Piet Diepholz | Jan-Eckhard von Horn Arbeitsrecht für Steuerberater
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Arbeitsrech...
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Piet Diepholz | Jan-Eckhard von Horn Arbeitsrecht für Steuerberater
Piet Diepholz | Jan-Eckhard von Horn
Arbeitsrecht für Steuerberater
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: RA Andreas Funk Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0568-0
Vorwort Dieses Praxishandbuch richtet sich an Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die zwar nicht täglich, aber immer häufiger mit Problemen des Arbeitsrechts konfrontiert werden. Zum einen hat der Steuerberater in seiner eigenen Kanzlei oder in dem eigenen Betrieb Probleme des Arbeitsrechts zu bewältigen und zum anderen wird der in der Beratung tätige Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer sehr häufig mit arbeitsrechtlichen Fragen von der Mandantschaft konfrontiert. Es ist bekannt, dass die Normen des Arbeitsrechtes einem ständigen Wandel unterworfen sind. Dies liegt nicht nur an dem jeweiligen Wechsel in der Regierung – das KSchG (Kündigungsschutzgesetz) ist nach den letzten drei Regierungswechseln jedes Mal geändert worden –, sondern insbesondere an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Trotz der vielfältigen ständigen Veränderungen soll dieses Buch als eine fundierte Grundlage zu verstehen sein, der man alle wesentlichen Probleme des Arbeitsrechtes schnell und übersichtlich entnehmen kann. Die jeweiligen aktuellen Änderungen werden so in jedem Fall verständlich und können gleichermaßen in der Praxis umgesetzt werden. Der Verfasser hat bewusst darauf verzichtet, zu viele Urteile zu zitieren, da die Erfahrung zeigt, dass der Steuerberater in der Praxis wenig Zeit hat, intensiv in die Recherche und die Literatur von entsprechenden Entscheidungen einzusteigen. Er möchte vielmehr eine kurze und prägnante praxisnahe Lösung vermittelt bekommen, die er sogleich an die Mandanten weitergeben bzw. gleich für sich selber in eigener Sache nutzen kann. An dieser Stelle wird noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Steuerberater das Verbot der Rechtsberatung gilt. Das vorliegende Buch hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit hinsichtlich sämtlicher im Arbeitsrecht anzutreffenden Themen, jedoch ist der Verfasser sicher, dass alle wesentlichen Probleme des Arbeitsrechts, die für die Tätigkeit des Steuerberaters relevant sind, angesprochen und erklärt sind. Darüber hinaus sind an einigen Stellen Mustertexte bzw. Prüfungsschemata abgedruckt, damit die Orientierung leichter fällt. Außerdem sind beispielhaft Muster für eine Kündigung, einen Aufhebungsvertrag und einen normalen Arbeitsvertrag sowie für einen befristeten Arbeitsvertrag mit und ohne Sachgrund abgedruckt. Die Verfasser bedanken sich für Ihre Aufmerksamkeit und sind für Anregungen und Ergänzungswünsche sehr dankbar. Hannover, im Januar 2008
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Inhaltsübersicht Vorwort Inhaltsübersicht Literaturverzeichnis §1 Rechtsquellen des Arbeitsrechtes §2 Der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff I. Schulden der Arbeitskraft II. Weisungsgebundenheit III. Feste Arbeitszeiten IV. Eingliederung in den Betrieb V. Regelmäßige Bezüge/Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall VI. Unternehmerrisiko VII. Problematik der Scheinselbstständigkeit §3 Begründung und notwendiger Inhalt des Arbeitsvertrages A. Entstehung des Arbeitsverhältnisses B. Inhalt des Arbeitsvertrages §4 Recht der Befristung A. Allgemeines B. Befristung ohne sachlichen Grund Exkurs I: Befristung ohne Sachgrund bei Neugründung eines Unternehmens Exkurs II: Sachgrundlose Befristung für ältere Arbeitnehmer C. Befristung mit Sachgrund I. Vorübergehender Bedarf (Nr. 1) II. Tätigkeit im Anschluss an eine Ausbildung oder an ein Studium (Nr. 2) III. Vertretung (Nr. 3) IV. Eigenart der Arbeitsleistung (Nr. 4) V. Erprobung (Nr. 5) VI. Gründe in der Person des Arbeitnehmers (Nr. 6) VII. Vergütung aus Haushaltsmitteln (Nr. 7) VIII. Gerichtlicher Vergleich (Nr. 8) Exkurs: Mehrfachbefristungen D. Weitere Sachgründe I. Altersgrenze II. Altersteilzeit III. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen IV. Projektbezogene Befristung V. Vorübergehende Beschäftigung VI. Sonstige Gründe E. Zusammenfassung
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Inhaltsübersicht §5
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Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber A. Pflichten von Arbeitnehmern I. Hauptpflicht II. Nebenpflichten 1. Direktionsrecht a) Ort der Arbeitsleistung b) Arbeitszeit aa) Arbeitsbereitschaft bb) Bereitschaftsdienst cc) Rufbereitschaft 2. Treuepflicht a) Loyalität – Interessenwahrnehmung b) Pflicht zur Unterlassung aa) Abwerben bb) Annahme von Schmiergeldern cc) Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers c) Pflicht zur Verschwiegenheit d) Wettbewerbsverbot B. Pflichten des Arbeitgebers I. Hauptpflicht 1. Zahlung von Arbeitsentgelt 2. Beschäftigungspflicht II. Nebenpflichten 1. Fürsorgepflicht Exkurs: Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers 2. Haftung des Arbeitgebers 3. Recht auf Gleichbehandlung Entgelt und verschiedene Formen der Arbeitsvergütung A. Entgelt I. Vertragsfreiheit – Mindestlohn II. Brutto-/Nettoentgelt III. Zuschläge B. Verschiedene Formen der Arbeitsvergütung I. Vergütung in Naturalien (Sachbezüge) 1. Dienstwagen Exkurs: Steuerrechtliche Aspekte der Dienstwagenregelung 2. Dienstwohnung 3. Trinkgelder 4. Steuerrechtliche Auswirkungen II. Entgelt für spezielle Leistungen 1. Akkordlohn 2. Prämien 3. Leistungslohn III. Vergütung für spezielle Ergebnisse 1. Provision 2. Tantieme
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Inhaltsübersicht IV.
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Sonstige Arten der Arbeitsvergütung 1. Zielvereinbarungen 2. Aktienoptionen Beendigung von Arbeitsverhältnissen A. Aufhebungsvertrag Exkurs: Aufhebungsvertrag bei einem GmbH-Geschäftsführer B. Die Abfindung C. Abwicklungsvertrag D. Erreichen der Altersgrenze E. Anfechtung Beendigung durch Kündigung A. Die ordentliche Kündigung I. Kündigungserklärung 1. Person des Kündigenden 2. Schriftform 3. Inhalt der Kündigungserklärung 4. Zugang der Kündigungserklärung a) Einschreiben mit Rückschein b) Übergabe-Einschreiben c) Einwurf-Einschreiben d) Übergabe bzw. Zugang durch Boten II. Schutz besonderer Personengruppen 1. Mutterschutzgesetz 2. Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) 3. Schwerbehinderung Exkurs: Betriebliches Eingliederungsmanagement gemäß § 84 SGB IX 4. Sonstige Fälle des Sonderkündigungsschutzes III. Anhörung des Betriebsrates IV. Kündigungsfrist V. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) 1. Arbeitnehmereigenschaft 2. Wartezeit/Einheitlicher Betrieb Exkurs: Umgehung des Kündigungsschutzes durch Arbeitgeber 3. Anzahl der Beschäftigten a) Gesetzeslage bis zum 31.12.2003 b) Seit dem 01.01.2004 VI. Kündigungsgründe 1. Verhaltensbedingte Kündigung a) Pflichtverletzung b) Negative Prognose c) Weiterbeschäftigungsmöglichkeit d) Interessenabwägung e) Darlegungs- und Beweislast 2. Personenbedingte Kündigung a) Negative Prognose
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Inhaltsübersicht
§9
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b) Beeinträchtigung betrieblicher Interessen c) Weiterbeschäftigungsmöglichkeit d) Interessenabwägung Exkurs: Personenbedingte Kündigungen aus Krankheitsgründen 3. Betriebsbedingte Kündigung a) Unternehmerische Entscheidung b) Wegfall des Arbeitsplatzes c) Weiterbeschäftigungsmöglichkeit d) Sozialauswahl Exkurs: Leistungsträger! – Herausnahme aus der Sozialauswahl? e) Durchführung der Sozialauswahl f) Interessenausgleich mit Namensliste VII. Abmahnung 1. Funktion 2. Inhalt 3. Zeitpunkt und Wirkungsdauer der Abmahnung B. Die außerordentliche Kündigung I. Voraussetzungen 1. Kündigungsgrund 2. Zwei-Wochen-Frist II. Verdachtskündigung III. Druckkündigung C. Die Änderungskündigung I. Inhalt II. Reaktion des Arbeitnehmers 1. Vorbehaltlose Annahme des Angebotes 2. Annahme unter Vorbehalt 3. Ablehnung des Angebotes III. Betriebsbedingte Änderungskündigung Die Stellung von Organen von Kapitalgesellschaften A. Bestellung und Anstellungsvertrag I. Trennungstheorie II. Koppelung III. Bestellung des Geschäftsführers IV. Steuerliche Auswirkungen V. Schriftform B. Abberufung und Kündigung I. GmbH-Geschäftsführer 1. Abberufung 2. Kündigung II. Vorstand der Aktiengesellschaft 1. Abberufung 2. Kündigung C. Organstellung – Arbeitnehmereigenschaft? Exkurs: Vom Arbeitnehmer – Zum Geschäftsführer – Kündigung – Keine Rechte?
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Inhaltsübersicht § 10
§ 11
§ 12
Betriebsänderung A. Betriebsübergang I. Rechtsgeschäft II. Betrieb und Betriebsteil III. Übergang 1. Art des betreffenden Unternehmens 2. Übergang materieller Betriebsmittel 3. Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs 4. Die Übernahme der Hauptbelegschaft 5. Übergang der Kundschaft 6. Ähnlichkeit der Tätigkeiten 7. Dauer der Unterbrechung 8. Funktionsnachfolge – kein Betriebsübergang! IV. Inhaberwechsel V. Eintritt in Rechte und Pflichten VI. Haftung von Erwerber und Veräußerer VII. Unterrichtungspflicht/Widerspruchsrecht VIII. Kündigungsverbot B. Betriebsstilllegung Arbeitsrecht in der Insolvenz A. Einleitung 1. „Schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter 2. „Starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter B. Das Arbeitsverhältnis I. Bestehende Arbeitsverhältnisse II. Gekündigte Arbeitsverhältnisse III. Betriebsübergang in der Insolvenz IV. Lohnansprüche in der Insolvenz Exkurs: Zu den Ausschlussfristen 1. Gratifikationszahlung 2. Gewinnbeteiligung 3. Urlaubsentgelt C. Insolvenzgeld I. Voraussetzungen II. Umfang der Leistungen D. Kündigung in der Insolvenz durch den Insolvenzverwalter E. Interessenausgleich mit Namensliste Betriebliche Altersversorgung A. Das BetrAVG I. Persönlicher Geltungsbereich II. Begründung von Versorgungsansprüchen B. Arten der Versorgungszusage I. Allgemeines 1. Beitragsorientierte Leistungszusage
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Inhaltsübersicht
§ 13
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2. Beitragszusage 3. Vereinbarung zur Entgeltumwandlung 4. Anspruch auf Entgeltumwandlung II. Direktzusage III. Direktversicherung IV. Unterstützungskasse V. Pensionskasse VI. Pensionsfonds C. Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) Entgeltfortzahlung (Krankheit) A. Voraussetzung I. Allgemeines II. Krankheit – Arbeitsunfähigkeit Exkurs: Versuch des Zeugen, bei Gericht nicht aussagen zu müssen III. Nachweispflicht Exkurs: Krankheit im Ausland IV. Wiedereingliederung V. Arbeitsverhinderung – Trotzdem Lohn? B. Dauer der Entgeltfortzahlung C. Höhe des Arbeitsentgeltes während der Arbeitsunfähigkeit D. Entgeltfortzahlung an Feiertagen Urlaub A. Anspruch auf Urlaub I. Gesetzlicher Urlaub II. Wartezeit III. Zweck des Urlaubs IV. Erlöschen des Urlaubsanspruchs – Verzicht V. Festlegung des Urlaubs 1. Geltendmachung Exkurs: Erklärung des Arbeitgebers 2. Wünsche des Arbeitnehmers – Änderung des Urlaubs Exkurs: Zusammenhängende Gewährung oder einzelne Tage? B. Dauer des Urlaubs I. Bei einer 5-Tage-Woche II. Bei Teilzeitarbeit III. Bei flexibler Arbeitszeit IV. Bei Sonntagsarbeit C. Urlaub und Krankheit D. Teilurlaub I. Allgemeines II. Zwölftel-Regelung E. Keine Rückzahlung des Urlaubsgeldes durch Arbeitnehmer F. Einmal Erholungsurlaub – keine Doppelansprüche
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Inhaltsübersicht
§ 15
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G. Urlaubsentgelt – Urlaubsgeld H. Urlaubsabgeltung I. Sonstiges I. Urlaub für Jugendliche bzw. Auszubildende II. Zusatzurlaub für Schwerbehinderte III. Urlaub und Betriebsübergang IV. Urlaub und Insolvenz Zeugnis A. Allgemeines I. Anspruchsberechtigung II. End- bzw. Zwischenzeugnis III. Formalien B. Inhalt des Arbeitszeugnisses I. Einfaches Zeugnis II. Qualifiziertes Zeugnis 1. Leistung 2. Führung bzw. Verhalten III. Schlussformel C. Sonstiges I. Verjährung/Verwirkung/Widerruf des Zeugnisses II. Haftung gegenüber Dritten Wettbewerbsverbot A. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses I. Geltungsbereich II. Vorbereitungshandlungen III. Rechtsfolgen B. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses I. Geltungsbereich 1. Persönlich 2. Zeitlich 3. Räumlich II. Mandantenschutzklausel/Mandantenübernahmeklauseln 1. Mandantenschutzklausel 2. Mandantenübernahmeklauseln Exkurs: Fall zur Mandantenübernahmeklausel: BAG vom 07.08.2002 III. Die Wettbewerbsabrede 1. Form 2. Verbot des Wettbewerbs a) Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers b) Keine unbillige Härte für Arbeitnehmer aa) Zeitlicher Umfang bb) Räumlicher Umfang cc) Gegenständlicher Umfang IV. Bedingtes Wettbewerbsverbot
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Inhaltsübersicht V.
Karenzentschädigung 1. Ermittlung der Höhe 2. Anrechnung Exkurs: Vereinbarung wegen anderweitigen Verdienstes a) Anrechnung sämtlicher Einkünfte b) Böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbes c) Ermittlung des anzurechnenden Betrages 3. Auskunftsanspruch des Arbeitgebers 4. Auszahlung der Karenzentschädigung 5. Verstoß des Arbeitgebers 6. Verstoß des Arbeitnehmers VI. Beginn und Wirkung des Wettbewerbsverbotes 1. Beginn und Ende 2. Verzicht des Arbeitgebers 3. Nachträgliches Wettbewerbsverbot bei Kündigungen a) Arbeitnehmerkündigung b) Arbeitgeberkündigung § 17 Anhang: Musterverträge A. Muster: Anstellungsvertrag für Steuerberater B. Muster: Anstellungsvertrag für Bilanzbuchhalter/in C. Muster: Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte Stichwortverzeichnis
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Literaturverzeichnis Ascheid/Preis/Schmidt (Herausg.), Großkommentar zum Kündigungsrecht, 2. Auflage 2004; Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 8. Auflage 2007; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, Kommentar, 18. Auflage 2006; Berkowsky, Die Änderungskündigung, 1. Auflage 2004; Berkowsky, Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung, 4. Auflage 2005; Berkowsky, Die betriebsbedingte Kündigung, 5. Auflage 2002; Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, 4. Auflage 2006; Däubler, Tarifvertragsgesetz, 2. Auflage 2006; Däubler/Kittner/Klebe, Betriebsverfassungsgesetz, Kommentar, 10. Auflage 2006; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Auflage 2007; Ermann, Kommentar zum BGB in 2 Bänden, 11. Auflage 2004; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Handkommentar, 23. Auflage 2006; Förster/Rühlmann/Zisch, Betriebsrentengesetz, 11. Auflage 2007; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz, Kommentar, 5. Auflage 2004; Hensler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrechtskommentar, 2. Auflage 2007; Hempen/Zachert, TVG-Tarifvertragsgesetz, Kommentar für die Praxis, 4. Auflage 2006; Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Gesamtwerk in 2 Bänden, lose Blattsammlung, fortlaufend aktualisiert; Holwe/Kossens/Pielenz/Räder, Basiskommentar zum Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Aufl. 2007; Hümmerich/Spirolke, Das arbeitsrechtliche Mandat, 3. Aufl. 2005; Laux/Schlachter, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 1. Auflage 2007; Niesel, Sozialgesetzbuch, Arbeitsförderung: SGB III, 4. Auflage 2007; Oppenländer/Tröllitzsch, Praxishandbuch der GmbH-Geschäftsführung, 1. Aufl. 2004; Preis, Der Arbeitsvertrag, 2. Auflage 2005; Rauch, Kommentar zum EfzG, 1. Auflage 2006; Schmidt, Einkommensteuergesetz: EStG, Kommentar, 26. Auflage 2007; Spindler/Stilz, Aktiengesetz – AktG, Kommentar, 2 Bände, 1. Auflage 2007; Tillmann/Mohr, GmbH-Geschäftsführer, 8. Aufl. 2003; Treber, EFZG, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz und zu wesentlichen Nebengesetzen, 2. Auflage 2007; Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007. 15
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§ 1 Rechtsquellen des Arbeitsrechts
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Das Arbeitsrecht in Deutschland ist sehr unübersichtlich. Eine Vielzahl von Rechtsquellen und Gestaltungsfaktoren innerhalb des Arbeitsverhältnisses stellen eine Besonderheit des deutschen Arbeitsrechts dar. Aus diesem Grunde haben Rechtsprechung und Literatur bei der Lösung von arbeitsrechtlichen Fällen eine besondere Bedeutung. Für den Vertragsinhalt des jeweiligen Arbeitsverhältnisses können Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, der einzelne Arbeitsvertrag und das Direktionsrecht des Arbeitgebers Regelungen enthalten. Sofern sich aus den eben genannten Quellen entsprechende Rechte und Pflichten der Beteiligten ergeben, kann es sein, dass diese miteinander konkurrieren. Es ergibt sich aus diesem Grunde eine bestimmte Rangordnung innerhalb der verschiedenen Rechtsquellen des Arbeitsrechtes, die man anhand der so genannten „Rangordnungspyramide“ wie folgt darstellen kann: ■ EG-Recht ■ Grundgesetz ■ Bundes- oder Landesgesetze ■ Tarifverträge ■ Betriebsvereinbarungen ■ Arbeitsvertrag ■ Direktionsrecht § 315 Abs. 1 BGB Des Weiteren ist das Arbeitsrecht auch noch unterteilt in die beiden großen Bereiche des Kollektiv- und Individualarbeitsrechts. Da der beratende Steuerberater in der Praxis in den seltensten Fällen mit kollektivrechtlichen Problemen wie Arbeitskampf, Streik oder Streitigkeiten zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften zu tun hat, wird sich das vorliegende Praxishandbuch ausschließlich an individualrechtlichen Problemen orientieren. Hierbei geht es um Probleme der Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine Rechtsnorm ist grundsätzlich dann unwirksam, wenn sie gegen höherrangiges Recht verstößt, es sei denn, dass die Norm aus dem höherrangigen Recht die Anwendung einer bestimmten Rechtsnorm ausdrücklich zulässt. Einer besonderen Bedeutung kommen die Tarifverträge zu, von denen es in der Bundesrepublik Deutschland ca. 35.000 gibt. Den Tarifpartnern ist es überlassen, die entsprechenden Inhalte der Tarifverträge selbst abzuschließen. Dies ergibt sich aus der Tarifautonomie, die in Art. 9 Abs. 3 GG geregelt ist. Häufig stellt sich die Frage, ob für ein bestimmtes Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet. Denn ein Tarifvertrag hat für ein Arbeitsverhältnis nur dann Bedeutung, wenn das Arbeitsverhältnis von dem entsprechenden Geltungsbereich erfasst wird und die Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden sind. Es sind 5 verschiedene Geltungsbereiche zu unterscheiden: ■ Der räumliche Geltungsbereich: Dies ist das Tarifgebiet, in dem der Tarifvertrag entsprechende Geltung hat. ■ Der zeitliche Geltungsbereich: Der zeitliche Geltungsbereich gibt Auskunft darüber, welche Arbeitsverhältnisse von dem Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst sind. Im Regelfall 17
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§1
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Rechtsquellen des Arbeitsrechts
werden nur solche Arbeitsverhältnisse von dem zeitlichen Geltungsbereich erfasst, die nach Abschluss eines Tarifvertrages bestehen. ■ Der betriebliche Geltungsbereich: Er gibt darüber Auskunft, für welche Betriebe eines bestimmten Wirtschaftszweiges bzw. einer Branche der Tarifvertrag gelten soll. Dabei ist insbesondere an die großen Industriebereiche wie Chemische Industrie, Metallindustrie und Bergbau zu denken. In einem Betrieb aus der Metallindustrie sind ja nicht nur Facharbeiter der metallverarbeitenden Branche tätig, sondern beispielsweise auch Kraftfahrer. Auch für die Letztgenannten gilt sodann der entsprechende Tarifvertrag der Metallindustrie. ■ Der fachliche Geltungsbereich: Hier kommt es darauf an, welche Art die tatsächliche geleistete Arbeit hat. Eine Unterscheidung könnte hier in Betracht kommen zwischen technischen Angestellten und kaufmännischen Angestellten. Für beide gilt ein anderer Vertrag. ■ Der persönliche Geltungsbereich: Er gibt darüber Auskunft, für welche Personenkreise ein Tarifvertrag Geltung hat. Gewöhnlich werden von den heutigen Tarifverträgen alle Arbeitnehmer eines bestimmten Wirtschaftsbereiches erfasst. Schließlich ist noch zu klären, ob auch eine entsprechende Tarifbindung besteht, wenn der Geltungsbereich betroffen ist. Denn ein Tarifvertrag gilt immer nur dann für ein Arbeitsverhältnis, wenn beide Parteien des Arbeitsvertrages tarifgebunden sind. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer in einer Gewerkschaft ist und der Arbeitgeber in einem Arbeitgeberverband vertreten ist, die gemeinsam einen entsprechenden Tarifvertrag geschlossen haben oder aber wenn gemäß § 5 TVG vom Staat die Allgemeinverbindlichkeitserklärung abgegeben wird. Dann gilt für alle Arbeitsverträge aus dieser Branche der allgemein verbindliche Tarifvertrag. Ein klassisches Beispiel für eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist der Bundesrahmentarifvertrag für die Bekleidungsindustrie oder das Bewachungsgewerbe. ! Praxishinweis: Arbeitsrecht ist Arbeitnehmerschutzrecht. Daraus folgt ein Prinzip des Arbeitsrechts, das man das so genannte „Günstigkeitsprinzip“ nennt. Darunter versteht man, dass man von einschlägigen Vorschriften des Arbeitsrechts abweichen kann, sofern die vereinbarte Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist. Oftmals ist jedoch nicht klar zu sagen, welche Regelung für den Arbeitnehmer günstig ist. Beispielhaft dafür ist die Regelung über die Kündigungsfrist. Die Kündigungsfristen des § 622 BGB haben sich im Hinblick auf die Kündigungsfrist der Arbeitnehmer dergestalt geändert, dass ein Arbeitnehmer – wenn nichts anderes vereinbart ist – mit einer Frist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats das Arbeitsverhältnis kündigen kann. Es gibt jedoch auch Altverträge, aus denen sich ergibt, dass sich für beide Vertragsparteien eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Quartalsende ergibt. Was ist also für den Arbeitnehmer günstiger? Sofern der Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit anstrebt und alsbald zu einem neuen Arbeitgeber wechseln möchte, wäre die nunmehr geltende Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder Ende des Monats vorteilhaft. Wird der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gekündigt, muss der Arbeitgeber in jedem Fall die längeren Kündigungsfristen einhalten. Dies kann auch für den Arbeitnehmer vorteilhaft sein, weil „er sicher sein kann“, dass er bis zum Ende der längeren Kündigungsfrist das vereinbarte Gehalt erhält und er kann sich „in Ruhe“ eine neue Tätigkeit suchen. Das so genannte Günstigkeitsprinzip ist in verschiedenen Rechtsquellen geregelt. Es gibt Gesetze, die niemals abgeändert werden dürfen. Dabei handelt es sich um so genanntes zwingendes Gesetzesrecht, dass weder zum Nachteil noch zum Vorteil des Arbeitnehmers eine Abweichung erfahren darf. 18
1 > Beispiel: Die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, dass die Kündigung durch den Arbeitgeber auch mündlich oder per E-Mail erfolgen kann. Diese Vereinbarung wäre zwingend unwirksam, da gemäß § 623 BGB die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag zwingend der Schriftform gemäß § 126 BGB bedarf. Darüber hinaus gibt es auch das so genannte einseitig zwingende Gesetzesrecht, das lediglich eine Abweichung zu Gunsten des Arbeitnehmers zulässt. > Beispiel: Regelmäßig beträgt die Kündigungsfrist für einen Arbeitnehmer 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Selbstverständlich kann vereinbart werden, dass bei einer Kündigung des Arbeitnehmers auch eine längere Kündigungsfrist wie beispielsweise von 2 Monaten bis zum Monatsende gilt. Dies würde eine Begünstigung des Arbeitnehmers herbeiführen. Schließlich gibt es noch das so genannte dispositive Gesetzesrecht, das von beiden Arbeitsvertragsparteien zum Nachteil des jeweiligen Vertragspartners geändert werden kann. > Beispiel: Die Parteien können vereinbaren, dass das jeweilige Gehalt nicht zum 3. des Folgemonats überwiesen wird, sondern bereits zum 15. des laufenden Monats oder zum 15. des Folgemonats. Das vorgenannte Günstigkeitsprinzip ist verschiedenartig ausgestaltet. In den unterschiedlichen Gesetzen findet man beispielsweise beiderseitig zwingendes Gesetzesrecht, das bedeutet, dass in jedem Fall beide Parteien sich zwingend an das Recht halten müssen und dies kann nicht verändert werden. Zum Beispiel kann nicht vereinbart werden, dass im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung auch mündlich erfolgen kann. Dies wäre ein Verstoß gegen § 623 BGB. Hingegen ist es aber zulässig, die Mindestkündigungsfrist eines Arbeitnehmers, die gewöhnlicherweise 4 Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats beträgt, auf einen Monat zum Monatsende zu verlängern. Hierdurch wird der Arbeitnehmer nämlich begünstigt. Sodann gibt es noch so genanntes dispositives Gesetzesrecht, was von beiden Parteien auch zum Nachteil eines jeden geändert werden kann. So ist es frei verhandelbar, wann der jeweilige Lohn seitens des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer gezahlt wird. Man kann auch vereinbaren, dass die Lohnzahlung per Scheck erfolgt und nicht auf das angegebene Konto des Arbeitnehmers. Da es sich beim Arbeitsrecht um Arbeitnehmerschutzrecht handelt, kann man im Zweifel regelmäßig davon ausgehen, dass sich der Arbeitnehmer auf die für ihn günstigere Vorschrift berufen kann.
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§ 2 Der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff 2
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Bevor im nächsten Kapitel auf die inhaltliche Ausgestaltung und Begründung des Arbeitsverhältnisses eingegangen wird und damit auf die Anwendung von zivilrechtlichen Vorschriften, ist es für den „beratenden“ und sich mit den Problemen des Arbeitsrechts beschäftigenden Steuerberater von besonderer Bedeutung, dass ein Arbeitsvertrag auch erhebliche steuerrechtliche Folgen nach sich zieht. Es wird in diesem Zusammenhang an das für den Arbeitgeber zu beachtende Lohnsteuerabzugsverfahren erinnert. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber Lohnsteuer abführen muss, ist unmittelbar an die Arbeitnehmerstellung des betroffenen Arbeitnehmers geknüpft. Der Steuerberater muss daher prüfen, ob es sich bei der beschäftigten Person um einen Arbeitnehmer im steuerrechtlichen Sinne handelt. Den steuerrechtlichen Arbeitnehmerbegriff definiert § 1 Abs. 1 LStDV. Danach sind Arbeitnehmer „Personen, die im öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn erhalten“. Es muss also vorrangig geprüft werden, ob ein Dienstverhältnis im steuerrechtlichen Sinne vorliegt. Die Frage, ob es sich bei einer beschäftigten Person um einen Arbeitnehmer handelt, kann anhand eines Kataloges von Abgrenzungskriterien geprüft werden, den das Bundesarbeitsgericht aufgestellt hat, der jedoch nicht als abschließende Regelung anzusehen ist.
I. 3
Es muss eine Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag, der eine besondere Form des Dienstvertrages gemäß § 611 BGB darstellt und Werkvertrag gemäß § 631 BGB vorgenommen werden. Der Arbeitnehmer wird gewöhnlich nicht deswegen beschäftigt, dass er einen bestimmten Erfolg bzw. ein bestimmtes Werk erstellt, sondern er schuldet nur seine Arbeitskraft. Deswegen handelt es sich nicht um einen Werkvertrag gemäß § 631 BGB. Dies würde im Übrigen dazu führen, dass der Arbeitnehmer immer erst dann eine Vergütung erhält, wenn der Arbeitgeber die erbrachte Leistung „abgenommen“ hat (§§ 640, 641 BGB). Sofern der Arbeitgeber mit der erbrachten Tagesleistung nicht einverstanden ist, könnte er die Vergütung verweigern.
II. 4
Schulden der Arbeitskraft
Weisungsgebundenheit
Nach Auffassung des Verfassers ist das Kriterium der Weisungsgebundenheit das mit Abstand wichtigste Abgrenzungskriterium zwischen Arbeitnehmereigenschaft und freier Mitarbeit. Dem Arbeitgeber steht das so genannte Direktionsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB zu und der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer vorschreiben, wann, wie und an welchem Ort und vor allen Dingen in welcher Art und Weise der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung, die zwischen ihm und dem Arbeitgeber vereinbart worden ist, zu erbringen hat. Der Umfang der Weisungsgebundenheit ergibt sich also zum einen aus den Vereinbarungen, die im Arbeitsvertrag geregelt sind und zum anderen aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers.
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2 ! Praxishinweis: In Lehrbüchern und in der Rechtsprechung wird immer ausdrücklich betont, dass man einzelnen Kriterien keine besondere Bedeutung zumessen solle, sondern jedes Kriterium solle gleich gewichtet und keines besonders hervorgehoben werden.
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In der Praxis – auch bei den Arbeitsgerichten – ist es jedoch so, dass niemals von einer Arbeitnehmereigenschaft auszugehen ist, wenn das Kriterium der Weisungsgebundenheit fehlt. Sollte es also am Prüfungspunkt „weisungsgebunden“ fehlen, handelt es sich bei der betreffenden Person dagegen nicht um einen Arbeitnehmer, weder im steuerrechtlichen noch im allgemein arbeitsrechtlichen Sinne.
III.
Feste Arbeitszeiten
Für die Abgrenzung zwischen einem Dienstverhältnis, also dem Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft und dem Kriterium für freie Mitarbeit, ist es ebenfalls von besonderer Bedeutung, dass der Aspekt der festen Arbeitszeiten berücksichtigt wird. Sofern der Arbeitnehmer an feste Arbeitszeiten gebunden ist, spricht dies im Regelfall dafür, dass er sich die Arbeitszeit gerade nicht selber einteilen kann, und es sich daher um einen Arbeitnehmer handelt. Auch die Möglichkeit, seine Arbeitszeit flexibel zu gestalten oder gegebenenfalls auf das Modell der Gleitzeit zurückzugreifen, stellt ein Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft dar. Der Rahmen wird nämlich auch bei diesen Modellen grundsätzlich vom Arbeitgeber vorgegeben.
IV.
Eingliederung in den Betrieb
Hat der Arbeitnehmer einen festen Platz in der Organisation des Betriebes, kann von seiner Arbeitnehmereigenschaft ausgegangen werden. Die Eingliederung in den Betrieb ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass der betreffende Arbeitnehmer in die täglichen betrieblichen Abläufe in einer ganz bestimmten Funktion fest eingebunden ist, sei es durch eine Tätigkeit an Maschinen, so dass andere Mitarbeiter auf ihn angewiesen sind oder aber im kaufmännischen Bereich (Tätigkeit im Büro). Werden die Produktionsmittel bzw. Arbeitsmittel, die der Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner täglichen Arbeitsleistung benötigt, vom Arbeitgeber gestellt, gilt dies ebenfalls als Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft.
V.
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Regelmäßige Bezüge/Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall
Im Unterschied zum Selbstständigen, der auf die jeweilige konjunkturelle Lage und das Auftragsvolumen angewiesen ist, ändert sich im Regelfall die monatliche Vergütung des Arbeitnehmers entweder gar nicht oder nur geringfügig. Mindestens ist aber ein Grundgehalt vorgesehen, was der Arbeitnehmer jeden Monat erhält. Hinzu kommen natürlich variable Faktoren wie Gratifikationen, Prämien oder Überstundenvergütung.
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§2
Der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff
Sofern der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, besteht nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) die Verpflichtung des Arbeitgebers, für einen Zeitraum von 6 Wochen (42 Tage) den vereinbarten Lohn an den Arbeitnehmer weiter zu zahlen. Wenn dieses Kriterium bzw. diese Tatsache wegfällt, kann daraus ziemlich sicher geschlossen werden, dass es sich nicht um einen Arbeitnehmer handelt. Denn ein freier Mitarbeiter erhält lediglich dann eine Vergütung, wenn er auch tatsächlich für den Auftraggeber (Dienstherrn, nicht Arbeitgeber!) tätig ist bzw. war.
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VI. 8
Eines der wichtigsten Kriterien für die Arbeitnehmereigenschaft ist, dass der Arbeitnehmer eine so genannte nichtselbstständige Tätigkeit ausübt und dem Arbeitgeber den vollen Einsatz seiner Arbeitskraft schuldet. Im Gegensatz dazu ist es für einen selbstständigen Unternehmer so, dass er zwar auf die Mitarbeit seiner Arbeitnehmer angewiesen ist, jedoch die erforderlichen Produktionsmittel bzw. Arbeitsmittel selber stellt. Er trägt also das unternehmerische Risiko. Sollte dieses Indiz hervorstechen, ist an einer Arbeitnehmereigenschaft stark zu zweifeln. Im Hinblick auf den ersten Punkt ist diesbezüglich auch zu sagen, dass es oft so ist, dass gerade der Selbstständige bzw. Unternehmer einen Werkvertrag im Sinne von § 631 BGB mit seinen Kunden abschließt und er seine Vergütung erst dann verlangen kann, wenn es zur Abnahme gekommen ist. Im Gegensatz dazu erhält der Arbeitnehmer seine Vergütung auch dann, wenn die Arbeitsleistung „einmal nicht den gewünschten Erfolg“ erbracht hat, also auch bei Schlechtleistung.
VII. 9
Unternehmerrisiko
Problematik der Scheinselbstständigkeit
Oft arbeiten freie Mitarbeiter nur für einen Dienstherren bzw. einen Arbeitgeber und in diesen Fällen taucht das Problem der Scheinselbstständigkeit auf. Sofern ein freier Mitarbeiter nämlich lediglich für einen Auftraggeber arbeitet, handelt es sich möglicherweise um einen so genannten Scheinselbstständigen. In diesen Fällen muss unter Berücksichtigung aller zuvor aufgeführten Punkte geprüft werden, ob es sich nicht doch um ein Angestelltenverhältnis handelt. Es muss also anhand einer Gesamtbetrachtung geprüft werden, ob nicht ein verstecktes Arbeitsverhältnis vorliegt. ! Praxishinweis: Für die steuerrechtliche Beurteilung ist es unerheblich, ob die Parteien in einem schriftlichen Vertrag ausdrücklich eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter vereinbart haben. Denn es kommt im Zweifel nicht auf den Wortlaut an, den man in einem Vertrag verwendet hat, sondern es kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts immer nur darauf an, welche Tätigkeit man tatsächlich ausgeübt hat.
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Im Hinblick auf den steuerrechtlichen Arbeitgeberbegriff ist zu sagen, dass dieser gesetzlich nicht definiert ist. Arbeitgeber ist jede natürliche oder juristische Person, die einen Arbeitnehmer beschäftigt. Bei einer Personengesellschaft sind beispielsweise neben der Gesellschaft auch die persönlich haftenden Gesellschafter Arbeitgeber, bei einer GmbH & Co. KG auch die Komplementär-GmbH. Die Rechtsprechung hat genau die umgekehrte Definition für den Arbeitnehmerbegriff gewählt. Arbeitgeber ist im steuerrechtlichen Sinne derjenige, dem der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft schuldet, unter dessen Weisung er steht und in dessen Organismus er eingebunden ist. 22
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§ 3 Begründung und notwendiger Inhalt des Arbeitsvertrages A.
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Entstehung des Arbeitsverhältnisses
Für das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages ist es erforderlich, dass beide Vertragsparteien zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgeben. Es handelt sich dabei um den Antrag (Angebot) und die Annahme gemäß den §§ 145 ff. BGB. Eine entsprechende Einigung wird immer dann erzielt, wenn sich die Parteien über die wesentlichen Vertragsbestandteile geeinigt haben. Hierzu zählt insbesondere die zu verrichtende Tätigkeit des Arbeitnehmers und im Regelfall auch die vom Arbeitgeber zu gewährende Vergütung. Die Vergütung ist jedoch kein notwendiger Vertragsbestandteil, was sich aus § 612 BGB ergibt. Hiernach soll eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gelten, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Sofern es gemäß § 612 Abs. 2 BGB keine entsprechenden Verordnungen oder Gesetze wie beispielsweise das RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz), die GoÄ (Gebührenordnung für Ärzte) usw. gibt, gilt eine angemessene ortsübliche Vergütung als vereinbart. Weitere Voraussetzung ist, dass beide Vertragspartner geschäftsfähig sind. Gibt ein Geschäftsunfähiger eine Willenserklärung ab, die auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages gerichtet ist, so ist diese gemäß § 105 BGB nichtig. Darüber hinaus kann es sein, dass es zwar zwei übereinstimmende Willenserklärungen gibt, der geschlossene Vertrag jedoch gemäß § 134 BGB nichtig ist, da er einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot darstellt. Hierbei ist insbesondere an die Problematik der Schwarzarbeit zu denken. Außerdem kann es sein, dass die beiden Vertragsparteien zwar einen Vertrag geschlossen haben, jedoch für den Arbeitgeber ein gesetzlich normiertes Beschäftigungsverbot besteht. Dies ist beispielsweise dann gegeben, wenn ein Krankenhaus eine Medizinisch Technische Assistentin anstellt, die schwanger ist und in der Röntgenabteilung arbeiten soll. Hier sieht die Röntgenverordnung ein absolutes Beschäftigungsverbot vor, das den Arbeitgeber daran hindert, die Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen. Anderenfalls würde er sich schadensersatzpflichtig machen. Grundsätzlich besteht für den Abschluss eines Arbeitsvertrages keinerlei Schriftformerfordernis. Der Vertrag kann auch mündlich oder aber durch konkludentes (schlüssiges) Verhalten bzw. Handeln zustande kommen. Es gibt jedoch einzelne Bestimmungen in Arbeitsverträgen, die in jedem Fall einer Schriftform bedürfen. So sieht beispielsweise § 14 Abs. 4 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) für eine Befristung die Schriftform vor. Auch ein nachträgliches Wettbewerbsverbot bedarf nach § 74 HGB der Schriftform.
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§3
Begründung und notwendiger Inhalt des Arbeitsvertrages
! Praxishinweis: Sofern sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Schriftform des Arbeitsvertrages entschieden haben, ist es in jedem Fall sinnvoll, am Ende des Vertrages unter der Überschrift „Schlussbestimmungen“ oder „Salvatorische Klausel“ eine Formulierung zu wählen, aus der hervorgeht, dass bei Nichtigkeit oder Unwirksamkeit einer Bestimmung die übrigen Bestimmungen des Vertrages im Zweifel bestehen bleiben sollen. Denn § 139 BGB bestimmt, dass bei Nichtigkeit eines Teiles eines Rechtsgeschäfts, also einer Bestimmung, im Zweifel der gesamte Vertrag als nichtig anzusehen ist. Aus diesem Grunde ist die „Salvatorische Klausel“ „erfunden“ worden, damit die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages sicher sein können, dass der Vertrag im Übrigen Bestand haben soll, falls eine Klausel gegebenenfalls durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts für unwirksam erklärt wird. Eine entsprechende „Salvatorische Klausel“ könnte wie folgt lauten:
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+ Muster für eine „Salvatorische Klausel“ „Salvatorische Klausel (1) Sollte eine Bestimmung des Vertrages unwirksam oder nichtig sein, so bleiben die übrigen Bestimmungen des Vertrages davon unberührt. (2) Anstelle der unwirksamen oder nichtigen Klausel tritt die entsprechende gesetzliche Regelung. (3) Sollte es auch eine solche gesetzliche Regelung nicht geben, tritt an deren Stelle eine Regelung, die dem mutmaßlichen Willen der Parteien bei Vertragsschluss am nächsten kommt.“ 5
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Im Jahr 2006 musste sich das Bundesarbeitsgericht beispielsweise in drei Entscheidungen mit der Wirksamkeit so genannter Ausschlussfristen auseinandersetzen und erklärte diese für unwirksam. In vielen Verträgen aus den 70er, 80er und 90er Jahren waren Ausschlussfristen vereinbart worden, aus denen sich ergab, dass der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. bei Fälligkeit einer Forderung sich innerhalb von 2 Monaten schriftlich an den Arbeitgeber wenden musste und wenn dieser den Anspruch versagt hat, innerhalb einer weiteren Frist von 2 Monaten eine entsprechende Klage einreichen musste. Hierbei handelte es sich um eine so genannte zweistufige Ausschlussfrist. Es gab auch einstufige Ausschlussfristen, nach denen der Arbeitnehmer seine Ansprüche innerhalb von 3 bzw. 4 (Anm.: es gab in Verträgen die unterschiedlichsten Monatsangaben; der Verfasser hat lediglich beispielhaft sehr häufig in Verträgen vorkommende Monatsangaben verwendet) Monaten schriftlich beim Arbeitgeber geltend machen und sodann nach Ablehnung gleich eine entsprechende Klage beim Arbeitsgericht einreichen musste. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Klauseln wegen der Benachteiligung der Arbeitnehmer nach den Vorschriften über die Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 bis 310 BGB) für unwirksam erklärt, da es sich um eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer gem. § 307 Abs. 1 BGB handelt. Nach den Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts ist es nunmehr so, dass wohl im Hinblick auf eine zweistufige Ausschlussfrist es für wirksam gehalten werden kann, wenn man dem Arbeitnehmer 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. nach Fälligkeit einer Forderung Zeit gibt, sich schriftlich beim Arbeitgeber zu melden und seine Forderung anzumelden und man ihm sodann noch weitere 3 Monate gibt, um seinen Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Sofern der Arbeitgeber bei Abschluss eines Arbeitsvertrages gemäß § 123 BGB arglistig getäuscht worden ist (der Arbeitnehmer verschweigt dem Handwerksmeister, dass er einen doppelten Bandscheibenvorfall hatte) oder aber sich die Parteien bei Abschluss eines Arbeitsvertrages gemäß § 119 BGB in einen Erklärungs- oder Inhaltsirrtum befunden haben, geht man, nachdem die Anfechtung erklärt worden ist und das Arbeitsverhältnis gemäß § 142 BGB für nichtig erklärt 24
B.
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Inhalt des Arbeitsvertrages
worden ist, jedenfalls von einem so genannten faktischem Arbeitsverhältnis aus. Die Rechtsfolge des § 142 BGB ist zwar, dass der geschlossene Vertrag bei wirksamer Anfechtung als von Anfang an nichtig zu anzusehen ist. Da es jedoch im Arbeitsrecht keine Rückabwicklung der bisher ausgetauschten Leistungen gibt, zählt im Arbeitsrecht die Wirkung der Anfechtung gemäß § 142 BGB nur für die Zukunft und zwar ab dem Zeitpunkt der erklärten Anfechtung. Dies bedeutet aber, dass in den Zeiten zuvor wenigstens ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden hat. Es gelten sodann die gesetzlichen Bestimmungen für Kündigungen gem. §§ 622 ff. BGB und für die Vergütung – wie bereits gesagt – § 612 BGB.
B.
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Inhalt des Arbeitsvertrages
Wie bereits ausgeführt, bedarf ein Arbeitsvertrag zu seiner Wirksamkeit grundsätzlich keiner bestimmten Form. Der Arbeitsvertrag kann mündlich, schriftlich oder durch konkludentes Handeln bzw. durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden. Sofern die Parteien keinen Arbeitsvertrag geschlossen haben und das Arbeitsverhältnis durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme in jedem Fall entstanden ist, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch nach dem Nachweisgesetz (NachwG), dass der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich niederlegt und das entsprechende Schriftstück dem Arbeitnehmer aushändigt. An dieses Schriftstück sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG gewisse Mindestanforderungen gestellt. Folgende Punkte müssen in dem Schriftstück aufgenommen werden: ■ Vertragsparteien ■ Beginn des Arbeitsverhältnisses ■ Bei befristeten Arbeitsverhältnissen: Dauer der Befristung ■ Arbeitsort ■ Tätigkeitsbeschreibung ■ Arbeitsentgelt ■ Arbeitszeit ■ Urlaubsdauer ■ Kündigungsfristen und sofern vorhanden bzw. gewünscht ■ Hinweis auf Kollektivvereinbarungen wie Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag Sofern sich die eben genannten wesentlichen Vertragsbedingungen ändern, sind dem Arbeitnehmer gemäß § 3 NachwG diese spätestens einen Monat nach der Veränderung schriftlich mitzuteilen. Das NachwG hat jedoch den entscheidenden Nachteil, dass es keine Sanktionen gegenüber dem Arbeitgeber auferlegt, wenn dieser seiner Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein entsprechendes Schriftstück auszustellen, nicht nachkommt. Auf die Wirksamkeit des Vertrages hat es ebenfalls keine Auswirkung, da mindestens ein faktisches Arbeitsverhältnis besteht und die gesetzlichen Vorschriften in jedem Fall zur Anwendung kommen. Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben sich dementsprechend nur, wenn beispielsweise eine viel höhere Vergütung vereinbart worden ist, als es gemäß § 612 BGB ortsüblich und angemessen ist. Hier kann sich der Arbeitnehmer nach spätestens vier Monaten aber auf den Grundsatz der „betrieblichen Übung“ berufen, da der 25
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§3
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Begründung und notwendiger Inhalt des Arbeitsvertrages
Arbeitgeber mindestens 3mal hintereinander vorbehaltlos den entsprechenden Lohn gezahlt hat, so dass der Arbeitnehmer darauf vertrauen kann, dass er auch zukünftig den bisher ausgezahlten Lohn bekommt. Sofern der Arbeitgeber gerne möchte, dass in einem Arbeitsvertrag die Geltung eines bestimmten Tarifvertrages vereinbart sein soll und er versäumt es, dies schriftlich im Vertrag zu fixieren, wäre es für den Arbeitgeber nachteilig, denn bei Nichtvereinbarung der entsprechenden Anwendung eines Tarifvertrages gelten die gesetzlichen Vorschriften des BGB. ! Praxishinweis: Nach den Erfahrungen des Verfassers ist es im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweispflicht des Arbeitgebers, wenn er sich auf einschlägige Vorschriften des Arbeitsvertrages beruft, notwendig, dass er mindestens den Anforderungen des NachweisG genügt und eine entsprechende Niederschrift dem Arbeitnehmer aushändigt. Idealerweise haben die Parteien einen Arbeitsvertrag geschlossen, den auch beide unterschrieben haben. + Praxishinweis: Muster einer Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen gemäß § 2 Abs. 1 NachwG: 1. Vertragsparteien Das Arbeitsverhältnis besteht zwischen (vollständiger Name und Gesellschaftsform des Arbeitgebers sowie vollständige Anschrift) und (vollständiger Name und Anschrift des Arbeitnehmers). 2. Beginn des Arbeitsverhältnisses Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beginnt am ……………………. und ist auf unbefristete Zeit geschlossen worden. Die Parteien haben eine Probezeit von 6 Monaten vereinbart. (Sofern ein befristetes Arbeitsverhältnis geschlossen wird, muss der Beginn des Arbeitsverhältnisses und die voraussichtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich festgehalten werden.) 3. Arbeitsort Der Arbeitnehmer wird in (Ort des Hauptsitzes oder Ort der Niederlassung) beschäftigt. 4. Tätigkeitsbeschreibung Der Arbeitnehmer wird als ……………………. (genaue Berufsbezeichnung wie z.B. Bilanzbuchhalter) beschäftigt. Sein Tätigkeitsbereich erstreckt sich insbesondere auf folgende Tätigkeiten: – …………………….. – …………………….. – …………………….. 5. Arbeitsentgelt Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit vom Arbeitgeber einen Betrag in Höhe von ………………. € monatlich. Das vereinbarte Gehalt wird jeweils zum 3. Werktag des Folgemonats auf das Konto des Arbeitnehmers bei der ……………………. überwiesen.
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B.
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Inhalt des Arbeitsvertrages
6. Arbeitszeit Die durchschnittlich zu leistende Arbeitszeit beträgt 40 Stunden in der Woche. 7. Urlaubsdauer Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Erholungsurlaub in Höhe von 24 (Mindesturlaub; bitte in diesem Zusammenhang den tariflichen Urlaub berücksichtigen!!) Werktagen. 8. Kündigungsfristen Im Hinblick auf die Beendigung bzw. Kündigung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren die Parteien, dass für beide Seiten die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB gelten. (Sofern der Arbeitgeber möchte, dass auf bestimmte Dienst- oder Betriebsvereinbarungen sowie auf verschiedene Tarifverträge Bezug genommen wird, müsste er dies ebenfalls in einem gesonderten Punkt vereinbaren) Ort, den ………………….
Ort, den ………………….
…………………………………… Arbeitgeber
…………………………………… Arbeitnehmer
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§ 4 Recht der Befristung A. 1
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Die Möglichkeit des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer befristete Arbeitsverträge abzuschließen, richtet sich nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Gemäß § 3 Abs. 1 TzBfG gilt ein Arbeitnehmer als befristet beschäftigt, wenn er auf Grund eines auf bestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrages tätig ist. Eine Befristung liegt sowohl vor, wenn die Dauer des Vertrages kalendermäßig bestimmt ist (Zeitbefristung) oder sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (Zweckbefristung). Sofern eine so genannte Zweckbefristung vorliegt, handelt es sich bei den abgeschlossenen Verträgen im Regelfall gemäß § 21 TzBfG um auflösend bedingte Arbeitsverträge. Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag im Sinne von § 15 Abs. 2 TzBfG liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 2 TzBfG vor, wenn sich die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung entnehmen lässt. Daraus folgt, dass Zweckbefristungen nur bei Verträgen mit Sachgrund möglich sind. Außerdem ist die Zweckbefristung nur dann zulässig, wenn der Zeitpunkt der Zweckerfüllung für den betroffenen Arbeitnehmer voraussehbar ist und in einer überschaubaren Zeit liegt. Im Hinblick auf eine spätere gerichtliche Überprüfung muss also gewährleistet sein, dass die in dem Vertrag genannte Zweckerreichung auch zu einem späteren Zeitpunkt noch objektiv bestimmbar ist und vom Gericht überprüfbar sein muss. Wenn der Arbeitgeber glaubt, dass die Zweckerreichung lediglich für ihn erkennbar ist, für den Arbeitnehmer jedoch nicht, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hinweisen. Da bei einer vereinbarten Zeitbefristung das Arbeitsverhältnis mit einer kalendermäßig bestimmten Frist endet und bei einer Zweckbefristung das Arbeitsverhältnis mit einem bestimmten Ereignis enden soll, ist es auch zulässig, in dem Arbeitsvertrag eine kombinierte Zeit- und Zweckbefristung zu vereinbaren. Das TzBfG enthält keine Einschränkungen hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereiches. Daher gilt es für sämtliche Arbeitnehmer eines Betriebes. Es können befristete Arbeitsverhältnisse sowohl mit Teilzeit- als auch mit Vollzeitbeschäftigten abgeschlossen werden. Auch leitende Angestellte können einen befristeten Arbeitsvertrag abschließen, auch wenn mit ihnen im Anstellungsvertrag regelmäßig im Vorfeld eine finanzielle Entschädigung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde oder vorgesehen ist. Die Wirksamkeit einer Befristung richtet sich ausschließlich nach den Umständen, die bei Vertragsschluss für beide Parteien gegeben waren bzw. erkennbar waren. Etwaig später eintretende Ereignisse haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Befristung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Es kommt also entscheidend auf den Zeitpunkt an, an dem zwei übereinstimmende Willenserklärung zum Abschluss des Arbeitsvertrages geführt haben.
B. 5
Allgemeines
Befristung ohne sachlichen Grund
Sofern der Arbeitgeber kein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer abschließen will, soll es bei Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses wenigstens so sein, dass der 28
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Befristung ohne sachlichen Grund
Arbeitgeber einen Sachgrund angibt, weshalb er den Vertrag nur befristet eingehen will. Die Befristung ohne Sachgrund soll auch nach den Motiven des Gesetzgebers die Ausnahme bilden. In § 14 Abs. 2 und 2 a TzBfG wird die Möglichkeit eingeräumt, Arbeitsverhältnisse ohne sachlichen Grund zu befristen. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne sachlichen Grund bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig. Unter einer kalendermäßigen Befristung versteht man eine Befristung, wenn sie kalendermäßig bestimmbar bzw. durch die Angabe eines bestimmten Beendigungstermins bestimmbar ist. Die bereits oben erwähnten Befristungen der Arbeitsverträge mit einer auflösenden Bedingung können nicht nach § 14 Abs. 2 TzBfG abgeschlossen werden, da in diesen Fällen durch den Zweck oder durch die auflösende Bedingung der Beendigungstatbestand gekennzeichnet ist. Innerhalb der Gesamtdauer von 2 Jahren ist eine dreimalige Verlängerung des befristeten Vertrages zulässig, ohne dass der Arbeitgeber einen rechtfertigenden Grund für die Befristung haben bzw. angeben muss.
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! Praxishinweis: Dies bedeutet, dass innerhalb von 2 Jahren insgesamt viermal hintereinander ein Arbeitsvertrag mit jeweils einer Dauer von 6 Monaten abgeschlossen werden kann. Die Befristung ohne sachlichen Grund mit einer dreimaligen Verlängerungsmöglichkeit (der erste – ursprüngliche – befristete Arbeitsvertrag wird quasi nicht mitgerechnet) ist jedoch nur dann zulässig, wenn es sich bei dem betreffenden Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmerin um eine so genannte Neueinstellung handelt. Es sind demnach sämtliche Arbeitnehmer für eine Befristung ohne Sachgrund ausgeschlossen, die irgendwann einmal zu dem selben Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben. Eine Befristung ohne Sachgrund ist beispielsweise möglich bei: Praktika ■ Leiharbeitsverhältnissen ■ Beschäftigungen im Rahmen des freiwilligen sozialen Jahres sowie ■ Eingliederungsverhältnissen im Sinne der §§ 239 ff. SGB III ■
Dies bedeutet in der Praxis, dass eine sachgrundlose Befristung im Anschluss an eine Befristung mit sachlichem Grund beim selben Arbeitgeber ausgeschlossen und somit unwirksam ist. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was der Gesetzgeber unter dem selben Arbeitgeber versteht. Denn für die Unwirksamkeit eines befristeten Arbeitsvertrages, wenn zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber bestanden hat, kommt es entscheidend darauf an, mit welchem Arbeitgeber der Arbeitnehmer einen entsprechenden Vertrag abschließt. Es ist also (ausnahmsweise) nicht die tatsächliche Eingliederung in den jeweiligen Betrieb ausschlaggebend, sondern die individualrechtliche bzw. zivilrechtliche Bindung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sofern der Arbeitnehmer in unterschiedlichen Unternehmen eines Konzerns oder abwechselnd von einem Konzern und dessen 100 %-igen Tochterfirma beschäftigt wird, könnte der Arbeitgeber auf die Idee kommen, jedes Mal eine Befristung ohne Sachgrund abzuschließen, da es sich ja jeweils um einen neuen Arbeitgeber handelt. Sofern der Arbeitnehmer bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung eine solche „Vorgehensweise des Arbeitgebers“ darlegen und beweisen könnte, würde ein rechtsmissbräuchlicher Umgehungstatbestand vorliegen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass mehrere tatsächlich miteinander verbundene Arbeitgeber bewusst und gewollt zum Nachteil des Arbeitnehmers 29
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§4
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Recht der Befristung
zusammengewirkt haben und jeweils abwechselnd mit einem anderen Arbeitgeber ein befristeter Vertrag ohne Sachgrund geschlossen wurde. Dies würde bedeuten, dass mit dem Arbeitnehmer bei einem größeren Konzern mit unterschiedlichen Unternehmen und Betrieben eine Vielzahl befristeter Verträge ohne Sachgrund abgeschlossen werden könnte, ohne dass der Arbeitnehmer sich auf die Einrede berufen kann, dass er schon einmal vorher beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesen ist und er nunmehr kein befristetes Arbeitsverhältnis hat, sondern in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht. Gleiches gilt sinngemäß auch für Arbeitsverhältnisse, die gemäß § 613 a BGB im Rahmen eines Betriebsübergangs auf einen neuen Betriebsinhaber übergehen. Hier liegt kein Arbeitgeberwechsel im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG vor, da das Arbeitsverhältnis durch den Betriebsinhaberwechsel gemäß § 613 a auf den neuen Arbeitgeber automatisch kraft Gesetzes übergegangen ist. War jedoch der Arbeitnehmer bei einem Unternehmen beschäftigt, das durch Verschmelzung untergegangen ist und wird nun ein befristeter Arbeitsvertrag ohne Sachgrund von einem neu gebildeten Rechtsträger abgeschlossen, so ist dieser wirksam, da es sich tatsächlich um einen neuen Arbeitgeber im rechtlichen und tatsächlichen Sinne handelt. Die Verlängerung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG hat als Voraussetzung, dass zwischen den einzelnen verlängerten Arbeitsverhältnissen keine Unterbrechung stattgefunden hat. Das zunächst befristete Arbeitsverhältnis wird über den vereinbarten Endtermin bis zu dem neu vereinbarten Endtermin fortgesetzt. Es darf zu keinem Zeitpunkt – auch nicht zu einer kurzfristigen – Unterbrechung kommen. ! Praxishinweis: Beim Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen kann eigentlich nur der Arbeitgeber Fehler machen. Sofern der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, von dem zunächst beide Parteien davon ausgegangen sind, dass eine wirksame Befristung vereinbart worden ist, kann dies für den Arbeitnehmer bei einer entsprechenden Überprüfung des Vertrages nur dazu führen, dass entweder die Befristung tatsächlich wirksam war oder er auf Grund einer unwirksamen Befristung nunmehr in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber steht. Aus diesem Grunde ist es nach Auffassung des Verfassers zwingend erforderlich, dass die Arbeitgeber darauf hingewiesen werden, dass die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses unbedingt vor dem Ablauf des zu verlängernden Vertrages schriftlich vereinbart wird. Dies bedeutet, dass die wesentlichen Arbeitsbedingungen im Falle einer Verlängerung beizubehalten sind und dass beispielsweise bei einer Beendigung zum 15.04.2007 und einer geplanten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses der neue Arbeitsvertrag schriftlich in jedem Fall vor dem 15.04.2007 unterschrieben werden muss, also beispielsweise am 10.04.2007.
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Ist dies nicht der Fall und wird der neue (verlängerte) Arbeitsvertrag erst am 20.04.2007 unterschrieben, so liegt eine unwirksame Befristung vor und der Arbeitnehmer steht in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Eine Kündigung wird im Regelfall durch den Arbeitgeber nicht ohne Weiteres möglich sein, da der Arbeitnehmer gegebenenfalls bereits länger als 6 Monate im Betrieb beschäftigt ist und der Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter hat, so dass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auf dieses Arbeitsverhältnis bei einer Kündigung Anwendung findet. Problematisch wird es zum Beispiel, wenn ein Auszubildender nach bestandener Prüfung von dem Ausbilder, also dem neuen Arbeitgeber, übernommen werden soll. Sofern der Ausbilder zu dem Auszubildenden sagt, dass er nach bestandener Abschlussprüfung gleich am nächsten Tage wieder anfangen könne zu arbeiten, jedoch zunächst eine Befristung von einem Jahr ausgehan30
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Befristung ohne sachlichen Grund
delt werden soll und der Arbeitgeber fixiert dies schriftlich nicht vor Arbeitsaufnahme, steht der Arbeitnehmer (ehemals Auszubildender) in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Exkurs I: Befristung ohne Sachgrund bei Neugründung eines Unternehmens Für neu gegründete Unternehmen besteht seit dem 01.01.2004 gemäß § 14 Abs. 2 a TzBfG die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung für eine Gesamtdauer von 4 Jahren. Die Intention des Gesetzgebers ist, neu gegründeten Unternehmen in der gemeinhin schwierigen Anfangsphase den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen ohne Sachgrund zu erleichtern, ohne dass diese spätestens nach einem halben Jahr in die Bedrängnis kommen, sich bei einer Lösung des Arbeitsverhältnisses nach dem KSchG richten zu müssen. In diesem Zusammenhang ist fraglich, was man unter einem neu zu gründenden Unternehmen versteht. Als Zeitpunkt der Gründung für ein Unternehmen gilt die Aufnahme einer nach § 138 AO mitteilungspflichtigen Erwerbstätigkeit. Diesbezüglich kommt es entscheidend darauf an, dass die Erwerbstätigkeit auch aufgenommen wurde. Der Zeitpunkt der Mitteilung an das Finanzamt ist nicht maßgebend. Unter Neugründung versteht man jedoch nicht die so genannte „Neugründung“ im Zusammenhang mit Umstrukturierungsmaßnahmen von Unternehmen. Es kommt bei der Prüfung maßgeblich darauf an, inwieweit die einzelnen Unternehmen im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Beteiligung ausgestaltet sind. Eine Neugründung liegt beispielsweise auch nicht vor bei einem Betriebsübergang, da die Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf den neuen Arbeitgeber übergegangen sind und es sich lediglich um die Fortführung eines bereits bestehenden Unternehmens handelt. Es besteht die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung für die Dauer von insgesamt 4 Jahre. Dies bedeutet, dass eine sachgrundlose und mehrfache Befristung bis zu einer Dauer von insgesamt 4 Jahren nicht nur im Zeitpunkt der Unternehmensneugründung oder kurz danach möglich ist, sondern bis zu dem Zeitpunkt, in welchem das Unternehmen 4 Jahre alt wird, so dass sie bis in das 8. Jahr des Unternehmens hineinreichen kann. Zweckbefristungen oder geschlossene Arbeitsverträge unter einer auflösenden Bedingung können nicht unter die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 a TzBfG subsumiert werden. Die eben genannte Möglichkeit der Verlängerung von bis zu 4 Jahren auch noch im 4. Jahr nach Neugründung beschränkt sich lediglich auf die kalendermäßige Befristung.
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Exkurs II: Sachgrundlose Befristung für ältere Arbeitnehmer § 14 Abs. 3 TzBfG enthält eine Möglichkeit, mit älteren Menschen befristete Arbeitsverträge abzuschließen. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von 5 Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat. Weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens 4 Monate beschäftigungslos im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen ist. Als weitere Voraussetzung gilt, wenn der Arbeitnehmer zuvor Transferkurzarbeitergeld bezogen hat oder an einer öffentlichen Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II oder SGB III teilgenommen hat. Bis zur Gesamtdauer von 5 Jahren sieht die Neuregelung in § 14 Abs. 3 auch vor, dass eine mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig ist. Eine wirksame Befristung nach dieser Vorschrift setzt ein Mindestalter von 52 Jahren voraus. Dabei ist zu beachten, dass das Mindestalter nicht bereits bei Abschluss des Vertrages gegeben sein muss, sondern erst zum Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses vollendet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das 52. Lebensjahr mit dem 52. Geburtstag vollendet ist, da sich der Arbeitnehmer nach dem 52. Geburtstag bereits im 53. Lebensjahr befindet. Ein weiteres Problem, welches auf den Arbeitgeber zukommen kann, ist, dass er zu berücksichtigen hat, dass der Arbeitnehmer, der unter diese Regelung fällt, vorher mindestens 4 Monate beschäftigungslos gewesen sein muss. Die Beschäftigungslosigkeit richtet sich nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III und ist nicht gleichzusetzen mit einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Denn es kann sehr gut sein, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch besteht, jedoch der betreffende Arbeitnehmer beschäftigungslos im Sinne der eben genannten Vorschrift ist. Das Beschäftigungsverhältnis endet im Gegensatz zum Arbeitsverhältnis schon dann, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr arbeitsbereit ist und das Direktionsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB (Weisungsrecht) nicht mehr gegeben ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der ehemalige Arbeitgeber den Arbeitnehmer während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens und während der noch laufenden Kündigungsfrist unwiderruflich von
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Recht der Befristung
der Arbeitsleistung freistellt. Gleiches gilt auch, wenn der Arbeitnehmer die geschuldete Leistung aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr erbringen kann. So kann es zum Beispiel sein, dass ein Arbeitnehmer mehr als ein Jahr arbeitsunfähig krank war und das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber besteht die gesamte Zeit fort. Das Arbeitsverhältnis ruht lediglich ohne Austausch von Gegenleistungen. In dem Fall ist der Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigt im Sinne dieser Vorschrift und er könnte unter die Regelung des § 14 Abs. 3 TzBfG fallen, wenn er zusätzlich auch das 52. Lebensjahr bereits erreicht hat. Ein weiterer Grund für die Beschäftigungslosigkeit könnte sein, dass der Arbeitgeber ausdrücklich auf sein Direktionsrecht, das heißt also auf sein Weisungsrecht verzichtet. Damit der Arbeitgeber beim Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages keine Fehler macht, steht ihm ein entsprechendes Fragerecht gegenüber dem Arbeitnehmer zu. Dies kann in einem mündlichen Gespräch geschehen oder aber in einem Personalfragebogen. Dabei ist jedoch die Neuregelung des neuen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu berücksichtigen. Gemäß § 22 AGG soll die Frage eines Arbeitgebers nach dem Alter eines Bewerbers regelmäßig eine unzulässige Benachteiligung des Bewerbers darstellen. Denn das Alter ist eines der in § 1 AGG genannten Merkmale einer Benachteiligung. Dennoch wird es so sein, dass der Arbeitgeber in diesem Fall die Frage nach dem Alter stellen darf, da ihm ein Rechtfertigungsgrund zur Seite steht. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 14 Abs. 3 TzBfG ist nämlich, dass man älteren Arbeitnehmern, die auf dem Arbeitsmarkt sehr geringe Chancen auf eine neue Beschäftigung haben, die Möglichkeit gibt, sich wieder in das Arbeitsleben zu integrieren und trotz des hohen Alters weiter zu arbeiten. Der Gesetzgeber wollte also gerade für Arbeitgeber einen Anreiz schaffen, ältere erfahrene Arbeitnehmer zu beschäftigen und mit ihnen einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, falls die konjunkturelle Lage es nicht zulässt, mit dem Arbeitnehmer einen unbefristeten Vertrag abzuschließen, um zu einem späteren Zeitpunkt womöglich eine hohe Abfindung zu zahlen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Damit der Arbeitgeber sicher sein kann, empfiehlt sich im Rahmen eines Fragebogens folgende Fragen zu formulieren: Sind Sie unmittelbar vor dem heutigen Tage mindestens 4 Monate beschäftigungslos gewesen oder mindestens 4 Monate arbeitslos gewesen? Haben Sie unmittelbar vor dem heutigen Tage mindestens 4 Monate Transferkurzarbeitergeld bezogen? Oder waren Sie in den letzten 4 Monaten an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II oder SGB III beteiligt und haben daran teilgenommen? Da zwischen dem Personalgespräch und der tatsächlichen Aufnahme der Beschäftigung einige Monate liegen können, sollte der Arbeitgeber sicherheitshalber eine klare Erklärung des Arbeitnehmers in den Arbeitsvertrag aufnehmen. Beispielsweise könnte eine entsprechende Formulierung wie folgt lauten: „Der Arbeitnehmer erklärt ausdrücklich, mindestens in den letzten 4 Monaten, die dem Beginn dieses Arbeitsverhältnisses unmittelbar vorausgehen, beschäftigungslos gewesen zu sein, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II oder SGB III teilgenommen zu haben.“
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Sofern der Arbeitnehmer diese Erklärung unterzeichnet und sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass die angegebenen Tatsachen nicht der Wahrheit entsprechen, besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB. Die Wirkung wäre gemäß § 142 BGB, dass der Vertrag von Anfang an nichtig ist. Da es jedoch im Arbeitsverhältnis nicht zu einer Rückabwicklung kommen kann (der Arbeitnehmer kann zwar ratenweise den empfangenen Lohn zurückzahlen, jedoch ist es dem Arbeitgeber objektiv unmöglich, dem Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zurückzugeben!), gilt im Arbeitsrecht die Anfechtung lediglich für die Zukunft ab Ausspruch der Anfechtung. 32
C.
C.
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Befristung mit Sachgrund
Befristung mit Sachgrund
Wie bereits ausgeführt, soll die Befristung ohne Sachgrund eine absolute Ausnahme darstellen und die Befristung mit sachlichem Grund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG soll eigentlich die Regel darstellen. Die Befristung mit Sachgrund stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, den das Gesetz in Form von Regelbeispielen konkretisiert. Durch die Formulierung des Gesetzgebers „insbesondere“ hat der Gesetzgeber dabei zu verstehen gegeben, dass es sich lediglich um Regelbeispiele handelt und dass es darüber hinaus noch andere Sachgründe geben kann, um ein Arbeitsverhältnis befristen zu können (dazu später mehr). Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG genannten sachlichen Gründe sind als so genannte Regelbeispiele anerkannt, die sich auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und die dort erarbeiteten Grundsätze beziehen. In § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG werden folgende sachliche Gründe benannt:
I.
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Vorübergehender Bedarf (Nr. 1)
Dieser Sachgrund liegt vor, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nur vorübergehend benötigt wird. Im Regelfall ist hierunter ein Aushilfsarbeitsverhältnis zu verstehen, wobei eine Abgrenzung zu dem sachlichen Grund der Vertretung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG) vorzunehmen ist. Bei dem vorübergehenden Bedarf ist es so, dass sich tatsächlich in dem Betrieb vorübergehend ein so genannter Zusatzbedarf bzw. Mehrbedarf ergibt. Es handelt sich um einen vorübergehend benötigten Arbeitskräftebedarf zur Bewältigung zusätzlicher Arbeitsaufgaben oder einen beispielsweise jahreszeitbedingten periodisch wiederkehrenden Arbeitsanfall. Damit sind u.a. Saisonbetriebe gemeint. Gleiches gilt auch für die Erledigung von plötzlich erhaltenen Eilaufträgen, die mit der momentanen Belegschaft nicht bewältigt werden können. Für die Wirksamkeit dieses Sachgrundes ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen konnte, dass der vorübergehende Arbeitskräftebedarf auch tatsächlich zukünftig wegfallen wird.1 Ein Sachgrund liegt jedoch nicht darin, dass der Arbeitgeber aufgrund von gewöhnlichen Konjunkturschwankungen nicht sicher ist, wie die zukünftige Entwicklung seines Unternehmens sein wird und er nicht weiß, wie viele Arbeitskräfte zukünftig benötigt werden. Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall, dass der Arbeitnehmer von vornherein, also zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, zu dem Zweck angestellt worden ist, einen vorübergehenden Bedarf an Arbeitskräften abzudecken, der nicht mit den vorhandenen Arbeitnehmern in dem Betrieb im Rahmen des normalen Betriebsablaufs zu gewährleisten ist. Der beratende Steuerberater sollte den Arbeitgeber im Rahmen eines Informationsgesprächs (der Begriff der Beratung soll vermieden werden!) darauf hinweisen, dass eine Befristung eines Arbeitsvertrages „auf Vorrat“, um sich gegebenenfalls spätere Maßnahmen bzw. Umsetzungsmöglichkeiten offen zu halten, nicht geeignet ist, eine Befristung mit dem Sachgrund Nr. 1 zu rechtfertigen.
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BAG vom 12.09.1996 – 7 AZR 790/95; NZA 1997, 313.
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§4
II. 18
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Tätigkeit im Anschluss an eine Ausbildung oder an ein Studium (Nr. 2)
§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG lässt eine Befristung mit Sachgrund im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium zu, um den Berufsstart für Absolventen eines Studiums oder nunmehr fertig ausgebildete Auszubildende zu erleichtern. Ein die Befristung rechtfertigender Grund besteht aber nur dann, wenn ein Arbeitnehmer im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium befristet beschäftigt wird, um ihm den Übergang an eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern.2 Nach Auffassung des Verfassers kommt dieser Grund relativ selten vor. Zur Anschlussbeschäftigung ist zu sagen, dass diese auch nach Beendigung einer Ausbildung bei einem anderen Arbeitgeber erfolgen kann. Es muss nicht zwingend der gleiche Arbeitgeber (Ausbilder) sei. Voraussetzung für die wirksame Vereinbarung dieses Sachgrundes ist jedoch, dass das Arbeitsverhältnis unmittelbar nach der Ausbildung folgen muss. Sollte es also eine zeitlich Zäsur geben, würde der Sinn und Zweck diese Befristungsgrundes wegfallen, da dieser nur dann wirksam vereinbart wird, wenn sich das Arbeitsverhältnis unmittelbar ohne jegliche Unterbrechung an die Ausbildung bzw. das Studium anknöpft.
III. 19
Recht der Befristung
Vertretung (Nr. 3)
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat seit jeher als Sachgrund die Beschäftigung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers anerkannt. Entgegen dem Sachgrund in § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG wegen eines erhöhten Bedarfes geht es bei dem Sachgrund der Vertretung gerade nicht um die Bewältigung eines vorübergehenden höheren Arbeitsanfalles, sondern darum, dass der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer, der für einen gewissen Zeitraum ausfällt, bereits ein Arbeitsverhältnis hatte und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers alsbald rechnen kann. Es besteht also von vornherein nur ein vorübergehender und begrenzter Bedarf für den Vertretenen. Wie bei anderen Sachgründen auch ist es bei dem Sachgrund der Vertretung eines Arbeitnehmers erforderlich, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Rückkehr des beispielsweise erkrankten Arbeitnehmers zeitlich bestimmbar oder zumindest absehbar ist. Ein Vertretungsfall liegt nach der Gesetzesbegründung vor, wenn durch den zeitweiligen Ausfall eines Arbeitnehmers wegen Krankheit, Beurlaubung, Wehrdienst, Abordnung ins Ausland etc. ein vorübergehender Bedarf für die Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers entsteht. Dabei ist der Begriff des Arbeitnehmers nicht zu eng zu verstehen. Die Vertretung kann beispielsweise auch Teilzeitkräfte betreffen oder einen Beamten. Für die Wirksamkeit des Sachgrundes der Vertretung ist es für den Arbeitgeber nicht erforderlich, dass dieser den genauen Zeitpunkt der Rückkehr des zu vertretenden Arbeitnehmers und damit auch die Dauer des Vertretungsbedarfes kennt. Der Arbeitgeber muss aber bei der Wahl des Sachgrundes der Vertretung aufpassen, denn dieser Sachgrund liegt beispielsweise nicht vor, wenn der Arbeitgeber nach den ihm vorliegenden Informationen und Erkenntnissen erhebliche Zweifel daran haben muss, ob der zu vertretende Arbeit2
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BAG vom 03.10.1984 – 7 AZR 192/83; NZA 1985, 561.
C.
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Befristung mit Sachgrund
nehmer überhaupt an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird. Dies könnte dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist.3 Scheidet der zu vertretende Arbeitnehmer vor Wiederaufnahme der Tätigkeit aus dem Arbeitsverhältnis aus, kann man nicht davon ausgehen, dass das Vertretungsarbeitsverhältnis gleichzeitig beendet ist. Denn durch das endgültige Ausscheiden des zu vertretenden Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis entfällt schließlich nicht der Bedarf an der Arbeitsleistung der Ersatzkraft. Der Sachgrund der Vertretung setzt deshalb immer zwingend voraus, dass der Arbeitgeber mit der Rückkehr des zu vertretenden Arbeitnehmers rechnet. Die Darlegungs- und Beweislast liegt – wie im Befristungsrecht im Übrigen immer!– beim Arbeitgeber.
IV.
Eigenart der Arbeitsleistung (Nr. 4)
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG liegt dieser Sachgrund vor, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt. Dieser sachliche Befristungsgrund bezieht sich insbesondere auf das von der Rechtsprechung aus der Rundfunkfreiheit entwickelte Recht der Rundfunkanstalten, programmgestaltende Mitarbeiter wie Redakteure aus Gründen der Programmplanung lediglich für eine bestimmte Zeit zu beschäftigen. Der Grund für diesen Befristungsgrund dürfte darin liegen, dass im Rahmen der Erfüllung des Programmauftrages der entsprechenden Rundfunkanstalten die Notwendigkeit besteht, das Programm flexibel zu gestalten. Dieser Grund der Eigenart der Arbeitsleistung gilt weiterhin noch für wissenschaftliche Mitarbeiter einer Parlamentsfraktion im Landtag oder Bundestag und für Berufssportler. Auch die Mitarbeit an einem ganz bestimmten Projekt könnte unter diesem Sachgrund subsumiert werden.
V.
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Erprobung (Nr. 5)
Eine Befristung kann gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG auch zur Erprobung des Arbeitnehmers erfolgen. Auch dieser Sachgrund ist seit Längerem durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt. Durch die Berufung auf den Sachgrund der Erprobung ist es dem Arbeitgeber beispielsweise möglich, nicht nur die persönliche Eignung des Arbeitnehmers sondern insbesondere auch die fachliche Eignung des Arbeitnehmers für eine bestimmte für den Arbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit zu erproben bzw. festzustellen. Ein solcher Sachgrund kommt beispielsweise insbesondere dann in Betracht, wenn der betreffende Arbeitnehmer bereits ein Arbeitsverhältnis mit dem selben Arbeitgeber hatte, der Arbeitnehmer aber jetzt in einem anderen Bereich eingesetzt wird, für den eine Erprobung noch nicht stattgefunden hat. Eine Befristung ohne Sachgrund wäre in diesem Fall definitiv nicht möglich, da bereits eine Vorbeschäftigung vorliegt und es sich nicht mehr um eine Neueinstellung des Arbeitnehmers handelt. ! Praxishinweis: Der Sachgrund der Erprobung ist nicht gleichzusetzen mit der Möglichkeit, in einem unbefristeten Arbeitsvertrag eine Probezeit von bis zu 6 Monaten zu vereinbaren. Die Bestimmung einer Probezeit dient in erster Linie zwar auch dazu, die Fähigkeiten und Eignung des Arbeitnehmers zu ergründen, jedoch ist der eigentliche Sinn und Zweck der Probezeit, dass das Arbeitsverhältnis mit einer verkürzten Kündigungsfrist aufgelöst werden kann. Die Kündigungsfrist im Rahmen der Probezeit 3
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BAG vom 21.02.2001 – 7 AZR 200/00; BB 2001, 1479.
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§4
Recht der Befristung
beträgt 2 Wochen für beide Parteien ohne Angabe eines Grundes. Sofern der Arbeitnehmer nämlich länger als 6 Monate beschäftigt ist, würde der Arbeitgeber bei einer geplanten Kündigung nach 8 Monaten gegebenenfalls das Problem haben, dass für das Arbeitsverhältnis das KSchG gilt und der Arbeitgeber sich nur noch auf die 3 anerkannten Kündigungsgründe des Kündigungsschutzgesetzes berufen könnte (dazu ausführlich Kapitel § 8). Außerdem ist im Hinblick auf den Unterschied des Sachgrundes der Erprobung und der Vereinbarung einer bestimmten Probezeit zu beachten, dass das Arbeitsverhältnis bei der Vereinbarung eines Sachgrundes der Erprobung automatisch mit Ablauf der genannten Frist endet und es bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis bei Vereinbarung einer Probezeit einer Kündigungserklärung bedarf. Den Sachgrund der Erprobung kann der Arbeitgeber zum Beispiel auch angeben, wenn er einen Arbeitnehmer nach abgeschlossener Entziehungskur einstellt. Außerdem kann es für den Arbeitgeber sinnvoll sein, dass ein Arbeitnehmer verschiedene Stationen des Betriebes durchläuft, um so die entsprechende Eignung zu klären. So war es beispielsweise bei einem Labor, das sich auf verschiedene Tests rund um die Schwangerschaft spezialisiert hatte. Die Arbeitnehmerin hatte nach Ablauf der Probezeit von 6 Monaten von 6 möglichen Stationen erst 4 durchlaufen und der Arbeitgeber hatte mit der Arbeitnehmerin vereinbart, dass die Probezeit einvernehmlich um 3 Monate verlängert wird. Nach 8 Monaten hatte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin unter Einhaltung der gesetzlichen (vermeintlichen!) Kündigungsfrist von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen gekündigt. Dies hat das Arbeitsgericht als nicht zulässig angesehen, da die Mitarbeiterin die Wartezeit von 6 Monaten erfüllt hatte und auf das Arbeitsverhältnis nunmehr das Kündigungsschutzgesetz Anwendung gefunden hat. Der Arbeitgeber konnte sich nur durch Zahlung einer angemessenen Abfindung von der Arbeitnehmerin lösen. Bei der Vereinbarung eines Sachgrundes der Erprobung wäre dem Arbeitgeber ein solches Verfahren erspart geblieben.
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VI. 23
Gründe in der Person des Arbeitnehmers (Nr. 6)
Ein Befristungsgrund kann gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG auch in der Person des Arbeitnehmers liegen. Ein solcher Grund liegt beispielsweise vor, wenn ein Arbeitnehmer aus sozialen Gründen nur vorübergehend beschäftigt wird, da er beabsichtigt, die Zeit bis zum Beginn einer anderen Beschäftigung, zu Beginn eines Studiums etc. zu überbrücken. Eine vergleichbare Situation würde vorliegen, wenn der betroffene Arbeitnehmer eine befristete Aufenthaltserlaubnis hat und der Grund der Befristung darin liegt, dass die Dauer bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Aufenthaltserlaubnis durch eine Beschäftigung überbrückt werden soll. Auch dies wäre ein Grund in der Person des Arbeitnehmers. Der Unterschied zu den anderen Sachgründen ist, dass hier der Grund für die Befristung vom Arbeitnehmer gewünscht wird und nicht vom Arbeitgeber vorgegeben wird. Der Wunsch des Arbeitnehmers, einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, kann ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund sein und deshalb die Befristung sachlich rechtfertigen. Da zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Einigkeit darüber besteht, dass der Arbeitnehmer den Wunsch geäußert hat, dass es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt, ist jedoch zu beachten, dass dies nach den Prüfungskriterien des Bundesarbeitsgerichts für die Sachgründe nicht ausreicht. Auch der ausdrückliche Wortlaut in einem Arbeitsvertrag, dass die Befristung auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte, genügt noch nicht. Es müssen objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Arbeitnehmer gerade an einer befristeten Beschäftigung Interesse hat und deshalb auch 36
C.
4
Befristung mit Sachgrund
bei einem Angebot einer unbefristeten Einstellung nur einen befristeten Vertrag vereinbart hätte und gewünscht hat.4 Aus diesem Grunde ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten in der Praxis. ! Praxishinweis: Wenn die Befristung allein aus dem Grund erfolgt, dass der Arbeitnehmer den Wunsch geäußert hat, dass er trotz der Möglichkeit des Abschlusses eines unbefristeten Vertrages auf jeden Fall nur einen befristeten Vertrag abschließen möchte, empfiehlt es sich dringend, in den Vertrag ausdrücklich aufzunehmen, dass der Arbeitnehmer die Wahlmöglichkeit zwischen einem unbefristeten und befristeten Arbeitsvertrag hatte und sich trotz reiflicher Überlegung für einen befristeten Arbeitsvertrag entschieden hat. Wegen der späteren Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung empfiehlt der Verfasser, in die Personalakte entsprechende Angebotsschreiben und Ablehnungsschreiben des Arbeitgebers und Arbeitnehmers aufzunehmen. So könnte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen unbefristeten Vertrag anbieten und zeitlich versetzt – etwa eine Woche später – lehnt der Arbeitnehmer in einem gesonderten Schreiben den unbefristeten Arbeitsvertrag ab und bittet darum, den Arbeitsvertrag befristet zu schließen, beispielsweise weil er beabsichtigt, in 3 Jahren von Nord- nach Süddeutschland zu ziehen oder aber weil er plant, in 3 Jahren eine Weltreise zu unternehmen.
VII.
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4
Vergütung aus Haushaltsmitteln (Nr. 7)
Sachgrundlage für einen befristeten Vertrag kann auch die Bewilligung von Haushaltsmitteln für eine ganz bestimmte Stelle sein (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG). Es handelt sich um einen Sonderbefristungstatbestand für den öffentlichen Dienst. Die Befristung eines Arbeitsvertrages unter Berufung auf das öffentliche Haushaltsrecht war durch die Rechtsprechung seit langer Zeit anerkannt.5 Eine Befristung mit diesem Sachgrund kann beispielsweise gegeben sein für ein ganz bestimmtes Forschungsprojekt. Es kann auch gegeben sein, wenn einem Verein, der 10 Kindertagesstätten unterhält, eine Stelle als Erzieherin bewilligt wird, die entsprechende logopädische (sprachheilkundliche) Kenntnisse hat und diese Stelle alle 2 Jahre durch das Land Niedersachsen gefördert wird. Diesbezüglich würde eine Befristung vorliegen und der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG wäre gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es jedoch so, dass die Gewährung eines Eingliederungszuschusses nach den §§ 217 ff. SGB III keine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG rechtfertigen soll, da der Eingliederungszuschuss lediglich dem Ausgleich von Minderleistung diene.6 Die Voraussetzung für die Zulässigkeit des Sachgrundes liegt darin, dass die Mittel haushaltsrechtlich für ganz besondere befristete Beschäftigungen bestimmt sind und ein Arbeitnehmer auf Grund der Bereitstellung dieser Mittel ein befristetes Arbeitsverhältnis abschließt.
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VIII. Gerichtlicher Vergleich (Nr. 8) Die Vereinbarung der Befristung eines Arbeitsvertrages im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches ist ein sachlich rechtfertigender Befristungsgrund gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG. Der Vergleich als solcher dient hier als Sachgrund, was bedeutet, dass der Vergleich selber keines Sachgrundes bedarf. Damit hat der Gesetzgeber nur teilweise die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts übernommen, denn bislang war man davon ausgegangen, dass als Befris4 5 6
BAG vom 04.06.2003 – 7 AZR 406/02; BB 2003, 1683. BAG vom 21.01.1987 – 7 AZR 265/85, NZA 1988, 280. BAG vom 04.06.2003 – 7 AZR 489/02, NZA 2003, 1143.
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§4
Recht der Befristung
tungsgrund sowohl der gerichtliche als auch außergerichtliche Vergleich gelten kann. Gerichtlicher Vergleich im Sinne dieser Vorschrift ist der Prozessvergleich, den die Parteien vor dem Arbeits-, dem Landesarbeits- oder dem Bundesarbeitsgericht schließen. Mittlerweile gleichgestellt ist ein Vergleich, den die Parteien gemäß § 278 Abs. 6 ZPO schriftlich protokollieren lassen. Ein außergerichtlicher Vergleich kommt damit als selbstständiger Befristungsgrund nicht mehr in Betracht.
4
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Exkurs: Mehrfachbefristungen In diesem Zusammenhang scheint es dem Verfasser sinnvoll, auf die Problematik von so genannten Mehrfachbefristungen einzugehen. Grundsätzlich ist es möglich und zulässig, mehrere aufeinander folgende befristete Arbeitsverhältnisse abzuschließen, soweit man für die befristeten Arbeitsverhältnisse jeweils einen Sachgrund hat. Eine Befristung ohne Sachgrund wäre aus den genannten Gründen nicht zulässig, da es sich sodann nicht um eine Neueinstellung handelt. Es ist jedoch zu beachten, dass bei mehreren hintereinander abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträgen die Anforderungen an den sachlichen Grund im Hinblick auf die Überprüfbarkeit durch das Arbeitsgericht steigen. Der Arbeitgeber muss damit rechnen, dass er bei Abschluss von beispielsweise 8 hintereinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen Gefahr läuft, dass das Arbeitsgericht bei der Überprüfung zu der Auffassung gelangt, dass gar kein sachlicher Grund vorliegt, sondern dass es sich um eine so genannte „Dauervertretung“ handelt.7 Für die Fälle, dass ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer mehrere befristete Arbeitsverträge hintereinander geschlossen hat, unterliegt nur die im letzten Vertrag enthaltene Befristungsabrede der so genannten Befristungskontrolle durch die Arbeitsgerichte.8 Der Grund dafür, dass das Arbeitsgericht lediglich den letzten Befristungsgrund auf seine Wirksamkeit hin überprüfen kann, ist, dass die Parteien durch den Abschluss eines erneuten befristeten Arbeitsvertrages konkludent zu verstehen gegeben haben, dass nunmehr dieser der maßgebliche Vertrag sein soll und auch nur diese Befristungsabrede zur rechtlichen Überprüfung steht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer sich in dem neuen befristeten Arbeitsvertrag vorbehalten hat, dass er auch die vorangegangene Befristungsabrede auf seine Wirksamkeit hin überprüfen lassen darf.
D. 28
Weitere Sachgründe
Gesetzlich nicht geregelt, aber von der Rechtsprechung mittlerweile anerkannt sind folgende weitere Sachgründe: Aus der Begründung des Gesetzgebers geht ausdrücklich hervor, dass die Aufzählung in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG (Nr. 1–8) lediglich Regelbeispiele darstellen und die Aufzählung nicht abschließend sein soll. Dies bedeutet, dass auch weitere Gründe von der Rechtsprechung akzeptiert werden sollen. Aus dem Gesetzestext ergibt sich ebenfalls, dass der Gesetzgeber keine abschließende Aufzählung wählen wollte, da er die Formulierung „… insbesondere“ gewählt hat. Durch diese Formulierung hat er klar zum Ausdruck gebracht, dass er der Ansicht ist, dass seine Aufzählung der Regelbeispiele nicht abschließend sein soll. In der Gesetzesbegründung selbst werden als weitere Beispiele lediglich Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen nach dem SGB III sowie die übergangsweise Beschäftigung eines Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz, dessen endgültige Besetzung durch einen Mitarbeiter vorgesehen ist, genannt. In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind im Wesentlichen folgende weitere Sachgründe bekannt und anerkannt:
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BAG vom 30.09.1981 – 7 AZR 602/79; NJW 1982, 1174. BAG vom 22.03.2000 – 7 AZR 824/98; NZA 2001, 605 ff.; BAG vom 04.06.2003 – 7 AZR 489/02; DB 2003, 2340.
4
D. Weitere Sachgründe
I.
Altersgrenze
Sofern der betroffene Arbeitnehmer eine bestimmte Altersgrenze erreicht hat, sehen Einzelverträge, Betriebsvereinbarungen sowie Tarifverträge im Regelfall eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. In der überwiegenden Anzahl der Arbeitsverträge endet das Arbeitsverhältnis mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres, also mit Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 35 SGB VI. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat in einer entsprechenden Vereinbarung (Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 65. Lebensjahres) eine auflösende Bedingung gesehen. Nunmehr geht das Bundesarbeitsgericht jedoch bei einer solchen Vereinbarung von einem Befristungsgrund aus, der nicht unter die Regelbeispiele des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG subsumiert werden kann, sondern ein anderer weiterer Sachgrund ist, der von der Rechtsprechung zugelassen worden ist.
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! Praxishinweis: Normalerweise muss zwar ein befristeter Arbeitsvertrag zwingend schriftlich abgeschlossen sein, jedoch muss der Sachgrund nicht explizit in dem Arbeitsvertrag genannt werden. Etwas anderes gilt, wenn man die Befristung mit einer bestimmten Altersgrenze begründet. In diesem Fall bedarf auch die Passage des Vertrages über die Altersbegrenzung der Schriftform. Unter Schriftform versteht man § 126 BGB, was u.a. bedeutet, dass im Regelfall eine elektronische Form ausgeschlossen ist. Wegen der mittlerweile anerkannten Anwendung der Regeln über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß den §§ 305 bis 310 BGB sollte im Hinblick auf die Warnfunktion der Schriftform auch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB darauf geachtet werden, dass man beim Befristungsgrund der Altersgrenze nicht lediglich auf entsprechende Regelungen einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages verweist, sondern dass man in dem Vertragstext eine entsprechende Regelung schriftlich fixiert, die von beiden Seiten auch tatsächlich unterschrieben wird.
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In einem befristeten Arbeitsvertrag könnte eine entsprechende Klausel wie folgt formuliert werden: „Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in welchem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet hat. Das Arbeitsverhältnis kann früher enden, sofern der Arbeitnehmer schon vor Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersrente beantragt hat und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Bezug der vorzeitigen Altersrente innerhalb der letzten 3 Jahre vor diesem Bezugszeitpunkt gegenüber dem Arbeitgeber bestätigt hat.“
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Am 18.08.2006 ist das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) in Kraft getreten. Es gibt noch nicht sehr viele Urteile zum Anwendungsgebiet des AGG und der Verfasser äußert zum jetzigen Zeitpunkt die Befürchtung, dass eine Vereinbarung der Befristung im Hinblick auf das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gegebenenfalls gegen das AGG verstoßen könnte und somit wäre die Befristung unwirksam. Dies hätte wiederum zur Folge, dass der Arbeitnehmer sich auf eine unbefristetes Arbeitsverhältnis berufen kann, was wiederum dazu führt, dass der Arbeitgeber sich nur schwer von dem Arbeitnehmer trennen kann, da nunmehr gegebenenfalls wieder das KSchG gilt.
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II.
4
Altersteilzeit
Als weiterer Sachgrund bei Befristungen ist die Altersteilzeit anzusehen. Zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer kann vereinbart werden, dass das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt beendet wird, in dem der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Rente 39
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4
§4
Recht der Befristung
nach Altersteilzeitarbeit hat. Es müssen jedoch die Besonderheiten der Altersteilzeitvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ATzG erfüllt sein.
III. 34
4
Sofern der Arbeitgeber beabsichtigt, einen Arbeitnehmer befristet einzustellen, weil er eine Förderungszusage im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gemäß den §§ 260 ff. SGB III bekommen hat, stellt dies ebenfalls einen weiteren Sachgrund dar, der außerhalb des Kataloges von § 14 Abs. 1 TzBfG anerkannt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Dauer der Befristung exakt mit der Dauer der Förderungszusage bzw. Zuweisung übereinstimmt.
IV. 35
Vorübergehende Beschäftigung
Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages kann vorliegen, wenn der betroffene Arbeitnehmer nur übergangsweise auf einem Arbeitsplatz beschäftigt werden soll, obwohl sowohl der Arbeitgeber als auch der betroffene Arbeitnehmer wissen, dass dieser spezielle Arbeitsplatz zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Arbeitnehmer besetzt wird. Beispielsweise könnte dies der Fall sein, wenn der Arbeitgeber weiß, dass ein Arbeitnehmer, der bei seinem alten Arbeitgeber noch eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Monatsende hat, und erst zu Beginn des neuen Jahres in der Firma anfangen kann, für diese Zeit einen Arbeitnehmer befristet einstellt. In diesem Fall würde es sich um eine so genannte vorübergehende bzw. übergangsweise Beschäftigung handeln.
VI. 37
Projektbezogene Befristung
Ein weiterer Grund für eine Befristung mit Sachgrund könnte die so genannte projektbezogene Befristung darstellen. Voraussetzung hierbei ist, dass sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die vom Arbeitnehmer zu übernehmende Aufgabe auch tatsächlich nur eine ganz bestimmte Dauer umfasst. Beispielsweise könnte das der Fall sein, wenn eine neue Software in einem Unternehmen installiert, geprüft und getestet werden soll. Es muss für eine wirksame Befristung auch tatsächlich ein Projekt vorliegen, auf das sich der Arbeitgeber später berufen kann und welches auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Dies muss dem Arbeitgeber auf Grund der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast bei einer späteren Überprüfung der Wirksamkeit des befristeten Arbeitsverhältnisses klar sein.
V. 36
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
Sonstige Gründe
Es gibt noch weitere Gründe, die von der Rechtsprechung mittlerweile anerkannt sind. Da es sich dabei jedoch um sehr spezielle Gründe handelt, sollen hier nur einige genannt werden, ohne näher darauf einzugehen: ■ Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ■ Berufs- und Erwerbsunfähigkeit 40
E.
4
Zusammenfassung
■
Drittmittelbewilligung ■ Eingliederungsvertrag ■ Sicherung der personalen Kontinuität der Betriebsratsarbeit ■ Verschleiß ■ Befristung im Bühnen- und Rundfunkbereich ■ Sozialhilfemaßnahmen ■ Befristete Aus-, Fort- und Weiterbildung ■ Befristete Mitarbeit an einer Parlamentsfraktion ■ Befristete Beschäftigung auf Grund einer Entscheidung des Sozialamtes ■ Eignungsvoraussetzung Damit sind die anerkanntesten Gründe aufgezählt und es wird im Rahmen der Betreuung des Steuerberaters für seine Mandanten und auch für seinen eigenen Betrieb von Bedeutung sein, dass der Steuerberater genau weiß, welche Gründe er gegebenenfalls als Sachgrund angeben kann, damit er auch bei aufeinander folgenden Verträgen, die befristet sind, keinen Fehler macht.
E.
4
Zusammenfassung
Das Recht der Befristung stellt für den Arbeitgeber eine erhebliche Gefahrenquelle dar, da enorm viele Fallstricke zu überwinden sind, damit der Arbeitgeber auch tatsächlich einen wirksamen befristeten Arbeitsvertrag abschließen kann. Im Folgenden soll nun ein Mustervertrag für ein befristetes Arbeitsverhältnis vorgestellt werden, an dem sich der Steuerberater als Arbeitgeber jedenfalls orientieren kann. Zudem hat er in jedem Fall die Schriftform eingehalten und den entsprechenden Grund sogar gleich in den Vertrag mit aufgenommen, obwohl er dies eigentlich gar nicht müsste. Da der Arbeitgeber aber bei einer vermeintlichen gerichtlichen Überprüfung des Vertrages einen Sachgrund angeben muss, ist es dringend erforderlich, sich bereits vor Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages über den möglichen Sachgrund ernsthaft Gedanken zu machen und einen solchen Vertrag auch nur abzuschließen, wenn man einen solchen Sachgrund hat und auch später darlegen und beweisen kann. + Mustervertrag Befristeter Arbeitsvertrag ohne Sachgrund/mit Sachgrund zwischen Name des Betriebes, Straße, Ort – im Folgenden: Arbeitgeber – und Herrn/Frau ………………….. (Name), geboren am, wohnhaft (Straße, Ort) – im Folgenden: Arbeitnehmer – wird folgender befristeter Arbeitsvertrag geschlossen: §1 Befristung Der Arbeitnehmer wird von ……………….. bis ………………… als ……………………. eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet nach Ablauf der Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf. 41
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§4
Recht der Befristung
(Für den Fall einer Befristung ohne Sachgrund: Der Arbeitnehmer erklärt, dass zwischen den Parteien zuvor weder ein befristetes noch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.) (Für den Fall einer Befristung mit Sachgrund: Die Befristung des Arbeitsvertrages ist durch folgenden sachlichen Grund gerechtfertigt: a. Gemäß § 14 Abs. 3 TzBfG, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens 4 Monate beschäftigungslos war, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme gemäß dem SGB II oder SGB III teilgenommen hat. b. Wegen eines vorübergehenden Bedarfes (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG) c. Wegen einer Tätigkeit im Anschluss an eine Ausbildung oder an ein Studium (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG) d. Wegen einer Vertretung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG) e. Wegen der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG) f. Wegen einer Erprobung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG) g. Wegen Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG) h. Wegen der Vergütung aus Haushaltsmitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG) i. Wegen eines gerichtlichen Vergleiches (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG) j. Aus sonstigem Grund: ……………………… (näher ausführen)) (Bei einer Zweckbefristung müsste es dann heißen: Bei Zweckbefristung endet das Arbeitsverhältnis gemäß § 5 Abs. 2 TzBfG spätestens 2 Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, den Arbeitnehmer so früh als möglich über den Endtermin des Arbeitsverhältnisses zu informieren.)
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§2 (1) – – – (2)
(3) §3 (1) (2) §4 (1) (2)
42
Tätigkeit Der Arbeitnehmer soll folgende Tätigkeiten ausführen:
Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Arbeitnehmer andere zumutbare Arbeiten im Betrieb zuzuweisen, die seinen Vorkenntnissen und Fähigkeiten entsprechen. In diesem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, die bisherige Vergütung an den Arbeitnehmer weiter zu zahlen. Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Kündigung Während der Dauer der Befristung kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von …………………. gekündigt werden. Nach dem letzten Tag der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen schriftlich gekündigt werden. Vergütung Der Arbeitnehmer erhält eine Gesamtvergütung in Höhe von …………………€ monatlich. Der Arbeitnehmer erhält für jede Über- bzw. Mehrarbeitsstunde die Stundenvergütung zuzüglich eines Zuschlages von ………. %.
E. (3)
(4)
4
Zusammenfassung
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber zu viel gezahlte Vergütung zurückzuzahlen. Der Arbeitnehmer verzichtet gegenüber diesem Anspruch des Arbeitgebers auf den Einwand, er sei nicht mehr bereichert und der Anspruch insoweit ausgeschlossen. Die Vergütung ist jeweils am Ende des Monats fällig und wird spätestens am 3. des Folgemonats abgerechnet und bargeldlos auf ein vom Arbeitnehmer zu benennendes Konto überwiesen. Bestehen anderslautende betriebliche Regelungen, z.B. in einer Betriebsvereinbarung, so gelten diese.
§5 Arbeitsverhinderung Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber jede Dienstverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens am darauf folgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich einen Tag vor dem voraussichtlichen Ende der Arbeitsunfähigkeit bis spätestens 13:00 Uhr beim Arbeitgeber zu melden und ihm darüber Mitteilung zu geben, ob er beabsichtigt, am nächsten Tag zum Dienst zu erscheinen oder aber ob er noch den Arzt aufsucht, um den Gesundheitszustand überprüfen zu lassen. §6 Urlaub Der Arbeitnehmer erhält einen Jahresurlaub in Höhe von …………. Arbeitstagen auf der Basis einer …………-TageWoche. Scheidet der Arbeitnehmer nach Erfüllung der gesetzlichen Wartezeit von 6 Monaten aus dem Arbeitsverhältnis in der zweiten Hälfte eines Kalenderjahres aus, so hat er Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubes für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, mindestens jedoch den gesetzlichen Mindesturlaub. §7 Nebenbeschäftigung Der Arbeitnehmer darf eine Nebenbeschäftigung, die das Arbeitsverhältnis und die Arbeitsleistung beeinträchtigt, nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Arbeitgebers übernehmen und antreten. §8 (1)
(2)
(3)
(4)
Internet- und Telefonnutzung Die Nutzung der betrieblichen Telekommunikationseinrichtungen wie beispielsweise Internet, Festnetz- und Mobiltelefon sowie die Versendung von E-Mails darf ausschließlich zu dienstlichen Zwecken erfolgen. Eine private Nutzung ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers gestattet. Ein Verstoß gegen dieses Verbot kann zu einer fristlosen Kündigung führen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, jede Nutzung von E-Mail und Internet unter der Beachtung der Bestimmungen des Datenschutzrechtes zu speichern. Der Arbeitgeber ist ferner berechtigt, E-Mail, die der Arbeitnehmer in einem für persönliche Nachrichten vorgesehenen Archiv oder Ordner angelegt hat, einzusehen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die nach Nr. 1. Satz 2 erteilte Zustimmung hinsichtlich Anzahl oder Umfang der E-Mails verbraucht hat oder diese einen strafbaren oder pornografischen Inhalt haben. Unter den gleichen Voraussetzungen ist der Arbeitgeber berechtigt, den Verlauf der durch den Arbeitnehmer aufgesuchten Internetseiten zu kontrollieren. Der Arbeitnehmer wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von rechtswidrigen Inhalten, insbesondere rassistischer oder pornografischer Art verboten ist. Für den Fall seiner betrieblichen Abwesenheit (Urlaub, Krankheit, Fortbildung etc.) hat der Arbeitnehmer eigenverantwortlich eine automatisierte Antwort an den Absender eingehender E-Mails einzurichten, die den Absender über die Abwesenheit des Arbeitnehmers informiert und einen Hinweis auf den zuständigen Vertreter oder dessen Telefonnummer enthält. Verstöße gegen die vorgenannten Regelungen können arbeitsrechtliche Konsequenzen, z.B. fristlose Kündigung zur Folge haben. 43
4
4
§4 §9 (1)
(2) (3)
4 (4) § 10 (1) (2)
Recht der Befristung Vertragsstrafe Bei vertragwidriger Nichtaufnahme der Tätigkeit zum vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses sowie bei vertragswidriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Nichteinhaltung der Kündigungsfrist ist der Arbeitnehmer verpflichtet, an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe zu zahlen. Der Vertragsstrafeanspruch entsteht nur, wenn dem Arbeitnehmer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Beträgt die Kündigungsfrist mindestens einen Monat, so beläuft sich die Vertragsstrafe auf eine Bruttomonatsvergütung. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens seitens des Arbeitgebers bleibt von den vorstehenden Regelungen über die Vertragsstrafe unberührt. Abtretung/Verpfändung der Vergütung Die Abtretung und Verpfändung der Vergütungsansprüche durch den Arbeitnehmer bedürfen der Zustimmung des Arbeitgebers. Die Zustimmung darf nur aus sachlichen Gründen verweigert werden. Der Arbeitgeber ist berechtigt, bei Verpfändung, Abtretung oder Pfändung von Vergütungsansprüchen pro Vorgang dem Arbeitnehmer 10,00 € pauschal als Bearbeitungskosten und gegebenenfalls für jedes Schreiben 2,50 € sowie 1,00 € pro Überweisung zu berechnen.
§ 11 Hinweis auf Betriebsvereinbarung Der Arbeitnehmer ist vom Arbeitgeber ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, dass im Betrieb folgende Betriebsvereinbarungen: – – – zu beachten und anzuwenden sind. Die Nichteinhaltung der Betriebsvereinbarungen können arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge haben. § 12 (1)
(2) (3) (4)
§ 13 (1) (2)
44
Ausschlussfristen Beiderseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, müssen innerhalb einer Frist von 3 Monaten schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei angemeldet und erhoben werden. Sofern die eine Vertragspartei die Ansprüche der anderen Vertragspartei ablehnt, ist in einer weiteren Frist von 3 Monaten der behauptete Anspruch klageweise beim zuständigen Arbeitsgericht geltend zu machen. Die Ausschlussfrist beginnt, wenn der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Regelung über die Ausschlussfristen gilt nicht für die Haftung aus einer Pflichtverletzung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie für eine Haftung für sonstige Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung beruhen. Änderungen und Ergänzungen; Salvatorische Klausel Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Mündliche Vereinbarungen über die Vereinbarung der Schriftform sind nichtig. Sollte eine Klausel dieses Vertrages unwirksam sein, bleiben die übrigen Bestimmungen des Vertrages davon unberührt und geltend weiter.
E.
4
Zusammenfassung
(3)
Anstelle der unwirksamen oder nichtigen Klausel tritt die entsprechende gesetzliche Regelung. Sollte es eine solche Regelung nicht geben, tritt an deren Stelle eine Klausel, die dem mutmaßlichen Willen bei Vertragsabschluss am nächsten kommt.
§ 14
Sonstiges
Ort, den ………………………..
Ort, den …………………………
……………………………………. Arbeitgeber
…………………………………… Arbeitnehmer
45
4
5
§ 5 Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber
5
1
2
3
A.
Pflichten von Arbeitnehmern
I.
Hauptpflicht
Die Hauptpflicht des Arbeitnehmers ist gemäß § 611 Abs. 1 BGB, dass er zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet ist. Darüber hinaus ist maßgeblich, dass der Arbeitnehmer im Sinne des § 613 Satz 1 BGB seine Arbeitsleistung im Zweifel persönlich zu erbringen hat. Durch die Formulierung „im Zweifel“ wird zwar zum Ausdruck gebracht, dass man je nach Einzelfall eine Auslegung vornehmen müsste, jedoch ist zwischenzeitlich klar, dass diese Auslegungsregel kaum noch Bedeutung hat. Eigentlich müsste es nunmehr heißen, dass der Arbeitnehmer in jedem Fall seine Dienste persönlich zu erbringen hat. Im Gegenzug bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer seine Dienste persönlich auch nur gegenüber dem Arbeitgeber zu erbringen hat, mit dem er einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Eine Übertragung des Anspruchs auf einen anderen Arbeitgeber ist nicht möglich. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn das Arbeitsverhältnis gesetzlich übergeht wie beispielsweise bei einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB. Außerdem gibt es noch die so genannten Leiharbeitsverhältnisse, wobei man einen Arbeitnehmer nur „ausleihen“ darf, wenn der betroffene Arbeitnehmer damit einverstanden ist. Nachfolgend soll es jedoch in erster Linie um die so genannten Nebenpflichten gehen, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitgeber zu beachten hat.
II.
Nebenpflichten
1.
Direktionsrecht
Es geht zunächst darum, welche Arbeiten der Arbeitnehmer zu verrichten hat und auf welche Art und Weise er dies tut. Dabei kommt es maßgeblich auf das Weisungs- bzw. Direktionsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB an, das dem Arbeitgeber zur Verfügung steht. Der Arbeitgeber soll dabei nach dem Gesetzeswortlaut „billiges Ermessen“ ausüben, was einen unbestimmten Rechtsbegriff darstellt, der im Einzelfall konkretisiert werden muss. Es würde deshalb hier zu weit führen, sämtliche Facetten des Direktionsrechts näher zu bestimmen, jedoch kann man anhand eines Beispieles erkennen, was darunter zu verstehen ist. > Beispiel: Sofern in einem Arbeitsvertrag die vom Arbeitnehmer zu leistende Tätigkeit genau definiert wird, muss der Arbeitnehmer auch nur solche Arbeiten während seines Arbeitsverhältnisses ausüben. Ist beispielsweise ein Arbeitnehmer als Groß- und Außenhandelskaufmann eingestellt, könnte der Arbeitgeber nicht auf Grund des ihm zustehenden Weisungs- bzw. Direktionsrechtes den betreffenden Arbeitnehmer in der Buchhaltung des Betriebes einsetzen. Wird dagegen in dem Arbeitsvertrag der Aufgabenbereich bewusst weit gefasst oder nicht näher bestimmt („… wird angestellt als kaufmännischer Angestellter…) 46
A.
5
Pflichten von Arbeitnehmern
ist für das Direktionsrecht des Arbeitgebers mehr Raum und in diesem Fall könnte der Arbeitgeber den Groß- und Außenhandelskaufmann sowohl speziell für diese Tätigkeit einsetzen, als auch im Bereich der Buchhaltung. Am weitesten geht das Direktionsrecht bei so genannten Hilfsarbeitertätigkeiten, worunter man fast alle Tätigkeiten subsumieren kann.
a)
Ort der Arbeitsleistung
4
Das Direktionsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB betrifft auch den Ort der Arbeitsleistung. Sofern nichts anderes bestimmt ist, ist der Ort der Arbeitsleistung immer der Ort, in dem das Unternehmen, also der Arbeitgeber, seinen Sitz hat. Sofern der Arbeitgeber sich vorbehalten möchte, den Arbeitnehmer auch an einem anderen Ort als den im Arbeitsvertrag bestimmten Arbeitsort einzusetzen, muss er dies schriftlich fixieren. Wenn der Arbeitnehmer auch an anderen Orten tätig ist – wie beispielsweise in einem Büro einer Zweigstelle – so kommt es darauf an, wo der Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit liegt. Diese Problematik ist in letzter Konsequenz nur dann interessant, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht und der Arbeitnehmer überlegen muss, bei welchem örtlich zuständigen Arbeitsgericht er eine entsprechende Kündigungsschutzklage einreichen muss. Hierbei kommt es maßgeblich auf den tatsächlichen Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit an.
b)
Arbeitszeit
Außerdem kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes die Arbeitszeit bestimmen. Darunter wird die Dauer der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit verstanden. Gemäß § 2 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz ist die Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Von Überstunden ist die Rede, wenn der Arbeitgeber über die ursprünglich vereinbarte arbeitsvertragliche Arbeitszeit hinaus weitere Tätigkeiten anordnet. Von Mehrarbeit spricht man nur, wenn die gesetzlich zulässige tägliche Arbeitszeit überschritten wird. Nachfolgend soll kurz der Unterschied zwischen Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst sowie Rufbereitschaft dargestellt werden.
aa)
6
Bereitschaftsdienst
Unter Bereitschaftsdienst versteht man, dass der Arbeitnehmer sich an einer vom Arbeitgeber festgelegten Stelle aufzuhalten hat und jederzeit bereit sein muss, seine volle Arbeitstätigkeit aufzunehmen. Es handelt sich insoweit um eine im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erfolgende 1
5
Arbeitsbereitschaft
Unter dem Begriff der Arbeitsbereitschaft bzw. Dienstbereitschaft versteht die Rechtsprechung die „wache Achtsamkeit im Zustande der Entspannung“.1 Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitsbereitschaft nicht verpflichtet ist, eine konkrete Tätigkeit vorzunehmen, sondern lediglich damit rechnen muss, dass er gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt eine Tätigkeit erbringen muss. Beispiel hierfür sind die Fahrer der Fahrbereitschaft des Bundestages. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die gesamte Dauer der Arbeitsbereitschaft zu vergüten ist.
bb)
5
BAG vom 30.01.1985 – 7 AZR 446/82 – AP BAT § 15 Nr. 5.
47
7
5
§5
Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Aufenthaltsbeschränkung, die mit der Verpflichtung verbunden ist, bei Bedarf sofort tätig zu werden.2 Es kommt auch nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer sich innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufzuhalten hat. Für den Bereitschaftsdienst ist entscheidend, dass der Arbeitnehmer sich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten hat. Im Hinblick auf die Vergütung ist zu beachten, dass der Bereitschaftsdienst als eine zusätzliche Leistung des Arbeitnehmers zu vergüten ist. Statt einer entsprechenden Vergütung kann der Arbeitgeber auch einen Freizeitausgleich für den Arbeitnehmer vorsehen. Auch Pauschalen sind zulässig. So hat beispielsweise das Bundesarbeitgericht einmal eine pauschale Vergütung von ca. 68 % der Vergütung der regulären Arbeitszeit als angemessen und wirksam angesehen.3
5
cc) 8
Die Rufbereitschaft verpflichtet den Arbeitnehmer dazu, dass er unverzüglich in der Lage sein muss, seine Arbeit aufzunehmen. Der Arbeitnehmer kann im Rahmen dieser Verfügbarkeit seinen Aufenthaltsort selber bestimmen, jedoch ist der Aufenthaltsort dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Außerdem ist es zwingend erforderlich, dass der Arbeitnehmer jederzeit durch den Arbeitgeber erreichbar ist. Es ist aus diesem Grunde auch erforderlich, dass der Arbeitnehmer darauf achtet, dass sein Mobiltelefon eingeschaltet ist und dass er einen Ort für den Aufenthalt wählt, bei dem auch ein Empfang für das entsprechende Mobiltelefon gegeben ist. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte dies arbeitsrechtliche Konsequenzen wie beispielsweise eine Abmahnung nach sich ziehen. Im Hinblick auf die Vergütung ist zu sagen, dass – wenn nichts anderes vertraglich vereinbart ist – es für den Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Vergütung gibt. Die Rufbereitschaft ist nicht als Arbeitszeit zu qualifizieren. Sofern es jedoch während der Rufbereitschaft zu einem Einsatz des Arbeitnehmers kommt und er eine entsprechende Arbeitsleistung ausübt, ist diese nach den üblichen Kriterien zu vergüten.
2. 9
Treuepflicht
Im Rahmen des gegenseitigen Schuldverhältnisses bestehen für beide Parteien Verpflichtungen zur Rücksichtnahme auf den jeweils anderen. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erwächst aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, nachdem sich jeder Vertragspartner bei einem gegenseitigen Vertrag so verhalten soll, wie Treu und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrswerte erfordern. Aus dem Grundsatz der Treuepflicht sind Konkretisierungen hervorgegangen, die kurz angesprochen werden sollen.
a) 10
Rufbereitschaft
Loyalität – Interessenwahrnehmung
Hierunter versteht man insbesondere, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber die Pflicht hat zur Wahrung und zum Schutz der betrieblichen Ordnung und der Betriebsmittel. Dies bedeutet weiterhin, dass den Arbeitnehmer eine Sorgfaltspflicht trifft, dass er mit den ihm zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln sorgsam umgeht und den sorgsamen Umgang gleicherma2 3
48
EuGH vom 03.10.2000 – Rs C 303/98 – Simap; NZA 2000, 1227. BAG vom 28.01.2004 – 5 AZR 530/02, NZA 2004, 656.
A.
5
Pflichten von Arbeitnehmern
ßen auch im Umgang mit den Kollegen beachtet. In diesem Zusammenhang spielt der Alkoholkonsum genauso wie das Rauchen eine Rolle. Es gibt zwar kein generelles Alkoholverbot, jedoch sollten Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Treue- und Sorgfaltspflicht nur nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber Alkohol konsumieren und auch nur zu besonderen Anlässen, wenn möglich außerhalb der Arbeitszeit und nach Zustimmung des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu treffen, dass der Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz gewährleistet ist. Sofern sich Arbeitnehmer darüber hinwegsetzen und überall im Betrieb rauchen, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Pflicht zur Unterlassung von vertragswidrigem Verhalten beinhaltet auch, dass es im Betrieb kein Mobbing gibt. Darunter versteht man eine fortlaufende Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung von einzelnen Arbeitnehmern, die dazu geeignet sind, die persönliche Ehre und die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers zu verletzen.4 Zu den Fürsorgepflichten des Arbeitgebers gehört es auch, gegen denjenigen vorzugehen, der einen anderen Mitarbeiter schikaniert. Der Betroffene könnte unter Berufung auf Art. 1 und 2 GG (Entfaltung der Persönlichkeit) sowohl (Schutz der persönlichen Ehre) gegen den Arbeitgeber als auch gegen den mobbenden Kollegen vorgehen. Der Arbeitgeber muss also im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dafür Sorge tragen, dass das schikanöse Verhalten unterbleibt. Der Arbeitnehmer ist auch dazu verpflichtet, das Eigentum des Unternehmens zu schützen.
b)
Pflicht zur Unterlassung
aa)
Abwerben
Der Arbeitnehmer verletzt die ihm obliegende Treuepflicht, wenn er Arbeitskollegen abwirbt. Eine entsprechende vertragswidrige Abwerbung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer auf einen oder mehrere Arbeitskollegen so einwirkt bzw. versucht einzuwirken, dass diese ihren Arbeitsplatz kündigen und eine Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber aufnehmen sollen, den der Abwerbende genannt hat. Nicht nur die erfolgreiche, sondern auch die erfolglose Abwerbung stellt einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Verpflichtung dar und kann als Konsequenz eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB nach sich ziehen.
bb)
5 12
13
Annahme von Schmiergeldern
Gleiches gilt sinngemäß für die Annahme von Schmiergeldern. Der Arbeitnehmer darf weder Schmiergelder noch Zuwendungen von Dritten annehmen, mit denen der Arbeitnehmer persönlich verbunden ist. Es widerspricht in erheblichem Maße der Treuepflicht, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten auch nur den kleinsten Anschein erweckt, sich nicht loyal gegenüber dem Arbeitgeber zu verhalten. Schmiergelder werden im Regelfall dafür eingesetzt, um zu erreichen, dass ein Arbeitnehmer Maßnahmen ergreift, um für einen Dritten ein Anliegen umzusetzen. Objektiv kommt es nur auf die Annahme von Schmiergeldern an; es kommt nicht darauf an, ob sich auf Grund der Annahme von Schmiergeldern der Arbeitnehmer auch entsprechend vertragswidrig verhalten hat. Konsequenz kann eine fristlose Kündigung sein.
4
11
BSG vom 14.02.2001 – B 9 VG 4/00 R, NJW 2001, 3213.
49
14
5
§5
cc) 15
5
Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers
Im Hinblick auf öffentliche Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers, die für das Unternehmen schädlich sein können, gilt, dass der Arbeitnehmer sämtliche Äußerungen zu unterlassen hat, die geeignet sind, den Arbeitgeber oder Kollegen des Arbeitgebers gegenüber Dritten verächtlich zu machen und in der Ehre zu verletzen. Da sich der Arbeitnehmer auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen kann, muss bei der Prüfung von arbeitsrechtlichen Sanktionen beachtet werden, ob es sich um ein Werturteil handelt, bei dem der Arbeitnehmer teilweise sachliche Argumente verwendet hat oder ob es sich lediglich um eine nicht mehr hinnehmbare so genannte Schmähkritik handelt, bei der der Arbeitgeber in so schlechtes Licht gerückt wird, dass er gegebenenfalls befürchten muss, Umsatzeinbußen zu erleiden, da sein Bild in der Öffentlichkeit geschädigt ist. Sofern sich Arbeitnehmer untereinander über den Arbeitgeber unterhalten und hierbei „über den Arbeitgeber herziehen“, so stellt dies noch keinen Grund für eine fristlose Kündigung dar, da der Arbeitnehmer, nicht befürchten muss, dass „der andere Arbeitnehmer gleich mit seinen neuen Kenntnissen zum Arbeitgeber geht“.
c) 16
Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Pflicht zur Verschwiegenheit
Diese Pflicht muss nicht ausdrücklich im Vertrag geregelt sein. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ist der Arbeitnehmer jedoch verpflichtet, über Betriebsgeheimnisse oder Betriebsabläufe gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren.5 Die Verschwiegenheitspflicht besteht gegenüber jedermann, also sowohl gegenüber Arbeitnehmern des gleichen Betriebes als auch gegenüber sonstigen Dritten. In diesem Zusammenhang ist fraglich, was man unter Betriebsgeheimnissen versteht. Das Bundesarbeitsgericht hat in verschiedenen Entscheidungen festgestellt, dass die Verschwiegenheitspflicht bezogen auf sämtliche Betriebsgeheimnisse unwirksam ist, da es an dem so genannten „Bestimmtheitsgrundsatz“ fehlt. Der Arbeitgeber muss in einem Arbeitsvertrag detailliert aufführen, welche Tatsachen und Vorgänge er als Betriebsgeheimnisse bezeichnet und nur über diese muss der Arbeitnehmer Stillschweigen bewahren. Sofern die Regelung so allgemein gehalten ist, wie es oft in Arbeitsverträgen üblich ist, wäre eine entsprechende Passage unwirksam und der Arbeitnehmer ist nur dann verpflichtet, Betriebsgeheimnisse nicht Dritten gegenüber weiter zu tragen, wenn es sich objektiv um Betriebsgeheimnisse handelt wie beispielsweise Rezepturen, Zeichnungen, Pläne, chemische Formeln und Ähnliches. Die Verschwiegenheitspflicht besteht sowohl während des Arbeitsverhältnisses als auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei der Verschwiegenheitspflicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer selbstverständlich Vorgänge und Betriebsgeheimnisse, zu denen er gewöhnlich Zugang hatte, an seinen neuen Arbeitgeber weitergibt. Ansonsten hätte der Arbeitnehmer für das neue Unternehmen keine Bedeutung und wäre wertlos.
5
50
BAG vom 25.08.1966 – 5 AZR 525/65, NJW 1967, 125.
B.
d)
5
Pflichten des Arbeitgebers
Wettbewerbsverbot
Aus dem Grundsatz der Treuepflicht folgt, dass der Arbeitnehmer zu jedem Zeitpunkt des Arbeitsverhältnisses sämtliche Belange des Arbeitgebers unterstützen und fördern muss. Aus diesem Grund ist er dazu verpflichtet, während dieser Zeit jeden Wettbewerb zu Lasten seines Arbeitgebers zu unterlassen. Dabei ist weiterhin zu berücksichtigen, dass sich das Wettbewerbsverbot sowohl auf die Arbeitszeit als auch auf die Freizeit des Arbeitnehmers bezieht. Das Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses ist in § 60 HGB geregelt. Es wird zwar hier von kaufmännischen Angestellten gesprochen, jedoch gilt das Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses für sämtliche Arbeitnehmer sowie Auszubildende und freie Mitarbeiter. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ergibt sich, dass es dem Arbeitnehmer strengstens verboten ist, im gleichen Geschäftszweig des Arbeitgebers tätig zu werden und ihm Konkurrenz zu machen. ! Praxishinweis: Im Hinblick auf einzelne Gesellschaftsformen ist zu sagen, dass es für den Geschäftsführer einer GmbH kein gesetzliches Wettbewerbsverbot gibt. Anders sieht es bei Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft aus, bei denen das Verbot in § 88 Aktiengesetz geregelt ist. Gesellschafter einer OHG unterliegen einem Wettbewerbsverbot gemäß § 112 HGB und der Komplementär eine Kommanditgesellschaft muss sich an das Wettbewerbsverbot gemäß § 161 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 112 HGB halten. Das Wettbewerbsverbot im Sinne des § 60 HGB muss nicht schriftlich vereinbart werden, sondern gilt als originäre Pflicht bzw. Verbot für den Arbeitnehmer. Es gilt immer! Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer sollte man in jedem Fall bei der Formulierung des Arbeitsvertrages darauf achten, dass ein Wettbewerbsverbot aufgehoben wird, da sonst möglicherweise eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.
17
5
18
Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann dazu führen, dass dem Arbeitnehmer außerordentlich gekündigt wird und dass der Arbeitgeber gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Dabei wird es für den Arbeitgeber oft schwierig sein, die genaue Höhe des erlittenen Schadens zu beziffern.
B.
Pflichten des Arbeitgebers
I.
Hauptpflicht
1.
Zahlung von Arbeitsentgelt
Während der Arbeitnehmer sich gemäß § 611 Abs. 1 BGB zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet, hat der Arbeitgeber die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung. Das von einem Arbeitnehmer erzielte Entgelt wird im Gesetzestext allgemein als Vergütung bezeichnet. Ob nun seitens des Arbeitgebers „Lohn“ gezahlt wird oder aber „Gehalt“ ist in der Sache unerheblich, da ohnehin – sofern es sich um einen Arbeitnehmer handelt – alle Vergütungen im Rahmen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) einheitlich geregelt sind. Für den Fall der Arbeitsunfähigkeit besteht für die Dauer von 6 Wochen eine Verpflichtung des Arbeitgebers auf Entgeltfortzahlung gemäß § 1 EFZG. 51
19
5
§5
20
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21
22
Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Gewöhnlich vereinbaren die Parteien bei Abschluss des Arbeitsvertrages ein Bruttoentgelt, sei es als Stundenlohn oder aber als Monatspauschale. Oft genug passiert es jedoch immer noch, dass ein Arbeitsverhältnis begonnen wird, ohne dass eine konkrete Vergütung vereinbart wurde. Sodann ist fraglich, ob für die Tätigkeit überhaupt eine Vergütung zu zahlen ist. Aus § 612 Abs. 1 BGB ergibt sich jedoch, dass eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Wie immer kommt es hier auf die Umstände des Einzelfalles an, jedoch kann man davon ausgehen, wenn für den Betroffenen die Arbeitnehmereigenschaft gilt, dass von der Entgeltlichkeit der Leistungen ausgegangen werden kann. Es muss demnach im Umkehrschluss extra vereinbart werden, wenn jemand eine Arbeitsleistung erbringt und diese unentgeltlich erfolgen soll.6 In § 612 Abs. 2 BGB ist bestimmt, dass sich die Höhe der Vergütung nach einer bestimmten Taxe bemisst und wenn es eine solche Taxe nicht gibt, gilt die übliche Vergütung als vereinbart. Da es in einem Angestelltenverhältnis für den Arbeitnehmer keine Taxe, wie beispielsweise das RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) für Rechtsanwälte, die HOAI (Honorarordnung für Architekten) oder die StBGebV (Steuerberatergebührenverordnung) gibt, gilt die ortsübliche und angemessene Vergütung für die jeweilige Tätigkeit. Sofern die Parteien sich nicht sicher sind, welche Vergütung ortsüblich und angemessen ist, kann man bei der Industrie- und Handelskammer in der jeweiligen Region nachfragen und sich Durchschnittswerte von beispielsweise 5 gleichartigen und gleichgroßen Unternehmen aus der selben Region mitteilen lassen, um den Durchschnittswert hinsichtlich der angemessenen und ortsüblichen Vergütung zu ermitteln. Dabei wird es erhebliche Unterschiede geben, da es darauf ankommt, ob es sich um eine Tätigkeit in einer ländlichen Region oder aber in einem Ballungszentrum wie Hamburg handelt. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in § 611 Abs. 1 BGB ist jedoch, dass die Leistung des Arbeitnehmers und die Vergütung, die der Arbeitgeber zahlt, nicht in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Es kann sein, dass die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung gemäß § 134 BGB (Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot wie z.B. den strafrechtlichen Wuchertatbestand gemäß § 291 StGB) oder aber wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB nichtig ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Reinigungskraft im Hamburger Nobelhotel Atlantic in der Stunde durchschnittlich 3,50 € verdient. Reinigungskräfte erhalten im Regelfall einen Lohn zwischen 6,00 und 8,00 € brutto in der Stunde. Dies bedeutet auch, dass die Vergütungsvereinbarung der Parteien zwar durch die gesetzlich verankerte Vertragsfreiheit geschützt ist, jedoch dort seine Grenzen findet, wo der Arbeitnehmer in einem nicht mehr hinnehmbaren Maße unangemessen benachteiligt wird und für seine Tätigkeit „sinngemäß weniger erhält als ein Sozialhilfeempfänger“. Die Parteien finden entsprechende Regelungen entweder in einem Tarifvertrag, der allgemeinverbindlich sein kann oder dessen Geltung wirksam vereinbart wird oder aber die Parteien legen im Rahmen einer Individualvereinbarung im Arbeitsvertrag die Höhe des Arbeitsentgeltes fest. Sofern weder ein Tarifvertrag besteht, noch eine Individualvereinbarung getroffen wurde, kann man in manchen Branchen auf so genannte Mindestlöhne zurückgreifen. Dies gilt zum jetzigen Zeitpunkt vornehmlich noch für die Beschäftigten im Baugewerbe sowie für die Arbeitnehmer, die unter das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) fallen. Zum jetzigen Zeitpunkt wird diskutiert, ob nicht insgesamt ein Mindestlohn eingeführt werden soll, der flächendeckend für sämtliche Branchen in der Bundesrepublik gelten soll. Zurzeit ist ein Mindestlohn von ca. 7,50 € im
6
52
LAG Hamm vom 14.04.2000 – 16 SA 1028/99, DB 2000, 2024.
B.
5
Pflichten des Arbeitgebers
Gespräch, jedoch konnte sich die Große Koalition (Stand Oktober 2007) noch nicht auf einen Mindestlohn einigen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion um den Mindestlohn weiter entwickelt.
2.
Beschäftigungspflicht
Bei der Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers handelt es sich zwar nicht um eine Hauptpflicht im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB, jedoch kann der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangen, dass dieser den Arbeitnehmer mit den im Arbeitsvertrag näher bezeichneten Tätigkeiten beschäftigt. Daraus resultiert der Anspruch des Arbeitnehmers, dass er vertragsgemäß beschäftigt werden muss.7 Im Übrigen gilt die Beschäftigungspflicht im Rahmen eines Weiterbeschäftigungsanspruches auch dann, wenn die Kündigungsfrist zwar abgelaufen, jedoch der Kündigungsschutzprozess noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist und das Arbeitsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Kündigung unwirksam ist und keine schützenswerten Interessen des Arbeitgebers einer Beschäftigung entgegenstehen.8 Zwar kann eine Beschäftigungspflicht vertraglich vereinbart werden, jedoch ist dies in der Praxis nur selten der Fall. Die Beschäftigungspflicht besteht originär ohne Rücksicht darauf, ob dies schriftlich zwischen den Parteien vereinbart worden ist oder nicht.
23
! Praxishinweis: Oftmals werden Arbeitnehmer, denen zuvor gekündigt worden ist, für die Dauer der Kündigungsfrist oder aber für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt. Dies widerspricht eigentlich dem Grundsatz der Beschäftigungspflicht und ist auch grundsätzlich unzulässig. Eine Freistellung, die der Arbeitgeber ausspricht, ist nur dann ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn Gründe bestehen, dass der Arbeitnehmer den Betriebsfrieden gefährdet oder aber beispielsweise Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse entwendet, die zu einem späteren Zeitpunkt der Konkurrenz zugespielt werden könnten. Auch werden im Regelfall leitende Angestellte, sofern es tatsächlich ein leitender Angestellter gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG ist, oftmals von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt. Durch die Freistellung von der Arbeitsleistung wird der dem Arbeitnehmer zustehende Vergütungsanspruch nicht beseitigt. Auch ist es nicht automatisch so, dass etwaig angefallene Überstunden oder noch bestehender Urlaub abgegolten oder während der Freistellung gewährt werden müssen. Dies ist zwar oftmals eine Formulierung, die im Rahmen eines Vergleiches gewählt wird, handelt es sich dabei immer um ein Nachgeben seitens des Arbeitnehmers. Eine Anspruchsgrundlage für den Arbeitgeber, dass dieser im Rahmen einer Freistellung Überstunden anrechnen und Urlaub gewähren muss, besteht nicht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen jedoch aufpassen, dass sie zukünftig bei einer Freistellung eine Formulierung wählen, aus der ausdrücklich hervorgeht, dass die Freistellung widerruflich und nicht unwiderruflich ist. Denn im sozialversicherungsrechtlichen Sinne besteht zwar ein Arbeitsverhältnis, da jedoch der Arbeitnehmer gegebenenfalls unwiderruflich freigestellt worden ist, ist er nicht mehr „beschäftigt“ im Sinne des Sozialversicherungsrechtes. Der Arbeitnehmer würde sodann den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung verlieren und es würden auch keine weiteren Zahlungen mehr in die Arbeitslosen- und Rentenversicherung geleistet.
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7 8
BAG vom 10.11.1955/2 AZR 591/54, NJW 1956, 359. BAG vom 27.02.1985 – GS 1/84, NJW 1985, 2968.
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5 24
5
§5
26
5
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29
Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber
II.
Nebenpflichten
1.
Fürsorgepflicht
Der eigentliche Oberbegriff für die für den Arbeitgeber bestehenden Nebenpflichten ist der Begriff der so genannten „Fürsorgepflicht“. Der Begriff der Treuepflicht, die den Arbeitnehmer trifft und der Begriff der Fürsorgepflicht, die für den Arbeitgeber maßgeblich ist, sind zwar etwas altmodisch, werden aber bis zum heutigen Tage sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwandt. Beide resultieren aus dem Grundgedanken von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Unter der Fürsorgepflicht versteht man in erster Linie Schutzpflichten des Arbeitgebers sowie im weitesten Sinne Informationspflichten wie beispielsweise Aufklärungs- und Mitteilungspflichten gegenüber dem Arbeitnehmer. Verletzt der Arbeitgeber eine der eben genannten Pflichten, kann der Arbeitnehmer gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber geltend machen, die er jedoch exakt beziffern muss, was in der Praxis so gut wie unmöglich ist; der erlittene Schaden muss geschätzt werden, weshalb man oft auf Pauschalen wie Bruttomonatsgehälter zurückgreift. Es ist selbstverständlich, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, seinen Arbeitnehmern Schutz für Leben und Gesundheit zu gewährleisten. Diese Nebenpflicht hat dazu geführt, dass verschiedene Gesetze und Verordnungen erlassen worden sind, die den Schutz für Leib und Leben und die Gesundheit des Arbeitnehmers gewährleisten. Hier sind insbesondere zu nennen: ■ Das Arbeitssicherheitsgesetz ■ Die Arbeitsstättenverordnung ■ Das Arbeitsschutzgesetz Außerdem gibt es noch das so genannte Geräte- und Produktsicherheitsgesetz sowie die auf dem Arbeitsschutzgesetz beruhende Betriebssicherheitsverordnung. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Unfallverhütungsvorschriften der gesetzlichen Unfallversicherungsträger verweisen. Dies bedeutet ebenfalls, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, für entsprechende Schutzkleidung zu sorgen und die Arbeitnehmer nicht ungeschützt irgendwelchen Gefahrstoffen auszusetzen. Sofern der Arbeitgeber erkennt, dass ein Arbeitnehmer völlig überarbeitet ist und sich gegebenenfalls in einem Zustand befindet, der den Eindruck erweckt, er sei arbeitsunfähig krank, ist der Arbeitgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht verpflichtet, den Arbeitnehmer zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz von anderen Kollegen und des Betriebes nach Hause zu schicken. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers geht jedoch nicht soweit, dass der Arbeitgeber bei einer Verletzung eines Arbeitnehmers die anderen Arbeitnehmer speziell jedes Mal darauf hinweisen muss, dass sie Schutzhandschuhe tragen müssen (beispielsweise der Hinweis auf eine mögliche HIV-Infektion bei einer offenen Wunde) und sich nach den Unfallverhütungsvorschriften richten müssen. Eine gewisse Eigenverantwortlichkeit des Arbeitnehmers wird vorausgesetzt und die Fürsorgepflicht darf diesbezüglich seitens des Arbeitgebers nicht überspannt werden. Im Hinblick auf die bestehenden Aufklärungspflichten seitens des Arbeitgebers ist zu sagen, dass dieser beispielsweise dazu verpflichtet ist, beim Einsatz neuer Maschinen die Arbeitnehmer vorher im Rahmen einer Aufklärung bzw. Einarbeitung auf die Gefahren der neuen Maschine hinzuweisen. Gleiches gilt sinngemäß auch für entsprechende Aufklärungs- und Mitteilungspflichten. 54
B.
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Pflichten des Arbeitgebers
Exkurs: Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers Oftmals wollen Arbeitgeber genau und detailliert wissen, was die Arbeitnehmer in ihrem Betrieb tun oder unterlassen. Aus diesem Grunde haben viele Arbeitgeber Überwachungsanlagen oder Kameras installiert, um den Arbeitnehmer die gesamte Zeit beobachten zu lassen. Gleiches gilt beispielsweise für das Abhören von Telefongesprächen. Da insoweit die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers gemäß Art. 1 und Art. 2 GG im Hinblick auf den Schutz der Privat- und Intimsphäre sowie der Menschenwürde geschützt sind, ist das Abhören von Telefongesprächen, die Videoaufzeichnung bzw. das Filmen von Arbeitnehmern nicht gestattet und verstößt gegen die eben genannten Vorschriften. Die Erkenntnisse, die der Arbeitgeber daraus zieht, sind nicht verwertbar und können auch niemals eine ordentliche bzw. fristlose Kündigung begründen. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers wiegt höher als das Bedürfnis des Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer auf „Schritt und Tritt“ zu beobachten bzw. abzuhören. Will der Arbeitgeber die aus den Aufzeichnungen gewonnenen Erkenntnisse verwerten, muss er im Vorfeld die Zustimmung der Arbeitnehmer einholen oder das Installieren oder Aufstellen von Kameras bekannt geben. Gleiches gilt sinngemäß für ärztliche Untersuchungen und Leibesvisitationen, wenn diese nicht ausdrücklich Inhalt des Vertrages geworden sind. Gerade Leibesvisitationen sind nur ausnahmsweise zulässig, nämlich dann, wenn der Arbeitgeber konkrete Anhaltspunkte und einen dringenden Tatverdacht hat, dass ein Arbeitnehmer beispielsweise Dinge aus dem Betrieb, die ihm nicht gehören, entwendet haben soll.
2.
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Haftung des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber haftet gegenüber dem Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen, es sei denn, es handelt sich um eine Gesundheitsschädigung des Arbeitnehmers im Rahmen eines Versicherungsfalles der §§ 7 ff. SGB VII. Hierzu zählen insbesondere Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Als Anspruchsgrundlage kommt auf Seiten des Arbeitnehmers § 823 BGB in Betracht oder aber im Rahmen einer Haftung des Arbeitgebers im Straßenverkehr die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung gemäß § 7 StVG. Der Haftungsumfang ergibt sich aus § 249 BGB. Dieser Anspruch verjährt in der regelmäßigen 3-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB. Sofern der Arbeitnehmer einen Gesundheitsschaden infolge eines Arbeitsunfalles im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII erleidet, haftet der Arbeitgeber bzw. ein anderer Arbeitnehmer gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer nur dann, wenn diese den Unfall bzw. Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben. Ansonsten tritt zu Gunsten des Arbeitgebers bzw. der Arbeitskollegen das so genannte Privileg des Haftungsausschlusses ein. Der Anspruch auf Schmerzensgeld ist ausgeschlossen. Ein Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII ist ein körperlich schädigendes Ereignis, das mit der versicherten Tätigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang steht. Außerdem muss der erlittene Schaden tatsächlich und kausal auf den Unfall zurückzuführen sein. Es muss sich bei dem Unfall um einen Unfall handeln, der fachspezifisch für die Tätigkeit ist und nicht etwa um einen Unfall, der „im täglichen Leben“ geschehen kann. Zu den Arbeitsunfällen gehören auch so genannte Wegeunfälle, nicht jedoch so genannte Betriebswege. Ein hierbei erlittener Unfall bzw. Schaden gilt als so genannter Arbeitsunfall. Eine Haftung für Sachschäden erfolgt ebenfalls nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 823 ff. BGB oder aus der dem Arbeitgeber obliegenden Fürsorgepflicht. 55
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§5
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Bei unerlaubter Handlung im Sinne des § 823 BGB muss der Arbeitgeber sich das Verhalten seiner Arbeitnehmer zurechnen lassen, jedoch besteht gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB die Möglichkeit der Exkulpation für den Arbeitgeber. Eine Haftung für Sachschäden auf Grund der vertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber besteht nur dann, wenn den Arbeitgeber eine besondere Schutz- bzw. Obhutspflicht trifft, was jedoch nur in Einzelfällen gegeben ist. Außerdem muss in der Praxis immer berücksichtigt werden, dass der Arbeitnehmer gegebenenfalls im Rahmen des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB (auch Schadensminderungspflicht genannt) teilweise für den erlittenen Schaden selber verantwortlich ist. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an und es soll hier nicht näher auf die einzelnen Varianten eingegangen werden.
3. 36
Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Recht auf Gleichbehandlung
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, grundsätzlich gleiche Sachverhalte auch gleich zu behandeln und ungleiche Sachverhalte darf er ungleich behandeln. Rechtsgrundlage ist der sich aus Art. 3 GG ergebende Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die im BGB verankerten Grundsätze in den §§ 661 a und b BGB. Neu hinzugekommen ist seit dem 18.08.2006 das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), aus dem sich ebenfalls viele Abgrenzungskriterien ergeben, die der Arbeitgeber zukünftig zu beachten hat. Es besteht zwar eine Pflicht des Arbeitgebers auf Gleichbehandlung, jedoch hat sich in der Praxis gezeigt, dass viele Arbeitnehmer, die sich ungleich behandelt fühlen, davor zurückschrecken, gerichtlich gegen den Arbeitgeber vorzugehen, da dies das Arbeitsverhältnis bzw. Vertrauensverhältnis so stark beeinträchtigen würde, dass an eine einvernehmliche weitere Zusammenarbeit eigentlich nicht mehr zu denken ist. Insbesondere schrecken viele Arbeitnehmerinnen, die bei gleicher Qualifikation und bei gleicher Tätigkeit, z.B. als Sachbearbeiterin bei einer Bank, weniger Geld verdienen als ihre männlichen Arbeitskollegen davor zurück. Die Gründe, die der Arbeitgeber für eine Ungleichbehandlung angibt, dürfen nicht sachfremder Natur sein und es würde sicherlich viele Verfahren geben, bei denen der Arbeitgeber einen Arbeitsgerichtsprozeß verlieren würde, wenn sich die ungleich behandelten Arbeitnehmer dagegen zur Wehr setzen würden. Im Hinblick auf die Gleichbehandlung von Frauen und Männern wird auf das in Art. 3 GG verankerte Diskriminierungsverbot abgestellt, auf welches sich auch der Europäische Gerichtshof häufig stützt.
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§ 6 Entgelt und verschiedene Formen der Arbeitsvergütung A.
Entgelt
I.
Vertragsfreiheit – Mindestlohn
Die Höhe der Vergütung richtet sich bei einem Arbeitsvertrag gemäß § 611 Abs. 1 BGB nach den Vereinbarungen der Parteien. Es kann sich um eine ausdrückliche Vereinbarung handeln, es besteht auch die Möglichkeit, dass konkludent – also durch schlüssiges Verhalten – eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wird. Sofern spezielle individuelle Absprachen nicht getroffen worden sind, ist es oft so, dass sich die Vergütung nach den einschlägigen Bestimmungen eines Tarifvertrages bestimmt. Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber tarifgebunden im Sinne von § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG (Tarifvertragsgesetz) sind, oder aber wenn der Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt worden ist, gelten die Tarifbestimmungen und die darin genannte Vergütungshöhe für das Arbeitsverhältnis. Die Höhe der Vergütung kann zu Gunsten des Arbeitnehmers in der Höhe nach oben abweichen, jedoch kann nicht wirksam vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer weniger als den Tariflohn erhält. Auch kann der Arbeitnehmer auf entsprechende Zulagen bzw. Gratifikationen nicht einseitig verzichten. Ein solcher Verzicht wäre nichtig. Sofern über die Vergütung gar nicht gesprochen worden ist, gilt gemäß § 612 Abs. 2 BGB die ortsübliche und angemessene Vergütung, die gegebenenfalls von einem Gutachter der Industrie- und Handelskammer aus dem Vergleich mit 5 anderen Unternehmen in der gleichen Region und der gleichen Branche ermittelt werden kann. Es gibt jedoch keinen gesetzlichen Mindestlohn. Zwischen den Parteien gilt zwar der Grundsatz der Vertragsfreiheit, der jedoch eingeschränkt ist und immer der richterlichen Kontrolle unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben und Sittenwidrigkeit unterliegt. Es kann sein, dass eine zwischen den Parteien vereinbarte sehr geringe Vergütungsabrede gemäß § 138 Abs. 1 nichtig ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Vergütungsvereinbarung sittenwidrig ist, also „gegen das Anstandsgefühl aller recht und billig Denkenden verstößt“. Da es sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, bereitet die Anwendbarkeit des § 138 Abs. 1 BGB, also der Sittenwidrigkeit, in der Praxis große Schwierigkeiten. Denn eine bloße Unangemessenheit führt noch nicht automatisch zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit der Vereinbarung. Voraussetzung ist bei der Sittenwidrigkeit, dass die Leistung und die Gegenleistung in einem so auffälligen Missverhältnis stehen, dass es für den Arbeitnehmer nicht hinnehmbar ist, für dieses Entgelt die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung zu erbringen. Es kommt hierbei z.B. auf die Kriterien der Arbeitsleistung, des Schwierigkeitsgrades, der körperlichen oder geistigen Beanspruchung und auch auf die Rahmenbedingungen für die zu entrichtende Tätigkeit an. Als Vergleichsmöglichkeit dient in jedem Fall der Vergleich mit entsprechenden Tarifverträgen und den darin verankerten Tariflöhnen. Auch wenn man einzelne Branchen wegen der Unterschiede nicht wirklich verglei57
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§6
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chen kann, so kann man doch bei Tätigkeiten, die in erster Linie körperlicher Natur sind, davon ausgehen, dass ein Stundenlohn von 2,70 € – egal für welche Tätigkeit – in jedem Fall von einem auffallenden Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sprechen und somit gemäß § 138 Abs. 1 BGB die Nichtigkeit annehmen. Eine zu geringe Vergütung kann auch zu einer Strafbarkeit wegen Wuchers gemäß § 291 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB führen.1 Diese kann beispielsweise vorliegen, wenn in einem Arbeitsvertrag eine Verlustbeteiligung des Arbeitnehmers vereinbart wird und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dafür keinen angemessenen Ausgleich zahlt. Grund dafür ist, dass es gegen das Leitbild des Gesetzgebers verstößt, dass der Arbeitnehmer das so genannte Betriebsrisiko trägt. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt vor, wenn der Wert der Leistung des Arbeitnehmers nach ihrem objektiven Wert beurteilt wird.2 Um den richtigen Wert zu ermitteln, ist es hilfreich, dass man die Tariflöhne des betroffenen Wirtschaftszweiges als Anhaltspunkt nimmt. Denn gewöhnlich geht man davon aus, dass Arbeitnehmer, die in einer Branche arbeiten, die tarifgebunden ist, auch nur für den Tariflohn arbeiten. Es ist nicht davon auszugehen, dass bei einschlägigen Tarifverträgen ein Arbeitnehmer freiwillig 20 bis 30 % unterhalb des Mindesttariflohnes arbeitet. Für den Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer ist es jedoch sehr schwer festzustellen, ob es sich um ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung handelt. Weder die Sozialhilfesätze noch die Pfändungsfreigrenzen gemäß § 850 c ZPO können als Kriterium herangezogen werden, um ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu begründen. Es gibt leider bis heute vom Bundesarbeitsgericht noch keine Richtwerte bzw. die Aufstellung von Kriterien, aus denen man das auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ersehen könnte. Es gibt nur ein Urteil des Bundesgerichtshofes, bei dem der BGH den Tatbestand des Lohnwuchers bejaht, weil ein Arbeitnehmer lediglich 2/3 des Tariflohnes erhielt.3 Weitere Fälle von Wucher wurden in jüngster Zeit u.a. in Hamburg aufgedeckt. Hier arbeiteten Reinigungskräfte umgerechnet für einen Stundenlohn von 3,80 € bis zu 16 Stunden täglich in verschiedenen Luxushotels.
II. 7
Entgelt und verschiedene Formen der Arbeitsvergütung
Brutto-/Nettoentgelt
Wenn die Arbeitsvertragsparteien eine Vergütungsvereinbarung schließen, handelt es sich regelmäßig um die Vereinbarung eines Bruttoentgelts. Die Brutto-Gesamtvergütung beinhaltet nicht nur den Auszahlungsbetrag in netto, sondern ebenfalls die den Arbeitnehmer betreffenden Steuern und die auf ihn entfallenden Sozialabgaben. Der Arbeitnehmer hat nur Anspruch auf Auszahlung eines bestimmten Nettolohnes, dessen Höhe jedoch im Arbeitsvertrag im Regelfall nicht genau beziffert wird. Der Arbeitgeber muss also im Rahmen einer Bruttovereinbarung von dem vereinbarten Lohn des Arbeitnehmers die so genannten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, die Lohnsteuer und gegebenenfalls auch die Kirchensteuer abziehen.4 Die Höhe der Sozialversicherungsabgaben hängt von den individuellen Verhältnissen des Arbeitnehmers im Hinblick auf den Güterstand und unterhaltspflichtige Kinder ab.
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BAG vom 24.03.2004 – 5 AZR 303/03; NZA 2004, 971; BGH vom 22.04.1997–1 StR 701/96- DB 1997, 1670. BAG vom 24.03.2004 – 5 AZR 303/03; NZA 2004, 971. BGH vom 22.04.1997 – 1 StR 701/96, BGH ST 43, 53. BAG vom 24.06.2003 – 9 AZR 302/02; NZA 2003, 1145.
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A. Entgelt Der Arbeitgeber ist auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften verpflichtet, Steuern und Sozialversicherungsbeträge einzubehalten. Er muss gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG die Lohnsteuer an das zuständige Finanzamt abführen. Der Arbeitgeber muss auch darauf achten, dass die Berechnung der Abzüge sorgfältig und richtig ist. Es handelt sich dabei um eine gegenüber dem Arbeitnehmer obliegende Fürsorgepflicht.5 ! Praxishinweis: Es ist jedoch hierbei zu beachten, dass der eigentliche Steuerschuldner gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG der Arbeitnehmer bleibt. Die Einkommens- bzw. Lohnsteuer wird durch den Abzug von der Arbeitsvergütung erhoben und der Arbeitgeber behält diese für Rechnungen des Arbeitnehmers von der Arbeitsvergütung ein. Die Abführung an das Finanzamt gemäß § 41 a EStG erfolgt zu Gunsten des Arbeitnehmer im Rahmen einer Vorauszahlung auf die zu erwartende Einkommensteuerschuld. Eine Ausnahme hinsichtlich der Steuerschuld des Arbeitnehmers besteht jedoch nur dann, wenn die Lohnsteuer nach den §§ 40 bis 40 b EStG pauschaliert wird und der Arbeitgeber die Lohnsteuer gemäß § 40 Abs. 3 EStG übernimmt. Sozialversicherungsrechtlich ist es jedoch so, dass der Arbeitgeber Schuldner der gesamten Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV bleibt. Die Schuld umfasst sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmeranteile. Im Regelfall wird zwischen den Parteien eine Bruttovergütung vereinbart, es kann jedoch in Ausnahmefällen einmal sein, dass die Parteien eine Nettolohnvergütung beschlossen haben. Sofern sich diese Annahme durch Indizien bzw. durch Verhaltensweisen des Arbeitgebers wie z.B. wiederholter und ausschließlicher Barauszahlung der Vergütung beweisen lässt, verpflichtet sich der Arbeitgeber, die Steuer des Arbeitnehmers im Innenverhältnis zu tragen. Ansonsten müsste der Arbeitgeber für Rechnungen des Arbeitnehmers die entsprechenden Beiträge vom Bruttoentgelt abziehen und abführen. Für eine Nettolohnvergütungsvereinbarung ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Im Zweifel ist jedoch davon auszugehen, dass es sich um eine Bruttolohnvergütung handelt, denn selbst Vereinbarungen zwischen den Parteien wie „Vergütung soll steuerfrei gezahlt werden“, „Brutto für Netto“ oder die „Übernahme der Steuerschuld“ werden von der Rechtsprechung als Bruttolohnvergütung angesehen.6 Regelmäßig wird es auch so sein, dass der Arbeitnehmer die Bruttolohnvergütung einklagt und hierauf – sofern es keine anderweitige Vereinbarung oder Absprache gibt – 5 % Punkte über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 3. Werktag des Folgemonats verlangen kann. Es handelt sich um einen automatischen Verzug des Schuldners, hier also des Arbeitgebers, der sich aus § 286 Abs. 2 BGB ergibt.
III.
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Zuschläge
Es ist im gewerblichen Bereich üblich, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen besonderer Belastungen oder wegen besonderer Leistungen verschiedenartige Zuschläge zahlt. Insgesamt spricht man bei den Zuschlägen von so genannten „Mehrarbeitszuschlägen“. Diese werden insbesondere dann gezahlt, wenn die Tätigkeit besonders schwer ist, oder aber unter besonderen Belastungen verrichtet wird. Dazu zählen beispielsweise Überstundenzuschläge, die Nachtarbeiter- sowie die Sonn- und Feiertagszuschläge, die Schmutz-, Hitze- und Lärmzulagen, die Gefahrenzulagen sowie entsprechende Leistungszulagen. Bei den Zuschlägen handelt es sich um 5 6
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BAG vom 11.10.1998 – 5 AZR 485/88; NZA 1990, 390. BAG vom 18.01.1974 – 3 AZR 183/73, AP Nr. 19 zu BGB; LAG Niedersachsen vom 10.12.1984 DB 1985, 658.
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echte Vergütungsbestandteile der tatsächlichen Vergütung und nicht um zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers sowie z.B. Gratifikationen. Die Zuschläge wie beispielsweise Nachtarbeitszuschläge oder Gefahrenzulagen sind gesetzlich in den entsprechenden Gesetzen bzw. Tarifverträgen verankert. Problematisch bleibt meistens die Vergütung von Überstunden. Überstunden werden entweder durch Freizeit oder aber durch angemessene Bezahlung abgegolten. Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit von Überstunden ist jedoch, dass ■ die Überstunden tatsächlich angefallen sind und ■ der Arbeitgeber diese auch angeordnet hat. Für beides ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Sofern der Arbeitgeber bei Lohnabrechnungen oder monatlichen Gesamtabrechnungen hinsichtlich der Stundenzahl bestätigt hat, dass der Arbeitnehmer eine gewisse Anzahl von Überstunden geleistet hat, ist der Arbeitgeber auch zur Vergütung verpflichtet. Sofern dies nicht erfolgt ist, muss der Arbeitnehmer konkret und detailliert für jeden einzelnen Tag und zeitgenau darlegen und beweisen, dass die Überstunden tatsächlich angefallen sind und vor allen Dingen auch, dass der Arbeitgeber diese angeordnet hat. Sie müssen also mindestens betriebsnotwendig gewesen sein. Damit will man verhindern, dass sich die Arbeitnehmer „sehr viel Zeit lassen“, um ihre Arbeit zu verrichten. Je höher die Vergütung ist, desto eher wird man im Rahmen eines Vertrages vereinbaren, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein entsprechendes Bruttoentgelt zahlt, die wöchentliche Stundenzahl 40 Stunden beträgt und dass etwaig anfallende Überstunden mit dem gezahlten Bruttoentgelt abgegolten sind. Eine solche Vereinbarung ist zulässig. Ob die Überstunden durch den Arbeitgeber in Freizeit abgegolten werden oder aber vergütet werden, bedarf der vertraglichen Vereinbarung. Es gibt keine gesetzliche Regelung, dass Überstunden in jedem Fall zu vergüten sind, sofern die Möglichkeit besteht, die Überstunden im Rahmen von Freizeitausgleich abzugelten.7
B.
Verschiedene Formen der Arbeitsvergütung
I.
Vergütung in Naturalien (Sachbezüge)
Unter einer Vergütung in Naturalien (Sachbezüge), auch Naturalvergütung genannt, versteht man jede Zuwendung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, die nicht in Geld geleistet wird. Darunter ist nicht etwa die Hingabe von Scheck oder Wechseln gemeint, sondern beispielsweise die Überlassung von Firmenfahrzeugen auch zur privaten Nutzung sowie das Stellen einer Dienstwohnung und die Möglichkeit für den Arbeitnehmer sich einen höheren Lohn durch die Empfangnahme von Trinkgeldern zu verschaffen.
1. 16
Entgelt und verschiedene Formen der Arbeitsvergütung
Dienstwagen
Ab einer gewissen Gehaltsstufe und Position in einem Unternehmen ist es üblich, dass dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen bzw. ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt wird, das dieser 7
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BAG vom 04.05.1994 – 4 AZR 445/93, DB 1994, 2398.
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B. Verschiedene Formen der Arbeitsvergütung auch an allen Tagen privat nutzen darf. Es handelt sich dabei um eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und diese hat Entgeltcharakter. Im Regelfall wird die Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung arbeitsvertraglich geregelt. Es kommt auch vor, dass dies außerhalb des Arbeitsvertrages in einer so genannten Dienstwagenvereinbarung als Anlage zum Arbeitsvertrag vereinbart wird. Dabei stellt bereits die Überlassung des Dienstwagens für den Arbeitsweg zwischen der Privatwohnung des Arbeitnehmers und dem Unternehmen eine private Nutzung dar. Entweder wird dem Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug gestellt oder aber es wird eine Obergrenze in der Dienstwagenvereinbarung angegeben, bis zu der sich der Arbeitnehmer ein entsprechendes Fahrzeug „aussuchen“ darf. Die private Nutzungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer besteht auch in Zeiten der Nichtarbeit sowie während der Zeiten, in denen der Arbeitgeber auf Grund des EFZG verpflichtet ist, die vereinbarte Vergütung weiter zu zahlen. Nach Ablauf der 6 Wochen im Rahmen des Entgeltfortzahlungsgesetzes erlischt jedoch der Anspruch des Arbeitnehmers auf private Nutzung des Fahrzeuges.8 Dies kann bedeuten, dass das Fahrzeug während des Bezuges von Krankengeld bzw. einer länger andauernden anderweitigen Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber benötigt wird und für diesen Zeitraum an den Arbeitgeber herausgegeben werden muss. Fraglich ist, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf gleichwertigen Ersatz bzw. Wertersatz hat. Da die Überlassung des Dienstfahrzeuges zu privaten Zwecken einen Teil des Arbeitsentgeltes des Arbeitnehmers darstellt, dürfte ein solcher Anspruch nicht bestehen. Insbesondere bei langen Kündigungsfristen kann es jedoch in Bezug auf die Frage, was mit dem Dienstwagen geschieht, zu Unstimmigkeiten kommen. Um solchen Schwierigkeiten und Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen, ist es in jedem Fall sinnvoll, entweder im Arbeitsvertrag oder aber im Rahmen einer Extravereinbarung eine entsprechende Dienstwagenvereinbarung zu schließen, die für klare Verhältnisse sorgt. Eine solche könnte sinngemäß wie folgt aussehen: + Muster: Dienstwagenverordnung Dienstwagenvereinbarung zwischen der Firma ……………………………. – nachstehend: Arbeitgeber – und Herrn/Frau ………………………………….. – nachstehend: Arbeitnehmer – wird hinsichtlich der Nutzung des näher bezeichneten Dienstwagens Folgendes vereinbart: § 1 Überlassung des Dienstwagens Der Arbeitgeber stellt dem Mitarbeiter ab dem ……………… einen Dienstwagen der Mittelklasse Marke ………… …………………, Kennzeichen …………………., Fahrgestell-Nr. ………………………………… zur Verfügung.
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LAG Köln vom 29.11.1995, NZA 1996, 986.
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Entgelt und verschiedene Formen der Arbeitsvergütung
oder (Der Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber ab dem …………………… einen Dienstwagen. Der Arbeitnehmer kann auswählen zwischen …………………………………. (Marke und Typ des Kfz) und …………… ……………… (Marke und Typ des Kfz).) §2 (1) (2) §3 (1)
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(2)
§4 (1)
(2)
(3) (4)
(5)
Versicherung/Fahrzeugpapiere Die Versicherungsbeiträge sowie die Kfz-Steuer des in § 1 näher bezeichneten Fahrzeuges werden vom Arbeitgeber gezahlt. Der Arbeitnehmer bestätigt gegenüber dem Arbeitgeber, dass ihm der Fahrzeugschein am ………………… ausgehändigt worden ist. Wartungspflicht des Kfz Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, den Dienstwagen pfleglich zu behandeln. Er hat für die ordnungsgemäße Pflege und Wartung des Fahrzeuges Sorge zu tragen. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich sicherzustellen, dass sich das Fahrzeug jederzeit in einem betriebsbereiten und verkehrssicheren Zustand befindet. Ölwechsel und Kundendienst sind nach Vorschrift durchzuführen. Mindestens einmal im Monat muss das Fahrzeug gewaschen werden. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, anfallende Reparatur-, Wartungs- sowie Inspektionsarbeiten selbstständig durchführen zu lassen. Die hierfür anfallenden Kosten trägt der Arbeitgeber. Sofern die Reparaturkosten einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € übersteigen, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, vor Beauftragung der entsprechenden Kfz-Werkstatt den Arbeitgeber darüber zu informieren und die schriftliche Genehmigung des Arbeitgebers einzuholen. Etwas anderes gilt, wenn Gefahr in Verzug ist. Umfang der Nutzung Das Fahrzeug darf nur benutzt werden, wenn der Mitarbeiter in Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist. Es ist untersagt, das Fahrzeug in einem fahruntüchtigen Zustand zu führen. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, das Fahrzeug nur dann zu führen, wenn er keine alkoholischen Getränke (0,0 ‰) oder sonstige berauschende Mittel (Amphetamine und/oder Cannaboide) zu sich genommen hat. Für berufliche Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück steht dem Arbeitnehmer das Fahrzeug uneingeschränkt zur Verfügung. Gleiches gilt für Fahrten, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Für Privatfahrten steht das Fahrzeug dem Arbeitnehmer ebenfalls bis auf Widerruf zur Verfügung. Der geldwerte Vorteil wird durch eine pauschale Berechnung des Nutzungsvorteils mit monatlich ……………….. % des Listenpreises des Kfz für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ermittelt. Die Benzinkosten für die täglichen Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnung sowie für die gewöhnliche private Nutzung trägt der Arbeitgeber. Die Benzinkosten, die während des Erholungsurlaubs des Arbeitnehmers anfallen, trägt ausschließlich der Arbeitnehmer.
§ 5 Beifahrer Auf berufsbedingten Fahrten darf der Arbeitnehmer nur Kunden oder andere Mitarbeiter des Arbeitgebers mitnehmen. Das Fahrzeug darf keinem anderen Fahrer überlassen und auch nicht verliehen werden. §6 (1)
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Haftung Im Falle einer Beschädigung des Dienstfahrzeuges während einer betrieblichen Fahrt haftet der Arbeitnehmer lediglich für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in vollem Umfang. Bei anderen verursachten Schäden erfolgt eine Quotelung des Haftungsumfangs anhand des Grades des Verschuldens. Bei leichtester Fahrlässigkeit trifft den Arbeitnehmer kein Verschulden.
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B. Verschiedene Formen der Arbeitsvergütung (2) (3)
(4)
Gleiches gilt für Schäden, die der Arbeitnehmer Dritten zufügt. Für den Fall, dass es zu einer Beschädigung des Dienstwagens während einer Privatfahrt kommt, haftet der Arbeitnehmer in vollem Umfang unabhängig vom eigenen Verschulden. Der Arbeitnehmer stellt den Arbeitgeber insofern von allen Schadensersatzansprüchen Dritter frei. Sofern für den Schaden eine Versicherung aufkommt, haftet der Arbeitnehmer lediglich für den Verlust des Schadensfreiheitsrabattes für die Dauer von 5 Jahren und für die Selbstbeteiligung bei einer Kaskoversicherung. Der Arbeitnehmer ist berechtigt, das Fahrzeug seinem Ehepartner oder Lebensgefährten zu überlassen. Sofern durch diesen ein Schaden am Dienstfahrzeug entsteht, haftet der Arbeitnehmer ebenfalls uneingeschränkt für die Schäden am Fahrzeug und für die Schäden an Fahrzeugen Dritter.
§7 (1)
Widerruf der Überlassung Der Arbeitgeber ist berechtigt, sowohl die dienstliche als auch die private Nutzung des Dienstwagens jederzeit zu widerrufen. Im Falle der privaten Nutzung des Dienstwagens wird dem Arbeitnehmer eine Nutzungsentschädigung in Höhe von ………………… € brutto (Höhe des geldwerten Vorteils) pro Monat gezahlt. Gleiches gilt für Zeiten, in denen der Arbeitgeber keine Vergütung an den Arbeitnehmer zahlen muss. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer widerruflich von der Arbeitsleistung freigestellt ist, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den ihm überlassenen Dienstwagen unverzüglich an den Arbeitgeber herauszugeben. Für die bisherige Privatnutzung wird dem Mitarbeiter eine Nutzungsentschädigung in Höhe von …………………. € brutto für den freigestellten Zeitraum gewährt. (2) Die Pflicht zur Herausgabe des Dienstfahrzeuges besteht auch für den Fall der ordentlichen oder fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sofern der Arbeitgeber auf den Dienstwagen aus dringenden betrieblichen Gründen angewiesen ist. Auch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage entbindet den Arbeitnehmer nicht von der Rückgabeverpflichtung. Für die bisherige Privatnutzung wird dem Arbeitnehmer eine Nutzungsentschädigung in Höhe von …………….. € brutto gewährt. Hinweis: Es ist nicht zwingend erforderlich, dass man dem Arbeitnehmer eine Nutzungsentschädigung für die bisherige Privatnutzung zahlt. Es kann auch Folgendes formuliert werden: (3) Ein Anspruch auf Ersatz für die entgangene Privatnutzung besteht nicht.
§8 Die Überlassung des Fahrzeuges zu Dienst- bzw. Privatzwecken entfällt spätestens mit Ablauf des Arbeitsvertrages. Sofern der Arbeitnehmer das Fahrzeug nicht mehr privat nutzen möchte, besteht für ihn die Möglichkeit der Kündigung der vorliegenden Vereinbarung mit einer Frist von 2 Monaten zum Monatsende. §9 Änderungen oder Ergänzungen der vorstehenden Vereinbarung bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes seitens des Arbeitnehmers ist ausgeschlossen. ………………………………… Ort, Datum
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…………………………………. Arbeitgeber
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Exkurs: Steuerrechtliche Aspekte der Dienstwagenregelung Wie bereits ausgeführt, führt die Überlassung eines Fahrzeuges lediglich zu rein beruflichen Zwecken nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn. Dies ist immer nur dann der Fall, wenn zu der beruflichen Nutzung auch die Nutzung zu Privatzwecken hinzukommt. Wird dem Arbeitnehmer ein Fahrzeug des Arbeitgebers auch zur privaten Nutzung überlassen, stellt dies einen so genannten geldwerten Vorteil in Form eines Sachbezuges dar, der zum Arbeitslohn gerechnet wird und dementsprechend auch dem Lohnsteuerabzug unterliegt. Die Bewertung des Sachbezuges hinsichtlich der Kfz-Überlassung ist in § 8 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gesetzlich geregelt. Nach dieser pauschalierenden Regelung ist für jeden Monat der Privatnutzung 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung als Nutzungswert anzusetzen. Der Listenpreis ermittelt sich aus der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, wobei Sonderausstattung und Umsatzsteuer mit eingerechnet werden. Sofern das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird, erhöht sich der geldwerte Vorteil um 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG. Hierbei ist zu beachten, dass es sich um eine fiktive Anrechnung handelt; es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer das Fahrzeug tatsächlich für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt. Es kommt hier allein auf die Nutzungsmöglichkeit an. Sofern der Arbeitgeber die 1 %-Regelung vermeiden möchte und die tatsächlichen Kosten des Fahrzeuges ermittelt haben möchte, ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer ein Fahrtenbuch führt. Dies ist in § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG geregelt. Denn nur in diesem Fall kann die private Nutzung und der auf die dienstliche Nutzung fallende Anteil der Kosten in Ansatz gebracht werden. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss folgende Angaben enthalten: ■ gesonderte Aufzeichnung der dienstlich und privat zurückgelegten Fahrten ■ Angabe, ob es sich um eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handelt ■ Kilometerangabe bei Privatfahrten ■ für Dienstfahrten das Datum und den Kilometerstand zu Beginn und am Ende der Dienstfahrt, das Reiseziel sowie der Reisezweck und der vollständige Name und die Anschrift der aufgesuchten Geschäftspartner Für Steuerberater empfiehlt sich beispielsweise jeden Tag der Umweg zum zuständigen Finanzamt, um die Post abzugeben und -zuholen.
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Entgelt und verschiedene Formen der Arbeitsvergütung
Dienstwohnung
Die Überlassung einer Wohnung kann ebenfalls als Gegenleistung für geleistete Dienste des Arbeitnehmers gewährt werden. Der Arbeitnehmer muss jedoch für die Zurverfügungstellung der Wohnung keine besondere Vergütung zahlen. Das BGB unterscheidet zwischen Werkmietwohnungen gemäß § 576 BGB und Werkdienstwohnungen gemäß § 576 b BGB. Eine Werkmietwohnung ist eine Wohnung, die mit Rücksicht auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses vermietet wird. Die Besonderheit ist hier, dass neben dem Arbeitsverhältnis für die Zurverfügungstellung der Werkmietwohnung ein selbstständiger Mietvertrag abgeschlossen werden muss.9 Um eine Werkmietwohnung handelt es sich dann, wenn aus den Verträgen ersichtlich ist, dass das bestehende Arbeitsverhältnis die Geschäftsgrundlage für den Abschluss eines Mietvertrages über eine Werkmietwohnung darstellt.
9 BAG vom 03.06.1975 – 1 ABR 118/73 – AP BetrVG 1972, § 87 Werkmietwohnungen Nr. 3.
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B. Verschiedene Formen der Arbeitsvergütung Eine Werkdienstwohnung gemäß § 576 b BGB ist dadurch gekennzeichnet, dass ihre Nutzung arbeitsvertraglich vereinbart ist. Hier stellt die Nutzung der Werkdienstwohnung einen gesonderten Lohnbestandteil dar. Im Unterschied zur Werkmietwohnung wird kein selbstständiger Mietvertrag abgeschlossen. Die Wohnungsnutzung wird im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages mitgeregelt, so dass die einzige Anspruchsgrundlage für die Überlassung der Werkdienstwohnung der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag ist. Im Regelfall besteht zwischen der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und der Zurverfügungstellung der Werkdienstwohnung ein enger Zusammenhang wie beispielsweise bei einer Hausmeister- oder Pförtnerwohnung. Da für die Werkdienstwohnung kein selbstständiger gesonderter Mietvertrag geschlossen worden ist, kann das Mietverhältnis auch nicht unter Fortführung des Arbeitsverhältnisses gekündigt werden. Es handelt sich insoweit um eine unzulässige Teilkündigung.10 Sofern der Arbeitgeber den für die Nutzung der Wohnung anzurechnenden Geldwert zu seinen Gunsten und zu Ungunsten des Arbeitnehmers ändern möchte, ist dies nicht einseitig möglich, sondern es besteht lediglich die Möglichkeit, dieses durch eine einvernehmliche Vereinbarung oder eine Änderungskündigung durchzusetzen.11 Das Recht zur Nutzung der Werkdienstwohnung erlischt folgerichtig mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Obwohl es sich um eine Werkdienstwohnung handelt, stehen dem Mieter die entsprechenden Mieterschutzrechte zu, da sich aus § 576 b Abs. 1 BGB ergibt, dass die Vorschriften über die Miete analog anwendbar sind.
3.
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Steuerrechtliche Auswirkungen
Naturalbezüge sind als geldwerter Vorteil dem Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV zuzurechnen. Es ist in diesem Zusammenhang auf die Sachbezugsverordnung vom 05.11.2001 (Bundesgesetzblatt I 2845) zu achten. Die Sachbezugsverordnung hat den Zweck, den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus für jedes Kalenderjahr zu bestimmen. Es gibt in dieser Verordnung Unterscheidungen zwischen freier Verpflegung, Unterkunft 10 11 12 13
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Trinkgelder
In manchen Branchen ist es üblich, dass sich die Arbeitnehmer eine weitere Verdienstmöglichkeit dadurch verschaffen, dass sie die Möglichkeit haben, Trinkgelder in Empfang zu nehmen. In erster Linie bezieht sich dies auf die Branchen der Gastronomie sowie für das Frisörhandwerk. Im Bereich der Gastronomie ist zu beachten, dass die Trinkgelder, die die Gäste dem Personal aushändigen, keine zum Arbeitsentgelt gehörenden Sachbezüge darstellen. Dies ergibt sich aus § 107 Abs. 3 GewO.12 Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Vereinbarung über Trinkgelder nur dann Vergütungsbestandteil werden kann, wenn die Arbeitsvertragsparteien dies entsprechend vertraglich geregelt haben. Aus diesem Grunde ergibt sich die Verpflichtung zur Auszahlung von Trinkgeldern durch den Arbeitgeber auch nur dann, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet. Während der Dauer des Urlaubs oder während einer Arbeitsunfähigkeit besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf diese Vergütung.13 Trinkgelder, die freiwillig von Kunden gezahlt werden, sind gemäß § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei.
4.
25
BAG vom 23.08.1989 – 5 AZR 569/88, NZA 1990/191. ArbG Hannover vom 14.11.1990 – 10 Ca 379/90, BB 1991, 554. BAG vom 28.06.1995 – 7 AZR 1001/94, NJW 1996, 1012, 1013. BAG vom 28.06.1995 – 7 AZR 1001/94, NZA 1996, 252, NJW 1996, 1012, 1013.
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§6
Entgelt und verschiedene Formen der Arbeitsvergütung
und Wohnung bzw. sonstigen Sachbezügen. Beispielsweise ist bei einer Wohnung grundsätzlich die ortsübliche Miete anzusetzen. Naturalbezüge sind grundsätzlich auch steuerpflichtig. Bei steuerpflichtigen Sachbezügen handelt es sich um Leistungen des Arbeitgebers, die nicht in Geld gewährt worden sind. Die steuerliche Bewertung von Sachbezügen erfolgt nach dem Vorteilscharakter der Leistung für den Begünstigten. Sachbezüge, die einen Wert von 50,00 € monatlich nicht übersteigen, werden gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht erfasst.
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29
II.
Entgelt für spezielle Leistungen
1.
Akkordlohn
Beim Akkordlohn wird die Vergütung des Arbeitnehmers am Ergebnis seiner Tätigkeit gemessen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich die entsprechenden Arbeitsabläufe jeden Tag und kontinuierlich wiederholen. Außerdem muss es für den Arbeitnehmer möglich sein, in gewisser Weise Einfluss auf die Produktion zu haben, da es beim Akkordlohn darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer schneller oder langsamer arbeitet. Je nachdem welche Vereinbarung die Parteien in dem Arbeitsvertrag geschlossen haben, gibt es verschiedene Formen des Akkords: ■ Stückakkord ■ Gewichtsakkord ■ Flächenakkord ■ Maßakkord ■ Pauschalakkord Es wird darüber hinaus bei der Berechnung des Akkordlohns zwischen einem so genannten Geldund Zeitakkord unterschieden. Beim Geldakkord errechnet sich der Akkordlohn nach der Formel: Arbeitsmenge × Geldfaktor und beim Zeitakkord errechnet sich der Akkordlohn nach der Vorgabezeit pro Stück × produzierte Menge × Geldfaktor. Beim Zeitakkord wird also die Vorgabezeit im Einzelnen ermittelt, während beim Geldakkord diese nur geschätzt wird. Vorherrschend wird wohl der so genannte Zeitakkord sein, da dieser für eine bestimmte Arbeitsleistung eine Zeit festlegt, die so genannte Vorgabezeit. Der Geldfaktor, mit dem die Vorgabezeit multipliziert wird, stellt den durchschnittlichen Arbeitslohn des Arbeitnehmers pro Arbeitsminute dar. Dabei wird von dem so genannten Akkordrichtsatz ausgegangen. Unter dem Begriff Akkordrichtsatz versteht man den Betrag, den der Arbeitnehmer bei Normalleistung in der Stunde zu erhalten hat. Dieser ist vertraglich vorgegeben und setzt sich zusammen aus: ■ dem tariflich festgesetzten Stundenlohn, ■ und einem Zuschlag. Der Akkordlohn ergibt sich also aus der Multiplikation von Arbeitsmenge, Geldfaktor und Zeitfaktor. Der Vorteil für den Zeitakkord liegt darin, dass bei Lohnerhöhungen die Arbeitsvertragsparteien bzw. der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaft nur jeweils den Geldfaktor anpassen müssen und nicht insgesamt die Formel für den Zeitakkord ändern müssen. 66
6
B. Verschiedene Formen der Arbeitsvergütung Es ist auch noch zu unterscheiden zwischen Einzelakkord und Gruppenakkord. Anhand der Bezeichnung lässt sich erkennen, dass der Einzelakkord allein auf das Leistungsergebnis eines einzelnen Arbeitnehmers abstellt und der Gruppenakkord das Ergebnis einer genau abgrenzbaren Arbeitsgruppe zu Grunde legt. Ein Gruppenakkord kommt insbesondere dann zum Zuge, wenn die geschuldete Arbeitsleistung gewöhnlich nur von mehreren Arbeitnehmern gemeinsam erreicht werden kann.
2.
Prämien
Genau wie beim Akkordlohn wird hier die individuelle Leistung des Arbeitnehmers honoriert. Beim Prämienlohn kommt es nicht auf eine bestimmte Leistungseinheit oder eine bestimmte Leistungsmenge als Parameter an, sondern es spielen noch andere Bezugsgrößen eine Rolle. Dabei soll der Prämienlohn bzw. die Auszahlung einer Prämie insbesondere von der Qualität der Arbeit, der effektivsten Ausnutzung einer Maschine und insbesondere von der effektivsten Verwertung der zu verwendeten Materialien abhängen. Es gibt aber noch weitere Bezugsgrößen, auf Grund derer eine Prämie für den Arbeitnehmer gezahlt werden kann. So kann die Zahlung von Prämien auch von einer ganz bestimmten Arbeitsmenge sowie von der Qualität des Arbeitsproduktes abhängen. Im Hinblick auf eine vorgegebene Zeit kann es sich um eine Prämie für die Einhaltung von bestimmten Zeiten handeln oder aber es wird für den besonders effektiven Umgang mit den zu verwendenden Materialien eine so genannte Sparsamkeits- bzw. Ersparnisprämie gezahlt. ! Praxishinweis: Sowohl der Prämienlohn als auch der Akkordlohn ist gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 MuSchG für Schwangere und für Jugendliche (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 JArbSchG) sowie für Kraftfahrer (§ 3 FahrpersonalG) verboten.
3.
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32
Leistungslohn
Für den Leistungslohn kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausschließlich darauf an, dass die erbrachte Leistung des Arbeitnehmers mit einer bestimmten Bezugsleistung verglichen wird und man aus dem Vergleich dieser beiden Bezugsgrößen eine exakte Vergütung ermitteln kann.14 Eine spezielle Form des Leistungslohnes ist beispielsweise der Gedingelohn. Dieser wird immer noch im Bergbau verwendet. Grund hierfür ist, dass die Arbeitsbedingungen im Bergbau nicht über einen längeren Zeitraum gleichbleibend sind. Einen Zeitakkord wie in anderen Branchen ist unter diesen Umständen nicht möglich.
14 BAG vom 26.07.1988 – 1 AZR 54/87, NZA 1989, 109.
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§6
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III.
Vergütung für spezielle Ergebnisse
1.
Provision
Bei der Zahlung einer Provision kommt es nicht in erster Linie auf die geleistete Tätigkeit des Arbeitnehmers an, sondern darauf, inwieweit er an der Vermittlung bzw. Verwertung bestimmter Produkte oder Dienstleistungen in der freien Wirtschaft beteiligt ist. Es handelt sich also um den Fall einer erfolgsabhängigen Vergütung. Der Arbeitnehmer wird mit der Provision an dem Wert solcher Geschäfte beteiligt, die er in einem ganz bestimmten Bezirk mit ganz bestimmten Kunden vermittelt bzw. abgeschlossen hat. Der Grundfall ist, dass der Arbeitnehmer eine so genannte Grundvergütung erhält und sich die Provision dann nach dem Erfolg seiner Abschlüsse bzw. Vermittlungen berechnet. Man bezeichnet diese Provisionen auch als Vermittlungsprovision oder auch als Bezugsprovision bzw. Umsatzprovision. Der Arbeitnehmer kann auch auf eine Grundvergütung verzichten und sich die alleinige Vergütung nur auf Grund von Provisionen auszahlen lassen. Dies wird der Arbeitnehmer jedoch nur dann tun, wenn ihm eine entsprechend hohe Provision vertraglich zugesagt wird. Die Probleme bei der Entstehung eines Provisionsanspruches, der Durchsetzbarkeit bzw. Verjährung und der Darlegungs- und Beweislast sind recht umfangreich und es soll hier nur kurz auf die Problematik hingewiesen werden. Genaueres findet man in den Vorschriften der §§ 84 ff. HGB. Bei einer so genannten Umsatzprovision knüpft die Mehrvergütung an die Geschäftsumsätze des Unternehmens für ein Geschäfts- bzw. Kalenderjahr an. Der Arbeitnehmer erhält eine Grundvergütung und nach Erstellung der Bilanz erhält er beispielsweise 5 % Provision auf den Geschäftsumsatz des letzten Jahres. Bei der Umsatzprovision handelt es sich nicht um eine klassische Form der Provision, da hier der Gesamtumsatz des Unternehmens maßgeblich ist und nicht die persönliche Tätigkeit bzw. der persönliche Erfolg des Arbeitnehmers bei der Vermittlung von Geschäften mit Dritten.
2. 36
Entgelt und verschiedene Formen der Arbeitsvergütung
Tantieme
Bei der Tantieme handelt es sich um eine klassische Erfolgsbeteiligung des Arbeitnehmers an dem gesamten Geschäftsergebnis der Firma, bei der er angestellt ist. Es kommt auf die vertragliche Vereinbarung an, ob man beim Geschäftsergebnis auf den in der Handelsbilanz ausgewiesenen Gewinn abstellt oder aber beispielsweise auf den ausgeschütteten Gewinn oder den Umsatz. Häufig findet man Tantiemeregelungen bei höheren Angestellten wie Betriebsleitern oder leitenden Angestellten. Bei den Tantiemen, die einem leitenden Angestellten vertraglich zugesichert sind, handelt es sich um eine Vergütung, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erfolg der Firma steht. Wenn der leitende Angestellte in dem entsprechenden Geschäftsjahr keine Arbeitsleistung erbracht hat, steht ihm auch keine Tantieme zu. Die ausgeschüttete Tantieme steht also in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Arbeitnehmer auch – fast – das gesamte Jahr über eine Arbeitsleistung erbracht hat.
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6
B. Verschiedene Formen der Arbeitsvergütung
IV.
Sonstige Arten der Arbeitsvergütung
Es gibt noch viele weitere Arten der Arbeitsvergütung und es sollen hier exemplarisch noch 3 weitere vorgestellt werden:
1.
Zielvereinbarungen
In manchen Branchen ist es üblich, dass der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine Grundvergütung vereinbart und die zusätzliche Vergütung mit einer Zielvereinbarung als Grundlage vereinbart. Es handelt sich sodann um eine feste Grundvergütung mit einer zusätzlichen variablen Vergütung. Es kann vorkommen, dass ein Arbeitnehmer gar keine Grundvergütung erhält und sich sein Lohn ausschließlich aus dem Erreichen der Zielvereinbarung ergibt. Zielvereinbarungen sind Absprachen über gewisse Leistungsziele, die der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber in einem bestimmten Zeitraum, im Regelfall ein Jahr, erzielen soll. Fraglich ist, welche Folgen sich ergeben, wenn der Arbeitnehmer die Zielvereinbarung nicht erfüllt. Mit Vereinbarung eines besonderen Zieles könnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Werkvertrag gem. § 631 BGB geschlossen haben, da ein bestimmter Erfolg erreicht werden sollte. Beim Arbeitsvertrag handelt es sich jedoch, wie bereits erwähnt, um eine besondere Form des Dienstvertrages gem. § 611 BGB, denn der Arbeitnehmer schuldet nur seine Arbeitsleistung. Durch die Zielvereinbarung drückt der Arbeitgeber also nur seine Wunschvorstellung aus, welche Zahlen der Arbeitnehmer erreichen soll. Verfehlt der Arbeitnehmer dieses Ziel, erhält er dennoch die entsprechende – ggfs. gekürzte – Vergütung.
2.
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Aktienoptionen
Eine andere Möglichkeit, dem Arbeitnehmer eine zusätzliche Vergütungsmöglichkeit zu schaffen, ist die Ausgabe von so genannten „stock options“ (Aktienoptionen). Der Arbeitgeber möchte mit der Ausgabe von stock options erreichen, dass sich der Arbeitnehmer für das Unternehmen einsetzt und sich durch diese Motivation gestärkt mit dem Unternehmen identifiziert und eine höhere Leistung als gewöhnlich erbringt. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass er unmittelbar mit seiner Tätigkeit an dem Erfolg des Unternehmens partizipieren kann, indem „seine Aktien“ steigen. Allerdings ist die Ausgabe von „stock options“ in der Regel für höherrangige kaufmännische Angestellte sowie leitende Angestellte vorgesehen. Im Normalfall wird es für einen Arbeiter am Fließband Aktienoptionen geben.
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§ 7 Beendigung von Arbeitsverhältnissen A. 1
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Aufhebungsvertrag
Der Aufhebungsvertrag spielt in der Praxis eine große Rolle im Hinblick auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Insbesondere stellt der Aufhebungsvertrag eine sehr schöne Alternative zu einer risikobehafteten Kündigung dar, bei der der Arbeitgeber gegebenenfalls im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses damit rechnen muss, dass er dem Arbeitnehmer eine Abfindung zahlen „muss“, wenn er den Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigen will. Für den Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Arbeitgeber hat die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages verschiedene Vorteile: Zum Einen kann durch die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages die vertraglich oder gesetzlich geltende Kündigungsfrist verkürzt werden. Dies ist im Übrigen nicht nur für den Arbeitgeber von Bedeutung, sondern kann auch für den Arbeitnehmer günstig sein, wenn dieser sich kurzfristig vom Arbeitsverhältnis lösen will, um eine neue Tätigkeit aufzunehmen. Außerdem muss der Arbeitgeber nicht die allgemeinen Regeln nach dem Kündigungsschutzgesetz beachten. Darüber hinaus kommt auch der besondere Kündigungsschutz für bestimmte Arbeitnehmergruppen wie z.B. Auszubildende oder Schwangere sowie Schwerbehinderte nicht zum Zuge, da dieser bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses keine Rolle spielt. Darüber hinaus ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages auch deshalb vorteilhaft, weil der Arbeitgeber nicht die Anhörungs- und Zustimmungsrechte des Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG beachten muss. Auch bei einem leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG muss der Betriebsrat nicht informiert werden. Bei dem Aufhebungsvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag, bei dem die beiden Willenserklärungen der Vertragsparteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet sind. Die Parteien müssen auch beachten, dass sie bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages die Schriftform im Sinne der §§ 623, 126 BGB beachten. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass eine elektronische Form ausgeschlossen ist. Dies bezieht sich auch auf die Übersendung eines Aufhebungsvertrages per Fax. Auch wenn dieser von beiden Parteien unterschrieben ist, liegt keine wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Es besteht die Möglichkeit, einen einfachen Aufhebungsvertrag zu schließen oder einen sehr ausführlichen, bei dem sehr viele Punkte geregelt werden. Mindestbestandteil eines Aufhebungsvertrages muss jedoch sein, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass das bestehende Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt endet. Im Hinblick auf das Interesse des Arbeitnehmers sollte als Mindestvoraussetzung in einem Aufhebungsvertrag auch noch aufgenommen werden, dass die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrages auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt, um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden. ! Praxishinweis: Es gibt seit dem 19.12.1996 eine Dienstanweisung der Bundesanstalt für Arbeit, aus der hervorgeht, dass die Agentur für Arbeit bei einverständlicher Aufhebung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt. Wer selber mit seiner Unterschrift dazu beiträgt, dass das Arbeitsverhältnis vorzeitig ohne Einhaltung der ordentlichen Kündi-
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A.
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Aufhebungsvertrag
gungsfrist endet, muss als Arbeitnehmer damit rechnen, dass neben dem Ausspruch einer Sperrzeit ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 143 a SGB III die Folge ist. In einem einfachen Aufhebungsvertrag ist es nicht erforderlich, dass eine Regelung über eine Abfindung vorgenommen worden ist. Diese wird aber im Regelfall bei einem ausführlichen Aufhebungsvertrag eine Rolle spielen. Bei einem ausführlichen Aufhebungsvertrag sollte ebenfalls beachtet werden, dass man im Rahmen einer Präambel bzw. eines Vorwortes klarstellt, warum der nachfolgende Aufhebungsvertrag geschlossen wird. Beispielsweise könnte man die Formulierung wählen, dass der Arbeitgeber auf Grund eines erhöhten Absatzmangels und übersteigender Personalkosten zu einem starken Personalabbau gezwungen ist und dass vor diesem Hintergrund folgender Aufhebungsvertrag geschlossen wird. Folgende Punkte könnten geregelt werden: ■ Einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ■ Freistellung ■ Abfindung ■ Vererbbarkeit und Fälligkeit ■ Urlaubsansprüche ■ Hinweis auf sozialversicherungsrechtliche Folgen ■ Zeugnis ■ Wettbewerbsvereinbarung ■ Dienstwagen ■ Wiedereinstellungsanspruch ■ Outplacement-Beratung (In Führungspositionen und für leitende Angestellte wird oftmals vereinbart, dass Beratungsunternehmen beauftragt werden, die sich darauf spezialisiert haben, von dem betroffenen Arbeitnehmer ein ausführliches Profil zu erstellen und in diesem Profil die Stärken herauszuarbeiten. Sodann wird die Beratungsfirma mit dem Arbeitnehmer gemeinsam erarbeiten, wo und in welchem Bereich der Arbeitnehmer wieder arbeiten möchte. Die Bemühungen der Beratungsfirmen im Hinblick auf eine Outplacementvereinbarung sind oftmals sehr erfolgreich. Da die Kosten für eine derartige Outplacementberatung im Regelfall zwischen 10.000,00 und 20.000,00 € betragen, müssten diese im Rahmen der Vereinbarung einer Abfindung gegebenenfalls zu Ungunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden.) ■ Salvatorische Klausel
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Es können selbstverständlich noch weitere Punkte vereinbart werden, jedoch kann man bei der Vereinbarung der eben genannten Punkte bereits von einem ausführlichen Aufhebungsvertrag sprechen, der sehr viele Dinge regelt, die für beide Arbeitsvertragsparteien relevant sind. Im Anschluss an diesen Abschnitt werden ein einfacher und ein ausführlicher Aufhebungsvertrag als Muster dargestellt.
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Exkurs: Aufhebungsvertrag bei einem GmbH-Geschäftsführer Für die Abberufung eines GmbH-Gesellschafters ist gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG die Gesellschafterversammlung zuständig. Soweit es keine anderweitige Regelung in der Satzung oder dem Vertrag gibt, kann der Geschäftsführer einer GmbH mit sofortiger Wirkung von seinem Amt abberufen werden. Dies ergibt sich aus § 38 Abs. 1 GmbHG. Für den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit dem „ehemaligen“ Geschäftsführer ist es dabei notwendig, dass die GmbH durch einen anderen Geschäftsführer vertreten
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§7
Beendigung von Arbeitsverhältnissen
wird. Hierzu kann in der Gesellschafterversammlung auch beschlossen werden, dass ein gesondert bestellter Gesellschafter ausnahmsweise die Vertretung übernimmt. Weitere Besonderheiten sind bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einem GmbH-Geschäftsführer nicht zu beachten. Sofern die Bestellung eines Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft widerrufen werden soll, ist hierfür erforderlich, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Für die Feststellung dieses wichtigen Grundes ist der gesamte Aufsichtsrat ausschließlich zuständig. 7
+ Aufhebungsvertrag kurz Aufhebungsvertrag zwischen ……………………………………………. – nachstehend: Arbeitgeber – und
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Herrn/Frau………………………………. – nachstehend: Arbeitnehmer – wird folgender Aufhebungsvertrag geschlossen: § 1 Einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des ………………… im beiderseitigen Einverständnis enden wird. § 2 Abfindung Zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Ausscheidens gemäß den §§ 9, 10 KSchG, §§ 24, 34 EStG eine Abfindung in Höhe von ……………… € brutto. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Abfindung vererbbar und mit dem Tag der Unterzeichnung des Vertrages entstanden ist. § 3 Hinweis auf Sozialversicherungsrecht Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer auf die sozialversicherungsrechtlichen Folgen bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages hingewiesen. Insbesondere hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hingewiesen, dass bei der einvernehmlichen Beendigung eines Arbeitsvertrages die Agentur für Arbeit im Regelfall eine 12-wöchige Sperrzeit verhängt. § 4 Erledigungsklausel Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung der vorstehenden Vereinbarung sämtliche Ansprüche -gleich aus welchem Rechtsgrund- aus dem Arbeitsverhältnis sowie aus seiner Beendigung erledigt sind. § 5 Verzicht Der Arbeitnehmer erklärt, dass er ausdrücklich auf die Geltendmachung von etwaigen Anfechtungs- bzw. Widerrufsrechten verzichtet.
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Ort, den …………………..
Ort, den ………………………..
…………………………………. Arbeitgeber
…………………………………. Arbeitnehmer
A.
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Aufhebungsvertrag
+ Aufhebungsvertrag ausführlich
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Aufhebungsvertrag zwischen Firma ……………………………………………. – nachstehend: Arbeitgeber – und Herrn/Frau………………………………. – nachstehend: Arbeitnehmer – wird folgender Aufhebungsvertrag geschlossen: Präambel Der Arbeitgeber hat im letzten Geschäftsjahr erhebliche Gewinneinbußen hinnehmen müssen und ist aus diesem Grunde zu einem erhöhten Personalabbau gezwungen. In diesem Zusammenhang ist auch der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers betroffen und ein anderweitiger freier Arbeitsplatz steht in dem Unternehmen nicht zur Verfügung. Vor dem Hintergrund, dass der Arbeitgeber ansonsten eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen müsste, wird zwischen den Parteien folgender Aufhebungsvertrag geschlossen: § 1 Einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses Die Parteien sind sich darüber einig, dass das bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund arbeitgeberseitiger Veranlassung aus beitriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum ……………… einvernehmlich beendet wird. § 2 Abfindung Der Arbeitnehmer erhält für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß den §§ 9, 10 KSchG, §§ 24, 34 EStG in Höhe von …………………… € brutto. Der Abfindungsbetrag ist am …………………….. fällig. Mit Unterzeichnung der Vereinbarung ist die Abfindung bereits entstanden und vererbbar. Die Parteien vereinbaren, dass sich der Abfindungsbetrag um jeweils ein Bruttomonatsgehalt erhöht, sofern der Arbeitnehmer vorzeitig eine anderweitige Beschäftigung findet. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber dies 2 Wochen vor Arbeitsantritt bekannt zu geben. Für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens verpflichtet sich der Arbeitgeber, an den Arbeitnehmer eine Bruttomonatsvergütung als Abfindung zu zahlen. § 3 Freistellung Der Arbeitnehmer wird bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung widerruflich freigestellt. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer während der Freistellung jederzeit ganz oder teilweise unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von einer Woche an den Arbeitsplatz zurückrufen. §4 Die Parteien vereinbaren, dass es dem Arbeitnehmer gestattet ist, seine Arbeitskraft während der Freistellung anderweitig zu verwerten. Ein etwaiger Zwischenverdienst wird nicht angerechnet. (Alternativ:) Ein etwaiger Zwischenverdienst wird angerechnet. Die Erlaubnis, während der Freistellung eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, bezieht sich nicht auf die Tätigkeit bei Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers. Der dem Arbeitnehmer zustehende Resturlaub bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Höhe von ……………. Tagen, wird während der Dauer der Freistellung in der Zeit von ………………. bis …………….. gewährt. 73
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§7
Beendigung von Arbeitsverhältnissen
§ 5 Hinweis auf Sozialversicherungsrecht Der Arbeitnehmer wurde vom Arbeitgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er bei einer vorzeitigen einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Nichteinhaltung der Kündigungsfrist mit einer Sperrfrist der Agentur für Arbeit rechnen muss. Der Arbeitnehmer erklärt ausdrücklich, dass der Arbeitgeber ihn über die sozialversicherungsrechtlichen Folgen aufgeklärt hat und er die Aufklärung verstanden hat. § 6 Qualifiziertes Zeugnis Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes wohlwollendes Zeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt, zunächst als Zwischenzeugnis zu erteilen. Die Parteien vereinbaren sowohl für Führung als auch für Leistung die Note …………….. Das Endzeugnis wird mit dem Zwischenzeugnis übereinstimmen. § 7 Geheimhaltung/Betriebsgeheimnisse Der Arbeitnehmer verpflichtet sich gegenüber dem Arbeitgeber auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gegenüber Dritten zu offenbaren. Gleiches gilt für den Inhalt des Aufhebungsvertrages. Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen wird u.a. Folgendes verstanden: – – – – –
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§ 8 Dienstwagen Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Arbeitnehmer den ihm überlassenen Dienstwagen am Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unaufgefordert zurückgibt. Es besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer das Fahrzeug käuflich erwirbt. Zu diesem Zweck wird ein Gutachten eines unabhängigen Kfz-Sachverständigen eingeholt, um den Verkehrswert des Fahrzeuges zu ermitteln. Die Kosten für die Beauftragung des Sachverständigen tragen beide Parteien zur Hälfte. § 9 Erledigungsklausel Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Abschluss des Aufhebungsvertrages sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, aus seiner Beendigung, für die Zeit nach Beendigung erledigt und abgegolten sind, sofern sich nicht aus dem Vertrag etwas anderes ergibt. Der Arbeitnehmer verzichtet ausdrücklich auf einen etwaigen Wiedereinstellungsanspruch.
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Ort, den ………………………..
Ort, den ………………………….
………………………………….. Arbeitgeber
…………………………………… Arbeitnehmer
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B. Die Abfindung
B.
Die Abfindung
Die Abfindung wird in den §§ 9, 10 KSchG geregelt. Gewöhnlich soll eine Abfindung gezahlt werden für den Verlust eines Arbeitsplatzes, obwohl eine sozialwidrige Kündigung vorliegt. Es sollte immer darauf geachtet werden, dass eine Regelung darüber getroffen wird, wann der Abfindungsbetrag fällig ist und dass die entsprechende Abfindung auch mit Abschluss eines entsprechenden Vertrages bereits vererblich ist. Sofern der Arbeitgeber zwischenzeitlich in die Insolvenz gerät, gilt die seit dem 01.01.1999 geltende Insolvenzordnung. Der Arbeitnehmer ist also mit seinem Abfindungsanspruch Insolvenzgläubiger gemäß den §§ 38, 108 Abs. 2 InsO und nimmt an der quotenmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse teil. Die Höhe der Abfindung ist frei verhandelbar. Es soll noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass bis auf die Ausnahme gemäß § 1 a KSchG kein Anspruch des Arbeitnehmers auf die Zahlung einer Abfindung besteht. Zur Regelung des § 1 a KSchG: Der Gesetzgeber wollte mit der Änderung des Kündigungsschutzgesetzes zum 01.01.2004 für den Arbeitgeber eine Möglichkeit schaffen, dass dieser dem Arbeitnehmer bei Ausspruch einer Kündigung anbietet, dass ihm die so genannte Regelabfindung zusteht, wenn er denn auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet. Problematisch an dieser Vorschrift ist, dass der Arbeitnehmer durch Schweigen eine Willenserklärung abgeben soll, was rechtlich an sich nicht möglich und nur unter Kaufleuten der Fall ist. Außerdem hat der Gesetzgeber vergessen, im Rahmen dieser Regelung auf die Vererbbarkeit der Abfindung hinzuweisen. Die Vorgehensweise, die der Gesetzgeber zum 01.01.2004 geschaffen hat, hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt. Bemessungsgrundlage für die Abfindung ist immer der Monatsverdienst eines Arbeitnehmers. Der Bruttomonatsverdienst setzt sich aus allen Grundvergütungen, dem Gehalt, Zeitlohn usw. zusammen. Dazu gehören auch Zuwendungen, die Entgeltcharakter haben, wie z.B. das 13. Monatsgehalt oder Umsatzbeteiligung. Die so genannte Regelabfindung beträgt pro Beschäftigungsjahr ein halbes Bruttomonatsgehalt. Der Gesetzgeber hat als normale Höchstgrenze für die Abfindung gemäß § 10 Abs. 1 KSchG einen Betrag in Höhe von 12 Monatsverdiensten vorgeschrieben, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Beendigung noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet hat und ein Arbeitsverhältnis noch nicht mindestens 15 Jahre bestanden hat. Eine Abfindung von bis zu 15 Monatsverdiensten soll möglich sein, wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 50. Lebensjahr vollendet hat und das Arbeitsverhältnis in diesem Zeitpunkt bereits 15 Jahre bestanden hat. Absolute Höchstgrenze sollen 18 Monatsverdienste sein, dies jedoch nur dann, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr vollendet hat und bereits mindestens 20 Jahre im Betrieb gearbeitet hat. Unabhängig davon, in welcher Höhe die Abfindung gezahlt wird, ist es für die Arbeitsvertragsparteien immer interessant, was mit der Abfindung im steuerrechtlichen Sinne geschieht. Der Arbeitgeber möchte wissen, welchen Betrag er in letzter Konsequenz an den Arbeitnehmer auszahlen muss und für den Arbeitnehmer ist ausschließlich interessant, was „zum Schluss bei ihm ankommt“. Bis zum 31.12.2005 waren gemäß § 3 Nr. 9 EStG Abfindungen bis zu einer bestimmten Höhe steuerfrei. Seit dem 01.01.2006 ist jedoch § 3 Nr. 9 EStG dergestalt geändert worden, dass Abfindungen nur noch unter den Voraussetzungen der §§ 24, 34 EStG steuerlich privilegiert sind. 75
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Diesbezüglich wird immer von der so genannten 1/5-Regelung gesprochen. Es handelt sich dabei um steuerermäßigte Abfindungen und diese sind an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. Es handelt sich um eine steuerermäßigte Abfindung gemäß den §§ 24, 34 EStG, wenn es sich bei der Abfindung um eine Entschädigung als Ersatz für entgangene Einnahmen handelt und die Abfindungszahlung dazu bestimmt war, den Verlust entgangener Einnahmen mindestens teilweise auszugleichen. Außerdem muss sie sich auf eine Ersatzleistung beziehen, die auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht. Schließlich muss es sich um eine Zusammenballung von Einkünften in einem konkreten Veranlagungszeitraum handeln. Hinsichtlich der Zusammenballung von Einkünften im Sinne der Rechtsprechung des BFH ist Folgendes auszuführen: Eine Begünstigung der Abfindung im Rahmen der Regelung der §§ 24, 34 EStG beruht auf dem Gedanken der Steuergerechtigkeit. Die Steuergerechtigkeit soll sich dadurch manifestieren, dass durch die Zahlung der Abfindung in einem konkreten Veranlagungszeitraum dem Arbeitnehmer Einnahmen zufließen, die sich normalerweise über mehrere Jahre verteilt hätten und einer geringeren Steuerprogression unterfallen wären. Durch die Steuerbegünstigung der eben genannten Vorschriften soll der Progressionsnachteil abgefangen werden. Seit einem Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahre 1998 soll das Merkmal der Zusammenballung von Einkünften dann nicht erfüllt sein, wenn die anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung die Einnahmen, die bis zum Ende des Veranlagungszeitraumes entstanden wären, nicht übersteigt und der Arbeitnehmer auch darüber hinaus keine weiteren Einnahmen erzielt, die er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht gehabt hätte.1 Schließlich soll angemerkt werden, dass für den Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht, die wegen der im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandenen Rechtsanwaltskosten sowie Gerichtskosten als Werbungskosten gemäß § 9 EStG geltend zu machen.
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Beendigung von Arbeitsverhältnissen
Abwicklungsvertrag
Oftmals werden die Begriffe Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag von den Arbeitsvertragsparteien durcheinander gebracht. Dabei besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Verträgen. Bei einem Aufhebungsvertrag vereinbaren die beiden Parteien einvernehmlich, dass es zu einem späteren Zeitpunkt zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kommt, ohne dass eine Kündigung ausgesprochen wird. Im Gegensatz dazu setzt die Vereinbarung eines Abwicklungsvertrages voraus, dass der Arbeitgeber bereits eine Kündigung ausgesprochen hat und die Parteien nunmehr vereinbaren, welche Punkte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt werden sollen. Die Besonderheit des Abwicklungsvertrages liegt also darin, dass die beiden Willenserklärungen der Arbeitsvertragsparteien nicht auf die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet sind, sondern nur die Folgen der zuvor ausgesprochenen Kündigung regeln.2 ! Praxishinweis: Bei der Vereinbarung eines Abwicklungsvertrages ist unbedingt auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) hinzuweisen. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 18.12.2003 entschieden, dass es trotz der Vereinbarung eines Abwicklungsvertrages, also nach ausgesprochener Kündigung, zu einer Sperrfrist durch die Agentur für Arbeit kommen kann, da der
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BFH vom 04.03.1998 – XI R 46/97, DB 1998, 1266. BAG vom 28.06.2005 – 1 ABR 25/04, NZA 2006, 48, 50.
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C. Abwicklungsvertrag Arbeitnehmer darauf verzichtet hat, dass die Sozialwidrigkeit der Kündigung festgestellt wird.3 Das BSG hat in dem zitierten Urteil die Auffassung vertreten, dass der Abschluss eines Abwicklungsvertrages als wesentlicher Arbeitnehmerbeitrag zur Herbeiführung seiner Beschäftigungslosigkeit anzusehen ist. Würde der Abwicklungsvertrag also innerhalb der ersten 3 Wochen nach Ausspruch einer Kündigung abgeschlossen – so ist es üblich – so sieht das BSG hierin einen mittelbaren Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage, der sich für den Arbeitnehmer sperrzeitauslösend auswirkt. In der Praxis hat dies zur Folge, dass die Parteien sich im Vorfeld einer Kündigung bereits auf einen Vergleich einigen, jedoch im Hinblick auf die Befürchtung des Arbeitnehmers, dass bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit von 12 Wochen ausspricht, man die im Vorfeld im groben besprochene Einigung im Rahmen der Güteverhandlung protokollieren lässt. Die „Einigung“, die im Vorfeld erzielt wurde, sollte jedoch nicht in der wechselseitigen Korrespondenz wieder zu finden sein, da ein Dritter sonst auf die Idee kommen könnte, dass die Arbeitsvertragsparteien eine Vereinbarung zu lasten der Agentur für Arbeit geschlossen haben. Ein solcher „Vertrag zuungunsten Dritter“ wäre nichtig. + Muster Abwicklungsvertrag
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Abwicklungsvertrag zwischen Firma ……………………………………………. – nachstehend: Arbeitgeber – und Herrn/Frau………………………………. – nachstehend: Arbeitnehmer – wird folgender Abwicklungsvertrag geschlossen: § 1 Beendigung des Arbeitsverhältnisses Der Arbeitgeber hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht und betriebsbedingt unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum ………………. gekündigt. § 2 Freistellung Der Arbeitnehmer wird bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Bezüge widerruflich von der Arbeitsleistung freigestellt. Der Arbeitnehmer soll während der Zeit der widerruflichen Freistellung den ihm noch zustehenden Erholungsurlaub nehmen. Die Parteien vereinbaren, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, während der widerruflichen Freistellung eine anderweitige Tätigkeit anzunehmen, die jedoch nicht bei einem Konkurrenzunternehmen sein darf. Der entsprechende Zwischenverdienst wird angerechnet. § 3 Abfindung Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß den §§ 9, 10 KSchG, §§ 24, 34 EStG in Höhe von ……………….. € brutto. Es wird vereinbart, dass der Abfindungsanspruch mit dem Tag der Unterzeichnung entstanden und vererbbar ist. § 4 Dienstwagen Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, den Dienstwagen am Tag der Unterzeichnung dieses Vertrages nebst Schlüsseln und Papieren zurückzugeben. 3
BSG vom 18.12.2003 – B-11 AL 35/03 R, NZA 2004, 661.
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§7
Beendigung von Arbeitsverhältnissen
§ 5 Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sämtliche in seiner Tätigkeit bekannt gewordenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geheim zu halten. Unter Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist insbesondere Folgendes zu verstehen: – – – – § 6 Zeugnis Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer ein wohlwollendes qualifiziertes und berufsförderndes Zeugnis mit der Gesamtnote ……………… zu erteilen. Es handelt sich zunächst um ein Zwischenzeugnis, was jedoch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch als Endzeugnis mit dem gleichen Wortlaut dienen soll. § 7 Verzicht auf Rechte Der Arbeitnehmer verzichtet auf einen etwaigen Wiedereinstellungsanspruch und im weiteren Zuge verzichtet der Arbeitnehmer darauf, eine Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht zu erheben.
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§ 8 Hinweis auf sozialversicherungsrechtliche Folgen Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Folgen des Abschlusses eines Abwicklungsvertrages im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtlichen Folgen aufgeklärt. Der Arbeitnehmer bestätigt, dass der Arbeitgeber ihn entsprechend belehrt hat und er diese Belehrung auch verstanden hat. Insbesondere wird auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.12.2003 hingewiesen, bei dem ausdrücklich festgestellt worden ist, dass der Arbeitnehmer mit dem Verhängen einer Sperrzeit rechnen muss, wenn er innerhalb von 3 Wochen nach Ausspruch der Kündigung und vor Erhebung einer Kündigungsschutzklage einen Abwicklungsvertrag abgeschlossen hat. § 9 Erledigung Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Erledigung dieser Vereinbarung sämtliche gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis – egal aus welchem Rechtsgrund – erledigt sind. Ort, den ……………………………..
Ort, den ………………………….
………………………………………. Arbeitgeber
…………………………………… Arbeitnehmer
Das eben genannte Muster bezieht sich auf einen Abwicklungsvertrag, den die Parteien vor Erhebung einer Kündigungsschutzklage abschließen. Sofern der Arbeitnehmer bereits eine Kündigungsschutzklage erhoben hat, können die Punkte des Abwicklungsvertrages übernommen werden, es müsste nur als letzter Punkt mit aufgenommen werden, dass der Arbeitnehmer nach Unterzeichnung der Vereinbarung die Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Aktenzeichen ……………………. zurücknimmt.
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E. Anfechtung
D.
Erreichen der Altersgrenze
Das Arbeitsverhältnis endet im Regelfall automatisch, wenn die im Vertrag festgelegte Altersgrenze des Arbeitnehmers erreicht ist. Dabei ist zu beachten, dass es eine gesetzliche Altersgrenze nicht gibt. Gewöhnlich wird eine Formulierung gewählt, nach der das Arbeitsverhältnis automatisch mit Erreichen des 65. Lebensjahres endet. Das Arbeitsverhältnis soll üblicherweise auch dann automatisch enden, wenn für den Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht, dass er beispielsweise eine Erwerbsminderungsrente beziehen kann. § 41 Satz 1 SGB VI (Anspruch auf Rente wegen Alters) rechtfertigt nicht die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Die Arbeitsvertragsparteien können auch Altersgrenzen vereinbaren, die auf einen anderen Endzeitpunkt als die Vollendung des 65. Lebensjahres abstellen. Dies ist immer dann zulässig, wenn anerkennenswerte betriebliche Gründe oder Gründe in der Person des Arbeitnehmers bestehen und darüber hinaus gleichzeitig für eine ausreichende Altersversorgung gesorgt ist.4 Dies ist beispielsweise der Regelfall bei Piloten.
E.
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Anfechtung
Es gibt Fälle, in denen der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis anfechten kann. Die Anfechtung stellt eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers dar, die begründet werden muss. Es gibt insgesamt 6 Anfechtungsgründe im BGB. Relevant für die Praxis sind jedoch lediglich die Gründe des Erklärungs- und Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 BGB sowie der arglistigen Täuschung gemäß § 123 BGB. Die Rechtsfolge einer Anfechtung ist gemäß § 142 BGB, dass der Vertrag von Anfang an nichtig ist. Dies würde bedeuten, dass es zur Rückabwicklung der ausgetauschten Leistungen kommt. Im Arbeitsrecht ist jedoch eine Rückabwicklung der bereits geleisteten Arbeit nicht möglich. Deswegen ist die Anfechtung im Arbeitsrecht auch nicht ex tunc (von Anfang an) sondern ex nunc (für die Zukunft) wirksam. Dies bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis mit Ausspruch der wirksamen Anfechtung für die Zukunft beendet ist. Beispielsweise könnte sich ein Grund für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung dadurch ergeben, dass ein Arbeitnehmer beim Vorstellungsgespräch nicht angegeben hat, dass er an einem Bandscheibenvorfall leidet, obwohl er bei einem Sanitär- und Heizungsbetrieb eingestellt werden soll. Sollte der Arbeitgeber zu einem späteren Zeitpunkt darüber Kenntnis erlangen, kann er den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Gleiches gilt, wenn der vom Arbeitgeber geforderte handschriftliche Lebenslauf nicht vom Bewerber geschrieben wurde. Ein graphologisches Gutachten würde zu falschen Schlussfolgerungen über Charaktereigenschaften gelangen und der Bewerber hätte damit arglistig getäuscht. Letztlich muss jedoch immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Wurde der Bewerber eingestellt und arbeitet längere Zeit tadellos, wäre eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht verhältnismäßig und damit unwirksam. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Arbeitnehmer bei der Einstellung über die entsprechende Qualifikation getäuscht hat. So hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden, dass ein Steuerberater nach 7 ½ Jahren eine Bilanzbuchhalterin fristlos kündigen und den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten durfte, da diese die Ergebnisse der einzelnen Noten im Abschlusszeugnis zu ihren Gunsten verändert hat. Die Arbeitnehmerin hat also über ihre Quali4
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BAG vom 20.11.1987 – 2 AZR 284/86, BB 1988, 1466, DB 1988, 1501.
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§7
Beendigung von Arbeitsverhältnissen
fikation getäuscht und aus diesem Grund tritt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu Ungunsten der Arbeitnehmerin zurück.5 Für den Arbeitgeber ist die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung deswegen vorteilhaft, weil er zum einen den Betriebsrat nicht beteiligen muss und sich auch zum anderen nicht der Gefahr aussetzt, auf Grund der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes das Kündigungsschutzverfahren gegebenenfalls zu verlieren, wenn das Gericht feststellt, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Bei einer Anfechtung sind lediglich die Vorschriften aus dem Allgemeinen Teil BGB anwendbar.
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LAG Baden-Württemberg vom 13.10.2006 – 5 Sa 25/06, MDR 2007, 532, 533.
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§ 8 Beendigung durch Kündigung Es gibt 2 Arten von Kündigungen. Zum einen kann das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist – Tarifvertrag oder Individualvereinbarung oder § 622 BGB – gekündigt werden und zum anderen besteht die Möglichkeit, dass eine fristlose, das heißt, außerordentliche Kündigung ausgesprochen wird. Hierzu bedarf es eines wichtigen Grundes gemäß § 626 BGB. Schließlich besteht auch noch die Möglichkeit, eine so genannte Änderungskündigung auszusprechen. Hier kündigt der Arbeitgeber das zwischen den Arbeitsvertragsparteien bestehende Arbeitsverhältnis und bietet gleichzeitig mit der Kündigungserklärung einen neuen Arbeitsvertrag an, der im Regelfalls qualitativ oder aber mindestens in der Höhe der Vergütung schlechter ausfällt als der bisherige Arbeitsvertrag.
A.
Die ordentliche Kündigung
I.
Kündigungserklärung
1.
Person des Kündigenden
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Grundsätzlich muss einer der Vertragspartner das Arbeitsverhältnis kündigen. Die weitergehenden Ausführungen beschäftigen sich ausschließlich mit der Kündigung durch den Arbeitgeber, da eine Arbeitnehmerkündigung eher selten ist. Es muss also eine Kündigungserklärung erfolgen. Sofern eine natürliche Person handelt, muss diese die Kündigungserklärung abgeben. Bei juristischen Personen ist die Kündigungserklärung durch das vertretungsberechtigte Organ auszusprechen. Bei einer GmbH muss die Kündigungserklärung also seitens des Geschäftsführers erfolgen. Die Kündigung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft und sie muss höchst persönlich ausgesprochen werden. Eine Vertretung ist zwar möglich, der Arbeitgeber muss jedoch einige Voraussetzungen beachten. ! Praxishinweis: Selbstverständlich darf sich der Kündigungsberechtigte von einer anderen Person vertreten lassen, jedoch bedarf es dann einer Vollmacht. Gemäß § 167 BGB bedarf eine Vollmacht zwar grundsätzlich keiner bestimmten Form, jedoch ist es für die Vertretung bei einer Kündigungserklärung also einem einseitigen Rechtsgeschäft in jedem Fall notwendig, dass eine schriftliche Vollmachtsurkunde vorliegt. Sofern nicht der Geschäftsführer einer GmbH kündigt, sondern der Abteilungsleiter der GmbH, dem die Kündigungserklärung „delegiert“ worden ist, ist es für die Wirksamkeit der Kündigung erforderlich, dass der Abteilungsleiter bei der Kündigungserklärung, die er selber unterschreibt, auch gleichzeitig die entsprechende Vollmachtsurkunde, die der Geschäftsführer unterschrieben hat, im Original dem zu Kündigenden vorlegt. Tut er dies nicht, besteht für den Gekündigten die Möglichkeit, diese gemäß §174 BGB unverzüglich wegen Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde als unwirksam zurückzuweisen. Unter Unverzüglichkeit versteht man gewöhnlich ein Tätigwerden ohne schuldhaftes Zögern gemäß § 121 BGB. Es genügt dennoch nach der Rechtsprechung, wenn die Zurückweisung spätestens nach Ablauf einer Woche erfolgt.1 1
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LAG Düsseldorf vom 22.02.1995 – 4 Sa 1817/94, NZS 1995, 994.
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§8
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Es ist jedoch ratsam, so schnell wie möglich zu reagieren. Man sollte die Frist nicht eine Woche lang „aussitzen“. Da Kündigungen gewöhnlich vom Arbeitgeber erst am Ende eines Monats ausgesprochen werden, kann sich der Arbeitnehmer bei einer Frist von einer Woche so viel Zeit nehmen, dass die Zurückweisungserklärung erst zu Beginn des neuen Monats erfolgt, mit der Rechtsfolge, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis neu kündigen muss und eine neue Kündigungsfrist läuft. Der Mangel des Nichtbeifügens der Original-Vollmachts-Urkunde kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr wirksam nachgeholt, also geheilt werden.
2. 6
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9
Schriftform
Seit dem 01.05.2000 bedarf die Kündigungserklärung der Schriftform. Dies sieht § 623 BGB vor. Das Schriftformerfordernis gilt nicht nur für Kündigungen seitens des Arbeitgebers sondern auch für Kündigungen durch den Arbeitnehmer und betrifft alle Kündigungsarten. Unter Schriftform im Sinne dieser Vorschrift ist die Schriftform im Sinne von § 126 BGB gemeint. Deshalb muss das Kündigungsschreiben von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden. Die Unterschrift muss unterhalb des Textes stehen und es muss erkennbar sein, wer die Kündigungserklärung unterschrieben hat. Zwar muss der Name nicht leserlich geschrieben werden, es ist jedoch erforderlich, dass auf Grund des verwendeten Namenszeichens für den Gekündigten klar ist, wer die Kündigung unterschrieben hat. Auf Grund des Schriftformerfordernisses gemäß den §§ 623 und 126 BGB ist im Umkehrschluss festzuhalten, dass eine Kündigung in elektronischer Form, also per E-Mail, SMS oder Ähnlichem unwirksam ist. Gleiches gilt für eine Kündigungserklärung, die per Telefax übermittelt wird. Sofern das Schriftformerfordernis gemäß § 623 BGB nicht eingehalten worden ist, ist die Kündigung nichtig.
3. 8
Beendigung durch Kündigung
Inhalt der Kündigungserklärung
Der Arbeitgeber muss in der Kündigungserklärung keinen Grund angeben. Etwas anderes ergibt sich nur, wenn dies speziell in einem Arbeits- bzw. Tarifvertrag vorgesehen ist. Gegebenenfalls muss der Arbeitgeber im Rahmen eines späteren Kündigungsschutzverfahrens in der Lage sein, einen Kündigungsgrund zu nennen, damit er die Kündigung als sozial gerechtfertigt begründen kann. Außerdem muss sich aus der Kündigungserklärung ergeben, welche Kündigungsfrist der Arbeitgeber berechnet hat und zu welchem Datum das Arbeitsverhältnis beendet sein soll. Oftmals werden Formulierungen gewählt wie „zum nächst möglichen Termin“. Eine solche Erklärung soll ausreichend sein. Sofern der Arbeitgeber eine falsche Kündigungsfrist – gemeinhin eine kürzere – gewählt hat, schadet dies der Wirksamkeit der Kündigung nicht, da eine falsch berechnete Kündigungsfrist automatisch in die richtige Frist umgewandelt wird.2
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BAG vom 13.01.1982 – 7 AZR 757/79, NJW 1983, 303.
A.
4.
8
Die ordentliche Kündigung
Zugang der Kündigungserklärung
Die Kündigung bedarf als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dem Nachweis des Zugangs beim Erklärungsempfänger. Dies ergibt sich aus § 130 Abs. 1 BGB (Wirksamwerden von Willenserklärungen). Sofern der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, dem zu Kündigenden die Kündigungserklärung persönlich auszuhändigen und sich den Empfang bestätigen zu lassen, bestehen beim Zugang der Willenserklärung keinerlei Probleme. Mit der Aushändigung gilt die Kündigungserklärung als zugegangen. Schwieriger wird es, wenn die Kündigung dem zu Kündigenden zugestellt werden muss. Es handelt sich dabei um eine Kündigungserklärung unter Abwesenden. Es reicht aus, wenn das Kündigungsschreiben in den Hausbriefkasten des zu Kündigenden gelangt. Ebenfalls ist es ausreichend, wenn die Kündigungserklärung durch den Briefschlitz an der Haustür oder aber unter der Haustür durchgeschoben wird. Es kommt in diesem Zusammenhang immer darauf an, ob der Gekündigte die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine Kündigung während der aktuellen Arbeitsunfähigkeit in jedem Fall ausgesprochen werden kann und eine Kündigungserklärung auch während einer aktuellen Arbeitsunfähigkeit übergeben werden kann. Oftmals wird es aber so sein, dass die aktuelle Arbeitsunfähigkeit nicht der Kündigungsgrund sein dürfte. Um sicher zu gehen, dass eine Kündigungserklärung auch tatsächlich zugegangen ist, verwenden viele Arbeitgeber die Möglichkeit des Einschreibens. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Einschreiben mit Rückschein, Übergabe-Einschreiben sowie Einwurf-Einschreiben.
a)
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Übergabe-Einschreiben
Auch die Übermittlung durch Übergabe-Einschreiben ist nicht als sehr vorteilhaft zu beurteilen, da das Einschreiben erst dann als zugegangen gilt, wenn der Empfänger es tatsächlich in den Händen hält. Davon ist also auch abzuraten.
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Einschreiben mit Rückschein
Die Variante des Einschreibens mit Rückschein ist die schlechteste Variante, denn es besteht für den zu Kündigenden keine gesetzliche Verpflichtung, den roten Rückschein zu unterschreiben. Sofern der Arbeitgeber 2 bis 3 Wochen später den nicht unterschriebenen Rückschein zurückerhält, gilt die Kündigungserklärung und das Schriftstück nicht als zugegangen. Dies ist also die schlechteste Variante.
b)
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Einwurf-Einschreiben
Der Verfasser vertritt die Auffassung, dass die bestmögliche Variante das so genannte EinwurfEinschreiben ist. Hierbei wird das Schriftstück in den Hausbriefkasten gesteckt und der Postbote dokumentiert den Zeitpunkt des Einwurfes durch das Notieren des Datums und der genauen Uhrzeit in einem dafür vorgesehenen Heft. Das entsprechende Dokument, welches der Arbeitgeber auf Anforderung erhalten kann, stellt zunächst noch keinen Urkundsbeweis dar. Es handelt 83
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§8
Beendigung durch Kündigung
sich aber um ein sehr starkes Indiz, dass der zuständige Postbote das Schreiben wohl an dem Tag zu einer ganz bestimmten Uhrzeit auch in den Hausbriefkasten eingeworfen hat. Der Postbote kann auch als Zeuge aussagen.
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Übergabe bzw. Zugang durch Boten
Die sicherste Möglichkeit ist jedoch die Übermittlung des Kündigungsschreibens durch einen Boten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich um einen Boten handeln muss, der nicht gleichzeitig auch Organ einer Kapitalgesellschaft ist. Wenn der Geschäftsführer auf seinem Heimweg das Kündigungsschreiben bei dem Betroffenen einwirft, kann der Geschäftsführer sich zwar entsprechende Notizen machen, jedoch in einem späteren Verfahren nicht als Zeuge auftreten, da er als Organ der GmbH selber Partei des Prozesses ist. Es muss sich also um einen Zeugen handeln, der unabhängig von einer Organstellung als Vertrauensperson fungiert. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass der Bote das Kündigungsschreiben selber kennt, „eintütet“ und sodann zu dem Hausbriefkasten oder dem zu Kündigenden bringt. Sofern der zu Kündigende nicht angetroffen wird, sollte sich der Bote den Tag sowie den genauen Zeitpunkt notieren. Dies stellt in einem zukünftigen Arbeitsgerichtsverfahren ein gutes Beweismittel dar, da der Bote als Zeuge keinen Grund hat, eine falsche Aussage zu machen. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass der Arbeitgeber bei einer Kündigungserklärung in jedem Fall sicherstellen muss, dass die einseitige Willenserklärung auch zu dem Empfänger gelangt. Es wird hier vorgeschlagen, dass man dies entweder mit Einwurf-Einschreiben versucht oder aber die Kündigungserklärung durch Boten übermitteln lässt, sofern nicht die Möglichkeit bestand, dem zu Kündigenden die Kündigung persönlich zu übergeben.
II.
Schutz besonderer Personengruppen
1.
Mutterschutzgesetz
§ 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ist die zentrale Vorschrift, aus der hervorgeht, dass eine Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung nicht gekündigt werden darf. Eine Kündigung des Arbeitgebers wäre nichtig. Diese Regelung gilt bei sämtlichen Arten von Kündigungen, die der Arbeitgeber ausspricht. Es kommt beim Kündigungsschutz der werdenden Mutter darauf an, dass der Arbeitgeber positive Kenntnis von der Schwangerschaft hat im Zeitpunkt der Kündigungserklärung. Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch einer Kündigung nicht bei der betroffenen Arbeitnehmerin nachfragen oder besonderen Nachforschungspflichten nachkommen. Denn bei einem Einstellungsgespräch darf der Arbeitgeber die potentielle Arbeitnehmerin zwar nach einer Schwangerschaft fragen, jedoch hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass eine werdende Mutter zu jedem Zeitpunkt die Unwahrheit sagen darf, da absoluter Diskriminierungsschutz für die werdende Mutter besteht. Die Frau darf also beim Einstellungsgespräch lügen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Arbeitgeber bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis nicht größere Nachforschungen anstellen muss, um gegebenenfalls herauszufinden, ob die betroffene Arbeitnehmerin schwanger ist oder nicht. Viel mehr muss die betroffene Arbeitnehmerin selbst Nachforschungen anstellen, ob sie zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung schwanger war oder nicht. Wenn die Arbeitnehmerin selber noch keine positive Kenntnis hatte, jedoch die Möglichkeit einer Schwangerschaft besteht, ist ihr 84
A.
8
Die ordentliche Kündigung
anzuraten, den Hausarzt oder Gynäkologen aufzusuchen, um sich eine entsprechende Bestätigung ausstellen zu lassen. Diese Bestätigung muss innerhalb von 2 Wochen ab Zugang der Kündigungserklärung bei dem Arbeitgeber eingehen. Nur dann erreicht die Arbeitnehmerin, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Eine Mitteilung, die zu einem späteren Zeitpunkt beim Arbeitgeber eingeht, führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Der objektive Nachweis der Schwangerschaft muss nicht innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung geführt werden, sondern kann zu einem späteren – jedoch zeitnahen – Zeitpunkt nachgeholt werden. Es besteht also ein absoluter Kündigungsschutz im Hinblick auf eine ordentliche Kündigung. Wenn der Arbeitgeber glaubt, einen Grund für eine fristlose Kündigung, also einen wichtigen Grund gemäß § 626 BGB zu haben, ist er verpflichtet, vor Ausspruch einer Kündigung die Zulässigkeitserklärung der zuständigen Behörde einzuholen. Zuständig sind im Regelfall – je nach Bundesland – die Gewerbeaufsichtsämter oder die Ämter für Arbeitsschutz. Dabei ist seitens des Arbeitgebers zu berücksichtigen, dass er die Zustimmung der zuständigen Behörde vor Ausspruch der Kündigung einholen muss und diese auch vor Ausspruch der Kündigung vorliegen muss. Wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht, ohne dass die entsprechende Zulässigkeitserklärung der Behörde vorliegt, ist die Kündigungserklärung nichtig. Bei der beabsichtigten Kündigung wegen eines wichtigen Grundes ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nur 2 Wochen Zeit hat (§ 626 Abs. 2 BGB), um eine Kündigungserklärung auszusprechen. In diesem Fall muss er die Zulässigkeitserklärung der Behörde einholen und muss nach Vorliegen dieser Erklärung unverzüglich die beabsichtigte außerordentliche Kündigung aussprechen.
2.
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8
Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG)
Der Sonderkündigungsschutz für Arbeitnehmer in der Elternzeit stellt quasi eine Ergänzung zu der Vorschrift des § 9 MuSchG dar. Es soll nicht nur Kündigungsschutz während der Dauer der Schwangerschaft und bis 4 Monaten nach der Niederkunft bestehen, sondern es soll auch ein weiterer besonderer Kündigungsschutz für die Dauer der beantragten Elternzeit bestehen. Der Sonderkündigungsschutz, der sich aus dem BErzGG ergibt, gilt für alle Personen, die berechtigt sind, gemäß den §§ 15, 20 BErzGG Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Für den Arbeitgeber ist bedeutsam, dass der Sonderkündigungsschutz gemäß § 18 Abs. 1 BErzGG bereits dann greift, wenn der entsprechende Arbeitnehmer die Elternzeit verlangt hat. Dies gilt jedoch frühestens 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit. Wenn sich die Elternzeit direkt nach der Geburt des Kindes anschließen soll, muss sie spätestens 6 Wochen vor Beginn verlangt werden. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 1 BErzGG. In diesem Fall kommt es also entscheidend auf den Tag an, an dem der Arbeitnehmer seinen Anspruch beim Arbeitgeber geltend gemacht hat. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er eine beabsichtigte Kündigung immer erst nach Ablauf der Elternzeit aussprechen kann, da eine Kündigung, die noch während der Elternzeit dem zu Kündigenden zugeht, unwirksam ist. Dies gilt auch dann, wenn in der Kündigungserklärung ausdrücklich festgehalten wird, dass sich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst auf die Zeit nach Ablauf der Elternzeit beziehen soll.
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3. 24
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Beendigung durch Kündigung
Schwerbehinderung
Bis zum 30.06.2001 galt das Schwerbehindertengesetz und dieses ist zum 01.07.2001 dadurch abgelöst worden, dass die entsprechenden Regelungen in das Sozialgesetzbuch und hier speziell in die §§ 85–92 SGB IX eingegliedert worden sind. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Kündigungsschutz, der sich aus den §§ 85 ff. SGB IX ergibt, in allen Betrieben gilt und zwar auch in so genannten Kleinstbetrieben (die gewöhnlich nicht in den Geltungsbereich des KSchG fallen). Gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX gelten Menschen als schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 % vorliegt und der Wohnsitz des Betroffenen im Geltungsbereich des SGB IX liegt. Gleiches gilt sinngemäß für die Rechtmäßigkeit der Arbeit und der Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX. Der besondere Kündigungsschutz gilt auch für schwerbehinderte Menschen, die gleichgestellt sind. Eine Gleichstellung kann der Betroffene gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX erlangen, wenn er mindestens einen GdB von 30 % hat. Der Betroffene muss jedoch zuvor einen Antrag auf Gleichstellung bei der zuständigen Agentur für Arbeit gestellt haben. Wenn sowohl bei einem GdB von wenigstens 50 % als auch bei den Gleichgestellten ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid vorliegt, greift der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte. Im Unterschied zu dem besonderen Kündigungsschutz bei werdenden Müttern kommt es bei dem Sonderkündigungsschutz für Behinderte nicht auf die positive Kenntnis des Arbeitgebers an, sondern es kommt allein auf den objektiven Tatbestand an, ob die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des SGB IX vorliegt. Vor dem Ausspruch einer Kündigung ist es zwingend erforderlich, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes (ehemals Hauptfürsorgestelle) einholt. Eine Kündigung, die vor Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochen wird, ist unheilbar nichtig. Dies ergibt sich aus § 85 SGB IX i.V.m. § 134 BGB. Exkurs: Betriebliches Eingliederungsmanagement gemäß § 84 SGB IX § 84 Abs. 2 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber, für Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen arbeitsunfähig krank sind, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Ob die Arbeitsunfähigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz steht, spielt dabei keine Rolle. Das betriebliche Eingliederungsmanagement setzt alle Maßnahmen ein, die geeignet sind, die Arbeitsunfähigkeit zu beenden und den Beschäftigten mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen möglichst dauerhaft auf einem geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen. Das betriebliche Eingliederungsmanagement, welches eine Aufgabe des Arbeitgebers darstellt, gilt nicht nur für schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschäftigte, sondern es findet auf sämtliche (auch nicht behinderte!) Mitarbeiter des Betriebes Anwendung. Dies war zunächst in Literatur und Rechtsprechung umstritten, da es sich um eine Vorschrift aus dem Schwerbehindertenrecht handelt. Nunmehr hat aber das BAG klargestellt, dass sich § 84 SGB IX auf sämtliche Arbeitnehmer bezieht, die in einem Betrieb arbeiten. Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, die Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen möglichst zu überwinden, einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten. Man spricht deshalb im weitesten Sinne auch von einem „betrieblichen Gesundheitsmanagement“ zum Schutz der Gesundheit der Belegschaft.
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Die ordentliche Kündigung
Nach dem Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung behinderter Menschen vom 23.04.2004 hat der Gesetzgeber das Erfordernis der betrieblichen Prävention im Rahmen des SGB IX weiter gestärkt. Die Prävention umfasst in diesem Sinne alle Maßnahmen, die der Wiederherstellung der Gesundheit der Beschäftigten dienen. Wenn der Arbeitgeber von der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 84 SGB IX absieht, könnte dies dazu führen, dass eine zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochene personenbedingte Kündigung aus Krankheitsgründen für unwirksam und sozial ungerechtfertigt erklärt wird, da der Arbeitgeber nicht im Vorfeld versucht hat, eine anderweitige Lösung zu finden. Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines schwerbehinderten Arbeitnehmers oder eines Arbeitnehmers, der länger als sechs Wochen arbeitsunfähig krank war, kündigt, ohne zuvor das betriebliche Eingliederungsmanagement durchgeführt zu haben, führt dies allein noch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Unterlassung der Durchführung des entsprechenden Verfahrens gemäß § 84 Abs. 1 SGB IX kann jedoch nach einer Entscheidung des BAG bei der Bewertung des Kündigungsgrundes zu Lasten des Arbeitgebers berücksichtigt werden, wenn sich durch das Verfahren im Arbeitsverhältnis aufgetretene Schwierigkeiten hätten beseitigen lassen.3 Dies bedeutet in der Praxis, dass die Durchführung des Präventionsverfahrens zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzung darstellt, das Unterlassen des Arbeitgebers jedoch bei einer Kündigung zu seinen Lasten berücksichtigt wird. Es ist deshalb dem Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer, der eine eigene Kapitalgesellschaft hat oder ihr als vertretungsberechtigtes Organ vorsteht, dringend anzuraten, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, damit er zu einem später Zeitpunkt dem Gericht gegenüber nachweisen kann, dass er im Vorfeld alles versucht hat, um eine Kündigung, die ja als ultima ratio gilt, abzuwenden. Die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist jedoch immer nur dann möglich, wenn der betroffene Arbeitnehmer diesem auch zustimmt, da er über den Grund der Krankheit Auskunft geben muss; sonst hat die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens keinen Sinn.
4.
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Sonstige Fälle des Sonderkündigungsschutzes
Besonderen Kündigungsschutz genießen gem. § 15 KSchG die Mitglieder des Betriebsrats. Der Schutz gemäß § 15 Abs. 1 KSchG erstreckt sich auf alle ordnungsgemäß gewählten Betriebsratsmitglieder. Ebenfalls kündigungsgeschützt sind die Mitglieder des Wahlvorstandes. Eine ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes durch den Arbeitgeber ist demnach unzulässig. Ausnahmen gelten nur für den Fall der Stilllegung eines Betriebes oder einer Betriebsabteilung gemäß § 15 Abs. 4, 5 KSchG. Sofern der Arbeitgeber beabsichtigt, einem Betriebsratsmitglied außerordentlich zu kündigen, ist es erforderlich, dass er im Vorfeld die Zustimmung des Betriebsrates einholt. Wenn der Betriebsrat die Zustimmung verweigert, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Ersetzung der Zustimmung beim zuständigen Arbeitsgericht einzuholen. Der nachwirkende Kündigungsschutz für ein Betriebsratsmitglied, gilt auch noch ein Jahr nach Beendigung der Amtszeit als Betriebsratsmitglied.
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BAG vom 07.12.2006 – 2 AZR 182/06, NJW 2007, 1995.
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§8 33
Auch Auszubildende genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Innerhalb der ersten 3 Wochen nach Beginn des Ausbildungsverhältnisses kann der Arbeitgeber innerhalb der Probezeit ordentlich kündigen, danach besteht nur noch die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung. Wenn der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung ausspricht, ist durch den Auszubildenden zunächst die Schlichtungsstelle anzurufen, die bei den zuständigen Industrie- und Handelskammern anzufinden ist. Erst danach darf der Weg zum Arbeitsgericht gewählt werden.
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Beendigung durch Kündigung
Anhörung des Betriebsrates
Wenn in einem Unternehmen ein Betriebsrat besteht, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat vor Ausspruch einer Kündigung anzuhören. Unterlässt der Arbeitgeber die Anhörung, hat dies zur Folge, dass die Kündigung unwirksam ist. Die Betriebsratsanhörung kann auch nicht nachgeholt werden, so dass der Arbeitgeber bei einer unterlassenen oder nicht ordnungsgemäß durchgeführten Betriebsratsanhörung eine erneute Anhörung durchführen muss und erst dann eine neue Kündigung aussprechen darf. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates ist in § 102 BetrVG geregelt. Sofern der Betriebsrat Bedenken äußert oder gar Widerspruch einlegt, hindert dies den Arbeitgeber nicht, eine Kündigung auszusprechen. Der Betriebsrat hat also hinsichtlich des Anhörungsverfahrens kein Vetorecht, mit dem er eine Kündigung verhindern kann. Der Betriebsrat kann nur Bedenken äußern, was für den Arbeitnehmer deswegen günstig ist, weil er die Argumente, die der Betriebsrat vorgebracht hat, auch im Rahmen der Kündigungsschutzklage verwenden und verwerten darf. Der Arbeitgeber darf die Kündigung erst aussprechen, wenn der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Will der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer aussprechen, muss er eine 1-Wochen-Frist abwarten, innerhalb der der Betriebsrat seine Bedenken äußern bzw. Widerspruch einlegen kann. Beabsichtigt der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung auszusprechen, hat der Betriebsrat 3 Tage Zeit, seine Bedenken hierzu zu äußern. Erst nach Ablauf der Frist darf der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen. Betriebsräte ohne starkes Selbstbewusstsein äußern sich innerhalb der ihnen zustehenden Frist gar nicht und „lassen die Frist einfach auslaufen“, ohne sich zu äußern. Dies kommt immer häufiger dann vor, wenn der Betriebsrat sich nicht mit dem Arbeitgeber „anlegen“ will. Bei Abmahnungen, Aufhebungs- oder Abwicklungsverträgen ist die Zustimmung bzw. die Durchführung des Anhörungsverfahrens nicht nötig. Oftmals werden arbeitgeberseitig viele Fehler bei der Betriebsratsanhörung gemacht, da man dem Betriebsrat nicht sämtliche Informationen mitteilt, die dieser zur Beurteilung der Sozialwidrigkeit der Kündigung benötigt. Für die Betriebsratsanhörung wird laut Gesetz zwar keine Form vorgeschrieben, es ist aber aus Gründen der Beweislast dringend anzuraten, dass die Betriebsratsanhörung schriftlich durchgeführt wird. Die Unterlagen und das Anschreiben müssen dem Betriebsratsvorsitzenden ausgehändigt werden. An den Inhalt der Anhörung werden große Anforderungen gestellt und nachfolgend soll kurz skizziert werden, welchen notwendigen Inhalt eine Betriebsratsanhörung haben muss. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über alle Dinge informieren, die für die Entscheidungsfindung des Betriebsrates im Rahmen des Anhörungsverfahrens wichtig sind. Davon ausgenommen sind Tatsachen bzw. Umstände, über die der Betriebsrat bereits Kenntnis hat. Ob 88
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Die ordentliche Kündigung
der Arbeitnehmer Kenntnis von der beabsichtigten Kündigung hat, ist für das Anhörungsverfahren unerheblich. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat seine Absicht mitzuteilen, einem oder mehreren bestimmten Arbeitnehmern kündigen zu wollen. Es muss für den Betriebsrat klar sein, dass die Mitteilung des Arbeitgebers die Einleitung des Anhörungsverfahrens gemäß § 102 BetrVG darstellen soll. Außerdem muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kündigungsfrist mitteilen. Den genauen Kündigungstermin muss der Betriebsrat nicht wissen. Der Arbeitgeber sollte allerdings dem Betriebsrat mitteilen, wann er beabsichtigt, eine Kündigung auszusprechen. Sodann sind der Name des Arbeitnehmers sowie sämtliche Umstände, die seine Identifizierung möglich machen, anzugeben. Es ist erforderlich, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat sämtliche relevanten Sozialdaten (wie Familienstand, unterhaltspflichtige Kinder, GdB etc.) mitteilt. Schließlich kommt der Kernpunkt der Betriebsratsanhörung, nämlich die Begründung des Arbeitgebers, warum er beabsichtigt, einem bestimmten oder mehreren Arbeitnehmern zu kündigen. Der Betriebsrat soll ohne weitere Recherchen die Möglichkeit haben, zu der beabsichtigten Kündigungsentscheidung aus der Sicht des Arbeitnehmers eine Entscheidung zu treffen bzw. eine Beurteilung abzugeben. Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber beispielsweise die wirtschaftliche Situation des Unternehmens so genau wie möglich darstellen. Gibt es ein Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, muss der Arbeitgeber dieses dem Betriebsrat in Kopie zuleiten, damit sich der Betriebsrat selber ein eigenes Bild von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens machen kann. Eine pauschale Behauptung, dass es „dem Betrieb im letzten Jahr nicht gut ging“, reicht in keinem Fall aus. Der Arbeitgeber muss bei der betriebsbedingten Kündigung die unternehmerische Entscheidung nach Inhalt und Umfang darstellen und muss dem Betriebsrat plausibel darlegen, dass der konkrete Arbeitsplatz weggefallen ist. Er muss weiterhin darlegen, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht und dass er im Hinblick auf die im Gesetz vorgegebenen Kriterien die Sozialauswahl richtig getroffen hat. Bei einer personenbedingten Kündigung aus Krankheitsgründen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat sämtliche Fehlzeiten in einer Liste mitteilen. Er muss sodann dem Betriebsrat das Gutachten bzw. die Stellungnahme eines Arztes hinsichtlich der negativen Zukunftsprognose und Gesundheitsentwicklung mitteilen und muss darlegen, warum es zu Beeinträchtigungen im Betrieb bzw. Betriebsstörungen kommt. Außerdem muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitteilen, welche Kosten im Hinblick auf das Entgeltfortzahlungsgesetz auf ihn zukommen. Mit dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat exakt mitteilen, welches Fehlverhalten ihn dazu bewogen hat, eine verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. Dabei muss der Arbeitgeber zwischen Haupt- und Nebenpflichten unterscheiden. Es muss eine Interessenabwägung stattfinden, ob es dem Arbeitgeber weiter zuzumuten ist, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen oder ob der Vorfall nicht so gravierend ist, dass der Arbeitgeber noch weiter im Unternehmen tätig sein kann. Außerdem muss dem Betriebsrat mindestens eine Abmahnung vorgelegt werden, da die Kündigung immer als letzte Möglichkeit, also ultima-ratio, gilt. Checkliste: Damit der Arbeitgeber bei der Betriebsratsanhörung nichts vergisst, kann er sich an der nachfolgenden Checkliste „entlanghangeln“: Die nachfolgend aufgeführten Punkte sollten den Mindestinhalt einer Betriebsratsanhörung darstellen: v Person des zu kündigenden Arbeitnehmers v Sozialdaten wie unterhaltspflichtige Kinder und Familienstand 89
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§8
Beendigung durch Kündigung
v
Alter v Betriebszugehörigkeit v Sonderkündigungsschutz v Tätigkeitsbeschreibung v Darstellung des konkreten Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers v Beabsichtigter Kündigungszeitpunkt v Kündigungsfrist v Kündigungsart v Kündigungsgründe (ausführlich) v Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit Selbstverständlich können die Punkte in der Checkliste beliebig erweitert werden. Je mehr Informationen der Betriebsrat hat, desto eher kann er sich ein eigenständiges Bild von der beabsichtigten Kündigung machen. Gibt man zu wenige Informationen heraus und der Betriebsrat muss weitere Recherchen anstellen, läuft der Arbeitgeber Gefahr, dass die Betriebsratsanhörung zu einem späteren Zeitpunkt durch das Arbeitsgericht für unwirksam erklärt wird und die ausgesprochene Kündigung ist sodann unheilbar nichtig; die Anhörung kann hinsichtlich der zuvor ausgesprochenen Kündigung nicht nachgeholt werden.
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IV. 43
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Kündigungsfrist
Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen möchte, kommt es auf die exakte Berechnung der Kündigungsfrist an. Zunächst ist folgende Reihenfolge der Prüfung einzuhalten: ■ Individualvereinbarung ■ Tarifvertrag ■ § 622 BGB. Zunächst muss sich der Arbeitgeber den zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag genau anschauen und muss die dort vereinbarte Kündigungsfrist einhalten. Sofern die Kündigungsfrist über der des BGB und eines vermeintlich einschlägigen Tarifvertrages liegt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich an die Individualvereinbarung zu halten. Sollte es eine entsprechende Individualvereinbarung nicht geben, muss der Arbeitgeber einen gegebenenfalls einschlägigen Tarifvertrag beachten und wenn es einen solchen nicht gibt, gilt für die Berechnung der Kündigungsfrist § 622 BGB. Die gewöhnliche Kündigungsfrist beträgt 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Dies ergibt sich aus § 622 Abs. 1 BGB. Wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht, gelten gemäß § 622 Abs. 2 BGB die so genannten „Staffelkündigungsfristen“. Dabei kommt es auf die Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers an. Wenn der Arbeitnehmer mehr als 2 Jahre beschäftigt ist, gilt eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats. Die Staffelung gliedert sich in 7 Stufen und bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 20 Jahren gilt eine Kündigungsfrist von 7 Monaten zum Monatsende. Dabei ist gemäß § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB in jedem Fall für den Arbeitgeber zu berücksichtigen, dass Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr bei den verlängerten Kündigungsfristen nicht berücksichtigt werden. 90
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Die ordentliche Kündigung
> Beispiel: Nachdem ein Steuerberater 15 Jahre lang im Angestelltenverhältnis tätig war, kauft er ein Steuerbüro von einem älteren Kollegen, der aus dem Berufsleben aussteigen will. Nach der Übernahme möchte der „Neue“ einer Mitarbeiterin kündigen, die bereits seit 1986 in dem Büro tätig ist und mit 18 Jahren als Steuerfachgehilfin dort begonnen hat. Im Jahre 2007, die Mitarbeiterin ist also 39 Jahre alt, will der „Neue“ kündigen. Es gibt keinen Tarifvertrag und keine besondere Individualvereinbarung, so dass § 622 BGB gilt. Gemäß § 622 Abs. 2 Ziffer 7 BGB würde die Kündigungsfrist eigentlich 7 Monate zum Ende eines Kalendermonates betragen. Da jedoch gemäß § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB die Zeiten vor dem 25. Lebensjahr nicht berücksichtigt werden, ergibt sich folgendes: die Differenz von 39 zu 25 beträgt 14 Jahre, so dass nunmehr hinsichtlich der Kündigungsfrist § 622 Abs. 2 Ziffer 5, also eine Frist von 5 Monaten zum Ende eines Kalendermonates gilt. Eine Verkürzung von Kündigungsfristen ist nicht möglich, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben Entsprechendes vereinbart. Eine weitere Ausnahme bildet noch § 622 Abs. 5 BGB, wonach eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden kann, wenn der Arbeitnehmer nur als vorübergehende Aushilfe bis zu einem Zeitraum von 3 Monaten eingestellt wird oder aber wenn der Arbeitgeber im Regelfall nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten beschäftigt, und die Kündigungsfrist von 4 Wochen nicht überschreitet. Es besteht auch die Möglichkeit, dass in einem Arbeitsvertrag für beide Vertragsparteien eine längere Kündigungsfrist als die Grundkündigungsfrist vereinbart wird. Für den Arbeitgeber gelten die Staffelkündigungsfristen gemäß § 622 Abs. 2 BGB ohnehin, jedoch kann er im Rahmen eines Vertrauensvorschusses mit dem Arbeitnehmer eine längere Kündigungsfrist vereinbaren, die auch für ihn gelten soll, wenn dieser sich eine neue Beschäftigung sucht. Damit ist für den Arbeitgeber gewährleistet, dass er bei Ausscheiden des betroffenen Arbeitnehmers genügend Zeit hat, sich um adäquaten Ersatz zu bemühen und für den Arbeitnehmer hätte eine verlängerte Kündigungsfrist den Vorteil zu wissen, dass er bei Ausspruch einer Kündigung einen gewissen Zeitraum weiter Geld bekommt und sich in Ruhe einen neuen Arbeitsplatz suchen kann. Die Kündigungsfristen berechnen sich nach den allgemeinen Vorschriften der Fristberechnung gemäß den §§ 186 ff. BGB. Gemäß § 187 Abs. 1 BGB wird der Tag, an dem die Kündigung zugeht, nicht mitgerechnet. > Beispiel: Kündigungsfrist: 2 Monate zum Monatsende Kündigungszugang: 30.08.2007 Beginn der Kündigungsfrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB: 01.09.2007, 00:00 Uhr Fristende gemäß § 188 Abs. 2 BGB: 31.10.2007, 24:00 Uhr.
V.
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)
Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist lediglich über Formalien gesprochen worden, die der Arbeitgeber beim Ausspruch einer Kündigung beachten muss. Bisher ist noch mit keinem Wort auf irgendwelche Kündigungsgründe eingegangen worden. Die Kündigungsgründe kommen erst dann zum Zuge, wenn für das betroffene Arbeitsverhältnis, welches gekündigt werden soll, das KSchG gilt.
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Arbeitnehmereigenschaft
Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG können sich nur Arbeitnehmer auf den Kündigungsschutz nach dem KSchG berufen. Im Hinblick auf die Arbeitnehmereigenschaft wird auf die ausführliche Darstellung in § 2 des Buches verwiesen. Es soll noch einmal hervorgehoben werden, dass wichtigstes Kriterium nach Auffassung des Verfassers die Weisungsgebundenheit ist, deren Pendant das Direktionsrecht des Arbeitsgebers gemäß § 315 Abs. 1 BGB ist. Wenn die betreffende Person weisungsgebunden ist und in den entsprechenden Arbeitsablauf eines Betriebes eingegliedert ist, kann man ohne Weiteres davon ausgehen, dass es sich um einen Arbeitnehmer handelt. Zu der Frage, ob auch Organe von Kapitalgesellschaften wie z.B. der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstandsvorsitzende einer AG sich auf den Kündigungsschutz des KSchG berufen können, siehe § 8 D. Sofern es sich bei den gekündigten Arbeitnehmern um Selbstständige, Handelsvertreter, Heimarbeiter, Beamte oder arbeitnehmerähnliche Personen handelt, gilt das KSchG nicht. Auch für Auszubildende gilt nicht das KSchG, sondern das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Leitende Angestellte gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KSchG bzw. § 5 Abs. 3 BetrVG (die Regelungen sind nicht identisch; wenn jedoch die Voraussetzungen nach dem BetrVG gegeben sind, sind in jedem Fall auch die Voraussetzungen nach dem KSchG gegeben!) sind zwar auch Arbeitnehmer, jedoch bedarf der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung eines entsprechenden Arbeitsverhältnisses keiner Begründung. Der Arbeitgeber kann sich vom Arbeitnehmer durch Zahlung einer Abfindung lösen.
2. 53
Beendigung durch Kündigung
Wartezeit/Einheitlicher Betrieb
Der Arbeitnehmer genießt dann Kündigungsschutz, wenn er mindestens 6 Monate ununterbrochen in demselben Betrieb oder Unternehmen gearbeitet hat. Der Zeitraum von 6 Monaten entspricht auch der längsten Dauer der Probezeit, die der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer vereinbaren kann. Die so genannte „Wartezeit“ soll dem Arbeitgeber ermöglichen, die Fähigkeiten des Arbeitnehmers für eine Dauer von 6 Monaten zu erproben, bevor das KSchG eingreift. Denn nach dem Ablauf von 6 Monaten könnte das KSchG gelten und der Arbeitgeber kann sich von dem Arbeitnehmer nur wirksam ohne Zahlung einer Abfindung trennen, wenn ihm ein Kündigungsgrund zur Seite steht. Die Wartezeit bzw. die Probezeit kann auch nicht – unabhängig ob einseitig oder einvernehmlich – verlängert werden. Oftmals wird davon Gebrauch gemacht werden, wenn der Arbeitnehmer in der Probezeit für einen längeren Zeitraum erkrankt ist und eine tatsächliche Erprobung der Fähigkeiten innerhalb der Probezeit gar nicht möglich war. Wenn die Probezeit über einen Zeitraum von 6 Monaten verlängert worden ist, greift automatisch das Kündigungsschutzgesetz ein. Die Probezeit kann zwar einvernehmlich beispielsweise auf 3 Monate verkürzt werden, jedoch bedarf es für die Berufung des Arbeitnehmers auf die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes einer Mindestwartezeit von mehr als 6 Monaten. Exkurs: Umgehung des Kündigungsschutzes durch Arbeitgeber Manche Arbeitgeber versuchen, dem Kündigungsschutz zu entgegen, indem sie mehrere Betriebe gründen, bei denen die entsprechende Beschäftigungszahl (siehe § 8 A IV 3) nicht erreicht wird. So gab es beispielsweise eine Software Firma, die ein ganzes Bürogebäude gemietet hat, und in jeder Etage eine eigenständige GmbH gegründet hat, die mit entsprechender HRB92
A.
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Die ordentliche Kündigung
Nr. und beim Registergericht im Handelsregister eingetragen war. In jeder GmbH haben höchsten 4 bis 5 Mitarbeiter gearbeitet und beim Ausspruch einer Kündigung hat der Arbeitgeber geglaubt, dass er die Vorschriften des KSchG (jedenfalls bis zum 31.12.2003) nicht beachten musste. Das Arbeitsgericht ist jedoch hier von einem einheitlichen Betriebsbegriff ausgegangen, da die Räumlichkeiten, die Geschäftsführung, die Gesellschafter und die Lohnbuchhaltung sowie die genutzten Betriebsmittel von allen Gesellschaften einheitlich genutzt wurden. Hier hat das Arbeitsgericht eine Umgehung der KSchG gesehen und diese Regelungen bzw. Vorgehensweise des Arbeitgebers für unwirksam erklärt. Es handelte sich insgesamt um den gleichen Betrieb, da es u.a. die gleiche Betriebsstätte betroffen hat und alles unter einem einheitlichen Leistungsapparat stand. Für diesen Fall waren die Arbeitnehmer zusammenzuzählen, da es sich um einen einheitlichen Betrieb gehandelt hat.4 Es ist in jedem Fall erforderlich, dass die Arbeitgeberfunktion hinsichtlich des Direktionsrechtes gemäß § 315 Abs. 1 BGB einheitlich ausgeübt wird. Wenn der Arbeitgeber andere Räumlichkeiten, andere Gesellschafter sowie einen anderen Geschäftsführer gewählt hat und auch die Lohnbuchhaltung nicht von ein und dergleichen Stelle kommt, kann es zwar sein, dass die einzelnen Betriebe doch einheitlich geführt werden, jedoch ist der Nachweis für den Arbeitnehmer sehr schwierig, da die entsprechenden Kriterien für den einheitlichen Betrieb nicht erfüllt sind.
3.
Anzahl der Beschäftigten
a)
Gesetzeslage bis zum 31.12.2003
8
Das KSchG ist im Rahmen des Gesetzes zur Reform am Arbeitsmarkt am 24.12.2003 zum 01.01.2004 dahingehend geändert worden, dass gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG dieses nur dann gelten soll, wenn ein Betrieb in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Im Umkehrschluss bedeutet dieses, dass diejenigen Arbeitnehmer, die bis zum 31.12.2003 den Kündigungsschutz erworben haben, diesen auch behalten. Man spricht in diesem Zusammenhang von den so genannten „Altfällen“. Diese Situation führt dazu, dass der Arbeitgeber bei einer Kündigung und Prüfung, ob das KSchG Anwendung findet, immer in zweierlei Hinsicht die Anwendbarkeit des KSchG prüfen muss. Sofern es sich um einen Mitarbeiter handelt, der bereits zum 31.12.2003 Kündigungsschutz genossen hat, ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer, der nunmehr von einer Kündigung betroffen ist, zum Zeitpunkt der Kündigung immer noch Kündigungsschutz genießt. Bis zum 31.12.2003 fand das KSchG Anwendung, wenn der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigte. Genaugenommen musste sogar eine Mindestarbeitnehmerzahl von 5,25 erreicht werden, da teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG sowie § 622 Abs. 5 Satz 2 BGB anteilig berücksichtigt wurden. Teilzeitbeschäftigte, die regelmäßig zwischen einer und 20 Stunden gearbeitet haben, wurden und werden mit 0,5 (Arbeitnehmern) berücksichtigt und Teilzeitbeschäftigte, die zwischen 21 und 30 Stunden wöchentlich regelmäßig gearbeitet haben, sind mit 0,75 (Arbeitnehmern) berücksichtigt worden. Dies hatte zur Folge, dass man durchaus bei einer Beschäftigtenzahl auf Werte wie 5,25 oder 6,75 kommen konnte. Bei der Berechnung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit kommt es zwar auf die Vereinbarung im Arbeitsvertrag an, ausschlaggebend ist jedoch die tatsächliche Arbeitszeit, wenn der in die Berechnung aufzunehmende Arbeitnehmer regelmäßig mehr als die im Arbeitsvertrag festgelegte Stundenzahl leistet.
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BAG vom 23.03.1984 – 7 AZR 515/82, NZA 1984, 88.
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§8 59
Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass es bei der Anzahl der Mindestarbeitnehmerzahl nicht auf die Anzahl der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Kündigung ankommt, sondern auf die Zahl der „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer. Dabei ist auf die Zahl der regelmäßig beschäftigten ständigen Arbeitnehmer bei einer normalen Betriebstätigkeit und Auslastung abzustellen. Es muss hier also ein Rückblick auf die personelle Entwicklung im letzten Jahr stattfinden und eine Prognose hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Personalbedarfs.5 Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Schwellenwertes liegt beim Arbeitnehmer.6
b) 60
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Beendigung durch Kündigung
Seit dem 01.01.2004
Seit dem 01.01.2004 genießen die Arbeitnehmer nur dann Kündigungsschutz, wenn der Betrieb regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Auch hier werden die Teilzeitkräfte entsprechend berücksichtigt (0,5 oder 0,75 Arbeitnehmer). In diesem Zusammenhang erlaubt sich der Verfasser die Bemerkung, dass nicht selten die Dame, die am Freitagnachmittag die Praxis bzw. das Büro säubert, vergessen wird und da sie ca. 2–3 Stunden arbeitet mit einem Wert von 0,5 zu berücksichtigen ist und damit gegebenenfalls der Schwellenwert erreicht wird. Sofern also der Betrieb regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, und der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen möchte, findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis bzw. diese Kündigung Anwendung. Es lassen sich 3 Konstellationen unterscheiden: > 1. Beispiel Der Betrieb beschäftigt zum 31.12.2003 7 Vollzeitarbeitnehmer. Dies bedeutet, dass alle 7 Vollzeitarbeitnehmer Kündigungsschutz haben (so genannte „Altfälle“). Wenn sich die Größe des Betriebes hinsichtlich der Beschäftigungszahl nicht ändert, genießen die entsprechenden Arbeitnehmer auch bei einer Kündigung weiterhin Kündigungsschutz, jedoch nur dann, wenn es sich um die gleichen Mitarbeiter handelt, die bereits zum 31.12.2003 in dem Betrieb beschäftigt gewesen sind. Es muss sich also um die gleichen 7 Mitarbeiter handeln, die sowohl zum jetzigen Zeitpunkt noch beschäftigt sind als auch zum 31.12.2003. Handelt es sich lediglich um 7 Beschäftigte, von denen lediglich 3 zum 31.12.2003 beschäftigt waren, gilt das Kündigungsschutzgesetz für diese nicht und es handelt sich nicht um so genannten „Altfälle“. > 2. Beispiel Der Arbeitgeber hat zum 31.12.2003 7 Mitarbeiter und stellt im April 2006 2 weitere Mitarbeiter ein. Es handelt sich um Vollzeitmitarbeiter und sofern sich der Arbeitgeber von den beiden „neuen“ Arbeitnehmern trennen möchte, muss er lediglich die Schriftform der Kündigung, den Sonderkündigungsschutz sowie die Kündigungsfrist und die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates berücksichtigen. Er muss für die Kündigung keinen Grund angeben bzw. keinen Grund berücksichtigen. > 3. Beispiel Sofern der Arbeitgeber in dem gleichen Betrieb der vorgenannten Beispiele im Mai 2007 2 weitere Mitarbeiter in Vollzeit einstellt, handelt es sich nunmehr um einen Betrieb, der regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, so dass sämtliche Mitarbeiter des Betriebes (also auch die beiden, die im April 2006 eingestellt worden sind) Kündigungsschutz genießen. 5 6
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BAG vom 31.01.1991–2 AZR 356/90, NZA 1991, 562. BAG vom 15.03.2001–2 AZR 151/00, NZA 2001, 831.
A.
8
Die ordentliche Kündigung
> Besondere Konstellation (4. Beispiel) Sofern zum 31.12.2003 lediglich 5 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt sind und keine Teilzeitkräfte und zu einem späteren Zeitpunkt bei einer auszusprechenden Kündigung lediglich 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind, besteht für keinen der Arbeitnehmer Kündigungsschutz, da der Schwellenwert zu keinem Zeitpunkt erreicht wird bzw. wurde. Es heißt bei beiden Vorschriften, dass mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt sein müssen bzw. regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer.
VI.
Kündigungsgründe
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses soll nach dem so genannte ultima-ratio-Prinzip, das sich direkt aus § 1 Abs. 2 KSchG ergibt, nur die letzte Möglichkeit für den Arbeitgeber darstellen, auf ein Fehlverhalten oder auf eine wirtschaftliche Situation des Betriebes zu reagieren. Aus dem ultima-ratio-Prinzip folgt, dass der Arbeitgeber zunächst prüfen muss, ob er vor einer Beendigungskündigung nicht auch eine Änderungskündigung aussprechen kann. Sofern sich die Beendigungskündigung durch den Ausspruch einer Änderungskündigung vermeiden lässt, ist der Arbeitgeber gehalten, zunächst eine Änderungskündigung auszusprechen, da diese im Vergleich zur Beendigungskündigung das mildere Mittel darstellt. Der Vorrang der Änderungskündigung gilt für alle 3 Kündigungsgründe. Bei der Beurteilung von Kündigungen – unabhängig von dem Kündigungsgrund – kommt es immer auf die Umstände zum Zeitpunkt der Kündigung an. Sofern Umstände zu einem späteren Zeitpunkt, also nach Ausspruch der Kündigung eintreten, kann dies auf die zuvor ausgesprochene Kündigung keinen Einfluss mehr haben. Die Prüfung muss sich stets auf den Zeitpunkt der Kündigung konzentrieren. Da alle Kündigungsgründe als Voraussetzung haben, dass eine Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers nicht möglich ist, stellen alle Kündigungsgründe auch auf eine Prognose für die Zukunft ab. Aus diesem Grunde bleibt auch eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt und wirksam, wenn sich im Laufe eines Kündigungsschutzverfahrens oder während der Kündigungsfrist Umstände ergeben, aus denen sich ableiten lässt, dass es dem Unternehmen jetzt wieder besser geht. Trotzdem kann eine zuvor ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung wirksam sein. Schließlich muss bei allen Kündigungen zuvor eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Sofern ein Gericht jedoch betriebsbedingte Gründe als Kündigungsgrund anerkennt, ist für eine Interessenabwägung kein Raum.7 Bei einer Kündigung aus verhaltens- bzw. personenbedingten Gründen kommt es im Rahmen der Interessenabwägung in erster Linie darauf an, wie stark die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers war oder aber in welchem Maße der Arbeitnehmer seine im Vertrag vorgeschriebene Tätigkeit nicht mehr erbringen kann.
1.
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Verhaltensbedingte Kündigung
Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen kann also nur dann seitens des Arbeitgebers ausgesprochen werden, wenn ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, ihm also eine Verletzung von Haupt- oder Nebenpflichten vorgeworfen werden kann.8 Die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung steht im Zusammenhang 7 8
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LAG Bremen vom 09.01.1998–4 Sa 11/97, AP Nr. 193 zu § 613 a BGB, NZA-RR 1998,250. BAG vom 21.01.1999 – 2 AZR 665/98, NZA 1999, 863, NJW 1999, 3140.
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§8
Beendigung durch Kündigung
mit der außerordentlichen Kündigung, die ja auch nur auf Grund eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers ausgesprochen werden kann. Im Gegensatz zur außerordentlichen Kündigung handelt es sich jedoch bei der Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen um einen Vorwurf der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, der nicht so schwer wiegt. Es ist dem Arbeitgeber also nicht unzumutbar, weiterhin mit dem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten. Die Prüfung der Sozialwidrigkeit erfolgt gemeinhin in 4 Stufen.
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In der ersten Stufe ist zu prüfen, um welche Art der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers es sich handelt. Zu prüfen ist, ob er eine Haupt- oder aber eine Nebenpflicht verletzt hat. Sodann ist zu prüfen, ob die Pflichtverletzung so gravierend ist, dass es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, weiter mit dem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten. Wäre dies der Fall, wären die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gegeben. Handelt es sich bei der Verletzung von Haupt- oder Nebenpflichten um eine Verletzung, die eine weitere Zusammenarbeit nicht unzumutbar macht, muss der Arbeitgeber an eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen denken. Voraussetzung ist, dass es sich um die Verletzung einer arbeitsvertraglichen Pflicht handelt. Dies bedeutet, dass nur eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses relevant ist. Eine Pflichtverletzung im privaten Bereich ist kündigungsrechtlich irrelevant. Selbst Straftaten im privaten Bereich sind grundsätzlich nicht dazu geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Pflichtverletzung schuldhaft von dem Arbeitnehmer herbeigeführt worden ist. Folgende Pflichtverletzungen sind als Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung anerkannt: ■ Alkohol- und Drogenmissbrauch ■ Arbeitsverweigerung ■ Beleidigung gegenüber dem Arbeitgeber ■ Exzessive Internetnutzung9 ■ sexuelle Belästigung ■ unerlaubte Nebentätigkeit ■ Zuspätkommen ■ Überziehen von Pausen ■ Vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes ■ Computerspiele am PC während der Arbeit
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Pflichtverletzung
Negative Prognose
Wie bereits gesagt, handelt es sich auch bei der verhaltensbedingten Kündigung um eine Kündigung, die zukunftsbezogen ist. Sie kommt also nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber damit rechnen muss, dass auch in Zukunft eine weitere Pflichtverletzung des Arbeitnehmers hinzukommt. 9
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BAG vom 31.05.2007 – 2 AZR 200/06, BeckRS 2007, 45534.
A.
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Die ordentliche Kündigung
Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber zuvor eine Abmahnung gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochen hat. Erst nach einer erfolgten Abmahnung wird man von einer negativen Prognose sprechen können. Da die Abmahnung gesetzlich nicht geregelt, jedoch von großer Bedeutung ist, wird die Abmahnung in einem Extrakapitel in § 8 A. VII.) gesondert behandelt.
c)
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Bei der verhaltensbedingten Kündigung ist – wie bei allen Kündigungen – auch zu prüfen, ob es für den Arbeitgeber möglich und zumutbar wäre, den Arbeitnehmer an einem anderen freien Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Für den Arbeitgeber ist eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz jedoch nur dann hinnehmbar, wenn der Arbeitgeber mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen kann, dass auf dem neuen Platz keine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zu erwarten ist.
d)
Interessenabwägung
Im Rahmen der Interessenabwägung ist sodann zu prüfen, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zugemutet werden kann. Dabei stellt das Bundesarbeitsgericht auf einen ruhigen und verständig urteilenden Arbeitgeber ab, der sich auf Grund des Fehlverhaltens dazu bestimmt fühlt, eine Kündigung auszusprechen.10 Bei der Abwägung spielt insbesondere eine Rolle, wie oft und beharrlich die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers war. Auch betriebliche Beeinträchtigungen wie beispielsweise der störungsfreie Ablauf im Betrieb spielen eine wichtige Rolle.
e)
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Darlegungs- und Beweislast
Die Darlegungs- und Beweislast für den Kündigungsgrund der verhaltensbedingten Kündigung liegt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG beim Arbeitgeber. Dabei ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber die konkreten Gründe darlegt, aus denen sich die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers ergibt. Das Fehlverhalten muss also konkret bezeichnet werden und schlagwortartige Begründungen wie „häufiges Zuspätkommen“ oder „häufiges Überziehen von Pausen“ reichen nicht aus. Die Pflichtverletzung muss exakt beschrieben werden und Ort, Zeit und Dauer müssen genau bestimmt werden. Sofern der Arbeitgeber im Betrieb eine Arbeitszeiterfassungsanlage hat, wird ihm dies bei den eben genannten Gründen möglich sein, bei anderen Verhaltensweisen wird er als Beweismittel auf Zeugenaussagen zurückgreifen müssen. In diesem Zusammenhang wird noch einmal darauf hingewiesen, dass es dem Arbeitgeber verboten ist, die Arbeitnehmer heimlich mit einer Videokamera zu überwachen, da dies einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer darstellt. Gewöhnlich muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer vorher darauf hinweisen, dass er eine Videokamera installiert hat. Sobald jedoch der Verdacht einer Straftat besteht und dem Arbeitgeber eine Überführung des Arbeitnehmers nicht möglich ist, ist eine verdeckte Videoüberwachung möglich und nicht unverhältnismäßig.11
10 BAG vom 17.06.2003 – 2 AZR 123/02, NZA 2004, 565; BAG vom 16.08.1991 – 2 AZR 604/90, NZA 1993, 17. 11 BAG vom 27.03.2003 – 2 AZR 51/02, NZA 2003, 1193.
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§8
2. 73
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Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
Die Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, müssen zu einer Beeinträchtigung des Betriebes führen. Konkret heißt dies, dass eine Störung des Arbeitsablaufes festzustellen ist, die mindestens im Zeitpunkt der ausgesprochenen Kündigung vorhanden ist und noch andauert. Außerdem muss sich aus der negativen Zukunftsprognose ergeben, dass mit solchen Beeinträchtigungen auch zukünftig zu rechnen ist.14
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Negative Prognose
Bei der personenbedingten Kündigung handelt es sich um eine Kündigung, die dem Arbeitgeber die Möglichkeit gibt, zukünftigen betrieblichen Beeinträchtigungen vorzubeugen. Voraussetzung für diesen Kündigungsgrund ist also, dass eine Prüfung ergibt, dass mit der Wiederherstellung der geschuldeten Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers bzw. mit der Eignung des Arbeitnehmers nicht gerechnet werden kann. Bei der personenbedingten Kündigung aus Krankheitsgründen kommt der negativen Zukunftsprognose besondere Bedeutung zu.
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Personenbedingte Kündigung
Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe bedingt ist, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Eine solche Kündigung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen oder aber entsprechende Eignungen verloren hat.12 Die Erreichung des Vertragszwecks muss durch diesen Umstand jedenfalls zum Zeitpunkt der Kündigung teilweise unmöglich sein.13 Auch die Prüfung hinsichtlich einer personenbedingten Kündigung erfolgt in 4 Stufen.
a) 74
Beendigung durch Kündigung
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Aufgrund des ultima-ratio-Prinzips muss auch im Falle einer personenbedingten Kündigung geprüft werden, ob für den Arbeitgeber die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Im Falle der Kündigung aus personenbedingten Gründen ist daran zu denken, ob man nicht gegebenenfalls die Arbeitsbedingungen bzw. den Arbeitsplatz für den betroffenen Arbeitnehmer ändert oder umgestaltet. Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen zu Gute kommen lässt, damit der Arbeitnehmer die Fähigkeiten, die vertraglich geschuldet sind, wieder erlangt.
12 BAG vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01 („Kopftuch-Entscheidung“), NZA 2003, 483. 13 BAG vom 28.02.1990 – 2 AZR 401/89, NZA 1990, 727; NJW 1990, 2953. 14 BAG vom 10.10.2002, 2 AZR 472/01, NZA 2003, 483; NJW 2003, 1685.
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A.
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Die ordentliche Kündigung
Interessenabwägung
Es muss eine Interessenabwägung stattfinden, bei der zu prüfen ist, ob dem Arbeitgeber die Störung des Betriebes noch zuzumuten ist oder aber ob die Kündigung für den Arbeitnehmer eine unzumutbare Härte darstellen würde.15 Exkurs: Personenbedingte Kündigungen aus Krankheitsgründen Der häufigste Anwendungsfall der personenbedingten Kündigung ist die so genannte krankheitsbedingte Kündigung als Unterfall der personenbedingten Kündigung. Es ist zu beachten, dass eine solche Kündigung auch während einer aktuellen Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen werden kann. Dies führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung. Für den Arbeitgeber bestehen zwei Anlässe, um überhaupt an eine personenbedingte Kündigung aus Krankheitsgründen zu denken: Zum einen kann es sein, dass der Arbeitnehmer in den letzten 3 Jahren häufige Kurzerkrankungen hatte oder aber es liegt eine so genannte Langzeiterkrankung vor, bei der eine dauernde Arbeitsunfähigkeit festzustellen ist. Bei der Voraussetzung der häufigen Kurzerkrankungen in den letzten 3 Jahren ist zu beachten, dass man tatsächlich 3 volle Jahre als Beurteilungszeitraum zu Grunde legen muss und dass eine Kündigung vor Ablauf von 3 Jahren unwirksam ist. Unter häufigen Kurzerkrankungen ist jedenfalls zu verstehen, dass der Arbeitnehmer erheblich länger als die 6 Wochen krank ist, die ihm das „EFZG erlaubt“. Beispiele hierfür wären: im ersten Jahr des Beurteilungszeitraumes: 120 Fehltage im zweiten Jahr des Beurteilungszeitraumes: 98 Fehltage im dritten Jahr des Beurteilungszeitraumes: 111 Fehltage Sodann erfolgt die Prüfung wieder nach dem 4-Stufen-System: Der Arbeitgeber muss vor dem Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung eine so genannte negative Zukunftsprognose hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers einholen. Diese ist dann gegeben, wenn objektiv festgestellt wird, dass in den nächsten 2 Jahren wiederum mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zu rechnen ist.16 In der zweiten Stufe ist sodann zu prüfen, ob die bereits entstandenen Fehlzeiten und die noch zu erwartenden Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Betriebes bzw. des betrieblichen Ablaufs führen. Hierzu muss der Arbeitgeber konkret vortragen. In der dritten Stufe ist zu prüfen, ob es für den Arbeitgeber nicht die Möglichkeit gibt, die Kündigung dadurch abzuwenden, dass er gegebenenfalls Aushilfen einstellt oder aber den betroffenen Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz setzt. Auch hier ist wieder die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in jedem Fall zu prüfen. In der letzten Stufe muss wiederum eine Interessenabwägung vorgenommen werden, bei der insbesondere eine Rolle spielt, ob es dem Betrieb aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zuzumuten ist, weiter an dem Arbeitnehmer festzuhalten oder ob durch das Einsetzen von Aushilfskräften und Ähnlichem die Entgeltfortzahlung gegebenenfalls auf Grund verschiedener Erkrankungen nicht zuzumuten ist. Zu Gunsten des Arbeitnehmers sind bei der Interessenabwägung insbesondere das Alter zu berücksichtigen, die Betriebszugehörigkeit sowie bestehende Unterhaltspflichten.
15 BAG vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01, NZA 2003, 483, 485. 16 BAG vom 21.02.2001 – 2 AZR 558/99, NZA 2001, 1071, 1072.
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Unternehmerische Entscheidung
Dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung geht immer die so genannte unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers voraus. Die Ursache für eine unternehmerische Entscheidung kann auf innerbetrieblichen oder auf außerbetrieblichen Ursachen beruhen.17 Außerbetriebliche Ursachen können beispielsweise ■ Absatzschwierigkeiten ■ Umsatzrückgang ■ Auftragsmangel ■ Streichung von Subventionen sein. Innerbetriebliche Gründe können beispielsweise sein: ■ eine geplante Umstrukturierung, ■ eine Rationalisierungsmaßnahme oder aber auch ■ das Ausgliedern von Betriebsteilen („Outsourcing“). Sofern sich der Arbeitgeber entscheidet, die Lohnbuchhaltung komplett von einem Steuerbüro machen zu lassen, würden die im Unternehmen beschäftigten Bilanzbuchhalter auf Grund der Ausgliederung ihres Betriebsteils keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr haben. Es ist jedoch zu prüfen, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf Grund von Fort- und Weiterbildung smöglichkeiten gegebenenfalls einen anderen Arbeitsplatz im Unternehmen anbieten kann.
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Betriebsbedingte Kündigung
Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Im Gegensatz zur personen- und verhaltensbedingten Kündigung geht es bei diesem Kündigungsgrund ausschließlich um Gründe, die die Sphäre des Arbeitgebers betreffen.
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Beendigung durch Kündigung
Wegfall des Arbeitsplatzes
Die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers muss nicht zum Wegfall eines konkreten Arbeitsplatzes führen, sondern es genügt, dass mehr Arbeitskräfte da sind als der Arbeitgeber für die im Betrieb zu verrichtende Arbeit benötigt. An einem dringenden betrieblichen Erfordernis fehlt es beispielsweise, wenn man den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigen kann oder aber wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach Änderung der Arbeitsbedingungen möglich wäre. Außerdem muss der Arbeitgeber immer prüfen, ob er nicht gegebenenfalls durch die Einführung von Kurzarbeit oder allgemeinen Arbeitszeitverkürzungen einen erheblichen Personalabbau, der durch die betriebsbedingte Kündigung erfolgen müsste, verhindern kann. Die Schwierigkeit für den Arbeitgeber bei der Begründung einer betriebsbedingten Kündigung ist, dass er konkret darlegen und beweisen muss, wie sich die Verringerung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang 17 BAG vom 05.12.2002 – 2 AZR 697/01, NZA 2003, 850.
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Die ordentliche Kündigung
entsteht. Dabei muss der Arbeitgeber der Tätigkeit des Arbeitnehmers, dessen Arbeitsplatz wegfällt, mit 100 % bewerten. Dann muss er konkret nachweisen, wie die verbliebenen Arbeitnehmer die Aufgaben des gekündigten Arbeitnehmers übernehmen und wie sich die Arbeit aufteilt. Der Arbeitgeber muss konkrete Prozentzahlen angeben und muss dies durch ein Organigramm oder durch das Zeugnis der entsprechenden Mitarbeiter in einem Prozess beweisen. Dies ist der schwierigste Part innerhalb der Begründung einer betriebsbedingten Kündigung.
c)
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Eine Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist sozial ungerechtfertigt, wenn für den Arbeitgeber die Möglichkeit besteht, dem Arbeitnehmer zu unveränderten Arbeitsbedingungen einen gleichwertigen Arbeitsplatz zuzuweisen. Der Arbeitgeber muss also die Möglichkeit prüfen, den Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder aber in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter zu beschäftigen. Ein solches Erfordernis besteht jedoch nur dann, wenn tatsächlich ein anderer Arbeitsplatz frei ist. Unter einem anderen Arbeitsplatz ist nur ein freier, vergleichbarer, gleichwertiger Arbeitsplatz zu verstehen.18 Unter der Vergleichbarkeit eines Arbeitsplatzes ist zu verstehen, dass der Arbeitgeber auf Grund seines Direktionsrechtes den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen kann, ohne dass er die Arbeitsbedingungen, die im Vertrag festgeschrieben sind, ändern muss. Es darf sich also nicht um eine Änderungskündigung handeln. Hinzu kommt, dass der Arbeitnehmer auf Grund seiner Fähigkeiten auch objektiv in der Lage sein muss, den neuen Arbeitsplatz vollwertig auszufüllen. Sofern ihm die erforderliche Qualifikation fehlt, ist der Arbeitgeber auch gehalten, ihm gegebenenfalls durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen die Möglichkeit zu geben, den Arbeitsplatz voll und gleichwertig auszufüllen. Unter einem freien Arbeitsplatz versteht man nur solche Arbeitsplätze, die zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich unbesetzt sind.19 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, „einen Arbeitsplatz frei zu kündigen“. Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, seine Organisation zu ändern, damit ein neuer Arbeitsplatz entsteht. Unter einem besetzten Arbeitsplatz ist auch ein Arbeitsplatz zu verstehen, der zum jetzigen Zeitpunkt, also zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung, infolge Krankheit nicht besetzt ist. Gleiches gilt für einen Arbeitsplatz, der vom Arbeitgeber freigehalten werden muss, da sich der betreffende Arbeitnehmer in der Elternzeit befindet.
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Sozialauswahl
Wenn bei einer betriebsbedingten Kündigung mehrere Arbeitnehmer in Betracht kommen, die gekündigt werden sollen, so muss der Arbeitgeber aus einer genau abgrenzbaren Gruppe von Arbeitnehmern den- oder diejenigen auswählen, denen nunmehr gekündigt werden soll. Der Arbeitgeber muss also eine Sozialauswahl treffen. Durch das am 01.01.2004 in Kraft getretene Gesetz zur Reform am Arbeitsmarkt (Bundesgesetzblatt I 3002 vom 30.12.2003) sind die Kriterien zur Sozialauswahl geändert worden. Die Sozialauswahl soll ab dem 01.01.2004 auf 4 Aspekte beschränkt werden. Darunter fallen:
18 BAG vom 06.12.2001 – 2 AZR 695/00, NZA 2002, 927. 19 BAG vom 25.04.2002 – 2 AZR 260/01, NZA 2003, 605.
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die Dauer der Betriebszugehörigkeit ■ das Lebensalter ■ die Unterhaltspflichten ■ die Schwerbehinderung Es handelt sich dabei um eine abschließende Aufzählung. Dies bedeutet für den Arbeitgeber, dass er weitergehende Kriterien wie z.B. den Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers oder aber die Tatsache, dass der betroffene Arbeitnehmer die Pflege kranker Angehöriger übernehmen muss, nicht zu berücksichtigen hat. Aus der Begründung des Regierungsentwurfes geht jedoch hervor, dass der Arbeitgeber in Ausnahmefällen, wenn unbillige Härten zu erwarten sind, auch weitere Kriterien in Ansatz bringen kann. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber von sich aus unbillige Härten berücksichtigen kann, was jedenfalls im Hinblick auf die spätere Überprüfbarkeit auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung für den Arbeitgeber niemals schädlich sein kann und auf Wohlwollen des Richters trifft. ! Praxishinweis: Alle zu berücksichtigenden Punkte in der Sozialauswahl sind gleichrangig und keinem ist der Vorzug zu geben.20 Dennoch ist zu sagen, dass dem Tatbestandsmerkmal der Betriebszugehörigkeit im Rahmen der Sozialauswahl eine besondere Bedeutung zukommt, die nicht selten ausschlaggebend in der Entscheidungsfindung der erstinstanzlichen Gerichte ist. Bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit ist nicht nur auf den aktuellen Arbeitsvertrag abzustellen, sondern es ist auch für den Arbeitgeber zu prüfen, ob gegebenenfalls durch einen Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB eine zuvor bei einem anderen Arbeitgeber bestandene Betriebszugehörigkeit angerechnet werden muss. Nur wenn eine erhebliche Zäsur, das heißt eine Unterbrechung von mehreren Monaten vorgelegen hat, kann nicht von einer durchgängigen Betriebszugehörigkeit gesprochen werden. Das Lebensalter soll eine ebenso große Rolle spielen, wobei der Hintergrund bei der Berücksichtigung dieses Tatbestandes die Tatsache ist, dass es jüngeren Arbeitnehmern grundsätzlich eher zuzumuten ist, einen neuen Arbeitsplatz zu suchen und dies wohl auch eher möglich sein wird als bei älteren Mitarbeitern. Zu berücksichtigen wird bei dem Lebensalter auch sein, in welcher Lebenssituation sich der zu kündigende Arbeitnehmer befindet. Hat er bereits Familie und ist unterhaltspflichtig, kann dies auch zu Gunsten eines jüngeren Arbeitnehmers zu werten sein. Obwohl – wie bereits gesagt – alle 4 Punkte gleichrangig zu behandeln sind, kommt dem Gesichtspunkt der Unterhaltspflichten doch eine starke Bedeutung zu. Hier wird auf die soziale Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers abgestellt. Es kommt dabei nicht darauf an, wie viele Kinder der Arbeitnehmer hat, sondern es kommt ausschließlich darauf an, ob und in welcher Höhe der Arbeitnehmer Unterhaltsleistungen erbringen muss. Dies bedeutet, dass bei einem älteren Mitarbeiter, der bereits 3 Kinder im Erwachsenenalter hat, dies für ihn im Hinblick auf die Sozialauswahl keine Bedeutung hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer seiner Unterhaltspflicht gegebenenfalls nicht nachkommt. Es ist nur zu bewerten, ob objektiv eine Unterhaltsverpflichtung besteht. Seit dem 01.01.2004 ist das Kriterium der Schwerbehinderung bei der Sozialauswahl in jedem Falle einzubeziehen. Dieses Kriterium ist vom Gesetzgeber aufgenommen worden, da allgemein bekannt ist, dass Schwerbehinderte Schwierigkeiten haben, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, da sie im Rahmen von Einstellungsgesprächen bzw. beim Ausfüllen von Einstellungsfragebögen im Regelfall verpflichtet sind, über ihre Schwerbehinderung Auskunft zu geben. Der Arbeitgeber muss bei der zu treffenden Sozialauswahl jedoch nur solche Tatsachen berücksichtigen, die ihm auch positiv bekannt sind. Dies dürfte bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit wohl unproblematisch sein, da sich diese im Regelfall aus der Personalakte ergibt. Hinsichtlich der Anzahl der unterhaltspflichtigen Kinder ist es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, dass er eigene 20 BAG vom 05.12.2003 – 2 AZR 549/01; NZA 2003, 791.
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Recherchen anstellt. Der Arbeitnehmer ist in diesem Zusammenhang verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Mitteilung zu machen. Gleiches gilt für eine Schwerbehinderung. Der Arbeitgeber muss nicht ständig nachfragen, ob der Arbeitnehmer unter die Voraussetzungen der §§ 85–92 SGB IX fällt. Nur wenn der Arbeitgeber konkrete Hinweise dafür hat, dürfte eine Nachfrage wohl zuzumuten sein. Ansonsten ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber darüber Mitteilung zu geben, dass er unter die Voraussetzungen des SGB IX fällt. Die einzelnen Kriterien sollen zwar untereinander gleichrangig sein, jedoch räumt das Gesetz dem Arbeitgeber einen Wertungsspielraum ein. Dies ergibt sich aus der Formulierung: „… nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt…“.21 Daraus kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die vom Arbeitgeber getroffene Entscheidung nur vertretbar sein muss. Es kommt also nicht darauf an, dass der Arbeitgeber eine Entscheidung getroffen hat, die auch das Gericht in einer entsprechenden Situation gefällt hätte. Um die Sozialauswahl durchführen zu können, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein so genanntes Punkteschemas anzuwenden, bei dem er alle 4 im Gesetz verankerten Kriterien berücksichtigt. Außerdem muss er ein angemessenes Verhältnis zwischen den einzelnen Punkten darstellen. Es gibt mehrere Berechnungsmethoden für ein Punkteschema, jedoch hat beispielsweise das BAG nachfolgendes Punkteschema für wirksam erklärt und gebilligt: Betriebszugehörigkeit:
Lebensalter: Unterhaltspflichten: Schwerbehinderung:
je Dienstjahr ab dem 11. Dienstjahr bis max. 55. Lebensjahr jedes volle Lebensjahr bis max. 55. Lebensjahr je unterhaltsberechtigtem Kind verheiratet bis GdB 50 ab GdB 50 je weitere 10 %
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Die ordentliche Kündigung
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1 Punkte 2 Punkte 70 Punkte 1 Punkt 55 Punkte 4 Punkte 8 Punkte 5 Punkte 1 Punkt
Den größten Sozialschutz und damit Kündigungsschutz genießt der Arbeitnehmer mit den meisten Punkten. Exkurs: Leistungsträger! – Herausnahme aus der Sozialauswahl? Sofern der Arbeitgeber eine Sozialauswahl getroffen hat, kann er im Anschluss an die Auswahl prüfen, ob er bestimmte Arbeitnehmer auf Grund besonderer Umstände aus der Sozialauswahl herausnehmen kann. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Arbeitgeber beweisen und nachvollziehbar darlegen kann, dass ein Arbeitnehmer auf Grund seiner besonderen Kenntnisse, Fähigkeiten sowie Leistungen oder aber zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur für den Fortbestand des Betriebes unverzichtbar ist. Ein solcher Grund kann auch darin liegen, dass ein Arbeitnehmer über herausragende Kundenkontakte oder über spezielle Fachkenntnisse wie z.B. im Bau von Tiefgaragen verfügt. Die so genannte Leistungsträgerregelung ergibt sich aus § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG und oftmals wird der Arbeitgeber als Grund für die Herausnahme einzelner Personen aus der Sozialauswahl das Argument anführen, dass er an der Erhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur ausdrücklich ein berechtigtes betriebliches Interesse hat. Im Rahmen von betriebsbedingten Kündigungen wird es häufig so sein, dass ältere Mitarbeiter auf Grund ihres Lebensalters, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und gegebenenfalls noch im Hinblick auf bestehende Unterhaltspflichten bessere Sozialdaten haben, als jüngere Mitarbeiter, die allerdings eine erhebliche höhere Qualifikation haben und für den Fortbestand des Betriebes viel wichtiger sind als die älteren Mitarbeiter. Der Arbeitgeber darf aus diesem Grund für bestimmte Beschäftigungsgruppen vorab Altersgruppen bilden und 21 BAG vom 05.12.2003 – 2 AZR 549/01, NZA 2003, 791.
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innerhalb dieser Altersgruppen eine Sozialauswahl vornehmen. Dies gilt allerdings nur bei so genannten Massenkündigungen. In der Praxis wird es wohl eher so sein, dass die Herausnahme von Leistungsträgern aus der Sozialauswahl eher eine geringere Bedeutung hat, da der Arbeitgeber geneigt sein wird, viele Arbeitnehmer als Leistungsträger zu bezeichnen und deshalb die Sozialauswahl zu unterwandern.
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Zunächst ist der Kreis der Arbeitnehmer zu ermitteln, die in die Sozialauswahl einzubeziehen sind. Dazu gehören alle Arbeitnehmer, die mindestens 6 Monate im Betrieb beschäftigt sind und die unter das Kündigungsschutzgesetz fallen. Außerdem müssen sie vergleichbare Tätigkeiten ausüben, so dass sie untereinander austauschbar sind.22 Vergleichbar sind nur gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten, das heißt also Tätigkeiten, die auf derselben hierarchischen Ebene ausgeübt werden. Es kommt also bei der Feststellung des betroffenen Personenkreises darauf an, dass die Arbeitnehmer untereinander austauschbar sind. In diesem Zusammenhang kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer auf Grund seiner Fähigkeiten und Kenntnisse tatsächlich auch eine gleichwertige Tätigkeit ausüben kann. Die Vergleichbarkeit und die zu Grunde liegenden Fähigkeiten und Kenntnisse müssen sich bereits aus der Tätigkeit selbst bzw. aus den tätigkeitsbezogenen Merkmalen ergeben, die im Arbeitsvertrag verankert sind. An einer Vergleichbarkeit fehlt es beispielsweise, wenn erst durch eine Änderungskündigung oder durch Ausübung des Direktionsrechtes des Arbeitgebers die Vergleichbarkeit „hergestellt bzw. geschaffen werden kann“. Der betroffene Personenkreis bzw. die Arbeitnehmer, die miteinander verglichen werden können, müssen sich auf derselben Ebene der Betriebshierarchie befinden. Damit ist die so genannte „horizontale Vergleichbarkeit“ gemeint. Arbeitnehmer auf unterschiedlichen Ebenen der Betriebshierarchie sind schon dem Grunde nach und kraft Natur der Sache nicht miteinander vergleichbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn der betroffene Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber behauptet, dass er auch eine Arbeit verrichten könnte, die qualitativ und quantitativ schlechter ist. So ist beispielsweise die Tätigkeit einer Bilanzbuchhalterin nicht mit der einer Steuerfachgehilfin vergleichbar, da die Bilanzbuchhalterin viel höherwertige Fachkenntnisse hat und qualifiziertere Tätigkeiten verrichtet.
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Durchführung der Sozialauswahl
Interessenausgleich mit Namensliste
Durch das am 01.01.2004 in Kraft getretene Gesetz zur Reform am Arbeitsmarkt ist durch den Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen worden, gemäß § 1 Abs. 5 KSchG die zu kündigenden Arbeitnehmer in einem Interessenausgleich gemäß § 111 BetrVG namentlich aufzuführen. Sofern die betroffenen Arbeitnehmer in der Anlage aufgeführt sind, die dem Interessenausgleich beigefügt ist, wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse erfolgt und somit sozial gerechtfertigt ist. Die Überprüfung im Hinblick auf eine fehlerhafte Sozialauswahl kann nur noch wegen grober Fehlerhaftigkeit erfolgen. Eine Vermutung ordnungsgemäßer Sozialauswahl bei einem Interessenausgleich mit Namensliste hat jedoch als Voraussetzung, dass es sich um eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG handelt. Infolge dieser Betriebsänderung müssen die Parteien einen Interessenausgleich abgeschlossen haben, der sodann wiederum zu einem Sozialplan führt. Der Interessenausgleich muss schriftlich erfolgt sein, was sich aus § 112 22 BAG vom 25.04.1985 – 2 AZR 140/84, BB 1986, 1159.
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A.
Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergibt. Der Interessenausgleich ist beiderseits sowohl vom Unternehmer als auch vom Betriebsrat zu unterzeichnen. Im Regelfall sind der Interessenausgleich und der Sozialplan miteinander verbunden, was jedoch nicht zwingende Voraussetzung ist. Die so genannte Namensliste, die dem Interessenausgleich beigefügt ist, hat als Voraussetzung, dass die betroffenen Arbeitnehmer konkret mit Namen genannt werden. Es ist also erforderlich, dass der Arbeitnehmer zweifelsfrei identifiziert werden kann. Problematisch könnte dies beispielsweise bei gewöhnlichen Namen wie Peter Müller oder Sabine Schulz sein. Sofern solche Arbeitnehmer betroffen sind, müssen der Arbeitgeber und der Betriebsrat dafür sorgen, dass die betreffenden Personen genau identifizierbar sind. Die Namensliste zu einem Interessenausgleich ist für den Arbeitgeber sehr vorteilhaft, da die gesetzliche Vermutung eintritt, dass die Sozialauswahl ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Außerdem verdreht sich die Beweis- und Darlegungslast gemäß § 1 Abs. 2 KSchG, nach der eigentlich der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung sozial gerechtfertigt erscheinen lassen. Hier wird die Beweis- und Darlegungslast umgedreht und der Arbeitnehmer kann die durchgeführte Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfen, was ihm sehr schwer fallen wird. Dabei können nicht nur die zu Grunde gelegten Sozialdaten und deren Gewichtung der Prüfung unterfallen, sondern auch die Bildung von auswahlrelevanten Gruppen. Eine grobe Fehlerhaftigkeit kann nur dann festgestellt werden, wenn der Arbeitgeber die Gewichtung der sozialen Kriterien willkürlich vorgenommen hat.
VII.
Abmahnung
1.
Funktion
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Die ordentliche Kündigung
Wenn der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen möchte, muss er als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zwingend im Vorfeld dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber eine Abmahnung ausgesprochen haben. Durch die Abmahnung bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, dass er mit der Art und Weise der erbrachten Leistung des Arbeitnehmers nicht einverstanden ist und dass dieser gegen Haupt- bzw. Nebenpflichten verstoßen hat. Der Arbeitgeber hat ein Interesse daran, dass dieser Verstoß dokumentiert wird, da er sich zu einem späteren Zeitpunkt gegebenenfalls auf den vormaligen Verstoß berufen will. Aus diesem Grunde erfüllt die Abmahnung im Wesentlichen 3 Zwecke: ■ die Rügefunktion ■ die Warnfunktion ■ die Dokumentationsfunktion Im Hinblick auf die Rügefunktion ist zu sagen, dass die ausgesprochene Abmahnung dem Arbeitnehmer vor Augen führen soll, dass der Arbeitgeber mit der Art und Weise der Leistungserbringung nicht einverstanden ist und es soll ihm eindringlich dargelegt werden, dass „es so nicht weitergehen kann“. Mit der Ankündigung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen erfüllt der Arbeitgeber die so genannte Warnfunktion. Dem Arbeitnehmer wird deutlich gemacht, dass er bei einem nochmaligen Verstoß mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat.
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Beendigung durch Kündigung
Damit dem Arbeitgeber zu einem späteren Zeitpunkt der Nachweis gelingt, dass dem Arbeitnehmer bereits im Vorfeld ein Fehlverhalten vorzuwerfen war, ist es erforderlich, dass das Fehlverhalten dokumentiert wird. Mit dem Ausspruch der Abmahnung erfüllt der Arbeitgeber insoweit seine Dokumentationsfunktion.
2.
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Inhalt
Es ist beachtlich, dass es der Gesetzgeber bis zum heutigen Zeitpunkt nicht geschafft hat, die Abmahnung gesetzlich zu verankern. Weder im BGB noch im KSchG ist die Abmahnung genannt, trotzdem geht das BAG davon aus, dass die Abmahnung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zwingende Voraussetzung für den Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist. Da die Abmahnung gesetzlich nicht geregelt ist, besteht auch kein Formerfordernis für den Ausspruch der Abmahnung. Dies bedeutet, dass auch eine mündlich erteilte Abmahnung grundsätzlich wirksam ist. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt jedoch, dass eine mündlich ausgesprochene Abmahnung zu einem späteren Zeitpunkt im Hinblick auf genauen Inhalt, Ort und Zeitpunkt niemals so von Zeugen wiedergegeben werden kann, dass dies dem Erfordernis der Darlegungsund Beweislast genügt. Es ist deshalb dringend anzuraten, eine Abmahnung schriftlich auszusprechen, damit diese zu einem späteren Zeitpunkt beim Gericht als Urkunde und somit als Beweis vorgelegt werden kann. In der vom Arbeitgeber formulierten Abmahnung muss das Fehlverhalten des Arbeitnehmers konkret bezeichnet werden und es müssen dem Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Konsequenzen für den Wiederholungsfall angedroht werden. Sofern eine dieser beiden Voraussetzungen fehlt, ist die Abmahnung per se unwirksam. Gleiches gilt auch für den Fall, dass der Arbeitgeber in einer Abmahnung mehrere Verstöße „unterbringen“ will. Eine solche Abmahnung ist ebenfalls von vornherein unwirksam, denn der Arbeitgeber darf jeweils nur einen Verstoß in einer Abmahnung formulieren, auch wenn der Arbeitnehmer an einem Tag beispielsweise 3 Verfehlungen begangen hat. Dann muss der Arbeitgeber für den einen Tag 3 Abmahnungen gegenüber dem Arbeitnehmer aussprechen. Im Hinblick auf die konkrete Bezeichnung des Fehlverhaltens ist darauf hinzuweisen, dass der Arbeitgeber nicht mit Allgemeinplätzen und Schlagworten arbeiten darf wie z.B. „mehrmals zu spät gekommen“, sondern er muss detailliert nach Tag und Zeitpunkt aufführen, welches Fehlverhalten er bei dem Arbeitnehmer kritisiert. Es genügt also nicht, wenn man das Fehlverhalten im Hinblick auf die Verletzung der Neben- bzw. Hauptpflichten allgemein umschreibt. Es ist also dringend anzuraten, höchste Genauigkeit und Sorgfalt walten zu lassen, wenn man das zu beanstandende Fehlverhalten in der Abmahnung formuliert. Die Wirksamkeit der meisten Abmahnungen scheitert bereits an diesem Punkt. Im zweiten Teil der Abmahnung wird dem Arbeitnehmer mitgeteilt, dass er im Falle der Wiederholung der Pflichtverletzung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat. Die arbeitsrechtlichen Konsequenzen müssen benannt werden. Es reicht eine Formulierung, bei der dem Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung angedroht werden. Außerdem ist es ratsam, dass man in die Betreffzeile oder als Überschrift im Schriftstück das Wort „Abmahnung“ schreibt. Ansonsten könnte der Betroffene auf die Idee kommen, dass es sich lediglich um eine Ermahnung handelt, die nicht ausreichend ist für die Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung. 106
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3.
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Die ordentliche Kündigung
Zeitpunkt und Wirkungsdauer der Abmahnung
Zunächst ist zu gewährleisten, dass die Abmahnung auch dem Betroffenen zugeht. Hierbei ist auf die Ausführungen zu verweisen, die sich mit dem Zugang von Willenserklärungen im Sinne von § 130 BGB beschäftigen. Sinnvoll wäre es, wenn sich der Arbeitgeber den Zugang der Abmahnung schriftlich bestätigen lässt. Die Abmahnung muss nicht nur zugehen, sondern der Arbeitnehmer muss diese auch zur Kenntnis nehmen. Gewöhnlich wird dies durch die Unterschrift bestätigt, man muss jedoch bei einem ausländischen Arbeitnehmer darauf achten, dass eine Abmahnung nur dann wirksam ist, wenn diese in die jeweilige Muttersprache übersetzt worden ist. Fraglich ist, in welchem Zeitraum nach dem Fehlverhalten des Arbeitnehmers der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine Abmahnung auszusprechen. Da die Abmahnung gesetzlich nicht geregelt ist, gibt es auch keine Frist, an die der Arbeitgeber gebunden ist. Eine analoge Anwendung der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB scheidet aus, da es sich bei der Abmahnung nicht um ein Gestaltungsrecht handelt wie z.B. bei der Kündigung, die darauf gerichtet ist, das bestehende Arbeitsverhältnis zu beenden. Es besteht deshalb für den Arbeitgeber grundsätzlich auch die Möglichkeit, länger zurückliegende Sachverhalte abzumahnen. Die Erfahrung in der Praxis zeigt jedoch, dass der Arbeitgeber nicht zu lange mit der Abmahnung warten sollte, da er sich ansonsten der Gefahr aussetzt, dass das Arbeitsgericht, das mit der Sache betraut ist, die Auffassung vertritt, dass der Arbeitgeber seinen Anspruch auf Abmahnung verwirkt hat. Gewöhnlich geht man davon aus, dass der Arbeitgeber eine Abmahnung zeitnah ausspricht. Bei der Verwirkung muss nicht nur das so genannte Zeitmoment erfüllt sein, sondern es muss auch noch das so genannte Umstandsmoment hinzukommen. Da beides unbestimmte Rechtsbegriffe sind, verzichtet der Verfasser darauf, hier konkrete Zahlen zu nennen, da immer die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Man kann jedoch davon ausgehen, dass der Arbeitgeber sein Recht auf Abmahnung verwirkt hat, wenn er länger als 8 Wochen wartet, um eine Abmahnung auszusprechen. Man könnte im Umkehrschluss davon ausgehen, dass der Arbeitgeber die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nicht als so schwer einschätzt, weil er zwei Monate gewartet hat, das Verhalten zu rügen. Es handelt sich jedoch bei der genannten Zahl um einen reinen Schätzwert des Verfassers. Auch die Frage, wie lange sich ein Arbeitgeber auf eine Abmahnung berufen kann, ist umstritten. Die Abmahnung verliert Ihre Wirkung nicht allein durch Zeitablauf. Dies hat das BAG ausdrücklich klar gestellt.23 Die zweitinstanzlichen Gerichte waren zuvor davon ausgegangen, dass eine Abmahnung, die länger als 2 Jahre zurückliegt, keine Bedeutung mehr hat und der Arbeitgeber sich nicht mehr darauf berufen kann. Diese Auffassung hat das BAG gerade nicht bestätigt und hat insoweit wieder mit unbestimmten Rechtsbegriffen gearbeitet. Das BAG stellt fest, dass man hinsichtlich des Zeitablaufes nicht mit starren Regelfristen arbeiten könne, sondern dass es auf die genauen Umstände des Einzelfalles und auf die Art und Schwere der Verfehlung ankomme. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sich der Arbeitgeber bei leichteren Pflichtverletzungen wie gelegentliche Unpünktlichkeit nur ca. 1 Jahr noch auf eine ehemals ausgesprochene Abmahnung berufen kann. Bei mittelschweren Pflichtverletzungen wie einmaliges unentschuldigtes Fehlen, erheblicher Schlechtleistung sowie verspäteter Krankmeldung kann sich der Arbeitgeber wohl noch bis zu 3 Jahre auf die Abmahnung berufen und bei schweren Pflichtverletzungen wie häufiges unentschuldigtes Nichterscheinen zur Arbeit, Beleidigung gegenüber dem Chef etc. wird
23 BAG vom 18.11.1986 – 7 AZR 674/84, NZA 1987,418; ebenso BAG vom 21.05.1987 – 2 AZR 313/86, DB 1987, 2367.
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Beendigung durch Kündigung
man wohl davon ausgehen können, dass die Berufung auf die Abmahnung für den Arbeitgeber 5 Jahre gelten darf. Schließlich ist noch zu sagen, dass für den Arbeitnehmer das Recht auf Gegendarstellung besteht und der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gerichtlich geltend machen kann. Dies geschieht nicht sehr häufig, da das Arbeitsverhältnis durch die Abmahnung ohnehin schon etwas zerrüttet ist und durch eine entsprechende Klage diese Zerrüttung noch weiter vorangetrieben werden würde. + Muster für eine Abmahnung Sehr geehrte(r) Frau/ Herr…………., Ihr Verhalten gibt uns Anlass, Sie aus folgenden Gründen abzumahnen: Sie sind sowohl am Montag, den 24.09.2007 als auch am Dienstag, den 25.09.2007 unentschuldigt und ohne Angabe eines Grundes zu spät zur Arbeit erschienen. Arbeitsbeginn ist um 08:00 Uhr und Sie sind erst um 08:30 Uhr im Unternehmen erschienen. Wie Sie wissen, ist der Beginn der Arbeitszeit vertraglich zwischen uns vereinbart und die Arbeitszeit beginnt um 08:00 Uhr, ohne dass es eine Gleitzeit oder Ähnliches gibt. Wir fordern Sie deshalb auf, künftig darauf zu achten, dass Sie pünktlich zur Arbeit erscheinen. Sollten Sie erneut zu spät zur Arbeit kommen, müssen Sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung rechnen. Mit freundlichen Grüßen …………………………………… Ort, Datum
.………………………………… Unterschrift des Arbeitgebers
Bestätigung des Arbeitnehmers: Ich habe die Abmahnung vom …………….. am ……………………. erhalten. ……………………………………. ………………………………… Ort, Datum Unterschrift des Arbeitnehmers
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B.
Die außerordentliche Kündigung
I.
Voraussetzungen
1.
Kündigungsgrund
Der Gesetzgeber hat das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses in § 626 BGB geregelt. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das bestehende Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsparteien aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dies wird immer dann gegeben sein, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber so stark zerrüttet ist, dass an eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zu denken ist. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles muss sich bei der Abwägung der 108
B.
beiderseitigen Interessen ergeben, dass es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, dass der Arbeitnehmer bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist weiter tätig ist. Es ist zu beachten, dass die Schriftform gemäß den §§ 623, 126 BGB Berücksichtigung findet. Außerdem muss der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG angehört werden und dieser kann innerhalb von 3 Tagen der Kündigung widersprechen bzw. Stellung nehmen. Auch bei den Personen, für die Sonderkündigungsschutz besteht, muss der Arbeitgeber im Vorfeld die Einhaltung der entsprechenden Schritte berücksichtigen. Beispielsweise muss bei einer Schwangeren die Gewerbeaufsicht angeschrieben und um Zustimmung gebeten werden. Bei einem Schwerbehinderten gilt gleiches für das Integrationsamt. Bei Betriebsratsmitgliedern muss der Betriebsrat nicht nur angehört werden, sondern er muss der Kündigung ausdrücklich zustimmen. Eine Frist ist nicht zu berücksichtigen, da man unter einer fristlosen bzw. außerordentlichen Kündigung versteht, dass das Arbeitverhältnis in dem Moment beendet ist, in dem der Arbeitgeber die fristlose Kündigung ausspricht. Der Arbeitgeber muss den Grund für die fristlose Kündigung in dem Kündigungsschreiben nicht nennen. Die außerordentliche Kündigung ist sowohl fristlos möglich als auch mit einer so genannten sozialen Auslauffrist. Dies ist jedoch nur in den Fällen relevant, in denen eine ordentliche Kündigung beispielsweise durch Einzelarbeitsvertrag oder Tarifvertrag ausgeschlossen ist. Für diese Fälle gelten für den betroffenen Arbeitnehmer die gesetzlichen Kündigungsfristen oder aber die Kündigungsfristen, die individualvertraglich bzw. tarifvertraglich vorgegeben sind. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann niemals schriftlich oder durch Vereinbarung der Parteien abbedungen werden. Es handelt sich bei dem Recht zur fristlosen Kündigung um zwingendes Gesetzesrecht, das nicht abdingbar, also nicht veränderbar ist.
2.
8
Die außerordentliche Kündigung
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8 123
Zwei-Wochen-Frist
Für den Arbeitgeber ist von besonderer Bedeutung die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB, nach der eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis der Tatsachen ausgesprochen werden kann, von denen der Arbeitgeber glaubt, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die 2-Wochen-Frist gilt nicht nur für den Arbeitgeber sondern auch für den Arbeitnehmer, jedoch stellt die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers einen seltenen Fall dar und die Ausführungen in diesem Abschnitt beziehen sich daher auf die fristlose Kündigung, die der Arbeitgeber ausspricht. Die Frist beginnt erst dann zu laufen, wenn der Kündigungsberechtigte vollständige positive Kenntnis von den Tatsachen erlangt hat, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würden. Dem Arbeitgeber ist es auch gestattet, den Sachverhalt zunächst aufzuklären und gegebenenfalls den betroffenen Arbeitnehmer zu einer Stellungnahme aufzufordern. Erst nachdem der Sachverhalt vollständig vom Arbeitgeber erfasst wurde, beginnt die 2-Wochen-Frist zu laufen. Da die außerordentliche Kündigung ausdrücklich auf das Verhalten des Arbeitnehmers abzielt, kann es sich bei einer außerordentlichen Kündigung nur um eine verhaltensbedingte Kündigung handeln. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung ist eigentlich Voraussetzung, dass zuvor eine Abmahnung ausgesprochen worden ist, jedoch bedarf es bei Störungen im Vertrauensbereich keiner Abmahnung, da ein zerrüttetes Vertrauen auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann. Wenn der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen möchte, muss er zweierlei prüfen. Zum einen muss er prüfen, ob Tatsachen vorliegen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen 109
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8
§8
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8
Grund gemäß § 626 BGB zu begründen und zum anderen muss festgestellt werden, ob es dem Arbeitgeber unter Abwägung der Umstände des Einzelfalles nicht zuzumuten ist, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Es gibt in der Rechtsprechung viele Urteile, die sich mit dem wichtigen Grund gemäß § 626 BGB beschäftigt haben und in denen die fristlose Kündigung zugelassen wurde. Nachfolgend soll eine kurze Auswahl der gängigsten Kündigungsgründe für eine außerordentliche Kündigung genannt werden: ■ Arbeitsverweigerung bei grobem und wiederholtem Verstoß24 ■ Annahme von Schmiergeldern25 ■ Diebstahl26 ■ Exzessive Internetnutzung27 ■ Spesenbetrug28 ■ Stempelkartenmissbrauch (Stempeluhren)29 ■ Eigenmächtiger Urlaubsantritt30 ■ Wettbewerbsverbotsverstoß31 ■ beharrliches Zuspätkommen32
II. 126
Beendigung durch Kündigung
Verdachtskündigung
Ein Sonderfall der außerordentlichen Kündigung stellt die so genannte Verdachtskündigung dar. Hier ist sich der Arbeitgeber nicht sicher, ob tatsächlich schon die Voraussetzungen für eine Beendigungskündigung vorliegen, also ob der Arbeitnehmer tatsächlich eine schwerwiegende Vertragsverletzung begangen hat, sondern es reicht schon der Verdacht einer strafbaren Handlung aus. Voraussetzung für den Ausspruch einer Verdachtskündigung ist jedoch nicht allein ein bloßer Anfangsverdacht, sondern es muss beispielsweise der dringende Verdacht eines Diebstahls oder einer Unterschlagung von im Eigentum stehenden Gegenstände des Arbeitgebers vorliegen. Denn der Diebstahl bzw. ein Vermögensdelikt hinsichtlich der dem Arbeitgeber gehörenden Gegenstände stellt ausdrücklich einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung dar. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer im Regelfall die ihm vorgeworfene Tat noch nicht beweisen. Trotz allem müssen aber die Verdachtsmomente so stark sein, dass der Verdacht objektiv begründet werden kann.33 Bei der Wirksamkeit einer außerordentlichen Verdachtskündigung kommt es lediglich darauf an, dass objektiv Tatsachen vorliegen, die einen Verdacht begründen und nicht ob es auch zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommt. Auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 24 BAG vom 25.10.1984 – 2 AZR 417/83, NZA 1985, 355; NJW 1985, 2494; BAG vom 25.10.1989 – 2 AZR 633/88, NZA 1990, 561. 25 BAG vom 21.06.2001 – 2 AZR 30/00, NZA 2002, 232. 26 BAG vom 10.02.1999 – 2 ABR 31/98, NZA 1999, 708; BAG vom 11.12.2003 – 2 AZR 36/03, NZA 2004, 486. 27 BAG vom 31.05.2007 – 2 AZR 200/06, BeckRS 2007, 45534. 28 LAG Niedersachsen vom 15.06.2004 – 13 Sa 1681/03, NZA-RR 2004, 574. 29 BAG vom 27.01.1977 – 2 ABR 77/76, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 7. 30 BAG vom 16.03.2000 – 2 AZR 75/99, NZA 2000, 1332. 31 BAG vom 25.04.1991 – 2 AZR 624/90, NJW 1992, 1646. 32 BAG vom 21.11.1996 – 2 AZR 357/95, NZA 1997, 487. 33 BAG vom 13.09.1995 – 2 AZR 587/94, BB 1995, 2655.
110
B.
Abs. 2 Satz 1 StPO (Einstellung mangels Beweisen) eingestellt wird, ist eine außerordentliche Verdachtskündigung wirksam, wenn zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung der dringende Tatverdacht einer Straftat bestand. Zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit der Verdachtskündigung – und das wird sehr häufig von Arbeitgebern vergessen – ist, dass der betreffende Arbeitnehmer vor Ausspruch einer entsprechenden Kündigung angehört werden muss. Es handelt sich dabei um ein ungeschriebenes Gesetz.34
III.
8
Die außerordentliche Kündigung
127
Druckkündigung
In Ausnahmefällen kann es zu einer außerordentlichen Druckkündigung kommen, wenn Arbeitnehmer oder Kunden des Arbeitgebers diesem gegenüber androhen, dass dieser mit Nachteilen rechnen muss, wenn er eine bestimmte Person nicht entlässt. Sofern das Verlangen des Dritten objektiv gerechtfertigt ist, also ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt, ist der Arbeitgeber gehalten, eine entsprechende verhaltensbedingte Kündigung in Form einer außerordentlichen Kündigung auszusprechen. Wenn ein objektiver Grund für den Ausspruch einer Kündigung fehlt, kommt eine Druckkündigung als betriebsbedingte Druckkündigung in Betracht. An diese Art der Kündigung sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Wenn Arbeitnehmer des Betriebes vom Arbeitgeber verlangen, einen bestimmten Arbeitnehmer zu entlassen, kann sich der Arbeitgeber nicht allein auf diese Forderung berufen und entsprechend tätig werden, sondern er muss sich zunächst auf Grund der bestehenden Fürsorgepflicht schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellen. Der Arbeitgeber muss alles versuchen, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen, gegebenenfalls zu kündigen, wenn der Arbeitgeber nicht den betreffenden Arbeitnehmer kündigt. Nur wenn trotz aller Maßnahmen, die der Arbeitgeber ergriffen hat, die Belegschaft weiterhin mit Eigenkündigungen oder Massenkündigungen droht, wird eine betriebsbedingte außerordentliche Druckkündigung gerechtfertigt sein, wenn dem Arbeitgeber ansonsten schwere wirtschaftliche Schäden entstehen. Gleiches gilt für den Fall, in dem ein Auftraggeber androht, einen Auftrag zu entziehen, wenn Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer X noch einmal das Haus betritt und weiter den Auftrag erfüllt. Sofern der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, einen anderen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer einzusetzen, ist er auf Grund seiner Fürsorgepflicht dazu verpflichtet. Wenn der Auftraggeber dennoch mit Rückzug bzw. Kündigung des Auftrages droht, wäre auch diesbezüglich eine Druckkündigung möglich.35 Wenn der Arbeitgeber die Situation durch eine Änderungskündigung entschärfen kann, ist eine solche auszusprechen, bevor eine fristlose Beendigungskündigung ausgesprochen wird.36
34 BAG vom 11.04.1985 – 2 AZR 239/84, NJW 1986, 3159, BB 1987, 1316, DB 1986, 1826, NZA 1986, 674. 35 BAG vom 10.12.1992 – 2 AZR 271/92, NZA 1993, 593. 36 BAG vom 04.10.1990 – 2 AZR 201/90, NJW 1991, 2307.
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8
§8
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132
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C.
Die Änderungskündigung
I.
Inhalt
Es ist bereits mehrfach erwähnt worden, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Beendigungskündigung immer zunächst im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzipes und des ultima-ratioPrinzips zu prüfen hat, ob er zuvor eine Änderungskündigung aussprechen muss. Unter einer Änderungskündigung versteht man die Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses, welche gleichzeitig mit dem Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verbunden ist, jedoch im Regelfall qualitativ und quantitativ mit schlechteren Arbeitsbedingungen. Der Arbeitgeber möchte also erreichen, dass das Arbeitsverhältnis zwar fortgesetzt wird, jedoch zu geänderten Arbeitsbedingungen. Auf die Änderungskündigung finden auch die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung. Damit soll sichergestellt werden, dass der Arbeitgeber bei fehlenden Kündigungsgründen das KSchG umgeht, indem er eine Änderungskündigung ausspricht. Der Arbeitgeber muss jedoch aufpassen, dass er die Änderungskündigung eindeutig als solche formuliert. Es muss daraus hervorgehen, dass das bestehende Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt wird und sodann dem Arbeitnehmer das erneute Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen gemacht werden. Dabei sollte der neue Arbeitsvertrag gleich dem Schreiben beigefügt werden. Werden nur wenige Punkte geändert, reicht auch die Aufzählung der geänderten Passagen des neuen Arbeitsvertrages. Abzugrenzen ist die Änderungskündigung vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 315 Abs. 1 BGB. Soweit der Arbeitgeber berechtigt ist, veränderte Arbeitsbedingungen im Rahmen des ihm zustehenden Weisungsrechtes herbeizuführen, fallen diese Maßnahmen lediglich unter das Direktionsrechtes und es bedarf keines Ausspruchs einer Änderungskündigung.
II.
Reaktion des Arbeitnehmers
1.
Vorbehaltlose Annahme des Angebotes
Es bestehen insgesamt 3 Möglichkeiten für den Arbeitnehmer, wie er auf eine Änderungskündigung reagiert. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer das ihm zugehende Änderungsangebot vorbehaltlos akzeptiert und annimmt. Damit wird der neue Arbeitsvertrag bzw. werden die geänderten Vertragsbedingungen zu einem genauen Zeitpunkt wirksam.
2. 134
Beendigung durch Kündigung
Annahme unter Vorbehalt
Der Arbeitnehmer kann jedoch das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt sind. Dann ist der Arbeitnehmer zunächst verpflichtet, zu den geänderten Bedingungen weiter zu arbeiten. Er muss jedoch den Vorbehalt dem Arbeitgeber gegenüber innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Änderungskündigung erklären. Die 3-Wochen-Frist ergibt sich daraus, dass man bei einer Kündigung innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage einreichen muss, wenn man vom Arbeitsgericht überprü112
8
C. Die Änderungskündigung fen lassen möchte, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Der Arbeitnehmer muss nicht nur innerhalb von 3 Wochen den Vorbehalt erklären, sondern er muss auch innerhalb von 3 Wochen eine entsprechende Kündigungsschutzklage erheben.
3.
Ablehnung des Angebotes
Schließlich besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, das ihm angetragene Änderungsangebot gänzlich abzulehnen. Dann wird aus der Änderungskündigung eine normale Beendigungskündigung. Es wird dann auf die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ankommen und darauf, welchen Kündigungsgrund der Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Kündigung vorbringt.
III.
135
Betriebsbedingte Änderungskündigung
In der Praxis ist die betriebsbedingte Änderungskündigung mit dem Ziel der Entgeltreduzierung sehr bedeutsam. Viele Arbeitgeber beabsichtigen, das Arbeitsentgelt der Beschäftigten zu reduzieren, indem sie Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld oder sonstige Gratifikationen nicht mehr auszahlen. Bei der beabsichtigten Reduzierung der vereinbarten Vergütung handelt es sich um eine betriebsbedingte Änderungskündigung, die jedoch nur unter sehr strengen Voraussetzungen zulässig ist. Grundsätzlich gilt, dass man den einmal geschlossenen Arbeitsvertrag nicht einseitig ändern kann. Es gilt also insoweit der Grundsatz „pacta sund servanda“ (Verträge müssen eingehalten werden), der sich aus den §§ 145 ff. BGB ergibt. Die Absicht des Arbeitgebers, in das Gehaltsgefüge des Arbeitnehmers einzugreifen, stellt einen sehr schwerwiegenden Eingriff dar und ist deshalb nur begründet, wenn der Arbeitgeber auf Grund eines umfassenden Sanierungsplanes substantiiert vortragen und beweisen kann, dass bei Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur für den Betrieb so erhebliche Verluste entstehen würden, dass es zu einer erheblichen Reduzierung der Belegschaft kommen könne bis hin zur Betriebsstilllegung.37 Der Arbeitgeber ist verpflichtet, im Rahmen des Sanierungsplanes auszuführen, warum es für den weiteren Bestand des Betriebes unerlässlich ist, dass das Entgelt der Mitarbeiter reduziert wird. Er muss die finanzielle Situation des Betriebes sowie den Anteil der Personalkosten detailliert darstellen. Außerdem muss er den ursächlichen Zusammenhang zwischen Entgeltreduzierung und der damit verbundenen Verhinderung von Kündigungen darlegen. Außerdem muss er detailliert nachweisen, dass keine milderen Mittel wie z.B. Kurzarbeit oder Ähnliches in Betracht kommen. Der Arbeitgeber muss konkret vortragen, dass eine entsprechende Kostensenkung auf anderem Wege nicht erreicht werden kann. Diesbezüglich ist anzumerken, dass die lapidare Behauptung, dass es dem Betrieb wirtschaftlich nicht gut ginge, in keinem Fall ausreichend ist. Auch die Vorlage der finanziellen Entwicklung bzw. der Umsatzzahlen der letzten Monate würde in keinem Fall ausreichen. Zwingend vorgeschrieben ist immer der oben bereits erwähnte umfassende Sanierungsplan. Das BAG hat sich in verschiedenen Urteilen dazu ausgelassen, dass ein umfassender Sanierungsplan bei der Entgeltreduzierung durch Änderungskündigung vorliegen muss, es hat jedoch noch nicht detailliert gesagt, welche Anforderungen qualitativ an einen umfassenden Sanierungsplan zu stellen sind. Man kann dem Arbeitgeber deswegen nur anraten, den Sanierungsplan so gründlich wie möglich zu machen und sämtliche Argumente bzw. Maßnahmen mit entsprechenden Dokumenten 37 BAG vom 23.06.2005 – 2 AZR 642/04, NJW 2006, 319.
113
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8
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8
§8
Beendigung durch Kündigung
bzw. Urkunden zu belegen, damit man seiner Substantiierungs- und Darlegungslast zum späteren Zeitpunkt nachkommt. 138
8
+ Muster für eine Änderungskündigung Sehr geehrte/r Frau/Herr …………………, hiermit kündigen wir aus betriebsbedingten Gründen das zwischen Ihnen und unserem Unternehmen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgemäß unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum …………………., hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist gemäß vorstehender Kündigung zu geänderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Die geänderten Bedingungen ergeben sich aus dem anliegend in zwei Originalen beigefügten neuen Arbeitsvertrag. Beide Originalexemplare des Arbeitsvertrages sind von unserer Seite bereits unterschrieben. Für den Fall Ihres Einverständnisses bitten wir um Rückgabe einen von Ihnen unterschriebenen Originalexemplares. An dieses Änderungsangebot gemäß anliegendem Arbeitsvertrag halten wir uns gebunden bis zum ………………. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates sind gewahrt. Bitte bestätigen Sie uns zunächst den Erhalt dieses Schreibens nebst Anlagen durch Ihre Unterschrift auf der ebenfalls beigefügten Zweitschrift dieses Schreibens. Sollten Sie das Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den geänderten Arbeitsbedingungen nicht annehmen, wird das Arbeitsverhältnis durch die vorstehende Kündigung zum Ablauf der Kündigungsfrist enden. Für diesen Fall weisen wir Sie vorsorglich auf Folgendes hin: Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld – vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld – sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, nach Erhalt dieser Kündigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen. Mit freundlichen Grüßen ……………………………………… Geschäftsführer Das Original dieses Schreibens nebst Anlagen (2 vom Arbeitgeber unterschriebene Originale des neugefassten Arbeitsvertrages) habe ich heute erhalten. …………………………………… Ort, Datum
114
………………………………… Unterschrift Arbeitnehmer
9
§ 9 Die Stellung von Organen von Kapitalgesellschaften A.
Bestellung und Anstellungsvertrag
I.
Trennungstheorie
Bei den Geschäftsführern einer GmbH und den Vorständen einer AG ist zwischen Organstellung und Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Da für den Vorstand einer AG sinngemäß das Gleiche gilt wie für den Geschäftsführer einer GmbH, soll nachfolgend die Stellung des Geschäftsführers einer GmbH näher beleuchtet werden. Lediglich bei der Abberufung und der Kündigung gibt es einige Unterschiede, die ebenfalls näher betrachtet werden. Der Geschäftsführer einer GmbH ist als Organ gleichzeitig Vertreter der GmbH und er vertritt die Gesellschaft nach außen im gesamten Rechts- und Geschäftsverkehr. Gleichzeitig wird der Geschäftführer einer GmbH mit der GmbH auch einen Anstellungsvertrag geschlossen haben, um das Dienstverhältnis zur GmbH zu manifestieren. Es wird also zwischen Organstellung einerseits und dem Anstellungsverhältnis andererseits unterschieden. Daraus hat der BGH die so genannte „Trennungstheorie“ entwickelt.
II.
9
Koppelung
Sofern die Organstellung durch Gesellschafterbeschluss beendet worden ist, heißt dies nicht zwingend, dass auch der Anstellungsvertrag aufgelöst bzw. gekündigt worden ist. Beide Rechtsverhältnisse sind grundsätzlich nicht miteinander verknüpft. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Organstellung mit dem zu Grunde liegenden Anstellungsvertrag dergestalt zu verbinden, dass der Widerruf der Organstellung bzw. die Abberufung als Organ mit der Beendigung des Dienstvertrages gekoppelt werden kann. Dies hat zur Folge, dass bei Abberufung als Organ gleichzeitig der zu Grunde liegende Anstellungsvertrag aufgelöst wird.
III.
2
Bestellung des Geschäftsführers
Die Bestellung des Geschäftsführers erfolgt durch die Gesellschafter gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG. Diese sind auch zuständig für den Abschluss des Anstellungsvertrages. Entsprechendes gilt für die Änderung des Anstellungsvertrages sowie für die entsprechende Aufhebung.1
1
1
BGH vom 25.03.1991 – II ZR 169/90, BB 1991, 927.
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3
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§9
IV. 4
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7
Steuerliche Auswirkungen
Die Tatsache, dass die Gesellschafterversammlung für den Abschluss bzw. die Änderung des Anstellungsvertrages zuständig ist, ist auch aus steuerlicher Sicht bedeutsam. Nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 16.05.19942 soll eine zivilrechtlich nicht wirksame Vereinbarung bezüglich Gehaltserhöhung oder Pensionszusagen steuerrechtlich nicht anzuerkennen sein. Folge wäre, dass Gehaltszahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen wären. Dies soll jedenfalls bei Gesellschaftergeschäftsführern der Fall sein.
V. 5
Die Stellung von Organen von Kapitalgesellschaften
Schriftform
Eine Schriftform des Anstellungsvertrages ist ebenfalls nicht gesetzlich vorgesehen, jedoch ist es für alle Beteiligten ratsam, einen schriftlichen Anstellungsvertrag zu schließen, da bei einer späteren Betrachtung der Stellung des Geschäftsführers dies sowohl für eine zivilrechtliche Auseinandersetzung als auch für eine steuerrechtliche Überprüfung sehr sinnvoll ist. Sofern eine entsprechende Koppelung wirksam vereinbart worden ist, bedarf es einer gesondert ausgesprochenen Kündigung nicht mehr. Wenn in dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag keine Koppelung vereinbart worden ist, muss zunächst die Organstellung beendet werden und sodann muss der Anstellungsvertrag gekündigt werden. Der Anstellungsvertrag kann ordentlich oder außerordentlich gekündigt werden und es gelten für die Kündigungserklärung die allgemeinen Regeln. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Schriftform der §§ 623, 126 BGB nicht beachtet werden muss, da der Wortlaut des § 623 BGB sich ausdrücklich auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen bezieht. Bei dem Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers (und auch des Vorstandes einer AG) handelt es sich jedoch lediglich um einen Dienstvertrag in Form eines Anstellungsvertrages. Es handelt sich nicht um ein Arbeitsverhältnis. Grundsätzlich sind auch Kündigungsfristen im Geschäftsführervertrag vereinbart. Sollte dies nicht der Fall sein, sollten § 622 Abs. 1 und 2 BGB für die Bestimmung der Kündigungsfrist herangezogen werden. Die Kündigung bedarf auch keiner Begründung. Sollte vertraglich vereinbart worden sein, dass die Gesellschaft die Kündigung dennoch begründen soll, sind die Kündigungsgründe exemplarisch im Geschäftsführervertrag aufzunehmen. Dies hindert jedoch die GmbH nicht daran, weitere Kündigungsgründe nachzuschieben. Sofern es sich um Gründe für eine fristlose Kündigung im Sinne von § 626 BGB handelt, muss die Gesellschaft jedoch die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB beachten. Denn eine fristlose Kündigung ist nur dann möglich, wenn zwischen Kenntniserlangung der Gesellschaft und dem Ausspruch der Kündigung nicht mehr als 2 Wochen vergangen sind.
2
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NZA 1995, 20.
9
B. Abberufung und Kündigung
B.
Abberufung und Kündigung
I.
GmbH-Geschäftsführer
1.
Abberufung
Der Widerruf der Bestellung eines GmbH-Geschäftsführers ist in den §§ 38, 46 Nr. 5 GmbHG geregelt. Demnach kann die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit die Bestellung als Geschäftsführer jederzeit widerrufen. Dabei müssen besondere Gründe für die Abberufung nicht vorliegen. Die Gesellschafterversammlung ist auch nicht verpflichtet, den Geschäftsführer vor dem zu treffenden Abberufungsbeschluss anzuhören. Die Abberufung ist bereits wirksam, wenn sie dem Geschäftsführer gegenüber durch die Gesellschafterversammlung oder einem Vertreter erklärt wird. Bei der Abberufung spielt es keine Rolle, ob es sich um einen GesellschafterGeschäftsführer handelt oder um einen so genannten Fremd-Geschäftsführer. Einzige Ausnahme in diesem Zusammenhang ist, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zu der entsprechenden Gesellschafterversammlung, in der der Abberufungsbeschluss gefasst werden soll, zu laden ist. Bei dem Fremd-Geschäftsführer ist dies nicht der Fall. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Abberufung gibt es auch keinen Unterschied zwischen einem Fremd-Geschäftsführer und einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer. Beide verlieren mit Zugang der Abberufungserklärung ihr Amt.
2.
9
Kündigung
Zu der ordentlichen Kündigung des GmbH-Geschäftsführers ist nicht viel zu sagen. Der zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer bestehende Anstellungsvertrag kann durch ordentliche Kündigung von beiden Seiten beendet werden. Sofern es keine anderweitigen schriftlichen Vereinbarungen gibt, gelten die Regelungen des § 622 BGB analog. Eine ordentliche Kündigung ist im Regelfall ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführervertrag befristet war. Eine ordentliche Kündigung wäre in diesem Fall nur dann möglich, wenn sich beide Parteien eine Möglichkeit für eine ordentliche Kündigung schriftlich vorbehalten haben. Hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung gelten sinngemäß die Grundsätze des § 626 Abs. 1 BGB. Es bedarf also eines wichtigen Grundes und die Gesellschaft muss zwingend die sich aus § 626 Abs. 2 BGB ergebende 2-Wochen-Frist einhalten. Um einen wichtigen Grund im Sinne dieser Vorschrift begründen zu können, bedarf es einer schweren Pflichtverletzung seitens des Geschäftsführers. Da es sich hierbei wiederum um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist es erforderlich, dass dieser „mit Leben erfüllt wird“. Ein wichtiger Grund kann beispielsweise sein: ■ Verletzung der Pflicht zur Überwachung der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft3 ■ dringender Tatverdacht wegen Subventionsbetrug4 ■ schweres Zerwürfnis unter Geschäftsführern5 ■ Verstoß gegen die Auskunftspflicht des Geschäftsführers6 3 4 5 6
8
BGH vom 20.02.1995 – II ZR 46/94, BB 1995, 975; NJW-RR 1985, 667. BGH vom 02.07.1984 – II ZR 16/84, WM 1984, 1187. BGH vom 17.10.1983 – II ZR 146/82, NJW 1984, 866; WM 1984, 29. OLG Frankfurt vom 24.11.1992 – 5 U 67/90, GmbHR 1994, 114.
117
9
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9
§9 11
12
9
In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass selbstverständlich auch der Geschäftsführer berechtigt ist, sein Amt niederzulegen. Dies darf aber nicht zur Unzeit geschehen. Jedoch ist der Geschäftsführer berechtigt, den Anstellungsvertrag ebenfalls zu kündigen, wenn zuvor durch die Gesellschafterversammlung eine – jedenfalls aus Sicht des Geschäftsführers – unwirksame außerordentliche Kündigung ausgesprochen worden ist.
II.
Vorstand der Aktiengesellschaft
1.
Abberufung
Gemäß den §§ 84 Abs. 3 Satz 1, 107 Abs. 3 Satz 2, 112 Aktiengesetz (AktG) kann der Aufsichtsrat durch einen so genannten Abberufungsbeschluss bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft abberufen. Es kann sinngemäß auf die Ausführungen zur außerordentlichen Beendigungskündigung verwiesen werden. Der Gesellschaft darf es also auf Grund des starken Bruchs des Vertrauensverhältnisses nicht mehr zuzumuten sein, weiterhin mit dem Vorstandsmitglied zusammenzuarbeiten bzw. ihn noch bis zum Ablauf seiner Amtszeit im Amt zu belassen. Im Gesetz sind exemplarisch wichtige Gründe wie grobe Pflichtverletzung und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung als Widerrufsgrund genannt. Der Widerruf muss auf Grund eines Beschlusses des Aufsichtsrats erfolgen und dem betroffenen Vorstandsmitglied gegenüber erklärt werden. Der Beschluss hinsichtlich des Widerrufs der Bestellung ist so lange wirksam, bis das Gegenteil, also die Unwirksamkeit des Beschlusses, rechtskräftig festgestellt ist. Dies ergibt sich aus § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG.
2. 13
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Die Stellung von Organen von Kapitalgesellschaften
Kündigung
Im Gegensatz zur Kündigung des Anstellungsvertrages bei einem GmbH-Geschäftsführer ist es bei der ordentlichen Kündigung eines Vorstandes einer Aktiengesellschaft zwingend notwendig, dass entweder vor oder gleichzeitig mit der Kündigung die Bestellung als Organ der Gesellschaft widerrufen wird. Dieser Grundsatz gilt jedoch nur, wenn die Gesellschaft sich von einem Vorstand trennen möchte. Möchte ein Vorstandsmitglied selber den Anstellungsvertrag kündigen, darf es dies tun, ohne dass als Voraussetzung zuvor gewährleistet sein muss, dass der Widerruf der Bestellung vollzogen ist. Zur außerordentlichen Kündigung ist zu sagen, dass der Anstellungsvertrag gekündigt werden kann, wenn ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB vorliegt. Es muss also auch hier so sein, dass der Gesellschaft nicht zugemutet werden kann, dass das betroffene Vorstandsmitglied weiter im Amt bleibt. Im Gegensatz zum Widerruf der Bestellung, bei dem das Gesetz die wichtigen Gründe für den Widerruf nennt, können die Parteien im Anstellungsvertrag wirksam Kündigungsgründe für eine außerordentliche Kündigung vereinbaren. Auch hierbei ist darauf zu achten, dass die 2-WochenFrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten wird. Als Beispiele für außerordentliche Kündigungsgründe können genannt werden: ■ Mangelnde Offenbarungspflicht bzw. Offenheit gegenüber Aufsichtsrat7 ■ Schädigung des Vermögens der Gesellschaft 7 BGH vom 19.06.1995 – II ZR 228/94, DStR 1995, 1359.
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C. ■ ■ ■ ■ ■
C.
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Organstellung – Arbeitnehmereigenschaft?
Strafbare Handlung Weitergabe von Insiderwissen Vornahme verbotener Insidergeschäfte Bilanzmanipulation8 Vorsätzlich verursachte Zerwürfnisse zwischen den Organmitgliedern9
Organstellung – Arbeitnehmereigenschaft?
Bei der Beendigung von Anstellungsverhältnissen von Organen einer Kapitalgesellschaft stellt sich regelmäßig die Frage, ob sich die betroffenen Personen auf Arbeitnehmerrechte berufen können. Voraussetzung dafür ist, dass es sich sowohl bei dem Geschäftsführer einer GmbH als auch bei dem Vorstand einer AG um einen Arbeitnehmer handelt. Es ist bereits dargestellt worden, dass es sich bei dem zu Grunde liegenden Vertrag um einen Anstellungsvertrag im Sinne von § 611 BGB handelt. Gerade im Hinblick auf die Kündigung ist ebenfalls gesagt worden, dass die gemäß § 623 BGB vorgeschriebene Schriftform gerade nicht eingehalten werden muss, da diese nur auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist. Für den GmbH-Geschäftsführer hat der Gesetzgeber beispielsweise in § 14 Abs. 1 Nr. KSchG festgeschrieben, dass dieser sich nicht auf arbeitsrechtliche Schutzvorschriften berufen kann. Die Begründung liegt darin, dass man davon ausgeht, dass der Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft Leitungsmacht, also quasi die Arbeitgebereigenschaft besitzt. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn als Geschäftsführer ein von den Gesellschaftern abhängiger Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer eingesetzt wird, der dem ständigen Weisungsrecht der Gesellschaft unterworfen ist. Dabei muss man jedoch das Weisungsrecht im Sinne des Direktionsrechtes gemäß § 315 Abs. 1 BGB unterscheiden von der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers an die Gesellschafterbeschlüsse gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG. Bei der letztgenannten „Weisungsgebundenheit“ handelt es sich nicht um das Pendant zum Direktionsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB, sondern lediglich darum, dass der Geschäftsführer verpflichtet ist, die Gesellschafterbeschlüsse weisungsgemäß umzusetzen. Die Weisungsgebundenheit resultiert also nicht auf dem Direktionsrecht und aus diesem Grunde wird man wohl auch davon ausgehen können, dass das Organ einer Kapitalgesellschaft im Zweifel kein Arbeitnehmer ist. Die Rechtsfolge ist, dass der Geschäftsführer einer GmbH bzw. ein Vorstandsmitglied für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung Feststellungsklage vor dem Landgericht erheben muss und nicht vor dem Arbeitsgericht. Das BAG hat zwar im Jahre 1999 festgestellt, dass das Dienstverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers auch ein Arbeitsverhältnis sein könne.10 Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Geschäftsführer quasi weisungsgebunden wie ein Arbeitnehmer ist und die Gesellschaft das Direktionsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB ausübt. Solche Konstellationen sind zwar denkbar, jedoch in der Praxis sehr unüblich und kommen auch nicht häufig vor. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass das Organ einer Kapitalgesellschaft kein Arbeitnehmer ist und sich deshalb nicht auf arbeitnehmerähnliche Schutzrechte berufen kann. Gleiches gilt im Übrigen für den Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH. 8 BGH vom 26.03.1984 – II ZR 171/83, NJW 1984, 1893. 9 BGH vom 15.10.1996 – IV ZR 319/95, NJW 1997, 130. 10 BAG vom 26.05.1999 – 5 AZR 664/98, NJW 1999, 3731; BB 1999, 1276.
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Die Stellung von Organen von Kapitalgesellschaften
Exkurs: Vom Arbeitnehmer – Zum Geschäftsführer – Kündigung – Keine Rechte? Viele Arbeitgeber nutzen das eben Gesagte dazu, einen Arbeitnehmer zum Geschäftsführer zu bestellen, um ihm sodann unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Sofern der Geschäftsführer die Wirksamkeit der Kündigung überprüfen lassen will, müsste er dies vor dem Landgericht tun und nicht vor dem Arbeitsgericht, da ihm ja auf Grund der Organstellung die Arbeitnehmereigenschaft fehlt. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, was geschieht, wenn ein Arbeitnehmer einen schriftlichen Geschäftsführeranstellungsvertrag schließt, jedoch das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis nicht schriftlich beendet wurde. Die schriftliche Beendigung ist ja zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung gemäß § 623 BGB. Das BAG ist bereits seit den 90er Jahren davon ausgegangen, dass die Vermutung dafür spricht, dass durch den Abschluss eines GmbH-Geschäftsführervertrages das ursprünglich bestehende Arbeitsverhältnis aufgehoben werden soll. Ob die Formvorschrift des § 623 BGB eine ausdrückliche schriftliche Aufhebung des Arbeitsvertrages erfordert, hat das BAG bisher offen gelassen.11 In dem Urteil vom 19.07.200712 musste das BAG sich mit folgendem Fall beschäftigen: Die Klägerin war bei einer GmbH zunächst mit Arbeitsvertrag als Steuerberaterin beschäftigt. Nach ca. einem ¾ Jahr ist zwischen den Parteien ein Geschäftsführer-Dienstvertrag geschlossen worden. Später kündigte die GmbH den geschlossenen Dienstvertrag unter Einhaltung der normalen Kündigungsfrist. Die Steuerberaterin hat die Ansicht vertreten, dass das ursprünglich bestandene Arbeitsverhältnis lediglich ruhend gestellt und nicht aufgelöst wurde. Das BAG hat jedoch entschieden, dass eine Vermutung dahingehend besteht, dass das bestehende Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wird, wenn ein schriftlicher Geschäftsführeranstellungsvertrag geschlossen wird. Zwar hat das BAG sich immer noch nicht zu der Frage geäußert, ob es auf das Schriftformerfordernis des § 623 BGB hinsichtlich der Beendigung des ursprünglichen Anstellungsvertrages ankommt, jedoch dürfte die seit 1993 ständige Rechtsprechung des BAG darauf hindeuten, dass durch die Vereinbarung eines Gesellschaftergeschäftsführervertrages konkludent das ursprüngliche Arbeitsverhältnis als aufgelöst anzusehen ist. Zusammenfassung Nach Auffassung des Verfassers und der wohl überwiegend herrschenden Meinung in der Literatur sowie in der Rechtsprechung kann davon ausgegangen werden, dass sich die Organe von Kapitalgesellschaften nicht auf arbeitnehmerähnliche Rechte stützen können und sich somit nicht auf den Schutz eines Arbeitnehmers berufen können. Bei der Überprüfung der Wirksamkeit von Kündigungen müssen sie dies im Rahmen einer Feststellungsklage vor dem Landgericht tun.
11 BAG vom 14.06.2006 – 5 AZR 594/05, NZA 2007, 396. 12 BAG vom 19.07.2007 – 6 AZR 774/06, sowie BAG vom 14.06.2006 – 5 AZR 594/05, NZA 2007, 396.
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10
§ 10 Betriebsänderung A.
Betriebsübergang
Der Betriebsübergang wird in § 613 a BGB geregelt. Zur Problematik des Betriebsüberganges gibt es zahlreiche Entscheidungen des BAG und des Europäischen Gerichtshofes. Die nachfolgende Darstellung hält sich an den Wortlaut der Vorschrift und wird zunächst die einzelnen Tatbestandsmerkmale herausarbeiten. Dabei wird besonderen Wert darauf gelegt, die vom BAG und Europäischen Gerichtshof herausgearbeiteten Merkmale und Voraussetzungen für einen Betriebsübergang in der Dienstleistungsbranche zu erläutern. Der Betriebsübergang in einem Produktionsbetrieb bereitet im Regelfall weniger Schwierigkeiten, da in diesem Fall Gebäude, Maschinen und Werkzeuge übertragen werden. Im Bereich der Dienstleistungen kommt es jedoch in erster Linie auf die so genannten immateriellen Betriebsmittel wie z.B. den Kundenstamm, die Geschäftsbeziehungen zu Dritten sowie den „Goodwill“ (den „guten Ruf “) und nicht zuletzt die Arbeitnehmer an.
I.
Rechtsgeschäft
Die Vorschrift des § 613 a BGB setzt voraus, dass ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft übertragen wird. Dies ist immer dann gegeben, wenn eine einverständliche Übertragung der Leitungsmacht auf den Betriebserwerber vorliegt.1 Mit Rechtsgeschäft ist also nicht nur der so genannte Vertragsschluss gemäß den §§ 145 ff. BGB gemeint, sondern der Begriff des Rechtsgeschäftes wird im Sinne dieser Vorschrift weit ausgelegt. Dabei muss sich das Rechtsgeschäft sowohl auf den Übergang der tatsächlichen Nutzungs- und Verfügungsgewalt als auch auf die materiellen und immateriellen Betriebsmittel beziehen. Die Art des Rechtsgeschäfts ist ohne Bedeutung. Es braucht sich auch nicht um ein einzelnes Rechtsgeschäft zu handeln, ein Betriebsübergang kann auch durch eine Vielzahl von Rechtsgeschäften erfolgen. Es muss sich allerdings um ein Rechtsgeschäft handeln und nicht etwa um eine Übertragung kraft Gesetzes. Dementsprechend finden die Vorschriften über den Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB keine Anwendung im Erbfall. Hier gelten die Vorschriften der §§ 1922 ff. BGB. Ebenso wenig kommt die Vorschrift des § 613 a BGB zum Zuge, wenn im Rahmen einer Zwangsversteigerung ein anderer Inhaber den Zuschlag erhält. Gemäß § 324 Umwandlungsgesetz (UmwG) finden im Falle der Umwandlung von Unternehmen die Vorschriften des § 613 a Abs. 1 und 4–6 BGB Anwendung. Durch die weite Auslegung des Begriffs Rechtsgeschäft werden auch alle diejenigen Fälle einer Fortführung der wirtschaftlichen Einheit erfasst, die im Rahmen vertraglicher oder sonst rechtsgeschäftlicher Beziehungen erfolgen, ohne dass zwingend eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen muss. Weitere Voraussetzung für das Tatbestandsmerkmal des Rechtsgeschäfts ist, dass der Neuerwerber des Unternehmens das erworbene Unternehmen auch tatsächlich weiter fortführt. Es reicht also nicht die bloße Möglichkeit aus, den Betrieb unverändert weiter fortführen zu können. Sofern die betriebliche Tätigkeit 1
1
BAG vom 06.02.1985 – 5 AZR 411/83, NZA 1985, 735.
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§ 10 Betriebsänderung
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durch den neuen Inhabers des Betriebes lediglich eingestellt wird, der Betrieb jedoch nicht auf Dauer stillgelegt wird, handelt es sich um einen Betriebsübergang. Außerdem ist Voraussetzung, dass es sich um eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit handeln muss. Damit ist gemeint, dass eine Fortführung nicht auf Dauer angelegt ist, wenn eine Firma nur für die Durchführung eines Bauvorhabens übernommen wird.2 Für das BAG kommt es in erster Linie darauf an, ob die übernommenen Aufgaben auch tatsächlich wie bisher dauerhaft fortgeführt werden.3 Von einer Betriebsnachfolge, also einem Betriebsübergang, kann auch gesprochen werden, wenn die Betriebsnachfolge auf Grund eines Pachtvertrages erfolgt. Dies kann der Fall sein, wenn der Betrieb vom Verpächter auf den Pächter übergeht oder auch wenn der Betrieb von einem Verpächter verpachtet ist und er von dem Vorpächter auf den Nachpächter übergeht. Wenn zuvor gesagt worden ist, dass der Betriebsübergang im Rahmen der Erbrechtsnachfolge gemäß den §§ 1922 ff. BGB nicht möglich ist, soll jedoch noch einmal klargestellt werden, dass aber ein Vermächtnis im Sinne der §§ 2147 ff. BGB sehr wohl ein Rechtsgeschäft darstellen kann, so dass es zu einem Betriebsübergang bzw. einem Rechtsnachfolger kommen kann.
II. 4
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Betrieb und Betriebsteil
Nach der früheren Rechtsprechung des BAG gehörten zu einem Betrieb im Sinne des § 613 a BGB nur sächliche und immaterielle Betriebsmittel, nicht jedoch die Arbeitnehmer des Betriebes, da der Übergang der Arbeitsverhältnisse als Rechtsfolge in der Vorschrift des § 613 a BGB nicht ausgewiesen war und nicht als Tatbestandsmerkmal angesehen wurde. Das BAG und der EuGH sind sich seit den Entscheidungen aus den Jahren 1996 und 1997 einig, dass unter einem Betrieb im Sinne von § 613 a BGB eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung zu verstehen ist.4 Als Betrieb im Sinne des § 613 a BGB ist nunmehr auch die organisatorische Zusammenfassung mehrerer Arbeitnehmer anzusehen. Beispielsweise wird die organisatorische Einheit von 70 Arbeitnehmern, die zur Erfüllung von Reinigungsaufträgen eingesetzt werden, als Betrieb angesehen.5 Der Übergang eines Betriebsteils ist genauso zu bewerten wie der Übergang des gesamten Betriebes. Betriebsteile sind Teileinheiten, bei denen es sich um organisatorisch eigenständige Untergliederungen eines Betriebes handelt, mit denen im Rahmen des Gesamtzweckes des Betriebes ein eigener Teilzweck erreicht und verfolgt werden kann. Voraussetzung ist, dass es sich um eine so genannte abtrennbare Einheit handelt. Der Betriebsteil muss also als eigene organisatorische Einheit von dem gesamten Betrieb selbstständig abtrennbar sein und auch in dieser speziellen Form weiterhin die Funktion erfüllen, die er im Gesamtbetrieb inne hatte.6 ! Praxishinweis: Beim Übergang eines Betriebsteils kommt es nicht darauf an, ob der Restbetrieb, nach dem Übergang eines Betriebsteils weiterhin funktionsfähig ist oder nicht.7 Dagegen sind einzelne Betriebsmittel oder Wirtschaftsgüter im Regelfall kein Betriebs2 3 4 5 6 7
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EuGH vom 11.03.1997 Rs. C-13/95 (Ayse Süzen/Zehnaker Gebäudereinigung GmbH), NZA 1997, 433. BAG vom 11.12.1997 – 8 AZR 729/96, NZA 1998, 534. BAG vom 22.05.1997 – 8 AZR 101/96; NZA 1997, 1050; BAG vom 26.06.1997 – 8 AZR 426/95, NZA 1997, 1228 ff. sowie BAG vom 26.08.1999 – 8 AZR 827/98, NZA 2000, 371 ff.; BAG vom 25.05.2000 – 8 AZR 416/99, NZA 2000, 111f ff. BAG vom 11.12.1997 – 8 AZR 729/96, NZA 1998, 534 ff. BAG vom 18.04.2002 – 8 AZR 346/01, NZA 2002, 1207 ff. BAG vom 13.11.1997 – 8 AZR 375/96, NZA 1998, 249 ff.
A.
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Betriebsübergang
teil, weil es sich nicht um eine eigenständige organisatorische Einheit handelt. Bei einem Autohaus, welches mit einer eigenen Werkstatt verbunden ist, würde beispielsweise der Übergang des Bremsenprüfstandes nicht einen Betriebsteil und somit einen Betriebsübergang darstellen, da es sich hier lediglich um ein einzelnes Betriebsmittel handelt. Gleiches würde beispielsweise gelten, wenn nicht der gesamte Fuhrpark eines Unternehmens veräußert werden würde, sondern lediglich 2 Lkws.
III.
Übergang
Das BAG war verpflichtet, die vom EuGH aufgestellten Kriterien für einen Betriebsübergang zu übernehmen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls muss danach geprüft werden, ob eine wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität auf den Erwerber übergegangen ist.8 Die Rechtsprechung des BAG fordert also eine Gesamtbetrachtung und in diesem Zusammenhang sind unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH 7 Kriterien zwingend zu prüfen: ■ Die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes ■ Übergang der materiellen Betriebsmittel ■ Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs ■ Übernahme der (Haupt-)Belegschaft durch den Erwerber ■ Übergang der Kundschaft ■ Grad der Ähnlichkeit der vor und nach dem Übergang zu verrichtenden Tätigkeiten ■ Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Tätigkeiten
1.
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Art des betreffenden Unternehmens
Für die Frage nach der Art des Betriebes bzw. des betreffenden Unternehmens ist für die Wahrung der Identität zwischen Produktionsbetrieben und Betrieben im Dienstleistungsbereich zu unterscheiden. Bei Produktionsbetrieben stehen vor allen Dingen die materiellen Produktionsmittel im Vordergrund. Die Belegschaft oder der Kundenstamm spielen im Vergleich zu den materiellen Produktionsmitteln eine vergleichsweise untergeordnete Rolle und sind für die Identität des Betriebes von geringer Bedeutung. Dagegen stehen in Betrieben aus dem Dienstleistungsbereich in erster Linie die menschliche Arbeitskraft sowie die bestehenden Kundenbeziehungen im Vordergrund. Es ist deshalb fraglich, ob die Übernahme der Hauptbelegschaft zur Wahrung der Identität ausreicht. Dies wird zu bejahen sein, wenn von ehemals 87 Beschäftigten 75 Arbeitnehmer übernommen werden. Die bloße Übernahme von Arbeitnehmern durch den Betriebserwerber stellt bei so genannten betriebsmittelarmen Betrieben aber allein noch keinen Betriebsübergang dar. Wichtig ist das Merkmal der Identität der wirtschaftlichen Einheit. In diesem Zusammenhang ist auch auf den Qualifikationsgrad der zu übernehmenden bzw. übernommenen Arbeitnehmer abzustellen. Ist der Qualifikationsgrad der Arbeitnehmer eher gering, welches man wohl objektiv – ohne den Beschäftigten zu nahe treten zu wollen – bei Arbeitnehmern eines Reinigungsbetriebes annehmen kann, wird es für die Wahrung der Identität erforderlich sein, dass man fast die gesamte Belegschaft übernimmt. Sollte man von einem Reinigungsunternehmen, das 80 Beschäftigte hat, lediglich 40 Arbeitnehmer übernehmen, kann nicht 8
7
BAG vom 22.05.1997 – 8 AZR 101/96, NZA 1997, 1050 ff.
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§ 10 Betriebsänderung von der Übernahme des Hauptpersonals und dementsprechend auch nicht von einem Betriebsübergang ausgegangen werden. Sofern es sich um einen Betrieb handelt, bei dem Mitarbeiter beschäftigt sind, die eine sehr hohe Qualifikation und auch ein vielseitiges Spezialwissen haben, wird es für die Wahrung der Identität ausreichen, wenn nur wenige Mitarbeiter übernommen werden. Dies könnte beispielsweise bei einem kleineren Unternehmen der Fall sein, in dem ein Bauingenieur arbeitet, der seit 14 Jahren Spezialist für den Bau von Tiefgaragen ist und quasi das gesamte Know-How der Firma in sich vereinigt. Wenn dieser Arbeitnehmer übernommen wird, handelt es sich um einen Betriebsübergang. Bei einem Dienstleistungsbetrieb kommt es darüber hinaus auch noch auf die Übernahme des bestehenden Kundenstammes an und auf die Frage, wie lange die Tätigkeit unterbrochen wird.9
2. 9
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Als materielle Betriebsmittel kommen in erster Linie Gebäude, Grundstücke sowie sämtliche beweglichen Güter bzw. Produktionsmittel des Veräußerers in Betracht. Speziell sind darunter die vorhandenen Einrichtungsgegenstände, sämtliche Werkzeuge und die ständig benötigten Maschinen und Produktionsanlagen des Veräußerers gemeint. Wenn nicht alle beweglichen Güter übertragen werden, kommt es entscheidend darauf an, ob der Erwerber mit den übernommenen Produktionsmitteln die Tätigkeit des Betriebes tatsächlich weiterführen kann. 10 Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die übernommenen Betriebsmittel auch tatsächlich im Eigentum des Veräußerers stehen. Auch Produktionsmitteln, die im Rahmen einer Sicherungsübereignung übereignet sind oder aber auf Grund von Leasingverträgen nicht im Eigentum des Veräußerers stehen, können so übertragen werden, dass das Merkmal der Identitätswahrung erfüllt ist. Die bloße Überlassung von Produktionsmitteln ohne dass der Erwerber Einfluss auf die Art und Weise der Nutzung hat, stellt keinen Übergang materieller Betriebsmittel dar.
3. 10
Übergang materieller Betriebsmittel
Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs
Bei den so genannten Betrieben aus der Dienstleistungsbranche spielen die immateriellen Betriebsmittel eine entscheidende Rolle. Das Vermögen der entsprechenden Unternehmen setzt sich gerade nicht aus Maschinen, Gebäuden und Ähnlichem zusammen, sondern in erster Linie aus dem Kundenstamm und den sich daraus ergebenden Kundenlisten. Außerdem besitzen die Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche als weiteres Merkmal gegebenenfalls Warenzeichen und angemeldete Marken, die sie verwerten und sie können auf ein großes „Know-how“ zurückgreifen sowie den „Goodwill“ des Unternehmens. Mit „Good Will“ ist der gute Ruf eines Unternehmens gemeint, der bei der Veräußerung eines Betriebes einen nicht erheblichen Anteil der Kaufsumme ausmacht bzw. ausmachen kann. Eine weitere Rolle spielen öffentlich rechtliche Genehmigungen oder aber der Vertrieb von Marken- oder Gebrauchsmustern. All dies wird in einem Betrieb der Dienstleistungsbranche von erheblicher Bedeutung sein.
9 BAG vom 11.09.1997 – 8 AZR 555/95, NZA 1998, 31 ff. 10 BAG vom 27.09.1984 – 2 AZR 309/83, NZA 1985, 493 ff.
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A.
4.
Die Übernahme der Hauptbelegschaft
Ein weiteres Kriterium ist die Übernahme der Hauptbelegschaft. Dies ist gerade in dem Unternehmen von besonderer Bedeutung, in dem es so gut wie keine Produktionsmittel wie Maschinen, Gebäude oder Ähnliches gibt, die für die Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind. In erster Linie kommt es in diesen Betrieben auf die menschliche Arbeitskraft an, als Beispiele werden immer wieder Unternehmen im Bewachungs- und Reinigungsgewerbe genannt. Dort kommt es fast ausschließlich auf die menschliche Arbeitskraft an, da sich die Produktionsmittel auf Putzmittel und Ähnliches (Reinigungsgewerbe) sowie entsprechende Kleidung und Handy etc. (Bewachungsgewerbe) beschränken. Es kommt also insbesondere darauf an, ob bei dem Betriebsübergang ein wesentlicher Teil der Belegschaft übernommen wird. Was unter der wesentlichen Übernahme zu verstehen ist, hängt -wie immer- von den Umständen des Einzelfalles ab. Beispielsweise hat das BAG entschieden, dass die Übernahme von 50 % der Arbeitnehmer in einem Betrieb, in dem die Arbeitnehmer keine besonderen Fachkenntnisse und Qualifikationen haben, nicht ausreichend sein soll. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist jedoch nicht einheitlich und man kann auch keinen „roten Faden“ erkennen. Das BAG hat beispielsweise bei Übernahme von ca. 85 % der Belegschaft eines Gebäudereinigungsunternehmens den Betriebsübergang bejaht, da die Wahrung der Identität erreicht sei,11 während es aber bei einer Übernahme von 75 % der Belegschaft eines Betriebes, die für einfache Hilfsdienste eingesetzt worden sind, die verlangte Wahrung der Identität verneint hat.12 Das einzige Kriterium, welches für das BAG immer von grundsätzlicher Bedeutung ist, ist die Qualifikation der betreffenden Arbeitnehmer. Ist die Qualifikation eher gering, muss mindestens 80–90 % der Belegschaft übernommen werden. Handelt es sich um absolute Spezialisten in einem Unternehmen, wobei z.B. ein Experte für den weiteren Fortbestand des Unternehmens von entscheidender Bedeutung ist, würde auch die Übernahme eines Arbeitnehmers ausreichen.
5.
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Übergang der Kundschaft
Wie bereits gesagt, ist es für die Wahrung der Identität im Hinblick auf den erfolgten Betriebsübergang in einem Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche von besonderer Bedeutung, dass auch der komplette Kundenstamm und die Kundenliste übernommen werden. Wenn nur ein Teil des Kundenstamms übernommen wird, kann jedenfalls nicht von der Wahrung der Identität gesprochen werden.
6.
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Betriebsübergang
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Ähnlichkeit der Tätigkeiten
Als weiteres Kriterium ist zu prüfen, ob die Tätigkeiten, die der Veräußerer verrichtet hat und die nunmehr der Erwerber verrichtet, ähnlich sind. Wenn ein Ladengeschäft veräußert wird, in dem zuvor Sportartikel verkauft worden sind, kann nicht von einer Ähnlichkeit gesprochen werden, wenn der Erwerber in dem gleichen Ladengeschäft eine Damenboutique eröffnet. Gleiches gilt auch für eine Gaststätte mit gut bürgerlicher deutscher Küche in der nunmehr vom Erwerber ein arabisches Spezialitätenrestaurant mit entsprechendem Ambiente eröffnet wird. Hier fehlt es an der Ähnlichkeit der Tätigkeiten und es hat ein Wechsel der Betriebsmethoden und der Arbeits11 BAG vom 13.11.1997 – 8 AZR 295/95, NZA 1998, 251. 12 BAG vom 10.12.1998 – 8 AZR 676/97, NZA 1999, 420 ff.
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§ 10 Betriebsänderung organisation stattgefunden. Auch wenn ein Ladenlokal mit Betriebsmitteln veräußert wird, kann nicht von einer Ähnlichkeit gesprochen werden, wenn es sich zuvor um ein chinesisches Schnellrestaurant gehandelt hat und danach soll ein 2-Sterne-Gourmet-Tempel in denselben Räumlichkeiten eröffnet werden.13
7. 14
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Bei einem Betriebsübergang wird es oft so sein, dass der Veräußerer nach und nach seine Tätigkeit einstellt und der Erwerber sodann zu einem späteren Zeitpunkt die Betriebstätigkeit wieder aufnimmt. Um einen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB zu bejahen, kommt es entscheidend auf die Dauer der Unterbrechung an. Denn die tatsächliche Fortführung bzw. Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit wird vom BAG als wesentliches Kriterium im Rahmen der Prüfung des Betriebsüberganges gesehen.14 Selbstverständlich haben sowohl das BAG als auch der EuGH sich nicht konkret festgelegt, ab welcher Dauer der Unterbrechung sie nicht mehr von einem Betriebsübergang ausgehen. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an und in diesem Zusammenhang auch wohl auf die betreffende Branche. Wenn zwischen der Schließung eines Modegeschäfts und der Neueröffnung wiederum als Modegeschäft ca. 9 Monate liegen, kann nicht mehr von einem Betriebsübergang gesprochen werden. Bei dem Beispiel mit der gut bürgerlichen deutschen Küche, deren Gaststättenbetrieb eingestellt worden ist und bei dem sodann ein arabisches Spezialitätenlokal eröffnet hat, kam noch hinzu, dass nicht nur die Ähnlichkeit nicht gegeben war, sondern auch das arabische Spezialitätenrestaurant erst nach ca. 5 Monaten wieder eröffnet wurde, also der Betrieb unterbrochen war. In diesem Zusammenhang hat das BAG ebenfalls geurteilt, dass diese Unterbrechung zu lang war, um einen Betriebsübergang zu begründen. Hinzu kam, dass das BAG branchenspezifisch darauf abgestellt hat, dass wohl auch die Kunden, die ein Restaurant mit gut bürgerlicher deutscher Küche aussuchen von denen abweichen, die gerne in ein arabisches Spezialitätenrestaurant gehen. Der entsprechende Kundenstamm hinsichtlich der Stammkundschaft musste also bei dem arabischen Spezialitätenrestaurant völlig neu aufgebaut werden und der Inhaber des arabischen Spezialitätenrestaurants konnte nicht damit rechnen, dass die Stammkundschaft der gut bürgerlichen deutschen Küche auch in sein Lokal kommt. Aus diesem Grunde hat das BAG einen Betriebsübergang abgelehnt.15
8. 15
Dauer der Unterbrechung
Funktionsnachfolge – kein Betriebsübergang!
Es ist nicht von einem Betriebsübergang auszugehen, wenn es sich bei der Übernahme um eine reine Funktionsnachfolge handelt. Davon ist auszugehen, wenn eine Tätigkeit übernommen wird, ohne dass sonstige Betriebsmittel oder die Belegschaft bzw. Teile der Belegschaft übernommen werden.16 Den Fall der Funktionsnachfolge trifft man insbesondere bei der unternehmerischen Entscheidung eines Arbeitgebers im Hinblick auf das Ausgliedern von Betriebsteilen, dem so genannten „Outsourcing“ an. Denn beim „Outsourcing“ wird eine Tätigkeit, die bisher immer betriebsintern erledigt wurde, an eine Drittfirma oder an einen sonstigen Dritten übergeben. Bei13 14 15 16
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BAG vom 11.09.1997 – 8 AZR 555/95, NZA 1998, 31 ff. EuGH vom 10.02.1998 – 324/86, EuGHE 1988, 739 ff. („Daddy’s Dance Hall“). BAG vom 11.09.1987 – 8 AZR 555/95, NZA 1998, 31. BAG vom 22.01.1998 – 8 AZR 243/95, NZA 1998, 536.
A.
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Betriebsübergang
spielsweise könnte dies der Fall sein, wenn die Buchhaltung, die bisher intern im Unternehmen erledigt wurde, nunmehr ab einem bestimmten Zeitpunkt ausgegliedert wird und von einem Steuerbüro übernommen wird. Es handelt sich dabei um eine bloße Funktionsnachfolge, die keinen Betriebsübergang darstellt. Es gab jedoch auch eine Entscheidung des EuGH aus dem Jahre 2003, bei der es um die Neuvergabe eines Catering-Auftrages ging, der in den Räumlichkeiten des beauftragenden Krankenhauses durchzuführen war und bei dem der neue Auftragnehmer mit der gesamten Kücheneinrichtung und dem Speisesaalinventar die Tätigkeiten ausführen sollte.17 Nachdem das Krankenhaus als Auftraggeber dem vorherigen Cateringunternehmen gekündigt hatte, beauftragte es einen neuen Cateringservice, wobei dieser weder das Warenlager noch irgendwelche Essenspläne oder Rezepturen etc. übernahm. Selbst Arbeitnehmer wurden von dem neuen Auftragnehmer nicht übernommen. In dem Vertrag war vorgesehen, dass der neue Auftragnehmer Wasser und Energie nutzen konnte und sowohl die Patienten als auch die Arbeitnehmer des Krankenhauses mit Speisen und Getränken zu versorgen hatte. Hierfür sah der Vertrag eine monatlich festgelegte Vergütung vor. Obwohl kein einziger Arbeitnehmer übernommen wurde, ist der EuGH in diesem Fall dennoch von einem Betriebsübergang ausgegangen, da die Verpflegung der Patienten und der Angestellten des Krankenhauses nicht als Tätigkeit angesehen wurde, bei der es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankomme. Für den EuGH war es ausreichend, dass die Räumlichkeiten sowie das Inventar überlassen wurden. Auf die Überlassung eines Kundenstammes kam es nicht an, da es in einem Krankenhaus ständig Patienten gibt und auch Angestellte, die auf die Tätigkeiten des Cateringservices zurückgreifen.
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Inhaberwechsel
Weitere Voraussetzung für den Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB ist, dass ein Betrieb oder ein Betriebsteil auf einen anderen Inhaber übergeht. Es muss also ein tatsächlicher Inhaberwechsel stattfinden, wobei der neue Inhaber den Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auch tatsächlich fortführt. Es kommt entscheidend auf die tatsächliche Betriebsfortführung durch den neuen Inhaber an. Bei dem neuen Betriebsinhaber kann es sich um eine natürliche Person oder aber um eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts handeln. Auch eine Personengesellschaft wie eine OHG oder GmbH & Co. KG kann als neuer Inhaber auftreten. ! Praxishinweis: Der reine Wechsel eines Gesellschafters stellt jedoch keinen Inhaberwechsel im Sinne der Vorschrift dar. Es liegt dann kein Betriebsübergang vor, da die Identität des Betriebsinhabers durch den reinen Gesellschafterwechsel unberührt bleibt.18 Die gleichen Grundsätze gelten selbstverständlich auch, wenn bei einer GmbH & Co. KG die GmbH-Komplementärin durch eine natürliche Person ausgetauscht wird.19
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17 EuGH vom 20.11.2003 – C 340/01 – „Carlito Abler“, NZA 2003, 1385 ff. 18 BAG vom 12.07.1990 – 2 AZR 39/90, NZA 1991, 63 ff. 19 BAG vom 17.08.1972 – 2 AZR 359/71, DB 1972, 2406.
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V. 18
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Eintritt in Rechte und Pflichten
Gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB tritt der Erwerber in sämtliche Rechte und Pflichten hinsichtlich der bestehenden Arbeitsverhältnisse ein, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehen. Die Verpflichtung betrifft nicht nur alle Regelungen in dem Arbeitsvertrag, sondern auch sämtliche Vereinbarungen, die gegebenenfalls der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber (Betriebsvereinbarungen) getroffen hat. Während der Betriebsübergang durch Rechtsgeschäft erfolgt, erfolgt der Übergang der Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes. Betriebsvereinbarungen gelten gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar, was bedeutet, dass die in der Betriebsvereinbarung genannten Regelungen unabhängig von dem Willen der Arbeitsvertragsparteien in jedem Falle gelten. Dies hat der Erwerber zu beachten. Außerdem gelten beispielsweise Abmahnungen, Mahnungen, innerbetriebliche Beurteilungen, Zwischenzeugnisse vor dem Betriebsübergang etc. weiter. So kann beispielsweise der übernommene Arbeitnehmer von dem neuen Arbeitgeber verlangen, dass eine vermeintlich unberechtigte Abmahnung, die der Veräußerer noch ausgesprochen hat, aus der Personalakte entfernt werden soll. Insbesondere bezieht sich der gesetzliche Übergang der Arbeitsverhältnisse auch auf die bisherige Dauer der Betriebszugehörigkeit bei dem Veräußerer. Der Erwerber muss die Betriebszugehörigkeit bei dem Veräußerer in jedem Falle beachten und anrechnen. Für den Arbeitnehmer ist dies maßgeblich wegen der Anwendbarkeit des KSchG und der Berechnung der Kündigungsfrist. Außerdem spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei der Errechnung einer Abfindung eine große Rolle (Anm.: Bei der Betriebszugehörigkeit spielt das 25. Lebensjahr – anders als bei der Berechnung der Kündigungsfrist – keine Rolle; sie zählt vom ersten Jahr an). Für den Arbeitgeber ist noch bedeutsam, dass er bei Einstellung eines Mitarbeiters das Teilzeit- und Befristungsgesetz beachten muss und hier insbesondere bei einer Befristung ohne sachlichen Grund das Kriterium der Neueinstellung. Nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB dürfen vor Ablauf eines Jahres nach dem Betriebsübergang die Rechte und Pflichten nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Dies bedeutet z.B. beim Ausspruch einer Kündigung innerhalb der Jahresfrist nach Übergang des Arbeitsverhältnisses, dass die gesetzliche Vermutung eintritt, dass die Kündigung wegen des Betriebsübergangs erfolgt ist und deswegen unwirksam ist. Auch nach der Jahresfrist ist es dem Erwerber nicht einfach möglich beispielsweise den Lohn zu senken oder andere für die Arbeitnehmer nachteilige Positionen durchzusetzen. Es verbleibt bei dem Grundsatz, dass dies entweder nur durch einvernehmliche Regelung möglich ist oder aber durch Ausspruch einer Änderungskündigung. Fraglich ist im Rahmen eines Betriebsübergangs immer, ob und wenn ja welcher Tarifvertrag weiterhin zur Anwendung kommt. Dabei kommt es auf die so genannte „kongruente Tarifbindung“ an. Dies bedeutet, dass es nur zur Ablösung des alten Tarifvertrages kommt, wenn sowohl der Erwerber als auch die übergegangenen Arbeitnehmer Mitglieder einer gleichen tarifvertragschließenden Partei sind. In der Praxis bedeutet dies, dass sowohl im Vorfeld für beide Parteien ein gleicher Tarifvertrag gegolten hat und dass auch nach dem Betriebsübergang für beide Parteien ein einheitlicher Tarifvertrag gilt. Da jedoch der Erwerber in alle Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses eintritt, würde es an einer kongruenten Tarifbindung fehlen, wenn der Erwerber eine andere Tarifbindung hat als der Veräußerer.
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VI.
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Betriebsübergang
Haftung von Erwerber und Veräußerer
Nach § 613 a Abs. 2 Satz 1 BGB haftet der bisherige Arbeitgeber als Veräußerer neben dem Erwerber für sämtliche Verpflichtungen, die vor dem Zeitpunkt des Überganges entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden. Es handelt sich um eine gesamtschuldnerische Haftung gemäß § 421 BGB. Der Erwerber tritt in die Rechte und Pflichten aus den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Er haftet deswegen für alle Ansprüche aus den Arbeitsverhältnissen, die er übernommen hat. Bei der Haftung des Erwerbers muss keine Unterscheidung getroffen werden, ob die Ansprüche vor oder nach dem Betriebsübergang entstanden sind. Der Erwerber haftet vielmehr auch für Ansprüche, die bereits vor Betriebsübergang entstanden sind, wie beispielsweise rückständige Provisionsansprüche oder rückständige Vergütungen. Gleiches gilt im Übrigen auch für Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Für Ansprüche von Arbeitnehmern, die dem Betriebsübergang widersprochen haben, haftet der Erwerber nicht. Der Veräußerer haftet als Gesamtschuldner neben dem Erwerber für alle Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens vor Ablauf eines Jahres nach dem Betriebsübergang fällig werden. Dies ergibt sich aus § 613 a Abs. 2 Satz 1 BGB. Für Ansprüche der Arbeitnehmer, die teilweise erst nach Betriebsübergang fällig werden, haftet der Veräußerer nur anteilig im Hinblick auf den abgelaufenen Teil des Zeitraums der Bemessung. Dies ergibt sich aus § 613 a Abs. 2 Satz 2 BGB. Beispiel sind die Zahlungen von Gratifikationen oder Urlaubsgeld, die je nach Zeitablauf und Monaten fällig geworden sind. Wenn ein Erwerber einen Betrieb übernimmt, bei dem das Insolvenzverfahren bereits eröffnet worden ist, scheidet eine Haftung für Ansprüche aus den übergehenden Arbeitsverhältnissen aus. Dies jedoch nur, wenn diese Ansprüche bereits bei Insolvenzeröffnung entstanden sind. Wenn es im Rahmen des erfolgten Betriebsübergangs zu einer Unternehmensspaltung gemäß § 133 UmwG kommt, gilt ebenfalls die gesamtschuldnerische Haftung zwischen den beteiligten Rechtsträgern. Der bisherige Arbeitgeber als übertragender Rechtsträger haftet also mit dem Erwerber als übernehmender Rechtsträger gesamtschuldnerisch für die Altschulden des Veräußerers. Damit sind alle Verbindlichkeiten gemeint, die vor dem Wirksamwerden der Unternehmensspaltung begründet worden sind. Der Mithafter, also derjenige, dem die betreffende Verbindlichkeit im Spaltungs- bzw. Übernahmevertrag nicht zugewiesen ist, haftet nur für Verbindlichkeiten, die vor Ablauf von 5 Jahren nach der Spaltung fällig werden. Bei einer Betriebsaufspaltung gemäß § 134 UmwG kann es sein, dass der Erwerber für Ansprüche aus bestehenden Sozialplänen haftet. Sofern es nach dem Betriebsübergang zu einer Verschmelzung kommt, können die Arbeitnehmer der bei der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger eine Sicherheitsleistung verlangen, die sich auf die Erfüllung der bereits begründeten Forderung bezieht. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die Arbeitnehmer bzw. die anderen Gläubiger glaubhaft machen können, dass ihre Forderungen durch die Verschmelzung gemäß § 22 UmwG gefährdet sind. Eine Gefährdung kann beispielsweise nicht glaubhaft geltend gemacht werden, wenn ein Arbeitnehmer behauptet, dass seine betriebliche Altersversorgung gefährdet ist und er deswegen eine Sicherheitsleistung verlangt. Die meisten Versorgungsanwartschaften sind durch den Pensionssicherungsverein im Rahmen des gesetzlichen Insolvenzschutzes mit abgesichert. 129
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Unterrichtungspflicht/Widerspruchsrecht
Nach § 613 a Abs. 5 BGB hat der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang zu unterrichten. Es muss unterrichtet werden über: ■ den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs ■ den Grund für den Übergang ■ die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer ■ die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen Sinn und Zweck der Unterrichtung ist, dass den Arbeitnehmern die Möglichkeit gegeben werden soll, dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse zu widersprechen und zum anderen soll die Unterrichtung dem alten und dem neuen Arbeitgeber eine gewisse Planungssicherheit geben, weil durch die ordnungsgemäße Unterrichtung der Arbeitnehmer eine einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 BGB ausgelöst wird. Es ist dabei darauf zu achten, dass die Unterrichtungspflicht unabhängig von der Betriebsgröße besteht. Bei der Unterrichtung über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs ist es wichtig, dass die Arbeitnehmer über die Stichtage der Übertragung informiert werden. Hinsichtlich der Nennung des Grundes für den Übergang genügt ein Hinweis auf den Rechtsgrund der Übertragung wie z.B. Verkauf, Verpachtung oder Ähnliches. Die darüber hinausgehenden Motive des Veräußerers bzw. des Erwerbers müssen in der Unterrichtung nicht genannt werden. Schwierigkeiten bereitet gemeinhin der Inhalt des Hinweises auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs. Ein bloßer Hinweis auf die unveränderte Fortsetzung der Rechte und Pflichten gemäß § 613 a Abs. 1 BGB reicht in jedem Fall nicht aus. Auch das bloße Abschreiben des Gesetzestextes ist nicht ausreichend. Auf der anderen Seite soll es auch nicht so sein, dass der Arbeitgeber in die Rolle eines Rechtsberaters schlüpft und den Arbeitnehmer über sämtliche Facetten der individuellen und rechtsverbindlichen Aspekte des Übergangs Auskunft geben und ihn darüber aufklären muss. Jedoch soll die Unterrichtung dazu führen, dass der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, sich sachgerecht über die Gründe und den Betriebsübergang zu informieren, um gegebenenfalls zu entscheiden, ob er gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses Widerspruch einlegt. Aus dem Grunde muss in der Unterrichtung ebenfalls mit aufgenommen werden, dass ■ der Arbeitnehmer ein Widerspruchsrecht nach § 613 a Abs. 6 BGB hat, ■ bei einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung der Arbeitsplatz wegfällt, wenn man dem Betriebsübergang widerspricht, ■ gegebenenfalls der Kündigungsschutz gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG wegfällt, wenn ein Betriebsteil auf einen Kleinbetrieb übergeht. Im Hinblick auf die geplanten Maßnahmen sollte dem Arbeitnehmer mitgeteilt werden, ob ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen werden soll. Wichtig kann auch sein, ob der neue Arbeitgeber plant, die Produktion umzustellen und diesbezüglich Weiterbildungsmaßnahmen anbietet. Zur Unterrichtung sind sowohl der alte als auch der neue Betriebsinhaber verpflichtet. Beide sollten sich tunlichst untereinander absprechen und darüber verständigen, wer die entsprechende Unterrichtung vornimmt. Es ist anzuraten, dass beide Arbeitgeber eine gemeinsame Erklärung 130
A.
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Betriebsübergang
gegenüber den Arbeitnehmern abgeben und die Unterrichtung von beiden unterschrieben wird. Sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber sollten sich nicht gegenseitig darauf verlassen, dass der jeweils andere seiner Unterrichtungspflicht nachkommt. Der gute Glaube, dass die Unterrichtung selbstverständlich von dem Veräußerer vorgenommen werden soll, wird gemäß § 613 a Abs. 5 BGB nicht geschützt. Die Unterrichtung muss schriftlich im Sinne des § 126 BGB erfolgen, wobei ausnahmsweise eine Unterrichtung per E-Mail zulässig ist, sofern die Kommunikation in dem Unternehmen ausschließlich per E-Mail erfolgt. Dies könnte beispielsweise bei einem Software-Unternehmen der Fall sein. Denn nur in diesem Fall kann der Unterrichtende davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer die Unterrichtung auch zur Kenntnis nimmt. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, dass die Unterrichtung ihm so zugeht, dass er den Text sorgfältig lesen kann. Sie muss ihm dauerhaft zur Verfügung stehen. Dies erreicht man meistens mit einem individuellen Anschreiben oder mit dem Aushang an dem „schwarzen Brett“. Für den Fall eines späteren Verfahrens vor dem Arbeitsgericht ist es immer sinnvoll, sich den Empfang des Schriftstückes der Unterrichtung schriftlich bestätigen zu lassen. Solange die Arbeitnehmer nicht unterrichtet wurden, beginnt die Widerspruchsfrist von einem Monat gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht zu laufen. Gemäß der Vorschrift des § 613 a BGB geht das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes auf den Erwerber über. Diese Rechtsfolge tritt jedoch nicht ein, wenn der betroffene Arbeitnehmer dem Übergang widerspricht. Er bleibt bei seinem alten Arbeitgeber beschäftigt, muss jedoch mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen, insbesondere bei Stilllegung des Betriebes. Der Widerspruch des Arbeitnehmers muss gemäß § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB schriftlich erfolgen. Ein Widerspruch in elektronischer Form gemäß § 126 a BGB ist auch möglich. Anders als in § 623 BGB, bei der es um das Schriftformerfordernis beim Ausspruch einer Kündigung oder bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geht, ist die Schriftform gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht abdingbar. Auch wenn der Arbeitnehmer nicht das Wort Widerspruch benutzt, ist es doch erforderlich, dass in dem Anschreiben der Wille des Arbeitnehmers zum Ausdruck kommt, dass er den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber verhindern möchte. Der Widerspruch muss auch nicht begründet werden. Im Hinblick auf die einzuhaltende Frist ist zu sagen, dass der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung schriftlich zu erklären ist. Dies ergibt sich aus § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB. Die Monatsfrist kann nicht einseitig durch den Arbeitgeber verkürzt werden. Eine einvernehmliche Verlängerung der Frist ist wohl zulässig, da nur eine Benachteiligung des Arbeitnehmers im Regelfall unwirksam sein dürfte. Die Widerspruchsfrist beginnt jedoch erst mit der vollständigen Unterrichtung über die in § 613 a Abs. 5 BGB angeführten Inhalte. Es kommt ausschließlich auf die Unterrichtung durch den alten bzw. neuen Arbeitgebers an. Es spielt keine Rolle, wenn der betroffene Arbeitnehmer von dem Betriebsübergang aus anderen Quellen erfährt. Für den Arbeitnehmer kann dies jedoch gegebenenfalls nachteilige Folgen haben. Wenn nämlich der Arbeitnehmer widerspricht, bedeutet dies, dass das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Erwerber nicht begründet ist und das alte Arbeitsverhältnis weiter fortbesteht. Wenn aber der alte Arbeitgeber den Betrieb stilllegt oder der Betrieb gar nicht mehr existiert, hätte der widersprechende Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverhältnis, das es im Prinzip gar nicht mehr gibt. In dem Fall würde der Arbeitnehmer auf der Straße stehen, da kein Arbeitsverhältnis mit einem Betrieb besteht, der wirksam stillgelegt worden ist. 131
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§ 10 Betriebsänderung
VIII. Kündigungsverbot 36
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In § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB ist geregelt, dass eine Kündigung, die vom Veräußerer oder vom Erwerber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils ausgesprochen worden ist, unwirksam ist. Die Vorschrift soll verhindern, dass der in § 613 a Abs. 1 BGB vorgesehene Schutz des Arbeitsverhältnisses umgangen wird. Hierbei ist zu beachten, dass die Vorschrift des § 613 a Abs. 4 BGB ein selbstständiges Kündigungsverbot darstellt, das unabhängig davon gilt, ob für das betreffende Arbeitsverhältnis gegebenenfalls das Kündigungsschutzgesetz gilt, wonach der betreffende Arbeitnehmer länger als 6 Monate im Betrieb beschäftigt sein muss und der Schwellenwert von mehr als 10 Arbeitnehmern (jedenfalls seit dem 01.01.2004) erreicht werden muss. Eine Kündigung wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils liegt immer dann vor, wenn der Übergang das wesentliche Motiv für die Kündigung darstellt und ein anderer sachlicher Grund nicht gegeben ist.20 Der § 613 a Abs. 4 sieht nur ein Kündigungsverbot vor, wenn eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ausgesprochen wurde. Aus § 613 a Abs. 4 Satz 2 BGB geht jedoch hervor, dass eine Kündigung aus anderen Gründen jederzeit möglich ist, sofern der Arbeitgeber sich auf personen-, verhaltens- bzw. betriebsbedingte Gründe stützen kann. Es kommt wie in Kapitel 8 beschrieben auf die soziale Rechtfertigung der entsprechenden Kündigungsgründe an. Dies bedeutet, dass der Betriebsübergang nur den äußeren Anlass darstellt, jedoch nicht der tragende Grund für die Kündigung ist.21 Der Grund für diese Regelung besteht darin, dass der Arbeitnehmer nicht übermäßig geschützt werden soll. Auch für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nicht im Rahmen eines Betriebsüberganges übergegangen wäre, wäre der Arbeitnehmer nicht davor geschützt, dass er gegebenenfalls aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen gekündigt wird. Gleiches gilt selbstverständlich auch für eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen.
B. 37
Betriebsstilllegung
Eine Betriebsstilllegung stellt einen Unterfall einer Betriebsänderung dar. Voraussetzung für eine Betriebsstilllegung ist der ernsthafte und endgültige Entschluss des Arbeitgebers, die Produktions- und Betriebsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einem erheblichen, jedoch noch nicht exakt bestimmbaren, Zeitpunkt dauerhaft aufzulösen. Die vom Arbeitgeber geplante Stilllegung stellt ein dringendes betriebliches Erfordernis gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG dar. Das BAG verlangt bei einer Betriebsstilllegung, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers bereits endgültige und greifbare Formen angenommen hat. Dies wird günstigerweise immer dadurch untermauert, dass ein entsprechender Beschluss herbeigeführt wird, aus dem sich die Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers bzw. Unternehmens ergibt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Begründung der Wirksamkeit einer solchen Kündigung und der damit im Zusammenhang stehenden späteren Darlegungs- und Beweislast, die den Arbeitgeber trifft, ist auch, dass der Arbeitgeber keine weiteren Aufträge mehr annimmt bzw. nur noch solche Aufträge annimmt, die seine Belegschaft unter Ausnutzung der längsten Kündigungsfrist noch abarbeiten kann. Außerdem sollte der Arbeitgeber bei den Stadtwerken und entsprechenden Behörden Strom, Gas etc. abmelden und einen exakten Endzeitpunkt für die tatsächliche Aufgabe 20 BAG vom 26.05.1983 – 2 AZR 477/81, NJW 1984, 627. 21 BAG vom 19.05.1988 – 2 AZR 596/87, NZA 1989, 461; BAG vom 18.07.1996 – 8 AZR 127/94, NZA 1997, 148 ff.
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B.
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Betriebsstilllegung
der Tätigkeit angeben. Im Regelfall wird der Endzeitpunkt das Ende eines Monats sein, in dem der letzte Arbeitnehmer mit der längsten Kündigungsfrist noch tätig ist. Selbstverständlich bleibt es dem Unternehmer auch unbenommen, den Betrieb vorher stillzulegen, jedoch müsste er wegen der Einhaltung der Kündigungsfrist den Arbeitnehmern die vereinbarte Vergütung zahlen, obwohl er keine Gegenleistung bekommt. Wenn es um die Verpachtung von Grundstücken oder Räumlichkeiten geht, sollte der Arbeitgeber bereits vor Ausspruch der Kündigung einen Makler beauftragt haben. All diese Dinge müssen in einem späteren Verfahren schriftlich durch Urkunds- oder Zeugenbeweis dargelegt und bewiesen werden. Sofern der Arbeitgeber im Rahmen einer Güteverhandlung, also nach Ausspruch der Kündigung und Einreichung einer Kündigungsschutzklage vorgibt, dass er erst vor ein paar Tagen einen Makler beauftragt hat, ist der ernsthafte Wille bezüglich der Stilllegung nicht bereits bei Abschluss der Kündigung vorhanden gewesen, sondern ist erst danach entstanden. Die Kündigung wäre sodann unwirksam, weil die Stillegungsabsicht des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine greifbaren Formen angenommen hat.
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§ 11 Arbeitsrecht in der Insolvenz A. 1
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Das Arbeitsrecht gilt bis auf die Einschränkungen, die nachfolgend dargestellt werden sollen, auch im Falle der Insolvenz und dem später laufenden Insolvenzverfahren uneingeschränkt fort. Die Insolvenzordnung, die am 01.01.1999 in Kraft getreten ist, hat daran nichts geändert. Im Gegensatz zur vorher geltenden Konkursordnung verfolgt die Insolvenzordnung das Ziel, dass zum einen die Gläubiger befriedigt werden und zum anderen das Unternehmen erhalten bleibt und fortgeführt wird. Wenn bei Gericht ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingeht, beginnt zunächst das Eröffnungsverfahren, das auch vorläufiges Insolvenzverfahren genannt wird. Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der behauptete Eröffnungsgrund tatsächlich vorliegt und ob ausreichend Vermögen, Masse, vorhanden ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Außerdem muss das Gericht von Amts wegen prüfen, ob eventuell die Absicht besteht, das Unternehmen weiter fortzuführen. Das Gericht bestellt einen Insolvenzverwalter zum Gutachter und gleichzeitig ordnet es Sicherungsmaßnahmen zum Schutz des schuldnerischen Vermögens an. Die Hauptsicherungsmaßnahme stellt dabei die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters dar. Wenn der Antrag nicht von dem insolventen Unternehmen selber gestellt wird, sondern von einem Gläubiger, spricht man von einem so genannten Fremdantrag. Dann prüft das Gericht zunächst die Zulässigkeit des Antrages und gibt dem verschuldeten Unternehmen die Möglichkeit, zu dem Antrag Stellung zu nehmen. Erst nach der Möglichkeit der Anhörung für das verschuldete Unternehmen darf das Gericht Sicherungsanordnungen treffen. Bei einem so genannten Eigenantrag des verschuldeten Unternehmens kann das Gericht sogleich Sicherungsmaßnahmen anordnen.
1. 2
Einleitung
„Schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter
Im Regelfall wird das Gericht zunächst einen so genannten „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 InsO stellen. Dies bedeutet, dass dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird. Das Gericht bestimmt die Pflichten des vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalters in einem so genannten Anordnungsbeschluss, aus dem sich die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitgeberfunktion nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Verfügungen des verschuldeten Unternehmens sind jedoch nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam. Dies wird als so genannter „Zustimmungsvorbehalt“ bezeichnet. Wenn das Gericht einen „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, der lediglich einen Zustimmungsvorbehalt hat, so ist eine Verfügung nur dann wirksam, wenn das verschuldete Unternehmen eine Entscheidung getroffen hat und der vorläufige Insolvenzverwalter seine Zustimmung erteilt hat.
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B.
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Das Arbeitsverhältnis
Das verschuldete Unternehmen kann auch weiterhin Kündigungen aussprechen, sofern in dem Anordnungsbeschluss des Gerichts nicht bestimmt ist, dass diese Befugnis auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übertragen worden ist. Bei der Bestellung eines vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalters ist weiterhin zu berücksichtigen, dass das verschuldete Unternehmen bei vermeintlichen Rechtsstreitigkeiten in jedem Fall noch Partei des Prozesses ist. Dies gilt ausnahmsweise auch dann, wenn in dem Anordnungsbeschluss des Gerichts dem Insolvenzverwalter die Befugnis übertragen wurde, Kündigungen auszusprechen. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass er im Zweifel nicht sicher sein kann, gegen wen er eine Klage richtet und es ist dem Arbeitnehmer anzuraten, sowohl gegen den verschuldeten Arbeitgeber als auch gegen den vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalter die Klage zu richten. Dies ist für ihn nicht nachteilig, denn er kann im Rahmen der Güteverhandlung nach Aufklärung des Sachverhaltes die Klage gegen den Arbeitgeber oder den Insolvenzverwalter kostenfrei zurücknehmen.
2.
„Starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter
Die Bestellung eines vorläufigen „starken“ Insolvenzverwalters durch das Gericht führt zu einem allgemeinen Verfügungsvorteil des Schuldners. Dies bedeutet, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der insolventen Firma auf den vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO übergeht. Gleichsam hat dies zur Folge, dass auch die Arbeitgeberfunktion auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Die Aufgabe des vorläufigen „starken“ Insolvenzverwalters ist die Sicherung des Vermögens des in Insolvenz geratenen Unternehmens. Der vorläufige Insolvenzverwalter soll das Vermögen sichern und erhalten, darüber hinaus soll er versuchen, das Unternehmen bis zur Entscheidung, ob das Insolvenzverfahren eröffnet wird, weiter fortzuführen. Der vorläufige „starke“ Insolvenzverwalter ist mit dem endgültigen Insolvenzverwalter im Hinblick auf seine Rechtstellung zu vergleichen. Er ist Partei kraft Amtes und aus diesem Grunde ist bei Einreichung einer Klage der vorläufige starke Insolvenzverwalter Partei des Prozesses und die Klage ist gegen ihn zu richten. Um festzustellen, ob es sich um einen starken oder schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter handelt, ist es zwingend erforderlich, dass der Gläubiger den Beschluss des Amtsgerichts über die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters einsieht. Nur so kann er erkennen, ob es sich um einen starken oder schwachen Insolvenzverwalter handelt und nur so kann er auch erkennen, gegen wen eine entsprechende Klage zu richten ist.
B.
Das Arbeitsverhältnis
I.
Bestehende Arbeitsverhältnisse
Aus § 108 Abs. 1 InsO folgt, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Auswirkungen auf den Bestand und den Inhalt des Arbeitsverhältnisses hat. Dienstverhältnisse gehören also zur Insolvenzmasse. Wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, übernimmt der endgültige Insolvenzverwalter die Arbeitgeberfunktion. Dies bedeutet, dass gemäß § 80 Abs. 1 InsO das Verwaltungs- und Verfü135
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§ 11
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gungsrecht vom ehemaligen Arbeitgeber, der insolvent ist, auf den Insolvenzverwalter übergeht. Die Arbeitgeberfunktion des endgültigen Insolvenzverwalters bedeutet gleichzeitig, dass dieser in sämtliche Rechte und Pflichten eintritt. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Rechte auf Grund eines Gesetzes, einer Individualvereinbarung, eines Tarifvertrages oder auf Grund einer betrieblichen Übung ergeben. Für den Arbeitnehmer ergeben sich insofern keine Besonderheiten, da lediglich der Arbeitgeber ausgewechselt wurde. Beide Vertragsparteien sind weiterhin verpflichtet, die Verpflichtungen aus dem geschlossenen Vertrag zu erbringen. Der Arbeitnehmer muss also weiter arbeiten und hat einen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Gleiches gilt auch für Gratifikationen, Prämienzahlungen, Provisionen sowie die Nutzung von Notebook, Handy und Dienstwagen. Genauso wie der vormalige Arbeitgeber ist auch der Insolvenzverwalter nicht berechtigt, Leistungen einseitig zu kürzen. Dies würde einen unrechtmäßigen Eingriff in das bestehende Vertragsverhältnis darstellen, der nicht zulässig ist. Er müsste also entweder eine einvernehmliche Lösung herbeiführen oder eine Änderungskündigung aussprechen. Die neue Arbeitgeberfunktion des Insolvenzverwalters bedeutet auch, dass er gegenüber sämtlichen Arbeitnehmern weisungsbefugt ist. Das Direktionsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB gilt nach dem eröffneten Insolvenzverfahren weiter. Es wird durch das Insolvenzverfahren weder beschränkt noch kann es dadurch erweitert werden. Auf der anderen Seite bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer seinerseits auch nicht seine Arbeitsleistung verweigern kann, nur weil das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Gleichwohl kann er von seinem Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Erbringung der Arbeitsleistung Gebrauch machen, wenn er bereits seit mehr als 2 Monaten kein Gehalt bekommen hat. Sofern der Arbeitnehmer von der Dienstleistung widerruflich freigestellt wird, ist der Insolvenzverwalter ebenfalls verpflichtet, den Arbeitnehmer während der Zeit der Freistellung weiter zu vergüten. Auch ein vertraglich vereinbartes nachträgliches Wettbewerbsverbot bleibt bestehen und wird durch die Insolvenzeröffnung nicht berührt. Allerdings besteht für den Insolvenzverwalter die Möglichkeit zu wählen, ob er auf Grund seiner Arbeitgeberfunktion weiterhin auf das Wettbewerbsverbot besteht oder aber dieses aufhebt. Sofern die Voraussetzungen für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses vorliegen, also beispielsweise wenn der Arbeitnehmer lieber von seinem ehemaligen Chef beurteilt werden möchte oder für ein Endzeugnis richten sich die entsprechenden Ansprüche gegen den endgültigen Insolvenzverwalter.
II. 8
Arbeitsrecht in der Insolvenz
Gekündigte Arbeitsverhältnisse
Wenn der in die Insolvenz geratene Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen hat und sich der Arbeitnehmer im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht dagegen wehrt, wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Kündigungsschutzverfahren gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG unterbrochen. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass er seine Kündigungsschutzklage wegen der ausgewechselten Arbeitgeberposition umstellen muss. Die Klage richtet sich dann nur noch gegen den Insolvenzverwalter. Wenn das Insolvenzverfahren endgültig eröffnet wird, kann das vormals unterbrochene Verfahren gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom betroffenen Arbeitnehmer wieder aufgenommen werden. 136
B.
! Praxishinweis: Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine Klage immer zwingend gegen den Insolvenzverwalter zu richten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der ehemalige Arbeitgeber die Kündigung ausgesprochen hat oder aber ob dies der Insolvenzverwalter bereits getan hat. Wenn eine Klage gegen den ehemaligen Arbeitgeber gerichtet ist und der Arbeitnehmer die ihm zur Verfügung stehende und zu beachtende 3-wöchige Klagefrist nach § 4 KSchG versäumt, tritt die Vermutungswirkung des Gesetzes ein, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Einen Anspruch auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage besteht nicht.
III.
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Lohnansprüche in der Insolvenz
Durch die Einführung der Insolvenzordnung am 01.01.1999 ist die bevorzugte Behandlung von Ansprüchen auf rückständigen Lohn aus der Zeit vor der Eröffnung des damals noch geltenden Konkursverfahrens abgeschafft worden. Sämtliche Forderungen auf rückständiges Gehalt aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung gelten als einfache Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO. Dagegen sind Gehaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Massever1 2
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Betriebsübergang in der Insolvenz
Die Vorschrift des § 613 a BGB betreffend den Betriebsübergang ist auch in der Insolvenz weiterhin anwendbar. Es bestehen zwar verwaltungsrechtliche Einschränkungen, jedoch bestimmt § 128 InsO, dass der Gesetzgeber von der Anwendbarkeit des § 613 a BGB in der Insolvenz ausgeht. Die Haftungsbeschränkungen beziehen sich auf die Vorschrift des § 613 a Abs. 2 BGB. Daraus folgt, dass der Erwerber nicht für solche Ansprüche haftet, die bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Der Erwerber haftet lediglich für Ansprüche, die nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind. Der für die Unterscheidung maßgebliche Zeitpunkt ist also nicht der eigentliche Betriebsübergang, sondern der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung.1 Daraus folgt wiederum, dass der Erwerber auch für Ansprüche haftet, wenn der Betriebsübergang erst nach der Insolvenzeröffnung erfolgt und bis dahin Ansprüche entstanden sind. Die Haftungsbeschränkung bezieht sich also nicht auf die so genannten Masseschulden.2 Sofern der betroffene Betrieb vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf einen Erwerber übertragen wurde, treten die Rechtsfolgen des § 613 a BGB in vollem Umfang ein. Wie bereits im vorangegangenen Kapitel beschrieben, kommt es bei dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs allein darauf an, wann der neue Erwerber tatsächlich die Leitungs- und Führungsmacht im neuen Betrieb ausüben kann. Die sich aus § 613 a BGB ergebende Bestandsschutzfunktion soll in der Insolvenz in jedem Fall bestehen bleiben. Dies gilt sowohl für den Fortbestand sämtlicher Arbeitsverhältnisse, als auch für das Kündigungsverbot gemäß § 613 a Abs. 4 BGB. Auch die Weitergeltung der Rechte und Pflichten wird durch die Insolvenz nicht berührt. Im Hinblick auf die gemäß § 613 a Abs. 5 BGB verankerte Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers ist zu sagen, dass diese im Insolvenzfall und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich dem Insolvenzverwalter oder aber den neuen Inhaber trifft. Der widersprechende Arbeitnehmer muss seinen Widerspruch gegen den Insolvenzverwalter richten. Ein Widerspruch gegenüber dem in die Insolvenz gefallenen ehemaligen Arbeitgeber wäre unwirksam.
IV.
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Das Arbeitsverhältnis
BAG vom 26.03.1996 – 3 AZR 965/94, NZA 1997, 94; NJW 1997, 1027. BAG vom 15.01.2001 – 1 AZR 58/01, NJW 2002, 3493 sowie BAG vom 19.05.2005 – 3 AZR 649/03, BB 2006 943.
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§ 11
Arbeitsrecht in der Insolvenz
bindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Es kommt in diesem Zusammenhang also nicht auf die Fälligkeit des Lohnes, sondern auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches an. § 108 Abs. 2 InsO enthält die klare Aussage, dass Forderungen auf rückständiges Arbeitsentgelt aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung einfache Insolvenzforderungen sind, die ausschließlich am Tabellenverfahren teilhaben. Dies bedeutet für die betroffenen Arbeitnehmer, dass sie nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ebenfalls nur eine Quote erhalten. Durch die Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle tritt die Hemmung der Verjährung ein. Außerdem werden zugleich individualvertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen gewahrt. 13
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Exkurs: Zu den Ausschlussfristen Sowohl in vielen Tarifverträgen als auch in individualrechtlichen Verträgen werden Ausschlussfristen zwischen den Parteien vereinbart. Darunter sind Fristen gemeint, die die Verjährung im Hinblick auf die Durchsetzung von entstandenen Ansprüchen erheblich verkürzen. Es gibt so genannte einstufige Ausschlussfristen und zweistufige Ausschlussfristen. Bei einer einstufigen Ausschlussfrist sieht die Regelung vor, dass Ansprüche des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers innerhalb von 6 Monaten nach ihrer Fälligkeit und Erkennbarkeit beim jeweiligen Vertragspartner geltend gemacht werden und bei Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Bei so genannten zweistufigen Ausschlussfristen wird verlangt, dass die jeweilige Vertragspartei ihre Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit beim jeweiligen Vertragspartner schriftlich geltend macht und bei Ablehnung innerhalb einer weiteren Frist von beispielsweise 3 Monaten gerichtlich geltend macht. Das BAG hat in jüngster Zeit festgestellt, dass kürzere Fristen als 3 Monate bei zweistufigen Ausschlussfristen unwirksam sind und gegen § 307 Abs. 2 BGB verstoßen, da diese eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen. Sofern der „starke“ vorläufige Insolvenzverwalter von seiner Verfügungsbefugnis Gebrauch gemacht hat und hat die Dienstleistung des Arbeitnehmers nicht in Anspruch genommen, da er ihn freigestellt hatte, kann der Arbeitnehmer zwar den Verzugslohn geltend machen, muss diesen Anspruch aber gemäß § 55 Abs. 2 InsO zur Tabelle anmelden. Die Forderungen auf Arbeitsentgelt sind schriftlich beim Insolvenzverwalter unter Beifügung entsprechender Belege und unter Angabe des Grundes und des exakten Betrages der Forderung gemäß § 174 Abs. 1 InsO anzumelden. Die Frist zur Anmeldung wird gemäß § 28 Abs. 1 InsO durch das Amtsgericht im Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt. Wenn der Arbeitnehmer die Frist versäumt und zu einem späteren Zeitpunkt Forderungen anmeldet, entstehen gemäß § 177 Abs. 1 InsO zusätzliche Kosten, die vom Arbeitnehmer zu tragen sind. Die Forderungen werden geprüft und sofern Sie nicht bestritten werden, werden sie gemäß § 178 Abs. 1 InsO durch die Aufnahme in die Tabelle festgestellt. Dabei ist zu beachten, dass der Auszug aus der Insolvenztabelle einen Vollstreckungstitel darstellt, mit dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. Die notwendige Vollstreckungsklausel für die Durchführung einer Zwangsvollstreckung wird durch das Insolvenzgericht gemäß § 202 InsO erteilt. Wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, gelten die Lohnforderungen des Arbeitnehmers als Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Es kommt nicht darauf an, ob der Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung in Anspruch genommen hat oder aber ob der Insolvenzverwalter den Arbeitnehmer widerruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt hat. Masseforderungen müssen nicht zur Tabelle angemeldet werden. Problematisch ist der Fall, wenn der Insolvenzverwalter die so genannte Masseunzulänglichkeit feststellt. Diese liegt vor, wenn die vorhandene Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. In diesem Fall wird das Verfahren erst gar nicht eröffnet. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, nach Prüfung die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem 138
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Insolvenzgericht anzuzeigen. Eine weitere Prüfung durch das Gericht findet nicht statt. Das Gericht ist lediglich verpflichtet, die Masseunzulänglichkeit öffentlich bekannt zu machen. Für den Fall der Masseunzulänglichkeit enthält § 209 InsO eine entsprechende Regelung. Die Befriedigung der Massegläubiger erfolgt in einer bestimmten Reihenfolge. Zunächst werden die Kosten des Insolvenzverfahrens berücksichtigt, anschließend die so genannten Neumasseverbindlichkeiten gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Schließlich kommen die übrigen Masseverbindlichkeiten hinzu. Neumasseverbindlichkeiten sind beispielsweise Ansprüche aus so genannten Dauerschuldverhältnissen. Für den Fall der Masseunzulänglichkeit bedeutet das für die betroffenen Arbeitnehmer, dass die Arbeitnehmer, die vom Insolvenzverwalter freigestellt wurden, eine schlechtere Ausgangsposition haben als diejenigen, die vom Insolvenzverwalter weiter beschäftigt wurden. Zu den Masseverbindlichkeiten gehören auch Positionen wie Gratifikationen, Gewinnbeteiligungen, Urlaubsentgelt oder Ähnliches zu berücksichtigen. Für diese Ansprüche kommt es darauf an, wann der Anspruch entstanden ist.
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Das Arbeitsverhältnis
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Gratifikationszahlung
Bei dem Anspruch auf Zahlung einer Gratifikation kommt es darauf an, wann der Anspruch entstanden ist. Sofern beispielsweise eine Gratifikationszahlung im Rahmen eines 13. Monatsgehalts erfolgen soll, ist durch genaue Prüfung des Arbeitsvertrages zu ermitteln, wann dieser Anspruch ausgezahlt wird. Wird er – wie oft üblich – mit der Novemberabrechnung ausgezahlt, müsste man, je nachdem wann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens war, für jeden Monat 1/12 Gratifikationszahlung in Anrechnung bringen.
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2.
Gewinnbeteiligung
Gewinnbeteiligungen oder aber Provisionen beziehen sich im Regelfall auf einen Jahreszeitraum bzw. auf ein Kalenderjahr, in dem der Arbeitnehmer gearbeitet hat und in dem er nach einem bestimmten Stichtag Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung hat. Dabei wird es auf die Zeiträume vor Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens und nach Eröffnung des tatsächlichen Insolvenzverfahrens ankommen. Bei Provisionen wird es darauf ankommen, wann der Provisionsanspruch entstanden ist. Sofern der Anspruch in einen Zeitraum fällt, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällt, handelt es sich um privilegierte Masseverbindlichkeiten.
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Urlaubsentgelt
Wenn der Arbeitnehmer Ansprüche auf Urlaubsentgelt bzw. Urlaubsgeld hat, werden diese Ansprüche als Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO gewertet. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die entsprechenden Ansprüche in die Zeit zwischen Insolvenzeröffnung und Urlaubsende fallen. Ab Insolvenzeröffnung sind Ansprüche auf Urlaubsentgelt bzw. Urlaubsgeld Masseverbindlichkeiten, für den Zeitraum davor stellen diese Forderungen einfache Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO dar. Auch der Urlaubsabgeltungsanspruch, der in § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verankert ist, stellt eine Massenverbindlichkeit dar. 139
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§ 11
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C.
Insolvenzgeld
I.
Voraussetzungen
Gemäß § 183 SGB III hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Bruttoentgeltes für einen Zeitraum von 3 Monaten, wenn er in den zurückliegenden 3 Monaten auch einen Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt hätte bzw. hat. Das Insolvenzgeld löst das vormals geltende Konkursausfallgeld ab. Zu berücksichtigen für den Arbeitnehmer ist, dass das Insolvenzausfallgeld nur von der Agentur für Arbeit auf Antrag gezahlt wird. Der entsprechende Antrag muss binnen 2 Monaten nach der Insolvenzeröffnung gemäß § 324 Abs. 3 SGB III gestellt werden. Bei der 2-Monats-Frist handelt es sich um eine Ausschlussfrist und wenn die 2 Monate verstrichen sind, besteht für den Arbeitnehmer nur in den seltensten Fällen eine Möglichkeit, das Insolvenzgeld noch zu erhalten. Diese bestünde nur dann, wenn der Arbeitnehmer darlegen und beweisen kann, dass er die Frist unverschuldet versäumt hat und in diesem Fall muss er innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des angeblichen Grundes für die Fristversäumung einen entsprechenden Antrag stellen. In der Praxis kommt dies zwar häufig vor, doch kann der Arbeitnehmer in der Regel so gut wie nie beweisen, dass er den Antrag unverschuldet nicht gestellt hat. Den Anspruch auf Insolvenzausfallgeld haben nur Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Fremdgeschäftsführer oder aber Minderheitengesellschafter, die als Geschäftsführer tätig sind, können ausnahmsweise anspruchsberechtigt sein, wenn sie darlegen und beweisen können, dass sie sinngemäß eine Nebenrolle spielen und keinen entscheidenden Einfluss auf die Entscheidungen der Kapitalgesellschaft haben bzw. nehmen können.3 Arbeitnehmer gemäß den Vorschriften der §§ 183 ff. SGB III sind also Personen, die eine Erwerbstätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu einem Arbeitgeber ausüben. Leitende Angestellte gehören ebenso dazu wie gegebenenfalls die o.g. Fremdgeschäftsführer. Ausnahmsweise können auch Gesellschaftergeschäftsführer anspruchsberechtigte Personen im Sinne dieser Vorschrift sein, jedoch nur dann, wenn sie im Hinblick auf die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft keinen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung ausüben können. Die Agentur für Arbeit stellt sich manchmal in den Fällen quer, in denen der Fremdgeschäftsführer in einem engen verwandschaftlichen Verhältnis zu einem Gesellschafter der Kapitalgesellschaft steht. Sofern die Agentur für Arbeit jedoch nicht eindeutig nachweisen kann, dass der Geschäftsführer die (fast) alleinige Vertretungsmacht inne hat, dürfte wohl auch in diesem Fall eine Anspruchsberechtigung gemäß § 183 SGB III bestehen.
II. 24
Arbeitsrecht in der Insolvenz
Umfang der Leistungen
Sowohl der Bruttolohn als auch der Anspruch auf die gesamten Sozialversicherungsbeträge sind vom Insolvenzgeldanspruch umfasst. Dies ist wohl auch der Grund, warum das Finanzamt bzw. die Sozialversicherungsträger darum bemüht sind, frühzeitig einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen, denn nur in diesem Fall erhalten sie ihre Beiträge bzw. die Lohnsteuer aus dem Fonds für Insolvenzgeld vollständig erstattet. Es werden nur solche Ansprüche auf Arbeitslohn berücksichtigt, die exakt dem vorgenannten Zeitraum zuzuordnen sind. Vorausset3
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BGH vom 23.01.2003 – IX ZR 39/02; BB 2003, 650.
D.
zung ist also, dass das Arbeitsverhältnis noch besteht. § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bestimmt, dass Ansprüche für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen sind. Zu dem Arbeitsentgelt gehört das Gehalt bzw. der Lohn zuzüglich sämtlicher anderer Vergütungsbestandteile wie z.B. Überstunden oder Sonn- und Feiertagszuschläge. Auch Provisionen, Tantiemen, Gratifikationen oder ähnliche Zuwendungen sind vom Arbeitsentgelt erfasst. Dies gilt jedoch nicht für Abfindungen, die gemäß den §§ 9, 10 KSchG für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden sollen. Von dem Bruttolohn werden die entsprechenden Abzüge vorgenommen und dem Arbeitnehmer wird der sich daraus ergebende Nettobetrag gezahlt, sofern er sich nicht anderweitige Ansprüche wegen einer anderen Beschäftigung anrechnen lassen muss. Von dem Insolvenzgeld sind jedoch nicht sich daraus ergebende Schadensersatzansprüche wie z.B. Verzugszinsen gemäß den §§ 286, 288 BGB oder aber Kosten für die Finanzierung eines Überbrückungsdarlehens oder aber die Kosten der Rechtsverfolgung gedeckt, da es sich bei diesen Forderungen nicht um Arbeitsentgelt handelt. Voraussetzung für die Zahlung von Arbeitsentgelt ist immer, dass das Arbeitsentgelt nur für die erbrachte Arbeitskraft gezahlt wird. Der Arbeitnehmer kann bei Bestehen einer finanziellen Notlage einen Antrag bei der Agentur für Arbeit auf Vorschuss auf das Insolvenzgeld gemäß § 186 Abs. 1 SGB III stellen. Selbstverständlich muss der gezahlte Vorschuss zu einem späteren Zeitpunkt erstattet werden, wenn der Anspruch auf Auszahlung von Insolvenzgeld bestätigt wird. Wenn der Arbeitnehmer einen entsprechenden Antrag stellt, geht gemäß § 187 SGB III mit der Antragstellung die Forderung gegen den neuen Arbeitgeber auf die Bundesanstalt für Arbeit über. Bei der Zahlung des Insolvenzgeldes gilt jedoch eine Obergrenze, die sich seit dem 01.01.2004 aus dem geänderten § 185 Abs. 1 SGB III ergibt. Die Höhe des Insolvenzgeldes ist summenmäßig begrenzt auf einen Betrag in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze.
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Kündigung in der Insolvenz durch den Insolvenzverwalter
Es ist ja bereits eingangs erwähnt worden, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses keine Auswirkungen hat. Eine Ausnahme bzw. eine Beschränkung besteht jedoch dahingehend, dass gemäß § 113 Satz 1 InsO der Insolvenzverwalter die Möglichkeit hat, unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit das bestehende Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende zu kündigen. Wenn eine kürzere Frist maßgeblich ist, muss der Insolvenzverwalter diese berücksichtigen. Dies ergibt sich aus § 113 Satz 2 InsO. Es ist jedoch sehr wichtig zu bemerken, dass die Vorschrift des § 113 InsO kein Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters darstellt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann auch nicht als Begründung für eine betriebsbedingte Kündigung herhalten. Gleiches gilt für die Stilllegung des Betriebes. § 113 InsO spricht im Wortlaut von allen Dienstverhältnissen im Sinne des § 611 BGB. Damit wird anerkannt, dass das Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters sich nicht nur auf Arbeitsverhältnisse beschränkt, sondern auch auf Dienstverhältnisse im Sinne des § 611 BGB. Dies bedeutet, dass dem Insolvenzverwalter das spezielle Sonderkündigungsrecht auch für arbeitnehmerähnliche Personen zusteht, die im Rahmen eines Dienstvertrages tätig werden. 141
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Das Sonderkündigungsrecht betrifft also auch sämtliche Anstellungsverhältnisse, die beispielsweise ein Geschäftsführer mit einer GmbH oder der Vorstand mit einer AG abgeschlossen hat. Für den Vorstand einer AG ergibt sich dies bereits aus § 87 Abs. 3 AktG. Der Insolvenzverwalter muss jedoch beachten, dass es bei der Kündigung von Organen einer Kapitalgesellschaft nicht nur auf die Kündigung des Dienstverhältnisses ankommt, sondern dass er gleichzeitig darauf achtet, dass auch die entsprechende Organstellung widerrufen bzw. aufgehoben wird. Der Insolvenzverwalter muss bei dem Ausspruch einer Kündigung alle sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen berücksichtigen. Angefangen von der Schriftform des § 623 BGB über die Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG bis hin zu der Berücksichtigung von Sonderkündigungsschutzbestimmungen genießen (werdende Mütter, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder). Der Insolvenzverwalter tritt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in die Stellung des Arbeitgebers und ist deswegen berechtigt, die Kündigung auszusprechen. Wenn der Insolvenzverwalter bei Ausspruch der Kündigung sich der Hilfe Dritter bedient, ist zu berücksichtigen, dass die dritte Person eine Kündigung nur dann wirksam aussprechen kann, wenn die Originalvollmacht des Insolvenzverwalters vorliegt. Ansonsten kann der betroffene Arbeitnehmer die Kündigung gemäß § 174 BGB unverzüglich als unwirksam zurückweisen, da die Originalvollmacht der Kündigungserklärung nicht beigefügt war. Im Hinblick auf das Sonderkündigungsrecht und die Kündigungsfrist von 3 Monaten ist zu sagen, dass dem Insolvenzverwalter auch das Recht zusteht, bereits gekündigte Arbeitsverhältnisse nochmals zu kündigen, wenn das jeweils zuvor gekündigte Arbeitsverhältnis beispielsweise eine Kündigungsfrist von 7 Monaten zum Monatsende gemäß § 622 Abs. 2 BGB hat. Für diesen Fall besteht eine Berechtigung des Insolvenzverwalters, auch nach der verkürzten Kündigungsfrist des § 113 InsO zu kündigen. Man bezeichnet diese Kündigung des Insolvenzverwalters, die nach Ausspruch der vorangegangenen Kündigung erfolgt, als so genannte Nachkündigung. Sofern in dem Betrieb befristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen worden sind, ist Folgendes zu beachten: Ist in dem befristeten Vertrag – wie mittlerweile fast üblich – die Möglichkeit der Kündigung vorgesehen, darf der Insolvenzverwalter unter Einhaltung der Mindestkündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende oder einer vertraglich festgelegten kürzeren Kündigungsfrist das befristete Arbeitsverhältnis unproblematisch kündigen. Dies gilt jedoch nicht, wenn in der vertraglichen Vereinbarung das Recht zu einer ordentlichen Kündigung nicht vorgesehen wurde. Gemäß § 113 Satz 1 InsO ist auch ein befristetes Arbeitsverhältnis im Falle der Insolvenz unter Einhaltung der Kündigungsfrist von 3 Monaten vorzeitig durch Ausspruch einer ordentlichen Kündigung kündbar. Der Insolvenzverwalter muss insofern auf die Dauer der Befristung keiner Rücksicht nehmen. Auch durch das Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes hat sich die Rechtslage nicht geändert. Zu beachten ist auch, dass sich das Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters mit der Kündigungsfrist von 3 Monaten auch auf solche Fälle bezieht, in denen ein Ausschluss der ordentlichen Kündigung vereinbart ist. Dieser Ausschluss kann sich auf Grund einer Individualvereinbarung oder auf Grund von tariflichen Vereinbarungen ergeben. Jedoch besteht auch in diesen Fällen die Möglichkeit für den Insolvenzverwalter, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende zu kündigen.
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Interessenausgleich mit Namensliste
Interessenausgleich mit Namensliste
Ist eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG geplant und kommt zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat ein Interessenausgleich im Sinne des § 112 BetrVG zustande, wird vermutet, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der in der Namensliste bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt ist. Dabei wird klargestellt, dass dies auch nur dann gilt, wenn eine Weiterbeschäftigung in dem Betrieb oder eine Weiterbeschäftigung zu veränderten Bedingungen nicht möglich ist. Die Vorschrift des § 125 InsO soll also dazu führen, dass es dem Insolvenzverwalter leichter gemacht wird, Personal in dem betroffenen Betrieb abzubauen. Dies gilt sowohl für Beendigungsals auch für Änderungskündigungen. Dabei setzt § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO voraus, dass eine Betriebsänderung geplant ist. Eine Betriebsänderung kann eine Betriebsstilllegung, eine Verlegung des Betriebes bzw. der Betriebsstätte und natürlich auch eine Betriebsänderung im Sinne des § 613 a BGB (Betriebsübergang) sein. Sofern der Insolvenzverwalter eine Betriebsänderung dergestalt plant, dass nur Personal abgebaut werden soll, müssen die Grenzen für anzeigepflichtige Massenentlassungen gem. § 17 KSchG beachtet werden. Nach § 17 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer und in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer und in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Außerdem gilt die Regelung des § 125 InsO nur, wenn der Arbeitnehmer auf Grund der Betriebsänderung gekündigt werden soll. Es ist also ein Kausalzusammenhang zwischen Betriebsänderung und Kündigung notwendig. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Kündigungen aus personenbedingten Gründen oder anderen betriebsbedingten Gründen nicht möglich sind und nicht im Rahmen eines Interessenausgleiches vereinbart und geregelt werden können. Der Interessenausgleich mit der Namensliste muss auch vor Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung geschlossen sein. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 125 InsO, der von „geplanten“ Betriebsänderungen spricht. Bei der Vereinbarung des Interessenausgleiches sind die Vorschriften des § 125 InsO sowie § 112 BetrVG zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass der Interessenausgleich zu seiner Wirksamkeit der Schriftform bedarf. Die Namensliste, in der die betreffenden Arbeitnehmer genannt sind, bedarf ebenfalls der Schriftform gemäß § 126 BGB. Sofern die Namensliste explizit Bestandteil des Interessenausgleiches ist, genügt es, wenn die Parteien den Interessenausgleich am Ende unterzeichnen. Wenn die Namensliste – wie oft üblich – als Anlage zum Interessenausgleich beigefügt wird, muss aus ihr erkennbar sein, dass sie Bestandteil des zuvor geschlossenen Interessenausgleiches ist. Dies kann z.B. mit einer festen Verbindung der Namensliste in dem Interessenausgleich geschehen. Es würde auch ausreichen, wenn die einzelnen Seiten der Namensliste von den jeweiligen vertragsschließenden Parteien unterzeichnet wird. Für die Wirksamkeit der Namensliste im Interessenausgleich gemäß § 112 BetrVG und § 125 InsO ist darüber hinaus erforderlich, dass die zu kündigenden Arbeitnehmer eindeutig identifiziert werden können. Es müssen also Vor- und Zuname, Anschrift sowie Geburtsdatum angegeben werden.
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Arbeitsrecht in der Insolvenz
Wenn ein wirksamer Interessenausgleich mit der Namensliste vereinbart worden ist, gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist und eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen nicht möglich ist. Es handelt sich um eine gesetzliche Vermutungswirkung, die dazu führt, dass im Falle einer streitigen Auseinandersetzung die Beweis- und Darlegungslast auf den Arbeitnehmer übergeht. Der Arbeitnehmer kann bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste die Sozialauswahl nur eingeschränkt überprüfen. Dies ergibt sich aus dem § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Die soziale Auswahl der in der Namensliste genannten Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die bestehenden Unterhaltspflichten auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Sofern der Insolvenzverwalter eine ausgewogene Personalstruktur angestrebt und auch geschaffen hat, ist die soziale Auswahl nicht als grob fehlerhaft anzusehen. Die ausgewogene Personalstruktur und die Kriterien für die grobe Fehlerhaftigkeit sind bei dem Interessenausgleich und der Namensliste im Sinne des § 125 InsO sehr weit auszulegen, da Sinn und Zweck der InsO ja die Aufrechterhaltung und die Weiterführung des Unternehmens sein soll.
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§ 12 Betriebliche Altersversorgung A.
Das BetrAVG
I.
Persönlicher Geltungsbereich
Die betriebliche Altersversorgung soll den Arbeitnehmern zum Zeitpunkt des Renteneintritts eine zusätzliche Einnahmequelle bieten. Eine betriebliche Altersversorgung liegt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG (Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung = Betriebsrentengesetz) vor, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zusagt. Die Versorgungsleistungen des Arbeitgebers kommen dem Arbeitnehmer nur zu Gute, wenn er eine bestimmte Altersgrenze erreicht hat oder aber wenn Invalidität vorliegt oder der Arbeitnehmer verstorben ist. Gemäß § 17 Abs. 1 BetrAVG gilt das Betriebsrentengesetz für Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Ausbildung Beschäftigten. Der Arbeitnehmerbegriff ist mit dem gleichzusetzen, wie er in Kapitel 2 des Buches beschrieben ist. Es kommt in erster Linie auf die Weisungsgebundenheit an. Sofern Zweifel an der Arbeitnehmereigenschaft bestehen und es nicht sicher ist, ob es sich um einen Arbeitnehmer oder um einen Unternehmer handelt, muss derjenige die Umstände der Arbeitnehmereigenschaft darlegen und beweisen, der sich darauf beruft.1 Das BetrAVG gilt darüber hinaus für arbeitnehmerähnliche Personen. Darunter versteht man nicht Arbeitnehmer wie in Kapitel 2 des Buches beschrieben, sondern Personen, denen aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen Versorgungsleistungen zugesagt worden sind. Hierunter fallen in erster Linie Geschäftsführer einer GmbH und Vorstandmitglieder einer AG. Das BetrAVG gilt nicht für Unternehmer wie beispielsweise Einzelkaufleute oder persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft. Selbstverständlich kann den persönlich haftenden Gesellschaftern von den anderen Mitgesellschaftern eine entsprechende Versorgungszusage gemacht werden, jedoch fallen diese Versorgungszusagen nicht unter das BetrAVG. Wenn Unklarheiten bestehen, ist es sehr hilfreich, sich die Merkblätter des Pensionssicherungsvereins anzusehen. Unter www.psvag.de findet man einen Link auf der ersten Seite unter der Rubrik Merkblätter und diese Merkblätter sind sehr sinnvoll für die Beurteilung, ob ein Arbeitnehmer bzw. eine arbeitnehmerähnliche Person unter den Geltungsbereich des BetrAVG fällt. Kurz gesagt, kommt es darauf an, welchen Einfluss der Gesellschafter auf die Entscheidung der Gesellschaft hat und damit selbstverständlich auch auf die Erteilung einer entsprechenden Versorgungszusage. Kommanditisten einer KG sowie stille Gesellschafter gemäß den §§ 230 ff. HGB fallen unter den Geltungsbereich des BetrAVG, wenn mit ihnen ein Dienstvertrag abgeschlossen ist, der arbeitsrechtlich als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist.
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BAG vom 25.01.2000 – 3 AZR 769/98, DB 2001, 2102.
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§ 12 6 7
Alleingesellschafter oder Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG fallen nicht unter den Geltungsbereich des BetrAVG. Ein Fremdgeschäftsführer einer GmbH, der kapitalmäßig nicht an der Gesellschaft beteiligt ist, fällt im Regelfall unter den Geltungsbereich des BetrAVG.2 Sind mehrere Gesellschafter als Geschäftsführer tätig, kommt es nach Auffassung des Pensionssicherungsvereins und den dort befindlichen Merkblättern darauf an, ob die Beteiligung der Gesellschafter zusammen höher als 50 % ist. Sofern eine Quote von mehr als 50 % erreicht wird, kann man davon ausgehen, dass die Gesellschaftergeschäftsführer die Geschicke der Gesellschaft lenken können. Wenn sich die Beteiligungsverhältnisse bei einer Kapitalgesellschaft ändern, wird es darauf ankommen, dass man die im Hinblick auf den Insolvenzschutz maßgeblichen Zeiten teilt bzw. jeweils zusammenrechnet und verhältnismäßig aufteilt. Gleiches gilt bei einem so genannten Statuswechsel von einer Arbeitnehmerstellung zu einer Unternehmerstellung (erst Arbeitnehmer, dann Geschäftsführer). Dies kommt nicht selten vor, da Angestellte in höheren Positionen oftmals kurzfristig zu Geschäftsführern benannt werden. Unabhängig von der Frage, ob der nunmehr berufene Geschäftsführer die Geschicke der Gesellschaft lenken kann, ist jedenfalls im Hinblick auf die Anwendbarkeit des BetrAVG zu prüfen, ob ein tatsächlicher Statuswechsel stattgefunden hat.
II. 8
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Betriebliche Altersversorgung
Begründung von Versorgungsansprüchen
Versorgungsansprüche nach dem BetrAVG können individuell durch eine Einzelzusage, Zusagen an eine Gruppe von Arbeitnehmern oder nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung begründet werden. Einzelzusagen kommen häufig bei Geschäftsführern einer GmbH oder Vorstandsmitgliedern einer AG vor. In diesem Fall sind die entsprechenden Zusagen Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Dienst- bzw. Anstellungsvertrages. Eine Einzelzusage bedarf zwar hinsichtlich ihrer Wirksamkeit keiner besonderen Form, es ist jedoch dringend zu empfehlen, diese schriftlich in den Arbeitsvertrag mit aufzunehmen. Denn nach § 6 a Abs. 1 Satz 3 EStG wird eine Pensionsrückstellung steuerlich nur anerkannt, wenn die Pensionszusage schriftlich erteilt wurde. Außerdem darf die erteilte Einzelzusage gemäß § 6 a EstG keine Vorbehalte dahingehend enthalten, nach der die Anwartschaft einseitig durch die Gesellschaft gemindert oder sogar gänzlich entzogen werden kann. Eventuelle Änderungen einer einmal erteilten Einzelzusage dürfen nur wirksam mit Gesellschafterbeschluss durch die Gesellschafterversammlung erfolgen. Von Gesamtzusagen spricht man, wenn diese an eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern gerichtet sind und in den entsprechenden Zusagen eine einheitliche Versorgungsvariante gewählt wird. Obwohl man denken könnte, dass es sich um eine kollektivrechtliche Regelung handelt, geht die Rechtsprechung jedoch davon aus, dass es sich trotz der Bezeichnung Gesamtzusage insgesamt um jeweils einzelne Zusagen hinsichtlich der einzelnen Arbeitsverträge für den jeweiligen Arbeitnehmer handelt.3 Schließlich können Versorgungsansprüche auch auf Grund betrieblicher Übung entstehen. Wenn der Arbeitgeber mindestens 3mal hintereinander vorbehaltlos Leistungen gewährt, kann der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass er auch in Zukunft entsprechende Leistungen erhält. Voraussetzung im Hinblick auf das BetrAVG ist, dass der Arbeitgeber vorbehaltlos mehrmals hintereinander Versorgungsleistungen gewährt hat. Dann darf der Arbeitnehmer darauf vertrauen, dass
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BAG vom 21.08.1990 – 3 AZR 429/89, NJW 1991, 1197; NZA 1991, 311. BAG Beschluss vom 16.09.1986 – GS 1/82 –, AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972.
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B. Arten der Versorgungszusage der Arbeitgeber auch zukünftig entsprechende Leistungen gewähren will und gewähren wird. Die betriebliche Übung ist im Übrigen auch in § 1 b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG aufgenommen worden. Darüberhinaus können sich Versorgungsansprüche auch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung ergeben. Die Gleichbehandlung ist als mögliche Anspruchsgrundlage ausdrücklich in § 1 b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG aufgenommen worden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz hat seine Wurzeln in Art. 3 GG. Die Grundrechte wirken auch im Verhältnis Arbeitgeber Arbeitnehmer. Nach Art. 3 GG und dem Gebot der Gleichbehandlung muss Gleiches gleich behandelt werden. Es liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, wenn der Arbeitgeber Gleiches ungleich behandelt. Dies bedeutet u.a. auch, dass Teilzeitbeschäftigte ebenfalls in den Geltungsbereich des BetrAVG fallen und nicht anders beurteilt werden dürfen als Vollzeitkräfte. Auch eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Altersgrenze der betreffenden Arbeitnehmer ist unwirksam und würde einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen.
B.
Arten der Versorgungszusage
I.
Allgemeines
Bei Einführung des BetrAVG wurden nur Leistungszusagen von Versorgungsleistungen umfasst. Nach der Änderung des BetrAVG zum 01.01.1999 besteht nunmehr auch die Möglichkeit zur so genannten Entgeltumwandlung. Das BetrAVG enthält auch keine Aussage darüber, welche Leistungen zu erbringen sind. Die Leistungen können als Einmalbetrag ausgezahlt werden oder aber auch in Form einer monatlichen Rente. Es kommt nach dem BetrAVG nur darauf an, dass Leistungen ausschließlich gezahlt werden, wenn eine bestimmte Altersgrenze erreicht ist oder Invalidität oder Tod des betreffenden Arbeitnehmers vorliegen. Voraussetzung und Sinn des Gesetzes war, dass die Leistungen erst dann gewährt werden sollen, wenn auf Grund der eben genannten 3 Ereignisse sich eine Veränderung der Einkommenssituation ergibt und ein entsprechender erhöhter Versorgungsbedarf ausgelöst wird.
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Beitragsorientierte Leistungszusage
Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit sich zu verpflichten, bestimmte Beiträge für die Altersversorgung aufzuwenden und in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln. Beitragsorientierte Leistungszusagen können bei allen Durchführungswegen, die nachfolgend noch näher beschrieben werden, gewährt werden. Zwar ist für den Arbeitnehmer bei der beitragsorientierten Leistungszusage etwas klarer erkennbar, welche Leistung ihm tatsächlich zugesagt wird, jedoch besteht für den Arbeitgeber die Wahlfreiheit, wie er die Leistungen kalkuliert und erbringt.
2.
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Beitragszusage
Bei der reinen Beitragszusage verpflichtet sich der Arbeitgeber lediglich zur Erbringung eines bestimmten Beitrages. Eine reine Beitragszusage fällt nicht unter den Geltungsbereich des 147
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Betriebliche Altersversorgung
BetrAVG, da allein der Arbeitnehmer das Risiko trägt, welche Leistungen bzw. Erträge er zu einem bestimmten Zeitpunkt erhält. Dies kann nicht Sinn und Zweck des Gesetzgebers sein.
3. 15
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG können nur künftige Entgeltansprüche umgewandelt werden. Das BetrAVG eröffnet damit die Möglichkeit der Entgeltumwandlung im Hinblick auf bereits vereinbarte Entgeltansprüche. Voraussetzung für eine Vereinbarung einer Entgeltumwandlung ist, dass Teile des vereinbarten Lohnes nicht ausgezahlt werden, sondern gleich in eine Anwartschaft auf Altersversorgung umgewandelt werden sollen. Die Auszahlung des eigentlich vereinbarten Gehalts wird somit auf einen Zeitpunkt verlagert, in dem die entsprechende Versorgungsleistung fällig wird, also bei Tod, Invalidität oder Erreichen einer Altersgrenze.
4. 16
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Anspruch auf Entgeltumwandlung
In das BetrAVG ist eine Vorschrift eingefügt worden, die den Arbeitnehmern die Möglichkeit gibt, dass sie eine Entgeltumwandlung vom Arbeitgeber verlangen können. Nach § 1 a BetrAVG kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen Entgeltansprüchen bis zu 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Die Einführung des § 1 a BetrAVG hat nicht zur Folge, dass entsprechende Entgeltumwandlungsvereinbarungen nur auf Grund dieser Vorschrift erfolgen können, sondern die Vorschrift soll einen so genannten Mindestanspruch des Arbeitnehmers darstellen, den er auch gegen den Arbeitgeber durchsetzen kann. Der Arbeitgeber kann auf Grund dieser Vorschrift zukünftig vom Arbeitnehmer gezwungen werden, eine entsprechende Struktur für eine betriebliche Altersversorgung im Betrieb einzuführen. Auf welche Art und Weise die Umwandlung erfolgt und welcher Durchführungsweg zu wählen ist, soll zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden. Ist der Arbeitgeber zu einer Durchführung über einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse gemäß § 1 b Abs. 3 BetrAVG bereit, ist die betriebliche Altersversorgung dort durchzuführen. Anderenfalls kann der Arbeitnehmer verlangen, dass der Arbeitgeber für ihn eine Direktversicherung im Sinne von § 1 b Abs. 2 BetrAVG abschließt. Wenn dieser Anspruch geltend gemacht wird, muss der Arbeitnehmer jährlich einen Betrag in Höhe von mindestens 1/160 der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV für seine betriebliche Altersversorgung verwenden. Soweit der Arbeitnehmer Teile seines regelmäßigen Entgeltes für die betriebliche Altersversorgung verwendet, kann der Arbeitgeber verlangen, dass während eines laufenden Kalenderjahres gleich bleibende monatliche Beträge verwendet werden. Der Anspruch auf Entgeltumwandlung ist gemäß § 1 a BetrAVG auf 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung begrenzt. Der Arbeitnehmer kann entscheiden, welche Art der Umwandlung der Versorgungsansprüche er wählt. Voraussetzung hierbei ist nur, dass es sich um zukünftige Entgeltansprüche handelt.
II. 17
Vereinbarung zur Entgeltumwandlung
Direktzusage
Bei der Direktzusage handelt es sich um eine Art der Versorgungszusage, bei der der Arbeitgeber sich gegenüber dem Arbeitnehmer verpflichtet, bei Eintritt des Versorgungsfalles die ent148
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B. Arten der Versorgungszusage sprechenden Leistungen selber zu erbringen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber mit seinem Betriebsvermögen für die Versorgungsleistung haftet. Die Finanzierung erfolgt im Regelfall durch so genannte Pensionsrückstellungen. Pensionsrückstellungen sind nur im Rahmen des bereits erwähnten § 6 a EStG zulässig. Durch das Altersvermögensgesetz (AVmG) ist der steuerlich maßgebliche Finanzierungsbeginn vom 30. auf das 28. Lebensjahr heruntergesetzt worden. Da bei der Direktzusage der Arbeitgeber die Leistungen aus dem Betriebsvermögen zahlen muss, ergeben sich für den Arbeitnehmer erhebliche Risiken. Denn es besteht für den Arbeitgeber keine Verpflichtung, für ausreichende Deckungsmittel zu sorgen, um für den später eintretenden Versicherungs- bzw. Versorgungsfall seinen Verpflichtungen nachzukommen. Der Arbeitnehmer kann nie wissen, ob das Unternehmen, bei dem er beschäftigt ist, zum Zeitpunkt des Versorgungsfalles noch liquide und in der Lage ist, die entsprechenden Mittel aufzubringen. Aus diesem Grunde besteht die Notwendigkeit für den Arbeitnehmer, bereits im Vorfeld sicherzustellen, dass das Unternehmen auch zu einem späteren Zeitpunkt leistungsfähig ist. Sofern der Arbeitgeber eine Versorgungsleistung in Form der Direktzusage verspricht, muss er sich für den Fall der Insolvenz beim Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) versichern und dafür gemäß § 10 BetrAVG entsprechende Beiträge leisten. Aus steuerlicher Sicht ist zu bemerken, dass bei dem gewählten Weg der Direktzusage und bei den erforderlichen Pensionsrückstellungen diese den ausschüttungsfähigen Gewinn mindern und gleichzeitig das Eigenkapital erhöhen. Die Mittel verbleiben also im Unternehmen und können im Rahmen von unternehmerischen Aktivitäten zur Finanzierung von Projekten eingesetzt werden. Erst im Falle des Eintritts des Versorgungsfalles kommt es zu einem Liquiditätsabfluss. Für den Arbeitnehmer als Empfänger der Versorgungsleistungen bedeutet der Zufluss der Leistungen eine so genannte nachgelagerte Besteuerung im Sinne von § 19 Abs. 2 EStG.
III.
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Direktversicherung
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Wird eine Direktversicherung als Versorgungszusage gewählt, schließt das Unternehmen eine Lebensversicherung ab, wobei der Arbeitnehmer bzw. seine Hinterbliebenen bei Eintritt des Todes bezugsberechtigt sind. Dies ergibt sich aus § 1 b Abs. 2 Satz 1 BetrAVG. Bei dem Abschluss einer so genannten Direktversicherung ist der Arbeitgeber der Versicherungsnehmer und dieser ist auch verpflichtet, die entsprechenden Beiträge zu leisten. Dem Arbeitgeber steht somit auch ein Kündigungsrecht gemäß § 165 VVG zu. Der Arbeitgeber kann bestimmen, wem das Bezugsrecht zusteht und er kann das Bezugsrecht widerrufen. Ein Widerruf der Bezugsberechtigung darf jedoch gemäß § 1 b Abs. 2 BetrAVG nicht mehr erfolgen, wenn zum Zeitpunkt des Widerrufs die Voraussetzungen der Unverfallbarkeit vorliegen. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass der Arbeitnehmer mit dem Abschluss einer Direktversicherung nicht schlechter dasteht als mit einer Direktzusage. Bei dem Abschluss einer Lebensversicherung besteht der Schutz des Arbeitnehmers u.a. darin, dass Lebensversicherungen unter der Versicherungsaufsicht nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) stehen. Da sich die Versorgungsleistungen auf Grund des Abschlusses einer Lebensversicherung mit einem entsprechenden Unternehmen ergeben, besteht für den Arbeitgeber keine Verpflichtung, Beiträge an den Pensionssicherungsverein zu zahlen, um einer vermeintlichen Insolvenz vorzubeugen.
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§ 12
Betriebliche Altersversorgung
Beiträge zur Direktversicherung sind lohnsteuerpflichtig und können bis zu einer bestimmten Höchstgrenze gemäß § 40 b EStG pauschal besteuert werden. Schuldner ist in diesem Fall der Arbeitgeber.
IV. 20
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Gemäß § 1 b Abs. 4 Satz 1 BetrAVG versteht man unter Unterstützungskassen rechtsfähige Versorgungseinrichtungen, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewähren. Gewöhnlich werden Unterstützungskassen in der Praxis in der Gesellschaftsform einer GmbH oder eines eingetragenen Vereines betrieben. Bei dem einen Modell der Unterstützungskasse entscheidet der Arbeitgeber selber über die Höhe der Beiträge, wobei die Möglichkeiten steuerlich gemäß § 4 d EStG begrenzt sind. Demnach ist eine Vorausfinanzierung der zwischen den Parteien vereinbarten Versorgungsleistungen regelmäßig nicht möglich. Eine andere Möglichkeit der Unterstützungskasse ist, dass diese mit einem Versicherungsunternehmen eine Lebensversicherung hinsichtlich der zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringenden Leistungen abschließt. Die Leistungen werden dementsprechend im Falle des Versicherungsfalles nicht von der Unterstützungskasse gezahlt, sondern von einem Versicherungsunternehmen. Die Unterstützungskasse hat bei dieser Variante lediglich die Funktion der ordnungsgemäßen Abwicklung. Sofern das Lebensversicherungsunternehmen der Unterstützungskasse die Beiträge für die Versicherung zur Verfügung stellt, sind diese nach § 4 d Abs. 1 c EStG bei dem Versicherungsunternehmen steuerlich voll abzugsfähig. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG i.V.m. § 3 KStDV sind Unterstützungskassen als soziale Einrichtungen von der Körperschaftssteuer befreit. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Empfänger der späteren Versorgungsleistungen nicht zu Beitragsleistungen verpflichtet sind. Die Leistungen der Unterstützungskassen stellen Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit dar und müssen im Rahmen der nachgelagerten Besteuerung gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Zufluss versteuert werden. Im Gegensatz zur Direktversicherung, bei der ein Vertrag mit einem Lebensversicherungsunternehmen abgeschlossen wird, unterliegen die Unterstützungskassen nicht der Versicherungsaufsicht. Gemäß den § 7, 10 Abs. 1 BetrAVG sind Unterstützungskassen in vollem Umfang insolvenzversicherungspflichtig. Für den Arbeitnehmer heißt dies, dass sichergestellt ist, dass im Leistungsfall die Mittel zur Verfügung stehen und der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nachkommen kann.
V. 21
Unterstützungskasse
Pensionskasse
Gemäß § 1 b Abs. 3 BetrAVG sind Pensionskassen rechtsfähige Versorgungseinrichtungen, die dem Arbeitnehmer bzw. bei seinem Tod seinen Hinterbliebenen einen eigenen Rechtsanspruch auf die versprochenen Leistungen gewähren. Im Gegensatz zur Unterstützungskasse ergibt sich bei der Vereinbarung über den Weg der Pensionskasse ein direkter Anspruch auf Erbringung der versprochenen Leistung. Der Unterschied zur Direktversicherung besteht darin, dass bei der Pensionskasse der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer ist und nicht der Arbeitgeber. Pensionskassen werden in der Regel als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit organisiert. Wenn der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Versorgungszusage im Hinblick auf Alter und Wartezeit erfüllt hat, meldet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Versicherung durch die 150
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B. Arten der Versorgungszusage Pensionskasse an. Dabei überweist der Arbeitgeber die entsprechenden Versicherungsbeiträge, wobei die Möglichkeit besteht, dass der Arbeitnehmer an der Beitragszahlung beteiligt wird. Pensionskassen unterliegen der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach dem VAG. Aus diesem Grunde besteht bei drohender Insolvenz keine Verpflichtung seitens des Arbeitgebers, entsprechende Beiträge an den Pensionssicherungsverein zu leisten. Auch die Pensionskassen sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG i.V.m. § 2 KStDV von der Körperschaftssteuer befreit. Für den Arbeitgeber ist relevant, dass Beiträge, die von ihm an die Pensionskasse geleistet werden, als Betriebsausgaben steuerlich voll abzugsfähig sind. Für den Arbeitnehmer sind die Leistungen bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei. Ansonsten gilt § 40 b EStG im Hinblick auf die Pauschalversteuerung unter Beachtung der dort genannten Höchstbeiträge. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass steuerfreie oder Leistungen auf Grund einer Pauschalversteuerung für den Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 5 AREV (Arbeitsentgeltverordnung) sozialabgabenfrei sind. Diese Regelung gilt jedoch nur noch bis Ende 2008, sodann unterliegen auch diese Beitragsleistungen der Sozialabgabenpflicht. Die Große Koalition hat jedoch im August 2007 einen Gesetzentwurf verabschiedet, nach dem die Privilegierung auch über das Jahr 2008 hinaus gelten soll.
VI.
Pensionsfonds
Seit dem 01.01.2002 ist als so genannter 5. Durchführungsweg in das BetrAVG der Pensionsfonds aufgenommen worden. Dieser wird ausdrücklich in § 1 b Abs. 3 BetrAVG gemeinsam mit der Pensionskasse genannt. Es handelt sich ebenfalls um eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung, die dem Arbeitnehmer bzw. seinen Hinterbliebenen einen eigenen Anspruch auf die Versorgungsleistungen gewährt. Gemäß den §§ 112 ff. VAG werden Pensionsfonds Lebensversicherungsunternehmen weitestgehend gleichgestellt. Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VAG erbringen die Pensionsfonds ausschließlich Versorgungsleistungen im Alter zu Gunsten von Arbeitnehmern für einen oder mehrere Arbeitgeber. Die Auszahlung erfolgt sodann entweder in Form einer lebenslangen monatlichen Rente oder aber in Form eines Auszahlungsplanes, der bis zum 85. Lebensjahr läuft. Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VAG erfolgt nach der Vollendung des 85. Lebensjahres eine Restverrentung nach dem Altersversorgeverträgezertifizierungsgesetz. Eine Einmalzahlung ist ausgeschlossen, da nach dem Willen des Gesetzgebers der Durchführungsweg des Pensionsfonds dazu dienen soll, parallel zur gesetzlichen Rente die monatlichen Zuwendungen des Rentners aufzubessern. Pensionsfonds dürfen nur gegründet werden, wenn sie durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß § 112 Abs. 2 VAG die entsprechende Erlaubnis erhalten haben. Im Regelfall sind dies AGs oder Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. Dies ergibt sich aus § 113 Abs. 2 Satz 3 VAG. Sofern der Pensionsfonds die von ihm garantierten Leistungen nicht erbringen kann, weil der Arbeitgeber in die Insolvenz gefallen ist, greift die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG ein, nach der der Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit die Leistungsverpflichtung übernimmt. Im Hinblick auf die Leistung besteht eine volle Insolvenzversicherungspflicht.
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§ 12
Betriebliche Altersversorgung
Im Gegensatz zur Pensionskasse sind die Pensionsfonds nicht ausdrücklich von der Körperschaftssteuer befreit. Man kann jedoch eine faktische Freistellung hinsichtlich der Körperschaftssteuer bei Pensionsfonds erreichen, indem auf Fondsebene Dividendeneinnahmen und Veräußerungsgewinne steuerbefreit gemäß § 8 b KStG sind. Gemäß § 21 KStG können Beitragsrückerstattungen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Abzugsfähige Betriebsausgaben stellen auch die Beiträge zum Pensionsfonds dar. Für den Arbeitnehmer bedeutet der Weg über den Pensionsfonds, dass die Leistungen gemäß § 3 Nr. 63 EStG bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze lohnsteuerfrei sind.
C. 23
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Alterseinkünftegesetz (AltEinkG)
Die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und den Renten der Arbeitnehmer, die aus der gesetzlichen Rentenversicherung ihre Beiträge erhalten, ist auf Grund eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 GG unwirksam. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 06.03.2002 entschieden.4 Auf Grund des Urteils ist der Gesetzgeber verpflichtet worden, spätestens zum 01.01.2005 eine Neuregelung zu schaffen, was dem Gesetzgeber auch zum 05.07.2004 mit der Einführung des AltEinkG gelungen ist. Direktversicherungen werden ab dem 01.01.2005 Pensionsfonds und Pensionskassen gleichgestellt. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung der Vorschrift gemäß § 1 a Abs. 4 BetrAVG erreichen, dass die betriebliche Altersversorgung auch während Beschäftigungszeiten ohne Arbeitsentgelt verbessert wird. Denn § 1 a Abs. 4 BetrAVG sieht vor, dass Arbeitnehmer ab dem 01.01.2005 das Recht haben, die Versicherung bzw. Versorgung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen, sofern ein Arbeitnehmer zwar in einem Arbeitsverhältnis steht, jedoch für diese Zeit kein Arbeitsentgelt erhält. Besondere Bedeutung hat dies beispielsweise für die Zeit der Elternzeit oder aber auch für die Dauer des Bezuges von Krankengeld, wenn der Arbeitnehmer sehr lange krank ist und die 6 Wochen Entgeltfortzahlung nach dem EFZG weggefallen sind. Es soll also sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer während der Dauer des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses, ohne dass sie ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhalten, die Betriebsrente selber weiter fortführen können und dementsprechend die zwischen den Parteien vereinbarte Versorgungszusage durch den Arbeitgeber auch weiter eingehalten wird. Bei allen 5 Durchführungswegen soll langfristig erreicht werden, dass nach und nach zu einer nachgelagerten Besteuerung übergegangen wird. Zunächst wird die Direktversicherung in die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 63 EStG einbezogen. Anschließend können Beträge in Höhe bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung steuerfrei auch in die Direktversicherung eingezahlt werden. Seit dem 01.01.2005 sind die Direktversicherungen also den Pensionsfonds und den Pensionskassen gleichgestellt. Voraussetzung ist jedoch, dass die Auszahlung der entsprechenden Versorgungsleistungen in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplanes im Sinne des Altersvorsorgeverträgezertifizierungsgesetzes vorgesehen ist. Durch die Einbeziehung der Direktversicherung in die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG soll im Gegenzug die Pauschalbesteuerung der Direktversicherung nach § 40 b EStG wegfallen. Durch die Änderung des AlteinkG bleibt es bei der Regelung des § 22 Nr. 1 EStG, nach der Renten aus der betrieblichen Altersversorgung, die auf dem Ertragsanteil zu versteuern sind, auch in Zukunft nur mit dem so genannten Ertragsanteil versteuert werden sollen.
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BVerfG vom 06.03.2002 – 2 BvL 17/99, NJW 2002, 1103; DStR 2002, 443.
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§ 13 Entgeltfortzahlung (Krankheit) A.
Voraussetzung
I.
Allgemeines
Im deutschen Arbeitsrecht gilt der Grundsatz „Kein Lohn ohne Arbeit“ oder aber „Entgelt nur für geleistete Arbeit“. Wenn der Arbeitnehmer die zwischen ihm und dem Arbeitgeber vereinbarte Leistung nicht erbringt, ist der Arbeitgeber auch nicht verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Es steht ihm insoweit ein Zurückbehaltungs- bzw. Leistungsverweigerungsrecht gem. den §§ 273 bzw. 320 BGB zu. Im Hinblick auf die beiden eben genannten Grundsätze ergeben sich jedoch Ausnahmen, die zum einen in § 616 BGB geregelt sind und sich zum anderen im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 EFZG ergeben. Die wichtigste Form der Entgeltfortzahlung stellt die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall dar. Die Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall werden im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt. Gemäß § 1 Abs. 1 und 2 EFZG haben alle Arbeiter, Angestellte sowie Auszubildende Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Anspruch richtet sich gegen den Arbeitgeber. Voraussetzung für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist jedoch, dass gemäß § 3 Abs. 3 EFZG das Arbeitsverhältnis für insgesamt vier Wochen ununterbrochen bestanden hat. Eine Ausnahme ist nur dann gegeben, wenn ein Auszubildender direkt im Anschluss nach seiner mündlichen Prüfung in ein Arbeitsverhältnis übernommen wurde. In diesem Fall entsteht keine vierwöchige Wartezeit gemäß § 3 Abs. 3 EFZG.1 Sofern der Arbeitnehmer zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses während der ersten vier Wochen arbeitsunfähig krank wird, erhält er keine Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber, sondern Krankengeld von der Krankenkasse. Wenn die Arbeitsunfähigkeit über die Wartezeit von vier Wochen hinausgeht, tritt an die Stelle der Krankenkasse der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung. In der Praxis wird es jedoch so sein, dass bei einem neuen Beschäftigungsverhältnis und einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit der Arbeitgeber von seinem Recht der Kündigung in der Probezeit Gebrauch machen wird, da es sehr ungewöhnlich ist, wenn zu Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses der neue Arbeitnehmer gleich mehrere Wochen krank ist. Eine Ausnahme würde natürlich gelten, wenn er sich ein Bein gebrochen hat. Denn dann ist auch für den Arbeitgeber klar, dass die Arbeitsunfähigkeit „nicht nur vorgeschoben ist“. Sofern der Arbeitgeber eine Kündigung aufgrund einer aktuellen Arbeitsunfähigkeit ausspricht, besteht trotz allem weiterhin Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Sofern ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres zum wiederholten Male vom selben Arbeitgeber eingestellt wird, entsteht keine neue Wartezeit im Sinne von § 3 Abs. 3 EFZG. Voraussetzung hier-
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BAG vom 20.08.2003 – 5 AZR 436/02, NZA 2004, 2005.
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§ 13 Entgeltfortzahlung (Krankheit) für ist jedoch, dass zwischen der ersten und der zweiten Beschäftigung ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht.2
II. 3
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Krankheit – Arbeitsunfähigkeit
Für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer infolge einer Krankheit arbeitsunfähig geworden ist und aufgrund der Krankheit nicht in der Lage ist, seine vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Krankheit wird im arbeitsrechtlichen Sinne definiert als regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der einer Heilbehandlung bedarf und als Folge die Arbeitsunfähigkeit verursacht.3 Unter der Regelwidrigkeit des körperlichen oder geistigen Zustandes ist zu verstehen, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung und einem gewöhnlichen Gesundheitsverlauf diese Erkrankung nicht bei anderen Menschen gleichen Alters und Geschlechts zu erwarten ist. Es kann also nicht als Krankheit im arbeitsrechtlichen Sinne angesehen werden, wenn bei einer Frau die monatliche Menstruation auftritt, die Frau schwanger ist oder aber eine Person an Altersschwäche leidet. Es handelt sich jedenfalls dabei nicht um einen regelwidrigen körperlichen Zustand, wobei wenigstens bei der monatlichen Menstruation zu sagen ist, dass diese dann eine Krankheit darstellen kann, wenn die Beschwerden erheblich über das übliche Maß des vermeintlichen Unwohlseins hinausgehen. Es kommt bei dem Krankheitsbegriff auch nicht darauf an, ob die festgestellte Krankheit heilbar oder ob die Beschwerden behebbar sind. Man muss jedenfalls im arbeitsrechtlichen Sinne die Begriffe der Krankheit und der Arbeitsunfähigkeit strikt voneinander trennen. Wenn ein Arbeitnehmer krank ist, heißt dies noch lange nicht, dass er auch arbeitsunfähig erkrankt ist. Voraussetzung für eine Entgeltfortzahlung nach dem EFZG ist, dass der Arbeitnehmer infolge einer Krankheit arbeitsunfähig krank ist, also nicht in der Lage ist, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Auch muss er seinen Dienst nicht antreten, wenn die Befürchtung besteht, dass sich bei Fortsetzen der vereinbarten Tätigkeit eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes einstellt.4 Wenn also der Arbeitnehmer eine starke Erkältung hat, handelt es sich im medizinischen Sinne zwar um eine Krankheit, da es sich um einen regelwidrigen Zustand des Körpers handelt, jedoch bedingt dies nicht unmittelbar, dass der Arbeitnehmer auch arbeitsunfähig krank ist. Es ist einem Arbeitnehmer wohl zuzumuten, dass er seinen Dienst verrichtet, es sei denn die starke Erkältung geht mit Fieber, Schüttelfrost und ähnlichen Symptomen einher. Dann würde man tatsächlich von einer Krankheit sprechen, die gleichzusetzen ist mit einer Arbeitsunfähigkeit. Exkurs: Versuch des Zeugen, bei Gericht nicht aussagen zu müssen Oftmals versuchen Zeugen bei Prozessen nicht in den Zeugenstand zu treten, da sie behaupten, sie seien arbeitsunfähig krank. Dies reicht jedoch für das Gericht nicht aus und das Gericht verhängt in einem solchen Fall ein Ordnungsgeld in Höhe von (im Regelfall) 150,00 € oder hilfsweise 3 Tage Ordnungshaft. Denn eine Arbeitsunfähigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne bedeutet noch lange nicht, dass man nicht vor Gericht erscheinen und eine Zeugenaussage machen kann. Es muss dann nicht eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden, sondern eine Bescheinigung, aus der sich ergibt, dass man verhandlungs- und vernehmungsunfähig ist. 2 3 4
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BAG vom 22.08.2001 – 5 AZR 699/99, NZA 2002, 610. BAG vom 05.04.1976 – 5 AZR 397/75, DB 1976, 1386 sowie BAG vom 09.01.1985 – 5 AZR 415/82, NZA 1985, 562. BAG vom 01.06.1983 – 5 AZR 536/80, NJW 1983, 2659 sowie BAG vom 29.01.1992 – 5 AZR 37/91, NZA 1992, 643.
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A. Voraussetzung Eine Krankheit stellen selbstverständlich auch Operationen dar, die medizinisch indiziert sind und Gleiches gilt selbstverständlich für die daraus folgenden Nachbehandlungen. Dazu gehören auch regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen. Zu der Problematik der Arztbesuche während der Arbeitszeit werden in Kapitel § 14 A V Ausführungen gemacht. Wenn eine Operation medizinisch nicht indiziert ist, gilt ein Eingriff nicht als Krankheit und eine Entgeltfortzahlung in diesem Fall besteht nicht. Dies gilt in aller erster Linie für Schönheitsoperationen, bei denen man keine medizinische Indikation festgestellt hat wie beispielsweise bei der starken Verletzung des Gesichts nach einem Verkehrsunfall, sondern wenn „Frauen oder Männer ihre Nase richten wollen“. Sofern eine medizinische Indikation vorliegt, dass die Schönheitsoperation aufgrund von psychischen Beschwerden der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers notwendig ist, liegt wiederum eine Krankheit vor, die zur Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers verpflichtet. Klassisches Beispiel dafür ist, dass eine Frau unter ihrer erheblich großen Oberweite leidet und sie geltend macht, dass sie ständig angestarrt wird und im Übrigen davon auch Rückenbeschwerden hat. Im Hinblick auf eine so genannte Teilarbeitsunfähigkeit ist zu sagen, dass diese zum einen gesetzlich nicht geregelt ist und zum anderen auch von der Rechtsprechung strikt abgelehnt wird. 5 Dies bedeutet, dass es im arbeitsrechtlichen Sinne unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer die zwischen ihm und dem Arbeitgeber vereinbarte Tätigkeit nur teilweise erbringen kann. Es liegt insgesamt keine Arbeitsunfähigkeit vor, bei der jedenfalls ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegeben ist. Etwas anderes wird gelten, wenn es dem Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes möglich ist, den Arbeitnehmer anderweitig einzusetzen oder aber eine einvernehmliche Lösung mit dem Arbeitnehmer herbeigeführt wird, dass dieser für die Zeit der Krankheit an einem anderen Arbeitsplatz eine quasi entsprechende Tätigkeit verrichtet. Diesbezüglich ist jedoch darauf zu achten, dass ggf. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gem. dem § 87 ff. BetrVG berücksichtigt werden müssen. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit seitens des Arbeitnehmers verschuldet herbeigeführt worden ist. Bei dem Begriff des Verschuldens im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG ist zu beachten, dass dieser nicht gleichbedeutend mit dem Verschuldensbegriff aus dem BGB im Sinne des § 276 BGB ist. Danach liegt ein Verschulden vor, wenn Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegt. Der Verschuldensbegriff im Entgeltfortzahlungsrecht versteht unter Verschulden ein Verschulden gegen sich selbst.6 Danach liegt ein Verschulden seitens des Arbeitnehmers vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit von ihm selbst durch ein Verhalten herbeigeführt wurde, welches von einem verständigen Menschen nicht zu erwarten ist.7 Genau wie bei der verschuldeten Herbeiführung der Arbeitsunfähigkeit ist es im Umkehrschluss so, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch auch dann entfällt, wenn der Arbeitnehmer gröblich gegen die Pflicht verstößt, sich um seine Genesung zu kümmern. Hier liegt jedoch die Darlegungsund Beweislast beim Arbeitgeber und man kann Entsprechendes gegebenenfalls nur aufgrund von Zeugenhinweisen bzw. durch Einschaltung einer Detektei beweisen. Fraglich ist im Hinblick auf die selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit immer, ob der Arbeitgeber auch dann Entgeltfortzahlung leisten muss, wenn sich der Arbeitnehmer während einer Sportveranstaltung verletzt. Eine verschuldete Arbeitsunfähigkeit bei Sportverletzungen ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine extrem gefährliche Sportart handelt oder aber wenn der 5 6 7
BAG vom 25.06.1981 – 6 AZR 940/78, NJW 1982, 712 sowie LAG Rheinland-Pfalz vom 04.11.1991 – 7 Sa 491/91, NZA 1992, 169. BAG vom 05.04.1962 – 2 AZR 182/61, DB 1962, 1971. BAG vom 28.02.1979 – 5 AZR 611/77, NJW 1979, 2326.
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§ 13 Entgeltfortzahlung (Krankheit) Arbeitnehmer in grober Weise und leichtsinnig gegen anerkannte Regeln der jeweiligen Sportart verstößt.8 Bisher ist lediglich Kickboxen vom Arbeitsgericht Hagen als besonders gefährliche Sportart eingestuft worden.9 Bei anderen Sportarten, die man gemeinhin auch als gefährlich bezeichnen könnte, wurde dagegen eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit verneint: ■ Skispringen10 ■ Fallschirmspringen11 ■ Fußball12 ■ Drachenfliegen13 Unter einer verschuldeten Arbeitsunfähigkeit ist auch zu verstehen, wenn der Arbeitnehmer sich völlig selbst überschätzt und eine Sportart ausübt, die er aufgrund seiner körperlichen Konstitution und Fähigkeiten gar nicht ausüben kann.14 Bei Verkehrsunfällen, in die der Arbeitnehmer verwickelt ist, kommt es darauf an, ob er im Hinblick auf die sich daraus ergebende selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen Vorschriften der StVO verstoßen hat.15 Gleiches gilt selbstverständlich, wenn der Arbeitnehmer betrunken Auto fährt, so dass er nicht mehr in der Lage ist, dass Auto ordnungsgemäß zu führen.16
III. 12
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Nachweispflicht
Wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist, ist er verpflichtet, dies dem Arbeitgeber nachzuweisen. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat der Arbeitnehmer die Verpflichtung, dem Arbeitgeber unverzüglich die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer anzuzeigen. Die Anzeige gegenüber dem Arbeitgeber muss unverzüglich erfolgen und darf nicht erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem eine entsprechende ärztliche Diagnose vorliegt.17 Bei der Anzeige gegenüber dem Arbeitgeber muss der Arbeitnehmer die ihm gemäß Arbeitsvertrag obliegenden Nebenpflichten wahren und Sorge dafür tragen, dass dem Arbeitgeber die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit auch zur Kenntnis gelangt. Der Arbeitnehmer muss auf die üblichen Übermittlungswege wie beispielsweise Telefon, Telefax oder aber E-mail zurückgreifen. Sofern er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Fax übermittelt, sollte er dies unbedingt auch noch gleichzeitig mit normalem Brief tun. Wenn die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich länger als drei Kalendertage dauert, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, die spätestens am Folgetag nach den drei Kalendertagen beim Arbeitgeber vorliegen muss. In der ärztlichen Bescheinigung muss auch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit angegeben sein. 8 9 10 11 12 13 14
BAG vom 07.10.1981 – 5 AZR 338/79-AP Nr. 45 zu § 1 LFZG, NJW 1982, 1014. ArbG Hagen vom 15.09.1989 – 4 Ca 648/87, NZA 1990, 311. LAG München vom 03.05.1972 – 4 Sa 536/71, BB 1972, 1324. LAG Berlin vom 03.07.1969– 5 Sa 57/68, BB 1969, 1223. BAG vom 21.01.1976 – 5 AZR 593/74, NJW 1976, 1367. BAG vom 07.10.1981 – 5 AZR 338/79, NJW 1982, 1014. BAG vom 30.05.1958 – 2 AZR 451/55, NJW 1958, 1204 sowie BAG vom 25.02.1972 – 5 AZR 471/71, NJW 1972, 1215. 15 BAG vom 07.10.1981 – 5 AZR 1113/79, NJW 1982, 1013. 16 BAG vom 30.03.1988 – 5 AZR 42/87, NJW 1988, 2323 sowie LAG Frankfurt a.M. vom 23.07.1997 – 1 Sa 2416/96, DB 1998, 782. 17 BAG vom 31.08.1989 – 2 AZR 13/89, NZA 1990, 433 wie BAG vom 16.08.1991 – 2 AZR 604/90, NZA 1993, 17.
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A. Voraussetzung Der Nachweis für die Arbeitsunfähigkeit muss grundsätzlich durch die Vorlage eines ärztlichen Attestes erfolgen. Vorraussetzung für eine gültige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist, dass diese den vollständigen Namen des Patienten angibt und eine Unterschrift des behandelnden Arztes enthält. Es muss sich um einen approbierten Arzt handeln, Heilpraktiker dürfen keine gültige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unterzeichnen. In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer enthalten sein. Zudem muss gemäß § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG die Krankenkasse unverzüglich informiert werden. Wegen der ärztlichen Schweigepflicht muss auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Diagnose bzw. der Befund oder die Ursache nicht vermerkt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer den behandelnden Arzt von seiner ärztlichen Schweigepflicht ausdrücklich entbindet.18 Wenn der Arbeitnehmer merkt, dass die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit länger dauert, muss er dies wiederum gegenüber dem Arbeitgeber unverzüglich anzeigen und er muss dem Arbeitgeber eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Sofern die sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Hinblick auf eine entsprechend andauernde Arbeitsunfähigkeit überschritten wurde, hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, sich weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zusenden zu lassen, da er im Regelfall wissen möchte, wie lange die Arbeitsunfähigkeit noch andauern wird.19 Exkurs: Krankheit im Ausland Beliebt bei den Arbeitnehmern ist es, während des Erholungsurlaubes im Ausland „plötzlich zu erkranken“. Auch diesbezüglich trifft den Arbeitnehmer eine Anzeige- und Nachweispflicht, die in § 5 Abs. 2 EFZG näher konkretisiert wird. Demnach ist der Arbeitnehmer verpflichtet, bei einer Erkrankung während des Erholungsurlaubes im Ausland oder auch bei einem sonstig bedingten Aufenthalt im Ausland selbst möglichst dafür zu sorgen, dass die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitgeber übermittelt wird. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 EFZG. Eine Mitteilung mit einfachem Brief genügt in der Regel nicht, da man nicht sicher sein kann, dass die Zustellung eines einfachen Briefes vom Ausland in die Bundesrepublik Deutschland erfolgt und der Brief auch tatsächlich ankommt. Es muss also eine Übermittlungsform gewählt werden, bei der man sicher sein kann, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Arbeitgeber auch erreicht. In der Regel kann man dies erreichen mit Telefon, E-mail oder entsprechendem Telefax. Es ist auch wiederum die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer sowie die Anschrift am Urlaubsort, unter der der Arbeitnehmer erreicht werden kann, mitzuteilen. Gemeinhin wird die Auffassung vertreten, dass Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die im Ausland ausgestellt sind, reine Gefälligkeitsbescheinigungen sind. Hierzu ist jedoch bereits festgestellt worden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die ein Arzt im Ausland ausgestellt wird, gleichermaßen eine Urkunde mit Beweiswert sein kann, wie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die ein deutscher Arzt in der Bundesrepublik Deutschland ausgestellt hat. Allerdings ist für die wirksame Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Ausland erforderlich, dass der behandelnde ausländische Arzt ausdrücklich eine Unterscheidung dahingehend trifft, ob es sich lediglich um eine Erkrankung bzw. Krankheit handelt oder aber ob diese Krankheit auch gleichermaßen zu einer Arbeitsunfähigkeit führt, aufgrund der der betroffene Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.20 Wenn der Arbeitgeber die Richtigkeit der ausländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestreitet, trägt er die volle Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer voll arbeitsfähig war, obwohl er eine entsprechende ärztliche Bescheinigung aus dem Ausland vorgelegt hat. Da die Beweisführung für den Arbeitgeber sehr schwierig ist, da er sich lediglich auf fünf Beweismittel berufen kann (Gutachten eines Sachverständigen, Urkunden, Zeugen, Augenschein sowie Parteivernehmung) würde es auch ausrei-
18 BAG vom 12.03.1997 – 5 AZR 766/95, NZA 1997, 882. 19 LAG Köln vom 02.11.1988, 2 Sa 850/88, DB 1989, 1294. 20 BAG vom 20.02.1985 – 5 AZR 180/83, NZA 1985, 737.
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§ 13 Entgeltfortzahlung (Krankheit) chen, wenn der Arbeitgeber eine schlüssige Indizienkette vorlegt, aus der sich ergibt, dass erhebliche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bestehen.21
IV. 16
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Wenn ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen arbeitsunfähig krank sind, besteht die Möglichkeit der stufenweisen Wiedereingliederung gemäß § 74 SGB V und § 28 SGB II. Aufgrund dieser Vorschriften besteht die Möglichkeit, den noch eigentlich arbeitsunfähigen Arbeitnehmer stufenweise wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern, sofern ein Arzt zuvor festgestellt hat, dass der betreffende Arbeitnehmer die von ihm vertraglich geschuldete Leistung jedenfalls teilweise wieder erbringen kann. Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich auf eine stufenweise Eingliederung einigen, bedeutet dies nicht, dass durch die Beschäftigung im Rahmen der Wiedereingliederung die Arbeitsunfähigkeit davon betroffen wäre. Gemäß § 74 SGB V ist der Arbeitnehmer, der an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teilnimmt, weiterhin arbeitsunfähig im Sinne des EFZG. Das Wiedereingliederungsverhältnis ist auch nicht ein Vertrag, der eine Grundlage im BGB oder Ähnlichem hat, sondern man versteht unter dem Wiedereingliederungsverhältnis „ein Rechtsverhältnis sui generes“. Das Wiedereingliederungsverhältnis steht als selbstständiger Vertrag neben dem bestehenden Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, an einer entsprechenden Wiedereingliederungsmaßnahme teilzunehmen, sondern es muss Einvernehmen zwischen den Arbeitsvertragsparteien hergestellt werden. Im Hinblick auf die Vergütung ist zu sagen, dass dem Arbeitnehmer, der an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teilnimmt, weder eine Vergütung aufgrund der Beschäftigung im Rahmen des Wiedereingliederungsverhältnisses zusteht, noch aufgrund der Tatsache, dass sein Arbeitsverhältnis weiter fortbesteht.22 Selbstverständlich können die Parteien intern vereinbaren, dass für die Beschäftigung im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme eine entsprechende Vergütung bezahlt wird. Dies würde jedoch bedeuten, dass die Krankenkassen während dieser Zeit der Vergütung kein Krankengeld zahlen müssen. Denn dies wäre gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V die Folge einer Vergütungsvereinbarung, das Krankengeld ruht. Sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber können das zuvor vereinbarte Wiedereingliederungsverhältnis ohne Angabe von Gründen durch einseitige Erklärung beenden. Gemeinhin ist die Wiedereingliederungsmaßnahme befristet.
V. 18
Wiedereingliederung
Arbeitsverhinderung – Trotzdem Lohn?
Es gibt Situationen, in denen der Arbeitnehmer entweder gar nicht zur Arbeit erscheint oder aber verspätet seinen Dienst antritt. Die Frage, die sich dann für den Arbeitnehmer stellt, ist, ob der allgemeine Grundsatz „Kein Lohn ohne Arbeit“ gilt oder ob der Arbeitnehmer Anspruch auf die vereinbarte Vergütung hat. Im umgekehrten Fall stellt sich für den Arbeitgeber ebenfalls die Frage, ob er in diesen Fällen verpflichtet ist, eine entsprechende Entgeltfortzahlung zu leisten, ob also eine Vergütungspflicht besteht. 21 LAG Stuttgart vom 09.05.2000 – 10 Sa 85/07, NZA – RR 2000, 514. 22 BAG vom 29.01.1992 – 5 AZR 37/91, NZA 1992, 643.
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A. Voraussetzung Wie bereits erwähnt, gibt es im BGB die Vorschrift des § 616, nach der der an der Arbeits- bzw. Dienstleistung Verhinderte Lohn verlangen kann, wenn die Verhinderungen durch einen in seiner Person liegenden Grund gerechtfertigt ist. Da es sich hierbei wiederum um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist nachfolgend zu klären, was darunter zu verstehen ist. Sofern der Arbeitnehmer seinen Dienst nicht verrichten kann, weil er arbeitsunfähig erkrankt ist, gelten die vorgenannten Grundsätze zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In anderen Fällen kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht verrichten kann, weil er sich auf Gründe berufen kann, die in seiner Person liegen. Dabei ist zunächst Vorraussetzung, dass es dem Arbeitnehmer auch tatsächlich unmöglich war, den Dienst zu verrichten. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitnehmer plötzlich in Untersuchungshaft genommen werden würde. Sodann ist zu prüfen, ob die Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers ggf. vermeidbar war. Der Arbeitnehmer muss sich redlich darum bemühen, eine Vermeidung bzw. Verhinderung des Arbeitsausfalls zu erreichen. Der Betroffene kann sich also nicht auf die Durchbrechung des Grundsatzes „Kein Lohn ohne Arbeit“ gemäß § 616 BGB berufen, wenn es ihm noch irgendwie möglich gewesen wäre, die Arbeitsverhinderung abzuwenden. Einzelfälle der persönlichen Gründe: Fraglich ist im Rahmen der Arbeitsunfähigkeit bzw. einer bevorstehenden Arbeitsunfähigkeit immer, wie mit Arztbesuchen umgegangen wird, die während der Arbeitszeit erfolgen. Wenn der Arbeitnehmer akute Beschwerden hat, die eine unmittelbare ärztliche Versorgung erforderlich machen, geht man davon aus, dass die sich daraus ergebende Arbeitsunfähigkeit und die Nichterbringung der Arbeitsleistung dazu führen, dass das Entgeltfortzahlungsgesetz Anwendung findet. Der Anspruch auf Lohn besteht weiter. Beispielsweise könnte dies der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer einen plötzlichen Asthmaanfall hat und unter starker Atemnot leidet. Eine Lohnfortzahlung ergibt sich auch dann, wenn für den Arbeitnehmer keine Möglichkeit besteht, den Arzt außerhalb der Arbeitszeit aufzusuchen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Arbeitnehmer sich im erheblichen Maße darum bemühen muss, einen Arzttermin zu finden, der außerhalb der Arbeitszeit liegt. Sofern der Arzt jedoch den persönlichen Wünschen des Patienten, hier also des Arbeitnehmers, nicht nachkommt, würde wieder ein persönlicher Grund vorliegen, der zur Durchbrechung des Grundsatzes „kein Lohn ohne Arbeit“ führen wird. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer trotz eines Arztbesuches während der Arbeitszeit weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang auch nicht vorhalten, dass er ja einen anderen Arzt hätte konsultieren können, bei dem er einen entsprechenden Termin außerhalb der Arbeitszeit bekommen hätte. Es besteht freie Arztwahl und der Arbeitgeber würde unzulässigerweise in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers gemäß Artikel 1 und 2 GG eingreifen. Die freie Arztwahl des Arbeitnehmers hat Vorrang vor den Interessen des Arbeitgebers, so dass der Arbeitnehmer ggf. ein bis zwei Stunden dem Dienst fernbleiben darf, ohne den Gehaltsanspruch zu verlieren. Eine weitere Rolle spielt auch die Pflege naher Angehöriger. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, was man unter nahen Angehörigen versteht. Ausschlaggebend ist das Näheverhältnis des Arbeitnehmers zu den erkrankten Angehörigen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Betreuung von Kindern, die krank sind. Jedoch sollte hier die Altersobergrenze von 12 Jahren als Richtwert berücksichtigt werden, die sich aus § 45 SGB V ergibt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass es wohl für einen betroffenen Arbeitnehmer nicht notwendig ist, seine 16 jährige Tochter zu pflegen, 159
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§ 13 Entgeltfortzahlung (Krankheit)
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da diese den Tag allein verbringen kann. Sofern das Kind noch klein ist, kommt es ebenfalls darauf an, ob die Möglichkeit besteht, dass es dem Arbeitnehmer zuzumuten ist, dass das Kind auch von einer anderen vertrauten Person betreut wird, so dass der Arbeitnehmer trotzdem seinen Dienst verrichten kann. Hierzu gehören insbesondere Tagesmütter, Freunde sowie natürlich die Großeltern. Bei familiären Ereignissen geht man ebenfalls davon aus, dass dies Gründe in der Person des Arbeitnehmers sind und das dieser bei Vorliegen eines familiären Ereignisses weiter Anspruch auf Lohn hat. Hierunter fallen in erster Linie die eigene Hochzeit23 sowie die Geburt des Kindes der eigenen Frau.24 Gleiches gilt wohl selbstverständlich auch für die Geburt des Kindes der Lebensgefährtin. Ebenso soll ein Grund in der Person des Arbeitnehmers vorliegen, wenn es sich um Todesfälle oder Begräbnisse handelt, wobei es hier auf die tatsächliche Nähe des Arbeitnehmers zum Verstorbenen ankommt. Soweit es sich um Eltern, Kinder oder den Lebensgefährten handelt, ist eine Unzumutbarkeit der Erbringung der Arbeitsleistung zu bejahen, so dass die betroffenen Arbeitnehmer selbstverständlich auch in diesen Fällen einen Anspruch auf Lohn bzw. Lohnfortzahlung haben. Auch in anderen Fällen kann es zur Durchbrechung des Grundsatzes „Kein Lohn ohne Arbeit“ kommen, wenn es sich beispielsweise um die Konfirmation bzw. Kommunion oder aber die Hochzeit der eigenen Kinder handelt. Hierzu gehört nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes auch die Goldene Hochzeit der Eltern.25 Gleiches gilt bei der Wahrnehmung öffentlicher Pflichten wie z.B. der Tätigkeit als Wahlhelfer oder amtlich bestellter Betreuer. Auch passiert es, dass Arbeitnehmer wegen objektiver Leistungshindernisse nicht in der Lage sind, rechtzeitig zum Dienst zu erscheinen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Bahn streikt oder aber wenn ein Witterungseinbruch erfolgt und die öffentlichen Verkehrsmittel nicht fahren oder aber die Straßen unpassierbar sind. Man spricht dann von dem allgemeinen Wegerisiko, dass der Arbeitnehmer zu tragen hat. Der Arbeitnehmer muss sich daher, wenn er die Kürzung seiner Entgeltansprüche vermeiden will, auf die objektiven Verhinderungsgründe einstellen und versuchen, die Arbeitsstätte mit einem eigenen KFZ oder aber mit anderen Verkehrsmitteln pünktlich zu erreichen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht jedenfalls für einen Streik entschieden.26 Die Rechtsfolge eines solchen Versäumnisses ist, dass Arbeitnehmer, die nicht pünktlich zum Arbeitsplatz erscheinen, für den Zeitraum der Verspätung keinen Anspruch auf Vergütung haben. Die Arbeitnehmer können sich also nicht auf die Ausnahme des § 616 Abs. 1 BGB berufen und den vollen Vergütungsanspruch verlangen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer bereits im Vorfeld, also einen Abend vorher, von der vermeintlichen objektiven Behinderung Kenntnis hatte. Ob der Arbeitnehmer eine Nachricht über einen Warnstreik der Bahn oder von örtlichen Verkehrsbetrieben im Fernsehen gesehen oder ob er durch den Wetterbericht erfahren hat, dass am nächsten Tag mit erheblichem Schneefall zu rechnen ist, entbindet ihn jedenfalls nicht von der Verpflichtung, sich rechtzeitig darum zu bemühen, wie er anderweitig seine Arbeitsstelle rechtzeitig erreichen kann. Es ist dem Arbeitnehmer zuzumuten, ein Taxi zu nehmen oder ggf. schon einen Abend vorher anzureisen, wenn er vielleicht am nächsten Tag um acht Uhr eine wichtige Besprechung hat. Dabei kommt es auch nicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an. Denn das Wegerisiko trägt immer allein der Arbeitnehmer.
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160
BAG vom 27.04.1983 – 4 AZR 506/80, NJW 1983, 2600. BAG vom 12.12.1973 – 4 AZR 75/73 – AP BGB § 616 Nr. 44. BAG vom 25.10.1973 – 5 AZR 156/73, NJW 1974, 663. BAG vom 08.09.1982 – 5 AZR 283/80, NJW 1983, 1078.
13
B. Dauer der Entgeltfortzahlung
B.
Dauer der Entgeltfortzahlung
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht mit dem Beginn der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Voraussetzung ist, wie bereits gesagt, dass das Arbeitsverhältnis bereits mehr als vier Wochen ununterbrochen bestanden hat. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet logischerweise dann, wenn der Arbeitnehmer wieder arbeitsfähig ist. Gemäß § 3 Abs. 1 EFZG erhält der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltzahlung für längstens sechs Wochen bzw. 42 Kalendertage. Die Fristberechnung hinsichtlich des Sechs-Wochen-Zeitraums ergibt sich aus § 187 Abs. 1 BGB. Sofern die Arbeitsunfähigkeit während oder nach dem Arbeitstag eintritt, wird der Tag, an dem der Arbeitnehmer erkrankt ist, nicht mitgerechnet. Wenn der Arbeitnehmer vor Beginn der vertraglich vereinbarten Tätigkeit krank ist, ist der Tag im Hinblick auf den Sechs-Wochen-Zeitraum mitzurechnen.27 Der Sechs-Wochen-Zeitraum endet gemäß § 191 Abs. 2 BGB. Schwierigkeiten bereiten gemeinhin die Fälle, bei denen es sich um sogenannte Mehrfacherkrankungen bzw. Fortsetzungserkrankungen handelt. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles hat der Arbeitnehmer nur einmal Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Dies gilt auch dann, wenn er während einer laufenden bzw. bestehenden Arbeitsunfähigkeit anderweitig erkrankt und wegen dieser Krankheit ebenfalls arbeitsunfähig ist.28 Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist für jede Arbeitsunfähigkeitsperiode auf sechs Wochen beschränkt. Oftmals erkrankt der Arbeitnehmer ja nicht durchgehend für die komplette Zeit von sechs Wochen, sondern es liegen mehrere Zeiträume einer Arbeitsunfähigkeit in Folge derselben Krankheit vor. In diesen Fällen wird der Sechs-Wochen-Zeitraum dadurch ermittelt, indem die einzelnen Abschnitte bzw. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zusammengerechnet werden, bis 42 Kalendertage erreicht sind.29 Wenn die sechs Wochen abgelaufen sind, ist der Arbeitgeber von der Zahlung der Vergütung befreit und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Krankengeld gegen die gesetzliche Krankenkasse. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 8 SGB V und wird für eine Dauer von längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für den Fall der Arbeitsunfähigkeit und im Hinblick auf die selbe Erkrankung gewährt. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer für jede neue Erkrankung, die jedenfalls in keinem kausalen Zusammenhang zu einer Vorerkrankung steht, einen weiteren Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 3 Abs. 1 EFZG für erneute sechs Wochen. Die Beweislast, dass es sich um eine Fortsetzungserkrankung handelt, trifft den Arbeitgeber. Eine sogenannte wiederholte Arbeitsunfähigkeit infolge der selben Krankheit liegt immer dann vor, wenn die erneute Krankheit, die in einem kausalen Zusammenhang zu der Ersterkrankung steht, die Folge davon ist, dass die Ersterkrankung noch nicht völlig ausgeheilt war. Die neue Erkrankung steht also mit dem ursprünglichen Grundleiden in einem engen kausalen Zusammenhang und beruht auf ihr. Es handelt sich dann lediglich um eine Fortsetzung der früheren Krankheit, also um eine so genannte Fortsetzungserkrankung.30 Beispiele für Fortsetzungserkrankungen können beispielsweise Verstauchungen, Prellungen im Oberschenkel oder gar Knochenbrüche sein.
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BAG vom 21.09.1971 – 1 AZR 65/71, NJW 1972, 223. BAG vom 02.12.1981 – 5 AZR 89/80, DB 1982/601. BAG vom 22.08.2001 – 5 AZR 699/99, NZA 2002, 610. BAG vom 18.05.1957 – 2 AZR 600/56, NJW 1957, 1086; BAG vom 14.11.1984 – 5 AZR 394/82, NZA 1985, 501.
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§ 13 Entgeltfortzahlung (Krankheit) 29
Bei der Berechnung des Sechs-Wochen-Zeitraums, innerhalb dessen der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist, können Probleme auftreten, sofern sich eine Fortsetzungserkrankung mit einer anderen Krankheit, die auch zur Arbeitsunfähigkeit führt, überschneidet. > Beispiel 1: Der Arbeitnehmer war arbeitsunfähig krank und ist nunmehr wieder arbeitsfähig. Nach der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erkrankt der Arbeitnehmer an einer anderen Krankheit, die jedoch mit der ursprünglichen ersten Erkrankung in keinem kausalen Zusammenhang steht. Während der erneuten – unabhängigen – Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit kommt die ursprüngliche Erkrankung wieder zutage. Sofern beide Krankheiten getrennt zur Arbeitsunfähigkeit führen würden, fehlt es an einem entsprechenden Fortsetzungszusammenhang, so dass ein neuer Verhinderungsfall vorliegt, der einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch begründet. > Beispiel 2: Der Arbeitnehmer ist aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig krank. Während der Arbeitsunfähigkeit erkrankt der Arbeitnehmer an einer zweiten Krankheit, die entweder gleichzeitig oder aber vor der ersten Arbeitsunfähigkeit endet. Vorraussetzung ist, dass die zweite Krankheit nicht alleine die Arbeitsunfähigkeit begründet. Wenn der Arbeitnehmer anschließend erneut an der zweiten Krankheit erkrankt, liegt keine Fortsetzungskrankheit vor. Dies bedeutet, dass für die zweite Krankheit der Anspruch auf sechswöchige Entgeltfortzahlung neu ausgelöst wird. Eine frühere Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit wird im Hinblick auf die Berechnung des Entgeltfortzahlungszeitraumes nicht gerechnet, also nicht in Abzug gebracht. Grund dafür ist, dass an diesen Tagen nicht etwa die zweite Krankheit die alleinige Arbeitsunfähigkeit verursacht hat, sondern die zuerst aufgetretene Krankheit ursprünglich ursächlich für die Arbeitsunfähigkeit war.31 > Beispiel 3: Schließlich besteht noch die Möglichkeit, dass während des ersten Entgeltfortzahlungszeitraumes eine weitere andere Krankheit hinzukommt und diese erst nach Ablauf des ursprünglichen Sechs-Wochen-Zeitraums endet. Sofern der Arbeitgeber für die zweite Krankheit Entgeltfortzahlung geleistet hat, weil die erste Krankheit noch nicht den Sechs-WochenZeitraum aufgezerrt hat, ist bei der Berechnung zu berücksichtigen, dass die erste Erkrankung während der zweiten Arbeitsunfähigkeit und wegen des betreffenden Sechs-Wochen-Zeitraums sodann in Abzug gebracht werden muss.32
13
30
Bei entsprechenden Fortsetzungserkrankungen verliert der Arbeitnehmer wegen einer erneut auftretenden Krankheit bzw. erneut auftretenden Arbeitsunfähigkeit den Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung nicht, wenn er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge der selben Krankheit arbeitsunfähig war oder aber seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge der selben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich sechs Monate nach der ersten Arbeitsunfähigkeit gearbeitet haben muss oder aber es muss seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen sein, damit der Arbeitnehmer einen weiteren Anspruch auf Entgeltfortzahlung für längstens sechs Wochen bzw. 42 Kalendertage hat.
31 BAG vom 19.06.1991 – 5 AZR 304/90, NZA 1991, 894. 32 BAG vom 02.02.1994 – 5 AZR 345/93, NZA 1994, 547.
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13
D. Entgeltfortzahlung an Feiertagen
C.
Höhe des Arbeitsentgeltes während der Arbeitsunfähigkeit
Für die Dauer der Entgeltfortzahlung hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die volle Vergütung im Hinblick auf das arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die regelmäßige Vergütung hat. Dies bedeutet, dass von einer regelmäßigen Arbeitszeit auszugehen ist, die arbeitsvertraglich vereinbart ist. Auch wenn der Arbeitnehmer oftmals Überstunden geleistet hat, wird sich die Entgeltfortzahlung nur auf die vertraglich vereinbarte Stundenzahl und die regelmäßige Arbeitszeit beschränken. Der Arbeitgeber ist weiterhin verpflichtet, den entsprechenden Bruttolohn zu zahlen und die entsprechende Lohnsteuer und die Sozialabgaben abzuführen. Gleiches gilt für die Fälligkeit des Lohnes. Soweit nichts anderes vereinbart ist, ist der Lohn des Arbeitnehmers spätestens am dritten Werktag des Folgemonats fällig. Das Gehalt für den Monat August 2007 muss also spätestens am 03.09.2007 auf dem vom Arbeitnehmer angegebenen Konto sein. Ist das Geld nicht rechtzeitig da, ist der Arbeitgeber automatisch gemäß § 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB in Verzug und es bedarf keiner weiteren Mahnung des Arbeitnehmers, um den Arbeitgeber wegen der Lohnzahlung in Verzug zu setzen. Im Hinblick auf die Vergütungsbestandteile ist zu sagen, dass alle auch während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit weiter zu zahlen sind. Beispielsweise gilt dies für Provisionen33 sowie für entsprechende Gefahren- oder Nachtdienstzulagen.34
D.
31
Entgeltfortzahlung an Feiertagen
Aus § 2 Absatz 1 EFZG ergibt sich, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer auch an Feiertagen Entgelt zu zahlen. Dies gilt jedoch nur, wenn die Arbeitszeit infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt. Es gibt gesetzliche Feiertage, die im gesamten Gebiet der Bundesrepublik gelten, in den südlichen Bundesländern der Bundesrepublik gibt es jedoch zusätzliche Feiertage, bei denen sich der Arbeitgeber auf die entsprechenden lokalen Belange einzustellen hat. (Insbesondere in Bayern und einzelnen Städten in Bayern gibt es zu den ohnehin schon – im Vergleich zu den gesetzlichen (evangelischen) Feiertagen noch weitere katholische Feiertage und sogar noch weitere Feiertage, die sich beispielsweise nur auf eine Stadt beziehen (Augsburg), bei denen der Arbeitgeber entscheiden muss, ob er auch für diese Tage eine entsprechende Entgeltfortzahlung leistet. Nach Auffassung des Unterzeichners muss dies wohl bejaht werden.) Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung an Feiertagen ist, dass die Arbeit aufgrund des Feiertages nicht erbracht werden kann. Wenn der Arbeitnehmer am Feiertag arbeitsunfähig erkrankt ist, ergibt sich die Entgeltfortzahlung aus § 3 EFZG.
33 BAG vom 05.06.1985 – 5 AZR 459/83, NZA 1986, 290. 34 BAG vom 03.09.1986 – 4 AZR 315/85, DB 1987, 391.
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32
13
14
§14 Urlaub
1
A.
Anspruch auf Urlaub
I.
Gesetzlicher Urlaub
Die Grundlagen für die Gewährung eines Erholungsurlaubes sind im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Gemäß § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Erholungsurlaub. Der Anspruch auf Erholungsurlaub besteht, wenn gemäß § 2 Satz 1 BUrlG entweder ein Arbeiter, ein Angestellter oder aber ein Auszubildender in einem Arbeitsverhältnis steht. Der Anspruch auf Erholungsurlaub besteht in gleichem Maße auch für Teilzeitbeschäftigte. Darüber hinaus werden in § 2 Satz 2 BUrlG auch arbeitnehmerähnliche Personen als Arbeitnehmer im Sinne des BUrlG aufgeführt. Arbeitnehmerähnliche Personen sind solche, die zwar kein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber abgeschlossen haben, jedoch wirtschaftlich unselbstständig und als sozial schutzbedürftig einzustufen sind. Im Regelfall gehören dazu Handelsvertreter oder freie Mitarbeiter, bei denen man davon ausgehen kann, dass sie zwar nicht persönlich abhängig sind, jedoch in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Sie sind damit ebenso schutzbedürftig wie Arbeitnehmer.
II. 2
14
3
Wartezeit
Einen Anspruch auf Erholungsurlaub hat der Arbeitnehmer gemäß § 4 BUrlG erst dann, wenn eine Wartezeit von sechs Monaten um ist. Im Hinblick auf die Berechnung der Wartezeit wird wiederum auf die allgemeinen Vorschriften des BGB und hier die §§ 186 ff. BGB zurückgegriffen. Für den Beginn der Wartezeit ist maßgeblich, wann das Arbeitsverhältnis nach dem Arbeitsvertrag tatsächlich begonnen hat. Bis zum Ablauf der Wartezeit von sechs Monaten hat der Arbeitnehmer lediglich eine so genannte Anwartschaft auf die Gewährung von Urlaub erworben. Nach Ablauf von sechs Monaten besteht der volle Urlaubsanspruch ohne Rücksicht auf die Dauer der Beschäftigung. Für die Wartezeit ist der Bestand eines Arbeitsverhältnisses maßgeblich. Wenn das Arbeitsverhältnis unterbrochen wird, führt die Unterbrechung auch zur Unterbrechung der Wartezeit. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis lediglich ruht oder aber der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist. Wenn das Arbeitsverhältnis aber tatsächlich aus rechtlichen Gründen beendet worden ist und wird erst zu einem späteren Zeitpunkt neu begründet – sei es auch nur eine kurze Unterbrechung – wird davon auszugehen sein, dass diese Unterbrechung auch eine neue Wartezeit auslöst. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, dass die rechtliche Beendigung des vorherigen Arbeitsverhältnisses und die Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses in einem ursächlichen und sehr engen Zusammenhang stehen. Die Beweislast hierfür trägt jedoch in diesem Fall der Arbeitnehmer.
164
14
A. Anspruch auf Urlaub Wenn die Wartezeit von sechs Monaten verstrichen ist, entsteht für den Arbeitnehmer der volle Urlaubsanspruch und dies gilt auch für den Fall, das der Arbeitnehmer während des laufenden Kalenderjahres zwar mehr als sechs Monate gearbeitet hat, aber nicht das gesamte Urlaubsjahr beschäftigt ist. Ein Rückgriff auf die bekannte Zwölftel-Regelung erfolgt in diesem Fall nicht. Dazu jedoch später mehr. Für die Berechnung des Urlaubsanspruches ist das Kalenderjahr von Bedeutung. Dies bedeutet, dass das Urlaubsjahr gleichzusetzen ist mit dem Kalenderjahr. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass er seinen Urlaubsanspruch grundsätzlich im Urlaubsjahr geltend machen und auch nehmen muss. Denn aus § 7 Abs. 3 BUrlG ergibt sich, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und auch genommen werden muss. Eine Übertragung des jährlichen Urlaubs ins nächste Urlaubs- bzw. Kalenderjahr hinein ist nur möglich, wenn dringende betriebliche Gründe der Urlaubsgewährung im abgelaufenen Urlaubsjahr entgegenstanden oder aber in der Person des Arbeitnehmers Gründe vorliegen, die dies rechtfertigen. Sollte dies der Fall sein, kann der Urlaubsanspruch aus dem letzten Jahr bis zum 31.03. des Nachfolgejahres „rübergerettet“ werden.
III.
Zweck des Urlaubs
Der Erholungsurlaub soll ausschließlich der Erholung und ggf. Wiederherstellung der Gesundheit sowie der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen. Aus diesem Grunde wird in § 8 BUrlG festgeschrieben, dass der Arbeitnehmer während des Erholungsurlaubes nicht einer Erwerbstätigkeit nachgehen darf. Jedenfalls gilt dies dann, wenn die Erwerbstätigkeit dem zugrunde liegenden Erholungszweck zuwider läuft und ggf. dazu geeignet ist, dass dieser Zweck nicht erreicht wird. Wenn der Arbeitnehmer mehrere Arbeitsverträge bei verschiedenen Arbeitgebern abgeschlossen hat und es sich insgesamt um mehrere Teilzeitarbeitsverhältnisse handelt, liegt kein Verstoß gegen § 8 BUrlG vor, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubs bei dem einen Arbeitgeber in dieser Zeit im Rahmen eines anderen Arbeitsverhältnisses weiterarbeitet. In der Vorschrift des § 8 BUrlG ist nicht erwähnt, ob es negative Rechtsfolgen für den Arbeitnehmer hat, wenn er trotz des Verbotes während des Erholungsurlaubes einer anderen Erwerbstätigkeit nachgeht. Das Bundesarbeitsgericht hat jedenfalls entschieden, dass der Arbeitgeber bei Feststellung eines entsprechenden Tatbestandes nicht berechtigt ist, das Arbeitsentgelt während des Urlaubs zu streichen oder zu kürzen.1 Dies bedeutet, dass für den Arbeitgeber auch bei Vorliegen eines Verstoßes gegen § 8 BUrlG in jedem Fall die Vergütungspflicht weiter fortbesteht. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht auf die Vorschrift des § 812 BGB im Hinblick auf eine ungerechtfertigte Bereicherung berufen und das während des Urlaubs gezahlte Entgelt zurückfordern. Zwar stehen dem Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche zu, jedoch sind diese prozessual schwer durchzusetzen. Der Arbeitgeber hat aber die Möglichkeit, das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers durch Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung oder aber mindestens durch Ausspruch einer Abmahnung zu sanktionieren.2
1 2
BAG vom 25.02.1988 – 8 AZR 596/85, NJW 1988, 2752. BAG vom 25.02.1988 – 8 AZR 596/85, NJW 1988, 2752.
165
4
5
14
14
§14
IV. 6
7
8
14
Urlaub
Erlöschen des Urlaubsanspruchs – Verzicht
Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erlischt, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nachgekommen ist und dem Arbeitnehmer den gesamten Jahresurlaub gewährt hat. Es handelt sich demnach um eine Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB. Sofern der Arbeitnehmer also in dem entsprechenden Zeitraum Urlaub gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG genommen hat, tritt Erfüllung ein. Wenn der Arbeitnehmer den Erholungsurlaub in dem Urlaubsjahr bzw. dem Kalenderjahr aus persönlichen Gründen nicht nehmen konnte oder aber wenn dringende betriebliche Belange einer Urlaubsgewährung entgegenstanden, besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, den Urlaubsanspruch bis zum 31.03. des Folgejahres zu übertragen. Hierzu bedarf es nicht der ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitgebers, da dies der gesetzlichen Regelung entspricht. Nur wenn der Arbeitnehmer beabsichtigt, den Urlaub des abgelaufenen Jahres über den 31.03. des Folgejahres hinaus zu übertragen, muss er zwingend mit dem Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung schließen. Wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber aber gar nicht geltend macht oder aber wenn der Arbeitgeber den Urlaub nicht unaufgefordert gewährt, erlischt der Urlaubsanspruch gemäß § 1 BUrlG mit Ablauf des Kalenderjahres. Gleiches gilt auch bei Vorliegen der Voraussetzung des § 7 Abs. 3 BUrlG mit dem Ende des Übertragungszeitraumes im Hinblick auf den 31.03. des Folgejahres.3 Wenn der Arbeitnehmer während der Zeit des Übertragungszeitraumes bis zum 31.03. des Folgejahres arbeitsunfähig erkrankt oder er während des Urlaubs arbeitsunfähig krank und der Zeitraum bis zum 31.03. des Folgejahres überschritten wird, hat er keinen Anspruch darauf, dass ihm die Tage des Urlaubs, an denen er arbeitsunfähig krank war, nachfolgend noch gewährt werden. Für den Arbeitnehmer besteht auch nicht die Möglichkeit, auf seinen Erholungsurlaub während des laufenden Kalenderjahres zu verzichten. Es handelt sich um einen Anspruch, der nicht abdingbar ist, also von dem nicht abgewichen werden kann. Der Erholungsurlaub ist zwingende Voraussetzung für das Wohlbefinden und für den Erholungszweck während eines Kalenderjahres. Aus diesem Grunde würde ein Verzicht bzw. ein Erlass in jedem Fall unwirksam sein.4 Natürlich würde ein Arbeitnehmer nicht freiwillig auf seinen Erholungsurlaub verzichten, jedoch kommt es immer wieder bei der Abwicklung von beendeten Arbeitsverhältnissen zu falschen Formulierungen, die die Parteien im Rahmen eines Aufhebungs- bzw. Abwicklungsvertrages oder aber im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches wählen. Aus diesem Grunde darf man lediglich einen so genannten Tatsachenvergleich schließen, nachdem sich beide Parteien einig sind, dass dem Arbeitnehmer etwaig zustehende Urlaubsansprüche in Natur gewährt worden sind. Ein solcher Vergleich darf jedoch nur dann formuliert werden, wenn tatsächlich Streit darüber besteht, wie viel Urlaubstage der Arbeitnehmer noch beanspruchen kann. Sofern die Anzahl der Urlaubstage zwischen den Parteien unstreitig ist, wäre ein entsprechend formulierter Tatsachenvergleich wiederum unwirksam, da er gegen § 13 Abs. 1 BUrlG verstoßen würde.5 Es bestünde ja kein Streit um die Anzahl der Urlaubstage.
3 4 5
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BAG vom 23.06.1992 – 9 AZR 57/91, BB 1993, 144. BAG vom 20.01.1998 – 9 AZR 812/96, NJW 1998, 3662. BAG vom 20.01.1998 – 9 AZR 812/96, NJW 1998, 3662.
14
A. Anspruch auf Urlaub
V.
Festlegung des Urlaubs
1.
Geltendmachung
Es ist bereits erwähnt worden, dass durchaus die Möglichkeit besteht, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber gar nicht beansprucht oder aber der Arbeitgeber von sich aus auch nicht den Arbeitnehmer anspricht und ihn fragt, wann er denn endlich Erholungsurlaub nehmen will. Die entsprechende gesetzliche Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG stellt keine Verpflichtung für den Arbeitgeber dar, den Urlaub von sich aus anzubieten bzw. den Arbeitnehmer anzusprechen. Wenn der Arbeitnehmer seinen Erholungsurlaub nicht rechtzeitig beantragt bzw. gefordert hat, besteht auch kein Schadenersatzanspruch seitens des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber.6 Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer seinen Erholungsurlaub rechtzeitig geltend macht und beantragt und der Arbeitgeber den Urlaub während des Urlaubs bzw. Kalenderjahres nicht gewährt, obwohl keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch in Höhe des Urlaubsanspruchs7 bzw. der während des Urlaubes vom Arbeitgeber zu zahlenden Vergütung. Der Arbeitnehmer muss seinen Urlaubsanspruch nach der Wartezeit gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Bei der Geltendmachung muss zum Ausdruck kommen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub tatsächlich fordert und der Arbeitgeber muss den entsprechenden Urlaub festsetzen. Dabei ist für den Arbeitnehmer zu beachten, dass die Geltendmachung des Urlaubs so erfolgen muss, dass es dem Arbeitgeber möglich ist, vor Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres den Urlaub zu gewähren. Gleiches gilt für den Übertragungszeitraum gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG. Gemäß § 7 Abs. 1 BUrlG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Urlaubszeit festzulegen. Sofern der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum festgelegt hat und dabei die Wünsche des Arbeitnehmers berücksichtigt hat, hat der Arbeitgeber die ihm obliegende Pflicht der Urlaubsgewährung gemäß § 7 Abs. 1 BUrlG erfüllt. Exkurs: Erklärung des Arbeitgebers Im Hinblick auf die Urlaubsgewährung muss die entsprechende Erklärung des Arbeitgebers eindeutig sein und sich auch ausdrücklich auf seine Verpflichtung beziehen, dass er dem Arbeitnehmer den entsprechenden Erholungsurlaub gewährt. Eine Erklärung des Arbeitgebers, die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, ist insbesondere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses notwendig, wenn eine Kündigung ausgesprochen ist und das Arbeitsverhältnis erst einige Monate später endet. In diesem Fall muss sich aus der so genannten Freistellungsvereinbarung bzw. Freistellungserklärung des Arbeitgebers eindeutig ergeben, dass mit der Freistellung des Arbeitnehmers während der Dauer der Kündigungsfrist zugleich auch der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erfüllt wird. Entweder wird der Arbeitnehmer also unter konkreter Festlegung des Urlaubszeitraums mit genauer Datumsangabe freigestellt oder aber unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch. Bei der Freistellung ist zu beachten, dass es sich nicht um eine unwiderrufliche Freistellung handelt, sondern um eine widerrufliche. Nähere Ausführungen und Begründungen dazu finden sich in Kapitel 7 „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“.
2.
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Wünsche des Arbeitnehmers – Änderung des Urlaubs
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber ist aufgrund der ihm obliegenden Fürsorgepflicht verpflichtet, die Urlaubswün6 7
9
BAG vom 23.06.1992 – 9 AZR 57/91, NZA 1993, 360. BAG vom 05.09.1985 – 6 AZR 86/82, NJW 1987, 973.
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§14
Urlaub
sche des Arbeitnehmers einzuhalten. Etwas anderes gilt, wenn dringende betriebliche Belange entgegenstehen oder jedoch Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die sozial schutzwürdiger sind, den Vorrang haben. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn andere Arbeitnehmer nur Erholungsurlaub während der gesetzlichen Ferien nehmen können. Gewöhnlich wird es also so sein, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen kann, dass dieser seine Urlaubswünsche berücksichtigt. Sofern es zum Streit kommt, da der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers nicht berücksichtigt, da er sich auf dringende betriebliche Belange stützt, ist für den Arbeitgeber zu berücksichtigen, dass ihn die Beweislast trifft. Beispiele hierfür könnten sein, dass der Arbeitgeber in Betrieben, wo es um Saisonarbeit geht, einen Urlaubswunsch des Arbeitnehmers während der Saison nicht berücksichtigt. Gleiches gilt für die Festlegung bzw. Einhaltung festgelegter Betriebsferien.8 Dringende betriebliche Belange können auch vorliegen, wenn der Arbeitgeber wichtige Aufträge fristgerecht erledigen muss oder aber wenn besondere Ereignisse bevorstehen. In der Vergangenheit war dieses beispielsweise bei Banken kurz vor Einführung des Euro der Fall. Des Weiteren wurden zur Jahreswende 1999/2000 Urlaubssperren verhängt, als es um die Befürchtung ging, Computer könnten die Zeitumstellung nicht richtig erfassen. Wenn der Urlaub einmal festgelegt ist, sind sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer an die festgelegten Zeiten gebunden. Eine einseitige Änderung des Urlaubs ist nicht möglich und kann nur einvernehmlich herbeigeführt werden.9 Lediglich in Extremfällen darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus dem Erholungsurlaub zurückholen oder aber den Erholungsurlaub nicht gewähren. Dies kann jedoch eigentlich nur dann der Fall sein, wenn Gefahr in Verzug ist und für den Arbeitgeber nach Prüfung sämtlicher Alternativen keine Möglichkeit besteht, das Problem anderweitig zu lösen und er auf die Anwesenheit des betroffenen Arbeitnehmers angewiesen ist. Es ist selbstverständlich, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die durch den Abbruch des Urlaubs entstandenen Kosten zu tragen. Im Gegenzug dazu gibt es jedoch für den Arbeitnehmer keine Extremfälle, auf die er sich berufen kann, um seinen Urlaub antreten zu dürfen. Sollte der Arbeitnehmer tatsächlich selbst und unberechtigter Weise seinen Urlaub antreten, würde dies ein Grund zur fristlosen Kündigung gemäß § 626 BGB darstellen.10
14
12
Exkurs: Zusammenhängende Gewährung oder einzelne Tage? § 7 Abs. 2 BURLG besagt, dass der Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist. Dabei stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, einem Arbeitnehmer, der gerne Städtereisen macht, den Jahresurlaub so zu gewähren, dass dieser an vielen Wochenenden immer Freitag und Montag frei hat, so dass er immer an verlängerten Wochenenden Urlaub hat. Dies wäre zu verneinen, da der Urlaub im Grundsatz zusammen gewährt werden soll. Es muss dabei auf jeden Fall gewährleistet sein, dass ein Teil des Urlaubs aus mindestens zwölf Werktagen besteht bzw. zwei Wochen lang ist. Grund dafür ist der genannte Erholungszweck während des Erholungsurlaubes, der laut Gesetzgeber jedenfalls dann nicht gewährleistet ist, wenn nicht mindestens einmal im Jahr eine Dauer von zwei Wochen eingehalten wurde. Eine Zerstückelung des Urlaubs wie im dargestellten Beispielsfall ist jedenfalls nicht möglich.
8 LAG Düsseldorf vom 20.06.2002 – 11 Sa 378/02, DB 2002, 2171. 9 BAG vom 29.01.1960 – 1 AZR 200/58, NJW 1960, 1734. 10 BAG vom 20.01.1994 – 2 AZR 521/93, NJW 1994, 1894.
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B.
B.
Dauer des Urlaubs
Gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG beträgt der gesetzliche Mindesturlaub 24 Werktage. Unter Werktagen versteht man die Tage Montag bis Samstag. Urlaubstage im Sinne des Gesetzes können nur Werktage sein, weshalb ein gesetzlicher Feiertag nicht darunter fällt. Oftmals unterscheiden sich die Formulierungen in den Arbeitsverträgen von den Formulierungen des Gesetzestextes. Wird nicht einheitlich von Werk- oder Arbeitstagen gesprochen, sind Werk- und Arbeitstage strikt voneinander zu trennen. Sofern ein Arbeitnehmer beispielsweise eine 5-Tage-Woche hat und in seinem Arbeitsvertrag ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen vereinbart wurde, heißt dies für den Arbeitnehmer, dass er einen Anspruch hat, der zehn Tage über dem Mindesturlaub von 24 Werktagen liegt.
I.
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Dauer des Urlaubs
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Bei einer 5-Tage-Woche
Für die meisten Arbeitsverhältnisse gilt die so genannte 5-Tage-Woche. Für diesen Fall müssen die Arbeitstage, die vertraglich vereinbart sind, mit den Werktagen, die das BUrlG zugrunde legt, in Beziehung zueinander gesetzt und umgerechnet werden.11 Es muss also eine Umrechnung erfolgen und dabei wird der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen mit der Anzahl der Tage multipliziert, die der Arbeitnehmer zu arbeiten hat (in diesem Fall 5) und dieser Wert wird anschließend durch die Anzahl der Werktage, also 6, geteilt. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer 20 Arbeitstage Erholungsurlaub hat, wenn im Arbeitsvertrag von gesetzlichem Erholungsurlaub gesprochen wird. Berechnung:
14
24 Tage Mindesturlaub × 5 Arbeitstage = 20 Arbeitstage Urlaub 6 Werktage
II.
Bei Teilzeitarbeit
Wenn der Arbeitnehmer der eine Teilzeitbeschäftigung hat, auch eine 5-Tage-Woche mit reduzierter Stundenzahl hat, gelten für ihn die gleichen Grundsätze wie unter 1. beschrieben. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer lediglich an drei Tagen in der Woche arbeitet. Für diesen Fall ist erforderlich, dass man die Arbeitstage, die ein Vollzeitbeschäftigter arbeitet mit den Tagen, an denen der Teilzeitbeschäftigte arbeitet, in Relation zueinander setzt.12
11 BAG vom 22.10.1991 – 9 AZR 621/90, NJW 1993, 349. 12 BAG vom 05.09.2002 – 9 AZR 244/01, NZA 2003, 727.
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14
14
§14
Urlaub
> Beispiel: Ein Teilzeitbeschäftigter hat 26 Tage Urlaub und arbeitet drei Tage in der Woche. Die anderen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer arbeiten regelmäßig fünf Arbeitstage in der Woche. Es ergibt sich sodann folgende Berechnung: 26 Arbeitstage Urlaub × 3 Arbeitstage = 15,6 Arbeitstage Urlaub 5 Arbeitstage (5-Tage-Woche) Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer 15 ½ Tage Urlaub hat. Sofern bei der Berechnung Bruchteile von Urlaubstagen herauskommen, sind diese weder auf noch abzurunden.13 Eine gleiche Umrechnung wie eben im Beispiel geschildert, muss auch bei geringfügig Beschäftigten im Sinne von § 8 SGB IV erfolgen. Diese haben ebenfalls einen gesetzlichen Urlaubsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG.
III. 16
Bei flexibler Arbeitszeit
Wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber flexible Arbeitszeiten vertraglich vereinbart sind, ist eine Umrechnung bzw. eine Berechnung in Relation zu einer Arbeitswoche nicht möglich, denn es kann sein, dass in einzelnen Wochen an unterschiedlichen Tagen gearbeitet wird. Eine Umrechnung muss daher auf das gesamte Kalenderjahr erfolgen.14 Auch in diesem Fall müssen wieder die Arbeitstage desjenigen, der flexible Arbeitszeiten hat, mit denjenigen, die in Vollzeit regelmäßige Arbeitszeiten haben in Relation zueinander gesetzt werden. Dabei geht man davon aus, dass im Rahmen einer 5-Tage-Woche im Jahr 260 Arbeitstage gearbeitet werden (52 Wochen × 5 Tage) und bei einer 6-Tage-Woche geht man von 312 Arbeitstagen (52 Wochen × 6 Tage) aus. > Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der Vollzeit beschäftigt ist, hat einen Urlaubsanspruch von 32 Urlaubstagen im Rahmen einer 5-TageWoche. Der Arbeitnehmer, mit dem der Arbeitgeber eine flexible Arbeitszeit vereinbart hat, arbeitet im Jahr 220 Tage. Es ergibt sich sodann folgende Berechnung:
14
32 × 220 = 27,07 Urlaubstage 260 Wie bereits oben erwähnt, spielen Bruchteile von Urlaubstagen keine Rolle, da sie weder auf noch abgerundet werden.
IV. 17
Bei Sonntagsarbeit
Es gibt Betriebe, in denen es notwendig ist, dass die Arbeitnehmer auch an Sonn- und Feiertagen arbeiten. Beispiel hierfür sind Beton- oder Stahlwerke, die im Regelfall an 365 Tagen im Jahr in Früh-, Spät- und Nachtschicht arbeiten. In einem solchen Fall gelten die Sonn- und Feiertrage im Rahmen des BUrlG als Werktage. Dies bedeutet für die Arbeitnehmer, dass sie auch in diesen Fällen Anspruch auf Urlaubsentgelt für genommene Urlaubstage haben. Der Arbeitgeber muss 13 BAG vom 14.02.1991 – 8 AZR 97/90, NZA 1991,777. 14 BAG vom 03.05.1994 – 9 AZR 195/91, NZA 1995, 477.
170
C.
14
Urlaub und Krankheit
§ 3 Abs. 2 BUrlG nicht berücksichtigen, denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf Sonn- und Wochenfeiertage, die nicht auf den Urlaub anzurechnen wären, da sie ohnehin arbeitsfrei wären. Gerade dies ist jedoch bei der Sonntagsarbeit nicht der Fall.
C.
Urlaub und Krankheit
Es ist ja bereits erwähnt worden, dass Sinn und Zweck des Erholungsurlaubs ist, dass der Arbeitnehmer sich während dieser Zeiten entweder entspannt, also erholt oder aber diese Zeiten zur Genesung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit nutzt. Dieser Zweck wird dann vereitelt, wenn der Arbeitnehmer während der Dauer des gerade gewährten Urlaubs arbeitsunfähig krank wird. Gemäß § 9 BUrlG ist es so, dass Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, die während eines Urlaubs eintreten und durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden, nicht auf den Urlaub angerechnet werden. Das bedeutet, dass während der Arbeitsunfähigkeit der Urlaubsanspruch (und auch der Urlaubszweck) nicht erfüllt werden können. Dies gilt im Übrigen auch für eine entsprechende Situation innerhalb der Betriebsferien.15 Wenn der Arbeitnehmer während des gewährten Urlaubs arbeitsunfähig krank wird, werden die Tage, in denen eine Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs bestand, im Nachhinein vom Arbeitgeber gewährt werden müssen. Dies bedeut jedoch nicht, dass sich der Urlaub des Arbeitnehmers automatisch für die Dauer der Tage, an denen er arbeitsunfähig krank war, verlängert, sondern dass der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt einen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber hat, dass ihm diese Tage nachträglich wiederum als Urlaub gewährt werden. Selbstverständlich bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer auch nicht von sich aus einfach den gewährten Urlaub für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit verlängern kann. Nach Ablauf des Urlaubs bzw. nach Wiederherstellung der Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitnehmer verpflichtet, unverzüglich die Arbeit wieder aufzunehmen. Sinn und Zweck des Erholungsurlaubs ist zwar, dass sich der Arbeitnehmer erholt, jedoch ist für die Gewährung des Erholungsurlaubs nicht Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer während des laufenden Urlaubsjahres auch tatsächlich gearbeitet hat. Das vom Gesetzgeber geforderte Erholungsbedürfnis ist keine Voraussetzung für die Gewährung des Urlaubes. Es gibt Situationen, in denen ein Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubs bzw. Kalenderjahres arbeitsunfähig krank war und nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit seinen Anspruch auf Erholungsurlaub geltend macht. Oftmals wird dies während des Übertragungszeitraums bis zum 31.03. des Folgejahres geltend gemacht und der Arbeitgeber ist notgedrungen verpflichtet, dem Anspruch stattzugeben, es sei denn es stehen dringende betriebliche Belange entgegen. Dies wird jedoch nach einer einjährigen Abwesenheit des Arbeitnehmers schwer zu begründen sein. Der Arbeitgeber muss die wegen der Arbeitsunfähigkeit noch zu gewährenden Urlaubstage nicht gewähren, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freigestellt ist oder aber wenn der Urlaubsanspruch bei Überschreiten des Übertragungszeitraums bis zum 31.03. des Folgejahres erloschen ist. Wenn Urlaub während des Übertragungszeitraums gewährt wird und der Arbeitnehmer wird während dieses Erholungsurlaubs arbeitsunfähig krank und die Arbeitsunfähigkeit dauert bis zum Ablauf des Übertragungszeitraumes, ist der Arbeitgeber gemäß § 9 BUrlG nicht verpflichtet, darüber hinaus noch weitere Urlaubstage zu gewähren.16 15 BAG vom 16.03.1972 – 5 AZR 357/71, NJW 1972, 1344. 16 BAG vom 31.05.1990 – 8 AZR 184/99, NZA 1990, 945.
171
18
19
14
20
14
§14
Urlaub
Die Arbeitsunfähigkeit kann auch Auswirkung auf den Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers haben, denn eine Urlaubsabgeltung kann nur dann beansprucht werden, wenn das Arbeitsverhältnis endet, bevor die entsprechenden Urlaubstage nachgewährt werden konnten. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Urlaub gewährt hat und der Arbeitnehmer wird direkt vor Beginn des Urlaubsantritts arbeitsunfähig krank, wird der Urlaub sinngemäß „gestrichen“ und der Arbeitgeber muss den Urlaub und den Zeitraum des Urlaubs unter Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers neu festsetzen. Auch hier ist immer der Übertragungszeitraum bis zum 31.03. des Folgejahres zu beachten.
21
22
14
D.
Teilurlaub
I.
Allgemeines
Der Anspruch auf den vollen Erholungsurlaub entsteht gemäß § 4 BUrlG erstmalig nach dem Ablauf der Wartezeit von sechs Monaten. Die Wartezeit muss nur einmal erfüllt werden. Sofern die Wartezeit einmal erfüllt worden ist, muss in den Folgejahren des Beschäftigungsverhältnisses keine neue Wartezeit erfüllt werden. Dies bedeutet, dass im Folgejahr der volle Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bereits mit Beginn des neuen Kalenderjahres entsteht. Von der Entstehung des Erholungsurlaubes ist die Fälligkeit des Erholungsurlaubes zu unterscheiden. Nachdem der Erholungsurlaub erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten entsteht, wird er bereits zu Beginn der Aufnahme der Tätigkeit bzw. des Beschäftigungsverhältnisses fällig. Wenn der Arbeitnehmer nicht das gesamte Kalenderjahr bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist, erhält er einen Anspruch auf Teilurlaub. Der Anspruch auf Teilurlaub ist in § 5 Abs. 1 BUrlG geregelt. Wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nicht einmal die Wartezeit von sechs Monaten erfüllt, hat er gemäß § 5 Abs. 1 a BUrlG einen Anspruch auf Teilurlaub. Diese Fälle können insbesondere immer dann eintreten, wenn das Arbeitsverhältnis zur Mitte des Jahres, also entweder am oder nach dem 01. Juli eines Kalenderjahres beginnt. Dann hätte dies zur Konsequenz, dass der Arbeitnehmer in dem laufenden Kalenderjahr nicht die Wartezeit von sechs Monaten erfüllt und niemals einen vollen Urlaubsanspruch erwirkt. Auch für den Teilurlaub gemäß § 5 Abs. 1 a BUrlG gilt, dass dieser gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG in den Übertragungszeitraum bis zum 31.03. des Folgejahres „herübergerettet werden kann“.
II. 23
Zwölftel-Regelung
Wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Wartezeit von sechs Monaten aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, erwirkt er gemäß § 5 Abs. 1 b BUrlG einen Anspruch auf Teilurlaub nach dem so genannten „Zwölftel-Prinzip“. Darunter versteht man, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch für jeden vollen Monat des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses hat. Diese Regelung gilt jedoch nur für Arbeitsverhältnisse, die nicht länger als sechs Monate bestehen. Insbesondere sind hierunter die Arbeitsverhältnisse zu subsumieren, in denen während der Probezeit gekündigt wird.
172
14
D. Teilurlaub Die Regelung des § 5 Abs. 1 b BUrlG gilt nicht nur für den Fall, dass der Arbeitnehmer vor Erfüllung der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, sondern ebenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer zum Ende der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Denn die gesetzliche Regelung in § 4 BUrlG sieht vor, dass der Arbeitnehmer den vollen Urlaubsanspruch erst nach erfüllter Wartezeit von sechs Monaten erwirbt. Wenn der Arbeitnehmer die Wartezeit von sechs Monaten erfüllt hat und innerhalb des nächsten halben Jahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, hat er gemäß § 5 Abs. 1 c BUrlG einen Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubes für jeden vollen Monat des Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Voraussetzung ist hier, dass die Wartezeit von sechs Monaten erfüllt ist und er in der ersten Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Dies soll auch gelten, wenn der Zeitpunkt des Ausscheidens der 30. Juni ist.17 Wenn der Arbeitnehmer erst zum 01. Juli des Kalenderjahres oder zu einem späteren Zeitpunkt ausscheidet, erwirkt er gemäß § 4 BUrlG den vollen Anspruch auf Erholungsurlaub. Nach der allgemeinen Vorschrift des § 5 Abs. 1 BUrlG steht dem Arbeitnehmer 1/12 des vollen Urlaubsanspruchs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zu. Grundlage für die Berechnung sind jedoch nur die Monate, in denen das Arbeitsverhältnis auch tatsächlich bestanden hat.18 Wenn das Arbeitsverhältnis in der Mitte eines Monats endet, bedeutet dies für den Arbeitnehmer, dass dieser Monat nicht in die Berechnung miteinbezogen wird. Ein Ausscheiden des Arbeitnehmers innerhalb des laufenden Monats bedeutet also nicht, dass dieser Monat noch mitgerechnet wird. Eine Aufrundung findet nicht statt. Hat also das Arbeitsverhältnis lediglich zwei Wochen bestanden, entsteht für die Arbeitnehmer gar kein Anspruch auf Teilurlaub;19 er erwirbt auch keine Anwartschaft. Um den Teilurlaubsanspruch genau berechnen zu können, muss der Arbeitgeber den Jahresurlaub mit den Monaten multiplizieren, in denen der Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis stand und diesen Wert muss der Arbeitgeber durch zwölf teilen. Im Ergebnis hat er dann den Anspruch auf den Teilurlaub.
24
25
> Beispiel: Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers hat sieben Monate bestanden und vertraglich waren 27 Tage Erholungsurlaub vereinbart. Es ergibt sich sodann folgende Berechnung:
14
27 × 7 = 15,75 Urlaubstage 12 Sofern sich bei der Berechnung nach dem „Zwölftel-Prinzip“ Bruchteile oder „krumme Summen“ ergeben, werden diese gemäß § 5 Abs. 2 BUrlG auf volle Urlaubstage aufgerundet, jedoch nur dann, wenn die Bruchteile mindestens einen halben Tag ergeben. In diesem Fall würde also der Anspruch auf Teilurlaub 16 Tage betragen, da die Stellen hinter dem Komma (…,75 ) ergeben, dass mindestens ein halber Urlaubstag davon betroffen ist.
17 BAG vom 16.06.1966 – 5 AZR 521/65, NJW 1966, 2081. 18 BAG vom 26.01.1989 – 8 AZR 730/87, NZA 1989, 756. 19 BAG vom 26.01.1989 – 8 AZR 730/87, NZA 1989, 756.
173
14
§14
E. 26
Keine Rückzahlung des Urlaubsgeldes durch Arbeitnehmer
Wenn der Arbeitnehmer bereits in der ersten Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und in dieser Zeit mehr Teilurlaub erhalten hat, als ihm eigentlich zusteht, stellt § 5 Abs. 3 BUrlG klar, dass es dem Arbeitgeber verwehrt ist, zuviel gezahltes Urlaubsentgelt zurückzufordern. Allerdings setzt das Verbot für den Arbeitgeber voraus, dass der Arbeitnehmer den Urlaub auch tatsächlich genommen hat. Alleine die Tatsache, dass der Arbeitgeber den Urlaub festgesetzt hat und der Arbeitnehmer den Urlaub geplant hat und dieser auch genehmigt worden ist, erfüllt nicht den Tatbestand des § 5 Abs. 3 BUrlG und sofern es bereits zu einer Auszahlung von Urlaubsentgelt gekommen ist, darf der Arbeitgeber den Betrag zurückfordern, da der Arbeitnehmer ja den Urlaub gar nicht tatsächlich genommen hat. In allen anderen Fällen ist es dem Arbeitgeber möglich, zuviel gezahltes Urlaubsentgelt zurückzufordern. Er kann sich insoweit auf die Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 BGB berufen.
F. 27
Urlaub
Einmal Erholungsurlaub – keine Doppelansprüche
Es gilt der Grundsatz, dass ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr lediglich einmal einen Anspruch auf den vollen Erholungsurlaub hat. Der Erholungsurlaub entsteht in voller Höhe nach erfüllter Wartezeit und in den darauf folgenden Jahren zu Beginn des neuen Kalenderjahres. Diese Regelung kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer mehr Urlaub erhält, als ihm eigentlich zusteht. > Beispiel: Ein Arbeitnehmer ist seit dem 01.04.2006 bei der XY GmbH beschäftigt. Er beantragt bei dem Arbeitgeber, dass er in der Zeit vom 17.01.2007 bis zum 14.02.2007 seinen Erholungsurlaub für das Jahr 2007 nimmt. Der Arbeitgeber bewilligt den Urlaub und der Arbeitnehmer tritt den Urlaub auch tatsächlich an. Zum 31.05.2007 scheidet der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis aus. Zum 01.06.2007 nimmt der Arbeitnehmer bei der Z-AG eine neue Beschäftigung auf und nach Ablauf der Wartezeit von sechs Monaten am 01.12.2007 hat er einen Anspruch auf den vollen Jahresurlaub bei dem neuen Arbeitgeber erworben. Dies würde bedeuten, dass der Arbeitnehmer mehr Anspruch auf Erholungsurlaub erwirbt, als ihm eigentlich zusteht. Aus diesem Grunde hatte der Gesetzgeber eine Vorschrift geschaffen, aus der sich ergibt, dass eine Anrechnung vorgesehen wird. Eine solche Anrechnung ergibt sich aus § 6 Abs. 1 BUrlG, nach der dem Arbeitnehmer kein Anspruch auf Erholungsurlaub mehr zusteht, soweit der Arbeitnehmer in dem laufenden Kalenderjahr bereits bei dem vorherigen Arbeitgeber (der XY GmbH) den vollen Jahresurlaub genommen hat. Dies ist auch so vom Bundesarbeitsgericht entschieden worden.20
14
28
Fraglich ist in diesem Zusammenhang, wem das Recht zur Anrechnung zusteht. Sofern der erste Arbeitgeber weiß, dass der Arbeitnehmer bereits zum 31.05.2007 ausscheidet, und auch Kenntnis davon hat, dass er am 01.06.2007 eine neue Beschäftigung aufnimmt, könnte auch der erste Arbeitgeber zur Anrechnung berechtigt sein. Dies sieht das Gesetz jedoch nicht vor und das Anrechnungsrecht steht ausschließlich dem zweiten Arbeitgeber zu. Es besteht also nicht die Möglichkeit für den ursprünglichen Arbeitgeber in Kenntnis der zukünftigen Beschäftigung des 20 BAG vom 17.02.1966 – 5 AZR 447/65, NJW 1966, 996.
174
G.
14
Urlaubsentgelt – Urlaubsgeld
ausscheidenden Arbeitnehmers dessen Urlaub während der Beschäftigung bei ihm zu verweigern oder entsprechend zu kürzen. Damit es sowohl bei dem alten als auch bei dem neuen Arbeitgeber keine Schwierigkeiten im Hinblick auf die Berechnung des dem Arbeitnehmer noch zustehenden Urlaubsanspruches gibt, sieht § 6 Abs. 2 BUrlG vor, dass der bisherige Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer verpflichtet ist, diesem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine entsprechende Bescheinigung auszustellen, aus der sich ergibt, welchen Urlaubsanspruch er im laufenden Kalenderjahr bereits gewährt hat und welcher Urlaub bereits abgegolten ist.
G.
Urlaubsentgelt – Urlaubsgeld
Während der Dauer des Erholungsurlaubes ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung in voller Höhe weiterzuzahlen. Die Verpflichtung des Arbeitgebers ergibt sich aus den §§ 1, 11 BUrlG. Gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. Unter dem Arbeitsverdienst im Sinne der Vorschrift versteht man die Leistung des Arbeitgebers, die er dem Arbeitnehmer für das Tätigwerden in dem Berechnungszeitraum gezahlt hat.21 Unter den Arbeitsverdienst fällt nicht nur der vertraglich vereinbarte Lohn, sondern es fallen sämtliche Lohn- bzw. Entgeltarten unter den Begriff des Arbeitsverdienstes, die dem Arbeitnehmer zustehen. Selbstverständlich wird auch der Akkordlohn mit dem tatsächlichen Akkordverdienst bezogen auf die letzten 13 Wochen zu berücksichtigen sein. Gleiches gilt für Prämien22 und auch Provisionen.23 Weihnachtsgelder, Gratifikationen und andere Zuwendungen, die lediglich ein oder zweimal gezahlt werden, gehören zwar auch zum Entgelt, beziehen sich aber nicht auf die konkrete Gegenleistung, also die erbrachte Arbeitsleistung innerhalb der letzten 13 Wochen. Aus diesem Grunde spielen diese Gelder bei der Berechnung des Arbeitsverdienstes keine Rolle.24 Das Gleiche gilt im Übrigen auch für das 13. Monatsgehalt, das zwar anteilig pro Monat entsteht, jedoch erst an einem ganz bestimmten Tag – meistens mit der Novemberabrechnung – fällig wird. Die anteilsmäßig erworbenen Ansprüche im Hinblick auf das 13. Monatsgehalt werden nicht anteilig berechnet und auf die letzten 13 Wochen bezogen. Bei dem zu berechnenden Arbeitsverdienst kommt es auf den durchschnittlichen Arbeitsverdienst gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG an. Für den Zeitraum werden 13 Wochen zugrunde gelegt, da das BUrlG noch von einer Arbeitswoche mit sechs Arbeitstagen ausgeht. Aus diesem Grunde ist der Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn durch die tatsächlichen Arbeitstage innerhalb des Berechnungszeitraumes zu teilen und sodann mit der Zahl der Urlaubstage zu multiplizieren.25 Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BUrlG sind auch Verdiensterhöhungen zu berücksichtigen, die während des Berechnungszeitraumes angefallen sind oder aber während des Urlaubs auftreten. Voraussetzung ist jedoch, dass die Verdiensterhöhung nicht nur vorübergehend war, sondern dauerhaft gezahlt wird. Zugunsten des Arbeitnehmers werden jedoch Verdienstkürzungen, die während des Berechnungszeitraumes anfallen, außer Acht gelassen. 21 22 23 24 25
BAG vom 24.11.1992 – 9 AZR 564/91, NZA 1993, 750. BAG vom 24.11.1992 – 9 AZR 564/91, NZA 1993, 750. BAG vom 11.04.2000 – 9 AZR 266/99, NJW 2001, 772. BAG vom 23.01.2001 – 9 AZR 4/00, NZA 2002, 224. BAG vom 24.11.1992 – 9 AZR 564/91, NZA 1993, 750.
175
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14
§14 33
Gewöhnlich ist der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung spätestens am 3. Werktag des Folgemonats fällig. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig ist. Gemäß § 11 Abs. 2 BUrlG entsteht Fälligkeit des Urlaubsentgeltes jedoch vor Antritt des Urlaubs. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber das Urlaubsentgelt, also die Fortzahlung der Vergütung während des Urlaubs, vor Antritt des Urlaubs auszahlen muss. Oftmals werden die Begriffe Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld durcheinander gebracht. Unter Urlaubsentgelt versteht man die Beträge, die im Rahmen der Lohnfortzahlung auch während des Urlaubs ausgezahlt werden und unter Urlaubsgeld versteht man einen über das gewöhnliche Gehalt hinausgehenden Zuschuss des Arbeitgebers, den er entweder freiwillig während des Urlaubs zahlt oder aber der im Rahmen von Betriebsvereinbarungen oder in einem Tarifvertrag festgelegt wurde. Auch das Urlaubsgeld ist – wenn es denn vereinbart wurde – vor Antritt des Urlaubs fällig.
H. 34
35
14 36
37
Urlaub
Urlaubsabgeltung
Sinn und Zweck des Erholungsurlaubes ist, wie bereits mehrfach dargestellt, dass der Arbeitnehmer sich während dieser Zeit tatsächlich erholt oder aber diese Zeit nutzt, um zu seiner Genesung bzw. Wiederherstellung der Arbeitskraft beizutragen. Deshalb geht das BUrlG grundsätzlich von einem Abgeltungsverbot hinsichtlich des Erholungsurlaubes aus. Die Abgeltung des Erholungsurlaubes soll nur in Ausnahmefällen gemäß § 7 BUrlG zulässig sein. Die Arbeitgeber gehen oft in der Praxis dazu über, den Erholungsurlaub von den Arbeitnehmern „abzukaufen“, da die Arbeitsbelastung der Arbeitnehmer sehr groß ist und der Arbeitgeber auf die Arbeitskraft angewiesen ist. In diesem Fall bietet der Arbeitgeber den Arbeitnehmern oft an, dass er den dem Arbeitnehmer eigentlich zustehenden Erholungsurlaub vergütet, sinngemäß also „abkauft“. Eine solche Praxis ist unzulässig und verstößt gegen § 134 BGB, da es sich um einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot handelt. Da eine entsprechende Vereinbarung nichtig wäre, würde dies im Fall eines Streites dazu führen, dass der Arbeitgeber nicht nur dazu verpflichtet wäre, den Erholungsurlaub tatsächlich zu gewähren, sondern er würde darüber hinaus noch dazu verpflichtet werden, während des nunmehr zu gewährenden Urlaubs auch noch das entsprechende Urlaubsentgelt, also die volle Vergütung, zu zahlen. Es ist daher den Arbeitgebern dringend davon abzuraten, sich auf solch einen „Kuhhandel“ einzulassen, auch wenn der Arbeitnehmer lieber einen finanziellen Ausgleich wünscht, als Erholungsurlaub zu machen. Da die Urlaubsabgeltung lediglich eine Ausnahme darstellen soll, kann eine Urlaubsabgeltung im Sinne von § 7 Abs. 4 BUrlG lediglich dann vorgenommen werden, wenn der Erholungsurlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entweder ganz oder teilweise gar nicht mehr in natura gewährt werden kann. Der Abgeltungsanspruch ist jedoch immer nur dann zu erfüllen, wenn der Arbeitnehmer bei Fortführung des Arbeitsverhältnisses seine vertraglich vereinbarte Arbeitspflicht hätte erfüllen können. Wenn es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen ist, entsteht der eben dargestellte Abgeltungsanspruch für den Arbeitnehmer. Dabei ist es unerheblich, wie es zu der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen ist. Ein Abgeltungsanspruch entsteht sowohl bei Ausspruch einer Kündigung als auch bei Vereinbarung eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrages. Bei einem Betriebsübergang gemäß § 613 a 176
I.
BGB kommt ein Abgeltungsanspruch für den Arbeitnehmer nicht in Betracht, da das Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht beendet wurde, sondern kraft Gesetzes auf den neuen Erwerber übergegangen ist. Wenn jedoch der Arbeitnehmer bis zum Ende des Kalenderjahres oder aber bis zum 31.03. im Rahmen des Übertragungszeitraums seinen Urlaub nicht gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht hat, entfällt der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Gleiches gilt für den Fall, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Jahres und auch noch während des Übertragungszeitraums bis zum 31.03. des Folgejahres arbeitsunfähig krank gewesen ist.26 Dies bedeut, dass der Abgeltungsanspruch für den Arbeitnehmer nur dann durch den Arbeitgeber gezahlt werden muss, wenn der Arbeitnehmer auch arbeitsfähig und arbeitsbereit gewesen wäre.27 Sofern der Arbeitnehmer während des Urlaubes das entsprechende Urlaubsentgelt erhält, ist zu berücksichtigen, dass dieses genauso einkommens- und lohnsteuerpflichtig ist wie die andere Vergütung auch. Es finden die Vorschriften der §§ 19 Abs. 1, 39 b Abs. 3 EStG Anwendung.
I.
Sonstiges
I.
Urlaub für Jugendliche bzw. Auszubildende
Jugendliche haben Anspruch auf Erholungsurlaub. Eine entsprechende Regelung findet sich in § 19 JArbSchG (Jugendarbeitsschutzgesetz). Gemäß dieser Vorschrift finden einige Vorschriften des BUrlG Anwendung. Unter Jugendlichen versteht man junge Menschen im Alter vom 15. bis zum 18. Lebensjahr. Bei der Berechnung des Jugendurlaubs wird immer auf das Alter zu Beginn des Kalenderjahres abgestellt und § 19 Abs. 2 JArbSchG sieht eine Staffelung des Jugendurlaubes vor, die sich nach dem Lebensalter richtet: ■ ■ ■
Jugendliche, die noch nicht 16 Jahre alt sind Jugendliche, die noch nicht 17 Jahre alt sind Jugendliche, die noch nicht 18 Jahre alt sind
■ ■
noch nicht 16 Jahre noch nicht 17 Jahre noch nicht 18 Jahre
38
39
30 Werktage Urlaub 27 Werktage Urlaub 25 Werktage Urlaub
Es ist jedoch zu beachten, dass gemäß § 19 Abs. 4 JArbSchG die Vorschrift des § 3 Abs. 2 BUrlG Anwendung findet. Deshalb muss eine Umrechnung vorgenommen werden, sofern Jugendliche in einer 5-Tage-Woche beschäftigt sind. Der eben genannte Urlaub reduziert sich sodann entsprechend. Bei einer 5-Tage-Woche würden Jugendliche einen Anspruch haben auf: ■
14
Sonstiges
25 Tage 22, 5 Tage 20,83 Tage
(30 × 5 : 6) (27 × 5 : 6) (25 × 5 : 6)
Bitte beachten Sie, dass eine Aufrundung auf volle Urlaubstage nicht in Betracht kommt. Es handelt sich nämlich nicht um einen Teilurlaub im Sinne von § 5 Abs. 2 BURLG.
26 BAG vom 05.12.1995 – 9 AZR 871/94, NZA 1996, 594; LAG Niedersachsen vom 11.08.2003 – 5 Sa 1048/03, NZA – RR 2004, 122. 27 BAG vom 20.01.1998 – 9 AZR 812/96, NJW 1998, 3662.
177
14
14
§14
II. 40
41
42
Zusatzurlaub für Schwerbehinderte
Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub in Höhe von 5 Arbeitstagen pro Urlaubsjahr. Diese Regelung ergibt sich aus § 125 SGB IX und gilt nur dann, wenn die schwerbehinderten Arbeitnehmer in einer 5-Tage-Woche arbeiten. Anspruch auf Zusatzurlaub in entsprechender Höhe haben jedoch nur schwerbehinderte Menschen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX. Dies sind Menschen, die einen Grad der Behinderung von mindestens 50 haben und ihren regelmäßigen Aufenthaltsort und ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des SGB IX haben. Es ist zu beachten, dass gleichgestellte behinderte Menschen, die einen Grad der Behinderung von mehr als 30 aber weniger als 50 haben nicht unter den Geltungsbereich fallen, da diese ausdrücklich ausgenommen sind. Voraussetzungen für die Geltendmachung des Zusatzurlaubes in Höhe von 5 Tagen für einen schwerbehinderten Arbeitnehmer ist, dass dieser in dem Beschäftigungsverhältnis ebenfalls die Wartezeit von sechs Monaten erfüllt hat. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze für den Anspruch bzw. das Entstehen des Erholungsurlaubes. Sofern der schwerbehinderte Arbeitnehmer in einer 5-Tage-Woche arbeitet, beträgt der Zusatzurlaub gemäß § 125 SGB IX tatsächlich 5 Arbeitstage. Sofern der Arbeitnehmer entweder mehr oder weniger Arbeitstage pro Woche arbeitet, erhöht oder verringert sich die Anzahl der zusätzlichen Urlaubstage entsprechend. Es kommt wiederum zu einer Umrechnung. Der Arbeitnehmer, der eine Schwerbehinderung hat ist verpflichtet, den Anspruch auf Zusatzurlaub gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, von sich aus den Arbeitnehmer daran zu erinnern, dass er noch 5 Tage Zusatzurlaub geltend machen kann. Während des Zusatzurlaubes gilt die gleiche Vergütung wie während des normalen Erholungsurlaubes. Es gilt also der durchschnittliche Arbeitsverdienst bezogen auf die letzten 13 Wochen vor Antritt des Urlaubs.
III.
14
Urlaub
Urlaub und Betriebsübergang
Wie bereits in § 10 ausführlich beschrieben, geht gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers kraft Gesetzes auf den neuen Inhaber über. Das bedeutet, dass der neue Arbeitgeber in vollem Umfang in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses eintritt. Im Hinblick auf die Gewährung von Erholungsurlaub ist darüber hinaus noch § 613 a Abs. 2 BGB von Bedeutung, der die Haftung des Veräußerers und des Erwerbers für vermeintlich entstandene Verbindlichkeiten regelt, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr nach dem Übergang fällig werden könnten. Die Haftung zwischen Veräußerer und Erwerber ist gemäß § 421 BGB gesamtschuldnerisch. Wenn der Veräußerer des Betriebes dem Arbeitnehmer den Urlaub vor Betriebsübergang gewährt hat und der Urlaub auch vor Betriebsübergang beginnt, sind keinerlei Besonderheiten zu beachten. Der Anspruch auf Gewährung des Urlaubs bzw. auf Zahlung des Urlaubsentgeltes richtet sich gegen den Veräußerer. Wenn der Urlaubsanspruch nach dem Betriebsübergang gewährt und auch tatsächlich genommen wird, ist der Erwerber der Anspruchsgegner, der den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erfüllen muss. In diesem Fall scheidet eine gesamtschuldnerische Haftung aus. 178
I.
Dies gilt jedoch quasi nur aus praktischen Gründen, da die Urlaubsgewährung eine tatsächliche Handlung darstellt, die der Veräußerer schlechterdings nicht mehr erfüllen kann. Im Hinblick auf Urlaubsabgeltungsansprüche gilt die gesamtschuldnerische Haftung. Es ist in diesem Zusammenhang auch noch einmal ausdrücklich zu betonen, dass das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsübergangs nicht endet, sondern kraft Gesetzes von dem Erwerber als Nachfolger, der in sämtliche Rechte und Pflichten eintritt, weitergeführt wird. Aus diesem Grunde kann es bei einem Betriebsübergang auch nicht zu Urlaubsabgeltungsansprüchen kommen. Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers kann immer nur gegen denjenigen Arbeitgeber durchgesetzt werden, der gerade die Leitungsmacht inne hat. Richtet sich der Urlaubsanspruch gegen den Veräußerer und kann der Veräußerer den Urlaub auch noch gewähren, ist dieser alleiniger Anspruchsgegner. Nach Betriebsübergang ist alleiniger Anspruchsgegner der Erwerber, da nur dieser dann die Urlaubsansprüche erfüllen kann. Dies bedeutet für den Erwerber, dass er auch Ansprüche, die beispielsweise innerhalb des Übertragungszeitraums bis zum 31.03. dem Arbeitnehmer gewährt werden müssen, erfüllen muss. Wenn der Arbeitnehmer noch Urlaubsabgeltungsansprüche hat und diese resultieren aus einer Zeit, die vor dem Betriebsübergang lag, so ist nunmehr der Erwerber derjenige, der diese erfüllen muss.
IV.
14
Sonstiges
43
Urlaub und Insolvenz
Wie bereits in Kapitel 11 des Buches beschrieben, gilt auch das Arbeitsrecht während der Insolvenz im vollen Umfang weiter. Dies bedeutet, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht beeinträchtigt wird. Denn genau wie der gewöhnliche Vergütungsanspruch, entsteht dieser dann, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub nimmt. In dieser Zeit hat er Anspruch auf den durchschnittlichen Arbeitsverdienst. Der Urlaubsanspruch muss ggf. vom Insolvenzverwalter bis zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden. Wenn der Insolvenzverwalter während des laufenden Insolvenzverfahrens den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erfüllt, handelt es sich um eine Masseschuld gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Wenn der Insolvenzverwalter ggf. aus dringenden betrieblichen Gründen den Urlaub nicht bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt, steht dem Arbeitnehmer der näher beschriebene Urlaubsabgeltungsanspruch zu. Dabei handelt es sich wiederum um einen Anspruch, der eine Masseschuld gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO darstellt. Wenn der Arbeitnehmer gegenüber dem Insolvenzverwalter Ansprüche geltend macht, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, handelt es sich um sogenannte Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO. Dies gilt gleichermaßen für Urlaubsabgeltungsansprüche. Die gleiche Teilung zwischen Masseforderungen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO und Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO gibt es auch dann, wenn das Insolvenzverfahren während des Urlaubs des Arbeitnehmers eröffnet wird. Es muss dann eine Quotelung stattfinden, sofern man die Ansprüche nach Tagen berechnen kann. Die Tage, die in die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fallen, gelten als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO und die Tage, die in die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fallen, gelten als Masseschulden nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
179
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45
14 46
14
§14
Urlaub
Die Aufteilung nach Tagen bezieht sich jedoch nur auf das Urlaubsentgelt, also die gewöhnliche durchschnittliche Vergütung. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers gilt diese Teilung nicht. Wenn der Arbeitnehmer im laufenden Urlaubs- bzw. Kalenderjahr noch keinen Urlaub genommen hat, hat er einen Anspruch auf noch nicht gezahltes Urlaubsentgelt für die Zeit von drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III.
14
180
15
§ 15 Zeugnis A.
Allgemeines
I.
Anspruchsberechtigung
Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein Zeugnis. Dies ergibt sich aus § 109 Gewerbeordnung (GewO). Die Vorschrift des § 630 BGB bezieht sich nach dem Wortlaut lediglich auf eine Person, die in einem Dienstverhältnis zum Dienstherren steht und aus diesem Grunde ebenfalls einen Anspruch auf Zeugniserteilung hat. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um ein dauerndes Dienstverhältnis handelt. § 630 BGB ist daher die Anspruchsgrundlage für Organmitglieder wie z.B. Geschäftsführer einer GmbH oder aber Vorstände einer AG, wenn diese ein Zeugnis wünschen. Sofern ein Auszubildender ein Zeugnis geltend macht, kann er sich auf § 8 BBiG berufen, in dem der Zeugnisanspruch für Auszubildende geregelt ist. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass das Zeugnis von dem Arbeitgeber bzw. vom Dienstherren ausgestellt wird. Zwar kann sich der Arbeitgeber bei der Erteilung eines Zeugnisses auch vertreten lassen, jedoch ist in diesem Fall in dem Zeugnis deutlich hervorzuheben, dass der Unterzeichner des Zeugnisses gegenüber dem Arbeitnehmer weisungsbefugt war. Im Falle einer Vertretung muss auch der Vertreter das Arbeitszeugnis unterzeichnen. Tut er dies nicht, kommt darin für einen Dritten zum Ausdruck, dass sich der Vertreter vom Inhalt des Zeugnisses distanziert.1 Wenn das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsüberganges gemäß § 613 a BGB übergeht, ist der Zeugnisanspruch an den Erwerber zu richten und dieser ist verpflichtet, das Zeugnis für die gesamte Dauer der Beschäftigung zu erstellen. Für den Fall einer Insolvenz ist der Arbeitgeber, der in die Insolvenz gegangen ist, verpflichtet, das Zeugnis auszustellen, wenn das Arbeitsverhältnis entweder vor oder mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geendet hat.2 Für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus weiter fortgeführt wird, richtet sich der Zeugniserteilungsanspruch an den Insolvenzverwalter. In diesem Fall ist der Insolvenzverwalter auch verpflichtet, ein Zeugnis auszustellen, dass sich auf die gesamte Zeit der Beschäftigung bezieht, also auch auf die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens.3 Oftmals ist es jedoch aus tatsächlichen Gründen für den Insolvenzverwalter nicht möglich, ein entsprechendes Zeugnis zu erteilen, da er keinerlei Informationen vom Arbeitgeber, der in die Insolvenz gefallen ist, erhält. In diesem Fall entfällt der Zeugniserteilungsanspruch gegenüber dem Insolvenzverwalter, da er objektiv zur Erteilung nicht in der Lage ist.
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BAG vom 21.09.1999 – 9 AZR 893/98, NJW 2000, 1060. BAG vom 30.01.1991 – 5 AZR 32/90, NJW 1991, 1971. BAG vom 30.01.1991 – 5 AZR 32/90, NJW 1991, 1971.
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§ 15
II. 6
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10
Zeugnis
End- bzw. Zwischenzeugnis
Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 GewO entsteht der Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Arbeitgeber automatisch verpflichtet ist, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer ein entsprechendes Zeugnis zu erteilen, sondern der Arbeitnehmer muss die Ausstellung bzw. die Erteilung eines Zeugnisses verlangen und dabei dem Arbeitgeber gleichzeitig mitteilen, ob er ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis haben möchte. Aus dem Wortlaut des § 109 Abs. 1 Satz 1 GewO geht zwar hervor, dass der Anspruch auf Zeugniserteilung erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht, jedoch hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitnehmer auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses hat.4 Es dürfte also davon auszugehen sein, dass der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses bereits bei Ausspruch einer Kündigung entsteht. Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass manche Arbeitsverhältnisse mit einer sehr langen Kündigungsfrist gekündigt werden und es dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten ist, auf ein Endzeugnis zu warten, wenn er sich zwischenzeitlich schon bei neuen Arbeitgebern bewerben möchte. In diesen Fällen wird ein Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses bzw. eines vorläufigen Zeugnisses bestehen. Man spricht von einem Zwischenzeugnis, da bis zum Ende der Kündigungsfrist ja noch Dinge passieren können, die zu einer Änderung führen könnten. Sofern der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung ausspricht, dürfte das Zeugnis sofort zu erteilen sein. In manchen Fällen besteht für den Arbeitnehmer das Bedürfnis, sich bereits während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Zwischenzeugnis bzw. vorläufiges Zeugnis ausstellen zu lassen. Es handelt sich um eine vertragliche Nebenpflicht, die den Arbeitgeber auf Grund der vorhandenen Fürsorgepflicht trifft. Der Arbeitnehmer kann jedoch nicht grundlos ein Zwischenzeugnis verlangen, sondern es muss ein triftiger Grund vorliegen. In folgenden Fällen darf man davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses hat: ■ Wechsel des Vorgesetzten ■ Versetzung in eine andere Abteilung ■ Androhung einer Kündigung ■ „Beförderung“ vom leitenden Angestellten zum Geschäftsführer ■ Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB ■ Beginn der Elternzeit bzw. bei anderen längeren Unterbrechungen ■ Kündigung des Arbeitnehmers wegen eines beabsichtigten Arbeitgeberwechsels Sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber hat das Zwischenzeugnis eine besondere Bedeutung, da ihm eine gewisse Indizwirkung im Hinblick auf die Ausstellung bzw. Erteilung des Endzeugnisses zukommt. Wenn sich nicht wesentliche Veränderungen ergeben haben, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass das Endzeugnis genauso ausfällt bzw. genauso formuliert wird wie das Zwischenzeugnis.5
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BAG vom 27.02.1987 – 5 AZR 710/85, NZA 1987, 628. LAG Köln vom 22.08.1997 – 11 Sa 235/97, NZA 1999, 771.
15
A. Allgemeines
III.
Formalien
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 GewO bzw. § 630 Satz 1 BGB, dass ihm das Arbeitszeugnis schriftlich erteilt wird. Unabhängig von der Branche, in der der Arbeitnehmer tätig ist, ist jedenfalls ein Zeugnis in elektronischer Form gemäß § 109 Abs. 3 GewO und § 630 Satz 3 BGB ausgeschlossen. Es ist erforderlich, dass der Aussteller, also der Arbeitgeber oder ein entsprechender Vertreter, der weisungsbefugt ist, das Zeugnis eigenhändig unterschreibt.6 Die Unterschrift darf nicht eingescannt sein und muss deshalb mit einem so genannten „dokumentenechten“ Schreibgerät wie Kugelschreiber oder Füllfederhalter erfolgen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Name des Unterzeichners ausgeschrieben ist, jedoch ist zu beachten, dass ein so genanntes Faksimile nicht ausreicht. Die Unterschrift muss den Unterzeichner erkennen lassen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass unter der Unterschrift der Name noch einmal in Druckbuchstaben aufgeführt ist.7 Aus dem Zeugnis muss hervorgehen, wann das Zeugnis ausgestellt wurde, wobei der Arbeitnehmer keinen Anspruch hat, das Zeugnis vor- bzw. rückzudatieren.8 Ein Anspruch auf Rückdatierung besteht sinngemäß nur dann, wenn der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber die Korrektur bzw. Berichtigung des Zeugnisses verlangt hat und der Arbeitgeber entweder damit einverstanden ist oder aber dazu verurteilt wurde.9 Die Person, über deren Fähigkeiten und Leistungen ein Zeugnis ausgestellt wird, muss klar erkennbar und identifizierbar sein. Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass der Name, der Vorname sowie der Geburtsname des Arbeitgebers angegeben werden muss. Die Angabe des Geburtsdatums, des Geburtsortes sowie der Anschrift des Arbeitnehmers ist nur auf Verlangen bzw. mit Einverständnis des Arbeitnehmers hinzuzufügen. Es ist selbstverständlich, dass das Zeugnis in sauberer Form erteilt wird. Es ist zwar keine zwingende Voraussetzung, dass das Zeugnis in Maschinenschrift erteilt werden muss, jedoch ist es in der heutigen Zeit sehr unüblich, wenn der Arbeitgeber sich die Mühe macht, den Zeugnistext handschriftlich zu formulieren und zu schreiben. Es dürfen auch keine Flecken oder sonstigen Ausbesserungen bzw. Streichungen im Zeugnis enthalten sein.10 Es reicht aus, wenn das Zeugnis auf einem Blankobogen formuliert und erteilt wird. Benutzt jedoch der Arbeitgeber für gewöhnlich für die Korrespondenz einen Briefkopf, ist auch das Zeugnis auf einem Briefbogen des Arbeitgebers auszufertigen. Weitergehende Ansprüche hat der Arbeitnehmer nicht. Dies bezieht sich insbesondere auf die Tatsache, dass auch ein geknicktes Zeugnis, welches in einem normalen Briefumschlag versandt wird, den formellen Anforderungen entspricht, jedoch muss in diesem Zusammenhang gewährleistet sein, dass der Arbeitnehmer von dem Zeugnis gut aussehende Kopien erstellen kann. Rechtschreibfehler sind zwar unschön und machen keinen guten Eindruck, jedoch hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, dass ihm das Arbeitszeugnis frei von Rechtschreibfehlern erteilt wird. Etwas anderes wird nur gelten, wenn der Arbeitgeber so viele Rechtschreib- und Grammatikfehler in das Zeugnis „eingebaut“ hat, dass für einen objektiven Dritten nicht mehr erkennbar ist, was der Arbeitgeber eigentlich mit seiner Formulierung meint. 6 7 8 9 10
BAG vom 26.06.2001 – 9 AZR 392/00, NZA 2002, 34. LAG Düsseldorf vom 23.05.1995 – 3 Sa 253/95, NZA-RR 1996, 42. LAG Bremen vom 23.06.1989 – 4 Sa 320/88, NZA 1989, 848. BAG vom 09.09.1992 – 5 AZR 509/91, NZA 1993, 698. BAG vom 03.03.1993 – 5 AZR 182/92, NJW 1993, 2197.
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12
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15
§ 15
Zeugnis
B.
Inhalt des Arbeitszeugnisses
I.
Einfaches Zeugnis
14
Es besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, gegenüber dem Arbeitgeber zu verlangen, dass dieser ihm ein so genanntes einfaches Zeugnis erteilt. Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 GewO muss dieses mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten und die Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer während der Dauer der Beschäftigung ausgeübt hat, müssen so genau wie möglich beschrieben werden. Es kommt dabei darauf an, dass der zukünftige Arbeitgeber in der Lage sein soll, sich ein möglichst genaues Bild zu machen, welche Tätigkeiten der Arbeitnehmer tatsächlich bei dem alten Arbeitgeber ausgeübt hat.11 Es ist zwar nicht zwingende Voraussetzung für ein einfaches Zeugnis, jedoch sollte der Arbeitgeber bei der Ausstellung des einfachen Zeugnisses darauf achten, dass die vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten chronologisch aufgelistet werden. Das einfache Zeugnis darf keine Angaben darüber enthalten, ob der Arbeitnehmer während der Dauer der Beschäftigung beim alten Arbeitgeber im Betriebsrat war bzw. eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat.12 Gleiches gilt für die Angabe, ob der Arbeitnehmer Mitglied in einer Gewerkschaft war. Auf Wunsch des Arbeitnehmers kann der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem einfachen Zeugnis aufgenommen werden. Eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers gibt es jedoch nicht.
15
Formulierungsbeispiel eines einfachen Zeugnisses: „Frau …………………, geboren am ……………… in …………………….., war in der Zeit vom ………………. bis …………………. bei uns als Bilanzbuchhalterin beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörte vorwiegend die Koordinierung sämtlicher Jahresabschlüsse sowie die Erstellung von Gewinn- und Verlustrechnungen sowie die eigenständige Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen. Frau ………………. verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern ihren Fortgang und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute. ………………………………………….. Ort/Datum ………………………………………. Unterschrift Arbeitgeber“
11 BAG vom 12.08.1976 – 3 AZR 720/75, AP BGB § 630 Nr. 11. 12 BAG vom 19.08.1992 – 7 AZR 262/91, NZA 1993, 222.
184
B.
II.
Qualifiziertes Zeugnis
Der Arbeitnehmer hat die Wahlmöglichkeit zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis. Verlangt er ein qualifiziertes Zeugnis gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO, enthält das qualifizierte Zeugnis über die Angaben des einfachen Zeugnisses hinaus noch eine Beurteilung der Leistung und des Verhaltens des Arbeitnehmers.
1.
15
Inhalt des Arbeitszeugnisses
16
Leistung
Bei der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses kommt den Ausführungen der Leistungen des Arbeitnehmers eine große Bedeutung zu. Dabei entscheidet der Arbeitgeber, welche Eigenschaften des Arbeitnehmers er in der Beurteilung der Leistungen entweder positiv oder negativ hervorheben will. Insbesondere schließt die Beurteilung der Leistungen des Arbeitnehmers im Regelfall folgende Gesichtspunkte mit ein: ■ Fachkenntnisse ■ Arbeitsbereitschaft ■ Komplexität der Aufgabenstellung ■ Arbeitstempo ■ Belastbarkeit ■ Auffassungsgabe ■ Selbstständigkeit ■ Eigeninitiative Sofern der Arbeitgeber die entsprechenden Eigenschaften des Arbeitnehmers im Zeugnis unter dem Stichwort Leistung aufführt, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf bestimmte Formulierungen oder einen bestimmten Wortlaut des Zeugnisses.13 Der Arbeitgeber hat jedoch bei der Formulierung zu beachten, dass die Formulierungen stets wohlwollend und dem weiteren Fortkommen des Arbeitnehmers dienlich sein müssen. Sollte dies nicht der Fall sein, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Korrektur des Zeugnisses, was sich insbesondere auch auf die entsprechenden „negativen“ Formulierungen beziehen würde. Leider sind die vom Arbeitgeber in der heutigen Zeit erteilten Zeugnisse nur für den neuen Arbeitgeber verständlich, wenn man die so genannte „Zeugnissprache“ beherrscht. Es ist zu wünschen, dass sich dies in naher Zukunft ändert und die Arbeitgeber tatsächliche Beurteilungen abgeben, ohne auf die nachfolgend genannten Floskeln zurückgreifen zu müssen. Folgende Notenskala hat in der Zeugnissprache folgende Bedeutung: ■ Note 1 (sehr gute Leistungen) = stets zu unserer vollsten Zufriedenheit14 ■ Note 2 (gute Leistungen) = stets zu unserer vollen Zufriedenheit15 ■ Note 3 (befriedigende Leistungen) = stets zu unserer Zufriedenheit16
13 BAG vom 29.07.1971 – 2 AZR 250/70, NJW 1971, 2325; LAG Köln vom 08.11.1989 – 5 Sa 799/89, LAGE BGB § 630 Nr. 8. 14 BAG vom 23.09.1992 – 5 AZR 573/91, EzA § 630 BGB Nr. 16. 15 BAG vom 14.10.2003 – 9 AZR 12/03, BB 2004, 1270. 16 BAG vom 14.10.2003 – 9 AZR 12/03, BB 2004, 1270.
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§ 15
Zeugnis
■
Note 4 (ausreichende Leistungen) = zu unserer Zufriedenheit17 ■ Note 5 (mangelhafte Leistungen) = insgesamt zu unserer Zufriedenheit18 ■ Note 6 (ungenügende Leistungen) = hat sich stets bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen oder der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenden Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse durchgeführt.19 Der Arbeitgeber sollte sich bei der Formulierung des Zeugnisses in jedem Fall an diese Formulierungsvorschläge halten, da er sich sonst stets der Gefahr ausgesetzt sieht, dass der Arbeitnehmer sofort mit einem Korrekturanspruch kommt und der Unterzeichner darf aus eigener Erfahrung mitteilen, dass Arbeitsgerichtsprozesse, die auf die Korrektur bezüglich der Formulierung eines Zeugnisses gerichtet sind, für alle Beteiligten eine sehr große Belastung darstellen.
2. 19
15
20
Führung bzw. Verhalten
Neben der Leistung ist der Arbeitgeber im Rahmen der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses dazu verpflichtet, gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO das Verhalten bzw. die Führungsqualitäten des Arbeitnehmers während der Dauer der Beschäftigung zu beurteilen. Dies ist gleichbedeutend mit der Beurteilung seines Sozialverhaltens. Es sollten in der Formulierung des Zeugnisses die wesentlichen Charaktereigenschaften des Arbeitnehmers kurz dargestellt werden. Dabei soll der Arbeitgeber folgende Gesichtspunkte besonders berücksichtigen: ■ Führungsqualitäten ■ Verhalten gegenüber Vorgesetzten ■ Verhalten gegenüber Kollegen ■ Verhalten gegenüber Geschäftspartnern ■ Teamfähigkeit Das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers darf im Zeugnis überhaupt keine Rolle spielen, es sei denn, dass ausnahmsweise ein außerdienstliches Verhalten direkt und unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis Auswirkungen hatte.20 Etwas anderes gilt bei Straftaten, die im Rahmen und während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitnehmer begangen worden sind oder aber sich – wenn sie im außerdienstlichen Bereich stattgefunden haben – direkt auf das Arbeitsverhältnis ausgewirkt haben. Diese dürfen nach einer Entscheidung des BAG sehr wohl in das Arbeitszeugnis aufgenommen werden.21 Wie bei der Beurteilung der Leistungen hat sich auch bei der Beurteilung des Verhaltens bzw. der Führungsqualitäten des Arbeitnehmers eine „Geheimsprache“ entwickelt. Ausgehend von der Notenskala, die auch in der Schule bekannt ist, wird man von Folgendem ausgehen dürfen: ■ Note 1 (sehr gut) = stets vorbildlich ■ Note 2 (gut) = vorbildlich ■ Note 3 (befriedigend) = stets höflich und korrekt
17 18 19 20 21
186
LAG Frankfurt a.M. vom 19.09.1987, – 13 Sa 1766/86, LAGE § 630 BGB Nr. 3. LAG Köln vom 30.06.1999 – 2 Sa 539/99, LAGE § 630 BGB Nr. 34. BAG vom 24.03.1977 – 3 AZR 232/76 – AP BGB § 630 Nr. 12. BAG vom 23.01.1986 – 4 AZR 479/84, NZA 1987, 384. BAG vom 05.08.1976 – 3 AZR 491/75 – AP BGB § 630 Nr. 10.
B.
15
Inhalt des Arbeitszeugnisses
■
Note 4 (ausreichend) = es gab keinen Anlass zu Beanstandungen ■ Note 5 (mangelhaft) = sein Verhalten war insgesamt einwandfrei. Da es eine schlechtere Formulierung im Hinblick auf das Verhalten nicht gibt, hat sich im Laufe der Jahrzehnte für ein so genanntes ungenügendes Verhalten keine Formulierung gefunden, da man in solchen Fällen wohl davon ausgehen kann, dass es bereits vorher zu einer fristlosen Kündigung seitens des Arbeitgebers gekommen ist. Insbesondere sollte der Arbeitgeber darauf Acht geben, dass er im Hinblick auf die Beurteilung des Verhaltens gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern sowie Dritten eine Reihenfolge einhält, bei der jeder neue Arbeitgeber weiß, was darunter zu verstehen ist. Eigentlich soll die Reihenfolge der Personen, gegenüber denen das Verhalten des Arbeitnehmers beschrieben wird, keine Bedeutung haben, jedoch ist es in der Praxis so, dass es sich um ein gutes Zeugnis handelt, wenn zunächst der Vorgesetzte genannt wird und dann erst die Kollegen, Mitarbeiter sowie sonstige Dritte, insbesondere Geschäftspartner und Kunden. Wählt der Arbeitgeber die umgekehrte Reihenfolge ist für den neuen Arbeitgeber klar, dass der Vorgesetzte überhaupt nicht mit dem Arbeitnehmer zurecht gekommen ist und dass es sich sinngemäß um einen „Querulanten“ handelt. Eine solche Formulierung würde gleichbedeutend sein mit der Note 5.
III.
Schlussformel
Oftmals verlangt der Arbeitnehmer, dass am Ende des qualifizierten Zeugnisses eine Schlussformel gewählt wird, aus der sich ergibt, dass es dem Arbeitgeber Leid tut, dass der Arbeitnehmer nunmehr aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und dass er dies insgesamt bedauert. Gleichzeitig soll der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch noch für die Zukunft alles Gute wünschen. Entsprechende Formulierungen können zwar auf Wunsch des Arbeitnehmers in das Zeugnis aufgenommen werden, jedoch nur wenn der Arbeitgeber dem zustimmt. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine entsprechende Formulierung besteht nicht.22 Außerdem ist zu beachten, dass es keinen guten Eindruck macht, wenn der Arbeitgeber beispielsweise ein Zeugnis mit der Gesamtnote 3 im Hinblick auf Führung und Leistung ausgestellt hat, jedoch in der Schlussformel über die Maßen den Weggang des Arbeitnehmers bedauert. Eine solche Formulierung könnte bei einem unbefangenen objektiven Dritten dazu führen, dass er dies als Hohn und Spott interpretiert. In diesem Zusammenhang sollte der Arbeitgeber bei der Formulierung und Verwendung der Schlussformel den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht außer Acht lassen. Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein befriedigendes Zeugnis. Verlangt er ein besseres Zeugnis, trägt er dafür auch die Darlegungs- und Beweislast. Beurteilt der Arbeitgeber die Führung und Leistung des Arbeitnehmers schlechter, also Note 4 und schlechter, obliegt ihm die Beweislast.
22 BAG vom 20.02.2001–9 AZR 44/00, NJW 2001, 2995.
187
21
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15
§ 15
22
23
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15
25
26
Zeugnis
C.
Sonstiges
I.
Verjährung/Verwirkung/Widerruf des Zeugnisses
Sofern der Arbeitnehmer „vergisst“, bei Beendigung bzw. nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinen Anspruch auf Zeugniserteilung gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen, stellt sich die Frage, wann dieser Anspruch verjährt ist. Da sich aus dem Wortlaut des § 109 GewO bzw. § 630 BGB nicht ergibt, dass eine spezielle Verjährung gelten soll, gilt für den Anspruch auf Zeugniserteilung die so genannte allgemeine bzw. regelmäßige Verjährung von 3 Jahren gemäß § 195 BGB. Die Frist beginnt zu laufen am Ende des Jahres. Dies ergibt sich aus § 199 BGB. In diesem Zusammenhang sollte der Arbeitgeber immer in den entsprechenden Arbeitsvertrag sehen und prüfen, ob er nicht individuelle Ausschlussfristen mit dem Arbeitnehmer vereinbart hat. Soweit es sich um eine 2-stufige Ausschlussfrist handelt, müsste der Arbeitnehmer beispielsweise mit einer Frist von 3 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Anspruch auf Erteilung des Zeugnisses schriftlich beim Arbeitgeber geltend machen und mit einer weiteren Frist von 3 Monaten eine entsprechende Klage einreichen, sofern der Arbeitgeber dem Anspruch nicht entsprochen hat. Kürzere Fristen sind unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer gem. § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligen. Arbeitsverträge unterliegen nach der Schuldrechtsreform vom 01.01.2002 der AGB-Kontrolle. In manchen Fällen kann es sogar sein, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses verwirkt hat. Die Verwirkung stellt einen Ausfluß aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB dar. Sofern der Arbeitgeber sich auf Verwirkung des Anspruchs beruft, müssen 2 Dinge geprüft werden. Es handelt sich um das so genannte Zeit- und Umstandsmoment. Dies bedeutet, dass es dem Arbeitgeber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben und unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles nicht mehr zuzumuten ist, dem Arbeitnehmer ein entsprechendes Zeugnis zu erteilen.23 Das Zeitmoment ist bereits erfüllt, wenn 5 Monate vergangen sind.24 Es ist auch entschieden worden, dass das Zeitmoment gegeben ist, wenn bereits 10 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vergangen sind.25 Das Umstandsmoment ist immer dann gegeben, wenn der Arbeitgeber unter keinen Umständen mehr damit rechnen durfte, dass der Arbeitnehmer noch die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses wünscht und verlangt. Wenn das Zeugnis einmal ausgestellt ist, kann der Arbeitnehmer und auch der neue Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Angaben in dem Zeugnis wahrheitsgemäß sind. Stellt der der alte Arbeitgeber jedoch zu einem späteren Zeitpunkt fest, dass in dem Zeugnis wesentliche falsche Angaben gemacht worden sind, die für einen zukünftigen Arbeitgeber von Bedeutung sein dürften, hat er einen Anspruch darauf, das Zeugnis zu widerrufen und die Herausgabe des alten Zeugnisses Zug um Zug gegen Erteilung eines geänderten neuen Zeugnisses zu verlangen.26 Für den Arbeitgeber besteht jedoch keine Möglichkeit, das einmal erteilte Zeugnis gemäß den §§ 119 ff. BGB anzufechten, da die Erteilung des Arbeitszeugnisses keine Willenserklärung dar23 24 25 26
188
BAG vom 17.02.1988 – 5 AZR 638/86, NJW 1988, 1616; BAG vom 26.06.2001 – 9 AZR 392/00, NZA 2002, 34. BAG vom 17.10.1972 – 1 AZR 86/72 – AP BGB § 630 Nr. 8. BAG vom 17.02.1988 – 5 AZR 638/86, NJW 1988, 1616. BGH vom 15.05.1979 – VI ZR 230/76 – AP BGB § 630 Nr. 13.
C.
15
Sonstiges
stellt. Eine Willenserklärung ist immer auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet und die Erteilung eines Zeugnisses ist lediglich die Wiedergabe des Wissens des Arbeitgebers – also eine Wissenserklärung – im Hinblick auf die Führung und Leistung des Arbeitnehmers.
II.
Haftung gegenüber Dritten
In seltenen Fällen macht sich der Aussteller eines Zeugnisses gegenüber Dritten schadensersatzpflichtig. Mit Dritten ist in erster Linie der neue Arbeitgeber gemeint. Eine Schadensersatzpflicht würde sich allerhöchstens ergeben, wenn die Voraussetzungen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB gegeben sind. Diese sind jedoch immer nur dann gegeben, wenn der alte Arbeitgeber vorsätzlich falsche Angaben macht, um dem vermeintlichen neuen Arbeitgeber zu schädigen.27 Die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädigung sind immer nur dann gegeben, wenn der Aussteller wider besseren Wissens vorsätzlich unwahre Angaben im Zeugnis macht und damit die Absicht verfolgt, einen Dritten zu schädigen. Außerdem muss die Grenze der Sittenwidrigkeit überschritten worden sein, was auch in der Praxis sehr schwer zu beweisen wäre.
27
15
27 BGH vom 26.11.1963 – VI ZR 221/62 – AP BGB § 826 Nr. 10; BGH vom 22.09.1970 – VI ZR 193/69 – AP BGB § 826 Nr. 16.
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16
§ 16 Wettbewerbsverbot
1
2
16 3
A.
Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses
I.
Geltungsbereich
Es ist allgemein anerkannt, dass ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber während der Dauer der Beschäftigung keine Konkurrenz machen darf. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung im Hinblick auf das Konkurrenzverbot eines Arbeitnehmers während des bestehenden Arbeitsverhältnisses besteht nicht. § 60 HGB regelt vom Wortlaut her nur das Wettbewerbsverbot für einen Handlungsgehilfen. Das Bundesarbeitsgericht wertet jedoch den Gesetzestext von § 60 HGB als allgemeinen Rechtsgedanken, der für sämtliche Arbeitnehmer gilt.1 Dabei wird keine Unterscheidung zwischen gewerblichen oder kaufmännischen Arbeitnehmern gemacht, das Konkurrenzverbot gilt für sämtliche Arbeitnehmer, also auch für Teilzeitbeschäftigte. Klarzustellen ist, dass sich der Wortlaut des § 60 Abs. 1 HGB darauf bezieht, dass dem Arbeitnehmer der Betrieb eines Handelsgewerbes in der gleichen Branche wie der des Arbeitgebers verboten ist. Würde man den genauen Wortlaut des § 60 HGB zu Grunde legen, dürfte ein Arbeitnehmer allgemein kein Handelsgewerbe betreiben. Dies kann und ist jedoch mit der Vorschrift nicht gemeint. Gemäß § 60 Abs. 1 HGB 2. Alternative darf der Arbeitnehmer in der Branche bzw. in dem Handelszweig des Arbeitgebers keine Geschäfte tätigen. Dies gilt sowohl für eigene Geschäfte als auch für Geschäfte auf fremde Rechnung. Unter dem Begriff „Geschäfte machen“ ist Ähnliches zu verstehen wie unter der Definition von „Gewerbe“. In beiden Fällen ist es so, dass man eine Tätigkeit ausübt, die auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtet ist. Bei dem „Geschäfte machen“ bezieht sich das Verbot auf Arbeitnehmer und beim „Gewerbe“ bezieht sich die Definition auf ein Unternehmen. Eine Konkurrenztätigkeit liegt jedoch nur dann vor, wenn die verbotene Wettbewerbstätigkeit dazu geeignet ist, auf Grund des Umfangs und ihrer Intensität das Interesse des Arbeitgebers zu beeinträchtigen. Hier muss die so genannte Bagatellgrenze berücksichtigt werden, die jedenfalls dann nicht überschritten, wenn der Arbeitgeber von der Konkurrenztätigkeit in seinem Handlungszweig „gar nichts merkt“. Sofern es sich um die so genannten „Freundschaftsdienste“ handelt, wäre zu berücksichtigen und zu prüfen, ob es sich um eine einmalige Tätigkeit des Arbeitnehmers handelt oder aber ob die Tätigkeit nachhaltig und dauerhaft ist. Wenn sich der Arbeitnehmer an einem Unternehmen beteiligt, kommt es darauf an, inwieweit dem Arbeitnehmer durch seine Kapitalbeteiligung auch die Möglichkeit zusteht, entsprechenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit bzw. Geschäftsführung des Unternehmens zu nehmen. Handelt es sich lediglich um eine kleine Kapitalbeteiligung, bei der der Arbeitnehmer „nichts zu sagen hat“, würde eine Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen nicht zu einem tatbestandlichen Konkurrenzverbot nach § 60 HGB führen. 1
190
BAG vom 16.08.1990 – 2 AZR 113/90, NZA 1991, 141.
16
A. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Das Wettbewerbsverbot gemäß § 60 HGB gilt für die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet oder aber das Arbeitsverhältnis gegebenenfalls ruht, da der Arbeitnehmer sich in der Elternzeit befindet. Das Wettbewerbsverbot gilt sogar während der Insolvenz des Arbeitgebers. Das Wettbewerbsverbot endet auch nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht nur die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemeint, sondern die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses z.B. durch Wirksamwerden einer Kündigung. Zu beachten ist für den Arbeitnehmer auch, dass das Wettbewerbsverbot in jedem Fall auch während einer widerruflichen Freistellung gilt. Das vertragliche Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses endet, wenn der Arbeitgeber diesem ausdrücklich zustimmt oder aber wenn er durch konkludentes, das heißt schlüssiges Verhalten zu verstehen gibt, dass er gegen eine Beschäftigung des Arbeitnehmers in einem vermeintlichen Konkurrenzunternehmen nichts einzuwenden hat.
II.
5
Vorbereitungshandlungen
Eine schwierige Frage ist immer, inwieweit es sich um unerlaubten Wettbewerb während des Arbeitsverhältnisses handelt, wenn ein Arbeitnehmer beabsichtigt, das bestehende Arbeitsverhältnis zu beenden, um sich zu einem späteren Zeitpunkt selbstständig zu machen. Das BAG hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht daran gehindert werden kann, bereits während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses Vorbereitungshandlungen durchzuführen, die zu einer späteren Konkurrenztätigkeit führen. Es muss demnach eine Abgrenzung stattfinden von noch erlaubten Vorbereitungshandlungen und bereits unerlaubter Konkurrenztätigkeit. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit nachweisen kann, riskiert der Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Folgende Vorbereitungshandlungen des Arbeitnehmers sind von der Rechtsprechung des BAG als zulässige Vorbereitungshandlungen angesehen worden: ■ die Anmietung von geeigneten Räumlichkeiten als Geschäftsräume2 ■ Bestellung von Waren für das zukünftige Konkurrenzunternehmen3 ■ Anwerbung von Mitarbeitern4 Bei der Anwerbung von Mitarbeitern ist noch einmal deutlich herauszustellen, dass es dem Arbeitnehmer während der Dauer der Beschäftigung erlaubt ist, bei anderen Unternehmen oder auf dem freien Markt Mitarbeiter anzuwerben. Es ist jedoch im Rahmen der verbotenen Konkurrenztätigkeit ausdrücklich untersagt Mitarbeiter, das heißt Kollegen des eigenen Betriebes, die ebenfalls noch in einem Beschäftigungsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, anzusprechen und bezüglich der eigenen Selbstständigkeit abzuwerben. Hier riskiert der Arbeitnehmer in jedem Fall den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Unschädlich soll es auch sein, wenn der Arbeitnehmer zur Vorbereitung auf seine spätere Konkurrenztätigkeit einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag unterzeichnet und die entsprechende Gesellschaftsform auch bereits ins Handelsregister eingetragen wird.5 2 3 4 5
4
BAG vom 30.01.1963 – 2 AZR 319/62, NJW 1963, 1420. BAG vom 09.05.1975 – 3 AZR 352/74, NJW 1975, 1987. BAG vom 12.05.1972 – 3 AZR 401/71, AP HGB § 60 Nr. 6. BAG vom 07.09.1972 – 2 AZR 486/71, AP HGB § 60 Nr. 7.
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16
§ 16 Wettbewerbsverbot
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Die Abgrenzung ist sehr schwierig und muss immer die Umstände des Einzelfalles berücksichtigen. Hervorzuheben ist auch, dass das Wettbewerbsverbot auch während der Dauer eines Kündigungsschutzverfahrens andauert. Der Arbeitnehmer sollte es also tunlichst unterlassen, bereits während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens eine Konkurrenztätigkeit aufzunehmen und somit gegen das bestehende Wettbewerbsverbot zu verstoßen.
III. 9
10
11
16
Rechtsfolgen
Wenn der Arbeitnehmer sich nicht an das bestehende Wettbewerbsverbot hält, besteht für den Arbeitgeber gemäß § 61 Abs. 1 HGB die Möglichkeit, zum einen vom Arbeitnehmer Schadensersatz zu fordern und zum anderen das Geschäft zu übernehmen, dass der Arbeitnehmer abgeschlossen hat. Im letzteren Fall spricht man von dem so genannten „Eintrittsrecht“ des Arbeitgebers. Im Vorfeld lässt sich schwierig sagen, welche Arten der Rechtsfolgen für den Arbeitgeber günstiger sind. Dem Arbeitgeber ist zu empfehlen, dass er zunächst einen Auskunftsanspruch geltend macht und sodann nach Offenlegung der Geschäfte überlegt, ob er Schadensersatz verlangt oder aber in das abgeschlossene Geschäft, das der Arbeitnehmer geschlossen hat, eintritt. Im Regelfall wird der Arbeitgeber dies durch eine so genannte Stufenklage erreichen, in der er zunächst Auskunft und nach Auskunftserteilung im Rahmen einer Leistungsklage entweder Schadensersatz verlangt oder aber in das Geschäft eintritt. Das eben erwähnte Eintrittsrecht spielt oftmals eine sehr große Rolle, wenn sich Freiberufler selbstständig machen. Hierbei ist insbesondere an Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu denken, die nicht mehr bei ihrem alten Arbeitgeber als Angestellte arbeiten wollen und beabsichtigen, sich selbstständig zu machen. Wenn der Arbeitgeber sich also für das Eintrittsrecht entscheidet, ist Rechtsfolge die, dass der ehemalige Arbeitgeber komplett in die Rechte des in Konkurrenz getretenen Arbeitnehmers eintritt und die entsprechenden Vergütungen aus dem abgeschlossenen Geschäft erhält. Ist eine Vergütung bereits geflossen, hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf Herausgabe des Betrages. Eine entsprechende Klausel in einem Arbeitsvertrag könnte wie folgt aussehen: „Für den Arbeitnehmer ist jede Wettbewerbstätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses untersagt. Ohne Einwilligung des Arbeitgebers darf der Arbeitnehmer unter keinen Umständen ein Handelsgewerbe betreiben, welches die Branche bzw. den Handelszweig des Arbeitgebers betrifft. Der Arbeitnehmer darf weder Geschäfte auf eigene noch auf fremde Rechnung machen. Sofern sich der Arbeitnehmer kapitalmäßig an einem Unternehmen beteiligt, ist dies nur vom Arbeitgeber gestattet, wenn der Arbeitnehmer keinen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung und Geschäftsführung des beteiligten Unternehmens hat.“
192
B.
B.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
I.
Geltungsbereich
1.
Persönlich
Im Gegensatz zum Wettbewerbsverbot während des bestehenden Arbeitsverhältnisses, was gesetzlich normiert ist, muss ein nachträgliches Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz dahin, dass es selbstverständlich wäre, dass ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht unmittelbar und direkt in Konkurrenz zum ehemaligen Arbeitgeber treten darf. Eine Vereinbarung ist zwingend erforderlich. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist für sämtliche Arbeitnehmer in den §§ 74 ff. HGB geregelt. Die Vorschrift gilt entsprechend für arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiter, die 40 Stunden in der Woche für einen Dienstherren leisten. Es sind also vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot im Sinne der §§ 74 ff. HGB sowohl sämtliche Arbeitnehmer als auch arbeitnehmerähnliche Personen betroffen. Dies gilt jedoch nicht für Organmitglieder juristischer Personen. Eine unmittelbare Anwendung ergibt sich nicht aus dem Wortlaut und ob eine analoge Anwendung für einen Fremdgeschäftsführer oder einen Minderheitengesellschafter, der gleichzeitig Geschäftsführer ist, anzuwenden ist, scheint eher fraglich. Eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1984 geht jedenfalls davon aus, dass eine GmbH nicht wirksam mit dem Geschäftsführer eine Wettbewerbsklausel im Sinne des § 74 HGB vereinbaren kann.6 Wenn der Geschäftsführer und die GmbH eine Wettbewerbsklausel vereinbaren, so soll diese nur dann wirksam sein, wenn das Unternehmen ein berechtigtes Interesse daran hat, eine nach Beendigung des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses ausgeübte Tätigkeit des Organmitgliedes zu verhindern. Gleichzeitig ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Konkurrenzverbot nicht dazu führt, dass das ausscheidende Organmitglied völlig in seiner wirtschaftlichen Betätigung eingeengt ist, so dass das Organmitglied objektiv gar nicht in der Lage ist, eine weitere Tätigkeit in dieser Branche und dem Handelszweig auszuüben.7 Insgesamt kann gesagt werden, dass bei Organmitgliedern die allgemeinen Rechtsgrundsätze wie Verhältnismäßigkeit und Interesse des Arbeitgebers an einer Konkurrenztätigkeit sowie auf Seiten des Organmitgliedes die Möglichkeit und das berechtigte Interesse, weiter tätig zu sein, berücksichtigt werden müssen. Vorstandsmitglieder einer AG können sich jedoch auf die analoge Anwendung der §§ 74 ff. HGB berufen.
2.
12
16
Zeitlich
Im Hinblick auf die zeitliche Komponente ist bedeutsam, ab welchem Zeitpunkt das Konkurrenzverbot und die vom Arbeitgeber zu zahlende Karenzentschädigung gemäß § 74 Abs. 2 HGB gelten soll. Fraglich ist also, ab welchem Zeitpunkt der Arbeitnehmer das Konkurrenzverbot beachten muss. 6 7
16
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
BGH vom 26.03.1984 – II ZR 229/83, BGHZ 91, 1. BGH vom 26.03.1984 – II ZR 229/83, BGHZ 91, 1.
193
13
16
§ 16 Wettbewerbsverbot Im Regelfall wird das nachträgliche Wettbewerbsverbot und die damit im Zusammenhang stehende Karenzentschädigung bei Abschluss eines Arbeitsvertrages vereinbart. Sofern der Arbeitgeber bewusst bei Beginn des Arbeitsverhältnisses darauf verzichtet, eine Wettbewerbsklausel aufzunehmen, besteht selbstverständlich weiterhin die Möglichkeit, auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses eine entsprechende Klausel zu vereinbaren. Da der Arbeitsvertrag bereits abgeschlossen ist, kann ein nachträgliches Wettbewerbsverbot nur einvernehmlich herbeigeführt werden oder aber durch Ausspruch einer Änderungskündigung. Hierfür muss der Arbeitgeber jedoch dringende betriebliche Interessen nachweisen und dies wird ihm sehr schwer fallen. Denn er hätte sich im Vorfeld überlegen müssen, ob bei Ausscheiden des Arbeitnehmers eventuell eine Konkurrenztätigkeit auf ihn zukommt, die er fürchten muss. Auch eine Wettbewerbsabrede, die im Laufe der Kündigungsfrist während eines laufenden Verfahrens vereinbart wird, muss zwingend eine Karenzentschädigung enthalten. Eine Vereinbarung ohne Entschädigung ist unwirksam.8
3. 14
Fraglich ist der räumliche Geltungsbereich der §§ 74 ff HGB. Sofern also das Arbeitsverhältnis nach deutschem Recht geschlossen ist und auch deutsches Recht gilt, kommen die §§ 74 ff. HGB zur Anwendung. Es kommt nur darauf an, ob das Arbeitsverhältnis nach deutschem Recht beurteilt wird oder nicht. Ob ein Arbeitnehmer ausländischer Herkunft ist oder aber ob der Dienstort gegebenenfalls im Ausland ist, spielt dabei keine Rolle. Sofern ein Arbeitnehmer im Ausland eingesetzt wird, muss im Vertrag darauf geachtet werden, welches Recht zur Anwendung kommt. Man kann selbstverständlich die Anwendung ausländischen Arbeitsrechts vereinbaren. Fraglich ist, was geschieht, wenn ausländisches Arbeitsrecht vereinbart worden ist und das Recht des betreffenden Landes ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot zulässt. Auf Grund der bisherigen Rechtsprechung des BAG im Hinblick auf die streng einzuhaltenden Formvorschriften kann davon ausgegangen werden, dass die zu zahlende Karenzentschädigung nicht abdingbar ist und insofern auch bei der Anwendung ausländischen Arbeitsrechts ein Wettbewerbsverbot unwirksam ist, wenn auch eine Karenzentschädigung vereinbart wurde.
II. 15
16
Räumlich
Mandantenschutzklausel/Mandantenübernahmeklauseln
Wie bereits beim Wettbewerbsverbot während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist auch bei den Vorschriften der §§ 74 ff. HGB die so genannte Bagatellgrenze zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass ein Arbeitnehmer nicht gegen das nachträgliche Wettbewerbsverbot verstößt, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers in keiner Weise die Kreise des ehemaligen Arbeitgebers berührt und auch keine Konkurrenzsituation vorliegt, die vom Arbeitgeber bemerkt wird. Eine große Bedeutung fällt in diesem Zusammenhang auf die so genannten Mandantenschutzklauseln bzw. Mandantenübernahmeklauseln.
8
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BAG vom 03.05.1994 – 9 AZR 606/92, NJW 1995, 151.
B.
1.
Mandantenschutzklausel
Wenn ein Steuerberater oder Rechtsanwalt, jedenfalls ein Freiberufler, sich von seinem Arbeitgeber trennen möchte, um sich selbstständig zu machen, wird es für den Arbeitgeber eher von Bedeutung sein, dass er den aufgebauten Mandanten- und Kundenstamm behält. Es wird ihm weniger darauf ankommen, dass der nun selbstständige Steuerberater einen eigenen Mandantenstamm aufbaut und damit gegebenenfalls einige Mandate des ehemaligen Mandantenstammes „abzweigt“. Sofern es dem Arbeitgeber im Hinblick auf die Konkurrenztätigkeit eher darauf ankommt, seinen ursprünglichen Mandantenstamm zu behalten, wird er mit dem ausscheidenden Steuerberater in dem Arbeitsvertrag eine so genannte Mandantenschutzklausel vereinbaren. Unter einer Mandantenschutzklausel versteht man, dass es dem ausscheidenden Arbeitnehmer verboten ist, sich nach dem Ausscheiden in aktiver Weise darum zu bemühen, Mandanten des ehemaligen Arbeitgebers abzuwerben. Eine Entschädigung kann der Arbeitnehmer hierfür nicht verlangen. Die Rechtsfolge eines wirksamen Abschlusses einer Mandantenschutzklausel bedeutet jedoch nicht, dass es dem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses untersagt ist, Mandanten seines ehemaligen Arbeitgebers zu betreuen, sofern sich diese in Eigeninitiative an ihn gewandt haben, da sie sich bereits im Vorfeld immer sehr gut von dem ausscheidenden Arbeitnehmer betreut gefühlt haben. Dies kann wiederum der ehemalige Arbeitgeber nicht verhindern. Wenn der Arbeitgeber zusätzlich verhindern möchte, dass der ausscheidende Arbeitnehmer überhaupt keine ehemaligen Mandanten des Arbeitgeber betreut, so handelt es sich um eine allgemeine Mandantenschutzklausel, bei der das BAG entschieden hat, dass diese einem Wettbewerbsverbot im Sinne der § 74 ff. HGB gleichkommt.9
2.
16
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
16
Mandantenübernahmeklauseln
Im Gegensatz zur Mandantenschutzklausel ist der Arbeitgeber gerade damit einverstanden, dass der ausscheidende Arbeitnehmer Mandanten des Arbeitgebers weiterhin betreut. Voraussetzung hierfür ist jedoch immer, dass der Arbeitgeber eine Abführung eines bestimmten Teiles des Honorars ausdrücklich vereinbart. Eine solche Klausel ist grundsätzlich zulässig und auch verbindlich, jedoch nur dann, wenn berechtigte geschäftliche Interessen des Arbeitgebers betroffen sind und dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht in unzumutbarer Härte (unbillig) erschwert wird. Sofern eine Mandantenübernahmeklausel vereinbart wurde und es wurde zwischen den Parteien ein so hoher Betrag als Abführung vereinbart, dass die Bearbeitung der Mandate sich für den ausscheidenden Arbeitnehmer gar nicht lohnt, wäre diese Vereinbarung unwirksam.10 Sofern also der Arbeitnehmer durch die Höhe des abzuführenden Honorars quasi in die Situation versetzt wird, dass sich die Bearbeitung für ihn wirtschaftlich nicht lohnt, kann man auch von einer so genannten „verdeckten Mandantenschutzklausel“ sprechen, die einem indirekten Wettbewerbsverbot gleichkommt. Oftmals wird in Verträgen eine so genannte Geheimhaltungspflicht über Betriebsgeheimnisse vereinbart. Sofern es sich um eine wirksame Klausel handelt, bei der dezidiert aufgeführt worden ist, was der Arbeitgeber unter Betriebsgeheimnissen versteht, ist eine solche Klausel wirksam und 9 BAG vom 09.08.1974 – 3 AZR 346/73, NJW 1975, 79. 10 Preis, Der Arbeitsvertrag, II W 10 Rz. 74.
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17
16
18
16
§ 16 Wettbewerbsverbot wird nicht einer Mandantenübernahmeklausel gleich kommen, was ebenfalls bedeutet, dass der Arbeitgeber keine Karenzentschädigung an den Arbeitnehmer zahlen muss. 19
16
Exkurs: Fall zur Mandantenübernahmeklausel: BAG vom 07.08.2002 Zu der Problematik einer Mandantenübernahmeklausel musste das BAG einen Streit entscheiden, bei dem sich ein Steuerbüro mit seiner ehemaligen Steuerfachgehilfin stritt. In dem geschlossenen Arbeitsvertrag ist folgende Klausel aufgenommen worden: „Übernehmen Sie bei oder im Zusammenhang mit Ihrem Ausscheiden aus den Diensten meiner Praxis unmittelbar oder mittelbar Mandate meiner Praxis, so werden Sie als Entschädigung für einen Zeitraum von 5 Jahren seit dem Ausscheiden einen Betrag in Höhe von 20 % Ihres Gesamtumsatzes mit den betreffenden Mandanten an mich abführen. Die Zahlungen sind jeweils am 01. März eines Jahres für den Jahresumsatz des vorangegangenen Kalenderjahres fällig.“ Während des Arbeitsverhältnisses hat sich die Steuerfachgehilfin fortgebildet und ihr Steuerberaterexamen gemacht. Danach schied sie aus dem Arbeitsverhältnis aus und der ehemalige Arbeitgeber hat sich auf die Mandantenübernahmeklausel berufen. Das BAG hat in diesem Fall die Mandantenübernahmeklausel für unzulässig gehalten, weil der Zeitraum von 5 Jahren seit dem Ausscheiden zu lang war.11
20
Es lohnt sich wirklich, diese Entscheidung einmal zu lesen, da das BAG in diesem Fall auch eine geltungserhaltende Reduktion nicht anerkannt hat. Diese hätte gegebenenfalls bedeutet, dass ein Zeitraum von 2 Jahren als angemessen anzusehen wäre. Das BAG hat jedoch die zitierte Klausel als so genannte „verdeckte Mandantenschutzklausel“ gewertet, die zu einer Umgehung des § 75 d Satz 2 HGB führe. Aus dieser Entscheidung folgt, dass bei Mandantenübernahmeklauseln eine Bindung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers von mehr als 2 Jahren nicht mehr als angemessen anzusehen ist. Bei einer Vereinbarung eines längeren Zeitraums gilt auch nicht der Grundsatz einer geltungserhaltenden Reduktion, so dass die Klausel wenigstens mit einem Zeitraum von 2 Jahren gilt, sondern die Klausel wird insgesamt wohl für unwirksam bzw. nichtig erklärt werden. Auch der BGH hat sich bei der Prüfung einer Mandantenschutzklausel darauf festgelegt, dass eine zeitliche Begrenzung von 2 Jahren absolut ausreichend ist, da man wohl davon ausgehen kann, dass bis dahin die Konkurrenz deswegen nicht mehr zu fürchten ist, da der ehemalige Arbeitnehmer und nunmehr neue Konkurrent mittlerweile eigene Geschäftsbeziehungen aufgebaut hat und er nach dem Ablauf von 2 Jahren keine erfolgsversprechenden Beziehungen mehr zum ehemaligen Mandantenkreis des ehemaligen Arbeitgebers unterhalten dürfte.12
21
Nachfolgend wird eine Mandantenschutz- bzw. Mandantenübernahmeklausel aufgeführt, die nach Auffassung des Unterzeichners geeignet ist, um sie bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages zu vereinbaren: (1) Nach rechtlicher Beendigung und tatsächlichem Ausscheiden wird der Arbeitnehmer sich nicht aktiv darum bemühen, Mandanten der Kanzlei des Arbeitgebers abzuwerben. (2) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer von 2 Jahren keine Mandate von solchen Auftraggebern zu übernehmen, die während der letzten 2 Jahre vor seinem Ausscheiden zum Mandantenstamm des Arbeitgebers gehörten. Dafür erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe von ……………………. (3) Sofern der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Unternehmen bzw. im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen unmittelbar oder mittelbar Kunden bzw. Mandanten übernimmt, verpflichtet sich der Arbeitnehmer als Entschädigung für einen Zeitraum von 2 Jahren seit dem Ausscheiden einen Betrag in Höhe von 20 % des Gesamtum11 BAG vom 07.08.2002 – 10 AZR 586/2001, NZA 2002, 1282. 12 BGH vom 16.10.1989 – II ZR 2/89, BB 1990, 11.
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B.
16
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
satzes im Hinblick auf den einzelnen Mandanten bzw. Kunden an den Arbeitgeber abzuführen. Die Zahlungen sind jeweils am 01. März eines Jahres für den Jahresumsatz des vorangegangenen Jahres fällig. (4) Nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen verpflichtet sich der Arbeitnehmer für einen Zeitraum von 2 Jahren in einem Umkreis von 10 km um den Sitz des Unternehmens bzw. der Kanzlei sich nicht als Steuerberater niederzulassen. Andere Variante: (1) Für die Dauer des Wettbewerbsverbotes zahlt der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen. (2) Für den Fall einer Kündigung -egal ob Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder Kündigung durch den Arbeitgeber- kann der Arbeitgeber auf die Durchführung der Wettbewerbsklausel verzichten. Eine entsprechende Entschädigung entfällt damit. (3) Der Arbeitgeber ist ohne Zustimmung des Arbeitgebers berechtigt, vor oder nach Beendigung des Arbeitsvertrages auf die Wettbewerbsabrede zu verzichten. (4) Sofern das Wettbewerbsverbot weiter gilt, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dazu verpflichten, für die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Bundesrepublik nicht für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden. Gleiches gilt für die Mitwirkung oder Gründung eines entsprechenden Betriebes oder Unternehmens. (5) Sofern der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, verpflichtet er sich für ein Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in die Dienste eines Konkurrenzunternehmens zu treten. Gleiches gilt für den Fall, wenn der Arbeitnehmer sich an einem Unternehmen beteiligt oder es in sonstiger Weise unterstützt. Für die Beteiligung an einem Unternehmens soll dies jedoch nur geltend, wenn der Arbeitnehmer eine solche Kapitalbeteiligung inne hat, dass er maßgeblich an der Geschäftsführung des Unternehmens mitwirken kann. Während der Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitgeber kein selbstständiges Konkurrenzunternehmen gründen, betreiben oder leiten, es sei denn, der Arbeitgeber hat dieser Tätigkeit ausdrücklich schriftlich zugestimmt.
III.
Die Wettbewerbsabrede
1.
Form
Die Vereinbarung eines nachträglichen Wettbewerbsverbotes bedeutet für den betreffenden Arbeitnehmer eine erhebliche Einschränkung seiner beruflichen Tätigkeit und seines beruflichen Fortkommens. Die Wettbewerbsabrede bedarf daher zwingend der Schriftform des § 126 BGB. Entweder ist das nachträgliche Wettbewerbsverbot bereits in dem geschlossenen Arbeitsvertrag enthalten oder aber es wird nachträglich gesondert vereinbart. Ist Letzteres der Fall, ist es zwingend erforderlich, dass dem Arbeitnehmer das entsprechende unterschriebene Schriftstück im Original ausgehändigt wird. Sofern die Passage über das nachträgliche Wettbewerbsverbot nicht vom Arbeitgeber unterschrieben wurde, soll dies jedenfalls dann unschädlich sein, wenn sich das Blatt, auf dem die Wettbewerbsklausel formuliert ist, so fest mit dem Arbeitsvertrag verbunden ist, dass eindeutig ist, dass sich die Wettbewerbsklausel auf den Arbeitsvertrag bezieht.13 13 BAG vom 30.10.1984 – 3 AZR 213/82, NJW 1986, 152.
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22
23
16
16
§ 16 Wettbewerbsverbot Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass mittlerweile anerkannt ist, dass Arbeitsverträge auch der AGB-Kontrolle zu unterziehen sind. Dies ergibt sich aus dem § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB. Sofern die Wettbewerbsabrede im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist, kann demgemäß eine AGB-Kontrolle erfolgen. Wenn die Wettbewerbsabrede auf einem gesonderten Blatt vereinbart worden ist, finden die Vorschriften der §§ 305 bis 310 BGB keine Anwendung, da es sich um eine Individualabrede gem. § 305 b BGB handelt. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass es sich nicht um einen Vordruck für eine Vielzahl von Wettbewerbsabreden handelt. Dann könnte die AGBKontrolle wieder zum Zuge kommen.
2. 24
Das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot darf eine Dauer von 2 Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht überschreiten. Dies ergibt sich aus § 74 a Abs. 1 Satz 3 HGB. Unabhängig von der zeitlichen Beschränkung ist das nachträgliche Wettbewerbsverbot nur dann wirksam, wenn das Verbot von einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers gedeckt ist und darüber hinaus nicht dazu führt, dass es dem Arbeitnehmer unbillig erschwert wird, beruflich fort zu kommen. Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers ist in § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB formuliert und die unbillige Fortkommenserschwerung des Arbeitnehmers in § 74 a Abs. 1 Satz 2 HGB. Sollte der Arbeitgeber bei der Formulierung des Wettbewerbsverbotes „über das Ziel hinausgeschossen sein“, so besteht die Möglichkeit, dass das Wettbewerbsverbot im Rahmen der geltungserhaltenden Reduktion auf ein anzuerkennendes Maß reduziert wird.14
a) 25
16
Verbot des Wettbewerbs
Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers
Nicht jedes vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist grundsätzlich wirksam. Es kommt darauf an, ob das vereinbarte nachträgliche Wettbewerbsverbot dazu dient, dass die berechtigten geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers geschützt werden. Ein berechtigtes geschäftliches Interesse liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber auf Grund der Tätigkeit des Arbeitnehmers befürchten muss, dass dieser eine Konkurrenz für das Unternehmen darstellt. Es kommt also auf die konkrete Befürchtung an, dass es zu einer Konkurrenzsituation kommt. Das bloße – für jeden Selbstständigen nachvollziehbare – Interesse, eine Konkurrenz zu vermeiden oder stark einzuschränken, genügt im Hinblick auf das Erfordernis auf das berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers nicht.15 Da es sich bei dem Begriff des berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, muss dieser „mit Leben erfüllt werden“. Demnach sind schützenswerte berechtigte geschäftliche Interessen des Arbeitgebers wohl dann anzunehmen, wenn es um den Schutz von etwaigen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen geht sowie um den Erhalt eines Kunden-, Mandanten- bzw. Lieferantenstammes.16 Im Hinblick auf den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist zu sagen, dass die Arbeitgeber wohl eher bei leitenden Angestellten Befürchtungen haben müssen, dass diese nach dem Ausscheiden die entsprechenden Kenntnisse „im Rahmen der Konkurrenz missbrauchen“, als bei gewöhnlichen Arbeitern. Denn bei leitenden Angestellten geht man davon aus, dass sie auf Grund der Position in dem Unter14 LAG Hamm vom 14.04.2003 – 7 Sa 1881/02, NZA – RR 2003, 513. 15 BAG vom 24.06.1966 – 3 AZR 501/65 – AP HGB § 74 a Nr. 2; LAG Köln vom 31.10.1990 – 5 Sa 715/90, LAGE HGB § 74 Nr. 4. 16 BAG vom 01.08.1995 – 9 AZR 884/93, NJW 1996, 1364.
198
B.
16
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
nehmen automatisch Kenntnisse von Vorgängen innerhalb des Betriebes haben, die dazu geeignet sind, zu einem späteren Zeitpunkt eine Konkurrenzsituation herbeizuführen.17 Wie eingangs zu diesem Unterabschnitt erwähnt, würde man bei einer Formulierung, die erheblich über das gewöhnliche berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers hinausgehen, davon ausgehen, dass die Klausel nicht gleich nichtig ist, sondern im Rahmen der geltungserhaltenden Reduktion auf ein anzuerkennendes Maß reduziert wird.
b)
Keine unbillige Härte für Arbeitnehmer
Aus der Formulierung des Gesetzestextes in § 74 a HGB ergibt sich, dass ein Verbot nur insoweit verbindlich ist, als es von einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers gedeckt ist und nicht zu einer billigen Fortkommenserschwerung des Mitarbeiters führt. Die beiden Voraussetzungen müssen also nicht alternativ, sondern kumulativ vorliegen, das heißt also nebeneinander. Bei der Prüfung, ob es sich um eine unbillige Härte für den Arbeitnehmer im Hinblick auf sein berufliches Fortkommen handelt, sind der Verbotsumfang nach zeitlicher, räumlicher sowie gegenständlicher Sicht zu beurteilen.
aa)
Zeitlicher Umfang
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot darf nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses 2 Jahre nicht überschreiten. Dies ergibt sich aus § 74 a Abs. 1 Satz 2 HGB. Der Arbeitgeber sollte bei der Festlegung des zeitlichen Verbotsumfangs berücksichtigen, ob nach seiner Auffassung nicht eventuell zu Gunsten des ausscheidenden Arbeitnehmers eine kürzere Zeit für das Verbot der Konkurrenztätigkeit ausreicht. In diesem Fall wird der Arbeitgeber davon ausgehen können, dass das Arbeitsgericht bei Überprüfung des Verbotes der Wettbewerbsabrede eher zu der Überzeugung gelangt, dass hier berechtigte geschäftliche Interessen des Arbeitgebers berücksichtigt worden sind und dass er im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzipes dem Arbeitnehmer keine unbillige Fortkommenserschwer auferlegt hat. Auch hier ist es wieder so, dass eine Vereinbarung, die die Höchstdauer von 2 Jahren überschreitet nicht dazu führt, dass die Wettbewerbsabrede gänzlich unwirksam ist, sondern im Rahmen der geltungserhaltenden Reduktion auf das anzuerkennende Maß reduziert wird.18
bb)
26
27
Räumlicher Umfang
Im Hinblick auf den räumlichen Verbotsumfang ist zu sagen, dass dieser nur dann anzuerkennen ist, wenn dem Arbeitgeber in dem von ihm angegebenen Gebiet auch tatsächlich Konkurrenz droht. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, in welchem Gebiet das Unternehmen bzw. der Arbeitgeber regelmäßig tätig ist. Oftmals wird man eine Konkurrenz schon dann verneinen müssen, weil der ausscheidende Arbeitnehmer sich in einer anderen Stadt oder in einem anderen Bundesland selbstständig macht. In vielen Formulierungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes finden sich jedoch bundesweite, europa- und sogar weltweite Wettbewerbsverbote. In einem solchen Fall kann man regelmäßig davon ausgehen, dass schon das berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers zu verneinen ist, in jedem Fall muss aber davon ausgegangen werden, dass beispielsweise ein europa- oder weltweites Verbot dazu führt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer unbilligen Fortkommenserschwer des Mitarbeiters greifen. Eine solche
17 BAG vom 16.12.1968 – 3 AZR 434/97– AP GewO § 133 f Nr. 21. 18 LAG Düsseldorf vom 04.03.1997–3 Sa 1644/96, NZA – RR 1998, 58.
199
28
16
16
§ 16 Wettbewerbsverbot
29
Klausel wäre demnach unwirksam und kann auch nicht nach den Grundsätzen der geltungserhaltenen Reduktion auf ein noch anzuerkennendes Maß reduziert werden. Wenn es sich um Verträge aus den 70er und 80er Jahren handelt, könnte es im Hinblick auf ein bundesweites nachträgliches Wettbewerbsverbot zu Problemen kommen, da sich das bundesweite Wettbewerbsverbot bei Abschluss diverser Verträge auf die Bundesländer der damaligen Bundesrepublik Deutschland bezogen hat. Nach der Wiedervereinigung im Jahre 1990 sind jedoch weitere Bundesländer hinzugekommen und man wird wohl im Rahmen der Auslegung von Verträgen im Sinne der §§ 133, 157 BGB zu dem Ergebnis kommen müssen, dass mit einem bundesweiten Verbot auch tatsächlich die gesamte Bundesrepublik Deutschland gemeint ist, also nunmehr auch die neuen Bundesländer.19
cc) 30
IV. 31
32
16
Gegenständlicher Umfang
Im Hinblick auf den gegenständlichen Verbotsumfang ist bei der Formulierung der Wettbewerbsklausel seitens des Arbeitgebers darauf zu achten, dass dieser sich darum bemühen muss, die verbotene Konkurrenztätigkeit exakt zu benennen bzw. näher zu konkretisieren. Wenn dies nicht der Fall ist, würde dies bedeuten, dass dem Arbeitnehmer jeglicher Wettbewerb bei sämtlichen Konkurrenzunternehmen untersagt ist. Unabhängig davon, dass es bei einer solchen Formulierung an einem tatsächlichen berechtigten Arbeitgeberinteresse fehlen wird, kann man jedenfalls dann davon ausgehen, dass eine unbillige Fortkommenserschwer für den Arbeitnehmer vorliegt. Es ist also dringend zu raten, dass der Arbeitgeber beispielsweise die entsprechenden Unternehmen, von denen er glaubt, dass sie eine starke Konkurrenz darstellen, in die Wettbewerbsklausel mit aufnimmt.
Bedingtes Wettbewerbsverbot
Manche Klauseln in Arbeitsverträgen sehen vor, dass der Arbeitgeber sich im Hinblick auf das Wettbewerbsverbot die Entscheidung vorbehält, ob er das vertraglich formulierte Wettbewerbsverbot in Anspruch nimmt oder nicht. In einem solchen Fall spricht man von einem bedingten Wettbewerbsverbot. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass beispielsweise der Arbeitgeber zustimmen muss, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit aufnehmen möchte.20 Denn nur bei Zustimmung des Arbeitgebers im Hinblick auf die Konkurrenztätigkeit erhält der Arbeitnehmer auch die vertraglich vorgesehene Karenzentschädigung. Bei einem so genannten bedingten Wettbewerbsverbot besteht auch die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber entweder von dem Wettbewerbsverbot tatsächlich Gebrauch macht oder darauf verzichtet. Ein solches bedingtes Wettbewerbsverbot würde bedeuten, dass der Arbeitnehmer stets von der Entscheidung des Arbeitgebers abhängig ist, ob sich der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Wettbewerbsverbot beruft oder nicht. Dies könnte dazu führen, dass der Arbeitnehmer eine entsprechende Tätigkeit ausübt, die das Wettbewerbsverbot betrifft und der Arbeitgeber sodann unverzüglich Unterlassung vom Arbeitnehmer fordert und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend macht. Aus diesem Grunde ist die Vereinbarung eines bedingten Wettbewerbsverbotes unverbindlich. Grund für die Unverbindlichkeit ist, dass alleine der Arbeitgeber entscheiden kann, ob das Wett19 LAG Berlin vom 26.03.1991 – 9 Sa 7/91, NZA 1991, 674. 20 BAG vom 04.06.1985 – 3 AZR 265/83, NZA 1986, 640.
200
B.
bewerbsverbot eingehalten werden soll oder ob er dem Arbeitnehmer bei einer beabsichtigten Konkurrenztätigkeit die Zustimmung erteilt. Wenn die Parteien ein bedingtes Wettbewerbsverbot vertraglich vereinbart haben, soll die sich daraus ergebende Unverbindlichkeit zu einer Einräumung eines Wahlrechts für den Arbeitnehmer führen. Dieser soll sich entscheiden, ob er sich an das Wettbewerbsverbot halten will oder nicht.21 Der Arbeitnehmer muss jedoch dabei beachten, dass er das Wahlrecht spätestens zu Beginn der Karenzzeit ausübt. Besser wäre es selbstverständlich, wenn er das ihm zustehende Wahlrecht einige Zeit vorher ausübt. Sofern der Arbeitnehmer sein Wahlrecht nicht ausgeübt hat, steht es dem Arbeitgeber zu, den Arbeitnehmer unter Fristsetzung aufzufordern, das ihm zustehende Wahlrecht auszuüben. Angemessen dürfte eine Frist von mindestens einer Woche bis höchstens einem Monat sein. Üblicherweise wird man wohl unter Angabe eines genauen Datums eine Frist von 2 Wochen wählen. Wenn der Arbeitnehmer das Wahlrecht nicht ausübt, steht nunmehr dem Arbeitgeber das Wahlrecht zu, ob er an dem Wettbewerbsverbot festhalten will oder nicht. Wenn der Arbeitgeber an dem Wettbewerbsverbot festhält, ist er auch zur Zahlung der entsprechenden Karenzentschädigung verpflichtet und wenn er auf das Wettbewerbsverbot verzichtet, würde dies bedeuten, dass der Arbeitgeber keine Karenzentschädigung zahlen muss.22 Es gibt auch Wettbewerbsverbote, die nicht an das Wahlrecht des Arbeitnehmers geknüpft sind, sondern anhand von objektiven Kriterien gelten sollen. Z.B. könnte ein Wettbewerbsverbot dann greifen, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer in einem Konkurrenzunternehmen eine bestimmte höherrangige Position erreicht hat oder bei einem bestimmten Projekt mitarbeitet, das ebenfalls zu einer Konkurrenz zählt.
V.
Karenzentschädigung
1.
Ermittlung der Höhe
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Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Gemäß § 74 Abs. 2 HGB beträgt die Karanzentschädigung mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen. Wird eine Wettbewerbsklausel formuliert, ohne dass eine Karenzentschädigung zugesagt wird, ist das Wettbewerbsverbot nichtig. Dies bedeutet, dass weder der Arbeitgeber eine Unterlassung gegenüber dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer verlangen kann, wenn dieser in Konkurrenz tätig ist, noch, dass der Arbeitnehmer eine entsprechende Karenzentschädigung von mindestens der Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen verlangen kann.23 Wenn in einer Wettbewerbszusage eine zu geringe Karenzentschädigung, also weniger als 50 %, vereinbart worden ist, und der Arbeitnehmer sich an das Wettbewerbsverbot hält, hat er auch lediglich einen Anspruch auf die entsprechend geringere Karenzentschädigung. Er kann nicht verlangen, dass die Karenzentschädigung auf das in § 74 Abs. 2 HGB festgesetzte Maß aufgestockt wird. Der Arbeitnehmer könnte sich aber auch dafür entscheiden, dass das Wettbewerbsverbot wegen der Nichteinhaltung der gesetzlichen Höhe der Karenzentschädigung nichtig ist und er sich nicht mehr daran halten muss. Wenn er sich jedoch an das Wettbewerbsverbot hält, kann er auch nur die geringere Karenzentschädigung verlangen. 21 BAG vom 19.01.1978 – 3 AZR 573/77, NJW 1978, 1023. 22 BAG vom 22.05.1990 – 3 AZR 373/88, BB 1991, 625. 23 BAG vom 13.09.1969 – 3 AZR 138/68, NJW 1970, 626.
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§ 16 Wettbewerbsverbot
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Bei der Formulierung einer entsprechenden Klausel in einem Arbeitsvertrag sollte der Arbeitgeber im Hinblick auf die Höhe der Karenzentschädigung „keine Fantasie walten lassen“. Man sollte sich strikt an den Gesetzeswortlaut halten, nach dem eine Entschädigung in Höhe der Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen gezahlt werden muss. Alle anderweitigen Formulierungen sind nicht geeignet. Ist die Entschädigungszusage in dem Vertrag nicht wirksam formuliert und deshalb mangelhaft, kann sich der Arbeitgeber nicht auf das Wettbewerbsverbot berufen. In § 74 Abs. 2 HGB ist formuliert, dass mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen an den ausgeschiedenen Arbeitnehmer während der Dauer des Wettbewerbsverbotes gezahlt werden muss. Zu den vertragsmäßigen Leistungen gehört nicht nur das zwischen den Parteien vereinbarte Grundgehalt, sondern auch sämtliche anderen Geld- und Sachleistungen, die der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gewährt hat. Hierzu zählt beispielsweise auch die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens. Bei Lohnbestandteilen wie Weihnachtsgeld, Tantiemen und Ähnlichem, die nicht monatlich gezahlt werden, sondern sich entweder verteilt auf das Jahr oder als Einmalzahlung ergeben, ist der Durchschnitt der letzten 3 Jahre gemäß § 74 b Abs. 2 HGB heranzuziehen. Diese zählen also auch zu den zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen. Gleiches gilt für eine Tariferhöhung, die noch im letzten Monat vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers greift. Eine Tariferhöhung, die sich erst im Laufe des Wettbewerbsverbotes ergibt, wirkt sich nicht erhöhend aus. Zu den zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen gehören jedoch nicht Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sowie Abfindungen und Spesen.
2. 39
40
16
In § 74 c HGB ist vorgesehen, dass sich der Arbeitnehmer in bestimmten Fällen einen anderweitigen Erwerb anrechnen lassen muss. Dies gilt auch für Bezüge, deren Erwerb er böswillig unterlässt. Exkurs: Vereinbarung wegen anderweitigen Verdienstes Für den ausscheidenden Steuerberater, der entweder in einem anderen Unternehmen weiterarbeiten möchte oder aber gedenkt, sich selbstständig zu machen, ist es von großer Bedeutung, dass er versucht, in der Wettbewerbsabrede zu vereinbaren, dass ein anderweitiger Verdienst nicht angerechnet bzw. ausgeschlossen wird. Ist dies der Fall, würde dies für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer bedeuten, dass er in jedem Fall eine feste Zahlung der Karenzentschädigung erhält und parallel dazu ohne Anrechnung einen anderweitigen Erwerb erzielen darf. Wenn es zu einer Anrechnung eines anderweitigen Erwerbes kommt, beginnt diese, wenn die Karenzentschädigung und der anderweitige Verdienst 110 % der früheren Bezüge übersteigen. Sofern der Arbeitnehmer gezwungen ist, wegen des Wettbewerbsverbotes seinen Wohnsitz zu verlegen, erhöht sich die Grenze gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 2 HGB auf 125 %.
a) 41
Anrechnung
Anrechnung sämtlicher Einkünfte
Der Arbeitnehmer muss sich sämtliche Einkünfte anrechnen lassen, die er durch eine anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt. Wenn der Arbeitnehmer aus dem beendeten Arbeitsverhältnis noch Einkünfte erzielt, sind diese nicht auf eine Verwertung seiner Arbeitskraft zurückzuführen, sondern beziehen sich noch auf 202
B.
das ehemals bestehende Arbeitsverhältnis. Dabei kann es sich z.B. um Abfindungen handeln oder aber um nachträglich gezahlte Provisionen oder Tantiemen. Diese beziehen sich allesamt auf das ehemalige Arbeitsverhältnis und sind deshalb nicht in die Anrechnung mit aufzunehmen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Arbeitnehmer – was nicht sehr häufig vorkommt – bei seinem alten Arbeitgeber im Rahmen des Dienstverhältnisses gemäß § 611 BGB als Berater weiter tätig ist. In diesen Fällen kommt eine Anrechnung in Betracht, da es sich um eine anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft handelt. Im Regelfall wird es jedoch so sein, dass der ausgeschiedene Arbeitnehmer wiederum als Arbeitnehmer in einem anderen Unternehmen tätig ist. In diesem Fall handelt es sich um eine anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft und eine Anrechnung schlägt voll durch. Dies bedeutet, dass sämtliche Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Grundlohn sowie sämtliche anderweitigen Geld- und Sachleistungen für die Anrechnung im Hinblick auf die Berechnung der Karenzentschädigung anzurechnen sind. Auch Tariferhöhungen beim neuen Arbeitgeber würden dazu führen, dass sich die vom ehemaligen Arbeitgeber zu zahlende Karenzentschädigung mindern würde. Zu berücksichtigen ist, dass bei der Karenzentschädigung immer mit Bruttobeträgen gerechnet wird. Dies bedeutet, dass sich gemäß § 74 Abs. 2 HGB die Höhe der Karenzentschädigung auch nach dem letzten Bruttogehalt richtet. Sofern der ausgeschiedene Arbeitnehmer eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen hat, erfolgt eine Anrechnung in Höhe der erzielten Gewinne. Dabei kommt es maßgeblich auf die Gewinne zum Ende des jeweiligen Geschäftsjahres an. In den meisten Fällen wird der ausgeschiedene Mitarbeiter jedoch bei seiner Selbstständigkeit darauf achten, dass er mindestens in den ersten beiden Jahren seiner Selbstständigkeit sehr viele Verluste macht, so dass eine Anrechnung für den Arbeitgeber im Hinblick auf die von ihm zu zahlende Karenzentschädigung nicht möglich ist oder nur sehr gering ausfällt. Zu berücksichtigen ist, dass auch das vom ausgeschiedenen Arbeitnehmer bezogene Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung anzurechnen ist. Bei der Zahlung von Arbeitslosengeld handelt es sich nämlich um eine Zahlung, die eine so genannte Lohnersatzfunktion hat und das BAG hat entschieden, dass auf das Arbeitslosengeld § 74 c HGB entsprechend anzuwenden ist.24
b)
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Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
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Böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbes
Eine Anrechnung kann sich auch ergeben, wenn es der ausgeschiedene Arbeitnehmer böswillig unterlässt, anderweitigen Erwerb zu erzielen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer entweder überhaupt nicht arbeitet oder z.B. eine Tätigkeit annimmt, bei der er eine erheblich geringere Vergütung erzielt, als er eigentlich auf Grund seiner Ausbildung und seines bisherigen beruflichen Werdeganges erzielen könnte. Grundsätzlich darf gesagt werden, dass die Darlegungsund Beweislast im Hinblick auf die Böswilligkeit eines unterlassenen anderweitigen Erwerbes beim Arbeitgeber liegt und dieser Nachweis in einem Prozess sehr schwer zu führen ist. Das BAG stellt deshalb auch klar, dass man von der Böswilligkeit erst dann ausgehen kann, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit annimmt und dabei seine Interessen vor die Interessen des früheren Arbeitgebers stellt.25 Wenn ein ausscheidender Steuerberater sich entschließt, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Studium zu beginnen, kann nicht von Böswilligkeit ge24 BAG vom 25.06.1985 – 3 AZR 305/83, NJW 1986, 275. 25 BAG vom 23.01.1967 – 3 AZR 253/66, NJW 1967, 1341.
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§ 16 Wettbewerbsverbot
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sprochen werden. Jedenfalls hat sich das BAG zu der Frage noch nicht abschließend geäußert und bis zum jetzigen Zeitpunkt kann jedenfalls eine Böswilligkeit nicht angenommen werden.26 Gleiches gilt auch, wenn der ausscheidende Arbeitnehmer sich selbstständig macht und damit gerechnet werden muss, dass er mindestens im ersten Jahr, wenn nicht sogar in den ersten beiden Jahren so viele Verluste macht, dass eine Anrechnung nicht erfolgt. Böswillig ist dies jedenfalls nicht. Es gibt jedoch eine Entscheidung des BAG aus dem Jahre 2000, nach der auch dann eine Böswilligkeit seitens des ausgeschiedenen Arbeitnehmers nicht anzunehmen ist, wenn er keine anderweitige selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit aufnimmt und sich auch nicht arbeitslos meldet, obwohl die Voraussetzungen für die Zahlung von Arbeitslosengeld vorlagen.27 Nach Auffassung des Unterzeichners dürfte diese Entscheidung nicht zu halten sein, da für den Arbeitnehmer die Möglichkeit bestanden hätte, entweder sich eine neue adäquate Tätigkeit zu suchen, oder sich selbstständig zu machen. Wenn er sich auch nicht arbeitslos meldet und den Bezug von Arbeitslosengeld somit „böswillig“ verhindert, dürfte nach Auffassung des Unterzeichners das Tatbestandsmerkmal Böswilligkeit erfüllt sein. Das BAG sieht dies jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch anders.
c) 47
Bei der Ermittlung des anzurechnenden Betrages muss der Arbeitgeber wie folgt vorgehen. Zunächst addiert er den neuen Monatsverdienst des Arbeitnehmers mit der Summe der Karenzentschädigung. Diesen Betrag setzt er in Bezug zu 110 % des festen Monatsverdienstes bei dem ehemaligen Arbeitgeber. Bei einem Wohnortwechsel wären es 125 %. Es ergibt sich sodann ein Differenzbetrag und diesen zieht man von der Karenzentschädigung (im Regelfall 50 %) ab. Sodann erhält man die noch zu zahlende Karenzentschädigung, bei der der Anrechnungsbetrag schon in Abzug gebracht worden ist. Für den Arbeitgeber ist zu beachten, dass der Anrechnungsbetrag monatlich zu ermitteln ist.
3. 48
16
Ermittlung des anzurechnenden Betrages
Auskunftsanspruch des Arbeitgebers
Damit der ehemalige Arbeitgeber überhaupt die Möglichkeit hat, zu erfahren, ob es zu einer Anrechnung von etwaigem anderweitigen Erwerb kommt, hat er einen Anspruch darauf, dass der ausgeschiedene Arbeitnehmer ihm Auskunft erteilt, wie hoch sein neuer Verdienst ist. Der Arbeitnehmer muss über anderweitige Einkünfte nur dann Auskunft geben, wenn eine Anrechnung überhaupt in Betracht kommt. Allerdings hat der vormalige Arbeitgeber einen Anspruch, dass der Auskunftsanspruch in schriftlicher Form erfolgt. Bei der Auskunftserteilung darf der Arbeitnehmer berücksichtigen, dass er ein starkes Interesse an der Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen hat. Dies soll bei der Auskunftserteilung angemessen berücksichtigt werden. Daraus folgt, dass sich der Umfang der Nachweispflicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB richten soll.28 Wenn der Arbeitnehmer in einem unselbstständigen Arbeitsverhältnis steht, ist er verpflichtet, die letzten Gehaltsabrechnungen sowie die Lohnsteuerkarte vorzulegen. Bei einer Selbstständigkeit ist 26 BAG vom 13.09.1996 – 9 AZR 931/94, NJW 1996, 2677; BB 1996, 1720. 27 BAG vom 16.05.2000 – 9 AZR 203/99, NZA 2001, 26. 28 BAG vom 25.02.1975 – 3 AZR 148/74, NJW 1975, 1247.
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B.
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Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
er verpflichtet, Auskunft über die erzielten Gewinne des letzten Geschäftsjahres zu erteilen. Hierbei soll die Vorlage des Einkommensteuerbescheides ausreichen. Wenn der Arbeitnehmer seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt, steht dem Arbeitgeber gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zu und er ist nicht verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Karenzentschädigung zu zahlen.
4.
Auszahlung der Karenzentschädigung
Gemäß § 74 b Abs. 1 HGB soll die Karenzentschädigung im Regelfall am Monatsende gezahlt werden. Es ist deshalb ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer vereinbart, dass noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses monatlich ein zusätzlicher Betrag überwiesen wird, der zu einem späteren Zeitpunkt – also nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – auf die vom Arbeitgeber zu zahlende Karenzentschädigung anzurechnen ist. Eine solche Regelung wäre unwirksam.29 Es ist für den Arbeitgeber auch nicht möglich, mit dem Arbeitnehmer zu vereinbaren, dass die Karenzentschädigung für einen längeren Zeitraum als 2 Jahre gezahlt wird. Dies würde nämlich bedeuten, dass die gesetzlich festgelegte Grenze im Hinblick auf die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen nicht erreicht wird. Es steht jedoch den Arbeitsvertragsparteien frei, eine andere Fälligkeit für die monatlichen Zahlungen zu vereinbaren. Außerdem können die Parteien vereinbaren, dass der gesamte während der Dauer des Wettbewerbs anfallende Karenzbetrag als Einmalzahlung gezahlt werden kann. Dies ist für den Arbeitgeber jedoch ungünstig, da dieser ja immer noch die Möglichkeit hat, sich auf eine Anrechnung wegen anderweitigen Verdienstes zu berufen. Jedenfalls bedeutet eine Einmalzahlung nicht, dass der Arbeitgeber damit konkludent auf die Möglichkeit der Anrechnung verzichtet.30 Wenn der Arbeitnehmer eine entsprechende Karenzentschädigung erhält, gilt für diese die allgemeine Pfändungsgrenze gemäß § 850 c ZPO. Da es sich bei der Karenzentschädigung um eine Lohnersatzleistung handelt, sind entsprechende Einkünfte wie Arbeitsentgelt aus nicht selbstständiger Arbeit zu versteuern.31
5.
49
Verstoß des Arbeitgebers
Wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht nachkommt, die vereinbarte Karenzentschädigung an den Arbeitnehmer zu zahlen, kann dieser beim zuständigen Arbeitsgericht eine Zahlungsklage einreichen. Zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk der Arbeitgeber seinen Sitz hat oder aber das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer zuletzt tätig war. Der Arbeitgeber könnte im Rahmen eines Verfahrens, in dem der Arbeitnehmer die Karenzentschädigung geltend macht, lediglich einwenden, dass das Wettbewerbsverbot gegebenenfalls unwirksam ist oder aber der Arbeitnehmer im Hinblick auf einen etwaig anderweitigen Erwerb keine Auskunft erteilt hat. Ist Letzteres der Fall, würde der Arbeitgeber einwenden, dass er von seinem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB Gebrauch macht. Außerdem könnte der Arbeitgeber einwenden, dass der Arbeitnehmer sich nicht an die entweder einzelvertraglich vereinbarten oder tarifvertraglich geltenden Ausschlussfristen gehalten hat und diese verstrichen sind. Der Arbeitnehmer sollte tunlichst darauf achten, dass er bei Beste29 BAG vom 14.07.1981 – 3 AZR 414/80, NJW 1982, 903. 30 BAG vom 05.08.1968 – 3 AZR 128/67 – AP HGB § 74 Nr. 24. 31 LAG Hamm vom 01.07.1987 – 15 Sa 237/87, LAGE HGB § 74 Rn. 3.
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hen einer vertraglichen Ausschlussfrist immer monatlich die entsprechende vereinbarte Karenzentschädigung gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht und gegebenenfalls einklagt bzw. im Rahmen einer Klage immer wieder die Klage erweitert. Versäumt der Arbeitnehmer dies, kann es ihm passieren, dass verschiedene monatliche Karenzentschädigungen nicht mehr geltend gemacht werden können. Da der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Karenzentschädigung spätestens zum Monatsende zu zahlen, ist er auch gemäß § 286 Abs. 2 Ziffer 1 BGB ohne Mahnung in Verzug. Der Arbeitnehmer kann Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB verlangen. Zwar ist der Arbeitnehmer kein Verbraucher im Sinne von § 13 BGB, jedoch ist er erst recht kein Unternehmer gemäß § 14 BGB, so dass ihm in jedem Fall „nur“ ein Zinssatz in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zusteht. Es besteht für den Arbeitnehmer auch noch die Möglichkeit, den Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung aufzufordern und im gleichen Schreiben anzudrohen, dass er bei Nichtzahlung und Verstreichen der Frist von dem Wettbewerbsverbot gemäß § 323 BGB zurücktritt. Kommt es zum Rücktritt seitens des Arbeitnehmers bedeutet dies, dass das Wettbewerbsverbot für beide Seiten keine Bedeutung mehr hat, der Arbeitgeber keine Karenzentschädigung mehr zahlen muss und der Arbeitnehmer sofort in Konkurrenz zum Arbeitgeber treten kann.
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Verstoß des Arbeitnehmers
Wenn der Arbeitnehmer gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot verstößt, muss sich der Arbeitgeber entscheiden, ob er daran noch festhalten will oder aber ob er ein Festhalten an dem Wettbewerbsverbot nicht mehr für sinnvoll erachtet und sodann gegebenenfalls Schadensersatz geltend macht. Wenn der Arbeitgeber die Vermutung hat, dass der Arbeitnehmer in Konkurrenz zu ihm getreten ist, hat er einen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat auch einen Anspruch auf Unterlassung, jedoch nur dann, wenn zum Zeitpunkt der Geltendmachung auch noch ein berechtigtes geschäftliches Interesse an dem Wettbewerbsverbot besteht. Sofern feststeht, dass der Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat, entfällt die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der Karenzentschädigung.32 Wenn die Parteien vereinbart haben, dass die gesamte Karenzentschädigung für die Dauer von 2 Jahren als Einmalzahlung erbracht werden soll und diese auch erbracht worden ist, hat der Arbeitgeber bei Feststehen des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot einen Anspruch auf Rückzahlung des Betrages nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 BGB. Allerdings kann sich der Arbeitnehmer auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Der Arbeitgeber kann auch vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurücktreten. Wenn der Arbeitgeber von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht hat, führt dies dazu, dass der Arbeitgeber nur für die Monate die gezahlten Raten zurückverlangen kann, in denen der Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat. Gemäß § 325 BGB ist die Geltendmachung von Schadensersatz neben dem erfolgten Rücktritt nach der Schuldrechtsreform nunmehr möglich. Gemäß § 280 BGB kann der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot seitens des Arbeitnehmers von diesem Schadensersatz verlangen. 32 BAG vom 05.08.1968 – 3 AZR 128/67 – AP HGB § 174 Nr. 24.
206
B.
Sofern eine Vertragsstrafe in dem Wettbewerbsverbot verankert ist, kann der Arbeitgeber sich auch auf diese berufen und diese entsprechend geltend machen. Die Anwendbarkeit und Wirksamkeit einer Vertragsstrafe ist anerkannt und nachdem nunmehr auch klar ist, dass auf Arbeitsverträge das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß den §§ 305 bis 310 BGB, also eine AGBKontrolle, anzuwenden ist, wird trotzdem von einer Wirksamkeit ausgegangen werden können.
VI.
Beginn und Wirkung des Wettbewerbsverbotes
1.
Beginn und Ende
Sofern die Parteien ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbart haben, tritt dieses unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses an dessen Stelle. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der Karenzentschädigung gilt unabhängig von der Dauer des bestandenen Arbeitsverhältnisses. Sie kann bereits während der Probezeit entstehen, jedoch gibt es für den Arbeitgeber die Möglichkeit, das Inkrafttreten des Wettbewerbsverbotes davon abhängig zu machen, ob der Arbeitnehmer die Probezeit „besteht“. Wenn der Arbeitnehmer seinen Dienst erst gar nicht antritt, soll ein entsprechendes Wettbewerbsverbot mit der Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung nicht gelten. Dies soll nur gelten, wenn der Arbeitsantritt auch tatsächlich erfolgte.33 Sofern der Arbeitnehmer seinen Dienst nicht antritt, jedoch im Vorfeld vom zukünftigen Arbeitgeber bereits detaillierte Informationen über den Betrieb erhalten hat, die dazu geeignet sind, ein späteres Wettbewerbsverbot aufrecht zu erhalten, soll das Wettbewerbsverbot auch bereits dann gelten, wenn ein Arbeitsantritt nicht erfolgt ist. Wenn die Parteien ein Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart haben, gilt dieses bis zum Ende des vereinbarten Verbotszeitraums. Dies gilt auch dann, wenn es dem Arbeitnehmer aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich ist, seinem frühren Arbeitgeber Konkurrenz zu machen.34 Dies bedeutet, dass ein Wettbewerbsverbot auch sogar noch dann gilt, wenn der ehemalige Arbeitgeber seinen Betrieb stillgelegt hat. Jedoch wird es keine Wirkung mehr entfalten, da jedenfalls kein berechtigtes geschäftliches Interesse des (ehemaligen) Arbeitgebers vorliegt, wenn er seinen Betrieb stillgelegt hat. Dies ergibt sich aus § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB. Der Arbeitnehmer ist also nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden. Das Wettbewerbsverbot bleibt auch dann in Kraft, wenn es dem Arbeitnehmer nicht möglich ist, eine Konkurrenztätigkeit aufzunehmen, weil er beispielsweise in der Elternzeit ist oder es sich um eine langwierige dauerhafte Arbeitsunfähigkeit handelt. Es spielt nämlich keine Rolle, warum der frühere Arbeitnehmer den Wettbewerb unterlässt. Auch bei Erreichen des gesetzlichen Rentenalters gilt das Wettbewerbsverbot grundsätzlich weiter.35 Man sollte jedoch in einem Wettbewerbsverbot aufnehmen, dass die Wirkung mit Erreichung des 65. Lebensjahres endet.
2.
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Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses 57
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Verzicht des Arbeitgebers
Nur für den Arbeitgeber besteht die Möglichkeit, gemäß § 75 a HGB auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten. Für den Arbeitgeber spielt diese Möglichkeit immer dann eine Rolle, wenn er 33 BAG vom 26.05.1992 – 9 AZR 27/91, NZA 1992, 976. 34 BAG vom 13.02.1996 – 9 AZR 931/94, NJW 1996, 2677. 35 BAG vom 26.02.1985 – 3 AZR 162/84, NZA 1985, 809.
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§ 16 Wettbewerbsverbot
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an einem Wettbewerbsverbot gar nicht mehr interessiert ist und erreichen möchte, dass er nicht verpflichtet wird, für die Dauer von 2 Jahren die entsprechende Karenzentschädigung zu zahlen. Der Arbeitgeber kann den Verzicht durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer ausüben. Wirksam kann er nur ausgesprochen werden, wenn der Verzicht schriftlich gegenüber dem Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Sofern eine fristlose Kündigung ausgesprochen worden ist, muss die Verzichtserklärung spätestens gleichzeitig mit der Kündigung ausgesprochen werden. Die Folge der Verzichtserklärung seitens des Arbeitgebers ist, dass sich die Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung auf ein Jahr, bezogen auf den Zeitpunkt des Zugangs der Verzichtserklärung, beschränkt. Dabei muss der Arbeitgeber jedoch berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer sofort eine Konkurrenztätigkeit aufnehmen kann. Wenn der Arbeitgeber also bereits frühzeitig abschätzen kann, dass er an einer Wettbewerbsabrede gar nicht mehr interessiert ist, sollte er frühzeitig den Verzicht erklären, da er sodann ab Zugang der Verzichtserklärung nur noch für eine Dauer von einem Jahr verpflichtet ist, die vereinbarte Karenzentschädigung zu zahlen. Bei Kündigungsfristen in Angestelltenverhältnissen mit Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern oder Rechtsanwälten ist es nicht unüblich, dass Kündigungsfristen von 3 Monaten zum Quartalsende oder von 6 Monaten zum Monatsende vereinbart worden sind, so dass sich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der Karenzentschädigung auf einige wenige Monate erstreckt. Wenn zwischen den Parteien jedoch nur die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart worden ist, muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass der Arbeitnehmer eine Eigenkündigung zum 15. oder zum Ende eines Monats ausspricht und sich dann sofort der Konkurrenztätigkeit widmen kann. In diesem Fall wäre der Arbeitgeber noch verpflichtet, für einen Zeitraum von 11 Monaten weiterhin die Karenzentschädigung zu zahlen, unabhängig von der Tatsache, dass der Arbeitnehmer bereits frühzeitig eine Konkurrenztätigkeit aufnehmen könnte oder aufgenommen hat. Selbstverständlich ist es möglich, dass beide Parteien einvernehmlich das Wettbewerbsverbot aufheben. Dies ist sogar in mündlicher Form möglich, auch wenn in einem Arbeitsvertrag bestimmt ist, dass Änderungen der Schriftform bedürfen. Durch die Vereinbarung, dass das Wettbewerbsverbot nicht mehr gelten soll, soll auch gleichzeitig konkludent der Passus aufgehoben werden, der für Änderungen die Schriftform vorsieht.36 Eine konkludente Aufhebung der Wettbewerbsklausel ist nach Auffassung des Unterzeichners nicht möglich, da der Gesetzgeber das Schriftformerfordernis für die Wettbewerbsabrede festgelegt hat. Im Umkehrschluss sollte eine wirksame Aufhebung des Wettbewerbsverbotes nur durch Schriftform oder ausdrückliche mündliche Vereinbarung möglich sein. Wenn die Parteien im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht eine so genannte Ausgleichsklausel vereinbaren, nach der sämtliche gegenseitigen Ansprüche egal aus welchem Rechtsgrund mit Abschluss des Vergleiches erledigt sind, so soll hiervon auch gleichzeitig eine Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes umfasst werden.37
36 BAG vom 10.01.1989 – 3 AZR 460/87, NJW 1989, 2149. 37 BAG vom 31.07.2002 – 10 AZR 513/01, NZA 2003, 10; BAG vom 19.11.2003 – 10 AZR 174/03, BB 2004, 1280.
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B.
3.
Nachträgliches Wettbewerbsverbot bei Kündigungen
a)
Arbeitnehmerkündigung
Sofern der Arbeitnehmer eine ordentliche Eigenkündigung ausspricht, ergeben sich keine Probleme, da es sich um den normalen Fall des Eingreifens eines Wettbewerbsverbotes handelt. Spricht der Arbeitnehmer eine berechtigte fristlose Eigenkündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB aus, greift § 75 Abs. 1 HGB ein. Dies bedeutet, dass ein vereinbartes Wettbewerbsverbot dann unwirksam wird, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf eines Monats nach der Kündigung schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erklärt, dass er sich an die Vereinbarung des Wettbewerbsverbotes nicht mehr gebunden fühlt. Für den Arbeitnehmer ist jedoch dringend zu beachten, dass er ebenfalls einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB haben muss und er die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB wahren muss. Wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Monats die entsprechende Erklärung abgibt, bleibt das Wettbewerbsverbot wirksam.
b)
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Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
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Arbeitgeberkündigung
Sofern der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung ausspricht, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer Anlass für die Kündigung gegeben hat oder nicht. Sofern dies der Fall ist, bleibt der Arbeitnehmer an die Wettbewerbsabrede gebunden. Wenn kein erheblicher Grund vorlag, ist der Arbeitnehmer nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden und er hat das Wahlrecht, ob er das Wettbewerbsverbot gelten lassen möchte oder nicht. Aus dem eben Gesagten ergibt sich, dass ein erheblicher Anlass niemals ein betriebsbedingter Grund sein kann, sondern allenfalls ein verhaltens- bzw. personenbedingter Grund. Wenn der Arbeitgeber das Wettbewerbsverbot bei einer ordentlichen Kündigung durchsetzen möchte, ist er gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 HGB verpflichtet, für die Dauer des vereinbarten Wettbewerbsverbotes den zuletzt bezogenen Verdienst in voller Höhe dem Arbeitnehmer weiter zu zahlen. Wenn dem Arbeitgeber ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB für eine fristlose Kündigung zur Verfügung steht, soll er in analoger Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB ein Wahlrecht haben und kann innerhalb eines Monats nach Zugang der außerordentlichen Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer schriftlich erklären, dass er sich an das Wettbewerbsverbot nicht mehr gebunden fühlt. Dies würde bedeuten, dass der Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung befreit ist.
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Checkliste: v Schriftform der Wettbewerbsabrede v Vereinbarung der Karenzentschädigung in Höhe von mindestens der Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen v Berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers v Keine unbillige Härte im Hinblick auf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers v Höchstdauer von 2 Jahren beachten v Kein bedingtes Wettbewerbsverbot v Einvernehmliche Aufhebung oder Verzicht v § 75 HGB – Lösung des Arbeitgebers vom Wettbewerbsverbot v Aufhebung des Wettbewerbsverbotes
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§ 17 Anhang: Musterverträge A.
Muster: Anstellungsvertrag für Steuerberater Anstellungsvertrag für Steuerberater zwischen dem/der Steuerberater/in ………………………………………………………………… – Firma – und Herrn/Frau ……………………………………………………………………………… – Mitarbeiter/in – wird folgender Dienstvertrag geschlossen: §1 (1) (2)
§2 (1)
(2)
(3) (4)
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§3
210
Beginn des Arbeitsverhältnisses Das Arbeitsverhältnis beginnt am ….………………. Vor seinem Beginn ist die ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Tätigkeit Der/Die Mitarbeiter/in wird als Steuerberater/in in der Firma eingestellt. Der/Die Mitarbeiter/in hat die Aufgabe, die Auftraggeber der Firma in Steuersachen zu beraten und ihnen bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Ihm/ihr werden insbesondere folgende Aufgaben übertragen: – – – – Der/Die Mitarbeiter/in hat die ihm/ihr übertragenen Aufgaben alleinverantwortlich und unter Beachtung der geltenden Berufspflichten auszuführen. Er/Sie unterliegt den Weisungen der Firma, soweit sie dem/der Mitarbeiter/in Freiheit zum pflichtgemäßen Handeln im Sinne des § 60 Abs. 2 StBG geben. Der Arbeitsort befindet sich in: …………………………………………………… Die Einstellung erfolgt unter der Voraussetzung fachlicher und gesundheitlicher Eignung für die vorgesehene Aufgabe. Der/Die Mitarbeiter/in erklärt sich mit einer für ihn/sie unentgeltlichen Untersuchung durch einen Vertrauensarzt, der von der Firma benannt wird, einverstanden. Der/Die Mitarbeiter/in entbindet den Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht, allerdings nur, soweit es zur Beurteilung des/der Mitarbeiters/in notwendig ist. Arbeitszeit Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich.
A. Muster: Anstellungsvertrag für Steuerberater §4 (1) (2)
(3)
Vergütung Der/Die Mitarbeiter/in erhält für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit eine monatliche Vergütung von ……… ……………. Euro brutto (in Worten: ………………………… Euro brutto). Die Vergütung ist jeweils zum 01. des Folgemonats bargeldlos zu zahlen. Der/Die Mitarbeiter/in ist verpflichtet, ein Konto oder ein gemeinschaftliches Konto zu unterhalten und der Firma seine/ihre Kontodaten mitzuteilen. Wird ein gemeinschaftliches Konto unterhalten, muss der/die Mitarbeiter/in erklären, dass die Firma mit schuldbefreiender Wirkung auf dieses Konto die Vergütung zahlen darf. Mit der unter § 4 Abs. 1 genannten Vergütung sind Mehrarbeit und Überstunden abgegolten.
§5 (1) – – – –
Sonstige Vergütungen Der/Die Mitarbeiter/in erhält folgende sonstige Vergütungen: ein 13. Monatsgehalt als zusätzliche Vergütung Zuschuss zu einer Direktversicherung gemäß § 40 b EStG in Höhe von ……………………. Euro Vermögenswirksame Leistungen in Höhe von …………………… Euro Weihnachtsgeld in Höhe von ………………….. Euro Das Weihnachtsgeld wird mit der Novembervergütung ausgezahlt.
§6 (1)
Freiwilligkeitsvorbehalt Die Zahlung von Weihnachtsgeld erfolgt freiwillig und auch durch mehrmalige Zahlung wird ein Rechtsanspruch für die Zukunft nicht begründet. Die Firma kann die Gratifikation zurückfordern, wenn der/die Mitarbeiter/in auf Grund eigener Kündigung oder auf Grund von ihm/ihr zu vertretender außerordentlicher oder verhaltensbedingter ordentlicher Kündigung der Firma bis zum 31.03. des auf die Auszahlung folgende Kalenderjahres ausscheidet, wenn das Weihnachtsgeld jeweils mindestens ein Monatgehalt beträgt bzw. bei Kündigung bis zum 31.03. des folgenden Kalenderjahres ausscheidet, sowie das Weihnachtsgeld jeweils ein Monatsgehalt übersteigt. Dies gilt nicht, wenn das Weihnachtsgeld den Betrag von jeweils 100,00 € nicht übersteigt. Die Firma ist berechtigt, die Rückzahlungsforderung mit etwa verbleibenden Vergütungsansprüchen zu verrechnen.
(2)
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§7
Zeichnungsrecht In den ihm/ihr übertragenen steuerlichen Angelegenheiten ist der/die Mitarbeiter/in zur Zeichnung berechtigt. Ein weitergehendes Zeichnungsrecht ist gesondert zu vereinbaren. Die Zeichnung hat wie folgt zu erfolgen: …………………………………………………………………………
§8
Verschwiegenheit Die Pflicht des/der Mitarbeiters/in zur Verschwiegenheit erstreckt sich auf alles, was ihm/ihr in Ausübung und bei Gelegenheit seiner/ihrer Berufstätigkeit anvertraut oder bekannt geworden ist. Die Verschwiegenheitspflicht besteht gegenüber jedermann, sie besteht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fort. Gesetzliche Auskunftspflichten bleiben davon unberührt.
§9 (1) (2)
Berufshaftpflichtversicherung Die Firma wird die Haftpflichtgefahren aus der Tätigkeit des/der Mitarbeiters/in, die sich im Rahmen dieses Arbeitsvertrages ergeben, in seine Berufshaftpflichtversicherung einbeziehen lassen. Die Firma zahlt auch die entsprechenden Beiträge zur Steuerberaterkammer.
§ 10 (1)
Gehaltsverpfändung und Gehaltsabtretung Der/Die Mitarbeiter/in darf seine/ihre Vergütungsansprüche weder verpfänden noch abtreten. 211
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§ 17 (2)
Die Kosten, die der Firma durch Bearbeitung von Pfändungen, Verpfändungen und Abtretungen der Vergütungsansprüche des/der Mitarbeiters/in entstehen, trägt der/die Mitarbeiter/in. Diese Kosten werden pauschaliert mit 15,00 € pro Pfändung in Ansatz gebracht.
§ 11 (1)
Reisekostenvergütung Dienstreisen und Dienstfahrten kann der/die Mitarbeiter/in nur nach Absprache mit der Firma ausführen. Er/Sie ist verpflichtet, über etwaige Fahrten genaue Aufzeichnungen zu führen und Belege vorzulegen. Für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges werden dem/der Mitarbeiter/in 0,30 € pro Kilometer vergütet. Bei der Benutzung der Deutschen Bahn hat der/die Mitarbeiter/in Anspruch auf Vergütung der Fahrtkosten für die ……….. Klasse. Im Übrigen werden die lohnsteuerlich anerkannten Sätze für Verpflegung und Übernachtung vergütet.
(2)
§ 12 (1)
(2)
(3)
(4)
§ 13 (1)
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(2)
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Anhang: Musterverträge
Urlaub Der Urlaubsanspruch des/der Mitarbeiters/in richtet sich grundsätzlich nach dem Bundesurlaubsgesetz. Mit dem/ der Mitarbeiter/in werden zurzeit …………….. Arbeitstage als Urlaub vereinbart. Der Zeitpunkt des Urlaubsantritts ist unter Berücksichtigung der Geschäftsinteressen und der persönlichen Interessen des Mitarbeiters festzulegen. Ist zum Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaubsanspruch noch nicht erfüllt, ist der Urlaub soweit dies unter Berücksichtigung betrieblicher Interessen möglich ist, während der Kündigungsfrist zu gewähren und zu nehmen. Soweit der Urlaub nicht gewährt werden kann oder die Kündigungsfrist nicht ausreicht, ist der Urlaub abzugelten. Sofern Jahresurlaub aus betriebsbedingten Gründen oder krankheitsbedingt innerhalb des laufenden Kalenderjahres ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann, verfällt dieser Urlaub oder der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit Ablauf des 31.03. des nachfolgenden Kalenderjahres, wenn nicht seine ausdrückliche schriftliche Verlängerung durch die Arbeitgeberin gewährt wird. Hat der/die Mitarbeiter/in im Zeitpunkt seines/ihres Ausscheidens aus der Firma mehr Urlaub erhalten, als ihm/ihr zusteht, so hat er/sie den Mehrbetrag zurückzuzahlen. Dies gilt nicht hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubes von zurzeit 24 Werktagen, wenn die Überzahlung darauf beruht, dass der/die Mitarbeiter/in nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet. Die Urlaubsabgeltung entfällt ausnahmsweise, wenn der/die Mitarbeiter/in durch eigenes, schwerwiegendes Verschulden aus einem Grund entlassen wurde, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt oder das Arbeitsverhältnis vorzeitig gelöst hat und in diesen Fällen eine grobe Verletzung der Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis vorliegt. Arbeitsverhinderung Der/Die Mitarbeiter/in erklärt, dass er/sie arbeitsfähig ist, an keiner ansteckender Krankheit leidet und keine sonstigen Umstände vorliegen, die ihm/ihr die vertraglich zu leistende Arbeit jetzt oder in naher Zukunft wesentlich erschweren oder unmöglich machen. Der/Die Mitarbeiter/in erklärt weiter, dass er/sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Bestimmungen des Gesetzes SGB IX (Schwerbehindertenrecht) nicht unterliegt. Sofern etwa die Voraussetzungen dafür später eintreten wird er/sie die Firma hiervon unverzüglich in Kenntnis setzen. Der/Die Mitarbeiter/in ist verpflichtet, der Firma jede Dienstverhinderung spätestens eine Stunde vor Arbeitsbeginn oder aber unverzüglich nach Kenntnis der Dienstverhinderung sowie die voraussichtliche Dauer telefonisch anzuzeigen. Auf Verlangen sind die Gründe der Dienstverhinderung mitzuteilen. Im Falle der Erkrankung ist der/die Mitarbeiter/in verpflichtet, vor Ablauf des 3. Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, so ist der/die Mitarbeiter/in unverzüglich verpflichtet, innerhalb von 3 Tagen eine neue ärztliche Bescheinigung einzureichen und die erneute(n)
A. Muster: Anstellungsvertrag für Steuerberater
(4) (5)
(6)
Dienstverhinderung(en) eine Stunde vor Arbeitsbeginn oder aber unverzüglich nach Kenntnis der Dienstverhinderung nach Ablauf des letzten Tages der vorgehenden bescheinigten Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen. Der/Die Mitarbeiter/in ist insbesondere verpflichtet, die Firma am letzten Tag der vermeintlichen Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, ob er/sie am nächsten Tag ordnungsgemäß zum Dienstantritt erscheint. Arztbesuche erfolgen grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit. Wenn dies im begründeten Einzelfall nicht möglich ist, ist der/die Mitarbeiter/in verpflichtet, dies seinem/seiner Vorgesetzten unverzüglich anzuzeigen. Der behandelnde Arzt muss die Notwendigkeit des Besuches während der Arbeitszeit bescheinigen. Bei notwendiger Pflege eines minderjährigen, erkrankten Kindes ist die Firma zuvor von der Pflegebedürftigkeit unverzüglich zu informieren. Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist insoweit durch den/die Mitarbeiter/in sicherzustellen.
§14
Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall Ist der/die Mitarbeiter/in infolge auf Krankheit beruhender Arbeitsunfähigkeit an der Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihm/sie ein Verschulden trifft, so erhält er/sie Gehaltsfortzahlung für die Dauer von 6 Wochen nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes in seiner jeweiligen Fassung.
§ 15
Arbeits- und Geschäftsunterlagen Die Anfertigung von Aufzeichnungen und Unterlagen aller Art erfolgt ausschließlich zu dienstlichen Zwecken und für den dienstlichen Gebrauch. Der/die Mitarbeiter/in wird alle Aufzeichnungen, Entwürfe, Korrespondenzen, Notizen, Personalunterlagen, Pläne und Unterlagen jeder Art sowie davon etwa gefertigte Abschriften oder Kopien oder Mehrstücke ordnungsgemäß aufbewahren und dafür Sorge tragen, dass Dritte nicht Einsicht nehmen können. Dies gilt auch für gespeicherte Daten. Jede Anfertigung von Kopien oder Mehrstücken für andere als dienstliche Zwecke ist unzulässig. Die genannten Gegenstände sind bei tatsächlicher Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unverzüglich und unaufgefordert sowie vollständig an die Firma herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht ist stets ausgeschlossen. Auf Wunsch der Firma wird der/die Mitarbeiter/in ausdrücklich versichern, die genannten Gegenstände vollständig herauszugeben und insbesondere keine Abschriften oder Kopien oder Mehrstücke angefertigt und behalten zu haben, sofern dies auch tatsächlich der Fall ist.
§ 16 (1)
Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses Der/Die Mitarbeiter/in hat seine/ihre gesamte Arbeitskraft ausschließlich für die Belange der Firma zur Verfügung zu stellen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung berechtigt die Firma zur fristlosen Kündigung. Von der vorstehenden Regelung ist eine Tätigkeit ausgenommen für: – – – oder eine von der Firma schriftlich genehmigte Tätigkeit. Jede Nebentätigkeit, gleichgültig, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich ausgeführt wird, bedarf der vorherigen Zustimmung der Firma. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Nebentätigkeit die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zeitlich nicht oder nicht wesentlich behindert oder sonstige berechtigte Interessen der Firma nicht beeinträchtigt werden. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung hat der/die Mitarbeiter/in eine Vertragsstrafe in Höhe des doppelten Betrages der hierfür vereinnahmten Honorare an die Firma abzuführen. Unbeschadet des Zahlungsanspruchs gegen den/die Mitarbeiter/in hat die Firma ein Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht an den Gehaltsbezügen und sonstiger Vergütung des/der Mitarbeiter/in. Die Vertragsstrafe wird auch ohne den Nachweis eines durch die Vertragsverletzung erlittenen Schadens bewirkt. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadens bleibt vorbehalten.
(2)
(3)
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§ 17 § 17 (1)
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– (2)
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§ 18 (1)
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Anhang: Musterverträge Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses/Mandantenschutzklausel Für den Fall, dass die Vertragspartner übereinstimmend das Arbeitsverhältnis auflösen oder aber das Arbeitsverhältnis durch Kündigung aufgelöst wird, verpflichtet sich der/die Mitarbeiter/in innerhalb von 2 Jahren nach seinem/ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, gerechnet vom Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nicht für eigene Rechnung in eigener Praxis als Steuerberater/in für eigene Rechnung in sonstiger Weise oder als Mitarbeiter/in in einer Sozietät als Geschäftsführer/in oder als persönlich haftende/r Gesellschafter/in einer Steuerberatungsgesellschaft für solche Auftraggeber tätig zu werden, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder in den letzten 6 Monaten davor Mandanten der Firma sind oder gewesen sind, jede Einflussnahme auf Mandanten des im vorgenannten Absatz genannten Kreises zu unterlassen, die darauf abzielt, die Firma aus einem Auftrag zu drängen. Die Firma zahlt dem/der Mitarbeiter/in für die Dauer der in Abs. (1) vereinbarten Mandantenschutzklausel eine Entschädigung in Höhe von 50 % der zuletzt von ihm/ihr bezogenen vertragsgemäßen Leistung unter Anrechnung dessen, was der/die Mitarbeiter/in während der Dauer des Mandantenschutzes durch anderweitige Verwertung seiner/ihrer Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Dies gilt jedoch nur in soweit, als die Entschädigung unter Hinzurechnung dessen, was der/die Mitarbeiter/in durch anderweitige Verwendung seiner/ihrer Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, den Betrag der zuletzt von ihm/ihr bezogenen vertragsmäßigen Leistung um mehr als 10 % -falls der/die Mitarbeiter/in auf Grund der Mandantenschutzklausel zur Verlegung seines/ihres Wohnsitzes gezwungen ist um mehr als 25 %- übersteigt. Entsprechendes gilt, wenn der/die Mitarbeiter/in zwischenzeitlich Arbeitslosenunterstützung erhält. Die Entschädigung wird jeweils am Ende eines Kalendermonats gezahlt. Der/Die Mitarbeiter/in verpflichtet sich, während der Dauer des Mandantenschutzes der Firma jederzeit auf Verlangen unaufgefordert, spätestens am Ende eines Kalenderjahres Auskunft über die Höhe seines Erwerbes zu erteilen und den Namen sowie die Anschrift seines/ihres jeweiligen Arbeitgebers mitzuteilen. Nach Ablauf eines Kalenderjahres ist er/sie verpflichtet, seine/ihre Lohnsteuerkarte vorzulegen. Bei Unterbleiben dieser Mitteilung ist die Firma zur Zurückhaltung der laufenden Karenzentschädigung berechtigt. Der/Die Mitarbeiter/in verpflichtet sich, für jeden Fall der Verletzung des Mandantenschutzes nach Abs. (1) eine Vertragsstrafe in Höhe des 2fachen Jahreshonorares, das im Durchschnitt der letzten 3 Jahre aus dem Mandat erzielt wurde, zu zahlen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens wird vorbehalten. Beendigung des Arbeitsverhältnisses Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der/die Mitarbeiter/in das 65. Lebensjahr vollendet, durch Erwerbsunfähigkeit oder durch Kündigung. Es endet in jedem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der/die Mitarbeiter/in eine Rente wegen Alters nach Maßgabe der §§ 35 bis 42 SGB VI bezieht. Wird durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, dass der/die Mitarbeiter/in auf Dauer erwerbsunfähig ist, so endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird. Beginnt die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach der Zustellung des Rentenbescheides, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit (§ 102 Abs. 2 SGB VI) gewährt wird. In diesem Falle ruht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten von dem Tage an, der auf den nach Satz 1 oder 2 maßgeblichen Zeitpunkt folgt, bis zum Ablauf des Tages, bis zu dem die Zeitrente bewilligt wird, längstens jedoch bis zum Ablauf des Tages, an dem das Arbeitsverhältnis endet. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Die Kündigungsfrist richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.
A. Muster: Anstellungsvertrag für Steuerberater
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Hinweis: Sofern die Firma möchte, dass der Steuerberater länger an die Firma gebunden ist, kann auch vereinbart werden, dass für beide Parteien eine Kündigungsfrist von z.B. 3 Monaten zum Ende eines Kalendermonates oder von 6 Monaten zum Ende eines Kalendermonates gilt. (4) Falls es aus betrieblichem Geheimhaltungsinteresse oder aus sonstigen Gründen unabweislich notwendig ist, ist die Firma berechtigt, den/die Mitarbeiter/in im Falle einer Kündigung dieses Vertrages, unabhängig davon, durch wen sie erfolgt ist, bis zu seiner Beendigung mit anderen Arbeiten zu beschäftigen oder, wenn zumutbare Arbeiten nicht vorliegen, ihn/sie unter Fortzahlung seiner/ihrer Bezüge zu beurlauben bzw. widerruflich vom Dienst freizustellen unter Anrechnung des ihm noch zustehenden Resturlaubes. Der Resturlaub wird genau berechnet und die Daten werden im Rahmen der Freistellung exakt angegeben. Der/Die Mitarbeiter/in ist dann, sofern nicht schriftlich ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, berechtigt, frei über seine/ihre Arbeitskraft zu verfügen, muss aber selbstverständlich seinen Verpflichtungen im Hinblick auf Geheimhaltung und Verschwiegenheit nachkommen. Außerdem muss sich der/die Mitarbeiter/in Zwischenverdienste anrechnen lassen. Durch die Freistellung erledigen sich etwaige Resturlaubsansprüche des/der Mitarbeiters/in. (5) Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. § 19 (1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Benutzung der betrieblichen Telekommunikationsmittel und Datenverarbeitunganlagen Die Nutzung des betrieblichen Internetanschlusses sowie die Nutzung des E-Mail-Systems darf ausschließlich für dienstliche Zwecke erfolgen. Eine private Nutzung durch den/die Mitarbeiter/in ist nicht gestattet. Das Internet darf nur mit der gültigen persönlichen Zugangsberechtigung genutzt werden. User-ID und Passwort dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden. Es dürfen keine fremden Programme/Dateien auf die Festplatte kopiert, über Diskette, CD-Rom, ähnliche Datenträger oder das Internet auf dem Rechner installiert und/oder eingesetzt werden. Auf Virenkontrolle ist zu achten. Virenschutzprogramme sind zu nutzen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Auftretenden Störungen, die mit einem Virenbefall in Zusammenhang stehen könnten, sind umgehend der Netzverwaltung, dem Systemadministrator bzw. der Geschäftsleitung der Firma zu melden. Das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von rechtswidrigen Inhalten, insbesondere rassistischer oder pornographischer Art ist strengstens untersagt und wird bei Zuwiderhandlung mit einer fristlosen Kündigung belegt. Die Firma ist berechtigt, jede Nutzung des E-Mail-Systems und des Internets für die Dauer von maximal 3 Monaten zu speichern, um die Einhaltung der obigen Bestimmungen anhand der gespeicherten Daten zu überprüfen. Der/ Die Mitarbeiter/in erteilt insoweit seine Einwilligung gemäß § 4 a BDSG. Für den Fall seiner betrieblichen Abwesenheit (Urlaub, Krankheit etc.) hat der/die Mitarbeiter/in eigenverantwortlich eine automatisierte Antwort an den Absender eingehender E-Mails einzurichten, die den Absender über die Abwesenheit des Mitarbeiters informiert und einen Hinweis auf den zuständigen Vertreter und dessen Telefonnummer und E-Mail-Adressen enthält. Verstöße gegen die vorstehenden Regelungen haben arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge.
§ 20
Vorteilsannahme Es ist dem/der Mitarbeiter/in untersagt, Geschenke oder Vergünstigungen zu eigenem oder fremden Vorteil von solchen Personen oder Unternehmen zu fordern oder sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, die mit der Firma Geschäftsbeziehungen anstreben oder unterhalten. Als Annahme von Vergünstigungen werden jedoch nicht angesehen, Einladungen oder Gepflogenheiten anderer Art, die sich im normalen Geschäftsverkehr ergeben.
§ 21 (1)
Vertragsstrafen Nimmt der/die Mitarbeiter/in die Arbeit nicht oder verspätet auf, löst er/sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auf, ohne einen Grund zur fristlosen Kündigung zu haben, verweigert 215
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§ 17
(2) (3)
§ 22 (1)
(2) (3) § 23 (1)
(2)
§ 24 (1) (2)
(3)
– – –
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§ 25
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Anhang: Musterverträge er/sie vorübergehend die Arbeit oder wird die Firma durch vertragswidriges Verhalten des/der Mitarbeiter/in zu einer außerordentlichen Kündigung veranlasst, so hat der/die Mitarbeiter/in an die Firma eine Vertragsstrafe zu zahlen. Als Vertragsstrafe wird für den Fall der verspäteten Aufnahme der Arbeit ein Bruttomonatsgehalt festgelegt. Bei anderen Verstößen beträgt die Strafe ein Bruttotagesentgelt für jeden Fall der Zuwiderhandlung. Verstößt der/der Mitarbeiter/in gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung aus § 8 so wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 € vereinbart. In diesem Zusammenhang verzichtet der/die Mitarbeiter/in bereits jetzt auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs. Öffnungsklausel Die Parteien sind sich darüber einig, dass die mit dem Betriebsrat bereits abgeschlossenen und noch abzuschließenden Betriebsvereinbarungen den Regelungen in diesem Vertrag oder anderen einzelvertraglichen Absprachen auch dann vorgehen, wenn die vertragliche Regelung im Einzelfall günstiger ist. Im Übrigen geltend die allgemeinen Arbeitsbedingungen der Firma in ihrer jeweils gültigen Fassung soweit sich nicht aus diesem Arbeitsvertrag etwas anderes ergibt. Die einschlägigen Betriebsvereinbarungen/allgemeinen Arbeitsbedingungen können im Personalbüro eingesehen und auf Verlangen ausgehändigt werden. Ausschlussfristen Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab und erklärt sie sich nicht innerhalb eines Monats nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Besondere Vereinbarungen Der/Die Mitarbeiter/in erklärt sich damit einverstanden, dass seine/ihre personenbezogenen Daten automatisiert gespeichert und verarbeitet werden. Hat der/die Mitarbeiter/in Entgelt oder sonstige Geldleistungen von der Firma zu viel erhalten, kann er/sie sich auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, wenn die rechtsgrundlose Überzahlung so offensichtlich war, dass der/die Mitarbeiter/in dies hätte erkennen müssen oder wenn die Überzahlung auf Umständen beruht, die der/die Mitarbeiter/in zu vertreten hat. Wenn der/die Mitarbeiter/in an einer Fort- und Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen hat, die die Firma angeordnet und deren Kosten übernommen hat, verpflichtet sich der/die Mitarbeiter/in bei einer eigenen Kündigung oder bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die ihren Grund in der Person oder im Verhalten des/der Mitarbeiters/in hat, bei einem Ausscheiden die angefallenen Kosten wie folgt an die Firma zurückzuzahlen: nach einem Jahr nach der Beendigung der Fort- und Weiterbildungsmaßnahme 60 % der Kosten nach zwei Jahren nach der Beendigung der Fort- und Weiterbildungsmaßnahme 40 % der Kosten nach drei Jahren nach Beendigung der Fort- und Weiterbildungsmaßnahme besteht keinerlei Verpflichtung zur Rückzahlung. Nebenabreden und Vertragsänderungen Nebenabreden wurden nicht getroffen. Änderungen des Vertrages und der Nebenabreden bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung der Schriftform.
B. § 26
Muster: Anstellungsvertrag für Bilanzbuchhalter/in
Salvatorische Klausel Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrages hiervor nicht berührt. An deren Stelle tritt die entsprechende gesetzliche Regelung. Sollte es eine solche nicht geben, verpflichten sich die Parteien, die unwirksame Bestimmung durch eine diese in Interessenlage und Bedeutung möglichst nahe kommende wirksame Vereinbarung zu ersetzen, die dem mutmaßlichem Willen der Parteien bei Vertragsschluss am nächsten kommt.
……………………………………… Ort, Datum
.…………………………………… Ort, Datum
……………………………………… Firma
…………………………………… Mitarbeiter/in
B.
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Muster: Anstellungsvertrag für Bilanzbuchhalter/in Anstellungsvertrag für Bilanzbuchhalter/in zwischen dem/der Steuerberater/in ………………………………………………………………… – Firma – und Herrn/Frau ……………………………………………………………………………… – Mitarbeiter/in – §1 (1) (2)
§2 (1)
(2)
(3)
Beginn des Arbeitsverhältnisses Das Arbeitsverhältnis beginnt am …………………… Vor seinem Beginn ist die ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Tätigkeit Der/Die Mitarbeiter/in wird als Bilanzbuchhalter/in bei der Firma in dem Büro in ………………………. eingestellt. Er/Sie wird mit allen für diese Tätigkeit üblichen sowie vergleichbaren einschlägigen Arbeiten beschäftigt, entsprechend näherer Anweisungen der Betriebsleitung und seiner/ihrer Vorgesetzten. Die Firma behält sich vor, dem/der Mitarbeiter/in eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, die seinen/ihren Vorkenntnissen und Fähigkeiten entspricht. Macht sie hiervon Gebrauch, so ist die bisherige Vergütung weiter zu zahlen. Der/Die Mitarbeiter/in ist jederzeit verpflichtet, auf Verlangen der Firma aus dringenden betrieblichen Gründen vorübergehend außerhalb des vereinbarten Aufgabenbereiches zumutbare Arbeiten bzw. Tätigkeiten, auch an einem anderen Ort oder für einen anderen Arbeitgeber zu leisten. Als „vorübergehend“ gilt nach dem Willen der Parteien nur ein Zeitraum von bis zu einem Monat.
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§ 17 (4)
(5)
(6)
§3 (1) (2)
(3)
§4 (1)
(2) (3)
Obwohl das Aufgabengebiet, des/der Mitarbeiters/in ein generell selbstständiges und innovatives Arbeiten erfordert, gehört es zu den Obliegenheiten des/der Mitarbeiters/in, die Bestimmung der Dringlichkeit von Arbeit nicht ohne Zustimmung seiner/ihrer Vorgesetzten vorzunehmen und die Vorgesetzten über beabsichtigte Vorhaben und den Stand von Arbeiten zu unterrichten. Ändern sich, insbesondere aus technisch-organisatorischen und/oder Wettbewerbsgründen, die Anforderungen des Arbeitsplatzes des/der Mitarbeiters/in, ist dieser/diese verpflichtet, sich die notwendigen zusätzlichen Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, wenn und soweit er/sie dazu in der Lage ist. Soweit dies rechtlich geboten und tatsächlich wegen der zu leistenden Arbeit notwendig ist, werden die erforderlichen Schulungsmaßnahmen möglichst außerhalb der Arbeitszeit und auf Kosten der Firma stattfinden. Die Einstellung erfolgt unter der Voraussetzung fachlicher und gesundheitlicher Eignung für die vorgesehene Aufgabe. Der/Die Mitarbeiter/in erklärt sich mit einer für ihn/sie unentgeltlichen Untersuchung durch einen Vertrauensarzt, der von der Firma benannt wird, einverstanden. Der/Die Mitarbeiter/in entbindet den Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht, allerdings nur, soweit es zur Beurteilung des/der Mitarbeiters/in notwendig ist. Arbeitszeit Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den noch abzuschließenden Vereinbarungen, der betrieblichen Übung sowie nach den betrieblichen Regelungen unter besonderer Berücksichtigung der Firma. Unbeschadet der Regelung des § 87 BetrVG darf die Firma Kurzarbeit anordnen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeit gemäß § 19 KSchG erfüllt sind. Dabei ist eine Ankündigungsfrist von 2 Wochen einzuhalten. Bei Einführung von Kurzarbeit ist Herr/Frau ……………………. damit einverstanden, dass seine/ihre Arbeitszeit vorübergehend entsprechend gekürzt und für die Dauer der Arbeitzeitverkürzung der Lohn entsprechend reduziert wird. Vergütung Der/Die Mitarbeiter/in erhält für seine/ihre vertragliche Tätigkeit ein monatliches Grundgehalt von ………… ………. Euro brutto (in Worten: ……………………………………… Euro). Die Vergütung ist jeweils zum 1. des Folgemonats bargeldlos zu zahlen. Der/Die Mitarbeiter/in ist verpflichtet, ein Konto oder ein gemeinschaftliches Konto zu unterhalten und der Firma seine/ihre Kontodaten mitzuteilen. Wird ein gemeinschaftliches Konto unterhalten, muss der/die Mitarbeiter/in erklären, dass die Firma mit schuldbefreiender Wirkung auf dieses Konto die Vergütung zahlen darf. Mit der vorgenannten Vergütung ist Mehrarbeit, soweit sie 10 Stunden nicht überschreitet, abgegolten. Ansprüche auf Vergütung von Mehrarbeit bestehen nur, wenn die Tätigkeit von dem Unternehmen angeordnet oder genehmigt worden ist und auch tatsächlich angefallen ist.
§5
Gratifikationen/Freiwilligkeitsvorbehalt Sofern die Firma an den/die Mitarbeiter/in Gratifikationen wie z.B. Weihnachtsgeld zahlt, erfolgen diese Zahlungen freiwillig und auch durch mehrmalige Zahlung wird ein Rechtsanspruch für die Zukunft nicht begründet.
§6 (1)
Urlaub Der Urlaubsanspruch des/der Mitarbeiters/in richtet sich grundsätzlich nach dem Bundesurlaubsgesetz. Mit dem/ der Mitarbeiter/in werden zurzeit 30 Arbeitstage als Urlaub vereinbart. Der Zeitpunkt des Urlaubsantritts ist unter Berücksichtigung der Geschäftsinteressen und der persönlichen Interessen des Mitarbeiters festzulegen. Ist im Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaubsanspruch noch nicht erfüllt, ist der Urlaub soweit dies unter Berücksichtigung betrieblicher Interessen möglich ist, während der Kündigungsfrist zu gewähren
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Anhang: Musterverträge
B.
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Muster: Anstellungsvertrag für Bilanzbuchhalter/in
und zu nehmen. Soweit der Urlaub nicht gewährt werden kann oder die Kündigungsfrist nicht ausreicht, ist der Urlaub abzugelten. Sofern Jahresurlaub aus betriebsbedingten Gründen oder krankheitsbedingt innerhalb des laufenden Kalenderjahres ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann, verfällt dieser Urlaub oder der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit Ablauf des 31.03. des nachfolgenden Kalenderjahres, wenn nicht eine ausdrückliche schriftliche Verlängerung durch die Firma gewährt wird. Hat der/die Mitarbeiter/in zum Zeitpunkt seines/ihres Ausscheidens aus der Firma mehr Urlaub erhalten, als ihm/ ihr zusteht, so hat er/sie den Mehrbetrag zurückzuzahlen. Dies gilt nicht hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubes, wenn die Überzahlung darauf beruht, dass der/die Mitarbeiter/in nach erfüllter Wartezeit nach der ersten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet. Die Urlaubsabgeltung entfällt ausnahmsweise, wenn der/die Mitarbeiter/in durch eigenes schwerwiegendes Verschulden aus einem Grund entlassen wurde, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt oder das Arbeitsverhältnis vorzeitig gelöst hat und in diesen Fällen eine grobe Verletzung der Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis vorliegt.
§7
Vorübergehende Übertragung anderweitiger Aufgaben Das Arbeitsverhältnis bezieht sich auf eine Tätigkeit in …………………….. Die Firma behält sich jedoch vor, den/die Mitarbeiter/in innerhalb des gesamten Unternehmens – auch an einen anderen Ort – zu versetzen, wenn es nach Abwägung der betrieblichen und den persönlichen Belangen des/der Mitarbeiters/in diesem/dieser zuzumuten ist. Außer in Notfällen hat die Firma eine Ankündigungsfrist zu beachten, die der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist des/der Mitarbeiters/in entspricht. Kosten eines von der Firma angeordneten Wohnsitzwechsels werden dem/der Mitarbeiter/in erstattet.
§8 (1) (2)
Gehaltspfändung und Gehaltsabtretung Der/Die Mitarbeiter/in darf seine/ihre Vergütungsansprüche weder verpfänden noch abtreten. Die Kosten, die der Firma durch die Bearbeitung von Pfändungen, Verpfändungen und Abtretung der Vergütungsansprüche des/der Mitarbeiters/in entstehen, trägt der/die Mitarbeiter/in. Diese Kosten werden pauschaliert mit 15,00 € pro Pfändung in Ansatz gebracht.
§9 (1)
Nebenleistungen/Fahrtkosten Für Dienstreisen werden von der Geschäftsleitung Fahrtkosten im Einzelfall erstattet. Ihre Höhe bestimmt die Firma nach billigem Ermessen. Die Erstattung hat kostendeckend zu sein. Der/Die Mitarbeiter/in ist verpflichtet, auf Weisung der Geschäftsleitung Dienstreisen durchzuführen.
(2) § 10 (1)
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Arbeitsverhinderung Der/Die Mitarbeiter/in erklärt, dass er/sie arbeitsfähig ist, an keiner ansteckenden Krankheit leidet und keine sonstigen Umstände vorliegen, die ihm/ihr die vertraglich zu leistende Arbeit jetzt oder in naher Zukunft wesentlich erschweren oder unmöglich machen. Der/Die Mitarbeiterin erklärt weiter, dass er/sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Bestimmungen des Gesetzes SGB IX (Schwerbehindertenrecht) nicht unterliegt. Sofern etwa die Voraussetzungen dafür später eintreten, wird er/sie die Firma hiervon unverzüglich in Kenntnis setzen. Der/Die Mitarbeiter/in ist verpflichtet, der Firma jede Dienstverhinderung spätestens eine Stunde vor Arbeitsbeginn oder aber unverzüglich nach Kenntnis der Dienstverhinderung sowie die voraussichtliche Dauer telefonisch anzuzeigen. Auf Verlangen sind die Gründe der Dienstverhinderung mitzuteilen. Im Falle der Erkrankung ist der/die Mitarbeiter/in verpflichtet, vor Ablauf des 3. Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, so ist der/die Mitarbeiter/in unverzüglich verpflichtet, innerhalb von 3 Tagen eine neue ärztliche Bescheinigung einzureichen und die erneu219
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§ 17
(4) (5)
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§ 11 (1)
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(4) § 12
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Anhang: Musterverträge te (n) Dienstverhinderung(en) eine Stunde vor Arbeitsbeginn oder aber unverzüglich nach Kenntnis der Dienstverhinderung, nach Ablauf des letzten Tages der vorhergehenden bescheinigten Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen. Der/Die Mitarbeiter/in ist insbesondere verpflichtet, die Firma am letzten Tag der vermeintlichen Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, ob er/sie am nächsten Tag ordnungsgemäß zum Dienst erscheint. Arztbesuche erfolgen grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit. Wenn dies im begründeten Einzelfall nicht möglich ist, ist der/die Mitarbeiter/in verpflichtet, dies seinem/ihrem Vorgesetzten unverzüglich anzuzeigen. Der behandelnde Arzt muss die Notwendigkeit des Besuches während der Arbeitszeit bescheinigen. Bei notweniger Pflege einer minderjährigen, erkrankten Kindes ist die Firma zuvor von der Pflegebedürftigkeit unverzüglich zu informieren. Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist insoweit durch den/die Mitarbeiter/in sicherzustellen. Verschwiegenheitspflicht Der/Die Mitarbeiter/in wird über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses als auch nach seiner Beendigung Stillschweigen bewahren. Die Geheimhaltungspflicht umfasst nicht solche Kenntnisse, die jedermann zugänglich sind oder deren Weitergabe für die Firma ersichtlich ohne Nachteil ist. Im Zweifelsfall sind technische, kaufmännische und persönliche Informationen und Zusammenhänge, die dem/der Mitarbeiter/in im Rahmen seiner/ihrer Tätigkeit bekannt werden von ihm/ihr als Geschäftsgeheimnisse zu behandeln. Bei etwaigen Zweifeln ist der/die Mitarbeiter/in immer vor der Offenbarung verpflichtet, eine Weisung der Geschäftsleitung einzuholen, ob eine bestimmte Tatsache vertraulich zu behandeln ist oder nicht. Die Schweigepflicht erstreckt sich auch auf Angelegenheiten anderer Firmen, mit denen das Unternehmen wirtschaftlich und organisatorisch verbunden ist. Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sind insbesondere folgende Dinge gemeint: – – – – – – Über seine/ihre Vergütung hat der/die Mitarbeiter/in dritten Personen gegenüber Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt nicht für die Fälle, in denen er/sie gesetzlich berechtigt oder verpflichtet ist, Angaben über sein/ihr Einkommen zu machen. Die betrieblichen Sicherheitsbestimmungen sind zu beachten. Vertrauliche und geheim zu haltende Schriftstücke sind stets unter Verschluss zu halten. Etwaige Verluste sind stets unverzüglich der Geschäftsleitung mitzuteilen. Arbeits- und Geschäftsunterlagen Die Anfertigung von Aufzeichnungen und Unterlagen aller Art erfolgt ausschließlich zu dienstlichen Zwecken und für den dienstlichen Gebrauch. Der/Die Mitarbeiter/in wird alle Aufzeichnungen, Entwürfe, Korrespondenzen, Personalunterlagen sowie Unterlagen jeglicher Art sowie davon etwa gefertigte Abschriften, Kopien oder Mehrstücke ordnungsgemäß aufbewahren und dafür Sorge tragen, dass Dritte nicht Einsicht nehmen können. Dies gilt auch für gespeicherte Daten. Jede Anfertigung von Abschriften, Kopien oder Mehrstücken für andere als dienstliche Zwecke ist unzulässig. Die genannten Gegenstände sind bei tatsächlicher Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unverzüglich und unaufgefordert sowie vollständig an die Firma herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht ist stets ausgeschlossen. Auf Wunsch der Firma wird der/die Mitarbeiter/in ausdrücklich versichern, die genannten Gegenstände vollständig herauszugeben und insbesondere keine Abschriften, Kopien oder Mehrstücke angefertigt und behalten zu haben, sofern dies auch tatsächlich der Fall ist.
B.
Muster: Anstellungsvertrag für Bilanzbuchhalter/in
§ 13
Nebentätigkeiten Jede Nebentätigkeit, gleichgültig ob sie entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird, bedarf der vorherigen Zustimmung der Firma. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Nebentätigkeit die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zeitlich nicht oder nicht wesentlich behindert oder sonstige berechtigte Interessen der Firma nicht beeinträchtigt werden.
§ 14 (1)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der/die Mitarbeiter/in das 65. Lebensjahr vollendet, durch Erwerbsunfähigkeit oder durch Kündigung. Es endet in jedem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der/die Mitarbeiter/in eine Rente wegen Alters nach Maßgabe der §§ 35 bis 42 SGB VI bezieht. Wird durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, dass der/die Mitarbeiter/in auf Dauer erwerbsunfähig ist, so endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird. Beginnt die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach der Zustellung des Rentenbescheides, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit (§ 102 Abs. 2 SGB VI) gewährt wird. In diesem Falle ruht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten von dem Tage an, der auf den nach Satz 1 oder 2 maßgeblichen Zeitpunkt folgt, bis zum Ablauf des Tages, bis zu dem die Zeitrente bewilligt wird, längstens jedoch bis zum Ablauf des Tages, an dem das Arbeitsverhältnis endet. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Die Kündigung richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften. Falls es im betrieblichen Geheimhaltungsinteresse oder aus sonstigen Gründen unabweislich notwendig ist, ist die Firma berechtigt, den/die Mitarbeiter/in im Falle einer Kündigung dieses Vertrages, unabhängig davon, durch wen sie erfolgt ist, bis zu seiner Beendigung mit anderen Arbeiten zu beschäftigen oder, wenn zumutbare Arbeiten nicht vorliegen, ihn/sie unter Fortzahlung seiner/ihrer Bezüge zu beurlauben bzw. widerruflich vom Dienst freizustellen unter Anrechnung des ihm/ihr noch zustehenden Resturlaubes. Die Dauer und die Lage des Resturlaubes werden während der Freistellung exakt vereinbart. Der/Die Mitarbeiter/in ist dann, sofern nicht schriftlich ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, berechtigt, frei über seine/ihre Arbeitskraft zu verfügen, muss aber selbstverständlich seinen/ihren Verpflichtungen gemäß der Passage des Vertrages im Hinblick auf Geheimhaltung beachten. Durch die Freistellung erledigen sich etwaige Resturlaubsansprüche des/der Mitarbeiters/in. Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
(2) (3)
(4) § 15 (6)
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(8)
Benutzung der betrieblichen Telekommunikationsmittel und Datenverarbeitunganlagen Die Nutzung des betrieblichen Internetanschlusses sowie die Nutzung des E-Mail-Systems darf ausschließlich für dienstliche Zwecke erfolgen. Eine private Nutzung durch den/die Mitarbeiter/in ist nicht gestattet. Das Internet darf nur mit der gültigen persönlichen Zugangsberechtigung genutzt werden. User-ID und Passwort dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden. Es dürfen keine fremden Programme/Dateien auf die Festplatte kopiert, über Diskette, CD-Rom, ähnliche Datenträger oder das Internet auf dem Rechner installiert und/oder eingesetzt werden. Auf Virenkontrolle ist zu achten. Virenschutzprogramme sind zu nutzen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Auftretenden Störungen, die mit einem Virenbefall in Zusammenhang stehen könnten, sind umgehend der Netzverwaltung, dem Systemadministrator bzw. der Geschäftsleitung der Firma zu melden. Das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von rechtswidrigen Inhalten, insbesondere rassistischer oder pornographischer Art ist strengstens untersagt und wird bei Zuwiderhandlung mit einer fristlosen Kündigung belegt. Die Firma ist berechtigt, jede Nutzung des E-Mail-Systems und des Internets für die Dauer von maximal 3 Monaten zu speichern, um die Einhaltung der obigen Bestimmungen anhand der gespeicherten Daten zu überprüfen. Der/ Die Mitarbeiter/in erteilt insoweit seine Einwilligung gemäß § 4 a BDSG. 221
17
17
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§ 17 (9)
(10)
Für den Fall seiner betrieblichen Abwesenheit (Urlaub, Krankheit etc.) hat der/die Mitarbeiter/in eigenverantwortlich eine automatisierte Antwort an den Absender eingehender E-Mails einzurichten, die den Absender über die Abwesenheit des Mitarbeiters informiert und einen Hinweis auf den zuständigen Vertreter und dessen Telefonnummer und E-Mail-Adressen enthält. Verstöße gegen die vorstehenden Regelungen haben arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge.
§ 16
Vorteilsannahme Es ist dem/der Mitarbeiter/in untersagt, Geschenke oder Vergünstigungen zu eigenem oder fremden Vorteil von solchen Personen oder Unternehmen zu fordern oder sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, die mit der Firma Geschäftsbeziehungen anstreben oder unterhalten. Als Annahme von Vergünstigungen werden jedoch nicht angesehen Einladungen oder Gepflogenheiten anderer Art, die sich im normalen Geschäftsverkehr ergeben.
§ 17 (4)
Vertragsstrafen Nimmt der/die Mitarbeiter/in die Arbeit nicht oder verspätet auf, löst er/sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auf, ohne einen Grund zur fristlosen Kündigung zu haben, verweigert er/sie vorübergehend die Arbeit oder wird die Firma durch vertragswidriges Verhalten des/der Mitarbeiter/in zu einer außerordentlichen Kündigung veranlasst, so hat der/die Mitarbeiter/in an die Firma eine Vertragsstrafe zu zahlen. Als Vertragsstrafe wird für den Fall der verspäteten Aufnahme der Arbeit ein Bruttomonatsgehalt festgelegt. Bei anderen Verstößen beträgt die Strafe ein Bruttotagesentgelt für jeden Fall der Zuwiderhandlung. Verstößt der/der Mitarbeiter/in gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung aus § 8, so wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 € vereinbart. In diesem Zusammenhang verzichtet der/die Mitarbeiter/in bereits jetzt auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs.
(5) (6)
§ 18 (4)
(5) (6) § 19 (3)
(4)
17 § 20 (4) (5)
222
Anhang: Musterverträge
Öffnungsklausel Die Parteien sind sich darüber einig, dass die mit dem Betriebsrat bereits abgeschlossenen und noch abzuschließenden Betriebsvereinbarungen den Regelungen in diesem Vertrag oder anderen einzelvertraglichen Absprachen auch dann vorgehen, wenn die vertragliche Regelung im Einzelfall günstiger ist. Im Übrigen geltend die allgemeinen Arbeitsbedingungen der Firma in ihrer jeweils gültigen Fassung soweit sich nicht aus diesem Arbeitsvertrag etwas anderes ergibt. Die einschlägigen Betriebsvereinbarungen/allgemeinen Arbeitsbedingungen können im Personalbüro eingesehen und auf Verlangen ausgehändigt werden. Ausschlussfristen Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab und erklärt sie sich nicht innerhalb eines Monats nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Besondere Vereinbarungen Der/Die Mitarbeiter/in erklärt sich damit einverstanden, dass seine/ihre personenbezogenen Daten automatisiert gespeichert und verarbeitet werden. Hat der/die Mitarbeiter/in Entgelt oder sonstige Geldleistungen von der Firma zu viel erhalten, kann er/sie sich auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, wenn die rechtsgrundlose Überzahlung so offensichtlich war, dass der/die Mitarbeiter/in dies hätte erkennen müssen oder wenn die Überzahlung auf Umständen beruht, die der/die Mitarbeiter/in zu vertreten hat.
C. (6)
– – –
Muster: Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte
Wenn der/die Mitarbeiter/in an einer Fort- und Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen hat, die die Firma angeordnet und deren Kosten sie übernommen hat, verpflichtet sich der/die Mitarbeiter/in bei einer eigenen Kündigung oder bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die ihren Grund in der Person oder im Verhalten des/der Mitarbeiters/in hat, bei einem Ausscheiden die angefallenen Kosten wie folgt an die Firma zurückzuzahlen: nach einem Jahr nach der Beendigung der Fort- und Weiterbildungsmaßnahme 60 % der Kosten nach zwei Jahren nach der Beendigung der Fort- und Weiterbildungsmaßnahme 40 % der Kosten nach drei Jahren nach Beendigung der Fort- und Weiterbildungsmaßnahme besteht keinerlei Verpflichtung zur Rückzahlung.
§ 21
Nebenabreden und Vertragsänderungen Nebenabreden wurden nicht getroffen. Änderungen des Vertrages und der Nebenabreden bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung der Schriftform.
§ 22
Salvatorische Klausel Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrages hiervor nicht berührt. An deren Stelle tritt die entsprechende gesetzliche Regelung. Sollte es eine solche nicht geben, verpflichten sich die Parteien, die unwirksame Bestimmung durch eine diese in Interessenlage und Bedeutung möglichst nahe kommende wirksame Vereinbarung zu ersetzen, die dem mutmaßlichem Willen der Parteien bei Vertragsschluss am nächsten kommt.
………………………………………. Ort, Datum
…………………………………… Ort, Datum
………………………………………. Firma
…………………………………… Mitarbeiter/in
C.
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Muster: Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte Arbeitsvertrag zwischen der ……………………………………………………………………………………………… – im Weiteren Arbeitgeberin genannt – und Herrn ……………………………………………………………………………………. – im Weiteren Arbeitnehmer genannt – wird folgender Anstellungsvertrag geschlossen: §1 (1) (2)
Beginn des Arbeitsverhältnisses Der Arbeitnehmer wird ab dem …………………. als Teilzeitbeschäftigter in ………………. angestellt. Vor Beginn der Arbeitsverhältnisses ist die ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. 223
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§ 17 §2 (1)
Tätigkeit Der Arbeitnehmer wird als …………………………. eingestellt und vor allem mit folgenden Arbeiten beschäftigt: – – – –
§3
Arbeitszeit Die Arbeitszeit beträgt wöchentlich ……………….. Stunden. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach der betrieblichen Einteilung und nach den Vorgaben der unmittelbaren Vorgesetzten.
§4 (1) (2)
Vergütung Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von ……………….. Euro. Die Arbeitsvergütung wird jeweils am 3. Werktag des Folgemonats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, ein Konto oder ein gemeinschaftliches Konto zu unterhalten und der Firma seine Kontodaten mitzuteilen. Wird ein gemeinschaftliches Konto unterhalten, muss der Arbeitnehmer erklären, dass die Arbeitgeberin mit schuldbefreiender Wirkung auf dieses Konto die Vergütung zahlen darf.
§5
Urlaub Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz.
§6 (1)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
(2) §7 (1)
(2) (3)
(4)
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§8 (1)
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Anhang: Musterverträge
Weitere geringfügige Beschäftigungen Die Arbeitgeberin macht den Arbeitnehmer darauf aufmerksam, dass gegebenenfalls mehrere geringfügige Beschäftigungen zusammengerechnet werden können. Sofern das Gesamtgehalt des Arbeitnehmers die Grenze von 400,00 € monatlich überschreitet, werden die Arbeitsverhältnisse vollständig sozialversicherungspflichtig. Der Arbeitnehmer versichert, derzeit keine weiteren geringfügigen Beschäftigungen bzw. selbstständigen Tätigkeiten auszuüben. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Aufnahme weiterer geringfügiger Beschäftigungen zu einer Sozialversicherungspflicht dieses Arbeitsverhältnisses führen kann. Bei Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht ist der Arbeitnehmer verpflichtet, der Arbeitgeberin Ansprüche der Sozialversicherungsträger und des Finanzamtes zu erstatten. Der Arbeitnehmer hat der Arbeitgeberin unverzüglich schriftliche Mitteilung darüber zu machen, wenn er eine weitere geringfügige Beschäftigung aufnimmt. Hinweis auf Rentenversicherung Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber der Arbeitgeberin auf die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verzichten. Für diesen Fall muss der Arbeitnehmer auf eigene Kosten die Rentenversicherungsbeiträge auf den vollen Beitragssatz aufstocken. Außerdem wird der Arbeitnehmer darauf hingewiesen, dass der Verzicht nur für die Zukunft erklärt werden kann und im Falle der Ausübung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen nur einheitlich für alle Beschäftigungen erklärt werden kann.
C.
Muster: Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte
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1. Alternative (2) Der Arbeitnehmer verzichtet nicht auf die Versicherungsfreiheit. Er erklärt gegenüber der Arbeitgeberin, dass er den Beitrag zur Rentenversicherung nicht aus eigenen Mitteln aufstocken möchte. 2. Alternative (2) Der Arbeitnehmer erklärt, dass er auf die Versicherungsfreiheit gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI verzichtet. Er erklärt gegenüber der Arbeitgeberin, dass er die Rentenversicherungsbeiträge auf eigene Kosten auf den vollen Beitragssatz aufstockt. Weiterhin erklärt sich der Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeberin damit einverstanden, dass die Arbeitgeberin zurzeit 4,5 % des vereinbarten Arbeitslohnes vom Arbeitsentgelt einbehält und an den zuständigen Rentenversicherungsträger …………………………………… abführt. Der Arbeitnehmer erklärt gegenüber der Arbeitgeberin, dass ihm bekannt sei, dass seine Erklärung nur mit Wirkung für die Zukunft und für mehrere geringfügige Beschäftigungen nur einheitlich erklärt werden kann. Dem Arbeitnehmer ist auch bekannt, dass die Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber für die Dauer der gesamten Beschäftigung bindend ist. §9 (1)
(2)
(3)
(4) § 10
Krankheit Der Arbeitnehmer erklärt, dass er arbeitsfähig ist, an keiner ansteckenden Krankheit leidet und keine sonstigen Umstände vorliegen, die ihm die vertraglich zu leistende Arbeit jetzt oder in naher Zukunft wesentlich erschweren oder unmöglich machen. Der Arbeitnehmer erklärt weiter, dass er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Bestimmungen des Gesetzes SGB IX (Schwerbehindertenrecht) nicht unterliegt. Sofern die Voraussetzungen dafür später eintreten, verpflichtet er sich gegenüber der Arbeitgeberin, dieser hiervor unverzüglich schriftlich Mitteilung zu machen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, der Arbeitgeberin jede Dienstverhinderung spätestens eine Stunde vor Arbeitsbeginn oder aber unverzüglich nach Kenntnis der Dienstverhinderung sowie die voraussichtliche Dauer telefonisch anzuzeigen. Auf Verlangen sind die Gründe der Dienstverhinderung mitzuteilen. Im Falle der Erkrankung ist der Arbeitnehmer verpflichtet, vor Ablauf des 3. Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer unverzüglich verpflichtet, innerhalb von 3 Tagen eine neue ärztliche Bescheinigung einzureichen und die erneute Dienstverhinderung eine Stunde vor Arbeitsbeginn oder aber unverzüglich nach Kenntnis der Dienstverhinderung, nach Ablauf des letzten Tages der vorhergehenden bescheinigten Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, der Arbeitgeberin am letzten Tag der vermeintlichen Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, ob er am nächsten Tag ordnungsgemäß zum Dienst erscheint. Verschwiegenheitspflicht Der Arbeitnehmer wird über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse während der Dauer des Arbeitsverhältnisses als auch nach seiner Beendigung Stillschweigen bewahren. Die Geheimhaltungspflicht umfasst nicht solche Kenntnisse, die jedermann zugänglich sind oder deren Weitergabe für die Arbeitgeberin ersichtlich ohne Nachteil ist. Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen wird Folgendes verstanden: – – – – – –
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§ 17 § 11
Vertragsstrafe Der Arbeitnehmer verpflichtet sich für den Fall, dass er das Arbeitsverhältnis nicht antritt oder das Arbeitsverhältnis vertragswidrig beendet, der Arbeitgeberin eine Vertragsstrafe in Höhe eines halben Bruttomonatsgehaltes für einen Vertragsbruch bis zum Ende der Probezeit und einer Bruttomonatsvergütung nach dem Ende der Probezeit zu zahlen. Das Recht der Arbeitgeberin auf weitergehenden Schadensersatz bleibt davon unberührt.
§ 12 (1)
Ausschlussfristen Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb eines Monats nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf geltend gemacht wird. Überzahlung von Gehalt Hat der Arbeitgeber Entgelt oder sonstige Geldleistungen von der Arbeitgeberin zu viel erhalten, kann er sich auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, wenn die rechtsgrundlose Überzahlung so offensichtlich war, dass der Arbeitnehmer dies hätte erkennen müssen oder wenn die Überzahlung auf Umständen beruht, die der Arbeitnehmer zu vertreten hat. Vertragsänderungen Nebenabreden und Änderungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung der Schriftform. Schlussbestimmungen Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. An deren Stelle tritt die entsprechende gesetzliche Regelung. Sollte es eine solche nicht geben, verpflichten sich die Parteien, die unwirksame Bestimmung durch eine dieser in Interessenlage und Bedeutung möglichst nahe kommende wirksame Vereinbarung zu ersetzen, die dem mutmaßlichen Willen der Parteien bei Vertragsschluss am nächsten kommt.
(2)
§ 13
§ 14
§ 15
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Anhang: Musterverträge
…………………………………… Ort, Datum
…………………………………… Ort, Datum
………………………………………. Arbeitgeberin
…………………………………… Arbeitnehmer
Stichwortverzeichnis fette Zahlen = Kapitel andere Zahlen = Randnummer 1 %-Regelung 6 20 / -Regelung 7 13
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A Abberufung 9 8 Abberufungsbeschluss 9 8 Abfindung 7 9 Abmahnung 8 105 – Funktion 8 105 – Inhalt 8 107 – Zeitpunkt und Wirkungsdauer der Abmahnung 8 112 Abwerben 5 13 Abwicklungsvertrag 7 16 Akkordlohn 6 28 Aktiengesellschaft 9 12 Aktienoptionen 6 39 Allgemeine Geschäftsbedingungen 4 30 Allgemeinverbindlichkeitserklärung 1 3 Alterseinkünftegesetz 12 23 Änderungskündigung 8 130 – Ablehnung des Angebotes 8 135 – Annahme unter Vorbehalt 8 134 – Vorbehaltlose Annahme des Angebotes 8 133 Anfechtung 7 20 Anhörung 8 127 Anhörung des Betriebsrates 8 34 Annahme von Schmiergeldern 5 14 Anrechnung sämtlicher Einkünfte 16 41 Anspruch auf Entgeltumwandlung 12 16 Anstellungsvertrag 9 6 Anzahl der Beschäftigten 8 57 Arbeitgeber 2 10 Arbeitgeberkündigung 16 69 Arbeitnehmer 2 1 Arbeitnehmereigenschaft 8 50 Arbeitnehmerkündigung 16 68 Arbeitsunfähigkeit 13 3 Arbeitsunfall 5 33 Arbeitsvergütung 6 1 Arbeitsverhinderung 13 18
Arbeitszeit – Arbeitsbereitschaft 5 6 – Bereitschaftsdienst 5 7 – Rufbereitschaft 5 8 Arbeitszeiten 2 5 Arbeitszeugnis 15 14 arglistige Täuschung 7 20 Arztbesuch 13 19 Aufhebungsvertrag 7 1 ausgewogene Personalstruktur 8 98 Ausgleichsklausel 16 67 Ausschlussfrist 3 5 Außerordentliche Kündigung 8 119 Auszubildende 8 33
B Basiszinssatz 6 11 Befristung 4 1 Befristung mit Sachgrund 4 16 – Altersgrenze 4 29 – Altersteilzeit 4 33 – Arbeitsbeschaffungsmaßnahme 4 34 – Eigenart der Arbeitsleistung 4 20 – Erprobung 4 21 – Gerichtlicher Vergleich 4 26 – Gründe in der Person des Arbeitnehmers 4 23 – Projektbezogene Befristung 4 35 – Tätigkeit im Anschluss an eine Ausbildung oder an ein Studium 4 18 – Vergütung aus Haushaltsmitteln 4 25 – Vertretung 4 19 – Vorübergehende Beschäftigung 4 36 – Vorübergehender Bedarf 4 17 Befristung ohne Sachgrund – Ältere Arbeitnehmer 4 12 – Neugründung eines Unternehmens 4 11 Befristung ohne sachlichen Grund 4 5 Beginn und Wirkung des Wettbewerbsverbotes 16 58 Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers 16 25 227
Stichwortverzeichnis
Beschäftigungsdauer 8 45 Beschäftigungslosigkeit 4 12 Bestellung und Anstellungsvertrag 9 1 Betrieb und Betriebsteil 10 4 Betriebliche Altersversorgung 12 1 betriebliche Übung 3 8 Betriebliches Eingliederungsmanagement gemäß § 84 SGB IX 8 28 Betriebliches Gesundheitsmanagement 8 28 Betriebsbedingte Änderungskündigung 8 136 Betriebsbedingte Kündigung 8 85 – Sozialauswahl 8 93 – Unternehmerische Entscheidung 8 86 – Wegfall des Arbeitsplatzes 8 89 – Weiterbeschäftigungsmöglichkeit 8 91 Betriebsratsmitglieder 8 31 Betriebsstilllegung 10 37 Betriebsübergang 10 1 – Betrieb und Betriebsteil 10 4 – Eintritt in die Rechte und Pflichten 10 18 – Haftung von Erwerber und Veräußerer 10 23 – Inhaberwechsel 10 16 – Kündigungsverbot 10 36 – Rechtsgeschäft 10 2 – Übergang 10 7 – Unterrichtungspflicht/Widerspruchsrecht 10 28 Böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbes 16 44 Boten 8 18 Brutto-/Nettoentgelt 6 7 Bruttovergütung 6 10 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) 8 22
DDarlegungs- und Beweislast 8 71 Dauer des Urlaubs 14 13 Diebstahl 8 125 Dienstanweisung der Bundesanstalt für Arbeit 7 3 Dienstverträge 2 3 Dienstwagen 6 16 228
Dienstwagenvereinbarung 6 17 Dienstwohnung 6 23 Direktionsrecht 2 4, 5 3 – Arbeitszeit 5 5 – Ort der Arbeitsleistung 5 4 Direktversicherung 12 19 Direktzusage 12 17 Doppelansprüche 14 27 Druckkündigung 8 128 durchschnittlicher Arbeitsverdienst 14 30
E Einfaches Zeugnis 15 14 Eingliederung in den Betrieb 2 6 Einheit des Verhinderungsfalles 13 26 Einschreiben mit Rückschein 8 15 Eintritt in die Rechte und Pflichten 10 18 Einwurf-Einschreiben 8 17 Einzelakkord 6 30 E-Mail 10 32 End- bzw. Zwischenzeugnis 15 6 Entgeltfortzahlung (Krankheit) 13 1 Erklärungs- und Inhaltsirrtum 7 20 Erledigungsklausel 7 8 Erlöschen des Urlaubsanspruchs 14 6 Erreichen der Altersgrenze 7 19 Erwerbsminderungsrente 7 19 Europäischer Gerichtshof 8 19
F Fahrtenbuch 6 21 Fortsetzungserkrankung 13 28 freier Mitarbeiter 2 7 Freistellung 5 25 Fremd-Geschäftsführer 9 8 Fürsorgepflicht 5 26
G Geheimhaltung/Betriebsgeheimnisse 7 8 geldwerter Vorteil 6 19 Geltungsbereich 1 2 Gesamtzusagen 12 9 Geschäftsfähigkeit 3 2 Gesellschafter-Geschäftsführer 9 8 Gesellschafterversammlung 9 11 Gesetzlicher Urlaub 14 1 Gleichbehandlung 5 36 Gleichbehandlungsgesetz 4 14 Gleichstellung 8 26
Stichwortverzeichnis
GmbH-Geschäftsführer 9 8 Goodwill 10 10 Grad der Behinderung (GdB) 8 25 Grundvergütung 6 34 Gruppenakkord 6 30 Günstigkeitsprinzip 1 4
HHaftung von Erwerber und Veräußerer 10 23 Hauptpflicht 5 1, 19 Hausbriefkasten 8 12 Hinweis auf Sozialversicherungsrecht 7 7
I Individualvereinbarung 8 43 Inhaberwechsel 10 16 Insolvenzgeld 11 20 – Umfang der Leistungen 11 24 – Voraussetzungen 11 20 Integrationsamt 8 27, 120 Interessenabwägung 8 70 Interessenausgleich mit Namensliste 8 12; 11 34 Internetnutzung 8 125
K Karenzentschädigung 16 36
– Anrechnung sämtlicher Einkünfte 16 41 – Auskunftsanspruch des Arbeitgebers 16 48 – Auszahlung 16 49 – Böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs 16 44 – Ermittlung der Höhe 16 36 – Ermittlung des anzurechnenden Betrages 16 47 – Verstoß des Arbeitgebers 16 50 – Verstoß des Arbeitnehmers 16 53 Keine unbillige Härte für Arbeitnehmer 16 26 Koppelung 9 2 Krankengeld 13 1 Kündigung 8 1 Kündigungschutzgesetz 8 50 Kündigungsfrist 8 43 Kündigungsgrund 8 119
Kündigungsgründe 8 61 Kündigungsverbot 10 36
L Lebenslauf 7 21 Leistungslohn 6 33 Leistungsträger 8 98 Leitende Angestellte 8 52
MMandantenschutzklausel 16 16 Mandantenübernahmeklauseln 16 17 Massenentlasungen 11 34 Mehrfachbefristungen 4 27 Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer 98 Mindestdauer 14 13 Mindestdauer des Urlaubs 14 13 – 5-Tage-Woche 14 14 – Flexible Arbeitszeit 14 16 – Sonntagsarbeit 14 17 – Teilzeitarbeit 14 15 Mobbing 5 11 Mutterschutzgesetz 8 19
NNachforschungspflichten 8 19 Nachkündigung 11 32 Nachweisgesetz 3 7 Nachweispflicht 13 12 Naturalbezüge 6 27 Nebenpflicht 5 3, 26 Negative Prognose 8 68 Nettolohnvergütung 6 10 Neugründung eines Unternehmens 4 11 Nichtraucherschutz 5 10
O Organstellung 9 16; 11 30 Outplacement 7 4 Outsourcing 10 15
P Pensionsfonds 12 22 Pensionskasse 12 21 Pensionssicherungsverein 12 4 Personenbedingte Kündigung 8 73 – Beeinträchtigung betrieblicher Interessen 8 75 – Interessenabwägung 8 77 229
Stichwortverzeichnis
– Negative Prognose 8 74 – Weiterbeschäftigungsmöglichkeit 8 76 Pflichten des Arbeitgebers 5 19 Pflichten des Arbeitnehmers 5 1 Pflichtverletzung 8 65 Präambel 7 8 Prämien 6 31 Präventionsverfahrens 8 29 Provision 6 34 Punkteschema 8 97
Q Qualifiziertes Zeugnis 15 16
– Führung bzw. Verhalten 15 19 – Leistung 15 17
R Rechtsgeschäft 10 2 Rechtsquellen 1 1 Regelabfindung 7 12 Rückabwicklung 7 20
S Sachbezüge 6 15 Sachgrundlose Befristung für ältere Arbeitnehmer 4 12 Salvatorische Klausel 3 4 Sanierungsplan 8 136 Scheinselbstständigkeit 2 9 Schlussformel 15 21 Schmerzensgeld 5 32 Schriftform 8 6 „Schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter 11 2 Schwarzarbeit 3 2 Schwellenwert 8 60 Schwerbehinderung 8 24 Sechs-Wochen-Zeitraum 13 29 Sittenwidrigkeit 6 3 Sonderkündigungsrecht 11 30 Sonderkündigungsschutz 8 22 Sozialauswahl 8 93 Sozialversicherungsbeträge 6 8 Spesenbetrug 8 125 Sportart 13 11 Staffelkündigungsfristen 8 45 „Starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter 11 3 Steuerbegünstigung 7 14 230
Steuern 6 8 Steuerprogression 7 14 stock options 6 39
T Tantieme 6 36 Tarifbindung 1 3 Tarifvertrag 1 2 Teilurlaub 14 21 Teilzeitbeschäftigte 8 58; 14 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) 4 1 Telefongespräche 5 30 Tinkgelder 6 26 Trennungstheorie 9 1 Treuepflicht 5 9
UÜbergabe-Einschreiben 8 16 Übergang 10 7 – Ähnlichkeit der Tätigkeiten 10 13 – Art des betreffenden Unternehmens 10 8 – Dauer der Unterbrechung 10 14 – Funktionsnachfolge 10 15 – Übergang der Kundschaft 10 12 – Übergang materieller Betriebsmittel 10 9 – Übernahme der Hauptbelegschaft 10 11 – Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs 10 10 ultima-ratio-Prinzip 8 61 Umsatzprovision 6 35 Umwandlungsgesetz 10 2 Unternehmerische Entscheidung 8 86 Unternehmerrisiko 2 8 Unterrichtungspflicht/Widerspruchsrecht 10 28 Unterstützungskasse 12 20 Urlaub 14 1 Urlaubsabgeltung 14 34 Urlaubsentgeld – Urlaubsgeld 14 29
V Verbot des Wettbewerbs 16 24 Verdachtskündigung 8 126 verdeckte Mandantenschutzklausel 16 20 Vergütung 5 20
Stichwortverzeichnis
Verhaltensbedingte Kündigung 8 64 – Darlegungs- und Beweislast 8 71 – Interessenabwägung 8 70 – Negative Prognose 8 68 – Pflichtverletzung 8 65 – Weiterbeschäftigungsmöglichkeit 8 69 Verjährung/Verwirkung/Widerruf des Zeugnisses 15 22 Verschulden 13 9 Verschwiegenheitspflicht 5 16 Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot 3 2 Vertragsfreiheit – Mindestlohn 6 1 Vertragsschluss 3 1 Vertrauensverhältnis 8 119 Verwirkung 8 114 Verzug 6 11 Videoaufzeichnung 5 30 Videokamera 8 72 Vollmacht 8 4 Vorbehalt 8 134 Vorbereitungshandlungen 16 6 Vorstand der Aktiengesellschaft 9 12
WWartezeit 14 2 Wartezeit/Einheitlicher Betrieb 8 53 Wegerisiko 13 23 Wegeunfälle 5 33 Wegfall des Arbeitsplatzes 8 89 Weisungsgebundenheit 2 4 Weiterbeschäftigungsmöglichkeit 8 91 Werbungskosten 7 14
Werkvertrag 2 3 wesentliche Vertragsbedingungen 3 9 Wettbewerbsabrede 16 23 Wettbewerbsverbot 16 1 Widerspruch 10 33 Wiedereingliederung 13 16 Willenserklärungen 3 1
Z Zeitbefristung 4 1 Zeuge 8 18 Zeugnis 15 1 Zeugnissprache 15 18 Zielvereinbarungen 6 37 Zugang der Kündigung – Einschreiben mit Rückschein 8 15 – Einwurf-Einschreiben 8 17 – Übergabe durch Bote 8 18 – Übergabe-Einschreiben 8 16 Zugang der Kündigungserklärung 8 10 – Einschreiben mit Rückschein 8 15 – Einwurf-Einschreiben 8 17 – Übergabe durch Bote 8 18 – Übergabe-Einschreiben 8 16 Zusammenballung von Einkünften 7 14 Zusatzurlaub für Schwerbehinderte 14 40 Zuschläge 6 12 Zuspätkommen 8 125 Zweck des Urlaubs 14 4 Zweckbefristung 4 1 Zwei-Wochen-Frist 8 124 Zwölftel-Regelung 14 23
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