Stoffen und Zubereitungen auf und definiert diese, wie zB explosionsgefährlich, brandfördernd, hochentzündlich, leicht entzündlich, giftig usw. Sofern ein gefährlicher Stoff oder eine gefährliche Zubereitung in Fertigwaren enthalten sind, gelten auch diese als gefährlich (§ 3 Abs 2 ChemG 1996). Sofern Verpackungen von gefährlichen Stoffen oder gefährlichen Zubereitungen nach Verwendung noch Restmengen derselben enthalten, gelten auch diese Verpackungen als gefährliche Fertigware (§ 3 Abs 3 ChemG 1996). Das Pestizidrecht setzt ebenfalls an der Einstufung von Stoffen (Wirkstoffen und Grundstoffen) des ChemG 1996 an. Dies gilt auch für die Landeschemikaliengesetze, wobei zu beachten ist, dass diese LG mehrheitlich auf das ChemG 1987 in unterschiedlichen Fassungen Bezug nehmen und somit häufig nicht der Gefahrenbegriff des ChemG 1996 anzuwenden ist, sondern jener des ChemG 1987 relevant ist.44 Nur das K-CG und das OÖ Bodenschutzgesetz nehmen ausdrücklich auf den Gefahrenbegriff des ChemG 1996 in seinen vielfältigen Ausprägungen Bezug.45
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§ 3 Abs 1 Bgld PMG; § 6 (persönliche Voraussetzungen) iVm § 5 Abs 1 K-CG; § 3 NÖ PMG; § 17 (Sachkundigkeitsnachweis) iVm § 18 (Verwendung) OÖ BodenschutzG; § 3 Sbg PMG; § 3 Stmk ChemG; §§ 3 (persönliche Voraussetzungen [umfassen auch die Handlungsfähigkeit des Verwenders]), 4 (Heranziehung von Hilfskräften) Tir PMG; § 4 Vlbg PMG; § 4 Wr PMG. § 6 Bgld PMG; § 10 K-CG; § 6 NÖ PMG; § 20 OÖ BodenschutzG; § 5 Sbg PMG; § 6 Stmk ChemG; § 8 Tir PMG; § 5 (Hinweispflicht) Vlbg PMG; § 9 Wr PMG. Zu den Abweichungen vom Gemeinschaftsrecht siehe Ermacora/Krämer (FN 19) 185. Dies betrifft das Blg PMG; NÖ PMG; Stmk ChemG; Tir PMG; Wr PMG (jeweils § 2 Abs 1: „gefährliche Stoffe“ und „gefährliche Zubereitungen“); Sbg PMG (§ 2 Abs 3 Z 1 bis 15). § 3 Abs 1, 4 und 5 K-CG; § 2 Z14 bis 16 OÖ BodenschutzG.
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B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Bundeszuständigkeit Nach dem Bundesstaaten eigenen System der Zuweisung von Zuständigkeiten zur Besorgung von Staatsaufgaben in Gesetzgebung und Vollziehung enthält auch die österreichische Bundesverfassung entsprechende Bestimmungen. Die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern auf dem Gebiet der Umweltschutzregelungen ist nicht durch eine klare Zuweisung solcher Materien an eine Gebietskörperschaft gekennzeichnet. Vielmehr ist der Bund nicht abschließend46 sondern nur soweit zur Regelung der einzelnen Sachgebiete im Bereich des Umweltschutzes berufen, als an eine ihm zugewiesene Materie angeknüpft werden kann. Entsprechend dem dem B-VG zugrundeliegenden System von Enumeration der Bundeskompetenzen und Generalklausel zugunsten der Länder verbleiben alle nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesenen Angelegenheiten gemäß Art 15 Abs 1 B-VG den Ländern. Der Begriff des Chemikalienrechts ist dem B-VG fremd. Es handelt sich hierbei um eine Querschnittsmaterie, welche ihre verfassungsrechtliche in verschiedenen Kompetenzbestimmungen hat. Im Einzelnen stützt sich die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung des Chemikalienrechts auf Art 10 Abs 1 Z 2 (Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland, Zollwesen), Z 6 (Strafrechtswesen), Z 8 (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie), Z 10 (Bergwesen) und Z 12 (Gesundheitswesen, Ernährungswesen einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle, Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Pflanzenschutzmitteln einschließlich der Zulassung) B-VG.47 a) Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland Gemäß Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG fällt „Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland“ in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz des Bundes. Dieser Kompetenztatbestand normiert keine umfassende Zuständigkeit des Bundes für das Inverkehrsetzen von Produkten, sondern umfasst er lediglich die Zuständigkeit zur Erlassung von Regelungen über die Ein- und Ausfuhr von bereits in Verkehr gebrachten Produkten aus dem bzw in das Ausland, wie zB das Verbot der Einfuhr oder Ausfuhr, Bewilligungspflichten, Meldepflichten, Mengenbeschränkungen usw.48 Durch den EU-Beitritt und die Teilnahme Österreichs am Binnenmarkt sind aber gerade solche Regelungen im Verhältnis zu den anderen Mitgliedstaaten unzulässig geworden, da sie den innergemeinschaftlichen Warenverkehr (Art 28, exArt 30 EGV) behindern.49 Dies würde den europarechtlichen Grundlagen des Chemikalienrechts (des ChemG 1996, des BiozidG, des DMG 1994 und des PMG 1997), deren Ziel es ist, den 46 47 48
49
Dazu Raschauer in Raschauer (Hrsg), Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, 1998, Rz 105; Pernthaler, Kompetenzverteilung in der Krise, 1989 ua. 414 BlgNR 20. GP. Vgl die diesbezügliche Judikatur VfSlg 8203/1977 betreffend die Regelung der Einfuhr von Gas auf festen Leitungen; VfSlg 3153/1957 über die Ein- und Ausfuhr von Nachrichtentauben; VfSlg 2756/1954 betreffend die Einhebung von Ausgleichsbeträgen und Gewährung von Ausgleichszuschüssen durch den Getreidewirtschaftsfonds, Mayer, B-VG Kurzkommentar3, 200, 20 f. Waldhäusl, Das österreichische Außenhandelsrecht in der EU, ecolex 1995, 306 (306 ff); Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in: Raschauer (FN 46) Rz 688 ff; Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich, 1998, 64 ff.
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freien, diskriminierungsfreien Warenverkehr für Chemikalien herbeizuführen, zuwiderlaufen. Regelungen betreffend den Außenhandel auf der Grundlage des Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG wären nur mehr gegenüber Drittländern möglich und dies ebenfalls nur im Rahmen der in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallenden gemeinsamen Handelspolitik gemäß Art 133, exArt 113 EGV.50
b) Strafrechtswesen „Strafrechtswesen“ iSd Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG umfasst das von den gerichtlichen Organen wie auch das von Verwaltungsorganen zu vollziehende materielle Strafrecht einschließlich des Strafverfahrens.51 Nach der Judikatur des VfGH ist dem B-VG nicht abzuleiten, dass der Kompetenztatbestand bezüglich der Normierung von Straftatbeständen und der an ein tatbestandsmäßiges Verhalten geknüpften Strafen auf die im Zeitpunkt des Wirksamkeitsbeginnes der Kompetenzartikel am 1. Oktober 1925 bestehende Straftatbestände beschränkt wäre und keine weiteren Straftatbestände, die nicht schon zu diesem Zeitpunkt existent waren, neu normiert werden dürften.52 Die Kompetenz nach Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG bezieht sich nicht bloß auf die Erlassung von Normen des gerichtlichen Strafrechts, sondern erfasst auch die Erlassung verwaltungsstrafrechtlicher Regelungen, mit der Besonderheit, dass die Kompetenz zur Erlassung verwaltungsrechtlicher Regelungen akzessorischer Natur iSd Adhäsionsprinzips ist.53 Von Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG ausgenommen ist daher das Verwaltungsstrafrecht der Länder.54 Auf diesen Kompetenztatbestand gründen die Strafbestimmungen des § 71 ChemG 1996, der §§ 42 ff BiozidG, des § 19 DMG 1994 sowie der §§ 34 f PMG 1997.
c) Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie Der Inhalt des Kompetenztatbestandes des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG wird im Wesentlichen durch die Versteinerung der GewO 1859, RGBl 227, gewonnen.55 Demnach fallen nach ständiger Rechtsprechung des VfGH alle Vorschriften, die nach dem Stand und der Systematik der einfachen Gesetze am 1. Oktober 1925, dem Versteinerungszeitpunkt, als gewerbliche Vorschriften anzusehen waren, unter diesen Kompetenztatbestand.56 In Anwendung der Versteinerungstheorie legt der VfGH somit dem Begriff „Gewerbe“ im wesentlichen den in der österreichischen Rechtsordnung zum Versteinerungszeitpunkt 50
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56
Vgl dazu § 1 BauPG des Bundes, der ausdrücklich auch den Import von Bauprodukten aus Drittländern dem Geltungsbereich des Gesetzes unterwirft. Die EB (148 Blg NR 20. GP 17) führen aus, daß Bauprodukte aus Drittländern in Österreich inverkehrgebracht werden dürfen, wenn sie den Anforderungen des BauPG entsprechen. Es handelt sich dabei aber nicht um Regelungen betreffend das Inverkehrbringen, sondern um eine Warenverkehrsregelung, die den Import regelt. VfSlg 5649/1967, 6153/1970. VfSlg 5649/1967; Mayer (FN 48) 26. VfSlg 8155/1977, 10.678/1985, 12.187/1989 ua. VfSlg 5748/1968; 5951/1969; 6153/1970. Vgl 1477/1932 sowie ausführlich Morscher, Die Gewerbekompetenz des Bundes, 1987, 21 ff und 37 ff; Grabenwarter, Ladenschlussrecht, 1992, 153 ff; Mayer (FN 48) 33; Rill, Das Gewerberecht: Grundfragen, Grundsätze und Standort im Rechtssystem, in: Korinek (Hrsg), Gewerberecht, 1995, 7; Pernthaler/Lukasser, Abgrenzung des Kompetenztatbestandes „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ von der Landeskompetenz „Veranstaltungswesen“ und einige damit zusammenhängende Rechtsprobleme, in: Pernthaler/Rath-Kathrein/Lukasser, Gewerbe - Landwirtschaft - Veranstaltungswesen, 1996, 57 mwN. Vgl VfSlg 1477/1932; 2500/1953; 3640/1959; 4227/1962; 5024/1962; 5024/1965; 10.050/1984; 27. 2. 1992, B 1062/92 ua.
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ausgebildeten Gewerbebegriff zugrunde,57 wobei das Kundmachungspatent zur GewO 1859,58 das zum 1. Oktober 1925 noch in Geltung stand, wegen der in dessen Art V enthaltenen Ausnahmen vom Geltungsbereich der GewO 1859 für die Auslegung des Begriffes der „Angelegenheiten des Gewerbes“ von besonderer Bedeutung ist.59 Das Gewerberecht zum 1. Oktober 1925 enthielt ua produktbezogene Regelungen. So regelte zB die V, mit welcher das Gewerbe der Sodawassererzeugung an eine Konzession gebunden wird, RGBl 1910/212, produktspezifische Vorschriften, wie insbesondere die Begrenzung des Bleigehalts der Flaschenverschlüsse (§ 16). Ferner schloss sie Flaschen, an deren Boden oder Wandungen sich Niederschläge angesetzt hatten, vom Verschleiß aus (§ 17). Aus solchen vereinzelten produktspezifischen Regelungen kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass beliebige produktbezogene Regelungen zur Verfolgung öffentlicher Interessen auf Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG gestützt werden könnten. Vielmehr können gesetzliche Maßnahmen auf den Kompetenztatbestand „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ nur soweit gestützt werden, als es sich um „Maßnahmen typisch gewerberechtlicher Art“ handelt.60 Zu Maßnahmen „typisch gewerberechtlicher Art“ werden nach Rsp des VfGH solche gezählt, die dem Schutz des Gewerbes,61 der Abwehr von Gefahren für Gewerbetreibende und ihre Arbeitnehmer, die Kunden, andere Gewerbetreibende oder als Nachbarn sonst von der Gewerbetätigkeit unmittelbar betroffene Personen und dem Konsumentenschutz dienen, die unmittelbar vom Gewerbebetrieb ausgehen.62 Maßgebend für Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG ist somit der allgemeine Grundgedanke der Abwehr von gewerbespezifischen Gefahren.63 Der Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG kommt folglich nur zur Anwendung, wenn es sich um die Abwehr solcher Gefahren handelt, wie sie typischerweise mit gewerbepolizeilichen Mitteln verhindert werden.64 Hierbei ist nach Rsp des VfGH65 der Regelungszweck sowohl dann relevant, wenn Wortsinninterpretation und systematische Auslegung den Regelungszweck für die Abgrenzung einer Regelungsmaterie als bestimmend erscheinen lassen, als auch dann, wenn im Lichte der Versteinerungstheorie der Regelungszweck für die Abgrenzung einer Materie kennzeichnend ist. Im Lichte dieser Judikatur des VfGH und der oben angeführten hL fallen das ChemG 1996, das BiozidG sowie das PMG 1997 somit unter den Kompetenztatbestand „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“, da deren Regelungen ihrem Inhalt und ihrer Wirkung nach auf die Funktion gewerbespezifischer Gefahrenabwehr gerichtet ist.66 Regelungszweck der vorgenannten Gesetze ist ua die gewerbespezifische Gefahrenabwehr sowie die Schaffung von Verfahren, aufgrund derer die jeweiligen Pro57 58
59 60 61 62 63 64 65 66
VfSlg 1477/1932; 7074/1973. Kaiserliches Patent vom 20. Dezember 1859, womit eine Gewerbeordnung erlassen wird, RGBl 227; vgl die Ausführungen dazu bei Mayrhofer/Pace, Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst5 VI, 1900, 803 ff. Vgl dazu VfSlg 1477/1932; 1642/1948; 2670/1954; 7074/1973; 8539/1979 ua; Rill (FN 55) 7; Pernthaler/Lukasser (FN 55) 57. VfSlg 4117/1961; 10.831/1986. VfSlg. 2977/1956; 64117/1961; 10.831/1986. VfSlg 9543/1982; 10.831/1986; vgl Pernthaler/Lukasser (FN 55) 57; Morscher (FN 55) 62 ff; Mayer (FN 48) 33. Azizi, Wirtschaftssicherung durch Gewerberecht? Kompetenzrechtliche Erwägungen am Beispiel der Energiepolitik, ÖZW 1984, 6 f. VfSlg 10.831/1986. VfSlg 10.831/1986. Vgl dazu Morscher (FN 55) 118, der grundsätzlich eine Zuständigkeit des Bundes auf der Grundlage des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG insofern anerkennt, als es sich um Regelungen bezüglich des (sicherheits)technischen Schutzes von Kunden handelt.
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dukte in Verkehr gebracht werden können, ohne dabei den freien Warenverkehr zu behindern.
d) Bergwesen; Wasserrecht Der Kompetenztatbestand „Bergwesen“ iSd Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG erschließt sich aus der Versteinerung des Allgemeinen Berggesetzes 1854 (RGBl 146).67 Hiervon werden Regelungen, die das bergmässige Nutzen der Erdkruste zum Gegenstand haben, erfasst. Der Kompetenztatbestand erfasst insbesondere den Begriff des Bergbaus, das Gewinnen von mineralischen Rohstoffen auf eine hierfür typische Weise. Primär stellt der Tatbestand auf die angewendeten Mittel und Methoden68 ab, sekundär auf die zu gewinnenden Produkte.69 Unter „Bergwesen“ fallen somit alle Regelungen der Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit dem Bergbau.70 Auch wenn iSd Adhäsionsprinzips mit der Gefahrenabwehr untrennbar verbundenen Regelungen auf den Kompetenztatbestand gestützt werden können, erscheint ein Zusammenhang zwischen den Vorschriften des ChemG 1996 und dem „Bergwesen“ zweifelhaft. Zwar ist nicht zu verkennen, dass zahlreiche Produkte, die unter den Regelungsbereich des ChemG 1996 fallen, im Bergbau gewonnen werden. Dennoch regelt das ChemG 1996 das Inverkehrbringen von Chemikalien. Ihre Gewinnung bleibt bergrechtlichen Vorschriften vorbehalten. Dementsprechend schließt auch § 4 Abs 2 Z 3 ChemG 1996 das Aufsuchen und Gewinnen mineralischer Stoffe sowie das Aufbereiten mineralischer Stoffe ohne chemische Verfahren vom Anwendungsbereich des ChemG 1996 aus. Insofern erscheint daher die Berufung auf den Kompetenztatbestand des „Bergwesens“ in den EB zweifelhaft.
Unter den Kompetenztatbestand Wasserrecht fallen Regelungen betreffend die Nutzung des Wassers, worunter insbesondere solche hinsichtlich der Abwasserbeseitigung, soweit sie die Einwirkung der Abwässerbeseitigung auf fremde Rechte oder öffentliche Gewässer betrifft, zu subsumieren sind.71 e) Gesundheitswesen; Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Pflanzenschutzmitteln sowie mit Pflanzenschutzgeräten, einschließlich der Zulassung „Gesundheitswesen“ iSd Art 10 Abs 1 Z 12 1. HS B-VG betrifft Maßnahmen der Sanitätspolizei. Hierunter fällt die Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit, soweit nicht eine für eine bestimmte Kompetenzmaterie typische Abart dieser Gefahr bekämpft wird.72 Hierunter fällt beispielsweise der allgemeine Schutz der Gesundheit und des Lebens vor ionisierender Strahlen,73 aber auch Regelungen zum Schutz davor, dass Lebensmittel durch Transporte verderben.74 Hierunter fallen wohl auch die meisten Bestimmungen des ChemG 1996, des BiozidG, des DMG 1994 sowie des PMG 1997, sofern sie nicht durch speziellere Kompetenztatbestände abgedeckt sind, zumal primäres Ziel dieser Vorschriften der Schutz der Gesundheit und des Lebens des Menschen vor
67
68 69 70 71 72 73 74
Mayer, ecolex 1992, 447; Rill/Madner, Bergwesen, Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie und die Raumordnungskompetenz der Länder, ZfV 1996, 209; VfSlg 447; VwGH 15.11.1993, 92/10/0437. VwGH 19.9.1995, 94/05/0302. Mayer (FN 48) 41. VfSlg 13.299/1992. VfSlg 4387/19xx, 5222/19xx, 12.842/1991. VfSlg 3650, 4609, 7582, 8035; Mayer (FN 48) 46. VfSlg 3650/19xx. VfSlg 8035/19xx.
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schädigenden Einwirkungen durch Chemikalien, Biozide, Dünge- und Pflanzenschutzmittel ist. Der in Art 10 Abs 1 Z 12 6. HS B-VG enthaltene Kompetenztatbestand des „Ernährungswesens einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle“ umfasst neben Maßnahmen zur Überwachung von Nahrungsmitteln vom sanitären Standpunkt75 ua auch Regelungen über die Kennzeichnung eines fertigen, zum Genuss bestimmten Produkts.76 Hierunter dürften auch die zahlreiche Kennzeichnungspflichten des ChemG 1996, des BiozidG, des PMG 1997 soweit sie vor dem Genuss warnen, fallen. Art 10 Abs 1 Z 12 7. HS B-VG ermächtigt den Bund schließlich zur Gesetzgebung und Vollziehung von Vorschriften zur Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Pflanzenschutzmitteln sowie mit Pflanzenschutzgeräten, einschließlich der Zulassung. Auf diesen Kompetenztatbestand stützt sich maßgeblich das PMG 1997.
f) Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle Der Kompetenzbegriff „Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle“ des Art 10 Abs 1 Z 12 4. HS B-VG schließt alle Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung, Verwertung und schadlosen Behandlung sowie von Abfällen aller Art77 ein. Das ChemG 1996 knüpft hinsichtlich der Gefährlichkeit mancher Chemikalien an diesen Kompetenztatbestand an. So enthält zB § 47 ChemG eine Bestimmung über die Behandlung als Abfall. § 3 Abs 2 ChemG 1996 definiert die Gefährlichkeit von Fertigprodukten ua daran an, dass solche als bei ihrer Behandlung als Abfall eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen oder der Umwelt herbeiführen können. § 6 Z 9 ChemG 1996 verlangt bei der Anmeldung eines Stoffes Angaben über die Folge- und Umwandlungsprodukte eines Stoffes als Abfall zur Einschätzung seiner Gefährlichkeit. Diese Beispiele, sowie einige weitere Bestimmungen des ChemG 1996 dürften ihre Grundlage in diesem Kompetenztatbestand haben. Da das ChemG 1996 weniger die abfallrechtliche Behandlung von Chemikalien, als ihr Inverkehrsetzen zum Inhalt hat, stützt sich das ChemG 1996 im Übrigen wohl nicht auf diesen Tatbestand.
g) Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge Gemäß Art 12 Abs 1 Z 4 B-VG sind Angelegenheiten des Schutzes der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge in Grundsatzgesetzgebung Bundes- und in Ausführungsgesetzgebung sowie Vollziehung Landessache. Nach der Judikatur des VfGH können unter diesen Kompetenztatbestand etwa Regelungen von Mindestpflanzabständen getroffen werden, sofern amtswegige behördliche Maßnahmen vorgesehen sind.78 Das BG betreffend Grundsätze für den Schutz der Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen (Pflanzenschutzgrundsatzgesetz), BGBl I 1999/140 idF BGBl I 2005/87, erging auf Basis dieses Kompetenztatbestandes.
2. Landeszuständigkeit Aufgrund der Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG verbleiben jene Angelegenheiten, die weder in Gesetzgebung noch in Vollziehung dem Bund übertragen sind, den Ländern in Gesetzgebung und Vollziehung. Da Art 10 bis 14a BVG bereits die wesentlichen Kompetenzgrundlagen für Regelungen im Bereich des Chemikalienrechts vorsehen, verbleibt den Ländern nur eine sehr bescheidene Zuständigkeit zur Schaffung eigenständiger Regelungen auf diesem Ge75 76 77 78
Vgl VfSlg 5748/19xx; 8466/19xx. VfSlg 11.639/1988. 607 BlgNR 17. GP 8; Ermacora, Abfall - Produkt, 1999, 99. VfSlg 6862/1972; Mayer (FN 48) 70.
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biet. Ihre Kompetenz reduziert sich nahezu ausschließlich auf jene zur Schaffung von Regelungen hinsichtlich der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, da dem Bund nur die Gesetzgebung und Vollziehung von Vorschriften zur Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenschutzgeräten sowie deren Zulassung übertragen wurde. Der gesetzgeberische Spielraum der Länder ist freilich beschränkt. Der mit Art 7 AgrarrechtsänderungsG 2005 neu hinzugefügte § 3a PflanzenschutzgrundsatzG enthält zudem eine Grundsatzbestimmung, welche mit „Verwendung von Pflanzenschutzmitteln“ übertitelt ist. Die Landesgesetzgebung hat demgemäß ua vorzusehen, dass nur nach dem PMG 1997 zugelassene Pflanzenschutzmittel oder mit solchen Referenzprodukten identische Pflanzenschutzmittel verwendet werden dürfen, sowie dass diese Pflanzenschutzmittel nur verwendet werden dürfen, wenn einen deutschsprachige Gebrauchsanweisung vorliegt. Weiters haben die Landesgesetze vorzusehen, dass diese Mittel nur bestimmungs- und sachgemäß sowie nur bis zu deren Ablauffrist verwendet werden dürfen usw. Damit wurden die Landeschemikaliengesetze, die alle vor Inkrafttreten des Art 7 AgrarrechtsänderungsG 2005 erlassen worden sind, mit vorzitiertem G zu bloßen Ausführungsgesetzen. Dies kann freilich im Lichte des Art 10 Abs 1 Z 12 7. HS B-VG zweifelhaft sein: Art 12 Abs 1 Z 4 B-VG betrifft allgemein Regelungen betreffend den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge. Regelungen betreffend Pflanzenschutzmittel oder Pflanzenschutzgeräte für den geschäftlichen Verkehr und die Zulassung sind nicht Regelungen betreffend den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge, weil für sie eine eigene Kompetenz des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung in Art 10 Abs 1 Z 12 7. HS B-VG geschaffen wurde. Man kann nun hieraus - in Einklang mit dem Bundesgrundsatzgesetzgeber - folgern, dass die übrigen Regelungen hinsichtlich der Pflanzenschutzmittel oder Pflanzenschutzgeräte, insbesondere betreffend ihre Verwendung, auf die allgemein den Pflanzenschutz erfassende Bestimmung des Art 12 Abs 1 Z 4 B-VG zurückfällt und von ihr erfasst werden.79 Dem könnte jedoch entgegengehalten werden, dass Pflanzenschutzmittel und Pflanzenschutzgeräte ex definitione nicht unter „Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge“ fallen, weil Art 10 Abs 1 Z 12 7. HS B-VG spezielle, jedoch nicht umfassende Zuständigkeitsregelungen zu „Pflanzenschutzmittel“ und „Pflanzenschutzgeräte“ trifft und die Zuständigkeit betreffend die Verwendung der von Art 10 Abs 1 Z 12 7. HS B-VG angesprochenen Pflanzenschutzmittel und Pflanzenschutzgeräte den Ländern in Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art 15 Abs 1 B-VG verbleibt.80 Besonders auffällig ist in diesem Zusammenhang die Berufung der EB auf die freilich längst durch das PMG 1997 und die Landeschemikalienge79 80
So die Rechtfertigung der Kompetenzgrundlage in den EB des AgrarrechtsänderungG, 968 BlgNR 22. GP 14 (Zu Art 7). Art 12 Abs 1 Z 4 B-VG würde - sollte diese einschränkende Interpretation zutreffen - die Grundsatzkompetenz für pflanzenschutzpolizeiliche Maßnahmen aller Art enthalten; wie zB Eigenkontroll-, Duldungs-, Auskunfts- und Bekämpfungsverpflichtungen für Grundeigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte im Hinblick auf die Freihaltung der Grundstücke von Schädlingen; die Überwachung von Grundstücken, Baulichkeiten und Transportmitteln oder auch Bekämpfungsmaßnahmen zur Erhaltung der Pflanzengesundheit.
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setze umgesetzte RL 91/414/EWG.81 Sollte es tatsächlich möglich sein, dass der Bundesgesetzgeber nach mehr als einem Jahrzehnt plötzlich entdeckt, dass diese RL mittels eines Grundsatzgesetzes umgesetzt werden müsste? Dies erscheint nicht glaubwürdig, sondern indiziert die Unsicherheit des Bundes hinsichtlich der Regelungskompetenz für die Erlassung des Art 7 Z 4 (§ 3a) AgrarrechtsänderungsG. Die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Umsetzung einer Richtlinie begründet jedenfalls keine Zuständigkeit des Bundes. Zugleich fragt man sich, weshalb nicht bereits im Jahre 1999, als das PfanzenschutzgrundsatzG erlassen wurde, die vorgebliche Bundesgrundsatzkompetenz hinsichtlich der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenschutzgeräten wahrgenommen wurde, zumal die besagte Richtlinie, die mit Erlassung des Art 7 Z 4 (§ 3a) AgrarrechtsänderungsG vorgeblich umgesetzt werden musste, bereits acht Jahre alt war und dem Bundesgesetzgeber aufgrund der Erlassung des PMG 1997 mit Sicherheit bekannt war. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass gut verborgen in einer Sammelnovelle Fakten geschaffen werden sollten, die freilich einer näheren kompetenzrechtlichen Analyse nicht standhalten können. § 3a PflanzenschutzgrundsatzG erscheint sohin kompetenzrechtlich fragwürdig. Alle Bundesländer haben LG betreffend die Verwendung und die Beschränkung von Pflanzenschutzmitteln erlassen, wobei keines als Ausführungsgesetz gestaltet ist.82 Ferner fällt in die Kompetenz der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art 15 Abs 1 B-VG die Erlassung von Regelungen betreffend chemisch-physikalische Risiken und Umweltrisiken für alle nichtgewerblichen Chemikalien.83 Soweit ersichtlich, wurde diese Kompetenz jedoch bislang nicht ausgeschöpft.
C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 1. Geltendes Gemeinschaftsrecht Die Gemeinschaft hat von ihrer Zuständigkeit zur Rechtsetzung auf dem Gebiete des Chemikalienrechts umfangreich, jedoch keineswegs umfassend Gebrauch gemacht. Das bisher erlassene Chemikalienrecht der Gemeinschaft erfasst va die neue Chemikalien, dh solche, die nach dem Zeitpunkt der gemeinschaftsrechtlichen Chemikalienregulierung erstmals in Verkehr gesetzt wurden. Schwerpunkt dieser Regulierung sind somit deren Inverkehrbringen, Verwendungsbeschränkungen und -verbote. Die diesbezügliche Regulierung der Einstufung, Verpackung, Kennzeichnung und Vermarktungsbeschränkungen gefährlicher Stoffe und Zubereitungen findet sich in RL 67/548/EWG84 sowie in RL 1999/45/EG. Die Bewertung der von gefährlichen Stoffen ausgehenden Risiken für Mensch und Umwelt regelt RL 93/67/EWG. Das Stoffverzeichnis, welches in Art 13 Abs 1, 5. Gedankenstrich der RL 67/548/EWG normiert ist, wird in RL 2000/21/RG näher determiniert. Die Ein- und Ausfuhr 81 82 83 84
968 BlgNR 22. GP 15 (Zu Z 4 [§ 3a]). Siehe dazu oben die einleitende Normenübersicht. Ulrich (FN 17) 57. Zur Auslegung der RL 67/548/EWG siehe EuGH, Rs 187/84, Caldana, Slg 1985, 03013.
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gefährlicher Chemikalien wird findet ihre Regelung in V (EG) 304/2003. Die V (EG) 648/2004 regelt das Inverkehrbringen von Detergenzien, Beschränkungen bestimmter Tenside aufgrund deren biologischen Abbaubarkeit, Ausnahmen hierzu, die Prüfung von Tensiden sowie Informationspflichten. Chemikalien, die vor der ersten Regulierung von Chemikalien (ie RL 67/548/EWG) bereits vorhanden waren, sog „Altstoffe“ werden nur soweit in das bestehende Regulierungssystem der Gemeinschaft einbezogen, als entsprechende Vorschriften bestehen. Diese Altstoffe bedürfen keiner Anmeldung auf dem europäischen Markt.85 Sie sind bislang durch die V (EWG) 793/93 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe (Abl L 084/01), die V (EG) 1488/94 zur Festlegung von Grundsätzen für die Bewertung der von Altstoffen ausgehenden Risiken für Mensch und Umwelt gemäß der Verordnung (EWG) 793/93 des Rates (Abl L 161/03) sowie die V (EG) 142/97 über die in der Verordnung (EWG) 793/93 vorgesehene Übermittlung von Informationen über bestimmte chemische Altstoffe (Abl L 025/11) geregelt. Die V (EG) 3093/94 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (Abl L 333/01) betrifft Altstoffe ebenso wie neue. Eine umfassende Registrierung, Untersuchung, Zulassung, Beschränkung oder Untersagung solcher Altstoffe ist durch die bestehende Regulierung nicht gewährleistet; sie soll mit der Einführung des REACH Systems jedoch bewältigt werden (siehe dazu unten I.C.2.). Für spezielle Stoffgruppen oder Zubereitungen bestehen auf Gemeinschaftsebene eigene Vorschriften, wie zB die RL 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten für Biozide oder die RL 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln für Pflanzenschutzmittel. Rechtsgrundlage für das Chemikalienrecht der Gemeinschaft ist zunächst Art 95 (exArt 100a) EGV (Angleichung von Rechtsvorschriften). Diese Zuständigkeit bezweckt es, der Gemeinschaft eine Kompetenznorm in die Hand zu geben, die es ihr ermöglicht, das in Art 14 EGV vorgegebene Ziel der Verwirklichung des Binnenmarktes zu erreichen.86 Auf dieser Grundlage ergingen V (EWG) 793/93 und V (EG) 648/2004 sowie RL 67/548/EWG, RL 1999/45/EG. V (EG) 1488/94 stützt sich unmittelbar auf V (EWG) 793/93 und sohin mittelbar auf Art 95 EGV. Auf RL 67/548/EWG und damit mittelbar auf Art 95 EGV stützen sich RL 93/67/EWG87 und RL 2000/21/EG. Auf die Rechtsgrundlage des Art 175 (exArt 130s) EGV (Kompetenz der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltrechts)88 basieren V (EG) 304/2003 und V (EG) 3093/94,89 die in Erfüllung von Verpflichtungen, welche die Gemeinschaft mit dem ÜK vom 22. März 1985 zum Schutz der Ozonschichte und 85 86 87 88 89
Ginzkey, Vermarktungsbeschränkungen von gefährlichen Chemikalien, NVwZ 2001, 536 (536). Leible in: Streinz, EUV/EGV. Verträge über die Europäische Union und Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, 2003, Art 95 Rz 3. EuGH, Rs C-238/95, Kommission v. Italienische Republik, Slg 1996, I-01451; Rs C218/96 ua, Kommission v Königreich Belgien, Slg 1996, I-06817. Kahl in: Streinz, EUV/EGV. Verträge über die Europäische Union und Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, 2003, Art 175 Rz 5. EuGH, Rs C-284/95, Safety Hi-Tech, Slg 1998, I-04301. Rs C-341/95, Gianni Bettati, Slg 1998. I-04355.
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dem Montrealer Protokoll vom 25. November 1992 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschichte führen, eingegangen ist, ergingen.
2. Reform des Chemikalienrechts der Gemeinschaft: REACH a) Notwendigkeit einer neuen Chemikalienpolitik Chemikalien sind einerseits ein Teil eines bedeutenden Wirtschaftszweiges, andererseits aber auch Ursache für schwere Gesundheitsschäden. Das Verhalten und die Eigenschaften zahlreicher Chemikalien, ihre Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen, sind teilweise wenig erforscht und bekannt. Die Gemeinschaft ist im Rahmen ihre Chemikalienpolitik verpflichtet, für die gegenwärtigen und künftigen Generationen ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gewährleisten und dabei zudem die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sichern.90 Grundlegende Voraussetzung dieser Ziele ist das Vorsorgeprinzip91 nach Art 174 Abs 2 EGV.92 Die Kommission betrachte mit wachsender Sorge den Umstand, dass das Gemeinschaftsrecht nicht umfassenden Schutz vor gefährlichen Chemikalien im Sinne dieses Vorsorgeprinzips bot. Zwar decken die geltenden Rechtsvorschriften, die RL 67/548/EWG, V 793/93, RL 76/769 (EWG) und RL 1999/45/EG ein weites Spektrum unterschiedlicher Stoffe ab und regeln die für die Stoffe durchzuführenden Prüfungen und legen Maßnahmen zur Risikobeschränkung sowie die Verpflichtung zur Information des Verbrauchers betreffend Sicherheitshinweise. Dem Regime der RL 67/548 unterliegen ca 2.700 neue Stoffe, die entsprechen geprüft und hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit bewertet wurden.93 Mehr als 99% der Gesamtmenge der am Markt befindlichen Stoffe sind freilich Altstoffe, für die nicht die gleichen Prüfvorschriften gelten.94 Daher schlug die Kommission am 29. Oktober 2003 iSd Vorsorgeprinzips eine Totalreform der gemeinschaftlichen Chemikalienpolitik vor.95 Dieser Vorschlag sieht ein umfassendes System für die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien (REACH96) vor. 90 91
92 93 94 95
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Europäische Kommission, Weißbuch Strategie für eine zukünftige Chemikalienpolitik, KOM (2001) 88 endg. Entschließung des Europäischen Rates von Nizza vom Dezember 2000 über das Vorsorgeprinzip, in der die Mitteilung der Kommission über das Vorsorgeprinzip begrüßt wird, KOM (2000) 1. Das Vorsorgeprinzip ist ein durchgehendes materielles Wertungsprinzip nach Art 174 Abs 2 EGV, vgl Kerschner/Raschauer, Editorial, RdU 2006, 1. Europäische Kommission (FN90) 6. Europäische Kommission (FN 90) 6. Vorschlag für eine Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe sowie zur Änderung der RL 1999/45/EG und der V (EG){über persistente organische Schadstoffe}, Vorschlag für die Änderung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates im Hinblick auf ihre Anpassung an die Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, KOM (2003) 644 endg. REACH ist die Abkürzung für „Registration, Evaluation, Authorization of Chemicals; Europäische Kommission (FN 90) 1 ff; Calliess, REACH - Die Reform des europäischen Chemikalienrechts im Lichte des Vorsorgeprinzips: Göttinger Online-
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b) Der neue Ansatz: REACH Der von der Kommission 2003 vorgelegte, 169 Seiten umfassende Entwurf der REACH-V sieht eine vollständige Neureglung des Chemikalienrechts der Gemeinschaft vor. Der Vorschlag besteht aus den Bänden I bis VI, wobei Band I die Regulierung des Chemikalienrechts enthält und die Folgebände Testmethoden und Detailbestimmungen enthalten. Er erfuhr im Zuge der zweijährigen Debatte gewisse Änderungen. Der nunmehr vorliegende, vom Europäischen Rat vorgeschlagene Kompromissvorschlag nimmt zahlreiche Vorschläge des Kommissionsentwurfes wieder zurück. Besonders die Zulassungsregelungen für gefährliche Substanzen wurden im in diesem Kompromissvorschlag abgeändert, wie auch die Möglichkeit weitreichender Ausnahmen für gefährliche Substanzen, die nicht substituiert werden können, ausgeweitet wurde. Hinsichtlich des Teilens von Informationen beschränkten die Minister die opt-out Möglichkeiten im Rahmen des Teilens von Informationen, wenn Gruppenanträge unter der sog „Eine Substanz, Eine Registrierung Regel“ („OSOR“) eingebracht werden. Im Gegenzug wurden die Prinzipien „Sorgfaltspflicht“ und das „Recht zu wissen“, welche die Verantwortung der Unternehmen im Umgang mit gefährlichen Chemikalien gestärkt und das Mitteilen von Informationen an Verbraucher ermöglicht hätten, fallen gelassen. Es steht zu erwarten, dass diese Änderungen Gegenstand heftiger Debatten anlässlich der 2. Lesung im Europäischen Parlament sein werden. Unabhängig von den Regelungen im Detail, wird der Ansatz der REACH-V einen gänzlichen Wandel in der europäischen Chemikalienpolitik bedeuten. Das Prinzip von REACH ist die Schaffung eines integrierten Ansatzes für die Kontrolle über Produktion, Import und Anwendung von Chemikalien in der Gemeinschaft. Alt- und Neustoffe werden diesem System unterstehen.97 Herzstück der geplanten REACH-V sind die drei Elemente: Registrierung, Evaluation und Zulassung sowie die Schaffung einer europäischen Chemikalienagentur. Eine detaillierte Darstellung von REACH erscheint im Hinblick auf die anhaltenden Diskussionen auf politischer Ebene zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sinnvoll und würde zudem den Umfang dieses Beitrages sprengen. Im Folgenden werden daher die prinzipiellen Überlegungen der geplanten REACH-V ohne Anspruch auf Vollständigkeit skizziert. c) Registrierung Nach dem Entwurf (Art 2 ff98) wären alle Stoffe, von denen mehr als eine Tonne pro Jahr produziert oder importiert werden, anmeldepflichtig. Sie wären in
97 98
Beiträge zum Europarecht, 2004, Nr 5, 1; Rengeling, Europäisches Chemikalienund Stoffrecht - Entwicklungen zur Umgestaltung des deutschen Rechts - DVBl 2005, 393 (393). Rengeling (FN 96) 393. Die Artikelbezeichnungen beziehen sich auf den vom Rat auf der web-site http://register.consilium.eu.int/pdf/en/05/st15/st15921.en05.pdf publizierten Entwurf, welcher die Änderungsvorschläge des Rates vom 13. Dezember 2005 enthält.
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einer zentralen Datenbank zu registrieren. Der Umfang der geforderten Informationen und Prüfpflichten wäre wiederum mengenabhängig.99 Keine Registrierung wäre für Stoffe notwendig, von denen unter dem Schwellwert von einer Tonne pro Jahr produziert oder importiert oder die zu Forschungszwecken verwendet werden. Auch Polymere sollen ausgenommen werden. Unternehmen sollen diesfalls nur zur Erfassung der Sicherheitsdaten und zur Bereithaltung dieser Unterlagen verpflichtet sein.100 d) Bewertung Die Bewertung sollte nach dem ursprünglichen Entwurf durch die Behörden der Mitgliedstaaten durchgeführt werden, nach dem nunmehrigen Vorschlag wäre hierfür die Agentur zuständig. Es sind zwei Bewertungsverfahren vorgesehen: Dossierbewertung (Art 38 ff): Will ein Unternehmen Chemikalien registrieren lassen, die in Mengen über 100 Tonnen pro Jahr produziert werden, ist ein Testplan der Agentur vorzulegen und von dieser eine Entscheidung zu treffen, die ua den Testplan modifizieren, ablehnen, aber auch ergänzen lassen kann. Ferner hat sie Möglichkeit, das Dossier auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. Stoffbewertung (Art 43a ff): Die Agentur hat in Zusammenwirken mit den Mitgliedstaaten Kriterien für vordringlich zu behandelnde Stoffe im Hinblick auf weitere Bewertung entwickeln. Diese Kriterien bemessen sich ua nach dem Informationen über die Gefährlichkeit eines Stoffes, der Tonnage ua. Auf Basis dieser Kriterien hat die Agentur unter Hinzuziehung der Mitgliedstaaten, die hierfür ein Mitgliedstaaten-Komitee bilden, einen auf drei Jahre angelegten Aktionsplan zu entwerfen und darin darzulegen, welche Stoffe im jeweiligen Jahr bewertet werden sollen. Die Mitgliedstaaten können entsprechende Vorschläge zu Bewertung von Stoffen der Agentur vorlegen. Am 28. Februar eines jeden Jahres soll die Agentur einen Bericht über den Stand der Bewertung im letzten Jahr abgeben. e) Zulassung Für besonders besorgniserregende Stoffe führt der Entwurf in Art 52 ff ein Zulassungssystem für die Verwendung und das Inverkehrbringen für solche Verwendungen ein. Eine Zulassung wird für Stoffe mit besonders gefährlichen Eigenschaften wie CMRs (krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Stoffe), PBTs (persistente bioakkumulierende und toxische Stoffe) und vPvBs (hoch persistente, hoch bioakkumulierbare Stoffe) und sonstige Stoffe mit ernsten und unumkehrbaren Wirkungen auf Mensch und Umwelt erforderlich sein. Fällt eine Substanz unter das Zulassungsverfahren, wird ein Zeitpunkt festgesetzt nach welchem es keinen Gebrauch dieser Chemikalie ohne entsprechende Zulassung geben wird. Zulassungsanmeldungen für einzelne beabsich99
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Europäische Kommission (FN 95), 13; W. Köck, Zur Diskussion um die Reform des Chemikalienrechts in Europa - Das Weißbuch der EG-Kommission zur zukünftigen Chemikalienpolitik, ZUR 2001, 303 (305 f); Calliess (FN 96) 17. Europäische Kommission (FN 95) 23.
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tigte Anmeldungen müssen bis 18 Monate vor diesem Termin eingereicht werden. Die Zulassung durch die Kommission kann gemäß Art 57 auf zwei Wegen erreicht werden: Das Unternehmen kann den Nachweis erbringen, dass die Risiken für Gesundheit und Umwelt einer „adäquaten Kontrolle“ unterliegen; Kann das Unternehmen diese „adäquate Kontrolle“ nicht nachweisen, hat es eine sozio-ökonomische Studie für die beantragte Anwendung vorzulegen, die darlegt, dass die sozio-ökonomischen Vorteile gegenüber den Risiken für Gesundheit und Umwelt überwiegen. Die Kommission hat in ihre Entscheidung Parameter wie das durch die Verwendung bewirkte Risiko, die sozio-ökonomischen Vorteile, aber auch das Bestehen von Alternativen und deren Einwirkungen auf Gesundheit und Umwelt einzubeziehen. Die Zulassung kann zeitlich befristet ausgesprochen werden und ist neu zu prüfen, wenn neue Erkenntnisse über den betreffenden Stoff hervorkommen.
f) Substitution Die umstrittenste Frage der REACH-V ist die Substitution der gefährlichsten Stoffe durch Alternativsubstanzen. Während sich das Europäische Parlament für ein das „Substitutionsprinzip“ ausgesprochen hat, verwarf der Europäische Rat ein striktes Prinzip, wonach Verwender von Stoffen gezwungen werden sollen, gefährliche durch harmlosere Stoffe zu ersetzen.101 g) Europäische Agentur für chemische Stoffe Mit der REACH-V soll eine in Helsinki anzusiedelnde102 Europäische Agentur für chemische Stoffe eingerichtet werden. Sie wird für die technische, wissenschaftliche und administrative des REACH-Systems zuständig sein. Damit soll eine einheitliche Entscheidungsfindung innerhalb der Gemeinschaft gesichert werden.103 Die Agentur wird das Registrierungsverfahren abwickeln und eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung einer einheitlichen Bewertung spielen.104 Sie wird den Mitgliedstaaten als Hilfsmittel Kriterien für die Auswahl der zu bewertenden Stoffe und Entscheidungen zur Nachforderung von Angaben über Stoffe, die bewertet werden, bereitstellen. Ferner soll sie Stellungnahmen und Empfehlungen im Rahmen des Zulassungs- und Beschränkungsverfahrens abgeben. Zu den Aufgaben der Agentur wird der Aufbau und die Pflege einer Datenbank („REACH-IT“) gehören, in der die Daten der zu registrierenden Chemikalien zu finden sind. Nicht vertrauliche Informationen werden von jedermann abrufbar sein. Als nicht vertrauliche Informationen werden voraussichtlich Angaben, wie etwa ein Kurzprofil über die gefährlichen Eigenschaften, die Kennzeichnungsverpflichtungen sowie Zulassung oder Beschränkung des Stoffes zählen. 101 102
103 104
Zur Frage der Substitution Europäische Kommission (FN 90) 9; Calliess (FN 96) 25, Der Kommissionsentwurf sah als Standort der Agentur das Verbundzentrum in Ispra vor; der Europäisch Rat hat jedoch am 12. Dezember 2005 den Standort in Finnland beschlossen. Europäische Kommission (FN 95) 17. Europäische Kommission (FN 95) 17.
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3. Ausblick Die vorgeschlagene Neuorientierung des europäischen Chemikalienrechts ist seit der Präsentation des Vorschlages der REACH-V durch die Kommission im Jahr 2003 höchst umstritten. Insbesondere Kreise der Industrie befürchteten internationale Wettbewerbsnachteile durch ein kostenintensives Evaluierungsund Zulassungsverfahren. Nach zweijähriger Debatte stimmte das Europäische Parlament am 17. November 2005 über den Vorschlag ab. Mehr als 1.000 Änderungsanträge standen zur Abstimmung.105 Der vom Europäischen Parlament angenommene Vorschlag zu REACH stand politisch im Kreuzfeuer der Kritik. Besonders umfehdet war hierbei der Regelungsvorschlag betreffend die Autorisierung von gefährlichen Stoffen, dem einzigen Punkt, in dem das Parlament Umweltinteressen und nicht den Interessen der Industrie gefolgt war.106 In einem außerordentlichen Ratstreffen über die Wettbewerbsfähigkeit der Britischen Ratspräsidentschaft stand der vom Europäischen Parlament angenommene Vorschlag zu REACH zur Debatte, in dessen Mittelpunkt va die Zulassungsbestimmungen sowie die vorgesehene Europäische Agentur für chemische Stoffe in Helsinki stand. Ferner wurden Erleichterungen bei der Substituierung gefährlicher Stoffe vereinbart. Dieser Kompromiss vom 13. Dezember 2005 wird voraussichtlich den Weg für die Erlassung der REACH-V ebnen.107 Es wird erwartet, dass im März 2006 beim nächsten, Wettbewerbsgipfel ein Gemeinsamer Standpunkt des Rates beschlossen werden wird. In diesem Fall könnte im Juli 2006 die zweite Lesung des Europäischen Parlaments stattfinden und im Herbst 2006 die zweite Lesung durch den Rat erfolgen (mit einer möglichen endgültigen Zustimmung). Die REACH-V würde dann voraussichtlich im Herbst 2007 in Kraft treten. Im Herbst 2008 könnte die Agentur sodann tätig werden.108
II. Das Chemikaliengesetz 1996 A. Allgemeines 1. Begriffsbestimmungen § 2 ChemG 1996 definiert die Begriffe Stoffe, Polymere, Zubereitungen und Fertigwaren wie folgt:
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107 108
Europäisches Parlament, Presseaussendung vom 18. November 2005; Die Presse, 18.11.2005: Europaparlament: Bitterer Cocktail; NZZ Online, 17.11.2005: EUParlament verabschiedet umstrittenes Chemikalienrecht, http://www.nzz.ch/2005/ 11/17/al/newzzEG52DAA2-12.htm. Süddeutsche Zeitung, 16.9.2005: Europaparlament auf Industriekurs (22); Die Presse, 30.11.2005: EU: Chemie-Verordnung wird zusammengestutzt; nicht zuletzt aus diesem Grund sprechen Kerschner und Raschauer in ihrem Editorial (FN 92) von „dunkeln Wolken eines Kahlschlags im Umwelt- und Konsumentenschutzrecht der Europäischen Gemeinschaft“. Madner, REACH - politische Einigung des Rates über das neue EU-Chemikalienrecht, RdU 2006, 7. Zeitplan laut Presseaussendung vom 18. November 2005 (FN 105).
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a) Stoff Stoffe iSd § 2 Abs 1 ChemG 1996 sind die chemischen Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder hergestellt durch ein Produktionsverfahren, einschließlich der Wahrung der zur Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung unvermeidbaren Verunreinigungen, mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können. Gemische von Stoffen, welche auf Grund von chemischen Reaktionen entstehen oder in der Natur auftreten, entsprechen ebenfalls dem chemikalienrechtlichen Begriff des Stoffes. Die Definition des ChemG 1996 entspricht jener des Art 2 Abs 1 lit a StoffRL. Im Detail weicht sie jedoch von der gemeinschaftsrechtlichen Definition ab. Nach der Definition des ChemG 1996 gelten auch Gemische von Stoffen, die auf Grund von chemischen Reaktionen entstehen oder in der Natur auftreten, als Stoffe, während diese nach der RL als Zubereitungen eingestuft werden.109 b) Polymer Polymere sind gemäß § 2 Abs 2 ChemG Stoffe, deren Moleküle durch eine Kette einer oder mehrerer Arten von Monomereinheiten (gebundenen Formen eines Monomers) gekennzeichnet sind und die Voraussetzungen nach § 2 Abs 2 Z 1 bis 3 ChemG 1996 erfüllen. Auch diese Definition weicht von jener der Stoff-RL ab. c) Zubereitung Zubereitungen schließlich sind Gemenge, Gemische und Lösungen, die aus mehreren Stoffen bestehen. Als Zubereitungen gelten auch Fertigwaren, wenn die Freisetzung oder Entnahme der in ihnen enthaltenen Stoffe oder Zubereitungen für die bestimmungsgemäße Verwendung dieser Stoffe oder Zubereitungen die Voraussetzung ist (§ 2 Abs 5 ChemG 1996). Durch die Einbeziehung von Fertigwaren in den Zubereitungsbegriff unterscheidet sich die Definition des § 2 Abs 5 ChemG 1996 von jener der RL. Ermacora/Krämer sind zutreffend der Ansicht, dass diese Abweichungen von der Textierung der RL nicht sinnvoll sind, da der Umsetzungsspielraum des nationalen Gesetzgebers de facto nicht gegeben ist und die Gefahr einer nicht vollständigen Umsetzung der Richtlinien bewirken. d) Fertigware Als Fertigwaren bezeichnet § 2 Abs 6 ChemG 1996 die zur Verwendung als solche bestimmte Erzeugnisse, die einen Stoff oder eine Zubereitung enthalten, sofern diese nicht als Zubereitung gelten.
2. Abgrenzungen Wie bereits oben erwähnt ist eine Reihe von Chemikalien in besonderen Gesetzen geregelt, so dass für solche Chemikalien das ChemG 1996 nicht anzuwen109
Dazu Ermacora/Krämer (FN 19) 184.
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den ist. Besonders hervorzuheben ist die Abgrenzung von folgenden chemischen Stoffen und Produkten: a) Biozid-Produkte Biozide sind Produkte, die der Mensch verwendet, um damit für ihn unerwünschte, lästige oder störende Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken oder unschädlich zu machen. Unter dem Sammelbegriff der Biozide sind Produkte zu verstehen, die vom Menschen gegen Pilze, Sporen, Bakterien, Ungeziefer usw eingesetzt werden. Das In Verkehr bringen von Bioziden ist in einem eigenen BG geregelt,110 einer Umsetzung der RL 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten. Das BiozidG trifft für Biozid-Produkte spezielle Vorschriften betreffend die Zulassung, Registrierung, Meldung oder Kennzeichnung von Biozid-Produkten, so dass für diese Produktarten die entsprechenden Vorschriften des ChemG 1996 nicht anzuwenden sind. Hingegen sind in den Bereichen, in denen das BiozidG keine speziellen Regelungen trifft, die des ChemG 1996 weiterhin anwendbar. Die EB erwähnen diesbezüglich insbesondere die für Gifte bestehenden Bestimmungen des III. Abschnitts des ChemG 1996.111 b) Arzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl § 1 Abs 1 AMG). Sie sind im 1983 erlassenen und mehrfach novellierten AMG geregelt. Auch dieses G ist in Vielem eine Umsetzung einschlägiger gemeinschaftsrechtlicher Regelungen. § 86 Abs 4 Z 15 AMG erklärt ausdrücklich, dass dessen Anwendungsbereich jenen des ChemG 1996 nicht berührt. Da gemäß § 2 Abs 2 AMG Arzneimittel sowohl Gegenstände, die ein Arzneimittel enthalten oder auf die ein Arzneimittel aufgebracht ist, und die zur Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind (Z 1), als auch Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die die Merkmale des § 1 Abs 1 AMG nicht aufweisen, sofern sie dazu bestimmt sind, für die Herstellung von Arzneimitteln verwendet zu werden (Z 2), sind, bleibt für ChemG 1996 kein Anwendungsbereich. c) Suchtmittel Suchtmittel iSd § 2 SMG sind, obwohl sie problemlos als gefährliche Stoffe, Zubereitungen oder Gifte iSd des ChemG 1996 eingestuft werden könnten, gemäß § 4 Abs 2 Z 9 vom Anwendungsbereich des ChemG 1996 ausgeschlossen und unterliegen ausschließlich den Verbotstatbeständen oder Beschränkungen des SMG. 110
111
Art I des BG, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden, BiozidProdukte-Gesetz - BiozidG, BGBl I 2000/105. Ulrich (FN 17) 20.
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d) Lebensmittel Unter Lebensmittel iSd LMG fallen Nahrungs- und Genussmittel, Verzehrprodukte und kosmetische Mittel. Diese Stoffe sind vom Anwendungsbereich des ChemG 1996 ausgenommen (§ 4 Abs 3 Z 2 ChemG 1996). Lebensmittelzusatzstoffe gemäß § 4 LMG, welche einzeln vermarktet werden, werden jedoch von dieser Ausnahmebestimmung nicht erfaßt und fallen unter den Anwendungsbereich des ChemG 1996. Werden diese Stoffe ausschließlich als Zusatzstoffe verwendet, sind sie aber von §§ 5 bis 16 ChemG 1996 ausgenommen. e) Abfälle und Altöle Abfälle und Altöle iSd AWG fallen nicht unter den Anwendungsbereich des ChemG 1996. Auch Altstoffe gelten gemäß § 2 Abs 3 AWG als Abfälle, bis sie einer zulässigen Verwendung zugeführt werden. Mit Verwendung dieser Stoffe wird die Anmeldungs- und Kennzeichnungspflicht des ChemG 1996 ausgelöst.112 f) Gentechnisch veränderte Stoffe Das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Produkte richtet sich nach dem GentechnikG.113 Für das ChemG 1996 bleibt in diesem Bereich kein Raum.
3. Geltungsbereich des ChemG 1996 Der Zielsetzung des ChemG 1996 entsprechend unterliegen diesem Gesetz grundsätzlich alle Chemikalien. Sofern keine Ausnahmen (dazu II.B.) vom ChemG 1996 bestehen, findet es Anwendung auf alle Stoffe, Fertigwaren und Zubereitungen, gleichgültig, ob diese gefährliche Eigenschaften aufweisen oder nicht. Das ChemG 1996 bildet nicht die Rechtsgrundlage für alle erdenklichen Chemikalien.
B. Ausnahmen vom ChemG 1996 § 4 ChemG 1996 normiert eine Reihe von Einschränkungen und Ausnahmen. Das ChemG 1996 ist nicht anwendbar, wenn • ein Geltungsausschluss gemäß § 4 Abs 2 ChemG 1996 besteht: So gilt das ChemG 1996 zB nicht für die Durchfuhr von Chemikalien unter zollamtlicher Überwachung durch das Gebiet der EU, soweit keine Be- oder Verarbeitung erfolgt; für die Beförderung gefährlicher Güter im Eisenbahn-, Luft-, Schiffs- und Straßenverkehr, einschließlich der innerbetrieblichen Beförderung, soweit diese durch die für den jeweiligen Verkehrsträger spezifischen Vorschriften geregelt ist; für das Aufsuchen und Gewinnen mineralischer Rohstoffe sowie das Aufbereiten mineralischer Rohstoffe ohne Anwendung chemischer Verfahren; Abfälle und Altöle iSd 112 113
Ulrich, (FN 17) 64; zum Begriff des Altstoffs Ermacora (FN 77) 162 ff. BG, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden und das Produkthaftungsgesetz geändert wird, BGBl 1994/510.
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AWG; Arzneimittel; Lebensmittel, Verzehrprodukte und kosmetische Mittel iSd LMG; Wein und Obstwein iSd WeinG, Tabakerzeugnisse uä. ein Vorbehalt auf Gewerbechemikalien bestimmt ist (§ 4 Abs 1): Soweit das ChemG 1996 brandverhütende Maßnahmen und Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, die Prüfung der Brandgefährlichkeit oder Umweltgefährlichkeit oder die Bedachtnahmen auf den Umweltschutz vorsieht, ist es nur auf Chemikalien anzuwenden, die gewerblich hergestellt oder in Verkehr gesetzt werden. eine Anwendungsbeschränkung für bestimmte Chemikalien vorgesehen ist: Wirkstoffe, die ausschließlich für Arzneimittel verwendet werden, Stoffe, die ausschließlich als Zusatzstoffe gemäß § 4 LMG, als Weinbehandlungsmittel iSd WeinG, in Futtermitteln oder als Bestandteile in Pflanzenschutzmitteln verwendet werden, sind vom Anwendungsbereich der §§ 5 bis 16 ChemG 1996 (Anmeldeverfahren) ausgenommen (siehe dazu oben II.A.2.).
C. Anmelderegeln 1. Anmeldesystem Das Inverkehrsetzen eines neuen Stoffes ist gemäß § 5 ChemG 1996 nur gestattet, sofern dieser ordnungsgemäß angemeldet wurde und keine Verbote oder Beschränkungen bestehen. Dieses Anmeldesystem ist ein zentrales Prinzip des gemeinschaftsrechtlichen Chemikalienrechts und stellt ein Mischsystem zwischen freier Vermarktbarkeit neuer Stoffe und der Kontrolle durch ein Zulassungsverfahren dar.114 Die Anmeldung ist damit das wichtigste Instrument der Risikovorsorge für neue Stoffe. Als neuer Stoff iSd Bestimmung werden jene chemischen Substanzen verstanden, welche weder im Europäischen Altstoffverzeichnis (EINECS) angeführt sind, noch in Österreichischen Altstoffverzeichnis angeführt sind. Zubereitungen fallen nicht unter den Begriff eines neuen Stoffes. Zuständige Behörde für die Anmeldung eines neuen Stoffes (Anmeldebehörde) in Österreich ist gemäß § 5 Abs 1 ChemG 1996 der BMLFUW.
2. Anmeldepflichtige Anmeldepflichtige sind jene Personen115 oder Personengesellschaften, die in § 5 Abs 2 Z 1 bis 3 ChemG 1996 angeführt sind. Hierzu zählen: • der Hersteller, wenn der Stoff im EWR hergestellt wird (§ 5 Abs 2 Z 1 ChemG 1996); • der Importeur, wenn der Stoff in den EWR eingeführt werden soll, sofern nicht ein Alleinvertreter namhaft gemacht wurde (§ 5 Abs 2 Z 2 ChemG 1996); 114 115
Ulrich (FN 17)75. Sind in einer GmbH zwei handelsrechtliche Geschäftsführer bestellt und bestehen keine schriftlichen Aufzeichnungen über die Aufgabenteilung und ist auch keine Mitteilung an die Behörde ergangen, so sind beide Geschäftsführer für die Einhaltung der chemikalienrechtlichen Vorschriften verantwortlich: UVS Kärnten, 8.1.2002, KUVS-258-262/7/2001.
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• •
der Alleinvertreter, der vom außerhalb des EWR ansässigen Herstellers für die Anmeldung des Stoffes namhaft gemacht wurde (§ 5 Abs 2 Z 3 ChemG 1996), sowie subsidiär jede Person oder Personengesellschaft, die den Stoff in das Inland verbringen will und eine Niederlassung im Inland hat, wenn die Anmeldung durch den eigentlich Anmeldepflichtigen nach § 5 Abs 2 ChemG 1996 unterblieben ist (§ 5 Abs 3 ChemG 1996).
3. Anmeldeverfahren Das Anmeldeverfahren bestimmt sich nach §§ 5 ff ChemG 1996 und nach der Chem-AnmV. Die Chem-AnmV regelt die Durchführung der Anmeldung neuer Stoffe näher. Aufgrund dieser Vorschriften lässt sich das Anmeldeverfahren in mehrere Abschnitte unterteilen. Zunächst hat der Anmeldepflichtige eine Grundprüfung des Stoffes durchzuführen, anschließend hat er diese Ergebnisse mit den übrigen Anmeldeunterlagen der Anmeldebehörde zu übermitteln. Die Anmeldebehörde prüft die eingelangten Anmeldeunterlagen auf Vollständigkeit und Richtigkeit und leitet allenfalls ein Verbesserungsverfahren ein, in welchem sie dem Anmeldepflichtigen aufträgt, das Fehlende oder zu Berichtigende nachzutragen. Anschließend hat die Behörde das Einlangen der fehlerfreien und vollständigen Unterlagen zu bestätigen. Mit der Bestätigung ist es möglich, den angemeldeten Stoff in Verkehr zu setzen. In bestimmten Fällen hat die Behörde das Bestehen eines generellen Verbots oder einer Beschränkung nach § 17 Abs 1 oder 2 ChemG 1996 für den angemeldeten Stoff mittels eines Bescheides festzustellen. a) Grundprüfung Die Grundprüfung entspricht einem Gutachten über den anzumeldenden Stoff im Hinblick auf dessen möglichen schädlichen Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt. Ihre nähere Ausgestaltung betreffend Art und Umfang der Prüfungen wird durch die Chem-AnmV detailliert festgesetzt. Die Grundprüfung besteht, wie § 6 Abs 1 Z 9 ChemG 1996 klarstellt, aus Befund und Gutachten. Somit bestehen bereits für die Grundprüfung bestimmte Mindestanforderungen an die Qualität der Prüfung. So wird von dieser ein den Methoden der jeweiligen Wissenschaft entsprechendes fachliches Niveau zu verlangen sein.116 § 7 Abs 1 ChemG 1996 listet in Z 1 bis 7 auf, welche Prüfungen jedenfalls vorzunehmen sind. Hierbei handelt es sich vor allem um die Prüfung der physikalischen, chemischen und physikalisch-chemischen Eigenschaften des Stoffes, die Prüfung auf Toxizität, auf Anhaltspunkte für krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften uä.
116
VwSlgNF 12.878 A/1989 = ZfVB 1989/1938; VwGH ZfVB 1984/814; 1984/1910; VwSlgNF 7615 A/1969; Attlmayr, Das Recht des Sachverständigen im Verwaltungsverfahren, 1997; derselbe, Das Gutachten des Sachverständigen, in: Attlmayr/ Walzel von Wiesentreu (Hrsg), Handbuch des Sachverständigenrechts. Praxisleitfaden für das Verwaltungsverfahren (2006) mwN.
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In besonderen Fällen kann die Grundprüfung entfallen. Dies gilt bei bereits ordnungsgemäß angemeldeten Stoffen sowie bei Stoffen, bei welchen eine Prüfung ganz oder teilweise technisch nicht möglich ist. b) Anmeldung Die Anmeldung eines neuen Stoffes erfolgt schriftlich. Das ChemG 1996 listet erschöpfend den Inhalt der Anmeldung und der Anmeldeunterlagen in § 6 auf. Weiters konkretisiert die Chem-AnmV die Anmeldeunterlagen. Im wesentlichen sind dies Angaben zum Anmeldepflichtigen und Hersteller, zum Produktionsstandort, zu den wesentlichen Eigenschaften des Stoffes, insbesondere zu seinen möglichen schädigenden Wirkungen, zur voraussichtlich in Verkehr gebrachten Menge, zu Sicherheitsvorkehrungen sowie zur Behandlung des Stoffes und entstehender Folge- und Umwandlungsprodukten als Abfall samt Analysemethoden zum Nachweis dieser Produkte. Die Ergebnisse der Grundprüfung sind ein Teil dieser Anmeldeunterlagen und damit ebenso vorzulegen, wie eine zusammenfassende Auswertung, welche als Vorschlag einer Risikobewertung ausgeführt sein kann. Das ChemG 1996 iVm der Chem-AnmV sieht für bestimmte neue Stoffe und Polymere Anmeldeerleichterungen vor. Diese Erleichterungen bestehen im Entfall der ansonst geforderten Angaben, Unterlagen und Prüfnachweise. Die Art und der Umfang dieser Anmeldeerleichterungen ist gemäß § 8 Abs 1 ChemG 1996 in einer V näher zu bestimmen. Hierzu ist anzumerken, dass die Verordnungsermächtigung die Ausgestaltung der Anmeldeerleichterungen nicht näher determiniert und somit dem Verordnungsgeber einen sehr weiten Spielraum eröffnet, der durch § 6 Chem-AnmV und Anlage 1, Teil D zu dieser V ausgefüllt wurde. § 8 ChemG 1996 normiert lediglich eine Grenze, bis zu der neue Stoffe oder Polymere Erleichterungen unterliegen, nicht jedoch die übrige Art und Weise der Anmeldeerleichterung. Damit erscheint die Verordnungsermächtigung verfassungsrechtlich im Hinblick auf Art 18 B-VG nicht unproblematisch. Weiters listet § 9 ChemG 1996 eine Reihe von Ausnahmen von der Anmeldepflicht auf. Ausgenommen von der Anmeldepflicht sind Polymere, sofern sie nicht zwei Masseprozent oder mehr eines nicht im Europäischen Altstoffverzeichnis angeführten Stoffes in gebundener Form enthalten, neue Stoffe, die bloß zur Durchführung einer gesetzlich geforderten Prüfung oder eines gesetzlichen Zulassungsverfahrens an die zuständigen Behörden abgegeben werden, neue Stoffe, die in der Wissenschaft eingesetzt werden und bestimmte Voraussetzungen des Abs 3 erfüllen, nachgemeldete und gemäß § 5 ChemG 1987 gemeldete Stoffe, sofern keine Anmeldung gefordert ist. Das Einlangen einer Anmeldung ist gemäß § 11 Abs 1 ChemG 1996 dem Anmeldepflichtigen von der Anmeldebehörde unverzüglich zu bestätigen. Dieser Bestätigung geht eine Prüfung der Anmeldeunterlagen auf ihre Vollständigkeit und Fehlerhaftigkeit voraus. Sind die Unterlagen vollständig und fehlerfrei, so ist das Einlangen der Anmeldeunterlagen innerhalb von 60 Tagen (bei erleichterter Anmeldung 30 Tage) zu bestätigen. Sofern die Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind, fordert die Behörde den Anmeldepflichtigen auf, die Unterlagen zu ergänzen oder zu berichtigen. Mit Einlagen dieser Ergänzungen oder Berichtigungen erfolgt die Frist zur Bestätigung von neuem.
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c) Rechtswirkungen der Anmeldung Mit dem Verstreichen der Frist von 60 (bzw 30 Tagen), ohne dass die Behörde Ergänzungen oder Berichtigungen verlangt hat, darf der neue Stoff rechtmäßig in Verkehr gesetzt werden. Es dürfen nur Stoffe in jener chemischen Beschaffenheit in Verkehr gebracht werden, welche der Anmeldebehörde bei der Anmeldung bekannt gegeben wurde (Identität des angemeldeten Stoffes). Eine Änderung der Beschaffenheit des jeweiligen Stoffes nach der Anmeldung löst eine neuerliche Anmeldung aus (§ 12 Abs 2 ChemG 1996).117 Sofern eine erleichterte Anmeldung vor Ablauf der 30-Tagesfrist bestätigt wurde, darf er ab Erhalt der Bestätigung, frühestens 15 Tage nach Einlangen aller erforderlichen Unterlagen in Verkehr gesetzt werden. Sind mit der Anmeldung neuer Stoffe Prüfungen oder Bewertungen im Zusammenhang mit gefährlichen Eigenschaften vorzunehmen, hat die Anmeldebehörde die Anmeldeunterlagen dem Bundeskanzler zur entsprechenden Prüfung und Bewertung zu übermitteln. An die Stellungnahme des Bundeskanzlers ist die Anmeldebehörde gebunden. Besteht für den Stoff ein generelles Verbot oder eine Beschränkung gemäß § 17 Abs 1 und 2 ChemG 1996, so hat dies die Anmeldebehörde hierüber einen Feststellungsbescheid zu erlassen (§ 11 Abs 6 ChemG 1996).
4. Anmeldepflicht für gemeldete und nachgemeldete Stoffe Gemäß § 15 ChemG 1996 sind nachgemeldete oder gemäß § 5 ChemG 1987 vor dem 1.1.1995 gemeldete Stoffe anzumelden, wenn dieser Stoff • in einen anderen EWR-Vertragsstaat als Österreich verbracht wird oder • ab 1.1.1995 zwar ausschließlich in Österreich aber in Mengen von mehr als 1 t jährlich in Verkehr gesetzt wird. In diesem Fall ist die Anmeldung unverzüglich vorzunehmen, auch wenn Unterlagen oder Prüfnachweise noch fehlen. Die Behörde hat sodann eine Frist von höchstens neun Monaten zur Beibringung der fehlenden Unterlagen festzusetzen.
D. Einstufung von Chemikalien 1. Allgemeines Der für das Inverkehrsetzen von Stoffen oder Zubereitungen Verantwortliche ist verpflichtet, Nachforschungen über mögliche gefährliche Eigenschaften dieser Chemikalien zu unternehmen. Liegen eine oder mehrere gefährliche Eigenschaften vor, so hat er die betreffenden Stoffe oder Zubereitungen entsprechend einzustufen. Den chemikalienrechtlichen Verantwortlichen nach § 27 ChemG 1996 treffen somit zum einen die Nachforschungspflicht nach allen für die Einstufung von gefährlichen Chemikalien erforderlichen Informationen und die Einstufungspflicht. Die Einstufung von Stoffen und Zubereitungen nach ihren gefährlichen Eigenschaften stellt den zentralen Ausgangspunkt für das chemikalienrechtliche 117
Dies gilt nicht für Änderungen der vorgesehenen Verwendungszwecke uä; hierbei greifen jedoch Mitteilungs- und Produktbeobachtungspflichten (§ 12 Abs 3 ChemG 1996).
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Vorsorge- und Schutzsystem dar. Es umfasst alle - neue wie alte - Stoffe und Zubereitungen. Die Einstufung ist wesentliche Voraussetzung für Kennzeichnungen, Sicherheits- und Warnhinweise udgl.
2. Chemikalienrechtlicher Verantwortlicher Für Einstufung und Nachforschung sind die nach § 27 ChemG 1996 „chemikalienrechtlichen Verantwortlichen“ zuständig. Als solcher Verantwortlicher kommt in Betracht: • der Hersteller, • der Vertreiber, welcher gemäß § 24 Abs 1 Z 2 in der Kennzeichnung aufscheint; • jeder im Inland niedergelassene Vertreiber, der den Stoff, die Zubereitung oder die Fertigware in das Inland verbringt oder sonst aus dem Ausland bezieht. Den chemikalienrechtlichen Verantwortlichen treffen im Wesentlichen fünf Pflichten für das Inverkehrsetzen von Chemikalien: • Produktbeobachtungspflicht nach § 19 ChemG 1996, • Nachforschungs- und Einstufungspflicht nach § 21 ChemG 1996, • Verpackungspflicht nach § 23 ChemG 1996, • Kennzeichnungspflicht nach § 24 ChemG 1996 sowie • Inhaltliche Richtigkeit der Angaben im Sicherheitsdatenblatt nach § 25 ChemG 1996.
3. Nachforschungspflicht Die Nachforschungspflicht geht der Pflicht zur Einstufung von Chemikalien voraus. Sie ist eine logische Vorstufe zur Einstufung nach den gefährlichen Eigenschaften gemäß § 3 ChemG 1996. Gemäß Art 6 Stoff-RL haben Hersteller, Vertreiber und Einführer gefährlicher Stoffe, welche zwar nicht in Anhang I der Stoff-RL aufgenommen, jedoch im EINECS aufgeführt sind, Nachforschungen anzustellen, um sich die einschlägigen und zugänglichen Angaben zu den Eigenschaften dieser Stoffe zu verschaffen. Die hierdurch gewonnenen Informationen sollen dazu dienen, dass diese Stoffe den Vorschriften entsprechend verpackt und gekennzeichnet werden.
4. Einstufung Die Einstufung ist jener Vorgang, in welchem festgestellt wird, ob und wenn ja, welche gefährlichen Eigenschaften iSd § 3 Abs 1 ChemG 1996 ein Stoff oder eine Zubereitung hat.118 Die konkrete Ausgestaltung der Einstufung erfolgt durch § 21 ChemG 1996 iVm der ChemV. Bei der Einstufung von Chemikalien ist grundsätzlich das Vorsorgeprinzip zu beachten, das dem Umstand Rechnung trägt, dass bei manchen Stoffen und Zubereitungen erst nach längerer Zeit ihre Gefährlichkeit bekannt wird und bereits die ersten wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse auf eine bestimmte Gefährlichkeit zumindest in Form einer entsprechenden Einstufung und Kenn-
118
Ulrich (FN 17) 208.
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zeichnung ihren Niederschlag finden sollen.119 Insofern besteht eine permanente Anpassungspflicht der Einstufung entsprechend der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Die Einstufung neuer Stoffe erfolgt im Rahmen der Grundprüfung (siehe oben II.C.3.a), jene alter Stoffe und Zubereitungen erfolgt dagegen nach mehreren zulässigen Einstufungsvarianten: • Listenprinzip: die Einstufung ist amtlichen Listen (zB EU-Hauptstoffliste nach Anhang I zur Stoff-RL, Stoffliste der horizontalen Lösung nach Anlage A zum EU-Beitrittsvertrag, Österreichische Giftliste) zu entnehmen. • Definitionsprinzip: Sofern ein Stoff aufgrund eigener Prüfergebnisse oder anderer Erkenntnisse, oder, wenn es sich um eine Zubereitung handelt, nach dem Berechnungsverfahren ein Stoff oder eine Zubereitung eine oder mehrere der definierten gefährlichen Eigenschaften zuzuordnen ist, hat der Verantwortliche einen Stoff oder Zubereitung als gefährlich einzustufen. Allgemeine Leitlinien zur Einstufung nach dem Definitionsprinzip enthalten Anhang VI zur Stoff-RL sowie Anhang B zur ChemV. Diese Methode findet Anwendung auf alle nicht eingestuften oder neuen Stoffe und Zubereitungen. • Berechnungsverfahren: Aufgrund einzelner Stoffbestandteile einer Zubereitung und deren Einstufung erfolgt eine Hochrechnung auf die Zubereitungseigenschaften. Die hierfür maßgeblichen Rechtsquellen sind die Zubereitungs-RL sowie Anhang B Teil 2 bis 4 zur ChemV. Die einzelnen Verfahren stehen zueinander in einem Rangverhältnis. Sofern die Einstufung eines Stoffes oder einer Zubereitung bereits durch Verordnung gemäß § 21 Abs 7 ChemG 1996 oder gemäß § 36 ChemG 1996 (Giftliste) vorgegeben, oder mit Bescheid gemäß § 18 ChemG 1996 festgesetzt, erübrigen sich weitere Nachforschungen. Die Einstufung wird dann nach diesen Vorgaben eingestuft (§ 21 Abs 5 ChemG 1996).
5. Bekanntgabe der Einstufungsdaten § 22 ChemG 1996 verpflichtet den Verantwortlichen, die Einstufungsdaten und Nachforschungsergebnisse den Überwachungsorganen (Chemikalieninspektoren) bekannt zu geben. Hierdurch soll die Behörde iSd Zielsetzungen des ChemG 1996 die vom jeweiligen Verantwortlichen vorgenommene Einstufung auf ihre Richtigkeit hin überprüfen können.
E. Regulierung verbrauchsintensiver Produkte (Wasch- und Reinigungsmittel) 1. Bisherige Rechtslage Unter dem Titel der besonderen Bestimmungen über die Umweltverträglichkeit von verbrauchsintensiven Produkten normierte das ChemG 1996 in §§ 29 ff Regelungen über Wasch- und Reinigungsmittel,120 welche als „Stoffe und Zubereitungen, die zur Reinigung bestimmt sind oder bestimmungsgemäß die 119 120
Ulrich (FN 17) 207 f; zur Bedeutung des Vorsorgeprinzips im Hinblick auf die Einstufung von Chemikalien vgl VfSlg 13635/1993 (S 635). Dazu auch Feierl (FN 25) 22.
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Reinigung unterstützen, und erfahrungsgemäß in die Gewässer gelangen“ definiert wurden (§ 29 Abs 1 ChemG 1996 idF BGBl 2001/108). Weiters fielen hierunter Stoffe und Zubereitungen, deren Zusammensetzung speziell auf das Zusammenwirken von Reinigungsvorgängen abgestellt waren und außer den Hauptbestandteilen im allgemeinen ergänzende Bestandteile, wie Zusatzstoffe, Stellmittel, Streckmittel oä enthielten (§ 29 Abs 2 ChemG 1996 idF BGBl 2001/108). Nicht dem Regime der besonderen Bestimmungen über die Umweltverträglichkeit von verbrauchsintensiven Produkten unterlagen Wasch- und Reinigungsmittel, die ausschließlich zu Forschungs- und Analysezwecken ua Zwecken gemäß § 29 Abs 3 ChemG 1996 idF BGBl 2001/108 in Verkehr gesetzt werden. Diese Bestimmungen wurden mit der Schaffung einer gemeinschaftsrechtlichen Regulierung verbrauchsintensiver Chemikalien in der Detergenzien-V (EG) 648/2004 obsolet. Die Novelle BGBl I 2004/98 ersetzte sie daher durch Vorschriften zur Sicherstellung der seit dem 8. Dezember 2005 europarechtlich verpflichtenden Vollziehung und Überwachung der Detergenzien-V in Österreich sicher zu stellen.121
2. Rechtslage nach Inkrafttreten der Detergenzien-V a) Begriff des Detergens Als „Detergens“ definiert Art 2 Z 1 Detergenzien-V einen Stoff oder eine Zubereitung, welcher/welche Seifen und/oder andere Tenside enthält und für Wasch- und Reinigungsprozesse bestimmt ist. Sie können unterschiedliche Formen haben und für Haushaltszwecke der institutionelle oder industrielle Zwecke vertrieben oder verwendet werden. Waschhilfsmittel, Wäscheweichspühler, Putzmittel oder anderer Wasch- und Reinigungsmittel für alle anderen Wasch- und Reinigungsprozesse (Art 2 Z 2 1.-4. Spiegelstrich Detergenzien-V). Diese Definition wurde mit dem Zusatz „Wasch- und Reinigungsmittel“ nahezu wörtlich in § 2 Abs 16 ChemG 1996 übernommen.122 Die Detergenzien-V definiert in Art 2 Z 1-12 die Begriffe „Waschen“, „Reinigung“, „Stoff“, „Zubereitung“, „Tensid“, „primäre Bioabbaubarkeit“, „vollständige aerobe Bioabbaubarkeit“, „Inverkehrbringen“, „Hersteller“, „medizinisches Personal“ sowie „Detergens für den industriellen und institutionellen Bereich“. Die Begriffe „Stoff“, „Zubereitung“, „Hersteller“ des § 2 ChemG 1996 sind daher im Zusammenhang mit Detergenzien durch das direkt anzuwendende Gemeinschaftsrecht verdrängt worden.
b) Inverkehrbringen von Detergenzien Begriff: Als Inverkehrbringen definiert Art 2 Z 9 Detergenzien-V die Einführung in den Gemeinschaftsmarkt und damit die entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung für Dritte. Die Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft gilt als Inverkehrbringen. Das Inverkehrbringen von Detergenzien sowie der für Detergenzien bestimmten Tenside richtet sich nach den Bedingungen, Besonderheiten und Beschränkungen der Detergenzien-V und ihrer Anhänge, sowie jenen der RL 98/8/EG, soweit diese einschlägig ist (Art 3 Abs 1 Detergen121 122
474 BlgNR 22. GP zu Z 33 (§ 29 ChemG 1996). 474 BlgNR 22. GP zu Z 1 (§ 2 ChemG 1996).
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zien-V). Die Hersteller von Detergenzien bzw von für Detergenzien bestimmten Tensiden - hierunter fallen insbesondere Produzenten, Importeure, Abfüller usw (siehe Art 2 Z 10 Detergenzien-V) - müssen in der Gemeinschaft niedergelassen sein (Art 3 Abs 2 Detergenzien-V). Sie sind für die Übereinstimmung der Detergenzien bzw der für Detergenzien bestimmten Tenside mit den Bestimmungen der Detergenzien-V verantwortlich (Art 3 Abs 3 Detergenzien-V). Inverkehrbringen von Tensiden: § 30 Abs 1 ChemG 1996 erlaubt das Inverkehrsetzen von Detergenzien nur dann, wenn sie den Bestimmungen der Detergenzien-V entsprechen.123 Art 4 Abs 1 Detergenzien-V erlaubt das Inverkehrbringen von Tensiden als solche und den in Detergenzien enthaltenen Tensiden, wenn sie den für die vollständige aerobe Bioabbaubarkeit des Anhanges III entsprechen. Anhang III normiert die Methoden zur Prüfung der vollständigen Bioabbaubarkeit (Mineralisierung) von Tensiden in Detergenzien. Sie gelten demnach als biologisch abbaubar, wenn die auf Grundlage eines von fünf in Anhang III aufgelisteten Prüfverfahren gemessene Rate der biologischen Abbaubarkeit (Mineralisierung) innerhalb von 28 Tagen mindestens 60% beträgt. Liegt der Grad der vollständigen aeroben Bioabbaubarkeit eines Tensides, das in einem Detergens enthalten ist, unter dem in Anhang III bestimmten Wert, kann der Hersteller von Detergenzien für den industriellen oder institutionellen Bereich, die Tenside enthalten bzw von Tensiden, die für solche Detergenzien bestimmt sind, eine Ausnahme beantragen (Art 4 Abs 2 Detergenzien-V). Diese Ausnahme kann nicht genehmigt werden, wenn die für alle Tenside in Detergenzien, welche die Prüfungen zur vollständigen aeroben Bioabbaubarkeit nicht bestanden haben, gemessene Rate der primären Bioabbaubarkeit unter dem in Anhang II festgelegten Wert liegt (Art 4 Abs 3 Detergenzien-V). Ausnahmegenehmigung für Tenside, die in Detergenzien enthalten sind, deren Grad der vollständigen aeroben Bioabbaubarkeit unter dem in Anhang III bestimmten Wert liegen: Art 5 und 6 Detergenzien-V regeln das Verfahren der Ausnahmegenehmigung näher. Der entsprechende Antrag wird an die im jeweiligen Mitgliedstaat zuständige Behörde - in Österreich an den BMLFUW (§ 29 ChemG 1996) - gerichtet (Art 5 Abs 1 Detergenzien-V). Diesen Anträgen sind technische Unterlagen mit sämtlichen Informationen und Begründungen, die zur Bewertung der Sicherheitsaspekte in Bezug auf die spezifische Verwendung von Tensiden in solchen Detergenzien erforderlich sind, die den in 123
Diese Bestimmung erscheint überflüssig, da die Detergenzien-V unmittelbar anwendbar ist und keinen wie immer gearteten Umsetzungsakt benötigt. Die EB zu dieser Bestimmung (474 BlgNR 22. GP, zu Z 34 [§ 30 ChemG 1996]) führen aus, dass die Detergenzien-V die Mitgliedstaaten verpflichtet, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, dass Detergenzien und Tenside, die nicht der genannten V entsprechen, nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Mit § 30 Abs 1 ChemG 1996 würde die diesbezügliche Anordnung festgelegt werden. Diese Erläuterungen sind mE nicht überzeugend, da § 30 Abs 1 leg cit nur zT auf die Detergenzien-V verweist, zT deren Inhalt wiederholt. Denkt man sich § 30 Abs 1 weg, würde man zu keinem anderen Ergebnis als der unmittelbaren Anwendbarkeit der V kommen. Hier scheint der nationale Gesetzgeber vielmehr seine ehemalige Kompetenz zur Regulierung von Waschmitteln zumindest pro forma aufrechtzuerhalten wollen, wo er sie an die Gemeinschaft verloren hat.
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Anhang III festgelegten Mindestwerten für die biologische Abbaubarkeit nicht entsprechen, beizulegen. Ferner müssen die technischen Unterlagen die Informationen und Ergebnisse der in Anhängen II und IV beschriebenen Prüfungen enthalten (Art 5 Abs 2 Detergenzien-V). Diese Anträge sind von der zuständigen Behörde zu prüfen und zu bewerten, wobei sie die Kommission binnen sechs Monaten ab Einlangen eines vollständigen Antrages über die Ergebnisse unterrichten müssen (Art 5 Abs 3 Detergenzien-V). Die zuständige Behörde kann hierbei binnen drei Monaten ab Einlangen eines Ausnahmegenehmigungsantrages weitere Informationen, Verifikations- und/oder Bestätigungstests für die gegenständlichen Stoffe, Zubereitungsprodukte oder ihre Umwandlungsprodukte anfordern um das Risiko solcher Stoffe bzw Zubereitungen bewerten zu können. Die Sechsmonatsfrist zur Unterrichtung der Kommission beginnt erst, wenn das Dossier entsprechend vervollständigt ist. Erbringt der Antragsteller die zusätzlichen Informationen und Tests nicht innerhalb von zwölf Monaten, wird der Antrag als unvollständig und ungültig betrachtet (Art 5 Abs 3 Detergenzien-V). Auf Grundlage der in den Mitgliedstaaten durchgeführten Bewertungen entscheidet die Kommission binnen zwölf Monaten (im Falle des Art 5 Abs 4 und 6 des Beschlusses 1999/468/EG binnen 18 Monaten) nach Erhalt der Bewertung aus dem Mitgliedstaat über eine Ausnahmegenehmigung. Je nach Ergebnis der ergänzenden Risikobewertung des Anhanges IV kann in der Erteilung der Ausnahmegenehmigung das Inverkehrbringen und Verwenden von Tensiden als Bestandteil von Detergenzien erlaubt, beschränkt oder stark eingeschränkt werden. Es kann auch eine Frist zur Einstellung des Inverkehrbringens oder Verwendens solcher Tenside als Bestandteil von Detergenzien festgelegt werden (Art 5 Abs 5 Detergenzien-V). Ein Verzeichnis der Tenside, für die eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, ist gemäß Art 5 Abs 6 Detergenzien-V von der Kommission zu veröffentlichen. Bedingungen für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung: Gemäß Art 6 Abs 1 Detergenzien-V kann eine Ausnahmegenehmigung aufgrund folgender Kriterien erteilt werden: • Verwendung in weniger verbreiteten Anwendung und nicht in weit verbreiteten Abwendungen; • Verwendung ausschließlich in speziellen industriellen und/oder institutionellen Anwendungen; • das Risiko für Umwelt und Gesundheit durch Umfang der Verkäufe und die Verwendungsgepflogenheiten in der Gemeinschaft ist gemessen am sozioökonomischen Nutzen einschließlich Nahrungsmittelsicherheit und Hygienestandards gering. Das betreffende Tensid kann weiterhin in Verkehr gebracht werden, auch wenn noch keine Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung gefallen ist, wenn der Hersteller belegen kann, dass das Tensid bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Detergenzien-V auf dem Gemeinschaftsmarkt verwendet wurde und der Antrag auf Ausnahmegenehmigung innerhalb von zwei Jahren ab diesem Zeitpunkt gestellt wurde (Art 6 Abs 2 Detergenzien-V). Die Verweigerung einer Ausnahmegenehmigung hat innerhalb von zwölf Monaten (18 Monaten im Falle des Art 5 Abs 4 und 6 des Beschlusses 1999/468/EG) nach Erhalt der in Art 5 Abs 3 Detergenzien-V genannten Be-
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wertung aus einem Mitgliedstaat zu erfolgen (Art 6 Abs 3 Detergenzien-V). Es kann für die Einstellung des Inverkehrbringens und der Verwendung eines solchen Tensids eine Übergangszeit festgesetzt werden, die nicht länger als zwei Jahre, gerechnet ab Entscheidung durch die Kommission, sein darf (Art 6 Abs 3 Detergenzien-V). Die Kommission hat in Anhang VI das Verzeichnis der Tenside zu veröffentlichen, bei denen festgestellt wurde, dass sie nicht der Detergenzien-V entsprechen (Art 6 Abs 4 Detergenzien-V). Prüfung von Tensiden: Die in Art 3 und 4 sowie in den Anhängen II, III, IV und VIII genannten Prüfungen sind in Übereinstimmung mit den in Anhang I Nr 1 bezeichneten Normen124 und gemäß den Prüfungsanforderungen nach Art 10 Abs 5 V (EWG) 793/93 durchzuführen (Art 7 Detergenzien-V). Es ist zu diesem Zweck ausreichend, die EN ISO/IEC-Norm oder die Grundsätze der Guten Laborpraxis einzuhalten, es sei denn die Grundsätze der Guten Laborpraxis sind zwingend vorgeschrieben (Art 7 Detergenzien-V). Bei der Verwendung von Tensiden in Detergenzien, die vor Inkrafttreten der genannten Norm in Verkehr gebracht wurden, können bereits durchgeführte Prüfungen von Fall zu Fall anerkannt werden, wenn sie unter Nutzung der besten verfügbaren Kenntnisse und gemäß einem den Normen des Anhanges I vergleichbaren Standard durchgeführt wurden (Art 7 Detergenzien-V). Zweifels- und Streitfragen sind der Kommission zur Entscheidung vorzulegen (Art 7 DetergenzienV). Ausschussverfahren: Die Kommission wird gemäß Art 12 Detergenzien-V von einem Ausschuss unterstützt. Diesem Ausschuss obliegt die Anpassung der Anhänge der Detergenzien-V (Art 13 Detergenzien-V).
Untersagungs-, Beschränkungs- und Behinderungsverbot: Art 14 Detergenzien-V untersagt es den Mitgliedstaaten, das Inverkehrbringen von Detergenzien und/oder Tensiden für Detergenzien, die den Anforderungen der Detergenzien-V entsprechen, aus Gründen, die Gegenstand dieser Verordnung sind, untersagen, beschränken oder behindern. Für die Verwendung von Phosphaten in Detergenzien können freilich die Mitgliedstaaten nach dieser Vorschrift bis zu einer weitergehenden Harmonisierung diesbezügliche einzelstaatliche Regelungen beibehalten bzw erlassen. Wenn ein Mitgliedstaat jedoch berechtigten Grund zur Annahme hat, dass ein bestimmtes Detergens trotz Einhaltung der Vorschriften der Detergenzien-V für die Sicherheit oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren oder ein Risiko für die Umwelt darstellt, so kann er das Inverkehrbringen dieses Detergens in seinem Hoheitsgebiet vorläufig untersagen oder besonderen Bedingungen unterwerfen (Art 15 Abs 1 Detergenzien-V). In diesem Fall hat der Mitgliedstaat seine Entscheidung den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission unverzüglich mitzuteilen. Nach Konsultierung der Mitgliedstaaten oder gegebenenfalls des zuständigen technischen oder wissenschaftlichen Ausschusses der Kommission ist innerhalb von 90 Tagen nach dem in Art 12 Abs 2 Detergenzien-V genannten
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Anhang I Nr 1 lautet: „1. Auf Ebene der Labors anzuwendende Normen: EN ISO/IEC 17025, Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien. Richtlinie 2004/10/EG. Richtlinie 86/609/EWG.“ (Hervorhebungen im Original).
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Ausschussverfahren über die Angelegenheit zu entscheiden (Art 15 Abs 2 Detergenzien-V). Überprüfung: Art 16 Detergenzien-V sieht vor, dass bis zum 8. April 2007 die Kommission eine Bewertung über die Verwendung von Phosphaten im Hinblick auf die schrittweise Einstellung oder Beschränkung ihrer Verwendung durchführen, einen diesbezüglichen Bericht und legislativen Vorschlag vorlegen wird. Bis zum 8. April 2009 hat die Kommission die Anwendung der Detergenzien-V zu überprüfen, wobei sie insbesondere die biologische Abbaubarkeit von Tensiden berücksichtigt. Sie wird einen diesbezüglichen Bericht und gegebenenfalls einen Legislativvorschlag zur Regelung des anaeroben biologischen Abbaus und des biologischen Abbaus der wichtigsten organischen Inhaltsstoffe von Detergenzien, die nicht zu den Tensiden gehören, vorlegen (Art 16 Abs 2 Detergenzien-V).
c) Herstellerpflichten Informationspflichten: Hersteller, die Stoffe und Zubereitungen, für welche die Detergenzien-V gilt, in Verkehr bringen, haben umfangreiche Informationspflichten einzuhalten. Sie müssen gemäß Art 9 Abs 1 Detergenzien-V für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bereithalten: • Informationen über ein oder mehrere Ergebnisse der Prüfungen nach Anhang III; Für diejenigen Tenside, welche die nach Anhang III vorgeschriebenen Prüfungen nicht bestanden haben und für welche ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung nach Art 5 Detergenzien-V gestellt wurde: • technische Unterlagen über die Ergebnisse der nach Anhang II vorgeschriebenen Prüfungen,125 • technische Unterlagen über die Ergebnisse der nach Anhang IV vorgeschriebenen Prüfungen und Angaben.126 Verantwortlichkeit für Durchführung einschlägiger Prüfungen und Dokumentation: Für die in Verkehr gebrachten Stoffe und/oder Zubereitungen ist der Hersteller betreffend die korrekte Durchführung der einschlägigen Prüfungen verantwortlich (Art 9 Abs 2 Detergenzien-V). Er muss zudem über eine Dokumentation der durchgeführten Prüfungen verfügen, welche zum Nachweis der Übereinstimmung mit der Detergenzien-V und als Beleg dafür, dass er die Eigentumsrechte in Bezug auf die Prüfergebnisse, ausgenommen jener, welche bereits frei zugänglich sind, nutzen darf (Art 7 Abs 2 Detergenzien-V). Bereitstellung des Datenblatts für medizinisches Personal: Hersteller, die Zubereitungen, für die die Detergenzien-V gilt, in Verkehr bringen, haben auf Anfrage unverzüglich und kostenfrei allen Angehörigen medizischen Personals ein Datenblatt zur Verfügung zu stellen, in dem alle Inhaltsstoffe nach Anhang VII Abschnitt C verzeichnet sind, zur Verfügung zu stellen (Art 9 Abs 3 Detergenzien-V). Hiervon ist das Recht eines Mitgliedstaats unberührt, zu fordern, dass ein solches Datenblatt einer öffentlichen Stelle, die mit der 125
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Anhang II Detergenzien-V betrifft die Methoden zur Prüfung der primären Bioabbaubarkeit von Tensiden in Detergenzien. Er enthält ein Verzeichnis gemeinsamer Prüfmethoden für alle Tensidklassen und führt in Abschnitten A bis D die spezifischen Prüfverfahren für die einzelnen Tensid-Klassen auf. Anhang IV Detergenzien-V betrifft die ergänzende Risikobewertung für Tenside in Detergenzien.
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Aufgabe betraut ist, medizinisches Personal mit diesen Informationen zu versorgen, zur Verfügung gestellt wird (Art 9 Abs 3 Detergenzien-V). Gemäß § 33 ChemG 1996 halten chemikalienrechtlich Verantwortliche iSd § 27 ChemG 1996 solche Datenblätter über Detergenzien für die Information der Vergiftungsinformationszentrale des Österreichischen Bundesinstitutes für Giftwesen bereit und übermitteln dieser das Datenblatt auf Anfrage. Diese bereitgestellten Informationen sind vertraulich zu behandeln und dürfen nur für medizinische Zwecke verwendet werden (Art 9 Abs 3 Detergenzien-V). d) Vollziehung der Detergenzien-V durch innerstaatliche Vorschriften Die Detergenzien-V enthält eine Reihe von Pflichten der Mitgliedstaaten, welchen Österreich durch die Novellierung der §§ 29 ff ChemG 1996 nachgekommen ist. Zunächst bestimmt § 29 ChemG 1996 den BMLFUW als die für die Vollziehung der Detergenzien-V zuständige Behörde. Gemäß § 30 Abs 3 ChemG 1996 kann der BMLFUW unter Bedachtnahme auf die Ziele dieses Gesetzes sowie auf die Bestimmungen der Detergenzien-V im Einvernehmen mit dem BMWA nähere Bestimmungen über die Kennzeichnung von Detergenzien sowie über die Abgabe von Dosierungsempfehlungen, die Beigabe von Messbechern oder die Ausrüstung mit Dosiereinrichtungen erlassen. Bei der Erlassung dieser Vorschriften ist auf den jeweiligen Stand der Technik iSd § 2 Abs 15 ChemG 1996 Bedacht zu nehmen. Die Möglichkeit, nähere Kennzeichnungsbestimmungen für Detergenzien zu schaffen, entspricht der in der Detergenzien-V festgelegten Berechtigung, die Anbringung einer allfälligen Kennzeichnung in der jeweiligen Amtssprache zu verlangen.127 Die Verordnungsermächtigung zur näheren Regelung der Kennzeichnung und Dosierung von Wasch- und Reinigungsmitteln entspricht der bisher in § 34 Abs 2 ChemG 1996 enthaltenen Ermächtigung.128 § 30 Abs 4 ChemG 1996 verpflichtet Wasserversorgungsunternehmen, ihren Wasserabnehmern und - sofern diese nicht zugleich Wasserabnehmer sind den Wasserletztverbrauchern auf Anfrage, mindestens aber einmal jährlich, den Härtegrad des Wassers in deutschen Härtegraden bekannt zu geben. Wenn es aus technischen Gründen nicht anders möglich ist, ist bloß eine Bandbreite der zu erwartenden Wasserhärte in deutschen Härtegraden bekannt zu geben. Diese, vom Gesetzgeber als „bewährte Verpflichtung“129 qualifizierte Regelung, entspricht der bisherigen Rechtslage. § 31 ChemG 1996 legt Rolle und Vorgangsweise des BMLFUW in dem in Art 5 Detergenzien-V vorgesehenen Bewilligungsverfahren von Ausnahmegenehmigungen von den in Art 4 Detergenzien-V Beschränkungen für bestimmte Tenside fest.130 Im Wesentlichen fasst § 31 ChemG 1996 Art 5 Abs 3 S 1 Detergenzien-V zusammen. Demnach prüft dieser Bundesminister die Anträge „hinsichtlich der in Art. 6 [der Detergenzien-V] festgelegten Bedingungen und
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Siehe Art 11 Abs 5 Detergenzien-V; 474 BlgNR 22. GP zu Z 34 (§ 30 ChemG 1996). 474 BlgNR 22. GP zu Z 34 (§ 30 ChemG 1996). 474 BlgNR 22. GP zu Z 34 (§ 30 ChemG 1996). 474 BlgNR 22. GP zu Z 35 (§ 31 ChemG 1996).
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informiert die Europäische Kommission binnen sechs Monaten nach Eingang eines vollständigen Antrages über die Ergebnisse der Prüfung“. § 32 Abs 1 ChemG 1996 ermöglicht dem BMLFUW zum Schutz der Umwelt von Gefahren oder Belastungen durch Inhaltsstoffe von Detergenzien, wenn dies nach dem Stand der Technik iSd § 2 Abs 15 ChemG 1996 und gemäß der Detergenzien-V erforderlich ist, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit für bestimmte Inhaltsstoffe von Detergenzien oder bestimmte Tenside iSd Art 2 Abs 6 Detergenzien-V mit Verordnung Beschränkungen vorzusehen oder Inhaltsstoffe zu bezeichnen und für diese Inhaltsstoffe Höchstmengen in Detergenzien festzusetzen. Zudem kann in dieser Verordnung auch das zur Bestimmung der betroffenen Inhaltsstoffe anzuwendende Verfahren festgelegt werden (§ 32 Abs 2 ChemG 1996). Hinsichtlich des in Art 9 Detergenzien-V vorgesehenen Datenblattes bestimmt § 33 ChemG 1996, dass die chemikalienrechtlichen Verantwortlichen gemäß § 27 Abs 1 ChemG 1996 ein solches Datenblatt für die Information der Vergiftungsinformationszentrale des Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen bereithalten müssen und es dieser auf Anfrage übermitteln müssen. Art 7 Detergenzien-V verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Führung von Listen über alle Labors, welche die Prüfung von Tensiden nach den Vorschriften der Detergenzien-V und ihrer Anhänge vornehmen und entweder die Grundsätze der Guten Laborpraxis einhalten und überwacht werden oder nach den einschlägigen Normen EN ISO/IEC 17025 arbeiten und akkreditiert sind (EN 45003).131 Gemäß § 34 Abs 1 ChemG 1996 hat der BMLFUW ein solches Verzeichnis anerkannter Labors, die den Anforderungen des IV. Abschnittes des ChemG 1996 (§§ 50 ff leg cit) oder des Punktes 1 des Anhanges I Detergenzien-V entsprechen. Er hat dieses Verzeichnis den anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission mitzuteilen. Hinsichtlich der Aufnahme in dieses Verzeichnis legt § 34 Abs 2 ChemG 1996 fest, dass jene Labors aufzunehmen, die dem BMLFUW nachgewiesen haben, dass sie die in Abs 1 festgelegten Anforderungen erfüllen.
F. Kennzeichnungspflicht 1. Allgemeines Gefährliche Stoffe und Zubereitungen sind im Hinblick auf ihre Eigenschaften (§ 3 ChemG 1996, dazu oben I.A.6.) zu kennzeichnen. Diese Kennzeichnung ist Voraussetzung für das Inverkehrsetzen von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen. Die Kennzeichnungsvorschriften entstammen weitgehend dem Gemeinschaftsrecht. § 24 ChemG 1996, der die Kennzeichnungspflicht normiert, setzt insbesondere die Art 23 bis 25 Stoff-RL sowie Art 7 Zubereitungs-RL um. Dabei ist aber das österreichische Recht weitergehend als das Gemeinschaftsrecht, indem zusätzliche Erfordernisse in Form von zwei zusätzlichen Kennzeichnungselementen (§ 24 Abs 1 Z 6 und Z 7), einer spezifischen Gift-
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474 BlgNR 22. GP zu Z 38 (§ 34 ChemG 1996).
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kennzeichnung sowie zT der Anführung von mehr Inhaltsstoffen einer Zubereitung als nach der Zubereitungs-RL vorgesehen sind.132
2. Kennzeichnungsvorschriften im Einzelnen a) ChemG 1996 Gemäß § 24 Abs 1 ChemG 1996 muss die Kennzeichnung eines gefährlichen Stoffes oder einer gefährlichen Zubereitung deutlich sicht- und lesbar und dauerhaft auf jeder Verpackung angebracht sein. Sie muss in deutscher Sprache abgefasst und allgemein verständlich sein.133 Die Kennzeichnung dient der Information des Abnehmers von (gefährlichen) Stoffen und Zubereitungen, mit welchen Gefahren im Umgang mit solchen Chemikalien zu rechnen ist. Gleichzeitig dient die Kennzeichnung der Anweisung des Benutzers, um eine sichere Handhabung der Chemikalie zu gewährleisten. Ferner enthält die Kennzeichnung Hinweise für Maßnahmen im Unglücksfall. Die Kennzeichnung richtet sich nach einem gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Schema, das auf der Einstufung (§ 21 ChemG 1996) basiert. Dies hat zur Folge, dass entsprechend der Einstufung einer Chemikalie unterschiedliche Kennzeichnungselemente zur Anwendung kommen können. Die Kennzeichnungselemente werden durch die § 24 Abs 1 Z 1 bis 10 ChemG 1996 iVm §§ 15 ff ChemV sowie Anlage A zur ChemV näher definiert. Systematisch lassen sich die folgenden Elemente unterscheiden: • Stoff-, Zubereitungsname: Dieser richtet sich nach der EU-Hauptstoffliste oder nach einer verkehrsüblichen Bezeichnung,134 • Name, Anschrift, Telefonnummer des Verantwortlichen; • Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnung: Diese sind in Anhang A Pkt 1 zur ChemV näher konkretisiert und weisen eine bildliche Darstellung einen definierten Buchstaben und die Gefahrenbezeichnung auf (zB T+, bildliche Darstellung eines Totenkopfs mit gekreuzten Knochen und der Bezeichnung: sehr giftig); • Standardaufschriften: Dies auch als Risikosätze (R-Sätze) bezeichneten Aufschriften sind ihrem Wortlaut nach festgelegte Warnhinweise (zB R 1 In trockenem Zustand explosionsgefährlich). Diese sind jeweils mit einer Nummer versehen. Der Text sowie die Auswahlkriterien der Anbringung sind in Anlage A Pkt 2 der ChemV sowie in gemeinschaftsrechtlichen Normen festgelegt. • Standardaufschriften für Sicherheitsratschläge: Diese als Sicherheitssätze (S-Sätze) bezeichneten Aufschriften weisen auf empfehlenswerte Vor132 133
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Ulrich (FN 17) 302 f. Die Kennzeichnung muss natürlich auch richtig sein; enthält die Kennzeichnung nur die Aufschrift „brennbar“ statt „entzündlich“, fehlt einer mindergiftigen Zubereitung, die in Selbstbedienung abgegeben wird, die vorgeschriebene Kennzeichnung der Verkaufsfläche „Achtung, mindergiftige Stoffe und mindergiftige Zubereitungen. Gesundheitsschädlich. Die auf der Verpackung angegebenen Hinweise sind zu beachten“, macht sich der Inverkehrsetzer verwaltungsstrafrechtlich nach dem ChemG 1996 verantwortlich; UVS Kärnten, 28.11.1994, KUVS-1701-1703/5/93. Ulrich (FN 17) 307.
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sichtsmaßnahmen im Umgang mit dem betreffenden gefährlichen Stoff oder der Zubereitung hin (zB S 1 - Unter Verschluss aufbewahren). Diese sind in Anhang A Pkt 3. zur ChemV sowie in Anhang IV der Stoff-RL geregelt. • Hinweise auf Gegenmaßnahmen im Unglücksfall: Dieses Kennzeichnungselement war in Österreich zusätzlich zu den gemeinschaftsrechtlich erforderlichen Kennzeichnungsbestandteilen erforderlich. Es scheint jedoch nicht mehr in der ChemV auf. • Hinweise zur schadlosen Beseitigung: Diese Kennzeichnungselemente waren in Österreich zusätzlich zu den vom Gemeinschaftsrecht vorgegebenen Kennzeichnungsbestandteilen erforderlich und durften für vier Jahre nach dem Beitritt Österreichs zur Gemeinschaft weiter verwendet werden.135 Da diese Frist abgelaufen ist, enthält die ChemV nunmehr auch keine unter diese Kategorien fallenden Kennzeichnungsvorschriften mehr.136 • Sonstige Kennzeichnungselemente: Diese umfassen die EG-Nummer, den Vermerk EG-Kennzeichnung sowie die Nennmenge. Neben diesen Kennzeichnungsvorschriften bestehen noch Sonderfälle für bestimmte Stoffe und Zubereitungen, die zwar keine gefährlichen Eigenschaften iSd § 3 Abs 1 ChemG 1996 aufweisen, jedoch ein großes Anwendungsrisiko in sich tragen, welche eine Kennzeichnungspflicht rechtfertigt. Ausnahmen von den Kennzeichnungsvorschriften bestehen für den Import und Export gefährlicher Stoffe und Zubereitungen sowie für die Ausfuhr von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen, für Kleinverpackungen bis 0,125 l Inhalt, für Druckgasflaschen und ortsbewegliche Gasbehälter ua.137 Besondere Kennzeichnungsvorschriften gelten für Zubereitungen, die als gefährlich iSd § 3 Abs 1 ChemG 1996 eingestuft sind und für jedermann im Einzelhandel erhältlich sind. Hierfür sieht die ChemV die Angabe bestimmter Sicherheitsratschläge vor, welche neben den sonst notwendigen Sicherheitsratschlägen anzubringen sind.138 Für als giftig, sehr giftig oder ätzend eingestufte Zubereitungen besteht überdies die Pflicht, eine Gebrauchsanweisung beizugeben. b) Detergenzien-V Unbeschadet der Bestimmungen in Bezug auf die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen in der Stoff-RL und der Zubereitungs-RL (siehe §§ 21 ff ChemG 1996) normieren Art 11 Detergenzien-V iVm § 30 Abs 1 und 2 ChemG 1996 spezielle Kennzeichnungspflichten für Detergenzien und Tenside. Die Kennzeichnung muss deutlich sicht- und lesbar sowie dauerhaft sein und - wenn die Detergenzien oder Tenside zur Abgabe im Inland bestimmt sind - in deutscher Sprache verfasst sein. Auf Verpackungen, in denen Detergenzien für Verbraucher angeboten werden, müssen leserlich, deutlich und unverwischbar Name und Handelsname des 135 136 137 138
Art 69 und Anhang VIII, Nr 8c des Beitrittsvertrages. Dazu aus europarechtlicher Sicht Ermacora/Krämer (FN 19) 189. Vgl dazu Ulrich (FN 17) 338 ff; Benedikter, Das Inverkehrsetzen von Chemikalien in Österreich, 2000, 34 f. Benedikter (FN 137) 36.
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Erzeugnisses, Name, Handelsname und Warenzeichen sowie vollständige Anschrift und Telefonnummer des Wirtschaftsteilnehmers, der für das Inverkehrbringen des Produktes verantwortlich ist, sowie Anschrift, E-MailAdresse, soweit vorhanden, und Telefonnummer, unter der das Datenblatt (Art 9 Abs 3 Detergenzien-V) erhältlich ist, angebracht sein. Die gleichen Angaben müssen in allen Begleitpapieren von lose beförderten Detergenzien enthalten sein (Art 11 Abs 2 Detergenzien-V). Auf der Verpackung von Detergenzien wird der Inhalt gemäß den Vorschriften des Anhangs VII Abschnitt A (betreffend die Kennzeichnung der Inhaltsstoffe) angegeben. Ferner sind auf der Verpackung erforderlichenfalls Anweisungen für die Verwendung und besonderen Vorsichtsmaßnahmen anzugeben (Art 11 Abs 3 Detergenzien-V). Darüber hinaus sind auf Verpackungen von Detergenzien, die an die Allgemeinheit verkauft werden und zur Verwendung als Waschmittel bestimmt sind, die in Anhang VII Abschnitt B vorgesehenen Informationen (Kennzeichnung in Bezug auf Dosierung) anzugeben (Art 11 Abs 4 Detergenzien-V). Diese Kennzeichnungspflicht kann gemäß § 30 Abs 3 ChemG 1996 durch eine vom BMLFUW im Einvernehmen mit dem BMWA zu erlassende V im Hinblick auf die Kennzeichnung, die Abgabe von Dosierungsempfehlungen, die Beigabe von Messbechern oder die Ausrüstung von Dosierungseinrichtungen präzisiert werden. Derzeit ist keine solche V ergangen.
3. Sicherheitsdatenblatt Eng mit der Kennzeichnung von Chemikalien verbunden ist die Pflicht des Herstellers, Importeurs und Vertreibers, der einen gefährlichen Stoff oder eine gefährliche Zubereitung in Verkehr setzt, den beruflichen Abnehmern bei erstmaliger Lieferung ein Sicherheitsdatenblatt auszuhändigen (§ 25 ChemG 1996), deren Inhalt in § 25 ChemV näher bestimmt ist. Mit diesem Sicherheitsdatenblatt wird gewährleistet, dass gewerbliche Vertreiber und Verwender von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen über eine Basisinformation betreffend die in seinem Unternehmen gehandelten und verwendeten Chemikalien verfügt und diese Informationen auch potentiell gefährdeten Arbeitnehmern leicht zugänglich gemacht werden kann. Die Bestimmung des § 25 ChemG 1996 wird durch § 25 ChemV und Anhang F zur ChemV näher determiniert. Danach muss das Sicherheitsdatenblatt in deutscher Sprache abgefasst sein und Angaben über den Stoff bzw. Zubereitung hinsichtlich der Bezeichnung, der Zusammensetzung, der möglichen Gefahren usw aufweisen. Damit entspricht das Sicherheitsdatenblatt letztlich einer ausführlicheren und stärker am fachlichen Niveau orientierten Kennzeichnung von gefährlichen Chemikalien. Zur Ausfolgung eines Sicherheitsdatenblattes ist jeder verpflichtet, der gefährliche Stoffe oder gefährliche Zubereitungen herstellt oder in Verkehr setzt und an andere abgibt.139 Es ist anlässlich der ersten Abgabe der betreffenden Chemikalie an einen bestimmten berufsmäßigen Abnehmer kostenlos auszufolgen. Sicherheitsdatenblätter, welche die Geschäfts- oder Betriebsinhaber, ihre Stellvertreter oder Beauftragte ausfolgen müssen bzw welche diesen Personen ausgefolgt wurden, müssen so aufbewahrt werden, dass die zur Überwachung 139
Benedikter (FN 137) 37; Feierl (FN 25) 19.
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befugten Organe gemäß §§ 58 und 60 ChemG 1996 sowie die solchen Stoffen und Zubereitungen exponierten Arbeitnehmer jederzeit Einsicht nehmen können (§ 25 Abs 6 ChemG 1996). Ein Unterbleiben dieser Einsichtmöglichkeit, weil zB der zuständige Werkmeister auf einem Fortbildungsseminar und abwesend ist, kann nicht entschuldigt werden, da das Gesetz vorsieht, dass Kontrollorgane jederzeit Einsicht nehmen können.140 Bei „Publikumsprodukten“, welche über den Einzelhandel für jedermann erhältlich sind, besteht eine gemilderte Pflicht der Ausfolgung des Sicherheitsdatenblattes, sofern auf dem jeweiligen Produkt alle zum sicheren Gebrauch und für Unglücksfälle notwendigen Informationen bereits in der Kennzeichnung enthalten sind. Für diese Produkte ist die Abgabe eines Sicherheitsdatenblattes nur erforderlich, wenn der berufsmäßige Verwender die Ausfolgung eines Sicherheitsdatenblatts verlangt.
G. Verpackungsvorschriften 1. Allgemeines § 23 ChemG 1996 regelt entsprechend der gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen (Stoff-RL und Zubereitungs-RL) Anforderungen an die Verpackung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen. Diese betreffen va die Dauerhaftigkeit, die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Inhalt und die zu erwartende Beanspruchung, so dass gewährleistet wird, dass bei der Verwendung der verpackten gefährlichen Chemikalien keine Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Menschen und für die Umwelt hervorgerufen werden.141
2. Verpackungsvorschriften für gefährliche Chemikalien In Ausführung des § 23 ChemG 1996 setzen §§ 10-12 ChemV nähere Regelungen betreffend die Beschaffenheit von Verpackungen und ihre äußere Aufmachung fest.142 Vorschriften betreffend die Beschaffenheit von Verpackungen: Diese betreffen va Anforderungen von Verpackungen an ihre Dichtheit, ihre physikalisch-chemische Beständigkeit, Belastbarkeit sowie an Verschlüsse. Vorschriften betreffend die äußere Aufmachung, Form und Bezeichnung: Verpackungen sollen so gestaltet sein, dass sie nicht verwechselt werden können und dürfen insbesondere nicht den Eindruck der Ungefährlichkeit erwecken. Ferner müssen Verpackungen so gestaltet werden, dass ein Teil ihres Inhalts entweichen kann, wenn die damit verbundene Gefahr geringer ist als bei dichter Verpackung. Solche Verpackungen müssen besondere Sicherheitsvorkehrungen aufweisen. Bei nur geringer Gefahr ist ein besonderer Sicherheitshinweis auf die mit der dichten Verpackung verbundenen Gefahren anzubringen. Überdies präzisiert die ChemV die Anforderungen an Kunststoffverpackungen und verlangt eine besondere Alterungsbeständigkeit und Beständig140 141 142
UVS Kärnten, 8.1.2002, KUVS-258-262/7/2001. Benedikter (FN 137) 28; Ulrich (FN 17) 294. Benedikter (FN 137) 28.
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keit gegen ultraviolette Strahlung in Entsprechung zu der zu erwartenden physikalischen und chemischen Beanspruchung.
3. Spezifische Bestimmungen für den Einzelhandel Verpackungen, die im Einzelhandel erhältlich sind, müssen derart gestaltet sein, dass sie weder die kindliche Neugier wecken und fördern noch beim Verbraucher Verwechslungen hervorrufen können. Insbesondere dürfen sie nicht Aufmachungen oder Bezeichnungen aufweisen, die für Lebensmittel, Futtermittel oder Arzneimittel verwendet werden. Nach § 12 ChemV sind bestimmte, im Einzelhandel angebotene und für jedermann erhältliche Verpackungen mit kindersicheren Verschlüssen auszustatten.143 Dies betrifft va Stoffe und Zubereitungen, die als „sehr giftig“, „giftig“ oder „ätzend“ gekennzeichnet sind, als gesundheitsschädlich eingestufte Zubereitungen, die eine Aspirationsgefahr darstellen sowie Zubereitungen, die bestimmte Mengen Methanol oder Dichlormethan enthalten. Ferner müssen als „sehr giftig“, „giftig“, „gesundheitsschädlich“, „ätzend“, „hochentzündlich“ oder „leichtentzündlich“ gekennzeichnete Chemikalien, die im Einzelhandel angeboten werden, mit tastbaren Gefahrenhinweisen versehen werden (§ 12 ChemV).
4. Verpackungsvorschriften für Fertigwaren Gemäß § 26 ChemG 1996 können Fertigwaren, die einen gefährlichen Stoff bzw eine gefährliche Zubereitung enthalten und deshalb ein Risiko für die Gesundheit von Menschen oder ein Umweltrisiko darstellen können, speziellen Verpackungs- und Kennzeichnungsvorschriften unterworfen werden.
H. Verkehrsbeschränkungen 1. Inverkehrsetzen von Chemikalien a) Begriff Das Inverkehrsetzen von Chemikalien ist ein zentraler Teilbereich der Regulierung von Chemikalien. Gemäß § 2 Abs 11 ChemG 1996 bezeichnet „InVerkehr-Setzen“ einerseits das Bereitstellen von Chemikalien für Dritte und umfasst insbesondere das Vorrätighalten, Anbieten, Feilhalten und Abgeben von Chemikalien. Andererseits gilt aber auch die Einfuhr als In-VerkehrSetzen iSd ChemG 1996. Zu beachten ist, dass der Begriff des Inverkehrsetzens des § 2 Abs 11 ChemG 1996 nicht für Detergenzien anzuwenden ist. Die Detergenzien-V definiert den Begriff des „Inverkehrbringens“ wie folgt: „Einführung in den Gemeinschaftsmarkt und damit Bereitstellung für Dritte, gleich ob gegen oder ohne Entgelt. Die Einfuhr in das Zollgebiet gilt als Inverkehrbringen.“ (Art 2 Z 9 Detergenzien-V). Dem Schutzzweck des ChemG 1996 entsprechend, unterliegt das Inverkehrsetzen von gefährlichen Chemikalien gemäß § 17 ChemG 1996 Beschränkungen oder Verboten (siehe dazu unten II.H.3.). 143
Ulrich (FN 17) 297 f; Benedikter (FN 137) 29.
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b) Pflichten für Inverkehrsetzer An das Inverkehrsetzen von Stoffen, Zubereitungen oder Fertigwaren im Allgemeinen knüpft sich eine Reihe von Pflichten. So haben sich Inverkehrsetzer auch nach Inverkehrsetzen solcher Chemikalien über alle Tatsachen und Umstände zu informieren, die auf eine schädliche Wirkung hinweisen, die derartige Stoffe, Zubereitungen oder Fertigwaren auf den Menschen oder die Umwelt ausüben können (§ 19 Abs 2 ChemG 1996). Der für das Inverkehrsetzen einer Chemikalie Verantwortliche ist aufgrund dieser Pflichten im Sicherheitsdatenblatt anzuführen (§ 25 Abs 4 ChemG 1996). Das Inverkehrsetzen von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen ist an die in § 24 ChemG 1996 normierte Kennzeichnungspflicht gebunden (siehe dazu oben II.F.). Ferner ist derjenige, der gefährliche Zubereitungen in Verkehr setzt, nach Maßgabe seiner Verantwortlichkeit gemäß § 27 ChemG 1996 verpflichtet, dem BMLFUW auf Verlangen die diesbezüglichen, in § 22 ChemG 1996 genannten Daten und Nachforschungsergebnisse bekannt zu geben (§ 19 Abs 4 ChemG 1996). Für das Inverkehrsetzen von sehr giftigen und giftigen (nicht jedoch mindergiftigen) Stoffen ist die Aufnahme solcher Gifte in die Giftliste bedeutend. Sind solche Gifte nicht bereits in die Giftliste aufgenommen, sind diese vor Inverkehrsetzen dem BMLFUW zu melden. § 40 Abs 1 ChemG 1996 bestimmt daher, dass ein sehr giftiger oder giftiger neuer Stoff, der bei der zuständigen Behörde eines anderen EWR-Staates angemeldet worden ist und nicht in der Giftliste enthalten ist, bei seinem erstmaligen Inverkehrsetzen im Bundesgebiet diesen Stoff unter Bezugnahme auf die in einem anderen EWR-Staat erfolgte Anmeldung dem BMLFUW bis längstens zwei Wochen nach dem erstmaligen Inverkehrsetzen zur Aufnahme in die Giftliste zu melden ist. Die österreichische Giftliste stellt aus Sicht der Gemeinschaft ein nichttarifäres Handelshemmnis dar.144
2. Ein- und Ausfuhr von Chemikalien a) Allgemeines Seit 7. März 2003 steht die V (EG) 304/2003 über die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien („Aus- und Einfuhr-V“) in Kraft und verdrängt damit die entsprechenden nationalen Vorschriften auf diesem Gebiet. Diese V (EG) ersetzt die vormalige V (EWG) 2455/92 betreffend die Ausfuhr und Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien, welche ein gemeinsames Notifikations- und Informationssystem für Ausfuhren von Chemikalien in Drittländer geschaffen hatte, die in der Gemeinschaft aufgrund ihrer Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Umwelt verboten waren oder strengen Auflagen unterlagen. Zugleich wurde hierdurch die Anwendung der „vorherigen Zustimmung und Inkenntnissetzung“145 verbindlich vorgeschrieben. PIC war rechtlich unverbindlich in den Londoner Leitlinien für den Informationsaustausch über Chemikalien im internationalen Handel des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) sowie im Internationalen Verhaltenskodex für das Inverkehrbringen und die Anwendung von Pestiziden der FAO verankert. Aufgrund der Unterzeichnung des Rotterdamer 144 145
Feierl (FN 25) 24. Prior Informed Consent, PIC; daher wurde die V (EWG) 2455/92 gemeinhin als PIC-V bezeichnet. Die deutsche Übersetzung „vorherige Zustimmung und Inkenntnissetzung“ ist an Holprigkeit kaum zu überbieten.
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Übereinkommens über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel ergab sich die Notwendigkeit die bisher geltende V (EWG) 2455/92 aufzuheben und durch die nunmehr geltende V (EG) 304/2003 zu ersetzen.
b) Inhalt des Rotterdamer Übereinkommen Im Rahmen des Umweltschutzprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) wurden bisher drei Konventionen ausgearbeitet, die einen internationalen Rahmen für den Umgang mit gefährlichen Chemikalien während ihrer Lebensdauer haben: Das Basler ÜK über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung,146 das Stockholmer ÜK über persistente organische Abfälle sowie das 2005 ratifizierte und kundgemachte Rotterdamer ÜK über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel. Mit dem Rotterdamer ÜK soll die gemeinsame Verantwortung und gemeinschaftliche Bemühungen der Vertragsparteien im internationalen Handel mit bestimmten gefährlichen Chemikalien zum Schutz der menschlichen Gesundheit und die Umwelt gefördert werden. Zu diesem Zweck sieht das ÜK Erleichterungen im Austausch von Informationen über die Merkmale dieser Chemikalien und die Schaffung eines innerstaatlichen Entscheidungsprozesses für ihre Ein- und Ausfuhr vor. Durch die Weitergabe dieser Entscheidungen an die Vertragsparteien sollen sie zu ihrer umweltverträglichen Verwendung beitragen (Art 1147). Das Rotterdamer ÜK findet ausschließlich Anwendung auf verbotene oder strengen Beschränkungen unterliegende Chemikalien und sehr gefährliche Pestizidformulierungen (Art 3 Abs 1) und schließt eine Reihe von Stoffen und Zubereitungen von ihrem Anwendungsbereich in Art 3 Abs 2 lit a-h aus. Herzstück des Rotterdamer ÜK ist die Notifikation von Rechtsvorschriften. Die Notifikation kann dazu führen, dass die Chemikalie aufgrund der in der Notifikation enthaltenen Informationen in Anlage III des ÜK aufgenommen wird. Ein- und Ausfuhren von solchen Anhang III-Chemikalien sollen hierdurch erleichtert werden. Zudem sieht das ÜK Erleichterungen betreffend den Informationsaustausch zwischen den Vertragsparteien va im Bereich des Austausches wissenschaftlicher und technischer Informationen über dies betreffende Chemikalie vor.
c) Regelungsschwerpunkte der Aus- und Einfuhr-V Mit der Aus- und Einfuhr-V verfolgt die Gemeinschaft drei Ziele: Zunächst soll hiermit das Rotterdamer ÜK umgesetzt werden. Weiters soll hierdurch aber auch die gemeinsame Verantwortung für die gemeinschaftlichen Bemühungen im internationalen Verkehr mit gefährlichen Chemikalien gefördert werden, um die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor möglichem Schaden zu bewahren, sowie zu einer umweltverträglichen Verwendung dieser Chemikalien beigetragen werden (Art 1 Aus- und Einfuhr-V). Die V nimmt entsprechend Art 3 Abs 2 Rotterdamer ÜK zahlreiche Stoffe, Zubereitungen und Substanzen von ihrem Anwendungsbereich aus. Suchtstoffe und psychotrope Substanzen, radioaktive Materialien und Stoffe, Abfälle, chemische Waffen, Lebensmittel und Lebensmittelzusätze, Futtermittel, genetisch veränderte Organismen, Arzneimittel und Tierarzneimittel sowie Chemikalien, 146 147
BGBl 1993/229 idF BGBl III 2000/6. Artikelangaben im Abschnitt VI. B.2. beziehen sich auf das Rotterdamer ÜK.
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die für Forschungs- und Analysezwecke geführt werden, sind vom Anwendungsbereich der Aus- und Einfuhr-V ausgenommen (Art 2 Abs 2 lit a-i Ausund Einfuhr-V). Sie gilt für Chemikalien iSd der RL 67/545/EWG: • gefährliche Chemikalien, die dem Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung (PIC-Verfahren) des Rotterdamer ÜK unterliegen (Art 2 Abs 1 lit a leg cit); • gefährliche Chemikalien, die in der Gemeinschaft oder in einem Mitgliedstaat verboten oder strengen Beschränkungen unterliegen (Art 2 Abs 1 lit c leg cit), sowie • alle ausgeführten Chemikalien hinsichtlich ihrer Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung. Hinsichtlich der Chemikalien werden drei Gruppen unterschieden und jeweils besondere Rechtsfolgen an deren jeweilige Einordnung geknüpft: • Chemikalien, die der Ausfuhrnotifikation gemäß Art 7 Aus- und Einfuhr-V unterliegen: sie sind in Anhang I Teil 1 Aus- und Einfuhr-V aufgelistet; • Chemikalien, die der Ausfuhrnotifikation gemäß Art 7 Aus- und Einfuhr-V unterliegen und Kandidaten der PIC-Notifikation gemäß Art 10 leg cit sind: diese finden sich in Anhang I Teil 2 Aus- und Einfuhr-V, sowie • Chemikalien, die dem PIC-Verfahren gemäß dem Rotterdamer ÜK unterliegend: sie listet Anhang I Teil 3 Aus- und Einfuhr-V auf. Ausfuhr von Chemikalien aus der Gemeinschaft: Sollen solche Chemikalien das erste Mal aus der Gemeinschaft in ein anderes Vertragsland oder ein Drittland ausgeführt werden, hat der Exporteur die bezeichnete nationale Behörde den BMLFUW - über die erstmalige Ausfuhr spätestens 15 Tage vor deren Ausfuhr zu unterrichten (Art 7 Aus- und Einfuhr-V). Diese Notifikation hat den Anforderungen des Anhanges III der V zu entsprechen.148 Diese Informationen werden vom BMLFUW auf ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen von Anhang III der V geprüft und sodann an die Kommission weitergeleitet. Jede Ausfuhrnotifikation wird in einer Datenbank der Kommission eingetragen (Art 7 Abs 1 Aus-und Einfuhr-V). Die Öffentlichkeit hat Zugang zu einer für das jeweilige Kalenderjahr erstellten und aktualisierten Liste der betreffenden Chemikalien. Haben sich die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft für das Inverkehrbringen, die Verwendung oder Kennzeichnung der betreffenden Stoffe geändert oder hat sich die Zusammensetzung der betreffenden Zubereitung so geändert, dass sich dies auf ihre Kennzeichnung auswirkt, muss eine erneute Notifikation iSd Art 7 Abs 1 Aus- und Einfuhr-V erstattet werden (Art 7 Abs 3 leg cit). Einfuhr von Chemikalien in die Gemeinschaft: Erhält die Kommission eine Ausfuhrnotifikation von der bezeichneten nationalen Behörde einer Vertragspartei oder eines sonstigen Landes im Zusammenhang mit der Ausfuhr 148
Gemäß Anhang III sind ua anzugeben: Art der auszuführenden Stoffe, Art der Zubereitung, Information über die Ausfuhr, bezeichnete nationale Behörden, Informationen über Vorsichtsmaßnahmen, Zusammenfassung der physikalisch-chemischen, toxikologischen und ökotoxikologischen Eigenschaften, Verwendung der Chemikalie in der EU, Informationen über Vorsichtsmaßnahmen zur Verringerung der Exposition und der Emissionen der Chemikalie, Zusammenfassung der Beschränkungen durch Rechtsvorschriften und deren Begründung (mit jeweils zahlreichen Unterpunkten).
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einer Chemikalie in die Gemeinschaft, die im Hinblick auf Herstellung, Verwendung, Umgang, Verbrauch, Transport und/oder Verkauf gemäß den Rechtsvorschriften des betreffenden Landes verboten ist oder strengeren Beschränkungen unterliegt, so hat sie diese in der Datenbank der Kommission auf elektronischem Wege zu veröffentlichen. Die Kommission bestätigt den Erhalt dieser Ausfuhrnotifikation und leitet eine Kopie dieser Notifikation mit allen verfügbaren Informationen an die bezeichnete nationale Behörde jener Mitgliedstaaten, in die die Chemikalie eingeführt wird (Art 8 Abs 1 Aus- und Einfhuhr-V). Durchfuhr von Chemikalien: Im Hinblick auf die Durchfuhr von dem PIC-Verfahren unterliegenden Chemikalien können die Vertragsparteien des Rotterdamer ÜK ebenfalls Informationen verlangen (Art 15 Abs 1 Aus- und Einfuhr-V). Das entsprechende Land sowie die verlangte Information sind in Anhang VI Aus- und Einfuhr-V aufgelistet. Spätestens 30 Tage vor der ersten Durchfuhr von Chemikalien, die dem PIC-Verfahren gemäß dem Rotterdamer ÜK unterliegen, durch das Hoheitsgebiet eines solchen Landes hat der Exporteur der bezeichneten nationalen Behörde des Mitgliedstaates, in dem er niedergelassen ist, die verlangten Informationen zu übermitteln (Art 15 Abs 2 leg cit), welche sodann - mit allfälliger zusätzlicher Information versehen - der Kommission zu übermitteln ist (Art 15 Abs 3 leg cit). Die Kommission hat spätestens 15 Tage vor der ersten Durchfuhr die Information gemeinsam mit allen verfügbaren sonstigen Informationen an die nationalen bezeichneten Behörden der Länder weiterzuleiten, die solche Informationen verlangt haben (Art 14 Abs 4 leg cit). Ausnahmen von der Notifikationspflicht bestehen in einer Notsituation, wenn Verzögerungen eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt in einem Einfuhrstaat verursachen können. Die Notifikationspflicht kann gemäß Art 7 Abs 5 Aus- und Einfuhr-V entfallen, wenn • die Chemikalie dem PIC unterworfen wird (lit a) • das einführende Land als Vertragspartei des Rotterdamer ÜK dem Sekretariat gemäß Art 10 Abs 2 Rotterdamer ÜK seine Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Zustimmung zur Einfuhr der Chemikalie mitgeteilt hat (lit b) und • die Kommission diese Informationen vom Sekretariat erhalten und an die Mitgliedstaaten weitergeleitet hat (lit c); sowie wenn • die zuständige Behörde des Einfuhrstaates auf die Anforderungen einer Notifikation vor Ausfuhr der Chemikalie verzichtet und die Kommission vom Sekretariat oder der zuständigen Behörde des Einfuhrstaates die entsprechenden Informationen erhalten, an die Mitgliedstaaten weitergeleitet und im Internet veröffentlicht hat (Art 7 Abs 5 i und ii). Sonstige Pflichten bezüglich der Ausfuhr von Chemikalien: Art 14 Ausund Einfuhr-V enthält sonstige Pflichten, die mit der Ausfuhr von Chemikalien verbunden sind. Hierbei handelt es sich um ein heterogenes Sammelsurium von Aufgaben und Pflichten, wie zB das Versehen von Chemikalien des Anhang I Aus- und Einfuhr-V mit Einstufungscodes durch die Kommission, die Vorgangsweise beim Erhalt von Informationen durch das Sekretariat des Rotter-
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damer ÜK, die Chemikalien die dem PIC-Verfahren unterliegen betreffen, oder das Vorgehen bei Antworten auf solche Informationen. Daneben enthält Art 14 Abs 6 Aus- und Einfuhr-V an reichlich unsystematischer Stelle eine Ausfuhrbeschränkung für Chemikalien, die etweder Kandidaten für die PIC-Notifikation sind oder die dem PIC-Verfahren gemäß dem Rotterdamer ÜK unterliegen (Anhang I Teil 2 oder 3 Aus- und Einfuhr-V). Solche Chemikalien dürfen nur ausgeführt werden, wenn entweder eine ausdrückliche Zustimmung zur Einfuhr beantragt wurde und der Exporteur diese Zustimmung erhalten hat oder wenn bei Chemikalien, die dem PIC-Verfahren gemäß dem Rotterdamer ÜK unterliegen, im neuesten vom Sekretariat des Rotterdamer ÜK verbreiteten Rundschreiben mitgeteilt wurde, dass der einführende Vertragsstaat seine Zustimmung für die Einfuhr erteilt hat. Eine weitere Ausfuhrbeschränkung besteht für Chemikalien, die ein Verfallsdatum haben, oder bei welchen aus dem Herstellungsdatum ein solches hergeleitet werden kann. Für solche Chemikalien bestimmt Art 14 Abs 7 Aus- und Einfuhr-V, dass sie spätestens sechs Monate vor deren Verfallsdatum ausgeführt werden müssen. Art 14 Abs 7 letzter Satz und Abs 8 Aus- und Einfuhr-V trifft spezifische Pflichten für Exporteure von Pestiziden. Gemäß Art 14 Abs 7 letzter Satz haben Exporteure Pestizide nicht nur spätestens sechs Monate vor deren Verfallsdatum auszuführen, sondern auch sicherzustellen, dass durch Optimierung der Größe und Verpackung der Behältnisse die Gefahr des Überbleibens alter Bestände gering ist. Zudem haben Exporteure bei der Ausfuhr von Pestiziden sicherzustellen, dass das Etikett spezifische Informationen über Lagerbedingungen und Lagerstabilität unter den klimatischen Bedingungen des Einfuhrstaates enthält. Darüber hinaus müssen Pestizide den Reinheitsspezifikationen der Gemeinschaftsvorschriften entsprechen (Art 14 Abs 8 Aus- und Einfuhr-V). d) Ergänzende Rechtsvorschriften im ChemG 1996 § 20 Abs 1 ChemG 1996 benennt den BMLFUW als „Bezeichnete nationale Behörde“ für die Republik Österreich iSd Art 4 Aus- und Einfuhr-V. Er ist für die Vollziehung dieser V zuständig. Ausfuhrnotifikation: § 20 Abs 4 ChemG 1996 sieht vor, dass bei der Ausfuhr von Stoffen, Zubereitungen und Fertigwaren sowie Pestiziden, die Verboten oder strengen Beschränkungen unterliegen, in Drittstaaten, Exporteure iSd Aus- und Einfuhr-V alle mit der Ausfuhrnotifikation in Verbindung stehenden Verpflichtungen zu erfüllen haben. Stoffe, Zubereitungen und Fertigwaren sowie Pestizide dürfen, soweit sie einem Ausfuhrverbot nach Anhang V dieser V unterliegen, nicht ausgeführt werden. Soweit das In-Verkehr-Setzen von Stoffen, Zubereitungen und Fertigwaren sowie Pestiziden gemäß dem ChemG 1996, einer darauf beruhenden V oder „gemäß einer anderen Regelung des Bundes“ beschränkt oder verboten ist, ist auch die Ausfuhr unzulässig, sofern in den angeführten Regelungen nicht anderes bestimmt ist. § 20 Abs 5 ChemG 1996 schließlich trifft die für die Notifikation erforderliche Verpflichtung des Exporteurs, dem BMLFUW vor jeder beabsichtigten Ausfuhr in Drittstaaten insbesondere die in Anhang III der Aus- und Enfuhr-V angeführten Informationen vorzulegen sowie betreffend Chemikalien und Pes-
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tizide der Teile 2 und 3 des Anhangs I dieser V die Zustimmung des Importlandes zur Einfuhr glaubhaft zu machen. Ferner sieht diese Bestimmung eine Verordnungsermächtigung vor, in der nähere Bestimmungen zu den Einzelheiten eines Formblattes für Ausfuhrnotifikationen gemäß Art 7 Aus- und Einfuhr-V und für Ausfuhrnotifikationen für jene Stoffe, Zubereitungen und Fertigwaren, die bundesrechtlichen Verboten oder strengen Beschränkungen unterworfen sind, festgelegt werden können.
3. Verbote und Beschränkungen § 17 ChemG 1996 ermächtigt den BMLFUW zur Vermeidung von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt, durch V Beschränkungen oder Verbote für das in Verkehr setzen von Stoffen, Zubereitungen oder Fertigwaren zu erlassen. Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene trifft die Verbots-RL Vorschriften betreffend Beschränkungen des Inverkehrsetzens und der Verwendung gewisser gefährlicher Chemikalien. Aufgrund § 17 ChemG 1996 iVm der Chemikalienverbots-V 2003 können Chemikalien, die gefährliche Eigenschaften aufweisen, oder deren bestimmungsgemäße oder vorhersehbare Verwendung oder Behandlung als Abfall mit Risiken verbunden ist, nicht oder nur in einer bestimmten Beschaffenheit, Menge, Aufmachung, Verpackung oder Kennzeichnung, nur für bestimmte Zwecke oder nur mit Beschränkungen hergestellt, in Verkehr gesetzt oder verwendet werden. Der BM kann in solchen Fällen auch Beschränkungen festlegen, wenn andere Chemikalien verfügbar sind, deren Herstellung, Verwendung oder Behandlung als Abfall weniger gefährdend ist. Ferner kann das Herstellungs- oder Verwendungsverfahren, bei denen gefährliche Stoffe oder gefährliche Zubereitungen anfallen, verboten werden. Weiters ermöglicht § 17 ChemG 1996, dass für bestimmte gefährliche Stoffe oder Zubereitungen die Bestimmungen über Gifte für anwendbar erklärt werden. Ausnahmeverfahren: § 17 Abs 4 ChemG 1996 ermöglicht, dass der Landeshauptmann durch den BM mit V dazu ermächtigt werden kann, in Einzelfällen mit Bescheid befristete Ausnahmen vom Verbot der Herstellung, des Inverkehrsetzens oder der Verwendung bestimmter gefährlicher Chemikalien zuzulassen. Zugleich ist in der jeweiligen V festzulegen, für welche Verwendungszwecke Ausnahmebewilligungen erteilt werden dürfen, wer zur Antragstellung berechtigt ist, welche Bewilligungsvoraussetzungen vorliegen müssen und für welchen Zeitraum eine Ausnahmebewilligung höchstens in Anspruch genommen werden darf. Als Kontrollmöglichkeit steht dem BM die Möglichkeit zu, gegen derartige Bescheide an den VwGH Beschwerde zu erheben. Zu diesem Zweck müssen diese Bescheide samt allen Unterlagen dem BM binnen zwei Wochen ab Rechtskraft vorgelegt werden. Nachträgliche Verkehrsbeschränkung: Mitunter kann es erforderlich sein, aufgrund neuer Erkenntnisse eine bereits in Verkehr gebrachte Chemikalie zu verbieten oder ihr Inverkehrsetzen zu beschränken oder an Auflagen zu binden. Die hierfür einschlägige Bestimmung ist § 18 ChemG 1996. Gelangt der BMLFUW auf Grund neuer Informationen zu der begründeten Annahme, dass ein Stoff oder eine Zubereitung wegen nicht mehr angemessener Einstufung, Kennzeichnung oder Verpackung eine Gefahr für Mensch oder Umwelt darstellt, obwohl der betreffende Stoff oder die betreffende Zubereitung den
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Vorschriften des ChemG 1996 und der darauf basierenden Verwaltungsakte entspricht, so hat er - soweit es im Hinblick auf die Schutzziele dieses Bundesgesetzes erforderlich ist - für den betreffenden Stoff oder die betreffende Zubereitung mit Bescheid eine andere als die auf Grund des § 21 ChemG 1996 getroffene Einstufung vorzuschreiben oder das Inverkehrsetzen mit Bescheid zu verbieten oder an Bedingungen oder Auflagen zu knüpfen (§ 18 Abs 1 ChemG 1996). Derartige Maßnahmen hat der BMLFUW unverzüglich der Kommission und den anderen EWR-Vertragsstaaten mitzuteilen. Sobald die Kommission eine rechtsverbindliche Entscheidung darüber getroffen hat, wie der betreffende Stoff oder die betreffende Zubereitung nach den einschlägigen Richtlinien der EU einzustufen, zu kennzeichnen und zu verpacken ist, sind die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen unverzüglich außer Kraft zu setzen bzw aufzuheben (§ 18 Abs 2 ChemG 1996).
4. Werbebeschränkungen Einen verkehrsbeschränkenden Effekt haben auch Webebeschränkungen. Die Verbreitung einer Chemikalie wird hierdurch zwar nicht unterbunden, aber insofern beschränkt, als der Absatz einer Chemikalie durch entsprechende Bewerbung nicht gefördert werden kann. Solche Werbebeschränkungen für Chemikalien trifft § 28 ChemG 1996 zum Schutz von Verbrauchern. Diese Beschränkungen erfassen Werbemaßnahmen in allen Medien und untersagen jede Werbung, die zu falschen Vorstellungen über die Gefährlichkeit führen oder zu einer unsachgemäßen Verwendung verleiten kann. Daher sind verharmlosende Werbebotschaften oder irreführende Aussagen über gefährliche Stoffe, Zubereitungen oder Fertigwaren unzulässig.149 Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Konformität dieser Werbebeschränkungen kann auf das Erkenntnis des VfGH zu § 21 ChemG 1987, der Vorgängerbestimmung des jetzigen § 28 ChemG 1996 verwiesen werden.150 Den durch die Werbebeschränkung verursachten Eingriff in das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung erachtete der VfGH für zulässig, da diese Werbebeschränkung dem Schutz der Gesundheit diene. Auch wenn dieses Erkenntnis die alte Rechtslage betrifft, dürfte sich am grundsätzlichen Sinn einer Werbebeschränkung für gefährliche Chemikalien nichts geändert haben und somit die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des § 28 ChemG 1996 außer Streit stehen.151
5. Verkehrsbeschränkungen für Gifte a) Allgemeines Der III. Abschnitt des ChemG 1996 unterwirft bestimmte Stoffe und Zubereitungen, die gefährliche Eigenschaften aufweisen, einem besonderen Regime. Diese als „Gifte“ zusammengefassten Stoffe und Zubereitungen sind solche, die als sehr giftig oder giftig oder gesundheitsschädlich einzustufen sind (§ 35 ChemG 1996).152 Diese giftrechtlichen Regelungen gehen auf das GiftG 1951, BGBl 235 und die Gift-V, BGBl 1928/362 zurück. Im Gemeinschaftsrecht findet sich hierzu kein Pendant. Die giftrechtlichen 149 150 151 152
Ulrich (FN 17) 360; Benedikter (FN 137) 13. VfSlg 13.635/1993. Ebenso Ulrich (FN 17) 360. Vgl dazu auch Benedikter (FN 137) 39 f.
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Bestimmungen des ChemG 1996 schließen andere Regelungen hinsichtlich der Verwendung giftiger Substanzen im Bereich der Landeskompetenzen nicht aus, sodass es zB nicht für einen Verstoß gegen das Verbot der Verwendung von Gift im Jagdbetrieb entscheidend ist, ob das betreffende Präparat ein Gift iSd § 35 ChemG 1996 darstellt.153
b) Voraussetzungen für das Inverkehrsetzen von Giften Gifte gemäß § 35 Z 1 ChemG 1996 dürfen grundsätzlich nur in Verkehr gesetzt werden, wenn sie in der Giftliste, einer Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, enthalten sind. Zurzeit ist die Giftliste durch die Giftliste-V geregelt. Ihr Anhang enthält in Abschnitt I eine taxative Auflistung der giftigen oder sehr giftigen Stoffe.154 Nur die dort aufgezählten Gifte dürfen in Verkehr gesetzt werden. Die bloß gesundheitsschädlichen (mindergiftigen) Stoffe sind nicht taxativ in der Giftliste erfasst, sondern gesondert in Abschnitt II der Anlage zur Giftliste-V kundgemacht. Für sehr giftige, giftige oder ätzende Zubereitungen, die für jedermann im Einzelhandel erhältlich sind, besteht für den Inverkehrsetzer eine Meldepflicht nach der Giftinformations-V 1999. Diese Meldepflicht erfolgt formularmäßig an die Umweltbundeamt GmbH, welche zur Erfassung und Auswertung der Meldungen gemäß § 37 Abs 2 ChemG 1996 als beliehenes Unternehmen155 herangezogen wird. Eine ähnliche Meldepflicht normiert auch die V über die Meldung mindergiftiger Zubereitungen das Inverkehrsetzen von Zubereitungen, welche mindergiftige (gesundheitsschädliche) Stoffe enthalten. Sofern giftige Chemikalien in der Giftliste nicht aufscheinen, dürfen sie aufgrund des taxativen Charakters dieser Liste nicht in Verkehr gesetzt werden. Hiervon statuiert § 40 ChemG 1996 jedoch folgende Ausnahmen: • sehr giftige und giftige Stoffe, für die der BMLFUW dem Anmelde- oder Meldepflichtigen bereits die beabsichtigte Aufnahme in die Giftliste mitgeteilt hat; diese Meldung erfolgt nach der Giftliste-MeldeV; • Pflanzenschutzmittel, die sehr giftige oder giftige Stoffe enthalten, wenn sie in unmittelbaren Zusammenhang mit einem Antrag auf Zulassung nach dem PMG zur Prüfung oder Untersuchung abgegeben wurden; • im Europäischen Altstoffverzeichnis (EINECS) enthaltene Gifte, welche nicht in der Giftliste aufscheinen;156 für diese bestehen gesonderte Meldepflichten nach § 37 ChemG 1996; • Stoffe, die bereits vor zumindest 60 Tagen in einem EWR-Staat in einem gleichwertigen Verfahren angemeldet wurden und nach Österreich importiert werden.
153 154 155 156
VwGH 6.9.2005, 2002/03/0118: Verstoß gegen § 92a iVm § 135 Abs 2 NÖ JagdG durch das Auslegen einer mit Rattengift („Storm“) gefüllten Holzkiste. Dazu ausführlich Feierl (FN 25) 23. Zur Funktion beliehener Unternehmen siehe statt vieler Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 2003, Rz 112. Zu dieser Bestimmung wurde in Pkt. 8b Anh VIII zu Art 69 des österreichischen Beitrittsvertrag, BGBl 1995/45, die Beibehaltung höherer Standards vereinbart, Ulrich (FN 17) 387 f.
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c) Voraussetzungen für die Abgabe und den Erwerb von Giften Die Abgabe und der Erwerb von Giften157 ist gemäß § 41 ChemG 1996 an eine entsprechende Bewilligung geknüpft. Hierbei wird zwischen der Berechtigung zum Erwerb und zur Abgabe von Giften und der Berechtigung zum Erwerb unterschieden. Gemäß § 41 Abs 2 ChemG 1996 sind zum Erwerb und zur Abgabe von Giften die zur Ausübung von bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben gemäß §§ 213, 215 oder 216 GewO 1994, oder zur Ausübung von Konzessionen gemäß §§ 220 bis 223 GewO 1973 berechtigte Gewerbetreibende im Umfang ihrer Bewilligung oder Konzession sowie Apotheken berechtigt. Zum Erwerb sind berechtigt: • Inhaber einer Giftbezugsbewilligung; • bestimmte Forschungseinrichtungen, Schulen, Anstalten und Universitäten bzw Universitätsinstitute gegen Vorlage einer vom Rektor, von diesem ermächtigten Person bzw von der zuständigen Aufsichtsbehörde auszustellenden Bestätigung; • Ärzte, Tierärzte und Dentisten in Erfüllung ihrer Aufgaben; • Bewilligungspflichtige chemische Laboratorien gem § 212 GewO 1994 in Erfüllung ihrer Aufgaben; • Schädlingsbekämpfer iSd § 94 Z 73 GewO 1994. Grundsätzlich benötigen die in § 41 ChemG 1996 aufgezählten Berechtigten keine weitere Bewilligung, wenn sie eine einschlägige Gewerbeberechtigung, eine Bestätigung über die Giftbezugsberechtigung (bei Schulen, Universitäten, Gebietskörperschaften ua) oder den Identitätsnachweis (bei medizinischen Berufen) vorlegen können.158 Alle übrigen Personen benötigen eine Giftbezugsbewilligung. Die Giftbezugsbewilligung ermöglicht den Erwerb von Giften. Die nähere Ausgestaltung der Bewilligungserfordernisse an die Giftbezugsbewilligung erfolgt durch § 42 ChemG 1996 iVm der GiftV 2000. Die Giftbezugsbewilligung ist schriftlich bei der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu beantragen (§ 42 Abs 2 ChemG 1996 iVm § 3 Abs 1 GiftV 2000). Die Erteilung einer Giftbezugsbewilligung ist gemäß § 42 Abs 4 ChemG 1996 iVm § 3 Abs 3 GiftV 2000 an persönliche und sachliche Voraussetzungen geknüpft. Persönliche Voraussetzungen: Der Antragsteller einer Giftbezugsbewilligung muss das 19. Lebensjahr vollendet und eigenberechtigt sein. Ferner hat er seine Verlässlichkeit159 darzulegen. Diese gilt dann als gegeben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die Gifte nicht missbräuchlich oder fahrlässig verwenden wird.160 Gegen den Antragsteller darf kein persönlicher Ausschließungsgrund, wie etwa eine rechtskräftige Verurteilung nach §§ 180 bis 183 StGB oder nach dem SMG vorliegen. Zudem hat der Antragsteller seine Sachkundigkeit nachzuweisen. Hierbei hat er darzulegen, 157 158 159 160
Allgemein zum Bezug von Giften Feierl (FN 25) 24. Ulrich (FN 17) 401. Dazu VwSlgNF 13.725 A/1992 - Verweigerung der Giftbezugsbewilligung mangels Verläßlichkeit. Ulrich (FN 17) 403.
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dass er über die notwendigen Kenntnisse von Erste-Hilfe-Maßnahmen (§ 5 GiftV 2000) und die erforderlichen Kenntnisse im sicheren Umgang mit Giften verfügt. Jedenfalls als Nachweis der erforderlichen Kenntnisse gelten die in § 4 GiftV 2000 aufgezählten Ausbildungen. Sachliche Voraussetzungen: Der Antragsteller hat die technische Notwendigkeit für die beabsichtigte Verwendung des Giftes glaubhaft zu machen. Zudem dürfen gegen die Giftbezugsbewilligung keine Bedenken im Hinblick auf die Schutzziele des ChemG 1996 bestehen. Hinsichtlich der zeitlichen Gültigkeit der Giftbezugbewilligung unterscheidet die GiftV 2000 zwischen Giftbezugsschein, welcher nach drei Monaten erlischt, und Giftbezugslizenz, welche nach spätestens fünf Jahren erlischt. Pflichten: Mit der Giftbezugsbewilligung sind verschiedene Pflichten verbunden. Hierzu zählen va die Aufbewahrungspflicht für Giftbezugsbewilligungen und Bestätigungen des Rektors oder der Aufsichtsbehörde auf sieben Jahre nach Ablauf ihrer Gültigkeit sowie die Führung von Aufzeichnungspflichten161 gemäß § 43 ChemG 1996 über Menge, Herkunft und Verbleib des Giftes. Ferner hat sich der Inverkehrbringer von Giften zu vergewissern, dass der Erwerber über eine entsprechende Berechtigung zum Erwerb von Giften verfügt. Gesundheitsschädliche (mindergiftige) Stoffe und Zubereitungen iSd § 35 Z 2 ChemG 1996 dürfen hingegen auch an andere Personen abgegeben werden (§ 45 ChemG 1996). Der Empfänger eines solchen gesundheitsschädlichen Giftes ist ausdrücklich auf die gefährlichen Eigenschaften des Giftes und die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen hinzuweisen. Diese Hinweisen müssen den Kennzeichnungsvorschriften des § 24 Abs 1 Z 3 ChemG 1996 entsprechen. Giftregister: Die Bezirksverwaltungsbehörde hat gemäß § 10 Abs 1 GiftV 2000 über die ausgestellten Giftbezugsbewilligungen und die erhaltenen Bestätigungen des Rektors oder der Aufsichtsbehörde sowie über die gemäß den §§ 213, 215 und 216 GewO 1994 erteilten Bewilligungen und über die gemäß §§ 220 und 223 GewO 1973 erteilten Konzessionen, soweit diese die Herstellung oder den Handel mit Giften betreffen, über die gemäß § 212 GewO 1994 erteilten Bewilligungen für chemische Laboratorien und die zur Ausübung des Handwerks der Schädlingsbekämpfer befugten Gewerbetreibenden ein Register zu führen. Dieses ist nach den Namen des Erwerbsberechtigten, der zur Abgabe und zum Erwerb von Giften berechtigten Gewerbetreibenden und der zum Empfang von Giften berechtigten Gewerbetreibenden geordnet. Die Daten dieses Registers sind Personen, die ein berechtigtes Interesse an dieser Auskunft glaubhaft machen können, zugänglich zu machen (§ 10 Abs 2 GiftV 2000). d) Besondere Schutzmaßnahmen Zur Vermeidung von Verwechslungen dürfen Gifte nur in bestimmten Behältnissen und Verpackungen in Verkehr gesetzt oder verwendet werden. Deren Aussehen darf in Form, Aufmachung und Bezeichnung keinen Anlass zur Verwechslung mit Arzneimitteln, Spielwaren, Futter- und Lebensmitteln usw 161
Vgl auch Feierl (FN 25) 25.
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geben. Die GiftV 2000 normiert nähere Bestimmungen über Kennzeichnung von Giften, den Schutz vor Verwechslungen, die erforderliche Sachkunde und Maßnahmen der Ersten Hilfe oder sonstige beim Umgang mit Giften erforderliche Maßnahmen treffen. Hinsichtlich der Behandlung von Giften als Abfall sieht das ChemG 1996 in § 47 vor, dass Gifte iS gefährlicher Abfälle nach den entsprechenden Bestimmungen des AWG zu behandeln sind. Ferner normiert § 47 Abs 1 ChemG 1996 die Berechtigung des Endverbrauchers, die zu beseitigenden Gifte ohne Anspruch auf Entgelt dem Abgeber zurückzugeben. e) Beauftragter für den Giftverkehr In jedem Betrieb (außer in Apotheken), der Gifte herstellt oder in Verkehr setzt, ist vom Betriebsleiter ein Beauftragter zu bestellen, der die Einhaltung des ChemG 1996 und die sonstigen chemikalienrechtlichen Rechtsakte zu überwachen und über seine Wahrnehmungen dem Betriebsinhaber sofort zu informieren hat.162 An den Beauftragten sind folgende Kriterien gestellt: Er muss sachkundig und dauernd im Betrieb beschäftigt sein. Ferner hat er während der üblichen Geschäfts- oder Betriebsstunden anwesend zu sein. Zudem ist ein Stellvertreter zu bestellen. Ist die Bestellung eines Giftbeauftragten nicht zumutbar, hat diese Aufgaben der Betriebsleiter oder ein Geschäftsführer zu besorgen.163
I. Das Aufsichtsrecht des Chemikaliengesetzes 1996 1. Prüfstellen Die gemäß §§ 7 und 14 ChemG 1996 für die Grundprüfung und die zusätzlichen Prüfnachweise geforderten Prüfungen müssen gemäß § 50 ChemG 1996 von anerkannten Prüfstellen durchgeführt werden. Diese Prüfstellen müssen über eine dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik entsprechende Laborpraxis verfügen und bestimmten Anforderungen, welche einerseits durch das Gesetz selbst und andererseits durch eine Verordnung (ChemikalienPrüfstellenV) entsprechen. Zu diesen Anforderungen zählen gemäß § 50 ChemG 1996: Leitung durch einen entsprechend ausgebildeten und praktisch erfahrenen Prüfstellenleiter (Z 1) oder Beschäftigung einer Person mit entsprechender Ausbildung und Praxis (Z 2), schriftliche Meldung der Aufnahme der Tätigkeit an den Bundesminister (Z 3), schriftliche Meldung des Wechsels in der Person des Prüfstellenleiters (Z 4) sowie Unterwerfung der Prüfstellen unter die Kontrolle des Bundesministers (Z 5). Diese Anforderungen dienen der Sicherung der Aussagekraft und Qualität der von den anerkannten Prüfstellen erstellten Prüfnachweise. Die Prüfstellen sollen über einen gemeinschaftsrechtlich anerkannten Mindeststandard der Laborpraxis verfügen, um in allen Mitgliedstaaten vergleichbare Bedingungen zu schaffen. Diese Standards sind die „Grundsätze der Guten Laborpraxis“.164 Diese RL schreibt vor, in welcher Weise Versuche mit chemischen Erzeugnis162 163 164
Benedikter (FN 137) 47; Ulrich (FN 17) 409. Benedikter (FN 137) 47. GLP-RL, 87/18/EWG.
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sen durchgeführt werden, die den Grundsätzen der Guten Laborpraxis genügen, die in Anhang II des Beschlusses des OECD-Rates vom 12.5.1981 über die gegenseitige Anerkennung der Daten der Bewertung chemischer Erzeugnisse niedergelegt sind. Die Prüfstellen unterliegen gemäß § 52 ChemG 1996 der Kontrolle des Bundesministers. Diesem steht es zu, die Prüfstelle zu besichtigen, in die über die Prüfung zu führenden Aufzeichnungen Einsicht zu nehmen und Chemikalien zu entnehmen. Sofern die Kontrolle den Erfordernissen gemäß § 50 ChemG 1996 entspricht, hat der Bundesminister über Antrag der Prüfstelle eine Bescheinigung hierüber auszustellen, dass das geprüfte Labor den Anforderungen für ein geprüftes Labor (GLP-Bescheinigung) entspricht. Sofern eine spätere Kontrolle gegenteiliges ergibt, ist die ausgestellte Bescheinigung zu entziehen.
2. Prüfnachweise Die von den Prüfstellen ausgestellten Prüfnachweise im Rahmen der Grundprüfung nach § 7 ChemG 1996 und im Rahmen zusätzlicher Prüfnachweise nach § 14 ChemG 1996 geben Aufschluss über die Eigenschaften der geprüften Chemikalien. Diese Prüfnachweise sind wesentliche Beweismittel im Anmeldeverfahren. Ihrer rechtlichen Natur nach dürften sie Gutachten gemäß § 52 AVG gleichzuhalten sein, dh einen Befund mit der eingehenden Analyse des Stoffes und darauf aufbauende Schlussfolgerungen betreffend die Eigenschaften dieses Stoffes enthalten. Ausländische Prüfnachweise sind den österreichischen Prüfstellen gemäß § 53 ChemG 1996 gleichzuhalten. Hierdurch soll im Sinne der entsprechenden RL einerseits dem Anliegen eines europäischen Binnenmarktes Rechnung getragen werden, andererseits aber auch Mehrfachprüfungen von Stoffen und Zubereitungen zur Vermeidung von Tierversuchen verhindert werden.
3. Überwachung a) Behörden Die Überwachung der Vorschriften des ChemG 1996 kommt grundsätzlich dem Landeshauptmann zu. Dieser hat sich hierbei fachlich befähigter Organe zu bedienen. In besonderen Fällen ist der Bundesminister (Kontrolle der Prüfstellen) oder die Bezirksverwaltungsbehörde (Überwachung des Giftverkehrs) zur Überwachung zuständig. b)Gegenstand der Überwachung Gegenstand der Überwachung ist die richtige und vollständige Kennzeichnung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen sowie die ordnungsgemäße Verpackung. Zudem ist auch die Ausfolgung von Sicherheitsdatenblättern und Mitteilungen zu überprüfen.165 Ferner unterliegen Stoffe und Zubereitungen, die einem Verbot oder einer Beschränkung unterliegen, der Überwachung. 165
Benedikter (FN 137) 49.
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c) Instrumente der Überwachung Die Überwachung findet in der Regel in den Geschäften oder Betrieben, in denen gefährliche Stoffe und Zubereitungen verkauft oder vorrätig gehalten werden, statt. Hierzu stehen den oben genannten Behörden in Vollziehung des ChemG 1996 eine Reihe von verwaltungspolizeilichen Instrumente, wie der Nachschau an Orten, an denen Chemikalien hergestellt, in Verkehr gesetzt oder verwendet werden,166 der Entnahme von Proben,167 der Beschlagnahme, der Anordnung vorläufiger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen, sofern Gefahr für Menschen oder die Umwelt droht, sowie der Verfall beschlagnahmter Gegenstände, Verpackungen und Beipacktexte zur Verfügung. d) Verwaltungsstrafverfahren Zudem können die Normen des ChemG 1996 verwaltungsstrafrechtlich durchgesetzt werden. § 71 Abs 1 ChemG 1996 listet die mit einer höheren Strafdrohung (bis zu € 14.530) und der Pflicht zur Anordnung einer Mindeststrafe von € 360 für schwerwiegende Delikte auf. Hierunter fallen zB das Inverkehrsetzen eines Stoffes ohne Anmeldung oder gegen ein Verbot, der unberechtigte Erwerb von Giften, der Betrieb einer Prüfstelle ohne ausreichende Befähigung usw. Alle übrigen Verstöße sind in Form einer „Blankettstrafnorm“ geregelt, die pauschal alle sonstigen Zuwiderhandlungen mit - geringerer - Strafe bedroht.168 Das Strafverfahren richtet sich nach dem VStG. Strafbehörde erster Instanz ist die Bezirksverwaltungsbehörde. Gegen Entscheidungen dieser Behörde ist eine Berufung an den jeweils zuständigen UVS möglich. Für die Verfolgbarkeit eines Verstoßes ist § 74 ChemG 1996 beachtlich, der abweichend von § 31 Abs 2 VStG die Verfolgungsverjährungsfrist auf ein Jahr erstreckt. Dies wird mit den komplexen Sachverhalten, welche eine eingehende Untersuchung der Stoffe auf ihre Eigenschaften erfordern, begründet.169
III. Die Regulierung von Pestiziden A. Allgemeines Die der Gruppe der Pestizide, die als Pflanzenschutzmittel oder als BiozidProdukte, Desinfektionsmittel, Insektizide und Parasitenmittel verwendet werden, sind sondergesetzlich geregelt, gleichwohl sie sich mit dem ChemG 1996 in vielem überschneiden. Die Aus- und Einfuhr-V definiert solche Pestizide als eine Untergruppe von Chemikalien (Art 3 Z 4) und zeigt damit sehr deutlich auf, dass Pestizide systematisch Chemikalienrecht iSd Stoff-RL und somit des ChemG 1996 sind.
166 167 168 169
Feierl (FN 25) 25. Vgl dazu VwGH 20.2.1997, 96/07/0224, ZfVB 1998/114: PCP-belastete Lederschuhe. Ulrich (FN 17) 492; Feierl (FN 25) 27. Ulrich (FN 17) 497.
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B. Biozid-Produkte 1. Grundlagen Biozid-Produkte, Substanzen, die verwendet werden, um damit für den Menschen unerwünschte, lästige oder störende Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken oder unschädlich zu machen,170 waren bis zum Erlassen des BiozidG im Jahre 2000 ungeregelt. Diese Situation wurde von der Gemeinschaft als unbefriedigend empfunden, sodass auf Gemeinschaftsebene zum Schutz des Menschen und der Umwelt entsprechende Grundlagen zur Regulierung von Bioziden geschaffen wurden. Gemeinschaftsrechtliche Grundlage des BiozidG ist die Biozid-Produkte-RL. Mit dem BG, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden, wurde mit dessen Art I „Bestimmungen über ein Bundesgesetz über das Inverkehrbringen von BiozidProdukten (Biozid-Produkte-Gesetz - BiozidG)“ diese RL umgesetzt. Die EB hierzu merken an, dass die in Österreich bestehenden gesetzlichen Regelungen im Bereich des stoff- und produktbezogenen Umweltschutzes nicht gezielt für den Bereich der Biozid-Produkte geschaffen bzw nicht konzeptionell auf diese Produktgruppe hin ausgerichtet wären, weshalb - wie beim PMG - aus konzeptionellen Gründen die RL nicht durch eine Novellierung des ChemG 1996, sondern mit einem eigenständigen Gesetz umzusetzen sei.171
2. Ziel der Regulierung von Biozid-Produkten Das BiozidG zielt darauf ab, schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie auf die Umwelt durch die Verwendung von Biozid-Produkten zu vermeiden. Das BiozidG schafft jene Voraussetzungen, Biozid-Produkte nur dann in Verkehr bringen zu dürfen, wenn sie bei bestimmungsgemäßer oder gebräuchlicher Verwendung oder als Folge einer solchen Verwendung, abgesehen von den beabsichtigten Wirkungen auf Schadorganismen, keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren oder auf die Umwelt zur Folge haben (§ 1 Abs 1 BiozidG). Das BiozidG folgt damit - wie auch das ChemG 1996 - dem Konzept des vorsorglichen Umweltschutzes, wie es im BVG Umfassender Umweltschutz programmatisch statuiert wurde. Im Unterschied zu den dem ChemG 1996 unterliegenden Stoffe und Zubereitungen, werden alle Biozid-Produkte vor ihrem Inverkehrbringen einer Überprüfung im Hinblick auf ihre Gefährlichkeit oder ihr Risikopotential unterworfen. Biozid-Produkte sollen nur dann in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn im Rahmen einer Vorab-Prüfung die Behörde die von solchen Biozid-Produkten ausgehende Gefahr oder das Risikopotential als akzeptabel bewertet wurde.172
3. Begriffsbestimmungen § 2 BiozidG enthält einen an amerikanische Gesetze erinnernden Katalog wesentlicher Begriffsbestimmungen. Der Leser erfährt hierbei ua so profunde und unverzichtbare Definitionen, wie jene, dass RL 98/8/EG einschließlich aller Anpassungen in diesem BG als „Biozid-Produkte-Richtlinie“ bezeichnet wird 170
52 BlgNR 21.GP, Erl I.1. 52 BlgNR 21.GP, Erl I.1. 172 52 BlgNR 21. GP, zu Art I Zu §1. 171
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(§ 2 Abs 1 Z 1 BiozidG), oder dass „Zulassung“ die „auf Antrag mit Bescheid erteilte behördliche Erlaubnis [ist], ein Biozid-Produkt in Verkehr bringen zu dürfen“ (§ 2 Abs 1 Z 12 BiozidG), aber auch zahlreiche andere wichtige Legaldefinitionen, wie jene des Biozid-Produktes, der Produktarten, der Grundstoffe oder der Wirkstoffe. a) Biozid-Produkt Das im BiozidG verankerte Instrumentarium gilt nur für Biozid-Produkte. Diese sind gemäß § 2 Abs 1 Z 2 BiozidG „Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, in der Form, in der sie zum Verwender gelangen, und die dazu bestimmt sind, auf chemischem oder biologischem Wege Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, Schädigungen durch sie zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen“. Dieser Begriff umfasst nicht nur chemische Stoffe und Zubereitungen, sondern auch Mikroorganismen einschließlich Pilze und Viren.173 Der Begriff „Biozid-Produkte“ umfasst grundsätzlich auch „BiozidProdukte mit niedrigem Risikopotential“, welche gemäß § 2 Abs 1 Z 3 BiozidG als solche Biozid-Produkte definiert werden, von denen bei bestimmungsgemäßer Verwendung nur ein niedriges Risiko für Menschen und Tiere und für die Umwelt ausgeht, und die • nur solche Wirkstoffe enthalten, die nicht als krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend (reproduktionstoxisch), sensibilisierend oder bioakkumulierend und schwer abbaubar einzustufen sind, und • ausschließlich Wirkstoffe enthalten, die in Anhang IA der BiozidProdukte-RL angeführt sind oder für die die Vollständigkeit der Angaben und Unterlagen für die Aufnahme in diesen Anhang durch ein zuständiges Organ der Europäischen Gemeinschaft festgestellt worden ist, und • keine bedenklichen Stoffe iSd § 2 Abs 1 Z 7 BiozidG enthalten. Die Unterscheidung der Biozid-Produkte von solchen mit niedrigem Risikopotential ist von großer Bedeutung, da für letztere erleichterte Zulassungsbestimmungen vorgesehen sind. b) Produktarten Als „Produktarten“ bezeichnet § 2 Abs 1 Z 4 BiozidG die in Hauptgruppen zusammengefassten Typen von Biozid-Produkten. Diese sind in der Anlage erschöpfend aufgezählt und beschrieben. c) Grundstoffe Als „Grundstoffe“ definiert § 2 Abs 1 Z 5 BiozidG die in Anhang IB der Biozid-Produkte-RL angeführten Stoffe, die nur in geringerem Maße einer bioziden Verwendung zugeführt werden, und die als solche oder als Zubereitungen mit einem einfachen Verdünnungsmittel, das aber kein bedenklicher Stoff (Z 7) ist, in Verkehr gebracht werden, ohne dass dabei auf eine Verwendung als Biozid-Produkt hingewiesen wird.
173
52 BlgNR 21. GP Erl I.4.
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d) Wirkstoff „Wirkstoffe“ iSd § 2 Abs 1 Z 6 BiozidG sind Stoffe oder Mikroorganismen einschließlich Pilzen sowie Viren mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung auf oder gegen Schadorganismen. e) Bedenklicher Stoff Unter „bedenklichen Stoffen“ sind nach § 2 Abs 1 Z 7 BiozidG Stoffe, nicht jedoch Wirkstoffe zu verstehen, die auf Grund ihrer Eigenschaften schädliche Auswirkungen auf Menschen und Tiere oder unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt haben können und in einem Biozid-Produkt in einer solchen Konzentration enthalten sind oder entstehen, dass sie eine solche Wirkung hervorrufen können. Alle gefährlichen Stoffe iSd § 3 Abs 1 ChemG 1996, die in einem Biozid-Produkt in einer Konzentration enthalten sind, durch die das Biozid-Produkt als gefährlich einzustufen ist, sind, sofern sie nicht Wirkstoffe sind, jedenfalls bedenkliche Stoffe iSd § 2 Abs 1 Z 7 BiozidG. f) Schadorganismus Als „Schadorganismen“ definiert § 2 Abs 1 Z 8 BiozidG tierische Lebewesen, Pflanzen sowie Mikroorganismen einschließlich Pilzen sowie Viren, die für den Menschen, seine Tätigkeiten oder für Produkte, die er verwendet oder herstellt, oder für Tiere oder für die Umwelt unerwünscht oder schädlich sind. g) Rückstände Als „Rückstände“ sind gemäß § 2 Abs 1 Z 9 BiozidG ein Stoff oder mehrere Stoffe zu verstehen, die als Bestandteile eines Biozid-Produktes in Folge seiner Verwendung zurückbleiben, einschließlich ihrer Metaboliten und Abbau- oder Reaktionsprodukte. h) Rahmenformulierungen Als „Rahmenformulierungen“ bezeichnet § 2 Abs 1 Z 10 BiozidG Spezifikationen für mehrere Biozid-Produkte, die den gleichen Verwendungszweck haben und die für die gleiche Verwenderkategorie bestimmt sind. Diese BiozidProdukte müssen dieselben Wirkstoffe derselben Spezifikationen, insbesondere betreffend den Reinheitsgrad sowie Art und Menge der Verunreinigungen, enthalten, und ihre Zusammensetzungen dürfen nur Abweichungen von einem bereits zugelassenen oder registrierten Biozid-Produkt aufweisen, die sich weder auf die Höhe des durch sie verursachten Risikos auswirken, noch deren Wirksamkeit beeinträchtigen (§ 2 Abs 1 Z 10 S 2 BiozidG). Als zulässige Abweichung gilt in diesem Zusammenhang • ein geringerer prozentualer Anteil des Wirkstoffes oder • eine Veränderung des prozentualen Anteils eines Stoffes oder mehrerer Stoffe, die keine Wirkstoffe sind, oder • der Austausch eines oder mehrerer Pigment-, Farb- oder Duftstoffe gegen andere Stoffe mit dem gleichen oder einem niedrigeren Risikopotential, wobei die Wirksamkeit des Biozid-Produktes durch diese Abweichungen nicht verringert werden darf.
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4. Geltungsbereich Der Geltungsbereich des BiozidG erstreckt sich ausschließlich auf die Regulierung von Biozid-Produkten, dh auf jene Produkte, die vom Menschen gegen etwa Pilze, Sporen, Bakterien, aber auch Ratten oder Mäuse, Spinnen oder Ameisen eingesetzt werden.174 Diese Produktgruppe ist sowohl hinsichtlich ihrer Anwendungsbereiche als auch hinsichtlich ihrer Verwendungszwecke sehr vielfältig und reicht von Desinfektionsmitteln, Holzschutzmitteln, AntiFoulung Produkten über Schädlingsbekämpfungsmittel bis hin zu Mitteln zur Topfkonservierung und zur Mikroorganismen-Bekämpfung bei industriellen Fertigungsprozessen wie zB in der Papierherstellung.175 Dementsprechend umfasst das BiozidG Regelungen betreffend die Zulassung und Registrierung sowie die Meldung von Biozid-Produkten. Zudem ist auch im Rahmen des diesbezüglichen Zulassungs- und Registrierungsverfahrens die Anerkennung von Zulassungen und Registrierungen von BiozidProdukten, die in anderen EWR-Staaten gemäß den jeweiligen Vorschriften, mit denen die Biozid-Produkte-RL umgesetzt ist, zugelassen oder registriert worden sind, hiervon umfasst. Ferner gilt das Gesetz auch hinsichtlich der Mitwirkung bei der Prüfung und Bewertung von alten und neuen Wirkstoffen im Hinblick auf die Aufnahme in Anhang I, IA oder IB der Biozid-ProdukteRL im Rahmen der Erstellung dieser Wirkstofflisten auf Gemeinschaftsebene und die sonstigen Sicherheitsmaßnahmen für das Inverkehrbringen von BiozidProdukten als Voraussetzung für deren sichere und ordnungsgemäße Verwendung (§ 3 Abs 1 BiozidG). Ausnahmen vom Geltungsbereich: § 3 Abs 2 trifft - ähnlich dem § 4 ChemG 1996 - zahlreiche Einschränkungen und Ausnahmen. Das BiozidG gilt somit nicht soweit • ein Geltungsausschluss besteht: Das BiozidG gilt nicht für die Durchfuhr von Biozid-Produkten unter zollamtlicher Überwachung, soweit keine Beoder Verarbeitung erfolgt; Arzneimittel iSd AMG, der RL 65/65/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten und der RL 81/851/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Tierarzneimittel; Medizinprodukte iSd MedizinprodukteG; Lebensmittel, Verzehrprodukte, Zusatzstoffe und kosmetische Mittel iSd LMG 1975 sowie solche Gebrauchsgegenstände, die in § 6 lit a, e und f LMG 1975 genannt sind; Wein, Erzeugnisse und Weinbehandlungsmittel iSd WeinG 1999; Futtermittel und Zusatzstoffe iSd FMG 1999; Wasch- und Reinigungsmittel iSd § 29 Abs 1 und 2 ChemG 1996, bei denen weder eine biozide Wirkung beabsichtigt ist noch beim Inverkehrsetzen auf eine solche hingewiesen wird;176 nach dem PMSG 1997 zu174
52 BlgNR 21. GP, Erl I.1. 52 BlgNR 21. GP, Erl I.4. 176 Der Verweis auf § 29 Abs 1 und 2 ChemG 1996 führt aufgrund der jüngsten Novellierung des ChemG 1996 in Folge der gemeinschaftsrechtlichen Regulierung in der Detergenzien-V ins Leere, da § 29 ChemG 1996 nunmehr den BMLFUW zu der in Österreich für die Vollziehung der Detergenzien-V zuständigen Behörde benennt. Damit ist der normative Gehalt des Geltungsausschlusses für Wasch- und Reinigungsmittel in § 3 Abs 2 Z 7 BiozidG fraglich. Eine Anpassung dieser Bestimmung 175
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gelassene oder zulassungspflichtige Pflanzenschutzmittel; Tabakerzeugnisse iSd TabakG; Suchtgifte iSd § 1 SMG sowie Abfälle und Altöle iSd AWG; ein partieller Geltungsausschluss besteht: Gemäß § 3 Abs 3 BiozidG sind dessen §§ 24 und 25 nicht auf die Beförderung von Biozid-Produkten im Eisenbahn-, Luft-, Schiffs- und Straßenverkehr nicht anzuwenden; eine Anwendungsbeschränkung besteht: Wirkstoffe, die ausschließlich für Arzneimittel gemäß § 1 Abs 1 AMG, der RF 65/65/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten und der RL 81/851/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Tierarzneimittel verwendet werden, Stoffe, die ausschließlich als Weinbehandlungsmittel im WeinG 1999 und im Verzeichnis der zugelassenen Verfahren und Behandlungen bei Obstwein gemäß § 41 Abs 1 WeinG 1999 genannt sind, Stoffe, die ausschließlich in Futtermitteln iSd FMG 1999, die ausschließlich als Bestandteile von Pflanzenschutzmitteln verwendet werden, die nach dem PMSG 1997 zugelassen oder zulassungspflichtig sind, oder die ausschließlich in Medizinprodukten iSd MedizinprodukteG verwendet werden, sind vom Geltungsbereich des BiozidG ausgeschlossen.
5. Zulassungs- und Registrierungsregelungen a) Zulassung, Registrierung und Meldung Biozid-Produkte dürfen grundsätzlich nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie entweder zugelassen sind und dem Zulassungsbescheid entsprechen, registriert sind und dem Registrierungsbescheid entsprechen oder, sofern eine Meldung erforderlich ist, gemeldet sind (§ 4 Abs 1 Z 1-3 BiozidG). BiozidProdukte, die nur alte Wirkstoffe enthalten können in Verkehr gebracht werden, wenn keine Entscheidung eines zuständigen Organs der Gemeinschaft entgegensteht (§ 4 Abs 1 Z 4 BiozidG). Solche alten Wirkstoffe sind Anhang I oder IA der Biozid-Produkte-RL zu entnehmen. Trifft die Gemeinschaft die Entscheidung einen alten Wirkstoff in diese Anhänge aufzunehmen oder nicht aufzunehmen, hat der BMLFUW in einer entsprechenden Verordnung das weitere Inverkehrbringen von Biozid-Produkten, die einen solchen alten Wirkstoff enthalten von der Erfüllung der in der Entscheidung angeführten Voraussetzungen und Bedingungen abhängig zu machen (§ 4 Abs 2 BiozidG). Alle diese Biozid-Produkte müssen zudem den Bestimmungen über Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung sowie das Sicherheitsdatenblatt und die Werbung entsprechen. Die Entscheidung, ob ein Biozid-Produkt zugelassen oder registriert werden muss, ist davon abhängig, ob es ein Biozid-Produkt mit niedrigem Risikopotiential ist. Biozid-Produkte, welche kein niedriges Riskopotential aufweisen, sind dem Zulassungsverfahren unterworfen (§ 5 Abs 1 BiozidG); jene mit niedrigem Risikopotential unterliegen dagegen dem Registrierungsverfahren
an die nunmehrige Rechtslage in diesem Bereich ist nicht erfolgt und wäre zweifellos dringend vorzunehmen.
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(§ 5 Abs 2 BiozidG). Die Voraussetzungen, die Biozid-Produkte für Zulassung oder Registrierung erfüllen müssen sind in § 10 BiozidG geregelt. Meldepflichtige Biozid-Produkte sind, soweit dies in einer V nach § 19 BiozidG vorgesehen ist, vom chemikalienrechtlichen Verantwortlichen (iSd § 27 Abs 1 ChemG 1996) beim BMLFUW schriftlich zu melden. Dieser hat sie auf das Vorliegen der Bestimmungen der §§ 19 und 20 BiozidG hin zu überprüfen. b) Zulassungs- und Registrierungsverfahren Beide Verfahren erfolgen auf Antrag desjenigen, der das jeweilige BiozidProdukt erstmalig in Österreich in Verkehr bringen möchte Beim BMLFUW einzubringen. Zulassungsantrag: dieser ist für ein Biozid-Produkt, das kein BiozidProdukt mit niedrigem Risikopotential ist, von einem Antragsteller mit festem Sitz in einem EWR-Staat unter Verwendung eines bei der Behörde erhältlichen Formblattes einzubringen und muss in deutscher Sprache abgefasst sein (§ 8 Abs 1-3 BiozidG). Dem Antrag sind die für jeden Wirkstoff, die den Anhängen IIA, IIIA und IVA der Biozid-Produkte-RL entsprechenden Angaben, sowie die für das Produkt, das einen Wirkstoff enthält die nach den Anhängen IIB, IIIB oder IVB der Biozid-Produkte-RL entsprechenden Angaben und Unterlagen anzuschließen (§ 8 Abs 4 Z 1-2 BiozidG). Ferner sind Proben beizugeben und die angewandten Methoden zu beschreiben. Mit der Zulassung kann auch die Festlegung einer Rahmenformulierung beantragt werden. Hierfür müssen ergänzende Angaben und Unterlagen iSd § 8 Abs 8 BiozidG vorgelegt werden. Solange das Zulassungsverfahren nicht abgeschlossen ist, kann der Antragsteller alle Rechte und Pflichten auf einen anderen Antragsteller, der die Voraussetzungen nach § 8 Abs 1 und 2 BiozidG erfüllt, übertragen (§ 8 Abs 9 BiozidG). Registrierungsantrag: Dieser kann nur für Biozid-Produkte mit niedrigem Risikopotential beim BMLFUW eingebracht werden. Er umfasst die Angaben, Unterlagen und Proben gemäß § 8 Abs 4 BiozidG, wobei in Abweichung von § 8 Abs 4 Z 2 leg cit für das Produkt nur bestimmte, in § 9 Abs 2 Z 1-7 BiozidG angeführte Angaben und Unterlagen, die Daten zum Antragsteller (Z 1), Daten zur Identität des Produktes (Z 2) und zu den vorgesehenen Verwendungszwecken (Z 3), zur Wirksamkeit (Z 4), zu den Analysemethoden (Z 5), zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung (Z 6) sowie das Sicherheitsdatenblatt (Z 7) umfassen, enthalten müssen. Voraussetzungen für die Zulassung und Registrierung: § 10 BiozidG fasst die Zulassungs- und Registrierungsvoraussetzungen für Biozid-Produkte zusammen. Danach dürfen Biozid-Produkte nur zugelassen bzw registriert werden, wenn sichergestellt ist, dass bei bestimmungsgemäßer Verwendung und Berücksichtigung aller mit der Verwendung des Biozid-Produktes in Zusammenhang stehenden Bedingungen und Auswirkungen das Biozid-Produkt hinreichend wirksam ist, und von diesem keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Zielorganismen (wie zB Resistenzen) ausgehen, es nicht selbst oder aufgrund seiner Rückstände für Menschen und Tiere gesundheitsschädlich ist oder schädliche Auswirkungen auf Oberflächen- und das Grundwasser, sowie keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat (§ 10 Abs 1 BiozidG). Als weiteres Zulassung- bzw Registrierungserfordernis müssen Art und
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Menge der im betreffenden Biozid-Produkt enthaltenen Wirkstoffe sowie allfällige toxikologisch oder ökotoxikologisch bedeutsame Verunreinigungen und zusätzliche Bestandteile bestimmt werden können. Ergeben sich aus der vorgesehenen Anwendung toxikologisch oder ökotoxikologisch bedeutsame Rückstände müssen auch diese zuverlässig bestimmt werden können. Zudem müssen die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften des betreffenden Biozid-Produktes ermittelt worden sein und für seine sachgemäße Verwendung, Lagerung und Beförderung als annehmbar erachtet werden (§ 10 Abs 2 BiozidG). Ein Antrag auf Zulassung oder Registrierung kann auch einen Antrag auf Festlegung einer Rahmenformulierung enthalten, dem zu entsprechen ist, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs 3 BiozidG vorliegen. Sehr giftige, giftige, erbgutverändernde, krebserzeugende oder fortpflanzungsverändernde Biozid-Produkte dürfen nur für das Inverkehrbringen und die Verwendung durch berufsmäßige Verbraucher zugelassen werden. BiozidProdukte der Produktarten der Avizide, Fischbekämpfungsmittel und Produkte gegen sonstige Wirbeltiere dürfen nicht zugelassen werden (§ 10 Abs 4 BiozidG). Die Zulassung oder Registrierung erfolgt im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nach AVG. Die Behörde kann Mängelbehebungsaufträge erteilen (§ 10 Abs 6 BiozidG), die Beibringung zusätzlicher Informationen auftragen (Abs 7 leg cit) sowie die Zulassung oder Registrierung in kürzeren als den vom Gesetz vorgeschriebenen Zeiträumen (Abs 8 leg cit) oder unter Auflagen erteilen (Abs 9 leg cit). Für die Zulassung oder Registrierung von Biozid-Produkten gelten folgende Kriterien: • Biozid-Produkte, dessen Wirkstoff in Anhang I oder IA Biozid-ProdukteRL angeführt ist und für die dort festgelegten Bedingungen erfüllen, sind ohne nötigen Aufschub innerhalb eines Jahres zuzulassen, wenn die Bewertung der Angaben und Unterlagen nach den gemeinsamen Grundsätzen des Anhanges VI der RL ergeben hat, dass die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen. Diese Zulassung oder Registrierung ist auf höchstens 10 Jahre zu befristen und kann erneuert werden (§ 11 BiozidG). • Biozid-Produkte mit einem neuen Wirkstoff sind vorläufig zuzulassen oder zu registrieren, wenn die Vollständigkeit der Angaben und Unterlagen für die Aufnahme des neuen Wirkstoffes in Anhang I bzw IA der Biozid-Produkte-RL durch ein zuständiges Organ der Gemeinschaft festgestellt worden ist und aufgrund der Bewertung dieser Angaben und Unterlagen die Voraussetzungen für die Aufnahme des Wirkstoffes in Anhang I bzw IA der RL gegeben sind, berechtigter Grund für die Annahme besteht, dass das Biozid-Produkt die Voraussetzungen des § 10 BiozidG erfüllt und keinen alten Wirkstoff enthält. Die vorläufige Zulassung bzw Registrierung ist auf höchstens drei Jahre zu befristen und kann um höchstens ein Jahr verlängert werden (§ 12 BiozidG). Ist das Biozid-Produkt bereits in einem EWR Staat zugelassen oder registriert, kann es im Rahmen der Zulassung bzw Registrierung in Form der gegenseitigen Anerkennung gemäß § 13 bzw § 14 BiozidG zugelassen bzw registriert werden.
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Stützt sich der Antrag auf Zulassung oder Registrierung auf eine gemäß § 10 Abs 3 BiozidG festgelegte Rahmenformulierung, ist das Biozid-Produkt binnen vier Monaten unter den Bedingungen des § 15 Abs 1 BiozidG zuzulassen. Für die Abwendung einer unvorhergesehenen Gefahr kann eine bestimmte Menge eines Biozid-Produktes für eine beschränkte und kontrollierte Verwendung unter Berücksichtigung seiner Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie auf die Umwelt zugelassen oder registriert werden (§ 18 BiozidG). Abänderung und Aufhebung: Unter bestimmten Umständen kann die Zulassung oder Registrierung von Amts wegen abgeändert oder aufgehoben werden. Zu diesen in § 17 Abs 1 Z 1-9 BiozidG aufgelisteten Umständen zählen ua das nicht mehr Vorliegen der Voraussetzungen nach § 10 BiozidG oder der Umstand, dass ein Biozid-Produkt einen Wirkstoff enthält, der in Anhang I oder Anhang IA der Biozid-Produkte-RL nicht mehr angeführt ist. Eine Abänderung der Zulassung oder Registrierung kann überdies auf Antrag des Zulassungs- bzw Registrierungsinhabers erfolgen, wobei diesem Antrag nur jene zusätzlichen Angaben, Unterlagen und Probemengen anzuschließen sind, die zur Bewertung der Voraussetzungen gemäß § 10 BiozidG für das geänderte Biozid-Produkt notwendig sind. Erneuerung: Nachdem Zulassungen oder Registrierungen nach dem BiozidG nur befristet erfolgen, stellt sich für Zulassungs- und Registrierungsinhaber periodisch die Frage der Erneuerung ihrer Zulassung oder Registrierung. Diese kann gemäß § 18 BiozidG auf Antrag erfolgen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 10 BiozidG vorliegen. Der entsprechende Antrag ist von Zulassungsinhaber spätestens ein Jahr, frühestens jedoch zwei Jahre vor dem Erlöschen der Zulassung einzubringen (§ 18 Abs 2 BiozidG). Die Erneuerungsfrist einer Registrierung beträgt zumindest zwei Monate, längstens aber ein Jahr vor dem Ablaufzeitpunkt der Registrierung (§ 18 Abs 3 BiozidG). Erneuerungsanträge sind unzulässig, wenn die Identität des zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages zugelassenen oder registrierten Biozid-Produktes mit dem im Antrag beschriebenen Biozid-Produkt nicht gegeben ist. Solche Anträge sind zurückzuweisen (§ 18 Abs 4 BiozidG). Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Erneuerung der Zulassung oder Registrierung gilt grundsätzlich der bisherige Zulassungs- oder Registrierungsbescheid weiter (§ 18 Abs 6 BiozidG). c) Meldeverfahren Biozid-Produkte, die keine Biozid-Produkte mit niedrigem Risikopotential sind, ausschließlich alte Wirkstoffen enthalten und noch nicht zugelassen sind, aber im Bundesgebiet in Verkehr gebracht werden, können gemäß § 19 BiozidG mittels V einer Meldepflicht unterworfen werden. Zu den weiteren Voraussetzungen der Erlassung der V zählt ua der Umstand, dass sie von nicht berufsmäßigen Verbrauchern verwendet werden und üblicherweise versprüht, verspritzt, vernebelt werden, sowie derart verwendet werden, dass als Folge einer Verwendung eine länger andauernde Belastung von Menschen, Tieren und der Umwelt entstehen kann und darüber hinaus Anlass zur Besorgnis von schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren oder
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von unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt besteht (§ 19 Abs 1 BiozidG). Die V hat vorzusehen, dass die Meldung in angemessener Frist unter Beischließung aller für die Überprüfung der Einstufung und Kennzeichnung erforderlichen Angaben und Unterlagen erfolgt. Das weitere Inverkehrbringen des betreffenden Biozid-Produktes kann von der Einhaltung der Meldepflicht abhängig gemacht werden (§ 19 Abs 2 BiozidG). Die Meldung ist vom chemikalienrechlichen Verantwortlichen gemäß § 27 Abs 1 ChemG 1996 vorzunehmen. Für die Meldung ist ein Formblatt zu verwenden (§ 19 Abs 3 BiozidG). Bislang ist keine V aufgrund § 19 BiozidG ergangen. d) Aufnahme von Wirkstoffen in Anhang I, IA oder IB Das Inverkehrbringen eines neuen Wirkstoffes177 zur Verwendung in einem Biozid-Produkt oder als Grundstoff sind an die Aufnahme in Anhang I, IA oder IB der Biozid-ProdukteRL gebunden. §§ 21 ff BiozidG regelt in Umsetzung der Art, 10, 11 und 16 der RL die Rolle der zuständigen österreichischen Behörde in diesem gemeinschaftsrechtlichen Verfahren der Aufnahme von alten und neuen Wirkstoffen in Anhänge I, IA oder IB der RL. Hierzu ist von einem in einem EWR-Staat ansässigen Antragsteller ein entsprechender Antrag mittels eines vollständig ausgefüllten Formblattes bei der Behörde einzubringen. Die Anforderungen an den Antrag, die erforderlichen Unterlagen und Angaben regelt § 21 Abs 4 BiozidG. Für die Aufnahme eines alten Wirkstoffes in Anhang I, IA oder IB der Biozid-Produkte-RL sind alle zur Wirkstoffbewertung gemäß § 22 BiozidG notwendigen Angeben dem BMLFUW vorzulegen, wenn Österreich als Berichterstatter für diesen Wirkstoff gemeinschaftsrechtlich berechtigt ist. Die Antragstellung für Aufnahme alter Wirkstoffe ist daher im Gegensatz zum Verfahren zur Aufnahme neuer Wirkstoffe in die jeweiligen Anhänge nicht mit jedem EWR-Staat möglich. Vielmehr werden jene Wirkstoffe, die bereits vor 14. Mai 2000 in Biozid-Produkten am jeweiligen nationalen Markt in Verkehr stehen nach Veröffentlichung dieser Wirkstoffliste in Form einer gemeinschaftsrechtlichen V den einzelnen Mitgliedstaaten zur Bewertung zugeteilt. Die Wirkstoffbewertung erfolgt gemäß § 22 BiozidG im Rahmen des Verfahrens betreffend die Aufnahme von Wirkstoffen in Anhang I, IA oder IB der Biozid-Produkte-RL, wobei der BMLFUW die Aufnahmevoraussetzungen prüft und sodann - im positiven Fall - seine Zustimmung zur Übermittlung einer Zusammenfassung der Angaben und Unterlagen an die Kommission und die übrigen EWR-Staaten erteilt. Die Behörde kann gegebenenfalls dem Antragsteller einen Mängelbehebungsauftrag erteilen, dem innerhalb der gesetzten Frist zu entsprechen ist; weitere Nachfristsetzung ist möglich. Sollte der Antrag dennoch unvollständig bleiben, hat die Behörde den Ständigen Ausschuss für Biozid-Produkte Bericht zu erstatten. Binnen eines Jahres nach Veröffentlichung der Anerkennung der Angaben und Unterlagen durch den Ständigen Ausschuss für Biozid-Produkte der Kommission hat der BMLFUW eine Bewertung durchzuführen und eine Ausfertigung der Bewertung mit einer Empfehlung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme des Wirkstoffe in Anhang I, 177
Ein neuer Wirkstoff ist gemäß § 2 Abs 1 Z 17 BiozidG ein nach dem 14. Mai 2000 in einem Mitgliedstaat in einem Biozid-Produkt in Verkehr gebrachter Wirkstoff.
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IA oder IB der RL der Kommission und den übrigen EWR-Staaten sowie dem Antragsteller zu übermitteln. Die Entscheidung für die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines Wirkstoffes in Anhang I, IA oder IB trifft der Ständige Ausschuss für Biozid-Produkte. e) Mit Zulassung oder Registrierung verbundene Pflichten Zulassungs- und Registrierungsinhaber sind gemäß § 27 BiozidG verpflichtet, sich nach dem erstmaligen Inverkehrbringen des jeweiligen Biozid-Produktes über alle Tatsachen und Umstände zu informieren, die auf schädliche Auswirkungen auf Menschen und Tiere oder auf die Umwelt hinweisen. Solche Informationen, die sich auf den Fortbestand der Zulassung oder Registrierung auswirken können, sind dem BMLFUW unverzüglich schriftlich zu melden. Zu solchen Informationen zählen zB neue Kenntnisse über die Auswirkungen des Biozid-Produktes oder dessen Wirkstoffes auf Menschen, Tier und die Umwelt; Änderungen hinsichtlich der Herkunft oder Zusammensetzung des Wirkstoffes, Resistenzentwickung usw. Bei Biozid-Produkten mit alten Wirkstoffen, die noch keiner Zulassungs-, Registrierungs- oder Meldepflicht unterliegen, trifft die Produktbeobachtungsund Meldepflicht des § 27 BiozidG den chemikalienrechtlich Verantwortlichen. f) Biozid-Produkte-Verzeichnis Alle zugelassenen und registrierten Biozid-Produkte sind gemäß § 29 BiozidG unter fortlaufender Nummer im Biozid-Produkte-Verzeichnis einzutragen. Dieses vom BMLFUW zu führendes Verzeichnis enthält Informationen zum Zulassungs- und Registerinhaber, zum betreffenden Biozid-Produkt (Handelsname, Wirkstoffbezeichnung, Produktart usw) sowie zu den Zulassungs- und Registrierungsbedingungen und die Angabe, ob das Biozid-Produkt als BiozidProdukt mit niedrigem Risikopotential zugelassen oder registriert worden ist. Das Verzeichnis ist zu Amtsstunden öffentlich zugänglich.
6. Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften a) Einstufung Unter Einstufung sind die Methoden und das Verfahren zur Feststellung, welche gefährlichen Eigenschaften iSd § 3 Abs 1 Z 1-15 ChemG 1996 ein Stoff oder eine Zubereitung aufweist, zu verstehen.178 Diese Vorschriften sind gelten sinngemäß auch für Biozid-Produkte (§ 24 Abs 1 BiozidG). Sie sind gemäß § 21 ChemG 1996 einzustufen, wobei die Ergebnisse aus Prüfungen, die gemäß Anhängen IIB und IIIB der Biozid-Produkte-RL wie vorgesehen durchgeführt worden sind, für die Einstufung heranzuziehen sind. b) Kennzeichnung § 24 Abs 5 BiozidG legt umfangreiche und detaillierte Kennzeichnungselemente der Biozid-Produkte fest. Kennzeichnungen müssen in deutscher Sprache verfasst und deutlich sicht- und lesbar und unverwischbar sein. Zu den Kenn178
52 BlgNR 21. GP, Erl Zu Art I § 24 Abs 1.
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zeichnungselementen zählen ua der Handelsname des Biozid-Produktes, dessen Hersteller, Zulassungs- oder Registrierungsnummer, die chemikalienrechtlichen Kennzeichnungselemente für gefährliche Stoffe und Zubereitungen (§ 24 ChemG 1996) usw. Die Gefahrenkennzeichnung, die an die jeweilige Einstufung des Biozid-Produktes anknüpft, ist dann relevant, wenn das BiozidProdukt eine oder mehrere gefährliche Eigenschaften iSd § 3 Abs 1 Z 1-15 ChemG 1996 aufweist. Somit sind die als gefährlich einzustufenden BiozidProdukte auf dem Kennzeichnungsetikett mit den auf die vorliegenden gefährlichen Eigenschaften hinweisenden Angaben iSd § 24 ChemG 1996 zu versehen. Die aus dem ChemG 1996 bekannten Gefahrensymbole, wie zB Totenkopf, Andreaskreuz ua, sowie die Gefahrenbezeichnung, zB giftig, sind somit in der Kennzeichnung eines als gefährlich einzustufenden Biozid-Produkts aufzunehmen. Im Unterschied zu den allgemeinen chemikalienrechtlichen Kennzeichnungsbestimmungen müssen Biozid-Produkte auch dann mit den in § 24 Abs 5 angeführten Kennzeichnungselementen versehen sein, wenn sie keine gefährlichen Eigenschaften besitzen179 (§ 24 Abs 7 BiozidG). Gewisse Angaben, die in § 24 Abs 5 Z 25 BiozidG angeführt sind („sonstige Angaben“) können gegebenenfalls auch in einem beizufügenden Merkblatt zusammengefasst sein (§ 24 Abs 7 BiozidG). c) Verpackung Gemäß § 24 Abs 2 BiozidG muss die Verpackung hinsichtlich ihrer Aufmachung, Art und Form so gestaltet sein, dass keine Verwechslungen mit Lebensmitteln, Verzehrprodukten, Arzneimitteln usw möglich sind. Für BiozidProdukte, die für nicht berufsmäßige Verbraucher bestimmt sind, gelten die strengeren Verpackungsvorschriften des § 24 Abs 3 BiozidG. Zudem bestimmt § 24 Abs 2 BiozidG, dass Form und graphischen Dekorationen so gestaltet sein müssen, dass sie nicht die Neugierde von Kindern wecken oder fördern können. Im Übrigen gelten die Verpackungsvorschriften des § 23 Abs 1 Z 1-4, 6 und 7 ChemG 1996 (§ 24 Abs 4 BiozidG). Sowohl auf der Verpackung wie auch in der Kennzeichnung dürfen keine irreführenden Angaben aufscheinen. Insbesondere sind Angaben wie „Biozid-Produkt mit niedrigem Risikopotential“, „ungiftig“, „unschädlich“, „ökologisch“ oder dergleichen untersagt (§ 24 Abs 10 BiozidG). d) Sicherheitsdatenblatt Für Biozid-Produkte und für Wirkstoffe, die ausschließlich in BiozidProdukten Verwendung finden, ist ein Sicherheitsdatenblatt zu erstellen. Hierfür gelten die Vorschriften des § 25 ChemG 1996 sowie des § 25 und des Anhanges F ChemV 1999. Für Biozid-Produkte mit alten Wirkstoffen, die noch keiner Zulassungs-, Registrierungs- oder Meldepflicht unterliegen müssen im Sicherheitsdatenblatt besondere Angaben zur Bezeichnung des Stoffes und der Zubereitung sowie der Angaben zu Bestandteilen angeführt werden. Ferner müssen Angaben über mögliche Gefahren, Erste-Hilfe Maßnahmen, zur Handhabung, zur Expositionsbegrenzung und zu persönlichen Schutzausrüstungen und zu Stabilität und 179
52 BlgNR 21. GP, Erl Zu Art I § 24 Abs 5 bis 11.
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Reaktivität, zur Toxikologie und zu besonderen Gesundheitsschutzbestimmungen angeführt werden (§ 27 Abs 4 BiozidG). e) Verantwortlichkeit Bezüglich der Verantwortlichkeit für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von noch nicht zugelassenen oder noch nicht registrierten BiozidProdukten gilt § 27 ChemG 1996. §§ 20-24 ChemG 1996 gelten für die Ausführung der Kennzeichnung, für Ausnahmen von den Kennzeichnungsbestimmungen sowie für besondere Bestimmungen für die Kennzeichnungen bestimmter Zubereitungen (§ 24 Abs 6 BiozidG).
7. Verkehrsbeschränkungen a) Inverkehrbringen von Biozid-Produkten Biozid-Produkte dürfen gemäß § 4 Abs 1 BiozidG in Verkehr gebracht werden, wenn sie • zugelassen sind und dem Zulassungsbescheid entsprechen (Z 1); • registriert sind dem Registrierungsbescheid entsprechen (Z 2), • im Falle der Erforderlichkeit einer Meldung nach einer gemäß § 19 Abs 1 BiozidG erlassenen V gemeldet sind und sie allfälligen gemäß § 20 Abs 2 erlassenen Maßnahmen entsprechen (Z 3), oder • nur alte Wirkstoffe enthalten, deren Inverkehrbringen in Biozid-Produkten keine Entscheidung eines zuständigen Organs der Gemeinschaft entgegensteht, • und wenn sie den Bestimmungen des BiozidG betreffend Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung sowie das Sicherheitsdatenblatt und die Werbung entsprechen. b) Inverkehrbringen von Wirk- und Grundstoffen Neue Stoffe, die ausschließlich zur Verwendung als Wirkstoff für ein BiozidProdukt bestimmt sind, dürfen unter den Bedingungen des § 23 Abs 1 BiozidG in Verkehr gebracht werden. Zu diesen Bedingungen zählen: • bei der zuständigen Behörde eines EWR-Staates müssen die Angaben und Unterlagen gemäß den Aufnahmevoraussetzungen des § 21 Abs 4 und 5 BiozidG vorliegen, die diese Angaben und Unterlagen auf ihre Vollständigkeit geprüft hat und eine Zusammenfassung der Angaben und Unterlagen an die Kommission und die übrigen EWR-Staaten zugeleitet hat; • es muss eine Erklärung vorliegen, dass der Stoff ausschließlich zur Verwendung als Wirkstoff in einem Biozid-Produkt bestimmt sein, sowie • der Stoff muss gemäß §§ 21 und 23-25 ChemG 1996 eingestuft, gekennzeichnet und verpackt sein und das Sicherheitsdatenblatt vorliegen. Der chemikalienrechtlich Verantwortliche, der den Grundstoff im Inland in Verkehr bringt hat diesen gemäß §§ 21, 23-25 ChemG sowie gemäß den in Anhang IB der Biozid-Produkte-RL für den Grundstoff festgelegte Bestimmungen einzustufen, zu kennzeichnen und zu verpacken sowie ein Sicherheitsdatenblatt zu erstellen, bereitzuhalten und abzugeben (§ 23 Abs 2 BiozidG)
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c) Verbote und Beschränkungen Mittels V kann der BMLFUW regeln, dass bestimmte Stoffe in BiozidProdukten nicht oder nur unter Einhaltung bestimmter Auflagen oder Beschränkungen enthalten sein dürfen oder Biozid-Produkte, die bestimmte Stoffe enthalten oder die unter bestimmte Produktarten fallen oder für BiozidProdukte mit bestimmten gefährlichen Eigenschaften, verbieten oder beschränken. Eine solche V ist bislang nicht ergangen. d) Werbebeschränkungen Biozid-Produkte unterliegen gemäß § 26 BiozidG gewissen Werbebeschränkungen. So müssen einerseits in jeglicher Werbung die Sätze „Biozide (bzw „Holzschutzmittel“ oder „Desinfektionsmittel“) sicher verwenden. Vor Gebrauch stets Kennzeichnung und Produktinformation lesen“ aufscheinen und sich deutlich von der übrigen Werbung abgrenzen (§ 26 Abs 1 BiozidG). Andererseits bestimmt § 26 Abs 2 BiozidG, dass die Werbung nicht in einer Weise betrieben werden darf, die zu falschen Vorstellungen hinsichtlich der Gefährlichkeit von Biozid-Produkten und der mit ihnen verbundenen Risken verleiten kann. Insbesondere sind Angaben wie „Biozid-Produkt mit niedrigem Risikopotential“, „ungiftig“, „unschädlich“, „ökologisch“ oder dergleichen untersagt.
8. Aufsichtsrecht a) Behörden Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des BiozidG obliegen grundsätzlich dem Landeshauptmann, der sich bei der Überwachung fachlich befähigter Personen zu bedienen hat (§ 34 Abs 1 und 2 BiozidG). In besonderen Fällen können für bestimmte Bereiche auch besonders geschulten Organen der Zollbehörden Überwachungsbefugnisse eingeräumt werden (§ 34 Abs 3 BiozidG). b) Gegenstand der Überwachung Gegenstand der Überwachung ist die Einhaltung der Vorschriften der BiozidG, insbesondere der Zulassungs-, Registrierungs- und Meldepflichten, der Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften. Zudem sind auch die Mitteilungen und die Ausfolgung von Sicherheitsdatenblättern zu überwachen. c) Instrumente der Überwachung Das in §§ 34-40 BiozidG angeführte Überwachungsinstrumentarium umfasst im Wesentlichen die Berechtigung, Nachschau zu halten (§ 35 Abs 1-4 BiozidG), Proben zu ziehen (§ 35 Abs 5-9 BiozidG), Auskünfte zu verlangen (§ 35 Abs 1 BiozidG), in Geschäftsunterlagen Einsicht zu nehmen (§ 36 BiozidG) sowie erforderlichenfalls Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen (vorläufige Beschlagnahme gemäß § 37 BiozidG, Beschlagnahme gemäß § 38 BiozidG, Verfall gemäß § 39 BiozidG und vorläufige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 40 BiozidG) zu setzen. Ferner statuiert § 36 BiozidG eine umfassende Mitwirkungspflicht für Geschäfts- und Betriebsinhaber und deren Bevollmächtigten, den mit der Überwachung befassten Sachverständigen Einsicht
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in die Aufzeichnungen zu gewähren, Überwachungsmaßnahmen zu dulden und die erforderliche Unterstützung zu leisten. d) Verwaltungsstrafverfahren § 42 BiozidG sanktioniert Verstöße gegen wesentliche, mit dem BiozidG etablierte Pflichten. Schwer wiegende Verstöße sind in § 41 Z 1-14 BiozidG aufgezählt. Dieser Strafkatalog umfasst ua zB das Inverkehrbringen von BiozidProdukten, die zulassungs- oder registrierungspflichtig sind, ohne entsprechende Zulassung oder Registrierung, das Unterlassen von Meldungen gemäß § 27 Abs 2 BiozidG durch den Meldepflichtigen, das Inverkehrbringen eines zugelassenen oder registrierten Biozid-Produktes entgegen der im Zulassungs- oder Registrierungsbescheid festgesetzten Zusammensetzung. Schwerwiegende Verstöße iSd § 42 Abs 1 BiozidG sind - sofern sie nicht gerichtlich zu ahnden sind - mit einer Geldstrafe von mindestens € 363,36 (S 5,000) bis zu € 14.534,57 (S 200.000) zu bestrafen. Im Wiederholungsfall beträgt die Höchststrafe € 29.069,14 (S 400.000). Als Auffangtatbestand erfasst § 42 Abs 2 BiozidG weniger schwere Delikte, und zwar Verstöße gegen die auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheide, sonstigen Anordnungen oder gegen unmittelbar anwendbare Rechtsakte der Organe der Gemeinschaft, die sich auf BiozidProdukte, Wirkstoffe, Grundstoffe oder sonstige Bestandteile von BiozidProdukten beziehen. Sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht und nicht bereits nach § 41 Abs 1 BiozidG strafbar ist, ist sie mit Geldstrafe bis zu € 5.087,10 (S 70.000), im Wiederholungsfall bis zu € 10.174,20 (S 140.000) zu bestrafen (§ 42 Abs 2 BiozidG). Der Versuch ist in beiden Fällen strafbar. Das Verwaltungsstrafverfahren richtet sich nach VStG. Strafbehörde erster Instanz ist die Bezirksverwaltungsbehörde. In zweiter Instanz entscheidet der örtlich zuständige UVS. Gegen Bescheide der UVS steht dem BMLFUW die Möglichkeit der Amtsbeschwerde and den VwGH offen (§ 45 BiozidG). Mit diesem Rechtsbehelf soll sichergestellt werden, dass die Rahmenbedingungen für die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren in allen Instanzen ausgewogen sind und weit reichende Folgen von nie zur Gänze ausschließbaren Fehlentscheidungen, die für das BiozidG abträglich sein können, vermeiden werden.180 Für die Verfolgbarkeit der Verstöße gemäß § 42 BiozidG weitet § 44 BiozidG in Abweichung von § 31 Abs 2 VStG die Verfolgungsverjährungsfrist auf ein Jahr aus.
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52 BlgNR 21. GP Erl Zu Art I Zu § 45; als ob nicht auch der Rechtsunterworfene ein schutzwürdiges Interesse an der Vermeidung von Fehlentscheidungen - zB der Nichtzulassung eines Biozid-Produktes - hätte. Diese Begründung für eine aus der Sicht des Rechtsschutzes äußerst problematischen und unfaire Bestimmung zeigt überdeutlich einerseits das grenzenlose Misstrauen des Zentrale gegenüber lokalen und regionalen Rechtsetzungsinstanzen auf, sondern st Ausdruck eines wirtschaftsfeindlich eingestellten Bürokratismus. Eine Instanz mehr für den Staat bedeutet für den Wirtschaftstreibenden Unsicherheit, zeitliche Verzögerungen und somit Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Mitbewerbern in der Gemeinschaft. Diese Problematik müsste in die Entscheidung, eine derartige Bestimmung zuzulassen, jedenfalls Berücksichtigung finden.
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C. Pflanzenschutzmittel 1. Allgemeines Seit 1997 werden Pflanzenschutzmittel durch das PMG 1997 reguliert. Mit diesem Gesetz wurde das Pflanzenmittelschutzwesen auf Bundesebene auf eine neue gesetzliche Basis gestellt und der gemeinschaftsrechtliche Rechtsbestand auf dem Gebiet der Pflanzenschutzmittel übernommen. Zuvor galten betreffend das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln im geschäftlichen Verkehr, über die Werbung und über die Einfuhr das Pflanzenmittelschutzgesetz, BGBl 1990/476. Das ChemG 1987, BGBl 326, galt für Pflanzenschutzmittel hinsichtlich ihres Inverkehrbringens und ihrer Verwendung. Zudem trafen auch das WRG, das ForstG und das LMG Verwendungsbeschränkungen. Das Pflanzenschutzmittelrecht ist jedoch auch nach Erlassung des PMG 1997 nicht ausschließlich in diesem BG geregelt. Da die Bundeskompetenz „Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Saat- und Pflanzgut, Futter-, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie mit Pflanzenschutzgeräten, einschließlich der Zulassung“ in Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG nicht abschließend ist, verbleibt den Ländern die Kompetenz zur Regelung der Verwendung gefährlicher Pflanzenschutzmitteln, welche diese mit Erlassung der Pflanzenschutz-, Bodenschutz- bzw Chemikaliengesetzen auch genützt haben.
2. Begriff Als Pflanzenschutzmittel definiert § 2 Abs 1 PMG 1997 Wirkstoffe und Zubereitungen, die dazu bestimmt sind, Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen oder ihrer Einwirkung vorzubeugen, in einer anderen Weise als ein Nährstoff die Lebensvorgänge von Pflanzen zu beeinflussen (zB Wachstumsregler), unerwünschte Pflanzen oder Pflanzenteile zu vernichten oder ein unerwünschtes Wachstum von Pflanzen zu hemmen oder einem solchen Wachstum vorzubeugen.
3. Zulassungsregelungen a) Zulassungssystem Pflanzenschutzmittel können nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie nach zugelassen wurden (§ 3 Abs 1 PMG 1997). Keine Zulassung in Österreich benötigen Pflanzenschutzmittel, wenn sie sind entweder zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gemeinschaftsgebiet oder zur Anwendung in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt sind, sofern sie dort zugelassen sind (§ 3 Abs 2 PMG 1997). b) Antragsteller Da das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels an eine entsprechende Zulassung geknüpft ist, ist derjenige, der beabsichtigt, ein Pflanzenschutzmittel erstmals in Österreich in Verkehr zu bringen, verpflichtet eine solche Zulassung zu beantragen (§ 4 Abs 1 PMG 1997). Der Antragsteller muss gemäß § 4 Abs 2 PMG 1997 in einem Mitgliedstaat einen festen Sitz oder Wohnsitz haben.
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c) Antrag Der Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels ist in deutscher Sprache unter Verwendung eines bei der Behörde aufliegenden Formblatts in dreifacher Ausfertigung beim Bundesamt für Ernährungssicherheit einzubringen (§ 4 Abs 3 PMG 1997). Ihm sind die zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Angaben, Unterlagen und Prüfungen anzuschließen. Diese Unterlagen müssen nach dem Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse zumindest den inhaltlichen Anforderungen und der Systematik der Anhänge II und III der Stoff-RL entsprechen, wobei die Prüfung der Wirksamkeit und Phytotoxizität erforderlichen Unterlagen von Versuchseinrichtungen solche Versuchseinrichtungen sind die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit und das Bundesamt und Forschungszentrum Wald (§ 5 Abs 1 PMG 1997) - zu erstellen sind (§ 4 Abs 4 PMG 1997). Ist der Wirkstoff bereits in Anhang I der Stoff-RL angeführt und unterscheidet sich die Zusammensetzung des Wirkstoffs hinsichtlich des Reinheitsgrads und der Art der Verunreinigungen nicht gegenüber jener in den Unterlagen des Erstantrages zur Aufnahme in den Anhang I der Stoff-RL, sind Angaben und Unterlagen, die den Anforderungen des Anhangs II der Stoff-RL genügen, nicht erforderlich (§ 4 Abs 5 PMG 1997) Für Pflanzenschutzmittel, die in einem Mitgliedstaat bereits zugelassen wurden, müssen die Versuche oder Analysen, die im Zusammenhang mit dieser Zulassung durchgeführt wurden, nicht wiederholt werden, soweit die für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels bedeutsamen Verhältnisse nachweislich vergleichbar sind. Ist die Wiederholung erforderlich, hat der BMLFUW diesen Umstand zu melden und die Entscheidung der Gemeinschaft abzuwarten (§ 4 Abs 6 PMG 1997). Im Falle eines Abänderungsantrages oder eines Antrages auf Erneuerung der Zulassung müssen nur jene zusätzlichen Angaben, Unterlagen und Proben angeschlossen werden, die für eine dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechende Beurteilung des Antrages hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen erforderlich sind (§ 4 Abs 7 PMG 1997). Mitunter enthält ein Antrag Angaben oder Unterlagen, an welchen der Antragsteller ein schutzwürdiges Interesse an deren Geheimhaltung geltend macht, etwa weil sie ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis sein können. In diesem Fall sind die betreffenden Angaben und Unterlagen als vertraulich zu kennzeichnen (§ 4 Abs 8 PMG 1997). Die Prüfung der Begründung des Geheimhaltungsinteresses und die allfällige Behandlung dieser Angaben und Unterlagen als vertraulich erfolgt nach dem UIG. Kein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung besteht für Angaben iSd Art 14 Stoff-RL. d) Zulassung Die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels erfolgt mittels Bescheid durch des Bundesamt für Ernährungssicherheit, wenn die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 6 Abs 1 PMG 1997). Diese allgemeinen Zulassungsvorausset-
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zungen müssen grundsätzlich von jedem zum Inverkehrbringen zugelassenen Pflanzenschutzmittel erfüllt werden.181 Zu den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zählen gemäß § 7 PMG 1997: • Das Pflanzenschutzmittel muss nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik sowie aufgrund der Prüfung der Unterlagen • hinreichend wirksam sein, • keine unannehmbaren Auswirkungen auf zu schützende Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse haben, • bei den zu bekämpfenden Wirbeltieren keine unnötigen Leiden oder Schmerzen verursachen, • keine unmittelbaren oder mittelbaren schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder das Grundwasser haben, und • keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt im Hinblick auf den Verbleib und Ausbreitung des Pflanzenschutzmittels in der Umwelt und auf dessen Auswirkungen auf nicht bekämpfte Arten haben (Z 1 lit a-e). Die Art und Menge der in dem Mittel enthaltenen Wirkstoffe sowie der toxikologisch oder ökotoxikologisch signifikanten Verunreinigungen und zusätzlichen Bestandteile sowie die bei zugelassenen Anwendungen entstehenden toxikologisch und ökologisch signifikanten Rückstände müssen nach allgemein gebräuchlichen, geeigneten Methoden mit vertretbarem Aufwand und zuverlässig bestimmt werden können (Z 2 und 3). Die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Mittels müssen ermittelt worden sein und eine angemessene Verwendung und Lagerung des Mittels erlauben (Z 4). Keine vorläufig oder nach einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft festgelegten Höchstwerte für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln dürfen überschritten werden (Z 5). Die Handelsbezeichnung des Mittels muss so gewählt sein, dass es weder einer Handelsbezeichnung eines bereits zugelassenen Pflanzenschutzmittels entspricht noch zu Verwechslungen oder Täuschungen insbesondere der Wirkungen oder der Eigenschaften des Pflanzenschutzmittels führen kann (Z 6). Zudem umfasst die bestimmungs- und sachgemäße Anwendung die Einhaltung der in der Kennzeichnung angegebenen Indikationen und Anwendungsvorschriften sowie die Befolgung der guten Pflanzenschutzpraxis und die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes (§ 7 Abs 2 PMG 1997). e) Zulassungsverfahren Das Zulassungsverfahren ist in §§ 8-14 PMG 1997 geregelt. Die allgemeinen, in jenem Zulassungsverfahren enthaltenen Bestimmungen regelt § 6 PMG 1997. Zu diesen allgemeinen Verfahrensbestimmungen zählen ua die Entscheidungsfrist der Behörde von höchstens einem Jahr, die Regelungen bei Mängelbehebungsaufträgen usw. Hinsichtlich der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln unterscheidet das Gesetz nach der Art des Wirkstoffes des betreffenden Pflanzenschutzmittels: 181
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Pflanzenschutzmittel, dessen Wirkstoffe im Anhang I der Pflanzenschutzmittel-RL angeführt sind, sind zuzulassen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen des § 7 PMG 1997 vorliegen (§ 8 Abs 1 PMG 1997). Diese Zulassung gilt für höchstend zehn Jahre (§ 8 Abs 2 PMG 1997). • Pflanzenschutzmittel, die einen neuen Wirkstoff enthalten, sind zuzulassen, wenn anzunehmen ist, dass die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen des § 7 PMG 1997 vorliegen und die Vollständigkeit der Unterlagen für den neuen Wirkstoff durch die Gemeinschaft festgestellt wurde (§ 9 Abs 1 PMG 1997). Die Feststellung der Vollständigkeit durch die Gemeinschaft erfolgt nach dem in Art 20 Pflanzenschutzmittel-RL geregelten Verfahren. Die Unterlagen zum Wirkstoff müssen eine Detailbewertung im Wirkstoffprogramm der Gemeinschaft ermöglichen.182 Die Zulassung ist auf höchstens drei Jahre befristet. Ein Erneuerungsantrag kann gestellt werden.183 Enthält ein Pflanzenschutzmittel einen alten Wirkstoff, ist es zuzulassen, wenn die allgemeinen Zulassungsvorsaussetzungen des § 7 PMG 1997 vorliegen (§ 10 Abs 1 PMG 1997). Diese Zulassung ist am 26. Juli 2003 abgelaufen (§ 10 Abs 2 PMG 1997). Eine Verlängerung der Frist sowie Anträge auf Erneuerung der Zulassung sind jedoch vorgesehen,184 sodass bloß keine Neuzulassungen solcher Pflanzenschutzmittel erfolgen können. Ist das Pflanzenschutzmittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen,185 muß es unter den Voraussetzungen des § 12 Abs 1 PMG 1997 zulassen: Die Wirkstoffe des Pflanzenschutzmittels müssen im Anhang I der Pflanzenschutzmittel-RL angeführt sein Ferner müssen die für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels maßgeblichen Bedingungen des Zulassungsstaates hinsichtlich der Land- und Forstwirtschaft, des Pflanzenschutzes und der Umwelt einschließlich der Witterungsverhältnisse mit denen in Österreich vergleichbar sein. Im entsprechenden Antrag ist die Kennzeichnung des Pflanzenschutzmittels vorzusehen, welche im Rahmen des Zulassungsverfahrens geprüft wird. Die Einstufung aufgrund der Kennzeichnung ist in die Zulassung aufzunehmen (§ 11 Abs 2 PMG 1997). In der Zulassung wird die Anwendungsbestimmungen festgelegt, die denjenigen entsprechen, die im Rahmen der Zulassung des Pflanzenschutzmittels im Zulassungsstaat vorgenommen worden sind. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch eine Zulassung mit anderen Anwendungsbestimmungen erteilt werden (§ 12 Abs 3 PMG 1997). Die Zulassung ist befristet auszusprechen, wobei sich die Zulassungsfrist nach der vom Zulassungsstaat ausgesprochenen richtet (§ 12 Abs 5 PMG 1997). § 12 Abs 6 und 7 PMG 1997 enthalten das in Art 11 Pflanzenschutzmittel-RL vorgesehene Schutzklauselverfahren für verweigerte und aufgehobene oder abgeänderte Zulassungen. Solche Fälle sind bei Zulassungsverweigerung der Kommission, 182 183 184 185
563 BlgNR 20. GP 35 (Zu § 9). 563 BlgNR 20. GP 35 (Zu § 9). 563 BlgNR 20. GP 35 (Zu § 10); vgl Art 8 Abs 2 e. Unterabs PflanzenschutzmittelRL. Im Folgenden als „Zulassungsstaat“ bezeichnet; § 12 PMG 1997 setzt Art 10 der Pflanzenschutzmittel-RL um; siehe 563 BlgNR 20. GP 38 (Zu § 12).
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bei Aufhebung oder Abänderung, der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten vom BMLFUW zu melden und hat die Entscheidung der Gemeinschaft abgewartet werden (§ 12 Abs 6 und 7 PMG 1997). Vereinfachte Zulassung: Für Parallelimporte von Pflanzenschutzmitteln sieht § 11 eine vereinfachte Zulassung vor: Soll ein Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden, das mit einem Referenzprodukt identisch ist und in einem anderen Mitgliedstaat des EWR zugelassen ist, bedarf es lediglich der vereinfachten Zulassung durch das Bundesamt für Ernährungssicherheit (§ 11 Abs 1 PMG 1997). Ein Refernzprodukt ist mit einem im Inland zugelassenen Pflanzenschutzmittel identisch186, wobei das im Inland zugelassene Pflanzenschutzmittel nicht nach §§ 11, 12 Abs 10 oder § 13 PMG 1997 zugelassen sein darf (§ 11 Abs 1 Z 1 PMG 1997). Dem Antrag ist eine Erklärung beizulegen, dass das betreffende Pflanzenschutzmittel mit einem bestimmten Referenzprodukt identisch ist, sowie die beabsichtigte Kennzeichnung nach § 20 PMG 1997 und die Originalkennzeichnung beizulegen (§ 11 Abs 2 PMG 1997). Ferner muss ein Muster der Verpackung, in der das Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden soll, dem Antrag vorgelegt werden, es sei denn es soll in seiner Originalverpackung in Verkehr gebracht werden. Im Rahmen der vereinfachten Zulassung prüft das Bundesamt für Ernährungssicherheit lediglich das Übereinstimmen der Originalkennzeichnung mit der Kennzeichnung des Referenzproduktes.187 Stimmen diese beiden Kennzeichnungen überein, ist das Pflanzenschutzmittel zuzulassen (§ 11 Abs 4 PMG 1997). Die Entscheidung ist binnen zwei Monaten zu fällen (§ 11 Abs 7 PMG 1997). In der Zulassung ist eine Zusatzbezeichnung vorzuschreiben, die zusätzlich zur Pflanzenschutzmittelregister-Nummer in der Kennzeichnung angegeben werden muss (§ 11 Abs 8 PMG 1997). Zulassung bei Gefahr im Verzug: Um jederzeit Gefahren flexibel und effizient begegnen zu können, sieht § 13 PMG 1997 die Möglichkeit vor, ein Pflanzenschutzmittel in einer bestimmten Menge und für eine beschränkte und kontrollierte Anwendung zuzulassen, wenn dies aufgrund einer unvorhersehbaren Gefahr notwendig ist, die mit anderen Mitteln nicht eingedämmt werden kann (§ 13 Abs 1 PMG 1997). Solche Zulassungen sind auf vier Monate befristet (§ 13 Abs 2 PMG 1997). Änderung der Zulassung: Grundsätzlich sind die Antragsteller zur Beantragung einer Änderung der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels berechtigt. Im Falle der Antragstellung der Ausdehnung des Anwendungsbereiches eines bereits zugelassenen Pflanzenschutzmittels sind neben dem Zulassungsinhaber auch amtliche oder wissenschaftliche Einrichtungen für den Agrarbereich, landwirtschaftliche Berufsverbände und Schädlingsbekämpfer iSd GewO an186
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Ein solches Pflanzenschutzmittel ist mit dem Referenzprodukt identisch, wenn es den Kriterien des § 11 Abs 2 Z 1-3 PMG 1997 entspricht. Kriterien für die Identität mit dem Referenzprodukt sind: derselbe Ursprung wie das Referenzprodukt, das Enthalten des gleichen Wirkstoffes wie das Referenzprodukt und das Übereinstimmen mit dem Referenzprodukt in der Zusammensetzung. In diesem Verfahren hat der Zulassungsinhaber des in Österreich zugelassenen Pflanzenschutzmittels die Stellung eines Beteiligten iSd § 8 AVG (563 BlgNR 20. GP, 38 [Zu § 11]). Die Behörde muss einem solchen Zulassungsinhaber daher die Gelegenheit zur Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung eingeräumt werden.
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tragsberechtigt. Die Ausdehnung des Anwendungsbereiches muss freilich im öffentlichen Interesse liegen. Die Beurteilung, ob eine Indikationserweiterung im öffentlichen Interesse liegt, soll von einer „zur Beurteilung des öffentlichen Interesses befugten Stelle“ abhängig sein.188 Darüber hinaus müssen die Zulassungsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Z 1 lit c, d und e PMG 1997 vorliegen und es muss eine Anwendung an Pflanzen, die nur in geringfügigem Umfang angebaut werden, an Pflanzenerzeugnissen, die in geringfügiger Menge erzeugt werden, oder gegen Schadorganismen, die selten oder in kleinen begrenzten Gebieten erhebliche Schäden verursachen, vorgesehen sein (§ 14 Abs 1 PMG 1997). Verwertung von Unterlagen und Tierversuchsergebnissen: §§ 15 und 16 PMG 1997 treffen detailreiche Vorschriften über die Verwertung von Unterlagen Dritter (anderer Antragsteller) sowie über Versuche an Wirbeltieren. Soweit Unterlagen iSd § 4 Abs 4-7 PMG 1997 eines anderen Antragstellers verwertet werden können, sind Unterlagen nach Anhang II und Anhang III der Pflanzenschutzmittel-RL nicht erforderlich. Die Verwertung der Unterlagen Dritter ist an besondere Voraussetzungen geknüpft, ua an die schriftliche Zustimmung des Erstantragstellers (§ 15 Abs 1 und 2 PMG 1997). Zur Vermeidung unnötiger Tierversuche sieht § 16 PMG 1997 die Verpflichtung des Zulassungswerbers vor, sich vor Durchführung von Versuchen an Wirbeltieren beim Bundesamt für Ernährungssicherheit zu erkundigen, ob das betreffende Pflanzenschutzmittel mit einem bereits zugelassenen Pflanzenschutzmittel identisch ist sowie nach dem Namen und den Anschriften der Zulassungsinhaber. Das Bundesamt für Ernährungssicherheit kann, wenn sich Zulassungsinhaber und Zulassungswerber nicht einigen können, dem inländischen Zulassungsinhaber mit Bescheid vorschreiben, die Information dem Zulassungswerber vorzuschreiben und hat auch die dem Zulassungsinhaber vom Zulassungswerber zu bezahlende Entschädigung mit Bescheid festzusetzen. Gegen diesen Bescheid können die Parteien das Bezirksgericht Innere Stadt Wien anrufen, wobei in diesem Fall der Bescheid ex lege außer Kraft tritt.189 Erst nach Begleichung des Entschädigungsbetrages darf die Information verwertet werden (§ 16 Abs 5 PMG 1997). f) Abänderung, Aufhebung und Erneuerung der Zulassung Gemäß § 18 PMG 1997 sind Zulassungen von Amts wegen abzuändern oder aufzuheben, wenn einer der folgenden Faktoren vorliegt: • Die Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht oder nicht mehr vor (Z 1). • Eine Beschränkung oder ein Verbot iSd § 17 PMG 1997 (Z 2) oder eine Entscheidung der Gemeinschaft (Z 4) erfordern die Abänderung oder Aufhebung der Zulassung. • Das Pflanzenschutzmittel enthält einen Stoff, der in Anhang I Pflanzenschutzmittel-RL beschränkt oder gestrichen worden ist (Z 3). 188
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563 BlgNR 20. GP 39 (Zu § 14); im öffentlichen Interesse soll nach den EB (ibi) etwa die Einsatzmöglichkeit eines Pflanzenschutzmittels im biologischen Landbau sein. Sukzessivzuständigkeit der Zivilgerichte; § 16 Abs 6 PMG 1997; 563 BlgNR 20. GP 39 (Zu § 16).
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Die Zulassung wurde aufgrund falscher oder irreführender Angaben erteilt (Z 5). • Nach neuesten wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen können die Art der Anwendung und die verwendeten Mengen geändert werden (Z 6). • Der Zulassungswerber hat eine schriftliche Verzichtserklärung abgegeben (Z 7). • Der Zulassungswerber hat seinen Sitz oder Wohnsitz in der Gemeinschaft aufgegeben (Z 8). Der Aufhebungs- bzw Abänderungsbescheid kann eine Frist für den Abverkauf vorschrieben oder diesen untersagen. Schweigt der Bescheid hierzu, beträgt die Frist für den Abverkauf der betroffenen, bereits in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittel ein Jahr (§ 18 Abs 3 PMG 1997). Hinsichtlich der Pflanzenschutzmittel, die nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen, sieht § 18 Abs 4 PMG 1997 ein kostenloses Rückgaberecht der Abnehmer an den Abgeber vor. Da alle Zulassungen nach dem PMG 1997 befristet sind, müssen Zulassungsinhaber, die betreffenden Zulassungen fristgerecht erneuern. Die Erneuerung einer Zulassung erfolgt auf Antrag des Zulassungsinhabers und kann frühestens ein Jahr vor Erlöschen der Zulassung gestellt werden (§ 19 Abs 2 PMG 1997). Ein rechtzeitiger Antrag perpetuiert den bisherigen Zulassungsbescheid. Der Antrag auf Erneuerung der Zulassung muss die für die Beurteilung erforderlichen Angaben, Unterlagen und Probemengen enthalten; sind sie unvollständig, ist der Antrag zurückzuweisen, es sei denn es kann ein Mängelbehebungsauftrag erteilt werden. Hierbei hat sich die Behörde daran zu orientieren, ob dies mit dem Schutz der Gesundheit von Mensch, Tier und der Umwelt vereinbar ist (§ 19 Abs 2 PMG 1997). Liegen die Zulassungsvoraussetzungen weiterhin vor, ist die Zulassung zu erneuern (§ 19 Abs 1 PMG 1997). f) Beschränkungen und Verbote § 17 PMG 1997 normiert eine umfassende Verordnungsermächtigung des BMLFUW, Stoffe, die in einem Pflanzenschutzmittel nicht oder nur mit Beschränkungen enthalten sein dürfen, oder Pflanzenschutzmittel, die bestimmte Stoffe enthalten, zu beschränken oder zu verbieten. Diese Verordnungsermächtigung dient der Umsetzung der Pflanzenschutzmittelverbot-RL. g) Meldepflichten für Antragsteller und Zulassungsinhaber Der Schutzzweck des PMG 1997 erfordert es, dass das Bundesamt für Ernährungssicherheit eine Entscheidung auf dem letzten Stand der Wissenschaft und Technik fällt. Zu diesem Zweck statutiert § 25 PMG 1997 sowohl für Antragsteller als auch Zulassungsinhaber eine umfassende Meldepflicht. Gemäß § 25 Abs 1 PMG 1997 sind unverzüglich und schriftlich die nachstehenden Umstände dem Bundesamt für Ernährungssicherheit zu melden: Alle nachträglich bekannt gewordenen Beobachtungen und Daten, die mit den Zulassungsvoraussetzungen nicht im Einklang stehen. Im Besonderen betrifft dies • neue Angaben zu potentiell gefährlichen Auswirkungen oder Einflüsse auf die Gesundheit und die Umwelt (Z 1);
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die nachträgliche Veröffentlichung von Informationen, die zuvor als vertraulich bezeichnet wurden (Z 2), und • personenbezogene Daten, wie insbesondere der Wechsel des Herstellers eines Wirkstoffes oder der Zubereitung und die Angabe des festen Sitzes oder Wohnsitzes in der Gemeinschaft (Z 3). Einmal jährlich sind zudem die Namen und Mengen der einzelnen Wirkstoffe der jährlich vom Zulassungsinhaber aus dem Inland verbrachten Pflanzenschutzmittel bekannt zu geben (§ 25 Abs 2 PMG 1997).
4. Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften a) Kennzeichnungspflicht Die Kennzeichnung von Pflanzenschutzmitteln auf den Verpackungen ist Voraussetzung für das Inverkehrbringen im Inland. § 20 PMG 1997 normiert in Umsetzung der Art 15 und 16 Pflanzenschutzmittel-RL die Kennzeichnungsvorschriften für Verpackungen von Pflanzenschutzmitteln. Gemäß § 20 Abs 1 PMG 1997 muss die Kennzeichnung deutlich sichtbar, lesbar und unverwischbar in deutscher Sprache auf den Verpackungen (Fertigpackungen und Überverpackungen) enthalten sein. b) Kennzeichnungselemente Die Kennzeichnungselemente werden in § 20 Abs 1 Z 1-23 PMG 1997 definiert. Systematisch lassen sich folgende Elemente unterscheiden: • Bezeichnung: das Mittel muss als „Pflanzenschutzmittel“ bezeichnet werden und die Handelsbezeichnung anführen (Z 1); • Name und Anschrift der Zulassungsinhabers sowie des für die Endkennzeichnung des Pflanzenschutzmittels Verantwortlichen; Pflanzenschutzmittelregisternummer und Zusatzbezeichnung nach § 11 Abs 8 PMG 1997 (Z 2); Name und Anschrift des Herstellers des Pflanzenschutzmittels (Z 3); • jeder Wirkstoff mit der für ihn in der Nomenklatur in Anhang I der StoffRL angeführten Namen, mit seinem ISO common name, allenfalls mit seiner chemischen Bezeichnung gemäß den IUPAC-Regeln und den jeweiligen Gehalt des Wirkstoffes (Z 4); • in der Fertigverpackung enthaltene Nennfüllmenge des Pflanzenschutzmittels (Z 5); • Chargen-Nummer (Z 6); • Angaben über Erste-Hilfe-Maßnahmen (Z 7) • Kennzeichnungsanforderungen nach der Zubereitungs-RL (Z 8); • Standardsätze für besondere Gefahren und Sicherheitshinweise für Pflanzenschutzmittel in den Anhängen der Pflanzenmittelschutzmittel-RL idF RL 2003/82/EG (Z 9); • Wirkungstyp des Pflanzenschutzmittels (Insektizid, Wachstumsregler, Herbizid usw; Z 12); • Art der Zubereitung (Spritzpulver, Emulsionskonzentrat usw; Z 13); • Indikation für die das Pflanzenschutzmittel zugelassen wurde (Z 14); • Gebrauchsanweisung und Aufwandmenge ausgedrückt in metrischen Einheiten für jede Anwendung gemäß den Bedingungen und Auflagen für die Zulassung (Z 15);
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Sicherheitswartezeit für jede Indikation zwischen Anwendung und Ansaat oder Pflanzung der zu schützenden Kultur, Ansaat oder Pflanzung der nachfolgenden Kulturen, Zugang von Menschen oder Tieren, Ernte oder Verbrauch oder Verwendung (Z 16); • Hinweise auf Phytotoxität, Empfindlichkeit bestimmter Sorten und andere unerwünschte Nebenwirkungen (Z 17); • Merkblatthinweis bei Beiliegen eines Merkblattes iSd § 20 Abs 2 PMG 1997190 (Z 18); • Hinweise zur schadlosen Beseitigung des Pflanzenschutzmittels und der Fertigpackung (Z 19); • Verfallsdatum des Pflanzenschutzmittels (Z 20); • Lagerungs- und Handhabungshinweise (Z 21); • Zusätzliche Hinweise aufgrund der giftrechtlichen Bestimmungen des ChemG 1996 (Z 22); • Sonstige Angaben aufgrund der Zulassung oder einer Verordnung nach § 20 Abs 5 PMG 1997 (Z 23). Merkblatt: Können die Angaben über die Gebrauchsanweisung iSd § 20 Abs 1 Z 15 PMG 1997, über die Sicherheitswartezeit für jede Indikation iSd § 20 Abs 1 Z 16 PMG 1997 und die Hinweise auf Phytotoxität, Empfindlichkeit bestimmter Sorten und andere unerwünschte Nebenwirkungen iSd § 20 Abs 1 Z 17 PMG 1997 nicht auf der Fertigpackung angebracht werden, sind diese Angaben in Form eines Merkblattes beizugeben (§ 20 Abs 2 PMG 1997). Dieses Merkblatt ist Bestandteil der Kennzeichnung. Die Verpackung darf keinesfalls Angaben wie „ungiftig“ oder „nicht gesundheitsschädlich“ aufweisen (§ 20 Abs 4 PMG 1997). Es darf aber darauf hingewiesen werden, dass das Pflanzenschutzmittel auch angewendet werden kann, wenn Bienen und andere nicht zu der Zielgruppe gehörende Arten aktiv sind. c) Verpackungsvorschriften § 21 PMG 1997 trifft Vorschriften für Fertigpackungen. Diese Vorschrift entspricht Art 5 Abs 2 der RL 78/631/EWG. Gemäß § 21 Abs 1 PMG 1997 dürfen Pflanzenschutzmittel nur in unbeschädigten und sicheren Fertigpackungen in Verkehr gebracht werden. Bei sachgerechter Lagerung und Handhabung muss sichergestellt sein, dass keine Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Tieren und die Umwelt von den in den Fertigpackungen enthaltenen Pflanzenschutzmitteln ausgeht. Fertigpackungen müssen folgenden Anforderungen entsprechen (§ 21 Abs 1 Z 1-4 PMG 1997): • sie müssen so hergestellt und beschaffen sein, dass vom Inhalt nichts unbeabsichtigt nach außen gelangen kann, • die Werkstoffe der Fertigpackungen und der Verschlüsse müssen so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt nicht angegriffen werden und keine gefährlichen Verbindungen mit ihm eingehen können; erforderlichenfalls
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Dieser Hinweis lautet: „Vor Gebrauch beiliegendes Merkblatt lesen!“ (§ 20 Abs 1 Z 18 PMG 1997).
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sind die Fertigpackungen auch mit kindersicheren Verschlüssen zu versehen, die Fertigpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und so stark sein, dass sie den zu erwartenden Beanspruchungen zuverlässig standhalten und die Behältnisse mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Fertigpackung mehrfach so verschlossen werden kann, dass vom Inhalt nichts unbeabsichtigt nach außen gelangen kann.
d) Pflanzenschutzmittelregister Zugelassene bzw gemäß § 12 Abs 10 PMG 1997 angemeldete Pflanzenschutzmittel sind vom Bundesamt für Ernährungssicherheit unter einer fortlaufenden Nummer in das Pflanzenschutzmittelregister einzutragen (§ 22 Abs 1 PMG 1997). Dieses Register dient der Publizität und enthält einen öffentlichen und einen nicht öffentlichen Teil. In den öffentlichen Teil, der Angaben, wie zB das Datum und die Dauer der Zulassung, die Aufhebung und Abänderung der Zulassung usw enthält, kann jedermann zu Amtsstunden Einsicht nehmen und Abschriften bzw Auszüge anfertigen lassen (§ 22 Abs 5 PMG 1997).
5. Werbebeschränkungen Pflanzenschutzmittel unterliegen - wie nahezu alle Chemikalien - einer Beschränkung der Möglichkeiten, sie zu bewerben und anzupreisen. Freilich sind die Werbebeschränkungen für Pflanzenschutzmittel im Vergleich zu den rigorosen Werbebeschränkungen des ChemG 1996 vergleichsweise milde. Zunächst dürfen Pflanzenschutzmittel nur beworben werden, wenn sie zugelassen sind (§ 24 Abs 1 PMG 1997). Werbung in Text und Bild für solche zugelassenen Pflanzenschutzmittel muss je nach Art des Mediums deutlich lesbare, hörbare oder sichtbare Hinweise enthalten, dass Gefahrenhinweise und Sicherheitsratschläge zu beachten sind, welche die Kennzeichnung enthalten (§ 24 Abs 2 PMG 1997). Zudem dürfen beim Inverkehrbringen des jeweiligen Pflanzenschutzmittels keine Angaben gemacht werden, die mit den Kennzeichnungsvorschriften des PMG 1997 nicht zu vereinbaren sind. Dies betrifft va irreführende Angaben hinsichtlich der Anwendungsbestimmungen oder der Gefährlichkeit des Pflanzenschutzmittels.
6. Einfuhr von Pflanzenschutzmitteln § 27 PMG 1997 betrifft die Einfuhr von Pflanzenschutzmitteln aus Drittländern. Das Importieren von Pflanzenschutzmitteln aus anderen Mitgliedstaaten sowie deren Durchfuhr unterliegt nicht diesen Bestimmungen.191 Gemäß § 27 Abs 1 PMG 1997 dürfen Pflanzenschutzmittel der Position 3808 der kombinierten Nomenklatur192 mit Herkunft oder Ursprung in Drittländern nur eingeführt werden, wenn der Zollstelle eine Bestätigung des Bundesamtes für Ernährungssicherheit vorgelegt wird. Pflanzenschutzmittel, die als Rückwaren gemäß 191 192
563 BlgNR 20. GP 42 (Zu § 27). V (EWG) 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif.
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Art 185 ff der V (EWG) 2913/92 Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften zurückgebracht werden, sind von den Anforderungen des Abs 1 ausgenommen. Pflanzenschutzmittel unterliegen außerdem erst ab den in § 27 Abs 3 Z 1-4 PMG 1997 angeführten Zeitpunkten dem Regime des Abs 1. Die Bestätigung ist ein Jahr ab Ausstellung gültig. Sie Bestätigung bildet bei der Einfuhrabfertigung an der Zollstelle eine erforderliche Unterlage zur Anmeldung gemäß Art 62 Abs 2 Zollkodex und Art 218 Abs 1 Buchstabe d V (EWG) 2454/93 Zollkodex-Durchführungsverordnung (§ 27 Abs 10 PMG 1997). Sie ist vom Importeur zu beantragen, wobei der Antrag hat alle erforderlichen Angaben wie zB die Kennzeichnung, die Beschaffenheit und die Menge des Pflanzenschutzmittels usw zu enthalten hat (§ 27 Abs 5 PMG 1997). Sie ist gemäß § 27 Abs 4 PMG 1997 dann auszustellen, wenn auf Grund eines vom Antragsteller vorzulegenden Untersuchungszeugnisses einer akkreditierten Prüfstelle oder auf Grund der Prüfung durch das Bundesamt für Ernährungssicherheit feststeht, das das Pflanzenschutzmittel zugelassen ist und vom Zulassungsinhaber eingeführt wird, oder das Pflanzenschutzmittel ausschließlich für wissenschaftliche Versuche für Prüfungen in Prüfstellen gemäß § 50 ChemG 1996 oder als Probe für Zulassungsverfahren nach dem PMG 1997 verwendet wird. Ferner ist gemäß § 27 Abs 6 PMG 1997 eine Bestätigung für Zwecke des Zollverfahrens auszustellen, wenn es sich bei Waren der Position 3808 oder bei Waren der in einer gemäß § 27 Abs 9 PMG 1997 erlassenen Verordnung angeführten Positionen des Gemeinsamen Zolltarifs nicht um Pflanzenschutzmittel handelt.
7. Anwendungsbezogene Regulierung von Pflanzenschutzmitteln a) Maßgeblichkeit der Begriffe des ChemG 1987 bzw des ChemG 1996 in den Landeschemikaliengesetzen Die Landeschemikaliengesetze193 regeln die Verwendung gefährlicher Pflanzenschutzmittel und knüpfen hinsichtlich der Begriffsbestimmung für „gefährliche Stoffe“ und „gefährliche Zubereitungen“ an entsprechende die Definitionen des Chemikalienrechts des Bundes an. Das K-CG und das OÖ BodenschutzG knüpfen an Stoff- und Zubereitungsbegriff des ChemG 1996 an.194 Die Mehrheit der Landeschemikaliengesetze hingegen bezieht sich auf die entsprechenden Definitionen des ChemG 1987, zT in dessen Urfassung, zT in späteren Fassungen.195 Diese Bezugnahme auf ein längst außer Kraft getretenen Gesetz 193
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Die Länder bedienen sich bei der Bezeichnung ihrer chemikalienbezogenen Landesgesetze vielfältiger Bezeichnungen. Sie werden zT als Pflanzenschutzmittelgesetze (Burgenland, Niederösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Wien), zT als Chemikaliengesetze (Kärnten, Steiermark) und im Falle Oberösterreichs als Bodenschutzgesetz bezeichnet. Diese Vielfalt der Bezeichnung ist Ausdruck des föderalistischen Prinzips und soll durch den hier verwendeten Sammelbegriff „Landeschemikaliengesetze“ nicht in Frage gestellt werden. Der Sammelbegriff wurde lediglich zum Zweck einer anschaulicheren Darstellung gewählt. Siehe § 3 Abs 1 und 3 K-CG; § 2 Z 14, 15 und 16 OÖ BodenschutzG. § 2 Abs 1 Bgld PflanzenschutzmittelG (Anknüpfung an das ChemG 1987 idF BGBl 1992/759); § 2 Abs 1 NÖ PflanzenschutzmittelG (Anknüfung an ChemG 1987 idF BGBl 1987/326); § 2 Abs 2 und 3 Sbg PflanzenschutzmittelG (Anknüpfung an
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ist problematisch. Zum einen ist die Verweisung auf ein außer Kraft getretenes Gesetz unpraktisch, da es nicht leicht auffindbar ist. Zum anderen sind zwischenzeitig zahlreiche, durch das Gemeinschaftsrecht vorgegebene Änderungen in Chemikalienrecht ergangen, die durch das ChemG 1987 nicht abgedeckt werden. Sofern der Begriff des gefährlichen Stoffes oder der gefährlichen Zubereitung in diesem Kontext den gemeinschaftsrechtlichen Begriffen entgegensteht, etwa weil er enger als der gemeinschaftsrechtliche Begriff gefasst ist und deshalb die Anwendung eines Pflanzenschutzmittels in den „ChemG 1987“Bundesländern unterbindet, ist dieser als gemeinschafts- und verfassungsrechtlich bedenklich einzustufen. Das 1991 erlassene Vlbg PflanzenschutzmittelG nimmt eine Sonderstellung ein, indem es in seiner Definition der Pflanzenschutzmittel in § 1 Abs 2 Vlbg PflanzenschutzmittelG weder ausdrücklich an das ChemG 1987 (das zum Erlassungszeitpunkt in Kraft gewesen wäre), noch an das ChemG 1996 hinsichtlich der Begriffe „gefährliche Stoffe und Zubereitungen“ anknüpft. Eine eigenständige Legaldefinition fehlt. Es wird daher der gewöhnlich diesen Begriffen zu unterstellende Wortsinn beizugeben. Dieser Wortsinn wird im Groben dem Wortsinn der Legaldefinition sowohl des ChemG 1987 wie auch des ChemG 1996 entsprechen. Eine gemeinschaftsrechts- und verfassungsrechtskonforme Auslegung dieser Begriffe legt es nahe, nicht enger als den entsprechenden Wortlaut dieser Begriffe in § 2 ChemG 1996 bzw den gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien auszulegen. b) Verwendung von Pflanzenschutzmitteln Allen LandeschemikalienG ist gemeinsam, dass sie das Verwenden von Pflanzenschutzmitteln beschränken. Bei der Terminologie des Pflanzenschutzmittels setzt sich die bereits konstatierte Verweisungsproblematik in bedenklicher Weise fort. Es können die folgenden Gruppen von Landesgesetzen zusammengefasst werden: Verwendung von Pflanzenschutzmitteln iSd PMG, BGBl 1990/476: Gemäß § 4 Abs 1 Bgld PMG dürfen Pflanzenschutzmitteln nur verwendet werden, wenn sie nach dem PMG, BGBl 1990/476 zugelassen worden sind196 Die explizite Verweisung auf das PMG, BGBl 1990/476, lässt die Interpretation zu, dass nach dem PMG 1997 zugelassene Pflanzenschutzmittel nicht unter die Regulierung der Pflanzenschutzgesetze des Burgenlands, Tirols und wohl auch Salzburgs fallen und somit die Verwendung der nach dem PMG 1997 zugelassenen Pflanzenschutzmittel nicht verwendet werden dürfen. Verwendung von Pflanzenschutzmitteln iSd PMG 1997: § 4 K-CG bestimmt, dass Pflanzenschutzmittel nur verwendet werden dürfen, wenn ihr Inverkehrbringen nach dem PMG 1997 zulässig ist. § 18 Oö BodenschutzG gestattet die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln nur, wenn sie nach den
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ChemG 1987 idF BGBl 1990/476); § 2 Abs 1 Stmk ChemG (Anknüpfung an ChemG 1987 idF BGBl 1987/326); § 2 Abs 1 Tir PflanzenschutzmittelG (Anknüpfung an ChemG 1987 idF BGBl 1990/325); § 2 Abs 1 Wr PflanzenschutzmittelG (Anknüpfung an ChemG 1987 idF BGBl 1989/300). Ebenso § 4 Abs 2 iVm § 1 Abs 2 Sbg PMG; § 5 Abs 1 Tir PMG.
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pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundes zugelassen sind oder für die Verwendung eine Bewilligung gemäß § 26 PMG 1997 vorliegt. Verwendung von Pflanzenschutzmitteln iSd PflanzensschutzG, BGBl 1948/124: Nach § 4 Abs 1 Nö PMG dürfen nur nach dem PflanzensschutzG, BGBl 1948/124 idF BGBl 1987/165, genehmigte Pflanzenschutzmittel verwendet werden.197 Das PflanzenschutzG wurde bereits vor geraumer Zeit durch das PflanzenschutzgrundsatzG ersetzt. Die Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln durch das Zulassungsregime des PMG 1990 ersetzt und ist nunmehr im PMG 1997 geregelt. Es ist fraglich, ob noch Genehmigungen für Pflanzenschutzmittel iSd PflanzenschutzG bestehen. Aufgrund der expliziten Verweisung auf das PflanzenschutzG dürften die nach dem PMG 1997 zugelassenen Pflanzenschutzmittel von den Bestimmungen des NÖ PMG wie auch des Wr PMG nicht erfasst werden, sodass die für deren Verwendung in Niederösterreich und Wien keine gesetzliche Grundlage bestehen dürfte. Verwendung von Pflanzenschutzmitteln ohne explizite Verweisung auf ein BG: § 4 Abs 1 Stmk ChemG bestimmt, dass Pflanzenschutzmittel nur sachgerecht und so verwendet werden dürfen, dass eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen und die Umwelt ausgeschlossen ist. Das Vlbg PMG sieht die Beschränkung der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß vor (§ 2 Abs 1 Vlbg PMG und unterwirft die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln Einschränkungen und Verboten (§ 3 Abs 1 Vlbg PMG). Das Stmk ChemG und das Vlbg PMG definieren nicht den Terminus des Pflanzenschutzmittels. Sie setzen ihn offensichtlich voraus. Eine gesetzeskonforme Auslegung durfte ergeben, dass hierunter die nach der jeweils geltenden Rechtslage zugelassenen Pflanzenschutzmittel gemeint sind, sodass die Verwendung der Pflanzenschutzmittel iSd PMG 1997 von diesen LG erfasst wird. Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln hat sachgemäß und so zu erfolgen, dass die Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Menschen oder für die Umwelt ausgeschlossen ist. Mit dieser Verpflichtung geht auch jene einher, die Anwendungsbestimmungen einzuhalten und mengenmäßig die Zubereitungen von Pflanzenschutzmitteln auf das behandelnde Objekt abzustimmen.198 Weiters regeln die LG ua die Aufbewahrung und Lagerung von Pflanzenschutzmitteln in geeigneten Behältnissen,199 die Aufbringung von Pflanzenschutzmitteln mittels geeigneten Pflanzenschutzgeräten und deren Reinigung.200 Um eine gefahrenfreie und sichere Anwendung der Pflanzenschutzmittel zu gewährleisten, ordnen die Landeschemikaliengesetze die Verpflichtung des 197 198
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Textident mit § 3 Abs 1 Wr PMG. Siehe dazu § 4 Abs 2 Bgld PMG; § 5 Abs 1 K-CG; § 4 Abs 2 Nö PMG, § 18 Abs 2 Oö BodenschutzG, § 4 Abs 1 Sbg PMG, § 4 Abs 1 Stmk ChemG, § 5 Abs 2 Tir PMG, § 3 Abs 1 Vlbg PMG (Verordnungsermächtigung), § 3 Abs 2 Wr PMG. Siehe dazu § 4 Abs 2 Bgld PMG, § 7 K-CG, § 4 Abs 4 Nö PMG, § 18 Abs 6 Oö BodenschutzG, § 4 Abs 4 Sbg PMG, § 4 Abs 3 Stmk ChemG, § 5 Abs 4 Tir PMG, § 2 Abs 2 lit c Vlbg PMG (Verordnungsermächtigung), § 6 Wr PMG. Siehe dazu § 4 Abs 2 Bgld PMG, § 9 K-CG, §§ 4 Abs 4 Nö PMG, § 18 Abs 8-10 Oö BodenschutzG, § 4 Abs 6 Sbg PMG, § 4 Abs 4-7 Stmk ChemG, § 5 Abs 6 und 7 Tir PMG, § 2 Abs 2 lit e Vlbg PMG (Verordnungsermächtigung), § 7 Wr PMG.
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Verwenders an, nur Pflanzenschutzgeräte zu verwenden, deren Beschaffenheit und Zustand bei ordnungsgemäßer Benützung eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausschließen, sowie deren sorgfältige Reinigung der Geräte und Behältnisse, die für die Zubereitung von Pflanzenschutzmitteln verwendet werden.201 Im Burgenland und in Oberösterreich ist überdies eine wiederkehrende Überprüfung der Pflanzenschutzgeräte durch eigens von der jeweiligen Landesregierung hierzu ermächtigte Prüforgane vorgesehen.202 Diese Prüforgane haben insbesondere die Funktionstüchtigkeit von Pflanzenschutzgeräten zu überprüfen, um sicherzustellen, dass die vorgeschrieben Aufwandsmengen eingehalten und gleichmäßig verteilt werden.203 In Oberösterreich hat das Prüforgan zudem eine Prüfplankette am Pflanzenschutzgerät anzubringen.204 In Niederösterreich, in Salzburg, in der Steiermark, in Tirol, in Vorarlberg und in Wien können mittels V nähere Bestimmungen über Wartung und Handhabung von Pflanzenschutzgeräten sowie deren regelmäßige Überprüfung erlassen werden.205 Einige LG ermächtigen darüber hinaus die Landesregierung durch Verordnung die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder bestimmten Arten von Pflanzenschutzmitteln zur Gänze, für bestimmte Zeiten oder für bestimmte Gebiete zu verbieten, wenn der Einsatz andere Verfahren hinreichenden Schutz der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse gewährleistet oder wenn es zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit des Menschen oder der Umwelt erforderlich ist.206 Manche LG statuieren hinsichtlich der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln eine Aufzeichnungspflicht. So müssen in manchen Bundesländern die Anwender von Pflanzenschutzmitteln ein Spritztagebuch bzw Aufzeichnungen führen, aus welchen sich die wesentlichen Informationen über das Datum der Anwendung, das Pflanzenschutzmittel, die Menge und das betroffene Grundstück ergeben.207 Zudem verbieten die LG bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln das Essen, Trinken und Rauchen und schreiben erforderlichenfalls die Verwendung eines geeigneten Atemschutzes vor.208
201 202 203 204 205 206 207
208
Siehe dazu § 4 Abs 8 Bgld PMG; § 9 K-CG; § 4 Abs 8 Nö PMG; § 18 Abs 10 Oö BodenschutzG; § 4 Abs 5 und 7 Stmk ChemG § 7 Abs 1 Wr PMG. Siehe dazu § 5 Bgld PMG; § 19 Oö BodenschutzG; Vgl § 5 Bgld PMG; § 19 Abs 1 Z 3 Oö BodenschutzG § 19 Abs 1 Z 4 Oö BodenschutzG § 5 Nö PMG; § 4 Abs 6 Sbg PMG; § 5 Stmk ChemG, § 6 Tir PMG; § 8 Vlbg PMG; § 7 Abs 4 Wr PMG. Siehe dazu § 7 Abs 1 Bgld PMG, § 11 K-CG, § 7 Nö PMG, § 7 Stmk ChemG, § 7 Tir PMG, § 3 Abs 1 Vlbg PMG, § 8 Wr PMG. Siehe dazu § 4 Abs 11 Sbg PMG, § 5 Abs 6 Tir PMG (hinsichtlich gefährlicher Pflanzenschutzmittel), § 7 Vlbg PMG (Aufzeichnungspflicht über die Verwendung giftiger Pflanzenschutzmittel), § 5 Abs 1 Wr PMG Siehe dazu § 4 Abs 9 Bgld PMG, § 5 Abs 4 K-CG; § 3 Abs 3 Sbg PMG, § 5 Abs 2 Wr PMG
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c) Persönliche Voraussetzungen des Verwenders Die LG gestatten nur sachkundigen Landwirten bzw sonstigen sachkundigen Personen die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln.209 Als sachkundig gelten Personen, die über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen, etwa wenn sie erfolgreich an einem von einer Landwirtschaftskammer veranstalteten Ausbildungskurs teilgenommen haben oder erfolgreich eine landwirtschaftliche Fachschule abgeschlossen haben.210 d) Informationspflichten Alle LG sehen Informationspflichten desjenigen vor, der Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse, die mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sind und die wegen ihrer Behandlung nicht zum Verzehr bestimmt sind, an einen Dritten veräußert oder sonst überlässt. Der Erwerber ist in diesem Fall über diese Umstände zu informieren. Ähnliche Informationspflichten gelten für den Fall, dass eine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nachteilige Auswirkungen auf andere Grundstücke erwarten lassen.211
8. Aufsichtsrecht a) Amtliche Pflanzenschutzmittelkontrolle Die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des PMG 1997 obliegt dem Bundesamt für Ernährungssicherheit (§ 28 Abs 1 PMG 1997). Seine Aufsichtsorgane üben in umfassender Weise die amtliche Pflanzenmittelschutzkontrolle aus, indem sie zu Betriebs- und Geschäftszeiten, bei Gefahr in Verzug auch außerhalb dieser Zeiten, „alle für die Kontrolle der Einhaltung maßgeblichen Nachforschungen anstellen“ können (§ 28 Abs 2 PMG 1997). Diese Kontrollbefugnis ist umfassend und schließt ua das Recht, Gebäude, Grundstücke und Beförderungsmittel zu betreten ebenso ein, wie die Entnahmen von unentgeltlichen Proben, Verpackungen, Merkblätter und Werbematerialien. Zudem steht ihnen auch die Kontrolle der maßgeblichen Unterlagen, wie Lieferscheine und Geschäftsaufzeichnungen zu (§ 28 Abs 2 PMG 1997). b) Überwachung der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln Die Überwachung der sachgerechten Verwendung von Pflanzenschutzmitteln iSd jeweiligen Landeschemikaliengesetze obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde,212 wobei sie sich im Burgenland und in Niederösterreich der Organe der Land- und Forstwirtschaftsinspektion zu bedienen hat. Im Burgenland ist zu209
210
211 212
Siehe dazu § 3 Abs 1 Bgld PMG, § 6 Abs 3 K-CG, § 3 Abs 1 Nö PMG, § 17 Abs 1 Oö BodenschutzG, § 3 Abs 1 Sbg PMG, § 3 Abs 1 Stmk ChemG, § 3 Abs 1 Tir PMG, § 4 Vlbg PMG, § 4 Wr PMG Siehe dazu § 3 Abs 2 Blgd PMG, § 6 Abs 1 K-CG, § 3 Abs 2 Nö PMG, § 17 Abs 2 Oö BodenschutzG, § 3 Abs 2 Sbg PMG, § 3 Abs 2 Stmk ChemG, § 3 Abs 2 Tir PMG, § 4 Abs 3 Vlbg PMG, § 4 Abs 2 Wr PMG. Siehe dazu § 6 Bldg PMG, § 10 K-CG, § 6 Nö PMG, § 20 Oö BodenschutzG, § 8 Sbg PMG, § 6 Stmk ChemG, § 8 Tir PMG, § 5 Vlbg PMG, § 9 Wr PMG. § 8 Abs 1 Bgld PMG;§ 12 K-CG; § 8 Nö PMG; § 41 Oö BodenschutzG; § 9 Sbg PMG; § 8 Stmk ChemG; § 9 Tir PMG; § 8 Vlbg PMG; in Wien der Magistrat § 10 Abs 1 Wr PMG.
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dem bei der wiederkehrenden Überprüfung von Pflanzenschutzgeräten das hierzu ermächtigte Prüforgan (gemäß § 5 Abs 1 Bgld PMG) heranzuziehen. In Salzburg kann die Bezirksverwaltungsbehörde die nach § 6 Sbg KulturpflanzenschutzG eingerichtete Pflanzenstelle als Gutachter heranziehen.213 Die mit der Überwachung betrauten Organen sind berechtigt, während des Tages, bei Gefahr in Verzug jederzeit, zur Durchführung von Überprüfungen der Einhaltung des jeweiligen LG Grundstücke und Lagerräumlichkeiten zur Einstellung von Pflanzenschutzmitteln zu betreten, die unverzügliche Erteilung von zur Erfüllung ihrer Tätigkeit notwendigen Auskünften zu verlangen und Proben von Boden, Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen, Pflanzenschutzmitteln und anderen Materialien in einem zur Untersuchung erforderlichem Ausmaß unentgeltlich zu entnehmen.214 Zudem steht der Behörde in Salzburg, Tirol und in Wien das Recht zu, in Spritztagebücher (in Kärnten und Vorarlberg in Aufzeichnungen nach § 5 Abs 3 K-CG bzw § 7 Vlbg PMG) Einsicht zu nehmen.215 c) Instrumente der Überwachung Die Überwachung nach dem PMG 1997, wie auch nach den Landeschemikaliengesetzen, findet in der Regel in Geschäfts- und Lagerräumen, in Beförderungsmitteln, in landwirtschaftlichen Betrieben, aber auch auf Grundstücken, auf welchen Pflanzenschutzmittel aufgebracht worden sind, statt. Mitunter beim Import von Pflanzenschutzmitteln - kann sie auch auf Zollfreizonen stattfinden. Als Instrumente stehen den Behörden insbesondere die verwaltungspolizeilichen Instrumente der Nachforschung, der Einsichtnahme in Dokumente (§ 28 Abs 2 iVm § 30 Abs 1 Z 3 PMG 1997), der Entnahme von Proben (§ 28 Abs 2 PMG 1997) und der Beschlagnahme (§ 29 PMG 1997) zur Verfügung. Die Beschlagnahme von Gegenständen erfolgt vorläufig durch das Aufsichtsorgan, welches die vorläufige Beschlagnahme der Bezirksverwaltungsbehörde unverzüglich anzuzeigen hat (§ 29 Abs 3 PMG 1997). Binnen zwei Wochen nach Einlangen dieser Anzeige muss sodann die Bezirksverwaltungsbehörde die Beschlagnahme mit Bescheid anordnen. Anderenfalls tritt die vorläufige Beschlagnahme außer Kraft (§ 29 Abs 4 PMG 1997). Die beschlagnahmten Gegenstände hat die Bezirksverwaltungsbehörde für verfallen zu erklären, wenn der Betroffene nicht durch nachweisliche Maßnahmen gewährleistet, dass nach Freigabe der Gegenstände den Vorschriften des PMG 1997 Rechnung getragen wird (§ 35 Abs 1 PMG 1997). Zur Ermöglichung der Sachverhaltsfeststellung normiert § 30 PMG 1997 eine Reihe von Mitwirkungspflichten des Geschäfts- und Betriebsinhabers, die Aufsichtsorgane bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, zB indem alle für die Kontrolle maßgeblichen Unterlagen zur Einsichtnahme vorgelegt, Auskünfte erteilt werden, Personal zur Verfügung gestellt wird usw.
213 214
215
§ 9 Abs 1 Sbg PMG. § 8 Abs 2 Bgld PMG; § 12 Abs 2 K-CG; § 8 Nö PMG; § 41 Abs 2 Oö BodenschutzG; § 9 Abs 2 Sbg PMG; § 8 Abs 2 Stmk ChemG; § 9 Tir PMG; § 8 Abs 2-4 Vlbg PMG; § 10 Abs 2 Wr PMG. § 12 Abs 2 K-CG; § 9 Abs 2 Sbg PMG; § 9 Tir PMG; § 8 Abs 2 Vlbg PMG; § 10 Abs 2 Z 3 Wr PMG.
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d) Verwaltungsstrafverfahren Ein Zuwiderhandeln gegen Bestimmungen des PMG 1997, wie auch gegen die Vorschriften der Landeschemikaliengesetze ist strafbar und - soweit die Übertretung nicht in die Zuständigkeit der Strafgerichte fällt - in einem Verwaltungsstrafverfahren zu erledigen. § 34 Abs 1 PMG 1997 listet in Z 1 und Z 2 zwei Deliktsgruppen auf: Übertretungen nach Z 1 leg cit sind mit einer Geldstrafe bis zu € 14.530, im Wiederholungsfall bis zu € 29.070, zu bestrafen, während jene nach Z 2 leg cit mit einer Geldstrafe bis zu € 7.270, im Wiederholungsfall bis zu € 14.530 zu bestrafen sind. Zu Übertretungen iSd Z 1 leg cit zählen ua das Inverkehrbringen nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel oder das Nichtnachkommen der Mitwirkungspflicht gemäß § 30 PMG 1997 durch den Geschäfts- oder Betriebsführer. Zu den Übertretungen iSd Z 2 leg cit zählen ua das Betreiben von Werbung, welche nicht § 24 PMG 1997 entspricht oder das Nichtnachkommen von Meldepflichten. Zuwiderhandlungen gegen das Bgld PMG sind gemäß § 10 Abs 1 Blgd PMG mit einer Geldstrafe von bis zu € 3.600 zu bestrafen. Strafbar ist ua die Verwendung eines Pflanzenschutzmittels (iSd PMG BGBl 1990/476) durch eine nicht sachkundige Person (Z 1 leg cit) oder die Verwendung eines nicht nach dem PMG, BGBl 1990/476, zugelassenen Pflanzenschutzmittels (§ 4 Abs 1 iVm § 10 Abs 1 Z 2 leg cit). Nach dem K-CG sind Zuwiderhandlungen gegen das K-CG, zB die nicht sachgerechte Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (iSd PMG 1997) oder das Unterlassen von Aufzeichnungen betreffend die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, mit einer Geldstrafe von bis zu S 30.000 zu bestrafen (§ 13 Abs 1 und 2 K-CG). Eine Anpassung der Geldstrafe an den Euro ist bislang noch nicht erfolgt. Gemäß § 10 Nö PMG ist mit einer Geldstrafe von bis zu € 3.600 zu bestrafen, wer zB Pflanzenschutzmittel (iSd PflanzenschutzG, BGBl 1948/124 idF BGBl 1987/165) unbefugt verwendet (§§ 3 Abs 1, 10 Abs 1 Z 1 leg cit) oder andere als gemäß § 4 Abs 1 leg cit zulässige Pflanzenschutzmittel (iSd PflanzenschutzG, BGBl 1948/124 idF BGBl 1987/165) verwendet (§ 10 Abs 1 Z 3 leg cit). Verstöße gegen § 17 Abs 1 Oö BodenschutzG (Verwendung von Pflanzenschutzmitteln nur durch sachkundige Personen), gegen die Verwendungsbestimmungen des § 18 leg cit oder gegen die Informationspflicht gemäß § 20 leg cit sind mit einer Geldstrafe von bis zu € 3.600 zu bestrafen (§ 49 Abs 1 Z 11, Z 13, Abs 2 Z 2 leg cit). Verstöße gegen die Vorschriften über das Anbringen einer Prüfplankette auf einem Pflanzenschutzgerät gemäß § 19 Abs 3 sind hingegen mit einer Geldstrafe von bis zu € 2.200 zu bestrafen (§ 49 Abs 1 Z 12, Abs 2 Z 3 leg cit). Gemäß § 10 Sbg PMG sind Verstöße, wie das Zuwiderhandeln gegen die Verwendungsbeschränkungen für Pflanzenschutzmittel (iSd PMG, BGBl 1990/476) durch den Verwender oder das Nichtnachkommen gegen Informations- und Verständigungspflichten mit einer Geldstrafe von bis zu € 7.300 zu bestrafen.
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Nach § 10 Stmk ChemG sind ua Verstösse gegen § 4 Abs 1 leg cit (Verwendung von Pflanzenschutzmitteln durch sachkundige Verwender), gegen die sachgerechte Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (iSd § 2 Abs 1 leg cit) gemäß § 4 leg cit oder die Informationspflicht gemäß § 6 leg cit mit einer Geldstrafe von bis zu € 3.750 zu bestrafen. § 11 Tir PMG normiert zwei Gruppen von strafbaren Handlungen. Die in § 11 Abs 1 leg cit zusammengefassten Tatbestände, das Zuwiderhandeln gegen das Führen eines Spritztagebuches (lit a) und das Nichtnachkommen von Pflichten nach § 9 S 2 und S 3 leg cit (Verweigerung des Zutrittes der Behörde zu Grundstücken, Verweigerung der Entnahme von Proben ua) ist mit einer Geldstrafe von bis zu € 2.200 zu bestrafen. Die in § 11 Abs 2 leg cit zusammengefassten Tatbestände, wie zB das Verwenden von Pflanzenschutzmitteln (iSd PMG, BGBl 476/1990), ohne die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür zu erfüllen (lit a), oder das Verwenden anderer als nach § 5 Abs 1 leg cit zulässige Pflanzenschutzmittel (dh andere als nach dem PMG, BGBl 476/1990 zugelassene Pflanzenschutzmittel) verwendet (lit c), ist mit einer Geldstrafe von bis zu € 7.300 zu bestrafen. Das Vlbg PMG bedroht in § 10 ua Verstöße gegen Verwenden von Pflanzenschutzmitteln, ohne die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür zu erfüllen (lit b), das Nichtnachkommen der Hinweispflicht gemäß § 5 leg cit oder das Verwenden von nicht dem Gesetz entsprechenden Pflanzenschutzgeräten mit einer Geldstrafe von € 70 bis € 7.100. Aufgrund § 11 Abs 1 Wr PMG ist mit einer Geldstrafe bis zu € 3.500 zu bestrafen, wer zB Pflanzenschutzmittel (dh iSd PflanzenschutzG, BGBl 1948/124 genehmigte Pflanzenschutzmittel) nicht sachgerecht verwendet oder solche Pflanzenschutzmittel verwendet, ohne sachkundig zu sein. Gemäß § 11 Abs 2 ist mit einer Geldstrafe bis zu € 700 zu bestrafen, wer zB kein Spritztagebuch iSd § 5 Abs 1 leg cit führt oder die Informationspflicht des § 9 Abs 1 leg cit verletzt. Mit einer Ausnahme ist allen Landeschemikaliengesetzen sowie dem PMG 1997 gemeinsam, dass auch der Versuch strafbar ist.216 Die Landeschemikaliengesetze stellen zudem teilweise die Selbstgefährdung bei der unsachgemäßen und daher grundsätzlich strafbaren Verwendung von Pflanzenschutzmitteln straffrei.217 Das Strafverfahren richtet sich im Übrigen nach den Bestimmungen des VStG. Strafbehörde in erster Instanz ist die Bezirksverwaltungsbehörde. Gegen deren Entscheidung ist die Berufung an den UVS zulässig. Abweichend von § 31 Abs 2 VStG erstreckt § 34 Abs 2 PMG 1997 die Verfolgungsverjährungsfrist auf ein Jahr. § 49 Abs 4 Oö BodenschutzG erstreckt die Verfolgungsverjährungsfrist hinsichtlich Zuwiderhandlungen gegen den in §§ 17 Abs 1 und 18 leg cit enthaltenen Geboten auf zwei Jahre. 216
217
§ 10 Abs 1 Bgld PMG; § 13 Abs 3 K-CG (im Hinblick auf Verstöße gegen §§ 5 Abs 1 und 6 Abs 1 leg cit); § 10 Abs 3 Nö PMG; § 10 Abs 2 Sbg PMG; § 10 Stmk ChemG, § 11 Abs 3 Tir PMG; § 10 Abs 5 Vlbg PMG; § 11 Abs 2 Wr PMG; § 34 Abs 3 PMG 1997. § 10 Abs 2 Bgld PMG; § 13 Abs 4 K-CG; § 10 Abs 1 Z 1 Sbg PMG; § 11 Abs 3 Wr PMG.
Thomas Freylinger
Waffenrecht I. Grundlagen ................................................................................................785 A. Allgemeines............................................................................................785 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................786 1. Gemeinschaftsrechtliche Aspekte .....................................................786 2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit......................................787 C. Gemeinschafts- und völkerrechtliche Grundlagen ................................787 1. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen................................................787 2. Völkerrechtliche Grundlagen ............................................................788 II. Das Waffengesetz .....................................................................................788 A. Begriffs- und Gebrauchsbestimmungen.................................................788 1. Waffen nach § 1 WaffG ....................................................................788 2. Schusswaffen.....................................................................................789 III. Behörden und Verfahren.......................................................................791 A. Behörden und Verfahren .......................................................................791 B. Strafbestimmungen ................................................................................792 Rechtsgrundlagen: BG: Waffengesetz 1996 (BGBl 1997/12 idF BGBl 2004/136); Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial BGBl Nr 540/1977 idF BGBl Nr 50/2005; Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs BGBl Nr 211/1955.
Grundlegende Literatur: Binder, Wirtschaftsrecht2, 1999; Grosinger-Szirba-Szymanski, Das österreichische Waffenrecht3, 2005; Hickisch, Österreichisches Waffenrecht, 1999; Lenz (Hrsg), EG-Vertrag Kommentar3, 2003; Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar, 2000; Walter/ Mayer, Grundriss des besonderen Verwaltungrechts2, 1987.
I. Grundlagen A. Allgemeines In Österreich dient das Waffengesetz zum Schutz vor Missbrauch und zur Überwachung der Inhaber von Waffen aller Art. Der Geltungsbereich bezieht sich nicht nur auf alle Waffenarten, sondern erstreckt sich auch auf Munition und Kriegsmaterial.1 Zusätzlich enthält das Waffengesetz Regelungen, die (nach Art der Waffe verschieden) den Besitz, die Einfuhr, Veräußerung, den Erwerb oder das Führen von Waffen einschränken bzw verbieten.2
1 2
§ 5 WaffenG Walter/Mayer, 26 ff.
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Das am 1. Juli 1997 in Kraft getretene Waffengesetz 1996 basiert im Wesentlichen auf dem Normenbestand des frühren Waffengesetzes von 1986. Die erfolgten Änderungen ergaben sich aufgrund der Notwendigkeit, das österreichische Waffenrecht an das Schengener Durchführungsübereinkommen vom 19. Juni 1990 und an die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbes und des Besitzes von Waffen (91/477/EWG) anzupassen.3 Im Zusammenhang mit Waffen, Munition und Sprengmittel sind folgende Gesetze zu beachten: Das PyrotechnikG4 regelt den Umgang mit munitionsartigen Gegenständen. Zur Überprüfung von Schusswaffen und Patronen hinsichtlich ihrer Sicherheit finden sich die Bestimmungen im BeschussG5. Zur Ausübung des Waffengewerbes sind die Regelungen der GewO 19946 einzuhalten. Die Zulässigkeit des Gebrauchs von Schusswaffen durch Organe der Wachkörper wird im WaffengebrauchsG7 geregelt und hinsichtlich verbotener Waffen ist auf das KriegsmaterialG8 hinzuweisen.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Gemeinschaftsrechtliche Aspekte Nach dem Wortlaut des Art 23 EGV erstreckt sich die Zollunion auf den gesamten Warenaustausch. Für bestimmte Waren bestehen aber Sonderregelungen. Eine solche stellt Art 296 Abs 1 lit b EGV dar, wonach jeder Mitgliedsstaat Maßnahmen ergreifen kann, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition, und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen.9 Die Ermächtigung zur Durchführung von Maßnahmen erstreckt sich einerseits nur auf die Gegenstände, die in Art 296 Abs 2 EGV erwähnten Warenliste aufgeführt sind, andererseits dürfen die Wettbewerbsbedingungen auf dem gemeinsamen Markt hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Gegenstände nicht beeinträchtigt werden. Die Liste der von dieser Vorschrift betroffenen Waren wurde vom Rat am 15. April 1958 festgelegt, aber nicht veröffentlicht (sie erfasst nur militärische Waren wie Gewehre - außer Jagdwaffen - Bomben, Panzer chemische, biologische und radioaktive Waffen, Kriegsschiffe und -flugzeuge, elektronische und optische Ausrüstung für militärische Zwecke sowie Maschinen zum Herstellen und Testen solcher Waren, nicht aber dual-use-Güter10).11 3 4 5 6 7 8 9 10
11
Grosinger-Szirba-Szymanski, 8. BGBl 282/1974 idF BGBl I Nr. 98/2001 BGBl 41/1951 idF 233/1984; Beschuss VO 1999, BGBl II 381/1999, Patronenprüfordnung 1999, BGBl II 388/1999 BGBl 194/1994 idF 111/2002 BGBl 422/1969 idF 151/2004 BGBl 590/1977 idF 50/2005 Meesenburg, in: Schwarze, EU- Kommentar, 406. Bei diesen Gütern handelt es sich um Waren, die sowohl zu militärischen als auch nicht-militärischen Zwecken verwendet werden. Für diese Güter gilt daher die VO Nr 3381/94, Abl 1994 L 367/1. Lenz, 194 ff.
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Aufgrund dieser Ausnahmeregelung dürfen die Mitgliedsstaaten den Handel mit solchen Waffen sowohl innerhalb der Gemeinschaft, als auch gegenüber Drittländern besonderen Genehmigungs- und Überwachungsverfahren unterwerfen. Bei der Umsetzung ist aber Art 296 EGV, als Ausnahme von den allgemeinen Grundsätzen des Vertrages, eng auszulegen und unterliegt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Damit sollte verhindert werden, dass es im innergemeinschaftlichen Handelsverkehr durch unterschiedliche Außenhandelsbeschränkungen zu Störungen kommt.12 Sofern diese Vorschrift nicht anzuwenden ist, gelten auch für Waffen, Munition und Kriegsmaterial die Bestimmungen über die Zollunion und die gemeinsame Handelspolitik.13 Aufgrund dieser Regelung sind der gemeinsame Zolltarif und der Zollkodex auf solche Waren anzuwenden, da diese nicht die Sicherheitsinteressen der Mitgliedsstaaten berühren. Zusätzlich kann anstelle der in Art 296 (ex Art 223) vorgesehenen nationalen Vorschriften auch eine Gemeinschaftsregelung auf der Grundlage von Art 133 (ex Art 113) oder Art 301 (ex Art 228 a) EGV erlassen werden.
2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit Verfassungsrechtlich ist das Waffen- und Munitionswesen Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung (Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG). Aufgrund zahlreicher Überschneidungen mit anderen Kompetenzen des Bundes, stützt sich das Waffenrecht zusätzlich auf Tatbestände des Zivil- und Strafrechtswesen (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG), Angelegenheiten des Gewerbes (Art 10 Abs 1 Z 8 BVG), des Zollwesens (Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG) und militärische Angelegenheiten (Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG). Die Vollziehung des Waffenrechts zählt zu den Agenden der Sicherheitsverwaltung und wird von den Sicherheitsbehörden des Bundes, das sind die Sicherheitsdirektionen, gemäß Art 102 Abs 2 B-VG in unmittelbarer Bundesverwaltung durchgeführt.14
C. Gemeinschafts- und völkerrechtliche Grundlagen 1. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Im Rahmen der Harmonisierung hat der Rat gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Art 100a EGV, am 18.06.1991 die Richtlinie über die Kontrolle, des Erwerbs und des Besitzes von Waffen verabschiedet, die von den Mitgliedsstaaten bis spätestens 01.01.1993 umzusetzen war.15 Diese Regelung dient vor allem zur Angleichung des Waffenrechts der Mitgliedsstaaten im Rahmen der vollständigen Abschaffung der Binnengrenzkontrollen und verpflichtet die Mitgliedsstaaten zu einer verstärkten Kontrolle des Waffenbesitzes an den Außengrenzen. Damit sollte auch ein größeres gegenseitiges Vertrauen hinsichtlich der Gewähr12 13 14 15
EuGH zu Art 133 EGV, 17. 10. 1995, C-70/94 (Werner/Deutschland), Slg 1995, I-3189; EuGH 17.10.1995 C 83/94, (Leifer/Deutschland), Slg 1995, I-3231. Lenz, 195. VfGH 15.03.1995 B 1673/94. RL 91/477/EWG, Abl 1991, L 256/51.
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leistung der öffentlichen Sicherheit geschaffen werden, sofern sie sich auf teilweise harmonisierte Rechtsvorschriften gründet. Hierfür sind Feuerwaffen in Kategorien einzuteilen, bei denen der Erwerb und Besitz durch Privatpersonen entweder verboten, erlaubnis- oder meldepflichtig ist. Durch diese Richtlinie wurde auch die Ausstellung eines einheitlichen europäischen Waffenpasses geregelt.
2. Völkerrechtliche Grundlagen Bestimmte völkerrechtliche Verpflichtungen in Bezug auf das WaffenG werden aus der immerwährenden Neutralität Österreichs abgeleitet. Zwar steht danach neutralen Staaten die Produktion und der Export von Kriegsmaterial, auch an kriegsführende Staaten, frei, die Konfliktparteien dürfen in diesen Wirtschaftsbeziehungen bloß nicht einseitig begünstigt oder diskriminiert werden.16 Ohne neutralitätsrechtlich verpflichtet zu sein, verbot der Gesetzgeber die Ein-, Aus - und Durchfuhr von Waffen, die als Kriegsmaterial anzusehen sind durch das KriegsmaterialG.17 Danach ist die BReg ermächtigt, zur Wahrung außenpolitischer Interessen, nach Anhörung des Rates für Auswärtige Angelegenheiten durch Verordnungen die Ausfuhr von Kriegsmaterial in bestimmte Staaten zu untersagen.18 Diese Verordnungen betreffen regelmäßig die Untersagung der Ausfuhr von Kriegmaterial sowie von zivilen Waffen und ziviler Munition in kriegsführende Staaten (zB VO betreffend Irak19, Somalia20, Bosnien und Herzegowina, Bundesrepublik Jugoslawien und Republik Kroatien21).
II. Das Waffengesetz A. Begriffs- und Gebrauchsbestimmungen 1. Waffen nach § 1 WaffG Nach § 1 WaffG handelt es sich bei Waffen um Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, 1. die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen oder 2. bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden. Das Waffengesetz geht bei der Definition von Waffen von einem „funktionellen“ Waffenbegriff22 aus. Es handelt sich dabei um Gegenstände mit Waffenwirkung aller Art, die schon von vornherein dazu hergestellt wurden, um die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beeinträchtigen (zB Dolche, Wurfwaffen, Schlagstöcke, Fixiermesser). Es können zwar auch Küchenmes16 17 18 19 20 21 22
Binder, 73/0250 BGBl Nr 540/1977 idF BGBl 1982/358 und BGBl Nr 30a/1991. Walter/Mayer, 13. BGBl Nr 545a/1990 idF BGBl Nr 850/1990. BGBl Nr 102/1992 idF BGBl Nr 74/1993 BGBl Nr 234/1996. Walter/Mayer, 28.
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ser, Spazierstöcke oder Bierkrüge als Waffen im dargelegten Sinn verwendet werden, dennoch sind diese Gegenstände nicht primär dazu bestimmt. Anders verhält es sich, wenn Gegenstände so umfunktioniert werden, dass sie nach objektiven Gesichtspunkten als Waffe zu qualifizieren sind (zB ein Messer das beidseitig zugeschliffen wird).23
2. Schusswaffen Aufgrund ihrer besonderen Gefährlichkeit betrifft der zentrale Regelungsbereich des Waffenrechts die Definition, die Einteilung, den Besitz, den Erwerb und die Veräußerung von Schusswaffen. Zu den Schusswaffen zählen vor allem die Faustfeuerwaffen, die in der Regel dazu bestimmt sind, die Angriffsoder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beeinträchtigen. Aufgrund der Missbrauchsgefahr fallen auch Schusswaffen, die zur Jagd oder zum Schießsport verwendet werden in den Regelungsbereich des Waffengesetzes. In diesem Zusammenhang hat das Waffengesetz 1996 die Kategorisierung der EUWaffenrichtlinie im Anhang 1, sowie die staatliche Einflussnahme, vom völligen Verbot bis zu fast völliger Freigabe, übernommen.24 Nach § 2 WaffG sind Schusswaffen Waffen, mit denen feste Körper (Geschosse) durch einen Lauf in eine bestimmbare Richtung verschossen werden können; es sind dies: a) verbotene Schusswaffen und Schusswaffen, die Kriegsmaterial sind (Kategorie A, §§ 17 und 18); b) genehmigungspflichtige Schusswaffen (Kategorie B, §§ 19 bis 23); c) meldepflichtige Schusswaffen (Kategorie C, §§ 30 bis 32); d) sonstige Schusswaffen (Kategorie D, § 33). a) Kategorie A - Verbotene Schusswaffen und Kriegsmaterial Unter dem Begriff „verbotene Waffen“ sind Gegenstände zu verstehen, die zunächst einmal eine Waffe im Sinne des § 1 WaffG darstellen. Die weitere Unterteilung wird nach § 17 Abs 1 Z 1-6 WaffG vorgenommen, wobei sowohl der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz als auch das Führen von Waffen der Kategorie A verboten ist. Verboten sind demnach Waffen, deren Form geeignet ist, einen anderen Gegenstand vorzutäuschen oder Waffen, die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind. (Darunter fallen aber nicht Elektroschockwaffen und Reizsprays, sofern sie nach außen hin als Waffe erkennbar sind.) Ebenfalls verboten sind Schusswaffen, die über das für Jagd- und Sportzwecke übliche Maß hinaus zum Zusammenklappen, Zusammenschieben, Verkürzen oder schleunigen Zerlegen eingerichtet sind. Es handelt sich vor allem um leicht versteckbare Schusswaffen.25 Aufgrund ihrer verheerenden Wirkung sind Flinten (Schrotgewehre) mit einer Gesamtlänge von weniger als 90 cm oder mit einer Lauflänge von weniger als 45 cm, sowie Flinten mit Vorderschaftsrepetiersystem (Pumpguns) verboten. Unter den § 17 Abs 1 Z 5 fallen auch Schusswaffen, die mit einer Vorrichtung zur Dämpfung des Schussknalls oder mit 23 24 25
Hickisch, 14. Hickisch, 16 ff. Hickisch, 38 ff.
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Gewehrscheinwerfer versehen sind; das Verbot erstreckt sich in solchen Fällen auch auf die erwähnten Vorrichtungen allein. Auch der Erwerb oder das Mitführen von Schlagringen, Totschlägern und Stahlruten fällt unter § 17 Abs 1 WaffG. Aufgrund der raschen Entwicklung von Waffen ist es erforderlich, dass der Gesetzgeber darauf ohne Verzögerung reagieren kann. Aus diesem Grund sieht § 17 Abs 2 WaffG eine Ermächtigung für den BMI vor, durch Verordnung den Erwerb, Besitz, Einfuhr und Führen von neuartigen Waffen oder Erwerb, Besitz und Einfuhr neuartiger Munition, die auf Grund ihrer Beschaffenheit, Wirkung oder Wirkungsweise eine besonderte Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für fremdes Eigentum darstellen könnten, zu verbieten. Unter bestimmten Umständen hat die Behörde aber die Möglichkeit, verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein überwiegendes berechtigtes Interesse nachweisen können, eine Ausnahmegenehmigung gem § 17 Abs 3 WaffG zu erteilen. Im allgemeinen verboten ist hingegen der Erwerb, der Besitz und das Führen von Kriegmaterial.26 Unter den Begriff Kriegsmaterial fallen gem § 5 WaffG bestimmte Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände, die durch Verordnung auf Grund des § 2 des Bundesgesetzes über die Ein- Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial festgelegt wurden.27 Zu beachten ist jedoch gem § 18 Abs 5, dass das Waffengesetz nur eingeschränkte Geltung bezüglich Kriegsmaterial hat. b) Kategorie B - Genehmigungspflichtige Schusswaffen Bei genehmigungspflichtigen Schusswaffen handelt es sich nach § 19 WaffG um Faustfeuerwaffen (§ 3 WaffG), Repetierflinten und halbautomatische Schusswaffen, die nicht Kriegsmaterial oder verbotene Waffen sind. Der Erwerb, Besitz und das Führen dieser Waffenarten sowie deren Munition ist nur auf Grund einer behördlichen Bewilligung zulässig. Zum Nachweis der behördlichen Bewilligung ist dem Waffenbesitzer entweder ein Waffenpass (dieser berechtigt auch zum Führen der Waffe) oder eine Waffenbesitzkarte (Bewilligung zum Erwerb und Besitz) auszustellen.28 Die Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpass darf nur an verlässliche EWR-Bürger erfolgen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und für den Besitz einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe eine Rechtfertigung oder einen Bedarf gem § 22 WaffG angeben können. Sofern Personen den Nachweis erbringen, dass der Besitz einer solchen Waffe aus beruflichen Gründen erforderlich ist, kann das Mindestalter auf 18 Jahre gesenkt werden. Die Behörde hat zumindest alle fünf Jahre eine Überprüfung der Verlässlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses vorzunehmen. c) Kategorie C/D - Meldepflichtige und sonstige Schusswaffen Meldepflichtige und sonstige Schusswaffen sind in den §§ 30 ff WaffG geregelt. Es sind dies Waffen mit gezogenem Lauf, die weder unter den 3. noch 26 27 28
§ 18 WaffG. BGBl Nr 540/1977 idF BGBl 1982/358 und BGBl Nr 30a/1991. § 20 WaffG.
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unter den 4. Abschnitt fallen. In der Regel handelt es sich dabei um Büchsen, die entweder Einzellader sind oder über einen Repetiermechanismus verfügen. Im Unterschied zu den genehmigungspflichtigen Waffen, dürfen Waffen der Kategorie C und D grundsätzlich von Personen mit Wohnsitz im Bundesgebiet über 18 Jahren ohne behördliche Bewilligung erworben29 werden. Der Erwerb ist gem § 30 Abs 1 WaffG binnen vier Wochen vom Erwerber (Meldepflichtigen) einem im Bundesgebiet niedergelassenen Gewerbetreibenden, der zum Handel mit nichtmilitärischen Schusswaffen berechtigt ist, zu melden. Dabei hat sich der Meldepflichtige dem Gewerbetreibenden oder dessen Beauftragten mit einem amtlichen Lichtbildausweis auszuweisen. Die Meldung hat die Art und das Kaliber der erworbenen Waffe, deren Marke und Type sowie die Herstellernummer zu umfassen. Die Meldung ist erfolgt, sobald der Meldepflichtige die Bestätigung in Händen hält. Sofern die meldepflichtige Waffe im Ausland erworben wurde, entsteht die Meldepflicht mit der Einfuhr dieser Waffe. Das Führen meldepflichtiger Waffen ist unter den Voraussetzungen des § 35 WaffG zulässig. Der Behörde ist entweder auf Verlangen die Erfüllung der Meldepflicht nachzuweisen, oder jene Tatsachen bekannt zu geben, aus denen sich ergibt, dass keine Meldepflicht besteht, weil kein Wohnsitz im Bundesland vorliegt (§ 31 Abs 2 WaffG), eine unentgeltliche Überlassung noch nicht vier Wochen gedauert hat, oder die vier Wochen Frist ab dem Erwerb noch nicht abgelaufen ist.30 Den Gewerbetreibenden trifft keine Verpflichtung einer fristgerechten Meldung, sondern er hat diese nur entgegenzunehmen und den Erwerb der Waffe zu bestätigen.
Als Besonderheit beim Erwerb gilt, dass das Aushändigen meldepflichtiger oder sonstiger Schusswaffen an Personen, die weder über einen Waffenpass, eine Waffenbesitzkarte noch über eine Jagdkarte verfügen oder eine unverzügliche Ausfuhr durch Erlaubnisschein31 nicht nachweisen können, gem § 34 WaffG erst nach drei Werktagen, nach Abschluss des maßgeblichen Rechtsgeschäftes durch den Gewerbetreibenden, erfolgen darf. Damit soll im Sinne einer „Abkühlphase“, einem spontan gefassten Entschluss, eine Straftat unter Verwendung einer Schusswaffe zu begehen, entgegengewirkt werden.32 Ähnlich wie bei den verbotenen Waffen, kann der Bundesminister für Landesverteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres, verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein berechtigtes Interesse für den Erwerb, Besitz oder das Führen von Kriegsmaterial glaubhaft machen, Ausnahmen von den Verboten des Abs 1 bewilligen.33
III. Behörden und Verfahren A. Behörden und Verfahren Zuständige sachliche Behörde in erster Instanz ist im Regelfall die Bezirksverwaltungsbehörde und in Orten für die eine Bundespolizeidirektion besteht, 29 30 31 32 33
Jegliche Form von Rechtsgeschäft, die Eigentumsübergang bewirkt. Hickisch, 32 ff. § 37 WaffG Hickisch, 35. § 18 Abs 2 WaffG
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diese. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich, sofern nichts anderes bestimmt ist, nach dem Hauptwohnsitz des Betroffenen, in Ermangelung eines Hauptwohnsitzes, nach seinem Wohnsitz. Über Berufungen gegen Bescheide der Behörde hat die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz zu entscheiden. Gegen andere Entscheidungen der Sicherheitsdirektion ist keine Berufung zulässig.34 Vereinzelt kommen dem BMI und dem BMLV erstinstanzliche Befugnisse (zB Ausnahmegenehmigung von verbotenen Waffen, die unter den Begriff Kriegsmaterial fallen) gem § 61 WaffG zu.
B. Strafbestimmungen Bei den Strafbestimmungen unterteilt das Waffengesetz in gerichtlich strafbare Handlungen und Verwaltungsübertretungen. Die gerichtlich strafbaren Handlungen sind nach § 50 Abs 1 WaffG vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, auch wenn diese nur fahrlässig begangen wurden. Zuständig für die sachliche Umsetzung sind die örtlich zuständigen Bezirksgerichte.35 Der Strafrahmen für Verwaltungsübertretungen, welche in § 51 Abs 1 WaffG festgelegt sind, reicht bis zu EUR 3.600 oder bis zu 6 Wochen Freiheitsstrafe. Zusätzlich hat die Behörde die Möglichkeit der entschädigungslosen Einziehung von Waffen und Munition durch Bescheid, sofern sich Waffen im Besitz von unverlässlichen Personen befinden. Waffen und Munition, die den Gegenstand einer nach dem § 51 WaffG als Verwaltungsübertretung strafbaren Handlung bilden, sind von der Behörde für Verfallen zu erklären und gehen in das Eigentum des Bundes über.36 Es handelt sich dabei nicht wie bei der Einziehung im gerichtlichen Strafrecht (§ 26 StGB) um eine vorbeugende Maßnahme, sondern stellt im Verwaltungsstrafrecht eine Nebenstrafe dar, welche aber zusätzlich im Hinblick auf das öffentliche Interesse, an der Geringhaltung der von Feuerwaffen ausgehenden Gefahren, auch eine Sicherungsmaßnahme darstellt.37
34 35 36 37
§§ 48 ff WaffG. §§ 9 Abs 1 Z 1 und 51 ff StPO § 52 WaffG Hickisch, 172 ff.
Siebenter Teil: Anlagenrecht
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Gewerbliches Betriebsanlagenrecht Rechtsgrundlagen ...........................................................................................796 Grundlegende Literatur...................................................................................797 I. Grundlagen ................................................................................................797 A. Allgemeines............................................................................................797 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................799 1. Die Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft .............................................................799 2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit......................................800 C. Gemeinschaftsrechtliche und völkerrechtliche Grundlagen .................801 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben...................................................801 2. Völkerrechtliche Verpflichtungen.....................................................802 II. Begriff der gewerblichen Betriebsanlage...............................................802 III. Genehmigungspflicht .............................................................................804 A. Allgemeines............................................................................................804 B. Kriterien.................................................................................................805 C. Feststellungsverfahren ..........................................................................808 IV. Genehmigungsverfahren........................................................................809 A. Zuständigkeit .........................................................................................809 B. Antrag ....................................................................................................810 C. Ordentliches Genehmigungsverfahren..................................................811 D. Vereinfachtes Verfahren........................................................................813 D. Vorarbeiten und Versuchsbetrieb..........................................................815 V. Genehmigung ...........................................................................................817 A. Allgemeines............................................................................................817 B. Immissionsseitige Kriterien ...................................................................817 C. Emissionsseitige Kriterien.....................................................................820 D. Einkaufszentren .....................................................................................821 E. Genehmigungskonzentration .................................................................823 G. Wirkung der Genehmigung ...................................................................824 VI. Die genehmigte Betriebsanlage .............................................................826 A. Vorschreibung, Änderung und Aufhebung von Auflagen ......................826 B. Sanierungskonzept .................................................................................828 C. Änderung der Betriebsanlage................................................................829 D. Pflichten des Betriebsinhabers..............................................................831 E. Auflassung von Betriebsanlagen ...........................................................832 VII. Rechtsverletzungen ...............................................................................833 A. Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen ....................................................833 B. Betretungsrecht......................................................................................834
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C. Verwaltungstrafen................................................................................. 834 VIII. Gewerbliches Betriebsanlagenrecht und Raumordnung ................ 834 Rechtsgrundlagen: EU-Recht: RL 80/779/EWG idF RL 1999/30/EG, Abl L 163/41; Abl L 229/30; RL 82/884/EWG, Abl L 378/15 idF RL 1999/30/EG, Abl L 163/41; RL 85/203/EWG, Abl L 87/1 idF RL 1999/30/EG, Abl L 163/41; RL 96/61/EG (IPPC-RL), Abl L 257/26 idF VO 166/2006/EG, Abl L 33/1; RL 96/82/EG (Seveso II-RL), Abl L 10/13 idF RL 2000/105/EG, Abl L 345/97; RL 99/13/EG, Abl L 85/1 idF RL 2004/42/EG, Abl L 143/87; RL 99/30/EG, Abl L 163/41 idF Entsch. d. Komm. 2001/744/EG, Abl L 278/35; RL 2000/69/EG, Abl L 313/12; VO 761/2001/EG (EMAS-VO II), Abl L 114/1 idF VO 196/2006/EG, Abl L 32/4. BG: Gewerbeordnung - GewO (BGBl 1994/194 [WV] idF BGBl 2006 I/161); Umweltmanagementgesetz - UMG (BGBl 2001 I/96 idF BGBl 2004 I/99). VO: VO des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen 2004 (BGBl 2004/252); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Ausstattung gewerblicher Betriebsanlagen mit Gaspendelleitungen für ortsfeste Kunststoffbehälter (BGBl 1991/558 idF BGBl 1995/904); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Bezeichnung gefahrengeneigter Anlagen und über die den Inhaber einer solchen Anlage in bezug auf Störfälle treffenden VerpflichtungenStörfallVO (BGBl 1991/593); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Ausstattung von Tankstellen mit Gaspendelleitungen (BGBl 1992/793); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Begrenzung der Emission von luftverunreinigenden Stoffen aus Anlagen zur Zementerzeugung (BGBl 1993/63); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Begrenzung von Emissionen aus Aufbereitungsanlagen für bituminöses Mischgut (BGBl 1993/489); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Begrenzung der Emission von luftverunreinigenden Stoffen aus Anlagen zur Gipserzeugung (BGBl 1993/717); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Begrenzung der Emission von luftverunreinigenden Stoffen aus Brennöfen zur Ziegelerzeugung in gewerblichen Betriebsanlagen und Bergbauanlagen (BGBl 1993/720); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Begrenzung der Emission von luftverunreinigenden Stoffen aus Anlagen zur Glaserzeugung (BGBl 1994/498); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von anlagen zur Ausübung von Nebengewerben zur Land- und Forstwirtschaft bezeichnet werden, die der Genehmigungspflicht nicht unterliegen (BGBl 1994/543); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind (BGBl 1994/850 idF BGBl 1999 II/19); VO des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Begrenzung der Emissionen bei der Verwendung halogenierter organischer Lösungsmittel in gewerblichen Betriebsanlagen-HKW-Anlagen-VO (BGBl 2005/411); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der jene Solarien bezeichnet werden, deren Verwendung für sich allein die Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage nicht begründet-SolarienVO (BGBl 1995/147); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen-DruckgaslagerungsVO 2002 (BGBl 2002/489); VO des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zur Umsetzung der Richtlinie 1999/13/EG
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über die Begrenzung der Emissionen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel in gewerblichen Betriebsanlagen-VOC-Anlagen-Verordnung, VAV (BGBl 2002/301); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Begrenzung der Emission von luftverunreinigenden Stoffen aus Anlagen zur Erzeugung von Eisen und Stahl (BGBl 1997 II/160); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Begrenzung der Emission von luftverunreinigenden Stoffen aus Anlagen zum Sintern von Eisenerzen (BGBl 1997 II/163); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Bauart, die Betriebsweise, die Ausstattung und das zulässige ausmaß der Emission von Anlagen zur Verfeuerung fester, flüssiger oder gasförmiger Brennstoffe in gewerblichen Betriebsanlagen-FeuerungsanlagenVO-FAV (BGBl 1997 II/331); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Begrenzung der Emission von luftverunreinigenden Stoffen aus Anlagen zur Erzeugung von Nichteisenmetallen (BGBl 1998 II/1); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der jene Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die keinesfalls dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind (BGBl 1998 II/265); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der jene Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, für die jedenfalls keine Genehmigung erforderlich ist (BGBl 1999 II/20 idF BGBl 1999 II/149); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Verbrennung gefährlicher Abfälle in gewerblichen Betriebsanlagen (BGBl 1999 II/32 idF BGBl 2002 II/389); VO des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, mit der Konsumgüter des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs hinsichtlich der Genehmigung von Anlagen für Betriebe des Handels sowie von ausschließlich oder überwiegend für Handelsbetriebe vorgesehenen Gesamtanlagen bezeichnet werden-Einkaufszentren-Warenliste-VO (BGBl 2000 II/277).
Grundlegende Literatur: Stolzlechner/Wendl/Zitta (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage2 (1991), Ergänzungsband (1994); Gladt, Betriebsanlagen und ihre Nachbarn im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren, 1992; Schwarzer, Die Genehmigung von Betriebsanlagen, 1992; Pauger, Gewerberecht, 1993; Korinek (Hrsg), Gewerberecht. Grundfragen der GewO 1994 in Einzelbeiträgen, 1995; Schwarzer (Hrsg), Das neue Betriebsanlagenrecht, 1997; Wagner, Die Betriebsanlage im zivilen Nachbarrecht, 1997; Moosbauer, Die Rechtsprechung des VwGH zum Betriebsanlagenrecht 1990-1997, 1998; Müller, der Nachbar im Betriebsanlagenrecht, 1998; Schwarzer (Hrsg), Anlagenverfahrensrecht, 1999; Rill, Gewerberecht. Skriptum des Service Fachverlages an der Wirtschaftsuniversität Wien, 2001; Feik, Gewerbe- und Berufsrecht, in: Jahnel ua (Hrsg), Informatikrecht2, 2003, 295; Filzmoser, Gewerbliches Berufsrecht nach der GewO-Novelle 2002, 2003; Fischer/Trojer, Gewerbeordnung für die betriebliche Praxis, 2003; Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO2, 2003; Pauger, Gewerberecht, in: Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2, 2003, 107; Feik, Gewerberecht, in: Bachmann ua (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5, 2004, 145; Hanusch, Kommentar zur Gewerbeordnung, Loseblattausgabe, 13. Lieferung 2005; Kinscher/ Paliege-Barfuß, Die Gewerbeordnung7, Loseblattausgabe, 2. Ergänzungslieferung 2006.
I. Grundlagen A. Allgemeines Das gewerbliche Betriebsanlagenrecht ist in den §§ 74 und 353 ff GewO geregelt. Es enthält Vorschriften über Betriebsanlagen von der GewO unterliegen-
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den gewerblichen Tätigkeiten1. Ziel des gewerblichen Betriebsanlagenrechts ist die Vermeidung von bestimmten Beeinträchtigungen, die Betriebsanlagen auf die Umwelt ausüben. Als Kern des Anlagenrecht kann daher auch der Umweltschutz gesehen werden, verstanden als die „Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen Einwirkungen“2. Wirksamen Umweltschutz sicherzustellen bedeutet aber auch, dass zumindest manchen Betroffenen subjektive Rechte und damit auch Parteistellung im Anlagenverfahren eingeräumt wird. Mit deren Wahrnehmung werden dann nicht nur individuelle Interessen verfolgt. Gleichzeitig wird damit auch ein Beitrag zur Wahrung des öffentlichen Interesses am Umweltschutz geleistet.3 Für das gewerbliche Betriebsanlagenrecht ist daher die Gewährleistung des Umweltschutzes durch die Einräumung von Nachbarrechten charakteristisch. Andererseits bringt die Möglichkeit der Geltendmachung von subjektiven Nachbarrechten im Rahmen von Betriebsanlagengenehmigungsverfahren auch Erschwernisse für Betriebsansiedlungen mit sich. Selbst wenn die Ausübung dieser Parteienrechte solche Betriebsansiedlungen nicht immer vermeiden können, so haben sie doch längere Verfahren und damit verbundene Verzögerungen zur Folge. Für das Betriebsanlagenrecht ist daher auch ein Spannungsverhältnis zwischen Anforderungen der Wirtschaft und einem effektiven Umweltund Nachbarschutz charakteristisch. Den Anforderungen der Wirtschaft wurde in den vergangenen Jahren etwa durch die Schaffung eines „vereinfachten Verfahrens“ Rechnung getragen, bei dem die Nachbarn nur mehr ein Anhörungsrecht besitzen und dem im Laufe der Zeit immer mehr Betriebsanlagen unterworfen wurden. Aber auch der Nachbarschutz wurde in jüngerer Zeit weiter ausgebaut. So wurde erst durch GewO-Novelle 19974 den Nachbarn das subjektive Recht auf Verhängung von nachträglichen (also nach erfolgter Betriebsanlagengenehmigung erteilten) Auflagen eingeräumt. Allerdings ist der Umweltschutz im dargelegten Sinn nicht der einzige Zweck, dem das gewerbliche Betriebsanlagenrecht dient. Zu dessen Schutzgütern zählt weiters etwa auch die Religionsausübung in Kirchen, der Unterricht in Schulen und die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Für die Errichtung gewerblicher Betriebsanlagen bedarf es aber nicht nur einer Genehmigung nach der GewO. Vielmehr können dafür auch noch weitere Bewilligungen wie etwa (häufig) eine Baubewilligung nach der Bauordnung des jeweiligen Landes erforderlich sein. Dieser Zustand führt zu einer „Kompetenzaufsplitterung“ bzw zum viel beklagten Erfordernis von „Mehrfachgenehmigungen“ für gewerbliche Betriebsanlagen. Neben der bereits dargelegten Verfahrensvereinfachung wird vor allem seitens der Wirtschaft daher auch vehement eine „Vereinheitlichung“ des Anlagenrechts gefordert. Einen gewissen Schritt in diese Richtung brachte wiederum die GewO-Novelle 1997, wo1 2 3
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Dazu oben im Kapitel „Gewerberecht“. So die Definition in § 1 Abs 2 UmweltBVG. Rill, Gedanken zu einer Vereinheitlichung des Anlagenrechts, 100 Jahre Wirtschaftsuniversität Wien, Festschrift - dargebracht vom Fachbereich Rechtswissenschaft, 1998, 217 (219). § 79a GewO idF BGBl 1997 I/63.
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nach gemäß § 356b Abs 1 GewO bei genehmigungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlagen weitere Genehmigungen nach bestimmten bundesrechtlichen Vorschriften entfallen. Vielmehr sind nunmehr diese Vorschriften bei Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung zu beachten. Für davon nicht erfasste Verfahren (zB Baugenehmigungen) besteht seit 20025 gemäß § 356b Abs 2 GewO eine Koordinierungspflicht. Für die Zukunft wird aber das Projekt eines „einheitlichen Anlagenrechts“ verfolgt, mit dem die Zersplitterung dieses Rechtsgebietes gänzlich beseitigt werden soll.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Die Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft Eine eigene Kompetenz zur Erlassung legislativer Maßnahmen auf dem Gebiet des Betriebsanlagenrechts findet sich im EGV nicht. Ältere Richtlinien über Luftqualität, die im Anlagenrecht der GewO umgesetzt wurden, sind auf Art 94 (ex Art 100) EGV und Art 308 (ex Art 235) EGV gestützt.6 Art 94 EGV sieht eine Kompetenz der Gemeinschaft zur Erlassung von Richtlinien zur Angleichung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vor, die sich unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken. Begründet wurde die Inanspruchnahme dieser Kompetenz damit, dass unterschiedliche Standards über die Vermeidung von Luftschadstoffen in den einzelnen Mitgliedstaaten zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führen und sich insofern auf das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes unmittelbar auswirken können. Außerdem wurden durch die GewO umgesetzte Richtlinien zusätzlich oder ausschließlich7 auf die „Vertragsabrundungskompetenz“ des Art 308 EGV gestützt, der eine subsidiäre Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur Erreichung von Zielen der Gemeinschaft vorsieht. Die Berufung auf diese Kompetenz erfolgte mit der Begründung, dass zu den Zielen der Gemeinschaft eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens gehöre, die ohne eine Verbesserung der Lebensqualität und des Umweltschutzes nicht möglich sei. Mit der Einheitlichen Europäischen Akte wurde die „Umweltpolitik“ in einem besonderen Titel ausdrücklich unter die Politiken der Gemeinschaft aufgenommen. Demnach trägt die Gemeinschaft gemäß Art 174 Abs 1 (ex Art 130r Abs 1) EGV zur Verfolgung von Umweltschutzzielen ausdrücklich bei. Zur Erreichung dieser Maßnahmen kann sie gemäß Art 175 Abs 1 (ex Art 130s) EGV auch legislative Maßnahmen setzen. Einige der in der GewO umgesetzten Richtlinien (die nach Inkrafttreten der erwähnten Artikel im Jahre 1986 erlassen wurden)8 sowie die für das gewerbliche Betriebsanlagenrecht relevante EMAS-VO II9 stützen sich daher auf Art 175 Abs 1 EGV. 5 6
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BGBl 2002 I/65. RL 80/779/EWG, Abl L 229/30, über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwefelstaub; RL 82/884/EWG, Abl L 378/15, betreffend einen Grenzwert für den Bleigehalt in der Luft. RL 85/203/EWG, Abl L 87/1. RL 96/61/EG (IPPC-RL), Abl L 257/26 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung; RL 96/82/EG (Seveso II-RL), Abl L 10/13
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2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit Die Kompetenzgrundlage zur gesetzlichen Regelung des gewerblichen Betriebsanlagenrechts bildet - wie auch sonst für die GewO10 - der Tatbestand „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ in Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG. Nach der Judikatur des VfGH fallen unter diesen Kompetenztatbestand alle Vorschriften, die nach dem Stand und der Systematik der einfachen Gesetze zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzartikel am 1.10.1925 als gewerberechtliche Vorschriften anzusehen waren11. Maßgeblich für die Beurteilung als gewerberechtliche Maßnahmen war damals das Kundmachungspatent zur GewO 1859. Darin nicht geregelte Angelegenheiten können nur dann auf die Gewerberechtskompetenz gestützt werden, wenn ein inhaltlich-systematischer Zusammenhang mit den in der GewO enthaltenen Regelungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzartikel besteht. Demnach umfasst dieser Kompetenztatbestand die Befugnis zur gesetzlichen Regelung von „Maßnahmen typisch gewerberechtlicher Art“12, die im Anlagenrecht „der Abwehr von vom Gewerbebetrieb unmittelbar ausgehenden Gefahren für die Gewerbetreibenden und ihre Arbeitnehmer, die Kunden, andere Gewerbetreibende oder als Nachbarn unmittelbar betroffene Personen und dem Konsumentenschutz“13 dienen. Es entspricht daher einer intrasystematischen Weiterentwicklung des in Rede stehenden Kompetenztatbestandes, wenn neu auftretende Betriebsformen etwa von Gastgewerbebetrieben (zB „Diskotheken“) unter den dargelegten Gesichtspunkten einer gewerberechtlichen Regelung unterworfen werden.14 Hingegen stellen „Energiesparstandards“ für Betriebsanlagen keinesfalls „Maßnahmen typisch gewerberechtlicher Art“ dar, weil sie einem grundsätzlich anderen Zweck - nämlich der im gesamtwirtschaftlichen Interesse gelegenen „sinnvollen Nutzung von Energie“ - dienen.15 Auch können solche Maßnahmen nicht (auch nicht im Wege einer intrasystematischen Fortentwicklung) auf die Gewerbekompetenz des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG gestützt werden, die am 1. Oktober 1925 durch Art V des Kundmachungspatentes zur GewO 1859 vom Anwendungsbereich der Gewerbeord-
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zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen idF der RL 2003/105/EG, Abl L 345/97; RL 1999/13/EG (VOC-RL), Abl L 85/1 über die Begrenzung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen, die bei bestimmten Tätigkeiten und in bestimmten Anlagen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel entstehen; RL 1999/30/EG, Abl L 163/41 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft; RL 2000/69/EG, Abl L 313/12 über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft; RL 2003/35/EG, Abl 156/17 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten. VO 761/2001/EG, Abl L 114/1. Siehe oben unter „Gewerberecht“. VfSlg 10831/1986, mwN. VfSlg 4117/1961. VfSlg 10831/1986. Siehe weiters VfSlg 17022/2003. VfSlg 12996/1992. VfSlg 10831/1986.
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nung ausgenommen waren. Das betrifft etwa „die land- und forstwirtschaftliche Produktion und ihre Nebengewerbe, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben“.16 Außerdem schließt es die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung von gesetzlichen Regelungen für gewerbliche Betriebsanlagen gemäß Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG nicht aus, „dass der Landesgesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenz die Errichtung und die Benützung derselben Anlagen einer Regelung unterwirft“17. Daher können die Länder gewerbliche Betriebsanlagen ihren Bauordnungen18, ihren Naturschutzgesetzen oder (etwa in Bezug auf Veranstaltungen in Gastgewerbebetrieben) ihren veranstaltungsrechtlichen Regelungen19 unterwerfen.
C. Gemeinschaftsrechtliche und völkerrechtliche Grundlagen 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Das Betriebsanlagenrecht der Mitgliedstaaten ist schon deshalb für die Gemeinschaft von Bedeutung, weil es ein Hemmnis für die Betriebsansiedlung sein kann. Als solches kann es vor allem eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit darstellen, weil strenge Regelungen auf diesem Gebiet eine Niederlassung von Betrieben erschweren. Dies gilt im besonderem für strenge umweltrechtliche Regelungen, die ja das Kernstück des Betriebsanlagenrechts darstellen. Gerade der Umweltschutz stellt seit Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte im Jahre 1986 eine spezielle Zielsetzung der Gemeinschaft dar. Auf diesem Gebiet wurden auch einige Richtlinien erlassen, die für das gewerbliche Betriebsanlagenrecht von Bedeutung sind. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang vor allem die Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC-Richtlinie)20, die Richtlinie zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Seveso II-Richtlinie)21 und die Richtlinie über die Begrenzung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen, die bei bestimmten Tätigkeiten und in bestimmten Anlagen bei der Verwendung organischer Lebensmittel entstehen (VOC-Richtlinie)22. Sie wurden durch die GewO-Novelle 200023 und die GewO-Novelle 200524 im gewerblichen Betriebsanlagenrecht umgesetzt. Schließlich ist auch die EMAS-VO II25 von Bedeutung, wonach Unternehmen freiwillig am Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltprüfung teilnehmen und damit etwa Ände-
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VfSlg 14187/1995. VfSlg 5024/1965. ZB VfSlg 2977/1956. Vgl VfSlg 12996/1992. RL 96/61/EG (Abl L 257/26) idF RL 2003/35/EG (Abl L 156/17). RL 96/82/EG (Abl 1997 L 10/13) idF RL 2003/105/EG (Abl L 345/97). RL 1999/13/EG (Abl L 85/1). BGBl 2000 I/88. Siehe dazu eingehend AB 212 BlgNR 21. GP, S 1 ff. BGBl 2005 I/85. Dazu Ennöckl/Raschauer, Eckpunkte der Gewerberechtsnovelle 2005, ecolex 2005, 870 ff. VO 761/2001/EG, Abl L 114/1.
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rungen der Betriebsanlage ohne formelle Genehmigung nach der GewO vornehmen können.
2. Völkerrechtliche Verpflichtungen Völkerrechtliche Verpflichtungen, die auch den Regelungsbereich des gewerblichen Betriebsanlagenrechts berühren, ergeben sich etwa aus dem Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen samt Anhängen und Erklärung („Helsinki-Konvention“).26 Diesem Abkommen wurde durch die Umsetzung der Seveso II-Richtlinie in der GewO-Novelle 2000 Rechnung getragen.27 Für das gewerbliche Betriebsanlagenrecht ist auch das von Österreich unterzeichnete sogenannte Kyoto-Protokoll zur UNKlimaschutzkonvention von Bedeutung, das eine Verpflichtung zur Reduktion von Treibhausgasemissionen vorsieht.28 Allerdings tritt das Kyoto-Protokoll erst in Kraft, nachdem 55 Vertragsparteien, die insgesamt für mindestens 55% der CO2 Emissionen verantwortlich sind, ihre Ratifikationsurkunde hinterlegt haben. Die Zahl von 55 teilnehmenden Staaten wurde mit Islands Ratifikation 2002 erreicht. Mit Russlands Ratifikation wurde auch die zweite Bedingung erfüllt, womit das Kyoto-Protokoll 2005 in Kraft trat.
II. Begriff der gewerblichen Betriebsanlage Die Regelungen der GewO beziehen sich auf „gewerbliche Betriebsanlagen“. Darunter ist gemäß § 74 Abs 1 GewO „jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist“. Merkmal einer Betriebsanlage ist daher zunächst, dass es sich dabei um eine örtlich gebundene Einrichtung handelt. Dies bedeutet, dass die Anlage grundsätzlich örtlich stabil zu sein hat.29 Hingegen ist das Vorhandensein einer eigenen Baulichkeit nicht unbedingt erforderlich. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur GewO-Novelle 1973 (die aber wegen der insoweit weiterhin geltenden Rechtslage zur historischen Interpretation nach wie vor relevant sind) ist dieses Wesensmerkmal einer Betriebsanlage daher etwa auch bei Magazinen, Lagerplätzen, Verkaufsräumen, Steinbrüchen und Badeanstalten erfüllt.30 Auch ein im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit erfolgtes regelmäßiges Abstellen von Kraftfahrzeugen auf Privatgrund macht diesen zu einem Abstellplatz mit den Qualifikationen einer Betriebsanlage.31 Gleiches gilt für einen abgetrennten Teil einer Garage, der dem gewerblichen Einbau von Radios in Autos gewidmet ist.32 Mobile Anlagen wie Tankwagen, Holzschneidemaschinen oder mobile Abfallverbrennungsanlagen fallen hingegen nicht unter den Begriff einer Betriebsanlage; und zwar selbst dann nicht, wenn einzelne Teile (zB einer mobilen Abfallverbrennungsanlage) auf dem Boden fixiert werden.33 Allerdings sind auch bewegliche Einrichtungen, die nach der Absicht des Gewerbetreibenden für längere Zeit in einem bestimmten Standort 26 27 28 29 30 31 32 33
BGBl 2000 III/119. Siehe RV 212 BlgNR 21. GP, S 6. BGBl 1994/414 idF BGBl 1999 III/212. Schwarzer, Genehmigung, 158 ff. RV 359 BlgNR 13. GP, S 159. VwGH 24.4.1990, 89/04/0217; 28.4.1992, 91/04/0340. VwSlg 10286(A)/1980. VwGH 22.11.1978, 2678/77.
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der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit dienen sollen, als örtlich gebundene Einrichtungen anzusehen. Daher kann auch ein (etwa auf Parkplätzen abgestellter) fahrbarer Imbisswagen („Würstelstand“) den Charakter einer Betriebsanlage annehmen.34
Eine „gewerbliche“ Betriebsanlage liegt weiters nur dann vor, wenn sie der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit dient. Grundsätzlich muss die Betriebsanlage eine „gewerbliche Tätigkeit“ im Sinne von § 1 ff GewO35 entfalten.36 Allerdings gibt es Fälle, in denen das Betriebsanlagenrecht der GewO kraft gesetzlicher Anordnung auf sonst von der GewO ausgenommene Tätigkeiten Anwendung findet.37
So sind land- und forstwirtschaftliche Nebengewerbe zwar grundsätzlich gemäß § 2 Abs 1 Z 2 GewO vom Anwendungsbereich der GewO ausgenommen. Gemäß § 2 Abs 5 GewO gilt aber für die Betriebsanlagen bestimmter land- und forstwirtschaftlicher Nebengewerbe das Betriebsanlagenrecht der GewO, wenn „der Kapitaleinsatz zur Bearbeitung und Verarbeitung im Vergleich zum Kapitaleinsatz, der im Rahmen der Landund Forstwirtschaft ... erfolgt, unverhältnismäßig hoch ist oder wenn fremde Arbeitskräfte überwiegend für die Be- und Verarbeitung der Naturprodukte beschäftigt werden“. Hingegen sind andere unternehmerische Tätigkeiten ohne Einschränkung und daher einschließlich der anlagenrechtlichen Regelungen vom Anwendungsbereich der GewO ausgenommen. Das betrifft etwa gemäß § 2 Abs 1 Z 20 GewO Elektrizitätsunternehmen und Erdgasunternehmen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass für die Fernwärmeerzeugung keine Ausnahme besteht, weshalb auf deren Anlagen auch das Betriebsanlagenrecht der GewO anzuwenden ist.38 Eine gewerbliche Tätigkeit liegt jedoch dann nicht vor, wenn die Tätigkeit der Befriedigung des Eigenbedarfs dient. Daher unterliegt etwa eine Schotterentnahme keiner gewerblichen Betriebsanlagengenehmigung, wenn der gewonnene Schotter zur Errichtung einer bereits genehmigten Anlage verwendet wird.39
Zu den Merkmalen einer gewerblichen Betriebsanlage gehört es schließlich, dass zur Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig bestimmt ist. Es ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber den Begriff „regelmäßig“ hier in derselben Bedeutung wie in § 1 GewO verwendet.40 Im Sinne von § 1 Abs 4 GewO gilt daher auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf Wiederholungsabsicht geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.
Auch ein länger andauernder Schotterabbau in einer Schottergrube ist daher als gewerbliche Betriebsanlage anzusehen.41 Hingegen fallen Baustellen schon auf Grund historischer Auslegung nicht unter den Begriff der gewerblichen Betriebsanlage. Dient doch nach Auffassung des historischen Gesetzgebers § 84 GewO gerade der Vermei-
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Kinscher/Paliege-Barfuß, § 74, Rz 6. Siehe dazu oben unter „Gewerberecht“. Der Bestand einer Gewerbeberechtigung ist nicht Voraussetzung für die Annahme einer gewerblichen Betriebsanlage; VwSlg 8916(A)/1975. Siehe die Aufzählung bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 516, Rz 5. VwGH 13.9.1988, 87/04/0246. VwGH 20.10.1999, 99/04/0122. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 516, Rz 6. VwGH 22.12.1992, 91/04/0262.
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dung der von Baustellen ausgehenden Gefährdungen und Belästigungen.42 Eine Mischanlage, die auf unbestimmte Zeit errichtet wurde und von der das Material auf verschiedene Baustellen geführt wird, entfaltet jedoch eine regelmäßige Tätigkeit und stellt eine gewerbliche Betriebsanlage dar.43
III. Genehmigungspflicht A. Allgemeines Gemäß § 74 Abs 2 GewO dürfen bestimmte Betriebsanlagen ohne Genehmigung nicht nur nicht betrieben, sondern nicht einmal „errichtet“ werden. Eine Genehmigungspflicht liegt vor, wenn die Betriebsanlage geeignet ist, bestimmte Gefahren und Belästigungen herbeizuführen. Vorweg ist dabei aber zunächst fraglich, welche Immissionen einer Betriebsanlage überhaupt zuzurechnen sind (und somit gegebenenfalls ihre Genehmigungspflicht begründen). Konkret stellt sich diese Frage zum einen in Bezug auf Beeinträchtigungen durch Kundenverhalten. Hier gilt der Grundsatz, dass nur in der Anlage ausgeübtes Kundenverhalten eine Genehmigungspflicht zu begründen vermag.44 Zum anderen ist fraglich, inwieweit ein durch die Anlage veranlasster Straßenverkehr (wegen Immissionen oder Beeinträchtigung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs) eine Genehmigungspflicht zu begründen vermag. Dazu gilt als Prinzip, dass nur Immissionen infolge des Zu- und Abfahrens von und zur Betriebsanlage der Betriebsanlage zuzurechnen sind.45 Beeinträchtigungen, die etwa durch das Zuschlagen von Autotüren vor einem Lokal verursacht werden, sind nicht der Anlage zuzurechnen. Hingegen kann der Lärm von Kunden in einem Gastgarten die Genehmigungspflicht begründen.46 Immissionen auf Grund des „Vorbeifahrens“ von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr sind nicht der Betriebsanlage zuzurechnen. Anderes gilt allerdings, wenn die Fahrzeuge wegen der zum Einfahren in die Betriebsanlage erforderlichen Reduzierung der Geschwindigkeit auf der öffentlichen Straße regelmäßig hohe Bremsgeräusche verursachen.47
Außerdem ist vorweg fraglich, welche Teile einer aus verschiedenen Einrichtungen bestehenden Betriebsanlage für sich genommen einer eigenen Genehmigung bedürfen. Von der Antwort auf diese Frage hängt es etwa ab, ob für alle Teile einer Betriebsanlage eine einheitliche oder für jeden Teil eine einzelne Betriebsanlagengenehmigung beantragt (und ein entsprechendes Verfahren durchgeführt) werden muss. Nach der Judikatur des VwGH gilt hier der Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage. Demnach ist als gewerbliche Betriebsan-
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Siehe zB RV 359 BlgNR 13. GP, S 159. Gemäß § 84 GewO hat die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen die erforderlichen Aufträge mit Bescheid zu erteilen, wenn gewerbliche Arbeiten außerhalb einer Betriebsanlage durchgeführt werden. VwSlg 1961(A)/1976. Dazu zB Pauger, in: Wirtschaftsrecht2, 156, Rz 402. Dazu zB Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 519 f, Rz 9. Gemäß § 74 Abs 3 GewO besteht eine Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Immissionen nicht durch den Inhaber der Anlage bzw seine Erfüllungsgehilfen, sondern etwa durch Kunden bewirkt werden. VwGH 26.4.2000, 99/09/0194.
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lage die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen, die dem Zweck eines Unternehmens gewidmet sind und in örtlichem Zusammenhang stehen.48 Die räumliche Einheit erfordert allerdings nicht, dass alle einer Betriebsanlage zuzurechnenden Betriebsliegenschaften unmittelbar aneinander grenzen. Vielmehr steht eine geringfügige räumliche Trennung (zB eines Sägewerks von einem Holzstapelplatz) etwa durch eine Straße der Annahme der Einheit der Betriebsanlage nicht entgegen, solange die tatsächlichen Betriebsabläufe auf den Betriebsliegenschaften eine Einheit bilden.49 § 74 Abs 4 und 5 GewO treffen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung eine Sonderregelung für die Genehmigungspflicht von Bergbauanlagen und Elektrizitätsanlagen, die zusätzlich eine bestimmte der Genehmigungspflicht nach der GewO unterliegende Tätigkeit (zB Gewinnung und Abgabe von Wärme durch Elektrizitätserzeugungsanlagen) ausüben („kombinierte Anlagen“). Solche Anlagen bedürfen dann keiner Genehmigung nach der GewO, wenn sie bereits nach bestimmten anderen Vorschriften bewilligt wurden und ihr Charakter als Bergbauanlage50 bzw Stromerzeugungsanlage gewahrt bleibt. Auch können gemäß § 356e GewO bei „Gesamtanlagen“ (das sind verschiedenen Gewerbebetrieben dienende Betriebsanlagen wie zB „Shopping-Cities“) hinsichtlich der mehreren Betrieben gemeinsam dienenden Anlagenteile (zB Rolltreppen) eine Generalgenehmigung beantragt und genehmigt werden. Betriebsanlagen in der „Gesamtanlage“ bedürfen dann gegebenenfalls einer „Spezialgenehmigung“.
B. Kriterien Kriterien für die Genehmigungspflicht von Betriebsanlagen sind in § 74 GewO erschöpfend aufgezählt. Eine Genehmigungspflicht ist demnach dann gegeben, wenn Anlagen „wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind“, bestimmte persönliche und sachliche Schutzgüter zu beeinträchtigen. Entscheidend ist dabei, dass für die Genehmigungspflicht die Gefahr einer Beeinträchtigung nicht tatsächlich vorliegen muss.51 Dies wird erst im Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens geprüft. Vielmehr Bedarf schon die „Eignung“ einer Anlage zur Beeinträchtigung der Schutzgüter einer Genehmigung (abstrakte Eignung). Die Genehmigungspflicht ist daher grundsätzlich immer bereits dann gegeben, wenn entsprechende Auswirkungen der Anlage nicht auszuschließen sind.52 Allerdings ist dabei nicht nur auf das konkrete Emissionsverhalten der in Rede stehenden Anlage, sondern auch auf die konkrete Umwelt, in der sie sich befindet, abzustellen.53 Die Eignung der Betriebsanlage, die in § 74 GewO genannten Beeinträchtigungen hervorzurufen, ist daher nicht schon dann gegeben, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass von der Betriebsanlage Emissionen der verschiedensten Art ausgehen können. Erforderlich ist vielmehr auch etwa das Vorhandensein bestimmter Schutzgüter oder Personen (vor allem Nachbarn), auf die diese Emissionen gefährdend, beeinträchti-
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ZB VwGH 30.10.1990, 90/04/0143. Siehe aber auch VwGH 24.10.2001, 98/04/0181. VwGH 1.7.1997, 97/04/0063. Siehe dagegen VwGH 13.9.1988, 87/04/ 0246. Vgl zB VwGH 16.12.1999, 99/07/0087. ZB VwGH 25.2.1993, 92/04/0085. ZB VwGH 28.1.1997, 96/04/0283. VwGH 20.12.1994, 92/04/0276.
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gend oder belästigend einwirken können.54 In Bezug auf Nachbarn ist dabei nach der Judikatur des VwGH von der für diese ungünstigsten Situation auszugehen.55
Besondere praktische Bedeutung kommt dabei dem Nachbarschutz zu. Als „Nachbarn“ im Sinne des gewerblichen Betriebsanlagenrecht gelten dabei nicht nur die Anrainer. Vielmehr gehören gemäß § 75 Abs 2 GewO dazu alle Personen, die sich nicht nur „vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten“ und die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Dauermieter einer Wohnung können daher etwa Nachbarn sein, Feriengäste eines Hotels hingegen nicht.56 Auch der Eigentümer einer dauernd vermieteten Wohnung kann nicht Nachbar im dargelegten Sinn sein.57 Hingegen kann dem Eigentümer einer nur am Wochenende benutzten Liegenschaft die Nachbareigenschaft zukommen.58 Das für die Qualifikation als Nachbar ausschlaggebende räumliche Naheverhältnis wird im Übrigen durch den möglichen Immissionsbereich bestimmt.59 Daher kann in manchen Fällen auch eine Person Nachbar sein, die mehrere Kilometer von der Anlage entfernt wohnt.60 Allerdings muss die konkrete Möglichkeit einer Gefährdung oder Belästigung bestehen, weshalb die bloße Gefahr eines Anstiegs von Luftschadstoffen nach Meinung des VwGH nicht ausreicht.61 Als Nachbarn gelten gemäß § 75 Abs 2 GewO auch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben (zB auch Privatzimmervermieter62), Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen. Juristische Personen oder Personengesellschaften selbst können zwar durch eine Betriebsanlage weder gefährdet noch belästigt werden, weshalb für sie insoweit die Erlangung einer Parteistellung nicht in Betracht kommt.63 Allerdings können sie Parteistellung etwa hinsichtlich des Schutzes ihres Eigentums der als Inhaber bestimmter Einrichtungen (zB von Beherbergungsbetrieben) erlangen. Gemäß § 75 Abs 3 GewO sind als Nachbarn auch die Bewohner grenznaher Grundstücke im Ausland zu behandeln. Voraussetzung ist, dass in dem betreffenden Staat österreichische Nachbarn in den entsprechenden Verfahren rechtlich oder doch tatsächlich den gleichen Nachbarschaftsschutz genießen (materielle Gegenseitigkeit).64
Ein die Genehmigungspflicht begründendes Kriterium ist gemäß § 74 Abs 2 Z 1 GewO zunächst, dass durch die Anlage das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn, der Kunden oder der vom Arbeitnehmerschutz ausgenommenen mittätigen Familienangehörigen gefährdet werden könnte. 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64
VwGH 23.11.1993, 93/04/0131. VwGH 3.3.1999, 98/04/0164. Pauger, in: Wirtschaftsrecht2, 158, Rz 404. VwGH 25.2.1997, 96/04/0239. VwSlg 7861(A)/1970. VwGH 21.6.1993, 92/04/0255. VwSlg 10616(A)/1981; VwGH 22.3.2000, 99/04/0178. VwGH 15.9.2004, 2004/04/0142. Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO, § 75, Rz 16. ZB VwGH 25.11.1997, 97/04/0100. Dazu zB Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 548, Rz 11.; Müller, Nachbar, 32 ff.
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Die sonstigen in der Betriebsanlage beschäftigten Arbeitnehmer zählen nicht zu dem vom gewerblichen Betriebsanlagenrecht geschützten Personenkreis. Sie werden nach dem ASchG geschützt. Auch Passanten gehören nicht zu dem vom gewerblichen Betriebsanlagenrecht geschützten Personenkreis. Eine Genehmigungspflicht ist gemäß § 74 Abs 2 Z 1 GewO weiters dann gegeben, wenn die Anlage geeignet ist, „das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden“. Gemäß § 75 Abs 1 GewO ist allerdings unter einer Gefährdung des Eigentums „die bloße Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen“. Von einer Gefährdung des Eigentums im Sinne von § 74 GewO wird daher nur dann gesprochen, wenn dieses in seiner „Substanz“ beeinträchtigt wird. Dies bedeutet, dass die nach der Verkehrsanschauung übliche bestimmungsgemäße Sachnutzung oder Verwertung des Eigentums ausgeschlossen ist.65 Dazu gehört etwa die Beeinträchtigung des Ertrages eines landwirtschaftlichen Betriebes sowie der Befugnis eines Grundeigentümers zur Ausübung der Eigenjagd66. Hingegen liegt keine Gefährdung des Eigentums im Sinne von § 74 GewO vor, wenn die Liegenschaft wegen der benachbarten Betriebsanlage nur zu einem verminderten Mietzins vermietet werden kann.67 Der Eigentumsschutz umfasst (da der Wortsinn nicht differenziert und auch sonst kein überzeugender Grund für eine Unterscheidung zu erkennen ist) bewegliche und unbewegliche Sachen.68
Auch die Belästigung der Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, oder in anderer Weise stellt gemäß § 74 Abs 2 Z 2 GewO ein Kriterium für die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage dar. Da die Aufzählung der Belästigungen in § 74 Abs 2 Z 2 GewO bloß demonstrativ ist, können etwa auch Gase, Dämpfe, Nebel, Lichteinwirkung, sichtbare oder unsichtbare Strahlen, Wärme oder Schwingungen geeignet sein, die Nachbarn zu belästigen.69 Allerdings sind unter Belästigungen im Sinne von § 74 Abs 2 GewO nur physische Einwirkungen zu verstehen. Durch den Anblick einer Betriebsanlage oder Abgasfahne hervorgerufene Beeinträchtigungen des Empfindens fallen nicht darunter.70
Aber auch die mögliche Beeinträchtigung bestimmter öffentlicher Interessen kann die Genehmigungspflicht begründen. Zu diesen Interessen gehört gemäß § 74 Abs 2 Z 3 GewO die Religionsausübung in Kirchen, der Unterricht in Schulen, der Betrieb von Kranken- oder Kuranstalten oder Verwendung oder der Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen (zB Kindergärten, Badeanstalten). Weiters ist die Eignung der Anlage zur wesentlichen Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, ein Kriterium für die Genehmigungspflicht. Allerdings ist nach der Judikatur des VwGH nur das wesentlich zum Betriebsgeschehen in einer Betriebsanlage gehörende Zufahren zu dieser und das Wegfahren von dieser, nicht jedoch das
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ZB VwGH 25.6.1991, 91/04/0004. VwGH 20.10.1976, 137/71. Vgl aber VwGH 27.3.1981, 04/1101/80 bezüglich des Fischereirechtes. VwGH 15.9.1992, 92/04/0099. Pauger, in: Wirtschaftsrecht2, 158, Rz 404. Siehe aber Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO, § 74, Rz 66. ZB Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO, § 74, Rz 73. VwGH 15.10.2003, 2002/04/0073.
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bloße Vorbeifahren dem einer Betriebsanlage zugehörigen Geschehen zuzurechnen.71 Die Möglichkeit einer „wesentlichen“ Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs wird nur bei Betriebsanlagen angenommen, zu deren wesentlichen Betriebsvorgängen das Zu- und Abfahren von Fahrzeugen gehört (zB Rasthäuser, nicht jedoch Hotels im Stadtgebiet).72
Schließlich liegt eine Genehmigungspflicht auch dann vor, wenn die Anlage geeignet ist, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist73. Ist eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich, dann obliegt gemäß § 356b Abs 6 GewO der für die Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung zuständigen Behörde auch die Durchführung bestimmter wasserrechtlicher Bewilligungsverfahren.
Gemäß § 74 Abs 7 GewO kann der BMWA „Arten von Betriebsanlagen“ durch Verordnung bestimmen, für die jedenfalls keine Genehmigung erforderlich ist, weil von ihnen erwartet werden kann, dass die gemäß § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt sind. Als solche Betriebsanlagen kommen beispielsweise Fernwärmeleitungsnetze bis zu einer bestimmten Betriebstemperatur, bestimmte Anlagen zum Betrieb von Kopiergeräten, bestimmte kleine Handelsgeschäfte und bestimmte Betriebsanlagen mit elektrisch betriebenen Kühleinrichtungen in Betracht.74 Auch kann der BMWA gemäß § 76 Abs 1 GewO durch Verordnung „Maschinen, Geräte und Ausstattungen“ bezeichnen, deren Verwendung für sich allein die Genehmigungspflicht nicht begründen.75 Insoweit keine Regelung mit Verordnung getroffen wurde, kann der BMWA gemäß § 76 Abs 2 GewO mit auf Antrag76 Bescheid für ein bestimmtes Gerät oder für eine bestimmte Ausstattung feststellen, dass die Verwendung dieser Bauart, dieser Maschine, dieses Gerätes oder dieser Ausstattung für sich allein die Genehmigungspflicht einer Anlage nicht begründet. Gemäß § 376 Z 11 GewO gelten Betriebsanlagen bestimmter Gastgewerbe von Gesetzes wegen als genehmigt.77
C. Feststellungsverfahren Bei Zweifeln über die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage kann gemäß § 358 Abs 1 GewO deren Inhaber (zB Eigentümer, Pächter) bei der Bezirksverwaltungsbehörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides beantragen. 71 72 73 74
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ZB VwGH 7.7.1993, 91/04/0338. Siehe weiters oben III.A. Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO, § 74, Rz 84; Grabler/Wendl/Zitta, GewO2, 533, Rz 28. Vgl dazu etwa VwGH 2.2.2000, 99/04/0212. AB 761 BlgNR 20. GP, S 8 f. Auf Grund dieser Regelung wurde die Verordnung BGBl 1999 II/20 erlassen, nach der für bestimmte Erdgasflächenversorgungsleitungsnetze und Fernwärmeversorgungsleitungsnetze jedenfalls keine Genehmigung erforderlich ist. Auf Grund dieser Bestimmung wurde die Solarienverordnung (BGBl 1995/147) erlassen. Vgl zB VwSlg 13297(A)/1990. Dazu VwGH 2.2.2000, 99/04/0214.
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Ein solcher ist nach dieser Vorschrift dann nicht zu erlassen, wenn die Genehmigungspflicht der Anlage „offenkundig“ (dh zweifelsfrei78) ist. Diesfalls ist der Antrag auf Feststellung zurückzuweisen.79 Ansonsten ist ein Feststellungsbescheid nach Maßgabe eines Verfahrens zu erlassen, bei dem nur der Antragsteller (und nicht etwa auch die Nachbarn80) Parteistellung haben. Ergeben sich in diesem Verfahren Zweifel, ob die GewO überhaupt auf die Tätigkeit anzuwenden ist, der die Anlage regelmäßig zu dienen bestimmt ist, so ist dieses Verfahren zu unterbrechen und ein Feststellungsverfahren gemäß § 348 GewO (bei dem etwa die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft ein Mitwirkungsrecht hat) durchzuführen. Durch ein Feststellungsverfahren wird gemäß § 358 Abs 2 GewO späteren Feststellungen über Art und Umfang der Immissionen nicht vorgegriffen. Es können daher in einem späteren Betriebsanlagengenehmigungsverfahren etwa auch zusätzliche Gefahrenquellen festgestellt werden.81 Gemäß § 364a ABGB kann der Eigentümer nur den Schaden für vom Nachbargrundstück ausgehende Immissionen geltend machen (und nicht auch gemäß § 364 Abs 2 ABGB Unterlassung verlangen), wenn diese durch eine „behördlich genehmigte Anlage“ verursacht wurden. Eine Wortsinninterpretation spricht schon dagegen, einen Feststellungsbescheid gemäß § 358 (mit dem die Genehmigungspflicht einer Anlage verneint wurde) als „Genehmigung“ im Sinne von § 364a ABGB zu verstehen. Allerdings wendet der OGH § 364a ABGB „analog“ auch dann an, „wenn durch eine behördliche Bewilligung der Anschein der Gefahrlosigkeit und damit der Rechtmäßigkeit der bewilligten Maßnahmen hervorgerufen und dadurch die Abwehr zwar nicht rechtlich ausgeschlossen, aber faktisch derart erschwert wird, dass der Nachbar die Maßnahme praktisch hinnehmen muss“82. Dennoch ist anzunehmen, dass ein gemäß § 358 GewO erlassener Feststellungsbescheid keine „Genehmigung“ im Sinne von § 364a ABGB darstellt. Denn eine solche ist nach der jüngeren Rechtsprechung des OGH in einem Verfahren zu erteilen, in dem die Nachbarn Parteistellung haben83
IV. Genehmigungsverfahren A. Zuständigkeit Zur Durchführung eines Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens ist in erster Instanz gemäß § 333 GewO grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig („one-stop-shop-Prinzip“), in deren örtlichem Wirkungsbereich die Anlage betrieben werden soll.84
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VwGH 25.5.1993, 92/04/0259. VwGH 28.10.1997, 97/04/0127. ZB VwGH 15.9.1999, 99/04/0109. Kinscher, in: Betriebsanlage, 92, Rz 171. OGH 25.2.1999, 6 Ob 239/98 k. Kritisch zur Judikatur des OGH zu § 364a ABGB allerdings etwa Raschauer, Anlagenrecht und Nachbarschutz aus verfassungsrechtlicher Sicht, ZfV 1999, 506 (518). OGH 8.7.2003, 4 Ob 137/03f; siehe bereits Wagner, Betriebsanlage, 133. Siehe dazu Thienel, „One-stop-shop“ und Zuständigkeitskonkurrenzen, Wbl 2002, 249 ff.
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B. Antrag Die Genehmigung der Betriebsanlage ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt.85 Der Antrag bestimmt auch die „Sache“, über die von der Behörde zu entscheiden ist86, womit sich daraus auch die Grenzen der in der Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen einzubeziehenden Betriebsanlage ergeben87. Es steht der Behörde daher nicht frei, je nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens abweichend vom Inhalt des Antrages die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen.88 Als Folge der Antragsbedürftigkeit verlangt der VwGH einen hinreichend klaren Antrag, ansonsten die Genehmigung rechtswidrig ist.89 Der Antrag muss sich ausdrücklich auf die Genehmigung der Anlage und nicht etwa auf die Genehmigung der Änderung der Anlage beziehen.90 Auch darf sich in einer Berufung ein „modifizierter“ Antrag von dem in erster Instanz eingebrachten nicht wesentlich unterscheiden. Andernfalls liegt der Berufungsbehörde nicht mehr dieselbe „Sache“ (im Sinne von § 66 Abs 4 AVG) wie der Unterinstanz vor. Die Berufungsbehörde hätte diesfalls die Berufung (wegen Unzuständigkeit) wohl zurückzuweisen. Nach der Judikatur des VwGH hat die Berufungsbehörde aber den erstinstanzlichen Bescheid (wegen Unzuständigkeit der Unterinstanz) ersatzlos aufzuheben.91
Zur Antragstellung ist der Inhaber der Betriebsanlage bzw des Standortes der geplanten Betriebsanlage berechtigt.92 Zwar enthält die GewO keine ausdrückliche Regelung über die Antragslegitimation. Doch erscheint letztlich nur die Berechtigung des „Inhabers“ sinnvoll (und daher dem Gesetzgeber zusinnbar), weil nur dieser die mit der Genehmigung angestrebte Errichtung bzw Inbetriebnahme veranlassen kann. Für diese Auffassung spricht vor allem auch § 80 GewO, der dem Inhaber der Betriebsanlage verschiedene Verpflichtungen (zur Gewährleistung der Schutzinteressen des § 74 GewO) auferlegt. Gemäß § 80 Abs 5 GewO wird durch einen Wechsel in der Person des Inhabers die Wirksamkeit der Genehmigung nicht berührt. Damit wird die „dingliche“ Wirkung des Bescheides klargestellt. Allerdings wird mit dieser Vorschrift auch zum Ausdruck gebracht, dass nach dem Konzept der GewO der „Inhaber“ der Anlage grundsätzlich der Adressat des Genehmigungsbescheides ist.
Nach der Judikatur des VwGH ist „Inhaber“, wer eine Sache in seiner „Gewahrsame“ hat.93 Darunter fällt nicht nur der Eigentümer, sondern auch der Pächter, nicht jedoch der gewerberechtliche Geschäftsführer.94 Wechselt der „Inhaber“ während des Verfahrens und will dieser in das Verfahren eintreten, dann bedarf es nach der Judikatur des VwGH einer ausdrücklichen „Eintritts85 86 87 88 89 90 91 92 93 94
ZB VwGH 23.12.1974, 2052/74; 24.3.2004, 2002/04/0128. ZB VwGH 10.12.1991, 91/04/0185, O186. ZB VwGH 2.6.1999, 99/04/0022. VwGH 25.9.1990, 90/04/0011. ZB VwGH 15.9.1992, 92/04/0025. Siehe dazu etwa auch VwGH 30.6. 1999, 98/04/0215. VwGH 24.3.2004, 2002/04/0128. VwGH 28.10.1997, 95/04/0247. ZB VwGH 30.9.1997, 97/04/0082; 2.2.2000, 99/04/0214. Siehe aber etwa auch VwGH 25.11. 1997, 97/04/0122. ZB VwGH 25.2.1992, 91/04/0281. VwSlg 13243(A)/1990.
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erklärung“95. Unterbleibt eine solche, dann ist das Verfahren zwar mit dem ursprünglichen Antragsteller zu Ende zu führen. Dem Ansuchen kann diesfalls aber schon mangels Antragslegitimation nicht stattgegeben werden.96
Dem Ansuchen um Genehmigung der Betriebsanlage sind gemäß § 353 GewO verschiedene Unterlagen anzuschließen (zB Betriebsbeschreibung97, Pläne und Skizzen). Besondere Angaben hat ein Antrag gemäß § 353a Abs 1 GewO für die in Anlage 3 zur GewO aufgezählten IPPC-Betriebsanlagen zu enthalten.98 Gemäß § 356a Abs 2 GewO ist der Antrag von der Behörde im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weit verbreiteter Zeitungen und auf der Internetseite der Behörde bekannt zu geben.
C. Ordentliches Genehmigungsverfahren Im ordentlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren war die längste Zeit zum einen eine mündliche Augenscheinsverhandlung zwingend vorgesehen. Zum anderen war die Erlangung der Parteistellung durch Nachbarn an die rechtzeitige Erhebung von Einwendungen gebunden. Diese Rechtslage ist auf Grund der AVG-Novelle 199899 außer Kraft getreten.100 Mit der GewO-Novelle 2000101 wurde eine Neufassung von § 356 GewO vorgenommen, die „der sprachlichen Anpassung an die geänderte Rechtslage und der Vermeidung allfälliger Auslegungsprobleme“102 diente. Demnach ist die Behörde zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr verpflichtet. Vielmehr kommt nunmehr auch hier § 39 Abs 2 AVG zur Anwendung103, wonach die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung grundsätzlich im Ermessen104 der Behörde steht. Außerdem wurde in § 356 GewO klargestellt, dass auch im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren für Nachbarn die Präklusionsregelung des § 42 AVG gilt. Nachbarn verlieren demnach ihre Parteistellung, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben. Unter einer Einwendung ist die Geltendmachung eines subjektiven öffentlichen Rechtes zu verstehen.105 Ein solches besteht für Nachbarn etwa im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit oder vor Belästigungen durch Lärm, Rauch etc gemäß § 74 Abs 2 Z 1 und 2 GewO, nicht jedoch in Bezug auf die Gewährleistung der Sicherheit,
95 96 97
98 99 100 101 102 103 104 105
VwGH 30.10.1990, 90/04/0125; 30.9.1997, 97/04/0082. VwGH 17.4.1998, 96/04/0087. Betriebsbeschreibungen sind für den Immissionsschutz besonders wichtig. Sie müssen daher nach der Judikatur „präzise Angaben zu allen jenen Faktoren enthalten, die für die Beurteilung der auf den Nachbarliegenschaften zu erwartenden Immissionen von Bedeutung sind“; VwGH 30.6.1999, 98/04/0215. Siehe näher etwa Fischer/Trojer, Gewerbeordnung, 139 f. BGBl 1998 I/158. Siehe zB RV 212 BlgNR 21. GP, S 9; VwGH 30.6.1999, 98/04/0215. BGBl 2000 I/88. RV 212 BlgNR 21. GP, S 9. Davon gehen die Erläuterungen in RV 212 BlgNR 21. GP, S 9, aus. ZB VwSlg 6657(A)/1965. ZB VwGH 7.11.1995, 93/05/0290.
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Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs gemäß § 74 Abs 2 Z 4 GewO106. Ein subjektives öffentliches Recht kann nicht aus privatrechtlichen Beziehungen abgeleitet werden. Daher kann auch nicht eingewendet werden, dass die Betriebsanlage auf einem Grundstück errichtet werden soll, an der dem Nachbarn eine Servitut zusteht.107 Nachbarn besitzen somit im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren grundsätzlich Parteistellung. Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, dann droht allerdings der Verlust der Parteistellung gemäß § 42 AVG. Dieser tritt jedoch nur insoweit ein, als die Erhebung von Einwendungen unterlassen wurde.108 Die Parteistellung bleibt somit hinsichtlich der „eingewendeten“ subjektiven Rechte aufrecht. Dabei ist zu beachten, dass der VwGH für Einwendungen eine hinreichende Konkretisierung verlangt. Ein lediglich allgemein gehaltenes, nicht auf die konkreten Verhältnisse abgestelltes Vorbringen stellt für ihn keine „Einwendung“ dar.109 Durch solche Vorbringen kann daher wohl auch keine Parteistellung aufrechterhalten werden. Aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung110 sieht § 356c GewO bei Vorliegen von „im wesentlichen gleichgerichteten Einwendungen“ von mehr als 20 Personen die Bestellung eines gemeinsamen Zustellbevollmächtigten im Auftrag der Behörde oder von Amts vor. Werden von Nachbarn privatrechtliche Einwendungen vorgebracht (zB Schadenersatz) dann hat der Verhandlungsleiter gemäß § 357 GewO auf eine Einigung hinzuwirken bzw den Nachbar auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Die mündliche Verhandlung dient also dazu, den Nachbarn Gelegenheit zu geben, das Projekt an Ort und Stelle kennen zu lernen und gegebenenfalls Einwendungen zu erheben. Hingegen besteht nach der Judikatur des VwGH keine generelle Verpflichtung zur Erörterung mündlich eingeholter Sachverständigengutachten.111
Besondere Vorschriften sieht § 356 Abs 1 GewO für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung vor. Demnach sind den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (durch Erhebung von Einwendungen) durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekanntzugeben. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstücks (auch wenn er nicht Genehmigungswerber ist) und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind jedenfalls grundsätzlich persönlich zu laden.
Dies gilt gemäß § 356 Abs 1 GewO allerdings nicht, wenn das Genehmigungsprojekt ein Gasflächenversorgungsleitungs- oder Fernwärmeleitungsnetz betrifft. Handelt es sich bei den Eigentümern des Betriebsgrundstückes oder der unmittelbar angrenzenden Grundstücke um Wohnungseigentümer nach dem WEG 1975, dann ist der Verwalter zu verständigen, um die Verhandlung im Haus durch Anschlag bekanntzugeben.
106 107 108
109 110 111
VwSlg 9212(A)/1976. VwGH 29.5.2002, 2001/04/0104. Dazu sowie zu weiteren Fragen der Präklusion gemäß § 42 AVG siehe insbesondere Wiederin, Die Neuregelung der Präklusion, in: Stephan Schwarzer (Hrsg), Das neue Anlagenverfahrensrecht, 1999, 17 (32 ff). Siehe dazu auch Walter/Thienel, Die Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 1999, 144 ff. ZB VwGH 27.5.1997, 97/04/0077. RV 575 BlgNR 20. GP, S 14. VwGH 22.3.2000, 99/04/0197.
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Über die Dauer des Anschlages einer Kundmachung (zB in der Gemeinde) trifft das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Auf Grund telelogischer Auslegung nimmt der VwGH allerdings an, dass der Anschlag so lange zu dauern hat, dass nicht persönlich geladene Nachbarn „bei entsprechender Aufmerksamkeit Gelegenheit haben, von der Kundmachung so rechtzeitig Kenntnis zu erlangen, dass sie gegebenenfalls zur Verhandlung rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können“112. Besteht die Gefahr der Verletzung eines Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses, dann ist den Nachbarn die Teilnahme an der Besichtigung der Anlage gemäß § 356 Abs 2 GewO (unter Wahrung des Parteiengehörs) nur mit Zustimmung des Genehmigungswerbers gestattet. Die Gemeinde hat im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 355 GewO ein Anhörungsrecht. In den §§ 44a ff AVG sind eigene Regelungen für Großverfahren (Verfahren mit voraussichtlich mehr als 100 Beteiligten) vorgesehen.113 Bei solchen Verfahren kann etwa eine „öffentliche Erörterung“ unter Beiziehung von Sachverständigen stattfinden. Diese Bestimmungen über „Großverfahren“ gelten auch für gewerbliche Betriebsanlagen. Denn durch die AVG-Novelle 1998 wurde gemäß § 82 Abs 7 AVG auch den Vorschriften über das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren der GewO derogiert, soweit sie von den §§ 44a ff AVG abwichen (und zB keine „öffentliche Erörterung“ zuließen). Ab 31.12.1998 galten somit die Regelungen über „Großverfahren“ im AVG auch für entsprechende gewerbliche Betriebsanlagen. Daran hat auch die Neufassung von § 356 GewO durch die GewO-Novelle 2000 nichts geändert, weil diese im Wesentlichen lediglich der „sprachlichen Anpassung“114 an die geltende Rechtslage diente.
D. Vereinfachtes Verfahren Gerade die Mitwirkungsmöglichkeit von Nachbarn als Parteien im ordentlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren kann zu erheblichen Verzögerungen führen und damit ein Hindernis für die Betriebsansiedlung bedeuten. Um dieser Problematik Rechnung zu tragen, wurde in § 359b ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen, in dem den Nachbarn nurmehr ein beschränktes Mitspracherecht zukommt. Diesem Verfahren wurden im Laufe der Zeit immer mehr Betriebsanlagen unterworfen. Der konkreten Ausgestaltung des vereinfachten Verfahrens hat der VfGH (auf Grund des Gleichheitssatzes) vor allem im Hinblick auf den Nachbarschutz jedoch Grenzen gesetzt. Der VfGH hat das vereinfachte Verfahren und die damit verbundene Einschränkung der Nachbarrechte aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung grundsätzlich für sachlich gerechtfertigt erachtet.115 Auch erachtet es der VfGH für verfassungswidrig, wenn „im vereinfachten Verfahren die bloße Feststellung abstrakter Messgrößen der projektierten Anlage durch die Behörde als Genehmigung gilt, ohne dass Gefährdungen und Immissionen im Einzelfall im vereinfachten Verfahren überhaupt überprüft werden“.116
§ 359b GewO sieht die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens unter folgenden Voraussetzungen vor:
112 113 114 115 116
ZB VwGH 20.10.1999, 99/04/0140. Dazu Grabenwarter, Großverfahren nach dem AVG, ZfV 2000, 718 ff. RV 212 BlgNR 21. GP, S 9. VfSlg 14512/1996. Siehe dazu aber auch VfSlg 16103/2001. VfSlg 14165/2004.
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- wenn die für eine Genehmigungspflicht (wegen ihrer Immissionen) allein relevanten Maschinen, Geräte und Ausstattungen nach einer Verordnung gemäß § 76 Abs 1 oder auf Grund eines Bescheides gemäß § 76 Abs 2 GewO keine Genehmigungspflicht begründen117 oder zumindest auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden (zB Küchengeräte); - wenn das Ausmaß der Räumlichkeiten der Betriebsanlage und ihre sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung stehenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 oder Belastungen der Umwelt vermieden werden; - bei Verfahren betreffend Spezialgenehmigungen im Rahmen einer Gesamtanlage (zB Einkaufszentrum)118. Zur weiteren Vereinfachung und schnelleren Verfahrensabwicklung sehen § 359b Abs 2 und 3 GewO vor, dass der BMWA bestimmte Anlagen in Verordnungen zu bezeichnen hat, die jedenfalls dem vereinfachten zu unterziehen sind.119 Umgekehrt unterliegen gemäß § 359b Abs 1 GewO die in der Anlage 3 zur GewO angeführte Anlagen (IPPC-Anlagen) jedenfalls nicht dem vereinfachten Verfahren. Auch hat gemäß § 359b Abs 7 GewO der BMWA im Einvernehmen mit dem BMLFUW durch Verordnung jene Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, „die aus Gründen des vorsorgenden Umweltschutzes“120 nicht im vereinfachten Verfahren abzuwickeln sind, auch wenn eine derartige Anlage an sich die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren erfüllt.121 Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist die Behörde zur Durchführung eines vereinfachten Verfahrens verpflichtet. Liegen die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren vor, dann hat die Behörde ein solches von Amts wegen durchzuführen. Die Behörde hat dies gemäß § 359b Abs 1 GewO nach dem „Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen“ zu beurteilen. Der Genehmigungswerber hat daher keinen Anspruch auf Durchführung eines solchen Verfahrens122, sondern kann nur einen Antrag auf Genehmigung der Betriebsanlage stellen. Allerdings haben nach Auffassung des VfGH und des VwGH die Nachbarn Parteistellung bei Beurteilung der Frage, „ob die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren überhaupt vorliegen“123. Sie können demnach den das Verfahren abschließenden Feststellungsbescheid aus diesem Grund wohl auch anfechten. Hingegen haben 117 118 119
120 121 122 123
Dazu oben III.B. Dazu oben III.A. Auf Grund von § 359b Abs 2 GewO wurde die Verordnung BGBl 1994/850 idF BGBl 1999 II/19 erlassen, wonach etwa Gastgewerbebetriebe mit bis zu 200 Verabreichungsplätzen, in denen nicht musiziert wird (ausgenommen „Hintergrundmusik“), dem vereinfachten Verfahren zu unterziehen sind. Dazu VfSlg 16103/2001. Siehe dazu die Verordnung BGBl 1998 II/265, wonach zB Anlagen zur Erzeugung von Eisen und Stahl keinesfalls dem vereinfachten Verfahren zu unterziehen sind. ZB VwGH 22.4.1997, 97/04/0037. VfSlg 16103/2001. Ebenso nunmehr auch VwGH 9.10.2002, 2002/04/0130; 23.9.2004, 2004/07/0055. Umfassend zu dieser Problematik Thienel, Verfassungsrechtliche Grenzen für das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 359b GewO, ZfV 2001, 718ff.
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die Nachbarn im Verfahren selbst (wie in § 359b Abs 1 ausdrücklich klargestellt wird124) keine Parteistellung, sondern lediglich ein Anhörungsrecht.
Ist daher den Genehmigungsunterlagen zu entnehmen, dass die Voraussetzungen eines vereinfachten Verfahrens vorliegen, dann hat die Behörde das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern bekanntzugeben. Gleichzeitig hat sie darauf hinzuweisen, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit kann anstelle des Hausanschlags das Projekt auch durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden.
Innerhalb von drei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens (Verfahrensbeschleunigung) hat die Behörde dann unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen einen Bescheid zu erlassen. In diesem Bescheid ist zum einen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Durchführung eines einfachen Verfahrens festzustellen. Zum anderen sind darin erforderlichenfalls Aufträge zur Gewährleistung der Schutzinteressen des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens zu erteilen. Dieser Bescheid gilt gemäß § 359b Abs 1 GewO als Genehmigungsbescheid für die Anlage. § 359b GewO geht seinem üblichen Wortsinn nach davon aus, dass bei vorliegen der Voraussetzungen eines vereinfachten Verfahrens eine positive bescheidmäßige Feststellung vorzunehmen und allfälligen Schutzinteressen ausschließlich durch Aufträge Rechnung zu tragen ist. Fraglich ist jedoch, wie vorzugehen ist, wenn zwar die Voraussetzungen eines einfachen Verfahrens gegeben sind (zB Betriebsfläche unter 800 m2), die Schutzinteressen (zB Gesundheitsschutz) jedoch auch nicht durch Aufträge sichergestellt werden können. Es würde wohl dem Zweck der Regelung (Verfahrensvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung) widersprechen, wenn diesfalls nach dem vereinfachten Verfahrens zusätzlich auch noch ein ordentliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren durchgeführt werden müsste. Es ist daher anzunehmen, dass in einem solchen Fall die Behörde die Genehmigung auf Grund des einfachen Verfahrens zu versagen hätte.125 Fraglich ist auch, ob gemäß § 359b GewO genehmigte Anlagen als „behördlich genehmigt“ im Sinne von § 364a ABGB anzusehen sind, bei denen ein ziviler Unterlassungsanspruch von Nachbarn ausgeschlossen ist. Dies wird vom OGH unter Hinweis auf die beschränkte Mitwirkungsbefugnis der Nachbarn verneint.126
D. Vorarbeiten und Versuchsbetrieb Unter bestimmten Voraussetzungen gestattet § 354 GewO schon vor rechtskräftiger Genehmigung der Betriebsanlage die Genehmigung bestimmter Vorarbeiten, insbesondere eines Versuchsbetriebes. Die Besonderheit einer solchen Genehmigung besteht vor allem darin, dass gemäß § 354 GewO gegen sie ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig ist. Daraus folgt, dass die Nachbarn
124 125 126
RV 212 BlgNR 21. GP, S 10. So im Ergebnis auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 1262, Rz 27. OGH 25.2.1999, 6 Ob 239/98k. Siehe bereits Wagner, Betriebsanlage, 183; Thienel (FN 121), 730; AA Aicher, in: Betriebsanlage, Rz 234. Siehe dazu auch oben III.C.
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in einem solchen Verfahren auch keine Parteistellung besitzen.127 Sie können daher die Genehmigung eines Versuchsbetriebes erst im Wege der Anfechtung des Genehmigungsbescheides der Betriebsanlage bekämpfen.128 Der VfGH hielt den Ausschluss der Nachbarrechte schon deshalb für sachlich gerechtfertigt, „weil die Versuchsbetriebsgenehmigung nach dem Konzept des Gesetzes keine selbständige Bedeutung besitzt, sondern lediglich einer möglichst rationellen Verfahrensgestaltung zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes für das Genehmigungsverfahren“129 dient. Der VfGH ging in diesem Urteil anscheinend davon aus, dass ein genehmigter Versuchsbetrieb keine „behördlich genehmigte Anlage“ im Sinne von § 364a ABGB darstellt.130 Diese Einschätzung wird durch die jüngere Judikatur des OGH bestätigt.131
Die Durchführung solcher Vorarbeiten ist freilich nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig. Dies ist einmal dann der Fall, wenn sich das Ermittlungsverfahren wegen des außergewöhnlichen Umfanges (zB auch wegen einer Vielzahl von Einwendungen132) oder der besonderen Beschaffenheit der Anlage voraussichtlich auf einen längeren Zeitraum erstrecken wird. Zusätzlich muss diesfalls die begründete Annahme vorliegen, dass die Errichtung und der Betrieb der Anlage bei Vorschreibung bestimmter Auflagen zulässig sein wird. Die Genehmigung von Vorarbeiten (eines Versuchsbetriebes) ist aber auch dann gestattet, wenn zur Ausarbeitung des Projekts einer Anlage Vorarbeiten erforderlich sind oder wenn das Vorliegen des Ergebnisses bestimmter Vorarbeiten für die Entscheidung der Behörde von wesentlicher Bedeutung ist. In jedem Fall setzt die Genehmigung von Vorarbeiten (allenfalls mit Auflagen) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung voraus.
Da das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren grundsätzlich antragsbedürftig ist, setzt wohl auch die Genehmigung von Vorarbeiten einen Antrag voraus133. Die Genehmigung steht allerdings im Ermessen („kann“) der Behörde. Sie kann auch befristet erteilt werden. Unabhängig von einer anderslautenden Befristung endet die Genehmigung von Vorarbeiten aber mit der Beendigung des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens.134
127 128
129 130 131 132 133 134
ZB VwGH 9.9.1998, 98/04/0130; 30.6.1999, 99/04/0043. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 1175, Rz 9. Aichlreiter, Das neue Betriebsanlagenrecht - verfahrensrechtliche Bestimmungen, in: Korinek (Hrsg), Gewerberecht, 1995, 281 (292 f), meint, dass die Genehmigung des Versuchsbetriebes zwar nicht im administrativen Instanzenzug, wohl aber vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts eigens angefochten werden könne. VfSlg 13013/1992. Ebenso zB Wagner, Betriebsanlage, 185; AA Aicher, in: Betriebsanlage, Ergänzungsband, 123, Rz 234. Siehe OGH 25.2.1999, 6 Ob 239/98k. Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO, § 354, Rz 2. So auch der Durchführungserlass zur GewO-Novelle 1988 vom 25.11. 1988, Zl 32.831/86-III/1/88. VwGH 25.1.1994, 93/04/0173.
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V. Genehmigung A. Allgemeines Die GewO sieht verschiedene Kriterien für die Genehmigung einer Betriebsanlage vor. Dazu gehören vor allem immissionsseitige Kriterien, die auf die subjektiven Beeinträchtigungen von Personen (zB der Nachbarn) und Eigentum (der Nachbarn) durch die Anlage abstellen. Genehmigungsvoraussetzung sind aber auch emissionsseitige Kriterien, nach denen die Auswirkungen (zB Luftschadstoffe) der Anlage unabhängig von ihren konkreten Beeinträchtigungen zu begrenzen sind. Besondere Genehmigungskriterien sind insbesondere im Interesse der Nahversorgung für Einkaufszentren geregelt. Schließlich sieht die GewO im Interesse der Verfahrenskonzentration vor, dass mit der Betriebsanlagegenehmigung auch über nach anderen Vorschriften erforderliche Bewilligungen abzusprechen ist.
B. Immissionsseitige Kriterien Gemäß § 77 Abs 1 GewO ist Genehmigungsvoraussetzung, dass nach dem Stand der Technik135 und dem Stand der medizinischen und sonst in Betracht kommenden Wissenschaften (zB Chemie, Geologie) zu erwarten ist, dass zumindest bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden „bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 GewO136 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 GewO137 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden“. Entscheidend ist also zunächst, dass die „voraussehbaren“ Gefährdungen für Leben, Gesundheit und Eigentum oder sonstigen dinglichen Rechten „vermieden“ werden. Dies bedeutet zwar, dass keine Interessenabwägung oder Beurteilung der Zumutbarkeit der Gefährdungen vorzunehmen ist.138 Mit dem Begriff „voraussehbar“ wird aber zum Ausdruck gebracht139, dass nicht jede Gefährdung etwa von Gesundheit und Eigentum gebannt sein muss. Vielmehr ist ein Risiko, das nach den herrschenden Vorstellungen über ausreichende Sicherheitsstandards als vernachlässigbare Größe akzeptiert ist (sogenanntes Restrisiko oder sozialadäquates Risiko), zu vernachlässigen.140 Für die Gefährdung von Leben und Gesundheit (zB der Nachbarn) ist von einer nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden, objektiven Gegebenheiten Rechnung tragenden Durchschnittsbetrachtung auszugehen.141 Die Behörde hat
135 136 137 138 139 140 141
Vgl § 71a GewO. Siehe oben III.B. Ebenda. ZB VwGH 29.5.1990, 89/04/0225. Pauger, in: Wirtschaftsrecht2, 163, Rz 416. Rill, Gewerberecht, 53. Vgl demgegenüber Wendl, in: Betriebsanlage, 95, Rz 175. ZB VwGH 25.2.1993, 92/04/0208, 0209.
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eine allfällige Gefährdung grundsätzlich142 unter Heranziehung von (gegebenenfalls einander ergänzenden143) Sachverständigen festzustellen.
Belästigungen (zB durch Lärm), Beeinträchtigungen (zB des öffentlichen Verkehrs) oder nachteilige Einwirkungen (auf Gewässer) müssen hingegen nicht vermieden, sondern „auf ein zumutbares Maß beschränkt werden“. Inwieweit Belästigungen der Nachbarn als „zumutbar“ gelten, ist gemäß § 77 Abs 2 GewO danach zu beurteilen, „wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken“. Die Behörde hat somit zunächst den Immissionsstand zu ermitteln, der den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen entspricht. Dabei können auch künftige Entwicklungen mitberücksichtigt werden, wenn es hinreichend konkrete Anhaltspunkte für Änderungen in absehbarer Zeit gibt.144 Auf raumordnungsrechtliche Widmungsvorschriften ist wohl ebenfalls Bedacht zu nehmen.145 Nicht jede (bloß geringfügige) Veränderung des bisherigen Immissionsmaßes schließt eine Genehmigung aus. Vielmehr gilt dies nur für eine Veränderung in einem solchen Ausmaß, mit der eine „unzumutbare“ Belästigung verbunden ist.146 Dabei ist von einer objektiven „Durchschnittsbetrachtung“147 gesunder, normal empfindender Erwachsener und Kinder auszugehen. Besondere Empfindlichkeiten von Nachbarn bilden daher insoweit keinen Versagungsgrund.148 Auch verlangt das Kriterium der Zumutbarkeit keine Abwägung zwischen dem Interesse des Anlageninhabers einerseits und dem Interesse der Nachbarn andererseits.149 Der Maßstab „gesunder, normal empfindender“ Erwachsener und Kinder gilt gemäß § 77 Abs 2 GewO nur für Belästigungen der Nachbarn. Soweit es etwa um den Schutz von Personen in Krankenhäusern gemäß § 74 Abs 2 Z 3 GewO geht, ist dieser Maßstab nicht maßgeblich. Hier ist auf die besondere Lage dieser Menschen Bedacht zu nehmen.150
Zur Sicherstellung der Vermeidung von Gefährdungen oder unzumutbaren Belästigungen kann die Anlage gemäß § 77 Abs 1 GewO mit „erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen“ genehmigt werden. Soweit erforderlich, haben diese Auflagen auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen. Auch kann die Behörde gemäß § 77 Abs 1 GewO gegebenenfalls zulassen, 142 143 144 145
146 147 148
149 150
Siehe zB VwGH 12.11.1996, 94/04/0174. ZB VwGH 29.1.1991, 90/04/0178 (gewerbetechnische und ärztliche Sachverständige). VwSlg 11477(A)/1984. Berka, Raumordnungsrechtliche Probleme des Industrieanlagenbaus, in: Aicher/Korinek (Hrsg), Rechtsfragen des nationalen und internationalen Industrieanlagenbaus, 1991, 27 (51); Rill, Gewerberecht, 53 f. AA VwGH 24.6.1998, 95/04/0234. ZB VwGH 22.4.1997, 96/04/0217. VwGH 31.3.1992, 91/04/0306. ZB VwGH 30.9.1997, 95/04/0052; 15.10.2003, 2002/04/0073. Der Maßstab des „gesunden, normal empfindenden Menschen“ ist nur bei der Beurteilung von Belästigungen, nicht jedoch von Gesundheitsgefährdungen zugrundezulegen; VwGH 22.3.2000, 98/04/0019. VwGH 14.11.1989, 89/04/0088. Rill, Gewerberecht, 53.
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dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage eingehalten werden müssen. Nach der Judikatur des VwGH handelt es sich bei solchen Auflagen um belastende Gebote oder Verbote als Nebenbestimmungen der Genehmigung, mit denen der Inhaber der Anlage zu einem bestimmten, im Wege der Vollstreckung erzwingbaren Tun oder Unterlassen verpflichtet wird.151 Eine solche Auflage kann grundsätzlich jede der Vermeidung von Immissionen dienende und zur Erfüllung dieses Zweckes geeignete Maßnahme zum Gegenstand haben.152 Für ihre Rechtmäßigkeit ist es unerheblich, ob ihr privatrechtliche Hindernisse (zB Zustimmung der Grundeigentümer) entgegenstehen.153 Allerdings darf das Vorhaben durch Auflagen nur soweit modifiziert werden, dass es in seinem „Wesen“ unberührt bleibt.154 Auch dürfen Auflagen nicht strengere Maßnahmen vorsehen, als dies zur Wahrung der Schutzzwecke des § 77 Abs 1 GewO notwendig („erforderlich“) ist.155 Auflagen müssen außerdem so „bestimmt“ sein, dass ihre Einhaltung von der Behörde jederzeit und aktuell überprüft werden kann. Dieser Anforderung wird nach der Judikatur des VwGH durch die bloße Bestimmung eines Immissionsgrenzwertes in einer Auflage nicht entsprochen, wenn nicht im Einzelnen die Maßnahmen festgelegt werden, bei deren Einhaltung die Wahrung dieser Grenzwerte zu erwarten ist.156 Ebenso wenig entsprechen Auflagen diesem Erfordernis, die eine Maßnahme „zur Nachtzeit“157, eine „neuere Bauart“158 oder „während der Winterzeit“159 vorschreiben. Ein in einer Auflage enthaltenes Verbot der Verwendung von „bewegtem Licht“160 ist nach Auffassung des BwGH hingegen hinreichend bestimmt.
Gemäß 78 Abs 3 GewO kann die Behörde bei der Genehmigung von bestimmten Rohrleitungen auch den Abschluss oder den Fortbestand einer Haftpflichtversicherung vorschreiben, wenn der Ersatz für Schädigungen in anderer Weise nicht gesichert ist. Während des Nichtbestehens der Versicherung darf die Anlage gemäß § 92 Abs 1 GewO nicht betrieben werden. Schließlich ist noch zu erwähnen, dass gemäß § 82 Abs 1 GewO der BMWA im Einvernehmen mit dem BMLFUW für genehmigungspflichtige Anlagen durch Verordnung nähere Vorschriften über die Bauart, die Betriebsweise, die Ausstattung oder das zulässige Ausmaß der Anlagen oder Anlagenteile zu erlassen hat.161 Für bereits genehmigte Anlagen („Altanlagen“) sind in einer solchen Verordnung abweichende Bestimmungen oder Ausnahmen vorzusehen. Weist der Inhaber einer „Altanlage“ nach, dass seine Anlage von den Ausnahmen oder Abweichungen nicht erfasst wird, dann ist gemäß § 82 Abs 2 GewO die erforderli151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161
ZB VwGH 26.2.1991, 90/04/0131. VwGH 3.3.1999, 98/04/0164. VwGH 16.2.2005, 2004/04/0123. ZB VwGH 27.4.1993, 90/04/0265, 0268. VwGH 22.4.1997, 96/04/0217; 21.12.2004, 2002/04/0169. ZB VwGH 22.12.1992, 92/04/0121; 22.3.2000, 99/04/0213. VwSlg 10976(A)/1983. VwGH 3.3.1999, 98/04/0164. VwGH 17.12.2003, 2001/04/0156. VwGH 24.3.2004, 2002/04/0168. Siehe dazu die Aufzählung der auf Grund von § 82 Abs 1 GewO erlassenen Verordnungen bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 675, Rz 6.
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che Anpassung an die Verordnung (einschließlich von Abweichungen und Ausnahmen) mit Bescheid aufzutragen. Auch für andere Anlagen dürfen gemäß § 82 Abs 2 GewO Abweichungen von der Verordnung aufgetragen werden. Im Übrigen kann für die Erfüllung der Bestimmungen der Verordnung gemäß § 82 Abs 5 GewO mit Bescheid eine angemessene Frist eingeräumt werden.
C. Emissionsseitige Kriterien Emissionen von Luftschadstoffen sind gemäß § 77 Abs 3 GewO (erforderlichenfalls mit Auflagen) nach dem Stand der Technik zu begrenzen. Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, ob diese Emissionen konkrete Gefährdungen oder Belästigungen hervorrufen. Es handelt sich um eine Vorsorgemaßnahme gegen Belastungen der Umwelt, die nach herrschender Auffassung etwa Nachbarn auch kein subjektives Recht einräumt162. Bei Anwendung dieser Vorschrift sind auch Regelungen des ImmissionsschutzG-Luft bzw auf seiner Grundlage erlassener Verordnungen zu beachten. Gerade deshalb ist die Auffassung, wonach § 77 Abs 3 GewO kein subjektives Recht einräumt, fraglich. Denn mit dem ImmissionsschutzG-Luft werden Richtlinien der Gemeinschaft umgesetzt, die Grenzwerte für die Luftreinhaltung normieren. Zur Umsetzung solcher Richtlinien hat der EuGH ausgesprochen ,dass „die Betroffenen in allen Fällen, in denen die Überschreitung der Grenzwerte die menschliche Gesundheit gefährden könnte, in der Lage sein müssen, sich auf zwingende Vorschriften zu berufen, um ihre Rechte geltend machen zu können“163. Es stellt sich daher zumindest die Frage, ob § 77 Abs 3 GewO in Verbindung mit dem ImmissionsschutzG-Luft auf Grund gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung nicht doch ein subjektives Recht einräumt.
Unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung ist die Betriebsanlage gemäß 77 Abs 4 GewO auch erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen zu genehmigen, um Abfälle nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten.164 Soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar erscheint, ist gemäß § 77 Abs 4 GewO allerdings eine „ordnungsgemäße“ Entsorgung ausreichend. Ausgenommen von einer näheren Prüfung des „Abfallwirtschaftskonzepts“ sind nach dieser Vorschrift außerdem Betriebsanlagen, deren Abfälle nach Art und Menge denen der privaten Haushalte vergleichbar sind. Wohl um eine Prüfung gemäß § 77 Abs 4 GewO zu ermöglichen, ist gemäß § 353 Z 1 lit c) GewO dem Ansuchen um Genehmigung eine Beschreibung der beim Betrieb der Anlage zu erwartenden Abfälle und der betrieblichen Vorkehrungen zu deren Vermeidung, Verwertung und Entsorgung (Abfallwirtschaftskonzept) anzuschließen.
162 163
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ZB VwGH 28.10.1997, 95/04/0151; 22.3.2000; 98/04/0019; Grabler/Stolzlechner/ Wendl, GewO2, 585, Rz 41. EuGH, Rs C-361/88, Kommission/Deutschland, Slg 1991, I-2567, Rz 16. Siehe dazu näher etwa Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht3, 2006, 122 ff, mwN. Kann ein nach dem Stand der Technik mangelhaftes „Abfallmanagement“ nur durch Auflagen korrigiert werden, die das Wesen der Anlage verändern, dann ist wohl die Genehmigung zu verweigern; Kinscher/Paliege-Barfuß, § 77, Rz 106.
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Besondere Anforderungen an die Genehmigung sind in § 77a GewO für in der Anlage 3 zur GewO angeführte Anlagen („IPPC-Anlagen“) vorgesehen.165 So sind für solche Anlagen etwa gemäß § 77a GewO geeignete Auflagen vorzuschreiben, wenn und soweit dies zur Verhinderung des Überschreitens eines gemeinschaftsrechtlich festgelegten Immissionsgrenzwertes erforderlich ist.166 Auch hat die Behörde gemäß § 77a Abs 5 GewO im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weit verbreiteter Tageszeitungen und auf der Internetseite der Behörde bekannt zu geben, dass der Genehmigungsbescheid einer IPPCAnlage bei ihr zur Einsicht aufliegt.
D. Einkaufszentren Einkaufszentren können insbesondere für kleinere Gewerbetriebe eine schwerwiegende Konkurrenz bedeuten und diese letztlich zur Betriebsschließung zwingen. Damit geht nicht selten eine geschäftliche „Verödung“ bestimmter Straßenzüge vor allem in Ortskernen einher, da Einkaufszentren häufig an der Peripherie von größeren Orten angesiedelt sind. Damit verbunden ist auch eine Bedrohung der Nahversorgung von weniger mobilen (zB älteren) Menschen, die auf die Versorgung durch räumlich nahegelegene aber von Einkaufszentren unter Druck gesetzte kleinere Gewerbebetriebe (zB Lebensmittelhändler) angewiesen sind. Dieser Problematik wird durch § 77 Abs 5 GewO Rechnung zu tragen versucht, der besondere Kriterien im Interesse der Nahversorgung für die Genehmigung „von Anlagen für Betriebe des Handels sowie von ausschließlich oder überwiegend für Handelsbetriebe vorgesehenen Gesamtanlagen im Sinne des § 356e Abs 1 GewO (Einkaufszentren), welche überwiegend167 dem Handel mit Konsumgütern des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs dienen“, vorsieht. Bei diesen Anlagen muss zusätzlich zu den sonstigen Genehmigungskriterien des § 77 GewO von der Behörde zunächst auch geprüft werden, ob diese Anlagen nicht in Widerspruch zu raumordnungsrechtlichen Widmungen stehen. Damit soll vor allem verhindert werden, dass ein bestimmtes Projekt ohne Vorliegen der in Raumordnungsgesetzen der Länder für Einkaufszentren vorgesehenen Sonderwidmung errichtet wird. Gemäß § 77 Abs 5 GewO ist wörtlich zwar nur zu prüfen, ob der Standort für eine „derartige Gesamtanlage“ gewidmet ist. Daraus wird von einem Teil der Lehre geschlossen, dass eine solche Prüfung der Widmungskonformität eben nur bei Gesamtanlagen, nicht aber auch bei sonstigen „Betrieben des Handels“ vorzunehmen ist.168 Gegen diese Auffassung spricht aber schon der Einleitungssatz von § 77 Abs 5 GewO, der 165 166
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Dazu näher etwa Bergthaler/Fallner, IPPC-Anlagen in der GewO: Anlagenbegriff und verfahrensrechtliche Konsequenzen, ecolex 2004, 750 ff. Siehe dazu AB 212 BlgNR 21. GP, S 5. Nach Auffassung von Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 603, Rz 3, räumt auch § 77a GewO Nachbarn kein subjektives Recht ein. Da mit dieser Bestimmung die IPPC-Richtlinie umgesetzt wird, die auch eine Einhaltung von Grenzwerten vorschreibt, ist diese Auffassung aus den oben im Text zu § 77 Abs 3 GewO dargelegten Gründen jedoch fraglich. Gemäß § 77 Abs 7 GewO dient eine Anlage „überwiegend“ dem Handel mit Konsumgütern des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs, wenn die Verkaufsfläche für Konsumgüter des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs 800 m2 überschreitet. ZB Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 592, Rz 48.
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Betriebe des Handels und Gesamtanlagen gleichberechtigt nebeneinander stellt.169 Vor allem aber ist schwer zu erkennen, welchen Sinn insoweit eine Differenzierung zwischen „Betrieben des Handels“ und „Gesamtanlagen“ haben sollte.
Außerdem dürfen Betriebsanlagen mit einer Gesamtkaufsfläche170 von mehr als 800m2 für einen Standort nur genehmigt werden, „wenn das Projekt keine Gefährdung der Nahversorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern des kurzfristigen und täglichen Bedarfs im Einzugsbereich erwarten lässt“.171 Eine Gefährdung der Nahversorgung ist gemäß § 77 Abs 8 GewO dann zu erwarten, wenn es infolge der Verwirklichung des Projekts „zu erheblichen Nachteilen für die bestehenden Versorgungsstrukturen käme und dadurch der Bevölkerung die Erlangung von Konsumgütern des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs erschwert würde“. Der Landeshauptmann hat dafür in einer Verordnung die entsprechenden Kenngrößen und Beurteilungsmaßstäbe festzulegen. Der BMWA hat in einer Verordnung die Konsumgüter des kurzfristigen und täglichen Bedarfs zu bezeichnen.
Auf Grund der zuletzt genannten Regelung wurde die „Einkaufszentren-WarenlisteVerordnung“ (BGBl 2000 II/277) erlassen, wonach neben Lebensmitteln etwa auch Zeitungen, Reinigungsmittel oder gewisse Textilien Konsumgüter des kurzfristigen oder täglichen Bedarfs sind. Soweit keine Verordnung des Landeshauptmannes vorliegt, haben die Behörden das Gesetz unmittelbar anzuwenden und selbst festzustellen, ob eine Gefährdung der Nahversorgung vorliegt172.
Die dargelegten Genehmigungskriterien kommen gemäß § 77 Abs 9 GewO allerdings dann nicht zur Anwendung, wenn es sich um Projekte in einem „Stadtkern- oder Ortskerngebiet“ handelt. Darunter sind nach dieser Bestimmung jene Ortsbereiche oder Flächen mit Ausrichtung auf das örtliche bzw überörtliche Verkehrsnetz zu verstehen, die eine überwiegend zusammenhängende Verbauung mit öffentlichen Bauten, Gebäuden, die der Hoheitsverwaltung und der Gerichtsbarkeit dienen, Gebäuden für Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Bauten des Tourismus, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, Wohngebäuden sowie Gebäuden, die der Religionsausübung gewidmet sind, aufweisen.
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Grabenwarter, Die Prüfung der Standortwidmung bei der Genehmigung von Anlagen für Handelsbetriebe, ÖZW 1998, 110 (113). Zum Begriff der Verkaufsfläche siehe § 77 Abs 6 GewO, wonach als Verkaufsflächen die Flächen aller Räume zu verstehen sind, „die für Kunden allgemein zugänglich sind, ausgenommen Stiegenhäuser, Gänge, Hausflure, Sanitär- und Sozial- und Lagerräume, wobei die Verkaufsflächen in mehreren Bauten zusammenzuzählen sind, wenn die Bauten zueinander in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine funktionale Einheit bilden“. Die weiter gefasste Vorgängerregelung wurde vom VfGH - samt darauf basierender Durchführungsverordnung - aufgehoben; VfSlg 15672/ 1999; siehe dazu etwa Onz, Verpönter Konkurrenzschutz für Handelsbetriebe in Ortszentren - Erkenntnis des VfGH zum gewerberechtlichen Einkaufszentrenrecht, WBl 2000, 97 ff. Nach der vom VfGH aufgehobenen Einkaufszentren-Verordnung (BGBl 1998 II/69) lagen etwa erhebliche Nachteile vor, wenn der prognostizierte Umsatz der Betriebsanlage 5% des einzelhandelsrelevanten Umsatzpotenzials im Einzugsgebiet des Projekts überstieg. Unter Einzugsgebiet war dabei jener örtliche Bereich zu verstehen, der innerhalb von zehn Minuten Fahrzeit mit einem Pkw erreichbar war.
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E. Genehmigungskonzentration Eine Vorschrift zur Verfahrenskonzentration173 wurde mit der GewO-Novelle 1997 in § 356b GewO vorgesehen. Ist zur Errichtung oder zum Betrieb einer Betriebsanlage auch nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften (zB FortsG, ArbeitnehmerschutzG) „zum Schutz vor Auswirkungen der Anlage oder zum Schutz des Erscheinungsbildes“ eine Bewilligung erforderlich, so entfallen diese gemäß § 356b Abs 1 GewO grundsätzlich. Allerdings sind „deren materiellrechtlichen Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen bei Erteilung der Genehmigung anzuwenden“. Dem Verfahren sind Sachverständige für die von den anderen Verwaltungsvorschriften erfassten Gebiete beizuziehen. Die Betriebsanlagengenehmigung gilt auch als Genehmigung in den anderen verwaltungsrechtlichen Gebieten. Zu den „materiellrechtlichen Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen“ zählen die Genehmigungskriterien der anderen Verwaltungsvorschriften, nicht jedoch deren verfahrensrechtliche Regelungen.174 Auch Bestimmungen über die Parteistellung in anderen Verwaltungsvorschriften dürften davon nicht erfasst sein, was gleichheitsrechtlich nicht unbedenklich ist.175
Von der Konzentrationsregelung des § 356b GewO ausgenommen sind zum Teil Bewilligungsverfahren nach dem WasserrechtsG. Hier wurde insoweit eine Konzentrationsregelung getroffen, als der zur Genehmigung der Betriebsanlage zuständigen Behörde gemäß § 356b Abs 1 GewO auch die Durchführung von wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren in erster Instanz nur für bestimmte mit Errichtung und Betrieb der Anlage verbundene Maßnahmen obliegt. Im wasserrechtlichen Verfahren hat die Behörde dann sowohl die materiellrechtlichen als auch die verfahrensrechtlichen Regelungen des WRG anzuwenden. Nach Auffassung des VwGH sind auch Folgeverfahren wie das Verfahren zur Überprüfung der Ausführung von Wasseranlagen von der Konzentrationsregelung erfasst.176 § 356b GewO gilt nur für bundesrechtliche Bewilligungspflichten.177 Für Verfahren nach landesgesetzlichen Vorschriften (zB Baubewilligungen) sieht allerdings § 356b GewO eine Koordinierungspflicht vor. Gemäß § 359b Abs 1 gilt § 356b GewO „sinngemäß“ auch für das vereinfachte Verfahren178. Den Bewilligungskriterien nach den anderen bundesrechtlichen Regelungen ist dabei durch „Aufträge“ Rechnung zu tragen.179 Eine besondere Konzentrationsregelung wurde in § 22 UMG für Unternehmen getroffen, die zumindest eine erste Umweltbetriebsprüfung nach der EMAS-VO II durchgeführt haben.180 Diese können für eine Betriebsanlage einen „konsolidierten Bescheid“ 173 174 175 176 177
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RV 575 BlgNR 20. GP, S 13. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 1214, Rz 7. Dazu näher Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 1214 f, Rz 7. VwGH 18.2.1999, 99/07/0007. Dazu näher Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 1216, Rz 11. Siehe dazu etwa die Aufzählung der einschlägigen bundesgesetzlichen Vorschriften bei Leitl/Mayrhofer, Das Verfahren zur Genehmigung von gewerblichen Betriebsanlagen nach der Verwaltungsreform 2001, ÖGZ 2003, 42 (44). Dazu oben IV.D. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 1216, Rz 9. Siehe dazu auch List, Verwaltungsvereinfachung durch das UMG, in: Kerschner (Hrsg), EMAS-V II und Umweltmanagementgesetz (UMG), 2002, 13 ff.
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beantragen, der sämtliche für die Anlage bereits erteilten bundesrechtlichen Genehmigungen umfasst. Geringfügige Abweichungen von diesen Genehmigungen kann der konsolidierte Bescheid enthalten, wenn die in ihren Rechten Betroffenen zustimmen. Ein Entwurf des konsolidierten Genehmigungsbescheides ist in der jeweiligen Standortgemeinde aufzulegen, was durch Anschlag sowie sonst in geeigneter Form kundzumachen ist. In ihren subjektiven Rechten Betroffene können innerhalb von zwei Wochen als Parteien Einwendungen erheben. Andernfalls verlieren sie ihre Parteistellung und können den „konsolidierten Bescheid“ nicht mehr anfechten.
G. Wirkung der Genehmigung Die Betriebsanlagengenehmigung ist mit dinglicher Wirkung ausgestattet. Gemäß § 80 Abs 5 GewO wird die rechtliche Geltung der Genehmigung durch einen Wechsel des Inhabers nicht berührt.181 Anlagen oder Teile von Anlagen dürfen gemäß § 78 Abs 1 GewO bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet und betrieben werden, wenn dessen Auflagen eingehalten werden. Dies bedeutet, dass eine Betriebsanlage etwa auch dann bereits betrieben werden darf, wenn Nachbarn gegen die Genehmigung Berufung erhoben haben. Allerdings hat die Behörde gemäß § 78 Abs 1 GewO die Inanspruchnahme der Genehmigung im Falle einer Berufung dagegen auszuschließen, „wenn auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalls trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheids eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit zu erwarten ist“. Diese Regelung stellt eine Abweichung von § 64 Abs 2 AVG dar, wonach rechtzeitig eingebrachte Berufungen grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben, was bei Genehmigungsbescheiden bedeutet, dass die darin enthaltene Berechtigung nicht ausgeübt werden darf182. Es ist fraglich, ob diese Abweichung vom AVG im Hinblick auf den Gleichheitssatz und Art 11 Abs 2 B-VG verfassungskonform ist.183 Umstritten ist auch die Frage, ob eine nicht rechtskräftige, aber zur Errichtung und zum Betrieb berechtigende, Genehmigung im Sinne von § 78 GewO gemäß § 364a ABGB („behördlich genehmigte Anlage“) einen Unterlassungsanspruch der Nachbarn ausschließt.184 Da bei Ausübung der Genehmigung gemäß § 78 Abs 1 GewO die Auflagen eingehalten werden müssen, wird die Auffassung vertreten, dass bei Nichteinhaltung der Auflagen das Recht erlischt.185
181 182 183
184 185
Dazu oben IV.B. ZB Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 1998, 1212. Siehe dazu etwa Raschauer, Verfassungswidrige GewO-Novelle 1992, WBl 1993, 179; Steiner, Ausschluß der aufschiebenden Wirkung als Sanktion gegen Rechtsmißbrauch, ecolex 1992, 595; Raschauer, Nochmals: Zum Ausschluß der aufschiebenden Wirkung, ecolex 1992, 815; Aichlreiter, Erwiderung auf Raschauer, WBl 1993, 183; Steiner, Ein drittes mal: Zum Ausschluß der aufschiebenden Wirkung, ecolex 1993, 60; Müller, § 78 GewO - Verfassungswidrige Beseitigung der „Effizienz“ des Rechtsschutzes?, RdU 1998, 69; VfSlg 16460/2002. So Aicher, in: Betriebsanlage, Ergänzungsband, Rz 234. AM zB Müller, (FN 183), 74 f. Vgl Wagner, Die Gewerberechtsnovelle 1997 und deren Folgen für zivile Nachbarrechte, RdU 1997, 174 ff.
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Für Betriebsanlagengenehmigungsbescheide gilt auch im Falle einer Aufhebung durch den VwGH gemäß § 359c eine Sonderregelung. Der Genehmigungswerber darf trotz Aufhebung die betreffende Anlage bis zur Rechtskraft des Ersatzbescheides, längstens jedoch ein Jahr weiter betreiben, wenn er die Anlage entsprechend dem aufgehobenen (und daher rechtswidrigen) Genehmigungsbescheid betreibt. Die Verfassungskonformität dieser Vorschrift ist fraglich.186 Gemäß § 78 Abs 1 GewO endet das Recht zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage mit der Erlassung des Bescheides über die Berufung des Genehmigungsbescheides, spätestens jedoch drei Jahre nach der Zustellung des Genehmigungsbescheides an den Genehmigungswerber. Dies bedeutet, dass die durch § 78 Abs 1 GewO eingeräumte Berechtigung grundsätzlich mit Erlassung des Berufungsbescheides durch den UVS endet. Grundsätzlich endet somit die Berechtigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage, wenn der UVS die Genehmigung in der Berufungsentscheidung versagt. Wird die Genehmigungsentscheidung der ersten Instanz von ihm hingegen bestätigt, so wird der Bescheid rechtskräftig und die Genehmigung kann schon deshalb ausgeübt werden.
Grundsätzlich darf die Anlage nur im Rahmen der erteilten Genehmigung ausgeübt werden. § 78 Abs 2 GewO sieht allerdings vor, dass davon auf Antrag mit Bescheid eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen ist, „wenn außer Zweifel steht, dass die Abweichungen die durch den Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge nicht verringern“. Solche „Änderungen“ der Anlage bedürfen somit keiner Genehmigung gemäß § 81 GewO.
Nach der Judikatur des VwGH dient § 78 Abs 2 GewO aber nicht dazu, eine unbekämpft gebliebene oder erfolglos bekämpfte Auflage nachträglich zu beseitigen oder durch eine andere Vorschreibung zu ersetzen.187 Auch ermächtigt diese Vorschrift nicht zur Vorschreibung zusätzlicher Auflagen.188 Solche können allerdings in Verfahren gemäß § 79 GewO verhängt werden.189 Im Verfahren betreffend die Abstandnahme von Verpflichtungen des Genehmigungsbescheides gemäß § 78 Abs 2 GewO haben allerdings nach § 356 Abs 3 GewO jene Nachbarn Parteistellung, deren Parteistellung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (auf Grund von Einwendungen190) aufrecht geblieben ist.191 Da eine Feststellung im vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs 1 GewO als Genehmigungsbescheid gilt, bezieht sich § 78 Abs 2 GewO wohl auch auf solche Verfahren. Diesfalls haben Nachbarn im Verfahren gemäß § 78 Abs 2 GewO Parteistellung, weil ihnen eine solche grundsätzlich nach der Judikatur von VfGH und VwGH (in beschränktem Umfang) auch im vereinfachten Verfahren zukommt.192
Die Geltung der Betriebsanlagegenehmigung ist gemäß § 80 Abs 1 GewO zeitlich begrenzt. Sie erlischt danach, wenn sie nicht binnen fünf Jahren nach
186 187 188 189
190 191 192
Raschauer, WBl 1993 (FN 183), 179. VwGH 20.10.1999, 98/04/0244. ZB VwGH 28.8.1997, 95/04/0128. Dazu unten VI.A. Ein Bescheid, mit dem eine Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 Abs 1 GewO (dazu unten VI.C.) genehmigt wurde, darf nicht von der Berufungsbehörde gemäß § 78 Abs 2 GewO genehmigt werden; VwGH 11.11.1998, 96/04/0126; 22.3.2000, 98/04/0186. Dazu oben IV.C. Siehe dazu auch VwGH 4.9.2002, 2002/04/0075. Dazu oben IV.D.
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rechtskräftiger193 Erteilung zumindest in einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage genehmigungskonform aufgenommen wird.194 Die Genehmigung erlischt gemäß § 80 Abs 1 GewO aber auch dann, wenn der Betrieb durch mehr als fünf Jahre in einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage unterbrochen wird. Diesfalls hat der Inhaber gemäß § 80 Abs 1 GewO Vorkehrungen zu treffen, um eine Gefährdung, Belästigung oder Beeinträchtigung im Sinne von § 74 Abs 2 GewO zu vermeiden. Der Betriebsinhaber hat die Unterbrechung und die Vorkehrungen innerhalb eines Monats der Behörde anzuzeigen, wenn die Unterbrechung einen wesentlichen Teil der Anlage betrifft und voraussichtlich länger als ein Jahr dauern wird. Gegebenenfalls hat ihm die Behörde dann die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen. Eine besondere Anzeigepflicht ist in § 80 Abs 2 GewO für Betriebsunterbrechungen infolge von „Elementarereignissen oder sonstigen besonderen Umständen“ vorgesehen. Der Betrieb wird nur dann fristgerecht wieder aufgenommen, wenn er auch weiterhin dem im Genehmigungsbescheid genannten Zweck dient.195 Umgekehrt hat der Abbruch von Betriebsgebäuden nicht notwendigerweise zur Folge, dass die Genehmigung erlischt. Sie kann innerhalb der Fünfjahresfrist für die Ausübung einer gleichartigen Betriebsanlage verwendet werden.196 Von der Unterbrechung des Betriebes gemäß § 80 GewO ist die endgültige Auflassung der Betriebsanlage gemäß § 83 GewO197 zu unterscheiden. Maßgeblich ist dabei, worauf der Wille des Anlageninhabers gerichtet ist.198
Gemäß § 80 Abs 3 und 4 GewO hat die Behörde die Frist zur Inbetriebnahme (eines noch nicht aufgenommenen oder unterbrochenen Betriebes) auf Antrag zu verlängern, wenn es Art und Umfang des Vorhabens erfordern oder die Fertigstellung des Vorhabens auf unvorhergesehene Schwierigkeiten stößt. Der Antrag muss vor Ablauf der Frist gestellt werden. Insgesamt darf die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage aber sieben Jahre nicht überschreiten.
VI. Die genehmigte Betriebsanlage A. Vorschreibung, Änderung und Aufhebung von Auflagen Zwar wird auch ein Genehmigungsbescheid einer Betriebsanlage rechtskräftig und damit grundsätzlich unabänderbar. Doch sieht § 79 davon eine wesentliche Einschränkung für den Fall vor, dass nach Genehmigung der Anlage die gemäß § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden (und die Genehmigungspflicht begründenden199) Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind. Diesfalls hat die zur Genehmigung zuständige Behörde gemäß § 79 GewO die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen Wissenschaften zur Errei193 194
195 196 197 198 199
Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 642, Rz 3. Damit soll verhindert werden, dass eine Genehmigung deshalb angestrebt wird, weil sie später nur unter erschwerten Bedingungen erreicht werden könnte; Kinscher/ Paliege-Barfuß, GewO, § 80, Rz 1. VwGH 21.12.1993, 93/04/0103. VwGH 18.10.1994, 94/04/0087. Dazu unten VI.E. VwGH 28.6.1994, 94/04/0043. Dazu oben III.B.
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chung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben. Gemäß § 79 Abs 1 GewO haben die Auflagen gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen. Außerdem hat die Behörde nach dieser Vorschrift festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre betragenden Frist eingehalten werden müssen. Voraussetzung dafür ist der Nachweis durch den Inhaber der Betriebsanlage, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb der Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken im Hinblick auf die Schutzinteressen des § 74 Abs 2 GewO bestehen. Der Umstand allein, dass die Anlage nicht im Einklang mit der Genehmigung betrieben wird, rechtfertigt nicht die Vorschreibung nachträglicher Auflagen.200
Die Behörde hat solche „nachträglichen Auflagen“ gemäß § 79 Abs 1 GewO jedoch nicht vorschrieben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den angestrebten Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Nach der zutreffenden Judikatur des VwGH ist allerdings davon auszugehen, dass Auflagen zum Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung „niemals außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen“201. Allerdings dürfen auch in diesem Fall dem Betriebsinhaber keine strengeren Maßnahmen vorgeschrieben werden, als zur Vermeidung der Gesundheitsgefährdung notwendig ist.202
Zum gänzlichen Absehen von der Verhängung nachträglicher Auflagen auf Grund einer Verhältnismäßigkeitsprüfung kann es allerdings bei Beeinträchtigungen anderer Schutzinteressen des § 74 Abs 2 GewO (zB Belästigungen der Nachbarn203) kommen. Unter Verhältnismäßigkeit ist dabei nach der Judikatur des VwGH die Relation zwischen dem mit der Erfüllung der Auflagen verbundenen Aufwand einerseits und dem damit gewonnenen Ausmaß an Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen andererseits zu verstehen.204 Eine Einschränkung sieht § 79 Abs 2 GewO in Bezug auf nachträgliche Auflagen zugunsten von Nachbarn (im Sinne von § 75 GewO) vor, die sich erst nach Genehmigung der Anlage angesiedelt haben. Dieser Personenkreis ist etwas weniger schutzbedürftig, weil er bereits bei der Ansiedlung mit entsprechenden Immissionen rechnen musste. Daher sind zugunsten solcher Nachbarn gemäß § 79 Abs 2 GewO nachträgliche Auflagen nur soweit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit notwendig sind. Ansonsten sind zugunsten später hinzugezogener 200 201 202 203 204
VwGH 28.10.1997, 97/04/0084. ZB VwGH 3.3.1999, 98/04/0164. ZB VwGH 15.9.1999, 97/04/0074. Siehe oben III.B. VwGH 27.1.1999, 98/04/0176.
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Nachbarn nachträgliche Auflagen nur zur Vermeidung einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung durch Luftschadstoffe, Lärm oder gefährliche Abfälle vorschreiben. Außerdem müssen solche Auflagen (vor allem im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand) verhältnismäßig sein. Das Verfahren zur Verhängung nachträglicher Auflagen ist gemäß § 79a Abs 1 GewO (durch die Genehmigungsbehörde) von Amts wegen, auf Antrag des BMLFUW oder auf Antrag eines Nachbarn einzuleiten. Der Nachbar muss gemäß § 79a Abs 3 GewO in seinem Antrag allerdings zum einen glaubhaft machen, dass er vor den Auswirkungen der Anlage nicht hinreichend geschützt ist. Zum anderen hat er im Antrag glaubhaft zu machen, dass er bereits im Zeitpunkt der Genehmigung Nachbar gewesen ist. Später hinzugezogene Nachbarn sind somit generell nicht antragsberechtigt. Die sonstigen Nachbarn haben in diesem Verfahren gemäß § 356 Abs 3 GewO Parteistellung, wenn ihre Parteistellung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (zB wegen Erhebung von Einwendungen205) aufrecht geblieben ist. Wurde dieses als vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b durchgeführt, dann kommt den Nachbarn auch im Verfahren zur Erteilung nachträglicher Auflagen Parteistellung zu, weil sie nach der Judikatur von VfGH und VwGH eine solche (in beschränktem Umfang) auch im vereinfachten Verfahren haben.206 Nur von Amts wegen hat die Behörde gemäß § 79b GewO Auflagen vorzuschreiben, wenn trotz Vorschreibung eines „Abfallwirtschaftskonzepts“ Abfälle nicht entsprechend verwertet und vermieden werden.
Gemäß § 79c GewO sind die (im Genehmigungsbescheid oder nachträglich) vorgeschriebenen Auflagen auf Antrag des Betriebsinhabers207 aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.
Bei dieser Vorschrift handelt es sich nach der zutreffenden Judikatur des VwGH um keine Durchbrechung der Rechtskraft. Vielmehr ist dadurch nachträglichen Änderungen des Sachverhaltes in Form des Wegfalles jener Tatsachen Rechnung zu tragen, die nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides die Voraussetzung für die Vorschreibung der Auflage gebildet haben.208 § 79c GewO kommt daher nicht zum Tragen, wenn die Voraussetzungen für die Vorschreibung von Auflagen schon ursprünglich nicht gegeben waren.209
B. Sanierungskonzept Könnte nach Genehmigung der Anlage der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen nur durch solche nachträgliche Auflagen erreicht werden, die eine Veränderung der Betriebsanlage in ihrem Wesen bedeuten würde, dann hat die Genehmigungsbehörde gemäß § 79 Abs 3 GewO dem Inhaber der Anlage mit Bescheid die Erstellung eines Sanierungskonzeptes innerhalb angemessenere Frist aufzutragen. Darin sind Maßnahmen zur Erreichung eines hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der 205 206 207 208 209
Siehe oben IV.C. Dazu oben IV.D. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 638, Rz 1. ZB VwGH 8.11.2000, 2000/04/0154. ZB VwGH 2.2.2000, 99/04/0212.
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Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand) vorzusehen. Dieses Sanierungskonzept ist, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, mit Bescheid zu genehmigen, wobei eine angemessene Frist für die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen vorzusehen ist. Voraussetzung für ein Sanierungskonzept ist es also, dass Auflagen die Anlage „in ihrem Wesen“ ändern würden. Das ist nach der Judikatur des VwGH der Fall, „wenn die Auflage in die Substanz des verliehenen Rechtes - in die Summe der im Rahmen der Gewerbeberechtigung zu verrichtenden Tätigkeiten - eingreift“210. Umstritten ist, ob die Behörde bei der Genehmigung an die im Sanierungskonzept vorgeschlagenen Maßnahmen gebunden ist211 oder auch andere Sanierungsmaßnahmen in den Genehmigungsbescheid aufnehmen kann212. Das Verfahren zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes ist von Amts wegen einzuleiten. Gemäß § 356 Abs 3 GewO haben im Verfahren zur Genehmigung der Sanierung ebenfalls jene Nachbarn Parteistellung, deren Parteistellung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren aufrecht geblieben ist.213 Diese Nachbarn können auch gegen den Genehmigungsbescheid Berufung erheben.214 Bei Vorschreibung der Vorlage eines Sanierungskonzeptes haben Nachbarn hingegen keine Parteistellung.215 Eine besondere Regelung für ein Sanierungskonzept trifft § 79 Abs 4 GewO für Anlagen, die in einem Sanierungsgebiet nach einer Verordnung gemäß § 10 ImmissionsschutzG-Luft betrieben werden.
C. Änderung der Betriebsanlage Eine Genehmigungspflicht für die Änderung von gewerblichen Betriebsanlagen ist in § 81 GewO vorgesehen. Eine solche Genehmigung ist auf Antrag zu erteilen und in ihrem Umfang an diesen gebunden.216 Nicht jede Änderung einer Betriebsanlage bedarf aber bereits einer Genehmigung. Eine Genehmigungspflicht ist gemäß § 81 Abs 1 GewO vielmehr erst dann gegeben, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 GewO umschriebenen Interessen217 erforderlich ist. Die Genehmigungspflicht besteht bereits im Falle der bloßen Möglichkeit („grundsätzliche Eignung“218) der Beeinträchtigung der Schutzinteressen des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens.219 Dies kann sich bereits aus „dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut“220 ergeben. Gegenstand des Verfahrens ist dabei grundsätzlich nur die Änderung und nicht die geänderte Betriebsanlage insgesamt. Ist hingegen die Änderung der Anlage dergestalt, 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220
VwGH 21.12.2004, 2003/04/0094. Siehe auch VwGH 15.10.2003, 2000/04/0193. So Berka, Das neue Betriebsanlagenrecht - Materiellrechtliche Bestimmungen, in: Korinek (Hrsg), Gewerberecht, 257 (262). So Stolzlechner, in: Betriebsanlage, Ergänzungsband,138, Rz 292a. Siehe oben VI.A. VwGH 17.4.1998, 96/04/0269. Fischer/Trojer, Gewerbeordnung, 149. ZB VwGH 11.11.1998, 96/04/0126. Siehe oben III.B. VwGH 8.11.2000, 2000/04/0157. ZB VwGH 24.4.1990, 89/04/0194; 15.9.1999, 99/04/0025. VwGH 25.2.2004, 2002/04/0013.
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dass damit auch durch die bestehende Anlage neue oder größere Immissionen ausgelöst werden, dann hat gemäß § 81 Abs 1 GewO die Genehmigung der Änderung insoweit auch die bereits genehmigte Anlage zu umfassen.221 Die Genehmigungsvoraussetzungen für die Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage sind dann keine anderen, als jene, die § 77 GewO für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage normiert.222 Allerdings dient das Verfahren nach § 81 GewO nicht der inhaltlichen Überprüfung einer nach § 77 GewO erteilten Genehmigung.223 Im Rahmen eines Verfahrens nach § 81 GewO kann daher auch die Änderung einer in einem früheren Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflage „mit einem allein auf dieses Ziel gerichteten Antrag“ nicht erreicht werden. Anderes gilt jedoch, wenn gleichzeitig eine Änderung der Anlage „jenen Teil der bereits genehmigten Anlage betrifft, auf den sich die in Rede stehende Auflage bezieht“224.
Eine Genehmigungspflicht ist allerdings in bestimmten Fällen nicht gegeben, die in § 81 Abs 2 GewO aufgezählt sind. Dazu gehört gemäß § 81 Abs 2 Z 5 GewO etwa der Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen.225
Eine Genehmigungspflicht ist gemäß § 81 Abs 2 Z 1 GewO auch bei bescheidmäßig zugelassenen Änderungen auf Grund von § 78 Abs 2 GewO (Abstandnahme von Verpflichtungen aus dem Genehmigungsbescheid226) nicht gegeben. Umgekehrt überschreitet aber eine Berufungsbehörde ihre Entscheidungsbefugnis, wenn sie in Abänderung eines gemäß § 81 Abs 1 GewO ergangenen Genehmigungsbescheides eine Genehmigung gemäß § 78 Abs 2 GewO erteilt.227 Auch eine nach § 79 Abs 3 GewO mit Bescheid genehmigte Sanierung228 bedarf keiner eigenen Genehmigung gemäß § 81 Abs 1 GewO mehr.229
Die Genehmigung der Betriebsanlage ist grundsätzlich im Rahmen eines ordentlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens230 zu erteilen. Gewisse Änderungen können aber auch im vereinfachten Verfahren231 genehmigt werden. Das ist gemäß § 359b Abs 8 GewO etwa232 dann der Fall, wenn die genehmigungspflichtig geänderte Betriebsanlage die Voraussetzungen für die Anwendung eines vereinfachten Verfahrens erfüllt. Der Maßstab der Zumutbarkeit ist im Fall einer Änderung der Anlage für die nach der (vorangegangenen) Genehmigung neu hinzugekommenen Nachbarn nicht höher als bei der erstmaligen Genehmigung der Anlage.233 221 222 223 224 225
226 227 228 229 230 231 232 233
ZB VwGH 27.2.1991, 90/04/0199; 15.9.1999, 99/04/0025. VwGH 22.3.2000, 98/04/0019. ZB VwGH 26.5.1998, 98/04/0028; 27.9.2000, 98/04/0093. VwGH 11.10.1999, 99/04/0121. Diesfalls besteht jedoch gemäß § 81 Abs 3 GewO eine Anzeigepflicht, wobei den Nachbarn im Anzeigeverfahren keine Parteistellung zusteht; VwGH 3.9.1996, 96/04/0042. Siehe oben V.G. ZB VwGH 22.3.2000, 98/04/0186. Siehe oben VI.B. Vgl RV 575 BlgNR 20. GP, S 11. Siehe oben IV.C. Siehe oben IV.D. Siehe weiters § 359b Abs 5 GewO. VwGH 6.4.2005, 2000/04/0067.
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Besondere Regelungen gelten gemäß § 81a GewO für die Änderung einer in der Anlage 3 zur GewO angeführten Anlage (IPPC-Anlagen). Wesentliche Änderungen solcher Anlagen bedürfen einer Genehmigung gemäß § 77a GewO. Änderungen des Betriebs der Anlage, sind der Behörde anzuzeigen. Die Änderung der Anlagen von Unternehmen, die am Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung nach der EMASVO II teilnehmen, bedürfen gemäß § 21 UMG unter bestimmten Voraussetzungen (zB Vorlage einer Erklärung eines zugelassenen Umweltgutachters) keiner Genehmigung nach der GewO. Diesfalls ist die Änderung anzuzeigen und von der Behörde bescheidmäßig zur Kenntnis zu nehmen.
D. Pflichten des Betriebsinhabers Der Inhaber einer Betriebsanlage hat diese gemäß § 82b Abs 1 GewO regelmäßig wiederkehrend zu prüfen, ob sie dem Genehmigungsbescheid und den sonst für die Anlage geltenden gewerberechtlichen Vorschriften entspricht. Die Fristen für die wiederkehrenden Prüfungen betragen grundsätzlich fünf Jahre, für die unter § 359b fallenden (im „vereinfachten Verfahren“ genehmigten) Anlagen sechs Jahre. Zur Durchführung der wiederkehrenden Prüfungen sind vom Inhaber bestimmte in § 82b Abs 2 GewO genannte Stellen (staatliche Einrichtungen, Ziviltechniker oder Gewerbetreibende im Rahmen ihrer Befugnis) heranzuziehen. Solche Prüfungen dürfen aber auch vom Betriebsinhaber selbst, sofern er geeignet und fachkundig ist, und von sonstigen fachkundigen und geeigneten Betriebsangehörigen durchgeführt werden.234 Über jede wiederkehrende Prüfung ist gemäß § 82b Abs 3 GewO eine Prüfbescheinigung auszustellen.
Der Inhaber einer in der Anlage 3 zur GewO angeführten Betriebsanlage („IPPC-Anlage“) hat gemäß § 81b GewO überdies235 innerhalb einer Frist von zehn Jahren zu prüfen, ob sich der seine Betriebsanlage betreffende Stand der Technik wesentlich geändert hat und unverzüglich die erforderlichen wirtschaftlich (kostenmäßig) verhältnismäßigen Anpassungsmaßnahmen zu treffen. Die Behörde hat solche Maßnahmen gegebenenfalls selbst mit Bescheid anzuordnen. Solche Anpassungsmaßnahmen ersetzen allerdings nicht die für Änderungen solcher Anlagen gemäß § 81a GewO236 erforderlichen Genehmigungen oder Anzeigen.237
Besondere zusätzliche238 Pflichten treffen (in Umsetzung der Seveso IIRichtlinie und der Helsinki-Konvention239) gemäß den §§ 84a GewO die Inhaber von gewerblichen Betriebsanlagen, in denen in der Anlage 5 zur GewO genannte gefährliche Stoffe (zB Brom, Chlor, Fluor) in der dort angegebenen Menge vorhanden sind. Sie haben grundsätzlich alle nach dem Stand der Tech234 235
236 237 238 239
Zur „Fachkundigkeit“ und „Eignung“ siehe § 82b Abs 2 GewO letzter Satz. Auf Grund des Schutzzweckes der einschlägigen Bestimmungen der GewO ist kaum anzunehmen, dass Inhaber von IPPC-Anlagen von den Verpflichtungen des § 82b GewO befreit sind. Dazu oben VI.C. AB 212 BlgNR 21. GP, S 6. Siehe § 84a Abs 3 GewO. AB 212 BlgNR 21. GP, S 6.
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nik notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um schwere Unfälle zu verhüten und deren Folgen für Mensch und Umwelt zu begrenzen. Außerdem haben solche Betriebsinhaber spezielle Pflichten (Mitteilungs- und Berichtspflichten, Verpflichtung zur Erstellung von Sicherheitskonzepten, Sicherheitsberichten, Notfallplänen) zu erfüllen, die im Einzelnen in § 84c GewO geregelt sind. Im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ist außerdem gemäß § 84d GewO eine zentrale Meldestelle für schwere Unfälle eingerichtet, der von den Gewerbebehörden die erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen sind. Eine im Bundesministerium für Inneres eingerichtete Bundeswarnzentrale unterrichtet gemäß § 84e GewO andere EU-Mitgliedstaaten oder Helsinki-Vertragsstaaten über schwere Unfälle.
E. Auflassung von Betriebsanlagen Beabsichtigt der Inhaber einer Betriebsanlage, diese aufzulassen, dann hat er gemäß § 83 Abs 1 GewO grundsätzlich bestimmte „notwendige“ Vorkehrungen zu treffen. Diese dienen der Vermeidung von Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 GewO240 durch die aufgelassene oder in Auflassung begriffene Anlage. Anlässlich der Auflassung hat der Anlageninhaber den Beginn der Auflassung und die Vorkehrungen gemäß § 83 Abs 2 GewO der Genehmigungsbehörde anzuzeigen. Reichen die vom Anlageninhaber angezeigten Vorkehrungen nicht aus (oder wurden gar keine Vorkehrungen getroffen), dann hat die Behörde gemäß § 83 Abs 3 GewO die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen. Normadressat der Vorkehrungen ist der „auflassende Inhaber“241 der Anlage. Durch einen Wechsel in der Person des auflassenden Anlageninhabers wird gemäß § 83 Abs 4 GewO die Wirksamkeit des bescheidmäßigen Auftrages nicht berührt. Die Verpflichtungen gehen damit auf den neuen auflassenden Inhaber über („dingliche Wirkung“ des Bescheides)242.
Hat der auflassende Anlageninhaber die angezeigten bzw aufgetragenen Vorkehrungen getroffen, dann hat er dies der Genehmigungsbehörde gemäß § 83 Abs 5 GewO anzuzeigen. Die Behörde hat daraufhin zu prüfen, ob die getroffenen Vorkehrungen den Schutz der im § 74 Abs 2 GewO umschriebenen Interessen gewährleisten. Ist dies nicht der Fall, dann hat die Behörde dem auflassenden Inhaber weitere Vorkehrungen vorzuschreiben.243 Sind die Vorkehrungen hingegen ausreichend, dann hat dies die Behörde gemäß § 83 Abs 6 GewO mit Bescheid festzustellen. Mit Eintritt der Rechtskraft dieses Feststellungsbescheides ist die Auflassung beendet und im Falle der gänzlichen Auflassung die Anlagengenehmigung erloschen.
Solange eine solche Feststellung nicht getroffen wurde, kann die Behörde somit dem jeweiligen Inhaber der Anlage Vorkehrungen auftragen.244
240 241 242
243 244
Siehe oben III.B. Dazu VwGH 21.12.2004, 2000/04/0118. So wohl auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 688, Rz 15. Siehe weiters RV 575 BlgNR 20. GP, S 12 und VwGH 3.3.1999, 98/04/0202. Siehe auch - allerdings zur Rechtslage vor der GewO-Novelle 1997 - etwa VwGH 27.9.2000, 99/04/0209. Siehe § 83 Abs 6 GewO erster Satz. RV 575 BlgNR 20. GP, S 12.
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Gemäß § 83 Abs 6 GewO ist ein solcher Feststellungsbescheid außer in begründeten Ausnahmefällen innerhalb von drei Monaten nach Erstattung der Anzeige gemäß § 83 Abs 2 GewO bzw dem Auftrag gemäß § 83 Abs 3 GewO über die vorzunehmenden Vorkehrungen zu erlassen. Damit soll offenbar auch Druck auf den Anlageninhaber ausgeübt werden, die Vorkehrungen möglichst schnell zu treffen. Ein später erlassener Bescheid ist zwar rechtswidrig, aber dennoch rechtswirksam. Da es sich um eine amtswegige Bescheiderlassung handelt, kommt außerdem ein Devolutionsantrag hier nicht in Betracht.245
VII. Rechtsverletzungen A. Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen Besteht der Verdacht, dass eine Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder geändert wird, dann hat gemäß § 360 Abs 1 GewO die Bezirksverwaltungsbehörde (unabhängig von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens) den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb angemessener246 Frist aufzufordern. Eine solche Aufforderung hat grundsätzlich auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht der Nichteinhaltung von in Genehmigungsbescheiden enthaltenen Auflagen oder Aufträge besteht.247 Kommt der Anlageninhaber der Aufforderung nicht fristgerecht nach, dann hat die Behörde mit Bescheid die jeweils notwendigen Maßnahmen wie die Stillegung von Maschinen oder die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes zu verfügen. Solche Bescheide sind gemäß § 360 Abs 5 GewO sofort vollstreckbar. Sie treten allerdings (sofern sie nicht kürzer befristet sind) mit Ablauf eines Jahres ab Vollstreckbarkeit außer Kraft und gelten unabhängig von einem allfälligen Inhaberwechsel („dingliche Wirkung“). Auch sie sind gemäß § 359a GewO vor dem UVS zu bekämpfen.248 Aus der kurzfristigen Realisierbarkeit und dem temporären Charakter ergibt sich die Abgrenzung dieser Maßnahmen von nachträglichen Auflagen gemäß § 79 GewO.249 Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung des Bescheides nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass die einschlägigen Vorschriften künftig eingehalten werden, dann sind diese Maßnahmen gemäß § 360 Abs 6 GewO auf Antrag zu widerrufen.
Gehen von einer nicht genehmigte Betriebsanlage unzumutbare Belästigungen aus, dann kann die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 360 Abs 4 GewO auch ohne vorangehende Verfahrensanordnung einen solchen Bescheid erlassen. Ebenso kann die Behörde nach dieser Bestimmung ganz allgemein (also etwa auch bei genehmigten Anlagen250) vorgehen, um Gefahren für Leben und 245 246 247
248 249 250
Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 690, Rz 19. Dazu zB VwGH 13.12.2000, 2000/04/0189. Davon ist gemäß § 360 Abs 1 GewO nur abzusehen, wenn ein Verfahren zur Abstandnahme von den Verpflichtungen des Genehmigungsbescheides gemäß § 78 Abs 2 GewO, auf Abänderung oder Aufhebung von Auflagen gemäß § 79c GewO oder betreffend Abweichungen der Anlage von einer Verordnung gemäß § 82 Abs 2 GewO eingeleitet wurde. ZB VwGH 2.6.2004, 2004/04/0046. VwGH 8.11.2000, 2000/04/0156. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, 1285, Rz 41.
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Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren. Auch kann die Behörde nach dieser Vorschrift Sofortmaßnahmen (zB Betriebsschließung) setzen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass diese zur Gefahrenabwehr erforderlich sind. Sie hat darüber jedoch innerhalb eines Monats einen Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt.251
B. Betretungsrecht Zur Sicherstellung auch der Einhaltung der Vorschriften des gewerblichen Betriebsanlagenrechts räumt § 338 GewO den zuständigen Behörden sowie den von ihnen herangezogenen Sachverständigen das Recht ein, Betriebe sowie deren Lagerräume während der Betriebszeiten zu betreten und zu besichtigen und Kontrollen des Lagerbestandes vorzunehmen sowie Proben zu entnehmen. Die Organe haben bei den Amtshandlungen allerdings darauf Bedacht zu nehmen, dass jede nicht unbedingt erforderliche Störung oder Behinderung des Betriebes vermieden wird.252
C. Verwaltungstrafen Die Verletzung der Rechtsvorschriften des gewerblichen Betriebsanlagenrechts ist in den §§ 366 ff GewO mit Verwaltungsstrafen in unterschiedlicher Höhe sanktioniert. So ist das Errichten, Betreiben oder Ändern einer Betriebsanlage ohne erforderliche Genehmigung gemäß § 366 Abs 1 Z 2 und 3 GewO mit Verwaltungstrafe bis zu EUR 3.600,- bedroht. Die Nichteinhaltung von Auflagen oder Aufträgen kann gemäß § 367 Z 25 GewO mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu EUR 2.180,- geahndet werden.
VIII. Gewerbliches Betriebsanlagenrecht und Raumordnung Es wurde bereits dargelegt, dass die zur Genehmigung der Betriebsanlagenbehörde zuständige Behörde bei Beurteilung der „Zumutbarkeit“ von Belästigungen die örtlichen raumordnungsrechtlichen Widmungen mitzuberücksichtigen hat.253 Bei Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für Einkaufszentren ist auch zu prüfen, ob der Standort für eine derartige Anlage raumordnungsrechtlich gewidmet ist.254 Im Übrigen ist das Raumordnungsrecht für Betriebsanlagen vor allem deshalb von Bedeutung, weil gewerbliche Betriebsanlagen außer einer Genehmigung nach der GewO auch eine Baubewilligung auf Grund der Bauordnungen der Länder benötigen.255 Eine solche darf nach diesen Bauordnungen grundsätzlich nur dann erteilt werden, wenn der Standort nach den Raumordnungsgesetzen der Länder256 eine in einem Flächenwidmungsplan257
251 252 253 254 255 256
Siehe dazu näher unter Gewerberecht, Kapitel VII.A. Siehe dazu näher unter Gewerberecht, Kapitel VII.B. Siehe oben V.B. Siehe oben V.D. Dazu zB VfSlg 2977/1956. Dazu zB VfSlg 2674/1954.
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für die Errichtung und den Betrieb der Betriebsanlage entsprechende Widmung enthält. Sieht man von den in den Raumordnungsgesetzen für Einkaufszentren vorgesehenen Sonderwidmungen einmal ab258, dann kommen für gewerbliche Betriebsanlagen vor allem die Widmungen „Betriebsgebiete“, „Gewerbegebiete“, „Industriegebiete“ in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH hat die Baubehörde bei Beurteilung der Zulässigkeit eines Betriebes im Hinblick auf eine bestimmte Widmung nicht - wie die Gewerbebehörde - auf den konkreten Betrieb, sondern auf den Betriebstypus abzustellen.259 Daher ist auch in Bezug auf Immissionen von einem sich an der für das zu bebauende Grundstück im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmungskategorie orientierenden Durchschnittsmaßstab auszugehen.260 Dabei ist nach Art der in solchen Betrieben üblicherweise und nach dem jeweiligen Stand verwendeten Anlagen und einschließlich der zum Schutze vor Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen, sowie nach Art der dort entsprechend diesen Maßnahmen herkömmlicherweise entfalteten Tätigkeit das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Emissionen maßgebend.261
Gerade in Bezug auf die Ansiedlung von Betriebsanlagen sind bei der Festlegung von Widmungen einige Vorgaben in den raumordnungsrechtlichen Vorschriften zu beachten, die nach der Judikatur des VfGH im Lichte des sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden „Sachlichkeitsgebotes“262 auszulegen sind. Daraus ergeben sich nach der Rechtsprechung des VfGH etwa Konsequenzen für die Durchmischung von Flächenwidmungen.263 Demnach ist es etwa unzulässig, in ein „Wohngebiet“ zahlreiche „Inseln“ mit der Widmung „Gewerbegebiet“ einzubetten.264 Durch eine Reihe von Erkenntnissen sicherte der VfGH bestehenden Betrieben Schutz vor heranrückenden Wohnbauten. So könne für einzelne, in einem ansonsten als Wohngebiet gewidmeten Gebiet gelegene, unbebaute „Enklaven“ die Wohngebietswidmung rechtswidrig sein, wenn dadurch zusätzliche Beeinträchtigungen im Wege „heranrückender Wohnbauten“ für bestehende Betriebe provoziert werden.265 Vor allem aber ist in dieser Hinsicht das in den Raumordnungsgesetzen der Länder durchwegs enthaltene Verbot der gegenseitigen Beeinträchtigung von Widmungen von Bedeutung. So ist es nach mehreren Erkenntnissen des VfGH mit diesem Verbot nicht zu vereinbaren, dass in unmittelbarer Nähe von betrieblich genutzten Arealen Grundstücke als „Wohngebiete“ gewidmet werden und dadurch die benachbar-
257
258 259 260 261 262 263 264 265
Zur (nunmehr einheitlichen) Qualifikation von Flächenwidmungsplänen als Verordnung in der Judikatur von VfGH und VwGH siehe zB Potacs, Rechtliche Probleme der Plankontrolle in Österreich, in: Ress (Gesamtredaktion), Entwicklungstendenzen im Verwaltungsverfahrensrecht und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1990, 209 ff. Dazu zB VSlg 11626/1988. Siehe dazu etwa Berka (FN 143), 40. ZB VwGH 13.4.1989, 87/06/0003, 0004. ZB VwGH 21.5.1992, 91/06/0143; 22.11.2005, 2003/05/0156. ZB VfSlg 13782/1994. Dazu eingehend Jann/Oberndorfer, Die Normenkontrolle des Verfassungsgerichtshofes im Bereich der Raumplanung,1995, 90 ff. ZB VfSlg 13180/1992. ZB VfSlg 15037/1997.
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ten Betriebe mit der Vorschreibung von (nachträglichen) Auflagen nach § 79 GewO zur Vermeidung von Immissionen zu rechnen haben.266 Aber auch einmal festgelegte Widmungen gewährleisten (freilich in unterschiedlichem Ausmaß) einen Schutz vor von Betriebsanlagen verursachten Immissionen, auf dessen Einhaltung die Anrainer ein subjektives Recht haben.267 Zu betonen ist allerdings, dass nach der (nicht unbedenklichen268) Rechtsprechung des VfGH der durch eine Widmung gewährleistete Immissionsschutz nicht nur vor emittierenden Anlagen bewahrt. Vielmehr würden es solche Widmungen (zB „Wohngebiet“) auch untersagen, dort Bauwerke neu zu errichten, die bereits bestehenden Emissionen ausgesetzt wären. Der Inhaber einer benachbarten Betriebsanlage hat demnach auch ein subjektives Recht auf die Nichterrichtung einer Wohnhausanlage in einem benachbarten „Wohngebiet“, weil er im Falle der Errichtung einer solchen Wohnhausanlage mit (nachträglichen) Auflagen gemäß § 79 GewO zu rechnen hat. Somit besteht nicht nur ein Schutz von Anrainern vor dem Verursacher von Emissionen, auch der Verursacher selbst wird vor zu erwartenden Belastungen durch Wohnsiedlungen geschützt. Dies gilt nach Auffassung des VfGH auch dann, wenn der übliche Wortsinn der einschlägigen Rechtsvorschriften einem solchen Ergebnis entgegensteht, weil danach auf Schutz vor durch die Anlage verursachten Emissionen abzustellen ist. Denn die betreffenden Rechtsvorschriften brächten einen „allgemeinen Grundsatz“ zum Ausdruck, der insbesondere die Qualität der Wohnverhältnisse sicherstellen wolle. Eine „strikt am Wortlaut haftende Auslegung“ würde diesen Gesetzeszweck verfehlen.269 Auch mit dieser Judikatur sichert der VfGH bestehenden Betriebsanlagen ein subjektives Recht gegen „heranrückende Wohnbauten“. Der VwGH ist dem VfGH bei der zuletzt erwähnten Rechtsprechung allerdings nicht gefolgt. Ein Betriebsinhaber ist demnach zur Erhebung von Einwendungen gegen „heranrückende Wohnbauten“ nur dann berechtigt, wenn dies gesetzlich klar vorgesehen ist.270 266 267
268
269 270
VfSlg 10703/1985; 12231/1989; 12582/1990. ZB Potacs, Betriebsansiedlung und Raumordnung, in: Rebhahn (Hrsg), Kärntner Raumordnungs- und Grundverkehrsrecht,1996, 49 (63 ff). Zur Einräumung von subjektiven Rechten (und einer damit verbundenen Parteistellung) auf Einhaltung des sich aus einer Flächenwidmung ergebenden Immissionsschutzes ist der Gesetzgeber nach Auffassung des VfGH auf Grund des Gleichheitssatzes verfassungsrechtlich verpflichtet; VfSlg 15417/1999. Vgl auch VfSlg 15581/1999. Kritisch Wolfgang Hauer, Kann sich der Inhaber eines immissionsträchtigen Betriebs im Baubewilligungsverfahren gegen eine heranrückende Wohnbevölkerung wehren?, ÖJZ 1995, 361 (366 f, 374 f); Andreas Hauer, Rechtsfragen der „heranrückenden Wohnbauten“, RdU 1995, 116 (119 ff). AA Moritz, Entscheidungsbesprechung, ÖZW 1991, 122 (124 ff); Schmelz, Entscheidungsanmerkung, ecolex 1994, 63. VfSlg 12468/1990. Siehe weiters VfSlg 13210/1992; 15188/1998; 15475/ 1999; VfSlg 15691/1999; VfGH 28.9.1999, B 1821/97; VfSlg 17143/2004. Siehe zB VwGH 28.6.2005, 2003/05/0017, und demgegenüber VwGH 7.9.1993, 93/05/0073; 15.12.1998, 97/05/0215; 27.4.1999, 99/05/0058. Siehe dazu auch Schwarzer, Abwehr- und Ersatzansprüche des Betriebsinhabers bei heranrückenden Wohnbauten, ÖZW 1999, 13 (14 ff).
Verena Madner
Umweltverträglichkeitsprüfung Rechtsgrundlagen ...........................................................................................838 Grundlegende Literatur...................................................................................838 I. Grundlagen ................................................................................................839 A. Allgemeines............................................................................................839 1. Ziele und Regelungsanliegen des UVP-Gesetzes..............................839 2. Einführung der UVP in Österreich....................................................840 3. UVP-G-Novellen...............................................................................841 4. Praxis der UVP in Österreich ............................................................842 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................843 1. Innerstaatliche Regelungszuständigkeit ............................................843 2. Rechtsetzungskompetenz der Gemeinschaft .....................................845 C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen..................846 1. Völkerrechtliche Grundlagen ............................................................846 2. Die wesentlichen Regelungsanliegen der UVP-Richtlinie................846 3. UVP-Änderungsrichtlinien................................................................847 4. EuGH-Rechtsprechung......................................................................848 5. Zur Umsetzung der UVP-RL im Überblick ......................................851 II. Die UVP im konzentrierten Genehmigungsverfahren .........................854 A. UVP-Pflicht: Wirkung und Voraussetzungen ........................................854 1. Genehmigungspflicht, Konzentration und Sperrwirkung..................854 2. UVP-pflichtige Vorhaben .................................................................856 3. Feststellungsbescheid über die UVP-Pflicht .....................................863 B. Genehmigungsverfahren einschließlich UVP ieS ..................................865 1. Anzuwendende Rechtsvorschriften...................................................865 2. Vorverfahren .....................................................................................866 3. Genehmigungsantrag und Umweltverträglichkeitserklärung............866 4. Öffentliche Auflage und Kundmachung des Vorhabens...................868 5. Umweltverträglichkeitsgutachten bzw zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen ..............................................869 6. Mündliche Verhandlung....................................................................871 7. Verfahrensgliederung ........................................................................872 8. Behördenzuständigkeit ......................................................................874 C. Genehmigungsvoraussetzungen ............................................................876 1. Genehmigungsvoraussetzungen der „betroffenen Verwaltungsvorschriften“.................................................................876 2. UVP-G - spezifische Genehmigungsvoraussetzungen......................877 3. Erteilung der Genehmigung - Nebenbestimmungen .........................878 D. Parteistellung, Öffentlichkeitsbeteiligung .............................................879 1. Kreis der Parteien ..............................................................................879
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Madner
2. Erwerb und Verlust der Parteistellung.............................................. 880 3. Parteirechte ....................................................................................... 881 E. Abnahmeprüfung und Nachkontrolle .................................................... 883 III. Sonderregelungen .................................................................................. 884 A. UVP für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken ............................ 884 1. Das Modell der Verkehrs-UVP......................................................... 884 2. UVP-pflichtige Vorhaben ................................................................. 885 3. Feststellung der UVP-Pflicht ............................................................ 885 4. UVP-Verfahren................................................................................. 885 5. UVP-spezifische Entscheidungskriterien.......................................... 886 6. Parteistellung und Verordnungsanfechtungsbefugnis....................... 888 7. Behördenzuständigkeit...................................................................... 889 B. Besondere Bestimmungen für wasserwirtschaftlich bedeutsame Vorhaben........................................................................... 889 C. UVP und Bodenreform.......................................................................... 890 Rechtsgrundlagen: RL 85/337/EWG (Abl C 210/78) idF RL 2005/35/EG (Abl L 156/17) - UVP-RL; Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen - Espoo-Konvention (BGBl III 1997/201) Bundesgesetz über den Umweltsenat - USG 2000 (BGBl BGBl I 2000/114 idF BGBl I 2005/14); ); UVP-G 1993 (BGBl 1993/697 idF BGBl 1996/773); UVP-G 2000 (BGBl I 2000/89 idF BGBl I 2006/149; Bundesgesetz über Eisenbahn-Hochleistungsstrecken HochleistungsstreckenG - HLG (BGBl 1989/135 idF BGBl I 2004/154); BundesstraßenG 1971 - BStG (BGBl 1971/286 idF BGBl I 2006/58); Flurverfassungs-GrundsatzG 1951 (BGBl 1995/103 idF BGBl I 2005/87); GrundsatzG 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (BGBl 1951/103 idF BGBl I 2006/14).
Grundlegende Literatur: Altenburger/Wojnar, UVP-G (2005); Baumgartner/Eberhartinger/Merl/Petek, Das neue UVP-G 2000, RdU 2000, 123; Baumgartner/Niederhuber, Die Judikatur des Umweltsenates, 2000-2004, RdU 2005, 17-34; Bergthaler/Weber/Wimmer (Hrsg), Die Umweltverträglichkeitsprüfung, 1998; Eberhartinger-Tafill/Merl, UVP-G (2005); Ennöckl/ N.Raschauer, Kommentar zum UVP-G, 2006; Feik, Die Umweltverträglichkeitsprüfung im Eisenbahnrecht, ZVR 1998, 362; Hecht, Die Rechtsstellung der Nachbarn öffentlicher Straßen, 1995; Jahnel, Umweltverträglichkeitsprüfung in: Bachmann et al (Hrsg) Besonderes Verwaltungsrecht (2004) 267; Köhler/Schwarzer, Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, 1997; Madner, Die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen, 1995; ; Raschauer, UVP-G, Kommentar (1995); N. Raschauer, Umweltverträglichkeitsprüfung, in: N.Raschauer/Wessely (Hrsg), Handbuch Umweltrecht (2006) 294ff; Ritter, Umweltverträglichkeitsprüfung, 1995.
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I. Grundlagen A. Allgemeines 1. Ziele und Regelungsanliegen des UVP-Gesetzes Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem UVP-G ist es, die Auswirkungen umweltrelevanter Vorhaben - unter Beteiligung des Projektträgers und der Öffentlichkeit - auf fachlicher Grundlage festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten1. Mit der UVP sollen2 die Anforderungen des Umweltschutzes möglichst frühzeitig in die Vorhabensprojektierung Eingang finden; eine integrative Prüfung soll die Verengung des Blickwinkels auf bestimmte Umweltmedien oder Schutzgüter verhindern und insbesondere auch Wechselwirkungen zwischen Umweltbelangen Rechnung tragen; durch die Einbindung der Öffentlichkeit soll die UVP nicht zuletzt „Grundlage für einen rationalen Diskurs über Umweltauswirkungen von Projekten“3 sein und Konflikte um die Vorhabensrealisierung entschärfen. Die Ergebnisse der UVP, zu deren zentralen Elementen die Umweltverträglichkeitserklärung des Projektwerbers und die Begutachtung in einem Umweltverträglichkeitsgutachten bzw einer „zusammenfassenden Bewertung“ zählen, sind bei der Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen4. UVP-pflichtige Vorhaben werden im Rahmen eines, Bundes- und Landesrecht umfassenden, konzentrierten Genehmigungsverfahrens unter Anwendung zusätzlicher, UVP-spezifischer Genehmigungskriterien und unter verstärkter Einbindung der Öffentlichkeit zugelassen5. Die Schaffung einer Verfahrens- und Entscheidungskonzentration wurde vom Gesetzgeber als Voraussetzung für eine „sachgerechte“ UVP erachtet6 und soll zugleich dem Anliegen der Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragen7. Die UVP-pflichtigen Vorhabenstypen (Anlagen, sonstige Umwelteingriffe) sind in einem Anhang zum UVP-G aufgelistet. Der Katalog, der wesentlich durch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben geprägt ist, enthält derzeit 88 Vorhabenstypen aus den Bereichen Abfallwirtschaft, Energiewirtschaft, Infrastruktur, Bergbau, Wasserwirtschaft und Industrie. Im Einzelnen ist die UVP-Pflicht zT an Schwellenwerte, Kriterien und Standortbedingungen geknüpft, verschie-
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Vgl § 1 Abs 1 UVP-G. Zu den Zielen der UVP vgl ausführlich den AB 1179 BlgNR 18.GP, 1f („transparente und optimale Enscheidungen“) sowie die Literatur zur Einführung der UVP in Österreich (unten FN 10) Köhler/Schwarzer, Einführung Rz 16. § 17 Abs 4 UVP-G. § 3 Abs 3 iVm § 17 u 19 UVP-G. Vgl dazu unten II. B. AB 1179 BlgNR 18.GP, 2. Zur „Parzellierung“ des Umweltrechts als Hindernis für die umfassende Berücksichtigung der Ergebnisse der UVP vgl Schwarzer, Die Berücksichtigung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung durch das Betriebsanlagenrecht, ZfV 1992; Raschauer, Einl 9 mit Hinweis auf die unterschiedliche „Berücksichtigungsfähigkeit“ der Materiengesetze. Vgl dazu im Zusammenhang mit der unmittelbaren Anwendung der UVP-RL unten I. C,. 4. Diesen Aspekt hebt insb Raschauer, Einl 4 hervor.
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dentlich ist eine Einzelfallprüfung zur Abklärung der UVP-Pflicht erforderlich8. Für UVP-pflichtige Bundesstraßen- und Eisenbahn-Hochleistungsstreckenvorhaben bestehen Sonderregelungen; die UVP erfolgt hier in einem teilweise konzentrierten Verfahren9.
2. Einführung der UVP in Österreich Der Verabschiedung des UVP-G im Jahr 1993 war eine mehr als ein Jahrzehnt dauernde Diskussion über die Ausgestaltung und Einführung der UVP in Österreich vorangegangen10: Die - vor allem durch die bundesstaatliche Kompetenzverteilung bedingte - Zersplitterung des Umweltrechts, die in einer Vielzahl von fachbehördlichen Genehmigungsverfahren mit unterschiedlichen Standards resultierte, wurde allgemein als unbefriedigend und dem Anliegen einer UVP abträglich empfunden. Die Problemanalyse hatte jedoch im Einzelnen unterschiedliche Schwerpunkte. Die Forderung nach Vereinfachung und Vereinheitlichung der Genehmigungsverfahren im Interesse der Verfahrensbeschleunigung, die seitens der Wirtschaft im Vordergrund stand, traf auf das Anliegen einer möglichst umfassenden, medienübergreifenden Prüfung von Vorhaben. Hinzu kam, im Gefolge der Ereignisse um die geplante Errichtung des Donaukraftwerks Hainburg, die Forderung nach mehr Transparenz und Partizipation im Anlagengenehmigungsverfahren. Einen wesentlichen Anstoß für die Realisierung der UVP in Österreich haben letztlich die Bemühungen Österreichs um eine Teilnahme an der Europäischen Integration gegeben, hatte sich Österreich doch im Rahmen des EWRAbkommens (EWR-A)11 zur Umsetzung der UVP-Richtlinie verpflichtet12. Im Oktober 1993 wurde schließlich - nach umfassender Überarbeitung der Regierungsvorlage aus 199113 durch den Umweltausschuß14 - das Gesetz über die
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§ 3 bzw 3a iVm Anh 1 UVP-G. § 23a-24h UVP-G (3. Abschnitt des UVP-G) Vgl dazu Pauger, Die Umweltverträglichkeitsprüfung im Spannungsfeld von Politik, Recht und Technik, ÖZW 1993; derselbe, Die Umweltverträglichkeitsprüfung und ihre Einbindung in das bestehende Rechtssystem, ÖJZ 1984, 505; Rakos/Braun/ Nentwich, Technikbewertung und Umweltverträglichkeitsprüfung, 1988, 2; Schäfer/ Onz, Umweltverträglichkeitsprüfung, 1988; Christian/Raschauer/Strauss, UVP Umweltverträglichkeitsprüfung für Österreich, 1987; Mayer, Bemerkungen zum Entwurf eines Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, ÖJZ 1990, 385; Davy, The Austrian Environmental Impact Assesment Act, Environmental Impact Assesment Review 1995, 361; Meyer, Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung, ÖJbPol '93, 1994, 469. Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-A), BGBl 1993/909. Mit der schrittweisen Inkraftsetzung des UVP-G (§ 46) kam Österreich der Verpflichtung zur Umsetzung zum 1.1.1994 nur mit Verzögerung nach. Vgl dazu unten I. C. 4. RV 269 BlgNR 18. GP. Vgl dazu Raschauer, Umweltverträglichkeitsprüfung und Genehmigungsverfahren, ZfV 1992, 100; Schwarzer (FN 6). AB 1179 BlgNR 18.GP.
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Umweltverträglichkeitsprüfung und die Bürgerbeteiligung15 - UVP-G verabschiedet.
3. UVP-G-Novellen Nach einer punktuellen Novellierung des Gesetzes, insb in Bezug auf die Regelungen über die UVP für Bundesstraßen- und Eisenbahn-Hochleistungsstrecken16, wurde das UVP-G mit der UVP-G-Novelle 2000 grundlegend novelliert17. Ausschlaggebend für diese Reform waren die Umsetzung der UVPÄndRL 97/11/EG und das im Regierungsprogramm verankerte Ziel einer „Abschlankung“ des UVP-Verfahrens18, das im Wesentlichen die mangelnde Akzeptanz des UVP-Verfahrens in der Wirtschaft widerspiegelt19, 20. Die wesentlichen Schwerpunkte der Novelle sind21: • die durch die UVP-ÄndRL motivierte Ausweitung des Kreises der UVP-pfichtigen Anlagen; • die Einführung eines vereinfachten UVP-Verfahrens für die Mehrzahl der Anlagenvorhaben mit reduzierten Anforderungen an die UVP (Entfall des Umweltverträglickeitsgutachtens) und einer bloßen Beteiligtenstellung für Bürgerinitiativen; • eine „Flexibilisierung“ des UVP-Ablaufs und eine erhebliche Kürzung der behördlichen Entscheidungsfristen. • der Entfall der Regelungen über das Bürgerbeteiligungsverfahren, das im Hinblick auf den erweiterten Anwendungsbereich des UVP-Verfahrens als entbehrlich angesehen wurde.
Mit der UVP-G-Novelle 200422 wurde die UVP-Änderungs-RL 2003 betreffend Regelungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne der AarhusKonvention umgesetzt. Hervorzuheben sind die Einräumung der Parteistellung an anerkannte Umweltorganisationen23 und die grundlegende Neugestaltung der UVP für Bundesstrassen und Hochleistungsstrecken im Rahmen eines teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens24. 15
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Neben dem relativ eng begrenzten Kreis der UVP-pflichtigen Vorhaben wurde ursprünglich für einen weiteren Kreis von Anlagen für die keine UVP vorgesehen war, ein spezielles Bürgerbeteiligungsverfahren eingeführt (5. Abschnitt [§§ 30-38] iVm Anh 2 UVP-G 1993). Näher dazu Hauer, in: Bergthaler/Weber/Wimmer (Hrsg), Kap XIV. BGBl 1996/773. BGBl I 2000/89 (UVP-G 2000). „Österreich neu Regieren“. Vgl dem entsprechend die positive Stellungnahme der WKÖ, Furherr/Schwarzer, Umweltschutz der Wirtschaft 2000, 24 bzw dem gegenüber den Minderheitsbericht und die abweichende Stellung der Oppostion zum Gesetzesantrag (IA 168/A 21. GP). Der UVP-G-Novelle 2000 waren mehrjährige Diskussionen um eine Vereinheitlichung des Anlagenrechts vorangegangen. Nach dem Scheitern dieser Verhandlungen wurde im Frühjahr 2000 eine umfassende Reform des Anlagenrechts zugunsten einer raschen, wenngleich bereits verspäteten, Umsetzung von EU-Recht zurückgestellt. Neben der UVP-ÄndRL wurden auch die sog Seveso-RL sowie die IPPC-RL durch Novellen zum AWG und zur GewO verspätet umgesetzt. Vgl dazu im Einzelnen: Baumgartner ua, 123. BGBl I 2004/153. Dazu unten II.D. Dazu unten III.
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Aus Anlass einer UVP-G-Novelle 200525 wurden im Gefolge der „SpielbergEntscheidung“ des Umweltsenats einige UVP-Tatbestände (ua für Sportstätten) begrenzt26.
4. Praxis der UVP in Österreich Wie eine im Auftrag des BMUJF durchgeführte erste Evaluationsstudie27zeigt, blieb die Zahl der bis zum Jahr 2000 durchgeführten UVP-Verfahren eher gering28. Die zweite Studie „Evaluation der Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich“29 zeigt, dass die Anzahl der Verfahren seither ständig zunimmt: Mittlerweile wurden seit Inkrafttreten des UVP-G 1993 bis November 2005 insgesamt 136 Genehmigungsverfahren und seit 2002 bis März 2006 insgesamt 290 UVP-Feststellungsverfahren eingeleitet. Was die Vorhabenstypen angelangt, so sind die genehmigten Anlagenvorhaben, ebenso wie die Vorhaben in Feststellungsverfahren vor allem den Bereichen Infrastrukturprojekte (insbesondere Straße und Schiene, Einkaufszentren), Energiewirtschaft und Abfallwirtschaft zuzuordnen. Die durchschnittliche Verfahrensdauer der UVPGenehmigungsverfahren beträgt für Anlagenvorhaben in erster Instanz 13 Monate, im vereinfachten Verfahren (betrifft etwa die Hälfte der Anlagenvorhaben) acht Monate ab Antragstellung. Bei der Verfahrensabwicklung zeigt die Auswertung der Genehmigungsverfahren, dass sich UVP-Koordinatoren im Verfahrensmanagement etabliert haben. Als einer der wichtigsten Schritte bei der Durchführung der UVP gilt das informelle Vorverfahren. Die frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit und der Einsatz fakultativer Instrumente der Öffentlichkeitsbeteiligung haben sich bewährt und gelten als „good practice“. In einer Gesamteinschätzung des Instruments UVP bejahen die befragten Gruppen (Behörden, Bürgerinitiativen, Projektwerber, Umweltanwälte) fast einhellig die Wirksamkeit der UVP für die Umweltvorsorge und für ein höheres Umweltschutzniveau. Mehrheitlich wird der Einfluss der UVP auf die Akzeptanz von Vorhaben in der Öffentlichkeit positiv angesehen und der UVP konfliktvermeidende Wirkung zugerechnet. Die gemäß § 43 UVP-G 2000 am Umweltbundesamt eingerichtete UVP-Dokumentation enthält insbesondere die Feststellungsentscheidungen, die UVE des Projektwerbers/der Projektwerberin, die wichtigsten Ergebnisse des Umweltverträglichkeitsgutachtens, die wesentlichen Gründe der Entscheidungen und die Ergebnisse der Nachkontrolle. Als wesentlicher Bestandteil der UVP-Dokumentation wurde eine online UVP-Datenbank eingerichtet30.
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BGBl I 2005/14. Dazu unten II. A.2. Sommer/Bergthaler, Evaluation der Verfahren nach dem UVP-Gesetz, Schriftenreihe des BMLFUW 11, 2000. Die Studie liefert eine umfassende Erhebung der bis zum Jahr 2000 durchgeführten UVP-Verfahren sowie eine Bewertung der UVPPraxis in Österreich. Vgl auch den Bericht des BMUJF an den Nationalrat über die Vollziehung des UVP-G gem § 44 UVP-G (III-171 BlgNR 20. GP). Zur „Flucht aus der UVP“ vgl den Allgemeinen Teil der Begründungen zum IA 168/A 21. GP. Bergthaler/Niederhuber et al, in UBA (Hrsg): Evaluation der Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich, UBA Reports, REP 0036 (2006). www.umweltbundesamt.at
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B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Innerstaatliche Regelungszuständigkeit Wenige Wochen vor Inkrafttreten des UVP-G wurden mit der B-VG-Nov 199331 mehrere, die UVP betreffende Kompetenztatbestände eingeführt, die nach der Absicht des Verfassungsgesetzgebers „die verfassungsrechtliche Grundlage für die Erlassung des UVP-G“ schaffen und eine Umsetzung der UVP-RL ermöglichen sollten32. Dieser Entstehungszusammenhang legt es nahe, bei der Kompetenzinterpretation sowohl das UVP-G als auch die UVPRL mit zu berücksichtigen33. Die Angelegenheit „Umweltverträglichkeitsprüfung“ ist gem Art 11 Abs 1 Z 7 erster Halbsatz B-VG Bundessache in der Gesetzgebung, Landessache in der Vollziehung. Erfasst werden nur solche „Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist“. Der Gesetzgeber kann auf der Basis des UVP-Kompetenztatbestands den Kreis der UVP-pflichtigen Vorhaben über die UVP-RL bzw über das UVP-G 1993 hinaus erweitern, soferne die Schwelle der „erheblichen“ Umweltauswirkungen nicht überschritten wird34. Die kompetenzrechtliche Grundlage für die im UVP-G verwirklichte Verfahrens- und Entscheidungskonzentration wurde mit Art 11 Abs 1 Z 7 zweiter Halbsatz B-VG („... Genehmigung solcher Vorhaben“) geschaffen35. Diese Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist an einen Bedarf nach Vereinheitlichung der Rechtslage geknüpft, räumt dem Bund im Ergebnis jedoch weit reichende Gesetzgebungsbefugnisse - auch zu Lasten der Länder - ein36: Der Bund kann auf der Grundlage von Art 11 Abs 1 Z 7 zweiter Halbsatz B-VG Genehmigungskriterien für UVP-pflichtige Vorhaben erlassen, er kann sein Bedürfnis nach einheitlichen Genehmigungsvorschriften aber auch durch die gesetzliche Anordnung der Mitanwendung von Landesrecht zum Ausdruck bringen37. Nicht nur die Genehmigung der Errichtung und des Betriebs sondern 31 32 33
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BGBl 1993/508. AB 1142 BlgNR 18. GP, 1, 3 f. Mit näherer Begründung dazu bereits Madner, 73 ff. Im Ergebnis ebenso Raschauer, Einl 7; Hecht, 18; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer Kap II Rz 46. Vgl bereits Madner, 76 u 83. Die Mitberücksichtigung des Entwurfs des UVP-G 1993 bei der Kompetenzinterpretation bedeutet keine „Versteinerung“ der einfachgesetzlichen Rechtslage und beschränkt die Reichweite des Kompetenztatbestands nicht auf die in Anh 1 zum UVP-G 1993 erfassten Vorhaben, wie überhaupt eine „intrasystematische Fortentwicklung“ des Kompetenztatbestands zulässig ist. AM offenbar (unter insoweit unzutreffender Berufung auf Madner) Müller, Die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Bodenreform, RdU 2000, 14 (16). AB 1142 BlgNR 18. GP, 3. Vgl dazu ausführlich Madner, 86 ff; weiters Köhler/Schwarzer, Art 11 Abs 1 Z 7 BVG, Rz 7 ff; einschränkend Raschauer, Einl 7, § 17 Rz 8, § 19 Rz 4; ebenso, mit Kritik aus föderalistischer Sicht, Bußjäger, Die Kompetenzen des Bundes zur Regelung der „Umweltverträglichkeitsprüfung“ und „Bürgerbeteiligung“, JBl 1995, 690. Sowohl § 17 Abs 1 UVP-G (Mitanwendung bundes- u landesrechtlicher Genehmigungskriterien) als auch § 17 Abs 2 u 4 UVP-G (UVP-G - spezifische Genehmigungskriterien) sind demnach durch die Bedarfskompetenz in Art 11 Abs 1 Z 7 UVP-G gedeckt. Entgegen der Ansicht von Bußjäger, Die Kompetenzen des Bundes
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insbesondere auch die Regelung der Kontrolle genehmigter Vorhaben ist erfasst38. In die Genehmigungskonzentration nach dem UVP-G sind auch Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde einbezogen39. Die mit dem AgrarrechtsänderungsG 2000 eingeführte UVP für Vorhaben der Bodenreform wurde auf den Grundsatz-Kompetenztatbestand „Bodenreform“ (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) gestützt. Es ist allerdings mehr als fraglich, ob es nicht mit der Einführung des Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG zu einer Kompetenzkonzentration in Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung gekommen ist, die eine spezielle Kompetenzgrundlage für die Grundsatzgesetzgebung erfordert hätte40.
Für die UVP bei Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken, die früher im Trassenverordnungsverfahren erfolgte wurden spezielle Kompetenztatbestände geschaffen: Die Regelung der UVP für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken, „bei denen mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist“ ist gem Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Die kompetenzrechtliche Grundlage für die UVP von Landesstraßen41 ist demgegenüber in Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG gelegen42. Dass der „TrassenUVP-Tatbestand“ in Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG erforderlich war, um dem Bund
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zur Regelung der „Umweltverträglichkeitsprüfung“ und „Bürgerbeteiligung“, JBl 1995, 690 (695f); derselbe, Verfassungsrechtliche Fragen der Anwendung des Naturschutzrechtes der Länder auf Verkehrsprojekte, RdU 2000, 83 (91), ist dem Bund auf Grund von Art 11 Abs 1 Z 2.Halbsatz B-VG die „Festlegung materieller Genehmigungsvoraussetzungen“ nicht verwehrt. Denn einmal ist bereits in der Anordnung der Genehmigungskonzentration eine, das Landesrecht abändernde materiellrechtliche Regelung zu erblicken (vgl dazu Madner, 86). Der Gesetzgeber ist darüber hinaus durch Art 11 Abs 1 Z 7 2. Halbsatz B-VG auch nicht auf die bloße Anordnung der Mitanwendung von Landesrecht beschränkt (vgl ausführlich Madner 86ff; so neben Bußjäger auch Raschauer, Einl 7 ohne Hinweis darauf, in welchem Kompetenztatbestand, die zur Umsetzung der UVP-Ergebnisse erforderlichen „Anreicherungs- bzw Abrundungstatbestände“ [Raschauer, § 17 Anm 17] Deckung finden): Darauf weisen nicht nur die (unglücklich formulierten) Äußerungen zu Art 11 Abs 1 Z 7 2. Halbsatz B-VG im AB zur B-VGNov 1993 (1142 BlgNR 18.GP, 3f) hin. Die Schaffung von zusätzlichen Genehmigungskriterien, die eine umfassende Berücksichtigung der Ergebnisse der UVP ermöglichen, wurde für eine vollständige Umsetzung der UVP-Richtlinie in Österreich als wesentlich und gemeinschaftsrechtlich geboten erachtet (vgl nur Raschauer, Einl 9 bzw § 17 Anm 17, Schwarzer [FN 6]). Vor diesem Hintergrund und angesichts der Materialien und des Wortlauts der Bestimmung wird entgegen der Ansicht Bußjägers , 696 „der offenkundige Sinn der Formulierung“ keineswegs überschritten, wenn man in Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG auch eine Bedarfskompetenz zur Regelung von Genehmigungskriterien erblickt. Grenzen sind der durchaus weit reichenden Kompetenz des Bundes mit dem Bedarfserfordernis und durch die Verknüpfung mit der UVP-Pflicht gesetzt. Vgl auch Mayer, B-VG2, Art 11 I.7. Der Verfassungsgesetzgeber erachtete eine ausdrückliche verfassungsgesetzliche Ausnahme von Art 118 Abs 2 B-VG bedenklicherweise nicht für erforderlich. AB 1142 BlgNR 18. GP, 4 mit dem Hinweis es handle sich typischerweise um eine Angelegenheit, bei welcher der örtliche Wirkungsbereich der Gemeinde überschritten wird. Erhebliche Bedenken Zeleny, Erstzitat 126 f Anm 82; Raschauer, § 3 Rz 3, vgl demgegenüber, wenngleich kritisch, Köhler/Schwarzer, 26 f; Bußjäger (FN 37), 696. In diesem Sinn US 14. 6. 2000, 9/2000/6-13, Baumbachalm. Zu entsprechenden Überlegungen im Vorfeld der Neuregelung Müller (FN 34), 16. Anh 1 Z 9 UVP-G. Vgl Hecht, 19
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neue, über die bisherige Kompetenz im Verkehrswesen hinausreichende Zuständigkeiten zur Ermittlung von Umweltauswirkungen einzuräumen, kann bezweifelt werden43. Die Kompetenzgrundlage in Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG bewirkt, dass die Zuständigkeit zur Vollziehung der UVP insoweit in mittelbarer Bundesverwaltung erfolgt. Art 11 Abs 6 B-VG ermächtigt den Bund, die Genehmigung von Verkehrsvorhaben („Genehmigung der in Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG genannten Vorhaben“), bei Vorliegen eines, nicht an objektive Voraussetzungen gebundenen Bedarfs durch Bundesgesetz einheitlich zu regeln. Die Vollziehung dieser Genehmigungsvorschriften soll gem Art 11 Abs 4 BVG erfolgen. Die Zuständigkeit zum Vollzug der Bedarfsregelungen wird damit je nach dem „Gegenstand des Verfahrens“ sowohl dem Bund als auch den Ländern zugewiesen. Mit dieser Regelung der Vollzugszuständigkeit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass mit dem UVP-G bundesweit einheitliche UVP-G-spezifische Genehmigungskriterien eingeführt werden, andererseits aber – auch nach der UVP-G-Nov 2004 keinevollständige Genehmigungskonzentration stattfinden soll, sondern die Genehmigung von Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken weiterhin kumulativ von Bund bzw Ländern geregelt und vollzogen werden soll44. Die auf Grund der Bedarfskompetenz erlassenen Genehmigungsvorschriften sollen demnach offenbar nach Maßgabe der berührten Regelungsgesichtspunkte entweder vom Bund oder von den Ländern vollzogen werden. Dass eine eindeutige Zuordnung der Vollzugszuständigkeit damit vielfach nicht möglich ist, sondern vielmehr partielle Zuständigkeitskonkurrenzen und Doppelgleisigkeiten vorprogrammiert sind, bestätigt ein Blick auf die einfachgesetzliche Rechtslage45.
Der vom UVP-G als kollegiale Berufungsbehörde bestimmte unabhängige Umweltsenat ist in Art 11 Abs 7 B-VG vorgesehen. Die Bestimmung war ursprünglich bis 31. 12. 2000 befristet, um die Diskussion über die Einführung von Landesverwaltungsgerichten nicht vorwegzunehmen und wurde mittlerweile bis zum 31. 12. 2009 verlängert46.
2. Rechtsetzungskompetenz der Gemeinschaft Die UVP wird als grundlegendes Instrument der Umweltpolitik der Gemeinschaft im Allgemeinen47 sowie der Politik der „Nachhaltigkeit“ im Besonderen 43
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Hecht, 17f, der überdies die Regelung eines konzentrierten Genehmigungsverfahrens für Bundesstraßen auf der Grundlage von Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG für zulässig erachtet. Dieser Ansicht liegt die Deutung des Verkehrwesentatbestands als eine, die einschlägigen bau- und naturschutzrechtlichen Zuständigkeit des Landesgesetzgebers ausschließende „Exklusivmaterie“ zu Grunde (Hecht, 8, 25ff) . Vgl demgegenüber VfGH 25. 6. 1999, 256/98 (Semmering-Basistunnel). Vgl früher schon Köhler/Schwarzer Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG, Rz 8. § 4 BStrG; § 24h UVP-G. Vgl dazu unten III. A. 5. sowie die Kontroverse zwischen Bergthaler/Trautwein/Wimmer, UVP: Das Ende vieler Bundesstraßenprojekte? ecolex 1995, 450; Baumgartner, UVP: Bundesstraßenprojekte einmal anders, ecolex 1995, 680 sowie mit vehementen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine auch nur teilweise kumulative Anwendung der UVP-spezifischen Genehmigungskriterien durch die jeweils zuständigen Behörden: Hecht, UVP: Nochmals zu den Bundesstraßenprojekten, ecolex 1996, 630; derselbe, 20 ff. Art 151 Abs 2 B-VG idF BGBl I 2004/153. Vgl insb die Grundsätze der Vorsorge und Vorbeugung, das Ursprungs- sowie das Verursacherprinzip gem Art 174 Abs 2 EG-V.
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angesehen48. Die -nunmehr auf der Grundlage von Art 175 (ex Art 130s) EG-V erlassene - UVP-RL soll die wichtigsten Grundsätze für die Prüfung der Umweltverträglichkeit harmonisieren49, lässt jedoch die Erlassung strengerer Schutzvorschriften durch die Mitgliedstaaten zu50.
C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 1. Völkerrechtliche Grundlagen Österreich hat die im Rahmen der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UN-ECE) ausgearbeitete Konvention über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo-Konvention) ratifiziert51. Die 1997 in Kraft getretene Konvention, der auch die EU beigetreten ist, verpflichtet Österreich, für Vorhaben mit erheblichen grenzüberschreitenden Auswirkungen eine UVP mit Bürgerbeteiligung durchzuführen, mit den betroffenen Vertragsparteien ein Informations- und Konsultationsverfahren zu pflegen und die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit im Nachbarstaat zu ermöglichen. Die Durchführung der einschlägigen Vorgaben ist mit den §§ 10 und 19 UVPG erfolgt52. Österreich hat weiters 1998, ebenso wie die Europäische Gemeinschaft und die übrigen EU-Mitgliedstaaten, die sogenannte Aarhus-Konvention der UNECE53 unterzeichnet. Die Konvention, umfasst die „drei Säulen“ Umweltinformation, Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz („access to justice“) und zielt auf die Förderung der Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten im allgemeinen und insbesondere auch in umweltrelevanten Genehmigungsverfahren. Die Erfüllung der Konvention hat Anpassungen der Mindestvorgaben für die (grenzüberschreitende) Öffentlichkeitsbeteiligung in der UVP-Richtlinie – insbesondere auch im Hinblick auf die Einbeziehung von Umweltverbänden - erforderlich gemacht54.
2. Die wesentlichen Regelungsanliegen der UVP-Richtlinie Zweck der UVP-RL ist es, sicherzustellen, dass über die Genehmigung für öffentliche und private Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf
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Vgl die Begründungserwägungen zur UVP-ÄndRL, die insb auch auf das 5. Umweltaktionsprogramm der Gemeinschaft Bezug nehmen. Zur Umsetzung der UVP-RL in ausgewählten Mitgliedstaaten vgl Baumgartner ua, Die Projekt-UVP in Europa - eine Gegenüberstellung, RdU 1998, 107. Vgl auch den Überblick in der Begründung zu IA 168/A 21. GP. Art 176 (ex Art 130t) EG-V. Vgl auch die Begründungserwägungen der UVPÄndRL. Allg zu den Voraussetzungen für Schutzverstärkungen nach Art 176 EG-V vgl zB Jarass, Verstärkter Umweltschutz der Mitgliedstaaten nach Art 176 EG-V, NVwZ 2000, 529. BGBl III 1997/201. Vgl auch Art 7 UVP-RL. Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten Vgl dazu Artikel 2 UVP-ÄnderungsRL 2003/35/EG.
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die Umwelt zu rechnen ist, erst entschieden wird, nachdem die Umweltauswirkungen dieser Vorhaben geprüft wurden. Die UVP der Richtlinie ist auf der Ebene der Zulassung konkreter Projekte angesiedelt; Pläne, Programme und Konzepte sind Gegenstand einer gesonderten Richtlinie über die Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung (SUP)55. Die vom Anwendungsbereich der UVP-RL erfassten Vorhaben sind in Anh I und II der UVP-RL aufgelistet. Projekte des Anh I sind jedenfalls einer UVP zu unterziehen. Für Projekte des Anh II können die Mitgliedstaaten die UVP-Pflicht durch Schwellenwerte, sonstige Kriterien oder nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung konkretisieren56. Die UVP-RL determiniert in erster Linie das Verfahren der UVP, wobei der Mitwirkung des Projektträgers durch umfangreiche Vorlagepflichten sowie den Informations- und Stellungnahmerechten für die (betroffene) Öffentlichkeit wesentliche Bedeutung zukommt. Die Ergebnisse der UVP - einschließlich der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung - dürfen jedoch nicht ohne Folgen für die Zulassungsentscheidung bleiben; sie sind vielmehr gemäß Art 8 UVP-RL „zu berücksichtigen“57. Der umfassende, medienübergreifende Ansatz der UVP-RL, der insbesondere auch Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Umweltmedien und -faktoren erfasst, erfordert dementsprechend „aufnahmefähige“ Genehmigungskriterien im nationalen Recht58.
3. UVP-Änderungsrichtlinien Mit der UVP-ÄndRL 97/11/EG, deren Umsetzungsfrist am 14. März 1999 ablief59, erfolgte insbesondere eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der UVP-RL60. Ein neuer Anh III enthält Auswahlkriterien, welche die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der UVP-Pflicht durch Schwellenwerte und Kriterien bzw bei der Einzelfallprüfung zu beachten haben. In Verbindung mit der Rechtsprechung des EuGH61 ist nunmehr klargestellt, dass den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der UVP-Pflicht für Anh II-Projekte lediglich ein eingeschränkter Ermessenspielraum zukommt. Weitere wesentliche Neuerungen der UVP-ÄndRL sind die fakultative Einführung eines „Scoping-Verfahrens“, das den Umfang der Umweltverträglichkeitserklärung vorab klären soll sowie die Ergänzung der Regelungen über die grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung62.
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RL 2001/42/EG. Zum eingeschränkten Ermessenspielraum der Mitgliedstaaten bei der Festlegung der UVP-Pflicht für Anh II-Projekte vgl unten I. C. 4. Art 8 UVP-RL. Im Einzelnen werden die Anforderungen an die Umsetzung des Berücksichtigungsgebots durchaus unterschiedlich beurteilt. Vgl dazu Schwarzer (FN 6), 110 ff; Raschauer (FN 13), 104 f; derselbe, Einl 9; Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap II Rz 11 unter Bezugnahme auf die deutsche Diskussion ;vgl dazu auch Erbguth/Schink, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, Kommentar2, 1996, Einl Rz 20 ff. Art 3 UVP-ÄndRL. So wurde Anh I von bisher 9 auf 21 Projekttypen ausgeweitet und Anh II um neue Projektarten (zB Einkaufszentren, Freizeitparks) erweitert. Vgl dazu unten I. C. 4. Art 5 Abs 2 bzw Art 7 UVP-RL.
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Mit der UVP-ÄndRL 2003/35/EG wurden Bestimmungen der AarhusKonvention in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten im Zusammenhang mit UVP-Verfahren umgesetzt.
4. EuGH-Rechtsprechung In mehreren Urteilen63 hat der EuGH klargestellt, dass Vorhaben, die der UVPRL unterliegen und für die nach dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie ein Genehmigungsverfahren eingeleitet wurde64, einer UVP iS der Richtlinie zu unterziehen sind und es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, solche Vorhaben durch nationale Übergangsbestimmungen von der UVP-Pflicht auszunehmen65. In Bezug auf die UVP-Pflicht von Projekten des Anh II hat der EuGH entgegen der in den Mitgliedstaaten und auch vom VwGH vertretenen Auffassung66 - mittlerweile in mehreren Urteilen67 festgehalten, dass der Ermessenspielraum der Mitgliedstaaten bei der Festlegung der UVP-Pflicht für diese Projekte im Lichte der Zielsetzungen der UVP-RL deutlich eingeschränkt ist: Vorhaben, bei denen auf Grund ihrer Art, Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen zu rechnen ist, sind einer UVP zu unterziehen68. Den Mitgliedstaaten ist es verwehrt, Einzelne der mit Buchstaben bezeichneten Klassen von Projekten des Anh II von der UVP-Pflicht auszunehmen69. Den Mitgliedstaaten ist es weiters verwehrt, die Kriterien und/oder Schwellenwerte für Projekte derart festzulegen, dass in der Praxis alle einschlägigen Projekte von der UVP-Pflicht ausgenommen sind70.Dass bei der Festlegung der Kriterien und Schwellenwerte nicht 63
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EuGH, Rs C-396/92, Bund Naturschutz in Bayern, Slg 1994, I-3745; EuGH, Rs C431/92, Großkrotzenburg, Slg 1995, I-2211; EuGH, Rs C-301/95, Kommission/Deutschland, Slg 1998, I-6135; Rs C-150/97, Kommission/Portugal, Slg 1999, I0259. Ob ein Verfahren eingeleitet ist, ist nach der förmlichen Antragstellung zu beurteilen. Informelle Behördenkontakte oder der Beginn der Öffentlichkeitsarbeit für ein Projekt sind für diese Beurteilung unmaßgeblich; vgl EuGH, Großkrotzenburg (FN 63), Rz 32. Welche Wirkungen die UVP-RL auf Verfahren hat, die zum Umsetzungsstichtag bereits anhängig waren, hat der EuGH nicht explizit entschieden. Die Generalanwälte haben in den Verfahren Bund Naturschutz in Bayern und Großkrotzenburg die Ansicht vertreten, derartige Konstellationen könnten im Interesse der Rechtssicherheit von der UVP-Pflicht ausgenommen werden. Vgl dazu in Ö etwa VwGH 23.10.1995, 95/10/0081 = RdU 1996, 124 mit Anm Raschauer; VwGH 15.10. 1996, 95/05/139; an dieser Argumentation festhaltend VwGH 2.7.1998, 97/07/0152; Anders demgegenüber im Lichte der Rechtsprechung des EuGH: US 6.11.2000, 3/2000/10-12, Oberpullendorf. EuGH, Rs C-133/94, Kommission/Belgien, Slg 1994, I-2339; EuGH, Rs C-72/95, Kraaijeveld, Slg 1996, I-5403; EuGH, Kommission/Deutschland (FN 63); EuGH, Rs C-392/96, Kommission/Irland, Slg 1999, I-5901; EuGH, Rs C-435/97, Flughafen Bozen, Slg 1999, I-5613. Vgl EuGH, Kraaijeveld (FN 67), Rz 50. Vgl EuGH, Kommission/Belgien (FN 67), Rz 42; EuGH, Kommission/Deutschland (FN 63), Rz 38 und 42. Vgl EuGH, Kraaijeveld (FN 67), Rz 51 ff. Eine solche Vorgehensweise erachtete der EuGH nur dann für gerechtfertigt, wenn auf Grund einer pauschalen Beurteilung aller Projekte davon auszugehen ist, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.
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allein auf die Größe, sondern auch auf die Art und den Standort des Vorhabens abzustellen ist71, wurde mittlerweile auch durch die UVP-ÄndRL72 klargestellt. Die Frage, ob ein Mitgliedstaat bei der Aufstellung der Kriterien und/oder Schwellenwerte für die UVP-Pflicht seinen Ermessenspielraum überschritten hat, hängt dabei nach Ansicht des EuGH73 von einer Gesamtbeurteilung der Merkmale der im Gebiet des Mitgliedstaats in Betracht kommenden Projekte dieser Art ab.
Die Mitgliedstaaten müssen bei der Umsetzung ferner sicherstellen, dass der Regelungszweck der UVP-RL nicht durch eine Aufsplitterung von Projekten vereitelt wird. Bei der Festlegung der UVP-Pflicht ist die kumulative Wirkung mehrerer Vorhaben zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass Projekte, die zusammengenommen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, der Verträglichkeitsprüfung nicht entzogen werden74. Während die unmittelbare Anwendbarkeit der UVP-RL in der Literatur zunächst eher zurückhaltend beurteilt wurde75, hat der EuGH im Urteil Großkrotzenzburg die unmittelbare Anwendbarkeit der Art 2, 3 und 8 der UVP-RL festgestellt76. Zum drittschützenden Charakter der UVP-RL hat sich der EuGH zunächst nicht geäußert77. Mittlerweile hat der EuGH jedoch – insbesondere im Zusammenhang mit der UVP-Pflicht von Anh II-Projekten wiederholt78 bejaht, dass betroffene Personen das Recht haben, sich unmittelbar auf die UVP-RL zu berufen, um zu erreichen, dass überprüft wird, ob ein Mitgliedstaat sein Auswahlermessen überschritten und zu Unrecht keine UVP vorgesehen hat79.
Die mit der UVP-RL unvereinbaren nationalen Vorschriften müssen diesfalls außer Betracht bleiben und es ist „Sache der Träger öffentlicher Gewalt des Mitgliedstaates im Rahmen ihrer Zuständigkeit alle erforderlichen allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, um die Projekte im Hinblick darauf zu überprüfen, ob bei ihnen erhebli-
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Vgl insb EuGH, Kommission/Irland (FN 67), Rz 72. Art 4 Abs 3 iVm Anh III UVP-RL. EuGH, Kraaijeveld (FN 67), Rz 52; EuGH, Kommission/Irland (FN 67), Rz 74. EuGH, Kommission/Irland (FN 67), Rz 76. Näher zur Umsetzung in Österreich unten I. C. 5. Vgl zB Schwarzer, Zur unmittelbaren Wirkung der EU-Richtlinie über die UVP in Österreich, RdU 1994, 109 (111) bzw aus dem deutschen Schrifttum Erbguth/Schink(FN 58), Einl Rz 110. Art 2 (Anwendungsbereich), Art 3 (Aufgaben der UVP) und Art 8 (Gebot zur Berücksichtigung der Ergebnisse der UVP) seien hinreichend bestimmt und klar und legten „unabhängig von ihren Einzelheiten (...) den zuständigen nationalen Behörden unmissverständlich die Pflicht auf, bestimmte Projekte einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen“ und verpflichteten dazu, „die während des Prüfungsverfahrens eingeholten Angaben im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu berücksichtigen“ (EuGH, Großkrotzenburg (FN 63), Rz 39 f). Dem Einwand, es fehle der Richtlinie an der für eine unmittelbare Anwendung vorausgesetzten Begründung individueller Rechte hielt der EuGH im Vertragsverletzungsverfahren Großkrotzenburg die Feststellung entgegen, die Frage, ob die UVP-RL der Verwaltung unmittelbar wirkende Verpflichtungen auferlege, habe mit der Möglichkeit für den Einzelnen sich gegenüber dem Staat unmittelbar auf die nicht umgesetzte Richtlinie zu berufen nichts zu tun. EuGH, Kraaijeveld (FN 67), Rz 56 ff; EuGH, Flughafen Bozen (FN 67), Rz 68 ff; EuGH 19. 9. 2000, Rs C-287/98, Linster (Rz 31 ff). Zu eng insofern Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap II Rz 36.
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che Auswirkungen auf die Umwelt zu besorgen sind und sie bejahendenfalls einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu unterziehen“80.
Damit ist überdies auch klargestellt, dass das mitgliedstaatliche Auswahlermessen einer unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie in Bezug auf Projekte des Anh II nicht generell entgegensteht81. Wie weit freilich der Kreis der „betroffenen Personen“ gezogen werden muss, denen die UVP-RL einklagbare Rechte vermittelt, ist durch die Rechsprechung des EuGH bisher nicht explizit geklärt. Der EuGH neigt allgemein im Interesse des „effet utile“ des Gemeinschaftsrechts zu einem rechtsschutzfreundlichen Maßstab bei der Zuerkennung von Ansprüchen Einzelner82. Die unmittelbare Anwendung der UVP-RL bedarf nicht des Anstoßes durch einen Einzelnen. Vielmehr besteht nach der Rechtsprechung des EuGH83 eine Pflicht zur amtswegigen Wahrnehmung der unmittelbaren Anwendbarkeit, sofern das innerstaatliche Recht zur amtswegigen Wahrnehmung von zwingenden Rechtsvorschriften berechtigt oder verpflichtet. Mit der Bejahung der unmittelbaren Wirkung von Bestimmungen der UVPRL hat der EuGH in Kauf genommen, dass Einzelnen unmittelbar auf Grund einer Richtlinie Nachteile erwachsen84. Denn wenngleich der UVP-Rechtsprechung des EuGH keine ausdrückliche Verpflichtung zur Einführung neuer Genehmigungspflichten unmittelbar auf Grund der UVP-RL entnommen werden kann85, hat der EuGH doch die Belastungen gebilligt, die daraus resultieren, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens in unmittelbarer Anwendung der UVP-RL eine UVP durchzuführen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist. Die Berücksichtigung der Ergebnisse der UVP gem Art 8 UVP-RL kann jedenfalls zur Erteilung von Auflagen und gegebenenfalls auch zur Versagung der Genehmigung führen. Das Berücksichtigungsgebot in Art 8 UVP-RL umfasst auch die gemäß Art 5 UVP-RL eingeholten Angaben des Projektwerbers, die einen integralen Bestandteil der UVP iS der UVP-RL darstellen86. 80
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EuGH, Flughafen Bozen (FN 67), Rz 71. Im Urteil Linster (FN 78) hat der EuGH nicht darauf Bezug genommen, ob das nationale Recht dem vorlegendem Gericht eine Inzidentkontrolle des betreffenden Genehmigungsverfahrens erlaube (vgl demgegenüber die Wendung „im Rahmen ihrer Zuständigkeit“) in den Urteilen Kraaijeveld und Flughafen Bozen. In diesem Sinn noch VwGH (FN 66); Schmelz, UVP-Richtlinie und UVP-Gesetz, ecolex 1995, 931 (932); Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap II Rz 30. Vgl dazu allgemein Madner, Stand der Umsetzung und Umsetzungsprobleme, in: ÖWAV (Hrsg), Umweltrecht zwischen Gemeinschaftsrecht und Deregulierung, 1998, 39 (75ff); Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht (1997) 63ff. Vgl auch Köhler/Schwarzer, § 19 Rz 14. EuGH, Kraaijeveld (FN 67), Rz 57 ff unter Hinweis auf Vorjudikatur. Allgemein zu dieser Frage Öhlinger/Potacs (FN 82), 62 f, 73 f, 88, 145 f. Kritisch zu der aus der Rechtsprechung des EuGH abgeleiteten Normverwerfungspflicht für die Verwaltungsbehörden Frank, Altes und Neues zum Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor staatlichem Recht, ZÖR 2000, 1 (41 ff), der allerdings nicht auf die Judikatur zur UVP-RL Bezug nimmt. Ausdrücklich in diesem Sinn EuGH, 7.4.2004, Rs C-201/02, Wells, Rz 56f. Darauf weisen Öhlinger/Potacs (FN 82), 72 f hin. Eine ausdrückliche Feststellung hat der EuGH in diesem Punkt allerdings noch nicht getroffen. ME sind jedenfalls die Mindestangaben iSv Art 5 Abs 3 UVP-RL hinreichend bestimmt und unbedingt, um unmittelbar angewendet zu werden. Durch den Verweis auf Art 5 Abs 1 UVP-RL ist sichergestellt, dass bei der Auslegung der in Abs 3 verwendeten Begriffe auch auf Anh IV UVP-RL zurückzugreifen ist. Für die
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Die Judikatur zur unmittelbaren Anwendbarkeit der UVP-RL steht damit auf den ersten Blick in einem Spannungsverhältnis zur Rechtsprechung des EuGH, wonach wegen des Sanktionscharakters der unmittelbaren Anwendung, „eine Richtlinie nicht selbst Belastungen für einen Bürger begründen kann“ und auch eine Horizontalwirkung von Richtlinien ausscheidet87. In der Literatur wurden unterschiedliche Erklärungen zur Auflösung dieses Spannungsverhältnisses (insb in mehrpoligen Verwaltungsverhältnissen - „Richtlinien mit Doppelwirkung“) vorgetragen88. Jedenfalls in Bezug auf die UVP-Richtlinie räumt der EuGH - wohl nicht zuletzt mit Blick auf die Rechte Dritter der Effektivität der Richtlinie Vorrang gegenüber allfälligen mittelbaren nachteiligen Wirkungen für den Projektwerber ein89.
Wiederholt hat der EuGH zur UVP im Rahmen mehrstufiger Genehmigungsverfahren Stellung genommen und festgehalten, dass „die Auswirkungen, die das Projekt möglicherweise auf die Umwelt hat, im Verfahren zum Erlass der Grundsatzentscheidung zu ermitteln und zu prüfen“90. Können diese Auswirkungen jedoch erst im Verfahren des Erlasses der Durchführungsentscheidung ermittelt werden, so muss die Prüfung im Rahmen dieses Verfahrens vorgenommen werden91.
5. Zur Umsetzung der UVP-RL im Überblick Mit dem UVP-G 1993 war Österreich in Hinblick auf die Ausgestaltung der UVP in einigen Punkten über die Mindestanforderungen der UVP-RL hinaus-
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unmittelbare Anwendbarkeit von Art 5 Abs 3 (ex Art 5 Abs 2) UVP-RL auch Schwarzer (FN 6), 111; Bergthaler: in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap II Rz 31. EuGH, Rs C-80/86, Kolpinghuis Nijmegen, Slg 1987, I-3969 (Rz 9); EuGH, Rs C91/92, Faccini Dori, Slg 1994, I-3325 (Rz 22); EuGH, Rs C-168/95, Arcaro, Slg 1996, I-4719 (Rz 36); EuGH, Rs C-97/96, Daihatsu, Slg 1997, I-6843 (Rz 24). So wird mehrfach darauf hingewiesen, es handle sich um bloß mittelbare, rechtlich nicht relevante Belastungen, die daraus resultierten, dass die Behörden einer eindeutigen Verpflichtung aus der Richtlinie nachkommen. Vgl insb Gellermann, Rechtsfragen des europäischen Habitatschutzes, NuR 1996, 548 (557); Albin, Unmittelbare Anwendbarkeit von EG-Richtlinien mit „Doppelwirkung“, NuR 1997, 29; dem folgend Maitz/Büchele, Zur unmittelbaren Wirkung der IPPC- und der Seveso IIRichtlinie, RdU 2000, 61). Die Ermittlung der Grenzen des Belastungsverbots ist damit freilich damit, wenig überzeugend, mit der Ermittlung des primären „Adressaten“ einer Richtlinienverpflichtung verknüpft. Ebenfalls auf die bloß mittelbare Belastung Dritter, jedoch eher als zulässige Folge der gewünschten Drittbegünstigung verweisen zB Calliess, Zur unmittelbaren Wirkung der EG-Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung, NVwZ 1996, 339 (341); Erbguth/Schink (FN 58), Einl Rz 108a. Vgl weiters Öhlinger/Potacs (FN 82), die den Inhalt der Verpflichtung (keine neue Genehmigungspflicht) hervorheben. Vgl allgemein zu dieser Problematik Rengeling, in: derselbe, Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht, 1998, § 28 Rz 73 ff. EuGH, 4.12. 2004, Rs C-201/02, Wells, Rz 56f. Nicht zu übersehen ist, dass es in den Urteilen, in denen der EuGH (FN 87) auf das sog Belastungsverbot rekurriert hat durchwegs entweder Horizontalverhältnisse unter Privaten oder Strafverfahren, also zweiseitige vertikale Verhältnisse zu Lasten Einzelner zu beurteilen waren. So auch Winter, Individualrechtsschutz im deutschen Umweltrecht unter dem Einfluss des Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 467 (FN 28, „noch kein typischer verwaltungsrechtlicher Drittwirkungsfall“). EuGH, Wells (FN 84) Rz 52. EuGH, 4.5. 2006, Rs C-508/03, Kommission/Vereinigtes Königreich Rz 104. Vgl ebenso EuGH, 4.5. 2006, Rs C-290/03, Crystal Palace.
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gegangen92. Im Zuge der Umsetzung der UVP-ÄndRL durch das UVP-G 2000 zog sich der Gesetzgeber von dieser umweltschutzverstärkenden Position wieder zurück93. Was den Kreis der UVP-pflichtigen Projekte anbelangt, so machte die UVP-ÄndRL eine deutliche Erweiterung des Anwendungsbereichs des UVP-G erforderlich. In Bezug auf einige Vorhaben hatte die Orientierung an den Mindeststandards der Richtlinie allerdings den Entfall der UVP-Pflicht94 bzw die Erhöhung der Schwellenwerte95 zur Folge96. Bestand vor der Novelle des UVPG im Lichte der Rechtsprechung des EuGH97 insbesondere in Bezug auf Projektklassen des Anh II Anpassungsbedarf98, so wurden nunmehr mit dem UVPG 2000 spezielle Regelungen über die UVP-Pflicht getroffen, die insbesondere der Empfindlichkeit von Standorten und der kumulativen Wirkung von Vorhaben Rechnung tragen sollen99. Dies ist jedenfalls hinsichtlich der Kumulation von Vorhaben nicht uneingeschränkt geglückt100. Die Umsetzung der UVP-RL 85/337101 sowie der UVP-ÄndRL 97/11erfolgte in Österreich jeweils102 erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist und wurde durch Übergangsfristen weiter verzögert. In Bezug auf Vorhaben, für die im UVP-G gemeinschaftswidrig keine UVP-Pflicht vorgesehen ist, war in der Praxis zunächst die Ansicht vorherrschend, die unmittelbar anwendbaren Bestimmungen der UVP-RL seien in den Genehmigungsverfahren nach den sonst für die Genehmigung des Vorhabens 92
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So zB mit den Bestimmungen über das Vorverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung, den Regelungen über das Umweltverträglichkeitsgutachten und der Parteistellung für Umweltanwälte. Insbesondere die Einführung des vereinfachten UVP-Verfahrens ohne Umweltverträglichkeitsgutachten und mit bloßer Beteiligtenstellung von Bürgerinitiativen sollte den Forderungen der Wirtschaft nach einer „wirtschaftsverträglichen“ UVP Rechnung tragen. Erzeugung von Holzspanplatten bzw Bleiakkumulatoren. ZB für best Massentierhaltungen. Kritisch dazu unter dem Blickwinkel der potentiellen Umweltauswirkungen dieser Vorhaben, Baumgartner ua. Vgl oben I. C. 4. So fehlte es an einer Bedachtnahme auf sensible Standorte, weiters waren Schwellenwerte zT sehr hoch angesetzt oder Projektklassen (zB Kessel- und Behälterbau, Kraftwagenmontage, Brauereien) zur Gänze von der UVP-Pflicht ausgenommen. Vgl dazu Madner (FN 82), 52. Punktuelle Umsetzungsdefizite waren auch für Vorhaben des Anh I zu konstatieren. So zB durch die Festlegung einer Mindestlänge für UVP-pflichtige Eisenbahntrassen (kritisch dazu auch Ritter, 72; Feik, 362) oder durch Kapazitätsgrenzen für Anlagen zur Stahlerzeugung bzw für die Behandlung gefährlicher Abfälle. § 3 iVM Anh I Sp 3 UVP-G. Dazu unten I C. 5. Näher dazu unten II. A. 2. Vgl Raschauer, Einl 9; Schwarzer (FN 75), 109; Madner (FN 82), 49 f. Im Rahmen des EWR-A wurde eine unmittelbare Anwendung der UVP-RL ungeachtet der verzögerten Umsetzung mit dem Hinweis abgelehnt, mit dem EWR-A habe der Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht Eingang in die österreichische Rechtsordnung gefunden: VwGH 3. 10. 1996, 95/06/0246; VwGH 7. 11. 1996, 95/06/0239. Vgl aber den Zurückweisungsbeschluss VfSlg 14152/1995. Näher dazu Madner (FN 82), 49 f mwN.
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maßgeblichen Materiengesetzen heranzuziehen103. Diese Vorgehensweise, die auch der Gesetzgeber mit der Übergangsvorschrift zum UVP-G 2000104 vor Augen hat, kann freilich die (kompetenzrechtlichen) Probleme nicht lösen, die einer vollständigen und umfassenden Berücksichtigung aller UVP-relevanten Aspekte außerhalb des UVP-G im Einzelfall entgegenstehen können105 und die mit ausschlaggebend für die Schaffung des konzentrierten Genehmigungsregimes des UVP-G waren106. Hinzu kommt, wie Kante ausführlich dargelegt hat107, dass bei dieser Variante unmittelbarer Richtlinienanwendung jedenfalls die Vollziehungszuständigkeit kompetenzrechtlich problematisch ist, denn für eine UVP im Sinne der Kompetenzverteilung (Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG) ist die Vollziehung Landessache. In Bezug auf Vorhaben, die gemeinschaftswidrig nicht vom Anwendungsbereich des UVP-G erfasst sind, gebührt der Auslegungsvariante der Vorzug, die unmittelbar anwendbaren Regelungen der UVPRL im Rahmen des UVP-G zu vollziehen108.
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Vgl Köhler/Schwarzer, § 46 Rz 13; Rundschreiben des BMUJF zur unmittelbaren Anwendbarkeit der UVP-RL ab dem 15. März 1999 (10. 3. 1999, GZ 11 4751/63I/1/98, abgedruckt in: List [Hrsg], Kodex Umweltrecht14, 14/7). § 46 Abs 8 u 9 UVP-G. Diese Schwierigkeiten werden auch durch die Ausführungen im Rundschreiben des BMUJF zur unmittelbaren Anwendbarkeit der UVP-RL ab dem 15. März 1999 erkennbar (10. 3. 1999, GZ 11 4751/63-I/1/98, abgedruckt in: List [Hrsg], Kodex Umweltrecht14, 14/7), wenn dort (V. Durchführung der UVP nach der RL) den jeweils zuständigen Behörden aufgetragen wird die medienübergreifenden Aspekte „gemeinsam zu erheben und zu beurteilen“, dabei einvernehmlich vorzugehen und die Verfahren soweit möglich koordiniert durchzuführen. Zur „Parzellierung“ des Umweltrechts als einem Hindernis für die umfassende Berücksichtigung der UVP und als Motiv für die Genehmigungskonzentration und die zusätzlichen Genehmigungskriterien im UVP-G vgl die Nachweise oben FN (6). Ausführlich zu möglichen Defiziten für eine Berücksichtigung der UVP in den Materiengesetzen auch Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap II Rz 20 ff. Kante, ZfV 2005, 11. Nicht zuletzt die Zielsetzung, mit dem UVP-G eine gemeinschaftskonforme Umsetzung der UVP-(Änd)RL zu schaffen, spricht dafür, das nationale Regelungssystem zu berücksichtigen und die UVP-Behörde als „sachnächste Behörde“ für den Vollzug des Gemeinschaftsrechts zu qualifizieren. Für eine unmittelbare Anwendung, die mit einer Erweiterung des Anwendungbereichs des UVP-G einhergeht auch VwGH, 20.2. 2003, 2001/07/0171. Vgl auch US 2.10.2003, 2B/2003/16, Wilhelmsburg. Gegen eine unmittelbare Anwendung der Anhänge der UVP-RL im Feststellungsverfahren nach dem UVP-G noch US 20.11.2000, US 3/2000/11-16, Retznei. Vgl jedoch andererseits die weitreichende Auseinandersetzung mit den Richtlinienvorgaben des Anh I UVP-RL im Feststellungsverfahren US 2.3.2001, 3/2000/5-39, Ort/Innkreis Nord.
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II. Die UVP im konzentrierten Genehmigungsverfahren A. UVP-Pflicht: Wirkung und Voraussetzungen 1. Genehmigungspflicht, Konzentration und Sperrwirkung Die Verwirklichung eines UVP-pflichtigen Vorhabens löst für das Vorhaben eine „autonome“ Genehmigungspflicht nach dem UVP-G aus109. Die Genehmigung wird im Rahmen eines konzentrierten Genehmigungsverfahrens erteilt und schließt alle sonst nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen Genehmigungen110 mit ein111. § 3 Abs 6 UVP-G statuiert eine „Sperrwirkung“ der UVP („UVPVorbehalt“)112: Vor Abschluss der UVP113 dürfen für UVP-pflichtige Vorhaben keine Genehmigungen erteilt werden und kommt Anzeigen nach den Verwaltungsvorschriften keine Wirkung zu. Entgegen dieser Bestimmung erteilten Genehmigungen droht die Nichtigerklärung innerhalb einer Frist von 3 Jahren durch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, „wenn eine solche nicht vorgesehen ist“ von der bescheiderlassenden Behörde114. Ist das Vorhaben nur nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung UVP-pflichtig, besteht die Sperrwirkung jedenfalls bis zum Abschluss der Einzelfallprüfung. Wird durch die Einzelfallprüfung die UVP-Pflicht bejaht, besteht die Sperrwirkung selbstverständlich auch diesfalls bis zum Abschluss der UVP; ab dem
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Diese Genehmigungspflicht besteht selbst dann, wenn das Vorhaben nach den sonst maßgeblichen Verwaltungsvorschriften keiner Genehmigung bedürfte. Vgl Raschauer, § 3 Rz 5; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 17 mit Bsp für derartige Konstellationen. Vgl auch US Baumbachalm (FN 40). Der Begriff Genehmigung iS des UVP-G (§ 2 Abs 3) ist weitgefasst und schließt insb auch Bewilligungen und Nichtuntersagungen auf Grund von Anzeigepflichten mit ein. Vgl dazu Raschauer, § 2 Rz 7 sowie sogleich unten . § 3 Abs 3 iVm § 5 Abs 1 u § 17 Abs 1 UVP-G. Ritter, 77; Raschauer, § 3 Rz 16; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III, Rz 4. In Lit (Bergthaler, in : Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III. Rz 4; Ennöckl/ N.Raschauer, UVP-G § 3 Rz 28) und Praxis überwiegt mittlerweile die Ansicht, dass dies der rechtskräftige UVP-Genehmigungsbescheid gem § 17 UVP-G ist, dh dass insb zur Sicherstellung der Genehmigungskonzentration in § 17 UVP-G auch das Genehmigungsverfahren der UVP-Behörde von der Sperrwirkung erfasst ist . Nach aA (Raschauer, § 3 Rz 16; Köhler/Schwarzer, § 4 Rz 22) ist dies der Abschluss der UVP ieS (vgl dazu unten bei FN 201). AM, Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 3, Rz 28. § 3 Abs 6 letzter Satz iVm § 40 Abs 3 UVP-G. Mit dem UVP-G 2000 wurde die unbefristete Nichtigkeitssanktion auf drei Jahre befristet. Abweichend von § 68 Abs 4 AVG sollen jedoch auch Bescheide oberster Behörden durch die bescheiderlassende Behörde selbst nichtig erklärt werden können. Vgl die Begründung zu § 3 Abs 6, IA 168/A 21. GP, wonach in den vom UVP-G konzentrierten Verfahren vielfach oberste Behörden zur Entscheidung berufen wären, deren unter Mißachtung des UVP-G erteilte Genehmigungen andernfalls nicht aufgehoben werden könnten. Sieht man § 3 Abs 6 UVP-G mit dem Abschluß der UVP ieS begrenzt, besteht nach diesem Zeitpunkt nur mehr die Möglichkeit der Nichtigerklärung gem § 68 Abs 4 AVG. Entscheidungen unzuständiger Materienbehörde nach Abschluß der UVPieS erscheinen im übrigen wenig wahrscheinlich.
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negativem Ausgang der Einzelfallprüfung kommt die Konzentrations- und Sperrwirkung der UVP nicht (mehr) zum Tragen. Die Sperrwirkung bezieht sich, wie die Genehmigungskonzentration, auf Genehmigungen im weiten Sinn des § 2 Abs 3 UVP-G. Als „für die Zulässigkeit der Ausführung eines Vorhabens115 vorgeschriebene behördliche Akte oder Unterlassungen“ sind insb auch Ausnahmebewilligungen116 oder Nichtuntersagungen auf Grund von Anzeigepflichten mitumfasst. Erfasst sind weiters auch Genehmigungen in gestuften Verfahren117. Entsprechend den Zielsetzungen und der Ausgestaltung der UVP als Projekt-UVP mit Standortbezug sind Rechtsakte genereller Natur118, personenbezogene Erlaubnisse119 oder Typenbewilligungen120 nicht von der Konzentrations- und Sperrwirkung der UVP umfasst121. Differenziert beurteilt wurde bislang die Rechtslage in Bezug auf die Genehmigung von Vorarbeiten sowie insb eines Versuchsbetriebs iSv § 354 GewO: Vorarbeiten, die eine Projektierung erst ermöglichen sollen (zB Bohrversuche, Grundwasseruntersuchungen), sind von der Sperr- und Konzentrationswirkung des UVP-G nicht erfasst122. Die Zulässigkeit eines Versuchsbetriebs als Mittel der Beweiserhebung im Genehmigungsverfahren wurde in der Literatur hingegen zT bejaht123. Seit der UVP-G-Nov 2000 sind im konzentrierten Genehmigungsverfahren ausdrücklich nur mehr die materiellrechtlichen Genehmigungsvorschriften der verdrängten Materiengesetze jedenfalls mitanzuwenden, während für das Verfahren die Sonderbestimmungen des UVP-G und subsidiär das AVG anzuwenden sind. Das Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage im UVP-G spricht insoweit generell gegen die Zulässigkeit der Genehmigung eines Versuchsbetriebs.
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Zum ebenfalls weitgefassten Begriff „Vorhaben“ (§ 2 Abs 2 UVP-G) vgl unten II. A. 2. ZB nach dem DenkmalschutzG. ZB Bauplatzbewilligungen. Vgl Raschauer, § 3 Rz 19; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 6 jew mit weiteren Beispielen. ZB die Erlassung von Flächenwidmungsplänen.. ZB eine Erlaubnis als Abfallbehandler, aber auch eine Bergwerksberechtigung gem § 22 MinROG (vgl US 4.1. 2005, 9B/2004/8-53, Saalfelden. Die - auch projektbezogenen - Konzessionen nach § 14 EisenbahnG bzw § 4 RohrleitungsG sollen mit dem UVP-G 2000 ebenfalls von der Konzentrations- und Sperrwirkung der UVP ausgenommen werden. Die Legaldefinition in § 2 Abs 3 UVP-G wurde entsprechend angepasst. Vgl dazu die wenig überzeugende Begründung zu § 2 Abs 3, IA 168/A 21. GP. ZB nach § 76 GewO. Vgl dazu Raschauer, § 3 Rz 18; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 9 ff, jew mit weiteren Bsp. In diesem Sinn auch US 6.11.1998, 9/1998/4-35, Gasteinertal. Vgl aus der Lit:Raschauer, § 3 Rz 19 mit weiteren Beispielen; vgl auch Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 12; Madner, 241; Ritter, 83 ff. Bergthaler, Vorarbeiten und Versuchsbetrieb im UVP-Verfahren, ecolex 1995, 934 der insb ins Treffen führt, dass gerade in UVP-Verfahren und gerade auch vor Abschluss der UVP der Versuchsbetrieb als Beweismittel sinnvoll sein kann; Köhler/Schwarzer, § 16 Rz 13; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 12; aM Raschauer, § 3 Rz 17 u 19.
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2. UVP-pflichtige Vorhaben a) Verwirklichung von Vorhaben des Anh 1 Das UVP-G listet die Vorhaben, die einer UVP zu unterziehen sind in einem Anhang 1 zum Gesetz taxativ auf124. Der mit der Umsetzung der UVPÄndRL125 erheblich erweitertete Anh 1 UVP-G enthält in 88 Ziffern über 100 Vorhabenstypen aus den Bereichen Abfallwirtschaft (Ziffer 1-3), Energiewirtschaft (Ziffer 4-6), Umgang mit radioaktiven Stoffen (Ziffer 7-8), Infrastrukturprojekte (Ziffer 9-24), Bergbau (Ziffer 25-29), Wasserwirtschaft (Ziffer 30-42)126, Land- und Forstwirtschaft (Ziffer 43-46), sonstige Anlagen (Ziffer 47-88). Im Einzelnen ist die UVP-Pflicht zT an Schwellenwerte, Kriterien bzw an das Ergebnis einer Einzelfallprüfung zur Abklärung der UVP-Pflicht geknüpft. Für die UVP-Pflicht von Vorhabensänderungen und für die Erfassung der kumulativen Umweltauswirkungen von Vorhaben bestehen spezielle Regelungen, die in den nächstfolgenden Abschnitten dargelegt werden. Anh 1 Spalte 1 nennt Vorhaben, die einer UVP im ordentlichen UVPVerfahren127 zu unterziehen sind. Die UVP-Pflicht ist zT an die Erreichung von Schwellenwerten geknüpft. Anh 1 Sp 1 UVP-G erfasst Anlagen aus den Bereichen Abfall- bzw Energiewirtschaft, Infrastrukturprojekte, Bergbau und Wasserwirtschaft, während „reine“ Produktionsanlagen vom ordentlichen UVP-Verfahren ausgeklammert sind. Anh 1 Spalte 2 nennt Vorhaben, die - zT nach Maßgabe von Schwellenwerten - einer UVP im vereinfachten UVP-Verfahren zu unterziehen sind128. Unter Anh 1 Sp 2 fallen insbesondere auch Vorhaben der Land- und Forstwirtschaft sowie Produktionsanlagen. Anh 1 Spalte 3 nennt vor allem129 Vorhaben, diein schutzwürdigen Gebieten bei Erreichen des jeweiligen Schwellenwertes nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung130 einer UVP im vereinfachten UVP-Verfahren zu unter-
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§ 3 Abs 1 iVm Anh 1 UVP-G. Eine UVP-Pflicht kann jedoch auch aus der unmittelbaren Anwendung der UVP-RL im Fall unzureichender Richtlinienumsetzung resultieren. Vgl dazu oben I. C.. Vgl dazu oben I. C. 3. Vgl dazu unten III. B. § 3 Abs 1 iVm Anh 1 UVP-G. Zur UVP-Pflicht bei Änderungen dieser Vorhaben oder bei der Kumulation von Vorhaben des Anh 1 Sp 1 siehe unten Rz 42ff. Zur Unterscheidung zwischen ordentlichem und vereinfachten UVP-Verfahren siehe unten Rz 53. § 3 Abs 1 iVm Anh 1 Sp 2 UVP-G. Mit der UVP-G-Novelle 2005 wurden im Gefolge der Spielberg-Entscheidung des Umweltsenats (US 3.12. 2004, 5B/2004/11-18) Vorhaben in Anh 1 Spalte 3 aufgenommen, die keinen Bezug zu schutzwürdigen Gebieten aufweisen und für die andere besondere Voraussetzungen festgelegt sind, die in der Einzelfallprüfung gem § 3 Abs 4a UVP-G zu prüfen sind. Dies betrifft derzeit bestimmte Freizeitparks, Sportstadien, Renn- und Teststrecken. Vgl dazu unten II. A. 3.
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ziehen sind131. Erweist die Einzelfallprüfung, dass der für die Gebietsfestlegung maßgebliche Schutzzweck wesentlich beeinträchtigt wird, besteht UVP-Pflicht. Die schutzwürdigen Gebiete sind in Anh 2 zum UVP-G festgelegt und definiert und umfassen folgende Kategorien: Kategorie A: „besonderes Schutzgebiet“: Dazu zählen Vogelschutzgebiete nach der VogelschutzRL (RL 79/409/EWG)132; Schutzgebiete, die gem Art 4 Abs 2 der Fauna-Flora-Habitat-RL (FFH-RL, RL 92/43/EWG) in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen wurden; Bannwälder nach § 27 ForstG sowie „bestimmte“ nach landesrechtlichen Vorschriften im Bereich des Naturschutzes ausgewiesene Schutzgebiete133. Kategorie B: „Alpinregion“: Als Untergrenze gilt der Beginn der Kampfzone des Waldes (§ 2 ForstG). Kategorie C: „Wasserschutz und Schongebiete“, und zwar gem §§ 34, 35 und 37 WRG134. Kategorie D: „belastetes Gebiet (Luft)“, das sind durch VO des BMLFUW (§ 3 Abs 8UVP-G) festgelegte Gebiete, in denen die Immissionsgrenzwerte des BImmschG-Luft wiederholt und auf längere Zeit überschritten werden .Kategorie E „Siedlungsgebiet“: das ist der Bereich „in oder nahe Siedlungsgebieten“135 als schutzwürdig festgelegt. Anhang 2 legt fest, welche Bauland- bwz Sondergebietswidmungen als Siedlungsgebiet gelten. Gebiete der Kategorie A, C, D und E sind für die UVP-Pflicht eines Vorhabens nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen sind.
b) UVP-Pflicht bei Kumulation von Vorhaben des Anh 1 Vor dem Hintergrund der einschlägigen Judikatur des EuGH136 soll § 3 Abs 2 UVP-G der kumulativen Wirkung von Vorhaben Rechnung tragen und ein Umgehen der UVP durch die Aufsplitterung von Projekten hintanhalten: Vor131
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§ 3 Abs 1 u 4 iVm Anh 1 Sp 3 UVP-G. Entsprechend dem Sinn und Zweck der UVP sind Vorhaben des Anh 1 Sp 3 UVP-G, die auch in Anh 1 Sp 1 genannt sind, bei Erreichen der in Sp 1 genannten höheren Schwellenwerte jedenfalls einer UVP im ordentlichen Verfahren zu unterziehen. Vgl zB Anh 1 Z 38 lit a u lit c UVP-G; Anh 1 Z 27 lit a u lit b UVP-G. Im Lichte von Anh III der UVP-RL sind damit die gem Art 4 Abs 1 u 2 der VogelschutzRL 79/409 als „besondere Schutzgebiete“ ausgewiesenen Flächen angesprochen, die gemäß Art 3 Abs 1 UAbs 2 FFH-RL einen Bestandteil des Schutznetzwerks „Natura 2000“ bilden. Die Abgrenzung der „durch Verwaltungsakt ausgewiesenen, genau abgegrenzte Gebiete im Bereich des Naturschutzes“ ist unklar: So knüpfen einige Länder im Interesse des allgemeinen Natur- und Landschaftschutzes an die Flächenwidmungskategorie „Grünland“ an . Mit der Wendung „bestimmte Gebiete“ sollten offenbar die vom Gründlandschutz erfassten Gebiete ausgeschlossen (darauf weist auch die Bezeichnung „besondere Schutzgebiete“ in Kat A hin). Andererseits werden nach den Naturschutzgesetzen - zT intensiver geschützte Gebiete - wie zB Feuchtgebiete oder Auwälder nicht durch Verwaltungsakt ausgewiesen und können damit nur dann unter die Definition von Kat A Anh 2 fallen, wenn sie zugleich Teil eines Natur- oder Landschaftschutzgebietes oder einer sonst durch Verordnung festgelegten Schutzkategorie sind. Grundwasserschutzgebiete gem § 33f WRG sind - gemeinschaftsrechtlich bedenklich - nicht angeführt (vgl Baumgartner ua, 126 FN 24). In Anlehnung an § 82 MinRoG ist dieser Nahebereich mit einem Umkreis von 300 m näher konkretisiert. EuGH, Kommission/Irland (FN 67) dazu oben I. C. 4. Der in den Gesetzesmaterialien (Begründung zu § 3 Abs 2, IA 168/A 21. GP.) geäußerte Wunsch nach restriktiver Auslegung des Kumulationstatbestands findet seine Grenze wiederum an den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts.
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haben, die für sich genommen, die in Anh 1 UVP-G festgelegten Schwellenwerte und Kriterien nicht erfüllen, die jedoch mit anderen Vorhaben des Anh 1 in einem räumlichen Zusammenhang stehen und die jeweiligen Schwellenwerte und Kriterien gemeinsam mit diesen Vorhaben erreichen, sind nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung einer UVP im vereinfachten Verfahren zu unterziehen. Die Behörde hat bei dieser Einzelfallprüfung festzustellen, ob auf Grund der Kumulierung der Auswirkungen der Vorhaben mit erheblichen negativen Umweltauswirkungen zu rechnen ist137,138. Bei den betrachteten Vorhaben muss es sich nicht um solche desselben Projektwerbers handeln139. Auch das Hinzutreten eines Projekts zu einem bereits genehmigten Vorhaben kann für das hinzutretende Projekt auf Grund der kumulativen Wirkung die UVP-Pflicht auslösen. Denkbar ist auch, dass ein noch nicht genehmigtes, ursprünglich nicht UVP-pflichtiges Vorhaben durch das Hinzutreten eines weiteren Vorhabens UVP-pflichtig wird. Der maßgebliche räumliche Zusammenhang wird nicht zuletzt von den Umweltauswirkungen bestimmt, die für die Einbeziehung des Vorhabenstyps in das UVP-G maßgeblich waren. Unklar ist, wann der „jeweilige Schwellenwert“ bzw das Kriterium gemeinsam erreicht werden. Eindeutig ist, nicht zuletzt im Hinblick auf das IrlandUrteil, dass zB Rodungen die in räumlichen Zusammenhang stehen, jedoch unterschiedlichen Projektzielen dienen, im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung des Schwellenwerts des Anh 1 Z 46 zu prüfen sind140. Fraglich ist jedoch, ob Projekte in räumlichem Zusammenhang auch dann dem „Kumulationstatbestand“ unterliegen sollen, wenn sie zwar unter unterschiedliche Projektklassen des Anh 1 UVP-G zu subsumieren sind, die UVP-Pflicht jedoch an die gleichen Kriterien (zB Flächeninspruchnahme) geknüpft ist141. Der Kumulationstatbestand gelangt gem § 3 Abs 2 UVP-G jedenfalls nicht zur Anwendung, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25% des Schwellenwertes aufweist. Diese „Mindestschwelle“ ist im Lichte des Irland-Urteils des EuGH insofern gemeinschaftsrechtlich bedenklich, als auf diese Weise die kumulative Wirkung einer Vielzahl räumlich zusammen-
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§ 3 Abs 2 letzter Satz UVP-G. Zum Verfahren der Einzelfallprüfung (§ 3 Abs 7 UVP-G) vgl unten. Zu den einschlägigen Entscheidungen des Umweltsenats vgl Baumgartner/Niederhuber, RdU 2004, 124 (129). Eberhartinger-Tafill/Merl, UVP-G, 30f. Gerade diese Konstellation lag ja auch dem Irland-Urteil des EuGH zu Grunde. Vgl auch die Begründung zu § 3 Abs 2, IA 168/A 21. GP. So auch Baumgartner ua , 127 FN 29; Begründung zu § 3 Abs 2, IA 168/A 21. GP. Vgl weiters das dort angeführte Bsp der Errichtung von öffentlich zugänglichen Parkplätzen (Anh 1 Z 21) in Zusammenhang mit verschiedenen Projekten. Bsp: Freizeitpark mit 1.000 Stellplätzen (Anh 1 Z 17) und Hotel mit 450 Betten (Anh 1 Z 20) die gemeinsam über 10 ha Fläche in Anspruch nehmen. Dafür spricht jedenfalls beim Kriterium der Flächeninanspruchnahme, dass für die Festlegung der UVP-Pflicht nicht primär der Projekttyp maßgeblich war und dass auf diese Weise kumulative gleichgerichtete Umweltauswirkungen bestmöglich erfasst und Umgehungen hintangehalten werden können. Zur Kumulierung von Vorhabenstypen verschiedener Ziffern des Anh 1 vgl auch US 26.1.2004, 9A/2003/19-30, Maishofen.
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hängender kleiner Vorhaben auch bei allenfalls besonders sensiblen Standortbedingungen nicht erfasst werden kann142. Einem Unterlaufen der UVP-Pflicht durch die Aufsplitterung von Projekten wirken neben dem „Kumulationstatbestand“ weiters die „Einrechnungsregel“ bei der Ermittlung der UVP-Pflicht von Änderungen bzw die spezifischen Änderungstatbestände in Anh 1143 sowie der weite Vorhabensbegriff des UVPG entgegen144. c) UVP bei Änderungen von Vorhaben145 Die Genehmigungs- und UVP-Pflicht bei Änderung von Vorhaben regelt § 3a UVP-G. Gegebenenfalls ist die UVP für Vorhaben des Anh 1 Sp 1 im ordentlichen, jene für Vorhaben des Anh 1 Sp 2 und 3 UVP-G im vereinfachten UVP-Verfahren durchzuführen. Die UVP findet grundsätzlich nur ab einer Kapazitätsausweitung von mindestens 50% des in Anh 1 festgelegten Schwellenwerts und nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung statt, bei der die Behörde festzustellen hat, ob durch die Änderung mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu rechnen ist146. Eine Ausnahme stellen Änderungen dar, deren Ausmaß den in Anh 1 genannten Schwellenwert zu 100% erreicht. Solche Änderungen sind in jedem Fall und ohne Einzelfallprüfung einer UVP zu unterziehen147. Im Einzelnen ist zu differenzieren: Für vereinzelte Klassen von Vorhaben148 enthält bereits Anh 1 Änderungstatbestände, welche die Einzelfallprüfung und gegebenenfalls die UVP-Pflicht nach sich ziehen149. Sofern Anh 1 hingegen ausdrücklich auf die Neuerrich142
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Zwar kann auch für die Auslegung der UVP-ÄndRL die Aussage des EuGH herangezogen werden, wonach es gerade der Zweck von Schwellenwerten und Kriterien sei, die Beurteilung der konkreten Merkmale eines Projekts zu erleichtern und nicht in jedem Einzelfall die Voraussetzungen für die UVP-Pflicht prüfen zu müssen (EuGH, Kraaijeveld [FN 67], Rz 49; EuGH, Kommission/Irland [FN 67], Rz 73); jedoch ist bei der Festlegung der Schwellenwerte und Kriterien der Gefahr der (kumulativen) Umweltbeeinträchtigung durch ein, nicht bloß auf die Projektgröße abstellendes, Kriterium Rechnung zu tragen (vgl EuGH, Kommission/Irland [FN 67], Rz 66, 76). Vgl aber US 8.7. 2004, 5A/2004/2-48, Seiersberg zur Unbeachtlichkeit der 25%-Schwelle bei offensichtlicher Umgehung der UVP. § 3 Abs 5 UVP-G bzw zB Anh 1 Z 46 lit b. Dazu unten Rz 42. Vgl dazu sogleich unten d. Zum Problem der „Stückelung“ im Zusammenhang mit Eisenbahn-Hochleistungsstrecken vgl Feik, FN42. Der Gesetzgeber bezeichnet im UVP-G - sprachlich unglücklich - auch die Änderung genehmigter Anlagen und Einrichtungen, also bereits verwirklichter Projekte, als „Vorhaben“. Zum Verfahren der Einzelfallprüfung (§ 3 Abs 7 UVP-G) vgl unten. § 3a Abs 1 Z 1 UVP-G, der die entsprechenden Vorgaben der Aarhuskonvention bzw der ÖffentlichkeitsbeteiligungsRL umsetzt. Die sog 100%-Regel gilt jedoch nicht für Schwellenwerte, die in Anh 1 speziell für Änderungsvorhaben festgelegt wurden. Vgl RV 648 BlgNR 22.GP, 8. Vgl zB Anh 1 Z 5; Z 9 lit c u e; Z 10 lit c u e; Z 12 lit b u c; Z 14 lit c u d; Z 25 lit b u d; Z 26 lit b u d; Z 46 lit b, d u f; Z 47 lit b. Vgl zB: Die Änderung (Erweiterung) von Schigebieten in besonderen Schutzgebieten mit einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 10 ha (Anh 1 Z 12 lit c). Die Änderung von Eisenbahntrassen Anh 1 Z 10. Zu den Änderungstatbeständen für Flugplätze vgl US 30.1.2001, US 9/2000/14-13, Wiener Neustadt Ost III.
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tung, den Neubau oder die Neuerschließung von Vorhaben abstellt, sind Änderungen nicht UVP-pflichtig, sofern das Vorhaben nicht auch unter eine andere Ziffer des Anh 1 subsumiert werden kann150. Bei den Vorhaben, für die Anh 1 keinen Änderungstatbestand, wohl aber einen Schwellenwert enthält, sind Änderungen, nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung, ab Erreichen des Schwellenwertes und einer Kapazitätsausweitung von 50% des Schwellenwertes im vereinfachten Verfahren UVP-pflichtig. Änderungen in der Kapazität von 100% des Schwellenwerts sind jedenfalls UVP-pflichtig. Bei den Vorhaben, für die Anh 1 weder einen Änderungstatbestand noch einen Schwellenwert festlegt, sind Änderungen nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung ab einer Kapazitätsausweitung von 50% der bisher genehmigten Kapazität im vereinfachten Verfahren UVP-pflichtig. Auf die kumulative Wirkung von Änderungsvorhaben151 stellt § 3a Abs 6 UVP-G ab: Änderungen von Vorhaben des Anh 1 Sp 1, 2 oder 3, die für sich genommen, die in Anh 1 bzw in § 3a Abs 2 bis 5 UVP-G festgelegten Schwellenwerte und Kriterien für Änderungen nicht erfüllen, die jedoch mit anderen Vorhaben des Anh 1 in einem räumlichen Zusammenhang stehen und die jeweiligen Schwellenwerte und Kriterien des Anh 1152 gemeinsam mit diesen Vorhaben erreichen, sind nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung einer UVP im vereinfachten Verfahren zu unterziehen. Auch für die Anwendung des Kumulationstatbestand bei Änderungen ist eine Mindestkapazitätsschwelle von 25% vorgesehen153. Soweit Anh 1 nichts anderes vorsieht, sind die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden154 - einschließlich der beantragten Kapazitätserweiterung von einer Mindestkapazitätsschwelle von 25 %155 - in die Beurteilung der beantragten Änderungsmaßnahme einzubeziehen156. Diese Bestimmung soll eine Stückelung von Vorhabensänderungen zur Umgehung der UVP-Pflicht hintanhalten157. Maßnahmen, die Gegenstand eines verwaltungsbehördlichen Anpassungs- oder Sanierungsverfahrens sind, werden
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Vgl Begründung zu § 3a, IA 168/A 21. GP. Vgl korrespondierend für „neue“ Vorhaben § 3 Abs 2 UVP-G; dazu oben Rz 37ff. Nicht das gemeinsame Erreichen der 50%-Schwelle für Änderungen, sondern der in Anh 1 festgelegte Schwellenwert für „neue“ Vorhaben ist demnach entscheidend für die Änderungsgenehmigungspflicht bei Kumulation von Vorhaben. Vgl dazu obenb. Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Berechnung der 5-Jahresfrist vgl US 23.9. 2001, 1B/2001/2-28, Ort/Innkreis II. Zur Unbeachtlichkeit dieser Bagatellschwelle bei Umgehungskonstellationen vgl US 8.7.2004, 5A/2004/2-48, Seiersberg; bestätigend VwGH, 29.3.2006, 2004/04/0129. Näher zu einschlägigen Entscheidungen des US Baumgartner/ Niederhuber, RdU 2004, 124 (127f). § 3a Abs 5 UVP-G. Eine spezielle Regelung zur Hintanhaltung von „Stückelungen“ im Zusammenhang mit Eisenbahnvorhaben enthält Anh 1 Z 10 lit d. Vgl zu dieser Problematik auch EuGH, 16.9.2004, Rs C-227/01, Kommission/Spanien.
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von der UVP-Pflicht für Änderungen ausgenommen; „darüber hinausgehende Maßnahmen“ unterliegen den Änderungstatbeständen des UVP-G158. d) Begriff „Vorhaben“ Der Vorhabensbegriff, an den der Gesetzgeber die UVP-Pflicht anknüpft159, umfasst sowohl Anlagen als auch sonstige Eingriffe unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichem Zusammenhang stehenden Maßnahmen160. Diese weite Legaldefinition kann bei der Auslegung der in Anh 1 angeführten Maßnahmen zum Tragen kommen, sofern die Umschreibung der UVP-relevanten Maßnahmen Auslegungsspielräume eröffnet161. Im Übrigen wird Anh 1 im Lichte der UVP-RL162 sowie mit Blick auf die Terminologie der sachverwandten Materiengesetze ausgelegt163. Bei der Beurteilung der Kapazität eines Vorhabens164, ist grundsätzlich165 auf die vom Projektwerber beantragte Größe oder Leistung bzw bei Änderungen auf den genehmigten Umfang abzustellen166. In der Judikatur des VwGH bzw des Umweltsenats167 wurden bislang ua die Begriffe „Kraftwerkskette“,168 „Schutz- und Regulierungswasserbauten“169, „offene Fläche“170, „Rodung“171, „Pistenneubau in Schigebieten“172, Mastschweineplätze173 und „Deponie“174 erörtert.
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§ 3a Abs 8 UVP-G. Zur Problematik der Grenzziehung insb bei der Genehmigung von Sanierungskonzepten und zu den mit dieser Ausnahme verbundenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken vgl Ritter, 73 f; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 108. § 2 Abs 2 UVP-G. Zur Bedeutung des Vorhabensbegriff bei Kumulation von Vorhaben bzw bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit nachfolgend. Mit der UVP-G-Nov 2000 hat der Gesetzgeber verdeutlicht, dass als Maßnahmen im räumlichen und sachlichen Zusammenhang auch weitere Anlagen oder Eingriffe gelten. Vgl dazu mit Bsp aus Entscheidung des Unweltsenates: Baumgartner/Niederhuber, 134 (FN 27-29). Gegen eine extensive „richtlinienkonforme Interpretation“ US 28. 9. 1999, 7/1999/6-7, Rothenhof/Oberloiben. Vgl näher Raschauer, § 3 Rz 4 bzw Anh 1 sowie ausführlich zu den einzelnen Projektgruppen Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 50 ff. Allgemein zu den Grenzen richtlinienkonformer Interpretation Öhlinger/Potacs (FN 82), 82 f. Näher dazu Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 28 ff. Zu möglichen Grenzen des Antragsprinzip bei offenkundiger Umgehungsabsicht vgl US 19.8. 2003, 1B/2003/11-17, Fraham. So nunmehr ausdrücklich § 2 Abs 5 UVP-G. Anders noch - vor der UVP-G-Nov 2000 - US 30. 3. 2000, 5/2000/1-13, Altmannsdorf. Vgl zu dieser Judikatur des US Baumgartner/Niederhuber, RdU 2004, 124 (127). Vgl näher dazu Baumgartner/Niederhuber, RdU 2004, (124) 126f. Dazu sogleich unten bei FN 180. US 14. 5. 1997, 7/1997/4-13, Donau/Marchland; VwGH 26. 5. 1998, 97/07/0222. US 23. 12. 1998, 8/1998/2-68, Hohenems bzw US Baumbachalm (FN 40). US 12. 4. 2000, 9/1999/7-31, Kühtai. US 21.6.2000, 5/2000/3-19, Stössing. US 29.6.2000, 1/2000/8-7, Götzis; US 12.2.2001, US 2/2000/15-5, Frohnleiten.
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Dass Projekte verschiedener Projektwerber bei der Beurteilung der UVPPflicht175 uU gemeinsam zu betrachten sind, um den Zielen der UVP gerecht zu werden, ist nunmehr durch die Rechtsprechung des EuGH176 klargestellt. Der Umsetzung dieser Vorgaben dienen insb die „Kumulationstatbestände“ des UVP-G177. Dem Problem der Umgehung der UVP-Pflicht bei zeitlich gestufter Projektverwirklichung trägt der Gesetzgeber auch durch die Gestaltung der Tatbestände für die UVP-Pflicht von Änderungen178 Rechnung. Die Vorhabensdefinition des UVP-G bietet offenbar weiterhin einen Anknüpfungspunkt dafür, Maßnahmen (auch verschiedener Projektträger) unbeschadet der „Kumulationstatbestände“ bei der Beurteilung der UVP-Pflicht im Hinblick auf die maßgeblichen Schwellenwerte und Kapazitäten dann gemeinsam zu betrachten, wenn neben dem räumlichen auch ein sachlicher Zusammenhang vorliegt179. Die Bestimmung des rechtlich relevanten „sachlichen Zusammenhangs“ ist freilich schwierig und in der Judikatur zum UVP-G bislang kaum konkretisiert180. Die bloße Übereinstimmung der Zweckwidmung, dh die mögliche Zuordnung zu demselben Anlagentyp des Anh 1 UVP-G, ohne weiteren wirtschaftlichen oder funktionellen Zusammenhang wird jedenfalls keinen „sachlichen Zusammenhang“ iS des UVP-G begründen,
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Es handelt sich freilich weiter um verschiedene Vorhaben, die grundsätzlich in getrennten Verfahren - gegebenenfalls unter Einschluss einer UVP - zu prüfen (vgl jedoch § 5 Abs 7 UVP-G)und zu genehmigen sind. EuGH, Kommission/Irland (FN 67). § 3 Abs 2 UVP-G bzw § 3a Abs 6 UVP-G. Dazu obenb. Vgl zB Anh 1 Z 26 lit b in Bezug auf die Entnahme mineralischer Rohstoffe sowie § 3a Abs 5 UVP-G. Zur Relevanz des Vorhabensbegriffs für die Abgrenzung von Vorhabensänderungen und selbständigen Vorhaben: US 23. 12. 1998, 8/1998/2-68, Hohenems; US 19. 7. 1999, 5/1998/6-46, Bad Waltersdorf; vgl dazu auch Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 97; Baumgartner/Niederhuber, 135 f. Auf diese Weise könnten Umgehungen der UVP-Pflicht durch Aufsplitterung von Projekten auch unter der 25% Schwelle des „Kumulationstatbestands“ aufgefangen werden, sofern auch ein sachlicher Zusammenhang“ zwischen den Projekten hergestellt werden kann. Vgl zur Rechtslage nach dem UVP-G 1993: Bergthaler, in Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 43ff. In der Entscheidung, Untere Ybbs hat der US (US 31. 10. 1995, 05/1995/1) unter missverständlicher Berufung auf Raschauer, § 3 Rz 6 die UVP-Pflicht für ein, zu bestehenden Kraftwerken hinzutretendes Kraftwerk mangels Identität der Projektwerber verneint ohne zu prüfen, inwieweit nicht die Verwendung des Begriff „Kraftwerkskette“ in Anh 1 UVP-G iVm § 1 und 2 UVP-G eine andere Auslegung gebietet. Kritisch Raschauer, Entscheidungsanmerkung, RdU 1996, 38; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 45; Baumgartner/Niederhuber, 136. Vgl demgegenüber US 7. 1. 1999, 5/1998/5-18, Perg-Tobra, wo Massentierhaltungen verschiedener Projektwerber - allerdings ohne näher Auseinandersetzung mit der Frage „sachlicher Zusammenhang“ - als gemeinsam die UVP-Pflicht auslösende Vorhaben beurteilt wurden. Die gemeinsame Betrachtung von Rohstoffgewinnungsvorhaben eines Projektwerbers, die „eine betriebliche und wirtschaftliche Einheit bilden“, wurde hingegen wiederholt bejaht (US 14. 11. 1997, 8/1997/2-51, Untersiebenbrunn; US 23. 12. 1998, 8/1998/2-68, Hohenems). Zur Qualifikation verschiedener Baumaßnahmen eines Projektwerbers als Änderung eines EKZ vgl US 23.2.2001, 1/2000/17-18, Pasching. Zur einschlägigen Rechtsprechung des US vgl auch Baumgartner/Niederhuber, RdU 2004, 126f.
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andererseits ist ein solcher Konnex, entsprechend den Zielsetzungen der UVP, nicht erst bei Vorliegen eines „zwingend kausalen“ Zusammenhangs zu bejahen181. Von der Betrachtung und Abgrenzung des Vorhabens hinsichtlich der Erreichung der Schwellenwerte für die UVP-Pflicht zu unterscheiden, wenngleich nicht ohne Zusammenhang zum Vorhabensbegriff, ist die Frage, welche Maßnahmen als (mittelbare) Auswirkungen eines Projekts in die Beschreibung und Bewertung im Rahmen der UVP einzubeziehen sind182.
3. Feststellungsbescheid über die UVP-Pflicht Ob ein Vorhaben UVP-pflichtig ist und einer UVP im konzentrierten Genehmigungsverfahren zu unterziehen ist, kann - auch vor der Einbringung eines Genehmigungsantrags183 - durch ein Feststellungsverfahren geklärt werden184. Antragslegitimiert sind gemäß § 3 Abs 7 UVP-G neben dem Projektwerber die mitwirkenden Behörden185 sowie der Umweltanwalt, nicht jedoch die Standortgemeinde. Die Feststellung kann auch von Amts wegen durch die UVP-Behörde erfolgen186. Das Feststellungsverfahren dient insbesondere auch der Klärung der UVPPflicht mit Hilfe einer sog Einzelfallprüfung: Bei der Verwirklichung von Vorhaben für die in Anh 1 Sp 3 in schutzwürdigen Gebieten ein Schwellenwert festgelegt ist187, Vorhaben, für die in Anh 1 Sp 3 sonstige besondere Voraussetzungen festgelegt sind188, bei bestimmten Änderungen189 und bei der „Kumulation“ von Vorhaben190 setzt eine UVP zwingend die bescheidmäßige Feststellung der UVP-Behörde191 über die Erheblichkeit der potentiellen Umweltauswirkungen des Vorhabens192 im Rahmen einer Einzelfallprüfung voraus193. 181 182 183
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So aber Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 22 ff bzw 47. Vgl dazu und zu den damit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten: Wimmer/ Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap IV. Zur erforderlichen Detailliertheit der Projektausarbeitung: US 16. 9. 1999, 9/1999/135, Gneixendorf. Vgl auch Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 110. Zur Berücksichtigung der Vorgaben der UVP-RL bei der Auslegung der Tatbestände des UVP-G durch den US vgl die Hinweise oben in FN 108. § 2 Abs 1 UVP-G (vgl dazu unten bei FN 290). Die mitwirkenden Behörden haben mE ein bei ihnen anhängig gemachtes Verfahren auszusetzen und die UVP-Pflicht im Zweifel im Feststellungsverfahren klären zu lassen. Die Pflicht zur amtswegigen Wahrnehmung der Zuständigkeit (§ 6 AVG) entzieht die Zuständigkeitsfrage der Parteienmaxime, steht einer Verfahrensunterbrechung zur Klärung der UVP-Pflicht jedoch nicht entgegen. AM Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap III Rz 114, unter Bezugnahme auf einen Bescheid der BMU. Vgl zB US 6.11.2000, 3/2000-10-12, Oberpullendorf. § 3 Abs 4 UVP-G. Dazu oben. Zu diesen, mit der UVP-G-Novelle 2005 in Anh 1 Z 17lit c und Z 24lit c UVP-G geschaffenen Vorhabenstypen, wie zB bestimmten Sportstätten vgl unten II. A. 2. § 3a UVP-G. Dazu oben. § 3 Abs 2 UVP-G. Dazu oben. Den sonst für die Genehmigung des Vorhabens zuständigen Behörden ist die Einzelfallprüfung verwehrt. Ob das Vorhaben durch Vorschreibung von Auflagen genehmigungsfähig wäre, ist im Feststellungsverfahren ohne Belang. Vgl dazu US, 2.3.2001, US 3/2000/5-39, Ort/Innkreis Nord.
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Kriterien für die Einzelfallprüfung, die nicht als „vorgezogene UVP“ zu verstehen ist, legt § 3 Abs 4 Z 1, 2 und 3 UVP-G insb hinsichtlich der Merkmale und des Standort des Vorhabens sowie der „Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens fest194. Der BMLFUW kann „nähere Einzelheiten über die Durchführung der Einzelfallprüfung“ durch Verordnung regeln195. Parteistellung im Feststellungsverfahren haben der Projektwerber, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde Die Befugnis, Beschwerde beim VwGH zu erheben kommt neben dem Projektwerber jedoch nur der Standortgemeinde zu196. Nachbarn, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen zählen nicht zum Kreis der in § 3 Abs 7 genannten Parteien. Eine Erweiterung der Parteistellung auf die Nachbarn, unter Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht, wird in der Judikatur bislang abgelehnt197. Die Entscheidung ist samt Begründung in den wesentlichen Punkten kundzumachen oder zur öffentlichen Einsicht aufzulegen198. Die Entscheidungsfrist beträgt in erster und zweiter Instanz sechs Wochen199. Für die Feststellung der UVP-Pflicht von Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken bestehen Sonderregelungen, die dem § 3 Abs 7 UVP-G nachgebildet sind200.
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Zur Einzelfallprüfung vgl zB US 23.2.2001, US 1/2000/17-18, Pasching, zur Änderung eines Einkaufszentrums. Vgl Anh III der UVP-RL, der bei der Interpretation mit zu berücksichtigen ist. § 3 Abs 5 UVP-G. Hierbei kann es sich wohl nur um eine Konkretisierung der gem § 3 Abs 4 UVP-G zu berücksichtigenden Prüfkriterien und des Prüfungsablaufs handeln. Ein Leitfaden des BMLFUW zur Einzelfallprüfung gemäß UVP-G 2000 liegt vor (Schriftenreihe des BMLFUW 2/2001). § 3 Abs 7 vorletzter Satz. Nach der Rspr des VwGH hat der Umweltanwalt (VwGH 17.1.1997, 96/07/0228) im Feststellungsverfahren, anders als im Genehmigungsverfahren, keine subjektiven Rechte und damit mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung auch keine Befugnis zur Beschwerdeerhebung beim VwGH. Auch den mitwirkenden Behörden kommt, unabhängig von ihrer Formalparteistellung im Feststellungsverfahren, keine Beschwerdelegitimation zu (VwGH 13.12.2000, 2000/04/0163). VwGH 30.6.2004, 2004/04/0076 unter Bezugnahme auf EuGH, Rs C-201/02, Wells. US 28.2. 2006, 4A/2006/2-5, Funpark Arnoldstein unter Bezugnahme auf die UVPRL idF der ÖffentlichkeitsbeteiligungsRL. Vgl auch VfGH 23.11. 2003, B1212/02 der hinsichtlich der fehlenden Nachbarparteistellung im Feststellungsverfahren auf die in den Materiengesetzen eingeräumten Parteirechte verweist. Nachbarn kommt jedoch nicht in allen sonst maßgeblichen Verwaltungsvorschriften Parteistellung zu. Parteien, die nur im UVP-Verfahren Parteistellung zukommt, können die Unterlassung der UVP in den sonstigen Verwaltungsverfahren nach der Rspr des VwGH (VwGH 28.6.2005, 2003/05/0089; 20.3. 2003, 200/03/004;) nicht geltend machen. Zutreffend kritisch dazu insb mit Blick auf Art 10a UVP-RL: Ennöckl/N.Raschauer, § 3 Rz 44; näher zur einschlägigen Rspr des VwGH auch Berger, UVP-Parteistellung und Öffentlichkeitsbeteiligung, Jahrbuch des österreichischen und europäischen Umweltrechts 2006, 105. Vgl Art 4 Abs 4 UVP-RL. § 3 Abs 7 UVP-G. § 24 Abs 5 UVP-G.
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B. Genehmigungsverfahren einschließlich UVP ieS201 1. Anzuwendende Rechtsvorschriften Im Verfahren sind die Sonderverfahrensbestimmungen des UVP-G (vgl insb die Regelungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung, die öffentliche Auflage und das Umweltverträglichkeitsgutachten) und subsidiär das AVG anzuwenden202. Die generelle Mitanwendung der speziellen Verfahrensbestimmungen jener Bundes- und Landesgesetze, die von der Genehmigungskonzentration erfasst sind, ist nicht mehr vorgesehen203; lediglich punktuell verweist das UVP-G weiterhin auf diese Regelungen204. Die in den einzelnen Materiengesetzen enthaltenen Sonderverfahrensbestimmungen über Vorverfahren, Verfahrensgliederungen oder die Bewilligung von Versuchsbetrieben sind daher im Verfahren nicht anzuwenden205. Die UVP wird im Rahmen eines ordentlichen oder eines vereinfachten UVP-Verfahrens durchgeführt. Dem ordentlichen UVP-Verfahren unterliegen (Änderungs-) Vorhaben des Anh 1 Spalte 1 UVP-G. Dem vereinfachten UVP-Verfahren unterliegen - zT nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung: (Änderungs-) Vorhaben des Anh 1 Spalte 2 und 3 sowie nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung - (Änderungs-) Vorhaben des Anh 1 Spalte 1, 2 und 3, die auf Grund ihrer kumulativen Wirkung UVP-pflichtig sind206. Das vereinfachte Verfahren weist folgende wesentliche Abweichungen auf: An die Stelle des Umweltverträglichkeitsgutachtens tritt eine zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen207. Bürgerinitiativen haben keine Partei- sondern lediglich Beteiligtenstellung208. Die Regelungen über die verpflichtende Nachkontrolle kommen nicht zur Anwendung209. Die behördli-
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In Bezug auf das Verfahren zur Genehmigung eines UVP-pflichtigen Vorhabens wird verschiedentlich zwischen der UVP im engeren Sinn (insb die Umweltverträglichkeitserklärung, das Umweltverträglichkeitsgutachten bzw die zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen, Stellungnahmen zum Vorhaben, gegebenenfalls das Ergebnis der Konsultationen mit Nachbarstaaten sowie das Ergebnis eine allfälligen öffentlichen Erörterung) und dem UVP-Verfahren als das, die UVPieS einschließende, konzentrierte Genehmigungsverfahren differenziert. Diese Differenzierung liegt zB § 17 Abs 4 UVP-G zu Grunde. Vgl dazu allg Raschauer, § 1 Z 3. § 42 Abs 1 UVP-G. § 3 Abs 3 UVP-G. Dazu Baumgartner ua, 130. Vgl demgegenüber die Rechtslage vor der UVP-G-Nov 2000 (§ 16 Abs 1 UVP-G) und kritisch dazu Raschauer, § 16 Rz 2 f. Vgl zB § 5 Abs 1. Vgl demgegenüber § 16 UVP-G 1993. Zu den damit verbundenen Auslegungsschwierigkeiten vgl Raschauer, § 16 Rz 4; Köhler/Schwarzer, § 16 Rz 6 ff; Bergthaler sowie oben Rz 35. § 3 Abs 1 UVP-G greift insofern zu kurz, als gem § 3 Abs 2 UVP-G bwz § 3a Abs 6 UVP-G bei kumulativer Umweltwirkung auch Vorhaben des Anh 1 Sp 1 UVP-G dem vereinfachten UVP-Verfahren zu unterziehen sind. § 12a UVP-G. § 19 Abs 2 UVP-G. § 21 UVP-G.
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che Entscheidungsfrist beträgt statt neun nur sechs Monate ab Antragstellung210.
Mit der UVP-G-Nov 2000211 wurde nicht nur das vereinfachte UVP-Verfahren eingeführt, sondern einige Elemente des UVP-Verfahrens generell beseitigt und der Ablauf der UVP „flexibilisiert“212. Neu eingeführt wurde das Instrument der Abschnittsgenehmigung213
2. Vorverfahren Auf Antrag des Projektwerbers ist innerhalb von drei Monaten ein Vorverfahren durchzuführen214. Die Behörde hat den Projektwerber - unter Beiziehung der mitwirkenden Behörden - an Hand der Grundzüge des Vorhabens und eines UVE-Konzepts „insbesondere“ über „offensichtliche Mängel des Vorhabens“ und über „voraussichtlich zusätzlich erforderliche Angaben“ in der UVE zu informieren215. Die Beiziehung der Öffentlichkeit zum Vorverfahren liegt nunmehr im Ermessen der Behörde216. Das fakultative Vorverfahren dient damit in erster Linie der Erhöhung der Planungssicherheit für den Antragsteller und soll die Erstellung der UVE erleichtern. Es ist erkennbar als vorläufige Grobprüfung konzipiert; wie weit die Behörde in die Abklärung des Untersuchungsrahmens der UVP („scoping“) eintritt wird nicht zuletzt von der Detailliertheit der vorgelegten Unterlagen abhängen217.
3. Genehmigungsantrag und Umweltverträglichkeitserklärung Der Antrag auf Genehmigung eines UVP-pflichtigen Vorhabens hat alle Unterlagen zu enthalten, die nach den, von der Genehmigungskonzentration um-
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§ 7 Abs 3 UVP-G. Vgl dazu oben I. A. 3. Vgl zB den Entfall der zwingenden Öffentlichkeitsbeteiligung im Vorverfahren, den Wegfall der zwingenden öffentlichen Erörterung des Umweltverträglichkeitsgutachtens und den ebenfalls mit einem Verlust an Öffentlichkeitsbeteiligung verbundenen Wegfall der Erstellung einer vorläufigen Gutachterliste und des Untersuchungsrahmen für das UVG. Die sehr detaillierten Regelungen des UVP-G 1993 zum Verfahrensmanagement und insb zur Erstellung des UVG (Prüfbuch) wurden im Hinblick auf den durch das AVG eingeräumten Gestaltungsspielraum als überflüssige Bürokratisierung empfunden; es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Behörden die zweckmäßigen Elemente einsetzen (vgl die Begründung zu § 11, IA 168/A 21. GP). § 18a UVP-G dazu unten . § 4 UVP-G. Vgl auch Art 5 Abs 2 UVP-RL. Umfassend zu Scoping-Methoden vgl Wimmer/Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap V. § 4 Abs 2 UVP-G. Die Information im Rahmen des Vorverfahrens schließt die Vorschreibung weiterer Angaben im Genehmigungsverfahren nicht aus. Vgl auch Art 5 Abs 2 UVP-RL. Allgemein zur Rechtsnatur der Informationen im Vorverfahren vgl Raschauer, § 4 Rz 7; Wimmer/Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap V, Rz 13 f. Vgl demgegenüber die verpflichtende Öffentlichkeitsbeteiligung in § 4 UVP-G 1993, die sich nach Ansicht des Gesetzgebers im Hinblick auf die nachfolgende mehrfache Einbindung der Öffentlichkeit nicht bewährt hat. Vgl Begründung IA 168/A 21. GP. Vgl die vage Determinierung des Prüfumfangs „insbesondere“ und demgegenüber etwas weiter gehend § 4 UVP-G 1983.
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fassten Verwaltungsvorschriften beizubringen sind218. Eine Information über die bereits erfolgte Öffentlichkeitsarbeit ist anzuschließen219. Dem Antrag ist zwingend eine Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) anzuschließen220. Im Sinne des umweltpolitischen Verursacherprinzips und der UVP-RL werden dem Antragsteller damit weit reichende Pflichten zur Mitwirkung am Ermittlungsverfahren auferlegt221. Die UVE, deren Inhalt durch VO des BMLFUW konkretisiert werden kann222, hat folgende Elemente zu umfassen: Angaben über das Vorhaben nach Standort, Art und Umfang223, allenfalls geprüfte alternative Lösungsmöglichkeiten224, die vom Vorhaben möglicherweise beeinträchtigte Umwelt (unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen Schutzgütern)225, die möglichen erheblichen Umweltauswirkungen226 und Maßnahmen zu ihrer Hintanhaltung227. Die Angaben der UVE sind mit einer allgemein verständlichen Zusammenfassung und zu versehen.228 Von der Beibringung einzelner Angaben in der UVE kann mit einer Begründung abgesehen werden, wenn die Angaben für das Vorhaben nicht relevant sind („no impact statement“) oder ihre Beibringung „billigerweise nicht zumutbar“ ist229. Im vereinfachten UVP-Verfahren ist die Pflicht zur Beschreibung des Vorhabens punktuell eingeschränkt: Verzichtet wird auf die Angaben über die zu erwartende Immissionszunahme sowie den Energiebedarf und Maßnahmen der Nachsorge- und der begleitenden Kontrolle230.
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§ 5 Abs 1 UVP-G. § 5 Abs 1 UVP-G. Dies soll die Behörde ua bei der Entscheidung über die Durchführung einer öffentlichen Erörterung unterstützen. Vgl Begründung zu § 5 Abs 1, IA 168/A 21. GP. § 5 Abs 1 iVm § 6 UVP-G. Zur UVE vgl weiters Madner, 279 f; Ennöckl/ N.Raschauer, UVP-G, § 6 sowie umfassend Wimmer, in: Bergthaler/Weber/ Wimmer, Kap VII. Art 5 iVm Anh IV UVP-RL. Grundsätzlich zu dieser Aufgabenverteilung in Bezug auf die deutsche Rechtslage Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, 1991. Die Mitwirkungspflicht des Projektwerbers wird allerdings durch eine Zumutbarkeitsklausel (§ 6 Abs 2 UVP-G) relativiert. Derzeit liegen Leitfäden und Checklisten zur UVE vor: Vgl zB Leitfaden UVP für Schigebiet, Schriftenreihe des BMLFUW 14/2000; UBA (Hrsg) Checkliste für Umweltverträglichkeitserklärungen.. § 6 Abs 1 Z 1 UVP-G. § 6 Abs 1 Z 2 UVP-G. In Bezug auf Standort- oder Trassenvarianten vgl § 1 Abs 1 Z 4 UVP-G. § 6 Abs 1 Z 3 UVP-G. § 6 Abs 1 Z 4 UVP-G. § 6 Abs 1 Z 5 UVP-G. § 6 Abs 1 Z 6 UVP-G. Allfällige Schwierigkeiten und Lücken bei der Erstellung sind gem § 6 Abs 1 Z 7 im Rahmen der UVE anzumerken. § 5 Abs 2 UVP-G, der Art 5 Abs 1 lit a und b UVP-RL umsetzt und hinsichtlich der Zumutbarkeit vage auf „den Kenntnisstand und die Prüfungsmethoden“ abstellt. Dass nicht allein der Kenntnisstand des Projektwerbers maßgeblich ist, sondern Erhebungen zu relevanten Faktoren zumutbar sind, folgt jedoch bereits aus dem Zweck der UVE. Klarstellend insofern auch die Begründung zu § 5 Abs 3, IA 168/A 21. GP. § 3 Abs 1 iVm § 6a Abs 1 Z 1 lit d, e und f UVP-G. Die Regelung erscheint relativ willkürlich. Auch im vereinfachten Verfahren müssen gem § 6 Abs 1 Z 3 u 4
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Die Anwendbarkeit von § 13 Abs 8 AVG, der die Antragsänderung „in jeder Lage des Verfahren“ ermöglicht231, ist im UVP-G nicht ausgeschlossen, kann jedoch im Hinblick auf die Ziele der UVP insbesondere eine (teilweise) Wiederholung der UVP ieS erforderlich machen und zwar selbst dann, wenn die Sache „ihrem Wesen nach“ nicht geändert wird232. Bei fehlenden Antragsunterlagen bzw unvollständigen Angaben in der UVE hat die Behörde - auch wenn sich dies erst im Laufe des Verfahrens ergibt - die Verbesserung aufzutragen233. Bei offenkundigen, „unbehebbaren“ Genehmigungshindernissen ist der Antrag in jeder Lage des Verfahrens abzuweisen234. Für den Ablauf des Verfahrens ist ein Zeitplan zu erstellen235. Die behördliche Entscheidungsfrist beträgt längstens neun (ordentliches UVP-Verfahren) bzw sechs Monate (vereinfachtes UVP-Verfahren)236. Für bestimmte UVPVorhaben im Zusammenhang mit Großveranstaltungen (zB Europameisterschaften) ist eine Entscheidung innerhalb von vier Monaten „anzustreben“237.
4. Öffentliche Auflage und Kundmachung des Vorhabens Der Genehmigungsantrag einschließlich der UVE ist bei der Behörde und der Standortgemeinde sechs Wochen lang zur öffentlichen Einsicht und zur schriftlichen Stellungnahmemöglichkeit für jedermann aufzulegen238. Die öffentliche Auflage ermöglicht über die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung hinaus auch die Entstehung einer „Bürgerpartei“: Eine Stellungnahme kann durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt werden. Umfasst die Unterschriftenliste 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer unmittelbar angrenzenden Gemeinden wahlberechtigt sind, entsteht eine Bürgerinititiative, die am Genehmigungsverfahren als Partei bzw - im vereinfachten UVP-Verfahren - als Beteiligte teilnimmt239.
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UVP-G der Ist-Zustand der Umwelt und die Umeltauswirkungen des Vorhabens beschrieben werden. Vgl dazu Walter/Mayer, Grundriss des Verwaltungsverfahrensrechts7, 1999, Rz 162/1. § 37 AVG der auf die Zwecke des jeweiligen Ermittlungsverfahrens verweist. § 5 Abs 2 UVP-G iVm § 13 Abs 3 AVG. Zur Ergänzung der UVE im Berufungsverfahren vgl US 29.10.2004, 1B/2004/7-23, 7-26, Pfaffenau. § 5 Abs 6 UVP-G. § 7 Abs 1 UVP-G. Erhebliche Überschreitungen des Zeitplans sind im Genehmigungsbescheid zu begründen. § 7 UVP-G.. Diese Entscheidungsfristen sind um jeweils drei Monate verkürzt, wenn die Behörde in zeitlich engem Zusammenhang aus anderen Verfahren Kenntnisse über das Vorhaben erlangt hat. § 7 Abs 4 UVP-G. Vgl näher dazu Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 7 Rz 5 § 3a Abs 4 iVm § 7 Abs 5 UVP-G. Dieser aus Anlass einer Novelle im Anschluss an die „Spielberg-Entscheidung“ des US (US 3.12. 2004, 5B/2004/11-18) eingeführten Bestimmung wird zutreffend lediglich „Signalfunktion“ zugemessen. Vgl Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 3 Rz 6; Eberhartinger-Tafill/Merl, UVP-G, 64; Altenburger/Wojnar, UVP-G, Rz 180. § 9 Abs 1 UVP-G. § 19 Abs 4 UVP-G. Dazu auch unten II. D. Näher zur Entstehung und Willensbildung der Bürgerinitiative Meyer, Die Parteistelllung für Bürgerinitiativen im Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G, RdU 1996, 10 (13 ff); Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap X Rz 34 ff.
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Anerkannte Umweltorganisationen240 müssen während der Auflagefrist schriftlich Einwendungen vorbringen, um ihre Parteistellung im Verfahren zu wahren. Das Vorhaben ist in Tageszeitungen unter Hinweis auf die Stellungnahmeund Unterstützungsmöglichkeit durch Edikt kundzumachen241; darüber hinaus hat die Behörde das Vorhaben auch im Internet kundzumachen242 Hinsichtlich der Kundmachungsmedien rezipiert das UVP-G die Regelungen des AVG (§ 44a Abs 3) für Großverfahren243. Die Regelungen über den Inhalt des Edikts der öffentlichen Auflage sind hingegen Mindestvorgaben, die die subsidiäre Anwendung der Sonderbestimmungen des AVG für Großverfahren244 ermöglichen sollen. Der Termin der mündlichen Verhandlung kann nicht nur in Großverfahren und damit abweichend vom AVG - zugleich mit dem Edikt der öffentlichen Auflage kundgemacht werden245. Liegt ein Großverfahren vor, dh sind an der Verwaltungssache voraussichtlich mehr als 100 Personen beteiligt, so kann die Behörde das Edikt der öffentlichen Auflage auch inhaltlich als „großes Edikt“ iS des § 44a AVG gestalten246, mit der wesentlichen Folge, dass der öffentlichen Auflage Präklusionswirkung zukommt und Personen, die nicht binnen der mindestens sechswöchigen Frist schriftlich Einwendungen erheben, die Parteistellung verlieren247. Im Großverfahren kann die Behörde auch Schriftstücke durch Edikt zustellen248.
5. Umweltverträglichkeitsgutachten bzw zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen Im ordentlichen UVP-Verfahren hat die Behörde Sachverständige249 der betroffenen Fachgebiete mit der Erstelllung eines Umweltverträglichkeitsgutachtens (UVG) zu betrauen250, welches von der Behörde im Genehmigungsverfah240 241 242 243 244
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§ 19 Abs 7 iVM § 9 Abs 1 UVP-G. Vgl dazu näher unten II. D.1. § 9 Abs 3 UVP-G. § 9 Abs 4 UVP-G. Zwei im Bundesland verbreitete Tageszeitung, Amtsblatt der Wiener Zeitung, „sonst geeignete Form“. § 44a ff AVG. Vgl zu den Sonderbestimmungen für Großverfahren: List, Die neuen Bestimmungen der AVG-Novelle 1998 über Großverfahren, in: Schwarzer (Hrsg) Anlagenverfahrensrecht, Wissenschaftliche Reihe der WKÖ, 5 (1999) 91; Walter/ Mayer (FN 231), Rz 304/1 ff; Grabenwarter, Großverfahren nach dem AVG, ZfV 2000, 718. § 9 Abs 3 letzter Satz UVP-G. Dies hat jedenfalls durch Anschlag in der Gemeinde zu geschehen. Vgl dazu unten. Im Wesentlichen ist in diesem Edikt über § 9 Abs 3 UVP-G hinaus auch auf die Rechtsfolgen für die Parteistellung hinzuweisen (§ 44 Abs 2 Z 2 AVG). Vgl dazu insb auch im Hinblick auf die Parteistellung der Bürgerinitiativen untenII.D.2. § 44f AVG. Die Beiziehung nicht amtlicher Sachverständiger ist uneingeschränkt zulässig, auch „Anstaltsgutachten“ werden für zulässig erklärt (vgl § 12 Abs 2 UVP-G). Die Anhörungsrechte der Parteien bei der Bestellung der Sachverständigen wurde mit dem UVP-G 2000 beseitigt. Vgl demgegenüber die positive Einschätzung der „befriedenden“ Wirkung dieser Mitwirkungsbefugnis bei Meyer (FN 239), 14. weiterhin besteht jedoch die Möglichkeit der Ablehnung wegen Befangenheit (§ 53 AVG; vgl Raschauer, § 11 Rz 12). § 12 UVP-G.
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ren zu berücksichtigen ist251. Das UVG dient einerseits dem umfassenden Prüfauftrag der UVP gem § 1 UVP-G, andererseits der Bereitstellung der fachlichen Grundlagen für die Erteilung der Genehmigung im konzentrierten Verfahren252. Die im Rahmen der UVE vorgelegten oder sonst vorliegende Gutachten sind bei der Erstellung des UVG mit zu berücksichtigen253. Die wesentlichen Elemente des UVG, dessen Untersuchungsgegenstand über die Angaben in der UVE hinausreicht, sind254: eine Darlegung der (medienübergreifenden) Auswirkungen des Vorhabens, eine Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der (grenzüberschreitenden) Öffentlichkeitsbeteiligung und den sonstigen Stellungnahmen; die Erstattung von Vorschläge für Maßnahmen zur Minimierung nachteiliger Umweltauswirkungen, Darlegungen zur sog Nullvariante und zu Vor- und Nachteilen geprüfter Alternativen und Standortvarianten sowie Aussagen im Hinblick auf die Raumverträglichkeit und die Auswirkungen auf eine nachhaltige Ressourcennutzung. Im Rahmen des vereinfachten UVP-Verfahrens entfällt die Erstellung des Umweltverträglichkeitsgutachtens, die Behörde hat stattdessen gem § 12a UVP-G auf der Basis der UVE, der sonst vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen eine „zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen“ vorzunehmen. Die „zusammenfassende Bewertung“ soll einerseits dazu beitragen das UVPVerfahren flexibler zu gestalten, andererseits die, auch gemeinschaftsrechtlich geforderte, fachübergreifende Bewertung der Umweltauswirkungen sicherstellen. Inwieweit und in welcher Form beides in der Praxis gelingt, bleibt abzuwarten. § 12a UVP-G entbindet die Behörde jedenfalls nicht davon, den für die Entscheidung im Hinblick auf die Genehmigungskriteren des § 17 UVP-G maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und die dazu erforderlichen Gutachten einzuholen255.
Das Umweltverträglichkeitsgutachten ist - anders als die „zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen“ - zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Eine öffentliche Erörterung des Vorhabens und des Gutachtens ist im UVP-G nicht mehr vorgesehen256. In UVP-Verfahren, die Großverfahren iS des AVG sind257, kann die Behörde jedoch eine für jedermann öffentliche Erörterung des Vorhabens mit fakultativer Bei-
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256 257
§ 17 Abs 4 UVP-G. Das UVG schließt aber die Einholung von Gutachten im Rahmen des konzentrierten Genehmigungsverfahrens nicht aus. § 12 Abs 3 UVP-G. Vgl im Einzelnen § 12 Abs 4 UVP-G. Prüfumfang und -tiefe des Beweisverfahrens unterscheiden sich insofern nicht vom ordentlichen UVP-Verfahren. Größere „Flexibilität“ ist am ehesten im Hinblick auf jene Elemente der UVP zu erwarten, die zwar für die Gesamtbewertung des Vorhabens im Hinblick auf schwer wiegende Umweltbelastungen genehmigungsrelevant sind (§ 17 Abs 5 UVP-G), denen darüber hinaus jedoch keine weiteren Genehmigungskriterien Vorhabens gegenüberstehen. So idR zB die Prüfung der Raumverträglichkeit des Vorhabens (§ 12 Abs 4 Z 5 UVP-G; auch im vereinfachten Verfahren bleibt aber die Darlegung der Auswirkungen und Wechselwirkungen des Vorhabens in Bezug auf die Landschaft und auf Sach- und Kulturgüter eine Aufgabe der UVP (vgl § 1 UVP-G). § 14 UVP-G der dies zwingend vorsah ist mit der UVP-G-Nov 2000 entfallen. Vgl oben 4.
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ziehung von Sachverständigen anberaumen258. Die Ergebnisse der öffentlichen Erörterung sind bei der Erteilung der Genehmigung zu berücksichtigen259.Wenn die öffentliche Erörterung im UVP-Verfahren vor allem auch die Information und Meinungsäußerung zum Umweltverträglichkeitsgutachten ermöglichen soll, andererseits der Erörterungstermin tunlichst so angesetzt werden soll „dass den Teilnehmern die Möglichkeit bleibt, Einwendungen zu erheben nachdem sie sich über das Vorhaben ihre Meinung gebildet haben“260, kann dies wohl nur mit einer länger als sechs Wochen dauernden Stellungnahmefrist zur Erhebung von Einwendungen erreicht werden261.
6. Mündliche Verhandlung Unbeschadet der öffentlichen Auflage des Vorhabens und einer allfälligen öffentlichen Erörterung gem § 44c AVG hat die Behörde zwingend eine mündliche Verhandlung über den Genehmigungsantrag durchzuführen262. Gegenstand der Verhandlung sind alle von der Genehmigungskonzentration erfassten Verwaltungsmaterien. Eine abschnittsweise Gliederung der Verhandlung ist möglich263. Die Verhandlung ist an dem der Sachlage nach zweckmäßigsten Ort abzuhalten264. Wird die Verhandlung nach den qualifizierten Erfordernissen des § 42 AVG kundgemacht, hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde Einwendungen erhebt265.
258 259
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262 263 264 265
§ 44c AVG. § 17 Abs 4 UVP-G. Insofern unzutreffend Grabenwarter, (FN 244), 726. Auch im Übrigen erscheint die Ansicht (vgl Walter/Mayer [FN 231], Rz 304/6; Grabenwarter, aaO 726 jeweils mit Bezug auf AB 1167 BlgNR 20. GP, 33) es dürften „die Ergebnisse der Erörterung nicht als Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in das Verfahren einfließen“ überschießend, wenn damit geradezu ein Verbot der Auseinandersetzung mit den Meinungsäußerungen der Öffentlichkeit zum Ausdruck gebracht werden soll. Vgl dazu auch List (FN 244), 96. AB 1167 BlgNR 20. GP, 33. Die Wünsche, die der Gesetzgeber mit der Einführung der „öffentliche Erörterung“ in das AVG verbindet sind insgesamt zweifelhaft: Ob öffentliche Erörterungen sich „in eine zweite mündliche Verhandlung verwandeln und jene Atmosphäre der Konfrontation schaffen, die eine unbelastete sachliche Auseinandersetzung mit dem Vorhaben erschwert“, wird nicht allein mit dem Hinweis auf die strikte Trennung zwischen öffentlicher Erörterung und mündlicher Verhandlung und dem Hinweis auf die bloße Informationsfunktion der öffentlichen Erörterung gesteuert werden können. Abgesehen davon scheint die Einschätzung wenig realistisch, Gegnerschaft zu einem Vorhaben ließe sich durch eine öffentliche Erörterung wenn schon nicht ausräumen, so doch in schriftliche Einwendungen umlenken. Der Verzicht auf eine öffentliche Erörterung kann die „Atmosphäre der Konfrontation“ in der mündliche Verhandlung besonders fördern: Eine mit Edikt anberaumte mündliche Verhandlung im Großverfahren ist „volksöffentlich“, das aktive Teilnahmerecht soll jedoch auf Parteien und Beteiligte beschränkt bleiben (§ 44e AVG. AB 1167 BlgNR 20. GP, 33). Vgl die Begründung zu § 16, IA 168/A 21. GP. § 43 Abs 2 AVG. Zur Möglichkeit der Unterbrechung des Ermittlungsverfahrens zur Einschaltung eines Mediationsverfahrens (§ 16 Abs 2 UVP-G) vgl unten7 c. § 16 Abs 1 UVP-G. Vgl ausführlich dazu Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, 3 16 Rz 5f. Vgl dazu untenII. D. 2.
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Die Verhandlung ist jedenfalls durch Anschlag in der Gemeinde kundzumachen. Diese Anordnung schränkt das Auswahlermessen der Behörde gem § 41 AVG ein, stellt jedoch keine in den Verwaltungsvorschriften vorgesehene besondere Kundmachungsform dar266. Soll die Präklusionswirkung der mündlichen Verhandlung gem § 42 Abs 1 AVG zum Tragen kommen ist daher überdies eine Kundmachung in geeigneter Form erforderlich. Dies kann - muss jedoch nicht zwingend - das in § 9 UVP-G vorgesehene Edikt sein. Die Kundmachung der mündlichen Verhandlung kann zugleich mit der Kundmachung der öffentlichen Auflage (§ 9 UPV-G) erfolgen und zwar abweichend vom AVG auch dann, wenn das Verfahren nicht als Großverfahren geführt wird. In Großverfahren ist die durch „großes Edikt“ anberaumte mündliche Verhandlung öffentlich, die Befugnis zur aktiven Teilnahme bleibt jedoch auf Beteiligte begrenzt.
7. Verfahrensgliederung a) Grundsätzliche Genehmigung und Detailgenehmigungen Auf Antrag des Projektwerbers kann die Behörde zunächst über die grundsätzliche Zulässigkeit des Vorhabens absprechen und die Behandlung einzelner Fragen Detailgenehmigungsverfahren vorbehalten. Die Zulässigkeit und die Reichweite des Detailgenehmigungsvorbehalts ist im UVP-G nur vage determiniert. Der mit einer Verfahrensgliederung üblicherweise verfolgte Zweck267- die Vermeidung unnötigen Planungsaufwands und die bessere Überschaubarkeit und raschere Abwicklung komplexer Vorhaben - steht in einem deutlichen Spannungsverhältnis zu den Zielen und zum „gesamthaften“ Ansatz der UVP268; der Entlastungseffekt der Verfahrensgliederung kommt daher im UVP-G nur eingeschränkt zum Tragen269. Die Grundsatzgenehmigung muss im Hinblick auf alle von der Konzentration erfassten Genehmigungsanforderungen bereits eine grundsätzliche Entscheidung treffen; einzelne Materien können nicht zur Gänze dem Detailverfahren vorbehalten werden270. Die Grundsatzgenehmigung darf erst nach Durchführung einer vollständigen UVP ieS (insb UVE, UVG oder zusammenfassende Bewertung, Öffentlichkeitsbeteiligung) erteilt werden271; eine gestufte UVP ist nicht vorgesehen und auch die Umweltverträglichkeitserklärung ist vollständig vorzulegen; lediglich hinsichtlich der sonst erforderlichen, „materienspezifischen“ Antragsunterlagen wird die Vorlagepflicht im Grundsatzgenehmigungsverfahren eingeschränkt272. Sowohl im Grundsatz- als auch im 266 267 268 269 270 271
272
Vgl allg zur „besonderen“ Kundmachungsform Wiederin, Die Neuregelung der Präklusion, in: Schwarzer (Hrsg), Das neue Anlagenverfahrensrecht, 1999, 17 (24). Vgl § 111a WRG. Vgl bereits Madner, 292 ff; kritisch auch Raschauer, RdU 1994, 10; derselbe, § 18 Rz 2 ff. Vgl zusammenfassend Köhler/Schwarzer, § 18 Rz 10. So auch die Begründung zu § 18, IA 168/A 21. GP. Vgl Raschauer, § 18 Rz 2; Köhler/Schwarzer, § 18 Rz 4 f. Vgl auch US 3.12.2004, 5B/2004/11-18, Spielberg. Nach der Rspr EuGH (Rs C-508/03, Kommission/Vereinigtes Königreich Rz 104 dazu oben I.4.) müsste die UVP iS der UVP-RL im Detailgenehmigungsverfahren wiederholt werden, falls Umweltauswirkungen auftreten, die erst in diesem Verfahrensabschnitt beurteilt werden können. Arg: § 3 Abs 7, der eine vollständige UVP fordert sowie § 5 Abs 1 der zwischen der UVE und den erforderlichen Antragsunterlagen differenziert. Vgl auch Raschauer, § 18 Rz 2; Köhler/Schwarzer, § 18 Rz 10.
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Detailbewilligungsverfahren sind alle Genehmigungsvoraussetzungen des § 17 UVP-G heranzuziehen273. Die in § 19 UVP-G genannten Personen und Gruppen haben im Detailgenehmigungsverfahren nur Parteistellung sofern sie vom Detailprojekt in ihren Rechten betroffen sein können.Eine mündliche Verhandlung ist im Detailgenehmigungsverfahren nicht zwingend durchzuführen274. Änderungen des Vorhabens im Detailgenehmigungsverfahren sind zulässig, sofern sie keine Ergänzung der UVP erforderlich machen und den UVP-G-spezifischen Genehmigungskriterien entsprechen; das Parteiengehör ist zu wahren275. Auch nach rechtskräftiger Detailgenehmigung können unter diesen Voraussetzungen, vor Rechtskraft des Abnahmebescheids, Änderungen genehmigt werden276. b) Abschnittsgenehmigung Vorhaben mit großer räumlicher Ausdehnung (mindestens drei Standortgemeinden) können auf Antrag des Projektwerbers - nach Durchführung einer UVP ieS für das gesamte Vorhaben - in Abschnitten genehmigt werden277. Eine mündliche Verhandlung ist für jedes der konzentrierten Genehmigungsverfahren durchzuführen. Auf Bundesstraßen- und Hochleistungsstreckenprojekte (3. Abschnitt des UVP-G) ist die Regelung ebenfalls anwendbar278; praktische Bedeutung wird die Abschnittsgenehmigung im übrigen va für die in Anh 1 angeführten Rohrleitungs-, Starkstromwege-, Straßen- und Eisenbahnvorhaben279 erlangen. c) Mediation Zeigen sich im Zuge des Genehmigungsverfahrens große Interessenskonflikte zwischen dem Projektwerber und anderen Parteien oder Beteiligten kann die Behörde das Verfahren auf Antrag des Projektwerbers „zur Einschaltung eines Mediationsverfahrens“ unterbrechen280. Es liegt allein in der Hand des Projektwerbers, jederzeit die Fortführung des Genehmigungsverfahrens zu verlangen281. Im vereinfachten UVP-Verfahren finden diese Bestimmungen keine Anwendung282. Gestaltung und Ablauf des Mediationsverfahrens (Auswahl des Mediators, Zielsetzung, Kosten etc) sind Gegenstand der Vereinbarung zwischen den
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§ 18 Abs 2 UVP-G. § 18 Abs 2 UVP-G. § 18 Abs 3 UVP-G. Zur Parteistellung im Grundsatzgenehmigungsverfahren präkludierter Parteien vgl Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 18 Rz 9. § 18b UVP-G. § 18a UVP-G. § § 24a Abs 12 UVP-G. Anh 1 Z 9 und 10 UVP-G. § 16 Abs 2 UVP-G. Hervorhebung nicht im Original. § 16 Abs 2 letzter Satz UVP-G. § 3 Abs 1 UVP-G. Dies ist angesichts des weiten Anwendungsbereichs des vereinfachten Verfahrens und der dem Projektwerber eingeräumten Dispositionshoheit über Beginn und Ende der Verfahrensunterbrechung nicht recht einsichtig.
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Beteiligten und obliegen nicht der Behörde283. Die Ergebnisse des Mediationsverfahrens können der Behörde übermittelt und von dieser „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten“ im weiteren Verfahren und bei der Erteilung der Genehmigung - unbeschadet des Grundsatzes der materiellen Wahrheit - berücksichtigt werden284. In der Praxis285 werden Mediationsverfahren häufig vor Anhängigkeit eines UVP-Verfahrens durchgeführt.
8. Behördenzuständigkeit a) Erstinstanzliche Zuständigkeit UVP-Behörde in erster Instanz – ausgenommen in Verfahren nach dem dritten Abschnitt286 - ist die Landesregierung. Ihre Zuständigkeit umfasst das Feststellungsverfahren einschließlich der Einzelfallprüfung, das konzentrierte Genehmigungsverfahren einschließlich der UVP ieS und die Abnahmeprüfung; Bis zum Zuständigkeitsübergang287 ist die Behörde auch für die Entscheidung über Änderungsvorhaben - gleich ob diese UVP-pflichtig sind oder nicht288, für die Überwachung der Anlage und für das Verwaltungsstrafverfahren zuständig. Die Landesregierung kann ihre Zuständigkeit - einschließlich der Zuständigkeit im Verwaltungsstrafverfahren - an die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen289. Zur erstinstanzlichen Zuständigkeit des unabhängigen Umweltsenates für länderübgreifende Vorhaben vgl Art 11 Abs 8 B-VG.
b) Mitwirkende Behörden Solange die Zuständigkeit der UVP-Behörde gegeben ist, sind diejenigen Behörden, die für die Genehmigung und/oder Überwachung des Vorhabens zuständig wären, wenn keine UVP-Pflicht bestünde, auf die Funktion einer „mitwirkenden Behörde“290 beschränkt. Als solche sollen sie ihre Fachkenntnisse im Rahmen von Anhörungs- und Stellungnahmerechten291 einbringen. Im Feststellungsverfahren zur Klärung der UVP-Pflicht eines Vorhabens sind mitwirkende Behörden antragslegitimiert292. 283
284 285
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292
Vgl auch die Begründung zu § 16, IA 168/A 21. GP mit Bsp zu Mediationsverfahren im Umweltrecht. Zu den üblichen Ablaufphasen eines Mediationsverfahrens vgl Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 16 Rz 14. Vgl weiters Fürst, Umweltmediation (2004); Ferz, ZfV 2002, 318. Zu den Möglichkeiten von Mediationsverfahren vgl BMLFUW (Hrsg). Umweltmediation im öffentlichen Recht. Zur Praxis der UVP in Österreich vgl www.oegut.at/themen/mediation. Vgl weiters Ziehrer, in: ÖGUT (Hrsg), Umweltmediation. Praktische Erfahrung in Österreich, 1999; zur Praxis in den USA vgl Susskind/Field, Dealing With An Angry Public (1996) dazu Davy, Vom Umgang mit zornigen Bürgern, ZfV 1997, 190. Dazu unten III. § 22 UVP-G. Dazu III. E. § 39 Abs 1 Satz 1 und 2 UVP-G. § 39 Abs 1 letzter Satz UVP-G. § 2 Abs 1 iVm § 39 Abs 2 UVP-G. Auch sonst zu beteiligende Behörden haben Mitwirkungsbefugnis (§ 2 Abs 1 Z 3 UVP-G). ZB im Rahmen des Vorverfahrens („Scoping“, § 4 Abs 2 UVP-G), zum Umweltverträglichkeitsgutachen (§ 13 Abs 1 UVP-G) oder im Rahmen der mündlichen Verhandlung (§ 16 Abs 1 UVP-G). § 3 Abs 7 UVP-G.
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Keine „mitwirkenden Behörden“ sind der Umweltanwalt und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan, die mit speziellen Antrags- und Anhörungsbefugnissen293 sowie mit Parteistellung294 ausgestattet sind.
c) „Zuständigkeitsübergang“ Die Zuständigkeit der UVP-Behörde setzt mit dem (fakultativen) Antrag auf das Vorverfahren bzw mit der Einleitung eines Feststellungsverfahrens oder dem die UVP einleitenden Antrag auf Genehmigung des Vorhabens ein295. Mit Rechtskraft des Abnahmebescheids296 löst sich die Genehmigungskonzentration wieder auf und die Zuständigkeit zur Vollziehung geht ex lege von der Landesregierung auf die nach den maßgeblichen Verwaltungsvorschriften zuständigen „Fachbehörden“ über297. Die „Fachbehörden“ sind ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich auch zur Überwachung jener Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheids zuständig, die von der Landesregierung auf der Grundlage der jeweiligen Materiengesetze erlassen wurden. Die Landesregierung bleibt jedoch für die Vollziehung und Einhaltung der auf Grund von § 17 Abs 2 bis 4 UVP-G erlassenen Nebenbestimmungen zuständig298; sie kann diese Zuständigkeit an die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen299. Bei Vorhaben ohne Abnahmeprüfung erfolgt der Zuständigkeitsübergang mit Rechtskraft des Genehmigungsbescheids300. Bei Vorhaben die mit Grundsatz- und Detailbewilligungen zugelassen werden, erfolgt der Zuständigkeitsübergang nach Rechtskraft der Abnahmebescheide bzw - bei Fehlen der Abnahmeprüfung - nach Rechtskraft der Detailbewilligungen301. d) Berufungsbehörde und Oberbehörde Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde302 in den Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes303 ist - auch im Fall einer 293
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299 300 301 302
303
Vgl zB die Antragsbefugnis des Umweltanwalts bzw die Anhörungsbefugnis des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans im Feststellungsverfahren (§ 3 Abs 7 UVPG). § 19 Abs 3 UVP-G. § 4 bzw 5 UVP-G. § 20 Abs 2 UVP-G. Dazu unten. Raschauer, § 22 Anm 1: „Wiederaufleben der 'normalen' Zuständigkeitsordnung“. § 22 Abs 4 UVP-G. Zur entsprechenden Strafbefugnis vgl nunmehr § 45 Abs 2 lit a UVP-G. Zu den im übrigen eingeschränkten Durchsetzungsmöglichkeiten vgl Raschauer, § 22 Anm 5. § 22 Abs 4 UVP-G: „aus Gründen der Zweckmäßigkeit oder der Kostenersparnis“. § 20 Abs 6 iVm § 22 Abs 2 UVP-G. Arg: „der gem § 18 erteilten Genehmigungsbescheide“ (§ 22 Abs 3 UVP-G). Der Umweltsenat kann als sachlich in Betrach kommende Oberbehörde über Zuständigkeitsstreite gem § 5 AVG, über die Aufhebung rechtskräftiger Bescheide gem § 68 AVG und gem § 78 zur Entscheidung nach Säumnis der Landesregierung (bzw der Bezirksverwaltungsbehörde im Fall der Delegation gem § 39 Abs UVP-G) auf Grund eines Devolutionsantrages. Der Umweltsenat soll gem § 40 Abs 3 UVPG jedoch nicht als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zur Nichtigerklärung von Bescheiden, die entgegen der Sperrwirkung der UVP (§ 3 Abs 6 UVP-G) erlassen wurden, tätig werden. Dazu zählen Feststellungsbescheide ebenso wie Sachentscheidungen, Abweichungsgenehmigungen, Abnahmebescheide und Grundsatz- und Detailgenehmigungen. Zu
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Delegation an die Bezirksverwaltungsbehörde304 - der unabhängige Umweltsenat. Die Berufungsfrist beträgt 4 Wochen305. In Berufungsverfahren sind die Bestimmungen des AVG einschließlich einzelner Bestimmungen für das Verfahren vor den UVS306. Der unabhängige Umweltsenat wurde befristet zunächst bis zum 31. 12. 2000 und mittlerweile bis zum 31. 12. 2005 vorgesehen307. Seine Entscheidungen unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Instanzenzug. Die Beschwerde an den VwGH ist zulässig. Einrichtung, Aufgaben und Verfahren des Senates werden im Einzelnen durch das USG308 geregelt. Berufungsinstanz im Verwaltungsstrafverfahren ist der örtlich zuständige UVS. e) Umweltrat Zur Beobachtung der Vollziehung des UVP-G und sonstiger Bestimmungen über die UVP, aber auch zur Beratung grundsätzlicher umweltpolitischer Fragen, wurde beim BMLFUW der Umweltrat als Beirat eingerichtet309.
C. Genehmigungsvoraussetzungen 1. Genehmigungsvoraussetzungen der „betroffenen Verwaltungsvorschriften“ Bei der Entscheidung über den Antrag hat die Behörde die Genehmigungsvoraussetzungen der jeweils von der Genehmigungskonzentration betroffenen bundes- oder landesgesetzlich geregelten Verwaltungsmaterien kumulativ heranzuziehen310. Aus jeder Genehmigungsvoraussetzung kann - im Fall negativer Beurteilung - ein Versagungsgrund für den Antrag resultieren 311. Soweit für ein Vorhaben in den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist, gilt eine nach anderen Verwaltungsvorschriften für das Vorhaben erforderliche Zustimmung Dritter nicht als Genehmigungsvoraussetzung. Die Genehmigung ist jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs des entsprechenden Rechts zu erteilen312.
304 305 306 307 308 309 310
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den weiteren Zuständigkeiten des Umweltsenats vgl Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 40 Rz 8. § 40 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 UVP-G. § 40 Abs 2 UVP-G. § 42 Abs 1 UVP-G, § 12 USG. Näher zum Verfahren vgl Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 40 Rz 5f Art 11 Abs 7 B-VG. Dazu Oberleitner, Der Umweltsenat, ecolex 1995, 938; Raschauer, ÖJbPol '93, 1994, 495 (505 ff). BGBl 1993/698 idF BGBl I 2000/89. § 25 ff UVP-G. § 17 Abs 1; § 3 Abs 3 UVP-G. Vgl dazu auch obenI. Einen Überblick über das Anlagenrecht des Bundes und der Länder (vor den Anlagenrechtsnovellen 2000) gibt Öberseder, Handbuch Anlagenrecht, 1996. Raschauer, § 17 Rz 9, Madner, 148. US 3.12.2004, 5B/2004/11-18, Spielberg § 17 Abs 1 zweiter und dritter Satz UVP-G.
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2. UVP-G - spezifische Genehmigungsvoraussetzungen Darüber hinaus enthält das UVP-G spezifische Genehmigungsvoraussetzungen, die jedenfalls subsidiär anzuwenden sind „soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist“313. Mit diesen Genehmigungskriterien soll für alle UVP-pflichtigen Vorhaben eine „wirksame Umweltvorsorge“314 gewährleistet werden und der Pflicht zur Berücksichtigung der Ergebnisse der UVP315 durch entsprechend „aufnahmefähige“ Kriterien Rechnung getragen werden. Diese UVP-G spezifischen Genehmigungsvoraussetzungen enthalten im Wesentlichen folgende Anforderungen: Im Sinne des Vorsorgeprinzips ist eine Emissionsbegrenzung von Schadstoffen nach dem Stand der Technik (§ 17 Abs 2 Z 1 UPV-G) vorgeschrieben. Immissionsseitig werden mit § 17 Abs 2 Z 2 lit a und c UVP-G einerseits die traditionellen geweberechtlichen Nachbarschutzstandards (Gesundheitsund Belästigungsschutz, Schutz des Eigentums) als Mindeststandard verankert. Für Straßenbau- und Eisenbahnvorhaben316 sowie für Flughäfen317 bestehen spezielle Bestimmungen über den immissionsbezogenen Belästigungsschutz. Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz mit § 17 Abs 2 Z 2 lit b UVP-G auch zur Vermeidung erheblicher Belastungen der Umwelt (Boden, Luft, Planzen-und Tierbestand oder Gewässerzustand). Über diese immissionsbezogenen Mindestanforderungen hinaus ist im Sinne des Vorsorgeprinzips „die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering zu halten“ (sog Immissionsminimierungsgebot)318. Die Behörde hat die gemäß § 17 Abs 2 maßgeblichen Standards unmittelbar auf der Grundlage des UVP-G festzulegen und kann nach hA auch strengere Standards als die in den mitanzuwendenden Materiengesetzen bzw -Verord-
313
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§ 17 Abs 2-5 UVP-G. § 17 Abs 2-5 UVP-G verdeutlicht, dass mit dem UVP-G eigenständige von den Materiengesetzen unabhängige Genehmigungspflichte geschaffen, wurden. Vgl dazu bereits oben I. AB 1179 BlgNR 18. GP, 4. § 17 Abs 3 UVP-G bzw Art 8 UVP-RL. Vgl dazu auch oben FN (6) und (106). § 17 Abs 3 iVm § 24h Abs 2 UVP-G. Vgl unten III.A § 17 Abs 3 letzter Satz UVP-G iVm § 145b LuftfahrtG. Vorsorge gegen (lärmbedingte) Beeinträchtigungen kann demnach auch durch Schallschutzmaßnahmen an Wohngebäuden erfolgen. Für die Berechnung der Immissionen werden Sonderregelungen getroffen. Diese mit BGBl I 2006/149 auf Grund eines IA (847/A, 22.GP) geschaffene Bestimmung waren insb von dem Anliegen getragen, die Genehmigungsfähigkeit des Ausbaus des Flughafens Wien-Schwechat sicherzustellen. . Zur Vorschreibung der Modalitäten des Abtransports von Abfällen aus einer Verbrennungsanlage auf der Grundlage des Immissionsminimierungsgebots und zur Relevanz des Verhältnismäßigkeitsgebots in diesem Zusammenhang US 3. 8. 2000, 3/1995/5-109, Zistersdorf. Weiters US 21.3.2002, 1A/2001/13-57, Arnoldstein; US 3.12.2004, 5B/2004/11-18, Spielberg. Ausführlich dazu Baumgartner/Niederhuber, RdU 2005, 20. Entspricht ein Vorhaben dem Stand der Technik und werden keine Schutzgüter beeinträchtigt, kann die mögliche Vorschreibung strengerer Grenzwerte nicht erfolgreich eingewendet werden (VwGH 31.3.2005, 2004/97/0199). Der VwGH sieht in der Bestimmung auch kein Gebot effizienter Nutzung der in einem Betrieb gewonnenen Energie (VwGH 18.10.2001, 2000/07/0229).
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nungen konkretisierten festlegen, wenn dies der Schutzzweck der UVP-G spezifischen Genehmigungskriterien erfordert319. Die Genehmigung ist schließlich gem § 17 Abs 5 UVP-G zu versagen, wenn „schwerwiegende Umweltbelastungen“ zu erwarten sind, die durch belastende Nebenbestimmungen nicht „auf ein erträgliches Maß vermindert werden können“. Ob derartige Belastungen (insbesondere auch durch Verlagerungen und Wechselwirkungen) zu befürchten sind, ist durch eine „Gesamtbewertung“ unter Bedachtnahme auf „die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes“ zu entscheiden. § 17 Abs 5 UVP-G hat eine „Auffangfunktion“; allfällige schwerwiegende Lücken zwischen den Zielen der UVP (§ 1) und den UVP-G-spezifischen Genehmigungsvoraussetzungen sollen verhindert werden320. Für Straßen- und Eisenbahninfrastrukturprojekte sowie für Bahnhöfe (Anh 1 Z 9-11 UVP-G), die nicht den Sonderregelungen über die UVP nach dem dritten Abschnitt unterliegen, ist ebenfalls ein konzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen. Dies gilt, da das UVP-G autonome Genehmigungspflichten begründet, auch dann, wenn in den Materiengesetzen kein bescheidförmig abzuschließendes Genehmigungsverfahren vorgesehen ist. Für diese Infrastrukturvorhaben sind jedoch anstelle der in § 17 Abs 2 UVP-G festgelegten Kriterien, die Genehmigungskriterien des 3. Abschnitts über die UVP bei Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken (§ 24h Abs 1 und 2 anzuwenden)321.
3. Erteilung der Genehmigung - Nebenbestimmungen Befugnisse zur Vorschreibung belastender Nebenbestimmungen sind in den mitanzuwendenden Materiengesetzen enthalten. Darüber hinaus hat die Behörde jedenfalls gem § 17 Abs 4 UVP-G durch die Vorschreibung „geeigneter Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen322, Ausgleichsmaßnahmen323 oder sonstige Vorschreibungen ...“ sicherzustellen, dass die für die Entscheidung maßgeblichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt wer-
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Vgl US Zistersdorf (FN 318) zur Zulässigkeit der Unterschreitung der in der LRV-K festgelegten Grenzwerte im Hinblick auf das Immissionsminimerungsgebot; vgl aus der Lit: Ritter, 186; Raschauer, § 17 Rz 18; Weber/Dolp, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap XI Rz 61. AM Köhler/Schwarzer, § 17 Rz 6. In diesem Sinn bereits Madner, 204; Ritter, 203 ff; Raschauer, § 17 Rz 23; Köhler/ Schwarzer, § 17 Rz 17; Weber/Dolp, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap XI Rz 44 ff. In Bezug auf welche Umweltbelastungen die „Auffangfunktion“ tatsächlich zum Tragen kommen kann, wird dabei unterschiedlich eingeschätzt: „An die Ozonbildung, an kleinklimatische Belastungen, an Bodenverdichtungen- und versiegelungen ...“ denkt Raschauer, aaO; ähnlich Madner, aaO. Insb „Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen“ heben Weber/Dolp, aaO Rz 44 hervor. Zur Gesamtbewertung erstmals US Zistersdorf (FN 318). Ausführlich US 3.12. 2004, 5B/2004/11-18, Spielberg. Vgl dazu unten III. A. Damit wird die Vorschreibung „projektändernder“ Vorschreibungen eröffnet. Vgl dazu und zu den Grenzen: Madner, 217 f; Ritter, 222 ff. Damit sollen nicht nur Maßnahmen im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes (zB Ersatzpflanzungen) sondern zB auch Maßnahmen betreffend die Verkehrsbelastung durch das Vorhaben erfasst werden, nicht jedoch Kompensationsmaßnahmen bei anderen Vorhaben des Projektwerbers, so die Begründung zu § 17, IA 168/A, 21. GP.
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den324; Auf mögliche Wechselwirkungen und Verlagerungen von negativen Umweltfolgen ist bei der Beurteilung der Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen und der Vorschreibung von Nebenbestimmungen besonderes Augenmerk zu richten325. Im Genehmigungsbescheid können angemessene Fristen für die (teilweise) Fertigstellung des Vorhabens oder für die Inanspruchnahme von Rechten festgelegt werden326. Der Genehmigungsbescheid ist jedenfalls bei der Genehmigungsbehörde und der Standortgemeinde mindestens acht Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen327.
D. Parteistellung, Öffentlichkeitsbeteiligung 1. Kreis der Parteien Folgenden Personen(-gruppen) wird gem § 19 UVP-G im Genehmigungsverfahren Parteistellung eingeräumt: • Nachbarn: Das UVP-G orientiert sich dabei am „traditionellen“ Nachbarbegriff der GewO. Für Nachbarn im Ausland gilt - außerhalb des Anwendungsbereichs des EWR-A - der „Grundsatz der Gegenseitigkeit“328. • Parteien auf Grund der mitanzuwenden Materiengesetze: Soweit ihnen nicht bereits die Nachbarparteistellung zukommt, sind auch jene Personen (Legal-)Parteien, denen die Materiengesetze diese Stellung einräumen. • Umweltanwalt: Solche Organe zum Schutz der Umwelt in Verwaltungsverfahren sind derzeit nur in den Ländern eingerichtet329. • Wasserwirtschaftliches Planungsorgan, zur Wahrnehmung wasserwirtschaftlicher Interssen330 • Gemeinden: Die Standortgemeinde und diejenigen an die Standorgemeinde angrenzenden österreichischen Gemeinden, die von wesentlichen negativen Umweltauswirkungen331 des Vorhabens betroffen sein können. • Bürgerinitiativen: Die Bürgerinitiative entsteht, wenn eine Stellungnahme im Rahmen der öffentlichen Auflage (§ 9 UVP-G) von mindestens 200 324 325
326 327 328 329
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Diese Funktion der Ermächtigung zur Erlassung von Nebenbestimmungen erhellt insb auch aus § 5 Abs 6 UVP-G. Arg: „... ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt insgesamt beizutragen“. § 17 Abs 4 UVP-G geht insofern nicht über die Verpflichtung zur Einhaltung der UVP-G-spezfischen Genehmigungsvoraussetzungen hinaus, sondern bekräftigt diese Zielsetzungen des UVP-G im Lichte des Gemeinschaftsrechts (vgl insb Art 3 UVP-RL; Art 9 IPPC-RL). § 17 Abs 6 UVP-G. Vgl dazu Eberhartinger-Tafill/Merl, UVP-G 85; sowie ausführlich Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 17 Rz 20. § 17 Abs 7 UVP-G. Vgl dazu Köhler/Schwarzer, § 19 Rz 63 ff. Umweltanwaltschaften bestehen in allen Bundesländern außer Kärnten. In Kärnten ist der Naturschutzbeirat dazu berufen, die dem Umweltanwalt ind Bundesgesetzen eingeräumten Rechte wahrzunehmen. Vgl dazu Meyer, RdU 2003, 4; Raschhofer, RdU 2004, 90. Zur Abgrenzung des Kreises der betroffenen Einrichtungen vgl auch Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap X, Rz 29. § 2 Abs 4 UVP-G erfasst grundsätzlich auch den Bund. Vgl § 55 WRG. Diese Einschränkung wurde mit dem UVP-G 2000 eingefügt. Vgl dazu die Begründung zu § 19, IA 168/A 21. GP.
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Personen durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt wird332. Im vereinfachten UVP-Verfahren haben Bürgerinitiativen lediglich Beteiligtenstellung. anerkannte Umweltorganisationen: Gemeinnützige Vereine oder Stiftungen, die als vorrangigen Zweck den Schutz der Umwelt haben und die dazu mindestens drei Jahre bestanden haben333, können unter Nachweis dieser Kriterien die Anerkennung zur Ausübung von Parteirechten im UVP-Verfahren für ihren örtlichen Tätigkeitsbereich beantragen. Der BMLFUW hat im Einvernehmen mit dem BMWA mit Bescheid über die Anerkennung zu entscheiden und dabei auch festzulegen, in welchen Bundesländern die Organisation ihre Parteirechte ausüben darf334. Anerkannte Umweltorganisationen haben im Verfahren Parteistellung, soweit sie während der öffentlichen Auflage (§ 9 Abs 1 UVP-G) schriftlich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben haben.
2. Erwerb und Verlust der Parteistellung Die AVG-Nov 1998 modifizierte das im österreichischen Anlagenrecht vielfach verwirklichte Modell der „Einwenderpartei“335. Das UVP-G 2000 hat in dieser Frage grundsätzlich keine vom AVG abweichenden Regelungen getroffen; allfällige besondere Regelungen in den Materiengesetzen sind nicht anzuwenden336. Zulässige337 Einwendungen müssen demnach nicht mehr zur Erlangung der Parteistellung erhoben werden, sondern um deren Verlust abzuwenden. Die Präklusionsfolge des Parteistellungsverlust tritt bei Durchführung einer qualifiziert kundgemachten mündlichen Verhandlung ein, sofern nicht spätestens am Tag vor Beginn oder während der mündlichen Verhandlung Einwendungen erhoben wurden338. In „Großverfahren“339 kommt die Präklusionswirkung dem Edikt zur Kundmachung des Vorhabens zu. Einwendungen zur Abwendung des Verlusts der Parteistellung sind während einer mindestens sechswöchigen Frist schriftlich zu erheben340. Für versäumte Einwendungen gilt - auch in Großverfahren - § 42 Abs 3 AVG. Der Antragsteller ist vom Parteistellungsverlust als Präklusionsfolge nicht betroffen341. Wegen der Anknüpfung der Präklusionsfolgen des AVG an die 332 333 334 335 336 337 338
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§ 9 Abs 5 iVm § 19 Abs 4 UVP-G. Vgl dazu obenII.B.4. § 19 Abs 6 UVP-G. § 19 Abs 7u 8 UVP-G. Die Liste der anerkannten Umwelt-NGOs wird auf der homepage des BMLFUW veröffentlicht. Wiederin, Nachbarn im Anlagenverfahrensrecht: Wie untauglich ist das AVG, JRP 1998, 63. Vgl dazu oben Rz 52. Zum Verhältnis der AVG-Nov 1998 zum UVP-G 1993 vgl Grabenwarter (FN 244), 730 ff. Vgl AB 1167 BlgNR 20. GP, 30. Wiederin (FN 266) 35. § 42 AVG. Zu den Kundmachungsvoraussetzungen vgl oben Rz 62f. Allg zur Präklusionsregelung des AVG vgl Wiederin (FN 266); Walter/Mayer (FN 231), Rz 287 ff. Verfahren an denen voraussichtlich mehr als 100 Personen beteiligt sind (§ 44a ff AVG). Vgl dazu oben Rz 62f § 44b Abs 1 AVG. Wiederin (FN 337), 37.
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Erhebung von „Einwendungen“342 wird ein Verlust der Parteistellung in Bezug auf sog „Formalparteien“ grundsätzlich nur insoweit für möglich erachtet, als die Verwaltungsvorschriften diesen Parteien die Durchsetzung von öffentlichen Interessen auch als subjektive Rechte ermöglicht343. Dies trifft freilich auf die in § 19 Abs 3 und 4 UVP-G genannten Parteien, wie insb auch den Umweltanwalt in vollem Umfang zu344.Anderes gilt für das wasserrechtliche Planungsorgan345. Anerkannte Umweltorganisationen müssen nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 19 Abs 7 UVP-G) während der Auflagefrist schriftlich Einwendungen erheben346, um den Verlust ihrer Parteistellung abzuwenden. Zweifelhaft ist die Präklusionswirkung für Bürgerinitiativenin Großverfahren: Hier hätte die Kundmachung des Vorhabens durch „großes Edikt“ für die Bürgerinitiative zur Folge, dass ihrer „Stellungnahme“ bereits qualifizierte Einwendungen zu Grunde liegen müssen, will die Initiativgruppe nicht die Parteistellung sogleich verlieren, wenn die 6-Wochen-Frist für ihre Entstehung als Partei durch Sammlung von Unterschriften zur Stellungnahme abgelaufen ist. Dass dies vom Gesetzgeber beabsichtigt war, muss nicht zuletzt mit Blick auf die Formulierung des § 19 Abs 4 UVP-G bezweifelt werden347.
3. Parteirechte Ergänzend zu den durch die Materiengesetze vermittelten Rechten räumt das UVP-G den Nachbarn durch die Genehmigungskriterien in § 17 UVP-Gspezifische Parteirechte ein. Nach hM umfasst dieser Schutzanspruch jedoch nur den immissionsbezogenen Schutz vor Gefährdungen des Lebens, der Gesundheit und dinglicher Rechte sowie vor unzumutbaren Belästigungen. Die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des § 17 UVP-G (insb das Gebot der Schadstoffemissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik, das Immissionsminimierungsgebot und der Versagungstatbestand „schwerwiegende Um-
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Behauptung einer subjektiven Rechtsverletzung. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 29; Wiederin (FN 266), 36 f. AM (arg: lege non distinguente) Durchführungsrundschreiben des BKA-VD, 18. 12. 1998, GZ 600.127/23-V/2/98, 14, 19. So auch Berger, UVP-Parteistellung und Öffentlichkeitsbeteiligung, Jahrbuch des österreichischen und europäischen Umweltrechts 2006, 105 (131f); AM Ennöckl/ Raschauer, UVP-G, § 19 Rz 15 mwN. So auch Baumgartner, ecolex 2005, 275 (277); Ennöckl/N.Raschauer, § 19 Rz 18. Vgl AB 757 BlgNR 22.GP, 3 zu § 19. Zur (rechtlichen) Qualität dieser Einwendungen vgl Eberhartinger-Tafill/Merl, UVP-G 103; Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, §19 Rz 32. Das UVP-G (§ 9) verweist hinsichtlich der Entstehung der Bürgerpartei auf § 19 Abs 4 und liefert keinen Anhaltspunkt dafür, dass im Großverfahren die Stellungahme der Bürgerinitiative zugleich qualifierte Einwendungen enthalten muss. Wenn in der Begründung zu § 19, IA 168/A 21. GP von einer Streichung sämtlicher „Sonderregelungen zum Erwerb der Parteistellung durch Erhebung von Einwendungen“ die Rede ist und weiters festgehalten wird, dass „alle in § 19 Abs 1 angeführten Parteien von Beginn des Verfahrens an Parteistellung haben, ohne dass es einer Handlung seitens dieser Parteien bedarf“ so hatten die Gesetzesinitiatoren nicht die Bürgerinitiative vor Augen, für deren Entstehung als Partei ja weiterhin Sonderregelungen gelten.
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weltbelastungen“) begründen demgegenüber nach hA348 keine subjektiven Rechte der Nachbarn. Dem können allerdings der auch nachbarschützende Zweck der Gefahrenvorsorge349 sowie - in Bezug auf gemeinschaftsrechtlich determinierte Standards - die „großzügigere“ Haltung des EuGH350 bei der Zuerkennung einklagbarer Rechte an Betroffene entgegengehalten werden351. Der Umweltanwalt, die Gemeinde sowie - im ordentlichen UVPVerfahren - die Bürgerinitiative sind berechtigt als Parteien die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften „als subjektives Recht“ im Verfahren geltend machen“352. Auch anerkannte Umweltorganisationen können die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Rahmen ihrer Einwendungen geltend machen353. Dazu zählen unbestritten jedenfalls sämtliche, und damit auch die gefahrenvorsorgenden, Genehmigungsvoraussetzungen des § 17 Abs 2-5 UVPG354. Die genannten Parteien sind legitimiert Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den VwGH zu erheben355. ZurErhebung einer VfGHBeschwerde ist lediglich die Bürgerinitiative legitimiert 356, eine entsprechende Befugnis für Umweltanwälte und Gemeinden wurde im Gefolge des Erk VfSlg 17.220/2004357 nicht wieder eingeräumt Die Parteistellung des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans ist auf die Geltendmachung wasserwirtschaftlicher Interessen beschränkt358.
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Köhler/Schwarzer, § 17 Rz 9, § 19 Rz 49 ff unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH zur Bestimmung subjektiver Rechte; Bergthaler, in: Bergthaler/Weber/ Wimmer, Kap X Rz 25; jedenfalls in Bezug auf „Stand der Technik“ und Immissionsminimierungsgebot auch Raschauer, § 17 Rz 20. Vgl allg dazu Germann, 243 ff; dem folgend Madner, 248 f. Näher dazu in Bezug auf das Umweltrecht Madner (FN 82), 75 (78) mwN; Siehe allg dazu auch Öhlinger/Potacs (FN 82), 63 ff. Zur Befugnis „Betroffener“ die richtlinienwidrige Freistellung eines Vorhabens von der UVP-Pflicht unmittelbar auf Grund der UVP-RL geltend zu machen vgl oben Rz 25f. § 19 Abs 4 UVP-G (Bürgerinitiative) bzw gleichsinnig § 19 Abs 3 UVP-G, der auch auf die sonstigen von diesen Parteien wahrzunehmenden öffentlichen Interessen verweist. Zum Hintergrund der Regelung vgl näher Raschauer, § 19 Rz 12; Köhler/Schwarzer, § 19 Rz 70 ff u 106 ff. § 19 Abs 10 UVP-G. Zur mangelnden Qualifikation der gem § 17 Abs 1 UVP-G mitanzuwendenden bautechnischen Vorschriften der NÖ BauO vlg US Zistersdorf (FN 318). Das Recht von Umweltorganisationen Beschwerde an den VwGH zu erheben wurde im vereinfachten Verfahren nur bis zum 1.6.2006 eingeräumt (§ 46 Abs 18 Z 2a UVP-G). § 19 Abs 4 UVP-G (Verfassungsbestimmung). Nach Ansicht des VfGH fehlt es in Bezug auf den Umweltanwalt an den für die Beschwerdeberechtigung vor dem VfGH erforderlichen „echten subjektiven Rechten“. Zutreffend kritisch dazu Thallinger, ZfV 2004, 161. Vgl näher auch Ennöckl/ N.Raschauer, UVP-G, § 19 Rz 13f. Vgl näher dazu Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 19 Rz 18.
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E. Abnahmeprüfung und Nachkontrolle Die Fertigstellung jedes UVP-pflichtigen Vorhabens ist der Behörde vor der (teilweisen) Inbetriebnahme anzuzeigen359, sofern dies „der Art des Vorhabens nach“ sinnvoll ist360. Die Behörde hat daraufhin im Rahmen einer Abnahmeprüfung die Übereinstimmung der Vorhabensausführung mit der Genehmigung zu überprüfen und einen Abnahmebescheid zu erlassen, mit dem gegebenenfalls die Beseitigung von Abweichungen aufzutragen ist361. Geringfügige Abweichungen können unter Wahrung des Parteiengehörs genehmigt werden362. Im Abnahmebescheid ist auch Zeitpunkt363 der allfälligen Nachkontrolle festzulegen. Die Behörde hat bei der Abnahmeprüfung auch die Bestimmungen der mitanzuwendenden Materiengesetze über „Betriebsbewilligungen, Benutzungsbewilligungen, Kollaudierungen und dergleichen“ heranzuziehen364. Die Reichweite des Verweises auf die Materiengesetze ist unklar365, zweifelhaft ist insbesondere die Mitanwendung von Vorschriften, die einen Betriebsbewilligungsvorbehalt im Genehmigungsbescheid voraussetzen366. Das UVP-G enthält kein Verbot der Betriebsaufnahme vor Abschluss der Abnahmeprüfung; die mitanzuwendenden Materiengesetzen können jedoch einer sofortigen Inbetriebnahme entgegenstehen367.
Für Vorhaben des Anh 1 Sp 1 (ordentliches UVP-Verfahren) hat innerhalb von 3-5 Jahren nach der Genehmigung, spätestens zu dem im Abnahmebescheid festgelegten Zeitpunkt368, eine behördliche Nachkontrolle zu erfolgen. Zweck ist die Kontrolle der Einhaltung des Genehmigungsbescheids und eine Prüfung dahingehend, ob die Annahmen und Prognosen der UVP mit den tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens übereinstimmen.
Zuständig für die Nachkontrolle sind die zur Vollziehung der einschlägigen Materiengesetze berufenen Fachbehörden, deren Zuständigkeit mit Rechtskraft des Abnahmebescheids grundsätzlich wieder auflebt369. Eine Zuständigkeit der Landesregierung zur Nachkontrolle besteht hinsichtlich jener Nebenbestimmungen zum Genehmigungsbescheid, die auf der Grundlage von § 17 Abs 2 bis 4 UVP-G erlassen wurden370. Im 359
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§ 20 Abs 1 UVP-G. Eine Abnahmeprüfung ist - anders als noch in Vorentwürfen zum UVP-G 2000 nicht allein bei Vorhaben des Anh 1 Sp 1 vorgesehen. Die Begründung zu § 20, IA 168/A 21. GP wurde in diesem Punkt nicht angepasst. § 20 Abs 6 UPV-G. Gedacht ist offenbar an Vorhaben wie Rodungen oder Rohstoffgewinnungen. Vgl auch Baumgartner ua, 130. Der Zeitpunkt der Nachkontrolle ist diesfalls gegebenenfalls bereits im Genehmigungsbescheid festzulegen. § 20 Abs 2 und 4 UVP-G. § 20 Abs 4 UVP-G iVm § 18 Abs 3 UVP-G. § 20 Abs 6 UVP-G. § 20 Abs 2 UVP-G. Vgl zB § 121 WRG; § 37 EisenbahnG. Raschauer, § 20 Rz 4 („die funktionell verwandten Bestimmungen“). Näher dazu Madner, 226 f; vgl auch Ritter, 289 ff; Köhler/Schwarzer, § 20 Rz 6; Weber/ Wimmer, in: Bergthaler/Weber/WimmerKap XIII Rz 5. Ablehnend Ritter, 291 f; Madner, 226 f; Weber/Wimmer, in: Bergthaler/Weber/Wimmer Kap XIII Rz 5 unter Verweis auf Ritter. Kritisch auch Ennöckl/ N.Raschauer, UVP-G, § 20 Rz 5. Raschauer, § 20 Rz 2; Weber/Wimmer, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap XIII Rz 4. § 21 Abs 1 iVm § 20 Abs 1 bzw § 20 Abs 6 UVP-G. Vgl auch oben FN 360. Näher zu diesem Zuständigkeitsübergang oben. § 21 Abs 1 iVm § 22 Abs 4 UVP-G.
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Übrigen ist die Landesregierung ebenso wie die bis zur Abnahmeprüfung „mitwirkenden Behörden“ der Nachkontrolle jedenfalls beizuziehen371. Das UVP-G (§ 21 Abs 1) verpflichtet die zur Nachkontrolle zuständigen Behörden die Überprüfung koordiniert durchzuführen372.
III. Sonderregelungen A. UVP für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken 1. Das Modell der Verkehrs-UVP Die UVP für Bundesstraßen und Eisenbahn-Hochleistungsstrecken ist im 3. Abschnitt des UVP-G (§ 23a-24h UVP-G) geregelt. Mit der UVP-G-Novelle 2004373 wurden diese Bestimmungen grundlegend neu gestaltet374. Wesentliche Zielsetzung war es, bei der Vorhabenszulassung die vollständige Berücksichtigung der Ergebnisse der UVP iS der UVP-RL zu gewährleisten und die durch die Aarhuskonvention bzw die ÖffentlichkeitsbeteiligungsRL erforderliche Ausweitung der Parteistellungen und Öffentlichkeitsbeteiligung sicherzustellen375. Die Trassenverordnung als Instrument der Zulassung für Bundesstraßen und Eisenbahn-Hochleistungsstrecken ist entfallen und dem entsprechend auch die Einbindung der UVP n das Verfahren zur Erlassung der TrassenVOen weggefallen. An die Stelle der TrassenVOen ist ein, vom BMVIT durchzuführendes, bescheidförmiges Genehmigungsverfahren getreten, in das die UVP eingebettet ist. In diesem UVP-Genehmigungsverfahren sind vom BMVIT auch alle bundesrechtlichen Verwaltungsvorschriften mit anzuwenden, für die ansonsten das BMVIT oder ein anderer Bundesminister in erster Instanz zuständig wäre, wie zB die Trassengenehmigungen nach dem BStrG, dem HLSG (sogenanntes teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren)376. In Bezug auf die sonstigen, nach bundesrechtlichen Vorschriften für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen hat der Landeshauptmann ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen377. Hinsichtlich landesgesetzlicher Genehmigungsvorschriften, zB nach den NaturschG konnte keine Verfahrens- und Genehmigungskonzentration verwirklicht werden378. Das UVP-G sieht UVP-Gspezifische Genehmigungskriterien und Parteistellungsregelungen vor, die vom BMVIT und den übrigen für Genehmigungen zuständigen Behörden anzuwen-
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§ 21 Abs 2 Satz 2 UVP-G. § 21 Abs 1 UVP-G („gemeinsam“). BGBl I 2004/153. Ausführlich dazu Schmelz/Schwarzer, ecolex 2005, 271; Ennöckl/N.Raschauer, ZfV 2005, 505; diesselben UVP-G, § 23a ff. Näher dazu unten. Zu den Hintergründen der Novelle siehe auch Schmelz/Schwarzer, ecolex 2005, 271; Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 23a Rz 2. § 24 Abs 1 UVP-G. § 24 Abs 3 UVP-G. § 24 Abs 4 UVP-G. Immerhin hat der Umweltausschuss (AB 757 BlgNR 22.GP, 5) an die Länder appelliert, auch im Bereich der landesrechtlichen Vorschriften für eine Teilkonzentration zu sorgen und im übrigen die Verfahren möglichst koordiniert mit den bundesrechtlichen Genehmigungsverfahren durchzuführen.
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den sind379. Vor Abschluss der UVP dürfen Genehmigungen bei sonstiger Nichtigkeit nicht erteilt werden („Sperrwirkung“)380. Modifikationen des Projekts bis zur rechtskräftigen Genehmigung haben idR die Pflicht zur teilweisen Wiederholung der UVP zur Folge381.
2. UVP-pflichtige Vorhaben Nicht alle Bundesstrassen- und Hochleistungsstrecken bzw deren Änderungen sind UVP-pflichtig; die UVP-Pflicht ist zT an Schwellenwerte in Bezug auf die Trassenlänge und die erwartete Verkehrsbelastung gebunden oder vom Ergebnis einer Einzelfallprüfung abhängig. Zur Erfassung der kumulativen Auswirkungen von Vorhaben bestehen spezielle Tatbestände. Ein detaillierter Überblick über die UVP-pflichtigen Vorhaben erfolgt im Zusammenhang mir der Darstellung des Verkehrsrechts382.
3. Feststellung der UVP-Pflicht Die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde und seit der UVP-G-Novelle 2004 auch der Antragsteller383 sind im Anschluss an die Information über ein Bundesstraßen- oder Hochleistungsstreckenvorhaben innerhalb von sechs Wochen zur Einleitung eines Feststellungsverfahrens legitimiert und haben auch Parteistellung im Feststellungsverfahren384. Die Einzelfallprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht ist von der Behörde gegebenenfalls auch von Amts wegen durchzuführen385.
4. UVP-Verfahren Der Ablauf der UVP einschließlich der Differenzierung zwischen einem ordentlichem und dem vereinfachtem UVP-Verfahren gleicht im Wesentlichen der UVP im konzentrierten Genehmigungsverfahren386: Sofern nicht die Durchführung eines Vorverfahrens beantragt wird387, wird das UVP-Verfahren mit der Vorlage eines UVP-pflichtigen Projekts in Gang gesetzt388. Den Projektunterlagen ist eine Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) anzuschließen389. Die Projektunterlagen einschließlich der UVE sind nach den Bestimmungen über die öffentliche Auflage sechs Wochen lang zur schriftlichen Stellungnahme für jedermann aufzulegen390. Anerkannte Umweltorganisationen müssen 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388 389 390
§ 24h Abs 5 UVP-G. § 24 Abs 10 UVP-G. Vgl § 3 Abs 6 UVP-G. § 24g UVP-G. Vgl den Beitrag Verkehrsrecht von Resch. Vgl dazu Baumgartner, ecolex 2005, 275. § 24 Abs 5 UVP-G. § 24 Abs 5 UVP-G ist insofern unvollständig. Vgl auch die Begründung zu § 24 UVP-G, IA 168/A 21. GP. Auf die einschlägigen Ausführungen oben unter II. B wird verwiesen. § 24 Abs 7 UVP-G verweist auf die entsprechenden Regelungen für das konzentrierte Genehmigungsverfahren (§ 4 UVP-G), dazu obenII. B. 2. Zur planenden Stelle vgl den Beitrag Resch, Verkehrsrecht. § 24 Abs 7 iVm § 6 UVP-G. Die Behörde kann allerdings festlegen, dass bestimmte Unterlagen erst in einem späteren Genehmigungsverfahren vorzulegen sind. § 24 Abs 9 UVP-G iVm § 9 UVP-G. Bei Bundesstraßen findet zugleich die Auflage gem § 4 Abs 5 BstrG statt.
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zur Wahrung ihrer Parteistellung Einwendungen erheben391. Durch Unterstützung einer Stellungnahme mit mindestens 200 Unterschriften kann eine Bürgerinitiative gebildet werden392, die in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren Partei- bzw (vereinfachtes Verfahren) Beteiligtenstellung hat393 und die zur Anfechtung der Genehmigungsentscheidungen beim VwGH und VfGH legitimiert ist394. Unter Berücksichtigung der UVE und der eingelangten Stellungnahmen sowie mit Blick auf die UVP-G spezifischen Genehmigungskriterien395 ist vom BMVIT ein Umweltverträglichkeitsgutachten, bzw - im vereinfachten Verfahren - eine zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen zu erstellen396. DasUmweltverträglichkeitsgutachten ist unverzüglich mindestens vier Wochen lang zur öffentlichen Einsicht aufzulegen397 Wie im UVP-Verfahren nach dem 2. Abschnitt ist zwingend eine mündliche Verhandlung durchzuführen398. Mit der UVP-G-Novelle 2004 kann auch das UVP-Verfahren des dritten Abschnitts in ein Grundsatz- und ein Detailgenehmigungsverfahren gegliedert werden399. Zudem besteht nun auch die Möglichkeit Abschnittsgenehmigungen zu beantragen400. Der BMVIT hat das teilkonzentrierte UVP-Genehmigungsverfahren mit den von anderen Behörden zu führenden Genehmigungsverfahren zu koordinieren401. Gegenstand dieser Koordinierungspflicht ist vor allem die Frage, wie die Berücksichtigung der UVP erfolgen soll; es geht also insbesondere um die Abstimmung der zu erteilenden Genehmigungsauflagen und sonstigen Nebenbestimmungen. Der BMVIT hat gem § 24h Ab 8 UVP-G auch darauf hinzuwirken402, dass möglichst in allen Genehmigungsverfahren dieselben Sachverständigen eingesetzt werden.
5. UVP-spezifische Entscheidungskriterien Die Ergebnisse der UVP sind bei der Erlassung des teilkonzentrierten UVPGenehmigungsbescheids zu berücksichtigen403. Die Behörde ist gem § 24h 391 392 393 394 395 396 397
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§ 24h Abs 8 iVm § 19 Abs 1 Z 7 UVP-G. § 24 Abs 7 iVm § 9 UVP-G. Vgl dazu auch obenII. B. 4. § 24h Abs 8 iVm § 19 UVP-G. § 24h Abs 8 UVP-G. § 24h UVP-G. § 24c bzw § 24d UVP-G. § 24e UVP-G. § 24f UVP-G. Die Nichtbeachtung der Frist zur Kundmachung der öffentlichen Erörterung und die damit verbundene Beeinträchtigung des Informations- und Anhörungsrechts qualifizierte der VfGH nach der alten Rechtslage als beachtlichen Verfahrensmangel, der zur Aufhebung der Trassenverordnung als gesetzwidrig führt (VfGH 1.12.2000, V 61/99 zur Unterschreitung der Kundmachungsfrist für die Anhörung im Bürgerbeteiligungsverfahren um zwei Tage). Im vereinfachten Verfahren ist den Parteien die zusammenfassende Bewertung im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen § 24 Abs 6 iVm § 16 UVP-G. § 24h Abs 9 bis 11 UVP-G. § 24h Abs 12 mit Verweis auf § 18a UVP-G. § 24h Abs 7 UVP-G. Auf das Problem mangelnder Weisungsbefugnis des BMVIT weisen Ennöckl/ Raschauer, UVP-G, § 24h Rz 8 hin. § 24h Abs 3 Satz 1 UVP-G.
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Abs 1 und 2 UVP-G insbesondere zur Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik, zur Immissionsminimierung und zum immissionsbezogenen Umwelt-, Gesundheits- und Belästigungsschutz verpflichtet404. Der Belästigungsschutz erfährt jedoch bei Straßenbauvorhaben eine Modifikation: Die Zumutbarkeit von Belästigungen ist nach Maßgabe einer saldierenden Betrachtung hinsichtlich des durch das Vorhaben be- und entlasteten Personenkreises zu beurteilen und wird von der wirtschaftlichen Vertretbarkeit des Aufwand begrenzt405; bei Eisenbahnvorhaben ist auf bestehende besondere Immissionsschutzvorschriften abzustellen.
Ergibt eine Gesamtbewertung des Vorhabens unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, dass schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, ist der Genehmigungsantrag abzuweisen406. Der begründete Genehmigungsbescheid ist mindestens acht Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen407. Die Ergebnisse der vom BMVIT im Rahmen des teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens durchgeführten UVP sind auch für die übrigen, gegebenenfalls erforderlichen Genehmigungsverfahren für Bundesstraßen- und Hochleistungsstreckenprojekten relevant408: Die Genehmigungsbehörden haben die UVP-Ergebnisse bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen409. Auch die Entscheidungskriterien in § 24h Abs 1 bis 4 UVP-G erfüllen eine mehrfache Funktion410: Sie determinieren die Behörde nicht nur bei der Erteilung der Genehmigung im teilkonzentrierten UVP-Genehmigungsverfahren sondern dienen als zusätzliche UVP-G spezifische Genehmigungskriterien in den von anderen Behörden zu führenden Genehmigungsverfahren. In diesen Verfahren ist auchdie Ermächtigung betreffend die Vorschreibung von Nebenbestimmungen, wie insb auch Projektmodifikationen oder Ausgleichsmaßnahmen411 heranzuziehen. Der BMVIT und die sonstigen Genehmigungsbehörden haben alle diese Genehmigungsvorschriften anzuwenden, „soweit sie für ihren Wirkungsbereich maßgeblich sind“412. Diese Anordnung ist unklar413 und deutet auf eine, wohl bereits in der Kompe404 405
406 407 408
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Vgl die Standards des § 17 Abs 2 UVP-G im konzentrierten Genehmigungsverfahren nach dem 2. Abschnitt des UVP-G. § 24h Abs 2 UVP-G der den gleich lautenden § 17 Abs 2a UVP-G 1993 ersetzt stellt auf die wesentliche Entlastung der Nachbarn bestehender Verkehrsanlagen ab. Vgl dazu näher Köhler/Schwarzer, § 17 Rz 15a; kritisch Weber/Wimmer, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap XII Rz 65 ff mit verfassungsrechtlichen Bedenken insb zur Sachlichkeit der damit verbundenen Privilegierung von Straßenbauvorhaben. § 24h Abs 3 UVP-G. Vgl § 17 Abs 5 UVP-G. § 24h Abs 13 UVP-G. § 24h Abs 6 UVP-G. Vehemente Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese „doppelte“ Berücksichtigung der UVP und der übrigen Entscheidungsdeterminanten äußert Hecht (FN 45), 632; derselbe, 98 jeweils zur Stammfassung des dritten Abschnitts des UVP-G § 24h Abs 6 iVm § 24h Abs 3 UVP-G. Durch Verweis sind sie überdies als Kriterien im konzentrierten Genehmigungsverfahren für Verkehrsinfrastrukturprojekte des Anh 1 heranzuziehen. § 17 Abs 3 iVm Anh 1 Z 9-11 UVP-G. Vgl oben Rz 84. § 24h Abs 6iVm § 24h Abs 5 UVP-G.. § 24h Abs 3 UVP-G. Vgl, noch zur Stammfassung des § 24 UVP-G, die Kontroverse zwischen: Bergthaler/Trautwein/Wimmer (FN 45); Baumgartner (FN 45) sowie mit vehementen
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tenzverteilung angelegte (partielle) Zuständigkeitskonkurrenz der Genehmigungsbehörden hin. Überwiegend wird sie dahin verstanden, dass die Behörden die UVP-G spezifischen Genehmigungskriterien nur insoweit mit anzuwenden haben, als die durch das jeweilige „Materiengesetz“ geschützten Rechtsgüter betroffen sind414. Demnach hat der BMVIT sämtliche UVP-G-Genehmigungskriterien im Hinblick auf die Entscheidung über den Trassenverlauf anzuwenden, es hat aber zB die Naturschutzbehörde die Bestimmungen über den Belästigungsschutz nicht anzuwenden, der Wasserrechtsbehörde ist eine Beurteilung der Beeinträchtigung „terrestrischer“ Tier- und Pflanzenpopulationen verwehrt415. Weiterhin ist durch diese Regelung eine vollständige Berücksichtigung der Ergebnisse der UVP sowie eine Gesamtbewertung in allen Genehmigungsverfahren nicht in jedem Fall gewährleistet416, 417. Mit der UVP-G-Nov 2004 ist jedoch insofern eine Entschärfung der Problematik eingetreten, als durch den Wegfall der TrassenVO und die Einführung eines teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens nunmehr jedenfalls sichergestellt ist, dass die Ergebnisse der UVP auch mittels Auflagen in die bescheidförmige Trassenentscheidung des BMVIT einfließen können. Auch nach der Umgestaltung des dritten Abschnitts bleiben mit § 24 Abs 6 UVP-G schwierige Abgrenzungsprobleme ungelöst418; die Koordination der Verfahren durch den BMVIT419 vermag dem in der Praxis uU gegenzusteuern.
6. Parteistellung und Verordnungsanfechtungsbefugnis Im teilkonzentrierten UVP-Genehmigungsverfahren und in den übrigen Genehmigungsverfahren420 haben die nach den jeweils anzuwenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Personen Parteistellung421. Subsidiär dazu hat der Gesetzgeber in Umsetzung der UVP-ÄndRL 2003/35/EG zur Öffentlichkeitsbeteiligung422 auch Nachbarn (§ 19 Abs 1 Z 1 UVP-G) Parteistellung eingeräumt, soweit diese durch den jeweiligen Verfahrensgegenstand in ihren Rechten betroffen sind423. Darüber hinaus haben der Umweltanwalt, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan, die Standortgemeinde sowie die unmittelbar angrenzende Gemeinde und - im ordentlichen UVP-Verfahren - Bürgerinitiativen
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418
419 420 421 422 423
verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine auch nur teilweise kumulative Anwendung der UVP-spezifischen Genehmigungskriterien: Hecht (FN 45). Vgl auch oben I. B. 1. Vgl Köhler/Schwarzer, § 24 Rz 13; Weber/Wimmer, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap XIII Rz 63. So die Bspe bei Köhler/Schwarzer bzw Weber/Wimmer, aaO. Vgl weiters Altenburger/Wojnar, UVP-G, § 24h Rz 420; Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 24h Rz 7. Vgl Weber/Wimmer, in: Bergthaler/Weber/Wimmer, Kap XIII Rz 64 zur Stammfassung des § 24 UVP-G. Ein Befund der freilich nicht als Plädoyer für eine kompetenzwidrige Vollziehung UVP-gesetzlicher Vorschriften verstanden werden will. Missverständlich insofern Ennöckl/N. Raschauer,UVP-G, § 24h Rz 7. Vgl zB mit Blick auf Vorhaben in Natura 2000-Gebieten, die Vollziehung der UVPG-Genehmigungskriterien einerseits und der NaturschutzG der Länder andererseits, Schmelz/Schwarzer, ecolex 2005, 271. Altenburger/Wojnar, UVP-G, § 24h Rz 426. § 24h Abs 7 UVP-G. § 24 Abs 1, 3 und 4 UVP-G. § 24h Abs 8 Satz 1 UVP-G. Art 10a UVP-RL idF der ÄnderungsRL 2003/35. Nachbarn können daher zB Lärmbelästigungen im UVP-Genehmigungsverfahren geltend machen, nicht jedoch im naturschutzrechtlichen Verfahren. Vgl Baumgartner, ecolex 2005, 275 (277).
Umweltverträglichkeitsprüfung
889
Parteistellung424 mit der Berechtigung die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren wahrzunehmen425 und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, Bürgerinitiativen auch an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Europarechtlich determiniert426 war schließlich auch die Einräumung der Parteistellung für anerkannte Umweltorganisationen427 mit der Berechtigung, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben428.
7. Behördenzuständigkeit Die Umweltverträglichkeitsprüfung und das teilkonzentrierte Genehmigungsverfahren sind vom BMVIT durchzuführen, der damit den LH ganz oder teilweise betrauen kann429. Der BMVIT ist auch zuständige Behörde für das Feststellungsverfahren430. Gegen Bescheide des BMVIT können unmittelbar die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts angerufen werden. Diejenigen bundesgesetzlich geregelten Genehmigungsverfahren, die bisher im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung von der BVB oder vom LH zu vollziehen waren sind vom LH zu vollziehen431. Die Behördenzuständigkeit für die nach den Verwaltungszuständigkeit von den Ländern zu vollziehenden Genehmigungsverfahren werden durch das UVP-G nicht verändert432.
B. Besondere Bestimmungen für wasserwirtschaftlich bedeutsame Vorhaben Zu den in Anh 1 aufgezählten Vorhaben, die gegebenenfalls einer UVP im konzentrierten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, zählen auch eine Reihe von wasserwirtschaftlichen Vorhaben433. Der 4. Abschnitt des UVP-G („Besondere Bestimmungen für wasserwirtschaftlich bedeutsame Vorhaben“) enthält insbesondere spezielle Verordnungsermächtigungen für solche Vorhaben. So wird eine Konkretisierung der Einzelfallprüfung und der UVE in Bezug auf wasserwirtschaftliche Aspekte ermöglicht434. Weiters sind im Genehmi424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434
§ 24h Abs 5 iVm § 19 Abs 1 UVP-G. Im vereinfachten Verfahren haben Bürgerinitiativen lediglich Beteiligtenstellung mit dem Recht auf Akteneinsicht. Vgl dazu obenII. D. Art 10a UVP-RL idF der ÄndRL 2003/35. Dazu oben II. D. § 24 Abs 8 UVP-G. Vgl dazu Baumgartner, ecolex 2005, 275 (277). § 24 Abs 1 UVP-G.. § 24 Abs 2 UVP-G. § 24 Abs 3 UVP-G. Ausführlich zu den damit verbundenen Abgrenzungsfragen Ennöckl/N.Raschauer, UVP-G, § 24 Rz 2. § 24 Abs 4 UVP-G. ZB Wasserkraftwerke, Bodenentwässerungsanlagen, Nassbaggerungen. Mit Blick auf die einschlägigen Verordnungsermächtigungen in § 3 Abs 3 bzw 5Abs 3 UVP-G können diese Bestimmungen nur als Ausdruck der besonderen Sorge um die Berücksichtigung wasserwirtschaftlicher Aspekte bzw als Vorsorge für den Fall einer Änderung der Ressortverteilung in Bezug auf die Umweltagenden verstanden werden.
Madner
890
gungsbescheid Abschnitte mit wasserwirtschaftliche Aspekten zusammenzufassen, spezifische Vorgaben für Inhalt und Form von Bewilligungsbescheiden können verordnet werden435. Mit Blick auf gemeinschaftsrechtliche Vorgaben wird der Genehmigungsinhaber zur Übermittlung von wasserwirtschaftlich relevanten Überwachungsdaten verpflichtet436. Die bereits in § 17 UVP-G angeordnete Mitanwendung wasserrechtlicher Genehmigungskriterien im konzentrierten Genehmigungsverfahren soll offenbar bekräftigt werden437.
C. UVP und Bodenreform Mit der UVPÄndRL wurden auch Bodenreformvorhaben der UVP-Pflicht unterworfen438. Zur Umsetzung dieser Vorgaben wurden „außerhalb“ des UVPG im Flurverfassungs-GrundsatzG bzw im Grundgesetz über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte439 spezielle Regelungen für die UVP im agrarbehördlichen Verfahren getroffen440.
435 436 437 438 439 440
§§ 24i und 24j UVP-G. § 24l UVP-G. § 24k Abs 1 UVP-G, der auf die §§ 12, 12a, 13 und 105 WRG verweist. Anh I Z 1 lit a u d (Flurbereinigungsprojekte, Umwandlungen der Bodennutzungsart). Vgl jeweils § 34a ff. Zu den einfachgesetzlichen Regelungen vgl Müller (FN 34), 17 ff. Zur fragwürdigen Kompetenzgrundlage siehe oben I. B.
Verena Madner/Martin Niederhuber
Abfallbehandlungsanlagen Rechtsgrundlagen ...........................................................................................891 Grundlegende Literatur...................................................................................892 I. Grundlagen ................................................................................................892 A. Einführung und historische Entwicklung...............................................892 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................895 1. Innerstaatliche Kompetenzverteilung................................................895 2. Rechtsetzungskompetenz der Gemeinschaft .....................................900 C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen..................902 1. Völkerrechtliche Bezüge ...................................................................902 2. Relevantes Primär- und Sekundärrecht .............................................903 3. EuGH-Rechtsprechung zum anlagenrelevanten Abfallrecht.............907 II. AWG des Bundes .....................................................................................908 A. Gegenstand der Genehmigungspflicht...................................................908 1. Abfallbegriff......................................................................................908 2. Anlagenbegriff ..................................................................................914 3. Begriff der Abfallbehandlung ...........................................................915 B. Ortsfeste Behandlungsanlagen ..............................................................916 1. Regelungsansatz ................................................................................916 2. Genehmigungs- und Anzeigetatbestände des § 37 AWG 2002 ........917 3. Genehmigungskonzentration.............................................................919 4. Ordentliches Genehmigungsverfahren ..............................................923 5. Vereinfachtes Genehmigungsverfahren ............................................927 6. Anzeigeverfahren ..............................................................................928 7. Altstoffsammelzentren und Problemstoffsammelstellen ...................928 8. Deponien ...........................................................................................929 9. IPPC-Abfallbehandlungsanlagen ......................................................934 10. UVP-pflichtige Abfallbehandlungsanlagen ....................................938 C. Mobile Anlagen .....................................................................................940 D. Verwaltungsstrafbestimmungen ............................................................941 III. Landesabfallrecht...................................................................................941 A. Anwendungsbereich...............................................................................941 B. Planungsakte der Länder.......................................................................942 C. Öffentliche Verpflichtung zur Bereitstellung von Abfallbehandlungsanlagen....................................................................942 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht: RL 75/439/EWG (Abl L 194/31) idF RL 2000/76/EG (Abl L 332/91) - AltölRL; RL 2006/12/EG - AbfallRL; RL 85/337/EWG (Abl C 210/78) idF RL 97/11/EG (Abl L 73/5) - UVP-RL; RL 86/278/EWG (Abl L 181/6) idF RL
Madner/Niederhuber
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91/692/EWG (Abl L 377/48) - KlärschlammRL; (werden nun in RL 2000/76/EG geregelt); RL 91/157/EG (Abl L 1/1) idF RL 98/101/EWG (Abl L 1/1) - BatterienRL; RL 91/689/EWG (Abl L 377/20) idF RL 94/31/EG (Abl L 168/28) - Richtlinie über gefährliche Abfälle; RL 94/62/EG (Abl L 365/10) idF 2005/20/EG (Abl 70) - VerpackungsRL; RL 96/59/EG (Abl L 243/31) - PCB/PCT-RL; RL 96/61/EG (Abl L 22/26) - IPPC-RL; RL 1999/31/EG (Abl L 182/1) - DeponieRL (ergänzt durch: VO EG Nr. 1882/2003); RL 2000/53/EG v 18. 9. 2000 (Abl L 269/34) - AltautoRL; RL 2000/76/EG (Abl L 332/91) - VerbrennungsRL Innerstaatliches Recht: AbfallwirtschaftsG 2002 - AWG 2002 (BGBl 2002/102 idF BGBl I 2006/34); GewO 1994 - GewO (BGBl 1994/194 idF BGBl I 2006/84 =Novelle in Bearbeitung!; derzeit: 2006/15);
Grundlegende Literatur: Beckmann, Zulassung von Anlagen und Tätigkeiten, in: Rengeling (Hrsg) Handbuch des deutschen und europäischen Umweltrechts, 2005, Bd II, § 73; Bergthaler/Wolfslehner (Hrsg) Das Recht der Abfallwirtschaft2 (2004); Davy, Rechtsfragen der Abfallentsorgungsanlagen, in: Funk (Hrsg) Abfallwirtschaftsrecht, 1993; Funk, Das Recht der Abfallwirtschaft und Altlastensanierung im System der österreichischen Rechtsordung, in: Funk (Hrsg) Abfallwirtschaftsrecht, 1993; /Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz AWG 2002 (2004); ; Hocholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, AWG. Abfallwirtschaftsgesetz (2002) 2002; Madner, Die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen, 1995; Mayer, Abfallwirtschaft: Bemerkungen zur Bedarfskompetenz des Bundes, ecolex 1997, 54; Merli, Zum Verhältnis von Bundes- und Landesrecht bei abfallwirtschaftsrechtlichen Anlagengenehmigungen, ÖZW 1991, 102; Pauger, Betriebsanlagen im Abfallrecht der Länder, ZfV 1992, 513; Potacs/Rondo-Brovetto (Hrsg) Beiträge zur Abfallwirtschaft in Kärnten (2002); Raschauer, Landesgesetzgebungsbefugnis im Abfallrecht, ecolex 1991, 356; Weidemann, Abfallrecht: Grundlagen, in: Rengeling (Hrsg), Handbuch des deutschen und europäischen Umweltrechts, 2005, Bd II, § 71. Tessar, Grundzüge des Abfallwirtschaftsrecht, in: N.Raschauer/Wessely (Hrsg) Umweltrecht (2006); Wolfslehner/Hochholdinger, Das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, RdU 2002, 44.
I. Grundlagen A. Einführung und historische Entwicklung Eine Bestandsaufnahme der Situation der Abfallwirtschaft in Österreich zeigt, dass, das Massenpotential der in Österreich anfallenden Abfälle mittlerweile jährlich rund 54 Millionen Tonnen an Abfällen beträgt, davon sind rund 1 Million Tonnen gefährliche Abfälle1. Derzeit stehen in Österreich über 2000 Anlagen zur Verfügung, die Abfälle von Dritten übernehmen und diese Abfälle sortieren, zwischenlagern, thermisch oder stofflich verwerten, aufbereiten, chemisch-physikalisch behandeln, biotechnisch behandeln oder deponieren2. Errichtung, Betrieb bzw Änderungen dieser Abfallbehandlungsanlagen bedürfen in der Regel einer behördlichen Zulassung. Sowohl die Genehmigungs1
2
Zusammenfassung zur Bestandsaufnahme im Rahmen des vom BMLFUW erstellten, derzeit aktuellen Bundes-Abfallwirtschaftsplans 2006 (www.bundesabfallwirtschaftsplan.at). Die darin angegebenen Massenangaben beziehen sich im wesentlichen auf das Jahr 2004. Vgl dazu näher: Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2006.
Abfallbehandlungsanlagen
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pflicht als auch die Kriterien für die Erteilung der Genehmigung sind dabei in zunehmendem Maße auch durch das Gemeinschaftsrecht determiniert3. Ziel des Beitrags ist es, die innerstaatlichen und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Zulassung von Abfallbehandlungsanlagen in Österreich im Überblick darzulegen. Die Inhaber von Abfallbehandlungsanlagen sind auch von zahlreichen nicht anlagenbezogenen Verpflichtungen zur Abfallvermeidung und zur Behandlung von Abfällen betroffen. Diese Vorgaben werden an anderer Stelle dargelegt4. Das Recht der Abfallbehandlungsanlagen hat - wie das Abfallrecht insgesamt - mit Ende der 80er-Jahre einen weit reichenden Wandel erfahren. Der umweltpolitische „Paradigmenwechsel“5, der diesen Veränderungen zu Grunde liegt, ist durch die Abwendung von bloßen Maßnamen der Abfallbeseitigung hin zu einer umfassenden Abfallwirtschaft gekennzeichnet. Die neue Abfallwirtschaftspolitik misst der Schonung der natürlichen Ressourcen im Hinblick auf das Vorsorgeprinzip und der „nachhaltigen Entwicklung“6 besondere Bedeutung zu und setzt auf die Maßnahmentrias der vorrangigen Vermeidung von Abfällen, der Verwertung von nicht vermeidbaren Abfällen und schließlich auf die möglichst umweltschonende Entsorgung von Abfällen7. Die Neuorientierung in der Umwelt- und Abfallpolitik ging in Österreich mit einer Neugestaltung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung einher. Bis zum Jahr 1988 war die Zuständigkeit für Maßnahmen im Abfallbereich nach dem so genannten Annexprinzip auf verschiedene Kompetenzen des Bundes und der Länder aufgeteilt. Nicht zuletzt aus dieser zersplitterten Kompetenzverteilung resultierten uneinheitliche Vorgaben, Doppelgleisigkeiten und Regelungslücken, die umweltpolitisch als unbefriedigend empfunden wurden8. Mit der Schaffung einer speziellen Kompetenzgrundlage für die Abfallwirtschaft, die den Bund bei Bedarf auch zur Erlassung einheitlicher, die Landes3 4
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8
Vgl dazu die Ausführungen unten I.C. sowie im Zusammenhang mit der Darstellung der einfachgesetzlichen Rechtslage. Zu diesen abfallrechtlichen Bestimmungen zählen insbesondere auch jene über die persönliche Berechtigung zur Sammlung, Behandlung und Verbringung von Abfällen sowie die damit einhergehenden Melde-, Abhol- und Übernahmepflichten, die ebenso wie die abfallrechtlichen Trennungs- , Verwertungs- und Behandlungsgrundsätze im Beitrag zum Abfallwirtschaftsrecht behandelt werden. Eingehend dazu Davy, 110ff; vgl auch Funk, 6. Vgl das 5. Umweltaktionsprogramm der Gemeinschaft „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“, Abl 1993 C 138/1ff, das an die im Brundtlandbericht 1987 entwickelte und 1992 auf der UNCED-Konferenz in Rio proklamierte Politik des „sustainable development“ anknüpft. Vgl auch die Darlegung der abfallpolitischen Zielsetzungen im Bundes-Abfallwirtschaftsplan 1998, 9. Vgl BMUJF (Hrsg), „Leitlinien zur Abfallwirtschaft“ 1987; Bundes-Abfallwirtschaftsplan 1998 - Bundesabfallbericht 1998, 9. Vgl auf europäischer Ebene die Entschließung des Rates vom 7. 5. 1990 über die Abfallpolitik, Abl 1990 C 122/2; sowie die Mitteilung der Kommission vom 18. 9. 1989 über eine Gemeinschaftsstrategie für die Abfallwirtschaft sowie die Mitteilung vom 1. 8. 1996 über die Überprüfung dieser Strategie, KOM (96) 399 endg und die diesbezügliche Entschließung des Rates vom 24. 2. 1997, Abl 1997 C 76/1. Zu diesen Defiziten und Unsicherheiten, die insbesondere einheitliche Vorgaben für die Steuerung der Abfallströme aus Haushalten, die Standortplanung und die Bindung an das Vorsorgeprinzip betrafen vgl Madner, 27ff.
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Madner/Niederhuber
zuständigkeit einschränkender Regelungen ermächtigt9, wurde der Weg für ein AbfallwirtschaftsG des Bundes (AWG)10 frei, das als „Leitbild“11 des österreichischen Abfallrechts bezeichnet werden kann. Die wesentlichen anlagenrelevanten Neuerungen dieses neuen abfallrechtlichen Regimes können folgendermaßen umrissen werden: Die Abfallwirtschaft wird an vorsorgeorientierten Zielen und Grundsätzen12 ausgerichtet, die auch die Vollziehung des Anlagenrechts determinieren. Für größere bzw besonders bedeutsame Abfallbehandlungsanlagen wird ein konzentriertes Genehmigungsregime eingeführt13, dass für wichtige Anlagentypen auch die abfallrechtliche Regelungszuständigkeit der Länder einschränkt14. Die Auswirkungen von Abfallbehandlungsanlagen sind im Interesse des Gesundheits- und Umweltschutzes zu begrenzen bzw zu minimieren. . Nahezu zeitgleich mit diesen abfallrechtlichen Neuerungen erfolgte die Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich15, die auch zahlreiche Typen von Abfallbehandlungsanlagen erfasst16. Die weitere Rechtsentwicklung ist geprägt durch gemeinschaftsrechtliche Bestrebungen zur Sicherstellung des integrierten Umweltschutzes17 und zur harmonisierten Standardsetzung für Deponien und Verbrennungsanlagen18. Mit dem AWG 2002 wurde an den Zielen und Grundsätzen des Abfallrechts grundsätzlich festgehalten, das Prinzip der Nachhaltigkeit jedoch zusätzlich ausdrücklich verankert19. Hervorzuheben sind im vorliegenden Zusammenhang besonders Neuerungen beim Abfallbegriff20, die Einführung einer generellen Genehmigungspflicht für Abfallbehandlungsanlagen21 und die Erweiterung der Verfahrenskonzentration im Anlagenrecht22. Einige Regelungen die nach dem ursprünglichen Konzept des AWG 1990 ein „abfallwirtschaftsrechtliches Projektmanagement“23 der öffentlichen Hand ermöglichen sollten, jedoch in der Praxis bedeutungslos blieben entfielen: so insbesondere die Regelungen über die Standortplanung24, Enteignungsmöglichkeiten25 sowie eine subsidiäre Bereitstellungspflicht der 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Ausführlich dazu und zu den damit verbundenen neuen Auslegungsfragen unter I.B.1. Das AWG 1990 wurde im Jänner 2002 durch das derzeit aktuelle AWG 2002 abgelöst Vgl Davy, 104. Vgl § 1 AWG. Eingehend zu § 29 AWG 1990 Madner, zur Nachfolgeregelung in § 38 AWG unten II.C. Zu den damit verbundenen Abgrenzungsfragen vgl unten I.B.1b. Vgl dazu den Beitrag „Umweltverträglichkeitsprüfung“ in diesem Band. Dazu unten II. D. Dazu unten II. E. Dazu unten II.B. Vgl § 1 Abs 1 AWG. Dazu unten II.A.1. § 37ff AWG, dazu unten. § 38 AWG, dazu unten. Davy, 118ff mit weiteren Ausführungen. § 26 AWG (Sicherung von Standorten für die Behandlung gefährlicher Abfälle) vgl dazu ausführlich Madner, 180ff. § 27 AWG.
Abfallbehandlungsanlagen
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öffentlichen Hand zur Gewährleistung ausreichender Behandlungskapazitäten für gefährliche Abfälle26
B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Innerstaatliche Kompetenzverteilung a) Der Kompetenztatbestand „Abfallwirtschaft“ Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG legt für die Angelegenheit der „Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle“ die Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung27 fest. Hinsichtlich anderer als gefährlicher Abfälle (sog nicht gefährliche Abfälle) ist der Bund gemäß Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG nur nach Maßgabe eines „Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften“ zur Gesetzgebung und Vollziehung befugt. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Gesetzgebungs- und Vollzugszuständigkeit des Bundes ist nicht der Anfallsort28 sondern ausschließlich das Gefährdungspotential der Abfälle29. Der Kompetenzübergang tritt - wie auch der VfGH ausgesprochen hat30 - erst ein, wenn der Bund ein entsprechendes Bedürfnis durch die Erlassung einheitlicher Regelungen manifestiert31. Sofern der Bund von seiner Bedarfskompetenz hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle keinen Gebrauch macht, verbleibt die Angelegenheit gemäß Art 15 Abs 1 BVG iVm Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG in der Zuständigkeit der Länder32. Die Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz des Bundes hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle ist an das Vorliegen eines objektiven, nachvollziehbaren Bedarfs nach 26
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§ 31 AWGDenn während die Länder bereits in den älteren AbfallwirtschaftsGen die Beseitigung von Hausmüll als kommunale Pflichtaufgabe ausgestalteten, vertraute der Bund nach dem ursprünglichen Konzept des Sonderabfallrechts gänzlich auf die zweckentsprechende Organisation der Abfallentsorgung durch „marktwirtschaftliche Mechanismen“ (vgl die Erläuterungen zur RV für das SonderabfallG BGBl 1983/186, RV 1228 BlgNR 15. GP, 12.). Die Vollziehung erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung (Art 102 Abs 1 B-VG). Vgl demgegenüber die Situation vor der B-VG-Nov 1988. Dazu oben I.A. Daher bestehen etwa auch keine kompetenzrechtlichen Bedenken dagegen, landesabfallrechtliche Regelungen für den bei einer Eisenbahnhaltestelle anfallenden nicht gefährliche Abfall zu treffen (VfGH 6.6. 2005, B 1531/05). Zur Auslegung und zur (nicht abschließenden) Orientierung an der, zum Zeitpunkt der Entstehung des Kompetenztatbestands als Rechtsverordnung verbindlichen ÖNORM S 2101 aus 1983 („überwachungsbedürftige Sonderabfälle“) vgl Madner, 39ff; vgl auch List, in: Kind/List/Schmelz, 35. Die Bedeutung des finalen Charakters der Abfallwirtschaftskompetenz für die Auslegung des Begriffs „gefährliche Abfälle“ betont in einer ausführlichen Untersuchung Weber, Abfallbegriff und Abfallkompetenz, FS Koja (1998) 480. VfSlg 13019/1992. Vgl Weber, Umweltschutz im Spannungsfeld von Bundes- und Landesrecht, FS Klecatsky, 1990, 273 (281); Pauger, Bedarfsgesetzgebung und Landesrecht - am Beispiel des Abfallwirtschaftsrechts, FS Adamovich, 1992, 515 (523f); Madner, 41ff mwN. Dazu noch unten. AM Funk, 22; derselbe, Die neuen Umweltschutzkompetenzen des Bundes, in: Walter (Hrsg), Verfassungsänderungen 1988, 1989, 63.
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Madner/Niederhuber
Vereinheitlichung geknüpft33. Dem Bund ist im Ergebnis ein relativ weiter umweltpolitischer Einschätzungsspielraum eingeräumt34. Einschlägiges Landesrecht wird mit der Aktualisierung der Bedarfskompetenz nicht bloß überschattet, vielmehr ist den Bedarfsregelungen des Bundes Derogationswirkung zuzumessen35. Welche Regelungen überhaupt als Angelegenheiten der „Abfallwirtschaft“ iS von Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG zu qualifizieren sind und inwieweit nach der Schaffung des Abfallwirtschafts-Kompetenztatbestands andere Kompetenztatbestände abfallwirtschaftsrechtliche Regelungen noch zu tragen vermögen - mit anderen Worten - „Inhalt“ und „Struktur“36 des Abfallwirtschaftskompetenztatbestands sind im Einzelnen viel diskutierte Fragen37. Die Auslegung wird dadurch erschwert, dass der Verfassungsgesetzgeber die Auswirkungen des neuen, geteilten Kompetenztatbestands offenbar nicht in allen Konsequenzen bedacht, jedenfalls aber die Konsequenzen der „von Grund auf“ veränderten Kompetenzlage (VfSlg 13019/1992) zT nicht erhellend erläutert hat und und überdies auch die Anwendung der Versteinerungstheorie38 nur bedingt geeignet ist, eine exakte Abgrenzung der „Abfallwirtschaft“ von bestehenden Kompetenztatbeständen zu treffen.
Die Angelegenheit „Abfallwirtschaft“ ist umfassend konzipiert39: der Kompetenztatbestand bietet nicht nur die Grundlage für Regelungen der traditionellen Gefahrenabwehr, er gibt auch Vorschriften zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen im Dienst der Gefahrenvorsorge Deckung und ermöglicht Maßnahmen wirtschaftslenkender Natur40: Genehmigungskriterien, die zur „Vermeidung und Verwertung von Abfällen nach dem Stand der Tech33 34
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Vgl Funk, in: Verfassungsänderungen (FN 32), 76; Raschauer, 357; Pauger (FN 31), 518. VfSlg 13019/1992. Dies bestätigt VfSlg 13019/1992 zu Bedarfsregelungen betreffend Anlagen zur Behandlung nicht gefährlicher Abfälle, wenngleich der VfGH festhält, der Begründungsaufwand sei größer, sollen gefährliche und nicht gefährliche Abfälle rechtlich gleich behandelt werden. Pauger (FN 31), 515; Wiederin, Bundesrecht und Landesrecht, 1995, 102ff. AM Drug/Thomasitz, Abfallrecht, 15. Vgl auch AB 817 BlgNR 17. GP, 7. VfSlg 13019/1992 kann entgegen der Auffassung von List, in: Kind/List/Schmelz, 37, keine eindeutige Stellungnahme zu dieser Frage entnommen werden. Unklar VwGH 7.12.1993, 92/05/0320 („überlagert bzw verdrängt“). So die Terminologie bei Merli, 103ff. Auslegungsfragen in dynamischer und statischer Hinsicht unterscheidet Raschauer, 356. Vgl ausführlich dazu Madner, 33ff. Für die grundsätzliche Anwendbarkeit der Versteinerungstheorie und die Heranziehung des SAG und der LandesabfallGe der „3. Generation“ als einschlägiges Versteinerungsmaterial Madner, 34f. Die Schwierigkeit einer Kompetenzabgrenzung mit Hilfe der Versteinerungstheorie besonders hervorhebend Merli, 103 („bescheidene Dienste“); Funk, in: Verfassungsänderungen (FN 32), 75; eher ablehnend zur Heranziehung der Versteinerungstheorie in diesem Zusammenhang Wiederin, Anmerkungen zur Versteinerungstheorie, FS Winkler, 1997, 1231. RV 607 BlgNR 17. GP, worin die Abfallwirtschaft, ua als „die Gesamtheit aller Maßnahmen, die den Abfall betreffen, sowie ihr zielbewusstes Ordnen unter Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit“ charakterisiert wird. Näher dazu Madner, 36ff. Vgl auch, Raschauer, Abfallverbrennung zwischen Bundes- und Landesrecht, RdU 1997, 63; derselbe, in: Bergthaler/Wolfslehner (Hrsg), Das Recht der Abfallwirtschaft (2004) Rz 2.
Abfallbehandlungsanlagen
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nik“41 verpflichten oder die Energiesparmaßnahmen in Bezug auf Abfallbehandlungsanlagen vorsehen, können auf der Grundlage von Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG ohne kompetenzrechtliche Bedenken eingeführt werden 42. Der Abfallwirtschaftkompetenztatbestand vermittelt dem Bund auch die Befugnis zur Standortplanung für Abfallbehandlungsanlagen43. Der Umfang des Kompetenztatbestands „Abfallwirtschaft“44 ermöglicht es dem Bund nach überwiegender Ansicht nicht, die Zulassung von Abfallbehandlungsanlagen umfassend gesetzlich zu regeln; eine vollständige Kompetenzkonzentration ist insofern mit der Einführung des Abfallwirtschaftskompetenztatbestands nicht eingetreten45, vielmehr bleibt es für manche Gesichtspunkte bei der kumulativen Regelungszuständigkeit von Bund und Ländern46. So wird eine Kompetenz des Bundes, die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen in baurechtlicher Hinsicht47 oder unter Naturschutzgesichtspunkten zu regeln, in der Literatur durchwegs - wenngleich zT mit Einschränkungen48- verneint49, hier bleiben also die Länder zuständig. Der VfGH hat weiters die Regelung der bergbautechni41
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Vgl zB die nach der B-VG-Nov 1988 erlassenen § 77 Abs 4 GewO bzw § 9 Abs 4 AWG. Die abfallrechtliche Kompetenz zur Erlassung anlagenspezifischer Vorschriften zur Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Abfällen „nach dem Stand der Technik“ bejahen ausdrücklich, mit unterschiedlicher Begründung Merli, 103; Madner, 69 jeweils sowohl für Abfallbehandlungsanlagen als auch in Bezug auf sonstige Anlagen. Vgl demgegenüber die kompetenzrechtlichen Bedenken hinsichtlich EnergiesparRegelungen auf der Grundlage des Kompetenztatbestands „Gewerberecht“ VfSlg 10831/1986 und VfSlg 17.022/2003. Schmelz, in Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 289 sieht auch in der Abfallwirtschaft keine kompetenzrechtliche Grundlage für ein Gebot zum effizienten Energieeinsatz und qualifziert dementsprechend § 43 Abs 3 AWG als verfassungswidrig. Näher zur Standortplanungskompetenz Madner, 48ff, 179ff sowie unten Rz 63ff. Eine Standortplanungsbefugnis im Rahmen des Kompetenztatbestands „Abfallwirtschaft“ bejahen insb auch Merli, 107; Raschauer, 356; derselbe, in: Bergthaler/ Wolfslehner, Kap II, Rz 2; Funk, 25; Schmelz, in: Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, § 37 Anm 2.7, 237. Anderes gilt in Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung gem Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG. Für UVP-pflichtige Abfallbehandlungsanlagen kann ein umfassendes konzentriertes Genehmigungsverfahren vorgesehen werden. Vgl dazu den Beitrag zur Umweltverträglichkeitsprüfung in diesem Band sowie unten II. D. Als umfassend, aber nicht grenzenlos charakterisiert Merli, 103 den Kompetenztatbestand. Dem entsprechend enthält § 38 AWG für die Genehmigungskonzentration hinsichtlich landesgesetzlich geregelter Materien Verfassungsbestimmungen. Vgl zu dem an sich engen Regelungszusammenhang zwischen Baurecht und Raumplanungsbefugnis Madner, 55f mwN. Für die Mitanwendung bautechnischer Bestimmungen im Anlagengenehmigungsverfahren vgl die Verfassungsbestimmung in § 38 Abs 2 AWG. Merli, 103, 108f dem offenbar folgend Pauger, 517, zählen etwa Regelungen über den Schutz des Landschaftsbildes nicht zur Abfallwirtschaft, sprechen sich aber ebenso wie Madner, 57ff, 69 dafür aus, Genehmigungskriterien für Abfallbehandlungsanlagen, die auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Tieren und Pflanzen abstellen kompetenzrechtlich der Abfallwirtschaft zuzurechnen. Vgl Kubanek, Perspektiven der Abfallwirtschaft nach der B-VG Novelle 1988 (1991) 106f; Raschauer, 358; Schmelz, Abfallbehandlungsanlagen im Normenlabyrinth, ecolex 1991, 572; derselbe, in: Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, § 37 Anm 2.7, 237 („weitgehend unberührt“); in diesem Sinn wohl auch Funk, 25.
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schen Aspekte von Abfallbehandlungsanlagen, ohne eingehende Auseinandersetzung mit dem neu geschaffenen „Abfallwirtschafts-Kompetenztatbestand“, dem Kompetenztatbestand „Bergwesen“ zugerechnet50. Genehmigungsvorschriften über die Vermeidung von Wasser- und Luftverunreinigungen werden in der Literatur letztlich „im Sinne einer veränderungssparsamen und damit systemschonenden Interpretation“ nicht zur Abfallwirtschaft im kompetenzrechtlichen Sinn gezählt51, was eine entsprechende Regelungsbefugnis der Länder ausschließt52. Demgegenüber werden Genehmigungsvorschriften zum Schutz vor Gesundheitsgefährdungen und Belästigungen durch Abfallbehandlungsanlagen, so wie Genehmigungsvorschriften zur „Abfallvorsorge“53 hinsichtlich dieser Anlagen nicht zu den „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ sondern zur „Abfallwirtschaft“ gezählt54. Sofern der Bund von seiner Bedarfskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat, sind die Länder daher in Bezug auf Anlagen zur Behandlung nicht gefährlicher Abfälle zu entsprechenden Regelungen befugt55.
In Bezug auf die Raumplanung ist es nach Ansicht des VfGH, den Ländern nicht verwehrt, ihre Befugnis zur Raumplanung auch für Anlagen zur Behandlung gefährlicher Abfälle auszuüben, solange der Bund von seiner Standortfestsetzungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht hat56. Nach dem insoweit eindeutigen Willen des Verfassungsgesetzgebers wurde mit Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG der Annexcharakter abfallrechtlicher Regelungen hinsichtlich gefährlicher Abfälle beseitigt57. Andere Kompetenztatbestände des Bundes vermögen daher seither keine abfallwirtschaftlichen Regelun-
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VfSlg 13299/1992. Nach Ansicht des VfGH ist zB die Regelung des Herstellens und Benutzens von Untertagedeponien hinsichtlich der bergbautechnischen Aspekte vom Tatbestand Bergwesen umfasst. Vgl dazu Madner, 62ff sowie unten FN 64. Merli, 103, der generell für eine Zuordnung zur Abfallwirtschaft nach Maßgabe des spezifischeren Bezugs zu dieser Materie eintritt und im Zweifel für die Beibehaltung der bestehenden kompetenzrechtlichen Zuordnung eintritt; dem folgend Pauger, 517. Einschlägige Genehmigungsvorschriften in den Landes-AWG müssen nach dieser Auffassung als verfassungswidrige Eingriffe in die Wasser- bzw Luftreinhaltekompetenz des Bundes qualifiziert werden - dementsprechend Merli, 104f. Dazu oben. Vgl mit unterschiedlichem Begründungsansatz Merli, 104; Pauger, 517 bzw Madner, 69. Weiter gehend Merli, 104f, der auch Regelungen zum Schutz vor Gefährdungen durch nicht gefährliche Abfälle aus nicht der Abfallbehandlung dienenden Anlagen zur „Abfallwirtschaft“ zählt, die einschlägigen gewerberechtlichen Vorschriften daher als Bedarfsgesetze des Bundes deutet. AM Pauger, 517; Madner, 69. Beim derzeitigen Stand der Bundesgesetzgebung für gewerbliche Betriebsanlagen resultiert aus der Position Merlis kein Mehr an Regelungsbefugnis für die Landesgesetzgeber. VfSlg 14070/1995 unter Bezugnahme auf die Erläuterungen zum AWG 1990. Vgl auch VfSlg 13231/1992. Kritisch dazu Madner, 53. Zur Frage, ob und wie die Flächenwidmung und sonstige raumplanerische Festlegungen im Genehmigungsverfahren für Abfallbehandlungsanlagen Wirkungen entfalten können siehe unten II.B.3. RV 607 BlgNR 17. GP, 9. Vgl Merli, 104. Gegen eine „Umschichtung der Bundeskompetenzen“: Funk, in: Verfassungsänderungen (FN 3238), 77f. Vgl zu den mit dieser Auffassung verbundenen Auslegungsfragen Madner, 61f. Für eine „Kompetenzkonzentration“ auch Schmelz, in: Kind/List/Schmelz, § 29 Anm 4, derselbe in Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, § 37 Anm 2.4
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gen mehr zu tragen58. Mit dem VfGH59 und dem überwiegenden Schrifttum60 ist weiters davon auszugehen, dass auch die Bedarfskompetenz gem Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG nunmehr die einzige Kompetenzgrundlage für abfallwirtschaftliche Regelungen des Bundes hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle darstellt und - soweit der Bund von seiner Bedarfskompetenz keinen Gebrauch macht - die Regelungsbefugnis den Ländern zusteht61. Ob der Bund eine Angelegenheit mit Bedarfsgesetz abschließend („kodifikatorisch“62) geregelt hat bzw ob und inwieweit den Länder noch Regelungsspielraum bleibt, ist eine, freilich nicht immer einfach zu klärende, Auslegungsfrage63. Der VfGH hat eine salvatorische Klausel zu Gunsten des Bundes als ausreichend angesehen, um die Kompetenzkonformität geplanter landesgesetzlicher Maßnahmen zu bestätigen64.
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Dies ist im Hinblick auf die Vollzugszuständigkeit des Bundes von Bedeutung, wurde vom Verfassungsgesetzgeber jedoch offenbar nicht bedacht. Im übrigen ist die kompetenzrechtliche Frage nach der Reichweite der Abfallwirtschaftskompetenz von der Frage, welche bundesrechtlichen Genehmigungsvorbehalte für Abfallbehandlungsanlagen maßgeblich sein können zu trennen (anders Schmelz, in: Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, § 27 Anm 2.7.) Die Angelegenheit Abfallwirtschaft zählt anders als zB das „Bergwesen“ (Art 10 Abs1 Z 10 iVm Art 102 B-VG) nicht zu jenen Angelegenheiten, die ohne Zustimmung der Länder in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden dürfen. Vgl dazu Merli, 104 in Bezug auf abfallrechtliche Regelungen im damals geltenden BergG. Zur einschränkenden Interpretation des Inhalts des Kompetenztatbestands Abfallwirtschaft im Verhältnis zum Bergwesen durch den VfGH siehe unten Rz 8. VfSlg 13019/1992, worin der VfGH im Anschluss an die von den Erläut der RV (607 BlgNR 17. GP, 9) abweichenden Ausführungen des AB zur B-VG-Nov 1988 (817 BlgNR 17. GP, 2) und unter Bezugnahme auf Merli, 104 das Verständnis des Abfallrechts als Annexmaterie als mit dem neuen Kompetenztatbestand „Abfallwirtschaft“ unverträglich erachtet. Vgl auch VfGH, 6.6 2005, B 1531/04. Merli, 102, 104; Raschauer, 357; derselbe, (FN 46) 63; Pauger, 513, 516f; derselbe, Rechtsprobleme der Abfallvermeidung, in: Funk (Hrsg) Abfallwirtschaftsrecht 31 (52ff). Im Ergebnis insb im Hinblick auf die der Abfallwirtschaft förderliche „Konkurrenzsituation“ auch Madner, 68ff; Mayer, Abfallwirtschaft: Bemerkungen zur Bedarfskompetenz des Bundes, ecolex 1997, 54. AM Funk, in: Verfassungsänderungen (FN 32), 76f; Weber (FN 31), Schmelz, in: Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, § 37, Anm 2.7, 236f. Vgl VfSlg 13019/1992 unter Hinweis auf da Verständnis einer Bedarfskompetenz als konkurrierende Kompetenz. Raschauer, 357. Vgl Pauger (FN 31), 530, der insoweit klarstellende Hinweise bzw Textbereinigung einmahnt; Wiederin (FN 35), 109 FN 267; Zu konkreten Abgrenzungsfragen vgl die Kontroverse zwischen Mayer (FN 60) und Raschauer, RdU 1997 (FN 40). Dazu im Gefolge der AWG-Nov BGBl I 1998/151 und des Erk des VfGH 15. 10. 1999, K II1/98-15: List, Behandlung nicht gefährlicher Abfälle - wer ist zuständiger Gesetzgeber?, ecolex 2000, 319. Zur Beurteilung der aktuellen Kompetenzrechtslage unten Rz 10. VfGH (FN 69), der insofern eine Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz des Bundes für entbehrlich erachtete. Kritisch dazu List (FN 69).
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b) Zur aktuellen Inanspruchnahme der abfallrechtlichen Bedarfskompetenz des Bundes in Bezug auf die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen Der Bund hat seine Bedarfskompetenz hinsichtlich der Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen zur Behandlung nicht gefährlicher Abfälle umfassend in Anspruch genommen65. Das Genehmigungsregime für Abfallbehandlungsanlagen in § 37ff AWG soll einheitliche Standards für Abfallbehandlungsanlagen gewährleisten und zur Vereinfachung der Rechtslage beitragen. Der Vereinheitlichungsbedarf bezieht sich sowohl auf die Genehmigungspflicht als auch auf die Genehmigungsstandards für Abfallbehandlungsanlagen. Es ist daher den Ländern kompetenzrechtlich verwehrt, für die von der Genehmigungspflicht ausgenommenen Anlagen landesabfallrechtliche Genehmigungspflichten festzulegen oder zusätzliche abfallrechtliche Genehmigungsstandards zum Nachbar- und Umweltschutz festzulegen. Der Bund hat damit jedoch nicht sämtliche anlagenbezogenen abfallrechtlichen Regelungsbefugnisse an sich gezogen: die Standortplanung in Landesabfallwirtschaftsplänen oder Standortverordnungen, Regelungen über Entsorgungsgebiete für Abfallbehandlungsanlagen oder Vorschriften über die Bereitstellung von Abfallbehandlungsanlagen durch die öffentliche Hand sind in Bezug auf nicht gefährliche Abfälle in der Regelungskompetenz der Länder verblieben. Auch soweit landesrechtliche Vorschriften andere als abfallrechtliche Gesichtspunkte betreffen, zB den Naturschutz, bleibt der Umfang der Länderkompetenzen unberührt. Durch eine Verfassungsbestimmung (§ 38 Abs 2 AWG) ist sichergestellt, dass solche landesrechtliche Vorschriften im konzentrierten Genehmigungsverfahren mitangewendet werden können66. c) Gemeindezuständigkeit Die Landes-AWG verpflichten in der Regel die Gemeinden, Gemeindeverbände bzw eigens eingerichtete Abfallwirtschaftsverbände dazu, öffentliche Abfallbehandlungsanlagen zu errichten und zu betreiben oder sich dafür geeigneter Dritter zu bedienen6768.
2. Rechtsetzungskompetenz der Gemeinschaft Seit der Schaffung eines eigenen Titels „Umwelt“ im EG-Vertrag durch die Einheitliche Europäische Akte im Jahr 1987 stellt Art 175 EG-V (früher Art 130s EG-V) die zentrale Rechtsgrundlage für gemeinschaftliches Tätigwerden 65 66 67
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Vgl auch die ErläutRL, 984 BlgNR XXI. GP zu § 37 AWG. Ausführlich dazu unten II.B.3. Vgl zB § 10 Krnt AWO. In Tirol (§ 9 T-AWG) hat das Land Vorsorge für die Errichtung und den Betrieb der erforderlichen öffentlichen Entsorgungsanlagen zu tragen bzw dies durch zivilrechtliche Verträge mit Gemeinden, Gemeindeverbänden oder geeigneten Dritten sicherzustellen. In Vorarlberg (§ 12 V-AWG) besteht ebenfalls eine Bereitstellungsverpflichtung des Landes, lediglich bei Bauaushub, Bauschutt und Gartenabfällen obliegt die Verpflichtung der Gemeinde. Zu den umstrittenen Grenzen der gesetzlichen Determinierung nicht hoheitlichen Verwaltungshandelns (Art 116 Abs 2 B-VG), insb auch zur Festlegung „kommunaler Pflichtaufgaben“ im Hinblick auf das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht vgl Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 81ff mwN.
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im Bereich der Abfallwirtschaft dar69. Maßnahmen der Abfallwirtschaft sind dabei ausdrücklich vom Einstimmigkeitserfordernis des Art 175 Abs 2 EG-V ausgenommen. Den Mitgliedstaaten steht die Beibehaltung oder Ergreifung verstärkter Schutzmaßnahmen zu, soweit diese mit dem Vertrag vereinbar sind70. Neben Art 175 EG-V kommt insb Art 94 EG-V (früher Art 100a) als Rechtsgrundlage für binnenmarktrelevante Harmonisierungsregelungen in Betracht. Der EuGH hat entschieden, dass für die Wahl zwischen diesen beiden Rechtsgrundlagen der Hauptzweck des Rechtsaktes maßgeblich ist und hat wegen der primär umweltschutzrechtlichen Zielsetzungen der Rechtsakte, Art 175 EG-V als zutreffende Kompetenzgrundlage für die Änderung der AbfallRRL bzw für die EG-AbfallverbringungsVO anerkannt71. Die für die Zulassung von Abfallbehandlungsanlagen einschlägigen Rechtsakte sind durchwegs auf Art 175 EG-V gestützt. Nach dem Wegfall der Verfahrensunterschiede bei der Verabschiedung der Rechtsakte - sowohl nach Art 94 EG-V als auch nach Art 175 EG-V ist das Verfahren der Mitentscheidung maßgeblich72 - ist die Auswahl der Rechtsgrundlage im Hinblick auf die Zulässigkeit strengerer mitgliedstaatlicher Regelungen von praktischer Bedeutung73. Gemeinschaftsrechtliche Regelungen mit Relevanz für die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen sind im Wesentlichen in Richtlinien enthalten, die Vollziehung des gemeinschaftsrechtlichen Abfallrechts in Österreich erfolgt insoweit im Regelfall als mittelbarer Vollzug staatlicher Umsetzungsakte74. 69
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Mangels einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage für Umweltschutzregelungen wurden auch Regelungen im Abfallbereich bis zur Schaffung eines eigenen Titels „Umwelt“ auf Art 100 bzw Art 235 EG-V gestützt. Art 176 EG-V (ex Art 130t EG-V). Vgl dazu noch unten Rz 16. Vgl aus der Literatur zB Jarass, Verstärkter Umweltschutz der Mitgliedstaaten nach Art 178 EG, NVwZ 2000, 529; Middeke, Nationale Alleingänge, in: Rengeling (Hrsg), Handbuch des deutschen und europäischen Umweltrechts, 1998, Bd I, § 32 sowie in Gegenüberstellung zum „nationalen Alleingang“ nach Art 94 EG-V, auch im Vergleich zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, Albin/Bär, Nationale Alleingänge nach dem Vertrag von Amsterdam, NuR 1999, 185. EuGH, Rs C-155/91, Europäisches Parlament/Rat, Slg 1993, I-939; EuGH, Rs C-187/93, Europäisches Parlament/Rat, Slg 1994, I-2857. Vgl demgegenüber zuvor EuGH, Rs C-300/89, Titandioxid-Abfälle, Slg 1991, I-2867, wo der EuGH im Ergebnis noch einen Vorrang von Art 100a EG-V postulierte. Vgl näher dazu sowie zu den Kompetenzgrundlagen im Umweltrecht im Allgemeinen zB Epiney, Umweltrecht in der europäischen Union,2. Aufl (2004) 55 ff; Breier, Kompetenzen, in: Rengeling (Hrsg), Handbuch des deutschen und europäischen Umweltrechts, #1998, Bd I, § 13; Heselhaus, Emanzipation der Umweltpolitik nach Art 175 I EG-V (ex Art 130s I EG-V), NVwZ 1999, 1190. Maßnahmen der Abfallwirtschaft sind vom Einstimmigkeitserfordernis des Art 175 Abs 2 EG-V ausgenommen. Zur Schutzverstärkung und zum nationalen Alleingang nach Art 94 einerseits bzw 176 EG-V andererseits, auch im Vergleich zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, vgl näher Albin/Bär (FN 93) Allgemein zu den Grundsätzen des innerstaatlichen Vollzugs des Gemeinschaftsrechts sowie zum „pathologischen“ Fall der unmittelbaren Vollziehung von Richtlinien vgl Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht (1997), 97ff, 70ff.
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C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 1. Völkerrechtliche Bezüge Österreich hat, ebenso wie die EG und die übrigen EU-Mitgliedstaaten, das sogenannte Kyoto-Protokoll zur UN-Klimaschutzrahmenkonvention75 unterzeichnet, das eine Verpflichtung zur Reduktion von Treibhausgasemissionen vorsieht. Die Abfallwirtschaft und ihre Behandlungsverfahren sind in nicht unerheblichem Maße klimarelevant76 und daher von nationalen77 und europäischen Strategien78 zur Erreichung des „Kyoto-Zieles“79 mitumfasst. Eine wesentliche Maßnahme zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls stellt der Handel mit Emissionsrechten dar, auf den sich die Gemeinschaft durch Einführung eines innergemeinschaftlichen Emissionshandelsystems bereits ab 2005 vorzubereiten sucht80. Abfallverbrennungsanlagen sind von der Verpflichtung zur Genehmigung von Treibhausgasemissionen und damit vom Zertifikatshandelssytem ausgenommen81. Das Übereinkommen der UN-Wirtschaftskom75
Die Klimarahmenkonvention (BGBl III 414/1994 idF 212/1999) ist für Österreich 1994 in Kraft getreten; das Kyoto-Protokoll zur Rahmenkonvention wurde von Österreich bislang noch nicht ratifiziert. Die EG strebt eine zügige Ratifikation des Protokolls an, um ein Inkrafttreten bis zur UN-ECE Konerenz „Rio+10“ im Jahre 2002 zu gewährleisten. Das Kyoto-Protokoll tritt jedoch erst in Kraft, nachdem mindestens 55 Vertragsparteien, die insgesamt für mindestens 55% der CO2 Emissionen verantwortlich sind ihre Ratifikationsurkunde hinterlegt haben. Den Vereinigten Staaten bzw Russland kommt damit eine Schlüsselrolle für das Inkrafttreten zu. 76 Vgl BMUJF (Hrsg), „Klimarelevanz der Abfallwirtschaft“ (1998); Bundes-Abfallwirtschaftsplan 1998 - Bundesabfallbericht 1998, 107f. 77 Der Entwurf des Kyoto-Forums zu einer österreichischen Klimastrategie weist diesbezüglich insb auf die Erhöhung des Anteils thermischer Abfallverwertung und die energetische Nutzung von Deponiegasen hin. Vgl auch Schnattinger, Österreichische Klimastrategien - Die Kyoto-Optionen-Analyse der Österreichischen Kommunalkredit AG, ÖGZ 2000, 9. 78 Vgl den Entwurf eines Europäischen Klimaschutzprogrammes (ECCP), KOM (00) 88 das vorrangige Schwerpunktmaßnahmen auflistet und in diesem Zusammenhang ua auf die Förderung der biologischen Behandlung biologisch abbaubarer Abfälle und eine geplanten Überarbeitung der KlärschlammRL hinweist. Vgl weiters Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union, KOM (2000) 87 endg. Für die Überwachung des Fortschritts bei der Erfüllung des Kyoto-Ziels vgl die Entscheidung 1999/296/EG des Rates über ein System zur Beobachtung der Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Gemeinschaft. Näher zum Klimaschutz Bail, Das Klimaschutzregime nach Kyoto, EuZw 1998, 457; derselbe, Klimaschutz und rechtspolitischer Ausblick, in: Rengeling (Hrsg), Handbuch des europäischen und deutschen Umweltrechts, 1998, Bd I, § 56; Koch/Verheyen, Klimaschutz im deutschen Anlagengenehmigungsrecht, NuR 1999, 1 (4f). 79 Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten verpflichten sich bis zur Periode 2008-2012 die Emissionen von sechs sog Treibhausgasen (CO2, CH4, N2O, H-FKW, PFKW und SF6) um 8% gegenüber dem Jahr 1990 zu senken. Im Rahmen der politischen, gemeinschaftsinternen Lastenaufteilung entfällt dabei auf Österreich eine Reduktionsverpflichtung von 13%. 80 RL 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionenszertifikaten in der Gemeinschaft. 81 § 2 Abs 1 iVm Anhang 1 EmissionszertifikateG (EZG) BGBl I 2004/46.
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mission für Europa (UN-ECE) über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (sog. Aarhus-Konvention), das von Österreich wie von der EU unterzeichnet wurde hat auch in bestimmten abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren82 zu einer Verstärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung geführt83. Auf die völkerrechtlichen Vorgaben für die Abfallverbringung bzw für die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung ist an anderer Stelle einzugehen84.
2. Relevantes Primär- und Sekundärrecht a) Primärrechtliche Bezüge Die primär umweltschutzorientierte Abfallwirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten bzw der Gemeinschaft steht in einem Spannungsverhältnis zu den Grundfreiheiten des EG-Vertrags insbesondere zur Warenverkehrsfreiheit (Art 28ff EG-V) bzw zur Dienstleistungsfreiheit (Art 49ff EG-V). Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen steht zweifellos die Abfallverbringung, die indirekt von großer Bedeutung für den Betrieb von Produktions- und Abfallbehandlungsanlagen ist. Verbote oder Beschränkungen der Verbringung von Abfällen, Beschränkungen für die Erbringung oder Inanspruchnahme von Entsorgungsdienstleistungen können die Verkehrsfreiheiten behindern. Umgekehrt kann die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen jene umweltpolitischen Ziele beeinträchtigen, die mit dem Grundsatz der Bekämpfung von Umweltbeeinträchtigungen möglichst an ihrem Ursprung verfolgt werden; die Mobilität von Abfällen und die „Flucht“ vor hohen Entsorgungsstandards steht weiters in einem Spannungsverhältnis zum umweltpolitischen Ziel der „Entsorgungsautarkie“ und mit Bestrebungen, die Auslastung und Bereitstellung von Behandlungsanlagen sicherzustellen oder durch die Verknappung von Entsorgungsinfrastruktur den Druck auf die Abfallvermeidung zu erhöhen.
Der EuGH hat in seiner Judikatur mehrfach zu den Grundfreiheiten als Schranke der Abfallwirtschaftspolitik und zur möglichen Legitimation von freiheitsbeschränkenden nationalen Maßnahmen Stellung genommen85. Mit dem Wallonien-Urteil aus 1992 qualifizierte der EuGH Abfälle als Ware; allerdings als eine „ganz eigentümliche, besondere Art von Ware“, deren Besonderheiten Beschränkungen des freien Warenverkehrs rechtfertigen kön-
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Dazu unten II.B. RL 2003/35 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten. Vgl dazu die Beiträge zur Abfallwirtschaft bzw zum Anlagenrecht (Umweltverträglichkeitsprüfung). Vgl allgemein zum Verhältnis Umweltschutz und Grundfreiheiten: Müller-Graff, Umweltschutz und Grundfreiheiten, in: Rengeling (Hrsg), Handbuch des deutschen und europäischen Umweltrechts, 1998, Bd I, § 10; Epiney (FN 94), 113ff. Speziell zum Abfallrecht (noch vor den Urteilen Dusseldorp und Sydhavnens) auch Weidemann, Rengeling Bd II, § 71.
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nen86. Der primärrechtliche Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen87, der im EG-Abfallrecht durch den Grundsatz der Nähe im Dienste der Entsorgungsautarkie konkretisiert wird88, wurde vom EuGH damit als Rechtfertigung für Beschränkungen der Verbringung von Abfällen zur Deponierung anerkannt. Unklar war, ob diese Rechtfertigungsmöglichkeit auf die Verbringung von Abfällen zum Zweck der Entsorgung beschränkt ist. Mit dem Urteil Dusseldorp hat der EuGH89 dazu festgehalten, dass das maßgebliche EG-Abfallrecht „die Anwendung der Grundsätze der Entsorgungsautarkie und der Nähe auf die zur Verwertung bestimmten Abfälle“ nicht vorsieht. Der EuGH stellte jedoch klar, dass nationale Regelungen zur Anwendung des Prinzips der Nähe, als Schutzverstärkungen iSv Art 176 EG-V grundsätzlich auch zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Abfallverbringung zum Zweck der Verwertung herangezogen werden können, sofern die betreffenden Maßnahmen im Einklang mit dem EG-Vertrag stehen90. Bei dieser Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Vertrag - näherhin mit den Bestimmungen über die Warenverkehrfreiheit - legt der EuGH jedoch einen strengen Maßstab an. Mit dem Hinweis, dass „der Umweltschutz nicht jede Ausfuhrbeschränkung, insbesondere im Fall verwertbarer Abfälle rechtfertigen kann“91 lehnte der Gerichtshof jeweils die Rechtfertigung nationaler Ausfuhrverbote ab. Für Abfälle zur Beseitigung bestätigt demgegenüber das Urteil DaimlerChrysler92, dass eine Andienungspflicht, mit der ein für die Wirtschaftlichkeit einer Anlage unerlässlicher Auslastungsgrad sichergestellt werden soll, durch den Grundsatz der Entsorgungsautarkie grundsätzlich gerechtfertigt sein kann. Bestrebungen, durch Verbringungsbeschränkungen die Rentabilität einer Anlage zur Verwertung von Ölfiltern sicherzustellen, wurden im Urteil als „rein wirtschaftliche Ziele“ ebenso wenig als „zwingendes Erfordernis“ des Umweltschutzes im Interesse der Entsorgungsautarkie anerkannt, wie die Berufung auf den Grundsatz der Nähe in Bezug auf „Übergabe- und Andienungspflichten“ zum Schutz vor nachteiligen Auswirkungen der Verbringung von Bauabfällen, „die für die Umwelt ungefährlich sind“ im Urteil Sydhavnens. Eine Rechtfertigung von Verbringungsbeschränkungen für zur Verwertung bestimmte Abfälle dürfte letztlich nur mit dem Nachweis gelingen, dass die weiträumige 86
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EuGH, Rs C-2/90, Wallonien, Slg 1992, I-4431. Vgl auch EuGH, Kommission und Europäisches Parlament/Rat (FN 94), Slg 1993, I-939 zur Rechtsgrundlage der AbfallRRL. Art 174 Abs 2 EG-V. Vgl Art 5 AbfallRRL, sowie nunmehr Art 4 Abs 3 AbfallverbringungsVO. EuGH, Rs C-203/96, Dusseldorp, Slg 1998, I-4075 (Rz 30). EuGH, Dusseldorp (FN 89), Rz 37ff. Ob die EG-AbfallverbringungsVO eine abschließende Regelung darstellt hat der EuGH nicht näher geprüft und damit zutreffend der ua von der Kommission vertretenen Auffassung eine Absage erteilt, Schutzverstärkungen gem Art 176 EG-V seien bei Regelungen mit abschließendem Charakter ausgeschlossen. Kritisch zu dieser Auffassung auch Jarass (FN 93), 530; vgl demgegenüber Krämer, in: van der Groeben et al (Hrsg), EU-EG/Vertrag, 1999, Art 130t Rz 2;. EuGH 23. 5. 2000, Rs C-209/98, Sydhavnens Sten & Grus (Rz 48) unter Bezugnahme auf das Urteil Dusseldorp FN 89, Rz 49. Vgl zu diesem Urteil auch Madner, Umweltrecht aktuell -Rechtsprechung des EuGH, in: ÖWAV (Hrsg), Österreichische Umweltrechtstage 2000 (2000) 7 sowie unten Rz 19. EuGH, DaimlerChrysler, Rs C-324/99, Slg 2001, I-09897.
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Beförderung und die Behandlung im Ausland wegen des hohen Gefährdungspotentials der Abfälle eine Gefahr für die Umwelt darstellt93; das Prinzip der Nähe und das Ziel der Entsorgungsautarkie sind damit im Ergebnis in Bezug auf Abfälle zur Verwertung im Hinblick auf den Binnenmarkt weitgehend außer Kraft gesetzt94.
Die Grenzziehung zwischen Abfall und Ware hat sich in Folge dieser Rechtsprechung auf die Frage der Abgrenzung von Abfallverwertungs- zu beseitigungsverfahren verlagert. Der EuGH hat mit dem Urteil ASA95 klargestellt, dass es für die Zuordnung maßgeblich auf den Hauptzweck der Maßnahme ankommt und Verwertung insbesondere dort anzunehmen sei, wo Abfälle andere Rohstoffe sinnvoll substiuieren können.96 Vorbehandlungsschritte oder die Gefährlichkeit der Abfälle sind demgegenüber nicht entscheidend. Die Definitionen der AbfallRRL97 werfen dabei für die Praxis erhebliche Auslegungsschwierigkeiten auf98. Maßnahmen der Abfallwirtschaft weisen auch Berührungspunkte zu den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft99 auf. Dies gilt etwa für abfallrelevante Umweltabsprachen zur Produktgestaltung oder für die Einräumung von ausschließlichen Rechten an Abfallbehandlungsunternehmen100. Der EuGH hat dazu festgehalten, dass die Gewährung ausschließlicher Rechte zur Sicherstellung der Rentabilität von Anlagen mit dem Ziel der Bekämpfung eines um-
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Vgl EuGH, Sydhavnens Sten & Grus (FN 91), Rz 45. Ob Umweltbeeinträchtigungen, die unabhängig vom Gefahrenpotential der Abfälle „bloß“ durch den weiträumigen Transport entstehen, als Rechtfertigung von Ausfuhrbeschränkungen dienen können, ist in diesem Urteil mangels substantiierten Vorbringens der dänischen Regierung offen geblieben (vgl Rz 46 des Urteils), scheint aber wenig wahrscheinlich. Zur Relevanz strengerer nationaler Umweltschutzstandards bei der Beurteilung von Verbringungsbeschränkungen vgl EuGH Rs C-277/02, EU Wood Trading, 16.12.2004 sowie, EuGH 14.4.2005, Rs C- 6/03, Deponieverband Eiterköpfe. Vgl in diesem Sinn - noch vor der einschlägigen jüngeren Judikatur des EuGH - die Prognose von Weidemann, Bd II, § 71 Rz 19. Daran ändert auch die Befugnis der Mitgliedstaaten wenig, Beförderungen zur Verwertung wegen mangelnder Übereinstimmung mit einem nationalen Abfallwirtschaftsplan zu verbieten (diese Befugnis hebt der EuGH im Urteil Sydhavnens Sten & Grus unter Berufung auf Art 7 Abs 3 AbfallRRL 75/442/EWG [Abl L 194/23] idF RL 96/350/EG [Abl L 135/32] ausdrücklich hervor), stehen doch auch derartige Maßnahmen unter dem Vorbehalt der Übereinstimmung mit der Warenverkehrsfreiheit. Vgl EuGH, Sydhavnens Sten & Grus (FN 104), Rz 93f. EuGH, ASA, Rs C-6/00, Slg 2002, I-01961. Zur Abgrenzung der thermischen Verwertung zur thermischen Beseitigung Vgl EuGH Rs C-228/00 und C-458/00. Demnach kommt es - der Entscheidung ASA folgend - darauf an, ob der Hauptzweck des Verfahrens in der Verwendung der Abfälle als Mittel der Energieerzeugung liegt und die Abfälle für einen sinnvollen Zweck eingesetzt werden, indem sie andere Materialien ersetzen, die sonst für diesen Zweck hätten eingesetzt werden müssen. Art 1 lit e und f iVm Anhängen II A (Beseitigungsverfahren) und II B (Verwertungsverfahren). Vgl dazu auch die Hinweise auf einschlägige anhängige Verfahren vor dem EuGH bei Onz , Verwertung oder Beseitigung - endlich Klärung durch den EuGH?, RdU 2001, 15. Vgl insb Art 82 u 86 EG-V. Vgl dazu im Lichte der EuGH-Judikatur: Frenz, Kommunale Entsorgungsdienste und EG-Wettbewerbsrecht, NuR 2000, 611.
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weltrelevanten Mangels an Entsorgungsinfrastruktur101 an sich keinen Missbrauch einer beherrschenden Stellung beinhaltet102.
b) Die einschlägigen Rechtsakte im Überblick Der grundsätzliche rechtliche Rahmen der EG-Abfallwirtschaft wird durch die AbfallRL103 festgelegt, die durch die Richtlinie für gefährliche Abfälle104 ergänzt wird. Die Rahmenbedingungen der Abfallverbringung regelt die AbfallverbringungsVO105. Zu diesen Rechtsakten treten Richtlinien, die Anforderungen an die Abfallbeseitigung, insbesondere durch Vorschriften für die technische Ausstattung von Anlagen festlegen: Es sind dies die DeponieRL106 und die Richtlinie über die Verbrennung von Abfällen107. Schließlich bestehen Richtlinien zur Regelung bestimmter Abfallströme: Diese sind einerseits produktbezogen, wie insbesondere die VerpackungsRL108 oder die Richtlinien betreffend Batterien und Akkumulatoren109 oder Altautos110. Im Zusammenhang mit dem Anlagenrecht ist jedoch hier vorrangig auf die entsorgungsbezogenen Richtlinien über die Altölbeseitigung111 bzw über die kontrollierte Beseitigung der PCBs und PCTs112 sowie die KlärschlammRL113 hinzuweisen. So wie die AbfallwirtschaftsGe nicht sämtliche Anforderungen an die Zulassung von Abfallbehandlungsanlagen enthalten, sind auch im Gemeinschaftsrecht anlagenspezifische Determinanten außerhalb des EG-Abfallrechts festgelegt: Hier ist insbesondere auf die IPPC-RL114 und auf die UVP-RL115 zu verweisen.
c) Zentrale Regelungsinhalte des EG-Abfallrechts mit Relevanz für die Anlagenzulassung116 Von wesentlicher Bedeutung sind - auch für das Anlagenrecht - die Bestimmungen zum gemeinschaftlichen Abfallbegriff117. Sowohl die AbfallRRL als 101 102 103
104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116
Im vorliegenden Fall Verwertungsanlagen für nicht gefährliche Bauabfälle. EuGH, Sydhavnens Sten & Grus (FN 104), Rz 52ff. RL 2006/12/EG. Die Europäische Kommission hat eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und -recycling vorgelegt, die ein Maßnahmenpaket zur Fortentwicklung der europäischen Abfallpolitik enthält das ua auch einen Vorschlag zur Überarbeitung der AbfallRL zählt. RL 91/689/EWG (Abl L 377/20). RL 93/259/EWG (Abl L 30/1). RL 1999/31/EG (Abl L 182/1). RL 2000/76/EG (Abl L 332/91). RL 94/62/EG (Abl L 365/10). RL 91/157/EG (Abl L 1/1). RL 2000/53/EG v 18. 9. 2000. RL 75/439/EWG (Abl L 194/31) idF RL 2000/76/EG. RL 96/59/EG. RL 86/278/EWG. RL 96/61/EG. RL 85/337/EWG. An dieser Stelle kann nur ein äußerst knapper Überblick das einschlägige Gemeinschaftsrecht gegeben werden. Für eine eingehendere Darstellung vgl insb Beckmann, Bd II, § 73 mwN; weiters zB Rengeling/Gellermann, Vorgaben der EG für die Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen, DVBl 1995, 389.
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auch die Richtlinie für gefährliche Abfälle verlangen ein Genehmigungserfordernis für Abfallbehandlungsanlagen, von dem nur in umgrenzten Ausnahmefällen befreit werden darf118. Materielle Anforderungen an das Anlagenrecht werden mit der Bezugnahme auf die Ziele und Schützgüter der umwelt- und gesundheitsverträglichen Abfallwirtschaft119 und (für die Abfallbeseitigung) mit der Bezugnahme auf nationale Abfallbewirtschaftungspläne120 und das Prinzip der Entsorgungsautarkie und der Nähe121 nur in sehr grundsätzlicher Weise getroffen. Mit der DeponieRL und den Richtlinien zur Abfallverbrennung erfahren diese Rahmenvorgaben jedoch zunehmend eine Konkretisierung durch spezifische Standards: Dies betrifft insbesondere Vorgaben an die Qualität deponierbarer Abfälle122, technische Anforderungen an Deponien123 und Grenzwerte für die Abfallverbrennung124. Die AltölRL fordert den Vorrang der Behandlung von Altöl durch Aufarbeitung, solange dem kein technischen, wirtschaftlichen oder organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen125
3. EuGH-Rechtsprechung zum anlagenrelevanten Abfallrecht Auf die EuGH-Rechtsprechung im Hinblick auf die Warenverkehrsfreiheit wurde bereits hingewiesen126. In mehreren Urteilen127 hat sich der EuGH mit dem europäischen Abfallbegriff auseinander gesetzt und dabei insbesondere klargestellt, dass der Abfallbegriff unter Berücksichtigung der Ziele der AbfallRRL auszulegen ist128.
„Folglich kann der Abfallbegriff nicht eng ausgelegt werden“129; er erfasst vielmehr auch Stoffe, die zur wirtschaftlichen Wiederverwendung geeignet sind130 und zwar auch dann, wenn diese „in umwelthygienisch vertretbarer Weise und ohne eingehende Bearbeitung als Brennstoff verwertet werden können“131. Nach Ansicht des EuGH132 sind „die Methoden oder die Art der Verwendung eines Stoffes nicht entscheidend dafür, ob dieser Stoff als Abfall einzustufen ist“; die Verwendung eines Produktionsrückstands als Brennstoff anstelle „gewöhnlichen Brennstoffs“ kann einen Anhaltspunkt für die Ab117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127
128 129 130 131 132
Vgl dazu unten II.A.1. Art 9 u 10 AbfallRRL; Zu den Ausnahmemöglichkeiten vgl Art 11 AbfallRL bzw ergänzend Art 3 RL gef Abf. Art 4 AbfallRL. Zur Relevanz von Abfallbewirtschaftsplänen für die Genehmigung von Anlagen vgl EuGH 1.4.2004, Rs C-53/02 ua. Art 5 u 7 AbfallRRL. Art 5 u 6 DeponieRL. Vgl zB Art 8 iVm Anh I DeponieRL. Vgl zB Art 7 der RL Verbrennung gef Abf. Vgl dazu EuGH 9. 9. 1999, Rs C-102/97, Kommission/Deutschland. Oben Rz 17. Vgl die im Folgenden zitierten Urteile sowie insb EuGH, Rs C-304/94, Tombesi, Slg 1997, I-3561; EuGH, Rs C-129/96, Inter-Environment Wallonie, Slg 1997, I-7411; EuGH 22. 6. 2000, Rs C-318/98, Fornasar, zur Einstufung gefährlicher Abfälle. EuGH, verb Rs C-206 u 207/88, Vessoso und Zanetti, Slg 1990, I-1461 (Rz 12). EuGH 15. 6. 2000, verb Rs C-418 u 419/97, ARCO (Rz 40). EuGH, Vessoso und Zanetti (FN 128), Rz 9. EuGH, ARCO (FN 129), Rz 65. Vgl zu diesem Urteil in dem sich der EuGH mit der Qualifikation verwertbarer Stoffe auseinander gesetzt auch Madner (FN 91). Urteil ARCO (FN 129), Rz 64.
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falleigenschaft darstellen133. Wenn Stoffe, die bei der Produktion lediglich mitanfallen, später ohne weitere Bearbeitung verwertet werden können, kann dies ein Indiz dafür sein, dass es sich nicht um einen bloßen Verbrauchsrückstand und damit um Abfall handelt, sondern dass ein Nebenerzeugnis vorliegt, das nicht dem Abfallregime unterliegt. Damit die Abfalleigenschaft solcher Stoffe tatsächlich ausgeschlossen werden kann, muss nach Ansicht des EuGH (Rs C- 9/00, Palin Granit) die Gewissheit bestehen, dass die Stoffe auch tatsächlich weiterverwendet oder verwertet werden. Die bloße Möglichkeit der Verwertung reicht nicht aus. Ist für den Erzeuger des Stoffs mit der Verwertung ein wirtschaftlicher Vorteil verbunden, ist dies ein Indiz dafür, dass die Verwertung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich erfolgen wird. In diesem Fall kann der Stoff nach Ansicht des EuGH (Rs C-457/02, Niselli) nicht mehr als Last betrachtet werden, deren sich der Besitzer entledigt, sondern er hat als echtes Erzeugnis zu gelten. Art 4 AbfallRRL, der die Ziele und Schutzgüter der EG-Abfallwirtschaft festlegt wurde vom EuGHals programmatische Rahmenbestimmung bezeichnet, die den Mitgliedstaaten keine konkreten Maßnahmen vorschreibt und daher keiner unmittelbaren Anwendung zugänglich sei. Eine signifikante länger anhaltende Umweltbeeinträchtigung durch das unkontrollierte Ablagern von Abfällen wurde jedoch als Verstoß gegen Art 4 AbfallRRL qualifiziert134. Die Ziele des Art 4 AbfallRRL sind auch bei der zeitweiligen Lagerung von Abfällen am Entstehungsort sicherzustellen135.
II. AWG des Bundes A. Gegenstand der Genehmigungspflicht 1. Abfallbegriff Der Abfallbegriff als Festlegung dessen, was überhaupt als Abfall gilt, ist der zentrale Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit abfallrechtlicher Regelungen und somit auch die umstrittenste Begriffsfestlegung des gemeinschaftlichen und nationalen Abfallrechts. a) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Gem Art 1 lit a AbfallRRL gelten als Abfall „alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss“. Daraus lässt sich ein zweigliedriger Abfallbegriff ableiten, welcher aus einer subjektiven (Entledigungs133 134
135
Urteil ARCO (FN 129), Rz 85 u 88 mit weiteren Anhaltspunkten zur Abfalleigenschaft. Vgl auch den Hinweis im Vorabentscheidungsverfahren Fornasar (FN 127). Näher zu diesen Urteilen Madner (FN 91). Im Hinblick auf die einschlägige Judikatur zur UVP-RL (vgl ins das Urteil Kraaijeveld, dazu im Beitrag zur UVP) ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass der EuGH in der Folge Einzelnen das Recht zubilligt, die Überschreitung des mitgliedstaatlichen Ermessens unmittelbar unter Berufung auf Art 4 AbfallRRL geltend zu machen. Mit zunehmender Konkretisierung der Standards der Abfallbehandlung durch spezielle Richtlinien tritt Art 4 AbfallRRL freilich in den Hintergrund. EuGH, verb Rs C-175/98 u 177/98, Lirussi und Bizzaro, Slg 1999, I-6881, der die zeitweilige Lagerung am Entstehungsort, von der Zwischenlagerung als grundsätzlich genehmigungspflichtigem Bestandteil der Beseitigung und Verwertung von Abfällen unterscheidet.
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absicht) und einer objektiven Komponente (Entledigungspflicht) besteht;136 dem Tatbestandsmerkmal der Zugehörigkeit zu den Abfallgruppen des Anhangs I kommt nach hL und Judikatur hingegen keine eigenständige normative Bedeutung zu.137 Hinsichtlich der Ausgestaltung des objektiven Abfallbegriffs ist strittig, ob neben gemeinschaftsrechtlichen Festlegungen von Entledigungspflichten auch deren Vorschreibung durch die einzelnen Mitgliedstaaten zulässig ist.138 Zu beachten ist, dass der auf Basis der AbfallRRL erlassene Europäische Abfallkatalog (European Waste Catalogue - EWC139) lediglich eine Bezugsnomenklatur darstellt, mit der eine gemeinsame Terminologie festgelegt werden soll, und somit nicht Teil der gemeinschaftlichen Abfalldefinition ist140.
Die RL über gefährliche Abfälle legt schließlich fest, dass jene Abfälle (gem AbfallRRL) als gefährlich gelten, die in einem entsprechenden Verzeichnis aufgeführt sind141, darüber hinaus aber auch weitere Abfälle als gefährlich gelten, die nach Auffassung eines Mitgliedstaats eine gefahrenrelevante Eigenschaft gem Anhang III aufweisen.142 Es handelt sich bei diesem Verzeichnis um den Europäischen Abfallkatalog, in welchem gefährliche Abfälle gesondert gekennzeichnet werden. Insofern stellt der Europäische Abfallkatalog einen integralen Bestandteil der Definition gefährlicher Abfälle dar,
136
137
138
139 140 141 142
Demgegenüber tendiert die Kommission zur Annahme eines dreigliedrigen Abfallbegriffs, der neben der objektiven und subjektiven auch eine faktische („entledigt“) Komponente enthält. Der EuGH 7.9.2004, Rs C-1/03 Paul Van de Walle (= RdU 2005, 86 mAnm Wagner), bejaht den aus seiner Sicht weit auszulegenden Begriff des „sich entledigens“ im Fall einer größeren Menge irrtümlich verschütteter Kraftstoffe, lässt aber offen, ob damit nun der objektive Abfallbegriff erfüllt ist oder doch von einem faktischen Abfallbegriff auszugehen ist; kritisch Piska, Umweltschutz als Leitidee richterlicher Rechtsfortbildung?, JAP 2004/2005, 43. Vgl weiters Ermacora, Abfall-Produkt, 1999, 35, 47 mwN. Niederhuber, Der österreichische Abfallbegriff - ein Sanierungsfall?, RdU 2000, 55 geht davon aus, dass der „faktische“ Abfallbegriff als Spielart des subjektiven Abfallbegriffs zu verstehen ist. Ermacora (FN 136), 43; Seibert, Zum europäischen und deutschen Abfallbegriff, DVBl 1994, 229; Dieckmann, Das Abfallrecht der Europäischen Gemeinschaft, 1994, 151; derselbe, Der Abfallbegriff des EG-Rechts und seine Konsequenzen für das nationale Recht, NuR 1992, 407; Niederhuber (FN 136). EuGH, ARCO (FN 129; Rz 35 u 36 samt Schlussantrag des Generalanwalts Alber v 8. 6. 1999, Rz 59; Palin Granit Oy (18.4.2002, Rs C-9/00); Van der Walle (FN 136); vgl auch VwGH 11. 9. 1997, 96/07/0241. AM Kind, in: Kind/List/Schmelz, 61; Pöschl, Der österreichische Abfallbegriff im Lichte des Gemeinschaftsrechtes, JBl 1995, 545. Einen Ausgestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten bejahend: Pöschl (FN 137); List, Grundfragen des Abfallwirtschaftsrechtes, Diss 1998, 49; Ermacora (FN 136), 53; Seibert (FN 137); Dieckmann, Was ist „Abfall“?, ZuR 1995, 169. AM Kommission, Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen mangelhafter Umsetzung des EU-Abfallbegriffs: Begründete Stellungnahme v 27. 7. 2000, K (2000) 1819 endgültig. Entscheidung 2000/532/EG über ein Abfallverzeichnis, Abl L 226 vom 6.9.2000, 3. Abfallverzeichnis (FN 139), Punkt 1 der Einleitung. Europäische Abfallkataloge (FN 139) EuGH, Fornasar (FN 127). Die sonstigen, durch einen Mitgliedstaat als gefährlich ausgewiesenen Abfälle sind der Kommission mitzuteilen und nach dem Verfahren des Art 18 AbfallRRL im Hinblick auf eine Anpassung des Europäischen Abfallkatalogs zu überprüfen.
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womit ein - von den Mitgliedstaaten zu übernehmender - „kleinster gemeinsamer Nenner“ festgelegt wird.
b) Abfallbegriff des AWG Abfälle iSd AWG sind bewegliche Sachen143, deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse gem § 1 Abs 3 AWG 2002 geboten ist (objektiver Abfallbegriff). Für die Bejahung der Abfalleigenschaft genügt das Vorliegen entweder der subjektiven oder der objektiven Begriffskomponente.144 Der Bund hat bei der Festlegung des Abfallbegriffs seine Bedarfskompetenz in Anspruch genommen, sodass die Definition auch für nicht gefährliche Abfälle maßgeblich ist145. Die Länder haben den Abfallbegriff in den LandesabfallGen überwiegend146 rezipiert, teilweise aber auch (insbesondere die objektive Begriffskomponente) modifiziert147. Die „nicht gefährlichen Abfälle“ werden in den AWG der Länder zulässigerweise vielfach in weitere Abfallarten untergliedert (zB Sperrmüll, Hausmüll, betrieb-
143
144 145
146
147
Das Tatbestandsmerkmal der „beweglichen Sache“ umfasst lediglich körperliche Sachen, wobei nicht die zivilrechtliche Konstruktion, sondern ausschließlich die faktische Beweglichkeit ausschlaggebend ist. Vgl Madner, 97. Eine Ausnahme davon legt § 2 Abs 2 AWG 2002 fest, wonach auch Sachen als Abfälle gelten, wenn diese eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Vgl dazu nun auch EuGH, Van de Walle (FN 136). VwGH 28. 6. 1994, 94/05/0001; 22. 6. 1993, 92/05/0319; 28. 10. 1997, 94/05/0231; 28. 2. 1996, 95/07/0079, 16.10.2003, 2000/07/0252. Vgl zum NÖ-AWG VwGH 7. 12. 1993, 92/05/0320, worin von einer „Überlagerung bzw Verdrängung“ der Begriffsbestimmung des NÖ-AWG ausgegangen wird. Anders jedoch VwGH 21.10.1999, 99/07/0060 und 27.1.2003, 2001/10/0115. Ausgenommen K-AWG und T-AWG. Zum T-AWG vgl VwGH 21. 10. 1999, 99/07/0146. Eine vollständige Anpassung der LandesabfallGe an das AWG 2002 ist allerdings immer noch nicht abgeschlossen. Dies erscheint im Hinblick auf die vom AWG verfolgte Vereinheitlichung der Begriffsvielfalt im Abfallrecht verfassungsrechtlich bedenklich. Vgl Pauger, 518, der jedenfalls über die Definition des AWG hinausreichende Begriffsbestimmungen der Länder für unzulässig, einen engeren Abfallbegriff demgegenüber für zulässig erachtet, weil die Länder auch Ausnahmen vom Anwendungsbereich ihrer Gesetze statuieren dürfen (dagegen ließe sich freilich einwenden, dass im Interesse einer Begriffsvereinheitlichung dann eben auch dieser Weg der Umschreibung eines engeren Anwendungsbereiches gewählt werden kann). Raschauer, 357 erachtet mit § 1 AWG kompatible zusätzliche Ziele in Verbindung mit dem Abfallbegriff für zulässig. Vgl weiteres VwGH 21. 10. 1999, 99/07/0060 = RdU 2000, 146 mAnm Reisner, wo ein Feststellungsbescheid gem § 16 NÖ-AWG zur Abfalleigenschaft einer PET-Flasche und eines Asts in jenen Bereichen als zulässig erachtet wird, für die der Bund seine Bedarfskompetenz nicht in Anspruch genommen hat. Dieser Auslegung des VwGH ist jedenfalls insofern zuzustimmen, als sich die Feststellung auf die Zuordnung zu den jeweiligen - im Landes-AWG festgelegten - Unterbegriffen der Abfalldefinition (hier: betriebliche Abfälle gem § 3 Z 2 lit b NÖ-AWG) bezieht. Der VwGH erachtet darüber hinaus aber offenbar, ungeachtet des bundesgesetzlich einheitlich geregelten Feststellungsverfahrens in § 6 AWG 2002, auch landesgesetzliche Feststellungsverfahren zur Feststellung der Eigenschaft als „nicht gefährlicher Abfall“ für zulässig. Vgl auch VwGH 21. 10. 1999, 99/07/0146 (zum T-AWG), 27.1.2003, 2001/10/0115 (zum NÖ-AWG).
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liche Abfälle), um daran anknüpfend unterschiedlichen Regelungsbedürfnissen Rechnung zu tragen. Die Entledigungsabsicht, welche nicht an zivilrechtlichen Anforderungen zu messen ist148, muss - um rechtlich erheblich zu sein - nach außen in Erscheinung treten. Entledigen als Aufgabe der Gewahrsame an einer Sache, die nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet wird oder werden kann, setzt somit eine Entledigungshandlung bzw eine konkrete Entledigungsabsicht voraus.149 Dabei muss das überwiegende Motiv der Entäußerung der Sache darin liegen, diese los zu werden150. Es ist nicht entscheidend, dass die Entledigungsabsicht dem letzten Abfallbesitzer zukommt, vielmehr ist die gesamte Kette der aktuellen wie historischen Eigentümer oder Inhaber der Sache zu berücksichtigen.151 Der objektive Abfallbegriff kommt zum Tragen, wenn die Erfassung und Behandlung der beweglichen Sache als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs 3 AWG 2002) geboten ist. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn für die Sache ein Entgelt erzielt werden kann.152 Im Gegensatz zum subjektiven Abfallbegriff ist hier der Wille des Eigentümers oder Inhabers nicht relevant. § 2 Abs 3 AWG 2002 legt in Form einer demonstrativen153 Aufzählung für die abfallrechtliche Praxis sehr relevante und somit auch umstrittene Ausnahmen vom objektiven154 Abfallbegriff fest. Dies betrifft • Sachen, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu sind,155 und • Sachen, solange sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung stehen156. Die noch im AWG 1990 vorgesehene Ausnahme für Sachen, die nach dem Ende ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung im unmittelbaren Bereich des Haushaltes bzw. der Betriebsstätte auf eine zulässige Weise verwendet oder verwertet werden, wurde in Folge eines dazu anhängigen Vertragsverletzungsverfahrens nicht in das AWG 2002 übernommen.157,158 Die Beurteilung inner148 149 150 151 152 153 154 155
156
157
Madner, 99. Zehetner, Thesen zum Abfallbegriff im AWG, JRP 1995, 36. VwGH 4.7.2001, 99/07/0177; 25.7.2002, 2001/07/0043; 29.1.2004, 2000/07/0074. VwGH 21. 3. 1995, 93/04/0241 = RdU 1995, 132 mAnm Raschauer; 14. 5. 1997, 96/07/0132. § 2 Abs 2 AWG 2002. VwGH 20. 10. 1992, 92/04/0137. VwGH 28. 6. 1994, 94/05/0001. Das sind Sachen, die erst ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung harren. Für die Beurteilung kommt es auf die „durchschnittliche Auffassung der in Betracht kommenden Verkehrskreise“ an (VwGH 18. 1. 1994, 93/05/0018). ZB Sachen zur Reparatur oder zur Reinigung (VwGH 11. 9. 1997, 96/07/0241) oder „Maßnahmen einer Verwertung in spezifischen Wirtschaftskreisläufen“ (VwGH 20. 10. 1992, 92/04/0137; 21. 3. 1995, 93/04/0241 = RdU 1995, 132 mAnm Raschauer). Vgl Niederhuber (FN 136); Wolfslehner/Hochholdinger, Das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, RdU 2002, 44. Kneihs, Abfallwirtschaftsrecht, in: Holoubek/Potacs (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd. 2 (2002), 305, ist zwar zuzustimmen, dass eine vollständige Umsetzung des gemeinschaftlichen Abfallrechts nicht im Weg des Bundes-AWG zu erfolgen hat, sondern auch über andere Materiengesetze lösbar wäre. Kneihs übersieht dabei aber offenbar, dass es sich angesichts der Regelungsdichte des gemeinschaftlichen Abfallrechts bei diesen Materiengesetzen letztlich um Sonder-Abfallgesetze handeln würde, die neben dem Bundes-AWG beste-
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Madner/Niederhuber
bzw. zwischenbetrieblicher Kreislaufführungen von Stoffen hat somit anhand der allgemeinen Kriterien des Abfallbegriffs zu erfolgen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass nun für jeden dieser Verwertungszusammenhänge die Abfalleigenschaft zu bejahen wäre159; es hat vielmehr eine Abgrenzung im Einzelfall zu erfolgen. c) Altstoffe / Ende der Abfalleigenschaft Entscheidende Bedeutung kommt dem Altstoffbegriff für die Regelung des Endes der Abfalleigenschaft zu. Altstoffe sind zunächst Abfälle, welche getrennt gesammelt oder aus der Behandlung von Abfällen gewonnen wurden und in weiterer Folge einer zulässigen Verwertung zugeführt werden sollen160. Altstoffe verlieren ihre Abfalleigenschaft dann, wenn sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar zur Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden161. Bis zum Ende der Abfalleigenschaft sind daher auch für Altstoffe grundsätzlich abfallrechtliche Pflichten und Standards maßgeblich. Die für das Ende der Abfalleigenschaft maßgeblichen Umstände wurden in der Literatur kontroversiell beurteilt.162 Im Einklang mit dem weiten Abfallbegriff des AWG 2002 hat der VwGH die Abfalleigenschaft verwertbarer Stoffe wiederholt bejaht163 , in den vergangenen Jahren aber eine Judikaturlinie entwickelt, wonach das Vorliegen bestimmter Kriterien164 als Indiz für das Ende der Abfalleigenschaft anzusehen ist165. Eine zulässige Verwertung eines Abfalls muss nicht erst dann vorliegen, wenn der aus den Abfällen hergestellte Stoff seiner endgültigen (letzten) Bestimmung zugeführt wird166, sondern kann auch dann bejaht werden, wenn die Herstellung eines marktfähigen Produktes im Sinne der „Erstellung eines Zwischenproduktes“ vorliegt167.
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hen; ein Ergebnis, dass zwar rechtstechnisch möglich, rechtspolitisch aber nicht geglückt wäre. Die Ausnahme für Mist, Jauche und Gülle wurde hingegen beibehalten: Gemäß § 2 Abs 3 AWG 2002 ist die Erfassung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall dann nicht im öffentlichen Interesse geboten ist, wenn diese im Rahmen eines Land- und Forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines (auch anderen) land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden. Sehr instruktiv sind in diesem Zusammenhang die Erl zur RV (984 BlgNR, 21. GP). Vgl List, in: Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 31. § 2 Abs 4 Z 1 AWG 2002. § 5 Abs 1 AWG 2002. Vgl zur „Altstoffkontroverse“ Davy, Wertvoller Abfall, FS Rill, 1995, 383. VwGH 22. 6. 1993, 92/05/0319; 28. 3. 1996, 95/07/0182; 28. 10. 1997, 94/05/0231; 21. 10. 1999, 99/07/0146. Zustimmend Davy (FN 162) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Teleologie insb des objektiven Abfallbegriffs. Vergleich mit den Gefahren, die von einem vergleichbaren Rohstoff oder Primärprodukt ausgehen; kein höheres Umweltrisiko; Herstellung eines marktfähigen Produktes; unbedenkliche Einsetzbarkeit der Sache für den beabsichtigten Zweck. VwGH 4.7.2001, 99/07/0177; 15.11.2001, 2001/07/0067; 27.6.2002, 2002/07/0014. So noch VwGH 13.1.1993, 91/12/0194; 21.3.1995, 93/04/0241; 28.3.1996, 95/07/0182. VwGH 4.7.2001, 99/07/0177, 25.7.2002, 2001/07/0043, 6.11.2003, 2002/07/0159. Vgl aber VwGH 28.4.2005, 2003/07/0017, wonach unter der „unmittelbaren Verwendung“ des § 5 Abs 1 AWG 2002 der Einsatz der Abfälle ohne einen weiteren
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Ergänzend dazu sieht das Gesetz eine Ermächtigung zur Erlassung sog „Abfallende-Verordnungen“ vor168. Mit diesen Verordnungen soll festgelegt werden können, unter welchen Voraussetzungen169, zu welchem Zeitpunkt und für welchen Verwendungszweck bei bestimmten Abfällen die Abfalleigenschaft endet170.
d) Begriff gefährlicher Abfälle Maßgeblich für die Qualifikation eines Abfalls als gefährlich ist nicht dessen Herkunft, sondern sein Gefährdungspotential.171 Die Definition des Begriffs gefährlicher Abfälle erfolgt - auf Grundlage des § 4 Z 2 AWG 2002 - durch die AbfallverzeichnisVO172, die in diesem Zusammenhang auf die im Abfallkatalog der ÖNORM S 2100173 bzw. ab 1.1.2009 auf die im Verzeichnis der Anlage 2 der Verordnung als gefährlich gekennzeichneten Abfälle verweist. Darüber hinaus gelten auch jene Abfälle als gefährlich, die in einem Ausmaß kontaminiert oder vermischt sind, dass das Zutreffen einer gefahrenrelevanten Eigenschaft nicht ausgeschlossen werden kann. Schließlich wurde in § 7 AWG 2002 ein eigenes „Ausstufungsverfahren“ festgelegt, welches in Form einer Anzeige an den BMLFUW die Nachweisführung zulässt, dass ein (an sich gefährlicher) Abfall im Einzelfall keine gefahrenrelevanten Eigenschaften aufweist und somit als nicht gefährlich zu klassifizieren ist.174 Bei Nichtuntersagung der Ausstufung binnen sechs Wochen gilt der Abfall als nicht gefährlich. Sonderregelungen bestehen für die Ausstufung von Abfällen durch Deponiebetreiber.175 e) Ausnahmen vom Geltungsbereich des AWG Das AWG 2002176 nimmt bestimmte Stoffe und Abfälle, wie beim Bergbau anfallendes taubes Gestein, radioaktive Stoffe, tierische Abfälle177 und Sprengstoffabfälle von seinem Geltungsbereich aus. Wesentlich für die Praxis ist die
168 169 170
171 172 173 174
175
176 177
Behandlungsschritt statt eines Primärrohstoffes oder eines Produktes aus Primärrohstoffen zu verstehen ist. § 5 Abs 2 bis 6 AWG 2002. Existierender Markt, Qualitätskriterien, Vergleichbarkeit mit Primärprodukten, Melde- und Aufzeichnungspflichten (§ 5 Abs 2 bis 5 AWG 2002). Die Verordnung muss dabei im Einklang mit den Umweltvorsorgezielen des AWG stehen und darf - im Sinne der Judikatur des EuGH, ARCO (FN 129) - die Zielsetzungen der AbfallRLn nicht unterlaufen. Vgl gefahrenrelevante Eigenschaften gem § 4 Z 2 iVm Anhang 3 AWG 2002. § 4 AbfallverzeichnisVO, BGBl II 2003/570. ÖNORM S 2100 „Abfallkatalog“, ausgegeben am 1.9.1997. Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung erfolgt im Weg der §§ 5 bis 7 der FestsetzungsVO gefährlicher Abfälle, BGBl II 1997/227, welcher zwar in manchen Teilen durch die AbfallverzeichnisVO materiell derogiert wurde, die aber hinsichtlich der genannten Regelungen immer noch Rechtsbestand ist Diese kann auf Grundlage einer Gesamtbeurteilung gem DeponieVO, BGBl 1996/164, allerdings nur durch den Deponiebetreiber selber, erbracht werden. Der Abfall gilt diesfalls unmittelbar mit der Anzeige an die Behörde als nicht gefährlich. § 3 Abs 1 AWG 2002. Die Ausnahme der Kadaver und Konfiskate, Schlachtabfälle und Abfälle aus der Fleischverarbeitung, die einer Ablieferungspflicht gem § 10 des Tiermaterialiengesetzes unterliegen, umfasst nicht Tiermehl und Tierfett, die als „Produkt“ des Tierkörperverwertungsprozesses anzusehen sind;
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Ausnahme für Stoffe, die in Übereinstimmung mit den wasserrechtlichen Vorschriften178 in Gewässer oder in eine Kanalisation eingebracht179 werden. f) Feststellungsbescheid Bestehen begründete Zweifel, ob eine Sache Abfall gem AWG 2002 ist, welcher Abfallart diese Sache zuzuordnen ist oder ob diese im Fall der grenzüberschreitenden Verbringung notifizierungspflichtig ist, hat die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen oder auf Antrag einen Feststellungsbescheid gem § 6 AWG 2002 zu erlassen180. Im Fall einer grenzüberschreitenden Verbringung ist dabei die Entscheidungsfrist auf zwei Werktage verkürzt. Die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde181 hat die Möglichkeit, jeden Feststellungsbescheid binnen sechs Wochen wegen inhaltlicher Unrichtigkeit, unrichtiger Feststellung des Sachverhaltes oder Aktenwidrigkeit zu ändern oder aufzuheben.
Nach der Judikatur des VwGH182 ist hinsichtlich des Umfangs der Bindungswirkung der Feststellungsbescheide zu differenzieren: Während ein anlässlich einer grenzüberschreitenden Verbringung (binnen kurzer Frist) erlassener Feststellungsbescheid lediglich auf eine bestimmte Sendung (Charge) zu beziehen ist, kommt den Bescheiden in anderen Fällen eine umfassende, über die zu beurteilende Charge hinausreichende Bindungswirkung zu.
2. Anlagenbegriff a) Behandlungsanlage Das AWG 2002 versteht unter Behandlungsanlagen ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile183. Maßgeblich ist somit das bloße Faktum der Behandlung von Abfällen in einer Anlage; eine Zweckbestimmung in dem Sinn, dass der Betriebszweck der
178
179 180 181
182 183
Aufgrund der Neufassung dieser Bestimmung durch das AWG 2002 sind auch nach dem WRG bewilligungsfreie Einbringungen vom Geltungsbereich des AWG ausgenommen. So schon zum AWG 1990 Raschauer, Der Abfallbegriff des Abfallwirtschaftsgesetzes, ecolex 1990, 645; hinsichtlich gem § 32 WRG bewilligungsfreier Einwirkungen und Niederhuber, „Abfall als Rechtsbegriff, in: Bergthaler/Wolfslehner, 2001, Kap IV Rz23 mwN hinsichtlich bewilligungsfreier indirekter Einleitungen. Unter dem Begriff „Einbringung“ sind lediglich Maßnahmen zu verstehen, die auf eine Gewässerzuführung ausgerichtet sind; vgl Madner, 118. Zur Rechtsprechung des VwGH zur Feststellung der Abfalleigenschaft nach den LandesabfallGen vgl oben FN 147. VwGH 6.11.2003, 2002/07/0159: Es handelt sich dabei um jede - und nicht etwa nur die unmittelbar übergeordnete - sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, im Ergebnis also der Landeshauptmann und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. VwGH 18. 3. 1994, 90/12/0113; 21. 11. 1996, 96/07/0001. § 2 Abs 7 Z 1 AWG 2002.
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Anlage in der Behandlung von Abfällen liegen muss, ist der Regelung nicht zu entnehmen184. Hinsichtlich der Frage, welche Teile einer Anlage nun als Abfallbehandlungsanlage (z.B. in Abgrenzung zur gewerblichen Betriebsanlage) anzusehen sind, gehen die Erläuterungen185 von einem „flexiblen Anlagenbegriff“186 aus, welcher bei spezialisierten Abfallbehandlungsanlagen (z.B. Müllverbrennungsanlagen) die Gesamtanlage, bei industriellen Produktionsanlagen (z.B. Papiererzeugung) hingegen lediglich jene Teile der Anlage erfasst, die der Behandlung von Abfällen dienen. Letztlich entspricht diese Herangehensweise dem in der gewerberechtlichen Judikatur entwickelten Grundsatz der „Einheit der Betriebsanlage“187. Während im Gewerberecht die gewerbliche Zweckwidmung ausschlaggebend ist, ist für die „Einheit der Betriebsanlage“ in Bezug auf Abfallbehandlungsanlagen der Zweck der Abfallbehandlung maßgeblich188. b) Ortsfeste / mobile Anlagen Das Gesetz kennt weiters den Begriff der „mobilen Behandlungsanlage“189. Es handelt sich dabei um Abfallbehandlungsanlagen, die an verschiedenen Standorten vorübergehend betrieben werden. Verbleiben derartige Anlagen länger als 6 Monate an einem Standort, geht das Gesetz - mit Ausnahme von Behandlungsanlagen zur Sanierung von kontaminierten Standorten - von ortsfesten Anlagen aus. Im Übrigen ist nach der Gesetzessystematik immer dann von einer ortsfesten Behandlungsanlage auszugehen, wenn keine mobile Behandlungsanlage vorliegt190.
3. Begriff der Abfallbehandlung Der Begriff der Abfallbehandlung wird zunächst unter Verweis auf die in Anhang 2 AWG 2002 genannten Verwertungs- und Beseitigungsverfahren definiert191. Bei Anhang 2 handelt es sich um den aus der AbfallRRL wortwörtlich übernommenen nicht abschließenden192 Katalog maßgeblicher Verwertungsund Beseitigungsprozesse. Der Begriff der Abfallverwertung umfasst dabei sowohl die stoffliche als auch die thermische Verwertung, welche in der Abfallhierarchie des § 1 Abs 2 AWG 2002193 als gleichwertig angesehen werden. Unter stofflicher Verwertung versteht das Gesetz die ökologisch zweckmäßige Behandlung von Abfällen zur Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Ausgangsmaterials mit dem Hauptzweck, die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar für 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193
Vgl Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, AWG-Kommentar, Anm. 7 zu § 2. RV 984 (BlGNR 21. GP. Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, Anm. 8 zu § 2. Vgl dazu zB Schwarzer, Die Genehmigung von Betriebsanlagen, 1992, 170. Madner, 125. § 2 Abs 7 Z 2 AWG 2002. Schmelz, in: Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 244. § 2 Abs 5 Z 1 AWG 2002. EuGH 27.2.2002, Rs C-6/00. Vermeidung vor Verwertung vor Entsorgung.
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die Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten zu verwenden194. Während bei der thermischen Verwertung durch den thermolytischen Prozess nutzbare thermische Energie gewonnen werden soll, steht bei der stofflichen Verwertung somit die Gewinnung bestimmter Stoffe aus dem eingesetzten Abfall für einen anderen Produktionsprozess im Vordergrund195. Nach der Judikatur des VwGH196 kann zur Auslegung der Begriffe der Verwertung und Beseitigung auf die einschlägigen Leitlinien des EuGH197 zurückgegriffen werden: Das entscheidende Merkmal für eine Abfallverwertungsmaßnahme liegt demnach darin, dass ihr Hauptzweck darauf gerichtet ist, dass die Abfälle eine sinnvolle Aufgabe erfüllen können, indem sie andere Materialien ersetzen, die für diese Aufgabe hätten verwendet werden müssen, wodurch natürliche Rohstoffquellen erhalten werden können. Die Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit der Abfälle als solche ist hingegen ebenso wenig entscheidend für die Beantwortung dieser Frage, wie der jeweilige Schadstoffgehalt der Abfälle.
Der Begriff der Abfallbehandlung umfasst auch die Sammlung, Lagerung198 und Ablagerung von Abfällen. Werden Abfälle zur nachfolgenden Verwertung länger als 3 Jahre bzw. zur nachfolgenden Beseitigung länger als 1 Jahr gelagert, geht das Gesetz von einem „Ablagern“ aus199.
B. Ortsfeste Behandlungsanlagen 1. Regelungsansatz Das AWG 2002 ordnet im Weg des § 37 verschiedene Anlagentypen bzw -größen einem ordentlichen Genehmigungsverfahren, einem vereinfachten Verfahren bzw. einem bloßen Anzeigeverfahren zu. Bestimmte Anlagen werden wiederum von der Genehmigungspflicht des AWG 2002 gänzlich ausgenommen. Sonderregelungen bestehen für IPPC-Behandlungsanlagen200, Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen201 und Deponien202, wobei jede dieser Anlagenkategorien wiederum einem ordentlichen, vereinfachten oder bloßen Anzeigeverfahren zugänglich ist. 194 195
196 197 198
199 200 201 202
§ 2 Abs 5 Z 2 AWG 2002. Der EuGH 19.6.2003, Rs C-444/00 leitet aus der Abgrenzung der stofflichen Verwertung zu anderen Verfahren der Verwertung von Abfällen (z.B. Rückgewinnung von Rohstoffen und Rohstoffverbindungen - Verfahren R3 bis R5 des Anhangs IIB der AbfallRRL) ab, dass der Begriff der Verwertung nicht nur aus den Komponenten der stofflichen und thermischen Verwertung besteht, sondern darüber hinaus auch sonstige Fälle der Verwertung denkbar sind. VwGH 29.1.2004, 2003/07/0121. EuGH 27.2.2002, Rs C-6/00; 13.2.2003, Rs C-228/00, 458/00. Vgl Onz, Verwertung oder Beseitigung - endlich Klärung durch den EuGH? RdU 2001, 15. Vgl VwGH 21.10.2004, 2004/07/0130 zur Qualifikation der Lagerung als Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, je nachdem ob die Ansammlung von Stoffen zur nachfolgenden Verwertung oder Beseitigung erfolgt. § 2 Abs 7 Z 4 AWG 2002. Vgl Kap. II.B.9. Sonderbestimmungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 40 AWG 2002) sowie Aufzeichnungs- und Meldepflichten (§ 60 AWG 2002). Vgl Kap. II.B.8.
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Der angesichts dieser Unterscheidungen verfeinerte Anlagenkatalog wirft in der Praxis eine Vielzahl an Abgrenzungsfragen auf. Im Weg eines Generalverweises203 auf die einschlägigen Bestimmungen der GewO wird schließlich das Störfallrecht der Seveso-II-RL204 umgesetzt.
2. Genehmigungs- und Anzeigetatbestände des § 37 AWG 2002 a) Genehmigungspflichten im ordentlichen Verfahren Genehmigungspflichtig ist die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen. Mit der Anknüpfung der Genehmigungspflicht an die Errichtung und nicht erst den Betrieb der Abfallbehandlungsanlage soll einer „faktischen Präjudizierung“205 der Behörde, die ansonsten eine bereits bestehende Anlage zu genehmigen hätte, vorgebeugt werden. Bestimmte Arbeiten vor Errichtung der Anlage, wie zB Vermessungsarbeiten oder Probebohrungen, welche der Vorbereitung der Projektsausarbeitung dienen, sind nicht als Errichtungshandlung zu qualifizieren, können aber Genehmigungspflichten nach anderen MaterienGen auslösen206.
Die gesonderte Erwähnung der Genehmigungpflicht des Betriebs von Abfallbehandlungsanlagen bedeutet nicht, dass neben der Errichtungsgenehmigung auch eine gesonderte Genehmigung der Inbetriebnahme zu erwirken wäre. Gem § 44 Abs 1 AWG 2002 ist eine gesonderte Betriebsbewilligung nur im Ausnahmefall der Vorschreibung im Errichtungsgenehmigungsbescheid in Verbindung mit der Anordnung eines befristeten Probebetriebes erforderlich. Unter einer wesentlichen Änderung ist eine Änderung einer Behandlungsanlage, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Menschen oder auf die Umwelt haben kann, zu verstehen. Als wesentliche Änderung gilt auch eine Änderung einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage für nicht gefährliche Abfälle, welche die Verbrennung gefährlicher Abfälle mit sich bringt. Als wesentliche Änderung einer IPPC-Behandlungsanlage gilt weiters jede Kapazitätsausweitung von mindestens 100% des Mengenschwellenwerts207. Damit differenziert das Gesetz zwischen wesentlichen Änderungen, welche - sofern keine Ausnahmen vorliegen - Genehmigungspflichten auslösen, nicht wesentlichen Änderungen, welche dem vereinfachten Verfahren zugänglich sind und sonstigen bloß anzeigepflichtigen Änderungen. Von erheblich nachteiligen Auswirkungen wird zumindest dann auszugehen sein, wenn diese an der Grenze zur Zumutbarkeit bzw. Gesund-
203
204 205 206
207
§ 59 AWG 2002 verweist für jene genehmigungspflichtigen Behandlungsanlagen, in deren Betrieb die in Anhang 6 AWG 2002 genannten gefährlichen Stoffe in den dort genannten Mengen vorhanden sind (je nach Quantität sog. Spalte 2- bzw. Spalte 3Anlagen), auf §§ 84a Abs 1 und 3, 84b bis 84d Abs 6 und 84d Abs 8 bis 84f GewO. RL 96/82/EG zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen. Madner, 129f. Vgl Madner, 130 sowie Schwarzer (FN 187), 223, welcher selbst Maßnahmen zur Bauvorbereitung, wie zB Geländenivellierungen, Terrainbefestigungen sowie Rodungen als der Errichtung vorgelagert und somit genehmigungsfrei ansieht. § 2 Abs 8 Z 3 AWG 2002. Vgl Art. 4 Z 1 ÖffentlichkeitsbeteiligungsRL 2003/35/EG.
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heitsgefährdung liegen oder erhebliche Umweltverschmutzungen208 verursachen können209.
§ 37 Abs 2 AWG 2002 sieht verschiedene Tatbestände vor, bei deren Zutreffen Abfallbehandlungsanlagen keiner Genehmigungspflicht gemäß AWG 2002 bedürfen. Diese Tatbestände sehen (mit Ausnahme der Anlagen privater Haushalte) als Kriterium vor, dass die Anlage einer gewerberechtlichen Genehmigung210 bedarf. Damit wird die jahrelang schwierige und strittige Abgrenzung zwischen abfallrechtlichen und gewerberechtlichen Anlagengenehmigungspflichten konkretisiert. b) Genehmigungspflichten im vereinfachten Verfahren Für bestimmte Anlagen geringerer Größe und (vermutlich) geringerer Auswirkungsintensität ist eine Genehmigung im vereinfachten Verfahren zulässig, wobei dem Antragsteller aber die Möglichkeit eingeräumt wird, die Durchführung eines ordentlichen Genehmigungsverfahrens zu beantragen211: • • • • •
Deponien für Bodenaushub- und Abraummaterial aus im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund < 100.000 m³ Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle < 2,8 MW, sofern keine gewerberechtliche Genehmigungspflicht gegeben ist212 sonstige Behandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle (ausgenommen Deponien) mit einer Kapazität < 10.000 Tonnen pro Jahr Anlagen zur Zerlegung von Altfahrzeugen und von Elektro- und Elektronikgeräten, die gefährliche Abfälle darstellen, und Lager gefährlicher Abfälle mit einer Kapazität < 10.000 Tonnen pro Jahr nicht wesentliche Änderungen von Anlagen, sofern nach einer der mitanzuwendenden Vorschriften einschließlich des Baurechts des jeweiligen Bundeslandes eine Genehmigungspflicht gegeben wäre: Sehen die mitanzuwendenden Bestimmungen (sowie die baurechtlichen Regelungen) jedoch lediglich eine Anzeigepflicht vor, ist auch im abfallrechtlichen Regime ein bloßes Anzeigeverfahren zulässig213.
c) Anzeigepflichten Die in § 37 Abs 4 AWG 2002 genannten Tatbestände, bei deren Zutreffen ein bloßes Anzeigeverfahren zulässig ist, betreffen ausschließlich Anlagenänderungen geringen Umfangs. Sofern eine wesentliche Änderung vorliegt, ist ein ordentliches Genehmigungsverfahren durchzuführen, sofern einer der Tatbestände für das vereinfachte Verfahren gegeben ist, ist dieses anzuwenden. Dem Anlagenbetreiber steht wiederum die Möglichkeit zu, freiwillig in das ordentliche Genehmigungsverfahren zu optieren. Die Tatbestände im Überblick: • Änderung zur Anpassung an den Stand der Technik 208 209 210
211 212 213
§ 2 Abs 8 Z 2 AWG 2002. Vgl Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, AWG-Kommentar, Anm. 17 zu § 2. Hinsichtlich Abfalllager greift die Ausnahme auch dann, wenn eine Genehmigungspflicht gemäß Mineralrohstoffgesetz bzw. Emissionsgesetz für Kesselanlagen gegeben ist. § 37 Abs 3 und 5 AWG 2002. Im Fall der gewerberechtlichen Genehmigungspflicht greift die Ausnahme von der abfallrechtlichen Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs 2 Z 4 AWG 2002. Vgl § 37 Abs 4 Z 8 AWG 2002.
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Behandlung oder Lagerung zusätzlicher Abfallarten Maschinentausch: Es muss sich um in den Auswirkungen gleichartige Maschinen handeln. Betriebsunterbrechung; Verzicht auf bestimmte Abfallarten; Auflassung der Behandlungsanlage bzw. von Anlagenteilen; Stilllegung von Deponien bzw. Deponieteilen sonstige Änderungen, die nachteilige Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt haben können214, nach den mitanzuwendenden Vorschriften aber lediglich anzeigepflichtig sind.
d) Feststellungsbescheid des § 6 Abs 6 und 7 AWG 2002 Gerade angesichts des umfassenden Anlagenkatalogs des § 37 AWG 2002 sieht das Gesetz unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung und Rechtssicherheit215 vor, dass der Landeshauptmann auf Antrag des Projektwerbers, der Umweltanwaltschaft oder von Amts wegen binnen 3 Monaten festzustellen hat, ob eine abfallrechtliche Genehmigungspflicht gegeben ist, welches Genehmigungsverfahren zur Anwendung kommt und ob eine IPPC-Behandlungsanlage vorliegt. Parteistellung hat neben dem Projektwerber auch der Umweltanwalt; ein ordentliches Rechtsmittel ist nicht zulässig. Wesentlich ist, dass - anders als bei Feststellungsverfahren zur Frage der Abfalleigenschaft - hier kein Aufhebungsrecht des Umweltministers als Oberbehörde gegeben ist. Mit dem Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005216 wurde der Anwendungsbereich des Feststellungsbescheids dahingehend erweitert, dass der Landeshauptmann nun auch über den Umfang einer anlagenrechtlichen Genehmigung bezogen auf die bewilligten Abfallarten und -mengen sowie die genehmigte Anlagenkapazität absprechen kann. Dieses Verfahren kann auf Antrag des Bescheidinhabers oder von Amts wegen eingeleitet werden; dem Umweltanwalt kommt weder Antragsrecht noch Parteistellung zu.
3. Genehmigungskonzentration a) Verfahrens- und Entscheidungskonzentration § 38 AWG sieht ein Verfahren mit sogenannter Konzentrationswirkung vor, das nunmehr auch landesrechtliche Materien mitumfasst: Im Genehmigungsund Anzeigeverfahren217 für Abfallbehandlungsanlagen sind gemäß § 38 Abs 1 AWG alle Vorschriften anzuwenden, die „im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Mineralrohstoff-, Strahlenschutz-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Immissionsschutz-, Rohrleitungs-, Eisenbahn-, Bundesstraßen-, Denkmalschutz-, Gaswirtschafts-, Elektrizitätswirtschafts-, Landesstraßen-, Naturschutz- und Raumordnungsrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. „ Die Genehmigung nach dem AWG ersetzt die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforder214 215 216 217
Bei erheblich nachteiligen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt liegt eine wesentliche Änderung vor, welche eines ordentlichen Genehmigungsverfahrens bedarf. RV 984 BlgNR 21. GP. BGBl I 34/2006. Die Konzentration gilt sowohl im ordentlichen als auch im vereinfachten Verfahren sowie im Anzeigeverfahren.
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lichen „Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen“. Hinsichtlich der landesrechtlichen Vorschriften ist im AWG eine solche Ersatzwirkung der Genehmigung nicht angeordnet, es bleibt insoweit nach dem AWG bei einer bloßen Verfahrenskonzentration: die Behörde hat über die landesrechtlichen Materien im selben Bescheid in einem eigenen Spruchpunkt zu entscheiden. Auch eine baubehördliche Genehmigungspflicht entfällt (§ 38 Abs 2 AWG), die bautechnischen Bestimmungen der Bauordnung des jeweiligen Landes sind aber im Genehmigungsverfahren mit anzuwenden. Im Genehmigungsverfahren sind - kraft nunmehr ausdrücklicher Anordnung - lediglich die materiellrechtlichen Bestimmungen der genannten Materiengesetze mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung anzuwenden, womit neben den Verfahrensregelungen des AWG nur jene des AVG, nicht jedoch Sonderverfahrensrechte der Materiengesetze zur Anwendung kommen.218 Mitanzuwenden sind jeweils jene Vorschriften, welche auch außerhalb des konzentrierten Verfahrens auf das jeweilige Vorhaben anzuwenden wären.219 Für eine gesonderte Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen nach einem der in § 38 Abs 2 AWG angeführten bundesrechtlichen Materiengesetze ist kein Platz220; dies trifft insbesondere auch auf das gewerbliche Betriebsanlagenrecht zu221. Die Belange des Arbeitnehmerschutzes sind im Verfahren zu berücksichtigen222. Sind ausnahmsweise - zusätzlich zu den von der Konzentration gemäß § 38 AWG erfassten Materien - noch weitere Genehmigungen für eine Abfallbehandlungsanlage erforderlich, hat die Behörde das Genehmigungsverfahren und die Erteilung von Auflagen223 mit den zuständigen Behörden zu koordinieren224.
c) Kumulation von bundes- und landesabfallrechtlicher Anlagengenehmigung? Nach der alten Rechtslage hatte eine unklare Subsidiaritätsklausel die Zulässigkeit kumulativer landesabfallrechtlicher Genehmigungspflichten nicht eindeutig erhellt225. Mit VfSlg 13019/1992 wurde die grundsätzliche Zulässigkeit 218
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222 223 224 225
In diesem Sinn bereits früher Madner, 257ff; VwGH 11. 9. 1997, 97/07/0051 hielt unter Verweis auf RV 1274 BlgNR 17. GP - fest, dass § 29 Abs 2 AWG (vor der AWG-Nov Deponien) lediglich die Anwendung der materiellen Bestimmungen der mitanzuwendenden MaterienGe anordnet.. So zur insoweit vergleichbaren alten Rechtslage (§ 29 AWG 1990): Davy, 125; Madner, 148; Schmelz, ecolex 1991 (FN 55); derselbe, in: Kind/List/Schmelz, 476. Vgl zur insoweit vergleichbaren alten Rechtslage (§ 29 AWG 1990): VwGH 19. 3. 1998, 96/07/0210 hinsichtlich der Unzulässigkeit einer gesonderten wasserrechtlichen Genehmigung der Ableitung von Sickerwässern. Zu diesem Bsp bereits vorher schon Schmelz, ecolex 1991 (FN 49). Vgl zur Vorgängerregelung in § 29 AWG 1990 zB VwGH 24.11.1998, 95/05/0097; US 12.2.2001, 2/2000/15-15, Frohnleiten; bestätigend VwGH 17.5.2001, 201/07/005-5. § 38 Abs 4 AWG. Auch sonstige Nebenbestimmungen von Bescheiden sind erfasst. Vgl den Hinweis von Schmelz, in Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, 265. § 38 Abs 5 AWG. Für die Zulässigkeit zusätzlicher landesabfallrechtlicher Genehmigungsvorbehalte Merli, Zum Verhältnis von Bundes- und Landesrecht bei abfallwirtschaftsrechtlichen Anlagengenehmigungen, ÖZW 1991, 102; Raschauer, 356; derselbe, RdU 1997 (FN 46), 63; Madner, Die Standortregelung im Abfallwirtschaftsgesetz, ZfV
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kumulativer bundes- und landesabfallrechtlichen Genehmigungsvorbehalte nahegelegt, wobei im Landesrecht aber nur Regelungen zulässig sind, deren Erlassung und Vollziehung unter die verbliebenen abfallwirtschaftlichen Restzuständigkeiten bzw die nicht abfallrechtlichen Kompetenzen der Länder fallen.226 Wie oben dargelegt, hat der Bund mit dem AWG 2002 seine Bedarfskompetenz hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle umfassend in Anspruch genommen, sodass für zusätzliche landesabfallrechtliche Genehmigungsvorbehalte keine Zuständigkeit der Länder bleibt227. Genehmigungsvorbehalte, die andere als abfallrechtliche Gesichtspunkte betreffen (zB Naturschutz) sind, sofern sie von der im Verfassungsrang stehenden Konzentrationsregelung nach § 38 AWG erfasst sind, im Genehmigungsverfahren mitanzuwenden. d) Standortfestlegungen, bautechnische Bestimmungen Für eine umfassende und bundesweite Planung der Abfallwirtschaft sieht § 8 AWG für einen fünfjährigen Planungszeitraum die Erlassung eines „BundesAbfallwirtschaftsplans“ vor, der ua auch die regionale Verteilung der im Bundesgebiet erforderlichen Anlagen zur Beseitigung von Abfällen beinhaltet228. Die konkrete Ausweisung von Standorten für Abfallbehandlungsanlagen in einer Standortverordnung ist im AWG 2002 nicht mehr vorgesehen229. Nach der höchstgerichtlichen Judikatur ist die Landesraumordnung kompetenzrechtlich befugt, auch in Bezug auf Anlagen zur Behandlung gefährlicher Abfälle Festlegungen zu treffen, solange der Bund keine Standortfestlegung vornimmt, Das AWG enthält jedoch auch keine ausdrückliche Anordnung, wonach die Erteilung der Genehmigung für eine Abfallbehandlungsanlage vom Vorliegen einer Flächenwidmung für das betreffende Vorhaben abhängig ist230. Nach Maßgabe der Verfassungsbestimmung des § 38 Abs 2 AWG ist im Rahmen des konzentrierten Genehmigungsverfahrens keine gesonderte baubehördliche Genehmigung erforderlich, vielmehr sind lediglich die „bautechnischen Bestimmungen“ mitanzuwenden. Unter baubehördlicher Genehmigung ist neben der Baubewilligung auch eine etwaige Widmungsbewilligung, Bauplatzerklärung oder Benützungsbewilligung zu verstehen.231
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1992, 523; dieselbe, 192. Dagegen: Schwarzer (FN 233), 135; Davy, 135; Schmelz, in: Kind/List/Schmelz, 481. Ausführlich dazu oben I.B.1b.Vgl auch VwGH 11. 9. 1997, 96/97/0223 (= RdU 1998, 32 mAnm Raschauer) wo unter Verweis auf VfSlg 13019/1992 und Merli, 103 Vorschriften betreffend den Ortsbild- Straßenbild- und Landschaftsschutz als nicht abfallrechtliche Regelungen für zulässig erachtet wurden.. In VfSlg 17389/2004 hat der VfGH eine Standortverordnung nach der K-AWO als eine im Genehmigungsverfahren nach § 29 AWG anzuwendende Vorschrift gesehen. Vgl dazu oben I. B. 1b. Nach EuGH, Rs C-53/02 ua muss ein Abfallbewirtschaftungsplan nicht unbedingt die genaue Lage der Abfallbeseitigungsorte aufweisen, vielmehr kann der exakte Standort auch erst bei der Erteilung der Genehmigung im Einzelfall festgelegt werden. § 26 AWG 1990 der dies vorsah wurde in der Praxis nicht in Anspruch genommen. Ausführlich dazu und zur Standortplanung nach der alten Rechtslage Madner, 179ff; dieselbe, ZfV 1992 (FN 298) Siehe dazu oben I. B. 1. a. Schmelz, ecolex 1991 (FN 55); Merli (FN 298).
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Die baurechtliche Genehmigung stellt ein wesentliches Instrument zur Durchsetzung der Flächenwidmung der Länder und Gemeinden dar; der Entfall der baurechtlichen Genehmigungspflicht für Abfallbehandlungsanlagen führt dazu, dass raumplanerische Festlegungen in Flächenwidmungsplänen bei der Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen auf diesem Weg keine Wirkung entfalten können232. Soweit allerdings die im konzentrierten Genehmigungsverfahren mitanzuwendenden Vorschriften solches anordnen, können raumplanerische Festlegungen und insbesondere Flächenwidmungspläne auch für die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen relevant werden. So entfalten zB die im Flächenwidmungplan dokumentierten Raumordnungsinteressen bei der Interessenabwägung nach den forstgesetzlichen Rodungsbestimmungen auch bei der Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen Wirkung233. Die mit dem AWG 2002 angeordnete Mitanwendung des Raumordnungsrechts im konzentrierten Verfahren soll sich nach einer Äußerung in den Gesetzesmaterialien „auf allfällige Genehmigungsbestimmungen, nicht jedoch auf Planungskompetenzen“ beziehen234. Zu den iSv § 38 AWG „für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen“ anzuwendenden Vorschriften aus dem Bereich der Raumordnung kann man wegen des Entfalls der Baubewilligungspflicht (§ 38 Abs 2) AWG nicht die Flächenwidmungspläne, wohl aber zB die Bestimmungen über die bescheidförmige Raumverträglichkeitsprüfung235 für sogenannte „Seveso-II-Betriebe“236 zählen. Der Entfall der Baubewilligungspflicht wird von der hM237 dahin verstanden, dass im konzentrierten Genehmigungsverfahren Standortfestlegungen der Länder auch für Anlagen zur Behandlung nicht gefährlicher Abfälle nicht durchgesetzt werden können. In Bezug auf nicht gefährliche Abfälle steht die Standortplanungsbefugnis bis zur Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz durch den Bund den Ländern zu238. Der Bund hat mit der Anordnung des Entfalls der baurechtlichen Bewilligungspflicht von seiner abfallrechtlichen Bedarfskompetenz zur Standortplanung für Anlagen zur Behandlung
232 233
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Vgl VfSlg 15.777/2003 zur (gleichlautenden) Verfassungsbestimmung im AWG 1990 (§ 29 Abs 13). VwGH 16.9. 1999, 99/07/0075; Zur Wirkung des nach der früheren Rechtslage in § 77 GewO enthaltenen Standortverbots auch für Abfallbehandlungsanlagen vgl VfSlg 13.231/1992. Damit soll offenbar klargestellt werden, dass etwa die planerische Festlegung von Nutzungsarten nicht in die Zuständigkeit der Behörde gemäß § 38 AWG fällt. Vgl zB § 11b Sbg ROG. Betriebe, die in den Anwendungsbereich der Seveso-II-RL (RL 96/82/EG) - dem EG-Störfallrecht - fallen. Für Abfallbehandlungsanlagen zählt Anhang 6 zum AWG, diejenigen Stoffe aus, deren Vorhandensein den Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage auch dem Störfallrecht unterwerfen. Zur insoweit vergleichbaren alten Rechtslage (§ 29 Abs 13 AWG): Davy, 134; Schmelz, in: Kind/List/Schmelz, § 29 Anm V 3b. Vgl auch den Zurückweisungsbeschluss des VfGH 15. 3. 2000, V 226/97 mAnm Merli. Für eine Berücksichtigung von Standortfestlegungen der Länder, die nicht im landesabfallrechtlichen Verfahren sondern lediglich über die baurechtliche Genehmigung durchgesetzt werden Madner (192ff). Vgl dazu oben I.B.1.
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nicht gefährlicher Abfälle keinen umfassenden Gebrauch gemacht239. Durch die Regelung des konzentrierten Bewilligungsverfahrens wurde den Länder jedenfalls nicht die Möglichkeit genommen, in Landesabfallwirtschaftsplänen oder Standortverordnungen zusätzliche landesabfallrechtliche Regelungen für die Standortplanung von Abfallbehandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle vorzusehen240 . Mit dem Wegfall landesabfallrechtlicher Genehmigungsvorbehalte ist die Durchsetzung solcher Ausweisungen geschwächt.
4. Ordentliches Genehmigungsverfahren a) Genehmigungskriterien Im Rahmen der Genehmigung sind zunächst die materiellen Bestimmungen der mitanzuwendenden Materiengesetze, arbeitnehmerschutzrechtliche Regelungen sowie die bautechnischen Bestimmungen der Länder anzuwenden. Darüber hinaus sieht das Gesetz einen spezifischen Katalog abfallrechtlicher Genehmigungskriterien vor241: • Keine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit des Menschen (Z 1): Im Gegensatz zu der offenbar als Vorbild genommenen Bestimmung des § 74 Abs 2 Z 1 GewO wird hier auch der Schutz von Arbeitnehmern zu berücksichtigen sein. • Begrenzung von Schadstoffemissionen nach dem Stand der Technik: Während § 77 Abs 3 GewO lediglich Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik begrenzt, sind hier grundsätzlich sämtliche Schadstoffemissionen (in Luft, Wasser, Boden) zu berücksichtigen. • Keine unzumutbare Belästigung von Nachbarn durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise.242 • Keine Gefährdung des Eigentums und sonstiger dinglicher Rechte der Nachbarn.243 • Vermeidung, Verwertung oder - soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist - ordnungsgemäße Entsorgung der beim Betrieb der Anlage anfallenden Abfälle. • Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen gem § 1 Abs 3 AWG 2002: Es handelt sich dabei um ein „unechtes“ Genehmigungskriterium, welches nur in der Erteilung von Auflagen, nicht aber in der Versagung der Genehmigung Niederschlag finden soll. 244 Bei der Erteilung einer Genehmigung sind weiters Verordnungen gem § 65 Abs 1 AWG 2002 245, mit denen der Umweltminister die dem Stand der Tech239
240 241 242 243 244 245
So (zur früheren gleichlautenden Regelung in § 29 Abs 13 AWG) Merli, 107; Madner, 189 vor FN XX. Vgl auch VfSlg 13019/1992. AM Schmelz, in: Kind/List/Schmelz, § 29 Anm V 3b. Zur Relevanz einer StandortV nach der Krnt-AWO im Genehmigungsverfahren nach § 29 AWG 1990 vgl VfSlg 17389/2004. § 43 AWG 2002. Vgl § 74 Abs 2 Z 2 iVm § 77 Abs 2 GewO. Vgl §§ 74 Abs 2 Z 1, 75 Abs 1 GewO. Schwarzer (FN 187), 249; Madner, ZfV 1992 (FN 225); dieselbe, 167. Zur DeponieVO: Fürnsinn, Das neue Regelungssystem für neue Deponien, RdU 1996, 64; Hüttler/Hüttler, Verordnet das Umweltministerium Österreich die Müllverbrennung?, RdU 1994, 60; dieselben, Weichenstellung in der Abfallwirtschaft:
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nik entsprechende Ausstattung und Betriebsweise von Abfallbehandlungsanlagen festlegen kann, zu berücksichtigen. Bislang wurden auf dieser Grundlage die DeponieVO sowie die AbfallverbrennungsVO246 erlassen. Abweichungen von Verordnungen gemäß § 65 Abs 1 AWG 2002 sind dann zuzulassen, wenn die Einhaltung des gleichen Schutzniveaus sichergestellt ist. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen gilt diese Ausnahmemöglichkeit aber nicht für IPPCBehandlungsanlagen247. Die Behandlungspflichten der §§ 15 und 16 AWG 2002 sind hingegen nicht als Genehmigungskriterien, wohl aber als selbstständige Anpassungsverpflichtungen zu qualifizieren.248 b) Bescheidinhalt und -gestaltung § 47 Abs 1 AWG 2002 legt obligatorische Bescheidinhalte fest, welche unabhängig davon, ob bereits das beantragte Projekt diesen Festlegungen entspricht, in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen sind.249 Die Erteilung der Genehmigung kann unter Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen erfolgen250. Die Behörde kann dabei mit Bescheid zulassen, dass einzelne Auflagen erst ab einem späteren Zeitpunkt einzuhalten sind, sofern keine Bedenken hinsichtlich der wahrzunehmenden Schutzinteressen bestehen251. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, Auflagen, Bedingungen oder Befristungen aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibungen nicht mehr vorliegen252. c) Betriebsbewilligung und Probebetrieb Die Behörde ist gem § 44 Abs 1 AWG 2002 ermächtigt, im Genehmigungsbescheid anzuordnen, dass Behandlungsanlagen erst aufgrund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden dürfen. Diesfalls ist ein auf höchstens zwei Jahre befristeter Probebetrieb anzuordnen. Die Vorschreibung einer Betriebsbewilligung ist dann zulässig, wenn zum Genehmigungszeitpunkt nicht ausreichend beurteilt werden kann, ob die vorgeschriebenen Auflagen die genehmigungsrelevanten Interessen hinreichend schützen oder ob zur Erreichung dieses Schutzes andere oder zusätzliche Auflagen erforderlich sind.253 Bejaht man als Zweck des Probebetriebs die Beurtei-
246 247
248 249 250 251 252 253
Anmerkungen zur Deponieverordnung, RdU 1996, 120. Zur Verbrennung von Abfällen: Bergthaler/Niederhuber; Niederhuber, Die Verbrennung von Abfällen, in: Brezovich (Hrsg), Das neue österreichische Abfallwirtschaftsrecht (Loseblattausgabe), Reg 9 Kap 5; derselbe, Anlagen zur thermischen Verwertung von Abfällen, in: Bergthaler/Wolfslehner (Hrsg), Das Recht der Abfallwirtschaft (2001). BGBl II 2002/389. Der Begriff der „besten verfügbaren Techniken“ des Art. 2 Z 11 IPPC-RL rechtfertigt diese starre, in der Genehmigungspraxis zu vielfältigen Problemen führende Regelung jedenfalls nicht. Davy, 112ff; Madner, 174. Madner, 215. § 43 Abs 4 AWG 2002. § 46 Abs 2 AWG 2002. § 62 Abs 6 AWG 2002. Dies kann insbesondere dann erforderlich sein, wenn keine Referenzanlagen bestehen und die eingesetzte Technologie nicht hinlänglich bekannt ist..
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lung der hinreichenden Auflagenvorschreibung, so ist eine Betriebsbewilligung dann zu erteilen, wenn die Auflagen den beabsichtigten Schutzzweck erfüllen. Dabei steht der Behörde auch die Möglichkeit der Festschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen, Bedingungen oder Befristungen zu. Die Erlassung einer Betriebsbewilligung (samt Probebetrieb) ist als eigenes Verfahren anzusehen, in welchem (im Gegensatz zum Versuchsbetrieb) die in § 42 AWG 2002 Genannten Parteistellung haben254. Nachbarn kommt Parteistellung aber nur dann zu, wenn sie bereits im Zuge des Errichtungs- oder Änderungsgenehmigungsverfahrens Einwendungen erhoben haben. d) Versuchsbetrieb, Arbeiten vor Rechtskraft der Genehmigung Gemäß § 44 Abs 2 AWG 2002 kann die Behörde im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens die Durchführung eines Versuchsbetriebs genehmigen, wenn zur Ausarbeitung des Projektes Vorarbeiten erforderlich sind oder das Vorliegen der Ergebnisse bestimmte Vorarbeiten für die Entscheidung der Behörde wesentlich ist und gleichzeitig angenommen werden kann, dass die Errichtung und der Betrieb der Anlage unter Vorschreibung entsprechender Nebenbestimmungen zulässig sein wird. Sinn und Zweck der Genehmigung eines Versuchsbetriebs bestehen darin, der Behörde die Bewältigung eines besonders schwierigen Ermittlungsverfahren zu ermöglichen, indem zusätzliche Beweismittel beschafft werden; nur jene Arbeiten dürfen zugelassen werden, „bei denen der konkrete Versuchscharakter und das Versuchsziel als Grundlage der weiteren Durchführung des Ermittlungsverfahrens entsprechend präzisiert werden können“255. Die Dauer des Versuchsbetriebs ist - unbeschadet der gesetzlichen Maximalfrist von 2 Jahren - durch das Erreichen dieses Verfahrensziels begrenzt256. Parteistellung in diesem Verfahren hat lediglich der Antragsteller. Die Errichtung und der Betrieb einer Anlage vor Rechtskraft der (Betriebsbewilligungs-) Genehmigung ist gem § 56 Abs 1 AWG 2002 dann zulässig, wenn nur der Antragsteller gegen den Bescheid berufen hat und die Auflagen eingehalten werden. e) Parteistellung § 42 Abs 1 AWG 2002 legt taxativ257 fest, wem im abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren Parteistellung zukommt. Gemäß § 38 Abs 1 AWG 2002 gilt die Konzentrationsanordnung für die mitanzuwendenden Materiengesetze nicht für deren Bestimmungen über die Parteistellung. Parteistellung kommt somit folgenden Personen zu: • Antragsteller • Liegenschaftseigentümer, auf dessen Grundstück die Anlage errichtet werden soll258 • Nachbarn259 254 255 256 257 258
VwGH 25. 4. 1996, 95/07/0172. VfSlg 13.1013/1992; VwGH 20. 7. 1995, 95/07/0089. VfSlg 13.013/1992. Vgl auch VwGH 25. 1. 1994, 93/04/0173. Vgl Schmelz, in: Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 281. VwGH 11.9.1997, 97/07/0051.
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Personen, die zu einer Duldung verpflichtet werden sollen Inhaber rechtmäßig geübter Wassernutzungen gemäß § 12 Abs 2 WRG260 Standortgemeinde und unmittelbar an die Betriebsliegenschaft angrenzende Gemeinde Arbeitsinspektorat und Verkehrs-Arbeitsinspektorat Umweltanwalt zwecks Geltendmachung der naturschutzrechtlichen Vorschriften Personen zur Wahrnehmung bestimmter in den Z 9 bis 12 näher definierten wasserrechtlichen Interessen Umweltorganisationen, die gemäß § 19 Abs 7 UVP-G 2000 als solche anerkannt wurden sowie in Verfahren betreffend IPPC-Behandlungsanlagen unter bestimmten Voraussetzungen Umweltorganisationen aus einem anderen Staat261
f) Behörden und Verfahren Zuständige Behörde für die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen ist grundsätzlich der LH262, Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Das abfallrechtliche Verfahren ist vor dem Hintergrund des § 38 Abs 1 AWG 2002 im Sinn einer Verfahrenskonzentration geregelt, die verfahrensrechtlichen Bestimmungen der mitanzuwendenden Materiengesetze kommen nicht zur Anwendung.263 g) Recht der genehmigten Anlage Eine einmal erteilte Anlagengenehmigung erlischt, wenn der Betrieb nicht binnen 5 Jahren nach rechtskräftiger Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil aufgenommen oder durch mehr als 5 Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen unterbrochen wird. Auf Antrag des Betreibers kann diese Frist um 2 Jahre verlängert werden264. § 62 AWG 2002 legt anlagenpolizeiliche Regelungen für Behandlungsanlagen fest. Der LH ist zur Überwachung der Behandlungsanlagen in einem 259 260
261
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263 264
Vgl dazu die weitgehend an § 75 Abs 2 und 3 GewO angelehnte Definition des § 2 Abs 5 Z 5 AWG 2002. VwGH 18.1.2001, 2000/07/0090, 2000/07/0212; der Gesetzgeber wollte mit diesem Begriff auch den weiteren Tatbestand der Nutzungsbefugnis nach § 5 Abs 2 WRG erfassen. Vgl Art. 4 ÖffentlichkeitsbeteiligungsRL 2003/35/EG; Baumgartner, Parteistellungen im UVP-G nach der Nov 2004, ecolex 2005, 275; Schulev-Steindl, Subjektive Rechte im öffentlichen Interesse? Anmerkungen zur Aarhus-Konvention, JRP 2004, 128; Merl, Umweltverträglichkeit neu - Das UVP-G 2000 nach den Novellen 2004 und 2005, RdU 2005/24. Der Landeshauptmann kann die Bezirksverwaltungsbehörde ganz oder teilweise mit der Durchführung eines Verfahrens oder der Verfahren für bestimmte Anlagentypen betrauen und diese ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden (§ 38 Abs 6 AWG 2002). So schon zur alten Rechtslage Madner, 259. § 55 AWG 2002
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Zyklus von längstens 5 Jahren sowie - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - zur nachträglichen Vorschreibung von Auflagen und zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bis hin zur Stilllegung von Maschinen oder Schließung der Anlage bzw. von Anlagenteilen verpflichtet. Dem Landeshauptmann steht dabei die Möglichkeit der Delegation an die Bezirksverwaltungsbehörde zu265.
5. Vereinfachtes Genehmigungsverfahren a) Genehmigungskriterien, Bescheidinhalt und -gestaltung Kraft ausdrücklicher Anordnung des § 50 AWG 2002 bestehen hinsichtlich Genehmigungskriterien, Bescheidinhalt und -gestaltung keine Unterschiede zum ordentlichen Genehmigungsverfahren. Aufgrund der Textierung des § 44 Abs 1 AWG 2002266 wird im vereinfachten Genehmigungsverfahren keine Bewilligung eines Probebetriebs zulässig sein. Im Gegensatz dazu kann vertreten werden, dass Versuchsbetriebe wohl zulässig sein müssen, da § 44 Abs 2 AWG 2002 ganz generell für Genehmigungsverfahren gemäß § 37 AWG 2002 gilt267. Im vereinfachten Verfahren gilt die Konzentrationsanordnung des § 38 AWG 2002; die Genehmigung ersetzt somit auch die Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen der mitanzuwendenden Materiengesetze. b) Parteistellung, Anhörungsrecht Die Bedeutung des vereinfachten Verfahrens besteht im Wesentlichen darin, dass Nachbarn keine Parteistellung zukommt. Diese können lediglich innerhalb der Auflagefrist Einsicht nehmen und sich zum genannten Projekt äußern. Die Behörde hat bei der Genehmigung auf die eingelangten Äußerungen Bedacht zu nehmen. Parteistellung haben hingegen neben dem Antragsteller diejenigen, die zu einer Duldung verpflichtet werden sollen, der Arbeitsinspektor, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan sowie der Umweltanwalt hinsichtlich der Einhaltung der naturschutzrechtlichen Vorschriften sowie - ohne dass hier eine Systematik zu erkennen wäre - hinsichtlich bestimmter Anlagenkategorien zur Wahrung der öffentlichen Interessen. c) Verfahrensrechtliche Spezifika Der Genehmigungsantrag ist 4 Wochen lang aufzulegen. Innerhalb dieser Auflagefrist können die Nachbarn Einsicht nehmen und sich zum geplanten Projekt äußern. Die Entscheidungsfrist wurde auf 4 Monate verkürzt. 265 266 267
§ 38 Abs 7 AWG 2002. „gemäß § 37 Abs 1 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen“ Dem kann allerdings der Umstand entgegen gehalten werden, dass im das vereinfachte Verfahren regelnden § 50 Abs 1 AWG 2002 die Versuchsbetriebsregelung des § 44 Abs 2 AWG 2002 nicht explizit genannt wird. So auch Schmelz, in: Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 318. Andererseits wird zu berücksichtigen sein, dass eine Nennung des Versuchsbetriebs in § 50 Abs 1 AWG 2002 auch gar nicht erforderlich ist, handelt es sich dabei doch nicht um einen Teil des vereinfachten Verfahrens, sondern vielmehr um ein (in ein ordentliches oder vereinfachtes Verfahren integriertes) selbstständiges Verfahren nach § 44 Abs 2 AWG 2002.
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6. Anzeigeverfahren Das Gesetz differenziert hier nach zwei Fallgruppen: Maßnahmen gemäß § 51 Abs 1 AWG 2002 (Stand der Technik, zusätzliche Abfallarten, sonstige Änderungen) dürfen erst nach Rechtskraft des Kenntnisnahmebescheids begonnen werden. Die Entscheidungsfrist wurde auf 3 Monate verkürzt; der Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheids. Maßnahmen gemäß § 51 Abs 2 AWG 2002 (Maschinentausch, Unterbrechung des Betriebs, Verzicht auf Abfallarten, Auflassung der Anlage) können hingegen bereits mit Einlangen der Anzeige bei der Behörde umgesetzt werden. Die Behörde hat auf Antrag einen Kenntnisnahmebescheid zu erlassen. In beiden Fallgruppen gelten dieselben Genehmigungskriterien wie im ordentlichen Genehmigungsverfahren, da die Behörde zur Wahrung der Interessen des § 43 AWG 2002 entsprechende „Aufträge“ (also Auflagen, Bedingungen oder Befristungen) vorzuschreiben hat. Auch im Anzeigeverfahren gilt die Konzentrationsanordnung des § 38 AWG 2002; etwaige Anzeigepflichten nach anderen Materiengesetzen werden somit miterledigt268. Von Bedeutung ist, dass im Anzeigeverfahren lediglich dem Inhaber der Behandlungsanlage und dem Arbeitsinspektor Parteistellung zukommt. Sonstige Parteistellungen bestehen nicht.
7. Altstoffsammelzentren und Problemstoffsammelstellen Errichtung, Betrieb und wesentliche Änderung öffentlich zugänglicher269 Sammelstellen für Altstoffe oder Problemstoffe270 sind genehmigungspflichtig. Das Genehmigungsverfahren ist gegenüber jenem für (sonstige) ortsfeste Anlagen beschleunigt. Parteistellung hat lediglich der Antragsteller. Eine Genehmigung ist innerhalb von drei Monaten, gegebenenfalls unter Auflagen, zu erteilen, wenn die öffentlichen Interessen der Abfallwirtschaft (§ 1 Abs 3 AWG) nicht beeinträchtigt werden. Zuständige Behörde erster Instanz ist die BVB271, Berufungsinstanz der UVS.
268
269 270
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Etwaige Genehmigungspflichten nach anderen Materiengesetzen würden hingegen die Durchführung eines Anzeigeverfahrens ausschließen; es wäre ein vereinfachtes Verfahren durchzuführen (Vgl § 37 Abs 3 Z 5 AWG 2002). Ob die Anlage von einer Gebietskörperschaft oder gewerbsmäßig betrieben wird ist unmaßgeblich. Zum Begriff Altstoffe und Problemstoffe vgl § 2 Abs 4 Z 1 bzw Z 4. Vgl auch oben zum Abfallbegriff. Nach den Materialien (RV 984 BlgNR XXI.GP) sind zwar öffentliche „Mistplätze“ nicht jedoch Container auf der Straße als Altstoffsammelzentren zu qualifizieren. § 38 Abs 7 AWG.
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8. Deponien Mit der AWG-Nov Deponien272 hat der Gesetzgeber Regelungen betreffend die Genehmigung, den Betrieb, die Überwachung und die Anpassung von Deponien, die auf die Materien Wasserrecht (WRG) und Abfallrecht (AWG, sowie Länder-AWG) aufgesplittet waren, im AWG zusammengefasst und die DeponieRL umgesetzt273. Das AWG enthält für Deponien Sonderregelungen betreffen die Antragsunterlagen (§ 39 Abs 2); spezielle Genehmigungsvoraussetzungen (§ 43 Abs 2); Sonderregelungen betreffend den Inhalt des Genehmigungsbescheids (§ 47 Abs 2 u § 48 insb zu Einbringungszeitraum, Sicherheitsleistung) sowie Sonderregelungen zur Bauaufsicht (§ 49), zum Betrieb (§ 61) und zur Überwachung (§ 63). Ungeachtet dieser Gesamtregelung im AWG sind aufgrund der Konzentrationsbestimmung des § 29 Abs 2 AWG für die Genehmigung von Deponien auch andere bundesrechtliche Materiengesetze - das Bestehen von Genehmigungspflichten vorausgesetzt - mitanzuwenden.
a) Inbetriebnahme Eine Betriebsbewilligung ist in Form eines Überprüfungsbescheids274 nach der verpflichtenden Anzeige der Errichtung der Deponie bzw des Deponieabschnitts275 zu erteilen. Erst im Anschluss daran ist die Einbringung von Abfällen zulässig.276 b) Genehmigungskriterien Die Genehmigungskriterien des § 43 Abs 1 AWG werden im § 43 Abs 2 AWG um relevante Kriterien der DeponieRL sowie des Gewässerschutzes ergänzt und insbesondere bestimmte öffentliche Interessen des § 105 WRG als Genehmigungsvoraussetzung festgelegt.277, 278 So dürfen kein schädlicher Einfluss auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer der natürlichen Gewässer, keine nachteilige Beeinflussung der 272
273 274 275 276
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BGBl I 2000/90. Der bisher relevante wasserrechtliche Genehmigungstatbestand für Deponien in § 31b WRG wurde außer Kraft gesetzt. Zu § 31b WRG: Raschauer, Komentar zum Wasserrecht, 1993, § 31b; Oberleitner, Abfalldeponien und Wasserbenutzung, ecolex 1996, 422; derselbe, Vereinfachungen und Neuregelungen im Wasserrecht - Die WRG-Novellen 1997, RdU 1997, 159; Preiß, Genehmigungsvorbehalte zur Gewässerreinhaltung, ZfV 1997, 177 (181f). Vgl Gruber, Der neue Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Abfalldeponien, RdU 1997, 113. § 63 Abs 1 AWG. § 61 Abs 1 AWG. § 61 Abs 1 AWG. Es ist somit zwischen den für die Ablagerung nötigen Anlagen, Einrichtungen und Vorkehrungen einerseits und andererseits den Abfällen selbst, deren Einbringung dem Betrieb der Deponie zugerechnet wird, zu unterscheiden. Vgl Oberleitner , RdU 1997 (FN 342); VwGH 11. 7. 1996, 95/07/0020. § 43 Abs 2 Z 5 AWG. Auf die öffentlichen Interessen des § 1 Abs 3 AWG ist (lediglich) Bedacht zu nehmen. Vgl hingegen § 31b WRG (vor der AWG-Nov Deponien), nach dem eine Genehmigung nur dann erteilt werden konnte, wenn eine unzulässige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen des AWG (§ 1 Abs 3) sowie des WRG (§ 105) nicht zu erwarten war.
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Beschaffenheit der Gewässer, keine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauchs, keine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung und keine wesentliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer zu besorgen sein. Das Vorhaben darf nicht den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung widersprechen und hat im Einklang mit dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan279 zu stehen. c) Bescheidinhalt und -wirkung Die in § 47 AWG vorgesehenen Bescheidinhalte sind als Mindestinhalte zu verstehen, die unabhängig davon, ob das jeweilige Einreichprojekt diese Punkte bereits ausreichend berücksichtigt hat, jedenfalls vorzuschreiben sind. Für Deponien sind bereits im Zusammenhang mit der Anlagengenehmigung Maßnahmen für die Unterbrechung des Betriebs, ein Stilllegungsplan sowie Maßnahmen für die Nachsorge der Deponie vorzusehen.280 Zur Erfüllung der in der Genehmigung vorgeschriebenen Auflagen und Verpflichtungen, insbesondere die ordnungsgemäße Erhaltung und Stilllegung sowie die Schließung einschließlich der Nachsorge der Deponie, ist eine angemessene Sicherstellung vorzuschreiben281. Die Sicherstellung soll der Behörde dann zur Verfügung stehen, wenn der Deponieinhaber seinen Verpflichtungen während des Betriebs oder der Nachsorgephase nicht nachkommt und muss auch im Insolvenzfall für die öffentliche Hand verfügbar sein282. Die Anordnung einer Sicherstellung dient nicht nur dem öffentlichen Interesse, vielmehr soll damit auch der Schutz der Rechte der betroffenen Parteien auf Dauer gewährleistet werden. 283 Das AWG regelt die wesentlichen Eckpunkte für die Berechnung der Sicherstellung im Einzelfall284 sowie für die Anpassung der Sicherstellung285.
Der Bewilligungswerber hat einen Rechtsanspruch, Abfälle für einen Zeitraum von zumindest 20 Jahren einzubringen, die Behörde darf nur bei Vorliegen besonderer Umstände286 kürzere Zeiträume festlegen. Selbst wenn bescheidmäßig keine Bestimmung des Einbringungszeitraums vorgenommen 279 280 281
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Vgl Art 8 lit a Punkt iii) DeponieRL. Vgl Art 9 DeponieRL. Diese hat in Form einer finanziellen Sicherheitsleistung oder gleichwertiger Instrumente (zB Haftungserklärung) zu erfolgen. Die wesentlichen Eckpunkte für die Berechnung der Sicherstellung sind in § 48 Abs 2a AWG, Dem BMLFUW wird in § 30b Abs 8 AWG eine Verordnungsermächtigung zur Festlegung von Bestimmungen über Inhalt, Festsetzung, Art, Bemessung, Leistung, Zugriff, Verfall, Verwendung und Freiwerden von Sicherstellungen sowie Sicherstellungen für bestehende Deponien eingeräumt. RV 1147 BlgNR 17.GP, 17. Ob die Behörde dies bei der Festsetzung der Höhe bedacht hat, bedarf einer näheren, für die Parteien nachvollziehbaren Begründung. VwGH 19. 3. 1998, 96/07/0210 = Oberleitner, Wasserrechtsgesetz, 2000, E 10 zu § 31b. § 48 Abs 2a AWG. § 48 Abs 2b AWG. ZB wenn zu erwarten ist, dass das vorgesehene Deponievolumen im Hinblick auf die beabsichtigten Anlieferungen deutlich früher erschöpft sein wird oder die für die Abfallanlieferung maßgebliche Maßnahme - etwa ein Bauvorhaben - selbst nur befristet durchgeführt werden soll;.
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wird, gilt eine ex lege-Befristung von 20 Jahren287. Die Befristung ist auf Antrag des Betreibers zu verlängern, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen des § 43 AWG bei bereits am 1. Juli 1997 bestehenden Deponien nach Maßgabe der Anpassungsregelungen des § 76 AWG - erfüllt sind.288 Festzuhalten ist, dass selbst wenn der Einbringungszeitraum abläuft, die Deponiegenehmigung an sich bestehen bleibt289; es ist lediglich das Einbringen von Abfällen untersagt. Zu beachten ist schließlich, dass die Behörde Deponiegenehmigungen von Amts wegen290 als Belastung im Grundbuch ersichtlich zu machen hat.291 d) Errichtung und Betriebsbewilligung Zur Überwachung der Bauausführung hat292 die Behörde auf Kosten293 des Deponiebetreibers ein Bauaufsichtsorgan zu bestellen, dessen Aufgaben und Rechte in § 49 AWG beschrieben sind. Die Errichtung einer Deponie, eines Deponieabschnitts oder Kompartiments294 ist der Behörde anzuzeigen.295 In Folge dessen hat der LH ein Überprüfungsverfahren gem § 63 AWG durchzuführen. Parteistellung hat der Antragsteller und der von einer Abweichung in seinen Rechten Betroffene296. Gegenstand des Überprüfungsverfahrens ist die Feststellung der Übereinstim-
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§ 48 Abs 1 AWG. § 48 Abs 1 letzter Satz AWG. Hatte die Vorläuferbestimmung des § 31b Abs 6 WRG als Voraussetzung für die Verlängerung lediglich verlangt, dass dem Stand der Deponietechnik „bestmöglich“ entsprochen wird, wurde diese Relativierung nicht in das Regime des AWG übernommen. Der Durchführungserlass zur WRGNov Deponien hat die Bedeutung dieser Relativierung damit erklärt, dass so eine Fristverlängerung auch dann gewährt werden kann, wenn die Anpassung an den Stand der Deponietechnik noch nicht abgeschlossen ist. Der (bewusste?) Wegfall dieser Flexibilitätsklausel kann nunmehr für Deponien, die erst an den Stand der Technik anzupassen sind, in letzter Konsequenz zur Versagung der Verlängerungsgenehmigung führen. Dies gilt insbesondere für die Verpflichtung des Deponiebetreibers zum Abschluss der Deponie sowie zur Nachsorge und Kontrolle. § 48 Abs 3 AWG. Vgl zur früheren vergleichbaren Rechtslage VwGH 19. 6. 1990, 87/07/0105 = ZfVB 1991/1198; 22. 4. 1999, 99/07/0052. Dies schließt einen als Anregung zu verstehenden „Antrag“ nicht aus (VwGH 18. 9. 1987, 83/07/0131). Damit kann sich niemand, der eine spätere Eintragung erwirkt, auf die Unkenntnis der Belastung berufen. Vgl den früher anzuwendenden § 120 Abs 1 WRG, wonach die Bestellung einer Bauaufsicht nicht zwingend vorgeschrieben ist. So auch VwGH 2. 2. 1988, 87/07/0019. Vgl VwGH 19. 11. 1998, 98/07/0165 zur Beurteilung der Angemessenheit des Entgelts für ein Aufsichtsorgan. Vgl weiters RV 178 BlgNR 21. GP, wonach Entgelte entsprechend der HonorarRL für Ziviltechnikertarife als angemessen erachtet werden. § 63 AWG bezieht sich auf alle möglichen Teilbereiche einer Deponie. Vgl zur Klarstellung in § 63 AWG durch das Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005, RV 1147 BlgNR, XXII.GP, 17. § 61Abs 1 AWG. § 63 Abs 1 AWG.
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mung der Anlage mit der erteilten Genehmigung.297 Gegen den Überprüfungsbescheid (Betriebsbewilligung) können folglich auch keine Einwendungen vorgebracht werden, die sich gegen die originäre Genehmigung richten. Im Überprüfungsbescheid können seitens der Behörde geringfügige Abweichungen, die den für Anlagenbewilligungen vorgeschriebenen Genehmigungsvoraussetzungen nicht widersprechen oder denen der Betroffene zustimmt298, genehmigt werden299. e) Parteistellung Für die Parteistellung im Genehmigungsverfahren bestehen keine Sonderregelungen für Deponien. f) Behörden und Verfahren Zuständige Behörden sind der LH in erster und der unabhängige Verwaltungssenat in zweiter Instanz. Abweichend dazu ist bei gewerblichen Bodenaushuboder Baurestmassendeponien unter 100.000 m3 die Bezirksverwaltungsbehörde300 in erster Instanz zuständig. Als verfahrensrechtliche Sonderbestimmung ist - neben den Vorschriften über den Überprüfungsbescheid (§ 63 AWG)301 die Vorschreibung umfangreicher Antragsunterlagen302 - hervorzuheben. g) Recht der genehmigten Anlage Der LH hat zur Überwachung von Deponien eine Deponieaufsicht303 zu bestellen, welche die Einhaltung des AWG, der DeponieVO sowie des Genehmigungsbescheids und sonstiger auf dem AWG beruhenden Bescheide und Verordnungen regelmäßig zu überprüfen und der Behörde darüber jährlich zu berichten hat.304 Die Behörde hat nach den allgemeinen Bestimmungen über die Überwachung von Abfallbehandlungsanlagen (§ 62 AWG) zusätzliche oder anderer Auflagen bzw Maßnahmen vorzuschreiben, falls die in den Genehmigungskriterien (§ 43 AWG) genannten Schutzinteressen nicht hinreichend geschützt sind. Die Behörde hat das vorübergehende Verbot der Einbringung von Abfäl297 298
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Kaan/Braumüller Handbuch Wasserrecht (2000), Rechtssprechungsübersicht zu § 121. Der VwGH hat zum gleich lautenden § 121 Abs 1 WRG festgehalten, dass eine nachträgliche Genehmigung einer Abweichung bei fehlender Zustimmung des Betroffenen jedenfalls nicht möglich ist (VwGH 28. 1. 1992, 90/07/0099). § 63 Ans 1 AWG. In der RV war demgegenüber noch vorgesehen, dem LH eine Delegationsmöglichkeit für (auch nicht gewerbliche) Bodenaushub- oder Baurestmassendeponien unter 100.000 m3 einzuräumen. Dazu oben. § 39 Abs 2 AWG. § 63 Abs 3 AWG. Es kann eine entsprechend befähigte Person sowohl mit der Bauaufsicht (§ 48 AWG, dazu oben) als auch mit der Deponieaufsicht betraut werden. Vgl Hochholdinger, IPPC-Behandlungsanlagen und Deponien, in: Bergthaler/ Wolfslehner, Rz 29ff. Zur Angemessenheit des Entgelts für ein Aufsichtsorgan vgl VwGH 19. 11. 1998, 98/07/0165.
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len oder die Schließung der Deponie zu verfügen, wenn ungeachtet wiederholter Mahnungen angeordnete Maßnahmen nicht durchgeführt bzw die Auflagen des Genehmigungsbescheids nicht eingehalten werden.305 Bestehende Deponien306 sind nach dem komplexen, mehrstufigen System des 76 AWG an den Stand der Deponietechnik anzupassen307, wobei der letzte Anpassungsschritt mit 1. 1. 2004 vorgesehen war. Von besonderer abfallwirtschaftlicher - und für die betreffenden Deponien betriebswirtschaftlicher - Relevanz308 ist die Ermächtigung des LH, durch Verordnung309 die Anpassung an das Verbot der Deponierung310 bis 31. 12. 2008 aufzuschieben.311 Inhaber einer Deponie treffen - teils in Umsetzung der DeponieRL - eine Reihe von Aufzeichungs-, Melde- und Anzeigepflichten312. So ist der Behörde zB jede Zurückweisung eines Abfalls, der in der Deponie nicht angenommen werden darf, zu melden (§ 61 Abs 2 AWG). Meldepflichtig sind auch erhebliche Umweltauswirkungen der Deponie,
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§ 63 Abs 4 AWG. Dabei kann auf die zu § 27 Abs 4 WRG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden; vgl Oberleitner (FN 366), Entscheidungen zu § 27. Dem Erfordernis „wiederholter Mahnung“ ist mit einer mindestens zweimaligen Mahnung entsprochen (VwGH 31. 5. 1988, 87/07/0148; 1. 9. 1997, 96/07/0239). Die Mahnung stellt keinen Bescheid dar; im Verfahren zur Entziehung der Bewilligung kann somit vorgebracht werden, dass die Voraussetzungen für den Ausspruch nicht gegeben waren (VwGH 11. 9. 1997, 96/07/0239). Eine erst im Zuge des Berufungsverfahrens erfolgte Herstellung des dem Bewilligungsbescheid entsprechenden Zustands ist in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen, wobei allerdings nur eine vollständige Herstellung dieses Zustands eine Bestätigung des Entziehungsbescheids verhindern kann (VwGH 26. 11. 1991, 90/07/0137; 11. 9. 1997, 96/07/0239). Sind die vorgefundenen Mängel behebbar, wird entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsprinzip lediglich ein vorübergehendes Einbringungsverbot gerechtfertigt sein. 306 Dh am 1.7. 1994 bestehende, nach WRG oder § 29 AWG bewilligte und noch nicht ordnungsgemäß stillgelegte oder geschlossene Deponien. 307 Vgl Schmelz, Anpassung bestehender Deponien an den Stand der Technik, ecolex 1998, 179; Oberleitner, RdU 1997 (FN 342). 308 Vgl zur Vorläuferbestimmung Hüttler/Hüttler, RdU 1994 (FN 358), dieselben, RdU 1996 (FN 358); Fürnsinn (FN 358) 309 Der VfGH (VfSlg 17018/2003) hat die Verlängerung der Anpassungsfrist „durch Verordnung“ in der Vorgängerbestimmung (§ 45a Abs 7 AWG 1990) wegen Verstoßes gegen das bundesverfassungsrechtliche Rechtschutzsystem für verfassungswidrig erklärt. Die für die Verlängerung aufgestellten Bedingungen waren nach Ansicht des VfGH derart beschaffen, dass sie ein rechtlich geschütztes Interesse jedes Deponiebetreibers begründen, dem durch eine einzelfallbezogene Entscheidung (Bescheid) Rechnung zu tragen ist. Der Gesetzgeber hat versucht den Bedenken des VfGH Rechnung zu tragen, indem die Voraussetzungen der Verlängerung der Anpassungsfrist von einer Bezugnahme auf konkrete einzelne Deponien möglichst befreit wurden. 310 Verbot der Deponierung von Abfällen, deren Anteil an organischem Kohlenstoff (TOC) mehr als fünf Masseprozent beträgt. Davon ausgenommen sind insbesondere Abfälle aus mechanisch-biologischer Vorbehandlung mit einem oberen Heizwert von weniger als 6.000 kJ/kg (§ 5 Z 7 DeponieVO). 311 VfSlg 17018/2003. 312 Vgl insb §§ 17 Abs 3, 21 Abs 4, 61 Abs 2 u 3 AWG. Vgl dazu Hochholdinger, IPPC-Abfallbehandlungsanlagen und Deponien, in: Bergthaler/Wolfslehner, Rz 32 ff.
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die im Züge von Messungen und Überwachungsverfahren festgestellt werden (§ 61 Abs 3 AWG).
9. IPPC-Abfallbehandlungsanlagen a) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben und innerstaatliche Umsetzung Die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC-RL) zielt auf „ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt“. Die IPPC-RL verpflichtet zur präventiven Kontrolle des Betriebs neuer Anlagen, dem IPPC-Regime sind weiters auch die Kontrolle von Anlagenänderungen313 und der Betrieb genehmigter IPPC-Anlagen unterworfen314; auch der Betrieb von Altanlagen315 ist erfasst. Im Interesse des wirksamen Schutzes der „Umwelt insgesamt“, verlangt die Richtlinie eine wirksame Koordinierung aller für die Genehmigung einer IPPC-Anlage zuständigen Behörden 316. Der Öffentlichkeit werden Stellungnahmemöglichkeiten und Informationsrechte eingeräumt317. Nach dem Scheitern einer umfassenden Vereinheitlichung des Anlagenrechts erfolgte im Jahr 2000 die Umsetzung der IPPC-RL in Österreich im Wesentlichen durch Novellen der GewO318 und des AWG319 Der Gesetzgeber hat den Kreis der IPPC-(Abfallbehandlungs-)Anlagen nicht über die Mindestvorgaben der Richtlinie hinaus erweitert; auch eine - gemeinschaftsrechtlich zulässige - Abstimmung des Anwendungsbereichs von IPPC- und UVP-RL wurde nicht vorgenommen. Die gewählte Umsetzungsstrategie trägt zu einer weiteren Zersplitterung des Anlagenrechts bei320.
313 314
315 316
317 318 319 320
Art 12 IPPC-RL. Art 13-14 IPPC-RL. Insbesondere die Pflicht zur Aktualisierung der Genehmigungsauflagen und die Einführung einer Genehmigungspflicht für Änderungen auch an bestehenden Anlagen stellt einen wesentlichen Unterschied zum Regelungsansatz der UVP-RL dar. In der Terminologie der Richtlinie „bestehende Anlagen“: Art 2 Z 4 iVm Art 5 IPPC-RL. Art 7 IPPC-RL: Wie insbesondere die Begründungserwägungen (14. Erwägung) und die Definition des Begriffs Genehmigung (Art 2 Z 9 IPPC-RL) verdeutlichen, fordert die Richtlinie nicht zwingend die Einführung einer Verfahrens- und Entscheidungskonzentration, wenngleich eine einzige „integrierte Genehmigung“ dem Regelungsanliegen der Richtlinie wohl am effektivsten zum Durchbruch verhelfen würde. Anders als im Richtlinientwurf der Kommission ist auch keine Pflicht zur Einrichtung einer „federführenden Behörde“ normiert. Art 15 u 17 IPPC-RL. BGBl I 2000/88. BGBl I 2000/90. Unterschieden werden müssen nunmehr ua materielle und verfahrensrechtliche Vorgaben für gewerbliche IPPC-Anlagen, „gewöhnliche“ gewerbliche Betriebsanlagen Anlagen; IPPC-Behandlungsanlagen, sonstige Abfallbehandlungsanlagen und UVP-pflichtige Anlagen.
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b) Anwendungsbereich der IPPC-Vorschriften Diejenigen Abfallbehandlungsanlagen, die dem IPPC-Regime des AWG unterworfen sind werden in einem Anhang5 Teil I zum AWG bestimmt321: IPPC-Behandlungsanlagen iS des AWG sind gem § 2 Abs 7 Z 3 AWG jene Teile ortsfester Behandlungsanlagen, in denen eine oder mehrere in Anhang 5 Teil 1 AWG genannten Tätigkeiten ausgeübt werden. Auch Anlagenteile, in denen mit den genannten Tätigkeiten unmittelbar verbundene, in einem technischen Zusammenhang stehendende umweltrelevante Tätigkeiten ausgeübt werden, sind erfasst. Anlagen zur stofflichen Verwertung von gefährlichen Abfällen sind demnach weitgehend, Anlagen zur stofflichen Verwertung nicht gefährlicher Abfälle gänzlich vom Kreis der IPPC-Behandlungsanlagen ausgenommen. Im Übrigen werden - wegen der niedrigen Kapazitätsschwellenwerte - faktisch die meisten Anlagen zur thermischen Verwertung gefährlicher Abfälle oder zur sonstigen Behandlung gefährlicher Abfälle auch als IPPC-Abfallbehandlungsanlagen zu qualifizieren sein; hinsichtlich Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle sind mittlere Verbrennungsanlagen, weiters kleine Anlagen zur sonstigen Behandlung nicht gefährlicher Abfällesowie mittlere Deponien mit Ausnahme von Bodenaushub- oder Baurestmassendeponien erfasst322. Mit Ausnahme der Lagerung am Entstehungsort gelten schließlich auch Anlagen zur Lagerung gefährlicher Abfälle als IPPC-Abfallbehandlungsanlagen.
Für IPPC-Behandlungsanlagen enthält das AWG verschiedene spezielle Regelungen. Hervorzuheben sind besondere Verfahrensvorschriften (insb betreffend Antragsunterlagen und Öffentlichkeitsbeteiligung)323, zusätzliche Genehmigungsvorschriften324 sowie die Pflicht zur Aktualisierung von Auflagen325. c) Genehmigungsvoraussetzungen für IPPC-Abfallbehandlungsanlagen Die speziellen Genehmigungsvoraussetzungen für IPPC-Anlagen sind in § 43 Abs 3 AWG festgelegt326. Als Neuerung sind insbesondere das umfassende Gebot zur Vorsorge gegen Umweltverschmutzungen327 durch dem Stand der Technik entsprechende Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen und die Verpflichtung zum effizienten Einsatz von Energie328 hervorzuheben. Bei der Festlegung von Schadstoff-Emissionsgrenzwerten nach dem Stand der Technik 321
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328
Vgl detailliert zum Kreis der erfassten Anlagen auch in Gegenüberstellung zu „gewöhnlichen“ Abfallbehandlungsanlagen bzw UVP-pflichtigen Anlagen: Hochholdinger, IPPC-Behandlungsanlagen und Deponien, in: Bergthaler/Wolfslehner, 133. Anh 1 Teil I Z 7 AWG (Kapazitätsschwelle: 25.000 Tonnen pro Jahr). § 39 Abs 3 AWG, § 40 AWG. § 43 Abs 3 AWG. § 57 AWG. Der Gesetzgeber hat das Verhältnis zu den übrigen anlagenrechtlichen Standards des AWG mit einer Subsidiaritätsklausel umschrieben. Der Begriff Umweltverschmutzung ist entsprechend den Richtlinienvorgaben (Art 2 Z 2 IPPC-RL) weit gefasst und schließt etwa auch die Freisetzung von Lärm mit ein und reicht insofern über das Gebot zur Schadstoffbegrenzung in § 43 Abs 1 Z 2 AWG hinaus. Hinzu kommt, dass die Emissionsbegrenzung wohl die wichtigste, jedoch nicht die einzige Vorsorgemaßnahme darstellt (arg: „insbesondere“). § 43 Abs 3 Z 2 AWG. Zur kompetenzrechtlichen Grundlage vgl oben FN 42. Das Gebot ist nicht auf Maßnahmen mit Emissionsrelevanz beschränkt.
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ist im Sinne des „integrierten Konzepts“ der IPPC-RL auf mögliche Belastungsverlagerungen zwischen Umweltmedien und auf ein „hohes Schutzniveau der Umwelt insgesamt“ Bedacht zu nehmen329. Maßstab für die Festlegung von Anforderungen an die gebotene Umweltvorsorge ist der „Stand der Technik“. Die Notwendigkeit, dabei ökonomische Erwägungen zum Verhältnis von Aufwand und Nutzen anzustellen, ist auch in den Genehmigungskriterien ausdrücklich hervorgehoben330; maßgeblich ist dabei jedoch nicht die wirtschaftliche Situation des einzelnen Betreibers, sondern eine „objektivierte“ Zumutbarkeit331. Die integrative Zielsetzung der IPPC-RL - ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt - ist bei der Standardfestlegung wegweisend; in Umsetzung der IPPC-RL (Anh IV) legt Anhang 4 zum AWG in diesem Zusammenhang überdies demonstrativ Aspekte dar, die von der Behörde bei der Standardfestlegung zu berücksichtigen sind332. Sofern bei der Genehmigung von IPPC-Abfallbehandlungsanlagen Verordnungen mit Festlegungen zur Umweltvorsorge (insb gemäß § 65Abs 1Z 1 AWG) anzuwenden sind, müssen auch diese generellen Standards dem integrativem Ansatz der Richtlinie Rechnung tragen333.
Die Ergebnisse der (grenzüberschreitenden) Öffentlichkeitsbeteiligung sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen334. Der obligatorische Inhalt des Genehmigungsbescheides wird für IPPC-Abfallbehandlungsanlagen auch durch § 47 Abs 3 AWG konkretisiert.
d) Zusätzliche Anforderungen an das Genehmigungsverfahren für IPPC-Behandlungsanlagen Die Anforderungen an den (Änderungs-)Genehmigungsantrag für eine IPPCAbfallbehandlungsanlagen gemäß § 43 Abs 3 AWG verpflichten den Antragsteller insbesondere zu Angaben über die Art und Menge der vorhersehba329 330 331
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§ 29b Abs 7 Z 1 AWG. § 43 Abs 3 Z 1 AWG: „alle geeigneten und wirtschaftlich verhältnismäßigen Vorsorgemaßnahmen ...“. Auch der IPPC-RL liegt mit der Bedachtnahme auf die durchschnittlichen branchentypischen Kosten-/Nutzenverhältnisse grundsätzlich kein individueller Maßstab zu Grunde. Zu den Faktoren zählen zB der Verbrauch an Rohstoffen sowie die Energieeffizienz (Z 8) oder die „Notwendigkeit die Gesamtwirkung der Emissionen und Gefahren für die Umwelt so weit wie möglich zu vermeiden oder zu verringern“ (Z 9). Auch der von der Kommission durch das Europäische IPPC-Büro in Sevilla organisierte Informationsaustausch über die besten verfügbaren Techniken ist zu berücksichtigen (Z 11). Vgl Art 9 Abs 8 IPPC-RL. Zu den Schutzgütern der Abfallwirtschaft (§ 1 Abs 3 AWG), die auch für die Erlassung von Verordnungen gem § 65 AWG maßgeblich sind, zählt jedenfalls der Schutz der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen von Tieren und Pflanzen und nicht bloß der Schutz eines einzelnen Umweltmediums bzw allein der Schutz der menschlichen Gesundheit. Inwieweit den den bestehenden Verordnungen tatsächlich ein vollständiges „integratives Konzept“ zu Grunde liegt, dh ob bei den verordneten Maßnahmen sämtliche möglichen „Verlagerungen“ von Umweltbelastungen unter Berücksichtigung der in Anh IV IPPC-RL genannten Aspekte in Rechnung gestellt wurden, bedürfte im Einzelnen einer näheren Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers. In Bezug auf die Festlegung von Emissionsgrenzwerten dürfen jedenfalls (auch bei der Standardfestsetzung im Einzelfall) die Grenzwerte der in Anh II IPPC-RL angeführten Richtlinien keinesfalls unterschritten werden.. § 43 Abs 3 Z 4 letzter Satz AWG.
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ren Emissionen und ihrer Auswirkungen sowie zu Angaben über Maßnahmen der Vermeidung und Überwachung von Emissionen335. Der Antrag ist vom Projektwerber mit einer allgemein verständlichen Zusammenfassung zu versehen und von der Behörde der Öffentlichkeit zur Stellungnahme für jedermann bekannt zu machen336. Für IPPC-Anlagen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen auf die Umwelt eines anderen Staates ist entsprechend den Richtlinienvorgaben ein Informations- und Konsultationsverfahren vorgesehen, das die grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung ermöglichen soll337. Die Erlassung eines Genehmigungsbescheids ist der Öffentlichkeit vom LH ebenfalls bekannt zu machen und der Bescheid unter Wahrung von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen zur Einsicht für jedermann aufzulegen338. e) Aktualisierung von Auflagen für eine IPPC-Abfallbehandlungsanlage Zu den wesentlichen umweltpolitischen Regelungsanliegen der IPPC-RL zählt es, Entwicklungen im Umweltschutz, insbesondere im Hinblick auf den technischen Fortschritt Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck sind die Genehmigungsauflagen von IPPC-Anlagen regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren, wenn sie der technischen Weiterentwicklung oder den sonst zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzung gebotenen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Zur Umsetzung dieser Vorgaben verpflichtet § 57 AWG die Inhaber von IPPC-Abfallbehandlungsanlagen innerhalb einer Frist von zehn Jahren wesentlichen Entwicklungen des Stands der Technik durch wirtschaftlich verhältnismäßigen Anpassungsmaßnahmen Rechnung zu tragen. Macht die Anpassung wesentliche Änderungen iSv § 2 Abs 8 Z 3 AWG erforderlich, ist dafür eine Genehmigung einzuholen. Eine Darstellung der technischen Entwicklung und der getroffenen Anpassungsmaßnahmen ist dem LH zu übermitteln. Stellt der LH fest, dass der Anlageninhaber Anpassungsmaßnahmen „nicht oder nicht ausreichend getroffen“ hat, sind „die entsprechenden Maßnahmen mit Bescheid anzuordnen“. Wenngleich die aktive Einbindung des Anlagenbetreibers in den Aktualisierungsprozess grundsätzlich nicht unzweckmäßig ist, stellt § 29d Abs 1 AWG insgesamt nicht hinreichend klar, dass die Behörde im Sinn der Richtlinienvorgaben, gegebenenfalls auch dann Aktualisierungsmaßnahmen anzuordnen hat, wenn der Inhaber dies nicht für erforderlich erachtet. Die Bestimmung erweckt den Eindruck, die Eingriffsbefugnis der Behörde sei allein von der grundsätzlichen Beurteilung der technischen Entwicklung durch den Anlageninhaber abhängig, den nur dann eine Mitteilungspflicht an die Behörde trifft, wenn er tatsächlich Anpassungsmaßnahmen getroffen hat. Nicht hinrei-
335
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Dabei ist der weite Emissionsbegriff der IPPC-RL (Art 2 Z 5 IPPC-RL) zugrunde zu legen, der nicht nur die Freisetzung von Stoffen sondern auch Erschütterungen, Wärme oder Lärm umfasst. § 40 Abs 1 AWG. Die Stellungnahmefrist beim LH beträgt sechs Wochen. § § 40 Abs 2 AWG, der Artikel 17 IPPC-RL umsetzt. Für Staaten, die nicht EWRVertragsparteien sind, gelten diese Regelungen nur nach Maßgabe der Gegenseitigkeit. § 40 Abs 1b AWG.
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chend klargelegt ist, dass die regelmäßige Überprüfungs- und Aktualisierungspflicht spätestens ab 31. 10. 2007 auch für Altanlagen maßgeblich ist339. In bestimmten Konstellationen, so zB bei gravierenden Umweltverschmutzungen durch die Anlage oder bei wesentlichen Änderungen des Stands der Technik, hat die Behörde - entsprechend den Richtlinienvorgaben - unabhängig vom Fristenlauf der periodischen Überprüfung - jedenfalls eine Überprüfung und Aktualisierung vorzunehmen340.
f) Altanlagen Inhaber von „bestehenden“ IPPC-Abfallbehandlungsanlagen (Altanlagen)341 haben ihre Anlagen bis spätestens 31. 10. 2007 an die Genehmigungsstandards für IPPC-Abfallbehandlungsanlagen anzupassen und dies dem LH anzuzeigen; sind die getroffenen Maßnahmen unzureichend, hat die Behörde die entsprechenden Maßnahmen mit Bescheid anzuordnen342. Wesentliche Änderungen an bestehenden IPPC-Abfallbehandlungsanlagen bedürfen seit 1. 9. 2000343 einer Genehmigung nach dem IPPC-Regime des AWG.
10. UVP-pflichtige Abfallbehandlungsanlagen Mit der Einführung der UVP in Österreich wurde auch für eine Reihe von Abfallbehandlungsanlagen das Genehmigungsregime des UVP-G344 maßgeblich. UVP-pflichtige Anlagenprojekte sind vor ihrer Genehmigung einer Prüfung auf ihre Umweltauswirkungen zu unterziehen, zu welcher Projektwerber insbesondere mit der Vorlage einer Umweltverträglichkeitserklärung beizutragen haben; die Genehmigung wird im Rahmen eines konzentrierten Genehmigungsverfahrens erteilt, dessen Konzentrationswirkung über § 38 AWG 2002 hinausreicht, da es alle sonst erforderlichen bundes- und landesrechtlichen Genehmigungen ohne Einschränkung einschließt. Die materiell-rechtlichen Genehmigungsvorschriften des § 43 AWG 2002 bzw der sonst maßgeblichen Bundes- und LandesGe werden von der UVP-Behörde mitangewendet. Die UVP-RL bezieht als Mindestvorgabe nur Anlagen zur Abfallbeseitigung in den Kreis der UVP-pflichtigen Vorhaben der Abfallwirtschaft ein345. Das UVP-G ver339 340 341
342 343 344 345
Vgl Art 5 IPPC-RL. Zur Anpassungspflicht für bestehende Anlagen vgl unten. § 57 Abs 2 AWG in Umsetzung von Art 13 Abs 2 IPPC-RL.. Als bestehende Anlagen gelten gemäß § 75 Abs 5 AWG jene IPPC-Abfallbehandlungsanlagen, die vor dem 31. 10. 1999 rechtskräftig genehmigt wurden341 oder für die zu diesem Zeitpunkt ein Genehmigungsverfahren anhängig war, das bis zum 31. 10. 2000 in erster Instanz abgeschlossen wurde. Vgl jedoch demgegenüber Art 2 Z 4 IPPC-RL, wonach eine solche Anlage nur dann als bestehende Anlagen gilt, sofern sie „spätestens ein Jahr nach dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie in Betrieb genommen wird“ (Hervorhebung nicht im Original) § 78 Abs 5 AWG. Zu diesem Zeitpunkt traten gem Art VIII Abs 12 Z 1 AWG 1990 die Bestimmungen für IPPC-Abfallbehandlungsanlagen in Kraft. Vgl zu diesen Genehmigungsvorgaben ausführlich den Beitrag „Umweltverträglichkeitsprüfung“ in diesem Band. Anh I Z 9 u10 UVP-RL bzw Anh II Z 11 b UVP-RL. Vgl aber auch die UVP-Pflicht für Abwasserbehandlungsanlagen (Anh I Z 13 bzw Anh II Z 11 lit c UVP-RL) bzw für Tierkörperbeseitigungsanlagen (Anh II Z 11 lit c UVP-RL) sowie die zahlreichen UVP-Tatbestände für Produktionsanlagen.
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stärkt diese Schutzvorgaben jedoch insofern, als lediglich Anlagen zur ausschließlich stofflichen Verwertung von gefährlichen346 oder nicht gefährlichen Abfällen347 gänzlich vom Katalog der UVP-pflichtigen Abfallwirtschaftsvorhaben ausgenommen sind. Im Übrigen unterwirft das UVP-G unter der Vorhabenkategorie „Abfallwirtschaft“ auf Grund fehlender Mengenschwellen sämtliche Anlagen zur thermischen oder chemischen Behandlung348 von gefährlichen Abfällen sowie Deponie für gefährliche Abfälle der UVP-Pflicht. Höhere Mengenschwellen349 sind für Anlagen zur (mechanisch-) biologischen oder physikalischen Behandlung gefährlicher Abfälle350 und für Massenabfall-, Reststoff- und Untertagedeponie351 sowie Baurestmassendeponien352 sowie für sonstige Anlagen zur Behandlung nicht gefährlicher Abfälle353 maßgeblich. Größere Lagerungen von Alt-Kraftfahrzeugen und Alteisen354 sind ebenso wie Anlagen zur Aufbereitung von Baurestmassen355 UVP-pflichtig. Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle356, Tierkörperverwertungsanlagen357 und Abwasserreinigungsanlagen358 sind - unter jeweils anderen Vorhabenkategorien - ebenfalls vom UVP-G erfasst.
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Anh 1 Sp 1 Z 1 lit c UVP-G. Anh 1 Sp 1 Z 2 lit c UVP-G. Ausgenommen sind auch Anlagen zur ausschließlich mechanischen Sortierung nicht gefährlicher Abfälle. Wie insb auch die Ausnahme für Anlagen zur ausschließlichen stofflichen Verwertung in Anh 1 Sp 1 Z 1 lit c bzw in Sp 2 Z 2 lit c UVP-G zeigt, sind unter dem Begriff „sonstige Anlagen zur Behandlung“ sowohl thermische Verwertungsanlagen, als auch (in der Terminologie des AWG) Anlagen zur thermischen Beseitigung zu subsumieren. Die Angabe eines Mindestschwellenwert ist im Lichte der UVP-RL folgendermaßen zu beurteilen: Die genannten Behandlungsvorgänge werden von der UVP-RL teilweise (Verbrennung, chemische Behandlung zur Beseitigung) ebenfalls erst mit einer Kapazität von 100 Tonnen pro Tag erfasst. Soweit es sich um Beseitigungsanlagen handelt ist im Übrigen Anh II (Z 11 lit b) maßgebend: Mengenschwellen sind demnach grundsätzlich zulässig, dürfen jedoch die Zielsetzungen der UVP-RL nicht unterlaufen. Vgl eingehend zur einschlägigen Rechtsprechung des EuGH im Beitrag zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Anh 1 Sp 1 Z 1 lit b UVP-G (Mindestkapazität: 20.000 Tonnen pro Jahr). Anh 1 Sp 1 Z 2 lit a UVP-G (Gesamtvolumen von mindestens 500.000 m3). Anh 1 Sp 2 Z 2 lit d UVP-G (Gesamtvolumen von mindestens 1,000.000 m3). Anh1 Sp 1 Z 2 lit c UVP-G (Mindestkapazität von 35.000 Tonnen pro Jahr bzw. 100 Tonnen pro Tag). Anh 1 Sp 2 Z 3 lit a UVP-G (Gesamtlagerkapazität von mindestens 10.000 Tonnen) bzw Anh 1 Sp 2 Z 3 lit b (Gesamtlagerkapazität von mindestens 30.000 Tonnen). In Wasserschutz- und Schongebieten sind Anlagen zur Lagerung von Alt-Kfz bereits ab 5.000 Tonnen Gesamtlagerkapazität nach Maßgabe einer Einzelfallprüfung UVPpflichtig. Die UVP findet in allen diesen Fällen im Rahmen eines vereinfachten UVP-Verfahren statt. Anh 1 Sp 2 Z 2 lit e (Kapazität von mindestens 200.000 Tonnen pro Jahr). An 1 Z 7 UVP-G (ordentliches UVP-Verfahren). Radioaktive Stoffe sind vom Anwendungsbereich des AWG augenommen (§ 3 Abs 4 AWG 2002). Anh 1 Sp 2 Z 82 UVP-G (vereinfachtes UVP-Verfahren). Kadaverkonfiskate, Schlachtabfälle und Abfälle aus der Fleischverarbeitung, die einer Ablieferungspflicht gemäß Tiermaterialiengesetz unterliegen, sind vom Anwendungsbereich des AWG ausgenommen (§ 3 Abs 1 Z 5 AWG 2002). Anh 1 Sp 2 Z 40 lit a und b UVP-G (vereinfachtes UVP-Verfahren). Stoffe, die in Übereinstimmung mit wasserrechtlichen Vorschriften eingebracht werden, sind vom AWG ausgenommen (§ 3 Abs 1 Z 1 AWG 2002).
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C. Mobile Anlagen Der Anlagenbegriff des AWG umfasst nunmehr ausdrücklich auch mobile Anlagen. Der Gesetzgeber versteht darunter Einrichtungen, die an verschiedenen Standorten vorübergehend betrieben und in denen Abfälle behandelt werden. Bewegliche Einrichtungen, die länger als sechs Monate an einem Standort betrieben werden gelten nicht als mobile Anlagen, sofern es sich nicht um Anlagen zur Sanierung von kontaminierten Standorten handelt. Für mobile Anlagen statuiert § 52 ausdrücklich einen Genehmigungs- bzw Anzeigevorbehalt359. Von der Genehmigungs-und Anzeigepflicht sind nur solche mobilen Anlagen erfasst, die in einer Verordnung gemäß § 65 Abs 3 AWG genannt sind, weil ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt mit den Auswirkungen einer ortsfesten Anlage vergleichbar sind. Von der aktuellen Verordnung360 sind zB Zerkleinerungsanlagen für Holzabfälle, Brechanlagen für bestimmte mineralische Baurestmassen oder mobile Anlagen zur (Mit-)verbrennung von Abfällen erfasst.
Genehmigungspflichtig ist die (erstmalige) Aufstellung und Inbetriebnahme361 bzw die wesentliche Änderung362 einer mobilen Anlage. Anzeigepflichtig sind die in § 37 Abs 4 AWG angeführten Änderungsmaßnahmen363. Als Genehmigungsvoraussetzungen sind die in § 43 Abs 1 Z 1 bis 6 AWG für ortsfeste Anlagen festgelegten abfallrechtlichen Genehmigungskriterien festgelegt. Dieser Verweis schließt auch die Genehmigungsvoraussetzungen der gemäß § 38 AWG mitanzuwenden Vorschriften mit ein und verdeutlicht, dass die Konzentrationswirkung auch für die Genehmigung mobiler Anlagen gilt364. Die Genehmigung, die erforderlichenfalls unter Auflagen, Bedingungen oder Befristungen zu erteilen ist, berechtigt den Inhaber, die mobile Anlage an einem nach der Genehmigung in Betracht kommenden Standorten bis zu sechs Monate aufzustellen und zu betreiben365. Die Behörde hat in der Genehmigung jedenfalls die grundsätzlichen Anforderungen an mögliche Standorte festzuschreiben366. Sind die genehmigungsrelevanten Interessen dann an einem konkreten Standort durch die Genehmigungsauflagen nicht hinreichend geschützt, 359 360 361
362 363 364
365
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Zur früheren Rechtslage und Praxis vgl Schmelz, in Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 328f. BGBl II 2002/472. Dass entgegen dem Wortlaut von § 52 Abs 1 nicht bereits die Innehabung einer mobilen Anlage genehmigungspflichtig ist, sondern die Genehmigung erst vorliegen muss bevor die Aufstellung und Inbetriebnahme geplant ist (in diesem Sinn auch Schmelz, in Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 331), verdeutlichen auch die einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmungen in § § 79 Abs 1 Z 12 AWG. Zum Begriff wesentliche Änderung vgl oben. Vgl dazu oben. AM Schmelz, in Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 334. § 38 AWG trifft in den Abs 3 und 6 im übrigen auch Anordnungen über die Berücksichtigung des Arbeitnehmerschutzes und für die Behördenzuständigkeit Für mobile Anlagen zur Standortsanierung ist eine längere Betriebsdauer zulässig, ohne dass diese Anlagen die Eigenschaft als mobile Anlage verlieren. Vgl § 2 Abs 7 Z 2 AWG u § 53 Abs 3 AWG. § 52 Abs 5 AWG. Der Genehmigungsantrag für die mobile Anlage hat ua bereits allgemeine Kriterien für die geplanten Aufstellungsorte zu enthalten (§ 52 Abs 2 AWG).
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hat die Behörde geeignete Maßnahmen vorzuschreiben oder, wenn dies nicht möglich ist, Aufstellung und Betrieb zu untersagen367. Im Genehmigungsverfahren haben neben dem Antragsteller, das Arbeitsinspektorat und der Umweltanwalt Parteistellung. Zuständige Behörde erster Instanz ist der Landeshauptmann jenes Bundeslandes, in dem der Antragsteller seinen Sitz hat oder - mangels Sitz im Inland - in dem die Anlage erstmals aufgestellt werden soll368.
D. Verwaltungsstrafbestimmungen § 79 WG enthält zahlreiche - auch anlagenrechtlich relevante - Verwaltungsstrafbestimmungen, die subsidiär zu gerichtlichen Strafbestimmungen oder strengeren Verwaltungsstrafbestimmungen zum Tragen kommen. So sind zB Errichtung, Betrieb oder Änderung von Abfallbehandlungsanlagen ohne die nach § 37 AWG erforderliche Genehmigung369, die Nichteinhaltung des Stands der Deponietechnik370, die Nichtanpassung von Altanlagen an eine Verordnung gem § 65 Abs 1 Z 2 AWG371 mit einer Geldstrafe bis zu 36 340 € bedroht. Für gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft Tätige ist dabei jeweils eine Mindeststrafe von 3 630 € vorgesehen. Der Gesetzgeber hat versucht, mit dieser Regelung den gleichheitsrechtlichen Bedenken Rechnung zu tragen, die den VfGH mit VfSlg 15785/2000 zur Aufhebung der Vorgängerbestimmung bewogen haben372. Tatsächlich hat der VfGH nahegelegt, dass es aus umweltpolitischen Erwägungen gerechtfertigt sein könnte, für Abfallunternehmer Mindeststrafen festzulegen. Er hat dabei auf das „dem Regelungsbereich zugrunde liegende Gefährdungpotential“ und auf die Möglichkeit der Überwälzung von Strafen hingewiesen. Kommt es allerdings für die Verhältnismäßigkeit einer Verwaltungsstrafbestimmung auch darauf an, dass der Behörde die Möglichkeit einer Abwägung im Einzelfall verbleibt, wie dies VfSlg 15772/2000 nahelegt, so ist auch die nunmehr getroffene Regelung verfassungswidrig373.
III. Landesabfallrecht A. Anwendungsbereich Der Bundesgesetzgeber hat mit dem AWG 2002 seine im Hinblick auf nicht gefährliche Abfälle bestehende Bedarfskompetenz umfassend in Anspruch genommen und damit in Bereiche eingegriffen, die bisher der Regelungskompetenz der Länder unterlagen. Dies gilt insbesondere für den Bereich des abfallrechtlichen Anlagenrechts; die diesbezüglichen landesrechtlichen Vorschrif367 368 369 370 371 372 373
§ 53 Abs 2 AWG. § 38 Abs 6 Satz 2 AWG. § 79 Abs 1 Z 9 AWG. § 79 Abs 1 Z 15 AWG. § 79 Abs 1 Z 19 AWG. Ausführlich und kritisch dazu die Entscheidungsbesprechung von Kneihs, ÖZW 2001, Zu undifferenziert insofern die Bedenken von List, in Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 482.
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ten sind nicht mehr anwendbar374. Diese Vereinheitlichung des Anlagenrechts im AWG 2002 wurde als notwendig erachtet, um einheitliche Genehmigungsstandards, einen Abbau der Rechtskomplexität und bestmögliche EUKonformität sicherzustellen.375 Der überwiegende Teil der AbfallGe der Länder wurde bereits an das AWG 2002 angepasst; die anlagenbezogenen Bestimmungen wurden gestrichen.376 Hinsichtlich einiger Landesgesetze ist eine entsprechende Anpassung noch nicht erfolgt377.
B. Planungsakte der Länder Die Vorschriften zur überörtlichen Planung der Abfallbehandlung gestalten sich in den Ländern unterschiedlich378 Die jeweiligen verordnungsförmigen „parzellenscharfen“ Standortfestlegungen sind im Burgenland, in Kärnten, Oberösterreich und Tirol379 im Flächenwidmungsplan als überörtlicher Planungsakt ersichtlich zu machen; in Vorarlberg sind die ausgewiesenen Grundstücke hingegen im Flächenwidmungsplan als Vorbehaltsflächen zu widmen; 380 in Salzburg kommt der Standortfestlegung schließlich die Wirkung eines Entwicklungsprogramms zu.381 Mit dem Wegfall landesabfallrechtlicher Genehmigungsvorbehalte ist die Sicherstellung der Verbindlichkeit der jeweiligen Standortausweisungen ungeklärt.382
C. Öffentliche Verpflichtung zur Bereitstellung von Abfallbehandlungsanlagen Bis auf Niederösterreich und Wien sieht jedes Land Verpflichtungen der öffentlichen Hand vor, geeignete Abfallbehandlungsanlagen zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtungen treffen die jeweiligen Abfallverbände, das Land oder die Gemeinden, welche sich zu deren Erfüllung auch Dritter bedienen können.383 Vor allem zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Behandlung von Hausmüll werden in den meisten Ländern Entsorgungsbereiche festgelegt, welche den Anlagen die Zulieferung bestimmter Abfälle sichern. Das S-AWG 374 375 376 377 378
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383
Vgl oben Kap. I.B.1.b. 984 BlgNR 21.GP. K-AWO, S-AWG, T-AWG, V-AWG, St-AWG, NÖ-AWG. B-AWG, OÖ-AWG, W-AWG. Ausführlich auf dem Boden der früheren Rechtslage Rill, Raumverträglichkeitsprüfung 1993, 32, 68, der die AbfallwirtschaftsGe von Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark und Tirol untersuchte. § 7 Abs 6 B-AWG; § 36 Abs 5 K-AWO; § 21 Abs 5 OÖ-AWG; § 5 Abs 6 TirAWG. § 13 Abs 2 V-AWG iVm § 20 Vbg RaumplanungsG. § 16 Abs 7 S-AWG iVm § 6 Sbg RaumordnungsG 1998. Vgl dazu oben II. B. 3. Zur Relevanz einer StandortV nach der K-AWO im konzentrierten Genehmigungsverfahren nach der alten Rechtslage vgl VfSl 17389/2004 zur Standortbestimmung der Behandlungsanlage Arnoldstein. Zur Konzeption der Übertragung dieser Verpflichtung durch zivilrechtlichen Vertrag im Tir-AWG: VfGH 1.12. 2005, V81/05-6. Vgl RdU 2006/65 mit Anm Schulev-Steindl.
Abfallbehandlungsanlagen
943
und das OÖ-AWG enthalten Bestimmungen, die eine Behandlung bzw Lagerung von außerhalb des betreffenden Bundeslands angefallenen Abfällen grundsätzlich untersagen384. Derartige Regelungen werfen verfassungsrechtliche Bedenken insbesondere im Hinblick auf das Gebot der Wirtschaftsgebietseinheit gemäß Art 4 B-VG und die Erwerbsausübungsfreiheit auf. Der VfGH hat allerdings die Regelung im OÖ-AWG jüngst letztlich als sachlich gerechtfertigt qualifiziert385.
384 385
§ 7 S-AWG bzw § 33 OÖ-AWG. VfGH 3.3. 2006, G 144/05. Eine wesentliche Rolle bei der Rechtfertigung kam dabei dem im OÖ-AWG ausdrücklich verankerten umweltpolitischen Prinzip der Nähe zu.
Verena Madner
Anlagenrelevantes Umweltrecht Naturschutzrecht Rechtsgrundlagen ...........................................................................................945 Grundlegende Literatur...................................................................................946 I. Grundlagen ................................................................................................946 A. Allgemeines............................................................................................946 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................947 1. Grundlagen für Regelungen der Gemeinschaft .................................947 2. Innerstaatliche Regelungszuständigkeit ............................................948 C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen..................952 1. Das internationale Naturschutzrecht .................................................952 2. Überblick über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben...................953 II. Das anlagenrelevante Naturschutzrecht im Überblick.........................955 A. Allgemeiner Landschaftsschutz .............................................................955 B. Gebietsschutz .........................................................................................955 C. Geschützte Naturgebilde .......................................................................958 III. Ausgewählte Genehmigungsregime......................................................958 A. Bewilligungs- und Anzeigepflichten nach dem allgemeinen Landschaftsschutz..................................................................................958 B. Zulassungskriterien ...............................................................................960 1. Nichtbeeinträchtigung von Naturschutzinteressen ............................960 2. Immissionsschutz ..............................................................................961 3. Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan ...........................961 4. Interessenabwägung ..........................................................................961 5. Ersatzleistungen, Ausgleichsmaßnahmen .........................................964 C. Europaschutzgebiete .............................................................................964 1. Auswahl und Festlegung der Schutzgebiete......................................964 2. Verträglichkeitsprüfung ....................................................................966 3. Schutzerfordernisse für nicht ausgewiesene Natura 2000-Gebiete? .968 4. Unmittelbare Wirkung des Natura 2000-Schutzregimes...................970 D. Parteistellung, Behördenzuständigkeit..................................................971 E. Strafbestimmungen und naturschutzpolizeiliche Maßnahmen ..............972 F. Naturschutzabgabe ................................................................................973 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht: RL 79/409/EWG (Abl L 103/1) idF RL 97/49/EG (Abl L 223/9) VogelschutzRL; RL 92/43/EWG (Abl L 206/7) idF RL 97/62/EG (Abl L 305/42) Fauna-Flora-Habitat-RL; V 338/97/EG (Abl L 61/1) idF 1332/2005(Abl L 215?) - ArtenhandelsV (CITES-V).
Madner
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Innerstaatliches Recht: Burgenländisches Naturschutz- und LandschaftspflegeG - Bgld NSchG (LGBl 1991/27 idF LGBl 2004/58); Kärntner NaturschutzG 2002- Krnt NSchG (LGBl 79/2002 idF LGBl 2005/103); Niederösterreichisches NaturschutzG 2000 - NÖ NSchG (5500-); Oberösterreichisches Natur- und LandschaftsschutzG 2001 - OÖ NSchG (LGBl 2001/129 idF LGBl 2005/61); Salzburger NaturschutzG 1999 - Sbg NSchG (LGBl 1999/73 idF LGBl 2005/58); Steiermärkisches NaturschutzG 1976 Stmk NSchG (LGBl 1976/65 idF LGBl 2005/84); Tiroler NaturschutzG 2005 Tir NSchG (LGBl 2005/26 ; Vorarlberger Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung - Vlbg NSchG (LGBl 1997/22 idFLGBl 2002/38); Wiener NaturschutzG - Wr NSchG (LGBl 1998/45 idF LGBl 2006/12). Burgenländisches NationalparkG Neusiedlersee Seewinkel (LGBl 1993/28 idF LGBl 1999/31); Kärntner NationalparkG (LGBl 1983/55 idFLGBl 2002/57); Niederösterreichisches NationalparkG (LGBl 5505/3-0); Oberösterreichisches NationalparkG (LGBl 1997/20 idF LGBl 2001/160); Salzburger NationalparkG Hohe Tauern (LGBl 1983/106 idF LGBl 2005/58); Tiroler NationalparkG Hohe Tauern (LGBl 1991/103); Wiener NationalparkG (LGBl 1996/37 idF LGBl 2006/18).
Grundlegende Literatur: Bußjäger, Die Naturschutzkompetenzen der Länder, 1995; Ennöckl, Natura 2000 (2001); Gellermann, Biotop- und Artenschutz, in: Rengeling (Hrsg), Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht, 2005, Bd II, § 79; Gellermann, Natura 20002( 2003); Hattenberger, Die naturschutzrechtliche Bewilligung, in: Potacs (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Naturschutzrecht, 1999, 61; Kment (Bearb), Naturschutzrechtliche Festlegungen in Österreich, in: ÖROK (Hrsg), Schriftenreihe Nr. 135, 2003; Liehr/Stöberl, Einführung zu den Naturschutzgesetzen, in: Svoboda/Dyens (Hrsg), Rechtsvorschriften zu Umweltschutz und Raumordnung, Loseblatt, 1986; Liehr/Stöberl, Kommentar zum NÖ Naturschutzgesetz, 1986; Madner, Naturschutz und Europarecht, in: Potacs (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Naturschutzrecht, 1999, 17; Randl, Naturschutzrecht, in: N.Raschauer/Wessely (Hrsg), Umweltrecht (2006); Raschauer, Naturschutzrecht und Verfassung, in: Potacs (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Naturschutzrecht, 1999, 1; Sturm, Naturschutzrechtliche Planung, in: Potacs (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Naturschutzrecht, 2000, 105; Weber, Stand und Entwicklung des österreichischen Naturschutzrechts, JBl 2000, 701; Zanini/Reithmayer (Hrsg) Natura 2000 (2004)
I. Grundlagen A. Allgemeines Abgesehen von vereinzelten durch Naturschutzinteressen motivierten Regelungen Ende des 19. Jahrhunderts, wurden Naturschutzanliegen mit der Erlassung der ersten Naturschutzgesetze in den 1920er Jahren erstmals umfassender und systematischer verfolgt1. Der Naturschutz hat sich dabei im Lauf der Entwicklung vom ausschließlich punktuellen Schutz einzelner bedrohter Pflanzen- und Tierarten oder „Naturdenkmale“ und „idealer“ Landschaften zu einem, zunehmend auch umfassenden, flächenbezogenen Schutzregime weiterentwickelt2, dass den ökologischen Wirkungszusammenhängen Rechnung zu tragen sucht. 1
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Das erste Naturschutzgesetz wurde in Niederösterreich LGBl 1924/30 erlassen. Vgl dazu sowie allgemein zur historischen Entwicklung näher Melichar, Naturschutz in Österreich, FS Merkl (1970) 257. Vgl Bußjäger, 9ff; Kment, 7ff.
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Folgende typische Regelungsbereiche der Naturschutzgesetze der Länder können derzeit unterschieden werden3: Regelungen für bestimmte, räumliche abgegrenzte, besonders schutzwürdige Gebiete bzw einzelne schutzwürdige Naturgebilde; Regelungen betreffend den allgemeinen Schutz der Landschaft außerhalb besonders geschützter Gebiete (allgemeiner Landschaftsschutz) sowie gebietsunabhängige Regelungen zum Schutz von wildwachsenden Pflanzen und freilebenden Tieren (allgemeiner Tier und Pflanzenschutz). Die Instrumente des Naturschutzrechts sind vielfältig4. Neben den klassischen Mitteln der Eingriffsverwaltung, insbesondere in Form von Eingriffsverboten und Bewilligungsvorbehalten enthalten die Naturschutzgesetze, insbesondere mit den Bestimmungen über die Schutzgebietsausweisung, auch planungsrechtliche Vorschriften5. Zunehmende praktische Bedeutung erlangt der sog Vertragsnaturschutz, der durch privatrechtliche Vereinbarungen die Erhaltung und Pflege ökologisch wertvoller Gebiete zu fördern sucht6. Vereinzelt sehen die Gesetzgeber auch die Erhebung einer Naturschutzabgabe vor7. Für das Anlagenrecht sind insbesondere die Bewilligungs- und Anzeigepflichten des allgemeinen Landschaftsschutzes von Bedeutung, die in den Naturschutzgesetzen für zahlreiche Eingriffe außerhalb besonders geschützter Gebiete festgelegt werden und die beeinträchtigende Eingriffe nur nach Maßgabe einer Interessenabwägung zulassen. Anlagenrelevante Verbote und Erlaubnisvorbehalte bestehen aber auch in besonders geschützten Gebieten; das europäische Naturschutzrecht liefert hier mit der Etablierung des europäischen Biotopverbundsystems „Natura 2000“ zusätzliche Impulse und Vorgaben8. Die naturschutzrechtliche Genehmigungspflicht tritt kumulativ zu sonstigen bundes- und landesrechtlich angeordneten Bewilligungsvorbehalten. Durch die Judikatur ist, zuletzt im Hinblick auf Eisenbahnvorhaben des Bundes, klargelegt, dass nicht allein gewerbliche Betriebsanlagen sondern insbesondere auch Verkehrsinfrastrukturvorhaben vom Naturschutzrecht erfasst werden können.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Grundlagen für Regelungen der Gemeinschaft Bis zur Einführung eines eigenen Umwelttitels in den EG-V im Jahr 1987 wurde die „Annexkompetenz“ des Art 235 EG-V als Grundlage für Rechtsakte der Gemeinschaft im Bereich Naturschutz herangezogen. Seither dient Art 175 EG-V (ex Art 130s EG-V) als einschlägige Kompetenzgrundlage. Schutzver3
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Im Rahmen dieses Beitrags ist keine nähere, systematische Darstellung des gesamten Naturschutzrechts angestrebt, es sind vielmehr die für die Anlagenzulassung relevanten Regelungen hervorzuheben. Für einen Überblick über das Naturschutzrecht vgl insb Liehr/Stöberl, Einführung sowie weiters Jahnel, Naturschutzrecht, in: Bachmann ua (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht3 (2000) 357; Randl, Naturschutzrecht, in: Raschauer/Wessely, Umweltrecht (2006) Vgl zB den Überblick bei Weber, 702ff. Zur Planung im Naturschutzrecht vgl Sturm, 105. Ausdrückliche Regelungen dazu enthalten zB § 22 NÖ NSchG oder § 9 Vlbg NSchG. Vgl näher zum Gestaltungsmittel Vertragsnaturschutz zB Sturm, 118ff. Vgl dazu unten III. F. Vgl dazu unten I. C. 2.
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stärkende Maßnahmen der Mitgliedstaaten sind gem Art 176 EG-V (ex Art 130t) zulässig9. Das anlagenrelevante Naturschutzrecht der Gemeinschaft beruht im wesentlichen auf Richtlinien; die Vollziehung erfolgt daher als mittelbarer Vollzug und zwar - nach Maßgabe der innerstaatlichen Kompetenzverteilung - im wesentlichen durch die Länder. Mit der Kompetenzzuweisung für den Sachbereich Umweltschutz wurde der Gemeinschaft mit Art 174 Abs 4 UAbs 1 (ex Art 130r Abs 4 UAbs 1) ausdrücklich auch die Befugnis zum Abschluss von internationalen Abkommen in diesem Bereich eröffnet10.
2. Innerstaatliche Regelungszuständigkeit a) Bundesstaatliche Kompetenzverteilung Der „Naturschutz“ wird durch die Bundesverfassung nicht ausdrücklich in die Zuständigkeit des Bundes verwiesen. Die Regelung des Naturschutzes zählt daher zu jenem Kompetenzbereich, der auf Grund der Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Ländersache ist. Als Teil der den Ländern verbleibenden Generalkompetenz, ist der Naturschutz in der Verfassung nicht ausdrücklich als Regelungseinheit bezeichnet und insoweit nicht durch versteinernde Auslegung zu ermitteln11; was begrifflich als Angelegenheit „Naturschutz“ erfasst wird, illustriert daher zunächst der traditionelle Regelungsgehalt der Landesgesetzgebung. Dem Naturschutz zugezählt werden demnach Maßnahmen zum Schutz wildwachsender Pflanzen und freilebender Tiere einschließlich ihrer Entwicklungsgrundlagen sowie der Schutz von Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft.
Dem „Naturschutz“ stehen eine Reihe, insbesondere umweltschutz- und bodennutzungsspezifische Kompetenzen des Bundes gegenüber12. Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben in etlichen Erkenntnissen zum Verhältnis der Naturschutzkompetenz zu Bundeskompetenzen Stellung genommen und dabei unter Bezugnahme auf die sog Gesichtspunktetheorie wiederholt Regelungszuständigkeiten der Länder bejaht13. Der VfGH hat im Erkenntnis
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Vgl dazu allgemein zB Jarass, Verstärkter Umweltschutz der Mitgliedstaaten nach Art. 176 EG, NVwZ 2000, 529. Näher dazu, insb auch zum Umfang der konkurrierenden Zuständigkeit der Mitgliedstaaten: Heintschel von Heinegg, EG im Verhältnis zu internationalen Organisationen und Einrichtungen, in: Rengeling (Hrsg), Handbuch des deutschen und europäischen Umweltrechts, 1998, § 22 Rz 39ff. Vgl allerdings die Übertragung der Zuständigkeit betreffend Naturhöhlen durch Art IX B-VG-Nov BGBl 1974/444. Ausführlich dazu Liehr/Stöberl, Einführung, 8ff; dieselben, Kommentar, 17ff; Bußjäger, 48ff. Vgl zB VfSlg 4273/1962 (naturschutzrechtliches Verbot des Befahrens des Neusiedler Sees); VfSlg 4680/1964 (Denkmalschutz); VfSlg 7516/1975 (naturschutzrechtliche Beschränkung der Luftfahrt im Falle eines Fesselballons); VfSlg 14178/1995 (Überflugverbot im Nationalpark); VfSlg 1721/2004 (naturschutzrechtliche Bewilligung für Verkehrsanlagen); Vgl auch aus der Rechtsprechung des VwGH zB VwGH 9. 3. 1998, 92/10/0437 (Bergwesen); VwGH 26. 6. 1995, 93/10/0239 (Eisenbahnwesen). Vgl weiters auch die Rechtsprechungsübersicht bei Mayer, Kommentar zum B-VG2,1997, Art 15 B-VG, 92. Kritisch zur Entwicklung der Judikatur und ablehnend gegenüber einer Naturschutzkompetenz der Länder in Bezug auf militärische Anlagen, Verkehrs- oder Bergbauanlagen, Rill, Kommentar zum B-VG,
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zum Semmering-Basistunnel14 dargelegt, dass der „Eisenbahn- Kompetenztatbestand“ im Lichte des Versteinerungsmaterials und unter Bedachtnahme auf eine intrasystematische Fortentwicklung keinen Ansatzpunkt für naturschutzrechtliche Regelungen bietet und damit unter Naturschutzgesichtspunkten Raum für eine landesgesetzliche Regelung bleibt15. Das Semmering-Erkenntnis kann im Lichte der bisherigen Rechtsprechung als Bestätigung dafür angesehen werden, dass der Landesgesetzgeber im Naturschutzrecht die verschiedensten Arten von Anlagen und insbesondere auch solche, die nicht der Baurechtskompetenz der Länder unterliegen, als naturschutzrechtlich relevante „Gefahrenquelle“ erfassen kann16. Nicht alle Länder haben davon in vollem Umfang Gebrauch gemacht17. Zugleich darf nicht übersehen werden, dass die Naturschutzkompetenz der Länder - unbeschadet der Zulässigkeit der bloßen Mitberücksichtigung kompetenzfremder Gesichtspunkte18 - eben nur Gesichtspunkte des Naturschutzes erfasst. Bundeskompetenzen können daher nach Maßgabe ihrer versteinernden Auslegung einer naturschutzrechtlichen Regelung entgegenstehen: So können zB auch gewerbliche Betriebsanlagen unter Naturschutzgesichtspunkten einem landesrechtlichen Genehmigungsvorbehalt unterworfen werden; nachbarrechtlicher Schutz vor Immissionen aus gewerblichen Betriebsanlagen ist jedoch Teil der Gewerberechtskompetenz und der Regelungsbefugnis der Länder entzogen19. Eine nähere Abgrenzung bundesrechtlicher Regelungsgesichtspunkte ist weiters insbesondere dort geboten, wo Teile der Natur - wie der Wald oder die Gewässer - auch Schutzgegenstand von Bundeskompetenzen sind20. Die „Außenkompetenz“ des Bundes gem Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG umfasst unbeschadet der Kompetenz der Länder zum Abschluss von Länderstaatsver-
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38f, in: Svoboda/Dyens (Hrsg) Handbuch für Umweltschutz und Raumordnung, Loseblatt, 1977. VfSlg 13369/1999. Die aus dem Versteinerungsmaterial ersichtliche bloße Bedachtnahme (auch) auf naturschutzrechtlicher Interessen ändert daran nichts. Vgl insb Pkt 1.3.3 des Erkenntnisses. Vgl demgegenüber die Position von Mayer, Die Kompetenzen des Bundes zur Regelung des Eisenbahnwesens, ÖJZ 1996, 292. Vgl in diesem Sinn Raschauer, 6ff; Bußjäger, Verfassungsrechtliche Fragen der Anwendung des Naturschutzrechtes der Länder auf Verkehrsprojekte, RdU 2000, 83 (86). Vgl dazu unten III. A. Vgl allgemein dazu B. Davy, Gefahrenabwehr im Anlagenrecht, 1990, 172f. Zur Zulässigkeit der Berücksichtigung von im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehenden raumordnungsrechtlichen Bestimmungen bei der Erteilung naturschutzbehördlicher Bewilligungen vgl unten. Vgl VwGH 7. 9. 1998, 98/10/0289 zum Krnt NSchG.. In diesem Sinn ist die Aussage des VfGH im Semmering-Erkenntnis zu verstehen, wonach „der Schutz der Natur in Teilbereichen Inhalt einer Bundeskompetenz ist, wie etwa im Forstwesen oder auf dem Gebiet des Wasserrechts“. So zutreffend auch näher Raschauer, 7f, der unter Hinweis auf die „Bewirtschaftungskomponente“ der genannten Bundeskompetenzen keine aktuellen Kompetenzwidrigkeiten im Naturschutzrecht ortet. Keinesfalls ist der Hinweis des VfGH als generelle Absage an naturschutzrechtliche Genehmigungsvorbehalte für forstliche Anlagen oder Wassernutzungsanlagen zu verstehen. Vgl näher dazu auch Bußjäger, 50ff, 84ff.
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trägen21 - auch die Zuständigkeit zum Abschluss von Staatsverträgen in Angelegenheiten des Naturschutzes. Die Durchführung dieser Verträge obliegt nach Maßgabe der innerstaatlichen Kompetenzverteilung im wesentlichen den Ländern22. Die Regelung von Enteignungen in Angelegenheiten des Naturschutzes fällt gem Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG in die Zuständigkeit der Länder. Enteignungen für landschaftspflegerische Maßnahmen im Zuge des Bundesstraßenbaus, die der Erfüllung naturschutzrechtlicher Auflagen dienen, können aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht auf der Grundlage der bundesstrassenrechtlichen Enteignungsbestimmungen verwirklicht werden23.
b) Berücksichtigung Das „Gesichtspunkteprinzip“ hat zur Folge, dass für die Errichtung von Anlagen vielfach kumulativ Bewilligungen nach dem Bundes- und Landesrecht erforderlich sind. Wie der VfGH zuletzt im „Semmering-Erkenntnis“ ausgeführt hat, ist der rechtspolitische Gestaltungsspielraum von Bund und Ländern jedoch durch ein Berücksichtigungsgebot begrenzt, das es verbietet, Interessen, die von der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft wahrzunehmen sind, zu unterlaufen24. In Bezug auf den Naturschutz leitet der VfGH daraus eine Verpflichtung des Landesgesetzgebers25 ab, im Hinblick auf, nicht vermeidbare Eingriffe in Naturschutzinteressen, zumindest26 eine Interessenabwägung zu ermöglichen, die eine Berücksichtigung der „den Eingriff bewirkenden“ kompetenzfremden Interessen zulässt27.
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Zur Befugnis der Länder gem Art 16 Abs 1 B-VG mit angrenzenden Staaten oder deren Teilstaaten“ in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs Verträge abzuschließen vgl näher Hammer, Länderstaatsverträge, 1992. Zur Kompetenzverteilung in dieser Hinsicht und zum Überwachungsrecht des Bundes für die Durchführung von Staatsverträgen vgl näher Pernthaler/Ebensperger, Die rechtlichen Auswirkungen völkerrechtlicher Abkommen und Normen der Europäischen Union auf die Kompetenzverteilung und Vollziehung des Naturschutzrechts, 1999, 19ff sowie im Überblick Gamper, Grenzenloser Naturschutz in internationaler, supranationaler und nationaler Dimension, JAP 1999/2000, 6. VfSlg 13369/1999. Vgl zum Ausgangspunkt dieser Überlegungen VfSlg 10929/1984 - „JagdrechtForstrecht“. Aus der umfangreichen Literatur zu diesem Erkenntnis vgl - auch im Hinblick auf Naturschutzinteressen - U. Davy, Zur Bedeutung des bundesstaatlichen Rücksichtnahmegebotes für Normenkonflikte, ÖJZ 1986, 225 (298). Der vom VfGH grundsätzlich anerkannten korrespondierenden Berücksichtigungspflicht des Bundes wurde im Semmering-Erkenntnis letztlich in Bezug auf das Eisenbahnrecht nicht näher nachgegangen. Kritisch insoweit Raschauer, 12f; Weber, Entscheidungsanmerkung, ÖZW 1999, 117 (120). Zur grundsätzlichen Parität von Bundes- und Landesinteressen und zur Bedeutung der Berücksichtigungsprinzips auf der Ebene genereller Planungen Bußjäger (FN 16), 89. Zu weitergehenden Beschränkungen der Landesgesetzgeber durch tatbestandliche Anknüpfung an das Raumordnungsrecht bzw durch „Beeinträchtigungsverbote“ vgl unten III. A. Pkt 1.4.2 des Semmering-Erkenntnisses. Eben diese Interessenabwägung ließ das NÖ NSchG in der vom VfGH geprüften Fassung nicht zu. Vgl nunmehr § 4 Abs 1 NÖ NSchG. Vgl zur Interessenabwägung in den Naturschutzgesetzen unten III. B. 4.
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Das Maß der verfassungsrechtlich gebotenen Rücksichtnahme werde dabei vom Gewicht der betroffenen öffentlichen Interessen bestimmt28. Die kompetenzrechtlichen Abgrenzungsschwierigkeiten verlagern sich damit auf die Ermittlung der berücksichtigungsrelevanten öffentlichen Interessen29 und ihre Gewichtung. Naturschutzinteressen von „außergewöhnlicher Dimension“30 billigt der VfGH allerdings die Eignung zu, selbst das gesamtwirtschaftlich bedeutsame Interesse an einem leistungsfähigen Eisenbahn- und Straßennetz zu überwinden31.
c) Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde Die Regelungsanliegen des Naturschutzes sind primär von gesamtstaatlichem, überörtlichem Interesse32, wenngleich der VfGH ausgesprochen hat, dass der Bereich des örtlichen Natur- und Landschaftsschutz in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt33. Für die Ausweisung von naturschutzrechtlich relevanten Schutzgebieten und die Erteilung naturschutzrechtlicher Bewilligungen für schutzgebietsrelevante Eingriffe wird dementsprechend nach den Naturschutzgesetzen grundsätzlich keine Zuständigkeit der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich vorgesehen34. Die in den Bauordnungen normierte Prüfung der Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes im Zusammenhang mit Bauwerken, wird jedoch der örtlichen Baupolizei und damit dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugeordnet35. Den Gemeinden werden in naturschutzbehördlichen Verfahren vielfach Anhörungsrechte und Parteistellungen zur Wahrnehmung im eigenen Wirkungsbereich eingeräumt36. Die Berücksichtigung raumplanerischer Gesichtspunkte bei der Erteilung von Bewilligungen durch die Naturschutzbehörde ist grundsätzlich zulässig. Es 28 29 30 31
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Pkt 1.4.1 des Erkenntnisses. Vgl dazu die Auseinandersetzung bei Raschauer, 12; Bußjäger (FN 16), 87ff. Kritisch zu den dabei vom VfGH in Bezug genommenen konkreten Beispielen Raschauer, 13. Pkt 1.5.2 des Erkenntnisses. Auf die Möglichkeit einer Interessenabwägung ausschließlich im Rahmen des Verfahrens zur Ausweisung eines Schutzgebiets hat der VfGH nicht ausdrücklich Bezug genommen. Vgl demgegenüber die Äußerungen der Vorarlberger bzw der Tiroler LReg im Verfahren. Jedenfalls in Bezug auf die Regelungen betreffend Eingriffe in Landschaftsschutzgebiete hat der VfGH das Fehlen einer Interessenabwägung im Genehmigungsverfahren nach dem NÖ NSchG (§ 6 Abs 4 idF vor der Nov LGBl 5500-5) als unzureichend iS des Berücksichtigungsgebots qualifiziert. Für die Zulässigkeit der Berücksichtigung kompetenzfremder Interessen im Verfahren zur Erlassung einer Naturschutzgebietsverordnung, Bußjäger (FN 16), 89. Vgl VfSlg 8150/1977. Vgl auch Raschauer, 4f. VfSlg 6186/1970; VfSlg 8944/1980. Für eine Zuständigkeit der Gemeinde bei primär landschaftsästhetisch (und nicht vorrangig ökologisch) motivierten Unterschutzstellungen kleinräumiger Schutzobjekte Raschauer, 4f. Vgl allerdings die in § 10 Sbg NSchG vorgesehene Schutzkategorie „Geschützte Naturgebilde von örtlicher Bedeutung“, vgl weiters § 29 Vlbg NSchG sowie die Zuständigkeit der Gemeinde im Bereich des Baumschutzes. VfSlg 8944/1980. Die Möglichkeit der Bedachtnahme auf das Landschaftsbild im Zusammenhang mit Bauwerken ist dabei auf jenen Bereich beschränkt, der in einer Wechselwirkung mit dem Ortsbild steht. Vgl dazu Liehr/Stöberl, Einführung, 14f; Bußjäger, 131ff. Vgl dazu unten III. D.
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verstößt nach der Judikatur des VfGH37 nicht gegen das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde, wenn die Naturschutzbehörde im Sinne einer Vorfrage zu beurteilen hat, ob das von ihr zu genehmigende Projekt dem Flächenwidmungsplan widerspricht.
§ 20 Bgld RaumplanungsG38, der dem Flächenwidmungsplan die Wirkung verleiht, dass Bewilligungen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur unter der Voraussetzung zulässig sind, dass sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen wurde vom VfGH insofern als verfassungskonform qualifiziert. Demgegenüber wurden Regelungen in den Naturschutzgesetzen von Burgenland und Oberösterreich als verfassungswidrig aufgehoben, da sie nach Ansicht des VfGH39 der Naturschutzbehörde die Entscheidung über die Raumordnungskonformität der Bebauung nicht bloß als Vorfrage übertrugen. Der Kärntner Gesetzgeber hat eine dem § 20 Bgld RaumplanungsG entsprechende Regelung „vorauseilend“ aufgehoben40.
C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 1. Das internationale Naturschutzrecht Neben den, für die Zulassung von Anlagen nicht relevanten internationalen Aktivitäten zur Beschränkung des Handels mit wildlebenden Tieren und Pflanzen41, sind seit 1970 eine Reihe von völkerrechtlichen Verträgen entstanden, die Maßnahmen zur Erhaltung des Lebensraums gefährdeter Arten vorsehen. Zu nennen sind insbesondere42 das Ramsar-Übereinkommen, das der Erhaltung der Feuchtgebiete gilt43 sowie das Berner Übereinkommen zur Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und ihrer Lebensräume44. Einen umfassenderen Umweltschutzansatz verfolgt das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt45, das neben der globalen Bewahrung biologischer Vielfalt, auf die nachhaltige Nutzung und die gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung der genetischen Ressourcen abzielt. Die genannten Abkommen wurden in Österreich jeweils unter Gesetzesvorbehalt genehmigt. Maßnahmen zu einem umfassenden Natur- und Umweltschutz verfolgt auf regionaler Ebene die zwischen den Alpenländern abgeschlossene und durch Durchführungsprotokolle auszufüllende Alpenkonvention46. Die Gemeinschaft hat sich - mit Ausnahme des Ramsar-Übereinkommens - an den genannten Abkommen beteiligt und Richtlinien erlassen um diesen völkerrechtlichen Verpflichtungen zu
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VfSlg 15232/1998. LGBl 1969/18 idF 2000/64. VfSlg 14599/1996 (zum Bgld NSchG). Kritisch dazu Mayer, Die Vorfrage - ein unbekanntes Wesen, ecolex 1997, 303; VfSlg 14940/1997 (zum OÖ NSchG). Kritisch dazu Hattenberger, 87ff. Vgl dazu insb das sog Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) vom 3. 3. 1975, BGBl 1983/372 idF BGBl 1999 III/82. Vgl näher zu den internationalen Naturschutzkonventionen in Österreich auch Pernthaler/Ebensperger (FN 22), 12ff. BGBl 1983/225 idF BGBl 1993/283. BGBl 1983/372 idF BGBl 1999/82. BGBl 1995/213. BGBl 1995/477 idF BGBl 1999 III/18.
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genügen bzw deren Zielsetzungen weiterzuentwickeln47. Naturschutzkomponenten umfasst auch das UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des Kulturund Naturerbes der Welt48.
2. Überblick über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben a) Das Schutzgebietsnetz Natura 2000 Die rechtlichen Vorgaben des europäischen Naturschutzrechtes mit Relevanz für die Anlagenzulassung sind in zwei Richtlinien enthalten, die das Naturschutzrecht der Gemeinschaft insgesamt wesentlich prägen: der Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie49. Beide Richtlinie zielen auf die Erhaltung der Artenvielfalt in der Europäischen Union und enthalten auch schutzgebietsbezogene Regelungen, die im Zusammenhang mit der Genehmigung von Anlagen von Bedeutung sind50. Ziel der Gemeinschaft ist es, ein „kohärentes europäisches ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete zur errichten“, dass zur Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands von bestimmten gefährdeten Lebensräumen (Habitaten) sowie Tier- und Pflanzenarten beitragen soll und in das Eingriffe nur unter eingeschränkten Bedingungen zulässig sind. Dieses sog Natura 2000-Netz wird zwei Arten von Schutzgebieten verknüpfen51: • die von den Mitgliedstaaten nach der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenen und künftig auszuweisenden besonderen Schutzgebiete („Special Protection Area“ - SPA, im folgenden kurz Vogelschutzgebiete). • die besonderen Schutzgebiete, die von den Mitgliedstaaten nach der FFHRichtlinie ausgewiesen werden („Special Area of Conservation“ - SAC, im folgenden kurz FFH-Schutzgebiete). Diese Gebiete werden vor ihrer Ausweisung durch die Mitgliedstaaten, im Zusammenwirken mit der Kommission als „Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung“ ausgewählt, weil sie bestimmte natürliche Lebensraumtypen oder bestimmte Tier- und Pflanzenarten umfassen. b) Das Schutzregime für Natura 2000-Gebiete Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet den ökologischen Schutzerfordernissen der Schutzgebiete durch spezielle Erhaltungsmaßnahmen Rechnung zu tragen52. Zugunsten der FFH-Gebiete werden in diesem Zusammenhang ausdrücklich Bewirtschaftungspläne für das Gebietsmanagement hervorgehoben; 47
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Vgl dazu näher Gellermann, in: Handbuch, Rz 7f. Durch die Nennung von Zugvögeln und Feuchtgebieten in Art 4 der VogelschutzRL wird auch auf die Zielsetzungen des Ramsar-Übereinkommens Bezug genommen. BGBl 1993/60. RL 79/409/EWG (Abl L 103/1) - VogelschutzRL; RL 92/43/EWG (Abl L 206/7) Fauna-Flora-Habitat-RL kurz FFH-RL. Auf die Richtlinienvorgaben betreffend den Handel und die Jagd ist im vorliegenden Zusammenhang nicht einzugehen. Vgl näher dazu, sowie zur ArtenhandelsV 338/97 des Rates v 9. 12. 1996, Abl L 61/1 (CITES-V): Madner, 22ff mwN. Näher zur Auswahl der Schutzgebiete unten III. C. 1. Art 4 Abs 1 u 2 VogelschutzRL hinsichtlich der Vogelschutzgebiete bzw Art 6 Abs 1 FFH-RL hinsichtlich FFH-Schutzgebieten.
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auch Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes können zweckmäßig sein53. Nicht zuletzt auch im Hinblick auf konkurrierende Bodennutzungen innerhalb und außerhalb der Vogelschutz54- bzw FFH-Gebiete sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, dem präventiven Verschlechterungs- und Störungsverbot gem Art 6 Abs 2 FFH-RL55 Rechnung zu tragen. Für die Anlagenzulassung von besonderer Bedeutung ist schließlich Art 6 Abs 3 u 4 FFH-RL, der die Verpflichtung begründet, Pläne und Projekte, die potentiell geeignet sind, ein Natura 2000Gebiet zu beeinträchtigen, erst nach Maßgabe einer Verträglichkeitsprüfung56 zuzulassen. c) Zur Umsetzung in Österreich Die Verpflichtung, das innerstaatliche Recht an die Richtlinienvorgaben anzupassen, ist für Österreich mit dem Beitritt zur EU am 1. 1. 1995 abgelaufen57. Zur legistischen Umsetzung des gebietsbezogenen Schutzregimes der Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie wurden in den Naturschutzgesetzen der Länder spezielle Regelungen getroffen, die den Richtlinienvorgaben weitgehend Rechnung tragen. Die Umsetzung der Verpflichtung zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung für schutzgebietsbeeinträchtigenden Pläne (Art 6 Abs 3 FFH-RL), ist in allen Bundesländern - mit Ausnahme der Steiermark, aber auch auf Bundesebene, defizitär58. Der gemeinschaftsweite Prozess der Auswahl und Ausweisung von Natura 2000Gebieten ist im Hinblick auf die Schutzgebiete nach der FFH-Richtlinie noch nicht abgeschlossen. Die Kommission hat ua die Listen für die alpine und kontinentale biogeographische Region erlassen, dabei aber festgehalten, dass für die Mitgliedstaaten noch Nachnominierungsbedarf besteht. Österreich hat 95 Gebiete (14,7% der Landesfläche) nach der Vogelschutz- Richtlinie sowie 160 Gebiete (10,6% der Landesfläche) nach der FFH-Richtlinie als Natura 2000-Gebiete gemeldet59.
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Vgl dazu Gebhard, Auswahl und Management von FFH-Gebieten, NuR 1999, 361 (366ff). Europäische Kommission, Natura 2000 - Gebietsmanagement: Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG. Auslegungsleitfaden 2000, 16ff. Art 6 Abs 2 iVm Art 7 FFH-RL. Zur Rechtslage bei unterlassener Ausweisung eines Vogelschutzgebiets vgl unten III. C. 3. Näher dazu Gellermann, Rechtsfragen des europäischen Habitatschutzes, NuR 1996, 548(550f); derselbe, in: Handbuch, Rz 25. Zum Zusammenhang mit finanziellen Unterstützungen der Gemeinschaft vgl Madner, 40 mwN. Vgl näher dazu unten III. C. 2. Projekte für die vor diesem Zeitpunkt ein Genehmigungsverfahren eingeleitet wurde sind nach der Rspr des EuGH (EuGH, 23.3. 2006, Rs C-209/04, Kommission/Österreich) nicht von der Pflicht zur Verträglichkeitsprüfung erfasst. Von der Frist zur Richtlinienumsetzung sind die Fristen für die Unterschutzstellung und für die Anwendung des Schutzregimes zu unterscheiden. Zu den Folgen mangelhafter Umsetzung vgl unten III. C. 4. Vgl dazu auch Madner, 51. Ausdrückliche Vorschriften über eine FFH-Verträglichkeitsprüfung für Pläne fehlen im Landesrecht. Aber auch hinsichtlich schutzgebietsrelevanter Planungen des Bundes, wie zB in der Abfallwirtschaft oder im Wasserrecht bestehen keine Umsetzungsvorschriften. Angaben zu Natura 2000 auf der Homepage des Umweltbundesamts: http://www.umweltbundesamt.at.
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Die Gebiete, die sich auf insgesamt ca 16% der Staatsfläche erstrecken umfassen vorrangig Flächen, die bereits unter Naturschutz gestellt waren. Die regionale Verteilung der Gebiete ist durchaus unterschiedlich gewichtet60.
II. Das anlagenrelevante Naturschutzrecht im Überblick Die Naturschutzgesetze der Länder enthalten eine Vielzahl an anlagenrelevanten Anzeigepflichten und Bewilligungsvorbehalten zum Schutz der Natur61. Anknüpfungspunkt für diese Genehmigungsvorschriften ist im wesentlichen ein differenziertes System von Gebietskategorien. Der jeweils eingesetzte Bewilligungstypus (Verbot mit Ausnahmebewilligung oder präventiver Bewilligungsvorbehalt bzw Anzeigepflicht) und die regelmäßig mit einer Interessenabwägung verbundenen verschiedenen materiellen Genehmigungskriterien konstituieren - wie Hattenberger am Beispiel des Kärntner NaturschutzG illustriert hat62 - eine abgestufte Schutzintensität bzw eine Hierarchie der Schutzkategorien: Während etwa für den Schutz der freien Landschaft regelmäßig Anzeigepflichten bzw präventive Bewilligungsvorbehalte vorgesehen sind und vielfach selbst bei intensiven Eingriffen die Interessen des Naturschutzes hinter überwiegende andere öffentliche Interessen zurücktreten63, sind demgegenüber etwa in Naturschutzgebieten regelmäßig Eingriffsverbote statuiert, von denen nur im Einzelfall Ausnahmen bewilligt werden dürfen.
A. Allgemeiner Landschaftsschutz Zunächst statuieren alle Naturschutzgesetze Bewilligungs- oder Anzeigepflichten für bestimmte Vorhaben, die im Landesgebiet oder in der freien Landschaft verwirklicht werden sollen (allgemeiner Landschaftsschutz, Freilandschutz). Diese, für die Anlagenzulassung praktisch besonders bedeutsamen Regelungen, werden gesondert näher dargestellt.
B. Gebietsschutz Darüber hinaus gibt es in allen Ländern spezifische Kategorien von geschützten Gebieten, an die Eingriffsverbote, Bewilligungsvorbehalte oder Anzeigepflichten geknüpft sind (Gebietsschutz, Flächenschutz). Diese Gebiete werden zT ex lege, zumeist durch Verordnung, allenfalls (bei kleinräumigen Gebieten) durch Bescheid ausgewiesen. Für die Erlassung von Schutzgebietsverordnungen bestehen in den Naturschutzgesetzen detaillierte Verfahrensvorschriften, die hier nicht näher darzustellen sind64. Für erhebliche Beschränkun60
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Vgl zB Oberösterreich mit ca 3,5% und Niederösterreich mit ca 30% der Landesfläche. Zum österreichischen Natura 2000-Beitrag aus naturschutzfachlicher Sicht vgl näher Ellmauer ua, in: Nationale Bewertung des österreichischen Natura 2000Netzwerkes, in: Umweltbundesamt (Hrsg), UBA -Reports 158, 1998. Vgl dazu näher im Überblick auch Liehr/Stöberl, Einführung, 24ff; Kanonier, Grünlandschutz im Planungsrecht, 1994, 209ff; Bußjäger, 23ff; Öberseder, Handbuch Anlagenrecht (1996). Hattenberger, 64ff. Vgl näher dazu unten III. B. 4. Hervorzuheben ist, dass an die gründliche und nachvollziehbare Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen durch die Behörde hohe Anforderungen zu stellen sind.
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gen der Bewirtschaftungs- und Nutzungsmöglichkeiten, die aus der Unterschutzstellung eines Grundstücks resultieren können, sehen die Naturschutzgesetze im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie eine Entschädigung vor65. Alle Naturschutzgesetze sehen die Schutzgebietskategorie Naturschutzgebiet für Gebiete vor, die sich durch völlige oder weitgehende Ursprünglichkeit auszeichnen und die seltene oder gefährdete Tier- oder Pflanzenarten beherbergen. In den, durch Verordnung auszuweisenden Naturschutzgebieten sind Eingriffe durch Gesetz oder durch die Schutzgebietsverordnung verboten bzw nur ausnahmsweise zulässig66. In Tirol (§ 21 Tir NSchG) können überdies außerhalb geschlossener Ortschaften gelegene, in ihrer Ursprünglichkeit erhalten gebliebene Gebiete zu Sonderschutzgebieten erklärt werden, in denen grundsätzlich jeder Eingriff in die Natur verboten ist.
Gebiete können wegen ihrer landschaftlichen Schönheit oder zur Sicherung des Erholungszwecks durch Verordnung als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen werden. Mit der Erklärung zum Landschaftsschutzgebiet sind zusätzlich zum allgemeinen Natur- und Landschaftsschutz kraft Gesetzes67 oder nach Maßgabe der Landschaftsschutzgebietsverordnung68 Nutzungsbeschränkungen und Bewilligungsvorbehalte verknüpft.
In Vorarlberg ist für großräumige Gebiete mit repräsentativen Landschaftstypen insbesondere im Interesse der historisch gewachsenen Arten- und Biotopvielfalt und zur
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Vgl näher Liehr/Stöberl, Einführung, 48f. Unmittelbar und aktuell in ihrer Rechtsposition Betroffene sind grundsätzlich zur Erhebung eines Individualantrags gegen die SchutzgebietsV legitimiert, wenn die Erlangung eines Bescheids unzumutbar ist. Der VfGH erachtet jedoch Anträge auf Erlangung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung für zumutbar, sofern für die dem Antrag beizuschließenden Unterlagen keine besonderen Formerfordernisse vorgesehen sind. Vgl zB VfGH 11.3.1999, V 128/96 zu § 41 Abs 2 Tir NSchG; VfSlg 14522/1996. Zur Antragslegitimation bei fehlender Möglichkeit einer Ausnahmebewilligung VfSlg 15065/1997. § 48 Bgld NSchG; § 49 Krnt NSchG; § 33 OÖ NSchG; § 23 NÖ NSchG; § 42 Sbg NSchG; § 25 Stmk NSchG; § 32 Tir NSchG; § 46 Vlbg NSchG; § 35 Wr NSchG. Eine eingehende Auseinandersetzung mit diesen Bestimmungen muss hier unterbleiben. Allgemein zur Entschädigungspflicht von schwerwiegenden Eigentumsbeschränkungen vgl Rill, Eigentum, Sozialbindung und Enteignung bei der Nutzung von Boden und Umwelt, VVDStRL 51, 1992, 178 (199). Zum Erfordernis der Entscheidung eines „Tribunals“ (Art 6 EMRK) über Enteignungsentschädigungen siehe VfSlg 17242/2004. § 21a Bgld NSchG; § 24 Krnt NSchG; § 11 Abs 4-6 NÖ NSchG; § 25 OÖ NSchG; § 21 Sbg NSchG; § 5 Abs 4-8 Stmk NSchG; § 21 Tir NSchG; § 26 Abs 3 u 5 Vlbg NSchG; § 23 Abs 3-5 Wr NSchG. Vgl § 8 Abs 3 NÖ NSchG in Bezug auf großflächige Kulturumwandlungen bzw die Beseitigung besonders landschaftsprägender Elemente; § 6 Abs 3 Stmk NSchG (zB für Bodenentnahmen oder für die Errichtung von Appartementhäusern); § 10 Abs 2 Tir NSchG (zB für Straßenbauten); § 24 Abs 5 Wr NSchG (zB für Neu-, Zu- und Umbauten). § 23 Abs 2 Bgld NSchG; § 25 Abs 2 Krnt NSchG; § 11 Abs 2 OÖ NSchG; § 18 Sbg NSchG; § 10 Abs 2 Tir NSchG, der eine taxative Aufzählung der potentiell bewilligungspflichtigen Maßnahmen (zB elektrischen Leitungsanlagen) enthält; § 26 Abs 3 Vlbg NSchG.
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Entwicklung und Erprobung besonders schonender Wirtschaftsweisen auch die Festlegung der Schutzkategorie Biosphärenpark durch Verordnung möglich69.
Für kleinräumige Landschaftsteile oder Grünbestände, die das Landschaftsbild besonders prägen und beleben oder für den Naturhaushalt oder die Erholung der Bevölkerung bedeutsam sind, ist in den meisten Ländern die Schutzkategorie „geschützter Landschaftsteil“ vorgesehen, aus der ebenfalls Eingriffsverbote oder Bewilligungspflichten resultieren können70. In Tirol kann überdies für in ihrer Ursprünglichkeit erhalten gebliebene Gebiete die Schutzkategorie Sonderschutzgebiet eingerichtet werden, in der jeder Eingriff verboten ist. Weiters ist in Tirol die Kategorie Ruhegebiet vorgesehen, in der Lärmentwicklung und Straßenneubauten verboten sind; in Salzburg bzw Vorarlberg können Ruhezonen ausgewiesen werden, in denen lärmerregende Aktivitäten verboten werden können71.
In Wien (§ 26 Wr NSchG) können Flächen, die insbesondere zur Entwicklung und Vernetzung von Grünstrukturen in der Stadt von Bedeutung sind zu ökologischen Entwicklungsflächen erklärt werden, in denen Eingriffe ausnahmsweise bewilligt werden können. Gebiete, die als Bestandteil des europäischen Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ dienen sollen, sind in einigen Ländern durch Verordnung als „Europaschutzgebiete“ zu erklären. Zu Europaschutzgebieten können dabei regelmäßig auch bestehende Schutzgebiete erklärt werden72. Maßnahmen, wie die Errichtung von Anlagen, die diese Gebiete potentiell erheblich beeinträchtigen, dürfen nur nach Maßgabe einer Verträglichkeitsprüfung bewilligt werden73. Die meisten Naturschutzgesetze sehen weiters für das gesamte Landesgebiet vielfach Eingriffsverbote bzw Bewilligungspflichten für Maßnahmen in besonders schutzwürdigen speziellen Naturräumen, wie zB Gletscher und Alpinregionen74, Feuchtgebieten75, Auwäldern76, Gewässer- oder Uferbereichen77 vor. In der Regel auf der Grundlage spezieller Gesetze78 können in den Ländern Nationalparks eingerichtet werden, die der Sicherung großräumiger, naturbelassener Ökosystem dienen79. In den Nationalparks, denen grundsätzlich be-
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§ 27 Vlbg NSchG. Vgl die Verordnung über den „Biosphärenpark Großes Walsertal“ LGBl 2000/33. Vgl § 24 Bgld NSchG; § 12 OÖ NSchG; § 12 Sbg NSchG; §§ 11 u 12 Stmk NSchG; 25 Wr NSchG. § 11 Tir NSchG; § 27 Abs 3 Sbg NSchG bzw § 23 Abs 1 u 5 Vlbg NSchG. Vgl zB § 9 Abs 3 NÖ NSchG; § 13a Abs 2 Stmk NSchG. Ausführlich dazu unten III. C. §§ 6 u 7 Krnt NSchG; § 5 Abs 1 lit d Tir NSchG, § 23 Vlbg NSchG. Vgl zB § 7 u 8 Bgld NSchG. Vgl zB § 8 Tir NSchG. Vgl zB §§ 9 u 10 OÖ NSchG; § 24 Sbg NSchG. In der Steiermark durch Verordnung gem § 9 Stmk NSchG. In den übrigen Ländern, außer Vorarlberg, bestehen NationalparkGe. Eingerichtet wurden zB in Kärnten, Salzburg und Tirol der die Landesgrenzen überschreitende Nationalpark Hohe Tauern; im Burgenland der Nationalpark Neusiedlersee, sowie der Nationalpark Donauauen in Wien und Niederösterreich.
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sonders intensiver Schutz gewährt wird, sind verschiedentlich Zonen mit unterschiedlicher Schutzintensität festgelegt80.
C. Geschützte Naturgebilde Schließlich können auch einzelne besondere Naturgebilde (zB einzelne Bäume, Gehölzgruppen, Wasserfälle) mit Bescheid zum Naturdenkmal erklärt werden, mit der Folge, dass Eingriffe in das geschützte Objekt und in die, sein Erscheinungsbild mitbestimmende Umgebung, verboten werden können81. Naturhöhlen können, zT auf Grund eigener Gesetze, unter Schutz gestellt werden82. In einigen Bundesländern bestehen - zT auf Grund eigener Gesetze Bewilligungspflichten für das Entfernen von Bäumen verbunden mit der Pflicht zur Ersatzpflanzung (Baumschutz)83.
III. Ausgewählte Genehmigungsregime Im folgenden sollen die, für die Genehmigung von Betriebsanlagen besonders bedeutsamen Bewilligungsvorschriften des allgemeinen Natur- und Landschaftsschutzes sowie die in jüngster Zeit geschaffenen Vorschriften zur Umsetzung des europäischen Naturschutzrechts näher dargestellt werden.
A. Bewilligungs- und Anzeigepflichten nach dem allgemeinen Landschaftsschutz Alle Naturschutzgesetze statuieren Bewilligungspflichten für Vorhaben, die im Landesgebiet84 und/oder verallgemeinernd - in der freien Landschaft85 verwirklicht werden sollen. Lediglich in der Steiermark sind für Vorhaben außerhalb von Schutzgebieten - abgesehen von bewilligungspflichtigen Werbeankündigungen86 - nur Anzeigepflichten vorgesehen87.
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Vgl zB die Unterscheidung in Außenzone, Kernzone und Sonderschutzgebiete in § 5 Krnt NationalparkG. Näher dazu Sturm, 110f. § 6Sbg NSchG. Vgl zB §§ 10 u 12 Stmk NSchG Das Sbg NSchG (§ 10) ermöglicht die Ausweisung geschützter Naturgebilde von örtlicher Bedeutung durch die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich. Das Vlbg NSchG (§ 29) sieht die Verordnung von örtlichen Naturdenkmalen durch die Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich vor. Vgl zB § 37 Krnt NSchG; § 26 Tir NSchG. Vgl zB § 15 NÖ NSchG; Wr BaumschutzG LGBl 1974/27 idF2001/53. § 4 u 11 Krnt NSchG; § 33 Abs 1 Vlbg NSchG; § 18 Abs 1 Wr NSchG. Auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn- Dorf-, Geschäfts-, Industrie- und Betriebsgebiete, gemischte Baugebiete oder Verkehrsflächen gewidmet sind: § 5 Bgld NSchG; in der freien Landschaft: :; § 5 Abs 1 Krnt NSchG; außerhalb vom Ortsbereich: § 7 Abs 1 NÖ NSchG; außerhalb geschlossener Ortschaften: § 6 Tir NSchG; § 4 Stmk NSchG (lediglich Ankündigungen). Im Grünland: § 5 OÖ NSchG; § 18 Abs 2 Wr NSchG. Nicht zur Gänze im Bauland: § 25 Abs 1 iVm Abs 2 litb Sbg NSchG. § 4 Stmk NSchG. § 3 Abs 2 Stmk NSchG. Höhere Bauwerke, Tankstellen, größere Anlagen und Parkplätze im Bauland sind von der Anzeigepflicht ausgenommen (§ 3 Abs 3 Stmk NSchG).
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Im übrigen kennen manche Landesgesetze neben den bewilligungspflichtigen Vorhaben auch bestimmte (subsidiär) anzeigepflichtige Vorhaben88, so zB Antennentragemasten89. In Vorarlberg kann unter bestimmten Voraussetzung anstelle des Bewilligungs- ein Anzeigeverfahren durchgeführt werden (§ 36 Vlbg NSchG). Die bewilligungspflichtigen Maßnahmen sind in allen Ländern in - zT sehr kasuistischen90 - taxativen Katalogen festgelegt. In Vorarlberg (§ 33 Abs 2 u 3 Vlbg NSchG) besteht die Möglichkeit, den Kreis der bewilligungspflichtigen Vorhaben durch Verordnung der LReg zu erweitern bzw zu beschränken. Zu den bewilligungspflichtigen Maßnahmen zählen typischerweise zB großräumige Geländeveränderungen, weiters zB die Errichtung und Änderung von: Rohstoffabbau- und -aufbereitungsanlagen (insb auch Kiesgruben), Schleppliften und Seilbahnen91 oder Golfplätzen, vielfach92 ist auch die Errichtung (größerer) baulicher Anlagen bewilligungspflichtig. Auch Werbeanlagen unterliegen regelmäßig der Bewilligungspflicht93. Verschiedentlich ist der Entfall der Bewilligungspflicht vorgesehen, sofern Bewilligungspflichten nach anderen Landesgesetzen bestehen und naturschutzbehördliche Interessen in diese Verfahren Eingang gefunden haben94 Vorhaben, die der Fachplanungskompetenz des Bundes unterliegen, wie insbesondere zB Verkehrsanlagen, sind vom Bewilligungsregime des allgemeinen Naturschutzes grundsätzlich erfasst95. Nicht alle Länder haben ihre Kompetenz in diesem Bereich jedoch in vollem Umfang ausgeschöpft. 88 89
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Vgl § 6 OÖ NSchG für Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden im Grünland; gem § 26 Sbg NSchG; sowie (für Werbeeinrichtungen) gem § 19 Abs 1 Wr NSchG. § 26 Abs 1 lit e Sbg NSchG; § 16 Tir NSchG. Näher zur naturschutzrechtlichen Bewilligungspflicht für Handymasten Raschauer, Mobilkommunikation - Rechtsfragen der Sendeanlagen, 1998, 83f. Kritisch dazu Raschauer, 15f. Vgl jedoch auch § 32 Abs 1 lit c u d Vlbg NSchG, wonach die Neuerschließungen und Erweiterungen von Schigebieten durch Verordnung der LReg ganz, teilweise oder in einzelnen Landesteilen verboten werden kann. Vgl § 5 Abs 1 lit i Krnt NSchG; § 6 lit a Tir NSchG; § 32 Vlbg NSchG; § 18 Abs 2 Wr NSchG sowie, jedoch nur für Bauwerke, die keine Gebäude sind - § 7 NÖ NSchG. Vgl die teilweise sehr detaillierten Vorschriften: § 5 Abs 1 lit k iVm 5 Abs 2 Krnt NSchG; § 7 Abs 1 Z 3 NÖ NSchG; § 13 OÖ NSchG; § 4 Stmk NSchG; § 15 Tir NSchG; § 33 Abs 1 lit m iVm § 33 Abs 4 lit b u c Vlbg NSchG. In Salzburg (§ 26 Abs 1 lit c und Abs 6 Sbg NSchG) und Wien (§ 19 Wr NSchG) besteht lediglich Anzeigepflicht. Im Burgenland (§ 11 Bgld NSchG) sind Werbeanlagen als Verunstaltung der freien Landschaft grundsätzlich (Ausnahmen bestehen ua für Wahlwerbung) verboten. Vgl § 5 Abs 2 lit a Krnt NSchG in Bezug auf Maßnahmen im Zuge von Güterweg-, Straßen-, Eisenbahn sowie Schutz- und Regulierungswasserbauten, bei „Einholung“ eines Naturschutzgutachtens (kritisch dazu Hattenberger, 103); § 7 OÖ NSchG insb auch für baurechtlich bewilligungspflichtige Maßnahmen; § 49 Abs 3 Sbg NSchG; § 33 Abs 5 Vlbg NSchG in Bezug auf das Landesabfallrecht; sowie - jeweils ohne Bezugnahme auf die Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Interessen § 5 Abs 2 lit b Krnt NSchG zB in Bezug auf sonstige bauliche Anlagen im Grünland, soweit sie wasserrechtlich bewilligungspflichtig sind; § 7 Abs 5 NÖ NSchG. Vgl zu den kompetenzrechtlichen Grundlagen oben I. B. 2.
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Abgesehen davon, das in einigen Ländern spezielle Bewilligungsvorbehalte (zB für Eisenbahnanlagen, die keine Seilbahnen sind) fehlen, sodass allenfalls allgemeine Bewilligungstatbestände (zB jene für großräumige Geländeveränderungen) zum Tragen kommen, ist folgendes anzumerken: Fachplanungsakte des Bundes bewirken nach Ansicht des VwGH96 eine „Verdrängung“ der Widmungskategorien des Landesraumordnungsrechts, mit der Folge, dass an diese Kategorien anknüpfende naturschutzrechtliche Anzeige- und Bewilligungspflichten97 in Bezug auf diese Vorhaben ins Leere gehen, obwohl kompetenzrechtlich ein Regelung unter Naturschutzgesichtspunkten zulässig wäre. Eine, über das allgemeine Naturschutzrecht hinausreichende Wirkung misst der VwGH salvatorischen Klauseln zu: Die Bestimmung des steiermärkischen Naturschutzgesetzes (§ 1 Abs 3), wonach „die Benutzbarkeit von Flächen und bestehenden Anlagen, die ausschließlich oder vorwiegend Zwecken des Bundesheeres, des Bergbaues oder des Eisenbahn- und Straßenverkehrs dienen, nicht eingeschränkt werden“ stellt nach der Judikatur98 zwar keine gänzliche Ausnahme von der naturschutzrechtlichen Bewilligungspflicht dar, ist aber dahin zu verstehen, dass hinsichtlich der angesprochenen Bodennutzungen im naturschutzrechtlichen Verfahren lediglich die Vorschreibung begleitender Maßnahmen, nicht jedoch die Untersagung oder die Vorschreibung wesentlich beeinträchtigender Vorkehrungen in Frage kommt.
B. Zulassungskriterien 1. Nichtbeeinträchtigung von Naturschutzinteressen Als Genehmigungskriterien sehen die Gesetze die Nichtbeeinträchtigung von durchwegs näher konkretisierten Natur- und Landschaftsschutzinteressen - im wesentlichen Landschaftsbild, Charakter bzw Erholungswert der Landschaft, ökologische Funktionsfähigkeit - vor. Die Konkretisierung der genehmigungsrelevanten Interessen erfolgt in den Gesetzen mit unterschiedlicher Detailliertheit99. Auch die Intensität der genehmigungsrelevanten Beeinträchtigungen wird unterschiedlich festgelegt: Während zB beim Freilandschutz in den meisten Ländern auf die bloße Nichtbeeinträchtigung der genehmigungsrelevanten Interessen abgestellt wird, ist die Versagung der Genehmigung in Niederösterreich (§ 7 Abs 2-4 NÖ NSchG) erst an nachhaltige Beeinträchtigungen, in Salzburg (§ 25 Abs 3 Sbg NSchG) an erhebliche Beeinträchtigungen und in Wien (§ 18 Abs 3 Wr NSchG) an wesentliche Beeinträchtigungen geknüpft. In Vorarlberg (§ 35 Abs 1 u Abs 4 Vlbg NschG) darf eine Verletzung von Natur- und Landschaftsschutzinteressen nicht erfolgen, während in Betriebsgebieten allein die Vermeidung von Beeinträchtigungen, Verunstaltungen oder Schädigungen der Landschaft genehmigungsrelevant ist.
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VwSlg 15.300 A/1999 (Semmering-Basis-Tunnel) zum mittlerweile geänderten NÖ NSchG. Kritisch dazu Raschauer, Entscheidungsanmerkung, RdU 2000, 109. Vgl insb die Genehmigungstatbestände des allgemeinen Naturschutzes in Oberösterreich (§ 5 OÖ NSchG) und Wien (§ 18 Abs 2 Wr NSchG) einerseits und zB § 7 NÖ NSchG andererseits. VwSlg 15.300 A/1999 Semmering-Basis-Tunnel zur damals gleichgelagerten Regelung des NÖ NSchG). Vgl zB § 35 Abs 1 Vlbg NSchG oder § 25 Abs 3 Sbg NSchG einerseits und andererseits - eher detailliert - § 6 Bgld NSchG; § 9 Abs 2 u 3 Krnt NSchG; § 7 Abs 2 u 3 NÖ NSchG.
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In der Steiermark (§ 3 Abs 1 Stmk NSchG) sind auf Grund der Anzeige des Vorhabens, lediglich die zur Vermeidung von nachhaltigen Auswirkungen des Vorhabens erforderlichen Auflagen vorzuschreiben.
Zur Auslegung der Genehmigungskriterien der Naturschutzgesetze - so zB zur nachteiligen Beeinflussung der Landschaft, des Landschaftsbildes oder des Gefüges des Naturhaushalts“ - besteht eine umfangreiche Rechtsprechung des VwGH, die verdeutlicht, dass an den Umfang der Sachverhaltsermittlung und die Begründung der Entscheidungen hohe Anforderungen zu stellen sind100.
2. Immissionsschutz In Vorarlberg (§ 35 Abs 3 Vlbg NSchG) sind auch immissionsschutzrechtliche Genehmigungskriterien normiert. Genehmigungsrelevant sind in diesem Zusammenhang lediglich die naturschutzrelevanten Auswirkungen der mit einem Vorhaben verbundenen Tätigkeiten101,102 .
3. Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan Zur Koordinierung von Naturschutz und Raumordnung kann der Naturschutzbehörde aufgetragen werden, die Konformität eines Vorhabens mit der Flächenwidmung zu prüfen103. In Oberösterreich (§ 4 OÖ NSchG) und in der Steiermark (§ 2 Abs 3 Stmk NSchG) ist die Erlassung von Naturschutzrahmenplänen bzw Landschaftsrahmenplänen als Entwicklungsprogramme bzw Raumordnungsprogramme vorgesehen, die als überörtliche Planungsakte von der örtlichen Raumordnung zu berücksichtigen sind
4. Interessenabwägung Die Naturschutzgesetze sehen für das Bewilligungsverfahren eine Interessenabwägung104 zwischen den Interessen des Naturschutzes und den für die Ver100
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Vgl zB VwGH 27. 10. 1997, 96/10/0255 (zum Krnt NSchG); VwGH 18. 1. 1999, 95/10/0077 (zum Tir NSchG); VwGH 31. 1. 2000, 99/10/0243 (zum Vlbg NSchG). Vgl weiters Liehr/Stöberl, Einführung, 25ff; Hattenberger, 81ff mwN. . § 37 Abs 2 Vlbg NSchG ermächtigt allerdings zur Erteilung von Auflagen und Bedingungen im „Interesse der Sicherheit und Gesundheit von Menschen (...) soweit für diesen Zweck nicht andere Rechtsvorschriften Anwendung finden“. Das Krnt NschG (§ 9 Abs 5) sah - kompetenrechtlich bedenklich auch die Versagung der Genehmigung wegen „unzumutbarer Nähe zum Siedlungsbereich“ vor. Vgl dazu mit „verfassungskonformer Interpretation: VwGH 14. 12. 1998, 97/10/0082; VwGH 9. 3. 1998, 97/10/0243. Gegen die Zulässigkeit einer verfassungskonformen Interpretation zutreffend kritisch Hattenberger, 98. Vgl § 5 Bgld NSchG. Näher zur Verfassungskonformität derartiger Regelungen oben I.B.2. Vgl dazu, auch aus rechtspolitischer Sicht, Dolp, Bemerkungen aus der Praxis zur naturschutzrechtlichen Interessenabwägung, ÖGZ 1990, 8; weiters, unter besonderer Berücksichtigung des Krnt NSchG, Hattenberger, 90ff; näher und kritisch zur Interessenabwägung am Beispiel des Tir NSchG Weber, Rechtsprobleme der naturschutzrechtlichen Interessenabwägung am Beispiel des § 27 Tiroler Naturschutzgesetz, JRP 1999, 176, derselbe, 704ff; Bußjäger, Bausteine einer Theorie der Interessenabwägung im österreichischen Naturschutzrecht, NuR 2001, 677; allgemein zur Interessenabwägung im Verwaltungsrecht: Stolzlechner, Verwaltungsrechtliche Abwägungsentscheidung, ZfV 2000, 214.
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wirklichung des Vorhabens sprechenden öffentlichen Interessen vor105, welche dazu führen kann, dass die Genehmigung ungeachtet der (erheblichen)106 beeinträchtigenden Wirkung des Projekts wegen überwiegender anderer Interessen zu erteilen ist. § 1 Abs 3 Stmk NSchG bewirkt nach der Judikatur des VwGH107 die prinzipielle naturschutzrechtliche Zulässigkeit der genannten Bodennutzungen und entzieht in diesen Fällen auch einer Interessenabwägung die Grundlage. Die mit den beeinträchtigten Naturschutzinteressen abzuwägenden öffentlichen Interessen werden in den Gesetzen zT demonstrativ angeführt.Als abwägungsrelevante öffentliche Interessen kommen zB die Sicherstellung der Energieversorgung, die Schaffung leistungsfähiger Straßenverbindungen, Rohstoffversorgung oder Fremdenverkehrsinteressen108 in Betracht. Die Flächenwidmung stellt ein Indiz für ein öffentliches Interesse dar, nimmt aber die Interessenabwägung im Zuge der Bewilligung eines konkreten Projekts nicht vorweg109. Auch eine bergrechtliche Gewinnungsbewilligung110 oder eine Bundesstraßen-Trassenverordnung111 dokumentieren ein öffentliches Interesse, ohne dass dies eine Vorwegnahme der Ergebnisse der Interessenabwägung bedeutete. Lediglich in Oberösterreich sind auch private Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens in die Abwägung einzubeziehen. Der Vorgang der Interessenabwägung ist in den Gesetzen in unterschiedlichem Maße determiniert, teilweise sind die abzuwägenden Interessen ausdrücklich gewichtet. Besonders knapp ist die Anordnung in § 4 Abs 1 NÖ NSchG („Bei der Anwendung dieses Gesetzes sind kompetenzrechtliche Interessen des Bundes in Form einer Abwä105
§ 6 Abs 5 Bgld NSchG; § 9 Abs 7 Krnt NSchG; § 4 Abs 1 NÖ NSchG (nur in Bezug auf kompetenzrechtliche Interessen des Bundes); § 14 Abs 1 OÖ NSchG; § 3a Sbg NSchG; § 29 Tir NSchG; § 35 Abs 2 Vlbg NSchG; § 18 Abs 6 u § 24 Abs 7 Wr NSchG. In der Steiermark (§ 3 Abs 4 Stmk NSchG) ist im Anzeigeverfahren bei der Vorschreibung von Auflagen für Vorhaben im Freiland auf „die Erfordernisse volkswirtschaftlich oder regionalwirtschaftlich bedeutsamer Betriebe Rücksicht zu nehmen“. Die Bewilligung von Eingriffen in Landschaftsschutzgebiete setzt auch in der Steiermark eine Interessenabwägung voraus - § 6 Abs 7 Stmk NSchG 106 Vgl dazu die Nachweise für die Bewilligungskriterien betreffend Vorhaben im Freiland obenIII. B. 1. Zum Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung als Voraussetzung für den Eintritt in die Interessenabwägung nach § 25 Abs 3 Sbg NSchG vgl VwGH 9. 4. 2000, 97/10/0140. 107 Vgl dazu obenIII.A. 108 VwGH 18. 4. 1994, 93/10/0079 (zum Krnt NSchG). Kritisch zur Rechtsprechung in diesem Zusammenhang Hattenberger, 92f, die ein Mindestmaß an regional- oder volkswirtschaftlicher Relevanz der geplanten Maßnahme moniert. Vgl auch VwGH 23. 10. 1995, 93/10/0128 wonach das öffentliche Interesse an einem Golfplatz ohne weiteres angenommen wurde, mit kritischer Anmerkung von Raschauer, Entscheidungsanmerkung, RdU 1996, 32. 109 Vgl zB VwGH 27. 3. 2000, 97/10/0149; VwGH 18. 1. 1999, 95/10/0077; (jeweils zum Tir NSchG). 110 VwGH 17. 3. 1997, 92/10/0398. 111 VwGH 24. 9. 1999, 98/10/0347 bzw 29. 5. 2000, 2000/10/0021 (jeweils zur „Halbanschlussstelle Wolfurt-Lauterach“ L 41 im Zuge der Rheintalautobahn A 14) der im Fall der TrassenVO ein „grundsätzlich bedeutsames“ Interesse dokumentiert sieht. Vgl dazu auch unten.
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gung mit Interessen des Naturschutzes zu berücksichtigen“), die auch bei der Erteilung von Bewilligungen heranzuziehen ist. In Wien (§ 18 Abs 6 Wr NSchG) stellt der Gesetzgeber auf „deutlich höhere Interessen“ ab. In Tirol werden die Vorgaben für die Interessenabwägung im Freilandschutz ausdrücklich von jenen bei Eingriffen in Landschaftsschutz- bzw Naturschutzgebiete unterschieden: So können in besonders geschützten Gebieten und insbesondere auch in Natur- und Landschaftsschutzgebieten nur überwiegende „langfristige öffentliche Interessen“ mit Naturschutzinteressen abgewogen werden, während bei Eingriffen in die freie Landschaft lediglich auf das Überwiegen der anderen öffentlichen Interessen abgestellt ist112. Auch in Kärnten wird der Ausnahmecharakter für Eingriffe in Naturschutzgebiete durch die Formulierung der Interessenabwägungsklausel besonders betont113.
Verschiedentlich schreiben die Gesetze im Rahmen der Interessenabwägung auch explizit eine Alternativenprüfung vor114. An eine gesetzeskonforme Interessenabwägung werden mit der Judikatur des VwGH hohe Anforderungen in Bezug auf die Sachverhaltsermittlung und Begründung gestellt: Die Rechtmäßigkeit der, vom VwGH als Wertentscheidung qualifizierten Interessenabwägung hängt letztlich davon ab, ob das Abwägungsmaterial umfassend und vollständig erfasst wurde und die Abwägung im Einklang mit den Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und Erkenntnissen der Wissenschaft erfolgt115. Nach ständiger Judikatur des VwGH116 entspricht zB ein, auf Grund einer Interessenabwägung nach dem Tiroler NSchG ergangener Bescheid, den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung nur dann, „wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen iSd § 1 Abs 1 Tir NSchG 1991 abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist und über jene Tatsachen, die das anderweitige öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll“ Zur Interessenabwägung im Hinblick auf die, durch eine Bundesstraßen-TrassenVO dokumentierten öffentlichen Interessen an einem Verkehrsweg hat der VwGH117 ein „Modell“ einer Interessenprüfung entwickelt, demzufolge in „eine Feinprüfung der Bundesinteressen“ nicht schon dann einzutreten ist, wenn durch die Verwirklichung des Straßenbauvorhabens eine Verletzung von Naturschutzinteressen (im zu Grunde liegenden Fall jene des § 35 Vlbg NSchG) bewirkt würde, sondern nur dann, „wenn es sich dabei um eine Verletzung der Naturschutzinteressen handelt, die so gravierend sind, dass auf Grund einer bloßen Grobprüfung noch nicht gesagt werden kann, dass die in der Trassenverordnung dokumentierten Bundesinteressen überwiegen.“
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§ 27 Abs 1 u 2 Tir NSchG. § 24 Abs 3 Krnt NSchG in Bezug auf Eingriffe in Naturschutzgebiete und § 9 Abs 7 iVm § 25 Abs 2 in Bezug auf Landschaftsschutzgebiete bzw den Freilandschutz. Vgl § 3a Sbg NSchG - vgl dazu VwGH 24.2. 2006, 2005/04/0044; § 6 Abs 7 Stmk NSchG; 29 Abs 4 Tir NSchG; § 35 Abs 2 Vlbg NSchG, § 18 Abs 6 bzw 24 Abs 7 Wr NSchG. Vgl zB VwGH, 24.2. 2006, 2005/04/0044 (zum Sbg NSchG), RdU- Sonderbeilage Umwelt &Technik 2006, 10 mit Anm Randl; VwGH 17. 3. 1997, 92/10/0398 (zum OÖ NSchG). Dolp (FN 104) 9f. VwGH 29. 5. 2000, 98/10/0343, mit zahlreichen Hinweisen auf Vorjudikatur. VwGH 24. 9. 1999, 98/10/0347 bzw 29. 5. 2000, 2000/10/0021 (jeweils zur „Halbanschlussstelle Wolfurt-Lauterach“ L 41 im Zuge der Rheintalautobahn A 14). Kritisch dazu Bußjäger (FN 16), 90f.
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5. Ersatzleistungen, Ausgleichsmaßnahmen Insbesondere für den Fall, dass eine Bewilligung nach Maßgabe einer Interessenabwägung erteilt wird, sehen die Gesetze verschiedentlich ausdrücklich die Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen oder die Bereitstellung von Ersatzlebensräumen vor118. Zur Sicherstellung der Einhaltung der Vorschreibungen des naturschutzbehördlichen Bewilligungsbescheids ist mitunter die Vorschreibung einer ökologischen Bauaufsicht vorgesehen119. Das Sbg NSchG (§ 51) sieht die Möglichkeit vor, anstelle der Untersagung eines Vorhabens die Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen zu erteilen. Voraussetzung dafür ist ua, dass die Ausgleichmaßnahmen insgesamt eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes bewirken, die die nachteiligen Auswirkungen der beabsichtigten Maßnahmen erheblich überwiegt. Solche Ausgleichsmaßnahmen „vermehren“ jedoch nicht die für ein Projekt sprechenden öffentlichen Interessen120.
C. Europaschutzgebiete 1. Auswahl und Festlegung der Schutzgebiete a) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Die Vogelschutzrichtlinie fordert von den Mitgliedstaaten die Ausweisung von Schutzgebieten für die in Anh I der VogelschutzRL genannten besonders bedrohten Vogelarten sowie für die nicht in Anh I genannten Zugvogelarten. Auszuweisen sind in Bezug auf Anh I „die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete“; im Hinblick auf die Zugvogelarten ist dem Schutz der Feuchtgebiete besondere Bedeutung zuzumessen121. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH122 haben sich die Mitgliedstaaten bei der Gebietsauswahl ausschließlich an den ornithologischen Kriterien der Richtlinie zu orientieren, andere, insbesondere wirtschaftliche Interessen haben grundsätzlich außer Betracht zu bleiben123. Große praktische Bedeutung als wissenschaftliches Beweismittel bei der Gebietsauswahl kommt den, von sachverständigen Verbänden erstellten sog Important-Bird-Area-Inventaren (IBA-Inventare) zu124. 118 119 120 121 122
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Vgl zB § 9 Abs 8 Krnt NSchG; mit weitergehender Konkretisierung § 3a Abs 4 Sbg NSchG; § 37 Abs 3 Vlbg NSchG Vgl § 50 Abs 3 Sbg NSchG; § 20 Abs 4 Wr NSchG. So ausdrücklich VwSlg 14.346 A/1995 (zum Sbg NSchG). Ausführlich zu den Maßstäben für die Bestimmung zwingend auszuweisender Gebiete: Maaß, Die Identifizierung faktischer Vogelschutzgebiete, NuR 2000, 121. EuGH, Rs C-355/90, Kommission/Spanien („Santona“), Slg 1993, I-4221, Rz 26; EuGH, Rs C-44/95, Lappel Bank, Slg 1996, I-3805, Rz 25f, 31 u 41; EuGH, Rs C3/96, Kommission/Niederlande, Slg 1998, I-3031; EuGH, 23. 3. 2006, Rs C-209/04, Kommission/Österreich. Lediglich überragend wichtige Allgemeininteresse, zu denen insbesondere der Schutz des Lebens und der Gesundheit zählen, sollen ausnahmsweise ein Absehen von der Unterschutzstellung rechtfertigen: Gellermann, in: Handbuch, Rz 17 unter Bezugnahme auf EuGH, Rs C-57/87, Kommission/Deutschland (Leybucht), Slg 1991, I-883. Auch der EuGH (Kommission/Niederlande [FN 122] Rz 70; EuGH, 7. 12. 2000, Rs C-374/98, Basses Corbieres [Rz 25]) misst den IBA-Inventaren hohe fachliche Re-
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Anders als nach der Vogelschutzrichtlinien geht der nationalen Ausweisung der Schutzgebiete nach der FFH-Richtlinie ein mehrstufiges Auswahlverfahren unter Beteiligung der Kommission voran: Auf die nationale Vorauswahl der Gebiete anhand ökologischer Kriterien (Phase 1)125, folgt die Erstellung einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung durch die Kommission im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten (Phase 2). Gebiete, die besonders schutzwürdige Habitate und Arten enthalten - sogenannte prioritäre Arten und Gebiete - werden dabei grundsätzlich jedenfalls in die Gemeinschaftsliste übernommen126. Ab der Aufnahme in die Gemeinschaftsliste, die als Entscheidung der Kommission erlassen wird, dürfen potentiell schutzgebietsbeeinträchtigende Vorhaben nur nach Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung zugelassen werden127. Im Anschluss an die Entscheidung der Kommission werden die Mitgliedstaaten die betroffenen Gebiete ihres Hoheitsgebietes „so schnell wie möglich“ spätestens jedoch bis Juni 2004 als Schutzgebiete ausweisen (Phase 3)128. Die Aufhebung des Schutzstatus eines FFH-Gebietes kann bei günstigem Erhaltungszustand der geschützten Arten und Lebensräume von der Kommission im Zusammenwirken mit dem Habitatausschuss erwogen werden129.
b) Ausweisungsvorschriften in den Naturschutzgesetzen Im Hinblick auf die Gemeinschaftsvorgaben wurde in den Ländern die spezielle Schutzgebietsbezeichnung „Europaschutzgebiet“ eingeführt130, lediglich in Tirol131 wird die Bezeichnung „Natura- 2000- Gebiete“ verwendet. Zu Europaschutzgebieten können dabei regelmäßig auch bereits bestehende Natur- und Landschaftsschutzgebiete sowie geschützte Landschaftsteile erklärt werden. Hinsichtlich der, nicht in Anh I der VogelschutzRL genannten Zugvogelarten fehlt es in den Gesetzen vielfach an eindeutigen Regelungen betreffend die Schutzgebietsausweisung132.
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levanz zu; weist aber zugleich darauf hin, dass diesen Dokumentationen durch andere wissenschaftliche Studien entgegengetreten werden kann. Zum Stand der Auswahl in Österreich vgl oben I.C.2. Der VfGH (VfSlg 15.977/2000) hat einen Individualantrag auf Aufhebung eines Beschusses der Steiermärkischen LReg über die Nominierung von Natura 2000-Gebieten mangels aktueller Betroffenheit der Antragsteller zurückgewiesen. Vgl aber Art 4 Abs 2 FFH-RL über die „flexible Anwendung“ der fachlichen Kriterien. Art 4 Abs 5 FFH-RL. Zum aktuellen Stand des Netzwerks vgl oben I. C. 2. Art 4 Abs 4 FFH-RL. Art 9 FFH-RL. Von diesem Verfahren ist die ausnahmsweise zulässige Beeinträchtigung eines Schutzgebiets durch ein einzelnes Vorhaben wegen überwiegender öffentlicher Interessen zu unterscheiden. § 22b Bgld NSchG; § 24a Krnt NSchG; § 9 NÖ NSchG; § 24 OÖ NSchG; § 22a Sbg NSchG; § 13a Stmk NSchG; § 26 Abs 4 Vlbg NSchG; § 22 Wr NSchG. § 14 Tir NSchG. Vgl zB die Ausnahme vom Schutzzweck von Europaschutzgebieten in § 13 Abs 3 Z 5 Stmk NSchG, bzw die Umschreibung der Schutzkategorie Europaschutzgebiet in § 26 Abs 4 Vlbg NSchG (vgl jedoch die Ausweisungsverpflichtung gem § 26 Abs 2 Vlbg NSchG). Näher dazu Christl, Umsetzung der Vogelschutz- und Fauna-FloraHabitat-Richtlinie im österreichischen Naturschutz-, Jagd- und Fischereirecht, in: Drumel (Hrsg), Der Natur ihr Recht, WWF-Studie 39, 1999, 65ff.
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2. Verträglichkeitsprüfung a) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Pläne und Projekte, die potentiell geeignet sind, ein Vogelschutz- bzw FFHGebiet allein oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben erheblich zu beeinträchtigen und die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Schutzgebietes in Verbindung stehen, dürfen erst nach Maßgabe einer Verträglichkeitsprüfung zugelassen werden133. Gegenstand der Prüfung, bei der die Öffentlichkeit „gegebenenfalls“ anzuhören ist134, ist die Verträglichkeit des Vorhabens mit den für das Schutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen135. Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie sind demnach anders als bei der UVP nach der UVP-Richtlinie - nicht sämtliche Umweltauswirkungen, sondern allein die Auswirkungen im Hinblick auf die speziellen Erhaltungsziele für das Schutzgebiet136. Dies schließt es jedoch keineswegs aus, die Ermittlungen für die FFH-Verträglichkeitsprüfung in die UVP zu integrieren, wenn das Vorhaben auch UVPpflichtig ist137.
Die zuständige Behörde hat das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung bei der Genehmigung zu berücksichtigen und - vorbehaltlich der in Art 6 Abs 4 FFH geregelten Interessenabwägung138 - die Genehmigung zu versagen, wenn „das Gebiet als solches beeinträchtigt wird“139. 133
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Art 6 Abs 3 u 4 iVm Art 7 FFH-RL. Vgl dazu den Leitfaden der Euopäischen Kommisson/GD Umwelt (Hrsg) Prüfung der Verträglichkeit von Plänen und Projekten mit erheblichen Auwirkungen auf Natura-2000-Gebiete (2001). Der Umfang der Öffentlichkeitsbeteiligung ist durch das Gemeinschaftsrecht nicht näher determiniert. Unzulässig wird es jedoch sein, wenn ein Mitgliedstaat die Anhörung der Öffentlichkeit generell ausschließt. Wie Gellermann, in: Handbuch, Rz 27 hervorhebt, könnten diese Erhaltungsziele auch in der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der geschützten Lebensräume und Arten bestehen, sodass insoweit eine Prüfung bloß im Hinblick auf Beeinträchtigungen des aktuellen Schutzgebietszustands zu kurz griffe. Auch die Prüfung nach der FFH-RL ist jedoch keine „einmediale“ Prüfung, vielmehr können auch mehrere Umweltmedien betroffen sein und sind auch Beeinträchtigungen des Schutzgebiets relevant, die durch mittelbare Einwirkungen oder auf Grund von Wechselwirkungen entstehen. Vgl auch Anh III 2 lit e UVP-RL, der Natura 2000-Gebiete als Indiz für die ökologische Empfindlichkeit eines Projektstandorts und damit als Auswahlkriterium für die UVP-Pflicht bei Projekten des Anh II UVP-RL nennt. Auch Vorhaben, die ein Gebiet „als solches“ beeinträchtigen dürfen ausnahmsweise nach Maßgabe der in Art 6 Abs 4 FFH-RL geregelten Interessenabwägung zugelassen werden. Dafür spricht neben dem Verweis auf diese Ausnahmeregelung in Art 6 Abs 3 FFH-RL auch die in den Erwägungsgründen und in Art 2 Abs 3 FFH-RL angesprochene Bedachtnahme auf andere, als ökologische Interessen. Das Gewicht der Gebietsbeeinträchtigung ist freilich in die Interessenabwägung einzustellen. AM Mauerhofer, Das Schutzgebietssystem „Natura 2000“ nach den Richtlinien 79/409/EWG („Vogelschutzrichtlinie“) und 92/43/EWG („Fauna-Flora-HabitatRichtlinie“), RdU 1999, 83 (89) sowie Rödiger-Vorwerk, Die Fauna-Flora-HabitatRichtlinie der Europäischen Union und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, 122ff. Vgl dazu näher Madner, 43f. Die Auslegung des sog „Verträglichkeitsgrundsatz“ (Freytag/Iven, Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für den nationalen Habitatschutz, NuR 1995, 109 [114]) ist in der Literatur umstritten. Mit Blick auf die Schutzziele der Richtlinie und die Voraussetzung der Prüfpflicht (erhebliche Beeinträchtigungen des Gebiets) sind darun-
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Fällt die Verträglichkeitsprüfung negativ aus, darf das Vorhaben gem Art 6 Abs 4 FFH-RL nur nach einer Interessenabwägung aus „zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher wirtschaftlicher oder sozialer Art“ zugelassen werden, wenn eine Alternativlösung nicht vorhanden ist140 und wenn alle für die „globale Kohärenz“ von Natura 2000 notwendigen Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden. In Gebieten, die prioritäre Lebensräume und Arten beherbergen141, ist der Maßstab der Interessenabwägung verschärft: das negative Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung kann hier zunächst grundsätzlich nur durch Gesundheitsinteressen, Interessen der öffentlichen Sicherheit oder auf Grund maßgeblicher ökologischer Kompensationswirkungen überspielt werden; andere zwingende öffentliche Interessen dürfen erst nach Einholung einer Stellungnahme der Kommission in die Interessenabwägung einbezogen werden142. b) Die Verträglichkeitsprüfung in den Naturschutzgesetzen Spezifische Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinienvorgaben über die Verträglichkeitsprüfung für schutzgebietsbeeinträchtigende Projekte enthalten mittlerweile alle Naturschutzgesetze der Länder143. Das Vorarlberger NaturschutzG144 behält die Vorschreibung von spezifischen Bewilligungsvoraussetzungen für Europaschutzgebiete der Schutzgebietsverordnung vor. In keinem Land wurden spezielle Regelungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung an der Verträglichkeitsprüfung getroffen, eine solche findet daher nur statt, wenn für das
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ter erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen der Schutzgebietsfunktion, insbesondere auch, aber nicht nur durch Flächenverbrauch zu subsumieren. Die Erheblichkeit der Beeinträchtigung wird nicht zuletzt von der Bedeutung des betroffenen Gebietsteils für das Schutzgebiet bestimmt. Im Ergebnis dürfte sich dies mit der von Gellermann, in: Handbuch, Rz 29 FN 83 vertretenen Auffassung decken. Vgl dazu auch Madner, 43 FN 148 mwN. Vgl auch den Auslegungsleitfaden der Europäischen Kommission, 43f. Vgl dazu näher B. Erbguth, Naturschutz und Europarecht: Wie weit reicht die Pflicht zur Alternativenprüfung gem Art 6 Abs 4 der Habitatrichtlinie?, DVBl 1999, 588. Ramsauer, Die Ausnahmeregelungen des Art 6 Abs 4 der FFH-Richtlinie, NuR 2000, 601 (606f). Wird das prioritäre Vorkommen nicht potentiell beeinträchtigt oder blieb es bei der Gebietsauswahl als unerheblich, rechtfertigt dies wohl nicht die Anwendung des Art 6 Abs 4 UAbs 2. Vgl in diesem Sinn die Europäische Kommission, Auslegungsleitfaden, 52f. Art 6 Abs 4 UAbs 2 FFH-RL. Die Kommission (Stellungnahme zur deutschen A 20, 9.1.1996, Abl L 6, 14) hat dabei auch wirtschaftliche Interessen als zwingende Gründe anerkannt. Vgl demgegenüber Gellermann, in: Handbuch, Rz 33; Ramsauer (FN 140) 609. § 22d Bgld NSchG; § 24b Krnt NSchG; § 10 NÖ NSchG; § 24 OÖ NSchG; § 22a Sbg NSchG; § 13b Stmk NSchG; § 14 Tir NSchG; § 22 Wr NSchG. Vgl dazu Ennöckl, Natura 2000 (2001); Zanini/Reithmayer (Hrsg) Natura 2000 (2004) sowie speziell zum Sbg NSchG, Pürgy, Natura 2000. § 35 Abs 5 Vlbg NSchG.
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Vorhaben zugleich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G erforderlich ist145.
3. Schutzerfordernisse für nicht ausgewiesene Natura 2000-Gebiete? a) Vogelschutzgebiete Der EuGH hat im Santona-Urteil146 klargestellt, dass die Schutzverpflichtungen des Art 4 Abs 4 Satz 1 der VogelschutzRL von den Mitgliedstaaten auch für jene Gebiete zu erfüllen sind, die pflichtwidrig nicht als besonderes Vogelschutzgebiet ausgewiesen wurden. Der EuGH147 hat weiters klargestellt, dass die Mitgliedstaaten für solche „faktischen Vogelschutzgebiete“148 auch nach dem Wirksamwerden der FFH-RL weiterhin die strengeren Verpflichtungen des Art 4 Abs 4 Satz 1 VogelschutzRL zu erfüllen haben und nicht das Schutzregime der FFH-RL (einschließlich der FFH-Verträglichkeitsprüfung) zum Tragen kommt, welches schutzgebietsbeeinträchtigende Eingriffe, auch aus überwiegenden wirtschaftlichen Gründen zulässt149. Als Gründe, die eine, auf das allernotwendigste beschränkte Beeinträchtigung eines besonderen Vogelschutzgebietes rechtfertigen können, kommen nach dem Leybucht-Urteil des EuGH150 insbesondere der Schutz der menschlichen Gesundheit, die öffentliche Sicherheit und ökologische Erwägungen in Betracht. b) FFH-Gebiete Sobald die Kommission die Liste der Gemeinschaftsgebiete (Art 4 Abs 2 FFHRL) als Entscheidung erlässt, sind die davon erfassten FFH-Gebiete von dem Mitgliedstaaten dem Schutzregime des Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL zu unterwerfen151. Die Erstellung dieser Gemeinschaftsliste, die bis zum Juni 1998 erfolgen 145
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Zu den vagen Gemeinschaftsvorgaben in diesem Punkt vgl oben. Näher zur Öffentlichkeitsbeteiligung im UVP-Verfahren im Beitrag zur Umweltverträglichkeitsprüfung in diesem Band. EuGH, Kommission/Spanien („Santona“) (FN 122), Rz 22. Bestätigend EuGH, Rs C-166/97, Kommission/Frankreich (Seine), Slg 1999, I-1719, Rz 38f. EuGH, Basses Corbieres (FN 124). Zur Indentifizierung dieser Gebiete vgl Maaß oben FN (121 ). Vgl auch US, 19.6.2001, 2/2000/12-66, Zwentendorf. Gem Art 7 FFH-RL werden die Schutzverpflichtungen des Art 4 Abs 4 Satz 1 VogelschutzRL (nicht aber die Vorschriften über die Schutzgebietsausweisung gem Art 4 Abs 1 VogelschutzRL) mit Ende der Umsetzungsfrist für die FFH-RL von den Verpflichtungen des Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL abgelöst. Für „faktische Vogelschutzgebiete“ war dieser Wechsel des Schutzregimes bislang umstritten. Dagegen ua Gellermann, in: Handbuch, Rz 39. Dafür hatte sich ua die Kommission ausgesprochen. Der EuGH (Basses Corbieres [FN 124, Rz 56] begründet sein Auslegungsergebnis insbesondere auch mit dem Anreiz zur Schutzgebietsausweisung, der mit der Weitergeltung des strengen Regimes der VogelschutzRL einhergeht. EuGH, Kommission/Deutschland (Leybucht) (FN 123), Rz 21ff im Zusammenhang mit der Verkleinerung eines Vogelschutzgebietes. Vgl auch Gellermann, Natura 20002, 117ff. Dies ordnet Art 4 Abs 5 FFH-RL ausdrücklich an. Die Mitgliedstaaten haben durch entsprechende Umsetzungsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass dieser Schutz auch dann greift, wenn ein Gebiet innerstaatlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht als besonderes Schutzgebiet ausgewiesen wurde.
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sollte, ist allerdings nicht zuletzt auf Grund verspäteter Gebietsmeldungen durch die Mitgliedstaaten deutlich in Verzug geraten. Vielfach152 und nicht zuletzt seitens der Kommission153 wird daher eine Vorwirkung des Schutzregimes des Art 6 Abs 2-4 FFH-RL (also insbesondere auch der Regelungen über die Verträglichkeitsprüfung) für solche Gebiete postuliert, die auf nationaler Ebene bereits als potentielle FFH-Gebiete ausgewählt wurden bzw hinsichtlich derer eine solche Auswahl nahe liegt. Der EuGH hat eine Verpflichtung, bereits gemeldete Gebiete vor der Erstellung der Gemeinschaftsliste dem Schutzregime des Art 6 Abs 2-4 FFH-RL zu unterstellen, abgelehnt. Für diesen Standpunkt kann insgesamt, und insbesondere im Hinblick auf nicht Gebiete ohne prioritäre Gebietsbestandteile, das spezielle Auswahlverfahren der FFHRichtlinie ins Treffen geführt werden154. Die Mitgliedstaaten sind jedoch auch 152
So in Bezug auf gemeldete Gebiete mit prioritären Bestandteilen bzw sonstige besonders bedeutsame gemeldete Gebiete: Gellermann, Natura 20002, 123f; vgl auch Erbguth, Ausgewiesene und potentielle Schutzgebiete nach FFH- bzw. Vogelschutz-Richtlinie: (Rechts-) Wirkungen auf die räumliche Gesamtplanung - am Beispiel der Raumordnung, NuR 2000, 130 (136ff).weitergehend: Apfelbacher/ Adenauer/Iven, Das zweite Gesetz zur Änderung des BNatSchG, NuR 1999 (Teil 2), 63 (72 f) in Bezug auf prioritäre Gebiete bzw für bereits ausgewählte, jedoch noch nicht an die Kommission gemeldete Gebiete; Niederstadt, Die Umsetzung der FloraFauna-Habitatrichtlinie durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, NuR 1998, 515 (522) hinsichtlich nicht benannter Gebiete, die hinreichend eindeutig den Kriterien der Anhänge der FFH-RL entsprechen; Louis, Die Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie durch das Bundesnaturschutzgesetz, DÖV 1999, 374 (376 f) hinsichtlich bereits gemeldeter bzw auf nationaler Ebene ausgewählter Gebiete; Für Erhaltungspflichten zugunsten nicht gemeldeter Gebiete offenbar auch Mauerhofer (FN 138)91. Auch das deutsche Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, 19. 5. 1998 - 4 A 9/97 [ Schleswig], NVwZ 1998, 961) hat sich bei der Prüfung der Trassenführung für die A 20 - Ostseeautobahn für eine Vorwirkung des Art 6 FFH-RL für nicht gemeldete potentielle FFH-Gebiete ausgesprochen. 153 Die Kommission (Auslegungsleitfaden, 14) hält eine Vorwirkung des Art 6 FFH-RL unter Berufung auf die Treupflicht der Mitgliedstaaten gem Art 10 (ex Art 5) EG-V sowie auf das Santona-Urteil des EuGH durchaus für denkbar und empfiehlt den Mitgliedstaaten jedenfalls Verschlechterungen von Gebieten auf der nationalen Auswahlliste zu vermeiden, weiters Maßnahmen zum Erhalt von Gebieten zu treffen, die nach den in Anh III FFH-RL genannten Kriterien als Schutzgebiete vorgeschlagen werden sollten und beeinträchtigende Projekte einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen. 154 Insb die Beteiligung der Kommission an der Gebietsauswahl, das an ein Einvernehmenserfordernis gebundene Konzertierungsverfahren in Streitfällen (Art 5 FFH-RL) und die Möglichkeit, die Auswahlkritieren für Gebiete mit prioritären Arten und Lebensräumen „flexibel“ anzuwenden und solche Gebiete aus dem Natura 2000Netzwerk auszuklammern sprechen gegen die Vorverlagerung der Verpflichtungen aus Art 6 FFH-RL. Skeptisch bis ablehnend zur Annahme „potentieller“ FFH-Gebiete vgl auch Stüber, Gibt es „potentielle Schutzgebiete“ i. S. d. FFH-Richtlinie?, NuR 1998, 531 (532 f); Müller-Terpitz, Aus eins mach zwei - Zur Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes, NVwZ 1999, 26 (29); implizit wohl auch Gassner, Aktuelle Fragen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, NuR 1999, 79 (82). Thorsten Koch, Regulierung des Zielkonflikts zwischen Naturschutz und anderen Interessen, NuR 2000, 374 (376f). Differenziert: Gellermann (FN 152) 121ff. Der VwGH (VwSlg 14.349A/1995) hat unter Verweis auf das einvernehmliche Ausweisungsverfahren eine Verpflichtung zur Anwendung des Art 6 auf nicht ausgewiesene Gebiete abgelehnt, die Differen-
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vor der Erstellung der Gemeinschaftsliste gehalten, die Ziele der FFHRichtlinie zu beachten und die Errichtung und Kohärenz des Natura-2000 Netzwerkes nicht praktisch zu vereiteln. Der EuGH155 fordert, zugunsten von bereits gemeldeten Schutzgebieten und hier insbesondere für Gebiete mit prioritären Bestandteilen „Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die im Hinblick auf das mit der Richtlinie verfolgte Erhaltungsziel geeignet sind, die erhebliche ökologische Bedeutung die diesen Gebieten auf nationaler Ebene zukommt, zu wahren. Im Ergebnis bedeutet dies ein Verschlechterungsverbot für bereits gemeldete Gebiete, das auch Beeinträchtigungen aus überwiegenden wirtschaftlichen Erwägungen iSv Art 6 Abs 4 FFH-RL ausschließt156. Eine ausdrückliche Regelung für Gebiete, die bereits an die Kommission gemeldet, innerstaatlich jedoch noch nicht als Europaschutzgebiet ausgewiesen wurden, trifft § 37 Abs 6 NÖ NSchG, das den Umweltanwalt diesfalls ermächtigt, die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung nach § 9 NÖ NSchG zu beantragen.
4. Unmittelbare Wirkung des Natura 2000-Schutzregimes Das „Santona-Urteil“ des EuGH hat die Verpflichtung zum Schutz „faktischer Vogelschutzgebiete“ eindeutig klargelegt. Darüber hinaus stellt sich jedoch die Frage, ob die Schutzbestimmungen des Art 4 Abs 4 Vogelschutzrichtlinie bzw die Regelungen über die FFH-Verträglichkeitsprüfung (Art 6 Abs 3 u 4 FFHRL) bei der Zulassung von Vorhaben jeweils im Genehmigungsverfahren unmittelbar anzuwenden sind, wenn die einschlägigen Richtlinienvorgaben nicht bzw mangelhaft umgesetzt sind und eine richtlinienkonforme Interpretation nicht möglich ist. Gegebenenfalls betrifft dies zum einen Vorhaben in „faktischen Vogelschutzgebieten“ (in Bezug auf Art 4 Abs 4 VogelschutzRL); zum anderen (jeweils in Bezug auf die „FFH-Verträglichkeitsprüfung“ gem Art 6 Abs 3 u 4 FFH-RL) Vorhaben in ausgewiesenen Vogelschutzgebieten und jedenfalls nach Erstellung der Gemeinschaftsliste - Vorhaben in FFH-Gebieten. Dies wird auf Grund der hinreichenden Bestimmtheit und Unbedingtheit der Vorschriften jedenfalls für Projekte der öffentlichen Hand zu bejahen sein157; das Wattenmeer-Urteil des EuGH158 und die vergleichbare Rechtsprechung zur UVP-Richtlinie159 legt aber auch für Vorhaben Privater eine unmittelbare Anwendung nahe160.
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zierung zwischen Vogelschutz- und FFH-Gebieten dabei jedoch nicht klar zum Ausdruck gebracht. EuGH, 13. 1. 2005, Rs C-117/03, Draggagi. Vgl zur Frage des Schutzniveaus für potenzielle Schutzgebiete ausführlich Gellermann, Habitatschutz in der Perspektive des Europäischen Gerichtshofs, NuR 2005, 433 (434ff). So auch Gellermann, NuR 1996, 557.Vgl Madner, 58f insb FN 226. EuGH, 7.9. 2004, Rs C-127/02. Vgl insb EuGH Rs C-431/92, Großkrotzenburg, Slg 1995, I-2211; Rs C-72/95, Kraaijeveld, Slg 1996, I-5403; Rs C-435/97, Flughafen Bozen, Slg 1999, I-5613. Näher zu dieser Rechtsprechung im Beitrag zur Umweltverträglichkeitsprüfung in diesem Band. Soweit nicht Projekte der öffentlichen Hand betroffen sind, ist es das sog Belastungsverbot (keine unmittelbare Begründung von Verpflichtungen für Einzelne durch Richtlinien), dass in diesem Zusammenhang zur Diskussion steht. Die Judikatur des EuGH zur UVP-RL zeigt, dass der EuGH gegen die unmittelbare Verpflich-
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D. Parteistellung, Behördenzuständigkeit Ist der Antragsteller nicht zugleich Grundeigentümer, sehen die Naturschutzgesetze eine schriftliche Zustimmungserklärung des Grundeigentümers zur geplanten Maßnahme vor161. Der VwGH162 hat in Zusammenhang mit derartigen Vorschriften mehrfach ausgesprochen, dass es sich dabei um Bestimmungen im Dienst der Verwaltungsökonomie handelt, die nicht dem Schutz von Eigentümerrechten dienen und dem Grundeigentümer, der nicht zugleich Antragsteller ist, kein Recht auf Erteilung oder Versagung der Genehmigung und insoweit keine Parteistellung einräumen. Nachbarn wird neben dem Antragsteller in naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren keine Parteistellung eingeräumt. In die Genehmigungsverfahren sind jedoch Gemeinden163, und Umweltanwälte164 eingebunden, für die vielfach Parteistellung vorgesehen ist.
Der VwGH165 vertritt in seiner ständigen Rechtsprechung zu naturschutzrechtlichen Vorschriften, mit denen Gemeinden eine nicht näher spezifizierte Parteistellung bzw eine Parteistellung zum Schutz öffentlicher Interessen verliehen wird166, die Auffassung, dass der Gemeinde damit bloß die Stellung einer Legal- oder Formalpartei eingeräumt wird, die jedoch keine subjektiven Rechte hinsichtlich der Entscheidung in der Sache selbst besitzt167.
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tung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls im Rahmen bestehender Genehmigungsverfahren keine Bedenken hatte. Näher dazu im Beitrag zur Umweltverträglichkeitsprüfung in diesem Band sowie Madner, 58ff. Für eine unmittelbare Wirkung des FFH-Schutzregimes (wegen der bloß mittelbaren Belastung Privater) Gellermann, NuR 1996, 555ff, derselbe, Natura 20002, 199 ff sowie weiters (jeweils ohne Bezugnahme auf das „Belastungsverbot“) Feik, Die EGVogelschutzrichtlinie 79/409/EWG, RdU 1997, 3 (8) und Mauerhofer (FN 138)91. Vgl zB § 51 Abs 2 Krnt NSchG; § 43 Abs 2 Tir NSchG; § 34 Abs 1 Vlbg NSchG. Vgl zB VwGH 4.9.1995, 95/10/0125. Vgl auch Hattenberger, 99f mwN. Ausdrücklich geregelt ist die Parteistellung von Gemeinden im Burgenland (§ 52 Bgld NSchG), in Kärnten (§ 53 Krnt NSchG), in Niederösterreich (§ 27 NÖ NSchG), in Tirol (§ 43 Abs 4 Tir NSchG) und in Vorarlberg (§ 48 Abs 1 Vlbg NSchG). )In Oberösterreich (§ 41 OÖ NSchG) und Salzburg (§ 47 Abs 4 Sbg NSchG) und in der Steiermark (§ 16 Stmk NschG) sind der Gemeinde Anhörungsrechte eingeräumt. In Kärnten kommen in bestimmten Bewilligungsverfahren dem Naturschutzbeirat Mitwirkungsrechte zu (§ 54 Krnt NSchG). Näher dazu Hattenberger, 100ff. In den übrigen Ländern ist die Mitwirkung in Bewilligungsverfahren einem Umweltanwalt (in Vorarlberg: Naturschutzanwalt) zugewiesen: § 3 iVM Anhang C Bgld L-VAG, LGBl 2002/78. § 27 NÖ NSchG; § 5 Abs 1 OÖ UmweltschutzG, LGBl 1996/84 idF 2000/1); § 55 Sbg NSchG; § 6 Abs 2 Stmk UmweltschutzG LGBl 1988/78 idF 1999/15; § 34 Tir NSchG; § 50 Vlbg NSchG; § 6 Wr UmweltschutzG LGBl 1993/25 idF LGBl 1998/45. VwGH 23. 10. 1995, 95/10/0081 mit Hinweisen auf Vorjudikatur. Vgl zB § 52 Bgld NSchG. Die der Gemeinde mit § 41 Abs 4 Tir NaturschutzG (nunmehr § 43 Abs 3) eingeräumte, näher spezifizierte Parteistellung wurde demgegenüber vom VwGH (3. 9. 1998, 97/10/0145) als Parteistellung zur Durchsetzung subjektiver Rechte hinsichtlich der von der Gemeinde wahrzunehmenden Interessen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs qualifiziert. Eine ähnliche Bestimmung wie das Tir NSchG enthält § 27 NÖ NSchG. § 48 Abs 1 Vlbg NSchG räumt der Gemeinde einen Rechtsanspruch auf die Wahrung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung bei Entscheidung in naturschutzrechtlichen Verfahren ein.
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Auch hinsichtlich der Parteienbefugnisse der Umweltanwälte vertritt der VwGH168 die Ansicht, dass die dem Umweltanwalt übertragene Befugnis zur „Wahrung der Interessen des Umweltschutzes“ dem Umweltanwalt keine subjektiv öffentliche Rechte verleihe, sondern dieser als Organpartei vor dem VwGH lediglich die Einhaltung seiner prozessualen Befugnisse geltend machen könne169. Sofern ein genehmigungspflichtiges Vorhaben zugleich UVP-pflichtig ist, können Umweltanwälte und Gemeinden auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften jedenfalls als subjektive Recht geltend machen und Beschwerde an den VwGH erheben.Eine Regelung im OÖ NSchG, mit der dem Sachverständigen in Naturschutzverfahren zugleich die Position einer Amtspartei mit Berufungsrecht eingeräumt wurde, hat der VfGH als unsachlich erkannt170.
Die Zuständigkeit zur Erteilung naturschutzbehördlicher Bewilligungen obliegt in der Regel in erster Instanz der Bezirksverwaltungsbehörde, in zweiter Instanz der Landesregierung. Für Verfahren in Naturschutzgebieten, in Europaschutzgebieten oder zur Koordination von naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren mit sonst erforderlichen Genehmigungsverfahren, sehen die Naturschutzgesetze oder sonstige Landesgesetze jedoch verschiedentlich die Zuständigkeit der LReg in erster Instanz vor171.
E. Strafbestimmungen und naturschutzpolizeiliche Maßnahmen Die Errichtung von bewilligungspflichtigen Anlagen ohne die erforderliche Bewilligung bzw das Unterlassen der erforderlichen Anzeige anzeigepflichtiger Maßnahmen ist in allen Naturschutzgesetzen als Verwaltungsübertretung strafbar. Besondere Bedeutung bei der Durchführung bewilligungspflichtiger Maßnahmen ohne Bewilligung kommt den ordnungspolizeilichen Maßnahmen „Arbeitseinstellung“ und „Wiederherstellungsauftrag“ zu172. Die naturschutzgesetzlichen Ermächtigungen zu Wiederherstellungsaufträgen stellen zumeist nicht auf die Frage der Bewilligungsfähigkeit eines Vorhabens ab; ein nachträglich anhängig gemachtes Bewilligungsverfahren steht einem Wiederherstellungsauftrag insofern nicht entgegen173, dieser wird jedoch durch eine nachträgliche Bewilligung des ursprünglich ordnungswidrigen Zu168 169 170
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VwGH 22. 3. 1993, 93/10/0033 zum steiermärkischen Umweltanwalt. Kritisch dazu Schäfer, Umweltanwaltschaft und Umweltkontrolle, UBA Reports, 1993; Bußjäger, 117. VfSlg16.029/2000 zu § 15 OÖ NSchG, worin der VfGH die Stellung einer Amtspartei für nicht vereinbar mit der Stellung eines objektiven Sachverständigen qualifiziert. Vgl die Regelung in § 54 Abs 3 Sbg NSchG. Vgl zB § 47 Abs 1 Z 4 Sbg NSchG; § 6 Abs 4 lit a Stmk NSchG; § 42 Abs 2 Tir NSchG. §§ 54 u 55 Bgld NSchG; §§ 56 u 57 Krnt NSchG; § 35 NÖ NSchG; § 46 Sbg NSchG; § 34 Stmk NSchG; § 17 Tir NSchG; §§ 40 u 41 Vlbg NSchG; § 37 Wr NSchG. Ausführlich dazu am Beispiel des Krnt NSchG, Hauer, Polizeimaßnahmen im Kärntner Naturschutzrecht, in: Potacs (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Naturschutzrecht, 1999, 123 (128ff). VwGH 9. 1. 2000, 2000/10/0147 (zum OÖ NSchG); VwGH 24. 10. 1994, 94/10/0098 (zum Sbg NSchG); VwSlg 10.803/1982; Liehr/Stöberl, Einführung, 61; Hauer (FN 172), 138f mwN.
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stands beseitigt, ein gegebenenfalls bereits eingeleitetes Vollstreckungsverfahren ist einzustellen174.
F. Naturschutzabgabe Für die Gewinnung von Bodenschätzen175 bzw für bestimmte sonstige naturschutzrechtlich bewilligungspflichtige Vorhaben (zB für die Errichtung von Seilbahnen, Schleppliften, Beschneiungsanlagen)176, heben einzelne Länder eine Naturschutzabgabe als ausschließliche Landesabgabe (§ 8 F-VG) ein, die der Förderung von Naturschutzanliegen dient.
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VwSlg 10.803/1982; Liehr/Stöberl, Einführung, 61; Hauer (FN 172), 138f mwN. Vgl §§ 75a und 75b Bgld NSchG; § 59 Sbg NSchG; § 12-14 Vlbg NSchG. § 18 Tir NSchG.
Doris Hattenberger
Anlagenrelevante Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes Rechtsgrundlagen ...........................................................................................976 Grundlegende Literatur...................................................................................977 I. Grundlagen ................................................................................................978 A. Allgemeines............................................................................................978 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .........................................................979 C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen ...................................................983 II. Anlagenrecht und WRG - Instrumentarium.........................................989 III. Begriffsbestimmungen ...........................................................................990 A. Wasser - Gewässer ................................................................................990 B. Öffentliche - private Gewässer ..............................................................991 C. Grundwasser - Tagwässer.....................................................................991 D. Anlagen .................................................................................................991 E. Öffentliche Interessen ............................................................................992 F. Stand der Technik ..................................................................................994 IV. Benutzung der Gewässer .......................................................................994 A. Allgemeines............................................................................................994 B. Bewilligungspflicht ................................................................................995 1. Bewilligungspflicht bei öffentlichen Gewässern...............................996 2. Bewilligungspflicht bei privaten Tagwässern ...................................997 3. Bewilligungspflicht beim Grundwasser ............................................998 4. Weitere Ausnahmen von der Bewilligungspflicht: ...........................998 C. Bewilligungskriterien ............................................................................998 D. Befristung, Abänderung der Bewilligung, persönliche und dingliche Bindung ...............................................................................1000 V. Gewässerschutz ......................................................................................1001 A. Vorbemerkung .....................................................................................1001 B. Allgemeine wasserrechtliche Sorgfaltspflicht (§ 31 WRG)..................1003 C. Bewilligungspflichten ..........................................................................1004 D. Einwirkungsbewilligung nach § 32 WRG ...........................................1004 1. Bewilligungspflicht .........................................................................1005 2. „Exkurs“: Bewilligungspflicht nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO ...........1009 3. Bewilligungskriterien ......................................................................1010 E. Vorsorgetatbestände............................................................................1014 1. Einleitung ........................................................................................1014 2. Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe.....1015 3. Sonstige Vorsorge gegen Wassergefährdung (§ 31c WRG) ...........1016 F. Sanierung von Altanlagen ...................................................................1017
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G. Sonderbestimmungen für Wasserversorgungsanlagen....................... 1018 VI. Weitere anlagenrelevante Regelungen ............................................... 1018 VII. Instandhaltungspflicht ....................................................................... 1019 X. Verfahren - Einzelaspekte .................................................................... 1020 A. Genehmigungskonkurrenz - Koordination - Konzentration................ 1020 B. Wasserrechtsbehörden - Zuständigkeit ............................................... 1024 C. Parteistellung...................................................................................... 1024 D. Bewilligungsverfahren........................................................................ 1025 E. Anzeigeverfahren................................................................................. 1028 F. Auflagen und Nebenbedingungen ....................................................... 1028 IX. Aufsicht ................................................................................................. 1028 X. Strafen .................................................................................................... 1029 Rechtsgrundlagen: EU-Recht: Primärrecht: insbesondere Art 174f EGV; Sekundärrecht: RL 75/440/EWG über die Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung in den Mitgliedstaaten (Abl 1975 L 194/26 idF 1991 L 377/48) - Rohwasser-RL; RL 76/160/EWG über die Qualität der Badegewässer (Abl 1976 L 31/1 idF 2003 L 122/36) - Badegewässer-RL; RL 76/464/EWG betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft (Abl 1976 L 129/23 idF 2000 L 327/1); RL 78/659/EWG über die Qualität von Süßwasser, das schutz- oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten (Abl 1978, L 222/1 idF 2003 L 122/36) - Fischgewässer-RL; RL 80/68/EWG über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe (Abl 1980 L 20/43 idF 1991 L 377/48) - Grundwasser-RL; RL 91/676/EWG zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (Abl 1991 L 375/1 idF 2003 L 284/1) - Nitrat-RL; RL 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Abwasser (Abl 1991 L 135/40 idF 2003 L 284/1) - Kommunalabwasser-RL; RL 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (Abl 1996 L 257/26 idF 2006 L 33/1) - IPPC-RL; RL 98/83/EG über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Abl 1998 L 330/32 idF 2003 L 284/1) - neue Trinkwasserrichtlinie; Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Abl 2000, L 327/1 idF 2001 L 331/1) - Wasser-Rahmenrichtlinie; Entscheidung Nr 2455/2001/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 zur Festlegung der Liste prioritärer Stoffe im Bereich der Wasserpolitik und zur Änderung der Richtlinie 2000/60/EG (Abl 2001, L 331/1); RL 2006/7/EG über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung und zur Aufhebung der Richtlinie 76/160/EWG1 (Abl 2006, L 64/37). Bundesgesetz: Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl 1959/215 (WV) idF BGBl I 2006/123). Verordnungen: zahlreiche Abwasseremissionsverordnungen (AEV): zB Verordnung über die allgemeine Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließgewässer und öffentliche Kanalisationen (BGBl 1996/186) - AAEV; Verordnung über die Begrenzung von 1
Diese RL ist mit 24.3.2006 in Kraft getreten und ist bis zum 24.3.2008 umzusetzen. Sie hebt die RL 76/160/EWG gemäß den Anordnungen des Art 17 auf.
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Abwasseremissionen aus Abwasserreinigungsanlagen für Siedlungsgebiete (BGBl 1996/210 idF BGBl II 2000/392) - 1. AEV für kommunales Abwasser; Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus Abwasserreinigungsanlagen für Einzelobjekte in Extremlage (BGBl II 2006/249) - 3. Emissionsverordnung für kommunales Abwasser; Verordnung über die Begrenzung von Sickerwasseremissionen aus Abfalldeponien (BGBl II 2003/263 idF BGBl II 2005/103) - AEV Deponiesickerwässer; weiters zahlreiche branchenspezifische Abwasseremissionsverordnungen, zB Verordnung über die Begrenzung der Abwasseremissionen aus der Erzeugung von gebleichtem Zellstoff (BGBl II 2000/219) - AEV Gebleichter Zellstoff; Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der Schlachtung und Fleischverarbeitung (BGBl II 1999/12) AEV Fleischwirtschaft; Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der Milchbearbeitung und Milchverarbeitung (BGBl II 1999/11) - AEV Milchwirtschaft; Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus Gerbereien, Lederfabriken und Pelzzurichtereien (BGBl II 1999/10) - AEV Gerberei; Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der Reinigung von Verbrennungsgas (BGBl II 2003/271) - AEV Verbrennungsgas; Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der Tierkörperverwertung (BGBl 1995/891) - AEV Tierkörperverwertung; Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der Herstellung von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln (BGBl 1996/668) AEV Pflanzenschutzmittel; Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der physikalisch-chemischen oder biologischen Abfallbehandlung (BGBl II 1999/9) - AEV Abfallbehandlung; und viele andere mehr. Verordnung betreffend Schwellenwerte für Grundwasserinhaltsstoffe (BGBl 1991/502 idF BGBl II 2002/147) - Grundwasserschwellenwerteverordnung; Verordnung über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe (BGBl II 2000/398) - Grundwasserschutzverordnung; Verordnung betreffend Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe (BGBl II 1998/4); Verordnung betreffend Abwassereinleitungen in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationen (BGBl II 1998/222 idF BGBl II 2006/523) - Indirekteinleiterverordnung (IEV); Verordnung über bewilligungspflichtige wassergefährdende Stoffe (BGBl 1969/275); Verordnung zur Verbesserung der Wassergüte der Donau und ihrer Zubringer (BGBl 1977/210); Verordnung zur Verbesserung der Wassergüte der Mur und ihrer Zubringer im Land Steiermark (BGBl 1973/423); Verordnung über die Festlegung des Zielzustandes für Oberflächengewässer (BGBl II 2006/96) - Qualitätszielverordnung Chemie Oberflächengewässer - QZV Chemie OG.
Grundlegende Literatur: Akyürek, Wasserrecht, in: N. Raschauer/Wessely (Hrsg), Handbuch Umweltrecht, 2006, 216; Baumgartner, Wasserrecht, in: Bachmann ua (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht6, 2006, 189; F. Ermacora, Wasserrecht, in: Ermacora/Krämer, Die Umsetzung des europäischen Umweltrechts in Österreich, 2000, 81; Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, 1978; G. Haybäck/M. Haybäck, Allgemeine Sorge für die Reinhaltung der Gewässer - § 31 WRG im Spannungsfeld von öffentlichem und privatem Recht, ÖGZ 1999/2, 4; Hödl, Wasserrahmenrichtlinie und Wasserrecht, 2005; Kaan/Braumüller, Handbuch Wasserrecht, 2000; Kahl, Wasserrechtsgesetz, in: RathKathrein/Weber (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht3, 1999, 137; Kerschner/Weiß, Wasserrechtsgesetz 1959 idF der WRG-Novelle 2003, 2003; Kneihs, Die bewilligungspflichtige Gewässernutzung, ÖZW 1997, 33; Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 1962, Ergänzungsband, 1974; Mayer, Wasserkraftwerke im Verwaltungsverfahren, 1991; Mayer, Baurechtliche Bewilligung für Wasserkraftwerke?, ecolex 1991, 214; Oberleitner, Vereinfachungen und Neuregelungen im Wasserrecht - Die WRG-Novellen 1997, RdU 1997, 159; Oberleitner, WRG - Wasserrechtsgesetz 1959 idF der WRG-
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Novelle 1999 - Kommentar, 2000; Oberleitner, Umsetzung der Wasser-Rahmenrichtlinie in Österreich, RdU 2003, 84; Oberleitner, Das österreichische Wasserrechtsgesetz 1959 - Kommentar, 2004; Oberleitner, Das „öffentliche Interesse“ im Wasserrecht, RdU 2005/2; Öberseder, Handbuch Anlagenrecht, 1996; Pernthaler/Schöpf, Das Wasser in der Kompetenzverteilung, in: Pernthaler (Hrsg), Das Recht des Wassers in nationaler und internationaler Perspektive, 1998, 5; Preiß, Die Genehmigungsvorbehalte zur Gewässerreinhaltung, ZfV 1997, 177; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993; Rossmann, Das österreichische Wasserrechtsgesetz3, 1993; Rossmann, Die Wasserrahmenrichtlinie der EU, 2003; Schnedl, Rechtliche Rahmenbedingungen der kommerziellen Nutzung österreichischer Quellwasserressourcen - Zur rechtlichen Zulässigkeit des Exports von Trinkwasser, RdU 2001, 3; Vogl, Die neue Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, in: Reichelt (Hrsg), Europäisierung des Wasserrechts, 2002, 55; Vogl, Wasserrecht, in: Norer (Hrsg), Handbuch des Agrarrechts, 2005; Winner, Das Verfahren im Wasserrecht - Eine Darstellung im Licht der Forderung nach Verfahrensvereinfachung im Anlagenrecht, ZfV 1997, 311.
I. Grundlagen A. Allgemeines Im vorliegenden Beitrag werden - dem Titel entsprechend - anlagenrelevante Regelungen des WRG vorgestellt und in einzelnen Punkten näher ausgeführt und problematisiert. Hervorzuheben ist zunächst die Beschränkung auf die Bestimmungen des WRG; landesgesetzliche Regelungen betreffend die Wasserversorgung oder Abwasserbehandlung sind Gegenstand eines eigenen Beitrages. Im Gegensatz etwa zur GewO sind anlagenrelevante Bestimmungen nicht in einem abgegrenzten Teil des Gesetzes konzentriert, sondern gleichsam „weit gestreut“. Diese Streuung ist aus dem Gegenstand des WRG heraus erklärlich. Der Gegenstand des WRG ist das Medium Wasser und die damit zusammenhängenden Teile der Erdoberfläche (Bett, Ufer); dieses wird vom WRG in umfassender Weise erfasst. Den „Kern“ des Gesetzes bilden drei Themen, nämlich die Bestimmungen über die Benutzung der Gewässer (Nutzwasserwirtschaft)2, über die Reinhaltung der Gewässer (Gewässergütewirtschaft)3 und Regelungen betreffend den Schutz vor den vom Wasser ausgehenden Gefahren (Schutzwasserwirtschaft)4.5 In diesen Abschnitten konzentrieren sich auch jene Bestimmungen, die für Anlagen von Relevanz sind, wenngleich ihre Bedeutung darüber hinaus reicht.6 Davon abgesehen enthält das Gesetz für
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Der II. Abschnitt (§§ 5 - 29 WRG) handelt „Von der Benutzung der Gewässer“. Auch wenn der III. Abschnitt des WRG (§§ 30 - 37 WRG) seit der WRG-Nov 2003, BGBl I 2003/82 mit „nachhaltiger Bewirtschaftung“ übertitelt ist, regelt er doch primär Schutz und Reinhaltung der Gewässer. IV. Abschnitt (§§ 39 - 49 WRG): „Von der Abwehr und Pflege der Gewässer“. Vgl dazu zB Baumgartner, 192. Der Regelungsansatz ist umfassender und knüpft an die „Einwirkung auf Gewässer“ an, die durch „Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen“ herbeigeführt werden können.
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bestimmte Anlagen spezifische Regelungen.7 Solcherart anlagenspezifische Regelungen lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Zum einen handelt es sich um Regelungen für Anlagen, die man als „Wasserbauten im engeren Sinn“8 bezeichnen kann. Damit sind Anlagen gemeint, die unmittelbar der Wassernutzung (zB Wasserversorgungsanlagen) oder dem Schutz vor dem Wasser dienen (zB Schutz- und Regulierungswasserbauten, Entwässerungsanlagen). Einer zweiten Kategorie zuzuordnen wären Regelungen, die - wie etwa § 31a WRG oder § 31c Abs 5 WRG - im Regelungskontext des Gewässerschutzes für bestimmte Vorhaben - nämlich für „Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe“ (§ 31a WRG), für bestimmte Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme (§ 31c Abs 5 lit a und b WRG) oder für Anlagen zur Wärmenutzung der Gewässer (§ 31c Abs 5 lit c WRG) - spezifische Anforderungen normieren. Das Wasser ist eine der wichtigsten Grundlagen allen Lebens.9 Als vorrangiges Ziel kann die Erhaltung dieser Lebensgrundlage sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht genannt werden. Wasserwirtschaftlich bedeutsame Ziele sind insbesondere im § 105 WRG festgeschrieben. § 105 WRG enthält eine umfangreiche, dessen ungeachtet aber nur beispielhafte Aufzählung von öffentlichen Interessen, deren Schutz bei wasserwirtschaftlich relevanten Vorhaben geboten ist, und deren Beeinträchtigung zur Abweisung des Antrages führen kann. Die nachfolgenden Ausführungen orientieren sich an der Systematik des Gesetzes. Nach einer Darlegung der kompetenzrechtlichen Situation und der Erläuterung einzelner abschnittsübergreifend relevanter Begriffe soll auf die einschlägigen Regelungen gesondert nach den Themen Gewässernutzung, Gewässerschutz und Schutzwasserwirtschaft eingegangen werden.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung Gemäß Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG ist das „Wasserrecht“ sowohl in Gesetzgebung als auch in Vollziehung eine Angelegenheit des Bundes. Der Inhalt dieses Kompetenzgrundes ist zunächst nach der Auslegungsregel des Versteinerungsprinzips10 zu ermitteln. Demnach ist der Begriff „Wasserrecht“ in jener Bedeutung zu verstehen, die ihm im Zeitpunkt seines Wirksamwerdens - das ist der 1. Oktober 1925 - nach dem Stand und der Systematik der unterverfassungsrechtlichen - und dabei insbesondere der einfachgesetzlichen - Rechtslage zugekommen ist. Den maßgeblichen einfachgesetzlichen Normenbestand bilden die damals in Geltung stehenden Wasserrechtsgesetze der Länder.11 Mit Rücksicht auf diesen Regelungsbestand ist die Bundeskompetenz „Wasser7
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So zB § 31a für „Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe“; § 34 „Schutz von Wasserversorgungsanlagen“; § 35 „Anschlusszwang bei öffentlichen Wasserversorgungsanlagen; § 40 „Entwässerungsanlagen“, §§ 41f „Schutzund Regulierungswasserbauten“. So auch der VfGH in VfSlg 4387/1963. BVerfGE 58, 34. ZB VfSlg 2721/1954; 2005/1950; 3670/1960; 5092/1965; 5679/1968 ua. Vgl dazu Raschauer, 4 mit Hinweis auf Haager-Vanderhaag, Das neue österreichische Wasserrecht, 1936, 26ff; Pernthaler/Schöpf, 7f und 10ff.
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recht“ weitreichend. Sie erfasst zunächst die chemische Verbindung H2O umfassend, dh unabhängig von ihrem Aggregatzustand (zB Eis (§ 15) oder atmosphärischer Niederschlag (§ 4)), von einer allfälligen chemischen Verbindung mit anderen Stoffen (Heilmoore, Heilquellen), vom Grad der Verunreinigung (Abwässer)12 und vom Ort des Vorkommens (Tagwässer, Grundwasser).13 Sie umfasst weiters Regelungen über Teile der Erdoberfläche, sofern sie wasserwirtschaftlich von Bedeutung sind,14 und auch hinsichtlich des Regelungszieles bestehen keine Einschränkungen. Auf den Kompetenzgrund des Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG lassen sich Regelungen zum Schutz vor dem Wasser, zur Gewässerbenutzung und zur Reinhaltung des Wassers15 stützen. Nach der Judikatur des VfGH16 ist allerdings entscheidend, dass fremde Rechte oder öffentliche Gewässer betroffen sind. Die Bundeskompetenz Wasserrecht erfasst dann weiters noch das Recht der wasserrechtlichen Genossenschaften. Nicht von Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG erfasst ist hingegen das Wasser, wenn und so lange es seinem natürlichen Kreislauf entzogen wurde sowie die Ausnutzung der tragenden Kraft des Wassers insbesondere in Form der Schifffahrt.17 Wenngleich dem Kompetenztatbestand „Wasserrecht“ auf der Grundlage der einfachgesetzlichen Rechtslage im Versteinerungszeitpunkt ein denkbar weiter Inhalt zukommt, ist es dennoch auch unbestritten, dass wasserrechtlich relevante Sachverhalte je nach Gesichtspunkt auch auf der Grundlage anderer Kompetenztatbestände (zB Elektrizitätswesen, Gewerberecht, Bergrecht, Baurecht, Forstrecht) geregelt werden können.18 Es gilt demnach das Kumulationsprinzip. Wasserrechtlich bedeutsame Vorhaben können - je nach Gesichtspunkt - sowohl von „anderen“ bundes-, aber auch landesrechtlichen Regelungen erfasst sein. Und die Geltung des Kumulationsprinzips findet in § 38 Abs 1 WRG auch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, wonach die dort angeführten Anlagen auch dann einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen, wenn eine Bewilligung nach anderen Gesetzen erforderlich ist. Daraus ergeben sich Abgrenzungsfragen: In mehreren Erkenntnissen hat der VfGH in Bezug auf die Baurechtskompetenz der Länder die grundsätzliche Geltung des Kumulationsprinzips festgestellt, im Einzel-
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Mit der WRG-Nov 2003, BGBl I 2003/82, wurde, der WRRL folgend, der Begriff der „künstlichen und erheblich veränderten“ Oberflächengewässer eingeführt (§ 30b WRG). Raschauer, 4f. ZB das Ufer (§§ 8f WRG) oder das Wasserbett (§ 5 WRG). Ob auch der Gewässerschutz vom Kompetenztatbestand „Wasserrecht“ erfasst ist, wurde - wenn ich richtig sehe - bislang nur von Pernthaler/Schöpf, 10ff, in Frage gestellt. Sie gelangen in ihrer Analyse des Versteinerungsmaterials zur - mE anzweifelbaren -Auffassung, dass das „historisch“ vorgefundene Wasserrecht lediglich ein Wassernutzungsrecht gewesen sei, und demnach der Gewässerschutz nicht von der Bundeskompetenz „Wasserrecht“ erfasst sei. Der Gewässerschutz sei vielmehr eine „kompetenzrechtlich komplexe Materie, in der Bundes- und Landeszuständigkeit untrennbar miteinander verknüpft sind“. VfSlg 4387/1963. Vgl dazu Raschauer, 1; Baumgartner, 192. Nach der sog „Gesichtspunktetheorie“ kann ein Sachverhalt je nach Gesichtspunkt verschiedenen Kompetenztatbeständen zuordenbar sein.
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nen aber mitunter fragwürdige Differenzierungen vorgenommen. In VfSlg 4387/196319 sprach der VfGH aus, dass es möglich ist, die Ableitung von Abwässern sowohl unter baurechtlichen als auch unter wasserrechtlichen Gesichtspunkten zu regeln.20 Die Regelung der Abwasserbeseitigung von bebauten Liegenschaften sei insoweit Bundessache, als sie die Einwirkung der Abwässerbeseitigung auf fremde Rechte oder auf öffentliche Gewässer betrifft. Die Frage des Anschlusszwanges an eine öffentliche Kanalanlage fällt hingegen in die Kompetenz des Landesgesetzgebers. Ebenso ist der Landesgesetzgeber berechtigt zu bestimmen, ob er unter dem Gesichtspunkt des Baurechts für die Errichtung einer Drainageanlage eine baubehördliche Bewilligung für erforderlich hält.21 Hinsichtlich der sog Wasserbauten im engeren Sinn hat der VfGH hingegen eine Zuständigkeit des Landesgesetzgebers ausgeschlossen.22 Zwar sind auch „Bauten für Großkraftwerke“ kompetenzrechtlich nach der Gesichtspunktetheorie einzuordnen, die Zuständigkeit des Baurechtsgesetzgebers komme aber nur dort und insoweit in Betracht, als es sich um Bauten handelt, die nicht unmittelbar, sondern bloß mittelbar der Wassernutzung dienen, bei denen also der wasserbauliche Nutzungszweck in den Hintergrund tritt. Diese, die Baurechtskompetenz absorbierende und insofern exklusive Zuständigkeit des Bundes für Wasserbauten im engeren Sinn begründete der VfGH mit der Auslegungsregel der Versteinerungstheorie.23 Die vom VfGH vorgenommene Begrenzung der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers ist zwar auf Kritik gestoßen,24 mittlerweile hat sich ihr aber ein Teil der Lehre25 und auch der VwGH angeschlossen.26 Und auf der Linie, dass Wasserbauten im engeren Sinn von der Baurechtszuständigkeit der Länder ausgenommen sind, liegt auch das Erkenntnis des VfGH, wonach die Regelung von Wasserversorgungsanlagen einschließlich der Regelung eines Anschlusszwanges an diese unter den Kompetenzbegriff „Wasserrecht“ falle.27 19 20
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Ebenso VfSlg 10.329/1985; 12.842/1991; VwGH 22.10.1998, 97/06/0272 = RdU 185/1999. So auch der VwGH im Erkenntnis vom 25.1.1996, 95/05/0012 in Bezug auf die Sicherung der Abflussverhältnisse eines Grundstücks. Ebenso VwGH 19.2.2004, 97/05/0248. VfSlg 2162/1951. Keine kompetenzrechtlichen Bedenken sah der VfGH hinsichtlich einer Bestimmung des Wiener Kanalgesetzes, nach der keine festen oder flüssigen Stoffe in einer den Bestand, den Betrieb oder die Kontrolle des Straßenkanals oder einer zum Kanalsystem gehörenden die Anlage gefährdenden oder beeinträchtigenden Beschaffenheit, Menge oder Konzentration eingeleitet werden durften, und die für bestimmte Stoffe und Säuren ein Einleitungsverbot vorsah (VfSlg 6658/1972). Auch der VwGH bejaht die Geltung der Gesichtspunktetheorie und der daraus resultierenden Kumulation von Behördenzuständigkeiten im Verhältnis Wasserrecht Baurecht in VwGH 10.12.1991, 91/05/0063 (Errichtung eines Trockenabortes). VfSlg 13.234/1992 (Verlegung einer Gussrohr- und einer Triebwasserleitung); weiters VfGH 1.12.1992, B 1057/91. Dazu Krzizek, System des österreichischen Baurechts, 1972, Band I 145f. So angedeutet von Raschauer, 6 FN 25. Der VfGH verweist begründend auf die Ausführungen von Krzizek (FN 23) Band I 145f, wonach Wasserbauten am 1.10.1925 grundsätzlich nicht genehmigungspflichtig waren. Vgl dazu Mayer, Bewilligung 214 mwN. Mayer begründet seine Auffassung historisch. Der Kompetenztatbestand „Wasserrecht“ umfasse auch die Kompetenz, baurechtliche und sonstige Regelungen zur Bodennutzung zu erlassen, sofern die Maßnahme zur Verwaltungsmaterie „Wasserrecht“ zählt. VwGH 23.3.1999, 98/05/0204; nicht differenzierend für die Geltung der Gesichtspunktetheorie VwGH 10.12.1991, 91/05/0063. VfSlg 4883/1964. Es ist daher festzuhalten: Der Anschlusszwang hinsichtlich einer öffentlichen Kanalanlage fällt in die Kompetenz des Landesgesetzgebers (VfSlg
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Hinsichtlich des „Verhältnisses“ Wasserrecht - Raumordnungsrecht ist das Kompetenzfeststellungserkenntnis des VfGH VfSlg 2674/1954 zu erwähnen. Danach liegt die Zuständigkeit, wasserwirtschaftlich relevante Planungsakte zu treffen, beim Bund. Die Geltung des Kumulationsprinzips wurde auch für das Verhältnis „Naturschutz“/„Landschaftsschutz“ und Wasserrecht grundsätzlich bejaht. 28 Der Schutz des Grundwassers vor Verunreinigung fällt zwar unter den Kompetenztatbestand „Wasserrecht“. Es kann aber - so der VwGH - nicht ausgeschlossen werden, dass es spezifisch naturschutzrechtliche, von den wasserrechtlichen verschiedene Gesichtspunkte für den Grundwasserschutz gibt.29 Eine für das Verhältnis Landesstraßenrecht - Wasserrecht bedeutsame Aussage traf der VwGH in einem jüngeren Erkenntnis.30 Demnach sei die Frage der Beeinträchtigung eines Bauwerkes durch Hochwasser dem Kompetenztatbestand Wasserrecht zu unterstellen. Es sei daher die Wasserrechts- und nicht die Straßenbehörde zuständig, diese zu prüfen. Die Frage der Abgrenzung zwischen der Kompetenz „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG) einerseits und dem Kompetenztatbestand „Wasserrecht“ andererseits mag man aus dem Grund als entbehrlich ansehen, als es sich beide Male um eine Bundeskompetenz handelt. Sie zu stellen erscheint mir im gegebenen Zusammenhang aber aus einem bestimmten Grund angemessen. So bestimmt nämlich der die Genehmigungspflicht regelnde § 74 Abs 2 Z 5 GewO 1994, dass die Errichtung oder der Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage auch dann einer Genehmigung der Behörde bedarf, wenn diese wegen bestimmter Umstände geeignet ist, „eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist“. Der Gewässerschutz ist demnach auch ein Bewilligungstatbestand nach der GewO. Daraus ergibt sich zunächst, dass eine Bewilligungspflicht nach der GewO einer wasserrechtlichen Genehmigung gegenüber subsidiär ist.31 Nur soweit eine wasserrechtliche Bewilligung nicht vorgesehen ist, kommt eine Genehmigungspflicht aufgrund einer potentiellen Gefahr für die Wasserqualität nach der GewO in Betracht. Das in der zitierten Vorschrift der GewO umschriebene Schutzziel verdeutlicht aber des Weiteren, dass sich § 74 Abs 2 Z 5 GewO auf den Kompetenztatbestand „Wasserrecht“ stützt, denn - wie schon eingangs erwähnt - ist der Schutz der Gewässer Inhalt der Bundeskompetenz Wasserrecht. § 74 Abs 2 Z 5 GewO 1994 wirft daher keine Kompetenzfrage auf, sondern die Frage, wann im Zusammenhang mit einer gewerblichen Betriebsanlage im Hinblick auf die Gewässerreinhaltung zusätzlich auch die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde und wann ausschließlich jene der Gewerbebehörde gegeben ist. Aus den Erläuterungen zur WRG-Novelle 196932 ergibt sich, dass die Hintanhaltung von nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer immer dann allein von
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4387/1963; siehe oben), jener an eine Wasserversorgungsanlage ist hingegen Bundessache. VwGH 6.5.1996, 91/10/0129; VwGH 27.6.1994, 93/10/0153. Solche konnten allerdings im betreffenden Verfahren selbst nicht aufgezeigt werden. Mangels naturschutzrechtlicher Gesichtspunkte war es daher unzulässig, in einem naturschutzbehördlichen Verfahren die Bewilligung zur Schotterentnahme allein wegen der Gefahr einer Grundwasserverunreinigung zu verweigern (VwGH 6.5.1996, 91/10/0129). VwGH 14.10.2003, 2002/05/1022. Im konkreten Fall ging es um die Errichtung einer Fußgängerbrücke. Mit dem Begriff der „wasserrechtlichen Vorschriften“ sind nach den Materialien die Vorschriften des WRG gemeint. Eine „kompetenzrechtliche Zuordnung“ zum Wasserrecht ist damit nicht vorgenommen. RV 1217 BlgNR 11. GP.
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der Gewerbebehörde wahrzunehmen ist, wenn es sich um Anlagen handelt, die nicht regelmäßig und typisch zu einer Gewässerverunreinigung führen (sog „projektsgemäße und projekttypische“ Einwirkungen33, dazu noch unten Pkt III.D.).34 Darüber hinaus ist die alleinige Zuständigkeit der Gewerbebehörde immer dann anzunehmen, wenn die Einwirkung bloß geringfügig ist. Der Anwendungsbereich des § 74 Abs 2 Z 5 GewO ist freilich nur ein schmaler.35 Wasser ist auch ein Lebensmittel. Und mit Rücksicht darauf stellt sich die Frage der Abgrenzung zwischen dem Wasserrecht einerseits und dem Lebensmittelrecht andererseits. Diese ist wie folgt vorzunehmen: Während die Normierung der Voraussetzungen für die Bewilligung einer Wasserversorgungsanlage dem Kompetenztatbestand „Wasserrecht“ zuzuordnen ist, erfolgt die Normierung der Bedingungen für die Abgabe von Wasser an Letztverbraucher unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung des allgemeinen Gesundheitszustandes unter dem Tatbestand „Gesundheitswesen“.36 Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass auch Maßnahmen der Entwässerung nicht zwingend dem Kompetenztatbestand Wasserrecht zu unterstellen sind, sondern dass, je nach Gesichtspunkt, auch der Kompetenzgrund „Forstwesen“ in Betracht kommt.37 Demnach können Maßnahmen der Entwässerung auch von den Forstbehörden angeordnet werden.
C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Eine Vielzahl von Rechtsakten des Gemeinschaftsrechts hat das Wasser oder bestimmte Gewässer zum Regelungsgegenstand. Rechtsakte auf dem Gebiet des Gewässerschutzes wurden von der Europäischen Gemeinschaft bereits zu einem Zeitpunkt erlassen, zu dem die Umweltpolitik noch nicht vergemeinschaftet war. Als Rechtsgrundlage dienten Art 100 und Art 235 EGV. Mit der EEA 1987 wurde ein Kapitel zum Umweltschutz in den EGV integriert. Die rechtliche Grundlage für die Erlassung von Gewässerschutzvorschriften bilden seither die Art 174ff EGV.38 Das gemeinschaftsrechtliche Wasserrecht zielte bis vor kurzem ausschließlich auf den Schutz der Umwelt. Durch die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) werden nunmehr auch die nachhaltige Wassernutzung sowie die Vermeidung von Überschwemmungen und Wasserknappheit gemeinschaftsrechtlich determiniert; die Zielrichtung wurde damit aufgefä-
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Diese lösen nämlich die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG aus, so dass aufgrund der Subsidiaritätsanordnung des § 74 Abs 2 Z 5 GewO die Wahrung des Gewässerschutzes der Wasserrechtsbehörde aufgetragen ist. Die Begriffsfolge „Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer“ ist im Sinne des § 32 WRG zu verstehen. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage dient § 74 Abs 2 Z 5 GewO der Verwaltungsökonomie. Es sei nicht zweckmäßig, die Wahrnehmung einer Beeinträchtigung der Gewässer, die nicht typisch und regelmäßig zu einer Gewässerverunreinigung führt, den Wasserrechtsbehörden vorzubehalten. Ist eine Betriebsanlage nach den gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig und ist keine Bewilligung nach dem WRG vorgeschrieben, so ist im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren darauf Bedacht zu nehmen, dass die Anlage keine wesentlichen Nachteile für die Beschaffenheit der Gewässer zur Folge hat. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO - Kommentar2, 2003, § 74 Rz 32. Vgl Kichl, Umweltschutz durch Wasserrecht, Innsbrucker rechtswissenschaftliche Dissertation, 2002, 46. VwGH 5.4.2004, 2000/10/0134. Vgl Hödl, 21ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
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chert.39 Abgesehen vom geltenden gemeinschaftsrechtlichen Rahmen ist zu erwähnen, dass die Frage der kommerziellen Nutzung von Wasserreserven auch im Rahmen der Europäischen Integration ein intensiv und kontroversiell diskutiertes Thema ist, dem in der umwelt-, aber auch wirtschaftspolitischen Diskussion weiterhin eine prominente Position zukommen wird.40 Betrachtet man die Entwicklung des gemeinschaftsrechtlichen Gewässerschutzes, so lässt sich die WRRL zum einen als die Zusammenführung der in den bis dahin erlassenen Gemeinschaftsrechtsakten verfolgten unterschiedlichen Ansätze, zum anderen aber auch als eine ganz entscheidende Fortentwicklung des gemeinschaftsrechtlichen Wasserwirtschaftsrechts begreifen. Sie integriert zum einen das auf einige Rechtsakte aufgeteilte duale (dh immissionsund emissionsseitig angelegte) Konzept des Gewässerschutzes, zum anderen aber greift sie auch neue wasserwirtschaftliche Themen auf, wie zB die nachhaltige Wassernutzung, das Prinzip der Kostenwahrheit oder die Information und Öffentlichkeitsbeteiligung. Zur Erläuterung dieser Einschätzung sei vorab ein Blick auf die historische Entwicklung des gemeinschaftsrechtlichen Gewässerschutzrechts geworfen. Das Gewässerschutzrecht der Gemeinschaft lässt sich in drei Generationen einteilen.41 Stets wurde ein duales Konzept verfolgt, dh es wurde sowohl immissionsseitig, als auch emissionsseitig angesetzt. Die erste Generation der Gewässerschutzvorschriften der 70er- und 80er Jahre war primär immissionsbezogen angelegt.42 Mehrere Richtlinien legen Qualitätsziele für Gewässer fest. Dabei differenzieren diese Richtlinien zum einen nutzungsspezifisch (zB Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung43; Qualität der Badegewässer44, Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch45; Qualität von Fischgewässern46), zum anderen nach Gewässertyp (Oberflächengewässer, Grundwasser)47. Die Umsetzung soll durch die Erstellung von Programmen und Plänen, durch Probenahmen und Berichtspflichten erfolgen.48 In dieser ersten Generation wurden aber bereits auch Emissionsnormen erlassen. Solcherart emissionsseitig angelegte Rechtsakte legen Anforderungen an die Abwässer fest, die in die Gewässer der Gemeinschaft eingelei39 40 41 42 43 44 45 46 47
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Die WRRL wurde durch die WRG-Nov 2003, BGBl I 2003/82, umgesetzt. Näher dazu Hattenberger, Liberalisierung der Wasserversorgung - Rechtliche Rahmenbedingungen, Grenzen und Anpassungsbedarf, bbl 2006, 1. Vgl beispielsweise Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 7ff; Hödl, 21ff. Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 7. RL 75/440/EWG vom 16.6.1975 über Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung. RL 76/160/EWG vom 18.12.1975 über die Qualität der Badegewässer. RL 80/778/EWG vom 15.7.1980 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch. RL 78/659/EWG vom 18.7.1978 über die Qualität von Süßwasser, das schutz- oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten. So findet die RL 76/464/EWG Anwendung auf oberirdische Binnengewässer, das Küstenmeer und die inneren Küstengewässer, die RL 80/68/EWG auf das Grundwasser. Zu den Umsetzungserfordernissen, dem Umsetzungsstand und -defiziten in Österreich siehe F. Ermacora, 83ff.
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tet werden. Beispielsweise genannt - weil von grundlegender Bedeutung - seien die Gewässerschutzrichtlinie49 und die Grundwasserrichtlinie50. Sie zielen auf den Schutz der Gewässer gegen Verschmutzung durch bestimmte Stoffe und sehen „stofforientierte“ Immissions- und Emissionsgrenzen vor. Vorgesehen sind ua Einleitungsverbote und -beschränkungen sowie Bewilligungs- und Berichtspflichten.51 Immissions- und emissionsbezogener Ansatz weisen Schwächen auf. Der Nachteil eines nutzungsspezifischen immissionsseitigen Konzeptes besteht darin, dass der Schutz nur so lange besteht, als die entsprechende Nutzung aufrecht ist. Wird diese aufgegeben, so werden damit auch die Richtlinienbestimmungen unanwendbar. Zum anderen bieten Immissionsnormen die Möglichkeit, bis zum Grenzwert hin zu belasten, was im Widerspruch zum Vorsorgeprinzip steht.52 Der Nachteil von Emissionsnormen wiederum besteht darin, dass Emissionsgrenzwerte allein die Überschreitung von noch unbedenklichen Höchstbelastungsgrenzen nicht verhindern können.53 Ein wirksamer Schutz der Gewässer erfordert daher eine Kombination von Immissions- und Emissionsgrenzen.
In den Gewässerschutzrechtsakten der zweiten Generation wird ein Immissions- und Emissionskriterien kombinierender, sog integrativer Ansatz verfolgt.54 Zu dieser „Richtliniengeneration“ zählen die Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser55 und die Richtlinie für den Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen56.
Dieser Bestand an Rechtsakten wurde insbesondere auch angesichts steigender Nutzungsansprüche an das Wasser einerseits und der stetig voranschreitenden Verknappung der Wasserressourcen mehr und mehr als ungenügend angesehen. Die Kritik am gemeinschaftsrechtlichen Gewässerschutzrecht setzte dabei insbesondere an der Tatsache der Aufteilung des Schutzes auf viele Rechtsakte an, die miteinander nur unzulänglich abgestimmt sind („Flickenteppich“, „unbefriedigendes Stückwerk“57). Dieser Befund führte schließlich zur Verabschiedung der WRRL, die der Wasserpolitik der Gemeinschaft nunmehr einen einheitlichen Rahmen geben soll und mit der einige der Vorläuferregelungen auch abgelöst werden.58
Mit der WRRL, die ich als dritte Generation von gemeinschaftsrechtlichen Gewässerschutzrechtsakten bezeichnen würde, wird in vielfacher Hinsicht Neuland betreten. Zunächst wird mit ihr der nutzungsorientierte Gewässerschutz aufgegeben und ein sowohl Oberflächen- als auch Grundwasser integrierender Schutz verwirklicht. Sie ist des Weiteren medienübergreifend ausges-
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RL 76/464/EWG vom 4.5.1976 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft. RL 80/68/EWG vom 17.12.1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe. Siehe dazu eingehender F. Ermacora, 90ff. Vgl Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 8. Kerschner/Weiß, 53ff und 77f. Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 9. Zwar sind auch in der Gewässerschutzrichtlinie Immissions- und Emissionsgrenzen vorgesehen, allerdings steht es den Mitgliedstaaten nach dieser RL weitgehend frei, zwischen den beiden Konzepten zu wählen (sog „paralleler Ansatz“). Siehe dazu Kerschner/Weiß, 55 und 78. RL 91/271/EWG. RL 91/676/EWG. Siehe zu dieser Kritik eingehender Hödl, 27f mwN. Siehe dazu die Übergangsbestimmung des Art 22 WRRL.
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taltet, weil sie auf die Erhaltung der aquatischen Ökosysteme und der „direkt von ihnen abhängigen Landökosysteme und Feuchtgebiete“ abzielt (Art 1 lit a).59 Mit der WRRL wird der sog „kombinierte“, dh immissions- und emissionsbezogene Kriterien verbindende Ansatz verwirklicht (Art 10); das vorgesehene Instrumentarium ist primär ein planungsrechtliches. Und erstmals werden auch wirtschaftliche Elemente integriert.60 Die WRRL ist primär auf den Schutz und die Verbesserung der Wasserqualität ausgerichtet. In einzelnen Bestimmungen werden aber sehr wohl auch quantitative Aspekte der Wasserwirtschaft geregelt.61 Der Zugriff auf heimische Wasserressourcen ist hingegen nicht erfasst.62 In Art 1 der Richtlinie wird das Ziel der WRRL definiert, nämlich die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers zwecks Vermeidung einer weiteren Verschlechterung (lit a), zur Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung (lit b), zur Erreichung eines stärkeren Schutzes und einer Verbesserung der aquatischen Umwelt durch Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung und Einstellung von Einleitungen (lit c und d) sowie zur Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren (lit e). Art 4 definiert die Umweltziele, die von den Mitgliedstaaten mit den vorgezeichneten wasserwirtschaftlichen Steuerungselementen erreicht werden sollen.63 Dabei wird zunächst ein Verschlechterungsverbot für Oberflächengewässer (Art 4 lit a) i)) und für Grundwasser (Art 4 lit b) i)) statuiert. Sodann ist es den Mitgliedstaaten aufgetragen, innerhalb eines Zeitraumes von 15 Jahren ab dem In-Kraft-Treten der Richtlinie einen guten Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers64 zu erreichen.65 Dabei wird der Referenzzustand für natürliche Oberflächengewässer mit der sehr guten Gewässerqualität
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Vgl Kerschner/Weiß, 28f. Vgl Interwies/Kraemer, Ökonomische Aspekte der EU-Wasserrahmenrichtlinie, in: Von Keitz/Schmalholz (Hrsg), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, 263; Kerschner/Weiß, 60ff. So wird im 23. Erwägungsgrund darauf hingewiesen, dass „allgemeine Grundsätze benötigt“ werden, „um Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verbesserung des Gewässerschutzes in der Gemeinschaft hinsichtlich der Wassermenge- und -güte zu koordinieren,“ und „einen nachhaltigen Wassergebrauch zu fördern“. Art 1 lit b WRRL nennt als Richtlinienziel die „Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen“. Und schließlich nennt Art 11 Abs 3 als Mindestinhalt von Maßnahmenprogrammen auch „Begrenzungen der Entnahme von Oberflächensüßwasser und Grundwasser“. Vgl auch Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 12f. Dazu bedürfte es gemäß Art 175 Abs 2 EGV eines einstimmigen Beschlusses des Rates. Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 13f. Dazu eingehend Markard, Die Anforderungen an den Schutz des Grundwassers, in: Von Keitz/Schmalholz (Hrsg), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, 147. Dieser gute Zustand ist bei Oberflächengewässern der gute ökologische und chemische Zustand, beim Grundwasser der gute mengenmäßige und chemische Zustand. Siehe dazu Anhang V.
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gleichgesetzt, die einem weitgehend natürlichen Zustand entspricht.66 Sonderbestimmungen gelten für künstliche bzw erheblich veränderte Gewässer. Für diese gilt es „bloß“, das „gute ökologische Potential“ zu erreichen. Der Grund für diese Sonderbestimmung liegt zum einen darin, dass der natürliche Zustand bei künstlichen Gewässern als Bezugsmaßstab ungeeignet ist, und dass bei einer Reihe von Gewässern der ansonsten geforderte gute ökologische Zustand nur unter Aufgabe der Nutzungen realisiert werden könnte.67 Zu beachten ist, dass - abgesehen von der Sonderregelung für künstliche und erhebliche veränderte Gewässer - die Verpflichtung zur Erreichung eines guten Zustandes durch einige Ausnahmen relativiert wird.68 Als weiteres Umweltziel nennt die WRRL dann noch die Ausweisung von Schutzgebieten. Art 8 der WRRL verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Aufstellung von Überwachungsprogrammen, die einen zusammenhängenden und umfassenden Überblick über den Zustand der Gewässer in jeder Flussgebietseinheit geben sollen. Als „Kern“ der WRRL kann mE die Bewirtschaftung nach Flussgebietseinheiten angesehen werden (Art 3 iVm Art 13 und Art 11), die es ermöglicht, auf die unterschiedlichen Gegebenheiten abgestimmte Maßnahmen zu treffen. Als planungsrechtliches Instrument ist der Bewirtschaftungsplan für das Einzugsgebiet vorgesehen, der spätestens neun Jahre nach In-Kraft-Treten der Richtlinie veröffentlicht werden muss. Inhalt dieser Bewirtschaftungspläne sind neben einer Ist-Zustandsanalyse und einer wirtschaftlichen Analyse des Wassergebrauchs vor allem auch die Maßnahmenprogramme (Art 11). Maßnahmenprogramme wiederum haben jene konkreten Maßnahmen darzustellen, die für die Erreichung der Umweltziele nach Art 4 erforderlich sind.69 Als die „brisanteste“ Neuerung wird die Verwirklichung des Prinzips der Kostenwahrheit in Art 9 WRRL gesehen.70 Gemäß Abs 1 haben die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten zu „berücksichtigen“. Unter dem Begriff der Wasserdienstleistungen sind definitionsgemäß (Art 2 Z 38) alle „klassischen“ Tätigkeiten der Wasserver- und der Abwasserentsorgung zu verstehen. Und eine entscheidende Neuerung besteht darin, dass nicht nur die betriebswirtschaftlichen, sondern auch die Umwelt- und Ressourcen66
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Ausführlich dazu Irmer/von Keitz, Die Anforderungen an den Schutz der Oberflächengewässer, in: Von Keitz/Schmalholz (Hrsg), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, 109. Dazu eingehender Dörr/Schmalholz, Die rechtlichen Grundlagen der Ausnahmen und Spielräume, in: Von Keitz/Schmalholz (Hrsg), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, 51 (76). Art 4 Abs 4 (Möglichkeit der Fristverlängerung), Abs 5 (Verwirklichung weniger strenger Umweltziele unter bestimmten Bedingungen), Abs 6 (vorübergehende Verschlechterung des Zustands von Wasserkörpern) und Abs 7. Dazu eingehender Dörr/Schmalholz (FN 67) 51 (55ff). Näheres zum Inhalt der Maßnahmenprogramme Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 19ff; Hödl, 107ff. Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 21f; Hödl, 93ff; Kerschner/Weiß, 60ff; Dörr/ Schmalholz (FN 67) 51 (61ff); Interwies/Kraemer (FN 60) 263ff; Hansjürgens/ Messner, Die Erhebung kostendeckender Preise in der EU-Wasserrahmenrichtlinie, in: Von Keitz/Schmalholz (Hrsg), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, 293.
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kosten gedeckt werden müssen.71 Die Mitgliedstaaten sind gefordert, eine Wassergebührenpolitik zu verwirklichen, die angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen und somit zu den Umweltzielen der Richtlinie beizutragen. Die Mitgliedstaaten haben des Weiteren dafür zu sorgen, dass die verschiedenen Wassernutzungen, zumindest aufgeteilt auf die Sektoren Industrie, Haushalte und Landwirtschaft, einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen leisten (Art 9 Abs 1). Den sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Kostendeckung und den geografischen und klimatischen Gegebenheiten kann dabei Rechnung getragen werden. Für bestimmte Wassernutzungen ist es den Mitgliedstaaten erlaubt, vom Prinzip der Kostendeckung abzuweichen, wenn dadurch die Zwecke der Richtlinie und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht in Frage gestellt werden (Art 9 Abs 4 WRRL). Nicht zuletzt verlangt die Richtlinie die Einbeziehung der Öffentlichkeit bei der Umsetzung der Richtlinie, insbesondere im Planungsprozess (Art 14).72 Für die Umsetzung der WRRL sind zahlreiche Fristen vorgesehen.73 So muss etwa der gute Zustand bei Oberflächengewässern und beim Grundwasser grundsätzlich 15 Jahre nach dem In-Kraft-Treten der Richtlinie erreicht sein (Art 4 Abs 1 lit a) ii) und lit b) ii)). Eine Verlängerung dieser Fristen um weitere zwölf Jahre ist unter bestimmten Umständen möglich (Art 4 Abs 4). Die Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete werden spätestens neun Jahre nach In-Kraft-Treten der RL veröffentlicht (Art 13 Abs 6) und spätestens 15 nach In-Kraft-Treten überprüft und aktualisiert (Art 13 Abs 7). Und die Liste der zuständigen Behörden war bis zum 22. Juni 2004 vorzulegen (Art 3 Abs 8 iVm Art 24). Mit dem Wirksamwerden der WRRL verbunden ist auch das Außer-Kraft-Treten einzelner Rechtsakte (Art 22). So tritt beispielsweise die RL 75/440/EWG über die Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung in den Mitgliedstaaten sieben Jahre, die RL 78/659/EWG über die Qualität von Süßwasser, das schutz- und verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten, die Richtlinie 80/68/EWG über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe und die RL 76/464/EWG betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft74 13 Jahre nach dem In-Kraft-Treten der WRRL außer Kraft. Bedeutung für den Schutz der Gewässer kommt ferner der IPPC-RL zu, deren Ziel es ist, durch ein integriertes Konzept der Verminderung der Ver71
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Zu den Begriffen „Umwelt- und Ressourcenkosten“ siehe die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Preisgestaltung als politisches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen KOM (2000) 477, 10. Aus der Literatur Kerschner/Weiß, 68f; Hödl, 103; Interwies/Kraemer (FN 60) 286f; Hansjürgens/ Messner (FN 70) 304ff. Eingehender dazu Jekel, Die Information und Anhörung der Öffentlichkeit nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie, in: Von Keitz/Schmalholz (Hrsg), Handbuch der EUWasserrahmenrichtlinie, 2002, 345; Hödl, 195ff; Rossmann, Wasserrahmenrichtlinie 22f. Siehe die Tabelle bei Kerschner/Weiß, 25f. Mit Ausnahme des Art 6, der sofort aufgehoben wurde.
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schmutzung die Emissionen in Luft, Wasser und Boden durch bestimmte industrielle Tätigkeiten so weit wie möglich zu vermeiden, oder - sofern dies nicht möglich ist - zu vermindern, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt zu erreichen. Die Umsetzung des gemeinschaftlichen Gewässerschutzrechts der ersten und zweiten Generation erfolgte vor allem durch die WRG-Novellen 1997 (BGBl I 1997/59 und BGBl I 1997/74), die Novelle BGBl I 1999/15575 und zuletzt durch die Novelle BGBl I 2005/8776. Die Umsetzung der WRRL erfolgte durch die WRG-Novelle 2003, BGBl I 2003/82.77 Die Umsetzung der Umweltziele erfolgte schwerpunktmäßig im dritten Abschnitt des WRG, der nunmehr mit dem Titel „Von der nachhaltigen Bewirtschaftung, insbesondere vom Schutz und der Reinhaltung der Gewässer“ versehen ist. Die Verankerung der geforderten Planungsinstrumente wurde im sechsten Abschnitt vorgenommen.78 Die Umsetzung dieser Vorgaben ist erst „im Gange“.79 Keine Umsetzungsfrist vorgesehen ist hingegen für das Verschlechterungsverbot. Es ist mit Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam geworden, wobei sich der Referenzzeitpunkt80 auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der WRRL bezieht. Ein auf einen späteren Zeitpunkt (Ablauf der Umsetzungsfrist) abstellendes Verständnis stünde im Widerspruch zu Ziel und Zweck der Richtlinie.81
II. Anlagenrecht und WRG - Instrumentarium Schon in der Einleitung wurde erwähnt, dass die Darstellung der „anlagenrelevanten Bestimmungen“ im WRG weiter ausgreifend erfolgen muss. Das ist im Regelungsansatz des WRG begründet. Regelungsgegenstand ist das Medium Wasser, die - wie immer gearteten - Einwirkungen auf das Wasser und durch das Wasser. Aus diesem Grund entbehrt das WRG eines spezifisch anlagenrechtlichen Teiles. Vielmehr sind Errichtung, Betrieb und Auflassung von Anlagen unter näher bezeichneten Umständen wasserrechtlich relevante Verhaltensweisen, die den Maßnahmen oder sonstigen Vorhaben gleichgestellt 75
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ZB Einbringungsverbote und Einbringungsbeschränkungen zum Schutz des Grundwassers in § 32a WRG (mit der WRG-Nov 2003 wurde die Verordnungsermächtigung auf Oberflächengewässer und Kanalisationen ausgedehnt); Bewilligungspflicht für die künstliche Anreicherung des Grundwassers in § 32 Abs 4 WRG. Möglichkeit der Abweichung von den vorgeschriebenen Höchstmengen an Dung gemäß der Nitrat-RL. Zur Umsetzung mit kritischen Anmerkungen Oberleitner, Wasserrahmenrichtlinie 84; weiters Hödl, die in ihrer Monographie die Inhalte der WRRL und ihre Umsetzung im österreichischen Recht kapitelweise beschreibt, erläutert und kritisch würdigt. Dieser lautet nunmehr „Einzugsgebietsbezogene Planung und Durchführung von Maßnahmen zur nachhaltigen Bewirtschaftung insbesondere zum Schutz und zur Reinhaltung der Gewässer“. An Plänen werden der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (§ 55c WRG) und das Maßnahmenprogramm (§ 55f WRG) vorgesehen. So sind die ersten Maßnahmenprogramme bis spätestens 2009 zu erstellen. Siehe dazu den „Terminplan“ zur Umsetzung der WRRL bei Kerschner/Weiß, 25f. Das ist jener Zeitpunkt, auf den sich die Verpflichtung zum Erhalt des Zustands der Gewässer bezieht. Vgl Hödl, 63f.
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sind. Im Zentrum steht das Wasser. Gefahren für oder durch dieses Medium können auch durch Anlagen verursacht werden. Dieser Regelungsansatz bringt es mit sich, dass eine kaum eingrenzbare Vielzahl von Regelungen auch für Anlagenbetreiber von Relevanz ist. Breit gefächert ist auch das Instrumentarium, das das WRG zum Schutz für und durch das Wasser bereithält. Für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen sind - freilich ohne Anspruch auf Vollständigkeit - folgende Instrumente von Relevanz: • Bewilligungspflichten (Wasserbenutzung, „schädliche Einwirkung auf Gewässer“, §§ 9ff und § 32 WRG) • Unterlassungspflichten (zB das Verbot, Klärschlamm in Oberflächengewässer einzuleiten, § 32a Abs 4 WRG) • Handlungspflichten; diese ergeben sich entweder unmittelbar aus dem Gesetz (zB die Pflicht, Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung zu ergreifen, § 31 Abs 2 WRG) oder auf Grund behördlicher Anordnung (zB § 138 WRG) • Instandhaltungspflichten (§ 56 WRG) • Aufzeichnungs- und Meldepflichten (zB für Kanalisationsunternehmer im Fall von Indirekteinleitungen, § 32b WRG) • Die Pflicht zur Vorlage von Sanierungsprogrammen bei Altanlagen (§ 33c WRG) • Die Abänderung von Bewilligungen durch Vorschreibung nachträglicher Auflagen (§ 21a WRG) • Befristungen (zB für Wasserbenutzungsrechte nach § 21 WRG; bei Bewilligungen nach § 31c oder § 38 WRG; Fristen für die Bauvollendung nach § 112 Abs 1 WRG) • Die Aufsicht über die Bauausführung, die Kollaudierung und die Gewässeraufsicht iS einer begleitenden Kontrolle des Anlagenbetriebes (zB §§ 120 und 121 WRG).
III. Begriffsbestimmungen Bevor auf die anlagenrelevanten Bewilligungsvorbehalte näher eingegangen wird, sollen einzelne für die weiteren Ausführungen bedeutsame Begriffe erläutert werden.
A. Wasser - Gewässer Zentrale Bedeutung kommt den Begriffen „Wasser“ und „Gewässer“ zu. Unter dem Wasser wird ausschließlich die Wasserwelle verstanden. Weitergehend ist der Begriff des Gewässers. Er erfasst darüber hinaus auch noch das Bett und das Ufer. Die Unterscheidung ist nach Ansicht einiger von Bedeutung, weil das WRG beispielsweise für die Nutzung des Wassers einerseits und die Benutzung des Gewässers andererseits unterschiedliche Regelungen trifft.82
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Anzumerken ist, dass der Gesetzgeber im WRG einen konsequenten Sprachgebrauch vermissen lässt.
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B. Öffentliche - private Gewässer Bedeutsam ist weiters die Unterteilung in öffentliche Gewässer (§ 2 WRG) und private Gewässer (§ 3 WRG). Privatgewässer sind jedenfalls das Grundwasser und das aus einem Grundstücke zutrage quellende Wasser (§ 3 Abs 1 lit a WRG), die sich auf einem Grundstück aus atmosphärischen Niederschlägen ansammelnden Wässer (§ 3 Abs 1 lit b WRG) und das in Brunnen, Zisternen, Teichen oder anderen Behältern enthaltene und das in Kanälen, Röhren usw für Verbrauchszwecke abgeleitete Wasser (§ 3 Abs 1 lit c WRG).83 Sofern keine Öffentlicherklärung nach § 61 WRG vorgenommen wurde, ist auch die Wasserwelle, für die sich ein besonderer, vor dem Jahre 1870 entstandener Privatrechtstitel nachweisen lässt, ein Privatgewässer (§ 2 Abs 2 WRG). Und Privatgewässer sind auch Seen, die nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werden (§ 3 Abs 1 lit d WRG) und Abflüsse aus Privatgewässern bis zu ihrer Vereinigung mit einem öffentlichen Gewässer (§ 3 Abs 1 lit e WRG). Die Eigenschaft als Privatgewässer gilt hinsichtlich der zuletzt genannten beiden Tatbestände allerdings nur dann, wenn diese Seen und Abflüsse weder im Katalog der öffentlichen Gewässer genannt sind84 noch es sich um Gewässer handelt, die vor dem In-Kraft-Treten des WRG als öffentliche behandelt wurden (§ 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 lit b WRG). Demgegenüber sind öffentliche Gewässer zunächst jene, die gemäß § 61 WRG für öffentlich erklärt wurden. Kann der vorhin genannte besondere Privatrechtstitel an der Wasserwelle nicht nachgewiesen werden, so sind des Weiteren die im Anhang A des WRG namentlich genannten Gewässer öffentliche (§ 2 Abs 1 lit a WRG), weiters jene, die vor dem In-Kraft-Treten des WRG anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliche behandelt wurden sowie - abschließend - alle „übrigen Gewässer“, sofern sie nicht im WRG ausdrücklich als Privatgewässer bezeichnet werden.
Diese Unterteilung ist von Relevanz, weil der Gemeingebrauch je nach Gewässerkategorie unterschiedlich weit reicht und weil bei Privatgewässern eine über den Gemeingebrauch hinausreichende Sondernutzung durch den Eigentümer in bestimmten Grenzen bewilligungsfrei zugelassen ist.
C. Grundwasser - Tagwässer Mehrere Bestimmungen des WRG knüpfen an den Begriff des Grundwassers an.85 Darunter sind sämtliche unterirdische Gewässer zu verstehen, bis zu ihrem Zu-Tage-Treten. Unerheblich ist die Tiefe ebenso wie die Tatsache, ob das eingesickerte Wasser fließt oder stagniert. Die Unterscheidung zwischen Grund- und Tagwässer ist bedeutsam, weil sowohl für die Nutzung des Grundwassers als auch für seinen Schutz Sonderregelungen bestehen.
D. Anlagen Der Begriff der „Anlage“ findet sich im WRG an vielen Stellen; zum einen werden einzelne Anlagen näher bezeichnet und dafür spezielle Bedingungen normiert (zB Wasserversorgungsanlagen, Anlagen zur Gewinnung von Erd83 84 85
Sog „absolute Privatgewässer“, weil sie nach § 61 WRG auch nicht für öffentlich erklärt werden können. So Raschauer, § 2 Rz 2. Gemeint ist der in § 2 Abs 1 WRG genannte Anhang A zum WRG. ZB § 10 WRG betreffend die Nutzung des Grundwassers oder § 32a Abs 2 WRG betreffend den Schutz des Grundwassers.
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wärme), in einigen Bestimmungen ist aber bloß von „Anlage“ „die Rede“. Eine Definition der „Anlage“ ist dem Gesetz nicht eigen. Mit der Judikatur ist von einem denkbar weiten Anlagenbegriff auszugehen. Erfasst ist alles, was „angelegt“, dh durch Menschenhand erbaut oder vorgekehrt wurde.86
E. Öffentliche Interessen Eine besondere Bedeutung kommt § 105 WRG zu. Die Bestimmung enthält eine umfangreiche, wenngleich nicht abschließende Aufzählung von wasserwirtschaftlich bedeutsamen öffentlichen Interessen. Grundsätzlich „kann“ eine Beeinträchtigung der darin genannten Interessen, die auch nicht durch die Vorschreibung von Auflagen und Nebenbestimmungen vermieden werden kann, zur Versagung des beantragten Vorhabens führen.87 Die besondere Bedeutung des § 105 WRG liegt darin, dass er für jedwedes bewilligungspflichtige Vorhaben Anwendung findet; demnach unabhängig davon, in welche Kategorie (Nutzwasserwirtschaft, Gewässergüteregelung oder Schutzwasserwirtschaft) jenes einzuordnen ist. In einzelnen Bestimmungen wird die Tatbestandsmäßigkeit des § 105 WRG noch durch die ausdrückliche Erwähnung oder den Hinweis auf öffentliche Interessen oder Rücksichten bekräftigt. Und in zahlreichen Regelungen werden die Bewilligungsvoraussetzungen für bestimmte Maßnahmen oder Einwirkungen ergänzt. Der Katalog des § 105 WRG ist umfangreich. Darin genannt werden beispielsweise die Landesverteidigung, die öffentliche Sicherheit, der Ablauf des Hochwassers oder Eises, Lauf, Höhe, Gefälle oder Ufer der natürlichen Gewässer, der Gemeingebrauch, die notwendige Wasserversorgung, die Landeskultur, der Denkmalschutz, Tier- und Pflanzenbestand, die sparsame Verwendung des Wassers88, die Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung sowie die ökologische Funktionsfähigkeit der Gewässer. Der Versagungsgrund wird differenzierend und relativ unbestimmt, und demnach weite Interpretationsspielräume eröffnend, umschrieben.89 An dieser Auflistung fällt nicht nur der Umfang, sondern darüber hinaus auf, dass auch Interessen erfasst sind, die nicht wasserwirtschaftlicher Natur sind (zB Denkmalschutz) sowie solche, die kompetenzmäßig den Ländern zuzuordnen sind (zB Landeskultur, Naturschutz). Es gilt das Kumulationsprinzip. Wasserrechtliche und allenfalls erforderliche Bewilligungen nach anderen Bundesgesetzen oder den Landesgesetzen sind grundsätzlich90 nebeneinander erforderlich. Die Entscheidung der Wasser86 87 88 89
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VwGH 13.12.1928, Slg 15.448; VwGH 22.6.1933, Slg 17.249. Vgl zu Handhabung des öffentlichen Interesses im wasserrechtlichen Verfahren eingehend Oberleitner, Öffentliches Interesse 2005/2. § 105 Abs 1 lit h WRG lautet: wenn „durch die Art der beabsichtigten Anlage eine Verschwendung des Wassers eintreten würde“. ZB „Beeinträchtigung“ (Landesverteidigung nach lit a) „erhebliche Beeinträchtigung“ (Ablauf der Hochwässer nach lit b); „schädlicher Einfluss“, „nachteilige Beeinflussung“, „wesentliche Behinderung“, „wesentliche Beeinträchtigung“. Bei einzelnen „öffentlichen Interessen“ genügt bereits die Gefahr einer Beeinträchtigung (zB ökologische Funktionsfähigkeit nach lit m), um das Vorhaben als unzulässig anzusehen, bei anderen ist der Eintritt der negativen Folge eine Bedingung der Untersagung. Es sei denn, es ist eine Konzentration angeordnet, wie beispielsweise im UVP-G.
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rechtsbehörde bindet beispielsweise die Naturschutzbehörde nicht.91 Im Sinne des Torpedierungsverbotes wird aber die Entscheidung einer gegenbeteiligten Behörde im Entscheidungsverfahren zu berücksichtigen sein.92 Da die Aufzählung der öffentlichen Interessen in § 105 WRG eine bloß demonstrative93 ist, ist zu folgern, dass die Versagung eines Vorhabens aus vielfältigen Gründen möglich ist. Hinsichtlich weiterer (nicht genannter) Gründe kommt den in § 105 WRG genannten Interessen Maßstabsfunktion zu. Die Berücksichtigung der in § 105 genannten Interessen ist der Wasserrechtsbehörde von Amts wegen aufgegeben; subjektive Rechte werden damit nicht begründet.94 Nach dem Wortlaut des § 105 WRG „kann“ ein bewilligungspflichtiges Vorhaben bei Erfüllung der nachgenannten Tatbestände als unzulässig angesehen werden. Durch diese Rhetorik sollte wohl den Behörden Ermessen eingeräumt werden; diese hat ihre Entscheidung nach Abwägung aller Vor- und Nachteile zu treffen.95 Gefordert ist eine Gesamtabwägung und Gewichtung der im Einzelfall relevanten, und zueinander zuweilen in einem Spannungsverhältnis stehenden öffentlichen Interessen.96 Sofern ein Vorhaben im Widerspruch mit einer wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung97 steht, darf die Bewilligung nach § 54 Abs 3 WRG nur erteilt werden, „wenn das öffentliche Interesse an der Maßnahme jenes an der Einhaltung der Rahmenverfügung überwiegt“. Seit der WRG-Nov 2003 muss neben dem § 105 WRG auch der § 30 WRG als eine Zentralnorm angesehen werden. In letzterer Bestimmung werden die Ziele einer nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung festgelegt. Und diese Ziele betreffen nicht nur die Wasserqualität, sondern beispielsweise auch quantitative Aspekte98. Es ist nun mE mit Kerschner/Weiß99 davon auszugehen, dass mit Rücksicht auf die Vorgaben der WRRL diese Grundsätze unmittelbar in jedwedem100 wasserrechtlichen Verfahren neben § 105 WRG anzuwenden sind. Und wegen der grundlegenden, abschnittsübergreifenden Bedeutung dieser Bestimmung ist ihre Einordnung in den dritten Abschnitt des Gesetzes mit gutem Grund kritisiert worden.101 91 92 93 94 95 96 97
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ZB VwGH 5.10.1985, B 5/85; VwGH 15.6.1987, 86/10/0203. Vgl dazu eingehender Raschauer, § 105 Rz 2 f. Damit ist sie offen gegenüber neueren Entwicklungen. Raschauer, § 105 Rz 4 mwN; weiters Oberleitner, Kommentar 2000, § 105 E 4; ders, Kommentar 2004, § 105 Rz 5. Im Sinne der Einräumung von Ermessen Raschauer, § 105 Rz 5: eingehend zur Aufgabe der Abwägung durch die Behörden Oberleitner, Öffentliches Interesse 9ff. Oberleitner, Öffentliches Interesse 9ff. Wasserwirtschaftliche Rahmenverfügungen sind Verordnungen, die für ein abgegrenztes Gebiet öffentliche Interessen konkretisieren. Sie binden die Behörde bei wasserrechtlichen Entscheidungen. Dazu Raschauer, § 54 Rz 1. ZB § 30 Abs 1 Z 4 WRG. Kerschner/Weiß, 161f, ist zu folgen, die meinen, dass diese Grundsätze und Ziele abschnittsübergreifende Bedeutung haben und im Bewilligungsverfahren kumulativ mit § 105 WRG anzuwenden sind. Also auch in anderen, als den nach dem 3. Abschnitt des Gesetzes geführten Verfahren (zB Verfahren der Wasserbenutzung). So eben Kerschner/Weiß, 160ff.
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F. Stand der Technik Abschnittsübergreifende Bedeutung im Sinne eines Mindeststandards bei der Beurteilung von Vorhaben kommt auch dem Begriff des „Standes der Technik“ zu. Er ist beispielsweise Maßstab für die nähere Bestimmung des Maßes der Wasserbenutzung nach § 13 Abs 1 WRG, bei der Vorschreibung nachträglicher Auflagen nach § 21a Abs 1 WRG, bei Vorkehrungen zur Vermeidung von Gewässerverunreinigungen nach § 31c Abs 3 WRG oder bei der Vorschreibung von Auflagen zur Begrenzung schädlicher Wasserinhaltsstoffe bei Abwassereinleitungen in Gewässer nach § 33b Abs 1 WRG.
Nach der Definition des § 12a ist der Stand der Technik „der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen, oder Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere jene vergleichbaren Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, welche am wirksamsten zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt sind.“ Seine Festlegung muss allerdings verhältnismäßig sein, dh Kosten und Nutzen sind gegeneinander abzuwägen und der Grundsatz der Vorsorge und Vorbeugung ist zu beachten. Für bestimmte Wasserbenutzungen sowie bestimmte Anlagen und Maßnahmen kann der BMLFUW den Stand der Technik durch Verordnung festlegen.
IV. Benutzung der Gewässer A. Allgemeines Die Benutzung der Gewässer wird im 2. Abschnitt des WRG (§§ 5 bis 29 WRG) geregelt. In diesen Bestimmungen zeigt das Gesetz keine einheitliche Terminologie. Zum einen ist von der „Wasserbenutzung“102, zum anderen von der Gewässerbenutzung103 die Rede. Diese differenzierende Wortwahl hat nach der überwiegenden Lehre104 auch unterschiedliche rechtliche Folgen. Als Wasserbenutzung wird die Nutzung der Wasserwelle verstanden. Die Benutzung des Wasserbettes oder des Ufers ist vom Begriff der Wasserbenutzung nur insoweit mit erfasst, als dies zur Benutzung der Wasserwelle notwendig ist.105 Demgegenüber ist der Begriff der Gewässerbenutzung weiter reichend. Er erfasst nicht nur die Benutzung der Wasserwelle, sondern auch die Benutzung des Ufers oder des Wasserbettes, die nicht notwendig mit dem Gebrauch der Wasserwelle verbunden ist.106 Die positivrechtliche Relevanz dieser Unterscheidung besteht nun nach Ansicht der überwiegenden Meinung darin, dass
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ZB § 11 Abs 1, § 12 Abs 1, § 13, § 16, § 17 WRG. ZB § 9 Abs 1 („Benützung der Gewässer“), § 21 Abs 1 WRG. AA Kneihs, 33. Raschauer, § 11 Rz 2; Rossmann, Wasserrechtsgesetz § 9 Rz 1. Nach Raschauer, § 11 Rz 2 sind daher Bewilligungen nach den §§ 38ff WRG „bloß“ Gewässerbenutzungsrechte.
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die §§ 11ff WRG nur auf die Wasserbenutzung, nicht hingegen auch auf die sonstige Gewässernutzungen (Bett, Ufer), Anwendung finden.107
Demgegenüber vertritt Kneihs108 die Auffassung, dass von einem einheitlichen Gewässernutzungsbegriff auszugehen sei; die Begriffe „Wasserbenutzung“ und „Gewässernutzung“ seien als Synonyme zu verstehen. Kneihs begründet seine Auffassung zum einen mit der uneinheitlichen Terminologie des WRG. Diese Differenzierung sei auch praktisch kaum von Relevanz, zumal eine Bewilligung ohne Rücksicht auf die Kriterien der §§ 11ff WRG nur für Nutzungen nach § 38 WRG (Brücke, Stege, Unterführung ua) in Betracht käme. Sie sei überdies unverständlich und unzweckmäßig. Sie führte dazu, dass bei Errichtung „eines in ein Gewässer eingebauten Brückenpfeilers (...) rechtmäßig geübte Wassernutzungen verletzt werden dürften“. Und auch § 38 WRG, der von der überwiegenden Lehre als Hauptanwendungsfall einer ohne Ausnutzung der Wasserwelle erfolgenden Gewässernutzung angesehen wird, ließe sich in diesem Sinn interpretieren, denn § 38 WRG erfasse auch Anlagen, die gar nicht als Gewässernutzungen angesehen werden könnten (zB Unterführungen unter Wasserläufe). Gerade für diese Anlagen - so Kneihs - hätte § 38 WRG Relevanz. Sofern mit diesen Anlagen aber eine „Gewässernutzung“ verbunden ist, gelte kraft ausdrücklichen Verweises auf § 9 WRG die Bewilligungspflicht nach den Kriterien des § 11 WRG.109
Der Begriff „Nutzung“ wird weit verstanden und umfasst Maßnahmen oder Anlagen, „deren Zweck unmittelbar oder mittelbar auf die Nutzung der Wasserkraft gerichtet ist“; darüber hinaus aber auch Maßnahmen, durch die die physikalischen Eigenschaften des Wassers nutzbar gemacht werden (zB Temperatur).110 Nicht vom Begriff der „Wasserbenutzung“ erfasst sind beispielsweise Maßnahmen nach den §§ 31a bis 31c WRG, weil sie gerade nicht auf die Ausnutzung des Wassers gerichtet sind, sowie Schutz- und Regulierungswasserbauten.
B. Bewilligungspflicht Die Bewilligungspflicht für Anlagen zur Gewässerbenutzung ist in den §§ 9 und 10 WRG geregelt. Das WRG differenziert zum einen danach, ob es sich um ein öffentliches (§ 9 Abs 1) oder ein privates (9 Abs 2 und § 10 WRG) Gewässer handelt, zum anderen bei den Privatgewässern danach, ob die Benutzung von Tagwässern oder des Grundwassers beabsichtigt ist.
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Für die sonstigen Gewässernutzungen sind demnach nur der Versagungstatbestand des § 105 WRG („öffentliche Interessen“) sowie die jeweils gesondert aufgestellten Bestimmungen einschlägig. Kneihs, 33ff. Diesen Argumenten könnte man mE aber wiederum entgegenhalten, dass § 38 WRG auch Anlagen nennt - konkret die Einbauten in stehende öffentliche Gewässer -, die aufgrund der Inanspruchnahme des Wasserbettes jedenfalls eine Gewässernutzung darstellen. Für diese Anlagen lässt sich dann aber der Verweis auf § 9 WRG nicht erklären. Auflösen ließe sich diese Unstimmigkeit, wenn man wie Raschauer, § 32 Rz 5 davon ausgeht, dass eine Gewässernutzung nur dann vorliegt, wenn die Absicht besteht, das Gewässer zu nutzen, nicht aber wenn - wie bei Einbauten - das Gewässer nur als Untergrund verwendet wird. Kneihs, 36 (FN 24) scheint dem Kriterium der Nutzungsabsicht aber kritisch gegenüber zu stehen. Kneihs, 38. Eine „Benützung“ des Gewässers ist nach Kneihs auch dann gegeben, wenn das Bett bloß als Fundament für Einbauten benützt wird.
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1. Bewilligungspflicht bei öffentlichen Gewässern Schränkt man die einschlägige Bestimmung des § 9 Abs 1 WRG auf die anlagenrelevante Aussage ein, so ergibt sich eine Bewilligungspflicht für die Errichtung und Änderung von Gewässerbenutzungsanlagen.111 Dieser Bewilligungstatbestand soll hier noch näher erläutert werden. So ist zunächst durch die Textierung klargestellt, dass die Errichtung und Änderung einer Anlage112 zur Gewässerbenutzung jedenfalls bewilligungspflichtig ist, einen bewilligungsfreien Gemeingebrauch mit Anlage gibt es nicht.113 Bewilligungspflichtig sind des Weiteren nur Anlagen, die der „Benutzung der Gewässer“ dienen. Dazu zählen etwa Trinkwasser- und Nutzwasserversorgungsanlagen, nicht hingegen Bootsanlegeplätze, Schiffsanlegestellen und Hafenanlagen114 oder Brücken und Stege. Entscheidend ist, dass projektsgemäß eine Benützung der Gewässer intendiert ist. Ist hingegen bloß die Errichtung von baulichen Anlagen oder von Einbauten beabsichtigt, so ist nach der überwiegenden Meinung § 38 WRG einschlägig.115 Zu den bewilligungspflichtigen Maßnahmen gehören laut Gesetzestext die Errichtung und Änderung der Anlage. Dies ist wohl einschränkend dahin zu verstehen, dass nicht jede, sondern die wasserrechtlich erhebliche Änderung erfasst ist.116 Eine bewilligungspflichtige Änderung ist überdies erst anzunehmen, wenn die Grenzen der Instandhaltung bzw Erhaltung überschritten werden. Nach Ansicht des VwGH kann eine bewilligungsfreie Instandhaltungsmaßnahme nur dann angenommen werden, wenn Zweck, Einrichtung und 111
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Davon abgesehen ist jede über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung öffentlicher Gewässer bewilligungspflichtig. Der Umfang des Gemeingebrauchs an öffentlichen Gewässern ist in § 8 Abs 1 WRG abstrakt umschrieben und durch eine beispielhafte Aufzählung ergänzt. Unter Anlage ist alles zu verstehen, was durch die Hand des Menschen „angelegt ist“. So der VwGH in ständiger Judikatur. ZB VwGH 20.3.2003, 2002/07/0134; VwGH 16.12.1999, 98/07/0174. Der Begriff ist weiter als der Begriff „Bau“. Unter baulicher Anlage wird nämlich jede Anlage verstanden, zu deren Herstellung ein (gewisses) Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet ist. Vgl OGH 28.10.2002, 1 Ob 232/02b = bbl 2003/52. Gemäß § 9 Abs 1 WRG bedarf „jede über den Gemeingebrauch (§ 8 WRG) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung und Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen“ einer Bewilligung. Damit werden zwei, voneinander unabhängige Tatbestände normiert. AA offenkundig Kneihs, 38 der ausführt, dass Wasserversorgungsanlagen unter Umständen als über den Gemeingebrauch hinausgehende Anlagen zu verstehen sind. Kaan/Braumüller, § 9 E. 5 So Raschauer, § 9 Rz 4; Kaan/Braumüller, § 9 Anm 3 sowie E 3ff; Literatur und Judikatur gehen offenkundig davon aus, dass die Bewilligungspflicht - entgegen dem Wortlaut - nur für Anlagen, die der Benutzung der Wasserwelle dienen, gilt. Das ist jedoch nicht zwingend. Vgl dazu Kneihs, 33. Im Gegensatz zur überwiegenden Meinung vertritt Kneihs, dass auch die Nutzung des Bettes „bloß“ als Fundament für Einbauten eine Benützung des Gewässers darstellt. So Raschauer, § 9 Rz 8. Der VwGH hat hingegen auch die Errichtung einer Stützmauer an einem Werkskanal als bewilligungspflichtige Änderung erkannt (VwSlg 4910 A). Erfasst ist auch die Auflassung einer Wasserbenutzungsanlage.
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Dimensionen der Anlage beibehalten werden, nicht aber, wenn völlig verschiedenes Material verwendet wird.117 In diesem Zusammenhang sind noch weitere Abgrenzungen zu treffen: Einwirkungen auf Gewässer nach § 32 WRG sind keine Gewässernutzung iSd §§ 9 und 10 WRG. § 32 Abs 6 WRG verfügt aber, dass (auch) auf Anlagen, die aufgrund der Einwirkungstatbestände bewilligungspflichtig sind, die Vorschriften betreffend Wasserbenutzungsanlagen sinngemäß Anwendung finden. Nicht nach den Vorschriften über die Gewässernutzung nach den §§ 9ff WRG bewilligungspflichtig sind weiters Entwässerungsanlagen (§ 40 WRG), Schutz- und Regulierungsbauten (§ 41 WRG) und im Regelfall auch nicht die Anlagen und Vorhaben nach den §§ 31a und 31c WRG (sog Vorsorgetatbestände), weil diese Vorhaben projektsgemäß nicht auf die Benutzung der Gewässer gerichtet sind.118 Ist die nach den §§ 9ff WRG bewilligungspflichtige Anlage auch eine Betriebsanlage iSd § 74 Abs 1 GewO so ist zu fragen, in welchem Verhältnis die Genehmigungspflicht nach dem WRG zur Bewilligungspflicht nach § 74 GewO steht. Diesbezüglich ist grundsätzlich eine Genehmigungskonkurrenz anzunehmen. Nur für den Fall, dass die Bewilligungspflicht nach der GewO durch den „Gewässerschutztatbestand“ in § 74 Abs 2 Z 5 GewO grundgelegt ist, ist von einem Verhältnis gegenseitiger Ausschließung auszugehen. Die wasserrechtliche Bewilligungspflicht schließt eine solche nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO aus.119
2. Bewilligungspflicht bei privaten Tagwässern Eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung von privaten Tagwässern120 ist zunächst vom Willen des Eigentümers abhängig. Anlagen, die der Benutzung der privaten Tagwässer dienen, bedürfen überdies unter bestimmten, in § 9 Abs 2 WRG näher bezeichneten Voraussetzungen auch einer wasserrechtlichen Bewilligung.121 Bewilligungspflicht besteht bereits dann, wenn die Anlage geeignet ist, etwa fremde Rechte zu beeinflussen oder bestimmte öffentliche Interessen (Gefälle, Lauf, Beschaffenheit) zu gefährden. Nach der Judikatur und der Lehre ist die Bewilligungspflicht dann nicht gegeben, wenn die Benutzung ausschließlich wegen der Berührung fremder Rechte bewilligungspflichtig ist, und darüber eine privatrechtliche Vereinbarung vorliegt.122 117 118 119
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VwGH 30.6.1992, 89/07/0104 = ZfVB 1993/1229. Bewilligungsfrei ist auch das Auswechseln schadhafter Teile (VwSlg 15.048 A). Ausführlicher dazu Kneihs, 38f; Raschauer, § 9 Rz 4; sehr wohl kann aber eine Nassbaggerung auch eine Gewässerbenutzung nach § 9 WRG darstellen. § 74 Abs 2 Z 5 GewO sieht eine Genehmigungspflicht nur insoweit vor, als nicht „ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist“. Als Benutzung von Tagwässern gilt auch das Fassen einer auf fremden Grund entspringenden Quelle (VwGH 22.12.1987, 87/07/0147 = Oberleitner, Kommentar 2000 § 9 E 52). Diese ist nach dem Gesetzestext erforderlich, wenn „hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluss geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.“ VwGH 28.7.1994, 92/07/0085; VwGH 25.10.1994, 92/07/0098; Raschauer, § 9 Rz 11.
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Der Begriff „fremde Rechte“ ist weiter als jener der „bestehenden Rechte“ in § 12 Abs 2 WRG und erfasst auch Fischereirechte oder beispielsweise Schurf-, Gruben- und Triftrechte.123 Bewilligungspflichtige Handlungen sind wiederum die Errichtung und Änderung.
3. Bewilligungspflicht beim Grundwasser Anlagen, die der Erschließung und Benutzung des Grundwassers dienen, sind gem § 10 Abs 2 WRG grundsätzlich bewilligungspflichtig. Bewilligungsfrei sind nur bestimmte und begrenzte Nutzungen des Grundwassers durch den Grundeigentümer oder durch Personen, die seine Zustimmung dazu haben.124 Die Nutzung darf nur für den „notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf“ vorgenommen werden. Bewilligungsfreiheit ist aber zudem nur dann gegeben, wenn alternativ entweder die Förderung nur durch handbetriebene Pump- und Schöpfwerke erfolgt, oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grunde steht. Jedenfalls bewilligungspflichtig sind „artesische Brunnen“125 (§ 10 Abs 3 WRG).
4. Weitere Ausnahmen von der Bewilligungspflicht: Durch die WRG-Novelle 1997 (BGBl I 1997/74) wurde dem BMLFUW die Ermächtigung erteilt, „Vorhaben von minderer wasserwirtschaftlicher Bedeutung“ nach den Bewilligungstatbeständen der §§ 9, 10, 31c, 32 und 38 WRG bewilligungsfrei zu stellen (§ 12b WRG). So weit zu sehen, wurde von dieser Verordnungsermächtigung noch nicht Gebrauch gemacht. Darüber hinaus wurde mit der Novelle BGBl I 1999/155 die Möglichkeit einer in Verordnungsform zu schaffenden Typengenehmigung verankert, die eine Genehmigung der betreffenden Anlagen oder Anlagenteile im Einzelfall entbehrlich macht (§ 12c WRG). Auch diese Ermächtigung blieb bislang ungenutzt.
C. Bewilligungskriterien § 11 Abs 1 WRG verpflichtet die Behörde dazu, bei der Erteilung der Bewilligung jedenfalls den Ort, die Art und das Maß der Wasserbenutzung zu bestimmen. Die Bewilligungsvoraussetzungen selbst werden in § 12 WRG genannt. § 12 Abs 1 WRG führt aus, dass die Bestimmung von Art und Maß der Wasserbenutzung so zu treffen ist, „dass das öffentliche Interesse126 (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden“. „Bestehende Rechte“, deren Beeinträchtigung hinanzuhalten ist, werden in § 12 Abs 2 WRG näher definiert. Zum einen sind davon rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauchs erfasst.127 Bestehende Rechte sind weiters die Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs 2 WRG und das Grundeigentum. Als rechtmäßig geübte Wassernutzungen sind solche zu verstehen, die durch Bewilligungsbescheid gestattet sind. Steht dabei die geplante mit bestehenden Nutzungen 123 124 125 126 127
Raschauer, § 9 Rz 11. Einen Gemeingebrauch am Grundwasser gibt es nicht. Das sind Vorrichtungen, bei denen das Wasser aufgrund der Druckverhältnisse im Boden - dh ohne einen Pump- oder Schöpfvorgang - austritt. Vgl dazu bereits oben Pkt III.E. Nicht hingegen das Recht zur Ausübung der Fischerei (VwSlg 5864).
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in Konkurrenz, so darf erst nach einer Sicherung bestehender Rechte ein Bedarf befriedigt werden (§ 16 WRG). Stehen mehrere (aktuelle) Wasserbenutzungen zueinander in Konkurrenz, so gebührt nach § 17 WRG jenem Projekt der Vorzug, „das dem öffentlichen Interesse besser dient“. Der angesprochene Verweis auf § 5 Abs 2 WRG erfasst die bewilligungsfreie Benutzung von Privatgewässern. Als Nutzungsbefugnis ist die im § 5 WRG eingeräumte (bloße) Möglichkeit der Benutzung von Privatgewässern zu verstehen, also unabhängig davon, ob von dieser Befugnis tatsächlich Gebrauch gemacht wird.128 Die Bedachtnahme auf das Grundeigentum erfordert die Bedachtnahme auf projektsgemäß vorgesehene Eingriffe in die Substanz des Grundeigentums wie zB die Inanspruchnahme fremden Grundes oder aber eine Austrocknung, Überschwemmung oder Versumpfung.129 Die Behörde hat die Benutzung sowohl in qualitativer („Art“) als auch quantitativer („Maß“) Hinsicht zu bestimmen. Der VwGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Träger eines nach § 12 Abs 2 WRG wasserrechtlich geschützten Rechtes einen Anspruch darauf hat, dass bei der Erteilung der Bewilligung eine Aussage darüber getroffen wird, ob und in welchem Umfang mit nachteiligen Auswirkungen zu rechnen ist. Wird eine Beeinträchtigung festgestellt, so ist das Ansuchen abzuweisen, oder zu prüfen, ob die bestehenden Rechte durch Zwangsrechte beseitigt oder beschränkt werden können, oder ob das Projekt mit Zustimmung des Konsenswerbers „entsprechend“ modifiziert werden kann.130 Eine Verletzung bestehender Rechte kann nur dann angenommen werden, wenn die zu erwartende Beeinträchtigung einwandfrei hervorgekommen ist; die bloße Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit einer Verletzung reicht nicht aus.131 Für die Bestimmung des „Maßes“ der Wasserbenutzung enthält § 13 WRG konkretere Vorgaben. Zu berücksichtigen sind neben dem Bedarf des Bewilligungswerbers132 bestehende wasserwirtschaftliche Verhältnisse, beim Grundwasser dessen natürliche Erneuerung sowie die möglichst sparsame Verwendung. Schranken für die Bestimmung der Wasserbenutzung ergeben sich zum einen noch daraus, dass den Gemeinden, Ortschaften oder Ansiedlungen das für die Abwendung von Feuersgefahren, für sonstige öffentliche Zwecke oder für Zwecke des Haus- und Wirtschaftsbedarfes ihrer Bewohner notwendige Wasser keinesfalls entzogen werden darf (§ 13 Abs 3 WRG).133 Überdies muss ein Teil des jeweiligen Zuflusses zur Erhaltung eines ökologisch funktionsfähigen Gewässers sowie für andere höherwertige Zwecke, insbesondere jene der Wasserversorgung, erhalten bleiben. Die Bestimmung hat sich überdies am Stand der Technik zu orientieren.134 128 129
130 131 132
133
134
VwGH 2.10.1997, 97/07/0072 = RdU 160/1999 mAnm Raschauer. Dazu Schnedl, 7 mwN. Nicht erfasst ist beispielsweise die Erhöhung der Blitzschlaggefahr (VwGH 23.2.1968, 129/68 = Oberleitner, Kommentar 2000 § 12 E.56) oder die leichtere Zugänglichkeit des Besitzes (VwGH 9.2.1967, 1212, 1579/66 = Oberleitner, Kommentar 2000 § 12 E.57). VwGH 8.4.1997, 96/07/0195; VwGH 19.3.1998, 98/07/0025. VwGH 21.12.1995, 95/07/0035. Die von der Wasserrechtsbehörde zu konstituierende Wassermenge darf nicht über den Bedarf des Bewilligungswerbers hinausgehen. Siehe VwGH 22.2.2001, 2001/07/0101 = ZfVB 2002/1014. Den Gemeinden kommt im wasserrechtlichen Verfahren zur Wahrung (nur) der hier genannten Interessen Parteistellung zu (§ 102 Abs 1 lit d WRG). Die Verwendung des Wassers für Beschneiungsanlagen fällt nicht unter die in § 13 Abs 3 WRG genannten „öffentlichen Zwecke“ (VwGH 10.7.1997, 97/07/0004; dazu auch VwGH 26.4.1995, 92/07/0159). Durch die Verweisungsnorm des § 32 Abs 6 WRG ist klargestellt, dass den Gemeinden auch in den Verfahren nach § 32 WRG Parteistellung zukommt (VwGH 25.4.1996, 93/07/0082 = RdU 29/1997). § 12a WRG. Siehe bereits oben Pkt III.F.
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Eine Bewilligung nach den §§ 11ff WRG darf nur auf Antrag erteilt werden. Werden durch ein wasserrechtlich bewilligungspflichtiges Vorhaben bestehende Rechte verletzt, so darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die Inhaber dieser Rechte zustimmen. Die fehlende Zustimmung könnte unter den Voraussetzungen der §§ 60ff WRG durch ein Zwangsrecht ersetzt werden. Kommt die Einräumung eines Zwangsrechtes nicht in Betracht, so ist der Antrag abzuweisen. Werden durch eine Anlage öffentliche Interessen gefährdet, so hat die Behörde zu prüfen, ob diese Gefährdung durch die Vorschreibung von Auflagen oder Nebenbestimmungen vermieden werden kann (§ 105 WRG). Kann die Gefährdung nicht beseitigt werden, so ist das Projekt nicht bewilligungsfähig.135 Die in § 105 Abs 1 WRG angeführten öffentlichen Interessen können auch untereinander in ein Kollisionsverhältnis geraten. Die Behörde ist verpflichtet, bei der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung einen Abwägungsprozess vorzunehmen. Sie hat einerseits das geplante Vorhaben an den öffentlichen Interessen zu messen, zu deren Schutz die Wasserrechtsbehörde verpflichtet ist, zum anderen auch einen Ausgleich unter den berührten öffentlichen Interessen zu finden. Das Ergebnis dieses mehrdimensionalen Abwägungsprozesses kann die Feststellung sein, dass ein bestimmtes Vorhaben dem - dermaßen synthetisierten - öffentlichen Interesse widerspricht und auch nicht durch Auflagen konsensfähig gemacht werden kann.136 Eine Abwägung der dem Projekt entgegenstehenden öffentlichen Interessen mit den damit verbundenen privaten Interessen ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen.137 Dem Antragsteller kommt ein Anspruch auf Erteilung der Bewilligung zu, wenn das Ermittlungsverfahren diese Bewilligung und sei es auch nur unter zahlreichen Auflagen und Nebenbestimmungen - zulässt.138
D. Befristung, Abänderung der Bewilligung, persönliche und dingliche Bindung Die Bewilligung einer Gewässerbenutzung ist regelmäßig zu befristen. Die Fristbemessung ist von der Behörde nach Abwägung bestimmter in § 21 Abs 1 WRG genannter Gründe vorzunehmen. Die zitierte Bestimmung legt aber auch Höchstgrenzen fest. Wasserentnahmen für Bewässerungszwecke dürfen für höchstens zehn Jahre, andere Nutzungen für höchstens 90 Jahre bewilligt werden. Der bisher Berechtigte hat einen Anspruch auf Wiederverleihung des Benutzungsrechtes, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und die Wasserbenutzung unter Beachtung des Standes der Technik erfolgt (§ 21 Abs 3 WRG).139 Seit der WRG-Novelle 1990 ist die Behörde verpflichtet, die einmal erteilte Benutzungsbewilligung abzuändern, wenn sich ergibt, dass die öffentlichen Interessen (nicht aber bestehende Rechte) nicht hinreichend geschützt sind. In 135
136 137 138 139
VwGH 14.12.1993, 93/07/0064 = RdU 19/1994 mAnm Raschauer. Eingehend zur Handhabung des öffentlichen Interesses im wasserrechtlichen Verfahren Oberleitner, Öffentliches Interesse 4, insb 9ff. Rossmann, Wasserrechtsgesetz § 105 Anm 1. Zur Handhabung des öffentlichen Interesses ausführlich Oberleitner, Öffentliches Interesse 4ff. VwGH 25.9.1990, 86/07/0246 = Oberleitner, Kommentar 2000 § 105 E.27. VwGH 10.10.1989, 90/07/0115 = Oberleitner, Kommentar 2000 § 105 E.26. Zur Maßgeblichkeit des Standes der Technik im Zeitpunkt der Wiederverleihung VwGH 13.4.2000, 97/07/0167 = RdU 28/2000.
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Betracht kommen die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen, die Festlegung von Anpassungszielen, der Auftrag zur Vorlage entsprechender Projektunterlagen oder die Einschränkung der Wasserbenützung vorübergehend oder auf Dauer (§ 21a WRG). Die Behörde hat dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Da § 21a WRG einen Eingriff in bestehende Rechte ermöglicht, kommt einer präzisen Ermittlung des Vorliegens der Voraussetzungen der zitierten Bestimmung eine besondere Bedeutung zu. Bloß allgemein gehaltene Erwägungen können einen solchen Eingriff nicht tragen.140 Abgesehen von der Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kommt der Behörde aber ein weit gespannter Handlungsspielraum zu. Die Maßnahmen des § 21a WRG können auch kumulativ angeordnet werden; und auch ein Eingriff in die Rechte Dritter sowie die Einräumung von Zwangsrechten kommt in Betracht.141 Anpassungsaufträge können auch dann erteilt werden, wenn der nicht hinreichende Schutz öffentlicher Interessen auf ein Versäumnis der Behörden zurückzuführen ist.142
Einen Eingriff in die bewilligte Wasserbenutzung lässt auch § 25 WRG zu. Können wegen Wassermangels die bestehenden Wasserbenutzungsrechte nicht befriedigt werden, und kommt unter den Berechtigten auch keine Einigung zustande, so hat die Behörde die Benutzungsrechte unter den Voraussetzungen des § 25 WRG „neu“ zu verteilen. Ist ein Wasserbenutzungsrecht mit einer Betriebsanlage oder einer Liegenschaft verbunden, so steht dieses Recht dem jeweiligen Eigentümer143 zu. Mit der Übertragung des Eigentums geht auch das Wasserbenutzungsrecht über. Die Übertragung des Eigentums ist der Behörde anzuzeigen und von dieser im Wasserbuch ersichtlich zu machen.144 Bei nicht ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen stellt das verliehene Recht ein persönliches Recht dar (§ 22 Abs 1 WRG).
V. Gewässerschutz A. Vorbemerkung Der dritte Abschnitt des WRG regelt nunmehr145 die „Nachhaltige Bewirtschaftung“, und dabei „insbesondere“ den „Schutz und die Reinhaltung der Gewässer“146 (§§ 30 bis 37 WRG). Während die bisher vorgestellten Regelungen über die Gewässerbenutzung vordringlich auf die „sozialverträgliche“ Abstimmung 140 141 142 143
144 145 146
zB VwGH 21.9.1995, 95/07/0037; VwGH 11.7.1996, 93/07/0180 = RdU 99/1998; VwGH 11.9.1997, 94/07/0166; VwGH 14.12.2000, 98/07/0048. VwGH 11.9.1997, 94/07/0166, 0186, 0190 = RdU 81/2001. VwGH 21.9.1995, 95/07/0037 = RdU 88/1996. Das WRG knüpft an den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff an (VwGH 14.5.1997, 97/07/0012 = Oberleitner, Kommentar 2000 § 22 E.20). Die Pachtung bewirkt nicht den Übergang des Nutzungsrechts (VwGH 28. 7. 1994, 92/07/0154 = Oberleitner, Kommentar 2000 § 22 E.17). Die Ersichtlichmachung im Wasserbuch hat nur deklarative Wirkung (zB VwGH 29.6.1982, 82/07/0116). Der Titel wurde durch die WRG-Nov 2003, BGBl I 2003/82 erweitert. Die Überschrift wurde mit der WRG-Nov 2003, BGBl I 2003/82, insofern geändert als sie um die „nachhaltige Bewirtschaftung“ erweitert wurde.
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von Nutzungsrechten zielen, sohin quantitative Aspekte im Vordergrund stehen, sind Regelungen über die nachhaltige Bewirtschaftung, die Reinhaltung und den Schutz primär147 auf die Erhaltung und Verbesserung der Qualität des Wassers ausgerichtet. Nur Wasser in bestimmter Qualität vermag die ihm zukommende Funktion als wichtigste und unverzichtbare Lebensgrundlage zu erfüllen. Geradezu selbstverständlich ergibt sich daraus ein Bedarf an besonderen Schutzbestimmungen. Der Reinhaltungsabschnitt wurde in den letzten Jahren viele Male novelliert und erweitert.148 Das ist verständlich, weil der technische Fortschritt und die immer intensivere Inanspruchnahme des Wassers das Gefährdungspotential für die Wasserqualität erhöhen. Der dritte Abschnitt enthält an seiner Spitze eine Auflistung der Schutzziele und Begriffsdefinitionen (§ 30 WRG) sowie eine für jedermann geltende allgemeine Sorgfaltspflicht. Daran schließen sich Bewilligungspflichten für gefahrengeneigte Anlagen (§ 31a und § 31c WRG) sowie für projektsgemäße Einwirkungen auf Gewässer (§ 32 WRG).
§ 30 Abs 1 WRG nennt einen denkbar weiten Katalog149 von Schutzzielen, nämlich die Gesundheit von Mensch und Tier, das Landschaftsbild sowie die Vermeidung sonstiger fühlbarer Schädigungen, die Vermeidung einer Verschlechterung, der Schutz und die Verbesserung des Zustandes der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf den Wasserhaushalt, die Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen und die Verbesserung der aquatischen Umwelt ua durch spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten von gefährlichen Schadstoffen. Grund- und Quellwasser ist so reinzuhalten, dass es als Trinkwasser verwendet werden kann. Grundwasser ist des Weiteren derart zu schützen, dass eine schrittweise Reduzierung der Verschmutzung und die Verhinderung der weiteren Verschmutzung sichergestellt wird („Trendumkehr“). Und schließlich sind Oberflächengewässer so reinzuhalten, dass Tagwässer zum Gemeingebrauch sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt und Fischwässer erhalten werden können. Diese in Abs 1 festgelegten Ziele werden sodann durch Abs 2 noch weiter final determiniert. Nach dieser Anordnung soll nämlich Abs 1 zur Erreichung weiterer Ziele - wie zB die Minderung der Auswirkungen von Dürren und Überschwemmungen oder die ausreichende Versorgung mit Oberflächen- und Grundwasser 147 148
149
Auch wenn seit der WRG-Nov 2003, BGBl I 2003/82 die „nachhaltige Wassernutzung“ (§ 30 Abs 1 Z 4 WRG) zu den Reinhaltungszielen gehört. Vgl dazu Preiß, 177. Der Reinhaltungsabschnitt wurde im Jahr 1959 eingefügt und seither sukzessive ausgebaut. Unter den zahlreichen Novellierungen ragt zunächst jene des Jahres 1990 heraus. Mit ihr wurden Emissions- und Immissionsregelungen sowie eine Reihe weiterer Bewilligungstatbestände eingeführt. Das vorgesehene hohe Schutzniveau wurde wenig später wieder etwas zurückgenommen und damit ua auch eine im Bereich der kommunalen Abwasserentsorgung überforderte Praxis legalisiert (dazu die Kritik von Raschauer, § 33g Rz 2). Die Novellen der jüngeren Vergangenheit stehen im Zeichen von Verfahrenserleichterungen, der Konzentration von Bewilligungsverfahren und - wie etwa bei den Indirekteinleitern - einem Rückbau der Bewilligungspflichten. Einschneidende Veränderungen brachte sodann wiederum die WRG-Nov 2003. Durch diese, die WRRL umsetzende Novelle wurden in den dritten Abschnitt des Gesetzes Ansätze eines quantitativen Gewässerschutzes eingebaut, des Weiteren die Zielvorgaben für Oberflächengewässer und das Grundwasser (§§ 30a und 30c WRG). Diesen Bestimmungen kommt - wie schon erwähnt (oben Pkt III.E.) - abschnittsübergreifende Bedeutung zu. Dieser Katalog wurde durch die WRG-Nov 2003 erheblich erweitert.
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guter Qualität - beitragen. Die Bedeutung dieses neuen, durch die WRG-Nov 2003 eingefügten Absatzes ist allerdings unklar.150 „Reinhaltung der Gewässer“ wird definiert als „die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte)“, unter „Verunreinigung“ wird „jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens“ (§ 30 Abs 3 Z 1 WRG) verstanden. „Schutz der Gewässer“ bedeutet die „Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit von Oberflächengewässern einschließlich ihrer hydro-morphologischen Eigenschaften und der für den ökologischen Zustand maßgeblichen Uferbereiche sowie der Schutz des Grundwassers“ (§ 30 Abs 3 Z 2 WRG). Als „Verschmutzung“ definiert das Gesetz in § 30 Abs 3 Z 3 WRG „die durch menschliche Tätigkeiten direkt oder indirekt bewirkte Freisetzung von Stoffen oder Wärme in Wasser, die der menschlichen Gesundheit oder der Qualität der aquatischen Ökosysteme oder der direkt von ihnen abhängigen Landökosysteme schaden können oder eine Beeinträchtigung der Störung des Erholungswertes und anderer legitimer Nutzungen der Umwelt mit sich bringen“.151 Das Reinhaltungsziel des § 30 WRG besteht unabhängig von der Wasserqualität und erfasst daher auch bereits beeinträchtigte Gewässer.152 Diese Zielnorm ist nicht unmittelbar anwendbar. Ihr kommt auslegungs- und ermessensleitende Funktion zu.153
B. Allgemeine wasserrechtliche Sorgfaltspflicht (§ 31 WRG) § 31 WRG statuiert eine jedermann treffende Pflicht, eine Gewässerverunreinigung zu vermeiden. Im Sinne der Definition der „Verunreinigung“ in § 30 Abs 3 Z 1 WRG ist somit jegliche Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens zu vermeiden. Diese allgemeine Pflicht bezieht sich nach dem Gesetzeswortlaut auch auf den Betrieb von Anlagen. Sofern Anlagen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, sind sie so herzustellen, instand zu halten und zu betreiben, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird.154 Für den Fall, dass dennoch155 die 150 151
152 153 154
Vgl Oberleitner, Kommentar 2004 § 30 Rz 6. Der Verschmutzungsbegriff wurde in Umsetzung der WRRL durch die WRG-Nov 2003 eingefügt und entspricht wortgleich der Richtliniendefinition (Art 2 Z 33 WRRL). Der Unterschied zwischen Verunreinigung und Verschmutzung soll nach den Erläuterungen (RV 121 BlgNR 22. GP 6) darin bestehen, dass die Verunreinigung jegliche, auch noch so geringfügige Abweichung von der natürlichen Beschaffenheit erfasst, während demgegenüber nur eine wesentliche Verunreinigung im Sinne einer mehr als geringfügigen Verunreinigung als Verschmutzung gilt. Es lässt sich wohl konstatieren, dass die Unterscheidung eine feinsinnige ist. Während die Verunreinigung als ein Zustand beschrieben wird, wird die Verschmutzung über bestimmte Verhaltensweisen mit bestimmtem Schädigungspotential definiert. Und etwas verwirrend ist es, wenn zB in der Strafbestimmung des § 137 Abs 3 Z 11 WRG von „erheblicher Verunreinigung“ die Rede ist. VwGH 25.11.1999, 99/07/0144 = ZfVB 2001/748. ZB Raschauer, § 30 Rz 1. Nach Ansicht des VwGH erstreckt sich diese Sorgfaltspflicht auf Maßnahmen, die typischerweise geeignet sind, eine Einwirkung auf Gewässer herbeizuführen. Beispielsweise erwähnt seien das Lagern von Autowracks oder anderen gefährlichen Stoffen (VwGH 27.11.1990, 90/07/0120). Ist die Einwirkung allerdings bloß geringfügig, so geht der VwGH aufgrund einer systematischen Interpretation davon aus, dass § 31 WRG nicht anzuwenden ist (Raschauer, § 31 Rz 7).
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Gefahr156 einer Gewässerverunreinigung eintritt, sehen die Abs 2ff ein je nach Dringlichkeit abgestuftes Programm an Verhaltenspflichten vor. Dazu zählen unverzüglich zu ergreifende Abwehrmaßnahmen, Verständigungspflichten, behördliche Aufträge sowie in Fällen besonderer Dringlichkeit auch die Vornahme von Abwehrmaßnahmen. Zu ihrer Anordnung ist der Bürgermeister zuständig. Derartige Schutzmaßnahmen und behördliche Aufträge sind bewilligungsfrei (§ 31 Abs 5 WRG).
C. Bewilligungspflichten Die Bewilligungspflichten des 3. Abschnittes lassen sich zwei Kategorien zuordnen: Man unterscheidet zwischen Vorsorge- und Einwirkungstatbeständen. Die (historisch ältere) Einwirkungsbewilligung nach § 32 WRG unterwirft Einwirkungen auf Gewässer einer Bewilligungspflicht. Erfasst sind (undifferenziert) alle Vorhaben - die nach der Formel des VwGH - „regelmäßig und typisch“ zu einer Gewässerverunreinigung führen.157 § 32 WRG zielt darauf ab, diese Einwirkungen zu minimieren. Zu den Vorsorgetatbeständen zählen vor allem die Anlagen und Vorhaben nach § 31a und § 31c WRG.158 Vorsorgecharakter kommt diesen Maßnahmen deshalb zu, weil sie nicht regelmäßig und typisch mit einer Einwirkung auf Gewässer verbunden sind, die Gefahr einer solchen aber besteht. Diese Tatbestände zielen auf die Vermeidung von Gewässerverunreinigungen.
D. Einwirkungsbewilligung nach § 32 WRG Der Einwirkungstatbestand des § 32 WRG umschreibt die Bewilligungspflicht in Abs 1 in Form einer Generalklausel, die durch eine demonstrative159 Aufzählung von Maßnahmen in Abs 2 konkretisiert wird. Die Abs 3 und 4 sind als Sonderbewilligungstatbestände zu verstehen. In Bezug auf Betriebsanlagen erfährt der Gewässerschutz durch die Bewilligungspflicht des § 74 Abs 2 Z 4 GewO noch eine Ergänzung.
155
156
157 158
159
Nach der Judikatur sind auch Personen zum Handeln verpflichtet, die keine Pflichten verletzt haben (VwGH 12.2.1993, 90/07/0105). Die Pflicht trifft aber nur jene, die faktisch und rechtlich in der Lage sind, die Gefahr zu beherrschen. Maßgeblich ist die wirtschaftliche Verfügungsmacht über eine Anlage. Im Regelfall trifft diese Verpflichtung den Eigentümer oder Bestandnehmer. Es kommt auf eine konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung, und nicht auf die abstrakte Gefährdungsmöglichkeit an (VwGH 3.7.1984, 84/07/0028 = Oberleitner, Kommentar 2004 § 31 E.22). VwGH 13.4.1967, 1095/66; VwGH 1.6.1967, 1170/66. Vorsorgetatbestände wurden mit der Novelle 1969 in das WRG integriert. Der Gesetzgeber sah sich aufgrund eines Erkenntnisses des VwGH (VwSlg 7122 A) dazu veranlasst, der bis dahin auch Maßnahmen vom Einwirkungstatbestand des § 32 WRG erfasst sah, die bloß die Möglichkeit einer Gewässerverunreinigung in sich trugen. Vgl dazu ausführlich Preiß, 179. Vorsorgetatbestände finden sich - systemfremd - auch in § 32 Abs 3 und 4 WRG (dazu gleich unten Pkt D.1.). Bis zur WRG-Novelle 1997 war diese Aufzählung eine abschließende.
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1. Bewilligungspflicht Nach der Generalklausel des Abs 1 besteht Bewilligungspflicht für Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigen. Mit dem Begriff „Gewässer“ sind Wasserwelle, Bett und Ufer erfasst, ferner Tagwässer ebenso wie das Grundwasser und zwar unabhängig vom Grad der Beeinträchtigung.160 Als „Einwirkung“ gilt die Einbringung von Stoffen jedweden Aggregatzustandes (auch die Einleitung von Flüssigkeiten) ebenso wie eine künstliche Temperaturveränderung.161 Bestimmte Einwirkungen - namentlich „bloß geringfügige Einwirkungen“ - werden grundsätzlich bewilligungsfrei gestellt. Diese Maßnahmen gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung. Das Gesetz selbst nennt beispielhaft den Gemeingebrauch sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung als bloß geringfügige Einwirkungen. Verschmutzungen iSd Definition in § 30 Abs 3 Z 3 WRG sind jedenfalls bewilligungspflichtig.162 Geringfügige Einwirkungen iSd zitierten Gesetzesbestimmung sind nach VwGH solche, die einer zweckentsprechenden Nutzung des Gewässers nicht im Wege stehen. Zweckentsprechend ist die Nutzung dann, wenn sie mit den in § 30 Abs 1 WRG genannten Schutzzielen vereinbar ist.163 Beispielsweise ist bei der Einbringung von Küchenabwässern in einen Bach mit nachteiligen Auswirkungen nicht bloß geringfügiger Art zu rechnen.164 Nicht bloß geringfügig und daher bewilligungspflichtig ist auch die Einwirkung, die durch die Versickerung bloß mechanisch gereinigter Abwässer165 oder durch den Betrieb einer Pflanzenkläranlage166 bewirkt wird; ebenso die großflächige Verrieselung von Straßenoberflächenwässern167. Als nicht mehr geringfügig sind auch kleine Verluste an Benzin und Öl anzusehen.168 Erst jüngst hat der VwGH klargestellt, dass die Ausbringung von Fäkalwässern auf landwirtschaftliche Flächen nicht nur nach § 32 Abs 2 lit f und g WRG169, sondern auch nach dem allgemeinen Tatbestand des § 32 Abs 2 lit c WRG zu beurteilen ist. Ist demnach mit einer nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen, so ist das Ausbringen bewilligungspflichtig, und es ist nicht mehr näher zu untersuchen, ob eine bloß geringfügige Einwirkung iSd § 32 Abs 1 WRG vorliegt. Um eine ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung kann es sich dann eben gerade nicht mehr handeln.170 Nach einer Entscheidung des UVS Steiermark171 zählt das Errichten von Feldlagerstätten von Stallmist auf befestigtem Boden als eine Form der Zwischenlagerung über die Wintermonate zur ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung. Nach dem natürlichen Lauf der Dinge sei nämlich davon auszugehen, dass Abwässer aus Feldlagerstätten höchstens
160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171
Preiß, 179. Raschauer, § 32 Rz 1. Siehe RV 121 BlgNR 22. GP 6. VwGH 21.1.1992, 88/07/0129; VwGH 19. 3. 1998, 97/07/0131 (die Einbringung von 300 kg Farbstoff in ein fließendes Gewässer ist nicht bloß geringfügig). VwGH 25.2.1975, 2037/71. VwGH 20.7.1995, 95/07/0044. VwGH 25.1.1996, 93/07/0176. VwGH 25.4.1996, 93/07/0082 = RdU 29/1997. VwGH 15.9.1987, 87/07/0089. Durch BGBl I 2005/87 wurde § 32 Abs 2 lit f geändert und lit g aufgehoben. VwGH 25.11.1999, 98/07/0091 = RdU 2001/37 = ZfVB 2001/736. 29.11.2002, UVS-30.1-22/02.
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geringfügig versickern können und eine Einwirkung auf das Grundwasser entweder gar nicht oder nur geringfügig erfolgt. Die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung wird in § 32 Abs 8 WRG definiert als eine Bodennutzung, „die unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung, sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolgt“. Auch wenn geringfügige Einwirkungen durch § 32 Abs 1 WRG bewilligungsfrei gestellt sind, so ist doch zu beachten, dass seit dem In-Kraft-Treten der WRG-Nov 2003172, eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes der Gewässer verboten ist (§§ 30 Abs 1 Z 3, 30a Abs 1 und 30c Abs 1 WRG). Auch eine Einwirkung, die - im Sinne der Judikatur des VwGH - einer zweckentsprechenden Nutzung nicht entgegensteht, könnte eine Verschlechterung bewirken und daher unzulässig sein. Kontrastiert man den Wortlaut der Anordnung des § 32 Abs 1 WRG mit den Definitionen in § 30 Abs 3 WRG, so ergeben sich feine Unterschiede und dadurch offene Fragen. So ist zB die Beeinträchtigung der Beschaffenheit bewilligungspflichtig, nicht aber die Minderung des Selbstreinigungsvermögens.173 Und auch die Bewilligungspflicht des § 32 Abs 1 WRG knüpft an die (nicht bloß geringfügige) Zustandsverschlechterung an, und nicht an bestimmte Aktivitäten mit Schädigungspotential, wie das in der Definition des Verschmutzungsbegriffs vorgesehen ist. Insofern ist der Verschmutzungsbegriff enger als der Begriff der Verunreinigung nach Abzug der bloß geringfügigen Einwirkungen. Nach der Intention des Gesetzgebers dürfte allerdings der Bewilligungstatbestand des § 32 Abs 1 WRG mit der „Verschmutzung“ nach § 30 Abs 1 Z 3 WRG gleichzusetzen sein.174 Solcherart sich überlagernde Begrifflichkeiten provozieren allerdings - mE vermeidbare - Auslegungsprobleme.
Eine Bewilligungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn - so der VwGH in ständiger Judikatur - „nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist“. Unerheblich ist, ob die Gewässerverunreinigung tatsächlich eintritt sowie die Art der Nutzung des beeinträchtigten Gewässers („projektsgemäße und projekttypische“ Einwirkung175).176 Diese Formel ist auch bei der Abgrenzung zur Bewilligungspflicht nach den Vorsorgetatbeständen des § 31a und 31c WRG zu beachten. Sofern die dort genannten Vorhaben projektsgemäß und projekttypisch mit einer Einwirkung auf Gewässer verbunden sind, sind sie nach § 32 WRG bewilligungspflichtig. Und nach eben dieser Formel bestimmt sich auch die Abgrenzung zu § 31 WRG. Ist die Einwirkung nicht projektsgemäß und projekttypisch, tritt sie dann aber dennoch auf, so ist nach § 31 WRG vorzugehen.177 Diese Formel ist dann des Weiteren noch bei Betriebsanlagen für die Abgrenzung einer Bewilligungspflicht nach § 32 WRG gegenüber jener nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO von Bedeutung. Diese „Mehrgleisigkeit“ des Gewässerschutzes wirft mitunter diffizile Abgrenzungsfragen auf (dazu gleich unten unter 2.). 172 173 174 175 176 177
Das ist der 22. Dezember 2003. So die Definition der „Verunreinigung“ in § 30 Abs 3 Z 1 WRG. RV 121 BlgNR 22. GP 6. Vgl dazu Preiß, 180. VwGH 30.1.1964, 391/63; VwGH 19.3.1985, 84/07/0393; VwGH 18.3.1994, 93/07/0187; VwGH 20.2.1997, 96/07/0130; VwGH 18.2.1999, 99/07/0007. Ein an sich dichter Tank wird undicht. So Raschauer, § 32 Rz 13.
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Die Generalklausel des Abs 1 wird durch eine beispielhafte Aufzählung von bewilligungspflichtigen Maßnahmen konkretisiert. Diese Auflistung zeigt, dass mit dem Begriff der „Einwirkung“ ein weiter Begriffsinhalt verbunden ist. Bewilligungspflichtig sind insbesondere: • die Einbringung von Stoffen in jedwedem Aggregatzustand mit den dafür erforderlichen Anlagen178; • Einwirkungen auf Gewässer durch ionisierende Strahlung oder Temperaturveränderung; • Grundwasserverunreinigende Versickerungen179; • die Verrieselung oder Verregnung von städtischen oder gewerblichen Abwässern; • eine erhebliche Änderung der Menge oder Beschaffenheit einer Einwirkung; • unter näher bezeichneten Voraussetzungen das Ausbringen bestimmter Dünger. Die hier genannten Einwirkungen sind „nach Maßgabe des Abs 1“ bewilligungspflichtig. Der Wortlaut legt nun mE ein Verständnis nahe, wonach die Bewilligungspflicht für die in Abs 2 beispielhaft genannten Vorhaben nur dann besteht, wenn die Voraussetzung „projektsgemäße und projekttypische Einwirkung“ gegeben und die Geringfügigkeitsgrenze überschritten ist. Anderer Auffassung ist aber offenkundig der VwGH.180 Weist eine Maßnahme (konkret: das Ausbringen von Dünger) das Gefährdungspotential auf, das Grundwasser zu verunreinigen, dann besteht die Bewilligungspflicht nach § 32 Abs 2 lit c WRG auch dann, wenn die Maßnahme unter den Mengenschwellen der lit f bleibt, demnach eine ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung ist181 und daher nur eine geringfügige Einwirkung darstellt.182 Mit dieser Auffassung setzt sich der VwGH über den Wortlaut des § 32 Abs 2 WRG hinweg, weil damit der Wortfolge „nach Maßgabe des Abs 1“ keine Bedeutung mehr zukommt. Unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten hat die Argumentation des VwGH allerdings auch etwas für sich. Besteht die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung, dann soll sich die Prüfung dahingehend, ob es sich um eine „geringfügige“ Einwirkung handelt, angesichts der Bedeutung des Grundwasserschutzes erübrigen. Die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung muss jedenfalls im Wege einer Bewilligungspflicht unter staatliche Kontrolle gestellt werden. 178
179
180 181 182
Raschauer, § 32 Rz 5 nennt beispielsweise Abwassereinleitungen, den übermäßigen Fischbesatz und die Einbringung von Fischfutter in Gewässer oder das Einlegen von Holzstämmen zur Nasskonservierung. Sickergruben privater Haushalte fallen unter die Bewilligungspflicht des § 32 WRG, nach der Judikatur hingegen nicht die Senkgruben und Güllebehälter, weil bei ihnen nicht projektsgemäß von einer Einwirkung auszugehen ist. Näher dazu Raschauer, § 32 Rz 7. VwGH 25.11.1999, 98/07/0091 = RdU 2001/37. Die Definition derselben stellt ja „bloß“ darauf ab, dass die bezughabenden Vorschriften eingehalten werden. Es heißt im Gesetzestext: „Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung, gelten …
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Die Textierung des § 32 Abs 2 WRG ist in zweifacher Hinsicht mangelhaft. Grundsätzlich macht eine beispielhafte Aufzählung von bewilligungspflichtigen Maßnahmen nur dann Sinn, wenn die genannten Maßnahmen bedingungslos bewilligungspflichtig sind, wenn also damit im konkreten Fall Maßnahmen genannt werden, die über der in Abs 1 genannten Geringfügigkeitsschwelle liegen. Die meisten der in § 32 Abs 2 WRG genannten Maßnahmen - nämlich die in lit b bis f aufgezählten - würden sich für ein derartiges Verständnis eignen. Ein solches Verständnis eignet sich allerdings nicht für die in der lit a genannten Vorhaben. Bei diesen macht eine Geringfügigkeitsprüfung Sinn, weil andernfalls jede Einwirkung auf Gewässer die Bewilligungspflicht auslöste. Die Aufzählung des § 32 Abs 2 WRG ist aber auch insofern zu bemängeln, als die Tatbestände ein unterschiedliches Abstraktionsniveau aufweisen und mE die Tatbestände der lit d und f als eine Konkretisierung des Grundwasserschutztatbestandes der lit c anzusehen sind. Dadurch ist mE erst recht ein Verständnis nahe gelegt, wonach Maßnahmen nach der lit f dann nicht bewilligungspflichtig sind, wenn die Mengenschwellen unterschritten werden.
In den Absätzen 3 und 4 des § 32 WRG werden Anlagen und Maßnahmen genannt, die jedenfalls bewilligungspflichtig sind. Da ein Verweis auf die Voraussetzungen des Abs 1 fehlt, besteht die Bewilligungspflicht auch dann, wenn von der Anlage nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit keinen nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Insofern wurden an sich - wie Raschauer183 zu Recht meint - systemfremd zwei Vorsorgetatbestände in den § 32 WRG „eingeschleust“. Jedenfalls bewilligungspflichtig ist nach Abs 3 die Errichtung oder Änderung von Anlagen zur Reinigung öffentlicher Gewässer oder zur Verwertung fremder Abwässer. Abs 4 statuiert eine unbedingte Bewilligungspflicht für die künstliche Anreicherung von Grundwasser für Zwecke der öffentlichen Grundwasserbewirtschaftung. Einleitungen in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlagen (Indirekteinleiter) sind seit der WRG-Novelle 1997 (BGBl I 1997/74) grundsätzlich nicht mehr bewilligungspflichtig (§ 32b Abs 1 WRG)184. Erforderlich ist die Zustimmung des Kanalisationsbetreibers.185 Darüber hinaus sind besondere Mitteilungs-186 und Nachweispflichten (§ 32b Abs 3 WRG) des Indirekteinleiters vorgesehen. Dieser ist zudem verpflichtet, die einschlägigen Abwasseremissionsverordnungen zu beachten. Dem Kanalisationsunternehmen ist die 183
184
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Raschauer, § 32 Rz 11; aA Preiß, mit der Begründung, dass bei einer hohen Reinigungsleistung mit einer Abwasserreinigungsanlage regelmäßig eine verunreinigende Wirkung verbunden ist. Bis dahin waren Indirekteinleitungen in § 32 Abs 4 WRG geregelt und bewilligungspflichtig. Seit der Novelle 1997 sind sie ein Vorsorgetatbestand. Siehe dazu näher Oberleitner, Vereinfachungen 163 f. Fehlt diese, so kann die Indirekteinleitung nicht stattfinden (VwGH 13.4.2000, 97/07/0167). Die fehlende Zustimmung kann nicht durch die Wasserrechtsbehörde ersetzt werden. Und die Indirekteinleitung wird deshalb auch nicht bewilligungspflichtig. Aus diesem Grund kommt auch die Einräumung eines Zwangsrechtes nicht in Betracht (VwGH 26.2.1998, 98/07/0003 = RdU 111/1998 mAnm Raschauer). Sofern es sich um Abwasser handelt, dessen Beschaffenheit nicht nur geringfügig von dem häuslicher Abwässer abweicht, sind dem Kanalisationsunternehmen die einzubringenden Stoffe, die Frachten, die Abwassermenge sowie andere Einleitungs- und Überwachungsgegebenheiten mitzuteilen (§ 32b Abs 2 WRG).
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Führung von Verzeichnissen über diese Informationen sowie die Pflicht, der Wasserrechtsbehörde darüber zu berichten, aufgetragen. Er ist auch dafür verantwortlich, dass die wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter nicht überschritten wird. § 32b Abs 5 WRG verpflichtet den BMLFUW für bestimmte Indirekteinleitungen eine Bewilligungspflicht vorzusehen.187
2. „Exkurs“: Bewilligungspflicht nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO Eine Bewilligungspflicht bei Einwirkungen auf Gewässer ist nicht nur in § 32 WRG, sondern auch in § 74 Abs 2 Z 5 GewO vorgesehen. Die genannte Vorschrift der GewO unterwirft Errichtung und Betrieb einer Betriebsanlage einer Genehmigungspflicht (nach der GewO), wenn diese (...) geeignet ist, „eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist“. Sieht man einmal von der ausdrücklichen Subsidiaritätsanordnung ab, so ist die Umschreibung der Bewilligungspflicht jener des § 32 WRG auffallend ähnlich. Die Bewilligungspflicht des § 74 Abs 2 Z 5 GewO ist aber kraft ausdrücklicher Anordnung jener des § 32 WRG gegenüber komplementär und kommt nur dann in Betracht, wenn eine wasserrechtliche Bewilligung nicht erforderlich ist. Diese „Erweiterung“ des Gewässerschutzes durch die GewO bleibt freilich nur auf die Betriebsanlagen iSd § 74 Abs 1 GewO beschränkt. Im Einzelnen ergeben sich dabei Abgrenzungsfragen: Unter den Bewilligungstatbestand des § 74 Abs 2 Z 5 GewO fallen zum einen - so die Materialien zur WRG-Novelle 1969 - jene Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer, die nicht projektsgemäß und projekttypisch sind, wenn also nach der bekannten Formel „nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer nicht zu rechnen ist“.188 Nach der eingangs vorgestellten Differenzierung in Vorsorgeund Einwirkungstatbestände, kommt diesem Bewilligungstatbestand insoweit Vorsorgecharakter zu. Die Bewilligungspflicht nach der GewO besteht aber nur, soweit die Betriebsanlage nicht von einem Vorsorgetatbestand des WRG erfasst wird, der seinerseits eine Bewilligungspflicht vorsieht.189 Eine Bewilligungspflicht für Betriebsanlagen wegen nachteiliger Einwirkungen auf Gewässer nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO besteht aber auch dann, wenn diese Einwirkungen bloß geringfügig sind, weil nach der gesetzlichen Vermutung des § 32 Abs 1 zweiter Satz WRG solche bloß geringfügigen Einwirkungen bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung gelten und nach § 32 WRG 187
188 189
So in § 2 Abs 2 der IEV. Wenn es in Abs 5 des § 32b WRG „Verfahren (§ 114)“ heißt, so ist dies als Bewilligungspflicht unter möglichster Anwendung des Anzeigeverfahrens zu verstehen (Oberleitner, Kommentar 2004 § 33 Rz 6). Zur Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität siehe F. Ermacora, 105 f. Vgl dazu die Nachweise oben unter 1. Unter den Bewilligungstatbestand des § 74 Abs 2 Z 5 GewO fallen daher Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe (§ 31a WRG), weil diese generell nach dem WRG bewilligungsfrei gestellt sind, wenn für diese Anlagen eine Bewilligungspflicht in anderen bundesrechtlichen Vorschriften, die gewässerschutzrelevante Kriterien berücksichtigen, vorgesehen sind (§ 31a Abs 5 und 6 WRG). Eine solche Norm ist nun § 74 Abs 2 Z 45 GewO.
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bewilligungsfrei gestellt sind. Die Bewilligungspflicht für geringfügige Einwirkungen besteht unabhängig davon, ob sie projektsgemäß und projekttypisch sind. Insoweit ist § 74 Abs 2 Z 5 GewO auch ein „Einwirkungstatbestand“. Wenngleich sich damit der Anwendungsbereich des Gewässerschutztatbestandes in der GewO gegenüber jenem des WRG (theoretisch) fassen lässt, ergeben sich im Einzelnen doch mE schwierige Abgrenzungsfragen. Zu bedenken ist nämlich, dass die Bewilligungspflicht nach der GewO immer nur dann gegeben ist, wenn die Betriebsanlage geeignet ist, eine „nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen“. Fraglich ist dann nämlich, ob und wie sich die Eignung zu bestimmten negativen Einwirkungen von jenen nicht geringfügigen Einwirkungen abgrenzen lässt, mit denen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu rechnen ist.190 Nach der Judikatur und Literatur ist für die Bewilligungspflicht nach § 74 GewO zunächst die konkrete Eignung, die näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen, maßgeblich.191 Und die Bewilligungspflicht ist immer dann schon gegeben, wenn sich die beschriebenen Auswirkungen nicht ausschließen lassen. Fügt man nun diese Formeln zusammen, so unterliegt eine Betriebsanlage der Bewilligungspflicht nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO dann, wenn mit einer nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht zu rechnen ist, solche Einwirkungen sich aber auch nicht ausschließen lassen. Wie schon dargelegt, ist die Bewilligungspflicht nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO auch dann anzunehmen, wenn die nachteilige Einwirkung auf Gewässer bloß geringfügig ist. Zur - im Einzelfall gewiss problematischen - Bestimmung der Geringfügigkeitsgrenze darf auf die Judikaturbeispiele oben unter Pkt 1 hingewiesen werden. Als geringfügige Einwirkung in Betracht kommt dann noch die „ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung“, sofern diese durch eine Betriebsanlage vorgenommen wird, nicht aber die Ausnahmebestimmung des Gemeingebrauchs, weil unter den Begriff des Gemeingebrauchs nur der Gebrauch des Wassers ohne besondere Vorrichtungen fällt. Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Anwendungsbereich für den Gewässerschutztatbestand des § 74 Abs 2 Z 5 GewO eng begrenzt ist.192 Und nur zur Verdeutlichung sei darauf hingewiesen, dass für eine Einwirkung, die weder nach dem WRG noch - mangels Eigenschaft als „Betriebsanlage iSd § 74 Abs 1 GewO – nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO einer Bewilligungspflicht unterworfen ist, § 31 WRG maßgeblich ist.
3. Bewilligungskriterien Bewilligungen nach § 32 WRG bedürfen eines Antrages. Der Konsenswerber hat im Antrag bereits Maßnahmen vorzusehen, die zur Reinhaltung der Gewässer und zur Vermeidung von Schäden erforderlich sind (§ 33 Abs 1 Satz 2 WRG). Bewilligungskriterien sind in den §§ 30, 30a, 30b, 30c, 30d, 30e, 30f, 30g, 33, 104a, 105 und den §§ 11 bis 13 WRG193 festgelegt. Insbesondere die Umsetzung der WRRL durch die WRG-Nov 2003 hat zu einer „breiten Streuung“ der Bewilligungskriterien beigetragen. Nach Ansicht des VwGH ist der Zweck der Vorschrift des § 32 die weitest mögliche Reinhaltung und der Schutz der Gewässer im Sinne des § 30 WRG.194 190 191 192 193 194
Die ihrerseits eine Bewilligungspflicht nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO ausschließen. Dazu beispielsweise Grabler/Stolzlechner/Wendl (FN 35) § 74 Rz 13 mit Bezugnahme auf VwGH 28.1.1997, 96/04/0283. Grabler/Stolzlechner/Wendl (FN 35) § 74 Rz 32. § 32 Abs 6 WRG erklärt die Bestimmungen über die Wasserbenutzungsanlagen für sinngemäß anwendbar. VwGH 13.9.1983, 83/07/0078.
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Zunächst sind im Bewilligungsverfahren die in § 105 WRG festgelegten öffentlichen Interessen sowie die in § 30 WRG statuierten allgemeinen Grundsätze einer nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung zu beachten.195 Sodann ist von Relevanz, dass seit dem In-Kraft-Treten der WRG-Nov 2003196 grundsätzlich eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes unzulässig ist. Und dieses Verbot der Verschlechterung bezieht sich nicht etwa auf den zu erreichenden Zielzustand197, sondern auf den jeweiligen Ausgangszustand im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der WRRL.198 Damit wird ein „Auffüllen von Freiräumen“ im Falle eines gegebenen besseren als des zu erreichenden Zielzustandes verhindert. Von diesem Grundsatz des Verbotes der Verschlechterung sind Ausnahmen zulässig. So zB aufgrund von Ereignissen unter außergewöhnlichen Umständen (§ 30f WRG) oder gem den Voraussetzungen des § 104a WRG. Gerade § 104a WRG dürfte im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren eine ganz zentrale Bedeutung zukommen. Die zitierte Bestimmung sieht vor, dass bestimmte Vorhaben, bei denen mit dem Nichterreichen des guten Zustandes oder mit einer Verschlechterung des Zustandes eines Oberflächen- oder Grundwasserkörpers zu rechnen ist, „jedenfalls Vorhaben“ sind, „bei denen Auswirkungen auf öffentliche Rücksichten zu erwarten“ sind (Abs 1). Diese Vorhaben dürfen nur dann bewilligt werden, wenn die Prüfung öffentlicher Interessen ergeben hat, dass drei Voraussetzungen erfüllt sind: Zum einen müssen „alle praktikablen Vorkehrungen getroffen worden sein, um die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers zu mindern“ (Abs 2 Z 1). Zum zweiten müssen „die Gründe für die Änderungen von übergeordnetem öffentlichem Interesse“ sein „und/oder“ es muss „der Nutzen, den die Verwirklichung der in §§ 30a, c und d genannten Ziele für die Umwelt und die Gesellschaft hat, durch den Nutzen der neuen Änderungen für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung übertroffen“ werden (Abs 2 Z 2). Und zuletzt müssen „die nutzbringenden Ziele, denen diese Änderungen des Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers dienen sollen, aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder auf Grund unverhältnismäßiger Kosten nicht durch andere Mittel, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen, erreicht werden können“ (Abs 2 Z 3).199 Grund für die Schaffung dieser Ausnahmeregelung war es, „künftige menschliche Entwicklungstätigkeiten“ zu ermöglichen. Die Prüfung erfolgt im Rahmen der Prüfung öffentlicher Interessen.200 Die Bestimmung ist aus mehreren Gründen problematisch: Zum einen widerspricht sie klar den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, weil durch sie eine Verschlechterung gegenüber dem guten Zustand erlaubt wird.201 Zum anderen 195 196 197
198 199 200 201
Siehe oben bereits Pkt III.E. Gemäß § 145a Abs 1 WRG fällt dieses Datum mit dem Ablauf der Umsetzungsfrist in Art 24 Abs 1 WRRL zusammen. Das ist bei Oberflächengewässern gem § 30a Abs 1 WRG der gute ökologische und der gute chemische Zustand, beim Grundwasser gem § 30c Abs 1 WRG der gute mengenmäßige und der gute chemische Zustand. Vgl RV 121 BlgNR 22. GP 6; Hödl, 63f; Oberleitner, Kommentar 2004 § 30 Rz 2 und § 30a Rz 2; Kerschner/Weiß, 172. Zur Handhabung des § 104a WRG vgl Pucker, Ausnahme vom Verschlechterungsverbot - § 104a WRG - Checkliste, RdU 2005/88. RV 121 BlgNR 22. GP 20. Art 4 Abs 7 zweiter Spiegelstrich WRRL erlaubt lediglich eine Verschlechterung von einem sehr guten auf einen guten Zustand. Vgl zur Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität weiters Kerschner/Weiß, 418ff.
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werden in ihr gehäuft unbestimmte Begriffe verwendet, die eine wirksame Rechtskontrolle verhindern.202 Die solcherart eröffneten weiten Entscheidungsfreiräume gestatten es der Behörde, geradezu jedes neue Vorhaben zu genehmigen. Auch ist - worauf Oberleitner203 zu Recht hinweist - zu bedenken, dass § 104a WRG nur bei Einzelvorhaben anzuwenden ist, und daher Summationseffekte nur indirekt - beispielsweise über § 13 Abs 1 WRG - berücksichtigt werden können. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang noch, dass sich das Verschlechterungsverbot auf jedwede Einwirkung, dh auch auf die gem § 32 Abs 1 WRG bewilligungsfrei gestellte geringfügige Einwirkung bezieht. Demnach könnte auch eine Einwirkung, die mit den Worten des VwGH204 - einer zweckentsprechenden, weil den Zielsetzungen des § 30 Abs 1 WRG nicht widersprechenden Nutzung nicht entgegensteht, eine Verschlechterung bewirken und daher unzulässig sein.
Während das Verschlechterungsverbot unmittelbar und sofort anwendbar ist, ist das Erreichen der Zielzustände zum einen erst bis zum 22.12.2015 verlangt und zum zweiten von der Erlassung von Verordnungen abhängig, in denen die maßgeblichen Zustände definiert werden (§§ 30a Abs 2, 30c Abs 2 WRG). Bislang ist dazu - so weit zu sehen - nur die Verordnung über die Festlegung des Zielzustandes für Oberflächengewässer (Qualitätszielverordnung Oberflächengewässer Chemie), BGBl II 2006/96, ergangen. Weitere Anforderungen werden sich aus den bis zum 22.12.2009 zu erstellenden Maßnahmenprogrammen ergeben (§ 55f iVm § 55e und § 55c WRG). Als Zielzustand ist für Oberflächengewässer der gute ökologische und der gute chemische Zustand festgelegt (§ 30a Abs 1 WRG), für das Grundwasser der gute mengenmäßige und der gute chemische Zustand (§ 30c Abs 1 WRG) und für künstliche oder erheblich veränderte Oberflächenwasserkörper das gute ökologische Potential und der gute chemische Zustand (§ 30a Abs 1 WRG).
Weitere Bewilligungskriterien ergeben sich aus § 30g WRG. Danach sind zum einen „Emissionen aus Punktquellen, insbesondere aus Abwasserreinigungsanlagen, in Gewässer auf der Grundlage des Standes der Technik zu begrenzen“, zum anderen „diffuse Auswirkungen so zu begrenzen, dass sie gegebenenfalls die beste verfügbare Umweltpraxis einschließen“. Sollten auf der Grundlage dieser Bestimmungen festgelegte Emissionsgrenzen zur Erreichung der Zielzustände nicht ausreichen, so sind in den Maßnahmenprogrammen entsprechend strengere Emissionsbegrenzungen festzulegen. § 30g WRG beschreibt den sog „kombinierten Ansatz“, der einerseits darauf beruht, dass schädliche Einwirkungen nach dem Stand der Technik begrenzt werden, und es andererseits mit Rücksicht auf den Gewässerzustand erlaubt, weitergehende Beschränkungen vorzusehen.205 Unklar ist, was unter der „besten verfügbaren Umweltpraxis“ verstanden werden soll. Für den Landwirtschaftsbereich ist diese in der Nitratrichtlinie vorgesehen.206 Nach Kerschner/Weiß207 liegt dieser Standard „nahe der Resignation“, weil mit ihm faktische Zustände hingenommen werden. 202 203 204 205
206
Oberleitner, Kommentar 2004 § 104a Rz 2; die legistische Qualität kritisieren auch Kerschner/Weiß, 418ff. Oberleitner, Kommentar 2004, § 104a Rz 2. VwGH 21.1.1992, 88/07/0129; VwGH 19.3.1998, 97/07/0131. Die Kombination von Emissions- und Immissionsansatz kommt hier allerdings nur unvollkommen zum Ausdruck, weil die Immissionsseite nur indirekt angesprochen wird. Vgl Kerschner/Weiß, 198. RV 121 BlgNR 22. GP 10.
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§ 33 WRG verpflichtet die Behörde, in der Bewilligung auf „die technischen und wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere auch auf das Selbstreinigungsvermögen des Gewässers oder Bodens“, entsprechend Bedacht zu nehmen. Für Abwassereinleitungen bestehen noch darüber hinausgehende Anforderungen: Zum einen sind die aufgrund der §§ 33bff WRG erlassenen Verordnungen zu beachten. So ermächtigt § 33b Abs 3 WRG den BMLFUW im Verordnungswege Emissionswerte in Form von Grenzwerten oder Mittelwerten für Konzentrationen oder spezifische Frachten festzulegen. Durch diese Festlegung von Grenzwerten wird das Bewilligungsverfahren näher determiniert.208 Eine Abweichung von den verordnungsförmig bestimmten Emissionswerten ist in beide Richtungen möglich. Eine Verschärfung ist nach § 33b Abs 6 WRG bei vorbelasteten Gewässern gestattet.209 Ein Lockerung ist nur ausnahmsweise zuzulassen und darf nur befristet erteilt werden (§ 33b Abs 10 WRG).210 Auf der Basis dieser Ermächtigung sind eine allgemeine sowie eine Vielzahl von branchenspezifischen Abwasseremissionsverordnungen erlassen worden. Bei der Bewilligung von Abwassereinleitungen in Gewässer oder in eine bewilligte Kanalisation hat die Behörde jedenfalls auch die nach dem Stand der Technik möglichen Auflagen zur Begrenzung von Frachten und Konzentrationen schädlicher Abwasserinhaltsstoffe vorzuschreiben (§ 33b Abs 1 WRG). Ihre Einleitung darf nur bewilligt werden, wenn eine Vermeidung nach dem Stand der Technik nicht möglich ist und die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere bestehende Nutzungen und die bereits vorhandene Belastung, eine Einleitung zulassen.
Inhaltliche Determinanten im Bewilligungsverfahren ergeben sich des Weiteren aus § 32a WRG.211 Darin sind zum einen Ermächtigungen an den BMLFUW vorgesehen, durch Verordnung zum Schutz der Gewässer Einbringungsverbote (Abs 1) und Einbringungsbeschränkungen festzulegen (Abs 2). Zum anderen wird schon durch das Gesetz selbst die Einleitung von Klärschlamm in Oberflächengewässer, insbesondere von Schiffen oder durch Leitungssysteme, verboten (Abs 4). Auf der Grundlage des § 32a Abs 1 und 2
207 208
209
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211
Kerschner/Weiß, 197. Raschauer, § 33a Rz 1, bezeichnet die Möglichkeiten nach § 33a ff WRG als „normative Ausprägung des Vorsorgegrundsatzes“. § 33a WRG wurde durch die WRGNov 2003 aufgehoben. Die dort vorgesehenen Definitionen finden sich nunmehr in § 33b Abs 11 WRG. Zum Verhältnis zwischen § 33b Abs 6 und den §§ 12 und 15 WRG siehe VwGH 15.9.2005, 2005/07/0071 = RdU 2006/34 mAnm Schulev-Steindl. Danach regelt § 33b Abs 6 WRG nur die Voraussetzungen für die Vorschreibung strengerer Grenzwerte im öffentlichen Interesse. Diese Voraussetzungen gelten aber dann nicht, wenn bei Vorschreibung (bloß) der Grenzwerte einer Emissionsverordnung eine Beeinträchtigung bestehender Rechte (§ 12 Abs 2 WRG) oder eines Fischereirechtes (§ 15 WRG) eintreten würde. Der zuletzt durch die Novelle BGBl I 1999/155 geänderte § 33b Abs 10 WRG lässt einen Rückbau des strengen Schutzregimes bei Abwassereinleitungen erkennen, zumal die Voraussetzungen für die Ausnahmebewilligung (überwiegendes öffentliches Interesse, wasserwirtschaftliche Verhältnisse) nun nicht mehr kumulativ, sondern bloß alternativ vorliegen müssen. Die Gemeinschaftsrechtskonformität dieser Regelung ist nach Ansicht von F. Ermacora, 102 f, fraglich. § 32a WRG wurde durch die WRG-Novelle 1997, BGBl I 1997/74, eingefügt und durch BGBl I 1999/155 und zuletzt durch BGBl I 2003/82 geändert. Er dient der Umsetzung der Grundwasserrichtlinie RL 80/68/EWG.
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WRG idF vor der WRG-Nov 2003212 wurde die Grundwasserschutzverordnung (BGBl II 2000/398) erlassen.213 Die Vornahme einer bewilligungspflichtigen Einwirkung auf Gewässer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen ist ebenso wie die Nichteinhaltung von Auflagen oder Nebenbestimmungen mit einer Geldstrafe bis zu € 14.530,-verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert (§ 137 Abs 2 Z 5 und 7 WRG). Eine Bewilligung für Betriebsanlagen, für die eine Bewilligungspflicht nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO gegeben ist, darf nur dann erteilt werden, wenn nach § 77 Abs 1 GewO die nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer allenfalls auch durch die Vorschreibung von geeigneten Auflagen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden können. Diese Prognoseentscheidung ist von der Gewerbebehörde nach dem Stand der Technik (§ 71a GewO) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu treffen.
E. Vorsorgetatbestände 1. Einleitung Den Vorsorgetatbeständen ist - wie schon erwähnt - eigen, dass es sich um bestimmte Vorhaben oder bestimmte Anlagen214 handelt, bei denen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einer nachteiligen Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer nicht zu rechnen ist. Der Gesetzgeber unterwirft diese Vorhaben aber einer besonderen Regelung, weil bei atypischem Geschehensverlauf (bei einem Störfall) Gewässer besonders gefährdet sind. Sind die genannten Vorhaben aber projektsgemäß und projekttypisch mit einer Einwirkung verbunden, so ist die Maßnahme nach § 32 WRG bewilligungspflichtig.215 Der Katalog an Vorsorgetatbeständen ist zum einen aufgesplittert und wurde zum Teil schon - weil systematisch nicht zusammenhängend positioniert - behandelt. Zum anderen wurde der Katalog an Vorsorgetatbeständen durch eine Novelle zum WRG im Jahre 2000216 dezimiert. Waren bis dahin Abfalldeponien einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterworfen (ehemals § 31b WRG), so wurden diese „systemfremden“ Bestimmungen aus dem WRG aus- und in das AWG eingegliedert, und zwar sowohl die materiell-rechtlichen 212
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Diese Fassung bezog sich allein auf den Schutz des Grundwassers. Mit der WRGNov 2003 erfolgte eine Ausdehnung der Verordnungsermächtigung auf Oberflächengewässer und Kanalisationen. Die bestehende Grundwasserschutzverordnung bleibt durch diese Ausdehnung allerdings unberührt. Der Grundwasserschutz wird noch an anderer Stelle des Gesetzes geregelt. § 33f WRG befasst sich mit der Sanierung belasteter Grundwasservorkommen. Abs 1 gibt es dem BMLFUW auf, durch Verordnung den allgemeinen Rahmen für jene jedenfalls freiwillig zu setzenden Maßnahmen festzulegen, aus denen der Landeshauptmann erforderlichenfalls bei der Erlassung konkreter Programme zu wählen hat. Die Abs 2ff regeln ua die Ausweisung von Maßnahmegebieten durch den LH sowie die Anordnung von bestimmten Schutzmaßnahmen und Unterlassungspflichten. Demgegenüber werden in § 32 Abs 1 WRG undifferenziert Einwirkungen erfasst, auf welche Weise auch immer sie erfolgen. So die Auffassung des VwGH, 20.10.2000, 2000/07/0085. Eine andere Ansicht wird dazu allerdings in der Literatur vertreten. Siehe dazu gleich unten. BGBl I 2000/90.
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als auch die verfahrensrechtlichen Bestimmungen, ebenso das verwaltungspolizeiliche Aufsichts- und Anordnungsregime.217 In diesem Zusammenhang soll auf die Regelungen der §§ 31a und 31c WRG eingegangen werden.218
2. Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe Grundsätzlich sind Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender219 Stoffe weder bewilligungs- noch meldepflichtig. Anlagenbetreiber sind aber dazu verhalten, diese Anlagen so zu errichten, zu betreiben und aufzulassen, dass eine Verunreinigung der Gewässer oder eine sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften nicht zu erwarten ist. § 31a WRG statuiert des Weiteren Verordnungsermächtigungen.220 Der BMLFUW kann je nach Gefährdungspotential durch Verordnung die Kontrollbedürftigkeit von Anlagen festlegen (Abs 3 und 4).221 Solche Anlagen sind der Behörde zu melden, es sei denn, dass sie nach anderen bundesgesetzlichen Vorschriften einer Anzeige oder Bewilligung bedürfen, nach denen die gewässerschutzrelevanten Kriterien berücksichtigt werden (Abs 6).222 Abs 5 ermächtigt den BMLFUW, im Verordnungsweg eine Bewilligungspflicht für Anlagen zur Lagerung oder Leitung wassergefährdender Stoffe vorzusehen, sofern dies gemeinschaftsrechtlich geboten ist und eine Bewilligungspflicht nicht bereits in anderen bundesrechtlichen Vorschriften vorgesehen ist, die gewässerschutzrelevante Kriterien berücksichtigen223. Das Unterlassen der Meldepflicht (§ 137 Abs 1 Z 1 WRG) ist ebenso wie das Errichten oder Betreiben einer bewilligungspflichtigen Anlage ohne Bewilligung (§ 137 Abs 1 Z 16) verwaltungsrechtlich strafbar. Als Aufsichtsbehörden nennt § 31 Abs 7 WRG für Anlagen, die dem Gewerberecht, dem Eisenbahnrecht, dem Luftfahrtrecht, dem Rohrleitungsrecht, dem Bergrecht, dem Schifffahrtsrecht oder dem Luftfahrtrecht unterliegen, die nach diesen Gesetzen 217
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Vgl dazu Raschauer, Staat und Privat im Umweltrecht - Österreichische Umweltrechtstage, 2000, 34. Der Vorsorgetatbestand des § 31b WRG betreffend Abfalldeponien wurde durch die WRG-Novelle 1990 eingefügt. Weitere Vorsorgetatbestände sind in § 32 Abs 3 und 4 oder § 32b WRG (Indirekteinleiter) verankert. Nach der Legaldefinition des § 31a Abs 1 2. Satz WRG sind wassergefährdend jene Stoffe, die zufolge ihrer schädlichen Eigenschaften für den Menschen oder für Wassertiere oder Wasserpflanzen, insbesondere wegen Giftigkeit, geringer biologischer Abbaubarkeit, Anreicherungsfähigkeit, sensorischer Auswirkungen und Mobilität, bei Einwirkungen auf Gewässer deren ökologische Funktionsfähigkeit oder Nutzbarkeit, vor allem zur Wasserversorgung, nachhaltig zu beeinträchtigen vermögen. Auf der Grundlage des § 31a Abs 1 WRG wurde die Verordnung über bewilligungspflichtige wassergefährdende Stoffe erlassen (BGBl 1969/275). Die Verordnungsermächtigung nach Abs 3 ist nicht nur in hohem Maße unbestimmt, sondern auch unverständlich. Zunächst ist es dem Verordnungsgeber überlassen, Anlagen zu benennen, die „auf Grund ihres Gefährdungspotentials“ oder „ihrer Bauweise“ einer Kontrolle bedürfen. Es wäre im Sinne des Art 18 Abs 2 B-VG geboten, diesen Kontrollbedarf bereits im Gesetz näher vorherzubestimmen. Und unverständlich ist mir, in welchem Zusammenhang die Häufigkeit einer Anlage mit ihrer Kontrollbedürftigkeit steht. Auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage erging die V des BMLFUW BGBl II 1998/4, die sich auf Anlagen zur Lagerung und Leitung von Brenn- und Kraftstoffen bezieht. Eine solche Verordnung wurde bislang nicht erlassen.
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zuständige Behörde. Handelt es sich um Anlagen zur Beheizung von Gebäuden sowie zur Betankung von Kraftfahrzeugen mit Dieselkraftstoff, und unterliegen diese nicht den vorgenannten bundesgesetzlichen Regelungen, so ist der Bürgermeister zuständig. In allen anderen Fällen obliegt die Aufsicht der Wasserrechtsbehörde. § 134 Abs 4 WRG sieht besondere Aufsichtsmaßnahmen vor. Danach hat der Anlagenbetreiber in regelmäßigen, höchstens fünf Jahre währenden Abständen eine Überprüfung der Anlage vornehmen zu lassen und das Ergebnis der Überprüfung der Behörde vorzulegen.224
3. Sonstige Vorsorge gegen Wassergefährdung (§ 31c WRG) Abs 1 des § 31c unterwirft zunächst die Gewinnung von Sand und Kies, sofern sie mit besonderen Vorkehrungen erfolgt, der Bewilligungspflicht (sog Trockenbaggerung).225 Diese entfällt, wenn die Trockenbaggerung außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete226 geplant ist, und überdies nach den gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig ist oder dem Mineralrohstoffgesetz unterliegt (Abs 2). Die Rechtfertigung für das Vorsehen einer Bewilligungspflicht liegt - so die Ausführung in den Materialien dazu227 darin, dass durch solche Baggerungen die das Grundwasser schützende Bodenschicht abgetragen und dadurch auch der Schutz des Grundwassers vermindert wird. Anders als bei Baustellen bleibt dieser Zustand aber bestehen. Demnach verpflichtet Abs 3 die Behörde dazu, zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung die notwendigen und nach dem Stand der Technik möglichen Vorkehrungen zu treffen, die nach Beendigung der Entnahme zu treffenden Maßnahmen aufzutragen und darauf zu achten, dass Gemeinden in der Versorgung ihrer Bewohner mit Trinkwasser nicht beeinträchtigt werden. Die Bewilligung kann auch befristet werden. Unter den gleichen Voraussetzungen sind auch bestimmte228 Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme (Abs 5 lit a und b) und Anlagen zur Wärmenutzung der Gewässer (Abs 5 lit c) bewilligungspflichtig. Nach Preiß229 lässt sich die Einreihung dieser Anlagen unter den Vorsorgetatbeständen damit erklären, dass ins Erdreich eingebrachte Wärmetauscher gefährliche Flüssigkeiten ent224
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Nach dem Wortlaut des Gesetzes trifft die Vorlagepflicht den „Wasserberechtigten“. Daraus lässt sich folgern, dass nur jene Anlagenbetreiber zur Überprüfung und Vorlage verpflichtet sind, deren Anlagen bewilligungspflichtig sind, weil nur diese „Wasserberechtigte“ iSd § 134 Abs 5 WRG sind. Dieses Auslegungsergebnis lässt sich des Weiteren stützen auf die Strafbestimmung des § 137 Abs 1 Z 22 WRG. Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer seiner Vorlagepflicht nicht nachkommt (So auch Kaan/Braumüller, § 31a Anm 4). Wollte man - was nach dem Wortlaut des § 134 Abs 4 WRG durchaus angezeigt ist - eine Überprüfungspflicht für alle Anlagenbetreiber annehmen, so hätte ihre Verletzung allerdings keine Konsequenzen. Eine Nassbaggerung - das sind Baggerungen im Grundwasserbereich - bedarf stets einer Bewilligung nach § 32 WRG. Darunter sind die Schutzgebiete nach § 34 Abs 1 WRG und die Schongebiete nach § 34 Abs 2 WRG zu verstehen. RV 1217 BlgNR 11. GP 9. Lit a: „Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in wasserrechtlich besonders geschützten Gebieten (§§ 34, 35 und 54) und in geschlossenen Siedlungsgebieten ohne zentrale Trinkwasserversorgung“; lit b: „Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in Form von Vertikalkollektoren (Tiefsonden)“. Preiß, 183.
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halten, deren Austritt eine massive Gefahr für die Grundwasserqualität darstellt. Handelt es sich um Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in Form von Vertikalkollektoren (Tiefsonden) oder um Anlagen zur Wärmenutzung der Gewässer, so ist das Anzeigeverfahren gemäß § 114 WRG anzuwenden. Die Bewilligung für Tiefsonden ist mit 25 Jahren zu befristen. In der Literatur230 geht man davon aus, dass das Bewilligungserfordernis nach § 31c WRG neben die allfällige Bewilligungspflicht nach den §§ 9, 32, 34 und 38 WRG tritt. Begründet wird diese Auffassung mit dem Wortlaut des § 31c WRG („unbeschadet der Bestimmungen der §§ 9, 32, 34 und 38“). Eine andere Auffassung vertritt hingegen der VwGH.231 Das Wort „unbeschadet“ bedeute lediglich, dass § 31c WRG die angeführten Tatbestände nicht verdränge. Der Bewilligungstatbestand des § 32 Abs 2 lit c WRG enthalte alle Tatbestandselemente des § 31c und darüber hinaus noch ein zusätzliches Element, nämlich die Berührung des Grundwassers. § 32 Abs 2 lit c WRG stelle daher gegenüber § 31c WRG eine lex specialis dar. Auch die Entstehungsgeschichte spreche gegen eine Kumulation. Mit dem § 31c WRG (damals § 31a idF der WRG-Nov 1969) wollte der Gesetzgeber lediglich eine Lücke schließen, die sich dort auftat, wo die Gewinnung von Sand und Kies nicht einer Bewilligung nach den §§ 9, 32, 34 oder 38 WRG bedurfte. Es sollte jedoch kein kumulativ hinzutretender Bewilligungstatbestand geschaffen werden. Oberleitner232 weist zu Recht darauf hin, dass bei diesem Verständnis die klare Abgrenzung zwischen Trockenbaggerung und Nassbaggerung bedeutsam sei, weil auf Nassbaggerungen strengere Bestimmungen anzuwenden sind. Das Setzen einer nach § 31c WRG bewilligungspflichtigen Maßnahme ohne wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen ist mit Verwaltungsstrafe sanktioniert (§ 137 Abs 1 Z 16 WRG).
F. Sanierung von Altanlagen Werden gem § 33b Abs 3 und 4 durch Verordnung Emissionswerte festgelegt, so löst das für rechtmäßig bestehende Einleitungen eine Verpflichtung zur Anpassung an die neu festgelegten Grenzwerte aus (§ 33c WRG). Die Frist dafür ist in der Verordnung festzulegen und darf zehn Jahre nicht überschreiten. Es ist sodann Sache des Anlagenbetreibers zu entscheiden, ob er anpassen will - diesfalls hat er innerhalb von zwei Jahren ein Sanierungsprojekt zur wasserrechtlichen Bewilligung vorzulegen - oder aber die Anlage mit Ablauf der Frist stillzulegen (§ 33c Abs 2 WRG). Die Anpassungsfrist ist unter bestimmten Voraussetzungen verlängerbar (§ 33c Abs 4 WRG). Die Pflicht zur Anpassung besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn die Abwasserreinigung im wesentlichen dem Stand der Abwasserreinigungstechnik entspricht, wenn der mit der Sanierung verbundene Aufwand zum angestrebten Erfolg außer Verhältnis steht und wenn die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse und die Bedachtnahme auf öffentliche Interessen dies zulassen (§ 33c Abs 8 WRG).
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Raschauer, § 9 Rz 4; Kaan/Braumüller, 248. VwGH 20.10.2000, 2000/07/0085 = RdU 2001/58. Oberleitner, Kommentar 2004 § 31c Rz 3.
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G. Sonderbestimmungen für Wasserversorgungsanlagen Das WRG sieht im dritten Abschnitt des Weiteren Sonderregelungen zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen vor, ebenso wie zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung. § 34 WRG enthält eine breite Palette von Ermächtigungen zur näheren Konkretisierung, deren Schutzziel die Hintanhaltung von Verunreinigungen und die Erhaltung der Ergiebigkeit ist. Diese Palette ermöglicht beispielsweise: • die Anordnung von Maßnahmen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern233; • die Untersagung der Errichtung bestimmter Anlagen; • die Festlegung von Schutzgebieten; • die Einschränkung des Betriebes bestehender Anlagen; • die Festlegung von Schongebieten innerhalb derer zu bestimmende Maßnahmen unzulässig, anzeige- oder bewilligungspflichtig sind. Darüber hinaus ermächtigt § 36 WRG die Landesgesetzgebung, einen Anschlusszwang an ein gemeinnütziges öffentliches Wasserversorgungsunternehmen vorzusehen, um deren „Interesse zu wahren“. Diese ohne entsprechendes Landesgesetz nicht unmittelbar anwendbare gesetzliche Regelung soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieser Anlagen unterstützen.
VI. Weitere anlagenrelevante Regelungen Auch der 4. Abschnitt des WRG betreffend die „Abwehr und Pflege der Gewässer“ sieht Bewilligungspflichten für bestimmte Anlagen vor. (1) Zu erwähnen ist zunächst § 38 WRG, der „besondere bauliche Herstellungen“ einer Bewilligungspflicht unterwirft. Bewilligungspflichtig ist regelmäßig die Errichtung und Abänderung bestimmter Vorhaben. § 38 Abs 1 WRG trifft dabei eine nach „Standort“ und Gewässertyp differenzierende Anordnung. Einer Bewilligung bedürfen: • an fließenden Gewässern: Brücken, Stege und Uferbauten sowie Unterführungen unter Wasserläufe • Anlagen aller Art im Hochwasserabflussbereich234 • Einbauten in stehende öffentliche Gewässer235 Kleine Wirtschaftsbrücken und -stege, sowie Drahtüberspannungen werden durch § 38 Abs 2 WRG unter näher bezeichneten Voraussetzungen von der Bewilligungspflicht ausgenommen. § 38 WRG zielt erkennbar auf die Verhinderung von Hochwassergefahren. Die Bewilligungspflicht nach § 38 WRG ist gegenüber bestimmten anderen Genehmigungstat233
234 235
Derartige Anordnungen sind sowohl in qualitativer (Verunreinigung) als auch quantitativer (Ergiebigkeit) Hinsicht zulässig (VwGH 12.12.1996, 95/07/0055). Als Anordnungen kommen beispielsweise in Betracht: das Verbot des Abstellens eines Kfz auf ungeschütztem Boden in einem Wasserschutzgebiet; die Anordnung, Einstellplätze für Kfz mit einer betonierten Abstellplatte zu versehen. ZB Uferanschüttungen, Holzablagerungen, das Abstellen eines nicht fahrbereiten Autobusses, Baugruben. Siehe dazu Raschauer, § 38 Rz 2. ZB Uferschutzmauern, Badehütten, Bootshäuser, Badestege. Siehe dazu die Beispiele bei Raschauer, § 38 Rz 2. Das „Hochwasserabflussgebiet“ wird in § 38 Abs 3 WRG definiert.
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beständen des WRG subsidiär. Ist mit einem der erwähnten baulichen Vorhaben eine Wasserbenutzung im Sinne des § 9 WRG verbunden, oder handelt es sich um Schutzund Regulierungswasserbauten nach § 41 WRG, so entfällt eine Bewilligung nach § 38 WRG. Sie tritt hingegen kumulativ an die Seite von anderen wasserrechtlichen Bewilligungstatbeständen (zB § 32 WRG) oder Bewilligungserfordernisse, die in anderen gesetzlichen Regelungen vorgesehen sind. § 38 WRG kommt daher immer in jenen Fällen zur Anwendung, in denen keine Nutzung des Wassers oder des Gewässers stattfindet, sondern das Gewässerbett bloß als Fundament benützt wird.236 Die Bewilligung bedarf eines Antrages. Sie ist zu erteilen, wenn weder öffentliche Interessen beeinträchtigt noch wasserrechtlich geschützte Rechte Dritter verletzt werden.
(2) Ein weiterer Bewilligungstatbestand findet sich in § 40 WRG und betrifft Entwässerungsanlagen.237 Eine wasserrechtliche Bewilligung ist zum einen erforderlich, wenn es sich um eine zusammenhängende Fläche von mehr als 3 ha handelt. Bewilligungspflichtig sind Entwässerungsanlagen auch dann, wenn „eine nachteilige Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse, des Vorfluters oder fremder Rechte zu befürchten ist“. Und schließlich sind auch Anlagen zur zeitweiligen oder ständigen Entwässerung von Flächen bei Tunnelanlagen oder Stollenbauten in einem Karst- oder Kluftgrundwasserkörper unter näher bezeichneten Voraussetzungen (§ 40 Abs 2 WRG) bewilligungspflichtig. Bewilligungsfähig sind solche Anlagen, wenn weder öffentliche Interessen (§ 105 WRG) noch Rechte Dritter verletzt werden. (3) Nicht zuletzt stellt § 41 WRG eine Bewilligungspflicht für Schutz- und Regulierungswasserbauten auf. Sofern diese Bauten in öffentlichen Gewässern errichtet werden, sind sie jedenfalls bewilligungspflichtig, in Privatgewässern dann, wenn dadurch auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung entstehen kann. Eine Bewilligung darf nicht erteilt werden, wenn öffentliche Interessen oder fremde Rechte verletzt werden. Schutz- und Regulierungswasserbauten sind beispielsweise Uferbefestigungen, Hochwasserdämme, Verbreiterungen oder Sohlestabilisierungen.238 Abs 3 des § 41 nimmt bestimmte Vorhaben, die der Eigentümer des Ufers an Fließgewässern ausführt, die nicht für die Schiff- oder Floßfahrt benutzt werden, von der Bewilligungspflicht aus (schlichte Stein-, Holz- und andere Uferverkleidungen).
VII. Instandhaltungspflicht Für alle nach WRG rechtmäßig bestehenden Wasseranlagen (Wasserbenutzungs- und sonstige Anlagen) ist in § 50 WRG eine Pflicht zur Instandhaltung normiert. Erfasst sind alle Anlagen, die einer Bewilligung bedürfen oder aufgrund einer Anzeige betrieben werden; demnach sind nur bewilligungsfreie Anlagen ausgenommen.239 Der Pflichtenumfang differiert je nach Anlagenkategorie. Wasserbenutzungsanlagen240 sind in einem der Bewilligung entspre236 237 238 239 240
So Raschauer, § 38 Rz 1. AA Kneihs, 34ff. Dabei ist unerheblich, mit welchen technischen Maßnahmen die Entwässerung vorgenommen wird. Dazu näher Raschauer, § 41 Rz 2. Raschauer, § 50 Rz 2. Das sind jene nach § 11 WRG.
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chenden Zustand zu erhalten und zu bedienen. Sofern dieser nicht erweislich ist, ist darauf zu achten, dass keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Diese Pflicht erfasst nicht nur die Anlage selbst, sondern auch Nebenanlagen wie dazugehörige Kanäle, künstliche Gerinne, Wasseransammlungen und sonstige Vorrichtungen sowie Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich. Sofern Wasserbenutzungsanlagen auf andere Gewässerstrecken nachteilige Wirkungen haben, sind diese durch entsprechende Maßnahmen zu beheben. Die Verpflichtung trifft den Wasserberechtigten, subsidiär - sofern dieser nicht ermittelt werden kann - die Nutznießer der Anlage. Die Instandhaltungspflicht bei Wasseranlagen241 besteht insoweit, als es zur Verhütung von Schäden notwendig ist, die durch den Verfall der Anlage entstehen können (§ 50 Abs 6 WRG). Verpflichteter ist der Eigentümer. Die Instandhaltungspflicht besteht schon kraft Gesetzes; eines besonderen behördlichen Auftrages bedarf es nicht. Und sie endet erst mit der Beseitigung der Anlage.242 Grundsätzlich sind Instandhaltungsmaßnahmen nicht bewilligungspflichtig. Wird allerdings durch diese Maßnahmen die Beschaffenheit der Gewässer beeinträchtigt, so ist eine Bewilligung nach § 32 WRG erforderlich (§ 50 Abs 8 WRG). Eine Verletzung der Instandhaltungspflicht ist verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert (§ 137 Abs 1 Z 20 WRG) und kann überdies zu verwaltungspolizeilichen Aufträgen nach § 138 Abs 1 lit a WRG führen.
X. Verfahren - Einzelaspekte A. Genehmigungskonkurrenz - Koordination - Konzentration Bestimmte Vorhaben bedürfen nach mehreren gesetzlichen Regelungen einer Genehmigung. Beschränkt man die Sicht zunächst auf das WRG, so zeigen sich schon hier Genehmigungskumulationen. Sind etwa sonstige bauliche Herstellungen (§ 38 WRG) mit einer Einwirkung auf Gewässer iSd § 32 WRG verbunden, so kommen diese beiden Bewilligungstatbestände nebeneinander zur Anwendung.243 Bewilligungserfordernisse nach dem WRG kumulieren aber auch häufig mit jenen nach anderen Gesetzen, speziell den Bewilligungspflichten nach der GewO, den Bauordnungen oder dem Forstgesetz sowie zahlreichen anderen Materiengesetzen, die sich auf besondere Anlagentypen beziehen.244 Das Erfordernis der Mehrfachgenehmigung wird im WRG an einigen Stellen auch ausdrücklich angesprochen.245 Der mit dem Erfordernis der Mehrfachgenehmigung verbundene intensive zeitliche und sachliche Aufwand hat insbesondere in den letzten Jahren die Bemühungen verstärkt, diese Verfahren zu verbinden, um unnötige Doppel241 242 243
244 245
ZB Anlagen nach §§ 31a, 31c Abs 5, 38, 40, 41 WRG. Raschauer, § 50 Rz 1. In einzelnen Fällen ist ausdrücklich Subsidiarität angeordnet. Ist eine sonstige bauliche Herstellung mit einer Gewässerbenutzung iSd § 9 WRG verbunden, so ist nur eine Bewilligung nach den §§ 11ff WRG erforderlich. Vgl dazu Winner, 316ff. ZB § 38 Abs 1 WRG.
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gleisigkeiten zu vermeiden und das Bewilligungsverfahren zu beschleunigen. Diese Bemühungen um eine Koordination und Konzentration sind vielfältig und sollen den nachfolgenden Ausführungen über das wasserrechtliche Verfahren - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - vorangestellt werden. An einzelnen Stellen sieht das Gesetz eine Verfahrenskonzentration vor. So entfällt etwa die wasserrechtliche Bewilligungspflicht bei Vorhaben nach § 31c Abs 1 WRG („Trockenbaggerung“), wenn das Vorhaben nach den gewerberechtlichen Bestimmungen genehmigungspflichtig ist oder dem MinroG unterliegt und außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete geplant ist (§ 31c Abs 2 WRG). Die Gewerbebehörde hat in diesem Fall bestimmte materiell-rechtliche Bestimmungen des WRG mitanzuwenden (§ 31c Abs 3 WRG). Eine Verfahrens- und Entscheidungskonzentration246 ist angeordnet für Anlagen, die nach dem § 37 AWG 2002 bewilligungspflichtig sind. Im Genehmigungs- und Anzeigeverfahren sind die Bestimmungen auch des Wasserrechtsgesetzes mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren mitanzuwenden (§ 38 Abs 1 AWG 2002). Die Bewilligung nach AWG ersetzt auch jene nach dem WRG.247 Ebenfalls eine Verfahrens- und Entscheidungskonzentration sieht § 121 Abs 6 MinroG für bestimmte Aufbereitungsanlagen vor. Die Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen bezieht sich allerdings nur auf bestimmte, mit der Herstellung und dem Betrieb der Aufbereitungsanlage verbundene Maßnahmen. Im Übrigen gilt für das Verhältnis WRG - MinroG das Kumulationsprinzip (§ 119 Abs 7 MinroG). Eine umfassende248 Entscheidungskonzentration und eine Verfahrenskonzentration sieht das UVP-Gesetz vor.249 Handelt es sich um eine UVP-Gpflichtige Anlage, so hat die nach UVP-G zuständige Behörde die materiellrechtlichen Bestimmungen (auch) des WRG anzuwenden (§ 3 Abs 3 WRG). Die Genehmigung nach UVP-G ersetzt (auch) die wasserrechtliche Genehmigung.250 Genehmigungskonkurrenzen treten häufig im Verhältnis GewO - WRG auf. Anlagen, die einer Bewilligungspflicht nach dem WRG unterliegen, sind oftmals Betriebsanlagen iSd §§ 74ff GewO.251 In § 356b Abs 1 GewO, der zuletzt durch BGBl I 2005/85 geändert wurde, ist für insgesamt fünf taxativ auf246
247 248 249 250
251
Verfahrens- und Entscheidungskonzentration bedeutet eine zuständige Behörde, einheitliche Verfahrensvorschriften und eine Genehmigung. Vgl dazu näher Winner, 317. Die Entscheidungskonzentration ist insofern relativiert, als die erteilte Genehmigung nur die ausdrücklich in § 38 Abs 1 AWG genannten Bewilligungen umfasst. AWG 2002, BGBl I 2002/102 idF BGBl I 2006/34. Es sollen die Genehmigungen nach allen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften ersetzt werden. UVP-G 2000, BGBl 1993/697 idF BGBl I 2000/89. Petek/Merl, Das neue UVP-Gesetz 2000, in: Schwarzer (Hrsg), Die Anlagenrechtsnovellen 2000, 2001, 94ff; Baumgartner/Eberhartinger/Merl/Petek, Das neue UVP-G 2000, RdU 2001, 123ff. ZB Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe nach § 31a WRG. Und der Betrieb von Betriebsanlagen ist oftmals auch mit einer bewilligungspflichtigen Einwirkung auf Gewässer iSv § 32 WRG verbunden.
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gezählte, nach dem WRG bewilligungspflichtige Vorhaben252 die Zuständigkeit der Gewerbebehörde (§§ 333 und 334 GewO) normiert. Diese hat die materiell-rechtlichen253 Bestimmungen des WRG mitanzuwenden. Insofern handelt es sich auch hier um eine Verfahrens- und Entscheidungskonzentration. Voraussetzung ist, dass die genannten, nach dem WRG bewilligungspflichtigen Vorhaben auch gleichzeitig eine Betriebsanlage sind, die genehmigungspflichtig ist.254 Für Maßnahmen, die nicht in den Z 1 bis 5 des § 356b Abs 1 GewO aufgezählt sind, bleibt die gesonderte wasserrechtliche Genehmigungspflicht bestehen. Auch eine Zuständigkeitskonzentration ist für diesen Fall nicht angeordnet.255 § 356b Abs 3 GewO ordnet dann noch die Zuständigkeit der Gewerbebehörde für bestimmte Annexverfahren an; so zB für die Änderung der Betriebsanlage; des Weiteren für behördliche Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung der Anlage, zur Kontrolle oder zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Änderung und Auflassung. In diesen Verfahren hat die Gewerbebehörde wiederum die wasserrechtlichen Vorschriften mitanzuwenden. Und die Gewerbebehörde ist auch dann zuständig, bei Änderungen die nach WRG geforderten Maßnahmen vorzuschreiben und durchzuführen, wenn die Änderung der Anlage nach der GewO nicht bewilligungspflichtig ist.256 Zu beachten ist, dass diese Zuständigkeit auch hier wiederum „bloß“ für die fünf ausdrücklich genannten Vorhaben gegeben ist. Die Bestimmungen über die allgemeine Gewässeraufsicht bleiben von dieser Anordnung unberührt. Ist die Bewilligungspflicht aufgrund des Gewässerschutztatbestandes nach § 74 Abs 2 Z 5 GewO gegeben, so bestimmt sich das Verfahren (selbstverständlich) ausschließlich nach den Vorschriften der GewO. Sonderbestimmungen gelten auch für Eisenbahnbauten und Bauten auf Bahngrund, die einer eisenbahnbehördlichen Bewilligung bedürfen und durch die öffentliche Gewässer oder obertägige Privatgewässer berührt werden 252
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254 255 256
1. Wasserentnahmen für Feuerlöschzwecke (§§ 9 und 10 WRG); 2. Erd- und Wasserwärmepumpen (§ 31c Abs 5 WRG [in § 356b Abs 1 Z 2 wird fälschlicherweise Abs 6 genannt; siehe Grabler/Stolzlechner/Wendl (FN 35) § 356b Rz 21]); 3. Abwassereinleitungen in Gewässer (§ 32 Abs 2 lit a, b und e WRG), ausgenommen Abwassereinleitungen aus Anlagen zur Behandlung der in einer öffentlichen Kanalisation gesammelten Abwässer; 4. Lagerung von Stoffen, die zur Folge haben, dass durch das Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird (§ 32 Abs 2 lit c WRG); 5. Abwassereinleitungen in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlagen (§ 32b WRG). Zur konkreten Zuständigkeit im Einzelnen siehe Grabler/Stolzlechner/Wendl (FN 35) § 356b Rz 20ff. Dazu zählen alle Regelungen, die Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung sind bzw Gründe für deren Versagung enthalten. Darüber hinaus zählen auch jene Vorschriften zu den (mitanzuwendenden) materiellrechtlichen, die in Bezug auf die Genehmigung subjektiv-öffentliche Rechte einräumen. Dazu Kinscher/PaliegeBarfuß GewO - Kommentar7, 2004, § 356b, Anm 7. So der Wortlaut des § 356b Abs 1 WRG: „Bei nach diesem Bundesgesetz genehmigungspflichtigen Betriebsanlagen …“. Grabler/Stolzlechner/Wendl (FN 35) § 356b Rz 16. Nach dem Gesetzestext muss nur die Betriebsanlage nach der GewO genehmigungspflichtig sein (§ 356b Abs 1 GewO), nicht aber deren Änderung. Siehe Kinscher/Paliege-Barfuß (FN 253) § 356b, Anm 20.
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(§ 127 WRG). Sofern diese Anlagen mit einer Wasserentnahme oder mit einer Einleitung verbunden sind, oder die Ausnutzung der motorischen Kraft bezwecken, bedürfen sie einer besonderen wasserrechtlichen Bewilligung nach den Bestimmungen des WRG.257 Das wasserrechtliche ist kumulativ zum eisenbahnrechtlichen Verfahren durchzuführen. In allen anderen Fällen sowie für die Erschließung und Benutzung von Grundwasser auf Bahngrund für Bauund Betriebszwecke (§ 127 Abs 2 WRG) ordnet § 127 Abs 1 lit b WRG eine Verfahrenskonzentration an. Die nach den eisenbahnrechtlichen Vorschriften zuständige Behörde hat die materiell-rechtlichen Bestimmungen des WRG mitanzuwenden. Als materiell-rechtliche Bestimmungen gelten die Bestimmungen, die zur Versagung der Genehmigung oder zur Vorschreibung von Auflagen und Nebenbedingungen ermächtigen, weiters die Bestimmungen über die Parteistellung, materiellrechtliche Fristregelungen (§ 112 WRG), die Regelungen über die Bauaufsicht gemäß § 120 WRG sowie die Bestimmungen über die Zwangsrechte.258
Eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde bei Bergbaubetrieben ist gemäß § 98 Abs 3 WRG nur dann gegeben, wenn auf die Beschaffenheit fremder Gewässer oder die Wasserführung öffentlicher Gewässer eingewirkt wird oder wenn es sich außerhalb des Werksbereiches um Wasseranlagen oder um erhebliche Veränderungen des Grundwasserbestandes handelt (§ 98 Abs 3 WRG).259 Sieht man einmal von der Bestimmung des § 356b Abs 3 GewO ab, so bezieht sich die Anordnung, dass wasserrechtliche Vorschriften in Verfahren nach anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen (zB AWG, UVP-G) mitanzuwenden sind, auf das Bewilligungsverfahren. Unklar war lange Zeit, ob und in welchem Umfang wasserrechtliche Vorschriften in Folgeverfahren anzuwenden sind und welche Behörde zuständig ist. Dasselbe galt für wasserpolizeiliche Verfahren.260 Für bestimmte, nach WRG bewilligungspflichtige Maßnahmen, die auch genehmigungspflichtige Betriebsanlagen sind (§ 356b Abs 1 GewO), wurde diese Frage durch eine Novellierung des § 356b Abs 3 GewO durch das Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl I 2002/65, geklärt (siehe oben). Durch den durch die WRG-Nov 2003 eingefügten § 134a WRG wurde diese Frage nunmehr auch für weitere Verfahren nach bestimmten Gesetzen nämlich GewO 1994261, AWG 2002 und MinroG - klar gestellt. § 134a WRG 257
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Die Ableitung der bei einer Eisenbahnstation anfallenden Abwässer unterliegt § 32 Abs 2 lit a WRG und ist daher nach § 127 Abs 1 lit a WRG bewilligungspflichtig (VwGH 27.6.1995, 92/07/0208 = RdU 105/1996). Raschauer, § 127 Rz 4. E contrario ergibt sich daraus, dass eine wasserrechtliche Bewilligung für die Nutzung der dem Bergbauberechtigten gehörenden Privatgewässer nicht erforderlich ist, sofern die Einwirkungen auf die Beschaffenheit fremder Gewässer (also öffentlicher und privater Gewässer) oder auf die Wasserführung öffentlicher Gewässer nach dem natürlichen Lauf der Dinge ausgeschlossen werden können. In der Literatur (Grabler/Stolzlechner/Wendl, (FN 35)) wurde die Auffassung vertreten, dass sich die Entscheidungskonzentration auf das Bewilligungsverfahren beschränke. Eine andere Auffassung vertrat der VwGH, nach dessen Ansicht zB ein Annexverfahren nach § 21a WRG von der Gewerberechtsbehörde als Wasserrechtsbehörde zu führen sei (VwGH 18.2.1999, 99/07/0007). „Schlagend“ wird diese Bestimmung für jene Betriebsanlagen, die gleichzeitig auch ein nach WRG bewilligungspflichtiges Vorhaben darstellen und nicht schon von der
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sieht nämlich vor, dass, sofern in Verfahren nach bestimmten anderen Gesetzen (GewO 1994, AWG 2002 oder MinroG) wasserrechtliche Bestimmungen mitanzuwenden sind, die Zuständigkeit der nach diesen anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen zuständigen Behörden auch für Folge- und wasserpolizeiliche Verfahren gegeben ist. Diese Behörden sind zuständig, auch die nach dem WRG bestehenden „behördlichen Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung der Anlagen, zur Kontrolle, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, zur Gefahrenabwehr, zur nachträglichen Konsensanpassung und zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Änderung und Auflassung“ wahrzunehmen. § 134a WRG sieht dann noch vor, dass die Anwendung der wasserrechtlichen Bestimmungen über die genannten behördlichen Befugnisse und Aufgaben nur insoweit zu erfolgen hat, als diese über die behördlichen Befugnisse und Aufgaben nach den anderen Gesetzen hinausgehen. Demnach derogiert § 134a WRG nicht den Bestimmungen der GewO 1994, des AWG 2002 und des MinroG hinsichtlich der genannten Annexverfahren, sondern ergänzt diese, sofern sie hinter den Anordnungen des WRG zurück bleiben.262
B. Wasserrechtsbehörden - Zuständigkeit Wasserrechtsbehörden sind gemäß § 98 WRG die Bezirksverwaltungsbehörde, der LH und der BMLFUW. Dabei kommt der BVB eine subsidiäre Generalkompetenz zu, die verdrängt wird bei jenen Vorhaben, für die nach § 99 WRG die Zuständigkeit des LH in erster Instanz angeordnet ist sowie bei jenen, für die in § 100 WRG die erstinstanzliche Zuständigkeit des BMLFUW normiert ist. Der Instanzenzug ist - zumal das Wasserrecht in mittelbarer Bundesverwaltung - zu vollziehen ist, gemäß Art 103 Abs 4 B-VG grundsätzlich zweigliedrig. Diese Zuständigkeitsordnung gilt auch für wasserpolizeiliche Anordnungen nach § 138 WRG sowie die Bestellung der Bauaufsicht nach § 120 WRG. Die Gewässeraufsicht obliegt hinsichtlich der in den §§ 99 und 100 WRG angeführten Gewässer und Anlagen dem LH, in allen anderen Fällen der BVB. Sofern sich ein Vorhaben über den örtlichen Wirkungsbereich mehrerer Behörden erstreckt, haben nach § 101 Abs 1 WRG zunächst die „betroffenen Behörden“ eine Einigung über die Zuständigkeit anzustreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, so hat die Oberbehörde die zuständige Behörde zu bestimmen, die dann im Einvernehmen mit den sonst berührten Behörden vorzugehen hat. Ist ein Vorhaben nach mehreren Bestimmungen des WRG bewilligungspflichtig, so liegt die Zuständigkeit bei der Behörde der höheren Instanz (101 Abs 2 WRG). „Wasserrechtsbehörde“ für die in § 356b Abs 1 GewO aufgezählten Vorhaben, die mit der Errichtung und dem Betrieb einer Betriebsanlage verbunden sind, ist die Gewerbebehörde.
C. Parteistellung Die Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren ergibt sich primär aus § 102 Abs 1 WRG. Nicht unbestritten aber mE zutreffend vertritt Raschauer263 die
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Konzentrationsanordnung des § 356b GewO umfasst sind; jene Verfahren also, die nicht von der taxativen Liste des § 356b Abs 1 Z 1 bis 5 GewO erfasst sind. Vgl Oberleitner, Kommentar 2004 § 134a, Rz 2; siehe auch Kerschner/Weiß, 469. Raschauer, § 102 Rz 1; so auch Oberleitner, Kommentar 2004 § 102 Rz 19.
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Auffassung, dass § 102 WRG keine taxative Aufzählung enthält. Die Parteistellung wird auch in anderen Bestimmungen des WRG bestimmt264 und kann sich zudem auch aus § 8 AVG ergeben.265 Davon abgesehen kann der Kreis auch enger sein. Im Widerstreitverfahren kommt nur den Konkurrenten Parteistellung zu (§ 109 WRG) und bestimmte Verfahren sind - zumal sie ausschließlich der Wahrung öffentlicher Interessen dienen - als Einparteienverfahren angelegt.266 § 102 Abs 1 WRG trifft eine nach Verfahrenstyp differenzierende Regelung (lit c bis h WRG). Unabhängig vom Verfahrensgegenstand kommt dem Antragsteller (lit a) sowie denjenigen Parteistellung zu, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs 2 WRG) sonst berührt werden; des Weiteren den Fischereiberechtigten und den Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (lit b). Die Parteistellung wird unmittelbar durch das Gesetz eingeräumt.267 Sie geht allerdings verloren, wenn die Partei nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.268 Für die Parteistellung ist entscheidend, dass durch ein Vorhaben nachteilige Einwirkungen auf bestehende Rechte zu erwarten sind. Ob die Beeinträchtigung tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens und berührt daher die Parteieigenschaft nicht.269 Voraussetzung ist des Weiteren, dass die Berührung der geltend gemachten Rechte durch die projektsgemäße Ausübung nicht auszuschließen ist.270
§ 102 Abs 2 WRG bestimmt, dass bestimmte Personen - soweit ihnen nicht bereits Parteistellung zukommt - Beteiligte sind. Diese sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzutun, die Erhebung von Einwendungen steht ihnen allerdings nicht zu.
D. Bewilligungsverfahren Das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren wird durch Antrag eingeleitet, dessen inhaltliche Anforderungen in § 103 WRG näher umschrieben sind. Liegt ein entsprechender Antrag vor, so kann271 die Wasserrechtsbehörde zu264
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So sieht etwa § 34 Abs 6 WRG bei Maßnahmen oder Anlagen, die eine Wasserversorgung beeinträchtigen können, eine Parteistellung der Gemeinde oder des Wasserversorgungsunternehmens vor. Unabhängig von der Auflistung in § 102 Abs 1 WRG können aber nur wasserrechtlich geschützte subjektive öffentliche Rechte eine Parteistellung vermitteln. Wirtschaftliche oder bloß faktische Interessen oder die bloße „Grundnachbarschaft“ vermitteln keine subjektiven Rechte. Raschauer, § 102 Rz 2. So zB § 21a WRG, § 27 Abs 4 WRG; § 31 Abs 3 bis 6 WRG ua. Siehe dazu Raschauer, § 102 Rz 1. Winner, 312. Diese Präklusionsfolge ist mit In-Kraft-Treten der AVG-Novelle 1998, BGBl 1998/158, aufgrund der Derogationsregelung des § 82 Abs 7 AVG im wasserrechtlichen Verfahren wirksam geworden. VwGH 28.2.1996, 95/07/0138; VwGH 2.10.1997, 96/07/0253. VwGH 26.4.1995, 92/07/0051. Die Durchführung einer vorläufigen Überprüfung ist seit der AVG-Novelle 1998 (BGBl 1998/158) nicht mehr verpflichtend, sondern nur mehr fakultativ. Dem § 104
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nächst eine vorläufige Überprüfung durchführen (§ 104 WRG). Im Rahmen dieses, dem eigentlichen Ermittlungsverfahren vorgelagerten Verfahrens, hat die Behörde die Übereinstimmung eines Projektes mit demonstrativ aufgezählten öffentlichen Interessen zu prüfen. Nur bestimmte Legalparteien sind beizuziehen (§ 104 Abs 2 WRG). Das Ergebnis dieser Überprüfung ist insoweit vorläufig, als es die endgültige Beurteilung durch die beizuziehenden Amtssachverständigen nicht zu präjudizieren vermag. Die Überprüfung selbst ist hingegen eine umfassende, zumal sie dem Antragsteller allenfalls die Gründe für die Unzulässigkeit seines Antrages aufzuzeigen hat. Die Überprüfung nach § 104 WRG endet mit einer Mitteilung272 an den Antragsteller. Ist das Ergebnis negativ, so hat der Antragsteller die Möglichkeit, den Antrag abzuändern.273 Ergibt sich aber aufgrund der Vorprüfung unzweifelhaft, dass wasserrechtlich geschützte Interessen beeinträchtigt werden, und diese Beeinträchtigung auch durch die Vorschreibung von Auflagen nicht verhindert werden kann, so ist der Antrag abzuweisen (§ 106 WRG). Nur wenn die Beeinträchtigung nicht so eindeutig ist, hat die Behörde dem Konsenswerber unter Setzung einer angemessenen Frist die Möglichkeit zur Änderung des Projekts einzuräumen. Verstreicht diese Frist ungenützt, so gilt der Antrag als zurückgezogen (§ 106 WRG). Abgesehen vom vorgestellten Verfahren der vorläufigen Überprüfung kann der Antragsteller gemäß § 104 Abs 4 WRG eine auf grundsätzliche Bedenken hin beschränkte Prüfung verlangen. Die Prüfung der grundsätzlichen Zulässigkeit bedarf eines darauf gerichteten Antrages, dem die für die grundsätzliche Beurteilung unbedingt erforderlichen Unterlagen anzuschließen sind. Noch mehr als durch die vorläufige Überprüfung nach den Abs 1 bis 3 wird damit dem Aspekt der Verfahrensbeschleunigung und der Hintanhaltung vermeidbarer Investitionskosten Rechnung getragen.274 Sofern der Antrag nicht gemäß § 106 WRG sofort abzuweisen ist, hat die Behörde das Verfahren fortzusetzen. Sie hat den Gang des Ermittlungsverfahrens mit Rücksicht auf die Grundsätze des § 39 Abs 2 AVG zu bestimmen. Die Anordnung einer mündlichen Verhandlung ist nicht (mehr)275 verpflichtend. Abgesehen von der vorläufigen Überprüfung nach § 104 WRG kennt das WRG noch einen weiteren Fall einer vertikalen Verfahrensgliederung. Gemäß § 111a WRG kann276 das Bewilligungsverfahren in Grundsatz- und Detailgenehmigungsverfahren aufgespalten werden. Eine solche Verfahrensgliederung ist zulässig, wenn das Vorhaben infolge seiner Größenordnung nicht
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Abs 1 WRG wurde aufgrund der Derogationsregelung des § 82 Abs 7 AVG insofern durch § 39 Abs 2 AVG derogiert. Das ist kein Bescheid. Das Verfahren nach § 104 WRG zielt zum einen auf eine integrative Betrachtung der Umweltauswirkungen eines Projektes. Zum anderen soll die Planungssicherheit gefördert werden, weil der Projektwerber in unkomplizierter Weise von notwendigen Projektänderungen verständigt wird. Winner, 314; Raschauer, § 104 Rz 1. Winner, 314. § 107 WRG wurde durch § 39 Abs 2 und 3 AVG derogiert und die Pflicht zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung damit beseitigt (§ 82 Abs 7 AVG). Die Teilung des Verfahrens in Grundsatz- und Detailgenehmigung ist seit In-KraftTreten der AVG Novelle 1998 nicht mehr verpflichtend (§ 39 Abs 2 AVG).
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von vornherein in allen Einzelheiten überschaubar ist. Sie ist überdies nur auf Antrag zulässig. Im Rahmen des Grundsatzgenehmigungsverfahrens ist zu prüfen, ob ein Vorhaben grundsätzlich und unter Einhaltung welcher Auflagen zulässig ist. Dieser Verfahrensabschnitt endet mit einem Bescheid, in dem Art und Maß der Wasserbenutzung festzulegen sind und über die Zulässigkeit von Zwangsrechten abzusprechen ist.277 Im Rahmen des Detailgenehmigungsverfahrens sind diese Auflagen - die in der Grundsatzgenehmigung nur dem Typ nach festgelegt werden - zu konkretisieren. Der Vorteil dieser Gliederung liegt darin, dass zum einen im Grundsatzgenehmigungsverfahren die Unterlagen noch nicht vollständig ausgearbeitet sein müssen, und zum anderen über Einwendungen nur insoweit abzusprechen ist, als sie die grundsätzliche Zulässigkeit des Vorhabens betreffen.278 Des Weiteren hat die Behörde im ersten Verfahrensabschnitt nur über die Zulässigkeit von Zwangsrechten (das „Ob“) zu befinden. Ist eine Grundsatzgenehmigung ergangen, so hat der Antragsteller ein subjektives Recht auf eine Detailbewilligung im Rahmen der Grundsatzgenehmigung.279 Die Entscheidung über einen Bewilligungsantrag hat mittels schriftlichen Bescheides zu ergehen. Eine stattgebende Entscheidung muss den inhaltlichen Kriterien des § 111 WRG entsprechen. Zugleich sind angemessene Fristen für die Bauvollendung von bewilligten Anlagen zu bestimmen. Bei Wasserbenutzungsanlagen führt eine Fristüberschreitung zum Verlust des Wasserbenutzungsrechtes (§ 112 WRG). Zum notwendigen Bescheidinhalt gehören: Art und Umfang des Vorhabens, die zu erfüllenden Auflagen, sofern ohne Verzögerung möglich: der Ausspruch über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang von Zwangsrechten, die detaillierte Beschreibung des eingeräumten Maßes der Wasserbenutzung, die benutzte Wassermenge, die Festsetzung des zulässigen Höchstausmaßes, alle im Zuge des Verfahrens getroffenen Übereinkommen.280
Sofern im Verfahren privatrechtliche Einwendungen erhoben werden, hat die Behörde auf eine Einigung hinzuwirken. Gelingt diese, so ist sie im Bescheid zu beurkunden; andernfalls ist die Partei auf den Zivilrechtsweg zu verweisen (§ 113 WRG). Und die Wasserrechtsbehörde ist gemäß § 117 WRG grundsätzlich auch zuständig, über die Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Kosten und Beiträgen zu entscheiden. Eine solche Festsetzung ist nicht mit Berufung im administrativen Instanzenzug bekämpfbar. Das Gesetz ordnet eine Sukzessivzuständigkeit der Gerichte an. Wird innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides der Wasserrechtsbehörde ein Antrag auf Neu-
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Insofern unterscheidet sich die Grundsatzgenehmigung nach § 111a WRG nicht von der Bewilligung nach § 111 WRG (VwGH 13.12.1994, 91/07/0130 = RdU 38/1995 mAnm Raschauer). Über andere Einwendungen ist abzusprechen, wenn dies aus verfahrensökonomischen Gründen geboten ist. Vgl dazu näher Winner, 315. Bescheidinhalt sind alle erheblichen qualitativen Angaben (Art) ebenso wie jene für die Identifizierung des Vorhabens in quantitativer Hinsicht erforderlichen Angaben wie zB Entnahmemenge, Einleitungsmenge, Anlagendimension („Umfang“, „Maß“). So Öberseder, 33.
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festsetzung beim zuständigen Bezirksgericht gestellt, so tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung außer Kraft (§ 117 Abs 4 WRG).
E. Anzeigeverfahren Mit der WRG-Novelle 1997 wurde - im Sinne einer Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung - die Möglichkeit eines Anzeigeverfahrens eingeführt (§ 114 WRG). Vorhaben, die einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen, sind der Behörde drei Monate vor ihrer Inangriffnahme anzuzeigen. Die Bewilligung gilt als erteilt, wenn die Behörde nicht innerhalb dieser Frist mitteilt, dass ein Bewilligungsverfahren durchzuführen ist. Ein Anzeigeverfahren kommt allerdings nur für jene bewilligungspflichtigen Vorhaben in Betracht, für die durch Gesetz oder Verordnung ein Anzeigeverfahren ausdrücklich vorgesehen ist, oder die in einer eigenen auf der Grundlage des § 114 Abs 2 WRG erlassenen Verordnung des BMLFUW genannt sind.281
F. Auflagen und Nebenbedingungen Werden durch eine Anlage, eine Maßnahme oder Unterlassung öffentliche Interessen im Sinne des § 105 WRG beeinträchtigt, so darf die Behörde den Antrag nicht sogleich abweisen. Sie hat vielmehr zu prüfen, ob die Beeinträchtigung durch die Vorschreibung von Auflagen oder Nebenbestimmungen vermieden werden kann. Nach den allgemeinen Regeln müssen Auflagen hinreichend bestimmt sein, sie dürfen das Wesen des Projektes nicht verändern, müssen im Hinblick auf die Zielerreichung geeignet und dürfen nicht unverhältnismäßig sein.282 Nach dem Gesetz (§ 105 WRG) ist zu prüfen, ob die Bewilligungsfähigkeit durch die Vorschreibung von „Nebenbestimmungen“ hergestellt werden kann. Die Bedeutung des Begriffsinhalts ist fraglich. Nach Raschauer283 sind unter diesen Begriff sowohl Auflagen als auch Bedingungen zu subsumieren.
IX. Aufsicht Um die Achtung der Schutzziele des WRG zu gewährleisten, sieht das Gesetz an mehreren Stellen Aufsichtsbefugnisse sowie die Ermächtigung zur Anordnung von Abhilfemaßnahmen vor. Manche dieser Aufsichtsbefugnisse gelten ausdrücklich nur für „Wasseranlagen“ (§§ 120f WRG). Zu erwähnen ist zum einen die in § 120 WRG vorgesehene Ermächtigung, eine Bauaufsicht zu bestellen. Ihr obliegt die (begleitende) Überwachung der Bauausführung dahingehend, dass diese fach- und vorschriftsgemäß erfolgt, sowie die Bedingungen des Bewilligungsbescheides eingehalten werden. Nach § 121 WRG ist die Behörde verpflichtet, unmittelbar nach der Fertigstellung einer bewilligungs-
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Vgl dazu Oberleitner, Vereinfachungen 159; Donninger, Neue Behördenzuständigkeiten im Betriebsanlagenverfahren im Gewerbe- und Wasserrecht, in: Schwarzer (Hrsg), Das neue Betriebsanlagenrecht, 1997, 11 (42f). Raschauer, § 105 Rz 7. Raschauer, § 105 Rz 7.
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pflichtigen Wasseranlage eine Überprüfungsverhandlung284 durchzuführen und einen Überprüfungsbescheid zu erlassen. Mit der Wasserrechtsgesetznovelle 2006, BGBl I 2006/123, wurde die Möglichkeit geschaffen, bei Anlagen, die keine besondere Bedeutung haben285, von einer bescheidmäßigen Überprüfung der Ausführung der Wasseranlage abzusehen (§ 121 Abs 3 bis 5 WRG). Der Behörde sind zwei alternative Vorgehensweisen anheim gestellt. Sie kann einerseits die Vorlage einer Ausführungsanzeige durch den Unternehmer vorschreiben. Mit dieser Anzeige übernimmt der Unternehmer der Behörde gegenüber die Verantwortung für die bewilligungsmäßige und fachtechnische Ausführung der Anlage. Sie kann zum anderen die Vorlage unter Anschluss einer Bestätigung der bescheidmäßigen Ausführung der Wasseranlage durch einen Befugten verlangen. Liegt Gefahr im Verzug286 vor, so ermächtigt § 122 WRG die Behörde, die erforderlichen einstweiligen Verfügungen zu treffen. Und sofern Übertretungen des Gesetzes bereits stattgefunden haben, ist - unabhängig von einer Bestrafung und der Pflicht zur Leistung von Schadenersatz - auch an wasserpolizeiliche Anordnungen nach § 138 WRG zu denken. In Betracht kommt der Auftrag, eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen; Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung unverhältnismäßig wäre; die Behebung von Missständen, die durch eine Gewässerverunreinigung verursacht wurden sowie die Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen. Wasserpolizeiliche Anordnungen der genannten Art sind zu erteilen, wenn es das öffentliche Interesse erfordert oder der Betroffene es verlangt. Droht eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt, so hat die Wasserrechtsbehörde die notwendigen Maßnahmen unverzüglich anzuordnen und nötigenfalls gegen Kostenersatz auch unverzüglich durchführen zu lassen.287
X. Strafen § 137 WRG enthält einen umfassenden Katalog von Straftatbeständen. Nur einzelne im gegebenen Zusammenhang als relevant erachtete, sollen hier angeführt werden. Verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert ist beispielsweise: den Zweck der Wasserbenutzung ohne Bewilligung zu ändern (Abs 1 Z 10); ohne wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine bewilligungspflichtige Maßnahme nach § 31a und § 31c WRG zu setzen oder eine bewilligungspflichtige Anlage zu errichten oder zu betreiben (Abs 1 Z 16); ein Organ 284 285 286
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Seit der AVG-Novelle 1998, BGBl I 1998/158, ist die Anordnung einer Verhandlung nur mehr fakultativ (§ 82 Abs 7 AVG). Nach dem Gesetzestext sind das „ua solche, die weder öffentliche Interessen in größerem Umfang berühren noch fremden Rechten nachteilig sind“. Unter „Gefahr im Verzug“ ist eine „erhebliche und konkrete Gefahr für im WRG 1959 geschützte Rechtsgüter und Interessen zu verstehen, die eine Situation voraussetzt, welche zur Abwehr dieser Gefahr ein sofortiges behördliches Einschreiten erfordert. Die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr genügt.“ VwGH 21.2.2002, 2001/07/0124 = RdU-LSK 2002/17. Zu den Voraussetzungen wasserpolizeilicher Aufträge und deren Handhabung durch den VwGH eingehend und kritisch Aichlreiter, Voraussetzungen wasserpolizeilicher Aufträge, RdU 2002/3.
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der wasserrechtlichen Bauaufsicht an der Ausübung seiner Tätigkeit zu hindern (Abs 1 Z 7); Einleitungen in eine Kanalisationsanlage vorzunehmen und dabei die nach § 33b Abs 3 WRG erlassenen Emissionsbegrenzungen oder die vom Kanalisationsunternehmer zugelassenen Abweichungen nicht einzuhalten (Abs 1 Z 24). In den genannten Fällen kann eine Geldstrafe bis zu € 3.630,-verhängt werden. Für die Benutzung von Tagwässern ohne die erforderliche Bewilligung (Abs 2 Z 1); die Erschließung oder Benutzung des Grundwassers ohne die erforderliche Bewilligung (Abs 2 Z 2); das Herbeiführen der Gefahr einer Gewässerverunreinigung durch die Außerachtlassung der nach § 31 Abs 1 WRG gebotenen Sorgfalt (Abs 2 Z 4), die Nichteinhaltung von Auflagen und Nebenbestimmungen (Abs 2 Z 7), die Vornahme einer bewilligungspflichtigen Einwirkung auf Gewässer oder einer bewilligungspflichtigen Indirekteinleitung ohne Bewilligung (Abs 2 Z 5); oder die Inangriffnahme von anzeigepflichtigen Maßnahmen ohne die Anzeige zu erstatten (Abs 2 Z 8) sieht das Gesetz einen Strafrahmen von € 14.530,-- vor. Sofern durch Verstöße gegen das WRG schwerwiegende und erhebliche Gefahren288 verursacht werden, ist nach Abs 3 des § 137 WRG ein Strafrahmen von € 36.340,-- Geldstrafe vorgesehen; ebenso für Handlungen, die eine Umgehung der abwasserbezogenen Vorschriften bezwecken oder zur Folge haben (Abs 4).
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So zB eine Gefahr für die Sicherheit oder das Leben von Menschen, eine erhebliche Gefahr für die Gewässer (Abs 3 Z 1), die Schädigung der Funktionsfähigkeit einer Abwasserreinigungsanlage oder die Schädigung eines Gewässers (Abs 3 Z 3), erhebliche Wasserverheerungen (Abs 3 Z 5) oder die erhebliche Schädigung des Wasserhaushaltes (Abs 3 Z 7).
Roland Winkler
Bergbauanlagenrecht Rechtsgrundlagen .........................................................................................1031 Grundlegende Literatur.................................................................................1032 I. Grundlagen ..............................................................................................1032 A. Allgemeines..........................................................................................1032 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .......................................................1032 C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen .................................................1033 II. Begriff der Bergbauanlage im MinroG ...............................................1033 A. Die Legaldefinition des § 118..............................................................1033 B. Künstlich geschaffenes Objekt.............................................................1033 C. Örtliche Gebundenheit ........................................................................1033 D. „für sich bestehend“ ...........................................................................1034 E. Bestimmungstätigkeiten .......................................................................1034 F. Von der Oberfläche ausgehende Stollen, Schächte, Bohrungen und Sonden .......................................................................1036 G. Aufbereitungsanlagen iSd §§ 121 ff ....................................................1036 III. Bewilligung von Bergbauanlagen .......................................................1037 A. Bewilligungspflicht ..............................................................................1037 B. Einordnung in Betriebspläne...............................................................1038 C. Bewilligungsansuchen .........................................................................1038 D. Behörden und Verfahren .....................................................................1039 E. Bewilligungsvoraussetzungen..............................................................1040 F. Betriebsbewilligung und Probebetrieb ................................................1041 G. Kumulation und Konzentrationsbestimmungen ..................................1042 IV. Die bewilligte Bergbauanlage ..............................................................1042 A. Änderungsbewilligung .........................................................................1042 B. Überprüfung ........................................................................................1044 C. Sanierung (nachträgliche Auflagen) ...................................................1044 D. Sanierungskonzept iVm Sanierungsgebiet nach IG-Luft.....................1044 E. Weiterbetriebsrecht..............................................................................1045 F. Auflassung ...........................................................................................1045 G. Aufsicht und Sanktionen......................................................................1045 V. Zusatzbestimmungen für Aufbereitungsanlagen (IPPC-Anlagen)....1046 VI. Bergwerksbahnen.................................................................................1047 Rechtsgrundlagen: EU-Recht: RL 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC-RL), Abl 1996 L 257/26 idF VO 166/2006/EG, Abl 2006 L 33/1; RL 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL), Abl 1985 L 175/40 idF RL 2003/35/EG Abl
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2003 L 156/17; RL 96/82/EG zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Seveso-II-RL), Abl 1997 L 10/13 idF VO 1882/2003/EG, Abl 2003 L 284/1; RL 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm, Abl 2002 L 189/12; RL 2003/35/EG über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme, Abl 2003 L 156/17; VO 166/2006/EG über die Schaffung eines Europaeischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters, Abl 2006 L 33/1. BG: MineralrohstoffG - MinroG (BGBl 1999 I/38 idF BGBl 2006 I/113); Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVP-G (BGBl 1993/697 idF BGBl 2006 I/149). VO: Verordnung über die Meldung von Schadstoffemissionsfrachten für die Erstellung eines Europäischen Schadstoffemissionsregisters - EPER-V (BGBl 2002 II/300).
Grundlegende Literatur: Demmelbauer, Die Stellung der Gemeinde im Mineralrohstoffgesetz, RFG 2004, 7; Maitz/Büchele, Zur unmittelbaren Wirkung der IPPC- und der Seveso II-Richtlinie, RdU 2000, 61; Mayer, Keine naturschutzrechtliche Bewilligung für Bergbauanlagen, ecolex 1992, 447; ders, Die Kompetenzgrundlage des Mineralrohstoffgesetzes, ecolex 1999, 506; Merli, Das Betriebsanlagenrecht und andere Bereiche des öffentlichen Rechts, in: Stolzlechner/Wendl/Zitta (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage2 (1991), 208; Mihatsch, Mineralrohstoffgesetz2, 2002; Rill/Madner, Bergwesen, Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie und die Raumplanungskompetenz der Länder, ZfV 1996, 209; Rossmann, Anrainer- und Umweltschutz im Bergrecht, RdU 1995, 71; Wagner, Die Betriebsanlage im zivilen Nachbarrecht (1997).
I. Grundlagen A. Allgemeines Das Bergbauanlagenrecht ist das im MinroG (zentral in den §§ 119-121) normierte sektorale Anlagenrecht. Da sein Anwendungsbereich dem des übrigen mineralrohstoffrechtlichen Regimes entspricht, teilt es auch die damit verbundenen Probleme (vgl Abschnitt Mineralrohstoffrecht, insb II.A. und V.). Das Bergbauanlagenrecht ist auch letztlich nicht aus dem vom Konzept der Gesamtgefahrenabwehr geprägten Bergrecht zu isolieren, so dass neben der Einbindung in Betriebspläne (vgl III.B.) auch allgemeine bergpolizeiliche Vorschriften (vgl den Beitrag Mineralrohstoffrecht, insb VI.) maßgeblich sein können.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung Das Bergbauanlagenrecht stützt sich wie das MinroG überhaupt im Kern auf den Kompetenztatbestand Bergwesen (vgl Abschnitt Mineralrohstoffrecht I.B.). Auch hier stellt sich das Problem, dass uU Teile des Anwendungsbereichs (zB hinsichtlich des Abbaus von Sand, Schotter, Kies)1 nicht unter das 1
Vgl Mayer, Kompetenzgrundlage, 506; offen gelassen in VfSlg 16.125/2001, wonach aber die Regelung dieser Bereiche im MinroG und der Vollzug in mittelbarer Bundesverwaltung jedenfalls kompetenzrechtlich gedeckt ist.
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„Bergwesen“ fallen, womit auch die Einschränkungen des Kumulationsprinzips wegfallen können (vgl unten III.G. und Abschnitt Mineralrohstoffrecht I.B.).
C. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Gemeinschaftsrechtlich sind vor allem die umweltrechtlichen RL einschlägig (s oben Rechtsgrundlagen und unten V.).
II. Begriff der Bergbauanlage im MinroG A. Die Legaldefinition des § 118 § 118 definiert eine Bergbauanlage als „jedes für sich bestehende, örtlich gebundene und künstlich geschaffene Objekt [...], das den im § 2 Abs 1 angeführten Tätigkeiten zu dienen bestimmt ist“. In dieser Begriffsbestimmung liegen weitgehende Parallelen zum Betriebsanlagenbegriff des § 74 Abs 1 GewO, die auch durch § 74 Abs 4 GewO (dazu unten II.E.) bestätigt werden.
B. Künstlich geschaffenes Objekt Als „künstlich geschaffenes Objekt“ kommen zunächst Baulichkeiten und Maschinen in Betracht; iSd Rspr zum Begriff der „Einrichtung“ nach § 74 Abs 1 GewO zählen dazu auch etwa Lagerplätze. Ebenso dürften Werksstraßen (vgl II.D.) jedenfalls in einem räumlichen und funktionellen Zusammenhang mit einem „Objekt“ iSd § 118 Teil einer Bergbauanlage sein, als künstlich geschaffene Objekte können sie auch für sich betrachtet unter § 118 fallen; dasselbe wird für Leitungsanlagen udgl gelten.2 „Künstlich geschaffene Objekte“ könnten auch Grubenbaue in ihrer Gesamtheit (oder etwa auch obertägige Abbaue wie Schottergruben) sein; darauf wird bei der Problematik der Bewilligungspflicht von Stollen usw zurückzukommen sein (III.A.).
C. Örtliche Gebundenheit Das Merkmal der örtlichen Gebundenheit entspricht wörtlich § 74 Abs 1 GewO. Nach den Mat „fallen fahrbare oder sonst bewegliche Anlagen nicht darunter. Dies schließt jedoch nicht aus, dass eine Bergbauanlage auch nicht ortsgebundene Betriebseinrichtungen umfassen kann“3. Örtliche Gebundenheit liegt also jedenfalls vor, wenn das Objekt seiner physischen Natur nach unbeweglich ist. Sie liegt nach der Rspr zu § 74 Abs 1 GewO auch dann vor, wenn ein seiner Natur nach bewegliches Objekt nach der Absicht des Betreibenden für längere Zeit an einem bestimmten Standort eingesetzt werden soll4; nach
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3 4
In diese Richtung EB zu RV 1428 BlgNR 20. GP, 105 im Hinblick auf Bohrlöcher und Sonden. Zu Leitungsanlagen vgl auch VfSlg 14.972/1997, wobei insb der Anwendungsbereich des Bergrechts in Abgrenzung zum RohrleitungsG zu beachten ist. EB zu RV 1428 BlgNR 20. GP, 104 unter wörtlicher Übernahme der RV 1303 BlgNR 13. GP, 87. Vgl insb VwSlg 11.771 A/1985 zu einer damals dem gewerblichen Betriebsanlagenrecht unterliegenden Sand- und Schottergewinnungsanlage. Ein bewegliches Objekt, das je nach „Arbeitsanfall“ an unterschiedlichen Standorten eingesetzt werden soll,
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den Mat kommen solche Objekte nur als Teil einer Bergbauanlage (nicht aber selbst als Bergbauanlage) in Betracht. Im funktionellen und räumlichen Zusammenhang mit dem ortsgebundenen Objekt verwendete nicht ortsgebundene Geräte (zB Lastwagen, Bagger) sind jedoch eher nicht Bestandteil der Bergbauanlage, ihre Auswirkungen aber den Auswirkungen des Betriebs der Bergbauanlage zuzurechnen.
D. „für sich bestehend“ Nach den EB soll das Merkmal „für sich bestehendes Objekt“ das Vorliegen eines „selbständigen Ganzen“ erfordern.5 Dieses Merkmal dürfte demnach in erster Linie auf die Abgrenzung des Umfangs der Bergbauanlage zielen, also welche Elemente einer Bergbauanlage zuzurechnen sind. Insoweit besteht Parallelität zum Grundsatz der Einheitlichkeit der Betriebsanlage nach dem Anlagenrecht der GewO. „Für sich“ bestehen bzw ein „selbständiges Ganzes“ bilden demnach alle Elemente, die eine Einheit in räumlicher Hinsicht bzw auf Grund integrierter betriebstechnischer Abläufe bilden. Dies ist vor allem bedeutend für die Feststellung der Auswirkungen der Bergbauanlage, die demnach an Hand einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln sind. Eine solche Einheit wird etwa zwischen einer Förderbandanlage und einer dieser dienenden 20 kVEnergieversorgungsanlage bestehen;6 das Fahren von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ist nicht mehr einer Bergbauanlage zuzurechnen,7 wohl aber die Verkehrserschließung.8 Auch eine „Förder- und Aufschließungsstraße“ für einen Abbau ist eine Bergbauanlage.9 Auswirkungen der Bestimmungstätigkeit als solcher (zB einer Abbautätigkeit, die nicht durch die Bergbauanlage erfolgt) sind der Bergbauanlage dagegen nicht zuzurechnen,10 vielmehr ist die Bergbauanlage in allenfalls einschlägigen Betriebsplänen zu berücksichtigen (vgl unten III.B.).
E. Bestimmungstätigkeiten Eine Bergbauanlage muss „den im § 2 Abs 1 angeführten Tätigkeiten zu dienen bestimmt“ sein. Bergbauanlagen dienen demnach Aufsuchung-, Gewinnungs, Speicher- und Aufbereitungstätigkeiten; dazu werden auch die Abschlusstätigkeiten zählen (vgl zu diesen Beitrag Mineralrohstoffrecht IV.F.5.). Gemäß § 2 Abs 3 gelten die Bestimmungen des Bergbauanlagenrechts auch für die bergbautechnischen Aspekte weiterer Tätigkeiten (bzgl geothermischer Energie, Lagertätigkeiten, stillgelegter Grubenbaue; vgl den Beitrag Mineralrohstoffrecht V.).
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ist nicht örtlich gebunden, selbst wenn es vorübergehend örtlich fixiert wird (vgl etwa VwGH 22.11.1978, 2678/77). EB zu RV 1428 BlgNR 20. GP, 104. Offen gelassen in VwGH 17.3.1998, 96/04/0082. VwGH 24.6.1998, 98/04/0086. ZB Zufahrtsstraße; vgl VwGH 17.4.1998, 96/04/0293. VwGH 21.12.2004, 2000/04/0196. VwGH 21.12.2004, 2000/04/0196; vgl auch VwGH 27.6.2003, 2001/04/0086, wonach ein aufzunehmender Abbau (allein) in die Beurteilung der örtlichen Grundbelastung aufzunehmen ist.
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Zu den im § 2 Abs 1 angeführten Tätigkeiten zählen auch die (weitestgehend) deregulierten Tätigkeiten des Aufsuchens grundeigener und des Suchens bergfreier mineralischer Rohstoffe. Für diese Tätigkeiten ist keine Bergbauberechtigung erforderlich, die §§ 118 ff stehen jedoch im VII. Hauptstück unter der Überschrift „Ausübung der Bergbauberechtigungen“. Hier wird die ausdrückliche Anordnung in § 118 vorgehen; auch aus teleologischen Gründen wäre nicht einzusehen, weswegen allenfalls zum Einsatz kommende Anlagen bzw Stollen, Bohrungen usw bewilligungsfrei sein sollten. Dass § 120 (Sanierungskonzept) nur vom „Bergbauberechtigten“ spricht dürfte ein Redaktionsversehen sein, richtig muss es wohl „Inhaber der Bergbauanlage“ heißen wie auch zB in § 119 Abs 14.
Bei Aufbereitungstätigkeiten ist der beschränkte Anwendungsbereich des MinroG zu beachten. Diese Tätigkeiten sind begrenzt mit der Erlangung eines verkaufsfähigen Mineralprodukts durch bestimmte Techniken (§ 1 Z 3) sowie durch das Erfordernis eines betrieblichen Zusammenhangs mit dem Aufsuchen oder Gewinnen (§ 2 Abs 1 Z 2); weitere Verarbeitungstätigkeiten nach dem früheren § 132 BergG 1975 unterliegen nicht mehr dem MinroG.11 Dieses Abgrenzungsproblem steht in enger Verbindung zu § 74 Abs 4 GewO, der zwar grundsätzlich für alle Bergbauanlagen gilt, aber insb im Bereich der Aufbereitung in Betracht kommen wird. Genehmigte Bergbauanlagen bedürfen demnach keiner gewerberechtlichen Genehmigung, auch wenn in ihnen vom Bergbauberechtigten gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden, solange der „Charakter der Anlage als Bergbauanlage gewahrt bleibt“. Daraus folgt, dass solche kombinierten Anlagen grundsätzlich unter den Begriff der Bergbauanlage fallen können. Allerdings ist dafür eine dem (nunmehr) MinroG gänzlich unterliegende Tätigkeit erforderlich; wenn nur bestimmte Verarbeitungsschritte dem MinroG unterliegen, jedoch ein gewerbliches Endprodukt hergestellt wird, so liegt ein (idR) der GewO unterliegender einheitlicher Vorgang vor, da keine iSd MinroG begrenzte Aufbereitungstätigkeit besteht. Dass die „gewerberechtlichen“ und „bergbaurechtlichen“ Anlagenteile eine untrennbare Einheit bilden kann nicht dazu führen, dass die Anlage zur Bergbauanlage wird; eine Bergbauanlage kann nur vorliegen, „wenn zumindest wesentliche Teile der in den einzelnen Produktionsabschnitten gewonnenen Produkte einem selbständigen Schicksal, also etwa einem getrennten Verkauf, zugeführt würden“ und diese Verarbeitungstätigkeit sich im Rahmen des MinroG hält.12 Da kombinierte Anlagen auch gewerblichen Tätigkeiten dienen, die nicht in den Anwendungsbereich des MinroG fallen, ist für diese Tätigkeiten eine Gewerbeberechtigung erforderlich.13
Soweit das Bergbauanlagenrecht für bergbautechnische Aspekte weiterer Tätigkeiten anwendbar sein soll bestehen erhebliche Unsicherheiten (vgl den Beitrag Mineralrohstoffrecht V.); auch hier muss eine Abgrenzung (insb zu gewerberechtlichen Vorschriften) erfolgen, für die die Gesetzeslage kaum 11
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Die Abgrenzung der Aufbereitungstätigkeiten nach dem MinroG ist durch das Kriterium des „verkaufsfähigen Mineralprodukts“ unscharf. Das „Nebenrecht“ zur Errichtung von Bergbauanlagen und die Notwendigkeit zur Abgrenzung gehen auf § 131 ABG 1854 zurück, insb auf die „Aufbereitung und Zugutebringung“; vgl zu den bereits damals bestehenden Abgrenzungsproblemen Haberer/Zechner, Handbuch des österreichischen Bergrechtes, 1884, 263 f. Vgl zu alldem VwGH 24.6.1998, 97/04/0225; zum möglichen Übergang in das gewerbliche Betriebsanlagenrecht nach § 74 Abs 4 iVm Abs 6 GewO vgl VwGH 22.12.1999, 99/04/0128. Vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO2, 2003, Rz 38 zu § 74.
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Anhaltspunkte bietet. Ein „Objekt“ iSd § 118 etwa zur Gewinnung geothermischer Energie kann hinsichtlich seiner „bergbautechnischen Aspekte“ (§ 2 Abs 3) einer Bewilligung als Bergbauanlage bedürfen; zugehörige Leitungsanlagen etwa wären zwar als Teil einer Bergbauanlage zu qualifizieren, weisen aber wohl keine bergbautechnischen Aspekte auf. Insofern käme hier eine bergbauanlagenrechtliche Teilgenehmigung zB für Bohrlöcher in Betracht; wie sich dies auf andere anlagenrechtliche Bestimmungen auswirkt (Teilgenehmigung für die restliche Anlage? Entfall einer Bewilligungspflicht zB nach § 74 Abs 4 GewO?) ist unklar.
F. Von der Oberfläche ausgehende Stollen, Schächte, Bohrungen und Sonden Gemäß § 119 Abs 1 bedarf die Herstellung bzw Errichtung „von obertägigen Bergbauanlagen sowie von Zwecken des Bergbaus dienenden von der Oberfläche ausgehenden Stollen, Schächten, Bohrungen mit Bohrlöchern ab 300 m Tiefe und Sonden ab 300 m Tiefe“ einer Bewilligung. Das Gesetz scheint hier davon auszugehen, dass Stollen usw nicht unter den Bergbauanlagenbegriff des § 118 fallen (arg: „sowie“ und das gesonderte Anführen der Wortfolge „Zwecken des Bergbaus dienend“). § 119 spricht aber in der Folge nur mehr von Bergbauanlagen. Dies bedeutet jedenfalls, dass Stollen usw nach § 119 Abs 1 im Ergebnis als Bergbauanlagen gelten, sei es dass sie durch § 119 praktisch „gleichgestellt“ werden, sei es dass § 119 nur eine Klarstellung enthält oder nur spezifische Voraussetzungen der Bewilligungspflicht der Bergbauanlagen Stollen usw normiert. Stollen usw sind im Gesetz nicht als einheitlich-selbständige Anlagen konzipiert und daher auch als bloße Anlagenteile genehmigungsfähig. Die Abgrenzung einer Sonde etwa von anderen Anlageteilen „wie Rohrleitung, Gasabscheidung oder baulichen Einrichtungen“ erfolgt danach, ob zu Herstellung und Betrieb Mittel und Methoden erforderlich sind, die für den Bergbau typisch sind.14
G. Aufbereitungsanlagen iSd §§ 121 ff §§ 121-121e dienen der Umsetzung der IPPC-RL. Für die im Anhang I der Richtlinie „angeführten Aufbereitungsanlagen gelten zusätzlich zu §§ 119 und 120“ die weiteren Bestimmungen der §§ 121 ff. Im genannten Anhang I werden insb Anlagen der Mineral- und Metallverarbeitung genannt. Das Zusammenspiel zwischen dem MinroG und der IPPC-RL nach § 121 Abs 1 bedarf näherer Erörterung. Zunächst sind §§ 121 ff als Umsetzung der Richtlinie im Rahmen des Bergbaus gedacht15 und sehen auch keine Sonderregelung hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs vor. Erfasst sind daher nur Anlagen, die gleichsam die „Schnittmenge“ zwischen § 118 und dem Anhang I IPPC-RL bilden. Daher ist auch der beschränkte Anwendungsbereich des MinroG zu beachten; nur für solche Anlagen, die einer dem MinroG unterliegenden Aufbereitungstätigkeit dienen (vgl I.B.), gelten §§ 121 ff. 14 15
VwGH 14.9.2005, 2004/04/0061. EB zu RV 1428 BlgNR 20. GP, 106.
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Die §§ 121 ff knüpfen auch an eine bestehende Genehmigungspflicht an (zB § 121 Abs 1: „über § 119 hinaus...“). Die Bestimmungen dehnen daher weder die Bewilligungspflicht noch den Begriff der Bergbauanlage aus. Auch die erforderlichen Angaben im Ansuchen gemäß § 121d verstehen sich ausdrücklich als Ergänzung zu § 119. Wenn es in der RV dagegen heißt, dass „abweichend von den Begriffsbestimmungen im Mineralrohstoffgesetz für die vom Geltungsbereich dieser Richtlinie erfassten Bergbauanlagen die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 96/61/EG heranzuziehen sein werden“, so bestimmt sich der Begriff der Bergbauanlage wie auch der der „Aufbereitung“ (der in der IPPC-RL nicht vorkommt) nichtsdestoweniger nach dem MinroG.
Lediglich der § 121a sieht eine eigenständige Bewilligungspflicht für „wesentliche Änderungen“ vor, die neben die Bewilligungspflicht nach § 119 Abs 9 tritt. Beim Zusammentreffen beider Pflichten wird trotzdem nur ein Antrag auf eine Änderungsbewilligung zu stellen sein. § 121 Abs 6-9 sehen der GewO nachgebildete Konzentrationsbestimmungen für Aufbereitungsanlagen vor. Auf Grund des Charakters der §§ 121 ff als Zusatzbestimmungen zum bergbauanlagenrechtlichen Normalverfahren und ihrer weitgehenden Parallelität zu den entsprechenden gewerberechtlichen Bestimmungen wird auf eine Einbeziehung der Besonderheiten in die folgende Darstellung verzichtet. Die Abweichungen werden vielmehr unten V. kurz gesondert behandelt.
III. Bewilligung von Bergbauanlagen A. Bewilligungspflicht Bewilligungspflichtig sind gemäß § 119 Abs 1 die Herstellung bzw Errichtung: • von obertägigen Bergbauanlagen; • von Zwecken des Bergbaus dienenden von der Oberfläche ausgehenden - Stollen, - Schächten, - Bohrungen mit Bohrlöchern ab 300 m Tiefe, - Sonden ab 300 m Tiefe. Die nach dem BergG bestehende Bewilligungspflicht für bestimmte untertägige Bergbauanlagen wurde beseitigt. Stollen usw sind nur bewilligungspflichtig, wenn sie von der Oberfläche ausgehen. Gegenstand der Bewilligungspflicht dürften dabei neben den Stollen usw als solchen vor allem auch die (obertägigen) Anlagen zur Schaffung dieser Stollen usw sein; in diese Richtung sind jedenfalls die Mat zu verstehen: Bohrung ist demnach „die Gesamtheit der sich auf dem Bohrplatz befindenden Einrichtungen für die Herstellung des Bohrloches samt den zum Bohrplatz führenden Verkehrswegen,16 der zu diesem hin- und von ihm wegführenden Leitungen usw“. Ähnliche Ausführungen erfolgen zur Sonde und dürften auch für Schächte und Stollen gelten.17 Nach Ansicht des VwGH dürfte dies aber nur insoweit gelten, als zu Herstellung und Betrieb Mittel und Methoden erforderlich sind, die für den Bergbau typisch sind (vgl oben II.F.). Das kann zB für Zu- und Ableitungen zu schwierigen Abgrenzungsproblemen führen. Das Bergbauanlagenrecht stellt für die Bewilligungspflicht nicht auf die Eignung der Bergbauanlage zur Gefährdung von Schutzinteressen ab, sondern auf abstrakte
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Für Bergwerksbahnen besteht jedoch die Bestimmung des § 122. EB zu RV 1428 BlgNR 20. GP, 105.
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Kriterien ihrer Beschaffenheit. Bewilligungspflichtig sind Herstellung bzw Errichtung; eine eigene Betriebsbewilligung ist nur in den Fällen des § 119 Abs 8 erforderlich.
Nach § 119 Abs 13 entscheidet der BMWA über Antrag des Bergbauberechtigten in Zweifelsfällen, ob „eine Bergbauanlage vorliegt, deren Herstellung einer Bewilligung nach Abs 1 bedarf“. Ein Antragsrecht der Nachbarn besteht nicht.18
B. Einordnung in Betriebspläne Die auf bestimmte Anlagen beschränkte Bewilligungspflicht steht in engem Konnex zum Grundsatz der Gesamtgefahrenabwehr im Bergbau, der sich vor allem in den Betriebsplänen niederschlägt. Soweit Tätigkeiten durch Betriebspläne erfasst werden sind die Auswirkungen von verwendeten Bergbauanlagen zB hinsichtlich der Emissionen und Gefährdungen (zB § 116 Abs 1 Z 5-7) zu berücksichtigen. Ein allfälliger Widerspruch zwischen Betriebsplan und Bergbauanlagenprojekt (zB dadurch bewirkte wesentliche, nicht bewilligte Änderung des Gewinnungsbetriebsplans) ist dagegen im anlagenrechtlichen Verfahren nicht aufzugreifen.19 Betriebspläne sind jedoch nicht für alle dem MinroG nach § 2 unterliegenden Tätigkeiten erforderlich, insb nicht für das Aufbereiten, aber auch nicht für deregulierte Aufsuchungs- bzw Sucharbeiten (vgl oben Rz 8). Außerdem bietet die bergbauanlagenrechtliche Bewilligungspflicht Ansatzpunkte, die in Betriebsplänen nicht wahrgenommen werden können, wie etwa bei Änderungen (§ 119 Abs 9 zur Wahrung der Schutzinteressen; vgl dagegen § 115 Abs 3: Genehmigungspflicht wesentlicher Änderungen von Betriebsplänen) oder Sanierungen (§ 119 Abs 11). Im Gegensatz zu § 146 Abs 1 BergG 1975 besteht nach dem MinroG keine Bewilligungspflicht untertägiger Bergbauanlagen; die von diesen Anlagen ausgehenden Gefahren können daher nur in Betriebsplangenehmigungsverfahren berücksichtigt werden. Verschiedene Ausübungsvorschriften (insb Sicherheitsvorschriften) beziehen sich auf Bergbautätigkeiten insgesamt und betreffen daher auch Bergbauanlagen. § 118 ff berühren diese Vorschriften grundsätzlich nicht; dies folgt auch aus § 119 Abs 14, der ausdrücklich eine Ausnahme vom Erfordernis einer Auflassungsanzeige vorsieht, wenn die Auflassung in einen Abschlussbetriebsplan aufgenommen worden ist.
C. Bewilligungsansuchen Das Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung hat nach § 119 Abs 1 eine Beschreibung der geplanten Bergbauanlage sowie die erforderlichen Pläne und Berechnungen, und allenfalls Angaben über zu erwartende Abfälle (und deren Vermeidung oder Entsorgung) und Emissionen zu enthalten. Dazu kommen ein Verzeichnis der Grundstücke, auf denen die Bergbauanlage geplant ist, und gegebenenfalls ein Alarmplan für schwere Unfälle. Die Projektsbeschreibung bildet die Grundlage der Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit der Bergbauanlage und der Tragweite des Bewilligungsbescheids (vgl auch § 119 Abs 10: „projektsgemäße Ausführung“). 18 19
VwGH 25.2.2004, 2003/04/0188. VwGH 27.6.2003, 2001/04/0086.
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D. Behörden und Verfahren Behörde ist nach §§ 170 und 171 für Bergbauanlagen im Zusammenhang mit der ausschließlich obertägigen Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe die BVB in mittelbarer Bundesverwaltung (mit den Ausnahmen für sprengelüberschreitende Bergbauanlagen gemäß § 171 Abs 2 Z 2 und Abs 3 Z 2), im Übrigen der BMWA. Parteien im Bewilligungsverfahren sind: Der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf deren Oberfläche (oder in deren oberflächennahem Bereich20) die Bergbauanlage errichtet und betrieben wird, Bergbauberechtigte, „soweit sie durch die Bergbauanlage in der Ausübung der Bergbauberechtigungen behindert werden könnten“21, sowie die in § 119 Abs 6 Z 3 (weitgehend analog zu §§ 74 und 75 GewO) näher bestimmten Nachbarn. Die Parteistellung der Nachbarn ist auf ihre gesetzlich geschützten Interessen beschränkt. Sie erstreckt sich nicht auf die Geldendmachung aller gesetzlichen Genehmigungshindernisse, die Wahrnehmung öffentlicher Interessen obliegt alleine der Behörde.22 Nachbarn sind: • Personen, die durch die Herstellung (Errichtung) oder den Betrieb (die Benützung) der Bergbauanlage (wohl ausschließlich in ihrer Gesundheit) gefährdet oder belästigt werden könnten. • Personen, deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Eine bloße Minderung des Verkehrswerts wird keine Gefährdung darstellen, auch wenn sich § 119 Abs 4 bloß auf die „Gefährdung von Sachen“, also die Bewilligungsvoraussetzung des 119 Abs 3 Z 4, abstellt. Die Schwelle liegt daher (wie auch nach § 116) bei der Vernichtung der Substanz bzw dem Verlust der Verwertbarkeit, also wenn die nach der Verkehrsauffassung übliche bestimmungsgemäße Nutzung oder Verwertung ausgeschlossen ist23. Eine Gefährdung sonstiger dinglicher Rechte ist anzunehmen, wenn diese überhaupt neben der Anlage bestehen können und „deren bestimmungsgemäße Nutzung auf Dauer unmöglich gemacht würde“24. • Inhaber von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen. • Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich bloß vorübergehend in der Nähe der Bergbauanlage aufhalten. 20
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Diese Passage ist wörtlich aus § 146 Abs 6 BergG 1975 übernommen. Da untertägige Bergbauanlagen keiner Bewilligungspflicht mehr unterliegen, käme dies nur in Betracht, wenn ein Stollen usw in den oberflächennahen Bereich reicht; es ist jedoch zweifelhaft, ob dieser untertägige Teil zur Bergbauanlage zählt (vgl oben III.A.). Dies wird bei obertägigen Bergbauanlagen eine eher geringe Rolle spielen; vgl FN 20. VwGH 14.9.2005, 2004/04/0061; vgl auch VwGH 30.6.2004, 2002/04/0027; 18.5.2005, 2004/04/0099. Vgl VwGH 30.6.2004, 2002/04/0027; 18.5.2005, 2004/04/0099 zu § 116. Vgl VwGH 30.6.2004, 2002/04/0027 zu § 116.
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Gemäß § 119 Abs 2 ist über das Ansuchen verpflichtend eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durchzuführen. Für die Nachbarn nach § 119 Abs 6 Z 3 ist eine Kundmachung durch Anschlag in der Gemeinde sowie durch Verlautbarung in einer im fraglichen politischen Bezirk „weitverbreiteten“ Tageszeitung oder einer wöchentlich erscheinenden Bezirkszeitung vorgesehen. Bekannte Beteiligte sind nach § 41 Abs 1 AVG persönlich zu verständigen. Sind die Kundmachungsvorschriften erfüllt, tritt Verlust der Parteistellung nach § 42 Abs 1 1. Satz AVG ein, sofern die Partei nicht rechtzeitig Einwendungen erhebt. Die Einwendungen der Eigentümer der Grundstücke iSd § 119 Abs 6 Z 2 sind wohl auf die Wahrung von Eigentumsrechten beschränkt; hinsichtlich anderer Interessen können Einwendungen nach § 119 Abs 6 Z 3 erhoben werden. Vor Erteilung der Bewilligung sind die zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen berufenen Verwaltungsbehörden zu hören (§ 119 Abs 7).
E. Bewilligungsvoraussetzungen Die Bewilligung ist nach § 119 Abs 3 unter den folgenden Voraussetzungen zu erteilen: Die Bergbauanlage muss auf Grundstücken des Bewilligungswerbers hergestellt (errichtet) werden oder es muss eine Berechtigung zum Errichten auf fremden Grund bestehen (Nachweis zivilrechtlicher Zustimmung oder rechtskräftige Entscheidung nach §§ 148-150). Nach dem besten Stand der Technik vermeidbare Emissionen müssen unterbleiben, nach dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften dürfen keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten sein. Hier wirft die Qualifizierung des Stands der Technik als „bester“ Fragen auf; nach § 109 Abs 3 4. Satz ist bester Stand der Technik „der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist“; dies entspricht der Definition des „Stands der Technik“ in § 71a Abs 1 GewO.25 Auch der AB 1527 BlgNR 20. GP zum MinroG meint, dass „bester“ Stand der Technik „inhaltlich dem Begriff des Standes der Technik nach der Gewerbeordnung 1994, dem Abfallwirtschaftsgesetz, dem Emissionsschutzgesetz und dem Arbeitnehmerschutzgesetz entspricht“. Dem Wort „bester“ kommt daher keine Bedeutung zu. Weiters darf keine „Gefährdung von dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern zu erwarten“ sein. Unter Gefährdung von Sachen ist die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes nicht zu verstehen (§ 119 Abs 4). Die Zumutbarkeit der Beeinträchtigung von Gewässern ergibt sich aus den wasserrechtlichen Vor-
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Allerdings fehlen im MinroG teilweise die Regelungen zur Bestimmung dieses Stands nach § 71a Abs 1 2. und 3. Satz GewO.
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schriften (§ 119 Abs 5).26 Die zumutbare Beeinträchtigung der Umwelt richtet sich für Bergbauzwecken dienende Grundstücke nach den örtlichen Verhältnissen, „für benachbarte Grundstücke gilt § 109 Abs 3 sinngemäß“ (§ 119 Abs 5). Der Verweis auf § 109 Abs 3 zielt wohl auf Satz 1 (insb Schutz des Bodens sowie des Pflanzen- und Tierbestands). Auf ein zumutbares Ausmaß der Beeinträchtigung der Umwelt besteht kein subjektives öffentliches Recht.27 Nach dem besten Stand der Technik vermeidbare sowie nicht verwertbare Abfälle dürfen nicht entstehen, es sei denn, die Vermeidung oder Verwertung wäre wirtschaftlich unvertretbar; diesfalls muss eine „ordnungsgemäße“ Entsorgung gewährleistet sein. Für die Feststellung der von der Bergbauanlage ausgehenden Emissionen usw werden technische, für deren Wirkungen auf die Nachbarschaft medizinische Sachverständigengutachten einzuholen sein.28 „Erforderlichenfalls“ sind Bedingungen, Auflagen oder Befristungen aufzunehmen. Diese sind „erforderlich“, wenn sie dem Eintreten (bzw Wegfall) oder der Erreichung von Genehmigungsvoraussetzungen dienen (Bedingungen und Auflagen) bzw wenn das Vorliegen von Genehmigungsvoraussetzungen nur für beschränkte Zeit angenommen werden kann. Eine aufschiebende Bedingung kann zB das Eintreten der Rechtskraft eines Bescheids nach §§ 148150 sein. Gemäß § 119 Abs 3 haben die Auflagen auch Maßnahmen zur Vermeidung bzw Bewältigung schwerer Unfälle zu umfassen. Bei der Bewilligung ist auch auf öffentliche Interessen gemäß § 119 Abs 7 Bedacht zu nehmen. Die Behörde hat bei der Bewilligung von Aufbereitungsanlagen mit Emissionsquellen auch die Bestimmungen des ImmissionsschutzG-Luft bzw allfälliger Verordnungen zu beachten.
F. Betriebsbewilligung und Probebetrieb Eine eigene Betriebsbewilligung für die Bergbauanlage ist erforderlich, wenn die Behörde dies im Errichtungsbescheid anordnet. Voraussetzung für diese Anordnung ist, dass zum Zeitpunkt der Bewilligung nicht ausreichend beurteilt werden kann, ob Auflagen hinsichtlich der „Auswirkungen des Betriebes der bewilligten Bergbauanlage“ die Schutzinteressen nach § 119 Abs 3 hinreichend schützen oder zusätzliche Auflagen erforderlich sind. Zu diesem Zweck kann auch (wohl ebenfalls nur im Errichtungsbescheid) ein befristeter Probebetrieb angeordnet oder zugelassen werden; das „Zulassen“ ist wohl so zu verstehen, dass dies mit der Anordnung des Erfordernisses der Betriebsbewilligung möglich ist und keines eigenen Antrags des Bewilligungswerbers bedarf. Der Be-
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Nach VwGH 29.1.1991, 90/04/0231 (zu § 146 BergG 1975) steht Eigentümern eines Grundstückes mit Brunnenanlagen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor einer Gefährdung dieser Brunnenanlage etwa durch Vernichtung der Trinkwasserqualität des dort geförderten Grundwassers zu, da dies unter den Schutz ihrer nicht dem Bewilligungswerber zur Benützung überlassenen Sachen (nunmehr: „Eigentum oder sonstige dingliche Rechte“) vor Gefährdungen fällt. VwGH 25.11.1997, 95/04/0142 zu § 146 Abs 1 BergG 1975. Vgl VwGH 2.6.1999, 98/04/0242.
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triebsbewilligungsbescheid hat auch allenfalls erforderliche Überprüfungen der Anlage zu regeln. Für das Betriebsbewilligungsverfahren gelten gemäß § 119 Abs 8 letzter Satz § 119 Abs 2 (mündliche Verhandlung), 6 (Parteien) und 7 (Anhörungen). Die Betriebsbewilligungsvoraussetzungen sind nicht ausdrücklich geregelt; es ist anzunehmen, dass dafür § 119 Abs 3 gilt, da zum Zeitpunkt der Bewilligung (allenfalls nach einem Probebetrieb) die notwendigen Auflagen zur Wahrung der Schutzinteressen feststellbar sein sollen.
G. Kumulation und Konzentrationsbestimmungen Zum Problem der Kumulation vgl allgemein den Beitrag Mineralrohstoffrecht I.B.; damit unterliegen Bergbauanlagen etwa idR nicht dem Bau- oder Raumordnungsrecht, wohl aber dem Naturschutzrecht. Gemäß § 2 Abs 3 gelten die Bestimmungen des Bergbauanlagenrechts auch für die „bergbautechnischen Aspekte“ weiterer Tätigkeiten (vgl den Beitrag Mineralrohstoffrecht V.). Hier wird ein Ausschluss insb baurechtlicher Vorschriften wohl nur greifen, wenn die Anwendung auf die „bergbautechnischen Aspekte“ in einer für sonstige Bergbauanlagen typischen Weise erfolgt; es ist jedenfalls nicht anzunehmen, dass in diesen Fällen die bloße (noch so beschränkte) Anwendbarkeit des MinroG Kumulationen automatisch im selben Maß ausschließt.29 Nach § 98 Abs 3 WRG besteht eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde auch „bei Bergbaubetrieben“; nach § 50 Abs 2 ForstG sind die materiellrechtlichen Bestimmungen des § 49 ForstG von der Bergbauanlagenbehörde zu beachten. §§ 10 Abs 6 und 37 Abs 2 Z 5 AWG sehen bestimmte Ausnahmen für Bergbauanlagen vor.30 Bei der konzentrierten Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen nach § 38 AWG sind die materiellrechtlichen Bestimmungen des Mineralrohstoffrechts anzuwenden und ersetzen die Bergbauanlagenbewilligung. Für eine Anwendbarkeit des konzentrierten Verfahrens nach § 356b GewO dürfte kein Raum bestehen, da § 74 Abs 4 GewO insoweit wohl eine gewerberechtliche Bewilligungspflicht überhaupt ausschließt (s oben II.E.).
IV. Die bewilligte Bergbauanlage A. Änderungsbewilligung Gemäß § 119 Abs 9 bedarf auch die Herstellung einer Änderung einer bewilligten Bergbauanlage einer Bewilligung, wenn dies „zur Wahrung der im Abs 3 umschriebenen Interessen erforderlich ist“. Die Voraussetzungen der Bewilligungspflicht einer Änderung unterscheiden sich damit von denen einer Erstbewilligung, die nicht auf die Schutzinteressen abstellt (vgl oben III.A.). Damit stellt sich die Frage, wie die „Interessen“ zu bestimmen sind. § 119 Abs 3 enthält nämlich Genehmigungsvoraussetzungen, aber keine zur Ge29
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Ein solcher Ausschluss kann sich jedoch durch Generalklauseln in baurechtlichen Vorschriften der Länder ergeben, die pauschal auf bergrechtliche Genehmigungen abstellen; vgl zu einer besonders extensiven Auslegung VwGH 23.2.2001, 98/06/0238. Zum komplexen Zusammenspiel zwischen MinroG und AWG beim Abfallwirtschaftskonzept vgl Schwarzer, Neue Spielregeln für Abfallwirtschaftskonzepte, ecolex 2002, 702 (704 f).
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nehmigungspflicht führenden Schutzinteressen wie § 74 Abs 2 GewO. Wenn eine Änderung genehmigungspflichtig ist, sofern dies zur Wahrung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich ist, so kann keine Änderung antragsgemäß bewilligt werden - die Bewilligung wäre stets zu versagen oder nur unter Auflagen erteilbar. Dies dürfte indes nicht gemeint sein. Nach § 119 Abs 9 3. Satz liegt eine bewilligungspflichtige Änderung nicht vor, wenn • mit der Änderung der Bergbauanlage weder qualitativ andere noch quantitativ zusätzliche Emissionen auftreten; • es sich um eine gesetzlich oder bescheidmäßig angeordnete Sanierung (nach § 119 Abs 11) oder Anpassung nach § 121b Abs 1 handelt. Eine Nicht-Änderung des Emissionsverhaltens würde kaum zu einer Berührung der Genehmigungsvoraussetzungen führen, und die Anordnung der Sanierung dient gerade der Wahrung des § 119 Abs 3. Bei strikter Auslegung der Voraussetzungen einer Änderungspflicht wären diese Ausnahmen überflüssig. Daher geht es vielmehr um die Schutzinteressen, die hinter den Genehmigungsvoraussetzungen des § 119 Abs 3 stehen. Eine Bewilligungspflicht liegt demnach vor, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die Schutzinteressen zu beeinträchtigen, wobei die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung hinreicht.31 Daher sind auch Bewilligungsverfahren zu Ende zu führen, bei denen sich erst im Verfahren herausstellt, dass keine anderen oder zusätzlichen Emissionen auftreten.32 Vergleichsmaßstab für „andere“ oder „zusätzliche“ Emissionen wird der Emissionsstand nach dem Bewilligungsbescheid (Projektbeschreibung) sein. Auf Grund dieser beträchtlichen Unklarheiten wurde das Feststellungsverfahren nach § 119 Abs 13 mit der MinroG-Novelle 2001 auf die Frage der Genehmigungspflicht von Änderungen ausgedehnt. Wurden die Schutzinteressen in einem rechtskräftig gewordenen Bewilligungsbescheid nicht ausreichend gewahrt, so steht das Instrument nachträglicher Auflagen nach § 119 Abs 11 zur Verfügung. Die Änderungsbewilligung hat „auch die bereits bewilligte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im Abs 3 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits bewilligten Anlage erforderlich ist“. Die Änderungsbewilligung erstreckt sich daher auf die bereits genehmigte Anlage soweit, als sich die Änderung auf diese im Hinblick auf die Schutzinteressen auswirkt. Im Übrigen wird die Änderungsbewilligung der Erstbewilligung gleichzuhalten sein, etwa im Hinblick auf die Überprüfungspflicht, nachträgliche Auflagen oder Weiterbetriebsrecht (§ 119 Abs 10, 11 und 12); auch ein Vorbehalt einer Betriebsbewilligung dürfte möglich sein, was insb bei weitreichenden Änderungen von Bedeutung sein kann.
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Vgl zum gleichlautenden § 81 Abs 1 erster Halbsatz GewO Grabler/Stolzlechner/ Wendl (FN 13) Rz 4 zu § 81. So wohl implizit VwGH 17.11.2004, 2004/04/0198.
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B. Überprüfung § 119 Abs 8 4. und 5. Satz sieht vor, dass in Betriebsbewilligungsbescheiden im Hinblick auf die Schutzinteressen des § 119 Abs 3 Z 2-4 gegebenenfalls Überprüfungen vorzusehen sind. Nach § 119 Abs 10 2. Satz gelten diese beiden Sätze auch für die Überprüfung von ohne Vorbehalt der Betriebsbewilligung bewilligten Bergbauanlagen. Demnach kann sowohl in Errichtungs- als auch Betriebsbewilligungen die Überprüfung geregelt werden; dasselbe gilt wohl auch für Änderungsbewilligungen. Nach § 119 Abs 10 3. und 4. Satz sind die projektsgemäße Ausführung, die Erfüllung der Auflagen und die beabsichtigte Inbetriebnahme der Behörde anzuzeigen; diese hat sich binnen Jahresfrist von der Übereinstimmung der Bergbauanlage mit der erteilten Bewilligung zu überzeugen. Dies gilt auch für Änderungsbewilligungen, nicht jedoch für Betriebsbewilligungen, da bei diesen keine „projektsgemäße Ausführung“ vorliegt. Bei der Feststellung von Mängeln hat die Behörde bis zu deren Behebung „die Benützung der Bergbauanlage im erforderlichen Umfang zu untersagen“.
C. Sanierung (nachträgliche Auflagen) Die Behörde hat die Sanierung einer Bergbauanlage anzuordnen und die erforderlichen Auflagen vorzuschreiben, wenn sich nach Bewilligung ergibt, dass die Schutzinteressen nicht hinreichend gewahrt sind (§ 119 Abs 11). Auflagen, die (insb wirtschaftlich) unverhältnismäßig sind, dürfen jedoch nicht vorgeschrieben werden; dabei handelt es sich letztlich um eine Abwägung zwischen der Gefährdung der Schutzinteressen einerseits und der erreichten Gefährdungsminderung und Kosten andererseits. Wie bei der parallelen Bestimmung des § 79 GewO ist aber davon auszugehen, dass Auflagen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit niemals unverhältnismäßig sind.33 Ein Antragsrecht etwa der Nachbarn ist nicht vorgesehen; das Verfahren nach § 119 Abs 11 ist von Amts wegen durchzuführen und kann auch von Parteien des ursprünglichen Genehmigungsverfahrens nur angeregt werden.
D. Sanierungskonzept iVm Sanierungsgebiet nach IG-Luft § 120 verpflichtet die Behörde, dem „Bergbauberechtigten“ (richtig wohl: Inhaber der Bergbauanlage) aufzutragen ein Sanierungskonzept vorzulegen, wenn die Bergbauanlage in einem Sanierungsgebiet gemäß einer Verordnung nach § 10 IG-Luft liegt und von Anordnungen des Maßnahmenkatalogs betroffen ist. Im Unterschied zu § 119 Abs 11 gilt dies für bewilligte Bergbauanlagen unabhängig von der Wahrung der Schutzinteressen nach § 119 durch den Bewilligungsbescheid, aber auch für nicht bewilligte bzw nicht bewilligungspflichtige Bergbauanlagen; praktisch ist dieser Fall aber auszuschließen, da die nicht bewilligungspflichtigen untertägigen Bergbauanlagen gemäß § 120 Abs 1 ausdrücklich nicht erfasst sind. Das Sanierungskonzept ist (allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen) genehmigungspflichtig und die Verwirklichung des Konzepts ist „aufzutragen“. 33
Vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl (FN 13) Rz 17 zu § 79.
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E. Weiterbetriebsrecht § 119 Abs 12 sieht ein auf längstens ein Jahr beschränktes Weiterbetriebsrecht für den Fall vor, dass ein Bewilligungsbescheid vom VwGH aufgehoben wird, es sei denn, der VwGH hätte der gegenständlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
F. Auflassung § 119 Abs 14 sieht als Ordnungsvorschrift eine Anzeigepflicht für die Auflassung von Bergbauanlagen vor. Die Anzeigepflicht entfällt, wenn die vorgesehene Auflassung in einem (bei der Behörde eingereichten) Abschlussbetriebsplan angeführt ist. Dabei erforderliche Maßnahmen können im Rahmen der Genehmigung des Abschlussbetriebsplans und/oder nach § 179 (Sicherheitsmaßnahmen) vorgeschrieben werden.
G. Aufsicht und Sanktionen Für Aufsicht und Überwachung hinsichtlich Bergbauanlagen gelten die allgemeinen Bestimmungen des MinroG. § 193 sieht keine besondere Strafbestimmung für unbefugte Errichtung oder Betrieb bzw den konsenswidrigen Betrieb einer Bergbauanlage vor. Insoweit ist auf die allgemeinen Strafnormen der Abs 2 und 4 zurückzugreifen, wonach die dort genannten Personen eine Verwaltungsübertretung begehen, wenn sie „diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, sonstigen von den Behörden anzuwendenden Rechtsvorschriften oder Verfügungen der Behörden zuwiderhandeln“. Damit werden grundsätzlich die für Bergbauanlagen zu beachtenden Vorschriften erfasst. Problematisch ist die Beschränkung des in § 193 Abs 2 und 4 angeführten Personenkreises. Dabei handelt es sich um Bergbauberechtigte, Fremdunternehmer und behördlich bestellte Verwalter (Abs 2) sowie „Bevollmächtigte der im Abs 2 genannten Personen“, Verantwortliche für bestimmte Arbeiten nach § 17, § 71 oder § 87, Betriebsleiter, Betriebsaufseher, verantwortliche Markscheider und die vom Fremdunternehmer nach § 134 Abs 1 den Behörden bekannt zu gebenden verantwortlichen Personen. Nicht erfasst sind in dieser umfangreichen Aufzählung die Personen, die eine Tätigkeit nach § 2 Abs 1 ausüben, aber nicht Bergbauberechtigte sind (Aufsuchen grundeigener bzw Suchen bergfreier mineralischer Rohstoffe). Nicht erfasst sind weiters Errichter von Bergbauanlagen, die (uU noch) keine Bergbautätigkeit ausüben bzw über keine Berechtigung verfügen (in diesem letzteren Fall greift weitgehend § 193 Abs 1). Das konsenslose Errichten einer Bergbauanlage durch einen Nicht-Bergbauberechtigten, die später von ihm oder einer anderen Person zu Bergbauzwecken verwendet werden soll, ist unter die Strafbestimmungen des § 193 nicht subsumierbar.34 Erst der konsenslose Betrieb zu Bergbauzwecken durch den Bergbauberechtigten dürfte strafbar sein, wobei sich die durch § 193 verwiesene Verhaltensanordnung aus § 119 Abs 10 1. Satz im Umkehrschluss ergibt. Die Strafbestimmungen gelten auch hinsichtlich der Errichtung usw von Bergbauanlagen für Tätigkeiten, die nur hinsichtlich der bergbautechnischen Aspekte dem MinroG unterliegen (§ 2). Die damit verbundenen höchst unklaren Abgrenzungsprobleme wer34
Vgl dagegen § 366 Abs 1 Z 2 GewO und Grabler/Stolzlechner/Wendl (FN 13) Rz 21 f zu § 366.
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den in den meisten Fällen Probleme des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots aufwerfen.
V. Zusatzbestimmungen für Aufbereitungsanlagen (IPPC-Anlagen) Für als Bergbauanlagen zu qualifizierende Aufbereitungsanlagen iSd Anhangs I der IPPC-RL 96/61/EG (vgl dazu oben II.G.) gelten zusätzlich zu §§ 119 und 120 die Bestimmungen der §§ 121-121e.35 Diese Bestimmungen beziehen sich vor allem auf zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen (§ 121 Abs 1), zusätzliche Angaben im Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung (§ 121d Abs 1), zusätzliche Aufträge zum Schutz der Umwelt (§ 121 Abs 3 und 4), die Bewilligungspflicht eigens definierter wesentlicher Änderungen (§ 121a Abs 1) neben § 119 Abs 9, eine Selbstprüfpflicht (§ 121b), besondere Konzentrationsvorschriften (§ 121 Abs 6-9), besondere Publizitätsanordnungen (§ 121 Abs 5, § 121d Abs 2), Sonderregeln zur Parteistellung von Umweltorganisationen (§ 121 Abs 11) und Sonderregeln zur Teilnahme betroffener Staaten am Verfahren (§ 121d Abs 4-9). Dazu treten die besonderen Meldepflichten gemäß § 222a. Da sich die Regelung im MinroG sehr stark an den §§ 77a, 81a-81d und 356b GewO orientiert, kann für die Details auf die Ausführungen im Beitrag Potacs, gewerbliches Betriebsanlagenrecht verwiesen werden. Hier sei nur auf einen Unterschied zur Gewerberechtslage hingewiesen: Der VfGH hat mit VfSlg 17.022/2003 die Bewilligungsvoraussetzung der „effizienten Verwendung von Energie“ in § 77a Abs 1 Z 2 GewO aufgehoben, da es sich um eine dem Bund nicht zukommende Maßnahme der Wirtschaftslenkung handeln soll. Der Gesetzgeber hat dies mittlerweile dahingehend zu korrigieren versucht, dass die effiziente Verwendung von Energie als Maßnahme zur Vermeidung von Umweltverschmutzungen in § 77a Abs 1 Z 1 GewO vorgesehen ist. In § 121 Abs 1 Z 2 MinroG findet sich die effiziente Verwendung von Energie nach wie vor als Bewilligungsvoraussetzung, was in der strikten Lesart des VfGH jedenfalls soweit verfassungswidrig ist, als sich Bestimmungen über Bergbauanlagen auf den Kompetenztatbestand Gewerbe und Industrie (Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG) gründen. Bei Aufbereitungsanlagen besteht jedoch idR ein enger Konnex (betrieblicher Zusammenhang) zur Bergbautätigkeit (s Abschnitt Mineralrohstoffrecht I.B.), so dass hier der Kompetenztatbestand Bergwesen einschlägig ist. Dieser kann so verstanden werden, dass er auch die effiziente Verwendung von Energie in Bergbauanlagen als Regelung umfasst, die das bergbaumäßige Nutzen der Erdkruste zum Gegenstand hat. Namentlich haben zahlreiche Bestimmungen des MinroG wirtschaftslenkenden Charakter, wenn auch der Ansatz ein anderer ist, nämlich die Versorgung mit Grundprodukten durch effiziente Produktion (statt effizienter Verwendung) sicherzustellen. Im Hinblick auf die Richtlinienumsetzung sind bergbauanlagenrechtliche Bestimmungen soweit möglich richtlinienkonform auszulegen; soweit Einzelnen keine Rechtspflicht auferlegt wird, dürfte hinreichend konkreten Bestimmungen der IPPC-RL auch unmittelbare Wirkung zukommen.36 35 36
In Österreich sollen insgesamt nur 500 bis 600 von der IPPC-RL erfasste Anlagen bestehen (Maitz/Büchele, 62). Vgl zum Problem Maitz/Büchele; zu einer relativ weit reichenden Auslegung der Kriterien der unmittelbaren Wirkung etwa EuGH Rs C-443/98, Unilever Italia, Slg 2000 I-7535; zur UVP-RL EuGH Rs C-201/02, Wells, Slg 2004 I-723.
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VI. Bergwerksbahnen Gemäß § 122 bedürfen Bergwerksbahnen einer Bewilligung, wobei § 119 Abs 2 bis 12 und 14 anzuwenden sind. Demnach fehlen Bestimmungen über das Ansuchen, insoweit wird aber wegen der Verfolgung derselben Schutzinteressen § 119 Abs 1 sinngemäß gelten. Bewilligungspflichtige Bergwerksbahnen sind Eisenbahnen, „die ein Bergbauberechtigter nur zur Beförderung der bei Ausübung der im § 2 Abs 1 genannten Tätigkeiten benötigten und anfallenden Güter (Bergwerksbahn) oder zur Beförderung seiner Arbeitnehmer von und zur Arbeitsstätte (Bergwerksbahn mit Werksverkehr oder erweitertem Werksverkehr) errichten und betreiben will“. Grundsätzlich können Bergwerksbahnen auch unter die Definition der Bergbauanlage fallen; bei § 122 handelt es sich um eine Bestimmung, die primär der Abgrenzung zum Eisenbahnrecht dient. Bildet eine Bergwerksbahn mit anderen als Bergbauanlage zu qualifizierenden Objekten eine Einheit, so wird diese Einheit wohl als eine Bergbauanlage zu genehmigen sein (vgl oben II.D.).
Thomas Freylinger
Energieanlagenrecht Rechtsgrundlagen .........................................................................................1050 Grundlegende Literatur.................................................................................1050 I. Grundlagen ..............................................................................................1050 A. Allgemeines..........................................................................................1050 B. Kompetenzrechtliche Grundlagen .......................................................1052 1. Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft ...........................................................1052 2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit....................................1053 C. Gemeinschafts- und völkerrechtliche Grundlagen ..............................1053 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben.................................................1053 2. Völkerrechtliche Verpflichtungen...................................................1053 II. ElWOG ...................................................................................................1054 A. Ziele und Grundsätze des Anlagenrechts im ElWOG..........................1054 B. Begriff der Betriebsanlagen im ElWOG ..............................................1055 C. Genehmigungsverfahren und Behörden ..............................................1056 1. Bestimmungen für Stromerzeugungsanlagen..................................1056 2. Bestimmungen für elektrische Leitungsanlagen..............................1057 D. Verwaltungsstrafen .............................................................................1058 III. Das Anlagenrecht im ÖSG ..................................................................1058 A. Ziele und Grundsätze des ÖSG............................................................1058 B. Begriff der Betriebsanlagen im ÖSG...................................................1059 C. Genehmigungsverfahren und Behörden ..............................................1060 IV. Das Anlagenrecht im GWG.................................................................1061 A. Ziele und Grundsätze...........................................................................1061 B. Genehmigungsverfahren und Behörden ..............................................1062 C. Pflichten des Genehmigungsinhabers .................................................1064 D. Aufsichtsmittel und Strafbestimmungen ..............................................1065 1. Aufsichtsmittel ................................................................................1065 2. Strafbestimmungen..........................................................................1065 IV. Das Anlagenrecht im RohrleitungsG..................................................1066 A. Ziel und Regelungsbereich ..................................................................1066 B. Genehmigungsverfahren und Behörden ..............................................1066 C. Pflichten der Konzessionsinhaber .......................................................1067 D. Aufsichtsmittel und Strafbestimmungen ..............................................1067 1. Betriebseinstellung ..........................................................................1067 2. Strafbestimmungen..........................................................................1068
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Rechtsgrundlagen: EU-Recht: RL 90/377/EWG, Abl 185/16 idF RL 93/87 EWG, Abl L 277/32 (Erdgastransit-RL); RL 90/547/EWG, Abl L 313/30 idF RL 90/547/EWG, Abl L 276/9 (Elektrizitätstransit-RL); RL 91/296/EWG, Abl L 147/37 idF RL 95/49/EG, Abl L 233/86; RL 96/92/EG, Abl L27/20, RL 2003/54/EG (Elektrizitätsbinnenmarkt-RL); RL 98/30/EG, Abl 204/1, RL 2003/55/EG (Erdgasbinnenmarkt-RL); RL 2001/77/EG (Erneuerbare Energie-RL); RL 2004/8/EG (KWK-RL); BG: ElektrizitätswirtschaftsG - ElWOG (BGBl 1998 I/143 idF BGBl 2005 I/44) GaswirtschaftsG - GWG (BGBl 2002 I/148 idF BGBl 2006/106) GewO (BGBl 1994/1994 idF BGBl 2006 I/84) RohrleitungsG (BGBl 1975/411 idF BGBl 2004/115) ÖkostromG (BGBl 2002 I/149 idF 2006/105) StarkstromwegeG (BGBl 1968/70 idF BGBl I 2003/112) StarkstromwegegrundsatzG (BGBl 1968/71 idF BGBl I 2001/136) VO: VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der jene Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die keinesfalls dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind (BGBl 1998 II/265); VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der jene Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, für die jedenfalls keine Genehmigung erforderlich ist (BGBl 1999 II/20 idF BGBl 1999 II/149). LG: BgldElektrizitätsG
Grundlegende Literatur: Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts 1998; derselbe, Handbuch Energierecht 2006; Pauger, Marktwirtschaft durch EU-Recht, 1996; derselbe, Die Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft in Österreich, ÖZW 1998, 97; Heidinger/Wolf/Schneider, Das neue Elektrizitätswirtschaftsrecht ElWOG 1998, (1998); Schanda, Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes in Österreich, WBl 1999, 45; Schmelz/Tremml, Willkommen im freien Markt, ecolex 2000, 551; Schanda, Energierecht. Praxiskommentar zum EnergieliberalisierungsG (2000); derselbe, Energierecht3 Praxiskommentar ElWOG idF Nov 2002, GWG idF Nov 2002, Ökostromgesetz 2002, Energie Regulierungsbehördengesetz idF Nov 2002, Verrechnungsstellengesetz (Strom), BVG Eigentum, ElektrizitätsbinnenmarktRL; ErdgasbinnenmarktRL, Erneuerbare-Energie-RL (2003); derselbe, Vollliberalisierung des Elektrizitätsmarktes ab 1. Oktober 2001, wbl 2001, 60; Pauger, Reform des Strom- und Gasrechts durch das Energieliberalisierungsgesetz, ÖZW 2000, 97; ÖZW 2001, 1; derselbe (Hrsg), Ein Jahr ElWOG. Rückblick und Ausblick auf die Liberalisierung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft, 2001; Berka, Starkstromwegeplanung und örtliches Bau- und Raumordnungsrecht, ZfV 2006, 318.
I. Grundlagen A. Allgemeines Mit der Liberalisierung des Energie- und Gasmarktes wurde auch das Energieanlagenrecht in Österreich reformiert. Auf Basis der bestehenden bundesverfassungsgesetzlichen Kompetenzverteilung wurden die österreichischen elektrizitätsrechtlichen Bestimmungen mit dem EU-Recht harmonisiert, um eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Elektrizitätswirtschaft in einem internationalen Umfeld zu schaffen. Mit den neuen Rahmenbedingun-
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gen sollten auch in Zukunft die bisherigen Zielsetzungen einer umwelt- und sozialverträglichen, auf Versorgungssicherheit und Kostenminimierung ausgerichteten Energiepolitik gewährleistet bleiben.1 In Österreich unterliegen Elektrizitätsunternehmen und Erdgasunternehmen gemäß § 2 Abs 1 Z 20 GewO nicht den anlagenrechtlichen Regelungen der Gewerbeordnung, sondern die Regelungen für den Betrieb, die Errichtung und Erweiterung von Elektrizitäts- Gas- und Stromleitungsanlagen werden in den einzelnen Spezialgesetzen selbst festgelegt. Dennoch orientieren sich die Genehmigungsvoraussetzungen und Bewilligungen des ElWOG bzw GWG an den grundsätzlichen Kriterien des Betriebsanlagenrechts der GewO. Der Maßstab für die Betriebsgenehmigung umfasst elektrizitätswirtschaftliche Voraussetzungen, anlagenrechtliche Bestimmungen sowie Regelungen zur Vermeidung von Gefahren für die Umwelt und den Menschen.2 Zur Sicherstellung des Umweltschutzes und der Rechte von subjektiv Betroffenen, finden sich auch Bestimmungen zur Parteistellung. Ziel der Anpassung des Elektrizitätsanlagenrechts an die Elektrizitätsbinnenmarkt-RL war es neben dem Umweltschutz auch eine Konzentrierung und Objektivierung der Verfahren zu schaffen. Für die Inbetriebnahme und Bewilligung von Stromerzeugungsanlagen werden auch weiterhin die Ausführungsgesetze der Länder die näheren Bestimmungen festlegen. Die diesbezüglichen Regelungen sind aber im Sinne von Art 6 und 7 der Elektrizitätsbinnenmarkt-RL festzulegen und die Vergabe auf Basis eines objektiven und transparenten Genehmigungsverfahrens durchzuführen. Die Stromleitungsanlagen bleiben weiterhin im Starkstromwegerecht im wesentlichen unverändert geregelt.3 Eingefügt wurden aber in ElWOG und GWG mehrere Bestimmungen, die die Erzeugung von Strom mittels umweltfreundlicher Energieträger fördern sollten. Es gibt Begünstigungen bei der Errichtung von Stromerzeugungsanlagen, die mit bestimmten umweltfreundlichen Energieträgern betrieben werden. Die Ausführungsgesetze haben für diese Anlagen bis zu einer bestimmten Leistung ein vereinfachtes Verfahren oder eine bloße Anzeigepflicht vorzusehen. Zusätzlich normiert § 19 ElWOG bei der Reihenfolge für den Netzzugang einen Vorrang für den Transport von Elektrizität aus Wasserkraft. Zur Sicherstellung wird den Betreibern von Verteilernetzen eine Abnahmepflicht von erneuerbaren Energieträgern vorgeschrieben4 und die Betreiber von Übertragungsnetzen werden bei der Inanspruchnahme von Erzeugungsanlagen verpflichtet, Anlagen, die mit erneuerbaren Energieträgern betrieben werden, zu bevorzugen.5 In diesem Zusammenhang sind auch die Regelungen des Starkstromwegerechts zugunsten von Energie aus erneuerbaren Energieträgern zu verstehen. Mit der Novellierung im Jahre 1998 (BGBl I 1998/144) sind Stromleitungsanlagen, die ausschließlich
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Schanda, ElWOG, 31. Dabei handelt es sich um Abstimmungen mit genehmigten Energieversorgungseinrichtungen sowie Erfordernisse der(s) Forstwesens, Raumplanung, Wildbach- Lawinenverbauung, Landeskultur, Wasserrechts, Wasserwirtschaft, Natur-Denkmalschutzes, Wasserwirtschaft, Bergbaus, öffentlichen Verkehrs, Tourismus, sonstiger öffentlicher Versorgung, Landesverteidigung, Sicherheit des Luftraumes usw. Heidinger/Wolf/Schneider, 31. § 31 Abs 2 ElWOG. Heidinger/Wolf/Schneider, 44.
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zur Ableitung von der mit alternativen Energieträgern erzeugten Elektrizität dienen, unabhängig von der Betriebsspannung, von der Bewilligungspflicht befreit.
Mit Umsetzung der Erdgasbinnenmarkt-RL sowie der Gastransit-RL, welche die gleichen Ziele verfolgen wie die Elektrizitätsbinnemarkt-RL, kam es zu einer konzentrierten Regelung der Gas- und Gasleitungsanlagen im GWG. In das neue Gaswirtschaftsgesetz wurden Bestimmungen einbezogen, die zuvor in der GewO für die leistungsgebundene Gasversorgung von Bedeutung waren sowie Regelungen des Rohrleitungsgesetzes, soweit sie sich auf den Gastransport bezogen haben.6 Durch die Konzentrierung der Regelungen für Gasanlagen im GWG, musste auch das RohrleitungsG überarbeitet werden.
B. Kompetenzrechtliche Grundlagen 1. Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft Ansatzpunkt für die Verwirklichung einer Energiepolitik auf Gemeinschaftsebene war vor allem die Entwicklung eines gesamten Europäischen Energiemarktes, der eine Deckung des aktuellen und zukünftigen Energiebedarfs zu den geringsten wirtschaftlichen Gesamtkosten im gemeinsamen Markt ermöglicht. Anlagenrechtlich sollte dabei die Produktions- bzw Gewinnungsstruktur der einzelnen Energieträger, unter Einbeziehung von umwelt- und regionalwirtschaftlichen Überlegungen, optimiert werden. Die Europäische Union stützt sich bei der Verwirklichung eines liberalisierten Energiemarktes einerseits auf das Primärrecht, andererseits auf Regelungen, die aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitet wurden. Aufgrund der fehlenden legislativen Regelungen von Energieanlagen dienen allgemeine Grundsätze des EGV als Grundlage für die Elektrizitäts- bzw Erdgasbinnenmarkt-RL. Dies sind insbesondere Art 57 Abs 2 (nunmehr Art 47 Abs 2) EGV zur Niederlassungsfreiheit und als Ermächtigungsnorm für die Erlassung von abgeleiteten Gemeinschaftsrecht Art 100 a (nunmehr Art 95) EGV, der die Rechtsgrundlage für Rechtsakte zur Schaffung bzw Verwirklichung des Binnenmarktes darstellt.7 Ziel ist vor allem eine Belebung der Konkurrenz durch Öffnung des Marktes für die Stromerzeugung und für die Errichtung von Hochspannungsleitungen sowie Gaspipelines. Da es sich sowohl bei der Elektrizitäts- bzw Erdgasbinnenmarkt-RL um das Konzept einer stufenweise Liberalisierung handelte, wurden die Elektrizitätsbinnenmarkt-RL 96/92 EG durch die RL 2003/54/37 und die Erdgasbinnenmarkt-RL 98/30 EG durch die RL 2003/55/EG ersetzt. Bei den neuen RL wird mehr Wert auf die Versorgungssicherheit und den Konsumentenschutz gelegt. Vor allem sollte aber die Marktöffnung beschleunigt werden und Strom aus erneuerbaren Energien und KWK Anlagen bevorzugt werden. Im Wesentlichen übernehmen aber beide RL die Strukturen der alten RL.8
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Schanda, Energierecht, 199. Schanda, ElWOG, 20. Raschauer, Energierecht, 18ff.
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2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit Da es sich beim Energierecht um eine „Querschnittsmaterie“ handelt, sind auch die Regelungen bezüglich Energieanlagen auf mehrere Kompetenztatbestände der Art 10 bis 15 B-VG aufgeteilt. Gemäß Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG sind die Typisierung und Sicherheitsmaßnahmen elektrischer Anlagen,9 sowie das Starkstromwegerecht, sofern sich die Leitungsanlage auf zwei oder mehrere Länder erstreckt, Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Der Betrieb, die Errichtung bzw Bewilligung von Elektrizitätsanlagen fällt unter den Kompetenztatbestand des Art 12 Abs 1 Z 5 B-VG „Elektrizitätswesen“ in die Grundsatzgesetzgebung des Bundes und in die Ausführungsgesetzgebung der Länder. Von diesem Kompetenztatbestand sind auch die Regelungen des Starkstromwegegrundsatzgesetzes erfasst. 10 Die öffentliche Versorgung mit Energie in Form von Gas wird grundsätzlich unter den Kompetenztatbestand „Angelegenheit des Gewerbes und Industrie“ Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG subsumiert.11 In Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes fallen daher die öffentliche Gasversorgung, die Errichtung, Änderung und Bewilligung von Gasanlagen. Unter diesen Tatbestand werden auch Gasanlagen geregelt, die einen Bestandteil einer gewerblichen Betriebsanlage darstellen.12 In die Materie des Landesgesetzgebers fallen gemäß Art 15 B-VG alle Regelungen bezüglich des Gassicherheitsrechtes, das die Gasleitungen in Wohnhäusern und die Gasgeräte in privaten Haushalten regelt.
C. Gemeinschafts- und völkerrechtliche Grundlagen 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Zentrale anlagenrechtliche Bestimmungen für die Liberalisierung des Energiemarktes werden durch die Elektrizitätsbinnenmarkt-RL und die Erdgasbinnenmarkt-RL festgelegt. Neben Regelungen für die Elektrizitätserzeugung kann aus Gründen des Umweltschutzes auch der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien Vorrang eingeräumt werden. Von grundlegender Bedeutung für die Europäische Gemeinschaft ist zusätzlich die Umsetzung der Niederlassungsfreiheit, damit es keine Schranken bei der Ansiedelung von Betriebsanlagen innerhalb der Mitgliedsstaaten gibt und eine Vereinheitlichung der Genehmigungsverfahren.13
2. Völkerrechtliche Verpflichtungen Vor allem zum eigenen Schutz vor Auswirkungen von Störfällen in Nuklearanlagen hat Österreich zahlreiche völkerrechtliche Abkommen geschlossen. Zu erwähnen sind hier die multilateralen Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen,14 das Übereinkommen über die Hil9 10 11 12 13 14
BGBl 106/1993. BGBl 71/1968. VfSlg 3640/1959; 5801/1968. Schanda, Energierecht, 184. Siehe auch unter Gewerbliches Betriebsanlagenrecht I C 1. BGBl 1988/186.
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feleistung bei nuklearen Unfällen oder strahlungsbedingten Notfällen15 und das Übereinkommen über nukleare Sicherheit.16 Zusätzlich wurden bilaterale Abkommen mit den Regierungen der Ungarischen Volksrepublik,17 Russland,18 der Slowakei und Tschechien19 zur Regelung von Fragen gemeinsamen Interesses im Zusammenhang mit kerntechnischen Anlagen sowie der nuklearen Sicherheit vereinbart. Über die Ausbeutung der gemeinsamen Erdgas- und Erdöllagerstätten hat Österreich ein Abkommen mit der Slowakei und Tschechien abgeschlossen.20
II. ElWOG A. Ziele und Grundsätze des Anlagenrechts im ElWOG Die Bevölkerung und die Wirtschaft in Österreich sollte einerseits mit kostengünstiger Elektrizität in hoher Qualität versorgt werden,21 andererseits sollte der Anteil von erneuerbaren Energien in der österreichischen Elektrizitätswirtschaft weiter erhöht werden und Aspekte einer sozial- und umweltverträglichen auf Versorgungssicherheit ausgerichteten Elektrizitätsversorgung, im Sinne der Marktorganisation RL 96/92 EG, durch das ElWOG gewährleistet werden.22 Neben den schon bestehenden umweltfreundlichen hydraulischthermischen Anlagen, wird nun auch der Anteil an neuen Technologien zur Erzeugung von Elektrizität gefördert. Dabei sehen § 3 Abs 4 und § 4 ElWOG vor, einen Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse zu schaffen. Nach der Grundsatzbestimmung des § 4 Abs 1 ElWOG geht es um die Auferlegung bestimmter gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für Netzbetreiber, wie zb Diskriminierungsverbot, allgemeine Anschlusspflicht und Errichtung sowie Erhaltung einer ausreichenden Netzinfrastruktur. Die Pflichten müssen klar definiert, transparent und nachvollziehbar sein. Für die Energieerzeugung ist dabei vor allem Bedacht auf den Umwelt- und Klimaschutz zu nehmen, bestimmte Erzeugungsformen nicht zu verwenden und eingesetzte Primärenergieträger bestmöglich zu verwerten. Insbesondere durch die vorrangige Nutzung von Erzeugungsanlagen, in denen erneuerbare Energieträger bzw Abfälle mit hohem biogenen Anteil eingesetzt werden23 oder die nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten, soweit sie der öffentlichen Fernwärmeversorgung dienen. Zur Sicherung der Umsetzung werden die Unternehmen durch § 6 ElWOG verpflichtet, bestimmte Grundsätze als Unternehmensziele zu verankern.24 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
BGBl 1990/87. BGBl III 1998/39. BGBl 1987/454. BGBl 1990/130. BGBl 1990/565 idF BGBl 1994/1046 und BGBl 1997 III/123. BGBl 1985 idF BGBl 1994/1047 und BGBl 1997 III/123. § 3 ElWOG. EB zu § 3 RV 1108 BlgNR 20.GP S 47 ff. § 40 ElWOG. Heidinger/Wolf/Schneider, 35.
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Zur Vereinheitlichung der Förderungspraxis in Bezug auf Erneuerbare Energieträger kam es 2003 durch das ÖkostromG (ÖSG) zu einer bundeseinheitlichen Neuregelung. Damit sollten auch in Zukunft die Erzeugungsanlagen, in denen erneuerbare Energieträger oder Abfälle eingesetzt werden oder die nach dem Prinzip der Kraft-WärmeKopplung arbeiten, erhalten bleiben. Vor allem gilt dies für die öffentliche Fernwärmeversorgung, welche eine Versorgungspflicht mit Wärme trifft. Mit dieser Bestimmung sollte ein möglicher Wettbewerbsnachteil von Anlagen mit hohen Umweltstandards vermieden werden. Eine ähnliche Regelung zur Förderung von Stromerzeugungsanlagen, die elektrische Energie aus erneuerbaren Energien oder Abfällen erzeugen, findet sich auch im § 12 ElWOG.
Das Ökostromgesetz definiert welche Anlagen als Ökostromanlagen gelten und regelt auch die Förderungen und Abnahmepflichten für Strom aus Erzeugungsanlagen mit hohem biogenen Anteil, sowie auf eigenständige Weise die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen.25 Zusätzlich werden Wasserkraftanlagen mit einer Engpassleistung bis 10 MW (Kleinwasserkraftwerke) begünstigt. Diese müssen von den jeweiligen Landesregierungen benannt werden und haben damit das Recht auf Ausstellung eines Kleinwasserkraftwerkzertifikats.26 Die Förderung besteht in der Verpflichtung der inländischen Stromhändler,27 dass 8% der von ihnen abgegebenen Energie an Endverbrauchern aus inländischen Kleinkraftwasseranlagen stammen müssen. Dies ist durch die sogenannten Kleinwasserkraftzertifikate nachzuweisen.28 Näheres dazu unter „III. Das Anlagenrecht im ÖSG“.
B. Begriff der Betriebsanlagen im ElWOG Das ElWOG unterscheidet bei den Anlagen zwischen Stromerzeugungsanlagen und Stromleitungsanlagen. Kompetenzrechtlich fallen die Erzeugungsanlagen unter den Art 12 Abs 1 Z 5 B-VG (Elektrizitätswesen). Daher sind im ElWOG nur Grundsatzbestimmungen für Stromerzeugungsanlagen und Stromlieferungsverträge geregelt und lassen der Ausführungsgesetzgebung einen weiten Raum.29 Demnach haben die Ausführungsgesetze der Länder für die Errichtung und Inbetriebnahme von Stromerzeugungsanlagen sowie für die Vornahme von Vorarbeiten Regelungen zu schaffen, die auf Grundlage objektiver, transparenter und nichtdiskriminierender Kriterien im Sinne der Art 6 und 7 der Elektrizitätsbinnenmarkt-RL festzulegen sind. Dementsprechend enthalten die Ausführungsgesetze der Länder ausführliche Regelungen, die Ähnlichkeiten mit dem gewerblichen Betriebsanlagenrecht aufweisen.30 Im wesentlichen unterscheiden die Landesgesetze zwischen Kleinstkraftwerken, die bewilligungsfrei sind, Kleinkraftwerken, die einem vereinfachten Verfahren bzw einer Anzeigepflicht unterliegen und schließlich sonstigen Anlagen die einem regulären Be-
25 26 27 28 29 30
§ 12 ÖSG. Schanda, WBl 2001/63. § 45 Abs 2 ElWOG. Bei Bezug von ausländischen Stromhändler, die den Nachweis nicht erbringen, haben die Endverbraucher diesen Nachweis gem § 43 Abs 3 selbst zu erbringen. Art 12 ElWOG. Raschauer, in: Pauger, Ein Jahr ElWOG, 11.
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willigungsverfahren unterworfen sind.31 Bei den zuletzt genannten Anlagen sind auch die Bestimmungen des UVP-G anzuwenden.32 Die Kriterien gelten für den Bau neuer Erzeugungsanlagen und haben mit der Umsetzung der EB-RL das Ziel, mehr Wettbewerb zu schaffen, um neue Produktionskapazitäten zu erreichen. In Österreich unterliegt die Errichtung von Anlagen dem Genehmigungsverfahren.33
Die Stromleitungsanlagen unterliegen hingegen einer kompetenzrechtlichen Zweiteilung. Das StarkstromwegeG des Bundes regelt die Voraussetzungen für die Bewilligung des Baues sowie des Betriebes von landesgrenzüberschreitenden Leitungen34. Die Landesgesetze regeln in ihren Ausführungsgesetzen35 aufgrund des StarkstromwegegrundsatzG die Leitungen, welche sich innerhalb der Bundesländer befinden. Grundsätzlich unterliegen alle Leitungsanlagen36 einer behördlichen Bewilligungspflicht. Diese gilt auch für Änderungen und Erweiterungen elektrischer Leitungsanlagen, soweit diese über den Rahmen der hiefür erteilten Bewilligung hinausgehen. Ausgenommen sind aber Anlagen, die zur Ableitung von Strom aus erneuerbaren Energien dienen, was von Raschauer als gleichheitswidrig, wenn auch ökologisch sinnvoll, angesehen wird.37 Das ElWOG trifft im 3. und 4. Teil nur Grundsatzbestimmungen bezüglich Stromerzeugungsanlagen und den Betrieb von Netzen. Dabei wird zwischen Übertragungsnetzen und Verteilernetzen unterschieden. Bei Übertragungsnetzen handelt es sich um Hochspannungsverbundnetze zum Zwecke der Stromversorgung von Endverbrauchern oder Verteilern.38 Das Betreiben von solchen Netzen (das Netz muss eine Spannungshöhe von mindestens 110 kV aufweisen) bedarf keiner besonderen Ausübungsvoraussetzung oder -bewilligung.39
C. Genehmigungsverfahren und Behörden 1. Bestimmungen für Stromerzeugungsanlagen Für die Errichtung und Inbetriebnahme von Stromerzeugungsanlagen sowie für die Vornahme von Vorarbeiten sieht § 12 ElWOG Grundsatzbestimmungen für die Ausführungsgesetze der Länder vor. In Kapitel III der Elektrizitätsbinnenmarkt-RL finden sich Bestimmungen für den Bau neuer Erzeugungsanlagen entweder mittels Genehmigungs- oder Ausschreibungsverfahren. Österreich hat sich aufgrund seiner elektrizitätswirtschaftlichen Rechtstradition für das Genehmigungsverfahren nach den §§ 353 ff GewO entschieden.40 Demnach besteht ein Rechtsanspruch auf den Bau von Erzeugungsanlagen unter den vom Ausführungsgesetzgeber festgelegten Voraussetzungen nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien. Diese können auch Verpflichtungen bezüglich Sicherheit, Umweltschutz, Art der Primärenergieträger, Energieeffizienz, Flächennut31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
Pauger/Pichler, 46. Raschauer, Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts (FN 29), 11. Siehe unter Pkt 3 Genehmigungsverfahren und Behörde. Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG. Art 12 Abs 1 Z 5 B-VG. § 3 Abs 1 StWG . Raschauer Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts (FN 29), 11. § 7 Z 12 ElWOG. Pauger/Binder, 72. Vgl dazu etwa VwGH 31.3.2005, 2004/05/0193
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zung und gemeinwirtschaftliche Interessen enthalten. Für bestimmte Stromerzeugungsanlagen können die Ausführungsgesetze der Länder ein vereinfachtes Verfahren oder bloß eine Anzeigepflicht vorsehen. Eine Verweigerung der Bewilligung bzw Untersagung wäre zu begründen und der Kommission zu übermitteln.41 Der Grundgedanke des vereinfachten Verfahrens liegt darin, dass es sich dabei regelmäßig um Anlagen handelt, die im Rahmen des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens nach der Gewerbeordnung ohnehin einer Prüfung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Nachbarn und die Umwelt unterliegen. Zur Vermeidung einer sachwidrigen Ungleichbehandlung von Erzeugungsanlagen die der GewO unterliegen und bei denen dies nicht der Fall ist, haben sich die Landesgesetzgeber bei den Genehmigungskriterien vor allem an der GewO orientiert.42 So sind nach dem Kärntner Elektrizitätswirtschaftsgesetz43 im vereinfachten Verfahren gem § 9 K-ElWG die Projekte durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektunterlagen maximal vier Wochen zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn nur innerhalb dieses Zeitraumes Einwendungen erheben können. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde auf die eingelangten Einwendungen der Nachbarn mit Bescheid festzustellen und gegebenenfalls erforderliche Auflagen vorzuschreiben. Damit sollte ein rascheres Bewilligungsverfahren gewährleistet werden.
Die zuständige Behörde ergibt sich aus den jeweiligen Ausführungsgesetzen der Länder; grundsätzlich liegt diese aber bei der jeweiligen Landesregierung.
2. Bestimmungen für elektrische Leitungsanlagen Die Kompetenz in Starkstromangelegenheiten ist zwischen Bund und Ländern geteilt. Der Bau, die Errichtung und Erhaltung von elektrischen Leitungsanlagen für Starkstrom, die sich auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, unterliegen dem StarkstromwegeG, ansonsten gelten die Bestimmungen des Starkstromwegegrundsatzgesetzes. Die Regelungen sind aber in zahlreichen Punkten gleich ausgestaltet.44 Das Starkstromwegerecht normiert in § 3 StarkstromwegeG grundsätzlich für alle Leitungsanlagen über 1000 V eine Bewilligungspflicht, um die vom jeweiligen Bauwerber unter Beibringung aller Unterlagen45 schriftlich anzusuchen ist. Bei der Errichtung von Starkstromfreileitungen ist zu beachten, dass ab einer Nennspannung von 220 kV und einer Länge von mindestens 15 km (110 kV bzw 20 km im geschützten Bereich) das UVP Verfahren zur Anwendung kommt.46 Ausgenommen sind aber Starkstromanlagen, die sich innerhalb des Geländes des Betreibers befinden, Leitungsanlagen, die zu Eigenanlagen gehören
41 42 43 44 45 46
Pauger/Binder, 48. Heidinger/Wolf/Schneider, 97. LGBl Nr 5/1999. Siehe auch Berka, Starkstromwegeplanung und örtliches Bau- und Raumordnungsrecht, ZfV 2006, 318 ff. Es wird daher nur auf grundsätzliche Bestimmungen des Starkstromwegerechts eingegangen. § 6 StarkstromwegeG. Vgl VwGH 23.09.2002, 2000/05/0127 = RdU 2003, 73 mit Anm Hauer.
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sowie Leitungsanlagen, die ausschließlich zur Ableitung von alternativen Energieträgern47 erzeugter Elektrizität dienen.48 Neben dem Starkstromwegerecht müssen auch die naturschutzrechtlichen Bestimmungen beachtet werden, die in der Regel für Leitungsanlagen ab einer Spannung von 30 kV eine Bewilligungspflicht und für sonstige Anlagen eine Anzeigepflicht vorsehen.49 Allenfalls sind auch noch wasserrechtliche oder forstrechtliche Bewilligungen einzuholen. Über Antrag oder von Amts wegen ist es der Behörde möglich gemäß § 4 ein Vorprüfungsverfahren durchzuführen. Sofern die elektrische Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse nicht widerspricht, hat die Behörde die Bau- und Betriebsbewilligung, gegebenenfalls unter Auflagen, zu erteilen. Dabei hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit allen anderen betroffenen Behörden gemäß § 7 StarkstromwegeG zu erfolgen. Bei Bedarf sind dem Bewilligungswerber auf Antrag alle Leitungsrechte an Grundstücken von der Behörde einzuräumen. Der Inhalt des jeweiligen Leitungsrechts ergibt sich aus dem Bewilligungsbescheid. Sollte mit der Einräumung der Leitungsrechte kein Auslangen gefunden werden, so ist im Starkstromwegerecht die Möglichkeit einer Enteignung gegen Entschädigung vorgesehen.50
Behörde in Angelegenheiten des Bundes ist gemäß § 24 der BMWA. Im Bedarfsfall kann zur Vornahme von Amtshandlungen oder zur Erlassung von Bescheiden der örtlich zuständige Landeshauptmann ermächtigt werden.
D. Verwaltungsstrafen § 26 StarkstromwegeG sieht Verwaltungsstrafen für vorsätzliche oder grob fahrlässige Verwaltungsübertretungen vor, die von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu vollziehen sind. Unabhängig von Bestrafungen und Schadenersatzpflicht ist der gesetzmäßige Zustand wiederherzustellen.
III. Das Anlagenrecht im ÖSG A. Ziele und Grundsätze des ÖSG In Umsetzung der RL 2001/77 EG zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wurden bereits in der ElWOG-Novelle 2000 die Abnahmepflichten von Strom aus erneuerbaren Energien überdurchschnittlich ausgebaut. Zur Bereinigung der Rechtslage kam es durch das ÖkostromG, BGBl 149 I/ 2002 (ÖSG) zu einer bundeseinheitlichen Regelung. Ziel gemäß § 4 Abs 1 Z 5 ÖSG ist es, den Anteil der Stromerzeugung durch Wasserkraft mit einer Engpassleistung bis 10 MW auf 9% bis zum Jahre 2008 anzuheben. Zur Erreichung des Zielwertes gemäß § 4 Abs 2 ÖSG „hat die aus erneuerbaren Energieträgern, mit Ausnahme von Wasserkraft, erzeugte elektrische Energie, für die eine Abnahme- und Vergütungspflicht festgelegt ist, bis zum Jahr 2008 in steigendem Ausmaß mindestens 4%, gemessen an der gesamten jährlichen 47
48 49 50
Unter den Begriff alternative Energieträger werden die Energieträger feste oder flüssige Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas, geothermische Energie, Windund Sonnenenergie verstanden. Zu den erneuerbaren Energieträgern wird auch die Wasserkraft gezählt; vgl auch Heidinger/Wolf/Schneider, 31. § 31 Abs 3 ElWOG BGBl I Nr 143/1998. Heidinger/Wolf/Schneider, 164. § 20 StarkstromwegeG.
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Stromabgabe aller Netzbetreiber Österreichs an die an öffentliche Netze angeschlossenen Endverbraucher beizutragen, sodass ab 1. Jänner 2004 etwa 2%, ab 1. Jänner 2006 etwa 3% und ab 1. Jänner 2008 mindestens 4% erreicht werden. Stromerzeugung auf Basis von Tiermehl, Ablauge, Klärschlamm oder Abfällen, ausgenommen Abfälle mit hohem biogenen Anteil, ist in die vorgenannten Zielwerte nicht einzurechnen.“ Da es sich um Zielbestimmungen handelt, ist gemäß § 11 Abs 2 ÖSG davon auszugehen, dass sich der BMWA bei der Festlegung der Vergütungssätze an diesen Zielwerten orientieren wird. In eigenständiger aber unabhängigen Weise wurde die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen geregelt.51 Um eine möglichst schnelle Bereinigung der Rechtslage zu ermöglichen, ordnet die Verfassungsbestimmung des § 32 Abs 5 ÖSG generell an, dass widersprechende Bestimmungen in einschlägigen Bundes- und LandesG mit 24.08.2002 außer Kraft traten. Die Förderung erfolgt durch gesetzliche Regelungen, welche durch alle Endkunden, also Haushalte und Industrie, zu leisten ist. Einerseits wird dieser so genannte Ökostrom-Zuschlag zum überwiegenden Teil direkt vom Endkunden bezahlt.52 Andererseits sind Stromhändler verpflichtet53, den Ökostrom zu einem bestimmten Preis ("Verrechnungspreis") abzunehmen. Da Ökostrom um ein Vielfaches teurer ist als Strom aus Wasserkraft und konventionellen Energieträgern, sah es der Gesetzgeber für unumgänglich an, durch diese rechtliche Abnahmeverpflichtung eine Erhöhung des Stromanteils aus erneuerbaren Energieträgern zu ermöglichen.
B. Begriff der Betriebsanlagen im ÖSG Bei Ökostromanlagen handelt es sich um Anlagen, die elektrische Energie aus erneuerbaren Energieträgern erzeugen. Es besteht die Abnahmepflicht bezüglich Ökostrom nur aus Anlagen, die an das Netz angeschlossen, gemäß § 5 Z 12 ÖSG auch als Ökostromanlagen anerkannt sind und mit denen der Ökobilanzgruppenverantwortliche (ÖkoBGV) einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat.54 In § 5 Z 3 ÖSG werden „Erneuerbare Energieträger“ als „erneuerbare, nichtfossile Energieträger (Wind, Sonne, Erdwärme, Wellenund Gezeitenenergie, Wasserkraft, Biomasse, Abfall mit hohem biogenen Anteil, Deponiegas, Klärgas und Biogas) definiert. Bei Biomasse handelt es sich um den biologisch abbaubaren Anteil von Erzeugnissen, Abfällen und Rückständen der Landwirtschaft (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Industriezweige; Als Abfall mit hohem biogenen Anteil definiert § 5 Z 5 ÖSG „die in der Anlage angeführten Abfälle aus Industrie, Gewerbe und Haushalten, definiert durch die zugeordnete fünfstellige Schlüsselnummer des österreichischen Abfallkatalogs (ÖNORM S 2100).“
51 52 53 54
§§ 12 f ÖSG. § 22 ÖSG § 19 ÖSG Raschauer, Handbuch Energierecht, 105.
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Zu den Ökostromanlagen zählen auch die Kleinwasserkraftwerke mit einer Engpassleistung (der gesamten Anlage) bis max. 10 MW55, wobei die Förderbeiträge durch § 22 Abs 2 ÖSG gesondert festzusetzen sind. Ab einer Engpassleistung über 10 MW besteht nach § 10 Abs 1 ÖSG keine Abnahmepflicht. Ökostromerzeuger haben nach den allgemeinen Regeln, wie bereits im ElWOG vorgesehen, einen Anspruch auf Anschluss an das Netz, wobei durch § 6 ÖSG das Diskriminierungsverbot gilt. Gemäß § 10 ÖSG sind die Ökobilanzgruppenverantwortlichen verpflichtet, den erzeugten Strom aus Anlagen der in ihrer Bilanzgruppe zusammengefassten Erzeuger, welcher ihnen angeboten wird, nach ihren allgemeinen Bedingungen zu den festgesetzten Einspeisetarifen abzunehmen.56 Diese Abnahmepflicht besteht aber nur nach § 10 Abs 2 ÖSG insofern, wenn während eines Mindestzeitraumes von zumindest drei Monaten der gesamte Ökostrom einer Anlage (abzüglich Eigenverbrauch) angeboten wird. Zur Erleichterung der Handelbarkeit haben Betreiber von anerkannten Ökostromanlagen gemäß § 31 Abs 2 ÖSG handelbare Zertifikate über die von ihnen eingespeisten Ökostrommengen auszustellen, wobei die Netzbetreiber, an deren Netz anerkannte Ökostromanlagen angeschlossen sind, auf Verlangen entsprechende Bestätigungen auszustellen haben.57 Durch das ÖSG wird nun auch die gekoppelte Produktion von Strom und Wärme durch Kraft-Wärme-Kopplungsanlangen neu geregelt. Bei der Förderung der KWK-Energie hat sich jedoch der Gesetzgeber für einen anderen Weg entschieden: Unter bestimmen Voraussetzungen kann der BMWA einen Unterstützungstarif von max. 1,5 Cent/kWh zu erkennen, und zwar für bestehende Anlagen58 bis Ende 2008, für modernisierte Anlagen59 bis Ende 2010. Mit dieser Regelung bleibt der Strom im Eigentum des Anlagenbetreibers und es handelt sich somit nicht um eine begünstigte Abnahme, sondern um eine Betriebshilfe (wenn auch nicht aus staatlichen Mitteln, da der Aufwand durch einen einheitlichen Zuschlag zum Netznutzungstarif bundesweit auf alle an Endverbraucher abgegebenen Strommengen eingehoben und über die ECG abgewickelt wird).
C. Genehmigungsverfahren und Behörden Die bescheidförmige Anerkennung von Ökostromanlagen erfolgt gemäß § 7 ÖSG durch den örtlich zuständigen LH, wobei zu beachten ist, dass die Verfassungsbestimmung des § 1 ÖSG eine Vollziehungszuständigkeit des Bundes vorsieht und damit die Vollziehung in unmittelbarer Bundesverwaltung ermöglicht. Sofern daher von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wird, kann das Gesetz in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden. Die Kontrolle und Organisation betreffend die Abwicklung der Förderungen, erfolgt durch die Ökobilanzgruppenverantwortlichen (ÖkoBGV). Gemäß 55 56 57 58 59
§ 5 Abs 1 Z 19 ÖSG. Raschauer, Handbuch Energierecht, 105. Herkunftsnachweis gemäß § 5 Abs 1 Z 1 ÖSG. § 5 Abs 1 Z 17 ÖSG. § 5 Abs 1 Z 18 ÖSG.
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§ 14 ÖSG hat jeder Regelzonenführer, nach vereinfachten Regeln für Bilanzgruppen, eigene Ökobilanzgruppen einzurichten. Auf der Grundlage von allgemeinen Bedingungen, welche von den ÖkoBGV zu erstellen, sowie von der E-Control zu genehmigen sind, hat der ÖkoBGV mit Betreibern von Ökostromanlagen nach § 16 Abs1 ÖSG in der Regelzone Bilanzgruppenverträge abzuschließen. Auf Grundlage der Allgemeinen Bedingungen und zu den behördlich festgelegten Vergütungen besteht die Abnahmepflicht für Ökostrom.60 Die vom zuständigen ÖkoBGV zu leistenden Vergütungen sind vom BMWA in einem föderalismuspolitischen Akkordierungsverfahren gemäß 3 11 Abs 1 ÖSG mit Verordnung festzulegen.61 Um die Investitionssicherheit zu gewährleisten haben diese Tarife mindestens zehn Jahre zu gelten.62
IV. Das Anlagenrecht im GWG A. Ziele und Grundsätze Mit der Neukodifikation des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG)63 im Jahre 2000 und einer umfassenden Novelle im Jahr 2002, welches im Rahmen seines sachlichen Anwendungsbereiches ausschließlich nur den Bereich Erdgas regelt, wurde eine Konzentration des Betriebsanlagenrechts für Erdgasleitungsanlagen erreicht. Das Ziel des GWG ist daher nicht nur die Versorgung und Liberalisierung des Gasmarktes festzulegen, sondern auch Anordnungen von sonstigen Rechten und Pflichten für Erdgasunternehmen zu normieren sowie Regelungen für die Errichtung, Erweiterung, Änderungen und den Betrieb von Erdgasleitungsanlagen zu treffen.64 Die §§ 3 bis 5 GWG enthalten allgemeine Formulierungen über Ziele, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und Grundsätze beim Betrieb von Erdgasunternehmen, wobei diese aber jenen des ElWOG nachempfunden sind. Das GWG regelt nun auch Anlagen, die zuvor im RohrleitungsG geregelt waren sowie Erdgasleitungsanlagen, die der GewO 1994 unterlagen, welche durch Art 3 ELG vom Anwendungsbereich der GewO 1994 ausgenommen wurden.65 Aufgrund der Neugestaltung des Erdgaswegerechts unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Interessensphäre Dritter bildet nun der § 45 GWG das Kernstück des Energiewegerechts.66 Dabei entsprechen die Voraussetzungen für die Errichtung von Erdgasleitungsanlagen in Abs 1 weitgehend den Schutzzielbestimmungen der im § 74 GewO 1994 dargelegten Regelungen. In Bezug auf Erzeugungsanlagen ist jedoch zu beachten, dass das GWG keine einschlägigen Regelungen enthält. Ausdrücklich ausgenommen sind aber jene Anlagen, die den Vorschriften des MinroG unterliegen (zB Anlagen zur
60 61 62 63 64 65 66
§ 16 Abs 1 ÖSG. Raschauer, Handbuch Energierecht, 108. § 11 Abs 2 ÖSG. BGBl 148 I/2002 idF BGBl 106/2006. § 2 Abs 1 Zi 4 GWG. Pauger, ÖZW 2000/100. Schanda, 271 ff.
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Gewinnung von Erdgas)67, Erdgasleitungsanlagen die Bestandteil einer gewerblichen Betriebsanlage sind oder die Errichtung und der Betrieb von Erdgasleitungsanlagen ab dem Ende des Hausanschlusses. 68 Hinzuzufügen ist, dass durch die GasG der Länder im Wesentlichen nur Erzeugungsanlagen zur Erzeugung von Biogas und Deponiegas sowie Anlagen zur Lagerung und Speicherung von brennbaren Gasen, soweit es sich nicht um gewerbliche Betriebsanlagen handelt, geregelt werden. Der Betrieb von Erdgasunternehmen wird durch Art 3 ELG ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgeschlossen. Unklar ist, ob durch § 6 Abs 6 GWG auch reine Erdgashändler dem GWG unterworfen sind oder ob für diese auch weiterhin die Vorschriften der GewO 1994 zutreffen.69
Als Erdgasleitungsanlagen gelten gemäß § 6 Z 11 GWG alle Anlagen, die zum Zwecke der Fernleitung, der Verteilung von Erdgas durch Rohrleitungen, Rohrleitungsnetzen oder Direktleitungen errichtet oder betrieben werden. Ausgenommen sind aber jene Anlagen, sofern es sich um vorgelagerte Anlagen handelt, die in einen räumlichen bzw unmittelbaren Zusammenhang mit der Förderung oder einer dem Bergwesen hinzuzählenden Speicheranlage stehen.70 Zu Erdgasleitungen zählen auch Verdichterstationen, Molchschleusen, Schieberstationen, Messstationen und Gasdruckeinrichtungen. Daraus ergibt sich, dass die Regelungen des Erdgasleitungsanlagenrechtes des GWG grundsätzlich an der Anlage des Verbrauchers enden.
B. Genehmigungsverfahren und Behörden Alle Tätigkeiten, die mit der Errichtung, Erweiterung, wesentlichen Änderung und dem Betrieb von Ergasleitungsanlagen zusammenhängen sind einer „gasrechtlichen“ Genehmigungspflicht unterworfen71, wobei aber Genehmigungsund Bewilligungserfordernisse nach anderen Vorschriften, insbesondere Bewilligungserfordernisse nach Naturschutzrecht, Forstrecht, Gebrauchsabgabenrecht, Wasserrecht oder Verkehrsanlagenrecht, unberührt bleiben. Gemäß § 68 Abs 6 GWG, sollte die Behörde aber in abgestimmter Weise vorgehen. Die Genehmigungspflicht wurde, wie schon oben erwähnt, dem Betriebsanlagenrecht der GewO 1994 nachgebildet und richtet sich nach umwelt- und nachbarrechtlichen72 sowie sicherheitstechnischen Gesichtspunkten73. Aus dem schriftlichen Antrag des Genehmigungswerbers zur Bewilligung einer Ergasleitungsanlage muss Art und Umfang der Anlage klar hervorgehen74 (dazu zählen Übersichtsplan, Trassenplan, Pläne über alle zur Erdgasleitungsanlage zählenden Anlagen usw). Zusätzlich hat der Antrag eine schriftliche Erklärung eines Versicherungsunternehmens zu enthalten, in dem der Abschluss einer Haftpflichtversicherung gemäß § 14 Abs 1 Z 2 GWG bestätigt wird sowie eine 67 68 69 70 71 72 73 74
§§ 4 Abs 1 Z 2, 74 Abs 4, 118 MinroG. § 2 Abs 2 GWG. Pauger, ÖZW 2000/100. VfSlg 14972/1997. § 44 ff GWG. § 48 Abs 2 und 3 GWG. § 43 iVm § 6 Z 50 GWG. § 70 GWG.
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Verpflichtung der Versicherung, jede Änderung, die eine Beendigung des Versicherungsvertrages zur Folge hat, der Genehmigungsbehörde mitzuteilen. Gemäß § 47 GWG kann das Projekt aus den verschiedensten Gründen (zB wegen sicherer und kostengünstigerer Energieversorgung, zur Sicherung von öffentlichen Interessen oder zur Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen) mit Auflagen verknüpft werden. Zur Erreichung einer rationellen, sparsamen und effektiven Führung der Verwaltung, vor allem, wenn öffentliche Interessen von einem Projekt besonders betroffen sind, kann die Behörde gemäß § 46 GWG auf Antrag des Genehmigungswerbers oder von Amtes wegen ein Vorprüfungsverfahren anordnen, welches zu einer bescheidförmigen Feststellung führt. Damit sollten schon in der Anfangsphase der Projektierung die öffentlichen Interessen berücksichtigt werden.75 Kritisch zu betrachten ist allerdings, dass eine Verweigerung der Genehmigung einer Erdgasleitungsanlage nur mehr dann möglich ist, wenn die Errichtung, Erweiterung oder Änderung der Anlage einen Netzbetreiber daran hindern würde, die ihm auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gem § 4 GWG zu erfüllen und dieser Versagungsgrund nicht durch die Vorschreibung von Auflagen beseitigt werden kann.76 Damit wurde auch der Schutz bestehender Anlagen gegen die Errichtung neuer Netze beinahe zur Gänze beseitigt.77
§ 48 GWG nennt neben dem Genehmigungswerber alle weiteren Parteien (Grundstückseigentümer, Nachbarn, sofern ihre geschützten Interessen nach § 45 Abs 1 Z 1, 2 und 3 berührt werden sowie Netzbetreiber, die einen Antrag auf Versagung der Genehmigung gestellt haben) denen im Verfahren zur Genehmigung von Erdgasleitungsanlagen Parteistellung zukommt. Auf Antrag hat die Behörde auch die Möglichkeit gemäß § 66 iVm § 56 GWG die vorübergehende Inanspruchnahme fremder Grundstücke zu genehmigen, wobei zu bemerken ist, dass jenen betroffenen Grundeigentümern und der dinglich Berechtigen, nach § 56 Abs 4 GWG keine Parteistellung zukommt. Sofern ein Vorhaben alle Voraussetzungen nach § 45 GWG erfüllt, ist dieses mit schriftlichem Bescheid zu genehmigen.78 Im Genehmigungsbescheid sind die erforderlichen Auflagen zu verfügen und zwischen den Parteien erzielte Übereinkommen zu beurkunden. Die Aufnahme des Betriebes kann jedoch aus Sicherheitsgründen von einer Betriebsgenehmigung abhängig gemacht werden.79 Mit der GWG Novelle 2002 und der begleitenden Novellierung des E-RBG (Energie-RegulierungsbehördenG) wird die Zuständigkeit in Gasangelegenheiten grundsätzlich gemäß § 60 Abs 1 GWG durch das E-RBG geregelt. Oberste Behörde bildet gemäß § 2 a E-RBG der BMWA. Für die Erteilung von Genehmigungen zur Errichtung, Änderung sowie Erweiterung von Fernleitungsanlagen80 ist der BMWA gemäß § 60 Abs 2 Z 1 GWG bereits in erster Instanz
75 76 77 78 79 80
Schanda, Energierecht, 272. § 47 Abs 3 GWG. Pauger ÖZW 2000/101. § 69 Abs 1 GWG. § 47 Abs 6 GWG. Definition siehe § 6 Z 15.
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zuständig. Für die Errichtung aller sonstigen Anlagen, fällt die Vollziehung in erster Instanz an die Landeshauptleute.81 Ansonsten fallen alle weiteren Zuständigkeiten der nach dem E-RBG eingerichteten Regulierungsbehörden, die Energie-Control GmbH (ECG)82 und die Energie-Control Kommission (ECK)83, zu. Sofern es für die Errichtung von Fern- oder Verteilerleitungen notwendig und im öffentlichen Interesse gelegen ist, sieht das GWG auch Bestimmungen zur Enteignung oder Beschränkung des Grundeigentums vor. Im Enteignungsverfahren kommen grundsätzlich die Bestimmungen des EisenbahnenteignungsG zur Anwendung84, die behördliche Zuständigkeit wird dabei durch § 60 Abs 4 GWG geregelt. Die Möglichkeit der Enteignung zugunsten von Erdgasunternehmen sollte in jedem Fall nur eine „ultima ratio“ darstellen. Zuvor hat der Bewilligungswerber alle Anstrengungen zu unternehmen eine Erdgasleitungsanlage entweder auf öffentlichem Gut, sofern eine solche in dem betreffenden Gebiet zur Verfügung steht, oder im Einvernehmen mit den privaten Grundstückseigentümern zu errichten. Gesetzlich ausgeschlossen wird die Enteignung, wenn bereits Erdgasleitungsanlagen in betroffenen Gebieten vorhanden sind und deren Kapazitäten nicht ausgelastet sind.
Vor Betriebsbeginn hat der Anlageninhaber die Fertigstellung der Erdgasleitungsanlage oder ihrer wesentlichen Teile der Behörde anzuzeigen, eine natürliche Person als Betriebsleiter für die technische Leitung und Überwachung des Betriebes der Netze zu bestellen und diesen innerhalb von zwei Monaten der Behörde mitzuteilen. Wenn in der Errichtungsgenehmigung keine Vorbehalte normiert sind, kann nach der Anzeige mit dem regelmäßigen Betrieb begonnen werden. Die Behörde hat die Möglichkeit gemäß § 47 Abs 7 GWG, die erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben und Anordnungen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands sowie zur Bekämpfung von Gefahren zu treffen. Die Verwaltungsstrafen werden von den Bezirksverwaltungsbehörden, oder im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion, von dieser verhängt.85
C. Pflichten des Genehmigungsinhabers Grundsätzlich wird den Fernleitungs- und Verteilerunternehmern, als nachstehende gemeinwirtschaftliche Verpflichtung im Allgemeininteresse, die Errichtung und Erhaltung einer ausreichenden inländischen Erdgasinfrastruktur aufgetragen. Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang, wer bei Verstößen zuständig ist und welche Sanktionen bei Nichteinhaltung des § 4 GWG zu erteilen sind.
Zu den Hauptpflichten des Anlagenbetreibers zählen die Anlagen unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse des Umweltschutzes und nach dem moderns-
81 82 83 84 85
§ 60 Abs 2 Z 2 GWG. § 7 Abs 1 E-RBG. § 16 Abs 1 Z 8-24 E-RBG. Pauger, ÖZW 2000/99; siehe auch § 57 GWG. § 60 Abs 3 GWG.
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ten Stand der Technik zu betreiben und zu erhalten.86 In diesem Zusammenhang hat der Betreiber die Verpflichtung der Eigenüberwachung der Erdgasleitungsanlagen. Dabei sind die Anlagen auf die im Genehmigungsbescheid zugrunde gelegten Auflagen und Vorschriften regelmäßig zu überprüfen oder prüfen zu lassen. Die Frist für die wiederkehrende Prüfung liegt, sofern nicht anders durch die Behörde festgelegt, bei zehn Jahren und es ist über jede Überprüfung eine Prüfbescheinigung auszustellen, die auf Verlangen der Behörde vorzulegen ist.
D. Aufsichtsmittel und Strafbestimmungen 1. Aufsichtsmittel Neben den Genehmigungsvoraussetzungen beinhaltet das GWG auch Regelungen bezüglich der Überwachung, einstweiliger Sicherheitsmaßnahmen87 und nachträglicher Auflagen, die dem Gewerberecht88 nachgebildet wurden.89 Zusätzlich kann die Behörde gem § 41 GWG Maßnahmen zur Sicherung der Erdgasversorgung erlassen, sofern ein Netzbetreiber den im 2. Hauptstück auferlegten Pflichten nicht nachkommt. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn ein Erdgasunternehmen den Netzzugangsberechtigten den Netzzugang weiterhin verweigert, obwohl dies schon in einer rechtskräftigen Entscheidung festgestellt wurde. Sofern nicht genehmigte Erdgasleitungsanlagen errichtet, erweitert oder wesentlich geändert wurden bzw Anlagen, deren Betrieb die Genehmigung vorbehalten wurde, hat die Behörde mit Bescheid die Einstellung bzw Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes anzuordnen. Bei Gefahr in Verzug können erforderlichen Maßnahmen auch ohne vorheriges Verfahren in unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt direkt von den Behördenorganen durchgesetzt werden. Diese behördliche Notmaßnahme hat in Angemessenheit zur kausalen Gefahr zu erfolgen und es ist innerhalb von drei Wochen ein die Maßnahme bestätigender Bescheid zu erlassen.90 Bei Vorliegen von Verstößen nach § 37 GWG (fehlen der Haftpflichtversicherung) hat die Behörde die Genehmigung gemäß § 13 GWG zu entziehen.
2. Strafbestimmungen Die Strafbestimmungen im 9. Teil betreffen vor allem Verstöße gegen bestehende Informationspflichten, die mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 14.600 belegt werden können. Bei Betreiben von Ergasanlagen ohne Genehmigung reicht der Verwaltungsstrafrahmen bis zu EUR 36.500.
86 87 88 89 90
§ 6 Z 50 GWG. § 55 GWG. Vgl § 360 GewO. Pauger, ÖZW 2000/100. Schanda, 282.
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IV. Das Anlagenrecht im RohrleitungsG A. Ziel und Regelungsbereich Dem RohrleitungsG91 unterliegt die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern in Rohrleitungen, ausgenommen brennbare Gase mit einem bestimmten Betriebsdruck und Wasser sowie die Errichtung, Erweiterung, Änderung, der Betrieb, die Instandhaltung und die Beseitigung der hiefür erforderlichen Leitungen und Anlagen.92 Unter den Begriff Rohrleitungsanlagen fallen alle jene Einrichtungen, welche das zu befördernde Gut allseits umschließen, als Transportweg für dieses Gut dienen und alle mit deren Betrieb örtlich verbundene Baulichkeiten und technische Einrichtungen.93 Ausgenommen vom Geltungsbereich des Gesetzes sind Wasserleitungen, Gasleitungen,94 sowie Leitungen die den bergrechtlichen oder den betriebsanlagenrechtlichen Vorschriften unterliegen. Mit der Gasliberalisierungs-RL wurde auch der Regelungsbereich des RohrleitungsG stark eingeschränkt. Der praktische Hauptanwendungsbereich erstreckt sich derzeit nur noch auf die Beförderung von Mineralöl in Pipelines.95 Neben Regelungen für die Abwehr von typischen Gefahren bei Bau und Betrieb sollten auch wirtschaftliche Überlegungen bei der Errichtung und dem Betrieb von Pipelines eingehalten werden.96
B. Genehmigungsverfahren und Behörden Für die Ausübung einer Tätigkeit nach § 1 RohrleitungsG ist grundsätzlich eine Konzession erforderlich. Bei der Konzessionserteilung prüft die Behörde gemäß § 5 RohrleitungsG, ob der Konzessionswerber wirtschaftlich in der Lage ist, die erforderlichen Anlagen zu errichten, zu betreiben und instand zu halten. Zusätzlich wird die technische Eignung des Vorhabens, Erwartbarkeit einer sicheren Betriebsführung, volkswirtschaftlicher Bedarf an der Beförderung und volkswirtschaftliches Interesse an der Errichtung der Rohrleitungen geprüft.97 In diesem Zusammenhang muss das öffentliche Interesse in der Abwägung gegenüber einem entgegenstehenden öffentlichen Interesse (Wasserversorgung, Waldschutz)98 überwiegen. Bei der Errichtung von Rohrleitungen, welche über die Grenzen des Bundesgebietes hinausgehen bzw an Rohrleitungen außerhalb des Bundesgebietes angeschlossen werden sollten, ist zu beachten, dass die Konzessionserteilung nicht die Sicherheit oder die immerwährende Neutralität der Republik Österreich gefährdet oder zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit führen könnte.99 Unter der Berücksichtigung dieser öffentlichen Interessen kann die Konzession auch befristet erteilt werden, doch darf die Frist nicht weniger als 20 Jahre betragen. 91 92 93 94 95 96 97 98 99
BGBl 1975/411 idF BGBl 2004 I/115. Binder, Rz 1720. § 2 Abs 1 RohrleitungsG. Auch Gasfernleitungen seit BGBL 2000 I/121. § 1 Abs 2 RohrleitungsG. Schäffer, in: Raschauer, Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts, 196. Binder, RZ 1720. Schäffer (FN 96), 197. § 5 Abs 1 Zi 6 RohrleitungsG.
Energieanlagenrecht
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Zu Beginn des Konzessionserteilungsverfahrens sind der Behörde eine allgemeine Darstellung des Vorhabens unter Angabe der beabsichtigten grundsätzlichen Trassenführung und allfälliger Anschlussstellen sowie der beabsichtigten Durchsatzkapazität, ferner ein Bau- und Betriebsprogramm sowie eine Wirtschaftlichkeitsrechnung zu übergeben. Sofern es allgemein erforderlich ist, dürfen dem Konzessionswerber auch Auflagen, Bedingungen oder Beschränkungen auferlegt werden.100 Als Behörde ist gemäß § 39 RohrleitungsG der Landeshauptmann, bei Rohrleitungen, die sich über das Gebiet mehrerer Bundesländer erstrecken bzw die Grenzen des Bundesgebietes überschreiten, der BMVIT zuständig. Diese haben auch gemäß § 38 RohrleitungsG die laufende Überwachung der Betriebe wahrzunehmen. Die behördlichen Aufsichtsorgane besitzen Auskunftsrechte, können jederzeit Einschau in die Bücher halten und haben Zutritt- und Überprüfungsrechte vor Ort. Zusätzlich zur Konzession unterliegt die Bestellung der Betriebsleiter und Geschäftsführer von juristischen Personen einer behördlichen Konzession. Erst nach der Überprüfung der Rohrleitungsanlagen durch die Behörde, nötigenfalls nach Erprobung der Anlagen, kann die Betriebsaufnahmegenehmigung, sofern alle Voraussetzungen des § 20 RohrleistungsG erfüllt sind, erteilt werden. Dabei muss auch der Abschluss einer Haftpflichtversicherung gem § 13 RohrleitungsG nachgewiesen werden. Im Verfahren zur Erteilung der Genehmigung zur Errichtung der Rohrleitungsanlage hat der Antragssteller Parteistellung.
C. Pflichten der Konzessionsinhaber Grundsätzlich wird der Konzessionsinhaber verpflichtet gem § 6 RohrleitungsG auch für andere Interessenten eine Beförderung durchzuführen und erforderlichenfalls sein Projekt so zu ändern, dass eine erweiterte Nutzung ermöglicht wird. Diese Verpflichtung besteht aber nur, sofern der erweiterte Nutzen rechtzeitig bekannt gegeben wurde. Für diesen Fall hat der Konzessionswerber das Vorhaben im Amtsblatt der Wiener Zeitung zu veröffentlichen. Kann der Konzessionswerber sich mit anderen Interessenten nicht einigen, so hat die Behörde über Gegenstand und Umfang der erweiterten Nutzung zu entscheiden. Bei Streitigkeiten über die von den Interessenten zu erbringenden Gegenleistungen entscheidet das Gericht im Verfahren außer Streitsachen. Über sonstige Streitigkeiten aus der erweiterten Nutzung sind die Grundsätze des streitigen Zivilverfahren anzuwenden.
D. Aufsichtsmittel und Strafbestimmungen 1. Betriebseinstellung Das Gesetz ermöglicht der Behörde die gänzliche oder teilweise Betriebseinstellung (§ 33), die Wiederherstellung des früheren Zustandes (§ 34) sowie die Zurücknahme der Konzession (§ 35). Ansonsten endet die Konzession mit 100
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Zeitablauf oder durch die Zurücklegung der Konzession. Ziel dieser Bestimmungen ist vor allem die Aufrechterhaltung der Sicherheit des Betriebes von Rohrleitungsanlagen und die Vermeidung einer Gefährdung des Lebens von Menschen und der Natur. Mit der Wiederherstellung des früheren Zustandes soll eine Gefährdung bzw Beeinträchtigung oder nachteilige Einwirkung einer aufgelassenen Rohrleitungsanlage auf die Beschaffenheit der Gewässer vermieden werden.
2. Strafbestimmungen Bei Verwaltungsübertretungen gem § 41 RohrleitungsG können Geldstrafen in der Höhe bis zu EUR 7.000 festgesetzt werden. Als schärfste Sanktion kann aber nach wiederholter Verwaltungsübertretung auch die Konzession entzogen werden.
Anna Hemma Pirker
Emissionszertifikaterecht Rechtsgrundlagen .......................................................................................1069 Grundlegende Literatur .............................................................................1070 I. Grundlagen ..............................................................................................1071 A. Allgemeines..........................................................................................1071 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .......................................................1075 1. Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft ...........................................................1075 2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit....................................1075 C. Gemeinschaftsrechtsrechtliche und völkerrechtliche Grundlagen......1076 1. Gemeinschaftsrecht .........................................................................1076 2. Völkerrecht......................................................................................1076 II. Ziel und Funktion des Emissionszertifikategesetzes...........................1077 III. Anwendungsbereich des EZG .............................................................1078 A. Erfasste Tätigkeiten und Gase .............................................................1078 B. Ausnahmen ..........................................................................................1079 IV. Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen..............................1080 A. Genehmigungspflicht und Genehmigungsverfahren............................1080 1. Anlagenänderung ............................................................................1082 2. Inhaberänderung..............................................................................1083 V. Überprüfung von Treibhausgasemissionen .........................................1083 VI. Zuteilung von Emissionszertifikaten ..................................................1086 VII. Emissionszertifikate, Emissionsreduktionseinheiten und Zertifizierte Emissionsreduktionen....................................................1089 A. Vergabe von Emissionszertifikaten......................................................1090 B. Rückfluss von Emissionszertifikaten an die Reserve............................1091 C. Übertragung und Weiterbezug von Emissionszertifikaten ..................1091 D. Abgabe von Emissionszertifikaten.......................................................1091 E. Der Handel mit Emissionszertifikaten .................................................1093 F. Gültigkeit der Emissionszertifikate......................................................1094 VIII. Anlagenpools......................................................................................1095 IX. Register..................................................................................................1096 Rechtsgrundlagen: Völkerrecht: Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (BGBl 1994 III/414 idF BGBl 1999 III/12) - Klimarahmenkonvention, UNFCCC; Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen samt Anlagen (BGBl 2005 III/89) - Kyoto-Protokoll.
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Gemeinschaftsrecht: RL: Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 10. 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (Abl L 275/32) - Emissionshandelsrichtlinie, EHRL; Richtlinie 2004/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 10. 2004 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft im Sinne der projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls (Abl L 338/18) - Linking Directive; VO: Verordnung 2216/2004/EG der Kommission vom 21. 12. 2004 über ein standardisiertes und sicheres Registrierungssystem gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Entscheidung 280/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Abl L 386/1) - Registerverordnung; BG: Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in den Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Altlastensanierung, zum Schutz der Umwelt im Ausland und über das österreichische JI/CDM-Programm für den Klimaschutz (BGBl 1993 I/185 idF BGBl 2005 I/112) - Umweltförderungsgesetz, UFG; Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (BGBl 2004 I/46 idF BGBl 2006 I/171)1 - Emissionszertifikategesetz, EZG. VO: Verordnung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Betrauung einer Registerstelle für die technische Durchführung des Registers für den Emissionshandel und die Führung des nationalen Registers (BGBl 2004 II/308) - Registerstellenverordnung; Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Überwachung und Berichterstattung betreffend Emissionen von Treibhausgasen (BGBl 2004 II/458) Überwachungsverordnung; Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Zuteilung von Emissionszertifikaten und die Handhabung der Reserve (BGBl 2005 II/18) - Zuteilungsverordnung2. Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Anforderungen an die Fachkunde für die Zulassung unabhängiger Prüfeinrichtungen (BGBl 2004 II/424 idF BGBl 2005 II/101) - Fachkundeverordnung;
Grundlegende Literatur: Bader, Europäische Treibhauspolitik mit handelbaren Emissionsrechten: Empfehlung für die Umsetzung der Kyoto-Verpflichtung vor dem Hintergrund US-amerikanischer Lizenzierungserfahrungen, 2000; Giesberts/Hilf, Handel mit Emissionszertifikaten Regelungsrahmen für einen künftigen Markt, 2002; Kerth, Emissionshandel im Gemeinschaftsrecht, 2004; Lucht/Spangardt (Hrsg), Emissionshandel, 2005; Mayerthaler, Kommentar zum Emissionszertifikategesetz, 2006; Oberndorfer/Mayrhofer, Der nationale Zuteilungsplan für Emissionszertifikate - eine neue Rechtsquelle?, FS Schäffer, 2006, 529; Pflüglmayer, Vom Kyoto-Protokoll zum Emissionshandel - Entwicklung und ausgewählte Rechtsfragen, 2004; Pohlmann, Kyoto Protokoll: Erwerb von Emissionsrechten durch Projekte in Entwicklungsländern, 2004; Schwarzer, Kommentar zum 1
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§ 13 Abs 4 EZG wurde vom VfGH am 11. 10. 2006 mit Wirkung 31. 12. 2007 aufgehoben (VfGH 11. 10. 2006, G 138-142/05, V 97-101/05-20 G 7/06, V 3/0616). Die Zuteilungsverordnung (BGBl 2005 II/18) wurde vom VfGH am 11. 10. 2006 mit Wirkung 31. 12. 2007 aufgehoben (VfGH 11. 10. 2006, G 138-142/05, V 97101/05-20 G 7/06, V 3/06-16).
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Emissionszertifikategesetz, 2005; Schwarzer/Schweinzer (Hrsg), Erfolgreiches Navigieren im Emissionshandel, 2004; Sorgo, Kommentar zum Emissionszertifikategesetz, 2005; Strack/Solt, Emissionszertifikategesetz - Praxiskommentar, 2004; Voss, Klimapolitik und Emissionshandel - Die Ökonomie im vorsorgenden Klimaschutz, 2003; Zimmer, CO2-Emissionsrechtehandel in der EU, 2004.
I. Grundlagen A. Allgemeines Der Prozess des internationalen Klimaschutzes begann in den 70er Jahren als der Klimawechsel seitens der Wissenschaft als ernstes Problem erkannt wurde, dessen Lösung nur auf internationaler und interdisziplinärer Ebene möglich erschien. Auf dieser Überlegung basierend wurden mit der UNKlimarahmenkonvention (UNFCCC, 1992) und dem Kyoto-Protokoll (1997) die Grundlagen der internationalen Klimaschutzpolitik geschaffen3. Ziel der UN-Rahmenkonvention ist „die Treibhausgaskonzentration auf einem Niveau zu stabilisieren, auf dem ein gefährlicher Klimawandel verhindert wird“ (Art 2 UNFCCC). Im Rahmen der Kyoto-Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens einigten sich die Vertragsparteien darauf, im Zeitraum 2008 - 2012 die Treibhausgasemissionen4 bezogen auf das Basisjahr 1990 um mindestens 5%5 zu verringern. Dieses Ziel soll durch die Umsetzung nationaler Strategien und Maßnahmen - beispielsweise in den Sektoren Energie, Industrie, Verkehr sowie Land- und Abfallwirtschaft - durch die Vertragsstaaten erreicht werden. Das Kyoto-Protokoll erlaubt den Vertragsstaaten, supplementär6 zu traditionellen Instrumenten der Klimaschutzpolitik7, den Einsatz flexibler Mechanismen8 zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen. Die flexiblen Instrumente sollen es gegenüber den starren, regulatorischen oder ordnungpolitischen Maß-
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Näheres dazu Voss, 7. Die relevanten Treibhausgase wurden in Annex A Kyoto-Protokoll festgelegt. Es handelt sich hierbei um folgende Gase: Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid, teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, Perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid. Die EU und ihre Mitgliedstaaten verpflichteten sich zu einer Gesamtreduktion im Ausmaß von 8% gegenüber dem Basisjahr 1990 (Annex B Kyoto-Protokoll). Dazu Schmelz/Wallnöfer, Emissionszertifikatehandel - Status quo, ecolex 2005, 344 (344). Dazu Wackerbauer, Emissionshandel mit Treibhausgasen in der Europäischen Union, ifo Schnelldienst 2003-8, 22 (22). Zu den flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls zählen der Emissionshandel (zum Grundverständnis des Emissionshandels Seidel/Menn, Ökologisch orientierte Betriebswirtschaft, 1988, 98; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme der Umweltzertifikatmodelle in der Luftreinhaltung, 1988, 10 ff; Streissler, Handel mit Emissionsrechten als Instrument internationaler Klimapolitik, WuG 1998, 257; Becker, Ökonomisierung und Globalisierung des Europäischen Umweltrechts: Die Richtlinie zum Handel mit Emissionszertifikaten, EuR 2004, 857 (860 ff)) sowie die projektbezogenen Mechanismen des Clean Development Mechanism (CDM, Art 12 KyotoProtokoll) und des Joint Implementation (JI, Art 6 Kyoto-Protokoll). Siehe Kapitel VII.
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nahmen ermöglichen, das globale Emissionsminderungsziel möglichst kosteneffizient zu erreichen9. Mit der Verabschiedung des „Burden-Sharing-Agreements“ (BSA)10 machte die EU 1998 von der in Art 4 Kyoto-Protokoll normierten „Bubble“11 (Gruppenbildungsmöglichkeit) Gebrauch. Innerhalb der EU wurde von der Europäischen Kommission als Beitrag der Gemeinschaft zur Erreichung des Kyoto-Ziels das Europäische Programm zur Klimaänderung (ECCP12) erarbeitet, welches aus zwei Teilen besteht. Einerseits sind im Rahmen des Europäischen Programms für Klimaänderungen Maßnahmen zur Emissionsreduktion aus Quellen wie Haushalte, Industrie, Verkehr usw. zu setzen, andererseits wird durch die Ausarbeitung des „Grünbuchs zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der EU“13 der Grundstein für den Europäischen Emissionshandel gelegt14. Im Grünbuch ist für ausgewählte Wirtschaftssektoren innerhalb der EU bereits ab 2005 der Handel mit Kohlendioxidemissionsberechtigungen vorgesehen, dessen Kompatibilität mit dem Kyoto-Emissionshandel bis zur Verpflichtungsperiode ab 2008 herzustellen ist15. Die Modalitäten des EUEmissionshandels wurden in der Emissionshandelsrichtlinie16 (EHRL) sowie in weiterer Folge - zur Verknüpfung des Europäischen Emissionshandelssystems mit den projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls - in der „Linking Directive“17 festgelegt. Die Richtlinien sollen, unabhängig von Geltung und Verbindlichkeit des Kyoto-Protokolls und dem darin festgelegten Emissionshandel zwischen den Vertragsstaaten, den in der EU ansässigen
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Vgl Lucht, Umfeld des Emissionshandels im Überblick, in: Lucht/Spangardt (Hrsg), Emissionshandel, 2005, 1 (8 f). Entscheidung 2002/358/EG des Rates vom 25. 04. 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen (Abl L 130/1) - Burden-Sharing-Agreement. Art 4 Kyoto-Protokoll erlaubt Staatengruppen die gemeinsame Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll. Dazu haben sie die Minderungsziele der Einzelstaaten als gemeinsame Vorgabe zu definieren und diese dann intern neu zu verteilen. Gelingt es den sich beteiligenden Staaten jedoch nicht das Kyoto-Ziel gemeinsam zu erreichen, wird jeder Staat für die Erreichung seines Reduktionsziels wieder selbst verantwortlich. Dazu näher Lucht, (FN 9), 13. Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament, Politische Konzepte und Maßnahmen der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionen: Zu einem Europäischen Programm zur Klimaänderung (ECCP, KOM (2000) 88 endg vom 08. 03. 2000). Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union, vorgestellt von der Europäischen Kommission (KOM (2000) 87 endg vom 08. 03. 2000). BMUNR der BRD, Europäisches Programm für den Klimaschutz , Pressemitteilung vom 15.11.2000, http://www.bmu.de/pressearchiv/14_legislaturperiode/pm/614.php (27. 09. 2006). Dazu Pflüglmayer, 102. RL 2003/87/EG (Abl L 275/32). RL 2004/101/EG (Abl L 338/18).
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Betreibern von Anlagen ausgewählter Wirtschaftssektoren18 die Möglichkeit bieten auf neuartige Weise ihren Reduktionsverpflichtungen nachzukommen. Innerstaatlich wurde in Österreich zur Erreichung des Kyoto-Ziels - wie in Art 10 Kyoto-Protokoll vorgesehen - die Klimastrategie 2008/2012 angenommen19. Sie bildet das nationale Fundament, auf dem Maßnahmen zur Erreichung des Reduktionsziels von -13 % gegenüber dem Basisjahr 1990 für den Zeitraum 2008 - 2012 aufbauen20. Neben Maßnahmen in allen relevanten Sektoren wie beispielsweise Verkehr, Industrie und Abfallwirtschaft sieht die Klimastrategie die Schaffung eines nationalen Programms zum Ankauf von Emissionsreduktionen aus Projekten im Ausland21 sowie die Teilnahme der Sektoren Energie und Industrie am Europäischen Emissionshandelssystem vor22. Den Forderungen der österreichischen Klimastrategie entsprechend wurde die Emissionshandelsrichtlinie sowie die Linking Directive durch das Emissionszertifikategesetz (EZG) innerstaatlich umgesetzt23. Die Einführung des Emissionshandels - sei es auf staatlicher24 oder betrieblicher Ebene - basiert auf der Grundidee, dass es für den Klimaschutz unerheblich ist, wo Emissionen abgebaut werden25. Wichtig ist vielmehr, dass dies durch eine punktgenaue Zielführung auf einem einzel- und gesamtwirtschaft18
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Betroffen sind die Sektoren Industrie und Energie (Anhang I der Emissionshandelsrichtlinie). Damit soll knapp die Hälfte der Kohlendioxidemissionen der EU durch die Richtlinie erfasst werden. BMLFUW, Strategie Österreichs zur Erreichung des Kyoto-Ziels, Klimastrategie 2008/2012, vom Ministerrat angenommen am 18. 06. 2002, Punkt 1.2.7.1. Die Klimastrategie sieht dementsprechend einen Reduktionsbedarf in Höhe von 16,85 Mt Kohlendioxidäquivalent (zum Begriff des Kohlendioxidäquivalents siehe § 3 Z 6 EZG bzw Kap. VII) vor. Innerstaatlich kann mit der Reduktion von 13,85 Mt Kohlendioxidäquivalent gerechnet werden. Der verbleibenden Reduktionsobliegenheit wird durch Projekte im Ausland (Joint Implementation/Clean Development Mechanism) - vgl dazu V. Abschnitt des Umweltförderungsgesetz (BGBl 1993 I/185 idF BGBl 2005 I/112 - UFG) nachzukommen sein (Klimastrategie 2008/2012). Durch die Novelle des Umweltförderungsgesetzes 2003 (BGBl 71/2003) wurde neben der Umsetzung des staatliche Emissionshandels (Art 17 Kyoto-Protokoll) das „österreichische Joint Implementation/Clean Development Mechanism - Programm“ als eigenständiges Instrument zur Erfüllung der österreichischen KyotoVerpflichtung eingeführt. Der Anwendungsbereich des EZG ist von jenem des V. Abschnitts des UFG strikt zu trennen. Zumal handelt es sich bei den Joint Implementation/Clean Development Mechanism Programme Projekten, die im Rahmen des UFG finanziert werden, um staatliche Ankäufe von Emissionsgutschriften und nicht, wie im Anwendungsbereich des EZG, um Ankäufe auf betrieblicher Ebene. Zu den gegenseitigen Berührungspunkten siehe Schwarzer, zu § 34 Rz 12. Dazu Wollansky, Überblick über die „Kyoto-Architektur“, in: Schwarzer/Schweinzer (Hrsg), Erfolgreiches Navigieren im Emissionshandel, 2004, 51 (57 f). Die Darstellung des EZG in diesem Beitrag bezieht sich im Allgemeinen auf die Perioden ab 2008. Auf die Einführungsperiode 2005 - 2007 wird nur in noch relevanten Bereichen Bezug genommen. Der staatliche Emissionshandel ist nicht Gegenstand des Europäischen Emissionshandels, sondern beruht direkt auf dem Kyoto-Protokoll. Er ist somit auch nicht Gegenstand des EZG und bleibt in diesem Beitrag unberücksichtigt. Siehe Kind, Handel mit heißer Luft, RdW 2004-7, 397.
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lich effizienten Weg geschieht26. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, wird im Europäischen Emissionshandel in einem ersten Schritt die Emissionsmenge durch die Festlegung der Gesamtzahl an auszuschüttenden Zertifikaten absolut begrenzt (ein so genanntes „cap“ bestimmt)27. Die so festgelegte Gesamtmenge wird in einem zweiten Schritt auf die dem Emissionshandel unterliegenden Anlagen aufgeteilt. In weiterer Folge sind Anlageninhaber nur noch zur Emission von Treibhausgasen28, die sie durch Emissionsrechte (so genannte Emissionszertifikate) bedecken können, berechtigt und dürfen diese nicht wie bisher kostenlos29 an die Atmosphäre abgeben30. Die den Anlagen zugeteilten, jedoch nicht für die Deckung der Emissionen benötigten (überschüssigen) Emissionszertifikate sind - um den Betreibern der am Emissionshandel teilnehmenden Anlagen Anreize zu einer kosteneffizienten Verringerung der Treibhausgasemissionen zu bieten - frei am Markt handelbar (trade31). Geben die Anlagen über das ihnen zugewiesene Kontingent von Emissionsrechten hinaus Emissionen an die Atmosphäre ab, müssen Emissionsrechte von den Anlageninhabern zugekauft werden. Dem Betreiber soll auf diese Weise die Möglichkeit geboten werden, im Gegensatz zu einem ordnungsrechtlichen Ansatz vor dem Hintergrund einer möglichst geringen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung und der Beschäftigung32, Emissionen dort zu reduzieren, wo dies ökonomisch am günstigsten33 ist. 26
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Siehe RV 400 BlgNR 22. GP, S 2; Schafhausen, Politische Umsetzung von Kyoto in der EU und in Deutschland, in: Lucht/Spangardt (Hrsg), Emissionshandel, 2005, 51 (65). Aus ökonomischer Sicht siehe dazu Bader, 33 ff. Das so genannte „cap“ wird aus der gesamten Reduktionsverpflichtung nach dem Kyoto-Protokoll abgeleitet (Anhang III der Emissionshandelsrichtlinie iVm Rz 14 ff des Guidance Paper sowie § 1 Abs 2 EZG). Bisher beschränkt sich der Anwendungsbereich - mit Ausnahme jenes der projektbezogenen Mechanismen - auf das Treibhausgas Kohlendioxid. Diesem Umstand wird im Folgenden insofern Rechnung getragen, als das nur mehr das Treibhausgas Kohlendioxid angeführt wird. Unter Kosten im Sinne dieser Ausführung ist die Gegenleistung von Emissionszertifikaten für den Ausstoß von Kohlendioxid zu verstehen. Zur Problematik einer möglichen Grundrechtsverletzung durch die Einführung des Emissionshandels bzw die Erstellung der Nationalen Zuteilungspläne - dies wird nunmehr wohl auch auf die Zuteilungsverordnung anwendbar sein - siehe Sorgo, Überlegungen zu möglichen Grundrechtsverletzungen durch die Einführung des Emissionshandels in: Sorgo (Hrsg), Kommentar zum Emissionszertifikategesetz, 2005, 168; Zimmer, 205 ff; Kind (FN 25), 397 ff; Elsner/Kind, Was kostet die Luft?, ecolex 2004, 64 (69 f); Reuter/Busch, Einführung eines EU-weiten Emissionshandels - Die Richtlinie 2003/87/EG, EuZW 2004-2, 39 (42 f); Hauer, Drei Rechtsfragen zum Emissionszertifikategesetz, 2006, 3. Daher die Bezeichnung des von der EHRL aufgegriffenen Systems: „Cap and trade“. Zu alternativen Handelsmodellen Giesberts/Hilf, 65 ff. Einleitende Bemerkungen zur EHRL, Rz 5. „Kosteneffizienter“ bzw „günstig“ ist in diesem Zusammenhang nicht mit „für den Betrieb in jedem Fall wenige belastend“ gleichzusetzen, da sich der Preis für die Zertifikate aus ihrer Knappheit ergibt. Dieser Ausdruck bezieht sich vielmehr darauf, dass Emissionsminderungen an jener Stelle gesetzt werden können, wo sie die wenigsten Kosten verursachen. Siehe Niederhuber, Emissionshandel: EU-Richtlinie und nationaler Entwurf eines Emissionszertifikategesetzes, RdU 2004-2, 4 (5).
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B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft Der Gemeinschaftsgesetzgeber beruft sich bei der Erlassung der Richtlinie über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates sowie der Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft im Sinne der projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls auf Art 175 Abs 1 EGV34. Dies wird dadurch begründet, dass der Emissionshandel unter die in Art 174 Abs 1 EGV genannten Tatbestände35 - Maßnahmen des Umweltschutzes (der Begriff „Umwelt“ ist sehr weit zu verstehen, nämlich iSv „natürlicher“ Umwelt36, weshalb auch das Medium Luft erfasst ist) - fällt37. In diesem Bereich besteht keine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft, weshalb diese Richtlinien im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzips sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu prüfen sind (Art 5 EVG)38.
2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit Da es sich bei der Verringerung der Emission von Treibhausgasen um Maßnahmen der Luftreinhaltung handelt - dies lässt sich einerseits dadurch erklären, dass Treibhausgase Luftschadstoffe iSd Immissionsschutzgesetz-Luft39 darstellen und andererseits damit, dass Treibhausgase in das Medium Luft abgegeben werden - ist Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG als Kompetenzgrundlage für das EZG heranzuziehen, demzufolge Luftreinhaltung, unbeschadet der Zuständigkeit der Länder für Heizungsanlagen, in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist40.
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Näheres dazu Schafhausen (FN 26), 66; RV 400 BlgNR 22. GP, S 2. Kritisch gegenüber der Kosteneffizienz des Systems des Treibhausgashandels Rebentisch, Rechtsfragen der kostenlosen Zuteilung von Berechtigungen im Rahmen des Emissionshandelsrechts, NVwZ 2006, 747 (749 f) (gilt in dieser Form wohl auch für Österreich). Dazu Zimmer, 127 ff; Giesberts/Hilf, 57 ff. Pflüglmayer, 117 f, sieht im Emissionshandel eine Maßnahme zur „umsichtigen und rationellen Verwendung der natürlichen Resourcen“. Mayerthaler, Einführung Rz 72, will hingegen den europäischen Emissionshandel als Maßnahme des Klimaschutzes unter „Erhaltung und Schutz der Umwelt“ subsumieren. ME sind beide Ansichten vertretbar. Vgl etwa: Calliess, in: Callies/Ruffert (Hrsg), EUV und EGV-Kommentar², zu Art 174, Rz 8. Näheres zur Vereinbarkeit des EU-Emissionshandelssystems mit dem Gemeinschaftsprimärrecht Kerth, 232 ff. Da die Erreichung des Kyoto-Ziels die Einbeziehung möglichst vieler Anlagen in den Emissionshandel voraussetzt, sind die Kriterien des Art 5 EVG wohl als erfüllt anzusehen. So auch Pflüglmayer, 118; Zimmer, 151 ff. § 2 Abs 1 IG-L (BGBl 1997 I/115): Luftschadstoffe im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Stoffe, die Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft durch Partikel, Gase oder Aerosole bewirken. RV 400 BlgNR 22. GP, S 3.
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Zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt Pflüglmayer41, die auf Grund der im EZG vorgeschriebenen Genehmigungspflicht von Anlagen - „wodurch eine Beeinträchtigung des Betriebes von Anlagen wohl nicht ausgeschlossen werden kann“ - das EZG dem Regelungsgegenstand des Anlagenrechts im herkömmlichen Sinn zuordnen möchte. Dies würde im Ergebnis zu einer Zersplitterung der Kompetenz in Landes- und Bundessache bedeuten. Dem ist jedoch die Frage entgegenzuhalten, ob nicht die Schaffung des Kompetenztatbestandes der Luftreinhaltung zu einem neuen Anlagentatbestand im BVG geführt hat. Wäre dies der Fall, so würde man auch unter Berücksichtigung der Zweifel Pflüglmayers zum bisherigen Ergebnis - nämlich der Subsumtion unter den Kompetenztatbestand der Luftreinhaltung - gelangen.
C. Gemeinschaftsrechtsrechtliche und völkerrechtliche Grundlagen 1. Gemeinschaftsrecht Von zentraler Bedeutung für den Europäischen Emissionshandel sind, wie bereits erwähnt, die Emissionshandelsrichtlinie42 sowie die Linking Directive43, welche der Verknüpfung des Europäischen Emissionshandels mit den projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls dient. Ergänzend wurde als weiterer Sekundärrechtsakt der Gemeinschaft die Registerverordnung44 erlassen. Zur einheitlichen Umsetzung der Emissionshandelsrichtlinie dient die von der Europäischen Kommission erlassene Entscheidung zur Festlegung von Leitlinien für die Überwachung und Berichterstattung betreffend Treibhausgasemissionen45 sowie das Guidance Paper46.
2. Völkerrecht Für Österreich bedeutende völkerrechtliche Abkommen im Bereich des Klimaschutzes stellen die Klimarahmenkonvention47 und das auf deren Grundlage ausgearbeitete Kyoto-Protokoll (COP 3)48dar. Zur Ausgestaltung und Umsetzung des Kyoto-Protokolls wurde das Übereinkommen von Marrakesch („The Marrakesh Accords“, COP 7) geschlossen.
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Pflüglmayer, 117 ff. RL 2003/87/EG (Abl L 275/32). RL 2004/101/EG (Abl L 338/18). VO 2004/2216/EG (Abl L 386/1). Entscheidung der Kommission vom 29. 01. 2004 zur Festlegung von Leitlinien für Überwachung und Berichterstattung betreffend Treibhausgasemissionen gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (K (2004) 130). Mitteilung der Kommission über Hinweise zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der in Anhang III der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates aufgelisteten Kriterien sowie über die Bedingungen für den Nachweis höherer Gewalt (K (2003) 830). BGBl 1994 III/414 idF BGBl 1999 III/12; Die Ausgestaltung des Übereinkommens blieb der mindestens einmal jährlich stattfindenden Konferenz der Vertragsparteien (COP) überlassen. BGBl 2005 III/89.
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II. Ziel und Funktion des Emissionszertifikategesetzes Ziel des EZG ist gemäß § 1 Abs 1 EZG die Schaffung eines Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten49 (Emissionszertifikaten), wodurch eine Verringerung der Treibhausgasemissionen erreicht werden soll. Gleichzeitig wird in Abs 2 - Bezug nehmend auf die nationale Klimapolitik, über den in § 2 EZG definierten Geltungsbereich des Gesetzes hinaus - festgehalten, dass der Zertifikatehandel nicht das einzige Mittel zur Erreichung des Kyoto-Zieles darstellt, sondern nur einen Beitrag dazu leisten soll. Mit anderen Worten handelt es sich bei § 1 Abs 2 EZG um eine Schutzklausel für den Emissionshandelssektor im Sinne eines fairen „innerösterreichischen burdensharing50“. Demzufolge sollen der „Strategie Österreichs zur Erreichung des Kyoto-Ziels“51 (Klimastrategie52 2008/2012, Zl 54 3895/73-V/4/02) entsprechend alle Sektoren einen Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Ziels leisten. Nach der im EZG vorgeschriebenen Evaluierung der „Fortschritte bei der Umsetzung dieser Maßnahmen und der damit erzielten Emissionsreduktionen sind die Schwerpunkte der neuen Maßnahmensetzungen in jenen Bereichen und Sektoren vorzunehmen, in denen die stärksten Abweichungen vom Kyoto-Zielerreichungspfad festzustellen und die geringsten volkswirtschaftlichen Kosten für die Emissionsvermeidung zu erwarten sind.“ Ausdrücklich hervorgehoben wird dabei die forcierte Verwendung „finanzieller Instrumente“ wie jener des Ankaufes von Reduktionseinheiten53.
Somit ist der Beitrag, den dem EZG unterliegende Anlagen, trotz Abweichungen54 Österreichs vom Kyoto-Zielerreichungskurs55, zu leisten haben, Standort bewahrend56 zu gestalten.
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Entgegen der irreführenden Bezeichnung regelt das EZG den Handel mit Emissionszertifikaten nur in einem Teilbereich. Den hauptsächlichen Regelungsinhalt bilden Normen die den Betrieb von Anlagen regeln (Sorgo, Einleitung Rz 8). Schwarzer, zu § 1 Rz 1. Im Gesetzestext wie folgt formuliert: „bestehenden Programmen zur Klimaschutzpolitik“. Sie besitzt keinen Verordnungscharakter. Dennoch ist sie insofern von Bedeutung, als dass die Zuweisung von Zertifikaten auf Sektorenebene mit der nationalen Klimapolitik vereinbar sein muss (§13 Abs 2 Z 5 EZG) und die klimapolitische Programmatik eines Mitgliedstaates einen wesentlichen Maßstab für die Prüfung der nationalen Zuteilungspläne durch die Europäische Kommission darstellt. Siehe Kap. VI. Diese gesetzliche Schwerpunktlegung bezieht sich auf den staatlichen Ankauf im Sinne des V. Abschnittes des Umweltförderungsgesetzes. Gugele/Rigler/Ritter, Kyoto - Fortschrittsbericht Österreich 1990 - 2004, (Datenstand 2006), Umweltbundesamt GmbH 2006, 6. Zur Kluft zwischen Wirklichkeit und Klimapolitik auf internationaler Ebene: Voss, 55. Art 3 Abs 1 und 7 Kyoto-Protokoll. Kritisch dazu Elsner/Kind, (FN 30), 69.
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III. Anwendungsbereich des EZG A. Erfasste Tätigkeiten und Gase Der Anwendungsbereich ergibt sich aus § 2 Abs 1 EZG. Er ist durch eine taxative Aufzählung von Tätigkeiten bestimmter Anlagen57, welche mit der Emission von Kohlendioxid 58 verbunden sind, im Anhang 1 des EZG definiert59. Die Liste an obligatorisch erfassten Tätigkeiten und Treibhausgasen kann vom BMLFUW im Einvernehmen mit dem BMAW durch Verordnung erweitert werden (§ 2 Abs 2 EZG). Bisher kam es jedoch zu keiner Einbeziehung weiterer Tätigkeiten oder Treibhausgase. Auch für die zweite Handelsperiode von 2008 - 2012 ist voraussichtlich nicht mit einer solchen zu rechnen60.
Betroffen sind demnach vor allem Anlagen in den Bereichen Energie und Industrie61. Dabei wird zwischen Tätigkeiten, die nur bei Überschreitung eines Schwellenwertes und solchen, die unabhängig von einem solchen62 dem EZG unterliegen, unterschieden. Tätigkeiten ohne Schwellenwert sind Tätigkeiten, die in kalorischen Kraftwerken und Teilen der Grundstoffindustrie ausgeübt werden. Andere Zweige der Industrie sind nur insoweit vom EZG betroffen, als sie Feuerungsanlagen mit einer Brennstoffwärmeleistung von mehr als 20 MW aufweisen. Sinken die Emissionen bei Durchführung einer Tätigkeit mit Schwellenwert nach Zuteilung der Emissionszertifikate unter diesen, verbleiben die Anlagen für die Dauer der laufenden Periode dennoch im Anwendungsbereich des EZG (§ 2 Abs 4 EZG). Im umgekehrten Fall, also bei Überschreiten des Schwellenwertes, werden die Bestimmungen des EZG mit sofortiger Wirkung anwendbar.
Andere Sektoren wie Transport und Haushalt, welche die stärksten Steigerungen am Kohlendioxidausstoß verzeichnen63, wurden nicht in das Emissionshandelssystem eingebunden64.
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Der dem EZG zu Grunde gelegte und in § 3 Z 4 EZG legal definierte Anlagenbegriff unterscheidet sich wesentlich von jenem der GewO. Das Emissionshandelssystem ist prinzipiell auf die Einbeziehung von Anlagen, welche die im Kyoto-Protokoll geregelten Treibhausgase emittieren, ausgelegt (vlg FN 4). Bisher wurde von der Einbeziehung weiterer Gase jedoch auf Grund fehlender Richtlinien für die Überwachung dieser Gase abgesehen (RV 400 BlgNr 22. GP, S 2). Im Zusammenhang mit den Joint Implementation Projekten (ab 2008) und Clean Development Mechanism (ab 2005) werden weitere Treibhausgase des Kyoto-Protokolls in den Anwendungsbereich des EZG indirekt aufgenommen. Siehe Kap. VII. § 2 Abs 1 iVm Anhang 1 EZG. Vgl Bundesministerium für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Entwurf des Nationalen Zuteilungsplans für Österreich gemäß § 11 EZG für 2008-2012, 2006. Durch sie werden etwa 45% der österreichischen Kohlendioxidemissionen abgedeckt. Eine genaue Auflistung der vom EZG erfassten Anlagen und die jeweilige Zuteilung von Emissionszertifikaten sind im Nationalen Zuteilungsplan bzw in der Zuteilungsverordnung für die jeweilige Periode öffentlich zugänglich. Diese Tätigkeiten fallen nach Schwarzer, zu § 2, Rz 1, unabhängig davon, ob im Zuge ihrer Ausübung überhaupt Kohlendioxid emittiert wird, unter den Anwendungsbereich des EZG. ME ist dieser Ansicht nicht zu folgen, da nach § 4 Abs 1 EZG lediglich Anlagen, die bestimmte Tätigkeiten unter Ausstoß spezifischer Emissionen durchführen, unter die Genehmigungspflicht des EZG fallen. Mayerthaler, zu § 1 Rz 8
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Anlagen, die Tätigkeiten ausführen und dabei Gase ausstoßen, die nicht unter § 2 Abs 1 iVm Anhang 1 EZG fallen, können auf Antrag ihres Inhabers vom BMLFUW in den nächsten dem Antrag folgenden Zuteilungsplan aufgenommen werden65 (Opt-in der Inhaber, § 2 Abs 3 Z 2 EZG). Die Frist für die Stellung eines freiwilligen Opt-in Antrages an das BMLFUW verstreicht spätestens einen Monat vor Veröffentlichung der Zuteilungsverordnung (§ 2 Abs 3 Z 2 iVm § 13 Abs 1 EZG). Wird der Teilnahme zugestimmt, so wird die Anlage in den Nationalen Allokationsplan aufgenommen. Ein Bescheid wird in diesem Fall nicht erlassen. Der Antrag auf Einbeziehung muss für jede Periode neu gestellt werden. Nach Aufnahme in den Nationalen Zuteilungsplan kann der Antrag bis zum Ende der Periode nicht zurückgezogen werden66. Eine Abweisung durch den BMLFUW erfolgt mit Bescheid, gegen den der Antragsteller beim VwGH oder beim VfGH Beschwerde erheben kann.
Rechtssicherheit darüber, ob eine Anlage in den Anwendungsbereich des EZG fällt, kann der Anlageninhaber auf Verlangen durch Bescheid des BMLFUW gewinnen (§ 2 Abs 7 EZG). Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel, sondern lediglich die Anrufung des VwGH oder des VfGH zulässig.
B. Ausnahmen Nicht in den Anwendungsbereicht des EZG fallen „Anlagen oder Anlagenteile, wenn und soweit sie für Zwecke der Forschung, Entwicklung, Prüfung und Erprobung neuer Produkte und Verfahren genutzt werden“ (§ 2 Abs 5 EZG). Für die Anwendung dieser Bestimmung ist es unerheblich, ob eine ausschließliche oder nur Teile der Anlage betreffende Zweckwidmung vorliegt. Nach § 2 Abs 6 EZG fallen weiters „Feuerungsanlagen, die gemäß der anlagenrechtlichen Genehmigung fossile Brennstoffe lediglich als Stützfeuerung einsetzten, nur dann unter dieses Bundesgesetz, wenn sie im Verbund mit fossil gefeuerten Kesseln betrieben werden.“ Somit sind Biomasse-Feuerungsanlagen vom Anwendungsbereich des EZG ebenfalls ausgenommen.
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Zu diesbezüglichen Bedenken im Bezug auf die Konformität mit dem Gleichheitsgrundsatz vgl Sorgo (FN 30), 170 ff. Sinnvoll wird der Gebrauch der Opt-in Funktion beispielsweise für Anlageninhaber sein, die über größere Kapazitäten zur Verringerung der Emissionen verfügen. Nach der neuen Rechtslage scheint die Nutzung dieser Möglichkeit für jene Anlageninhaber, die vor der Erlassung der Zuteilungsverordnung noch nicht in den Anwendungsbereich des EZG fallen - jedoch in der darauf folgenden Periode expandieren wollen - nicht mehr erforderlich. Grund dafür ist die nunmehr normierte flexible Reserve. Zur alten Rechtslage, siehe Schwarzer, zu § 2 Rz 26, sowie Mayerthaler, zu § 2 Rz 9. Schwarzer, zu § 2, Rz 25.
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IV. Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen A. Genehmigungspflicht und Genehmigungsverfahren Für alle am Emissionshandel teilnehmenden Anlagen muss vor ihrer Inbetriebnahme eine anlagenspezifische und nicht übertragbare67 Emissionsgenehmigung (§ 4 Abs 1 EZG)68 eingeholt werden. Die Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen berührt in keiner Weise die anlagenrechtliche Genehmigung. Die für Anlagen, welche gemäß der RL 96/61/EG genehmigungspflichtig sind, zuständige Behörde darf ihrerseits jedoch seit In-Kraft-Treten des EZG für Anlagen, die auch dem EZG unterliegen, nur noch in jenen Fällen Emissionsgrenzwerte für direkte Emissionen von Treibhausgasen (EZG) vorschreiben, in welchen dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass keine erhebliche lokale Umweltverschmutzung bewirkt wird. Bereits erteilte, Emissionsgrenzwerte enthaltende, anlagenrechtliche Genehmigungen sind außer dem soeben genannten Fall der zu befürchtenden lokalen Umweltverschmutzungen so abzuändern, dass Emissionsgrenzwerte für die dem EZG unterliegenden Anlagen zukünftig nicht mehr bestehen (§ 23 EZG).
Das Verfahren zur Erteilung der Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen ist nur auf Antrag des Inhabers einer Anlage oder eines Projektwerbers einzuleiten. Der Antragsteller ist alleinige Partei im anschließenden Verfahren. Die Genehmigung ist bei der jeweils zuständigen Behörde nach § 26 EZG zu beantragen (Quelle: Schwarzer, zu § 26 Rz 10): Genehmigungsregime Bundesrecht GewO EG - K MinRoG AWG UVP - Gesetz Landesrecht Baurecht Landes - ElWOG
1. Instanz
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BVB BVB BVB LH LReg
UVS UVS UVS UVS US
LH BMLFUW Wird vom EG-K verdrängt
Ist für den Betrieb einer Anlage eine Genehmigung nach landesrechtlichen Vorschriften erforderlich, fällt die Erteilung der Genehmigung nach dem EZG in die Zuständigkeit des Landeshauptmanns (§ 26 Z 1 EZG). Er ist gemäß § 26 Z 3 EZG befugt, seine Kompetenz an die Bezirksverwaltungsbehörde zu delegieren. In allen anderen Fällen, insbesondere in Anwendungsfällen der GewO 1994 sowie des Luftreinhaltungsgesetzes für Kesselanlagen ist für die Genehmigung 67 68
RV 400 BlgNR 22.GP, S 5. Im Falle des Zuwiderhandels droht dem Anlageninhaber eine Geldstrafe in Höhe von € 35.000,- (§27 Abs 1 EZG). Der Begriff des Anlageninhabers ist dem Anlagenrecht zu entnehmen. Danach ist ein Anlageninhaber derjenige, der die Gewahrsame über die Anlage hat.
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nach § 4 EZG sowie die Entgegennahme der Meldung über eine Anlagenänderung nach § 6 EZG jene Behörde zuständig, die nach den Verwaltungsvorschriften des Bundes für die Genehmigung der Anlage zuständig ist (§ 26 Z 2 EZG). In diesem Fall69 kann der Antrag auf Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen gemeinsam mit jenem für die anlagenrechtliche Genehmigung (auch bei Anlagenänderungen) bei jener Behörde gestellt werden, die für die anlagenrechtliche Genehmigung zuständig ist. Dabei kommt es zu einer Verfahrenskonzentration vor letztgenannter Behörde, was jedoch nichts daran ändert, dass Dritten keine subjektiven Rechte im Bezug auf das EZG-Genehmigungsverfahren zustehen. Der Antrag auf Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen muss die in § 5 Abs 1 EZG taxativ aufgezählten Angaben enthalten70. Eine Darlegung der zu erwartenden Emissionsmenge kann dabei unterbleiben (§ 5 Abs 1 Z 3 EZG). Die Genehmigung der Anlage ist nur dann zu erteilen, wenn es dem Anlageninhaber im Antrag gelingt, den Nachweis darüber zu erbringen, dass er in der Lage ist, die Emission von Treibhausgasen entsprechend den Vorgaben der Überwachungsverordnung71 zu überwachen und dem BMLFUW darüber bis 31. März des jeweiligen Folgejahres Bericht (§ 8 Abs 1 EZG) zu erstatten (§ 4 Abs 2 EZG). Erfüllt der Anlageninhaber diese Voraussetzungen, hat die Genehmigung in Form eines Bescheides zu ergehen. Der Genehmigungsbescheid kann im Nachhinein einerseits von der zuständigen Behörde amtswegig abgeändert werden, wenn die genehmigte Überwachungsmethode und -häufigkeit nicht ausreicht oder nicht geeignet ist, den Anforderungen der Überwachungsverordnung zu entsprechen. Auch in diesem Verfahren ist der Anlageninhaber Partei und hat das Recht auf Beschwerde gegen letztinstanzliche Bescheide des UVS, BMLFUW oder des US bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts. Da der Umfang der zu überwachenden, mit Zertifikaten bedeckten Kohlendioxidemissionen nicht Gegenstand der Genehmigung sondern des Nationalen Zuteilungsplans bzw der Zuteilungsverordnung ist, bleibt dieser auch bei einer Abänderung der Genehmigung bis zum Ende der Handelsperiode unverändert. Andererseits kann der Inhaber einer bereits genehmigten Anlage unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 3 EZG die Änderung bzw Herabsetzung der im Bescheid festgelegten Überwachungsmethode oder -häufigkeit beantragen. Die einmal erteilte Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen kann auf drei Arten erlöschen. Sie erlischt gleichzeitig mit der (gegebenenfalls letzten von mehreren72) anlagenrechtlichen Genehmigung während einer Zuteilungsperiode oder wenn die
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Entgegen der gesetzlichen Anordnung in § 5 Abs 6 EZG besteht diese Möglichkeit bei verfassungskonformer Interpretation - nach der zu folgenden Ansicht Schwarzer, zu § 5 Rz 10, nur bezüglich des bundesrechtlichen Anlagengenehmigungsverfahrens. Zum anzuwendenden „Maßstab“ für die Rechtzeitigkeit und Vollständigkeit des Genehmigungsantrag siehe Mayerthaler, Der „nachweislich vollständige“ Genehmigungsantrag bei technisch komplexen Anlagen - die „Guillotine“ der CO2 - Zertifikatszuteilung?, RdU 2006-4, 33. BGBl II 2004/458, erlassen auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 7 Abs 2 EZG. Schwarzer, zu § 4 Rz 6.
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emissionsrechtlich genehmigte Anlage nicht in Betrieb genommen wird73. Weiters erlischt die Genehmigung durch Stilllegung der Anlage trotz Weiterbestehens der anlagenrechtlichen Genehmigung (§ 4 Abs 6 EZG).
Gemäß § 4 Abs 6 vorletzter Satz EZG kann der Inhaber einer Anlage beim BMLFUW die Feststellung mit Bescheid beantragen, dass eine Anlage nicht als stillgelegt gilt, wenn der Emissionsrückgang auf Klimaschutzmaßnahmen, einen temporären Produktionsausfall oder die wesentliche Verlagerung der Produktion auf eine andere Anlage desselben Inhabers zurückzuführen ist. Diese Regelung erscheint insofern problematisch, als dass der Begriff der Stilllegung einer Anlage im EZG nicht definiert ist. Zwar wurde in den EB der RV die Schwelle für eine faktische Stilllegung mit 10% der Emissionen festgelegt, jedoch führt Schwarzer74 dagegen aus, dass die Normierung einer faktischen Stilllegung in einer Vorversion der RV vorgesehen war, die jedoch letztendlich nicht in die RV eingeflossen sei. Der entsprechende Passus in den EB beziehe sich somit nicht auf die RV, wodurch der Begriff der Stilllegung undefiniert bliebe und dementsprechend ein Emissionsrückgang niemals mit einer Anlagenstilllegung gleichzusetzen sei. Somit fehle es der Norm an einem Anwendungsbereich, da die Vermeidung des Zertifikatsverlustes durch Stilllegung bereits in § 17 Abs 3 Satz 3 und 7 EZG geregelt sei. Dagegen wird argumentiert, dass gerade § 4 Abs 6 vorletzter Satz EZG für die Relevanz der Festlegung der 10 %Untergrenze in den EB der RV spricht, da darin völlig zweifelsfrei festgehalten werde, dass nicht nur die völlige „Einstellung“ eines Betriebes sondern auch ein Emissionsrückgang als „Stilllegung“ iSd Gesetzes anzusehen sei75. Weiters könnte man der Meinung Schwarzers entgegenstellen, dass eine Vorschrift nach dem in Lehre und Rechtssprechung völlig unbestrittenen Auslegungsgrundsatz nicht so verstanden werden darf, dass ihr keine Bedeutung mehr zukommt76. Letztlich kann argumentiert werden, dass der Hinweis auf § 17 Abs 3 EZG nicht zu überzeugen vermag, da diese Bestimmung den Begriff der Stilllegung nicht klärt sondern ihn vielmehr unter Verweis auf § 4 Abs 6 EZG voraussetze.
Die Stilllegung einer Anlage unterliegt nach dem EZG keiner Meldepflicht77.
1. Anlagenänderung Wesentliche78 Anlagenänderungen müssen sechs Monate79 vor der geplanten Änderung bei der nach dem EZG zuständigen Behörde (§ 26 EZG) gemeldet werden. Diese hat gegebenenfalls einen Genehmigungsbescheid zu erlassen. 73
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In diesem Fall tritt die EZG-Genehmigung nach Schwarzer, zu § 4 Rz 1, dann außer Kraft, wenn nach den Umständen des Einzelfalls feststeht, dass das Vorhaben nicht mehr durchgeführt wird. Schwarzer, zu § 4 Rz 12 ff. Mayerthalter, zu § 5 Rz 12 f. Vgl beispielsweise: VfSlg 12939/1991; VwGH 3.12.1992, 92/18/0287; Potacs, Auslegung im öffentlichen Recht, 1994, 118 ff. Eine Meldung an den BMLFUW sowie an die Genehmigungsbehörde ist jedoch auf Grund der damit verbundenen Rechtsfolgen anzuraten. Auf Grund der fehlenden Erläuterung des Begriffes der „wesentliche Anlagenänderung“ im Gesetz erscheint es ratsam, jede Änderung der Behörde anzuzeigen und dieser die Entscheidung zu überlassen, ob es sich um eine, die Änderung des Bescheides erforderlich machende, wesentliche Anlagenänderung handelt. So auch Sorgo, zu § 6 Rz 1 und Mayerthaler, zu § 6 Rz 1 ff. Schwarzer, zu § 6 Rz 3, hingegen misst dem Passus „wesentliche Anlagenänderungen“ keine besondere Bedeu-
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Wird eine veränderte Anlage ohne eine entsprechende Meldung betrieben, droht dem Anlageninhaber eine Geldstrafe in Höhe von € 5.000,-- (§ 27 Abs 1 Z 3 EZG).
2. Inhaberänderung Durch den Wechsel des Anlageninhabers geht die Emissionsgenehmigung automatisch auf den neuen Inhaber über. Dennoch ist er jener Behörde, die den Genehmigungsbescheid erlassen hat (§ 4 Abs 6 EZG), sowie dem BMLFUW, der die Buchung von Emissionszertifikaten zu veranlassen hat (§ 17 Abs 2 EZG), anzuzeigen. Obwohl die Verletzung der Meldepflicht verwaltungsstrafrechtlich nicht sanktioniert ist80, wird es im Interesse des neuen Inhabers liegen eine solche Meldung umgehend zu erstatten. Grund dafür ist, dass er anderenfalls kein Zertifikatskonto beim österreichischen Registerführer (Emission Certificate Registry Austria GmbH, ECRA)81 einrichten und somit keine Emissionszertifikate empfangen kann.
V. Überprüfung von Treibhausgasemissionen Die am Emissionshandel teilnehmenden82 Anlageninhaber sind verpflichtet ihre Emissionen zu erfassen. Sie haben zu diesem Zeck ein Überwachungssystem zur Erfassung und Dokumentation der Kohlendioxidemissionen einzurichten und im Antrag zur Genehmigung zu beschreiben. Der vom BMLFUW gemäß § 7 Abs 2 EZG erlassenen Überwachungsverordnung kommt direkte Wirkung zu. Daneben ist sie jedoch auch bei der Erlassung von Genehmigungsbescheiden zu beachten. Der Anlageninhaber hat bei der Bestimmung seiner Überwachungspflichten in erster Linie dem Genehmigungsbescheid zu folgen. Ergänzend dazu ist die Überwachungsverordnung heranzuziehen. Bei Widersprüchen zwi-
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tung bei und nimmt eine Meldepflicht bei all „jenen Änderungen der Anlage, die den Inhalt der Emissionsgenehmigung betreffen“ an. Das EZG schweigt zur Frist für die Anzeige einer geplanten Änderung der Anlage. Da der zuständigen Behörde nach § 73 AVG eine Frist von längstens sechs Monaten ab Einlangen der Meldung für die Entscheidungsfindung zusteht, ist mE - unter Bedacht auf die Sanktionsnorm des § 27 Abs 1 Z 1 EZG bei Nichtvorliegen einer Genehmigung nach § 6 EZG im Zeitpunkt der Inbetriebnahme - auch für die Meldung nach § 6 Abs 1 EZG diese Frist ausschlaggebend. Schwarzer, zu § 6 Rz 4 hingegen sieht in der Formulierung der Sanktionsnorm eine unzulässige Erweiterung des Verpflichtungsinhaltes. Damit genügt es seiner Ansicht nach, die Änderung vor ihrer Durchführung - ohne Bezug auf die Frist des § 73 AVG - der Behörde zu melden. Mayerthaler, zu § 4 Rz 5, hingegen nimmt, mE verfehlt, an, dass „ nunmehr Sanktionen bei fehlender Angabe des Betreiberwechsels an die Registerservicestelle nach § 27 Abs 1 Z 3 EZG in der Höhe von € 15.000 vorgesehen sind.“ Auch unter der Annahme, dass in seinen Ausführungen nicht § 27 Abs 1 Z 3 EZG sondern § 27 Abs 1 Z 4 EZG gemeint war, geht der Verweis insofern ins Leere, als dass sich die Sanktionsnorm auf das Unterbleiben einer Meldung bezüglich einer Anlage, die zuvor nicht über eine Genehmigung verfügt hat (Art 15 Registerstellenverordnung), bezieht. Vgl Kap. IX. Eine Überwachungspflicht trifft auch Anlageninhaber nicht genehmigter Anlagen insofern, als dass sie ebenfalls zur Bedeckung der Kohlendioxidemissionen des vergangenen Kalenderjahres verpflichtet sind (§ 18 Abs 2 sowie § 28 Abs 1 und 2 EZG).
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schen dem im konkreten Fall erlassenen Bescheid und der Verordnung ist der Bescheid heranzuziehen, bis dieser durch eine amtswegige Änderung des Genehmigungsbescheides (§ 6 EZG) aufgehoben wird. Daneben kommt den Leitlinien gemäß Art 14 der RL 2003/87/EG mE83 ebenfalls direkte Anwendbarkeit zu, da die Überwachungsverordnung in § 1 subsidiär auf sie verweist84.
Inhaber von nach dem EZG genehmigten Anlagen - auch wenn sie im betreffenden Kalenderjahr nicht betrieben werden bzw keine zertifikatspflichtigen Kohlendioxidemissionen abgeben - müssen für jedes Kalenderjahr bis zum 31. März des Folgejahres dem BMLFUW eine Emissionsmeldung unter Anschluss einer positiven Bescheinigung durch eine unabhängige Prüfungseinrichtung85 oder einen Einzelprüfer (§ 10 EZG) elektronisch übermitteln. Das heißt, der Anlageninhaber hat seinen Bericht86 an eine unabhängige, jedoch von ihm frei wählbare87 Prüfungseinrichtung oder einen Einzelprüfer zu übermitteln88. Die Prüfungseinrichtung hat bei der Prüfung89 des Jahresberichtes den Genehmigungsbescheid (in Verbindung mit dem Zertifikatszuteilungsbescheid), die Regelung des Anhang 3 EZG und die Überwachungsverordnung zu beachten. Kommt die Prüfungseinrichtung zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung einer positiven Bestätigung nicht erfüllt sind, kann sie die Bestätigung verweigern oder dies dem Anla83 84
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So auch Frey, Prüfpflicht für Kohlendioxidemissionsmeldungen, ecolex 2005, 350 (350). Schwarzer, zu § 7 Rz 6, geht demgegenüber davon aus, dass die Leitlinien gemäß Art 14 der RL 2003/87/EG nur ergänzend zur Interpretation der Verordnung heranzuziehen sind. Unabhängige Prüfungseinrichtungen (bestehend aus mindestens einem Einzelprüfer und zwei nicht einzeln prüfungsberechtigten Experten) unterscheiden sich von Einzelprüfern im Berechtigungsumfang. Beide bedürfen der Zulassung durch den BMLFUW und unterliegen in ihrer Tätigkeit der Gewerbeordnung. Die Zulassungsvoraussetzungen und -modalitäten finden sich in § 10 EZG sowie in der Fachkundeverordnung. Die Fachkundeverordnung wurde zur Konkretisierung der Anforderungen des § 10 EZG vom BMLFUW im Einvernehmen mit dem BMWA erlassen. Die Bestimmungen zur Aufsicht über die unabhängigen Prüfungseinrichtungen durch das BMLFUW normiert § 10 b EZG. Die Voraussetzungen des Widerrufs der Zulassung der unabhängigen Prüfungseinrichtungen, der Experten sowie der Einzelprüfer sind in § 10 a EZG geregelt. Der Bericht hat gemäß der Überwachungsverordnung (Anhang 4 zu § 13 der Überwachungsverordnung) Angaben zu den Anlagendaten, Tätigkeiten, Emissionsfaktoren, Gesamtemissionen, Unsicherheitsfaktoren bei der Emissionsberechnung und Anlagenänderungen während des Berichtszeitraumes zu enthalten. Gemeldet werden müssen alle - auch beispielsweise die durch höhere Gewalt entstandenen Emissionen des abgelaufenen Kalenderjahres. Zwischen der Prüfungseinrichtung und dem Anlagenbetreiber besteht ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis. Der Inhaber hat die Kosten für die Überprüfung zu tragen. Die Auswahl der Prüfungseinrichtung bzw des Einzelprüfers muss der Anlageninhaber prinzipiell bereits vor Beginn einer Handelsperiode treffen und dem BMLFUW bekannt geben. Ein - dem BMLFUW anzuzeigender - Wechsel der Prüfungseinrichtung während einer Periode ist jedoch möglich. Der Grund für die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Prüfungseinrichtung liegt in der Bestimmung des § 9 Abs 2 EZG. Danach kann der BMLFUW bei Vorliegen begründeter Zweifel an der Unabhängigkeit der Einrichtung dem Anlageninhaber sogleich die Wahl einer anderen Prüfungseinrichtung mit Bescheid auftragen. Gegen diesen Bescheid steht dem Anlageninhaber sowie der unabhängigen Prüfungseinrichtung ein Beschwerderecht an den VwGH sowie an den VfGH zu. Näheres dazu Frey (FN 83), 350.
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geninhaber mitteilen, sodass er die Möglichkeit erhält, seine Meldung anzupassen. Im Falle einer nicht zufriedenstellenden Bewertung durch die Prüfungseinrichtung wird dem Anlageninhaber bis auf weiteres das Recht zur Übertragung von Emissionszertifikaten entzogen90. Erst nach Eintragung der geprüften Emissionsdaten in die Tabelle der geprüften Emissionen91 kann dieses Recht wieder in Anspruch genommen werden92.
Der BMLFUW hat die Meldung des Anlageninhabers grundsätzlich als „ausreichend geprüft“ anzuerkennen, es sei denn, dass binnen zwei Wochen ab Einlagen der Meldung beim BMLFUW begründete Zweifel daran nicht ausgeräumt werden können. In diesem Fall kann der BMLFUW ein Verfahren zur Festlegung der Emissionen durchführen (§ 9 Abs 1 EZG) und die Emissionen für das betreffende Kalenderjahr mit Bescheid festlegen. Die Kosten dafür sind vom Anlageninhaber zu tragen, wenn seine Meldung unrichtig93 war. Im Verfahren hat der Inhaber Recht auf Parteiengehör.
Inhaber einer stillgelegten Anlage haben im Jahr der Stilllegung letztmalig eine Emissionsmeldung zu erstatten. Mit der Übertragung von Zertifikaten einer stillgelegten Anlage gemäß § 17 Abs 3 EZG wird die empfangende Anlage meldepflichtig. Wird die stillgelegte Anlage durch eine neue, keine Genehmigung nach dem EZG benötigende Anlage ersetzt und hat der BMLFUW mit Bescheid erkannt, dass die zugeteilten Emissionszertifikate bis zum Ende der Periode dennoch weiterhin zugewiesen werden (§ 17 Abs 3 Satz 7), besteht für den Anlageninhaber dennoch keine Meldepflicht mehr.
Unterlässt der Inhaber einer dem EZG unterliegenden Anlage die Meldung, ist er mit einer Geldstrafe von bis zu € 7.000,-- zu belangen (§ 27 Abs 1 Z 3 EZG). Überdies verliert er bis zur positiven Bewertung („als zufriedenstellend bewertet“) der Meldung durch den BMLFUW die Berechtigung zur Übertragung von Emissionszertifikaten (Sperrwirkung des § 9 Abs 4 EZG). Gleichgesetzt dem Fall der „begründeten Zweifel an der Meldung“ hat der BMLFUW (bzw das von ihm beauftragte Umweltbundesamt) auch hier die Überprüfung der Anlage auf Kosten des Anlageninhabers für das abgelaufene Kalenderjahr vorzunehmen und die Emissionsmenge mit Bescheid festzusetzen. Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Dem Anlageninhaber steht somit nur die Beschwerde an den VwGH und VfGH offen. Die Erlassung des amtswegigen Bescheides kann noch während des Feststellungsverfahrens durch eine
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Mit Problemen in der Praxis ist zu rechnen, wenn ein Anlageninhaber den Prüfbericht erst am 31. März, somit am letzten Tag der Abgabefrist, an das BMLFUW übersendet. Da der BMLFUW in diesem Fall nicht im Stande sein wird fristgerecht begründete Zweifel zu äußern, wird der Anlageninhaber - weil im Gesetz nicht geregelt - die Genehmigung zur Übertragung von Zertifikaten erst nach ausdrücklicher Zustimmung des BMLFUW erhalten. So auch Sorgo, zu § 9 Rz 4. Mayerthaler, zu § 9 Rz 10, sieht darin jedoch insofern kein Problem, weil jeder Anlageninhaber bis spätestens 30. April seine Emissionen mit Zertifikaten zu bedecken hat. Dadurch sei der Entscheidungsspielraum des BMLFUW ohnehin limitiert. Dem ist mE jedoch entgegenzuhalten, dass knapp vor Ende der Deckungsfrist ein Ausschluss vom Handel unter Umständen mit erheblichen finanziellen Verlusten für den Anlageninhaber verbunden sein könnte. Vgl Kap. IX. Schwarzer, zu § 9 Rz 14. Eine Meldung ist nach den EB RV dann unrichtig, wenn die Abweichung von der Meldung bei kleinen und mittlere Anlagen mehr als 1% und bei großen mehr als 1.000 t beträgt (RV 400 BlgNR 22. GP, S 7).
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nachträgliche Meldung beim BMLFUW verhindert werden. Die bis zu ihrem Einlangen bereits entstandenen Verfahrenskosten sind mE vom Anlageninhaber zu tragen.
VI. Zuteilung von Emissionszertifikaten Der Nationale Zuteilungsplan bildet als ein Kernstück des EZG den Rahmen für eine Grandwanderung94 zwischen Verwirklichung des Klimaschutzes sowie Sicherung und Erhaltung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Die Zuteilung der Emissionszertifikate beruht auf einem auf drei Verwaltungsakten basierenden Verteilungsprozess. Nach der Aufhebung des § 13 Abs 4 EZG95 sowie der Zuteilungsverordnung96 durch den VfGH97 mit Wirkung 31. 12. 200798 - dieser sah als Basis der Zuteilung den vom BMLFUW im Einvernehmen mit dem BMWA und dem BMF (unter Einbeziehung der Anlageninhaber und der Öffentlichkeit) aufgestellten Nationalen Zuteilungsplan vor - reagierte der Gesetzgeber umgehend mit der Neuregelung des Zuteilungsverfahrens99. Nunmehr ist die Ausarbeitung eines Nationalen Zuteilungsplans - ab 2008 jeweils für eine Periode von fünf Jahren - als Entscheidungsgrundlage für die Zuteilung von Emissionszertifikaten durch die Zuteilungsverordnung und in weiterer Folge durch Zuteilungsbescheide - vorgesehen (§ 11 Abs 1 iVm § 13 EZG). Auch nach der neuen Rechtslage stellt der Nationale Allokationsplan einen von der Kommission anzunehmenden100, jedoch nach österreichischem innerstaatlichen Recht nicht bekämpfbaren Rechtsakt dar. In diesem Zusammenhang erscheinen die Gründe für die Aufhebung des § 13 Abs 4 EZG sowie der Zuteilungsverordnung erwähnenswert. Der VfGH stützt sein Urteil nämlich auf die von ihm bereits im Prüfungsbeschluss geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich den Rechtswirkungen des Nationalen Zuteilungsplans als einem von der Verfassung nicht vorgesehenen Rechtsquellentypus, jene der Zuteilungsverordnung - nach Aufhebung des § 13 Abs 4 EZG - auf die mangelnde materiellgesetzliche Determinierung gemäß Art 18 Abs 2 B-VG. 94 95 96 97
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Besonders verdeutlicht wird dies durch die im EZG aufgestellten materiellrechtlichen Kriterien für die Erstellung des Nationalen Zuteilungsplans (§ 11 Abs 2 EZG). BGBl 2004 I/46 idF BGBl 2006 I/34. BGBl 2005 II/18. Siehe zu den (dem Urteil vorangegangenen) Diskussionen über den Rechtscharakter des Nationalen Zuteilungsplanes in der Literatur Oberndorfer/Mayrhofer, 529; Leitl, Die Zuteilung von Emissionszertifikaten, ÖZW 2004, 34 (35). VfGH 11. 10. 2006, G 138-142/05, V 97-101/05-20 G 7/06, V 3/06-16. BGBl 2006 I/171. Näheres zu den Rechten der Kommission bei der Erstellung der nationalen Zuteilungspläne, siehe Art 9 EHRL iVm Anhang III der EHRL. Kernpunkte der Kontrolle durch die Europäische Kommission stellen die Überprüfung der Eignung der nationalen Zuteilungspläne zur Erreichung des Kyoto-Zieles der betreffenden Länder sowie das Bestreben einer möglichen Überallokation von Emissionszertifikaten - zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen - entgegenzuwirken, dar. Als Maßstab für eine eventuelle Abweichung vom Kyoto-Ziel wird, soweit eine nationale Klimastrategie vorhanden ist, diese - im Falle Österreichs, die „Strategie Österreichs zur Erreichung des Kyoto-Ziels“ - herangezogen. Eine Überallokation ist insofern als problematisch anzusehen, da sie den Charakter einer Beihilfe aufweist und so zur Bevorzugung einzelner Marktteilnehmer führen kann. Vgl zur Beihilfenproblematik Reuter/Busch (FN 30), 42 f.
Emissionszertifikaterecht
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Unter Berücksichtigung der bei der Erstellung des nationalen Zuteilungsplans erzielten Ermittlungsergebnisse sowie der Vorgaben und Entwicklungen im Rahmen der europäischen Integration zur Erreichung klimapolitischer Zielsetzungen ist die Zuteilungsverordnung gemäß den inhaltlichen Vorgaben des § 13 Abs 2 EZG vom BMLFUW im Einvernehmen mit dem BMWA (§ 13 Abs 1 EZG) zu erlassen. Von der vom VfGH aufgehobenen Regelung unterscheidet sich die nunmehrige somit lediglich dadurch, dass diese nicht mehr explizit an den Nationalen Zuteilungsplan anknüpft, sondern an die bei der Erstellung des nationalen Zuteilungsplanes erzielten Ermittlungsergebnisse. Im Hinblick auf die in Art 9 EHRL iVm Anhang III der EHRL normierten Rechte der Kommission scheint diese vermeintliche Loslösung der Verordnung vom Nationalen Zuteilungsplan jedoch bedenklich und mE inhaltlich weitgehend wirkungslos.
Die konkrete Zuteilung der Emissionszertifikate auf die einzelnen Anlagen erfolgt schließlich amtswegig mittels Bescheid101 des BMLFUW (§13 Abs 3 EZG).
Im Nationalen Zuteilungsplan102 ist die Gesamtmenge103 der zu emittierenden Emissionszertifikate, das Verhältnis dieser Gesamtmenge zu den Emissionen aller anderen Sektoren und die anlagenbezogene Zuteilung der Emissionszertifikate an die Inhaber der Anlagen (§ 11 Abs 1 EZG) festzuhalten. Überdies hat der Nationale Zuteilungsplan die Bildung einer Zertifikatsreserve für Anlagen zu enthalten, deren Inhaber später als 21 Monate vor Beginn der folgenden Periode104 einen vollständigen Antrag auf anlagenrechtliche Genehmigung einbringen und deren Inbetriebnahme voraussichtlich vor dem 101
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Parteienrechte kommen im Bescheiderlassungsverfahren nur dem Anlageninhaber zu. Der Bescheid ist zu begründen. Er kann vom Anlageninhaber wegen zu geringen Zuteilungsmengen beim VfGH oder beim VwGH bekämpft werden. Nicht direkt sondern nur über ein Gesetzes- und Verordnungsprüfverfahren - anfechtbar sind hingegen der Nationale Zuteilungsplan sowie die Zuteilungsverordnung. Wie der VfGH bereits entschieden hat (VfGH 1.10.2005, B 244/05 ua, V 13/05 ua.) scheitert eine direkte Anfechtung seitens der Anlageninhaber an einem Beschwerdegegenstand, da der Nationale Zuteilungsplan ihnen nicht zugestellt wurde. Weiters kommt ihnen auch keine Antragslegitimation nach Art 139 Abs 1 (letzter Satz) B-VG zu. Wie der VfGH unter Verweis auf seine ständige Rechtssprechung (VfSlg. 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003) ausführt, setzt die Antragslegitimation nach 139 Abs 1 letzter Satz B-VG unter anderem voraus, dass der Rechtschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren ist, als dass ein anderer zumutbarer Weg hierfür nicht zur Verfügung steht. Diese Voraussetzung liege jedoch gerade im Hinblick auf die Beschwerdemöglichkeit gegen den Zuteilungsbescheid nicht vor. Die erste Zuteilungsperiode läuft bereits (2005-2007). Bei der Erhebung der Daten für den Zuteilungsplan der Periode 2008-2012 wurden grundsätzlich die Daten der Emissionsmeldungen von 2002 bis 2005 herangezogen. Näheres zu den bei der Erstellung der Nationalen Zuteilungspläne verwendeten beziehungsweise zu verwendenden Daten siehe § 12a EZG sowie BMLFUW (FN 60). Zentrale Bedeutung kommt dabei der Berücksichtigung des zu erwartenden Wirtschaftswachstums und der damit zusammenhängenden Anzahl an auszugebenen Zertifikaten zu. Der vorläufige Entwurf des Nationalen Zuteilungsplans 2008 - 2012 sieht eine jährliche Ausschüttung von 32,8 Millionen Zertifikaten vor. Davon sollen 8,3 Millionen der E-Wirtschaft zugeteilt werden (siehe BMLFUW (FN 60)). Der Nationale Zuteilungsplan ist spätestens 18 Monate vor Beginn der betreffenden Periode an die Europäische Kommission zu übermitteln (Art 9 Abs 1 letzter Satz EHRL).
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letzten Tag der jeweiligen Periode erfolgt (Neue Marktteilnehmer). Der Reserve sind im Nationalen Zuteilungsplan mindestens 1 % der Gesamtmenge der Emissionszertifikate zuzuteilen105. Problematisch erschien die bisherige Regelung der Reservehaltung, derzufolge Neuen Marktteilnehmern im Einparteienverfahren lediglich im Umfang des Reservebestandes 106, nach dem „first come - first served Prinzip“, Gratiszertifikate zugeteilt wurden. Aus diesem Grund wurde die bisherige Regelung für die Perioden ab 2008 durch eine „flexible Reserve107“ ergänzt108.
Dem BMLFUW steht es ab der Periode 2008 frei, nicht mehr alle Emissionszertifikate (bis zur Erschöpfung der Reserve) kostenlos zuzuteilen (§ 14 Abs 2 EZG)109. Sofern diese Möglichkeit zur „Förderung eines effizienten Marktes für Emissionszertifikate zweckmäßig ist“, kann im zweiten Nationalen Zuteilungsplan110 die Versteigerung von höchstens 10 % - ab 2012 wurde im EZG kein entsprechender Rahmen mehr festgelegt - vorgeschrieben werden. 105
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Im ersten Nationalen Zuteilungsplan (2005-2007) wurden der Reserve 1% der Gesamtmenge an Zertifikaten zugeteilt. Ebenso ist dies für die Reserve der zweiten Periode (2008-2012) vorgesehen (BMLFUW (FN 60)). Verfassungsrechtliche Bedenken dazu äußerte Sorgo, Die Behandlung Neuer Marktteilnehmer nach dem Emissionszertifikategesetz, in: ecolex 2005, 806 (807), da sie im first come - first served Prinzip eine unsachliche Ungleichbehandlung Neuer Marktteilnehmer, die auf Grund der Erschöpfung der Reserve nicht beziehungsweise nur noch teilweise befriedigt wurden, sah. Pflüglmayer, 148 f, gestand hingegen bereits der alten Regelung des first come - first served Prinzips Verfassungskonformität zu. Der Reservebestand setzt sich aus folgenden Zertifikaten zusammen: Durch den Nationalen Zuteilungsplan der Reserve zugeteilte Zertifikate, Zertifikate die Anlagen zugeteilt wurden, welche während der betreffenden Periode jedoch stillgelegt werden (§17 Abs 3 EZG) und bestimmten Anlagen im Nationalen Zuteilungsplan zugeteilten Zertifikaten, die während der Periode nicht in Betrieb genommen werden (§17 Abs 4 EZG). Dadurch ist ein Bestandszuwachs auch während einer Periode möglich. Eine nachträgliche Zuteilung nach Ablehnung des Antrages wegen Erschöpfung - in der ersten Periode (für die Folgenden wurde ja eine flexible Reserve geschaffen) - ist aus diesem Grund denkbar. BGBl 171 I/2006; zu vorangegangenen Ansätzen in der Literatur siehe Mayerthaler, Zertifikatreserve im Emissionshandel, ecolex 2006, 335. Der Antrag auf Zuteilung von Zertifikaten aus der Reserve ist binnen 6 Wochen nach der anlagenrechtlichen Genehmigung beim BMLFUW einzubringen. Verspätet gestellte Anträge sind von diesem zurückzuweisen. Dagegen will Schwarzer, zu § 14 Rz 9, mE jedoch verfehlt, § 14 Abs 2 EZG lediglich einen programmatischen Charakter zugestehen, da es „dem Verordnungsgeber bei der derzeitigen Gesetzeslage verwehrt sei, Versteigerungen von Zertifikaten anzuordnen.“ Er begründet seine Ansicht damit, dass zum einen in der für die inhaltliche Ausgestaltung des Nationalen Zuteilungsplans ausschlaggebenden Norm des § 11 EZG alles auf eine Gratiszuteilung hindeute und es zum anderen an einer ausreichenden, dem Legalitätsprinzip entsprechenden, gesetzlichen Determinierung für die Anordnung und Durchführung von Zertifikatsversteigerungen fehle. Dem ist mE entgegenzuhalten, dass eine Vorschrift nach dem in Lehre und Rechtssprechung völlig unbestrittenen Auslegungsgrundsatz nicht so verstanden werden darf, dass ihr keine Bedeutung mehr zukommt (vgl VfSlg 12939/1991; VwGH 3.12.1992, 92/18/0287; Potacs, Auslegung im öffentlichen Recht, 1994, 118 ff). Im Entwurf zum Nationalen Zuteilungsplan für die Periode 2008 - 2012 ist die Versteigerung von 1,2 Prozent (400.000) der Gesamtmenge vorgesehen (siehe BMLFUW (FN 60)).
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VII. Emissionszertifikate, Emissionsreduktionseinheiten und Zertifizierte Emissionsreduktionen Ein Emissionszertifikat ist ein Zertifikat, das zur Abgabe von einer Tonne Kohlenstoffdioxidäquivalent in jener Periode, für die es ausgegeben wurde, berechtigt (§ 3 Z 1 EZG). Eine Tonne Kohlenstoffdioxidäquivalent ist eine metrische Tonne Kohlendioxid oder eine nach dem Global Warming Potential (GWP) adäquat schädliche Menge an anderen, in § 3 Z 3 EZG genannten Treibhausgasen (§ 3 Z 6 EZG). Emissionsreduktionseinheiten werden bei der gemeinsamen Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen (Joint Implementation, JI) - welche auf der Bestimmung des Art 6 Abs 1 Kyoto-Protokoll sowie der RL 2004/101/EG111 basieren - durch zwei in unterschiedlichen Annex B Staaten ansässige Projektträger erzeugt. Voraussetzung dafür ist eine dadurch erzielte zusätzliche Reduktion von Emissionen. Zu einer Änderung der Gesamtmenge der Assignated Amount Units112 kommt es dabei nicht, da der Gastgeberstaat, der eine entsprechende Anzahl an Emissionsreduktionseinheiten an den Investorstaat (der diese in weiterer Folge an den finanzierenden Projektträger zu übertragen hat) überweisen muss, in gleicher Höhe Assignated Amount Units stillzulegen hat113. Ausgenommen von Joint Implementation Projekten sind jedoch Anlagen, die selbst am Emissionshandel teilnehmen. Somit sind all jene Anlagen aus EU-Staaten (EU 25) von der Teilnahme ausgeschlossen, die nach Anhang I der EHRL am Emissionshandel teilzunehmen haben. Im Unterschied dazu werden Zertifizierte Emissionsreduktionen durch gemeinsame Projekte zwischen einem Investor eines Annex B Staates und einem Projektträger eines Nicht Annex B Staates (Clean Development Mechanism, CDM114) generiert. Da Nicht Annex B Staaten durch das KyotoProtokoll zu keiner Reduktion ihrer Emissionen verpflichtet wurden, verfügen sie über keine Assignated Amount Units. Aus diesem Grund werden im Zuge des Clean Development Mechanism zusätzliche Emissionszertifikate generiert, womit das strenge Prüfsystem zur Genehmigung von Clean Development Mechanism - Projekten zu erklären ist115. Eine Emissionsreduktionseinheit sowie 111
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Die RL 2004/101/EG soll den EU-Mitgliedstaaten die Nutzung der zwei flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls im Rahmen des Europäischen Handelssystems ermöglichen. AAUs sind Zertifikate, die jedem Annex B Staat im Rahmen seines KyotoMinderungszieles zustehen. Sie dienen dazu ihm die Teilnahme am Emissionshandel gemäß Art 17 Kyoto-Protokoll zu ermöglichen. Sie können nur unter den Annex B Staaten gehandelt werden und stehen - mit Ausnahme der Umwandlung in Emissionsreduktionseinheiten im Zuge der Durchführung von Joint Implementation Projekten - in keinem inneren Zusammenhang mit dem europäischen Emissionshandelssystem. Näheres dazu Knopp/Hoffmann, Das Europäische Emissionsrechtehandelssystem im Kontext der projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls, EuZW 2005-20, 616 (616 f). Ein solches Vorgehen basiert auf Art 12 Abs 1 Kyoto-Protokoll sowie der RL 2004/101/EG. Dazu Pohlmann, 33 ff. Siehe Knopp/Hoffmann (FN 113), 616 ff; weiterführend: Michaelowa, Clean Development Mechanism und Joint Implementation, in: Lucht/Spangardt (Hrsg), Emissi-
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eine Zertifizierte Emissionsreduktion entspricht - gleich einem Emissionszertifikat - einer Tonne Kohlenstoffdioxidäquivalent116. Emissionszertifikate haben gemäß § 22 EZG - diese Bestimmung wird wohl auch auf Emissionsreduktionseinheiten und zertifizierte Emissionsreduktionen anzuwenden sein117 - den Rechtscharakter einer Ware118 und können an Warenbörsen gehandelt werden.
A. Vergabe von Emissionszertifikaten Die Gesamtmenge der in einer Periode auszuschüttenden Zertifikate wird in Form von jährlichen, aliquoten, im Nationalen Zuteilungsplan, in der Zuteilungsverordnung sowie in den Zuteilungsbescheiden festgelegten, Buchungen auf die Konten der Anlageninhaber übertragen119. Die Buchung hat jeweils bis längstens 28. Februar zu erfolgen. Sie wird auf Veranlassung des BMLFUW über die Registerstelle durchgeführt (§ 17 Abs 1 EZG). Ein Saldo des Vorjahres darf im Zuge dieser Überweisung nicht durch das Einbehalten von Zertifikaten ausgeglichen werden120. Über ausgeschüttete Zertifikate kann der Anlageninhaber frei verfügen121. Sie können sowohl zur
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onshandel, 2005, 137; Lucht, Das Umfeld des Emissionshandels im Überblick, in: Lucht/Spangardt (Hrsg), Emissionshandel, 2005, 1 (16); Jud, Kyoto: Rechtlicher Rahmen für Emissionsreduktion und flexible Mechanismen, ecolex 2004, 500; Österreichisches JI/CDM-Programm, http://www.ji-cdm-austria.at/de/portal/ sterreichischesjicdmprogramm/ (21.09.2006). Annex A. 1. zu Punkt I. J. 2. der Guidelines for the implementation of Article 6 of the Kyoto Protocol (Marrakesh Accords). So auch Schwarzer, zu § 22 Rz 10. Da die EHRL keine diesbezügliche Regelung triff, kann es europaweit jedoch zur Beimessung unterschiedlicher rechtlicher Qualifikationen kommen, die mE dem europaweiten Handel mit Zertifikaten in keiner Weise dienlich sein können. Zu unterschiedlichen Qualifikationsansätzen in der Literatur siehe Fraberger, Bilanzierung und Besteuerung von Kohlendioxid - Emissionszertifikaten - ein alternativer Ansatz, SWK 2003, 1424 (1424 f), der für eine Qualifikation als Inhaberpapiere auftritt und Forstinger/Wagner, Emissionshandel und Aufsichtsrecht, ÖAB 2004, 607, die eine Qualifikation als Warenderivate bevorzugen. Hager, Die bilanzielle Behandlung und Bewertung von Emissionszertifikaten, SWK 2003, W149, hingegen will die Emissionszertifikate - vergleichbar den Rechten zum Abbau von Bodenschätzen als Nutzungsberechtigungen an Sachen qualifizieren. Strack/Solt, 65, hingegen vertreten die Auffassung, dass Emissionszertifikate als immaterielle Wirtschaftsgüter zu behandeln seien. Sorgo, zu § 22 Rz 5, plädiert schließlich für das Abwarten der gesamteuropäischen Entwicklung, da von einer zukünftigen Vereinheitlichung auszugehen sei. Siehe dazu Riedler, Der Handel mit Emissionszertifikaten aus zivilrechtlicher Sicht, RdU 2006, 147 (148 f). Siehe Kap. IX. Vgl Schwarzer, zu § 17 Rz 1. Ausgenommen von dieser Regelung ist der Fall der Stilllegung vor dem Ausschüttungstermin, über die der BMLFUW jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Die deshalb noch auf das Konto des Anlageninhabers gebuchten Zertifikate sind zurückzugeben und der Reserve zuzuführen. (Eine gesetzliche Normierung fehlt. Da jedoch Zertifikate von stillgelegten Anlagen in die Reserve fließen, kann kein Grund für eine davon abgehende - systemwidrige - Behandlung der zurückgegebenen Zertifikate erblickt werden.) RV 400 BlgNR 22. GP, S 14.
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Bedeckung der Kohlendioxidemissionen als auch zur Veräußerung am freien Markt verwendet werden.
B. Rückfluss von Emissionszertifikaten an die Reserve Ab dem der Stilllegung einer Anlage folgenden Kalenderjahr sind die im Nationalen Zuteilungsplan dieser Anlage bereits zugewiesenen Zertifikate - außer in den Fällen der Übertragung bzw des Weiterbezugs - bis zum Ende der betreffenden Periode der Reserve zuzuführen (§ 17 Abs 3 EZG). Dasselbe Schicksal trifft Zertifikate, die im Nationalen Zuteilungsplan einer Anlage zugewiesen sind, welche jedoch während der betreffenden Periode nicht in Betrieb genommen wird.
C. Übertragung und Weiterbezug von Emissionszertifikaten Im Falle der Stilllegung einer Anlage stehen Inhabern von Anlagen folgende Möglichkeiten offen, um den Rückfall der für die Periode bereits zugeteilten Emissionszertifikate zu vermeiden122: Zum einen können sie die Übertragung der Zertifikate mittels Bescheid auf eine andere dem EZG unterliegende inländische123 Anlage beim BMLFUW beantragen. Dieser hat dem Antrag Folge zu leisten, wenn die neue Anlage als „Neuer Marktteilnehmer“ zu qualifizieren wäre und die Person des Inhabers beider Anlagen ident ist. Die Obergrenze bilden dabei einerseits die Anzahl der zu übertragenden Zertifikate und andererseits die Zuteilungsgrundsätze des Nationalen Zuteilungsplans. Stehen der neuen Anlage weniger Zertifikate wie der stillgelegten zu, sind die überzähligen der Reserve zuzuleiten. Wählt ein Anlageninhaber diese Option, stehen ihm keine Zertifikate aus der Reserve zu (§ 17 Abs 3 EZG). Zum andern können Inhaber von Anlagen den Weiterbezug beantragen, wenn die stillgelegte Anlage durch eine neue Anlage desselben Inhabers ersetzt wird. Diese Anlage darf jedoch auf Grund eines geringeren Treibhausgasausstoßes nicht dem EZG unterliegen. Im Unterschied zum Übertragungsfall kommt es hier nicht auf die Beibehaltung des Standortes in Österreich124 an. Die gesamte Menge an zugeteilten Zertifikaten der betreffenden Periode kann in diesem Fall bezogen werden.
D. Abgabe von Emissionszertifikaten Inhaber einer nach dem EZG genehmigten sowie einer diesbezüglich nicht genehmigten Anlage sind zur Abgabe von Emissionszertifikaten verpflichtet (§ 18 Abs 1 und 2 EZG). Inhaber von emissionsrechtlich genehmigten Anlagen haben bis spätestens 30. April jeden Jahres Zertifikate im Ausmaß der geprüften Gesamtemissionen des vorangehenden Jahres an den BMLFUW ab-
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Die Antragsvoraussetzungen sind in § 17 Abs 3 EZG geregelt. Schwarzer, zu § 17 Rz 10 EZG. Vgl Schwarzer, zu § 17 Rz 18.
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zugeben125. Inhaber von emissionsrechtlich nicht genehmigten Anlagen haben bis spätestens 30. April des Jahres, das auf die Verhängung des Strafbescheides wegen Betreibung einer EZG-pflichtigen Anlage ohne Genehmigung (§ 27 Abs 1 Z 1 EZG) folgt, Zertifikate für die Zeit, in der die Anlage ohne Genehmigung Treibhausgase emittiert hat, abzugeben. Werden Emissionszertifikate nicht in ausreichender Menge abgegeben, drohen den Anlageninhabern Sanktionszahlungen in Höhe von € 40,- bzw € 100,(ab dem Jahr 2009) pro Tonne Kohlenstoffdioxidäquivalent, die vom BMLFUW über die Registerstelle einzuheben sind. Die eingehobenen Sanktionszahlungen fließen dem österreichischen Joint Implementation / Clean Development Mechanism Programm gemäß den Bestimmungen des Umweltförderungsgesetzes zu. Die von diesen Pönalen betroffenen Inhaber sind weiters auf der Homepage des BMLFUW zu veröffentlichen (§ 28 Abs 5 EZG). Die abgegebenen Zertifikate sind zu löschen. Neben den in Österreich sowie den Mitgliedstaaten der EG ausgegebenen Zertifikaten können auch Zertifikate aus dem EU-Ausland zur Erfüllung der Abgabeverpflichtung verwendet werden. Zertifikate, die in anderen Staaten ausgegeben wurden, können, der Regelung des § 18 Abs 1 iVm § 19 Abs 1 Z 2 EZG zufolge, nur dann zur Erfüllung der innerstaatlichen Abgabeverpflichtung herangezogen werden, wenn der betreffende Drittstaat ein Annex B Staat ist, der das Kyoto-Protokoll ratifiziert hat und überdies mit der Gemeinschaft ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung der Emissionszertifikate geschlossen hat. Da bis dato kein dementsprechendes Abkommen geschlossen wurde, können Zertifikate aus Drittstaaten (noch) nicht zur Abdeckung der Emissionen genutzt werden.
Abgesehen von den eben behandelten Möglichkeiten zur Erfüllung der Verpflichtungen eines Inhabers können seit Einführung des EZG Zertifizierte Emissionsreduktionen und ab der Periode 2008 - 2012 auch Emissionsreduktionseinheiten zur Abdeckung eines im nationalen Zuteilungsplan bestimmten Anteils126 an Emissionen verwendet werden127 (§ 18 Abs 1a EZG).
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Durch höhere Gewalt verursachte Emissionen bleiben insofern außer Betracht, als dass für sie Zertifikate nach § 15 EZG (Höhere Gewalt) bereits während des Kalenderjahres verbucht wurden. Der Grund der prozentmäßigen Begrenzung liegt im Kyoto-Protokoll sowie den Beschlüssen von Marrakesch. Beide verankern die Subsidiarität der flexiblen Mechanismen im Bezug auf die vorrangigen nationalen Maßnahmen. Überdies ist bei der Festlegung einer nationalen, nicht europaweit einheitlich verbindlichen Obergrenze auf jene in den übrigen Mitgliedstaaten Bedacht zu nehmen, um Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen (RV 1147 BlgNR 22. GP, S 7 f). Zur beihilfenrechtlichen Problemstellung siehe Koenig/Braun/Pfromm, Beihilfenrechtliche Probleme des EG-Emissionsrechtehandels, ZWeR 2003-2, 152. Voraussetzung dafür ist die Anerkennung der Joint Implementation und Clean Development Programm-Projekte - deren CER- oder ERU-Einträge auf ein inländisches Konto übertragen werden sollen - durch den BMLFUW (Näheres zu den vom BMLFUW dabei anzuwenden Rechtsvorschriften siehe § 19b EZG). Zur gesetzlichen Ermächtigung des BMLFUW zur Festlegung einer Verwertungsbeschränkung von CERs und ERUs siehe § 18 Abs 1a EZG.
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Ausgenommen von dieser Bestimmung sind Zertifizierte Emissionsreduktionen und Emissionsreduktionseinheiten die aus Nuklearanlagen128 oder aus Senkenprojekten129 stammen. Anders als Emissionszertifikate werden Zertifizierte Emissionsreduktionen und Emissionsreduktionseinheiten, wenn sie von Anlageninhabern zur Deckung ihrer Emissionen verwendet werden, in einem ersten Schritt vom BMLFUW gegen Emissionszertifikate ausgetauscht, welche in einem zweiten Schritt umgehend wieder abzugeben sind. Bis zu ihrer Verwertung können die Emissionsreduktionseinheiten und Zertifizierte Emissionsreduktionen jedoch, übereinstimmend mit dem soeben erläuterten Verfahren gemäß der RL 101/2004/EG in Verbindung mit der Registerverordnung 2216/2004/EG auf Betreiberkonten gehalten werden. Neben der Möglichkeit der Abgabe von Emissionszertifikaten zur Deckung der Emissionen können Zertifikate jeder Zeit auf Antrag ihres Inhabers130 - ohne dass dadurch Emissionen bedeckt werden - gelöscht werden (§ 19 Abs 3 EZG)131.
E. Der Handel mit Emissionszertifikaten Emissionszertifikate sind auf beliebige natürliche und juristische Personen innerhalb der Gemeinschaft sowie in Drittstaaten, sofern mit diesen die gegenseitige Anerkennung der Emissionszertifikate vereinbart wurde, übertragbar (§ 19 Abs 1 EZG)132. Voraussetzung für die Übertragung eines Zertifikats ist die Führung eines Kontos bei der Emission Certificate Registry Austria GmbH (ECRA)133. Die Emission Certificate Registry Austria GmbH wurde von der Umweltbundesamt GmbH und diese wiederum vom BMLFUW mit der Durchführung des österreichischen Registers beauftragt (vgl § 21 EZG).
Unerheblich ist, ob die teilnehmenden Personen eine Anlage betreiben oder aus spekulativen Gründen am Emissionshandel mitwirken. In Österreich sind neben den im Inland ausgegebenen Zertifikaten auch Zertifikate aus anderen Mitgliedstaaten der EU sowie aus Drittstaaten - die im Anhang I des KyotoProtokolls angeführt sind, das Protokoll ratifiziert haben und mit der Gemeinschaft ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung der Emissionszertifikate geschlossen haben134 - übertragbar. 128
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Abweichend von den Vorgaben der EHRL (Art 11a Abs 3 lit a EHRL) sieht das EZG - entsprechend der Staatszielbestimmung eines atomfreien Österreichs (BGBl 1999 I/149) - einen unbefristeten Verzicht auf die Verwertbarkeit von Zertifikaten aus Nuklearanlagen vor (§ 18 Abs 1a EZG). Unter Senkenprojekten sind Projekte der Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft zu verstehen (RV 1147 BlgNR 22 GP, S 21). Zur Aufhebung dieser Beschränkung bedarf es der Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen auf Gemeinschaftsrechtsebene. Mit einer solchen ist mE in der Handelsperiode 2008 2012 zu rechnen. Gemeint sein dürfte nach den EB (RV 400 BlgNR 22. GP, S 15) der Kontoinhaber. Von dieser Möglichkeit werden voraussichtlich lediglich Umweltschutzorganisationen Gebrauch machen, die auf diesem Weg eine zwingende Reduktion des Emissionsausstoßes erreichen wollen. Näheres zum Handel mit Emissionszertifikaten siehe Riedler (FN 118), 149 ff; Grünzweig, Zivilrechtliche Fragen des CO2 -Emissionshandels, RdW 2005, 740. Siehe Kap. IX. Siehe Kap. VII. D.
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Emissionszertifikate dürfen in Österreich gemäß § 22 EZG an Warenbörsen gehandelt werden (Carbon Spot Handel). Dieser gesetzlichen Ermächtigung zufolge werden Emissionszertifikate an der Energy Exchange Austria (EXAA) in Form eines „Double Bidding Konzepts“ gehandelt135. Daneben stehen Alternativen wie der Over The Counter Markt oder der Handel an Handelsplattformen136 allen am Emissionshandel beteiligten offen. Für die Positionierung der Anlageninhaber als Käufer oder Verkäufer wird die Zuteilung von Zertifikaten durch den Staat ausschlaggebend sein, da ein Zukauf nur dann interessant sein wird, wenn die Grenzvermeidungskosten pro Tonne Kohlendioxidäquivalent höher als der Marktpreis sind137. Die Transaktion von Emissionszertifikaten wird - auch im Falle eines grenzüberschreitenden Rechtsgeschäfts - mit der Eintragung in das Register138 nach Ablauf der Einspruchsfrist des Zentralverwalters139 rechtswirksam140. Die Eintragung hat nicht zu erfolgen, wenn der Übertragende aufgrund mangelnder Kontodeckung nicht zur Übertragung befugt ist, der Eintragung ein Einspruch des Zentralverwalters entgegensteht oder der übertragungswillige Anlageninhaber mit der Abgabe der seinen Emissionen entsprechenden Menge an Emissionszertifikaten gemäß § 18 EZG in Verzug ist (§ 19 Abs 1 und 2 EZG).
Die steuerrechtliche Behandlung der entgeltlich erworbenen sowie der gratis zugeteilten Emissionszertifikate ist derzeit noch strittig141.
F. Gültigkeit der Emissionszertifikate Da Zertifikate mit „unendlicher“ Laufzeit ein System zum Erstarren bringen können142, normiert das EZG in § 20 Fristen für die Gültigkeitsdauer der Emissionszertifikate. Demzufolge sind Zertifikate nur während der Periode, für die sie ausgegeben werden, gültig. Ein „Borrowing“ - also ein Vorgriff auf Zertifikate, die aus einem zukünftigen Zeitraum stammen - ist somit de lege lata nur innerhalb einer Periode möglich143. Für das „Banking“ - die Mitnahme von überschüssigen Zertifikaten in die folgende Periode - sieht § 20 Abs 2 und 3 EZG jedoch folgendes vor: Vier 135 136 137 138 139 140
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Näheres zum Handel www.exaa.at. Mayerthaler, Einführung Rz 90. Lucht (FN 115), 16. Näheres zum Register siehe Kap. IX. Die Aufgabe des Zentralverwalters ist in Art 20 EHRL geregelt. Zur Besitzanweisung als Modus für den Eigentumserwerb am Emissionszertifikat: Brauneis, Übertragung von und Pfandrechtsbegründung an Emissionszertifikaten, ecolex 2005, 347 (348). Dazu Hofstätter/Hristov/Ressler, CO2-Emissionszertifikate und Umsatzsteuer, ÖStZ 2005, 375; Frey, Bilanzierung von Emissionszertifikaten - status quo!...quo vadis? RWZ 2005, 110; Wiesner/Mayr, Die steuerrechtliche Behandlung von Emissionszertifikaten, RWZ 2004, 69; Reiter, Überbordende internationale Bilanzierungsvorschriften? Vorschlag für eine einfache und für jedermann verständliche Behandlung von Emissionszertifikaten in Österreich, RWZ 2005, 36; Greinecker/Wiesinger/ Wagner, Steuerliche Aspekte der Emissionszertifikate, ecolex 2005, 352; Reiter, Zur Behandlung der Emissionszertifikate nach österreichischem Handelsrecht, RWZ 2004, 68. Mayerthaler, Einführung Rz 44. Schwarzer, zu § 20 Rz 9.
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Monate nach Beginn der nächsten Periode sind die übrig gebliebnen Zertifikate auf Anordnung des BMLFUW zu löschen. Erst ab der zweiten Periode (2008 2012)144 können Emissionszertifikate insofern in die nächste Periode „mitgenommen“ werden, als dass der BMLFUW als Ersatz für die gelöschten Emissionszertifikate Zertifikate in gleicher Menge für die laufende Periode an die Inhaber zu vergeben hat. Folgt man Schwarzer145, so ist das Verbot des Bankings von der ersten in die zweite Periode nur auf in Österreich ausgegebene Emissionszertifikate anwendbar. Auf in anderen Ländern der EU ausgegebene Zertifikate sei diese Regelung deshalb nicht anwendbar, weil dadurch die freie Transferierbarkeit dieser Zertifikate innerhalb der EU beeinträchtigt werden würde.
Zertifizierte Emissionsreduktionen, die sich auf einem Betreiberkonto befinden, können demgegenüber schon von der ersten in die zweite Periode mitgenommen werden.
VIII. Anlagenpools Anlageninhaber aus demselben Tätigkeitsbereich146 steht in der Periode von 2008 - 2012 noch die Möglichkeit offen einem Anlagenpool147 beizutreten148. In diesem Fall wird der fondbetreibende Treuhänder für die Abgabe der Zertifikate, die Verwaltung der Konten der Poolteilnehmer sowie den Handel mit den Zertifikaten verantwortlich. Die Zertifikate werden auch nach Beitritt zu einem Pool den einzelnen Anlageninhabern zugewiesen. Auch die Zuständigkeit für die jährliche Meldung von Emissionen bleibt bei den einzelnen Anlageninhabern149. Verletzt ein Teilnehmer seine Meldepflicht, verliert der Treuhänder die Befugnis zur Übertragung jeglicher Zertifikate. Wird eine zu geringe Anzahl an Zertifikaten vom Treuhänder abgegeben, treffen ihn die im EZG vorgesehenen Sanktionen (§ 28 EZG). Leistet der Treuhänder diese Zahlungen nicht, wird wiederum jeder Anlageninhaber für die Emissionen seiner Anlage verantwortlich. Das Ausscheiden aus einem Pool ist immer nur zu Jahresende möglich.
144
145 146 147 148 149
Ob die Banking option von der ersten in die zweite Periode von den Mitgliedstaaten innerstaatlich übernommen wird, überlässt die EHRL diesen. Grund dafür, dass diese Option vom österreichischen Gesetzgeber nicht wahr genommen wurde, ist, dass eine Vorbelastung der Kyoto-Periode (2008-2012) durch eine mit dem Banking verbundene, notwendige Umwandlung von Assigned Amount Units in zusätzliche Emissionszertifikate (für vom Banking betroffene Zertifikate) vermieden werden sollte. Dazu Wollansky, Rechte und Pflichten der Emittenten, in: Schwarzer/ Schweinzer (Hrsg), Erfolgreiches Navigieren im Emissionshandel, 2004, 69. Schwarzer, zu § 20 Rz 8. § 2 Abs 1 und 2 EZG. Die Voraussetzungen für die Bildung und den Beitritt zu einem Pool sind in § 16 Abs 1und 2 geregelt. Zu den möglichen Vor- und Nachteilen eines Beitritts zu einem Pool siehe Mayerthaler, zu § 16 Rz 9 ff. Mayerthaler, zu § 16 Rz 2.
1096
Pirker
IX. Register Voraussetzung für die Verbuchung von Vergabe, Besitz, Übertragung und Löschung von Emissionszertifikaten ist die Führung eines Registers150 durch den BMLFUW151 (§ 21 Abs 1 EZG). Seitens der Anlageninhaber ist die Führung eines Operator Holding Accounts mit 3 Tabellen (Tabelle der geprüften Emissionen, der zurückgegebenen Zertifikate und des Standes der Einhaltung) je genehmigungspflichtiger Anlage Voraussetzung für die Vergabe sowie alle anderen Transaktionen von Emissionszertifikaten. Sie haben innerhalb von 14 Werktagen nach Erhalt der Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen einen entsprechenden Antrag an die Registerstelle zu übermitteln. Andere Personen, die sich - ohne selbst Inhaber von Anlagen zu sein und damit nicht zur Haltung eines Kontos verpflichtet sind - am Emissionshandel beteiligen wollen (Zertifikatshändler), sowie Anlageninhaber - sofern sie Interesse an einem separaten Handelskonto haben - können einen Antrag auf Einrichtung eines Kontos (Person Holding Account) einreichen152.
150 151
152
Siehe auch Strack/Solt, 87. Das Register ist nicht beim BMLFUW eingerichtet, sondern wird von der Emission Certificate Registry Austria GmbH, die von der Umweltbundesamt GmbH, welche wiederum vom BMLFUW durch die Registerstellenverordnung beauftragt wurde, geführt. Näheres zum Register der Emission Certificate Registry Austria GmbH sowie deren Verknüpfung mit den Registern der übrigen EU-Staaten siehe unter http://www.emissionshandelsregister.at/ (25.10.2006).
Achter Teil: Lenkungsrecht
Stefan Griller/Marcus Klamert
Außenwirtschaftsrecht der EU Rechtsgrundlagen .........................................................................................1100 Grundlegende Literatur.................................................................................1101 I. Grundlagen und Konzeption des Beitrags ............................................1102 II. Die Zuständigkeitsverteilung in der EU ..............................................1104 A. Grundsätzliches ...................................................................................1104 B. Säule I: Gemeinsame Handelspolitik und anderes ..............................1105 1. Ausdrückliche ausschließliche (Außen-)Kompetenz: Gemeinsame Handelspolitik ...........................................................1105 2. Ausdrückliche konkurrierende Außenkompetenzen .......................1107 3. Ausdrückliche ergänzende Außenkompetenzen..............................1108 4. Implizite ausschließliche Außenkompetenzen ................................1108 5. Implizite konkurrierende Außenkompetenzen ................................1109 6. Die Abgrenzung der Außenzuständigkeiten voneinander...............1110 C. Säule II: Außenwirtschaft und Außenpolitik........................................1111 1. Die Ausgangslage............................................................................1111 2. Vom „Vorrang“ zur Exklusivität des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem Unionsrecht? .........................................................1112 D. Österreichisches Außenwirtschaftsrecht .............................................1116 E. Völkerrechtliche Abkommen der EU/EG.............................................1117 1. Abkommen der EU..........................................................................1117 2. Abkommen der EG..........................................................................1118 3. Gemischte Abkommen ....................................................................1120 4. „Cross-pillar-mixity“.......................................................................1122 III. Der völkerrechtliche Rahmen .............................................................1122 A. Grundsätzliches ...................................................................................1122 B. Die EG in der WTO .............................................................................1123 1. Überblick über die im Rahmen der WTO bestehenden Abkommen .....................................................................................1123 2. Bemerkungen zur Reichweite des WTO-Rechts in der EG ............1125 3. Die Kompetenzfrage .......................................................................1126 C. Andere wichtige multi- und bilaterale Rahmenbedingungen und Typologie der Außenwirtschaftsbeziehungen ......................................1128 1. Allgemeines.....................................................................................1128 2. Einteilung nach der Integrationsdichte............................................1129 3. Geographische Einteilung ...............................................................1131 4. Einteilung nach Regelungsumfang und Teilnehmerzahl.................1132 IV. Die Instrumente der Gemeinsamen Handelspolitik ..........................1133 A. Das Zollrecht .......................................................................................1133 B. Mengenmäßige Beschränkungen .........................................................1135
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Griller/Klamert
1. Einfuhrbeschränkungen .................................................................. 1135 2. Ausfuhrbeschränkungen ................................................................. 1138 C. Mengengleiche Beschränkungen ........................................................ 1139 D. Antidumpingrecht ............................................................................... 1141 E. Antisubventionsrecht ........................................................................... 1142 F. Das Neue Gemeinschaftsinstrument.................................................... 1143 G. Ausfuhrförderung................................................................................ 1144 V. Ausgewählte weitere Gemeinschaftspolitiken in außenwirtschaftlicher Perspektive....................................................... 1145 A. Vorbemerkung..................................................................................... 1145 B. Öffentliche Auftragsvergabe ............................................................... 1146 1. Grundlegung ................................................................................... 1146 2. Das Government Procurement Agreement ..................................... 1147 3. Die kompetenzrechtliche Lage ....................................................... 1148 4. Das GPA und die EG-Vergaberichtlinien....................................... 1149 C. Luftverkehrsrecht ................................................................................ 1150 1. „Open Skies“-Abkommen .............................................................. 1150 2. Die Entscheidung Fluggastdaten .................................................... 1152 D. Die Gemeinsame Agrarpolitik ............................................................ 1154 E. Währungspolitik .................................................................................. 1158 1. Allgemeines .................................................................................... 1158 2. Außenbeziehungen ......................................................................... 1159 VI. „Säulenübergreifendes“ Außenwirtschaftsrecht............................... 1161 A. Handelsembargos................................................................................ 1161 B. Güter mit doppeltem Verwendungszweck und Verwandtes................. 1163 1. Ausfuhrregime für Dual-Use-Güter................................................ 1163 2. Ausfuhrregime für „Foltergüter“ .................................................... 1165 C. Die „Helms-Burton-Gegengesetzgebung“ ......................................... 1165 VII. Die Vertretung der EG/EU und der Mitgliedstaaten in Internationalen Wirtschaftsorganisationen ................................. 1167 A. Allgemeines ......................................................................................... 1167 B. Die Vertretung in der WTO einschließlich der Streitbeilegung .......... 1168 C. Die Vertretung in internationalen Finanzorganisationen................... 1171 VIII. Ausblick auf die Verfassung für Europa ........................................ 1172 A. Grundsätzliches................................................................................... 1172 B. Der Versuch der Kompetenzbereinigung ............................................ 1174 Rechtsgrundlagen: Gemeinschaftsrecht Vertrag über die Europäische Union - EUV (BGBl III Nr 85/1999 idF BGBl III Nr 4/2003); Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV (BGBl III Nr 86/1999 idF BGBl III Nr 4/2003); Cotonou-Abkommen - 2000/483/EG (Abl L 317 vom 15.12.2000, 3). VO 2913/92/EWG, Abl L 302 vom 19.10.1992, 1; VO 2658/87/EWG, Abl L 256 vom 7.9.1987, 1; VO 980/2005/EG, Abl L 169 vom 30.06.2005, 1; VO 3285/94/EG, Abl L
Außenwirtschaftsrecht der EU
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349 vom 31.12.1994, 53; VO 519/94/EG, Abl 1994 L 67 vom 10.3.1994, 89; VO 517/94/EG, Abl L 67 vom 10.3.1994, 1; VO 3030/93/EWG, Abl L 275 vom 8.11.1993, 1; VO 520/94/EG, Abl L 66 vom 10.3.1994, 1; VO 404/93/EG, Abl L 47 vom 25.2.1993, 1; VO 2603/69/EWG, Abl L 324 vom 27.12.1969, 25; VO 259/93/EWG, Abl L 30 vom 6.2.1993, 1; VO 2219/89/EWG, Abl L 211 vom 22.7.1989, 4; VO 3911/92/EWG, Abl L 395 vom 31.12.1992, 1; VO 2257/94/EG, Abl L 245 vom 20.9.1994, 6; VO 339/93/EG, Abl L 40 vom 17.2.1993, 1; VO 384/96/EG, Abl L 56 vom 6.3.1996, 1; VO 2026/97/EG, Abl L 288 vom 21.10.1997, 1; VO 3286/94/EG, Abl L 349 vom 31.12.1994, 71; VO 1334/2000/EG, Abl L 159 vom 30.6.2000, 1; VO 1236/2005/EG, Abl L 200 vom 30.7.2005, 1; VO 2271/96, Abl L 309 vom 29.11.1996, 1; VO 1782/2003/EG, Abl L 270 vom 21.10.2003, 1; VO 1698/2005/EG, Abl L 277 vom 21.10.2005, 1; VO 1257/1999/EG, Abl L 160 vom 26.6.1999, 80; VO 1258/1999/EG, Abl L 160 vom 26.6.1999, 103; VO 1260/1999/EG, Abl L 161 vom 26.6.1999, 1; Gemeinsame Aktion 2000/401/GASP, Abl L 159 vom 30.6.2000, 216; Gemeinsamer Standpunkt 2003/468/GASP, Abl L 156 vom 25.6.2003, 79; Gemeinsame Aktion 668/96/GASP, Abl L 309 vom 29.11.1996, 7. Innerstaatliches Recht Außenhandelsgesetz - AußHG 2005 (BGBl I Nr 50/2005); Außenhandelsverordnung AußHVO (BGBl II Nr 121/2006); Sicherheitskontrollgesetz 1991 (BGBl Nr 415/1992 idF BGBl Nr 762/1996 und BGBl I Nr 136/2001); Kriegsmaterialiengesetz (BGBl Nr 540/1977 idF BGBl I Nr 57/2001).
Grundlegende Literatur: Cremona, The Draft Constitutional Treaty: External Relations and External Action, CMLRev 2003, 1347; Dashwood/Hillion (Hrsg), The General Law of E.C. External Relations, 2000; de Witte, The Constitutional Law of External Relations, in Pernice/ Poiares Maduro (Hrsg), A Constitution for the European Union: First Comments on the 2003-Draft of the European Convention, 2004, 95; Eeckhout, The European Internal Market and International Trade: A Legal Analysis, 1994; Eeckhout, External Relations of the European Union, 2004; Frid, The Relations Between the EC and International Organizations, 1995; Griller, Die gemeinsame Handelspolitik nach Nizza - Ansätze eines neuen Außenwirtschaftsrechts?, in Griller/Hummer (Hrsg), Die EU nach Nizza. Ergebnisse und Perspektiven, 2002, 131; Griller, Europarechtliche Grundfragen der Mitgliedschaft in der WTO, in Köck/Lengauer/Ress (Hrsg), Europarecht im Zeitalter der Globalisierung, 2004, 53; Griller, Internationales Vergaberecht - Aktivitäten öffentlicher Auftraggeber in Drittländern und Beteiligung ausländischer Bieter an innerstaatlichen Vergabeverfahren, in Griller/Holoubek (Hrsg), Grundfragen des Bundesvergabegesetzes 2002, 2004, 245; Griller/Weidel (Hrsg), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, 2002; Hable, The European Constitution: Changes in the reform of competences with a particular focus on the external dimension, Working Paper, Europainstitut, Wirtschaftsuniversität Wien, 2004; Herrmann, Vom misslungenen Versuch der Neufassung der gemeinsamen Handelspolitik durch den Vertrag von Nizza, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2001, 269; Herrmann, Common Commercial Policy After Nice: Sisyphus Would Have Done a Better Job, Common Market Law Review 2002, 7; Kaddous, Le droit des relations extérieurs dans la jurisprudence de la Cour de justice des Communautés européennes, 1998; Kempen, Art 111, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003; Kokott, Art 297, Art 301, Art 302, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003; Kopp, Art 32, Art 34, Art 37, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003; Krenzler/Pitschas, Progress or Stagnation? The Common Commercial Policy After Nice, European Foreign Affairs Review 2001, 291; Leal-Arcas, Exclusive or Shared Competence in the Common Commercial Policy: From Amsterdam to
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Griller/Klamert
Nice, Legal Issues of Economic Integration 2003, 1; Lenaerts/van Nuffel, Constitutional Law of the European Union, 2nd edition, 2005, 898; Louis/Dony (Hrsg), Relations extérieurs, Commentaire J. Mégret, 2ème édition 2005; MacLeod/Hendry/Hyett, The External Relations of the European Communities, 1996; Nettesheim/Duvigneau, Art 133, in Streinz, EUV/EGV, 2003; Oppermann, Europarecht, 3. Aufl. 2005, 637; Petersmann, The GATT/WTO Dispute Settlement System - International Law, International Organizations and Dispute Settlement, 1997; Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, 239; Vedder, Art 112, Art 133, in Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht der Europäischen Union I, EL 17, 2001; Völker, Barriers to External and Internal Community Trade, 1993.
I. Grundlagen und Konzeption des Beitrags Wenn man „Wirtschaftsrecht“ definiert als Inbegriff der für wirtschaftliche Tätigkeiten besonders bedeutsamen Vorschriften, dann kann als „Außenwirtschaftsrecht“ der für den grenzüberschreitenden Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr besonders bedeutsame Teil der Rechtsordnung bezeichnet werden.1 Eine differenziertere Gliederung dieses Rechtsgebiets lässt sich nach mehreren Gesichtspunkten bilden, die auch miteinander kombiniert werden können: insbesondere nach der allgemeinen Einteilung des Wirtschaftsrechts (Ordnungs-, Lenkungs-, Aufsichtsrecht), nach dem Ursprung der Rechtsnormen (z.B. staatliches, europäisches, weltweites Wirtschaftsrecht), oder nach spezifischen sachlichen Problembereichen (z.B. tarifäre Beschränkungen, mengenmäßige bzw. mengengleiche Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, Wettbewerbsregeln). Im Folgenden wird primär nach dem Ursprung vorgegangen: Behandelt wird das EU-Außenwirtschaftsrecht, aber mit Einbettung in das internatonale Wirtschaftsrecht, wobei die Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) einen besonders wichtigen Stellenwert einnimmt. Ferner werden neben der systematisierenden Grundlegung bloß ausgewählte Problembereiche behandelt. Ausgangspunkt der Darstellung ist die komplexe, über Jahrzehnte durch die Judikatur entwickelte Abgrenzung der Zuständigkeiten im „Dreieck“ Mitgliedstaaten - Europäische Gemeinschaft (EG) - Europäische Union (EU). Das Grundproblem in diesem Verhältnis ist einerseits der Konflikt zwischen Mitgliedstaaten und der EU um Kompetenzen, d.h. Handlungsbefugnisse, im besonders sensiblen Bereich der Außenwirtschaft und Außenpolitik, andererseits die Unklarheiten und Komplexitäten der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Gemeinschaft (EG) als supranationale erste Säule der EU und der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) als intergovernementale zweite Säule der EU. Das österreichische Außenwirtschaftsrecht ist heute fast ausschließlich gemeinschafts- bzw. WTO-rechtlich geprägt. Vor allem die weit reichende Übertragung der Gemeinsamen Handelspolitik in die ausschließliche Kompetenz der EG (Art. 133 EGV) macht es für ein EU-Mitglied wie Österreich sinnvoller, das Außenwirtschaftsrecht primär aus dem Blickwinkel des Europarechts und nicht aus jenem des nationalen Rechts zu betrachten. Ausführungen zu öster1
Dazu und zum Folgenden Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht, 1989, 11 ff, 34 ff mwN.
Außenwirtschaftsrecht der EU
1103
reichischen Rechtsgrundlagen sind im Folgenden deshalb kurz gehalten. Dazu kommt, dass die zentralen verfassungsrechtlichen Ansätze, beginnend schon mit der wesentlichen Kompetenzgrundlage "Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland; Zollwesen" (Art. 10 Abs. 1 Z. 2 B-VG) durch den Beitritt zur EU einen fundamentalen Funktions- und Bedeutungswandel erfahren haben: so weit es um die wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb der EG geht, kommt mit dem Binnenmarktrecht ein ganz anderes Regime zur Anwendung als in den Beziehungen zu Drittländern. Nur das letztere ist Gegenstand dieses Beitrags. Man könnte auch sagen: das österreichische Außenwirtschaftsrecht wurde durch den EU-Beitritt zu einem guten Teil Binnenmarktrecht, und zu einem anderen Teil, nämlich so weit es um die Beziehungen zu Drittländern geht, europäisches Außenwirtschaftsrecht. Was das letztere betrifft hat sich das Schwergewicht des nationalen Rechts in einem Maße, welches über die Binnenmarktbeziehungen noch hinausreicht, hin zur Durchführung und Umsetzung von Gemeinschaftsrecht verlagert. Dennoch führt auch hier die Gemengelage zwischen nationalem, europäischem und internationalem Recht zu zahlreichen schwierigen Abgrenzungs- und Koordinierungsfragen. Angesichts dieser Komplexität und der Fülle des Materials kann es in diesem Beitrag nicht um eine einigermaßen geschlossene Darstellung des Außenwirtschaftsrechts der EU, sondern nur um die Vorstellung der grundlegenden Zusammenhänge und eines System des Außenwirtschaftsrechts der EU sowie darum gehen, besonders wichtige oder für das Gesamtkonzept besonders illustrative Elemente etwas genauer in der Blick zu nehmen. Mit dieser Zielsetzung wird zunächst die besonders komplexe Zuständigkeitsverteilung im Dreieck zwischen EU - EG - Mitgliedstaaten (Österreich) erörtert (II.), gefolgt von einem Abriss des völkerrechtlichen Rahmens einschließlich des aktuellen Geflechts von völkerrechtlichen Abkommen der EG (III.), einer Darstellung der wesentlichsten Instrumente der Gemeinsamen Handelspolitik, eines Kerngebiets des EG-Außenwirtschaftsrechts (IV.), ferner der außenwirtschaftlichen Dimension ausgewählter interner Politikbereiche (V.), und einer Illustration der schwierigen Kompetenzlage durch beispielsweise herausgegriffenes „säulenübergreifendes“ Außenwirtschaftsrecht (VI.). Institutionelle Fragen der Vertretung auf dem internationalen Parkett, nämlich in Internationalen Wirtschaftsorganisationen (VII.) und ein Blick auf die bisher nicht in Kraft getretene Verfassung für Europa (VIII.) runden den Beitrag ab. Zur Terminologie ist auf eine häufig anzutreffende, für diesen Beitrag jedoch passende und unvermeidliche Ungenauigkeit hinzuweisen: Der „Austauschbarkeit“ der Redeweise von der EU und der bzw. den EG. EU und EG sind nach der hier vertretenen Auffassung verschiedene Rechtssubjekte.2 Sie unterscheiden sich auch in den Wirkungen der jeweiligen Rechtsordnung. Während es sich bei den EG um supranationale Organisationen3 mit außerge-
2
3
Das kann hier nicht ausgeführt werden: Näher Griller, Die Europäische Union. Ein staatsrechtliches Monstrum?, in Schuppert/Pernice/Haltern (Hrsg), Europawissenschaft, 2005, 201 (210 ff, 216 ff mwN). Nämlich die Europäische Gemeinschaft (EG, vormals EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG), die beide als EG (Europäische Gemeinschaften) zusam-
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wöhnlichen Wirkungsmechanismen handelt, ist der EUV und das auf seiner Grundlage gesetzte EU-Sekundärrecht vergleichsweise traditionelles Völkerrecht. „Außenwirtschaftsrecht der EU“ meint vor diesem Hintergrund beides: Vorschriften der EG wie auch solche der EU. Es wird zu zeigen sein, dass gerade in der Verflechtung zwischen Außenpolitik und Außenwirtschaft auch zahlreiche übergreifende Elemente bestehen. Dabei dient es auch in diesem Beitrag bisweilen der sprachlichen Vereinfachung, wenn von der EU die Rede ist, selbst wenn gerade Besonderheiten der EG im Blickpunkt sind. Diese Verkürzung erscheint allerdings auch deshalb nicht als geradezu falsch, weil nach den ausdrücklichen Regelungen des EUV die Europäischen Gemeinschaften die „Grundlage der Union sind“,4 und die Union über einen „einheitlichen institutionellen Rahmen“ verfügt,5 der zum größten Teil aus Organen besteht, die von den EG geliehen sind. Die Ziele der Union6 sind zum größten Teil nur durch die Organe der EG und deren Aufgabenwahrnehmung auf der Grundlage des EGV und des EAGV erreichbar. Die Gemeinschaften werden also funktionell für die EU tätig. Dieser Umstand verdeutlicht die Komplexität der aktuellen Konstruktion, rechtfertigt aber zugleich manche Ungenauigkeiten in der Ausdrucksweise.
II. Die Zuständigkeitsverteilung in der EU A. Grundsätzliches Wenn im Folgenden von Zuständigkeiten oder Kompetenzen gesprochen wird, muss nach drei Gesichtspunkten unterschieden werden: Erstens nach der Kompetenzfunktion (intern oder extern), zweitens nach der Kompetenzgrundlage (ausdrücklich oder implizit) und drittens nach der Kompetenzwirkung (ausschließlich, geteilt, konkurrierend, parallel, ergänzend etc). Ganz überwiegend wird diese Einteilung nur für die Kompetenzen der EG verwendet, und ist auf diese zugeschnitten. Zumindest teilweise passen diese Kategorien aber auch auf die EU; deren im Zusammenhang wichtigste Zuständigkeit: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspoltik kann als eine besondere Spielart einer konkurrierenden Kompetenz (im Rahmen intergouvernementaler Strukturen) betrachtet werden. Vereinfacht kann folgendermaßen definiert werden: Interne Kompetenzen ermächtigen die Organe zur Rechtssetzung mit Wirkung innerhalb der EU. Meist geschieht dies durch die Instrumente des EG-Rechts wie Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen. Externe Kompetenzen der EU und der EG (auch Außenkompetenzen genannt) hingegen betreffen die Regulierung der Drittlandsbeziehungen. Auch dies kann, vor allem wenn es sich um einseitig ergriffene Maßnahmen handelt, in den erwähnten Formen des Sekundärrechts geschehen. So weit hingegen internationale Kooperation stattfindet, geschieht dies häufig durch den Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen durch die EG (oder die EU) und im Rahmen der Mitgliedschaft in internationalen Organisationen.
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mengefasst werden, was dieser Abkürzung eine doppelte Bedeutung gibt und manchmal zu Verwirrung führt. Art 1 EUV. Art 3 EUV. Art 2 EUV.
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Ausdrückliche Kompetenzen sind solche, die ausdrücklich im Vertrag vorgesehen sind. Implizite Kompetenzen ergeben sich (nach der Judikatur des EuGH) erschließbar aus dem Vertrag. Ausschließliche Kompetenzen geben der EG (hier tatsächlich nur der EG, ausschließliche Kompetenzen sind der EU fremd) das Recht, eigenständig ohne die Mitgliedstaaten zu handeln. Die mit Abstand wichtigste ist die Gemeinsame Handelpolitik gem. Art. 133 EGV (vor Amsterdam: Art. 113). Ausschließliche Kompetenz bedeutet nach der Meinung des EuGH, dass die Mitgliedstaaten auf den erfassten Gebieten überhaupt keine Zuständigkeiten mehr besitzen. Der Gerichtshof hält es für unakzeptabel, wenn „auf Gemeinschafts- wie auch auf internationaler Ebene neben der Zuständigkeit der Gemeinschaft noch eine parallele Zuständigkeit der Mitgliedstaaten besteht“.7 Das geht so weit, dass grundsätzlich „nationale handelspolitische Maßnahmen nur mit einer besonderen Ermächtigung durch die Kommission zulässig“ sind.8 Da EG-Recht jedoch in der Regel durch die Mitgliedstaaten vollzogen wird (Grundsatz des mittelbaren Vollzugs) bleiben die Mitgliedstaaten jedenfalls verpflichtet, die gemeinsame Handelspolitik durch ihre Organe durchzuführen. Bereiche mit konkurrierenden bzw. geteilten Kompetenzen hingegen unterliegen der Regelungshoheit der Mitgliedstaaten so lange und so weit bis die Gemeinschaft Regelungen getroffen hat. Für Bereiche mit ergänzenden Kompetenzen bleiben die Mitgliedstaaten zuständig, die Gemeinschaft hat jedoch das Recht, ergänzende oder unterstützende Maßnahmen zu erlassen.
Im Detail besteht keine Einigkeit über die Begrifflichkeit und teilweise auch nicht über die genaue Bedeutung der einzelnen Kompetenzkategorien. Politisch entscheidend sind jedoch zwei Aspekte: Eine ausschließliche Zuständigkeit der EG bedeutet die weitgehende Aufgabe der Handlungsmacht der Mitgliedstaaten für einen bestimmten Politikbereich. Andererseits sind die Mitgliedstaaten Herren über die Verträge und damit auch über die Verteilung der Zuständigkeiten (keine Kompetenz-Kompetenz der EU). Die Mitgliedstaaten sind somit in einem permanenten Konflikt zwischen der Übertragung von Handlungsmacht zur Förderung der europäischen Integration und der Wahrung ihrer „Souveränität“. Die verschiedenen Formen der Kompetenzverteilung in der EU sind ein Ausdruck dieses Konfliktes und spiegeln oftmals Versuche der Kompromissfindung wider.
B. Säule I: Gemeinsame Handelspolitik und anderes 1. Ausdrückliche ausschließliche (Außen-)Kompetenz: Gemeinsame Handelspolitik Die in der Praxis, wie erwähnt, bedeutsamste ausschließliche Kompetenz der EG ist die Gemeinsame Handelspolitik (GHP) gemäß Titel IX (Art. 131-134) des EGV.9 Sie ist somit eine der EG ausdrücklich im Vertrag zugewiesene ausschließliche Zuständigkeit, und zwar sowohl für „autonome“ als auch für „konventionelle“, also einseitige oder mit Dritten vereinbarte Maßnahmen. 7 8 9
EuGH, Gutachten 1/75, Lokale Kosten, Slg 1975, 1355 (1363 und 1364); siehe auch EuGH, Gutachten 2/91, ILO-Übereinkommen Nr 170, Slg 1993, I-1061, Rz 8. EuGH, Rs C-70/94, Werner, Slg 1995, I-3189, Rz 12 (mN der Vorjudikatur). Weitere außenwirtschaftlich bedeutsame ausschließliche Gemeinschaftskompetenzen auf der Grundlage der Verträge bestehen auf dem Gebiet der Währungsunion (dazu auch unten V.B) sowie der Fischereipolitik.
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Ausdrücklich ist freilich nur die Kompetenzzuweisung, nicht auch der Charakter der Ausschließlichkeit. Dieser ergab sich erst aus der Judikatur des EuGH bzw. aus späteren Vertragsänderungen.10 Die GHP war bereits in der ursprünglichen Fassung des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) verankert. Sie umfasst nach dem Wortlaut des Artikels insbesondere die Festsetzung von Zöllen, mengenmäßigen Beschränkungen, Antidumpingmaßnahmen, Antisubventionsmaßnahmen, Maßnahmen gegen unfaire Handelspraktiken, Exportförderung und den Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen. Wegen der besonderen Bedeutung werden die Instrumente der GHP in diesem Beitrag etwas genauer dargestellt.11 Der inhaltliche Umfang der Handelspolitik wird jedoch durch den Wortlaut des Art. 133 nicht erschöpfend geklärt. Die im Vertragstext enthaltene Aufzählung ist explizit bloß beispielhaft. Strittig war z.B. lange, ob auch Handelmaßnahmen, die der Verfolgung anderer Ziele wie Umwelt-, Gesundheitsschutz oder Außenpolitik dienen, unter Art. 133 EGV fallen. Der EuGH hat dazu in seiner älteren Rechtsprechung einen sehr weiten Begriff der Handelspolitik vertreten12, diesen jedoch vor allem anlässlich des Abschlusses der Verträge der World Trade Organization (WTO) wieder etwas eingeschränkt.13 Ein weiteres Problem ist, dass versucht wurde, den Anwendungsbereich der GHP14 mit Fortschreiten sowohl der Integration als auch des internationalen Handels und der zunehmenden Bedeutung der WTO den neuen Gegebenheiten anzupassen.15 So stieg, nicht zuletzt durch die technologische Entwicklung neben dem "klassischen" Warenhandel die Bedeutung des Handels mit Dienstleistungen sowie von Immaterialgüterrechten stetig. Jedoch eröffnete erst der Vertrag von Amsterdam 1998 ausdrücklich die Möglichkeit einer Erstreckung der Regeln der GHP auf diese Bereiche, die aber in der Praxis ungenutzt blieb. Im Vertrag von Nizza aus dem Jahr 2000 findet sich eine weitere, sehr komplizierte Neufassung des Art. 133 EGV, die viele Fragen offen lässt.
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Heute ergibt sich insb aus Art 5 EGV (und Z 3 des Protokolls Nr. 30 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit) sowie aus Art 43 lit d EUV unzweifelhaft, dass es „ausschließliche“ Kompetenzen der EG gibt. Für diese gelten die Beschränkungen des Subsidiaritätsprinzips nicht. Außerdem kann auf diesen Gebieten keine verstärkte Zusammenarbeit zwischen einzelnen Mitgliedstaaten etabliert werden. Auch die Währungsunion ist für deren Mitglieder nach hA eine ausschließliche Kompetenz. Terminologisch kommt dies mindestens in Art 106 EGV zum Ausdruck, durch den die Genehmigung der Ausgabe von Banknoten durch die EZB als deren ausschließliches Recht bezeichnet wird. Vgl unten IV. Siehe dazu EuGH, Gutachten 1/78, Internationales NaturkautschukÜbereinkommen, Slg 1979, 2871, Rz 44 und 56. und EuGH, Rs 45/86, Kommission/Rat (Allgemeines Präferenzsystem), Slg 1987, 1493, Rz 18f. Siehe unten III.B. Genauer unten IV. Dazu und zum Folgenden Griller, Die gemeinsame Handelspolitik nach Nizza Ansätze eines neuen Außenwirtschaftsrechts?, in Griller/Hummer (Hrsg), Die EU nach Nizza. Ergebnisse und Perspektiven, 2002, 131.
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Neben der GHP fällt nach überwiegender Auffassung auch die Währungsunion, namentlich die Geldpolitik, für deren Mitglieder in die ausschließliche Zuständigkeit der EG. Hinsichtlich der Außenkompetenzen ist in diesem Zusammenhang Art. 111 EGV besonders einschlägig. Er erlaubt unter anderem den Abschluss von Vereinbarungen in Währungs- und Devisenangelegenheiten einschließlich Wechselkursfestlegungen, aber auch die Festlegung von Orientierungen ohne derartige Vereinbarungen. Etwas komplexer ist die Zuständigkeit der EG zum Abschluss von Assoziationsverträgen einzuordnen.16 Zwar kann nur die EG (und nicht auch die Mitgliedstaaten) solche Abkommen abschließen - insofern ist die Zuständigkeit wohl eine ausschließliche. Die geregelten Inhalte folgen jedoch den für die einzelnen Materien geltenden Kompetenzbestimmungen. Insoweit besteht überwiegend, nämlich vor allem soweit es nicht um Angelegenheiten der GHP geht, eine konkurrierende Kompetenz; die Mitgliedstaaten könnten also durchaus eigene Abkommen abschließen, solange und soweit die EG noch nicht gehandelt hat.
2. Ausdrückliche konkurrierende Außenkompetenzen Der EGV sieht auch ausdrückliche konkurrierende Außenkompetenzen der Gemeinschaft vor, hauptsächlich zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge. So etwa im Bereich Umwelt, wo es den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft erlaubt ist „innerhalb ihrer jeweiligen Befugnisse“ mit Drittstaaten und internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten und auch Verträge abzuschließen.17 Durch den Vertrag von Nizza wurde überdies im Bereich der Gemeinsamen Handelspolitik in Art. 133 Abs. 5-7 EGV eine ausdrückliche konkurrierende Kompetenz (eine Novität in diesem Bereich) geschaffen. Die Ermächtigung gilt für die „Aushandlung und den Abschluss von Abkommen betreffend den Handel mit Dienstleistungen und Handelsaspekte des geistigen Eigentums“, soweit solche Abkommen nicht schon in den Anwendungsbereich der GHP fallen. Den Hintergrund dafür bildet die Rechtsprechung des EuGH, wonach diese Materien bis zum Vertrag von Amsterdam (in Kraft getreten 1999) grundsätzlich nicht unter die GHP fielen, sondern nur hinsichtlich des kleinen Ausschnitts der so genannten grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen und Maßnahmen zum Schutz vor der Einfuhr nachgeahmter Waren in das Zollgebiet.18 Zu beachten ist unter anderem, dass die neue Ermächtigung nur für internationale Abkommen, nicht aber für autonome Maßnahmen gilt. In Bereichen konkurrierender Kompetenz sind die Mitgliedstaaten, im Unterschied zu ausschließlichen Kompetenzen, an der Erlassung eigener Regelungen (hier: im Verhältnis zu Drittstaaten) so lange nicht gehindert, bis die Gemeinschaft selbst aktiv wird. Sobald und soweit dies geschieht, sind die Mit-
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Näher unten bei FN 82. Art 174 Abs 4 EGV. Siehe dazu auch unten im Text bei FN 89.
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gliedstaaten jedoch in ihren Rechtsetzungsaktivitäten auf die Umsetzung und Durchführung von Gemeinschaftsrecht beschränkt.19
3. Ausdrückliche ergänzende Außenkompetenzen Hinsichtlich der Bereiche Forschung und technologische Entwicklung20, Entwicklungszusammenarbeit21, sowie wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Drittländern22 bestimmt der EGV, dass die Gemeinschaft mitgliedstaatliche Aktivitäten auf dem betroffenen Gebiet ergänzt. Das heißt, dass überlappende mitgliedstaatliche Maßnahmen selbst dann nicht ausgeschlossen sind, wenn die Gemeinschaft aktiv geworden ist. Auf all diesen Gebieten erlaubt der Vertrag ausdrücklich auch den Abschluss völkerrechtlicher Verträge durch die EG. Wie das Verhältnis zwischen mitgliedstaatlichen und EG-rechtlichen Maßnahmen auf diesen Gebieten einzuordnen ist, ist noch nicht geklärt. Insgesamt wird davon auszugehen sein, dass eine Art wechselseitige Rücksichtnahmepflicht besteht. Das unterscheidet die ergänzende Kompetenz von der konkurrierenden, bei der die Gemeinschaft Materien zu Lasten der mitgliedstaatlichen Regelungskompetenz an sich ziehen darf.23
4. Implizite ausschließliche Außenkompetenzen In Bereichen, in denen keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für eine Außenkompetenz besteht, hat der EuGH in einer Serie von Urteilen und Gutachten eine Theorie der impliziten Kompetenzen entwickelt. Drei Fälle, in denen eine ausschließliche externe Zuständigkeit der EG begründet wird, können unterschieden werden: Bereits im Grundsatzurteil AETR, das den Abschluss eines Abkommens im Verkehrsbereich betraf, hielt der Gerichtshof fest, dass „die Mitgliedstaaten (...) keine Pflichten eingehen können, welche Gemeinschaftsrechtsnormen (...) beeinträchtigen oder in ihrer Tragweite ändern können“.24 Wenn die Gemeinschaft somit bereits Sekundärrechtsakte (Verordnungen, Richtlinien) auf der Grundlage von Rechtsangleichungskompetenzen wie Art. 52 (Dienstleistungen), Art. 71 (Verkehr), Art. 95 (allgemeine Rechtsangleichung) oder Art. 175 EGV (Umweltschutz) erlassen hat, ist in dem Maße, in dem solche Vorschrif19
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Soweit die Gemeinschaft eine abschließende Regelung erlassen hat, können die Mitgliedstaaten für den betreffenden Bereich allerdings auch dann nicht mehr tätig werden, wenn ein bestimmter Aspekt sekundärrechtlich nicht abgedeckt ist (vgl zB EuGH, Rs 148/78, Ratti, Slg 1979, 1629, Rz 27). Im Einzelnen ist vieles in der Rsp unklar. Art 164 iVm Art 170 EGV. Art 177 iVm Art 180 und 181 EGV. Art 181a Abs 1 EGV (Fassung Nizza). Ausführlicher dazu Griller, Die gemeinsame Handelspolitik nach Nizza, 142ff. EuGH, Rs 22/70, AETR, Slg 1971, 263 Rz 20/22. Vgl EuGH, Gutachten 1/94, WTOAbkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 77. Beeinträchtigung heißt allerdings nicht notwendig Widerspruch. Vielmehr genügt es, wenn das in Aussicht genommene Übereinkommen ein Gebiet betrifft, „das bereits weitgehend von Gemeinschaftsvorschriften erfasst ist, (...) die schrittweise im Hinblick auf eine immer weitergehende Harmonisierung erlassen wurden.“ (EuGH, Gutachten 2/91, ILO-Übereinkommen Nr 170, Slg. 1993, I-1061, Rz 25).
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ten bestehen, die Außenzuständigkeit eine ausschließliche Gemeinschaftszuständigkeit. Eine ausschließliche EG-Kompetenz entsteht zweitens auch, wenn Sekundärrecht mit Klauseln „über die Behandlung der Angehörigen von Drittstaaten“ oder über eine Zuständigkeit der EG-Organe zu „Verhandlungen mit Drittstaaten“ erlassen wird, „nach Maßgabe des von diesen Rechtsakten erfassten Bereichs“.25 Drittens und nur ganz ausnahmsweise, verschafft eine noch nicht ausgenützte interne Kompetenz der Gemeinschaft (d.h. wenn noch keine Verordnungen oder Richtlinien erlassen wurden) zugleich eine ausschließliche auswärtige Zuständigkeit: Wenn der (interne) Regelungszweck nur unter Einbeziehung von Drittländern erreicht werden kann. Die „Beteiligung der Gemeinschaft an der völkerrechtlichen Vereinbarung“ muss „notwendig sein, um eines der Ziele der Gemeinschaft zu erreichen“.26 Anders formuliert entsteht eine ausschließliche Gemeinschaftskompetenz zum Vertragsabschluss dann, wenn der Abschluss des Abkommens „untrennbar“27 mit der Erlassung interner Maßnahmen verbunden ist, um die angestrebten Ziele zu erreichen. In diesem Fall ist die Gemeinschaft befugt, „die zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen einzugehen, auch wenn eine ausdrückliche diesbezügliche Bestimmung fehlt“.28
5. Implizite konkurrierende Außenkompetenzen Die Rechtsprechung des EuGH lässt den Schluss zu, dass eine konkurrierende EG-Kompetenz zum Abschluss von völkerrechtlichen Übereinkünften immer schon dann anzunehmen ist, wenn eine solche Vereinbarung zwar zur Zielerreichung nicht unbedingt erforderlich ist, wenn jedoch die Zielerreichung durch das betreffende Abkommen erleichtert wird. Weitere Voraussetzung ist natürlich, dass nach den ersten beiden unter Punkt 4 genannten Fallgruppen keine ausschließliche Zuständigkeit entstanden ist. Sinngemäß eine gleichartige Ermächtung gilt für die „autonome“ Regelung außenwirtschaftlicher Sachverhalte. Etwas genauer lässt sich Folgendes sagen: Die zitierte Passage des Gutachtens 1/7629 enthält ihrer Fortentwicklung im ILO-Gutachten 2/9130 einen zweifachen Standard der Notwendigkeit. Soweit durch interne Rechtsetzungsermächtigungen unabhängig vom Bestand sekundärrechtlicher Regeln ausschließliche Gemeinschaftskompetenzen zum Vertragsabschluss begründet werden sollen, muss der Abschluss des Abkommens „untrennbar“31 mit der 25 26
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EuGH, Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 95. EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds für die Binnenschifffahrt, Slg 1977, 741, Rz 4. Dies betrifft Fälle wie die Vermeidung der Wasserverschmutzung auf Meeren oder in internationalen Flüssen, oder, wie im „leading case“, Sanierungsmaßnahmen für die Binnenschifffahrt auf einem Fluss wie dem Rhein. EuGH, Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 86. EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds für die Binnenschifffahrt, Slg 1977, 741, Rz 3. Vgl oben FN 26. EuGH, Gutachten 2/91, ILO-Übereinkommen Nr 170, Slg 1993, I-1061. EuGH Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 86.
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Erlassung interner Maßnahmen verbunden sein, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Eine bloß konkurrierende Zuständigkeit entsteht demgegenüber immer schon dann, wenn die (interne) Zielerreichung durch das Abkommen erleichtert wird.32 Das ist von einer sog parallelen Kompetenz zu unterscheiden.33 Dabei besteht gleichzeitig Übereinstimmung zu der vom EuGH im WTOGutachten betonten Zuständigkeit der Gemeinschaft, gestützt auf interne (konkurrierende) Rechtsetzungsermächtigungen außenwirtschaftliche Regelungen zu erlassen.34 Die ratio muss dieselbe sein: Eine solche Kompetenz auf der Grundlage interner Ermächtigungen kann nur angenommen werden, wenn die Zielerreichung dadurch erleichtert wird. Ausgewählte Beispiele (Auftragsvergabe, Währungspolitik, Luftverkehr, Agrarpolitik) werden zur Illustration der Vielfalt der denkbaren und praktisch bedeutsamen Konstellationen kurz skizziert.35
6. Die Abgrenzung der Außenzuständigkeiten voneinander Nach der Judikatur gilt im Allgemeinen für die Abgrenzung zwischen mehreren relevanten Kompetenzgrundlagen Folgendes: Verfolgt ein gemeinschaftlicher Rechtsakt zwei Ziele, oder hat er zwei Komponenten, „und lässt sich eine davon als wesentliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur von untergeordneter Bedeutung ist, so ist der Rechtsakt nur auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf die, die die wesentliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert …. Ist dargetan, dass mit dem Rechtsakt gleichzeitig mehrere Ziele verfolgt werden, die untrennbar miteinander verbunden sind, ohne dass das eine im Verhältnis zum anderen zweitrangig ist und mittelbaren Charakter hat, so kann ein solcher Rechtsakt ausnahmsweise auf die verschiedenen einschlägigen Rechtsgrundlagen gestützt werden …“36 In diesem Konzept kann insbesondere die GHP auch Angelegenheiten umfassen, die innerhalb der EG auf der Grundlage besonderer Rechtsetzungsermächtigungen, etwa für den Umweltschutz, oder aber für die allgemeine Rechtsangleichung im Binnenmarkt oder die Agrarpolitik, erlassen werden müssen. Nach der Judikatur des EuGH ergibt sich daraus, „dass die Bestimmungen des Vertrages über die Politik im Umweltbereich als Rechtsgrundlage für den Erlass interner Rechtsakte... gewählt worden sind, nicht schon, dass für 32
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Wie hier im Ergebnis Dashwood/Heliskoski, The Classic Authorities Revisited, in Dashwood/Hillion (eds), The General Law of E.C. External Relations, 2000, 3 (insb 14 ff), und insb Dashwood, External Relations Competence, ebendort, 127 ff. Dashwood (S. 136) bemerkt treffend, dass dieser Maßstab kaum von jenem unterschieden ist, der in Art 174 Abs 4 EGV für die Umweltpolitik verankert ist („im Rahmen ihrer ... Befugnisse“). Anderer Meinung ua Eeckhout, External Relations, 99 f, der aus dem Gutachten 1/76 auf die Parallelität von interner und (konkurrierender) externer Kompetenz der EG schließt, offenbar ohne das oben im Text vertretene Kriterium der Erleichterung interner Zielerreichung zu befürworten. Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 79 und insb Rz 90 - 94. Vgl dazu auch unten V. D. 1. Siehe unten V. Rs C-491/01, British American Tobacco, Slg 2002, I-11453, Rz 94 mwN.
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die Billigung einer internationalen Übereinkunft mit ähnlichem Gegenstand die gleiche Rechtsgrundlage zu wählen wäre.“37 In etlichen Fällen wird es daher möglich sein, etwa internationale Übereinkommen auf der Grundlage der ausschließlichen Kompetenz für die Gemeinsame Handelspolitik abzuschließen, selbst wenn in dem Übereinkommen gleichzeitig ein anderes Ziel mitverfolgt wird.38 Selbstverständlich kann der skizzierte Gedankengang aber auch zur Anwendung einer anderen Rechtsgrundlage wie etwa des Art. 177 EGV für die Entwicklungszusammenarbeit führen. Dies ist im Wesentlichen auch das Ergebnis des Urteils über das Abkommen mit Indien zur Zulässigkeit von Menschenrechtsklauseln in derartigen Abkommen über die Entwicklungszusammenarbeit.39 Allgemein bedeutet dies, dass vertragliche wie auch unilaterale Maßnahmen in den Außenbeziehungen auf eine Reihe unterschiedlicher Kompetenzgrundlagen gestützt werden können, jeweils gemeinsam oder in Unterordnung zu einer anderen überwiegenden Zielsetzung. Hauptsächlich in Betracht kommen werden naturgemäß vor allem die schon mehrfach erwähnten Bestimmungen über die Gemeinsame Handelspolitik (Art. 133 EGV), aber auch die Entwicklungszusammenarbeit (Art. 177 EGV) sowie die Zusammenarbeit mit Drittländern, die keine Entwicklungsländer sind (Art. 181a EGV). Nicht ganz auszuschließen ist ferner die Anwendung der Lückenschließungsklausel des Art. 308 EGV. Aber auch die primär für den Binnenmarkt geschaffenen Rechtsgrundlagen wie die allgemeine Rechtsangleichungsermächtigung (Art. 95 EGV) oder die Ermächtigungen für einzelne Grundfreiheiten (etwa Art. 47 oder Art. 55 EGV) scheiden nicht gänzlich aus, wie das später noch zu zeigen sein wird.
C. Säule II: Außenwirtschaft und Außenpolitik 1. Die Ausgangslage Eine rechtsverbindliche Koordinierung der Außenpolitik der EU-Staaten gibt es erst seit dem Vertrag von Maastricht (EUV, Ende 1993) im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP jetzt Art. 11 ff EUV). Zuvor war lediglich eine unverbindliche Koordinierung möglich, welche die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten unberührt ließ. Modellhaft und stark vereinfachend formuliert: Seit dem Vertrag von Maastricht ist „Außenwirtschaft“ eine Angelegenheit der sog ersten Säule der EU (EG, EAG), und zwar namentlich im Rahmen der Gemeinsamen Handelspolitk (GHP, Art. 133 EGV); „Außenpolitik“ hingegen ist ein Gegenstand der sog zweiten Säule (GASP). Erstere ist supranational, letzere intergouvernemental organisiert. Das bedingt wesentliche Unterschiede vor allem hinsichtlich der zuständigen Organe, der Mehrheitserfordernisse, und der Rechtswirkungen der erlassenen Rechtsakte. Jedoch sind Außenwirtschaft und Außenpolitik insbesondere bei politisch motivierten Maßnahmen kaum trennbar. Das 37 38 39
Rs C-281/01, Kommission/Rat (Energy Star-Abkommen), Slg 2002, I-12049, Rz 46. Freilich kann die Abwägung im Einzelfall auch anders ausfallen, wie etwa das Gutachten 2/00, Protokoll von Cartagena, Slg 2001, I-9713, Rz 20 ff zeigt. Rs C-268/94, Portugal/Rat (Kooperationsabkommen mit Indien), Slg 1996, I-6177, Rz 21ff.
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Modell erlaubt (auch deshalb) keine trennscharfe Orientierung. Im Gegenteil: die Schwierigkeiten in der Praxis sind Legion, und die Abgrenzungsregeln sind andere als die soeben für die erste Säule erörterten. So haben etwa mengenmäßige oder wertmäßige Beschränkungen von Exporten oder Importen bisweilen außen- oder sicherheitspolitische Motive. Diese können von Sanktionsmaßnahmen (wegen der Verletzung völkerrechtlicher Pflichten einschließlich Grundrechten) über die Verhinderung der Verbreitung gefährlicher Kampfstoffe bis zur Reaktion auf handelspolitische Beschränkungen durch Drittstaaten reichen. Für die Zeit bis zum EUV war - angesichts fehlender Befugnisse der EWG für bindende Regelungen auf dem Gebiet der Außenpolitik - bisweilen argumentiert worden, dass außen- und sicherheitspolitische Maßnahmen eines Mitgliedstaates von der Zuständigkeit der EWG im Bereich der Handelspolitik nicht berührt werden. Im Falle eines Widerspruchs würde nationales Recht vorgehen.40 Diese Spannungslage setzt sich unter den heute geltenden Verfassungsbedingungen der EU fort. Es ist bloß ein „dritten Spieler“ dazu gekommen, sodass sich außenwirtschaftliche und außenpolitische Maßnahmen nunmehr im Kooperations- und Spannungsdreieck EU - EG - Mitgliedstaaten abspielt.
2. Vom „Vorrang“ zur Exklusivität des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem Unionsrecht? a) Die Judikatur in der Frühphase der EU Strittig war das Verhältnis zwischen Außenpolitik und Außenwirtschaft z.B. hinsichtlich einer britischen Maßnahme im Zuge des Embargos gegen Serbien und Montenegro auf der Grundlage von Resolutionen des UN-Sicherheitsrats (1992 und 1993).41 Diese Resolutionen waren durch EG-VO 1432/92 umgesetzt worden (somit vor Inkrafttreten des EUV). Darin war unter anderem eine Ausnahme des Embargos für die Ausfuhr von ausschließlich für medizinische Zwecke bestimmten Erzeugnissen und für Lebensmittel vorgesehen. Erforderlich war dafür eine Ausfuhrgenehmigung von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates. Zunächst gestattete die Bank of England die Bezahlung der Lieferungen solcher Medikamente und Lebensmittel auch dann, wenn sie von anderen Mitgliedstaaten (konkret: Italien) genehmigt und von dort aus durchgeführt wurden. Auf Grund von Berichten über Umgehungen der geltenden Regelungen wurden Belastungen serbischer und montenegrinischer Konten bei britischen Banken zur Bezahlung solcher Lieferungen jedoch nur noch dann gestattet, wenn die Waren aus dem Vereinigten Königreich ausgeführt wurden. Gegen das Argument der Unabhängigkeit der nationalen Außen- und Sicherheitspolitik in diesem Fall und damit der Zulässigkeit dieser Beschränkung durch das Vereinigte Königreich wandte der EuGH ein, die Mitgliedstaaten müssten die ihnen vorbehaltenen Befugnisse unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben, im vorliegenden Fall somit der handelspolitischen Maß40
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Siehe auch Artt 296 und 297 EGV, die allerdings nach herrschender Auffassung nicht als Ausnahmevorschriften, sondern als Rechtfertigungsgrundlagen für staatliche Maßnahmen zu qualifizieren sind. Rs C-124/95, Centro-Com, Slg 1997, I-80.
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nahmen der EG.42 Die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs qualifizierte der EuGH als an sich zulässige mitgliedstaatliche Ausnahmen (u.a. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit) vom Grundsatz, dass Ausfuhren aus der Gemeinschaft keinen Beschränkungen unterworfen sein dürfen.43 Ausnahmen seien jedoch dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn bereits eine Gemeinschaftsregelung entsprechende Maßnahmen vorsieht.44 Die SanktionsVO 1432/92 enthielt nach Auffassung des EuGH solche Maßnahmen (Notifikation der Ausfuhren an den Sanktionsausschuss der UNO und Ausfuhrgenehmigung durch die Behörden des Mitgliedstaaten), weshalb das Erfordernis einer Ausfuhrgenehmigung durch das Vereinigte Königreich auch für Medikamente und Lebensmittel, die aus einem anderen Mitgliedstaat ausgeführt werden, nicht zulässig war.45 Schon zuvor hatte der Gerichtshof, nämlich mit Bezug auf Güter mit doppeltem Verwendungszweck (dual use products), die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können, eher einer instrumentellen Abgrenzung den Vorzug gegenüber einer teleologischen gegeben. Danach kommt es in der Abgrenzung zwischen GHP und GASP primär auf das verwendete Instrument, also etwa eine für den Warenverkehr typische Maßnahme wie ein Ein- oder Ausfuhrverbot oder eine mengenmäßige Beschränkung, und bestenfalls sekundär auf die damit verfolgte Zielsetzung an:46 es könne „eine Maßnahme, die die Verhinderung oder Beschränkung der Ausfuhr bestimmter Güter … bewirkt, dem Bereich der gemeinsamen Handelspolitik nicht mit der Begründung entzogen werden, dass mit ihr außen- und sicherheitspolitische Zwecke verfolgt würden.“47 Der besondere Zweck der Handelspolitik, nämlich eine gemeinsame Politik gegenüber Drittländern, erfordere es, dass ein Mitgliedstaat den Geltungsbereich nicht dadurch einschränken kann, dass er "nach seinen eigenen außen- oder sicherheitspolitischen Bedürfnissen frei bestimmt", ob eine Maßnahme darunter fällt.48 Auch auf dem Boden dieser Judikatur haben die Mitgliedstaaten freilich nicht völlig "ausgespielt". Dies hauptsächlich wegen der Schutzklauseln der Art. 296 und 297 EGV. Diese ermöglichen es den Mitgliedstaaten einerseits, gemeinschaftsrechtliche Ein- und Ausfuhrbeschränkungen unter bestimmten sicherheits- und außenpolitischen Bedingungen nicht zu befolgen. Andererseits
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„So können sie nationale Maßnahmen, die die Verhinderung oder Beschränkung der Ausfuhr bestimmter Güter bewirken, dem Bereich der gemeinsamen Handelspolitik nicht mit der Begründung entziehen, daß mit ihnen außen- oder sicherheitspolitische Zwecke verfolgt würden (...)“. Rs C-124/95, Centro-Com, Slg 1997, I-80, Rz 26. Dazu näher IV.B.2 unten. Rs C-124/95, Centro-Com, Slg 1997, I-80, Rz 46. Rs C-124/95, Centro-Com, Slg 1997, I-80, Rz 48. Die erstgenannte Position hatte hauptsächlich die Kommission, die zweitgenannte insbesondere der Rat vertreten. Vgl dazu und auch zur intensiven Diskussionen im Schrifttum insbesondere Vedder, in Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, 17. Ergänzungslieferung, 2001, Art. 133, Rz 41 ff. Rs C-70/94, Werner, Slg 1995, I-3189, Rz 10. Vgl. ähnlich auch Rs C-83/94, Leifer, Slg. 1995, I-3231, 9 ff. Rs C-70/94, Werner, Slg. 1995, I-3189, Rz 11.
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enthalten sie - zumindest wurde diese Auffassung vertreten49 - auch Ermächtigungen für die Mitgliedstaaten, ihrerseits einseitige Beschränkungen gegen Drittstaaten zu verfügen und damit eine Ausnahme von der ausschließlichen Kompetenz der EG auf dem Gebiet der Handelspolitik. Zumindest theoretisch könnte daher sogar ein Mitgliedstaat handelspolitische Instrumente im Interesse der Außenpolitik einsetzen, soweit diese in den in Art. 296 und 297 EGV geschützten Interessen Deckung finden. Insgesamt ergibt sich aus der skizzierten Judikatur: Bereits vor der Einführung der GASP durch den EUV mussten die Mitgliedstaaten auf bestehendes Gemeinschaftsrecht Rücksicht nehmen. Heute bestehen in den Bereichen Außenwirtschaft und Außenpolitik einerseits Zuständigkeiten in der ersten Säule, nämlich der EG, und andererseits, soweit außenpolitische Entscheidungen zur Debatte stehen, auch solche in der zweiten Säule, der GASP. Im Grundsatz besteht nach den zitierten Judikaten ein „Vorrang“ der ersten Säule, und zwar im doppelten Sinn: die Zuständigkeit z.B. zur Beschränkung des Handels mit Kriegsmaterial im Rahmen der Gemeinsamen Handelspolitik (GHP) wird nicht dadurch beschränkt oder geschmälert, dass dies zugleich ein außenpolitisch heikles Feld ist. Außerdem müssen Maßnahmen der GASP kohärent mit jenen der EG sein und den gemeinschaftlichen Besitzstand (acquis communautaire) respektieren.50 Dieses Verhältnis ist nur in einer Hinsicht genau umgekehrt: Wirtschaftssanktionen dürfen durch die EG nur nach vorheriger Beschlussfassung in der GASP verhängt werden.51 Die folgenden Ausführungen zeigen allerdings, dass trotz dieser auf den ersten Blick einfachen Vorrangregel die Details des Zusammenspiels zwischen den Säulen komplex und der außenwirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der EU nicht zuträglich sind. Nicht vergessen werden darf, dass die Unterschiede zwischen den Säulen vor allem das Verfahren und die Rechtswirkungen betreffen, die handelnden Personen sind häufig dieselben. b) Exklusivität von EG-Kompetenz gegenüber Unionskompetenz? Der EuGH geht inzwischen über den erwähnten „Vorrang“ des EG-Rechts gegenüber dem Unionsrecht - der natürlich vom Vorrang des EG-Rechts gegenüber mitgliedstaatlichem Recht streng zu unterscheiden ist - weit hinaus: er hat mittlerweile wiederholt judiziert, dass der Bestand einer Rechtsgrundlage im EGV die Inanspruchnahme einer Rechtsgrundlage insbesondere in der dritten Säule, also der Bestimmungen über die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZ), ausschließt. Er hält sich für zuständig darüber zu wachen, dass solche Handlungen der dritten Säule "nicht in die Zuständig49
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So etwa von Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen v 6. 4. 1995 im Aufsehen erregenden Fall der Sanktionen Griechenlands gegen Mazedonien, Rs C-120/94, Kommission/Griechenland, Slg 1996, I-1513, insb Rz 44 ff und 61 ff. Der Fall wurde gütlich beigelegt; es kam zu keiner Entscheidung des EuGH. Vgl Art 3 und Art 47 EUV. Art 301 und Art 60 EGV. Auch hier stellen sich komplizierte Abgrenzungsfragen: Die Suspendierung eines Handelsabkommens kann uU ebenfalls als Sanktion qualifiziert werden, bedarf gem Art 300 EGV aber keines vorhergehenden GASP-Aktes. Ähnliches gilt für die etwaige (sanktionsweise) Entziehung von eingeräumten Zollpräferenzen. Näher zu Handelsembargos unten VI.A.
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keiten übergreifen, die die Bestimmungen des EG-Vertrags der Gemeinschaft zuweisen", und demnach zu prüfen, ob ein solcher Rechtsakt "nicht die Zuständigkeit der Gemeinschaft... beeinträchtigt"52 bzw. berührt,53 weil er auf eine Bestimmung des EGV hätte gestützt werden müssen. Von einer solchen Verpflichtung wiederum geht der Gerichtshof auch dann aus, wenn es sich bei der in Rede stehenden Ermächtigung im EGV nicht um eine ausschließliche, sondern um eine konkurrierende Kompetenz handelt. Mit Bezug auf das Umweltstrafrecht hielt der Gerichtshof in diesem Zusammenhang zwar neuerlich fest,54 dass das Strafrecht ebenso wie das Strafprozessrecht grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt. Dies sei aber kein Hindernis, strafrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die volle Wirksamkeit der zum Schutz der Umwelt erlassenen Rechtsnormen zu gewährleisten. Der Umstand, dass die Maßnahmen auch auf die Ermächtigung zur Erlassung von Umweltschutzmaßnahmen im EGV55 hätte gestützt werden können, reichte dem Gerichtshof aus, eine Verletzung des Art. 47 EUV festzustellen und den im Rahmen der PJZ erlassenen Rahmenbeschluss für nichtig zu erklären. Nach dieser Judikatur werden der Sache nach die in der ersten Säule bestehenden Zuständigkeiten in Relation zur dritten Säule - man wird aber mangels ersichtlicher Differenzierungskriterien konsequenterweise schließen müssen: genauso in Relation zur GASP - als ausschließliche Zuständigkeiten betrachtet, annäherungsweise ähnlich wie etwa die GHP als ausschließliche Zuständigkeit gegenüber den Mitgliedstaaten wirkt: der Bestand einer Zuständigkeit unter dem EGV, gleichgültig ob in der üblichen Terminologie ausschließlich oder konkurrierend (nämlich in Relation zu den Mitgliedstaaten), schließt die Erlassung der Maßnahme in der zweiten oder dritten Säule aus. Es wäre also für den Bereich der Außenbeziehungen folgende Argumentation vorstellbar. Soweit EG-Kompetenzen (ausschließliche oder konkurrierende) etwa für die Gemeinsame Handelspolitik, die Entwicklungszusammenarbeit, die wirtschaftliche, finanzielle, und technische Zusammenarbeit mit Drittländern, Maßnahmen ermöglichen, wäre es unzulässig, nämlich ein Übergriff in die der Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten, im Rahmen der GASP oder der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen tätig zu werden. So weit diese Auffassung, wie in den referierten Fällen, auch für konkurrierende Kompetenzen unter dem EGV vertreten wird, liegt der Einwand auf der Hand:56 die Mitgliedstaaten werden vor die Alternative gestellt, entweder eine Maßnahme unter dem EGV zu ergreifen, oder auf Koordinationsmechanismen 52 53 54 55 56
So erstmals in der Rs C-170/96, Kommission/Rat (Transit auf Flughäfen), Slg 1998, I-2763, Rz 16 und 17. So der Terminus in Rs C-176/03, Kommission/Rat (Umweltstrafrecht), Slg 2005, I-7879, Rz 40. Rs C-176/03, Kommission/Rat (Umweltstrafrecht), Slg 2005, I-7879, Rz 47 ff. Art 175 EGV. Dazu bereits Griller, Die Unterscheidung von Unionsrecht und Gemeinschaftsrecht nach Amsterdam, in Müller-Graff/Schwarze (Hrsg), Rechtsschutz und Rechtskontrolle nach Amsterdam, Europarecht, Beiheft 1/1999, 45 (59 ff). Für ausschließliche EG-Kompetenzen wie die GHP ist der Standpunkt hingegen konsequent.
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des allgemeinen Völkerrechts auszuweichen, wenn sie auf die Maßnahmen nicht verzichten wollen. Die zweite und dritte Säule wird im Überlappungsbereich „gesperrt“. Die Mitgliedstaaten werden also, sofern eine Maßnahme unter dem EGV unerwünscht ist oder jedenfalls keine Mehrheit findet, aus dem institutionellen Gefüge und dem Rechtsquellenmechanismus des Unionsrechts "hinausgedrängt". Einen Grund dafür nennt der EuGH nicht. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob der von Gerichtshof ins Treffen geführte Art. 47 EUV diese Rechtsfolge tragen kann. Die Vermeidung der angedeuteten Konsequenz durch die noch weiterreichende Schlussfolgerung, die Mitgliedstaaten würden auch bei einem "Ausweichen" ins allgemeine Völkerrecht eine Vertragsverletzung des EGV begehen, erscheint hingegen deshalb unvertretbar, weil dies konkurrierende Zuständigkeiten im EGV zu ausschließlichen machen würde. Nur so weit der Gemeinschaft eine ausschließliche Außenzuständigkeit zugewachsen ist, insbesondere auch durch Erlassung von Sekundärrecht gemeinsam mit der noch zu erörternden AETR-Judikatur, wird man dieser Konsequenz auch in Relation zur zweiten und dritten Säule zustimmen können und müssen. Darüber hinaus jedoch, nämlich insbesondere mit Bezug auf konkurrierende Zuständigkeiten der EG, erscheint ein solcher Standpunkt überschließend. Er berücksichtigt zu wenig, dass der „Vergemeinschaftung“ der Außenbeziehungen keineswegs umfassend vorgenommen wurde, und dass die zweite und dritte Säule der EU gerade einen Mittelweg zwischen der usprünglich nationalen Zuständigkeit zur umfassenden EG-Zuständigkeit schaffen wollen: institutionalisierte, aber dennoch intergouvernementale Zusammenarbeit statt Supranationalität. Dieser Mittelweg wird durch die Judiktur im Überlappungsbereich zwischen den Säulen gesperrt, was über den dargestellten „Vorrang“ der ersten Säule hinaus nicht überzeugt.
D. Österreichisches Außenwirtschaftsrecht Das österreichische Außenwirtschaftsrecht besteht im Wesentlichen aus dem Außenhandelsgesetz 200557 (AußHG), der Außenhandelsverordnung58 (AußHVO) zur Durchführung des AußHG und dem Bundesgesetz über die Einrichtung eines Sicherheitskontrollsystems, die Sicherung von Kernmaterial und Anlagen und über die Ausfuhrkontrolle zur Gewährleistung der friedlichen Verwendung der Atomenergie (Sicherheitskontrollgesetz 1991).59 Die Einfuhr und Ausfuhr militärischer Güter regelt das Kriegsmaterialiengesetz.60 Das AußHG und die anderen erwähnten Bestimmungen setzen einerseits internationale Verpflichtungen Österreichs um,61 ergänzen andererseits unmittelbar anwendbares EG- und EU-Recht; im einzelnen ist die Abgrenzung einschließlich Fragen der gemeinschaftsrechtlichen Zuständigkeiten schwierig. 57 58 59 60 61
BGBl I Nr 50/2005. BGBl II Nr121/2006. BGBl Nr 415/1992 idF BGBl Nr 762/1996 und BGBl I Nr 136/2001. BGBl Nr 540/1977, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 57/2001. Etwa das Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen, BGBl III 1997, 38.
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Das AußHG etwa sieht Beschränkungen auf Grund völkerrechtlicher Verpflichtungen zur Kontrolle des Transfers von Waffen und waffenrelevanter Technologie vor und schafft innerstaatliche Beschränkungen im Zusammenhang mit Gütern, die als Vorläufersubstanzen für chemische oder biologische Waffen verwendet werden können. Das AußHG normiert flankierende Regelungen (insbesondere Strafbestimmungen) zur Dual-Use-Verordnung62 und Straf- und Überwachungsbestimmungen zu gemeinschaftlichen Embargomaßnahmen63. Schließlich enthält das AußHG Straf- und Überwachungsbestimmungen sowie Bagatellgrenzen für Handelsbeschränkungen nach Art. 133 EGV. Zuständig zur Wahrnehmung der Genehmigungs-, Melde- und Überwachungspflichten nach dem AußHG im strategisch sensiblen Bereich ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit.64 Im weiteren Sinn zählen freilich weit mehr gesetzliche Bestimmungen zum Außenwirtschaftsrecht als die soeben erwähnten. Das gilt für zahlreiche materienspezfische Regelungen, etwa für Exportförderungen in der Landwirtschaft, Regelungen des Flugverkehrs oder der öffentlichen Auftragsvergabe, Niederlassungs- und Dienstleistungsverkehr von Kredit- und Finanzinstituten mit Bezug auf Drittländer, uva. Auch hier werden einerseits EG-rechtliche Vorgaben umgesetzt, andererseits beengen EG-rechtliche Schranken den rechtspolitischen Regelungsspielraum. Auf dieses breite Spektrum außenwirtschaftlich relevanter Regelungen kann in diesem Rahmen nicht eingegangen werden.
E. Völkerrechtliche Abkommen der EU/EG 1. Abkommen der EU Seit dem Vertrag von Amsterdam 1998 hat auch die EU die Fähigkeit, internationale Abkommen im Bereich der zweiten (GASP) und der dritten Säule (Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, PJZS) abzuschließen. Das Verfahren dazu ist in Art. 24 EUV geregelt.65 Der Begriff des Abkommens muss (wie auch bei Art. 300 EGV unten) weit verstanden werden und umfasst alle Formen völkervertragsrechtlicher Verpflichtungen, somit Verträge, Konventionen, Abkommen und Memoranda.66 Gemäß Art. 24 EUV ermächtigt der Rat den Vorsitz des Rates (die „Präsidentschaft“, Österreich hatte diese zuletzt in der ersten Jahreshälfte 2006 inne) mit der Aufnahme von Verhandlungen. Der Abschluss erfolgt durch den Rat auf Empfehlung des Vorsitzes mit jenem Abstimmungsmodus, welcher für die korrespondierende interne Maßnahme erforderlich ist (Einstimmigkeit, qualifizierte Mehrheit nach Art. 23 Abs. 2 EUV in der GASP oder nach Art. 34 Abs. 3 EUV in der PJZS).67 Es gilt hier somit der Grundsatz der Parallelität von 62 63 64 65 66 67
Dazu unten VI.B. Dazu unten VI.A. Dazu näher Moestl, Das neue Außenhandelsgesetz 2005, ÖZW 2006, 43, 45f. Art 38 EUV verweist für Abkommen in der dritten Säule auf Art 24 EUV. Eeckhout, External Relations, 170. Näher Regelsberger/Kugelmann in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Art 24 EUV Rz 10ff.
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internen und externen Kompetenzen. Die Kommission spielt folglich nach dem Vertrag keine Rolle bei Abkommen der EU, ebenso wenig das Europäische Parlament. Abkommen nach Art. 24 EUV werden im Namen der EU und nicht im Namen der Mitgliedstaaten abgeschlossen.68 Mitgliedstaaten, die gemäß Art. 24 Abs. 5 EUV erklären, dass in ihrem Land bestimmte verfassungsrechtliche Vorschriften eingehalten werden müssen, sind durch das betroffene Abkommen nicht gebunden.69 Internationale Abkommen der EU im Bereich der GASP betrafen vor allem Abkommen über Beobachtermissionen in Staaten Südosteuropas70, sowie zuletzt in Aceh, Indonesien.71
2. Abkommen der EG Allgemeine Rechtsgrundlage für das Verfahren betreffend den Abschluss von Abkommen in der ersten Säule ist Art. 300 EGV als lex generalis. Ob und für welche Gegenstände auf dieser Grundlage Abkommen abgeschlossen werden dürfen, bestimmt sich nach der bereits erörterten Kompetenzlage. Sonderverfahrensregeln für einzelne Sachbereiche normieren die Art. 133 EGV (Handelsabkommen), Art. 310 EGV (Assoziierungsabkommen), und Art. 111 EGV (Wechselkurssystem)72. Art. 300 EGV sieht grundsätzlich den folgenden Ablauf vor: Die Kommission legt dem Rat Empfehlungen vor, dieser ermächtigt die Kommission zur Einleitung von Verhandlungen, die Kommission führt die Verhandlungen nach Maßgabe von Richtlinien des Rates, und der Rat trifft die Entscheidung über den Abschluss des Abkommens mit qualifizierter Mehrheit. Das Europäische Parlament hat ein Anhörungsrecht vor Vertragsabschluss durch den Rat. Es muss seine Stellungnahme innerhalb einer vom Rat entsprechend der Dringlichkeit festgelegten Frist abgeben. Der Rat kann den Beschluss jedoch auch bei Unterbleiben der Stellungnahme fassen. Ein Zustimmungsrecht hat das Europäische Parlament nur bei Assoziierungsabkommen, Abkommen, die durch Einführung von Zusammenarbeitsverfahren einen besonderen institutionellen Rahmen schaffen, Abkommen mit erheblichen finanziellen Folgen für die EG und Abkommen, die eine Änderung eines nach dem Mitentscheidungsverfahren angenommenen Rechtsakts „bedingen“. Art. 300 EGV wird grundsätzlich auch auf Handelsabkommen (also in der GHP) angewendet, allerdings gibt es dort einige Abweichungen von den all-
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Eeckhout, External Relations, 183. AA etwa Regelsberger/Kugelmann in Streinz, Art 24 EUV Rz. 2. Dazu näher Eeckhout, External Relations, 183f. Abkommen über European Monitoring Missions (EUMM) wurden abgeschlossen mit Ex-Jugoslawien, FYR Mazedonien, Bosnien und Hezegowina (dort genannt: European Union Police Mission, EUPM) und Albanien. Siehe die Nachweise bei Eeckhout, External Relations, 174 (FN 16). Beschluss 2005/966/GASP über den Abschluss eines Abkommens zwischen der EU und der Schweiz über die Beteiligung der Schweiz an der Beobachtermission der EU in Aceh, Indonesien (Aceh-Beobachtermission - AMM), ABl L 349 vom 31.12.2005, 30. Dazu unten bei FN 284.
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gemeinen Verfahrensregeln:73 Die Kommission legt dem Rat Empfehlungen vor. Dieser ermächtigt die Kommission zur Einleitung74 der erforderlichen Verhandlungen. Die Kommission führt diese Verhandlungen im Einvernehmen mit dem so genannten Art. 133er-Ausschuss, einem aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetzten Komitee.75 Der Rat kann der Kommission Richtlinien für diese Verhandlungen erteilen. Das Europäische Parlament ist nicht in das Verfahren eingebunden. In der Praxis wird es trotzdem auch bei Handelsabkommen informiert, und zwar auf der Grundlage einer - rechtlich wohl nicht bindenden - Erklärung des Rates.76 Die Entscheidung über den Abschluss des Abkommens trifft der Rat mit qualifizierter Mehrheit.77 Assoziationsverträge (auch Assoziierungsverträge genannt) werden gemäß Art. 310 EGV iVm. Art. 300 EGV abgeschlossen. Diese gehen über die Regelung von Handelssachen hinaus und regeln z.B. auch Fragen der Entwicklungshilfe, der industriellen Kooperation, der Freizügigkeit von Arbeitnehmern, des Investitionsschutzes etc. Eine Assoziierung im Sinne des Art. 310 EGV bedeutet eine dauerhafte völkerrechtliche Verbindung eines oder mehrerer Drittländer mit der EG, die einer Mitgliedschaft sehr nahe kommen kann. Assoziierungsabkommen können die Vorstufe für einen Beitritt darstellen („Beitrittsassoziierung“)78, als Ersatz für einen solchen dienen („Freihandelsassoziierung“)79, oder die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Staaten der „Dritten Welt“ bezwecken („Entwicklungsassoziierung“)80. Bezüglich Assoziierungsabkommen geht der EuGH von einer Gemeinschaftszuständigkeit „in allen vom EWG-Vertrag erfassten Bereichen“ aus.81 Zumindest soweit die Inhalte eines Assoziationsabkommens über jene eines Handelsabkommens hinausgehen, wird darin aber keine ausschließliche, son-
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Art 133 Abs 3 und Abs 4 und Art 300 EGV. Statt vieler und ausführlicher zum Folgenden Vedder in Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht der Europäischen Union I, EL 17, 2001, Art 133 Rz 79ff mwN. In der Fassung von Nizza: „Aufnahme“. In der Fassung von Nizza heißt es zusätzlich: „Die Kommission erstattet dem besonderen Ausschuss regelmäßig Bericht über den Stand der Verhandlungen.“ Sog Luns-Westerterp-Verfahren. Nachweise bei Nettesheim/Duvigneau in Streinz, EUV/EGV, 2003, Art 133 Rz 26. Art 133 Abs 4 iVm Art 300 Abs 1 und 2 EGV. Vgl jedoch das Einstimmigkeitserfordernis in Art 133 Abs 5 UAbs 2 und UAbs 3 EGV. „Europa-Abkommen“ mit den ehemaligen Beitrittskandidaten in Mittel- und Osteuropa; Assoziierungsabkommen mit der Türkei; Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit den Ländern des westlichen Balkan (abgeschlossen mit Kroatien, FYR Mazedonien und Albanien, in Verhandlung mit Bosnien-Hezegowina und Serbien). Siehe dazu und zum Folgenden mit Nachweisen auch unten III.C. EWR-Abkommen zwischen der EU und Island, Liechtenstein und Norwegen. Daneben gibt es noch Assoziierungsabkommen der Gemeinschaft nach Art 182 EGV mit ehemaligen Kolonien von Mitgliedstaaten der EU. ZB Abkommen von Cotonou mit den AKP-Staaten (Staaten des afrikanischen, karibischen und pazifischen Raums. Vgl Martenczuk, Cooperation with Developing and Other Third Countries: Elements of a Community Foreign Policy, in Griller/Weidel (Hrsg), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, 2002, 385ff, 401f. Rs 12/86, Demirel, Slg 1987, 3719, Rz 9.
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dern nur eine konkurrierende Zuständigkeit zu sehen sein.82 Jedoch dürfte hinsichtlich von Assoziationsabkommen innerhalb des Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrechts kein Zuständigkeitsvorbehalt der Mitgliedstaaten und damit kein Raum für gemeinsame (gemischte) Abkommen bleiben.83
3. Gemischte Abkommen Geteilte Zuständigkeit zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten besteht in jenen Fällen, in denen in Bezug auf ein Abkommen sowohl Gemeinschaftskompetenzen - seien es ausschließliche oder konkurrierende - als auch mitgliedstaatliche Kompetenzen bestehen. In solchen Fällen müssen, jedenfalls soweit nicht entweder die mitgliedstaatlichen Kompetenzen oder die EGKompetenzen nur akzessorisch (also im Vergleich zu dem Hauptzweck des Abkommens nur untergeordnet) sind, Übereinkommen mit Dritten gemeinsam von Mitgliedstaaten und EG als so genannte gemischte Abkommen abgeschlossen werden. Die Hauptmotivation für den Abschluss solcher Abkommen liegt in der Komplexität der Kompetenzverteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten. Da vielfach Abkommen mehrere Regelungszwecke verfolgen und dadurch auch mehrere Politikbereiche der Gemeinschaft betreffen, ist die genaue Abgrenzung der Kompetenzen von EG und Mitgliedstaaten oft schwierig. Der Abschluss als gemischtes Abkommen erspart diese Festlegung und vermeidet damit potentielle Dispute zwischen EG und Mitgliedstaaten um Zuständigkeiten. Unterschieden werden gemischte Abkommen etwa danach, ob alle Mitgliedsstaaten neben der EG Vertragsparteien werden (andernfalls so genannte unvollständige gemischte Abkommen) und ob die Beteiligung der Mitgliedstaaten rechtlich erforderlich ist (so genannte „falsche“ gemischte Abkommen).84 Eine wichtige Unterscheidung kann auch nach dem Vorhandensein so genannter Bindungsklauseln getroffen werden. Diese verpflichten die Parteien des Abkommens, und damit auch die EG, zur Offenlegung ihrer Zuständigkeiten für die vom Abkommen geregelten Angelegenheiten, was aus Sicht der anderen Vertragsparteien ein verständliches Anliegen ist. Solche Klauseln
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Ausschließlich ist die Zuständigkeit natürlich insoweit, als keiner der MS und auch die MS gemeinsam niemals die Assoziation Dritter mit der Gemeinschaft vereinbaren können (Art 310 EGV: mit „gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren“). Geteilte Zuständigkeit für den Abschluss von Assoziationsabkommen kann daher aus dem Umstand folgen, dass auch Inhalte geregelt werden, die nicht in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen (zB Angelegenheiten der sog zweiten und dritten Säule der EU, also Angelegenheiten der Außen- und Sicherheitspolitik oder der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit). Oftmals könnte die Gemeinschaft ein Abkommen an sich auch alleine abschließen, die Mitgliedstaaten machen jedoch von ihren Kompetenzen Gebrauch, um einen Alleingang der EG zu vermeiden und/oder auf der (außen)politischen Bühne präsent zu sein. Vgl Rosas, The European Union and Mixed Agreements, in Dashwood/ Hillion (Hrsg), The General Law of E.C. External Relations, 2000, 203ff.
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schaffen jedoch bisweilen genau die Situation, die durch den Abschluss als gemischtes Abkommen vermieden werden sollte.85 Die Kategorie der gemischten Abkommen fand sich lange Zeit nicht ausdrücklich im EGV, obwohl die Gemeinschaft bereits eine Vielzahl von Abkommen auf diese Weise abgeschlossen hat, bzw. auf Grund von Gutachten des EuGH abschließen musste.86 Das bedeutendste dieser Gutachten über die Verteilung von Kompetenzen zwischen EG und Mitgliedstaaten betraf den Beitritt der EG zur WTO.87 In diesem stellt der EuGH eine geteilte Kompetenz insbesondere für weite Teile der Sektoren Dienstleistungen und geistiges Eigentum fest, wodurch das WTO-Abkommen nicht mehr von der EG alleine abgeschlossen werden konnte.88 Die rechtliche bzw. teilweise auch nur politische Notwendigkeit des Abschlusses von gemischten Abkommen hat in der Praxis gravierende Auswirkungen auf die Handlungsmöglichkeit sowohl der Gemeinschaft als auch der Mitgliedstaaten als internationale Akteure. Internationale Vertragswerke richten sich nicht nach der internen Kompetenzverteilung in der EU. Die Situation wird dadurch noch verschärft, dass die in Rede stehende Kompetenzzersplitterung nicht nur für den Abschluss der Abkommen, sondern auch für deren Umsetzung in EG- bzw. nationales Recht und für zukünftige Änderungsverhandlungen maßgeblich ist. Die Annahme einer gemischten Kompetenz verlangt, dass sowohl die Gemeinschaft als auch die Mitgliedstaaten agieren und auf internationaler Ebene auftreten, oder, was den letzten Punkt betrifft, zumindest jeweils eine Koordinierung stattzufinden hat. Konsistentes und vor allem rasches Handeln wird durch die Kompetenzzersplitterung daher häufig erschwert bzw. verunmöglicht. Ängste der Mitgliedstaaten um Souveränitätsverluste haben dazu geführt, dass der Vertrag von Nizza in Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV die Kategorie der „gemischten Zuständigkeit“ nun explizit in den Vertrag eingefügt hat im Bereich des Handels mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen, Dienstleistungen im Bereich Bildung sowie in den Bereichen Soziales und Gesundheitswesen. Nach dieser komplexen und im Detail unklaren Regelung sind jedenfalls dann Abkommen sowohl durch die EG als auch die Mitgliedstaaten abzuschließen, wenn Regelungen in den genannten Bereichen erlassen werden, für die intern die Harmonisierungsbefugnis fehlt.89 Dabei handelt es sich nun freilich insofern um einen ganz spezifischen Fall, als der gemischte Abschluss (sowohl durch die EG als auch durch alle Mitgliedstaaten) verpflichtend vorgesehen ist, unabhängig davon, ob die allgemeinen Vertragsabschlussregeln dies gebieten würden oder nicht.
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Ausführlich Pitschas, Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten, 2001, 246ff. Vgl Art 300 Abs 6 EGV. EuGH, Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267. Dazu näher unten III.B. Vgl auch oben im Text bei FN 18. Näher Griller, Die gemeinsame Handelspolitk nach Nizza, 173ff.
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4. „Cross-pillar-mixity“ „Cross-pillar-mixity“ bezeichnet internationale Abkommen der EG/EU, welche sowohl Angelegenheiten der ersten Säule als auch Angelegenheiten der zweiten (oder dritten) Säule betreffen. So könnte etwa ein Abkommen mit einem Drittstaat sowohl Handelsfragen (GHP) und Entwicklungszusammenarbeit (Art. 181a EGV) als auch politischen Dialog und die Verhinderung der Verbreitung von Atomwaffen zum Inhalt haben. Abkommen der ersten Säule werden nach dem Verfahren des Art. 300 EGV abgeschlossen, Abkommen in der GASP nach Art. 24 EUV. Die jeweiligen Verfahren sind unterschiedlich, was die Frage aufwirft, ob und wie ein derartiges „säulenübergreifendes“ Abkommen abgeschlossen wird. Es wird argumentiert, dass ein Abkommen unter Befolgung beider Verfahrensregeln abgeschlossen werden könnte, durch einen Ratsbeschluss auf Basis des EUV und einen Ratsbeschluss auf Basis des EG, für jeweils den Bereich des Abkommens, der in diese Zuständigkeit fällt.90 Dafür spricht, dass auch Abkommen in der ersten Säule nach unterschiedlichen Verfahren abgeschlossen werden können, wenn sie auf mehreren Rechtsgrundlagen basieren. Dies ist in der ersten Säule vor allem dann der Fall, wenn für einen Teil eines Abkommens ein einstimmiger Beschluss des Rates, für einen anderen Teil ein Beschluss mit qualifizierter Mehrheit erforderlich ist, bzw. wenn für einen Teil das Parlament eingebunden werden muss, für einen anderen Teil nicht. Die Verhandlungen könnte dann wohl entweder der Ratsvorsitz und die Kommission getrennt für ihre Bereiche, oder aus Praktikabilitätsgründen die Kommission auch für das gesamte Abkommen führen.91
III. Der völkerrechtliche Rahmen A. Grundsätzliches Aus dem Text von Art. 133 EGV erschließt sich, dass zwischen so genannten autonomen, also einseitig von der Gemeinschaft ergriffenen, und konventionellen, also durch völkerrechtliche Bindung bewirkten Maßnahmen unterschieden werden kann. Das gilt nicht nur für die GHP, sondern auch für alle anderen außenwirtschaftlich bedeutsamen Zuständigkeiten wie etwa die Entwicklungszusammenarbeit, die GASP, aber auch drittlandsrelevante Binnenmarktregeln. Angesichts des immer dichter werdender völkerrechtlichen Rahmens sind freilich auch autonome Maßnahmen beinahe schon im Regelfall völkerrechtlich determiniert. Auch einseitige (Schutz- oder Subventions-) Maßnahmen haben vertragliche Bindungen, nicht zuletzt jene in der WTO zu beachten, und Liberalisierungsmaßnahmen auf zollrechtlichem oder sonst für den Handel relevantem Gebiet haben regelmäßig eine völkervertragliche Grundlage. Diese Verdichtung des völkerrechtlichen Rahmens geht, wie schon erwähnt, Hand in Hand mit einer Erweiterung des Regelungsgegenstandes: Längst werden nicht nur der klassische Warenhandel, sondern auch und in zunehmendem Maße 90 91
Eeckhout, External Relations, 184. Beachte die Ausführungen zum „Vorrang“ des EG-Rechts gegenüber dem Unionsrecht oben unter II.C.2b. Derselbe, 174.
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Dienstleistungen und geistiges Eigentum erfasst. Insofern reichen die völkerrechtlichen Bindungen über das Gebiet der GHP weit hinaus. Längst besitzen so gut wie alle Gegenstände des Binnenmarktes auch eine außenwirtschaftliche Dimension.92 Aus der vorhandenen Fülle soll im Folgenden einerseits ein Schlaglicht auf die besonders bedeutsame Verflechtung in der WTO geworfen und andererseits eine Typologie der bestehenden völkervertraglichen Bindungen vorgestellt werden.
B. Die EG in der WTO 1. Überblick über die im Rahmen der WTO bestehenden Abkommen Die seit 1995 bestehende World Trade Organization (WTO)93 hat als internationale Organisation die Umsetzung und Durchführung der in der so genannten Uruguay-Runde erarbeiteten Übereinkommen zur Aufgabe, sowie die Erreichung der in diesen Übereinkommen festgelegten Ziele. Diese Abkommen sind vor allem das General Agreement on Tariffs and Trade (GATT), das General Agreement on Trade in Services (GATS), das Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property (TRIPS) und das Dispute Settlement Understanding (Vereinbarung über die Streitbeilegung, DSU). Weitere Abkommen regeln spezielle Bereiche: So wird im Abkommen über sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen (SPS) die Zulässigkeit von Ausnahmen vom GATT zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen näher festgelegt. Das Abkommen über technische Handelshemmnisse (TBT) zielt auf den Abbau protektionistischer Standards und Vorschriften. Neben diesen multilateralen Verträgen, denen ein neues WTO-Mitglied automatisch beitritt, gibt es im Rahmen der WTO auch plurilaterale Verträge wie das Abkommen über das öffentliche Auftragswesen (Agreement on Governement Procurement, GPA), welche nicht alle WTO-Staaten abgeschlossen haben.94 Die zentrale Zielsetzung der WTO ist getragen von der Überzeugung, durch den Abbau von Handelshemmnissen zu einer optimalen Ressourcennutzung beizutragen und somit eine Steigerung des Lebensstandards wie auch eine nachhaltigere Entwicklung zu bewirken. Außerdem bietet die WTO Rahmen und Plattform für Verhandlungen in Hinblick auf eine weitere Intensivierung der multilateralen Handelsbeziehungen. Das GATT regelt die Abschaffung von nichttarifären Handelshemmnissen (mengenmäßige Beschränkungen) bzw Umwandlung dieser in tarifäre Hemmnisse („Tarifisierung“) im Warenhandel. Die tarifären Hemmnisse wiederum werden zum Gegenstand von Verhandlungen über Zollsenkungen 92 93
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Grundlegend zu diesem Thema Eeckhout, The European Internal Market, 1994. Vergleiche die Kundmachung sowohl des Genehmigungsbeschlusses des Rates als auch des WTO-Abkommens samt allen multilateralen und plurilateralen Abkommen im ABl Nr 1994/L 336/1. Ausführliche Darstellung etwa bei Van den Bosche, The Law and Policy of the World Trade Organization, 2005; Matsushita/Schoenbaum/Mavroidis, The World Trade Organization, 2. Aufl 2006; Weiß/Herrmann, Welthandelsrecht, 2003.
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gemacht. Art. XI GATT beinhaltet ein generelles Verbot mengenmäßigen Beschränkungen von Importen und Exporten. Lediglich Zölle, Steuern und andere bei Grenzübertritt erhobene Gebühren sind nach dem GATT gestattet. Nach der sog. Meistbegünstigungsklausel, der zentralen Vorschrift des Vertrages (Art. I GATT), ist jedes WTO-Mitglied verpflichtet, jedem anderen Mitglied die gleichen Vorteile für gleichartige Waren („like products“) in Bezug auf Zölle und Gebühren zu gewähren, die es dem ihm gegenüber am besten gestellten Land gewährt (auch wenn dieses nicht WTO Mitglied ist). Art. II GATT bestimmt, dass die in den Anhängen zum GATT 1947 enthaltenen Zollzugeständnisse der einzelnen Mitglieder zum WTO-Vertragsinhalt werden. Dadurch werden bindende und vor allem rechtlich durchsetzbare Zollobergrenzen für bestimmte Produkte festgelegt. Im Zusammenhang mit der Meistbegünstigung ergeben sich so umfassende Vergünstigungen für sämtliche WTO-Mitglieder, da die zum Teil bilateralen Zugeständnisse nach Art. I GATT - wie oben erwähnt unverzüglich und bedingungslos auch den anderen Mitgliedstaaten gewährt werden müssen. Nach Art. III GATT verpflichten sich die Mitgliedstaaten, Binnensteuern und andere Belastungen, die für heimische und importierte Waren gelten, nicht in einer Weise anzuwenden, die die heimische Erzeugung schützt. Gleiches gilt auch für Gesetze, Vorschriften und Erfordernisse, die das Angebot, den Einkauf, den Transport, die Verteilung oder Verwendung von Waren betreffen. Es soll also im Rahmen des GATT nicht nur der Grenzübertritt nichtdiskriminierend ausgestaltet werden, sondern auch eine Gleichbehandlung der ausländischen Waren mit den inländischen erreicht werden. Das GATS regelt die Liberalisierung im Dienstleistungssektor. Liberalisierungszugeständnisse erfolgen dadurch, dass ein Staat alle Dienstleistungen, die er den Regelungen des GATS unterwerfen möchte, in Listen zusammenfasst. In diesen Listen werden auch die Bedingungen vermerkt, zu denen der betreffende Staat Dienstleistungen dem GATS unterwirft. Die Hauptpflichten des GATS, nämlich Marktzugang und Inländergleichbehandlung, gelten nur für diejenigen Sektoren, die ein Land konkret in die (positiven) Verpflichtungslisten aufgenommen hat (so genannte gebundene Dienstleistung). Dies aber auch nur insoweit als dafür keine Beschränkungen gemacht worden sind. Art. VI GATS verlangt, dass Regelungen, die den Handel mit Dienstleistungen betreffen, derart ausgestaltet sein müssen, dass sie keine unnötigen Handelshindernisse darstellen, und dass auf transparente und objektive Kriterien abgestellt werden muss. Dies betrifft vor allem Qualifikations- und Genehmigungserfordernisse. Außerdem gilt auch im GATS eine Meistbegünstigungsklausel (Art. II), die aber anders als im GATT auch teilweise abbedungen werden kann. Das TRIPS regelt den Schutz des geistigen Eigentums in den Bereichen des Urheber-, Patent-, Marken- und Musterschutzrechtes. Ausgangspunkt für die Anwendbarkeit des TRIPS ist nicht wie beim GATT das Ursprungsprinzip, also die Herkunft der Ware, sondern die Herkunft des Schutzrechtsinhabers. Neben allgemeinen Vorschriften wie Meistbegünstigung und Inländergleichbehandlung enthält das TRIPS Mindeststandards, denen die jeweiligen nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten genügen müssen. Darüber hinaus stellt das TRIPS Anforderungen an effektive Durchsetzungsmechanismen für Immaterialgüterrechte in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. Das TRIPS enthält
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insofern also eine Mindestharmonisierung des Schutzrechts für geistiges Eigentum.
2. Bemerkungen zur Reichweite des WTO-Rechts in der EG In seinem Regelungsgegenstand reicht das WTO-Recht somit über ein klassisches Handelsabkommen weit hinaus und berührt - etwa im TBT-Abkommen, im SPS-Abkommen, oder im plurilateralen Übereinkommen über das öffentliche Auftragswesen - Angelegenheiten des Binnenmarktes bzw. einer Wirtschaftsunion.95 In seiner Durchsetzbarkeit übertrifft das WTO-Recht mit seinem Streitbeilegungsverfahren alle früheren multilateralen Wirtschaftsabkommen.96 Nicht zuletzt in diesem Streitbeilegungsverfahren hat sich in den ersten 10 Jahren des Bestehens (und knapp 400 Verfahren) die sachliche Breite des Anwendungsbereichs deutlich gezeigt.97 Ganz überwiegend hält sich die EG auch dann an Streitentscheidungen, wenn sie das Verfahren verloren hat. Die beiden spektakulären Fälle, in denen dies nicht geschah, täuschen insofern. Sie zeigen gleichzeitig das Spektrum der WTO-rechtlichen Bindungen. Im sogenannten Bananenfall98 unterlag die Gemeinschaft mit einer diskriminierenden Importregelung, die einerseits EG-Importeure und -händler gegenüber allen anderen, und andererseits Lieferanten in den AKP-Ländern gegenüber solchen aus anderen Drittländern bevorzugte. Mehr als ein Jahrzehnt lang zog die Gemeinschaft Strafzölle der Einhaltung der Streitentscheidungen vor, bis es zu einer Einigung mit den obsiegenden Ländern kam. Man kann hier von einem in der Sache klassischen Handelskonflikt sprechen, der aber sehr früh das grundsätzliche Funktionieren der WTO-Streitschlichtungsmechanismen auf die Probe stellte und dadurch - im Zusammenwirken mit ähnlichem Verhalten insbesondere der USA - eine eminent politische Bedeutung erhielt. Im Hormonfall99 wiederum, der hauptsächlich auf der Ebene des SPSAbkommens zu Ungunsten der EG entschieden wurde, weigerte sich die Gemeinschaft - und weigert sich nach Vorliegen neuer Gutachten immer noch hormonbehandeltes Fleisch zur Vermarktung im Binnenmarkt zuzulassen. Dem Grundsatz nach entspricht das angegriffene Importverbot dem internen Vermarktungsverbot. Dies ist somit ein Fall, der die Schranken der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit über klassische Handelsschranken hinaus deutlich werden ließ, wie sie in den WTO-Abkommen grundgelegt sind. Möglich werden solche "Ausreißer" durch die ständige, umstrittene Judikatur des EuGH, wonach WTO-Recht zwar einen Bestandteil des Gemeinschafts95 96 97
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Zum Versuch einer Klassifikation siehe unten III. C. Dazu näher unten Kapitel VII.B. Einige Zahlen und Einschätzungen dazu bei Cottier, Die EU als Akteurin auf der Welthandelsebene: Erfahrungen und Herausforderungen, in Müller-Graff (Hrsg), Die Rolle der erweiterten Europäischen Union in der Welt, 2006, 115 (123 ff). Vgl dazu Breuss/Griller/Vranes (Hrsg), The Banana Dispute. An Economic and Legal Analysis, 2003. Vgl dazu etwa Gamharter, Hormonfleisch unerwünscht!, in Lachmayer/Stöger (Hrsg), Casebook Europarecht, 2005, 220; Weiß, Zur Haftung der EG für die Verletzung des WTO-Rechts, Europarecht 2005, 277.
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rechts bildet,100 aber in der EG nicht gerichtlich durchsetzbar ist.101 Die Anpassung an WTO-rechtliche Pflichten erfordert daher im Regelfall Umsetzungsmaßnahmen durch Sekundärrecht. Ausnahmsweise allerdings geht die Durchsetzbarkeit nach der Judikatur darüber hinaus. Denn es ist erstens denkbar, das Gebot WTO-konformer Interpretation insbesondere von Sekundärrecht geltend zu machen.102 Zweitens unterliegen allenfalls rechtswidrige Bestimmungen sekundärrechtlicher Maßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung am Maßstab des WTO-Rechts, soweit sie in der Absicht erlassen wurden, eine WTO-Verpflichtung umzusetzen.103 Diese Absicht erscheint etwa im Fall der AntidumpingVO und der AntisubventionsVO einigermaßen unbestreitbar zu sein.104 Besser steht es mit der Durchsetzbarkeit des WTO Rechts nicht gegenüber der EG, sondern gegenüber Drittstaaten. Diesbezüglich gewährt das sogenannte Neue Gemeinschaftsinstrument einen Rechtsanspruch auf die Ausnützung des Streitbeilegungsmechanismus der WTO.105
3. Die Kompetenzfrage Aus Anlass des Abschlusses der WTO-Abkommen, die neben dem Warenhandel vor allem auch den Handel mit Dienstleistungen und den Schutz geistigen Eigentums erfassen, holte die Kommission vom EuGH gemäß Art. 300 Abs. 6 EGV ein Gutachten ein, um zu klären, ob der EG ausschließliche Kompetenz zum Abschluss dieser Abkommen zukomme.106 Die Kommission hatte die ausschließliche Zuständigkeit der EG zum Abschluss der WTO-Abkommen, nicht nur hinsichtlich des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) sondern auch hinsichtlich des GATS (General Agreement on Trade in Services) und des TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property) unter anderem auf der Grundlage des Art. 133 EGV [damals: Art. 113 EGV] bean100
Rs 181/73, Haegeman, Slg 1974, 449, Rs 104/81, Kupferberg, Slg 1982, 3641. Beginnend mit Rs C-149/96, Portugal/Rat (Vereinbarung mit Pakistan und Indien), Slg 1999, I-8395. Zur literarischen Auseinandersetzung statt vieler einerseits, die Grundposition des EuGH bejahend, etwa Eeckhout, External Relations, 292 ff, sie ablehnend hingegen Griller, Enforcement and Implementation of WTO Law in the European Union, in Breuss/Griller/Vranes (Hrsg), The Banana Dispute, 2003, 248 (273 ff), jeweils mwN. 102 Vgl dazu grundsätzlich Rs C-53/96, Hermès, Slg 1998, I-3603, Rz 28; Rs C-89/99, Schieving-Nijstad vof, Slg 2001, I-5851, Rz 35. 103 Rs C-149/96, Portugal/Rat (Vereinbarung mit Pakistan und Indien), Slg 1999, I-8395, Rz 49; im Antidumpingrecht hat dies - allerdings über den Umweg der WTO-konformen Interpretation der Grundverordnung - bereits stattgefunden: Rs C-76/00, P Petrotub SA und Republica SA, Slg. 2003, I-79, Rz 49 - 64. Im Allgemeinen wird diese Klausel vom EuGH in der jüngeren Vergangenheit allerdings sehr restriktiv interpretiert. Insbesondere im Bananenstreit war dies der Fall: vgl näher Griller, Enforcement and Implementation of WTO Law, 262 ff mwN. 104 Vgl die Erwägungsgründe 3 ff der AntisubventionsVO 2026/1997/EG, insb Grund 7: „Angesichts des Umfangs der durch die neuen Übereinkommen herbeigeführten Änderungen sollten zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und transparenten Anwendung der neuen Regeln die Bestimmungen der neuen Übereinkommen so weit wie möglich in das Gemeinschaftsrecht übernommen werden.“ 105 Näher unten IV. F. 106 EuGH, Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267. 101
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sprucht. Der EuGH hatte somit zu prüfen, ob auch Maßnahmen betreffend Dienstleistungen und Handelsaspekte des geistigen Eigentums in den Anwendungsbereich der GHP fallen. In den Handelsbeziehungen der Industrieländer hatte der Austausch von Dienstleistungen zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung des Warenverkehrs bereits überstiegen. Angesichts der dynamischen Betrachtungsweise, die der EuGH in seiner bisherigen Rechtsprechung zeigte, schien es nicht unwahrscheinlich, dass der EuGH diese Entwicklungen berücksichtigen und die Anwendung des Art. 133 EGV auf Dienstleistungen bejahen würde.107 Der Gerichtshof ging jedoch einen anderen Weg. Er prüfte, ob die generelle Systematik des EGV es erlaube, die im GATS definierten Arten der Dienstleistungen unter die GHP einzuordnen und kam dabei zu dem Ergebnis, dass nur die „grenzüberschreitende Erbringung“ von Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Art. 133 EGV fällt. Die weiteren drei vom GATS geregelten Arten der Leistungserbringung (Auslandserbringung, gewerbliche Niederlassung und Niederlassung natürlicher Personen)108 implizieren das Überschreiten der Außengrenzen durch Personen. Da der EGV neben der GHP ein eigenes Kapitel betreffend die Einreise und den Personenverkehr beinhalte, können diese Formen der Dienstleistung nicht zur Materie der GHP gehören.109 Das WTO-Abkommen, sowie andere Abkommen, die (auch) Dienstleistungsangelegenheiten und Fragen des geistigen Eigentums enthielten, wurden somit von der EG und den Mitgliedstaaten gemeinsam als gemischte Abkommen abgeschlossen. Durch den Vertrag von Nizza im Jahr 2000 wurde zwar klargestellt, dass auch Dienstleistungen und Handelsaspekte des geistigen Eigentums unter Art. 133 EGV fallen. Allerdings wurde der Gemeinschaft für diese Bereiche ausdrücklich nur eine konkurrierende und keine ausschließliche Kompetenz eingeräumt.110 Damit wurde zwar der Anwendungsbereich des Art. 133 EGV ausgedehnt, jedoch führt dies nicht zu einer Ausweitung der Gemeinschaftskompetenzen insgesamt, da nachgewiesen werden kann, dass in diesen Bereichen bereits zuvor eine implizite konkurrierende Kompetenz der Gemeinschaft bestand hatte. Theoretisch hätten die WTO-Abkommen somit auf Grund der Rechtslage vor dem Vertrag von Nizza auch durch die EG allein abgeschlos107 108
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Vgl oben bei FN 12. Der Begriff der „Dienstleistung“ nach dem GATS ist insofern weiter als jener nach dem EGV und umfasst auch Vorgänge, die in diesem als Errichtung von Niederlassungen und/oder als Investitionen, die der Kapitalverkehrsfreiheit unterliegen, zu qualifizieren sind. Vgl EuGH, Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 42ff. Art 133 Abs 5 UAbs 4 spricht sehr deutlich für eine (bloß) konkurrierende Kompetenz der EG auf den erfassten Gebieten - und schafft insofern einen etwas verwirrenden „Fremdkörper“ in der GHP, die bis Nizza eine ausschließliche Kompetenz war, die jetzt durch eine konkurrierende ergänzt wurde. Die weiter bestehenden Rechte der Mitgliedstaaten zum Kontrahieren mit Drittstaaten und internationalen Organisationen stehen nur unter der Anforderung der Einhaltung der „gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften“ sowie der „anderen einschlägigen internationalen Abkommen“. Näher Griller, Europarechtliche Grundfragen der Mitgliedschaft in der WTO, in Köck/Lengauer/Ress (Hrsg), Europarecht im Zeitalter der Globalisierung, 2004, 85f.
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sen werden können.111 Auf dem Boden des Vertrags von Nizza hingegen wäre dies wegen der besonderen Beschränkungen für Dienstleistungen gemäß Art. 133 Abs. 6 EGV nicht möglich gewesen. Diese Rechtslage ist nicht bloß historisch von Interesse: sie wirkt auf eventuelle Vertragsänderungen ebenso fort wie auf die Zuständigkeit in allfälligen Streitbeilegungsverfahren vor der WTO.
C. Andere wichtige multi- und bilaterale Rahmenbedingungen und Typologie der Außenwirtschaftsbeziehungen 1. Allgemeines Die EG ist - teilweise, wie erwähnt, neben den Mitgliedstaaten - Vertragspartei einer Vielzahl multi- und bilateraler Handelsabkommen mit fast allen Staaten bzw. Regionen der Welt. Eine auch nur grobe Typologisierung ist schwierig, da die dadurch begründeten Wirtschaftsbeziehungen sehr unterschiedlich sind.112 Im Folgenden soll dennoch und trotz aller unvermeidlichen Unschärfen ein Versuch unternommen werden. Nach der Integrationsdichte der Wirtschaftsbeziehungen lassen sich - über die Verflechtung durch einzelne Handelsabkommen hinausgehend - in aufsteigender Reihenfolge ganz grundsätzlich Freihandelszonen, Zollunionen, Wirtschaftsunionen und Wirtschafts- und Währungsunionen unterscheiden.113 Es zeigt sich dabei, dass Freihandelsabkommen (zumindest in den außereuropäischen Beziehungen) den Regelfall darstellen, freilich auch viele Mischformen vorkommen. Eine Unterscheidung nach geographischer Nähe der beteiligten Länder oder Regionen zur EU liegt ebenfalls auf der Hand, wobei sich zeigt, dass die Beziehungen der EG (wohl naturgemäß) mit Nachbarländern114 bzw. aktuellen und potentiellen Beitrittskandidaten am dichtesten sind. Drittens kann eine grobe Kategorisierung getroffen werden nach dem Regelungsumfang der Abkommen der EG bzw. der Zahl der Vertragsstaaten. Hier kommt den WTOAbkommen eine überragende Bedeutung zu.
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Siehe bei FN 18 und FN 84. Siehe die graphische Darstellung des Beziehungsgeflechts bei Breuss, Reale Außenwirtschaft und Europäische Integration, 2003, 326. Siehe auch http://ec.europa.eu/trade/issues/bilateral/index_en.htm. Eine Integration über die Wirtschaftsbeziehungen hinaus führt zu einer Politischen Union, welche in der EU bisher nur schwach ausgeprägt ist. Freilich sind die Grenzen auch hier fließend: auch vorwiegend wirtschaftliche Angelegenheiten können eine grundsätzlich politische Dimension aufweisen bzw. zunehmen gewinnen. Eine solche Entwicklung zeigt sich etwa in den vergangenen Jahren in der Entwicklung des ursprünglichen Diskriminierungsverbots im Binnenmarkt zu einem umfassenden Gleichheitsanspruch, den der EuGH mit Hilfe des Instituts der Unionsbürgerschaft auf praktisch alle Lebensbereiche ausdehnt. Ganz allgemein geht insofern der erreichte Grundrechtsschutzstandard in der EG über die Dimension einer wirtschaftlichen Integration weit hinaus. Institutionalisiert durch die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP). Siehe http://ec.europa.eu/world/enp/index_de.htm.
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2. Einteilung nach der Integrationsdichte Seit 1968 ist die EU (damals noch EWG) eine Zollunion, hat somit einen Gemeinsamen Zolltarif gegenüber Drittstaaten. Im Jahr 1993, mit der Errichtung des Binnenmarktes, wurde die EG eine Wirtschaftsunion. Im Jahr 1999 konnte die bisher größte Integrationstiefe mit der Schaffung der Währungsunion erreicht werden (WWU). Mitglieder der WWU (der „Euro-Zone“) sind jedoch derzeit nur 13 der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Die Drittlandsbeziehungen spiegeln diese Entwicklung teilweise dadurch wider, dass manchen Drittländern eine Teilnahme daran in unterschiedlichem Umfang eingeräumt wurde, freilich niemals unter Einschluss der Währungsunion, und vor allem niemals unter Einräumung institutionalisierter Mitgestaltungsrechte an der Fortentwicklung des acquis communautaire. Soweit die bestehenden Übereinkommen Mechanismen der Fortentwicklung durch Beschlussfassung vorsehen, also über das traditionelle Verfahren des Abschlusses völkerrechtlicher Verträge hinausgehen, handelt es sich hauptsächlich um den „Nachvollzug“ EG-interner Entwicklungen - etwa im EWR mit der vertraglichen „Drohung“ der Suspendierung von Abkommensteilen bei Weigerung der Übernahme neuen EG-Rechts.115 Die 1960 gegründete Europäische Freihandelsorganisation (EFTA) hat in der Zwischenzeit die meisten ihrer Mitglieder (einschließlich Österreich im Jahre 1995) an die EU „verloren“. Freihandelszonen wie die EFTA, im Unterschied zu Zollunionen, schaffen alle Zölle im gegenseitigen Handel ab, die Außenzölle der einzelnen Mitgliedstaaten werden jedoch nicht vereinheitlicht. Mit den verbliebenen EFTA-Staaten Liechtenstein, Island und Norwegen wurde 1994 das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) abgeschlossen, welches diesen Staaten die „Teilnahme am EG-Binnenmarkt“ auch ohne EU-Mitgliedschaft ermöglichen soll, somit eine Zwischenstufe zwischen EG und EFTA darstellt.116 Nach Entscheidungen des EuGH gelten die Grundfreiheiten des Binnenmarktes weitgehend inhaltsgleich auch in den EWRStaaten.117 Grenzkontrollen für Waren und Personen sowie die Ursprungsregelungen im bilateralen Handel bleiben jedoch bestehen (keine Teilnahme an der Zollunion und damit auch keine Teilnahme an der GHP der EG); auch bleiben wichtige interne Politikbereiche ausgenommen, wie namentlich die Agrar- und die Steuerpolitik. Mit dem EFTA-Staat Schweiz - dessen Bevölkerung nicht nur den EGBeitritt, sondern auch die Teilnahme am EWR abgelehnt hat - hat die EU im Jahr 1999 sieben bilaterale Abkommen in Ergänzung des Freihandelsabkommens und als „Ersatz“ für den EWR-Beitritt abgeschlossen (in Kraft 2002), mit 115
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Bisweilen, insbesondere mit Blick auf die WTO, wird freilich behauptet (und kritisiert), die EG übertrage ihre Regelungsbefugnisse auf internationale Einrichtungen, denen die erforderliche Legitimation (in noch größerem Maße als der EG) fehle. Darauf wird hier nicht näher eingegangen. ABl L 1 vom 3.1.1994, 2. Vgl Breuss, Reale Außenwirtschaft, 368f. So kann sich eine Staatsbürgerin Liechtensteins etwa vor österreichischen Gerichten auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen zur Bekämpfung unverhältnismäßer Beschränkungen des Grundverkehrs in Vorarlberg. Vgl nur EuGH, Rs C-452/01, Ospelt, Slg 2003, I-9743 (Vorlage des VwGH).
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denen die Schweiz EG-Recht weitgehend übernimmt.118 In der Zwischenzeit wurden weitere Abkommen in den Bereichen verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, Statistik, Ruhegehälter, Umwelt, MEDIA, Schengen/Dublin, Betrugsbekämpfung und Zinsbesteuerung abgeschlossen.119 Wie bereits ausgeführt, hat die EG eine Reihe von Assoziierungsabkommen gemäß Art. 310 EGV abgeschlossen, welche im Sinne der Einteilung nach der Integrationstiefe im Wesentlichen Freihandelsabkommen mit unterschiedlichen Zielen (Beitritt, Ersatz für Beitritt, Entwicklungshilfe) und Zusatzvereinbarungen (Menschenrechtsklauseln) darstellen.120 Auch begründen die Freihandelsabkommen der EG nur in Ausnahmefällen den vollständig (zoll)freien Handel zwischen der EG und den Vertragspartnern, sondern im Regelfall nur Handelserleichterungen und Zollpräferenzen. Zollunionen ist die EG (selbst eine Zollunion) nur mit der Türkei (seit 1996)121, Andorra122 und San Marino123 eingegangen; diese Länder übernehmen daher im Anwendungsbereich des Abkommens im Wesentlichen den EG-Außenzoll auch für ihre Drittlandsbeziehungen, was die Voraussetzung für die Zollfreiheit in den Beziehungen zur EG ist. Die weitestgehende Integration besteht somit, wenn man die EG selbst mit in den Blick nimmt, in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion zwischen 13 Mitgliedstaaten der EU, gefolgt von der Wirtschaftsunion der 27 EU-Mitgliedstaaten, vom EWR der 27 EU-Mitgliedstaaten plus Liechtenstein, Island und Norwegen, der Sonderbeziehung zwischen der EU und der Schweiz, den Zollunionen der EU und schließlich den zahlreichen Freihandelsabkommen der EU.124 Eine klare Reihung nach der Integrationsdichte in den Drittlandsbeziehungen ergibt sich auch daraus nicht: Die erwähnten Zollunionen etwa gehen hinsichtlich der Handelspolitik gegenüber Dritten naturgemäß über die Freihandelszonen und den EWR hinaus, bleiben aber hinsichtlich der Beteiligung am Binnenmarkt und den internen Politiken hinter letzterem zurück. Die sektoralen Verträge mit der Schweiz wiederum schaffen in Teilbereichen bin-
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„Bilaterale I“: Personenverkehr, Luftverkehr, Landverkehr, Landwirtschaft, Forschung, technische Handelshemnisse, öffentliches Beschaffungswesen. Siehe ABl L 300 vom 31.12.1972, 189 und ABl L 114 vom 30.4.2002. Vgl Breuss, Reale Außenwirtschaft, 369 mwN, und Lenaerts/Van Nuffel, Constitutional Law of the European Union, 2005, 910 (FN 18). „Bilaterale II“. Zuletzt ist das Statistik-Abkommen mit 1.1.2007 in Kraft getreten. Siehe dazu oben II.E.2 bei FN 78ff. Beschluss 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei über die Durchführung der Endphase der Zollunion, ABl L 35 vom 13.2.1996, 1. Beschluss 2/91 des Gemischten Ausschusses EWG-Andorra über die in der Gemeinschaft im Zollwesen geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die vom Fürstentum Andorra zu übernehmen sind, ABl L 250 vom 7.9.1991, 24. Beschluss 2/92 des Kooperationsausschusses EWG-San Marino über die in der Gemeinschaft im Zollwesen geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die von der Republik San Marino zu übernehmen sind, ABl L 42 vom 19.2.1993, 23. International ist der Regelfall Freihandelsabkommen, wobei selbst das fortgeschrittenste, die Nord-Amerikanische Freihandelsorganisation (NAFTA, mit den USA) in der Integrationsqualität weit hinter der EG zurückbleibt. Die EG ist bis dato das weltweit ambitionierteste regionale Integrationsprogramm. Breuss, Reale Außenwirtschaft, 364, 368.
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nenmarktähnliche Zustände, klammern aber die Drittlandspolitik weitgehend aus.
3. Geographische Einteilung Bis zu ihrem Beitritt galten zwischen den neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittelund Osteuropa und der EU die so genannten Europa-Abkommen.125 Mit einigen Staaten Südosteuropas („Balkan“) wurden Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) abgeschlossen, welche der Vorbereitung eines möglichen Beitritts dienen.126 Mit den Mittelmeer-Nachbarstaaten (im weiteren Sinne) Libanon, Israel, Marokko, Algerien, Ägypten, Jordanien, der PLO und Tunesien bestehen so genannte Europa-Mittelmeer-Assoziierungsabkommen seit 1995 im Rahmen des so genannten Barcelona-Prozesses.127 Diese Staaten sind, gemeinsam mit einigen weiteren Staaten (etwa Georgien, Ukraine, Armenien, Weissrussland),128 auch Teil der ENP (European Neighbourhood Policy - Europäische Nachbarschaftspolitik) der EU mit dem Ziel, die bilaterale Zusammenarbeit mit Staaten im Einflussgebiet der EU zu fördern. Urspünglich für ehemalige Kolonien von EU-Mitgliedstaaten, nunmehr allgemein für Entwicklungsländer wurde das Allgemeine Präferenzsystem geschaffen.129 Inhaltlich darüber hinaus reicht das Cotonou-Abkommen mit den AKP-Staaten.130 Eine so genannte konstitutionelle Assoziierung besteht mit „überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten“ einiger EUStaaten (etwa Grönland, Neukaledonien, Falkland Inseln).131 Mit den meisten lateinamerikanischen, südostasiatischen Staaten sowie den meisten Golfstaaten, Süd-Afrika und China bestehen Abkommen entweder in Form von Assoziierungsabkommen oder Kooperationsabkommen.132 Die EU hat ihre Wirtschaftsbeziehungen somit großteils blockweise geregelt mit spezifischen Abkommen und Politiken für die Beitrittsländer (EuropaAbkommen, SAAs), sonstige Nachbarländer (ENP, Barcelona-Prozess), ehemalige Kolonien (Cotonou, Präferenzssystem), überseeische Hoheitsgebiete
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Nachweise etwa bei Lenaerts/Van Nuffel, Constitutional Law, 926 (FN 98). FYR Mazedonien, ABl L 85 vom 23.3.2004, 26, Kroatien, ABl L 26 vom 28.1.2005, 1, und Albanien, ABl L 239 vom 1.9.2006 (Interim-Abkommen). Tunesien, ABl L 97 vom 30.3.1998, 2, Marokko, ABl L 70 vom 18.3.2000, 2, Algerien, ABl L 265 vom 10.10.2005, 2, Jordanien, ABl L 129 vom 15.5.2002, 3, Ägypten, ABl L 304 vom 30.9.2004, 5, Libanon, ABl L 143 vom 30.5.2006, 2, Israel, ABl L 147 vom 21.6.2000, 3, PLO, ABl L 187 vom 16.7.1997, 1. Siehe http://ec.europa.eu/world/enp/index_en.htm. FN 80. Beachte: Dieses ist kein Abkommen, sondern eine von Seiten der EG einseitig gewährte Privilegierung von Entwicklungsländern. 2000/483/EG, Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000, ABl L 317 vom 15.12.2000, 3. Art 182ff EGV. Vgl die Liste in Annex II zum EGV und Lenaerts/Van Nuffel, Constitutional Law, 844 (FN 83). Siehe die Aufzählungen bei Denselben, 838f (FN 57ff).
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(konstitutionelle Assoziierung), Südamerika und Südostasien (Handels- und Kooperationsabkommen).133
4. Einteilung nach Regelungsumfang und Teilnehmerzahl Grundsätzlich lassen sich hier Handelsabkommen und Kooperationsabkommen unterscheiden, wobei viele Abkommen beide Typen in sich vereinen bzw. die Grenzen verschwimmen, und zwar bisweilen auch zu den Abkommen höherer Integrationsdichte, die in die Koordinierung von bzw. die Kooperation in ausgewählten Politikbereiche hineinreichen.134 Kooperationsabkommen zielen auf eine längere wirtschafts- und industriepolitische Zusammenarbeit, oftmals einschließlich Forschungskooperation und Entwicklungshilfe, ab.135 Unterschieden werden kann weiters auch zwischen bilateralen und multilateralen Verträgen der EG. Die weltweit bedeutendsten Handelsabkommen der EG (und der Mitgliedstaaten) sind die WTO-Abkommen, welche neben dem Warenhandel auch den Handel mit Dienstleistungen und den Schutz geistigen Eigentums regeln und derzeit 149 Mitgliedstaaten haben.136 Innerhalb des WTO-Vertragsregimes finden sich jedoch auch plurilaterale Abkommen, welchen nicht alle WTOMitgliedstaaten beigetreten sind, namentlich das Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen.137 Die Beziehungen zwischen der EU und einigen ihrer wichtigsten Handelspartner wie den USA und Japan sind hauptsächlich durch WTO-Recht geregelt. Assoziierungsabkommen, wie bereits erwähnt, können neben Fragen der Handelsbeziehungen im engeren Sinn auch weit darüber hinaus gehende Regelungen bezüglich Entwicklungshilfe und Menschenrechten vorsehen.138 Der mit 77 Vertragstaaten insofern sehr bedeutende Cotonou-Vertrag enthält eine umfassende Verpflichtung der AKP-Staaten zur Achtung der Menschenrechte, von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundsätzen guten Regierens. Ähnliche Verknüpfungen wirtschaftlicher und politischer Inhalte finden sich auch im Allgemeinen Präferenzsystem, welches derzeit für etwa 130 Länder einschließ133
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Sofern Handelsabkommen WTO-Mitgliedstaaten betreffen, dürfen sie als so genannte Regional Trade Agreements nicht gegen WTO-Recht verstoßen. Vereinbarungen über Handelsliberalisierung dürfen an sich nur im Rahmen der WTO stattfinden. In der Praxis besteht jedoch eine Vielzahl von Regional Trade Agreements und ihre Zahl nimmt stetig zu, nicht zuletzt bedingt durch die in den vergangenen Jahren reduzierte Problemlösungskapazität der WTO. Derzeit sind insgesamt mehr als 250 Regional Trade Agreements bei der WTO notifiziert. Es wird angenommen, dass sich diese Zahl nach dem (vorläufigen) Scheitern der Doha-Verhandlungsrunde weiter erhöhen wird. Etwa die Abkommen mit den Staaten der ASEAN. Vgl Oppermann, Europarecht, 681, 711. Etwa mit Syrien, Russland, Ukraine, dem Kooperationsrat der Arabischen Golfstaaten und Jemen. Nachweise bei Lenaerts/Van Nuffel, Constitutional Law, 846 (FN 91ff). Vgl auch Oppermann, Europarecht, 679. ABl L 336 vom 23.12.1994. Siehe näher dazu oben III.B.I. Siehe V.A. Zum Folgenden siehe etwa Hilpold, Human Rights Clauses in EU-Association Agreements, in Griller/Weidel (Hrsg), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, 2002, 359.
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lich Osteuropa und China gilt. Politische Inhalte finden sich ua. auch in den zwei bilateralen Europa-Abkommen, den SAA und den Assoziierungsabkommen mit den Mittelmeer-Nachbarstaaten. Die an Vertragstaaten „größten“ Handelsabkommen der EU sind somit die WTO-Abkommen und der Cotonou-Vertrag, beide übrigens als gemischte Abkommen abgeschlossen. Auch vom Regelungsumfang gehen diese Abkommen weit über reine Handelsfragen hinaus. Am anderen Ende der Skala in dieser Einteilung stehen etwa internationale Rohstoffabkommen mit nur sehr beschränktem Regelungsumfang.139
IV. Die Instrumente der Gemeinsamen Handelspolitik A. Das Zollrecht Der Gemeinsame Zolltarif (GZT) als wichtigstes Instrument der Gemeinsamen Handelspolitik wurde 1992 erlassen und bewirkt einen einheitlichen Schutz aller Mitgliedstaaten gegenüber Drittländern durch die Belastung von Drittlandswaren mit Zöllen.140 Da auf die Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten kein Zoll erhoben wird (die EG ist eine Zollunion!), werden Importe aus Mitgliedsstaaten damit automatisch günstiger behandelt als Importe aus Drittländern. Der GZT findet Anwendung in Form der so genannten Kombinierten Nomenklatur (KN), die aus vier Spalten besteht, die die Code-Nummern, Warenbezeichnung und die autonomen bzw. vertraglichen Zollsätze enthalten.141 Die Letztgenannten ergeben sich aus internationalen Verpflichtungen, hauptsächlich innerhalb des GATT, aber auch durch Freihandelsabkommen der EG. Schrittweise wurden alle Waren in die KN „eingereiht“. Die verschiedenen Zolltarife der Gemeinschaft sind überwiegend im Rahmen des GATT „gebunden“ und können somit nur aufgrund multilateraler Neuverhandlungen im Rahmen der WTO geändert werden. Die praktische Bedeutung der Einordnung einer Ware in die Kombinierten Nomenklatur wird oft unterschätzt. Regelmäßig geht es um (hohe) Geldbeträge, und zwar, wie das Beispiel unten zeigt, nicht nur bei der unmittelbar einschlägigen Zollfestlegung, sondern zB auch bei der Ausfuhrerstattung, weil auch diese an den KN anknüpft. Wegen dieser großen Relevanz landen Streitigkeiten über die korrekte Einordnung vergleichsweise häufig bei den Höchstgerichten, konkret beim EuGH. Strittig war und vom EuGH letztlich entschieden wurde die Einordnung von Geflügelteilen: „Ein Schenkel, an dem noch ein Teil des Rückens hängt, ist daher als Schenkel im Sinne der Tarifstelle 02.02 B II e) 3 der alten und der Unterposition 0207 41 51 000 der neuen Nomenklatur einzuordnen, wenn dieser Teil des Rückens nicht groß genug ist, um dem Erzeugnis seinen wesentlichen Charakter zu verleihen.“142 Diese 139 140
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Siehe Oppermann, Europarecht, 691. VO 2913/92/EWG zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl L 302 vom 19.10.1992, 1. Zuletzt geändert durch VO 648/2005/EG, ABl L 117 vom 4.5.2005, 13. VO 2658/87/EWG über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl L 256 vom 7.9.1987, 1. Zuletzt geändert durch VO 996/2006/EG, ABl L 179 vom 1.7.2006, 26. Rs C-151/93, Voogd Vleesimport en -export, Slg 1994, I-4915, Rz 20.
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Entscheidung erwies sich als bedeutsam im Zusammenhang mit einer Grundsatzfrage des Gemeinschaftsrechts, nämlich den Grenzen der Rechtskraft gemeinschaftswidriger nationaler Entscheidungen. In Kühne & Heitz143 war die Ausfuhrerstattung für Geflügel in den Niederlanden strittig. Kühne & Heitz, die spätere Klägerin, hatte "Schenkel und Teile von anderem Geflügel" zur Ausfuhr angemeldet und dafür entsprechende Ausfuhrerstattungen erhalten. Nach einer Überprüfung reihte die Behörde aber die Ware unter die Tarifposition „andere“ ein, für die eine geringere Erstattung gebührte, und verlangte mehr als 900.000 NLG (etwa 400.000 Euro) zurück. Die Klage gegen den letztlich erlassenen Bescheid wurde vom niederländischen Gericht abgewiesen. Der für das Unternehmen ungünstige Bescheid erwuchs somit in Rechtskraft. Später, nämlich in der oben zitierten Rechtssache Voogd Vleesimport en -export kam der Gerichtshof zum gegenteiligen Ergebnis hinsichtlich der Einordnung in die KN. Daraufhin verlangte die Klägerin die neuerliche Auszahlung der zu Unrecht zurückverlangten Erstattungen, da auch die seinerzeitige Ausfuhr entsprechend einzuordnen gewesen wäre. Die Differenz zwischen der Einordnung als „Schenkel“ oder als „andere“ Geflügelteile betrug somit umgerechnet mehr als 400.000 Euro! Kühne & Heitz obsiegte mit diesem Begehren letztlich beim EuGH, der die Durchbrechung der Rechtskraft in Fällen wie diesem - bei grundsätzlicher Befugnis zur Zurücknahme nach nationalem Recht, fehlerhafter letztinstanzlicher nationaler Entscheidung bei Unterlassung der Vorlage an den EuGH, und Ausschöpfung der gegebenen Rechtsmittelmöglichkeiten durch den Beschwerdeführer - für geboten erachtete.
Zu den wichtigsten Bestimmungen zur Absicherung der Funktionsfähigkeit der Zollunion zählen ferner die Warenursprungsregeln. Diese legen fest, in welchem Staat eine Ware vollständig gewonnen oder hergestellt wurde. Sie dienen in der EG der Prüfung, welcher Zollsatz angewendet wird, ob bestimmte Importquoten ausgeschöpft wurden, oder ob Antidumpingmaßnahmen anwendbar sind. Für den Warenverkehr innerhalb der EG sind die Ursprungsregelungen nicht von Bedeutung, da in einer Zollunion mit freiem Warenverkehr unterschiedliche Beschränkungen nach dem Ursprungsland von vornherein unzulässig sind. Anders ist dies in den Drittlandsbeziehungen. In diesen kann es länderweise unterschiedliche Regelungen geben, abhängig von den jeweils bestehenden vertraglichen oder einseitigen Beschränkungen in der Einfuhr. Hier behalten die Ursprungsregelungen daher ihre Bedeutung. Die Gemeinschaft hat außerdem ein so genanntes Allgemeines Präferenzsystem (APS) erlassen, durch das Entwicklungsländern einseitige Zollbegünstigungen eingeräumt werden.144 Die betroffenen Waren finden sich in Anhang II und werden in so genannte empfindliche und nicht empfindliche Waren unterteilt, abhängig von ihren möglichen Auswirkungen auf die Wirtschaft der EU. Nach der allgemeinen Regelung werden die Zollsätze des GZT für nicht empfindliche Waren vollständig augesetzt, für empfindliche Waren bloß reduziert. Nach einer Sonderregelung für nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung werden für in Anhang I der ASP-VO aufgezählte Länder Zollpräferenzen gewährt.145 Als Bedingung für die Aufnahme in die 143 144
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Rs C-453/00, Kühne & Heitz, Slg 2004, I-837. VO 980/2005/EG über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen, ABl L 169 vom 30.06.2005, 1. Die VO gilt für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008. Siehe dazu Beschluss 2005/924/EG der Kommission über die Liste der begünstigten Länder, ABl L 337 vom 22.12.2005, 50. Diese Bevorzugung von bestimmten Ent-
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Liste der begünstigten Länder müssen Staaten die wesentlichen Übereinkommen der UNO und der IAO zu Menschen-, und Arbeitnehmerrechten, sowie eine bestimmte Zahl von Übereinkommen zum Umweltschutz und zur verantwortlichen Staatsführung umsetzen. Weitere Sonderreglungen bestehen für am wenigsten entwickelte Länder.146 Mangels einer zentralen Verwaltung durch die Gemeinschaft werden alle Maßnahmen im Zollbereich durch die nationalen Zollbehörden (in Kooperation mit der Kommission) vollzogen.147 Die Mitgliedstaaten dürfen im Zollbereich (ausschließliche Kompetenz der EG) keine eigenständigen Bestimmungen mehr erlassen.
B. Mengenmäßige Beschränkungen 1. Einfuhrbeschränkungen Bis 1994 verhängte die Gemeinschaft insbesondere auf der Grundlage von Art. 133 EGV zahlreiche mengenmäßige Importbeschränkungen (Quoten) gegenüber Drittstaaten, auch gegenüber GATT-Mitgliedern.148 Diese Maßnahmen enthielten zum überwiegenden Teil keine einheitlichen Gemeinschaftsquoten. Stattdessen wurden unterschiedliche Quoten für die einzelnen Mitgliedstaaten festgesetzt, wodurch praktisch und in rechtlich durchaus fragwürdiger Art und Weise einfach die unterschiedlichen nationalen Politiken als „Errungenschaft“ der GHP ausgegeben wurden. Anfang 1994 änderte die Gemeinschaft ihre Haltung zu mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen radikal.149 Im Bereich der gewerblich-industriellen Produkte wurden Einfuhrbeschränkungen im normalen Handelsverkehr150 völlig abgeschafft.151 Einzelnen wurde damit ein subjektives Recht auf freie Einfuhr gewährt.152
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wicklungsländern ist nur auf Grund einer Ausnahmebestimmung vom Meistbegünstigungsprinzip im GATT zulässig, der so genannten Enabling-Clause. Nach einer Entscheidung des Appellate Body der WTO im April 2004 (WT/DS246/AB/R, European Communities - Conditions for the Granting of Tariff Preferences to Developing Countries, 7 April 2004) dürfen allerdings innerhalb des ASP keine weiteren Differenzierungen und einseitigen Begünstigungen erfolgen und die Differenzierung muss im Interesse der Entwicklungsländer liegen. Die Vorgänger-VO 2051/2001/EG zur VO 980/2005/EG wurde insofern für rechtswidrig erkannt, als die Rechtsgrundlagen für die Aufnahme von Staaten in die Liste der Begünstigten nicht hinreichend präzise und der Prozess der Auswahl von begünstigten Ländern nicht transparent genug war. Hinsichtlich der Bedingung der Bekämpfung des Drogenanbaus, welche noch in der Vorgänger-VO erhalten war, ist strittig, ob diese tatsächlich als im Interesse des Entwicklungslandes liegend qualifiziert werden kann. Art 12f VO 980/2005/EG. Entscheidung 253/2003/EG über ein Aktionsprogramm für das Zollwesen der Gemeinschaft (Zoll 2007), ABl L 36 vom 12.2.2003, 1. Das Programm gilt bis 2013. Vgl zum folgenden Eeckhout, The European Internal Market, 149ff. Dies war zum Teil eine Vorwegnahme der Ergebnisse der Uruguay-Verhandlungsrunde in der WTO. Zu Embargomaßnahmen siehe unten VI.A. VO 3285/94/EG über die gemeinsame Einfuhrregelung für Länder mit Marktwirtschaft, ABl L 349 vom 31.12.1994, 53. Zuletzt geändert durch VO 2200/2004/EG, ABl L 374 vom 22.12.2004, 1. Die Einfuhrregelung für Länder mit Staatswirtschaft (Albanien, GUS-Staaten, Nordkorea, China ua) ist im Aufbau gleich, allerdings re-
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Ausnahmen bildeten zunächst auch nach dem WTO-Beitritt Importe bestimmter Textilien aus Drittstaaten153 und Importe aus China. Mit dem Auslaufen des Multifaserabkommens und dem WTO-Beitritt Chinas wurden diese Beschränkungen unzulässig. Den danach aufgetretenen Schwierigkeiten versucht die Gemeinschaft durch Inanspruchnahme der sogleich zu erwähnenden Schutzklauseln der Einfuhrverordnung zu begegnen, wobei die WTO-Konformität teilweise strittig ist. Sowohl die EU als auch die Mitgliedstaaten können weiters die Einfuhr zum Schutz höherrangiger Güter beschränken oder gänzlich verbieten. So bestehen Sonderregelungen zum Schutz der Umwelt (Einfuhr von Walerzeugnissen, Fellen von Robben und geschützten Arten), der Menschenrechte (Rücknahme der Zollpräferenzen für Myanmar) und Urheberrechten.154 Auch nach der allgemeinen Einfuhrregelung können unter bestimmten Umständen Überwachungs- oder Schutzmaßnahmen eingeführt werden („safeguards“).155 Zuständig dafür ist die Kommission.156 Überwachungsmaßnahmen können dann ergriffen werden, wenn „Einfuhrtrends bei einer Ware mit Ursprung“ in einem Drittland „die Gemeinschaftsherstellung zu schädigen“ drohen und „wenn die Interessen der Gemeinschaft dies erfordern“.157 Solche Überwachungsmaßnahmen bestehen vor allem aus dem Verlangen von Einfuhrdokumenten. Sie können auch das Erfordernis eines Ursprungsnachweises für die gemeinschaftlich überwachten Waren umfassen.158 Die Geltungsdauer
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striktiver bezüglich möglicher Schutz- und Überwachungsmaßnahmen. Sie sieht auch weiterhin mengenmäßige Beschränkungen für bestimmte Waren aus China vor. Vgl VO 519/94/EG über die gemeinsame Regelung der Einfuhren aus bestimmten Drittländern, ABl 1994 L 67 vom 10.3.1994, 89. Nettesheim/Duvigneau in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Art 133 Rz 63. VO 517/94/EG über die gemeinsame Regelung der Einfuhren von Textilwaren aus bestimmten Drittländern, die nicht unter bilaterale Abkommen, Protokolle, andere Vereinbarungen oder eine spezifische gemeinschaftliche Einfuhrregelung fallen, ABl L 67 vom 10.3.1994, 1. Art 1 Abs 1 VO 3030/93/EWG über die gemeinsame Einfuhrregelung für bestimmte Textilwaren mit Ursprung in Drittländern, ABl L 275 vom 8.11.1993, 1, erfaßt Einfuhren, die auf bilateralen Abkommen mit Drittstaaten oder auf dem WTO-Übereinkommen über Textilwaren und Bekleidung basieren. VO 3285/94/EG erfaßt nunmehr auch Textilien, die bereits in das Regime des GATT 1994 einbezogen sind. Siehe die Auflistung bei Nettesheim/Duvigneau in Streinz, Art 133 Rz 65, FN 183ff. Art 11 Abs 2 und Art 16 Abs 7 und 8 VO 3285/94/EG. Zu beachten sind dabei die Vorgaben der WTO (Art XIX GATT und das WTO-Übereinkommen über Schutzmaßnahmen). Näher Nettesheim/Duvigneau in Streinz, Art 133 Rz 66. Die Kommission muss solche Maßnahmen dem Rat und den Mitgliedstaaten mitteilen. Auf Antrag eines Mitgliedstaats kann sich der Rat binnen Monatsfrist mit der Angelegenheit befassen. Der Rat kann die Entscheidung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit bestätigen, ändern oder aufheben. Hat der Rat innerhalb von drei Monaten keinen Beschluss gefasst, so gilt die Maßnahme als aufgehoben. Siehe Art 16 Abs 8 VO 3285/94/EG. Art 11 Abs 1 VO 3285/94/EG. Art 12 VO 3285/94/EG.
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solcher Maßnahmen darf generell ein Jahr nicht überschreiten.159 Sie bilden die Vorstufe zu Schutzmaßnahmen.160 Schutzmaßnahmen können im Interesse der Gemeinschaft ergriffen werden, wenn eine Ware „in der Art erhöhten Mengen und/oder unter derartigen Bedingungen in die Gemeinschaft eingeführt“ wird, „dass den Gemeinschaftsherstellern ein ernsthafter Schaden entsteht oder zu entstehen droht“.161 Die Kommission kann die Gültigkeitsdauer von Einfuhrdokumenten verkürzen oder ein System von Einfuhrgenehmigungen einführen,162 das auch die Festsetzung eines Importkontingents umfassen kann. Ein solches Kontingent darf nicht unter dem Durchschnittsniveau der Einfuhren in den letzten drei repräsentativen Jahren, für die Statistiken vorliegen, festgesetzt werden, „es sei denn, dass zur Vermeidung oder zur Wiedergutmachung einer bedeutenden Schädigung eine andere Höhe erforderlich ist“. Die Kontingente können auf unterschiedliche Art und Weise administriert werden, insbesondere was die Zuteilung der Quoten anbelangt.163 Die Ein- und Ausfuhrgenehmigungen werden durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in enger Zusammenarbeit mit der Kommission erteilt.164 Schutzmaßnahmen haben eine zeitlich beschränkte Geltungsdauer und unterliegen einem Überprüfungsverfahren, das dazu dient, die Dauer der verfügten Maßnahme so gering wie möglich zu halten165. Im Allgemeinen darf der Anwendungszeitraum einer solchen Maßnahme vier Jahre nicht überschreiten. In keinem Fall darf er länger als acht Jahre sein. Vorläufige Schutzmaßnahmen mit einer Geltungsdauer von höchstens 200 Tage können in kritischen Situationen eingeführt werden166, in denen eine Verzögerung zu einer schwer wieder gutzumachenden Schädigung führen würde und in denen durch vorläufige Feststellungen ausreichende Nachweise erbracht wurden, dass durch den Anstieg der Einfuhren ein ernsthafter Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Mengenmäßige Beschränkungen können schließlich auch auf besondere Bestimmungen im Rahmen verschiedener (landwirtschaftlicher) Marktordnungen gestützt werden.167 Wird der Markt der Gemeinschaft aufgrund von Einfuhren oder Ausfuhren „ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht“, so können im Handel mit dritten Ländern geeignete Maßnahmen angewandt werden. So sind etwa im Bananenmarkt mengenmäßige Beschränkungen grundsätzlich verboten. Wird aber der Bananenmarkt der 159 160 161 162 163 164 165 166 167
Art 11 Abs 3 VO 3285/94/EG. Vgl Nettesheim/Duvigneau in Streinz, Art 133 Rz 67. Art 16 Abs 1 VO 3285/94/EG. Art 16 VO 3285/94/EG. Vgl Art 6ff VO 520/94/EG zur Festlegung eines Verfahrens der gemeinschaftlichen Verwaltung mengenmäßiger Kontingente, ABl L 66 vom 10.3.1994, 1. Art 15ff VO 520/94/EG. Art 20 bis 22 VO 3285/94/EG. Art 8 VO 3285/94/EG. VO 3285/94/EG steht, gemäß ihrem Art 25, „der Anwendung der Regelungen für die gemeinsame Agrarmarktorganisation oder daraus abgeleiteter gemeinschaftlicher oder einzelstaatlicher Verwaltungsvorschriften oder besonderer Regelungen für landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse nicht entgegen; sie wird ergänzend angewandt“.
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Gemeinschaft aufgrund von Einfuhren oder Ausfuhren „ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht (...), so können im Handel mit dritten Ländern geeignete Maßnahmen angewandt werden (...)“.168 Solche Maßnahmen können unter anderem auch mengenmäßige Beschränkungen sein.
2. Ausfuhrbeschränkungen Ausfuhren aus der Gemeinschaft unterliegen grundsätzlich keinen mengenmäßigen Beschränkungen.169 Die AusfuhrgrundVO gibt nach der Rechtsprechung des EuGH Einzelnen ein subjektives Recht, keinen mengenmäßigen Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung eines Mitgliedstaates unterworfen zu werden.170 Dazu gibt es jedoch eine Reihe von Ausnahmen. Bereits die AusfuhrgrundVO ermächtigt die Mitgliedstaaten, bis zur Erlassung von Harmonisierungsmaßnahmen durch die Gemeinschaft bestimmte Ausfuhrbeschränkungen vor allem zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und der Gesundheit von Tieren und Menschen zu verfügen.171 Auch auf Agrargrundprodukte, die einer allgemeinen Agrarmarktorganisation unterliegen, sind die allgemeinen Regeln nur ergänzend anwendbar.172 Spezialregelungen sehen weiters Beschränkungen für Abfälle173, im Besonderen für radioaktive Abfälle174, für Kulturgüter175 und für Dual-Use-Güter176 vor. Für Militärgüter sieht ein Verhaltenskodex für Waffenausfuhren vor, dass die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Ausfuhr von Gütern, die in einer EUMilitärgüterliste erfasst sind, ihre Entscheidungen über Ausfuhrgenehmigungen untereinander kommunizieren und gewisse Standards einhalten.177 Auch Maßnahmen nach Art. 301 und Art. 60 EGV bzw. nach Art. 296 und 297 EGV können Ermächtigungen für Mitgliedstaaten enthalten, die zu Beschränkungen in der Ausfuhr führen können.178
168 169
170 171 172 173
174
175 176 177 178
Art 23 VO 404/93/EG über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen, ABl L 47 vom 25.2.1993, 1. VO 2603/69/EWG zur Festlegung einer gemeinsamen Ausfuhrregelung, ABl L 324 vom 27.12.1969, 25. Zuletzt geändert durch VO 3918/91/EWG, ABl L 372 vom 31.12.1991, 31. Nettesheim/Duvigneau in Streinz, Art 133 Rz 58. Vgl Art 11 und Annex II VO 2603/69/EWG. Art 12 Abs 1 VO 2603/69/EWG. Art 14 VO 259/93/EWG zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl L 30 vom 6. Februar 1993, 1. Vgl dazu auch die Anpassung der Anhänge durch die Entscheidung der Kommission 94/721/EG, ABl L 288 vom 9. 11. 1994, 36. VO 2219/89/EWG über besondere Bedingungen für die Ausfuhr von Nahrungsmitteln und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation, ABl L 211 vom 22.7.1989, 4. VO 3911/92/EWG über die Ausfuhr von Kulturgütern, ABl L 395 vom 31.12.1992, 1. Dazu unten VI.B. Beschluss des Rates vom 5.6.1998, 8675/2/98. Dazu näher unten VI.A.
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C. Mengengleiche Beschränkungen Mengengleiche Beschränkungen sind Maßnahmen, die die gleiche Wirkung haben wie mengenmäßige Beschränkungen, aber durch andere als quantitative Maßnahmen verursacht werden, unter anderem durch technische Vorschriften und Standards.179 Ihre Beseitigung im Handel zwischen den Mitgliedstaaten ist eines der wichtigsten Ziele im Rahmen der Schaffung des EG-Binnenmarkts. Hinsichtlich des Handels zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern ist die EGRechtslage sogar noch etwas komplexer als jene für innergemeinschaftliche Maßnahmen. Es handelt sich dabei nur zum Teil um eine Angelegenheit der GHP. Immerhin hat der EuGH judiziert, dass der Abschluss der beiden wichtigsten WTO-Übereinkommen zum Abbau solche Hemmnisse, nämlich einerseits das SPS-Abkommen (über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen) und das TBT-Abkommen (über technische Handelshemmnisse), in den Anwendungsbereich der GHP fällt.180 Dies heißt freilich nicht automatisch, dass auch die EG-interne Regelungskompetenz, unter anderem also zur Umsetzung der diesbezüglichen Verpflichtungen, eine Angelegenheit der GHP darstellt. Waren, die ihren Ursprung in Drittländern haben, profitieren jedenfalls ganz abgesehen von allfälligen internationalen Übereinkommen in gewisser Weise von den Bestimmungen über den innergemeinschaftlichen Handel, da das Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten gemäß Art. 28 EGV auch auf alle Waren aus Drittländern Anwendung findet, die sich in einem Mitgliedstaat im freien Verkehr befinden.181 Dadurch sind die Mitgliedstaaten daran gehindert, Hindernisse für den innergemeinschaftlichen Freihandel zu errichten, die sich im speziellen gegen Waren richten, die ihren Ursprung in Drittländern haben und sich in einem anderen Mitgliedstaat im freien Verkehr befinden, also bereits in der EG vermarktet wurden. Beschränkungen gegen solche Waren müssen die Anforderungen des Art. 30 EGV bzw. der Cassis-de-Dijon-Doktrin erfüllen.182 Gegen andere (noch nicht vermarktete) Waren aus Drittstaaten können die Mitgliedstaaten mengengleiche Beschränkungen vorsehen, außer internationale Abkommen der Gemeinschaft untersagen dies183, oder es beste179 180 181 182
183
Vgl zB Griller, Europäische Normung und Rechtsangleichung, 1990, 11ff. Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 30 ff. Art 23 Abs 2 und Art 24 EGV. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß „freier Verkehr“ in diesem Zusammenhang das Erfordernis der Vermarktung in einem der Mitgliedstaaten beinhaltet. Auf Waren mit Drittlandsursprung, die noch nie in einem der Mitgliedstaaten vermarktet wurden, findet Art 30 EGV keine Anwendung. Auch das „Prinzip der gegenseitigen Anerkennung“ findet auf Importe aus Drittländern keine Anwendung.Vgl EuGH Rs 51/75, EMI, Slg 1976, I-811, Rz 16. Vgl Völker, Barriers to External and Internal Community Trade, 1993, 100ff. So sollen gemäß Art 2 (2.1, 2.2 und 2.7) des WTO-Übereinkommens über technische Handelshemmnisse die Mitglieder sicherstellen, daß „im Hinblick auf technische Vorschriften aus dem Gebiet eines Mitglieds eingeführten Waren eine nicht weniger günstige Behandlung gewährt wird als den gleichartigen Waren inländischen Ursprungs oder gleichartigen Waren mit Ursprung in einem anderen Land“. Technische Vorschriften dürfen nicht „unnötige Hindernisse für den internationalen Handel“ schaffen.
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hen autonome Harmonisierungsmaßnahmen der EG. Diese Freiheit der Mitgliedstaaten kann zu unterschiedlichen Einfuhrbeschränkungen in den einzelnen Mitgliedstaaten und damit zu Verzerrungen der Handelsströme führen. Waren aus Drittländern (unabhängig davon ob im freien Verkehr oder nicht) profitieren weiters auch von sekundärrechtlichen Harmonisierungsvorschriften, etwa solchen auf der Grundlage von Art. 95 EGV.184 Harmonisierungsrichtlinien verbieten in der Regel mitgliedstaatliche Beschränkungen oder Behinderungen des Marktzuganges bzw. der Vermarktung solcher Produkte, die dem Standard der Richtlinie entsprechen.185 Die Richtlinien unterscheiden dabei nicht nach dem Ursprung der Waren.186 Dies führt im Gegensatz zu einer Situation ohne harmonisierende Gemeinschaftsrechtsakte zu einheitlichen Standards für die Einfuhr von Waren aus Drittstaaten, vorausgesetzt, dass die Gemeinschaft nicht nur Mindestanforderungen festlegt. Im Fall einer bloßen Mindestharmonisierung können Mitgliedstaaten durch strengere Regelungen durchaus mengengleiche Einfuhrbeschränkungen erzeugen. Besondere Brisanz hat diese Rechtslage in der jüngeren Vergangenheit mit Bezug auf Importverbote für gentechnisch veränderte Organismen und Produkte (GMO), insbesondere für gentechnisch veränderten Mais erhalten. Durch die Erlassung der auf die allgemeine Binnenmarktermächtigung (Art. 95 EGV) gestützten Harmonisierung der Zulassungsregeln für GMO ist der Spielraum der Mitgliedstaaten für nationale Alleingänge weiter geschrumpft.187 Die Risikoabwägung erfolgt nunmehr auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien, entweder durch die Behörden der Mitgliedstaaten oder durch die Europäische Kommission. Sobald eine europaweite Zulassung erfolgt ist, ist die Einführung zusätzlicher mitgliedstaatlicher Schranken nur noch ganz ausnahmsweise erlaubt. Erforderlich sind neue wissenschaftliche Erkenntnisse, und auch diese reichen nur, wenn sie zum Schutz der Umwelt oder der Arbeitsumwelt und für die Behebung eines spezifischen Problems eines Mitgliedstaats erforderlich sind.188 In der EU bestand ein de-facto Gen-Moratorium zwischen 1999 und 2003. Am 19.5.2004 wurde diese Zulassungsperre mit der Zulassung von gentechnisch verändertem Süßmais beendet.189 Einige Mitgliedstaaten wie auch Österreich untersagen jedoch weiterhin den Import von bereits durch die EU zugelassene GMOs, unter Berufung auf mögliche Langzeitumweltschäden und die Schutzklausel des Art 23 der Richtlinie 2001/18/EG.190 Die Europäische Kommission versuchte bisher in zwei Anläufen (zuletzt am
184 185 186 187
188 189
190
Eeckhout, The European Internal Market, 273. Vgl das ausdrückliche Verbot von Beschränkungen in Art 21 Abs 1 zweiter Spiegelstrich der Marktordnung für Bananen VO 404/93/EG. Vgl die einheitlichen Qualitätsstandards für Bananen in VO 2257/94/EG zur Festsetzung von Qualitätsnormen für Bananen, ABl L 245 vom 20.9.1994, 6. VO 258/97/EG über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten, ABl L 43 vom 13.4.1997, 1, VO 1829/2003/EG über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel, ABl L 268 vom 18.10.2003, 1, RL 2001/18/EG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt. ABl L 106 vom 17.4.2001, 1. Vgl genauer Art 95 Abs 4 bis 7 EGV. Siehe Seifert, Die Durchführung des Gemeinschaftsrechts durch die Europäische Kommission als Teil europäischer „Gesetzgebungstätigkeiten“ - aktuelle Rechtslage und Modell der Europäischen Verfassung, Working Paper des Europainstituts, Juli 2006, 35 ff. Vgl http://ec.europa.eu/environment/biotechnology/safeguard_clauses.htm.
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18.12.2006), die Importverbote Österreichs und der anderen Mitgliedstaaten mittels qualifizierter Mehrheit im Rat der europäischen Umweltminister zu Fall zu bringen. Etwas weniger strenge Bedingungen für derartige Importbeschränkungen gelten gemäß WTO-Recht.191 Dennoch stellte eine Panel-Entscheidung der WTO vom 29.9.2006 Verstöße gegen das SPS-Abkommen fest, nämlich einerseits durch das, in der Zwischenzeit beendete, Moratorium der EU, und andererseits durch die länderspezifischen Schutzmaßnahmen einiger Mitgliedstaaten, darunter Österreich.192
Schließlich können sich bei Fehlen gemeinschaftlicher Maßnahmen Verzerrungen der Handelsströme auch aus Unterschieden zwischen den nationalen Kontrollsystemen ergeben. Daher sind die einzelstaatlichen Zollbehörden etwa verpflichtet, die Freigabe für das betreffende Erzeugnis oder den Erzeugnisposten, die sich im freien Verkehr innerhalb der Gemeinschaft befinden, auszusetzen, sobald ein ernsthafter Verdacht entsteht, dass eine ernste und unmittelbare Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit begründet werden könnte, oder wenn die Übereinstimmung mit den gemeinschaftsrechtlichen oder einzelstaatlichen Produktsicherheitsvorschriften nicht durch entsprechende Dokumente nachgewiesen werden kann.193 Die Verpflichtung umfasst somit nicht nur die Anwendung von Gemeinschaftsmaßnahmen oder Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten, sondern im Falle des Fehlens sekundärrechtlicher Bestimmungen auch die Anwendung einzelstaatlicher Vorschriften.
D. Antidumpingrecht Gemäß der AntidumpinggrundVO 384/96 der EG - welche inhaltlich im wesentlichen eine Umsetzung des WTO-Antidumpingübereinkommens darstellt - können für gedumpte Waren Antidumpingzölle festgesetzt werden, sofern ein Wirtschaftszweig der Gemeinschaft bedeutend geschädigt wird oder geschädigt zu werden droht oder die Errichtung eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft erheblich verzögert wird und ein Interesse der Gemeinschaft am Eingreifen besteht.194 Nur wenn die Behörden „eindeutig zu dem Ergebnis kommen“, dass eine Maßnahme nicht im Interesse der Gemeinschaft liegt, können sie von der Ergreifung von Maßnahmen Abstand nehmen. Eine Ware gilt als gedumpt, wenn ihr Ausfuhrpreis niedriger ist als der Normalwert, das ist der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr. Der Normalwert bestimmt sich unter Orientierung an einer Reihe von Referenzpreisen.195 Dabei kommt es vor allem auf jenen vergleichbaren Preis an, der im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurde oder zu zahlen ist. Wird die Ware am Inlandsmarkt des Ausfuhrlandes im normalen Handelsverkehr nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft oder lassen 191 192 193
194
195
Vgl Art 5.7 SPS-Abkommen. EC - Approval and Marketing of Biotech Products, WT/DS29. Art 2 VO 339/93/EG über die Kontrolle der Übereinstimmung von aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen mit den geltenden Produktsicherheitsvorschriften, ABl L 40 vom 17.2.1993, 1. VO 384/96/EG über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern, ABl L 56 vom 6.3.1996, 1. Zuletzt geändert durch VO 461/2004/EG, ABl L 77 vom 13.3.2004, 12. Art 2 VO 384/96/EG.
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diese Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zu, so wird der Ausfuhrpreis in ein geeignetes Drittland oder der so genannte konstruierte Wert, der durch die Herstellkosten, einen angemessenen Betrag für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten zuzüglich einer Gewinnspanne berechnet wird, herangezogen. Der Betrag des Antidumpingzolls darf die festgestellte Dumpingspanne nicht übersteigen,196 sollte aber niedriger sein als die Dumpingspanne, wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft zu beseitigen (so genannte Weniger-Regel).197 Vorläufige Zölle werden von der Kommission frühestens 60 Tage, spätestens jedoch neun Monate nach der Einleitung des Verfahrens eingeführt.198 Ihre Geltungsdauer darf nicht länger als neun Monate betragen.199 Ein endgültiger Antidumpingzoll kann auf Waren erhoben werden, die innerhalb von 90 Tagen vor dem Zeitpunkt der Anwendung der vorläufigen Maßnahmen, aber nicht vor Einleitung der Untersuchung in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wurden.200 Der endgültige Antidumpingzoll wird vom Rat auf der Grundlage eines nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss von der Kommission unterbreiteten Vorschlags mit einfacher Mehrheit beschlossen. Eine Antidumpingmaßnahme bleibt nur solange und in dem Umfang in Kraft, wie dies notwendig ist, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen. Im Allgemeinen tritt sie fünf Jahre nach ihrer Einführung außer Kraft. Eine Verlängerung ist jedoch im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens bei Auslaufen der Maßnahme möglich.201
E. Antisubventionsrecht Das Antisubventionsrecht der EU stellt die Umsetzung des Antisubventionsabkommens der WTO dar und ist dementsprechend inhaltlich dem WTO-Recht angeglichen.202 Die AntisubventionsVO der EG richtet sich gegen Einfuhren aus Drittstaaten, die staatlich subventioniert wurden.203 Ähnlich wie im Antidumpingrecht kann ein Ausgleichszoll verhängt werden, wenn die Subvention zu einer Schädigung eines Wirtschaftszweiges in der EG geführt hat und das Gemeinschaftsinteresse ein Eingreifen der Gemeinschaft erfordert.204 Eine relevante Schädigung liegt dann vor wenn ein „Wirtschaftszweig der Gemein196 197 198
199 200 201 202 203
204
Zur Definition der Dumpingspanne vgl Art 2 Abs 11 und 12 VO 384/96/EG. Art 9 Abs 4 VO 384/96/EG. Vgl auch Art 7 Abs 2 der VO. Art 7 Abs 1 VO 384/96/EG. Vgl zB VO 1611/2003/EG betreffend die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flacherzeugnisse aus nicht rostendem Stahl mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika, ABl L 230 vom 16.9.2003, 9. Art 7 Abs 7 VO 384/96/EG. Art 10 Abs 4 VO 384/96/EG. Vgl Art 11 VO 384/96/EG. Näher dazu Nettesheim/Duvigneau in Streinz, Art 133 Rz 101ff. VO 2026/97/EG über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern, ABl L 288 vom 21.10.1997, 1. Zuletzt geändert durch VO 461/2004/EG, ABl L 77 vom 13.3.2004, 12. Vgl die Mitteilung der Kommission zur Berechnung der Höhe von Subventionen in Ausgleichszolluntersuchungen, ABl C 394 vom 17.12.1998, 4.
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schaft bedeutend geschädigt wird oder geschädigt zu werden droht oder (...) die Errichtung eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft erheblich verzögert wird“. Unter einer anfechtbaren Subvention ist eine finanziellen Beihilfe zu verstehen, die in spezifischer Weise einem Unternehmen, einem Wirtschaftszweig oder einer Gruppe von Unternehmen oder Wirtschaftszweigen gewährt wird. Ob die Subvention nur für ein bestimmtes örtliches Gebiet vergeben wird macht dabei keinen Unterschied. Import- und Exportsubstitutionssubventionen sind auch dann anfechtbar, wenn sie nicht spezifisch vergeben werden.205 Die VO listet verbotene Exportsubventionen (Sonderfall Landwirtschaft) beispielhaft auf (u.a. Gewährung direkter staatlicher Subventionen an Unternehmen oder Wirtschaftszweige nach Maßgabe ihrer Exportleistung, Devisenbelassungsverfahren, günstigere inländische Transport- und Frachtgebühren auf den Auslandsversand, ausfuhrbezogener Erlass von Steuern oder Sozialabgaben, günstige staatliche Ausfuhrkredite oder Übernahme von Kreditkosten).206 In der Praxis der Kommission wird neben einem individuellen Vorteil auch gefordert, dass die Subvention zu Lasten eines öffentlichen Haushaltes gehen muss.207 Das Verfahren folgt im Wesentlichen den Regeln der AntidumpinggrundVO der EG.
F. Das Neue Gemeinschaftsinstrument Die VO 3286/94 soll in Anlehnung an Regelungen in den USA eine Handhabe gegen unerlaubte Handelspraktiken von Drittstaaten schaffen, die nicht dem Antidumping- oder Antisubventionsrecht unterfallen, und die Ausübung handelspolitischer Rechte der Gemeinschaft gegenüber Drittstaaten sicherstellen.208 Unter der Voraussetzung, dass die internationalen Handelsregelungen, vor allem die der WTO, ein Recht zum Einschreiten einräumen,209 kann auf Antrag eines Unternehmens im Namen eines Wirtschaftszweiges (so genannter Track A) gegen ein Handelshemmnis vorgegangen werden, wenn eine bedeutende Schädigung eines Wirtschaftszweigs verursacht wird oder verursacht zu werden droht, oder eine handelsschädigende Auswirkung verursacht wird oder verursacht zu werden droht (was der Fall ist wenn es um „erhebliche Folgen für die Wirtschaft der Gemeinschaft oder einer Region der Gemeinschaft oder für 205 206 207 208
209
Art 3 VO 2026/97/EG. Anhang I der VO 2026/97/EG. Vgl eingehend und dies ablehnend Nettesheim/Duvigneau in Streinz, Art 133 Rz 107f. VO 3286/94/EG zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln, ABl L 349 vom 31.12.1994, 71. Zuletzt geändert durch VO 356/95/EG, ABl L 41 vom 23.2.1995, 3. Maßnahmen dürfen daher zB auf Grundlage einer Ermächtigung durch ein Panel im ordnungsgemäßen Streitbeilegungsverfahren ergriffen werden. Vgl Art 22 der WTO-Streibeilegungsvereinbarung. Dies setzt in der Regel aber nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der betreffenden Maßnahmen des Drittstaates voraus. Vgl Art 1 und 2 VO 3286/94/EG.
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einen Sektor ihrer Wirtschaftstätigkeit“ geht).210 Wenn die Interessen der Gemeinschaft ein Eingreifen erfordern, um die Schädigung oder die handelsschädigenden Auswirkungen zu beseitigen211, können geeignete Maßnahmen verhängt werden. Neben Anträgen im Namen von Wirtschaftszweigen können auch einzelne Unternehmen gegen Handelshemmnisse vorgehen, allerdings nur gegen solche, die sich auf einem Markt eines Drittstaates handelsschädigend auswirken (Track C). Die Mitgliedstaaten sind in beiden Fällen antragsberechtigt (Track B). Maßnahmen nach der VO 3286/94 werden vom Rat gemäß Art. 133 EGV mit qualifizierter Mehrheit beschlossen212 und können u.a. in der Aussetzung oder Rücknahme von in handelspolitischen Verhandlungen vereinbarten Zugeständnissen, der Anhebung bestehender Zollsätze oder der Einführung mengenmäßiger Beschränkungen bestehen.213
G. Ausfuhrförderung Antisubventionsrecht betrifft finanzielle Beihilfen von Staaten, die sich sowohl auf den Import als auch auf den Export von Waren aus diesen Staaten auswirken können und unter die AntisubventionsVO fallen müssen. Grundsätzlich sind nationale Beihilfen an Unternehmen im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts geregelt. Exportsubventionen sollen primär die Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen beim Export erhöhen und sind der für die GHP wichtigste Unterfall. Sie wirken sich indirekt auch auf die Stellung des ausführenden Unternehmens im Binnenmarkt aus da jede Verbesserung der Absatzmöglichkeiten auf Drittlandsmärkten auch zu einer potentiellen Stärkung des Unternehmens gegenüber Konkurrenten auf dem EG-Binnenmarkt und damit zu einer Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten führt. Aus diesem Grund wird die Anwendbarkeit des Art. 87ff EGV auch auf Ausfuhrbeihilfen vom EuGH bejaht.214 Die Bestimmung des Art. 132 EGV betrifft hingegen nur die Vereinheitlichung der mitgliedstaatlichen Systeme von Ausfuhrbeihilfen. Inhaltliche Regeln über die Zulässigkeit von Exportförderungen finden sich dort nicht. Für die umfangreichen Agrarexportsubventionen gelten die speziellen Vorschriften des Art. 32 ff EGV.
210 211 212 213 214
Vgl Art 2 Abs 3 iVm Art 10 VO 3286/94/EG. Art 12 Abs 1 VO 3286/94/EG. Art 13 Abs 3 VO 3286/94/EG. Art 12 Abs 3 VO 3286/94/EG. EuGH, Rs 142/87, Belgien/Kommission (Tubemeuse), Slg 1990, I-959. Kritisch dazu Vedder in Grabitz/Hilf, Art 112 Rz 8.
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V. Ausgewählte weitere Gemeinschaftspolitiken in außenwirtschaftlicher Perspektive A. Vorbemerkung Im Zentrum jeder Darstellung des Außenwirtschaftsrechts der EU muss - wie auch hier - die Gemeinsame Handelspolitik (Art. 133 EGV) stehen, die definitionsgemäß die Wirtschaftsbeziehungen zu Drittländern zum Gegenstand hat. Daneben besitzen auch die Währungsunion (Art. 111 EGV), die Entwicklungszusammenarbeit (Art. 177 EGV), die wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Drittländern (Art. 181a EGV) sowie der Abschluss von Assoziierungsabkommen (Art. 310 EGV) eine spezifisch nach außen gerichtete Dimension. Insbesondere für die Gemeinsame Handelspolitik gilt dabei, dass sie Gegenstände erfassen kann, für die im Inneren der EG spezifische andere Rechtsgrundlagen gelten, nicht zuletzt die Allgemeine Harmonisierungskompetenz gemäß Art. 95 EGV. Die Konsequenz des Auseinanderklaffens zwischen der Kompetenz zur Regelung einer Materie innerhalb der EG einerseits und gegenüber Drittstaaten andererseits, insbesondere im Wege von völkerrechtlichen Verträgen, hat der EuGH des öfteren betont.215 Es wäre aber zu kurz gegriffen, es dabei bewenden zu lassen. Wie schon mehrfach betont enthalten darüber hinaus viele Kompetenzgrundlagen explizit oder implizit auch die Ermächtigung, die Beziehungen zu Drittländern zu regeln, also auch in Bereichen, die von der GHP oder den anderen spezifisch außenwirtschaftlichen Grundlagen nicht gedeckt sind. Pointiert lässt sich sagen: Binnenmarkt- und Außenwirtschaftsrecht sind zwei Seiten einer Medaille, sodass grundsätzlich kein Bereich ausgespart ist. Zum einen erfordert die Abschaffung der Binnengrenzen schon deshalb eine einheitliche Drittlandspolitik, um das Unterlaufen selbstständiger nationaler Politiken durch Verkehrverlagerungen in das Land mit den niedrigsten Einfuhr- bzw. Ausfuhrschranken zu verhindern. Zum anderen ist der Konnex zwischen Binnenmarktregulierung und Drittlandspolitik offenkundig, insoweit die jeweils geregelten Sachverhalte selbstverständlich nicht nur innerhalb der Union, sondern auch gegenüber dritten Staaten vorkommen und regelungsbedürftig sind. Im Primärrecht kommt diese Verschränkung zwischen Binnenmarkt und Drittlandspolitik besonders augenfällig dadurch zum Ausdruck, dass die Zollunion samt der Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber Dritten als zentrales und erstes Merkmal des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft hervorgehoben und angeordnet wird, dass das Verbot von mengengleichen Beschränkungen innerhalb der Gemeinschaft nicht nur für die aus den Mitgliedstaaten stammenden, sondern, wie schon ausgeführt, auch für Waren aus dritten Ländern gilt, die sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden.216 Daher ist neben der GHP bzw. den außenspezifischen Kompetenzen und teilweise in unübersichtlicher Gemengelage mit diesen - auch das Binnenmarktrecht einschließlich der bereichsspezifischen Politiken der EG für die 215 216
Vgl dazu schon oben bei FN 37. Art 23 EGV.
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Drittlandsbeziehungen von wesentlicher Bedeutung. Demgemäß finden sich nicht nur etliche Abkommen mit Drittstaaten, die auf materienspezifische Kompetenzen für die interne Regulierung gestützt werden, sondern zahlreiche sekundärrechtliche Regelungen, die entweder eine autonome oder eine konventionelle Regulierung erlauben. Eine auch nur einigermaßen umfassende Darstellung dieser Zusammenhänge muss in diesem Rahmen unterbleiben.217 Im Folgenden werden stattdessen bloß einige Beispiele zur Illustration herausgegriffen. Noch etwas komplexer stellt sich die Rechtslage in jenen Fällen dar, in denen eine kompetenzielle Überlappung zwischen den drei Säulen der EU besteht. Hier kann es zu „säulenübergreifendem“ Außenwirtschaftsrecht kommen. Diesem Phänomen ist, ebenfalls bloß in illustrativer Auswahl, das übernächste Kapitel gewidmet.
B. Öffentliche Auftragsvergabe 1. Grundlegung Ein in den vergangenen Jahrzehnten immer wichtiger gewordenes Rechtsgebiet im Binnenmarkt ist die Regelung der Vergabe öffentlicher Aufträge.218 Es geht dabei um die Nachfrage von Waren und Dienstleistungen (einschließlich Baudienstleistungen), hauptsächlich vom Staat oder staatsnahen Einrichtungen. Ökonomisch steht dabei im Konzept des Binnenmarktes die Optimierung der Wirtschaftlichkeit solcher Vorgänge (Erhöhung des Wettbewerbs, dadurch Senkung der Preise und damit der Kosten für die öffentliche Hand, und dadurch insgesamt wie die Einsparungen und Wohlfahrtseffekte) im Vordergrund. Solche Vorgänge unterliegen grundsätzlich den Freiheiten des Binnenmarktes, insbesondere der Warenverkehrsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit, und den einschlägigen Diskriminierungsverboten. Der Staat sowie staatsnahe Einrichtungen verletzen diese Freiheiten, wenn sie Aufträge in intransparenter Art und Weise und unter Benachteiligung ausländischer Bieter vergeben. Die Durchsetzung des Primärrechts erwies sich allerdings als mühsam und langwierig. Zur Erhöhung der Effizienz und Verbesserung des Rechtsschutzes wurden darüber hinaus, beginnend in den 1970iger Jahren, mehrere Generationen an materiellen Richtlinien sowie auch Rechtsmittelrichtlinien erlassen.219 Diese 217
218
219
Erstmals beinahe umfassend geleistet wurde die Aufgabe von Eeckhout, The European Internal Market, 1994. Für die fulminante Entwicklung seither fehlt eine umfassende Aufarbeitung. Vergleiche statt vieler die Darstellungen bei Arrowsmith, The Law of Public and Utilities Procurement, 2005; Prieß, Handbuch des europäischen Vergaberechts: Gesamtdarstellung der EU/EWR-Vergaberegeln mit Textausgabe, 4. Aufl 2005. Derzeit gelten insb. die beiden „materiellen“ RL 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl L 134 vom 30.4.2004, 114 und die RL 2004/17/EG zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl L 134 vom 30.4.2004, 1. Ferner sind zu beachten die RL 89/665/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl L 395 vom 30.12.1989,
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Richtlinien enthalten, für Vergaben oberhalb bestimmter Schwellenwerte, spezifische Vorschriften für das Vergabeverfahren einschließlich besonderer Bekanntmachungsvorschriften, für die Handhabung technischer Spezifikationen und Leistungsnachweise von Bietern, und für die Behandlung von Bietern im Rahmen des Verfahrens einschließlich der Erteilung des Zuschlags. Ähnliche Motive wie die soeben erwähnten haben auch zu einer Verdichtung des internationalen Vertragsrechts auf dem Gebiet der öffentlichen Auftragsvergabe geführt. Die Europäische Gemeinschaft hat eine Reihe von internationalen Übereinkommen auf dem Gebiet der öffentlichen Auftragsvergabe geschlossen. Das wichtigste davon ist das im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) bestehende Government Procurement Agreement (GPA). Nur auf dieses soll hier stichwortartig und zur Illustration der außenwirtschaftsrechtlichen Fragen eingegangen werden.220 Daneben gibt es eine Reihe von teilweise durchaus weit reichenden Abkommen, etwa mit der Schweiz, oder in Konkretisierung des GPA mit den USA, ferner aber auch mit Israel, Korea, oder Chile. In den Europaabkommen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern fanden beziehungsweise finden sich ebenso einschlägige Bestimmungen wie in den Stabilisierungs- und Assoziierungsübereinkommen mit den Ländern des Westbalkans.
2. Das Government Procurement Agreement Das Government Procurement Agreement (GPA)221 ist ein plurilaterales Abkommen über die öffentliche Auftragsvergabe auf völkerrechtlicher Ebene. Es wurde im Rahmen der so genannten Uruguay-Runde der Welthandelsorganisation (WTO) sowohl von der EG222 als auch von deren Mitgliedstaaten unterzeichnet.223 Seit dem 1. Mai 2004, gilt das Übereinkommen über das öffentliches Beschaffungswesen der WTO auch für die neuen EU- Mitgliedstaaten.224
220
221 222 223 224
33 und die RL 92/13/EWG, zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie-, und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, ABl L 76 v 23. 3. 1992, 14. Zum folgenden genauer Arrowsmith, The Law of Public and Utilities Procurement, 2005, insb 1313 ff; Griller, Internationales Vergaberecht. Aktivitäten öffentlicher Auftraggeber in Drittländern und Beteiligung ausländischer Bieter an innerstaatlichen Vergabeverfahren, in Griller/Holoubek (Hrsg), Grundfragen des Bundesvergabegesetzes 2002, 2004, 245 ff; jeweils mwN. Die Rechtslage ist in beinahe allen im Folgenden angesprochenen Punkten umstritten. Es sei betont, dass sich für die anderen, hier nicht näher erörterten Abkommen teilweise ganz andere Rechtsfolgen ergeben, insbesondere so weit es sich um Assoziierungsabkommen gem. Art 310 EGV handelt. Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, ABl 1994/L 336/273. Beschluss des Rates 94/800/EG vom 22.12.1994, ABl Nr L 336/273 vom 23.12.1994. Weitere Mitglieder des GPA sind die für die EG wichtigsten Handelpartner Kanada, Hongkong/China, Japan, die USA und die Schweiz. Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. Der WTO Ausschuss für das öffentliche Auftragswesen hat den nötigen Änderungen mittels Beschluss vom 23. April 2004 zugestimmt; Pressemittelung IP/04/744 vom 15.06.04.
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Der Regelungskern des GPA besteht aus einem Inländergleichbehandlungsgebot und ein Diskriminierungsverbot. Art. III GPA verbürgt • Einen Gleichbehandlungsanspruch, der die Behandlung von Produkten, Dienstleistungen und Anbietern einerseits aus dem Inland und andererseits von einer anderen Vertragspartei als Vergleichsmaßstab aufstellt. Das Gleichbehandlungsgebot gilt allerdings nur hinsichtlich von Produkten und Dienstleistungen der Vertragsparteien, die Waren oder Dienstleistungen der Vertragsparteien anbieten. Auf dieser Grundlage wäre es zulässig, inländische oder ausländische Anbieter zu diskriminieren, wenn sie Waren oder Dienstleistungen aus Drittländern, also Nicht-GPA-Ländern anbieten; • Ein Diskriminierungsverbot, wonach einerseits die ausländische Beteiligung an inländischen Unternehmen und andererseits die Herkunft der von einem inländischen Unternehmen angeboten Waren aus einem Vertragsland kein Grund für eine Ungleichbehandlung sein dürfen. Das GPA wurde unter anderem von der EG, nicht jedoch von allen ihren Mitgliedstaaten ratifiziert. Ratifiziert haben z.B. Frankreich, Belgien und Dänemark, nicht ratifiziert z.B. Deutschland, Großbritannien und Österreich. Dies ist Ausdruck eines Disputs über die Kompetenzlage. Während die Kommission behauptet, die EG sei für den Abschluss des GPA ausschließlich zuständig gewesen, meinen einige MS, unterstützt vom juristischen Dienst des Rates, es liege ein gemischtes Abkommen vor.
3. Die kompetenzrechtliche Lage Wie schon erwähnt holte die Kommission aus Anlass der Abschlusses der WTO-Abkommen, die eben auch das GPA umfassen, vom EuGH ein Gutachten über die Frage ein, ob der EG die ausschließliche Kompetenz zum Abschluss dieser Abkommen zukomme.225 Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass die EG zwar zum Abschluss der Abkommens über den Warenhandel (GATT 1994 und verwandte Abkommen) ausschließlich zuständig sei, die Kompetenz zum Abschluss des WTO-Dienstleistungsabkommens (GATS) sowie des Abkommens über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS) aber zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten geteilt sei226. Hinsichtlich der öffentlichen Auftragsvergabe heißt dies, wie der Europäische Gerichtshof in einem diesbezüglichen Urteil im Einklang mit dem WTOGutachten feststellte,227 dass die EG nur hinsichtlich der Lieferaufträge für Waren, nicht aber für den Gesamtumfang der Dienstleistungen ausschließlich zuständig war. Aus diesem Grund ist nicht gänzlich klar, ob die nicht auf den Warenverkehr und die Ausschnitte der Dienstleistungen, welche in die ausschließliche EG-Kompetenz fallen, bezogenen Teile des Abkommens, also insbesondere jene über Baudienstleistungen und andere Dienstleistungen, die Personenbewegungen einschließen, von der EG oder (auch) von den Mitgliedstaaten abgeschlossen wurden (so weit diese das Abkommen ratifiziert haben). Die besse225 226 227
EuGH Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267; vgl oben bei FN 106. EuGH Gutachten, 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 98 und Rz 105. EuGH Rs C-360/93, Europäisches Parlament/Rat (Abkommen USA-EWG), Slg 1996, I-1195.
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ren Gründe sprechen, so die hier vertretene Auffassung, für die zweitgenannte Position. Angesichts dieser unklaren kompetenzrechtlichen Situation, aber auch angesichts der zurückhaltenden Judikatur des EuGH zu den Rechtswirkungen des WTO-Rechts in Gemeinschaftsrecht - der EuGH verneint sowohl die unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts als auch dessen Maßstabsfunktion für Sekundärrecht228 - ist es erforderlich zu prüfen, inwieweit die Bestimmungen des GPA durch das Richtlinienrecht, also durch die Allgemeine Vergaberichtlinie und die Sektoren-Richtlinie, in den Bestand des Gemeinschaftsrechts transformiert wurden.229
4. Das GPA und die EG-Vergaberichtlinien Die Vergaberichtlinien der EG enthalten - was die generellen Regelungen betrifft - nur sehr knappe Regelungen betreffend das Drittlandsregime, nämlich über das GPA. Art. 5 der Allgemeinen Vergaberichtlinie 2004/18/EG und Art. 12 der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG230 statuieren allerdings ein auf den ersten Blick völlig einschlägiges Diskriminierungsverbot. Nach den „Bedingungen aus den im Rahmen der Welthandelsorganisation geschlossenen Übereinkommen“ (so die Überschrift dieser Artikel) „wenden die Mitgliedstaaten untereinander Bedingungen an, die ebenso günstig sind wie diejenigen, die sie gemäß dem Übereinkommen Wirtschaftsteilnehmern aus Drittländern einräumen“. Bei genauerer Analyse erweisen sich diese Bestimmungen allerdings nicht ohne weiteres als Verpflichtung, das GPA gegenüber Drittländern anzuwenden, sondern als Vorsorge gegen die Gefahr einer umgekehrten Diskriminierung: sichergestellt wird bloß, dass in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten keine Benachteiligung entsteht. Ob das GPA Dritten gegenüber tatsächlich angewendet wird, bleibt offen. Daher ergibt sich aus den Richtlinien keine kategorische Verpflichtung, Drittlandsanbieter aus "GPA-Ländern" gleich zu behandeln wie Anbieter aus der EG. Nach dem hier vertretenen Standpunkt besteht allerdings die EG-rechtliche Pflicht, „GPA-Anbieter“ im Bereich der Warenlieferungen gleich zu behandeln, also die diesbezüglichen Bestimmungen der Vergaberichtlinien anzuwenden. Dies ergibt sich aus der WTO-konformen Interpretation der zitierten Bestimmungen in den Richtlinien, die allerdings nur im Bereich des Warenverkehrs - wegen der hier gegebenen ausschließlichen Kompetenz - möglich erscheint. Die WTO-konforme Interpretation ist ein starkes Argument dafür, hier trotz der unklaren Formulierung eine Pflicht zur Gleichbehandlung zu vertreten. Für Dienstleistungen, einschließlich Baudienstleistungen, hingegen bewirkt die genannte Bestimmung (und die ebenfalls vorgenommene Anpassung an die GPA-Schwellenwerte) tatsächlich bloß die Verhinderung der so genannten 228 229
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Vgl dazu oben bei FN 101. Die Änderung des Art 133 EGV durch den Vertrag von Nizza hat, wie nur sicherheitshalber angemerkt sei, die diesbezügliche Rechtslage nicht entscheidend verändert. Insb. hat dieser Vertrag auch für Dienstleistungen nur eine konkurrierende, nicht aber eine ausschließliche EG-Kompetenz geschaffen, Vgl auch Art 36 der alten Sektorenrichtlinie 93/38/EWG.
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umgekehrten Diskriminierung, also die Benachteiligung von EG-Bietern gegenüber "GPA-Bietern". Ob das GPA im Dienstleistungsbereich tatsächlich anwendbar ist, bestimmt sich aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht nach Europarecht, sondern nach nationalem Recht. Daher kann hier eine WTOkonforme Interpretation auch nicht weiterführen. Für Österreich gilt diesbezüglich: das GPA wurde durch Österreich weder ratifiziert noch transformiert, es ist innerstaatlich daher nicht durchsetzbar, weder auf der Grundlage des Bundesvergabegesetzes 2002 noch auf jener des Bundesvergabegesetzes 2006.231 Dessen Regelungen allein tragen wenig zur Klärung bei.232 Sie enthalten im wesentlichen eine Verweisung auf die geltenden internationalen Verpflichtungen und eine Unberührtheitsklausel in Bezug auf das GPA. Das - hier nur rudimentär und ausschnittsweise dargestellte - Vergaberecht ist daher ein gutes Beispiel für die außenwirtschaftliche Relevanz des Binnenmarktrechts, gleichzeitig aber auch für die Komplexität, die sich aus dieser Mehrschichtigkeit der Rechtslage (WTO-Rechts, EG-Recht, nationales Recht) ergeben kann.
C. Luftverkehrsrecht 1. „Open Skies“-Abkommen Der EGV enthält spezielle Bestimmungen über den Verkehr, die dem Rat spezifische Befugnisse übertragen, auf Grund deren er mehrere Verordnungen erlassen hat, welche die Dienstleistungsfreiheit im gemeinschaftlichen Luftverkehr und den freien Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft gewährleisten sollen.233 Seit Beginn der 90er Jahre hatte die Kommission versucht, vom Rat ein Mandat für die Verhandlung von Luftverkehrsabkommen mit den USA zu erhalten, das die Vielzahl bilateraler Abkommen ersetzen sollte, die europäische Staaten vor ihrer Mitgliedschaft in der EU geschlossen hatten. Die Kommission erhielt zwar ein beschränktes Mandat, dieses führte jedoch zu keinem Abkommen zwischen der Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten. In der Folge schloss die USA mit einigen Mitgliedstaaten so genannte „Open Skies“Abkommen, bilaterale Verträge über Zugang zu Routen, Gewährung von Linien- und Verkehrsrechten, Preisfestlegung und „code sharing“. Aus Anlass dieser Abkommen klagte die Kommission die Mitgliedstaaten Dänemark, Schweden, Finnland, Belgien, Luxemburg, Österreich und Deutschland sowie (mit etwas anderem Inhalt) das Vereinigte Königreich. Die Kom-
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BGBl I Nr 17/2006 idF BGBl II Nr 193/2006. Vgl insbesondere §§ 19 und 348 Bundesvergabegesetz 2006. Titel V, Art 70 ff EGV. VO 2407/92/EWG über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen durch die Mitgliedstaaten an in der Gemeinschaft niedergelassene Luftfahrtunternehmen; VO 2408/92/EWG über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu den innergemeinschaftlichen Strecken; VO 2409/92/EWG über die Aufstellung von Flugpreisen für den Flugverkehr innerhalb der Gemeinschaft; VO 2299/89/EWG über computergesteuerte Buchungssysteme und Zuweisung von Zeitnischen.
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mission behauptete eine Verletzung der ausschließlichen Außenkompetenz der Gemeinschaft sowie der Niederlassungsfreiheit.234 Die Entscheidung des EuGH ist ein Anwendungsfall der Unterscheidung zwischen ausdrücklichen und impliziten ausschließlichen Außenkompetenzen.235 Der EGV sehe zwar eine Kompetenz der Gemeinschaft im (Luft)Verkehrsbereich vor, für sich allein schaffe dies allerdings keine ausschließliche Außenkompetenz der Gemeinschaft zur Regelung des Luftverkehrs. Der Gerichtshof prüfte dann systematisch das Vorliegen jener Bedingungen, nach denen er in ständiger Rechtsprechung eine implizite ausschließliche Gemeinschaftszuständigkeit annimmt:236 Erstens war im vorliegenden Fall die Zuerkennung einer Außenkompetenz nicht erforderlich, damit die Gemeinschaft eine (noch nicht ausgeübte) interne Zuständigkeit wirksam ausüben konnte, da die oben genannten Verordnungen des Rates237 erlassen werden konnten, ohne dass notwendigerweise ein „Open Skies“-Abkommen abgeschlossen werden musste. Weiters prüfte der EuGH, ob die völkerrechtlichen Verpflichtungen in den Anwendungsbereich von gemeinsamen Rechtsnormen fielen oder zumindest ein Gebiet erfassten, das bereits weitgehend von solchen Rechtsnormen erfasst war, und ob die Gemeinschaft in ihre internen Rechtsetzungsakten Klauseln über Angehörige von Drittstaaten aufgenommen hatten. Nach Ansicht des EuGH wurden die VO 2407/92 und 2408/92 durch die Abkommen nicht berührt, da diese VO nur Bestimmungen für amerikanische Luftfahrtunternehmen enthalten. Die VO 2409/92 und 2299/89 enthielten jedoch nach Ansicht des EuGH durchaus Vorschriften, die auch für Luftfahrtunternehmen aus Drittländern gelten. Die „Open Skies“-Abkommen berühren somit insoweit den Anwendungsbereich von EG-Recht, wodurch eine ausschließliche Außenkompetenz der EG begründet wird. Dänemark, Schweden, Finnland, Belgien, Luxemburg, Österreich und Deutschland hatten somit die Außenkompetenz der Gemeinschaft in Bezug auf die Gemeinschaftsvorschriften über die Aufstellung von Flugpreisen für den Flugverkehr innerhalb der Gemeinschaft und über computergesteuerte Buchungssysteme verletzt.238 234
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Letzteres, da eine Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen es den USA ermöglicht hätten, europäischen Luftfahrtunternehmen aus Vertragsstaaten die Verkehrsrechte für den amerikanischen Luftraum zu verweigern, wenn nicht ein wesentlicher Teil des Eigentums und die tatsächliche Kontrolle des Unternehmens bei diesem Mitgliedstaat oder bei Angehörigen dieses Staates lag. Stellvertretend für alle Urteile in dieser Sache EuGH, Rs 475/98, Kommission/Österreich, Slg 2002, I-9797. Siehe dazu und zum Folgenden etwa Pitschas, EuGH: Open-Skies-Abkommen mit USA, EuZW 2003, 92 und Stadlmeier, Das Ende einer Ära? Die Open Skies-Urteile des EuGH, ZÖR 2003, 163. Siehe II.B.4 oben. Siehe FN 233. Weiters entschied der EuGH, dass mit der Klausel über Eigentum und Kontrolle in den Abkommen Luftfahrtunternehmen unter der Kontrolle von Nicht-Vertragsstaaten in Staaten mit „Open Skies“-Abkommen diskriminiert würden. Die Diskriminierung sei auch nicht aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt.
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Aber andererseits betont der EuGH, dass „dass etwaige Verzerrungen des Dienstleistungsflusses im Binnenmarkt, die sich aus bilateralen Open SkiesAbkommen ergeben können, die Mitgliedstaaten mit Drittländern abschließen, nicht für sich die auf diesem Gebiet erlassenen gemeinsamen Rechtsnormen beeinträchtigen und daher keine Außenkompetenz der Gemeinschaft begründen können“. Denn nichts hindere die Organe daran, „im Rahmen der von ihnen erlassenen gemeinsamen Vorschriften konzertierte Aktionen gegenüber Drittländern vorzusehen oder den Mitgliedstaaten ein bestimmtes Verhalten in ihren Außenbeziehungen vorzuschreiben“.239 Anders gesagt: für den Kern der so genannten Open Skies-Übereinkommen, nämlich die wechselseitige Marktöffnung, anerkannte der EuGH keine ausschließliche Zuständigkeit. Man mag sich auch hier fragen, ob diesbezüglich eine konkurrierende Zuständigkeit der EG besteht. Nicht nur im Verkehrsbereich schweigt der Vertrag dazu.240 Auf den ersten Blick erscheint dies nicht sehr bedeutsam zu sein. Denn der EuGH betont,241 dass sich die Gemeinschaft eine ausschließliche Kompetenz durch die Erlassung eines Sekundärrechtsakts verschaffen kann. Zum einen kann aber die Erlassung eines solchen Rechtsakts auf Widerstand stoßen, zum anderen ist ungeklärt, ob dieses Instrument zur Verschaffung einer ausschließlichen Kompetenz ohne jede Schranke zur Verfügung steht, oder ob seine Inanspruchnahme nicht ebenfalls voraussetzt, dass durch die drittlandsorientierte Regelung die Erreichung eines innergemeinschaftlichen Zieles erleichtert wird.242
2. Die Entscheidung Fluggastdaten Bei der internationalen Regelung der Behandlung von Daten über Flugreisende zum Zweck der Terrorismusbekämpfung stellen sich schwierige Fragen der Abgrenzung zwischen Luftverkehr - Datenschutz - Terrorismusbekämpfung im Dreieck EG - EU (3. Säule) - Mitgliedstaaten. Auch diese Fragen sind zur Illustration der Gemengelage der aktuellen Kompetenzverteilung in den Außenbeziehungen geeignet. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erließen die USA Vorschriften, die Fluggesellschaften bei Flügen in die, aus den oder über die USA verpflichten, amerikanischen Behörden elektronischen Zugriff auf die Daten ihrer automatischen Reservierungs- und Abfertigungssysteme, die so genannten „Passenger Name Records“ (PNR), zu gewähren. Die USA drängten 239 240 241 242
Rs 475/98, Kommission/Republik Österreich, Slg 2002, I-9797, Rz 100 f. Siehe dazu oben II. B. 5. Dies übrigens nicht erst in den Open Skies-Urteilen, sondern schon im Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 79. Verneint man dies, so räumen die erwähnten Passagen in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs der Gemeinschaft eine nicht weiter begrenzte Möglichkeit ein, sich durch die Erlassung von Sekundärrecht eine ausschließliche Zuständigkeit zu verschaffen. Es ist zwar zuzugeben, dass die Grenze zur Beeinträchtigung bestehenden Sekundärrechts sich nicht immer leicht wird ziehen lassen. Aber es ist doch ein Unterschied, ob eine innergemeinschaftliche Vorgänge regelnde Bestimmung durch einen Vertrag mit Drittstaaten beeinträchtigt wird, oder ob durch eine sekundärrechtliche Bestimmung den Mitgliedstaaten die Befugnis entzogen wird, über bestimmte Gegenstände Verträge mit Drittstaaten abzuschließen, und diese Befugnis stattdessen auf die EG übertragen wird.
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dabei auf eine rasche Entscheidung in der EU. Das Europäische Parlament war jedoch mehreren Aufforderungen des Rates zur Stellungnahme hinsichtlich des Abschlusses eines Abkommens nicht nachgekommen und hatte die Einholung eines Gutachtens des EuGH über die Kompetenzen zum Vertragsabschluss beantragt.243 Nach Entscheidung der Kommission, wonach das United States Bureau of Customs and Border Protection (CBP) einen angemessenen Schutz für diese PNR-Daten garantiere, wurde in der Folge mit Beschluss des Rates der Abschluss eines Abkommens zwischen der EG und den USA über die Verarbeitung von PNR und deren Übermittlung durch in der EU ansässige Fluggesellschaften an das CBP beschlossen.244 Der Rat argumentierte, dass Art. 95 EGV (die allgemeine Kompetenz zur Rechtsangleichung) eine ausschließliche Außenkompetenz der EG in dieser Sache begründe, da aus den Sanktionen der USA gegen Fluglinien, die die Übermittlung von PNR verweigerten, Wettbewerbsverzerrungen gegenüber kooperierenden Fluglinien entstehen könnten. Die EG schloss somit ein Abkommen der Gemeinschaft ab, ohne Beteiligung der Mitgliedstaaten und unter Ausschluss des Europäischen Parlaments. Die theoretischen Alternativen waren entweder ein Abkommen in der dritten Säule im Rahmen der PJZS (dies hätte Einstimmigkeit im Rat erfordert), ein gemischtes Abkommen von sowohl Mitgliedstaaten als auch der EG, oder, als Premiere, ein Fall der cross-pillar-mixity, somit ein Abkommen teils in der ersten Säule und in der dritten Säule (sowie durch die Mitgliedstaaten). Alle Alternativen hätten ein wesentlich zeitaufwändigeres Verfahren erfordert als die von Rat und Kommission gewählte Vorgangsweise. Das Europäische Parlament beantragte in der Folge beim EuGH die Nichtigerklärung beider Entscheidungen. Der Gerichtshof erklärte einerseits die Angemessenheitsentscheidung der Kommission für nichtig, da eine solche staatliche Datenverarbeitung zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46/EG245 falle.246 Er erklärte aber auch den Ratsbeschluss für nichtig, da weder die Kompetenz zur Harmonisierung im Binnenmarkt in Art. 95 EG noch Art. 25 der DatenschutzRL über die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer eine Außenkompetenz der Gemeinschaft für den Abschluss des Abkommens mit der USA begründen können:247 Die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen Mitgliedstaaten sei zwar eine Zielsetzung des Abkommens, sei jedoch gegenüber des243 244
245 246 247
Siehe II.E.2 oben. Vgl Keiler/Kristoferitsch, Passagierdaten auf dem Flug in die USA, ZVR 2006, 484. Beschluss 2004/496/EG über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an das Bureau of Customs and Border Protection des United States Department of Homeland Security, ABl L 183 vom 20.5.2004, 83, berichtigt im ABl L 255, 168. Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl L 281 vom 23.11.1995, 31. EuGH, Verb Rs C-317, 318/04, Europäisches Parlament/Rat und Kommission, Slg 2006, I-4721. EuGH, Verb Rs C-317, 318/04, Europäisches Parlament/Rat und Kommission, Slg 2006, I-4721.
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sen anderen ausdrücklichen Zielen (öffentliche Sicherheit, Terrorismusbekämpfung) nur akzessorisch.248 Die Datenschutz-RL wiederum sieht ausdrücklich Ausnahmen vor für Datenverarbeitungen in für die Mitgliedstaaten sensiblen (sicherheits-)politischen Bereichen.249 Der EuGH hat somit einen Versuch der Flucht der EG-Organe aus den Komplexitäten der Kompetenzverteilung und den langwierigen Entscheidungsprozessen der dritten Säule vereitelt. Der durch das EuGH-Urteil bedingte neue Vorschlag der Kommission sieht nun ein inhaltsgleiches Abkommen gestützt auf Art. 24 und Art. 38 EUV vor. Dabei ist allerdings fraglich, ob sich ein Abkommen in der zweiten und dritten Säule auf Angelegenheiten der ersten Säule (Datenschutz) beziehen darf.250 Die Entscheidung zeigt somit einmal mehr die praktischen Probleme der Säulenstruktur der EU bei gleichzeitigem, durch externen Druck bedingtem Wandel von einem gemeinsamen Markt in eine politische Union.251
D. Die Gemeinsame Agrarpolitik Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist vor allem in den Art. 32 ff EGV geregelt. Sie ist eine Kernpolitik der EG und findet sich bereits im EWGV von 1957. De jure ist die GAP eine konkurrierende Kompetenz, de facto besteht jedoch mindestens im Bereich der Gemeinsamen Marktordnungen (GMO; etwa für Getreide oder Obst) eine sehr weitgehende Harmonisierung, sodass kaum noch Handlungsoptionen für die Mitgliedstaaten verbleiben. Nationale Vorschriften dürfen das Funktionieren von Gemeinschaftsrecht nicht behindern, auch wenn diese das betreffende Gebiet nicht abschließend regelt.252 Dennoch ist die immer wieder anzutreffende, auch von der Kommission (nicht zuletzt in der Debatte um die Europäische Verfassung) vertretene Auffassung, die Gemeinsame Agrarpolitik sei auch EG-intern eine ausschließliche Kompetenz, verfehlt.253 Der Vollzug des GAP obliegt weitestgehend den Mitgliedstaaten.254 248
GA Léger in Verb Rs C-317, 318/04, Slg 2006, I-4721, Rz 147. Insofern sehr kritisch gegenüber dem Vorgehen des Rates Simitis, Übermittlung von Flugpassagierdaten in die USA: Dispens vom Datenschutz?, NJW 2006, 2011. 250 Vgl oben II.C.2.b. Westphal, Anmerkung zu Verb Rs C-317, 318/04, EuZW 2006, 406, 407. 251 Vgl Simitis, Übermittlung von Flugpassagierdaten, NJW 2006, 2011. 252 Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, „sich aller Maßnahmen zu enthalten, die von dieser Regelung [Anm: der GMO] abweichen oder sie verletzen können“. EuGH, Rs 83/78, Pigs Marketing Board, Slg 1978, 2347, Rz 56/57. So bereits etwa EuGH, Rs 111/76, van den Hazel, Slg 1977, 901. Vgl Kopp in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Art 37 Rz 22 und Booß in Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht der Europäischen Union, Band 1, EL 21, April 2003, Art 37 Rz 36ff. 253 Vgl. zu dieser Diskussion etwa von Bogdandy/Bast, Die vertikale Kompetenzordnung der Europäischen Union, EuGRZ 2001, 441 (hier insb 448 f); Griller/ Droutsas/Falkner/Forgó/Nentwich, The Treaty of Amsterdam, 2000, 100 ff; alle mwN. 254 Die zuständige Marktordnungs- und Interventionsstelle in Österreich ist die Agrarmarkt Austria. Näher dazu Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht, 2003, 287 ff. 249
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Aus der AETR-Judikatur255 ergibt sich für diese intern (sehr weitreichend) harmonisierten Bereiche jeweils eine ausschließliche Außenkompetenz. Darüber hinaus fallen selbstverständlich alle handelspolitischen Maßnahmen betreffend landwirtschaftliche Waren, also etwa Zölle, Schutzmaßnahmen oder Ausfuhrunterstützungen, unter die Gemeinsame Handelspolitik (Art. 133 EGV) und damit ungeachtet des Bestandes an sekundärrechtlichen Vorschriften in die ausschließliche Kompetenz der EG.256 Die (teils ungeschriebenen) Grundprinzipien der GAP sind die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte der Mitgliedstaaten und der freie Binnenverkehr für Agrarprodukte („Einheit des Marktes“), die Bevorzugung von Agrarprodukten der EG gegenüber importierten Produkten („Gemeinschaftspräferenz“) und die solidarische Tragung der Kosten der GAP durch alle Mitgliedstaaten („finanzielle Solidarität“).257 Jede Diskriminierung zwischen Erzeugern und Verbrauchern innerhalb der EG ist verboten.258 Die Regelungen der GAP sind leges speciales zu den sonstigen Bestimmungen für den Binnenmarkt.259 Sie gelten für solche Erzeugnisse „des Bodens, der Viehzucht und der Fischerei“, die im Anhang I zum EGV angeführt sind. Dieser Anhang umfasst nicht nur „klassische“ landwirtschaftliche Produkte, sondern etwa auch „Zubereitungen von Gemüsen, Küchenkräutern, Früchten (…)“, Malz, Stärke und Margarine. Die GAP kann in die vier folgenden Bereiche unterteilt werden: Markt- und Preispolitik vor allem mittels so genannter Gemeinsamer Marktorganisationen (GMO), Sozial- und Strukturpolitik zur Modernisierung der Landwirtschaft, Rechtsangleichung auf Gebieten ohne GMO und Außenhandelspolitik.260 Zentrale Ziele der GAP sind Produktionssteigerungen (heute besser: Effizienzsteigerungen) in der Landwirtschaft, die wirtschaftliche Absicherung der Landwirte, die Stabilisierung der Märkte um Mangelsituationen bzw. Überschüsse zu vermeiden, Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln und angemes255
Vgl dazu oben bei FN 24. Vgl insbesondere EuGH, Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5267, Rz 29: „Daß die im Rahmen dieses Abkommens eingegangenen Verpflichtungen den Erlaß interner Durchführungsmaßnahmen auf der Grundlage von Artikel 43 [jetzt: Art. 37] EG-Vertrag einschließen, hindert nicht, daß die internationalen Verpflichtungen selbst gemäß Artikel 113 [jetzt: Art. 133] allein übernommen werden können.“ 257 Vgl Kopp in Streinz, Art 32 Rz 16ff. Die Finanzierung der GAP erfolgt durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL). Vgl VO 1257/1999/EG über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), ABl L 160 vom 26.6.1999, 80, VO 1258/1999/EG über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl L 160 vom 26.6.1999, 103, VO 1260/1999/EG mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, ABl L 161 vom 26.6.1999, 1. Der Anteil der EAGFL-Ausgaben im Jahr 2005 betrug 42,5% des EUGesamthaushalts. Der größte Empfänger von Zahlungen ist Frankreich mit 20,4% der Gesamtausgaben. Siehe den 35. Finanzbericht über den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie - Haushaltsjahr 2005, KOM(2006) 512 endg. 258 Art 34 Abs 3 EGV. 259 Art 32 Abs 2 EGV. 260 Kopp in Streinz, Art 32 Rz 51ff. 256
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sene Preise für Verbraucher.261 Diese Ziele ergänzen einander teilweise, teils stehen sie in offensichtlichem Widerspruch (Konsumenten wollen niedrige Preise, Landwirte ein hohes Einkommen). Für die meisten der von der GAP erfassten Produkte sind GMO erlassen worden.262 Diese sahen traditionell ein System der finanziellen Förderung der landwirtschaftlichen Produktion vor. Ausgehend von einem Preis, der zur Sicherung des Einkommens der Landwirte gewünscht wurde („Richtpreis“) wurden zu einem angemessenen „Interventionspreis“ (meist 10-12% unter dem Richtpreis) die Agrarerzeugnisse von Interventionsstellen in den Mitgliedsstaaten aufgekauft. Ergänzt wurde dieses System durch „Schwellenpreise“ für die Einfuhr von Agrarprodukten aus Drittstaaten, welche jedoch im Rahmen der WTO durch „normale“ Zölle ersetzt wurden. Da anfangs auch Überschüsse aufgekauft und zu hohen Kosten gelagert wurden, führte dieses System zu dramatischen Produktionsüberschüssen und enormen Kosten für den EG-Haushalt. Aus diesen Gründen wurde seit den 70er-Jahren, verstärkt durch die so genannte Agenda 2000 und mit zusätzlichen Maßnahmen in den Jahren 2002/2003, die GAP tiefgreifend reformiert. Der Schwerpunkt der Förderung des Agrarsektors durch die EG liegt nun bei produktionsunabhängigen, einzelbetrieblichen Zahlungen ("Entkoppelung") verknüpft mit Auflagen betreffend etwa Umwelt- und Tierschutz, der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums, Preissenkungen (etwa des Interventionspreises für Butter und für Magermilchpulver) und Anreizen für die Reduzierung landwirtschaftlicher Flächen.263 Umfassende Reformen sind derzeit weiters für den Weinsektor, den Obst- und Gemüsemarkt und den Bananenmarkt geplant.264 Die Einhebung von (teilweise hohen Schutz-)Zöllen auf die Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte aus Drittstaaten sowie die so genannten Ausfuhrerstattungen, wobei Exporteuren aus der EG die Differenz zwischen dem Marktpreis in der Gemeinschaft und dem Weltmarktpreis ersetzt wird zu Herstellung ihrer Konkurrenzfähigkeit, werden in der WTO heftig bekämpft, sowohl rechtlich in der Streitbeilegung als auch politisch in den Handelsrunden.265
261 262
263
264 265
Vgl Art 33 Abs 1 EGV. Übersicht auf http://ec.europa.eu/agriculture/markets/index_de.htm und bei Priebe in Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht der Europäischen Union, Band 1, EL 21, April 2003, Art 34 Anhang. Vgl auch Kopp in Streinz, Art 34 Rz 4. Siehe vor allem VO 1782/2003/EG mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl L 270 vom 21.10.2003, 1, und VO 1698/2005/EG über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), ABl L 277 vom 21.10.2005, 1. Konkrete Maßnahmen unter dem neuen Regime sind etwa die Erhöhung der Beihilfen für private Lagerhaltung, flächenbezogene Direktzahlungen („Kulturpflanzenflächenzahlungen“), Rinder- und Schafprämien mit regionalen Höchstgrenzen. Siehe näher Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, 279ff. Siehe http://ec.europa.eu/agriculture/capreform/index_de.htm. Siehe dazu etwa Booß in Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht der Europäischen Union, Band 1, EL 21, April 2003, vor Art 32 Rz 25.
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Zur Veranschaulichung der GAP im Bereich der Marktordnungen nachfolgend eine kurze Darstellung der GMO Geflügel, welche vor allem den Handel mit Drittländern betrifft und keine innergemeinschaftlichen Preisgarantien gewährt.266 Die durch die GMO Geflügel erfassten Erzeugnisse sind in Art. 1 der VO mittels ihrem Code unter der KN267 genau definiert (ua. Hühner der Art Gallus domesticus, Enten, Gänse sowie deren Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse, Geflügelleber und Geflügelfett in verschiedenster Form). Für die Ein- und die Ausfuhr dieser Produkte bestehen mengenmäßige Beschränkungen, somit Kontingente, die im Rahmen der WTO ausgehandelt werden.268 Um unter die Kontingente zu fallen und die erfassten Erzeugnisse in die EG ein- oder aus dieser ausführen zu dürfen, muss eine Lizenz (also eine Genehmigung) beantragt werden, welche dann für die gesamte EG gilt.269 Die auf die Einfuhr der Geflügelprodukte erhobenen Zölle ergeben sich aus dem GZT.270 Soweit nach WTO-Recht (insb gemäß der „Special Safeguard Provision“ des Art. 5 des Übereinkommens über die Landwirtschaft) zulässig, kann jedoch auch ein zusätzlicher Einfuhrzoll erhoben werden, „es sei denn, die Einfuhren können keine Störung des Gemeinschaftsmarkts verursachen oder die Auswirkungen stehen in keinem Verhältnis zum angestrebten Ziel“.271 Voraussetzung für einen zusätzlichen Zoll entweder das Unterschreiten eines Richtpreises durch importierte Geflügelprodukte oder die Überschreitung einer gewissen Importmenge. Art. 8 der VO 2777/75 enthält genaue Regelungen betreffend das Verfahren für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und ihre Höhe. Art. 11 der VO 2777/75 schließlich ermöglicht Sofortmaßnahmen durch die Kommission, wenn der betroffene Gemeinschaftsmarkt durch Importe oder Exporte „ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht“ wird.272
266
267 268 269 270 271 272
So ist die EG insb. im Streit um die Exportsubventionen für Zucker unterlegen: WT/DS265/AB/R, WT/DS266/AB/R, WT/DS283/AB/R, European Communities Export Subsidies on Sugar, Report of the Appellate Body, 28 April 2005. VO 2777/75/EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Geflügelfleisch, ABl L 282 vom 1.11.1975, 77. Zuletzt geändert durch VO 806/2003/EG, ABl L 122 vom 16.5.2003, 1. Für die in anderen GMOs enthaltenen, teilweise sehr komplizierten Regelungen betreffend den Binnenmarkt (Intervention, Vermarktungsmaßnahmen) vgl etwa die VO 1255/1999/EG über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, ABl L 160 vom 26.6.1999, 48 (GMO Milch) sowie deren Darstellung bei Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, 292ff. Vgl bei FN 141. Art 4 und 10 VO 2777/75/EWG. Vgl jedoch die Schutzklausel des Art 7 VO 2777/75/EWG. Art 3 VO 2777/75/EWG. Das Verfahren für die Verwaltung der Kontingente ist in Art 6 VO 2777/75/EWG geregelt. Vgl bei FN 140. Art 5 VO 2777/75/EWG. Der Rat kann die Maßnahmen mit qualifizierter Mehrheit aufheben oder ändern, nachdem sie diesem von einem Mitgliedstaat vorgelegt wurden. Art 11 Abs 3 VO 2777/75/EWG.
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Die GMO setzt überdies einen Verwaltungsausschuss für Geflügelfleisch und Eier aus Vertretern der Mitgliedstaaten ein, welcher die Kommission unterstützt.273
E. Währungspolitik 1. Allgemeines In Maastricht wurde (1992) politische Einigung über die Realisierung einer Wirtschafts- und Währungsunion erzielt. Im ersten Teil des EGV wurden die Grundsätze der Wirtschafts- und Währungspolitik (Art. 4) sowie in Art. 8 das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) neu verankert; Titel VII regelt die Wirtschaftspolitik (Artikel 98 - 104), die Währungspolitik (Art. 105 - 111), den institutionellen Rahmen (Art. 112 - 115) und enthält Übergangsregelungen (Art. 116 - 124); von besonderer Bedeutung ist ferner das Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB (ESZB - Statut). Ein Vergleich zwischen den Bestimmungen der Wirtschaftsunion und der Währungsunion lässt schon auf den ersten Blick einen grundlegenden Unterschied erkennen: Während die Wirtschaftspolitik grundsätzlich in nationaler Hand verbleibt und (lediglich) als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse zu betrachten und zu koordinieren ist, wurde die Währungspolitik „vergemeinschaftet“. Für WWU-Mitglieder (derzeit 13 der 27 EU-Mitglieder) ist sie eine ausschließliche EG-Kompetenz.274 Diese Asymmetrie der WWU erklärt sich aus einer von den Mitgliedstaaten überwiegend vertretenen Grundposition, welche die Währungsunion als einen Impuls sieht, der zu koordinierten Wirtschaftsprozessen in den Mitgliedstaaten führen werde (sog Vehikeltheorie).275 Es soll nationaler Einfluss und zwischenstaatlicher Systemwettbewerb erhalten bleiben, um die wirtschaftliche Effizienz in der Euro-Zone zu erhöhen. Diese Währungsunion umfasst vor allem „die unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse im Hinblick auf die Einführung einer einheitlichen Währung, sowie die Festlegung und Durchführung einer einheitlichen Geld- und Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der Preisstabilität verfolgen und unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft unter Beachtung des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb unterstützen sollen.“276 Der Name der neuen einheitlichen Währung wurde vom Europäischen Rat mit „Euro“ festgelegt277. In Zusammenhang mit der Schaffung einer einheitlichen Währung wurde ein Europäisches System der Zentralbanken (ESZB) und eine Europäische 273 274 275 276 277
Zu diesem, Komitologie genannten Verfahren siehe etwa Oppermann, Europarecht, 2005, 104. So die herrschende Auffassung: zB Calliess, in Calliess/Ruffert (Hrsg), EUV/EGV, 3. Aufl 2007, Art 5 EGV, Rz 28 mwN. Ausführlich dazu Breuss, Monetäre Außenwirtschaft und Europäische Integration, 2006, 58 ff und insb 377 ff. Art 4 Abs 2 EGV. Das vorrangige Ziel der Preisstabilität wird nochmals in Art 105 Abs 1 EGV betont. SN 400/95, Europäischer Rat Madrid, 15./16. 12. 1995, Schlußfolgerungen des Vorsitzes, 6.
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Zentralbank (EZB) geschaffen278. Die grundlegenden Aufgaben des ESZB bestehen darin279 • die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen - und zwar unter Beachtung des vorrangigen Ziels der Preisstabilität; • Devisengeschäfte durchzuführen (Wechselkurspolitik); • die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten; • das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern. Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt hat ua • das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Banknoten innerhalb der Gemeinschaft zu genehmigen280; • das Genehmigungsrecht für die Ausgabe von Münzen durch die Mitgliedstaaten281; • das Recht der Festlegung der Geldpolitik282; • beschränkte Rechtsetzungsgewalt, dh das Recht, im Rahmen ihrer Zuständigkeit Verordnungen und Entscheidungen zu erlassen, aber auch, Empfehlungen und Stellungnahmen abzugeben283.
2. Außenbeziehungen Nicht zu vernachlässigen ist der Konnex zwischen der externen Komponente (Wechselkurse) und der internen Komponente (Preisstabilität) der WWU. Der äußerst komplexe Art. 111 EGV präsentiert sich in dieser Frage als klassischer Kompromiss zwischen der Übernahme der politischen Verantwortung für die Entwicklung der Wechselkurse durch den Rat (als außenpolitisches Instrument) und der notwendigen Gestaltungsrechte des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) zwecks Sicherung der Preisstabilität.284 Artikel 111 EGV unterscheidet mehrere Situationen. Zum einen danach, ob „förmliche Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem“ zwischen der Gemeinschaftswährung und anderen Drittlandswährungen existieren oder nicht.
278 279 280 281 282 283 284
Art 8 EGV. Art 105 Abs 2 EGV. Art 106 EGV. Zur Ausgabe berechtigt sind die EZB und die nationalen Zentralbanken. Art 106 Abs 2 EGV. Art 12.1 der Satzung des ESZB und der EZB. Art 110 EGV. Vgl statt vieler zu diesen im Detail sehr kontroversiellen Fragen Dutzler, The European System of Central Banks: An Autonomous Actor? 2003, insb. 50 ff; Eeckout, External Relations, 126 ff; Herrmann, Monetary Sovereignty over the Euro and External Relations of the Euro Area: Competences, Procedures and Practice, European Foreign Affairs Review 2002, 1; Louis, Union monétaire européenne et Fonds monétaire international, in Weber/Gramlich, Festschrift für Hugo J. Hahn zum 70. Geburtstag, 1997, 201; Martenczuk, Die Außenvertretung der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Währungspolitik, ZaöRV 1999, 93; Stadler Der rechtliche Handlungsspielraum des ESZB, 1996, 172; Torrent, Whom is the European Central Bank the Central Bank of?: Reaction to Zilioli and Selmayr, CMLRev 1999, 1229; Zilioli/Selmayr, The External Relations of the Euro Area: Legal Aspects, CMLRev 1999, 273.
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Zum anderen Vereinbarungen „im Zusammenhang mit Währungsfragen oder Devisenregelungen“: • der Abschluss förmlicher Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem liegt in der Kompetenz des Rates; allerdings ist eine Empfehlung der EZB oder der Kommission notwendig, wobei die EZB angehört werden muss, um einen Konsens mit dem Ziel der Preisstabilität zu erreichen;285 die Modalitäten für die Aushandlung solcher Verfahren beschließt der Rat, um zu gewährleisten, dass die Gemeinschaft einen einheitlichen Standpunkt vertritt;286 • allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik können in Abwesenheit einer förmlichen Vereinbarung mit Drittstaaten vom Rat formuliert werden. Wiederum ist eine Empfehlung der Kommission und eine Anhörung der EZB oder eine Empfehlung der EZB notwendig, und das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, darf nicht beeinträchtigt sein;287 • Außerdem spricht der Vertrag von "Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen oder Devisenregelungen", und sieht dafür die Festlegung besonderer, bisher nicht beschlossener Regeln für die Aushandlung und den Abschluss vor.288 Unter förmlichen Vereinbarungen dürften fixe Wechselkurssysteme im Verhältnis zu einem gewissen Denominator zu verstehen sein (Bretton-Woodsähnliche Abkommen), nicht jedoch Wechselkursabkommen ohne bestimmte Leitkurse und Interventionspflichten im Falle eines Verlassens der Schwankungsbreiten.289 Völkerrechtlich gebunden wäre durch solche Vereinbarungen die EG, internen aber nur die WWU-Mitglieder. Die differenzierte Integration auf diesem Gebiet setzt sich insoweit konsequent in den Außenbeziehungen fort. Der Terminus allgemeine Orientierungen war zuvor im Gemeinschaftsrecht nicht verwendet worden, es dürfte sich um Zielvorgaben allgemeiner Art ohne völkerrechtliche und mit nur geringen internen Bindungswirkungen handeln. Der Standpunkt der EZB lautet, aus Abs 2 könne auf keinen Fall ein Recht des Ecofin-Rates abgeleitet werden, die EZB zu Interventionen zu zwingen. Dies selbst dann, wenn die Preisstabilität durch die in Frage stehende Intervention nicht gefährdet sei, weil der Liquiditätseffekt zu klein wäre, um einen Einfluss auf die Preisstabilität zu haben. So lange die erwähnten Instrumente nicht bestehen ist die EZB in ihrer Gestion ungebunden. Unter diesen Umständen ist der Anreiz sowohl für die Kommission als auch die EZB gering, die für das Handeln des Rates erforderlichen Empfehlungen zu beschließen. Überdies sind förmliche internationale Vereinbarungen über Wechselkurse schon seit einiger Zeit nicht besonders
285 286 287 288 289
Art 111 Abs 1 EGV. Art 111 Abs 3 EGV. Art 111 Abs 2 EGV. Art 111 Abs 3 EGV. Ein solches Abkommen würde unter Abs 2 fallen, vgl Smits, The European Central Bank, 1997, 385.
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aktuell; flexible Wechselkurspolitik mit Offenmarktinterventionen wird bevorzugt. Was die Vereinbarungen gemäß Art. 111 Abs. 3 EGV betrifft, so bereitet nicht zuletzt eine Abweichung zwischen den Sprachfassungen Schwierigkeiten: Im englischen Text heißt es "agreements concerning monetary or foreign exchange regime matters“. Strittig ist vor allem, ob die Ermächtigung eng zu verstehen ist und nur das Währungsregime und Wechselkursangelegenheiten erfasst, oder ob alle Währungsunionsangelegenheiten Gegenstand solcher Vereinbarungen sein können, was zu einer weitgehenden Parallelität zwischen Innen- und Außenkompetenz führen würde. Praktisch relevant war bisher nur dieser Art. 111 Abs. 3 EGV, auf dessen Grundlage unter anderem Entscheidungen über die währungspolitischen Beziehungen zu Monaco, San Marino und Vatikanstadt getroffen wurden.290
VI. „Säulenübergreifendes“ Außenwirtschaftsrecht A. Handelsembargos Ein Embargo ist das Verbot eines Hoheitsträgers an seine Wirtschaftssubjekte, mit einem Staat bzw. mit allen in diesem Staat befindlichen Personen Handelsgeschäfte abzuschließen. Embargos sind die wichtigste Form der Wirtschaftssanktion und können die Aussetzung, Einschränkung oder Einstellung von Handelsbeziehungen bewirken.291 Meistens dienen sie gleichzeitig der Umsetzung von UN-Sicherheitsrat-Resolutionen, wie im Falle der Embargomaßnahmen gegen den Irak im Jahr 1990292 und gegen Osama bin Laden und die Taliban im Jahr 2002.293 Art. 301 EGV räumt zwar der EG die ausschließliche Kompetenz für Wirtschaftssanktionen ein, die Kontrolle der Mitgliedstaaten über diesen außenpolitisch sehr sensiblen Bereich bleibt jedoch gewahrt. Embargomaßnahmen dürfen durch die EG nur nach vorheriger Beschlussfassung in der GASP mittels Gemeinsamen Standpunkt oder Gemeinsamer Aktion verhängt werden.294 Der 290 291
292 293
294
Vgl die Auflistung bei Kempen in Streinz, Art 111 Rz 21, FN 20. Kokott in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Art 301 Rz 1. Dies im Unterschied zu den oben besprochenen handelspolitischen Schutzmaßnahmen, die keinen vordringlich außenpolitischen Zweck verfolgen. Art 301 EGV spricht auch von „Sofortmaßnahmen“. Dies bezieht sich jedoch mehr auf politische Dringlichkeit als auf zeitliche Schranken. Siehe Kokott in Streinz, Art 301 Rz 39 und Sedlaczek in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Art 60 Rz 6. VO 2465/96/EG zur Verhinderung des Irak und Kuwait betreffenden Handelsverkehr, ABl L 337 vom 27.12.1996, 1 (nicht mehr in Kraft). VO 881/2002/EG über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, ABl L 139 vom 29.5.2002, 9, auf der Grundlage des Gemeinsamen Standpunktes 2002/402/GASP, ABl L 139, 4. Näher dazu Kokott in Streinz, Art 301 Rz 42ff. Für eine komplette und aktuelle Übersicht siehe http://ec.europa.eu/comm/external_relations/cfsp/ sanctions/ measures.htm. Dies kann zweifelhaft sein bei Maßnahmen, die rein handelspolitisch motiviert sind, und daher eher in der ausschließlichen Zuständigkeit der EG für die GHP anzusiedeln wären. Vgl FN 51 und Kokott in Streinz, Art 301 Rz 8 mwN.
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Rat entscheidet somit zweimal in derselben Angelegenheit, einmal mit qualifizierter Mehrheit (1. Säule) und einmal einstimmig (2. Säule), oft sogar noch in derselben Sitzung.295 Die Kommission kann dabei im Eilverfahren einen Vorschlag als Grundlage sowohl für den GASP-Beschluss als auch für den EGBeschluss, oder im normalen Verfahren einen eigenen Vorschlag für den Umsetzungsbeschluss gemäß Art. 301 EGV einbringen.296 Art. 301 EGV umfasst alle Arten von Wirtschaftssanktionen, einschließlich des Dienstleistungsbereichs und Waffenembargos.297 Abweichende Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten sind nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 297 EGV erlaubt. Dieser verlangt eine krisenartige Ausnahmesituation und ermöglicht nur vorübergehende Maßnahmen, die nicht gegen bestehende Embargomaßnahmen der EG verstoßen dürfen.298 Art. 60 EGV ist eine Sonderbestimmung betreffend EmbargoSofortmaßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs. Das Verfahren ist grundsätzlich gleich wie unter Art. 301 EGV. Gemäß Art. 60 Abs. 2 EGV kann jedoch auch jeder einzelne Mitgliedstaat „bei Vorliegen schwerwiegender politischer Umstände aus Gründen der Dringlichkeit“ gegenüber Drittstaaten Wirtschaftssanktionen verhängen. Maßnahmen auf der Grundlage des Art. 60 EGV waren in der Vergangenheit vorwiegend Sanktionen gegen die Finanzierung und die finanzielle Verfügungsgewalt von Personen oder Unternehmen, vor allem das „Einfrieren“ von Konten.299 Die Notfallkompetenz des Art. 297 EGV bleibt von Art. 60 EGV ausdrücklich unberührt. Naturgemäß kann hier nicht einmal einen Überblick über die Fülle an Anwendungsfällen in der jüngeren Vergangenheit gegeben werden, von denen jene gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Zusammenhang zunächst mit dem Bosnien-Konflikt und später mit dem Kosovo-Konflikt,300 und auch jene gegen den Irak herausragen. Im Zusammenhang damit wird zum Teil auch die Gemengelage und Vielfalt der "säulenübergreifenden" Optionen deutlich. So wurden gegen die Bundesrepublik Jugoslawien ein Waffenembargo, ferner ein umfassendes Handelsembargo, ein Flugverbot sowie Finanzsanktionen nach 295 296 297
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Kokott in Streinz, Art 301 Rz 19. Art 22 Abs 1 EUV. Ein Initiativrecht der Kommision wie bei sonstiger Rechtssetzung in der EG besteht jedoch nicht. Kokott in Streinz, Art 301 Rz 15. Allerdings ausgenommen Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs. Siehe sogleich unten. Vgl auch den Gemeinsamen Standpunkt 2003/468/GASP betreffend die Überwachung von Waffenvermittlungstätigkeiten, ABl L 156 vom 25.6.2003, 79. Diese soll eine Umgehung der von den UN, der EU oder der OSZE verhängten Waffenembargos verhindern. Kokott in Streinz, Art 297 Rz 4f. Strittig ist, ob Wirtschaftssanktionen subsidiär auch auf Art 133 EGV gestützt werden können, wenn etwa kein Beschluss in der GASP zustande kommt. Vgl die Übersicht des Meinungsstandes bei Nettesheim/ Duvigneau in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Art 133 Rz 19. ZB VO 2488/2000/EG über die Aufrechterhaltung des Einfrierens von Geldern betrefend Herrn Milosevic und Personen seines Umfelds, ABl L 287 vom 14.11.2000, 9; VO 881/2002/EG (FN 293). Zur Wirksamkeit dieser Sanktionen siehe Hufbauer/Oegg, The European Union as an Emerging Sender of Economic Sanctions, Aussenwirtschaft 2003, 547, 555ff. Kritisch unter Verweis auf mangelnden Rechtsschutz der Betroffenen Eeckhout, External Relations, 464. Vgl. etwa Glenny, The Balkans 1804 - 1999, 2000.
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den hier skizzierten Regeln und in Durchführung von Resolutionen des Sicherheitsrates verhängt,301 Transportmittel beschlagnahmt,302 aber auch das im Rahmen der ersten Säule abgeschlossene Kooperationsabkommen ausgesetzt bzw. aufgekündigt,303 und gleichzeitig gegenüber den neu entstandenen Republiken "positive" Maßnahmen wie niedrigere Zolltarife eingeführt. Einige auch rechtlich interessante Streitfragen, etwa über die Zulässigkeit der Suspendierung des Abkommens304 oder die UN-konforme Interpretation der EGSanktionsverordnung,305 landeten vor dem EuGH und auch vor dem EGMR.
B. Güter mit doppeltem Verwendungszweck und Verwandtes 1. Ausfuhrregime für Dual-Use-Güter Für Güter, die sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken dienen können (Dual-Use-Güter), einschließlich für Software und Technologien, wurde mittels VO 1334/2000 ein eigenes Ausfuhrkontrollregime eingerichtet.306 Ziel ist die Vereinheitlichung der Genehmigungspraktiken der Mitgliedstaaten. Demnach ist zur Ausfuhr der in Anhang I der VO aufgeführten Waren eine Genehmigung der Behörden jenes Mitgliedstaats erforderlich, in dem der Ausfuhrunternehmer niedergelassen ist (sog Negativliste). Diese Genehmigung gilt in der gesamten Gemeinschaft. Der Export von Dual-Use-Gütern, die nicht in Anhang I aufgeführt sind, ist genehmigungspflichtig, wenn der Exporteur von seinen nationalen Behörden unterrichtet wurde, dass die Güter im Zusammenhang mit nuklearen Waffen oder Flugkörpern, die als Träger derartiger Waffen dienen können, verwendet werden könnten. Für Anhang I-Waren besteht schließlich
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Ursprünglich insbesondere Verordnung 1432/92/EWG des Rates zur Untersagung des Handels zwischen der EWG und den Republiken Serbien und Montenegro, ABl Nr 1992/L 151/4. Verordnung 990/93/EWG des Rates vom 26. April 1993 über den Handel zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro), ABl Nr 1993/L 102/14. Kooperationsabkommen, abgeschlossen zwischen der EWG und deren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) andererseits, ABl Nr 1983/L 41/2, also ein so genanntes gemischtes Abkommen. Zur Aufkündigung vgl. die Beschlüsse 91/586/EGKS/EWG, ABl Nr 1991/L 315/47, und ABl Nr 1991/L 325/23. Rs C-162/96, Racke, Slg 1998, I-3688. Dazu etwa Brandl, die Beendigung oder Suspendierung völkerrechtlicher Verträge als Sanktion gegen menschenrechtsverachtende Regime, AVR 2003, 101. Rs C-177/95, Ebony Maritime SA, Slg 1996, I-1111. Siehe auch Rs C-84/85, Bosphorus Hava Yollari Turzim, Slg 1996, I-3953, zur Beschlagnahme eines von einer türkischen Chartergesellschaft geleasten jugoslawischen Flugzeugs; und dazu jetzt auch EGMR, Urteil vom 30.6.2005, Bosphorus Hava Yollari Turizm gegen Irland (GK), No 45036/98. VO 1334/2000/EG über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, ABl L 159 vom 30.6.2000, 1. Zuletzt geändert durch VO 394/2006/EG, ABl L 274 vom 13.3.2006, 1.
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keine Genehmigungspflicht hinsichtlich Ausfuhren in bestimmte als sicher eingestufte Drittstaaten.307 Man kann insofern somit nur von einer Teilharmonisierung hinsichtlich der Exporte in bestimmte Länder sprechen.308 Bei der Entscheidung, ob eine Ausfuhrgenehmigung erteilt wird, können die Mitgliedstaaten weiters Verpflichtungen, die sich aus den internationalen Nichtverbreitungsregelungen, den Standpunkten der EU, der OSZE oder der UNO sowie aus dem Verhaltenskodex der EU für Waffenausfuhren und den Überlegungen über die beabsichtigte Endverwendung und die Gefahr einer Umlenkung ergeben, „berücksichtigen“.309 Die VO räumt den Mitgliedstaaten gleichzeitig auch einen großen Spielraum ein, länderspezifische Beschränkungen einzuführen bzw. beizubehalten, so aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, des Menschenrechtschutzes und wenn die Ausfuhr einem Embargo unterliegt (safeguards).310 Die politische Entscheidung verbleibt somit bei den Mitgliedstaaten, welche, neben der Möglichkeit von safeguards, auf Grund der Offenheit dieser Entscheidungskriterien für die Genehmigung von Ausfuhren sowie deren Statuierung als bloße Berücksichtigungspflicht einen weiten Ermessensspielraum behalten.311 Die Dual-Use-VO beendete ein kompliziertes System der säulenübergreifenden Genehmigung, wobei die Erstellung der Liste der erfassten Güter eine Gemeinsame Aktion in der GASP und die Modalitäten des Genehmigungssystems einen Rechtsakt in der ersten Säule erforderten. Notwendig geworden war die Änderung des Systems durch Entscheidungen des EuGH, nach denen DualUse-Güter in den Anwendungsbereich der GHP, somit Art. 133 EGV, fallen.312 Selbst das Dual-Use-Regime ist jedoch immer noch nicht abschließend in der ersten Säule geregelt. Eine gemeinsame Aktion des Rates ergänzt die Regelungen der VO 1334/2000 betreffend die Kontrolle von technischer Unterstützung in Bezug auf bestimmte militärische Endverwendungen.313 Dies ist erforderlich im Lichte der Rechtsprechung des EuGH, welcher die meisten Arten der Dienstleistungserbringungen vom Anwendungsbereich des Art. 133 EGV ausnimmt.314
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Australien, Canada, Schweiz, Tschechische Republik, Ungarn, Japan, Norwegen, Neuseeland, Polen und die USA. Art 6 VO 1334/2000/EG. Nettesheim/Duvigneau in Streinz, Art 133 Rz 61. Art 8 VO 1334/2000/EG. Art 4 und 5 VO 1334/2000/EG. Dazu näher Weidel, The Community Export Control System for Dual-Use Goods, in Griller/Weidel (Hrsg), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, 2002, 440ff. Weidel, The Community Export Control System for Dual-Use Goods, 439. Vgl EuGH, Rs C-70/94, Werner, Slg 1995, I-3189, Rz 8ff, EuGH, Rs C-83/94, Leifer, Slg 1995, I-3231, Rz 8ff. Näher dazu Weidel, The Community Export Control System for Dual-Use Goods, 426ff. Gemeinsame Aktion 2000/401/GASP, ABl L 159 vom 30.6.2000, 216. Siehe II.B oben. Auch nach dem Vertrag von Nizza ist dies nicht anders, weil die neuen Art 133 Abs 5 und 6 EGV bloß für die Aushandlung und den Abschluss von Abkommen, nicht aber für einseitige Maßnahmen gelten.
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2. Ausfuhrregime für „Foltergüter“ Mit VO 1236/2005 wurde kürzlich ein Regime für den Außenwirtschaftsverkehr mit Gütern angeordnet, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden können.315 Anhang II der VO enthält Güter, die keine Verwendung haben außer für die genannten Zwecke (z.B. Galgen, elektrische Stühle, Gaskammern). Die Einfuhr, Ausfuhr und die Erbringung technischer Hilfen in Bezug auf diese Güter ist verboten.316 Anhang III der VO nennt Güter, die auch für „harmlose“ Zwecke verwendet werden können (etwa bestimmte Fesseln, Elektroschockgeräte und chemische Substanzen). Für diese Güter ist nur die Ausfuhr genehmigungspflichtig, Einfuhr und technische Hilfe sind erlaubt.317 In Österreich ist gemäß Anhang I der VO das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Abteilung für Aus- und Einfuhrkontrolle die zuständige Behörde. Überschneidungen im Anwendungsbereich können sich ergeben mit Embargomaßnahmen, nicht aber mit den durch die Dual-Use-VO erfassten Gütern. Bemerkenswert ist, dass im Falle dieser, ebenso wie die Dual-Use-VO auf Art. 133 EGV gestützten Regelung technische Hilfe, somit Dienstleistungen, durchaus erfasst ist.318
C. Die „Helms-Burton-Gegengesetzgebung“ Aus politischen Gründen und mit dem Ziel, die Demokratisierung Kubas auf (außen)wirtschaftlichem Weg zu erzwingen, erließen die USA 1996 den Liberty and Democratic Solidarity Act (LIBERTAD), nach seinen Sponsoren auch Helms-Burton Act genannt.319 Neben einem US Embargo für Handel und Finanztransaktionen und Bedingungen für dessen Beendigung enthält Teil III des Gesetzes ein weit reichendes Verbot jeder Form der ausländischen Beteiligung an durch das Castro-Regime konfisziertem Eigentum in Kuba. US-amerikanischen Bürgern mit Ansprüchen auf konfisziertes Eigentum werden Entschädigungsrechte mit teilweisem Strafcharakter gegen solche Investoren („Trafficker“) eingeräumt. Gemäß Teil IV des Helms-Burton-Acts kann Traffickern die Einreise in die USA verweigert werden.320 Während die Sanktionen unter Teil III bis dato nicht realisiert wurden, wurden auf Basis von Teil IV bereits 315
316 317 318 319
320
VO 1236/2005/EG betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, ABl L 200 vom 30.7.2005, 1. Art 3f VO 1236/2005/EG. Dies erfasst auch die Durchfuhr. Vgl Art 2d VO 1236/2005. Art 5f VO 1236/2005/EG. Ob das kompetenzrechtlich zulässig ist, sei hier dahingestellt; vgl oben FN 314. Ein ähnliches Gesetz (Iran and Lybia Sanctions Act, ILSA) wurde von den USA betreffend Iran und Lybien erlassen. Siehe Lutterotti, The US Extraterritorial Sanctions of 1996 and the EU Reaction, in Griller/Weidel (Hrsg), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, 2002, 243ff. Zum Helms-Burton-Act näher Lutterotti, The US Extraterritorial Sanctions of 1996 and the EU Reaction, 238ff.
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europäische, in der kubanischen Tourismusindustrie tätige Unternehmen auf schwarze Listen gesetzt.321 Die EU hat seit dem Erlass des Helms-Burton-Act gegen dessen Anwendbarkeit auf Vorgänge außerhalb des Territoriums der USA sowie auf nichtamerikanische Staatsbürger (Extraterritorialität) als Verletzung des Völkerrechts und insbesondere des WTO-Rechts protestiert.322 Als Gegenmaßnahmen, neben der Einleitung eines Verfahrens in der WTO323, wurde in der 1. Säule VO 2271/96 (das so genannte Blocking-Statute) durch den Rat erlassen.324 Diese qualifiziert die amerikanischen, extraterritorialen Bestimmungen als in Widerspruch zur öffentlichen Ordnung stehend und untersagt deren Anerkennung oder Durchsetzung innerhalb der EU.325 Betroffenen Unternehmen wird weiters Entschädigung für geleisteten Schadenersatz gemäß Teil III des HelmsBurton-Acts zusichert (so genannte „claw-back clause").326 Weiters werden die Mitgliedstaaten durch eine Gemeinsame Aktion in der GASP (somit in der 2. Säule) aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, betroffene europäische Unternehmen und Unternehmer gegen die extraterritoriale Wirkung des Gesetzes zu schützen.327 Das Zusammenspiel von Maßnahmen der supranationalen ersten und der intergouvernementalen zweiten Säule der EU im Falle der Helms-BurtonGegengesetzgebung zeigt die Problematik der Kompetenzverteilung in der EU und die Schwerfälligkeit der außenwirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft: Die VO 2271/96 wurde auf Grundlage der Kompetenzbestimmungen der Art. 133 (GHP), Art. 57 Abs. 2 (Kapital- und Zahlungsverkehr) und Art. 308 EGV erlassen. Die Wahl dieser Kompetenzgrundlagen war wesentlich durch die politische Notwendigkeit bzw. Motivation bestimmt, das Europäische Parlament aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung weitgehend vom Gesetzgebungsprozess auszuschließen.328 Auf Grund der gewählten Kompetenzbestimmungen musste das Europäische Parlament zwar lediglich angehört werden,329 sie gewährleisteten jedoch keine ausreichende Kompetenzgrundlage für eine umfassende Regelung. Teile der angestrebten Maßnahmen (Dienstleistungen und Transport) fielen außerhalb der dadurch begründeten Kompetenz der EG und somit in die konkurrierende Zuständigkeit von EG und Mitgliedstaaten.330 Um diesen Mangel zu „beheben“ und die „Lücke“ zu 321 322 323 324
325 326
327 328 329 330
Derselbe, 242. Vgl die Darstellung bei Demselben, 254ff. Näher dazu Derselbe, 262ff. VO 2271/96 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen, ABl L 309 vom 29.11.1996, 1. Berichtigt in ABl L 179 vom 8.7.1997, 10. Art 4 VO 2271/96/EG. Art 6 VO 2271/96/EG. Kritisch zu Art 4 und Art 6 Lutterotti, The European Blocking Statute, in Griller/Weidel (Hrsg), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, 2002, 274ff. Gemeinsame Aktion 668/96/GASP, ABl L 309 vom 29.11.1996, 7. Lutterotti, The European Blocking Statute, 288. Art 308 EGV. Derselbe, 294f.
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schließen, wurde die Gemeinsame Aktion in der GASP erlassen, deren rechtliche Eignung zu diesem Zweck jedoch bezweifelt werden muss und, bei „richtiger“ Wahl der Kompetenzgrundlagen (mit Zustimmungsrechten des Europäischen Parlaments) nicht erforderlich gewesen wäre.331
VII. Die Vertretung der EG/EU und der Mitgliedstaaten in Internationalen Wirtschaftsorganisationen A. Allgemeines Die Vertretung der EG und ihrer Mitgliedstaaten in Internationalen Organisationen („IO“) ist seit jeher kontrovers. Inhaltlich geht es vorrangig darum, wie und durch wen die unter Gemeinschaftskompetenz fallenden Angelegenheiten in IO vertreten werden. Aus den Kompetenzregeln geht hervor, dass die Gemeinschaft grundsätzlich immer dann selbst zur Vertretung berechtigt wäre, wenn das Handlungsfeld der betreffenden IO in die Gemeinschaftskompetenzen fällt. Etwas genauer lässt sich differenzieren, dass in Materien ausschließlicher Kompetenz nur die EG, in solchen konkurrierender Kompetenz nach Maßgabe von Beschlüssen der EG entweder diese selbst oder die Mitgliedstaaten vertretungsbefugt wären. Ein Beitritt der EG zu IO ist im EGV nicht ausdrücklich vorgesehen. Nach Art. 302 EGV unterhält jedoch die Kommission, soweit zweckdienlich, „Beziehungen“ zu allen IO. Es liegt somit im Ermessen der Kommission, ob und in welchem Rahmen Beziehungen zu anderen IO aufgenommen werden. Lediglich Beziehungen zur UN, dem Europarat und der OECD sind im EGV zwingend vorgesehen.332 Neben dieser Zuständigkeit der Kommission entscheidet der Rat nach Art. 300 EGV über den Abschluss von Abkommen mit IO.333 Die Grenze zwischen dieser Vertragsschlusskompetenz des Rates und der Zuständigkeit der Kommission zum Unterhalt von Beziehungen ist mitunter schwierig zu ziehen. Gemäß der Judikatur des EuGH stellt die Rechtsverbindlichkeit das entscheidende Abgrenzungskriterium dar. Der Rat ist somit jedenfalls für den Abschluss aller verbindlichen Abkommen zuständig.334 In der Praxis erfolgen Kooperationen mit IO zumeist in Abstimmung zwischen Rat und Kommission.335 Tatsächlich ist die Gemeinschaft jedoch nur in Einzelfällen selbst Mitglied in den betreffenden IO, in der Mehrzahl der Fälle besitzt sie nur Beobachterstatus, und ihre Interessen müssen von den Mitgliedstaaten vertreten werden.336 Dies liegt zum einen daran, dass bestimmte IO ausschließlich die Aufnahme 331 332 333 334 335 336
Derselbe, 298ff. Art 302ff EGV. Siehe II.E.2 oben. EuGH, Rs C-327/91, Französische Republik/Kommission, Slg 1994, I-3641, Rz 23ff. Dazu Eeckhout, External Relations, 180f. Vgl MacLeod/Hendry/Hyett, The External Relations of the European Communities, 1996, 171ff. Zum Folgenden vgl Frid, The Relations Between the EC and International Organizations, 1995, 170f, 213ff.
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von Staaten vorsehen, und zum anderen daran, dass die Mitgliedstaaten auch auf Gebieten der exklusiven Gemeinschaftszuständigkeit aus Prestigegründen nur schwer auf die eigene Mitgliedschaft in IO verzichten. Dies führt jedoch auch dazu, dass Mitgliedstaaten in den Außenbeziehungen in Bereichen handeln, für die sie selbst bereits alle Zuständigkeit an die Gemeinschaft abgetreten haben. Daneben bestehen zahlreiche IO, in deren Aktionsfeld sowohl Zuständigkeiten der Gemeinschaft, als auch Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten bestehen, was eine Abstimmung der handelnden Vertreter erforderlich macht. In allen Bereichen, in denen Mitgliedstaaten inhaltlich in Gemeinschaftskompetenzen tätig werden sind sie verpflichtet, gleichsam als „Treuhänder“ des Gemeinschaftsinteresses der Gemeinschaft eine Ausübung ihrer Kompetenzen zu ermöglichen und alles zu unterlassen, was sie am Ausüben derselben hindern könnte. Die Ausgestaltung dieser Verpflichtung zur Zusammenarbeit erfolgt regelmäßig für einzelne IO durch Annahme eines Verhaltenskodex oder „gentlemen’s agreement“. Trotz starker politischer Bindungswirkung fehlt diesen Bestimmungen im Allgemeinen die rechtliche Sanktionierung, es handelt sich um gemeinschaftsrechtliches soft law. Nach dem Gerichtshof können solche an sich unverbindlichen Verhaltensanforderungen indes in Verbindung mit Art. 10 EGV insofern rechtliche Bindungswirkung entfalten, als sie eine Konkretisierung der (verbindlichen) Verpflichtungen zur Zusammenarbeit darstellen.337 Das kann sich insbesondere in jenen Fällen verdichten, in denen auf der Ebene der IO Angelegenheiten zur Verhandlung stehen, für welche die EG ausschließlich zuständig ist. So hat der Gerichtshof etwa die Nichteinhaltung einer zwischen dem Rat und der Kommission getroffenen Vereinbarung über die Vertretung bzw. über die Stimmführung in der FAO in Sachen Fischereiübereinkommen als Rechtsverletzung durch den Rat qualifiziert.338 Besonders deutlich hat der EuGH hat die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit Bezug auf die WTO ausgesprochen.339 Im Folgenden soll die Abstimmung zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaft in IO anhand der WTO und internationalen Finanzorganisationen illustriert werden.
B. Die Vertretung in der WTO einschließlich der Streitbeilegung Die Frage der Zuständigkeiten von Gemeinschaft und Mitgliedschaften unter dem WTO-Abkommen wurde vom Gerichtshof im Gutachten 1/94 dahingehend geklärt, dass weiterhin auch Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Rahmen der WTO bestehen.340 Die in Vorwegnahme dieser Position erforderliche Abstimmung der Vertreter in den Verhandlungen der Uruguay-Runde erfolgte für den Bereich der Dienstleistungen durch einen zwischen Mitgliedstaaten, Kommission und Rat ausgehandelten Verhaltenskodex. Dieser sah 337 338 339 340
EuGH, Rs 141/78, Frankreich/Vereinigtes Königreich, Slg 1979, I-2923, Rn 8. Rs C-25/94, Kommission/Rat (FAO), Slg 1996, I-1469. Siehe dazu unten bei FN 350. Vgl oben III.B.
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einen von der Kommission gestellten gemeinsamen Sprecher auch für jene Bereiche vor, die nicht zur Gänze unter exklusive Gemeinschaftszuständigkeit fallen. Für die Bereiche mitgliedstaatlicher Zuständigkeit bestand die Verpflichtung, auf einen Konsens hinzuwirken. Bei Nichterreichen konnte indes weiterhin jeder Mitgliedstaat seine eigene Position vertreten. Alle Entscheidungen wurden dabei im Rahmen des Rates getroffen, selbst wenn sie einzig Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten betrafen. Dies wurde vom Rat mit dem Kohärenzgebot des Art. 3 EUV begründet.341 Der Versuch diesen partiellen Verhaltenskodex in ähnlicher Form für den gesamten Bereich der WTO, und vor allem auch für die Zeit nach dem Abschluss des Abkommens, in Geltung zu setzen scheiterte vor allem an der Frage der einheitlichen Repräsentation.342 Was Mitgliedschaft und Mitgliedschaftsrechte betrifft ist die WTO eine der wenigen Internationalen Organisationen, in denen die EG Mitgliedschaftsrechte genießt. Die Teilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten kommt in der ausdrücklichen Regelung der Stimmrechte zum Ausdruck. Artikel IX Abs 1 WTO-Übereinkommen bestimmt in Satz vier: „Wenn die Europäischen Gemeinschaften ihr Stimmrecht ausüben, verfügen sie über eine Anzahl von Stimmen, die der Anzahl ihrer Mitgliedstaaten, die Mitglieder der WTO sind, entspricht.“ Eine Fußnote zu diesem Text präzisiert: "Die Anzahl der Stimmen der Europäischen Gemeinschaften und ihrer Mitgliedstaaten darf die Anzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften in keinem Fall übersteigen." Die Aufgabenteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten stellt sich aber nicht nur bezüglich der Vertretungsrechte in den WTO-Organen allgemein, sondern auch bezüglich der Umsetzung WTO-rechtlicher Verpflichtungen, und bezüglich der Vertretung im Rahmen des Streitschlichtungssystems. Nur letzteres soll hier kurz angesprochen werden. Das WTO-Streitschlichtungssystem343 (geregelt im Dispute Settlement Understanding - DSU344) hat wesentlich zur Verrechtlichung des GATT/WTOSystems beigetragen. Es stellt das schnellste internationale Streitbeilegungssystem dar. Zugleich führt es eine multilaterale Kontrolle der Umsetzung von Streitbeilegungsentscheidungen ein. Das Streitschlichtungsverfahren beginnt mit einer längstens 60 Tage dauernden vertraulichen Konsultationsphase, die 341 342
343
344
Vgl die Antwort des Rates auf Frage 11 des Gerichtshofes im Gutachten 1/94, WTOAbkommen, Slg 1994, I-5276. Dutzler, The Representation of the EU and the Member States in International Organisations - General Aspects, in Griller/Weidel (Hrsg), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, 2002, 176. Zu diesem vgl Petersmann, The GATT/WTO Dispute Settlement System - International Law, International Organizations and Dispute Settlement, 1997; Cottier, Das Streitschlichtungsverfahren in der Welthandelsorganisation, in Müller-Graff (Hrsg), Die Europäische Gemeinschaft in der Welthandelsorganisation, 2000, 179 ff; Weiss, Das Streitschlichtungsverfahren in der Welthandelsorganisation: Wesenszüge, Wirkungen für die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten, Reformvorschläge, in Müller-Graff (Hrsg), Die Europäische Gemeinschaft in der Welthandelsorganisation, 2000, 189. Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten (Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes, DSU), Anhang 2 zum WTO-Übereinkommen, ABl L 336 vom 23.12.1994, 234.
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von der WTO nicht überwacht wird.345 Führt diese zu keiner Beilegung des Streits, ist durch den Dispute Settlement Body (DSB) ein Panel einzurichten, das binnen 9 Monaten seine Entscheidung (panel report) an den DSB zu leiten hat. Die Errichtung des Panels erfolgt durch so genannten "negativen Konsens", dh es müssten alle WTO-Mitglieder einschließlich des Klägers gegen die Errichtung des Panels votieren.346 Da dies praktisch kaum jemals der Fall sein wird, werden Panels quasi-automatisch eingerichtet. Das beklagte WTOMitglied kann sich gegen die Streitentscheidung mit Berufung an den Appellate Body wenden, der binnen höchsten 90 weiterer Tage entscheiden muss.347 Die Entscheidung des Panels bzw. im Falle von Berufungen des Appellate Body wird im DSB wiederum mit negativem Konsens, also quasi-automatisch, angenommen. Dies unterstreicht die besondere Bedeutung, die dem Streitbeilegungssystem und insbesondere dem Appellate Body, dessen Entscheidungen damit grundsätzlich nicht auf politischem Weg die Verbindlichkeit genommen werden kann, bei der Konkretisierung des WTO-Rechts ebenso wie unter Legitimitätsgesichtspunkten zukommt. Nach der Annahme der Entscheidung im DSB hat der unterlegene Beklagte die Entscheidung binnen grundsätzlich längstens 15 Monaten umzusetzen. Streitigkeiten in der Umsetzungsphase sind wiederum vor den Streitschlichtungsgremien der WTO auszutragen. Wenn die Entscheidung vom Beklagten nicht umgesetzt wird, kann der obsiegende Kläger die Genehmigung von Retaliationsmaßnahmen beantragen, die vom DSB wieder mit negativem Konsens genehmigt werden.348 Kann der Kläger nachweisen, dass eine Vergeltungsmaßnahme im selben Sektor bzw. unter demselben Abkommen nicht praktikabel oder effektiv wäre, so kann er um Genehmigung ersuchen, Handelsvorteile in anderen Sektoren oder unter anderen Abkommen auszusetzen.349 Die oben herausgearbeitete Verpflichtung zur Kooperation in Fällen geteilter Zuständigkeit hat der EuGH nicht zuletzt mit Bezug auf die WTO und deren Streitbeilegungssystem deutlich herausgearbeitet: „Diese Pflicht zur Zusammenarbeit ist im Fall von Abkommen, wie sie dem WTO-Abkommen als Anhänge beigefügt sind, um so zwingender wegen des zwischen diesen bestehenden unauflöslichen Zusammenhangs und angesichts des Mechanismus wechselseitiger Retorsion, der mit der Vereinbarung über Regeln und Verfahren für die Streitbeilegung geschaffen wird. So wäre ohne eine enge Zusammenarbeit ein Mitgliedstaat, der in seinem Zuständigkeitsbereich ordnungsgemäß ermächtigt würde, Retorsionsmaßnahmen zu ergreifen, diese jedoch für wirkungslos hielte, wenn sie in den unter das GATS oder das TRIPs fallenden Bereichen ergriffen würden, nach dem Gemeinschaftsrecht nicht befugt, Retorsionsmaßnahmen im Bereich des Warenverkehrs zu ergreifen, da dieser Gegenstand jedenfalls in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft nach Art. 113 [jetzt Art. 133] EG-Vertrag fällt. Umgekehrt wäre es ohne diese enge Zusammenarbeit der Gemeinschaft, wenn sie die Retorsionsbefugnis im Bereich des 345 346 347 348 349
Vgl Art 4 DSU. Vgl Art 6 DSU. Vgl Art 16 und 17 DSU. Vgl Art 21 und 22 DSU. So genannte cross retaliation, vgl Art 22.3 DSU.
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Warenverkehrs erhielte, sich zur Ausübung dieser Befugnis aber nicht in der Lage sähe, rechtlich unmöglich, Retorsionsmaßnahmen in den vom GATS und vom TRIPs erfaßten Bereichen zu ergreifen, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen.“350 Was dies im Einzelnen bedeutet, ist freilich dennoch durchaus unklar. In der Praxis tritt die Kommission im Verfahren regelmäßig nicht nur in Fällen ausschließliche EG-Kompetenz, sondern auch dann als Vertreter auf, wenn Angelegenheiten zur Debatte stehen, die nach der internen Kompetenzverteilung in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bzw. in die konkurrierende Zuständigkeit zwischen EG und Mitgliedstaaten fallen.
C. Die Vertretung in internationalen Finanzorganisationen Wie bereits ausgeführt, räumt Art. 111 Abs. 3 EGV der Gemeinschaft die Kompetenz zu Aushandlung und Abschluss von Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen und Devisenregelungen ein.351 Art. 111 Abs. 4 EGV gibt der Gemeinschaft eine Zuständigkeit nicht nur für Fragen auf internationaler Ebene, die unmittelbar zur Währungspolitik gehören, sondern auch für solche, die „von besonderer Bedeutung für die Wirtschafts- und Währungsunion“ sind. Diese Bestimmung betrifft somit vor allem die Vertretung der Gemeinschaft in internationalen (Finanz-) Organisationen.352 Der Rat kann hier jedoch nur, unter Einhaltung der Verfahrens des Art. 111 Abs. 3 EGV, und damit insbesondere in Abhängigkeit von einer Empfehlung bzw. einem Vorschlag der Kommission, einen Gemeinschaftsstandpunkt festlegen, und auch das nur unter Beachtung der Zuständigkeit der EZB für die Gewährleistung der Preisstabilität (Art. 105 EGV) und der grundsätzlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Wirtschaftspolitik (Art. 99 EGV).353 Die Gemeinschaft agiert somit zwar supranational (keine Einstimmigkeit), hat jedoch nicht viel Spielraum. Wird allerdings ein Standpunkt festgelegt, ist dieser auch bindend für die Mitgliedstaaten.354 Bisher ist es zu keiner förmlichen Beschlussfassung über die Vertretungsregelung gekommen. In der Praxis wird pragmatisch unter Orientierung an den bisher vorliegenden Vorarbeiten vorgegangen.355 350 351 352 353
354
355
Gutachten 1/94, WTO-Abkommen, Slg 1994, I-5276, Rz 109. Siehe Kapitel V.B oben. Kempen in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Art 111 Rz 13. Vgl. ferner auch die oben in FN 284 angeführte Lit. Der Verweis auf Artt 99 und 105 EGV bedeutet somit keine ausdrückliche Festschreibung der Parallelität von Innen- und Außenkompetenzen der EG. So aber offenbar Dutzler, EMU and Representation of the Community in International Organisations, in Griller/Weidel (Hrsg), External Economic Relations and Foreign Policy in the European Union, 2002, 446f. Kempen in Streinz, Art 111 Rz 13. So entscheidet gemäß Art 6.1. des Statuts der ESZB die EZB, wie das ESZB im Bereich der internationalen Zusammenarbeit der EZB vertreten wird. Siehe zB den Jahresbericht des ESZB auf http://www.ecb.int, in dem die Aktivitäten der EZB auf internationaler Ebene beschrieben werden. Der Kommissionsvorschlag für einen Beschluß des Rates über die Vertretung und die Festlegung von Standpunkten der Gemeinschaft auf internationaler Ebene im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Währungsunion, KOM(98) 637 endg v
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Die EG ist keine Vertragspartei des Internationalen Währungsfonds (IWF), da nach dessen Satzung nur Staaten Vertragsparteien sein können.356 Intern haben die Staaten der Eurozone jedoch weitgehend ihre Zuständigkeit für eine eigenständige Geld- und Wechselkurspolitik verloren.357 Kompetenzrechtlich prakitabel wäre somit eine dementsprechende Alleinvertretungsbefugnis der Gemeinschaft im IWF. Abstimmungsprobleme könnten sich dann jedoch mit jenen EG-Mitgliedstaaten ergeben, die nicht Mitglied der Eurozone sind. Ferner und vor allem aber ist der IWF keine reine Währungseinrichtung. Vielmehr überwacht er auch die Wirtschaftspolitik der Mitglieder, so weit diese nämlich für die Währungspolitik von Relevanz ist.358 In dieser Hinsicht ist eine ausschließliche Zuständigkeit der EG zumindest zweifelhaft. Es käme vor diesem Hintergrund eher eine gemischte Zuständigkeit ähnlich wie in der WTO in Frage. Es wird auch argumentiert, dass Art. 111 Abs. 5 EGV einer Mitgliedschaft der EG im Wege stehen würde.359 Die pragmatische Lösung, die gewählt wurde, ist ein Beobachterstatus der EZB im Direktorium und Exekutivrat des IWF.360 Zusätzlich müssen die Mitgliedstaaten im IWF als Sachwalter der Gemeinschaftsinteressen agieren.361
VIII. Ausblick auf die Verfassung für Europa A. Grundsätzliches Die Klärung, in einigen Punkten auch die Neuordnung der Kompetenzen zwischen der zukünftigen EU und ihren Mitgliedstaaten ist ein wesentliches Anliegen des im Juni 2004 akkordierten Vertrags über eine Verfassung für Europa (EV). Vorbehaltlich seiner erfolgreichen Ratifikation, die derzeit wegen des negativen Ausgangs der Referenden in den Niederlanden und Frankreich im Jahr 2005 sehr ungewiss ist, würde er auf dem Gebiet der Außenbeziehungen einige wesentliche Veränderung bedeuten.362 Mit Fug und Recht kann man
356
357 358
359 360 361 362
9. 11. 1998, ging den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Befugnisse der Kommission zu weit; die vom Europäischenrates 1998 in Wien zustimmend zur Kenntnis genommenen Vorstellungen des Rates wiederum [vgl Europäischer Rat (Wien), 11./12. Dezember 1998, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, SN 300/98] wurden von der Kommission nicht zum Gegenstand eines Vorschlags gemacht, wie es gemäß Art 111 Abs 3 und 4 EGV erforderlich gewesen wäre. Das Recht der Mitgliedstaaten, unbeschadet ihrer Bindungen in der Gemeinschaft, im IWF ihren Verpflichtungen nachzugehen, wird ihnen durch Art 111 Abs 5 EGV garantiert. Siehe oben V.B. So kann der IWF unter anderem Kreditfazilitäten zur Behebung von Zahlungsbilanzschwierigkeiten zur Verfügung stellen; die IWF-Satzung enthält auch Regelungen über den freien Kapitalverkehr, die EG-intern nicht auf Art 111 EGV, sondern eher auf Art 57 EGV über den Kapitalverkehr zu stützen wären. Kokott in Streinz (Hrsg), EUV/EGV, 2003, Art 302 Rz 57. Kempen in Streinz, Art 111 Rz 15. Kokott in Streinz, Art 302 Rz 57. Vgl zum Folgenden insbesondere Cremona, The Draft Constitutional Treaty: External Relations and External Action, CMLRev 2003, 1347; Griller, Europarechtliche Grundfragen, 86 ff; Hable, The European Constitution: Changes in the reform of competences with a particular focus on the external dimension, Working Paper,
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sagen, dass dieser Teil des Verfassungsvertrages im Vergleich zu anderen Teilen ein besonders anspruchsvolles Programm umzusetzen versucht, nämlich die Zusammenführung oder zumindest wesentliche erste Schritte der Zusammenführung der außenpolitischen und der außenwirtschaftlichen Zuständigkeit der EU. Die bisher in diesem Beitrag sichtbar gewordene artifizielle Fragmentierung würde auf dem Boden des Verfassungsvertrages nicht verschwinden, sie würde aber kleiner werden. Für den Abschluss internationaler Übereinkünfte enthält Teil III in seinem Titel V ein eigenes Kapitel VI. In diesem werden einerseits die allgemeine Vertragsabschlusskompetenz, Assoziierungsabkommen, das allgemeine Vertragsabschlussverfahren und die besonderen Bestimmungen für die Wirtschafts- und Währungsunion geregelt.363 Dabei geht es nicht zuletzt um eine Verbesserung des Zusammenspiels zwischen der GASP und den sonstigen Außenkompetenzen der Union. Die primärrechtlichen Grundlagen für den Abschluss von internationalen Verträgen würden so gut wie unverändert bleiben.364 Auf der Grundlage der einheitlichen Rechtspersönlichkeit der zukünftigen Union gäbe es allerdings keinen Anlass mehr für die scharfe Unterscheidung zwischen gemeinschaftsrechtlichen Abkommen und solchen im Rahmen der GASP.365 Die Verfassung enthält eine besondere Ermächtigung für dieses Gebiet: „Die Union kann in den unter dieses Kapitel fallenden Bereichen Übereinkünfte mit einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen schließen.“366 Auf der anderen Seite nimmt der Text die GASP aus den allgemeinen Kompetenzkategorien aus.367 Da die GASP somit weder eine ausschließliche noch eine konkurrierende oder ergänzende Zuständigkeit der EU ist, bliebe fraglich in welche Zuständigkeit der Abschluss von Übereinkünften im Rahmen der GASP fallen würde und welche Wirkungen solche Übereinkünfte entfalten würden.368 Eine bemerkenswerte Konsequenz der (partiellen) Integration der GASP in die einheitliche EU könnte sein, dass auf diese Weise unter Umständen auch aus-
363 364
365 366 367 368
Europainstitut, Wirtschaftsuniversität Wien, 2004; de Witte, The Constitutional Law of External Relations, in Pernice/Poiares Maduro (Hrsg), A Constitution for the European Union: First Comments on the 2003-Draft of the European Convention, 2004, 95. Art III-323 bis 326 EV. Art 300 Abs 7 EGV wird zu Art III-323 Abs 2 EV: „Die von der Union geschlossenen Übereinkünfte binden die Organe der Union und die Mitgliedstaaten.“ Art 300 Abs 6 EGV, der eine wichtige Grundlage für die Einordnung von Abkommen im Rang zwischen Primärrecht und Sekundärrecht ist, wird zu Art III-325 Abs 11 EV. Vgl Art 24 EUV. Auf Abkommen, die nach dieser Bestimmung abgeschlossen wurden, ist weder Art 300 Abs 6 noch Abs 7 anwendbar. Art III-303 EV. Art I-12 und Art I-16 sehen für die GASP ebenso einen Sonderstatus vor wie Art I-15 EV für die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Gem Art I-34 EV kommt das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nur auf die Erlassung von europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen zur Anwendung. Man kann daher sagen, dass es sich bei der kompetenzrechtlichen Sonderstellung der GASP um einen Kunstgriff handelt, der hauptsächlich die Vermeidung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens und damit der gleichberechtigten Beteiligung des Europäischen Parlaments bezweckt.
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schließliche Kompetenzen für den Abschluss von Übereinkommen auf diesem Gebiet entstehen könnten.369 An der Verbindlichkeit von Übereinkünften im Rahmen der GASP jedenfalls für die EU wird man aber auch nach dem Verfassungsvertrag nicht zweifeln können.
B. Der Versuch der Kompetenzbereinigung Die GHP erfährt eine Konsolidierung als ausschließliche Kompetenz und zugleich eine erhebliche Ausweitung und könnte die aktuellen und in näherer Zukunft absehbaren Gegenstände des WTO-Rechts beinahe zur Gänze abdecken.370 Die Bereiche mit ausschließlicher Zuständigkeit werden im Text der Verfassung abschließend aufgezählt. Zu diesen zählt auch die GHP, zu der unter anderem der „Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen betreffend den Handel mit Waren und Dienstleistungen sowie die Handelsaspekte des geistigen Eigentums, die ausländischen Direktinvestitionen, (...)“ zählt.371 Auch die Regelung anderer Bereiche schließt in etlichen Fällen die ausdrückliche Einräumung von Vertragsabschlusskompetenz mit ein. Das gilt nicht nur für die GHP, sondern auch für die GASP,372 die Entwicklungszusammenarbeit,373 die wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Drittländern374 und die humanitäre Hilfe.375 Daneben kennt der Verfassungsvertrag ausdrückliche Vertragsabschlusskompetenzen auch für solche Gegenstände, die in anderen Abschnitten der Verfassung geregelt sind, wie die Nachbarschaftsbeziehungen der Union, die Umweltpolitik, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt, die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und der Verkehr.376 Die Irregularität der „gemischten Abkommen“ würde beseitigt.377 Ferner wird der Versuch unternommen, die Judikatur des EuGH zu den impliziten ausschließlichen Kompetenzen explizit zu machen, das heißt ausdrücklich festzuschreiben.378 Allgemein wird die Vertragsabschlußkompetenz im
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Angenommen, ein Mitgliedstaat hätte die Absicht, mit den USA zu einer Übereinkunft zur Nichtanwendung des Helms-Burton-Acts zu gelangen. Dies könnte die Gemeinsame Aktion 668/96/GASP beeinträchtigen, was nach den allgemeinen Regeln eine ausschließliche Kompetenz begründen würde. So Eeckhout, External Relations, 55. Dieser Befund ist aber zweifelhaft vor allem angesichts der Sonderregelung für den Abschluss von Abkommen auf dem Gebiet des Verkehrs. Im Vertragsabschnitt über denVerkehr findet sich keine Ermächtigung für den Abschluss von internationalen Übereinkommen. Für zukünftige WTOVerhandlungen bedeutet dies, dass hier nach wie vor eine Wahlfreiheit besteht, ein Abkommen allein durch die Union oder durch die Mitgliedstaaten abzuschließen. Art III-315 Abs 1 EV. Art III-303 EV. Art III-317 Abs 2 EV. Art III-319 Abs 3 EV. Art III-321 Abs 4 EV. Art I-57 Abs 2 EV, Art III-233 Abs 4 EV, Art III-252 Abs 4 EV, Art III-267 Abs 3 EV, Art III-315 Abs 5 EV, Art I-60 Abs 2 EV. Derzeit Art 133 Abs 6 EGV. Art I-12 EV.
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Verfassungsvertrag in Art. I-13 Abs. 2 EV379 und Art. III-323 Abs. 1 EV380 geregelt. Den Sinn der Regelungen zusammengenommen zu erschließen ist nicht einfach und die durch den Text versuchte Festschreibung der AETRDoktrin wirft eine Reihe neuer Fragen auf.381 Es ist jedoch anzunehmen, dass weiterhin die in der Judikatur des EuGH entwickelten Konstellationen für die Annahme ausschließlicher externer Kompetenzen gelten.382
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„Die Union hat ferner ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Übereinkommen,wenn der Abschluss eines solchen Übereinkommens in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann, oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.“ „Die Union kann mit einem oder mehreren Drittstaaten oder einer oder mehreren internationalen Organisationen Übereinkünfte schließen, wenn dies in der Verfassung vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der in der Verfassung festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsameVorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte.“ Kritisch Cremona, The Draft Constitutional Treaty, CMLRev 2003, 1361ff; ferner Griller, Europarechtliche Grundfragen, 91 ff. Siehe II.B.4.
Michael Potacs
Währungs- und Devisenrecht Rechtsgrundlagen .........................................................................................1177 Grundlegende Literatur.................................................................................1178 I. Grundlagen ..............................................................................................1179 A. Allgemeines..........................................................................................1179 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .......................................................1180 1. Die Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft ...........................................................1180 2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit....................................1180 C. Gemeinschaftsrechtliche und völkerrechtliche Vorgaben ...................1180 1. Gemeinschaftsrecht .........................................................................1180 2. Völkerrecht......................................................................................1181 II. Währungsrecht ......................................................................................1181 A. Euro als Währung................................................................................1181 B. Das ESZB.............................................................................................1183 1. Organisation ....................................................................................1183 2. Währungspolitische Ziele................................................................1185 3. Instrumente......................................................................................1186 III. Devisenrecht..........................................................................................1188 Rechtsgrundlagen: EU-Recht: VO (EG) 2465/96, Abl L 337/1; Entschließung 97/C 236/03, Abl C 236/5; VO (EG) 1103/97, Abl L 162/1 (Euro I-VO); VO (EG) 926/98, Abl L 130/1, idF VO (EG) 2488/2000, Abl L 287/19; Empfehlung 286/98, Abl L 130/2; Empfehlung 287/98, Abl L 130/6; Empfehlung 288/98, Abl L 130/29; VO (EG) 974/98, Abl L 139/1 (Euro II-VO); VO (EG) 975/98, Abl L 139/6 idF VO (EG) 423/99, Abl L 52/2; Empfehlung 316/98, Abl L 139/22; Entscheidung 317/98/EG, Abl L 139/30; Beschluss 245/98/EG, Abl L 154/33; Beschluss 345/98/EG, Abl L 154/33; Beschluss 382/98/EG, Abl L 171/33; Entscheidung 415/98/EG, Abl L 189/42; VO (EG) 1705/98, Abl L 215/1, idF VO (EG) 753/99, Abl L 98/3; VO (EG) 2531/98, Abl L 318/1; VO (EG) 2532/98, Abl L 318/4; VO (EG) 2533/98, Abl L 318/8; Entscheidung 683/98/EG, Abl L 320/58; GO der EZB, Abl 1998 L 338/28; Entscheidung 744/98/EG, Abl L 358/111; VO (EG) 2818/98, Abl L 356/1; VO (EG) 2819/98, Abl L 356/7; Beschluss 743/98/EG, Abl L 358/109; Zentralbankenabkommen vom 1.9.1998 (EWS- Wechselkursmechanismus II), Abl C 345/6; Beschluss 31/99, Abl 8/31; Beschluss 32/99, Abl L 8/33; Leitlinie 1998/17/EG, Abl 1999 L 115/47; Beschluss 13/98/EG, Abl 1999 L 125/33; Leitlinie EZB/1998/NP10, Abl L 55/69; Leitlinie EZB/1999/NP11, Abl L 55/71; Beschluss 14/98/EG, Abl L 1999 L 110/33; Beschluss 1999/2/EG, Abl L 258/29; Leitlinie EZB/1999/3, Abl L 258/32; VO (EG) 2157/1999, Abl L 264/21; VO (EG) 1081/2000, Abl L 122/29; VO (EG) 2488/2000, Abl L 287/19, idF VO (EG) 1205/2001, Abl L 163/14; Leitlinie EZB/2000/15, Abl L 336/110; Leitlinie EZB/2000/6, Abl 2001 L 55/66; Leitlinie EZB/2001/1, Abl L 55/80; VO (EG) 467/2001, Abl L 67/1; VO (EG)
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985/2001, Abl L 137/24; Leitlinie EZB/2001/8, Abl L 257/6; Leitlinie EZB, Abl L 276/21; VO (EG) 2560/2001, Abl L 344/13; VO (EG) 320/2002, Abl L 50/4; (EG) 881/2002, Abl L 139/9; Leitlinie EZB vom 30.7.2002, Abl L 220/67; Leitlinie EZB vom 26.9.2002, Abl L 270/14; Leitlinie EZB vom 21.11.2002, Abl L 334/24; Leitlinie EZB vom 5.12.2002, Abl 2003 L 58/1; Leitlinie EZB vom 6.2.2003, Abl L 241/1; Leitlinie EZB vom 20.3.2003, Abl L 78/20; Leitlinie EZB vom 4.4.2003, Abl L 113/10; Leitlinie EZB vom 2.5.2003, Abl L 131/20; Leitlinie EZB vom 23.10.2003, Abl L 283/81; Beschluss der EZB/2004/2, Abl L 80/33; VO (EG) 798/2004, Abl L 125/4; Leitlinie EZB vom 1.7.2004, Abl L 241/68; Leitlinie EZB vom 16.7.2004, Abl L 354/34; Leitlinie EZB vom 16.9.2004, Abl L 320/21; Leitlinie EZB vom 17.2.2005, Abl L 109/81; Leitlinie EZB vom 30.12.2005, Abl L 18/1; Leitlinie EZB vom 14.7.2006, Abl L 207/39; Leitlinie EZB vom 24.7.2006, Abl L 215/44; Leitlinie EZB vom 10.11.2006, Abl L 348/1; VO (EG) 1027/2006, Abl L 184/12. BG: EuroG (BGBl 2000 I/72); DevisenG 2004 (BGBl 2003/123); BG betreffend die Teilnahme am System von Sonderziehungsrechten im IWF (BGBl 1969/440); BG über die Erhöhung der Quote beim IWF und die Übernahme der Quote durch die OeNB (BGBl 1971/309 idF BGBl 1978/190); BG über die Gewährung eines Kredites der OeNB an die türkische Notenbank (BGBl 1980/99 und BGBl 1980/556); NationalbankG 1984 (BGBl 1984/50 idF BGBl 2006 I/61); ScheidemünzenG (BGBl 1988/597 idF BGBl 2005 I/38); BG über die Leistung eines Beitrages zum vom IWF verwalteten Treuhandfonds für die ergänzenden Strukturanpassungsfazilität - ESAF (BGBl 1988/689 und BGBl 1995/385); BG über die Beteiligung Österreichs an den Neuen Kreditvereinbarungen (New Arrangements to Borrow, NAB) mit dem IWF (BGBl 1998 I/64); 1. Euro-Justiz-BegleitG (BGBl 1998 I/125 idF 2001 I/131); 1. EuroFinanzbegleitG (BGBl 1998 I/126); BG betreffend die Übernahme einer Garantie für eine von der OeNB gegenüber der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) einzugehenden Haftung (BGBl 1999 I/40); Euro-WährungsangabenG - EWAG (BGBl 1999 I/110); Euro-GenossenschaftsbegleitG - Euro-GenBeG (BGBl 2000 I/136); EuroSteuerumstellungsG - EuroStUG 2001 (BGBl 2001 I/59); SozialversicherungsWährungsumstellungs-Begleitgesetz - SV-WUBG (BGBl 2001 I/67); Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2005 - VRÄG 2005 (BGBl 2005 I/48); 1. Euro-Umstellungsgesetz - Bund (BGBl 2001 I/98); Euro-Umstellungs-gesetz Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft - EUG-LFUW (BGBl 2001 I/108); Devisengesetz 2004 (BGBl 2003 I/123). VO: 2/2002; 3/2002; 2/2003; 3/2003; 1/2004; 2/2004; 1/2006 Völkerrecht: Abkommen der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (BGBl 1949/105); Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds - IWF-Abkommen (BGBl 1978/189); Übereinkommen über die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung-OECD (BGBl 1961/248); UN-Resolution 661/1990 (BGBl 1990/524a).
Grundlegende Literatur: Krottenmüller, Die Oesterreichische Nationalbank, 1971; Potacs, Devisenbewirtschaftung, 1991; derselbe, Neuerungen im Devisenrecht, Wbl 1992; 111; Schulz, Entwicklung und Perspektiven des österreichischen Devisenrechts, 1997; Fischer (Hrsg), Euro und Gesetzgebung, 1998; derselbe (Hrsg), Österreich und die Währungsunion, 1998; Mosser (Hrsg), Österreichs Weg zum Euro, 1998; Potacs, Die Europäische Währungsunion im Lichte des österreichischen Verfassungs- und Verwaltungsrechts, 100 Jahre Wirtschaftsuniversität Wien, Festschrift - dargebracht vom Fachbereich Rechtswissen-
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schaft, 1998, 291; Rill/Griller (Hrsg), Rechtsfragen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, 1998; Sternbach, Die Einführung des Euro aus rechtlicher Sicht, 1998; Weinbörner, Die Stellung der Europäischen Zentralbank (EZB) und der nationalen Zentralbanken in der Wirtschafts- und Währungsunion nach dem Vertrag von Maastricht, 1998; Potacs, Währungspolitik (Art 105-123 EGV), in: Schwarze (Hrsg), EUKommentar, 2000, 1291; Schwarzer/List/Gerharter, Die österreichische Währungsordnung in der EU, 2000; Selmayr, Das Recht der Wirtschafts- und Währungsunion, 2002; Breuss/Fink/Griller (Hrsg), Institutional, Legal and Economic Aspects of the EMU, 2003; European Central Bank (Hrsg), Legal Aspects of the European System of Central Banks, 2005; Kammel/Schramm, Grundriss des Devisenrechts, 2006.
I. Grundlagen A. Allgemeines Unter einer „Währung“ wird das gesetzliche Zahlungsmittel einer Volkswirtschaft verstanden. Als solches wurde durch das SchillingrechnungG ab 1.1.1925 in Österreich der Schilling eingeführt. Abgesehen davon, dass zwischen 1938 und 1945 das österreichische Gebiet dem deutschen Währungsgebiet angehörte, blieb der Schilling bis 1999 die österreichische Währung. Als Teilnehmer an der dritten Stufe der Währungsunion wurde auf Grund der Euro II-Verordnung ab 1.1.1999 der Euro die in Österreich (wie auch die in anderen an der dritten Stufe teilnehmenden Mitgliedstaaten) geltende Währung, die allerdings während einer Übergangszeit bis 31.12. 2001 in die nationalen Währungseinheiten unterteilt wurde. Die Währungspolitik wurde in Österreich traditionellerweise durch die OeNB bestimmt, die sich dabei vor allem privatwirtschaftlicher Mittel im Rahmen der Offenmarkt- und Kreditpolitik bediente. Seit dem NationalbankG 1955 kam die hoheitlich ausgestaltete Mindestreservepolitik hinzu. Außerdem stützte die OeNB nach dem zweiten Weltkrieg jahrzehntelang ihre Währungspolitik auf ein Devisenrecht, das den Zahlungs- und Kapitalverkehr mit dem Ausland relativ strengen Beschränkungen insbesondere in Form von Bewilligungspflichten unterwarf. Zwar wurde eine solche „Devisenbewirtschaftung“ ursprünglich nur für Krisenzeiten (zB während und nach dem ersten Weltkrieg, Anfang der Dreißigerjahre) eingeführt und danach wieder abgeschafft. Das auf Grund des DevisenG 1946 eingeführte Devisenrecht etablierte sich allerdings zu einem Strukturelement der österreichischen Währungspolitik, mit dem die OeNB ihre Hartwährungspolitik absicherte.1 Im Zuge der Annäherung Österreichs an die EG wurde das Devisenrecht durch Verordnungen der OeNB Ende der Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts schrittweise und 1991 vollständig liberalisiert. Mit dem DevisenG 2004 wurde schließlich eine neue gesetzliche Grundlage für Beschränkungen des Devisenverkehrs in Ausnahmesituationen geschaffen. Mit der Teilnahme an der dritten Stufe der WWU hat Österreich seine „Währungssouveränität“ verloren. Die OeNB handelt seit diesem Zeitpunkt als Teil des ESZB unter der Leitung der EZB. 1
ZB Pribil, Möglichkeiten einer stärkeren Orientierung Österreichs an der EG bei der Liberalisierung des Kapitalverkehrs, WipolBl 1987, 351 (354).
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B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Die Rechtsgrundlagen für legislative Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft Verordnungen des Rates auf dem Gebiet des Währungsrechtes werden auf Art 106 EGV2, Art 107 EGV (in Verbindung mit der ESZB-Satzung)3, Art 123 EGV4, Art 308 EGV5 oder die ESZB-Satzung allein6 gestützt. Maßnahmen der EZB haben ihre Grundlage in Art 110 EGV und ebenfalls in Bestimmungen der ESZB-Satzung7. Verordnungen, die Grundlage für devisenrechtliche Beschränkungen zu bestimmten Staaten aus politischen Gründen sind („Sanktionen“), beruhen auf Art 60 und 301 EGV.8
2. Die innerstaatliche Regelungszuständigkeit Kompetenzgrundlage für gesetzliche Regelungen auf dem Gebiet des Währungs- und Devisenrechts9 ist der Tatbestand „Geldwesen“ in Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG.
C. Gemeinschaftsrechtliche und völkerrechtliche Vorgaben 1. Gemeinschaftsrecht Seit 1.1.1999 gelten für Österreich die Regelungen der dritten Stufe der WWU, an der derzeit dreizehn EU-Mitgliedstaaten teilnehmen.10 Die Währungspolitik Österreichs wird demnach ausschließlich durch das ESZB bestimmt, in das auch die OeNB integriert ist. Die Rechtsgrundlagen des ESZB und damit auch die Handlungsmöglichkeiten der OeNB sind weitgehend durch das Gemeinschaftsrecht (EGV, ESZB-Satzung, Sekundärrecht) vorgegeben. Die einschlägigen innerstaatlichen Vorschriften wie das NBG oder das EuroG beschränken sich im Wesentlichen darauf, gemeinschaftsrechtliche Spielräume (zB über 2 3 4 5 6
7 8
9 10
ZB VO (EG) 975/98, Abl L 139/6, über die Stückelung und technischen Merkmale der für den Umlauf bestimmten Euro-Münzen. VO (EG) 2532/98, Abl L 318/4, über das Recht der EZB, Sanktionen zu verfügen. ZB VO (EG) 974/98, Abl L 139/1, über die Einführung des Euro. VO (EG) 1103/97, Abl L 162/1, über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro . ZB VO (EG) 2531/98, Abl L 318/1, über die Auferlegung der Mindestreservepflicht durch die EZB, oder Beschluss des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs vom 21.3.2003 über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (BGBl 2005 III/40).. ZB VO (EG) 2818/98, Abl L 356/1, über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht. ZB VO (EG) 1294/1999, Abl L 153/1, über das Einfrieren von Geldern und ein Investitionsverbot betreffend die Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ) und zur Aufhebung der Verordnungen 1295/98 und 1607/98. Siehe RV 205 BlgNR 22. GP, S 3. Dazu eingehend Potacs, Devisenbewirtschaftung, 29 ff. Nunmehr auch Kammel/Schramm, Devisenrecht, 83 ff. Nachdem mit 1.1.2007 auch Slowenien an der dritten Stufe der WWU teilnimmt, zählen derzeit Dänemark, Großbritannien, Schweden, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Tschechien; Ungarn und Zypern zu den Nichtteilnehmern („Outs“).
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Organisation der Notenbanken) auszugestalten oder das nationale Recht an gemeinschaftsrechtliche Vorgaben anzupassen. Für die Beziehungen zu den nicht an der dritten Stufe teilnehmenden Mitgliedstaaten wurde ein EWSWechselkursmechanismus II geschaffen.11 Beschränkungen des Zahlungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten untereinander sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten sind gemäß Art 56 EGV unzulässig. Lediglich als Schutzmaßnahme gegen destabilisierende Kapitalbewegungen gemäß Arzt 59 EGV sowie aus politischen Gründen („Embargomaßnahmen“; „Sanktionen“) gemäß Art 60 EGV kann der Zahlungs- und Kapitalverkehr mit Drittstaaten nach dem Devisenrecht wieder eingeschränkt werden.
2. Völkerrecht Österreich ist einige Abkommen eingegangen, die für das Währungs- und Devisenrecht von Bedeutung sind. Davon ist das OECD-Abkommen zu erwähnen, auf dessen Grundlage der Kodex zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs erlassen wurde.12 Vor allem ist hier aber das IWF-Abkommen hervorzuheben, dessen wesentliche Ziele die Gewährleistung der Währungsstabilität und der Währungskonvertibilität (durch Liberalisierung des Zahlungsverkehrs) sind.13 Obwohl auch die „äußere“ Währungspolitik seit Beginn der dritten Stufe grundsätzlich auf die Gemeinschaft übergegangen ist, bleibt Österreich (und nicht die Gemeinschaft) weiterhin Mitglied des IWF, hat dort allerdings den Standpunkt der Gemeinschaft bzw des ESZB zu vertreten.14
II. Währungsrecht A. Euro als Währung Auf Grund der Euro II-Verordnung ist der Euro seit 1.1.1999 die gemeinsame Währung der an der dritten Stufe der WWU teilnehmenden Mitgliedstaaten und damit auch die in Österreich geltende Währung.15 Während einer Übergangszeit bis 31.12.2001 wurde der Euro allerdings in die nationalen Währungseinheiten gemäß den Umrechnungskursen unterteilt,16 wobei nach dem vom Rat festgelegten Umrechnungskurs ein Euro 13,7603 Österreichische Schilling sind.17 Nähere Umrechnungs- und Rundungsregelungen sind in der Euro I-Verordnung enthalten.18
11 12 13 14 15 16 17 18
Abl 1997 C 236/5. Dazu Potacs, in: EU-Kommentar, 1328 f. Dazu Potacs, Devisenbewirtschaftung, 460 ff. Dazu allgemein etwa Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich2, 1998, 190 ff, und näher in Bezug auf das Devisenrecht Potacs, Devisenbewirtschaftung, 431 ff. Potacs, in: EU-Kommentar, 1306, mwN. Art 2 Euro II-VO. Art 6 Abs 1 Euro II-VO. Art 1 der VO (EG) 2866/98, Abl 359/1, über die Umrechnungskurse zwischen dem Euro und den Währungen der Mitgliedstaaten, die den Euro einführen. Art 4 und 5 Euro I-VO; dazu EuGH Rs C-10/03 (Verbraucher-Zentrale Hamburg), Slg 2004, I-8183.
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Bereits ab Einführung der gemeinsamen Währung mit 1.1.1999 galt jede Bezugnahme auf ECU in Rechtsinstrumenten als Bezugnahme zum Euro gemäß dem festgesetzten Kurs.19 Während der Übergangszeit waren allerdings Verweise in innerstaatlichen Rechtsinstrumenten (zB Gesetze, Verordnungen, Verträge) auf die nationale Währungseinheit genauso gültig wie Bezugnahmen auf den Euro.20 Es galt sogar der Grundsatz, dass in innerstaatlichen Rechtsinstrumenten die Verwendung der nationalen Währungseinheit nicht zwingend vorgeschrieben sein muss, wohl aber sein kann („No compulsion and no prohibition“).21 Auch sonst bewirkte die Einführung der gemeinsamen Währung grundsätzlich keinen Eingriff in geltende Rechtsinstrumente, vor allem auch nicht in Verträge („Vertragskontinuität“).22 Zur Unterstützung eines geordneten Übergangs bei der Währungsumstellung, zur Gewöhnung an die neue Währung sowie zur Vermeidung von Inflationsschüben wurde in Österreich das EWAG erlassen.23 Begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro im Bereich des Zivilrechts wurden bereits mit dem 1. Euro-JustizbegleitG getroffen. Die Umstellung von (Bundes)Anleihen auf Euro ist im 1. Euro-FinanzbegleitG geregelt.
Seit 1.1.2002 sind nach der Euro II-Verordnung Euro-Banknoten und EuroMünzen grundsätzlich das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in den an der dritten Stufe teilnehmenden Mitgliedstaaten.24 Allerdings können die teilnehmenden Mitgliedstaaten für eine Übergangszeit bis zu sechs Monaten die weitere Verwendung der nationalen Währungseinheit vorsehen.25 Für Österreich wurde im EuroG festgelegt, dass die auf Schilling lautenden Banknoten und die auf Schilling oder Groschen lautenden Scheidemünzen ab 28.2.2002 ihre Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel verlieren.26 Soweit ab dem 1.1.2002 in innerstaatlichen Rechtsvorschriften auf nationale Währungseinheiten Bezug genommen wird, ist dies nach der Euro IIVerordnung „als Bezugnahme auf die Euro-Einheit entsprechend dem jeweiligen Umrechnungskurs zu verstehen“.27 Damit wird durch die Verordnung klargestellt, dass auch nach Ablauf der Übergangsphase keine Anpassungspflicht der Mitgliedstaaten besteht.28 Dennoch wurden aus Gründen der Rechtsklarheit im innerstaatlichen Recht Anpassungen etwa für den Bereich des Steuerrechts durch das EuroStUG 2001 und für andere Bereiche des Bundesrechts durch das 1. Euro-UmstellunsgG - Bund sowie durch das SV-WUBG, das VRÄG 2002 und das EUG-LFUW vorgenommen.
19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Art 2 Euro I-VO. Art 6 Abs 2 Euro II-VO. Art 8 Abs 1 Euro II-VO. Art 3 Euro I-VO. Siehe weiters Troberg, Auf dem Weg zum Europäischen Währungsrecht, ÖBA 1997, 90 f. Siehe § 2 EWAG. Näher zu diesem Gesetz Fuchs/Taurer, Das neue Währungsangabengesetz (EWAG), 1999. Art 10 und 11 Euro II-VO. Art 15 Abs 2 Euro II-VO. § 2 EuroG. Art 14 Euro II-VO. ZB Potacs, FS 100 Jahre Wirtschaftsuniversität, 304, mwN.
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B. Das ESZB 1. Organisation Träger der Währungspolitik in den an der dritten Stufe teilnehmenden Mitgliedstaaten ist das ESZB, das sich aus der EZB und den nationalen Zentralbanken zusammensetzt. Mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind dabei zwar die EZB und die nationalen Zentralbanken, nicht jedoch das ESZB als solches.29 Gemäß Art 28.2 ESZB-Satzung sind die nationalen Zentralbanken alleinige Zeichner und Inhaber des Kapitals der EZB. Auch haben die nationalen Zentralbanken gemäß Art 30.1 ESZB-Satzung die EZB mit Währungsreserven bis zu einem Gegenwert von 50 Milliarden Euro auszustatten. Der von der OeNB zu leistende Beitrag betrug dabei etwa 1,8 Milliarden Euro.30 Bezüglich der verbleibenden Währungsreserven bestimmt Art 31.2 ESZBSatzung, dass Geschäfte mit ihnen der Zustimmung der EZB ab einem von dieser festzusetzenden Betrag bedürfen, „damit Übereinstimmung mit der Wechselkurs- und der Währungspolitik der Gemeinschaft gewährleistet ist“. Fraglich ist, ob die nationalen Zentralbanken diese Währungsreserven auch für andere als währungspolitische Zwecke verwenden dürfen (zB zur Finanzierung von Forschungsvorhaben). Dies ist grundsätzlich zu bejahen, weil das Gemeinschaftsrecht insoweit keine Einschränkung vorsieht. Auch der gerade erwähnte Art 31.2 ESZB-Satzung spricht nicht gegen diese Sicht, weil er sich - wie aus dem zitierten letzten Satzteil hervorgeht - lediglich auf währungspolitische Geschäfte bezieht. Ebenso wenig kann dieser Auffassung Art 3.1 ESZB-Satzung entgegengehalten werden, demzufolge das ESZB „die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten“ hat. Denn diese Vorschrift sagt nichts darüber aus, in welchem Ausmaß Währungsreserven von den Mitgliedstaaten zu halten sind. Allerdings haben sich die nationalen Zentralbanken in Bezug auf die Währungsreserven - wie auch sonst - an die Vorgaben der EZB zu halten. Auch ist zu bedenken, dass die nationalen Zentralbanken bei der Verwendung der Währungsreserven gemäß Art 108 EGV unabhängig handeln.
Die Beziehungen zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken sind durch eine Über- und Unterordnung gekennzeichnet. Wenngleich die nationalen Zentralbanken gemäß Art 14.3 ESZB-Satzung „integraler Bestandteil des ESZB“ sind, haben sie dennoch nach derselben Bestimmung gemäß den Leitlinien und Weisungen der EZB zu handeln. Die EZB kann gemäß Art 110 EGV aber auch verbindliche Verordnungen und Entscheidungen erlassen, die sich jedoch nicht nur an die nationalen Zentralbanken richten, sondern „Außenwirkung“ haben. Die Abgrenzung zwischen Verordnungen und Entscheidungen einerseits sowie Leitlinien und Weisungen andererseits kann problematisch sein.31 Sie ist deshalb von Bedeutung, weil nur Verordnungen und Entscheidungen (auch von den nationalen Zentralbanken), nicht aber auch Leitlinien und Weisungen beim EuGH anfechtbar sind.32 Die nationalen Zentralbanken können umgekehrt über den EZB-Rat Einfluss auf die Willensbildung der EZB ausüben. Dieser gehört mit dem Direk29 30 31 32
Häde, Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, EuZW 1992, 171 (174). EZB/2000/15, Abl L 336/110. Dazu näher Potacs, Nationale Zentralbanken in der Wirtschafts- und Währungsunion, EuR 1993 23 (39). Potacs, in: EU-Kommentar, 1298.
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torium zu den Organen der EZB. Während der EZB-Rat gemäß Art 12.1 ESZB-Satzung die „Geldpolitik der Gemeinschaft“ festlegt, führt das Direktorium gemäß Art 11.6 ESZB-Satzung die „laufenden Geschäfte“. So erlässt der EZB-Rat „Leitlinien“33 und „Entscheidungen“, die vom Direktorium ausgeführt werden, das zu diesem Zweck den nationalen Zentralbanken Weisungen erteilen darf.34 Das Direktorium setzt sich aus sechs Mitgliedern (Präsident, Vizepräsident und vier weitere Mitglieder) zusammen, die gemäß Art 112 EGV für die Dauer von acht Jahren ernannt werden. Demgegenüber besteht der EZBRat nach dieser Vorschrift aus den Mitgliedern des Direktoriums und den „Präsidenten der nationalen Zentralbanken“. In währungspolitischen Angelegenheiten hat im EZB-Rat gemäß Art 10.2. ESZB-Satzung jedes Mitglied eine Stimme („one country, one vote“), womit den Präsidenten aller nationaler Zentralbanken (unabhängig von der Bedeutung des betreffenden Mitgliedstaates) der gleiche Einfluss eingeräumt wird.35 Lediglich in Angelegenheiten der internen finanziellen Aspekte der EZB (zB Kapitalerhöhung der EZB) werden gemäß Art 10.3 ESZB-Satzung die Stimmen nach den Anteilen der nationalen Zentralbanken am gezeichneten Kapital der EZB gewogen. Auch die Leitung und Verwaltung der OeNB obliegt zwei Organen, dem Generalrat und dem Direktorium. Der Generalrat besteht aus dem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und zwölf weiteren Mitgliedern, die auf fünf Jahre zum Teil von der Bundesregierung ernannt und zum Teil von der Generalversammlung gewählt werden.36 An seine Zustimmung sind bestimmte Geschäfte (zB Erwerb und Veräußerung von Beteiligungen) gebunden.37 Auch sind seiner Beschlussfassung gewisse Entscheidungen wie die Festlegung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik vorbehalten.38 Im Übrigen hat der Generalrat das Direktorium in Angelegenheiten der Geschäftsführung und der Währungspolitik zu beraten, weshalb mindestens einmal im Vierteljahr eine gemeinsame Sitzung beider Organe stattzufinden hat.39 Das Direktorium besteht aus dem Gouverneur, dem Vize-Gouverneur und zwei weiteren Mitgliedern, die alle vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung auf fünf Jahre ernannt werden.40 Es hat den gesamten Dienstbetrieb zu leiten und (sofern diese nicht dem Generalrat vorbehalten sind) entsprechend den Weisungen und Leitlinien der EZB die Geschäfte der OeNB zu führen. Hervorzuheben ist, dass gemäß § 34 NBG nicht der formelle Präsident der OeNB (Mitglied des Generalrates), sondern der Gouverneur (Mitglied des Direktoriums) die OeNB im EZB-Rat vertritt und somit „Präsident“ im Sinne von Art 112 Abs 1 EGV ist. Dies lässt sich damit begründen, dass 33 34 35
36 37 38 39 40
ZB Leitlinie EZB/1998/NP10, Abl L 55/69, über die Umsetzung von Art 52 der ESZB-Satzung. Demgegenüber wird angenommen, dass der EZB-Rat dem Direktorium keine konkreten Weisungen erteilen darf; Potacs, in: EU-Kommentar, 1298 f, mwN. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Anzahl der Mitglieder des EZB-Rates 21 übersteigt, ist die Anzahl der stimmberechtigten Präsidenten der nationalen Zentralbanken allerdings mit 15 begrenzt. Die Verteilung und Rotation dieser Stimmberechtigten erfolgt nach einem System, das im Beschluss des Rates über eine Änderung des Artikels 10.2. der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (BGBl 2005 III/40) geregelt ist. § 22 f NBG. § 21 Abs 1 NBG. § 21 Abs 2 NBG. § 20 Abs 2 NBG. § 33 Abs 1 und 2 NBG.
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es letztlich Sache der Mitgliedstaaten ist, wen sie als Vertreter der nationalen Zentralbanken in den EZB-Rat entsenden. Auf den formellen Titel „Präsident“ kommt es dabei wohl nicht an. Allerdings ist aus der Wortwahl „Präsidenten der nationalen Zentralbanken“ in Art 112 EGV zu schließen, dass es sich um einen leitenden Entscheidungsträger einer nationalen Zentralbank handeln muss, was beim Gouverneur der OeNB aber angenommen werden kann. Im Übrigen werden gemäß § 35 NBG die Geschäfte des Direktoriums durch eine Geschäftsordnung in einzelne Geschäftszweige geteilt, an deren Spitze je ein Direktoriumsmitglied steht. Diesem obliegt dann die selbständige Behandlung und Erledigung der durch die Geschäftsordnung übertragenen Geschäfte. Nach der Judikatur des VwGH ist die OeNB damit nach dem Ressort-(Ministerial)System organisiert, wobei das einzelne Mitglied des Direktoriums als monokratisches Organ anzusehen ist. In behördlichen Angelegenheiten (zB bei Erlassung von Bescheiden in Vollziehung des DevisenG) hat das zuständige Direktoriumsmitglied die Approbationsbefugnis. Bescheide der OeNB können aber im Auftrag des Direktors auch von anderen Bediensteten der OeNB (nach Maßgabe einer internen Regelung der Approbationsbefugnis) erlassen werden.41
Gemäß Art 108 EGV (und Art 7 ESZB-Satzung) ist das ESZB bei Wahrnehmung seiner Aufgaben unabhängig. Dies bedeutet, dass weder die EZB noch die nationalen Zentralbanken (bzw deren Organe) Weisungen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen dürfen. Sowohl die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft als auch die Regierungen der Mitgliedstaaten sind danach verpflichtet, diesen Grundsatz zu beachten. Sie dürfen auch nicht versuchen, die Mitglieder der Beschlussorgane der EZB oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen. Art 108 EGV (bzw Art 7 ESZB-Satzung) verbietet daher nicht nur institutionalisierte Formen der Einflussnahme (zB Einspruchsrechte), sondern auch jede andere Form der Beeinflussung wie etwa durch medialen oder politischen Druck.42 So meint auch der EuGH, dass Art 108 EGV „vor jedem politischen Druck bewahren“ soll, damit und die EZB „die für ihre Aufgaben gesetzten Ziele durch die unabhängige Ausübung der spezifischen Befugnisse, über die sie zu diesen Zwecken nach dem EG-Vertrag und der Satzung des ESZB verfügt, wirksam verfolgen kann“43 Der Absicherung der Unabhängigkeit des ESZB dient auch das Verbot der Gewährung von Krediten an öffentliche Einrichtungen durch die EZB oder nationale Zentralbanken gemäß Art 101 EGV.44
2. Währungspolitische Ziele Art 105 Abs 1 EGV (Art 2 ESZB-Satzung) normiert als vorrangiges Ziel der Währungspolitik des ESZB die Gewährleistung der Preisstabilität. Damit ist zwar grundsätzlich die „innere“ Preisstabilität (Nichtinflation) der gemeinsamen Währung gemeint. Da der „äußere“ Wert einer Währung auch deren „inneren“ Wert beeinflussen kann, ist das Ziel der Preisstabilität auch für die Ge41 42 43
44
VwGH 29.1.1988, 87/17/0245, 0246. Potacs, in: EU-Kommentar, 1300. EuGH Rs C-11/00 (Kommission/EZB), Slg 2003, I-7147, Rz 134; dazu Lavanos, Die begrenzte, funktionelle Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, EuR 2003, 878 ff. Zur Anpassung der österreichischen Rechtslage an diese Vorschrift siehe Potacs, FS 100 Jahre Wirtschaftsuniversität, 297 ff. Siehe nunmehr § 41 NBG.
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staltung der Wechselkurspolitik von Bedeutung.45 Die Verpflichtung zur Preisstabilität bedeutet allerdings keine Verpflichtung zur Sicherstellung einer „Nullinflation“, weil eine solche wenig realistisch (und daher als Vertragsziel schwer vorstellbar) und überdies ökonomisch kaum wünschenswert wäre.46 Der Begriff „Preisstabilität“ in Art 105 EGV (Art 2 ESZB-Satzung) umfasst daher auch geringfügige Preisschwankungen („relative Preisstabilität“). Ganz in diesem Sinn wurde auch vom EZB-Rat die „Preisstabilität“ als ein Anstieg des Preisniveaus von weniger als 2% pro Jahr definiert.47 Schon wegen der relativen Unbestimmtheit des Begriffes „Preisstabilität“ ist davon auszugehen, dass dem ESZB bei Gestaltung der Währungspolitik ein relativ weiter Ermessensspielraum zusteht.48
Zwar kommt der Gewährleistung der Preisstabilität nach Art 105 EGV (Art 2 ESZB-Satzung) uneingeschränkte Priorität zu. Soweit es ohne Beeinträchtigung dieser Zielsetzung aber möglich ist, hat das ESZB danach aber auch die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft49 zu unterstützen, um zur Verwirklichung der Ziele des Art 2 EGV beizutragen. Zu diesen Zielen gehört eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, ein hoher Grad an Konvergenz der Wirtschaftsleitungen der Mitgliedstaaten, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität sowie der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten.
3. Instrumente Zur Erreichung der Ziele des ESZB stehen der EZB und (nach Maßgabe von Weisungen und Leitlinien der EZB) den nationalen Zentralbanken verschiedene währungspolitische Instrumente zur Verfügung. Dazu gehört zunächst einmal die Möglichkeit von Offenmarktgeschäften, bei denen auf den Finanzmärkten Geschäfte getätigt werden („Interventionen“), indem etwa auf Gemeinschafts- oder Drittlandswährungen lautende Forderungen und börsengängige Wertpapiere sowie Edelmetalle endgültig oder im Rahmen von Rückkaufsvereinbarungen gekauft oder verkauft werden.50 Soweit es dabei um die Wechselkurspolitik geht, kann das ESZB an vom Rat gemäß Art 111 Abs 2 EGV erlassene „allgemeine Orientierungen“ gebunden sein.51 Weiters können EZB und nationale Zentralbanken Kreditgeschäfte mit Kreditinstituten und anderen Marktteilnehmern abschließen, wobei für die Darlehen ausreichende Sicherheiten zu stellen sind.52 Für die Währungspolitik ist vor allem das Bank45 46 47 48 49 50 51 52
Potacs, in: EU-Kommentar, 1293. Stadler, Der rechtliche Handlungsspielraum des Europäischen Systems der Zentralbanken, 1996, 104. Europäische Zentralbank, Monatsbericht 01/1999, Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie des Eurosystems, 43 (51). Potacs, in: EU-Kommentar, 1293. Siehe Art 98 ff EGV. Art 18.1 ESZB-Satzung; § 47 Z 1 NBG. Dazu Potacs, in: EU-Kommentar, 105, mwN. Art 18.1 ESZB-Satzung; § 47 Z 2 NBG.
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notenmonopol des ESZB von Bedeutung. Nur EZB und nationale Zentralbanken (im Rahmen einer Genehmigung der EZB) sind gemäß Art 106 EGV (Art 16 ESZB-Satzung) zur Ausgabe von Banknoten als gesetzliche Zahlungsmittel berechtigt. Hingegen bleibt das Münzregal gemäß Art 106 Abs 2 EGV grundsätzlich bei den Mitgliedstaten, wobei der Umfang der Ausgabe von Münzen einer Genehmigung der EZB bedarf. Auch kann der Rat für Münzen bestimmte Harmonisierungsmaßnahmen erlassen. Von diesem Recht hat der Rat durch Erlassung der Verordnung über die Stückelung und technischen Merkmale der für den Umlauf bestimmten Euro-Münzen Gebrauch gemacht.53 An deren Vorgaben hat sich in Österreich die „Münze Österreich AG“ zu halten, die nach dem ScheidemünzenG das ausschließliche Recht zur Prägung von Euro- und Cent-Münzen hat.54 Zur Verwirklichung der geldpolitischen Ziele kann die Gemeinschaft gemäß Art 19 ESZB-Satzung55 von Kreditinstituten auch verlangen, dass sie Mindestreserven bei Konten der EZB oder der nationalen Zentralbanken halten. Eine Regelung über die Berechnung und Bestimmung des Mindestreservesolls wurde vom Rat getroffen.56 Die EZB hat daraufhin durch Verordnung die näheren Vorschriften etwa über den Kreis der reservepflichtigen Institute, die Mindestreservesätze und die Haltung von Mindestreserven geregelt.57 Nach Art 5 ESZB-Satzung gehört zu den Aufgaben des ESZB auch etwa noch die Erhebung statistischer Daten, wobei nähere Vorschriften darüber in der Verordnung des Rates über die Erfassung statistischer Daten durch die EZB58 geregelt sind. Der Erfüllung dieser Aufgabe dient auch die Verordnung der EZB über die konsolidierte Bilanz des Sektors der monetären Finanzinstitute.59 Zu den Aufgaben des ESZB gehört gemäß Art 6 ESZB-Satzung auch die internationale Zusammenarbeit. Die Vertretung bei internationalen Einrichtungen sowie der Abschluss internationaler Vereinbarungen sind in Art 111 EGV geregelt.60 Das ESZB hat weiters das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.61 Auch hat das ESZB zur Funktionsfähigkeit der Aufsicht über Kreditinstitute sowie zur Stabilität des Finanzsystems bei. Durch Beschluss des Rates können gemäß Art 105 Abs 6 EGV (Art 25.2 ESZB-Satzung) der EZB Aufgaben auf dem Gebiet der Kapitalmarktaufsicht übertragen werden. Auch die Betrauung nationaler Zentralbanken mit aufsichtsrechtlichen Befugnissen durch staatliche Vorschriften ist zulässig.62 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62
VO (EG) 975/98, Abl L 139/6, idF VO (EG) 423/99, Abl L 52/2. § 2 iV mit § 8 Abs 1 Z 1 ScheidemünzenG. Siehe auch § 52 NBG. VO (EG) 2531/98, Abl L 318/1 idF VO (EG) 134/2002, Abl L 24/1. Vo (EG) 1745/2003, Abl L 250/10. VO (EG) 2533/98, Abl L 318/8. VO (EG) 2423/2001, Abl L 333/1 idF (Vo (EG) 2181/2004, Abl L 371/42. Dazu näher Potacs, in: EU-Kommentar, 1303 ff. Art 105 Abs 2 EGV und Art 22 ESZB-Satzung. Gemäß Art 14.4 ESZB-Satzung können die nationalen Zentralbanken andere als die in der ESZB-Satzung bezeichneten Aufgaben wahrnehmen, sofern der EZB-Rat diese nicht für unvereinbar mit den Zielen und Aufgaben des ESZB erklärt. Die Wahrnehmung von Aufgaben der Kapitalmarktaufsicht durch nationale Zentralbanken ist zwar nicht in der ESZB-Satzung erwähnt, doch erscheint sie durch Art 105 Abs 5
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Schließlich ist noch zu erwähnen, dass der Rat eine Verordnung über das Recht der EZB, Sanktionen (wegen Verletzung ihrer Entscheidungen und Verordnungen) zu verhängen, erlassen hat.63 Die EZB hat nähere Regelungen dazu in einer eigenen Verordnung getroffen.64
III. Devisenrecht Das Devisenrecht basierte lange auf dem DevisenG aus dem Jahre 1946, einer Zeit, die durch eine Knappheit an Devisen und Kapital gekennzeichnet war. Dementsprechend normierte dieses Gesetz grundsätzlich eine strenge Devisenbewirtschaftung, die von der OeNB zu vollziehen war. So sah § 15 Devisen eine Anmeldepflicht für Devisen vor, die dann der OeNB auf Verlangen zum Kauf angeboten werden mußten.65 Vor allem aber unterlag auf Grund des Gesetzes praktisch der gesamte Zahlungs- und Kapitalverkehr mit dem Ausland (bzw mit Devisenausländern) einer Bewilligungspflicht durch die OeNB. Andererseits sah § 20 Abs 3 DevisenG die Möglichkeit vor, dass die OeNB mit Verordnung („Kundmachungen“) Ausnahmen von diesen Restriktionen verfügte. Von dieser Möglichkeit hatte die OeNB 1991 umfassend Gebrauch gemacht, indem sie in der Kundmachung DL 2/91 eine „generelle Bewilligung“66 für sämtliche nach dem DevisenG bewilligungspflichtige Transaktionen erteilte („Vollliberalisierung“). Nach Art 56 EGV wären Bewilligungspflichten (selbst wenn die Bewilligungen regelmäßig erteilt würden) für den Zahlungs- und Kapitalverkehr mit dem Ausland (auch gegenüber Drittstaaten) auch grundsätzlich unzulässig.67 Allerdings hatte die OeNB mit der Kundmachung DL 3/91 umfassende Meldepflichten für Devisentransaktionen mit dem Ausland erlassen68, die jedoch mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehen69. Mit dem DevisenG 2004 wurde das bisherige Regime umgekehrt. Nunmehr unterliegt der Kapital- und Zahlungsverkehr mit dem Ausland keinen Beschränkungen, soferne solche nicht von der OeNB verhängt werden. Diese kann gemäß § 4 DevisenG 2004 durch Verordnung oder Bescheid aus im Gesetz aufgezählten Gründen (insbesondere zur Durchführung von Beschlüssen im Rahmen der GASP) bestimmte Transaktionen untersagen oder für bewilligungspflichtig erklären, wobei sie selbst gemäß § 4 Abs 3 DevisenG 2004 für die Bewilligungserteilung zuständig ist. Außerdem hat sie die Einhaltung der
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EGV gedeckt, weshalb eine negative Entscheidung des Rates gemäß Art 14.4 ESZB-Satzung wohl nicht zulässig wäre. VO (EG) 2532/98, Abl L 318/4. VO (EG) 2157/99, Abl L 264/21, idF VO (EG) 985/2001, Abl L 137/24. Dazu Potacs, Devisenbewirtschaftung, 220 ff, Zum Verordnungscharakter solcher „genereller Bewilligungen“ siehe Potacs, Devisenbewirtschaftung, 252 ff. EuGH, verb Rs C-163, 165 und 250/94, Sanz de Lera, Slg 1995, I-4821, Rz 23 ff. Siehe bereits EuGH, verb Rs C-358/93 und C-416/93, Bordessa, Slg 1995, I-361, Rz 25. Dazu näher Potacs, Europarechtliche Rahmenbedingungen eines globalisierten Geldmarktes, JRP 2003, 260 (261 ff). Diese Meldepflichten basierten auf Verordnungen („Kundmachungen“) gemäß § 20 Abs 1 DevisenG; dazu Potacs, Wbl 1992, 112. EuGH, verb Rs C-163, 165 und 250/94, Sanz de Lera, Slg 1995, I-4821, Rz 38.
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von ihr verhängten Maßnahmen sowie die auf Grund von unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht verhängten Beschränkungen gemäß § 5 Abs 1 DevisenG 2004 zu überwachen. Schließlich sieht § 6 DevisenG 2004 eine gesetzliche Ermächtigung für die Erlassung von Meldepflichten durch die OeNB mit Verordnung vor.70 Die Erlassung von Bewilligungspflichten für den Zahlungs- und Kapitalverkehrs ist allerdings nur mehr ausnahmsweise unter den Voraussetzungen der Art 59 und 60 EGV gegenüber Drittstaaten möglich. Art 59 EGV sieht eine Schutzklausel für den Fall vor, dass „Kapitalbewegungen nach oder aus dritten Ländern unter außergewöhnlichen Umständen das Funktionieren der WWU schwerwiegend stören oder zu stören drohen“. Damit sind Störungen gemeint, die sich aus kurzfristigen Kapitalbewegungen spekulativer Natur ergeben können.71 Diesfalls kann der Rat gemäß Art 59 EGV auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB Schutzmaßnahmen mit einer Geltungsdauer von maximal sechs Monaten erlassen.72 Soweit solche Maßnahmen Bewilligungspflichten vorsehen, sind sie gemäß § 3 Abs 1 DevisenG von der OeNB zu vollziehen.73 Außerdem kommen Bewilligungspflichten als Embargomaßnahmen gemäß Art 60 EGV in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann der Rat auf Grund von im Rahmen der GASP gefassten Beschlüssen die notwendigen Sofortmaßnahmen auf dem Gebiet des Zahlungs- und Kapitalverkehrs mit den betroffenen Drittstaaten erlassen. Soweit solche Maßnahmen zur Verhängung von Bewilligungspflichten nach Maßgabe bestimmter (unmittelbar anwendbarer) Kriterien ermächtigen (und Bewilligungspflichten nicht zwingend vorsehen)74, können solche Bewilligungspflichten von der OeNB gemäß § 3 Abs 1 auf Grund einer Verordnung nach § 4 DevisenG 2004 erlassen werden. In einigen der auf Art 60 EGV gestützten Verordnungen der Gemeinschaft75 ist aber auch die Erteilung einer Genehmigung durch andere als staatliche Behörden (zB durch
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71 72 73 74 75
Siehe MeldeVO ZABIL 1/2004 der OeNB, VO der OeNB betreffend statistische Erhebungen über die Importe und Exporte von Dienstleistungen vom 17.8.2004; MeldeVO ZABIL 1/2005 der OeNB betreffend die statistische Erfassung des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs. Gemäß § 17 Abs 3 DevisenG 2004 nach wie vor in Kraft ist auch die Kundmachung DL 3/91 idF der Kundmachung DL 1/2002, die ebenfalls Meldepflichten enthält. Glaesner, Kommentar zu Art 59, in: Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar, 2000, 837. Eine solche Maßnahme kann durch Erlass eines neuen Rechtsakts allerdings verlängert werden; Potacs (FN 67) 264, mwN. Dazu eingehend Kammel/Schramm, Devisenrecht, 157 ff. Siehe etwa Art 5 der Verordnung (EG) Nr 310/2002 (Abl L 50/4) über bestimmte restriktive Maßnahmen gegenüber Simbabwe. Siehe Art 4 der VO (EG) 1705/98, Abl 215/1, betreffend die Aussetzung bestimmter wirtschaftlicher Beziehungen zu Angola; Art 8 der VO (EG) 1294/99, Abl L 153/1, über das Einfrieren von Geldern und ein Investitionsverbot betreffend die Bundesrepublik Jugoslawien und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) 1295/98 und (EG) 1607/98; Art 4 Abs 3 der VO (EG) 2488/2000, Abl L 287/19, über die Aufrechterhaltung des Einfrierens von Geldern betreffend Herrn Milosevic und Personen seines Umfelds idF VO (EG) 1205/2001, Abl L 163/14; Art 2 Abs 3 der VO (EG) 467/2001, Abl L 67/1, über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und das Einfrie-
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die Kommission) vorgesehen. Anträge können dabei regelmäßig bei staatlichen Behörden eingebracht werden, die im Anhang zu diesen Rechtsakten genannt werden und zu denen auch die OeNB gehört. In manchen Embargoverordnungen der Gemeinschaft ist vorgesehen, dass die zuständigen innerstaatlichen Behörden von Banken sachdienliche Informationen verlangen dürfen.76 Die Nichtbefolgung eines solchen Verlangens der OeNB ist mit einer Verwaltungsstrafe bis zu 30000 Euro gemäß § 8 Abs 1 DevisenG 2004 bedroht, der auch die Bestrafung wegen Verletzung von unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht anordnet. Wenn der Rat keine Embargomaßnahmen getroffen hat, können solche von den Mitgliedstaaten gemäß Art 60 Abs 2 EGV „bei Vorliegen schwerwiegender politischer Umstände aus Gründen der Dringlichkeit“ in Form von Beschränkungen des Zahlungsund Kapitalverkehrs auch autonom verhängt werden, solange der Rat nicht ihre Aufhebung oder Abänderung verlangt. Solche autonome Maßnahmen könnten von der OeNB durch Verordnung gemäß § 3 Abs 2 DevisenG 2004 angeordnet werden, wobei die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten darüber zu unterrichten sind. Schließlich ermächtigt das DevisenG 2004 in § 3 Abs 3 auch zur Verhängung von Beschränkungen, die im Rahmen der GASP beschlossen wurden (und nicht zusätzlich auch noch in einem EG-Rechtsakt gemäß Art 301 EGV vorgesehen sind) oder auf einer UN-Resolution beruhen.77
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rens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan. ZB Art 3 der VO (EG) 1081/2000, Abl L 122/29, über das Verbot des Verkaufs, der Lieferung und der Ausfuhr nach Birma/Myanmar von Ausrüstungen, die zur internen Pepression oder für terroristische Zwecke benutzt werden können, und über das Einfrieren der Gelder bestimmter, mit wichtigen Regierungsfunktionen verbundener Personen in diesem Land. Siehe dazu Kundmachung DL 2/2002 der OeNB über die Änderung der Kundmachung DL 2/91; Resolution Nr 1373 (2001) des UN-Sicherheitsrates.
Thomas E. Walzel v. Wiesentreu
Agrarmarktrecht Rechtsgrundlagen .........................................................................................1192 Grundlegende Literatur.................................................................................1195 I. Grundlagen ..............................................................................................1196 A. Allgemeines ..........................................................................................1196 1. Markt und Marktordnung..................................................................1196 2. Grundsätzliche Ziele und Instrumente der Agrarmarktordnung .......1199 3. Entstehung und Entwicklung der Agrarmarktordnung .....................1201 B. Kompetenzrechtliche Einordnung ........................................................1219 1. Bundeszuständigkeit .........................................................................1219 2. Landeszuständigkeit..........................................................................1221 C. Gemeinschaftsrechtliche und völkerrechtliche Grundlagen ................1221 1. Gemeinschaftsrecht...........................................................................1221 2. Völkerrecht .......................................................................................1225 II. Grundzüge und Prinzipien der Gemeinsamen Agrarpolitik ............1233 A. Die Struktur der Gemeinsamen Agrarpolitik........................................1233 1. Gegenstand der Gemeinsamen Agrarpolitik .....................................1233 2. Ziele und Grundsätze der Gemeinsamen Agrarpolitik......................1234 3. Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik ..............................................1237 B. Die Grundprinzipien der Gemeinsamen Agrarpolitik ..........................1239 1. Das Marktprinzip ..............................................................................1239 2. Das Prinzip der Gemeinschaftspräferenz..........................................1239 3. Das Prinzip der Gemeinschaftsfinanzierung.....................................1240 C. Instrumente der Gemeinsamen Marktorganisation..............................1242 1. Interne Regelungen ...........................................................................1242 2. Außenschutzbestimmungen ..............................................................1253 3. Instrumente der Agrarstrukturpolitik ................................................1255 D. Die Bekämpfung der Überschussproduktion .......................................1256 E. Die administrative Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation.........................................................1259 1. Allgemeines ......................................................................................1259 2. Der organisatorische Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten ......1261 F. Die Einrichtung der Agrarmarkt Austria (AMA) als Marktordnungs- und Interventionsstelle...............................................1262 1. Grundsätzliches.................................................................................1262 2. Aufgaben...........................................................................................1262 3. Organe...............................................................................................1263 4. Finanzierungsmaßnahmen ................................................................1264 5. Verfahren ..........................................................................................1265 G. Das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (INVEKOS)...........1267
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Walzel v. Wiesentreu
III. Grundzüge der einzelnen Marktorganisationen in ausgewählten Bereichen...................................................................... 1271 A. Gemeinsame Marktorganisation für Getreide ..................................... 1271 1. Allgemeines...................................................................................... 1271 2. Erfasste Produkte.............................................................................. 1273 3. Betriebsprämie.................................................................................. 1273 4. Interne Regelungen........................................................................... 1274 5. Außenschutzbestimmungen.............................................................. 1276 B. Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch ................................. 1279 1. Allgemeines...................................................................................... 1279 2. Erfasste Produkte.............................................................................. 1280 3. Begriffsbestimmungen ..................................................................... 1281 4. Betriebsprämie.................................................................................. 1281 5. Interne Regelungen........................................................................... 1282 6. Außenschutzbestimmungen.............................................................. 1288 C. Gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse...... 1289 1. Allgemeines...................................................................................... 1289 2. Erfasste Erzeugnisse......................................................................... 1291 3. Betriebsprämie.................................................................................. 1292 4. Interne Regelung .............................................................................. 1292 5. Außenschutzbestimmungen.............................................................. 1296 3. Die Quotenregelung im Milchsektor ................................................ 1297 D. Gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven ........... 1302 1. Allgemeines...................................................................................... 1302 2. Erfasste Produkte.............................................................................. 1303 3. Betriebsprämie.................................................................................. 1303 4. Interne Regelungen........................................................................... 1304 5. Außenschutzbestimmungen.............................................................. 1306 6. Zuständigkeiten und Vollziehung..................................................... 1307 Rechtsgrundlagen: Landwirtschaftliches Wirtschaftsrecht MarktordnungsG 1985, BGBl 1985/210 idF BGBl I 2006/18; LandwirtschaftsG 1992, BGBl 1992/375 idF BGBl 1996/420; AMA-G 1992, BGBl 1992/376 idF BGBl I 2001/108; LebensmittelbewirtschaftungsG 1997, BGBl 1996/789 idF BGBl I 2001/108; AusfuhrerstattungsG (AEG), BGBl 1994/660 idF BGBl I 2003/124. Umgesetztes Gemeinschaftsrecht VO über Sicherheiten für Marktordnungswaren, BGBl 1994/1021 idF BGBl II 2004/36; VO über Lizenzen für Marktordnungswaren, BGBl II 2004/37; Überschussbestandsverordnung, BGBl 1994/1103; INVEKOS-Umsetzungs-Verordnung 2005, BGBl II 2004/474; INVEKOS-GIS-Verordnung, BGBl II 2004/335; VO über die einheitliche Betriebsprämie, BGBl II 2004/336; GAP-Beihilfen-Verordnung, BGBl II 2004/482; VO zur Festsetzung der repräsentativen Erträge 2004 für nachwachsende Rohstoffe auf stillgelegten Flächen, BGBl II 2004/298 idF BGBl II 2004/369; VO über die Nutzung stillgelegter Flächen im Wirtschaftsjahr 2004/2005, BGBl II 2004/268; VO über Hart-
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weizensorten für die Hartweizenqualitätsprämie, BGBl II 2005/16; GetreideInterventionsverordnung 2004, BGBl II 2004/412; Getreide-Überwachungsverordnung, BGBl 1995/575; Saatgutbeihilfenverordnung 1999, BGBl II 1999/109 idF BGBl II 2001/10; VO über die Registrierung von Verträgen über die Vermehrung von Saatgut in Drittländer, BGBl 1995/99 idF BGBl II 1999/108; Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999, BGBl II 1999/28 idF BGBl II 2005/52; Milch-Meldeverordnung 2001, BGBl II 2001/241; VO über die Intervention von Butter und Rahm sowie zur Bestimmung der Butterqualität, BGBl II 1998/270 idF BGBl II 2000/90; Schulmilch-BeihilfenVerordnung 2001, BGBl II 2000/413 idF BGBl II 2004/357; Milchfett-VerbrauchVerbilligungsverordnung, BGBl 1994/1063 idF BGBl 1995/438; MilchfettVerarbeitungs-Verordnung 1998, BGBl II 1998/12; VO über private Lagerhaltung von lagerfähigen Käsesorten, BGBl 1995/316 idF BGBl II 2004/337; MagermilchpulverVerordnung 2001, BGBl II 2001/406; Magermilch-Beihilfen-Verordnung 2000, BGBl II 2000/236; Kasein-Beihilfen-Verordnung, BGBl 1994/1065 idF BGBl II 1998/327; Kasein-Verwendungs-Verordnung, BGBl 1994/1066; MutterkuhzusatzprämienVerordnung 2004, BGBl II 2004/520; VO zur Durchführung der Intervention von Rindfleisch, Schweinefleisch und Schaf- und Ziegenfleisch, BGBl 1994/1018 idF BGBl II 1997/311; Interventionsrindfleisch-Verarbeitungsverordnung, BGBl 1995/72; Rinderkennzeichnungs-Verordnung 1998, BGBl II 1997/408 idF BGBl II 2002/471; Rindererfassungsverordnung, BGBl II 1998/409; Vieh-Meldeverordnung, BGBl 1995/800 idF BGBl II 1998/54; Zuckermarktordnungs-Durchführungsverordnung 1995, BGBl 1994/1014; Stärke/Zucker-Produktionserstattungs-Verordnung 2002, BGBl II 2002/419; Zuckerlager-Meldeverordnung 1994, BGBl 1994/1016; VO zur Kontrolle der Verwendung von Invertzucker und Sirupen durch die Alkohol- und Hefeindustrie, BGBl II 2004/297; Stärkekartoffelbeihilfe- und Kartoffelstärkeprämien-Verordnung 2004, BGBl II 2004/117; VO, mit der die Berggebiete und benachteiligten förderungswürdigen Gebiete bestimmt werden, BGBl 1995/771; Rohtabak-Durchführungsverordnung, BGBl II 1999/97 idF BGBl II 2003/241; Trockenfutterbeihilfen-Verordnung 2005, BGBl II 2005/127; VO über die Einfuhr von Hanf aus Drittstaaten, BGBl II 2002/179; Flachsund Hanfverarbeitungsbeihilfenverordnung, BGBl II 2001/300 idF BGBl II 2006/329; VO über Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse, BGBl II 2004/70 idF BGBl II 2006/214; VO über die Gewährung von Prämien für die Rodung von Apfel-, Birn-, Pfirsich- und Nektarinenbäumen, BGBl II 1998/9; Obst und GemüseVergütungsverordnung, BGBl II 1997/243; VO über besondere Vermarktungsvorschriften für Olivenöl; BGBl KK 2002/467 idF BGBl II 2003/531. Gemeinsame Marktorganisationen (Grundverordnungen) VO (EG) Nr 1784/2003 über die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide, Abl 2003 Nr L 270/78; VO (EWG) Nr 2759/75 über die Gemeinsame Marktorganisation für Schweinefleisch, Abl 1975 Nr L 282/1 idF VO (EG) 1365/2000, Abl 2000 Nr L 156/5; VO (EWG) Nr 2771/75 über die Gemeinsame Marktorganisation für Eier, Abl 1975 Nr L 282/49 idF VO (EG) 806/2003, Abl 2003 Nr L 122/1; VO (EWG) Nr 2777/75 über die Gemeinsame Marktorganisation für Geflügelfleisch, Abl 1975 Nr L 282/77 idF VO (EG) 806/2003, Abl 2003 Nr L 122/1; VO (EG) Nr 2200/96 über die Gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse, Abl 1996 Nr L 297/1 idF VO (EG) 47/2003, Abl 2003 Nr L 7/64; VO (EWG) Nr 404/93 über die Gemeinsame Marktorganisation für Bananen, Abl 1993 Nr L 47/1 idF VO (EG) 2587/2001, Abl 2001 Nr L 345/13; VO (EG) Nr 1493/1999 über die Gemeinsame Marktorganisation für Wein, Abl 1999 Nr L 179/1 idF VO (EG) 1795/2003, Abl 2003 Nr L 262/13; VO (EG) Nr 1255/1999 über die Gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, Abl 1999 Nr L 160/48 idF VO (EG) 186/2004 Abl 2004 Nr L 29/6; VO (EG) Nr 1254/1999 über die Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch, Abl 1999 Nr L 160/21 idF VO (EG)
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1782/2003, Abl 2003 Nr L 270/1; VO (EG) Nr 1785/2003 über die Gemeinsame Marktorganisation für Reis, Abl 2003 Nr L 270/96; VO 865/2004 über die Gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven, Abl 2004 Nr L 161/97 (diese hat mit 01.11.2005 die bis dahin gültige VO [EWG] Nr 136/66 über die Errichtung einer Gemeinsamen Marktorganisation für Fette, Abl 1966 Nr P 172/3025 idF VO [EG] 865/2004, Abl 2004 Nr L 161/97, ersetzt); VO (EG) Nr 1260/2001 über die Gemeinsame Marktorganisation für Zucker, Abl 2001 Nr L 178/1 idF VO (EG) 39/2004, Abl 2004 Nr L 6/16; VO (EWG) Nr 234/68 über die Errichtung einer Gemeinsamen Marktorganisation für lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels, Abl 1968 Nr L 055/1 idF VO (EG) 806/2003, Abl 2003 Nr L 122/1; VO (EG) Nr 1786/2003 über die Gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter, Abl 2003 Nr L 270/114 idF VO (EG) 583/2004, Abl 2004 Nr L 91/1; VO (EG) Nr 2201/96 über die Gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse, Abl 1996 Nr L 297/29 idF VO (EG) 386/2004, Abl 2004 Nr L 64/25; VO (EWG) Nr 2075/92 über die Gemeinsame Marktorganisation für Rohtabak, Abl 1992 Nr L 215/70 idF VO (EG) 864/2004, Abl 2004 Nr L 206/20; VO (EG) Nr 1673/2000 über die Gemeinsame Marktorganisation für Faserflachs und -hanf, Abl 2000 Nr L 193/16 idF VO (EG) 393/2004, Abl 2004 Nr L 65/4; VO (EWG) Nr 1696/71 über die Gemeinsame Marktorganisation für Hopfen, Abl 1971 Nr L 175/1 idF VO (EG) 864/2004, Abl 2004 Nr L 206/20; VO (EWG) Nr 2358/71 zur Errichtung einer Gemeinsamen Marktorganisation für Saatgut, Abl 1971 Nr L 246/1 idF VO (EG) 2323/2003, Abl 2003 Nr L 345/21; VO (EG) Nr 2529/2001 über die Gemeinsame Marktorganisation für Schaf- und Ziegenfleisch, Abl 2001 Nr L 341/3 idF VO (EG) 1782/2003, Abl 2003 Nr L 270/1; VO (EG) Nr 104/2000 über die Gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, Abl 2000 Nr L 17/22; VO (EWG) Nr 827/68 über die Gemeinsame Marktorganisation für bestimmte in Anhang II des Vertrages aufgeführte Erzeugnisse, Abl 1968 Nr L 151/16 idF VO (EG) 865/2004, Abl 2004 Nr L 161/97. Ergänzt werden die Gemeinsamen Marktordnungen durch zahllose weitere Rechtsvorschriften, die entweder in allgemeiner Art Außenhandel, Intervention, Sicherheiten, Beihilferegelungen Kontrollen etc betreffen oder bei denen es sich um Durchführungsverordnungen zu den Gemeinsamen Marktordnungen handelt. Zufolge ihrer Menge können diese Rechtsvorschriften hier im Einzelnen nicht genannt werden. Allgemeine Rechtsvorschriften zur Gemeinsamen Agrarpolitik VO (EG) Nr 1258/1999 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, Abl 1999 Nr L 160/13 (ab 01.01.2007: VO (EG) Nr 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, Abl 2005 Nr L 209/1); VO (EG) Nr 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, Abl 2003 Nr L 270/1 idF VO (EG) 2183/2005, Abl 2005 Nr L 347/56; VO (EG) Nr 1973/2004 mit Durchführungsvorschriften zu der VO (EG) Nr 1782/2003 des Rates hinsichtlich der Stützungsregelungen nach Titel IV und IVa der VO und der Verwendung von Stilllegungsflächen für die Erzeugung von Rohstoffen, Abl 2004 Nr L 345/1; VO (EG) Nr 795/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der VO (EG) 1782/2003, Abl 2004 Nr L 141/18 idF VO 2183/2005, Abl 2005 Nr L 347/56; VO (EG) Nr 796/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der VO (EG) 1782/2003, Abl 2004 Nr L 141/18 idF VO (EG) 2184/2005, Abl 2005 Nr L 347/61; VO (EG) Nr 1663/95 der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zu der VO (EWG) Nr 729/70 des Rates bezüglich des Rechnungsabschlussverfahrens des EAGFL, Abteilung Garantie, Abl 1995 Nr L 158/6 idF VO (EG) 2025/2001,
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Abl 2001 Nr L 274/3; VO (EG) Nr 296/96 der Kommission über die von den Mitgliedstaaten zu übermittelnden Angaben zur monatlichen Übernahme der vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, finanzierten Ausgaben, Abl 1996 Nr L 39 idF VO (EG) 2035/2003, Abl 2003 Nr L 302/6; VO (EG) Nr 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften; Abl 1995 Nr L 312/1; VO (EG) Nr 2185/96 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten, Abl 1996 Nr L 292/2; VO (EG) Nr 595/91 betreffend Unregelmäßigkeiten und die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik sowie die Einrichtung eines einschlägigen Informationssystems, Abl 1991 Nr L 67/11 idF VO (EG) 1290/2005, Abl 2005 Nr L 209/1; VO (EG) Nr 1469/95 über Vorkehrungen gegenüber bestimmten Begünstigten der vom EAGFL/Garantie finanzierten Maßnahmen, Abl 1995 Nr L 145/1.
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österreichischen Wirtschaftsrechts2 (2003) 239; Pünder, Rechtsfragen der Europäischen Marktordnungen, DVBl 1998, 771; Schulev-Steindl, Wirtschaftslenkung und Verfassung. Gesetzgebungskompetenz und grundrechtliche Schranken direkter Wirtschaftslenkung (1996); Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar (2000); Schweitzer/Hummer, Europarecht5 (1996); Senti, WTO. System und Funktionsweise der Welthandelsordnung (2000); Snyder, International Trade and Customs Law of the European Union (1998); Streinz, Europarecht7 (2005); Thiele, Das Recht der Gemeinsamen Agrarpolitik der EG: dargestellt am Beispiel des Gemeinsamen Milchmarktes mit Bezügen zum Durchführungsrecht in der BRD (1997); Tietje, Welthandelsorganisation (2003); von der Groeben/Schwarze (Hrsg), Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft6 (2003); Wenger/Raschauer, Recht der Wirtschaftslenkung, in: Wenger (Hrsg), Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts II (1990) 147; Wendt/Elicker, Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und ihre Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland, DVBl 2004, 665; Wimmer/Arnold, Wirtschaftsverwaltungsrecht in Österreich. Stand und Entwicklung (1987); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998); Wimmer/Mederer, EG-Recht in Österreich. Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf Österreich (1990); Wimmer/Mederer, Regulierung und Deregulierung zur Herstellung eines offenen und funktionsfähigen Marktes, Gutachten für den zwölften österreichischen Juristentag, Band III/1 (1993). Aktuelle Hinweise auf Änderungen der rechtlichen Grundlagen der GAP, Reformvorhaben und Downloads einschlägiger Informationsbroschüren finden sich auch regelmäßig auf der Internet-Informationsseite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unter http://www.lebensministerium.at.
I. Grundlagen A. Allgemeines 1. Markt und Marktordnung Nach wirtschaftswissenschaftlicher Ansicht ist unter einem „Markt“ jener ökonomische Ort zu verstehen, an dem Angebot und Nachfrage zusammentreffen. Er ist durch das wechselseitige Interessen- und Beziehungsgeflecht, das die einzelnen Wirtschaftssubjekte miteinander verbindet, gekennzeichnet1. Die heutigen Märkte stellen das Ergebnis eines lang dauernden historischen Entwicklungsprozesses dar, in dessen Verlauf sich zahlreiche Regeln herausgebildet haben, die die Funktionsfähigkeit der Märkte garantieren. Neben den traditionell aus sich heraus gewachsenen Regelsystemen2 bestehen vor allem auch 1
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Vgl Hodgson, Economics and Institutions. A Manifesto for a Modern Institutional Economics (1988), der den Markt wie folgt definiert: „We shall here define the market as a set of social institutions in which a large number of commodity exchanges of a specific type regularily take place, and to some extent are faciliated and structured by those institutions. Exchange [...] involves contractual agreement and the exchange of property rights, and the market consists in part of mechanisms to structure, organize and legitimate these activities. Markets, in short, are organized and institutionalized exchange. Stress is placed on those market institutions, which help to both regulate and establish a consensus over prices and, more generally, to communicate information regarding products, prices, quantities, potential buyers and potential sellers.” (aaO, 174). Vgl in diesem Zusammenhang das von v. Hayek geprägte Phänomen der „spontanen Ordnung des Marktes“, die auf der Basis der Reziprozität und der „rules of law“ er-
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rationale Ordnungspläne, die einen vernünftigen und gerechten Ausgleich der verschiedenen Interessen zum wechselseitigen Vorteil der Marktteilnehmer bezwecken3. Die Wirtschaftspolitik der westlichen Industriestaaten ist in weiten Bereichen vom Prinzip der Erhaltung des „freien Marktes“ geprägt. Insoweit sich Staat und Recht mit dem Markt beschäftigen, geschieht dies, um den Markt in seiner Funktionsfähigkeit zu erhalten, unbefriedigendes Marktverhalten zu verhindern und unerwünschte Marktergebnisse zu korrigieren. Zu diesem Zweck schafft der Staat mit den Mitteln des Rechts4 primär einen verbindlichen Ordnungsrahmen5, er ermächtigt staatliche Behörden unter Umständen aber auch zur Vornahme von direkten Eingriffen in das Marktgeschehen6. Ist der freie Markt außerstande, die ihm typischerweise zugewiesenen Wohlfahrtsfunktionen (Allokations-, Distributions- und Antriebsfunktion) auch weiterhin zu erfüllen, „versagt“ der Markt also, ist eine staatliche Marktkorrektur zum Zwecke der Wahrung fundamentaler gesamtvolkswirtschaftlicher Anliegen unumgänglich. Diese Korrektur kann, je nach dem zum Einsatz gelangenden Instrument, in unterschiedlicher Intensität erfolgen7. Die Etablierung einer Marktordnung durch den Staat stellt derzeit das höchstentwickelte und eingriffsintensivste Instrument dar, dessen sich der Staat zur Abwendung der negativen Folgen eines Marktversagens bedient8. Unter einer „Marktordnung“ wird ganz allgemein ein System von (staatlichen) Regelungen (Gesetze, Verordnungen) und Maßnahmen verstanden, das darauf hin abzielt (etwa durch gebundene Preise und mit Hilfe von Marktverbänden), einen bestimmten (sektoralen) Markt zu regulieren9. Sie ist ein Instrument der Wirtschaftslenkung10 und dient der Angebots- und Nachfragesteu-
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folgt (v. Hayek, Grundsätze einer liberalen Gesellschaftsordnung, in v. Hayek [Hrsg], Freiburger Studien - Gesammelte Aufsätze [1969] 108). Vgl Vogel, Der Markt - zwischen Freiheit und Ordnung, FS Köttl (1991) 9 (13 f). S dazu insb Funk, Das Wirtschaftsverwaltungsrecht als Teil des Wirtschaftsrechts, in FS Fröhler (1980) 299; Raschauer, Allgemeiner Teil, in Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2 (2003) Rz 1 ff. Das Wirtschaftsrecht bildet in seiner Gesamtheit nicht nur die gesetzliche Grundlage für das bestehende Marktsystem. Es ordnet in weitestem Sinne den Markt und regelt den auf diesem stattfindenden Wettbewerb. Vgl Donges/Freytag, Allgemeine Wirtschaftspolitik (2001) 127 ff. Vgl Arnold/Walzel v. Wiesentreu, Agrarmarktordnungen - ein Beispiel für den europa- und völkerrechtlich bedingten Wandel einer zentralen Einrichtung des Wirtschaftsrechts, FS Pernthaler (2005) 17 (17 f). Arnold/Walzel v. Wiesentreu (FN 7), 18. Vgl Lexikon-Institut Bertelsmann (Hrsg), Bertelsmann Lexikon Wirtschaft (1992) Stichwort „Marktordnung“, 439. Das Vorhandensein einer Marktordnung steht in einem deutlichen Widerspruch zum Prinzip der freien Marktwirtschaft. Grundsätzlich bestimmt sich am Markt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach dem Preis, der in einer freien Marktwirtschaft von den Marktteilnehmern selbst bestimmt werden kann. Durch eine Marktordnung werden indessen wesentliche Entscheidungsbefugnisse von Produzenten, Händlern und Verbrauchern in bestimmten Bereichen, etwa der Preisgestaltung, durch verbindliche staatliche Vorgaben beschränkt. Dies führt letztlich auch zu erheblichen Marktverzerrungen. Zum Begriff der Wirtschaftslenkung und zu den von ihr erfassten Maßnahmen umfassend Schulev-Steindl, Wirtschaftslenkung und Verfassung. Gesetzgebungs-
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erung auf Teilmärkten. Dabei werden die marktmäßigen Funktionen durch ein Bündel rechtlicher Gebote, Verbote und Anreize ersetzt, die in Summe eine funktionale Einheit bilden. In der rechtswissenschaftlichen Literatur gebräuchlich ist der von Herlemann geprägte Begriff der Marktordnung als ein „relativ geschlossenes, auf Dauer angelegtes, situationsunabhängiges und auf Interessenausgleich der Marktteilnehmer zielendes Regulierungssystem“11. Marktordnungen betreffen Erzeugnisse. Ihre Maßnahmen setzen typischerweise am Markt als prozessualem Geschehen an, sodass es sich bei ihnen im Falle des Agrarmarktes um Einrichtungen der Agrarmarktpolitik12 handelt. Der Agrarmarkt als Teil des Marktes ist die Gesamtheit aller auf landwirtschaftliche Erzeugnisse gerichteten Austauschbeziehungen zwischen Angebot und Nachfrage. Aufgrund seiner Besonderheiten neigt gerade der Agrarmarkt dazu, die ihm zugedachten typischen Funktionen nicht zu erfüllen bzw hinsichtlich seiner Ergebnisse hinter den politischen Erwartungen zurück zu bleiben: Während die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten eher konstant ist, unterliegt das Angebot solcher Erzeugnisse zum Teil starken jahreszeitlichen bzw zyklischen Schwankungen13. Insbesondere lässt sich vor allem im Bereich des Pflanzenanbaus die saisonal produzierte Menge quantitativ und qualitativ nicht genau im Vorhinein bestimmen, da beide Faktoren weitgehend
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kompetenz und grundrechtliche Schranken direkter Wirtschaftslenkung (1996) 1 ff. - Vgl auch Funk, Das System des österreichischen Wirtschaftslenkungsrechts, in Korinek/Rill (Hrsg), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts (1982) 53; Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2 (2003) Rz 601 und ff; Schäffer, Öffentliches Wirtschaftsrecht, in Schambeck (Hrsg), Parlamentarismus und öffentliches Recht in Österreich II (1993) 1149 (1283); Wenger/Raschauer, Recht der Wirtschaftslenkung, in Wenger (Hrsg), Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts II (1990) 147. - Eine Marktordnung bedeut direkte und beschränkende Intervention des Staates gegenüber der Wirtschaft, weshalb sie der Wirtschaftslenkung im engsten Sinne zuzuordnen ist. Herlemann, Landwirtschaftliche Marktordnungen, in Beckerath ua (Hrsg), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften VI (1959) 493. Zur Übernahme dieses Begriffes in der österreichischen Lehre vgl etwa Berger, Das Institut der Marktordnung als Instrument der wirtschaftslenkenden Verwaltung, ÖZW 1981, 35 (36 f); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998) 80 und dort Anmerkung 315 mit zahlreichen weiterführenden Hinweisen. Im Gegensatz dazu betreffen Einrichtungen der Agrarstrukturpolitik insbesondere Produktionsmittel und Produktionsbedingungen, wobei diese längerfristig an die Markterfordernisse angepasst werden sollen. - Dazu Arnold/ Walzel v. Wiesentreu (FN 7), 18 f. Unter einem Zyklus ist eine Sonderform mittelfristiger, gegenläufiger Preis- und Mengenschwankungen um einen Trend zu verstehen. Zyklen kommen auf Märkten zustande, auf denen eine atomistische Angebots- und Nachfragestruktur besteht. Charakteristisch sind eine verzögerte Anpassung des Anbieters (Produzenten) auf Preisänderungen, unmittelbar auf Preisänderungen reagierende Nachfrager sowie Preiserwartungen der Produzenten, die sich nach den Gegenwartspreisen richten. Wird das Marktgleichgewicht auf diesen Märkten durch äussere Einflüsse gestört, so kommt es letzlich zu zyklischen Schwankungen. Bekannt ist der sog „Schweinzezyklus“. Dieser Zyklus tritt in Ländern auf, die einen mehr oder weniger freien Markt für Schweine aufweisen (zB die Schweiz), wobei die Tiere in diesen Ländern vorwiegend mit marktgängigen, konzentrierten Futtermitteln gemästet werden. - Vgl dazu Rieder, Grundlagen der Agrarmarktpolitik (1983) 176 ff.
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witterungsabhängig sind14. Hinzu treten hohe Lagerkosten gerade für solche Produkte sowie deren begrenzte Lagerdauer, die wegen der leichten Verderblichkeit der Erzeugnisse zeitlich nicht unbegrenzt gestreckt werden kann. Angesichts dieser Umstände wird in der Wirtschaftstheorie sogar die These vertreten, dass das Marktversagen ein dem Agrarsektor „systemimmanenter“ Wesenszug sei15. Darüber hinaus können auch Importe aus Drittstaaten, in denen erheblich günstiger produziert werden kann als im Inland, zu erheblichen Marktstörungen führen. Die Folge davon sind starke Preisschwankungen, die geradezu zwangsläufig auf unbeeinflussten Märkten entstehen16. Um die negativen Auswirkungen dieser, den Agrarmarkt kennzeichnenden Zyklen möglichst abzufedern, sind viele Staaten bereits frühzeitig dazu übergegangen, spezielle Regelungen für den Agrarmarkt zu treffen17. Die Intensität, mit der von staatlicher Seite her Einfluss auf das Agrarmarktgeschehen genommen wird, weist dabei unterschiedliche Stufen auf. Gleiches gilt auch für die Regelungsdichte. Stärkstes Instrument ist in diesem Zusammenhang die Agrarmarktordnung. Darunter ist in einem allgemeinen Sinn ein System von Maßnahmen zur Lenkung und Regulierung der Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu verstehen18.
2. Grundsätzliche Ziele und Instrumente der Agrarmarktordnung a) Ziele der Agrarmarktordnung Eine Marktordnung dient regelmäßig einer Vielzahl von wirtschafts- und rechtspolitischen Zwecken, indem sie über die Substitution des Marktes hinaus jene negativen Folgen auszugleichen sucht, die durch das freie Spiel der wirtschaftlichen Kräfte am Markt hervorgerufen werden. Die Agrarmarktordnung bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Vorrangiges (primäres) Ziel der Agrarmarktordnung ist die Sicherung der Selbstversorgung der einheimischen Bevölkerung mit agrarischen Produkten19. Zugleich soll der Agrarmarkt als solcher möglichst stabil gehalten 14 15 16 17
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Vgl Rieder (FN 13), Grundlagen, 13. Vgl mwN Schmitt, Landwirtschaft - ein Ausnahmebereich? Eine alte Frage und eine neue Antwort, ORDO 41 (1990) 219 ff (220). Vgl Eiden, § 22 Die Landwirtschaft, in Bleckmann, Europarecht5 (1990) Rz 1582 ff. So allgemein Schmitt (FN 15), 219. - Speziell auf die Mitgliedstaaten des EWGV bezogen Boest, Die Agrarmärkte der EWG (1984) 38 ff. Tatsächlich bestanden bereits vor dem Inkrafttreten des EWGV zahlreiche nationale Stützungsmaßnahmen zu Gunsten der Landwirtschaft, wie etwa Einfuhrzölle, niedrige Einfuhrkontingente, Fix-, Höchst- und Mindestpreise, Beihilfen etc. Auf diese Maßnahmen sollte auch bei Errichtung des Gemeinsamen Marktes nicht verzichtet werden. - Vgl in diesem Zusammenhang auch Gorn, Struktur und Bestimmungsgründe der Agrarprotektion. Food Crops versus Cash Crops, Konjunkturpolitik 1992, 86 ff. S Brockhaus Enzyklopädie I19 (1986) Stichwort „Agrarmarktordnungen der EG“ 222. Im Wesentlichen geht es darum, durch Subventionierung aber auch sonstige Maßnahmen zu verhindern, dass die heimische Landbewirtschaftung langfristig aufgegeben wird, weil viele Betriebe infolge billiger Agrarimporte nicht mehr kostendeckend produzieren können. Der Selbstversorgungsaspekt und damit die Vermeidung von zu starken Abhängigkeiten vom internationalen Markt spielt hierbei eine tragende Rolle.
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werden. Hinzu kommt die Stabilisierung der Preise. Dies dient einerseits dem Schutz der Konsumenten, die auch im Falle einer Angebotsverknappung mit vernünftigen Einkaufspreisen rechnen können sollen. Andererseits dient die Preisstabilität auch der Sicherung der Existenzfähigkeit der produzierenden Landwirte, die selbst bei einem Überangebot auf dem Markt einen bestimmten Mindestabnahmepreis für ihre Agrarprodukte erhalten20. Mit der Agrarmarktordnung soll aber nicht nur die Erzeugung einer bestimmten Quantität von Agrarprodukten sichergestellt werden, sie zielt überdies auch auf eine Qualitätssicherung hin ab. Agrarprodukte, die bestimmte qualitative Standards unterschreiten, dürfen als solche nicht auf den Markt gebracht werden. Normalerweise regelt sich die Produktqualität über den Markt selbst, indem minderwertige Produkte vom Konsumenten einfach nicht gekauft werden. Da dieses natürliche Marktkorrektiv bei geregelten Märkten von vornherein nicht garantiert ist, sind qualitative Vorgaben bei den Produkten gesetzlich abzusichern21. Neben den genannten unmittelbaren (primären) Zielen können noch zahlreiche andere Ziele hinzutreten bzw treten solche in der Praxis hinzu, die mittelbar bzw indirekt mit der Agrarmarktordnung verfolgt werden („sekundäre Ziele“)22. So erfüllt beispielsweise gerade in alpinen Regionen der Landwirt häufig auch eine landschaftspflegerische Funktion, in der er erhalten werden soll23. Die Unterstützung und Erhaltung der Agrarproduktion in diesem Bereich ist daher vor allem auch aus raumplanerischen Erwägungen heraus sinnvoll. Zu denken ist aber auch an die Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft sowie an die Sicherstellung der fortdauernden Besiedlung im ländlichen Raum (Verhinderung der Landflucht)24. 20 21 22
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Vgl Holzer/Kaiser, Probleme der Agrarmarktordnung - ein Diskussionsbeitrag (1974) 11 ff. Vgl Wimmer/Arnold (FN 11), 81 f. Dabei ist es durchaus möglich, dass sich insofern ein Wandel innerhalb der einzelnen Zielsetzungen ergibt, als ursprünglich primäre Ziele infolge der marktmäßigen Entwicklung immer mehr an Bedeutung verlieren, während sekundäre Ziele stärker in den Vordergrund treten. Dieses Phänomen ist beispielsweise bereits seit längerem in der Agrarstrukturpolitik der Gemeinschaft zu bemerken. Angesichts der landwirtschaftlichen Überschussproduktionen, die weder finanzierbar noch über den Markt absetzbar sind, versucht man, das traditionelle Rollenbild des Landwirtes als reiner Produzent agrarischer Erzeugnisse aufzubrechen und in Richtung eines Landschaftsgestalters und Bewahrers von Kulturgrund zu verändern. Dieser Prozess steht allerdings noch in seiner Anfangsphase und ist daher noch lange nicht abgeschlossen. Grundlegend Bach, Bäuerliche Landwirtschaft im Industriezeitalter. Ansatz zu einer ganzheitlichen Theorie der Agrarpolitik (1967) 16 ff. - Vgl auch Walzel v. Wiesentreu, Grundfragen des Liegenschaftsverkehrs nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, ImmZ 1995, 267 und 291 (268) mwN. Es ist freilich nicht ganz auszuschließen, dass die Erhaltung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft im Wege des Agrarprotektionismus zum Teil auch durch romantisierende Vorstellungen, welche die überwiegend in den Städten lebende Bevölkerung mehr denn je mit diesem Erwerbszweig verbindet, motiviert ist. Für sich allein genommen dürfte dieser Umstand allerdings nicht als Begründung dafür ausreichen, dass eine international nicht mehr wettbewerbsfähige Landwirtschaft allein durch Subventionen auf Dauer aufrecht erhalten wird. Vgl dazu auch Gorn, Konjunkturpolitik (1992) 96 ff.
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b) Instrumente der Agrarmarktordnung So vielfältig, wie die Ziele sind, die durch eine Agrarmarktordnung erreicht werden sollen, so vielgestaltig sind auch die Instrumente und Maßnahmen, die zur Erlangung dieser Ziele eingesetzt werden können. Die Steuerung beschränkt sich dabei nicht nur auf den Binnenmarkt, sondern sucht auch so weit als möglich - und nach bilateralem bzw multilateralem Handelsrecht zulässig den Außenhandel mit einzubeziehen. Die Bandbreite möglicher Gestaltungsmittel reicht - bezogen auf den Binnenmarkt - von der öffentlichen Vorratshaltung und Interventionskäufen über die Unterstützung produzierender Betriebe durch direkte und indirekte Subventionen bis hin zur unmittelbaren Produktions- und Qualitätskontrolle durch entsprechend verbindliche Vorgaben sowie zur staatlichen Preisregelung als intensivster Form staatlicher Markteingriffe25. Die Regulierung und Kontrolle des Außenhandels erfolgt in aller Regel über tarifäre sowie nichttarifäre Maßnahmen, wie die Vergabe von Importund Exportlizenzen, die Auferlegung von Zöllen und Importabgaben, durch Exporterstattungen und Exportabgaben sowie durch die Statuierung von Schutzklauseln. Bei diesen Maßnahmen geht es primär darum, die Übersicht über die stattfindenden Import- und Exportströme zu bewahren. Zudem soll die Einhaltung von Qualitäts- und Vermarktungsstandards sichergestellt werden.
3. Entstehung und Entwicklung der Agrarmarktordnung a) Erste Ansätze Rein historisch gesehen lässt sich der Gedanke wirtschaftslenkender Maßnahmen im agrarischen Bereich im Grunde genommen bis in das Mittelalter zurückverfolgen. Bereits damals bestanden Regeln, die die Bauern dazu verpflichteten, ihre Erzeugnisse einer bestimmten Stadt anzubieten26. Unter Maria Theresia wurden „Agrarmarktordnungen“ erlassen, durch die Grundherren und Bauern eigens eingerichteter „Widmungsdistricte“ verpflichtet waren, die in diesen Distrikten erzeugten landwirtschaftlichen Produkte bestimmten Märkten zuzuführen27. Dadurch sollte die Versorgung dicht besiedelter Gebiete (Städte, „Eisengebiete“ etc) mit Agrarprodukten sichergestellt werden28. Wenngleich es sich bei den Theresianischen „Agrarmarktordnungen“ noch nicht um Marktordnungen im modernen wirtschaftsrechtlichen Sinne gehandelt hat, weil es ihnen an der Geschlossenheit des Regulierungssystems mangelte, wiesen diese dennoch bereits einzelne Merkmale und Wesens-
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Dazu statt aller Wimmer/Arnold (FN 11), 81 ff. Vgl etwa Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte4 (1990) 110 f Dazu Tautscher, Wirtschaftsgeschichte Österreichs auf der Grundlage abendländischer Kulturgeschichte (1974) 337 ff. Zu solchen Ansätzen einer Regulierung des Agrarmarktes ua Baltl/Kocher, Österreichische Rechtsgeschichte10 (2004) 111, 149. - S auch Axer, Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sache (1994) 23 ff; Tautscher, (FN 27), 337 ff. - Zur Ähnlichkeit der „Widmungsdistricte“ als Güterschleuse mit der Einrichtung der „Einzugs- und Versorgungsgebiete“ in der österreichischen Milchmarktordnung nach dem Zweiten Weltkrieg s Wimmer/Arnold (FN 11), 82, insb FN 324.
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elemente auf, die für eine Marktordnung typisch sind29. Dennoch handelte es sich bei solchen staatlichen Eingriffen in das Wirtschaftsgeschehen über lange Zeit hinweg eher um eine seltene Ausnahme denn um die Regel. Noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts bestand die vornehmliche Aufgabe des Staates seinem Selbstverständnis gemäß in der Erhaltung und Gewährleistung der bestehenden wirtschaftlichen Rahmenordnung, ohne dass in diese gestaltend eingegriffen wurde30. b) Die Ursprünge der österreichischen Agrarmarktordnung Die Industrialisierung, die im Gefolge der Erfindung und Entwicklung der Dampfmaschine einsetzte, führte zur Ersten Agrarkrise, die in die Zeit von 1870 bis 1890 fällt und die Landwirtschaft ganz Europas traf. Mit dem Bau von Eisenbahnen und Dampfschiffen waren erstmals Massentransportmittel geschaffen, die unter anderem den Weizen der neu erschlossenen amerikanischen Prärien in großen Mengen nach Europa und somit auch in das Gebiet der k.u.k. Monarchie bringen konnten. Binnen kürzester Zeit brach der heimische Getreidemarkt zusammen, der Getreideanbau ging in ganz Europa drastisch zurück31. Es dauerte von 1890 an mehr als zwei Jahrzehnte, bis sich die Landwirtschaft wieder etwas erholt hatte. 1914, im Jahr des Ausbruches des Ersten Weltkrieges, war durch die Abwanderung in die Industrie ein enormer wirtschaftlicher Strukturwandel vollzogen32. Die inländische Selbstversorgung mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen war zu diesem Zeitpunkt (vor allem wegen der ungarischen und rumänischen Anbaugebiete, den „Kornkammern der Monarchie“) allerdings nicht gefährdet, sodass sich der Staat zu keinem Eingreifen veranlasst sah. Die staatliche Zurückhaltung änderte sich schlagartig im Gefolge der Ereignisse des Ersten Weltkrieges. Kriegswirtschaftliche Notwendigkeiten, insbesondere Mangelsituationen33, ließen massive staatliche Eingriffe in den Wirtschaftsablauf erforderlich werden34. Um drohenden Verknappungserscheinungen am Markt zu entgehen oder effektive Verknappungen zu beseitigen, wurde eine straffe Lebensmittelbewirtschaftung eingeführt. Diese auf dem Notverordnungsrecht der Regierung35 beruhenden Maßnahmen waren jedoch nur auf 29 30 31 32 33 34
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So zutreffend Wimmer/Arnold, Wirtschaftsverwaltungsrecht in Österreich. Stand und Entwicklung (1987) 13 mwN. Zum liberalen Staatsverständnis des 19. Jahrhunderts und seinen Auswirkungen auf die Wirtschaftsordnung vgl Wimmer/Arnold (FN 29), 15 ff. Vgl Eichler, Dimensionen des Agrarrechts. Landeskultur, Marktordnung und Ernährungssicherung (1987) 217. Vgl Butschek, Die österreichische Wirtschaft im 20. Jahrhundert (1985) 26. Zu diesen Butschek (FN 32), 26 f. Vgl Eichler (FN 31), 217 f. - Eine vornehmlich auf die seinerzeitigen politischen Akteure und deren Leistungen abstellende Chronologie bietet Labuda, Agrarrecht, in Schambeck (Hrsg), Parlamentarismus und öffentliches Recht II (1993) 1339 (1343 ff). Mit kaiserlicher Verordnung vom 10.10.1914, RGBl 274, wurde die Regierung ermächtigt, aus Anlass der durch den Kriegszustand verursachten außerordentlichen Verhältnisse die notwendigen Verfügungen auf wirtschaftlichem Gebiet zu treffen. Diese Verordnung wurde am Höhepunkt des Krieges, und zwar am 27.7.1917, durch das sogenannten „Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz“, RGBl 1917/307, ab-
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die tatsächliche Zeit der Verknappung beschränkt, womit ihnen das der Marktordnung eigentümliche Element der Dauer fehlte. Den eigentlichen Beginn der modernen österreichischen Agrarmarktordnungsgesetzgebung markieren schließlich die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts. Damals wurde unter dem unmittelbaren Eindruck der Weltwirtschaftskrise, die wegen des verbreiteten Kaufkraftschwundes weltweit zur Zweiten Agrarkrise führte, ein Bündel von Rechtsvorschriften erlassen36, mit dem die Bereiche der Milch- und Viehwirtschaft einem marktordnungsähnlichen Regime unterstellt wurden. Die Industrie geriet in ernsthafte Schwierigkeiten, die sich rasch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machten. Massenarbeitslosigkeit und deutlich verminderter Konsum waren die Folgen. Es kam zu Preiseinbußen und Absatzschwierigkeiten für die Landwirtschaft: Das steigende Überangebot an landwirtschaftlichen Produkten konnte über den freien Markt nicht mehr abgesetzt werden. Um den Zusammenbruch des Agrarmarktes zu verhindern, wurde vom österreichischen Parlament schließlich die Setzung planwirtschaftlicher Maßnahmen beschlossen37. Mit diesen Maßnahmen wurden unter anderem die Sicherung einheitlicher Preise, die Gewährleistung einer angemessenen Marktbeschickung, die Absatzförderung sowie die Qualitätssteigerung bezweckt. c) Die Entwicklung der österreichischen Agrarmarktordnung bis zum Beitritt zur EU Mit der Besetzung Österreichs durch die Truppen des Deutschen Reiches im März 1938 und der Eingliederung ins Reich erfolgte zugleich auch die Einführung deutschen Rechts38. Für die bis dahin bestehende österreichische Landwirtschaft des Ständestaates bedeutete dies die Eingliederung in die seinerzeit gültige, allumfassende Marktordnung der deutschen Nährstandsgesetzgebung39. Diese mündete im weiteren Verlauf in die kriegsbedingte Zwangswirt-
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gelöst. Das zuletzt genannte Gesetz wurde formell erst ab 11.9.1946 mit BVG BGBl 1946/143 aufgehoben. - Speziell dazu Hasiba, Das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz von 1917, FS Hellbling (1981) 543. - Vgl in diesem Zusammenhang auch Wimmer/Arnold (FN 29), 22 ff mwN. Zu den erlassenen Vorschriften im einzelnen Eichler (FN 31), 218 ff; Holzer/Kaiser (FN 20), 4 f. Vgl Korp, Der Milchwirtschaftsfonds, in Pittermann (Hrsg), Mensch und Staat. Handbuch der österreichischen Politik II (1962) 335 (336 f); Staribacher, Der Viehverkehrsfonds, in Pittermann (Hrsg), Mensch und Staat. Handbuch der österreichischen Politik II (1962) 352 (352 f). Mit dem 1. Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Einführung deutscher Reichsgesetze vom 15.3.1938, RGBl 1938 I S 247 (GBlÖ 1938/6) wurde der Geltungsbereich der Verkündungsblätter des Reiches auf Österreich ausgedehnt. Ebenso wurde verfügt, dass ab dem 14.3.1938 publizierte Reichsgesetze auch in Österreich Geltung erlangen sollten, soweit keine andere Regelung getroffen wurde. Zum Text des Erlasses s Pfeifer, Die Ostmark. Eingliederung und Neugestaltung (1941) 27 f. Zentrale Norm bildete das Reichsnährstandsgesetz, RGBl 1933 I S 626, das für Österreich durch Verordnung vom 14.5.1938, RGBl I S 523 (GBlÖ 1938/152) in Kraft gesetzt wurde. Der nationalsozialistische Staat trachtete von Anfang an danach, auch die Wirtschaft in seine Dienste zu stellen und für seine Zwecke zu missbrauchen. Die zentralistisch gesteuerte Agrarpolitik wurde dabei als besonders
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schaft. Im Zentrum der landwirtschaftlichen Marktordnung stand eine Marktorganisation, die alle Beteiligten (dh sowohl landwirtschaftliche Erzeuger als auch verteilende und verarbeitende Betriebe) erfasste und zwangsweise zu einer Gesamtkörperschaft, dem so genannten „Reichsnährstand“, verband. Die Durchführung der Marktordnung oblag im Wesentlichen den durch branchenweisen Zusammenschluss gebildeten Marktverbänden, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts eingerichtet waren. Die Bewirtschaftungsmaßnahmen waren umfassend und bildeten eine geschlossene Kette, die vom Erzeuger bis zum Verbraucher reichte40. Die reichsrechtlichen Bewirtschaftungsbestimmungen blieben zunächst auch nach der Wiederherstellung der Republik Österreich im Hinblick auf das Rechtsüberleitungsgesetz, StGBl 1945/6, in Geltung41. Erst als sich zeigte, dass das Nebeneinander von ehemals reichsdeutschem und österreichischem Recht im Bereich der Lebensmittelbewirtschaftung in der Praxis erhebliche Probleme aufwarf, ging man dazu über, ein eigenständiges System der Marktordnung zu schaffen, das zwar auf reichsdeutschen Vorbildern aufbaute, diese aber inhaltlich deutlich weiterentwickelte und verfeinerte. So wurde im Jahre 1948 das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz42 erlassen, dessen Zweck in der Versorgungssicherung bestand. Da vor allem die landwirtschaftliche Interessenvertretung der Ansicht war, dass die Agrarmärkte auch nach dem Außerkrafttreten der kriegs- und nachkriegsbedingten Bewirtschaftungsvorschriften nicht dem freien Spiel wirtschaftlicher Kräfte überlassen bleiben dürften, wurden zur Sicherung stabiler Preise für die drei landwirtschaftlichen Haupterzeugnisse Milch, Getreide und Vieh entsprechende Gesetze erlassen. Mit der Erlassung des Milchwirtschaftsgesetzes, des Getreidewirtschaftsgesetzes und des Viehwirtschaftsgesetzes jeweils im Jahre 1950 wurde die eigentliche österreichische Agrarmarktordnung konstituiert. Die Vollziehung der Marktordnung wurde drei eigens mit den Gesetzen geschaffenen Fonds, dem Milchwirtschafts-, dem Getreideausgleichs- und dem Viehverkehrsfonds, überantwortet, weshalb diese Gesetze auch als „Fondsgesetze“ bezeichnet wurden43. Von besonderer prakti-
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leuchtendes Beispiel einer Verwirklichung des Nationalsozialismus auf wirtschaftlicher Ebene angesehen. - Näheres dazu bei Wimmer/Arnold (FN 29), 37 und dort Anmerkung 79. Ausführlich Johannsen, Staat und Landwirtschaft (1968) 53 ff. Zur Situation der Landwirtschaft unmittelbar nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges s Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts II5 (1953) 280 ff; Eichler (FN 31), 222 ff. Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1948, BGBl 1948/28. - Das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz trat im Jahre 1950 weitgehend außer Kraft, wurde allerdings bereits zwei Jahre später im Gefolge der Koreakrise wiederverlautbart stand als Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1952, BGBl 1952/183, bis 1997 in Geltung. Zum derzeit gültigen Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997, BGBl 1996/789, das den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Falle von Versorgungsstörungen in umfassender Weise zur Setzung entsprechender Lenkungsmaßnahmen im Verordnungswege ermächtigt, s Binder Wirtschaftsrecht2 (1999) Rz 1591 ff. Vgl Holzer/Kaiser (FN 20), 7. - Zu den einzelnen Fonds s neben den in FN 37 genannten Autoren auch Schnabl, Der Getreideausgleichsfonds, in Pittermann (Hrsg), Mensch und Staat. Handbuch der österreichischen Politik II (1962) 342.
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scher Bedeutung erwiesen sich in diesem Zusammenhang die in langjähriger historischer Tradition gewachsenen Verwertungsgenossenschaften für Milch44 und Vieh, wobei anzumerken ist, dass der Wettbewerb vor allem mit der nichtgenossenschaftlichen Milchwirtschaft durch die Eingriffe des Marktordnungsgesetzes allerdings faktisch kaum mehr gegeben war45. Der Inhalt der Fondsgesetze wurde mit einigen Änderungen und Ergänzungen 1958 zum Marktordnungsgesetz46 zusammengefasst, das in der Folge die Grundlage für die Milch-, Getreide- und Viehwirtschaft in Österreich bildete. Das Marktordnungsgesetz wurde fortlaufend an die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst und nach zahlreichen Novellierungen schließlich als Marktordnungsgesetz 198547 wiederverlautbart48. Bereits 1976 wurde die Viehwirtschaft aus dem Anwendungsbereich des Marktordnungsgesetzes genommen und einem eigenen rechtlichen Regime, das sich durch abgeschwächte Regulierungsmechanismen auszeichnete, unterstellt. Während in den Bereichen Milch- und Getreidewirtschaft Allokation und Distribution im Wege staatlicher Gebote und Verbote gesteuert wurden, wodurch sie den Markt eigentlich ersetzten, baute das viehwirtschaftsrechtliche Instrumentarium am Marktmechanismus selbst auf, der mittels Angebots- und Nachfragemanipulation sowie durch Verstärkung der Markttransparenz beeinflusst werden sollte49. Mit dem Viehwirtschaftsgesetz 197650 wurde der Viehverkehrsfonds aufgehoben. Seine hoheitlichen Verwaltungsaufgaben wurden einer beim Landwirtschaftsministerium neu eingerichteten Vieh- und Fleischkommission übertragen51. Der Erfolg der landwirtschaftlichen Marktordnung war so groß, dass über die Sicherstellung der Versorgung der einheimischen Bevölkerung hinaus bald eine enorme Überschussproduktion erzielt wurde, deren Abnahme letztlich staatlich garantiert wurde, sodass sich die produzierenden Betriebe in der Folgezeit betriebswirtschaftlich und produktionstechnisch darauf einstellten. Dadurch wurde eine Rückkehr zur Markwirtschaft politisch nahezu unmöglich. Bis zum Beitritt Österreichs zur Europäischen Union bildete das wiederverlautbarte Marktordnungsgesetz 198552 die zentrale Norm der österreichischen 44
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Und hier wiederum insbesondere die mit allen Sparten der Milchverwertung befassten Molkereigenossenschaften. - Zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen vgl im einzelnen Berger (FN 11), 37 ff. Anderes galt hingegen - wenn auch ebenfalls mit gewissen Einschränkungen - für die Viehwirtschaft. - Ausführlich Ruppe, Das Genossenschaftswesen in Österreich (1970) 60 ff. BGBl 1958/276. BGBl 1985/210 (WV). Zur Rechtsentwicklung im einzelnen s Eichler (FN 31), 230 ff. Berger (FN 11), 40. BGBl 1976/258. Vgl Kaiser, Der Vieh- und Fleischmarkt, WiPolBl 1978, 69. - Zur Entwicklung dieses Marktes s Handschur, Markt für Lebendvieh und Fleisch, FS Köttl (1991) 191; Plank, Markt für Zucht-, Nutz- und Schlachtvieh, FS Köttl (1991) 183.. BGBl 1985/210 (WV) idF BGBl I 2006/18 (VfGH). Im Zuge des EU-Beitrittes wurden die Abschnitte A bis D des MOG 1985 - wie auch das Viehwirtschaftsgesetz 1983 - aufgehoben. Das Restgesetz enthält nunmehr - neben den bestehen gebliebenenen Straf-, Übergangs- und Schlussbestimmungen des Abschnitt E - in einem
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Agrarmarktordnung53. Es ordnete die gesamte Milch- und Getreidewirtschaft nach planwirtschaftlichen Grundsätzen54, wobei es dem Gesetzgeber schon lange Zeit vor der Wiederverlautbarung des Marktordnungsgesetzes 1985 mehr um die Existenzsicherung der produzierenden Betriebe denn um die Garantie der Versorgung des Marktes ging55: Mitte der siebziger Jahre wurden vor allem von den milchproduzierenden Betrieben infolge der staatlichen Stützung enorme Überschüsse erzielt, die am freien Markt infolge stagnierenden Inlandverbrauches nicht abzusetzen waren56. Die Umstellung auf die Marktwirtschaft hätte notwendig deutliche Produktionsminderungen erzwungen, was zahlreiche Betriebe jedoch wirtschaftlich nicht überlebt hätten. Mit dem Marktordnungsgesetz 1985 wurden hauptsächlich protektionistische Aufgaben verfolgt. Erklärte Ziele waren der Schutz der inländischen Milch- und Getreidewirtschaft, die Sicherung eines möglichst einheitlichen Erzeuger- und Verbraucherpreises für Milch und Milcherzeugnisse bzw die Stabilisierung der Brot- und Mehlpreise sowie die gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit ausreichenden und qualitativ hochwertigen Milch- und Getreideprodukten. Zur Erreichung dieser Ziele sah das Gesetz ein ganzes Bündel von Maßnahmen und Instrumenten vor, die etwa Produktionsregelungen, Mengenregulierungen, Qualitätssicherungen, Lagerhaltungspflichten, Verteilungsregelungen, Import- und Exportregelungen, verbindliche Preisfestsetzungen bzw die Festsetzung von Richtpreisen sowie Ausgleichsregelungen durch die Verknüpfung von Abschöpfungen und Zuschüssen (zB Transportkostenausgleich) umfassten57. Neben der Marktordnung für Milch und Getreide sowie der marktordnungsähnlich geregelten Viehwirtschaft gab es noch weitere, zum Teil allerdings deutlich abgeschwächte Regulierungsmechanismen in den Bereichen Geflügelwirtschaft58, Weinwirtschaft59 und Zuckerwirtschaft60, die in ihrer
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neuen Abschnitt F Regelungen über die Durchführung der mit dem Beitritt Österreichs zur EU wirksam gewordenen „Gemeinsamen Marktorganisationen“. Die Viehwirtschaft, also die Aufzucht und Verarbeitung von Schlachttieren (als solche galten Pferde, Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen) einschließlich der Erzeugung von Fleisch bzw Fleischwaren sowie tierischen Fetten, war ja bereits seit 1976 aus dem Anwendungsbereich des Marktordnungsgesetzes herausgenommen und einem eigenen rechtlichen Regime, das in weitaus geringerem Umfange den Einsatz marktordnungsmäßiger Instrumente vorsah, unterstellt worden. Das Viehwirtschaftsgesetz 1976 wurde als Viehwirtschaftsgesetz 1983, BGBl 1983/621, wiederverlautbart und in der Folgezeit zu zahlreichen Malen novelliert. Ausführlich zu dem durch das Marktordnungsgesetz 1985 konstituierten System Binder, Wirtschaftsrecht. Systematische Darstellung (1992) Rz 1075 ff; Walter/Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2 (1987) 247 ff. Vgl in diesem Zusammenhang bereits Bös, Die agrarischen Subventionen als Produzenten- oder Konsumentensubventionen, FS Korinek (1972) 245. Vgl Gurtner, Das Milchmarktproblem, WiPolBl 1978, 56; Hohenecker, Angebot und Nachfrage am Milchmarkt, FS Köttl (1991) 157 (162 ff); Manhardt, Be- und Verarbeitung von Milch und ihre Verankerung in der Marktordnung, FS Köttl (1991) 169 (174 ff); Schaffer, Der Milchmarkt: Situation und Perspektiven, WiPolBl 1978, 42. Vgl Berger (FN 11), 37 ff. Geflügelwirtschaftsgesetz 1988, BGBl 1987/579. Weingesetz, BGBl 1985/444.
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Gesamtheit die landwirtschaftliche Marktordnung Österreichs konstituierten, wie sie vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union bestanden hat61. Flankierend dazu bestanden zahlreiche weitere Gesetze, die einen inneren Zusammenhang zur Agrarmarktordnung aufwiesen und diese unterstützten62. An dieser Stelle sind insbesondere zu nennen das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz63, das Mühlengesetz64, das Preisgesetz65 sowie das Landwirtschaftsgesetz66. 1992 wurde als Marktordnungsstelle die „Agrarmarkt Austria“, kurz: AMA, mit Sitz in Wien errichtet. Die AMA trat an die Stelle des Milchwirtschaftsfonds, des Getreidewirtschaftsfonds, des Mühlenfonds67 und der Viehund Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, wobei ihr ex lege auch sämtliche Aufgaben der genannten Fonds übertragen worden sind. Daneben hat die AMA umfassende Pflichten im Bereich der Markt- und Preisberichterstattung, der Qualitätssteigerung und der Marketingförderung zu erfüllen. Hauptaufgabe aber ist die Abwicklung der Förderungsverwaltung bezüglich agrarischer Produkte in jenem Umfang, in dem eine Übertragung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erfolgt ist. d) Die Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik Die ursprüngliche Konzeption der Europäischen Gemeinschaft war die einer Gemeinschaft mit wirtschaftlichen Zielen. Der Wille zur Verwirklichung einer politischen Union wurde erst zu einem weitaus späteren Zeitpunkt, nämlich zu Beginn der siebziger Jahre, zum Ausdruck gebracht. Obwohl der freie, ungehinderte Warenverkehr seit jeher eine der tragenden Säulen der wirtschaftlichen Gemeinschaft darstellte, wurde der Landwirtschaft unter Durchbrechung dieses Prinzips bereits im Gründungsvertrag der EWG eine bedeutende Ausnahmestellung eingeräumt: Das traditionell agrarisch geprägte Frankreich wollte unter allen Umständen seine Landwirtschaft absichern, da es erhebliche gesamtwirtschaftliche Nachteile aus der freien Verkehrsfähigkeit deutscher
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Zuckergesetz, BGBl 1967/217. Vgl Binder (FN 54), Rz 1075 - 1113. So Walter/Mayer (FN 54), 249. - Zu dem damals bestehenden System s Wenger/Raschauer (FN 10), 183 ff. BGBl 1952/183. BGBl 1981/206. BGBl 1976/260. BGBl 1976/299. Näheres zu den drei genannten Fonds bei Stolzlechner, Öffentliche Fonds. Eine Untersuchung ihrer verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Hauptprobleme (1982) 368 ff. - Seiner Ansicht, wonach es sich bei den überaus komplexen und wirtschaftspolitisch eminent bedeutsamen Aufgaben, die diesen Fonds überantwortet worden sind, „um die höchstentwickelte Stufe der Übertragung öffentlicher Funktionen auf Fonds“ handelte, ist beizutreten. - Antoniolli, Allgemeines Verwaltungsrecht (1954) 139, ging sogar noch weiter, indem er die Fonds „als Verwaltungsbehörden, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit Rechtspersönlichkeit, dh mit Vermögen, ausgestattet wurden“ charakterisierte.
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Industrieprodukte befürchtete, die es glaubte, nur auf diesem Wege kompensieren zu können68. Bei der Ausarbeitung des Vertrages von Rom ging man davon aus, dass zur Steuerung der Agrarmärkte marktregulierende Maßnahmen notwendig sind, um zu verhindern, dass sich jemals wieder eine Weltagrarkrise derart negativ auf Europa auswirken könnte, wie dies zu Beginn der dreißiger Jahre geschehen ist. Dementsprechend wurden im EWG-Vertrag Ziele und Methoden bei der Gestaltung einer Gemeinsamen Agrarpolitik grundgelegt, deren Grundlinien erstmals mit der Konferenz von Stresa 1958 erarbeitet und in der „Entschließung von Stresa“69 veröffentlicht werden. 1959 folgt der „1. Mansholt-Plan“ der Kommission. Die in diesem Zusammenhang formulierten Grundsätze der Gemeinsamen Agrarpolitik (Einheit des Marktes, Gemeinschaftspräferenz, finanzielle Solidarität - näher dazu unten im Text) gelten dabei noch heute70. Die Gemeinsame Agrarpolitik beinhaltet sowohl eine gemeinsame Agrarmarktpolitik als auch eine gemeinsame Agrarstrukturpolitik71. Der Erreichung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik soll eine Gemeinsame Organisation der Agrarmärkte dienen. Da der Begriff der „Gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte“72 im EWG-Vertrag nicht näher definiert worden ist, fehlte es der Gemeinschaft schon dem Grunde nach an einer dogmatischen Grundlage, auf deren Basis sich ein einheitliches gemeinschaftliches Marktordnungsrecht hätte entwickeln können. Infolgedessen wurden - aufbauend auf dem „1. Mansholt-Plan“ - von 1962 an schrittweise zahlreiche spezielle Marktordnungen verwirklicht, die sich im Aufbau, aber auch in der Intensität der Marktbeeinflussung, zum Teil deutlich unterschieden. Die weitere Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik wurde im Wesentlichen vom „2. Mansholt-Plan“ vom 18.12.196873 und vom Grünbuch der Kommission vom 23.7.198574 geprägt. Dabei rückten in verstärktem Maße der
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Das Vereinigte Königreich bezog hingegen stets eine ablehnende Haltung gegenüber der Einbeziehung der Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt. Bekanntlich hat sich das französisch-deutsche „Agrarbündnis“ bei den Verhandlungen durchgesetzt, was unter anderem dazu führte, dass das Vereinigte Königreich den Vertrag zur Gründung der EWG nicht unterzeichnete. Andererseits erklärt sich aus dem Zusammenschluss Frankreichs und Deutschlands in der Agrarfrage deren Vormachtstellung in der Gemeinschaft. - Zu den politischen Hintergründen und dem Ablauf der Verhandlungen vgl etwa Adenauer, Erinnerungen 1955-1959 (1967) 252 ff. Allgemein dazu Pezaros, The Common Agricultural Policy in the Pliers of the Multilateral Trading System: Origins, Evolution and Future Challenges, in Bilal/Pezaros (Ed), Negotiating the Future of Agricultural Policies: Agricultural Trade and the Millenium WTO Round (2000) 51 (52 ff). Abl 1958, 281 ff. Schweitzer/Hummer, Europarecht5 (1996) Rz 1372. Wimmer/Arnold (FN 11), 88 ff, sprechen im Hinblick auf die gemeinsame Agrarmarktpolitik und die gemeinsame Agrarstrukturpolitik zutreffend von den „beiden Armen“ der Agrarpolitik der Gemeinschaft. Vgl nunmehr Art 34 Abs 1 EGV. BullEG 1969, Sonderbeilage 1. BullEG 7-8/1985, 12 ff.
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Abbau der Überschussproduktionen, der Umweltschutz und die Strukturpolitik in das Zentrum der Bemühungen der Gemeinschaft. Im Frühsommer 1992 wurde - nicht zuletzt auch auf Grund des starken außereuropäischen Druckes, insbesondere der USA - eine umfassende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik verabschiedet, die als „MacSharry-Plan“75 in die Annalen der Gemeinschaft eingegangen ist. Das Kernstück der Reform bildete eine erhebliche Senkung der Interventionspreise bei gleichzeitiger Anhebung von Direktzahlungen an die Landwirte mit dem Ziel, die Überproduktion sowie die im Rahmen des GATT problematische Direktsubventionierung von Agrarprodukten abzubauen, um diese durch Preissenkung auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger zu machen76. Mit der „Agenda 2000“77, die für den Zeitraum 2000 - 2006 den Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik absteckt, wurde das 1992 begonnene grundlegende Reformwerk fortgesetzt und vertieft. Vor dem Hintergrund der fortgesetzten Liberalisierung der Weltagrarmärkte und der bevorstehenden Osterweiterung der EU wurden vor allem die Preisstützungen weiter durch Direktbeihilfen ersetzt. Zugleich wurde die Entwicklung des ländlichen Raumes zum zweiten Pfeiler der Gemeinsamen Agrarpolitik gemacht. Diese umfasst ua die Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe, die Qualitätssicherung bei Nahrungsmitteln und die Schaffung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten im ländlichen Raum78. Das jüngste Ergebnis der bisherigen Entwicklung stellt die von den Agrarministern der EU am 26.6.2003 in Luxemburg verabschiedete GAP-Reform 2003 dar, die (zumindest in manchen Bereichen) eine vollständige Entkoppelung der Direktzahlungen von der landwirtschaftlichen Produktion vorsieht79. Dadurch erhofft sich die EU einen Rückgang der Überschussproduktion80. Konkretisiert wird die Reform vor allem mit der VO (EG) 1782/2003 des Rates 75 76
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KOM(91) 100 endg. Und KOM(91) 258 endg. S „Die künftige Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik“, BullEG, Beilage 5/91. Schweitzer/Hummer (FN 70), Rz 1374 f. - Vgl in diesem Zusammenhang auch die VO (EWG) 2078/92 für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren, Abl Nr. L 215/85, die VO (EWG) 2079/92 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Beihilferegelung für den Vorruhestand in der Landwirtschaft, Abl Nr L 215/91 und die VO (EWG) 2080/92 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Beihilferegelung für Aufforstungsmaßnahmen in der Landwirtschaft, Abl 215/96, die flankierende Maßnahmen zur Verwirklichung des „MacSharry-Planes“ enthielten. Dazu umfassend Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (Hrsg), Reform der GAP - Ergebnisse 26. März 1999 (1999) passim. Vgl Groiss-Besenhofer, Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums in der Europäischen Union 2000-2006, Ländlicher Raum - print 1/2003, 11. Insofern stellt die GAP-Reform 2003 lediglich die konsequente Fortsetzung des „MacSharry-Planes“ dar, da bereits mit der GAP-Reform 1992 das Konzept der direkten Einkommensunterstützung von Landwirten in bestimmten Sektoren eingeführt wurde. Das damals geschaffene Modell wurde anschließend mit der Reform von 1999 („Agenda 2000“) noch erweitert. Ist die Höhe der Direktzahlungen nicht mehr oder nur zum Teil produktionsabhängig, so ist davon auszugehen, dass die Höhe der Prämien bei der jeweiligen Anbauentscheidung des Landwirtes nur mehr eine untergeordnete Rolle spielt. Es wird nur noch jene Qualität und Quantität produziert, die am Markt gefragt ist.
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vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe81. Danach werden die meisten Beihilfen künftig unabhängig vom Produktionsvolumen gewährt. Die Verordnung sieht einzelbetriebliche Zahlungen („Betriebsprämien“) vor, die nicht mehr an die Erzeugung von Agrarprodukten gebunden sind. Konkret werden die Zahlungen für Ackerkulturen, für Rinder und Schafe bzw für Milch ab 2004/2005 zu einer einzigen Zahlung zusammengefasst, deren Höhe an Hand historischer Bezugswerte (ausschlaggebend ist der aus den Zahlungen der Jahre 2000, 2001 und 2002 errechnete Durchschnitt) ermittelt wird. Die entkoppelte Betriebsprämie82 wird in der Folge in „Zahlungsansprüche“ aufgeteilt, wobei sich der einzelne Anspruch aus der zugesprochenen entkoppelten Betriebsprämie, dividiert durch die Anzahl Hektar, die in den Referenzjahren zu diesem Betrag geführt hat, ergibt. Die Ansprüche können mit oder ohne Land auf andere Landwirte im gleichen Mitgliedstaat übertragen werden, sind sohin in rechtsgeschäftlichem Sinne verkehrsfähig. Die volle Zahlung der Direktbeihilfen wird allerdings von der Einhaltung verbindlicher Vorschriften in Bezug auf landwirtschaftliche Flächen, landwirtschaftliche Erzeugung und Tätigkeit gebunden (sog „Cross Compliance“). Die Anforderungen betreffen den Umweltschutz, die Lebensmittelsicherheit, die Tiergesundheit und den Tierschutz sowie die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand83. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, so sollen die Beihilfen nach verhältnismäßigen, objektiven und abgestuften Kriterien ganz oder teilweise entzogen werden84. Damit es nicht zur Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen kommt und um sicherzustellen, dass die Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten werden, sollen die Mitgliedstaaten entsprechende Standards festlegen. Nach mehreren Monaten Beratung wurden am 14. April 2004 im Verwaltungsausschuss für Direktzahlungen die erforderlichen Rahmenbedingungen für die GAP-Reform 2003 geschaffen, indem die für die praktische Umsetzung notwendigen Durchführungsverordnungen85 verabschiedet wurden. 81 82
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Abl Nr L 270/1. Bei vollständiger Entkoppelung müssen die Landwirte jährlich nur noch einen Beihilfeantrag stellen. Die Kontrollen beziehen sich auf den gesamten Betrieb. Allerdings wird die EBP noch nicht in allen Mitgliedstaaten in vollständig entkoppelter Version angewandt. Die vollständige Einführung soll jedoch bis spätestens 2007 erfolgt sein. Vgl Art 3 ff iVm Anhang III und IV VO 1782/2003, Abl Nr L 270/1. - Näher dazu Anhammer ua, Marktordnungsrecht, in Norer (Hrsg), Handbuch des Agrarrechts (2005) 43 (94 ff); Leidwein, Europäisches Agrarrecht2 (2004) 276 ff. Vgl Art 6 VO 1782/2003, Abl Nr L 270/1. VO (EG) Nr 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, Abl Nr L 141/18, zuletzt idF der VO 1974/2004 der Kommission vom 29. Oktober 2004, Abl Nr L 345/85; VO (EG) Nr 796/2004 der
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Zentrale Ziele der GAP-Reform 2003 sind die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft, der Umweltschutz in der Landwirtschaft sowie die Förderung und Vermarktung von Qualitätserzeugnissen. Den Hintergrund bildet nach wie vor die Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung, wobei in diesem Zusammenhang ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat: Stand früher die Bemessung der Förderung am Maßstab der Produktion im Vordergrund, sind es heute Umwelt-, Landschafts- und Verbraucherschutz86. Die Erwartungshaltungen, die mit der GAP-Reform 2003 verbunden sind, sind hoch. Neben einer Verbesserung der allgemeinen Marktorientierung der Landwirtschaft sollen auch die umweltschädigenden Einflüsse, die aus einer extensiven, produktionsbezogenen Ausrichtung resultieren, stärker zurückgedrängt werden. Einzelbetrieblich setzt man auf die Entwicklung innovativer Agrarerzeugnisse, da den Landwirten durch die Abkoppelung von quantitativen Förderungsfaktoren87 ein breiterer Spielraum zur Wahrnehmung von Marktchancen (Nischenstrategien) geboten wird. Verbraucher profitieren von der Agrarreform durch die intensive Einbeziehung von Aspekten der Lebensmittelsicherheit, der Lebensmittelqualität sowie von Anliegen des Tierschutzes und der Tiergesundheit in diese. Im Juni 2005 erzielte der Rat der Agrarminister eine politische Einigung über eine Verordnung zur Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für ländliche Entwicklung für den Programmplanungszeitraum 2007 - 201388. Die entsprechende Verordnung wurde
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Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungsund Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, Abl Nr L 141/18, zuletzt idF der VO (EG) Nr 2184/2005 der Kommission vom 23. Dezember 2005, Abl Nr L 347/61. - Auf der Grundlage der beiden Verordnungen wurden auf nationaler Ebene die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die einheitliche Betriebsprämie (Betriebsprämie-Verordnung), BGBl II 2004/336, Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Einhaltung der anderweitigen Verpflichtungen und über das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem im Bereich der Direktzahlungen (INVEKOS-Umsetzungs-Verordnung 2005), BGBl II 2004/474 sowie Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über produktspezifische Beihilferegelungen nach Titel IV der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und über den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAPBeihilfen-Verordnung), BGBl II 2004/482, erlassen. Vgl in diesem Zusammenhang auch Wendt/Elicker, Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und ihre Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland, DVBl 2004, 665 (670 f). Diese Faktoren übten in der Vergangenheit eher negative Anreize auf die Landwirte aus, die sich mit der Produktion großer Mengen begnügten, ohne dabei auf Produktinnovationen oder besondere qualitative Maßstäbe zu achten. Vgl in diesem Zusammenhang auch die VO (EG) Nr 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, Abl 2005 Nr L 209/1.
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im September 2005 erlassen89. In weiterer Folge erging der Beschluss des Rates vom 20. Februar 2006 über strategische Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländlichen Raumes90. Kennzeichen der neuen Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes sind die Zusammenfassung aller bisherigen Finanzierungsinstrumente zu einem einzigen Finanzierungs- und Programmplanungsinstrument, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER91), die eindeutige Ausrichtung der neuen Strategie für die ländliche Entwicklung auf die Prioritäten der EU, eine verstärkte Kontrolle, Evaluierung und Berichterstattung einschließlich einer klareren Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission sowie ein verstärktes Bottomup-Konzept. Angestrebt werden Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft und der Lebensmittelqualität durch die Entwicklung und Vermarktung hochwertiger Erzeugnisse mit hoher Wertschöpfung sowie eine Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft. Weitere Schwerpunkte betreffen den Umweltschutz und das Landmanagement. Schließlich muss jedes Programm ein LEADER-Element umfassen, in dessen Rahmen lokale Entwicklungsstrategien von lokalen Aktionsgruppen durchgeführt werden92. e) Gegenwart und Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik Die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Marktordnungen93 hängt auch heute noch im Wesentlichen von den Besonderheiten der jeweiligen Produkte ab. Die Unterschiede im Detail der Ausgestaltung ändern nichts an dem Umstand, dass gegenwärtig mehr als neunzig Prozent des gemeinschaftlichen Agrarmarktes in Gemeinsamen Marktorganisationen erfasst sind. Das Funktionieren der Gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte beruhte von Anfang an auf den Prinzipien des unbehinderten Warenverkehrs für Agrarprodukte innerhalb der Gemeinschaft, der Herstellung eines gemeinsamen Außenschutzes zur Sicherung des gemeinschaftlichen Preisniveaus und der Gemeinschaftspräferenz sowie der gemeinsamen Finanzierung durch alle Mitgliedstaaten. Insgesamt geht es darum, den gemeinschaftlichen Binnenmarkt gegenüber dem (in aller Regel günstiger produzierenden) Weltmarkt abzugrenzen, Angebot und Nachfrage auf dem Binnenmarkt zum Ausgleich zu bringen und die Preise zu stabilisieren. 89
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VO (EG) Nr 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER), Abl 2005 Nr L 277/1. Abl 2006 Nr L 55/20. Vgl Art 2 Abs 1 lit a iVm Art 4 VO 1290/2005, Abl 2005 Nr L 209/1. Vgl IP/05/766 vom 21.06.2005 sowie Pkt 3.1. des Beschlusses des Rates vom 20. Februar 2006, Abl 2006 Nr L 55/20. Während dem österreichischen Recht ausschließlich der einheitliche Begriff der „Marktordnung“ geläufig ist, wird auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene sowohl von „Gemeinsamer Organisation der Agrarmärkte“ als auch von einer „Europäischen Marktordnung“ (für einzelne agrarische Produkte) gesprochen, wobei diese Begriffe (entgegen Art 34 Abs 1 EGV, der die europäische Marktordnung als Unterform der gemeinsamen Organisation begreift) sowohl im Gemeinschaftsrecht als auch in der einschlägigen Literatur häufig synonym füreinander verwendet werden.
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Die Grundidee der gemeinschaftlichen Agrarmarktordnung bestand darin, ein einfaches System von Anreizen zu etablieren, mit dem ein bestimmtes Preisniveau auf den Märkten erreicht und stabilisiert werden sollte94. Dieses angestrebte Preisniveau manifestiert sich in einem unverbindlichen Richtpreis, der im Idealfall der auf das jeweilige Wirtschaftsjahr bezogene Gleichgewichtspreis sein sollte. Angebots- und Preisschwankungen, die durch die Jahreszeiten bedingt sind, sollte durch gezielte Interventionen begegnet werden, die darin bestehen, erzielte Überschussmengen vom Markt zu nehmen, zwischenzeitlich einzulagern und bei Angebotsrückgang auf den Markt zu werfen. Tatsächlich wurde seitens der Gemeinschaft beim Vollzug der Gemeinsamen Marktordnung vorrangig stets eine Politik der „Einkommenssicherung der Produzenten über den Preis“ betrieben. Mit dieser schwerpunktmäßigen Orientierung stand zugleich fest, dass das Gleichgewichtsziel als faktisch zweitrangig deutlich in den Hintergrund zu treten hatte. Gerade in diesem Zusammenhang darf man freilich nicht übersehen, dass in allen Mitgliedstaaten der Prozess der Industrialisierung von einer ansteigenden Entvölkerung ländlicher Gebiete begleitet wurde. Dadurch wurden der Landwirtschaft immer mehr Arbeitskräfte entzogen. Der Lebensstandard von Stadt- und Landbewohnern drohte in immer stärkerem Umfange auseinander zu klaffen, sodass ein Eingreifen des Staates zum Zwecke des Abbaues sozialer Spannungen unabdingbar erschien95. Diese Ungleichgewichtung der Zielsetzungen hatte zur Folge, dass ein immer komplizierteres und detaillierteres System flankierender Maßnahmen zur eigentlichen Agrarpolitik geschaffen werden musste, da nur so das Preisniveau (auch gegenüber dem Weltmarkt) gehalten und die von den Produzenten erzielten Überschüsse unter Kontrolle gebracht werden konnten. Neben dem Agrarpreissystem zählen daher auch Einfuhrabschöpfungen, Ausfuhrerstattungen, Ausgleichsabgaben, Lizenzen, Kautionen, Quotenregelungen (Mengenbeschränkungen), Mitverantwortungsabgaben sowie eine schier unübersehbare Fülle von Beihilfen und Prämien zum festen Bestandteil der Gemeinsamen Agrarpolitik. Sämtliche der genannten Instrumente zielen darauf ab, bei den Marktbeteiligten ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu bewirken, um auf diesem Wege die gewünschten Markteffekte herbeizuführen. Die Landwirtschaft ist auch nach mehreren Reformversuchen, die vor allem während des letzten Jahrzehnts unternommen worden sind und die auf eine schrittweise Rücknahme der dirigistischen Instrumente hin abzielten96, noch immer der wichtigste Interventionssektor der Europäischen Gemeinschaft. Das verwundert nicht, machen doch der ländliche Raum und die Landwirtschaft einen großen Teil der EU aus: Bei ca 90 % des Gemeinschaftsgebietes handelt es sich um ländliche Gebiete, auf denen rund die Hälfte aller EUBürger beheimatet ist. Der größte Teil der Flächennutzung der ländlichen Ge94
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Den Preisfestsetzungen kommt im Rahmen der Gemeinsamen Marktorganisation entscheidende Bedeutung zu. Sie sind die für alle übrigen Instrumentarien ausschlaggebende „Bezugsgröße“. - S Huber, Recht der Europäischen Integration (1996) 164. Vgl Roncaglia, Handbuch der modernen Wirtschaft (1987) 203. Vgl Europäische Kommission (Hrsg), Die Lage der Landwirtschaft in der Europäischen Union. Bericht 1995 (1996) 9 ff.
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biete entfällt auf die Land- und Forstwirtschaft, die bei der sozialen, kulturellen und ökonomischen Erschließung deren Wachstumspotenziale einen wichtigen Beitrag leisten97. Zum einen trägt die Landwirtschaft sohin ua in erheblichem Umfang zum volkswirtschaftlichen Wohlstand in der Europäischen Union bei. So machte die Ernährungswirtschaft (einschließlich des Getränkesektors) im Erhebungszeitraum 2002 bei einem Produktionswert von 792 Mrd Euro 14,7 % der im Gemeinschaftsgebiet erwirtschafteten Gesamtproduktion aus. Zum anderen sind mit der Verwirklichung der Gemeinsamen Agrarpolitik jährlich allerdings auch enorme finanzielle Aufwendungen verbunden. Diese belaufen sich (trotz der schrittweise erfolgten Umstellung auf produktionsunabhängige Direktzahlungen) in Summe nach wie vor rund auf die Hälfte des jährlich verfügbaren Budgets der Europäischen Union98. Allerdings konnten sich die Staats- und Regierungschefs anlässlich des am 15./16. Dezember 2005 in Brüssel stattfindenden Gipfels auf eine durchaus beachtliche Reduktion der Agrarausgaben in der Haushaltsperiode 2007 bis 2013 einigen99. Danach soll der Anteil der Agrarausgaben am Gesamthaushalt um ca 6 % auf nunmehr 41 % gesenkt werden. Innerhalb der Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik entfällt der höchste Anteil wiederum auf die Garantieausgaben des Europäischen Ausrichtungsund Garantiefonds. Nicht zuletzt auch wegen ihrer Kostenintensität polarisiert die Gemeinsame Agrarpolitik indessen nach wie vor wie kein anderer Politikbereich der Gemeinschaft die öffentliche Meinung100. An einem wirklichen Binnenmarkt für landwirtschaftliche Produkte fehlt es allen Anstrengungen und Ausgaben zum Trotz nach wie vor, da der innergemeinschaftliche Warenverkehr noch immer durch nationale Unterschiede, insbesondere im Lebensmittelrecht und im Veterinärrecht, stark beeinflusst wird. Zudem erschweren die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Interessensgegensätze eine Homogenisierung des Agrarmarktes beträchtlich. Die kommenden Jahre stehen deutlich im Zeichen der Umsetzung der GAP-Reform 2003, wobei die allgemeine Richtung insbesondere durch die einheitliche Betriebsprämie und die damit verbundenen Zwecksetzungen vorgegeben wird. Ob sich die Unterstützung einer umwelt97 98
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Vgl in diesem Zusammenhang bereits Puwein, Ökonomische Aspekte der Landschaftspflege, FS Köttl (1991) 389. Der EU-Haushalt des Jahres 2006 beläuft sich auf Zahlungsermächtigungen (diese decken die Ausgaben, die bei der Erfüllung der im Laufe des Haushaltsjahres und/oder früherer Haushaltsjahre eingegangenen rechtlichen Verpflichtungen entstehen) in der Höhe von 111,9 Mrd Euro bzw auf Verpflichtungsermächtigungen (diese decken im laufenden Haushaltsjahr die Gesamtkosten der rechtlichen Verpflichtungen, die für Maßnahmen eingegangen werden, deren Durchführung sich über mehr als ein Haushaltsjahr erstrecken wird) in der Höhe von 121,2 Mrd Euro. Die Mittel für Direktbeihilfen und Marktstützungsmaßnahmen betragen 42,9 Mrd Euro. Die Verpflichtungsermächtigungen für die Entwicklung des ländlichen Raumes wurden auf 11,8 Mrd Euro gesenkt. Insgesamt belaufen sich die Zahlungsermächtigungen auf 55,3 Mrd Euro bzw die Verpflichtungsermächtigungen auf 56,3 Mrd Euro. - Vgl IP/05/1604 vom 15.12.2005. Vgl Burtscher, Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik - eine Perspektive, agrarische rundschau 2006, 32 (33 f). Vgl dazu jüngst auch Burtscher (FN 99), 32 f.
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und qualitätsorientierten Landwirtschaft bewähren wird, ist derzeit noch ebenso offen, wie die nach 2013 stattfindende Entwicklung. f) Die österreichische Agrarmarktordnung in der EU Da sich die zum Beitrittszeitpunkt bestehenden Instrumente der österreichischen Agrarmarktordnung typenmäßig mit den gemeinschaftsrechtlichen Marktordnungselementen deckten, sohin im Bereich der Regulierungstechnik keine allzu starken inhaltlichen Unterschiede bestanden, war der Anpassungsdruck insbesondere hinsichtlich des Vollzuges relativ gering101. Inwieweit dies auch auf die Konkurrenzfähigkeit der Landwirtschaft selbst zutraf, darüber herrschten im Vorfeld des EU-Beitrittes unter Betroffenen, Politikern und Fachleuten indessen durchaus deutliche Meinungsunterschiede102. Teils erhoffte man sich aus dem Beitritt einen Ausgleich des bis dahin bestehenden Außenhandelsdefizits im Agrarbereich, das seit den siebziger Jahren kontinuierlich angestiegen war103, teils befürchtete man auch, dass mit einer Übernahme der gemeinschaftlichen Agrarpolitik ein Bauernsterben ungeheueren Ausmaßes einsetzen würde, da die vornehmlich aus Berg- und Kleinbauern gebildete bäuerliche Struktur Österreichs gegenüber den Landwirtschaftsindustrien Hollands, Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens nicht konkurrenzfähig sei104. Und doch begab sich Österreich bereits mit dem Abschluss des EWR-Abkommens105 auch im Agrarbereich weitestgehend seiner Regelungssouveränität, da mit dem Vertragsabschluss ein nahezu vollkommener Austausch zwischen nationaler und gemeinschaftlicher Regelungskompetenz stattfand106. Die gemeinschaftsrechtlichen Agrarmarktordnungen einschließlich der hierzu ergangenen Durchführungsvorschriften des Rates und der Kommission stellen in aller Regel unmittelbar anwendbares Recht für die Mitgliedstaaten dar, sind sohin auch von den österreichischen Behörden zu vollziehen. Derzeit bestehen für nahezu sämtliche pflanzlichen und tierischen Erzeugnisse einschließlich Erzeugnisse der Fischerei Gemeinsame Marktorganisatio-
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In diesem Sinne auch Wimmer/Mederer, EG-Recht in Österreich. Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf Österreich (1990) 209 ff (211). Vgl etwa Burtscher, EG-Beitritt und Föderalismus. Folgen einer EG-Mitgliedschaft für die bundesstaatliche Ordnung Österreichs (1990) 80 ff; Griller/Egger/ Huber/Tondl, Binnenmarkteffekte. Stand und Defizite der österreichischen Integrationsforschung (1991) 409 ff. Vgl Swietly/Emmerich, EU pro und contra. Ein Leitfaden für Österreich2 (1994) 376 ff. Nach Aussage der Autoren sank die Deckungsquote für agrarische Einfuhren durch agrarische Ausfuhren von 87 Prozent im Jahre 1972 auf knapp 40 Prozent im Jahre 1993. Das Außenhandelsdefizit im Agrarbereich betrug zur Zeit der Beitrittsdiskussion ca 12 Milliarden Schilling jährlich. Ausführlich dazu Kunnert, Österreichs Weg in die Europäische Union (1993) 80 ff. So bereits deutlich Wimmer/Mederer (FN 101), 105 f. - Eine Darstellung des Abkommens unternimmt Burtscher, Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Entstehung-Kurzdarstellung-Textauswahl (1992) passim. Dazu etwa Nentwich, Das EWR-Bundesverfassungsgesetz - verfassungs- und europarechtliche Aspekte, JBl 1993, 708 und 752 (752 ff); Rill, Rechtsetzung im EWR, ZfV 1993, 223 (230 ff).
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nen107, wobei sich diese allerdings, je nach Produkt, nach Struktur und Regelungsintensität zum Teil deutlich unterscheiden108. Lediglich Speisekartoffeln, anderer Essig als Weinessig, Naturkork, Zichorienwurzeln, frische Ananas, Kaffee, Agraralkohol, lebende Schlachtpferde und Pferdefleisch sowie Honig unterliegen keiner Gemeinsamen Marktorganisation bzw Stützungsregelung der Europäischen Union109. Für jene Erzeugnisse, die durch eine Gemeinsame Marktorganisation geregelt sind, besteht zunächst eine auch im Titel als „Gemeinsame Marktorganisation“ überschriebene Grundverordnung des Rates. Darüber hinaus werden in eigenständigen Verordnungen Teilbereiche individuell geregelt110. g) Zahlen, Daten und Fakten zur österreichischen Landwirtschaft Rein wirtschaftlich gesehen ist Österreich in weiten Teilen agrarisch strukturiert. Rund 177.000 Betriebe bewirtschaften 1,38 Mio ha Ackerland, 1,81 Mio ha Dauergrünland, 47.572 ha Weingärten, 16.304 ha Obstanlagen sowie 8.620 ha Reb- und Baumschulen etc. Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt dabei bei 18,4 ha land- und forstwirtschaftlicher Fläche bzw bei 34,0 ha Kulturfläche. Seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ist mehr als ein Jahrzehnt vergangen. Während dieser Zeit stiegen die landwirtschaftlichen Exporte in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union kontinuierlich an. Hatte vor dem Beitritt der relative Anteil der Agrarexporte in Länder der Europäischen Union noch 46 Prozent betragen, so belief er sich im Jahre 2004 auf 76,2 Prozent. Das Verhältnis der Agrareinfuhren und -ausfuhren hat sich im Verhältnis zu den Gesamteinfuhren und -ausfuhren von 3,4 Prozent (Ausfuhren) bzw 5,8 Prozent (Einfuhren) im Jahre 1990 auf 6,0 Prozent (Ausfuhren) bzw 6,4 Prozent (Einfuhren) im Jahre 2004 gesteigert. Noch deutlicher wird die Veränderung bei einem Vergleich des absoluten Wertes der importierten und exportierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse: 1990 exportierte Österreich landwirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von (umgerechnet) 1,15 Mrd Euro. Der Wert der agrarischen Importe belief sich im selben Jahr auf (umgerechnet) 2,33 Mrd Euro. Im Jahre 2004 standen Exporten im Wert von 5,38 Mrd Euro Importe im Wert von 5,86 Mrd Euro gegenüber. 107
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Einen instruktiven Überblick über sämtliche Gemeinsamen Marktorganisationen und ihre wesentlichen Merkmale bietet Hix, in Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar (2000) Art 34, Rz 29 ff. Je nachdem, ob die Marktordnungen eine unbeschränkte Abnahmegarantie zu einem bestimmten Preis und eine Abschöpfungsregelung für Importe aus Drittländern sowie Ausfuhrerstattungen beim Export in Drittländer, umfänglich eingeschränkte Interventionen durch staatliche Stellen oder lediglich eine begrenzte Preisstützung durch Außenschutz vorsehen, wird in der Literatur zwischen Marktordnungen mit grundsätzlich unbeschränkter Preisgarantie, Marktordnungen mit eingeschränkter Preisgarantie und Marktordnungen ohne Preisgarantie unterschieden. - Vgl Boest, Die Agrarmärkte im Recht der EWG (1984) 180 ff; Eiden, Die Agrarmarktordnungen der EG, DVBl 1988, 1087 (1089). - Ähnlich auch Oppermann, Europarecht2 (1999) Rz 1376, der an Stelle von Preisgarantie von „Marktsicherung“ spricht. Vgl Leidwein (FN 83), 136. Zum Problem der häufig wechselnden Marktorganisationsregelungen s Oppermann (FN 108), Rz 1375.
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Den größten Exportanteil nahmen im Jahre 2004 mit 24,3 Prozent Getränke ein, und hier wiederum Limonaden und andere nichtalkoholische Getränke vor Wein und Bier. Dahinter folgten lebende Tiere, Fleisch und Zubereitungen mit 13,8 Prozent, Milch und Milchprodukte mit 13,6 Prozent, Getreide, Mehl und Backwaren mit 11,2 Prozent sowie Obst, Gemüse und Zubereitungen mit 9,5 Prozent. Die restlichen 27,6 Prozent verteilen sich auf die übrigen Produkte. Bei den Importen stehen nach wie vor Obst, Gemüse und Zubereitungen an erster Stelle (20,6 Prozent), dahinter folgen lebende Tiere, Fleisch und Zubereitungen (13,0 Prozent), Getreide, Mehl und Backwaren (11,6 Prozent), Milchprodukte (8,2 Prozent) und Getränke (6,8 Prozent). Bedeutendster Agrarhandelspartner Österreichs ist Deutschland (2004: Exporte im Wert von 1,696 Mrd Euro; Importe im Wert von 2,404 Mrd Euro), gefolgt von Italien (Exporte 966 Mio Euro; Importe 681 Mio Euro). An dritter Stelle bei den Ausfuhren stehen mit 323 Mio Euro die USA, während die Niederlande mit 519 Mio Euro drittgrößter Importeur von agrarischen Produkten und Lebensmitteln sind111. Insgesamt gesehen hat sich die heimische Landwirtschaft im Gemeinsamen Markt hervorragend behauptet und auch international gesehen weitaus besser positioniert als je zuvor. 2004 betrug der Produktionswert der Landwirtschaft rund 5,8 Mrd Euro. Das entspricht einem Anstieg von 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, was vor allem auf Zuwächse in der tierischen Erzeugung und der pflanzlichen Produktion zurückzuführen ist. Auch die Außenhandelszahlen sind 2004 im Vergleich zum Vorjahr angestiegen: Um 9,1 Prozent höheren Einfuhren agrarischer Produkte und Lebensmittel stehet ein Plus von 11,1 Prozent Ausfuhren gegenüber112. Die Summe der Fördermittel, die 2004 an die österreichische Land- und Forstwirtschaft ausbezahlt wurden, belief sich auf insgesamt 2,212 Mrd Euro, wovon 56 Prozent seitens der Gemeinschaft, 20 Prozent seitens des Bundes und 24 Prozent seitens der Länder finanziert wurden. Allein 749 Mio Euro entfielen auf Zahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Marktordnungen (Flächen-, Tier- und Produktprämien, Lagerhaltung, Exporterstattungen, Beihilfen für Verarbeitung und Vermarktung). Im Rahmen der Ländlichen Entwicklung wurden rund 360 Mio Euro an Flächenprämien und 263 Mio Euro an Tierprämien überwiesen. Am Umweltprogramm (ÖPUL) nahmen 134.114 Betriebe teil, wobei für die insgesamt 32 angebotenen Maßnahmen 642 Mio Euro ausbezahlt wurden. Mit der Ausgleichszulage (inklusive nationale Beihilfe) wurden 113.228 Betriebe (davon 73.549 Bergbauernbetriebe) mit insgesamt 280 Mio Euro unterstützt113.
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Vgl dazu Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 2004 (Grüner Bericht 2005) (2005) 19 ff. Vgl Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 7. Vgl Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 10.
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h) Die Globalisierung des Agrarmarktes Das Phänomen der Globalisierung ist auch in der Landwirtschaft zu bemerken. So hat sich der internationale Agrarhandel in den vergangenen 50 Jahren wertmäßig alle sieben bis acht Jahre verdoppelt. Eine von weltwirtschaftlichen und internationalen makrökonomischen Entwicklungen unbeeinflusste nationale Landwirtschaft ist nicht mehr vorstellbar. Hinzu kommt, dass auch die Wirtschaft von der Globalisierung profitiert und zunehmend dort Güter produzieren oder verarbeiten lässt, wo dies am günstigsten möglich ist. Die Tendenz zur Globalisierung hat sich nicht zuletzt auch in einer wachsenden Zahl multilateraler Übereinkommen niedergeschlagen, die nahezu den gesamten Prozess der Erzeugung und des zwischenstaatlichen Handels mit Waren aller Art in ein dichtes Regelungsnetz einbinden. Die Landwirtschaft hat zu Beginn des 21. Jahrhunderts vor allem drei große Herausforderungen zu bewältigen: Die fortschreitende Globalisierung, die Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit ausreichenden hochwertigen Agrarprodukten und die Entwicklung des ländlichen Raumes. Vor diesem Hintergrund sind auch die internationalen Bemühungen um eine Reform der Landwirtschaftspolitik zu sehen. Im Jahre 1993 unterzeichneten mehr als 100 Staaten, darunter auch Österreich114, das Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO-Abkommen), das unter anderem auch den Agrarsektor erstmals einem internationalen Regime unterwirft115. Nach dem Agrarabkommen, das einen integralen Bestandteil des WTO-Abkommens bildet, soll ab dem Jahre 2003 zum Zwecke der Liberalisierung des internationalen Agrarhandels jede Subventionierung von Agrarprodukten und Agrarexporten verboten sein. Dieser Umstand machte eine gänzliche Neustrukturierung der Gemeinsamen Agrarpolitik unumgänglich. Das mit der „Agenda 2000“ eingeleitete Reformwerk ist im Ergebnis daher ebenso als Folge der Globalisierung des Agrarmarktes zu betrachten, wie die GAP-Reform 2003. Das Interesse der Europäischen Union an einem funktionierenden Welthandelssystem deckt sich nicht zuletzt auch mit den ureigensten Bedürfnissen der Europäischen Union selbst, nimmt sie doch als weltgrößter Agrarimporteur und Agrarexporteur gerade im Agrarwelthandel eine überragende Rolle ein. Selbst wenn die Etablierung einer umfassenden Handelsliberalisierung im Agrarbereich noch lange nicht abgeschlossen ist, wurde mit den bisherigen Vertragswerken doch ein Zustand geschaffen, der als solcher nicht mehr reversibel ist. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass auch in den kommenden Jahren gerade seitens der Europäischen Union weitere Zugeständnisse gemacht 114
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Das Abkommen trat für Österreich und 80 weitere Vertragsstaaten am 1.1.1995 in Kraft (BGBl 1995/1). - Zum Inhalt des Abkommens aus österreichischer Sicht vgl Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 (Grüner Bericht 1999) (2000) 35 ff. Eine Schlüsselrolle nimmt hierbei das Übereinkommen über die Landwirtschaft, Abl 1994 Nr L 335/22, ein. - Vgl Priebe/Mögele, Agrarrecht, in Dauses (Hrsg), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts (Loseblattausgabe 1993 ff, Stand August 2005) Rz 32 ff.
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werden (müssen), die auf eine völlige Beseitigung aller Maßnahmen, die handelsverzerrende Wirkung haben, hinauslaufen.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung 1. Bundeszuständigkeit Den Kompetenzbestimmungen des B-VG116 sind die Begriffe „Agrarrecht“ oder „Marktordnung“ vollkommen fremd117. Bei diesen Begriffen handelt es sich sohin um keine eigenständigen verfassungsrechtlichen Kompetenzbegriffe. Im Bereich der agrarischen Marktordnung ist gerade jene unlösbare Verquickung kompetenzrechtlich verschieden zu beurteilender Inhalte im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes anzutreffen, dass vom Fehlen einer ausschließlichen Zuständigkeit einer der beiden Gebietskörperschaften auszugehen ist. Bei der agrarischen Marktordnung handelt es sich sohin um eine „Querschnittsmaterie“ in oben genanntem Sinne. Grundsätzlich ist daher jede der beiden Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer Adhäsionskompetenz zuständig und damit befugt, Vorschriften zu erlassen, die inhaltlich dem Bereich der agrarischen Marktordnung zuzuordnen sind. Um die gewünschte bundesweit einheitliche Regelung der agrarischen Marktordnung herbeizuführen, war es sohin von Anfang an erforderlich, die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung durch eigene Verfassungsbestimmungen in den betreffenden Spezialgesetzen zu begründen118. Die diesbezüglichen Verfassungsbestimmungen wurden ursprünglich befristet erlassen119, sind seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 116
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Art 10 ff B-VG. - Zu dem dadurch konstituierten System und seiner Auslegung s Funk, System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung (1980). Das bedeutet freilich nicht, dass es nicht eine ganze Reihe von Kompetenzbestimmungen gibt, die aus agrarrechtlicher Sicht betrachtet mittelbar oder unmittelbar relevant sind. Als solche Kompetenzbestimmungen sind auf Seiten des Bundes zu nennen: Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland, Zollwesen (Art 10 Abs 1 Z 2 BVG); Forstwesen, Wasserrecht (Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG); Gesundheitswesen, Luftreinhaltung, Abfallwirtschaft, Veterinärwesen, Ernährungswesen einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle, Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Saat- und Pflanzengut, Futter-, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie mit Pflanzenschutzgeräten, Zulassung und Anerkennung von Saat- und Pflanzgut (Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG); bäuerliches Anerbenrecht (Art 10 Abs 2 B-VG); Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG); Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge (Art 12 Abs 1 Z 4 B-VG); Arbeitsrecht und Arbeiter- und Angestelltenschutz für land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte (Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG); Finanzverfassung (Art 13 Abs 1 BVG); land- und forstwirtschaftliches Schulwesen (Art 14a B-VG). Die Zuständigkeit der Länder nach Art 15 Abs 1 B-VG umfasst insbesondere die Bereiche Landwirtschaft, Tierzucht und Tierhaltung, Tierschutz, Schutz der Kulturflächen, Schutz des Feldgutes, Jagdrecht, Fischereirecht, Grundverkehrsrecht, Buschenschankwesen, Naturschutz und Landwirtschaftsförderung. S dazu Holzinger, Das neue österreichische Marktordnungsrecht, ÖVA 1976, 161 und ÖVA 1977, 1. Vgl etwa Art I MOG-Nov 1985, BGBl 1985/291; Art I MOG-Nov 1986, BGBl 1986/183; Art I 2. MOG-Nov 1986, BGBl 1986/208; Art I 3. MOG-Nov 1986, BGBl 1986/329; Art I 4. MOG-Nov 1986, BGBl 1986/557; Art I MOG-Nov 1987,
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allerdings unbefristet120. Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union hat sich Österreich ua auch weitestgehend seiner nationalen Regelungsbefugnis im Bereich der agrarischen Marktordnung begeben. Die innerstaatliche Kompetenzverteilung ist nur noch in jenen Bereichen von Bedeutung, in denen keine ausschließliche oder konkurrierende Zuständigkeit der Europäischen Union besteht. Da aber insbesonders im Bereich der Agrarmarktordnungen eine ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union gegeben ist, sodass unmittelbar anwendbares gemeinschaftliches Sekundärrecht (va Verordnungen nach Art 249 EGV) dominiert, ist dem innerstaatlichen Gesetzgeber de facto kein wirklicher eigenständig zu besorgender materiell-rechtlicher Regelungsund Gestaltungsspielraum mehr verblieben121. Weitere Einschränkungen des nationalen Gesetzgebers resultieren zudem aus der fortschreitenden Internationalisierung bzw Globalisierung des Agrarmarktes122. Die Gesetzgebungstätigkeit des innerstaatlichen Gesetzgebers ist daher im Wesentlichen auf die Erlassung verfahrensrechtlicher Vorschriften beschränkt. Lediglich dort, wo es um die Umsetzung von gemeinschaftlichen Richtlinien in innerstaatliches Recht geht123, kommt die Kompetenzverteilung theoretisch auch in materiellrechtlicher Hinsicht noch zum Tragen124. Die Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen ist zufolge der im Verfassungsrang stehenden Vorschrift des § 93 Marktordnungsgesetz 1985 in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Diese Bestimmung erklärt die Erlassung und Aufhebung von Vorschriften betreffend die Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen zu Angelegenheiten des Art 10 B-VG. Zugleich wird vorgesehen, dass diese Angelegenheiten unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden können. Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 AMA-Gesetz 1992 sind die Erlassung und Aufhebung von Vorschriften, wie sie im AMA-Gesetz enthalten sind, sowie deren Vollziehung auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich derer das B-VG etwas anderes vorsieht. Soweit durch Bundesgesetz oder durch
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BGBl 1987/138; Art I ViehWG-Nov 1984, BGBl 1984/264; Art I PreisG-Nov 1984, BGBl 1984/265 uvam. - Dazu auch Walter/Mayer (FN 54), 248. Vgl § 93 MOG 1985, BGBl 1985/210 idF BGBl I 2001/108; § 1 AMA-G 1992, BGBl 1992/376 idF BGBl I 2001/108. Angesichts des globalisierten Marktes für landwirtschaftliche Produkte ist der nationale Gestaltungsspielraum faktisch nicht mehr vorhanden. Soweit sich der internationale Markt nicht von selbst reguliert, ist man an die Vorgaben der Gemeinschaft gebunden. Dementsprechend macht sich bei den Trägern der nationalen Landwirtschaftspolitik in immer stärkerem Umfange ein Gefühl der „Ohnmacht und Bitterkeit“ breit. - Vgl etwa „Die Presse“ vom 11. August 2001, 11. Vgl Bilal, Agriculture in a Globalising World Economy, in Bilal/Pezaros (Ed), Negotiating the Future of Agricultural Policies: Agricultural Trade and the Millenium WTO Round (2000) 1. Gemäß Art 249 EGV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der EuGH hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die Mitgliedstaaten dazu verbunden sind, sich aller Maßnahmen zu enthalten, die die Regelung einer Gemeinsamen Marktorganisation verletzen oder von dieser abweichen könnte. - Vgl EuGH Rs 111/76, van de Hazel, Slg 1977, 901; Rs 83/78, Pigs Marketing Board, Slg 1978, 2347 uam.
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Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, Aufgaben an die AMA übertragen werden, können diese Angelegenheiten von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde versehen werden.
2. Landeszuständigkeit Angesichts der umfassenden Kompetenzzuweisung an den Bund ist den Ländern im Bereich der agrarischen Marktordnung im Wesentlichen kein eigener Gesetzgebungsspielraum mehr verblieben.
C. Gemeinschaftsrechtliche und völkerrechtliche Grundlagen 1. Gemeinschaftsrecht a) Primärrecht Nach Art 3 Abs 1 lit e EGV umfasst die Tätigkeit der Gemeinschaft „eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet der Landwirtschaft und der Fischerei“. Eine Definition des Begriffes „Landwirtschaft“ ist im EGV allerdings nicht enthalten125. Diese ist vielmehr dem Sekundärrecht zu entnehmen126. Den Kern des gemeinschaftlichen Agrarrechtes bilden die primärrechtlichen Vorschriften betreffend die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)127, die sich in Titel II des mit „Grundlagen der Gemeinschaft“ überschriebenen Dritten Teiles des EGV finden. Die Bestimmungen sind systematisch den Vorschriften über den freien Warenverkehr (Titel I) nachgeordnet128. Es handelt sich dabei im Einzelnen um die Art 32 bis 38 EGV. In Art 32 EGV wird einerseits der sachliche Anwendungsbereich des gemeinsamen Marktes für landwirtschaftliche Erzeugnisse festgelegt und in Beziehung zu den übrigen Vorschriften über den Gemeinsamen Markt gesetzt. Ergänzend dazu behandelt Art 36 EGV das Verhältnis der landwirtschaftsrechtlichen Vorschriften zu den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln. Andererseits enthält Art 32 EGV die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Gestaltung einer Gemeinsamen Agrarpolitik, deren Ziele im Einzelnen in Art 33 EGV genannt werden. Gemäß Art 32 Abs 1 EGV umfasst der Gemeinsame Markt in sachlicher Hinsicht sowohl die Landwirtschaft als auch den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, ist also sowohl produktions- als auch absatzbezogen zu 125 126
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Umfassend zur Begriffsbildung Norer, Lebendiges Agrarrecht (2005) 161 ff. Vgl etwa die Definition des Begriffes „landwirtschaftliche Tätigkeit“ in Art 2 lit c VO 1782/2003 als „die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke, oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischem Zustand“. Auch die GAP wird gemeinschaftsrechtlich nicht eigens definiert. Nach Norer (FN 125), 167 ff, handelt es sich bei der GAP um „die Gesamtheit aller Bestrebungen und Maßnahmen, die darauf abzielen, die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für den Agrarsektor zu gestalten und den Ablauf der ökonomischen Prozesse im Agrarsektor zu beeinflussen“. Die gewählte Positionierung der Landwirtschaft im EGV lässt nicht zuletzt auch auf ihre besondere Bedeutung bzw ihre Sonderstellung im Verbund mit den sonstigen Grundfreiheiten schließen. - Vgl Norer (FN 125), 162.
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verstehen. Der räumliche Anwendungsbereich der Art 32 ff EGV deckt sich grundsätzlich mit dem des EGV, ist also die Summe der mitgliedstaatlichen Hoheitsgebiete bzw Zonen hoheitlicher Nutzungsrechte unter Berücksichtigung der in Art 299 Abs 2 bis 6 EGV enthaltenen Sonderregeln und verschiedener Beitrittsakte. Gemäß Art 299 Abs 2 erster Satz EGV werden daher insbesondere auch die französischen Überseedepartements129, die portugiesischen Gebiete Madeira und die Azoren, die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln sowie die Alandinseln erfasst. Die Art 34, 35, 37 Abs. 3 und 4 und 38 EGV betreffen die zur Erreichung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik zu treffenden Maßnahmen, darunter auch die Schaffung von erzeugnisspezifischen Marktordnungen130. Art 37 Abs 2 EGV ermächtigt den Rat dazu, auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit Verordnungen, Richtlinien oder Entscheidungen zu erlassen. Diese Bestimmung beinhaltet auch nach Ansicht des EuGH die Rechtsgrundlage für sämtliche Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Agrarmarktordnung. b) Sekundärrecht Die Gemeinsame Marktorganisation verwirklicht sich im Wesentlichen im Sekundärrecht131. Sie basiert grundsätzlich auf Verordnungen des Rates132, die allerdings im Wege der Erlassung von Durchführungsverordnungen der Kommission noch näher konkretisiert werden können bzw sogar konkretisiert werden müssen, da die Verordnungen des Rates regelmäßig nur die Grundregeln enthalten133. Die Rechtsetzungskompetenz des Art 37 EGV zählt in der gemeinschaftlichen Praxis zu der am intensivsten genutzten Zuständigkeit. Jährlich ergehen Tausende von Rechtsakten des Rates und der Kommission zur
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Guayana, Guadeloupe, Martinique, Réunion, St. Pierre und Miquelon. - Vgl EuGH 10.10.1978, Rs 148/77, Hansen, Slg 1978, 1787. S auch Schmalenbach, in Calliess/ Ruffert (Hrsg), EUV/EGV2, Art 299 EGV, Rz 5 ff. Art 34 Abs 1 lit c EGV. Die Gemeinsame Agrarpolitik wird wegen ihrer hohen Regelungsdichte im allgemenen als Paradigma einer verpönten, weil extrem ausufernden Regulierungstätigkeit angesehen. - Vgl Wimmer/Mederer, Regulierung und Deregulierung zur Herstellung eines offenen und funktionsfähigen Marktes, 12. ÖJT III/1 (1993) 15. - Dieser negative Befund trifft nach wie vor zu, wie ein kurzer Blick in den aktuellen Fundstellennachweis des geltenden Gemeinschaftsrechts ergibt: Der Umfang der für den Bereich der Landwirtschaft erfassten Rechtsakte mit ihren Fundstellen beträgt rund ein Viertel des Gesamtumfanges. Die positive Kenntnis dieser Vorschriften durch Rechtsunterworfene und Behörden wird nicht nur durch ihre besondere Kasuistik und Technizität, sondern auch durch ihre zumeist nur kurzfristige Geltung beeinträchtigt wenn nicht gar unmöglich gemacht. In keinem anderen Politikbereich der Gemeinschaft findet so häufig eine Ersetzung, Novellierung, Außerkraftsetzung etc von Normen statt wie im Bereich der Agrarpolitik. Art 37 Abs 2 EGV. Der Rat erlässt sohin nur die Grundverordnung, während die Erlassung der für die verfahrensmäßige Durchführung der Grundverordnung erforderlichen Durchführungsverordnung der Kommission überantwortet wird. Dies gilt etwa für die Bereiche der Abschöpfung oder der Marktkontrolle. - Vgl Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die Europäische Union. Rechtsordnung und Politik4 (1993) 465 f.
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Landwirtschaft134. Nicht von ungefähr werden seit jeher die Unübersichtlichkeit und die Schnelllebigkeit des agrarrechtlichen Regelungswerkes beklagt135. Die Notwendigkeit zur häufigen Abänderung landwirtschaftlicher Regelungen ergibt sich vor allem aus dem Umstand, dass die festgesetzten Preise, Abgaben, Subventionen, Abschöpfungen, Erstattungen, Direktzahlungen etc an die sich fortlaufend ändernden gemeinschafts- und weltpolitischen Bedingungen angepasst werden müssen136. Zwar begründet Art 37 Abs 2 EGV nach herrschender Auffassung nur eine konkurrierende Zuständigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Bereich des materiellen Agrarrechts137, doch schließen die Prinzipien der Komplementarität und Partnerschaft, welche die gemeinschaftliche Agrarpolitik prägen, ein eigenständiges Tätigwerden der Mitgliedstaaten de facto aus. Prinzipiell sind für alle Produkte, die von der Gemeinsamen Agrarpolitik nach Art 32 EGV iVm Anhang I EGV umfasst sind, Gemeinsame Marktorganisationen zu errichten. Die in Anhang I EGV enthaltene Aufstellung landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist dabei in taxativem Sinne zu verstehen. Sie kann nach Ansicht des EuGH insbesondere nicht im Wege einer extensiven Interpretation der materiellen Definition des Begriffes der landwirtschaftlichen Erzeugnisse in Art 32 Abs 1 EGV beliebig erweitert werden, da dieser materiellen Definition keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt138. Die Kurzlebigkeit vieler der den Agrarbereich betreffenden Rechtsakte hat dazu geführt, dass sich eine mehrstufige Normenhierarchie herausgebildet hat, deren oberste Stufe die vom Rat im Verfahren nach Art 37 EGV verabschiedeten Grundverordnungen bilden139. Gegenwärtig gibt es 22 Gemeinsame Marktordnungen in den Bereichen Getreide, Reis, Olivenöl und Tafeloliven, Zucker, Hopfen, Saatgut, Rohtabak, Trockenfutter, Wein, Obst und Gemüse, Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse, Bananen, lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels, Faserflachs und Hanf, Rindfleisch, Schweinefleisch, Schaf- und Ziegenfleisch, Eier, Milch und Milcherzeugnisse, Zucker und Isoglucose, Erzeugnisse der Fischerei und Aquakultur, sonstige Erzeugnisse des Anhangs II140, wobei diese mehr als vierundneunzig Prozent der land134 135 136
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Vgl Oppermann (FN 108), Rz 1374; Streinz, Europarecht7 (2005) Rz 1078. Vgl etwa Pünder, Rechtsfragen der Europäischen Marktordnungen, DVBl 1998, 771 (772). Auf Grund der Kurzlebigkeit der im Agrarbereich ergangenen Gemeinschaftsrechtsakte ist das in Art 37 EGV vorgesehene Verfahren zumeist nicht einzuhalten. - S Streinz (FN 134), Rz 1078. Vgl Hix (FN 107), Art 37, Rz 24 f; Streinz (FN 134), Rz 1079. - Die Zulässigkeit nationaler Ergänzungsmaßnahmen zu Gemeinsamen Marktordnungen wird zum Teil kompetenzrechtlich, zum Teil materiellrechtlich bestimmt. - Vgl EuGH, Rs 31/74, Galli, Slg 1975, 47, Rn 5/7 ff; Rs 51/74, van der Hulst’s, Slg 1975, 79, Rn 18 ff. Vgl auch Streinz (FN 134), Rz 153. Vgl Thiele, in Calliess/Ruffert (Hrsg), EUV/EGV (1999) Art 32, Rz 11 ff. Streinz (FN 134), Rz 1078. Sog „Restmarktordnung“. Vgl Anhang I EGV idFd Vertrages von Amsterdam (Abl 1997 C 340/173) sowie die VO (EWG) 827/68 über die gemeinsame Marktorganisation für bestimmte in Anhang I des Vertrages aufgeführte Erzeugnisse, Abl Nr L 151/16. Umfasst sind ua Zuchtpferde, Esel, Maultiere; Zucht- und Wildschweine; Seidenraupen; Erbsen, Linsen, Bohnen; Kohlrüben; Heil- Und Gewürzpflanzen;
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wirtschaftlichen Produkte erfassen141. Daneben bestehen in einzelnen Sektoren marktordnungsähnliche Sonderregelungen für Erzeugnisse, die nicht unter eine Gemeinsame Marktordnung fallen (zB für Eiweißstoffe [Albumine]142, Glukose und Laktose143, landwirtschaftlichen Alkohol144, Nicht-Anhang-II-Erzeugnisse145 und Baumwolle146). Für einige Erzeugnisse existieren zwar keine Gemeinsamen Marktordnungen aber zumindest Teilregelungen147. Die Marktordnungen, die sich - in Abhängigkeit von dem zu regelnden Produkt, dem Selbstversorgungsgrad innerhalb der Gemeinschaft, der Angebotslage auf dem Weltmarkt etc - ihrem Regelungsinhalt und ihrer Regelungsintensität nach durchaus deutlich unterscheiden können148, gelten jeweils nur für ein spezielles Produkt. Sie sind regelungstechnisch insofern leicht an ihrer Bezeichnung zu erkennen, als der gemeinschaftliche Verordnungsgeber jede dieser Marktordnungen mit „Gemeinsame Marktorganisation für ...“ überschreibt. Je nach Gemeinsamer Marktordnung weist diese eines oder mehrere der drei hauptsächlichen Instrumente - Intervention, Außenschutz, Beihilfe - auf. Ergänzt und strukturiert werden die Gemeinsamen Marktordnungen durch sog „horizontale“ Regelungen, wie sie etwa betreffend Sicherheiten, Lizenzen, Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Maßnahmen über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes oder Direktzahlungen im Rahmen der GAP bestehen. Sie gleichen das strukturelle Defizit, das den Gemeinsamen Marktordnungen zu eigen ist, aus, ordnen diese und bilden so die eigentliche Grundlage eines allgemeinen europäischen Wirtschaftsverwaltungsrechts149.
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Gewürze; Zichorien; Stroh; Most; Datteln; Kokosnüsse; Tee; Kakao. - Dazu auch Leidwein (FN 83), 248 f. Vgl Oppermann (FN 108), Rz 1376 f. - Eine überblicksweise Darstellung aller Agrarmarktordnungen mit Stand Sommer 2004 findet sich bei Leidwein (FN 83), 148 ff. - Vgl auch die summarische Darstellung bei Snyder, International Trade and Customs Law of the European Union (1998) 300 ff. VO (EWG) 2783/75 über die gemeinsame Handelsregelung für Eieralbumin und Milchalbumin, Abl Nr L 282/104. VO (EWG) 2730/75 über Glukose und Laktose, Abl Nr L 281/20. VO (EG) 670/2003 mit besonderen Maßnahmen für den Markt für Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs, Abl Nr L 97/6. VO (EG) 3448/93 über die Handelsregelung für bestimmte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren, Abl Nr L 318/18. Erfasst werden bestimmte Verarbeitungserzeugnisse aus Milch, Zuckermais, Margarine, chemisch reine Fructose, Schokolade, Malzextrakt, Teigwaren, durch Aufblähen oder Rösten von Getreide hergestellte Lebensmittel (zB Corn-flakes), Backwaren, Yamswurzeln, Kaffee- und Teezubereitungen, Speiseeis, Wasser einschließlich Mineralwasser, andere nichtalkoholartige Getränke ausgenommen Frucht- und Gemüsesäfte, Malzbier, Wermutwein, Zigarren, Zigarillos und Zigaretten uvam. Die Regelung für Baumwolle beruht auf dem Protokoll Nr 4 über Baumwolle der Akte über den Beitritt Griechenlands aus dem Jahre 1981. ZB Speisekartoffeln, Honig, Naturkork, anderer Essig als Weinessig, lebende Schlachtpferde und Pferdefleisch etc. - Näher dazu Leidwein (FN 83), 148 ff. Vgl Anhammer ua (FN 83), 54; Richli, Konvergenzen im schweizerischen und europäischen Agrarrecht, FS Zäch (1999) 773 (783 f). So Puck (FN 10), Rz 670 und dort FN 217.
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In der Normenhierarchie an zweiter Stelle stehen die Grundregeln für die Verwaltung, die der Rat auf Grund einer Selbstdelegation ohne Anhörung des Europäischen Parlaments erlässt. Die dritte Ebene bilden schließlich die auf der Basis einer Ermächtigung des Rates150 erlassenen Rechtsakte der Kommission151. Eine auch nur überblicksweise Darstellung aller Gemeinsamer Marktordnungen in dem hier vorgegebenen Rahmen muss bereits an der Vielfalt der diese konstituierenden sekundären Gemeinschaftsrechtsakte scheitern, sodass sich die nachfolgenden Ausführungen im Wesentlichen auf die Darstellung der hauptsächlichen Instrumente beschränken. Des weiteren werden nachfolgend drei der bedeutendsten „klassischen“ Gemeinsamen Marktordnungen, nämlich jene für Getreide152, Rindfleisch153 sowie Milch und Milcherzeugnisse154, sowie die Gemeinsame Marktordnung für Olivenöl und Tafeloliven155, die als paradigmatisch für den mit der GAP-Reform 2003 eingeleiteten Systemwandel gelten kann, ausführlicher vorgestellt.
2. Völkerrecht a) Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) Die Entstehung des GATT ist im Wesentlichen das Ergebnis des Scheiterns der Bemühungen um die Errichtung einer Internationalen Handelsorganisation (ITO). Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde auf der UN-Konferenz für Handel und Vollbeschäftigung in Havanna eine rechtliche Neuordnung der Weltwirtschaft beraten. Anlässlich dieser Konferenz wurde am 24.3.1948 die „Havanna-Charter“ unterzeichnet, die unter anderem die Gründung einer Spezialorganisation, der ITO, vorsah, deren Aufgabe darin bestehen sollte, im internationalen Warenverkehr für einen kontinuierlichen Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen Sorge zu tragen. Die Steuerung des internationalen Handels sollte ausschließlich über Markt- und Preismechanismen erfolgen. Bereits 1947 hatte ein die „Havanna-Charter“ vorbereitender Ausschuss getagt, wobei zugleich auch Zollverhandlungen geführt wurden. Deren Ergebnisse sollten zusammen mit den handelspolitischen Vorschriften des Entwurfes der Charter unter der Bezeichnung „General Agreement on Tariffs and Trade“ (GATT) als Übergangsregelung bis zur Konstituierung der ITO in Kraft gesetzt werden. Da die ITO vor allem infolge amerikanischen Widerstandes nicht zustande kam, unterzeichneten im Oktober 1947 23 Staaten ein Protokoll über
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Vgl Art 211, 4. Spiegelstrich EGV. Zur diesbezüglichen Einbindung der Kommission in ein Ausschussverfahren s Streinz (FN 134), Rz 1078. VO (EG) 1784/2003 über die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide, Abl Nr L 270/78. VO (EG) 1254/1999 über die Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch, Abl Nr L 160/21 idF VO (EG) 1782/2003, Abl Nr L 270/1. VO /EG) 1255/1999 über die Gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, Abl Nr L 160/48 idF VO (EG) 186/2004, Abl Nr L 29/6. VO (EG) 865/2004 über die Gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven, Abl Nr L 161/97.
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die vorläufige Anwendung des GATT, welches am 1.1.1948 in Kraft trat156. Österreich ist dem GATT 1947 im Jahre 1951 als Vollmitglied beigetreten157. Das GATT 1947 ist mit Ablauf des 31.12.1995 endgültig außer Kraft getreten158. Zum Zeitpunkt seiner Auflösung war die Zahl der GATT-Vertragspartner auf 128 gestiegen. b) Das Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO-Abkommen) Als Ergebnis der „Uruguay Runde“ (1986 - 1993)159 wurde 1993 unter anderem auch von Österreich das Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO)160 unterzeichnet. Dieses Abkommen ist für Österreich mit 1.1.1995 in Kraft getreten161. Derzeit (Stand 11. Dezember 2005) weist die WTO 149 Mitglieder auf, wobei nur 35 Mitglieder Industriestaaten sind162. Während die WTO den institutionellen Rahmen für die Wahrnehmung der internationalen Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedern des Abkommens bildet163, sind die materiellen Grundlagen der Handelsbeziehungen in zahlreichen weiteren, multilateralen Einzelabkommen geregelt. Eines dieser Abkommen ist das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen 1994 (GATT 1994)164.
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Vgl Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht3 (1984) 212 ff. - Zum Inhalt des GATT 1947 s Binder (FN 54), Rz 1345 ff. BGBl 1951/254. Binder (FN 42), Rz 589. Dazu ausführlich Hilpold, Die Uruguay-Runde - Eine Bestandsaufnahme, ZvglRWiss 93 (1994) 419. Abl 1994 Nr L 336/3. BGBl 1995/1. Vgl dazu die Homepage der Welthandelsorganisation unter http://www.wto.org/. Auch die EG (nicht jedoch die EU, da dieser keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt) ist Mitglied der WTO, wobei sie die abgestimmten Interessen aller 25 Mitgliedstaaten vertritt. Verhandlungsführer ist der Kommissar für den Außenhandel. Etwa zwei Drittel der WTO-Mitglieder sind Entwicklungsländer, für die zum Teil gesonderte Vorschriften gelten. Die Kategorisierung erfolgt in der Regel auf eine entsprechende Erklärung des betreffenden Landes hin, die aber von anderen Staaten angezweifelt werden kann. 32 Mitglieder der WTO gelten allerdings auch nach der Definition der UNO als „Least Developed Countries“. Deren Status kann nicht aberkannt werden. Ausführlich zur Organisationsstruktur der WTO Senti, WTO. System und Funktionsweise der Welthandelsordnung (2000) 113 ff. Die vertraglichen Bestimmungen über den Güterhandel finden sich in Anhang 1A des WTO-Abkommens. Der erste Teil des Anhanges 1A enthält den GATT-Text und die Übereinkommen zur Durchführung der einzelnen GATT-Artikel. Der zweite Teil des Anhanges 1A besteht aus den Zusatzabkommen über die Landwirtschaft, die sanitarischen und phytosanitarischen Maßnahmen, den Textilhandel, die technischen Handelshemmnisse, die Investitionsmaßnahmen, die Versandkontrolle, die Ursprungsregeln und die Einfuhrlizenzen. Die Anhänge 1B und 1C enthalten das Allgemeine Abkommen über den Dienstleistungshandel und das Abkommen über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums. - Zum GATT 1994 Senti (FN 163), 328 ff; Wimmer/Arnold (FN 11), 173 ff.
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Die Europäische Gemeinschaft nimmt innerhalb des WTO-Systems in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung ein165. Obwohl der Anteil des Agrarhandels am Weltgüterhandel lediglich ca 13 Prozent beträgt166, bildete die Agrarfrage einen zentralen Verhandlungspunkt, über den nur schwer eine Einigung erzielt werden konnte167. Schließlich gelang es aber doch, auch die Landwirtschaft in die Welthandelsordnung zu integrieren168. Bei den Verhandlungen ging es vor allem um die Klärung der Frage, wie die bestehenden, weltweit vorherrschenden Subventionssysteme schrittweise beseitigt werden können169. Man hat erkannt, dass durch die schrankenlose Subventionierung des Agrarmarktes die Weltmarktpreise für agrarische Produkte fortlaufend absinken, wodurch enorme nationale Verluste entstehen, die für die Staaten an sich nicht mehr tragbar sind. Mit der Schaffung der neuen WTO-Agrarordnung soll es nunmehr möglich sein, weltweit koordinierte Reformmaßnahmen einzuleiten170. Die WTO-Agrarordnung besteht einerseits aus dem Übereinkommen über die Landwirtschaft (Agrarabkommen)171 und andererseits aus dem Übereinkommen über die Anwendung sanitarischer und phytosanitarischer Maßnahmen (SPS-Abkommen)172. 165
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S dazu Hilpold, Die EU im GATT/WTO-System. Aspekte einer Beziehung „sui generis“ (1999) 51 ff. - Gemäß Art XI:1 WTO-Abkommen besitzt die EG den Status eines ursprünglichen WTO-Mitgliedes. Gegenwärtig sind die USA und die EU mit einem Anteil von ca 10 - 15 Prozent am weltweiten Agrarhandel die wichtigsten Exporteure von Nahrungsmitteln und landwirtschaftlichen Rohstoffen. Allerdings belegen auch im Bereich der Agrarimporte die EU mit ca 10 Prozent und die USA mit ca 8 Prozent nach Japan (12 Prozent) statistisch gesehen die vordersten Plätze. - Vgl WTO (Hrsg), Annual Report 1999 (1999) 76 ff. Vgl Hilpold (FN 159), 440 ff; Schwar, Die Agrarverhandlungen in der GATTUruguay Runde - Eine Kontroverse zwischen Freihandel und selektivem Schutz für die Landwirtschaft, AJPIL 1995, 183. Teil 2 des Anhanges 1A des WTO-Abkommens. - Zum Inhalt des Abkommens vgl Hilpold (FN 159), 445 ff; Senti (FN 163), 465 ff. - Zur jüngsten Entwicklung des GATT s ua Hilpold, Regional Integration According to Article XXIV GATT - Between Law and Politics, in: von Bogdandy/Wolfrum (eds), Max Planck Yearbook of United Nations Law, Volume 7 (2003) 219. Vor allem wegen der Unterwanderung der Verpflichtungen des GATT 1947 seitens der EWG durch konsequente Nutzung der GATT-Lücke des Regionalismus sahen sich die übrigen Staaten der Welt vielfach dazu veranlasst, eigene Integrationszonen zu bilden bzw diesen beizutreten, wobei die Gemeinschaft von diesen ausgeschlossen wurde. In dieser Hinsicht haben sich insbesondere die USA hervorgetan, die seit Mitte der achtziger Jahre ein umfassendes Netzwerk entwickelt haben, das die Gemeinschaft immer mehr ins Abseits drängte und somit als wirkungsvolles Druckinstrument zur Erhaltung des multilateralen Handelssystems dienen konnte. In dieser Entwicklung ist letztlich ein wesentlicher Grund für den Beitritt der EU zum WTOAbkommen zu sehen. - Dazu ausführlich Hilpold, Neue Freihandelszonen in Asien und Amerika als Herausforderung für Europa, WiPolBl 1996, 184. Vgl Moutsatsos, The Uruguay Round Agreement on Agriculture: Issues and Perspective, in Bilal/Pezaros (Ed), Negotiating the Future of Agricultural Policies: Agricultural Trade and the Millenium WTO Round (2000) 29. Abl 1994 Nr L 336/22. Abl 1994 Nr L 336/40.
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Das Agrarabkommen, das zu den am härtesten umkämpften Teilen des gesamten WTO-Paketes gehörte173, bildet erst den Anfang eines langfristigen Reformprozesses, dessen Ziel die Schaffung eines fairen und marktorientierten weltweiten Handelssystems ist174. Da eine Reform ohne konkrete Vorgaben nicht greift, werden bereits in der Präambel des Abkommens ein effektiver Abbau der Agrarzölle sowie eine schrittweise Senkung der landwirtschaftlichen Stützungs- und Schutzmaßnahmen gefordert. Den Entwicklungsländern wird in diesem Zusammenhang insofern eine Sonderstellung eingeräumt, als diesen bei der Anwendung der ausgehandelten Liberalisierungsmaßnahmen eine längere Übergangsfrist sowie ein verbesserter Marktzutritt in ihren Absatzländern eingeräumt worden ist. Das Abkommen ist auf einen Umsetzungszeitraum von sechs Jahren befristet. Ein Jahr vor Ende dieser Periode ist der Fortschreibungsprozess aufzunehmen. Zugleich sind die Mitglieder des Abkommens dazu verpflichtet, die gemachten Erfahrungen zu analysieren und neue Lösungsvorschläge auszuarbeiten175. Die drei Hauptziele des Agrarabkommens sind die Verbesserung des gegenseitigen Marktzuganges, der Abbau landesinterner Stützungsmaßnahmen, die sich auf die Produktion und/oder den internationalen Handel auswirken und schließlich der Abbau der Exportbeihilfen und der subventionierten Exportmengen176. Hinsichtlich des Marktzutrittes sieht das Agrarabkommen die Tarifizierung aller nichttarifären Handelshemmnisse177 vor. Die auf diesem Wege 173
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Noch bis 1994 handelte es sich bei der Landwirtschaft nur um einen von vielen Regelungsgegenständen des GATT. Dementsprechend enthielt dieses praktisch keine Sonderbestimmungen betreffend die Landwirtschaft. Der Bedeutungsumschwung setzte erst im Zuge der Verhandlungen der Uruguay-Runde ein. - Näher dazu Tangermann, Agriculture on the way to firm international trading rules, FS Hudec (2002) 254. Vgl in diesem Zusammenhang etwa Steinberg/Josling, When the Peace Ends: The Vulnerability of EC and US Agricultural Subsidies to WTO Legal Challenge, JIEL 2003, 369. Vgl Sturgess, The Liberalisation Process in International Agricultural Trade: Market Access and Export Subsidies, in Bilal/Pezaros (Ed), Negotiating the Future of Agricultural Policies: Agricultural Trade and the Millenium WTO Round (2000) 135. Dazu Priebe/Mögele (FN 115), Rz 38 ff. Unter Tarifizierung ist die Umrechnung aller bestehenden nichttarifären Handelshemmnisse in gebundene Zölle zu verstehen. Das Abkommen schreibt vor, dass mengenmäßige Einschränkungen, Einfuhrabschöpfungen, Mindesteinfuhrpreise, Einfuhrlizenzvergaben, freiwillige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen und ähnliche Grenzmaßnahmen, die keine eigentlichen Zölle darstellen, in Zölle umzurechnen sind. Die Tarifizierung erfolgt entweder nach der additiven Methode oder aber nach der Differenzmethode. Rechnerischer Ausgangspunkt für die additive Methode ist der Maximalzoll. Dieser entspricht der Summe der preislichen Belastungen (also Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse) der Basisjahre 1986 bis 1988. Der Importpreis einer Ware und der Maximalzoll, der auf diese Ware erhoben wird, ergeben zusammen den geschützten Inlandspreis. In der EU ergibt sich der Zollschutz aus der Differenz zwischen dem um zehn Prozent erhöhten Interventionspreis und dem entsprechenden Marktpreis der Jahre 1986 bis 1988. Für Getreide gilt in der EU die Sonderregelung, dass der Einfuhrpreis einschließlich aller Abgaben um 55 Prozent über dem Interventionspreis liegen darf. Sollte der Weltmarktpreis um mehr als 30 Prozent fallen, so sind Zusatzzölle erlaubt. Die Differenzmethode wird in je-
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ermittelten Maximalzölle, die Kontingents- und Außerkontingentszollansätze sind zu konsolidieren und der WTO zu notifizieren178, womit eine künftige Anhebung ausgeschlossen ist. Das Agrarabkommen verpflichtet die Mitglieder zur Absenkung der Maximalzölle im Durchschnitt um 36 Prozent im Laufe von sechs Jahren. Das allgemeine Verbot der Erhöhung von Zöllen wird von einer ganzen Reihe von Ausnahmen, durch die ein komplexes System substituierender Maßnahmen in Gang gesetzt wird, durchbrochen. Steigt etwa die Einfuhrmenge zwischen 5 und 25 Prozent oder fällt der durchschnittliche Einfuhrpreis unter das Niveau von 1986 - 1988, so kann das betroffene Einfuhrland beispielsweise vorübergehend die Zölle anheben. Im Bereich der internen Stützungen sollen alle produktionsabhängigen Subventionen mit handelsverzerrender Wirkung179 innerhalb von sechs Jahren auf der Grundlage des „Aggregate Measurement of Support“180 um 20 Prozent abgebaut werden. Produktbezogene Subventionen müssen nicht abgebaut werden, sofern sie 5 Prozent des Produktionswertes des landwirtschaftlichen Produktes nicht übersteigen. Produktions- und handelsneutrale Subventionen181, wie Ausbildungsmaßnahmen, Beratungen, Strukturanpassungsunterstützungen, Regionalbeihilfen etc, können aufrecht erhalten bleiben. Auch Stützungszahlungen, die im Rahmen von Erzeugungsbeschränkungsprogrammen gewährt werden und entweder auf bestimmte Flächen und Erträge bezogen sind, auf der Grundlage von 85 Prozent oder weniger der Grunderzeugungsmenge erfolgen oder als Lebendviehprämien auf der Grundlage einer festgesetzten Bestandsgröße gezahlt werden, unterliegen nicht der Kürzungsverpflichtung182.
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nen Produktbereichen angewendet, in denen mengenmäßige Importbeschränkungen in Zollkontingente umgewandelt und als solche weiterhin angewandt werden. Rechnerischer Ausgangspunkt ist hier eine bestimmte Kontingentsmenge, deren Verteilung häufig über eine staatliche Zuteilung, Verlosung oder Versteigerung efolgt und für die wie bisher Zollfreiheit oder ein tiefer, nicht anhebbarer Zollsatz gilt. Finden nunmehr über die Kontingentsmenge hinausgehende Importe statt, so darf für diese zusätzlichen Importe ein Zollsatz berechnet werden, welcher der Differenz zwischen dem Inlandspreis und dem Auslandspreis entspricht. - Senti (FN 163), 472 ff. Der wechselseitigen Kommunikation (Transparenz) kommt im Rahmen des multilateralen Beziehungsgeflechtes der WTO zu ihren Mitgliedstaaten naturgemäß besondere Bedeutung zu. - Ausführlich dazu Hilpold, Das Transparenzprinzip im internationalen Wirtschaftsrecht - unter besonderer Berücksichtigung des Beziehungsgeflechts zwischen EU und WTO, EuR 1999, 597. Sog „Orange-Box“-Maßnahmen. - Zur Berechnungsmethode der abzubauenden Beihilfen s Senti (FN 163), 482 f. Im „Aggregate Measurement of Support“, dem gesamten aggregierten Stützungsmaß (Gesamt-AMS) werden sämtliche internen Stützungsmaßnahmen eines WTOMitgliedes zu Gunsten landwirtschaftlicher Erzeuger produktübergreifend erfasst. Das Gesamt-AMS bildet den Dreh- und Angelpunkt der im Agrarabkommen vorgesehenen Maßnahmen zur Senkung der internen Stützungen. Sog „Green-Box“-Maßnahmen. Darunter sind Maßnahmen zu verstehen, die keine oder höchstens geringe Handelsverzerrungen oder Auswirkungen auf die Erzeugung hervorrufen. Sog „Blue-Box“-Maßnahmen. Die im Rahmen dieser Maßnahmen ausbezahlten Stützungszahlungen sind nicht in das laufende Gesamt-AMS des betreffenden WTO-Mitgliedes einzurechnen.
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Da Exportsubventionen den internationalen Handel in besonderem Maße beeinträchtigen, unterliegen diese nach Art 3 WTO-Subventionsübereinkommen grundsätzlich einem allgemeinen Verbot. Hinsichtlich Exportsubventionen für landwirtschaftliche Güter, die in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Agrarabkommens gewährt werden, besteht eine Ausnahme von diesem allgemeinen Verbot, doch hat jedes WTO-Mitglied seine Exportsubventionen sowohl mengenmäßig als auch finanziell zu kürzen. Was den sukzessiven Abbau der Exportbeihilfen und der subventionierten Exportmengen anlangt, so sieht das Agrarabkommen vor, dass direkte Exportsubventionen innerhalb von sechs Jahren um 36 Prozent zu verringern sind. Ebenso ist die Menge der gestützten Ausfuhren um 21 Prozent je Erzeugnis in dieser Zeit zu reduzieren. Die geldwertmäßige (nicht aber die mengenmäßige) Kürzungsverpflichtung gilt auch für Verarbeitungserzeugnisse und damit auch für die Nahrungsmittelindustrie. In diesem Zusammenhang ist sicherzustellen, dass die für ein Verarbeitungserzeugnis gezahlte Subvention nicht die Subvention pro Einheit überschreitet, die bei der Ausfuhr des betreffenden Grunderzeugnisses gewährt würde. Als Referenzperiode zur Berechnung des Ausgangsniveaus der Reduktionsverpflichtungen wurde der Zeitraum von 1986 bis 1990 festgelegt183. Den Bestimmungen des GATT/WTO-Rechts kommt allen Verwobenheiten und Interdependenzen mit dem Gemeinschaftsrecht zum Trotz keine unmittelbare Anwendbarkeit im Gemeinschaftsrecht zu. Einer unmittelbaren Anwendbarkeit des GATT/WTO-Rechts im Gemeinschaftsrecht steht prinzipiell schon die Natur des GATT/WTO-Rechts entgegen, das erst im Zuge weiterer verhandlungspolitischer Prozesse konkretisiert und so umgesetzt werden muss184. Darüber hinaus haben sich maßgebliche Mitgliedstaaten der WTO ausdrücklich gegen eine unmittelbare Anwendbarkeit des GATT/WTO-Rechts ausgesprochen, um sich so auch in Hinkunft eine bessere Verhandlungsposition zu sichern185. Daher sind primär die WTO-Mitgliedstaaten zur innerstaatlichen Umsetzung der durch Unterzeichnung und Ratifizierung des WTOAbkommens eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen im Wege der hiefür nach innerstaatlichem Recht vorgesehenen Verfahren verbunden. Anlässlich der 4. WTO-Ministerkonferenz in Doha im November 2001 wurde beschlossen, in eine neue Verhandlungsrunde, die „Doha Development Agenda“ (DDA)186, einzutreten. In diesem Zusammenhang verpflichteten sich die WTO-Mitglieder, umfassende Landwirtschaftsverhandlungen zu führen. Als Ziele dieser Verhandlungen wurden die Verbesserung des Marktzutrittes, die Reduktion aller Formen von Exportsubventionen, eine erhebliche Verringerung der handelsverzerrenden internen Stützungen, die besondere und differenzierte Behandlung der Entwicklungsländer als ein integraler Bestandteil der Verhandlungen sowie die Berücksichtigung der non-trade concerns formuliert.
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Näheres bei Senti (FN 163), 483 ff. Vgl Hilpold (FN 165), 165 ff; derselbe (FN 178), 611 ff. Hilpold (FN 165), 321 ff. Dazu eingehend Anderson ua, Agriculture and the Doha Development Agenda, in Martin/Pangetsu (Hrsg),Options for Global Trade Reform (2003) 25.
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Nachdem die 5. WTO-Ministerkonferenz in Cancún im September 2003 abgebrochen wurde, ohne dass überhaupt Ergebnisse erzielt worden wären187, erfolgte eine Neuorientierung sowohl in der EU als auch in der WTO. In der Folge wurde die Agenda für die Runde geändert, woraufhin sich die WTOMitglieder am 1. August 2004 auf das sog Rahmenabkommen („framework agreement“) einigten. Diese Einigung enthält Bedingungen für alle neuen Abkommen einschließlich der Landwirtschaft. Auf der Basis des Rahmenabkommens fand im Dezember 2005 die 6. WTO-Ministerkonferenz in Hong Kong statt188. Zentraler Punkt der Verhandlungen im Agrarsektor war die Frage des Exportwettbewerbes. Einen der Eckpfeiler der gemeinschaftlichen Verhandlungsposition stellte die GAPReform 2003 dar, der als solcher auch nicht in Zweifel gezogen wurde. Im Verlauf der Verhandlungen erklärte sich die Europäische Union unter der Bedingung der vollen Gleichbehandlung aller Formen von Exportförderungen allerdings bereit, die Exportstützungen zu reduzieren. Danach wird es bei den Exportstützungen der Europäischen Union und bei den anderen Formen der Exportförderung bis 2013 zu einem schrittweisen Abbau kommen („phasing out“)189. Weiters einigte man sich darauf, dass die WTO-Länder hinsichtlich sonstiger handelsverzerrender Landwirtschaftsförderungen mit dem künftigen Ziel der Festlegung konkreter Reduktionszahlen in 3 Bänder eingeteilt werden, wobei in das oberste Band die Europäische Union, in das mittlere Band die USA und Japan und in das unterste Band die sonstigen WTO-Mitglieder fallen. Dasselbe gilt für Zölle, die im Bereich der Landwirtschaft eingehoben werden und die nunmehr - je nach Zollhöhe, die für Entwicklungsländer und Industrieländer unterschiedlich ist - in 4 Bänder eingeteilt werden. Für Entwicklungsländer soll zusätzlich ein Schutzklauselmechanismus greifen, dessen Bedingungen ebenso erst festgelegt werden müssen, wie die Höhe der Zollkürzungen und die Bändergrenzen. Schließlich soll auch der Markt für Baumwolle neu strukturiert werden (Abschaffung von Exportförderungen; Marktöffnung für Exporte aus bestimmten Ländern). Die in der Ministererklärung von Hong Kong beschlossenen Leitlinien sollen im ersten Halbjahr 2006 in konkrete Inhalte und Zahlen umgesetzt werden190. In weiterer Folge sollen im zweiten Halbjahr 2006 die detaillierten Entwürfe für Verpflichtungslisten für den Abschluss der Doha-Runde bis Ende 2006 beschlussfähig sein. c) Der EWR-Vertrag Ziel des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (vgl BGBl 1993/909 idF BGBl III 2006/53), dessen Vertragspartner die EU-Mitglied187 188 189 190
Die Verhandlungen zur Landwirtschaft wurden in Cancún gar nicht begonnen, nachdem die Gespräche in anderen Bereichen bereits gescheitert waren. S dazu etwa Küblböck/Six, Die WTO in Hongkong. Zwischenergebnisse einer „Entwicklungsrunde“ (2006). Vgl Küblböck/Six (FN 188), 6. Ob es zur Festlegung konkreter Prozentzahlen zur Kürzung der Agrarsubventionen und Importzölle kommen wird, ist indessen mehr als fraglich, da die in dieser Hinsicht geführten weiteren Verhandlungen bis dato ergebnislos geblieben sind. - Vgl Küblböck/Six (FN 188), 4.
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staaten einerseits und die EFTA-Mitglieder Fürstentum Liechtenstein, Island und Norwegen andererseits191 sind, ist die Herstellung binnenmarktähnlicher Verhältnisse zwischen den Wirtschaftsblöcken der EG und der EFTA. Zur Verwirklichung dieses Zieles regelt das EWR-Abkommen auf der Grundlage des einschlägigen Gemeinschaftsrechtes ua den freien Warenverkehr, die Freizügigkeit, den freien Dienstleistungsverkehr sowie die Kapitalverkehrsfreiheit. Um eine größtmögliche Homogenität in der Übernahme des EWR-relevanten gemeinschaftsrechtlichen Primärrechtes sicherzustellen, sind die Bestimmungen des EWR-Hauptabkommens weitgehend deckungsgleich mit den einschlägigen Bestimmungen des (seinerzeitigen) EWG-Vertrages. Allerdings sind die Vertragsparteien dahingehend übereingekommen, die gemeinschaftliche Agrarund Fischereipolitik vom sachlichen Geltungsbereich des EWR-Abkommens auszunehmen192. Zugleich mit dem Primärrecht wurde (von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen) auch die Übernahme des gesamten gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes („acquis communautaire“) im Bereich der vier Grundfreiheiten vereinbart193. Im Bereich der Landwirtschaft betrifft dies insbesondere die Bestimmungen über Saat- und Pflanzgut, Regelungen betreffend das Pflanzenschutzmittelrecht, das Düngemittelrecht, das Futtermittelrecht und Tierzuchtbestimmungen194. d) Sonstige Handels- und Assoziierungsabkommen der EU Es bestehen zahlreiche weitere Assoziations- und Kooperationsabkommen, die die Europäische Union mit einer Reihe von europäischen und außereuropäischen Staaten abgeschlossen hat und die für die Landwirtschaft von Bedeutung sind. An vorderster Stelle zu nennen ist das AKP-Abkommen195, an dem neben der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten 77 Staaten in Afrika, der Karibik und im pazifischen Raum (sog „AKP-Staaten“) beteiligt sind. Das Abkommen, das von einem partnerschaftlichen Ansatz geprägt ist, sieht ua eine besondere und differenzierte Behandlung aller AKP-Staaten vor. So unterliegen etwa Waren mit Ursprung aus AKP-Staaten bei der Einfuhr in die Europäische Union keinen Zöllen oder mengenmäßigen Beschränkungen. Die mit den mittel- und osteuropäischen Staaten abgeschlossenen Abkommen196 beinhalten entweder Freihandelsregelungen oder sehen zumindest eine wirtschaftliche und finanzielle Kooperation197 vor. 191
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Die Schweiz ist, obwohl EFTA-Land, nicht Vertragspartner des EWR-Vertrages. Das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und der Schweiz ist im Hinblick auf den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen durch ein eigenes Abkommen geregelt. Vgl Kapitel 2 (Art 17 ff) des EWR-Abkommens. Vgl Burtscher, Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) (1992) 23 ff. Leidwein (FN 83), 496. 2000/483/EG. - Näher dazu Leidwein (FN 83), 498 ff. Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Rumänien andererseits; Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bulgarien andererseits.
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Die Europäische Union hat mit nahezu allen Anrainerstaaten im Mittelmeerraum Assoziationsabkommen198 geschlossen. Danach werden den Vertragspartnern weitgehende Präferenzen bei Importen, insbesondere in den Bereichen Obst, Gemüse, Olivenöl und Fischereierzeugnisse, gewährt. Das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei beinhaltet das Ziel der Bildung einer Zollunion199. Auch zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz besteht ein Abkommen, das den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen regelt.
II. Grundzüge und Prinzipien der Gemeinsamen Agrarpolitik A. Die Struktur der Gemeinsamen Agrarpolitik 1. Gegenstand der Gemeinsamen Agrarpolitik Gemäß Art 32 Abs 1 EGV umfasst der Gemeinsame Markt auch die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen200. Daraus folgt, dass sowohl die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte als auch der Handel mit diesen und deren Absatz einer eingehenden gemeinschaftsrechtlichen Regelung zugänglich sind201. Zufolge des Fehlens einer Definition des Begriffes der „Landwirtschaft“202 im EGV selbst ist unklar, welche Tätigkeitsbereiche und Erzeugnisse nun tatsächlich unter den Landwirtschaftstitel des EGV zu subsumieren sind203. Dies kann zu Abgrenzungsproblemen bei der Zuständigkeit des Gemeinschaftsge197
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Vgl die Partnerschaftsabkommen der Europäischen Union mit der Ukraine, Rissland, Kasachstan, Kirgistan, Belarus und Moldawien, die die Landwirtschaft allerdings nur am Rande berühren. Solche bestehen etwa mit Israel, Tunesien, Algerien, Marokko, Ägypten, Syrien, Jordanien und dem Libanon. Hinsichtlich der Landwirtschaft vgl die Verordnung (EWG) 1180/77 des Rates über die Einfuhr bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in der Türkei in die Gemeinschaft. Die Gemeinsame Agrarpolitik wird vielfach als ein „Eckpfeiler“ der Gemeinschaft bezeichnet (vgl Oppermann (FN 108), Rz 1351). Zufolge der Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte hat sich die Grundeinstellung sowohl der Politiker als auch der Bevölkerung im Hinblick auf die Agrarlastigkeit der Gemeinschaft stark gewandelt. Vor allem der enormen finanziellen Belastungen wegen gilt die Gemeinsame Agrarpolitik heute völlig zu Recht als Sorgenkind der EG. Vgl Schweitzer/Hummer (FN 70), Rz 1329. Vgl in diesem Zusammenhang jüngst Norer, Vom Agrarrecht zum Recht des ländlichen Raumes - alte und neue Begrifflichkeiten, ZfV 2001, 1 (7 ff). - Dieser Autor weist zu Recht darauf hin, dass mit der Agenda 2000 ansatzweise eine Integration von Umweltbelangen in die Agrarpolitik stattgefunden hat. Zugleich damit beginnen aber die Grenzen zwischen Agrar- und Umweltpolitik zu verschwimmen. Ihm ist vorbehaltlos zuzustimmen, wenn er im Ergebnis meint, dass dem Bedeutungszuwachs anderer Politiken der Gemeinschaft auf die Land- und Forstwirtschaft nur durch einen weiten und offenen gemeinschaftsrechtlichen Agrarrechtsbegriff Rechnung getragen werden könne (aaO, 9). Vgl Hix (FN 107), Art 32, Rz 3 ff.
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setzgebers führen, wobei es allerdings weniger um die Klärung der Frage der Zuständigkeit an sich denn vielmehr um Klärung der Frage nach der zutreffenden Rechtsgrundlage geht, da Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik dienen, sowohl auf die konkreten Kompetenzgrundlagen des Agrartitels als auch auf die anderen Bereiche des EGV gestützt werden können204. Der Grundsatzaussage in Art 32 Abs 1 Satz 2 EGV, wonach unter landwirtschaftlichen Erzeugnissen „die Erzeugnisse des Bodens, der Viehzucht und der Fischerei sowie die mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten Verarbeitungsstufe zu verstehen“ sind, kommt nach herrschender Ansicht keine eigenständige normative Bedeutung zu205. Ausschlaggebend ist vielmehr die in Anhang I zum EGV beigefügte Liste, für die nach Art 32 Abs 3 EGV die auf die Landwirtschaft Bezug nehmenden Art 33 bis 38 EGV gelten206. Nach Auffassung des EuGH ist die Definition des Art 32 Abs 1 zweiter Satz EGV, soweit diese als Interpretationshilfe herangezogen wird, in einem weiten Sinne auszulegen. Sie kann seiner Ansicht nach keinesfalls als Ermächtigungsbeschränkung in dem Sinne gedeutet werden, dass die Agrarregelungen ausschließlich auf landwirtschaftliche Grunderzeugnisse (Erzeugnisse der „ersten Verarbeitungsstufe“), auf die weiteren Verarbeitungserzeugnisse indessen die allgemeinen Vertragsbestimmungen anzuwenden seien207. Dieser Auffassung hat sich auch die Lehre angeschlossen208. Ausgehend vom Begriff der „landwirtschaftlichen Erzeugnisse“, wird in der Literatur Landwirtschaft als „Tätigkeit, die auf die Produktion eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses gerichtet ist“, verstanden209.
2. Ziele und Grundsätze der Gemeinsamen Agrarpolitik a) Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik Die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik werden explizit in Art 33 Abs 1 EGV genannt. Jedenfalls nach dem EGV an erster Stelle gereiht, geht es dabei zunächst um die Steigerung der Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts, Rationalisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeitskräfte. Angesichts der in vielen Bereichen bereits seit langem erzielten Überschussmengen steht heute freilich weniger eine quantitative denn vielmehr eine qualitative Produktivitätssteigerung (etwa die Senkung der Erzeugerkosten, Qualitätsverbesserungen, Fortbildung der in der Landwirtschaft 204 205
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Zu diesem Problemkreis jüngst Mögele, Die gemeinschaftliche Agrarkompetenz nach Amsterdam, ZeuS 2000, 79 (81 ff). Vgl in diesem Zusammenhang auch van Rijn, in von der Groeben/Schwarze (Hrsg), Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft6 (2003), Art 32 EG, Rz 5; Thiele (FN 138), Art 32, Rz 12 mwN. In diesem Sinne etwa auch Schweitzer/Hummer (FN 70), Rz 1329 f. EuGH Rs 185/73, HZA Bielefeld/König, Slg 1974, 607. Thiele (FN 138), Art 32, Rz 16. Thiele (FN 138), Art 32, Rz 21 ff.
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tätigen Personen) im Vordergrund der Bemühungen der Gemeinsamen Agrarpolitik210. Als ein weiteres (als eigenständig anzusehendes) Ziel wird die Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung genannt211. Bei der Beurteilung dessen, was als „angemessen“ anzusehen ist, steht dem Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Verfolgung der Gemeinsamen Agrarpolitik ein weiter Ermessensspielraum zu, zumal primärrechtlich die Festlegung auf einen eindeutig bestimmbaren Wert, wie etwa eine fixe Einkommensrelation, unterblieben ist. Ein Vergleich zur allgemeinen Einkommenssituation (einschließlich der anderen Wirtschaftsbereiche) innerhalb der Gemeinschaft kann zwar herangezogen werden, führt indessen auf Grund der doch deutlichen Einkommensunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten häufig zu unvertretbaren Ergebnissen212. In jüngster Zeit wird dieses Ziel verstärkt durch direkte Einkommensstützungen, die nicht mit einer Steigerung der Produktivität gekoppelt sind, zu erreichen gesucht. Es geht vor allem darum, eine globale Ausweitung der Produktion zu verhindern, weshalb seitens der Gemeinschaft vermehrt auf die Erzeugung solcher Mengen geachtet wird, die der Markt noch trägt. Die Gemeinsame Agrarpolitik soll des Weiteren zu einer Stabilisierung der Märkte beitragen. Im Gegensatz zur früher betriebenen Stabilisierungspolitik der Gemeinschaft213 geht es dabei heute weniger um die Herbeiführung einer kurzfristigen Marktstabilität durch Einsatz der Interventionssysteme214 denn vielmehr um die langfristige Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses von Angebot und Nachfrage betreffend landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die enorme landwirtschaftliche Überschussproduktion macht in diesem Zusammenhang vor allem Maßnahmen erforderlich, die auf eine Drosselung der Erzeugermengen hin ausgerichtet sind215. So wurden beispielsweise auf dem Milch- und dem Getreidesektor 1977 bzw 1986 Mitverantwortungsabgaben eingeführt216. Zu einer Stabilisierung des Milchmarktes ist es indessen erst durch die Einführung von Produktionsquoten, bei deren Überschreitung vom Erzeuger eine prohibitiv wirkende Abgabe zu zahlen ist, gekommen. Des Wei210 211
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213 214 215 216
Vgl Hix (FN 107), Art 33, Rz 8 ff. Zwar spricht Art 33 Abs 1 lit b EGV davon, dass die angemessene Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung „auf diese Weise“, also im Wege der Produktivitätssteigerung, erreicht werden soll. Nach Ansicht des EuGH ist dieses Ziel aber auch durch Maßnahmen der Preispolitik, durch direkte Unterstützungszahlungen an Landwirte oder durch andere Beihilfen verwirklichbar (EuGH Rs C-122/94, Kommission/Rat, Slg 1996, I-881). Vgl Gilsdorf/Priebe, in Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht der Europäischen Union – Kommentar (Loseblattausgabe 1984 ff), Art 39, Rz 10 ff; Thiele (FN 138), Art 33, Rz 5. Vgl Gilsdorf/Priebe (FN 212), Art 39, Rz 15. Hier sind vor allem die üblichen Interventionsankäufe und anschließende Lagerung der Erzeugnisse zu nennen. Vgl EuGH Rs 84/87, Erpelding, Slg 1988, 2647. Diese Mitverantwortungsabgaben bestehen allerdings nicht mehr. - S Priebe/Mögele (FN 115), Rz 99. - Umfassend zum Problemkreis Thiele, Das Recht der Gemeinsamen Agrarpolitik der EG: dargestellt am Beispiel des Gemeinsamen Milchmarktes mit Bezügen zum Durchführungsrecht in der BRD (1997) 166 ff.
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teren wurden Stabilisatoren in Form von Höchstgarantiemengen eingeführt, bei deren Überschreitung automatisch Sanktionen eintreten sollen217. Im Weinbau besteht nach wie vor ein Verbot von Neuanpflanzungen218. Ebenso im Zielkatalog des Art 33 Abs 1 EGV genannt wird die Sicherstellung der Versorgung, wobei diese sowohl den Endverbraucher als auch die verarbeitende Nahrungsmittelindustrie in sich begreift219. Dieses Ziel weist eine enge Verbindung zu den Zielen der Stabilisierung der Märkte und der Erhöhung der Produktivität auf. Im Wesentlichen geht es um die Überbrückung kurzfristiger Versorgungsengpässe. Zu diesem Zweck sieht das Gemeinschaftsrecht etwa das Anlegen von Interventionslagerbeständen vor. Ebenso steht ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Verfügung, mit denen im Falle des Auftretens eines Versorgungsengpasses Import und Export entscheidend beeinflusst werden können220. Schließlich ist es auch Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik, für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen. Dies kann beispielsweise durch Festsetzung der institutionellen Preise geschehen, deren Höhe indirekt auch die Höhe der Verbraucherpreise beeinflussen kann221. Die Angemessenheit der Preise, die nicht mit möglichst niedrigen Preisen gleichzusetzen ist222, bezieht sich auf den gesamten Gemeinsamen Markt, weshalb auch Maßnahmen möglich sind, die sich im Hinblick auf die Verbraucherpreise in den Mitgliedstaaten unterschiedlich auswirken223. Insgesamt gesehen ist dieses Ziel, das in einem deutlichen Spannungsverhältnis zur Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung steht, gegenüber den anderen Zielen von der Gemeinschaft eher nachrangig verfolgt worden224.
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Thiele (FN 138), Art 33, Rz 9. Auch nach der im Rahmen der Agenda 2000 verabschiedeten VO (EG) Nr 1493/1999 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, Abl 1999 Nr L 179/1, mit der eine grundlegende Reform der Marktordnungsmaßnahmen in diesem Sektor erfolgt ist, ist die Bepflanzung von Rebflächen mit bestimmten Traubensorten bis zum 31.07.2010 grundsätzlich untersagt. EuGH Rs C-131/87, Kommission/Rat, Slg 1989, 3743. Dazu zählen Maßnahmen der Beschränkung der Ausfuhr aus der Gemeinschaft durch Ausfuhrverbote oder Ausfuhrabgaben ebenso, wie Maßnahmen, die der erleichterten Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte in die Gemeinschaft aus Drittstaaten dienen sollen, wie etwa Einfuhrbeihilfen etc. - Vgl zur Erleichterung des innergemeinschaftlichen Handels durch die Schaffung einheitlicher Standards bei Veterinärkontrollen EuGH Rs C-27/95, Woodspring, Slg 1997, I-1847. Mit der Agenda 2000 wurde im Hinblick auf die niedrigeren Weltmarktpreise eine Senkung der institutionellen Preise beschlossen. Diese Senkung kann sich langfristig auch auf die Verbraucherpreise auswirken. EuGH Rs 34/62, Deutschland/Kommission, Slg 1963, 287. Hix (FN 107), Art 33, Rz 17. Thiele (FN 138), Art 33, Rz 11.
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b) Grundsätze der Gemeinsamen Agrarpolitik Art 33 Abs 2 EGV schreibt vor, dass bei der Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik und der hiefür anzuwendenden Methoden bestimmte Rahmenbedingungen und Besonderheiten zu berücksichtigen sind225. Danach ist auf die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft (zB das Vorhandensein einer großen Anzahl klein- und mittelständischer Betriebe) und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete (zB geographische Besonderheiten, wie Berggebiete, Insellagen etc, aber auch verkehrstechnische Erschließung) ergibt, zu achten. Soweit im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik Anpassungen erforderlich sind, sind diese stufenweise durchzuführen. Andererseits sind die Gemeinschaftsorgane nach dieser Bestimmung auch dazu verpflichtet, für eine Fortentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik Sorge zu tragen, die den sich wandelnden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Erfordernissen Rechnung trägt. Trotz der besonderen Stellung, welche die Gemeinsame Agrarpolitik innerhalb der Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft unzweifelhaft einnimmt, darf nicht übersehen werden, dass die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten einen mit der gesamten Volkswirtschaft eng verflochtenen Wirtschaftsbereich darstellt. Daher ergeben sich aus der Gemeinsamen Agrarpolitik bedeutende Rückkoppelungseffekte für die Gesamtwirtschaft eines Mitgliedstaates, worauf bei der Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik jedenfalls Rücksicht zu nehmen ist. Die in Art 33 Abs 2 EGV genannten Grundsätze bilden die primärrechtliche Grundlage für eine stärker differenzierende Gestaltung einer Gemeinsamen Agrarpolitik, die - unter Abweichung vom allgemeinen Diskriminierungsverbot - auch regionale Gesichtspunkte in den Entscheidungsprozess einfließen lässt. So kann etwa eine sektorspezifische Maßnahme der Gemeinsamen Agrarpolitik durchaus Sonderregelungen für einen bestimmten Mitgliedstaat enthalten, welche ein Erzeugnis betreffen, dessen Herstellung und Vertrieb einen besonders hohen Anteil am Bruttosozialprodukt des betreffenden Mitgliedstaates ausmacht226. Das in Art 33 Abs 2 EGV angelagerte Differenzierungspotenzial wird durchaus auch kritisch bewertet, bietet es doch die Möglichkeit, unter Umgehung des Homogenitätsgebotes zur Erlassung regional unterschiedlicher Regelungen227.
3. Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik Um die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erreichen, sieht Art 34 Abs 1 EGV die Schaffung einer Gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte vor, die - je nach Erzeugnis - aus gemeinsamen Wettbewerbsregeln, der bindenden Koordinierung der verschiedenen einzelstaatlichen Marktordnungen 225 226 227
Vgl Geiger, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EUV/EGV4 (2004) Art 33 EGV, Rz 5 ff. EuGH Rs C-22/94, Irish Farmers, Slg 1997, I-1812. So etwa Priebe (FN 212), Kommentar, Art 39, Rz 37. - Vgl auch Priebe/Mögele (FN 115), Rz 17 ff.
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oder einer europäischen Marktordnung besteht. Trotz dieser Vielfalt möglicher Organisationsformen hat sich in der Praxis die Gemeinsame Marktordnung durchgesetzt. Gegenwärtig sind über 94 Prozent der landwirtschaftlichen Produkte in Gemeinsamen Marktordnungen geregelt228. Die Gemeinsame Organisation hat sich auf die Verfolgung der Ziele des Art 33 zu beschränken und jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Gemeinschaft auszuschließen229. Art 33 Abs 1 lit a und b, Art 35 lit a und Art. 36 Abs 2 EGV enthalten darüber hinaus Anhaltspunkte für die Ausgestaltung einer Gemeinsamen Agrarstrukturpolitik, die über markt- und preispolitische Mechanismen hinausgeht. Die Gemeinsame Agrarstrukturpolitik stand über lange Zeit hinweg deutlich hinter der Gemeinsamen Marktpolitik zurück230. Die Ausgaben für Strukturmaßnahmen, bei denen es vornehmlich um eine langfristige Effizienzsteigerung in der Landwirtschaft durch die Förderung moderner, leistungsfähiger Betriebe, die Einstellung unrentabler Betriebe, die Stilllegung von Nutzflächen sowie den Vorruhestand von Landwirten geht, machten bis zum Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA)231 am 1.7.1987 nur einen verschwindend geringen Bruchteil der Gesamtausgaben der Gemeinschaft für die Gemeinsame Agrarpolitik aus. Ausschlaggebend hierfür war vor allem der Umstand, dass die Gemeinschaft die Entwicklung in den Betrieben und im ländlichen Raum ursprünglich nur durch Einzelmaßnahmen zu fördern suchte, ohne dass diese Maßnahmen in ein größeres Konzept eingebunden gewesen wären. Die durch die EEA bewirkte Reform der Strukturfonds hat indessen auch zu einer erheblichen Aufwertung der Gemeinsamen Agrarstrukturpolitik geführt232. Ihr kommt zwischenzeitlich insbesondere in strukturschwachen Mitgliedstaaten (Griechenland, Spanien, Portugal) überragende Bedeutung zu233. Weitere Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik sind Maßnahmen zur Förderung der Aus- und Weiterbildung und des Verbrauches bestimmter Erzeugnisse, die in Art 35 lit a und b EGV angesprochen werden. Schließlich handelt es sich auch bei der Wettbewerbskontrolle nach Art 36 EGV um ein Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik. Art 36 EGV begründet den Vorrang der Agrarpolitik gegenüber den im Bereich des Wettbewerbes
228 229
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233
Vgl Oppermann (FN 108), Rz 1376. Art 34 Abs 2 EGV. - Das in dieser Bestimmung enthaltene spezifische Diskriminierungsverbot ist vor dem Hintergrund der agrarpolitischen Ziele des Art 33 Abs 1 EGV auszulegen und garantiert keine arithmetische, sondern eine geometrische Gleichheit. Dem Gemeinschaftsrechtsgesetzgeber steht durchaus ein breiter Ermessensspielraum zu. Geschützt werden Erzeuger und Verbraucher innerhalb ihrer Gruppe. - Näher dazu etwa Thiele (FN 138), Art 34 Rz 41 f. Vgl Geiger (FN 225), Art 32 EGV, Rz 10. Abl 1987 Nr L 169/1. - Näheres zur EEA bei Wimmer/Mederer (FN 101), 52 f. Vgl Hix (FN 107), Art 32, Rz 23 ff; Priebe/Mögele (FN 115), Rz 137 ff. - Vgl aus praktischer Sicht Saxinger, EU-Förderpolitik für klein- und mittelbetriebliche Unternehmen (KMU), ÖGZ H 10/95, 8. Vgl in diesem Zusammenhang Priebe/Mögele (FN 115), Rz 137 ff (140 ff). - Zur Agrarstruktur in der EU s Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 1999, 66 ff.
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bestehenden Zielen des EGV234. Dem Rat kommt die Befugnis zu, darüber zu bestimmen, inwieweit die Wettbewerbsregeln im Agrarsektor Anwendung finden. Ganz allgemein gilt der Grundsatz, dass das Kapitel über die Wettbewerbsregeln im Landwirtschaftssektor nicht anwendbar ist235.
B. Die Grundprinzipien der Gemeinsamen Agrarpolitik Die Ziele des Art 33 EGV haben sich in der seit 1958 zum sekundären Agrarrecht geübten Gemeinschaftspraxis in spezifischen Grundsätzen niedergeschlagen und durch fortlaufende Konkretisierung zu Prinzipien verdichtet, die zwischenzeitlich als „Grundpfeiler der Gemeinsamen Agrarpolitik“ gelten und trotz ihrer rechtspolitischen Herkunft den Rang verbindlicher Vertragsgrundsätze einnehmen. Im Einzelnen handelt es sich um die Prinzipien der „Einheit des Marktes“, der „Gemeinschaftspräferenz“ und der „finanziellen Solidarität“236.
1. Das Marktprinzip Das Marktprinzip beruht auf dem Gedanken, dass die in der Landwirtschaft tätigen Personen ihr Einkommen grundsätzlich aus dem Verkauf der von ihnen hergestellten landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf dem Markt und nicht aus Subventionen erzielen sollen. Das landwirtschaftliche Einkommen garantiert demnach nicht der Steuerzahler sondern der Verbraucher237. Angesichts der mannigfachen Unterschiede in der Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe innerhalb der Mitgliedstaaten wird dieses Prinzip de facto durch zahlreiche Ausnahmen und Sonderregeln durchbrochen.
2. Das Prinzip der Gemeinschaftspräferenz Mit dem Prinzip der Gemeinschaftspräferenz238 ist der Schutz des Gemeinschaftsmarktes vor Niedrigpreiseinfuhren aus Drittstaaten angesprochen239. Vor allem um das Preisniveau zur Sicherung der Einkommen der landwirtschaftlichen Bevölkerung sicherzustellen, wird es seitens der Gemeinschaft für erforderlich angesehen, Gemeinschaftserzeugnisse mit Präferenz gegenüber Erzeugnissen aus Drittstaaten zu behandeln. Die Verwirklichung dieses Prinzips erfolgt im Wesentlichen über den gemeinsamen Zolltarif sowie über Abschöpfungen. Vor dem Hintergrund der Gründung der WTO betrachtet, kommt dem Prinzip allerdings nur mehr eine eingeschränkte Bedeutung zu240.
234 235 236 237 238 239 240
EuGH Rs 139/79, Maizena, Slg 1980, 3393; Rs C-280/93, Deutschland/Rat, Slg 1994, I-4973. Hix (FN 107), Art 36, Rz 1. Gilsdorf (FN 212), Kommentar, Vorb zu Art 38, Rz 7 ff. - Vgl auch Priebe/Mögele (FN 115), Rz 280 ff. Vgl Oppermann (FN 108), Rz 1366. EuGH Rs 5/67, Beus, Slg 1968, 125. Vgl Oppermann (FN 108), Rz 1367. So auch Thiele (FN 138), Art 34, Rz 9.
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3. Das Prinzip der Gemeinschaftsfinanzierung a) Allgemeines Die Verwirklichung von Marktprinzip und Gemeinschaftspräferenz ist nur dann möglich, wenn auch im finanziellen Bereich Solidarität besteht. Dementsprechend unterliegen auch die im Rahmen der Agrarpolitik getätigten Ausgaben der Verantwortung der Gemeinschaft. Betroffen sind sowohl Ausgaben im Rahmen der unmittelbaren Marktpolitik als auch solche für agrarstrukturpolitische Maßnahmen. b) Die Einrichtung des EAGFL Die Verwaltung der Ausgaben wird vom „Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft“ (EAGFL)241 besorgt, der im Jahre 1962 gegründet worden242 und inzwischen (da es ihm an einer eigenen Rechtspersönlichkeit fehlt und er auch über kein eigenes Fondsvermögen verfügt) Bestandteil des Gemeinschaftshaushaltes ist243. Auf sämtliche ab dem 1.1.2000 getätigten Ausgaben ist die VO (EG) Nr 1258/1999 des Rates über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik244 anzuwenden, die daher zu Recht als „Basistext der gemeinschaftlichen Agrarfinanzierung“245 bezeichnet werden kann. Darauf hinzuweisen ist, dass mit der am 1. Januar 2007 geltenden VO (EG) Nr 1290/2005 des Rates über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik246 statt des EAGFL zwei neue Fonds eingerichtet werden, und zwar ein „Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft“ (EGFL) und ein „Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes“ (ELER)247. Zugleich wird die VO (EG) Nr 1258/1999 aufgehoben, doch wird bestimmt, dass sie bis zum 15. Oktober 2006 für die Ausgaben der Mitgliedstaaten und bis zum 31. Dezember 2006 für die Ausgaben der Kommission gilt248. Der EAGFL gliedert sich in zwei Abteilungen, nämlich die Abteilung „Garantie“, die für die Kosten der Marktordnungen (Finanzierung der Ausfuhrerstattungen und der Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte) zuständig ist249, sowie die für die Finanzierung der Strukturpolitik (Entwick241
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Die Möglichkeit, einen oder mehrere Ausrichtungs- oder Garantiefonds für die Landwirtschaft zu schaffen, war von Anfang an im Primärrecht grundgelegt (vgl den seinerzeitigen Art 40 Abs 4 EGV, nunmehr Art 34 Abs 3 EGV). - Zu Struktur, Aufgaben und Verfahren des EAGFL ausführlich Lindinger, Organisation der Finanzierung des EG-Agrarförderungssystems, ZfV 1997, 302. - S auch Priebe/Mögele (FN 115), Rz 217 ff; Thiele (FN 138), Art 34, Rz 40 ff. VO (EWG) Nr 25 des Rates über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik, Abl EG 1962, Nr 30/991. Insofern unterliegt der EAGFL auch den Bedingungen des allgemeinen Haushaltsrechtes der Gemeinschaft. Abl 1999 Nr L 160/103. So Priebe/Mögele (FN 115), Rz 217. Abl 2005 Nr L 209/1. Art 2 Abs 1 VO 1290/2005, Abl 2005 Nr 209/1. Art 47 Abs 1 VO 1290/2005, Abl 2005 Nr L 209/1. Vgl Hix (FN 107), Art 34, Rz 91 ff; van Rijn (FN 205), Art 34 EG, Rz 63 ff; Lindinger (FN 241), 304 f.
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lung des ländlichen Raumes) verantwortliche Abteilung „Ausrichtung“250. Ab dem 1. Januar 2007 werden die Aufgaben der Abteilung „Garantie“ vom neu eingerichteten EGFL, jene der Abteilung „Ausrichtung“ von dem ebenfalls neu geschaffenen ELER wahrgenommen251. Verwaltungsmäßig ist der EAGFL in die „Generaldirektion Landwirtschaft“ der Kommission eingegliedert252. Über die Zuweisung von Ausgaben an die beiden Abteilungen entscheidet der Rat. Die finanzielle Abwicklung von Gemeinschaftsmaßnahmen im Einzelfall erfolgt über die jeweiligen nationalen Verwaltungen der Mitgliedstaaten (mittelbare Finanzierung)253. Die Praxis hat bewiesen, dass gerade die Gemeinsame Agrarpolitik in hohem Maße betrugsanfällig ist254, weshalb für diese die gemäß Art 280 EGV im Hinblick auf die finanziellen Interessen der Gemeinschaft erlassenen horizontalen Schutzmaßnahmen von besonderer Bedeutung sind. In Österreich werden die diesbezüglichen Aufgaben nicht von den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung, sondern vielmehr von einem ausgegliederten Rechtsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit, der „Agrarmarkt Austria“ (AMA)255, wahrgenommen. Die mittelbare Finanzierung durch die Mitgliedstaaten hat die Entstehung unterschiedlicher Rechtsverhältnisse zur Folge. Ein solches besteht einerseits zwischen Leistungsempfänger und mitgliedstaatlichen Finanzierungseinrichtungen und andererseits zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft, was verfahrensrechtlich bedeutsam ist256. Die Übernahme der Ausgaben durch die Gemeinschaft erfolgt in zwei Stufen257: Im Rahmen der vorläufigen Bereitstellung von Mitteln werden den Mitgliedstaaten zunächst Abschlagszahlungen auf die von ihnen geleistete Vorfinanzierung im Bereich der Gemeinsamen Marktordnungen gewährt258. Die endgültige Festlegung der Beteiligung der Gemeinschaft an den nationalen Agrarausgaben findet im Rahmen des Rechnungsabschlusses statt. Im Rahmen eines mehrphasigen Rechnungsabschlussverfahrens wird von der 250 251 252
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Vgl Hix (FN 107), Art 34, Rz 95; van Rijn (FN 205), Art 34 EG, Rz 82 ff; Lindinger (FN 241), 304 f. Vgl Art 3 f VO 1290/2005, Abl 2005 Nr L 209/1. Zum Verwaltungsaufbau der Kommission allgemein Walzel v. Wiesentreu, in Weber/Walzel v. Wiesentreu, Verbraucherschutz und Bundesstaatsreform im Lichte der Europäischen Integration (1996) 94 ff mwN. Vgl Lindinger (FN 241), 305 f. - Die von nationalen Stellen getätigten Garantieausgaben belaufen sich auf nahezu 100 Prozent (s Europäischer Rechnungshof, Sonderbericht Zuverlässigkeitserklärung 1995, Abl 1996, Nr C 395/43). S dazu Pünder (FN 135), 773 f. Vgl das BG über die Errichtung der Marktordnungsstelle „Agrarmarkt Austria“ (AMA-Gesetz 1992), BGBl 376/1992 idF BGBl I 108/2001. Vgl Lindinger (FN 241), 306 ff. - Zur Bedeutung der unterschiedlichen Rechtsverhältnisse für die Aktiv- und Passivlegitimation im Verfahren vor dem EuGH vgl EuGH verb Rsen 178-180/73, Mertens, Slg 1974, 383; verb Rsen 89 u 91/86, Etoile Commerciale u CNTA/Kommission, Slg 1987, 3005. Näheres dazu bei Priebe/Mögele (FN 115), Rz 232 ff. Von der ursprünglich praktizierten monatlichen Vorfinanzierung ist man nach der Haushaltskrise 1987 abgekommen. Jetzt melden die Mitgliedstaaten die in einem Monat getätigten Ausgaben an die Kommission, die im nachhinein (spätestens am dritten Arbeitstag des zweiten auf den Ausgabemonat folgenden Monats) „Vorschüsse auf die zu übernehmenden Ausgaben“ überweist.
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Kommission die Gemeinschaftsrechtskonformität der von den Mitgliedstaaten während eines Ausgabenjahres getätigten Garantieausgaben überprüft. Die Kommission unterliegt bei der Beurteilung der Finanzierungsfähigkeit von Ausgaben einer strikten, absoluten Rechtsbindung, die keine Ausnahmen zulässt. Fehlerbehaftete Ausgaben sind von den Mitgliedstaaten selbst zu tragen259. Dies leuchtet bei missbräuchlicher Inanspruchnahme von Gemeinschaftsmitteln jedenfalls unmittelbar ein. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH dürfen aber auch solche Zahlungen vom EAGFL nicht übernommen werden, die auf einer unverschuldeten objektiv fehlerhaften Anwendung des Gemeinschaftsrechtes beruhen. Gleiches gilt auch dann, wenn die nationalen Behörden gutgläubig gehandelt haben. Allerdings besteht die Möglichkeit, im Zweifelsfalle (zB bei der Interpretation unbestimmter Rechtsbegriffe) eine Auskunft der Kommission einzuholen, die sich zwar (wegen des Auslegungsmonopols des EuGH) nachträglich als unrichtig herausstellen kann, deren Befolgung durch den betreffenden Mitgliedstaat diesem jedoch nicht mehr als Fehler angelastet werden kann260. Die Mitgliedstaaten haben der Kommission die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Der Kommission kommen in diesem Zusammenhang weit reichende Befugnisse zu. Sie kann durch ihre eigenen Kontrollorgane Kontrollen vor Ort vornehmen, die entsprechenden Bücher und Unterlagen einsehen und im Zusammenwirken mit den nationalen Stellen Probeentnahmen veranlassen. Die Entscheidung darüber, ob die in Ausführung der gemeinschaftlichen Agrarpolitik getätigten Ausgaben gemeinschaftsrechtskonform ergangen sind, zählt (wohl auch wegen seiner weit reichenden finanziellen Folgen für die Mitgliedstaaten) zu den wirksamsten Instrumenten der Rechtsdurchsetzung im Gemeinschaftsrecht. Dementsprechend wird bereits über die Möglichkeit einer Ausweitung des Systems des Rechnungsabschlusses in der Landwirtschaft auf andere Sektoren diskutiert.
C. Instrumente der Gemeinsamen Marktorganisation261 1. Interne Regelungen a) Das gemeinsame Preissystem Das gemeinsame Preissystem stellte über lange Zeit die zentrale Einrichtung der Gemeinsamen Marktordnungen dar262. Sein Zweck ist die Sicherung von Preisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die den Bauern eine „angemessene Lebenshaltung“ gemäß Art 33 Abs 1 lit b EGV ermöglichen sollen. In seiner ursprünglichen, klassischen Form bestand das gemeinsame Preissystem regelmäßig aus dem Richtpreis263 und dem Interventionspreis, die 259 260
261 262 263
Vgl Lindinger (FN 241), 307 ff. EuGH Rs C-334/87, Griechenland/Kommission, Slg 1990, I-2849; Rs C-56/91, Griechenland/Kommission, Slg 1993, I-3455. - Grundlegend dazu Mögele, Die Behandlung fehlerhafter Ausgaben im Finanzierungssystem der gemeinsamen Agrarpolitik (1997) 140 ff. Dazu näher Arnold/Walzel v. Wiesentreu (FN 7), 27 ff. So Oppermann (FN 108), Rz 1378. Nicht ganz so deutlich hingegen Priebe/Mögele (FN 115), Rz 74. Dieser Preis wird auch als Orientierungspreis, Grundpreis oder Zielpreis bezeichnet.
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gemeinsam eine Preishierarchie bilden. Bei dem vom Rat jährlich (für ein Erzeugnis) festgelegten Richtpreis handelt es sich nicht um einen tatsächlichen, bindenden, sondern vielmehr um einen fiktiven, möglicherweise zu erzielenden Preis. Er entspricht der Vorstellung des Rates von dem, was dieser - im Sinne der Sicherung eines angemessenen Einkommens der Landwirte - als angemessenes Preisniveau des betreffenden Erzeugnisses betrachtet264. Insofern stellt der Richtpreis also eher ein Preisziel (Planziel) denn einen den Landwirten garantierten Preis dar265. Durch die Festlegung des Richtpreises sollte einerseits den Produzenten die Planung für das kommende Wirtschaftsjahr erleichtert werden, andererseits diente er den übrigen Marktbeteiligten als wirtschaftliche Orientierungshilfe266. Zugleich mit dem Richtpreis wurde vom Rat der Interventionspreis bestimmt, der unter dem Richtpreis liegt und die Auslösungsschwelle für Interventionen, das heißt für Ankäufe des betroffenen Erzeugnisses durch staatliche Interventionsstellen, bildet267. Im Zuge der Reformen der Agrarpolitik wurde der Richtpreis aus fast allen Gemeinsamen Marktordnungen eliminiert268. So besteht die Preisbestimmung heute - soweit sie überhaupt noch erhalten geblieben ist - im Wesentlichen nur mehr in der Festlegung des Interventionspreises269. Eine Abschöpfung des Differenzbetrages, der zwischen dem Schwellenpreis, das ist der Weltmarktpreis abzüglich der Transportkosten, und dem Richtpreis besteht, findet seit dem Abschluss der Uruguay-Runde bei Einfuhren nicht mehr statt. Statt dessen werden die auf Welthandelsebene ausgehandelten festen Zollsätze erhoben270. Damit ist der Richtpreis auch in seiner Funktion als Schwellenpreis verschwunden. 264
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Mit dem Richtpreis wird ein Preisniveau vorgegeben, dessen Zweck darin besteht, die in Art 33 Abs 1 EGV vorgegebenen Ziele zu erreichen. - Vgl Thiele (FN 216), 138. Dazu etwa Hix (FN 107), Art 34, Rz 5; Priebe/Mögele (FN 115), Rz 75. Vgl Thiele (FN 216), 138; derselbe (FN 138), Art 34, Rz 16. Fiel der Marktpreis auf ein bestimmtes unterhalb des Richtpreises gelegenes Niveau ab, so hatten etwa die Produzenten von Olivenöl, Zucker, Milcherzeugnissen oder Getreide die Möglichkeit, ihre Produkte den Interventionsstellen anzubieten, die zum Ankauf derselben zum Interventionspreis verpflichtet waren (obligatorische Intervention). Bei den übrigen Erzeugnissen stellte der Interventionspreis den Auslöser für fakultative Interventionen dar. Ankauf und Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte erfolgt regelmäßig durch Kaufverträge, deren Inhalt nach den Vorschriften des nationalen Kaufrechtes gestaltet ist. - Näheres dazu bei van Rijn (FN 205), Art 34 EG, Rz 17 ff. Eine Ausnahme bildet die VO über die gemeinsame Marktorganisation für Fette, 136/66/EWG, Abl Nr L 172/3025, die für bestimmte Ölsaaten (zB Raps) nach wie vor nicht nur einen Interventionspreis, sondern auch einen Richtpreis vorsieht (Art 21 ff). Vgl zB Art 4 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide, 1784/03/EG, Abl Nr L 270/78; Art 3 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Reis, 1785/03/EG, Abl Nr L 270/96; Art 4 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, 1255/99/EG, Abl Nr L 160/48. Aus der Milchmarktordnung wurde der Richtpreis allerdings erst 2003 mit VO 1787/03/EG, Abl Nr L 270/121, eliminiert. Bei diesen Einfuhrabschöpfungen handelte es sich um eine Art „beweglicher Zoll“, dessen Zweck darin bestand, den Außenschutz gegenüber Drittländern zu gewähr-
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Das gemeinsame Preissystem und die damit verbundenen Interventionen haben mit den seit 1992 durchgeführten Reformen ihren ursprünglichen Stellenwert wesentlich verloren. In mehreren Marktordnungen wurde diese Einrichtung zur Gänze beseitigt271. In anderen ist sie nur mehr Teil eines Systems, das die Einkommenssicherung nicht mehr primär über Preisstützung, sondern über mehr Wettbewerb und über Direktzahlungen gewährleisten will. b) Interventionsregelungen aa) Allgemeines Bei der „Intervention“ im Sinne der Gemeinsamen Agrarpolitik handelt es sich um einen Oberbegriff, mit dem je nach Marktorganisation unterschiedliche Formen von Eingriffen in die Marktabläufe auf dem Binnenmarkt bezeichnet werden. Ziel dieser Eingriffe ist es, ein bestimmtes Marktpreisniveau zu erreichen. Grundsätzlich bedeutet „Intervention“ den Ankauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch staatliche Stellen zum Interventionspreis (Intervention in engerem Sinne). Mit dem Begriff „Intervention“ werden aber auch andere Maßnahmen umschrieben, deren Zweck darin besteht, den Markt zu entlasten und die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik zu verwirklichen (Intervention in weiterem Sinne). Dabei wird der weite Interventionsbegriff - jedenfalls von der Literatur - zunehmend auch für strukturpolitische Maßnahmen verwendet. Der österreichische Gesetzgeber definiert Intervention in § 98 Marktordnungsgesetz 1985 als „Übernahme, Abgabe oder Verwertung von Marktordnungswaren durch Interventionsstellen“, vertritt sohin das engere Begriffsverständnis. bb) Intervention in engerem Sinne Für die Intervention in engerem Sinne ausschlaggebend ist das Erreichen des Interventionspreises, da erst dadurch die Interventionsmaßnahmen ausgelöst werden. Im Falle der obligatorischen Intervention hat der einzelne Erzeuger einen Rechtsanspruch darauf, dass die Interventionsstelle die von ihm hergestellten Erzeugnisse, die zumindest Standardqualität aufweisen, zum Interventionspreis kauft272. Die Intervention ist häufig auf bestimmte Verarbeitungserzeugnisse oder bestimmte Mindestanliefermengen beschränkt, weshalb der Verkauf an die Interventionsstelle in aller Regel auf Großhandelsstufe erfolgt273. Teilweise besteht die Möglichkeit, Höchstmengen festzusetzen, bei deren Erreichen auch die obligatorische Intervention ausgesetzt werden kann. Dadurch soll verhin-
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leisten und dadurch die Gemeinschaftspräferenz zu sichern. Je nach Erzeugnis traten die Abschöpfungen an die Stelle der Zölle oder ergänzten sie. Ausfuhrabschöpfungen als Instrument der Sicherstellung der Binnenmarktversorgung sind hingegen auch nach der Uruguay-Runde noch zulässig. - Zur internationalen Kritik an den variablen Abschöpfungen vgl nur Hilpold (FN 165), 19 ff (insb 39), 154 ff (insb 155). So etwa in den gemeinsamen Marktorganisationen für Rindfleisch (1254/99/EG, Abl Nr L 160/21) und für Schaf- und Ziegenfleisch (2529/01/EG, Abl Nr L 341/3). Die Interventionsbestände werden in weiterer Folge regelmäßig im Wege von Sonderaktionen (zB Weihnachtsbutter) bzw Sonderverkäufen an die Verbraucher abgegeben, wobei der Verkaufspreis deutlich unterhalb der Interventionspreise liegt. Vgl van Rijn (FN 205), Art 34 EG, Rz 20.
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dert werden, dass die Landwirte zu stark über die Bedürfnisse des Marktes hinaus produzieren274. Die Aussetzung selbst ist häufig dahingehend beschränkt, dass bei Absinken des Preisniveaus auf dem freien Markt die obligatorische Intervention trotz Überschreitung der Höchstmenge wieder aufzunehmen ist. Beschlossen werden solche Maßnahmen regelmäßig durch die Kommission275. Bei fakultativen Interventionen handelt es sich um Maßnahmen, die ergriffen werden können, wenn es für erforderlich angesehen wird. Es besteht jedoch keine Pflicht der Gemeinschaftsorgane, diese Maßnahmen zu ergreifen. Die Zuständigkeit für solche Maßnahmen liegt regelmäßig bei der Kommission276. Der Ankauf von Agrarprodukten im Interventionswege stellte ursprünglich das wichtigste Instrument der Agrarmarktpolitik dar. Mit dem Absenken der Interventionspreise und der Verschärfung der Interventionsbedingungen ist seine Bedeutung indessen gravierend gesunken. Die Intervention in engerem Sinne verliert mehr und mehr den Charakter als eigenständiger Absatzweg für Agrarprodukte und gewinnt damit ihre Funktion als Notmechanismus („Sicherheitsnetz“) zurück. cc) Intervention in weiterem Sinne Neben dem Ankauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch Interventionsstellen sehen die Gemeinsamen Marktordnungen häufig noch weitere Maßnahmen vor, die der Stabilisierung des Preisniveaus für das jeweilige Produkt dienen sollen. Hierher gehören insbesondere Beihilfen, wie sie in den Gemeinsamen Marktordnungen vor allem ergänzend als Maßnahmen zur Marktentlastung und Preisstabilisierung in vielfältiger Weise vorgesehen sind. Beispiele hierfür liefern Beihilfen für die Rücknahme von Produkten (zB Obst und Gemüse) durch Erzeugerorganisationen277 sowie Verarbeitungsbeihilfen (zB Destillation von Tafelwein durch Brennereien278), Umstellungs- und Qualitätsbeihilfen (zB Umstellung auf andere Kulturen279) und Verbraucherbeihilfen (zB Schulmilch,
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Ursprünglich war die Ankaufsverpflichtung für Getreide, Reis, Butter, Magermilchpulver, Rindfleisch, Olivenöl, Ölsaaten und Rohtabak zeitlich und mengenmäßig unbeschränkt. Zudem war auch nicht erforderlich, dass der Marktpreis unter eine bestimmte Grenze fiel. Die Interventionsstelle war stets verpflichtet, die gesamte angebotene Menge zum Interventionspreis zu übernehmen. Zufolge der daraus resultierenden enormen Überschussproduktion wurde dieses System zwischenzeitlich längst beseitigt. - Vgl Dintelmann/Boest, Stichwort „Intervention“, in von Borries (Hrsg), Europarecht von A-Z2 (1993) 347 (347 f). Vgl Thiele (FN 138), Art 34 Rz 22. Vgl Thiele (FN 138), Art 34, Rz 22. Art 23 ff VO über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse, 2200/96/EG, Abl Nr L 297/1. Art 29 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, 1493/99/EG, Abl Nr L 179/1. ZB Art 13 Abs 2 lit b VO über die gemeinsame Marktorganisation für Rohtabak, 2075/92/EWG, Abl Nr L 215/70.
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Sozialbutter280). Besonders bedeutsam sind Beihilfen für die private Lagerhaltung bestimmter Agrarerzeugnisse281. Die so eingelagerten Produkte können sich in qualitativer Hinsicht durchaus von jenen Erzeugnissen unterscheiden, die an die Interventionsstelle verkauft werden. Damit ist es den Produzenten möglich, ihre Erzeugnisse entsprechend den individuellen Erfordernissen zu einem von ihnen frei gewählten Zeitpunkt auf den Markt zu bringen. c) Qualitäts- und Vermarktungsregeln Qualitätsvorschriften betreffen Erzeugung und Vermarktung. Als Vermarktungsregeln machen sie unter anderem die Zulässigkeit eines Produktes am Markt von der Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards abhängig282 oder enthalten Pflichten zur Qualitätskennzeichnung283. Regeln zur Produktkennzeichnung können auch andere wichtige Eigenschaften betreffen, so etwa die regionale Herkunft eines Erzeugnisses284 oder seine Herkunft aus dem ökologischen Landbau285. Qualitätsvorschriften bilden auch flankierende Maßnahmen im Zusammenhang mit der Gewährung von finanziellen Stützungen. Diese werden nämlich regelmäßig nur gewährt, wenn der Empfänger bei seinen Erzeugnissen bestimmte Qualitätsstandards erfüllt. Die agrarspezifischen Zwecke solcher Bestimmungen liegen in der Wettbewerbsförderung durch Förderung hochwertiger Qualität und in der Förderung umweltschonender Erzeugung. Vermarktungsregeln dienen naturgemäß auch dem lauteren Wettbewerb und dem Konsumentenschutz. d) Maßnahmen gegen Überschusserzeugung Maßnahmen gegen die - nicht zuletzt durch die Marktordnungen selbst provozierte - Überschusserzeugung ergriff die Gemeinschaft im Wesentlichen ab den siebziger Jahren. Die hierfür in den Gemeinsamen Marktordnungen entwickelten Instrumente reichen von der bereits angesprochenen Einschränkung der Intervention (Absenken der Interventionspreise, Einschränkung der Ab280 281
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Art 13 f VO über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, 1255/99/EG, Abl Nr L 160/48. Vgl etwa Art 3 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Schweinefleisch, 2759/75/EWG, Abl Nr L 282/1, der außer Aufkäufen durch Interventionsstellen auch Beihilfen für die private Lagerhaltung vorsieht; weiters Art 6 Abs 3 sowie Art 8 und 9 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, 1255/99/EG, Abl Nr L 160/48 (Beihilfen für die private Lagerhaltung von Rahm, Butter und Käse). ZB Art 2 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen, 404/93/EWG, Abl Nr L 47/1, wonach für Bananen Qualitätsnormen festgelegt werden und am Gemeinschaftsmarkt grundsätzlich nur solche Bananen vermarktet werden dürfen, die den festgelegten Normen entsprechen. ZB Art 2 Abs 2 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Eier, 2771/75/EWG, Abl Nr L 282/49, wonach für Eier Güteklassen festgelegt werden können. Die bezügliche Güteklasse ist bei der Vermarktung der Eier durch Produktkennzeichnung ersichtlich zu machen. S insb die Vorschriften betreffend die Herkunft von Weinen gemäß Art 51 ff VO über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, 1493/99/EG, Abl Nr L 179/1. S die Vorschriften über die Etikettierung gemäß Art 5 VO über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel, 2092/91/EWG, Abl Nr L 198/1.
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nahmegarantie etc), Quotensystemen286, Prämien für die Umstellung oder Auflassung von Produktionen287 bis hin zu Verboten von Neuanpflanzungen288. Trotz ihrer Vielfalt konnten die Maßnahmen das Problem der Überschüsse nur abschwächen, letztlich aber nicht lösen. e) Einkommensbeihilfen (Direktzahlungen) aa) Vorbemerkung Seit der Reform 1992289 zeigt sich zunehmend das Bestreben, die interne Stützung der Landwirtschaft durch das Preis- und Interventionssystem abzubauen und durch Einkommensbeihilfen an die Landwirte (Direktzahlungen)290 zu ersetzen. Dabei handelt es sich zunehmend um Beihilfen, die nicht produktions-, sondern flächenabhängig sind. Das angemessene Einkommen der Landwirte soll bei diesem System durch eine Kombination von Marktpreis und direkter Einkommensbeihilfe gesichert werden. In diesem Zusammenhang wurde die Stützung der Marktpreise schrittweise reduziert oder überhaupt beseitigt. Im Gegensatz zur Marktpreisstützung mit Abnahmegarantie verleiten Direktbeihilfen, die nicht produktionsabhängig sind, nicht zur Erzeugung von Produktmengen, die am regulären Markt nicht abzusetzen sind. Insoweit unterstützen diese auch die Bekämpfung der Überschussproduktion und kommen volkswirtschaftlich gesehen letztlich billiger als die Einkommenssicherung im Wege des Preis- und Interventionssystems. Das System der direkten Einkommensbeihilfe wurde auf der Basis der „Agenda 2000“291 weiterentwickelt, vereinfacht und präzisiert. Die Akzeptanz im internationalen Rechtssystem fand die Neuausrichtung in der Agrarpolitik der Gemeinschaft insbesondere in den Ergebnissen der Uruguay-Runde. 286
287
288
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291
Die vorgesehenen Höchstquoten der Erzeugung werden nicht über direkte Gebote, sondern über wirtschaftliche Nachteile abgesichert, welche die Erzeuger treffen, die die festgelegten Quoten überschreiten: Beschränkung der Preisgarantie auf bestimmte Mengen, Kürzung von Beihilfen, Einhebung von Mitverantwortungsabgaben etc. Ein besonders treffendes Beispiel für eine solche Einrichtung liefert die Milchquotenregelung. Gemäß VO über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, 1788/03/EG, Abl Nr L 270/123, wird für Milch, die ein Erzeuger über die ihm zustehende Referenzmenge produziert, eine Abgabe eingehoben. Die Milchquotenregelung wurde bereits 1984 eingeführt und seitdem mehrmals verändert. - Näher dazu Anhammer ua (FN 83), 114 ff. ZB Prämie für die endgültige Aufgabe des Weinbaues auf einer bestimmten Rebfläche gemäß Art 8 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, 1493/99/EG, Abl Nr L 179/1. ZB Art 2 VO über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, 1493/99/EG, Abl Nr L 179/1, der ein (relatives) Verbot der Neuanpflanzung von Rebflächen mit Keltertraubensorten vorsieht. „MacSharry-Plan“. Die derzeit bestehenden Direktzahlungen sind in der Liste, Anhang 1 VO mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, 1782/03/EG, Abl Nr L 270/1, aufgezählt. Die VO enthält in Titel IV (Art 72 ff) auch spezifische Regelungen für einzelne Beihilfen. Diese waren früher zT in den jeweiligen Marktordnungen enthalten. - Zu den Direktzahlungen ua Leidwein (FN 83), 126 ff. Abl 1998, C 170.
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bb) Einheitliche Betriebsprämie Zur noch besseren Abkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion wurde im Rahmen der GAP-Reform 2003 die „einheitliche Betriebsprämie“292 eingeführt. Diese löst ab 1.1.2005 bisherige einzelne Beihilfen ab und orientiert sich weder an der erzeugten Menge noch an der bebauten Fläche. Die Verordnung enthält auch Bestimmungen, die Direktzahlungen allgemein von der Erfüllung von Grundanforderungen für die Betriebsführung und die Erhaltung der landwirtschaftlichen Flächen abhängig machen. Anspruchsberechtigt sind die Betriebsinhaber293, denen im Bezugszeitraum 2000 bis 2002 eine Zahlung im Rahmen bestimmter Direktzahlungen gemäß Anhang VI gewährt wurde, die den Betrieb294 oder einen Teil des Betriebes durch Vererbung oder durch vorweggenommene Erbfolge von einem Betriebsinhaber erhalten oder die einen Zahlungsanspruch aus der nationalen Reserve bzw durch Übertragung erhalten haben. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht der Anspruch auch bei Änderungen des Rechtsstatus oder der Bezeichnung des Betriebsinhabers, bei Betriebszusammenschlüssen und bei Betriebsteilungen295. In der Praxis steht die einheitliche Betriebsprämie regelmäßig dem Bewirtschafter als Empfänger der Direktzahlungen im festgelegten Bezugszeitraum zu296. Der Beihilfeanspruch wird an Hand jener Beträge ermittelt297, die der Betriebsinhaber im Bezugszeitraum 2000 bis 2002 erhalten hat, wobei der Referenzbetrag dem Dreijahresdurchschnitt der Gesamtbeträge der Zahlungen entspricht298. Der Gesamtanspruch eines Betriebes (Referenzbetrag) wird wiederum in mehrere Teile (Zahlungsansprüche) aufgeteilt. Dabei wird jeder Zahlungsanspruch an einen Hektar beihilfefähiger Fläche gebunden (flächenbezogene Zahlungsansprüche)299. Die Gesamtzahl der Zahlungsansprüche entspricht der durchschnittlichen Hektarzahl der Referenzfläche. In besonderen 292
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295 296 297 298 299
Titel III (Art 33 ff) VO 1782/03/EG, Abl Nr L 270/1. - In der „einheitlichen Betriebsprämie“ wurden als erste Phase alle Erzeugnisse aus der bisherigen Stützungsregelung für landwirtschaftliche Kulturpflanzen sowie Körnerleguminosen, Saatgut, Rind- und Schaffleisch erfasst. Die Höhe der Prämie wird auf der Grundlage eines historischen Referenzbetrages (Zahlungen im Bezugszeitraum 2000 - 2002) errechnet. Unter „Betriebsinhaber“ ist gemäß Art 2 lit a VO 1782/2003 „eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status die Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im Gebiet der Gemeinschaft im Sinne des Art 299 des Vertrages befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt“ zu verstehen. Unter „Betrieb“ ist gemäß Art 2 lit b VO 1782/2003 „die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Gebiet eines Mitgliedstaates befinden“ zu verstehen. Vgl Art 33 VO 1782/2003. Anhammer ua (FN 83), 80. Die Berechnung der Betriebsprämie erfolgt in Österreich gemäß § 2 Abs 1 Betriebsprämie-Verordnung, BGBl II 2004/336, durch die AMA. Vgl auch Anhang VII VO 1782/2003, in dem detaillierte Regelungen über die konkrete Art der Berechnung des Referenzbetrages enthalten sind. Vgl Art 43 ff VO 1782/2003.
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Härtefällen (zB Tierseuchen, Hochwasser) kann die Berechnung allerdings auch abweichend von diesen Prinzipien erfolgen300. Um zu verhindern, dass die geltenden Budgetgrenzen der Gemeinschaft sowie der Mitgliedstaaten nicht überschritten werden, ist vorgesehen, dass die Summe der Referenzbeträge eine bestimmte einzelstaatliche Obergrenze, die vorab festgelegt wurde301, nicht überschreiten dürfen302. Im Falle der Überschreitung der Obergrenze sind proportionale Kürzungen vorgesehen. Um besonderen Umständen ausreichend begegnen zu können, ist zudem eine nationale Reserve zu bilden303. Diese können die Mitgliedstaaten nach objektiven Kriterien unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen zur Gewährung von Referenzbeträgen an Betriebsinhaber, die nach dem 31.12.2002 - oder im Jahr 2002, ohne jedoch Direktzahlungen erhalten zu haben - eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen haben, die sich in einer besonderen Lage befinden oder die in Umstrukturierungs- und/oder Entwicklungsprogramme im Zusammenhang mit bestimmten öffentlichen Maßnahmen eingebunden sind, um die Aufgabe von Flächen zu vermeiden und/oder spezielle Nachteile für Betriebsinhaber in diesen Gebieten auszugleichen, verwendet werden. Außer im Falle der Übertragung durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge dürfen die anhand der nationalen Reserve festgelegten Ansprüche für einen Zeitraum von fünf Jahren beginnend mit ihrer Zuweisung nicht übertragen werden304. Jeder Zahlungsanspruch gibt zusammen mit je einem Hektar beihilfefähiger Fläche Anspruch auf Zahlung des mit dem Zahlungsanspruch festgesetzten Betrages. Als beihilfefähige Fläche ist dabei jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebes anzusehen, die als Ackerland oder Dauergrünland genutzt wird, ausgenommen die für Dauerkulturen, Wälder oder nicht landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten Flächen305. Die Produktion bestimmter Agrarerzeugnisse stellt danach keine Voraussetzung für den Anspruch auf Erhalt der einheitlichen Betriebsprämie dar306. Alle Zahlungsansprüche, die während drei aufeinander folgenden Kalenderjahren nicht genutzt wurden, werden der nationalen Reserve zugeschlagen307. Zahlungsansprüche dürfen - ausgenommen bei Übertragung durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge308 - nur an andere Betriebsinhaber innerhalb desselben Mitgliedstaates übertragen werden309. 300 301
302 303 304 305 306 307 308 309
Art 40 VO 1782/2003. Vgl Anhang VIII VO 1782/2003. - Danach betragen etwa die für Österreich festgelegten Obergrenzen in den Jahren 2005 und 2006 jeweils 613 Mio Euro, für das Jahr 2007 und die nachfolgenden Jahre 711 Mio Euro. Art 41 VO 1782/2003. Art 42 VO 1782/2003. Art 42 Abs 3 - 5 VO 1782/2003. Art 44 Abs 1 und 2 VO 1782/2003. Anhammer ua (FN 83), 84. Art 45 Abs 1 VO 1782/2003. Diesfalls dürfen die Zahlungsansprüche allerdings nur in dem Mitgliedstaat genutzt werden, in dem sie entstanden sind. Art 46 Abs 1 VO 1782/2003.
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Beihilfen, die nicht direkt an eine Fläche gebunden waren, wie etwa die Saisonentzerrungsprämie310, die Schlachtprämie311, die Sonderprämie für männliche Rinder und die Mutterkuhprämie für Kleinerzeuger oder die Beihilfen im Rahmen der Beihilferegelung für Schafe und Ziegen312, begründen einen Zahlungsanspruch, der besonderen Bedingungen unterliegt313. Dieser entspricht dem Referenzbetrag, der sich aus den dem Betriebsinhaber im dreijährigen Durchschnittszeitraum gewährten Direktzahlungen errechnet. Ergibt der Zahlungsanspruch pro Hektar einen Betrag von über 5.000 Euro, so hat der Betriebsinhaber entsprechend ein Recht auf Zahlungsansprüche für jeden Betrag von 5.000 Euro oder jeden Bruchteil des Referenzbetrages, der den Direktzahlungen, die ihm in dem dreijährigen Durchschnittszeitraum gewährt wurden, entspricht314. Allerdings muss die Tierhaltung zumindest zu 50 % gegenüber dem Bezugszeitraum aufrecht erhalten bleiben. Die Mitgliedstaaten können den Betrag der Obergrenze der Referenzbeträge nach Art 41 iVm Anhang VIII VO 1782/2003 ganz oder teilweise auf alle Betriebsinhaber einer Region aufteilen. Dazu sind von den Mitgliedstaaten nach objektiven Kriterien Regionen festzulegen. Mitgliedstaaten mit einer beihilfefähigen Fläche von weniger als drei Millionen Hektar können als eine einzige Region angesehen werden315. Um ein besseres Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und denen zur Förderung der ländlichen Entwicklung herzustellen, wird von 2005 bis 2012 ein gemeinschaftsweit verbindliches System zur progressiven Reduzierung der Direktbeihilfen eingeführt. Danach werden alle Direktzahlungen, die einen bestimmten Betrag überschreiten, jährlich um bestimmte Prozentsätze, nämlich 3 % (2005), 4 % (2006) und 5 % (2007 bis 2012), gekürzt (sog „Modulation“)316. Die Einsparungen werden für die Finanzierung von Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes verwendet und nach objektiven Kriterien auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt. Betriebsinhaber, die Direktzahlungen im Rahmen der VO 1782/2003 beziehen, erhalten nach Maßgabe des Art 12 VO 1782/2003 einen zusätzlichen Beihilfebetrag. Für die ersten Direktzahlungen von 5.000 Euro oder weniger entspricht der zusätzliche Beihilfebetrag dem Ergebnis der Anwendung des Kürzungssatzes nach Art 10 VO 1782/2003 für das betreffende Kalenderjahr317. Der Gesamtbetrag der in einem Mitgliedstaat gewährten zusätzlichen Beihilfebeträge darf die in Anhang II VO 1782/2003 festgesetzten nationalen 310 311 312 313 314 315 316
317
Vgl Art 5 VO 1254/1999. Vgl Art 11 VO 1254/1999. Vgl Art 5 VO 2467/98; Art 1 VO 1323/90; Art 4, Art 5 und Art 11 Abs 1 und Abs 2 erster, zweiter und vierter Gedankenstrich VO 2529/2001. Vgl Art 47 ff VO 1782/2003. Art 48 VO 1782/2003. Art 58 Abs 2 VO 1782/2003. Vgl Art 10 VO 1782/2003. - Österreich beabsichtigt, die Modulationsmittel schwerpunktmäßig in landwirtschaftliche Betriebe zu investieren, um diese professioneller und damit zugleich wettbewerbsfähiger zu machen. Damit kommt im Ergebnis für die ersten Direktzahlungen von 5000 Euro die Modulation nicht zum Tragen.
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Obergrenzen pro Kalenderjahr nicht übersteigen. Erforderlichenfalls wird der zusätzliche Beihilfebetrag von den Mitgliedstaaten um einen linearen Prozentsatz angepasst, um die in Anhang II festgesetzten Obergrenzen einzuhalten. Auf den zusätzlichen Beihilfebetrag werden keine Kürzungen im Sinne der Modulationsregelung angewandt. Ab dem Haushaltsplan 2007 überprüft die Kommission nach dem in Art 144 Abs 2 VO 1782/2003 genannten Verfahren318 die in Anhang II festgesetzten Obergrenzen, um dem strukturellen Wandel der Betriebe Rechnung zu tragen. Weiters verpflichtet die VO 1782/2003 die Mitgliedstaaten zur Einrichtung eines Systems zur Beratung der Betriebsinhaber in Fragen der Bodenbewirtschaftung und Betriebsführung („landwirtschaftliche Betriebsberatung“) bis längstens 1. Januar 2007319. Die Beratungstätigkeit umfasst mindestens die Grundanforderungen an die Betriebsführung und die Erhaltung in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand320. Die Teilnahme an der landwirtschaftlichen Betriebsberatung ist für die Betriebsinhaber freiwillig321. Die Mitgliedstaaten geben denjenigen Betriebsinhabern Vorrang, die Direktzahlungen von über 15.000 Euro pro Jahr beziehen322. In Durchführung der VO (EG) 1782/2003, Abl Nr L 270/1, der VO (EG) 795/2004, Abl Nr L 141/1, und der VO (EG) 796/2004, Abl Nr L 141/18, hat der auf nationaler Ebene zuständige Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die Betriebsprämie-Verordnung, BGBl II Nr 336/2004, die INVEKOS-Umsetzungs-Verordnung 2005, BGBl II Nr 474/2004, sowie die GAP-Beihilfen-Verordnung, BGBl II Nr 482/2004, erlassen. cc) Weitere Beihilferegelungen Für die beihilfefähige Hektarfläche gemäß Art 44 Abs 2 VO 1782/2003, für die ein Antrag auf Zahlung der einheitlichen Betriebsprämie gestellt wurde, kann vorbehaltlich anderweitiger Regelungen - ein Antrag auf alle anderen Direktzahlungen sowie alle anderen nicht unter die VO 1782/2003 fallenden Beihilfen gestellt werden323. Unter Titel IV sieht die VO 1782/2003 für einzelne Erzeugnisse andere Beihilferegelungen vor, wie etwa eine spezifische Qualitätsprämie für Hartweizen324, eine Prämie für Eiweißpflanzen325, eine kulturspezifische Zahlung 318
319 320 321
322 323 324 325
Gemäß Art 144 Abs 2 VO 1782/2003, gelten diesfalls die Art 4 und 7 des Beschlusses des Rates vom 28 Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (1999/468/EG), Abl Nr L 184/23, wobei der Zeitpunkt nach Art 4 Abs 3 des Beschlusses 1999/468/EG auf einen Monat festgesetzt wird. Art 13 Abs 1 VO 1782/2003. Art 13 Abs 2 VO 1782/2003. Art 14 Abs 1 VO 1782/2003. - Die Kommission unterbreitet spätestens zum 31. Dezember 2010 einen Bericht über die Anwendung der landwirtschaftlichen Betriebsberatung und erforderlichenfalls geeignete Vorschläge zur Überführung des Systems in eine verbindliche Regelung (Art 16 VO 1782/2003). Art 14 Abs 2 VO 1782/2003. Art 35 VO 1782/2003. Art 72 ff VO 1782/2003. Art 76 ff VO 1782/2003.
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für Reis326, eine Flächenzahlung für Schalenfrüchte327, eine Beihilfe für Energiepflanzen328, eine Beihilfe für Stärkekartoffeln329 oder eine Milchprämie und Ergänzungszahlungen bis 2007330. Sämtliche dieser Beihilfen werden jährlich auf Antrag hin gewährt, wobei bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen ein im Verwaltungsweg durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Gewährung der Beihilfen besteht331. Je nachdem, ob sich der jeweilige Mitgliedstaat für die Beibehaltung einer Koppelung an die Produktion in bestimmtem Ausmaß332, die Nichteinbeziehung in die Betriebsprämienregelung333 oder die spätere Anwendung der Betriebsprämienregelung334 entschieden hat, sind in der VO 1782/2003 weitere Beihilferegelungen vorgesehen. Diese betreffen spezifische Regionalbeihilfen für landwirtschaftliche Kulturpflanzen335, Beihilfen für Saatgut336, Flächenzahlungen für landwirtschaftliche Kulturpflanzen337, kulturspezifische Zahlungen für Baumwolle338, Beihilfen für Olivenhaine339, Tabakbeihilfen340, Flächenbeihilfen für Hopfen341, Prämien für Schafe und Ziegen342, Zahlungen für Rindfleisch343 und Beihilfen für Körnerleguminosen344. Titel IVa345 enthält Vorschriften betreffend die Durchführung von Stützungsregelungen in den neuen Mitgliedstaaten. Die Durchführungsvorschriften zu der VO 1782/2003 hinsichtlich der Stützungsregelungen nach Titel IV und IVa der Verordnung und der Verwendung von Stilllegungsflächen für die Erzeugung von Rohstoffen sind in der VO (EG) 1973/2004 der Kommission vom 29. Oktober 2004346 enthalten. Diese Verordnung, die seit 1.1.2005 gilt, ersetzt die bis dahin zu Titel IV und IVa der VO 1782/2003 ergangenen Durchführungsbestimmungen. Auf nationaler Ebene erfolgte die Umsetzung durch die Erlassung der Stärkekartoffelbeihilfe- und Kartoffelstärkeprämien-Verordnung 2004, BGBl II Nr 174/2004 idF BGBl II Nr 106/2005, die Milch-Garantiemengen-Verordnung 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346
Art 79 ff VO 1782/2003. Art 83 ff VO 1782/2003. Art 88 ff VO 1782/2003. Art 93 ff VO 1782/2003. Art 95 ff VO 1782/2003. Leidwein (FN 83), 275. Vgl Art 66 VO 1782/2003. Vgl Art 70 VO 1782/2003. Vgl Art 71 VO 1782/2003. Art 98 VO 1782/2003. Art 99 VO 1782/2003. Art 100 ff VO 1782/2003. Art 110a ff VO 1782/2003. Art 110g ff VO 1782/2003. Art 110j ff VO 1782/2003. Art 110n f VO 1782/2003. Art 111 ff VO 1782/2003. Art 121 ff VO 1782/2003. Art 141 ff VO 1782/2003. Art 143a ff VO 1782/2003. Abl Nr L 345/1.
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1999, BGBl II Nr 28/1999 idF der 9. Änderung der Milch-GarantiemengenVerordnung 1999, BGBl II Nr 240/2005 sowie der GAP-Beihilfen-Verordnung 2004, BGBl II Nr 482/2004. Im Zusammenhalt mit den einschlägigen, unmittelbar anwendbaren gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlagen347 erfolgt auf der Basis dieser Verordnungen die Gewährung von spezifischen Qualitätsprämien für Hartweizen, Prämien für Eiweißpflanzen, Flächenzahlungen für Schalenfrüchte, Beihilfen für Stärkekartoffeln, Milchprämien und Ergänzungszahlungen, Beihilfen für Energiepflanzen, Zahlungen für Rindfleisch, Flächenbeihilfen für Hopfen sowie Zahlungsansprüchen bei der Verwendung von Stillegungsflächen für die Erzeugung von Rohstoffen (NAWAROS)348.
2. Außenschutzbestimmungen a) Allgemeines Die gemeinschaftsrechtlichen Außenschutzbestimmungen sollen vor allem dem Schutz der innergemeinschaftlichen Erzeugung gegenüber günstigerer Konkurrenz aus Drittstaaten dienen. Auch wenn die einzelnen Gemeinsamen Marktordnungen die Erhebung von Abgaben gleicher Wirkung wie Zölle und die Anwendung mengenmäßiger Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung auch im Handel mit Drittstaaten grundsätzlich verbieten, so bestehen doch nach wie vor zahlreiche Ausnahmen von diesem Verbot349. b) Lizenzen und Kautionen Eine Lizenzpflicht findet sich vor allem im Bereich des Außenhandelsrechts. Danach kann die Einfuhr oder Ausfuhr von agrarischen Produkten an die Erteilung einer speziellen Lizenz gebunden werden350. Der Zweck solcher Lizenzen besteht unter anderem darin, die aus dem Binnenmarkt abgehenden bzw in diesen eindringenden Warenströme festzustellen, wodurch gezielte Maßnahmen zur Steuerung des Marktes im Grunde genommen erst möglich werden. Lizenzen spielen auch eine entscheidende Rolle in der Verwaltung von Zollkontingenten. So sehen beispielsweise die Bestimmungen über den Handel mit Drittstaaten in Teil IV der Bananenmarktordnung351 eine äußerst detaillierte Lizenzregelung für den Zugang zum Bananenkontingent vor352.
347 348 349
350 351 352
VO 1782/2003, Abl Nr L 270/,1 und VO 1973/2004, Abl Nr L 345/1. Näher dazu Anhammer ua (FN 83), 89 ff; Leidwein (FN 83), 148 ff. Vgl Hix (FN 107), Art 34, Rz 21. - Thiele (FN 138), Art 34, Rz 24, spricht gar davon, dass das Vorhandensein einer Vielzahl von abweichenden Bestimmungen den „Grundsatz zur Ausnahme“ werden lasse. Zur vertrauensschutzbildenden Wirkung von Lizenzen s EuGH Rs C-187/91, Belovo, Slg 1992, I-4937. VO (EWG) Nr 404/93 des Rates über die Gemeinsame Marktorganisation für Bananen, Abl 1993 Nr L 047/1. Zu den Hintergründen der Entstehung der Bananenmarktordnung sowie zur Fortsetzung des Bananenstreits zwischen deutschen Gerichten und dem EuGH ausführlich Hilpold (FN 165), 191 ff, 285 ff. - Wie Hilpold treffend konstatiert, stellt das Zustandekommen der Bananenmarktordnung zufolge der klaren Verfolgung von Partikularinteressen zu Lasten des Gemeinwohls „einen Tiefpunkt der Verhandlungskultur in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ dar (aaO, 194).
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Zur Sicherstellung der tatsächlichen Ein- oder Ausfuhr kann die Erteilung einer Lizenz von der Leistung einer entsprechenden Kaution353 abhängig gemacht werden, die verfällt354, sollte der Kautionszweck (also die Ein- oder Ausfuhr) nicht oder nicht vollständig erfüllt werden355. Nach Ansicht des EuGH handelt es sich bei solchen Kautionsregelungen um ein notwendiges und angemessenes Instrument zur Sicherstellung der erforderlichen Interventionsmaßnahmen im Bereich der Gemeinsamen Agrarmarktordnungen. Sie sind daher mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang zu bringen356. c) Importbestimmungen Mit dem Überereinkommen über die Landwirtschaft357, welches im Rahmen der Uruguay-Runde abgeschlossen worden ist, traten an die Stelle der von den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft erhobenen variablen Einfuhrabgaben (Abschöpfungen) feste Zollkontingente und Zollabgaben („Tarifizierung“), die als solche in das System des Gemeinsamen Zolltarifs der Gemeinschaft übernommen wurden358. Gemäß Art 5 des Übereinkommens über die Landwirt353
354
355 356 357 358
Vgl die VO (EWG) 2220/85 der Kommission mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Abl Nr L 205/5 idF VO (EG) 673/2004, Abl Nr L 105/17. - Die Kaution ist grundsätzlich durch Überweisung oder Bankgarantie zu leisten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung innerhalb der vorgeschriebenen Frist nachkommt. Die Höhe der Kaution hängt von dem jeweiligen Erzeugnis, das ein- oder ausgeführt werden soll, bzw von der Höhe der Erstattung ab. Näheres regeln neben der eingangs genannten VO die speziellen Durchführungsverordnungen, wie etwa die VO (EG) 174/99 mit besonderen Durchführungsvorschriften zur VO (EWG) 804/68 im Hinblick auf die Ausfuhrlizenzen und die Ausfuhrerstattungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse, Abl Nr L 20/8; die VO (EG) 1342/2003 mit besonderen Durchführungsbestimmungen über Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen für Getreide und Reis, Abl Nr L 189/12; die VO (EG) 1445/95 mit Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen für Rindfleisch, Abl Nr L 143/35. Die Höhe des Verfallsbetrages richtet sich danach, ob im Einzelfall eine Hauptpflicht, eine Nebenpflicht oder nur eine untergeordnete Pflicht verletzt wurde. Der verfallene Betrag kann jedoch nie mehr als 100 % des Sicherheitsbetrages ausmachen. Sicherheiten verfallen grundsätzlichzu Gunsten des EAGFL. Ausgenommen sind Fälle höherer Gewalt. - Näher zum Kautionssystem Anhammer ua (FN 83), 72 ff; Puck (FN 10), Rz 670, beide mwN. EuGH Rs 11/70, Internationale Handelsges., Slg 1970, 1125. Abl 1994 Nr L 336/22. - Dazu ausführlich van Rijn (FN 205), Art 34 EG, Rz 93 ff. Vgl van Rijn (FN 205), Art 34 EG, Rz 95 ff. - Das System des Gemeinsamen Zolltarifs beruht seinerseits auf dem Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Kodierung von Waren, das von der EG durch die VO (EWG) Nr 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, Abl 1987 Nr L 349/105, übernommen wurde. Die Umstellung der Abschöpfungsregelungen auf die Zollbestimmungen erfolgte für alle Gemeinsamen Marktorganisationen gleichzeitig durch die VO (EG) Nr 3290/94 des Rates über erforderliche Anpassungen und Übergangsmaßnahmen im Agrarsektor zur Anwendung der im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde geschlossenen Übereinkünfte, Abl 1994 Nr L 349/105. Näheres zum Gemeinsamen Zolltarif bei Griller, Die Instrumente der Gemeinsamen Handelspolitik nach der Uruguay-Runde, in Rill (Hrsg), Forschung für die Wirtschaft. Die Europäisierung des österreichischen Wirtschaftsrechts (1995) 206 (218 ff).
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schaft können die GATT-Mitglieder jedoch bei Vorliegen besonderer Situationen die grundsätzlich vereinbarten Zollsätze erhöhen. Ebenso besteht die Möglichkeit, im Falle ernsthafter Störungen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. d) Ausfuhrerstattungen Durch die Gewährung von Ausfuhrerstattungen359 sollen die im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Erzeuger agrarischer Produkte in die Lage versetzt werden, ihre in aller Regel in der Herstellung teureren Produkte auf dem Weltmarkt zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten zu können. Die Ausfuhrerstattungen erfüllen damit zwei grundlegende Funktionen: Einerseits sind sie ein Instrument der Marktregulierung, da sie dazu beitragen, innergemeinschaftliche Produktionsüberschüsse abzubauen. Andererseits sichern sie die Wettbewerbsfähigkeit der Binnenmarkterzeugnisse auf dem Weltmarkt. Um zu verhindern, dass auf diesem Wege Konkurrenzerzeugnisse aus Drittstaaten unterboten werden, wurden anlässlich der Uruguay-Runde quantitative und produktbezogene Subventionsbeschränkungen vereinbart. Nicht subventionierte Exporte dürfen indessen nach wie vor unbeschränkt durchgeführt werden360. e) Sondermaßnahmen bei Versorgungsschwierigkeiten Bei eventuell auftretenden Versorgungsschwierigkeiten im Gemeinschaftsgebiet sehen einige Gemeinsame Marktordnungen die Möglichkeit vor, Sondermaßnahmen zu ergreifen. Diese können etwa in der (teilweisen oder vollständigen) Aussetzung von Einfuhrzöllen oder der Erhebung von Ausfuhrzöllen bestehen361.
3. Instrumente der Agrarstrukturpolitik Die Grenze zwischen Instrumenten der Agrarpolitik und der Agrarstrukturpolitik ist durchaus fließend. So enthalten beispielsweise auch die Gemeinsamen Marktordnungen Einrichtungen, die nicht nur der Markt-, sondern auch der Strukturpolitik zuzuordnen sind. Dies trifft insbesondere auf die darin vorgesehenen Quotensysteme, Auflassungs- und Umstellungsprämien etc zu, die eine Reduktion der Überschussproduktion bezwecken und damit durchaus strukturelle Auswirkungen auf die Landwirtschaft zeitigen. Dennoch sind die Gemeinsamen Marktordnungen im Wesentlichen Instrumente der Marktpolitik. Strukturpolitische Erwägungen spielten bei der gemeinschaftlichen Harmonisierung der nationalen Agrarmärkte ursprünglich keine Rolle, traten allerdings seit den achtziger Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts zunehmend in den Vordergrund. Mit der „Agenda 2000“ und der aus ihr hervorgegangenen „Politik des ländlichen Raumes“ haben die strukturpolitischen Maßnahmen, die der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der ländlichen Gebiete sowie dem Umwelt- und 359 360
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Zur Systematik der Ausfuhrerstattungen eingehend Halla-Heißen, Subventionsbetrug bei Agrarexporten (2004) 87 ff. Ausführlich dazu Gilsdorf/Priebe (FN 212), Art 40, Rz 29 ff; van Rijn (FN 205), Art 34 EG, Rz 38 ff. - Ausfuhrerstattungen werden nicht rein arithmetisch ermittelt, sondern unter Berücksichtigung marktpolitischer und internationaler Verpflichtungen der Gemeinschaft festgesetzt. Vgl Thiele (FN 138), Art 34, Rz 28.
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Landschaftsschutz dienen, einen enormen Stellenwert erlangt. Im Ergebnis wurde die Strukturpolitik zu einem zweiten Pfeiler der gemeinschaftlichen Agrarpolitik aufgewertet362. Anders als die Agrarmarktpolitik ist die Agrarstrukturpolitik allerdings nicht zentral von der Gemeinschaft besetzt. Einschlägige Maßnahmen werden vielmehr im Wege gemeinsamer, kofinanzierter Programme bewerkstelligt. Die Neuausrichtung der Agrarpolitik wurde nicht zuletzt auch durch die GAP-Reform 2003363 („Fischler-Reform“364) bestätigt. Hauptelemente dieser Reform sind eine noch stärkere Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes, das weitere Absenken der Interventionspreise und die noch stärkere Entkoppelung der Einkommensstützung von der Produktion durch Einführung einer „einheitlichen Betriebsprämie“, die in Zukunft die meisten Beihilfen in den Marktordnungen ersetzen soll365.
D. Die Bekämpfung der Überschussproduktion Wie bereits an anderer Stelle erwähnt worden ist, bestand das erklärte Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik ursprünglich darin, die Versorgung des Gemeinsamen Marktes mit Agrarprodukten sicher zu stellen sowie der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung über stabile Preise und garantierte Absatzmengen eine angemessene Lebenshaltung zu ermöglichen. Der Erfolg dieser Politik war so durchschlagend, dass bereits Mitte der sechziger Jahre vor allem in den Bereichen Milch, Getreide, Rindfleisch und Wein erhebliche Überschussproduktionen verzeichnet werden konnten. Einst als „Eckpfeiler des europäischen Einigungswerkes“ gefeiert, hat sich die Gemeinsame Agrarpolitik sowohl in finanzieller als auch in politischer Hinsicht zwischenzeitlich zum größten Belastungsfaktor der Gemeinschaft entwickelt. Die Ursachen für diese Fehlentwicklung lagen zum einen in dem hohen Preisgarantiesystem, das bei vielen landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine marktmäßige Preisbildung gar nicht mehr zuließ, und zum anderen in der Abnahmegarantie, die für übermäßige Produktionsanreize bei den Erzeugern sorgte und der Gemeinschaft zu enormen Lagerbeständen verhalf. Das geflügelte Wort vom „Butterberg der Gemeinschaft“ ist ebenso in diesem Zusammenhang entstanden, wie der Begriff der „Weinseen“. Vielfach wurden die von den Interventionsstellen aufgekauften Erzeugnisse, die weder über den Markt abgesetzt noch im Rahmen von
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Arnold/Walzel v. Wiesentreu (FN 7), 33 ff (34). Vgl hierzu auch den unter dem Titel „Reform der Agrarpolitik: Politische Langzeitperspektive für eine nachhaltige Landwirtschaft“, KOM (2003) 23 endg., vorgelegten Kommissionsvorschlag. Zur Berechtigung der Bezeichnung der GAP-Reform 2003 als „Fischler-Reform“ s Arnold/Walzel v. Wiesentreu (FN 7), 34 und dort FN 88. - Vgl in diesem Zusammenhang auch die unter dem Titel „Errungenschaften der Agrarpolitik unter Kommissar Franz Fischler (Zeitraum 1995-2004)“ erfolgte Zusammenstellung der Europäischen Kommission (http://ec.europa.eu/comm/agriculture/publi/achievements/ text_de.pdf), in der darauf hingewiesen wird, dass es sich bei der GAP-Reform 2003 insofern um eine wegweisende Reform handelt, als diese einen vollständigen Wandel der Art darstellt, wie die EU ihren Landwirtschaftssektor unterstützt. VO 1782/03/EG, Abl Nr L 270/1 und VO 1783/03/EG, Abl Nr. L 270/70.
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Lebensmittelhilfen für Hungergebiete gespendet werden konnten, auch einfach vernichtet oder einer minderen Verwendung zugeführt366. Bereits seit geraumem bemüht sich die Gemeinschaft um eine grundsätzliche Kurskorrektur367, wobei sich ein entschiedener Systemwechsel bislang als politisch äußerst schwierig zeigte. Wurden zunächst die in den Interventionsstellen lagernden Erzeugnisse, sofern sie infolge mangelnder Haltbarkeit und Lagerfähigkeit nicht von vornherein denaturiert, also zerstört worden sind368, an Länder der Dritten Welt im Rahmen von Nahrungsmittelhilfeprogrammen verschenkt oder zu Preisen verkauft, die weit unterhalb der Produktionskosten lagen369, wodurch sich der Markt kurzfristig entspannte, kam es erst gegen Ende der siebziger bzw zu Beginn der achtziger Jahre zu einschneidenderen Maßnahmen, die vor allem im Milch- und Getreidesektor bei den produzierten Mengen selbst ansetzten und diese bestimmten Einschränkungen unterwarfen370. So wurde 1977 erstmals eine Mitverantwortungsabgabe eingeführt. 1982 kam es zur Einführung einer Garantieschwellenregelung, die allerdings nicht die gewünschten Erfolge zeitigte und 1984 im Milchsektor durch eine Garantiemengen- oder Quotenregelung abgelöst wurde. Danach wird die Milcherzeugung gemeinschaftsweit auf einem bestimmten als „Gesamtgarantiemenge“ bezeichneten Höchstniveau festgeschrieben. Diese Gesamtgarantiemenge wird in weiterer Folge in Form von einzelstaatlichen Garantiemengen auf die einzelnen Mitgliedstaaten aufgeteilt. Den Erzeugern wiederum wird eine bestimmte einzelbetriebliche Referenzmenge zugewiesen. Überschreitet ihre Produktion diese Referenzmenge, so ist für die über die Referenzmenge hinaus erzeugte Menge eine Abgabe zu entrichten, die höher ist, als der jeweilige Milchrichtpreis, wodurch die Produktion in diesem Bereich aber wirtschaftlich unrentabel wird371. Mit der Agrarreform von 1992 („MacSharry-Plan“) wurden weitere Schritte in Richtung einer sinnvollen Reduktion der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte gesetzt372. Betroffen sind neben den Bereichen Milch und Getreide die Bereiche Rind- und Schaffleisch, Tabak, Ackererzeugnisse und Reis. Dabei ging es vor allem darum, die ursprüngliche Verbindung von erzeugter Menge und erzieltem Gewinn zu durchbrechen und die institutionellen Preise für diese Produkte an das Weltmarktniveau anzugleichen. Zu diesem Zweck wurden Programme zur direkten, produktionsunabhängigen Einkommensstützung von Landwirten ins Leben gerufen. So werden etwa im Bereich des Anbaues von Getreide, Ölsaaten und Eiweißpflanzen Prämien dafür gewährt, dass die Erzeu366 367 368 369 370 371 372
Vgl Streinz (FN 134), Rz 1064. Vgl Wimmer/Arnold (FN 11), 86 f. In diesem Zusammenhang sei etwa an die seinerzeitige Vernichtung ganzer Orangenernten in Spanien durch Versenken im Meer erinnert. Im Rahmen dieser Aktionen kam es beispielsweise innerhalb der Mitgliedstaaten zum Verkauf der sog „Weihnachtsbutter“. Grundlegend dazu Priebe, Maßnahmen der EG zur Beseitigung landwirtschaftlicher Überschüsse, FS Zeidler (1987) 1729. Näheres dazu bei Hix (FN 107), Art 34, Rz 13 ff; Gilsdorf/Priebe (FN 212), Art 40, Rz 60a ff. - Speziell zur Regelung im Milchsektor Thiele (FN 216), 169 ff. Vgl etwa Puck (FN 10), Rz 658; Oppermann (FN 108), Rz 1356 mwN.
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ger Teile ihrer landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht bebauen. Darüber hinaus gibt es umfangreiche flankierende Maßnahmen, die teilweise zufolge einer gemeinschaftsrechtlichen Ermächtigung von den einzelnen Mitgliedstaaten selbst durchgeführt werden können, wie etwa Rentenprogramme für Landwirte. Noch deutlichere Reformen zeichnen sich im Gefolge der Diskussion um den Beitritt verschiedener osteuropäischer Staaten zur Europäischen Union ab („Agenda 2000“). Nach dem derzeitigen Stand der Gespräche soll die Osterweiterung der Europäischen Union mit einer drastischen Einschränkung der bis dato für den Agrarmarkt aufgewendeten Haushaltsmittel Hand in Hand gehen. Dies wird verständlich wenn man bedenkt, dass in den Staaten der künftigen Beitrittswerber ein weitaus höherer Bevölkerungsanteil in der Landwirtschaft tätig ist, als dies bei den derzeitigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union der Fall ist373. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, in welchem Umfang die Landwirtschaft gerade im Hinblick auf die Osterweiterung und die damit stattfindende Vergrößerung des landwirtschaftlichen Potentials über die Gemeinschaft überhaupt noch finanzierbar ist. Es mehren sich die Stimmen jener, welche die Auffassung vertreten, dass die in der Landwirtschaft eingesetzten Mittel in anderen Politiken der Gemeinschaft weitaus effektiver und sinnvoller eingesetzt werden könnten374. Auch wenn die Agenda 2000 noch keine wirklich tragfähiges Konzept hinsichtlich der Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik enthält, sondern vielmehr die bloße Fortschreibung des 1992 begonnenen Reformwerkes vorstellt, so ist sie doch zumindest als ein deutlicher Schritt in diese Richtung zu werten375. Dieser Schritt wurde mit der GAP-Reform 2003 und der damit erfolgten Abkoppelung der Beihilfen von produzierten Mengen durch Einführung der einheitlichen Betriebsprämie nachdrücklich bestätigt. Trotz der bereits gesetzten Reformmaßnahmen ist und bleibt die Gemeinsame Agrarpolitik das Sorgenkind der Europäischen Union. Nach wie vor belaufen sich die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik getätigten Ausgaben der Europäischen Union auf mehr als vierzig Milliarden Euro jährlich, wobei prognostiziert wird, dass diese Kosten mit der vollen Implementierung der „Agenda 2000“ um ca. zehn Prozent steigen werden. Diese Entwicklung ist nur dadurch aufzuhalten, indem der Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen weitergehend liberalisiert wird und die direkten Subventionen gekürzt werden. Insbesondere gilt es, wieder einen breiten, allgemeinen Konsens innerhalb der Öffentlichkeit über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik herbeizuführen, wobei in diesem Zusammenhang auch das Konzept der Einkommenssicherung der Landwirte durch die Steuerzahler von Grund auf neu überdacht werden muss. Hierbei wird es vor allem darum gehen, jene Leistungen der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung stärker in das Bewusst373
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Vgl dazu Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 1999, 38 ff, mit umfangreichem statistischen Material betreffend die Mitgliedswerber. Vgl Sturgess, The Agenda 2000 CAP Reform and the „Millenium“ Round: Negotiations on Agriculture, in Bilal/Pezaros (Ed), Negotiating the Future of Agricultural Policies: Agricultural Trade and the Millenium WTO Round (2000) 97 (109 f). Vgl dazu Oppermann (FN 108), Rz 1416 ff.
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sein der Öffentlichkeit zu rücken, für die sie auch zu zahlen bereit ist. Dies müssen nicht unbedingt die agrarischen Erzeugnisse als solche sein, obwohl hier gerade über die Garantie höherer qualitativer Standards viel zu erreichen wäre, sondern können durchaus auch die so genannten „Nebenleistungen“ des Landwirtes, wie etwa landschaftspflegerische Maßnahmen, sein. Auch wenn in der gegenwärtigen Phase des allgemeinen Aufschwunges und der globalen Prosperität ökonomische Gründe deutlich für eine stärkere marktwirtschaftliche Ausrichtung der Landwirtschaft sprechen mögen, so darf man dabei doch nicht übersehen, dass dieser gerade im Krisenfall eine überragende Bedeutung im Hinblick auf die notwendige autonome Versorgung der Bevölkerung zukommt. Auch lässt die prinzipielle Standortgebundenheit der Landwirtschaft nicht zu, dass diese ausschließlich oder auch nur überwiegend nach rein marktwirtschaftlichen Kriterien beurteilt und organisiert wird. Der Aufrechterhaltung der nationalen Landwirtschaft kommt aber nicht nur aus Gründen der Versorgungssicherung überragende Bedeutung zu. Sie erfüllt auch die notwendigen Aufgaben im Bereich der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit und der Kulturlandschaft und stellt die Erhaltung einer gewissen Besiedlungsdichte im ländlichen Raum sicher376: Die Gesellschaft erwartet von der Landwirtschaft, dass sie Kulturlandschaft erhält und pflegt, Boden, Wasser und Luft schützt sowie die Artenvielfalt bewahrt. Agrarlandschaften sind nicht nur Produktionsstandorte. Sie bilden - und zwar heute mehr denn je - die Grundlage und das Umfeld für die Erholung und den Tourismus, aber auch für die Deckung der Wohnbedürfnisse weiter Teile der Bevölkerung und den Schutz der Natur. Das österreichische Agrarmodell ist von dem Bemühen getragen, der Multifunktionalität flächendeckender Landwirtschaft durch verstärkte Ausschöpfung verbliebener nationaler Regelungsspielräume, etwa im Bereich der Raumordnung, Rechnung zu tragen. Gerade ihrer großen sozialen, politischen, ökologischen und kulturellen Bedeutung wegen377 wird es auch in Hinkunft so sein, dass die Landwirtschaft im Rahmen der allgemeinen staatlichen und gemeinschaftlichen Wirtschaftspolitik nach wie vor eine gewisse Sonderstellung einnehmen wird, die sich in einer hohen Regelungsdichte sowie einer stärkeren budgetären Belastung niederschlagen wird, selbst wenn Teile ihrer Privilegien abgebaut werden müssen. Dass die Landwirtschaft in absehbarer Zeit dem freien Spiel der marktbeherrschenden Kräfte überlassen wird, damit ist schon der genannten Gründe wegen kaum bzw überhaupt nicht zu rechnen.
E. Die administrative Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation 1. Allgemeines Die Durchführung der in der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgesehenen Maßnahmen der Marktordnung erfolgt im wesentlichen nach dem Prinzip des 376 377
Man kann mit Richli (FN 148), 788, geradezu von einer „Multifunktionalität der Landwirtschaft“ sprechen. Vgl Devisch, The Role of European Farmers in a Global World, in Bilal/Pezaros (Ed), Negotiating the Future of Agricultural Policies: Agricultural Trade and the Millenium WTO Round (2000) 235.
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„mittelbaren (indirekten) Vollzuges“ von Gemeinschaftsrecht378 durch die (nationalen) Behörden und Organe der Mitgliedstaaten379: „Soweit das Gemeinschaftsrecht einschließlich der allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundsätze hierfür keine gemeinsamen Vorschriften enthält, gehen die nationalen Behörden bei dieser Durchführung der Gemeinschaftsregelungen nach den formellen und materiellen Bestimmungen des nationalen Rechts vor“380. Anderes gilt nur für die in die Gemeinsame Agrarpolitik hineinspielenden Bereiche der Wettbewerbs- und Beihilfenaufsicht, in denen unmittelbar Gemeinschaftsorgane tätig werden. Der Grund für die generelle Präferenz des mittelbaren Vollzuges von Gemeinschaftsrecht ist in der Komplexität der anfallenden Verwaltungsaufgaben bei gleichzeitigem Fehlen eines entsprechenden administrativen Unterbaues der Europäischen Union zu sehen381. Dem Vorrang unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts gegenüber nationalem Recht gemäß382 sind von den nationalen Behörden in materieller Hinsicht primär die einschlägigen Bestimmungen der Gemeinsamen Marktordnungen, die in aller Regel als Verordnungen ergangen sind, maßgeblich. Diese Verordnungen enthalten häufig zum Teil umfängliche Vorgaben für die Ausgestaltung nationaler Verfahrensvorschriften. Dies gilt vor allem im Bereich der Beihilfenregelung. Soweit in diesem Zusammenhang auch formelle und materielle nationale Bestimmungen anzuwenden sind, hat diese Anwendung in Übereinstimmung mit den Erfordernissen einer wirksamen und einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechtes zu geschehen383, da nur so gemeinschaftsrechtlich verpönte Ungleichbehandlungen unter den Wirtschaftsteilneh378
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Dazu grundlegend von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration (1996) 15 ff, 484 ff; derselbe, Systemgedanken eines Rechts der Verwaltungskooperation, in Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts (1999) 171; Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht. Die Anwendung des Europarechts im innerstaatlichen Bereich2 (2001) 89 ff. - Vgl im übrigen Walzel v. Wiesentreu, Die Konkretisierung der Beschwerdepunkte im Bescheidprüfungsverfahren unter besonderer Berücksichtigung des Europarechts, in Thienel (Hrsg), Verwaltungsgerichtsbarkeit im Wandel (1999) 199 (222 ff) mit umfangreichen weiteren Nachweisen. Speziell zum Vollzug der Gemeinsamen Marktorganisationen durch die Mitgliedstaaten s Götz, Probleme des Verwaltungsrechts auf dem Gebiet des Gemeinsamen Agrarmarktes, FS Büttner (1986) 17. EuGH verb Rsen 205-215/82, Deutsche Milchkontor GmbH, Slg 1983, 2633. - Dazu von Danwitz, Die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten für die Durchführung von Gemeinschaftsrecht, DVBl 1998, 421 (422); Götz (FN 379), 39 ff. Insbesondere kommt der Gemeinschaft hinsichtlich der Verwaltungsorganisation sowie des Verwaltungsverfahrensrechts keine Rechtsetzungsbefugnis zu. Die Mitgliedstaaten besitzen in diesem Bereich zumindest formal nach wie vor die volle Organisations- und Verfahrenshoheit. Einschränkungen ergeben sich allerdings mittelbar aus der Judikatur des EuGH, die den Anspruch auf einheitliche Geltung des Gemeinschaftsrechts postuliert und einen effektiven Vollzug („effet utile“) desselben in allen Mitgliedstaaten verlangt. - Ausführlich dazu Walzel v. Wiesentreu (FN 378), 222 ff mwN. Dazu Öhlinger/Potacs (FN 378), 69 ff. - Vgl auch Thienel, Anwendungsvorrang und Präjudizialität im amtswegigen Normprüfungsverfahren vor dem VfGH, ZfV 2001, 342 (342 f). Vgl Walzel v. Wiesentreu (FN 378), 224 ff.
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mern und damit zugleich unerwünschte Beeinträchtigungen des Gemeinsamen Marktes hintan gehalten werden384. Besonderes Augenmerk gilt der effizienten Kontrolle der ordnungsgemäßen Erbringung von Leistungen, die über Gemeinschaftsgelder finanziert oder gefördert werden. So sind die Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich dazu verbunden, der Kommission Fälle von Unregelmäßigkeiten mitzuteilen und über die dagegen eingeleiteten rechtlichen Schritte, wie etwa die Rückforderung von Leistungen oder anhängig gemachte Strafverfahren, zu berichten. Ebenso ist der Ausgang der entsprechenden Verfahren bekannt zu geben. Auch der EuGH misst der Sicherstellung des rechtmäßigen Verbrauches von Fördermitteln durch Einrichtung wirksamer nationaler Kontrollmechanismen große Bedeutung zu. Das gilt sowohl für die administrative Überprüfung von Förderungs- und Beihilfeanträgen auf ihre rechnerische Richtigkeit und inhaltliche Plausibilität hin als auch für die Durchführung von Kontrollen vor Ort, an Hand derer das tatsächliche Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen ermittelt wird. Trotz der vorhandenen Instrumente zur Abwehr missbräuchlicher Inanspruchnahme von Fördermitteln, Beihilfen und Subventionen385 kommt es gerade im Agrarbereich regelmäßig zu zahlreichen Betrugsdelikten386, wobei jährlich Schäden in der Höhe von mehreren Millionen Euro verursacht werden.
2. Der organisatorische Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten Da die Gemeinsame Agrarmarktordnung mittelbar vollzogen wird, ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, in diesem Bereich für eine adäquate nationale Verwaltungs- und Behördenorganisation Sorge zu tragen387. Das bedeutet vor allem, dass die nationale Behörden- und Verfahrensstruktur so beschaffen sein muss, dass sie den Erfordernissen eines einheitlichen, wirksamen und gemeinschaftskonformen Agrarvollzuges gerecht wird388. Die Nichtbeachtung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen kann keinesfalls mit internen organisatorischen Problemen gerechtfertigt werden. Ebenso ist sicher zu stellen, dass die eingerichteten Agrarbehörden in ihrer Funktionsweise zuverlässig und darüber hinaus auch keinen Einflussmöglichkeiten durch metastaatliche Interessengruppierungen und Verbände ausgesetzt sind. Ihre gemeinschaftsrechtliche Absicherung findet die nationale Organisationshoheit in Art 5 EGV und dem dort verankerten Prinzip der begrenzten Ermächtigung389. Die jeweilige nationale organisatorische Einrichtung hängt in ihrer konkreten Gestalt von einer Vielzahl von Faktoren ab, wobei Verwaltungstradition und staatsrechtliche Struktur des betreffenden Mitgliedstaates ebenso eine Rolle spielen, wie seine Größe und die wirtschaftliche Bedeutung 384
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Vgl in diesem Zusammenhang auch Potacs, Verfahren und Sanktionen im Wirtschaftsverwaltungsrecht. Österreichischer Bericht für den 17. Kongreß der F.I.D.E. Fédération Internationale pour le Droit Européen (1996) 379. Dazu jüngst Leidwein, Agrarbeihilfen und Sanktionen, ecolex 2001, 94. Dazu eingehend Halla-Heißen (FN 359), 141 ff. Kritisch dazu von Danwitz, Rechtliche Optimierungsgebote oder Rahmensetzungen für das Verwaltungshandeln?, DVBl 1998, 928 (935 ff). Vgl Walzel v. Wiesentreu (FN 378), 224 ff. Dazu Lienbacher, in Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar (2000) Art 5, Rz 7 ff.
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der Landwirtschaft für das Bruttosozialprodukt. Trotz der Einrichtung der Republik Österreich als Bundesstaat und des geltenden Grundsatzes der formellen Parität von Bund und Ländern werden die mit der Vollziehung der Gemeinsamen Marktordnung anfallenden Aufgaben nicht auf die Gebietskörperschaften aufgeteilt, sondern im wesentlichen auf Bundesebene wahrgenommen. Zufolge Fehlens einer ausdrücklichen Bestimmung im B-VG, die dem Bund in umfassender Weise die Zuständigkeit in Gesetzgebung und Vollziehung im Bereich der Agrarmarktordnung vorbehalten hätte, mussten die diesbezüglich bestehenden Kompetenzen des Bundesgesetzgebers erst eigens durch Aufnahme spezieller Verfassungsbestimmungen in die einfachgesetzlichen Organisationsvorschriften geschaffen werden.
F. Die Einrichtung der Agrarmarkt Austria (AMA) als Marktordnungs- und Interventionsstelle 1. Grundsätzliches Die AMA ist eine kraft Gesetzes eingerichtete juristische Person des öffentlichen Rechts390, die mit der Vollziehung von behördlichen Aufgaben im Bereich der Agrarmarktordnung betraut ist391. Es handelt sich hierbei um einen aus der allgemeinen staatlichen Verwaltung ausgegliederten, sonderrechtsfähigen Verwaltungsträger392. In Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre ist davon auszugehen, dass die AMA ihrer Rechtsnatur nach keine Anstalt, sondern vielmehr ein Fonds ist393. Der örtliche Wirkungsbereich der AMA erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet. Ihr Sitz in Wien, doch ist die AMA berechtigt, Außenstellen in anderen Gemeinden des Bundesgebietes zu errichten, soweit dies die Raschheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Durchführung von Aufgaben erfordert394. Die Gebarung der AMA unterliegt der Prüfung durch den Rechnungshof395.
2. Aufgaben Der Aufgabenbereich der AMA ist sowohl ein eigener als auch ein übertragener396. Das Aufsichtsrecht wird vom zuständigen Bundesminister für Landund Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ausgeübt397. Die Erlas390 391 392
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§ 2 Abs 1 AMA-G 1992. Vgl Leidwein, Agrarrecht. Europäische Regelung und österreichische Umsetzung (1998) 169 ff; Puck (FN 10), Rz 673 f. Zu den Problemen der Ausgliederung im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsrecht grundsätzlich etwa Pauger, Deregulierung und traditionelle Staatslenkung in Österreich, in Blaurock (Hrsg), Grenzen des Wettbewerbs auf deregulierten Märkten (1999) 43. - Umfassend zur Ausgliederungsproblematik nunmehr auch Walzel v. Wiesentreu, Grenzen der Ausgliederung - Eine bundesverfassungs- und verwaltungssystematische Darstellung der Grenzen der Ausgliederung öffentlicher Aufgaben aus dem Bereich der Landes- und Gemeindeverwaltung, 15. ÖJT I/2 (2005) 7 Vgl etwa Frank, Gemeinschaftsrecht und staatliche Verwaltung (2000) 313 mwN. § 2 Abs 2 und 3 AMA-G 1992. § 20a AMA-G 1992. Näher dazu Frank (FN 393), 313 f. § 25 AMA-G 1992. - Näher dazu Frank (FN 393), 319 f; Puck (FN 10), Rz 673.
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sung von Bescheiden398 findet regelmäßig im übertragenen Wirkungsbereich statt, wobei im Instanzenzug grundsätzlich der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft entscheidet. Lediglich im Geschäftsbereich Mühlen führt der Instanzenzug zum Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten. Im eigenen Wirkungsbereich fungiert die AMA als zentrales Organ der Markt- und Preisberichterstattung über in- und ausländische Märkte betreffend agrarische Produkte, daraus hergestellte Verarbeitungserzeugnisse und landwirtschaftliche Produktionsmittel. Des Weiteren ist sie für Maßnahmen zur Qualitätssteigerung, wie insbesondere die Entwicklung und Anwendung von Qualitätsrichtlinien für agrarische Produkte und daraus hergestellte Verarbeitungserzeugnisse, sowie die Förderung des Agrarmarketings zuständig399. Für die landwirtschaftliche Praxis weitaus bedeutsamer sind die von der AMA im übertragenen Wirkungsbereich zu vollziehenden Aufgaben. Zu diesen zählen neben allen Aufgaben, die vom Milchwirtschaftsfonds und vom Getreidewirtschaftsfonds im Rahmen des Marktordnungsgesetzes 1985, vom Mühlenfonds im Rahmen des Mühlengesetzes 1981 und von der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft oder deren Unterkommission im Rahmen des Viehwirtschaftsgesetzes 1983 zu vollziehen sind, auch sonstige Aufgaben, die auf Grund anderer Bundesgesetze oder auf Grund von Verordnungen der AMA zur Vollziehung übertragen werden. So ist die AMA etwa gemäß § 96 Abs 1 Marktordnungsgesetz 1985 auch die zuständige Marktordnungs- und Interventionsstelle. Darüber hinaus wird die gesamte Förderungsverwaltung im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik von der AMA abgewickelt, soweit sie vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft der AMA übertragen wird400. Die AMA ist sohin die mit der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechtes in unmittelbarer Bundesverwaltung betraute zentrale Bundesbehörde401. Durch Verfassungsbestimmung ist auch die Einbeziehung landesgesetzlich eingerichteter Rechtsträger (Landwirtschaftskammern) in die Vollziehung der Gemeinsamen Marktordnungen möglich.
3. Organe Die gesetzlich vorgesehenen Organe der AMA sind der Vorstand, der Verwaltungsrat, die Fachausschüsse und der Kontrollausschuss402. Während den (bis zu vier) Mitgliedern des Vorstandes403 die Geschäftsführung und Ver398
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402 403
Die AMA hat bei der Bescheiderlassung die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) anzuwenden, es sei denn, dass ausdrücklich anders angeordnet wäre (vgl § 29 Abs 1AMA-G). § 3 Abs 1 AMA-G 1992. § 3 Abs 2 AMA-G 1992. Gemäß 3 96 Abs 1 MOG kann sich der (nunmehr zuständige) Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung gemeinsamer Marktorganisationen vorbehalten. Näher dazu Frank (FN 393), 315 f und dort insb FN 264. § 4 Abs 1 AMA-G 1992. - Zu den Ähnlichkeiten mit einer AG s Frank (FN 393), 317. § 5 Abs 1 AMA-G 1992.
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mögensverwaltung der AMA einschließlich ihrer gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung obliegt404, fungiert der ausschließlich paritätisch zusammengesetzte Verwaltungsrat405 als generelles Aufsichtsorgan, dem darüber hinaus umfassende Ernennungs-, Beschlussfassungs- und Verordnungserlassungsbefugnisse zukommen406. Für die vier großen Bereiche Milch und Milchprodukte, Getreide und daraus hergestellte Erzeugnisse sowie Pflanzen aus Alternativkulturen des Getreidebaus, Mühlen (Vermahlung von Weizen, Roggen, und Triticale zu Mahlprodukten in Mühlen) und Vieh und Fleisch bestehen Fachausschüsse, die vom Verwaltungsrat eingesetzt werden407. Mit Ausnahme der dem Verwaltungsrat vorbehaltenen Aufgaben haben die Fachausschüsse jeweils jene Angelegenheiten wahrzunehmen, die ursprünglich dem Milchwirtschafts-, Getreidewirtschafts- und Mühlenfonds sowie der Vieh- und Fleischkommission übertragen waren, dies allerdings nur, soweit nicht auf Grund der Geschäftsordnung eine Übertragung auf den Vorstand oder einzelne Vorstandsmitglieder zur selbständigen Erledigung stattgefunden hat408. Der ebenfalls vom Verwaltungsrat eingesetzte Kontrollausschuss hat die Gebarung der AMA und den Jahresabschluss zu prüfen409. Insbesondere wenn es aus Gründen der Überprüfung der Sparsamkeit und Effizienz der Verwendung von Mitteln und des Arbeitsumfanges notwendig erscheint, können der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, der Bundesminister für Finanzen, der Vorstand oder der Verwaltungsrat beeidete Wirtschaftsprüfer und Steuerberater oder eine Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungsgesellschaft mit der Prüfung der Gebarung beauftragen410. Die AMA kann für die Durchführung der Aufgaben des Agrarmarketings eine Kapitalgesellschaft in Form einer GmbH errichten411, wobei der Jahresabschluss dieser GmbH allerdings jedenfalls durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer und Steuerberater oder eine Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungsgesellschaft zu prüfen ist412. Die Besorgung der von der AMA gemäß § 96 Abs 1 Marktordnungsgesetz 1985 zu vollziehenden Aufgaben kann unter bestimmten Voraussetzungen durch Bundesbeamte und Vertragsbedienstete des Bundes erfolgen, deren Dienststelle das dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unterstehende Amt der AMA ist413.
4. Finanzierungsmaßnahmen Zur Förderung und Sicherung des Absatzes von inländischen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, zur Erschließung und Pflege von Märkten 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413
§ 5 Abs 4 AMA-G 1992. § 11 Abs 1 AMA-G 1992. § 12 AMA-G 1992. § 15 Abs 1 und 2 AMA-G 1992. § 16 AMA-G 1992. § 17 AMA-G 1992. § 18 Abs 2 AMA-G 1992. § 39a AMA-G 1992. § 18 Abs 1 AMA-G 1992. § 22a AMA-G 1992.
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für diese Erzeugnisse im In- und Ausland, zur Verbesserung des Vertriebs dieser Erzeugnisse, zur Förderung von allgemeinen Maßnahmen der Qualitätsverbesserung und der Konsumenteninformation sowie zur Förderung sonstiger Marketingmaßnahmen wird von der AMA für bestimmte Erzeugnisse ein Agrarmarketingbeitrag erhoben414. Die Höhe des Beitrages wird jährlich im Voraus im Verordnungswege geregelt, wobei die im Gesetz vorgeschriebene Höchstgrenze nicht überschritten werden darf415. Beitragsschuldner ist in aller Regel der Inhaber des Betriebes, in dem die landwirtschaftlichen Produkte beoder verarbeitet werden. Lediglich bei Feldfrüchten (Obst und Gemüse) und Blumen trifft die Beitragspflicht den Bewirtschafter der Anbauflächen, sofern diese ein bestimmtes Mindestmaß überschreiten416. Der Beitrag ist eine Einnahme der AMA417. Das Recht, Beiträge und Zuschüsse festzusetzen oder zu beanspruchen unterliegt ebenso der Verjährung wie das Recht, zu Unrecht geleistete Beiträge oder Zuschüsse zurückzufordern. Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich fünf Jahre, beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Leistungspflicht entstanden ist bzw für das zu Unrecht Leistungen erbracht wurden. Bei Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verlängert sich die Verjährungsfrist auf zehn Jahre418.
5. Verfahren Die AMA kann bei der Durchführung der ihr zugewiesenen Aufgaben sowohl als Trägerin von Hoheitsrechten als auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung419 handeln. Soweit die AMA auf Grund einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung Bescheide oder Verordnungen erlässt, ist sie Behörde. Verordnungen der AMA sind, ebenso wie die entsprechenden Verordnungen des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, jedenfalls in den Verlautbarungsblättern der AMA kundzumachen420. Gemäß § 105 Abs 1 Marktordnungsgesetz 1985 sind auf Abgaben auf Marktordnungswaren, die im Rahmen von gemeinschaftsrechtlichen Regelungen erhoben werden, grundsätzlich die Vorschriften der BAO anzuwenden. Korrespondierend dazu bestimmt § 21i Abs 3 AMA-Gesetz 1992, dass die AMA und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Rahmen der Beitragserhebung nach dem AMA-Gesetz 414 415 416 417 418 419
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§ 21a AMA-G 1992. § 21d Abs 1 AMA-G 1992. § 21e AMA-G 1992. § 21j Abs 1 AMA-G 1992. § 29 Abs 2 AMA-G 1992. Soweit die AMA Fördermittel vergibt, handelt sie als Trägerin privatrechtlicher Befugnisse. Sie tritt in diesem Zusammenhang als bloßer „Subventionsmittler“ in Erscheinung, der nicht bescheidmäßig über Subventionsanträge abspricht, sondern vielmehr privatrechtliche Förderungsverträge mit den einzelnen Förderungswerbern abschließt. - Vgl Holzinger, Die Organisation der Verwaltung, in Holzinger/Oberndorfer/Raschauer, Österreichische Verwaltungslehre (2001) 97 (163). Vgl Leidwein (FN 391), 171. - Hinsichtlich Formblättern und sonstigen Bekanntmachungen sieht § 32 Abs 1 AMA-G 1992 nunmehr vor, dass diese entweder im Verlautbarungsblatt kundgemacht oder in elektronischer Form zur Abrufbarkeit über Internet bereitgestellt werden können.
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Abgabenbehörden im Sinne des § 49 Abs 1 BAO sind. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft übt in diesem Zusammenhang nicht nur die oberbehördlichen Befugnisse aus, sondern fungiert auch als Berufungsbehörde gegen erstinstanzliche Abgabenbescheide der AMA. Soweit nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist, hat die AMA bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren das AVG anzuwenden421. Die Organe der AMA sind insbesondere auch ermächtigt, vor Ort Kontrollen durchzuführen. Diesfalls haben sich die Kontrollorgane der AMA allerdings mit einem von der AMA ausgestellten Ausweis zu legitimieren und den Gegenstand der Prüfung darzulegen422. Von der AMA im Rahmen der Vollziehung der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben ermittelte und verarbeitete Daten können kraft ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung regelmäßig auch an bestimmte andere staatliche Behörden und Stellen übermittelt werden423. § 103 Marktordnungsgesetz 1985 enthält weit reichende Möglichkeiten zur amtswegigen Aufhebung oder Abänderung erlassener Bescheide424. So können Bescheide bei unrichtiger oder aktenwidriger Sachverhaltsannahme in einem wesentlichen Punkt, bei Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften, deren Einhaltung zur Erlassung eines anders lautenden Bescheides hätte führen können sowie bei Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechts vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft aufgehoben oder abgeändert werden. Bescheide, aus denen ein Recht erwachsen ist, können gemäß § 103 Abs 2 Marktordnungsgesetz 1985 selbst nach Rechtskraft in den Fällen der §§ 99 (besondere Förderungsbestimmungen) und 101 (Mengenregelungen) Marktordnungsgesetz 1985 mit Wirkung ex tunc aufgehoben werden, soweit eine Voraussetzung für die Bescheiderlassung nachträglich entfallen oder nicht erfüllt worden ist, insbesondere die gewährte Vergünstigung nicht oder nicht mehr nach Maßgabe des Bescheides verwendet wird. Die nachträgliche Besei-
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§ 29 Abs 1 AMA-G 1992. - Worauf in der Literatur immer wieder hingewiesen wird, sind die Konflikte, die im Zusammenhang mit dem provisorischen Rechtsschutz (einstweilige Vorkehrung, einstweilige Verfügung) entstehen können. So kann etwa aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ein provisorischer Rechtsschutz unter Umständen auch dort geboten sein, wo er aus nationaler Sicht verfahrensrechtlich gar nicht vorgesehen ist (EuGH Rs C-213/89, Factortame, Slg 1990, I-2433). Auch der umgekehrte Fall ist möglich, nämlich das gemeinschaftsrechtliche Verbot der provisorischen Rechtsschutzgewährung trotz nationaler Zulässigkeit (EuGH Rs C217/88, Kommission/Bundesrepublik Deutschland, Slg 1990, I-2879). - Ausführlich dazu Hoehl, Vorläufiger Rechtsschutz vor dem VwGH unter besonderer Berücksichtigung des Europarechts (1999) 27 ff. Vgl auch Öhlinger/Potacs (FN 378), 114 ff; Potacs, EU-Mitgliedschaft und Rechtsschutz gegen Verwaltungshandeln in Österreich, JRP 1995, 180 (190 ff); Potacs/Pollak, Landesbericht Österreich, in Schwarze (Hrsg), Das Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluß (1996) 733 (759 ff, 769 ff). § 29 Abs 5 AMA-G 1992. Vgl § 40 AMA-G 1992. Vgl Lindinger (FN 241), 310. - Dazu auch Potacs/Pollak (FN 421), 758 f.
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tigung rechtskräftiger Entscheidungen aus dem Rechtsbestand ist vor allem aus der Sicht des Vertrauensschutzes nicht unproblematisch425.
G. Das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (INVEKOS) Mit der VO Nr 3508/92 des Rates426 wurde ein „Integriertes Verwaltungsund Kontrollsystem“ (INVEKOS) geschaffen, das sich auf die Verwaltung der produktionsunabhängigen direkten Beihilferegelungen bezieht427. Die VO 796/2004 der Kommission428 enthält die entsprechenden Durchführungsbestimmungen, die unter anderem auch ein Sanktionssystem einschließen. Gegenstand und Ziel des INVEKOS ist eine möglichst umfassende und lückenlose Kontrolle der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik geschaffenen Beihilfesysteme. Zu diesem Zweck wurden von den Mitgliedstaaten Datenbanken und Systeme zur Identifizierung der landwirtschaftlichen Parzellen, zur Kennzeichnung und Identifizierung von Tieren sowie zur Identifizierung und Registrierung von Zahlungsansprüchen errichtet429. Eine zentrale Datenbank ermöglicht den Organen der Europäischen Union den direkten Zugriff auf sämtliche vorhandene Daten. Dadurch ist eine wirksame Kontrolle der Mitgliedstaaten auf Einhaltung der Regelungen des
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Dazu grundlegend Budischowsky, Zur Rechtskraft gemeinschaftsrechtswidriger Bescheide, ZfV 2000, 2; Walzel v. Wiesentreu, Zur Bedeutung des Vertrauensgrundsatzes im öffentlichen Recht, JAP 1999/2000, 5 (12 f). - Vgl auch Lindinger (FN 241), 310; Schrömbges, Zur Sanktionierung des Exporthandels mit Agrarerzeugnissen, ZfV 2001, 23. VO (EWG) Nr 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, Abl 1992 Nr L 355/1. - In diesem Zusammenhang ebenso beachtlich sind die Durchführungsverordnungen VO (EWG) 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, Abl Nr L 391/36; VO (EG) 2419/2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit VO 3508/92 eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, Abl Nr L 327/11. Das System ist im Sektor der pflanzlichen Produkte für die Stützungsregelungen im Rahmen des Kulturpflanzenausgleiches, im Sektor der tierischen Produktion für die Tierhaltungsprämien für Rinder und Schafe sowie für die Sondermaßnahmen zu Gunsten der Landwirtschaft in Berggebieten und bestimmten benachteiligten Gebieten einzurichten. Der Rat kann das System auf andere gemeinschaftliche Beihilferegelungen ausdehnen. Die gleiche Ausdehnungsmöglichkeit steht den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft im Hinblick auf ihre jeweiligen einzelstaatlichen Beihilferegelungen zur Verfügung. So ist etwa in Österreich die Ausdehnung des INVEKOS auf ÖPUL (Österreichisches Programm einer umweltgerechten Landwirtschaft) erfolgt. - Vgl auch Puck (FN 10), Rz 675 ff. VO (EG) 796/2004 der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der VO 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, Abl 2003 Nr L 141/18 idF VO (EG) 2184/2005, Abl 2005 Nr L 347/61. Vgl Art 18 lita bis litc und Art 21 VO 1782/2003.
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INVEKOS möglich430. Ebenso sollten mit dem INVEKOS die Voraussetzungen für eine effiziente und reibungslose Bearbeitung der Beihilfeanträge431 durch die nationalen Verwaltungen der Mitgliedstaaten geschaffen werden432. Im Falle von Verstößen gegen die Vorschriften des INVEKOS kann der EAGFL die Finanzierung der betroffenen Beihilfemaßnahmen im Rahmen des Rechnungsabschlussverfahrens zum Teil oder auch zur Gänze verweigern. Dies ist in der Vergangenheit bereits mehrfach geschehen433. Das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem hat sich seit seiner Einführung durchaus bewährt und wurde daher im Wesentlichen unverändert auch unter dem neuen Regelungsregime der VO 1782/2003 sowie in die VO 796/2004 beibehalten434. Im INVEKOS sind die einheitliche Betriebsprämie sowie die nach Titel IV der VO 1782/2003 und Art 2a der VO (EG) 1259/1999 vorgesehenen Beihilfen zwingend einbezogen435. Bei Anwendung der Stützungsregelungen nach Anhang V der VO 1782/2003436 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die angewandten Verwaltungs- und Kontrollverfahren im Hinblick auf die elektronische Datenbank, das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen und die Verwaltungskontrollen mit dem integrierten System kompatibel sind437. Die Summe aller in Österreich über INVEKOS abgewickelten Förderungen belief sich im Jahre 2004 auf 1.579.610.447 Euro438. Für die Betriebe439, die an irgendeiner Förderungsmaßnahme teilnehmen, bedeutet dies deren Erfassung mit sämtlichen ihrer Strukturdaten (wie bebaute Flächen, gehaltene Tiere etc) im INVEKOS. Nicht im INVEKOS enthalten sind jene Betriebe, die entweder die in den einzelnen Verordnungen der Ge430 431
432 433 434 435 436
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Vgl Anhammer ua (FN 83), 101 f. ZB Mehrfachanträge. - Vgl dazu etwa das Verlautbarungsblatt der AMA vom 4.1.1999, mit den Erläuterungen zum Mehrfachantrag-Flächen 1999 mit Schwerpunkt Ausfüllanleitung. Ausführlich dazu Anhammer ua (FN 83), 106 f. Vgl EuGH, Rs C-331/00, Slg 2003 I-9085. - Anhammer ua (FN 83), 102. Vgl Art 17 ff VO 1782/2003, Abl Nr L 270/1. Art 17 VO 1782/2003, Abl Nr L 270/1. Diese Stützungsregelungen betreffen getrocknete Weintrauben, Agrarumweltmaßnahmen, die Forstwirtschaft, benachteiligte Gebiete und Gebiete mit umweltspezifischen Einschränkungen, Trockenfutter, verarbeitete Zitrusfrüchte, verarbeitete Tomaten sowie Wein. Art 26 VO 1782/2003, Abl Nr L 270/1. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005 (2005) 264. Gemäß Art 2 lit b VO 1782/2003 ist unter einem „Betrieb“ die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Gebiet eines Mitgliedstaates befinden, zu verstehen. - Zur Auslegung dieses Begriffes durch den VwGH siehe ua VwGH 4.9.2003, Zl 2003/17/0094. - „Betriebsinhaber“ ist gemäß Art 2 lit a VO 1782/2003 eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status die Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im Gebiet der Gemeinschaft im Sinne des Art 299 EGV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Demnach sind in den auf der Grundlage des INVEKOS abzuhandelnden Verwaltungsverfahren auch Personengemeinschaften parteifähig im Sinne des AVG (VwGH 24.10.2001, Zl 2001/17/0082).
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meinschaft vorgegebenen Förderungsvoraussetzungen440 nicht erfüllen oder aus sonstigen Gründen keinen Mehrfachantrag abgeben. Die Erforderlichkeit eines solchen Systems, das sogar in der Lage ist, Fernerkundungen mittels Luftaufnahmen und über Satellit vorzunehmen, wird einsichtig, wenn man sich vor Augen hält, wie aufwendig die Kontroll- und Verwaltungsaufgaben im Bereich der agrarischen Direktstützungen sind. Im Zentrum der Kontroll- und Verwaltungstätigkeit steht die Verhinderung von betrügerischen Handlungen der Beihilfeempfänger. Darüber hinaus geht es aber auch um die Hintanhaltung von Ungenauigkeiten und Fehlverhalten in den Verwaltungen der einzelnen Mitgliedstaaten. Die unter das integrierte System fallenden Direktzahlungen erfolgen nur auf entsprechenden Antrag des Betriebsinhabers hin. Der Antrag ist standardisiert441. Er hat ua alle landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebes, die Anzahl und die Höhe der Zahlungsansprüche sowie alle sonstigen Angaben, die in der VO 1782/2003 oder von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgesehen sind442, zu enthalten. Antragsfrist für den Sammelantrag (MehrfachantragFlächen) für das jeweilige Kalenderjahr ist in Österreich der 15. Mai, wobei ein von der AMA aufzulegendes Formblatt zu verwenden ist. Im Falle der verspäteten Einreichung sind - außer für den Fall höherer Gewalt oder bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände im Sinne des Art 40 Abs 4 VO 1782/2003 Kürzungen vorgesehen443. Der Antrag kann noch bis zur Ankündigung einer Vor-Ort-Kontrolle geändert oder zurückgenommen werden444. Liegt ein offenkundiger Irrtum vor, kann der Antrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde solche Irrtümer anerkennt445. Das integrierte Kontrollsystem setzt sich aus Verwaltungs- und Vor-OrtKontrollen zusammen, die so durchzuführen sind, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfen eingehalten werden446. Bei den Verwaltungskontrollen geht es darum, sicherzustellen, dass die Beihilfenbeträge richtig berechnet wurden und Doppelzahlungen vermieden werden. Weiters wird geprüft, ob die angegebenen Flächen 440
441 442 443 444 445 446
Förderungsvoraussetzung in Österreich ist gemäß § 4 Abs 1 INVEKOS-Umsetzungs-Verordnung 2005 eine Mindestbetriebsgröße von 0,3 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Diese Mindestgröße kann vom Betriebsinhaber unterschritten werden, wenn er lediglich über einen Zahlungsanspruch gem Art 47 bis 49 der VO (EG) 1782/2003, der besonderen Bedingungen unterliegt, verfügt oder nur für die Mutterkuhprämie gem § 9 bzw die Schlachtprämie gem § 17 der GAP-BeihilfenVerordnung in Betracht kommt. - Im Jahre 2004 wurden Österreich 151.210 Betriebe (davon 8.136 Betriebe mit Teilbetrieb) im INVEKOS erfasst. Der Hauptteil der Betriebe, nämlich 118.788, wird von natürlichen Personen bewirtschaftet. Die übrigen Betriebe teilen sich auf juristische Personen (3.543 Betriebe), Personengemeinschaften (2.689 Betriebe) und Personengesellschaften (70 Betriebe) auf. - Vgl Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 56. Vgl Art 18 Abs 1 lit d und 22 VO 1783/2003; Art 12 VO 796/2004. Vgl § 3 Abs 1 INVEKOS-Umsetzungs-Verordnung 2005. Vgl Art 21 Abs 1 VO 796/2004. Vgl Art 15 Abs 3, 22 Abs 1 und 68 Abs 2 VO 796/2004. Art 19 VO 796/2004. - Dazu näher Anhammer ua (FN 83), 107. Art 23 VO 796/2003.
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auch tatsächlich vorhanden sind. Diese Kontrollen können im Wesentlichen an Hand der Aktenlage erfolgen. Bei den Vor-Ort-Kontrollen wird ein Lokalaugenschein durchgeführt, um die von den Antragstellern gemachten Angaben mit den realen Gegebenheiten zu vergleichen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, pro Jahr mindestens 5 Prozent aller Betriebsinhaber, die einen Sammelantrag stellen, zu überprüfen447, wobei die Auswahl der vor Ort zu kontrollierenden Betriebe zumeist im Rahmen einer „Risikoanalyse“ erfolgt. Die Kontrollen haben prinzipiell ohne vorhergehende Ankündigung zu erfolgen. Unter Umständen ist die Vor-Ort-Kontrolle auch im Wege der Fernerkundung möglich. Über das Ergebnis jeder durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle ist ein Kontrollbericht anzufertigen, der inhaltlich bestimmten Voraussetzungen entsprechen muss448. Die in der VO 796/2004 vorgesehenen Sanktionen sind nach Art und Schwere des unter Sanktion gestellten Verhaltens gestaffelt. Sie reichen von einer Kürzung der Beihilfen über den Verlust des Beihilfeanspruches für die entsprechende Kultur bis zu einem Verlust des Beihilfeanspruches für sämtliche dem System unterliegenden Beihilfen für das folgende Kalenderjahr449. Die Sanktionen wurden vom EuGH als mit den Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechtes im Einklang stehend erachtet450. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf das gemeinschaftsrechtlich anerkannte Verhältnismäßigkeitsprinzip. Grundsätzlich ist für die Berechnung der Beihilfe die beantragte Fläche maßgeblich. Weicht diese nach oben hin von der tatsächlich ermittelten Fläche ab, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche gekürzt451. Liegt die Differenz zwischen angegebener und ermittelter Fläche über 3 % oder 2 ha, beträgt sie aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet452. Liegt die festgestellte Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt453. Liegt in Bezug auf die ermittelte Gesamtfläche, für die im Rahmen des Sammelantrages Beihilfen beantragt werden, die angegebene Fläche um mehr als 30 % über der ermittelten Fläche, so wird im betreffenden Kalenderjahr keine Beihilfe im Rahmen der betroffenen Beihilferegelungen gewährt454. Liegt die Differenz über 50 %, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal bis zur Höhe des gleichen Betrages auszuschließen455. Bei vorsätzlich unrichtigen Angaben gelten gleichfalls die schärferen Sanktionen des Art 51 Abs 2 der VO 796/2003456. 447 448 449 450 451 452 453 454 455 456
Vgl Art 26 VO 796/2004. Vgl Art 28 VO 796/2004. Vgl im einzelnen Leidwein (FN 391), 503. EuGH Rs C-354/95, National Farmers Union, Slg 1997, I-4559. Vgl in diesem Zusammenhang etwa auch VwGH 20.12.1999, Zl 99/17/0375; 20.12.1999, Zl 98/17/0217. Art 51 Abs 1 VO 796/2004. Art 51 Abs 1 VO 796/2004. Art 51 Abs 2 VO 796/2004. Art 51 Abs 2 VO 796/2004. Vgl Art 53 VO 796/2004.
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Grundsätzlich sind die Sanktionen des INVEKOS verschuldensunabhängig, sodass auch der Irrtum nicht entschuldigt457. Hat der Betriebsinhaber jedoch sachlich richtige Angaben getätigt oder kann er auf andere Weise belegen, dass ihn keine Schuld trifft, finden die vorstehend genannten Sanktionen keine Anwendung458. Zu Unrecht bezahlte Beihilfen sind vom Betriebsinhaber verzinst459 zurückzuzahlen460. Die Rückzahlung kann auch im Wege der Kompensation erfolgen, indem der betreffende Betrag von Vorschüssen oder Zahlungen abgezogen wird, die der Betriebsinhaber nach Erlassung des Rückforderungsbescheides erhält461.
III. Grundzüge der einzelnen Marktorganisationen in ausgewählten Bereichen A. Gemeinsame Marktorganisation für Getreide 1. Allgemeines Als Prototyp der Gemeinsamen Marktordung gilt die Regelung für Getreide, da sie alle typischen Merkmale einer Marktordnung aufweist. Sie spiegelt überdies paradigmatisch die Entwicklung einer Marktordnung wieder, die ursprünglich eine umfassende, später eine nur eingeschränkte Preisgarantie enthielt, um letztlich zu einer Marktordnung mit vielfältigen Mechanismen zur Bewältigung der insbesondere durch die überschüssige Erzeugung entstandenen zahlreichen Probleme zu werden462. Im Jahr 2004 betrug die Weltgetreideproduktion insgesamt rund 1.607 Millionen Tonnen. Dies bedeutet einen Produktionsanstieg von rund 10% im Vergleich zum Vorjahr, womit der ursprünglich erwartete Verbrauchanstieg von 2,8 % deutlich übertroffen wurde. Die EU Getreideernte lag im Jahr 2004 mit 284 Millionen Tonnen um rund 55 Millionen Tonnen über der Ernte des Vorjahres. Sowohl in den großen Anbauländern der EU-15 als auch in den neuen Mitgliedsländern wurden Rekorderntemengen ausgewiesen. In den EU-15 betrug die Getreideernte rund 220 Millionen Tonnen, in den neuen Mitgliedsländern lag sie bei etwa 64 Millionen Tonnen. Der Stilllegungsgrundsatz betrug 5%. Die Interventionsbestände 2003/2004 lagen am Ende des Wirtschaftsjahres bei 7,2 Millionen Tonnen Getreide, davon 5,29 Millionen Tonnen Roggen. Im Gegensatz zu den vorigen Jahren gelang es den Schwarzmeerländern im Jahr 2004, wieder Getreide im Ausmaß von 15 bis 17 Millionen Tonnen zu exportieren. Dadurch bestand für 457 458 459 460 461 462
Näher dazu Anhammer ua (FN 83), 110 f. Vgl Art 68 VO 796/2004. Zur Berechnung der Zinsen s Art 73 Abs 3 VO 796/2004. Vgl Art 73 VO 796/2004. Vgl Art 73 Abs 2 VO 796/2004. - Für diese Art der Rückzahlung hat sich zB Österreich entschieden. Vgl § 13 INVEKOS-Umsetzungs-Verordnung 2005. Eingehend Gilsdorf/Pribe (FN 212), Art. 40, Rz 11f; Oppermann (FN 108), Rz 1385 ff.
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die traditionellen EU-Exportmärkte wie den Nahen Osten sowie den afrikanischen Raum zusätzliche Konkurrenz463. Die österreichische Getreideernte lag im Jahr 2004 bei 5,29 Millionen Tonnen. Laut Statistik Austria umfasste die Getreideanbaufläche 815.768 ha. Aufgrund äußerst günstiger Witterungsbedingungen und durch die Vergrößerung der Weizenanbaufläche (290.174 ha) konnte die Getreideernte 2004 im Vergleich zum schwachen Vorjahr um rund 25 % gesteigert werden. Die Überschusssituation nach der Erweiterung der Union, insbesondere im Nachbarstaat Ungarn, hatte maßgebliche Auswirkungen auf die Getreidesituation in Österreich. Die regionalen Preisunterschiede hatten zur Folge, dass der österreichische Getreidehandel in diesem Wirtschaftsjahr stark unter Druck geriet. In den neuen Mitgliedstaaten konnte die Intervention erstmals in Anspruch genommen werden und lief, auch in Ungarn, etwas verzögert an. Die Angebote von Getreide in die Intervention in Ungarn lagen Ende Dezember 2004 bereits sehr hoch. Dies wirkte sich in Österreich insofern aus, als mit Beginn der Interventionsperiode 2004/2005 große Getreidemengen in die Interventionsstellen gelangten. Mit Stand 31. Dezember 2004 lagen die insgesamt angebotenen Mengen bereits bei 102.837 Tonnen, davon waren 54.485 Tonnen Weichweizen, 39.672 Tonnen Mais und 8.690 Tonnen Gerste. Aufgrund der Änderung der gemeinsamen Marktorganisation für Getreide konnte in diesem Jahr von den Interventionsstellen kein Roggen angekauft werden. Die Erträge bei Winterweizen lagen durchschnittlich bei 6 Tonnen pro ha. Die Qualitäten lagen allerdings nur im mittleren bis guten Bereich, wobei Spitzenqualitäten mit Proteinwerten über 15 % regional beschränkt blieben. Die Hartweizenfläche wurde 2004 auf ca 17.600 ha erweitert. Aufgrund der besonders guten Wachstumsbedingungen konnten hier Durchschnittserträge von 5 Tonnen pro ha erzielt werden. Die idealen Bedingungen vor und während der Ernte hatten bei Durumweizen eine überdurchschnittlich gute Qualität zur Folge. Aufgrund der Flächenausweitung bei Weizen wurde die Sommergerstenfläche im Zuge des Frühjahrsanbaues um ca 27.000 ha auf etwa 111.000 ha reduziert, wobei gute Braugerstequalitäten mit Proteingehalten von unter 10 % und guter Mälzbarkeit erreicht wurden464. Wie bei anderen Produkten, die durch eine Gemeinsamen Marktordnung geregelt sind, so wird auch die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide von einer großen Zahl weiterer Rechtsakte des sekundären Gemeinschaftsrechts „umrahmt“, die fortlaufend an die geänderten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse angepasst werden. Eine Aufzählung an dieser Stelle muss aus verständlichen Gründen unterbleiben465.
463 464 465
Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 26. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 26f. Vgl in diesem Zusammenhang die im Fundstellennachweis des geltenden Gemeinschaftsrechts unter der Sachgebietsgliederung 03.60.51 Getreide angeführten Rechtsakte der Gemeinschaft. - Eine Auswahl wichtiger Durchführungsbestimmungen findet sich auch bei Leidwein (FN 83), 148 ff.
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Die nachfolgende Darstellung bezieht sich ausschließlich auf die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide sowie die entsprechenden Stützungsregelungen.
2. Erfasste Produkte Die MO für Getreide gilt für nachstehende Erzeugnisse466: • Zuckermais, frisch oder gekühlt; • Zuckermais, getrocknet, auch in Stücke oder Scheiben geschnitten, als Pulver oder sonst zerkleinert, jedoch nicht weiter zubereitet, anderer als Hybriden zur Aussaat; • Weichweizen und Mengkorn zur Aussaat; • Spelz, Weichweizen und Mengkorn, andere als zur Aussaat; • Roggen; • Gerste; • Hafer; • Mais, anderer als Hybridmais, zur Aussaat; • Mais, anderer als zur Aussaat; • Körner-Sorghum, anderes als Hybriden zur Aussaat; • Buchweizen, Hirse (ausgenommen Körner-Sorghum) und Kanariensaat; anderes Getreide; • Hartweizen; • Mehl von Weizen oder Mengkorn; • Mehl von Roggen ; • Grobgrieß und Feingrieß von Weizen; • Malz, auch geröstet; • die in Anhang I der Verordnung genannten Erzeugnisse. Das Wirtschaftsjahr beginnt für alle diese Erzeugnisse am 1. Juli und endet am 30. Juni des folgenden Jahres467.
3. Betriebsprämie Im Bereich der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen, darunter auch Getreide, und Körnerleguminosen hat die GAP-Reform 2003 hinsichtlich der Einführung der einheitlichen Betriebsprämie mehrere Möglichkeiten eröffnet. Primär ist die vollständige Anwendung der einheitlichen Betriebsprämie beabsichtigt, wodurch eine vollständige Entkoppelung der Beihilfe von der Produktion erreicht wird. Die Höhe des Kulturpflanzenausgleichs ist somit unabhängig von der produzierten Menge. Die Mitgliedstaaten haben allerdings die Möglichkeit, eine gekoppelte Prämie im Ausmaß von 25 % der bisherigen Zahlung beizubehalten. Danach würde der Produzent 75 % seiner bisherigen Kulturpflanzenflächenzahlungen im Rahmen der einheitlichen Betriebsprämie erhalten. Die restlichen 25 % wären an das tatsächliche Ausmaß der Produktion gebunden. Stattdessen kann 466 467
Vgl Art 1 VO 1784/2003. Art 2 VO 1784/2003.
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auch eine gekoppelte Hartweizenprämie im Ausmaß von 40 % der bisherigen Prämie beibehalten werden468. Österreich hat sich in diesem Bereich für eine komplette Einbindung der Kulturpflanzenförderung in die einheitliche Betriebsprämie entschieden, da es auch schon bisher so war, dass für die meisten Kulturpflanzen eine einheitliche Kulturpflanzen-Flächenzahlung gewährt wurde469.
4. Interne Regelungen a) Intervention Die Intervention der Gemeinsamen Marktorganisation für Getreide bezieht sich auf Weichweizen, Hartweizen, Gerste, Mais und Sorghum470. Da die Interventionspreise nicht mehr die Preisstabilität auf einem hohen Niveau gewährleisten, sondern lediglich als Sicherheitsnetz für die landwirtschaftlichen Einkommen dienen sollen, wurde der Interventionspreis für Getreidearten, die der Intervention unterliegen471, ab dem Wirtschaftsjahr 2000/2001 in zwei Schritten von je 7,5 % um insgesamt 15 % gekürzt472 und beträgt derzeit 101,31 Euro pro Tonne473. Der Interventionspreis unterliegt monatlichen Zuschlägen für das gesamte Wirtschaftsjahr oder einen Teil desselben. Diese Zuschläge sind der Tabelle in Anhang II der Verordnung zu entnehmen474. Der Interventionspreis bezieht sich auf die Großhandelsstufe (ist also kein den Erzeugern als solcher garantierter Preis), wobei die freie Anlieferung zum Lager, nicht hingegen das Abladen der Erzeugnisse, im Preis mit eingeschlossen ist. Der Interventionspreis gilt unterschiedslos für sämtliche der für die einzelnen Getreidearten festgelegten Interventionsorte der Gemeinschaft475. Die Festlegung der Interventionsorte ist mit VO Nr 2273/93476 erfolgt. Die von den Mitgliedstaaten bezeichneten Interventionsstellen sind verpflichtet, Weichweizen, Hartweizen, Gerste, Mais und Sorghum, die ihnen angeboten und in der Gemeinschaft geerntet wurden, anzukaufen, sofern die Angebote den insbesondere hinsichtlich Qualität und Menge festgelegten Bedingungen entsprechen477. Diese Ankäufe unterliegen zwar keiner mengenmäßigen Beschränkung, sie sind jedoch saisonal begrenzt, wobei für die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Interventionszeiträume gelten. So dürfen etwa 468 469 470 471
472 473 474 475 476 477
Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Die Reform der EU-Agrarpolitik (2003) 18. Vgl AMA (Hrsg), Einheitliche Betriebsprämie 2005 (oJ) 3. Näher zu den Interventionsmaßnahmen bei Getreide Anhammer ua (FN 83), 67 ff. Die Einführung eines einzigen Interventionspreises für Getreide hat aufgrund der begrenzten Absatzmöglichkeiten auf dem Binnenmarkt und den Drittlandsmärkten zu einer Ansammlung großer Interventionsbestände bei Roggen geführt, weshalb dieser im Rahmen der VO 1784/2003 von der Interventionsregelung ausgeschlossen wurde. Vgl N.N., Ackerkulturen, Der Österreichische Bauer, Nr 4a 1999, 16 f. Art 4 Abs 1 VO 1784/2003. Art 4 Abs 3 VO 1784/2003. Art 4 Abs 2 VO 1784/2003. Abl 1993 Nr L 207/1. Art 5 Abs 1 VO 1784/2003.
Agrarmarktrecht
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Ankäufe in Griechenland, Spanien, Italien und Portugal nur vom 1.8. bis 30.4., in Schweden vom 1.12. bis 30.6. und in den anderen Mitgliedstaaten vom 1.11. bis 31.5. getätigt werden478. Anzumerken ist, dass die Ankaufsregelung ursprünglich auch Roggen umfasste. Aufgrund der begrenzten Absatzmöglichkeiten auf dem Binnenmarkt und den Drittlandsmärkten hat die Einführung eines einzigen Interventionspreises für Getreide jedoch zu einer Ansammlung großer Interventionsbestände bei Roggen geführt. Wie bereits eingangs angesprochen führte dies dazu, dass Roggen von der Interventionsregelung ausgeschlossen wurde. Besondere Interventionsmaßnahmen können beschlossen werden, sofern dies aufgrund der Marktlage erforderlich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Marktpreise in einer oder mehreren Regionen der Gemeinschaft gegenüber dem Interventionspreis sinken oder zu sinken drohen479. b) Beihilfe für Hartweizen In den traditionellen Anbaugebieten, zu denen auch Österreich zählt, wird Betriebsinhabern, die Qualitätshartweizen (Hartweizen des KN-Codes 1001 10 00) erzeugen, auf der Grundlage der VO (EG) 1782/2003 eine Beihilfe gewährt480. Die Beihilfe beträgt 40 Euro/ha. Die Beihilfe wird im Rahmen einer nationalen Grundfläche, die für Österreich 7.000 ha beträgt, gewährt. Übersteigen die Flächen, für die eine Beihilfe beantragt wird, die Grundfläche, so wird die Fläche jedes Betriebsinhabers, für die eine Beihilfe beantragt wird, in diesem Jahr anteilsmäßig verringert481. c) Produktionserstattung Bei der Verwendung von Mais-, Weizen- oder Kartoffelstärke sowie von bestimmten daraus hergestellten Erzeugnissen zur Herstellung bestimmter Waren kann eine Produktionserstattung gewährt werden. Dadurch soll der europäischen Stärkeindustrie die Möglichkeit geboten werden, am Binnenmarkt Stärke zu Weltmarktbedingungen anzubieten, sollte das Weltmarktpreisniveau für Getreide und Kartoffeln unterhalb des gemeinschaftlichen Preisniveaus für diese Produkte liegen. Ebenso soll die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber synthetischen Produkten gewahrt bleiben482. Da es in Finnland und Schweden keine nennenswerte heimische Erzeugung von anderen Getreidearten für die Stärkeproduktion gibt, kann in diesen beiden Ländern auch für Stärke, die aus Gerste und Hafer gewonnen wird, eine Produktionserstattung gewährt werden. Dies ist aber nur so lange möglich, als die Produktion von Stärke aus diesen beiden Getreidearten auf mehr als 50.000 Tonnen in Finnland bzw auf mehr als 10.000 Tonnen in Schweden ansteigt483.
478 479 480 481 482 483
Art 5 Abs 2 VO 1784/2003. Art 7 Abs 1 VO 1784/2003. Vgl Art 72 ff VO 1782/2003. Vgl Art 75 Abs 1 VO 1782/2003. Leidwein (FN 83), 152. Art 8 Abs 1 VO 1784/2003.
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5. Außenschutzbestimmungen a) Allgemeines Zum Schutz des auf Großhandelsebene hoheitlich festgelegten gemeinschaftlichen Binnenpreisniveaus müssen Ausgleichungsmechanismen zur Regelung des Getreidehandels mit Drittländern eingeführt werden484. Diese Handelsregelungen gegenüber Drittländern umfassen drei Teilbereiche: Den Außenschutz gegenüber Drittländern, die Förderung der Ausfuhren und Sonderregelungen für Situationen der Marktverknappung bzw Marktstörung485. b) Lizenzpflicht Für alle Einfuhren der in Art1 VO 1784/2003 genannten Erzeugnisse in die Gemeinschaft sowie die Ausfuhr dieser Erzeugnisse aus der Gemeinschaft ist die Vorlage einer Einfuhr- bzw Ausfuhrlizenz erforderlich. Die Lizenz wird von den Mitgliedstaaten jedem Antragsteller unabhängig vom Ort seiner Niederlassung in der Gemeinschaft erteilt. Für Erzeugnisse, die keine erheblichen Auswirkungen auf die Versorgungslage auf dem Getreidemarkt haben, kann jedoch eine Ausnahmeregelung vorgesehen werden. Die Ein- und Ausfuhrlizenzen sind gemeinschaftsweit gültig. Die Erteilung der Lizenzen ist jedoch an die Stellung einer Sicherheit gebunden, die gewährleistet, dass die Erzeugnisse während der Geltungsdauer der Lizenz tatsächlich ein- bzw ausgeführt werden. Für den Fall, dass die Ein- bzw Ausfuhr während dieser Zeit nicht oder nur teilweise erfolgt, verfällt die Sicherheit486. c) Zölle Bei der Einfuhr von Getreide sind die Einfuhrzollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs anzuwenden487. Auf Weichweizen, Roggen, Gerste, Mais und Sorghum (Erzeugnisse der KN-Codes 1001 10 00, 1001 90 91, ex 1001 90 99 [Weichweizen der oberen Qualität], 1002, ex 1005, ausgenommen Hybrid zur Aussaat, und ex 1007, ausgenommen Hybrid zur Aussaat), ist der Einfuhrzoll jedoch gleich dem für diese Erzeugnisse bei der Einfuhr geltenden Interventionspreis zuzüglich 55% und abzüglich des cif-Einfuhrpreises für die betreffende Sendung. Dieser so errechnete Zollsatz darf jedoch den Zoll des Gemeinsamen Zolltarifs nicht überschreiten488. Um Nachteile, die sich aus der Einfuhr bestimmter Getreideerzeugnisse für den Gemeinschaftsmarkt ergeben können, zu vermeiden, kann zu dem in Artikel 10 Abs 2 VO 1784/2003 vorgesehenen Zollsatz ein zusätzlicher Einfuhrzoll eingehoben werden, es sei denn, die Einfuhren können keine Störung des Gemeinschaftsmarktes verursachen oder die Auswirkungen stehen in keinem 484
485 486 487 488
Grundlegend Eichenberg, Die Instrumente der gemeinsamen Marktorganisation zur Steuerung der Einfuhr von landwirtschaftlichen Drittlandserzeugnissen in die Gemeinschaft (1997). - Vgl auch Oppermann (FN 108), Rz 1388. Vgl Gilsdorf/Priebe (FN 212), Art 40, Rz 25. Art 9 Abs 1 VO 1784/2003. Art 10 Abs 1 VO 1784/2003. Art 10 Abs 2 VO 1784/2003.
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Verhältnis zum angestrebten Ziel489. Die Preise, deren Unterschreitung die Erhebung eines zusätzlichen Einfuhrzolles auslösen können, sind die Preise, die der Welthandelsorganisation von der Gemeinschaft übermittelt werden. Ein zusätzlicher Einfuhrzoll kann überdies auch dann erhoben werden, wenn das Einfuhrvolumen in einem Jahr, in dessen Verlauf Nachteile aus der Einfuhr bestimmter Erzeugnisse eintreten oder einzutreten drohen, ein Niveau überschreitet, welches auf der Grundlage von Absatzmöglichkeiten, definiert als Prozentsätze des entsprechenden einheimischen Verbrauchs in den drei vorangegangenen Jahren, festgesetzt wurde („Auslösungsvolumen“)490. Die Einfuhr dieses neuen Systems trägt dem im Rahmen der GATTUruguay-Runde abgeschlossenen WTO-Landwirtschaftsabkommen Rechnung, mit dem die Umwandlung der Abschöpfungen und anderer Einfuhrhemmnisse (wie mengenmäßige Beschränkungen oder Mindestpreise) in Zolltarife unter gleichzeitiger Senkung der Zollsätze bis 2001 beschlossen wurde („Tarifizierung“). Bis zur Einfuhr des von der Kommission festzusetzenden Einfuhrzolls galt das System variabler Schutzzölle („Abschöpfungen“), das darauf ausgerichtet war, gleich teuere oder billigere Importe auf das Preisniveau der Gemeinschaft anzuheben491. Die Höhe der (seinerzeit täglich neu festgesetzten) Abschöpfung errechnete sich aus dem um den cif-Preis für Rotterdam verminderten Schwellenpreis. Bei der Festsetzung der Abschöpfungen war die Ermittlung des cif-Preises von zentraler Bedeutung. Hierzu bediente sich die Kommission aller verfügbaren Angaben auf dem Weltmarkt, insbesondere der Notierungen an den Getreidebörsen492. Diese Angaben wurden auf Standardqualitäten, cif-Rotterdam, angepasst493. Die Kommission war nicht dazu verpflichtet, diese Angaben gegebenenfalls gegenüber Dritten offen zu legen494. d) Ausfuhrerstattungen Bei der Ausfuhr von Getreide kann für die Differenz zwischen den Notierungen oder Preisen auf dem Weltmarkt und den Preisen in der Gemeinschaft eine Ausfuhrerstattung gewährt werden. Die Erstattung bei der Ausfuhr von Erzeugnissen des Artikels 1 in Form von Waren des Anhangs III darf dabei jedoch nicht höher sein als die Erstattung, die bei der Ausfuhr dieser Erzeugnisse in unverändertem Zustand Anwendung findet495. Die Zuteilung der Mengen, für die eine Ausfuhrerstattung gewährt werden kann, hat im Wege eines Verfahrens zu erfolgen, das der Art des Erzeugnisses und der Lage auf dem betreffenden Markt am ehesten gerecht wird und das die bestmögliche Nutzung der verfügbaren Mittel ermöglicht. Ebenso hat das Verfahren der Effizienz und der Struktur der Ausfuhren der Gemeinschaft Rechnung zu tragen, wobei es jedoch insbesondere zu keiner unterschiedlichen Behandlung zwischen kleinen und großen Wirtschaftsteilnehmern kommen 489 490 491 492 493 494 495
Art 11 Abs 1 VO 1784/2003. Art 11 Abs 2 VO 1784/2003. Zum Rechtscharakter der Abschöpfungen vgl Kalbe, Agrarrecht2 (1974) 152 ff. Vgl Gilsdorf/Priebe (FN 212), Art 40, Rz 26. VO Nr 156/67, Abl 1967, 2533. EuGH Rs 64/82, Tradax, Slg 1984, 1359. Art 13 Abs 1 VO 1784/2003.
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darf. Des Weiteren ist sicher zu stellen, dass dieses Verfahren so ausgestaltet ist, dass sich die Wirtschaftsteilnehmer daran - nach Maßgabe der grundlegenden Verwaltungserfordernisse - leicht beteiligen können, ohne dass eine Diskriminierung zwischen den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern bewirkt wird496. Hinsichtlich der gewährten Erstattungen legt die Verordnung fest, dass diese für die gesamte Gemeinschaft gleich sind. Lediglich wenn es die Lage auf dem Weltmarkt oder die spezifischen Anforderungen bestimmter Märkte erfordern, kann die Ausfuhrerstattung unterschiedlich festgesetzt werden. Die Festsetzung der Erstattungen erfolgt durch die Kommission im Wege der Erlassung von Durchführungsverordnungen nach den Bestimmungen des Art 25 Abs 2 VO 1784/2003. Sie kann in regelmäßigen Zeitabständen oder im Wege der Ausschreibung bei den Erzeugnissen, bei denen dieses Verfahren in der Vergangenheit vorgesehen wurde, vorgenommen werden. Die Kommission kann die in regelmäßigen Zeitabständen festgesetzten Erstattungen, soweit erforderlich, zwischenzeitlich auf Antrag eines Mitgliedstaates oder von sich aus ändern497. Für die in Art 1 VO 1784/2003 genannten Erzeugnisse, die in unverändertem Zustand ausgeführt werden, wird die Erstattung nur auf Antrag und nach Vorlage der betreffenden Ausfuhrlizenz gewährt498. e) Schutzmaßnahmen Erreichen die Notierungen oder Preise auf dem Weltmarkt für eine oder mehrere Getreidearten ein Niveau, das die Versorgung der Gemeinschaft stört oder stören könnte, so können für den Fall, dass diese Lage anzuhalten und sich zu verschlechtern droht, geeignete Maßnahmen in Fällen äußerster Dringlichkeit als Schutzmaßnahmen ergriffen werden499. Wird der Markt in der Gemeinschaft für eine oder mehrere Getreidearten aufgrund der Einfuhren oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht, die eine Gefahr für die Ziele des Art 33 EGV bedeuten, so können im Handel mit Nicht-WTO-Mitgliedsländern geeignete Maßnahmen angewandt werden, bis die tatsächlich oder drohende Störung behoben ist500. Sollten derartige ernstliche Störungen eintreten, so beschließt die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaates oder von sich aus die erforderlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen werden den Mitgliedstaaten mitgeteilt und sind unverzüglich anzuwenden. Ist die Kommission mit dem Antrag eines Mitgliedstaates erfasst worden, entscheidet sie darüber binnen 3 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags501. Jeder Mitgliedstaat kann die von der Kommission getroffene Maßnahme dem Rat vorlegen, welcher die Möglichkeit hat, diese binnen eines Monats nach Vorlage mit qualifizierter Mehrheit zu ändern oder aufzuheben502.
496 497 498 499 500 501 502
Art 13 Abs 2 VO 1784/2003. Art 13 Abs 3 VO 1784/2003. Art 14 Abs 1 VO 1784/2003. Art 21 Abs 1 VO 1784/2003. Art 22 Abs 1 VO 1784/2003. Art 22 Abs 2 VO 1784/2003. Art 22 Abs 3 VO 1784/2003.
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B. Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch 1. Allgemeines Wie die übrigen Gemeinsamen Marktorganisationen, so zielt auch die Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch auf eine Stabilisierung der Märkte und die Sicherung einer angemessenen Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung hin ab. Der Erreichung der Ziele dienen im konkreten Fall die im Rindfleischsektor getroffenen Binnenmarktmaßnahmen, die insbesondere Direktzahlungen an die Rindfleischerzeuger, eine Beihilfe für die private Lagerhaltung und ein Programm für die öffentliche Lagerhaltung umfassen. Das Wachstum der Fleischerzeugung setzte sich auch im Jahr 2004 fort. Die internationalen Märkte für Rindfleisch gewannen weiter an Bedeutung, wobei die Dynamik in den Regionen der Welt unterschiedlich war. Besondere Faktoren wirkten sich oft störend auf die Entwicklungen aus, so etwa die BSEKrise in Nordamerika, die Importquoten in Russland und die Abwertung des US-Dollars. Im Gegensatz dazu war innerhalb der Europäischen Union eine günstige Marktentwicklung zu beobachten, die unter anderem auf die massiven BSE-Bekämpfungsmaßnahmen in den Vorjahren, insbesondere in Großbritannien, zurückzuführen war. Die Änderungen in der Agrarpolitik mit dem Ziel, durch entkoppelte Zahlungen keine weiteren Produktionsanreize zu geben, führten insgesamt zu einem deutlich geringeren Angebot. Weitere - allerdings nur leichte - Rückgänge zeichneten sich in der Entwicklung der Rinderbestände sowie in der Produktion ab503. Insgesamt wurden im Jahr 2004 in den 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union 88,5 Millionen Rinder von 2,7 Millionen Landwirten gehalten. Die größte Anzahl an Rindern befand sich dabei mit 19,5 Millionen Stück in Frankreich, gefolgt von Deutschland mit 13,6 Millionen und dem Vereinigten Königreich mit 10,5 Millionen Stück. Diese drei Länder stellten im erfassten Zeitraum zusammen etwa die Hälfte des gesamten Rinderbestandes der Europäischen Union. Die Auswertung nach der Halterstruktur ergab einen durchschnittlichen Rinderbestand in der Europäischen Union von 33 Tieren/Halter. Die größten Herden wurden in Zypern (191 Tiere/Halter), Luxemburg (117 Tiere/Halter), den Niederlanden (96 Tiere/Halter) und im Vereinigten Königreich (94 Tiere/Halter) ermittelt. Im Vergleich dazu hält der österreichische Landwirt im Durchschnitt lediglich 23 Rinder504. Die Grundverordnung über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch geht auf das Jahr 1968 zurück und wurde durch die VO (EG) Nr 1254/1999 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch505 ersetzt506. Zusammengefasst hat man beschlossen, die Marktstützung zu verringern und diese Verringerung durch eine Anhebung der Tierprämien auszugleichen. Die wichtigsten Prämien für die Rindfleischerzeuger, nämlich 503 504 505 506
Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 35f. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 63. Abl 1999 Nr L 160/21, idF der VO (EG) Nr 1458/2001, Abl 2001 Nr L 194/4. Vgl auch Hix (FN 107), Art 34, Rz 52 ff.
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die Mutterkuhprämie und die Sonderprämie für männliche Rinder, wurden in drei Stufen angehoben, um die Absenkung des Interventionspreises auszugleichen. Ferner wurden eine Saisonentzerrungsprämie und ein Zusatzbetrag für die Extensivierung geschaffen. Zur Angebotssteuerung und aus Unweltschutzgründen wurden die Mutterkuhprämie und die Sonderprämie an historische Referenzbestandszahlen gebunden und einer stufenweisen, über drei Jahre angeführten Höchstbesatzdichte unterworfen.
2. Erfasste Produkte Die Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch umfasst folgende Erzeugnisse507: • Hausrinder, lebend, ausgenommen reinrassige Zuchttiere; • Rindfleisch, frisch oder gekühlt; • Fleisch von Rindern, gefroren; • Zwerchfellpfeiler (Nierenzapfen) und Saumfleisch, frisch oder gekühlt; • Zwerchfellpfeiler (Nierenzapfen) und Saumfleisch, gefroren; • Fleisch von Rindern, gesalzen, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert; • Zwerchfellpfeiler (Nierenzapfen) und Saumfleisch, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert; • Genießbares Mehl von Fleisch oder Schlachtnebenerzeugnissen; • Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse von Rindern, anders zubereitet oder haltbar gemacht, nicht gegart; Mischungen aus gegartem Fleisch oder gegarten Schlachtnebenerzeugnissen und nicht gegartem Fleisch oder nicht gegarten Schlachtnebenerzeugnissen; • Fleisch, anders zubereitet oder haltbar gemacht, Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse von Rindern enthaltend, nicht gegart; Mischungen aus gegartem Fleisch oder gegarten Schlachtnebenerzeugnissen und nicht gegartem Fleisch oder nicht gegarten Fleischnebenerzeugnissen; • Rinder, lebend, reinrassige Zuchttiere; • Genießbare Schlachtnebenerzeugnisse von Rindern, ausgenommen Zwerchfellpfeiler (Nierenzapfen) und Saumfleisch, frisch oder gekühlt, ausgenommen zum Herstellen von pharmazeutischen Erzeugnissen; • Genießbare Schlachtnebenerzeugnisse von Rindern, ausgenommen Zwerchfellpfeiler (Nierenzapfen) und Saumfleisch, gefroren, ausgenommen zum Herstellen von pharmazeutischen Erzeugnissen; • Genießbare Schlachtnebenerzeugnisse von Rindern, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert, andere als Zwerchfellpfeiler (Nierenzapfen) und Saumfleisch; • Fett von Rindern, roh oder ausgeschmolzen, auch ausgepresst oder mit Lösungsmitteln ausgezogen; • Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse von Rindern, anders zubereitet oder haltbar gemacht, ausgenommen nicht gegarte Erzeugnisse sowie Mischungen aus gegartem Fleisch oder gegarten Schlachtnebenerzeugnissen und nicht gegartem Fleisch oder nicht gegarten Schlachtnebenerzeugnissen; • Fleisch, anders zubereitet oder haltbar gemacht, Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse von Rindern enthaltend, ausgenommen nicht gegarte Er507
Art 1 Abs 1 VO 1254/1999.
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zeugnisse sowie Mischungen aus gegartem Fleisch oder gegarten Schlachtnebenerzeugnissen und nicht gegartem Fleisch oder nicht gegarten Schlachtnebenerzeugnissen.
3. Begriffsbestimmungen Wie die meisten Gemeinsamen Marktorganisationen, so enthält auch die Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch eine Reihe von Begriffsbestimmungen508, die dem weiteren Regelungstext zugrunde zu legen sind. Im Einzelnen werden nachfolgende Begriffe näher definiert: • „Erzeuger“: Leiter eines in der Europäischen Gemeinschaft ansässigen Rinderhaltungsbetriebes als natürliche oder juristische Person oder als Gemeinschaft natürlicher oder juristischer Personen, ungeachtet der Rechtsform dieser Gemeinschaft oder ihrer Mitglieder nach einzelstaatlichem Recht. • „Betrieb“: Die Gesamtheit der in einem Mitgliedstaat ansässigen und von einem Erzeuger geleiteten Produktionseinheiten. • „Region“: Nach Wahl des betreffenden Mitgliedstaates die Gesamtheit oder ein Teil seines Hoheitsgebietes. • „Bulle“: Nicht kastriertes männliches Rind. • „Ochse“: Kastriertes männliches Rind. • „Mutterkuh“: Kuh einer Fleischrasse oder eine aus der Kreuzung mit einer Fleischrasse hervorgegangene Kuh, die einem Aufzuchtsbetrieb angehört, in dem Kälber für die Fleischerzeugung gehalten werden. • „Färse“: Mindestens 8 Monate altes weibliches Rind vor der ersten Abkalbung.
4. Betriebsprämie Im Hinblick auf die Besonderheiten, die im Bereich der Produktion von Rindfleisch sowie auf dem Markt für Rindfleisch bestehen, eröffnet die GAPReform 2003 den Mitgliedstaaten bei der Beihilfenregelung für Rinder (Mutterkuhprämien, Sonderprämie männliche Rinder, Schlachtprämie) eine ganze Reihe von Optionen. Grundsätzlich kann auch hier die einheitliche Betriebsprämie vollständig angewendet werden, sodass es zu einer hundertprozentigen Entkoppelung kommt. Weiters sind die bis zu hundertprozentige Koppelung der Schlachtprämie bei Kälbern und/oder die Beibehaltung einer gekoppelten Mutterkuhprämie bis zum vollen bisherigen Ausmaß sowie einer gekoppelten Schlachtprämie für Großrinder bis zum Ausmaß von 40 % der bisherigen Zahlung oder die Beibehaltung der Schlachtprämie für Großrinder in gekoppelter Form bis zum vollen Ausmaß der bisherigen Prämie (hundertprozentige Koppelung) oder die Beibehaltung einer gekoppelten Zahlung für
508
Art 3 VO 1254/1999.
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männliche Rinder im Ausmaß von bis zu 75 % der Höhe der bisherigen Sonderprämie für männliche Rinder möglich509. Österreich hat sich im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten für eine komplette Koppelung der Mutterkuhprämie an die tatsächlich gehaltene Zahl der Mutterkühe und für eine vierzigprozentige Koppelung der Schlachtprämie für Großrinder und Kälber entschieden. Das bedeutet im Ergebnis, dass die Mutterkuhprämien bei der Berechnung der einheitlichen Betriebsprämie nicht berücksichtigt werden. Diese Prämien werden vielmehr anhand der Anzahl der tatsächlich gehaltenen Tiere außerhalb der Betriebsprämie ausbezahlt510. Im Fall der Anwendung des Art 68 VO (EG) 1782/2003 (gekoppelte Direktzahlungen im Bereich Rindfleisch) sind die Beihilfen, für die sich die Mitgliedstaaten gemäß dieser Bestimmung entschieden haben, unter den in Kap 12 VO (EG) 1782/2003 („Zahlungen für Rindfleisch“) festgelegten Voraussetzungen zu gewähren, sofern nichts anderes geregelt ist511.
5. Interne Regelungen a) Intervention Die Interventionsregelung ist nur mehr in den Übergangs- und Schlussbestimmungen der Gemeinsamen Marktorganisation für Rindfleisch enthalten, da mit der „Agenda 2000“ die öffentliche Intervention nicht mehr für erforderlich angesehen wurde. Demnach durften die Interventionsstellen bis 30. Juni 2002 Rindfleischerzeugnisse ankaufen, um einen Preisverfall zu verhindern oder zu begrenzen512. Für jede interventionsfähige Qualität oder Qualitätsklassen mussten in einem Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Wochen gleichzeitig folgende zwei Bedingungen erfüllt sein513: • Der aufgrund des gemeinschaftlichen Handelsklassenschemas für Schlachtkörper ausgewachsener Rinder festgelegte durchschnittliche Gemeinschaftsmarktpreis musste unter 84% des Interventionspreises liegen. • Der aufgrund des genannten Handelsklassenschemas festgelegte durchschnittliche Marktpreis in einem Mitgliedstaat oder in Regionen von Mitgliedstaaten musste unter 80% des Interventionspreises liegen. Wenn diese Bedingungen erfüllt waren, konnten Interventionsstellen in einem oder mehreren Mitgliedstaat(en) oder in der Region eines Mitgliedstaates bestimmte Fleischerzeugnisse mit Ursprung in der Gemeinschaft im Rahmen von Ausschreibungen ankaufen, die im Hinblick auf eine angemessene Marktunterstützung unter Berücksichtigung der saisonalen Entwicklung der Schlachtungen eröffnet werden514. Diese Ankäufe durften, bezogen auf die ganze Gemein509
510 511 512 513 514
Vgl Art 68 iVm Art 121 ff VO 1782/2003. - Näher dazu auch Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Die Reform der EU-Agrarpolitik, 25. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Die Reform der EU-Agrarpolitik, 25. Art 121 VO 1782/2003. - Zu den Voraussetzungen s auch Leidwein (FN 83), 233 f. Art 47 Abs 1 VO 1254/1999. Art 47 Abs 3 VO 1254/1999. Art 47 Abs 1 VO 1254/1999.
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schaft, ein Jahresvolumen von 350.000 Tonnen nicht überschreiten. Für das Jahr 2001 wurde diese Obergrenze auf 500.000 Tonnen erhöht. Der Interventionspreis wurde für das erste Halbjahr 2000 auf 3.475 Euro pro Tonne festgesetzt und wurde anschließend auf 3.242 Euro pro Tonne für das Jahr 2000/01 und auf 3.013 Euro pro Tonne für das Jahr 2001/02 gesenkt515. Die Intervention wurde außerdem eröffnet, wenn für nicht kastrierte männliche Jungtiere unter zwei Jahren oder kastrierte männliche Tiere während zwei aufeinander folgender Wochen der anhand des gemeinschaftlichen Handelsklassenschemas für Schlachtkörper ausgewachsener Rinder festgestellte durchschnittliche Gemeinschaftsmarktpreis unter 78% des Interventionspreises lag und wenn in einem Mitgliedstaat oder in den Regionen eines Mitgliedstaates der anhand des gemeinschaftlichen Handelsklassenschemas für Schlachtkörper ausgewachsener Rinder festgestellte durchschnittliche Marktpreis für nicht kastrierte männliche Jungtiere unter zwei Jahren oder für kastrierte männliche Tiere unter 60% des Interventionspreises lag516. An die Stelle der Intervention ist eine Sicherheitsnetz-Interventionsregelung getreten. Diese dient der Stützung des Rindermarktes in Mitgliedstaaten oder Regionen, in denen die Marktpreise eine bestimmte kritische Grenze nicht erreichen517. Liegt der durchschnittliche Marktpreis für Bullen oder Ochsen in einem Mitgliedstaat (oder Teil eines Mitgliedstaates) während zwei aufeinander folgender Wochen unter 1.560 Euro pro Tonne, so können die Interventionsstellen eine oder mehrere noch festzulegende Kategorien, Qualitäten oder Qualitätsklassen von frischem oder gekühltem Fleisch der KN-Codes 0201 10 00 und 0201 20 20 bis 0201 20 50 mit Ursprung in der Gemeinschaft ankaufen518. Im Rahmen dieser Ankäufe können nur Angebote akzeptiert werden, deren Preis auf demselben Niveau wie der in einem Mitgliedstaat oder Regionen eines Mitgliedstaates festgestellte durchschnittliche Marktpreis oder unter diesem Niveau liegt, auf den ein Zusatzbetrag angewandt wird, der nach objektiven Kriterien festzusetzen ist519. Die Ankaufspreise sowie die zur Intervention angenommenen Mengen werden im Rahmen der Ausschreibung bestimmt und können unter besonderen Umständen nach Mitgliedstaaten oder Regionen eines Mitgliedstaates auf der Grundlage der durchschnittlichen Marktpreisnotierungen festgesetzt werden. Die Ausschreibungen müssen allen Interessenten gleichen Zugang gewährleisten. Sie werden auf der Grundlage eines Lastenheftes eröffnet, bei dessen Festlegung die Handelsstrukturen, soweit erforderlich, berücksichtigt werden520. Von der Kommission wird die Eröffnung der Ankäufe beschlossen, sofern während zwei aufeinander folgender Wochen die in Abs 1 genannte Voraussetzung erfüllt ist. Sobald während mindestens einer Woche diese Voraussetzung
515 516 517 518 519 520
Art 47 Abs 3 VO 1254/1999. Art 47 Abs 5 VO 1254/1999. Vgl Anhammer ua (FN 83), 71. Art 27 Abs 1 VO 1254/1999. Art 27 Abs 2 VO 1254/1999. Art 27 Abs 3 VO 1254/1999.
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nicht mehr erfüllt ist, beschließt die Kommission die Beendigung der Ankäufe521. Des Weiteren hat der Europäische Rat die Kommission ersucht, den Europäischen Rindfleischmarkt genau zu überwachen und bei absehbaren Marktstörungen die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen522. b) Beihilfen für die private Lagerhaltung Seit 1. Juli 2002 können Beihilfen zur privaten Lagerhaltung gewährt werden, wenn der durchschnittliche Gemeinschaftsmarktpreis für Schlachtkörper ausgewachsener Rinder weniger als 103 % des Grundpreises beträgt und sich voraussichtlich auf diesem Niveau halten wird. Der Grundpreis für Schlachtkörper männlicher Rinder der Qualität R3 des gemeinschaftlichen Handelsklassenschemas wird auf EUR 2.224 festgesetzt523. Beihilfen zur privaten Lagerhaltung können für frisches oder gekühltes Fleisch ausgewachsener Rinder gewährt werden, welche als ganze Schlachtkörper, Schlachtkörperhälften, Vorder- oder Hinterviertel aufgemacht und nach dem gemeinschaftlichen Handelsschema klassifiziert sind524. c) Prämien aa) Sonderprämie für männliche Rinder Erzeuger, die in ihrem Betrieb männliche Rinder halten, können auf Antrag eine Sonderprämie erhalten525. Bei der Sonderprämie für männliche Rinder handelt es sich um eine Jahresprämie, die pro Kalenderjahr und Betrieb innerhalb der regionalen Höchstgrenzen für maximal 90 Tiere gewährt wird, und zwar: • einmal im Leben eines Bullen ab dem Alter von 9 Monaten, • zweimal im Leben eines Ochsen, und zwar erstmals ab dem Alter von 9 Monaten und zum zweiten Mal nach Erreichen des Alters von 21 Monaten526. Die Sonderprämie für männliche Rinder beträgt seit dem Jahr 2002 je prämienfähigem Bullen 210 Euro pro Tonne527. Die Sonderprämie für männliche Rinder beträgt seit dem Jahr 2002 je prämienfähigem Ochsen der betreffenden Altersklasse 150 Euro pro Tonne528. Diese Sonderprämie wird ausschließlich im Rahmen einer „regionalen Höchstgrenze“, die für jeden Mitgliedstaat gesondert in Anhang I zur VO 1254/1999 festgelegt ist, ausbezahlt. Unter „regionale Höchstgrenze“ ist dabei die Anzahl der Tiere, die in einer bestimmten Region und einem bestimmten
521 522 523 524 525 526 527 528
Art 27 Abs 4 VO 1254/1999. Vgl N.N., GAP-Reform: Der Rindfleischsektor. Europäische Kommission, Generaldirektion Landwirtschaft (Homepage der Europäischen Kommission) 3. Art 26 Abs 1 VO 1254/1999. Art 26 Abs 3 VO 1254/1999. Art 4 Abs 1 VO 1254/1999. Art 4 Abs 2 VO 1254/1999. Art 4 Abs 7 lit a VO 1254/1999. Art 4 Abs 7 lit b VO 1254/1999.
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Kalenderjahr prämienfähig sind, zu verstehen. Für Österreich beträgt die regionale Höchstgrenze 423.400. Diese Prämie wird gewährt, sofern die Besatzdichte des Betriebs 2 Großvieheinheiten je benötigter Futterflächeneinheit nicht überschreitet529 bb) Mutterkuhprämie Erzeuger, die in ihrem Betrieb Mutterkühe halten, können auf Antrag eine Prämie zur Erhaltung des Mutterkuhbestandes erhalten530. Mutterkuhprämien sind Jahresprämien, die Erzeugern gewährt werden531, die • in den 12 Monaten ab dem Tag der Beantragung der Prämie weder Milch noch Milcherzeugnisse aus ihrem Betrieb abgegeben haben (dabei steht jedoch die direkte Abgabe von Milch oder Milcherzeugnissen vom Betrieb an den Verbraucher der Gewährung der Prämie nicht entgegen); • Milch oder Milcherzeugnisse abgeben, wobei die einzelbetriebliche Referenzmenge insgesamt 120.000 kg nicht überschreiten darf und • wenn während mindestens 6 aufeinander folgender Monate ab dem Tag der Antragstellung des Erzeugers der Anteil Mutterkühe und Färsen im Erzeugerbetrieb gemessen an der Zahl der Tiere, für welche die Mutterkuhprämie beantragt wird, bei Mutterkühen mindestens 60% und bei Färsen höchstens 40% ausmacht. Die Mutterkuhprämie kann seitens der Mitgliedstaaten durch eine zusätzliche Prämie in Höhe von maximal 50 Euro je Tier ergänzt werden, sofern diese Prämiengewährung in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht zu Diskriminierungen zwischen den Rinderhaltern führt532. Die genannten Prämien werden gewährt, sofern die Besatzdichte des Betriebes zwei Großvieheinheiten je benötigter Futterflächeneinheit nicht überschreitet. Nationale Höchstgrenzen, sohin die Summe der für den Mitgliedstaat geltenden Prämienansprüche, sind im Anhang II zur Verordnung angeführt. Bei den Verhandlungen konnte Österreich erreichen, dass die Höchstgrenze für die Mutterkuhprämie um 5.000 Stück, sohin auf insgesamt 325.000 Tiere angehoben wurde. Seit Erlassung der Verordnung Nr 1254/99 unterhält jeder Mitgliedstaat eine nationale Reserve für Mutterkuhprämienansprüche533. Diese Reserven werden in erster Linie genutzt, um Berufsneulingen, Junglandwirten und anderen vorrangig in Frage kommenden Erzeugern Prämienansprüche zuzuteilen534. Die Mutterkuhprämie beträgt seit dem Jahr 2002 je prämienfähigem Tier 200 Euro535.
529 530 531 532 533 534 535
Art 12 Abs 1 VO 1254/1999. Art 6 Abs 1 VO 1254/1999. Art 6 Abs 2 lit a und b VO 1254/1999. Art 6 Abs 5 VO 1254/1999. Art 9 Abs 1 VO 1254/1999. Art 9 Abs 3 VO 1254/1999. Art 6 Abs 4 VO 1254/1999.
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cc) Schlachtprämie Für einen Erzeuger, der in seinem Betrieb Rinder hält, kann auf Antrag für die Gewährung einer Schlachtprämie in Betracht kommen. Diese Prämie wird innerhalb der festzulegenden nationalen Höchstgrenzen bei Schlachtung von förderfähigen Tieren oder bei der Ausfuhr nach einem Drittland gewährt536. Diese Prämie wird den Landwirten unmittelbar gezahlt und kann für nachfolgende Tiere gewährt werden: • für mindestens 8 Monate alte Bullen, Ochsen, Kühe und Färsen • für mindestens 1 und höchstens 7 Monate alte Kälber mit einem Schlachtkörpergewicht von weniger als 160 kg. Um diese Prämie zu erhalten, muss der Beweis erbracht werden, dass das Tier entweder tatsächlich geschlachtet bzw in ein Drittland ausgeführt wurde. Die Schlachtprämie beträgt seit dem Jahr 2002 für Bullen, Ochsen, Kühe und Färsen 80 Euro und für Kälber 50 Euro pro Jahr537. Die nationalen Höchstgrenzen für die Prämie werden je Mitgliedstaat und gesondert für die beiden Tiergruppen (einerseits Bullen, Ochsen, Kühe, Färsen, andererseits Kälber) festgelegt538. Wenn in einem bestimmten Mitgliedstaat die Gesamtzahl an Tieren, für die eine Schlachtprämie beantragt wurde und die die Voraussetzungen für die Gewährung der Schlachtprämie erfüllen, die für jene Tiergruppe festgelegte nationale Höchstprämie übersteigt, so wird die Zahl aller im Rahmen jener Gruppe je Erzeuger in dem betreffenden Jahr förderfähigen Tiere proportional verringert539. dd) Saisonentzerrungsprämie Die Schlachtung einer zu großen Zahl von Ochsen im Laufe einer Schlachtsaison in den Mitgliedstaaten könnte die Marktstabilität gefährden und zu seinem Verfall der Marktpreise führen. Infolge dessen muss die Schlachtung von Ochsen außerhalb der jährlichen Schlachtsaison gefördert werden. Dies erfolgt mittels der Saisonentzerrungsprämie. Überschreitet in einem Mitgliedstaat die Zahl der Ochsen, die in einem bestimmten Jahr geschlachtet wurden, 60% der jährlichen Gesamtschlachtungen männlicher Rinder und die Zahl jener Ochsen, die zwischen dem 1. September und dem 30. November eines bestimmten Jahres geschlachtet wurden, 35% der jährlichen Gesamtschlachtung von Ochsen, so können die Erzeuger auf Antrag über die Sonderprämie540 hinaus eine zusätzliche Prämie, nämlich die Saisonentzerrungsprämie, erhalten541. Das Prämienniveau ist wie folgt geregelt542: • 72,45 Euro je Tier, wenn es in den ersten 15 Wochen eines bestimmten Jahres geschlachtet wird;
536 537 538 539 540 541 542
Art 11 Abs 1 VO 1254/1999. Art 11 Abs 2 lit a und b VO 1254/1999. Art 11 Abs 3 VO 1254/1999. Art 11 Abs 4 VO 1254/1999. Vgl Art 4 VO 1254/1999. Art 5 Abs 1 lit a und b VO 1254/1999. Art 5 Abs 2 VO 1254/1999.
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• 54,34 Euro je Tier, wenn es in der 16. und 17. Woche eines bestimmten Jahres geschlachtet wird; • 36,23 Euro je Tier, wenn es in der 18. bis 21.Woche eines bestimmten Jahres geschlachtet wird; • 18,11 Euro je Tier, wenn es in der 22. und 23. Woche eines bestimmten Jahres geschlachtet wird. ee) Extensivierungsprämie Erzeuger, denen die Sonderprämie und/oder die Mutterkuhprämie gewährt wird, können eine Extensivierungsprämie erhalten543. Sie beträgt 100 Euro je gewährter Sonder- und Mutterkuhprämie, sofern die Besatzdichte des Betriebes während des betreffenden Kalenderjahres 1,4 Großvieheinheiten je Hektar oder weniger beträgt544. Die Mitgliedstaaten können jedoch ab dem Kalenderjahr 2002 beschließen, die Extensivierungsprämie wie folgt gewähren545: • 40 Euro bei einer Besatzdichte von 1,4 Großvieheinheiten pro ha oder mehr bis einschließlich 1,8 Großvieheinheiten pro ha; • 80 Euro bei einer Besatzdichte von weniger als 1,4 Großvieheinheiten pro ha. Die Kriterien für die Prämienfähigkeit werden insofern verschärft, als alle ausgewachsenen Rinder im Betrieb sowie auch Schafe und/oder Ziegen berücksichtigt werden, für die eine Prämie beantragt wurde546. Die zugrunde gelegte Hektarzahl wird auf Wechsel- und Dauerweiden und andere Futterflächen begrenzt, ausgenommen Flächen, die für die Erzeugung von Ackerkulturen verwendet werden. Die angegebene Gesamtfutterfläche muss zumindest 50% aus Weideland bestehen, wobei der Begriff „Weideland“ von den Mitgliedstaaten definiert wird. Bei dieser Begriffsbestimmung wird mindestens folgendes Kriterium einbezogen: Weideland ist Grünland, das gemäß der örtlichen Landwirtschaftspraxis als Weide für Rinder und/oder Schafe anerkannt ist. Dies schließt die gemischte Verwendung von Weideland (Weide, Heu, Grassilage) während desselben Jahres nicht aus547. In Mitgliedstaaten, in denen über 50 % der Milch in Berggebieten erzeugt wird, wird die Extensivierungsprämie auch für die in den Betrieben dieser Gebiete gehaltenen Mutterkühe gewährt548. d) Ergänzungsbeträge Die Mitgliedstaaten können in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Erzeugern auf Jahresbasis Ergänzungsbeträge im Gesamtrahmen der Globalbeträge gemäß Anhang IV gewähren. Die Beträge werden nach objektiven Kriterien, insbesondere einschließlich der Produktionsstrukturen und Produktionsbedingungen, in nichtdiskriminierender Weise gezahlt, damit Marktstörungen und Wettbe543 544 545 546 547 548
Art 13 Abs 1 VO 1254/1999. Art 13 Abs 2 VO 1254/1999. Art 13 Abs 2 lit a und b VO 1254/1999. Art 13 Abs 3 lit a VO 1254/1999. Art 13 Abs 3 lit b und c VO 1254/1999. Art 13 Abs 4 VO 1254/1999.
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werbsverzerrungen vermieden werden. Darüber hinaus dürfen bei der Zahlung von Ergänzungsbeträgen Marktpreisschwankungen nicht berücksichtigt werden. Ergänzungsbeträge werden tierbezogen549 und/oder flächenbezogen550 gewährt551.
6. Außenschutzbestimmungen a) Lizenzpflicht Für die Einfuhr von Rindfleisch in bzw die Ausfuhr von Rindfleisch aus der Gemeinschaft ist eine Einfuhr- bzw Ausfuhrlizenz erforderlich. Die Mitgliedstaaten erteilen Antragstellern die Lizenzen unabhängig vom Sitz ihres Betriebes in der Gemeinschaft. Die Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen gelten in der gesamten Gemeinschaft. Ihre Erteilung ist an die Leistung einer Sicherheit gebunden, damit gewährleistet ist, dass die Einfuhr bzw die Ausfuhr während der Gültigkeitsdauer der Lizenz erfolgt. Außer in Fällen höherer Gewalt verfällt die Sicherheit ganz oder teilweise, wenn die Ein- bzw Ausfuhr innerhalb dieser Frist nicht oder nur teilweise erfolgt ist552. b) Zölle Für die Einfuhr von Rindfleisch gelten die Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs553. Zur Vermeidung oder Behebung von Nachteilen, die sich aus der Einfuhr bestimmter Arten von Rindfleisch in die Gemeinschaft für den Gemeinschaftsmarkt ergeben können, wird ein zusätzlicher Einfuhrzoll erhoben, wenn die Bedingungen des Art 5 des Übereinkommens über die Landwirtschaft554 erfüllt sind, es sei denn, es ist unwahrscheinlich, dass sich die Einfuhren störend auf den Gemeinschaftsmarkt auswirken oder die Auswirkungen in keinem Verhältnis zum angestrebten Ziel stünden555. Die Preise, deren Unterschreitung die Erhebung eines zusätzlichen Einfuhrzolls auslösen kann, sind die Preise, die der Welthandelsorganisation von der Gemeinschaft übermittelt werden. Die Mengen, deren Überschreitung die Erhebung eines zusätzlichen Einfuhrzolls auslöst, werden insbesondere auf der Grundlage der Einfuhren in die Gemeinschaft festgelegt, die in den drei Jahren vor dem Jahr erfolgt sind, in dem die Nachteile des Art 5 des Übereinkommens über die Landwirtschaft556 entstehen oder entstehen könnten557. c) Ausfuhrerstattungen Bei der Ausfuhr von Rindfleisch kann die Differenz zwischen den Weltmarktpreisen dieser Erzeugnisse und den Preisen in der Gemeinschaft (soweit erforderlich und nur innerhalb der Grenzen der in Übereinstimmung mit Art 300 549 550 551 552 553 554 555 556 557
Vgl Art 15 VO 1254/1999. Vgl Art 17 VO 1254/1999. Art 14 VO 1254/1999. Art 29 Abs 1 VO 1254/1999. Art 30 VO 1254/1999. Abl 1994 Nr L 336/22. Art 31 Abs 1 VO 1254/1999. Abl 1994 Nr L 336/22. Art 31 Abs 2 VO 1254/1999.
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EGV geschlossenen Übereinkommen) durch eine Erstattung bei der Ausfuhr ausgeglichen werden, die bei Vorlage der Ausfuhrlizenz gezahlt wird und die je nach Bestimmungsort - unterschiedlich hoch sein kann, wenn bestimmte Märkte besondere Anforderungen stellen558. Ausfuhrerstattungen werden unter Berücksichtigung nachfolgender Faktoren festgesetzt559: • der jeweiligen Lage und der Entwicklungsaussichten der Preise für Rindfleischerzeugnisse und der verfügbaren Mengen auf dem Gemeinschaftsmarkt, sowie der Preise für Rindfleischerzeugnisse auf dem Weltmarkt; • der Ziele der gemeinsamen Marktorganisation für Rindfleisch, die auf diesem Markt die Ausgewogenheit und natürliche Entwicklung von Preisen und Handel gewährleisten sollen; • der Beschränkungen aufgrund internationaler Übereinkommen (Welthandelsorganisation usw); • der Notwendigkeit der Vermeidung von Störungen auf dem Gemeinschaftsmarkt; • der den geplanten Ausfuhren zugrunde liegenden wirtschaftlichen Erwägungen. dd) Schutzmaßnahmen Wird der Gemeinschaftsmarkt für Rindfleisch aufgrund von Ein- oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht, so können auf den Handel mit Drittländern geeignete Maßnahmen angewendet werden, bis die Marktstörung behoben ist oder keine Störung mehr droht560. Tritt diese Lage ein, so beschließt die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaates oder von sich aus die erforderlichen Maßnahmen, die den Mitgliedstaaten mitgeteilt werden und unverzüglich anwendbar sind. Wird die Kommission mit einem Antrag eines Mitgliedstaates befasst, so fasst sie innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrages einen Beschluss561.
C. Gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse 1. Allgemeines Um die Märkte zu stabilisieren und der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten, ist es im Milchsektor erforderlich, dass die Interventionsstellen auf der Grundlage einer einheitlichen Preisregelung Interventionsmaßnahmen auf dem Markt einschließlich des Ankaufes von Butter und Magermilchpulver sowie der Gewährung von Prämien für die private Lagerhaltung durchführen können. Die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor soll der Verringerung des Ungleichgewichtes zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen und der entsprechenden strukturellen Überschüsse dienen. Gleichzeitig werden durch schrittweise Kür558 559 560 561
Art 33 Abs 1, Abs 3 VO 1254/1999. Art 33 Abs 4 VO 1254/1999. Art 36 Abs 1 VO 1254/1999. Art 36 Abs 2 VO 1254/1999.
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zung der Richtpreise und Interventionspreise für Butter und Magermilchpulver ab dem 1. Juli der Verbrauch von Milch und Milcherzeugnissen in der Gemeinschaft gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit dieser Erzeugnisse auf dem Weltmarkt verbessert. Im Jahr 2004 betrug die Weltmilchproduktion 611 Millionen Tonnen, wobei davon 508 Millionen Tonnen auf Kuhmilch entfielen. Die höchsten Zuwachsraten in der Milchproduktion waren in Ost- und Südostasien (+ 300%), Südasien (+ 150%) und Ozeanien (+ 100%) zu verzeichnen. In Nordamerika und im Nahen und Mittleren Osten bewegten sich die Zuwachsraten zwischen 20% und 30%. In der Gemeinschaft war im selben Jahr, vor allem wegen des deutlichen Produktionsrückganges in den ehemaligen sozialistischen Mitgliedstaaten, ein leichter Rückgang der produzierten Milchmenge zu beobachten, der sich allerdings auf die gesamte Milchverarbeitung ausgewirkt hat. Die Produktion von Käse ist noch leicht angestiegen, während die Erzeugung von Butter und Magermilchprodukten deutlich zurückgegangen ist. Gleichzeitig war eine Steigerung bei Exporten in Drittländern zu bemerken, denen keine entsprechende Importzunahme gegenüberstand562. Der erste Senkungsschritt der Interventionspreise für Butter und Magermilchpulver ist laut der Agrarreform 2003 am 1. Juli 2004 in Kraft getreten. Diese Kürzungen sowie die Einführung einer Obergrenze bei der Butterintervention zeigten kurzfristig keine Auswirkungen auf die Marktpreise für Butter und Magermilchpulver sowie die der anderen Milcherzeugnisse. Diese Stabilität auf den Märkten kann einerseits auf einen tendenziellen Rückgang der Milchanlieferungen und andererseits auf einen relativ aufnahmefähigen Weltmarkt zurückgeführt werden. Die Preiserhöhungen am Weltmarkt haben sich bisher nicht in höheren Preisen für die Milcherzeuger in der Europäischen Union niedergeschlagen. Der Grund darin liegt sowohl in der Erstattungspolitik als auch der Kursentwicklung des Euro. Lediglich in den USA zeichnet sich eine kräftige Preiserhöhung ab563. Im Jahr 2004 wurden an die österreichische Molkereiwirtschaft 2,62 Millionen Tonnen Milch angeliefert. Der gesamte Rohmilchanfall betrug 3,14 Millionen Tonnen Milch, woraus eine Lieferleistung an die Molkereien von 84,5% resultiert. Die restliche Kuhmilcherzeugung wurde im Rahmen der Direktvermarktung für die menschliche Ernährung am Hof und für die Verfütterung verwendet. Im Jahr 2004 betrug die Milchlieferleistung (inklusive Bauernbutter und Alpenkäseerfassung) 2,65 Millionen Tonnen. In Österreich befindet sich die Rohmilchqualität nach wie vor auf sehr hohem Niveau, was sich darin äußert, dass der Anteil an Milch ohne Qualitätsabzüge im Berichtsjahr immerhin 98,3% betrug564.
562 563 564
Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 35. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 35. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Grüner Bericht 2005, 35.
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Sowohl mit der „Agenda 2000“ als auch mit der GAP-Reform 2003 wurde die 1968 geschaffene gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, die bereits 1984 durch die Einführung der Milchquote und 1987 durch den Abbau der Interventionsmaßnahmen tiefgreifend umgewandelt wurde, neuerlich grundlegend geändert. Die Änderungen, die zur Gewährleistung der Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Sektors beschlossen wurden, betreffen hauptsächlich die schrittweise Verringerung der institutionellen Preise ab 2005, die teilweise durch Direktzahlungen an die Erzeuger ausgeglichen wird. Außerdem musste die Milchquotenregelung im Jahr 2003 im Hinblick auf ihre geplante Abschaffung nach dem Jahr 2006 überprüft werden565. Bei den Verhandlungen konnte nunmehr allerdings eine Verlängerung der Milchquotenregelung bis zum 31.03.2015 erreicht werden. Dies war eine der Hauptforderungen Österreichs, um die Milchproduktion in den benachteiligten Gebieten abzusichern und eine Produktionsausweitung in den Beitrittsländern zu verhindern. Damit konnten für die Milcherzeuger langfristig Rahmenbedingungen für ihre betriebswirtschaftliche Entwicklung und Entscheidungen festgelegt werden566. Die Gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse ist in der VO Nr 1255/1999 des Rates567 niedergelegt und wurde zuletzt durch die VO Nr 186/2004 geändert. Daneben bestehen zahlreiche Durchführungsbestimmungen nicht nur hinsichtlich der entkoppelten Beihilfen und der Quotenregelung, sondern auch solche, die die Standards und Analysen bei der Qualitätsbewertung von Milch und Milcherzeugnissen, die private Lagerhaltung, die Intervention, die Vermarktungsmaßnahmen, die Außenhandelsregelungen uvam betreffen568.
2. Erfasste Erzeugnisse Die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse gilt für nachstehende Erzeugnisse569: • Milch und Rahm, weder eingedickt, noch mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßungsmitteln; • Milch und Rahm, eingedickt oder mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßungsmitteln; • Buttermilch, saure Milch und saurer Rahm, Joghurt, Kefir und andere fermentierte oder gesäuerte Milch (einschließlich Rahm), auch eingedickt und mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßungsmitteln, weder aromatisiert, noch mit Zusatz von Früchten, Nüssen oder Kakao; • Molke, auch eingedickt oder mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßungsmitteln; Erzeugnisse, die aus natürlichen Milchbestandteilen beste565 566 567 568 569
Vgl dazu die entsprechende redaktionelle Mitteilung der Gemeinschaft unter ihrer Homepage www.europa.eu.int. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Die Reform der EU-Agrarpolitik, 29. Abl 1999 Nr L 160/48. Vgl die Übersicht über wesentliche Durchführungsbestimmungen bei Leidwein (FN 83), 221 ff. Art 1 VO 1255/1999.
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hen, auch mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßungsmitteln, anderweit weder genannt noch inbegriffen; • Butter und andere Fettstoffe aus Milch; Milchstreichfette mit einem Fettgehalt von mehr als 75 GHT, jedoch weniger als 80 GHT; • Käse und Quark/Topfen; • Laktose und Laktosesirup ohne Zusatz von Aroma- oder Farbstoffen und mit einem Gehalt von Laktose berechnet als wasserfreie Laktose in der Trockenmasse, von weniger als 99 GHT; • Laktosesirup, aromatisiert oder gefärbt • Zubereitungen von der zur Fütterung verwendeten Art: Futter und Zubereitungen, die Erzeugnisse enthalten, auf die diese Verordnung unmittelbar oder aufgrund der Verordnung Nr 2730/75 des Rates570 anwendbar ist, ausgenommen Futter und Zubereitungen, auf die die Verordnung Nr 1766/92 des Rates571 anwendbar ist. Das Milchwirtschaftsjahr beginnt am 1. Juli und endet am 30. Juni des folgenden Kalenderjahres572.
3. Betriebsprämie Schon mit der „Agenda 2000“ wurde beschlossen, dass in Zukunft Prämien für Milch bezahlt werden sollten. Faktisch eingeführt wurden diese in weiterer Folge mit der GAP-Reform 2003, mit der der Einführungszeitpunkt auf das Jahr 2004 vorverlegt wurde. Die Errechnung der Prämien erfolgt auf der Basis der Milchquote, die am 31. März des jeweiligen Kalenderjahres auf dem Betrieb verfügbar ist573. Die Entkoppelung der Milchprämie ist grundsätzlich erst nach der Umsetzung der Milchreform vorgesehen. Das bedeutet, dass spätestens ab 2007 auch die Direktzahlungen für Milch von der tatsächlichen Produktion entkoppelt und auf der Basis der Prämienhöhe 2006 in die einheitliche Betriebsprämie überführt werden. Durch die Einrechnung der Milchprämie in die einheitliche Betriebsprämie erhöht sich in weiterer Folge der Wert des Zahlungsanspruches pro Hektar entsprechend574. Österreich ist es im Zuge der Verhandlungen zur GAP-Reform 2003 gelungen, eine Verlängerung der Milchquotenregelung bis zum 31. März 2015 zu erreichen.
4. Interne Regelung a) Intervention Der in der Gemeinschaft geltende Interventionspreis besteht nur noch für Butter und Magermilchpulver575. Er wird ausgedrückt in Euro/100 kg und 570 571 572 573 574 575
Abl 1975 Nr L 281/20. Abl 1992 Nr L 181/21. Art 2 VO 1255/1999. Vgl Art 95 ff VO 1782/2003; Art 22 VO 1973/2004 iVm § 39b und § 39c MilchGarantiemengen-Verordnung 1999. - S dazu auch Anhammer ua (FN 83), 90. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Die Reform der EU-Agrarpolitik, 30. Vgl auch Anhammer ua (FN 83), 69 f.
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soll stufenweise bis 2007 gesenkt werden. Die Interventionsregelung stellt eine bedingte und befristete Verpflichtung der nationalen Interventionsstellen zum Ankauf von Butter und Magermilchpulver dar. Der Interventionspreis für Butter beträgt • für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006, 282,44 Euro/100kg, • für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007, 259,52 Euro/100kg, • ab 1. Juli 2007, 246,39 Euro/100kg576. Sinken die Marktpreise für Butter in einem oder mehreren Mitgliedstaaten während eines repräsentativen Zeitraumes unter 92 % des Interventionspreises ab, so nehmen die Interventionsstellen zwischen dem 1. März und dem 31. August des jeweiligen Jahres in diesem Mitgliedstaat bzw diesen Mitgliedstaaten Ankäufe im Wege der Ausschreibung vor. Der von der Kommission festgesetzte Ankaufspreis darf nicht unter 90 % des Interventionspreises liegen. Übersteigen die zur Intervention angebotenen Mengen 50.000 Tonnen im Jahr 2006, 40.000 Tonnen im Jahr 2007 und 30.000 Tonnen ab 2008, so kann die Kommission die Interventionskäufe für Butter aussetzen577. Die Interventionsstellen dürfen nur in einem in der Gemeinschaft zugelassenen Betrieb unmittelbar und ausschließlich aus pasteurisiertem Rahm gewonnene Butter kaufen, die bestimmte in der Verordnung näher angeführte Kriterien erfüllen muss578. Die Interventionsregelung wird so angewandt, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Butter auf dem Markt erhalten bleibt, die ursprüngliche Qualität der Butter so weit wie möglich gewahrt und eine möglichst rationelle Lagerung gewährleistet wird579. Der Interventionspreis für Magermilchpulver beträgt • für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006, 184,97 Euro/100 kg • ab dem 1. Juli 2006, 174,69 Euro/100kg580. Bei Magermilchpulver nimmt die vom jeweiligen Mitgliedstaat bestimmte Interventionsstelle den Ankauf zum Interventionspreis vor, sofern das Magermilchpulver in einem in der Gemeinschaft zugelassenen Betrieb gewonnen worden ist, und bestimmte Kriterien erfüllt. Dieser Interventionspreis ist der am Tag der Herstellung geltende Preis für Magermilchpulver, frei geliefert an ein von der Interventionsstelle bestimmtes Lagerhaus581. Die Kommission kann die Ankäufe aussetzen, sobald die zwischen dem 1. März und 31. August eines jeden Jahres zur Intervention angebotene Menge 109.000 Tonnen übersteigen. In diesem Fall können die Ankäufe durch die Interventionsstellen im Wege der Dauerausschreibung erfolgen582. b) Beihilfen für die private Lagerhaltung Für die private Lagerhaltung von Milcherzeugnissen kann eine Beihilfe gewährt werden, insbesondere wenn sich eine Preis- und Bestandsentwicklung 576 577 578 579 580 581 582
Art 4 Abs 1 lit a VO 1255/1999. Art 6 Abs 1 VO 1255/1999. Art 6 Abs 2 VO 1255/1999. Art 6 Abs 5 VO 1255/1999. Art 4 Abs 1 lit b VO 1255/1999. Art 7 Abs 1 VO 1255/1999. Art 7 Abs 2 VO 1255/1999.
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abzeichnet, die ein schwerwiegendes, aber durch saisonale Lagerhaltung zu behebendes oder zu verringerndes Marktungleichgewicht voraussehen lässt. Bei den betroffenen Erzeugnissen, handelt es sich grundsätzlich um Butter583, Rahm584, Magermilchpulver585 und bestimmte Käsesorten (Grana Padano, Parmigiano-Reggiano, Provolone, lagerfähige Käsesorten, aber auch bestimmte Schaf- und/oder Ziegenkäse)586. Die Beihilfe für die private Lagerhaltung wird unter Berücksichtigung der Lagerhaltungskosten und der voraussichtlichen Marktpreisentwicklung festgesetzt. Wenn es die Marktlage erfordert, kann die Kommission beschließen, dass die Interventionsstelle die gelagerten Erzeugnisse ganz oder teilweise wieder vermarktet587. c) Vermarktungsmaßnahmen Darüber hinaus sieht die Verordnung eine Reihe von Vermarktungsbeihilfen588 vor, die der Förderung des Absatzes von Milch und der Verwertung von Butter und Magermilchpulver dienen sollen. Derartige Vermarktungsbeihilfen kommen für Magermilch und Magermilchpulver (denen Buttermilch und Buttermilchpulver gleichgestellt sind), die für Futterzwecke verwendet werden und gewisse Bedingungen erfüllen, in Betracht589. Bei der Festsetzung der Beihilfebeträge werden nachfolgende Faktoren berücksichtigt590: • der Interventionspreis für Magermilchpulver; • die Entwicklung der Versorgungslage bei Magermilch und Magermilchpulver sowie ihrer Verwendung für Futterzwecke; • die Entwicklung der Kälberpreise; • die Entwicklung des Marktpreises konkurrierender Eiweißstoffe im Vergleich zu dem für Magermilchpulver. Auch wird für Magermilch, die in der Gemeinschaft hergestellt worden ist und zu Kasein oder zu Kaseinaten verarbeitet wird, eine Verarbeitungsbeihilfe gewährt, wenn die Milch und das daraus hergestellte Kasein bzw die Kaseinate gewissen Bedingungen entsprechen591. Für die in Schulen erfolgende Abgabe von bestimmten Erzeugnissen aus verarbeiteter Milch ist eine Gemeinschaftsbeihilfe („Schulmilchbeihilfe“) vorgesehen592. Die einzelnen Mitgliedstaaten können ergänzend zur Gemeinschaftsbeihilfe nationale Beihilfen für die in Schulen erfolgende Abgabe derartiger Milcherzeugnisse an Schüler gewähren. Diese Beihilfe können die Mitgliedstaaten durch eine auf den Milchsektor erhobene Steuer oder durch einen anderen Beitrag des Milchsektors finanzieren593. 583 584 585 586 587 588 589 590 591 592 593
Art 6 Abs 3 VO 1255/1999. Art 6 Abs 3 VO 1255/1999. Art 7 Abs 3 VO 1255/1999. Art 8 Abs 1 und Art 9 Abs 1 VO 1255/1999. Vgl Art 6 Abs 3 und Art 7 Abs 3 VO 1255/1999. Art 11 ff VO 1255/1999. Art 11 Abs 1 VO 1255/1999. Art 11 Abs 2 VO 1255/1999. Art 12 Abs 1 VO 1255/1999. Art 14 Abs 1 VO 1255/1999. Art 14 Abs 2 VO 1255/1999.
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d) Milchprämie und Ergänzungszahlungen aa) Vorbemerkung Um eine Stabilisierung der Agrareinkommen zu ermöglichen - insbesondere aufgrund der vorgesehenen Senkung der Interventionspreise - waren ursprünglich bereits ab dem Wirtschaftsjahr 2005/2006 Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse an die Erzeuger vorgesehen594. Diese Direktzahlungen sollten in erster Linie den Erzeugern und nicht den Quoteninhabern zugute kommen595. Die Direktzahlungen an die Erzeuger sollten im Allgemeinen zwischen dem 16. Oktober des Kalenderjahres und dem 30. Juni des Folgejahres erfolgen596. Auch nach der GAP-Reform 2003 sind zwei Arten von Direktzahlungen vorgesehen, nämlich einerseits die Zahlung eines festen Betrages (Milchprämie/Prämienbetrag) und andererseits zusätzliche variable Zahlungen, die in Form von Ergänzungszahlungen gewährt werden. Beide Arten von Direktzahlungen sind in der VO (EG) Nr 1782/2003597 geregelt. bb) Milchprämie Art 95 VO 1782/2003 sieht vor, dass Milcherzeuger im Zeitraum von 2004 bis 2007 für eine Milchprämie in Betracht kommen. Die Prämie wird je Kalenderjahr und Betrieb und je Tonne prämienfähiger einzelbetrieblicher Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt, gezahlt. Dabei ist die in Tonnen ausgedrückte einzelbetriebliche Milchreferenzmenge entscheidend, welche dem Betrieb am 31. März des jeweiligen Kalenderjahres zur Verfügung steht. Diese wird für die Kalenderjahre 2006 und 2007, im Fall der Anwendung des Art 70598 auch für die folgenden Jahre, mit 24,49 Euro pro Tonne multipliziert, um die Milchprämie zu ermitteln599. cc) Ergänzungszahlungen Die Mitgliedstaaten können alljährlich den in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Erzeugern von Milch und Milchprodukten im Zeitraum von 2004 bis 2007 Ergänzungszahlungen gewähren. Dies erfolgt im Rahmen jährlicher Gesamtbeträge, welche für die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich festgesetzt werden. Für Österreich wurden diese Gesamtbeträge für 2006 und 2007 mit 30,28 Millionen Euro festgelegt. Die Ergänzungszahlungen erfolgen nach objektiven Kriterien und unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Erzeuger bei gleichzeitiger Vermeidung von Markt- oder Wettbewerbsverzerrungen. Darüber hinaus dürfen bei diesen Zahlungen Marktpreisschwankungen nicht berücksichtigt werden. Die Prämienzuschläge werden nur in Form eines Ergänzungsbetrages zur Milchprämie gewährt600. 594 595 596 597 598 599 600
Art 16 VO 1255/1999. Art 16 Abs 1 VO 1255/1999. Art 21 VO 1255/1999. Abl 2003 Nr L 270/1. Art 70 betrifft den fakultativen Ausschluss bestimmter Arten von Direktzahlungen. Abl 2003 Nr L 270/35 Art 95. Abl 2003 Nr L 270/35 Art 96.
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5. Außenschutzbestimmungen a) Lizenzpflicht Für alle Einfuhren von Milch und Milcherzeugnissen in die Gemeinschaft ist die Vorlage einer Einfuhrlizenz erforderlich. Für alle Ausfuhren dieser Erzeugnisse aus der Gemeinschaft kann die Vorlage einer Ausfuhrlizenz gefordert werden601. Die Lizenz wird von den Mitgliedstaaten jedem Antragsteller unabhängig vom Ort seiner Niederlassung in der Gemeinschaft auf Antrag erteilt602. Die Kommission legt sowohl das Verzeichnis der Erzeugnisse, für welche Ausfuhrlizenzen erforderlich sind, als auch die Gültigkeitsdauer dieser Lizenzen fest603. Auch in diesem Bereich finden die Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs Anwendung604. b) Zölle Grundsätzlich finden für die Einfuhr von Milch und Milcherzeugnissen die Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs Anwendung. Zur Vermeidung oder Behebung von Nachteilen, die sich aus der Einfuhr von Milch und Milcherzeugnissen für den Markt in der Gemeinschaft ergeben, wird für die Einfuhr ein zusätzlicher Einfuhrzoll erhoben, wenn die Bedingungen des Art 5 des Übereinkommens über die Landwirtschaft605, erfüllt sind, es sei denn, es ist unwahrscheinlich, dass die Einfuhren den Gemeinschaftsmarkt stören, oder die Auswirkungen stehen in keinem Verhältnis zum angestrebten Ziel606. Die Preise, deren Unterschreitung die Erhebung eines zusätzlichen Einfuhrzolls auslöst, sind die Preise, die der Welthandelsorganisation von der Gemeinschaft mitgeteilt werden. Die Mengen, deren Überschreitung die Erhebung eines zusätzlichen Einfuhrzolls auslöst, werden insbesondere auf der Grundlage der Einfuhren in die Gemeinschaft festgelegt, die in den drei Jahren vor dem Jahr erfolgt sind, in dem die Nachteile für den Markt in der Gemeinschaft auftreten oder aufzutreten drohen607. c) Ausfuhrerstattungen Um die Ausfuhr von Milch und Milcherzeugnissen zu ermöglichen, kann der Unterschied zwischen den Weltmarktpreisen und den Preisen in der Gemeinschaft durch eine Ausfuhrerstattung ausgeglichen werden608. Die Erstattung ist für die gesamte Gemeinschaft prinzipiell gleich, kann aber, je nach Bestimmung, unterschiedlich festgesetzt werden, wenn dies die Lage auf dem Weltmarkt oder die spezifischen Anforderungen bestimmter Märkte erfordert609.
601 602 603 604 605 606 607 608 609
Art 26 Abs 1 VO 1255/1999. Art 26 Abs 2 VO 1255/1999. Art 26 Abs 3 VO 1255/1999. Art 27 VO 1255/1999. Abl 1994 Nr L 336/22. Art 28 Abs 1 VO 1255/1999. Art 28 Abs 2 VO 1255/1999. Art 31 Abs 1 VO 1255/1999. Art 31 Abs 3 VO 1255/1999.
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d) Schutzmaßnahmen Wird der Markt der Gemeinschaft aufgrund der Einfuhren oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht, so können im Handel mit Drittländern geeignete Maßnahmen angewandt werden, bis die tatsächliche Störung behoben ist oder keine Störung mehr droht610. Tritt eine ernstliche Störung ein bzw droht eine solche, so beschließt die Kommission entweder auf Antrag eines Mitgliedstaates oder von sich aus die erforderlichen Maßnahmen, die den Mitgliedstaaten in der Folge mitgeteilt werden und von diesen unverzüglich anzuwenden sind. Ist die Kommission mit einem Antrag eines Mitgliedstaates befasst worden, so entscheidet sie hierüber innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags611.
3. Die Quotenregelung im Milchsektor a) Allgemeines Bereits 1984 wurde mit VO (EWG) Nr 856/64612 eine Quotenregelung für Milch und Milcherzeugnisse („Milch-Garantiemengenregelung“) mit dem Ziel eingeführt, das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen und die sich daraus ergebenden strukturellen Überschüsse („Milchseen“, „Butterberge“) zu verringern613. Die Regelung war befristet, wurde jedoch mehrmals verlängert, insbesondere mit VO (EWG) Nr 3950/92614 und - bis zum 31. März 2008 - mit der VO (EG) Nr 1256/1999615. Im Zuge der GAP-Reform 2003 wurde die VO (EWG) Nr 3950//92 aufgehoben und durch die neu gestaltete, klarer und übersichtlicher gefasste VO (EG) Nr 1788/2003616 ersetzt, die bis zum 31. März 2015 gilt. Die entsprechenden Durchführungsbestimmungen enthält die VO (EG) Nr 595/2004617. Den Kern der Regelung bildet die Festsetzung einer Gesamtgarantiemenge mit einem Referenzgehalt an Milchfett für jeden Mitgliedstaat als Garantieschwelle. Wird die Garantieschwelle überschritten, so wird auf die Milchlieferungen oder Milchdirektverkäufe eine Abgabe in abschreckender Höhe erhoben618. Im Zuge der Beitrittsverhandlungen wurde Österreich einer610 611 612
613 614 615
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Art 35 Abs 1 VO 1255/1999. Art 35 Abs 2 VO 1255/1999. VO (EWG) Nr 856/64 des Rates vom 31. März 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr 804/68 über die Gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, Abl 1984 Nr L 90/10. Näher dazu Anhammer ua (FN 83), 114 ff; Puck (FN 10), Rz 681. VO (EWG) Nr 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor, Abl 1992 Nr L 405/1. VO (EG) Nr 1256/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr 3950/92 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor, Abl Nr L 160/73. VO (EG) Nr 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, Abl 2003 Nr L 270/123. idF VO (EG) Nr 2217/2004, Abl 2004 Nr L 375/1. VO (EG) Nr 595/2004 der Kommission vom 30. März 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur VO (EG) Nr 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, Abl 2004 Nr L 094/22. Vgl Hix (FN 107), Art 34, Rz 62.
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seits eine Anlieferungs-Referenzmenge von 2.205.000 t (sowie zusätzlich maximal 180.000 t sog „SLOM-Menge“619) mit einem Referenzfettgehalt von 4,03 % und andererseits eine Direktverkaufs-Referenzmenge von 367.000 t zugewiesen (nationale Gesamt-Garantiemengen bzw einzelstaatliche Referenzmengen)620. Ab dem 1. April 2004 wurde jedem Mitgliedstaat nur noch eine einzige nationale (Gesamt-) Referenzmenge zugeteilt, die in Hinkunft jährlich aufgrund der entsprechenden Mitteilung der Mitgliedstaaten von der Kommission in eine Referenzmenge für „Lieferungen“ und eine Referenzmenge für „Direktverkäufe“ aufgeteilt wird. Derzeit (Zeitraum 2005/2006) verfügt Österreich über eine nationale (Gesamt-) Referenzmenge von 2.750.389,712 t621. Da die Milcherzeugung im Berggebiet nur durch eine Milchquotenregelung aufrechterhalten werden kann, steht diese seit jeher im Zentrum der österreichischen Agrarpolitik. Ihre Verlängerung bildete das Kernanliegen der österreichischen Verhandlungsposition im Rahmen der „Agenda 2000“ und der GAPReform 2003622. Mit der Festschreibung der Milchquotenregelung bis zum 31. März 2015 wurde zum einen die Milchproduktion in den geografisch und strukturell benachteiligten Gebieten Österreichs - zumindest für die kommenden Jahre - abgesichert, zum anderen konnte eine Produktionsausweitung der überwiegend agrarisch orientierten neuen Beitrittsländer (vorerst) verhindert werden. Die anlässlich der „Agenda 2000“ beschlossene lineare Aufstockung der Milchquoten für alle Mitgliedstaaten um 1,5 % wurde nach der GAPReform 2003 um ein Jahr verschoben und beginnt 2006/2007. Parallel zur Milchquotenregelung wurden im Rahmen der GAP-Reform 2003 langfristig weitere Rahmenbedingungen für die betriebswirtschaftliche Entwicklung der Milcherzeuger festgelegt. b) Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmenge Jeder Milcherzeuger benötigt für die Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen eine Referenzmenge, die von den Mitgliedstaaten einzelbetrieblich festgelegt werden623. In Österreich erfolgte die Festlegung im Rahmen der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung624 iVm der Milch-
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620 621
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Unter der SLOM-Quote wird auf Gemeinschaftsebene in - Entsprechung der niederländischen Bezeichnung - die dem Erzeuger zugewiesene Referenzmenge verstanden. - Im gegenständlichen Fall wurde die genannte SLOM-Menge zur Zuteilung als Anlieferungs-Referenzmenge II für Almen und für Teilnehmer an der freiwilligen Lieferrücknahme verwendet. Anhammer ua (FN 83), 115. Vgl Anhang I VO 1788/2003. - Die (Gesamt-) Referenzmenge erhöht sich bis zum Zeitraum 2008/2009 jährlich. Ab dem Zeitraum 2008/2009 bis zum Zeitraum 2014/2015 beträgt die (Gesamt-) Referenzmenge für Österreich 2.791.645,558 t. Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Reform der GAP. Ergebnisse 26. März 1999 (1999) Kapitel 4.1.I.1.; Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg), Die Reform der EU-Agrarpolitik, 29. Vgl Art 6 Abs 1 VO 1788/2003. VO des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmengen im Rahmen von Garantiemengen im Bereich der Gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (MilchReferenzmengen-Zuteilungsverordnung), BGBl Nr 1995/226 idF BGBl 1996/729.
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Garantiemengen-Verordnung 1999625. Danach entspricht die einzelbetriebliche Referenzmenge der Summe aus „Anlieferungs-Referenzmenge“ und „Direktverkaufs-Referenzmenge“. „Anlieferungs-Referenzmenge“ ist mit Beginn des 1. April 1995 die dem Milcherzeuger mit 31. März 1995 aufgrund der MilchReferenzmengen-Zuteilungsverordnung von der AMA mitgeteilte Anlieferungs-Referenzmenge I sowie die auf Antrag durch die AMA zugeteilte Anlieferungs-Referenzmenge II626. „Direktverkaufs-Referenzmenge“ ist mit Beginn des 1. April 1995 die dem Milcherzeuger mit 31. März 1995 aufgrund der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung von der AMA mitgeteilte Direktverkaufs-Referenzmenge627. Ein Erzeuger kann über eine oder zwei einzelbetriebliche Referenzmengen verfügen, eine für Lieferungen und eine für Direktverkäufe. Unter „Lieferung“ ist dabei jede Lieferung von Milch - unter Ausschluss aller anderen Milcherzeugnisse - von einem Erzeuger an einen Abnehmer (das ist ein Unternehmen oder eine Unternehmensgemeinschaft, das bzw die Milch beim Erzeuger kauft, um diese zu be- oder verarbeiten) zu verstehen628. „Direktverkauf“ wiederum ist jeder Verkauf bzw jede Abgabe (auch unentgeltlich) von Milch von einem Erzeuger direkt an den Verbraucher sowie jeder Verkauf bzw jede Abgabe anderer Milcherzeugnisse durch einen Erzeuger629. Umwandlungen zwischen Referenzmengen eines Erzeugers dürfen nur von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates (in Österreich sohin von der AMA) auf ordnungsgemäß begründeten Antrag des Erzeugers vorgenommen werden630. Lieferungen dürfen seitens des Milcherzeugers grundsätzlich nur an solche Abnehmer erfolgen, die von der AMA zugelassen sind631. c) Abgabe Bei Überschreitung der dem Mitgliedstaat zugewiesenen (Gesamt-) Referenzmenge632, die getrennt für Lieferungen und Direktverkäufe festgestellt wird633, hat dieser eine Abgabe an den EAGFL zu überweisen634. Die Abgabe 625
626 627 628 629
630 631 632
633 634
VO des Bundesministers für Land- und Forstwirtschat über die Garantiemengen im Bereich der Gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 - MGV 1999), BGBl II Nr 1999/28 idF BGBl II 2005/240. Vgl § 4 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Vgl § 33 Abs 1 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Vgl Art 5 lit e und lit f VO 1788/2003. Vgl Art 5 lit g VO 1788/2003. - Als Direktvermarktung gilt insb die Abgabe von Milch und Milcherzeugnissen an Letztverbraucher, Einzelhändler, Großhändler, gastronomische Einrichtungen, Bäckereien, Heime, Krankenhäuser, Strafanstalten und Schulen (Schulmilch), aber auch an eigene Gäste (zB im Rahmen eines Urlaubsaufenthaltes am Bauernhof) sowie an Dritte zur Verfütterung (zB an Schweinemäster). - Vgl Anhammer ua (FN 83), 120. Art 6 Abs 2 VO 1788/2003. Vgl Art 23 VO 595/2004 iVm § 24 Abs 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Die Überschreitung der (Gesamt-) Referenzmenge stellt stets das Ergebnis der Überschreitung der Summe der einzelbetrieblichen Quoten dar, die als solche die (Gesamt-) Referenzmenge bilden. Vgl Art 8 Abs 1 VO 1788/2003. Vgl Art 3 Abs 1 VO 1788/2003.
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wird je 100 kg Milch festgesetzt und beträgt für den Zeitraum 2005/2006 30,91 Euro, für den Zeitraum 2006/2007 28,54 Euro und für die Zeiträume 2007/2008 und folgende 27,83 Euro635. Die Einhebung der Abgabe erfolgt in Österreich nicht bereits bei jeder Überschreitung der einzelbetrieblichen Referenzmenge, sondern erst nach erfolgter Saldierung von Unterlieferungen (das ist das Ausmaß der Gesamtmenge, das im jeweiligen Zwölfmonatszeitraum nicht genutzt worden ist) mit Überlieferern (das sind Milcherzeuger, deren Lieferungen die ihnen zugeteilte Anlieferungs-Referenzmenge überschritten haben) und nur bei Überschreitung der (Gesamt-) Referenzmenge („Saldierung“)636. Die Abgabe wird in weiterer Folge vollständig auf die Erzeuger aufgeteilt, die zu den jeweiligen Überschreitungen der einzelstaatlichen Referenzmengen beigetragen haben („Milch-Garantiemengenabgabe“, umgangssprachlich auch als „Superabgabe“ bezeichnet)637. Abrechnungszeitraum ist der 1. April bis zum 31. März. Die Erzeuger schulden den Beitrag zur fälligen Abgabe allein aufgrund der Überschreitung ihrer verfügbaren Referenzmengen638. Die Abgabe wird über die Be- und Verarbeiter („Abnehmer“639) eingehoben640. Der Abnehmer hat dem Milcherzeuger641 jährlich bis 20. Mai die ihm zustehende AnlieferungsReferenzmenge einschließlich des durchschnittlich gewogenen Fettgehalts und eine allfällig zustehende Direktverkaufs-Referenzmenge mitzuteilen642. Direktverkäufer haben die Abgabe selbst an die Marktordnungsstelle abzuführen643. Die Direktverkaufs-Referenzmenge ist der AMA vom Milcherzeuger anhand der von ihm geführten Aufzeichnungen über die von ihm täglich abgegebenen Mengen an Milch und Milcherzeugnissen (gegliedert nach Produkten) zu melden. Die Meldung hat nach Ablauf jedes Zwölfmonatszeitraumes mittels eines eigenen dafür vorgesehenen Formulars zu erfolgen. Der Aufzeichnungspflicht unterliegen auch diejenigen Mengen, die zwar erzeugt, aber etwa wegen Eigenverbrauches - nicht abgegeben werden644. Liefert der Milcherzeuger an einen nicht zugelassenen Abnehmer, hat der Abnehmer für diese Lieferung die Zusatzabgabe zu entrichten. Bei Lieferungen des Milcherzeugers entgegen § 23 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 an 635 636 637 638 639
640 641 642 643 644
Art 2 VO 1788/2003. Vgl im einzelnen § 22 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Zur Berechnung des Zuweisungsprozentsatzes und der Abgabe s § 22 Abs 2 MilchGarantiemengen-Verordnung 1999. Vgl Art 4 VO 1788/2003. „Abnehmer“ ist primär ein Unternehmen oder eine Unternehmensgemeinschaft, das bzw die Milch beim Erzeuger kauft, um sie, auch im Rahmen eines Lohnvertrages, einem oder mehreren Sammel-, Verpackungs-, Lagerungs-, Kühlungs- oder Verarbeitungsvorgängen zu unterziehen bzw um sie an eines oder mehrere Unternehmen abzugeben, die Milch oder andere Milcherzeugnisse behandeln oder verarbeiten. Vgl Art 5 lit eVO 1788/2003. Vgl § 30 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Den Milcherzeuger treffen unbeschadet der Verpflichtungen des Abnehmers entsprechende Aufzeichnungspflichten. - Vgl Art 24 Abs 5 VO 595/2004. Näher dazu § 28 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Vgl Art 10 ff VO 1788/2003. Vgl Art 24 Abs 6 VO 595/2004 iVm § 35 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999.
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einen Abnehmer in einen anderen Mitgliedstaat hat der Milcherzeuger die Zusatzabgabe selbst zu entrichten645. Der Abnehmer hat die Qualität und die wertbestimmenden Merkmale der an ihn gelieferten Milch regelmäßig in einem von der AMA anerkannten Labor überprüfen zu lassen646. Die Bestimmung hat dabei nach der in der Anlage zu § 25 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 eingehend geregelten Vorgangsweise zu erfolgen. In der Folge wird die Milch eines jeden Milcherzeugers vom Abnehmer nach Qualitätsmerkmalen eingestuft, wobei für die Einstufung die Keimzahl und die Zellzahl ausschlaggebend sind647. Der Zweck der Milch-Garantiemengenregelung besteht darin, die Subvention zu begrenzen, die den Milcherzeugern über die gemeinschaftliche Preisstützung gewährt wird. Sie ist sohin ein Instrument des Subventionsabbaus, der über die Einhebung einer Abgabe erreicht werden soll. Der Milcherzeuger erhält mit der Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmenge auch ein Vermarktungsrecht, wobei die Überschreitung derselben per se nicht verboten ist. Sie wird jedoch durch die Erhebung der Abgabe geahndet, wodurch sie sich wirtschaftlich negativ auf das Betriebsergebnis des betreffenden Milcherzeugers auswirkt. d) Übertragung von Referenzmengen Grundsätzlich steht die einzelbetriebliche Referenzmenge dem jeweils Verfügungsberechtigten über einen landwirtschaftlichen Betrieb (Betriebsinhaber) zu. Im Falle der Verpachtung eines Betriebes ist dies der Pächter (Grundsatz der Hofgebundenheit von Referenzmengen)648. Ein Betrieb im vorgenannten Sinne besteht aus den zur Milcherzeugung erforderlichen und genutzten Flächen sowie jenen Wirtschaftsgebäuden und Teilen der Betriebsstätte, die zur Milcherzeugung dienen649. Im Falle der Verfügungsberechtigung ein und desselben Milcherzeugers über mehrere Betriebe ist vom Vorliegen eines Gesamt-Betriebes auszugehen, dessen Betriebsstätten gemeinsam abgerechnet werden. Allerdings sieht die VO (EG) 1788/2003 eine Reihe von Voraussetzungen vor, bei deren Vorliegen eine Übertragung der einzelbetrieblichen Referenzmenge auf Dritte möglich und zulässig ist: Bei Verkauf, Verpachtung, Vererbung, vorweggenommener Erbfolge oder einer anderen Übertragung des Betriebes mit vergleichbaren rechtlichen Auswirkungen für die Erzeuger wird die einzelbetriebliche Referenzmenge mit dem Betrieb auf die Erzeuger übertragen, die den Betrieb übernehmen650. Wird oder werden Referenzmengen im Rahmen landwirtschaftlicher Pachtverträge oder auf andere Weise mit vergleichbarer rechtlicher Wirkung übertragen, so können die Mitgliedstaaten anhand objektiver Kriterien beschließen,
645 646 647 648 649 650
§ 24 Abs 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Vgl § 24 Abs 4 iVm § 25 Abs 1 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Vgl Pkt II.3.a) der Anlage zu § 25 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Vgl § 5 Abs 1 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Vgl § 5 Abs 2 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Art 17 Abs 1 VO 1788/2003.
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dass die Referenzmenge nicht mit dem Betrieb übertragen wird, damit die Referenzmenge ausschließlich den Erzeugern zugewiesen wird651. Im Hinblick auf die Umstrukturierung der Milcherzeugung oder zur Verbesserung der Umweltbedingungen können die Mitgliedstaaten nach Modalitäten, die sie unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten festlegen, die Übertragung auch unter anderen Bedingungen zulassen (spezielle Übertragungsmaßnahmen)652. Der praktisch häufigste Fall ist die rechtsgeschäftliche Übertragung von Referenzmengen ohne entsprechende Flächenübertragung gemäß Art 18 lit f VO (EG) 1788/2003653. Daneben ist auch die zeitweilige Übertragung gemäß Art 16 VO (EG) 1788/2003 geläufig („Quotenleasing“654). e) Nationale Reserve Jeder Mitgliedstaat bildet im Rahmen der gemeinschaftlich festgesetzten (Gesamt-) Referenzmenge eine einzelstaatliche Reserve. In diese fließen gegebenenfalls gemäß Art 15 VO (EG) 1788/2003 („Inaktivität“655) eingezogene bzw bei Übertragungen gemäß Art 19 VO (EG) 1788/2003 einbehaltene bzw durch eine lineare Verringerung der Gesamtheit der einzelbetrieblichen Referenzmengen frei werdende Mengen ein. Diese Mengen behalten ihre ursprüngliche Zweckbestimmung für „Lieferungen“ oder „Direktverkäufe“656. Die Zuteilung der ganzen Menge oder von teilweisen Mengen aus der nationalen Reserve an die Erzeuger ist von den Mitgliedstaaten anhand von objektiven Kriterien, die der Kommission mitgeteilt werden, zu regeln657. Die Aufteilung der nationalen Reserve erfolgt in Österreich auf der Basis der Referenzmengen-Zuteilungs-Verordnung 2006658.
D. Gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven 1. Allgemeines Der Olivenanbau ist seit jeher Bestandteil der Landwirtschaft in der Europäischen Union und kann auf eine Jahrtausend alte Tradition zurückverweisen. In den südlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind rund 2,5 Millionen 651 652 653 654 655
656 657 658
Art 17 Abs 2 VO 1788/2003. Vgl Art 18 VO 1788/2003. Anhammer ua (FN 83), 116. - Vgl auch § 8 Abs 1 Milch-GarantiemengenVerordnung 1999 („Handelbarkeit“). Vgl § 9 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Wird die einzelbetriebliche Referenzmenge während eines Zwölfmonatszeitraumes vom Milcherzeuger nicht oder im Ausmaß von weniger als 70 % durch eigene Vermarktung genutzt, so verfällt diese zur Gänze bzw im nicht genutzten Ausmaß zu Gunsten der nationalen Reserve, es sei denn, die Nichtnutzung ist nachweislich auf höhere Gewalt oder sonstigen hinreichende Grund zurückzuführen. - Vgl Art 15VO 1788/2003 iVm § 12a Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999. Art 14 Abs 1 VO 1788/2003. Art 7 VO 1788/2003. VO des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Zuteilung von Referenzmengen im Rahmen der GMO Milch (Referenzmengen-Zuteilungs-Verordnung 2006 - RZV 2006), BGBl II Nr 2006/102.
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Olivenbauern tätig. Der Olivenanbau bildet in einigen Regionen das Rückgrat der örtlichen Wirtschaft und ist insofern von wesentlicher ökonomischer und gesellschaftlicher Bedeutung. Die Europäische Union ist weltweit gesehen der wichtigste Erzeuger und Verbraucher von Olivenöl. Die Reform der Gemeinsamen Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven wurde im Rahmen des so genannten „Mittelmeerpaktes“ ausgehandelt. Seitdem ist die Gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven in der VO (EG) Nr 865/2004 des Rates vom 29. April 2004 niedergelegt659. Sie ersetzt seit 1.11.2005 die bis dahin gültige VO (EWG) Nr 136/66 des Rates über die Errichtung einer Gemeinsamen Marktorganisation für Fette660. Der Zweck der Gemeinsamen Marktorganisation besteht darin, die Märkte zu stabilisieren und der landwirtschaftlichen Bevölkerung im Sektor Olivenöl und Tafeloliven eine angemessene Lebenshaltung zu sichern. Aus diesem Grund wird es seitens der Gemeinschaft für erforderlich erachtet, eine Einkommensstützung für die Erhaltung von Olivenhainen vorzusehen, Binnenmarktmaßnahmen zu treffen, damit die Preise und Versorgungsbedingungen auf einem angemessenen Niveau bleiben, und Maßnahmen zur Beeinflussung der Marktnachfrage durch die Verbesserung der Produktqualität und Aufklärung der Verbraucher über Qualitätsaspekte durchzuführen.
2. Erfasste Produkte Die Gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven gilt für Olivenöl, frische, gekühlte, getrocknete oder zubereitete Oliven, Verarbeitungsrückstände und Oliventrester661.
3. Betriebsprämie Eine grundlegende Änderung der Gemeinsamen Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven hat sich durch ihre Einbeziehung in die GAP-Reform 2003662 und die darin vorgesehene teilweise Umstellung auf die Betriebsprämienregelung ergeben, die ab dem Wirtschaftsjahr 2005/2006 gilt: Mindestens 60 % der im Referenzzeitraum 2000 bis 2003663 geleisteten Produktionsbeihilfezahlungen werden künftig als Betriebsprämien gewährt664. Betriebe 659 660
661 662 663
664
Abl 2004 Nr L 161/97. Abl 1966 Nr P 172/3035. - Im Gegensatz zur nunmehr gültigen Gemeinsamen Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven erfasste die Gemeinsame Marktorganisation Ölsaaten und ölhaltige Früchte sowie pflanzliche oder aus Fischen oder Meeressäugetieren gewonnene Öle und Fette. Diese Erzeugnisse wurden gemäß Anhang II der VO 865/2004 in die VO (EWG) Nr 827/68 über die Gemeinsame Marktorganisation für bestimmte in Anhang II des Vertrages aufgeführte Erzeugnisse, Abl 1968 Nr L 151/16, übernommen. Art 1 VO 865/2004. Vgl VO (EG) Nr 1782/2003, Abl 2003 Nr L 270/1. Da die Olivenerträge von Jahr zu Jahr erheblich schwanken können, werden im Sektor Olivenanbau - im Gegensatz zu den anderen Sektoren - nicht drei, sondern vier Jahre als Bezugszeitraum herangezogen. Von einer vollständigen Einbeziehung der bis dahin produktionsabhängigen Stützungsregelung im Olivensektor wurde deshalb Abstand genommen, weil der Rat befürchtete, dass es deswegen in bestimmten traditionellen Anbaugebieten zu Problemen kommen könnte. Insbesondere vertrat der Rat die Ansicht, dass es bei der Pflege der Ölbäume weitflächig zu Störungen kommen würde, wodurch wiederum die
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mit einer Anbaufläche unter 0,3 ha erhalten 100 % ihrer durchschnittlichen produktionsbezogenen Zahlungen. Die übrigen Zahlungen (maximal 40 %) werden künftig als Flächenzahlungen zur Erhaltung von ökologisch oder sozial wertvollen Olivenhainen geleistet („nationaler Mittelrahmen“). Im Rahmen von Ergänzungszahlungen sind einzelstaatliche Beihilfen zur Qualitätsverbesserung und Beihilfen für Neuanpflanzungen zulässig. Das bislang geltende System der Produktionsbeihilfen wird sohin mit Wirkung vom 1. Januar 2006 an abgeschafft. Um die Betriebsprämie oder die Beihilfe für Olivenhaine zu erhalten, müssen die Erzeuger ua ihr Land in gutem agronomischem und ökologischem Zustand erhalten und auch sonstige Auflagenbindungen beachten, wobei die Mitgliedstaaten auf geeigneter Ebene entsprechende Mindestanforderungen festlegen. Speziell für Olivenhaine gilt, dass diese als solche als Landschaftsmerkmale zu erhalten sind. Gegebenenfalls kann ein Rodungsverbot für Ölbäume angeordnet werden. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass sich die Olivenhaine in gutem Vegetationszustand befinden.
4. Interne Regelungen a) Grundsätzliches Zur Regelung des Binnenmarktes hinsichtlich Olivenöl und Tafeloliven sieht die Gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven die Marktsteuerung durch Gewährung von Beihilfen für private Lagerhaltung, durch Gewährung von Beihilfen für Olivenhaine, durch Festlegung von Vermarktungsvorschriften sowie durch Anerkennung und Zulassung von Marktteilnehmerorganisationen vor. b) Private Lagerhaltung Im Falle einer schwerwiegenden Marktstörung in bestimmten Regionen der Gemeinschaft kann die Kommission zur Marktsteuerung beschließen, dass von den Mitgliedstaaten zugelassene Einrichtungen Verträge über die (private) Lagerhaltung für das von ihnen vermarktete Olivenöl abschließen. Diese Maßnahmen können auch dann durchgeführt werden, wenn der festgestellte durchschnittliche Marktpreis während eines repräsentativen Zeitraumes unter bestimmte in der VO genannte Werte sinkt665. c) Beihilfe für Olivenhaine Den Betriebsinhabern wird als Beitrag zur Erhaltung von ökologisch oder sozial wertvollen Olivenhainen unter bestimmten Voraussetzungen eine Beihilfe gewährt666. Danach muss der Olivenhain im geografischen Informationssystem gemäß Art 20 Abs 2 VO 1782/2003 erfasst sein. Beihilfefähig sind nur Flächen, die entweder vor dem 1. Mai 1998 (Zypern und Malta: 31. Dezember
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Böden und damit die Landschaft geschädigt werden oder nachteilige soziale Auswirkungen eintreten könnten. Der Rat einigte sich daher im Ergebnis darauf, einen Teil der gemeinschaftlichen Stützung an die Erhaltung von ökologisch oder sozial wertvollen Olivenhainen zu binden. Art 6 Abs 1 VO 865/2004. Art 110g VO 1782/2003.
Agrarmarktrecht
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2001) mit Ölbäumen bepflanzt wurden oder unter ein von der Kommission genehmigtes Programm fallen. Der Olivenhain muss den Merkmalen der Olivenhainkategorie entsprechen. Schließlich muss sich die beantragte Beihilfe auf mindestens 50 Euro je Antrag belaufen667. Die Beihilfe für Olivenhaine wird je Oliven-GIS-ha gewährt. Die Beihilfenhöhe wird dabei von den Mitgliedstaaten nach Kategorien festgelegt, wobei höchstens fünf Kategorien von Olivenhaingebieten festgelegt werden dürfen. Die Kategorien werden anhand gemeinsamer ökologischer und sozialer Kriterien, auch unter Berücksichtigung landschaftlicher und traditioneller Aspekte, bestimmt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Erhaltung der Olivenhaine in Randgebieten zu achten. Der nach den Voraussetzungen der VO 1782/2003 für den jeweiligen Mitgliedstaat errechnete Beihilfehöchstbetrag wird von diesem in der Folge nach Maßgabe objektiver Kriterien und in nicht diskriminierender Weise auf die verschiedenen Kategorien aufgeteilt668. c) Vermarktungsnormen Für Olivenöl können unter Berücksichtigung der technischen Erfordernisse bei Erzeugung und Vermarktung sowie der Entwicklung der Verfahren zur Bestimmung der physikalisch-chemischen und organoleptischen Merkmale dieser Erzeugnisse Vermarktungsnormen, insbesondere für Güteklassen, Verpackung und Aufmachung, festgelegt werden. Nach Erlassung der Normen dürfen die betreffenden Erzeugnisse in der Gemeinschaft nur noch gemäß diesen Normen vermarktet werden669. Die Bezeichnungen für Olivenöl sind gemeinschaftsrechtlich verbindlich geregelt. Danach wird zwischen nativen Olivenölen (in den Güteklassen natives Olivenöl extra, natives Olivenöl und Lampantöl), raffiniertem Olivenöl, Olivenöl bestehend aus raffinierten Olivenölen und nativen Olivenölen, rohem Olivenrestöl, raffiniertem Olivenrestöl und Olivenrestöl unterschieden670. d) Marktteilnehmerorganisationen Marktteilnehmerorganisationen sind anerkannte Erzeugerorganisationen, anerkannte Branchenverbände und andere anerkannte Organisationen der Marktteilnehmer des Olivenölsektors oder deren Vereinigungen671. Die Bedingungen ihrer Zulassung werden von der Kommission in einer eigenen Durchführungsverordnung geregelt672. Nach den Vorstellungen der Gemeinschaft sollen die Marktteilnehmerorganisationen vor allem Aktionsprogramme in einem oder mehreren der Bereiche 667 668 669 670
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Art 110h VO 1782/2003. Vgl Art 110i VO 1782/2003. Art 5 Abs 1 VO 865/2004. Art 4 iVm Anhang I VO 865/2004. - Die spezifischen Eigenschaften von Olivenöl sind ein Grund dafür, dass trotz des hohen Preises im Vergleich zu anderen Ölen und Fetten ein großes Verbraucherinteresse an Olivenöl besteht. Die Vorschriften betreffend den Schutz der Qualität von Oliven und Olivenöl dienen insofern auch dazu, Missbräuchen bei der Qualität und Echtheit der den Verbrauchern angebotenen Erzeugnisse vorzubeugen. Art 7 Abs 1 VO 865/2004. Art 9 lit a VO 865/2004.
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Marktbetreuung und administrative Verwaltung des Olivenöl- und Tafelolivensektors; Verbesserung der Umweltauswirkungen des Olivenanbaus; Verbesserung der Produktionsqualität von Olivenöl und Tafeloliven; Rückverfolgbarkeitssystem, Zertifizierung und Schutz der Olivenöl- und Tafelolivenqualität, insbesondere Überwachung der Qualität des an den Endverbraucher verkauften Olivenöls, unter der Aufsicht der einzelstaatlichen Verwaltungen; Verbreitung von Informationen über die von den Marktteilnehmerorganisationen zur Verbesserung der Olivenölqualität durchgeführten Maßnahmen673.
5. Außenschutzbestimmungen a) Lizenzpflicht aa) Einfuhrlizenzen Für alle Einfuhren von Olivenöl ist eine Einfuhrlizenz674 vorzulegen, die von den Mitgliedstaaten jedem Antragsteller unabhängig vom Ort seiner Niederlassung erteilt wird675. Die Einfuhrlizenzen sind gemeinschaftsweit gültig. Die Erteilung dieser Lizenzen ist an die Stellung einer Sicherheit gebunden, die gewährleistet, dass die betreffenden Erzeugnisse tatsächlich während der Geltungsdauer der Lizenz eingeführt werden. Außer in Fällen höherer Gewalt verfällt die Sicherheit ganz oder teilweise, wenn die Einfuhr innerhalb dieser Frist nicht oder nur teilweise erfolgt676. bb) Ausfuhrlizenzen Damit sich die Marktentwicklung besser verfolgen lässt, kann gegebenenfalls für die Ausfuhr von Olivenölen aus der Gemeinschaft von der Kommission im Wege der Erlassung einer Durchführungsverordnung die Vorlage einer Ausfuhrlizenz vorgeschrieben werden677. b) Zölle Sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird, finden auf Oliven bzw auf Olivenöl die Einfuhrzollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs Anwendung. Falls der Marktpreis für Olivenöl in der Gemeinschaft mindestens drei Monate lang die durchschnittlichen Preise gemäß Art 6 Abs 1 der VO 865/2004 um das 1,6-fache übersteigt, so kann die Kommission beschließen, entweder die Anwendung der Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs für Olivenöl ganz oder teilweise auszusetzen und die Modalitäten dieser Aussetzung festzulegen oder ein gemeinschaftszollermäßigtes Einfuhrkontingent für Olivenöl zu eröffnen und 673 674
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Art 8 Abs 1 VO 865/2004. Näheres ist in der VO (EG) Nr 1345/2005 mit Durchführungsbestimmungen für Einfuhrlizenzen im Olivenölsektor, Abl 2005 Nr L 212/13, geregelt. Die VO 1345/2005 ergänzt die Bestimmungen der VO (EG) Nr 1291/2000 mit gemeinsamen Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Abl 2000 Nr L 152/1 idF VO (EG) 1741/2004, Abl 2004 Nr L 311/17. Art 10 Abs 1 VO 865/2004. Art 10 Abs 2 VO 865/2004. Art 10 Abs 3 VO 865/2004.
Agrarmarktrecht
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dessen Verwaltung zu regeln. Diese Maßnahmen werden nur für die erforderliche Mindestdauer, längstens jedoch bis zum Ende des betreffenden Wirtschaftsjahres angewandt678. c) Handelshemmnisse Die Erhebung von Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle und die Anwendung von mengenmäßigen Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung sind im Handel mit Drittländern grundsätzlich untersagt679. Soweit es für das reibungslose Funktionieren der Gemeinsamen Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven erforderlich ist, kann die Inanspruchnahme der Regelung des aktiven Veredelungsverkehrs von der Kommission ganz oder teilweise ausgeschlossen werden680. d) Schutzmaßnahmen Die Zolltarifregelung macht es an sich möglich, auf alle sonstigen Schutzmaßnahmen an den Außengrenzen der Gemeinschaft zu verzichten. Unter außergewöhnlichen Umständen kann sich der Binnenmarkt- und Zollmechanismus jedoch als unzulänglich erweisen. Um den Gemeinschaftsmarkt den sich daraus möglicherweise ergebenden Störungen nicht ungeschützt auszusetzen, ist die Gemeinschaft dazu berechtigt, den Einsatz der entsprechenden Instrumente zu beschließen. Wird der Markt in der Gemeinschaft für eines oder mehrere der in Art 1 der VO 865/2004 genannten Erzeugnisse aufgrund der Ein- oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht, so können im Handel mit Nicht-WTO-Mitgliedern geeignete Maßnahmen angewandt werden, bis die tatsächliche oder drohende Störung behoben ist681. Die Maßnahmen werden von der Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaates oder von sich aus beschlossen und den Mitgliedstaaten mitgeteilt, die diese Maßnahmen in weiterer Folge unverzüglich anzuwenden haben682.
6. Zuständigkeiten und Vollziehung Die Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation für Olivenöl und Tafeloliven obliegt der Kommission. Diese wird dabei von dem „Verwaltungsausschuss für Olivenöl und Tafeloliven“ unterstützt683. Dieser Ausschuss setzt sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammen und tritt unter dem Vorsitz eines Vertreters der Kommission zusammen. Der Ausschuss verfügt über eine eigene Geschäftsordnung684.
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Art 11 VO 865/2004. Art 12 Abs 2 VO 865/2004. Art 13 VO 865/2004. Art 14 Abs 1 VO 865/2004. Art 14 Abs 2 VO 865/2004. Art 18 Abs 1 VO 865/2004. Art 18 Abs 3 VO 865/2004.
Benjamin Kneihs
Preis- und Versorgungssicherungsrecht I. Grundlagen ..............................................................................................1310 A. Allgemeines..........................................................................................1310 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .......................................................1311 C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen................1312 II. Preisrecht................................................................................................1314 A. Das Preisgesetz 1992 im Überblick.....................................................1314 B. Die Preisfestsetzung im Einzelnen.......................................................1316 1. Die Preisfestsetzung im Zusammenhang mit einer Versorgungsstörung (§ 2) ...............................................................1316 2. Die Preisfestsetzung am Arzneimittelmarkt (§ 3) ...........................1320 3. Die Preisfestsetzung bei Marktstörungen (§ 5) ...............................1322 4. Die Preisfestsetzung für Erdöl und Erdölderivate (§ 5a).................1325 C. Buchpreisbindung................................................................................1330 1. Allgemeines.....................................................................................1330 2. Die Preisfestsetzung im Überblick ..................................................1330 3. Verfassungsrechtliche Fragestellungen ...........................................1331 III. Versorgungssicherung .........................................................................1334 A. Zur Problemstellung ............................................................................1334 B. Versorgungssicherungsgesetz..............................................................1335 1. Voraussetzungen für Lenkungsmaßnahmen ...................................1335 2. Lenkungsmaßnahmen......................................................................1336 3. Zuständigkeit und Verfahren...........................................................1337 4. Straf- und Schlussbestimmungen ....................................................1339 Rechtsgrundlagen: EU-Recht: Art 28 ff, 100 und 133 sowie 297 EGV; VO (EG) 3285/1994 vom 22.12.1994, Abl 1994 L 349, 33, zuletzt nov Amtsblatt 2004 L 374, 1; VO (EWG) 2603/69 v 20.12.1969, Abl 1969 L 324, 25 zuletzt nov Abl 1991 L 372, 31. BG: Art 4 B-VG, Art 10 Abs 1 Z 2 und 15 B-VG; Art 5 und 6 StGG, Art 1 1. ZP zur EMRK; Preisgesetz 1992, BGBl 1992/145 idF BGBl I 2004/151; Versorgungssicherungsgesetz, BGBl 1992/380 idF BGBl I 2004/151; Erdölbevorratungs- und Meldegesetz, BGBl 1982/546 idF BGBl I 2004/151; Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern, BGBl I 2004/113.
Grundlegende Literatur: Bernárd, Versorgungssicherung, in: Korinek/Rill (Hrsg), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts (1982) 113; Gutknecht, Der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis im Spiegel der Rechtsprechung, ÖZW 1991, 46; Hanreich, Das neue österreichische Wettbewerbs- und Preisrecht, 2. Teil - Das neue Preisrecht, ÖZW 1994, 33; K.Korinek, Das System der Preisregelung in Österreich, WipolBl 1975/4, 74; ders, Erwerbsfreiheit als
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Kneihs
Schranke für die Wirtschaftslenkung, in: K.Korinek (Hrsg), Beiträge zum Wirtschaftsrecht - FS Karl Wenger (1983) 243; Mayer, Die Bundesverfassung und der Benzinpreis - Zur Auslegung des § 5a PreisG 1992, ÖJZ 2000, 201; Oberndorfer/Binder, Strompreisbestimmung aus rechtlicher Sicht (1979); Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in: Raschauer (Hrsg), Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts (1998) 229 (= Rz 601 ff); Raschauer, Das Preisgesetz 1992, ÖZW 1993, 33; Rill, Grundfragen des österreichischen Preisrechts, ÖZW 1974, 97, 1975, 66 und 97; ders, Probleme der Angleichung des österreichischen Wirtschaftslenkungsrechts an das Recht der EG, in: Rill/Griller (Hrsg), Europäischer Binnenmarkt und österreichisches Wirtschaftsverwaltungsrecht (1991) 159; ders, Erdöl, Erdölderivate und das Preisgesetz 1992, ÖZW 2000, 103; Schulev-Steindl, Wirtschaftslenkung und Verfassung (1996); Wenger, Organisationsgrundlagen und Instrumentarium der direkten Wirtschaftslenkung in Österreich, in: Korinek/Rill (Hrsg), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts (1982) 3.
I. Grundlagen A. Allgemeines Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG bestimmt, dass der Bund in Gesetzgebung und Vollziehung für Maßnahmen zuständig ist, die „aus Anlass eines Krieges oder im Gefolge eines solchen zur Sicherung der einheitlichen Führung der Wirtschaft“, „insbesondere auch hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgegenständen“ notwendig erscheinen. Damit ist einer Reihe von Maßnahmen der so genannten Wirtschaftslenkung eine verfassungsrechtliche Grundlage gegeben1. Insbesondere sind damit Maßnahmen der direkten Wirtschaftslenkung angesprochen, mit denen der Staat unmittelbar Marktbedingungen vorherbestimmt und dadurch die Dispositionsfreiheit der Wirtschaftssubjekte beschränkt. Lenkungsrechtliche Maßnahmen sind - nicht zuletzt im Gefolge der Liberalisierung mancher essentieller Märkte, die nur vermeintlich zu einer Deregulierung, in Wahrheit aber sprichwörtlich zum Regulierungsrecht führt - heute wieder „en vogue“2. Sie begegnen uns insbesondere auf dem Energiesektor, aber auch im Telekom- und im Arzneimittelrecht sowie schließlich in Gestalt der Buchpreisbindung. In manchen liberalisierten Bereichen wurden dafür gar eigene Behörden eingerichtet, die mit Markt- und Sachverstand dem zu s(t)imulierenden freien Markt den Weg weisen sollen. Soweit diese Materien im vorliegenden Handbuch eigens behandelt werden, nimmt sie der folgende Beitrag aus seiner Betrachtung aus; preisrechtliche Vorschriften und ihre - auch vor den Höchstgerichten - umstrittene Auslegung sollen im jeweils einschlägigen Zusammenhang erörtert werden. Hier sollen nur das allgemeine, subsidiär für alle nicht eigens geregelten Güter geltende Preis- und Versorgungssicherungsrecht sowie die Bereiche der Buchpreisbindung und der Regulierung der
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Zum Begriff und zur näheren Ausdifferenzierung des Lenkungsrechts vgl Wenger, 5 f; Korinek, 244 und Puck, Rz 601 ff; eingehend Schulev-Steindl, 1 ff, insbes 11 ff. Vgl dazu und zu weiteren Begriffsbildungen auch Kneihs, Regulierungsrecht - Eine neue rechtswissenschaftliche Kategorie? ZÖR 60 (2005) 1 (5 ff, insbes 7). Kneihs (FN 1) 10 ff, 13 f.
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Preise im Arzneimittelrecht behandelt werden, die nicht auch Gegenstand anderer Beiträge des Handbuches sind. Das Preis- wie das Versorgungssicherungsgesetz sind klassische Beispiele für direktes Wirtschaftslenkungsrecht, das in Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG angesprochen ist. Wiewohl dieser so genannte Kriegsfolgentatbestand nach hM zurzeit unanwendbar ist3, ist er doch für die Herkunft des Preis- wie des Versorgungssicherungsgesetzes signifikant. Beide haben sich aus der Kriegswirtschaft des ersten Weltkrieges entwickelt, beide bieten auch heute noch im Wesentlichen das gleiche Instrumentarium auf4. Wohl auch deswegen muten wohl heute Sprache und Regelungstechniken beider Gesetze veraltet an. Hinzu kommt, dass das Gemeinschaftsrecht - wie noch zu zeigen sein wird - wenigstens nationalen Lenkungsmaßnahmen tendenziell entgegen steht. Aus allen diesen Gründen sind wohl Preis- wie Versorgungssicherungsgesetz heute weitgehend totes Recht5. Sowohl das Preis- als auch das Versorgungssicherungsgesetz sind denn auch von einem - in Zeiten mörderischer Geschwindigkeit anachronistisch anmutenden - Vertrauen in die Richtigkeitsgewähr sozialpartnerschaftlicher Vereinbarungen geprägt, das auch in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung seinen Niederschlag gefunden hat6. Dies führt einerseits dazu, dass es zu einer Preisfestsetzung schon deshalb nicht kommt, weil die beteiligten Kreise im Vorfeld einen Ausgleich der betroffenen Interessen herbeiführen können. Andererseits erhält deshalb insbesondere im Preisrecht das Verfahren besonderes Gewicht, das ganz im Sinne des gerade aus vergleichbaren Zusammenhängen entwickelten differenzierten Legalitätsprinzips die recht dünne inhaltliche Determinierung auszugleichen versucht. Eine neue Facette des Lenkungsrechtes hat sich anlässlich einer Ausschreibung auf dem Buchmarkt mit dem delikaten Verhältnis von Preisfestsetzung und Vergaberecht ergeben7. Die befürchteten explosiven Wirkungen dieser Mischung sind aber weitgehend ausgeblieben; bei vernünftiger Handhabung bleibt auch im Bereich einer Preisfestsetzung genügend Spielraum für eine Ausschreibung bestehen.
B. Kompetenzrechtliche Einordnung Das B-VG selbst trifft für die Wirtschaftslenkung im eingangs genannten Sinne nur hinsichtlich des Waren- und Viehverkehrs mit dem Ausland und hinsichtlich der aus Anlass oder im Gefolge eines Krieges notwendigen Maßnahmen eine Kompetenzregelung. Ansonsten ist das Lenkungsrecht eine Querschnitts-
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Dazu mit beachtlichen - zwischen der Gesetzgebungs- und der Vollzugskompetenz differenzierenden (Gegen-) Argumenten - Bernárd, 114 f. Ausführlich zur Geschichte des Lenkungsrechts Wenger, 15 ff. So wurden etwa nach Auskunft des BMWA zwischen 1990 und 2000 überhaupt nur in den Bereichen des Arzneimittelmarktes und der Energieversorgung Preise festgesetzt. Vgl etwa VfSlg 15.698/1999 und 15.707/1999 (zu Gesamtverträgen im Sozialversicherungsrecht). Kossuth, Preisbindung und Vergaberecht - ein Molotow-Cocktail? ÖZW 2003, 113.
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materie8. Allerdings enthielten und enthalten die Lenkungsgesetze traditionell eigene Kompetenzbestimmungen, die dem Bund die Zuständigkeit zur Gesetzgebung und Vollziehung in jenem Umfang zuweisen, in dem das Gesetz diese Zuständigkeit in Anspruch nimmt9. Die Möglichkeit, daneben - dh für die von den genannten Gesetzen nicht erfassten Güter und Dienstleistungen - länderspezifische Regelungen für Preisrecht und Versorgungssicherung zu erlassen, wird wegen Art 4 B-VG weitgehend theoretisch bleiben10. Die von den Materialien11 in Anspruch genommene Bundeskompetenz unter dem Titel der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs nach Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG dürfte dem Buchpreisbindungsgesetz keine hinreichende Deckung geben; wohl aber findet dieses Gesetz unter dem Kompetenztatbestand Pressewesen gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG im Bereich der Bundeszuständigkeiten Platz12. Was die Vollzugsseite anbelangt, so enthält die Verfassungsbestimmung des Art I des Versorgungssicherungsgesetzes einen Passus, der einerseits die Stellung des Landeshauptmannes als Organ der mittelbaren Verwaltung für unberührt erklären, andererseits aber die „Einrichtungen gesetzlicher Interessenvertretungen“ und anderer juristischer Personen nach Maßgabe besonderer Regelungen „als Bundesbehörden unmittelbar“ mit der Vollziehung betrauen will. Ohne einen klareren Hinweis ist dem Verfassungsgesetzgeber nicht zu unterstellen, dass er mit der zitierten Bestimmung den Katalog des Art 102 Abs 2 B-VG erweitern wollte; im vorliegenden Fall deutet die Entstehungsgeschichte sogar auf das Gegenteil hin13. Es handelt sich daher um einen auf das Jahr 1976 zurückgehenden und seitdem fortgeschriebenen Redaktionsfehler. Die Stellung des Landeshauptmannes bleibt demnach unangetastet, die Interessenvertretungen und von ihnen herangezogenen juristischen Personen handeln unter der Weisung und Verantwortung des Landeshauptmanns.
C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Das Gemeinschaftsrecht hat die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Preis- und Versorgungsrechts nicht verdrängt, aber stark eingeschränkt: Auf dem Gebiet des Preisrechts stellen die Art 28 ff EGV eine Kompetenzausübungsschranke für die Mitgliedstaaten dar. Zur Bekämpfung von Versorgungskrisen besteht nach Art 100 EGV eine Zuständigkeit des Rates, dessen sekundärrechtliche Ausführungsregelungen für die nationalen Rechtsetzer ebenfalls den Charakter einer Kompetenzausübungsschranke haben. Gleiches gilt für die Ausführungsregelungen zu der die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft für die Handelspolitik begründenden Bestimmung des 8 9 10 11 12 13
Ausführlich Rill, Grundfragen, 1974, 99 ff. Vgl Art I PreisG 1992 (unbefristet) und Art I Versorgungssicherungsgesetz (befristet mit 31. Dezember 2006). Vgl im Einzelnen Puck, Rz 604 mit FN 6 und Rz 624. Initiativantrag 126/A vom 22.3.2000 und AB 113 BlgNR 21. GP. Ausführlich Schneider, Buchpreisbindung verfassungskonform? Ecolex 2000, 852 (854 ff). Vgl Bernárd, 120 f. Die - von den Kammern notwendiger Weise verschiedenen „juristischen Personen“ sollen denn auch nicht selbständig, sondern in Unterordnung unter die Kammern tätig werden (§ 5 Abs 1 VersicherungsG). Das Gesetz geht daher offenbar nicht von einer direkten Unterordnung der genannten Rechtssubjekte unter den Bundesminister aus.
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Art 133 EGV, mit denen die Mitgliedstaaten zu Krisenmaßnahmen ermächtigt werden14. Preisregelungen stellen bloße Verkaufsmodalitäten dar, die als solche die Art 28 ff EGV nicht verletzen. Sie können aber eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung sein, wenn sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell hemmend auf die Einfuhr wirken15. Nationale Preisregelungen sind daher nicht per se gemeinschaftsrechtlich unzulässig, bei der Festsetzung eines Preises ist aber auf die Art 28 ff EGV in der Ausprägung der Rechtsprechung des EuGH Bedacht zu nehmen. Das Gesetz lässt denn auch, soweit es hier zu behandeln ist, eine Berücksichtigung etwa von Importkosten bei der Preisfestsetzung zu. Auch die vielfältigen Maßnahmen, die das Versorgungssicherungsgesetz zulässt, können ihrer Auswirkung nach Maßnahmen gleicher Wirkungen sein. Die Versorgungssicherung in Krisenzeiten ist denn auch nicht von Ungefähr Gegenstand der Gemeinschaftskompetenz nach Art 100 EGV16. Diese Bestimmung schließt aber nationale Maßnahmen der Versorgungssicherung nur insoweit aus, als sie vom Rat nach Art 100 EGV getroffenen Maßnahmen widersprechen17. Darüber hinaus stellt Art 297 EGV klar, dass im Falle schwerwiegender innerstaatlicher Störungen der öffentlichen Ordnung oder im Falle des Kriegs oder ernsthafter Kriegsgefahr die Zuständigkeit zur Setzung der erforderlichen Maßnahmen bei den Mitgliedstaaten verbleibt. Sofern die angeordneten - auf die Aus-, Ein- oder Durchfuhr potentiell oder tatsächlich hemmend wirkenden - Lenkungsmaßnahmen nicht unterschiedslos auf in- und ausländische Waren abgestellt sind, ist aber der Spielraum der innerstaatlichen Behörden auf solche Maßnahmen eingeschränkt, die eine wirtschaftlich bedingte Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abwehren können18. Auch die auf Basis des Art 133 EGV (früher Art 113 leg cit) erlassenen Verordnungen über die gemeinsame Aus- und Einfuhrregelung19 weisen den Mitgliedstaaten Regelungszuständigkeiten für die Versorgungssicherung im Krisenfall zu. Diese Verordnungen ermächtigen die Mitgliedstaaten - in Durchbrechung der ansonsten ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz auf dem Gebiet des Außenhandels - zur Erlassung von Kontingentregelungen und vorläufigen Maßnahmen im Fall einer durch Mangel an lebenswichtigen Gütern bedingten Krisenlage bzw einer durch eine Versorgungskrise hervor-
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Vgl im Einzelnen Rill, Angleichung, 169 f. Rill, Angleichung, 175 ff; mit ausführlicher Darstellung der Judikatur K.Hammer, Handbuch zum freien Warenverkehr - Eine Analyse der Rechtsprechung zu Art 30 EGV vor und nach dem Urteil „Keck und Mithouard“ (1998) 73 ff, 238 ff; für die Buchpreisbindung im Ergebnis genauso Willheim, Gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit des neuen Buchpreisbindungsgesetzes, ecolex 2000, 848 (850 ff). Vgl zum systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung Bandilla, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union - Kommentar, Rz 2 zu Art 100. Die Kompetenz erstreckt sich auch auf die Abwehr von Krisen; vgl Bandilla aaO Rz 6 mwN. Rill, Angleichung, 169 f. Rill, Angleichung, 173 f, 179 f mwN. Vgl die VO (EG) 3285/1994 vom 22.12.1994, Abl 1994 L 349, 33, zuletzt nov Amtsblatt 2004 L 374, 1 und die VO (EWG) 2603/69 v 20.12.1969, Abl 1969 L 324, 25 zuletzt nov Abl 1991 L 372, 31.
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gerufenen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit20. In diesen Regelungen wird aber zugleich die Handlungsprärogative der Gemeinschaftsorgane zum Ausdruck gebracht, denen auch und gerade im Falle einer durch den Mangel an lebenswichtigen Gütern bedingten Krisenlage die primäre Befugnis zukommt, auf Antrag eines Mitgliedstaates oder von sich aus entsprechende Ausfuhrbeschränkungen vorzusehen21. In allen Fällen einer verbleibenden Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten sind jedenfalls die nationalen Spielräume relativ eng: Fast alle denkbaren Maßnahmen der Versorgungssicherung werden wenigstens auch eine die Ausfuhr hemmende Wirkungen haben und müssen daher entweder einem zwingenden Erfordernis folgen oder dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienlich sein22. Das nationale Versorgungssicherungsrecht kann andererseits auch der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben dienen und ist diesfalls und insoweit gemeinschaftsrechtlich unbedenklich23.
II. Preisrecht A. Das Preisgesetz 1992 im Überblick § 1 Preisgesetz bezieht vorbehaltlich besonderer bundesgesetzlicher Regelungen alle Sachgüter und Leistungen in seinen Geltungsbereich ein. Hinsichtlich spezieller Güter getroffene Regelungen über die Preisfestsetzung schließen maW grundsätzlich als leges speciales für ihren Bereich die Anwendung allgemeinerer Preisfestsetzungsregeln aus24. Ausdrücklich ist allerdings in der die Preisfestsetzung für Erdöl und seine Derivate regelnden Bestimmung des § 5a PreisG eine Verschränkung dieser besonderen mit der allgemeinen Preisfestsetzungsregel des § 5 leg cit angeordnet25. Das Preisgesetz erlaubt aber eine Preisfestsetzung für die erfassten Güter und Leistungen nur zu bestimmten Zwecken und nach bestimmten Kriterien. Es hat im Wesentlichen dreierlei Anknüpfungspunkte. Einerseits soll es eine Grundlage für Bewirtschaftungsmaßnahmen im Krisenfall sein. Andererseits enthält es Instrumente der Kontrolle gegenüber Preistreiberei und Missbräuchen einer marktbeherrschenden Position. Und drittens ermöglicht es die Regu20 21
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Vgl Art 8, 11 der VO (EWG) 2603/69 und Art 24 der VO (EG) 3285/1994. Art 6, 7 der VO 2603/69. Art 8, der solche Maßnahmen vorläufig auch den Mitgliedstaaten zubilligte, war gemäß seines Abs 4 nur „bis zum 31. Dezember 1972“ anzuwenden; welche Bedeutung die Nichterfüllung der Verheißung einer zeitgerechten Revision dieser Bestimmung durch Rat und Kommission hat, ist zweifelhaft. Die von Rill, Angleichung, 179 f angedeutete restriktive Interpretation des Merkmals des „zwingenden Erfordernisses“ und des Art 30 EGV wird hier nicht geteilt. Rill ist zuzugeben, dass in einer Aufzählung im Zweifel gleich oder ähnlich gelagerte Sachverhalte erfasst werden sollen, was gegen die Einbeziehung von Versorgungsstörungen in den Katalog der nach der Rechtsprechung ein „zwingendes Erfordernis“ begründenden Eingriffsziele und in die Aufzählung des Art 30 EGV spricht. Allerdings ist dem entgegenzuhalten, dass in einer nicht taxativen Aufzählung - nach einem Größenschluss - erst recht eine schwerer als die genannten wiegende Bedrohung erfasst sein müsste. Vgl § 1 Abs 2 Versorgungssicherungsgesetz; vgl auch das Erdölbevorratungs- und Meldegesetz, das als Ausführungsregelung der RL 68/414/EWG vom 20.12.1968, Abl 1968 L 308, 14 aufgefasst werden kann. Vgl für die Versorgungssicherung Bernárd, 122 ff. § 5a Abs 3 letzter Satz PreisG 1992.
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lierung besonders sensibler Märkte, die nicht allein dem Spiel der Kräfte überlassen werden sollen. Dementsprechend kennt das Preisgesetz verschiedene Preisfestsetzungstatbestände. In § 2 PreisG werden zunächst alle Güter und Leistungen einer Preisregelung unterworfen, wenn und soweit für sie Versorgungsstörungen auftreten oder Lenkungsmaßnahmen bestehen. § 3 schafft die Grundlage für eine Preisfestsetzung bei Arzneimitteln und die Lieferung von Fernwärme und die damit zusammenhängenden Nebenleistungen. Gemäß § 5 PreisG können grundsätzlich alle Güter und Leistungen einer Preisregelung unterworfen werden, wenn eine ungewöhnliche Preisentwicklung vorliegt, die auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist oder wenn ein vom Kartellgericht festgestellter Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nicht nachweisbar abgestellt ist. Mit § 5a wurde nachträglich eine von den Voraussetzungen her ähnliche Sonderbestimmung für Erdöl und seine Derivate in das PreisG eingefügt26. Der BMWA verfügt damit über zwei ineinander greifende Instrumente zur Preisregulierung am Erdölmarkt, die in der politischen Diskussion immer wieder bemüht, in der Praxis aber - wohl auch wegen des Zusammenhanges zwischen dem Erdölpreis und der Mineralölsteuer - noch nie eingesetzt worden sind. In der Praxis ist heute einzig § 3 PreisG relevant5. Die Preistreiberei- und Missbrauchstatbestände, die schon aus dem alten Preisrechtsregime herstammen, wurden niemals angewendet. Ihre Wirkung besteht, wenn überhaupt, in einer Abschreckung gegenüber exzessivem Vorgehen auf de facto kartellierten Märkten, auf denen eine Konkurrentenklage nicht wahrscheinlich ist. Die Krisenbewirtschaftungstatbestände sind zur Zeit unanwendbar. Im vorliegenden Beitrag werden nur der allgemeine Preisfestsetzungstatbestand des § 5 sowie die Preisbestimmung für Erdöl und seine Derivate, für Arzneimittel und für Waren dargestellt, die Gegenstand einer Lenkungsmaßnahme sind. Auch aus der Darstellung der Preisfestsetzung nach § 2 PreisG scheiden freilich nach dem oben Gesagten Preisfestsetzungen auf Grund von Lenkungsmaßnahmen für Güter aus der hier vorliegenden Darstellung aus, für die es eigene materienspezifische Lenkungsgesetze gibt. Dem Verfahren kommt - wie schon oben angedeutet - im Preisrecht besondere Bedeutung zu. Es ist für alle drei erwähnten Tatbestände im Wesentlichen gleich gestaltet. Zuständige Behörde ist - außer im Falle der Arzneimittel, in dem die Gesundheitsministerin zuständig ist - der BMWA, soweit er die Preisfestsetzung nicht gemäß § 8 Abs 2 PreisG an die Landeshauptleute delegiert27. Prägend und auch für moderne Regulierungsregime vorbildlich geworden ist insbesondere die Möglichkeit, Preise mit Bescheid oder Verordnung festzusetzen28. Eine wesentliche Rolle spielt in allen Verfahren nach dem 26 27
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BGBl 1999/I/50. Eine solche Delegation ist nur hinsichtlich der Preisbestimmung selbst und der Anordnung eines Preisstops zulässig, nicht aber für das Vorprüfungsverfahren nach § 5 Abs 1 PreisG (§ 8 Abs 1 und 2; Raschauer, 37). Im Vorprüfungsverfahren ist daher stets der BM zuständige Behörde. Die Diskussion um diese Wahlmöglichkeit wurde insbesondere im Elektrizitätsrecht mit großer Vehemenz geführt, vgl bloß Harald Pichler / Paul Oberndorfer, Systemnutzungstarife Strom - Bescheid oder Verordnung? Eine Gegenäußerung, ZfV 2004, 758 mH auf die vorangegangene Literatur und Judikatur.
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PreisG die Preiskommission, die den jeweils zuständigen Bundesminister in allen Fragen der Preisbestimmung berät29. Die in Art 55 Abs 5 B-VG für Lenkungsverordnungen zur Krisenabwehr geforderte Befassung des Hauptausschusses des Nationalrats ist im PreisG nicht vorgesehen30.
B. Die Preisfestsetzung im Einzelnen Für grundsätzlich alle Sachgüter und Leistungen ausgenommen die Lieferung von Erdgas und elektrischer Energie sieht das PreisG eine Preisbestimmung dann vor, wenn Lenkungsmaßnahmen oder Versorgungsschwierigkeiten bestehen (§ 2) oder wenn eine ungerechtfertigte Preispolitik zu einer überschießenden Preisentwicklung führt oder dem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung entgegenzuwirken ist (§ 5). In beiden Fällen ist bei Zutreffen der Voraussetzungen ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preis festzulegen, der in § 6 PreisG näher umschrieben ist. Unabhängig von den Voraussetzungen des § 2 enthält das Preisgesetz auch eine Ermächtigung, für Arzneimittel sowie für die Lieferung von Gas und Fernwärme Preise festzusetzen (§ 3).
1. Die Preisfestsetzung im Zusammenhang mit einer Versorgungsstörung (§ 2) a) Voraussetzungen Für alle Sachgüter und Leistungen ausgenommen die Lieferung von Erdgas und elektrischer Energie kann ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preis festgesetzt werden, wenn und solange entweder • Lenkungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen nach den jeweils geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften getroffen werden oder • Keine Lenkungs- oder Bewirtschaftungsvorschriften bestehen und eine Störung der Versorgung unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist, sofern diese Störung • keine saisonale Verknappungserscheinung darstellt und • durch marktkonforme Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln abzuwenden oder zu beheben ist. Eine solche Preisfestsetzung ist nur während der Geltungsdauer einer Verordnung der Bundesregierung zulässig, durch die festgestellt wird, dass die genannten Voraussetzungen gegeben sind. Die Bundesregierung hat eine solche Verordnung bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erlassen und bei deren Wegfall aufzuheben. Es sind daher jedenfalls zwei Rechtsakte - zwei Verordnungen oder eine Verordnung und ein Bescheid - zu erlassen31; die Verordnung der Bundesregie29
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§ 9 Abs 1 PreisG und dazu 336 BlgNR 18. GP, 13. Ihr gehören je ein Vertreter des BMF, des BMLF und des Bundesministeriums für Soziales, sowie je ein Vertreter der WKÖ, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Bundesarbeitskammer an. Diesen Stellen ist im Vorprüfungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Vgl Kahl, Art 55 B-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht - Textsammlung und Kommentar (7. Lieferung, 2005) Rz 11. Siehe oben FN 28.
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rung ist Voraussetzung für die Verordnung oder den Bescheid, mit der oder mit dem letztlich der Preis festgesetzt wird. Obzwar sich § 2 ausfüllungsbedürftiger Gesetzesbegriffe wie jenes einer „Versorgungsstörung“ bedient, sind die Voraussetzungen für eine Preisfestsetzung nach dieser Bestimmung durch das Abstellen auf eine Verordnung der Bundesregierung bzw auf Lenkungsmaßnahmen nach spezifischen bundesrechtlichen Vorschriften relativ klar definiert. Über das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird daher kaum ein Zweifel bestehen. Fraglich ist, ob es auch dann noch einer Verordnung der Bundesregierung bedarf, wenn die betroffene Ware Gegenstand einer Maßnahme der Gemeinschaft nach Art 6, 7 der VO 2603/69 des Rates ist. Diesfalls sind die Mitgliedstaaten zur Durchführung der jeweiligen Maßnahmen verpflichtet; ob sie vom Dazwischentreten eines nationalen Rechtsakts abhängig gemacht werden darf, könnte zweifelhaft sein. b) Verfahren Preise sind von Amts wegen oder auf Antrag festzusetzen32. Den in § 9 Abs 2 PreisG genannten Interessenverbänden und Ministerien ist kein Antragsrecht hinsichtlich der Preisfestsetzung eingeräumt; antragsberechtigt ist ausschließlich „die Partei“33. „Anträge“ der genannten Stellen sind als Anregungen zur Einleitung eines Verfahrens zur Preisfestsetzung zu deuten. Die Behörde ist nicht zur Preisfestsetzung verpflichtet; es ist ihr vielmehr in dieser Frage Ermessen eingeräumt34. Eine Preisfestsetzung ist aber unzulässig, wenn mit marktkonformen Maßnahmen das Auslangen zu finden ist. Der Preisfestsetzung hat ein Vorprüfungsverfahren vorauszugehen, das der Ermittlung der für die Preisfestsetzung relevanten Umstände dient. In dieses Vorprüfungsverfahren sind die betroffenen Unternehmen sowie die gemäß § 9 Abs 2 PreisG zur Entsendung von Vertretern in die Preiskommission berechtigten Interessenverbände und Ministerien einzubeziehen. Im Verfahren ist die Partei zu hören und Vertretern der in § 9 Abs 2 PreisG genannten Stellen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben35. Schon im Rahmen der Vorprüfung können Betriebsprüfungen vorgenommen werden. Die Unterlagen hierüber sind - außer bei Gefahr im Verzug - den Vertretern der genannten Stellen zur Stellungnahme zu übermitteln36. Vertreter des überprüften Unternehmens können von der Behörde zur weiteren Auskunftserteilung vorgeladen werden37. Alle Unternehmer sowie ihre Vereinigungen und Verbände sind verpflichtet, (den Organen) der Behörde über alles Auskunft zu erteilen, was für die Preisfestsetzung oder die Anordnung eines Preisstops erheblich ist und zu diesem Zweck auch in ihre Wirtschafts- und
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§ 10 Abs 1 erster Satz PreisG. Also das betroffene Unternehmen. Vgl § 10 Abs 1 Satz 3 und dazu Rill, Erdöl, II. B. 2. Rill, Erdöl, II. C. 1. § 10 Abs 1. § 10 Abs 4. § 10 Abs 5.
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Geschäftsaufzeichnungen Einblick zu gewähren38. Ein Anspruch auf Ersatz der aus der Auskunftserteilung erwachsenden Kosten besteht nicht39. Nach Abschluss des Vorprüfungsverfahrens sind sämtliche Unterlagen der Preiskommission zur Begutachtung vorzulegen. Der Vorsitzende kann zur Beratung in der Preiskommission auch Sachverständige beiziehen40. Bei Gefahr im Verzug können die Anhörung der Ministerien und Interessenverbände sowie die Begutachtung durch die Preiskommission entfallen. Diese ist jedoch nachträglich unverzüglich mit der Angelegenheit zu befassen41. Die Unterlagen über eine in diesem Verfahrensabschnitt vorgenommene Betriebsprüfung sind den Mitgliedern der Preiskommission gemäß § 10 Abs 4 zur Stellungnahme zu übermitteln; § 10 Abs 5 PreisG gibt auch der Preiskommission das Recht, Vertreter der überprüften Unternehmen vorzuladen. Für eine auf Antrag vorgenommene Preisfestsetzung ist ein Kostenbeitrag zu leisten; § 76 AVG bleibt davon unberührt42. Der Kostenersatz ist nach dem Wortlaut nur zu leisten, wenn die Preisfestsetzung tatsächlich vorgenommen wird (arg: „vorgenommene“). Die Preisfestsetzung ist mit Bescheid oder Verordnung vorzunehmen43. Die Wahl zwischen diesen beiden Rechtsformen richtet sich zum einen nach dem Adressatenkreis der Preisfestsetzung44. Hat aber ein betroffener Unternehmer einen Antrag gestellt, so ist sein durchsetzbarer Erledigungsanspruch nur durch Erlassung eines Bescheides zu erfüllen45. Die Erlassung eines Bescheides setzt zudem die Einhaltung der Verfahrensregeln des AVG voraus46. Soll daher mit Bescheid entschieden werden, muss entweder von Anfang an ein diesem Gesetz entsprechendes Verfahren durchgeführt oder vor Erlassung des Bescheides nachgeholt werden. Die bescheidmäßige Preisfestsetzung schließt die gleichzeitige Erlassung einer (an alle oder nur die übrigen Betroffenen gerichteten) Verordnung nicht aus47. Gegenüber einem Antragsteller ist daher grundsätzlich 38
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§ 11 Abs 1 und 3 PreisG. Nach der Judikatur des VwGH zum alten Preisrechtsregime ist die Aufforderung zur Auskunftserteilung nicht selbständig bekämpfbar. Der Betroffene muss - wenn keine Preisfestsetzung mit Bescheid erfolgt - erst ein Strafverfahren riskieren, um die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zu klären (vgl VwGH 16.11.1977, 2009, 2010/77 = ZfVB 1978, 2/1262). Zu den rechtsstaatlichen Bedenken gegen eine solche Judikatur vgl Kneihs, Altes und Neues zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, ZfV 2004, 150, 154. § 11 Abs 4 PreisG. § 10 Abs 2 PreisG. § 10 Abs 3 PreisG. § 12 PreisG. Das ergibt sich zum einen aus dem Antragsrecht betroffener Unternehmen, dem auch ein Erledigungsanspruch gegenüber stehen muss. Implizit wird die Möglichkeit der Erledigung eines solchen Verfahrens mit Bescheid auch in § 8 Abs 2 PreisG zum Ausdruck gebracht, wo von „Preisbescheiden“ die Rede ist. Vgl zur analogen Diskussion im Elektrizitätswirtschaftsrecht schon oben FN 28. 336 BlgNR 18. GP, 14; Raschauer, 38. Vgl schon Rill, Grundfragen 1975, 103 f; neuerlich ders, Erdöl, II. C. 3. AA offenbar Raschauer, 38. Vgl Art II Abs 4 EGVG. In Frage kommen etwa das Recht auf Akteneinsicht, auf Ablehnung von Sachverständigen und auf Parteiengehör, das durch die Anhörung der Partei gemäß § 10 Abs 1 PreisG nicht entfällt (Raschauer, 38). Rill, Grundfragen, 1975, 105.
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mit Bescheid über die Preisfestsetzung zu entscheiden, gegenüber den übrigen Betroffenen oder in einem amtswegigen Verfahren ist je nach dem Adressatenkreis mit Bescheid oder Verordnung vorzugehen48. Verordnungen auf Grund des Preisgesetzes unterliegen einer spezifischen Kundmachungspflicht49. c) Der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis Im Verfahren nach §§ 2, 3 und 5 PreisG ist ein „volkswirtschaftlich gerechtfertigter“ Höchst-, Fest- oder Mindestpreis festzusetzen50. Preise sind, mit den verba legalia gesprochen, „volkswirtschaftlich gerechtfertigt, wenn sie sowohl den bei der Erzeugung und im Vertrieb oder bei der Erbringung der Leistung jeweils bestehenden volkswirtschaftlichen Verhältnissen als auch der jeweiligen wirtschaftlichen Lage der Verbraucher oder Leistungsempfänger bestmöglich entsprechen“51. Diese Regelung ist aus der alten Rechtslage bewusst übernommen worden52. Zusätzlich wurde nur die Möglichkeit der Festlegung von Preisbändern normiert. Die zur alten Rechtslage entwickelte Lehre und Rechtsprechung ist daher auf die Bestimmung des Preises nach § 6 PreisG zu übertragen53. Es ist daher zum einen anhand der Kostenstrukturen von branchentypischen, rationell geführten Unternehmen zu kalkulieren54. Bei der Preisfestsetzung ist zum anderen ein vertretbarer Gewinn für die betreffenden Unternehmen einzubeziehen55. Dabei sollen die Unternehmer aber nicht auf Gewinne aus anderen Sparten verwiesen werden56. Die Preisfestsetzung hat sich an den Marktpreisen zu orientieren; ist die Marktstörung so gravierend, dass es solche Preise nicht gibt, ist ein Preis zugrunde zu legen, der auf einem funktionierenden Markt verlangt werden kann57. Preise können grundsätzlich für jede Wirtschaftsstufe festgesetzt werden58. Auch eine Preisfestsetzung für mehrere Wirtschaftsstufen zugleich ist nicht ausgeschlossen. Bei der Auswahl der Wirtschaftsstufe, für die der Preis festge48 49 50 51 52 53 54
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336 BlgNR 18. GP, 14; Raschauer, 38; restriktiv Rill, Erdöl, II.C.3. § 14 PreisG. Vgl § 6. Zur nötigen Differenzierung beim Begriff der „volkswirtschaftlichen Rechtfertigung“ Rill, Grundfragen, 1975, 101 f, 104. § 6 Abs 1 PreisG. Vgl dazu eingehend Rill, Grundfragen, 1975, 101 f. RV 336 BlgNR 18. GP, 13. Vgl Raschauer, 33 f. Eingehend Korinek, 1975, 86 ff; Rill, Grundfragen, 1975, 104 f; Oberndorfer/Binder, 33 f; Raschauer, 33 f; vgl auch den AB 396 BlgNR 18. GP, 1, der sich auf VfSlg 12.564/1990 beruft und eine nicht kostendeckende Preisbestimmung für gesetzwidrig hält. VfSlg 12.564/1990; VwSlgNF 10.491 A/1981; vgl auch Gutknecht, 48 f; wN bei Mayer, 206 und Raschauer, 34. Raschauer, 34 mwN. Hängen allerdings die Selbstkosten des Unternehmens so wesentlich von Rohstoffpreisen ab, wie dies bei Erdöl und seinen Derivaten der Fall ist, dürfen diese Rohstoffpreise in die Preisbestimmung wohl auch dann einfließen, wenn für verschiedene aus diesen Rohstoffen gewonnene Produkte verschiedene Gewinnspannen zu erzielen sind. Vgl Hanreich, 38 f, „Als-Ob-Preis“; Mayer, 206. § 6 Abs 2 letzter Satz PreisG. Lediglich für die Arzneimittelpreise bestimmt § 3 PreisG Abweichendes.
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setzt werden soll, sind die Grundrechte der beteiligten Wirtschaftssubjekte sowie der bestmögliche Effekt für die Volkswirtschaft, aber auch die Ursache der zu bekämpfenden Marktstörung zu berücksichtigen. Dies wird idR dazu führen, dass sich die Preisfestsetzung auf die Endabgabe- oder Verbraucherpreise bezieht59. Die Preisfestsetzung kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden sein60. Diese schon im alten Preisrecht vorgesehene Befugnis ist nach wie vor weitgehend unklar gefasst; sie kommt auch bei Erlassung einer Verordnung in Betracht61.
2. Die Preisfestsetzung am Arzneimittelmarkt (§ 3) Grund für den Regelungsbedarf am Arzneimittelmarkt ist einerseits der Umstand, dass der Großteil der in Österreich erhältlichen Medikamente eingeführt wird, vor allem aber die große gesundheits- und finanzpolitische Bedeutung, die die Preisgestaltung angesichts des nahezu flächendeckend wirkenden Systems der Sozialversicherung hat62. Daher finden sich Preisfestsetzungstatbestände im Preisgesetz und im Apothekengesetz und für die Preisgestaltung nicht weniger bedeutsame Bestimmungen über die Abgabe von Medikamenten auf Rechnung und Kosten der Sozialversicherung im ASVG. Hier wird zunächst die Preisfestsetzung gemäß § 3 PreisG behandelt; es folgen Hinweise auf die anderen erwähnten Regelungen. a) Voraussetzungen Für den Großhandel sowie für die Abgabe von Medikamenten an Ärzte und Krankenanstalten, können - unabhängig von den Voraussetzungen des § 2 Preise festgesetzt werden für • Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, für die Herstellung von Arzneimitteln verwendet zu werden, • Arzneispezialitäten, mit Ausnahme der homöopathischen, der apothekeneigenen und der radioaktiven Arzneispezialitäten sowie mit Ausnahme jener Arzneispezialitäten, die Fütterungsarzneimittel oder Fütterungsarzneimittel-Vormischungen sind, sowie für • Blut- und Blutplasmaprodukte sowie Impfstoffe, für die eine Chargenfreigabe nach dem Arzneimittelgesetz vorgesehen ist. Gegenstand dieser Preisregelung sind die Preise der Erzeuger, Importeure und Großhändler, die in der Praxis in Form eines Apothekeneinstandspreises festgesetzt werden.
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Raschauer, 38. § 6 Abs 3 PreisG. Die Bestimmung gilt auch im Verfahren nach § 5a PreisG. Raschauer, 38 f mwN; vgl schon Rill, Grundfragen, 1975, 105. Für einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Preisfestsetzung selbst VwGH 23.12.1993, 92/17/0056 = ÖZW 1994, 114 mit Anm Mayer. Vgl im Einzelnen Puck, Organisation der Heilmittelversorgung durch Apotheken, in: K.Korinek (Hrsg), Beiträge zum Wirtschaftsrecht - FS Wenger (1983) 577 (581) sowie Raschauer, 35.
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b) Verfahren Das Verfahren der Preisfestsetzung nach § 3 Preisgesetz folgt dem gleichen Muster wie jenes einer Preisfestsetzung bei Versorgungsstörungen (§ 2). c) Der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis Für den festzusetzenden Preis gilt das oben Gesagte auch bei der Preisfestsetzung nach § 3 PreisG. d) Sonstige Preisregelungen im Arzneimittelrecht Die Abgabe in den Apotheken unterliegt einer eigenen Preisregelung auf Grund des § 7 Apothekengesetz. Diese Bestimmung ermächtigt ua zur Festsetzung des Maximalpreises für Artikel, die in einer Apotheke geführt werden dürfen sowie zur Bestimmung des Maximalentgeltes für die im Betrieb der Apotheke geleisteten Arbeiten (Arzneitaxe). Eine entsprechende Verordnung wurde 1962 erlassen und seither oftmals novelliert63. Gemäß § 2 dieser Verordnung hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Gesundheit und Frauen die Taxansätze von Amts wegen oder auf Antrag einer der in der in § 8 geregelten Taxkommission vertretenen Körperschaften64 neu zu berechnen, wenn sich eine Änderung des der Berechnung der Taxansätze zugrunde gelegten Durchschnittspreises von mehr als 10 vH zufolge Schwankungen der Einkaufspreise ergibt. Die geänderten Taxansätze sind jeweils kundzumachen. Bund, Länder und Gemeinden sowie die von ihnen verwalteten Anstalten und Fonds, die Träger der Sozialversicherung und gemeinnützige Krankenanstalten werden als „begünstigte Bezieher“ privilegiert, haben aber einen ermäßigten Zuschlag auf den Apothekeneinstandspreis zu zahlen65. Besonders gut gehende Apotheken müssen für begünstigte Bezieher einen Sondernachlass gewähren66. Auf die Preise von Arzneimitteln nimmt aber auch das Sozialversicherungsrecht Bezug. Angesichts dessen, dass der überwiegende Teil in Österreich abgegebener Arzneimittel auf Rechnung und Kosten der Sozialversicherungsträger abgegeben wird, kommt nämlich dem so genannten Erstattungskodex, der mit 1. Jänner 2005 das frühere Heilmittelverzeichnis abgelöst hat67, besondere Bedeutung zu, weil dort jene Arzneimittel gelistet werden, die auf Rechnung und Kosten der Sozialversicherung beziehbar sind. Die Herausgabe die63
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Zuletzt mit BGBl II 433/2005. Das Apothekengesetz benennt nicht ausdrücklich die Behörde, die zur Erlassung der Arzneitaxe zuständig ist. Gemäß § 44 leg cit ist für alle Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich einer anderen Behörde zugewiesen sind, die Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Behörde anzusehen. Dass dies im Falle der Arzneitaxe in höchstem Maße unzweckmäßig wäre, ändert nichts daran, dass für die de facto vom BMSG stammende Verordnung eine ausdrückliche Rechtsgrundlage nicht ersichtlich ist; sie muss daher auf die Vollzugsklausel des § 69 leg cit gestützt sein. Je zwei Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer, des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und des ÖGB sowie ein Vertreter der Österreichischen Ärztekammer und ein Vertreter der Präsidentenkonferenz Landwirtschaftskammern Österreichs. Die Taxkommission hat beratende Kompetenz. § 3 der Verordnung. §§ 3a, 4 der Verordnung. § 609 Abs 13 erster Satz ASVG.
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ses Kodex ist durch §§ 31 Abs 2 lit 12 und 351 c ff ASVG dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger zugewiesen, der sich dabei der HeilmittelEvaluierungskommission zu bedienen hat68 und gegen dessen Entscheidungen Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission zulässig ist69. Im Rahmen des Erstattungskodex schreitet auch die Preiskommission nach dem Preisgesetz ein, um einen so genannten EU-Durchschnittspreis festzustellen, der vom vertriebsberechtigten Unternehmen nur überschritten werden darf, wenn die Heilmittel-Evaluierungskommission einen therapeutischen Mehrwert des Medikaments oder eine wesentliche therapeutische Innovation festgestellt hat. Die Aufnahme einer Arzneispezialität in den grünen Bereich des Erstattungskodex setzt voraus, dass ein „ausreichend großer Preisunterschied“ zu den dort bereits vorhandenen Produkten vereinbart werden kann70; treten billigere Generika auf den Markt, kann der Hauptverband den weiteren Verbleib einer Arzneispezialität im Erstattungskodex von der Bereitschaft des vertriebsberechtigten Unternehmens abhängig machen, seinerseits den Preis des Originalproduktes zu reduzieren71.
3. Die Preisfestsetzung bei Marktstörungen (§ 5) a) Voraussetzungen Eine Preisfestsetzung gemäß § 5 PreisG kommt in Betracht, wenn entweder • der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit festgestellt hat, dass der von einem oder mehreren Unternehmen für ein Sachgut oder eine Leistung geforderte Preis oder eine vorgenommene Preiserhöhung die internationale Preisentwicklung bei dem betreffenden Sachgut oder der betreffenden Leistung, den allgemeinen Preisindex des betreffenden Wirtschaftszweiges oder die allgemeine Preiserhöhung dieses Wirtschaftszweiges in einem ungewöhnlichen Maße übersteigt und wenn dies auf eine ungerechtfertigte Preispolitik eines oder mehrerer Unternehmen zurückzuführen ist72; oder • das Kartellgericht einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gemäß § 35 KartellG untersagt und der betreffende Unternehmer nicht be-
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§ 351Abs 2 ASVG. Vgl dazu Strejcek, Verfassungsrechtliche Fragen des Erstattungskodex, in: Mazal (Hrsg), Erstattungskodex - Verfassungs- und verfahrensrechtliche Fragen (2005) 1 (7 ff). Vgl zu deren Verfahren im Einzelnen Rohregger, Verfahrensrechtliche Fragen des Erstattungskodex, in: Mazal (Hrsg), Erstattungskodex (2005) 21 sowie Kopetzki, Das Verfahren der Aufnahme ins Heilmittel- und Leistungsverzeichnis der Sozialversicherung, in: Kneihs/Lienbacher/Runggaldier (Hrsg), Wirtschaftssteuerung durch Sozialversicherungsrecht? (2005) 311 (331 ff), dessen verfassungsrechtliche Bedenken der VfGH in seiner Entscheidung B 849/05 vom 28.11.2005 nicht geteilt hat. § 351 c Abs 9 ASVG. § 351 c Abs 10 ASVG. Eine nicht eigentlich preisrechtliche, aber mit den Preisen am Arzneimittelmarkt zusammen hängende Regelung trifft § 609 Abs 19 ASVG hinsichtlich eines besonderen Beitrags, den die vertriebsberechtigten Unternehmer zur Finanzierung des Sozialversicherungssystems leisten sollen; vgl Kneihs/ Rohregger, Medikamenten-Sonderrabatt verfassungswidrig, ÖZW 2005, 228. § 5 Abs 1 iVm Abs 5.
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weist, dass der vom Kartellgericht festgestellte Missbrauch bereits abgestellt ist73. Das Gesetz nennt also als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen • die internationale Preisentwicklung, • den allgemeinen Preisindex des betreffenden Wirtschaftszweiges und • die allgemeine Preiserhöhung dieses Wirtschaftszweiges und unterscheidet damit einen statischen und zwei dynamische Fälle. Im ersten Fall ist der Preis des oder der betroffenen Unternehmen mit den allgemeinen Preisen, in den anderen Fällen ist eine Preiserhöhung mit der internationalen Preisentwicklung oder der allgemeinen Preiserhöhung des Wirtschaftszweiges in Beziehung zu setzen. Streng genommen wäre also eine Preisdifferenz zum internationalen Markt unbeachtlich, die sich daraus ergäbe, dass die inländischen Preise allgemein gleich bleiben, während die internationale Preisentwicklung rückläufig ist. Man wird aber unter einer Preiserhöhung stets eine relative Veränderung zum Bezugswert zu verstehen haben, weshalb auch der genannte Fall unter die Voraussetzungen des § 5 PreisG fällt. Der „allgemeine Preisindex des Wirtschaftszweiges“ ist nur auf das betreffende Gut oder die betreffende Leistung zu beziehen74. Anders als die Voraussetzungen für eine Preisfestsetzung nach § 2 PreisG sind die Voraussetzungen für eine Preisfestsetzung nach § 5 und damit auch die inhaltlichen Parameter für die Untersuchung dieser Voraussetzungen im Gesetz durch in hohem Maße unbestimmte Kriterien festgelegt. So ist ohne Interpretation weder klar, wann ein Preis von den allgemeinen Preisen oder der internationalen Preisentwicklung in ungewöhnlichem Maße abweicht, noch wann eine Preispolitik „ungerechtfertigt“ ist. Alle diese Daten stellen aber, da die Eröffnung eines Preisfestsetzungsverfahrens von ihnen abhängig ist, Prozessvoraussetzungen dar75. Es ist daher für die Interpretation davon auszugehen, dass es sich um Parameter handeln soll, die leicht handhabbar sind. Dies gilt sowohl für den Kreis der bei Bestimmung einer „internationalen Preisentwicklung“ heranzuziehenden Länder und ihrer Kenndaten als auch für den Maßstab der „ungewöhnlichen“ Abweichung von diesen Vergleichswerten76. Es sind daher einerseits leicht zugängliche offizielle Daten und Statistiken für den Preisvergleich heranzuziehen, andererseits sollen nur krasse und daher ebenfalls einfach und eindeutig festzustellende Abweichungen - bezogen auf die Abweichungen anderer Länder oder auf allfällige bisherige Abweichungen - entscheidend sein76. Gleiches gilt für den Begriff der „ungerechtfertigten Preispolitik“, der - verfassungskonform verstanden - nur eine Preisgestaltung erfasst, die in exzessiver Weise die volkswirtschaftlichen Erfordernisse und die (internationalen oder allgemeinen) Preise negiert77.
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§ 5 Abs 6. Raschauer, 37. Rill, Erdöl, V. A. 1. Näher Rill, Erdöl, V. A 1. und 2. Eingehend Rill, Erdöl, V. B.
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b) Verfahren Das Verfahren nach § 5 PreisG ist in eine Untersuchung der Voraussetzungen nach Abs 1, das bereits erwähnte Vorprüfungsverfahren gemäß § 10 Abs 1 Satz 3 PreisG sowie seine Begutachtung durch die Preiskommission und das eigentliche Preisfestsetzungsverfahren gegliedert78. Die Untersuchung der Preisentwicklung ist ihrerseits ganz analog in eine Vorprüfung, eine Begutachtung durch die Preiskommission sowie die Festlegung und Veröffentlichung des Ergebnisses geteilt79. Der BMWA hat im Verfahren nach § 5 PreisG zunächst zu untersuchen, ob der von einem oder mehreren Unternehmen für ein Sachgut oder eine Leistung geforderte Preis oder eine vorgenommene Preiserhöhung die internationale Preisentwicklung bei dem betreffenden Sachgut oder bei der betreffenden Leistung, den allgemeinen Preisindex des betreffenden Wirtschaftszweiges oder die allgemeine Preiserhöhung in einem ungewöhnlichen Maße übersteigt und ob dies auf eine ungerechtfertigte Preispolitik eines oder mehrerer Unternehmer zurückzuführen ist80. Die Untersuchung nach § 5 Abs 1 ist nur auf Antrag durchzuführen81. Das Gesetz ermächtigt ausdrücklich die in § 9 Abs 2 PreisG genannten Bundesministerien und Interessenvertretungen zur Antragstellung. Antragsberechtigt ist daneben aber auch die Partei, also der von einer in Aussicht genommenen oder möglichen Preisfestsetzung betroffene Unternehmer: Zweifellos ist der betroffene Unternehmer zur Antragstellung hinsichtlich der Preisfestsetzung selbst berechtigt, wie auch in den Materialien deutlich zum Ausdruck kommt82. Sein Antragsrecht hinsichtlich der Preisfestsetzung schließt aber auch das Antragsrecht hinsichtlich jener Untersuchung mit ein, deren Ergebnis Voraussetzung für eine Preisfestsetzung ist. Das Gesetz erklärt zudem die Bestimmung des § 10 Abs 1 PreisG ausdrücklich für anwendbar, nach der die Partei unstreitig ein Antragsrecht hat83. Es wäre auch sachlich durch nichts gerechtfertigt, zwar 78
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Vgl die Regelung § 10 Abs 1 dritter Satz. Sie besagt, dass vor jeder Preisfestsetzung ein Vorprüfungsverfahren durchzuführen ist. Diese Bestimmung gilt für alle Fälle einer Preisfestsetzung. Das Vorprüfungsverfahren muss daher einen anderen Inhalt haben als die Untersuchung nach §§ 5 und 5a Abs 1. Andernfalls wäre § 10 Abs 1 Satz 3 bedeutungslos. Auch der Wortlaut des Gesetzes unterscheidet deutlich zwischen dem Vorprüfungsverfahren und der Untersuchung nach §§ 5 und 5a Abs 1. Die Untersuchung gemäß § 5 Abs 1 bzw § 5a Abs 1 PreisG zählt demgemäß nicht ieS zum Verfahren der Preisfestsetzung. Erst nach Abschluss einer solchen Untersuchung kommt es gegebenenfalls zu einer Preisfestsetzung. Instruktiv Rill, Erdöl, II.A. Näher Rill, Erdöl, II. A. Ebenso Raschauer, 37. Die RV 336 BlgNR 18. GP, 14 wollen „‘Anträge‘ von (gesetzlichen) Interessenvertretungen“ nicht als Anträge iSd § 10 Abs 1 PreisG, „sondern nur als Anregungen zur Einleitung eines amtswegigen Preisbestimmungsverfahrens ... werten“. Eine solche Deutung verbietet sich aber für den Bereich des § 5 PreisG, da der BM dem eindeutigen Wortlaut nach auf Grund eines solchen „Antrages“ die Untersuchung nach § 5 Abs 1 PreisG einzuleiten hat , weshalb der Antrag nicht als bloße Anregung zu deuten ist. Vgl § 10 Abs 1 und dazu die RV 336 BlgNR 18. GP, 14 mit Hinweis auf die Judikatur des VfGH. Grundsätzlich Rill, Grundfragen, 1975, 103. § 5 Abs 3 PreisG.
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den in § 9 Abs 2 genannten Ministerien und Verbänden, nicht aber dem betroffenen Unternehmer selbst ein solches Antragsrecht einzuräumen84. Für das Vorprüfungsverfahren gelten die bereits dargestellten allgemeinen Verfahrensbestimmungen - mit Ausnahme jener über ein Vorgehen bei Gefahr im Verzug - sinngemäß85. Nach Abschluss einer Untersuchung gemäß § 5 Abs 1 PreisG sind sämtliche Unterlagen der Preiskommission zur Begutachtung vorzulegen, für die wiederum das bereits dargestellte Verfahren gilt. Der BMWA kann das Ergebnis einer Untersuchung gemäß § 5 Abs 1 PreisG und ihrer Begutachtung durch die Preiskommission unter Bedachtnahme auf die besondere Verschwiegenheitspflicht des § 13 leg cit im Amtsblatt zu Wiener Zeitung veröffentlichen86. Unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Zweck eine solche Veröffentlichung zulässig ist, sagt das Gesetz nicht. Es ist daher in rechtsschutzfreundlicher Auslegung anzunehmen, dass die Veröffentlichung nicht nur Sanktionscharakter haben, sondern auch der öffentlichen Ausräumung des Verdachtes einer ungerechtfertigten Preispolitik dienen kann, zumal die Durchführung einer Untersuchung nach § 5 Abs 1 bereits geeignet sein wird, einen solchen Verdacht hervorzurufen87. Eine Untersuchung nach § 5 Abs 1 PreisG kann im Übrigen auch Grundlage für Verordnungen nach § 3 Abs 1 PreisauszeichnungsG sein88. Die Preisfestsetzung folgt wiederum den Verfahrensvorschriften des § 10 PreisG. Der Preis ist für die Dauer von sechs Monaten und nur dann (durch Bescheid oder Verordnung43) festzusetzen, wenn mit marktkonformen Maßnahmen der festgestellte Mangel nicht zu beseitigen ist. c) Der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis Das oben Gesagte gilt auch für die Preisfestsetzung nach § 5. Einzig im Fall der Preisfestsetzung nach § 5a PreisG kann sich - wegen des engen Zusammenspiels der beiden Regelungen - anderes ergeben89.
4. Die Preisfestsetzung für Erdöl und Erdölderivate (§ 5a) a) Voraussetzungen Besteht bei Erdöl und seinen Derivaten auf Grund bestimmter, belegbarer Tatsachen Grund zur Annahme, dass der von einem oder mehreren Unternehmern dafür geforderte Preis oder eine vorgenommene Preiserhöhung die internationale Preisentwicklung in einem ungewöhnlichen Maß übersteigt, so hat der BMWA von Amts wegen zu untersuchen, ob der geforderte Preis oder die vorgenommene Preiserhöhung auf eine ungerechtfertigte Preispolitik eines 84 85 86 87
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Vgl auch die Argumentation bei Rill, Erdöl, II. B. 1. § 5 Abs 3. § 5 Abs 4 PreisG. Noch weiter gehend Rill, Erdöl, II.B.5., der bei positivem Untersuchungsergebnis eine Veröffentlichungspflicht annimmt. Dies kann aber nur dann uneingeschränkt gelten, wenn nicht widerstreitende Interessen verschiedener Parteien zu berücksichtigen sind. BGBl 1992/146; vgl Hanreich, 33 (38). Siehe gleich unten 4.
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oder mehrerer Unternehmen zurückzuführen ist. Liegt eine solche ungerechtfertigte Preispolitik vor, und hat sie volkswirtschaftlich nachteilige Auswirkungen, so hat der BMWA für die Dauer von sechs Monaten einen Höchstpreis festzusetzen. Die Voraussetzungen für eine Preisfestsetzung sind in § 5a abweichend von § 5 PreisG festgelegt. Vergleichsmaßstab ist hier ausschließlich die internationale Preisentwicklung; der allgemeine Preisindex und die allgemeine Preiserhöhung des betreffenden Wirtschaftszweiges bleiben außer Betracht. Auch der geforderte Preis wird mit dieser Preisentwicklung in Beziehung gesetzt: Eine ungewöhnliche Differenz zwischen Preis und internationaler Preisentwicklung kann sich also nicht nur aus einer Preiserhöhung, sondern auch daraus ergeben, dass die Preise bei sinkenden internationalen Preisen gleich bleiben; im Ergebnis stellt dies bei sinnvoller Auslegung aber keinen Unterschied zur Rechtslage nach § 5 PreisG dar90. b) Verfahren Eine Untersuchung gemäß § 5 Abs 1 ist nur auf Antrag durchzuführen; eine Möglichkeit für amtswegiges Vorgehen des BMWA besteht nicht. § 5a gibt demgegenüber dem Bundesminister daneben ein Instrument zum amtswegigen Einschreiten in die Hand und schafft ein einfaches Verfahren, das von der Mitwirkung betroffener Unternehmer und ihrer Interessenvertreter nicht abhängig ist91. Schon deswegen kann ein Preisfestsetzungsverfahren für Erdöl und seine Derivate auch weiterhin durch eine Untersuchung gemäß § 5 Abs 1 PreisG eingeleitet werden. Das Gesetz bestimmt außerdem ausdrücklich, dass allfällige Ergebnisse eines Verfahrens nach § 5 einem weiteren Verfahren nach § 5a zugrunde zu legen sind92. Im Untersuchungsverfahren nach Abs 1 sind die Bestimmungen über das Vorprüfungsverfahren sinngemäß anzuwenden. Es ist daher die Partei zu hören und den Vertretern der in § 9 Abs 2 genannten Einrichtungen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; ferner können Betriebsprüfungen durchgeführt und Vertreter der betroffenen Unternehmer vorgeladen werden. Das Ergebnis der Untersuchung nach Abs 1 ist nicht von der Preiskommission zu begutachten. Eine Veröffentlichung ist nicht vorgesehen.
Ergibt eine Untersuchung gemäß § 5a Abs 1 PreisG, dass der Preis oder die Preiserhöhung auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist und hat diese volkswirtschaftlich nachteilige Auswirkungen, so ist ein Preis festzusetzen. § 10 Abs 1 Satz 3 PreisG ist auf Grund ausdrücklicher Verweisung auch im Verfahren nach § 5a leg cit anzuwenden. Es ist daher auch vor der Preisfestsetzung nach § 5a PreisG ein Vorprüfungsverfahren durchzuführen, in dem die Partei anzuhören und den in § 9 Abs 2 leg cit genannten Interessenvertretungen und Ministerien Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Auch die Be-
90 91 92
Vgl oben bei FN 74. Initiativantrag 1045/A BlgNR, 20. GP. § 5a Abs 3 PreisG; vgl auch dazu die Materialien (FN 91), die das sowohl auf die Frage nach der Notwendigkeit zur Einleitung eines Verfahrens nach § 5a als auch auf etwaige Ermittlungsergebnisse beziehen. Siehe auch Mayer, 202.
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stimmungen über Betriebsprüfungen und Ladungen vor die Behörde sind anzuwenden93. Im Verfahren nach § 5a PreisG entfällt allerdings ersatzlos die Befassung der Preiskommission. Dies entspricht den Intentionen des Gesetzgebers, der ein vereinfachtes Verfahren schaffen wollte, das nicht von der Mitwirkung der genannten Stellen abhängig ist. Der Bundesminister ist also im Verfahren nach § 5a PreisG von diesen Bindungen frei. Das zur Rechtsform seiner Entscheidung Gesagte gilt auch im Verfahren nach § 5a PreisG. Während § 5 PreisG dem BMWA Ermessen in der Frage einräumt, ob bei entsprechendem Ergebnis ein Preis festzusetzen ist, hat § 5a PreisG für Erdöl und seine Derivate eine andere Entscheidung getroffen: Ergibt eine Untersuchung nach Abs 1 dieser Bestimmung, dass der Preis oder die Preiserhöhung auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist und hat dies volkswirtschaftlich nachteilige Auswirkungen, so hat der BMWA einen Preis zu bestimmen. Da sich die Voraussetzungen der Preisfestsetzung nach § 5a nicht vollständig mit jenen des § 5 Abs 5 decken, sind im Ergebnis folgende Konstellationen zu unterscheiden: • Die Untersuchung führt zu dem Ergebnis, dass kein ungewöhnlicher Preis oder keine ungewöhnliche Preisentwicklung vorliegt oder dass diese nicht auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist; eine Preisfestsetzung findet nicht statt. • Die Preise oder die Preissteigerung sind überhöht und auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen, die aber keine volkswirtschaftlich nachteiligen Auswirkungen hat oder sie sind nur im Hinblick auf einen Binnenvergleich überhöht; der BM kann einen Preis nach § 5 Abs 5 PreisG festsetzen, wenn marktkonforme Maßnahmen nicht ausreichend sind. • Die Preise oder die Preissteigerung sind im Vergleich mit der internationalen Preisentwicklung überhöht und sind auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen, die volkswirtschaftlich nachteilige Auswirkungen hat; der BM hat einen Preis nach § 5a Abs 2 festzusetzen. c) Der festzusetzende Preis Im Verfahren nach § 5a PreisG ist ein Höchstpreis festzulegen94. Dieser hat sich an der Preisentwicklung in vergleichbaren europäischen Ländern unter Berücksichtigung allfälliger besonderer, im betreffenden Wirtschaftszweig bestehender volkswirtschaftlicher Verhältnisse zu orientieren und kann auch für einzelne Wirtschaftsstufen bestimmt werden. Auch eine Preisfestsetzung nach § 5a PreisG kann für jede Wirtschaftsstufe vorgenommen werden95. Auch
93 94
95
§ 5a Abs 3. § 5a Abs 2. Dies entspricht dem Charakter dieses Preistreibereitatbestandes. Auch im Falle des Verfahrens nach § 5 PreisG wird zumeist eine Höchstpreisfestsetzung sinnvoll sein. Die von Hanreich, 38 f geforderten Möglichkeiten lässt das Gesetz auch offen, wenn man seiner Interpretation im Übrigen nicht folgt. Vgl zur Möglichkeit der Bestimmung einer Gewinnspanne Rill, Erdöl, V.D.2. § 5a Abs 2 zweiter Satz PreisG.
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im Verfahren nach § 5a PreisG kann die Preisfestsetzung mit Bedingungen und Auflagen verbunden sein60. In § 5a PreisG ist nicht von einem volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis die Rede. Aus § 6 ist nur auf den Absatz 3 verwiesen, somit nicht auch auf die Anleitung zur Preisbestimmung, die oben dargestellt worden ist. Dafür werden in § 5a Abs 2 eigene Vorgaben für die Preisfestsetzung gemacht96. Es fragt sich daher, ob diese Regelung die Anwendung der oben dargestellten Berechnungsweise ausschließen will. Dafür könnte sprechen, dass gerade am Erdölmarkt nur einige wenige Anbieter tätig sind, deren Preisgestaltung idR kaum variiert. Die Orientierung an den Kostenstrukturen eines durchschnittlichen, rationell agierenden Unternehmers könnte sich demnach als ungeeignet erweisen, um einen festzusetzenden Preis zu berechnen. Überdies scheint für eine Preisfestsetzung am Erdölmarkt von vornherein primär der internationale Preisvergleich entscheidend zu sein. Der Verfassungsbestimmung des § 5a PreisG ist aber im Zweifel nicht zu unterstellen, dass sie anderen Verfassungsbestimmungen derogiert hat97. Insbesondere ist es dem Verfassungsgesetzgeber aus dem Gesamtkontext der Entstehung der Bestimmung heraus nicht zuzusinnen, dass er die grundrechtlichen Parameter für die Preisfestsetzung selbst verändern wollte98. 96
97
98
Orientierung an der Preisentwicklung in vergleichbaren europäischen Ländern unter Berücksichtigung allfälliger besonderer, im betreffenden Wirtschaftszweig bestehender Verhältnisse. Mayer, 203 ff mwN. Es ist zwar zuzugeben, dass der VfGH im von Mayer zitierten Erk VfSlg 11.756/1988 die Wirkung einer Verfassungsbestimmung auf die restliche Verfassungsordnung unter Berufung auf die Materialien differenziert betrachtet hat (vgl auch VfSlg 15.578/99). Andererseits lassen sich auch Gegenbeispiele in der Judikatur finden, in denen der VfGH Verfassungsbestimmungen weitreichende Konsequenzen zugeschrieben hat, die von den Materialien nicht voll gedeckt zu sein scheinen (vgl zB VfSlg 15.286/1998). Der Initiativantrag zur Einführung des § 5a PreisG führt als Motive für den Verfassungsrang einerseits kompetenzrechtliche Erwägungen an, andererseits nimmt er auf die verfahrensrechtliche Vereinfachung bezug, wenn es da heißt: „Wegen der vielfältigen und einander widerstreitenden Interessen ist es im Allgemeinen zweifellos gerechtfertigt, zur Preisfestsetzung ein ausführliches Verfahren unter Einbindung der Sozialpartner vorzusehen, zumal es sich bei der Preisfestsetzung um einen gravierenden Eingriff in die Erwerbsfreiheit der betroffenen Unternehmer handelt und die Gesetzgebung - wie auch sonst in wirtschaftlichen Belangen - Regelungen nur unter Verwendung weitgehend unbestimmter Gesetzesbegriffe treffen kann und insoweit im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes das Verfahren eine Gewähr für die ‚Richtigkeit‘ des Verfahrensergebnisses bietet. Anderes gilt aber bei international benötigten Produkten des täglichen Lebens, wie Benzin und anderen Erdölprodukten, deren Preisentwicklung maßgeblich vom Weltmarkt bestimmt wird und bei denen in wirtschaftlich vergleichbaren Ländern die gleichen Bedingungen für die Preisgestaltung maßgeblich sind. In diesem Fall ist es bereits ein Indiz für eine ungerechtfertigte Preispolitik in Österreich, wenn dauerhaft die Preise über dem internationalen Preisniveau liegen und sogar noch erhöht werden, wenn sie anderswo sinken. In diesem Fall kann daher bereits in einem vereinfachten Verfahren ermittelt werden, ob das österreichische Preisniveau auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist und gegebenenfalls eine entsprechende Preisbestimmung vorzunehmen (sic). Der neue § 5a (der schon aus kompetenzrechtlichen Gründen als Verfassungsbestimmung zu erlassen ist) sieht für Erdöl und dessen Derivate ein solches Verfahren vor“.
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§ 5a PreisG ist daher in einer Weise auszulegen, die mit Art 6 StGG nicht in Widerspruch steht. Eine Preisfestsetzung ist demnach einmal nur zulässig, wenn sie zum Zwecke der Beseitigung volkswirtschaftlicher Nachteile erforderlich ist. Es muss aber auch der festgelegte Höchstpreis zur Verfolgung dieses Zieles geeignet und adäquat sein. Der Höchstpreis nach § 5a PreisG stellt einen Eingriff in die Grundrechte des betroffenen Unternehmers dar, der einer Rechtfertigung bedarf. Diese Rechtfertigung ist volkswirtschaftlichen Charakters. Der festzusetzende Preis muss daher volkswirtschaftlich gerechtfertigt sein. Dies führt wiederum zu den Kriterien zurück, die Lehre und Judikatur zur Preisfestsetzung nach dem alten Preisregime entwickelt haben53, wofür auch spricht, dass neben einer übermäßigen Preisentwicklung auch eine ungerechtfertigte Preispolitik Voraussetzung für eine Preisfestsetzung ist, die nicht ohne Rücksicht auf die Kostenstrukturen der betroffenen Unternehmer festgestellt werden kann. Allerdings ist bei Heranziehung der internationalen Preisentwicklung von einem rationell operierenden Durchschnittsunternehmer am internationalen Markt auszugehen; nur die Besonderheiten des österreichischen Marktes sind zu berücksichtigen. In § 5a Abs 2 sind maW die auf Unternehmer- und Verbraucherseite relevanten volkswirtschaftlichen Verhältnisse explizit angeführt, die bei einer Preisfestsetzung am stark von Weltmarktpreisen abhängigen Erdölmarkt auch nach §§ 5, 6 Abs 1 PreisG bei sachlicher Vorgangsweise zu berücksichtigen wären. Wie die Materialien hervorheben, sind im Bereich des § 5a PreisG die Sozialpartner nicht an der Preisfestsetzung beteiligt; das Gesetz versucht daher auf diese Weise die Kriterien für die Preisfestsetzung zu konkretisieren99. So ist streng darauf zu achten, dass nur - in jeder Hinsicht - vergleichbare Volkswirtschaften herangezogen werden100. Die Vergleichbarkeit muss dabei auch auf der Verbraucherseite gegeben sein; die Preisentwicklung ist für den Vergleich nicht absolut, sondern auch etwa im Verhältnis zu Kaufkraft und Inflation heranzuziehen. Besondere in der Mineralölwirtschaft bestehende Verhältnisse sind zu berücksichtigen101. Kraft ausdrücklicher Anordnung ist bei der Preisfestsetzung auf die Kosten der Herstellung und Erhaltung von Pflichtnotstandsreserven Bedacht zu nehmen102. Wenn sich die für die Preisfestsetzung maßgeblichen Verhältnisse wesentlich ändern, ist auch die Preisfestsetzung entsprechend zu ändern oder aufzuheben; dies gilt, da diese Verhältnisse für die Preisfestsetzung maßgeblich sind, auch für wesentliche Änderungen in den verglichenen Volkswirtschaften.
99 100 101 102
1045 BlgNR 20. GP. Vgl im Einzelnen Rill, Erdöl, V.B. und D. § 5a Abs 2 PreisG. Zum Begriff der Vergleichbarkeit allerdings relativierend Rill, Erdöl, V. D. 1. Vgl im Einzelnen ausführlich Rill, Erdöl, V.D.1. § 20 Erdölbevorratungs- und Meldegesetz.
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C. Buchpreisbindung 1. Allgemeines Einem anderen Muster folgt die Preisbindung bei deutschsprachigen Verlagserzeugnissen und Musikalien nach dem Buchpreisbindungsgesetz103. Nach diesem Gesetz besteht eine Bindung der Letztverkaufspreise für die genannten Medien an Vorgaben der Verleger und Importeure, die nicht um mehr als 5 vH unterboten werden dürfen104. Es bedarf in diesem Bereich keiner staatlichen Intervention im Einzelfall. Die Verpflichtung der Verleger und Importeure, Mindestpreise festzusetzen sowie die Verpflichtung der Letztverkäufer, diese Preise nicht um mehr als 5 vH zu unterschreiten, besteht schon kraft Gesetzes. Das Gesetz unterstellt offenbar, dass im Bereich des Handels mit Verlagserzeugnissen und Musikalien ein relativ kleiner Markt für qualitativ hochwertige Medien existiert, der vor dem größeren, auf Massenkonsum ausgerichteten Büchermarkt aus Gründen der Kultur sowie der Lauterkeit des Wettbewerbes geschützt werden muss. Es ist - wenn man so will - eine Art generelles Marktversagen, von dem das Gesetz auszugehen scheint. Dieses Marktversagen muss sich nicht erst aktualisieren, um eine Preisbindung hervorzurufen. Das Gesetz über die Buchpreisbindung ist vor allem deshalb entstanden, weil die bis dahin den Buchmarkt regelnde Vereinbarung des so genannten Reverssystems immer stärkeren gemeinschaftsrechtlichen Bedenken ausgesetzt war105. Das neue - in Deutschland und Österreich ähnlich dem französischen Vorbild entlehnte - Modell erfreut sich nun der Billigung der Kommission106.
2. Die Preisfestsetzung im Überblick Die Konzeption des Gesetzes ist einfach: Verleger und Importeure haben für ihre Waren Preise festzusetzen und bekannt zu machen107. Dabei sind die Importeure weitgehend an bestehende Empfehlungen und Festlegungen gebunden, Verleger sind in ihrer Preisbestimmung grundsätzlich frei108. Die von Verlegern und Importeuren festgesetzten Preise dürfen im Einzelhandel grundsätzlich nicht oder nur in engem Rahmen unterschritten werden; Unterschreitungen dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht angekündigt werden109. Ausnahmen bestehen einerseits für Waren, deren Letztverbrauchspreis erstmals vor mehr als 24 Monaten bekannt gemacht wurde und deren Lieferzeitpunkt länger als sechs Monate zurückliegt110; andererseits für die Abgabe von 103 104 105
106 107 108 109 110
BGBl I 2000/45. Vgl § 5 BuchpreisbindungsG. Vgl zu diesem System eingehend Eilmansberger, Zur EG-rechtlichen Zulässigkeit der Buchpreisbindung - Anmerkung zu EuGH 17.1.1995, The Publisher’s Association, WBl 1995, 105; einen Überblick über die Entwicklung hin zum nun vorliegenden Buchpreisbindungsgesetz gibt Willheim, Zulässigkeit (FN 15) 848 f. Urlesberger, Neues aus dem Europarecht, wbl 2005, 263 mit zahlreichen Hinweisen auf die Vorgeschichte. §§ 3, 4 leg cit. § 3. § 5. § 5 Abs 3.
Preis- und Versorgungssicherungsrecht
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Büchern an allgemein zugängliche Bibliotheken, Hörer einer Universität und für mangelhafte Stücke111. Schließlich besteht eine Ausnahme im Rahmen der Schulbuchaktion112. Das Gesetz gibt somit nur ein Grundgerüst vor; der Markt selbst erfüllt das Prinzip mit Leben. Nicht der mit der Vollziehung beauftragte Bundeskanzler setzt die Preise fest, die Festsetzung der Preise obliegt vielmehr den Marktteilnehmern selbst, die dabei freilich zum Teil wiederum an Vorgaben gebunden sind.
3. Verfassungsrechtliche Fragestellungen a) Kompetenz Die Materialien11 stützen das in Rede stehende Gesetz - wie schon gesagt - auf die Bundeskompetenz nach Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG. Es wurde in der literarischen Auseinandersetzung mit dem Gesetz überzeugend dargetan, dass diese Kompetenzgrundlage nur für die Bestimmung des § 7 BuchpreisbindungsG Geltung beanspruchen kann113. Allerdings ist der Bund unter dem Titel des Kompetenztatbestandes nach Art 10 Abs 1 Z 6 (Pressewesen) für die Erlassung des in Rede stehenden Gesetzes dennoch zuständig, ohne dass es dafür einer eigenen Kompetenzbestimmung der im Lenkungsrecht üblichen Art bedürfte114. b) Grundrechte Dem Buchpreisbindungsgesetz wurden auch Verstöße gegen Art 5, 6 StGG und Art 1 des 1. ZP sowie gegen den Gleichheitssatz vorgeworfen115. Gemeinsamer Ansatzpunkt dieser Vorwürfe ist die grundsätzliche - dh bloß durch die Zielvorgaben des § 1 leg cit gelenkte - Freiheit des österreichischen Verlegers bei der Preisfestsetzung, die einmal im Hinblick auf den dadurch erzeugten Konkurrenzdruck, ein andermal im Vergleich mit der Preisbindung der Importeure kritisiert wird. Zweifellos greift das Gesetz in die genannten Grundrechte ein. Das rechtspolitische Gestaltungsziel der Erhaltung eines kulturell wertvollen, aber uU unwirtschaftlichen Marktes dürfte aber eine brauchbare Rechtfertigung für diesen Eingriff darstellen. Was nun den Vorwurf betrifft, die freie Preisgestaltung der Verleger liefe diesem Ziel des Gesetzes zuwider, so ist dem nicht zu folgen: Gibt der Verleger einen niedrigen Preis vor, so profitieren davon große wie kleine Händler gleichermaßen, es stünde denn der Letztverkaufs- zum Großhandels- oder Einkaufspreis außer vernünftiger Relation. An keiner Stelle regelt nämlich das Gesetz den Großhandelspreis, also den Preis, den der - den Letztverkaufspreis bestimmende - Verleger selber von den Letztverkäufern verlangen darf. Könnte demnach ein Verleger einerseits einen hohen Großhandelspreis, andererseits aber einen niedrigen Letztverkaufspreis festsetzen, so würde er damit kleinere Buchhändler in Bedrängnis bringen, während große Ketten eine solche Preispolitik idR verkraften könnten. Vor diesem Hinter111 112 113 114 115
§ 6 Abs 1. § 6 Abs 2. Schneider, Buchpreisbindung, 854 ff. Vgl im einzelnen Schneider, Buchpreisbindung, 855 f. Schneider, Buchpreisbindung, 853 f.
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grund geriete aber tatsächlich das mit dem Gesetz angestrebte Ziel in Gefahr, weshalb an der Eignung des Gesetzes zur Verfolgung des an sich legitimen Interesses am Schutz eines kulturell wertvollen Marktes zu zweifeln wäre. Die Verfassungswidrigkeit läge bei dieser Sicht der Dinge allerdings nicht in der Freiheit bei der Festsetzung des Letztverkaufspreises, sondern vielmehr darin, dass der Großhandelspreis nicht festgelegt ist. Diesen Bedenken ist aber durch eine verfassungskonforme Interpretation zu begegnen: Bei verfassungskonformer Interpretation kann nämlich dem Gesetz nicht unterstellt werden, es erlaubte die Festsetzung eines Letztverbrauchspreises, der unverhältnismäßig - dh eine vertretbare Gewinnspanne überschießend unter dem - an den verlegerischen Kosten orientierten - Großhandelspreis liegt. Diese Auslegung entspräche nicht nur den Kriterien, die für die Bestimmung des volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises herangezogen werden, wie er auch ohne ausdrückliche Verankerung einer Ermächtigung zur Preisfestsetzung zugrunde zu legen ist. Eine Stütze findet sie auch in § 3 Abs 3, wo offenbar von einem angemessenen Verhältnis zwischen Großhandels- und Letztverbrauchspreis ausgegangen wird. Ist aber die Eröffnung einer solchen unverhältnismäßigen Spanne verfassungskonform auszuschließen, dann treffen auch die unter dem Blickwinkel der Erwerbsausübungsfreiheit und des Eigentumsgrundrechtes relevierten Bedenken nicht zu. Was die Differenzierung zwischen österreichischem Verleger und Importeur anbelangt, so liegt der sachliche Grund für diese Unterscheidung mE doch auf der Hand: Unterliegen im Ausland eingekaufte Waren in ihrem Herkunftsland einer Preisbindung oder wurde eine Preisempfehlung für Österreich ausgesprochen, so überträgt das Gesetz diese Preisbindung ins Inland, es will damit Wettbewerbsverzerrungen gerade einen Riegel vorschieben. Besteht eine solche Preisbindung nicht oder konnte unter dem üblichen Preis eingekauft werden, so darf der Wettbewerbsvorteil weitergegeben werden. Alles das gilt für den mit anderen Rahmenbedingungen konfrontierten österreichischen Verleger nicht. Es ist nicht zu erkennen, worin eine Gleichheitswidrigkeit dieser Differenzierung begründet sein soll. Dass schließlich für einen zulässigen Rabatt nicht geworben werden darf116, stellt eine zur Zielerreichung geeignete Einschränkung der Privatautonomie dar. Sie ist im Hinblick auf den Schutzzweck zugunsten kleiner, über eine effiziente Werbung gar nicht verfügender Buchhändler erforderlich und daher (sachlich) gerechtfertigt. c) Beleihung oder Inpflichtnahme des Verlegers und Importeurs? Die Frage nach dem Rechtscharakter der Preisfestsetzung durch Verleger und Importeure ist berechtigt117. Immerhin werden den Letztverkäufern mit der Festsetzung der Letztverbrauchspreise von einem Vertragsverhältnis mit dem Verleger oder Importeur unabhängige Pflichten auferlegt. Es drängt sich auf, eine solche Preisfestsetzung als Verordnung zu deuten, zumal privatautonome Deutungen vor allem entstehungsgeschichtlich auszu116 117
§ 5 Abs 2. Schneider, Buchpreisbindung, 856 f.
Preis- und Versorgungssicherungsrecht
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schließen sind118. Hiergegen spräche das Determinierungsgebot des Legalitätsprinzips mE nicht: Es dient der möglichst weit gehenden Schonung der Grundrechte auf Freiheit der Erwerbsausübung und auf Unversehrtheit des Eigentums, dass die Preisfestsetzung nicht im Detail vorherbestimmt ist; eine solche zurückhaltende Determinierung wäre auch mit der - vom VfGH vielfach anerkannten - Lehre vom differenzierten Legalitätsprinzip gerade in wirtschaftsnahen Bereichen zu vereinbaren119. Zudem ergäbe sich der bei Verordnungserlassung anzuwendende inhaltliche Maßstab nicht nur aus der Verordnungsermächtigung des § 3 BuchpreisbindungsG selbst, sondern - wie es nach der ständigen Judikatur zulässig ist - aus dem ganzen Gesetz120. Dieses lässt nämlich insgesamt sehr gut erkennen, woran sich der Letztverbrauchspreis zu orientieren hat: Heranzuziehen sind einmal die Kriterien des § 1121; außerdem aber hat sich der Verleger bei der Festsetzung des Letztverkaufspreises an seinen eigenen Kosten zu orientieren. Bemerkenswert wäre allerdings die staatsrechtliche Implikation einer Verordnungslösung: Nach hM bedarf es im Falle der Heranziehung Privater zur Ausübung von Hoheitsgewalt einer Weisungsbindung oder doch zumindest einer Bindung an die Aufsicht durch Staatsorgane122. Lehnt man nun mit dem VfGH eine unmittelbar auf Art 20 B-VG gestützte Weisungsbindung des Beliehenen oder in die Pflicht Genommenen ab123, so müsste - wenigstens - ein Aufsichtsrecht des mit der Vollziehung betrauten Bundeskanzlers über die Preisfestsetzung der Importeure und Verleger vorgesehen sein. Es fehlt aber an jeglicher Ingerenzmöglichkeit des Bundeskanzlers oder eines anderen Staatsorganes. Hinzu kommt, dass die Verfassungsmäßigkeit einer Verordnungsermächtigung an Beliehene nach der jüngeren Judikatur des VfGH schon für sich genommen zweifelhaft ist124. Überdies müsste die Sachlichkeit einer ausge-
118
119 120 121 122 123
124
Es ist nicht von vornherein verfassungsrechtlich auszuschließen, dass der Gesetzgeber einem Privaten die Rechtsmacht einräumt, auch in genereller Form über andere Private und deren Gestion Verfügungen zu treffen (vgl im Einzelnen Kneihs, Privater Befehl und Zwang [2004] 17 ff, 54 ff). Die Materialien begründen aber die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung gerade mit der gemeinschaftsrechtlichen Problematik privatautonomer Verabredungen. Gegen eine private Deutung spricht auch, dass zwar die Festlegung des eigenen Abgabepreises, nicht aber auch die Festsetzung eines Letztverbrauchspreises für andere als Ausfluss der Privatautonomie des Verlegers oder Importeurs zu deuten ist. Vgl zur Verordnungslösung auch Schneider, Buchpreisbindung, 856 f. VfSlg 2768/1954; VfSlg 10.275/1984; 17.348/2004. Vgl zB VfSlg 15.697/97 mwN. Stellung von Büchern als Kulturgut, Interessen der Konsumenten an angemessenen Buchpreisen, betriebswirtschaftliche Gegebenheiten des Buchhandels. Vgl nur VfSlg 14.473/1996 und die Folgejudikatur. Vgl die Nachweise dazu bei Schneider, Buchpreisbindung, 856 in FN 45. Es spielt dafür keine Rolle, ob man bloß die unmittelbare Anwendbarkeit des Art 20 B-VG verneint oder ob man Art 20 B-VG rein organisatorisch deutet, wofür mE die besseren Argumente sprechen, worauf aber im gegebenen Rahmen nicht eingegangen werden kann. VfSlg 16.995/2003.
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Kneihs
rechnet an einen Marktteilnehmer und -konkurrenten gerichteten Verordnungsermächtigung zweifelhaft sein125. Gegen die Verordnungslösung spricht aber auch der Sanktionsmechanismus, der im Gesetz vorgesehen ist: Nicht der Staat greift durch Gericht oder Verwaltungsbehörde in das Geschehen ein, wenn die Preisbindung missachtet wird, sondern die Marktteilnehmer selbst haben es in der Hand, das System durch Konkurrentenklagen zu effektuieren. Man könnte nun versucht sein, trotz der Entstehungsgeschichte118 privatrechtlich zu argumentieren und etwa vertragliche Bindungsketten zu konstruieren. Solche Ketten lassen aber Lücken offen, die das Gesetz schließen muss. Es handelt sich demnach um eine atypische Form der generellen Rechtsetzung durch Private auf Grund gesetzlicher Ermächtigung. Dagegen lässt sich die (angebliche) Geschlossenheit des Rechtsquellensystems nicht mit Erfolg ins Treffen führen, weil sie von vornherein nur relativ, das Rechtsquellensystem damit relativ offen für atypische Rechtsformen ist126. Eine solche Konstruktion sähe sich aber dem Vorwurf der Umgehung des Rechtsschutzssystems ausgesetzt, wobei es zweifelhaft ist, ob die - auch für die Festsetzung selbst geltende - Sanktion des § 7 leg cit127 als hinreichend effektives Rechtsschutzinstrument anzusehen ist, mit dessen Hilfe die Preisfestsetzung bekämpft werden kann mit kaum anderem Prüfungsmaßstab und daher ohne Rechtsschutzeinbuße für den Betroffenen, aber unter Umgehung des Normenkontrollmonopols des VfGH. Zudem schiede in einer solchen Konstruktion mangels Ingerenz eines Verwaltungsorgans jegliche Amtshaftung und jegliche demokratische Kontrolle der Preisfestsetzung aus, die auch im Falle privater Rechtsetzung umso notwendiger ist, je weniger sich diese Rechtsetzung aus den Grundrechtspositionen des betreffenden Privaten rechtfertigen lässt und je mehr sie sich in Wahrheit einem öffentlichen Interesse verdankt128. Aus allen diesen Gründen ist die vorliegende Konstruktion der Buchpreisbindung als verfassungswidrig zu qualifizieren.
III. Versorgungssicherung A. Zur Problemstellung Im österreichischen Recht existieren mit dem Erdöl- Bevorratungs- und Meldegesetz129, dem Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz130 und dem Energielenkungsgesetz131 Versorgungs-Sicherungsgesetze für einzelne, für die Aufrechterhaltung der nötigen Infrastruktur besonders wichtige und/oder besonders 125
126 127 128 129 130 131
Vgl zu diesem Gedanken mwN Kneihs, Der privatrechtliche Normenvertrag als Instrument des Sozialversicherungsrechts, in: Kneihs/Lienbacher/Runggaldier (Hrsg), Wirtschaftssteuerung durch Sozialversicherungsrecht? (2005) 125 (139). Kneihs (FN 118). Vgl dazu im Einzelnen Eixelsberger, „Sittenwidrigkeit“ kraft gesetzlicher Fiktion? Zum Verweis des BuchpreisbindungsG auf § 1 UWG, ÖBl 2001, 243. Vgl dazu wiederum Kneihs (FN 118) 118 ff. BGBl 1982/546 idF BGBl I 2004/151. BGBl 1996/789 idF BGBl I 2004/151. BGBl 1982/545 idF BGBl I 2004/151.
Preis- und Versorgungssicherungsrecht
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krisenanfällige Sektoren. Von diesen Regelungen soll im vorliegenden Beitrag nicht die Rede sein132. Die Rechtsordnung hält aber unter dem Titel eines „Bundesgesetz(es) betreffend die Sicherung einer ungestörten Produktion und der Versorgung der Bevölkerung und sonstiger Bedarfsträger mit wichtigen Wirtschafts- und Bedarfsgütern“ auch noch ein allgemeineres Versorgungssicherungsgesetz bereit, das die Verhinderung oder Bekämpfung von Versorgungsstörungen oder die Erfüllung völkerrechtlicher (und daher auch gemeinschaftsrechtlicher) Verpflichtungen ermöglichen soll und dem die besonderen Versorgungssicherungsgesetze in Aufbau und Regelungstechnik im Wesentlichen gleichen.
B. Versorgungssicherungsgesetz 1. Voraussetzungen für Lenkungsmaßnahmen Das Versorgungssicherungsgesetz gilt - entgegen dem ersten Eindruck - nur für bestimmte, in einer Anlage zum Gesetz taxativ aufgezählte Güter. Es gilt überdies nur für Güter, die keinen anderen Lenkungsbestimmungen unterworfen sind133. Lenkungsmaßnahmen nach dem Versorgungssicherungsgesetz können einerseits zur Abwehr oder Behebung von Versorgungsstörungen, andererseits aber auch zur Erfüllung völkerrechtlicher und gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen ergriffen werden. Im Falle der Abwehr unmittelbar drohender oder der Beseitigung bereits bestehender Versorgungsstörungen darf es sich • nicht um bloß saisonale Verknappungserscheinungen handeln und dürfen • keine marktkonformen Mittel zur Verfügung stehen, um die Störung rechtzeitig und mit verhältnismäßigem Aufwand abzuwenden oder zu beseitigen134. Mit dieser Wendung bringt das Gesetz die auch andernorts angeordnete Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Lenkungsmaßnahmen zum Ausdruck. Es handelt sich dabei aber nicht um eine überflüssige Wiederholung. Die Lenkungsmaßnahmen nach dem Versorgungssicherungsgesetz sollen nämlich nicht nur zeitlich, räumlich und sachlich möglichst beschränkt bleiben und unverhältnismäßige Eingriffe in die Wirtschaftsgrundrechte vermeiden135. Sie sollen vielmehr überhaupt nur unter der Voraussetzung gesetzt werden dürfen, dass marktkonforme Alternativen nicht zur Verfügung stehen. Die Lenkungsmaßnahmen sind also nicht nur hinsichtlich des Wie, sondern auch hinsichtlich ihres Ob grundrechtlich bedingt. Für Sachgüter, für die Lenkungs- oder Bewirtschaftungsvorschriften bestehen, kann nur während der Dauer dieser Maßnahmen ein Preis bestimmt werden136. Lenkungsmaßnahmen nach dem Versorgungssicherungsgesetz können daher auch bloß den Zweck haben, eine Preisfestsetzung nach dem Preisgesetz
132 133 134 135 136
Siehe oben I. 1. Ausführlich Bernárd, 122 ff. § 1 Abs 1 Z 2. Siehe gleich unten b). § 2 Abs 1 im Zusammenhalt mit § 2 Abs 2 PreisG.
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zu ermöglichen137. Diesfalls muss die Preisfestsetzung den eingangs genannten Notwendigkeiten folgen.
2. Lenkungsmaßnahmen Lenkungsmaßnahmen sind gemäß § 2 • absolute Ge- und Verbote oder die Statuierung von Bewilligungspflichten hinsichtlich der Produktion, des Transportes, der Lagerung, der Verteilung, der Abgabe, des Bezuges, der Ein- und Ausfuhr sowie der Verwendung von Waren; • Anweisungen an Besitzer oder andere Verfügungsberechtigte von Transport-, Lager- und Verteilungseinrichtungen für Waren, die Maßnahmen der zuvor genannten Art unterliegen; • Die Verpflichtung von physischen und juristischen Personen, von Personengesellschaften des Handelsrechts sowie von eingetragenen Erwerbsgesellschaften, die gewerbsmäßig Waren erzeugen, bearbeiten, verarbeiten, verbrauchen, lagern, für sich oder andere verwahren oder damit handeln, zu Meldungen über den Bedarf, die Erzeugung, Bearbeitung, Verarbeitung, den Verbrauch, den Zu- und Abgang und den Lagerbestand von Waren sowie von für die Vollziehung notwendigen Auskünften über Betriebsverhältnisse. Es kann also, kurz gesagt, „praktisch alles angeordnet werden“138. Dabei zieht das Gesetz aber deutliche Grenzen: Zum einen stehen alle Maßnahmen unter der Anforderung unbedingter Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit hinsichtlich der Grundrechte des Wirtschaftslebens139. Zum anderen dürfen sie nur für ein Ausmaß und eine Dauer ergriffen werden, die im Hinblick auf die zu erreichenden Ziele unbedingt erforderlich sind; die zeitliche Dauer ist zudem durch ein absolutes Zeitlimit ausdrücklich beschränkt140. Schließlich können - und müssen wohl vor dem Hintergrund der mehrfach gebotenen Subsidiarität - Lenkungsmaßnahmen nur für bestimmte Zweige der Wirtschaft und/oder bestimmte Teile des Bundesgebietes getroffen werden, soweit letzterenfalls mit Maßnahmen das Auslangen gefunden werden kann, die mit Art 4 B-VG vereinbar sind141. Die Richtigkeit der nach dem VersorgungssicherungsG zu erstattenden Meldungen kann durch Einschau in Bücher und Kontrollen vor Ort nachgeprüft werden. Zu diesem Zweck sind den zuständigen Organen weit gehende Zutritts- und Informationsrechte eingeräumt; ihnen steht eine besonders strenge Geheimhaltungspflicht gegenüber142. Zu Zwecken der vorbeugenden Versorgungssicherung ist der BMWA befugt, Daten über störungsanfällige Waren zu erheben und diesbezüglich von Interessenvertretungen und potentiellen Adressaten einer Lenkungsmaßnahme Auskünfte einzuholen143. Waren, für die Len137 138 139 140 141 142 143
Zur in diesem Punkt vergleichbaren früheren Rechtslage Bernárd, 133. Bernárd, 131. § 1 Abs 1 und § 3 Abs 2. § 3 Abs 2. Zu dieser Problematik ausführlich Bernárd, 136 ff. § 9. § 8.
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kungsmaßnahmen nach § 2 Z 1 und 2 angeordnet wurden, können auch einer Beschlagnahme unterworfen werden; der BMWA kann die Betroffenen zur Ablieferung solcher Waren verpflichten144. Ausgenommen davon sind allerdings Waren, die • im Zeitpunkt des Inkrafttretens von Lenkungsmaßnahmen bereits im Eigentum oder zur Verfügung eines Bundeslandes oder einer Gemeinde stehen und für die Versorgung der eigenen Bevölkerung vorrätig gehalten werden, • der Deckung des eigenen betrieblichen Bedarfes im Rahmen von Lenkungsmaßnahmen dienen oder für Zwecke der militärischen Landesverteidigung vorrätig gehalten werden und die nicht zur Abgabe an Dritte bestimmt sind, • im Eigentum oder Besitz eines Letztverbrauchers stehen und der Deckung seines persönlichen Bedarfes oder des Bedarfes seiner Haushaltsangehörigen dienen. Für Vermögensnachteile, die aus einer Beschlagnahme nach dem VersorgungssicherungG entstehen, gebührt eine Entschädigung, für deren Festsetzung eine sukzessive Kompetenz angeordnet ist.
3. Zuständigkeit und Verfahren a) Zuständigkeit Lenkungsbehörde ist der BMWA. Er kann seine Zuständigkeit aber auch auf einzelne oder alle Landeshauptleute übertragen und gesetzliche Interessenvertretungen zum Vollzug von Lenkungsmaßnahmen heranziehen. Darüber hinaus ist die Einbeziehung sozialpartnerschaftlicher Ausschüsse sowie des Hauptausschusses des Nationalrates vorgesehen: Lenkungsmaßnahmen sind durch Verordnung zu setzen oder anzuordnen. Zur Verordnungserlassung ist der BMWA zuständig. Er kann unter bestimmten Voraussetzungen alle oder einzelne Landeshauptleute durch Verordnung beauftragen, die ihm zustehenden Befugnisse in ihrer Gesamtheit, einzeln oder in Verbindung miteinander an seiner Stelle auszuüben145. Sowohl Übertragungsverordnungen als auch Verordnungen, mit denen Lenkungsmaßnahmen getroffen oder vorgesehen werden, bedürfen einer Begutachtung durch den BundesVersorgungssicherungsausschuss oder den (jeweiligen) Landes-Versorgungssicherungsausschuss146. Verordnungen über Lenkungsmaßnahmen bedürfen überdies der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates147.
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§ 7. Zur - im Wesentlichen vergleichbaren - früheren Rechtslage Bernárd, 145 ff. § 4 Abs 1. Ein solches Mandat ist zulässig, wenn eine Störung der Versorgung nur Teile des Bundesgebietes bedroht oder betrifft und eine solche Störung dadurch besser abgewendet oder behoben werden kann, oder wenn auf Grund der Art und des Umfanges der unmittelbar drohenden oder bereits eingetretenen Störung der Versorgung die bei der Anordnung von Lenkungsmaßnahmen zu berücksichtigenden Umstände in Teilen des Bundesgebietes verschieden sind oder wenn dies sonst im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist. Diese Ausschüsse, deren Zusammensetzung und Geschäftsordnung in den §§ 14 ff geregelt ist, sind sozialpartnerschaftlich zusammengesetzt. Ihnen gehören Vertreter
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Die Durchführung von Verordnungen und die Kontrolle ihrer Einhaltung obliegen den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung sowie den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich. Darüber hinaus kann der BMWA auch Einrichtungen der gesetzlichen Interessenvertretungen, insbesondere die Wirtschaftskammer Österreich heranziehen sowie bestimmte juristische Personen bezeichnen, derer sich die Kammern zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit Zustimmung des BMWA bedienen dürfen. Verordnungen, mit denen Lenkungsmaßnahmen getroffen werden, müssen festlegen, welchen der genannten Behörden und Stellen welche Aufgaben zufallen sollen148. b) Verfahren Das Versorgungssicherungsrecht gehört - wie das Preisrecht - zu jenen Rechtsgebieten, in denen einer eher dürftigen inhaltlichen Determinierung ein detailliert geregeltes Verfahren gegenübersteht, das Gewähr für die Richtigkeit des Ergebnisses bieten und die große inhaltliche Freiheit der zuständigen Behörden rechtfertigen soll. Für die Richtigkeit des Ergebnisses soll aber nicht nur die Einhaltung des Verfahrens, sondern auch die Einbindung verschiedener sozialpartnerschaftlicher Kräfte sowie einzelner Bundesministerien und der Länder in den Verordnungsgebungsprozess Sorge tragen149. Das Versorgungssicherungsgesetz verlangt zudem für Verordnungen, mit denen Lenkungsmaßnahmen festgelegt werden, die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrats150. Auch die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrats hat bei Gefahr im Verzug zu entfallen; diesfalls muss aber zugleich mit der Erlassung der Verordnung der Antrag auf Erteilung der Zustimmung gestellt werden; stimmt der Hauptausschuss nicht oder nicht innerhalb einer Woche nach Antragstellung zu, so ist die Verordnung aufzuheben151. Frühere Fassungen des Versorgungssicherungsgesetzes haben ausdrücklich auch für Übertragungsverordnungen die Zustimmung des Hauptausschusses verlangt. Nunmehr gilt das Zustimmungserfordernis nur noch für „Verordnungen gemäß (§ 1) Abs 1 und 2“152. Übertragungsverordnungen, mit denen der BMWA nur Teile seiner Befugnisse auf die Landeshauptleute überträgt, werden allerdings idR zugleich Lenkungsverordnungen nach § 1 Abs 1 und 2 sein. Insoweit aber, als nicht nur der Vollzug, sondern auch die Erlassung von Lenkungsmaßnahmen auf die Landeshauptleute übertragen wird, stellen erst deren Verordnungen solche nach § 1 Abs 1 und 2 dar. Es stellt sich also die Frage, ob im Hinblick auf Art 55 Abs 5 B-VG nur die Verordnungen des Bundesministers der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates bedürfen und wenn ja, ob diesfalls das Erfordernis der Zustimmung durch (bloße) Übertra-
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diverser Bundesministerien, verschiedener gesetzlicher Interessenvertretungen sowie - im Falle des Bundes-Versorgungssicherungsausschusses - der Länder an. Art 55 Abs 5 B-VG und dazu Kahl (FN 30) Rz 10 f. Vgl im Einzelnen § 4 Abs 3 und § 5. Vgl oben bei FN 146. Keine Zustimmung ist für Verordnungen erforderlich, mit denen Lenkungsmaßnahmen ganz oder zum Teil aufgehoben werden. § 1 Abs 5. § 1 Abs 4.
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gung an den Landeshauptmann umgangen werden kann. Soweit der Landeshauptmann (in der mittelbaren Bundesverwaltung) Befugnisse des Bundesministers ausübt, spricht mE schon der Wortlaut der zitierten Bestimmung des B-VG nicht gegen eine Auslegung, die auch Verordnungen eines Landeshauptmanns einer Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates unterwirft. Nur eine solche Lösung ist auch geeignet, der Teleologie dieser Zustimmungspflicht gerecht zu werden, weil die bloße Übertragung keiner inhaltlichen Prüfung bedarf, die Freistellung der Landeshauptleute allerdings zur angedeuteten Umgehungsproblematik führen würde. Das Erfordernis der Zustimmung des Hauptausschusses bezieht sich demnach erst auf die jeweilige Verordnung des Landeshauptmannes; eine bloße Übertragungsverordnung wäre zustimmungsfrei153. Das Verfahren der Erlassung von Lenkungsmaßnahmen gliedert sich daher wie folgt: Der BMWA hat das Vorliegen von Voraussetzungen zu beurteilen und Lenkungsmaßnahmen selbst zu erlassen oder ihre Erlassung ganz oder teilweise an die Landeshauptleute (der betroffenen Länder) zu übertragen. Vor Erlassung einer solchen Verordnung ist der Bundes-Versorgungssicherungsausschuss zu hören; seine Anhörung kann bei Gefahr im Verzug nachgeholt werden. Soweit nicht nur die Durchführung, sondern auch die Erlassung von Lenkungsmaßnahmen an die Landeshauptleute übertragen wurde, bedürfen deren Verordnungen der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates154. Vor ihrer Erlassung ist überdies der (jeweilige) LandesVersorgungssicherungsausschuss zu hören155. Alle nach dem Versorgungssicherungsgesetz ergangenen Verordnungen und daher lege non distinguente auch diejenigen der Landeshauptleute - sind im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ kundzumachen und treten mit Beginn des Tages der Kundmachung in Kraft, sofern nicht ein späterer Zeitpunkt für das Inkrafttreten bestimmt ist. Ist eine solche Kundmachung nicht oder nicht zeitgerecht möglich, so ist die Verordnung „in anderer geeigneter Weise, insbesondere durch Rundfunk oder andere akustische Mittel oder Veröffentlichung in einem oder mehreren periodischen Medienwerken“ kundzumachen. Diese von § 2 Abs 2 Z 2 BGBlG und den Landesgesetzblattgesetzen abweichende Regelung verfolgt offenbar vor allem das Interesse der Raschheit und damit auch der Zweckmäßigkeit.
4. Straf- und Schlussbestimmungen Das Gesetz ermächtigt mit der Anordnung des Inkrafttretens mit Beginn des Tages der Kundmachung den Verordnungsgeber zu einer stillschweigenden Rückwirkungsanordnung. Dies ist wenigstens insoweit verfassungskonform zu reduzieren, als eine Bestrafung wegen Verstoßes gegen eine solche Verord153
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Dies, obwohl sich aus § 4 Abs 1 ergeben dürfte, dass zur Beurteilung der Voraussetzungen für die Erlassung von Lenkungsmaßnahmen der BMWA allein zuständig ist und der BMWA die Landeshauptleute zur Ausübung seiner Kompetenzen „beauftragen“ soll. Aus Wortlaut und Systematik des § 1 Abs 4 ergibt sich aber, dass nur die Erlassung von Lenkungsmaßnahmen, nicht schon die Erteilung der Befugnis dazu, zustimmungspflichtig sein soll. Es handelt sich dabei um „Verordnungen gemäß (§ 1) Abs 1 und 2“. §§ 4 Abs 2, 16.
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nung erst für ab dem Zeitpunkt der Kundmachung verwirklichte Sachverhalte in Betracht kommen kann. Der Strafrahmen des § 18 Abs 1 Z 2 scheint mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art 91 B-VG verfassungsrechtlich bedenklich zu sein156. § 11 Abs 1 ordnet an, dass Rechtsgeschäfte ex lege insoweit unwirksam sind, als sie nach dem Inkrafttreten einer Verordnung nach dem Versorgungssicherungsgesetz getätigt wurden und als durch ihre Erfüllung ein in einer Verordnung erlassenes Verbot unterlaufen würde. § 11 Abs 2 bestimmt, dass Rechtsgeschäfte aufgehoben werden, die vor dem Inkrafttreten einer Verordnung abgeschlossen, jedoch nicht oder nicht vollständig erfüllt wurden, soweit ihre Erfüllung einem ausgesprochenen Verbot zuwiderlaufen würde. IdR wird aber die Anordnung einer aufschiebenden Bedingung durch den Wegfall des Verbotes als geringfügigerer Eingriff in die Privatautonomie ausreichen, um die Einhaltung der Ge- und Verbote von Versorgungssicherungsverordnungen sicherzustellen. Die Kompetenzbestimmung des Art I und mit ihr das ganze Versorgungssicherungsgesetz treten mit Ablauf des 31. Dezember 2006 außer Kraft.
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Vgl VfSlg 12.151/1989.
Tanja Koller
Energielenkungs-, Erdölbevorratungs- und Melderecht, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht Rechtsgrundlagen .........................................................................................1341 Grundlegende Literatur.................................................................................1342 I. Grundlagen ..............................................................................................1342 A. Allgemeines..........................................................................................1342 B. Kompetenzrechtliche Einordnung .......................................................1343 C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen................1346 II. Energielenkung ......................................................................................1350 A. Allgemeines..........................................................................................1350 B. Lenkungsmaßnahmen ..........................................................................1350 1. Lenkungsmaßnahmen für Energieträger .........................................1351 2. Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Elektrizitätsversorgung ..1353 3. Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Erdgasversorgung ..........1354 4. Vorbereitung der Lenkungsmaßnahmen .........................................1355 C. Zuständigkeit und Verfahren ...............................................................1356 D. Strafbestimmungen..............................................................................1357 III. Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz...............................................1357 A. Allgemeines..........................................................................................1357 B. Haltung von Notstandsreserven...........................................................1358 C. Meldepflichten und Überwachung ......................................................1361 D. Zuständigkeit und Verfahren...............................................................1361 E. Straf- und Schlussbestimmungen .........................................................1362 IV. Lebensmittelbewirtschaftsungsgesetz.................................................1362 A. Allgemeines..........................................................................................1362 B. Lenkungsmaßnahmen ..........................................................................1363 C. Zuständigkeit und Verfahren ...............................................................1363 D. Straf- und Schlussbestimmungen.........................................................1364 Rechtsgrundlagen: EU-Recht: Art 28ff, 98ff und 297 EG-Vertrag; RL 2006/67/EG, Abl L 217/8; RL 73/238/EWG, Abl L 238/1; RL 2004/67/EG, Abl L 127/92; RL 2003/54/EG, Abl L 176/37; RL 2003/55/EG, Abl L 176/57. BG: Art 4 B-VG, Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG; Energielenkungsgesetz 1982, BGBl 1982/545 idF BGBl I 2006/106; Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982, BGBl 1982/546 idF BGBl I 2006/106; Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997, BGBl 1996/789 idF BGBl I 2006/87; Übereinkommen über ein Internationales Energieprogramm, BGBl 1976/317 und BGBl 1976/497.
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Grundlegende Literatur: Azizi, Zum Verfassungsgebot der Wirtschaftsgebietseinheit und zu seiner wirtschaftspolitischen Tragweite. Eine Erörterung am Beispiel der Energiepolitik, ÖJZ 1985, 97; Fremuth, Rechtsfragen der Energielenkung, in: Aicher (Hrsg), Rechtsfragen der öffentlichen Energieversorgung, Schriften zum gesamten Recht der Wirtschaft, Bd 12 (1987); Jirovec/Stanger, Erdölbevorratungs- und Melderecht von der Überbindungspflicht zu marktwirtschaftlichen Bedingungen, ecolex 1991, 427; Korinek, Beiträge zum Wirtschaftsrecht (FS für Karl Wenger) (1983); derselbe, Wirtschaftsverwaltungsrecht I (1991); Korinek/Rill (Hrsg), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts, Schriften zum gesamten Recht der Wirtschaft, Bd 6 (1982); Puck, Wirtschaftslenkung, in: Raschauer (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2 (2003); Rabl, Das EnergieVersorgungssicherheitsgesetz 2006 im Überblick, ecolex 2006, 724; Rill/Griller, Europäischer Binnenmarkt und österreichisches Wirtschaftsverwaltungsrecht, Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für Europafragen, Bd 4 (1991); Schulev-Steindl, Wirtschaftslenkung und Verfassung (1996); Walter/Mayer, Grundriss des Besonderen Verwaltungsrechts2 (1987); Wenger/Raschauer, Recht der Wirtschaftslenkung, in: Wenger (Hrsg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts II (1990); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration (1998).
I. Grundlagen A. Allgemeines Obwohl der Begriff „Wirtschaftslenkung“ in einem Staat wie Österreich mit freier Marktwirtschaft ein wenig befremdend anmutet, lässt sich dennoch kein anderer Begriff finden, der dieser Regelungsmaterie gerechter werden könnte. Typisches Regelungsziel des Wirtschaftslenkungsrechts ist die Marktkorrektur, um bestimmte wirtschafts- oder sozialpolitisch erwünschte Zustände herzustellen oder zu erhalten. Je nach der Intensität des staatlichen Eingriffes in die unternehmerische Freiheit kann man zwischen direkter und indirekter Wirtschaftslenkung unterscheiden. Während die direkte Wirtschaftslenkung in die Dispositionsfreiheit der Wirtschaftssubjekte sehr intensiv eingreift, beschränkt die indirekte Wirtschaftslenkung die einzelwirtschaftliche Freiheit viel geringer, zumal auch ihre Wirkung auf das Unternehmer- und Konsumentenverhalten von Rentabilitätsüberlegungen abhängt.1 „Wirtschaftslenkungsrecht ist [nach hM] die Gesamtheit jener rechtlichen Regelungen, die eine staatliche Steuerung des Wirtschaftsgeschehens, insbesondere wirtschaftspolitische Interventionen in bezug auf Produktion, Austausch und Verbrauch von Gütern vorsehen.“2 Diesem Wirtschaftslenkungsrecht können auch das EnergielenkungsG, das Erdöl-Bevorratungs- und MeldeG und das LebensmittelbewirtschaftungsG zugerechnet werden. Ihnen ist gemeinsam, dass sie die im gesamtwirtschaftlichen Interesse gelegene Sicherung der Versorgung mit volkswirtschaftlich besonders wichtigen Sachgütern und Leistungen bezwecken. Diese Gesetze werden zum Bewirtschaftungsrecht gezählt, da sie den Staat zu Maßnahmen ermächtigen, die darauf abzielen, in 1 2
Schulev-Steindl, 11f. Vgl ua Rill, Probleme der Angleichung des österreichischen Wirtschaftslenkungsrechts an das Recht der EG, in: Rill/Griller, 159.
Energielenkungs-, Erdölbevorratungs-, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht 1343
Mangelsituationen die Versorgung der Wirtschaft und der Bevölkerung aufrechtzuerhalten, um auch in Krisenzeiten einen geordneten Gang der Wirtschaft und die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.3
B. Kompetenzrechtliche Einordnung Die Lenkungskompetenzen sind zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten aufgeteilt. Hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeiten von Gemeinschaft und Mitgliedstaaten ist die EG grundsätzlich nur in den Fällen zuständig, die der EG-Vertrag ausdrücklich vorsieht. Der österreichische Gesetzgeber hat bei der Erlassung von Wirtschaftslenkungsrecht die im EGVertrag normierten Kompetenzausübungsschranken zu beachten.4 Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG bestimmt, dass Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung auch „die aus Anlaß eines Krieges oder im Gefolge eines solchen zur Sicherung der einheitlichen Führung der Wirtschaft notwendig erscheinenden Maßnahmen, insbesondere auch hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgegenständen“ ist. Es handelt sich dabei um eine typisch notrechtliche Kompetenz, die nur aus Anlass eines Krieges oder in Gefolge eines solchen zum Tragen kommen kann. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so sind die betreffenden Lenkungsmaßnahmen als akzessorische Zuständigkeit auf andere Kompetenzen des Bundes und der Länder verteilt (Querschnittmaterie).5 Bei diesem Kompetenztatbestand handelt es sich um eine typische Bedarfsgesetzgebung.6 Diese Gesetzgebungskompetenz kann schon vor Eintritt des „Bedarfsfalles“ in Anspruch genommen werden, so dass auf ihrer Grundlage Gesetze gewissermaßen „auf Vorrat“ für den Fall des künftigen Eintretens der Voraussetzungen (Krieg, Kriegsfolgen) erlassen werden dürfen.7 Durch Notmaßnahmen iS dieses Kompetenztatbestandes wird der betreffenden Bestimmung eines Landesgesetzes nicht endgültig derogiert, sie wird vielmehr nur für die Dauer des Bestandes dieser Notmaßnahmen in ihrer Wirksamkeit zurückgedrängt („Überschattungstheorie“).8 Tritt dieses Bundesgesetz wieder außer Kraft bzw fällt die Bundeskompetenz durch das Ende des Krieges und seiner
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Bernárd, Bewirtschaftungsrecht, in: Korinek, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 97. Puck, Rz 614, dazu zählen zB die gemeinsame Agrarpolitik nach Art 32 ff EGV, die gemeinsame Handelspolitik nach Art 131 ff EGV und die Währungspolitik nach Art 105 ff EGV. Für die Wirtschaftslenkung relevante Rechtsakte wurden aber auch auf Art 99 EG-Vertrag (RL 2004/67/EG, Abl L 127/92) sowie auf Art 100 (RL 2006/67/EG, Abl L 217/8) gestützt. Funk, Das System des österreichischen Wirtschaftslenkungsrechts, in: Korinek/Rill, 54. Vgl VfSlg 3378/1958 sowie VfSlg 2264/1959, 3735/1960. Schulev-Steindl, 90; anderer Ansicht der VfGH in VfSlg 4939/1965, 7059/1973, der von einem Wegfall der Kompetenz nach Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG in Normalzeiten ausgeht. Bernárd ist der Ansicht, dass der einfache Bundesgesetzgeber jederzeit Vorkehrungen treffen kann, die aus Anlass eines Krieges oder in Gefolge eines solchen erforderlich erscheinen, die zeitliche Komponente beschränkt somit nicht die Anwendbarkeit des Kompetenztatbestandes, sondern die Vollziehbarkeit der auf seiner Grundlage erlassenen Gesetze, vgl Bernárd, Versorgungssicherung, in: Korinek/Rill, 115. Mayer, B-VG3 (2002) Art 10 B-VG I.15; VfSlg 1882/1949, 3378/1958,
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Nachwirkungen weg, so treten die zurückgedrängten Landesgesetze wieder in volle Wirksamkeit.9
Seit dem Inkrafttreten des StV v Wien am 27. Juli 1955 sind die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kompetenztatbestandes weggefallen.10 Da man aber auf bestimmte Formen der direkten Wirtschaftslenkung, etwa im Bereich der Marktordnung, des Preisrechts oder der für Krisenfälle konzipierten Bewirtschaftungsgesetze nicht verzichten wollte, sicherte der Verfassungsgeber die entsprechenden Gesetze mit sog „Kompetenzdeckungsklauseln“ in eigenen, den jeweiligen Gesetzen vorangestellten (und regelmäßig befristeten) Verfassungsbestimmungen ab.11 Die in den nunmehr auch unbefristeten12 Wirtschaftslenkungsgesetzen enthaltenen eigenen Verfassungsartikel schaffen in Durchbrechung der allgemeinen bundesstaatlichen Kompetenzverteilung eine spezielle Kompetenz für gerade jene und nur jene Regelungen, die das einfache Gesetz enthält.13 Zur Abgrenzung gegenüber der Gewerbekompetenz des Bundes sei erwähnt, dass im gesamtwirtschaftlichen Interesse gelegene Maßnahmen, wie die der sinnvollen Nutzung von Energie in ihrer Zielsetzung, ihrem Inhalt und ihrer Wirkung über die Funktion gewerbespezifischer Gefahrenabwehr und damit über eine spezifische gewerbepolizeiliche Ordnungs- und Sicherungsfunktion hinausgehen.14 Der VfGH hat klargestellt15, dass die Gewerbekompetenz des Bundes keine Planungsmaßnahmen beinhaltet.16
Zusammenfassend bedeutet das somit, dass der Bund in Kriegs(folge)zeiten umfassend, dh in allen Bereichen des Wirtschaftslebens zur direkten Lenkung befugt ist, während ihm in Normalzeiten nach dem B-VG nur Lenkungsrechte partieller Natur zustehen (Querschnittsmaterie). Ob neben dieser Bundeskompetenz noch eine Kompetenz der Länder nach Art 15 Abs 1 B-VG besteht, ist
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Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 (2000), Rz 261. Vgl VfSlg 4570/1963, 4939/1965 sowie 5748/1968, wonach zwar auf Basis des Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG keine Gesetze mehr erlassen werden können, auf dieser Grundlage aber bereits erlassene Gesetze gehören unverändert dem Rechtsbestand an, vgl Mayer (FN 8). Die Änderung eines derartigen Gesetzes ist wegen Unanwendbarkeit der Kompetenzgrundlage nur anhand einer besonderen Kompetenzgrundlage möglich oder müsste als Bundesverfassungsgesetz ergehen, vgl Azizi, 111. Diese Vorgangsweise ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil nach Art 10 Abs 1 Z 1 jede Materie durch ein Verfassungsgesetz des Bundes geregelt werden kann, vgl Mayer (FN 8) Art 10 B-VG I.1. Eine Befristung derartiger Gesetze erscheint problematisch, da es bei der Krisenbewirtschaftung auch um staatsexistentielle Fragen gehen kann. Schäffer, Die rudimentäre Wirtschaftsverfassung Österreichs, in: Korinek, FS Wenger, 23. VfSlg 10.831/1986 mit Hinweis auf Duschanek, Kompetenzrechtliche Überlegungen zu Energiesparvorschriften im Gewerberecht, ZfV 1981, 260ff. In VfSlg 17.022/2003 hat der VfGH , nachdem er die Anwendung der Gesichtspunktetheorie ausdrücklich verworfen hat, erneut entschieden, dass „die Bindung an bestimmte Energiesparstandards für … Betriebsanlagen […] nicht als eine Maßnahme gewerbepolizeilicher Art qualifiziert werden [kann]“. Vgl VfSlg 9543/1982; bereits in VfSlg 4117/1961 hatte der VfGH aus im Versteinerungszeitpunkt vorhandenen „quantitativen Beschränkungen“ die Zuständigkeit des Bundes abgeleitet, auf der Grundlage des Gewerbekompetenztatbestandes Mengenbeschränkungen bzw Kontingente festzulegen. Morscher, Die Gewerbekompetenz des Bundes (1987), 62f.
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danach zu beurteilen, ob eine „Angelegenheit“ iS dieses Artikels vorliegt. Die den Ländern zugewiesenen Restkompetenzen im Bereich der Wirtschaftslenkung sind jedoch in weiten Bereichen nicht „selbständig“ legislativ umsetzbar, ohne mit Bundesgesichtspunkten in Konflikt zu geraten (bundesstaatliches Berücksichtigungsgebot)17, sodass diese Regelungsgesichtspunkte nur schwer als eigene kompetenzrechtliche Angelegenheit betrachtet werden können. Den Ländern würde ansonsten die Kompetenz zur Regelung der Wirtschaftslenkung mit gesamtwirtschaftlicher Zielsetzung zukommen. Derartige Lenkungskompetenzen der Länder sind schon wegen Art 4 B-VG und daraus potentiell resultierender Regelungskonflikte von den Ländern nur schwer realisierbar.18 Gemäß der verfassungsrechtlichen Kompetenzausübungsschranke des Art 4 B-VG soll das Bundesgebiet ein einheitlichen Wirtschafts-, Währungs- und Zollgebiet bilden. Eine Beschränkung des Güterflusses zwischen Teilen des Bundesgebietes könnte durch unterschiedliches Wirtschaftslenkungsrecht der Länder hervorgerufen werden, daher dürfen direkte hoheitliche Eingriffe in die unternehmerische Dispositionsfreiheit, die über den verwaltungspolizeilichen Rahmen hinausgehen, durch Landesgesetz nicht angeordnet werden. Dem Landesgesetzgeber ist es daher verwehrt, inhaltlich voneinander abweichende wirtschaftslenkungsrechtliche Anordnungen zu erlassen.19
Wirtschaftslenkungsmaßnahmen werden häufig einen Grundrechtseingriff darstellen. Die Formen vor allem der direkten Wirtschaftslenkung weisen eine sehr hohe Eingriffsintensität auf. Häufig treffen sie die Kernbereiche der von Art 6 StGG garantierten Freiheiten. Die Maßnahmen des Wirtschaftslenkungsrechts zielen auf eine Korrektur des über den Marktmechanismus gesteuerten Wirtschaftsablaufs und entsprechen damit den Kriterien eines Eingriffs in die Erwerbsfreiheit. Wegen des weitgefassten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes bei der Verfolgung wirtschafts- und sozialpolitischer Ziele, wird diesen Maßnahmen auf der Ebene des öffentlichen Interesses nichts entgegenzuhalten sein.20 Eine besondere Krisensituation vermag auch sehr weitgehende Einschränkungen der unternehmerischen Disposition bei lebensnotwendigen Gütern zu rechtfertigen, weshalb die Grenzen einer Grundrechtsverletzung im Bewirtschaftungsrecht wohl anders zu ziehen sein werden als im übrigen Wirt-
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Dh wirtschaftslenkende Maßnahmen der Länder dürfen ihrem Inhalt nach nicht in Bereiche eingreifen, die dem Bund zur Besorgung zustehen. So dürfen die Länder nicht unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftslenkung Preisregelungsmaßnahmen setzen, die mit der gewerbepolizeilichen Preisregelungskompetenz des Bundes in Konflikt geraten, siehe Rill, Grundfragen des österreichischen Preisrechts II, ÖZW 1975, 72f. Schulev-Steindl, 93. Nach Rill seien den Ländern verwaltungspolizeiliche Regelungen gestattet, nicht jedoch (von Art 15a-Vereinbarungen abgesehen) Regelungen klassischer Wirtschaftslenkung im engeren Sinn, vgl Azizi, 97. Nach Korinek ist Art 4 B-VG nicht schon durch das Bestehen einzelner Landes-Wirtschaftslenkungsgesetze ohne gliedstaatsvertragliche Grundlage verletzt, sondern erst dann, wenn dadurch eine länderweise Uneinheitlichkeit in den Regelungen erreicht würde, vgl Korinek, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung im B-VG, in: Korinek/Rill, 95f. Durch das Gebot der Wirtschaftsgebietseinheit sind die Landesgesetzgeber jedoch nicht schlechthin zu einheitlichen Regelungen verhalten, vgl VfSlg 1281/1929, weiters Wenger, Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts I (1989), 70. Schulev-Steindl, 145ff.
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schaftslenkungsrecht.21 Im Bewirtschaftungsrecht selbst ist nahezu regelmäßig der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs ausdrücklich formuliert. Lenkungsmaßnahmen dürfen nur in dem Maße und für die Dauer verhängt werden, als dies zur Versorgung der Bevölkerung unmittelbar erforderlich ist.22 Darüber hinaus werden Beschränkungen der unternehmerischen Freiheit in einem marktwirtschaftlichen System lediglich in eng begrenzten Ausnahmefällen, wie bei Marktversagen oder bei Vorliegen besonders wichtiger öffentlicher Interessen legitimierbar sein.
C. Völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Die Wirtschaftslenkung in der EU berührt zwei Ebenen des normativen Wirkens gemeinschaftsrechtlicher Regelungen, die Ebene der direkten Einwirkung von Gemeinschaftsrecht auf die freie Zielverfolgung durch die Teilnehmer am Wirtschaftsprozess, sowie zweitens durch den für die Mitgliedsstaaten der EU verbleibenden Gestaltungsspielraum für wirtschaftslenkende Maßnahmen.23 Die Konsequenz der unmittelbar wirkenden gemeinschaftsrechtlichen Maßnahmen wirtschaftslenkender Natur ist, dass sie den freien Markt, also das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage und die individuelle Entscheidungsbefugnis von Haushalten und Unternehmen zumindest in Teilbereichen außer Kraft setzen. Nach Art 98 EG-Vertrag haben die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik so auszurichten, dass sie zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft iSd Artikels 2 beitragen. Die Mitgliedstaaten betrachten nach Art 99 Abs 1 EG-Vertrag ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamen Interesse. Da es sich bei Wirtschaftslenkungsmaßnahmen um Maßnahmen der Wirtschaftspolitik handelt, kommen die genannten Vorschriften in diesem Bereich zur Anwendung. Die genannten Artikel ermächtigen nicht zu Maßnahmen, die mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit der Warenverkehrsfreiheit nicht im Einklang stehen. Behinderungen des freien Warenverkehrs aus wirtschaftspolitischen Gründen lassen sich nicht mit Art 30 EGVertrag rechtfertigen und gelten auch nicht als „zwingende Erfordernisse“ iS
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Korinek, Das Grundrecht der Freiheit der Erwerbsbetätigung als Schranke für die Wirtschaftslenkung, in: Korinek, FS Wenger, 160. Eine derartige Lenkungsermächtigung fand sich erstmals im Energielenkungsgesetz BGBl 1976/319. Dessen § 1 Abs 1 und 4 bestimmten, dass Lenkungsmaßnahmen der Abwendung einer unmittelbar drohenden Störung mit nicht wiedergutzumachendem Schaden für die Energieversorgung Österreichs oder zur Behebung einer bereits eingetretenen Störung der Energieversorgung dienen müssen. Ferner, dass eine solche Störung [....] durch marktgerechte Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln abgewendet oder behoben werden könnte. Überdies dürfen Lenkungsmaßnahmen nur in einem solchen Ausmaß und für eine solche Dauer ergriffen werden, als es zur Abwendung oder zur Behebung der Störung oder zur Erfüllung der Verpflichtung auf Grund von Beschlüssen aus dem Übereinkommen über ein Internationales Energieprogramm unbedingt erforderlich ist. Vgl auch Wenger, Organisationsgrundlagen und Instrumentarium der direkten Wirtschaftslenkung in Österreich, in: Korinek/Rill, 13f. Vgl § 1 Abs 4 EnLG und § 1 Abs 1 LMBG. Ress, Wirtschaftslenkung in den Europäischen Gemeinschaften, in: Rill/Griller, 85.
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der Cassis-Rechtsprechung.24 Im Falle von Versorgungsschwierigkeiten kann nach Art 100 Abs 1 EG-Vertrag der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig über die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen entscheiden, insbesondere wenn Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren auftreten. Die Versorgungsschwierigkeiten sind nur vorhanden, wenn eine Mangelsituation herrscht, die Nachfrage also das Warenangebot übersteigt. Es reicht, wenn die Schwierigkeit droht, sie braucht noch nicht eingetreten zu sein.25 In diesem begrenzten Zusammenhang kann Art 100 als Grundlage für zeitweilige Abweichungen von anderen Vertragsregeln dienen, sofern diese angesichts der Umstände absolut erforderlich sind (Schutzklausel)26. Durch diese Bestimmung ist damit eine eindeutige Kompetenz der Gemeinschaftsorgane zur Rechtsetzung im Falle von Versorgungsschwierigkeiten gegeben, die eine derartige Kompetenz der Mitgliedstaaten auf Fälle des Art 297 EGVertrag und ähnliche, ausdrücklich die Mitgliedstaaten ermächtigende Sonderregelungen beschränkt. Die Anwendung der in Art 297 EG-Vertrag enthaltenen Schutzklausel ist jedoch auf Kriegsfälle und ähnliche Situationen beschränkt. Im Gegensatz zum Kriegsfolgentatbestand des Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG handelt es sich bei dieser Bestimmung um einen Kriegsvorbeuge- bzw begleittatbestand. Die getroffenen Maßnahmen des Mitgliedsstaates müssen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den angeführten Situationen stehen, dürfen das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes so wenig wie möglich beeinträchtigen und Waren oder Wirtschaftsteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten nicht willkürlich diskriminieren.27 Die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, im Bereich der Grundfreiheiten Marktmechanismen außer Kraft zu setzen, sind daher nicht unerheblich eingeschränkt.
Wirtschaftliche Schwierigkeiten allein können nach Ansicht des EuGH28 keinesfalls Beschränkungen der Handelsströme rechtfertigen, denn die Öffnung der Märkte soll gerade wirtschaftliche Auswirkungen hervorrufen, die nicht durch generelle Schutzklauseln abgewehrt werden können. Nicht ausgegrenzt sind in Art 30 jedoch Schutzinteressen, die über Erwägungen rein wirtschaftlicher Art hinausgehen.29 Dies brachte der EuGH in seiner Entscheidung Campus 24 25
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Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann (Hrsg), Kommentar zum EU-/EGVertrag6, Rz 351 zu Art 30. Smulders, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann (Hrsg), Kommentar zum EU-/EG-Vertrag6, Rz 20 zu Art 103a. Die Befugnis zu wirtschaftspolitischen Maßnahmen gemäß Art 100 Abs 1 ist jedoch subsidiär im Verhältnis zu den anderen Gemeinschaftspolitiken. Schutzklauseln sind Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts, die den Gemeinschaftsorganen die Befugnis geben, den Mitgliedstaaten ein zeitweiliges Abweichen von den Normen des Gemeinschaftsrechts zu gestatten, um wirtschaftliche Schwierigkeiten und Krisen zu überwinden, sowie Bestimmungen, die selbst solche Ausnahmemöglichkeiten vorsehen, vgl Smulders (FN 25), Rz 21 zu Art 103a. Karpenstein, in: Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar (2000), Rz 7 zu Art 297, wobei diese Bestimmung stets als ultima ratio aufzufassen ist, die nur zum Tragen kommt, wenn andere gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen fehlen, mit denen dem Erfordernis der öffentlichen Sicherheit genüge geleistet werden kann. Rs 72/83, Campus Oil, Slg 1984, 2727, Rz 35; weiters EuGH Rs 238/82, Duphar, Slg 1984, 532, Rz 23. Müller-Graff (FN 24), Rz 35f zu Art 36; EuGH Rs 95/81, Kommission/Italien, Slg 1982, 2187, Rz 27.
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Oil eindeutig zum Ausdruck: „Angesichts der umfangreichen Folgen, die eine Unterbrechung der Versorgung mit Erdölerzeugnissen für die Existenz eines Staates haben kann, ist jedoch davon auszugehen, dass die Absicht, jederzeit eine Mindestversorgung mit Erdölerzeugnissen sicherzustellen, über Erwägungen rein wirtschaftlicher Art hinausgeht und somit ein Ziel darstellen kann, das unter den Begriff der öffentlichen Sicherheit fällt“.30 Es würde dem Zweck des Art 30 zuwiderlaufen, wenn einzelstaatliche Ziele der Wirtschaftslenkung zur Legitimation von Handelsbehinderungen in Anspruch genommen würden. Wie aus der Entscheidung Campus Oil hervorgeht, muss dies zumindest dann gelten, wenn diese Ziele den Strukturwandel verhindern sollen, der durch die Freiheit des Handelsverkehrs in der Gemeinschaft erzwungen wird.31
Die Maßnahmen zur Wahrung der im Art 30 genannten Schutzgüter müssen entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz32 gerechtfertigt sein. Was das Wirtschaftslenkungsrecht betrifft, kann Art 30 wohl nur im Hinblick auf eine wirtschaftlich bedingte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tatsächlich oder potentiell beschränkende Maßnahmen rechtfertigen. „Art 30 will der Abwehr von Störungen oder Gefährdungen produktbezogenen Ursprungs, nicht jedoch rein wirtschaftlichen Ursprungs Rechnung tragen.“33 Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass weder Art 30 noch Art 297 EG-Vertrag zur Rechtfertigung nationaler handelshemmender Wirtschaftslenkungsmaßnahmen herangezogen werden können, weil beide Bestimmungen primär nur aus nicht wirtschaftlichen Gründen in Anspruch genommen werden können. Einige Bereiche des Bewirtschaftungsrechts erhalten aber schon vorab eine gemeinschaftsrechtliche Legitimation. Im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht ist das ErdölBevorratungs- und MeldeG schon deshalb unbedenklich, weil das Gemeinschaftsrecht selbst die Mitgliedstaaten ermächtigt und verpflichtet, Mindestvorräte zu halten. Dies
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Sobald eine Maßnahme durch Gründe der öffentlichen Sicherheit gerechtfertigt ist, schließt die Tatsache, dass die Regelung geeignet ist, daneben auch die Erreichung anderer, von den Mitgliedstaaten verfolgter Ziele wirtschaftlicher Art zu ermöglichen, die Anwendung von Art 30 nicht aus, vgl EuGH Rs 72/83, Campus Oil, Slg 1984, 2727, Rz 35f. Ahlfeld, Zwingende Erfordernisse im Sinne der Cassis-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 30 EGV (1997), 274, weiters heißt es dort „...hier sollen Ziele der Wirtschaftslenkung nicht zur Rechtfertigung von Handelsbehinderungen mißbraucht werden, wenn durch sie die wirtschaftlichen Strukturen erhalten werden sollen, deren Wandel durch die Öffnung der Märkte gerade zum Wohle des Marktbürgers erzwungen wird“. Es entspricht nicht dem Zweck des Art 30, für einzelstaatliche Ziele der Wirtschaftslenkung, namentlich auch nicht zur Überwindung sektoraler, regionaler oder konjunktureller Schwierigkeiten, für haushaltspolitische Ziele, zur Sicherung des Überlebens eines Unternehmens als Legitimation von Handelsbehinderungen in Anspruch genommen werden zu können, vgl Müller-Graff (FN 24), Rz 34 zu Art 36. Aufgrund des Art 28 erlassene Maßnahmen können nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, dem durch diesen Artikel geschützten Interessen zu dienen, und wenn sie den gemeinschaftlichen Handel nicht mehr als notwendig einschränken. Selbständige nationale Vorschriften kommen auch nur solange und soweit in Frage, als die betreffende Materie nicht durch Gemeinschaftsrecht, insb durch Richtlinien, harmonisiert ist. Rill/Griller, 173.
Energielenkungs-, Erdölbevorratungs-, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht 1349 erfolgt auf Grund der RL 68/414 EWG34 betreffend die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten. Die Intention dieser Richtlinie besteht darin, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um einer etwaigen Verknappung im Falle einer unerwartet eintretenden Versorgungskrise begegnen zu können. Daher soll die Versorgungssicherheit der Mitgliedstaaten mit Erdöl und Erdölerzeugnissen durch die Bildung und Unterhaltung eines Mindestvorrats der wichtigsten Erdölerzeugnisse erhöht werden. Diese Richtlinie wurde durch die RL 2006/67/EG35 als kodifizierte Fassung ersetzt. Dadurch soll die Gemeinschaft in die Lage versetzt werden, die nachteiligen Auswirkungen von Schwierigkeiten, die zu einem Rückgang der Lieferungen von Erdöl und Erdölerzeugnissen oder einem erheblichen Anstieg ihrer Preise auf den internationalen Märkten führen, auszugleichen oder zumindest abzuschwächen. Im Jahr 2000 hat die Kommission ein Grünbuch mit dem Titel „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“36 vorgelegt. Darin schlägt die Kommission als Maßnahmen insbesondere den Bau neuer bzw die Erweiterung bestehender Infrastrukturen vor. Mit einem weiteren Grünbuch im Jahr 2006 regte die Kommission an, dass die Europäische Energiepolitik als Hauptziele die Nachhaltigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit sowie die Versorgungssicherheit verfolgen sollte.37 Die RL 2004/67/EG38 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung bezweckt „Maßnahmen zur Wahrung einer ausreichend sicheren Erdgasversorgung zu treffen“. Mit der RL 73/238/EWG39 sowie mit dem Übereinkommen über das „Internationale Energieprogramm“40 haben die Mitgliedstaaten weitere Verpflichtungen im Falle von Versorgungsschwierigkeiten mit Erdöl übernommen.
In Folge der ersten Ölversorgungskrise 1974 entstand das „Übereinkommen über ein Internationales Energieprogramm“ (IEP-Übereinkommen), das von Österreich am 18. November 1974 in Paris unterzeichnet wurde und der verstärkten Zusammenarbeit der hauptsächlichen Ölverbraucherländer dienen soll. Als Exekutivorgan wurde die internationale Energieagentur mit Sitz in Paris gegründet. Im Vordergrund dieses Übereinkommens steht ein Notstandsprogramm zur gemeinsamen Sicherung der Bedarfsdeckung mit Erdöl und Erdölprodukten bei künftiger Mangellage. Grundidee ist dabei eine minimale Selbstversorgung in Notstandszeiten (Pflichtnotstandsreserven) sowie die Verpflichtung zur Einschränkung der Nachfrage und der gleichmäßigen Verteilung von Erdöl aus den gemeinsamen Pflichtnotstandsreserven im Fall mengenmäßiger Knappheit dieses Energieträgers. Weiters ist ein umfassendes Informationssystem zwischen den Mitgliedstaaten vorgesehen.41
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Abl L 308 vom 23. 12. 1968, 14ff. Abl L 217 vom 8.8.2006, 8. KOM (2000) 769 endg. Grünbuch: Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie, KOM (2006) 105 endg. Abl L 127 vom 26.4.2004, 92. Richtlinie 73/238/EWG des Rates vom 24. Juli 1973 über Maßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen von Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen, Abl L 228 vom 16.8.1973, 1. BGBl 1976/317 idF 1976/497. Fremuth, 105f. Dieses Programm enthält auch Regelungen über eine langfristige Zusammenarbeit im Energiebereich zur Verringerung der Abhängigkeit von Öleinfuhren durch Rationalisierungsmaßnahmen und die Erforschung und Entwicklung
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II. Energielenkung A. Allgemeines Das EnLG dient der Sicherung der Energieversorgung in Krisenzeiten, es soll insb auch die aus dem IEP-Übereinkommen entspringenden völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs in die innerstaatliche Rechtsordnung transformieren. Durch Art I des EnLG wird eine eigene Kompetenzgrundlage für den Bund geschaffen. In zeitlicher Hinsicht ist ihre Geltung nunmehr unbeschränkt. Diese Verfassungsbestimmung enthält jedoch insoweit eine Einschränkung, als sie den Bund nicht schlechthin die Kompetenz im Bereich der „Bewirtschaftung“ einräumt, sondern nur die Erlassung und Vollziehung von Angelegenheiten, die im Art II des EnLG enthalten sind, zur Bundessache erklärt. Art I Abs 1 zweiter Satz bestimmt, dass „die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten [...] - unbeschadet der Stellung des Landeshauptmannes gemäß Art 102 Abs 1 B-VG - nach Maßgabe des § 9 von Einrichtungen der gesetzlichen Interessenvertretungen im übertragenen Wirkungsbereich sowie von der Energie-Control GmbH und den Regelzonenführern unmittelbar versehen werden“ können.42 Nachdem die Stellung des Landeshauptmannes nach Art 102 Abs 1 B-VG „unbeschadet“ bleiben soll, soll es also bei der grundsätzlichen Regelung bleiben, dass die Vollziehung in mittelbarer Bundesverwaltung erfolgt. Andererseits können diese Angelegenheiten von Einrichtungen der gesetzlichen Interessenvertretungen „unmittelbar versehen“ werden, was darauf hindeutet, dass die genannten Einrichtungen an die Stelle des Landeshauptmannes treten. Jedoch deutet die Aufnahme des Wortes „unmittelbar“ auf ein Redaktionsversehen hin, so dass die Interessensvertretungen wohl in Unterordnung zum Landeshauptmann tätig zu werden haben.43
Das Energielenkungsgesetz unterwirft neben der Elektrizität folgende Energieträger seinen Lenkungsvorschriften: Erdöl, Erdölprodukte, flüssige Brenn- und Treibstoffe sowie feste fossile und gasförmige Brennstoffe, wobei auf gasförmige Brennstoffe die Sonderbestimmungen der §§ 20a ff Anwendung finden.
B. Lenkungsmaßnahmen Nach § 1 Abs 1 EnLG können folgende Lenkungsmaßnahmen zur Anwendung kommen: - Zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Störung oder zur Behebung einer bereits eingetretenen Störung der Energieversorgung Österreichs, sofern diese Störungen a) keine saisonalen Verknappungserscheinungen darstellen oder
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alternativer bzw neuer Energiequellen, vgl Azizi, Energierecht, in: Korinek, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 129. Mit der Novelle BGBl 2001/149 musste eine Anpassung der Lenkungsbehörden im Elektrizitätsbereich an die vom Energieliberalisierungsgesetz geschaffene Organisation vorgenommen werden, wobei die bisherigen Aufgaben des Bundeslastverteilers der Energie-Control GmbH zur Besorgung zugewiesen wurden und die Aufgaben der Landeslastverteiler auf die Landeshauptmänner übergingen. Bernárd (FN 7) 121.
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b) durch marktkonforme Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln abgewendet oder behoben werden können oder - soweit es zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur Inkraftsetzung von Notstandsmaßnahmen auf Grund von Beschlüssen von Organen internationaler Organisationen erforderlich ist. Derartige Maßnahmen haben die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Energie einschließlich jenes für Zwecke der militärischen Landesverteidigung, die Aufrechterhaltung einer ungestörten Gütererzeugung und Leistungserstellung, die Versorgung der Bevölkerung und sonstiger Bedarfsträger sicherzustellen, sowie die Erfüllung von Verpflichtungen auf Grund von Beschlüssen gemäß dem IEP-Übereinkommen zu ermöglichen.44 Lenkungsmaßnahmen dürfen nur in einem solchen Ausmaß und für eine solche Dauer ergriffen werden, als es zur Abwendung oder zur Behebung der Störung oder zur Erfüllung der Verpflichtungen unbedingt erforderlich ist.45 Sie können in ihrer Gesamtheit, einzeln oder in Verbindung miteinander unabhängig davon ergriffen werden, ob eine solche Versorgungsstörung nur Teile des Bundesgebietes46 oder nur bestimmte Zweige der Energiewirtschaft betrifft. In die Unverletzlichkeit des Eigentums und in die Freiheit der Erwerbsbetätigung darf nur eingegriffen werden, wenn die Ziele des leg cit nicht anders erreicht werden können.47
Lenkungsmaßnahmen sind durch Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vorzusehen. Solche Verordnungen bedürfen der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates.48 Lenkungsmaßnahmen dürfen nur für die Dauer von sechs Monaten ergriffen werden, jedoch ist eine Verlängerung über die Dauer von sechs Monaten mit Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates möglich. Nach Wegfall der sie begründenden Umstände sind die Verordnungen unverzüglich aufzuheben.49
1. Lenkungsmaßnahmen für Energieträger Verfügungs-, Zugriffs- und Beschlagnahmerechte50 Derartige Maßnahmen haben sich zuerst auf die nach anderen Rechtsvorschriften (EBMG) gebildeten Pflichtnotstandsreserven an Energieträgern zu beziehen.51 Auf Energieträger, die für Zwecke der militärischen Landesverteidigung vorrätig gehalten oder die im Eigentum oder Besitz eines Letztverbrauchers stehen und die der Deckung seines Bedarfs dienen, dürfen sich die genannten Lenkungsmaßnahmen nicht bezie44 45 46
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§ 1 Abs 2 EnLG. Dadurch soll die Subsidiarität der Krisenbewirtschaftung gewährleistet werden, vgl Wimmer/Arnold, 59. Nach § 1 Abs 3 zweiter Satz EnLG können Lenkungsmaßnahmen auch auf Teile des Bundesgebietes beschränkt werden, zur diesbezüglichen Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Wirtschaftsgebietseinheit siehe Azizi, 136. § 1 Abs 4 EnLG. Im Hinblick auf die besondere Intensität des Eingriffs in die Grundrechte durch Bewirtschaftungsmaßnahmen wird die Verpflichtung zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs vom Gesetzgeber besonders betont, vgl Wenger/Raschauer, 199, Rz 188. RV 1411 BlgNR 22. GP, 41. § 2 Abs 3 EnLG. Der BMwA hat dem Nationalrat binnen drei Monaten nach dem Ergreifen von Lenkungsmaßnahmen und in der Folge alle zwei Monate über getroffene Maßnahmen zu berichten (§ 2 Abs 5 EnLG). § 3 Abs 1 Z 1 EnLG. § 4 EnLG.
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hen.52 Die Beschlagnahme von Energieträgern soll offenbar die Durchsetzung einer Enteignung sichern. Für Vermögensnachteile ist eine Entschädigung in Geld zu leisten.53
Vorschriften über die Produktion, den Transport, die Lagerung, die Verteilung, die Abgabe, den Bezug, die Beschränkung der Einfuhren und die Verpflichtung zu Ausfuhren54 Hierbei können Energieträger nur zu einer bestimmten Produktion zugelassen werden und dürfen etwa nur für vordringliche Versorgungszwecke abgegeben, bezogen und verwendet werden.55 Die Einfuhr fester fossiler Brennstoffe kann auf bestimmte Unternehmen beschränkt werden, für diese Unternehmen können bestimmte Organisationsvorschriften erlassen werden.56
Beschränkungen des Verkehrs57 Auf Basis dieser Bestimmung kann das Benützen aller oder bestimmter Kraftfahrzeuge im ganzen Bundesgebiet oder in Teilen davon verboten werden, weiters das Überschreiten bestimmter Höchstgeschwindigkeiten und es kann eine Kennzeichnung von Fahrzeugpapieren oder Fahrzeugen angeordnet werden.58 Von derartigen Verboten kann eine Ausnahmebewilligung erlangt werden.59
Meldepflichten60 Unternehmen, die Energieträger bearbeiten, verarbeiten oder verbrauchen, können verpflichtet werden, Meldungen vor allem über den Lagerbestand zu erstatten und Auskünfte über Betriebsverhältnisse zu erteilen. Zur Überprüfung der Meldungen und Auskünfte kann sich der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung bedienen. Den Kontrollorganen kommt ein Zutritts- und Einsichtnahmerecht zu.61
Änderung der Anforderungen an die Beschaffenheit62 Derartige Verordnungen sind zu erlassen, soweit dies zur Aufrechterhaltung der Versorgung mit Energieträgern erforderlich ist. Hierbei ist auf die Vermeidung von gefährlichen Belastungen für die Umwelt Bedacht zu nehmen.63 52 53
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§ 3 Abs 5 EnLG. § 8 Abs 1 EnLG. Mit der Novelle BGBl 1996/791 wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Energieträger beschlagnahmt werden können, hinsichtlich derer ein Pfandrecht besteht, wobei sich das Recht eines allfälligen Pfandgläubigers auf die Entschädigungsforderung erstreckt, vgl RV 366 BlgNR, 20. GP, 4. § 3 Abs 1 Z 2 EnLG. § 5 Abs 1 EnLG. Die Zulässigkeit von Transport und Lagerung könnte zB von einer Bewilligung abhängig gemacht, der Bezug an eine Bezugscheinpflicht geknüpft werden, siehe Walter/Mayer, 335. § 5 Abs 2 EnLG. § 3 Abs 1 Z 3 EnLG. § 6 Abs 1 und 4 EnLG. § 6 Abs 2 und 3 EnLG. § 3 Abs 1 Z 4 EnLG. § 7 EnLG. § 3 Abs 1 Z 5 EnLG. § 7a EnLG. Das wird dadurch sichergestellt, dass diese Verordnungen nur im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erlassen werden können.
Energielenkungs-, Erdölbevorratungs-, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht 1353
Mit der Vornahme von Lenkungsmaßnahmen an Energieträgern erlöschen alle dinglichen Rechte, soweit sie mit dem Zweck der gesetzten Maßnahme im Widerspruch stehen.64
2. Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Elektrizitätsversorgung Die vorgesehenen Lenkungsmaßnahmen sollen die Verteilung elektrischer Energie auf die Elektrizitätsversorgungsunternehmen (Lastverteilung) und Verbraucher steuern und so die Elektrizitätsversorgung in Krisenzeiten sicherstellen.65 Schadenersatzansprüche aus der Nichterfüllung von Verträgen infolge getroffener Lenkungsmaßnahmen entstehen nicht, jedoch gilt das AmtshaftungsG.66 Als Lenkungsmaßnahmen, wobei angebotsseitige und nachfrageseitige Maßnahmen unterschieden werden können, kommen in Betracht: Erteilung von Anweisungen an Erzeuger, Netzbetreiber, Bilanzgruppenkoordinatoren, Bilanzgruppenverantwortliche und Stromhändler über die Erzeugung, Übertragung, Verteilung und den Handel elektrischer Energie67 Verfügungen an Endverbraucher über die Zuteilung, Entnahme und die Verwendung elektrischer Energie sowie den Ausschluss von der Entnahme elektrischer Energie68 Die Lieferung der verfügbaren elektrischen Energie an die Endverbraucher soll nach dem Grade der Dringlichkeit erfolgen. Endverbraucher können ohne weiteres Verfahren vorübergehend von der Belieferung mit elektrischer Energie ausgeschlossen werden. Endverbraucher mit einem durchschnittlichen Monatsverbrauch von mehr als 500 000 kWh im letzten Kalenderjahr können einer gesonderten Regelung unterzogen werden.
Regelungen über die Lieferung elektrischer Energie von und nach EUMitgliedstaaten und Drittstaaten69 Zur Regelung der Exporte und Importe im Krisenfall bedarf es eines grenzüberschreitenden Vertragswerkes, welches eine abgestimmte Vorgangsweise ermöglicht.70
Regelung über die Betriebsweise sowie Festlegung von Abweichungen von Emissionsgrenzwerten für Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie71 Stromerzeugungsanlagen, die wegen ihrer Emissionsrate im Regelfall nicht mehr betrieben werden, können ausnahmsweise zur Sicherstellung der Versorgung vorübergehend in Betrieb gesetzt werden, wobei jedoch auf die Vermeidung von gefährlichen Belastungen für die Umwelt Bedacht zu nehmen ist. Entgegenstehende Regelungen sind für die Dauer der Geltung dieser Verordnungen nicht anwendbar.72 64 65 66 67 68
69 70 71 72
§ 3 Abs 1 EnLG. Walter/Mayer, 336. § 19 Abs 2 EnLG. § 10 Z 1 EnLG iVm § 12. § 10 Z 2 EnLG iVm § 13; Dieser vorübergehende Ausschluss bestimmter Stromverbraucher vom Strombezug kann als Kontrahierungsverbot und als Eingriff in die „grundrechtsrelevante“ Vertragsfreiheit angesehen werden, vgl Wenger, in: Korinek/ Rill, 39. § 10 Z 3 EnLG iVm § 14. § 14 EnLG. § 10 Z 4 EnLG iVm § 15. § 15 EnLG.
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Festlegung von Abweichungen gegenüber anderen Rechtsvorschriften hinsichtlich erneuerbarer Energien, insoweit dies zur Sicherstellung der Versorgung mit elektrischer Energie erforderlich ist73 Gemäß den elektrizitätsrechtlichen Bundes- und Landesgesetzen müssen Endverbraucher etwa einen in den Ausführungsgesetzen der Länder zum ElWOG geregelten Mindestanteil ihres Elektrizitätsbedarfes mit Energie aus Ökoenergieanlagen decken.74
Regelungen über die Heranziehung von Ökostrom gemäß § 5 Abs 1 Z 15 Ökostromgesetz, BGBl Nr. 1149/200275 Vorschreibung von Landesverbrauchskontingenten für die Länder76 Die Landeshauptmänner können zur Durchführung der Lenkungsmaßnahmen die Regelzonenführer sowie die im Land tätigen Netzbetreiber, Bilanzgruppenkoordinatoren, Bilanzgruppenverantwortlichen und Stromhändler beauftragen. Für einen Stromverbrauch entgegen den verfügten Beschränkungsmaßnahmen haben die Elektrizitätsversorgungsunternehmen Mehrverbrauchsgebühren zum Strompreis einzuheben.77
3. Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Erdgasversorgung § 20a bezweckt die Umsetzung der RL 2004/67/EG, welche gemeinsame Rahmenbedingungen festlegt, nach denen die Mitgliedstaaten eine allgemeine, transparente und nicht diskriminierende Versorgungssicherheitspolitik entwickeln. Im EnLG werden hierbei die Maßnahmen zur Einhaltung der Versorgungssicherheit gemäß Art 4 der RL umgesetzt. Dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit stehen vier Typen von Lenkungsmaßnahmen zur Verfügung. Im Gegensatz zum Elektrizitätsbereich sind für den Gasbereich keine Landesverbrauchskontingente für die Länder vorgesehen. Hier empfiehlt sich vielmehr eine einheitliche Vorgangsweise, die durch eine einheitliche Leitung und Verantwortung des Krisenmanagements beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gewährleistet wird.78 Erteilung von Anweisungen an Erdgasunternehmen im Sinne des § 6 Z 13 Gaswirtschaftsgesetz - GWG, BGBl Nr. 121/2000, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr . 106/2006, Regelzonenführer, Bilanzgruppenverantwortliche, Bilanzgruppenkoordinatoren und Produzenten über die Produktion, den Transport, die Fernleitung, die Verteilung, die Speicherung und den Handel von Erdgas79 Die Anweisungen richten sich neben den Genannten auch an die neuen Marktteilnehmer, wie Fernleitungs- und Verteilernetzbetreiber, Lieferanten, Speicherbetreiber und Erdgashändler.80
73 74 75 76 77 78 79 80
§ 10 Z 5 EnLG iVm § 16. RV 816 BlgNR 21.GP. § 10 Z 6 EnLG iVm § 17. § 10 Z 7 EnLG iVm § 17. § 18 EnLG. RV 1411 BlgNR 22. GP, 42. § 20a Z 1 EnLG iVm § 20c. RV 1411 BlgNR 22. GP, 42.
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Verfügungen an Endverbraucher über die Zuteilung, Entnahme und die Verwendung von Erdgas sowie den Ausschluss von der Entnahme von Erdgas81 Mit dieser Bestimmung wird nunmehr auch der Ausschluss von der Entnahme von Erdgas auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Als Maßnahmen können die Kontingentierungen von Endverbrauchern sowie die Flächenabschaltungen dienen, wobei Letzteren wegen ihrer ökonomisch besonders einschneidenden Wirkung, ein „Ultima-ratioCharakter“ zukommen muss.82 Erforderlichenfalls können Endverbraucher mit einem vertraglich vereinbarten Verbrauch von mehr als 100.000 kWh/h einer gesonderten Regelung durch die Energie-Control GmbH unterzogen werden.
Regelungen über die Lieferung von Erdgas von und nach EU-Mitgliedstaaten und Drittstatten83 Ein grenzüberschreitendes Vertragswerk, welches eine abgestimmte Vorgangsweise im Krisenfall ermöglicht, soll auf liberalisierten Märkten eine Regelung der Exporte und Importe im Krisenfall bewirken.
Ebenso wie im Elektrizitätsbereich ist auch hier im Falle der Überschreitung des zulässigen Erdgasverbrauchs die Einhebung von Mehrverbrauchsgebühren vorgesehen. Detaillierte Bestimmungen hierzu sind durch Verordnung der Energie-Control GmbH vorzusehen. In besonderen Härtefällen ist eine Ermäßigung der Gebühr vorgesehen. Die eingehobenen Mehrverbrauchsabgaben verbleiben den Erdgasunternehmen zur Bedeckung der Kosten der Lenkungsmaßnahmen. 84
4. Vorbereitung der Lenkungsmaßnahmen Die einschlägigen europäischen RL85 sehen sowohl für den Gas- als auch für den Elektrizitätsbereich entsprechende Monitoringverpflichtungen vor, welche insbesondere die Entwicklung kritischer Versorgungsengpässe transparent machen soll. Hierbei ist eine enge Kooperation zwischen den betroffenen Marktteilnehmern und der Energie-Control GmbH unabdingbar. Wie schon § 11 für den Elektrizitätsbereich so sieht auch § 20b für den Gasbereich eine Übertragung wirtschaftslenkender und versorgungspolitischer Grundsatzentscheidungen auf die Energie-Control GmbH vor. Hierbei geht es insbesondere um Präventivmaßnahmen zur Vermeidung von Versorgungstörungen überhaupt sowie die Erstellung eines komplexen, exekutierbaren Versorgungsplanes für den Anlassfall zur weitest gehenden Abwendung gesamtwirtschaftlicher Schäden durch eine unzureichende bzw ungezielte Energieversorgung.86
81 82 83 84 85 86
§ 20a Z 2 EnLG iVm § 20d. RV 1411 BlgNR 22. GP, 43. § 20a Z 3 EnLG iVm § 20e. RV 1411 BlgNR 22. GP, 43. Art 4 und Art 23 Abs 1 der RL 2003/54/EG bzw Art 5 und Art 25 Abs 1 der RL 2003/55/EG. RV 1411 BlgNR 22. GP, 43.
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C. Zuständigkeit und Verfahren Die Verordnungen werden vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates erlassen, sofern derartige Verordnungen nicht nur die gänzliche oder teilweise Aufhebung von Lenkungsmaßnahmen zum Gegenstand haben. Die Verordnungen haben getrennt für Lenkungsmaßnahmen für Energieträger und für solche zur Sicherung der Elektrizitätsversorgung bzw zur Sicherung der Erdgasversorgung zu ergehen. Klargestellt wird, dass bei der Ergreifung von Lenkungsmaßnahmen die Versorgungslage in den anderen Regelungsbereichen zu berücksichtigen ist.87 Die Durchführung der Lenkungsmaßnahmen obliegt den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung, den Gemeinden und den gesetzlichen Interessenvertretungen im übertragenen Wirkungsbereich und - für den Bereich der Lenkung der Elektrizitätswirtschaft und der Gaswirtschaft– der Energie-Control GmbH88 sowie auf Landesebene den Landeshauptmännern89. Für die Entscheidung über Entschädigungsansprüche wegen Vermögensnachteilen, die aus bestimmten Lenkungsmaßnahmen entstehen, ist eine „sukzessive Zuständigkeit“ der ordentlichen Gerichte normiert. Zur Beratung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit sowie zur Vorbereitung und Begutachtung von Lenkungsmaßnahmen ist nunmehr lediglich ein Gremium vorgesehen. Der Energielenkungsbeirat90 ist sowohl für Lenkungsmaßnahmen für Energieträger als auch für Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Elektrizitätsversorgung und der Erdgasversorgung zuständig. Derartige Beiräte sind auch zur Beratung der Landeshauptmänner eingerichtet.91
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§ 2 Abs 1 EnLG. Verordnungen nach dem EnLG (wie auch nach dem LMBG) werden im Interesse besonderer demokratischer Legitimation regelmäßig an die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates gebunden, vgl Wimmer/Arnold, 54. Eine Feststellung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Lenkungsmaßnahmen durch Verordnung der Bundesregierung ist nicht mehr vorgesehen. Sie diente der Absicherung gegen eine allenfalls leichtfertige oder missbräuchliche Handhabung der Krisenbefugnis durch einen einzelnen Minister. Diese Bestimmung wurde mit der Novelle BGBl 1982/382 gestrichen, um in Anpassung an einen EUBeitritt Österreichs Verordnungen bereits vor einer Krisensituation erlassen zu können. Um einen reibungslosen Ablauf der Lenkungsmaßnahmen zu gewährleisten, sollen die von den Lenkungsmaßnahmen Betroffenen bereits vor Inkrafttreten der eigentlichen Lenkungsmaßnahmen die notwendigen administrativen und organisatorischen Vorkehrungen treffen können, vgl RV 486 BlgNR 18. GP, 5. Mit der Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes haben sich Unvereinbarkeiten hinsichtlich der Funktionen des Bundeslastverteilers und der Landeslastverteiler ergeben, da sowohl der Bundeslastverteiler als auch die Landeslastverteiler bei Elektrizitätsunternehmen angesiedelt waren, die aufgrund der Marktöffnung im freien Wettbewerb stehen. Daher war es notwendig, die betreffenden Agenden organisatorisch und personell von den Elektrizitätsunternehmen zu trennen und neu zu regeln. Mit der Neuregelung dieser Kompetenzbestimmungen wurde der Energie-Control GmbH die Vorbereitung und Koordinierung der in den Regelzonen vorzusehenden Maßnahmen übertragen; vgl RV 816 BlgNR 21. GP. § 17 EnLG. § 21 EnLG. § 27 EnLG.
Energielenkungs-, Erdölbevorratungs-, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht 1357 Im Gegensatz etwa zu Fonds kommt den Beiräten keine selbständige Entscheidungskompetenz zu. Äußerungen von Beiräten sind grundsätzlich nicht verbindlich und ihre Tätigkeit wirkt nicht nach außen.92 Der Beirat ist vielmehr dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zugeordnet und hat Aufgaben der Beratung und Begutachtung, teils in grundsätzlichen Fragen, mitunter auch im Zusammenhang mit der Erledigung individueller Verwaltungsakte.93 Der Einfluss der Interessenvertretungen wird durch deren Vorschlags-, Nominations- oder Entsendungsrechte gesichert. Der Bundesminister hat den Beirat anzuhören.94 Der Beirat ermöglicht einen unmittelbaren Dialog zwischen den divergierenden Interessengruppen, sowie zwischen ihnen und dem Staat.95
D. Strafbestimmungen Die Verletzung der Vorschriften des EnLG sowie insb auch der Lenkungsbestimmungen (Verordnungen, Bescheide) ist verwaltungsbehördlich strafbar.96 Unbeschadet einer Bestrafung oder der Bezahlung einer Mehrverbrauchsgebühr kann ein Stromverbraucher im Strombezug beschränkt werden (Ausschluss eines Mehrverbrauchers).97 Gerichtliche Strafkompetenzen bleiben unberührt und schließen das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung aus.
III. Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz A. Allgemeines Das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz regelt im Sinne des IEP-Übereinkommens98 und in Umsetzung der RL 68/414/EWG99 idF der 98/93/EG100 die Haltung von Pflichtnotstandsreserven an Erdöl und Erdölprodukten. Durch dieses Übereinkommen hat sich Österreich verpflichtet, einen Beitrag zum internationalen Informationssystem betreffend den Erdölmarkt zu leisten. Importeure von Erdölprodukten haben eine bestimmte Menge an Erdöl und Erdölprodukten als Notstandsreserve zu halten. Durch diese Pflichtnotstandsreserven soll im Krisenfall iS der Zielvorgabe des IEP-Übereinkommens der 92 93
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Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996), 362ff. Da die Beiräte Hilfsorgane von staatlichen Organen der Hoheitsverwaltung sind, ist nicht nur ein funktioneller sondern auch ein organisatorischer Zusammenhang zu dieser staatlichen Verwaltungsbehörde gegeben und kommt Art 20 Abs 1 B-VG hinsichtlich der Weisungsgebundenheit dieser Beiräte zur Anwendung, vgl Antoniolli/Koja (FN 92) 368. Wird eine solche obligatorisch vorgesehene Anhörung des Beirates (der Beirat „ist“ anzuhören) unterlassen, so hat diese Verletzung zur Folge, dass die Verordnung gesetzwidrig zustande gekommen und von Aufhebung durch den VfGH bedroht ist. Für die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht der Anhörung kommt es jedoch nur auf die Vorlage zur Begutachtung, nicht aber darauf an, dass tatsächlich ein Gutachten erstattet wird, vgl Antoniolli/Koja (FN 92) 366. Bei Gefahr in Verzug kann eine derartige Anhörung nachgeholt werden (§ 24 Abs 3 EnLG). Wimmer/Arnold, 243f. § 28 EnLG. § 29 Abs 2 EnLG. BGBl 1976/317. Abl L 308/14. Abl L 358/100. Beide RL wurden durch die RL 2006/67/EG (kodifizierte Fassung), Abl L 217/8, aufgehoben.
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Verbrauch über wenigstens 90 Tage gedeckt werden können.101 Diese Verpflichtung kann auch durch Abschluss eines Vertrages mit einem Dritten, der sich verpflichtet, eine bestimmte Menge an Erdöl oder auch Erdölprodukten zur Verfügung zu halten, oder durch die gemeinsame Haltung von Reserven durch mehrere Vorratspflichtige erfüllt werden. Für die Betreiber von kalorischen Kraftwerken bestehen besondere Brennstoffbevorratungs- und Meldevorschriften.102 Mit der durch das Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006103 in Kraft gesetzten Novelle gilt das EBMG samt der Kompetenzdeckungsklausel im Art I nunmehr unbefristet.
B. Haltung von Notstandsreserven Wer Erdöl oder Erdölprodukte104 sowie Biokraftstoffe oder Rohstoffe zur direkten Erzeugung von Biokraftstoffen105 importiert, hat eine „Pflichtnotstandsreserve“ im Inland zu halten.106 Geringfügige importierte Mengen der genannten Produkte begründen keine Pflicht zur Vorratshaltung.107 101 102 103 104
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Art 2 Abs 2 IEP-Übereinkommen, Wimmer/Arnold, 60. Art III EBMG BGBl I 2006/106. Eine Legaldefinition dieser Produkte findet sich im § 1 Abs 1 EBMG. Mit der Novelle BGBl I 2001/150 erfolgte die Bildung einer eigenen Untergruppe für die Halbfertigerzeugnisse der Produktgruppe „Heizöle“, die der Hauptgruppe der „Rohöle“ zugeordnet werden. Die in § 1 Abs 1 Z 3 lit a angeführten Erdölprodukte unterliegen nicht der Vorratspflicht, soweit sie keiner energetischen Nutzung zugeführt werden. Mit dem Energie-VersorgungssicherheitsG 2006 BGBl I 2006/106 wurden die Gruppen der „Rohstoffe und Biokraftstoffe“ sowie der „Chemierohstoffe“ für Zwecke der Bevorratung in den Katalog aufgenommen. „Chemierohstoffe“ wie Ethylen, Propylen, Butadien, C6-Schnitt (Benzol) sind Rohstoffe, die aus dem im Zuge einer Rohöldestillation gewonnen Naphta hergestellt werden. Naphta ist im Falle eines Importes als Halbfabrikat nicht vorratspflichtig. Durch die Abzugsfähigkeit von Chemierohstoffen von der importierten Menge an Erdöl im Ausmaß von 50% der erzeugten Menge, soll ein Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen petrochemischen Produzenten beseitigt werden, vgl RV 1411 BlgNR 22. GP, 45. Diese Lagerhaltungspflicht ist eine vorbeugende Maßnahme zur Meisterung künftiger Krisenfälle und besitzt daher sowohl Züge der permanenten als auch der Krisenlenkung, vgl Wimmer/Arnold, 60. Bei Importeuren mit Sitz im Ausland treffen diese Verpflichtungen den inländischen Warenempfänger (ersten inländischen Abnehmer). § 1 Abs 1 Z 13 EBMG sieht, je nachdem, ob die dem Anwendungsbereich unterliegenden Waren aus einem Mitgliedstaat der EU oder einem Drittland nach Österreich verbracht werden, bei der Definition des „Importeurs“ unterschiedliche Anknüpfungsmomente vor. Insb wird klargestellt, dass bei umsatzsteuerlichen Reihengeschäften, der auf dem Begleitdokument aufscheinende Empfänger als Importeur behandelt wird. Vgl RV 364 BlgNR 19. GP, 10. In Fällen, in denen mehrere Unternehmen unter einheitlicher Leitung einer Kapitalgesellschaft (Konzern) mit Sitz im Inland Erdöl importieren, kann das Mutterunternehmen als vorratspflichtiger Importeur bezeichnet werden, selbst wenn der Import wirtschaftlich von Tochtergesellschaften durchgeführt wurde, vgl RV 1411 BlgNR 22. GP, 45. § 2 Abs 3 EBMG. Der Pflicht zur Vorratshaltung wird nur durch solche Mengen an Erdöl und Erdölprodukten entsprochen, die im Eigentum entweder des Lagerhalters oder des Halters stehen.
Energielenkungs-, Erdölbevorratungs-, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht 1359 Der VfGH erachtet die Verpflichtung zum Halten der Notstandsreserve im „Inland“ mit den Grundfreiheiten der EG108 sowie im Hinblick auf die RL 98/93/EG109 als vereinbar, weil die Haltung von Vorräten im Inland auf Grund der heimischen Versorgungsstruktur und der geographischen Lage Österreichs zur Gewährleistung einer Versorgung im Krisenfall unabdingbar erforderlich ist.110
Der Umfang der Vorratspflicht bestimmt sich nach dem Importumfang von Erdöl und den einzelnen Erdölprodukten im letzten Kalenderjahr vermindert um die Exporte.111 Davon sind 25 % als Pflichtnotstandsreserven zu halten. Der genannte Prozentsatz kann durch Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, wenn dies durch völkerrechtliche Verpflichtungen erforderlich ist, oder auf Antrag eines Vorratspflichtigen auch mit Bescheid geändert werden.112 Vorräte, die aus technischen Gründen auch im Notstand nicht verfügbar sind, sind auf die Notstandsreserve nicht anzurechnen.113 Die Vorratspflicht beginnt mit dem der Aufnahme des Importes von Erdöl oder Erdölprodukten zweitfolgenden Kalendervierteljahr und endet, wenn die Einfuhr dauernd eingestellt wird. Mit Beginn der Vorratspflicht muss der „Vorratspflichtige“ eine Pflichtnotstandsreserve halten, die sich nach den Importen in den vorangehenden Kalendervierteljahren bemisst. Nach dauernder Einstellung der Importtätigkeit kann nach Erfüllung der noch offenen Vorratspflicht über die Pflichtnotstandsreserve frei verfügt werden.114 Die Pflichtlagermenge kann durch ersatzweise Lagerung (zB Erdöl anstelle von Erdölprodukten), wobei das Gesetz einen mengenmäßigen Umrechnungsschlüssel sowie Mindestlageranteile vorsieht, gehalten werden oder - auf Grund besonderer Bewilligung - durch Anlage von Reserven an anderen Energieträgern.115
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Vgl EuGH Rs 72/83, Campus Oil, Slg 1984, 2727ff. Abl L 358/100, 14. 12. 1998. Gemäß Art 6 Abs 2 dieser RL ist es „Sache der Regierung des jeweiligen Mitgliedstaates, darüber zu befinden, ob ein Teil dieser Vorräte außerhalb des Staatsgebietes gehalten werden soll.“ VfSlg 15.771/2000. § 3 Abs 5 EBMG. § 3 EBMG. Vgl BGBl 1990/727. Diese Verordnungsermächtigung soll kurzfristige Anpassungen in Krisenzeiten ermöglichen, nicht jedoch die Schaffung einer dauerhaften, von der gesetzlichen Regelung abweichenden Festlegung des Ausmaßes der Vorratspflicht. § 9 EBMG. Derartige Vorräte sind mit zehn Prozent der Pflichtnotstandsreserven zu bemessen. § 6 und 7 EBMG. Die Aufnahme einer solchen Tätigkeit ist dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit vorher schriftlich zu melden (§ 11 EBMG). § 8 EBMG. VfSlg 8813/1980; dazu kritisch Duschanek, ÖZW 1980, 116. Derartige Ausnahmen dürfen nur aus besonderen betrieblich begründeten Gegebenheiten Anwendung finden. Mit der Änderung der Bestimmungen § 8 Abs 1 und 4 EBMG durch die Novelle BGBl I 2001/150 soll verhindert werden, das Erdöl statt wie bisher mit bis zu 60 % durch Heizöl ersetzt werden kann. Dies führte zu einen überproportional hohen Anteil dieses Produkts an den gesamtösterreichischen Notstandsreserven, bei gleichzeitiger Unterrepräsentation anderer Produktgruppen wie etwa Motorenbenzine, Dieselkraftstoff und Heizöl extra leicht. Durch eine marktkonforme Pflichtversorgung soll auch im Krisenfalle eine den Verbrauchsstrukturen entsprechende Versorgung der Letztverbraucher mit Erdölerzeugnissen iSd RL 98/93/EG sichergestellt werden, vgl RV 815 BlgNR 21.GP.
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Die Vorratspflicht kann - nach Wahl des Vorratspflichtigen - auf verschiedene Weise erfüllt werden:116 • eigene Haltung der Pflichtnotstandsreserve durch den Vorratspflichtigen • gemeinsame Haltung durch zwei oder mehrere Vorratspflichtige • Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages, der den Vertragspartner verpflichtet, eine bestimmte Menge an Erdöl oder Erdölprodukten zu halten117 • Übertragung der Vorratspflicht auf einen Lagerhalter.118 Der Lagerhalter bedarf zur Ausübung dieser Tätigkeit einer Genehmigung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit. Lagerhalter müssen Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland sein, deren Unternehmensgegenstand auf die Übernahme der Vorratspflicht nach dem EBMG beschränkt ist.119 Über 97% der vorratspflichtigen Mengen sind bei der Erdöl-Lagergesellschaft mbH (ELG) mit Sitz in Lannach (Steiermark) gelagert. Der Lagerhalter hat betreffend die Übernahme der Vorratspflicht eine Bestätigung auszustellen, welche dem Bundesminister unverzüglich anzuzeigen ist. Mit der Ausstellung dieser Bestätigung gilt der Lagerhalter als Vorratspflichtiger, dh Vorrats- und Meldepflicht gehen mit befreiender Wirkung auf ihn über.120 Der Lagerhalter bzw ein Unternehmer mit beherrschendem Einfluss muss eine gewisse Zuverlässigkeit hinsichtlich der Gewähr für eine ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnotstandsreserven besitzen.121 Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat durch Verordnung einen Höchsttarif für die Übernahme der Vorratspflicht festzulegen.122 Für Lagerhalter mit Bundeshaftung123
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§ 4 Abs 1 EBMG. Jede der genannten Erfüllungsvarianten kann für sich allein zur Gänze oder auch nur teilweise (in Kombination mit anderen) gewählt werden, vgl Jirovec/Stanger, 427; vgl weiters VfSlg 12.227/1989. Im Gegensatz zum gewerbsmäßigen Lagerhalter in Z 4 erfolgt hier jedoch keine Überbindung der Vorratspflicht, vgl Jirovec/Stanger, 427. Die Verträge müssen eine Laufzeit von mindestens einem Jahr aufweisen. Über Antrag des Vorratspflichtigen kann durch Bescheid im Einzelfall eine kürzere Laufzeit genehmigt werden. Dies gilt sinngemäß auch für Lagerhalter iSd § 5 (§ 4 Abs 3 und 4 EBMG). Vorratspflichtige Endverbraucher, die im vergangenen Kalenderjahr von einem nicht der Vorratspflicht nach § 2 Abs 1 unterliegenden Händler mit Erdöl oder Erdölprodukten im Ausmaß von mehr als 1.000 Litern beliefert wurden, haben einen Vertrag gemäß § 4 Abs 1 Z 3 oder Z 4 abzuschließen. Dieser Vertrag kann in ihrem Namen vom Händler geschlossen werden. § 5 EBMG. Für diese Gesellschaften muss ein Aufsichtsrat vorgesehen sein, dem je ein Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sowie ein Vertreter des Fachverbandes des Energiehandels anzugehören haben (§ 5 Abs 6 Z 1 EBMG). Gewinne aus der Veräußerung von Lagerbeständen sind einer gebundenen, unversteuerten Rücklage zuzuweisen, da insbesondere die Nachbeschaffung von Krisenbeständen einen hohen Kapitalaufwand erfordert, RV 1411 BlgNR 22. GP, 46. Vgl auch Walter/Mayer, 338. § 5 Abs 2 EBMG. Gemäß dieser Bestimmung ist es nicht erforderlich, dass dem Lagerhalter das Eigentum oder sonstige dingliche oder obligatorische Rechte an den Behältern, in denen die Pflichtnotstandsreserven gehalten werden, zukommt, vgl VwGH 30.01.1981, 78/04/1653; 25.09.1990, 88/04/0223. § 5 Abs 5 EBMG. Vgl BG vom 23.03.1977 betreffend die Übernahme der Bundeshaftung für Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite der Erdöl-Lagergesellschaft mbH (Erdölbevorratungs-Förderungsgesetz), BGBl 1977/161 idF BGBl I 1998/79.
Energielenkungs-, Erdölbevorratungs-, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht 1361 bestehen daneben noch besondere Vorschriften.124 Für sie besteht ein Kontrahierungszwang zu allgemeinen Bedingungen und Tarifpreisen.125
Die Pflichtnotstandsreserven sind so zu lagern, dass die Beschaffenheit der gelagerten Energieträger erhalten bleibt. Die Lagerung hat in geeigneten Behältern, die amtlich geeicht und mit einer Meßeinrichtung versehen sind, zu erfolgen. Der Stand der Lager und der Pflichtnotstandsreserven muss buchmäßig und auch körperlich nachgewiesen werden können.126
C. Meldepflichten und Überwachung Die vorratspflichtigen Importeure haben eine Reihe von Meldepflichten an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Damit soll eine Information und eine genaue Kontrolle betreffend die Pflichtnotstandsreserven ermöglicht werden. Zu melden sind die Neuaufnahme einer Importtätigkeit, der Import des jeweiligen Vorjahres und Vormonates, der monatliche Stand der Pflichtnotstandsreserven, Standort, Bezeichnung der Lager sowie Lagerkapazitäten. Auch bei Unterschreiten der vorgeschriebenen Pflichtnotstandsreserven besteht eine Meldepflicht an den Bundesminister. Vorratspflichtige haben über den Lagerstand sowie über den Stand an Pflichtnotstandsreserven fortlaufend Aufzeichnungen zu führen.127 Zur Erstellung gesamtösterreichischer Marktverbrauchsdaten und Energiebilanzen sowie zur Erfüllung völkerrechtlicher Meldepflichten gegenüber der Internationalen Energieagentur wurde mit der Novelle BGBl I 2001/150 eine gesetzliche Ermächtigung für diese Statistik in den neu eingefügten §§ 25 und 26 verankert.128
D. Zuständigkeit und Verfahren Zur Erlassung der Verordnungen nach diesem Gesetz ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zuständig. Die Haltung der Pflichtnotstandsreserven unterliegt der Aufsicht des Bundesministers. Dieser hat den Lagerstand sowie die Beschaffenheit und Ausstattung der Lager stichprobenartig zu überprüfen. In Ausübung seiner Aufsichtskompetenz kann er sich der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung bedienen.129 Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit kann zur Erfüllung des IEP-Übereinkommens durch Verordnung anordnen, dass in bezug auf Ölgesellschaften Erhebungen durchzuführen sind, insb über die Aufbringung von Erdöl und Erdölprodukten und über die Ver-
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§ 5 Abs 6 EBMG. Jirovec/Stanger, 427. Mit der Novelle BGBl I 2001/150 wurde mit der Umstellung auf Euro eine Grenze von 200.000 Euro (statt bisher 1 Million Schilling) statuiert, ab der eine Ausschreibung für die Beschaffung und den Verkauf von Lagerbeständen zu erfolgen hat. § 10 EBMG. §§ 11ff EBMG. Vgl RV 815 BlgNR 21.GP. § 17 EBMG. Den Kontrollorganen ist freier Zutritt zu den Lagern und Einsicht in alle Lageraufzeichnungen und über Veränderungen des Lagerstandes sowie die Entnahme von Proben im unbedingt erforderlichen Ausmaß zu gewähren.
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fügbarkeit von Beförderungsmitteln.130 In derartigen Verordnungen sind Meldepflichten festzulegen, die zur Auskunftserteilung verpflichten.131
E. Straf- und Schlussbestimmungen Sofern eine Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ist sie verwaltungsbehördlich strafbar.132 Eine vorsätzliche Verletzung der Vorratspflicht nach § 2 EBMG wird immerhin mit einer Geldstrafe bis zu 58.120 Euro bedroht. Weiters ist als besonderes Strafmittel eine Art „Bereicherungsabschöpfung“ vorgesehen.133 Schließlich wird ein Lagerhalter, der Daten widerrechtlich offenbart oder verwertet, die ihm kraft seiner Eigenschaft anvertraut wurden oder zugänglich geworden sind, mit einer vom Gericht zu verhängenden Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht.134
IV. Lebensmittelbewirtschaftsungsgesetz A. Allgemeines Mit der Novelle 1984 zum LMBG 1952 wurden Lenkungsmaßnahmen ausdrücklich auf den Krisenfall beschränkt und wurde der Anwendungsbereich des Gesetzes auf alle Lebensmittel, alle zu ihrer Gewinnung geeigneten landwirtschaftlichen Produkte sowie auf Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Futtermittel und Saat- und Pflanzgut ausgedehnt.135 Durch die zahlreichen Novellen zum LMBG 1952 wurde 1997 ein gänzlich neues LebensmittelbewirtschaftungsG erlassen.136 Der Zweck des LMBG 1997137 besteht in der Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln in Krisenfällen. Als Ziel bezeichnet das Gesetz expressis verbis die Aufrechterhaltung bzw Wiederherstellung einer ungestörten Erzeugung und Verteilung von Waren. Allerdings erweist sich diese Formulierung als zu eng. Krisenbewirtschaftung ist insb auch zweckmäßige Verteilung des Mangels auf die verschiedenen Bedarfsträger. Da die „gesamtwirtschaftlich zweckmäßigste Nutzung der Waren eine wesentliche Determinante der Lenkung darstellt“, kann als Aufgabe der 130 131
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§ 16 sowie 18 EBMG. Die genannten Bestimmungen sollen gewährleisten, dass Österreich seine aus dem IEP-Übereinkommen resultierende Verpflichtung zur Informationserteilung an die Internationale Energieagentur erfüllen kann, vgl Walter/Mayer, 339. §§ 21f EBMG. § 21 Abs 1 und 2 EBMG. Hat der Täter sich oder einen Dritten unrechtmäßig bereichert, so ist er oder der Dritte zur Zahlung eines dem Ausmaß der Bereicherung entsprechenden Geldbetrages verpflichtet. Die Verpflichtung des Dritten besteht auch dann, wenn er von der Handlung, durch die die Bereicherung bewirkt wurde, wissen musste, vgl RV 364 BlgNR 19. GP, 12. § 23 EBMG. Wimmer/Arnold, 52 FN 172. In § 2 LMBG ist ein Warenkatalog hinsichtlich der diesem Gesetz unterliegenden Waren enthalten, wobei für bestimmte zweckgebundene Warenvorräte auch Ausnahmen betreffend die Bevorratungspflicht normiert sind. RV 324 BlgNR 20. GP, 9. Bezüglich der Kompetenzbestimmung des Art I LMBG vgl die entsprechenden Ausführungen zum EnLG unter II.A.
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Bewirtschaftung auch abgeleitet werden, „das knappe Güterpotential jenen Bedarfsträgern zukommen zu lassen, die es besonders dringend benötigen und es besonders zweckmäßig verwenden“.138
B. Lenkungsmaßnahmen Die Lebensmittelbewirtschaftung dient der Vermeidung oder Überwindung kritischer Versorgungslagen auf Grund eines unzureichenden Güterangebotes.139 Als Lenkungsmaßnahmen140 können durch den Bundesminister für Landund Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vorgesehen werden: • Gebote, Verbote und die Anordnung von Bewilligungspflichten hinsichtlich der Produktion, des Transportes, der Lagerung, der Verteilung, der Abgabe, des Bezuges, der Verbringung, der Ein- und Ausfuhr sowie der Verwendung von Waren.141 • Anweisungen an Besitzer oder sonstige Verfügungsberechtigte von Transport-, Lager- oder Verteilungseinrichtungen für die gelenkten Waren.142 • Das Verbot des gewerblichen Verkaufs der erfassten Waren für die Dauer von 48 Stunden.143 • Meldepflichten von Inhabern von herstellenden oder verarbeitenden bzw vertreibenden Betrieben über den Bedarf, die Erzeugung, den Lagerbestand usw von Waren, die durch das LMBG erfasst werden.144 Sonstige Lenkungsmaßnahmen bestehen für Brotgetreide, das für den menschlichen Genuss geeignet ist, durch ein Verfütterungsverbot,145 sowie für die Herstellung von Alkohol aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die an eine behördliche Bewilligungspflicht geknüpft werden kann146. Durch derartige Verordnungen kann es auch zu Beschränkungen des Rechts auf Eigentum kommen.147
C. Zuständigkeit und Verfahren Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann durch Verordnung im Falle einer unmittelbar drohenden Störung der Versorgung oder zur Behebung einer bereits eingetretenen Störung unbedingt erforderliche Lenkungsmaßnahmen anordnen. Diese Verordnungen be138 139 140
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Wimmer/Arnold, 58. Funk, Das System des österreichischen Wirtschaftslenkungsrechts, in: Korinek/Rill, 77. Um eine rasche und zweckmäßige Ergreifung von Lenkungsmaßnahmen zu ermöglichen, können bereits vorher Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, vgl § 12 LMBG. § 3 Abs 1 Z 1 LMBG. § 3 Abs 1 Z 2 LMBG. § 3 Abs 1 Z 3 LMBG. § 3 Abs 1 Z 4 LMBG, diese Z 4 wurde nach dem Vorbild des VersorgungssicherungsG aus systematischen Gründen und zur Verdeutlichung als Lenkungsmaßnahme angefügt, vgl RV 324 BlgNR 20. GP, 9. § 4 LMBG. § 5 LMBG. § 3 Abs 2 LMBG. Für derartige Vermögensnachteile ist jedoch eine Entschädigung in Geld zu leisten, vgl § 15 Abs 1 LMBG, hinsichtlich der sukzessiven Zuständigkeit vgl § 15 Abs 2 LMBG.
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dürfen der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates.148 Bei Gefahr im Verzug kann die Zustimmung nachgeholt werden.149 Die Verordnungen sind im Amtsblatt zur „Wiener Zeitung“ kundzumachen, da die Kundmachung im BGBl im Ernstfall zu lange dauern würde.150 Erst auf Grund einer solchen Verordnung können Lenkungsmaßnahmen angeordnet werden (Schubladengesetz).151 Vor Erlassung der Verordnung hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft außer bei Gefahr im Verzug den Bundeslenkungsausschuss anzuhören. Der Bundesminister kann seine Befugnisse auf Grund dieses Gesetzes sofern nur Teile des Bundesgebietes betroffen sind auf die Landeshauptmänner übertragen, die dann ihrerseits Landeslenkungsausschüsse anzuhören haben.152 Den Vorsitz im Bundeslenkungsausschuss führt der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und im jeweiligen Landeslenkungsausschuss der zuständige Landeshauptmann.153 Die Durchführung der Verordnungen kommt den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung und den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich zu.154 Wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist, kann die Durchführung auch der Agrarmarkt Austria übertragen werden.155 Auf Grund des Gesetzes ist jedermann verpflichtet, den mit der Bewirtschaftung befassten Behörden auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und bei der Durchführung der Bewirtschaftungsvorschriften mitzuwirken. Den zuständigen Organen ist jederzeit Zutritt zu den Betriebsstätten und die Einsichtnahme in Aufzeichnungen zu gewähren.156
D. Straf- und Schlussbestimmungen Bei Nichteinhaltung des Gesetzes drohen als Sanktionen zivilrechtlich die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften (Verträgen)157 und strafrechtlich die Bestrafung durch die Bezirksverwaltungsbehörden allenfalls unter Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, sofern nicht überhaupt ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt.158 Sowohl die Verfassungsbestimmung des Art I als auch die einfachgesetzlichen Bestimmungen des Art II LMBG treten mit Ablauf des 31. Dezember 2016 außer Kraft.159 148
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Vgl § 1 LMBG, die Voraussetzungen für die Erlassung derartiger Verordnungen entsprechen im Wesentlichen jenen des § 1 Abs 1 Z 1 EnLG, vgl die Ausführungen in FN 87. § 1 Abs 5 LMBG. Bernárd (FN 3) 99. Vgl § 10 LMBG, ist auch diese Kundmachung nicht zeitgerecht möglich, dann ist die Verordnung in anderer geeigneter Weise zB im Rundfunk kundzumachen. Puck, 268 Rz 647f. §§ 6 und 7 LMBG. § 20 LMBG; hinsichtlich der sonstigen Besetzung des Ausschusses vgl § 19 LMBG. § 8 LMBG. § 9 LMBG. § 11 Abs 1 und 3 LMBG. § 14 LMBG. § 22 LMBG. § 24 Abs 3 LMBG.
Sachverzeichnis Abfall, –, Begriff 907, 908ff, 911 –, Beseitigung 893 –, Chemikalienrecht 720 –, Deponien 1014f –, Entsorgung 904f –, gefährlicher 895, 909 –, nicht gefährlicher 895 –, Verbringung 903 –, Verwertung, Begriff 915 –, Wirtschaft 896 ––, EG–Ziele 908 Abfallbehandlungsanlage, –, Begriff 914 –, Anzeigeverfahren 918 –, Betrieb 917 –, Errichtung 917 –, keine Genehmigungspflicht 918 –, mobile Genehmigungspflicht 940 –, Probebetrieb 924 –, UVP–pflichtige 938f –, Versuchsbetrieb 925 –, wesentliche Änderung 917 Abkommen, gemischtes 1120 Abnahmeprüfung, UVP 883 Abschlussbetriebsplan, Bergbauanlage 1045 Abschlussprüfer, Versicherungsunternehmen 149 Abwasserleitungen 1013 Abweichungen, nationale 490 AETR 1108 Agenda 2000 1209, 1255 Agrarabkommen, Hauptziele 1228f Agrarausgaben, Reduktion 1214 Agrarhandelspartner 1217 Agrarkrise 1202f Agrarmarkt 1198f –, gemeinschaftlicher 1212 Agrarmarkt Austria (AMA) 1207, 1241, 1262ff Agrarmarktordnung 1199ff, 1201f, 1203 –, österreichische 1215 Agrarpolitik, gemeinsame 1154ff, 1221 ––, Gegenstand 1233
––, Grundsätze 1237 ––, Mittel 1237f ––, Ziele 1234f Agrarstrukturpolitik, Instrumente 1255f Akkreditierung, Begriff 504 Akkreditierungsgesetz (AkkG) 507, 510ff Akkreditierungsverhältnis, hoheitliche 515 AKP–Abkommen 1232 AKP–Staaten 1132 Allfinanzaufsicht 118, 417 Allfinanzkonzerne 68 Alpenkonvention 952 Altanlagen, IPPC–Abfallbehandlungsanlagen 938 Altersversicherungssysteme, kapitalgedeckt 167 Altmark–Urteil 398 AMA s Agrarmarkt Austria AMA–Gesetz 1992 1220f Amtshilfeersuchen 226 Anbieten –, öffentliches 25f –, privates 25 Änderungsbewilligung, Bergbauanlage 1037 Anlagen –, Änderung, EZG 1082 –, elektrische 533 –, Pol, EZG 1095 Anlegerentschädigung 19, 106ff Annahmeverfahren, einstufiges 489 Annexcharakter, abfallrechtliche Regelungen 898 Annexkompetenz 542 Ansatz, kombinierter 1012 Anschlusspflicht, allgemeine 1054 AntidumpinggrundVO 1141 AntisubentionsVO 1142 Arbeitgeber –, Pensionskassenbeiträge 182 –, Beitrag 184 –, Kündigung 190 Arbeitseinstellung, Naturschutz 972 Arzneimittel 719
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Sachverzeichnis
–, Preisfestsetzung 1320 ASFINAG 400 Assoziationsabkommen 1233 Assoziationsverträge 1119 Aufgabenprivatisierung 376 Auflagen, gewerbliche Betriebsanlagen 818 Auflösung, Pensionskassen 190ff Aufsicht, Solo–plus–Aufsicht 114 Aufsichtsbehörden, Verwertungsgesellschaften 237 Aufsichtsrat, Pensionskassen 186f ––, Wahl der Vertreter 186 Auftragsvergabe, öffentliche 1146f Auftragsverwaltung 307 Ausfuhr –, Berechtigung 605 –, Erstattungen 1296, 1288f –, GrundVO 1138 –, Notifikation, Chemikalien 743 Ausgleichshaushalt 292, 300 Ausgleichsmaßnahmen, Naturschutz 964 Ausgleichsrücklage 318 Ausgliederung 371ff Ausgliederungsverträge, Versicherungsunternehmen 150 Auskunftspflicht, Verwertungsgesellschaften 225, 229 Ausnahmegenehmigung, gewerbliche Betriebsanlagen 825 Außenhandel, Regulierung 1201 Außenhandelsrecht, Lizenzpflicht 1253f Außenkompetenz 1104 –, konkurrierende 1109 Außenschutzbestimmungen 1276f, 1288ff, 1296ff, 1306f Außenwirtschaft, österreichische 1116 Außenwirtschaftsbeziehungen, Typologie 1128 Außenzuständigkeiten, Abgrenzung 1110 Ausstufungsverfahren, gefährlicher Abfall 913 Austro Control GmbH 410 Bananenfall 1125 Bankaufsicht, FMA 74ff Bankaufsichtsbehörde 69 Banken, ökonomische Funktion 46 Bankenaufsicht 46ff
–, Amtshaftung 79 –, Aufsichtsträgerschaft 68 –, Struktur– und Kontrollnormen 67ff –, Ziele 78 Bankenregulierung, Eckpfeiler 50 Bankensektor 403f Bankgeheimnis 101f Bankgeschäfte, Kernbereiche 61ff –, Legalkonzession 63f Banknotenmonopol 1186 Bankprüfer 100 Bankwesen, freie Verbände 59 –, sektorale Gliederung 56ff Basel II 89 Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht 86f BasisVO 584 Bauaufsicht, ökologische 964 Bauprodukt 547 BauprodukteRL (BPRL) 543, 545 Baurechtskompetenz 542, 980 Bausparkassengeschäft 55 Bauvereinigungen, gemeinnützige 402f Bedarf, UVP 845 Beihilfen, Agrarmarktrecht 1250 –, private Lagerhaltung 1284, 1293 Beiträge, Pensionskassen 181 Beleihung 373f Beliehene 373 Bepackungsverbot 289 Berg– und Kleinbauern 1215 Bergbauanlage, Abgrenzungsproblem 1035 –, Anwendungsbereich 1032 –, Bewilligungsvoraussetzungen 1040 –, Emissionen 1040 –, Genehmigungspflicht 1042 –, Genehmigungsvoraussetzungen 1042 –, Partei 1039 –, Schutzinteresse 1043 –, Tätigkeiten 1034 –, untertägige 1037 –, Verhandlung 1040 Bergbaubetriebe, WRG 1023 Bergwesen 1032 Berücksichtigungsverbot, Anlagen 950 Beschränkungen, mengenmäßige 1123 Bestandsübertragung, Versicherungsunternehmen 150 Bestimmungen, bautechnische 921
Sachverzeichnis Beteiligungen 320ff Beteiligungsfonds 55 Betriebsanlage, –, Einheit 804 –, ElWOG 1055 –, gewerbliche, Auflagen 826ff ––, Änderung 829 ––, Auflassung 832 ––, Begriff 802 ––, Genehmigungspflicht 829 ––, Genehmigungsverfahren 811ff, 813ff ––, Pflichten, 831 ––, Prüfungen, 831 ––, Rechtsverletzungen 833 ––, Sanierungskonzept 828 –, GewO 1014 –, Immissionen 804 Betriebsberatung, landwirtschaftliche 1251 Betriebsmittel, elektrische 533 Betriebspflicht, Versicherungskonzession 134 Betriebspläne, Änderungen, Bergbau 1038 Betriebsprämie 1273f, 1281f –, einheitliche 1248f –, entkoppelte 1210 Betriebstypus 835 Bewilligung –, Kriterien, WRG 998ff –, Pflicht ––, Leitungsanlagen 1056 ––, WRG, 995ff, 1005, 1015 ––, Zahlungsverkehr 1188, 1189 –, Verfahren, WRG 1025 Bewirtschaftung, Flussgebietseinheiten 987 Bilanzgruppen 385 Binnenmarkt, Produktwettbewerb 113 Biosphärenpark 957 Biotechnologie 633 Biozide 719 Biozid–Produkte 752ff, 756 –, Aufsichtsrecht 764 –, Geltungsbereich 755 –, neue Wirkstoffe 760 –, Verkehrsbeschränkungen 763 –, Zulassungsregelungen 756ff Biozid–Produkte–Verzeichnis 761 BIPM 435 Bodennutzung 1006
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Borrowing, EZG 1094 Börse 13ff –, Aufgaben 15 Börsenmitgliedschaft 24 Börsennotierung 29 –, ad–hoc–Publizität 32 –, anlassbezogene Publizität 32 –, Beendigung 37f –, Marktpflichten 31 –, Regelpublizität 32 –, Verhaltenspflichten 36f –, Zulassungsvoraussetzungen 30f Börserecht 103f Bruttobudget 300 Buchpreis 1330ff Budgetausschuss 297f Budgetbericht 309ff Budgetgrundsätze, Einheit 299 –, Einjährigkeit 298 –, Nonaffektation 292 –, Vollständigkeit 299 Budgethoheit des Nationalrats 288f Budgetprogramm 309ff Budgetprovisorien 295f Budgetrecht 288 Budgetüberschreitungen, Ausgaben 296 Budgetwahrheit 300 Bundesamt, Eich– und Vermessungswesen 438 Bundesbeschaffung GmbH (BBG) 377 Bundesfinanzgesetz 291 Bundeshaftung, Garantie 324 Bundesimmobilien 400ff Bundeskommunikationssenat 414 Bundeslenkungsausschuss 1364 Bundesrechnungsabschluss 327f Bundessstraßen 399f, 841 Burden–Sharing–Agreement, EZG 1072 Bürgerpartei, UVP 868 Cassis–de–Dijon–Doktrin 1139 CEIOPS 163 CEN 457, 462, 477, 479ff CEN Workshop Agreement (CWA) 463 CEN, Mitgliedschaft 474f CENELEC 457, 462, 477, 483f CGPM 435 Chemikalien –, Gesetz 717f
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Sachverzeichnis
–, Politik 713 Chemikalienrecht 695 –, Anmeldeerleichterungen 723 –, Anmeldesystem 721 –, Durchfuhr 742f –, Ein– und Ausfuhr –, Einstufung 724f –, Gebrauchsanweisung 735 –, gefährliche Eigenschaften 704 –, Grundprüfung 726 –, Grundsätze 700 –, Informationspflichten 731 –, Kennzeichnungspflicht 733 –, Prüfnachweise 750 –, Prüfstellen 749 –, Risikominimierung 702 –, Überwachung 750f –, Verkehrsbeschränkungen 738ff CIPM 435 Claw–back clause 1166 Clean Development Mechanism, CDM 1089 Compliance Codes 68 Cotonou–Abkommen 1131 CPSC 569 Cross Compliance 1210 Cross–pillar–mixity 1122 Daseinsvorsorge 359, 397 Deckungsstock, VAG 145 declared values, Messergebnisse 546 Deponien 929 –, Betriebsbewilligung 929 –, Einbringungszeitraum 930 –, Sicherstellung 930 Detailgenehmigungsverfahren 886 Detergens 727ff DevisenG 2004 1188 Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse 358ff, 362f, 386, 390 Dienstleistungsfreiheit 49, 213 Directors’ Dealings 35 Direktverkauf, Milch 1299 Direktverkäufer 1300 Direktzahlungen 1269 Diskriminierungsverbot, GPA 1148 Doha Development Agenda (DDA) 1230 Drei–Ebenen–Vertrag 332 Dual–Use–Güter 1163
ECRA 1093 EG, Abkommen 1118 EGFL 1240 EG–Recht, Vorrang 1114 Eichbehörden 448f Eichpflicht 447f Eichung 444ff Eichzeichen 446 Eigenmittel, –, Bestandteile 91ff –, Kernkapital 91 –, Pensionskassen 175, 177 Eigenmittelerfordernis, Versicherungsunternehmen 147 Eigentümerbestimmungen, Kreditinstitute 84 Eigentumsgarantie, Entschädigung 956 Eigentumsordnung 355 Eignung, Beeinträchtigung der Schutzgüter 805 Einheitliche Europäische Akte 475 Einkaufszentren, gewerbliche Betriebsanlagen 821ff Einkommensbeihilfen 1247 Einlagensicherung 106ff Einwirkung –, projektgemäße 1006 –, projekttypische 1006 Eisenbahnbauten, WRG 1022 Eisenbahnverkehr 395ff Elektrizitätsmarkt 384 Elektrizitätswirtschaft 383ff –, Privatisierungsnovelle 383 Elektrotechnikgesetz 532ff –, Vollziehung 539 ElektrotechnikVO 535f ELER 1212, 1240 ElWOG 1051, 1054 EMAS–VO II 831 Embargomaßnahmen 1189 Emissionen –, Genehmigung 1080 –, Geschäft 62 –, gewerbliche Betriebsanlagen 820 –, HandelsRL 1072 –, Reduktionen, zertifizierte 1089 –, Reduktionseinheiten 1089 –, Zertifikate 1077ff ––, Vergabe 1090 ––, Zuteilungsplan 1086 Emittenten 25ff –, Verhandlungsmechanismus 25
Sachverzeichnis Energie–Control GmbH 416, 1355 Energie–Control Kommission 416 Energielenkung –, Erdgasversorgung 1354 –, Lastverteilung 1353 –, Lenkungsmaßnahmen 1350ff Energielenkungsbeirat 1356 Energieprogramm, internationales 1349 Energieträger, erneuerbare 1059 Enteignung, Fern– oder Verteilerleitungen 1064 Entledigungsabsicht, Abfall 911 Entscheidungskonzentration, WRG 1021 Entwässerungsanlagen 1019 Entwicklungsflächen, ökologische 957 EOTC 509 Erdgasleitungsanlagen 1062 Erdwärme, Anlagen 1016 Ersatzansprüche 662 Ersatzlebensräume, Naturschutz 964 Erzeuger– und Verbraucherpreise 1206 Espoo–Konvention 846 ESZB 405, 1158 Etalons, nationale 443 EU, Abkommen 1117 Eurocodes 549 Europäische Organisation für Prüfung und Zertifizierung 509f Europäische Zentralbank (EZB) 405, 1159 –, Leitlinien 1183 Europäisches Altstoffverzeichnis 746 Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 1995) 283ff Europapass 50, 81 Europapasstauglichkeit 19 Europaschutzgebiet 957, 964ff EXAA 1094 Exporte, landwirtschaftliche 1216 Exportsubventionen 1230 EZB s Europäische Zentralbank Fachassistenten, amtliche 600 Fachnormenausschüsse 471 Fertigwaren 718 FFH–RL 953 FFH–Schutzgebiet 953 Finanzausgleich 331 Finanzbericht 312
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Finanz–Holdinggesellschaft 65 Finanzierungsplan, Versicherungsunternehmen 158 Finanzinstitut 64ff Finanzkonglomerategesetz 119 Finanzmarktaufsicht (FMA) 416ff Finanzmarktaufsichtsbehörde 69, 118, 122, 162 Finanzorganisationen, internationale 1171f Finanzrahmen 329 Finanzschulden 322f Finanzsystem, Stabilität 1187 Finanzverfassung 300ff FKG 119 Fleischuntersucher 600 Flexibilisierungsklausel 298, 314f Flucht aus dem Budget 299 Fluggastdaten 1152ff FMA 69, 118, 122, 162 Foltergüter 1165 Fördermittel, Verbrauch 1261 Förderungsbericht 319 Förderungsfaktoren 1211 Formalparteien, UVP 881 Freihandelszonen 1129 Freilandschutz 955 Freizügigkeitsprinzip 199 Funktionsschutz, Pensionskassenaufsicht 187 FuttermittelG 611 GAP 1221 GAP–Reform 2003 1209, 1214 Garantiefonds 147 GASP 1161 Gaswirtschaft 388f Gaswirtschaftsgesetz (GWG), Anlagen 1061f GATS 1123 GATT 1123, 1225 Gebarungskontrolle 327, 339f, 344 Gebiete, schutzwürdige 947 Gebietsschutz, NaturschutzR 955 Gebrauchsgegenstände 593f Gefährdungen, gewerbliche Betriebsanlagen 817 Geldspielautomaten 264ff Geldwäsche 102, 119, 261, 269 Gemeinde, UVP 882 Gemeindehaushaltsrecht 340ff Gemeinden
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Sachverzeichnis
–, eigener Wirkungsbereich 353 –, selbstständiger Wirtschaftskörper 352 Gemeingebrauch 991 Gemeinschaftspolitiken, Außenwirtschaft 1145ff Gemeinschaftspräferenz 1239 Gemeinschaftsrecht 1230 –, mittelbarer Vollzug 1260f Genanalyse 681 –, Datenschutz 684 Genehmigung –, gewerbliche Betriebsanlagen 824 –, Konzentration, gewerbliche Betriebsanlagen 823 –, Kumulationen, WRG 1020 –, Pflichten, Versicherungsunternehmen 150 –, Verfahren ––, Abfallbehandlungsanlagen 923, 927 ––, konzentriertes 839 –, Vorbehalte, abfallrechtliche 921 Gentechnik 633 –, Bücher 678 –, Kommission 649 –, Register 665 –, Richtlinien 640 –, Vorsorgegesetze 675 Gentechnikrecht –, Anrainerinformation 646 –, Arbeiten im geschlossenen System 642 –, Bereitschaftsdienst 646 –, Förderzweck 637 –, Genehmigungsverfahren 645 –, genetische Analyse 678ff –, Kennzeichnung 671 –, Meldeverfahren 645f –, Notfallplan 646 –, Organismus 638 –, Risikogruppen 643 –, Schutzgüter 637 –, Sicherheitsmaßnahmen 644 –, Sicherheitsstufen 643 –, veränderte Produkte 663ff Gentherapie 685 –, Bewilligungspflicht 686f Gesamtrechtsnachfolger, Pensionskassen 190 Geschäfte, versicherungsfremde 134 Geschäftsbetrieb 155
Geschäftsbeziehungen mit Jugendlichen 105 Geschäftsplan, Pensionskassen 177 Gesundheitswesen 639, 983 –, Chemikalienrecht 708 Getreidewirtschaft 1204 Gewässer –, öffentliche 991 –, veränderte 987 –, Benutzung 994 –, Bewirtschaftung, Verbot der Verschlechterung 1011 –, schutz 1001f Gewässerschutzrecht –, drei Generationen 984 –, duales Konzept 984 –, integrativer Ansatz 985 Giftbezugsbewilligung 747f Gifte 745ff –, Liste 746 –, Register 748 –, Verkehr 749 Gleichbehandlungspflicht, VVaG 157 Gliedstaatenverträge 553 Glücksspiel, kleines 264ff Glücksspielmonopol 245ff, 420, 422 –, Ausspielung 254f –, Umfang 255 Government Procurement Agreement (GPA) 1147f GPA, EG–VergabeRL 1149f Grenzkataster 439 Großveranlagungen 95 Großverfahren –, gewerbliche Betriebsanlagen 813 –, UVP 869 Grundlagendokumente 545 Grundrechtsgebundenheit 373 Grundsatz der Gleichbehandlung 357 Grundsatzkontrollen, FMA 155 Grundwasser 986 Güter, doppelter Verwendungszweck 1113 GVO –, Anhörungsverfahren 654f –, Bewilligungspflicht 653f –, Kennzeichnung 653f –, Kennzeichnung 657 –, Schwellenwerte 671f –, Stufenprinzip 652
Sachverzeichnis Haftpflichtversicherungsnachweis 648, 656 Handelsliberalisierung 1218 Handelspolitik, gemeinsame (GHP) 1105 Handelssysteme, alternative 16 Haushaltsführung –, Gebarungsvollzug 325 –, Organe 307ff –, Organisation 305ff –, Verrechnung 326 –, Zahlungsverkehr 325 –, Ziele 304 Haushaltsjahr, Zufluss–Abflussprinzip 305 Haushaltsrecht –, Bundesvermögen 293 –, Finanzschulden 293 –, Haftungen 293 –, Konjunkturausgleichvoranschlag 294 Haushaltsrücklagen 318 Havanna–Charter 1225 Herkunftslandprinzip 582 Herstellerverantwortlichkeit, Chemikalienrecht 700 Hormonfall 1125 Hypothekenbankgeschäft 56 IAIS 164 IEC 465 Immission, UVP 877 Immissionen, gewerbliche Betriebsanlagen 817 Immissionsschutz, Naturschutz 961 Importe, China 1136 Indienstnahme 75 Informationspflichten, Versicherungsnehmer 129 Infrastruktursektoren 382 Inhaber, Betriebsanlage 810 In–house–Vergabe 377ff Inkasso– und Verteilungsfunktion 208 Inländergleichbehandlung, GATS 1124 Insolvenzrecht, internationales 119 Instrumentarium, WRG 990 Interesse, öffentliches 807 Interessen, öffentliche, WRG 992 Interessenabwägung –, Alternativenprüfung 963 –, Naturschutz 961, 963
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Interessensschutz, Pensionskassenaufsicht 187 International Association of Insurance Supervisors 164 Internationales Einheitensystem (SI) 442 Internet–Glücksspiel 262f Inter–Organ–Kontrolle, staatliche 122 Intervention 1244ff, 1274f –, Käufe 1201 –, Preis 1242 Inverkehrbringen, Bauprodukte 544 IPPC–Abfallbehandlungsanlagen –, Genehmigung 935, 936 –, Öffentlichkeit 936f IPPC–Anlagen 831 IPPC–Behandlungsanlagen 935 IPPC–RL, Bergbauanlage 1036, 1046 IRB–Ansatz 90 ISO 464 ITU 465 Joint Implementation, JI 1089 Jugendschutzbestimmungen, Tabakrecht 616, 629 Kalibrierung, Begriff 505 Kanalisationsanlagen 1008 Kapitalanlagegesellschaften 54f Kapitalbewegungen 1189 Kapitalmarkt 9f –, Aufsicht 40f –, Börsen 12 –, Finanzintermediären 9f –, geregelter Markt 12f –, Marktöffnung 13 –, Marktteilnehmer 11f –, Recht 10f –, Segmente 12 Kapitalverkehrsfreiheit 49 Katastralgemeinden 439 Keimbahnmutation 681 Keimbahntherapie 685f Kleinverkaufshöchstpreis 626 Kleinwasserkraftwerke 1060 Kollektivversicherung, betriebliche 120 KommAustria –, Medienbehörde 413 –, Verwertungsgesellschaften 238 Kompetenz, sukzessive 659 Kompetenzdeckungsklauseln 1344 Konformität
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Sachverzeichnis
–, Bescheinigung 531 –, Bewertung 508 –, Erklärung 531, 551 –, Nachweis 493f –, Zeichen 531 Konsultationsgremium 333 Konsultationsmechanismus 301, 332ff Kontrahierungszwang 25, 206 Kontrollstellen, private 601 Konvergenzkriterien 278 Konzentrationsbestimmungen, Bergbauanlage 1042 Konzentrationswirkung, Abfallbehandlungsanlagen 919 Konzession –, Ausspielungen 256ff –, Erteilungsvoraussetzungen 80ff –, Inhaber, RohrleitungsG 1067 –, Versicherungszwang 134 –, Zwang 133 Korrespondenzverträge 132 Kosmetische Mittel 594f Kostendeckung, Pensionskassen 184 Kostentragungsgrundsatz 301 Kostenwahrheit, WRRL 987 Kraftfahrlinienverkehr 397 Kraftfahrzeughaftpflicht–RL 126 Kraft–Wärme–Koppelung 1060 Kreditgeschäfte 1186 Kreditinstitut 61ff –, Aufsicht 1187 –, Bewilligungstatbestände 85f –, Bilanzphilosophie 98 –, Binnenorganisation 82f –, Eigenmittel 86ff –, Geschäftsaufsicht 109 –, interne Revision 83f –, Konkursverfahren 110 –, Liquidität 86ff, 91ff –, Prüfungswesen 99 –, Rechnungslegung 97ff –, Ruhen der Stimmrechte 85 –, Solvabilität 86ff –, Sparkassen 53f –, Verbraucherbestimmungen 105 –, Verhaltenspflichten 101ff Kreditinstitutgruppe 65 Kreditinstitutskonzession 79ff Kreditrisiko–Standardansatz 90 Kreditübertragung 342 Krisenbewirtschaftung 1362 Kumulationsprinzip 980
Kursmanipulation 23 Kyoto–Protokoll 802, 1071 –, Abfallbehandlungsanlagen 902 Landeshaushalte 337 Landes–Hypothekenbanken 403 Landeslenkungsausschüsse 1364 Landesstraßenrecht, Wasserrecht 982 Landesvoranschlag 338f Landschaftsschutz 947, 955, 982 Landschaftsschutzgebiet 956 Landschaftsteil, geschützter 957 Landwirtschaft 1207 –, Globalisierung 1218 –, Interventionssektor 1213 –, Produktionswert 1217 Lebensmittel 585ff –, Bewirtschaftung 1202 –, Chemikalienrecht 720 –, diätetische 590f –, Eigenkontrolle 593 –, Hygiene 591f –, Rückverfolgbarkeit 593 –, Verbot 585ff Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1204 Lebensmittelbuch, Österreichisches 606f LebensmittelhygieneVO 584 LebensmittelkennzeichnungsVO 596 Lebensmittelrecht –, Betriebsschließungen 602 –, Notfallplan 601 –, Warnungen 603 Lebensmittelsicherheitsgesetz 579 Lebensmittelstrafrecht 607ff Legalitätsprinzip 373 –, VAG 115 Leistungsprivatisierung 375 Leitlinien, Erstellung 549 Leitungsanlagen, Bewilligungspflicht 1057 LIBERTAD 1165 Linking Directive 1072 LMSVG 579 Maastricht–Kriterien 279, 336 MacSharry–Plan 1209 mandatory bid 39 Mansholt–Plant 1208f MarkscheideVO 441f
Sachverzeichnis Markt –, freier 1197 –, wirtschaftswissenschaftlich 1196 Marktaufsichtsbehörde 563f, 565ff Marktmissbrauchsaufsicht 217, 234ff Marktöffnung 385 Marktordnung 1197f –, Einkommenssicherung 1213 –, gemeinsame 1223f Marktordnungsgesetz 1205f, 1220 Marktorganisation, gemeinsame 1220, 1222 ––, Getreide 1271ff ––, Intrumente 1242ff ––, Milch und Milcherzeugnisse 1289ff ––, Olivenöl u. Tafeloliven 1302ff ––, Rindfleisch 1279ff Marktpreisniveau 1244 Marktprinzip 1239 Marktwirtschaft, offene 355 Maß– und Eichgesetz (MEG) 434ff, 442ff Meistbegünstigung, WTO 1124 Meldepflicht –, Devisentransaktionen 1188 –, WRG 1015 Milchwirtschaft 1204 Mindestschutzniveau 559 Mindestvertrag, Pensionskassen ––, Ausschluss 177 ––, Mindestertragsrücklage 176f Mindestverzinsung, Pensionskassen 175 Monatsvoranschlag 312 Monitoring 647 Monopolstellung, Verwertungsgesellschaften 212 Monopolwesen 420ff Nachbarn –, gewerbliche Betriebsanlagen 827 –, UVP 881 Nachbarschaftspolitik, europäische 1131 Nachbarschutz, gewerbliche Betriebsanlagen 806f Nährstandsgesetzgebung 1203 Nationalparks 957 Natura 2000 –, Erhaltungsmaßnahmen 953 –, Störungsverbot 954
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–, Verschlechterungsverbot 954 –, Verträglichkeitsprüfung 954 –, Wirkung 970 Natura 2000–Netz 953 Naturdenkmal 958 Naturhöhlen 958 Naturräume 957 Naturschutz 982 –, Abgabe 973 –, Anzeigepflichten 958f –, Bewilligungspflichten 958ff Naturschutzgebiet 956 Naturschutzinteressen, Beeinträchtigung 960f Naturschutzrecht –, Bewilligungstypus 955 –, Genehmigungskriterien 955 –, Schutzintensität 955 Netzinfrastruktur 1054 Netzzugang, geregelt 389 Nichtraucherschutz 628f Niederlassungsfreiheit 49 NiederspannungsRL 530 Nomenklatur, kombinierte 1133 Norm, internationale 464 Normen 457ff –, Erstellung 549 –, europäische 460ff –, harmonisierte 531 –, Kontrollverfahren 489 –, Prüfstelle 489 NormenG 466ff Normkonkretisierungsverfahren 476 Normung –, europäische 475ff –, nationale 466ff –, Probleme 497ff –, technische 530 Normungsinstitut, österreichisches (ON) 469ff Normungsorganisation –, europäische 457 –, internationale 464, 465 Normungsverfahren 472 –, Ablauf 484 Notenbankautonomie 405 ÖBB 397 Oberflächengewässer 986 OeNB s Österreichische Nationalbank Offenmarktgeschäfte 1186 Öffentliche Unternehmen 350
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Sachverzeichnis
–, Eigenbetrieb 368 –, Einteilung 367ff –, Gewinnerzielung 371 –, marktbeherrschende Stellung 357 –, Missbrauchsverbot 357 –, privilegierte Unternehmen 356 –, Regiebetriebe 368 –, Unternehmensbegriff 364ff –, Versorgungsleistungen 370 –, Verwaltungstätigkeiten 371 –, Wirtschaftspolitik 371 Öffentlichkeit, UVP 839 Öffentlichkeitsbeteilung, UVP 848 OIB 554 ÖkoBGV 1059 Ökostrom 1055 Ökostromanlagen 1059 ÖkostromG (ÖSG) 1058 ÖLMB 606f ÖNORM 458f –, Erstellung 471 ONRegel (ONR) 459 Open Skies–Abkommen 1150ff Opt–in, EZG 1079 Organismen, gentechnisch verändert 650 Originalkennzeichnung, Pflanzenschutzmittel 770 Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG) 407f Österreichische Nationalbank (OeNB) 403, 405ff, 1184 –, Bankaufsicht 74 Österreichische Post AG 391 Österreichische Staatsdruckerei 408f Österreichischer Rundfunk (ORF) 393ff Österreichischer Stabilitätspakt 334ff ÖVE 528 Partei, Spielbank 260 Parteistellung –, Abfallbehandlungsanlagen 941 –, WRG 1024f Pensionskassegeschäft, grenzüberschreitend 174 Pensionskassen 131 –, Auflösung 190ff –, Aufsicht 187f –, Beiträge, Arbeitgeber 182 –, betriebliche 173f –, Betriebsvereinbarung 170
–, Deckungslücken, s Nachschusspflicht –, Konto 173 –, Konzession 174f –, Nachschusspflicht ––, beschränkte 172f ––, unbeschränkte 172f –, Rechtsform 173f –, überbetriebliche 173f –, Versorgung, Rechtsunwirksamkeit 170 –, Vertrag, Auflösung 188ff Pensionskassenvertrag –, Beitragsanpassung 171 –, Leistungsanpassung 171 –, Nichtigkeit 169 Pensionskassenzusagen –, beitragsorientiert 171 –, leistungsorientiert 171 Personennahverkehr, öffentlicher (ÖPNV) 397 Pestizide, Regulierung 751 Pflanzenschutz 947 Pflanzenschutzmittel 766ff –, Aufsichtsrecht 780ff –, Kennzeichnungspflicht 773f –, Verwendung 777ff –, Werbebeschränkungen 775 Pflichtnotstandsreserve 1349, 1358ff Polymere 718 Position, marktbeherrschende, Missbräuche 1314, 1316 Post– und Telegraphenverwaltung (PTV) 411 Präferenzsystem 1131 Präklusionswirkung, UVP 869 Prämien 1284ff Preis –, geforderter 1326 –, gerechtfertigter, volkswirtschaftlich 1319 Preisentwicklung 1326 Preisfestsetzung –, Arzneimittel 1315 –, Erdöl 1325 –, Marktstörungen 1322ff –, Versorgungsstörung 1316ff Preisgesetz 1992 1314ff Preispolitik –, gerechtfertigte 1325 –, ungerechtfertigte 1323 Preisstabilität 1185
Sachverzeichnis Privatgewässer 991 Privatisierung 374ff, 379 Privatisierungsmanagement 407 Privatstiftung 120 Privatwirtschaftsverwaltung 302, 307 Produkte –, gentechnisch verändert 1140 –, normkonforme 550f –, ProduktsicherheitsR 560 –, Sicherheit 564 Produktsicherheitsgesetz 560 Produktsicherheitsnotfälle 569 ProduktsicherheitsRL 560 Prospekt 26ff Prospekthaftung 28 Prüfung –, Begriff 504 –, integrative UVP 839 Prüfungseinrichtung, EZG 1084 Prüfwesen, Konzept 506 public tender 39 Publikumsprodukte 737 QualitätsklassenG 610 Qualitätsvorschriften 1246 Quasi–In–house–Vergabe 378ff Querschnittmaterie 1343 –, Agrarrecht 1219 Quersubventionierungen 364 Quoten, Importbeschränkungen 1135 Quotenregelung, Milchsektor 1297f Quotensysteme 1247 RAPEX 566, 569 Rauchen, Prävention 622 Rauchverbot 628f Raumordnung, gewerbliche Betriebsanlagen 834 Raumordnungsrecht 982 REACH 713 –, Bewertung 715 –, Registrierung 714 –, Substitution 716 –, Zulassung 715 Rechnungsabschluss 339, 344 Rechte, subjektive , WRG 993 Referenzmenge 1299, 1301f –, Milcherzeugnisse 1298f Regelungen, schutzgebietsbezogene 953 Regelungsansatz, WRG 989 Regulierungsbehörden 382, 409
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Regulierungswasserbauten 1019 Richtpreis 1242 RohrleitungsG 1066ff Rückversicherung 131 RückversicherungsRL 127 Rundfunk 393ff Rundfunk und Telekom Regulierungs– GmbH (RTR–GmbH) 413 Sanierungsplan, Versicherungsunternehmen 158 SatellitenRL, Verwertungsgesellschaften 198 Schienen–Control GmbH 414 Schienen–Control Kommission 415 Schulmilchbeihilfe 1294 Schusswaffen 789 Schutzgebiete 987 Schutzklauseln 1113 –, Verfahren 478, 496 Schutzwasserbauten 1019 Schwankungsrückstellungen, negative 172, 179 Schwellenwert, EZG 1078 Sektor Staat 284ff Sektorenbereich 381 Sektor–Haftungsverbund 66 Selbstkontrolle, Chemikalienrecht 701 Selbstversorgung, Sicherung 1199 Seveso II–RL 802 Sicherheit –, Auflagen, GVO 658 –, Datenblatt, Chemikalien 736 –, Dokumentation 673 –, Vorschriften, elektrotechnische 534f Sicherstellung der Versorgung 1236 Signaturen, elektronische 525f Single–licence–Prinzip 127 Sitztheorie 51 Societas Europaea 119 Solo–plus–Aufsicht 118 Solvabilitätsplan, Versicherungsunternehmen 158 Solvency 130 Sondermasse, Versicherte 145 Sorgfaltspflicht –, wasserrechtliche 1003 –, GVO 657 Sparkassen 53f Spartentrennung –, beschränkte 135 –, Verwertungsgesellschaften 217
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Sachverzeichnis
Spiegelgremium 471, 474 Spielgeheimnis 263 SPS 1123 Staatsaufsicht, materielle 113, 133 Staatskommissär 72 Staatsmonopol 350, 409, 420 Stabilisierungs– und Assoziierungsabkommen (SAA) 1131 Stabilitäts– und Konvergenzprogramme 281f Stabilitäts– und Wachstumspakt 279, 280ff Stabilitätsbeiträge 335f Stellenplan 316 Stillhalteverpflichtung 491 Stimmrechtsschwellen 34 Stoffe 718 –, wassergefährdende 1015 StrahlenschutzG 609 Stresa, Konferenz 1208 Stromerzeugungsanlagen 1056f Subvention 1143 Subventionen –, Agrarmarktrecht 1201 –, produktionsabhängige 1229 Subventionsmittler 319 Suchtmittel 719 System der provisorischen Zwölftel 295 Tabakerzeugnisse –, Abgabe 627 –, Inhaltsstoffe 624 –, Packungen 623 –, Proben 625 –, Werbung 626 Tabakgesetz 622 Tabakkonsum 614 –, Eindämmung 622 –, Verringerung 615 Tabakmonopol 422ff Tabakprodukte, Aufmachung 614 Tabakrahmenübereinkommen, WHO 618, 626 Tabakrecht –, Sponsoring 621 –, Warnhinweise 623 TabakRL 616ff, 619, 620 TabakwerbeRL 616ff, 619, 621, 626 Tarifizierung 1254f Tätigkeit, gewerbliche 803 TBT 1123
Technical Reports 463 Technische Zulassungen, europäische 462 Telekom Austria AG 392 Telekom–Control Kommission 414 Telekommunikation 391ff Tenside 728ff Territorialitätsprinzip 206 Tiere, transgene 649f TiermehlG 610 Tierschutz 947 Tierversuchsergebnisse 771 Transparenzgebote 105 TransparenzRL 363f TrassenVOen 884 Treibhausgasemissionszertifikate 1077 Trennungsgrundsatz 306 Trinkwasserbericht 603 TRIPS 1123 Trockenbaggerung 1016 Typisierung, Elektrotechnikrecht 533 Übereinkommen –, Berner 952 –, biologische Vielfalt 952 –, Ramsar 952 Übernahmerecht 33, 38ff Überschusserzeugung 1246 Überschussproduktion, Bekämpfung 1256ff Übertragungsnetze 385 Überwachung, Begriff 505 Umfrage, CEN/CENELEC 487f Umwelt –, Auswirkungen 870 –, Beeinträchtigungen 662 –, HaftungsRL 660 –, Normung 500ff Umweltanwalt –, Naturschutz 971 –, UVP 882 Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) 867 Umweltverträglichkeitsgutachten (UVG) 869, 886 Umweltverträglichkeitsprüfung, –, s auch UVP 843 –, strategische, SUP 847 Unabhängiger Umweltsenat 876 UNESCO–Übereinkommen 953 Universalbankprinzip 64 Universaldienste 391
Sachverzeichnis UN–Sicherheitsrat–Resolutionen 1161 Unterlassungsanspruch 662 Unternehmen –, gemischt–öffentliche 380 –, gemischtwirtschaftliche 379 –, öffentliche s Öffentliche Unternehmen Unverträglichkeit, soziale 673 Urheberrecht, Verwertungsgesellschaften 200 Uruguay Runde 1226 UVG, öffentliche Einsicht 870 UVP –, Abnahmebescheid 875 –, Änderungstatbestände 859 –, autonome Genehmigungspflicht 854 –, Bundesstrassen 841, 844 –, Detailgenehmigungsvorbehalt 872 –, Einzelfallprüfung 859 –, Entscheidungsfrist 864, 868 –, Ergebnisse 839 –, Genehmigungskriterien 887 –, Grundsatzgenehmigung 872 –, Hochleistungsstrecken 841, 844 –, Mediationsverfahren 873 –, Mindestschwelle 858 –, Nichtigerklärung 854 –, Parteistellung 864, 879ff –, Projekte 852 –, Projektklassen 858 –, Schwellenwert 860 –, scoping 866 –, Sperrwirkung 854 –, Stückelung 860 –, Überwachung 875 –, Umweltorganisation 841, 869, 885 –, Vereinheitlichung 843 –, Verfahren 842, 847 –, Verfahrensabwicklung 842 –, Verordnungsermächtigung 889 –, Versuchsbetriebe 855 –, Vorarbeiten 855 –, Vorhaben 856 –, Zeitplan 868 UVP–ÄnderRL 847, 848, 888 UVP–Dokumentation 842 UVP–G–Novelle –, 2000 841 –, 2004 841 –, 2005 842 UVP–Pflicht –, Antragslegitimierung 863
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–, Einzelfallprüfung 863 –, kumulative Wirkung 849 UVP–Verfahren 865 –, schutzwürdige Gebiete 856 –, vereinfachte 856 VAG–Novelle 116ff –, Jahreszahl 116 Veranlagungskosten, Pensionskassen 184ff Veranlagungspolitik, schriftliche Erklärung 180 Verbraucher –, Girokontovertrag 105 –, Kreditverträge 105 –, Schutzgesetz 579 Verfahren, anlagenrechtliche, Bergbau 1038 Verfahrenskonzentration, WRG 1021 Verfassung für Europa 1172ff Verkehrsbeschränkungen, Chemikalien 744 Verluste, versicherungstechnische 172 Vermarktungsbeihilfen 1294 Vermarktungsnormen, Olivenöl 1305 Vermessungsrecht 433ff VermessungsVO 1994 441 Vermögens– und Schuldengebarung 343f Vermögensprivatisierung 375f Verpackungsvorschriften, Chemikalien 737f Verpflichtungen, gemeinwirtschaftliche 386 Verschlechterungsverbot 986 Versicherung –, Gruppe 114, 118 –, Regulativ 1880 114 –, Schutz 120 –, Unternehmen ––, inländische 130 ––, Kontrollverfahren 144 ––, Revision 143 ––, Risikomanagement 144 –, Vereine 131 –, Vermittler 114 –, Wirtschaft, Funktionsfähigkeit 121 Versicherungsaufsicht –, Amtshaftung 121 –, Funktion 120ff –, Kontrolle 113 –, Ziel 120ff
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Sachverzeichnis
Versicherungsaufsichtsrecht –, Informationsprinzip 128 –, Produktkontrolle 128 Versorgung –, Bevölkerung 1206 –, Gemeinschaft 1278 –, Pflicht 387 Versteinerungsargumentation 507 Versteinerungsprinzip, Wasserrecht 979 Versteinerungstheorie 200, 706 Versuchsbetrieb, gewerbliche Betriebsanlagen 815 Verteilernetze 385 Vertrag von Maastricht 1111 Vertrag von Nizza 1127 Verträglichkeitsprüfung –, FFH–Gebiet 966 –, Vogelschutz 966 Vertragsversicherungswesen 123 Verwaltungs– und Kontrollsystem (INVEKOS) 1267ff Verwaltungskosten, Pensionskassen 183 Verwaltungsschulden 323 Verwertungsgesellschaften –, Aufsicht 224f –, Aufsichtsmittel 225f –, Aufsichtspflicht 225 –, Begriff 204ff –, Betriebsgenehmigung 234f –, Clearingstelle 205 –, Effizienzaufsicht 230 –, Einparteienverfahren 222 –, Finanzierung der Aufsicht 235ff –, Gefahrenabwehr 232f –, Gegenseitigkeitsverträge 207 –, Gesamtverträge 207 –, Geschäftsführung 220f –, grenzüberschreitende Lizenzierung 209 –, große Rechte 196 –, Grundsatzkontrolle 232f –, ideeller Zweck 220 –, kleine Rechte 196 –, Kontrollfunktion 208 –, Marktmissbrauchsaufsicht 234ff –, Mediator 230 –, Mitteilungspflichten 227 –, periodische Prüfpflicht 224f –, Präsenzpflicht 221f –, Regulierungsfunktion 230
–, Schlichtungsausschuss 230 –, Sitz 221 –, Sitzungsteilnahme 227 –, Sozialfunktion 208 –, Spartenkonzession 222 –, Staatsaufsicht 215ff –, Staatskommissäre 196 –, Transparenz 228 –, Überblick 211 –, Urheberrechtssenat 238ff –, Warnpflicht 229 –, Zulassungskriterien 218ff –, Zusammenschlusskontrolle 230 Verwertungsrecht 199 Viehwirtschaftsgesetz 1204 Vogelschutzgebiet 953 VogelschutzRL 953 Vollliberalisierung 385 Voranschlag –, Ansätze 315 –, Gliederung 315 –, Posten 315 Vorbelastungen 317 Vorhaben, UVP Vorhabenstypen, UVP–pflichtige 839 Vornormen, europäische 462 Vorratshaltung, öffentliche 1201 Vorsorgeprinzip 584 –, Chemikalienrecht 700 Waffen –, Begriff 788 –, Besitzkarte 790 –, Pass 790 Währungspolitik 1158 –, Ziele 1185 Währungsreserve 1183 Währungsunion 1129 Waren –, Handel, Tarifisierung 1123 –, Pass 496 –, Ursprungsregeln 1134 Warenverkehr –, nationale Einschränkungen 582 Warenverkehrsfreiheit 581ff, 604 Wärmenutzung, Anlagen 1016 Wasch– und Reinigungsmittel 726ff Wasser –, Qualität 1002 –, Bauten 981 –, Benutzung 994 –, Gefährdung 1016
Sachverzeichnis WasserrahmenRL 983 WeinG 609 Weltmarkt, Preise 1278 Werbebeschränkungen, Chemikalien 745 Wertpapierdienstleistungen 108 Wertpapierdienstleistungsunternehmen 16ff –, Konzessionsvoraussetzungen 18f Wertpapierhandel, Meldepflichten 21f Wertpapierhändler 71 Wertstellungsvorschriften 105 Wettbewerbsordnung 357 Wettbewerbsregeln, Abfallwirtschaft 905 Wetten –, Bücher 268 –, Gebühren 258f –, Recht 267f Widmungsdistricte 1201 Wiederherstellungsauftrag, Naturschutz 972 Wirtschafts– und Währungsunion 278 Wirtschaft –, Blöcke 1232 –, Lenkung 1310, 1342 –, Organisationen, internationale 1167ff –, Sanktion 1161 –, Stellen 309 Wohlverhaltensregeln 22ff, 52 –, Rücktrittsrecht 24 Wohnbauten 835 WRG –, Aufsicht 1028 –, Detailbewilligung 1027 –, Parteistellung 1024f –, Strafen 1029 WTO–Abkommen 1121, 1218, 1226 WTO–Agrarordnung 1227ff Zahlstellen 309 Zahlungsmittel, gesetzliche 1182 Zahlungssysteme 1187 Zentralbank –, europäische 1183 –, nationale 1183 Zertifizierung –, Begriff 505 –, Konzept 506 –, Produkte 495f –, Prüf– und Überwachungsstellen 514
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Zertifizierungsverfahren 514 Zollabgaben 1254f Zölle 1288 Zollkontingente 1254f Zolltarif, gemeinsamer (GZT) 1133 Zollunion 1129 Zoonosegesetz 610 Zubereitungen 718 Zukunftsvorsorge, prämienbegünstigte 119 Zulassung, europäische technische 551f Zuteilungsbescheid 1086 ZuteilungsVO 1086