Florian Schulz Verbundene Lebensläufe
VS RESEARCH Life Course Research Herausgegeben von Prof. Dr. Steffen Hillmert, ...
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Florian Schulz Verbundene Lebensläufe
VS RESEARCH Life Course Research Herausgegeben von Prof. Dr. Steffen Hillmert, Universität Tübingen
Florian Schulz
Verbundene Lebensläufe Partnerwahl und Arbeitsteilung zwischen neuen Ressourcenverhältnissen und traditionellen Geschlechterrollen
Mit einem Geleitwort von Steffen Hillmert
VS RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Bamberg, 2010
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Verena Metzger / Dr. Tatjana Rollnik-Manke VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17455-6
Geleitwort
Soziale Ungleichheiten finden öffentliche Aufmerksamkeit, jedoch zumeist in Form der Diskussion über aggregierte Verteilungen und plakative Gesamtbeschreibungen der Gesellschaft. Ausgeblendet bleiben in diesen Fällen die notwendigen institutionellen Schnittstellen und sozialen Prozesse, über welche diese Ungleichheiten erst hergestellt und reproduziert werden. Auch sozialer Wandel zeigt sich häufig zuerst in diesen „Mikroprozessen“ des sozialen Lebens. Die Entstehung von Partnerschaften und Familien und ihr Funktionieren im Alltag – zentrale Themen sowohl der Familienforschung als auch der Sozialstrukturanalyse – sind solche elementaren Prozesse. Die Arbeit von Florian Schulz verbindet diese beiden Themenkomplexe und unterzieht sie einer detaillierten, prozessorientierten empirischen Analyse. Im ersten Teil dieses Buches steht die Formation von Partnerschaften im Mittelpunkt. Wie entstehen Paarbeziehungen? Wie kommt es insbesondere zum immer wieder beobachteten Phänomen der Homogamie, also der Gleichartigkeit der Partner im Hinblick auf wichtige Merkmale – insbesondere das Bildungsniveau? Die Antwort der bisherigen Forschung darauf lautet, dass sowohl individuelle Präferenzen als auch die vorhandenen „Gelegenheitsstrukturen“, also insbesondere die Art und die Anzahl der konkret verfügbaren potenziellen Partner, hierfür eine Rolle spielen. Dies ist bislang jedoch oft nur eine theoretische Annahme. Die vorliegende Untersuchung geht einen entscheidenden Schritt weiter, indem sie nicht nur die Ergebnisse der Partnerwahl empirisch analysiert, sondern den Prozess der Partnerwahl selbst. Möglich wird dies durch den innovativen Rückgriff auf Daten eines Online-Portals für Partnersuchende. Die Analysen können nachweisen, dass am Modell der Homogamie orientierte individuelle Präferenzen von Anfang an einen entscheidenden Einfluss auf die Bildung von Partnerschaften haben. Der zweite große Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Arbeitsteilung im Haushalt, also gleichsam mit einer Phase, welche sich an eine erfolgreiche Paarbildung anschließt. Auch hier geht es im Sinne einer dynamischen Analyse um die Beobachtung von Veränderungen im Verlauf der Paarbeziehung. Es zeigt sich dabei, dass die Verteilung der Hausarbeit zunehmend zu Lasten der Frauen geht, insbesondere nach der Geburt von Kindern. Allerdings sind diese traditionel-
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Geleitwort
len Geschlechterrollen bei hochgebildeten, bildungshomogamen Paaren weniger stark ausgeprägt. Beide Themenblöcke – Partnerwahl und Arbeitsteilung im Haushalt – sind inhaltlich miteinander verbunden: Das Bildungsniveau der (potenziellen) Partner und insbesondere das Phänomen der Bildungshomogamie spielt bei beiden Prozessen eine entscheidende Rolle. In der langfristig zu beobachtenden Bildungsexpansion sieht der Autor denn auch einen Ansatzpunkt für eine mögliche Modernisierung der Geschlechterverhältnisse. Dies steht natürlich unter zusätzlichen Annahmen und würde stabile Bildungseffekte auch unter veränderten Rahmenbedingungen voraussetzen; in jedem Fall aber zeigt sich einmal mehr die große Bedeutung von Bildung als die zentrale Variable sozialer Ungleichheit in der Gegenwart. Die Analysen der vorliegenden Studie basieren dabei notwendigerweise auf unterschiedlichen Untersuchungspopulationen und sind auch in diesem Sinne als exemplarisch zu verstehen. Beim Vorliegen einer integrierten Datenbasis kann zukünftige Forschung noch genauer die Zusammenhänge zwischen den Prozessen von Familienbildung und innerfamilialen Strukturen und die langfristigen Auswirkungen von Bildungsprozessen analysieren. Die Studie von Florian Schulz hat hierzu wichtige Vorarbeiten geleistet. Neben der aufschlussreichen Analyse der beiden Thematiken Partnerwahl und Arbeitsteilung vermittelt diese Arbeit auch systematische Einsichten für die Lebensverlaufsforschung insgesamt. Sie ist das dritte Buch, welches in der Reihe Life Course Research von VS RESEARCH veröffentlicht wird, und es zeichnet die Forschungsarbeiten dieser Reihe aus, dass sie empirische Methoden der dynamischen Lebensverlaufsanalyse anwenden und weiterentwickeln. Die Arbeit von Florian Schulz ist darüber hinaus ein gutes Beispiel für eine Sozialstrukturanalyse, welche über die Beobachtung individueller Merkmalsverläufe hinaus geht und dynamische soziale Beziehungen zu ihrem Gegenstand macht. In diesem Sinne wünsche ich diesem Buch viele interessierte Leserinnen und Leser. Steffen Hillmert
Vorwort
Abgesehen von mehreren stilistischen Änderungen, einigen Anpassungen an den sich ständig verändernden Forschungsstand und wenigen komplett verschobenen Textbausteinen ist das vorliegende Buch identisch mit meiner Dissertationsschrift, die im November 2009 von der Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bamberg angenommen wurde. Die Arbeit entstand im Rahmen der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Projekte „Prozesse der Partnerwahl bei Online-Kontaktbörsen“ und „Innerfamiliale Arbeitsteilung als Prozess“, beide unter Leitung von Prof. Dr. Hans-Peter Blossfeld (Universität Bamberg) und Dr. Marina Rupp (ifb Bamberg). Für die damit verbundene finanzielle und institutionelle Förderung meiner Halbtagsstelle und dieser Publikation möchte ich mich vielmals bedanken. Meinem Dank, den ich vielen wohlwollenden Menschen für Ihre Hilfe und Unterstützung bei meiner Arbeit gerne entgegenbringen möchte, kann ich sicherlich am besten im persönlichen Gespräch Ausdruck verleihen. Dennoch mag ich es nicht versäumen, einige dieser für mich geradezu unverzichtbaren Personen hier an dieser Stelle zu nennen – ohne sie wäre die Arbeit in der vorliegenden Form nicht möglich gewesen: Hans-Peter Blossfeld; Gerhard Schulze; Johannes Schwarze; meine aktuellen und ehemaligen Kolleg/innen und Hilfskräfte am Lehrstuhl für Soziologie I und am ifb Bamberg, stellvertretend seien genannt Daniela Grunow, Jan Skopek und Christopher Schmidt; Anna Dechant und Anja Hedrich; sowie Steffen Hillmert. Unbestritten unersetzlich sind für mich indessen – neben meinem privaten Umfeld, versteht sich! – Marina Rupp, Harald Rost und Annika Jabsen. Ein einfaches Danke klingt an sie gerichtet nach so wenig, meint aber doch so viel. Die Arbeit ist Franz Schulz gewidmet, der es wohl nicht wirklich geglaubt, trotz allem jedoch bis zuletzt lauthals angezweifelt hätte, dass ich diese Arbeit jemals beende. Florian Schulz
Inhaltsverzeichnis
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Einleitung und Fragestellungen
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Konzeptioneller Rahmen der Studie
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3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.2 3.2.1 3.2.2
Theoretische Erklärungsansätze Prozesse der Partnerwahl Familienökonomie Austauschtheorie Die Bedeutung des Kontextes Ein Erklärungsmodell der Partnerwahl Geschlechtsspezifische Hypothesen der Partnerwahl Arbeitsteilung im Haushalt als Prozess Ressourcenbasierte Erklärungsansätze Erklärung über Normen, Institutionen und Identitäten
45 46 46 51 57 60 64 71 71 87
4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5
Empirische Untersuchungen Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen Das Internet als Heiratsmarkt Stand der Forschung Daten, Methoden und Variablen Kontaktierungsprozesse auf Internetkontaktbörsen Zusammenfassung der Ergebnisse Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf Konzeptionelle Überlegungen Stand der (Längsschnitt-)Forschung Daten, Methoden und Variablen Arbeitsteilung zu Beginn und im Verlauf der Ehe Zusammenfassung der Ergebnisse
107 108 109 129 136 148 173 175 175 180 183 193 222
5
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
225
A
Tabellenanhang
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Literaturverzeichnis
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Einleitung und Fragestellungen
Die soziologische Lebenslaufforschung hat in vielerlei Hinsicht zum Verständnis der Produktion und Reproduktion sozialer Ungleichheiten im gesellschaftlichen Spannungsfeld von neuen Ressourcenverhältnissen und traditionellen Geschlechterrollen beigetragen. Die Partnerwahl und die Arbeitsteilung in Paarhaushalten sind zwei von vielen Beispielen, anhand derer diese Entwicklungen und die Tendenzen des sozialen Wandels einer Gesellschaft besonders gut beobachtet werden können. Zu beiden Forschungsfeldern leistet die vorliegende Arbeit einen Beitrag, indem sie klassische Fragen aufgreift und aus einem neuen Blickwinkel untersucht. Prozesse der Partnerwahl In der Partnerwahl- und Heiratsmarktforschung nimmt die Frage ‚wer heiratet wen?‘ eine zentrale Rolle ein, wenn es darum geht, die eingangs angesprochenen Zusammenhänge zu untersuchen (Blossfeld 2009a). So hat die empirische Längsschnittstudie von Blossfeld & Timm (2003) gezeigt, dass die Bildungshomogamie, also die Gründung von Paarbeziehungen und Ehen, in denen beide Partner ähnliche Bildungsressourcen haben, in vielen Ländern in den letzten Jahren zugenommen hat. Aus ungleichheitstheoretischer Perspektive ist das Bildungsniveau der Akteure von besonderer Bedeutung für den Homogamieprozess, da es wie kaum ein anderes Merkmal die sozialen Chancen der Menschen in modernen Gesellschaften strukturiert. Bildung ist heute mehr denn je die zentrale Determinante der individuellen Arbeitsmarkt-, Karriere- und Einkommenschancen, und bestimmt darüber hinaus die sozialen und kulturellen Ressourcen der Individuen. Bildungshomogamie führt dazu, dass die Menschen ihre ähnlichen, guten oder schlechten, soziokulturellen und ökonomischen Ressourcen im Zuge des Partnerwahl- und Heiratsprozesses kumulieren. Daraus resultiert langfristig eine zunehmende Differenzierung sozialer Chancen zwischen Familien und Haushalten und damit eine Vergrößerung sozialer Ungleichheit (Mayer 1977). Gleichzeitig wird jedoch die Ungleichheit zwischen den Ehegatten innerhalb der Haushalte reduziert, was aufgrund der ähnlichen Ressourcenausstattung der Ehe-
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Einleitung und Fragestellungen
gatten neue Möglichkeiten des Zusammenlebens und der Alltagsgestaltung jenseits traditioneller Geschlechterrollen eröffnet (Mühling et al. 2006). In der einschlägigen Literatur werden für den Anstieg der Bildungshomogamie viele wichtige Gründe angeführt (für eine Zusammenfassung der wichtigsten Argumente vgl. z. B. Blossfeld 2009a). So haben sich im Zuge der Bildungsexpansion die Bildungsverläufe im Lebenslauf für alle verlängert und zwischen Männern und Frauen zunehmend angeglichen. Damit sind zuallererst die strukturellen Chancen für Frauen und Männer im heiratsfähigen Alter gestiegen, im Bildungssystem auf ähnlich gebildete Personen zu treffen, mit denen sie dann Paarbeziehungen eingehen und diese nach Verlassen des Bildungssystems formalisieren. Darüber hinaus hat der Anstieg weiblicher Erwerbsbeteiligung die Rolle der Frauen in der Gesellschaft deutlich verändert. Insbesondere ist die Bedeutung weiblicher Bildung und Erwerbstätigkeit im Partnerwahlprozess nachhaltig gewachsen. Während die Bildung, der Erwerbsstatus und das Einkommen der Männer seit jeher wichtige statusdefinierende Ressourcen der Familie darstellen, erhöht sich im Übergang vom Modell des männlichen Alleinverdieners hin zum Doppelverdienermodell die Bedeutung des Einkommens der Frauen, so dass es inzwischen einen immer wichtigeren Beitrag zur Bestimmung des Lebensstandards der Familie darstellt. Es ist deshalb beispielsweise zu erwarten, dass junge Männer über die Kohorten hinweg am Heiratsmarkt zunehmend zugunsten bildungshomogamer Beziehungen vom traditionellen Muster der Partnerwahl im Sinne des männlichen Haupternährermodells abweichen. Das deutet schließlich darauf hin, dass die beobachteten Partnerwahl- und Heiratsmuster auch zu einem wesentlichen Anteil durch Homophilie erklärt werden können, also durch die Neigung von Akteuren, sich verstärkt mit sozialstrukturell ähnlich positionierten, in diesem Fall ähnlich gebildeten Menschen zusammenzufinden (vgl. Blossfeld & Timm 2003: 341). Obwohl die strukturellen und intentionalen Begründungs- und Erklärungszusammenhänge der Partnerwahl plausibel und inzwischen gut erforscht sind (vgl. für aktuelle Überblicke z. B. Blossfeld 2009a, Kalmijn 1998), bleibt an dieser Stelle die Frage offen, wie strukturelle Opportunitäten und individuelle Kalküle bei der Partnerwahl zusammenhängen: Ist das Ausmaß der Bildungshomogamie also weitgehend über die Struktur des Bildungssystems vermittelt, mithin eher eine institutionell präformierte Erscheinung? Oder werden bildungshomogame Strukturen auf der Ebene des Heiratsmarktes vielmehr durch spezifische Mechanismen intentionaler Wahlhandlungen auf der Ebene der Individuen, also durch Homophilie (Lazarsfeld & Merton 1954) hervorgebracht? Während eine Untersuchung dieses Zusammenspiels in der bisherigen empirischen Partnerwahlforschung kaum möglich war, ist mit dem Aufkommen der
Einleitung und Fragestellungen
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internetgestützten Partnersuche in jüngster Zeit ein neuer Teilheiratsmarkt und damit ein neuer Forschungskontext entstanden, mit dem diese Fragen schließlich bearbeitet werden können. Die im Prozess des so genannten Onlinedatings generierten Daten ermöglichen tiefe Einblicke in das Such- und Kontaktierungsverhalten der Akteure und das in einem Detailreichtum, welcher den der klassischen Datenquellen der empirischen Sozialforschung um ein Vielfaches übersteigt. Dabei ist es von großem Vorteil, dass Internetkontaktbörsen relativ frei zugänglich sind, nicht so sehr an institutionelle Strukturen gebunden sind, und dass zudem die Gelegenheitsstrukturen der Akteure zu jedem Zeitpunkt kontrolliert werden können. In der vorliegenden Arbeit werden Partnerwahlprozesse im Internet analysiert, um das Wechselspiel intentionaler und struktureller Einflussfaktoren der Partnerwahl näher zu beleuchten. Wie noch zu zeigen sein wird, handelt es sich beim digitalen Heiratsmarkt um einen speziellen Platz des Kennenlernens, der sich im Vergleich zu den Heiratsmärkten des Alltags1 (wie z. B. dem Bildungssystem) vor allem durch das weitgehende Fehlen institutioneller Restriktionen auszeichnet. Ein stark an sozialstrukturellen Ressourcen orientiertes Selektionsverhalten im Internet könnte demnach als Evidenz für eine intentionale Partnerwahl interpretiert werden, die an sozialen Ungleichheitsstrukturen orientiert ist. Je stärker beispielsweise das Ausmaß bildungshomophiler Erstkontakte auf den Onlinedatingplattformen ist, desto nachdrücklicher transportieren die Akteure aus dem Alltag bekannte soziale Kontaktbarrieren in den digitalen Heiratsmarkt. Eine Untersuchung von Mechanismen der Partnerwahl im Onlinedating ist für die Soziologie aus weiteren Gründen interessant: Erstens handelt es sich bei der Partnerwahl im Internet um eine soziale Innovation, die für viele Menschen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat und durch die zunehmende Verbreitung des Internets im Alltag immer stärker in Anspruch genommen wird (vgl. Schulz et al. 2008). Zweitens wird dem Internet häufig im Sinne des Individualisierungsprinzips eine eher egalisierende Wirkung auf die Paarbildung zugeschrieben (vgl. Bühler-Ilieva 2006). Hinter dieser Annahme steht die These, dass traditionelle sozioökonomische Ungleichheitsmerkmale für die Partnerwahlentscheidung im Internet eine weitaus geringere Rolle spielen als im normalen Alltag. Dies würde, um erneut das Beispiel der Bildungshomogamie aufzugreifen, in der Konsequenz bedeuten, dass die Ergebnisse der vorliegenden 1
Wenn im Zusammenhang mit der Partnerwahl im Internet die Ausdrücke ‚im (normalen) Alltag‘ oder ‚im Alltagsleben‘ verwendet werden, sind im Folgenden stets Phänomene und Prozesse gemeint, die nicht im Internet, also nicht im virtuellen Raum, kurzum ‚offline‘ stattfinden. Dabei handelt es sich um eine rein sprachliche Konvention, welche die Lesbarkeit des Textes erleichtern soll.
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Einleitung und Fragestellungen
Homogamiestudien vor allem durch die große Bedeutung institutioneller Strukturen des Bildungssystem hervorgebracht werden und weniger durch auf der intentionalen Ebene wirkende Homophiliemechanismen. Da es hierzu derzeit nur wenige empirischen Studien gibt (Fiore 2004, Fiore & Donath 2005, Hitsch et al. 2006, Hitsch et al. 2009, Lee 2008), ist diese Debatte auf weitere empirische Evidenz angewiesen. Drittens sind Onlinekontaktbörsen eine einzigartige Datenquelle für sozialwissenschaftliche Untersuchungen, weil hier zum ersten Mal detaillierte Daten zur Auswahl von Kontaktpartnern in einer sehr frühen Phase der Partnerwahl verfügbar sind. Aus Sicht einer dynamischen Sozialstrukturanalyse sind gerade die ersten Schritte der Beziehungsentwicklung von großer Bedeutung für die Herausbildung kollektiver Muster der Partnerwahl. Denn bereits hier kristallisieren sich die Paarkonstellationen heraus, die später überhaupt in eine feste Partnerschaft überführt werden können. Schließlich ist jede Interaktion, die nach einer ersten Kontaktaufnahme stattfindet, bereits auf diese Entscheidung konditioniert und damit weichenstellend für den weiteren Verlauf des Prozesses. Viertens ist es mit Daten aus dem Onlinedating möglich, einen weiteren theoretisch zentralen Aspekt aufzugreifen, der in der bisherigen Forschung zur Partnerwahl kaum reflektiert wurde, nämlich die Wichtigkeit verbundener Lebensverläufe („linked lives“) und damit die Tatsache, dass es sich bei der Entscheidung für eine Partnerschaft um einen konsensuellen Akt handelt. Die Wahl eines Beziehungspartners ist schließlich keine einseitige Wahl, bei der ein ‚passives Gut‘ darauf wartet, von einem Akteur als passend befunden zu werden. Vielmehr müssen beide Akteure einer Partnerschaft zustimmen und sich als Paar begreifen, damit eine stabile Beziehung zustande kommen kann. Diese Wechselseitigkeit der Partnerwahl kann im Onlinedating empirisch als konsensuelle Entscheidung der beteiligten Akteure untersucht werden. Das erste der beiden Ziele der vorliegenden Studie ist es also, die Prozesse der Partnerwahl mit Beobachtungsdaten aus dem Onlinedating empirisch zu anaziehung, also die jeweils von Männern und Frauen initiierten Erstkontakte, und die darauf folgenden Antworten. Die Erstkontakte, d. h. das initiative Anschreiben interessanter Personen im Onlinedating, strukturieren den virtuellen Heiratsmarkt grundsätzlich vor, und ermöglichen damit überhaupt den Aufbau sozialer Beziehungen. Dagegen entscheidet erst die Beantwortung darüber, welche dieser erstmaligen virtuellen Aufeinandertreffen zweier Onlinedatingnutzer fortgesetzt werden. Bleibt ein Erstkontakt unbeantwortet, ist der Prozess der Beziehungsentwicklung beendet und die individuelle Partnerwahl eines Akteurs daran gescheitert, dass das Gegenüber auf die Kontaktierung nicht reagiert, ihr gleichsam den Konsens verweigert. Die Antwort auf einen Erstkontakt ist demzufolge der not-
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wendige zweite Schritt in einer beginnenden Interaktion zwischen zwei Akteuren. Aus sozialstruktureller Perspektive ist sie damit gleichbedeutend mit der Bestätigung einer Ressourcenkonstellation, die aus Sicht beider beteiligter Akteure (bewusst oder unbewusst) geeignet erscheint, der subjektiven Nutzenerwartung an einen akzeptablen Partner gerecht zu werden. Die forschungsleitenden inhaltlichen Fragen für den ersten Teil der Arbeit lauten daher: Wer kontaktiert wen im Onlinedating und welche dieser Erstkontakte werden beantwortet? Welche partnerschaftlichen Ressourcenkonstellationen resultieren aus diesen Interaktionen und mit welchen sozialen Mechanismen lassen sich diese Kontaktmuster erklären? Der zentrale Beitrag, den diese Arbeit auf dem Gebiet der Partnerwahlforschung leistet, ist darin zu sehen, dass sie die traditionsreiche Debatte auf diesem Gebiet mit der Internetforschung zusammenbringt und dadurch einen ersten theoretischen und empirischen Zugang zu einem neuen Forschungsfeld, dem Onlinedating, aufspannt. Im Prozess der Partnerwahl wird speziell die ganz frühe Phase der Beziehungsentwicklung untersucht, in der die Entscheidungen der Akteure für oder gegen bestimmte partnerschaftliche Ressourcenkonstellationen getroffen werden. Insofern kann diese Arbeit den Forschungsstand um Erkenntnisse bereichern, inwiefern die aus dem Alltag bekannten Tendenzen der (Un)Ähnlichkeitspaarbildung auch im Internet, einem wesentlich weniger institutionell vorstrukturierten Handlungskontext, das Handeln der Akteure bestimmen. Nicht zuletzt werden, erstmals für Deutschland, quantitative empirische Untersuchungen von Internetkontaktbörsen auf Basis von Massedaten vorgelegt, die Hinweise darauf geben, ob sich die Partnerwahl im Internet von der Partnerwahl in den Kontexten des normalen Alltags unterscheidet. Prozesse der Arbeitsteilung im Haushalt Ausgangspunkt für den zweiten Teil der Arbeit ist die theoretische (und empirisch fundierte) Annahme, dass die gestiegene Bildungshomogamiequote nicht nur Auswirkungen auf die Ungleichheit zwischen Familien hat, indem sie die soziale Distanz zwischen den Haushalten vergrößert, sondern auch die Verfügbarkeit und Kontrolle von Ressourcen innerhalb der Paare beeinflusst, d. h. also zwischen Partnerin und Partner, oder allgemein zwischen den Geschlechtern. Denn eine Zunahme der Bildungshomogamie bedeutet nichts anderes als eine Zunahme von Paaren, in denen die Frau und der Mann über ähnliche soziokulturelle Ressourcen und ähnliches Humankapital verfügen. Im Vergleich zum traditionellen bürgerlichen Familienmodell mit einem männlichen, Vollzeit erwerbstätigen Haupternährer und einer auf Haushalt und Kinder spezialisierten Ehegattin ver-
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schiebt sich daher die Ressourcenbilanz zwischen den Geschlechtern im Aggregat deutlich zugunsten der Frauen (vgl. z. B. Blossfeld & Drobniˇc 2001, Blossfeld & Timm 2003). Weitere massive Veränderungen in den Lebenslagen und Lebensverhältnissen der Frauen in Deutschland sind ursächlich für oder stehen in enger Verbindung mit diesem Prozess der relativen Verbesserung ihrer sozialen Position: Die Bildungs-, Erwerbs- und Karrierechancen sind deutlich gestiegen, der Übergang zu Ehe und Elternschaft findet immer später statt und wird von einigen gar nicht mehr vollzogen. Die Kinderzahl sinkt und die aktive Familienphase wird immer kürzer. Die Ehe, die immer häufiger zwischen zwei Menschen mit ähnlicher Ressourcenausstattung geschlossen wird, verliert immer stärker ihren Status als lebenslange Verbindung zwischen Frau und Mann und wird daher immer häufiger wieder aufgelöst. Schließlich haben sich gesellschaftliche Werte und individuelle Einstellungen über die Kohorten hinweg tiefgreifend verändert, eine Entwicklung, die ihren Ausdruck heute beispielsweise in der Diskussion um so genannte ‚neue Männer‘ oder ‚neue Väter‘ findet (vgl. z. B. Cyprian 1996, Mühling et al. 2006, Rupp & Blossfeld 2008). Von all diesen Entwicklungen wird in der Forschungsliteratur und vor allem seitens der Politik vielfach erwartet, dass sie nicht nur zu einer Verminderung der sozialen Ungleichheit der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch zu einem deutlichen Abbau der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in der Familie führen (vgl. für einen Überblick z. B. Blossfeld & Drobniˇc 2001, Ostner 2008). Insbesondere wird vermutet, dass sich Männer dann stärker an der Hausarbeit beteiligen, wenn ihre Partnerinnen in den Arbeitsmarkt eingebunden sind und auf Grund ihrer Einkommen eine bessere Verhandlungsposition gegenüber ihren Partnern haben. Manche Theorien gehen sogar so weit, bei deutlich besseren Erwerbs- und Einkommenschancen der Frauen im Vergleich zu ihren Männern eine radikale Enttraditionalisierung mit vertauschten Geschlechtsrollen vorherzusagen: die Partnerin würde dann das Geld verdienen und der Partner würde sich auf die Hausarbeit spezialisieren. Die Befunde neuerer empirischer Untersuchungen sind vor dem Hintergrund dieser theoretischen Erwartungen geradezu ernüchternd. In seltener Einmütigkeit hat die bisherige Forschung gezeigt, dass die ökonomischen Ressourcenverhältnisse der Partner als Faktor der Enttraditionalisierung der Arbeitsteilung im Haushalt offenbar zu optimistisch bewertet worden sind. Vieles spricht sogar dafür, dass es im Beziehungs- oder Eheverlauf weniger zu einer Enttraditionalisierung der Arbeitsteilung kommt, sondern vielmehr nach wie vor Traditionalisierungsprozesse dominieren, die vor dem Hintergrund des massiven Wandels der relativen Ressourcenkonstellationen der Partner bzw. Ehegatten erklärungs-
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bedürftig sind. Obwohl die Arbeitsteilung in der Familie, nicht zuletzt aus den genannten Gründen, in den letzten Jahren als Forschungsgegenstand zunehmend wichtiger geworden ist, ist noch sehr wenig darüber bekannt, wie sich die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern im Haushalt tatsächlich im Zeitverlauf verändert. Ebenfalls ist unklar, welche der Theorien zur Erklärung der Arbeitsteilung zwischen den Ehepartnern zutreffen. Vor allem drei Gründe können für diese Situation angeführt werden. Erstens handelt es sich bei den meisten bisher vorliegenden empirischen Untersuchungen zur Arbeitsteilung im Haushalt nur um Situationsbeschreibungen auf der Grundlage von Querschnittsdaten. Da es sich bei der Arbeitsteilung in Paarbeziehungen aber um ein Phänomen mit Prozesscharakter handelt, können diese Studien die eigentlich interessierenden Veränderungen nicht nachvollziehen. Zweitens erfordert die Überprüfung gängiger Theorien über die Dynamik der partnerschaftlichen Arbeitsteilung streng genommen eine Längsschnittperspektive, die den zeitbezogenen kausalen Zusammenhang von Ursache und Wirkung abbilden kann. So hat die bisherige Forschung an vielen Stellen angedeutet, dass Ereignisse wie die Geburt von Kindern oder Veränderungen in den Erwerbskarrieren beider Partner zu einer Verschiebung bei der Teilung unbezahlter Arbeit zwischen den Partnern führen. Wie diese Wirkungen im Prozessverlauf der Arbeitsteilung in Partnerschaften, Ehen und Familien tatsächlich aussehen, ist gegenwärtig weitgehend unbekannt. Jedenfalls können diese Zusammenhänge nicht auf der Grundlage von Momentaufnahmen geklärt werden. Schließlich gibt es, drittens, bisher kaum Studien, die versuchen, konkurrierende soziologische und ökonomische Theorien über die Dynamik der Arbeitsteilung im Haushalt gegeneinander zu testen und gegebenenfalls zu integrieren, um so ein umfassenderes Bild über die tatsächlich wirksamen Mechanismen zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund ist es das zweite Ziel der vorliegenden Arbeit, mit Hilfe der für westdeutsche Ehen repräsentativen Daten des Bamberger EhepaarPanels, die Arbeitsteilung im Haushalt als Prozess zu analysieren. Da mit der Einschränkung auf Westdeutschland und auf die Lebensform der Ehe spezifische Selektionen verbunden sind, können die Befunde nicht ohne Vorbehalte auf nichteheliche Lebensgemeinschaften oder die Situation in anderen Ländern übertragen werden. In dieser Studie soll aber geklärt werden, ob die eheliche Arbeitsteilung in Westdeutschland noch immer einer starren traditionellen geschlechtsspezifischen Verlaufslogik folgt oder ob sich durch die Verschiebung in den relativen Ressourcen der Ehepartner ein partnerschaftlicheres Modell oder sogar ein enttraditionalisiertes Modell des Rollentauschs in der Arbeitsteilung der modernen Gattenfamilie abzeichnet. Aus theoretischer Sicht ist es dabei von großer Bedeutung, dass die relative Veränderung der Aufteilung der Hausarbeit in je-
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weils unterschiedlichen sozialen Situationen entschieden wird und daher auch auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen kann. Daher wird in dieser Studie nicht unkritisch unterstellt, dass es sich bei den beiden Prozessen (größere versus geringere relative Beteiligung des Mannes) um dieselben kausalen Zusammenhänge nur mit jeweils umgedrehtem Vorzeichen handelt. Nach einer ausführlichen theoretischen Diskussion möglicher Einflussmechanismen werden daher, ausgehend von einer Einschätzung der Arbeitsteilung zu Beginn der Ehe, die folgenden Fragen empirisch untersucht: Wie verändert sich die häusliche Arbeitsteilung im Eheverlauf? Welche Faktoren führen zu einer größeren und welche zu einer geringeren relativen Beteiligung der Männer an der Hausarbeit? Welchen Einfluss haben dabei die relativen Ressourcen der Ehegatten sowie familienrelevante Ereignisse? Der zentrale Beitrag, den diese Arbeit auf dem Gebiet der Hausarbeitsteilungsforschung leistet, liegt in der systematischen Anwendung der Längsschnittperspektive auf Fragestellungen, die bislang, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ausschließlich auf Querschnittsbasis untersucht wurden. Die Dynamik arbeitsteiliger Arrangements und deren Determinanten werden dadurch explizit zum Untersuchungsgegenstand. Der Forschungsstand wird somit erweitert um Hinweise darauf, wie bestimmte Arrangements im Haushalt zustande kommen, wie und warum sie sich verändern. Im Zuge dessen werden empirische Indizien präsentiert, die eher für oder gegen bestimmte theoretisch behauptete Mechanismen sprechen und folglich eine Einschätzung erlauben, in welche Richtung sich eine Theorie der Arbeitsteilung im Haushalt entwickeln könnte. Partnerwahl, Arbeitsteilung und soziale Ungleichheit Sowohl die Partnerwahl, als auch die Arbeitsteilung haben Auswirkungen auf die Struktur und die Entwicklung der sozialen Ungleichheit und beeinflussen die Tendenzen des sozialen Wandels einer Gesellschaft. Wurden beide Aspekte im Laufe der jeweils langen und umfangreichen Forschungstraditionen bislang weitgehend getrennt voneinander behandelt, gibt es heute vielversprechende Ansätze, die wichtigsten Erkenntnisse beider Forschungsfelder miteinander zu verbinden. Insbesondere Blossfeld (2007) sowie Drobniˇc & Blossfeld (2004) haben neuerdings aufgezeigt, wie eine Verbindung beider Prozesse zu einem besseren Verständnis der Produktion und Reproduktion sozialer Ungleichheit im Zeitverlauf beitragen kann. Aus der Perspektive des Lebenslaufs ist diese Verbindung von Partnerwahlund Arbeitsteilungsprozessen in der Tat recht naheliegend. Wenn zwei Menschen eine Paarbeziehung eingehen, dann legen sie damit, bewusst oder unbewusst, ih-
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re individuellen Eigenschaften, Einstellungen, Fähigkeiten und Möglichkeiten, kurzum: ihre Ressourcen, ihr Humankapital, zusammen. Dieser Aspekt wurde in der Literatur insbesondere im Hinblick auf die Bildung ausführlich diskutiert, da die „Bildungsabschlüsse der Ehepartner . . . als zentrale Merkmale sozialer Ungleichheit verstanden werden [können], weil sie nicht nur die jeweils individuellen Arbeitsmarkt-, Einkommens- und Karrierechancen, sondern auch die kulturellen Ressourcen der Familien bestimmen“ (Blossfeld & Timm 1997: 441). Aus diesem Prozess ergeben sich jeweils ganz spezifische Konstellationen von marktvermittelbaren und nicht-marktvermittelbaren Eigenschaften der Akteure auf der Paarebene, beispielsweise im Hinblick auf die Bindung an den Arbeitsmarkt, Geschlechtsrollenorientierungen oder ökonomische Produktivitäten. Diese Konstellationen können nun als Ausgangspunkt für die weitere Dynamik der Beziehung interpretiert werden. Wenn man einen Partner gefunden hat, mit diesem irgendwann zusammenzieht, möglicherweise eine Ehe eingeht und fortan einen gemeinsamen Haushalt führt, dann stellt sich, vermittelt über spezifische Mechanismen, mit der Zeit ein Arrangement ein, wie die alltäglich anfallende Hausarbeit erledigt wird. Je nachdem, wie die Ressourcen im Paar verteilt sind, lassen sich aus verschiedenen Theorien bestimmte Erwartungen ableiten, warum sich ein bestimmtes Arrangement herausbildet und wie sich die Arbeitsteilung im Beziehungs- oder Eheverlauf entwickeln wird. Folgt man beispielsweise Beckers (1998) ökonomischer Theorie der Familie, würden deutlich unterschiedliche Bildungsabschlüsse der Partner Spezialisierungstendenzen und damit eine polare Arbeitsteilung begünstigen. Eine andere Möglichkeit wäre, im Falle von hohen Bildungsabschlüssen beider Partner auf ähnlich ausgeprägte liberale Geschlechtsrollenorientierungen und damit eine weitgehend egalitäre Aufteilung der Hausarbeit zu schließen (vgl. van Berkel & de Graaf 1999). Das übergeordnete theoretische Problem dieser Überlegungen lässt sich indessen auf die allgemeine Frage zurückführen, wie und warum Akteure ihre Ressourcen über die Paarbildung vereinen, und was dieser Prozess für die Dynamik einer Beziehung bedeutet. Vor diesem Hintergrund ergeben sich mit Blick auf die Struktur und Entwicklung sozialer Ungleichheit mindestens zwei wichtige Fragen: Erstens ist von Interesse, ob und wie die Struktur und die Wirkungsweise des Heiratsmarktes zur systematischen Herausbildung bestimmter Paarkonstellationen führt (was Gegenstand des ersten inhaltlichen Teils dieser Arbeit ist). Die Bildung ist dabei, wie angedeutet, ein theoretisch äußerst gehaltvoller Indikator. Hierbei ist entscheidend, dass die durch den Heiratsprozess entstehenden sozialen Verkehrskreise möglicherweise bestimmte Arrangements der Lebensführung, beispielsweise hinsichtlich der Arbeitsteilung, begünstigen. Und zweitens, insofern die Entwicklungen auf dem Heiratsmarkt als Prädiktor für die Dynamik
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der Beziehungsentwicklung herangezogen werden können, ist von Interesse, wie sich, ausgehend von den relativen Ressourcenkonstellationen, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern innerhalb der Haushalte über die Zeit entwickelt. Kurzum: This focus on changes in union formation and the division of work within the household allows us to study how unequal access to resources has been created, exacerbated, reduced, modified, or perpetuated by families (Blossfeld 2007: 276).
Diese Verbindung von Partnerwahl und Arbeitsteilung über die paargemeinschaftlichen Ressourcen erscheint auf den ersten Blick geradezu offensichtlich und plausibel. Allerdings hat schon Edwards (1969) in seiner austauschtheoretischen Betrachtung des Familienlebens darauf hingewiesen, dass Ressourcen und darauf basierende Kosten-Nutzen-Abwägungen, die in einer bestimmten Phase des Lebens- und Partnerschaftsverlaufs handlungsrelevant sind (z. B. bei der Partnerwahl), strenggenommen nicht direkt auf eine andere, spätere Phase übertragen werden können (z. B. auf das Zusammenleben in einer Ehe). Er hat das so ausgedrückt: In addition to the possibility of new resources coming into play, the resources and rewards relevant at one stage of a continuing relationship are not directly applicable at a subsequent stage. In the course of dating, courting, and marrying, we would expect therefore that the value of the dyadic partners’ obligations would evolve. During the process of dating and courtship, for instance, the male may consider sexual intercourse as a highly valued reward. As the relationship progresses, the obligations he incurs in inducing the female to engage in coitus increase. He may be obligated to profess his love for the female in order to obtain it. His declaration of love constitutes for the female an agreement to enter into future exchanges and is thus her reward. After marriage these resources and rewards diminish in value to some degree, and others – such as the ability to provide for the spouse in making a living and maintaining certain housekeeping standards – become more prominent (Edwards 1969: 523).
Doch selbst wenn im Zeitverlauf möglicherweise neue Ressourcen zusätzlich ‚ins Spiel‘ kommen, andere dafür nicht mehr relevant sind oder aber bestimmten Ressourcen ein anderer Wert oder eine andere inhaltliche Bedeutung zugemessen wird, so bedeutet das nicht zwangsläufig, dass sich auch die zugrunde liegenden Handlungsmechanismen im Partnerschaftsverlauf verändern. Dies hat schließlich auch Edwards (1969) an den Beispielen Partnerwahl und Autorität in der
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Familie gezeigt, indem er herausgearbeitet hat, dass beide Phänomene nach der Logik des sozialen Austausches rekonstruiert werden können. Zudem zeigt ein Vergleich der (empirischen) Forschungsliteratur zur Partnerwahl und zur Hausarbeitsteilung, dass in der Tat in beiden Bereichen häufig auf Basis ähnlicher Ressourcen und Mechanismen argumentiert wird (vgl. z. B. die Überblicke von Blossfeld & Drobniˇc 2001, Coltrane 2000, Huinink & Röhler 2005, Shelton & John 1996, Stauder 2002). Dies gilt beispielsweise und insbesondere, wie bereits an einigen Stellen der bisherigen Argumentation angedeutet, für die (relative) Bildung der Akteure; aber auch die Erwerbstätigkeit oder das Einkommen könnten an dieser Stelle beispielhaft genannt werden. Vor diesem Hintergrund wird am Ende dieser Arbeit herausgearbeitet, was man aus einer Verbindung von Partnerwahl- und Arbeitsteilungsprozessen im Sinne der dynamischen Sozialstrukturanalyse lernen kann. Aufbau der Arbeit Die Arbeit beginnt in Kapitel 2 mit einer grundlegenden Einführung zur lebenslaufsoziologischen Analyse von Partnerwahl und Hausarbeitsteilung. In der Tradition des hier vertretenen Programms der dynamischen Sozialstrukturanalyse (vgl. v. a. Blossfeld 1996, Blossfeld & Müller 1996, Blossfeld & Prein 1998) und damit zum Verständnis der Produktion, Reproduktion sowie des Wandels sozialer Ungleichheit zwischen und innerhalb von Paaren, wird auf Basis der folgenden Elemente ein prozesssoziologischer Rahmen aufgespannt: die Pfad- und Kontextabhängigkeit sozialer Phänomene, die Längsschnittperspektive, das Konzept der verbundenen Lebensverläufe („linked lives“) sowie das Prinzip mechanismischer Erklärungen auf Basis der Rational Choice-Theorie. In Kapitel 3 werden die in der Literatur zur Partnerwahl und Arbeitsteilung diskutierten Theorien zur Erklärung beider Phänomene aufgegriffen. Im ersten Teil der theoretischen Diskussion (3.1) wird der Stand der Partnerwahlforschung wiedergegeben. Besprochen werden zunächst die grundlegenden Mechanismen der Partnersuche der ökonomischen Theorie der Familie und der Austauschtheorie, die Bedeutung des Kontextes sowie eines von Blossfeld & Timm (1997, 2003) inspirierten Erklärungsmodells der Partnerwahl. Darauf aufbauend werden Arbeitshypothesen über die geschlechts- und bildungsspezifische Partnerwahl in modernen Gesellschaften entwickelt. Der zweite Teil der theoretischen Vorüberlegungen (3.2) greift die Diskussion der Arbeitsteilungsforschung auf. Dabei wird aufgezeigt, welchen Einfluss bestimmte Partnerschaftskonstellationen und familienrelevante Ereignisse auf die Dynamik der Aufteilung der Hausarbeit zwischen den Beziehungspartnern ha-
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Einleitung und Fragestellungen
ben. Diese Überlegungen beginnen im Anschluss an die Debatte der Partnerwahlforschung wiederum mit ressourcenbasierten Ansätzen der ökonomischen Theorie, die jedoch um normative, geschlechtssensible Erklärungsmodelle ergänzt werden. In Kapitel 4 werden die theoretisch formulierten Hypothesen zur Partnersuche im Internet (4.1) und zur Aufteilung der Hausarbeit im Verlauf der Ehe (4.2) empirisch überprüft. Dabei wird insbesondere versucht, die Frage nach den Bestimmungsgründen des Handelns der Akteure empirisch zu beantworten. Im Kern geht es darum, herauszufinden, ob die Menschen eher auf Basis der Bedeutung (ökonomischer) Ressourcen handeln, oder ob sie vielmehr ihr Handeln an sozialen Institutionen, Normen oder Geschlechtsidentitäten ausrichten. Jeder der beiden empirischen Teile beginnt mit einigen konzeptionellen Vorbemerkungen, einem kurzen Überblick über die wichtigsten Referenzstudien sowie Informationen über die verwendeten Daten und eingesetzten Analysemethoden. Da die Untersuchung der Partnerwahl im Internet ein neues, wenig ausgearbeitetes Forschungsfeld ist, werden zudem im Abschnitt 4.1.1 ausführlich die spezifischen Merkmale des digitalen Heiratsmarktes im Vergleich zu den traditionellen Heiratsmärkten, wie z. B. dem Bildungssystem, herausgearbeitet. Die Hauptergebnisse der Arbeit werden abschließend im 5. Kapitel zusammengefasst und vor dem Hintergrund des Forschungsstandes und der theoretischen Argumente diskutiert.
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Konzeptioneller Rahmen der Studie
Für das Verständnis der Struktur und des Wandels sozialer Ungleichheit in modernen Gesellschaften ist die Perspektive der Lebenslaufsoziologie in den letzten Jahren zunehmend wichtiger geworden. Dabei ist das Paradigma des Lebenslaufs nach Elder (1998) durch die folgenden vier2 Prinzipien gekennzeichnet: 1. Individuelle Lebensverläufe werden bestimmt und geformt durch die Lebensbedingungen in unterschiedlichen historischen Zeiten und Räumen („the principle of historical time and place“). 2. Der Einfluss eines Übergangs oder Ereignisses auf den Lebensverlauf hängt davon ab, wann diese Veränderung im Leben einer Person erfolgt („the principle of timing“). 3. Das menschliche Leben ist eingebettet in soziale Beziehungen und Netzwerke, die das individuelle Handeln beeinflussen und von diesem beeinflusst werden („the principle of linked lives“). 4. Die einzelnen Individuen konstruieren ihren eigenen Lebensverlauf, indem sie unter den gegebenen historischen und sozialen Bedingungen Entscheidungen treffen und (sozial) handeln („the principle of human agency“). Für Elder stellen diese vier Annahmen das Grundgerüst für das Verständnis individueller Lebensverläufe in sozialen Kontexten dar, da durch sie „Zeit, Kontext und Prozess zu bedeutenden Dimensionen von Theorie und Analyse werden“ (Elder 2000: 169). Auf diese Weise wird eine Verbindung zwischen dem sich historisch wandelnden gesellschaftlichen Möglichkeitsspielraum und individuellen Lebensentscheidungen und -ereignissen sowie deren Wechselwirkung hergestellt. 2
In späteren Arbeiten hat Elder als fünftes Hauptprinzip noch „lifelong development“ zu dieser Liste hinzugefügt (vgl. z. B. Elder & Johnson 2003). Für diese Arbeit ist es jedoch ausreichend, die lebenslange Entwicklung zusammen mit dem Prinzip des Timings als Hinweis auf die Notwendigkeit einer längsschnittlichen Prozessanalyse zusammenzufassen.
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Konzeptioneller Rahmen
In diesem Sinne sind diese Prinzipien gleichzeitig die Eckpunkte des von Blossfeld und Kolleg(inn)en vertretenen Programms der dynamischen Sozialstrukturanalyse (vgl. v. a. Blossfeld 1996, Blossfeld & Müller 1996, Blossfeld & Prein 1998). Nach dieser theoretischen Position erfordern soziologische Analysen eine dynamische Integration von Mikro- und Makroperspektive über die Zeit. Eine aussagekräftige soziologische Erklärung kann somit nur dann gelingen, wenn man zum einen die spezifischen historischen Strukturen und Prozesse identifiziert, vor deren Hintergrund die zu erklärenden Veränderungen in einer gegebenen Population beobachtet werden. Zum anderen ist es notwendig, die kausalen Mechanismen herauszuarbeiten, die es ermöglichen, ein soziales Phänomen als Ergebnis von Handlungen zu interpretieren. Diese Handlungen sind aus Sicht typischer Akteure sinnvolle Reaktionen auf die vorgefundenen Bedingungen und im Einklang mit ihren Zielen, zu deren Erreichung ihnen verschiedene Mittel zur Verfügung stehen (vgl. Blossfeld 1996, Blossfeld & Müller 1996). Nicht zuletzt durch die Ausrichtung der Forschung an diesen Prinzipien ist es in den letzten Jahren gelungen, das Wissen über die Zusammenhänge von sozialem Wandel, individuellen Lebensläufen und sozialer Ungleichheit zwischen und innerhalb von Paaren und Familien systematisch zu erweitern (vgl. z. B. Blossfeld 2007, Blossfeld 2009c, Blossfeld & Drobniˇc 2001, Blossfeld & Timm 2003, Drobniˇc & Blossfeld 2004). Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte der einzelnen Prinzipien diskutiert und damit die grundlegende Forschungsperspektive dieser Arbeit vorgestellt. Für jedes der beiden Forschungsthemen Partnerwahl und Arbeitsteilung werden zudem die Implikationen des jeweiligen Prinzips für die spätere empirische Analyse skizziert. Historischer Kontext und sozialer Wandel Für die Analyse sozialer Prozesse ist es wichtig, die zur jeweiligen historischen Zeit relevanten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu kennen, da sie die strukturellen Handlungsoptionen der Akteure zeitbezogen bestimmen und gleichzeitig die Motivationen und Ziele der Akteure beeinflussen. In Form von Brückenhypothesen sind diese Informationen im Sinne der Logik der Situation (Esser 1998) anschlussfähig an das Modell der soziologischen Erklärung im Rahmen der dynamischen Sozialstrukturanalyse (Blossfeld 1996, Blossfeld & Müller 1996, Blossfeld & Prein 1998). In diesem Abschnitt werden daher die Aspekte beleuchtet, die für die Analyse der Partnerwahl und der Arbeitsteilung im Haushalt besonders bedeutsam sind (vgl. als Ausgangspunkt für eine ausführliche Rekonstruktion dieser Prozesse z. B. Hill & Kopp 2004, Hui-
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nink & Konietzka 2007, Mühling et al. 2006, Nave-Herz 2002, Nave-Herz 2006, Peuckert 2008). Zu den wichtigsten Makrotrends im Rahmen der jüngeren Modernisierung zählen die deutlich angestiegene Beteiligung der Frauen in den Bereichen Bildung und Erwerbstätigkeit sowie die in struktureller Hinsicht stark verbesserten Bildungs-, Erwerbs- und Karrierechancen (Blossfeld 1985, Blossfeld 1989). Mit Blick auf die allgemeine Schulbildung und das Bildungsniveau haben die Frauen seit den 1970er Jahren mit den Männern gleichgezogen und sie teilweise sogar überholt. Auch in Bezug auf eine universitäre und berufliche Ausbildung haben die Frauen gegenüber den Männern in den letzten Jahren stark aufgeholt. Generell kann man feststellen, dass sich die Anteile der Frauen mit einem beruflichen Ausbildungsabschluss und mit höheren Bildungsabschlüssen in allen Industrienationen erhöhen (Blossfeld & Shavit 1993) und sich die Lebensläufe von Frauen und Männern in der „Vorbereitungsphase auf die Erwerbstätigkeit“ angeglichen haben (Lauterbach 1994: 19). Dennoch bestehen gerade bei der Art der Ausbildung nach wie vor deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die sich aufgrund des geschlechtlich segmentierten Arbeitsmarktes v. a. in Form ‚weiblicher‘ Ausbildungsberufe manifestieren (Blossfeld 1989). Die starke Bildungsneigung und der immer bessere Zugang zu höherer Bildung ist eine wichtige Ursache für die im gleichen Zeitraum zu beobachtenden Veränderungen im Bereich der Erwerbstätigkeit. Heute gehört die Ausübung eines Berufes für viele Frauen zum festen Bestandteil ihrer Biographie, da es gewissermaßen als ‚selbstverständlich‘ gilt, die erworbenen Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt einzusetzen (Huinink 2001). Diese Tatsache kann v. a. an dem starken Anstieg der weiblichen Erwerbsbeteiligung seit der Nachkriegszeit abgelesen werden. Dabei ist die größte Zunahme bei den verheirateten Frauen und den Müttern zu verzeichnen; nur wenig hat sich bei den alleinstehenden, ledigen und geschiedenen Frauen verändert (Cyprian 1996: 72). Dieser Anstieg ist eng mit der zunehmenden Verbreitung der Teilzeitarbeit verbunden, die zum größten Teil von Frauen geleistet wird (Blossfeld & Hakim 1997), sowie der immer wichtigeren Rolle des Staates als Arbeitgeber für Frauen, v. a. im Dienstleitungsbereich (Pfau-Effinger 2000). Höhere Bildung und steigende Erwerbspartizipation haben schließlich zu einer Verbesserung der Karrierechancen von Frauen geführt. Frauen ist es heute eher möglich als früher, in höheren und leitenden Positionen beschäftigt zu sein, was jedoch nicht darüber hinweg täuschen darf, dass gerade der westdeutsche Arbeitsmarkt nachweislich noch immer recht stark dem „‚Gesetz‘ der hierarchisch zunehmenden Männerdominanz“ folgt (Geißler 2006: 309). Auch hat die Angleichung weiblicher und männlicher Karrieren noch nicht zu gleichen
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Verdienstchancen geführt. Obwohl die Frauen durch bessere Einkommenschancen zunehmend ökonomisch unabhängiger werden und sich über die Kohorten den Männern annähern (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 19), bestehen nach wie vor merkliche Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern, die v. a. daraus resultieren, dass „Frauen . . . häufiger in schlechter bezahlten Berufspositionen, Lohngruppen und -branchen tätig“ sind (Geißler 2006: 309). Zudem konnte jüngst mit amerikanischen Daten gezeigt werden, dass Konstellationen, in denen die Frau einen deutlich größeren Anteil zum Haushaltseinkommen beiträgt als ihr Partner, meist nur von kurzfristiger, vorübergehender Dauer sind (WinslowBowe 2006). Als weitere wichtige makrostrukturelle Entwicklungen sind die massiven Veränderungen im Zusammenleben der Menschen zu nennen, die seit der ‚Blütezeit‘ der bürgerlichen Normalfamilie in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland zu beobachten sind (vgl. z. B. Huinink & Konietzka 2007, Peuckert 2008, Rupp & Blossfeld 2008). Seither ist der Anteil ‚klassischer‘ Familienhaushalte deutlich zurückgegangen, so dass Meyer (2006: 340) gar von einer Polarisierung in einen kleiner werdenden Familien- und einen wachsenden Nicht-Familien-Sektor spricht. Ein Grund dafür sind die rückläufigen Eheschließungszahlen bei gleichzeitig steigendem Erstheiratsalter. Zudem ist der Anteil nichtehelicher Paarbeziehungen oder Phasen des Alleinwohnens stark angestiegen und diese Lebensformen sind mittlerweile aus den Biographien der jüngeren Kohorten nicht mehr wegzudenken (Nazio 2008). Ähnliche Entwicklungen sind in Bezug auf die Fertilität zu beobachten. Seit dem Geburtenrückgang in den 1970er Jahren liegt die deutsche Geburtenrate mit rund 1,3 auf einem sehr niedrigen Niveau. Entsprechend hat die Zahl zeitlebens kinderloser Partnerschaften in Deutschland deutlich zugenommen, und das durchschnittliche Alter der Frauen und Männer bei der Geburt ihres ersten Kindes steigt stetig an (Engstler & Menning 2003). In beiden Fällen mag ein möglicher Grund dafür in den verlängerten Ausbildungszeiten zu sehen sein, was darauf hindeutet, dass v. a. Frauen, aber auch Männer, heute in aller Regel erst dann heiraten und Kinder bekommen, wenn sie eine berufliche Ausbildung abgeschlossen und sich beruflich etabliert haben (Blossfeld 1995, Blossfeld & Huinink 1991). Trotz der Verlagerung von Ehe und Elternschaft auf einen späteren Zeitraum im Lebensverlauf hat sich nichts an der prinzipiellen Koppelung dieser beiden Ereignisse verändert, so dass der Zusammenhang ‚wenn Kind, dann Ehe‘ für Westdeutschland immer noch in den meisten Fällen zutrifft; umgekehrt ist das im Übrigen nicht mehr unbedingt der Fall (Nave-Herz 2002). Auch in diesem Zusammenhang zeigt sich, dass das „traditionelle Lebensmodell der Ehefrau, Hausfrau und Mutter . . . zunehmend abgelöst [wird] von einem selbstbestimmten und eigenständigen Lebensentwurf“
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(Cyprian 1996: 72). Diese Interpretation wird auch häufig auf die angestiegenen Ehescheidungszahlen gestützt: Die Ehe hat ihre Bedeutung als Absicherungsinstanz weitgehend verloren und gerade Frauen müssen sich heute verstärkt eigenständig durch eine Erwerbstätigkeit finanziell und sozial absichern. Zudem erweisen sich in der Scheidungssituation Ehe- und Mutterschaft als „Frauenfallen“, zumindest, wenn sie mit einer Vernachlässigung des individuellen, beziehungsexternen Humankapitals einher gehen, da beziehungsinternes Kapital in aller Regel nicht in mögliche neue Beziehungen transferiert werden kann (Cyprian 1996: 73). Aus diesen Entwicklungen wurde in der familiensoziologischen Literatur häufig auf einen Bedeutungsverlust, eine Krise oder gar den Zerfall der Familie geschlossen. Diese These mag sicherlich für das Referenzmodell der Familiensoziologie, nämlich die traditionelle bürgerliche Normalfamilie gelten, nicht jedoch für das Beziehungs- und Familienleben im Allgemeinen. So können demoskopische Untersuchungen immer wieder belegen, dass, trotz der Zunahme ‚alternativer‘ Formen der privaten Lebensführung, Ehe und Familie keineswegs an Wichtigkeit verloren haben, bleiben sie doch „für die Mehrzahl der Befragten die ideale Lebensform . . . Sie zeigen alle, dass das bürgerliche Familienmodell, jedenfalls was seine Rollenzusammensetzung anbetrifft, an subjektiver Wertschätzung keineswegs verloren hat. Das gilt selbst für diejenigen, die zurzeit in einer andere Daseinsform leben“ (Nave-Herz 2006: 73). Vielmehr ist eine Entwicklung dahingehend zu beobachten, dass gerade in jüngeren Jahren immer häufiger Lebensformen gewählt werden, bei denen sich Frau oder Mann nicht langfristig festlegen müssen, und die es ermöglichen, dass beide Partner ihre individuellen und oft unterschiedlichen Lebenspläne verwirklichen können. Eine Festlegung auf Ehe und Familie erfolgt meist erst dann, wenn die strukturellen Rahmenbedingungen (z. B. abgeschlossene Ausbildung, ökonomische Absicherung durch Erwerbstätigkeit, günstige Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt) für eine Ehe oder Elternschaft stimmen (Mühling et al. 2006). Theoretisch müsste diese Entwicklung besonders ausgeprägt bei Paaren zu beobachten sein, deren Binnendifferenzierung durch ein relatives Ressourcengleichgewicht gekennzeichnet ist und die damit ein weitgehend ähnliches Machtverhältnis aufweisen, das nicht von vorneherein eine polare arbeitsteilige Struktur im Sinne des bürgerlichen Familienmodells impliziert. Derartige Konstellationen sind im Zuge des Trends zunehmender Homogamie immer häufiger zu finden, d. h. das alltagsphilosophische Prinzip ‚gleich und gleich gesellt sich gerne‘ trifft auf immer mehr Paare zu (vgl. v. a. Blossfeld & Timm 2003). Die Bildungsexpansion und die strukturellen Voraussetzungen des Bildungssystems als Heiratsmarkt haben in den letzten Jahrzehnten die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich
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die Partner in nichtehelichen (Frenzel 1995, Rupp 1999) und ehelichen (vgl. z. B. Blossfeld & Timm 1997) Paarbeziehungen v. a. hinsichtlich der Bildungsressourcen, aber damit auch im Hinblick auf die Erwerbs- und Einkommenschancen sowie immer häufiger auch der Bindung an den Arbeitsmarkt ähnlich sind. Nach der Längsschnittstudie von Blossfeld & Timm (1997) ist der Anteil dieser bildungshomogamen Ehen in Westdeutschland über die Kohorten hinweg auf inzwischen knapp über 70 Prozent angestiegen. Diese Beobachtung weicht systematisch von einem theoretisch angenommenen Zufallsbefund ab und diese Abweichung hat sich durch die Bildungsexpansion noch verstärkt. Gleichzeitig ist die Neigung der Frauen und Männer zu einer Aufwärts- bzw. Abwärtsheirat (ebenfalls überzufällig) gesunken. Damit ist der Anteil ‚traditioneller‘ Ehen nach dem Modell des männlichen Brotverdieners auf etwa ein Fünftel zurück gegangen. Für die jüngeren Frauen und Männer ist dieses Muster der Partnerwahl offenbar nicht mehr so erstrebenswert wie noch für die älteren Kohorten, für welche dieses Modell noch eine größere, normativ gestützte Verbindlichkeit hatte. Weiterhin beobachteten Blossfeld & Timm (1997) einen immer schon recht kleinen Prozentsatz von Paaren, in denen die Frau eine höhere Bildung und einen höheren sozialen Status aufweist. Diese Konstellationen, die aufgrund der steigenden Bildungs- und Erwerbsbeteiligung der Frauen theoretisch zwar immer wahrscheinlicher werden sollten, sind empirisch auch heute noch sehr selten (vgl. auch Blossfeld 2009a, Blossfeld & Timm 2003, Rupp & Blossfeld 2008, Timm 2004). Trotz der hohen Plausibilität der Befunde von Blossfeld & Timm (1997, 2003) müssen sie im Lichte anderer Studien durchaus auch etwas kritisch betrachtet werden. Während beispielsweise Kalmijn (1991), Mare (1991), Teckenberg (2000) oder Schwartz & Mare (2005) ebenfalls steigende Homogamieraten berichten, konnten Ziegler (1985) und Ultee & Luijkx (1990) einen Rückgang homogamer Eheschließungen und damit einen Trend zu größerer Heterogamie beobachten. Wirth (2000) konnte schließlich für Deutschland eine weitgehende Konstanz in der Struktur der Heiratsmuster nach Bildung feststellen. Vor diesem Hintergrund wird es die Herausforderung des ersten Teils dieser Studie sein, das Ausmaß bildungshomogamer Strukturen auf dem neuen Teilheiratsmarkt Internet zu bestimmen sowie die sozialen Mechanismen, welche diese Strukturen hervorbringen, theoretisch und empirisch zu rekonstruieren. Insgesamt belegen die in aller Kürze präsentierten makrostrukturellen Tendenzen in Bezug auf das Humankapital und die Ressourcenausstattung von Frauen die These, dass sich die soziale Position von Frauen seit Mitte des 20. Jahrhunderts im Vergleich zu der von Männern deutlich verbessert hat. Im Lichte ökonomischer Theorien sollten diese Entwicklungen zu einem Abbau der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in den privaten Haushalten führen, da die Frauen
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durch eine Verbesserung ihrer Ressourcenausstattung ihre Verhandlungspositionen stärken und damit ihre ökonomische Abhängigkeit reduzieren (Sørensen & McLanahan 1987). Demgegenüber verweisen die immer noch bestehenden Unterschiede, v. a. im Hinblick auf den Einkommensabstand zwischen den Geschlechtern, auf eine gewisse Persistenz arbeitsteiliger Strukturen, wenn auch nicht in dem bekannten Ausmaß vollkommen polarer Arrangements. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Trends im Bereich der privaten Lebensführung und der demographischen Entwicklung wird der Ausgang möglicher Verhandlungen über die Aufteilung der häuslichen Pflichten in Paarbeziehungen immer ungewisser, da sich zusätzlich zur Ressourcenbilanz auch die haushaltsökonomischen Rationalitäten verändern und sich die verfügbare Zeit der Frauen für Hausarbeit verringert. Je stärker sich also die gewählte Lebensform vom bürgerlichen Referenzmodell unterscheidet und je stärker die Paarkonstellation aufgrund von Homogamie vom Idealtypus komplementärer Rollen abweicht, desto eher ist mit einer Abnahme der polaren geschlechtsspezifischen Struktur zu rechnen. Konkret würde man beispielsweise erwarten, dass die Arbeitsteilung in der Familie, angesichts der verbesserten Ressourcen der (Ehe-)Partnerinnen egalitärer werden und tradierte Modelle an Bedeutung verlieren sollten. Diese Erwartungen werden unterstützt durch den Einstellungs- und Orientierungswandel der Menschen, der seit Beginn der Bildungsexpansion und dem Aufkommen der Frauenbewegung Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre zu beobachten ist. Die alten, traditionellen Werte und Leitbilder wurden insbesondere von den Frauen nicht mehr fraglos hingenommen und es entwickelte sich nach und nach die Idee eines neuen, ‚modernen‘ Geschlechterverhältnisses. Darin wurde, besonders von den jüngeren und höher gebildeten Generationen, die Vorstellung von der Funktionalität komplementärer Geschlechtsrollen im Kontext von Partnerschaft, Ehe und Familie sukzessive aufgegeben und ersetzt durch das Ideal der prinzipiellen Gleichheit der Geschlechter und der Gleichberechtigung der Beziehungspartner auf allen Ebenen. Die Konsequenzen dieses Prozesses finden im Idealtypus des ‚Verhandlungshaushalts‘ ihren Ausdruck. Obwohl es bislang an empirischer Evidenz für die Ausbreitung dieses Familientypus fehlt, wird die Idee der individualisierten Beziehung, die jeder Partner weitgehend nach seinen Wünschen gestalten kann, seither von vielen Menschen als Referenzmodell partnerschaftlichen Handelns akzeptiert (Mühling et al. 2006). Im Rahmen dieser Idee haben Selbstverwirklichung und Selbstständigkeit sowie der Wunsch nach einer eigenen Berufstätigkeit und Karriere eine große Bedeutung und zwar nicht mehr nur für Männer, sondern v. a. auch für Frauen (Lück 2006). Allerdings haben Partnerschaft und Mutterschaft als die traditionell zentralen Komponenten der weiblichen Biographie oft nichts von ihrer Wichtigkeit verloren. Auch sind
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nach wie vor die „Lebensverläufe von Frauen . . . nicht ohne die Familie zu denken“ (Lauterbach 1994: 19). So ist es nicht verwunderlich, dass die Familienorientierung der Frauen sich in den letzten Jahrzehnten nur marginal verändert hat (Peuckert 2008). Aufgrund der hohen Relevanz beider Lebensbereiche – Familie und Beruf – hat sich im Lauf der Zeit in allen gesellschaftlichen Schichten eine Doppelorientierung bei Frauen durchgesetzt (Pfau-Effinger 2000: 124f.) und auch die Konsequenzen einer Erwerbstätigkeit von Müttern (z. B. für die Erziehung der Kinder) werden heute nicht mehr so negativ eingeschätzt wie früher (Blohm 2006). Auch auf Seiten der Männer hat die Akzeptanz einer ‚modernen‘ Frauenrolle in den letzten Jahren stetig zugenommen. Insgesamt sind die Veränderungen auf der Einstellungsebene die Folge eines Kohorteneffekts, d. h. die jüngeren Geburtskohorten erweisen sich als liberaler als die älteren (Lück 2006), was häufig auch mit der tendenziell höheren Bildung jüngerer Kohorten in Verbindung gebracht wird (van Berkel & de Graaf 1999). Zusammenfassend betrachtet dokumentieren empirische Studien im Großen und Ganzen übereinstimmend, dass sich im Zuge der Bildungsexpansion, steigender Erwerbsbeteiligung für die (Ehe-)Frauen und des unverkennbaren Einstellungswandels von beiden Geschlechtern für Frauen vor allem eine Doppelbelastung durch Familie und Erwerbstätigkeit ergibt, während die traditionell deutlich geringere Beteiligung der Männer im Haushalt erstaunlicherweise relativ unverändert bleibt (vgl. für Deutschland z. B. Künzler 1994, Künzler et al. 2001). Die Gründe dafür sind nach dem jetzigen Forschungsstand zum einen in der spezifischen Verschränkung der Bereiche Familie und Erwerbsarbeit im weiblichen Lebenszusammenhang zu suchen und zum anderen in der sozialen Konstruktion der traditionellen männlichen Ernährerrolle, die keine geteilte Verantwortlichkeit für die Hausarbeit und Kindererziehung einschließt. Genau diese Zusammenhänge von institutionellen Rahmenbedingungen, (vermeintlichen) ökonomischen Rationalitäten und soziokulturellen Normen bei der Aufteilung der Hausarbeit in Paarbeziehungen sind Gegenstand des zweiten Teils dieser Arbeit. Prozess- und Längsschnittforschung Die Fortschritte im Bereich der soziologischen Theoriebildung, der Datenerhebung und der empirischen Auswertung quantitativer (Prozess-)Daten haben in den letzten Jahren das Bewusstsein vieler Forscher dahingehend geschärft, dass die Analyse von Lebensverläufen und Prozessen des sozialen Wandels genau genommen eine Längsschnittperspektive erfordert. So wird heute zum einen der Gegenstand der Untersuchung, am konkreten Beispiel dieser Arbeit also die Partnerwahl oder die Arbeitsteilung, wie es bereits die Klassiker soziologischen Den-
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kens vorgemacht haben, als zeitextensives Phänomen aufgefasst und v. a. auch empirisch operationalisiert (vgl. z. B. Baur 2005). Zum anderen ist es inzwischen weitgehender Konsens, dass viele der verfügbaren Theorien zur Erklärung dieser Phänomene eine dynamische Betrachtungsweise der sozialen Wirklichkeit erfordern, und dass eine ahistorische empirische Betrachtung von Verteilungen, Mischungsverhältnissen und Strukturunterschieden zwischen Akteuren und Gruppen in der Gesellschaft zur Beurteilung der Relevanz und Reichweite dieser Theorien nicht ausreicht. Dennoch basieren derzeit die meisten verfügbaren nationalen und internationalen empirischen Studien zur Partnerwahl und Arbeitsteilung im Haushalt auf Querschnittsbetrachtungen (vgl. für Verweise auf die entsprechende Sekundärliteratur z. B. Blossfeld 2009a, Kalmijn 1998, Coltrane 2000, Künzler 1994). Ausgehend vom klassischen Familienzykluskonzept wird in diesen Fällen versucht, die Partnerwahl oder die Arbeitsteilung entlang vorab definierter Phasen im Lebens-, Beziehungs- und Familienverlauf abzubilden, und mittels Querschnittsdaten den Einfluss ‚unabhängiger‘ Faktoren auf diese Prozesse zu bestimmen. Diese Herangehensweise impliziert, dass das, was unterschiedliche Akteure oder Paare in verschiedenen Phasen ihres Lebens bzw. ihrer Partnerschaft erleben dem entspricht, was andere Akteure oder Paare erfahren, wenn sie die entsprechenden Phasen als Sequenzen im Lebenslauf durchschreiten. Wie allerdings Blossfeld & Rohwer (2002) gezeigt haben, ist diese Vorgehensweise des Vergleichs verschiedener Populationen im Querschnitt aus kausalanalytischer Perspektive methodologisch problematisch (vgl. dazu ausführlich z. B. Blossfeld 2009b, Blossfeld 2009c, Blossfeld & Drobniˇc 2001). Wenn man an der ursächlichen Erklärung sozialer Phänomene interessiert ist, sind nach Coleman (1981) Schlussfolgerungen auf Basis von Querschnittsdaten problematisch, weil man dafür annehmen müsse, dass sich der untersuchte Prozess zum Zeitpunkt der Messung in einer Art statistischen Gleichgewichts befinde. Diese Annahme impliziert, dass die Wahrscheinlichkeiten der beobachteten Akteure, sich zu bestimmten Zeitpunkten in bestimmten Zuständen zu befinden, stabil sind und keinem Wandel unterliegen (Blossfeld 2009c). Zudem kann sich die tatsächliche zeitliche Abfolge von Übergängen und Ereignissen vom theoretisch angenommen Idealmodell (Familienzyklus) unterscheiden. Beispielsweise kann die Gründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vor Beendigung der Berufsausbildung stattfinden, oder ein Kind vor der Eheschließung geboren werden. Weiterhin können einige der theoretisch spezifizierten Phasen von vielen Personen niemals erreicht werden, z. B. von Personen, die zeitlebens partner- oder kinderlos bleiben, oder zwar einen Partner haben, aber nicht mit ihm zusammen wohnen. Schließlich kann die Abfolge der angenommen Stadi-
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en theoretisch zu jedem Zeitpunkt beendet werden, beispielsweise durch Trennung, Scheidung oder Tod. Mit Querschnittsdaten kann man folglich nicht erfassen, dass Akteure oder gesellschaftliche Teilgruppen einen bestimmten Zustand (z. B. verheiratet) möglicherweise in ganz unterschiedlichen Lebensphasen erreichen, deshalb die entsprechenden Ereignisse und Übergänge unterschiedliche Gründe haben können und damit die Interpretation von gefundenen Effekten (z. B. Logit-Koeffizienten in einem Querschnittsregressionsmodell) nicht eindeutig vorgenommen werden kann (vgl. auch die ähnlichen Beispiele in Blossfeld & Rohwer 2002: 6f.). Nun ist aber bekannt, dass sich moderne Gesellschaften und auch die Lebensläufe von Akteuren und bestimmten sozialen Gruppen in diesen Gesellschaften beständig wandeln. So haben eine Vielzahl an Lebensverlaufs- und Panelstudien in den letzten Jahren zeigen können, dass sich alle Bereiche des modernen Lebens (z. B. Familienbiographien, Berufs- und Erwerbsstrukturen, das Bildungssystem) über das Alter, die Kohorten und die historische Zeit hinweg verändern (vgl. z. B. Blossfeld 1995, Blossfeld & Drobniˇc 2001, Blossfeld & Hakim 1997, Blossfeld & Shavit 1993, Blossfeld & Timm 2003). Wenn also moderne Gesellschaften durch diese besondere Dynamik der privaten Lebensführung gekennzeichnet sind, dann sollte die Analyse von Lebensverläufen auch auf Basis von Längsschnittdaten erfolgen, die diese Prozesse angemessen abbilden können. Anders ausgedrückt ist es ein großer Vorteil von retro- oder prospektiven Längsschnittdaten, dass sie die Möglichkeit bieten, komplexe Verläufe über einen längeren Zeitraum zu beobachten und die verschiedenen Entwicklungspfade und -logiken vor, zum Zeitpunkt von oder nach bestimmten theoretisch relevanten Übergängen zu untersuchen (Blossfeld 2009c). Aus methodologischer Perspektive hat die Längsschnittforschung eine ganze Reihe allgemeiner Stärken, insbesondere mit Blick auf die Analyse von zeitbezogenen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen: Erstens ermöglichen Längsschnittdaten eine bessere Trennung von Alters-, Kohorten- und Periodeneffekten, die sich in Querschnittsstudien vermischen. Zweitens können Pfadabhängigkeiten in den Lebensläufen der Akteure sichtbar gemacht werden. Um Entscheidungen in der Gegenwart erklären und in der Zukunft vorhersagen zu können, ist es wichtig, die Vorgeschichte der Akteure oder Paare zu kennen, z. B. in Form von Informationen über individuelle Partnerschaftsgeschichten oder erfolgreiche Kontaktierungen bei der Partnersuche, sowie Entscheidungen von Paaren über die Erwerbskarrieren von Frauen oder die Geburt von Kindern. Drittens kann der Tatsache Rechnung getragen werden, dass interdependente Prozesse gleichzeitig die Handlungsoptionen und -restriktionen der Akteure auf der individuellen oder der Paarebene beeinflussen. Zudem können, viertens, Kausalitätsprobleme
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bei der Identifikation abhängiger und unabhängiger Variablen und deren wechselseitiger Beeinflussung über die Zeit kontrolliert werden (Endogenitätsproblematik), was insbesondere mit Blick auf den Test von austausch- und ressourcentheoretischen Erklärungsansätzen der Arbeitsteilung im Haushalt von Bedeutung sein wird. Fünftens kann schließlich der Zeitfaktor im Reziprozitätsverständnis innerhalb von Partnerschafts- und Familienbeziehungen explizit berücksichtigt werden. Immerhin kann man mit großer Plausibilität davon ausgehen, dass ein zeitbezogener Zusammenhang zwischen beobachtbaren Handlungen und interdependenten Entscheidungen der Beziehungs- und Ehepartner besteht, der gerade deshalb von enormer Bedeutung für die Analyse des Familienlebens ist, da Paarbeziehungen gemäß der Logik des sozialen Tausches auf Langfristigkeit angelegt sind und deshalb erwartete Gegenleistungen auf eine erbrachte Vorleistung zeitverzögert erfolgen können (vgl. Blossfeld 2009b, Blossfeld 2009c, Blossfeld & Drobniˇc 2001, Blossfeld & Rohwer 2002). Wenn auch die Längsschnittforschung keinesfalls als Allheilmittel für sämtliche methodischen Probleme verstanden werden sollte, so hat sie doch, wie aufgezeigt, ganz bestimmte Vorteile gegenüber klassischen Querschnittsuntersuchungen (Blossfeld 2009c). Vor diesem Hintergrund werden in der vorliegenden Arbeit sowohl die Partnerwahl im Internet, als auch die Arbeitsteilung im Haushalt einer zeitbezogenen, dynamischen Analyse unterzogen. So hebt sich diese Studie von der großen Masse an bisherigen empirischen Studien ab, welche die Muster der Partnerwahl mittels log-linearer Analysen von Kontingenztabellen bereits verheirateter Männer und Frauen auf Basis von Querschnittsdaten bestimmen (Blossfeld 2009a) und damit gewissermaßen „von den Resultaten der Partnerwahl auf deren vorgängige soziale Ursachen“ (Blossfeld & Timm 1997: 441) schließen. Vielmehr beginnt die hier vorgelegte Analyse, wie es auch logisch richtig ist, „bei den vorausgehenden sozialen Bedingungen der Partnerwahl“, d. h. beim erstmaligen Aufeinandertreffen zweier Akteure, um „die sich im Zeitablauf daraus ergebenden Heiratsmuster zu rekonstruieren“ (Blossfeld & Timm 1997: 441). Schließlich ist die Wahl eines Beziehungs- oder Ehepartners etwas, das nicht punktuell im Lebenslauf passiert, sondern vielmehr ein Prozess der Annäherung zweier Personen, die sich auf dem Heiratsmarkt trotz Alternativen füreinander entschieden haben. Konkret werden in dieser Arbeit deshalb die ersten beiden Schritte dieser Entscheidung füreinander auf dem speziellen Heiratsmarkt des Internets unter die Lupe genommen: die Erstkontakte und die darauf folgende Beantwortung dieser Erstkontakte. Im Bereich der Arbeitsteilungsforschung wird eine der ersten Längsschnittanalysen zu diesem Themengebiet überhaupt vorgelegt. Die bislang vorhandene Literatur basiert fast ausnahmslos auf der Analyse und Beschreibung von Quer-
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schnittsdaten. Diese empirischen Studien haben sich zum einen eher auf Strukturen konzentriert als auf Prozesse und sich zum anderen eher verschiedenen Zuständen und Lebenslagen gewidmet als Ereignissen und Übergängen zwischen diesen Zuständen und Lebenslagen im Zeitverlauf (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 9). Dabei ist auch die Arbeitsteilung im Haushalt strenggenommen ein Prozess: Wenn zwei Personen in einem Haushalt zusammen leben, bedarf es in aller Regel einer gewissen Zeit, bis sich ein relativ stabiles, wenn auch unscharfes Arrangement der Erledigung einer bestimmten Menge an Hausarbeit herausbildet. Dieses Arrangement, wenn es denn von beiden Partnern als angemessen empfunden wird, wird dann so lange praktiziert, bis sich die Rahmenbedingungen des Handelns verändern, z. B. wenn durch die Geburt eines Kindes der Umfang der Hausarbeit ansteigt oder durch eine Veränderung des Erwerbsumfangs eine Person mehr oder weniger Zeit zur Verfügung hat. Während diese Arrangements prinzipiell mit Querschnittsdaten erfasst werden können, aber natürlich nur unter der Voraussetzung, dass man die Paare in einem ‚stabilen Zustand‘ und nicht in einer ‚Anpassungsphase‘ beobachtet, sind es vielmehr die Veränderungen in bestimmte Richtungen und deren Ursachen, welche für die an Prozessen interessierte Lebensverlaufsforschung von Bedeutung sind. Anders ausgedrückt kommt es nach dieser Perspektive beispielsweise nicht so sehr darauf an, ob die Männer 50 oder 25 Prozent der anfallenden Hausarbeit erledigen, sondern ob, wann und warum möglicherweise eine Veränderung ihres Beitrages vom einen auf den anderen Anteil erfolgt, und ob diese Veränderungen und Gründe irgendeine Systematik aufweisen. Folglich ist der hier gewählte Ansatz gleichbedeutend mit einem neuen Blickwinkel, fast schon einem Perspektivenwechsel in der Erforschung der Hausarbeitsteilung, da fortan die dynamischen Veränderungen von Verteilungen und Mischungsverhältnissen in Paarbeziehungen im Mittelpunkt der Analyse stehen werden, und nicht mehr nur die Verteilungen und Mischungsverhältnisse an sich. Verbundene Lebensverläufe – Linked Lives Neben Elder haben in den letzten Jahren zum Beispiel Blossfeld und Drobniˇc die Bedeutung der Analyse verbundener Lebensverläufe („linked lives“) für die Sozialstruktur- und Ungleichheitsforschung herausgestellt (Blossfeld 2007, Blossfeld & Drobniˇc 2001, Drobniˇc 2003, Drobniˇc & Blossfeld 2004). Obschon dieses Konzept bereits seit Elders frühen Arbeiten in den 1970er Jahren als zentraler Bestandteil der Lebensverlaufsforschung gilt, wurde es bis heute nicht im Detail theoretisch ausgearbeitet (Reichart 2007). Nichtsdestotrotz hat der durch dieses Konzept vorgeschlagene Blick auf Paare, deren Zusammensetzung und
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innere Dynamik sowie die Beziehungen zwischen den Partnern enorme inhaltliche und (modell-)theoretische Implikationen für die empirische Sozialforschung, wie der folgende Überblick über den Perspektivenwandel der Ungleichheitsforschung in den letzten Jahrzehnten dokumentiert (die nachfolgende Argumentation basiert im Wesentlichen auf den Ausführungen von Blossfeld 2007, Blossfeld & Drobniˇc 2001, Drobniˇc & Blossfeld 2004). Von den Anfängen der soziologischen Ungleichheitsforschung bis in die frühen 1980er Jahre hinein wurde die Familie als zentrale Einheit der gesellschaftlichen Schichtung und Differenzierung angesehen. Die moderne Gattenfamilie ist nach dieser Sichtweise eine gemeinschaftliche Einheit, die insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass alle Familienmitglieder gleichermaßen von den vom Familienoberhaupt auf dem Arbeitsmarkt erwirtschafteten Gütern und Einkünften sowie dem dadurch im öffentlichen Leben erreichten sozialen Status profitieren und daraus einen gemeinsamen Haushaltsnutzen ziehen. Folglich etablierte sich zunächst die soziale Position des männlichen Familienoberhauptes als die zentrale Variable in der Ungleichheits- und Mobilitätsforschung. Dieser Fokus spiegelte weitgehend die historische Dominanz des traditionellen bürgerlichen Familienmodells mit der von Parsons theoretisch überhöhten polaren Geschlechtsrollendifferenzierung im „golden age of marriage“ der 1950/60er Jahre wider. Während die so ausgerichtete Forschung für diese historisch einmalige Periode zwar wichtige Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Herkunft, Bildung, Erwerbstätigkeit und Einkommen bei Männern vorlegen konnte, wurden viele andere Formen und Aspekte der Ungleichheit weitgehend ignoriert, so z. B. die Arbeitsteilung im Haushalt zwischen Mann und Frau, Machtstrukturen in der Familie oder Unterschiede zwischen den Geschlechtern (vgl. z. B. auch Curtis 1986). Im Zuge des Anstiegs der weiblichen Erwerbsbeteiligung und des damit verbundenen Anstiegs des Beitrages der Frauen zum Haushaltseinkommen wurde die offensichtliche einseitige Konzentration auf das männliche Familienoberhaupt in der Ungleichheitsforschung zunehmend kritisiert (vgl. z. B. auch Sørensen & McLanahan 1987). Insbesondere aus den Reihen feministisch inspirierter Forschung wurde deshalb gefordert, Frauen bei der Ungleichheitsanalyse den Männern gleichzustellen und vielmehr Individuen und nicht Familien als zentrale Stratifikationseinheiten zu untersuchen. Allmählich setzte sich diese Perspektive, nach der sich die Position eines Individuums an den individuellen Leistungen (v. a. auf dem Arbeitsmarkt) bemisst, schließlich auch in der Forschung durch: Der Fokus verlagerte sich nach und nach weg vom Familienoberhaupt und hin zu eigenständigen Frauen und Männern, so dass damit das Wissen um die Position und die Rolle der Frau, ihre Erwerbstätigkeit sowie die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern umfassend erweitert werden konnte (Sørensen 1994);
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allerdings um den Preis, dass die Einbettung der Akteure in einen Familien- oder Haushaltskontext und die damit verbundenen Vorteile und Verpflichtungen systematisch ausgeblendet wurden: A fundamental drawback of this individualistic line of thought is that by ignoring marriage patterns and familial relationships, or by not explicitly taking them into account, it is implied that men and women are all alike, that there are no differences between families and households, and that [for example; F. S.] employment decisions within the family are based on genderfree considerations (Blossfeld 2007: 276).
Vor diesem Hintergrund argumentieren Blossfeld & Drobniˇc (2001), dass weder der traditionelle Blick auf die männlichen Haushaltsvorstände, noch die neueren Entwicklungen in der Analyse individueller Lebensverläufe von Frauen und Männern ausreichen, um verstehen zu können, wie soziale Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern auf dem Heirats- und Arbeitsmarkt sowie innerhalb der Haushalte produziert und reproduziert werden. Denn schließlich klammern beide Perspektiven zugunsten ihres originären Erkenntnisinteresses die seit Elders Arbeiten unstreitbare Tatsache aus, dass die „Interdependenz von Entscheidungen von Lebenspartnern, ihre strukturellen und wertbezogenen Einflussnahmen aufeinander [und; F. S.] der damit einhergehende Abstimmungsbedarf . . . für Paardynamiken . . . von überragender Bedeutung“ ist und folglich „bei der Modellierung von Entscheidungs- und Handlungsprozessen in Paar- und Familienbeziehungen berücksichtigt werden“ muss (Huinink & Feldhaus 2008: 36). Diese Einbettung der Akteure in private Netzwerke und Familienbeziehungen ist mithin besonders bedeutsam, wenn man die Lebenslaufperspektive auf die Familie als Untersuchungseinheit anwendet (vgl. Drobniˇc & Blossfeld 2004). Denn folgt man dem Konzept der „linked lives“, dann bedeutet das eben gerade nicht, dass die Familie angesehen werden muss as an entity of an egalitarian, non-hierarchical kind . . . ; nor that some of its members, usually the husbands, do not have the power or authority to influence other family members, usually the wives and the children, through the process of interpersonal non-economic exchange . . . ; nor that goods and rewards gained by the family through relationships within labour markets and production units are necessarily distributed within the family according to solidarity principles or in equal shares (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 8).
Daraus folgt, dass durch das Konzept der verbundenen Lebensverläufe die Prozesse des Zustandekommens von Familien sowie die Dynamiken des Zusammenlebens in Familien insofern angemessen untersucht werden können, als einerseits die individuellen Entscheidungen der Akteure ernst genommen werden, sie
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aber andererseits nie isoliert, sondern stets im Kontext von wechselseitig sich beeinflussenden Entscheidungen beobachtet und interpretiert werden (als Referenzstudien für dieses Vorgehen vgl. z. B. auch Drobniˇc 2003, Moen 2003, Reichart 2007). Welche Implikationen das für die beiden in dieser Arbeit behandelten Themen – Partnerwahl und Arbeitsteilung – hat, wird im Folgenden skizziert. Bereits in der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dass in der bisherigen Forschung kaum explizit berücksichtigt wurde, dass es sich bei der Partnerwahl um eine konsensuelle Entscheidung handelt, an der (im Minimalfall) zwei Akteure beteiligt sind. Eine Paarbeziehung ist demnach das Endergebnis eines Prozesses, in dem die beiden beteiligten Akteure zu jedem Zeitpunkt die Chance haben, sich (weiterhin) für oder gegen die Beziehung zu entscheiden. Damit hat man es nicht mehr mit einer einmaligen und einseitigen Wahlhandlung zu tun, sondern mit einer Vielzahl voneinander abhängiger Entscheidungen, die im Erfolgsfall fortlaufenden gegenseitigen Bestätigungen gleichkommen. Zudem wird dieser Prozess, um noch die sozialstrukturelle Komponente mit einzubeziehen, auch von der relativen Attraktivität der Akteure auf dem Heiratsmarkt beeinflusst. In dieser Hinsicht wird in Abschnitt 3.1 ausführlich gezeigt, dass die absolute Ressourcenausstattung anderer Personen aus Sicht eines partnersuchenden Akteurs nur in Auseinandersetzung mit dem eigenen Beziehungskapital in die Bewertung des subjektiven Erwartungsnutzens potentieller Partnerschaften einbezogen wird. Immerhin gibt es zwar einige Arbeiten, welche diesen Aspekt in ihrer theoretischen Diskussion berücksichtigen, so z. B. im Rahmen der Spieltheorie unter dem Begriff „two-sided matching“, v. a. aber in der längsschnittlich orientierten soziologischen Forschung (z. B. Blossfeld & Timm 2003). In der empirischen Forschung zu Partnerwahlprozessen ist dieser Aspekt bislang allerdings weitestgehend unberücksichtigt geblieben, insbesondere da geeignete Daten für die angemessene Umsetzung fehlen. Einzig Simulationsstudien (vgl. z. B. Todd & Miller 1999) liefern derzeit Erkenntnisse im Hinblick auf die Wechselseitigkeit von Partnerwahlentscheidungen zu Beginn einer Beziehung, allerdings um dem Preis selbsterzeugter Daten und oftmals recht harter oder vereinfachter Annahmen über das Verhalten der Akteure. Die vorhandenen empirischen Studien auf Basis von Umfragedaten gehen dagegen fast ausnahmslos von bereits geschlossenen Ehen aus und versuchen dann im Nachhinein die vorausgegangenen sozialen Bedingungen der Partnerwahl zu rekonstruieren. Lebensverlaufsstudien zur Partnerwahl, die sowohl die Prozesshaftigkeit, als auch die schrittweise Konsensualität der Partnerwahl berücksichtigen, sind dagegen erst mit der Herausbildung der internetbasierten Partnersuche und dem damit verbundenen neuen Daten- und Modellierungspotential möglich.
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Auch der zweite Teil der Arbeit geht davon aus, dass es sich bei dem Untersuchungsgegenstand um ein relationales Phänomen handelt, das nur über die Beobachtung aller beteiligten Akteure angemessen untersucht werden kann. Das konkrete Arrangement, nach dem sich die Partner einer Paarbeziehung die Hausarbeit untereinander aufteilen ist demnach das Ergebnis einer Beziehung zwischen zwei Akteuren. Denn schließlich ist es zunächst offensichtlich, dass sich eine einzelne Person schlichtweg keine Arbeit aufteilen kann und auch zwei eigenständige Akteure müssen erst irgendwie miteinander in Kontakt treten, um sich koordinieren zu können, wie eine bestimmte Menge an Arbeit verteilt werden soll. Im Verlauf dieser Beziehung kristallisiert sich über bewußte oder unbewusste Abstimmungsprozesse ein relativ stabiles System aufeinander bezogener Hausarbeitshandlungen heraus, in dem (ein bestimmter Gesamtaufwand vorausgesetzt) der Beitrag des einen von der Beteiligung des anderen abhängt. Diese paarbezogenen Arrangements, im konkreten Fall zwischen Ehegatten, sowie deren Veränderungen im Eheverlauf werden in dieser Arbeit als abhängige Variablen verwendet. Im hier gewählten Design werden sie mit individuums- und paarbezogenen Merkmalen (z. B. Bildungsniveau bzw. Bildungshomogamie) und Veränderungen (z. B. Übergang zur Elternschaft) in Beziehung gesetzt, um die Mechanismen der Dynamik der Arbeitsteilung theoretisch und empirisch herausarbeiten zu können. Zusammen mit der verlaufsorientierten Analyse von Ereignissen und Veränderungen im Lebenslauf stellt die explizite Berücksichtigung des Prinzips der „linked lives“ in Form einer Paarperspektive einen weiteren Fortschritt in der Partnerwahl- und Arbeitsteilungsforschung dar, weil dadurch zum einen ein neuer und detaillierterer Blick auf bereits bekannte Phänomene geworfen und zum anderen ein expliziter Zusammenhang zwischen wichtigen Übergängen im Lebenslauf und der daraus folgenden Paardynamik hergestellt werden kann. Menschliche Handlungsfähigkeit und Rational Choice-Ansatz Das vierte für das hier vertretene Programm der dynamischen Sozialstrukturanalyse wichtige Prinzip der menschlichen Handlungsfähigkeit („human agency“) postuliert, dass die Grundlage für jede Erklärung sozialer Prozesse letztlich im individuellen Verhalten und Handeln einzelner Menschen zu sehen ist. Unter gegeben historischen und institutionellen Rahmenbedingungen konstruieren die Menschen ihre individuellen oder paargemeinschaftlichen Lebensverläufe, insofern sie beispielsweise Partnerwahlentscheidungen treffen oder sich die Hausarbeit in einer Ehe nach ihren Vorstellungen aufteilen. Mithin müssen auch kollektive Phänomene, wie z. B. die Bildungshomogamie oder die traditionelle geschlechts-
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spezifische Arbeitsteilung, aus den Wahlhandlungen und Entscheidungen von Akteuren abgeleitet werden (Haller 2003: 284). Diese Position des methodologischen Individualismus steht dem wissenschaftstheoretischen Ansatz einer Soziologie als Wirklichkeitswissenschaft im Sinne Max Webers nahe (Haller 2003: 375), da sie dezidiert „soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will“ (Weber 1980: 1). Einer solchen Herangehensweise an die Erklärung sozialer Phänomene liegt heute in aller Regel ein umfassendes Bild vom Menschen als rationalem Akteur zugrunde, das so bezeichnete RREEMM-Modell,3 das die Einseitigkeiten rein soziologischer und ökonomischer Menschenbilder überwindet (vgl. v. a. die Diskussion bei Lindenberg 1985). Nach diesem Modell ist ein Akteur durch räumliche, zeitliche, institutionelle oder soziale Gegebenheiten zwar grundsätzlich in seinen Möglichkeiten beschränkt. Da er aber gleichzeitig mit bestimmtem Ressourcen (z. B. Vernunft, Wissen) ausgestattet sowie findig und kreativ ist, kann er aktiv und reflexiv mit seiner Umwelt umgehen und seine Ziele und Möglichkeiten gegeneinander abwägen. Aus diesem Zusammenspiel von (bewussten oder unbewussten) Erwartungen und Bewertungen folgt schließlich das konkrete Handeln, gemäß „der unbestrittenen anthropologischen Grundannahme, dass die Menschen dasjenige tun, wovon sie glauben, dass es sie mit der größten Wahrscheinlichkeit zum jeweils angestrebten Ziel bringen würde“ (Schulze 2002: 3). Diese Sichtweise impliziert, dass soziale Phänomene – oder allgemeiner gesprochen: Gesellschaft – immer auf (sozialem) Handeln basieren und als „Ensemble von geregelten bzw. strukturierten Beziehungen und Verhältnissen“ angesehen werden müssen (Haller 2003: 376). Der spezifische Gegenstand der Soziologie, nämlich dass aus diesen individuellen Handlungen stabile soziale Beziehungen entstehen und sich im Zuge dessen bestimmte Regeln, Normen, Verfassungen oder Institutionen herausbilden, die in Form überindividueller sozialer Tatsachen das Handeln der Menschen wiederum beeinflussen, kann sodann an diese durchaus ökonomisch inspirierte Sichtweise angedockt werden, indem diese Institutionen ebenfalls als von handelnden Menschen konstruiert und geschaffen und damit als prinzipiell veränderbar betrachtet werden (vgl. Blossfeld 1996, Blossfeld & Müller 1996). Aufbauend auf dem Prinzip des methodologischen Individualismus und dem eben skizzierten Menschenbild gibt es verstärkt seit den 1980/90er Jahren Ansätze, empirische Phänomene der sozialen Realität im Rahmen der Rational Choice-Theorie zu erforschen. Wie Blossfeld (1996) argumentiert, kann die An3
Das Akronym RREEMM steht für Resourceful, Restricted, Expecting, Evaluating, Maximizing Man (Lindenberg 1985: 100).
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wendung dieser Perspektive auf soziologische Fragestellungen (z. B. in der Sozialstrukturanalyse) zu einem enormen Erkenntnisfortschritt nicht nur inhaltlicher Art, sondern auch hinsichtlich einer besseren Verknüpfung von empirischer Forschung und soziologischer Theoriebildung führen (vgl. auch Blossfeld & Müller 1996, Blossfeld & Prein 1998). Dabei ist es nach Haller (2003: 374f.) von besonderem Vorteil, dass die vielen verschiedenen Versionen, welche unter diesem Etikett subsumiert werden, zunächst sehr sparsam und umfassend anwendbar sind. Die Ansätze basieren auf einigen wenigen, grundlegenden Basistheoremen, aus denen spezifische Aussagen, Erklärungsmodelle und Begründungszusammenhänge abgeleitet werden können. Diese einheitliche Herangehensweise kann durchweg auf verschiedene inhaltliche Fragestellungen angewandt werden, so dass nicht für unterschiedliche Phänomene jeweils neue, spezifische Konzepte entwickelt werden müssen. Aus diesen beiden Stärken folgt, so Haller (2003) weiter, die wichtigste positive Eigenschaft, die RC-Theorien im Rahmen der Soziologie . . . erfüllen können. Sie besteht darin, daß sie bei der Bearbeitung eines inhaltlichen Problemfeldes helfen können, die vielfach unübersehbare Fülle von möglichen Fragestellungen (im Hinblick auf Ursachen, Funktionen und Folgen eines sozialen Phänomens) übersichtlich und systematisch zu ordnen (Haller 2003: 375).
Von besonderem Vorteil ist die Anwendung der Rational Choice-Theorie in der Soziologie folglich dann, wenn man ihre Art, Fragen zu stellen, ihre Herangehensweise der Beantwortung von Forschungsfragen, ihre auf individuelles Handeln bezogenen Begriffe und ihre Begründungslogik im Sinne des methodologischen Individualismus als eine Art ‚disziplinierenden konzeptionellen Rahmen‘ verwendet. Ein ebenso hohes heuristisches Potential steckt indessen in dem Modell der soziologischen Erklärung (vgl. hierzu insbesondere die zahlreichen Schriften Essers, z. B. Esser 1998), das in der neueren empirischen Sozialforschung häufig in Zusammenhang mit der Rational Choice-Theorie eingesetzt wird und den Ausgangspunkt für die Anwendung methodologisch-individualistischen Denkens in der Soziologie darstellt (vgl. Stauder 2008). Dieses Modell schärft das Bewusstsein dafür, dass weder rein individuell-intentionale, noch rein strukturelle Erklärungen sozialer Phänomene auf der Mikro- bzw. Makroebene zu einem besseren Verständnis der sozialen Wirklichkeit beitragen, sondern dass beide Ebenen unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Zeitkomponente dynamisch miteinander verknüpft werden müssen (vgl. Blossfeld 1996, Blossfeld & Müller 1996, Blossfeld & Prein 1998).
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Als logisch erster Schritt müssen demnach die „jeweiligen historischen Bedingungen und Prozesse identifiziert werden, die die Veränderungen auf der strukturellen Ebene dominieren“ (Blossfeld & Müller 1996: 406f.) und damit die Rahmenbedingungen für das Handeln der Menschen abstecken. Da die Akteure in einen räumlichen, zeitlichen und sozialen Kontext eingebettet sind, werden durch diese Logik der Situation gewissermaßen die Handlungsalternativen, beispielsweise in Form von konkreten Kontaktgelegenheiten bei der Partnerwahl, normativen Erwartungen an die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern oder anderen alltagspraktischen Restriktionen, beschrieben. Durch diese so genannten „Brückenhypothesen“ wird die Makroebene der sozialen Strukturen mit der Mikroebene der subjektiven Akteure und ihren Handlungen verknüpft. Anschließend sind, in einem zweiten Schritt, „die Mechanismen zu benennen, die es . . . erlauben, das Zusammentreffen intentional handelnder Individuen mit dem sozialen Wandel als eine Folge von Wahlprozessen zeitbezogen zu rekonstruieren“ (Blossfeld & Müller 1996: 407). Diese Logik der Selektion bezeichnet die Wahl der Handlung eines Akteurs, wie sie angesichts der Situationslogik durch eine geeignete Theorie vorhergesagt werden kann. Welche konkrete Handlungstheorie hier gewählt wird, ist prinzipiell offen, wobei sich je nach Theorie die zentralen Merkmale der Situationsbeschreibung verändern können, da die soziologische Erklärung nur dann konsistent sein kann, wenn die einzelnen Elemente untereinander anschlussfähig sind. Wenn also die Prämissen einer Handlungstheorie beispielsweise auf den Konzepten Bewertung und Beurteilung fußen, müssen die Brückenhypothesen für eine gegebene Situation angeben, was und in welchem Ausmaß ein typischer Akteur positiv oder negativ bewertet, was er für wahrscheinlich oder unwahrscheinlich hält sowie was riskant oder unsicher ist (Esser 1998: 99). Schließlich werden, im dritten Schritt der Erklärung, die strukturellen Konsequenzen des Handelns der einzelnen, sozial eingebetteten Akteure abgeleitet und in Form der Logik der Aggregation der Schluss von der Mikro- auf die Makroebene vollzogen. Wie die vorangegangenen Ausführungen deutlich machen, stehen der Soziologie mit dem Modell der soziologischen Erklärung und der Rational ChoiceTheorie zwei sehr flexible Heuristiken zur Verfügung, an denen man sich bei der empirischen Forschung orientieren kann. Allerdings muss man dabei auch beachten, dass der bloße Bezug auf beide Modelle alleine noch keinen Erkenntnisfortschritt bringt, auch wenn das von einigen Vertretern dieser Perspektive möglicherweise behauptet wird (vgl. z. B. Blossfeld 1996, Haller 2003, Schulze 2002). Dies ist erst dann der Fall, wenn die abstrakten Begriffe und Konzepte der Ansätze (wie z. B. Ressourcen, Restriktionen, Erwartungen, Bewertungen, Nutzen, Maximierung, usw.) mit konkreten Inhalten gefüllt werden. Das beginnt for-
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schungslogisch mit der Auswahl eines bestimmten Untersuchungsgegenstandes und verläuft weiter über eine detaillierte Situationsanalyse, die Formulierung von Brückenannahmen bis hin zur Explikation theoretischer Überlegungen zum Zusammenhang von Denk- und Handlungsmustern, gleichsam zeitbezogenen „Aussagen darüber, was die Menschen in einer gegebenen Kultur zu wissen glauben und was sie, bezogen auf ihr Weltmodell eigentlich wollen“ (Schulze 2002: 3). Die spezifischen theoretischen Überlegungen bilden mithin das Herzstück einer jeden soziologischen Erklärung. Hier muss die analytische Hauptarbeit geleistet werden (Schulze 2002) und das nicht nur, um sich von dem (häufig etwas vorschnell erhobenen) Vorwurf der „Variablensoziologie“ frei zu machen (Haller 2003: 287ff.). Unter Variablensoziologie versteht man (durchaus karikierend) eine Forschung, die im Grunde nur an den (statistischen) Assoziationen von Variablen und nicht von Akteuren interessiert ist und sich folglich mit hohen ‚erklärten‘ Varianzanteilen abhängiger Variablen zufrieden gibt. In einem rein technischen Sinn trifft dies sicherlich auf die allermeisten Arbeiten im Bereich der quantitativen Sozialstrukturanalyse zu (z. B. im Hinblick auf die Bildungsabschlüsse von Ehegatten oder zum Zusammenhang von Humankapital oder Elternschaft und Arbeitsteilung). Gerade wenn man, wie es heute weit verbreitet ist, mit bevölkerungsrepräsentativen Massedaten arbeitet, bleibt einem gar nicht anderes übrig, als die im Feld gemachten Beobachtungen in Variablen zu übersetzen und mit Hilfe computergestützter Verfahren statistisch auszuwerten. Allerdings ist auch klar, dass diese Variablen keinesfalls inhaltlich unabhängig von handelnden Individuen sind und deswegen nur als Hinweise auf bestimmte Handlungssituationen und -tendenzen interpretiert werden dürfen (Blossfeld 1996, Blossfeld & Müller 1996: 385f.). Damit befindet man sich aber bereits wieder im Bereich der Theorie, also einer substantiellen, wenn auch abstrakten Erklärung jenseits einzelner Merkmalskonstellationen. Erfolgreiche soziologische Erklärungen sozialer Regelmäßigkeiten müssen also nicht nur die zutreffenden statistischen Korrelationen zwischen empirisch beobachtbaren Ereignisabläufen etablieren, sondern zusätzlich noch die kausalen Mechanismen spezifizieren, die den beobachtbaren Ablauf der Ereignisse durch typische Intentionen oder typische Motive der Akteure verständlich macht (Blossfeld & Müller 1996: 397).
Vor diesem Hintergrund ist es folglich die Herausforderung der Theoriebildung und damit der Erklärung der sozialen Wirklichkeit, einen systematischen Bezug zwischen den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und den konkreten individuellen Entscheidungen unter Berücksichtigung der Zeitlichkeit sozialen Handelns herzustellen. In Form von Makrotheorien, Situationsbeschreibungen
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und Brückenhypothesen werden dazu die abhängigen oder unabhängigen Prozesse oder Variablen identifiziert und auf der Mikroebene über gemeinsam geteilte Sinnzusammenhänge eine Beziehung zwischen diesen Prozessen oder Variablen aufgezeigt (Blossfeld 1996, Blossfeld & Müller 1996). Die Rekonstruktion der Sinnzusammenhänge berücksichtigt neben individuellen Wahrnehmungen und Deutungen der Situation auch die Erwartungen, Orientierungen und Überzeugungen der Akteure sowie die Tatsache, dass die Menschen zu einem bestimmten Grad einen ‚freien Willen‘ haben. Dadurch wird zwangsläufig eine gewisse Unschärfe in die theoretische Erklärung eingeführt, so dass man „vernünftigerweise“ nicht die Determiniertheit jeder einzelnen Handlungswahl, „sondern nur deren Regelhaftigkeit bei einer größeren Anzahl von Handelnden modellieren“ kann (Blossfeld & Timm 1997: 448).4 Soziologische Erklärungen der Bildungshomogamie [oder der Arbeitsteilung in Paarhaushalten; F. S.], wie sie hier verstanden werden, können sich somit auch nicht auf die idiosynkratischen Handlungsmotive einzelner Akteure, sondern nur auf gemeinsame Motivationslagen vieler Handelnder beziehen. Max Weber . . . spricht hier von durchschnittlichen und näherungsweisen (d. h. „idealtypischen“) Rekonstruktionen des Sinnzusammenhangs und der Motive der Handelnden (Blossfeld & Timm 1997: 448).
In dieser Tradition steht auch das Konzept der sozialen Mechanismen, das alle bislang angesprochenen Aspekte des Verhältnisses von Theoriebildung und empirischer Forschung miteinander verbindet (vgl. z. B. Hedström & Swedberg 1996, Haller 2003: 612ff.). Soziale Mechanismen sind „vereinfachende Modelle der komplexen sozialen Realität“, die auf dem methodologischen Individualismus basieren, das (weitgefasste) Rationalverhalten der Akteure berücksichtigen und die kausale Logik des zu untersuchenden Prozesses klar und nachvollziehbar spezifizieren, bevor sie schließlich mit empirischen Daten konfrontiert werden (Haller 2003: 613). Dazu gehört v. a. auch, dass soziale Mechanismen keine globalen, zeitlosen Gesetze sein sollen, also Mertons Konzept einer Theorie mittlerer Reichweite sehr nahe kommen, indem sie nur für einen begrenzten raumzeitlichen Zusammenhang Gültigkeit beanspruchen und mögliche Veränderun4
In dieser Annahme spiegelt sich auch die Tatsache wider, dass es die Soziologie mit einem hoch variablen Gegenstandsbereich zu tun hat, der sich nur begrenzt für die instrumentelle Orientierung des Denkens, wie es v. a. von den Vertretern einer ‚reinen‘ Rational Choice-Theorie vertreten wird, eignet (Schulze 2002). Vor diesem Hintergrund sprechen sich auch Blossfeld & Rohwer (2002) dafür aus, in der Soziologie auf deterministische Handungserklärungen zugunsten von probabilistischen Erklärungen zu verzichten, d. h. theoretisch und empirisch nicht die Ausprägungen von Handlungen zu modellieren, sondern die Wahrscheinlichkeit der Veränderung dieser Handlungen (vgl. auch Blossfeld & Timm 1997: Fußnote 6).
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gen des Handelns konzeptionell berücksichtigen. Die Stärke dieser mechanismischen Modelle ist, dass sie im Sinne einer idealtypischen Modellierung selektiv sind und sich auf die Elemente einer Erklärung beschränken, die unbedingt notwendig sind, und dabei von konkreten Situationen, Akteuren und Handlungen abstrahieren, mit anderen Worten Aussagen über typische Ereignisse typischer Akteure in typischen Situationen treffen (Hedström & Swedberg 1996). Je besser es davon ausgehend gelingt, mittels empirischer Analysen Belege für die unterstellten Sinnzusammenhänge der hypothetischen Akteure zu finden, desto eher ist das jeweilige theoretische Modell geeignet, Erklärungen und Prognosen für die konkrete soziale Wirklichkeit zu liefern. Somit steht am Ende einer theoriegeleiteten empirischen Analyse weder eine Aussage über eine Variablenkonstellation noch eine Theorie über den Zusammenhang von Variablen, sondern die Beschreibung eines Verweisungszusammenhangs von Denk- und Handlungsmustern, verbunden mit der Annahme, dass dieser für „viele“ Menschen und „längere Zeit“ „handlungsrelevant“ sei (Schulze 2002: 4; Hervorhebungen weggelassen).
Vor dem Hintergrund dieser programmatischen Grundannahmen des Lebenslaufansatzes werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit nun theoretische und empirische Längsschnittanalysen zur Partnerwahl im Internet und zur Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf durchgeführt. In Kapitel 3 werden zuerst die theoretischen Modelle und Mechanismen der Untersuchung spezifiziert, bevor diese im 4. Kapitel mit geeigneten empirischen Daten konfrontiert werden.
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Theoretische Erklärungsansätze
In diesem Kapitel wird die aktuelle theoretische Diskussion für die vorliegende Arbeit aufbereitet und besprochen. Die theoretische Rahmung der beiden Themenfelder Partnerwahl und Arbeitsteilung wird dabei über das Konzept der Ressourcen miteinander verbunden. Im Sinne einer dynamischen Sozialstrukturanalyse, welche die Lebensverläufe der Individuen als zentrale Untersuchungseinheiten begreift, ist dies insofern sinnvoll, als die Konstellationen der Partnerwahl gerade die Startbedingungen der Arbeitsteilung darstellen. Der Prozess der Partnerwahl kann also über die entstehenden Ressourcenkonstellationen (v. a. die relative Bildung der Partner) mit dem Prozess der Arbeitsteilung im Haushalt verknüpft werden. Das Kapitel ist wie folgt aufgebaut: In einem ersten Schritt wird die aktuelle Diskussion der Partnerwahlforschung besprochen. Da die gängigen theoretischen Überlegungen weitgehend unabhängig vom spezifischen Kontext behandelt werden können, werden zunächst die allgemeinen Grundlagen am Beispiel der für diese Untersuchung zentralen bildungsspezifischen Partnerwahl- und Heiratsmuster vorgestellt. Vor diesem Hintergrund werden die Arbeitshypothesen formuliert, welche die spätere empirische Analyse des Partnerwahlverhaltens im Onlinedating, unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung der Bildung, anleiten und strukturieren. Diese Überlegungen werden eingangs des empirischen Teils der Arbeit (Abschnitt 4.1.1) in Form einer Situationsanalyse des Internets als Heiratsmarkt ergänzt. Dort wird zudem konkret darüber nachgedacht, inwiefern der virtuelle Heiratsmarkt aufgrund seiner besonderen Beschaffenheit den Prozess der Partnerwahl möglicherweise beeinflusst. Der zweite Teil dieses Kapitels ist der theoretischen Diskussion zur Arbeitsteilung im Haushalt gewidmet. Die Ressourcenkonstellationen der Paare haben aus Sicht einiger theoretischer Erklärungsmechanismen (Spezialisierungs-, Verhandlungs-, Abhängigkeitsmechanismus) weitreichende Konsequenzen für die Arbeitsteilung in der Familie (3.2.1). Dieser Argumentationsrichtung werden normenbasierte Erklärungen (Doing Gender-, Kompensations-, Identitätsformationsmechanismus) gegenüber gestellt (3.2.2), die den relativen Ressourcen der Partner nur eine untergeordnete oder eine andere, eher symbolische Bedeutung zumessen. Wiederum werden die wichtigsten, teilweise konkurrierenden Arbeits-
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Theoretische Erklärungsansätze
hypothesen zur Vorstrukturierung der empirischen Längsschnittanalyse der Arbeitsteilung im Haushalt herausgearbeitet.
3.1 Prozesse der Partnerwahl Die Partnerwahl in modernen Gesellschaften gilt als eine der individuellsten Entscheidungen schlechthin. Einige Autoren behaupten sogar, dass die Partnerwahl heute weitgehend unabhängig von den Strukturen sozialer Ungleichheit sei und sich im Zuge des Modernisierungsprozesses weiter individualisiere (vgl. z. B. Beck 1986). Demgegenüber hat die empirische Forschung deutlich gezeigt, dass die Partnerwahl auch heute noch entlang traditioneller Ungleichheitsdimensionen strukturiert ist (vgl. z. B. Blossfeld & Timm 1997) und sich die Möglichkeiten und Beschränkungen der Akteure je nach untersuchtem Kontext unterscheiden. Die theoretische Diskussion dieser Arbeit ist auf diese Aspekte insofern abgestimmt, als sie erstens die rationalen Wahlhandlungen interdependenter Akteure ernst nimmt, und diese zweitens vor dem Hintergrund des entsprechenden Kontexts interpretiert, in dem sie beobachtet werden. Die aktuelle theoretische Diskussion in der Partnerwahl- und Homogamieforschung ist, auch vor dem Hintergrund der verschiedenen Disziplinen, die sich diesem Themenfeld widmen, sehr vielfältig. In der soziologischen Diskussion, in der viele Fortschritte der letzten Jahre auf die Perspektive des methodologischen Individualismus zurückgeführt werden können (Stauder 2008), sind daher insbesondere familienökonomische und austauschtheoretische Überlegungen von besonderem Interesse, die von Blossfeld & Timm (1997, 2003) unter expliziter Berücksichtigung der kontextuellen Gelegenheitsstrukturen zu einem innovativen Erklärungsmodell der Partnerwahl verarbeitet wurden. In den folgenden fünf Abschnitten werden die Grundlagen der jeweiligen Ansätze, das Modell selbst sowie die sich daraus ergebenden Erwartungen hinsichtlich der geschlechts- und bildungsspezifischen Muster der Partnerwahl in modernen Gesellschaften herausgearbeitet. 3.1.1 Familienökonomie Das in den letzten Jahren wohl einflussreichste Konzept zur Erklärung der Partnerwahl hat sicherlich der amerikanische Volkswirt Becker (1982, 1998) vorgelegt. Obwohl seine Theorie einige harte und streitbare Annahmen verwendet und gerade deshalb vielfach kritisiert wurde (Wirth 2000: 33), ist ihr heuristisches Potential für die Erklärung von Partnerwahl- und Heiratsmustern unbestritten.
Prozesse der Partnerwahl
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Den Ausgangspunkt von Beckers (1982: 226) Überlegungen bilden zwei „einfache Prinzipien“, nämlich erstens, dass die Heirat zwischen einer Frau und einem Mann immer ein freiwilliger Akt ist und niemand zur Eheschließung gezwungen werden kann. Damit kann, so Becker, die Präferenztheorie angewendet werden und es ist anzunehmen, dass „die heiratenden Personen . . . erwarten, ein höheres Nutzenniveau zu erreichen als sie erreichen würden, wenn sie alleine blieben“. Zweitens geht er davon aus, dass viele Frauen und Männer bei der Partnerwahl miteinander im Wettbewerb stehen und es somit einen Heiratsmarkt gibt, auf dem jeder Akteur unter den gegebenen Bedingungen versucht, den besten Partner zu finden, d. h. genau den Partner, mit dem der größte Gewinn aus einer Ehe realisiert werden kann. Wenn Becker (1982: 228) in diesem Zusammenhang von Heirat oder Ehe spricht, bedeutet das zunächst nur, dass die beiden exemplarischen Akteure, um die sich seine Analyse dreht, in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben; prinzipiell kann seine Theorie auf sämtliche Haushaltsformen übertragen werden, unabhängig davon, ob eine formelle Eheschließung vorliegt oder nicht. Der Gewinn, den die Akteure durch die Eheschließung oder Haushaltsgründung zu maximieren versuchen, hängt nach Becker (1982: 100) von der Produktion der so genannten „elementaren Güter“ („basic commodities“) ab.5 Becker (1982: 228) versteht darunter „etwa die Qualität der Mahlzeiten, die Qualität und Quantität der Kinder, Prestige, Erholung, Kameradschaft, Liebe und Gesundheit“. Da diese commodities nicht auf dem Markt erworben werden können, sind Haushalte neben Konsumenten auch immer Produzenten ihrer direkt nutzenstiftenden Leistungen, insofern der Haushalt als „kleine Fabrik“ . . . Investitionsgüter, Rohstoffe und Arbeit zur Reinigung, Ernährung, Fortpflanzung und zur anderweitigen Produktion nützlicher Güter [kombiniert] (Becker 1982: 101).
Grundvoraussetzung für die Produktion der commodities ist der Einsatz von Zeit und Humankapital. Dabei wird angenommen, dass es prinzipiell von Vorteil ist und zur Steigerung der Effizienz einer handelnden (Produktions-)Einheit beiträgt, wenn die Ressourcen mehrerer Individuen in einem Haushalt zusammen geführt werden, „sei dies nun durch Arbeitsteilung, über die Möglichkeit größerer und damit günstiger zu erbringender Produktionsmengen oder die Tatsache, 5
Hill & Kopp (2004: 117) haben im Rahmen ihrer Diskussion der familienökonomischen Theorie auf die Schwierigkeiten bei der Übersetzung des Begriffs „commodities“ (im Unterschied zu „goods“, also Marktgütern) hingewiesen, weshalb dieser Begriff, um präzise bleiben zu können, hier nicht übersetzt wird.
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Theoretische Erklärungsansätze
dass man einzelne commodities alleine überhaupt nicht herstellen kann“ (Hill & Kopp 2004: 120). Letzteres gilt insbesondere im Hinblick auf die biologische Reproduktion, da dies nach Becker (1982: 231) „[d]er offensichtliche Grund dafür [ist], daß Männer und Frauen heiraten“, und „[n]ichts . . . die Haushalte Verheirateter so sehr von den Haushalten Alleinstehender oder von solchen, in denen mehrere Mitglieder desselben Geschlechts zusammenleben, [unterscheidet] wie die . . . Präsenz von Kindern“. Im Mittelpunkt der familienökonomischen Theorie stehen demnach Individuen, die in Haushalten zusammen leben und versuchen, durch eine optimale Allokation der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit den gemeinsamen Haushaltsnutzen über die Produktion von commodities zu maximieren. Dies gelingt nach Becker am besten durch (geschlechtsspezifische) Arbeitsteilung und idealerweise durch vollkommene Spezialisierung (dieses Argument wird ausführlich in Abschnitt 3.2.1 erläutert). Da alle Personen in einem Haushalt als „intrinsically identical“ angenommen werden, tragen sie alle in gleichem Maße zur Nutzenmaximierung bei und werden auch bei der Verteilung des Haushaltsnutzens gleichermaßen bedacht (Becker 1998: 32). Diese Verteilung wird gesteuert durch einen altruistischen Familienvorstand, dessen Nutzenfunktion positiv mit dem Wohlbefinden der anderen Haushaltsmitglieder korreliert ist, und der dafür sorgt, dass die Akteure ihren individuellen Nutzen aus der Verwirklichung des Kollektivnutzens ziehen können (Becker 1998: 278). Damit wird das Kollektivinteresse rationaler Akteure in den Blick genommen, indem von einer gemeinsamen Nutzenfunktion des Haushaltes ausgegangen wird („joint utility function“) und gleichzeitig die Tatsache thematisiert, dass Entscheidungen der Haushalts- oder Familienmitglieder in aller Regel keine „isolierten“ Handlungen darstellen, sondern von den Handlungen der anderen Haushalts- oder Familienmitglieder in gewisser Weise abhängen (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 17). Um die Produktion der commodities möglichst effizient gestalten zu können, ist es vor diesem Hintergrund eine wichtige Voraussetzung, dass sich auf dem Heiratsmarkt genau die Personen zu Paaren verbinden, die hinsichtlich ihres Humankapitals und damit ihrer relativen Produktivitäten sowie anderen relevanten Eigenschaften besonders gut zusammenpassen. Denn nur wenn Paare ihre Ressourcen sinnvoll zusammenlegen, und dadurch beispielsweise die Möglichkeiten der (geschlechtsspezifischen) Arbeitsteilung nutzen können, ist die Maximierung der Haushaltsgüterproduktion und damit des Ehegewinns möglich (Wirth 2000: 37). Folglich werden die Akteure ihre Partner nicht zufällig auswählen, sondern, je nachdem, welche Ressourcen und Merkmale man betrachtet, ähnliche (‚gleich und gleich gesellt sich gerne‘) oder unähnliche (‚Gegensätze ziehen sich an‘) Partner bevorzugen. Somit folgt aus Beckers (1982) Analyse, dass
Prozesse der Partnerwahl
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Gleiche oder Ungleiche sich verbinden, wenn dies den Gesamtoutput der im Haushalt produzierten Güter über alle Heiraten maximiert, unabhängig davon, ob es sich um finanzielle Merkmale (wie Lohnraten oder Besitzeinkommen), um genetische (wie Größe oder Intelligenz [sic!]) oder um psychologische Merkmale (wie Aggressivität oder Passivität) handelt (Becker 1982: 240).
Eine positive Korrelation zwischen den Merkmalen der Akteure erwartet Becker für komplementäre, nicht-marktbezogene Merkmale („non market traits“), wie beispielsweise Bildung, Alter, Einstellungen oder Werthaltungen. Wenn sich beide Partner hinsichtlich dieser Aspekte besonders ähnlich sind, wirkt sich das positiv auf die Paarbeziehung aus, denn ähnliche Partner haben tendenziell ähnliche Interessen, können sich besser in die Situation des anderen hineinversetzen, verstehen sich daher besser und das erleichtert nicht zuletzt eine kostengünstige und konfliktfreie alltägliche Kommunikation und Kooperation sowie den Aufbau eines gemeinsamen Lebensstils (vgl. z. B. Kalmijn & Bernasco 2001). Zudem werden dadurch die Kontaktaufnahme und eine erfolgreiche Paarbildung begünstigt. Marktbezogene Merkmale („market traits“) sind nach Becker hingegen substitutive Eigenschaften, bei denen eine negativ zuordnende Paarbildung angezeigt ist. Hält man die „Nichtmarkt-Kriterien“ konstant, so ist für diese Merkmale eine negative Korrelation zwischen den Eigenschaften der Partner gewinnbringend. Das bedeutsamste Substitut ist in diesem Zusammenhang das geschlechtsspezifische Verdienstpotential. Männer und Frauen werden hier als potentielle Handelspartner betrachtet, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Merkmalsausprägungen auf dieser Dimension komparative Vorteile in die partnerschaftliche Haushaltsproduktion einbringen (Oppenheimer 1988: 575). Da moderne Gesellschaften noch immer durch eine ausgeprägte geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung gekennzeichnet sind (Blossfeld & Timm 1997: 454), hat die traditionelle Frau tendenziell Kompetenzvorteile in haushaltsbezogenen Tätigkeiten erworben, während der traditionelle Mann tendenziell in die berufliche Ausbildung investiert und dadurch eine höhere Produktivität auf dem Arbeitsmarkt, also ein höheres Erwerbs- und Einkommenspotential, erreicht hat. Durch das Zusammenlegen dieser unterschiedlichen Ressourcen in einer Ehe entsteht eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Partnern, die zu gemeinsamen Nutzengewinnen führt und sich durch eine fortschreitende Spezialisierung immer weiter verfestigt. Der ökonomische Ansatz unterstellt hierbei allerdings a priori keine geschlechtsspezifischen Präferenzmuster; vielmehr kommt es alleine auf die gewinnbringende Kombination von speziellen Ressourcen von Frau und Mann an. Allerdings sind Frauen und Männer aufgrund unterschiedlicher Positionen in der Gesellschaft
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Theoretische Erklärungsansätze
in der Vergangenheit verstärkt unterschiedliche Sozialisierungspfade gegangen und haben dementsprechend unterschiedliche Prioritäten in ihren Werthaltungen, Identitäten und Einkommenspotentialen im Lebenslauf entwickelt. Die Frage, wer mit wem eine Beziehung eingeht, beantwortet Becker (1982, 1998) vor diesem Hintergrund mit der „optimalen Zuordnung“ von Frauen und Männern auf dem Heiratsmarkt mit dem Ehegewinn als treibendem Mechanismus. Diese Sortierung ergibt sich aus der eben beschriebenen positiv und negativ zuordnenden Paarbildung, wobei die positive Assoziation empirisch gesehen am häufigsten ist. Im Zuge dessen führt das nutzenmaximierende Handeln der Akteure zu einem paretooptimalen Gleichgewichtszustand auf dem Heiratsmarkt, in dem sich keiner der Akteure besser stellen kann, ohne gleichzeitig einen anderen schlechter zu stellen. Somit bewirkt der Wettbewerb auf einem effizienten Heiratsmarkt nicht den maximalen Ertrag einzelner Ehen, sondern vielmehr die Maximierung des aggregierten Gesamtnutzens aller Ehen (vgl. auch Wirth 2000: 38): The process of discovering optimal sorting is greatly simplified by this conclusion that aggregate output is maximized, because any sorting that maximizes aggregate output is an optimal sorting . . . I should emphasize, moreover, that the optimality of maximizing aggregate output is a theorem, not an assumption about behavior. Each man and woman is assumed to be concerned only about his or her own „selfish“ welfare, not about social welfare. In pursuing their selfish interests, however, they are unknowingly led by the „invisible hand“ of competition in the marriage market to maximize aggregate output (Becker 1998: 112).
Somit lassen sich nach Blossfeld & Drobniˇc (2001: 17f.) die folgenden zentralen Aspekte der Theorie von Becker für die Erklärung der Partnerwahl in modernen Gesellschaften festhalten: Die Frage, ob zwei Akteure eine Ehe schließen und damit einen gemeinsamen Haushalt im Beckerschen Sinne gründen, hängt von den erwarteten Erträgen ab, welche die Akteure erstens aus der gemeinsamen Haushaltsproduktion abschöpfen können, die sich zweitens aus der positiven Korrelation der nicht-marktbezogenen Eigenschaften und drittens aus der Möglichkeit zur Arbeitsteilung und Spezialisierung ergeben, die ihrerseits von der negativen Korrelation der marktbezogenen Merkmale abhängt. Allerdings sollten diese Zusammenhänge im Zuge der Veränderungen der ökonomischen Rolle der Frauen in den letzten Jahrzehnten immer unbestimmter werden. Da durch die Bildungsexpansion die Bildungsunterschiede zwischen Frauen und Männern über die Kohorten hinweg nahezu verschwunden sind (Blossfeld & Shavit 1993), haben sich die Opportunitätskosten der Frauen, die mit einer Spezialisierung auf
Prozesse der Partnerwahl
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den Haushaltsbereich und die Kindererziehung einhergehen, stark erhöht. Eine derartige Spezialisierung ist demzufolge nicht mehr im jedem Fall rational. Das wiederum wirkt sich negativ auf einen möglichen Ehegewinn aus, was langfristig zu einer rückläufigen Heiratsneigung und sinkenden Kinderzahlen führen sollte. Wie empirische Studien belegen, hat sich diese Erwartung bislang zwar nicht bestätigt; jedoch konnten beispielsweise Blossfeld & Huinink (1991) und Blossfeld (1995) zeigen, dass ein höheres Bildungsniveau von Frauen dazu führt, dass sie die Eheschließung und den Übergang zur Elternschaft im Lebenslauf immer später vollziehen. Im Hinblick auf die möglichen Paarkonstellationen, die der Prozess der Partnerwahl hervorbringt, ist vor dem Hintergrund der Angleichung der Bildungsabschlüsse und der Einkommenspotentiale von Männern und Frauen insbesondere zu erwarten, dass sich erstens der Anteil von Männern, der eine Frau mit geringerem Bildungsabschluss heiratet, zurückgeht. Zweitens sollte der Anteil bildungshomogamer Ehen deutlich ansteigen, da die Bildung als nicht-marktbezogene Eigenschaft eine positive Zuordnung auf einem effizienten Heiratsmarkt begünstigt. Drittens sollte sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass junge Frauen Männer mit geringeren Bildungsabschlüssen heiraten und somit viertens der Anteil der Paare steigen, in denen die Frau die Haupternährerin ist und der Mann verstärkt die haushaltsbezogenen Arbeiten übernimmt (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 22f.). Während Blossfeld & Timm (1997, 2003) für Westdeutschland deutliche empirische Hinweise für die ersten beiden Erwartungen gefunden haben, und das gilt insbesondere für den bemerkenswerten Anstieg der Bildungshomogamieraten, haben sich die Muster der weiblichen Abwärtsheirat sowie die Umkehrung traditioneller Geschlechterrollen bislang offenbar nicht meßbar durchgesetzt. Diese sozialstrukturellen Selektionsmechanismen, vor allem die bildungsspezifische Partnerwahl, spielen im Übrigen ebenso für nichteheliche Paarbeziehungen eine entscheidende Rolle (Frenzel 1995, Rupp 1999); auch hier gibt es bereits markant ausgeprägte Homogamietendenzen und abnehmende Paarbildungschancen bei zunehmender Bildungsdistanz (vgl. auch Timm 2004). 3.1.2 Austauschtheorie Verglichen mit der familienökonomischen Theorie ist mit der Austauschtheorie eine flexiblere handlungstheoretische Fundierung des Partnerwahlprozesses möglich. Das liegt vor allem daran, dass ein zentraler Aspekt der Familienökonomie aufgegeben wird, nämlich die Orientierung des Individuums am Kollektivnutzen, d. h. an der gemeinsamen Haushaltsnutzenfunktion und damit am Prinzip ökonomischer Effizienz durch Spezialisierung auf marktliche und nicht-
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Theoretische Erklärungsansätze
marktliche Aktivitäten. Die Grundlage der zahlreichen, unter dem Etikett der Austauschtheorie subsumierten Argumentationen (beginnend bei den grundlegenden Arbeiten von Blau 1964, Homans 1972, Thibaut & Kelley 1959) bilden vielmehr rational handelnde Akteure, die versuchen, ihren eigenen, individuellen Nutzen zu erhöhen. Dieser Nutzen besteht dabei aus Sicht der Akteure „im belohnenden Charakter der Interaktion selbst“, weshalb folglich gerade die „Aufnahme, Aufrechterhaltung und Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen“ im Zentrum der austauschtheoretischen Analyse steht (Wirth 2000: 42). Die zentrale Prämisse der Austauschtheorien ist demnach die individuelle Präferenz für Tauschgewinne, die durch Interaktionen realisiert werden können. Der Prozess der Partnerwahl wird nach diesem Ansatz als wechselseitiges ‚Geben und Nehmen‘ zwischen Männern und Frauen auf kontextspezifischen Austauschmärkten betrachtet. Die Akteure auf dem allgemeinen Heiratsmarkt, oder den verschiedenen speziellen Teilheiratsmärkten, verfügen über bestimmte Ressourcen und kontrollieren bestimmte Güter oder Ereignisse, an denen andere Akteure ein Interesse haben. Diese Ressourcen werden gewissermaßen von den Akteuren ‚auf dem Markt angeboten‘ und von anderen Akteuren ‚nachgefragt‘. Davon ausgehend können die partnersuchenden Personen ihre individuelle Situation verbessern, indem sie sich mit anderen Akteuren zusammentun, die über wertgeschätzte Ressourcen verfügen. Personen initiieren also dann Beziehungen mit anderen Personen, wenn sie eine potentielle Interaktion als lohnend und damit den potentiellen Ressourcentausch als profitabel empfinden. Gleiches gilt natürlich umgekehrt, denn ein Akteur wird dem Angebot einer Tauschbeziehung erst zustimmen, wenn die Ressourcen des Tauschpartners für ihn interessant sind. Gemäß der Austauschtheorie gehen zwei Akteure dann eine Partnerschaft ein, wenn sich beide von dieser Beziehung einen Nutzenzuwachs, d. h. eine bestimmte Belohnung im Vergleich zum Alleinleben versprechen. Während es theoretisch keine Restriktionen beim Tausch der verschiedenen Ressourcen gibt, sind empirisch allerdings gewisse Beschränkungen zu beobachten (Hill & Kopp 2004: 104). Je nachdem, ob es sich um ökonomische oder soziale Tauschsituationen handelt, sind bestimmte Ressourcen ‚zugelassen‘, andere nicht. Typisch für die ökonomische Variante ist der Austausch von Waren und Geld. Deshalb ist der ökonomische Tausch zur Beschreibung der Partnerwahl und des Familienlebens auch nicht sehr gut geeignet, da viele zentrale Aspekte, wie beispielsweise Liebe, Anerkennung, Zuneigung, Emotionen, sozialer Status, materielle Sicherheit, Hilfe, Unterstützung, usw., in diesem Konzept nicht berücksichtigt werden können. Die in dieser Hinsicht flexiblere Theorie des sozialen Tausches ist folglich wesentlich besser auf Partnerwahlprozesse anwendbar, da sie all diese Aspekte einschließt.
Prozesse der Partnerwahl
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Im Rahmen ihrer allgemeinen Ressourcentheorie haben sich Foa & Foa (1980) mit der Frage beschäftigt, welche Güterklassen in sozialen Beziehungen getauscht werden können. Die vielfältigen konkreten Ressourcen teilen sie dabei in sechs Kategorien – Liebe, Status, Information, Geld, Güter und (Hilfs- und Versorgungs-) Dienste (Foa & Foa 1980: 79) – ein, die sie wiederum in einem zweidimensionalen Raum entlang der Achsen Konkretheit (Ausmaß der Gegenständlichkeit der Ressourcen) und Partikularismus (Ausmaß der Gebundenheit an bestimmte Personen) verorten (vgl. auch Hill & Kopp 2004: 104ff.). Abbildung 3.1 zeigt idealtypisch die Positionierung der Ressourcenklassen nach Foa & Foa. Abbildung 3.1: Anordnung der sechs Ressourcenklassen entlang der Achsen Konkretheit und Partikularismus nach Foa & Foa
Particularism
6
Love r Status r
Services r
r
r
Information
Goods
r Money
Concreteness
Quelle: Foa & Foa (1980: 80).
Vor dem Hintergrund dieser empirisch fundierten Klassifikation von Tauschressourcen nehmen Foa & Foa (1980) an, dass nicht alle Güterklassen in gleicher Weise miteinander getauscht werden können. Je näher die Ressourcen im Koordinatensystem beieinander liegen, desto eher werden sie als Leistungen und Gegenleistungen akzeptiert: So fällt es den Akteuren leichter, Status gegen Liebe zu tauschen oder Hilfe gegen Güter, als etwa Liebe gegen Informationen oder Geld gegen Hilfe. Die Ressourcen Geld und Liebe weisen die größte Distanz auf, und entsprechend ist ein solcher Austausch äußerst selten zu beobachten (Hill & Kopp 2004: 105).
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Theoretische Erklärungsansätze
Wichtig ist zudem, dass die getauschten Ressourcen dabei in ihrer Wertigkeit von den am Tausch beteiligten Akteuren zumindest als ähnlich eingeschätzt werden müssen, so dass es durchaus häufig vorkommt, dass Frauen und Männer unterschiedliche Partnerattribute favorisieren (Wirth 2000: 43). Jemand, der beispielsweise einen hohen Bildungsstatus als Ressource in eine potentielle Beziehung einbringen kann, wird im Gegenzug ebenfalls hohe Erwartungen an die Ressourcen des potentiellen Partners stellen, beispielsweise in Form eines ebenfalls hohen Bildungsstatus oder einer entsprechenden Kompensation durch außerordentliche physische Schönheit (Elder 1969) oder hohe Kompetenzen im Bereich der Haushaltsführung (Becker 1982). Die Wertigkeit der getauschten Ressourcen und das davon erwartete Ausmaß an Belohung ist dabei abhängig von den kulturellen Definitionen der jeweiligen Qualitäten von Frauen und Männern im Untersuchungskontext sowie von den möglichen Alternativen und ist somit zeitlich, räumlich und zwischen den Akteuren variabel (Elder 1969). Gegeben der Äquivalenzbedingung wird durch den Wettbewerb auf dem Heiratsmarkt eine Ähnlichkeitspaarbildung begünstigt (Edwards 1969), da die Akteure zwar stets nach der besten Alternative streben werden, diese aber aufgrund der Wechselseitigkeit der Austauschbeziehung in den wenigsten Fällen realisieren können. Die Ähnlichkeit wird sich in den meisten Fällen an gleichen Merkmalen feststellen lassen (z. B. Bildung, Alter, Einstellungen), kann aber auch, wie im obigen Beispiel gesehen, „durch ein Plus und Minus aus unterschiedlichen Bereichen entstehen“ (Wirth 2000: 43). Je näher die Ressourcen an die Klasse des Geldes heranreichen (geringes Ausmaß an Partikularität), desto leichter lässt sich über die Individuen hinweg die Äquivalenz objektivieren, da die Ressourcen mit zunehmender Entfernung vom Geld immer stärker auch von einer intrinsischen Motivation der Akteure abhängen und damit einen Zuwachs an immaterieller Wertigkeit erfahren: „In consequence, an exchange of money can be a zero-sum game, but an exchange for love cannot“ (Foa & Foa 1980: 85). Die Unterscheidung zwischen dem ökonomischen und dem sozialen Tausch ist aber nicht nur im Hinblick auf die Tauschressourcen von Bedeutung, sondern auch, wenn es um die Form einer Austauschbeziehung, d. h. die zeitliche Dynamik und die Art der Gegenleistung geht. Beim ökonomischen Tausch sind die Tauschgüter in aller Regel explizit vereinbart und der Tausch erfolgt zeitgleich (wie z. B. beim Kauf einer Ware, die sofort mit Geld bezahlt wird) oder muss innerhalb eines genau festgelegten Zeitraumes erfüllt werden (wie z. B. bei Vereinbarung einer Ratenzahlung). Wenn eine Person allerdings aus einer sozialen Beziehung einen Nutzen zieht (z. B. aufgrund von Liebe), dann wird die Gegenleistung nicht in irgendeiner Form vertraglich fixiert, sondern es wird eine diffu-
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se Verpflichtung zur Gegenleistung erzeugt, die zudem zeitlich unspezifiziert ist (vgl. auch Blossfeld & Timm 1997: 453): Love is a relatively long-term investment, with rewards being reaped only after several encounters; a friendship needs to be „cultivated“, so that trust (that is, expectation that the exchange will be completed) is a necessary condition. On the other hand, an exchange of money with another resource can be completed in a single encounter (Foa & Foa 1980: 85).
Vor allem die Wirksamkeit dieser allgemeinen Reziprozitätsnorm, nach welcher der Geber eine angemessene Gegenleistung erwartet und der Nehmer sich zu einer angemessenen Gegenleistung verpflichtet fühlt (vgl. Hill & Kopp 2004: 104), ist für das Gelingen und den weiteren Verlauf sozialer Beziehungen und speziell von Partnerschaften von entscheidender Bedeutung. Erst wenn beide Tauschpartner ihre eigenen Interessen adäquat berücksichtigt sehen, können sie weiterhin einen Nutzen aus der Beziehung abschöpfen und werden folglich ein Interesse daran haben oder entwickeln, die Beziehung aufrecht zu erhalten. Für dauerhafte Beziehungen ist demnach die Reziprozität der interpersonellen Transaktionen eine kritische Variable. Auf diese Aspekte hat bereits Homans (1972) in seiner Arbeit über die Elementarform des sozialen Verhaltens hingewiesen: Ein Akteur wird eine Handlung umso eher wiederholen, wenn sie in einer ähnlichen Reizsituation bereits als belohnend wahrgenommen wurde, je häufiger diese Handlung in der Vergangenheit belohnt wurde und je höher der damit verbundene Nutzen für die handelnde Person ist. Allerdings unterliegt der Wert der Belohnung dem Prinzip des abnehmenden Grenznutzens, so dass hier eine gewisse Balance zwischen verschiedenen Aspekten der Bedürfnisbefriedigung gegeben sein muss. Werden Tauschsituationen hingegen als nicht mehr belohnend wahrgenommen, weil z. B. eine erwartete Gegenleistung ausbleibt oder die Höhe der Gegenleistung dem Akteur nicht angemessen erscheint, wird er, wie Homans (1972: 64) es ausgedrückt hat, „das emotionale Verhalten an den Tag legen, das wir Ärger nennen“ oder die Beziehung beenden. Dabei ist das Austausch- und Reziprozitätsprinzip in jeder Phase der Beziehungsentwicklung wirksam. Je erfolgreicher die ersten Schritte einer Paarbeziehung sind, desto eher wird ein sozialer Austauschprozess in Gang gesetzt, der sich über kurz oder lang darin niederschlägt, dass die Partner ein gegenseitiges Vertrauen aufbauen (Blossfeld & Timm 1997: 453). Dazu Blau: All new social relations . . . start for a reason, superficial as it may be, like starting a conversation in a waiting lounge or asking for information. In social activities, the reward expected is largely the pleasure of socializing with a
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Theoretische Erklärungsansätze person who seems attractive or congenial. . . . Most casual contacts are soon forgotten, but those that both parties experience as rewarding are followed up, and a few slowly become close relations and friendships. Typically, there is an admixture of intrinsic rewards from the association itself and some extrinsic services or benefits. . . When the relation becomes closer and more intimate, increasing trust develops as both parties regularly discharge their obligations and prove themselves trustworthy. Once mutual trust has grown, great sacrifices may be made to help a friend or lover in need (Blau 1994: 170).
Beginnend beim allerersten Aufeinandertreffen über die Erwiderung des ersten Kontakts, die weitere Aufrechterhaltung der Beziehung bis hin zu dem Moment, ab dem sich beide Personen als Paar begreifen, können die Akteure den aktuellen, den vergangenen und den zukünftigen Nutzen der Beziehung reflektieren und abschätzen, ob es vor dem Hintergrund ihres subjektiv erwarteten Nutzens sinnvoll ist, die Beziehung weiter zu führen oder zu beenden. Nach Thibaut & Kelley (1959) bewerten die Akteure ihren subjektiven Nutzen anhand eines individuellen Vergleichsniveaus („comparison level“). Darin vereint sind „Erfahrungswerte, etwa aus vormaligen Freundschaften oder Liebesbeziehungen, aber auch soziale Vergleichsprozesse oder gesellschaftliche Standards“, die somit „einen zentralen Bewertungsfaktor für die aktuelle Beziehung“ darstellen (Hill & Kopp 2004: 111). Während der Aufbau jeder Paarbeziehung also immer ein gewisses Streben nach individuellem Nutzen voraussetzt, besteht letztlich die entscheidende Belohnung in der Beziehung selbst (Blau 1994). Gelingt es nicht, ein von beiden Partnern als belohnend wahrgenommenes Austauschverhältnis sowie Vertrauen aufzubauen und diese aufrecht zu erhalten, kann eine Paarbeziehung nicht von Dauer sein. Wie Blossfeld & Timm (1997: 453) unter Rückgriff auf die Überlegungen Elsters (1979) weiter argumentieren, kann „die Heiratsentscheidung in diesem Sinne als eine wichtige vertrauensstärkende Maßnahme in der Karriere einer Paarbeziehung interpretiert werden“. Doch nicht nur die Eheschließung oder das Eheversprechen, sondern eigentlich alle dieser Entscheidung vorgelagerten Ereignisse, die zu einer Verfestigung der Beziehung beitragen, wie z. B. eine gemeinsame Haushaltsgründung, regelmäßige gemeinsame Teilnahme an Familienfeierlichkeiten oder Ähnliches, tragen zum Aufbau von Beziehungskapital bei. Diese Investitionen sind Ausdruck der Bindung an die Paarbeziehung („commitment“) und gewissermaßen eine Selbstverpflichtung im Hinblick auf ein gemeinsames Lebensziel, das ein verantwortungsvolles Handeln gegenüber dem Beziehungspartner impliziert und „[d]ies wird die soziale Kooperation in
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der Paarbeziehung, jedenfalls zunächst, erleichtern und verbessern“ (Blossfeld & Timm 1997: 453). 3.1.3 Die Bedeutung des Kontextes Ein wichtiger Bestandteil der in dieser Arbeit vertretenen theoretischen Position ist, dass eine soziologische Erklärung immer aus der dynamischen Integration von Mikro- und Makroperspektive besteht (vgl. Blossfeld 1996). Während in den beiden vorangegangenen Abschnitten die handlungstheoretischen Grundlagen der Partnerwahl dargestellt wurden, wird nun der Einbettung der Akteure in sozialstrukturelle Kontexte Rechung getragen, welche die Handlungsmöglichkeiten der Akteure beeinflussen. Gleichzeitig ist die Beschreibung der situationsspezifischen Handlungsalternativen auch der Ausgangspunkt im Modell der soziologischen Erklärung, da ohne die Kenntnis der „Situationslogik“ keine Aussagen über das Handeln im Sinne der „Selektionslogik“ abgeleitet werden können (Stauder 2008). Für die Beschreibung der strukturellen Rahmenbedingungen der Partnerwahl hat sich das Konzept des Heiratsmarktes durchgesetzt (Becker 1998, Blau 1994). Allgemein gesprochen lässt sich diese Opportunitätsstruktur . . . verstehen als objektiv perzipierte und selektiv verarbeitete Gegebenheit (nicht nur sozial), die ein Individuum in unterschiedlicher Weise beeinflußt bzw. in seinen Handlungsmöglichkeiten begrenzt oder als Angebot, von dem ein Individuum Gebrauch machen kann oder nicht (Huinink 1989: 68).
Die individuelle Entscheidungsfreiheit und somit die Chance, individuelle Kalküle zu realisieren, reicht nur soweit, wie es strukturelle Filterungsprozesse zulassen. Die Wahl eines Beziehungs- und Ehepartners ist dabei zuvorderst „von einer fast banalen Situationsbedingung“ abhängig, „nämlich der Verfügbarkeit hierfür geeigneter Interaktionspartner“ (Stauder 2008: 266). Die Chancen, möglichen Heiratspartnern im Alltag überhaupt zu begegnen, variieren einerseits in Abhängigkeit der verschiedenen Phasen im Lebenslauf, in denen sich ein Akteur zum Zeitpunkt der Partnersuche befindet. Andererseits, und empirisch untrennbar damit verbunden, sind die räumlichen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Kontexte und Alltagssituationen von entscheidender Bedeutung für die Handlungsalternativen der Individuen, da sie „den allgemeinen Heiratsmarkt vorstrukturieren und dazu führen, dass der von den einzelnen Personen wahrgenommene Partnerpool in aller Regel ein selektiver und numerisch begrenzter Subheiratsmarkt ist“ (Wirth 2000: 51). Die Alltagskontexte, in denen sich die Akteure
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normalerweise bewegen, z. B. Schule, Beruf, Nachbarschaft oder Freundeskreis, sind aus Sicht der Individuen durch verschiedene institutionelle Arrangements vorgegeben und „organisiert“, und vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die Möglichkeit, einen Partner zu finden gewissermaßen ein „Nebenprodukt“ des eigentlichen Sinnes der Situation darstellt (Kalmijn & Flap 2001). Innerhalb dieser sozial vorstrukturierten Kontaktnetzwerke basiert die Partnersuche daher häufig auf zufälligen Begegnungen zwischen Personen, die sich, je nach Kontext, hinsichtlich zentraler, sozialstruktureller Merkmale mehr oder weniger ähnlich sind. Kalmijn & Flap (2001) gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass Personen, die sich in organisierten Kontexten treffen, überzufällig ähnlicher sind (z. B. hinsichtlich der Bildung oder des Alters) und dadurch häufiger homogame Paarbeziehungen formen, als Personen, die sich außerhalb vorstrukturierter Kontexte begegnen; insofern ist beispielsweise die Tendenz zur Homogamie, in Kalmijn & Flaps (2001) Worten: der Zusammenhang zwischen „assortative meeting and mating“, gewissermaßen eine unintendierte Konsequenz dieser organisierten Gelegenheitsstrukturen der Partnerwahl. Am Beispiel des Bildungssystems haben Blossfeld & Timm (1997, 2003) ausführlich herausgearbeitet, wie die Kontaktchancen der Akteure durch einen organisierten Kontext vorstrukturiert werden und wie das Bildungssystem beispielsweise eine Heirat bildungshomogamer Personen strukturell begünstigt. Blossfeld & Timm gehen im Rahmen ihrer Argumentation davon aus, dass die „hierarchische Organisationsstruktur des Bildungssystems . . . zunächst bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine relativ starre Lebensverlaufslogik [produziert], weil der Ausbildungsprozeß sich als eine stufenweise Abfolge von Hürden darstellt, die von jeder Generation zu meistern sind“ (Blossfeld & Timm 1997: 450). Je länger der Prozess der Bildung für die Akteure andauert, desto homogener werden ihre Verkehrskreise und desto größer die Chance, mit ähnlich gebildeten Personen der gleichen Altersgruppe in Kontakt zu kommen. Diese Homogenisierung der Kontaktnetzwerke und damit des Pools an potentiellen Partnern über die Zeit sowie die Verweildauer im System ist unter anderem das Ergebnis eines Selektionsprozesses, durch den erstens die jeweils weniger Qualifizierten früher aus dem Bildungsprozess ausscheiden und zweitens die Höherqualifizierten in einem späteren Lebensalter aus dem Bildungssystem ausscheiden und ihre Familiengründung nach dem Verlassen rascher nachholen (Blossfeld & Timm 1997). Wie der Kontext der Partnerwahl im Internet strukturiert ist und welche Bedeutung er für das Handeln der Akteure hat, wird in Abschnitt 4.1.1 ausführlich erläutert. Sehr rigoros hat Blau (1987, 1994) die Bedeutung der Sozialstruktur für das Handeln der Akteure hervorgehoben. Im Rahmen seiner makrosoziologischen
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Argumentation geht er davon aus, dass die positionale Differenzierung der Individuen in einem multidimensionalen sozialen Raum („Blau space“) die Rollen und Beziehungen zwischen den Akteuren determiniert (Teckenberg 2000: 54). Je geringer die Unterschiede zwischen zwei Individuen sind, d. h. je näher aneinander zwei Akteure in diesem multidimensionalen Raum positioniert sind, desto größer ist nach Blau die Wahrscheinlichkeit einer Interaktion (vgl. Stauder 2008). Für ihn sind die individuellen Einstellungen und Motive des Handelns daher gar nur von geringem Belang, denn „die vorgegebene positionale Struktur beschränke und dominiere die individuellen Wahlmöglichkeiten und Präferenzen, so z. B. im Falle des Heiratsverhaltens“ (Teckenberg 2000: 53; Hervorhebungen weggelassen). In Blaus (1987) Worten: People’s options are . . . limited by their social environments, that is, by the population composition of the place where they live. . . . The issue of free will is completely irrelevant for these external social influences. Whether our choices are fully determined by our constitution and background and experiences or we are entirely free to marry anyone who is willing to marry us, we cannot marry Eskimos if there are none around (Blau 1987: 92).
Sicherlich ist es unbestritten, dass strukturelle Aspekte, die außerhalb des unmittelbaren Einflusses der Akteure liegen, das Handeln im Allgemeinen und die Partnerwahl im Speziellen beeinflussen. So sind beispielsweise räumliche Aspekte relevant, aber auch geschlechtsspezifische Asymmetrien („sex ratio“), die Gruppengröße, die Heterogenität oder Homogenität einer Gruppe und viele andere mehr (Wirth 2000: 50ff.), unter der Voraussetzung, dass sie sich in der konkreten sozialen Umgebung der handelnden Akteure niederschlagen (vgl. Stauder 2008: 269). Gegen eine rein makrostrukturelle Position hat jedoch beispielsweise Homans (1985) eingewandt, dass der Akteursbezug weitgehend verloren ginge und damit nicht berücksichtigt werden könne, dass die Individuen selbst einen Beitrag zum Zustandekommen von Beziehungen und damit wiederum der Struktur selbst leisten: But contacts between persons, which may indeed be affected by population distributions, do not result in any permanent relations unless the persons in question want to take advantage of the contacts for this purpose. . . . Social structures do not operate directly on social behavior (Homans 1985: 398; Hervorhebungen im Original).
So ist vor diesem Hintergrund festzuhalten, dass die genaue Beschreibung der Gelegenheitsstrukturen für soziale Kontakte und Interaktionen ein wichtiger, wenn auch nicht hinreichenden Beitrag zur Erklärung von Partnerwahlprozessen
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ist (Teckenberg 2000, Timm 2004, Wirth 2000). Insbesondere gibt die Kontextanalyse erstens Aufschluss darüber, welche Akteure ihre sozialen Aktivitäten in einem bestimmten Fokus organisieren und damit überzufällig in Kontakt kommen können (vgl. Feld 1981) und zweitens, ob aufgrund der spezifischen Strukturen eines Teilheiratsmarktes bestimmte Handlungen der Akteure systematisch begünstigt oder verhindert werden. Ersteres wird dabei speziell für die Analyse des Internets als Teilheiratsmarkt von großem Interesse sein, da es bislang kaum verlässliche Untersuchungen darüber gibt, wer diese Möglichkeit der Partnersuche überhaupt nutzt (Schulz et al. 2008). 3.1.4 Ein Erklärungsmodell der Partnerwahl In Auseinandersetzung mit den austauschtheoretischen und familienökonomischen Argumenten sowie der Bedeutung struktureller Rahmenbedingungen des Handelns haben Blossfeld & Timm (1997, 2003) ein eigenes Erklärungsmodell der Partnerwahl entwickelt. Dieses Modell steht ganz im Zeichen von Blossfelds (1996) Programm der dynamischen Sozialstrukturanalyse. In der Tradition der Rational Choice-Theorie wird die Entscheidung für oder gegen einen möglichen Beziehungspartner als Resultat eines Entscheidungsprozesses unter gegebenen Gelegenheitsstrukturen interpretiert. Die Menge möglicher Beziehungspartner, zwischen denen sich die Akteure auf Basis des subjektiv zu erwartenden Nutzens, abzüglich möglicher Kosten, entscheiden können, ist durch die räumlichen und sozialen Kontexte, in denen sich die Akteure bewegen, d. h. bereits ohne das explizite Zutun der Individuen restringiert (vgl. das Beispiel des Bildungssystems in Abschnitt 3.1.3). Im Zuge der Partnersuche orientieren sich die Akteure an ihren Zielen, zu deren Erreichung ihnen verschiedene Mittel, insbesondere Wissen, zur Verfügung stehen. Bei der Suche nach der subjektiv besten Alternative sind die Akteure allerdings mit einer Reihe konkreter Probleme konfrontiert, die sie in für sie zufrieden stellender Weise lösen müssen. Diese Probleme beziehen sich vor allem auf die Unsicherheit, unter der eine konkrete Partnerwahlentscheidung getroffen wird. Diese Unsicherheit ergibt sich zum einen aus unvollständigen Informationen über die tatsächlichen Qualitäten unmittelbar zur Auswahl stehender Personen und zum anderen aus der unbekannten Verteilung der Qualitäten aller potentiell auf dem Heiratsmarkt aktuell oder zukünftig verfügbaren Personen. Dies erfordert eine Suche nach Alternativen über die Zeit, bei der die langfristigen Kosten und der Nutzen verschiedener Alternativen aus Sicht des Individuums niemals eindeutig mit Sicherheit einschätzbar und nur auf Kosten einer weiteren Suche kalkulierbar sind (Becker et al. 1977). Darüber hinaus sind die marginalen Vor- und Nachteile einer wei-
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teren Partnersuche unklar, vor allem auch deshalb, weil die Heiratskontexte der Akteure im Lebenslauf einer permanenten Veränderung unterliegen und dadurch die zeitbezogenen Kontaktchancen variieren. Ein weiteres Problem ist, dass zu einem späteren Zeitpunkt auf früher abgewiesene Partner in aller Regel nicht mehr zurückgegriffen werden kann. Schließlich ist die Partnerwahl eine konsensuelle Entscheidung, die der beiderseitigen Zustimmung der beteiligten Akteure bedarf (vgl. Todd & Miller 1999). Kurzum, die Situation, in der die Akteure ihre Partnerwahlentscheidungen treffen, ist eigentlich derart unbestimmt, dass eine rationale Entscheidung im Sinne einer objektiven Nutzenmaximierung schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist. Die Partnersuche stellt sich somit für den Akteur als ein Entscheidungsproblem dar, dessen realistisches Ziel es nur sein kann, die Wahrscheinlichkeit gravierender Fehlentscheidungen zu minimieren oder weitgehend zu eliminieren. Wie gehen die Akteure mit diesen Unsicherheiten und dieser Komplexität um? Zur Beantwortung dieser Frage haben Blossfeld & Timm (1997, 2003) auf die Arbeiten von Heiner (1985), Todd & Miller (1999) und Oppenheimer (1988) zurückgegriffen, um ein Modell der Partnerwahl zu skizzieren, das auch für die spätere Analyse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen sinnvoll anwendbar ist. Da Akteure in einer unsicheren Situation niemals die ganze Komplexität des Entscheidungsprozesses erfassen und damit umgehen können, benötigen sie eine Art Mechanismus um überhaupt handeln zu können. Dieser besteht nach Heiner (1985) in der Orientierung an regelbasierten Verhaltensmustern („behavioral rules“), die von den Akteuren als Entscheidungshilfen in unbestimmten, komplexen Handlungssituationen herangezogen werden. Anstatt also sämtliche Informationen zu berücksichtigen und zu bewerten, um daraus die eine optimale Entscheidung zu treffen, vereinfachen die Akteure ihr Handeln dergestalt, dass sie systematisch auf ein relativ kleines Repertoire an verlässlichen Handlungsoptionen zurückgreifen und damit möglicherweise besser angepasstes Verhalten ausschließen. Das Ergebnis der daraus resultierenden Entscheidungen entspricht somit in aller Regel nicht der optimalen, sondern vielmehr einer aus der subjektiven Sicht der Akteure zweckmäßigen Lösung. Obwohl es in vielen Situationen sinnvoll wäre, von diesen Verhaltensregeln abzuweichen, wird dies in aller Regel nicht getan, da die Situation keine Anhaltspunkte dazu liefert (Heiner 1985: 585). Ein Beispiel hierfür ist die Orientierung an geschlechterstereotypen Verhaltensweisen im Sinne des Doing Gender-Prinzips (vgl. z. B. Goffman 1994, West & Zimmerman 1987). Weiterhin kann in diesem Zusammenhang auf die Koordinationsfunktion sozialer Normen verwiesen werden, die nach dieser Sichtweise das Handeln vor allem über die intrinsische soziale Kontrolle der Individuen steuern, die zu vermeiden suchen, mit einer möglichen Normverletzung einhergehende
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negative Emotionen, wie z. B. Peinlichkeit, Angst, Scham oder Verlegenheit, bei sich selbst oder anderen auszulösen (Blossfeld & Timm 1997: 449). Vom Ergebnis her ähnlich, jedoch auf Basis anderer Grundannahmen argumentieren Todd & Miller (1999), die davon ausgehen, dass sich Akteure in unsicheren Entscheidungssituationen verstärkt auf „schnelle und einfache Heuristiken“ der Entscheidung verlassen. Diese „Daumenregeln“ des Alltags ermöglichen sinnvolle Entscheidungen vor dem Hintergrund der zeitlichen und kognitiven Beschränkungen des Individuums. Eine dieser Entscheidungsheuristiken ist das sogenannte „Satisficing“ (Simon 1956). Angewendet auf die Partnerwahl besagt dieses Prinzip, dass, unter der Voraussetzung, dass es keine optimale Regel dafür gibt, wann der Suchprozess beendet werden soll, der Partner gewählt wird, der als erstes ein bestimmtes Anspruchsniveau übertrifft. Unterstellt man, dass die Akteure auf dem Partnermarkt eine mehr oder weniger bewusste Vorstellung darüber haben, welche Merkmale ein akzeptabler Partner haben sollte, so werden sie so lange suchen, bis diese Minimalvorstellungen übertroffen werden (Oppenheimer 1988). Im Zuge dessen werden die Personen, die diese Vorstellungen nicht erfüllen, aus dem Pool potentieller Partner ausgeschlossen und „diejenigen, die als ‚akzeptabel‘ eingestuft werden, müssen deswegen nicht unbedingt der Idealvorstellung entsprechen“ (Blossfeld & Timm 1997: 452). Das Anspruchsniveau ist damit gewissermaßen eine subjektive Referenz, an der potentielle Kontaktpartner als sequentielle Alternativen im Partnerwahlprozess bewusst oder unbewusst gemessen werden. Personen, die eine zu geringe Ressourcenausstattung signalisieren, entsprechen diesen Vorstellungen nicht und werden folglich nicht als Partner für weitere Phasen der Beziehungsentwicklung in Erwägung gezogen. Dieses Anspruchsniveau wird, vor allem in der Ökonomie, häufig mit dem Konzept der Präferenzen gleichgesetzt. Da weder Männer noch Frauen bezüglich sämtlicher Kandidaten des jeweils anderen Geschlechts indifferent sind, werden sie bei der Partnerwahl Personen mit bestimmten Eigenschaften gegenüber anderen potentiellen Partnern bevorzugen. Es gibt insofern gute Gründe anzunehmen, dass Akteure in Beziehungsmärkten eine wohletablierte Präferenzordnung in Bezug auf potentielle Partner besitzen, die von Ökonomen in der Regel als internalisiert und weitgehend zeitstabil angesehen wird (Stigler & Becker 1977). Dieses Denkschema impliziert, dass die Akteur in der Lage sind, andere Marktteilnehmer bezüglich ihres Nutzens als Partner in ordinaler Reihenfolge zu bewerten. Jedoch gibt es für einen bestimmten Akteur auf dem Beziehungsmarkt gewisse Gruppen von Personen, die ein gewisses minimales Anspruchsniveau nicht erfüllen und somit als echte Alternativen von vornherein ausgeschlossen werden. In
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diesen Fällen wird der Suchende das Alleinbleiben einer Ehe mit einem unakzeptablen Partner vorziehen (vgl. Becker 1982, Becker 1998). Der vor allem in der Ökonomie weit verbreitete Ansatz zur Bestimmung des Anspruchsniveaus ist der so genannte „revealed preferences approach“. Diese Sichtweise geht auf die grundlegende Arbeit Samuelsons (1938) zurück und nimmt an, dass man alleine durch die Beobachtung der intentionalen Wahlakte der Individuen die zugrunde liegenden Präferenzen der Nutzer für bestimmte Partnermerkmale aufdecken könne (für ein Anwendungsbeispiel dieser Herangehensweise aus dem Onlinedating vgl. Hitsch et al. 2006, Hitsch et al. 2009). Allerdings ist die Annahme, dass die Präferenzen durch tatsächliches Wahlverhalten offengelegt werden, aus verschiedenen Gründen problematisch (vgl. z. B. Sen 1986), insbesondere dann, wenn Entscheidungen durch Opportunitätsstrukturen vorgeprägt sind, da sie dann nicht nur die Präferenzen, sondern auch diese Restriktionen widerspiegeln. Einen flexibleren theoretischen Ansatz, um zu erklären, wie diese Minimalvorstellungen über akzeptable Partner zustande kommen, liefert hingegen die Theorie des sozialen Tausches, deren Grundzüge in Abschnitt 3.1.2 vorgestellt wurden. Hier korrespondiert das spezifische Anspruchsniveau eines Akteurs mit einer bestimmten Verhandlungsposition im zwischengeschlechtlichen Austauschprozess. Je größer der Wert ist, der seinen eigenen Ressourcen von den Marktteilnehmern beigemessen wird, desto wertvollere Ressourcen kann er im Gegenzug erwarten. Er besitzt einen höheren Partnerwert, kann sich damit ein höheres Anspruchsniveau leisten und wird folglich die Auswahl von akzeptablen Partnern auf einen restriktiveren Personenkreis beschränken. Beziehungen mit Personen unterhalb des Anspruchsniveaus wären für den Akteur unprofitable Tauschsituationen. Personen mit einer vergleichsweise unattraktiven Ressourcenausstattung sollten damit verbundene Benachteiligungen am Partnermarkt durch ein weniger restriktives Anspruchsniveaus kompensieren, sprich den Kreis auswählbarer Personen erweitern. Die Überschreitung des individuellen Anspruchsniveaus ist allerdings zunächst nur eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung für die Fortsetzung weiterer Interaktionen mit einer Person im Verlauf des Prozesses. Denn Partnerwahlentscheidungen, und damit auch die in den frühen Phasen des Prozesses angesetzten Kontaktentscheidungen, sind wechselseitiger Natur. Die Entwicklung einer sozialen Beziehung aus einem ersten Kontakt heraus bedarf immer der Zustimmung des jeweils anderen Kontaktpartners. Dies verleiht der Partnerwahl den besonderen Charakter eines Matchingprozesses, der letztlich Individuen mit ähnlichen Partnerwerten überzufällig zusammenführen sollte. Individuen lernen dabei ihren eigenen Partnerwert durch die Interaktion mit anderen
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kennen. Insbesondere durch bisher im Lebenslauf erfahrene Angebote und Ablehnungen werden die Akteure ihr Anspruchsniveau anheben bzw. senken und damit langfristig zu einer konsistenten Einschätzung ihres ‚Marktwertes‘ gelangen (Todd & Miller 1999). Aufgrund dieses Zusammenhanges ist zu erwarten, dass Akteure mit einem bestimmten Partnerwert bei der Selektion von Kontaktpartnern den Kreis potentieller Partner nicht nur nach unten, sondern auch nach oben hin beschränken, da den Kosten der Kontaktaufnahme eine vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit auf Reziprozität gegenübersteht, wenn das Gegenüber einen wesentlich höheren Partnerwert aufweist. Somit folgt auch aus dieser Argumentation aufgrund des Anspruchsniveaumechanismus eine gewisse Tendenz zur homogamen Kontaktierung möglicher Beziehungspartner und schließlich zur Ähnlichkeitspaarbildung. An dieser Stelle lässt sich festhalten, dass der Entscheidungsprozess der Akteure für oder gegen eine Partnerschaft mit einer anderen Person nach Blossfeld & Timm (1997, 2003) im Wesentlichen von zwei Wirkungsfaktoren bestimmt ist (vgl. auch Wirth 2000: 46): erstens durch die sich über die Zeit ständig verändernden Rahmenbedingungen des Handelns in Form bestimmter Handlungskontexte und zweitens dadurch, dass die Verhaltensweisen der Akteure keine unveränderlichen Tatsachen sind, sondern diese ihr Handeln prinzipiell reflektieren und dadurch verändern, also an die neuen Rahmenbedingungen anpassen können, wie beispielsweise im Falle der Herausbildung individueller Anspruchsniveaus. 3.1.5 Geschlechtsspezifische Hypothesen der Partnerwahl Das Bildungsniveau ist eine theoretisch sehr gehaltvolle Ressource, mit der man das in den vorangegangenen Abschnitten skizzierte Austauschmodell der Partnerwahl inhaltlich spezifizieren kann. Vor dem Hintergrund zahlreicher empirischer Belege ist es plausibel, davon auszugehen, dass die Bildung bei der geschlechtsspezifischen Auswahl von Kontaktpartnern ein sehr wichtiges Kriterium ist (vgl. z. B. Blossfeld & Timm 2003, Teckenberg 2000, Wirth 2000, Ziegler 1985). Erstens kann sie als Indikator für die soziale Stellung potentieller Partner interpretiert werden, die für Akteure eine intersubjektiv geteilte Bedeutung hinsichtlich alltagsästhetischer Schemata, kultureller Unterschiede oder allgemein der sozialen Distanz (vgl. z. B. Blau 1994, Schulze 2000) transportiert. Zweitens ist die Bildung gemäß der ökonomischen Theorie ein Indikator für das Humankapital und damit das Einkommenspotential der Akteure. In Auseinandersetzung mit den Erfahrungen aus der Herkunftsfamilie, den sozialen Alltagsnetzwerken und der öffentlichen Meinung formen sich im Lebensverlauf von Männern und Frauen spezifische Identitäten, Werthaltungen und Erwartungen, welche
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die Neigung beeinflussen, Partner mit bestimmten Bildungsressourcen zu wählen (Blossfeld & Timm 1997: 452). Die Bildung dient den Akteuren in diesem Zusammenhang als wichtiges, im Alltag allerdings zumeist unbewusst wirksames Signalkriterium bei der Selektion von Kontaktpartnern. Symmetrische Mechanismen – Homophiliehypothese Folgt man der skizzierten Tauschtheorie, sollten bildungshomogene Konstellationen der wahrscheinlichste Fall auf dem Heiratsmarkt sein. Der zugrunde liegende Mechanismus ist symmetrisch und damit für Frauen und Männer gleichermaßen wirksam. So prognostiziert beispielsweise Becker (1982), dass unter Konstanz marktbezogener Merkmale (z. B. Einkommenspotential, Berufschancen) Individuen einen Partner bevorzugen, der ihnen in den nicht-marktbezogenen Merkmalen (z. B. Bildung, Alter, physische Erscheinung, Interessen) möglichst ähnlich ist. Denn, so wurde bereits in Abschnitt 3.1.1 argumentiert, die damit einhergehenden ähnlichen Interessen, Orientierungen und Weltanschauungen sollten den alltäglichen Umgang miteinander erleichtern und über kurz oder lang die Herausbildung einer gemeinsamen Identifikationsbasis, z. B. in Form eines bestimmten Lebensstils begünstigen (vgl. Kalmijn & Bernasco 2001). Bei bedeutsamen Bildungsunterschieden zwischen Beziehungspartnern ist hingegen eine erhöhte Häufigkeit von Konflikten und Aushandlungsprozessen im Alltag aufgrund potentiell unterschiedlicher Wertvorstellungen zu erwarten. Das würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass solche Beziehungen beendet oder gar nicht erst initiiert werden. Aufgrund dieses Zusammenhangs strukturiert die Bildung als nichtmarktbezogene Ressource den sozialen Raum der Partnersuche und unterstützt aus austauschtheoretischer Sicht eine Partnerwahl nach dem Prinzip ‚gleich und gleich gesellt sich gerne‘ (Wirth 2000). Gemäß der Austauschtheorie ist darüber hinaus zu erwarten, dass die Homophilie, also die Tendenz zur Ähnlichkeitspaarbildung, zwischen Akteuren mit unterschiedlichen Bildungsniveaus variiert und zwar in der Weise, dass die höher Gebildeten eine größere Bildungshomophilie aufweisen als die niedriger Gebildeten. Da das Bildungsniveau ein Signal wertvoller sozioökonomischer Ressourcen im Partnerwahlprozess ist, werden höher Gebildete systematisch den Kontakt zu niedriger Gebildeten vermeiden, da sie über wertvollere Ressourcen verfügen und demnach ein entsprechend höheres Anspruchsniveau haben (Edwards 1969). In die gleiche Richtung argumentieren auch Becker & Murphy: However, lower-quality persons may not be able to break into the highquality market since high-quality persons do not want low-quality mates. If the latter cannot enter the more desirable high-quality market, low-quality
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Theoretische Erklärungsansätze persons have to confine their search to lower-quality mates. As a result, the vast majority of persons generally end up falling in love with and marrying within their own „class“ (Becker & Murphy 2000: 39).
Im Gegensatz zu dem klassischen sozialen Ungleichheitsmerkmal der Bildung wurde die Bedeutung der physischen Erscheinung für die Partnerwahl in der soziologischen Literatur bislang eher ‚stiefmütterlich‘ behandelt. Allerdings gibt es bereits seit den 1960er Jahren eine Reihe von auch empirisch gesicherten Hinweisen, dass das Aussehen durchaus ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl potentieller Beziehungspartner ist (vgl. Walster et al. 1966). Da die physische Erscheinung eine recht offensichtliche Eigenschaft der Akteure ist, ist es plausibel anzunehmen, dass auch diese optischen Kriterien in Interaktionssituationen zur Beurteilung und Bewertung der beteiligten Personen herangezogen werden. Denn, und das haben bereits sozialpsychologische Untersuchungen aus den 1970er Jahren gezeigt, das Aussehen ist nicht nur für sich genommen ein Kriterium zur Komplexitätsreduktion in Entscheidungssituationen unter Unsicherheit, sondern mit der physischen Erscheinung werden auch andere mehr oder weniger begehrenswerte Persönlichkeitseigenschaften verknüpft (vgl. Dion & Walster 1972), die zur Bewertung potentieller Interaktionspartner bedeutsam sind (vgl. Rammstedt & Schupp 2008). Betrachtet man das Aussehen als Ressource, die auf dem Heiratsmarkt getauscht wird, dann gilt wiederum der Mechanismus des Anspruchsniveaus, der dafür sorgt, dass sich niemand ‚unter Wert verkaufen‘ möchte, und somit andere Personen mit geringerer Attraktivität nicht als Beziehungspartner in Betracht gezogen werden. In der Tat gibt es in der Literatur einige Hinweise darauf, dass Versuche, mit gegengeschlechtlichen Personen in Kontakt zu kommen, umso häufiger initiiert werden, je ähnlicher das Ausmaß an Attraktivität der beteiligten Akteure ist. Physische Attraktivität ist offenbar eine Art ‚Gatekeeper‘, und zwar sowohl für Paare, die tatsächlich intime Beziehungen beginnen, als auch im Hinblick auf die der Beziehungsgründung vorgelagerten Phasen (vgl. Berscheid et al. 1971). In die gleiche Richtung argumentiert White (1980), der in seiner Studie empirische Evidenz dafür fand, dass die Ähnlichkeit hinsichtlich physischer Attraktivität positiv mit der Chance korreliert, dass sich aus einer unverbindlichen eine verbindliche Beziehung entwickelt. Zudem fand er heraus, dass sich Partner in weniger verbindlichen Beziehungen mit größerer Wahrscheinlichkeit trennten, wenn diese Ähnlichkeit nicht gegeben war. Diese Befunde werden weiterhin durch Hinweise aus der sozialbiologischen Forschung gestützt, nach denen sich Paare bereits von Beginn ihrer Beziehung an hinsichtlich physischer Merkmale (v. a. Körpergröße und -gewicht) ähnlich sind und die Ähnlichkeit nicht erst durch eine Angleichung
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im Laufe des Zusammenlebens (z. B. aufgrund von Essgewohnheiten) zustande kommt (Pennock-Román 1984). Auch daraus kann man schlussfolgern, dass die physische Erscheinung ein die Komplexität reduzierendes Auswahlkriterium bei der Partnerwahl ist und dass die Ähnlichkeit zwischen den beteiligten Personen, wie es auch die Austauschtheorie prognostizieren würde (Murstein 1972), eine Beziehungsgründung begünstigt. Asymmetrische Mechanismen – Heterophiliehypothese Kann man bei der Partnerwahl darüber hinaus spezifische Unterschiede zwischen Männern und Frauen erwarten? Aufgrund zahlreicher empirischer Untersuchungen besteht tatsächlich Grund zu der Annahme, dass geschlechtsspezifische Asymmetrien, also Abweichungen von dem symmetrischen Homophiliemodell in Richtung traditioneller Familienbilder, nach wie vor ein bedeutsames Handlungsmuster darstellen (vgl. z. B. Blossfeld & Timm 1997, Blossfeld & Timm 2003). Männer und Frauen werden nach dem geschlechtsspezifischen Modell in der Ökonomie als potentielle Handelspartner betrachtet, die aufgrund unterschiedlicher Ressourcen komparative Vorteile in die partnerschaftliche Haushaltsproduktion einbringen (vgl. auch Becker 1982, Becker 1998, Oppenheimer 1988): Nach diesem traditionellen Modell erwarten die Männer, daß sie von den Ehefrauen profitieren, weil sich die Frauen im Sozialisationsprozeß mehr auf die Führung des Haushalts und die Erziehung der Kinder hin orientiert haben, während umgekehrt die Frauen sich von ihren Ehemännern einen größeren Nutzen versprechen, weil sich die Männer stärker auf das Ziel lebenslanger Erwerbsarbeit spezialisiert haben (Blossfeld & Timm 1997: 454).
Sofern das Modell des männlichen Haupternährers, der stärker als Frauen auf Bildung, Erwerbsarbeit und Einkommen spezialisiert ist, noch immer als Rollenmodell für Beziehungen Gültigkeit besitzt, sollten daher männliche Bildungsressourcen als Indikator für den (zukünftigen) sozioökonomischen Status einer Person im Vergleich zu weiblichen Bildungsressourcen als wertvoller wahrgenommen werden (Oppenheimer 1988). Dies würde dazu führen, dass Frauen stärker nach oben, also bildungshyperphil, kontaktieren sollten als Männer. Frauen sollten sich also nach dieser Argumentation absolut häufiger bildungsaufwärts als bildungsabwärts orientieren (größere Bildungshyperphilie als Bildungshypophilie). Das würde ferner bedeuten, dass Frauen mit höherer Bildung weniger bereit sein werden, bildungsspezifische Kompromisse einzugehen. Dies sollte es
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männlichen Kontaktpartnern mit geringerer Bildung erschweren, diesen Attraktivitätsnachteil aus Sicht der Frauen durch entsprechend hohe andere Ressourcen auszugleichen. Somit ist für Frauen ein stärkerer positiver Effekt der Bildung auf die Homophilie zu erwarten als für Männer. Spiegelbildlich ist vor diesem Hintergrund für Männer eine absolut stärkere Bildungshypophilie als Bildungshyperphilie bei der Partnerwahl zu vermuten, da Paare, in denen die Frau höhere Bildungsressourcen hat als ihr Mann, gemäß dem geschlechtsspezifischen Modell von den ökonomischen Rationalitäten der traditionellen Gesellschaft abweichen. Nach Blossfeld & Timm (2003: 9) ist das allerdings nicht die einzige mögliche Erklärung für diese Erwartung. Folgt man dem Doing Gender-Ansatz, würden diese Paare auch gegen die im traditionellen Familienbild angelegten Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit ‚verstoßen‘ und damit ihre soziale Verlässlichkeit und Verantwortlichkeit sowie negative Sanktionen des sozialen Umfeldes riskieren (vgl. z. B. Berk 1985, Brines 1994). Wenngleich diese am bürgerlichen Familienideal angelehnten Orientierungen (zumindest auf der verbalen Ebene) über die Kohorten immer weniger relevant werden sollten, so dokumentieren empirische Studien dennoch eine bemerkenswerte Konstanz dieser Handlungsmuster auf der Verhaltensebene, wie beispielsweise auch der Teil zur Dynamik der Hausarbeitsteilung im Eheverlauf in der vorliegenden Studie zeigen wird (Abschnitt 4.2). Allerdings ist es heute empirisch zunehmend offen, ob sich Männer gemäß dem traditionellen Modell bildungsspezifisch eher ‚nach unten‘ als ‚nach oben‘ orientieren. Denn mit der zunehmenden Verbreitung von Doppelverdienerhaushalten wäre vielmehr eine zunehmende Konkurrenz von Männern um die besser gebildeten und damit besser verdienenden Frauen zu erwarten (vgl. z. B. Blossfeld & Drobniˇc 2001, Blossfeld & Timm 2003). Die Bildung der Frauen gewinnt unter dieser Voraussetzung als Tauschressource relativ an Wert. Männer sollten heute daher tendenziell stärker bildungshomophil kontaktieren als früher und weniger dem geschlechtsspezifischen Modell des männlichen Haupternährermodells bei der Partnerwahl folgen (Homophilie statt Hypophilie): This change in preferences, together with men’s structurally increased chance of meeting women of equal qualification in the educational system, should therefore raise the level of educational homogamy and reduce educational hypogamy of men across cohorts (Blossfeld & Timm 2003: 10).
Aus diesen Entwicklungen ergeben sich jedoch auch strukturell ‚benachteiligte‘ Gruppen am Heiratsmarkt. So geht aus der vorangegangenen Argumentation hervor, dass insbesondere die am besten gebildeten Frauen und die am schlechtesten gebildeten Männer die größten Schwierigkeiten haben sollten,
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einen geeigneten Partner zu finden. Denn gelingt es hoch gebildeten Frauen nicht, einen ähnlich qualifizierten Partner zu finden, sollten ihre sozialen und psychischen Kosten einer Abwärtsheirat noch immer zu hoch sein um ein solches Arrangement zu realisieren. Und niedrig gebildete Männer wären im Licht der normativen Erwartungen, die an einen männlichen Haupternährer geknüpft werden, recht unattraktive Beziehungspartner (Blossfeld & Timm 2003: 10). Diese beiden Gruppen sind von besonderem theoretischen Interesse, da gerade die Akteure, die auf den Heiratsmärkten des normalen Alltags strukturelle Schwierigkeiten haben, einen Partner zu finden, diesen ‚Wettbewerbsnachteil‘ möglicherweise durch die verstärkte Nutzung von Internetkontaktbörsen zu kompensieren suchen könnten (vgl. Schulz et al. 2008). Wenn man darüber hinaus unterstellt, dass auch niedrig gebildete Männer und hoch gebildete Frauen nicht alleine bleiben wollen, dann müssten sie jedoch zwangsläufig auch irgendwann die Möglichkeiten dieser ‚umgekehrt traditionellen‘ Beziehungen in Betracht ziehen. Jedoch ist es bislang (auch theoretisch) weitgehend unklar, ob es eher die Frauen oder eher die Männer oder aber beide Geschlechter sind, die vor diesen Konstellationen systematisch ‚zurückscheuen‘. Auch diese Frage kann im Zuge der empirischen Untersuchung der Partnerwahl im Onlinedating bearbeitet werden. Tradeoff-Mechanismen Die theoretischen Überlegungen im Anschluss an das traditionelle Familienmodell deuten darauf hin, dass unter bestimmten Umständen auch ein nichtäquivalenter Austausch bestimmter Ressourcen für einen Akteur gewinnbringend sein kann. Dies widerspricht zunächst dem oben diskutierten Homophilieprinzip, nach dem, wie Stevens et al. (1990) zusammenfassen, (un)attraktive Frauen dazu tendieren sollten, Beziehungen mit (un)attraktiven Männern einzugehen (und umgekehrt), wobei die Attraktivität hier sowohl für das Aussehen als auch für sozioökonomische Merkmale gilt. Allerdings lässt sich dieser Widerspruch auflösen, wenn man erstens die Annahme lockert, die Partnerwahlentscheidung basiere auf verschiedenen, getrennt voneinander bedeutsamen Merkmalen. So haben insbesondere Schoen & Wooldredge (1989) hervorgehoben, dass vielmehr die Gesamtattraktivität der potenziellen Partner für die konkrete Auswahl entscheidend ist (vgl. auch Klein 1996). Aus tauschtheoretischer Sicht folgt daraus, dass ‚Vorteile‘ hinsichtlich bestimmter Ressourcen (z. B. hohe Bildung) mitunter ‚Nachteile‘ hinsichtlich anderer Ressourcen (z. B. geringe physische Attraktivität) kompensieren können. Zweitens kann dieser Austausch von verschiedenen Ressourcen auch aus dem traditionellen geschlechtsspezifischen Modell abgeleitet werden. Da aufgrund einer geschlechtsspezifischen Präferenzstruktur in die-
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sem Modell Frauen einen größeren Wert auf ökonomische (Bildung) und Männer auf nichtökonomische Ressourcen (physische Erscheinung) legen (Schoen & Wooldredge 1989), lässt sich daraus ableiten, dass die unterschiedlichen Ressourcen ebenfalls gegeneinander getauscht werden können, kurzum, dass Frauen ihre physische Attraktivität gegen den sozioökonomischen Status der Männer tauschen (Franzen & Hartmann 2001). Da hier das Spezialisierungsargument eine zentrale Rolle spielt und zwischen den Geschlechtern unterschiedliche Ressourcen getauscht werden, würden solche Konstellationen auf eine Abweichung von der Ähnlichkeitspaarbildung im Sinne eines Tradeoffs zwischen unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen hindeuten. Während einige Studien in der Vergangenheit zwar empirische Hinweise für diesen geschlechtsspezifischen Tradeoff-Mechanismus finden konnten (z. B. Elder 1969, Franzen & Hartmann 2001), ist die Gültigkeit dieser Hypothese jedoch umstritten, da sie in aller Regel nur in der skizzierten Einseitigkeit („schöne Frau und reicher Mann“) getestet wurde und beispielsweise die Möglichkeit des Austausches von männlicher Attraktivität mit weiblichem sozioökonomischen Status nicht betrachtet wurde (Stevens et al. 1990). Die vorliegende Studie kann insofern zu dieser Debatte beitragen, als Bildung und physische Erscheinung, sowohl für Frauen als auch für Männer, als unabhängige und damit uneingeschränkt tauschbare Ressourcen modelliert werden und damit empirische Hinweise für oder gegen die bisher diskutierten Zusammenhänge aufgedeckt werden können. Die folgenden Überlegungen dienen dabei als Arbeitshypothesen: Wenn man davon ausgeht, dass es einen geschlechtsspezifischen Austausch bei der Partnerwahl gibt, dann sollte sich das bereits im wechselseitigen Kontaktierungsprozess zeigen. Höher gebildete Männer sollten daher im Durchschnitt eher Beziehungen mit attraktiveren Frauen realisieren können. Auf der anderen Seite sollten attraktivere Frauen eher Beziehungen mit höher gebildeten Männern erzielen. Der umgekehrte Fall ist vor dem aufgezeigten theoretischen Hintergrund zwar eher selten zu erwarten, kann jedoch in den empirischen Analysen trotzdem geprüft werden. Interessant ist die Tradeoff-Hypothese auch insofern, als sie in ihrer Vorhersage den Erwartungen der Homophiliehypothese widerspricht, die, wie oben ausgeführt, gerade eine Ähnlichkeit hinsichtlich einzelner Merkmale als besonders förderlich für den Aufbau und die Fortführung einer Beziehung ansieht. Im Rahmen der Analyse wird deshalb nach empirischen Hinweisen gesucht, die eher für oder gegen den einen oder anderen theoretisch behaupteten Mechanismus sprechen. Diese Arbeitshypothesen, die aus der aktuellen theoretischen und empirischen Literatur zur Partnerwahl in modernen Gesellschaften abgeleitet werden können, bilden die Grundlage der späteren empirischen Untersuchung der Part-
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nerwahl im Internet in Abschnitt 4.1. Sie werden dort um einige weitere konzeptionelle Vorbemerkungen zur empirischen Analyse ergänzt (insbesondere in Abschnitt 4.1.1). Es wird interessant sein zu sehen, inwieweit diese Hypothesen auch auf diesem neuen Heiratsmarkt tragfähig sind und die dort beobachtbaren Muster erklären können.
3.2 Arbeitsteilung im Haushalt als Prozess Um an die theoretische Diskussion der Partnerwahlforschung anzuschließen, werden in den nachfolgenden Abschnitten die ressourcenbasierten Mechanismen der Arbeitsteilung im Haushalt ausführlich besprochen (Abschnitt 3.2.1). Genau wie am Beispiel der Partnerwahl betonen die ökonomischen Theorien der Arbeitsteilung die Bedeutung von Rationalitätskalkülen auf der Basis individueller Humankapitalressourcen. Diese Argumentation hat im Zuge der Verbesserung der Bildungs-, Erwerbs- und Karrierechancen von Frauen eine große Aufmerksamkeit erfahren, da sie die Hoffnung nährte, die sozialstrukturellen Veränderungen in den Lebenszusammenhängen der Frauen könnten zu einem Abbau der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung im Haushalt führen (vgl. Blossfeld & Drobniˇc 2001). Der ökonomische Rationalitäts- oder Austauschmechanismus wird dabei als universal und als in allen Beziehungen wirksam betrachtet. Er hat keineswegs nur die Funktion eines ‚Ersatzmechanismus‘ für fehlende institutionelle Vorgaben, die im Gegensatz dazu von soziologischen Theorien als Erklärungsfaktoren favorisiert werden. Sie stellen die soziale Einbettung der Akteure in normative, geschlechtersensitive Kontexte als wichtigste Argumentationsfigur in den Mittelpunkt ihrer Erklärungen der geschlechtsspezifischen Ungleichheit im Haushalt. Diese soziologischen Erklärungsansätze werden im Anschluss an die ressourcenbasierten Theorien besprochen (Abschnitt 3.2.2). 3.2.1 Ressourcenbasierte Erklärungsansätze Im ersten Schritt der Rekonstruktion der Theorien, Mechanismen und Hypothesen zur Arbeitsteilung im Haushalt werden im Folgenden die familienökonomische und die austauschtheoretische Perspektive diskutiert, wobei der ökonomischen Tauschtheorie in Form des Verhandlungsansatzes, vor allem aufgrund der gesellschaftspolitischen Diskussion um die Angleichung von Erwerbs, Einkommens- und Karrierechancen, hier ein größerer Stellenwert beigemessen wird als es bei der Partnerwahl der Fall ist. Obwohl viele der grundlegenden Konzepte der Ansätze bereits in Abschnitt 3.1 ausführlich erläutert wurden, muss der eine oder andere Aspekt in diesem Abschnitt wiederholt werden, um die
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Vollständigkeit der Argumentation zu gewährleisten. Mögliche Wiederholungen sind somit keinesfalls redundant, sondern vielmehr als Hinweis auf die besondere Wichtigkeit des jeweiligen Arguments in der aktuellen theoretischen Debatte zu verstehen. Das Spezialisierungsargument der Familienökonomie Im Rahmen seiner familienökonomischen Theorie geht Becker (1998) davon aus, dass die Mitglieder einer Paarbeziehung prinzipiell danach streben, den gemeinsamen Haushaltsnutzen durch effizientes Handeln zu maximieren. Wie in Abschnitt 3.1.1 erörtert wurde, entsteht der Nutzen des Haushaltes in erster Linie aus der Produktion der so genannten commodities, also Gütern, die erst unter Einsatz von Zeit und Humankapital der Haushaltsmitglieder zu nutzenstiftenden Gebrauchsgütern verarbeitet werden. Erst diese Gebrauchsgüter können dann direkt in die Nutzenfunktion des Haushaltes eingehen. Um aber überhaupt Marktgüter in commodities umwandeln zu können, bedarf es vorab erworbener Kenntnisse, Fähigkeiten und eines zusätzlichen Zeitaufwands. Das Humankapital und die verfügbare Zeit der Haushalts- oder Familienmitglieder sind somit nicht nur Ressourcen, sondern gleichzeitig auch Restriktionen im Produktionsprozess. Der Ertrag der Produktion hängt damit wesentlich von der Ausstattung und der Zusammensetzung des Haushaltes in Bezug auf Humankapitalressourcen ab, die wiederum maßgeblich vom Prozess der Paarbildung auf dem Heiratsmarkt beeinflusst wird (vgl. z. B. Blossfeld & Drobniˇc 2001, Hill & Kopp 2004, Künzler & Walter 2001). Die Lösung des Maximierungsproblems ist vor diesem Hintergrund darin zu sehen, dass sich die Beziehungspartner entsprechend ihrer komparativen Stärken und Fähigkeiten auf bestimmte Arbeitsbereiche, d. h. Erwerbsarbeit oder Hausund Familienarbeit, spezialisieren, also die ihnen zur Verfügung stehende Zeit optimal auf dem Arbeitsmarkt und im Haushalt einsetzen. Die Grundlage der Entscheidung, wie viel Zeit in welchen Bereich investiert wird, bilden die jeweiligen Grenzproduktivitäten der Akteure; mit anderen Worten sollen die spezifischen komparativen Stärken und Schwächen der Beteiligten besonders betont bzw. umgangen werden. Bezogen auf eine (hypothetische) Person, deren Grenzprodukte für den Erwerbs- und Haushaltsbereich identisch sind, gilt im Idealfall: If all members of an efficient household have different comparative advantages, no more than one member would allocate time to both the market and household sectors. Everyone with a greater comparative advantage in the market than this member’s would specialize completely in the market,
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and everyone with a greater comparative advantage in the household would specialize completely there (Becker 1998: 33).
Die Entscheidung, welcher der beiden Partner in einer Paarbeziehung sich auf die außerhäusliche Erwerbstätigkeit und welcher sich auf die innerhäusliche Reproduktionsarbeit konzentriert, resultiert der Theorie nach einzig aus den komparativen Vorteilen der Partner zu Beginn der Beziehung. Somit ist es nach der ökonomischen Theorie der Familie rational, eine Beziehung dann einzugehen, wenn ein potentieller Partner genau die Ressourcen vorweisen kann, die einem selbst fehlen. Je unterschiedlicher die Humankapitalressourcen zu diesem Zeitpunkt sind, desto größer ist die Chance, durch Spezialisierung größere Gewinne zu erzielen; im Fall perfekt komplementärer Ressourcen sind diese Chancen am größten. Auf der Grundlage unterschiedlicher komparativer Grenzproduktivitäten zu Beginn einer Paarbeziehung werden die Partner weiterhin dazu tendieren, die Spezialisierung mit zunehmender Beziehungsdauer zu erhöhen, da Spezialisierung die effizienteste Produktionsstrategie eines Haushaltes ist (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 19) und die Chancen auf einen möglichst großen Haushaltsnutzen erhöht. Schließlich haben rationale Akteure einen großen Anreiz, in genau den Bereich (Erwerbstätigkeit versus Hausarbeit) zu investieren, in dem sie die größten Gewinne für den Haushalt und folglich auch für sich selbst abschöpfen können. Deshalb impliziert die starke Arbeitsteilung in Bezug auf die Zeitverwendung eine ebenso starke Differenzierung bezogen auf die Allokation der Investitionen: If all members of a household have different comparative advantages, no more than one member would invest in both market and household capital. Members specializing in the market sector would invest only in market capital, and members specializing in the household sector would invest only in household capital (Becker 1998: 34).
Welche Erwartungen lassen sich aus diesen Überlegungen der Familienökonomie für die Dynamik der Arbeitsteilung ableiten? Zunächst ist wichtig, dass es sich bei der ökonomischen Theorie der Familie um eine geschlechtsneutrale Theorie handelt. Das biologische Geschlecht spielt bei der Allokation von Zeit und Investitionen auf die beiden zentralen Arbeitsbereiche keine Rolle, dafür sind „in erster Linie Differenzen in der Ausstattung mit Humankapital – und hier insbesondere mit arbeitsmarktrelevantem Humankapital – bestimmend“ (Stauder 2002: 24). Die zentrale Variable zur Diskriminierung des Humankapitals ist in der Ökonomie der Lohnsatz. Andere Faktoren, die aus soziologischer Sicht ebenfalls in die individuelle Nutzenfunktion einfließen könnten, wie
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beispielsweise die wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Partner, Akzeptanz und Selbstentfaltung, Prestige und soziale Anerkennung, werden im Rahmen der ökonomischen Theorie der Familie nicht betrachtet (vgl. Hill & Kopp 2004: 247). Und selbst der Wert der Hausarbeit könnte, wenn überhaupt, nur als schwer zu schätzender Schattenpreis in einer Nutzenfunktion berücksichtigt werden (Althammer & Wenzler 1996). Am konkreten Beispiel angewendet heißt das: Für den Fall, dass die Erwerbsund Einkommenschancen der Frau zu Beziehungsbeginn geringer sind als die des Mannes („Frau ≺ Mann“), wird sie sich im Verlauf der Beziehung verstärkt auf die Hausarbeit und er sich verstärkt auf die Erwerbsarbeit konzentrieren. Falls die Frau demgegenüber bessere Erwerbs- und Einkommenschancen hat („Frau Mann“), ist es genau umgekehrt: sie spezialisiert sich zunehmend auf die Einkommenserzielung und er kümmert sich um den Haushalt und die Kindererziehung. Im Falle relativ ähnlicher Humankapitalressourcen („Frau ≈ Mann“) ist die Dynamik der Arbeitsteilung theoretisch unklar und sollte deshalb weitgehend von zufälligen Konstellationen abhängen; zu erwarten wäre allenfalls eine Gleichverteilung von Frauen und Männern, die sich jeweils auf die einzelnen Bereiche spezialisieren. Obwohl es theoretisch gesehen egal ist, welcher Partner einer Beziehung, Frau oder Mann, im Lebenslauf kontinuierlich erwerbstätig ist und welcher Partner sich verstärkt dem Haushalt und der Versorgung, Betreuung und Erziehung der Kinder zuwendet, hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass zumeist die Männer den Erwerbsbereich und die Frauen den Haushaltsbereich übernehmen. Dies ist nach Becker (1998: 37ff.) jedoch nicht primär auf das biologische Geschlecht der Akteure zurückzuführen, sondern vielmehr allen voran ein Resultat unterschiedlicher Humankapitalinvestitionen von Frauen und Männern im Lebenslauf (vgl. hierzu auch die Diskussion bei Stauder 2002: 26). Welches der Geschlechter sich für welche Art der Investition entscheidet, hängt stark von gesellschaftlichen Werten, Normen und Institutionen in Bezug auf das Verhältnis der Geschlechter ab. Gerade in eher konservativen Wohlfahrtsregimen mit einer traditionellen Geschlechterkultur oder einem geschlechtsspezifisch segregierten Arbeitsmarkt sind die Grenzproduktivitäten von Frauen und Männern durch Sozialisations- und Investitionsprozesse zumeist stark geschlechtsspezifisch verteilt, was letztlich das traditionelle Modell des männlichen Familienernährers und der weiblichen Hausfrau hervorbringt. In solchen Gesellschaften können Männer im Sinne der Komplementaritätshypothese von den eher haushaltsorientierten Frauen und Frauen von den eher marktorientierten Männern profitieren und damit den gemeinsamen Nutzen erhöhen (Blossfeld & Timm 2003: 8). Dennoch sind auch in diesen Gesellschaften Arrangements der
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Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit denkbar, in denen die Frau erwerbstätig und der Mann für den Haushalt und die Kinder zuständig ist. Prinzipiell sind auf Basis dieser Theorie traditionelle und umgekehrt traditionelle Modelle der Aufteilung und Dynamik der Arbeitsteilung im Beziehungsverlauf möglich. Ihr besonderes Potential zeigt Beckers Theorie bei der Erklärung polarer Arrangements. Je nachdem, mit welchen Ressourcenkonstellationen zwei Menschen eine Beziehung eingehen, werden sie sich langfristig in die eine oder andere Richtung spezialisieren. Diese Spezialisierung ist aufgrund der damit verbundenen Humankapitalinvestitionen weitgehend irreversibel. An dieser Stelle wird ein erster Kritikpunkt an dieser theoretischen Konzeption sichtbar, der insbesondere im Licht der empirisch nachweisbaren abnehmenden Komplementarität geschlechtsspezifischer Ressourcen an Bedeutung gewinnt. Nach der ökonomischen Theorie ist Spezialisierung nur dann effektiv und effizient, wenn ein Akteur seine ganze Arbeitskraft auf einen Bereich konzentrieren kann. Je ähnlicher die Ressourcen beider Partner sind (Homogamie) und je größer die Chancen werden, die Erledigung von Hausarbeit zu externalisieren, desto höher werden die Opportunitätskosten, wenn einer der beiden die Erwerbstätigkeit zugunsten der vollen Konzentration auf den Haushaltsbereich aufgibt. „Insofern kann [Beckers; F. S.] Argument nur noch begrenzte, vor allem aber historische Gültigkeit zugesprochen werden“ (Hill & Kopp 2004: 247f.). Einen weiteren Kritikpunkt führt Oppenheimer (1994) ins Feld, indem sie zwar anerkennt, dass Spezialisierung zu Abhängigkeit und damit im Sinne Durkheims zu (organischer) Solidarität zwischen den Beziehungspartnern führen könne, demgegenüber jedoch anzweifelt, dass der Spezialisierungsmechanismus an sich genügend Kohäsionskraft freisetzt, um Beziehungen, und in ihrem Fall Ehen, dauerhaft zusammen zu halten. Gerade, wenn es für einen Partner relativ einfach ist, den anderen durch Scheidung und Wiederheirat zu ersetzen, produziert jede Spezialisierung gleichsam ein gewisses Maß an Beziehungsinstabilität (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 23). Weiterhin spricht nach Oppenheimer vieles dafür, dass eine extreme Spezialisierung, wie sie von der ökonomischen Theorie der Familie im Idealfall als sinnvoll angesehen wird, die Flexibilität der Familie als handelnde Einheit deutlich einschränkt und ihren Fortbestand sogar gefährdet: This is because in such a family there is rarely more than one person to occupy any single speciality, and if something happens to him or her, functions vital to the family’s well-being and even its continued survival may cease to be performed (Oppenheimer 1994: 333).
Weitere Kritik an Beckers Familienökonomie setzt an der grundlegenden Annahme an, dass jedes Familienmitglied seine Entscheidungen, ungeachtet kom-
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plexer Interaktionsbeziehungen, immer im Sinne der Maximierung des Haushaltsnutzens, also der Gesamtwohlfahrt der Familie trifft. Obwohl ein gewisses Kollektivinteresse sowie Altruismus der Beziehungspartner mit hoher Plausibilität unterstellt werden kann (z. B. Berk & Berk 1983), ist es ebenso wahrscheinlich, dass die Individuen mit unterschiedlichen Erwartungen an die Beziehung herangehen und es deshalb zu Interessenkonflikten kommt, die nicht selten bereits aufgrund unterschiedlicher Machtverhältnisse beigelegt werden (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 24). In diesem Zusammenhang wird in der Soziologie oft über patriarchale Machtstrukturen argumentiert (z. B. Acker 1988, Hartmann 1976), um beispielsweise den Fortbestand traditioneller Geschlechterarrangements zu erklären. Obwohl dieses Argument durchaus plausibel ist, kann es doch nur schwer empirisch geprüft werden (Blossfeld & Drobniˇc 2001, Curtis 1986). Demgegenüber bieten die Verhandlungs- und die Ressourcentheorie konkrete Erklärungsmechanismen an, mit denen man sich dem Problem der Macht in Paarbeziehungen theoretisch und empirisch annähern kann. Die ökonomische Verhandlungstheorie Genau wie die ökonomische Theorie der Familie basiert die ökonomische Verhandlungstheorie auf dem Menschenbild des homo oeconomicus. Betrachtet werden weitgehend freie Akteure, die gemäß ihrer (gegebenen und stabilen) Präferenzen und vor dem Hintergrund ihrer Humankapitalressourcen rational handeln. Der entscheidende Unterschied zur ökonomischen Theorie der Familie ist, dass die Akteure sich primär ihrem Eigeninteresse verpflichtet fühlen, d. h. ihr Handeln eher an individuellen Kosten-Nutzen-Abwägungen und nicht am Kollektivinteresse oder der Nutzenfunktion des altruistischen Haushaltsvorstands ausrichten. Somit wird die restriktive Annahme des gemeinsamen, gleichsam imaginären Haushaltsnutzens aufgegeben. Im Falle konkurrierender Interessen der Mitglieder einer intimen Beziehung kann es daher zu Konflikten kommen. Diese Konfliktsituationen werden in Form machtgesteuerter Verhandlungs- und Austauschprozesse unter Rekurs auf die individuellen Ressourcen der Akteure aufgelöst (Künzler & Walter 2001: 194). Die Person mit den höheren Ressourcen geht schließlich als Gewinner und die Person mit den geringeren Ressourcen als Verlierer aus der Konfliktsituation hervor. Für die Ehe heißt das: Je höher die externen Ressourcen, die ein Individuum im Vergleich zu seinem Ehepartner besitzt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich die Entscheidungsmacht zu seinen Gunsten verschiebt (Nauck 1989: 47).
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Die Aufteilung von Hausarbeit in Paarhaushalten ist ein Beispiel für einen solchen Konflikt. Im Rahmen der Verhandlungstheorie wird die Hausarbeit generell als unangenehm bewertet, so dass jeder Partner versuchen wird, sie weitgehend zu vermeiden. Die Kosten der Hausarbeit können somit als Opportunitätskosten der Zeit interpretiert werden, die aufgrund der Verpflichtungen im Haushalt nicht für andere, angenehmere (z. B. Freizeit) oder ökonomisch wertvollere (z. B. Erwerbsarbeit) Tätigkeiten zur Verfügung steht. Der Aufwand an Hausarbeit ist durch die Lebenssituation der Paarbeziehung exogen vorgegeben, ebenso sind Veränderungen im Gesamtaufwand der Hausarbeit, z. B. durch den Übergang zur Elternschaft, als exogen zu betrachten. Da dieser gegebene Umfang an Hausarbeit im Alltag erledigt werden muss, „entsteht ein Zwang, mit dem Partner bzw. der Partnerin in Verhandlungen über die beiderseitigen Beiträge zur Hausarbeit einzutreten“ (Künzler 1994: 45). Schließlich ist die Erledigung der Hausarbeit in dieser Theorie als Nullsummenspiel konzipiert, so dass der Rückzug eines Partners zwangsläufig eine Mehrbelastung des anderen Partners bedeutet. If housework is devalued, unrewarded, onerous, and menial, the spouse with more power should be able to delegate it to the other. The assumption that housework is a low-status, unpleasant job underlies the relative power hypothesis (Ross 1987: 817).
Neben der Abkehr von der Zentralität des Kollektivinteresses und der Vorstellung, dass die Akteure grundsätzlich versuchen, Hausarbeit zu vermeiden, fußt der Verhandlungsansatz auf drei weiteren Annahmen: Erstens ist das von den Beziehungspartnern ausgehandelte Arrangement stets offen für weitere Verhandlungen. Zweitens werden Anpassungen des Arrangements immer relativ zügig vorgenommen, entsprechend eventueller Veränderungen in der Ressourcenausstattung oder der Lebenssituation der Verhandlungspartner. Und drittens haben die Verhandelnden bestimmte Vorstellungen darüber, welche Ressourcen überhaupt Macht generieren und damit im Verhandlungsprozess zulässig sind (Brines 1993: 307). Dabei ist wichtig, dass im Rahmen dieses Erklärungsansatzes meist schon die Verfügbarkeit über Ressourcen, was immer das im Einzelfall sein mag, das Ausmaß an Verhandlungs- und Entscheidungsmacht bestimmt. Nauck (1989: 47) hat jedoch ergänzend darauf hingewiesen, dass das Machtverhältnis keineswegs genau den Proportionen der Ressourcen beider Beziehungspartner entsprechen muss, sondern im Rahmen dieser Konzeption „der Ausgangspunkt [der Verhandlung; F. S.] offengelassen und lediglich Aussagen über die Richtung der Veränderung gemacht“ werden. Schließlich hängt die Wertigkeit von Ressourcen stark von der Art der Ressourcen selbst sowie von der individuellen Wahrnehmung der Partner ab (England & Farkas 1986: 52).
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Die wichtigste machtstiftende Ressource der ökonomischen Verhandlungstheorie ist das individuelle Einkommen, der Lohnsatz (Brines 1993: 307). Aber auch das Bildungsniveau und der berufliche Status sind hier wichtig, da mit Hilfe dieser Variablen Aussagen über das Humankapital und damit die Einkommenschancen der Akteure getroffen werden können. Da Arbeitsteilung nur sinnvoll auf Paarebene konzipiert werden kann, ist das Ressourcenverhältnis zwischen den Beziehungspartnern entscheidend für den Ausgang der Verhandlungen (England & Farkas 1986: 95). Es gilt: hat eine Person höhere Einkommenschancen am Markt als der Partner, so besitzt sie eine größere Verhandlungsmacht, wenn es um die Verteilung der unangenehmen Hausarbeit geht. Diese Person kann sich nun im Aushandlungsprozess gegen die andere Person durchsetzen und sich aus der Hausarbeit ganz oder teilweise zurückziehen. Daraus folgt, dass der andere Partner entsprechend mehr Hausarbeit verrichten muss. Auch die Prognosen der ökonomischen Verhandlungstheorie sind geschlechtsneutral, da alleine die Ressourcen und nicht biologische Merkmale über die Verhandlungsmacht und damit das Ausmaß an Hausarbeit entscheiden. Die in der Realität zu beobachtende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung erklärt die Verhandlungstheorie, ähnlich wie die ökonomische Theorie der Familie, mit unterschiedlichen Investitionen in Humankapital und damit einhergehenden Einkommenschancen auf dem Arbeitsmarkt. Im traditionellen Fall ist es der Mann, der über die besseren Ressourcen verfügt und folglich nur einen geringen Anteil an der Gesamtlast der Hausarbeit leistet. Je höher das Einkommen und der berufliche Status des Mannes („Frau ≺ Mann“), desto geringer müsste seine Beteiligung im Haushalt ausfallen und umgekehrt, je höher das Einkommen und die Stellung der Frau („Frau Mann“), desto höher wäre die Beteiligung des Mannes. Im Falle einer ausgeglichenen Ressourcenkonstellation („Frau ≈ Mann“) wird eine weitgehend egalitäre Verteilung der Hausarbeit erwartet. Zum Vergleich: für diese Konstellation kann mit Hilfe der ökonomischen Theorie der Familie keine Vorhersage über die Dynamik des Handelns getroffen werden, da die Grenzproduktivitäten der Partner zu ähnlich sind, um von einer komplementären Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu profitieren. In diesem Fall wäre sogar der ökonomische Sinn der Paarbildung oder Eheschließung selbst in Frage zu stellen. Besonders Frauen sehen vor diesem Hintergrund einen enormen Anreiz darin, durch Erwerbsarbeit ihre Ressourcenausstattung zu erhöhen. Im Zuge von Bildungsexpansion und zunehmender Bildungshomogamie gleichen sich die Ressourcen von Frauen und Männern in Partnerschaften und Ehen immer weiter an, was zu einer Ausbreitung egalitärer Arrangements in den Haushalten führen sollte; für den Fall, dass die Frauen größere Ressourcen vorzuweisen haben
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als die Männer, sollte eine Umkehr der klassischen Geschlechterrollen zu beobachten sein. Im Prinzip sind nach dem Verhandlungsmodell beliebige Vollzeitund Teilzeitarrangements möglich, weil die Arbeitsteilung der Partner im Beziehungsverlauf nicht durch den Spezialisierungsmechanismus in die Extreme einer polaren häuslichen Arbeitsteilung getrieben wird. Das Verhandlungsmodell bewirkt allerdings eine gewisse Tendenz zur Doppelverdienerbeziehung („dualearner couples“), da die Partner ein Interesse daran haben, auf Dauer besonders verhandlungsstark zu sein, wie die folgende Herleitung zeigt. Ott (1992) hat auf Basis dieses Mechanismus und einer Kritik an Beckers familienökonomischer Theorie ein spieltheoretisches Modell für Entscheidungen im Kontext der Familie entwickelt (ähnlich z. B. Lundberg & Pollak 1993). Ihre Argumentation folgt dem Modell eines kooperativen Verhandlungsspiels, das im Gegensatz zur nicht-kooperativen Variante die Möglichkeit der Kommunikation zwischen den Spielern sowie den Abschluss bindender Verträge erlaubt; beide Voraussetzungen sind in einer Paarbeziehung mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben (Ott 1992: 27). Weiterhin geht Ott (1989: 99) davon aus, „daß die interne Verteilung der nutzenstiftenden Güter und Aktivitäten von der Verhandlungsposition in der Familie und diese wiederum von den externen Alternativen abhängt“. Das Ergebnis des Verhandlungsprozesses wird in einer Nash-Lösung gesehen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass das Produkt der individuellen Zugewinne maximal ist. Eine entscheidende Bedeutung bei der Verwendung von kooperativen Spielen zur Analyse von Haushaltsentscheidungen kommt der Definition des sogenannten Konfliktpunktes („threat point“) zu (Ott 1992: 29). Dieser Punkt kennzeichnet einerseits die Auszahlung im Konfliktfall, d. h. den Nutzen der Akteure bei zwei getrennten Haushalten, weil das Ereignis der Trennung oder Scheidung in aller Regel die einzige Alternative darstellt, die sicher gewählt werden kann. Anders ausgedrückt, wird die Beziehung von beiden Partnern nur aufrecht erhalten, solange der Nutzen für die Individuen mit der Beziehung den Nutzen ohne die Beziehung übersteigt; der Konfliktpunkt liegt genau an der Grenze zwischen beiden Zuständen. Andererseits wird über diesen Konfliktpunkt die Verteilung der Arbeit bei gemeinsamer Haushaltsführung festgelegt, wie durch ausführliche formale und graphische Herleitungen belegt werden kann (Ott 1992: 33ff.).6 Bestimmt wird der Konfliktpunkt maßgeblich von den Einkommenschancen der Verhan6
Ohne genauer auf die Herleitung dieses Aspektes eingehen zu wollen, ergibt sich die NashLösung „als Tangentialpunkt . . . der Nutzengrenze . . . und der am weitesten vom Konfliktpunkt . . . entfernten Hyperbel“ (Ott 1989: 100).
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delnden, aber auch (durch in diesem Modell nicht näher spezifizierte) „nichtökonomische Optionen außerhalb der Ehe“ (Stauder 2002: 32). Die besondere Stärke dieses Ansatzes ist nun darin zu sehen, dass man, zusätzlich zu statischen Verhandlungsmodellen (ein Zeitpunkt), die in ihrem Ausgang stark an die Argumentation der neoklassischen Familienökonomie erinnern (Ott 1992: 46ff.), mit diesem Modell eine dynamische Analyse des wechselseitigen Zusammenhangs von Entscheidungen über die Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit und der längerfristigen Entwicklung des Humankapitals der Akteure durchführen kann. Wie aus der Humankapitaltheorie bekannt ist, hängt das Einkommen eines Akteurs nicht nur von exogenen Faktoren, sondern auch von individuellen Investitionen in Humankapital ab. Somit erhöht Erwerbsarbeit das marktvermittelbare Humankapital und steigert damit die Einkommenschancen in der Zukunft. Auf der anderen Seite erhöht eine Spezialisierung auf den Haushaltsbereich das haushaltsspezifische Humankapital, das allerdings nur im Rahmen der Beziehung, d. h. im eigenen Haushalt, produktiv verwertet werden kann; gleichzeitig sinkt jedoch das Einkommenspotential, da auf die Akkumulation von marktverwertbarem Humankapital verzichtet wird (Ott 1989: 100f.). Aus diesen Überlegungen ergeben sich für die Akteure unterschiedliche Risiken im Falle des Konflikts, da eine Spezialisierung auf einen Arbeitsbereich immer auch Auswirkungen auf die Verhandlungsstärke hat: Der auf Hausarbeit spezialisierte Partner geht nicht nur das Risiko ein, im Konfliktfall auf die eigene verminderte Einkommenskapazität angewiesen zu sein, sondern schwächt durch diese Verschlechterung der Alternativmöglichkeiten auch seine interne Verhandlungsposition. Die Entscheidung über die aktuelle Zeitallokation im Haushalt bestimmt also nicht nur die kurzfristige Produktion und die langfristigen Produktionsmöglichkeiten des Haushalts, sondern gleichzeitig auch die Verteilung der künftigen Produktion (Ott 1989: 101).
Somit verschiebt sich der Konfliktpunkt zugunsten des Partners, der erwerbstätig ist und damit in marktvermittelbares Humankapital investiert. Gleichzeitig kann dieser Akteur seinen Anteil an der Hausarbeit auf einem niedrigen Niveau halten oder weiter verringern, da seine Verhandlungsposition durch die Akkumulation von beziehungsexternem Humankapital gestärkt wird. Für den Partner, der sich im Haushaltsbereich engagiert, wird es demgegenüber immer rationaler, in diese Art von Humankapital zu investieren, da die komparativen Vorteile in diesem Bereich ansteigen und die Alternativen auf dem Arbeitsmarkt abnehmen. Dieser Prozess ist jedoch wiederum mit einer Verschlechterung der Verhandlungsposition verbunden, auf deren Basis es für diesen Akteur immer schwieriger
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wird, die unangenehme Hausarbeit abzugeben (Huinink & Röhler 2005: 58). Dieser Mechanismus, der stark an das traditionelle Geschlechterverhältnis vom Typ „male breadwinner – female homemaker“ erinnert, wirkt bei jeder kurzfristigen, immer wiederkehrenden Entscheidung, ist aber besonders in Situationen relevant, in denen einmalige oder irreversible Entscheidungen getroffen werden oder getroffen werden müssen (Ott 1989: 102), wie z. B. die Fertilitätsentscheidung und eine damit oft verbundene Entscheidung über eine Erwerbsunterbrechung eines Partners (vgl. ausführlich Ott 1992: 105ff., 182ff.).7 Diesen „Teufelskreis ökonomischer Rationalität“ (Ott 1999: 172) kann eine Paarbeziehung nur abwenden, wenn es möglich ist, langfristige und vor allem verbindliche Verträge abzuschließen, die den Konfliktpunkt, d. h. die relative Verhandlungsposition, unabhängig von einer realisierten Lösung festschreiben (Ott 1992: 98). Derartige „Kontrakte – wie etwa eine Ehe – . . . , die beide Partner für die Zukunft daran binden, entstehende Ungleichgewichte in der Verhandlungsposition nicht einseitig auszunutzen“ (Huinink & Röhler 2005: 58), sollen sicherstellen, dass sich kein Partner langfristig schlechter stellt oder gar weitgehend von der aktuellen und zukünftigen Wohlfahrtsproduktion des Haushaltes ausgeschlossen werden kann. Da allerdings die Veränderung des Konfliktpunktes sofort eintritt und nahezu irreversibel ist, die Absprachen sich aber auf die Verteilung im gesamten nachfolgenden Zeitraum beziehen, bestehen Anreize zum Verletzen dieser Absprachen. Der in der relativen Bargaining-Position begünstigte Partner kann sich weiter verbessern, wenn er nachträglich auf Verhandlungen auf der Grundlage des dann gültigen Konfliktpunktes besteht. In dieser Situation wird sich der benachteiligte Partner auf neue Verhandlungen einlassen (müssen), da er sich dadurch immer noch besser stellt als im Konfliktfall (Ott 1989: 104).
Vor diesem Hintergrund stellt sich folglich die Frage nach der Verbindlichkeit von Verträgen in der Familie. Aufgrund der augenscheinlichen Asymmetrie der 7
Gedankengänge dieser Art werden vielfach, besonders in der feministisch inspirierten Ökonomie, am Beispiel der Benachteiligung der Frau im Haushalt und auf dem Arbeitsmarkt diskutiert (Ott 1999). Empirisch sind diese Ableitungen sicher in vielen Punkten stimmig, im Besonderen, wenn man sich die Lebenslagen der Frauen in konservativ geprägten Wohlfahrts- und Geschlechterregimen ansieht. Diese normative Konnotation der feministischen Sichtweise ist insofern wichtig, da sie den Blick auf einen zentralen Bereich geschlechtsspezifischer Diskriminierung richtet, der in modernen Gesellschaften für viel politischen Zündstoff sorgt. Obwohl die ökonomischen Theorien einen großen Beitrag zur Erklärung einer möglichen Benachteiligung von Frauen leisten, darf nicht vergessen werden, dass die ökonomischen Mechanismen zunächst prinzipiell geschlechtsneutral formuliert sind und auf Frauen und Männer gleichermaßen zutreffen.
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Vereinbarungen besteht für den besser gestellten Partner ein hoher ökonomischer Anreiz zum Vertragsbruch, da er sich dadurch deutlich besser stellen könnte. Hinzu kommt, dass die Nichteinhaltung von Verträgen, die zwischen den Partnern einer Paarbeziehung oder Ehe explizit oder implizit getroffen werden, kaum sanktioniert werden kann. So ist häufig weder die Möglichkeit einer Durchsetzung durch externe Instanzen gegeben, noch kommt die Wirkung sozialer Normen und sozialer Kontrolle zum Tragen, da interne Absprachen letztlich einer Beobachtung von außen verschlossen bleiben. In Anbetracht dessen räumt Ott schließlich ein, dass eine Erklärung der Verbindlichkeit von Absprachen in Paarbeziehungen offenbar auch nichtökonomischer Elemente bedarf, wie beispielsweise der „affektive[n] Beziehung der Familienmitglieder“ (Ott 1999: 183). Damit fällt der Blick auf einen dritten symmetrischen Mechanismus, der häufig zur Erklärung der Dynamik häuslicher Arbeitsteilung herangezogen wird, dem Abhängigkeitsmechanismus, der es ermöglicht, auch soziale, d. h. nichtökonomische Austauschbeziehungen systematisch zu modellieren. Eheliche Abhängigkeit und sozialer Tausch Der Abhängikeitsmechanismus im Rahmen einer allgemeinen Ressourcen- oder Austauschtheorie basiert auf einer ähnlichen Logik wie der spieltheoretische Verhandlungsmechanismus der ökonomischen Theorie. Zumindest in den grundlegenden Annahmen stimmen beide Ansätze weitgehend überein: Die Verteilung der Hausarbeit folgt einem Nullsummenspiel und jeder Akteur versucht, die negativ bewerteten Haushaltstätigkeiten zu vermeiden. Die Entscheidung, welcher Partner in einer Paarbeziehung welchen Anteil an der Hausarbeit leisten muss, wird aus der relativen Ressourcenkonstellation abgeleitet, die Auskunft über die relative Macht des jeweiligen Partners gibt. Wiederum gilt, dass die Beziehung nur so lange aufrecht erhalten wird, wie der Nutzen mit der Beziehung größer ist als ohne sie. Während das Ausmaß der Verhandlungs- oder Entscheidungsmacht im ökonomischen Sinn aus einer genau spezifizierbaren Ressourcenausstattung abgeleitet werden kann, beruht die Macht in der Konzeption der Abhängigkeitsthese vielmehr auf einer oft diffusen Asymmetrie sozialer Positionen in einem Beziehungsgefüge, die jedoch durchaus aufgrund ökonomischer Aspekte zustande kommen kann. Im Rahmen dieser eher ungleichheitstheoretischen Herangehensweise wird der Akteur als „abhängig“ bezeichnet, der, ganz im Sinne von Webers (1980: 28) Machtdefinition, geringere Chancen hat, seine individuellen Vorstellungen durchzusetzen. Damit ist das Abhängigkeitsmodell weit weniger deterministisch als die beiden anderen diskutierten symmetrischen Mechanismen
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(Brines 1993: 308). Von großer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang allerdings nicht nur ökonomische Faktoren, wie im „economic dependency model“ (Brines 1993, Brines 1994, Sørensen & McLanahan 1987), sondern vor allem langfristige Prozesse des sozialen Austausches, wie im „marital dependency model“ (Blood & Wolfe 1960, Blossfeld & Drobniˇc 2001, England & Farkas 1986). Obgleich beide Modelle unterschiedlich benannt sind und auch oft trennscharf voneinander diskutiert werden, sind sie keineswegs unabhängig voneinander. Das Modell der ökonomischen Abhängigkeit geht von der einfachen Idee aus, dass Hausarbeit als Gegenleistung für ökonomische Unterstützung und Sicherheit geleistet wird. Obwohl dieses Modell häufig im Rahmen der (marxistisch geprägten) feministischen Forschung verwendet wurde (z. B. Acker 1988, Hartmann 1976), um zu zeigen, dass Frauen aufgrund ihrer geringeren Einkommenschancen auf dem Arbeitsmarkt vom männlichen Haupternährer abhängig sind und deshalb weitaus mehr an Hausarbeit verrichten (Sørensen & McLanahan 1987: 661), ist es aufgrund der Zentralität des Austauschmechanismus wiederum als prinzipiell geschlechtsneutral anzusehen (Brines 1993: 308). Die Ursache dieser Arbeitsteilung in einer Paarbeziehung oder Ehe wird daher weniger in kulturellen Vorstellungen über geschlechterkonformes Verhalten gesehen, sondern beruht vielmehr auf einer materialistischen Austauschbeziehung zwischen den Partnern, von denen einer (der Haupternährer oder die Haupternährerin) den Prozess der Verteilung von Arbeit und Ressourcen kontrolliert. Da im Prinzip Einkommen gegen (Haus-)Arbeit getauscht wird, kann dieser Austausch als „kontraktuell“ angesehen werden, wobei die Paarbeziehung oder die Ehe den Rahmen vorgibt, unter denen dieser Austausch stattfindet (Brines 1994: 655). The trade is activated under the terms of a „household labor contract,“ which stipulates that the main breadwinner is entitled to the labor of those who are dependent on him or her; dependents, in turn, are reciprocally entitled to a share of the main breadwinner’s earnings (Brines 1993: 308).
Aufgrund der Tatsache, dass die enge Austauschvorstellung der ökonomischen Theorie nicht der Realität von Paar- und Ehebeziehungen entspricht, unterscheidet sich die Abhängigkeitsthese substantiell von der Verhandlungsthese (Acker 1988, Brines 1994). Tauschbeziehungen in einer intimen Beziehung sind oft diffus und über längere Zeiträume angelegt; eine genau spezifizierbare Verteilungsvorschrift oder festgeschriebene Regeln des Gebens und Nehmens existieren normalerweise nicht (Blau 1964: 93). So wird sich der im Haushalt aktive Akteur bei seiner Arbeit strenggenommen nicht danach richten, wie hoch genau die geldwerte Gegenleistung des auf dem Arbeitsmarkt aktiven Partners ist. Ebensowenig beeinflusst der exakte Nutzen, den der Hauptversorger (oder die Haupt-
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versorgerin) aus der Hausarbeit des anderen Akteurs zieht, dessen Verpflichtung, ökonomische Sicherheit zu gewährleisten. Gleichzeitig hängt die Verpflichtung des Akteurs, die Hausarbeit zu übernehmen, nicht vom exakten Nutzen aus der Erwerbstätigkeit des anderen Akteurs ab und es ist nirgends formal festgelegt, wie groß der Teil des Verdienstes des Ernährers (der Ernährerin) ist, der an die Haushaltsmitglieder verteilt werden soll (Acker 1988: 486). Damit wird deutlich, dass die einseitige Betrachtung der ökonomischen Austauschbeziehung den Blick auf einen wesentlichen Aspekt des Zusammenlebens als Paar verstellt: The marriage agreement contains elements of exchange and mutual obligation, but, to focus only on the exchange, as in analogy to the wage relation, is to miss its essence. The entitlement of the woman to support and of the man to certain services from her rests in the fact of relationship itself rather than in a principle of exchange and, as such, is similar to earlier forms of distribution in which the right to support rested in a relationship of entitlement, not of market exchange (Acker 1988: 486).
Paar-, Ehe- und Familienbeziehungen folgen also einer Logik, die sich nicht durch den ökonomischen Marktmechanismus allein beschreiben lässt. Das liegt vor allem daran, dass gerade Prozesse des sozialen Tausches (Blau 1964) eine besondere Bedeutung für diese Formen des Zusammenlebens haben. Diese Prozesse sind in der Regel dadurch charakterisiert, dass ein Partner Leistungen erbringt und dabei erwartet, dass er irgendwann in der Zukunft, wenn er Hilfe und Unterstützung des anderen Partners benötigt, eine entsprechende Gegenleistung erhält. In Blaus Worten: An individual who supplies rewarding services to another obligates him. To discharge this obligation, the second must furnish benefits to the first in turn (Blau 1964: 89).
Dabei bleibt sowohl der Zeitpunkt als auch die genaue Art der Gegenleistung unspezifiziert. Obwohl in Paarbeziehungen der Austausch nirgends formal fixiert wird, entsteht ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis (für die Ehe: „marital dependency“), da derjenige Partner, der in Vorleistung geht, dadurch zwar den Anspruch auf Gegenleistung erwirbt, jedoch darauf vertrauen muss, dass der andere Partner dieser Verpflichtung auch nachkommt: Since there is no way to assure an appropriate return for a favor, social exchange requires trusting others to discharge their obligations (Blau 1964: 94).
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Aus diesem Grund können Ehen und andere dauerhafte Paarbeziehungen als eine Art „implizite Verträge“ angesehen werden, die aus vielen unausgesprochenen und daher weitgehend unverbindlichen Verpflichtungen bestehen. Pointiert gesprochen handeln die Akteure, als ob formale Verträge existierten, obwohl sie eben nicht existieren (England & Farkas 1986: 47). In diesem Zusammenhang ist die Ressource Vertrauen zentral für das Fortbestehen der Beziehung (Blau 1964: 94). Denn ein Partner, der übermäßig in Vorleistung geht (beispielsweise eine Ehefrau, die ihre Erwerbstätigkeit aufgibt und sich auf Kindererziehung und Hausarbeit konzentriert), wäre der „Betrogene“, wenn eine Beziehung scheitert und er für seine Vorleistungen in der Zukunft nichts mehr oder viel weniger bekommt. Typischerweise wird deshalb ein Akteur ohne ein gewisses Maß an Vertrauen natürlich nicht allzu sehr in Vorleistung gehen und andererseits versuchen, sich selbst als vertrauenswürdig zu präsentieren: The establishment of exchange relations involves making investments that constitute commitments to the other party. Since social exchange requires trusting others to reciprocate, the initial problem is to prove oneself as trustworthy (Blau 1964: 98).
Erst wenn sich am Ende eines relativ langen Prozesses, der bei kleinen Gefälligkeiten ohne großes Risiko beginnt, ein ausreichendes Vertrauensverhältnis etabliert hat, wird ein Akteur kurz- oder längerfristig eine gewisse Asymmetrie der Austauschbeziehung zu seinen Lasten in Kauf nehmen, die ja immer auch das Risiko impliziert, dass der mächtigere Partner seine Vorteile gegen ihn und seine Interessen ausspielt. Hat sich erst einmal eine Beziehung der gegenseitigen Unterstützung und des Vertrauens etabliert, besteht die primäre belohnende Erfahrung der Partnerschaft in der Beziehung selbst und die Akteure können sich sicher sein, dass die eigenen Vorleistungen durch angemessene Gegenleistungen erwidert werden (Blau 1964: 98). Andere sozialpsychologische Faktoren, wie z. B. Liebe oder Freundschaft, unterstützen diesen Prozess (Curtis 1986: 181). Ein weiteres zentrales Argument der Theorie des sozialen Tausches ist, dass neben den beziehungsinternen Prozessen auch Alternativen außerhalb der Beziehung eine wichtige Rolle für die Verhandlungspositionen und Abhängigkeiten spielen. Obwohl beide Partner von einer stabilen, dauerhaften Austauschbeziehung gleichermaßen profitieren, unterscheiden sich die Partner in aller Regel hinsichtlich ihrer Bindung an die Beziehung. Diese Bindung ist nach Blau (1964: 99) umso stärker, je geringer die Alternativen des betreffenden Akteurs außerhalb der Beziehung sind; und je geringer die Alternativen sind, desto höher ist die Abhängigkeit vom Partner. Waller (1952: 190ff.) hat dieses Argument zugespitzt: Sein „Prinzip des geringsten Interesses“ besagt, dass der Partner mit dem
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geringsten Interesse an der Beziehung, also derjenige mit mehr Alternativen außerhalb der Beziehung oder einer geringeren affektiven Bindung, den anderen Partner, der hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Beziehung von ihm abhängig ist, „ausbeuten“ könne (vgl. auch Nauck 1989: 48). Sobald also andere Perspektiven für einen [Partner; F. S.] bestehen, sei es das ökonomisch abgesicherte Alleinleben, sei es die Verfügbarkeit alternativer Partner am Heiratsmarkt, so verbessert sich dadurch seine Verhandlungsposition, und er wird – so die ressourcentheoretische Position – einen geringeren Beitrag zur ungeliebten Hausarbeit leisten (Stauder 2002: 29f.).
Es geht also in diesem Modell um die zentrale Frage, ob man Investitionen in die Paarbeziehung (z. B. in die Hausarbeit oder die Kindererziehung) vornehmen soll, die bei einem Scheitern der Beziehung weitgehend ‚verloren‘ sind oder ob man Investitionen (z. B. Berufserfahrung sammeln) tätigt, deren Ergebnisse (z. B. Einkommenschancen) auch in eine andere Paarbeziehung transferiert werden können. In diesem Sinne argumentieren auch Breen & Cooke (2005: 44), indem sie davon ausgehen, dass Haushaltsaktivitäten die relative Verhandlungsmacht der Frauen im Zeitverlauf reduzieren, weil sie eine Investition in das beziehungsspezifische Kapital darstellen, die schwer in eine neue Beziehung zu transferieren ist und damit bei einer Trennung verloren gehen würde. Aufgrund der Zentralität der Verhandlungs- und Drohpotentiale, mit der Trennungs- oder Scheidungsdrohung als stärkste Sanktionsmöglichkeit, ergeben sich aus der Theorie des sozialen Tausches, oder allgemeiner gesprochen, der Ressourcentheorie, die gleichen Vorhersagen für die Dynamik der Arbeitsteilung im Beziehungsverlauf wie bei der ökonomischen Verhandlungstheorie, die ja strenggenommen einen Spezialfall der Ressourcentheorie darstellt. Je mehr Ressourcen ein Akteur vorweisen kann, desto größer ist seine Macht und umso geringer ist die Abhängigkeit vom Partner oder der Partnerin, wenn es um die Verteilung der Hausarbeit geht. Je besser die Ressourcen eines Akteurs sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er seine Interessen durchsetzen und sich aus der Hausarbeit ganz oder teilweise zurückziehen kann. Entsprechend gilt umgekehrt, dass der Partner oder die Partnerin mit den geringeren Ressourcen über ein geringeres Machtpotential verfügt und daher stärker vom Partner oder der Partnerin abhängig ist. Diese Person wird entsprechend mehr Hausarbeit verrichten als die mächtigere Person. Der Abhängigkeitsmechanismus ist prinzipiell geschlechtsneutral und aus Sicht von Frau und Mann gleichermaßen wirksam.
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3.2.2 Erklärung über Normen, Institutionen und Identitäten Soziologische Studien, die sich mit dem Arrangement und der Dynamik häuslicher Arbeitsteilung beschäftigen, stellen häufig die Bedeutung sozialer Institutionen oder sozialer Rollen als Ursache für beobachtete Unterschiede zwischen den Geschlechtern und verschiedenen Beziehungsformen heraus. Dieser Vorstellung liegt die zentrale soziologische Einsicht zugrunde, dass Menschen in einen kulturellen Kontext eingebettet sind, in dem bestimmte gesellschaftlich geteilte Regeln existieren, wie sich Akteure in bestimmten Situationen verhalten sollen. Mit den entsprechenden Rollen werden die (normativen) Erwartungen bezeichnet, die an den Inhaber einer sozialen Position innerhalb dieses Kontextes gerichtet werden. Lindenberg (1985) hat das dieser Argumentation zugrunde liegende soziologische Menschenbild des Strukturfunktionalismus als „SRSM“-Modell diskutiert. Diese Abkürzung steht für „socialized, role-playing, sanctioned man“ und verweist auf das grundlegende Prinzip, nach dem Handlungsentscheidungen dieser Theorie zufolge getroffen werden. Das Modell geht davon aus, dass die Erwartungen, die an einen Positionsträger (z. B. Frau oder Mann; Partnerin oder Partner; Ehefrau oder Ehemann; Mutter oder Vater) herangetragen werden, von einem Akteur im Laufe seiner Sozialisation erlernt werden. Diese Erwartungen legen mehr oder weniger verbindlich fest, wie sich die Positionsinhaber verhalten sollen. Je stärker diese Erwartungen in einer Kultur institutionalisiert sind, desto eher und genauer werden die Menschen diese Verhaltensregeln im Laufe ihrer Sozialisation verinnerlichen und sich in ihrem alltäglichen Handeln daran orientieren. Das Handeln der Akteure hängt demnach ab von den gesellschaftlichen Normen und Institutionen (den Verboten und Geboten) sowie den äußeren und inneren Sanktionen, mit denen die Individuen im Falle der Abweichung zu rechnen haben (Etzrodt 2003: 287f.). Im Bereich der privaten Lebensführung gibt es unzählige Beispiele für solche Rollen und Institutionen, die den Akteuren Richtlinien für ‚korrektes‘ Verhalten an die Hand geben. Das gilt besonders für die Geschlechterrollen (Coltrane 2000) sowie für die Lebensformen Ehe und Familie (Berger & Kellner 1965, Tyrell 1990) und die damit verbundenen geschlechtsspezifisch strukturierten Institutionen (Bielby & Bielby 1989). Ein wichtiges Beispiel für Westdeutschland ist die „bürgerliche Normalfamilie“ mit der bekannten polaren Geschlechtsrollendifferenzierung, die in den Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkriegs zur bevorzugten Lebensform avancierte, institutionell überhöht wurde und seit den 1970er Jahren nunmehr recht langsam an Bedeutung verliert (Hill & Kopp 2004: 47). Im Rahmen dieses Leitbildes existieren oftmals dezidierte Regeln dafür, wie sich Ehefrau und Ehemann, Mutter und Vater verhalten sol-
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len. Heute kann man davon ausgehen, dass die Regeln für elterliches Verhalten nach wie vor eine stärkere handlungsleitende Relevanz für die Menschen haben als es für die Lebensform der Ehe der Fall ist (Mühling et al. 2006: 41ff.). Derartige institutionelle Vorgaben, die mit verschiedenen Übergängen im Lebensverlauf zusammenhängen, sind zudem auch häufig durch Gesetze oder andere wohlfahrtsstaatliche Maßnahmen reguliert (Mayer & Müller 1989). Unterschiede in der konkreten Ausgestaltung einer Paarbeziehung im Hinblick auf die Arbeitsteilung im Haushalt können vor diesem Hintergrund durch die unterschiedliche Verbindlichkeit der mit den verschiedenen Beziehungsformen oder Lebensphasen verbundenen institutionellen Vorgaben erklärt werden. Bei dieser Begründungsstrategie liegt, auch mit Blick auf eine spätere empirische Umsetzung, die (meist implizit gehaltene) Annahme zugrunde, dass ein Akteur in einer gegebenen Situation stets rollenkonform, also ganz im Sinne der institutionellen Richtlinien handelt. Ein Ehemann wird sich also verhalten, wie man es aufgrund des in der Gesellschaft dominanten Leitbildes eines Ehemannes erwartet, also, um eines von mehreren möglichen Beispielen zu nennen, die Rolle des Haupternährers übernehmen und sich dafür kaum an der Hausarbeit beteiligen; gleiches gilt, entsprechend angepasst, für Ehefrauen, Mütter, Väter, Beziehungspartner/-innen, sowie für alle anderen vorstellbaren Positionsinhaber im Kontext des Untersuchungsgegenstandes. Veränderungen im Arrangement der Arbeitsteilung sind demnach dann zu erwarten, wenn sich die Lebenssituation verändert, in welche die Akteure normativ eingebettet sind (z. B. durch eine Eheschließung oder den Übergang zur Elternschaft) oder wenn sich der normative Kontext selbst ändert (z. B. im Zuge eines Wertewandels oder durch eine handlungsrelevante Gesetzesänderung). Verändert sich der Kontext nicht, so bleibt auch das Verhalten der Akteure im Wesentlichen gleich, denn das rollentheoretische Konzept, wie es in der Arbeitsteilungsforschung verwendet wird, sieht keine Veränderung des Handelns vor, da die im Laufe der Sozialisation erlernten geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen als stabil und im Lebensverlauf unveränderlich angenommen werden (vgl. z. B. Künzler 1994: 46ff.).8 In Anlehnung an Cherlins (1978) Konzept der „unvollständigen Institutionalisierung“ veranschaulicht Baxter (2005: 303ff.) diese Ideen am Beispiel des Verhältnisses von nichtehelichen Lebensgemeinschaften und Ehen. Diese Argumentationsfiguren können theoretisch auch auf die Institution „Elternschaft“ erweitert werden, da durch sie, wie bei der Ehe, bestimmte Verhaltensweisen für 8
Diese Grundannahme wurde von vielen Forschern kritisiert, da sie gewissermaßen ein mechanisches (Anpassungs-)Verhalten der Akteure unterstellt und ihnen Findigkeit, Lernfähigkeit sowie die Möglichkeit zur rationalen Entscheidung abspricht (Lindenberg 1985).
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Mütter und Väter als sozial erwünscht vorgegeben werden (vgl. z. B. Mühling et al. 2006, Schütze 1991). Weniger institutionalisierte Formen des Zusammenlebens sind gemäß Cherlins (1978) Paradigma dadurch gekennzeichnet, dass in diesen Kontexten konkrete Rollenzuschreibungen fehlen, an denen die Akteure ihr Handeln ausrichten können (Ishii-Kuntz & Coltrane 1992: 217). Zum Beispiel gelten für nichteheliche Lebensgemeinschaften zwar einige (z. B. sexuelle Treue), aber nicht alle ‚Regeln‘ (z. B. Fürsorgeverpflichtung), die für Ehen oder Elternschaftsbeziehungen gelten. Damit verbleibt, so die These, in den weniger institutionalisierten Beziehungen ein größerer Spielraum für die Gestaltung der Beziehung, z. B. in Form von partnerschaftlicheren Arrangements der Aufgabenteilung (Clarkberg et al. 1995). In die gleiche Richtung argumentieren Brines & Joyner (1999), die davon ausgehen, dass Ehen und nichteheliche Lebensgemeinschaften, allgemeiner ausgedrückt: stärker und weniger stark institutionalisierte Paarbeziehungen, unterschiedlichen Kohäsionsprinzipien folgen. Während Ehepartner ihr Handeln eher an gesellschaftlich vorgegebenen Spezialisierungsprinzipien ausrichten (Stichwort „polare Geschlechterrollen“), ist in nichtehelichen Lebensgemeinschaften das recht unspezifische Gleichheitsprinzip das wichtigste kohäsive Element. Daraus folgt, dass fehlende kulturelle Vorgaben eher einen Freiraum für die Entwicklung alternativer Organisationsformen in Bezug auf die Hausarbeit bieten: Cohabiting couples are prone to follow the equality principle because of the conditions they confront – high uncertainity, an unspecified time horizon, and the absence of a reliably enforceable contract. These conditions grant couples a certain freedom to experiment with organizational forms that are less responsive to external norms or contractual obligations and more responsive to the needs of each partner (Brines & Joyner 1999: 350f.).
Ein weiteres Argument geht in Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen über geschlechtstypisches Verhalten davon aus, dass der Produktionsprozess von Geschlecht in Ehen und Familien aufgrund der gesellschaftlich determinierten Erwartungen stärker zur Geltung komme als in nichtehelichen Lebensgemeinschaften (Shelton & John 1993, South & Spitze 1994). So erwarten South & Spitze (1994: 330), dass in stärker institutionalisierten Paarbeziehungen Frauen mehr und Männer weniger Hausarbeit leisten, verglichen mit weniger institutionalisierten Formen des Zusammenlebens. Diese Aspekte können im Rahmen empirischer Analysen z. B. mit Hilfe von Indikatoren zur Ehe und Elternschaft untersucht werden. Je stärker die Lebensformen mit traditionellen Verhaltensweisen normativ belegt sind, desto weniger wird sich der Mann an der Hausarbeit beteiligen. Umgekehrt, je geringer die Ver-
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bindlichkeit der Institutionen ist, desto stärker sollte die Beteiligung des Mannes im Haushalt ausfallen. In Bezug auf die Lebensform wird man zur Messung der Verbindlichkeit und der Traditionalität wohl die folgende Relation unterstellen: „nichteheliche Lebensgemeinschaft ≺ Ehe ≺ Elternschaft“; je weiter ‚rechts‘ eine Lebensform in der ‚Ungleichung‘ auftaucht, desto höher sind die damit verbundenen institutionellen Verbindlichkeiten und desto näher rückt das Leitbild in Richtung des männlichen Haupternährermodells (zumindest für Westdeutschland). Da die Argumente der Institutionalisierung und der Sozialisation letztlich jedoch keine expliziten Mechanismen spezifizieren, durch welche die gesellschaftlichen Normen und Institutionen auf die Akteure wirken (vgl. hierzu vor allem die Kritik am SRSM-Modell von Lindenberg 1985), werden im Folgenden die derzeit wichtigsten Ansätze diskutiert, mit denen dieses handlungstheoretische Defizit rein institutioneller Erklärungen überwunden werden kann: der „Schauspielmechanismus“ des Doing Gender-Ansatzes, der Identitätsformationsmechanismus sowie das „Egalitarian Values“-Modell im Zusammenhang mit normativem Wandel und normativer Persistenz. Doing Gender-Ansatz und Kompensationshypothese Der Doing Gender-Ansatz, dessen theoretische Wurzeln im symbolischen Interaktionismus und der Ethnomethodologie zu finden sind, wird häufig zur Erklärung der Arbeitsteilung im Haushalt herangezogen. Dieser Ansatz wurde in Auseinandersetzung mit der Rollentheorie entwickelt und folgt dieser insoweit, als der Ablauf und die Ursachen individuellen Handelns nur vor dem Hintergrund einer gegebenen normativen Ordnung angemessen interpretiert werden können. Aufgegeben wird jedoch die Annahme der Rollentheorie, dass die persönlichen Einstellungen der Akteure gegenüber Rollen, in diesem Fall natürlich Geschlechtsrollen, da sie für das Verständnis von Arbeitsteilung von besonderer Bedeutung sind, als gegeben und im Lebensverlauf relativ stabil angesehen werden (Coltrane 2000: 1216). Demgegenüber betont der Doing Gender-Ansatz die Prozesshaftigkeit, das Veränderungspotential und besonders die soziale Konstruktion von Geschlechtsrollen. Die Ursache für Rollenhandeln wird nicht ausschließlich in Normen und Sanktionen gesehen, sondern hat vielmehr ihren Ursprung im Wunsch der Menschen, „sich in einer Weise zu verhalten, die für den Interaktionspartner sinnvoll und verständlich ist, weil nur so eine funktionierende Interaktion möglich ist“ (Etzrodt 2003: 289). Die Kernthese des Doing Gender-Ansatzes besagt, dass das Geschlecht einer Person das Ergebnis sozialer Interaktionen ist und nicht bereits durch biologische
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Eigenschaften des Körpers (Genitalien, Chromosomenkonstellation) oder Rollenzuschreibungen, die sich an biologischen Merkmalen orientieren, festgelegt ist. Vielmehr muss das Geschlecht im Alltag ständig produziert und reproduziert werden: [G]ender is not a set of traits, nor a variable, nor a role, but the product of social doings of some sort (West & Zimmerman 1987: 129).
Ausgehend von Goffmans (1976) Konzept des „gender display“ wird der Alltag als „Bühne“ gesehen, auf der Frauen und Männer sich und signifikanten Anderen zeigen können, welchen Geschlechts sie sind oder welcher Geschlechterkategorie sie sich zugehörig fühlen. Somit müssen Frauen im Alltag aktiv zeigen, dass sie Frauen (d. h. weiblichen Geschlechts) sind und Männer müssen aktiv zeigen, dass sie Männer (d. h. männlichen Geschlechts) sind. Was in welcher Situation zu tun ist, um die Geschlechtlichkeit in angemessener und für alle verständlicher Weise zur Schau stellen zu können, ist im Geschlechterverhältnis der Gesellschaft institutionell verankert und findet seine Entsprechung in so genannten Genderismen, d. h. „geschlechtsklassengebundenen individuellen Verhaltensweise[n]“ (Goffman 1994: 113), die wiederum durch Formen institutioneller Reflexivität aufgrund ihrer Bedeutung für die soziale Ordnung aufrecht erhalten werden (Goffman 1994: 127ff.). Hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung im Haushalt lenkt dieses theoretische Konzept den Blick darauf, dass nicht die biologische Zuordnung zu einer der beiden Geschlechterklassen (‚weiblich‘ oder ‚männlich‘) über die Verteilung von Haushaltstätigkeiten entscheidet, sondern dem aktiven Umgang mit der Geschlechtlichkeit in einem gegebenen normativen Kontext eine entscheidende Funktion zukommt. Der sozialen Konstruktion des Geschlechts wird somit eine größere handlungsleitende Bedeutung zugeschrieben als den bloßen biologischen Merkmalen individueller Körper. So hat Goffman darauf hingewiesen, dass [d]ie Biologie . . . uns zwar ein treffliches und sauberes Mittel zur unmißverständlichen Zuteilung der Mitgliedschaft auf diese Klassen an die Hand [gibt]. Die Risiken und Reaktionen jedoch, die so selbstverständlich aus dieser Verteilung zu folgen scheinen, sind das Ergebnis der gesellschaftlichen Organisation (Goffman 1994: 157f.).
Vor dem Hintergrund dieses zentralen Aspektes der gesellschaftlichen Interaktionsordnung kommt der Hausarbeit eine entscheidende Bedeutung zu, da ein Akteur durch die Erledigung oder das Unterlassen bestimmter Tätigkeiten im
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Haushalt seine Geschlechtsidentität besonders wirkungsvoll demonstrieren und reproduzieren kann. Die Hausarbeit erfüllt also neben ihrer materiellen eine weitere Funktion, denn gleichzeitig mit der Produktion von nutzenstiftenden Haushaltsgütern findet ein symbolischer Austausch von Geschlechtsidentität statt: At least metaphorically, the division of household labor faciliates two production processes: the production of goods and services and what we might call the production of gender. Simultaneously, household members „do“ gender, as they „do“ housework and child care (Berk 1985: 201, Hervorhebungen im Original).
Wenn Frauen bestimmte Arbeiten im Haushalt verrichten (z. B. Kochen, Putzen oder Wäsche waschen), erbringen sie nicht nur eine ökonomische Leistung für den Haushalt, sondern sie demonstrieren damit gleichzeitig ihre Weiblichkeit. Umgekehrt versuchen Männer ihre Geschlechtsidentität nicht nur durch die Erledigung ‚männlicher Tätigkeiten‘ (z. B. Auto waschen, Reparaturen am Haus, Rasenmähen) zu demonstrieren, sondern auch dadurch, dass sie sich der ihnen gesellschaftlich zuerkannten Ernährerfunktion bedienen und zudem die weiblich konnotierten Haushaltstätigkeiten vermeiden. Welche Aufgaben im Bereich des Haushaltes nun genau als ‚typisch männliche‘ oder ‚typisch weibliche‘ Tätigkeiten betrachtet werden, ist kulturell bestimmt. In Westdeutschland dürften heute noch immer die eher patriarchalischen Strukturen des männlichen Haupternährermodells dieses Verhältnis bestimmen (vgl. die eben genannten Beispiele) und darüber hinaus für die Akteure umso eher handlungsleitend sein, je stärker diese in einen normativ verbindlichen Kontext eingebettet sind, d. h. je näher die Beziehungsform, in der die Akteure leben, dem bürgerlichen Familienideal ist. Diese Argumentation auf Basis des Doing Gender-Ansatzes hat in der Arbeitsteilungsforschung große Beachtung gefunden (Shelton & John 1996: 312), insbesondere da sie einige Annahmen anderer Mainstream-Theorien in einem anderen Licht erscheinen lässt (Künzler & Walter 2001: 198). In dieser Hinsicht betonen Blossfeld & Drobniˇc (2001) vor allem die Tatsache, dass das biologische Geschlecht häufig „etwas voreilig“ als Ursache der Arbeitsteilung im Haushalt angesehen wird und dadurch verkannt wird, dass es durch gesellschaftliche Zuschreibungsprozesse vielmehr implizit den Routinetätigkeiten im Haushalt anhängt und damit durch die Erledigung der Hausarbeit erst produziert wird (vgl. Coltrane 1989). Damit stellt sich aus dieser Perspektive grundsätzlich die Frage nach der Richtung der Kausalität, was weitreichende Konsequenzen für die Verwendung dieses Ansatzes zur Erklärung empirischer Sachverhalte hat. Es ist genau die zentrale (und sinnvolle!) analytische Unterscheidung von biologischem (sex) und sozialem Geschlecht (gender), welche die Anwendbar-
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keit der Doing Gender-These im Rahmen der empirischen Hausarbeitsforschung erschwert. Deshalb ist die konstruktivistische Sichtweise lange Zeit nicht über den Status einer „Residualkategorie“ für anderweitig nicht erklärbare Varianz in der Verteilung von Haus- und Familienarbeit hinausgekommen (Brines 1994: 663). Allzu häufig wurde die Dominanz traditioneller Leitbilder in einer Gesellschaft als Beleg für traditionelles Handeln der Akteure interpretiert. Umgekehrt wurde aber auch traditionelles Handeln häufig als Beleg für die Existenz eines traditionellen Geschlechterverhältnisses angesehen. Diese Begründung ist tautologisch, da nirgends klar wird, ob das traditionelle Handeln nur den traditionellen Kontext hervorbringt oder ob umgekehrt die soziale Einbettung in einen traditionellen Kontext als Ursache für das traditionelle Handeln der Akteure anzusehen ist. Somit ist der Doing Gender-Ansatz nicht in der Lage, Phänomene „neuer Geschlechterrollen“, also einen veränderten normativen Kontext zu erklären. Beispielsweise kommen „neue Väter“ in dieser Konzeption ebenso wenig vor wie Frauen, die eine „doppelte“ Lebensplanung mit Familie und Beruf verfolgen. Dieses Defizit ist darauf zurückzuführen, dass sich diese Theorie immer auf die gegenwärtig vorherrschenden stereotypen Geschlechtsrollen in einer Gesellschaft bezieht. Sollte es vor diesem Hintergrund zu einer starken Veränderung dieser Referenzmodelle kommen, würde sich die Theorie an den neuen Konzeptionen orientieren und könnte somit traditionelle Arrangements nicht mehr erklären. Nach der klassischen Doing Gender-Theorie sollte sich eine ausgeprägte geschlechtsspezifische Arbeitsteilung im Haushalt gleich von Beginn der Haushaltsgründung an herausbilden und dann weitgehend stabil bleiben. In Auseinandersetzung mit diesen Problemen hat Brines (1994) die sogenannte Kompensationshypothese entwickelt und damit einen Mechanismus spezifiziert, der es ermöglicht, testbare Hypothesen zu generieren, mit denen Aspekte des Doing Gender-Ansatzes empirisch überprüft werden können. Dabei geht sie in Anlehnung an Berk (1985) davon aus, dass die Routinetätigkeiten im Haushalt, wie beispielsweise Kochen, Putzen, Waschen, neben ihrer reproduktiven auch eine symbolische Funktion erfüllen, also zum Repertoire der Darstellung von ‚Weiblichkeit‘ gehören. ‚Männlichkeit‘ wird hingegen auch heute noch mit der Funktion des Familienernährers und Hauptversorgers assoziiert und damit von der, wiederum als ‚weiblich‘ etikettierten, finanziellen Abhängigkeit abgegrenzt (Brines 1994: 662ff.). The „doing gender“ model suggests that when a couple’s relation of dependency and support align with normative expectations – in other words,
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Theoretische Erklärungsansätze when the wife is dependent and the husband is the main breadwinner – the exchange of housework for support poses no problem from the point of view of gender enactment. Husbands and wives do gender as they exchange resources (Blossfeld & Drobniˇc 2001: 31).
So lange diese Normalitätserwartungen nicht durchbrochen werden, ist die Geschlechtsdarstellung und -identität der Akteure in diesem Kontext nicht bedroht (Künzler & Walter 2001: 199); der Mann demonstriert durch seine Erwerbstätigkeit und die Versorgung der Familie gewissermaßen ohne weiteres Zutun für alle verständlich seine Männlichkeit und die Frau ist bereits durch die Abhängigkeit ‚weiblich‘. Zu einer Bedrohung der Geschlechtsidentität kommt es allerdings dann, wenn sich das finanzielle Abhängigkeitsverhältnis der Frau vom Mann verändert oder sogar umkehrt, so dass der Mann nicht mehr uneingeschränkt als Hauptversorger angesehen werden kann. In diesen Fällen, in denen Paare gegen die geltenden, traditionellen Normen des Geschlechterverhältnisses verstoßen, riskieren sie ihre soziale Verlässlichkeit und Verantwortlichkeit („accountability“) sowie negative Rückmeldungen oder Sanktionen aus dem sozialen Umfeld (Brines 1994: 664). Folglich steigt die Wahrscheinlichkeit, dass beide Partner mit anderen Mitteln versuchen werden, diesen Verlust an Geschlechtsidentität zu kompensieren. So wird insbesondere der Mann versuchen, durch ‚typisches‘ Geschlechtsverhalten das ‚untypische‘ Abhängigkeitsverhältnis zu überspielen und sich aus der Hausarbeit zurückziehen, da er seine Geschlechtsidentität nicht auch noch dadurch weiter in Frage stellen kann, indem er ‚die Arbeiten seiner Frau‘ erledigt (Hochschild & Machung 1989: 221): Because breadwinner wives and dependent husbands appear to contend with both a narrower area for symbolic exchange and the negative reactions of others, the logic of display suggests that they are likely to compensate by adopting gender-traditional behaviors elsewhere in the marriage. Under this view, one would not expect couples supported economically by wives to devide „women’s work“ in a manner consistent with the terms of the dependency model. Indeed, these couples may resort to the traditional housework arrangements as a means of reclaiming gender accountability in the eyes of self, partner and others (Brines 1994: 664f., Hervorhebungen weggelassen).
In diesem Sinne erwartet Brines (1994) folgendes Muster: in dem Maße, in dem Frauen erwerbstätig sind und damit die Ernährerrolle ihrer Männer zumindest teilweise übernehmen, wird sich die Arbeitsteilung besonders stark in Richtung des traditionellen Pols bewegen. Diese These scheint in der empirischen Forschung Bestätigung zu finden. Obgleich die Befunde insgesamt gesehen alles
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andere als eindeutig sind (Künzler & Walter 2001: 200f.), konnten sowohl Brines (1994), Greenstein (2000) und Evertsson & Nermo (2006) als auch Bittman et al. (2003) mit amerikanischen bzw. australischen Daten die theoretisch vorhergesagten Tendenzen bestätigen; Künzler (1999) fand ähnliche Relationen in deutschen Daten. Gemeinsam ist diesen Ergebnissen, dass der Anteil der Männer an der Hausarbeit mit dem Einkommensanteil, den die Frau zum Haushaltseinkommen beiträgt, ansteigt und zwar bis zu dem Punkt, an dem beide Partner die finanzielle Versorgung zu gleichen Teilen übernehmen. Je weiter der Anteil der Frauen am Haushaltseinkommen jedoch diesen Punkt übersteigt, desto eher werden sich die Männer aus der Hausarbeit zurückziehen (Bittman et al. 2003: 192). Trotz methodischer Probleme bei der Operationalisierung der relevanten Variablen kommen Künzler & Walter zu dem Schluss, daß der Widerstand der Männer in den Austauschprozessen bei zunehmender Abweichung von den traditionalen Abhängigkeitsverhältnissen zunimmt und daß der Grenznutzen zusätzlicher Einkommensbeiträge der Frauen abnimmt. Gleichzeitig heißt das aber auch: Es sind die in den Einkommensverhältnissen eher traditionalen Haushalte, in denen der Mann der Hauptverdiener ist, in denen der größte Spielraum für das Aushandeln der Verteilung der Hausarbeit besteht (Künzler & Walter 2001: 200).
Das bedeutet, dass Männer in Alleinverdiener- oder Zuverdienerbeziehungen es sich am ehesten leisten können, im Haushalt mitzuarbeiten und weiblich konnotierte Arbeiten zu übernehmen, da sie bereits durch ihre Erwerbstätigkeit die Chance haben, ihre Geschlechtsidentität zu demonstrieren. In diesen Fällen ist keine „gender deviance neutralization“ (Bittman et al. 2003: 193) nötig. Aus theoretischer Sicht ist die Kompensationshypothese von dreifachem Interesse: Sie liefert nicht nur einen empirisch überprüfbaren Mechanismus im Sinne des Doing Gender-Ansatzes, sondern steht in ihren Prognosen gar in direktem Gegensatz zur ökonomischen Theorie, die für den männlichen Alleinoder Hauptverdiener nur einen geringen bis gar keinen Beitrag zur Haushaltsarbeit vorsehen. Darüber hinaus lenkt sie den Blick auf die symbolische Bedeutung ökonomischer Ressourcen in einer Paarbeziehung und ergänzt damit die rein ökonomische Argumentation nach der diese konkreten Ressourcen die einzigen Determinanten der Dynamik häuslicher Arbeitsteilung sind, wie die Diskussion der neuen Haushaltsökonomie sowie der ökonomischen und sozialen Austauschtheorie in Abschnitt 3.2.1 gezeigt hat.
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Das Identitätsformationsmodell In Auseinandersetzung mit dem Konzept der Identitätsbindung haben Bielby & Bielby (1989) zur Erklärung der Dynamik häuslicher Arbeitsteilung den Identitätsformationsansatz vorgeschlagen, in dessen Mittelpunkt der Prozess des Herausbildens und Ausbalancierens von Berufs- und Familienidentitäten zusammenlebender Frauen und Männer steht. Diesem Modell liegt die Annahme zugrunde, dass Frauen und Männer im Verlauf ihres Lebens, und speziell im Verlauf einer Paarbeziehung, Bindungen („commitments“) an bestimmte Lebensbereiche herausbilden. Dabei hängt dieser Prozess der Identitätsformation sehr stark von allgemeinen gesellschaftlichen Leitbildern ab, denen die in diesem Wertekontext sozialisierten homines sociologici weitgehend folgen. Indem die Akteure Zeit und Energie darauf verwenden, gesellschaftlich vorgegebene Rollen im Erwerbsleben und der Familie zu spielen, identifizieren sie sich mit diesen. In diesem Sinne ist die Identitätsformation untrennbar gekoppelt an die biographischen und aktuellen Erfahrungen, Verantwortlichkeiten und Positionen in der Alltagspraxis des Berufs- und Familienlebens eines Akteurs: [A]s individuals find themselves engaged in a particular pattern of employment and family responsibilities, they change their subjective attachments to be consistent with those engagements (Bielby & Bielby 1989: 777).
Diese Identifizierung ist die Basis für die Herausbildung von commitments, also Bindungen an dieses Rollenhandeln. Die Bindungen entstehen dadurch, dass eine bestimmte Art des Handelns in den Lebensbereichen Familie und Beruf eine besondere Bedeutung für die Identitätsbildung der Akteure hat. Mit anderen Worten, die Bindung an das berufliche und familiäre Rollenhandeln hängt davon ab, wie stark sich die Akteure über diese Handlungen selbst definieren. Das Rollenhandeln und damit auch die dahinterliegenden Institutionen und Leitbilder werden zur Quelle der persönlichen Identität (Bielby 1992: 282f.). Aus diesem Grund werden die Individuen verstärkt den identitätsstiftenden Handlungsroutinen folgen, um sich gegenüber sich selbst und signifikanten Anderen sozial zu positionieren. [O]ne establishes „work identity“ or „family identity“ as behavior in these spheres becomes a source of meaning and contributes to a sense of self, which in turn predisopses one to persist in a line of activity (Bielby & Bielby 1989: 777).
Nach dieser Perspektive sind commitments mehr als nur Präferenzen, sich in signifikanten Situationen konsistent im Sinne der individuellen Identitätsforma-
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tion zu verhalten. Durch ihre commitments definieren sich die Individuen selbst vor dem Hintergrund sozialstruktureller Kontinuität und sozialstrukturellen Wandels, indem sie zeigen, welche kulturellen Formen der Interaktion sie befürworten und verteidigen, ablehnen oder kritisieren. Durch die Bindung an Rollen und Leitbilder ist das Individuum untrennbar verbunden mit der Sozialstruktur und dem vorherrschenden Geschlechterverhältnis (Bielby 1992: 282f.). Somit kann die Identitätsbindung eines Akteurs als Ursache für Stabilität das Handelns und die Persistenz kultureller Handlungsmuster angesehen werden: Commitment makes subject behavior less changeable, thereby accounting for stability in subsequent behavior (Bielby & Bielby 1989: 777).
Durch die enge Koppelung des Prozesses der Identitätsformation an die Kultur einer Gesellschaft ist hinsichtlich der Arbeitsteilung in Paarbeziehungen eine weitgehende Übereinstimmung der dominierenden Muster mit den vorherrschenden Geschlechtsrollenbildern zu erwarten. Weiterhin ist nach dem Identitätsformationsmodell zu erwarten, dass sich der Wandel eingeschliffener Geschlechtsrollen in der Gesellschaft nur relativ träge vollzieht und sich die damit verbundenen arbeitsteiligen Strukturen in Paarhaushalten recht langsam verändern werden. Mit der Herausbildung neuer geschlechtsspezifischer Strukturen im Zuge des sozialen Wandels der Rolle der Frau ist also nur über einen sehr langen Zeitraum zu rechnen. Vor diesem Hintergrund versuchen Bielby & Bielby (1989) die Frage zu beantworten, in welchem Verhältnis die Bindungen an verschiedene Lebensbereiche stehen: Sind also Männer und Frauen in der Lage, gleichzeitig und gleich starke Berufs- und Familienidentitäten herauszubilden oder ist die Herausbildung der einen nur auf Kosten der anderen Identitätsbindung möglich? Aufgrund ihrer Analyse der modernen (in ihrem Fall nordamerikanischen) Gesellschaft kommen sie zu dem Schluss, dass es prinzipiell möglich ist, dass beide Geschlechter gleichzeitig eine hohe Berufs- und Familienidentität herausbilden, allerdings in unterschiedlicher Ausformung und mit unterschiedlichen Konsequenzen. Da Frauen auch heute noch die prinzipielle Verantwortung für den Haushalt und die Familienarbeit zugeschrieben wird (Rolle der „Hausfrau und Mutter“), steht für sie die Bindung an die Familienidentität stets im Vordergrund ihres Handelns. Daraus folgt, dass bei Frauen ein Zuwachs von Berufsidentität zu Lasten ihrer Familienidentität geht und umgekehrt sich die Stärkung der beruflichen Identität zu Lasten der Familienidentität auswirkt. Frauen müssen im Alltag deshalb immer versuchen, eine Balance zwischen diesen beiden Identitäten zu finden, was meist nicht einfach ist, insbesondere wenn sie Kinder haben. Denn wenn sie durch eine außerhäusliche Erwerbstätigkeit ihre Berufsidentität
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stärken, haben sie als Mütter ein schlechtes Gewissen, da sie die ihnen kulturell zugewiesene Rolle nicht mehr voll erfüllen können. Bleiben sie jedoch zu Hause, gehen keiner Erwerbstätigkeit nach und betonen dadurch die Bindung an ihre Familienidentität, fühlen sie sich um ihre Berufs- und Einkommenschancen betrogen. Entscheiden sich Frauen dennoch dafür, beide Rollen zu erfüllen, werden sie mit einem Rollenkonflikt in Form einer Doppelbelastung konfrontiert. Bei Männern stehen Berufs- und Familienidentität nicht in einem konfliktbehafteten Gegensatz, da sie normativ nicht als für Familie und Haushalt zuständig betrachtet werden. Auch wenn sich dieses Bild langsam auflöst, beinhaltet die Rolle des Ehemannes und Vaters auch heute noch kaum festgelegte Zuständigkeiten für den Haushalt und die Versorgung von Kindern. Aus ihrer Geschlechtsrolle ergibt sich vielmehr, dass sie in dem Maße, in dem sie sich auf ihren Beruf einlassen, dort erfolgreich sind, ‚ihren Mann stehen‘ und Geld verdienen (wachsende Berufsidentität), auch gleichzeitig zu attraktiven Partnern und Vätern werden (wachsende Familienidentität), weil sie durch ihren Berufserfolg für die jeweils anderen Familienmitglieder den Lebensstandard und den Status maßgeblich definieren. Das Engagement der Männer im Beruf konfligiert also nicht mit ihrer Familienidentität, sondern fördert diese sogar, denn a husband’s role in the workplace is consistent with his family obligations as a „provider“ (Bielby & Bielby 1989: 777).
Für Männer ist es umgekehrt auch nicht so einfach, diese männlichen Geschlechtsnormen zu verletzen, d. h. nicht zu arbeiten und nur Hausarbeit zu verrichten. In diesem Fall würde man gemeinhin das Verhalten der Männer nicht automatisch auf ihre besonders ausgeprägte Familienidentität zurückführen (so genannte moderne Männer), sondern vielmehr vermuten, dass er Probleme, wie beispielsweise Arbeitslosigkeit oder Krankheit, oder andere gute Gründe, beispielsweise eine Aus- und Weiterbildung, für seine Konzentration auf den Haushaltsbereich hat. Frauen haben es hier kulturell gesehen natürlich leichter: Falls sie einen Mann haben der erwerbstätig ist, sie selbst nicht erwerbstätig sind und sich um ihre Kinder sowie ihren Haushalt kümmern, würde das jedermann auf ihre besonders große Familienidentität zurückführen und verstehen. Zusammengefasst erwarten Bielby & Bielby also Folgendes: [W]e expect, that the differential structural and normative constraints on husbands and wives allow men to sustain dual work and family identities but constrain women to forgo one to sustain the other (Bielby & Bielby 1989: 777).
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Aus Sicht dieses Ansatzes ist vor dem Hintergrund des westdeutschen Geschlechterverhältnisses am ehesten ein traditionelles Hausfrauenmodell zu erwarten, d. h. die Frauen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Großteil der Hausarbeit verrichten, während die Männer eher im Erwerbsbereich aktiv sind. Das Modell eines enttraditionalisierten Rollentausches, bei dem die Frau die Versorgerfunktion übernimmt und der Mann sich ganz um Haushalt und Kinder kümmert, ist nach diesem Ansatz das unwahrscheinlichste Ergebnis der verbesserten Bildungs-, Erwerbs- und Karrierechancen der Frauen relativ zu ihren Männern. Nichtsdestoweniger erwarten Bielby & Bielby (1989: 786), dass die zu beobachtende Angleichung der Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt und im Haushalt grundsätzlich zu einer größeren Berufsidentität bei Frauen und einer größeren Familienidentität bei Männern führen sollte. Normativer Wandel und normative Persistenz Die bislang angestellten Überlegungen gehen von einem dominanten traditionellen Identitäts- und Rollenverständnis von Frauen und Männern aus. Vor diesem Hintergrund ist eine Traditionalisierung der Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf zu erwarten. Während nach Brines (1994) These Traditionalisierungsprozesse vor allem situativ bedingt sind und damit prinzipiell verlangsamt, gestoppt und umgekehrt werden können, nämlich durch eine entsprechende Verschiebung der Ressourcenverhältnisse innerhalb eines Paares, ist der von Bielby & Bielby (1989) vorgeschlagene normative Mechanismus weitgehend irreversibel. Empirische Untersuchungen zum Einstellungswandel von Frauen und Männern liefern jedoch Anhaltspunkte dafür, dass junge Paare diese traditionellen Geschlechterrollen heute zunehmend in Frage stellen und partnerschaftliche Ideale des Zusammenlebens entwickeln (vgl. z. B. Hofäcker & Lück 2004, Kurz 1998, Lück 2006). Die oben dargestellten normativen Theorien lassen konzeptionell einen solchen Normenwandel zwar zu, sie liefern jedoch keinen plausiblen Mechanismus dafür, warum und unter welchen Umständen sich gesellschaftliche Normen verändern und welche Dynamik ein solcher Normenwandel hat. Belegt ist immerhin, dass soziale Normen für altruistisches, kooperatives Handeln relevant sind; das zeigen auch die Ergebnisse neuerer spieltheoretischer Untersuchungen (vgl. z. B. Fehr & Fischbacher 2002). Zur Erklärung dieses Zusammenhangs eignet sich das von van Berkel & de Graaf (1999) vorgeschlagene „Egalitarian Values Model“. Ausgangspunkt ihrer Argumentation ist die Annahme, dass die Bildung der Akteure eine doppelte theoretische Bedeutung hat, nämlich einerseits einen Indikator für Humankapitalinvestitionen und damit das Einkommenspotential der Akteure dar-
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stellt und andererseits als Hinweis auf bestimmte Werthaltungen, Einstellungen und Geschlechtsrollenorientierungen interpretiert werden kann (vgl. z. B. auch Künzler 1994). Im ersten Fall, die Gründe hierfür wurden in Abschnitt 3.2.1 ausführlich erläutert, erwarten van Berkel & de Graaf (1999) einen negativen Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau und der Hausarbeitszeit von Männern und Frauen, da durch die Übernahme von Haushaltstätigkeiten die Opportunitätskosten entgangener Erwerbseinkommen steigen. Auf der Paarebene resultieren daraus aufgrund ressourcentheoretischer Argumente verschiedene Konstellationen, deren theoretisch interessanteste die für bildungshomogame Paare ist. In diesen Fällen würden die Ressourcentheorien eine Gleichverteilung der Hausarbeit zwischen den Beziehungspartnern vorhersagen. In allen anderen Fällen wird die Arbeitsteilung durch die Differenz der Bildungsniveaus der Partner bestimmt, indem der Partner mit höherer Bildung tendenziell weniger Hausarbeit verrichtet. Eine ganz andere Erwartung hinsichtlich der Arbeitsteilung ergibt sich jedoch, wenn man den Effekt der Bildung als unterschiedliche Unterstützung für Gleichheits- und Gerechtigkeitswerte ansieht: That is, level of education matters because through socialisation higher educated groups will hold norms and values about gender relations that are substantially different from those of lower educated groups. Whereas for the lower educated inequality between the sexes is given, the higher educated are aiming at gender equality in public and private spheres as much as possible (van Berkel & de Graaf 1999: 789f.).
Vor diesem Hintergrund argumentieren van Berkel & de Graaf (1999), dass sich eine Gleichverteilung der Hausarbeit eben nicht in allen homogamen Paarkonstellationen durchsetzen wird, sondern dass zusätzlich noch das „Niveau der Homogamie“ zwischen diesen Paaren differenziert. Eine egalitäre Aufteilung der Hausarbeit erwarten sie daher nur für den Fall, dass beide Partner eine hohe Bildung haben, da diese Paare eher mit demokratischen Werten in Berührung kommen, zu denen neben Toleranz, Freiheit und Gleichheit auch geschlechtsspezifische Egalitätsnormen gehören, während unter niedriger gebildeten Paaren noch immer traditionelle Geschlechtsrollen dominieren. Zur Unterstützung dieses Argumentes ziehen van Berkel & de Graaf (1999: 790) empirische Belege aus der einstellungs- und modernisierungstheoretischen Forschung heran: Zum einen scheint es beispielsweise in der Literatur zu Demokratisierungsprozessen weitgehende Einigkeit darüber zu geben, dass höhere Bildung mit einer stärkeren Befürwortung demokratischer Gleichheits- und Gerechtigkeitswerte verbunden ist, die sich auch im alltäglichen Handeln niederschlägt. Zum anderen haben Modernisierungstheoretiker darauf hingewiesen, dass die Bildungsexpansion einer der
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wichtigsten Bestimmungsgründe für den Wandel von Familienbildern und Geschlechtsrollen in den westlichen Industrienationen darstellt und neben den damit verbundenen ökonomischen Aspekten vor allem auch kulturelle Veränderungen im Hinblick auf ehemals tief verwurzelte Werthaltungen und Ideale bedingt (vgl. auch Peuckert 2008). Vor diesem Hintergrund erwarten van Berkel & de Graaf (1999) die in Tabelle 3.1 dargestellten Zusammenhänge auf Paarebene je nach Bildungskonstellation. In den Zellen ist jeweils der erwartete Anteil der Frau an der Hausarbeit eingetragen, wobei hier weniger die absolute Höhe der Anteile von Bedeutung ist, sondern vielmehr die Relation zwischen den Zellen. Tabelle 3.1: Egalitarian Values-Modell mit Geschlechterasymmetrie
Frau
Niedrig Mittel Hoch
Niedrig 90 % 85 % 80 %
Mann Mittel 80 % 70 % 65 %
Hoch 70 % 60 % 50 %
Quelle: van Berkel & De Graaf 1999: 791
Die Darstellung in Tabelle 3.1 enthält zusätzlich zu den Erwartungen des Egalitarian Values-Modells Überlegungen zu asymmetrischen Strukturen des Geschlechterverhältnisses. In dieser Tabelle wird unterstellt, dass hochgebildete Frauen mitunter einen geringeren Einfluss in der Beziehung haben als niedriggebildete Männer, nämlich dann, wenn Aspekte des Doing Gender die ökonomischen Rationalitäten überlagern. Dies schließt unmittelbar an das Konzept des Machtausgleichs bei Hochschild & Machung (1989) und die Kompensationshypothese von Brines (1994) an, nach denen Männer auch oder gerade dann weniger Hausarbeit machen, wenn ihre Ressourcen niedriger sind als die ihrer Frauen, um ihre männliche Geschlechtsidentität vor dem Hintergrund traditioneller Geschlechterstereotypen nicht (noch mehr) zu gefährden. Der für die vorliegende theoretische Diskussion zentrale Teil von Tabelle 3.1 ist indessen die Zelle, die im Falle der „Bildungshomogamie auf hohem Niveau“ eine Gleichverteilung der Hausarbeit zwischen Frauen und Männern ausweist (Zahl fett gedruckt). Für die Gültigkeit dieser Erwartung konnten van Berkel & de Graaf (1999) in ihrer Studie für die Niederlande empirische Evidenz finden. Weitere Hinweise auf die empirische Relevanz finden sich darüber hinaus in einer aktuellen dänischen Studie von Bonke & Esping-Andersen (2007), die mit Zeitbudgetdaten nachweisen konnten, dass die Zeit für Kinderbetreuung im Falle der „Bildungshomogamie auf hohem Niveau“ zwischen den Partnern einer Beziehung eher gleich verteilt wird, insbesondere, da die Beteiligung der Männer
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Theoretische Erklärungsansätze
in diesen Paaren deutlich größer ist als in Paaren mit anderen Bildungskonstellationen. Auch sie begründen ihren Befund über die Bedeutung von Werten und Einstellungen. Einen dritten Hinweis dafür, dass es gerade diese Paarkonstellation sein könnte, von der ein Impuls in Richtung größerer Geschlechtergleichheit in Paarbeziehungen ausgehen könnte, liefert Greenstein (1996). Er konnte auf Basis amerikanischer Daten zeigen, dass es für das Aufbrechen traditionaler Strukturen nicht ausreicht, wenn nur einer der Partner in einer Ehe liberalen Geschlechtsrollenorientierungen folgt. In seiner Querschnittsstudie finden sich indessen Belege dafür, dass die Chancen einer Abkehr von traditionellen Mustern und damit die Umsetzung liberaler Geschlechtsrollenorientierungen im Alltag dann am größten sind, wenn beide Partner nontraditional orientiert sind (vgl. auch Künzler & Walter 2001: 195). Begreift man die Bildung als Indikator für eben diese nontraditionalen Orientierungen, entspricht diese Interpretation genau der des Egalitarian Values-Modells von van Berkel & de Graaf (1999). Vor dem Hintergrund dieses Modells kann als Arbeitshypothese für die spätere empirische Untersuchung festgehalten werden, dass die Neigung von Männern, sich stärker an der Hausarbeit zu beteiligen, in bildungshomogamen Paaren auf hohem Niveau verstärkt zu beobachten sein sollte und in dieser Konstellation gleichzeitig die geringste Traditionalisierungsneigung zu beobachten sein dürfte. Jedoch sind die Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen der Einstellungsmessungen einerseits und Untersuchungen zur gelebten Alltagsrealität andererseits in den meisten Fällen offensichtlich, so dass es derzeit kaum einen Zweifel daran geben kann, dass die von Beck (1986) aufgestellte These der „verbalen Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“ nach wie vor Gültigkeit besitzt. Aus welchen Gründen sollten also Paare im Beziehungsverlauf ihre egalitären Einstellungen und Praktiken aufgeben? Die hier vertretene Hypothese dazu ist, dass viele Ehepaare im Laufe der Zeit eine Veränderung des für sie geltenden normativen Bezugsrahmens erfahren. Diese äußert sich in einer Verschiebung von einer eher geschlechteregalitären „Doppelverdiener- und Doppelhaushaltsführungsnorm“ hin zu einer traditionelleren, also geschlechterdivergenten „Ernährer- und Haushaltsführungsnorm“, die zum Beispiel aus der zeitweiligen Übernahme der Vollzeitmutterrolle und der Verstärkung der männlichen Ernährerrolle beim Übergang zur Elternschaft durch massive Zeitrestriktionen und zusätzlichen Einkommensbedarf resultieren. Dieses geschlechtsspezifische Handlungsmuster korrespondiert mit der Komplementaritätsidee des traditionellen bürgerlichen Familienideals, das auch eine traditionellere Arbeitsteilung bei der Hausarbeit als fair erachtet. Damit ist nicht gemeint, dass egalitär eingestellte Paare in dieser Situation ihre Prinzipien einfach verwerfen und durch neue ersetzen. Kaufmann (2005: 180) spricht in diesem Fall vom „Widerstand
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des Konkreten“, welcher der „prinzipiellen Idee“ der Gleichheit gegenübersteht. Mit anderen Worten: die Idee wird keinesfalls aufgegeben, obgleich im Widerspruch zu ihr gehandelt wird. Der Übergang zu traditionelleren Formen der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung im Eheverlauf wird auch durch das institutionelle System Deutschlands (Ehegattensplitting, Bundeserziehungsgeldgesetz, Halbtagsschulen, usw.) unterstützt. Demgegenüber wäre das Festhalten am egalitären Familienbild an die kontinuierliche Vollzeiterwerbstätigkeit beider Eltern gebunden, aus der sich dann auch die geteilte Verantwortung für den Haushalt, die Kindererziehung und andere Bereiche des Privaten ergäbe. Dieses Modell setzt jedoch beispielsweise voraus, dass die Kinderbetreuung bereits kurz nach der Geburt des Kindes und in weit größerem Umfang externalisiert wird, als dies bislang in Deutschland die Regel ist. Es scheint vor diesem Hintergrund plausibel, anzunehmen, dass in Gesellschaften, denen ein demokratisches Wertesystem zugrunde liegt, geschlechtsspezifische Gleichheitsnormen parallel zu den traditionellen Rollenbildern in der Familie existieren und dass sich daraus im Laufe der Beziehung ein normativ wie institutionell vermittelter Wertekonflikt ergibt, dem sich Paare insbesondere in der intensiven Familienphase gegenüber sehen. Warum bei einer solchen Koexistenz konfligierender sozialer Werte und Normen die traditionellen Handlungsmuster regelmäßig dominieren, kann wiederum über die symmetrischen oder asymmetrischen Mechanismen erklärt werden. Aufgrund des beschriebenen Einstellungsmechanismus sollten jedoch bildungshomogame Paare auf hohem Niveau dieser Tendenz am ehesten widerstehen können. Eine weitere und im Rahmen dieser theoretischen Diskussion letzte Hypothese versucht zu erklären, warum es für Paare möglicherweise schwierig sein kann, eine einmal eingeschlagene Richtung der Entwicklung der Arbeitsteilung (wieder) umzukehren. Dies ist insbesondere insofern relevant, als die eben skizzierte Verschiebung normativer Bezugsrahmen nicht dauerhaft sein muss, sondern sich in Abhängigkeit der Lebens- und Familienphasen verändern kann. Werden beispielsweise im Zuge des Übergangs zur Elternschaft zeitweilig verstärkt traditionelle Verhaltensweisen praktiziert, so ist möglicherweise eine Rückkehr in partnerschaftliche Arrangements dann möglich, wenn die Kinder älter werden, in den Kindergarten oder die Schule gehen oder schließlich aus dem elterlichen Haushalt ausziehen. Schließlich sind, je nach Alter der Kinder, unterschiedliche Betreuungsaufgaben wahrzunehmen, die stark in ihrem Umfang, ihrer normativen Verbindlichkeit sowie ihrer geschlechtsspezifischen Zuschreibung variieren. Allerdings gibt es in der empirischen Forschung einige Hinweise darauf, dass der Prozess der Arbeitsteilung in vielen Fällen ein irreversibler Prozess ist (vgl. z. B. Huinink & Reichart 2008), der, einmal eingeschlagen, eine eigene Trägheitsdy-
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Theoretische Erklärungsansätze
namik entwickelt, die über die Zeit eher zur Verfestigung und Stabilisierung von Strukturen als zur Neuorganisation von Arrangements führt. Eine Form dieser Trägheitsannahme ist die so genannte Honeymoon-Hypothese. Sie besagt, dass die Arbeitsteilung im Haushalt mit zunehmender Ehedauer immer traditioneller wird (Künzler 1994). Während Männer zu Beginn der Beziehung versuchen, durch ein besonderes Engagement und Entgegenkommen in der Hausarbeit die Bindung zwischen den Partnern zu festigen, verflüchtigt sich dieser Impuls im weiteren Verlauf der Beziehung und sie ziehen sich immer stärker aus der Hausarbeit zurück (vgl. Blair & Lichter 1991). Die Beziehung veralltäglicht sich, „die emotionale Bindung und die Gewöhnung aneinander [sind] hinreichend groß“ und es schleift sich das in der Gesellschaft dominante Muster der traditionalen Arbeitsteilung schleichend ein, da „es dieser Geste des guten Willens nicht mehr bedarf“ (Stauder 2002: 38). Wenn sich einmal eine traditionale Verteilung der Hausarbeit zwischen Mann und Frau etabliert hat, scheint eine (erneute) Veränderung in Richtung einer größeren Beteiligung der Männer immer unwahrscheinlicher zu werden. Vor dem Hintergrund der normativen Kraft vorherrschender Geschlechterrollen und Geschlechtsidentitäten scheint z. B. nicht einmal ein beruflicher Wiedereinstieg der Frauen nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung die Beteiligung der Männer an der Hausarbeit zu steigern. Gershuny (1996: 109) schließt daraus, dass die Balance der häuslichen Aktivitäten ihre eigene Trägheit entwickle, wobei die Chancen zur Überwindung dieser Routinen aufgrund von „drei Typen von Gewohnheitsmechanismen sehr stark eingeschränkt“ sei: [D]er Rekapitulation der früheren alltäglichen Routinen muß heute über den ganzen Tag aktiv und beständig widerstanden werden (der Mann geht einen gewohnheitsmäßigen Gang von der Wohungstür ins Wohnzimmer, die Frau zur Küche, und dies zu ändern, erfordert anfänglich zumindest ein minutenweises Bewußtsein der Folgen der vereinbarten Veränderung). Die Fähigkeiten zur Produktion im Haushalt werden nur schrittweise erworben (der Mann versteht vielleicht nicht, wie die Waschmaschine funktioniert, oder ist nicht fähig, die Wäsche für die verschiedenen Waschprogramme richtig zu sortieren). Ferner kann die sozialpsychologische Überzeugung der Beteiligung an den verschiedenen Tätigkeiten im Haushalt die vereinbarten Maßnahmen behindern (der Mann meint vielleicht, Kochen stehe im Widerspruch zu seinen Männlichkeitsvorstellungen – oder die Frau meint, sie opfere ihre weibliche Identität, wenn sie ihren Anteil an der Hausarbeit reduziert) (Gershuny 1996: 109; Hervorhebungen im Original).
Für die Richtigkeit dieser Trägheitshypothese gibt es in der aktuellen Forschungsliteratur einige Hinweise auf Basis von Querschnittsdaten (vgl. z. B.
Arbeitsteilung im Haushalt als Prozess
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Künzler 1994, Blair & Lichter 1991). Diese Befunde könnten sich allerdings auch aus einem Selektionsprozess ergeben: Wenn das Trennungsrisiko von Ehen mit traditionaler Arbeitsteilung geringer sein sollte als das von Ehen mit alternativen Formen der Arbeitsteilung, dann bestünden diese Ehen vergleichsweise länger, was den größeren Anteil von Ehen mit traditionaler Arbeitsteilung bei längerer Ehedauer erklären würde (Stauder 2002). Zur Klärung dieser Frage sind nur echte Längsschnittstudien geeignet. Für die empirische Untersuchung wird man vor diesem Hintergrund erstens eine Tendenz zur Traditionalisierung der Arbeitsteilung im Eheverlauf erwarten und zweitens eine geringere Neigung zur Veränderung, je länger die Ehe andauert. Insgesamt gesehen ist die theoretische Diskussion über die Hausarbeitsteilung heute sehr vielfältig. Nach Ansicht von Kopp (2009: 119) gibt „es heute nahezu keine theoretische Perspektive . . . , die sich nicht an der beobachtbaren Ungleichgewichtigkeit der Verteilung häuslicher Pflichten abgearbeitet hat“. Die aktuelle empirische Forschung zur häuslichen Arbeitsteilung in Paarbeziehungen ist demgegenüber leider nicht so aussagekräftig, wie man das zur Bewertung dieser Theorien gerne hätte. Zwar gibt es mittlerweile eine große Fülle an Untersuchungen, die darüber informieren, wie die Hausarbeit in Paaren verteilt wird. Da es sich bei den vorliegenden Studien aber fast ausnahmslos um Zustandsanalysen auf der Grundlage von Querschnittsdaten handelt, sich die theoretischen Argumente aber strenggenommen auf Veränderungen und die Dynamik des Prozesses beziehen, wird in Abschnitt 4.2 dieser Arbeit versucht, diesen Widerspruch zwischen Theorie und Empirie in Form einer den theoretischen Argumenten angemessenen Längsschnittstudie zu überwinden.
4
Empirische Untersuchungen
In diesem Kapitel werden die in der theoretischen Diskussion herausgearbeiteten Argumente mit Hilfe von Sekundäranalysen geeigneter Daten empirisch überprüft. Für jeden der beiden Teile der Arbeit werden separate Datensätze verwendet, mit denen es möglich ist, jeweils neue Erkenntnisse zur bisherigen Forschungsdiskussion auf diesen Gebieten beizutragen. In Unterkapitel 4.1 wird die Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen untersucht; Grundlage dafür sind prozessgenerierte Beobachtungsdaten eines deutschsprachigen Onlinedatinganbieters. Unterkapitel 4.2 dokumentiert die Analyse der Dynamik der Hausarbeitsteilung im Eheverlauf auf Basis der Daten des Bamberger Ehepaar-Panels. Die einleitenden Anmerkungen zu dieser Arbeit haben deutlich gemacht, dass das Studium der internetgestützten Partnerwahl ein großes Potential für die Sozialstruktur- und Ungleichheitsanalyse birgt. Insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang zwischen strukturellen Opportunitäten und individuellen Neigungen der Partnerwahl läßt die Analyse des Onlinedatings neue Erkenntnisse zu einer klassischen und kontrovers diskutierten Frage erwarten: Der erste empirische Teil dieser Arbeit konzentriert sich deshalb auf die Analyse geschlechtsund bildungsspezifischer Kontaktstrukturen. Unter Kontrolle der kontextuellen Gelegenheitsstrukturen werden die intentionalen Aspekte der Partnerwahlentscheidung herausgearbeitet. Zudem wird untersucht, welche sozialstrukturellen Paarkonstellationen der virtuelle Heiratsmarkt hervorbringt und welche Schlussfolgerungen daraus für die Analyse der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft gezogen werden können. Die bisherigen Ausführungen zeigten weiterhin, dass die Diskussion um den Verlauf und die Bestimmungsgründe der Arbeitsteilung als Prozess kontrovers und vielfältig ist. Wie im zweiten empirischen Teil der Arbeit ausgeführt wird, gibt es derzeit nur sehr wenige Untersuchungen, die sich dieser Problematik auf Basis angemessener Längsschnittdaten annähern. Deshalb ist diese Studie unter anderem darauf angelegt, die verschiedenen Erklärungsmechanismen für die Dynamik der Hausarbeit gegeneinander zu testen. Dabei wird insbesondere herausgearbeitet, inwieweit die eheliche Arbeitsteilung in Westdeutschland noch immer einer relativ starren geschlechtsspezifischen Verlaufslogik folgt oder ob Anzeichen für partnerschaftliche Modelle oder gar Modelle des Rollentausches
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Empirische Untersuchungen
beobachtet werden können. Insbesondere wird im Zuge dessen überprüft, welche Bedeutung die sich verändernden relativen Ressourcen der Ehegatten sowie der Übergang zur Elternschaft für die Entwicklung der Arbeitsteilung haben. Die beiden empirischen Teile sind wie folgt aufgebaut: Einleitend wird die theoretische Diskussion aus Kapitel 3 um einige konzeptionelle Vorbemerkungen zum Internet als Heiratsmarkt bzw. zur generellen Herangehensweise bei der Analyse der Arbeitsteilung ergänzt. Da die Partnerwahl im Internet ein bislang kaum bearbeitetes Forschungsfeld ist, fallen diese Vorbemerkungen wesentlich ausführlicher aus, als es für die Arbeitsteilung im Haushalt nötig ist. Daran anschließend werden die Daten, die Stichproben, die eingesetzten Methoden und die Operationalisierung der Variablen erläutert. Es folgt die Dokumentation und Diskussion der Auswertung vor dem Hintergrund der Arbeitshypothesen und der aktuellen Forschungsliteratur. Der jeweils letzte Abschnitt der beiden Unterkapitel (4.1.5 bzw. 4.2.5) fasst die Ergebnisse der einzelnen Teilanalysen kurz zusammen und bereitet die Abschlussdiskussion vor.
4.1 Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen Im Zuge der Bildungsexpansion, der damit verbundenen zunehmenden Bedeutung des Bildungssystems als Heiratsmarkt und der veränderten ökonomischen Rolle der Frau haben sich die Muster der Partnerwahl in den modernen Gesellschaften verändert. Insbesondere ist ein markanter Trend zu bildungshomogamen Eheschließungen sowie ein leichter Rückgang traditioneller Ehen nach dem bürgerlichen Familienideal auszumachen (Blossfeld 2009a). In der einschlägigen empirischen Forschung finden sich viele Belege für die beispielsweise von Becker (1982, 1998), der Austauschtheorie (z. B. Blau 1964, Edwards 1969) und Blossfeld & Timm (1997) prognostizierten Sortierungsmechanismen der Partnerwahl, mit denen die beobachtbaren Entwicklungen theoretisch gut erklärt werden können. Durch die Herausbildung und die zunehmende Diffusion des Internets als Heiratsmarkt steht die Partnerwahlforschung indessen vor einer neuen Herausforderung. So wird es interessant sein zu sehen, welche Muster der Partnerwahl sich auf diesem neuen Heiratsmarkt zeigen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die theoretischen Argumente bereits bei weniger verbindlichen und dem Eheereignis vorgelagerten Kontaktanbahnungsprozessen im Internet, also Erstkontakten und Beantwortung derselben, tragfähig sind. Schließlich konnten diese Theorien in den bisherigen Heiratsmarktstudien allenfalls auf Basis von expost-Betrachtungen bereits geschlossener Lebensgemeinschaften und Ehen überprüft werden.
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
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Die konkreten Forschungsfragen diesr Teilstudie lauten: (1) Wer kontaktiert wen im Onlinedating? (2) Welche dieser Erstkontakte werden beantwortet? In beiden Fällen liegt der analytische Schwerpunkt auf geschlechts- und bildungsspezifischen Mechanismen der Partnerwahl. Und (3) mit welchen theoretischen Konzepten können diese Handlungsmuster beschrieben und erklärt werden? Die Grundlage der empirischen Analyse bildet die theoretische Diskussion in Abschnitt 3.1 sowie die folgenden Überlegungen zum Internet als Heiratsmarkt. 4.1.1 Das Internet als Heiratsmarkt Durch die zunehmende Verlagerung sozialer Aktivitäten in das Internet hat die virtuelle Sphäre inzwischen auch dort eine große Bedeutung, wo es vor einigen Jahren noch unwahrscheinlich erschien: bei der Partnerwahl. Die Nutzung internetbasierter Kontaktbörsen als Mittel zur Partnersuche steht beispielhaft für eine soziale Innovation, die im Alltag zunehmend an Relevanz gewinnt. Immer mehr Menschen nutzen heute die Gelegenheitsstrukturen, die ihnen digitale Beziehungs- und Heiratsmärkte bieten und für viele sind Internetkontaktbörsen heute eine gleichberechtigte Institution der Partnersuche, ebenbürtig mit traditionellen Orten wie dem Arbeitsplatz oder dem Bildungssystem (BühlerIlieva 2006: 25). Im deutschsprachigen Raum soll es nach Schätzungen Branchenkundiger inzwischen etwa 2.700 Datingportale geben, deren Marktvolumen 2006 auf etwa 65,6 Millionen Euro geschätzt wurde. Aus der Marktanalyse von BITKOM geht zudem hervor, dass im ersten Quartal des Jahres 2007 in Deutschland rund 6,2 Millionen Menschen Partnerbörsen besucht haben. Über die Hälfte der Nutzer von Kontaktbörsen in Deutschland sind dabei auf der Suche nach einer festen Partnerschaft und sind unter anderem deshalb auch bereit, für solche Dienste Gebühren zu bezahlen. Im Zuge dessen wird für das Jahr 2008 ein weiterer Anstieg des Umsatzes auf etwa 84,5 Millionen Euro erwartet (BITKOM 2007, Geser 2007). Daher ist es nicht erstaunlich, dass diesem Phänomen neuerdings ein starkes öffentliches und wissenschaftliches Interesse entgegengebracht wird. Wenn heute in der öffentlichen Diskussion von der Partnerwahl auf dem Heiratsmarkt Internet die Rede ist, wird allerdings meist nicht weiter differenziert betrachtet, dass es verschiedene Möglichkeiten des Kennenlernens und der Kommunikation im Internet gibt, so genannte „social network systems“ (vgl., auch für einige Beispiele, z. B. Fiore & Donath 2004, Schmidt 2009), die sich alle prinzipiell zur Partnersuche eignen. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen jedoch Internetkontaktbörsen, die sich von anderen virtuellen Netzwerken im Rahmen des „Social Web“ durch spezifische Verwendungsregeln, Relationen
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Empirische Untersuchungen
und Codes unterscheiden (vgl. Schmidt 2009). Das zentrale Abgrenzungsmerkmal jedoch ist, dass die Partnersuche oder die Vermittlung von Partnerschaften explizit den Zweck ihrer Existenz darstellt. Diese spezielle Zweckorientierung spiegelt sich in der Regel bereits in den entsprechenden Internetadressen, z. B. durch die Verwendung von Begriffen wie „Liebe“ oder „Dating“, und den Layouts der Webseiten, beispielsweise durch eine entsprechende Farbwahl oder den Einsatz spezieller Bilder (Herzchen o. Ä.), wider (vgl. für einige Beispiele Bruschewski 2007, Pflitsch & Wiechers 2008). Fiore & Donath (2004) unterscheiden die verschiedenen Formen von Internetkontaktbörsen anhand ihrer Funktionsweise und der Zielgruppe (vgl., unter anderem für die nachfolgend verwendeten Begriffe, auch die Marktanalyse von Pflitsch & Wiechers 2008).9 Das größte Marktsegment im Bereich der internetgestützen Partnersuche sind derzeit die so genannten „Singlebörsen“. Diese sind idealtypisch dadurch gekennzeichnet, dass die Akteure dort ihre Partner auf Basis von Kontaktanzeigen selbst aktiv suchen und auswählen, also eine starke Eigeninitiative an den Tag legen müssen, um mit anderen Teilnehmern in Kontakt zu treten. Geworben wird für diese Plattformen mit Schlagworten wie Dating, Flirten, Freunde finden usw. Die Daten einer solchen Singlebörse bilden die Grundlage der späteren empirischen Untersuchung. Demgegenüber beruhen „Online-Partnervermittlungen“ auf dem Prinzip der klassischen Partnervermittlung, indem sie, ausgehend von umfangreichen Persönlichkeitstests, besonders ‚passende‘ Personen zusammenführen. Dies geschieht inzwischen weitgehend über Computeralgorithmen, die auf den Erkenntnissen der paarpsychologischen Forschung basieren und die für die Akteure nicht transparent sind. Diese Kontaktbörsen stellen eher auf langfristige Beziehungen und die Suche nach festen Lebenspartnern ab und suggerieren damit, sehr viel stärker als die eben genannten Datingplattformen, eine gewisse Ernsthaftigkeit und Seriosität. Die beiden genannten Formen machen derzeit über drei Viertel des Umsatzes auf dem Markt der Internetpartnersuche aus, was vor allem daran liegt, dass sie sich an einem breiten Nutzerkreis orientieren. Das dritte Marktsegment stellt das so genannte „Adult-Dating“ dar, bei dem es primär um die Vermittlung erotischer Kontakte oder Seitensprünge geht. Schließlich gibt es noch eine Vielzahl von „Nischenanbietern“, die ganz bestimmte Zielgruppen fokussieren. So existieren in Deutschland neben regional orientierten Plattformen beispielsweise Spezialplattformen 9
Da sowohl die Entwicklung internetbasierter Partnersuche als auch die Forschung zu diesem Thema noch nicht sehr weit fortgeschritten sind, wird sich zeigen müssen, ob diese Dimensionen und die daraus folgende Klassifizierung auch in Zukunft sinnvoll ist. Als Ausgangsheuristik sind sie allemal ausreichend.
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
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für Übergewichtige, körperlich behinderte Menschen, Senioren oder Menschen bestimmter Glaubensrichtungen. Insgesamt gesehen steht die theoretische und empirische Erforschung der Partnerwahl im Internet erst am Anfang. Im Folgenden werden daher einige Aspekte aus der aktuellen Forschungsliteratur zusammengetragen, die aus Sicht der hier angestrebten Analyse des Kontaktierungsverhaltens im Onlinedating besonders wichtig sind und das Internet als Heiratsmarkt idealtypisch charakterisieren (weiterführende Diskussionen z. B. bei Baker 2005, Ben-Ze’ev 2004, BühlerIlieva 2006, Geser 2007, Illouz 2006). In den nächsten Abschnitten werden nun nacheinander die Nutzerstruktur, die Funktionsweise, die spezifischen Merkmale im Vergleich zu den Teilheiratsmärkten des Alltags sowie einige Implikationen der vorangegangenen Punkte für die Analyse des Kontaktierungsverhaltens herausgearbeitet. Wer nutzt Onlinedating? Neuere Studien der Marktforschung zeigen, dass die Anzahl der Personen, die auf Internetkontaktbörsen angemeldet sind, kontinuierlich zunimmt (vgl. z. B. BITKOM 2007, Pflitsch & Wiechers 2008). Allerdings gibt es derzeit nur wenige Studien, die sich mit der soziodemographischen Zusammensetzung der Nutzer befassen. Diese Informationen sind jedoch wichtig, um die Wirkung des Heiratsmarktes in Bezug auf sich herausbildende Partnerwahlmuster besser einschätzen zu können. Trotz sehr unterschiedlicher Herangehensweisen bei der Bestimmung der Nutzerpopulation von Internetkontaktbörsen kommen diese Studien zu ähnlichen Ergebnissen. Dabei fällt auf, dass es nur kleinere Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern gibt, für die derzeit Zahlen vorliegen. Generell gilt zunächst, dass alle Merkmalskonstellationen im Onlinedating vertreten sind, jedoch in anderen Verhältnissen als in der Gesamtbevölkerung. Der durchschnittliche Nutzer einer Onlinekontaktbörse ist nach den einschlägigen Studien eher männlich, jünger, höher gebildet, lebt in einem Haushalt mit höherem Einkommen, vornehmlich in städtischen Gebieten, ist eher ‚Single‘, auf der Suche nach einer festen Partnerschaft und verfügt über verhältnismäßig hohe Kompetenzen im Umgang mit dem Internet. Diese sehr allgemeine Beschreibung konnte für Deutschland (Schulz et al. 2008), die USA (Hitsch et al. 2006, Hitsch et al. 2009, Sautter et al. 2009), Kanada (Brym & Lenton 2001), die Schweiz (Bühler-Ilieva 2006, Geser 2007) sowie mit Einschränkung auch für die Niederlande (Valkenburg & Peter 2007) nachgewiesen werden. Aktuell liegen noch keine Studien vor, welche die Diffusion der internetgestützten Partnersuche abbilden
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Empirische Untersuchungen
können, so dass nicht abgeschätzt werden kann, wie sich die Nutzungsneigung bestimmter Gruppen über die Zeit verändert hat. Für die dargestellten Tendenzen der Nutzung von Onlinekontaktbörsen werden in der Literatur drei Gründe genannt, deren erster die digitale Spaltung der Gesellschaft, der so genannte „Digital Divide“ ist (Marr 2004). Unter diesem Stichwort werden soziale Ungleichheiten beim Zugang zum Internet subsumiert. Für die Nutzung von Internetkontaktbörsen ist es eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Voraussetzung, dass überhaupt die technischen Möglichkeiten zur Nutzung des Internets bestehen. Personen, die keinen Zugang zum Internet haben, können auch nicht am Onlinedating teilnehmen. Somit ist es plausibel, dass ein großer Teil der Selektivität der Nutzerpopulation von Internetkontaktbörsen bereits an der Zugangsschwelle zum Internet stattfindet. Wie aktuelle Untersuchungen für Deutschland zeigen, sind es insbesondere die männlichen, jüngeren, höher gebildeten Menschen aus städtischen Gebieten und Haushalten mit höherem Einkommen, die das Internet überzufällig nutzen (vgl. z. B. Schulz et al. 2008, Zillien 2006) und deshalb schon aus strukturellen Gründen eine höhere Chance auf die Teilnahme am Onlinedating haben. Nach der Überwindung der technischen Zugangsbarrieren zum Internet („first order divide“) sind zweitens weitere Kompetenzen nötig, um die Angebote des Internets auch nutzen zu können („second order divide“). Auch hinsichtlich dieser Schlüsselqualifikationen, z. B. im Hinblick auf den Umgang mit einem Computer, die Anwendung bestimmter Software, Kenntnisse über das Verhalten im Internet, sind sozialstrukturelle Unterschiede zu erwarten (Dewan & Riggins 2005). Hier zeigt die Untersuchung von Schulz et al. (2008) für Deutschland, dass Personen mit höheren Kompetenzen im Umgang mit dem Internet und Personen, die das Internet generell stärker in ihren Alltag einbinden, auch stärker auf Onlinekontaktbörsen vertreten sind. Schließlich sind auch die Chancen der Akteure auf dem Heiratsmarkt mögliche Prädiktoren für die Nutzung der internetbasierten Partnersuche (Schulz et al. 2008). So zeigen aktuelle Befunde, dass insbesondere niedrig gebildete Personen sowie hoch gebildete Frauen verstärkt am Onlinedating teilnehmen. Die Effekte für höher gebildete Frauen und niedrig gebildete Männer wurden aufgrund ihrer problematischeren strukturellen Lage am Heiratsmarkt vermutet. Dagegen haben die hoch gebildeten Männer, die aufgrund ihrer guten Ausstattung mit Bildungskapital und den damit verbundenen Arbeitsmarktchancen attraktive Partner sind, im Vergleich zu den höher gebildeten Frauen offenbar ein geringeres Interesse auf derartige Formen der aktiven Partnersuche zurückzugreifen. Bezogen auf den Effekt für die niedrig gebildeten Frauen kann neben der geringen Attraktivität im Hinblick auf die Formung eines Doppelverdienerhaushaltes ver-
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mutet werden, dass diese Frauen in ihren persönlichen Netzwerken, aufgrund der vielfach zu beobachtenden Homogenität der Netzwerke, vor allem auf männliche Partner treffen, die hinsichtlich des Bildungsniveaus ihren persönlichen Präferenzen nicht entsprechen. Jenseits dieser drei Gründe sind weiterhin die Motive und subjektiven Intentionen der Akteure wichtige Bausteine, um das soziale Phänomen und die Nutzung von Internetkontaktbörsen besser verstehen und erklären zu können. In der aktuellen Literatur wurde dieses Thema bislang jedoch kaum bearbeitet, insbesondere, weil geeignete Daten hierfür fehlen. Allerdings werden diese Aspekte nur schwer quantitativ zu erfassen sein. So müssen wohl qualitative Studien erste Grundsteine dafür legen, hierfür brauchbare Dimensionen zu bestimmen. Nicht zuletzt sind die individuellen, subjektiven Begründungen für die Teilnahme am Onlinedating insofern von Bedeutung, als sie möglicherweise die angesprochene Selektivität des Digital Divide außer Kraft setzen. Dies wäre genau dann der Fall, wenn Akteure das Internet nur nutzen, um dort auf Partnersuche zu gehen. Erste Hinweise auf die Motive und Intentionen der Onlinedatingnutzer findet man in der australischen Studie von Henry-Waring & Barraket (2008). Demnach ist der Wunsch nach einer intimen Beziehung einer der wichtigsten Gründe dafür, das Internet zur Partnersuche zu verwenden. Die Akteure möchten die Partnerwahl immer weniger dem Zufall überlassen und begreifen vielfach die private Lebensführung als ebenso planbar wie die berufliche Karriere: Chantelle: I just thought it was convenient, practical. Just a good approach. The same way as I would deal with work. You know, when it comes to issues of work or home, you know, I try to tackle things head on and I just thought it was about time . . . I mean, you spend all this time pushing yourself in your career . . . Why wouldn’t you do that with your emotional life, with your romantic life (Henry-Waring & Barraket 2008: 15)?
Die internetgestützte Partnersuche biete nach Ansicht der Befragten in dieser Studie den für diesen Anspruch geeigneten Rahmen, da, um vier illustrative Beispiele zu nennen, die Kosten und der (zeitliche) Aufwand für das Onlinedating als relativ gering eingeschätzt werden, die immense Auswahl an potentiellen Partnern die Aussichten auf „Mr or Ms Right“ deutlich erhöht, bestimmte, im Alltagsleben als Defizite wahrgenommene Eigenschaften (z. B. bezüglich physischer Attraktivität) bei der Kontaktanbahnung zunächst keine Rolle spielen oder aber aufgrund der Illusion, im Internet immer, überall und für jede Lebenslage jemanden finden zu können. Ähnliche Hinweise können der Studie von Lawson & Leck (2006) entnommen werden. Die Teilnehmer dieser Studie nennen auf der einen Seite allgemeine
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Empirische Untersuchungen
Gründe, wie beispielsweise Einsamkeit oder unglückliche Beziehungen, die sie dazu bewogen haben, Internetdating zu betreiben. Auf der anderen Seite werden aber auch die spezifischen Charakteristika des Internets und des Kennenlernens im Internet als wichtige Gründe für die Teilnahme am Onlinedating hervorgehoben. So äußert sich z. B. ein männlicher Befragter: The Internet is fast and easy when you want to meet women. You can meet more women in less time. You don’t have to wait for letters or searching bars (Lawson & Leck 2006: 193).
Zudem spielen die Möglichkeiten der kontrollierteren Selbstpräsentation eine große Rolle, ebenso wie die antizipierte Freiheit von stereotypen Rollen oder aber die Vorstellung, dass die Partnersuche im Internet ein großes Abenteuer sei, in dem viele romantische Phantasien problemlos bedient werden können (vgl. auch Hardey 2002). Diese und einige andere Aspekte werden in der nachfolgenden Beschreibung der Funktionsweise und der Merkmale des digitalen Heiratsmarktes, mit besonderem Schwerpunkt auf Singlebörsen (Onlinedating), detaillierter besprochen. Im Zuge dessen wird herausgearbeitet, ob und inwiefern diese Strukturen das Handeln der Akteure beeinflussen und welche Implikationen das letztlich für die Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen hat. Funktionsweise von Internetkontaktbörsen Internetkontaktbörsen haben drei grundlegende Funktionen, die Nutzer bei der Partnersuche in Anspruch nehmen können: die Darstellung der eigenen Person über Nutzerprofile, die Suche und Selektion potenzieller Partner über Suchmasken der Plattform und die Kontaktierung ausgewählter Personen über plattforminterne Nachrichtensysteme. Um überhaupt von der vollen Funktionalität einer Internetkontaktbörse profitieren zu können, müssen sich die Partnersuchenden zunächst auf der Plattform ihrer Wahl registrieren. Dies geschieht in der Regel elektronisch über ein Onlineformular. Im Zuge dessen gibt sich jeder Nutzer ein selbstgewähltes Pseudonym, das seine eindeutige Identifizierung ermöglicht, ohne jedoch die tatsächliche Identität preiszugeben. Anschließend erstellen die Nutzer einen Steckbrief von sich selbst, indem sie Fragen zu sozioökonomischen Merkmalen, Selbstbeschreibungen, Partnerwünschen und Ähnlichem ausfüllen. Bei den meisten dieser Angaben handelt es sich um vollstandardisierte Deskriptoren. Ergänzt werden diese Informationen durch die Möglichkeit zur Eingabe von Freitext, was eine umfangreiche und individuelle Präsentation der Akteure ermöglicht. Zudem
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besteht bei nahezu allen Plattformen die Möglichkeit, mindestens ein Foto einzustellen. Diese Profilinformationen können jederzeit durch die Nutzer verändert werden. Die aktuellen Profile der Akteure werden in einer Datenbank gespeichert und sind permanent für die anderen Nutzer der Plattform einsehbar. Vergleicht man die Möglichkeiten, die eigene Person darzustellen, gibt es Unterschiede zwischen den Kontaktbörsen im Umfang der Abfrage der standardisierten Deskriptoren. Während bestimmte Informationen, wie z. B. Alter, Geschlecht, Familienstand und Wohnort, in nahezu allen Profilen angegeben werden können, gibt es andere Informationen, wie beispielsweise Angaben zum attraktivsten Merkmal oder vorhandenen Sprachkenntnissen, Angaben zum Einkommen oder zu Essgewohnheiten, die sehr plattformspezifisch sind. Damit wird den Nutzern von Internetkontaktbörsen ein Rahmen zur Selbstbeschreibung vorgegeben. Die Standardisierung der Selbstbeschreibung erleichtert dabei die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Profile bei der Auswahl potenzieller Partner. In den Such- und Selektionsmöglichkeiten liegt der größte Unterschied zwischen den verschiedenen Formen von Internetkontaktbörsen. Hier lassen sich Internetplattformen unterscheiden, auf denen Nutzer potenzielle Partner selbst auswählen oder über den Anbieter vermittelt bekommen. Zur gezielten aktiven Suche nach einem Partner können die Akteure spezielle Suchmasken der Plattform verwenden. Im Zuge dessen wird die Profildatenbank, in der die Daten aller Mitglieder abgelegt sind, gefiltert. Die Filterkriterien werden von den Akteuren nach ihren individuellen Vorstellungen und Wünschen gewählt. Im Rahmen einfacher Suchen erfolgt oft nur eine Einschränkung der Ergebnismenge nach Geschlecht, Alter und Wohnregion der gesuchten Personen. Viele Plattformen bieten darüber hinaus weiter differenzierbare Suchoptionen an. Damit kann beispielsweise zusätzlich nach Profilen mit bestimmter Bildung, Haarfarbe oder Körpergröße gesucht werden. Mit der Einschränkung der Suche auf bestimmte Merkmale findet die erste explizite Auswahl potenzieller Partner durch die Akteure statt. Die daraus resultierende Trefferliste enthält zumeist zusätzlich die Nutzerfotos, so dass ab diesem Zeitpunkt auch Aspekte des Aussehens in den Entscheidungsprozess einfließen können. Der dritte Schritt einer idealtypischen Suche nach Kontaktpartnern auf einer Internetkontaktbörse besteht dann in der Sichtung der kompletten Profile der Trefferliste. Von dort aus ist die direkte Kontaktaufnahme über plattforminterne Nachrichtensysteme möglich. Hierüber können die Nutzer zunächst völlig anonym miteinander in Kontakt treten. Zusätzlich bieten einige Anbieter auch die Möglichkeit einer unverbindlichen standardisierten Interessensbekundung an. Die Entscheidung, ein anderes Plattformmitglied zu kontaktieren, basiert somit auf einer vorangegangenen Evaluation des jeweiligen Profils, auch im Ver-
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Empirische Untersuchungen
gleich zu anderen Profilen, im Hinblick auf dessen Eignung als potenzieller Partner. Im praktischen Sinn bedeutet die Kontaktaufnahme auf der Internetkontaktbörse, einem anderen Nutzer eine E-Mail-Nachricht über die Plattformsoftware zu schreiben. Wird diese Offerte durch eine Antwortnachricht erwidert, entsteht eine reziproke Nachrichtenbeziehung, die beliebig lange fortgesetzt werden kann. Sämtliche Informationen über die Nutzer sowie die Kommunikation zwischen den Nutzern werden von den Anbietern zeitbezogen abgespeichert, so dass durch die vorliegenden elektronischen Prozessdaten alle Bewegungen der Akteure auf der Plattform rekonstruiert werden können. Wie diese Beschreibung der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen zeigt, ist dieser Prozess durch verschiedene Vorgaben der Plattform beschränkt, die jedoch ihrerseits wiederum ganz spezifische Möglichkeiten hervorbringen. Diese Ambivalenz kommt auch in den wichtigsten Strukturmerkmalen des Kontexts zum Ausdruck, die im folgenden Abschnitt beschrieben werden. Merkmale des digitalen Heiratsmarktes Die Strukturen des Internets als Heiratsmarkt sind im Vergleich zu den Teilheiratsmärkten des Alltags, z. B. dem Bildungssystem, durch einige Besonderheiten gekennzeichnet (vgl. z. B. Baker 2005, Ben-Ze’ev 2004, Bühler-Ilieva 2006, Geser 2006, Geser 2007, Lawson & Leck 2006). Aus Sicht der theoriegeleiteten empirischen Partnerwahlforschung sind diese Informationen wichtig, um die strukturellen Handlungskontexte der Akteure abzustecken, innerhalb derer die Individuen Partner suchen, Partnerwahlentscheidungen treffen und möglicherweise festere Beziehungen aufbauen. Kontextspezifische Fokussierung auf die Partnerwahl: Internetkontaktbörsen sind explizit auf die Partnerwahl ausgerichtet. Damit entsteht für die Nutzer solcher Plattformen eine Erwartungssicherheit, dass andere Nutzer mehr oder minder motiviert sein sollten, Kontakte zu knüpfen und Partnerschaften einzugehen. Empirische Studien zeigen, dass je nach Kontaktbörse die Mehrzahl der Mitglieder tatsächlich auf der Suche nach einer festen, langfristigen Partnerschaft ist (vgl. BITKOM 2007, Brym & Lenton 2001, Bühler-Ilieva 2006). Im Gegensatz dazu ist es im Alltag häufig unklar, welche Personen überhaupt auf dem Partnermarkt „verfügbar“ sind (Stauder 2006). Damit erscheinen Internetkontaktbörsen für die Partnersuche besonders effizient und im Vergleich zu den Teilheiratsmärkten des Alltags, in denen die Partnersuche vielmehr auf zufälligen Begegnungen in sozial vorstrukturierten Kontaktnetzwerken beruht (vgl. z. B. Kalmijn 1998), in hohem Maße systematisch und zielorientiert. Insofern stellt das Onlinedating auch eine
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technologische Weiterentwicklung des Prinzips klassischer Kontaktanzeigen in Printmedien dar. Explizite Wahl des Kontexts: Personen, die internetbasierte Kontaktbörsen zur Partnersuche wählen, entscheiden sich aktiv und bewusst für diese organisierte Form der Partnerwahl. Zusätzlich zu den alltäglichen Teilheiratsmärkten, wie z. B. dem Bildungssystem, dem beruflichen Umfeld oder privaten Netzwerken, begeben sich die Akteure dadurch in einen weiteren Fokus (Feld 1981), von dem sie sich einen zusätzlichen Nutzen bei der Partnersuche versprechen. Durch die Ausdifferenzierung sehr spezieller Plattformen für bestimmte Zielgruppen (z. B. für Homosexuelle oder regional gebundene Menschen) werden nahezu sämtliche Präferenzen der Akteure bedient. Externe Regulierung des Marktes: Nutzer von Internetkontaktbörsen müssen sich bei der Partnersuche an Vorgaben und Regeln halten, die durch die Betreiber solcher Plattformen gesetzt werden. Nutzer können sich beispielsweise nicht in beliebiger Form präsentieren, sondern sind auf die im Profilfragebogen vorgegebenen Deskriptoren beschränkt. Damit sind die Möglichkeiten zur Darstellung der eigenen Person zunächst begrenzt. Ebenso werden die Suchmöglichkeiten plattformspezifisch auf bestimmte Selektionsmerkmale eingeschränkt. Diese Beispiele zeigen die Beeinflussung der Nutzungspraxis der Akteure durch die Software der Plattform, den Code (Schmidt 2009). Für die Nutzung bestimmter Dienste, beispielsweise für erweiterte Suchmöglichkeiten oder für die Kontaktierung anderer Nutzer über die plattforminternen Nachrichtensysteme, müssen die Nutzer in der Regel eine Nutzungsgebühr an die Plattformbetreiber entrichten. Weiterhin können auch nicht beliebig Nachrichten ausgetauscht werden. So werden zum Beispiel nicht nur Nachrichten mit zweifelhaftem Inhalt blockiert, sondern auch Nutzer, die solche Nachrichten versenden, von der Plattform ausgeschlossen. Damit sind den Anbietern der Plattformen Gestaltungsspielräume geschaffen, die den Prozess der Partnerwahl im Internet formen. Größe des potentiellen Netzwerks: Die Anzahl gleichzeitig verfügbarer Kandidaten für eine Partnerschaft ist auf einer Internetkontaktbörse weitaus größer als im Alltag. Während beispielsweise das Freundschaftsnetzwerk eines Akteurs zahlenmäßig eingeschränkt ist, besteht im Onlinedating zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit, uneingeschränkt auf die Datenbank sämtlicher Nutzer zuzugreifen, die je nach Plattform oft mehrere zehn- oder gar hunderttausend Einträge enthält und sich ständig durch neue Teilnehmer oder Abmeldungen verändert. Damit wird es aber auch weniger wahrscheinlich, auf Internetkontaktbörsen im Vergleich zum Alltag zufällig einen Partner zu finden. Kontaktierungen auf Inter-
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Empirische Untersuchungen
netkontaktbörsen setzen daher eine mehr oder weniger ausführliche Suche und Evaluation von Teilnehmerprofilen voraus. Heterogenität der Nutzerpopulation: In aller Regel sind selbstgewählte Kontexte durch eine heterogenere Teilnehmerstruktur gekennzeichnet als beispielsweise regional oder institutionell „organisierte“ Plätze des Kennenlernens, wie z. B. Nachbarschaften oder Einrichtungen des Bildungssystems (Kalmijn & Flap 2001). Gerade das Internet ist ein sehr offener Raum, da sich prinzipiell jede Person, wann immer sie möchte, auf einer Kontaktbörse anmelden kann, sofern sie über die technischen Voraussetzungen und die entsprechenden Kompetenzen verfügt und gegebenenfalls bereit ist, die Teilnahmegebühr zu zahlen. Damit steigen die Chancen, einen Partner zu finden, der vormals nicht Teil des eigenen Kontaktnetzwerks war. Viel leichter als im Alltag ist es im Internet für zwei Akteure mit völlig unterschiedlichen soziodemografischen und soziokulturellen Hintergründen möglich, miteinander in Kontakt zu treten. Ausnahmen hiervon, die möglicherweise mit einer Einschränkung dieser Heterogenitätsannahme einhergehen, sind die angesprochenen Kontaktplattformen für spezielle Zielgruppen. Aktive Selektion des Netzwerks: Die Zusammenstellung der individuellen Kontaktnetzwerke beruht im Internet auf der bewussten Auswahl der Akteure. Kontaktierungen auf Onlineplattformen, die nicht auf Vermittlungsalgorithmen basieren, werden immer aktiv und bewusst vorgenommen und von mindestens einer Person initiiert. Die Suche und Auswahl passender Partner wird nahezu vollständig den Akteuren überlassen. Dies setzt voraus, dass die Suchenden gewisse Vorstellungen darüber haben, welche Eigenschaften einen passenden Partner auszeichnen. Anders als im Alltag ist im Internet eine viel stärkere Explikation der eigenen Wünsche und Vorstellungen nötig, da man sonst im Überangebot an Kandidaten und dem Detailreichtum der in Form von Teilnehmerprofilen zur Verfügung stehenden Informationen leicht den Überblick verlieren kann, was schließlich eine Entscheidung erschwert oder gar unmöglich macht (vgl. Todd & Miller 1999). Zudem setzen die plattformspezifischen Suchfunktionen, die als Mittel zur Reduktion von Komplexität eingesetzt werden können, genau dieses Wissen um präferierte Eigenschaften voraus. Marktlogik – Signaling und Screening: Die Akteure auf Kontaktplattformen bewegen sich wie auf einem Marktplatz, auf dem Angebot und Nachfrage präsentiert werden (Illouz 2006: 120). So gesehen sind Internetkontaktbörsen ein Medium, das den Akteuren den Überblick über das Angebot des Marktes in Form eines durchsuchbaren Kataloges von Kontaktanzeigen gibt. Mit Hilfe des Teil-
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nehmerprofils können die Nutzer Informationen über sich für andere Teilnehmer sichtbar machen, also für sich werben („Signaling“; vgl. z. B. Spence 1973, Anderson & Hamori 2000). Gleichzeitig stellen diese Profile den Ausgangs- und Hauptbezugspunkt für die Suche der Teilnehmer nach ihren Wunschpartnern dar („Screening“). Dabei ist von besonderem Interesse, dass die Informationen der Teilnehmer weitgehend standardisiert sind (z. B. Alter, Bildung oder Beruf) und somit über die Profile anhand gleicher Maßstäbe verglichen werden können. Zusätzlich bieten die Informationen der Freitextfelder den Akteuren die Möglichkeit, sich über die Standarddeskriptoren von den Mitbewerbern am Markt abzugrenzen und ihre ganz spezifische Individualität herauszustellen. Die Fülle der Informationen übersteigt in der Regel die des Alltags um ein Vielfaches. Anonymität: Trotz der vielen verfügbaren Informationen sind die Akteure im Onlinedating zunächst anonym. Prinzipiell bleibt es den Datingnutzern in gewissen Grenzen selbst überlassen, wie sie sich präsentieren und welche persönlichen Details sie in der internetbasierten Interaktion preisgeben. In aller Regel bleibt die tatsächliche Identität der Teilnehmer durch die Verwendung von Pseudonymen gewahrt. Insofern können die Akteure nie vollkommen sicher sein, ob die anderen Teilnehmer aufrichtig sind oder sich (bewusst) verstellen, zumindest gibt es außer den auf der Plattform verfügbaren Informationen keine Hinweise darauf. Die daraus resultierenden Unsicherheiten werden dadurch verstärkt, dass es den Akteuren nicht möglich ist, das Verhalten und Handeln der anderen Teilnehmer auf der Kontaktbörse zu beobachten und daraus zu lernen. Die Akteure handeln somit auf der Plattform weitgehend isoliert. Daraus folgt, dass sie ihrem Handeln prinzipiell selbst einen Sinn geben müssen. Mehr über die Strukturen und das ‚richtige‘ Verhalten auf der Plattform kann ein Akteur somit in erster Linie über seine eigenen Kontakte und Erfahrungen auf der Plattform lernen, da ihm der Blick auf die Gemeinschaft als Ganzes verwehrt bleibt. Dyadische Exklusivität der Kontaktanbahnung: Aus der dyadischen Exklusivität der Kontaktanbahnung im Internet folgt, dass sich unterschiedliche Akteure in ihren Angeboten und Nachfragen wechselseitig nicht beschränken. Bei der Kontaktaufnahme zu einem bestimmten Nutzer besteht keine offene Rivalität zwischen Akteuren. Jeder kann jeden anschreiben, ohne darauf Rücksicht nehmen zu müssen, ob eine Kontaktierung aus bestimmten Gründen in diesem Moment nicht angebracht erscheint. Zudem kann ein Akteur beliebig viele Kontakte gleichzeitig eingehen, ohne dass die Kontaktpartner davon wissen. Folglich ist es plausibel, dass die Akteure bei ihrem Handeln verstärkt ihrem freien Willen folgen, da einerseits eine direkte externe soziale Kontrolle fehlt und sie andererseits
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erst erfolgversprechende Strategien der Partnersuche im Internet erlernen müssen. Aus einer Beobachterperspektive ist diese Situation insofern interessant, als die beobachtbaren Strukturen des Onlinedatings wesentlich unvermittelter dem individuellen Handeln der Akteure entspringen und damit eher Rückschlüsse auf das Wissen und die Motivation der Handelnden zulassen. Unabhängigkeit von Zeit und Raum: Onlinedating ist dadurch gekennzeichnet, dass es aufgrund der Natur des Internets unabhängig von Zeit und Raum funktioniert. Einen Zugang zum Internet vorausgesetzt, kann sich jeder Akteur zu jeder Zeit und an jedem Ort über potentielle Partner informieren und mit diesen interagieren. Damit ist die Interaktion nicht mehr an ein Zusammentreffen der Teilnehmer gebunden, wie z. B. bei einem Telefonat oder einer persönlichen Begegnung; eine Ausnahme bildet hier der Chat, der in Echtzeit funktioniert, so dass alle beteiligten Akteure zur gleichen Zeit auf der Plattform angemeldet sein müssen. Die Interaktion in Form von elektronischer Kommunikation findet zudem in aller Regel zeitversetzt statt, d. h. Kontaktierung und Beantwortung müssen nicht unmittelbar aufeinander folgen. Internetkontaktbörsen sind weiterhin ein universeller Kontext, auf den nicht nur in bestimmten Phasen des Lebensverlaufs zurückgegriffen wird, z. B. im Übergang zum Erwachsenenstatus, der stark durch das Bildungs- und Berufssystem strukturiert wird. Es handelt sich um eine zusätzliche Option zu den Alltagskontexten der Partnerwahl, der den Akteuren einen größeren und neuen Handlungsspielraum eröffnet. Spezifika computervermittelter Kommunikation: Zwischen der Entwicklung von Beziehungen im Internet und in Face-to-Face-Situationen des Alltags gibt es eine Reihe von Unterschieden, die im Zusammenhang des Onlinedatings von großer Bedeutung sind. Die Kontaktanbahnung und das Kennenlernen verläuft auf Internetkontaktbörsen textbasiert durch das wechselseitige Schreiben von E-MailNachrichten. Dadurch fallen viele Aspekte einer klassischen Interaktion weg: Im Vergleich zu Face-to-Face-Situationen ist die kanalärmere Onlineinteraktion durch einen Mangel an sozialen Hinweisreizen (Sproull & Kiesler 1986) und einen Mangel an sozialer Präsenz (Short et al. 1976) gekennzeichnet. Akteure können also zur Beurteilung ihrer Kommunikationspartner im Vergleich zu Faceto-Face-Situationen nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß auf nonverbale Impressionen und physische Hinweise wie beispielsweise Lächeln, Augenzwinkern oder Berührungen zurückgreifen. Zudem sind sich Akteure in Onlineinteraktionen in wesentlich geringerem Ausmaß der Anwesenheit anderer bewusst. Infolgedessen gestaltet sich die Kommunikation unpersönlicher, unverbindlicher, aber auch ungehemmter, was sich beispielsweise in Form gesteigerter Selbstof-
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fenbarung und Zuwendung, aber auch verstärkter Aggressivität und Normverletzung äußern kann (vgl. z. B. Ben-Ze’ev 2004). Jüngere Untersuchungen zeigen, dass sich im Internet über computervermittelte Kommunikation dennoch Vertrauen und persönliche Beziehungen wie Freundschaften und Liebesbeziehungen entwickeln können (vgl. z. B. Lea & Spears 1995, Parks & Floyd 1996). Aufgrund der Abwesenheit von persönlichen Informationen über das Gegenüber nehmen in Onlineinteraktionen gerade die spärlichen und subtilen Hinweisreize (z. B. das gewählte Pseudonym, Ausdruck und Länge der Textnachrichten, Rechtschreibung) einen besonders großen Stellenwert bei der Beurteilung des Kommunikationspartners ein und führen damit oft zu stereotypen Eindrücken (Lea & Spears 1995, Ellison et al. 2006). Empirische Studien zeigen, dass Personen trotz mangelnder Beurteilungskriterien sogar positivere Eindrücke des Gegenübers formen als in Face-to-Face-Situationen. Diese Tendenz wird damit erklärt, dass Personen dazu neigen, die Informationslücken aus dem Mangel an sozialen Hinweisreizen positiv zu füllen. Der Kommunikationspartner wird in diesem Sinn idealisiert und an die eigenen Vorstellungen angepasst (vgl. z. B. Walther 1996). Qualitative Interviews mit Paaren, die sich im Internet kennen gelernt haben, geben weiterhin Hinweise darauf, dass Beziehungen über das Internet von „innen nach außen“ entstehen (vgl. z. B. Illouz 2006, Bühler-Ilieva 2006). Die zunächst rein textbasierte Kommunikation reduziert die Bedeutung physischer Attraktivität in der Kennenlernphase; der Fokus richtet sich vielmehr auf emotionale und intellektuelle Kompatibilität. Die anonyme Onlinekommunikation reduziert zudem Kontakthemmungen und fördert eine effektivere Selbstoffenbarung. Andererseits fördern die Anonymität sowie die zahlreich zur Verfügung stehenden Alternativen auf Internetkontaktbörsen auch einen unvermittelteren Kontaktabbruch, zumal die Beendigung einer Onlinebeziehung relativ unkompliziert durch einfaches Ausloggen oder Nichtbeantworten von Nachrichten möglich ist. Ein Interpretationsrahmen des Onlinedatings Im Anschluss an die vorangegangenen Überlegungen zur spezifischen Struktur des Internetheiratsmarktes sind einige weitere theoretische Implikationen für die Erforschung der Partnerwahl im Internet im Allgemeinen und der Kontaktaufnahmeprozesse im Speziellen zu beachten. Diese spannen einerseits einen Interpretationsrahmen für die empirischen Ergebnisse auf und geben andererseits Aufschluss über das spezifische Potential der Onlinedatingforschung. Die erste zentrale Ableitung aus den idealtypischen Strukturen ist die auch in der breiten Öffentlichkeit gleichsam prominente Vorstellung, dass die Begegnung zweier Akteure im Internet, wie Illouz es ausdrückt, „unter dem Banner
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der liberalen Ideologie der ‚Wahlfreiheit‘ steht“. Keine ihr bekannte Technologie habe „auf so extreme Weise den Begriff des Selbst als eines ‚wählenden‘ Selbst und die Idee, die romantische Begegnung solle das Ergebnis der bestmöglichen Wahl sein, radikalisiert“ (Illouz 2006: 120). Das wiederum deutet darauf hin, dass die Partnerwahl durch das Internet stärker nach den eigenen Wünschen planbar und kalkulierbar ist, als es auf den traditionellen Plätzen der Partnerwahl der Fall ist. Schließlich können die Akteure jede spezifische Kontaktplattform nutzen, um nach einer Beziehung zu suchen. Einen Zugang zum Internet und die technischen Kompetenzen vorausgesetzt, gibt es keine Beschränkungen bei der Auswahl konkreter Foki der Partnersuche. Jedem Akteur steht zu jedem Zeitpunkt der ganze Markt verschiedener Anbieter offen. Darüber hinaus können die Akteure auf den gewählten Plattformen die Suche aktiv nach ihren Wünschen und Bedürfnissen gestalten, beispielsweise indem sie Personen mit bestimmten Merkmalen kontaktieren, erhaltene Offerten anderer Personen oder Vorschläge eines Matchingsystems annehmen oder ablehnen oder aber bestimmte Akteure von vorneherein aus ihrer Suche ausschließen. Bietet eine Plattform nicht das, was sich ein Akteur erwartet, kann er meist ohne große Hindernisse den Fokus wechseln und sein Glück an anderen Orten versuchen. Aus Sicht einer Heiratsmarktforschung, welche die sozialstrukturellen Muster der Partnerwahl und deren Zustandekommen erklären möchte, impliziert diese Vorstellung, dass die intentionale Komponente der individuellen Partnerwahl in diesem Kontext eine größere Bedeutung für die Erklärung sozialer Regelmäßigkeiten haben sollte als in den Foki des Alltagslebens, in denen die empirisch beobachtbaren Muster der Partnerwahl zu einem größeren Teil durch die strukturelle Vorselektion der sozialen Kontaktnetzwerke der Akteure determiniert sein dürften. Das Bildungssystem beispielsweise fungiert . . . im Lebenslauf als Institution, die weitgehend hinter dem Rücken der Individuen (und deswegen zum Teil auch unbewußt) die schulischen und privaten Kontaktnetze und -möglichkeiten zeitbezogen so strukturiert, daß die Absolventen mit ähnlichen sozialen Chancen eine größere Wahrscheinlichkeit haben, sich zu treffen und später einmal zu heiraten. Das Bildungssystem beeinflußt damit direkt und indirekt die Heiratsmärkte der mit unterschiedlichen sozialen Chancen ausgestatteten Absolventen im Lebenslauf (Blossfeld & Timm 1997: 443).
Eine derartige Beeinflussung ist im Internet nicht in dieser Deutlichkeit gegeben. Zwar sind Internetkontaktbörsen ihrerseits auch in gewisser Weise in ihrer Zusammensetzung vorstrukturiert, man denke z. B. an (tatsächlich existierende) spezielle Plattformen für Akademiker, Homosexuelle, Übergewichtige, Angehö-
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rige bestimmter Konfessionen. Allerdings liegt die Auswahl konkreter Plattformen für die Partnersuche und die sich daran anschließende Zusammenstellung der persönlichen Kontaktnetze viel stärker im bewussten Ermessen der Akteure. „In einem historisch bisher nicht erreichbarem Masse [sic!] wird es möglich, sich bei der Partnersuche von selbstbestimmten Selektionskriterien anstatt von situativen Gegebenheiten und nicht beeinflussbaren Zufälligkeiten leiten zu lassen“ (Geser 2006: 13). Insbesondere aufgrund der Anonymität des Kontextes und der geringeren oder gar fehlenden sozialen Kontrolle können selbst Abweichungen von im Alltag möglicherweise sozial erwünschtem Verhalten überhaupt erst oder zumindest leichter realisiert werden (vgl. Ben-Ze’ev 2004). Folglich ist bereits die Menge an Alternativen für die Auswahl romantischer Begegnungen an die persönlichen Neigungen der Akteure angepasst. Da die Zusammensetzung des Kontextes im Onlinedating zu jedem Zeitpunkt kontrolliert werden kann, ist es möglich, durch die Analyse des Kontakt- und Antwortverhaltens innerhalb dieses Kontextes näher an die individuellen Intentionen der Akteure heranzukommen, als es mit den traditionellen Daten und Methoden der Heiratsmarktforschung bisher möglich war. An diese Überlegungen zur Wahlfreiheit schließt sich unmittelbar eine zweite Implikation an, namentlich die Vorstellung, dass jeder Akteur im Internet prinzipiell die Chance hat, den ‚optimalen‘ Partner zu finden. Dieses Ideal, dass sich in der modernen Gesellschaft die Suche nach dem oder der ‚Richtigen‘ mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich abschließen ließe, ist in der Partnerwahlforschung keineswegs neu, sondern findet sich beispielsweise bereits in Simmels (1900) Überlegungen zur modernen Gesellschaft Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts: [B]ei aller hervorgehobenen Individualisierung der modernen Persönlichkeiten und der daraus hervorgehenden Schwierigkeit der Gattenwahl gibt es doch wohl noch für jeden noch so differenzierten Menschen einen entsprechenden des anderen Geschlechts, mit dem er sich ergänzt, an dem er den „richtigen“ Gatten fände (Simmel 1900: 523).
Simmel selbst sieht in Heirats- und Kontaktanzeigen eine Möglichkeit, diese Vorstellung zu verwirklichen, da sie die Chancen der Menschen, einen wirklich passenden Partner zu finden, verglichen mit zufälligen Begegnungen in sozial vorstrukturierten Alltagssituationen und Kontaktnetzwerken ungemein erhöhe: Kein Zweifel, dass die vollendete Ausbildung der Heiratsannonce das blinde Geratewohl dieser Verhältnisse rationalisieren könnte, wie die Annonce überhaupt dadurch einer der grössten Kulturträger ist, daß sie dem Einzelnen
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Empirische Untersuchungen eine unendlich höhere Chance adäquater Bedürfnisbefriedigung verschafft, als wenn er auf die Zufälligkeit des direkten Auffindens der Objekte angewiesen wäre (Simmel 1900: 523).
Da sich heute die Aktivitäten der selbst organisierten Partnerwahl immer stärker ins Internet verlagern (Burkart 2008, Illouz 2006), wird dieses Potential der Kontaktanzeige zunehmend auf das Onlinedating übertragen, da es sich dabei im Prinzip um nichts anderes als eine technologische Weiterentwicklung der klassischen Heiratsannonce handelt und das Internet, wie man z. B. den Überlegungen von Illouz (2006) in diesem Zusammenhang entnehmen kann, als Medium der unendlichen Möglichkeiten angesehen wird. Doch selbst wenn das Internet, verglichen mit traditionellen Opportunitätskontexten, die Möglichkeiten und Grenzen der Partnerwahl in vielerlei Hinsicht verschoben hat, heißt das noch nicht, dass dieses Ideal auch tatsächlich immer verwirklicht werden kann. Denn, so konzidiert auch Simmel (1900: 523), „die ganze Schwierigkeit liegt nur darin, daß die so gleichsam für einander Prädestinierten sich zusammenfinden“. So ergibt sich hier eine dritte Implikation: Ein enormer Möglichkeitsspielraum und Wahlfreiheit eröffnen zum einen zwar große Chancen, bedeuten zum anderen jedoch gleichzeitig einen gewissen Zwang, aus dieser potentiell riesigen Menge an Alternativen einen geeigneten Partner auswählen zu müssen. Dass diese Auswahl aus Sicht der Individuen nicht so leicht ist, wie es auf den ersten Blick scheint, liegt zuvorderst an der hohen Komplexität des Kontextes und darüber hinaus an der großen Anzahl an verfügbaren Personen und den damit verbundenen Informationen. Zudem sind die Personen, die im Internet nach einem Partner suchen, mit einer doppelten Unsicherheit konfrontiert: Neben den relativ unstrukturierten, unüberschaubaren, anonymen Gelegenheitsstrukturen des Kontextes im Vergleich zum wohlbekannten Alltagsleben stellt auch die konkrete Auswahl eines Partners an sich aus Sicht der Akteure eine unsichere Entscheidung dar. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Akteure niemals sämtliche Informationen erheben oder verarbeiten können, die für eine optimale Partnerwahlentscheidung nötig wären (Todd & Miller 1999). Dass im Prozess der Partnersuche im Internet die wahre Identität der Nutzer weitgehend verborgen bleibt und man sich mindestens bis zu einem persönlichen Treffen außerhalb der Plattform nicht über die tatsächlichen Eigenschaften potentieller Partner im Klaren sein kann, verschärft dabei die Unsicherheit der Partnerwahl zusätzlich. Im Umgang mit dieser doppelten Unsicherheit und der komplexen Menge an Informationen benötigen die Menschen bestimmte Mechanismen, um überhaupt Entscheidungen treffen zu können. Diese Mechanismen, ob nun „regelbasierte Verhaltensmuster“ (Heiner 1985) oder „schnelle und einfache Heu-
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ristiken“ (Todd & Miller 1999), implizieren ihrerseits, dass die Vorstellung, die Partnerwahl im Internet sei prinzipiell optimierbar, aufgegeben und ersetzt werden muss durch eine zweckmäßige, zufriedenstellende Entscheidung, gewissermaßen einen Kompromiss auf Basis jeweils individueller Anspruchsniveaus und Marktwerte (vgl. die entsprechende Diskussion im Theoriekapitel im Anschluss an Blossfeld & Timm 1997, Heiner 1985, Simon 1956, Todd & Miller 1999, Oppenheimer 1988). Dazu benötigen die Akteure bestimmte Informationen über sich und die anderen Teilnehmer am Onlinedating, die sie zur Komplexitätsreduktion nutzen können und die gleichzeitig inhaltlich gehaltvoll sind sowie einen aussagekräftigen Vergleich zwischen den verschiedenen Alternativen ermöglichen. In online dating, users typically search and sort by relatively superficial characteristics, precluding interaction with anyone who does not meet the criteria the searcher specifies. Browsing a large catalog requires exclusion of entire categories, snap judgments, and quick dismissal of the vast majority of the items (Fiore 2004: 24).
Das Instrument, welches auf Internetkontaktbörsen dafür geschaffen wurde, ist das Nutzerprofil. Jeder Teilnehmer, der sich auf einer Plattform anmeldet, muss dafür im Zuge dessen in einem Fragebogen zumindest minimale Angaben über sich selbst machen, die dann auf einer persönlichen Internetseite des Nutzers von den anderen Teilnehmern eingesehen werden können. Neben der oft zusätzlich gegebenen Möglichkeit offener Antworten auf bestimmte, speziell die Partnersuche betreffende Fragen, beispielsweise zu den Vorstellungen über einen Traumpartner oder zu individuellen Vorlieben oder Abneigungen, besteht das Nutzerprofil zum Großteil aus vollstandardisierten Deskriptoren demographischer, körperlicher oder Lebensstilmerkmale, also z. B. Geschlecht, Alter, Bildung, Körpergröße und -gewicht, Haar- und Augenfarbe, Rauchgewohnheiten oder Hobbys (vgl. Fiore et al. 2008). Ungeachtet der mal kleineren, mal größeren Unterschiede hinsichtlich der konkret in den Profilen erhobenen Merkmale bilden die sozialstrukturellen Charakteristika den zentralen und bei allen Kontaktbörsen weitgehend identischen Schwerpunkt der Selbstbeschreibung der Nutzer. Diesen Aspekt hat wiederum bereits Simmel (1900) im Zuge seiner Analyse der Heiratsannonce in durchaus übertragbarer Form beobachtet: Verfolgt man nun die tatsächlich erscheinenden Heiratsannoncen, so sieht man, daß darin die Vermögensverhältnisse der Suchenden oder Gesuchten den eigentlichen, wenn auch manchmal verhüllten Zentralpunkt des Interesses bilden. Und das ist nur allzu begreiflich. Alle anderen Qualitäten der
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Empirische Untersuchungen Persönlichkeit nämlich lassen sich in einer Annonce nicht mit irgendwelcher genauen oder überzeugenden Bestimmtheit angeben. Weder die äußere Erscheinung, noch der Charakter, weder das Maß von Liebenswürdigkeit, noch von Intellekt können so leicht beschrieben werden, daß ein unzweideutiges und das individuelle Interesse erregendes Bild entsteht. Das einzige, was in allen Fällen mit völliger Sicherheit bezeichnet werden kann, ist der Geldbesitz der Personen, und es ist ein unvermeidlicher Zug des menschlichen Vorstellens, unter mehreren Bestimmungen eines Objekts diejenige, welche mit der größten Genauigkeit und Bestimmtheit anzugeben oder zu erkennen ist, auch für die sachlich erste und wesentlichste gelten zu lassen (Simmel 1900: 524).
Was Simmel in seinem Buch über die Bedeutung des Geldes für die Kultur und das Handeln der Menschen herausarbeitet, trifft, auf die Partnerwahl im Internet angewendet, gleichermaßen auf andere im Profil erfasste Merkmale zu, zumal die Einkommens- oder gar Vermögensverhältnisse auf den großen Kontaktplattformen allemal nicht abgefragt werden. In den Mittelpunkt des Interesses rücken daher verstärkt sozioökonomische Ressourcen, deren Aussagekraft zwar nicht ebenso präzise definierbar ist, wie der Geldbesitz, die aber dennoch ausreichend gute Indikatoren für die sich dahinter verbergenden Personen sein können. Zu denken ist in dieser Hinsicht vor allem an Merkmale wie Alter und Bildung, die einerseits gemäß der ökonomischen Theorie als Hinweise auf das Humankapital und das aktuelle und zukünftige Einkommenspotential der Akteure interpretiert werden können (marktbezogene Interpretation). Andererseits können beide Merkmale gleichzeitig als nicht-marktbezogene Eigenschaften angesehen werden, die auf bestimmte Werthaltungen, Einstellungen oder Interessen hindeuten. Zudem zeigen erste empirische Befunde aus dem Onlinedating, dass durchaus auch andere Informationen des Profils bei der Partnerwahl häufig auf diese einfachen, aber aussagekräftigen sozialstrukturellen Kriterien wie vor allem die Bildung reduziert werden, eben weil sie in gewisser Weise von den Akteuren als übergeordnete Dimensionen für bestimmte Persönlichkeitseigenschaften und Dispositionen angesehen werden: Und, dann [g]uck ich halt, dann kann man z. B. angeben, welche Musik sie mögen und dann geben die halt meinetwegen Reggae, Soul und Klassik an. Und, das ist für mich interessant. Also, klassische Musik. Steht keine klassische Musik drin, dann hab ich schon leichte Vorbehalte. Weil das ist wieder so ein Hinweis aufn Bildungsgrad für mich. Ja, also ich machs nicht davon abhängig, aber das sind alles so Punkte, wo ich versuche, mir so ein bissle ein Bild zu machen. Mehr geht ja nicht, ne (Freilinger 2008: 115f.; Mann, 60 Jahre, ohne Partner, 1 Jahr Erfahrung im Onlinedating).
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Die Bedeutung der sozialstrukturellen Merkmale als die Kristallisationspunkte des Interesses im Onlinedating wird unterstützt durch ein weiteres Beispiel aus den explorativen Interviews von Freilinger (2008), das sehr deutlich zeigt, dass sich die Akteure bei der Partnersuche im Internet tatsächlich an Kriterien wie der Bildung orientieren und dass das, so zumindest aus Sicht der Befragten, nichts ungewöhnliches sei: Ich such natürlich, hört sich jetzt wohl bisschen arrogant an, aber ich such natürlich einen Mann mit einer gewissen Bildung. Ganz normal (Freilinger 2008: 40; Frau, 40 Jahre, ohne Partner, 4 Jahre Erfahrung im Onlinedating).
Aus diesen Überlegungen ergibt sich eine vierte Implikation in Form der großen Bedeutung sozialstruktureller Merkmale für die Reduktion der Komplexität und den Prozess der Auswahl von Kontaktpartnern auf Internetkontaktbörsen. Die im Nutzerprofil vorhandenen standardisierten Informationen sind für den ersten Eindruck, den ein suchender Akteur von den potentiellen Kandidaten gewinnt, von entscheidender Bedeutung, da an dieser Stelle des Suchprozesses sehr häufig bereits eine Entscheidung für oder gegen einen Kontakt getroffen wird (vgl. das Zitat von Fiore auf Seite 125). Wie wichtig der erste Eindruck, nicht nur als (unbewusster) Mechanismus zur Komplexitätsreduktion, sondern auch als Quelle bedeutsamen Wissens über den Anderen ist, hat wiederum Simmel aufgezeigt (vgl. auch Geser 2007): In irgend einem, freilich sehr schwankenden Maße wissen wir mit dem ersten Blick auf jemanden, mit wem wir zu tun haben. . . . [Es ist] erstaunlich, wie viel wir von einem Menschen bei dem ersten Blick auf ihn wissen. Nichts mit Begriffen Ausdrückbares, in einzelne Beschaffenheiten Zerlegbares; wir können vielleicht durchaus nicht sagen, ob er uns klug oder dumm, gutmütig oder bösartig, temperamentvoll oder schläfrig vorkommt. Alles dies, im gewöhnlichen Sinn Erkennbare, vielmehr sind allgemeine Eigenschaften, die er mit unzähligen andern teilt. Was aber jener erste Anblick seiner uns vermittelt, ist in solches Begriffliches und Ausdrückbares gar nicht aufzulösen und auszumünzen – obgleich es immer die Tonart aller späteren Erkenntnisse seiner bleibt –, sondern es ist das unmittelbare Ergreifen seiner Individualität, wie seine Erscheinung, zuhöchst sein Gesicht es unserm Blick verrät, wofür es prinzipiell belanglos ist, dass auch hierbei genug Irrtümer und Korrigierbarkeiten vorkommen (Simmel 1908: 725f.).
Der erste Eindruck von potentiellen Partnern im Internet ist ein anderer, als man ihn im normalen Alltag gewinnen würde, da er sich eigentlich nur auf die standardisierten Profilangaben und möglicherweise ein Foto stützen kann. Hier
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zeigt sich der spezifische Unterschied zwischen der Partnerwahl im Internet und den Alltagskontexten besonders deutlich, da die Ordnung, in der romantische Interaktionen traditionellerweise vollzogen wurden, eine Umkehrung erfahren hat: Wo Anziehung normalerweise dem Wissen vom anderen vorausgeht, geht hier Wissen der Anziehung oder zumindest der physischen Präsenz und Verkörperung romantischer Interaktionen voraus. Gegenwärtig begreifen sich die Menschen im Internet zunächst als Bündel von Attributen und erfassen erst in weiteren – langsam größer werdenden – Schritten die körperliche Präsenz des anderen (Illouz 2006: 119f.).
Vor Beginn jeder Beziehung im Onlinedating steht also die Evaluation von Nutzerprofilen anhand der dort angegebenen, interindividuell vergleichbaren Kriterien. Erst wenn die Bewertung eines Profils positiv ausfällt, dergestalt, dass sich ein Akteur einen lohnenswerten Austausch mit einer anderen Person verspricht, besteht die Möglichkeit einer weiteren Interaktion. An dieser Stelle bietet es sich nun an, noch einmal an die eingangs angestellten Überlegungen zur Wahlfreiheit zu erinnern. Dort wurde argumentiert, dass die individuellen Neigungen der Personen, Beziehungspartner mit bestimmten Merkmalen auszuwählen, einen verhältnismäßig großen Beitrag zur Erklärung von sozialstrukturellen Paarkonstellationen beitragen würden, weil die Kontaktnetze eher nach den eigenen Vorstellungen und Vorlieben selbst gewählt und weniger institutionell vorstrukturiert wären. Dass sich, wie in den beiden Zitaten aus den Interviews von Freilinger (2008) deutlich wurde, die Akteure bei der Partnersuche tatsächlich bewusst an bestimmten Kriterien, wie hier der Bildung, orientieren, unterstützt diese Interpretation nachhaltig. Schließlich handelt es sich dabei um empirische Evidenz dafür, dass sich die Individuen innerhalb der sie beschränkenden Rahmenbedingungen durchaus bewusst mit den Gelegenheiten auseinandersetzen. Durch eine Untersuchung der Partnerwahl im Internet ist man folglich beispielsweise in der Lage, die Vermutung, dass das Phänomen der Homogamie zu einem gewissen Teil durch intentionales Handeln der Menschen erklärbar sei („people often prefer to associate with equally educated partners“; Blossfeld & Timm 2003: 341), mit empirischen Befunden zu belegen. Vor dem Hintergrund dieser vier Implikationen und der bekannten Ergebnisse aus der Heiratsmarkt- und Homogamieforschung kann man nun davon ausgehen, dass die Kontaktaufnahme sowie das Antwortverhalten bestimmten sozialen Regelmäßigkeiten folgen. Dies ist insofern plausibel, als die Akteure mit einem bestimmten Vorwissen auf die Internetplattform kommen. Dieses Vorwissen besteht erstens aus individuellen Neigungen und Vorstellungen darüber, wie ein
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angemessener Beziehungspartner sein oder nicht sein sollte. Zweitens sind sich die Akteure in aller Regel auch bewusst, welche potentiellen Partner sie im realen Leben treffen würden, z. B. im Bildungssystem, im Beruf oder im Kontext von Freizeitaktivitäten. Drittens orientieren sich die Akteure an den kollektiv verankerten Bedeutungen der (sozioökonomischen) Merkmale, die ihnen im Onlinedating als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt werden. Dieses Wissen ist im Internet insofern von großer Bedeutung, als die Kontaktbörse aus Sicht der einzelnen Akteure ein weitgehend unstrukturierter Raum ist, da sie nicht wie im realen Leben sehen können, was um sie herum passiert, insbesondere wie sich andere Akteure in ähnlichen Situationen verhalten. Soziale Phänomene, wie das für diese Studie zentrale geschlechtsspezifische Partnerwahlverhalten, müssten folglich im Internet ähnlichen theoretischen Erwartungen folgen wie im Alltag, allerdings weniger aus strukturellen Gründen, sondern weil bestimmte sozial strukturierende Merkmale eine Bedeutung für die Akteure haben, an denen sie sich orientieren. So lässt sich an dieser Stelle als ein in Anbetracht der kaum vorhandenen Forschung auf diesem Gebiet sicher vorläufiges Ergebnis festhalten, dass die Partnerwahl im Internet zwar anders funktioniert, aber letztlich doch die gleichen Auswahlkriterien und sozialen Mechanismen eine Rolle spielen wie bei der Partnerwahl im Alltag, wenngleich nicht zwangsläufig im selben Verhältnis. Der Vorteil des Onlinedatings als Untersuchungskontext für die Partnerwahl ist darin zu sehen, dass die Gelegenheitsstrukturen der Akteure kontrolliert werden können und somit analysiert werden kann, ob die intentionalen und strukturellen Komponenten einer Erklärung gleich- oder möglicherweise gegenläufige Konsequenzen für die beobachtbaren kollektiven Muster der Partnerwahl haben. 4.1.2 Stand der Forschung Trotz der zunehmenden Relevanz des digitalen Heiratsmarktes und des großen öffentlichen Interesses, steht die empirische Sozialforschung zu diesem Phänomen heute erst am Anfang. Bislang existieren nur sehr wenige empirische Studien, die sich mit diesem Thema befassen. Zumeist handelt es sich dabei um Beschreibungen der Marktsituation (Bruschewski 2007, Brym & Lenton 2001, Pflitsch & Wiechers 2008), qualitative Studien mit kleinen Stichproben (Baker 2005, Henry-Waring & Barraket 2008, Lawson & Leck 2006) oder rein deskriptive Querschnittsuntersuchungen (Bühler-Ilieva 2006). Für die nachfolgende eigene empirische Untersuchung sind insbesondere die Arbeiten von Fiore (2004) und Fiore & Donath (2005), die in verschiedenen Versionen im Internet verfügbare Studie von Hitsch et al. (2006, 2009), sowie das Diskussionspapier
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von Lee (2008) von Interesse, da in diesen Studien ebenfalls Massedaten von Onlinekontaktbörsen analysiert werden. Diese Untersuchungen sind eher explorativ angelegt und geben deshalb erste Hinweise darauf, welche Paare sich im Onlinedating zusammenfinden und entlang welcher Merkmale die Auswahl möglicher Partner strukturiert sein könnte. Insgesamt gesehen gibt es zum jetzigen Zeitpunkt in der Forschungsliteratur jedoch allenfalls rudimentäre Hinweise darauf, wie diese Strukturen zustande kommen und wie diese Zusammenhänge theoretisch erklärt werden können. Dies ist mithin der Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Während in Abschnitt 3.1 der aktuelle Stand der Theoriebildung und die wichtigsten Befunde der empirischen Partnerwahlforschung im normalen Alltag referiert wurden, werden nun das jeweilige Vorgehen und die Hauptergebnisse dieser wichtigen, explorativen Referenzstudien der Onlinedatingforschung zusammenfassend dargestellt. In ihrer Studie zur Bedeutung der Homophilie im Onlinedating untersuchten Fiore (2004) und Fiore & Donath (2005) die Kontaktanbahnung zwischen den Teilnehmern einer amerikanischen Singlebörse. Die in Form einer Masterarbeit bzw. eines Konferenzbeitrages veröffentlichten Analysen basieren auf einem Datenbankauszug dieser Singlebörse über einen Zeitraum von acht Monaten, der neben Nutzeraktivitäten (versendete und erhaltene Textnachrichten) auch die entsprechenden Nutzerprofildaten enthält. Für die Auswertungen stehen konkret die Angaben von 52.857 aktiven Nutzern zur Verfügung, die im Erhebungszeitraum insgesamt 236.930 Textnachrichten verschickt haben. Daraus ergeben sich 110.722 Paare; 86.597 davon haben nur eine einzige Nachricht ausgetauscht; in allen anderen Paaren wurden mindestens zwei Nachrichten registriert. Es zeigt sich, dass männliche Teilnehmer insgesamt aktiver sind, da sie signifikant häufiger Kontakte initiieren als Frauen und von Frauen initiierte Kontakte häufiger beantwortet werden. Weiterhin geht aus den Analysen hervor, dass dyadische Interaktionen überzufällig häufig zwischen Personen mit ähnlichen sozial bedeutsamen Attributen, wie z. B. Bildung oder physische Attraktivität, initiiert und fortgeführt werden: Users opted for sameness more often than chance would predict in all the characteristics examined . . . This concurs with the overwhelming evidence gathered by relationship researchers . . . that actual and perceived similarity in demographics, attitudes, values, and attractiveness correlate with attraction (Fiore & Donath 2005: 4).
Diese Tendenz zur Ähnlichkeitspaarbildung ist bereits bei der ersten Kontaktaufnahme deutlich ausgeprägt und nimmt im weiteren Verlauf der Interak-
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tionsbeziehung, hier analysiert am Beispiel der Beantwortung der Erstkontakte, nur noch leicht zu. Daraus schließen Fiore & Donath (2005: 4): „Although the difference is small, it suggests that users were slightly more likely to respond to an initiation from a more similar other“. Insgesamt gesehen zeigt diese Studie, dass die im normalen Alltag beobachtbare Neigung, sich besonders mit sozial ähnlich positionierten Menschen zu assoziieren (vgl. z. B. Blau 1994, Lazarsfeld & Merton 1954), auch im Internet relevant zu sein scheint. Ähnliche Schlussfolgerungen lässt indessen die Studie von Hitsch et al. (2006, 2009) zu. Auch ihre eher ökonomisch orientierte Untersuchung des Nachrichtenaustausches auf einer (wahrscheinlich anderen) amerikanischen Internetkontaktbörse deutet darauf hin, dass die Partnerwahl im Internet im Vergleich zum Alltag ähnlichen sozialen Spielregeln folgt und vergleichbare soziale Grenzen entlang bestimmter Attribute bestehen. Ihre Analyse basiert auf einer Stichprobe von 3.004 Männern und 2.783 Frauen aus den Städten Boston und San Diego, die bei einer Singlebörse angemeldet sind und diesen Service aktiv nutzen. Beobachtet wurden alle Aktivitäten dieser Nutzer auf der Internetplattform über einen Zeitraum von dreieinhalb Monaten im Jahr 2003; das sind insbesondere 49.223 von Männern und 14.178 von Frauen versendete Erstkontakte, von denen 2.130 bzw. 914 zu einem so genannten „Match“ führen, d. h. einem Austausch von Informationen, die einen Kontakt außerhalb der Plattform ermöglichen oder die Bereitschaft zu einem persönlichen Treffen signalisieren. Im ersten Schritt ihrer Analyse schätzen Hitsch et al. (2009: 2) „a rich model of mate preferences“ mittels einer binären logistischen fixed-effects Regression. Die Ergebnisse dieser Schätzung, die auch gegenüber verschiedenen Modellierungsansätzen robust sind (Hitsch et al. 2006), deuten wie die Befunde von Fiore (2004) und Fiore & Donath (2005) darauf hin, dass die Nutzer der Onlinedatingplattform weitgehend Partner mit ähnlichen Merkmalen bevorzugen. Dies trifft, unabhängig vom Geschlecht, insbesondere für das Alter zu. Hinsichtlich der Bildung zeigt sich ebenfalls eine bedeutsame Homophilie für Frauen und Männer, allerdings mit den aus der Literatur bekannten geschlechtsspezifischen Abweichungen: Regarding education, we find that both men and women want to meet a partner with a similar education level. While women have an overall strong preference for an educated partner, but also have a relatively small tendency to avoid men who are more educated than themselves, men generally shy away from educated women (Hitsch et al. 2009: 20).
Diese Zusammenhänge hinsichtlich der Sortierung nach Bildung können ihrer Tendenz nach auch für die Matches bestätigt werden, d. h. bei den Dyaden,
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für die es zumindest indirekte Hinweise darauf gibt, dass sich möglicherweise eine Beziehung außerhalb der Internetkontaktbörse entwickeln könnte. Davon ausgehend untersuchten die Autoren in einem zweiten Schritt, ob sich diese Matchingstrukturen mit einem Heiratsmarktmodell der Familienökonomie (GaleShapley-Modell) vorhersagen lassen. Die weitgehende Übereinstimmung der beobachteten Korrelationen der Nutzerattribute und den Zusammenhängen in den vorhergesagten stabilen Matches interpretieren Hitsch et al. (2009) als externe Validierung ihrer vorangegangenen Befunde. Weiterhin schlussfolgern sie: in online dating, sorting can arise without any search frictions: mate preferences, rational behavior, and the equilibrium mechanism by which matches are formed generate sorting patterns that are qualitatively similar to those observed „offline“ (Hitsch et al. 2009: 5).
In enger Anlehnung an die Studie von Hitsch et al. (2006, 2009) hat Lee (2008) auf Basis der Daten einer koreanischen Onlinedatingagentur ebenfalls die Sortierungsmechanismen bei der Kontaktaufnahme untersucht. Die dieser Studie zugrunde liegenden Daten enthalten detaillierte soziodemographische Informationen und Nutzungsaktivitäten von 20.689 auf dieser Plattform registrierten Personen; etwas mehr als die Hälfte davon sind Frauen. Das Besondere an dieser Studie ist, dass die Daten sowohl Informationen über realisierte und abgelehnte, eher unverbindliche „Dates“ enthalten, als auch Informationen darüber, welche der Paare, die sich auf der Plattform über Dates kennen lernten, schließlich geheiratet haben (13,4 Prozent der untersuchten Nutzer). Lees (2008) Vorgehen ähnelt stark dem von Hitsch et al. (2006, 2009): In einem ersten Schritt werden verschiedene Probit-Modelle (random effects) für die Dating- und Heiratsentscheidungen der Akteure geschätzt; in einem zweiten Schritt wird unter Verwendung des Gale-Shapley-Algorithmus untersucht, wie Veränderungen in den Auswahlmöglichkeiten die Sortierung nach bestimmten Merkmalen beeinflussen. Daran schließen sich weitere explorative Modellierungen an, die für die vorliegende Arbeit von geringerer Bedeutung sind. Lee (2008) fasst die Hauptergebnisse ihrer Studie folgendermaßen zusammen: Die Akteure berücksichtigen eine Vielzahl an Merkmalen, wenn sie nach einem Partner suchen, so z. B. Bildung oder physische Attraktivität, neben anderen. Insgesamt zeigt sich, dass sowohl Männer als auch Frauen solche Partner bevorzugen, die ihnen ähnlich sind. Wie in den anderen Studien bestätigt sich also auch hier die große Bedeutung der Homophilie für die Partnerwahl, wenngleich eine ebenfalls markante, weitgehend geschlechtsneutrale Tendenz auszumachen ist, einen Partner mit besseren Attributen zu wählen, wenn sich die Gelegenheit bietet:
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For example, people value having a partner with similar physical attractiveness or education, but all men and women unanimously prefer a partner with better appearance. In some cases, this offsetting effect is gender-specific. Male high school graduates prefer female high school graduates, while male college graduates prefer female college graduates; on the other hand, all women prefer male college graduates regardless of their own educational attainment (Lee 2008: 3).
Diese Zusammenhänge sind bei den ersten Dates und den späteren Eheschließungen weitgehend deckungsgleich, weshalb Lee (2008) schlussfolgert: „in a setting where people are seriously searching for a spouse, analyzing first-date outcomes can be sufficient to identify their marital preferences“ (Lee 2008: 3). Dieser Befund, der durch die speziellen, reichhaltigen Daten überhaupt erst möglich wurde, zeigt das große Potential der Erforschung der ersten Schritte der Kontaktanbahnung im Onlinedating für die am Ende resultierenden und zu erklärenden Paarkonstellationen. Vor dem Hintergrund dieser Präferenzanalysen konnte Lee (2008) zudem mittels Simulationsstudien zeigen, dass ein gewisser Anteil der Sortierung, beispielsweise nach Bildung, allein durch die Gelegenheitsstrukturen des Kontextes erklärt werden kann. Das deutet darauf hin, dass die Partnerwahl eben nicht nur von individuellen Präferenzen gesteuert wird, sondern vielmehr eine Auswahl aus einem strukturell restringierten Set möglicher Alternativen darstellt. Daraus schließt Lee (2008): If sorting is entirely the result of preferences, then the adoption of new search technologies will have little effect on sorting along education. However, if sorting is largely due to constraints on individuals’ choice sets, then such technologies may significantly change the degree of sorting (Lee 2008: 2).
Unabhängig davon, ob Lees (2008) Prognose, dass die strukturierende Bedeutung bestimmter sozialstruktureller Merkmale im Partnerwahlprozess durch die Vergrößerung der Alternativen auf dem Internetheiratsmarkt verändert oder gar reduziert würde, stimmt oder nicht, bedeutet das im Hinblick auf die theoretische Diskussion folgendes: Mit den Daten des Onlinedatings kann es durchaus gelingen, die strukturellen und intentionalen Komponenten der Erklärung von Mustern der Partnerwahl analytisch zu trennen und mithin in ihrer Wechselseitigkeit und relativen Wichtigkeit zu bewerten. Während aus Sicht der sozialstrukturellen Partnerwahlforschung (vgl. z. B. Blossfeld 2009a, Blossfeld & Timm 1997, Blossfeld & Timm 2003) die institutionell kanalisierten Opportunitätsstrukturen (z. B. im Bildungssystem) eigentlich der zentrale Bestandteil der Erklärung der Partnerwahl in modernen Gesellschaften sind, kann
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die Analyse des Onlinedatings nun zeigen, ob und inwieweit die individuellen Neigungen der Akteure mit den strukturellen Möglichkeiten in Einklang stehen oder diesen möglicherweise widersprechen und ob das oben angedeutete Ideal der Wahlfreiheit auf dem Internetheiratsmarkt tatsächlich realisiert werden kann oder im Internet ähnliche soziale Barrieren existieren wie im normalen Alltag. Unter Berücksichtigung der Zeitkomponente ist so eine dynamische Integration von Mikro- und Makroperspektive möglich, welche „die häufig (künstlich) vorgenommene Unterscheidung zwischen ökonomischen . . . Erklärungen . . . und sozialstrukturellen Argumentationen“ überwinden kann (Blossfeld & Müller 1996: 387). Eine kurze Diskussion des Forschungsstandes Derzeit gibt es nicht viele, aber durchaus instruktive empirische Studien zu den Mustern der Parterwahl auf Internetkontaktbörsen, die eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten für die eigene Analyse der geschlechts- und bildungsspezifischen Partnerwahl bieten. Die Befunde der amerikanischen und koreanischen Studien sind ihrer Tendenz nach sehr ähnlich, zeigen sie doch durchweg, dass die Unterschiede zum normalen Alltag gar nicht so groß sind, wie es hätte erwartet werden können. Zwar gehen einige Autoren bereits zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass Internetkontaktbörsen, ganz im Sinne des Individualisierungsprinzips, eine eher egalisierende als elitenbildende Wirkung auf die Paarbildung haben (vgl. Bühler-Ilieva 2006, Geser 2007), was sich unter anderem dahingehend interpretieren lässt, dass sozioökonomische Merkmale für die Partnerwahl im Internet eine weitaus geringere Rolle spielen als im normalen Alltag. Entgegen dieser Erwartung zeigen jedoch die referierten Befunde von Fiore (2004), Fiore & Donath (2005), Hitsch et al. (2006, 2009) und Lee (2008) auf Basis ihrer amerikanischen bzw. koreanischen Daten eine durchaus hohe Neigung zur Homogamie hinsichtlich wichtiger sozialstruktureller Merkmale, wie z. B. dem Bildungsniveau, was eher dafür spricht, dass aus dem normalen Alltag bekannte Denk- und Handlungsmuster auf den virtuellen Heiratsmarkt übertragen werden. Von besonderem Interesse ist zudem der Befund von Lee (2008), dass bereits die Paarkonstellationen, die bei den ersten Kontakten im frühen Stadium des Prozesses der Beziehungsentwicklung beobachtet werden können, ein guter Prädiktor für die Präferenzen bei der Wahl eines Ehepartners sind. Die Untersuchung von Erstkontakten und deren Beantwortung ist demnach durchaus aussagekräftig im Hinblick auf die theoretische Diskussion um das Zustandekommen bestimmter Paarkonstellationen, die ja hauptsächlich am Beispiel der Eheschließung entwickelt wurde und nicht für die vorgelagerten Entscheidungen.
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Das explorative und sehr detailgenaue empirische Vorgehen der aktuell verfügbaren Studien geht allerdings einher, und das muss an dieser Stelle kritisiert werden, mit einer recht geringen theoretischen Fundierung. Beim Lesen der Manuskripte fällt auf, dass kaum Hypothesen über die empirisch getesteten Zusammenhänge herausgearbeitet werden und daher am Ende auch keine systematische, theoriebezogene Interpretation vorgenommen werden kann. Das wird besonders deutlich bei der Verwendung des Konzeptes der Präferenzen; so wird beispielsweise bei Hitsch et al. (2006, 2009) die Bildungshomophilie einzig auf die Präferenz für bildungsgleiche Partner zurückgeführt, was jedoch aus soziologischer Sicht nicht unbedingt der Fall sein muss (vgl. Abschnitt 3.1.4). Eine starke Konzentration der Bemühungen auf die Modellierung und die Produktion vieler verschiedener empirischer Ergebnisse darf jedoch nicht auf Kosten einer abstrakten, zusammenfassenden theoretischen Diskussion gehen, die schließlich das Herzstück einer jeden (soziologischen) Erklärung darstellt. Durch die systematische Integration bestehender theoretischer Ansätze der Partnersuche und -selektion auf der einen Seite und den Ergebnissen der empirischen Analyse auf der anderen Seite wird die vorliegende Arbeit versuchen, über den bisherigen Forschungsstand hinauszugehen. Um das große Erkenntnispotential der Onlinedatingforschung weiter nutzen und damit nicht nur die familiensoziologische, sondern auch die allgemeine soziologische Theoriebildung weiter vorantreiben zu können, bedarf es in Zukunft weiterer Studien auf Basis von Datenbankauszügen kommerzieller Plattformbetreiber. Hier werden, meist ohne großen Erhebungsaufwand und ohne große Kosten, wissenschaftlich höchst interessante Daten generiert (vgl. den folgenden Abschnitt 4.1.3), die im Moment leider kaum für akademische Forschungszwecke zur Verfügung gestellt werden. Offenbar gibt es derzeit von beiden Seiten Vorbehalte dagegen: Seitens der Wissenschaft wird beispielsweise häufig auf eine unbestimmte Datenqualität verwiesen, da der Prozess der Datengewinnung scheinbar nicht nachvollziehbar oder zumindest nicht in jedem Punkt an wissenschaftlichen Kriterien ausgerichtet ist. Für die kommerziell orientierten Plattformbetreiber werden die Daten beispielsweise deshalb ungerne herausgegeben, da dadurch tiefe Einblicke in interne Vorgänge möglich werden und da diejenigen, die diese Einblicke haben, als potentielle Konkurrenten wahrgenommen werden. Allerdings sind sich beide Seiten durchaus auch des Potentials bewusst, das in einer wissenschaftlichen Analyse der allemal vorhandenen Daten steckt. Die Forschung kann auf der einen Seite, wie an den aktuellen Studien ersichtlich, von dem umfangreichen Datenmaterial und verhältnismäßig großen Stichproben profitieren. Auf der anderen Seite können die Anbieter von Internetkontaktbörsen die Ergebnisse der Forschung aufgreifen und systematisch zur Verbesserung
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ihrer Angebote einsetzen. So ist zu wünschen und bleibt zu hoffen, dass sich in Zukunft vertrauensvolle Kooperationen zwischen Plattformbetreibern und der Wissenschaft herausbilden und diese von den beteiligten Einrichtungen finanziell und institutionell gefördert und unterstützt werden. 4.1.3 Daten, Methoden und Variablen In diesem Abschnitt wird die Datengrundlage der empirischen Analyse des Kontaktverhaltens im Onlinedating beschrieben. Im Zuge dessen werden die wichtigsten Vorteile dieser Daten aufgezeigt. Danach wird der Aufbau der Analysestichproben dargelegt. Schließlich werden die verwendeten Methoden und die Operationalisierung der Variablen erläutert. Daten Die empirische Analyse der skizzierten Zusammenhänge bei der Partnerwahl im Internet basiert auf einem Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse. Die Daten werden von dem Anbieter dieser Singlebörse den Mitarbeiter/-innen des Lehrstuhls für Soziologie I an der Universität Bamberg zur Bearbeitung des DFG-Projekts „Prozesse der Partnerwahl bei OnlineKontaktbörsen“ zur Verfügung gestellt.10 Die Datenweitergabe, die Nutzungsrechte und die üblichen Vereinbarungen zum Datenschutz (wie z. B. die Verpflichtung seitens der Datennutzer, keine Reanonymisierungsmaßnahmen durchzuführen) sind in einem Kooperationsvertrag fixiert, in dem sich der Kooperationspartner des Lehrstuhls zudem erbeten hat, im Rahmen wissenschaftlicher Veröffentlichungen nicht namentlich genannt zu werden.11 Die Nutzer der Plattform werden im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass die von ihnen durch die Anmeldung auf und die Nutzung der Plattform anfallenden personenbezogenen Daten zum Zwecke wissenschaftlicher Forschungsarbeit auch durch dritte Kooperationspartner verwendet werden können. Für den zufällig ausgewählten Zeitraum vom 1. Januar bis zum 29. Juni 2007 enthält dieser Datenbankauszug sämtliche Informationen zu den in diesem Zeitfenster angemeldeten Nutzern sowie prozessgenerierte Informationen zum Nutzungsverhalten auf der Plattform. Von den Nutzern liegen somit all die Infor10
Ich bedanke mich bei dem Kooperationspartner für die Bereitstellung der Daten.
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Dies scheint in der Onlinedatingforschung offenbar gängige Praxis zu sein, da in keiner der oben zitierten, derzeit verfügbaren Referenzstudien ein konkreter Kooperationspartner oder Datenlieferant genannt wird. Die einzige Ausnahme ist die Studie von Bühler-Ilieva (2006).
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mationen vor, die sie im Rahmen der Anmeldung an der Kontaktbörse in ihren Profilen hinterlegt haben und die in erkennbarer Weise der Anzeige gegenüber allen oder bestimmten anderen Nutzern dienen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um standardisiert erhobene sozialstrukturelle Merkmale, wie z. B. das Geschlecht, das Alter, den höchsten Bildungsabschluss oder Körpergröße und Körpergewicht. Weiterhin enthält der Datensatz die Eingaben der Nutzer in den Freitextfeldern, z. B. zu Hobbys, Vorlieben und Abneigungen. Die Nutzerinformationen liegen in vollanonymisierter Form vor, so dass keine Rückschlüsse auf die konkrete Identität der jeweiligen Nutzer möglich sind. Die einzelnen Akteure können lediglich durch eine vom Anbieter vor der Datenweitergabe vergebene Identifikationsnummer voneinander unterschieden werden. Weiterhin enthält der Datenbankauszug Informationen zu den Aktivitäten der Nutzer auf der Plattform. Wichtig ist hierbei, dass die Nutzer im Beobachtungszeitraum die volle Funktionalität der Kontaktbörse unentgeltlich nutzen konnten. Bei den Informationen handelt es sich erstens um die Änderung der personenbezogenen Profilinformationen, zweitens um die Suche nach potentiellen Beziehungspartnern sowie drittens um das Kontaktieren anderer Mitglieder in Form von Textnachrichten. Für jede einzelne dieser Aktionen wird ein Datenbankeintrag generiert, der die Identifikationsnummer des aktiven Nutzers, die Art der Aktion, die Identifikationsnummer des passiven Nutzers, d. h. des Akteurs, dessen Profil angeklickt wird oder der eine Textnachricht erhält, sowie das Datum und die Uhrzeit der Aktion enthält. Somit können innerhalb des Beobachtungszeitraums alle Aktionen eines Teilnehmers und alle Kontaktereignisse zwischen zwei unterschiedlichen Teilnehmern zeitbezogen rekonstruiert und mit dem sozialstrukturellen Profil der Sender und Empfänger verbunden werden. Die konkreten Inhalte der Nachrichten sind nicht bekannt, da sie vom Anbieter vor der Datenweitergabe zensiert werden. Für die nachfolgenden Analysen werden die (zeitveränderlichen) soziodemographischen Merkmale der Nutzer sowie die Nachrichteninteraktionen genutzt, das Suchverhalten der Akteure wird hier nicht betrachtet (vgl. für eine allererste Annäherung aber Skopek et al. 2010). In ihrer langen Forschungsgeschichte hat sich die empirische Partnerwahlforschung in aller Regel auf retrospektiv erhobene Befragungsdaten aus standardisierten Interviews gestützt. Im Vergleich dazu haben die Daten aus dem Onlinedating mindestens vier Vorteile, die im Folgenden kurz herausgestellt werden (vgl. auch Schmitz et al. 2009). Nichtreaktive prozessgenerierte Beobachtungsdaten: Der größte methodische Vorteil des vorliegenden Datenbankauszuges der Internetkontaktbörse ist sicherlich, dass die Datenerhebung nichtreaktiv erfolgt und deshalb zu erwarten ist,
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dass das Ergebnis der Forschung nicht durch den Datenerhebungsvorgang beeinflusst wird. Während es den Zielpersonen beispielsweise bei einer mündlichen Befragung unmittelbar bewusst ist, dass sie gerade Teil eines sozialwissenschaftlichen Forschungsvorhabens sind, erfolgt die Speicherung der Vorgänge in der Datenbank der Singlebörse im Hintergrund, ohne dass die Akteure davon etwas mitbekommen. Mithin ist die Datenerhebung mit einer dauerhaften verdeckten Feldbeobachtung vergleichbar. Protokolliert werden die tatsächlichen Handlungen, welche die Menschen in dieser spezifischen Umgebung durchführen (z. B. Pflege des Profils, Versenden von Nachrichten), und zwar unabhängig von den individuellen Handlungsabsichten, welche die Menschen möglicherweise in Befragungen vorgeben würden („revealed preferences“ statt „stated preferences“). So kann man mit einer gewissen Plausibilität davon ausgehen, dass das Verhalten der partnersuchenden Personen im Onlinedating ohne größere Verzerrungen gemessen werden kann (vgl. dazu auch die Ausführungen über Anonymität und dyadische Exklusivität der Kontaktanbahnung in Abschnitt 4.1.1). Da sämtliche Aktionen und Entscheidungen der Teilnehmer auf der hier untersuchten Onlinekontaktbörse, vom einzelnen Mausklick bis zur ausführlichen Nachricht, von der An- bis zur Abmeldung, in einer Datenbank anonymisiert gespeichert werden, entsteht über die Zeit ein prozessgenerierter Massedatensatz, mit dem all das, was sich auf der Kontaktbörse abspielt, exakt zeitbezogen rekonstruiert werden kann. Aus Sicht der Partnerwahlforschung ist es von besonderem Interesse, dass die einzelnen Akteure einerseits vollkommen isoliert und andererseits im Kontext von Dyaden analysiert werden können, die durch den Prozess der Partnerwahl entstehen. Echte Verlaufsdaten ab dem Prozessbeginn: Die Prozesse der Partnerwahl auf Onlinekontaktbörsen können immer ganz von Beginn an im Längsschnitt beobachtet werden. So ist es möglich, die komplette Interaktionsgeschichte der Akteure auf diesen Internetplattformen, einschließlich des Ausgangszustandes kurz vor dem Beginn einer Interaktion, lückenlos zu rekonstruieren und zu jedem Zeitpunkt mit den Merkmalen und Gelegenheiten der beteiligten Akteure in Beziehung zu setzen. Damit kann die Forschung uneingeschränkt von den Fortschritten der aktuellen Lebenslaufforschung profitieren und die zeitbezogenen kausalen Mechanismen herausarbeiten, nach denen Frauen und Männer in den verschiedenen Phasen ihres Lebens unter gegebenen Rahmenbedingungen eine Partnerwahlentscheidung treffen (vgl. Blossfeld & Timm 1997). Im Vergleich zu den bisherigen Datenquellen der Partnerwahlforschung ist der große Vorteil darin zu sehen, dass die Partnerwahl im Onlinedating Schritt für Schritt prospektiv beobachtet werden kann und nicht retrospektiv vom Endergebnis (der Eheschlie-
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ßung) her rekonstruiert werden muss; zudem ist der Zeitpunkt des erstmaligen Aufeinandertreffens, ja sogar des erstmaligen Profilbesuches bekannt. Kontrolle des Kontexts: Mit den Daten des Onlinedatings ist es möglich, die eben angesprochenen Rahmenbedingungen, unter denen die Akteure eine Partnerwahlentscheidung treffen, zu kontrollieren. Wie Blossfeld & Timm (1997: 447) hervorheben, kommt es „hierbei besonders darauf an, zeitbezogen die . . . strukturellen Handlungskontexte aufzuzeigen . . . , durch die die prinzipiell unendliche Menge der Handlungsmöglichkeiten jeweils auf eine geringere Zahl konkreter Handlungsalternativen reduziert wird“. Sicherlich kann man auch mit den Daten des Onlinedatings diese Handlungskontexte nicht allumfassend abbilden, da man nicht sicher sein kann, auf welchen weiteren Teilheiratsmärkten die Akteure präsent sind und wie diese Foki strukturiert sind. Für den hier gewählten spezifischen Kontext, d. h. die Onlinekontaktbörse, kann jedoch die Zusammensetzung und damit die für Kontakte zur Auswahl stehende Menge an Personen zu jedem Zeitpunkt präzise abgebildet werden. Im Vergleich zu konventionellen Partnerwahlstudien, die diese kleinräumlichen Strukturaspekte von Teilheiratsmärkten empirisch häufig nicht abbilden können, ist hier eine besondere Stärke des verwendeten Datensatzes zu sehen. Die zeitbezogene Berücksichtigung der Chance, einen bestimmten Kontakt aus rein strukturellen Gründen überhaupt realisieren zu können, ermöglicht es in einmaliger Weise, die Kontexteffekte der Partnerwahl zu kontrollieren und die intentionale Interpretation der anderen Merkmale um diese Komponente zu ‚bereinigen‘. Verhältnismäßig große Stichproben: Nicht zuletzt können Studien zur Partnerwahl im Onlinedating auf verhältnismäßig große Stichproben zurückgreifen. Die Datenbanken der Anbieter enthalten oft mehrere tausend Nutzer. Zudem handelt es sich bei der Untersuchungspopulation um eine offene Stichprobe, da ständig neue Personen hinzukommen. Wie die eingangs genannten Umsatz- und Nutzerzahlen andeuten, handelt es sich beim Onlinedating um einen Wachstumsmarkt, der, insbesondere durch eine stetig steigende Nutzerschaft, im Moment immer größer wird. Allerdings sind die Anbieter aus kommerziellen Gründen in aller Regel daran interessiert, den Nutzerbestand möglichst groß zu halten, beispielsweise weil dann höhere Gebühren oder Werbeeinnahmen erzielt werden können. So enthalten die Datenbanken häufig auch zahlreiche Karteileichen, d. h. Nutzer, die zwar noch auf der Plattform angemeldet, aber faktisch nicht mehr aktiv sind. Solche inaktiven Profile werden zumeist weder vom nicht mehr interessierten Nutzer noch vom Anbieter gelöscht. Fälle dieser Art spielen, ebenso wie z. B. mehrere Profile ein und desselben Teilnehmers, für sinnvolle sozialwissen-
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schaftliche Analysen natürlich keine Rolle und müssen deshalb identifiziert und ausgeschlossen werden. Doch selbst wenn man diese Einschränkungen berücksichtigt, kann man in aller Regel mit Fallzahlen im hohen vier- bis fünfstelligen Bereich rechnen. Einige kritische Anmerkungen zu den Daten: Trotz all dieser inhaltlichen Vorteile, den großen Fallzahlen und der Leichtigkeit der Datengewinnung und -extraktion sind einige kritische Anmerkungen zu den Daten unvermeidlich. So ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die im Onlinedating generierten Daten zunächst nicht primär für wissenschaftliche Zwecke erhoben werden. Vielmehr versprechen sich die Anbieter davon Informationen, die zur kommerziellen Weiterentwicklung der Angebote eingesetzt werden können (z. B. Größe der Nutzerpopulation oder bestimmte Arten des so genannten ‚Consumer Trackings‘). Dass diese Informationen gleichzeitig eine reichhaltige Datenquelle für wissenschaftliche Untersuchungen darstellen, wurde erst in jüngster Zeit erkannt. Allerdings müssen die Forscher, die mit solchen Datenbankauszügen arbeiten, stets berücksichtigen, dass bestimmte Standards der Datenerhebung möglicherweise nicht berücksichtigt wurden (z. B. Vollständigkeit oder Überschneidungsfreiheit standardisierter Antwortkategorien) und damit die Datenqualität nicht den hohen Anforderungen der empirischen Sozialforschung entspricht (z. B. hinsichtlich der Operationalisierung von theoretischen Argumenten). Schließlich steht hinter der Datenerhebung gewissermaßen eine andere Rationalität, weniger eine kognitive, wie es für die Wissenschaft typisch ist, sondern eher eine gewinnorientierte, in dem Sinne, dass die potentiellen Nutzer sich möglichst schnell und ohne großes Nachdenken als Mitglieder auf der Plattform registrieren. Nichtsdestotrotz kann man davon ausgehen, dass bestimmte Indikatoren, wie beispielsweise das Geburtsdatum, der Bildungsabschluss oder die gewünschte Beziehung weitgehend valide abgebildet werden können, da diese Informationen keine allzu großen Anforderungen an die Nutzer stellen. Allerdings muss man zunächst auch insofern mit verzerrten Informationen rechnen, da der spezifische Zweck dieser Plattformen und die dahinter liegende Kommunikationstechnik möglicherweise ein strategisches Antwortverhalten auf bestimmte Attraktivitätsmerkmale induziert (Hancock et al. 2004). So haben Hancock et al. (2007) in ihrer explorativen empirischen Untersuchung tatsächlich festgestellt, dass Abweichungen der Profilangaben im Onlinedating recht häufig vorkommen und die Wahrheit dadurch strategisch, aber nicht wirklich substantiell verzerrt wird. Auf Basis ihrer Befunde kommen Hancock et al. (2007) zu dem Schluss, dass die Akteure im Onlinedating sich zwar durchaus attraktiver darstellen, als sie eigentlich sind, aber nur in dem Maße, dass sie nach wie vor als verlässliche Interak-
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tionspartner wahrgenommen werden; denn schließlich antizipieren die Akteure im Onlinedating ein reales Treffen, bei dem bestimmte Unehrlichkeiten sofort auffallen würden und damit den Aufbau einer Beziehung gefährden könnten. Schließlich muss noch die Frage nach der Repräsentativität der Daten gestellt werden. Angesichts des frühen Stadiums der Onlinedatingforschung ist derzeit recht wenig darüber bekannt, wie die Nutzerstruktur des Onlinedatings und das Verhalten dieser Nutzer auf bestimmten Kontaktplattformen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, den Internetnutzern oder anderen Kontaktplattformen einzuordnen ist (Schmitz et al. 2009). Somit ist es nicht ohne Weiteres möglich, aufbauend auf den Befunden einer speziellen Kontaktbörse Aussagen über übergeordnete Einheiten mittels inferenzstatistischer Verfahren abzuleiten. Erst die weitere Forschung mit solchen Daten wird in Zukunft zeigen können, wie diese problematischen Aspekte überwunden werden können. Für die hier vorgelegte Studie, die durchaus auch als explorative Untersuchung zu verstehen ist, sollten diese Kritikpunkte keine allzu große Einschränkung darstellen, da allemal keine gesetzesartige Verallgemeinerung der Aussagen für die Gesamtgesellschaft angestrebt, sondern vielmehr auf Basis der verfügbaren Daten einer einzigen speziellen Singlebörse nach empirischer Evidenz für bestimmte theoretisch postulierte Mechanismen gesucht wird. Diese Befunde können dann im Sinne „exemplarischer Verallgemeinerungen“ (Wahl et al. 1982: 206) interpretiert werden, ohne dafür eine quantitative Bestimmtheit nennen zu können. Dass sie dennoch Hinweise auf bestimmte relevante soziale Regelmäßigkeiten liefern können, steht nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Erfolge der ‚qualitativen‘ Sozialforschung außer Frage. Aufbau der Stichproben für die nachfolgenden Analysen Die Stichprobe für die Analyse der Erstkontakte wurde wie folgt konstruiert. In einem ersten Schritt wurden nur aktive Plattformnutzer ausgewählt, die im Beobachtungszeitraum mindestens eine Nachricht an einen anderen Nutzer verschickt haben. Da das Interesse hier insbesondere der Bildungshomophilie der Akteure im Prozess der Partnersuche gilt, wurden in einem zweiten Schritt alle Teilnehmer entfernt, die lediglich auf der Suche nach einem sexuellen Kontakt („Seitensprung“) oder einer „Sport- und Freizeitbekanntschaft“ sind. Der größte Teil der in der Stichprobe verbliebenen Personen gibt in seinem Profil explizit an, auf der Suche nach einer festen Beziehung zu sein (über 80 Prozent). Die restlichen knapp 20 Prozent suchen entweder eine „Chat- oder E-Mail-Freundschaft“ oder machen zu diesem Punkt keine Angabe. In einem dritten Schritt wurden Personen mit homosexuellen Präferenzen aus der Analyse ausgeschlossen. Die
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Empirische Untersuchungen
Gründe hierfür sind zum einen die sehr geringe Fallzahl und zum anderen die Tatsache, dass homosexuell orientierte Personen eher spezialisierte Kontaktplattformen nutzen. In einem vierten Selektionsschritt wurden alle gleichgeschlechtlichen Interaktionen sowie an sich selbst gerichtete Nachrichten entfernt. Schließlich wurde, in einem fünften Schritt, die Stichprobe auf Erstkontakte begrenzt, d. h. es wurden alle Nachrichten herausgefiltert, die in einer späteren Phase der Interaktion versandt wurden. Somit verbleiben für die Analyse der Erstkontaktmuster 12.608 aktive Nutzer (7.430 Männer und 5.178 Frauen) und 116.138 Erstkontakte. Das mittlere Alter dieser Nutzer beträgt etwa 36 Jahre, wobei es keine signifikanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. Besonders stark sind Männer und Frauen zwischen 20 und 50 Jahren in der Stichprobe vertreten (jeweils über 80 Prozent); verglichen mit der Gesamtbevölkerung ist dieser Anteil in der Stichprobe etwa doppelt so hoch. Weiterhin zeigt sich, dass die Männer in dieser Stichprobe leicht höher gebildet sind als die Frauen (vgl. Tabelle 4.1 auf Seite 144). Verglichen mit bevölkerungsrepräsentativen Zahlen sind höher gebildete Personen deutlich überrepräsentiert, was vor allem durch den sehr niedrigen Anteil an Hauptschulabsolventen (knapp 45 Prozent für die Gesamtbevölkerung) und den hohen Anteil an Hochschulabsolventen (rund 20 Prozent für die Gesamtbevölkerung) erklärt werden kann (Statistisches Bundesamt 2006: 77). Diese Zusammensetzung war vor dem Hintergrund der Nutzerstruktur des Onlinedatings in Deutschland zu erwarten, die zudem im Einklang mit internationalen Befunden steht (vgl. Abschnitt 4.1.1). Etwas mehr als neun von zehn Nutzern sind ledig bzw. leben getrennt oder in Scheidung von einem ehemaligen Partner. Während ersteres für Männer eher zutrifft, sind Frauen in der zweiten Gruppe deutlich überrepräsentiert. Eine detaillierte Aufstellung der Zusammensetzung der Stichprobe hinsichtlich der wichtigsten Profilinformationen zeigt Tabelle A.1 im Anhang. Die Analyse der Antworten auf die Erstkontakte basiert ebenfalls auf den 116.138 Erstkontakten. Diese wurden an insgesamt 20.708 Empfänger (8.847 Männer und 11.861 Frauen) verschickt. Im Großen und Ganzen unterscheiden sich die Initiatoren und die Empfänger kaum hinsichtlich der wichtigsten soziodemographischen Merkmale, wenngleich weibliche Empfänger etwas jünger und etwas niedriger gebildet sind als weibliche Initiatoren. Hinsichtlich des Familienstandes sind weibliche Empfänger seltener getrennt/geschieden und etwas häufiger ledig; ebenso haben Frauen, die von Männern Kontaktofferten bekommen, etwas seltener Kinder. Der noch größte Unterschied zwischen den beiden Akteursgruppen besteht in der Art der gewünschten Beziehung. Wurden bei der ursprünglichen Stichprobe noch die Beziehungswünsche „Seitensprung“ und „Sport- und Freizeitbekanntschaft“ ausgeschlossen, um die weniger ernsthaften
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Absichten tendenziell auszuschließen, sind bei den Empfängern in etwa drei Prozent der Fälle solche Absichten zu beobachten. Da diese Personen jedoch von Akteuren mit ernsthafteren Absichten als Beziehungspartner in Betracht gezogen wurden, werden sie für die nachfolgenden Analysen beibehalten. Tabelle A.2 im Anhang dokumentiert die Verteilungen der wichtigsten Profilmerkmale der Empfänger analog zur Senderstichprobe (für eine ebenfalls sehr ausführliche Diskussion der selben Stichproben vgl. Skopek 2010). Methoden Zur Analyse der Kontakt- und Antwortneigungen der Akteure im Onlinedating werden verschiedene Methoden eingesetzt. Neben explorativen deskriptiven Statistiken für die Gesamtstichprobe und verschiedene Untergruppen wird auf dreierlei Art und Weise versucht, empirische Evidenz für die im theoretischen Teil herausgearbeiteten Hypothesen zu finden. Vergleich von erwarteten und beobachteten (relativen) Häufigkeiten: Um das Ausmaß der Bildungshomophilie im Onlinedating zu untersuchen, wird die beobachtete bildungsspezifische Kontaktverteilung mit der nach dem statistischen Unabhängigkeitsmodell theoretisch zu erwartenden Kontaktverteilung verglichen. Diese theoretische Verteilung gibt Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit, dass die Akteure bei der gegebenen Verteilung von Bildungsabschlüssen bei Männern und Frauen auf der Plattform zufällig einen Kontaktpartner wählen (vgl. Blossfeld & Timm 1997, Fiore & Donath 2005). Somit kann eine Abweichung der beobachteten Anteile von den erwarteten als Hinweis auf die strukturierende Bedeutung der Bildung für die Kontakt- oder Antwortentscheidung interpretiert werden. Für den Fall, dass sich beide Verteilungen gleichen, kann man davon ausgehen, dass das Bildungsniveau der Akteure keinen Einfluss auf den Erstkontakt oder die Antwort auf einen Erstkontakt hat, sondern die Kontaktmuster nur aufgrund der Bildungsverteilungen der Männer und Frauen auf der Onlineplattform entstehen. Die jeweilige erwartete bildungsspezifische Kontaktverteilung ist, in den konkreten Auswertungstabellen (z. B. Tabelle 4.3 auf Seite 155) zeilenweise gelesen, identisch mit den Verteilungen der Bildungsniveaus von Frauen und Männern in der Untersuchungsstichprobe wie sie in Tabelle 4.1 dargestellt sind. Würde beispielsweise ein männlicher Akteur seine Kontakte zufällig über alle auf der Plattform verfügbaren Frauen streuen, so würde er in 6,1 Prozent der Fälle eine Hauptschülerin anschreiben und in 28,2 Prozent eine Hochschülerin.
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Empirische Untersuchungen
Tabelle 4.1: Verteilung der Bildungsniveaus in der Stichprobe nach Geschlecht Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
Männer 6,4 34,6 23,8 35,2
Frauen 6,1 40,2 25,5 28,2
Gesamt 6,3 36,9 24,5 32,4
Gesamt
100,0
100,0
100,0
N
6.199
4.249
10.448
Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Spaltenprozent.
Logistische Regression: Aufbauend auf den deskriptiven Befunden eignet sich der logistische Regressionsansatz besonders gut für eine weiterführende multivariate Betrachtung der Kontaktierungs- und Antwortstrukturen im Onlinedating. Er wurde in Auseinandersetzung mit dem linearen Regressionsansatz insbesondere für die Analyse binärer abhängiger Variablen entwickelt (Long & Freese 2005: 114f.), wie sie auch in dieser empirischen Studie im Mittelpunkt steht: Kontaktiert ein Akteur einen anderen Akteur im Onlinedating – ja oder nein? Und spezifischer: Handelt es sich bei dem Erstkontakt jeweils um einen homo-, hyper- oder hypophilen Erstkontakt – ja oder nein? Wird ein Erstkontakt beantwortet – ja oder nein? Mit Regressionsmodellen für solche dichotomen Outcomes kann herausgearbeitet werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Kontakte oder Antworten zu erwarten sind und wie diese Wahrscheinlichkeiten von bestimmten theoretisch relevanten Kovariablen beeinflusst werden (Andreß et al. 1997, Long & Freese 2005). Anders als beim einfachen Regressionsansatz wird nicht eine direkte lineare Assoziation zwischen den unabhängigen und der abhängigen Variable, sondern ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses Pr(Y = 1) und allen unabhängigen Einflussfaktoren X gemäß der logistischen Funktion unterstellt. Ausgehend davon kann über einige mathematische Transformationen der so genannte logit(Y), also das logarithmierte Verhältnis der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses errechnet werden (vgl. dazu im Detail z. B. Andreß et al. 1997, Long & Freese 2005, Menard 1995). Da der logistische Regressionsansatz nun einen linearen Zusammenhang zwischen den unabhängigen Variablen X und dem Logit der abhängigen Variable Y unterstellt, resultiert die folgende Schätzgleichung für die konkrete Analyse: Pr(Y = 1) logit(Y) = ln = α + β1 X1 + β2 X2 + . . . + βn Xn 1 − Pr(Y = 1)
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
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Die Koeffizienten βn dieser Regressionsgleichung werden mit Hilfe eines Maximum Likelihood-Verfahrens ermittelt. Dabei wird die log-likelihood-Funktion maximiert, die bei gegebenen Werten der unabhängigen Variablen X1 , . . . , Xn und der Parameter α, β1 , . . . , βn angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Werte der abhängigen Variablen Y realisiert werden (Menard 1995: 13). Interpretiert werden schließlich die Logit-Koeffizienten, also die Regressionsparameter βn : Ein positiver Wert erhöht das Wahrscheinlichkeitsverhältnis und damit die Chance auf den Eintritt eines Ereignisses, ein negativer Wert verringert die Chance. Logistisches Panelregressionsmodell mit Zufallskonstante: Die Neigung der Akteure, empfangene Erstkontakte im Onlinedating zu beantworten, wird mit einem logistischen Panelmodell in Abhängigkeit von den Merkmalskonstellationen der Kontaktdyaden geschätzt. Die versendeten Erstkontakte werden dazu zeitbezogen den jeweiligen Empfängern zugeordnet und anschließend eine binäre Variable generiert, ob ein Erstkontakt beantwortet wurde (1) oder nicht (0). Die abhängige Variable ist mithin die nutzerspezifische Wahrscheinlichkeit der Beantwortung eines Erstkontakts (vgl. auch die Ausführungen zur Analyse von Paneldaten als Mehrebenenmodell von Langer 2009: 236ff.). Als erklärende Variablen werden die jeweiligen Paarkonstellationen von Initiator (i) und Empfänger (e) hinsichtlich verschiedener Merkmale (xei ) verwendet (z. B. Bildungsähnlichkeit oder -unähnlichkeit). Zudem werden ebenfalls zeitveränderlich die Merkmale des Empfängers (ae ) kontrolliert. Die Modelle berücksichtigen weiterhin individuelle Effekte (ue ) auf die Antwortwahrscheinlichkeit, was die natürliche Variation in der generellen Antwortneigung in der Population der Empfänger widerspiegeln soll. Anders ausgedrückt ist diese Zufallskonstante als kombinierter Effekt aller nicht berücksichtigten oder nicht messbaren subjektspezifischen Kovariablen interpretierbar, welche die Antwortneigung der Akteure beeinflussen. Der dafür zu schätzende Parameter ist die Varianz dieser als normalverteilt angenommenen latenten Variable in der Population der Empfänger. Die daraus folgende Modellgleichung lautet (vgl. Rabe-Hesketh & Skrondal 2005: 116): logit {Pr(yei = 1 | xei , ae , ue )} = α + xei β + ae γ + ue + ei Dieses Modell trägt sowohl der Zeitbezogenheit der Daten als auch der individuellen Variation der Antwortneigung in Abhängigkeit unbeobachteter Merkmale (unbeobachtete Heterogenität) so gut es geht Rechnung (vgl. Rabe-Hesketh & Skrondal 2005). Die ebenfalls mittels der Maximum Likelihood-Methode geschätzten Koeffizienten (in Tabelle 4.9) geben Hinweise über die Richtung und
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Empirische Untersuchungen
die statistische Bedeutsamkeit, mit der bestimmte Paarkonstellationen die Beantwortungsneigung der Akteure beeinflussen. Variablen In den empirischen Analysen werden die folgenden abhängigen, unabhängigen und Kontrollvariablen eingesetzt, um die zentralen theoretischen Argumente abzubilden und für die Zusammensetzung der Untersuchungspopulation zu kontrollieren. Alle sozialdemographischen Merkmale der Nutzer der Datingplattform sind prinzipiell zeitveränderlich messbar; allerdings sind im zufällig gewählten Beobachtungsfenster kaum Veränderungen zu beobachten. Als abhängige Variablen werden die in der Datenbank der Kontaktbörse protokollierten Nachrichtenereignisse verwendet. Unterschieden werden Erstkontakte, d. h. die erste Nachricht, die zwischen zwei Akteuren ausgetauscht wurde, sowie Antworten, d. h. die jeweils direkten Antworten auf diese Erstkontakte. Als theoretisch bedeutsame unabhängige Variablen werden die folgenden Merkmale verwendet: Geschlecht: Die Information zum Geschlecht ist wichtig, um die Analysen für Männer und Frauen getrennt vornehmen und Interaktionseffekte kontrollieren zu können. In den Regressionsmodellen wird eine Dummyvariable verwendet, die den Wert 1 annimmt, wenn es sich um einen männlichen Akteur handelt. Alter: Das Alter der Personen wird jeweils zum Zeitpunkt einer Aktion aus dem Geburtsdatum errechnet, das bei der Anmeldung auf der Plattform im Nutzerprofil angegeben wurde. Altersgleichheit wird dann unterstellt, wenn der Altersunterschied zwischen zwei Kontaktpartnern den Betrag von zwei Jahren nicht überschreitet. Bildungsniveau: Das Bildungsniveau ist die zentrale Variable bei der Untersuchung der Erstkontakte und der Antworten. Im Rahmen ihrer Selbstpräsentation im Onlineprofil können die Akteure ihr höchstes Bildungsniveau aus den Optionen Hauptschule, Realschule, Lehre, Abitur, Hochschule auswählen. Für etwa 17 Prozent der Frauen und 18 Prozent der Männer liegt für dieses Merkmal keine Angabe vor. Sie werden aus der Analyse ausgeschlossen, da für sie keine Einschätzung bildungshomophiler und -heterophiler Kontaktereignisse möglich ist. Aufgrund der geringen Fallzahlen in der Kategorie „Lehre“ wurden diese Fälle mit dem Realschulabschluss zusammengefasst. Es wurde getestet, ob sich die Ergebnisse substantiell verändern, wenn stattdessen Lehre und Abitur zusammengefasst werden; das ist nicht der Fall. Bildungsgleichheit wird dann unterstellt, wenn beide Kontaktpartner den gleichen Bildungsabschluss in ihrem Profil angegeben haben. In den (logistischen) Regressionsanalysen zum Kontaktierungs-
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
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und Antwortverhalten wird die Bildung im technischen Sinne als metrische (jedoch nur ordinal interpretierbare) Variable behandelt: 1 = Hauptschule, 2 = Realschule/Lehre, 3 = Abitur, 4 = Hochschule. Physische Erscheinung: Die bisherige Forschung zu diesem Merkmal zeigt, dass beispielsweise neben der Attraktivität von Gesichtern (vgl. z. B. Barber 1995) vor allem der Body-Mass-Index (BMI; vgl. z. B. Tovée et al. 1998) ein wichtiger Prädiktor der Attraktivitätswahrnehmung und ein relevantes Kriterium bei der Partnerwahl ist. So zeigt auch die Analyse von Höhn (2009) der hier untersuchten Kontaktplattform einen signifikant negativen Zusammenhang zwischen dem BMI und den Attraktivitätsurteilen von Profilfotos. Vor dem Hintergrund der Datenlage12 wird für die Analysen der BMI verwendet, der sich aus den standardisierten Profilfeldern für Körpergröße und -gewicht berechnen lässt (BMI = Gewicht/Größe2 ), um die physische Attraktivität eines Nutzers zu approximieren (vgl. z. B. Franzen & Hartmann 2001). Die zunächst metrische Variable wird entsprechend des Vorschlages der World Health Organisation (WHO) für die Analysen in acht diskrete Körpertypen klassiert: starkes Untergewicht, mäßiges Untergewicht, leichtes Untergewicht, Normalgewicht, Übergewicht (Präadipositas), sowie drei Grade von Adipositas. Abweichungen vom Normalgewicht werden als eine geringere Attraktivität interpretiert. In gewisser Weise impliziert ja bereits das Wort „normal“ eine sozial konstruierte und damit durchaus normativ gehaltvolle Vorstellung von einer als positiv perzipierten physischen Erscheinung, während die Begriffe „über“ und „unter“, oder gar „Fettleibigkeit“, auf eine weniger erstrebenswerte Abweichung von diesem „Normal“ hindeuten. Ähnliche physische Attraktivität wird dann angenommen, wenn beide Kontaktpartner dem gleichen Körpertyp zugeordnet werden können. Wie das Bildungsniveau wird auch der BMI in den Regressionsanalysen als metrische Variable behandelt und folgendermaßen kodiert: 5 = Normalgewicht, 4 = Unter-/ Übergewicht, 3 = Adipositas 1. Grades, 2 = Adipositas 2. Grades, 1 = Adipositas 3. Grades als größte Abweichung vom Normalgewicht. Körpergröße: Als Kontrollvariable wird bei der Analyse des Antwortverhaltens die Körpergröße der Akteure in Zentimetern berücksichtigt, da die bisherige Forschung gezeigt hat, dass sie, insbesondere bei Männern, als ein von BMI unabhängig anzusehendes Merkmal für die Partnerwahlentscheidung relevant zu sein scheint (vgl. z. B. Gillis & Avis 1980, Lynn & Shurgot 1984, Shepperd & Strathman 1989). Gleiche Körpergröße soll dann gegeben sein, wenn der Unter12
Der Datensatz enthält keine Nutzerfotos, sondern nur den Hinweis darauf, dass ein Foto im Profil hinterlegt wurde. Deshalb ist eine Bewertung der Attraktivität durch unabhängige Personen, wie sie z. B. von Hitsch et al. (2006, 2009) verwendet wird, nicht möglich.
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Empirische Untersuchungen
schied zwischen zwei Kontaktpartnern den Betrag von zwei Zentimetern nicht überschreitet. Der Vorteil dieser Kontrollvariable ist, dass sie den BMI gewissermaßen ‚bereinigt‘ und dadurch zu einer noch aussagekräftigeren Variable im Hinblick auf die physische Attraktivität macht. Strukturelle Chance: Bei den Erstkontaktanalysen kontrolliert diese Variable für die alleine durch die Zusammensetzung der Nutzerstruktur der Internetkontaktbörse induzierte Wahrscheinlichkeit, dass ein Akteur durch einen Erstkontakt eine bestimmte Bildungskonstellation realisiert. Diese Wahrscheinlichkeit folgt aus der Bildungsverteilung der Stichprobe: Würde ein Akteur seine Kontakte zufällig streuen, würde bereits die Bildungsverteilung der Teilnehmer ein gewisses Kontaktierungsmuster hervorbringen (vgl. die ausführlichen Erläuterungen zu dieser Variable im Zuge der Diskussion der Tabellen 4.5, 4.6 und 4.7). 4.1.4 Kontaktierungsprozesse auf Internetkontaktbörsen Die empirische Analyse von Partnerwahlprozessen auf Internetkontaktbörsen erfolgt in zwei Schritten: Der erste Schritt befasst sich mit den Erstkontakten der Akteure, der zweite Schritt mit der Beantwortung dieser Erstkontakte. Der Beschreibung und Interpretation der Ergebnisse werden einige konzeptionelle Überlegungen vorangestellt. Konzeptionelle Vorbemerkung Die Wahl eines Beziehungs- oder Ehepartners ist ein Prozess, der immer mit einem Erstkontakt beginnt und daran anschließend aus einer Vielzahl von aufeinander aufbauenden Entscheidungen besteht (vgl. Abbildung 4.1). Konzeptionell gesehen durchlaufen die beteiligten Akteure in diesem Prozess verschiedene aufeinanderfolgende Phasen bis am Ende ein konkreter Heiratspartner übrig bleibt. Die Phase der ersten Kontaktaufnahme ist für die soziologische Analyse von Heiratsmustern besonders relevant (vgl. auch Lee 2008), denn zu diesem frühen Zeitpunkt entscheidet sich bereits, zwischen welchen Personen überhaupt engere Freundschaften oder eheliche und nichteheliche Partnerschaften entstehen können. Die paargemeinschaftlichen Ressourcenkonstellationen werden folglich in einer frühen Phase der Partnerwahl durch die spezifische Art und Weise der Auswahl von Kontaktpartnern, also durch die Entscheidung, mit bestimmten Personen erstmalig in Kontakt zu treten, festgelegt. Wenn also bereits in der Phase der erstmaligen Kontaktierung der Partnermarkt entlang sozioökonomischer Merkmale sortiert wird, dann ist folglich der gesamte nachfolgende Prozess auf diese
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
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Sortierung konditioniert. Denn um sich überhaupt näher kennen lernen zu können, muss man ja irgendwie in Kontakt gekommen sein. Und um überhaupt die Chance auf eine weitere Interaktion und eine potentielle Beziehung zu haben, ist es nötig, dass diese erstmaligen Kontaktgesuche der Akteure auch erwidert werden und dadurch erstmals eine gewisse Konsensualität bei der Entscheidung für einen möglichen Beziehungspartner hergestellt wird. Die Mechanismen der Auswahl von Kontaktpartnern anhand sozioökonomischer Merkmale wirken folglich vor den Mechanismen des Kennenlernens. Selbst wenn das Kennenlernen auf Internetkontaktbörsen also anders funktioniert, bedeutet das nicht, dass dadurch die Neigung der Akteure aufgehoben würde, bestimmte Paarkonstellationen zu bevorzugen oder abzulehnen. Dieser Blick auf den Prozess unterstreicht noch einmal die Notwendigkeit einer Längsschnittbetrachtung der Partnerwahl im Internet, um nicht Gefahr zu laufen, die in unterschiedlichen Phasen wirksamen Mechanismen der Kontaktanbahnung miteinander zu vermischen. Ziel dieses Abschnitts ist es nun, vor dem Hintergrund der theoretischen Diskussion (Abschnitt 3.1) und den in Abschnitt 3.1.5 entwickelten Hypothesen, die Erstkontaktierung und die Beantwortung der Erstkontakte mit den einzigartigen Daten aus dem Onlinedating empirisch zu analysieren. Im Mittelpunkt stehen die spezifischen Fragen, wer mit wem überhaupt in Kontakt kommt, welche Ressourcenkonstellationen daraus resultieren und welche Mechanismen diese Sortierung erklären können. Dabei wird das Kontaktaufnahmeverhalten in erster und zweiter Instanz, also die von Männern und Frauen initiierten Erstkontakte und die darauf erfolgenden Antworten untersucht und der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die relativen Ressourcen der Akteure bereits in dieser früheren Phase des Partnerwahlprozesses haben. Abbildung 4.1: Idealtypischer Prozess der Partnerwahl im Internet Suche
-...... Antwort ......
...
-
t
Erstkontakt
Weitere Interaktion?!
Quelle: Eigene Darstellung.
Als Erstkontakt wird im Folgenden die erste Kontaktaufnahme (per E-Mail) zwischen zwei Nutzern auf einer Internetkontaktbörse verstanden, unter der Voraussetzung, dass zwischen diesen Nutzern vorher noch keine Interaktionsbeziehung bestand. Derjenige Nutzer, der diesen Kontakt aufnimmt, wird als Initiator
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Empirische Untersuchungen
bezeichnet; derjenige, der den Kontakt erhält, wird Empfänger genannt. Ein beantworteter Erstkontakt wird als reziproker Kontakt bezeichnet. Ein Akteur kann in den Daten sowohl als Initiator als auch als Empfänger geführt werden, allerdings nicht für ein und dieselbe Dyade. Prinzipiell wird die beobachtete Beantwortung eines Erstkontaktes durch einen Empfänger als Erwiderung des Kontaktinteresses interpretiert. Da der Inhalt der Nachricht aus Datenschutzgründen allerdings nicht bekannt ist, muss dies bei näherem Hinsehen natürlich nicht zwangsläufig stimmen. So kann ein Empfänger theoretisch auch ohne jegliches Kontaktinteresse einen Erstkontakt beantworten, beispielsweise aus reiner Höflichkeit oder Fairness. Die Wirksamkeit einer allgemeinen Reziprozitätsnorm (vgl. z. B. Gouldner 1960) könnte ein solches Verhalten auslösen. Jedoch sollte der Verpflichtungscharakter einer solchen Norm aufgrund der spezifischen Natur der Onlinekommunikation (vor allem fehlender Face-to-face-Kontakt, größere Anonymität der Akteure) und der geringer wahrgenommenen sozialen Präsenz im Vergleich zu Alltagsbegegnungen weitaus schwächer sein (vgl. z. B. Short et al. 1976, Walther 1996). Um auf Anfragen nicht zu reagieren oder bereits bestehende Interaktionen plötzlich abzubrechen, bedarf es bei der Kommunikation im Internet keinerlei Erklärung, da sich die Akteure in aller Regel nicht kennen oder zumindest die Wahrscheinlichkeit, dass man sich im Alltag begegnet, als sehr gering angenommen werden kann (vgl. Ben-Ze’ev 2004). Durch die Auseinandersetzung mit einem Erstkontakt, d. h. das Lesen einer Nachricht und das Formulieren einer adäquaten Antwort, entstehen zudem Kosten, vor allem wegen der dafür benötigten Zeit und mentalen Kapazität (psychische Kosten). Wenn vor diesem Hintergrund nun der vom Empfänger eines Erstkontaktes antizipierte Nutzen einer Interaktion mit dem Initiator nicht ausreichend groß ist, sprechen diese Kosten sowie die Gefahr, möglicherweise weitere ungewollte Verpflichtungen einzugehen, mithin gegen die Beantwortung einer Offerte. Somit sollten Interaktionen aus reiner Höflichkeit wohl viel seltener ausfallen, als man sie in ähnlichen Situationen des Alltages erwarten würde (vgl. auch Geser 2006, Geser 2007). Empirisch spricht hierfür auch die Tatsache, dass nur ein recht geringer Anteil aller Kontaktanfragen in den Daten überhaupt beantwortet wird (die gleiche Beobachtung machen Hitsch et al. 2006, Hitsch et al. 2009). Nichtsdestotrotz handelt es sich bei dieser Überlegung um eine Annahme, deren Klärung die zukünftige Forschung zum Ziel haben sollte. Erstkontakte Im Folgenden werden die empirischen Befunde der Analysen der Erstkontakte vorgestellt und besprochen. Zunächst werden einige deskriptive Befunde geschil-
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dert; daran schließen sich Analysen zur geschlechts- und bildungsspezifischen Erstkontaktneigung an. Einige deskriptive Befunde Im Beobachtungszeitraum des ersten Halbjahres 2007 wurden 116.138 Erstkontakte auf der Kontaktbörse des Kooperationspartners registriert. Männliche Nutzer verschickten 87.103 und weibliche Nutzer 29.035 Erstkontakte (Abbildung 4.2). Im Mittel hat jeder Mann 11,7 (sd=34,9) und jede Frau 5,6 (sd=29,0) Erstkontakte versandt. Abbildung 4.2: Klassierte Verteilung der Erstkontakte nach Geschlecht
2000
Häufigkeit 4000
6000
6465
3521
1569
599 41
0
1 − 49
224
50 − 99 Frauen
27
97
11
25
9
20
100 − 199 200 − 299 300 − 808 Männer
Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen.
Die stark unterschiedliche Anzahl von Erstkontakten (Spannweite von Null bis 808) ist vor allem auf die unterschiedlichen Anmeldezeitpunkte auf der Plattform im zufällig ausgewählten Beobachtungsfenster sowie auf die unterschiedliche Aktivität der einzelnen Nutzer zurückzuführen. Um die spätere Analyse der Kontaktstrukturen nicht durch ideosynkratische Aspekte der Streuung einzelner, sehr aktiver Nutzer zu verzerren, wird jeder Erstkontakt bei den entsprechenden Auswertungen mit dem Kehrwert der insgesamt realisierten Erstkontakte eines Akteurs gewichtet. Trotz einiger sehr aktiver Ausreißer nach oben, die für die sehr schiefen Verteilungen verantwortlich sind (sehr hohe Standardabweichungen im Vergleich zum Mittelwert), bewegen sich die meisten Nutzer im Bereich zwischen null
152
Empirische Untersuchungen
und 100 Erstkontakten; der Median für Frauen liegt bei einer und für Männer bei drei Kontaktofferten. Männer sind auf der untersuchten Internetkontaktbörse deutlich aktiver als Frauen, was auch Fiore (2004) und Fiore & Donath (2005) auf Basis ihrer amerikanischen Daten berichten. Das wird auch daran deutlich, dass nur acht Prozent der Männer, aber knapp ein Drittel der Frauen gar keine Kontaktofferten an andere Nutzer verschickt haben. Da Frauen wesentlich mehr Nachrichten empfangen als Männer, sind sie offenbar nicht so sehr darauf angewiesen, selbst die Initiative zu ergreifen. Das bestätigen auch die Analysen von Skopek (2010), der auf Basis der gleichen Stichprobe empirisch aufzeigt, dass die Neigung, überhaupt einen Erstkontakt zu verschicken, besonders stark von den empfangenen Erstkontakten abhängt. In Tabelle 4.2 ist die Aktivität der männlichen und weiblichen Initiatoren weiter differenziert nach Altersklassen, Bildungsniveau und physischer Erscheinung. Im Grunde sind jedoch kaum nennenswerte Unterschiede in der Aktivität zwischen den dort unterschiedenen Gruppen auszumachen. Mit Ausnahme der über 60-jährigen liegt der Median verschickter Nachrichten von Frauen bei einer Nachricht. Zudem deuten die Mittelwerte ( x¯) und Standardabweichungen (s x ) der am geringsten besetzten Kategorien auf besonders schiefe Verteilungen hin, vor allem für Hauptschulabsolventinnen und untergewichtige Frauen. Ansonsten liegt die mittlere Anzahl versendeter Kontaktofferten von Frauen zwischen drei und sechs Nachrichten; deutlich darüber liegt lediglich die Gruppe der 20 bis unter 30-jährigen mit rund neun verschickten Erstkontakten. Bei den Männern gibt es noch weniger Unterschiede in der Aktivität über die verschiedenen Differenzierungen hinweg. Wie bei den Frauen sind es ausschließlich die gering besetzten Kategorien, hier die unter 20-jährigen und Hauptschulabsolventen, für die niedrigere Durchschnittswerte beobachtet werden. Sonst schwankt die mittlere Senderaktivität zwischen rund zehn und 13 Erstkontakten pro männlichem Initiator. Auch die Mediane liegen über fast alle Gruppen hinweg bei drei versendeten Nachrichten, was genau mit dem Median für die Gesamtstichprobe der Männer übereinstimmt. In Tabelle A.3 im Anhang ist der Vollständigkeit halber noch die durchschnittliche Anzahl versendeter Erstkontakte für die Gesamtstichprobe, differenziert nach Geschlecht, Alter, Bildung und physischer Erscheinung, dokumentiert. Auch hier zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede in der Kontaktierungshäufigkeit der Akteure. So kann an dieser Stelle zusammenfassend festgehalten werden, dass es offenbar keine bedeutsamen Unterschiede in der Erstkontaktaktivität zwischen den Nutzern zu geben scheint. Einzig der Niveauunterschied zwischen Männern und Frauen bleibt, auf den bereits im Zuge der Diskussion von Abbildung 4.2 hingewiesen wurde.
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Tabelle 4.2: Durchschnittliche Anzahl versendeter Erstkontakte nach verschiedenen Merkmalen der aktiven Nutzer Frauen x0.5 sx 1 29,0
n 5.178
x¯ 11,7
Männer x0.5 sx 3 34,9
Gesamt
x¯ 5,6
n 7.430
Altersklassen Keine Angabe unter 20 Jahre 20 bis unter 30 Jahre 30 bis unter 40 Jahre 40 bis unter 50 Jahre 50 bis unter 60 Jahre 60 Jahre und älter
2,0 3,2 9,1 4,5 3,4 4,3 5,0
1 1 1 1 1 1 2
0,0 11,9 48,0 17,7 6,9 11,1 9,2
2 203 1.627 1.231 1.378 613 124
6,3 2,5 9,5 13,1 12,6 13,0 10,1
3 1 2 3 3 3 3
7,4 3,3 35,3 36,7 34,3 33,7 19,2
4 108 2.109 2.543 1.802 679 185
Bildungsniveau Keine Angabe Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
5,8 17,7 5,2 3,1 5,8
1 1 1 1 1
33,1 75,9 21,8 10,1 27,1
929 258 1.709 1.084 1.198
10,8 8,9 10,6 12,7 13,2
3 3 3 2 3
34,1 22,6 28,8 43,5 36,3
1.231 389 2.146 1.472 2.183
Physische Erscheinung Keine Angabe Untergewicht Normalgewicht Übergewicht Adipositas
3,0 17,1 5,7 5,3 4,4
1 1 1 1 1
11,2 71,5 28,2 25,2 18,4
993 247 2.909 854 202
12,5 10,5 11,4 12,7 9,9
2 2 3 3 3
41,7 27,1 35,0 33,6 26,6
544 141 4.762 1.761 471
Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, deskriptive Statistiken.
Analysen zur bildungsspezifischen Erstkontaktneigung Abbildung 4.3 bildet den Ausgangspunkt der empirischen Analyse der durchschnittlichen bildungsspezifischen Erstkontaktstruktur männlicher und weiblicher Initiatoren. Ein Erstkontakt wird dann als bildungshomophil bezeichnet, wenn Initiator und Empfänger das gleiche Bildungsniveau in ihrem Profil angegeben haben, als bildungshyperphil, wenn das Bildungsniveau des Empfängers höher ist als das des Initiators und als bildungshypophil, wenn der Initiator ein höheres Bildungsniveau hat. Für die relativen Bildungskonstellationen bei Erstkontakten sind jeweils die beobachteten und erwarteten Anteile sowie das Verhältnis beider Anteile dargestellt. Für Männer, besonders aber für Frauen, liegt der Anteil bildungsgleicher Erstkontakte deutlich über der Erwartung bei statistischer Unabhängigkeit (Faktor 1,2 bzw. 1,4). Diese Befunde sind bereits ein erster Hinweis auf die Bedeutung der Bildungshomophilie bei der Auswahl von Kontaktpartnern. Sie bestäti-
154
Empirische Untersuchungen
gen zudem die Erwartung der austauschtheoretischen Überlegungen im Hinblick auf die Homophilie sowie für Frauen die Vorhersagen des geschlechtsspezifischen Modells. Während die beobachteten Anteile von Erstkontakten außerhalb der eigenen Bildungsgruppe für Männer in beide Richtungen leicht unterhalb der Unabhängigkeitserwartung liegen, zeigen Frauen eine deutliche Zurückhaltung bei den Abwärtskontakten und eine leichte Tendenz zu Aufwärtskontakten. Das heißt, wenn Frauen von der bevorzugten bildungsgleichen Konstellation abweichen, kontaktieren sie eher Männer mit einem höheren Schulabschluss und deutlich unterzufällig niedriger gebildete Männer.
30,2
31,4
40,9
40,7
38,4
38,1
35,8
35,0 30,4
31,6
29,2
10
18,5
Prozent 20
30
40
Abbildung 4.3: Bildungsspezifische Erstkontaktmuster, Hyper-, Homo- und Hypophilie
1,15
0,94
1,06
1,35
0,59
0
0,92
Hyperphilie Homophilie Hypophilie
Männliche Initiatoren Beobachteter Anteil
Hyperphilie Homophilie Hypophilie
Weibliche Initiatoren Erwarteter Anteil
Anmerkung: Für jedes Säulenpaar ist das Verhältnis von beobachteter und erwarteter Häufigkeit angegeben. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen.
In den Tabellen 4.3 und 4.4 sind die Erstkontaktstrukturen differenziert nach den vier Bildungsniveaus dargestellt. Die in Abbildung 4.3 berichteten beobachteten Anteile für die drei Bildungskonstellationen sind hier weiter aufgeschlüsselt: Der mit den jeweiligen Fallzahlen gewichtete Mittelwert der Zellen der Hauptdiagonalen ergibt den Gesamtanteil der Homophilie. Die Zellen oberhalb und unterhalb der Hauptdiagonalen repräsentieren die Hyper- bzw. Hypophilie. Betrachtet man in beiden Tabellen die Spalten für Hauptschule und Hochschule, fällt auf, dass sowohl bei männlichen als auch weiblichen Initiatoren mit zunehmendem Bildungsniveau der Anteil von Empfängern mit Hauptschul-
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
155
niveau sinkt, während gleichzeitig der Anteil an Empfängern mit Hochschulniveau steigt. Interessant ist zudem, dass bei allen Kontaktaufnahmen durch Frauen, unabhängig von deren Bildungsniveau, männliche Hauptschüler weit unter der Erwartung kontaktiert werden, nämlich in 1,8 Prozent bis maximal 4,8 Prozent der Fälle. Bei männlichen Initiatoren (Tabelle 4.3) ist der Anteil an kontaktierten Hauptschulabsolventinnen bei ähnlichem Erwartungswert auf einem höheren Niveau (4,2 Prozent bis 7,7 Prozent) und bleibt lediglich für die höher gebildeten Initiatoren hinter der Erwartung des Unabhängigkeitsmodells zurück. Für Empfängerinnen mit Hochschulniveau liegt der realisierte Kontaktanteil von männlichen Initiatoren aller Bildungsgruppen weit unter der Erwartung (zwischen 20,3 Prozent und 21,5 Prozent bei einer Erwartung von 28,2 Prozent), während weibliche Initiatoren (Tabelle 4.4) in nahezu allen Bildungsgruppen männliche Hochschulabsolventen deutlich über der Erwartung kontaktieren (32,4 Prozent bis 61,2 Prozent bei einer Erwartung von 35,2 Prozent). Dies spricht für eine sehr hohe Homophilie bei Akademikerinnen. Tabelle 4.3: Realisierte Erstkontakte männlicher Initiatoren nach Bildungsniveau Bildungsniveau des Initiators Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
Hauptschule 7,7 5,8 4,5 4,2
Bildungsniveau der Empfängerin Realschule/Lehre Abitur Hochschule 44,2 27,8 20,3 42,6 29,1 22,4 39,7 34,4 21,5 32,9 30,0 32,9
Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0
Gesamt
5,1
38,6
30,6
25,8
100,0
Unabhängigkeitsmodella
6,1
40,2
25,5
28,2
100,0
Anmerkungen: a Vgl. die Verteilung der Frauen in Tabelle 4.1. Die Kontaktierungsereignisse wurden gewichtet (vgl. die Anmerkungen zu Abbildung 4.2). Die Berechnungen basieren auf 5.411 männlichen Initiatoren und 62.014 Erstkontaktereignissen, für die sowohl das Bildungsniveau des Initiators als auch das des Empfängers bekannt sind. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Zeilenprozent.
Insgesamt bestätigen die Ergebnisse der Tabellen 4.3 und 4.4 die tauschtheoretische Vermutung einer zunehmenden Homophilie mit zunehmender Bildung: Je höher das Bildungsniveau der Akteure, desto weniger sind sie bereit, in der Tauschsituation Abstriche zu machen und sich ‚unter Wert zu verkaufen‘. Insbesondere für Frauen übertrifft der beobachtete Anteil bildungshomophiler Erstkontakte den Erwartungswert mit jeder weiteren Bildungsstufe deutlich. Während die Homophilie für Hauptschulabsolventinnen noch unter der Erwartung liegt (Faktor 4, 8/6, 4 ≈ 0, 8), ist sie für Hochschulabsolventinnen fast 1,7-mal so hoch wie erwartet. Für Männer ist indessen kein einheitlicher Trend zu erkennen. Jedoch liegt auch hier bei höher Gebildeten der Anteil bildungsgleicher Kontakte
156
Empirische Untersuchungen
mit einem Faktor von knapp 1,4 für Abiturienten und 1,2 für Hochschüler im Vergleich zu niedriger Gebildeten (Hauptschule 1,3 und Realschule 1,1) insgesamt stärker über der Erwartung. Tabelle 4.4: Realisierte Erstkontakte weiblicher Initiatoren nach Bildungsniveau Bildungsniveau der Initiatorin Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
Hauptschule 4,8 3,2 1,9 1,8
Bildungsniveau des Empfängers Realschule/Lehre Abitur Hochschule 43,5 19,4 32,4 36,5 23,6 36,7 22,4 34,0 41,7 17,1 20,0 61,2
Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0
Gesamt
2,6
27,9
24,9
44,6
100,0
Unabhängigkeitsmodella
6,4
34,6
23,8
35,2
100,0
Anmerkungen: a Vgl. die Verteilung der Männer in Tabelle 4.1. Die Kontaktierungsereignisse wurden gewichtet (vgl. die Anmerkungen zu Abbildung 4.2). Die Berechnungen basieren auf 2.768 weiblichen Initiatoren und 19.853 Erstkontaktereignissen, für die sowohl das Bildungsniveau des Initiators als auch das des Empfängers bekannt sind. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Zeilenprozent.
Der Anteil bildungsgleicher Kontakte liegt indessen bei Männern nicht so deutlich über der Erwartung wie bei Frauen. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass für Männer nach dem traditionellen geschlechtsspezifischen Modell eher als für Frauen die Möglichkeit besteht, nach unten zu kontaktieren. Bei steigendem Bildungsniveau der Gesamtbevölkerung im Zuge der Bildungsexpansion werden deswegen höher gebildete Männer keine Probleme haben, alternative Kontaktpartnerinnen zu finden, wenn es mit bildungsgleichen Kontakten nicht klappt. Frauen hingegen sehen die Möglichkeit, nach unten zu kontaktieren, offenbar nicht als erstrebenswert an, da sie mit steigender Bildung gemäß der Tauschtheorie einen Partner auf Augenhöhe bevorzugen. Um die bereits recht eindeutigen deskriptiven Befunde der Tabellenanalyse weiter zu verfeinern und zudem für die Zusammensetzung der Stichprobe nach dem Alter der Akteure zu kontrollieren, werden nun die Berechnungen logistischer Regressionsmodelle für die drei Bildungskonstellationen bei der Erstkontaktierung präsentiert. Die Modelle in Tabelle 4.5 schätzen für die Wahl von Kontaktpartnern die Neigung, bildungsgleiche Kontaktkonstellationen (gegenüber bildungsungleichen Konstellationen) einzugehen. Analog wird in den anderen beiden Tabellen 4.6 und 4.7 verfahren, indem dort die Neigung zu bildungsungleichen Kontaktkonstellationen (4.6: Bildungsniveau des Initiators ≺ Bildungsniveau des Empfängers; 4.7: Bildungsniveau des Initiators Bildungsniveau des Empfängers) gegenüber jeweils anderen Konstellationen geschätzt werden.
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
157
Zum Test der Hypothesen werden als erklärende Variablen zunächst das Geschlecht und das Bildungsniveau des Initiatorprofils sowie die Interaktion aus beiden Merkmalen verwendet. Zusätzlich wird in den jeweils dritten Modellen das Alter des Initiators und die Interaktion aus Alter und Geschlecht kontrolliert (daneben wurde auch mit Indikatoren für den Familienstand und für Kinder experimentiert). Bei der Diskussion der Ergebnisse können diese Kontrollvariablen jedoch vernachlässigt werden, da sie die hier interessierenden Geschlechts- und Bildungseffekte nicht wesentlich beeinflussen. Für diese Untersuchung besonders interessant ist die in den jeweils zweiten und dritten Modellen eingeführte Variable zur Messung der strukturellen Chance eines bestimmten Erstkontakts. Diese entspricht dem weiter oben dargelegten Unabhängigkeitsmodell und misst die verteilungsstrukturell bedingte prozentuale Wahrscheinlichkeit, dass ein Nutzer mit einem bestimmten Bildungsniveau einen bestimmten Kontakt initiiert. Aufgrund der strukturellen Logik kann beispielsweise der Fall eintreten, dass die Wahrscheinlichkeit, einen bildungsgleichen Kontakt einzugehen, mit dem Bildungsniveau des Initiators allein deshalb ansteigt, weil mehr mögliche Kontaktpartner mit höheren Bildungsniveaus verfügbar sind. Um den tatsächlichen Bildungseffekt auf die intentionale Neigung von Männern und Frauen, bestimmte Konstellationen bei der Kontaktpartnerwahl einzugehen, herausarbeiten zu können, muss daher diese strukturelle Chance kontrolliert werden. Die jeweils ersten Modelle der Tabellen 4.5, 4.6 und 4.7 bilden die strukturelle und die individuelle Komponente der Erklärung gemischt ab. Die jeweils zweiten und dritten Modelle bereinigen die Koeffizienten von der strukturellen Komponente, da der strukturelle Effekt auf die Neigung konstant gehalten wird. Bei der Betrachtung der Ergebnisse der Regressionsanalyse ist also zu beachten, dass sich die Interpretation der Koeffizienten für die Variablen Bildungsniveau und Geschlecht × Bildungsniveau in den jeweils zweiten und dritten Modellen ändert, da diese von Effekten verteilungsstrukturell bedingter Gegebenheiten bereinigt sind und damit eine eher intentionale Interpretation ermöglichen. Die Modelle in Tabelle 4.5 zeigen, dass Männer eine höhere Neigung zu bildungsgleichen Erstkontakten (Bildungshomophilie) haben als Frauen. Zudem nimmt diese Neigung mit dem Bildungsniveau des Initiators signifikant zu, wobei dieser Effekt in Modell 1 nur für Frauen gilt, für Männer ist er nahezu null (Gesamteffekt aus Interaktionseffekt und Haupteffekt). Kontrolliert man nun die strukturelle Chance, dann ergibt sich für Männer ebenfalls ein positiver Effekt, wenn auch etwas geringer als für Frauen. Die anderen Effekte bleiben hinsichtlich ihrer Richtung und ihrer statistischen Bedeutsamkeit stabil. Das heißt, wenn auch ein gewisser Teil der Homophilie bereits durch die Bildungsstruktur der
158
Empirische Untersuchungen
Tabelle 4.5: Logistische Regression für bildungshomophile Erstkontakte Konstante Geschlecht (Mann = 1) Bildungsniveau Geschlecht × Bildungsniveau
Modell 1 −2,04*** (0,13)
Modell 2 −3,38*** (0,17)
1,40***
(0,16)
0,60***
(0,04)
0,51***
(0,05)
0,52***
(0,05)
−0,59***
(0,05)
−0,38***
(0,06)
−0,39***
(0,06)
0,05***
(0,00)
Strukturelle Chancea
0,80***
(0,17)
Alter Geschlecht × Alter Anzahl Beobachtungen McFaddens R2 Log likelihood
Modell 3 −3,07*** (0,20)
8.179 0,02 -5.278,71
8.179 0,04 -5.151,52
0,48**
(0,23)
0,05***
(0,00)
−0,01***
(0,00)
0,01**
(0,01)
8.179 0,05 -5.147,56
Anmerkungen: a Geschlechts- und bildungsspezifische Chance eines Nutzers, einen homophilen Kontakt zu realisieren (vgl. die Bildungsverteilungen in Tabelle 4.1). Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Nutzer induziert wird, so deuten die Ergebnisse auf einen Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Bildungshomophilie jenseits der strukturellen Logik hin, der gemäß des in Abschnitt 3.1 diskutierten theoretischen Erklärungsmodells als Intention interpretiert werden kann. Tabelle 4.6: Logistische Regression für bildungshyperphile Erstkontakte Konstante Geschlecht (Mann = 1)
Modell 1 2,66*** (0,20)
Modell 2 −7,66*** (1,61)
Modell 3 −8,76*** (1,63)
0,68***
(0,25)
0,65**
(0,27)
0,508
Bildungsniveau
−1,04***
(0,08)
1,34***
(0,38)
1,48***
Geschlecht × Bildungsniveau
−0,55***
(0,11)
Strukturelle Chancea
−0,30**
(0,38) (0,12)
0,10***
(0,01)
0,02***
(0,00)
Geschlecht × Alter
0,00
(0,01)
5.497 0,12 -3.349,20
(0,01)
−0,28**
Alter Anzahl Beobachtungenb McFaddens R2 Log likelihood
0,09***
(0,12)
(0,35)
5.497 0,13 -3.324,07
5.497 0,13 -3.302,48
Anmerkungen: a Geschlechts- und bildungsspezifische Chance eines Nutzers, einen hyperphilen Kontakt zu realisieren (vgl. die Bildungsverteilungen in Tabelle 4.1); b Für die Berechnung der Modelle wurden Hochschulabsolventen ausgeschlossen, da für sie die Realisierung eines hyperphilen Kontakts nicht möglich ist. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
159
In den Modellen für Bildungshyperphilie (Tabelle 4.6) zeigt sich zunächst ein negativer Effekt des Bildungsniveaus auf die Neigung, bildungsmäßig nach oben zu kontaktieren (Modell 1). Dies lässt sich als Ceiling-Effekt interpretieren: Je höher das Bildungsniveau eines Nutzers, desto geringer ist die Chance, jemanden mit einem noch höheren Bildungsniveau auf der Plattform zu finden. Jedoch verändert der Bildungseffekt bei Kontrolle der Struktur seine Richtung (positiv signifikant in Modell 2 und 3). Das bedeutet, dass die Neigung, Erstkontakte an höher gebildete Personen zu schicken mit dem Bildungsniveau ansteigt, sobald man die durch die Bildungsverteilung bedingten Kontaktchancen konstant hält. Je mehr Bildungsressourcen ein Akteur anzubieten hat, desto weniger ist er offenbar bereit, im Rahmen eines Tausches Abstriche bei der Bildung des Gegenübers zu machen. Der bildungsspezifische Effekt auf die Hyperphilie ist für Frauen größer als für Männer, wie der signifikante Interaktionseffekt unter Kontrolle der Stichprobenzusammensetzung (Alter) in Modell 3 von Tabelle 4.6 belegt. Tabelle 4.7: Logistische Regression für bildungshypophile Erstkontakte Konstante
Modell 1 −5,38*** (0,25)
Geschlecht (Mann = 1)
−0,03
Modell 2 −0,10 (0,51)
Modell 3 −0,39 (0,53)
(0,29)
0,67**
(0,33)
0,96***
Bildungsniveau
1,26***
(0,07)
−1,96***
(0,28)
−1,66***
(0,29)
Geschlecht × Bildungsniveau
0,31***
(0,08)
−0,09
(0,10)
−0,00
(0,10)
Strukturelle Chancea
0,12***
(0,01)
Alter Geschlecht × Alter Beobachtungenb
Anzahl McFaddens R2 Log likelihood
7.649 0,24 -3.632,46
7.649 0,26 -3.559,10
0,11***
(0,36)
(0,01)
−0,01
(0,01)
−0,02**
(0,01)
7.649 0,26 -3.542,32
Anmerkungen: a Geschlechts- und bildungsspezifische Chance eines Nutzers, einen hypophilen Kontakt zu realisieren (vgl. die Bildungsverteilungen in Tabelle 4.1); b Für die Berechnung der Modelle wurden Hauptschulabsolventen ausgeschlossen, da für sie die Realisierung eines hypophilen Kontakts nicht möglich ist. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Schließlich informieren die Modelle in Tabelle 4.7 über die geschlechtsund bildungsspezifischen Einflüsse auf die Hypophilie, also die Neigung, bildungsmäßig nach unten zu kontaktieren. Ohne Herausrechnung der Struktureffekte zeigt Modell 1 einen positiven Bildungseffekt auf die Bildungshypophilie (Bottom-Effekt). Jedoch dreht sich auch hier bei Kontrolle der strukturellen Chance das Vorzeichen des Bildungsniveaueffekts um und der Interaktionseffekt ist nicht mehr signifikant. Damit geht aus Modell 3 hervor, dass bei gegebener
160
Empirische Untersuchungen
Opportunitätsstruktur Männer stärker geneigt sind, nach unten zu kontaktieren, diese Neigung jedoch für Männer und Frauen mit jeweils höherem Bildungsniveau abnimmt. Vergleicht man die Befunde aus den Tabellen 4.5, 4.6 und 4.7 mit den theoretischen Hypothesen aus Abschnitt 3.1.5, so lässt sich ein recht eindeutiges, in Anbetracht der spezifischen Struktur des Kontextes aber auch überraschendes Ergebnis festhalten: Die auf der Onlinekontaktbörse untersuchten bildungsspezifischen Erstkontaktmuster von Frauen und Männern sind weitgehend identisch mit den Mustern, die man aus anderen Partnerwahl- und Homogamiestudien (z. B. Blossfeld & Timm 1997, Blossfeld & Timm 2003) kennt. Im Internet sind also offenbar die gleichen symmetrischen und asymmetrischen Mechanismen wirksam wie auf den traditionellen Heiratsmärkten des Alltagslebens: (1) eine bedeutsame Tendenz zur Bildungshomophilie, die mit zunehmendem Bildungsniveau der Akteure ansteigt; (2) ein stärkerer Effekt des Bildungsniveaus auf die Bildungshomophilie für Frauen; (3) die Beobachtung, dass Frauen, sofern sie nicht in der eigenen Bildungsgruppe kontaktieren, sich eher als Männer nach oben orientieren und (4) Männer in diesem Fall eher Frauen mit niedrigerer Bildung kontaktieren. Während die Homophilie durch soziale Tauschprozesse bei der Partnerwahl erklärt werden kann, sind die Abweichungen von dem Muster ‚gleich und gleich gesellt sich gerne‘ im Einklang mit einer Erklärung über die noch immer vorhandene Wirksamkeit traditioneller Familienbilder und der damit verbundenen geschlechtsspezifischen Handlungsmuster. Beantwortung der Erstkontakte Nach der vorangegangenen Analyse der Erstkontaktneigungen der Akteure werden nun die Antworten auf die realisierten Erstkontakte genauer unter die Lupe genommen. Grundlage hierfür sind erneut die Arbeitshypothesen aus Abschnitt 3.1.5. Wiederum werden zunächst einige deskriptive Kennzahlen der Empfänger von Erstkontakten vorgestellt, bevor die individuelle Beantwortungsneigung mit Hilfe von Regressionsanalysen untersucht wird. Einige deskriptive Befunde Die 116.138 im Beobachtungszeitraum des ersten Halbjahres 2007 auf der Kontaktplattform registrierten Erstkontakte wurden von 6.831 Männern und 3.609 Frauen an 20.708 verschiedene Empfänger verschickt. Etwas mehr als die Hälfte der Empfänger sind Frauen (57 Prozent). Männer erhielten dabei im Mittel 3,3 Kontaktofferten (sd=4,4) und Frauen 7,3 (sd=12,4). Abbildung 4.4 zeigt die klassierte Verteilung erhaltener Erstkontakte für männliche und weibliche Emp-
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
161
fänger. Die dort abgebildete Verteilung verdeutlicht erneut, dass von Männern deutlich mehr Initiative ausgeht und deshalb Frauen mehr Kontaktofferten empfangen als Männer.
4 3
3 2
3 2
2 1
2 1
5
6
7
8
9
10
0
5 5
5
6
7
9
10
10
14
20
19
20
Prozent 30
33
40
45
50
Abbildung 4.4: Klassierte Verteilung erhaltener Erstkontakte nach Geschlecht
1
2
3
4
Frauen
> 10
Männer
Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen.
Insgesamt wurden im Beobachtungszeitraum 18.544 Antworten auf 116.138 Erstkontakte protokolliert. Männer schicken im Schnitt 0,6 (sd=1,5) und Frauen 1,1 (sd=3,2) Antworten. Die mittlere Antwortquote pro Initiator liegt bei ca. 12 Prozent, was sich aus ca. 14 Prozent für Männer und ca. 11 Prozent für Frauen ergibt. 50 Prozent der Antworten erfolgen innerhalb von 15 Stunden nach dem Erstkontakt. Insgesamt wurden also nur rund 16 Prozent der Erstkontakte beantwortet, entsprechend bleiben etwa 84 Prozent aller Erstkontaktereignisse unbeantwortet. Das ist eine überraschend große Zahl, wenn man unterstellt, dass die Akteure tatsächlich aktiv auf Partnersuche sind. Die Gründe hierfür können jedoch vielfältig sein, z. B. kann der Nachrichtentext die Antwortneigung beeinflussen, die angeschriebene Person kein aktiver Nutzer mehr sein oder Ähnliches. Um diesem Aspekt weiter nachgehen zu können, bedarf es detaillierterer NutzerTracking-Daten (wie z. B. Zugriffsstatistiken) oder Befragungsdaten, die zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht vorliegen. So muss eine ausführliche Analyse dieses Phänomens zukünftiger Forschung vorbehalten bleiben. Tabelle 4.8 zeigt die durchschnittlichen Beantwortungsquoten für Männer und Frauen nach verschiedenen Empfängermerkmalen (q); ¯ zudem ist die durch-
162
Empirische Untersuchungen
schnittliche Anzahl der empfangenen Erstkontakte ( x¯) angegeben (vgl. Tabelle A.4 für die Gesamtstichprobe). Etwas anders als bei der Betrachtung der Erstkontaktverteilungen zeigen sich hier deutlichere Unterschiede zwischen den verschiedenen Bildungs- und Altersklassen sowie Typen physischer Erscheinung für die beiden Geschlechter. Während die Beantwortungsquote der Frauen über die Altersklassen ansteigt, sind es bei den Männern eher die jüngeren, die eingehende Erstkontakte häufiger beantworten. Mit steigendem Bildungsniveau nehmen die Beantwortungsquoten für beide Geschlechter zu. Schließlich sind es die Frauen mit höherem BMI, die höhere Beantwortungsquoten haben, während es bei Männern eher die mit niedrigerem BMI sind. Insgesamt gesehen sind es wieder die Männer, die zwar weniger Erstkontakte erhalten, diese aber häufiger beantworten als Frauen. Tabelle 4.8: Durchschnittliche Beantwortungsquote erhaltener Erstkontakte nach verschiedenen Empfängermerkmalen Frauen q0,5 sq 0 0,21
Gesamt
x¯ 7,3
q¯ 0,11
Altersklassen Keine Angabe unter 20 Jahre 20 bis unter 30 Jahre 30 bis unter 40 Jahre 40 bis unter 50 Jahre 50 bis unter 60 Jahre 60 Jahre und älter
3,3 5,2 8,2 8,5 6,5 4,7 3,4
0,00 0,07 0,07 0,10 0,15 0,19 0,20
0 0 0 0 0 0 0
Bildungsniveau Keine Angabe Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
6,6 5,2 6,8 7,8 9,2
0,11 0,08 0,10 0,10 0,13
Physische Erscheinung Keine Angabe Untergewicht Normalgewicht Übergewicht Adipositas
5,4 9,6 8,3 5,0 3,9
0,12 0,06 0,10 0,14 0,15
Männer q0,5 sq 0 0,27
n 11.861
x¯ 3,3
q¯ 0,14
n 8.847
0,00 0,17 0,17 0,20 0,25 0,28 0,31
31 767 4.750 2.723 2.419 979 192
1,6 1,3 2,1 3,2 3,8 4,4 4,7
0,00 0,16 0,17 0,12 0,14 0,14 0,13
0 0 0 0 0 0 0
0,00 0,35 0,32 0,25 0,26 0,24 0,21
60 61 1.911 3.183 2.357 970 305
0 0 0 0 0
0,22 0,20 0,21 0,20 0,22
2.117 730 4.125 2.616 2.273
3,4 2,4 2,9 3,1 3,8
0,11 0,09 0,14 0,16 0,14
0 0 0 0 0
0,24 0,23 0,27 0,30 0,26
1.400 462 2.551 1.717 2.717
0 0 0 0 0
0,24 0,15 0,19 0,25 0,28
2.150 767 7.216 1.314 414
2,9 1,9 3,2 3,5 3,0
0,14 0,22 0,14 0,13 0,12
0 0 0 0 0
0,28 0,37 0,27 0,25 0,24
565 26 5.219 2.705 332
Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, deskriptive Statistiken.
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
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Analysen der Antwortneigung Die Homophiliehypothese, die besagt, dass Ähnlichkeit hinsichtlich verschiedener Merkmale einen Beziehungsaufbau begünstigt, steht im Mittelpunkt des ersten analytischen Teils der empirischen Untersuchung des Antwortverhaltens auf Internetkontaktbörsen. Neben dem theoretisch zentralen Bildungsindikator wird im Zuge dessen auch der Einfluss des Alters und der physischen Erscheinung auf die Antwortneigung getestet, da die bisherige Forschung vielfach gezeigt hat, dass diese Attribute sowohl die Kontaktaufnahme (vgl. z. B. Allen 1976, Lynn & Shurgot 1984), als auch Heiratsentscheidungen (vgl. z. B. Blossfeld & Timm 1997, Elder 1969, Franzen & Hartmann 2001, Klein 1996, Stevens et al. 1990, van Poppel et al. 2001) stark strukturieren. Übertragen auf die Partnerwahl im Internet ist daher zu erwarten, dass ein Kontaktangebot mit umso höherer Wahrscheinlichkeit erwidert wird, je ähnlicher sich der Initiator und der Empfänger des Kontaktvorschlages hinsichtlich soziodemographischer Attribute sind. Eine Bestätigung der Homophiliehypothese würde dafür sprechen, dass sich im Verlauf des wechselseitigen Kontaktierungs- und Interaktionsprozesses von Individuen die Selektion von Ähnlichkeitskonstellationen sukzessive verstärkt und folglich der Anteil der durch Unähnlichkeit charakterisierten Konstellationen mehr und mehr zurückgeht. Die vorangegangenen Analysen des Kontaktierungsverhaltens im Onlinedating deuten tatsächlich stark darauf hin, dass die Partnerwahl im Internet im Wesentlichen durch Homophilie gesteuert wird, was sich in einer überzufälligen Selektion von Kontaktpartnern mit ähnlichen Profileigenschaften äußert; die gleichen Tendenzen kann man auch aus den verfügbaren internationalen Untersuchungen herauslesen (Fiore 2004, Fiore & Donath 2005, Hitsch et al. 2006, Hitsch et al. 2009, Lee 2008). Vor diesem Hintergrund sind in Tabelle 4.9, nach Geschlecht getrennt, die geschätzten Wahrscheinlichkeiten einer Antwort auf eine Kontaktofferte in Abhängigkeit von den Merkmalskonstellationen der beteiligten Personen sowie den Attributen der Empfänger dargestellt. Die Modelle 1a und 2a zeigen den Effekt von Ähnlichkeit im Vergleich zu Unähnlichkeit hinsichtlich bestimmter Merkmalsausprägungen auf die Beantwortungsneigung der Akteure. Sowohl im Falle gleicher Bildungsniveaus, gleichen Alters als auch ähnlicher physischer Attraktivität ergeben sich für männliche und weibliche Nutzer signifikant positive Effekte auf die Beantwortung von Erstkontakten. Bezüglich der Bildungskonstellationen bedeutet das, dass ein Mann Anfragen von Frauen, die in ihrem Profil das gleiche Bildungsniveau ausweisen wie er, gegenüber anderen Bildungskonstellationen bevorzugt beantwortet. Für Frauen
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Empirische Untersuchungen
gilt das gleiche. Bei Ähnlichkeit hinsichtlich des Bildungsniveaus erhöht sich das Chancenverhältnis für männliche und weibliche Empfänger jeweils um etwa den Faktor 1,2 zu Gunsten einer Kontakterwiderung (Odds Ratio). Tabelle 4.9: Wahrscheinlichkeit einer Antwort auf einen Erstkontakt nach Paarkonstellation (binäre logistische Regression mit Zufallskonstante) Konstante
Männliche Empfänger Weibliche Empfänger Modell 1a Modell 1b Modell 2a Modell 2b −3,20***(1,03) −3,22***(1,07) −3,15***(0,82) −4,63***(0,87)
Konstellation – Ähnlichkeit Bildungsniveau Alter Physische Attraktivität Körpergröße
0,21***(0,05) 0,18***(0,06) 0,12** (0,06) −0,37***(0,13)
Konstellationen – Unähnlichkeit Bildungsniveau: E ≺ I Bildungsniveau: E I Alter: E ≺ I Alter: E I Phys. Attraktivität: E ≺ I Phys. Attraktivität: E I Körpergröße: E ≺ I Körpergröße: E I Merkmale des Empfängers Bildungsniveau Alter Alter2 Physische Attraktivität Körpergröße
0,16***(0,03) 0,18***(0,04) 0,14***(0,03) −0,32***(0,07) −0,05 (0,04) −0,24***(0,04) −0,17***(0,04) −0,24***(0,06) 0,26***(0,08) −0,22***(0,04) 0,35***(0,07) −0,33** (0,16)
0,17** (0,08) −0,36***(0,06) −0,34***(0,08) −0,12** (0,06) 0,19** (0,09) −0,27***(0,07) −0,26 (0,26) 0,42***(0,13) 0,04 0,04* −0,00* −0,02 0,01
(0,03) 0,14***(0,04) 0,08** (0,03) 0,12***(0,03) (0,02) 0,02 (0,02) 0,06***(0,02) 0,06***(0,02) (0,00) −0,00 (0,00) −0,00 (0,00) −0,00 (0,00) (0,06) 0,17** (0,08) −0,15***(0,05) 0,04 (0,06) (0,01) 0,00 (0,01) −0,00 (0,01) −0,00 (0,01)
Varianz subjektspez. Eff. (ln σ2u ) −0,04 (0,10) −0,02 (0,10) Log-likelihood -5.834 -5.796 Intraklassen-Korrelation (ρ) 0,23 0,23 Anzahl Beobachtungen a 10.922 10.922 Anzahl Empfänger 4.592 4.592
0,49***(0,05) -15.679 0,33 39.552 6.542
0,51***(0,05) -15.642 0,34 39.552 6.542
Anmerkung: a Um ein Aufblähen der Empfängerstichprobe zu verhindern, wurden Erstkontakte von Massensendern, definiert als die jeweils 1 % aktivsten Initiatoren nach Geschlecht, ausgeschlossen. Die Hauptaussagen würden sich jedoch auch bei bei Verwendung der kompletten Stichprobe nicht verändern. Signifikanz: * p ≤ 0,10; ** p ≤ 0,05; *** p ≤ 0,01. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Die Homophiliehypothese, d. h. die Erwartung, dass ein Kontaktangebot umso eher beantwortet wird, je ähnlicher sich Initiator und Empfänger sind, wird damit sehr deutlich bestätigt. Zudem sind die Ähnlichkeitseffekte hinsichtlich der genannten Merkmale bei Männern und Frauen gleichermaßen wirksam, was mit
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der Vermutung korrespondiert, dass der Homophiliemechanismus geschlechtssymmetrisch ist. Insgesamt deuten diese Befunde auf eine weitgehende Bevorzugung von Ähnlichkeitskonstellationen (Homophilie) gegenüber Unähnlichkeitskonstellationen bei der Wahl von Kontaktpartnern hin (eine Ausnahme davon ist lediglich die Körpergröße, die hier jedoch nur als Kontrollvariable für den Attraktivitätsindikator ins Modell aufgenommen wurde). Damit werden die Tendenzen der Erstkontaktanalysen hinsichtlich des Bildungsniveaus als Distinktionskriterium bei der Auswahl von Kontaktpartnern reproduziert. Die Bedeutung der Bildung als nicht-marktbezogener Ressource im Sinne Beckers (1982) ist somit ein wesentlicher Aspekt in der Erklärung der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen. Mit den Modellen 1b und 2b wird der Einfluss der Unähnlichkeit zwischen den Kontaktpartnern auf die Antwortneigung geschätzt. Der theoretische Bezugspunkt hierfür ist die Heterophiliehypothese im Anlehung an das traditionelle bürgerliche Familienmodell. Dazu wird für alle Merkmale bestimmt, ob der Empfänger in Relation zum Initiator jeweils höhere oder niedrigere Werte aufweist. Somit gibt es also für jedes Merkmal zwei Variablen für Unähnlichkeit („E ≺ I“ und „E I“); die Referenzkategorie ist hier Merkmalsähnlichkeit. Vor dem austauschtheoretischen Hintergrund ist hier zu erwarten, dass Individuen ihr Anspruchsniveau bezüglich der Bildungsressourcen des Partners an der eigenen Bildungsausstattung orientieren. Demzufolge sollten Individuen weniger bereit sein, sich ‚unter Wert zu verkaufen‘ und deshalb Kontakte mit Personen mit geringeren Bildungsressourcen seltener realisieren. Die Ergebnisse in den Modellen 1b und 2b stützen diese Hypothese: Männer und Frauen reagieren (im Vergleich zu Ähnlichkeit) mit einer signifikant geringeren Wahrscheinlichkeit auf Angebote, die von geringer gebildeten Initiatoren verschickt werden. Das Chancenverhältnis reduziert sich dabei für einen Mann auf 67 Prozent (vom Niveau bei Bildungsgleichheit) und für eine Frau auf 78 Prozent zu Ungunsten einer Kontakterwiderung. Im umgekehrten Fall, in dem der Empfänger eine höhere Bildung als der Initiator hat, zeigt sich für Männer ein positiver Effekt auf die Wahrscheinlichkeit Kontakte zu erwidern. Bei Frauen findet sich hingegen ein leicht negativer Effekt, der allerdings nicht statistisch signifikant ist. Dies ist zunächst verwunderlich, denn gerade vor dem Hintergrund der geschlechtsspezifischen Argumente im theoretischen Teil hätte man hier einen positiven Effekt eher für Frauen als für Männer erwartet. Jedoch muss bei der Interpretation beachtet werden, dass die Konstellation „Bildung E ≺ I“ mit einem Anteil von 38 Prozent (zum Vergleich: „E = I“: 34 Prozent und „E I“: 29 Prozent) aus Sicht der Frauen in der Stichprobe den häufigsten Fall darstellt. Im Gegensatz hierzu sind für die Män-
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Empirische Untersuchungen
ner Anfragen von höher gebildeten Frauen mit einem Anteil von 19 Prozent (zum Vergleich: „E = I“: 38 Prozent und „E I“: 43 Prozent) die seltenste Bildungskonstellation. Wie bereits in den Erstkontaktanalysen gezeigt wurde (vgl. z. B. Abbildung 4.3), sind solche ‚umgekehrt traditionellen‘ Kontaktofferten deutlich seltener zu beobachten, als es das statistische Zufallsmodell erwarten ließe. Daraus folgt zunächst, dass sowohl Männer als auch Frauen diesen Konstellationen gegenüber wenig aufgeschlossen sind. Für Männer, die es jedoch trotzdem schaffen, höher gebildete Frauen für sich zu gewinnen, bedeuten derartige Konstellationen womöglich besonders wertvolle Gelegenheiten, die sie dann bevorzugt beantworten. Daraus kann man schließen, dass die Männer im Onlinedating offenbar eine geringere Scheu vor den umgekehrt traditionellen Paarkonstellationen haben als die Frauen. So liegt es anscheinend in den meisten Fällen vor allem an den Frauen, wenn solche Partnerschaftskonstellationen nicht zustande kommen. Die normative Kraft des traditionellen Familienmodells scheint also für Frauen eher als für Männer handlungsrelevant zu sein. Männer hingegen orientieren sich anscheinend immer häufiger am modernen Doppelverdienermodell und erkennen an, dass der Beitrag der Frauen zum Haushaltseinkommen einen wichtigen Faktor des Lebensstandards darstellt (vgl. auch Eggebeen & Hawkins 1990, Blossfeld & Timm 2003). Zusammenfassend kann man aus den Modellen in Tabelle 4.9 schließen, dass (1) Gleichheit gegenüber Ungleichheit die von den Empfängern bevorzugte Bildungskonstellation ist und dass (2) Empfänger Kontaktvorschläge von niedriger gebildeten Personen deutlich seltener erwidern, wenngleich (3) ein interessanter geschlechtsspezifischer Befund hinsichtlich der Akzeptanz umgekehrt traditioneller Paarkonstellationen zu beobachten ist, dahingehend dass Männer offener gegenüber diesen Konstellationen zu sein scheinen als Frauen. Bezüglich der Alterskonstellation haben bereits die Modelle 1a und 2a eine Bevorzugung von altersgleichen Kontakten seitens des Empfängers gezeigt. Dieser Befund wird nun in den Modellen 1b und 2b für beide Geschlechter noch einmal durch die negativen Effekte für Altersungleichheit bestärkt: Kontaktofferten von älteren oder jüngeren Kontaktpartnern werden mit signifikant geringerer Wahrscheinlichkeit beantwortet als Offerten von Gleichaltrigen. Interessant ist dabei das geschlechtsspezifische Verhältnis der Koeffizienten. Bei Männern ist der negative Effekt größer, wenn die Initiatorin älter ist, und kleiner, wenn die Initiatorin jünger ist. Bei den Frauen verhält es sich spiegelbildlich: Hier ist der negative Effekt kleiner, wenn der Initiator älter ist, und größer, wenn der Initiator jünger ist. Das bedeutet, dass Männer, wenn sie nicht von Gleichaltrigen angeschrieben werden, noch eher auf jüngere Kontaktpartnerinnen reagieren als
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
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auf ältere; Frauen hingegen reagieren deutlich abweisender auf jüngere Männer als auf ältere. Vor dem Hintergrund eines bezüglich der Altersrelation traditionellen Familienmodells war dieses Ergebnis zu erwarten. Insgesamt allerdings kann man auf Basis der Befunde von einem deutlichen Homophilieeffekt hinsichtlich des Alters bei der Wahl von Kontaktpartnern im Onlinedating sprechen. Detailliertere Analysen zur Bedeutung des Alters als Distinktionskriterium bei der Partnerwahl im Internet finden sich in der Arbeit von Skopek (2010). In Bezug auf die physische Attraktivität (in dieser Untersuchung gemessen am Grad der Abweichung vom Normalgewicht) ergeben sich sowohl für Männer als auch Frauen positive Effekte auf die Antwortwahrscheinlichkeit, wenn der Initiator attraktiver ist und negative Effekte, wenn der Initiator in Relation zum Empfänger weniger attraktiv ist. Dieser Befund steht im Einklang mit der austauschtheoretischen Erwartung. Jedoch ist zu beachten, dass sich nur 16,5 Prozent der Kontaktanfragen in der Stichprobe durch die Konstellation „E ≺ I“ hinsichtlich der physischen Attraktivität charakterisieren lassen. Mit einem Anteil von knapp 56 Prozent aller Anfragen dominiert hier das Ähnlichkeitsmuster. Zudem zeigen sich signifikante Effekte für die Kontrollvariable der Größenrelation, jedoch in unterschiedliche Richtungen je nach Geschlecht des Empfängers. Frauen beantworten bevorzugt Kontaktangebote von körperlich größeren Männern und Männer eher solche von körperlich kleineren Frauen. Im jeweils umgekehrten Fall sinkt die individuelle Antwortwahrscheinlichkeit und das zumindest für Frauen in statistisch signifikanter Weise. Dies deutet auf den weiter oben vermuteten Einfluss der Größenrelation auf die subjektiv wahrgenommene physische Attraktivität von Kontaktpartnern hin. Zusammenfassend kann an dieser Stelle für die Antwortneigungen der Akteure festgehalten werden, dass bei Ähnlichkeitskonstellationen hinsichtlich wichtiger soziodemographischer Kriterien die Nutzer in stärkerem Maße antworten (mit Ausnahme der Körpergröße). Bei einer weiteren Differenzierung von Unähnlichkeit zeigen sich für die Geschlechter asymmetrische Effekte hinsichtlich Alter und Körpergröße auf die Kontakterwiderung. Bezüglich der physischen Attraktivität wird auf eine (eher selten auftretende) heterogene Konstellation mit einem physisch attraktiveren Initiator am häufigsten vom Empfänger geantwortet. Schließlich zeigt sich hinsichtlich bildungsspezifischer Konstellationen eine klare Abneigung, Kontakte nach unten zu erwidern. Tradeoff zwischen Bildung und physischer Attraktivität? Nach der empirischen Überprüfung der symmetrischen und asymmetrischen Mechanismen der Partnerwahl wird nun untersucht, ob ein Austausch zwischen ver-
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Empirische Untersuchungen
schiedenen Ressourcen im Rahmen der Beantwortung von Erstkontakten stattfindet. Das würde die in Abschnitt 3.1.5 diskutierte Tradeoff-Hypothese stützen. Im Fokus der Betrachtung steht dabei der Austausch zwischen Bildung und physischer Attraktivität. Dazu wird in Anlehnung an die vorhandene Referenzliteratur (vgl. z. B. Elder 1969, Franzen & Hartmann 2001, Schoen & Wooldredge 1989, Stevens et al. 1990) ein lineares Regressionsmodell verwendet. Die abhängigen Variablen sind hier das Bildungsniveau und die physische Attraktivität der Kontaktpartner in reziproken Konstellationen (also in vom Gegenüber beantworteten Offerten). Da ein Initiator prinzipiell mehrere Erstkontakte versenden kann, wird für jeden Akteur der Mittelwert der Ausprägungen über alle realisierten Kontaktpartner berechnet. In die Auswertung werden aus Sicht der Initiatoren schließlich nur die Dyaden aufgenommen, in denen der Erstkontakt auch beantwortet wurde, also in denen der Empfänger einen vorgeschlagenen Tradeoff zwischen Bildungsressourcen und physischer Attraktivität ‚akzeptiert‘. Als erklärende Variablen werden das Bildungsniveau und die physische Attraktivität verwendet; kontrolliert wird zudem für geschlechtsspezifische Unterschiede mittels Interaktionseffekten sowie für das Alter. Die traditionelle Tauschhypothese lässt hier vermuten, dass jeweils höher gebildete Männer im Durchschnitt reziproke Kontakte mit jeweils physisch attraktiveren Frauen realisieren können. Symmetrisch hierzu sollte es jeweils attraktiveren Frauen gelingen, reziproke Kontakte mit jeweils höher gebildeten Männern aufzubauen. Grundsätzlich, jedoch nicht vor dem Hintergrund eines traditionellen Geschlechtermodells, wäre dieser Tausch auch mit umgekehrten Ressourcen denkbar. Tabelle 4.10 zeigt die Ergebnisse der Tradeoff-Analyse für die Paarbildung im Internet. Der erste zentrale Befund ist der hochsignifikante Effekt des Bildungsniveaus auf das durchschnittliche Bildungsniveau der Kontaktpartner in reziproken Kontakten (Spalte „Bildungsniveau“). Vor dem Hintergrund der deutlichen Hinweise auf die Bedeutung der Bildungshomophilie bei der Wahl von Kontaktpartnern, sowohl beim Kontaktieren als auch beim Antworten, war dieser Befund zu erwarten: Je höher ein Initiator gebildet ist, desto höher ist im Durchschnitt das Bildungsniveau der Nutzer, die ihm auf seine Kontaktanfragen antworten. Für Männer ist der Effekt jedoch etwas kleiner, wie der signifikante Interaktionseffekt zeigt, wobei auch dieser Befund die Arbeitshypothesen bestätigt. Gelänge es nun, physische Attraktivität einzusetzen, um höher gebildete Partner für Kontakte zu gewinnen, so sollte die eigene physische Attraktivität das mittlere Bildungsniveau der Kontaktpartner erhöhen und das, sofern man dem traditionellen Modell folgt, vor allem bei Frauen. Tabelle 4.10 zeigt einen positiven Effekt für Attraktivität, der aber statistisch nicht signifikant ist. Weiterhin zeigt zwar der Interaktionseffekt für Männer in die vor dem traditionellen
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Hintergrund vermutete Richtung, allerdings ist er ebenfalls nicht signifikant. Somit kann der beschriebene Austauschzusammenhang, dass physische Attraktivität gegen Bildungsressourcen getauscht werden, mit den vorliegenden Daten aus dem Onlinedating nicht bestätigt werden. Tabelle 4.10: Tradeoff zwischen Bildungsniveau und physischer Attraktivität in reziproken Kontakten (lineare Regression) Konstante
Bildungsniveau 2,26*** (0,22)
Merkmale des Initiators Bildungsniveau Physische Attraktivität
0,21*** 0,02
(0,03) (0,04)
−0,00 0,10***
(0,02) (0,03)
−0,26 −0,11*** −0,01
(0,30) (0,04) (0,06)
−0,56*** 0,03 0,02
(0,18) (0,02) (0,03)
0,01** 0,01**
(0,00) (0,00)
−0,01*** 0,01***
(0,00) (0,00)
Geschlechtsspezifische Unterscheidung Geschlecht (Mann = 1) Geschlecht × Bildungsniveau Geschlecht × Physische Attraktivität Kontrollvariablen Alter Geschlecht × Alter Anzahl Personen R-Quadrat
Physische Attraktivität 4,53*** (0,13)
3.384 0,06
3.384 0,04
Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Signifikanzniveaus.
Für den umgekehrten Fall, in dem die mittlere physische Attraktivität der Kontaktpartner in Abhängigkeit von der Bildungskonstellation geschätzt wird (Spalte „Physische Attraktivität“), zeichnet sich ein analoges Ergebnis ab. Zwar korreliert, wie aufgrund der Homophiliehypothese erwartet, die eigene physische Attraktivität mit der Attraktivität der Kontaktpartner. Allerdings zeigt sich auch hier kein signifikanter Tradeoff-Effekt des Bildungsniveaus. Die Ergebnisse sprechen folglich recht eindeutig gegen die Annahme, dass Tradeoff-Effekte im Onlinedating eine wichtige Rolle spielen. Solche reziproken Austauschbeziehungen scheinen eher die Ausnahme als der Regelfall zu sein. Der die Kontaktbeziehungen hauptsächlich strukturierende Mechanismus ist daher recht klar die Homophilie, d. h. die Paarbildung nach dem Ähnlichkeitsprinzip entlang verschiedener Dimensionen. Bildungskonstellationen bei der Beantwortung von Erstkontakten Zum Abschluss der Analysen zur Beantwortung von Erstkontakten im Onlinedating soll vor dem Hintergrund der bisherigen Befunde noch gezeigt werden,
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Empirische Untersuchungen
wie die durch den Erstkontakt induzierte Struktur der Paarkonstellationen durch das Antwortverhalten beeinflusst wird. Als Beispiel dienen die geschlechts- und bildungsspezifischen Muster reziproker Kontakte, deren Bedeutung für die Sozialstruktur und die soziale Ungleichheit im Rahmen der theoretischen Überlegungen ausführlich gewürdigt wurde. Tabelle 4.11: Realisierte Verteilung beantworteter Erstkontakte männlicher Initiatoren nach Bildungsniveau Bildungsniveau des Initiators Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
Hauptschule 7,7 6,1 4,6 4,5
Bildungsniveau der Antwortenden Realschule/Lehre Abitur Hochschule 45,2 19,6 27,5 46,0 23,3 24,6 40,2 30,2 25,0 32,6 26,3 36,6
Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0
Gesamt
5,2
39,5
25,8
29,5
100,0
Unabhängigkeitsmodella
6,1
40,2
25,5
28,2
100,0
Anmerkungen: a Vgl. die Verteilung der Frauen in Tabelle 4.1. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Zeilenprozent.
Die Tabellen 4.11 und 4.12 sowie die Abbildung 4.5 schließen unmittelbar an die Tabellen 4.3, 4.4 bzw. die Abbildung 4.3 an und zeigen die durchschnittliche Streuung reziproker, also beantworteter Kontakte für männliche und weibliche Initiatoren nach dem Bildungsniveau differenziert dargestellt. Ein Vergleich der einzelnen Zellen lässt nun Rückschlüsse darauf zu, welche Konstellationen eher häufig oder eher selten realisiert werden, wenn man berücksichtigt, dass beide an einer Dyade beteiligten Akteure einen Einfluss auf das Zustandekommen und die Fortführung einer Interaktion haben. Wie bei der Erstkontaktanalyse ist der Referenzpunkt der Interpretation das statistische Unabhängigkeitsmodell: Verliefe der Matchingprozess auf der Kontaktbörse vollkommen zufällig, wäre die in den jeweils letzten Zeilen der beiden Tabellen angegebene Kontaktverteilung über die Bildungsgruppen zu erwarten. Beispielsweise würden demnach Männer, egal mit welcher Bildung, in 28,2 Prozent der Fälle eine Beziehung mit einer Hochschulabsolventin realisieren, in der mehr als eine Nachricht zwischen beiden verschickt wird (vgl. Tabelle 4.11). Ein Vergleich zwischen den Tabellen 4.3 und 4.11 sowie 4.4 und 4.12 zeigt, wie sich die von Männern bzw. Frauen initiierten Paarkonstellationen durch den Antwortprozess verändern. Es ist dabei offensichtlich, dass sich die einzelnen Zellen zwischen den jeweiligen Tabellen kaum unterscheiden. Die Veränderungen liegen im Bereich von drei bis vier Prozentpunkten, was inhaltlich nicht von großer Relevanz ist. Besonders fällt jedoch auf, dass bei Berücksichtigung des
Prozesse der Partnerwahl auf Internetkontaktbörsen
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Antwortverhaltens nur noch die Konstellationen überzufällig realisiert werden, in denen beide Kontaktpartner den gleichen Bildungsabschluss haben (Homophilie). Sowohl in Tabelle 4.11 als auch in Tabelle 4.12 liegen insbesondere die Anteilswerte der Hauptdiagonalen über den Anteilen, die nach dem statistischen Unabhängigkeitsmodell zu erwarten wären. Tabelle 4.12: Realisierte Verteilung beantworteter Erstkontakte weiblicher Initiatoren nach Bildungsniveau Bildungsniveau der Initiatorin Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
Hauptschule 10,1 3,4 1,6 1,7
Bildungsniveau des Antwortenden Realschule/Lehre Abitur Hochschule 46,1 18,9 24,9 37,1 24,6 34,8 25,7 29,7 42,9 20,8 18,5 59,0
Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0
Gesamt
2,8
29,8
23,7
43,8
100,0
Unabhängigkeitsmodella
6,4
34,6
23,8
35,2
100,0
Anmerkungen: a Vgl. die Verteilung der Männer in Tabelle 4.1. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Zeilenprozent.
Noch die größten Unterschiede zwischen den Tabellen 4.3 und 4.11 sowie 4.4 und 4.12 zeigen sich für die Konstellationen mit der größten Bildungsdistanz, d. h. wenn Männer oder Frauen mit Hauptschulabschluss einen gegengeschlechtlichen Partner mit Hochschulbildung kontaktieren. Hier vergrößert sich der Anteil von 20,3 Prozent (Tabelle 4.3) auf 27,5 Prozent (Tabelle 4.11) und verringert sich von 32,4 Prozent (Tabelle 4.4) auf 24,9 Prozent (Tabelle 4.12), wobei sich der Anteil reziproker Kontakte zwischen niedrig gebildeten Männern und hoch gebildeten Frauen dadurch kaum mehr von der Zufallsverteilung (28,2 Prozent, Tabelle 4.11) unterscheidet, für den umgekehrten Fall jedoch nun deutlich unter der Unabhängigkeitserwartung liegt (24,9 Prozent verglichen mit erwarteten 35,2 Prozent, Tabelle 4.12). Abbildung 4.5 fasst die beiden Kreuztabellen noch einmal zusammen. Würden die Akteure bei gegebener Streuung der Erstkontakte alle Offerten zufällig beantworten, müssten die beobachteten mit den gemäß dem statistischen Unabhängigkeitsmodell erwarteten Anteilen übereinstimmen und folglich das Verhältnis von beobachtetem und erwartetem Anteil den Wert 1 annehmen. Ist dieses Verhältnis größer oder kleiner als 1, deutet das auf eine über- bzw. unterzufällige Realisation solcher reziproken Konstellationen hin (vgl. auch die Interpretation von Abbildung 4.3). Der Vergleich der Faktoren für die Struktur nach den Erstkontakten (Verhältnis von beobachteten und erwarteten Häufigkeiten in Abbildung 4.3) und nach
172
Empirische Untersuchungen
den Antworten (Verhältnis von beobachteten und erwarteten Häufigkeiten in Abbildung 4.5) zeigt hier sehr deutlich, dass die durch den Erstkontakt induzierte Kontaktstruktur im Zuge der Beantwortung weitgehend reproduziert wird. Veränderungen zwischen Erstkontakt- und Antwortstruktur sind nur im Hundertstelbereich zu beobachten und damit inhaltlich wohl nicht sehr bedeutsam.
40,4
32,8
30,4
38,8
36,8
36,6
36,7
20,9
30,4
29,4
26,6
10
Prozent 20
30
40
40,2
Abbildung 4.5: Bildungsspezifische Paarkonstellationen bei der Beantwortung von Erstkontakten, Hyper-, Homo- und Hypophilie
1,21
0,91
1,05
1,33
0,64
0
0,91
Hyperphilie Homophilie Hypophilie
Männliche Initiatoren Beobachteter Anteil
Hyperphilie Homophilie Hypophilie
Weibliche Initiatoren Erwarteter Anteil
Anmerkung: Für jedes Säulenpaar ist das Verhältnis von beobachteter und erwarteter Häufigkeit angegeben. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen.
Allerdings bestätigen die detaillierten Kreuztabellen, die dieser aggregierten Darstellung zugrunde liegen, aber auch, dass durch den Schritt der Beantwortung vor allem bildungshomogene Konstellationen von den Akteuren bevorzugt werden, wie es vor dem Hintergrund der Homophiliehypothese zu erwarten war. Auch die geschlechtsspezifischen Neigungen bei bildungsungleichen Konstellationen decken sich an dieser Stelle des Prozesses mit den Befunden zum Erstkontaktverhalten. So deuten diese Befunde in eine ähnliche Richtung wie die Ergebnisse von Lee (2008): Die Entscheidungen zu Beginn des Partnerwahlprozesses sind bereits recht gute Prädiktoren für die tatsächlichen Neigungen der Akteure. Sie zeigt in ihrer Analyse, dass sich das Ausmaß der Ähnlichkeit beider Partner hinsichtlich verschiedener Merkmale vom ersten über ein zweites Treffen bis letztlich zur Eheschließung kaum mehr verändert und wenn doch, dann leicht zunimmt. Somit sollten die Beobachtungen, die man in den frühen Phasen
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der Kontaktanbahnung im Onlinedating machen kann, gute Hinweise auf die auf dem Internetheiratsmarkt wirksamen Sortierungsmechanismen sein. 4.1.5 Zusammenfassung der Ergebnisse Vor dem Hintergrund der Arbeitshypothesen in Abschnitt 3.1.5 wurde im ersten empirischen Teil der Arbeit das Kontaktaufnahmeverhalten auf einer exemplarischen deutschen Internetkontaktbörse quantitativ im Längsschnitt untersucht. Ausgangspunkt der empirischen Analysen war die in der Partnerwahlforschung wichtige Homophiliehypothese, die besagt, dass der Aufbau von Kontaktbeziehungen durch eine möglichst hohe Ähnlichkeit der beteiligten Akteure begünstigt wird. Neben strukturellen Einflüssen (z. B. Bildungsexpansion, Bedeutung des Bildungssystems als Heiratsmarkt), die dazu führen, dass der Anteil der Paare mit ähnlichen Ressourcen (speziell Bildungsressourcen) in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist (vgl. z. B. Blossfeld & Timm 1997, Blossfeld & Timm 2003), sind auch die individuellen Neigungen, Intentionen und Präferenzen der Akteure mögliche Erklärungsfaktoren dieses Anstiegs der Homogamiequoten in Deutschland. Mit den Daten des Onlinedatings ist es nun möglich, diese intentionale Komponente der Erklärung unter Kontrolle der strukturellen Opportunitäten herauszuarbeiten. Ziel der Analysen war es, die Erstkontakt- und Antwortmuster der Akteure zu beschreiben, im Zuge dessen herauszuarbeiten, welche Paarkonstellationen besonders häufig oder selten realisiert werden sowie empirische Hinweise auf die Gültigkeit der theoretisch hergeleiteten, austauschtheoretischen Mechanismen zu finden. Dazu wurden die Daten einer exemplarischen deutschsprachigen Internetkontaktbörse einer detaillierten deskriptiven und analytischen Auswertung unterzogen. In der aktuellen Forschungslandschaft der Soziologie handelt es sich hierbei (von einigen eher ökonomisch orientierten Einzelstudien abgesehen) um die erste Analyse dieser Art, sowohl im deutschen als auch im internationalen Sprachraum. Die Hauptergebnisse der empirischen Analysen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Im Beobachtungszeitraum eines halben Jahres wurden auf der untersuchten Internetkontaktbörse knapp über 116.000 Kontaktofferten verschickt. Männer sind dabei deutlich aktivere Initiatoren als Frauen. Von diesen Erstkontakten wurde jedoch nicht einmal ein Fünftel beantwortet. Darüber hinaus konnte deutlich gezeigt werden, dass die erstmalige Kontaktierung und die Beantwortung der Erstkontakte systematisch durch die Merkmalskonstellationen der Akteure beeinflusst werden.
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Empirische Untersuchungen
2. Die Partnerwahl im Internet ist entlang der klassischen Ungleichheitsdimensionen, insbesondere der Bildung, strukturiert. Allerdings sind Internetkontaktbörsen im Gegensatz zu den Heiratsmärkten des Alltags weit weniger durch objektive Zugangsbarrieren oder Institutionen vorstrukturiert, zudem kann für die Gelegenheitsstrukturen der Akteure zu jedem Zeitpunkt kontrolliert werden. Das deutet darauf hin, dass die auf diese Merkmale bezogenen individuellen Neigungen, Präferenzen und Intentionen eine große Bedeutung bei der Auswahl von Kontaktpartnern haben und eine rein strukturelle Erklärung der Partnerwahl im Internet zu kurz greifen würde. 3. Die Homophilie, also die Neigung, sich mit sozialstrukturell ähnlich positionierten Menschen zu assoziieren, ist der dominante Mechanismus bei der Auswahl von Kontaktpartnern im Onlinedating. Die Ähnlichkeit zwischen zwei Akteuren, besonders hinsichtlich des Bildungsniveaus, begünstigt die erstmalige Kontaktaufnahme und die Erwiderung dieser Offerten systematisch. Dies bestätigt die austauschtheoretisch erklärbare Paarbildung nach dem Prinzip ‚gleich und gleich gesellt sich gerne‘. 4. Im Falle heterophiler Kontaktierung zeigen sich deutliche Spuren des traditionellen bürgerlichen Haupternährermodells. Beziehungen nach dem klassischen Muster, nach dem der Mann über bessere marktvermittelbare Ressourcen verfügt, sind hier dominant gegenüber umgekehrt traditionellen Konstellationen, in denen die Ressourcen zu Gunsten der Frauen verteilt sind. Frauen scheinen jedoch besonders ablehnend gegenüber diesen umgekehrt traditionellen Verhältnissen zu sein, während Männer auch diese Beziehungen zunehmend in Betracht ziehen. 5. Die empirischen Analysen ergaben keine Hinweise auf geschlechtsspezifische Tradeoffs, d. h. Austauschprozesse zwischen verschiedenen Ressourcen, hier untersucht am Beispiel von statusvermittelnden Bildungsressourcen und physischer Attraktivität. Weder Frauen noch Männer scheinen systematisch eine der beiden Ressourcen einzusetzen, um eine andere im Austausch dafür zu erhalten. Der traditionelle Stereotyp „schöne Frau und reicher Mann“ scheint keine handlungsleitende Bedeutung im Onlinedating zu haben. Dies ist ein weiterer Indikator dafür, dass die Homophilie der treibende Paarbildungsmechanismus ist.
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4.2 Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf Mit den Veränderungen in den Lebenszusammenhängen der Frauen und Männer, insbesondere hinsichtlich homogamer Eheschließungen und der verbesserten Bildungs-, Berufs- und Karrierechancen der Frauen, geht die Erwartung einher, dass sich die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Familie verringert oder ganz auflöst. Demgegenüber zeigen jedoch viele empirische Studien, dass sich in den letzten Jahren keinesfalls eine Angleichung der geschlechtsspezifischen Ernährer- und Versorgerrollen vollzogen hat: Während die Frauen zunehmend in die männliche Sphäre der Erwerbsarbeit vordringen, haben die Männer darauf nicht mit einer entsprechend größeren Beteiligung an den Haushalts- und Familienaufgaben reagiert. Diese Befunde fordern die Erklärungskraft der symmetrisch konzipierten Theorien heraus und scheinen die soziologischen Ansätze zu bestätigen, die eine asymmetrische Persistenz geschlechtsspezifischer Strukturen aufgrund sozialer Normen, Institutionen und Trägheiten im Geschlechterarrangement unterstellen. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen der folgenden empirischen Analyse drei Fragen beantwortet: (1) Wie verändert sich die Aufteilung der Hausarbeit zwischen den Ehegatten im Verlauf der Ehe? (2) Welche Mechanismen steuern eine größere oder geringere relative Beteiligung des Mannes an der Hausarbeit? (3) Mit welchen theoretischen Konzepten lassen sich diese Prozesse angemessen beschreiben und erklären? Die Grundlage der empirischen Studie bildet die theoretische Diskussion in Abschnitt 3.2; sie wird im Folgenden ergänzt durch einige konzeptionelle Überlegungen. 4.2.1 Konzeptionelle Überlegungen In dieser Studie wird die Arbeitsteilung im Haushalt als Prozess betrachtet, der mit anderen parallelen Prozessen, z. B. der Veränderung der Erwerbs- und Karrierechancen oder der Geburt von Kindern, in Wechselwirkung steht. Diese Konzeption ist relativ neu in der Arbeitsteilungsforschung, so dass in der aktuellen Literatur einige Forschungslücken zum Zusammenhang zwischen Geschlechterrollen, Normen, ökonomischen Ressourcen und der Hausarbeit bestehen. Ökonomische und normative Einflüsse auf die Arbeitsteilung, die im theoretischen Diskurs teilweise als einander ausschließend oder sich widersprechend angesehen werden, haben in aller Regel die Eigenschaft, stark pfadabhängige Arrangements im Eheverlauf hervorzubringen. Zum Beispiel kann die Entscheidung für ein Kind mit einer Erwerbsunterbrechung, einem größeren Umfang an Hausarbeit und später mit einem geringeren Erwerbsumfang eines Partners ein-
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hergehen (z. B. in Form des „Drei-Phasen-Modells“), obwohl beide Ehegatten mit egalitären Vorstellungen und ähnlichen Ressourcen in die Ehe gegangen sind. Folglich würde sich das Ressourcenverhältnis in diesem Paar zugunsten des Partners mit der kontinuierlichen Erwerbskarriere verändern. Allerdings wäre die ursprüngliche Entscheidung, welcher Partner die Erwerbstätigkeit familienbedingt unterbrechen solle, nicht aufgrund einer ökonomischen Verhandlung zu fällen gewesen, da beide Partner zu Ehebeginn ein ähnliches Einkommenspotential hatten. Allgemein gesprochen hängen geschlechtsspezifische Arbeitsteilungsmuster und ökonomische Ressourcenkonstellationen, die zu einem späteren Zeitpunkt im Eheverlauf beobachtet werden, mit Entscheidungen und Erfahrungen in früheren Phasen der Ehe zusammen. Bleiben diese frühen Phasen sowie der Ehebeginn unbeobachtet, wäre es unmöglich, zwischen Ursachen und Konsequenzen in den späteren Phasen des Ehelebens zu unterscheiden. Folglich ist es für das Verständnis des Verlaufs und der Dynamik der Arbeitsteilung im Haushalt unabdingbar, dass die Ausgangsbedingungen der Ehe in der Analyse angemessen berücksichtigt werden. Trotz der großen Anzahl an empirischen Studien zur Hausarbeit ist heute recht wenig darüber bekannt, wie sich Ehegatten zu Beginn ihrer Ehe die Aufgaben im Haushalt teilen und wie sich die Arbeitsteilung dann weiterentwickelt. Dabei ist die Ehe ein klar definierbares Ereignis und ein theoretisch bedeutungsvoller Ausgangspunkt für die Beobachtung der Arbeitsteilung in der Paarbeziehung. Als rechtliches Institut definiert die Ehe immerhin ökonomische und soziale Verpflichtungen zwischen den Partnern. Ebenso signalisieren die Partner mit der Heirat eine langfristige Bindungsabsicht, die normalerweise die Voraussetzung für beispielsweise den Übergang zur Elternschaft oder familienbedingte berufliche Veränderungen darstellt. In diesem Sinne bildet die Ehe den legalen Rahmen für die gemeinsame Haushaltsproduktion und Spezialisierungsentscheidungen, wie sie im Modell der familienökonomischen Theorie konzipiert sind. Die ursprüngliche Arbeitsteilung zu Ehebeginn ist darüber hinaus auch der Ausgangspunkt für die ehelichen Aushandlungsprozesse im Rahmen der Ressourcenund Verhandlungstheorien. Als soziale Institution ist die Ehe heute jedoch teilweise mit anderen Erwartungen hinsichtlich der Rollen von Ehefrau und Ehemann belegt als zu Zeiten der Dominanz des bürgerlichen Familienideals. Einerseits schreiben traditionelle Vorstellungen vom Familienleben den Männern noch immer die Rolle des Hauptversorgers zu, der sich darüber hinaus kaum an der ‚weiblichen Hausarbeit‘ beteiligt. Andererseits werden egalitäre Rollen für die Akteure heute immer wichtiger, so dass auch von den Männern erwartet wird, sich aktiv im Haushalt und bei Familienaufgaben einzubringen. Die Art und Weise, wie frisch verheiratete
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Paare mit diesen ambivalenten Geschlechtsrollen im Hinblick auf die Aufteilung der Hausarbeit umgehen, hat sicher ebenso Auswirkungen auf die zukünftige Gestaltung des partnerschaftlichen Alltags wie die ökonomischen Ressourcenverhältnisse. So wären beispielsweise Rollenkonflikte zu erwarten, wenn beim Übergang zur Elternschaft traditionelle und egalitäre Vorstellungen aufeinandertreffen. Da Hausarbeit an sich eine geschlechtliche Komponente enthält (Berk 1985), haben sowohl die größere als auch die geringere Beteiligung des Mannes an der Hausarbeit eine unterschiedliche symbolische Bedeutung. Viele Studien, diese eingeschlossen, konzipieren Hausarbeit als relatives Maß der männlichen oder weiblichen Beteiligung an den Routinetätigkeiten im Haushalt, wie z. B. Kochen, Putzen oder Wäsche machen. Da diese Arbeiten traditionell als ‚weibliche Tätigkeiten‘ etikettiert werden, enthält bereits die abhängige Variable eine geschlechtliche Komponente, anstatt eine geschlechtsneutrale Maßzahl der unbezahlten Hausarbeit zu sein. Auch dieser Aspekt muss bei der Analyse berücksichtigt werden, insbesondere, wenn man Hausarbeit als einen Prozess betrachtet, in dessen Verlauf sich solche symbolischen Bedeutungen möglicherweise ändern können. Technisch gesprochen kann die Arbeitsteilung im Eheverlauf konstant sein oder sich in zwei gegensätzliche Richtungen entwickeln: Der Anteil, den die Männer an einer gegebenen Menge an Hausarbeit erledigen, kann sich erhöhen oder verringern. Nun impliziert aber jede dieser beiden Entwicklungsrichtungen ganz spezifische Bedeutungen in Bezug auf die Geschlechterrollen der Ehegatten. Wenn sich Ehemänner stärker an der Hausarbeit beteiligen, bewegen sie sich gleichzeitig weg vom traditionellen Familienbild, indem sie beispielsweise, im Sinne eines „undoing gender“ (Lorber 2000), ganz bewusst gegen vorherrschende Geschlechterbilder verstoßen oder auch schlicht ökonomisch rational handeln. Das wäre dann der Fall, wenn ihre Gattin ein höheres Einkommenspotential hat. Ziehen sich die Männer hingegen im Verlauf der Ehe kontinuierlich aus der Hausarbeit zurück, ist das gleichbedeutend mit einer Hinwendung zum traditionellen Familienbild, z. B. aus Gründen einer geschlechtsspezifischen Identitätskonstruktion (Bielby & Bielby 1989), die möglicherweise sogar handfeste ökonomische Rationalitäten überlagert. Veränderungen in die eine oder andere Richtung sind ebenfalls abhängig von den verschiedenen Lebensphasen der Akteure. So ist beispielsweise der normative Druck auf die Paare, die Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit in Richtung des männlichen Brotverdienermodells zu verändern, beim Übergang zur Elternschaft um ein Vielfaches höher als ohne Kinder (zumindest in Westdeutschland). In späteren Phasen der Ehe, wenn die Kinder älter sind und die
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Empirische Untersuchungen
Frauen ins Erwerbsleben zurückkehren oder ihren Erwerbsumfang wieder deutlich ausweiten, würde man gemäß der Ressourcentheorie schließlich erwarten, dass die Ehegatten ihr paarinternes Arrangement neu verhandeln und an die neuen Rahmenbedingungen anpassen. Empirische Belege für diese „verzögerte Anpassung“ fanden Gershuny et al. (2005) auf Basis einer international vergleichenden Analyse. Es ist jedoch eine wichtige und empirisch bislang weitgehend ungeklärte Frage, ob sich das Handeln der Paare tatsächlich mit diesem grundsätzlich reversiblen Verhandlungsmechanismus auf Basis ökonomischer Ressourcen beschreiben lässt oder ob die einmal getroffenen normativ motivierten Entscheidungen nicht zu dominant sind und deshalb irgendwann gar nicht mehr zur Disposition stehen. Zusammengenommen bildet das jeweils aktuelle Arrangement der Arbeitsteilung zwischen den Ehegatten zu jedem Zeitpunkt ein Referenzniveau, von dem zukünftige Veränderungen ausgehen. Prozesse der zu- oder abnehmenden Beteiligung im Haushalt haben unterschiedliche Bedeutungen für Frauen und Männer und folgen deshalb mitunter unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Mechanismen. Wie die angeführten Beispiele gezeigt haben, ist der Beginn der Ehe ein sinnvoller und theoretisch gehaltvoller Ausgangspunkt für dynamische Analysen der Arbeitsteilung. Folglich werden in dieser Analyse die Prozesse der Traditionalisierung und Enttraditionalisierung getrennt voneinander untersucht, beginnend bei der Eheschließung. Damit werden die beiden Entwicklungen nicht einfach als ein Prozess mit gegensätzlichen Vorzeichen betrachtet. Diese Unterscheidung reflektiert vielmehr eine inhaltlich bedeutsame Fragestellung: Welche Umstände determinieren Veränderungen in der Beteiligung an der Hausarbeit in eine bestimmte Richtung? Diese Frage unterscheidet sich deutlich von den bisherigen Längsschnittstudien zur Arbeitsteilung, die sich mit globalen, aggregierten Veränderungen befassten, die jedoch bei genauerem Hinsehen nichts anderes sind, als die Summe zweier separater Prozesse in verschiedene Richtungen (vgl Blossfeld & Rohwer 2002: 6f.). Für den einen Prozess, im Zuge dessen die Männer ihre Beteiligung an der Hausarbeit reduzieren, wirken die theoretischen Mechanismen, ökonomische Ressourcen und soziale Normen, in die gleiche Richtung wie für Paare mit traditionellen Ressourcenkonstellationen: Der Vorteil der Ehemänner in Bezug auf die ökonomischen Ressourcen zu Beginn der Ehe wird sich im Laufe der Ehe vergrößern und gleichzeitig wird sich im Haushalt eine geschlechtsspezifische Spezialisierung der Hausarbeit durchsetzen. Für den anderen Prozess, im Zuge dessen die Männer ihre Beteiligung an der Hausarbeit vergrößern, skizzieren die theoretischen Mechanismen vielmehr recht neue, ungewohnte Situationen. Frauen, die ein größeres Einkommenspoten-
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tial haben als ihre Männer, sind noch immer selten und auch die Idee der Gleichheit der Geschlechter in Paarbeziehungen kann noch nicht als gängiges gelebtes Ideal bezeichnet werden, wenngleich sie immer mehr an Bedeutung gewinnt. So sind die normativen Hürden für die Verwirklichung von Geschlechtergleichheit, verglichen mit dem traditionellen Fall, verhältnismäßig groß. Nur die getrennte Analyse beider Prozesse ermöglicht es deshalb, die Wirkung ökonomischer Ressourcen im Zusammenspiel mit normativen Rahmenbedingungen angemessen zu erfassen und die Gründe für Verschiebungen in die eine oder andere Richtung herauszuarbeiten. Vor diesem Hintergrund wird es bei der Modellspezifikation nicht darum gehen, ein möglichst großes Maß an Varianz zu erklären, sondern vielmehr die theoretischen Konzepte mit den zur Verfügung stehenden Daten angemessen abzubilden. Kontextspezifische Rahmung der ehelichen Arbeitsteilung Die Entscheidung, wie bezahlte und unbezahlte Arbeit in einer Paarbeziehung oder Ehe aufgeteilt werden soll, treffen die Akteure nicht in einem gesellschaftlichen Vakuum. Durch institutionellen Strukturen vermittelte, länderspezifische Pfadabhängigkeiten spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Veränderungen normativer Bezugsrahmen, z. B. von polaren zu egalitären Geschlechtsrollen, in das alltägliche Leben der Akteure zu übersetzen (Moen 2003). Je stärker sich Gleichheitsnormen durchsetzen, desto eher impliziert das eine egalitäre Aufteilung der Zeit für Erwerbsarbeit und eine partnerschaftliche Aufgabenteilung bei der alltäglich anfallenden Haushaltsarbeit. Speziell Westdeutschland ist in dieser Hinsicht ein äußerst interessantes Studienobjekt um zu untersuchen, wie sich die Rollenideale von Männern und Frauen im Zuge der Herausbildung des Doppelverdienermodells verändern (Blossfeld & Drobniˇc 2001), da die Doppelverdienernorm eher für kinderlose Paare gilt als für Eltern (Huinink 2001). Im Gegensatz zu beispielsweise den USA ist zudem der Übergang zur Elternschaft in Westdeutschland noch immer mit der Vorstellung verbunden, dass die „gute Mutter“ ihre Erwerbskarriere zugunsten des Nachwuchses unterbricht und die Rolle einer Vollzeithausfrau einnimmt, zumindest solange das Kind klein ist (Mühling et al. 2006). Obwohl Väter die Elternzeit schon immer genauso in Anspruch nehmen können wie Mütter, lastet der normative Druck, ihre Karriere hinter das Familienleben zurück zu stellen, eher auf den Müttern. Dabei beinhaltet die Hausfrauenrolle in Anlehnung an das bürgerliche Familienideal stets sowohl die Kinderbetreuung und -erziehung als auch die Hausarbeit, während der Mann und Vater die Familie materiell über eine kontinuierliche Vollzeiterwerbstätigkeit versorgt. Insgesamt sind die Rahmenbedingungen junger Famili-
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en in Westdeutschland stark auf ein traditionelles Familienmodell ausgerichtet, wie man z. B. am Ehegattensplitting sehen kann oder an der „Fixierung auf den Mann als den ‚bevorzugten‘ Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt“ (Rost 2001: 246). Zusammen mit der unzureichend ausgebauten Kinderbetreuung, besonders für Kinder unter drei Jahren, und dem Schulsystem, die beide nicht auf die Unterstützung von Doppelverdienereltern angelegt sind, begünstigt dieser institutionelle Kontext nicht nur implizit das Modell des männlichen Brotverdieners und der weiblichen Hausfrau. Vor diesem Hintergrund ist mit Blick auf die empirische Analyse zu erwarten, dass Ehepaare, wenn sie den Übergang zur Elternschaft vollziehen, eine deutliche Veränderung ihrer normativen Bezugsrahmen erfahren, die wiederum die Verteilung der Hausarbeit beeinflussen. Wenn ein Kind geboren wird, so die Erwartung, wird sich die Hausarbeit in Richtung eines traditionalen Arrangements verändern und zwar unabhängig von den relativen Ressourcenkonstellationen im Paar. Diese Erwartung wird beispielsweise auch durch die Ergebnisse Kaufmanns (2005) gestützt, der in seiner Studie über „schmutzige Wäsche“ zeigen konnte, dass selbst in den Paaren, in denen beide Partner das Gleichheitsideal favorisieren, sich langsam und schleichend traditionelle Formen der Aufgabenteilung durchsetzen, anstatt täglich gegen die angedeuteten institutionellen Barrieren des Alltagslebens anzukämpfen. 4.2.2 Stand der (Längsschnitt-)Forschung Die Erforschung der Arbeitsteilung im Haushalt blickt inzwischen auf eine lange und ergebnisreiche Forschungstradition zurück (Huinink & Röhler 2005), deren wichtigste Befunde im Folgenden zusammengestellt werden. Die vielen Einzelstudien, Zusammenfassungen und Überblicksarbeiten zu diesem Forschungsbereich (vgl. z. B. Coltrane 2000, Huinink & Röhler 2005, Künzler 1994, Röhler et al. 2000, Shelton & John 1996, Stauder 2002) sind sich im Wesentlichen darin einig, dass in Deutschland noch immer eine ausgeprägte Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen existiert, die stark an die polare Geschlechterkonzeption des bürgerlichen Familienideals erinnert. Wenig geändert hat sich an den traditionellen Zuständigkeiten im Haushalt: Frauen sind für die alltäglichen Routinetätigkeiten, wie z. B. Kochen, Putzen oder Wäsche machen, zuständig, Männer erledigen eher die außeralltäglichen Arbeiten, wie beispielsweise Reparaturen oder die Pflege des Kraftfahrzeugs. Diese Differenzierung spiegelt sich auch in der Zeitverwendung der Geschlechter für Hausarbeit oder einzelne Tätigkeiten wider. Während sich der Beitrag von Männern für Hausarbeit in den letzten Jahren bei ungefähr zehn Stunden pro Woche eingependelt zu haben scheint, variiert die Zeit, die Frauen im Mittel für Hausarbeit
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pro Woche aufwenden, je nach Lebensphase und -situation zwischen zehn und 60 Stunden (Huinink & Röhler 2005: 101f.). Fast alle bisherigen Befunde zur Hausarbeit und Arbeitsteilung in Deutschland basieren auf Querschnittsuntersuchungen, bevorzugt von Zeitverwendungsdaten, z. B. der Zeitbudgeterhebung des Statistischen Bundesamtes (vgl. z. B. BMFSFJ & Statistisches Bundesamt 2003, Gwozdz et al. 2006, Gwozdz 2008, Haberkern 2007, Statistisches Bundesamt 2004), der Würzburger Studie (vgl. z. B. Künzler 1994, Künzler et al. 2001, Walter & Künzler 2002) oder der Vorstudie zum Beziehungs- und Familienentwicklungspanel, kurz PAIRFAM (Schulz 2008). Im Rahmen dieser Querschnittsstudien konnte für nahezu sämtliche Hypothesen und Theorien empirische Evidenz gefunden werden, wie die theoriegeleitete Übersicht von Stauder (2002) zeigt. Als die wichtigsten Einflussfaktoren haben sich im Zuge dessen die Erwerbstätigkeit und der Übergang zur Elternschaft herauskristallisiert, die zudem für Frauen stärker wirken als für Männer. Seit etwa Mitte der 1990er Jahre wurde dieser Forschungsstand um erste Befunde aus Längsschnittanalysen bereichert. Inzwischen gibt es einige bedeutsame Arbeiten, welche die Vermutungen der Querschnittsstudien in vielen Fällen bestätigen, aber auch herausfordern. Ein wesentlicher Vorteil dieser neuen Herangehensweise ist nämlich, dass zusätzlich zu Assoziationen zwischen Variablen zu einem Zeitpunkt nun auch Aussagen darüber getroffen werden können, unter welchen Umständen sich bestimmte Arrangements herausbilden, verändern und fortentwickeln. Als problematisch ist bislang die Tatsache anzusehen, dass keine der wenigen für Längsschnittanalysen zur Verfügung stehenden Datenquellen explizit auf diesen Forschungsbereich ausgelegt ist. Somit können die Notwendigkeiten einer an den Anforderungen des Forschungsstandes orientierten Arbeitsteilungsanalyse oft nicht in vollem Umfang erfüllt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Daten ist die Verlaufsforschung zur Hausarbeit und Arbeitsteilung derzeit noch sehr heterogen. Unterschieden werden können Zeitreihenuntersuchungen (vgl. z. B. Chesters et al. 2009, Dribe & Stanfors 2009, Evertsson & Nermo 2007, Gershuny 1992, Gwozdz 2008), ZweiZeitpunkt-Panelstudien (vgl. z. B. Baxter et al. 2008, Gupta 1999, Huinink & Reichart 2008, Klaus 2007, Klaus & Steinbach 2002) und Panelanalysen mit mehr als zwei Wellen (vgl. die vorliegende Untersuchung, sowie z. B. Cooke 2007, Cunningham 2007, El Lahga & Moreau 2007, Gershuny 1996, Gershuny et al. 1994, Gershuny et al. 2005, Huinink & Röhler 2005, Kan 2008). Neben dem in dieser Studie verwendeten Bamberger Ehepaar-Panel existieren in Deutschland noch drei weitere Datenquellen, mit denen man Längsschnittanalysen der Arbeitsteilung durchführen kann: die Bamberger Längsschnittstudie zur Lebens-
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Empirische Untersuchungen
lage nichtehelicher Lebensgemeinschaften (Auswertungen bei Rupp 1999, Vaskovics & Rupp 1995, Vaskovics et al. 1997), der Familiensurvey des DJI (zuletzt ausgewertet z. B. von Huinink & Reichart 2008), sowie das Sozioökonomische Panel (zuletzt z. B. El Lahga & Moreau 2007). Eine weitere Unterscheidung kann hinsichtlich der verwendeten Auswertungstechniken getroffen werden: Hier finden sich deskriptive Vergleiche, Panelregressionen, gepoolte Regressionen, sowie die in dieser Studie eingesetzten Methoden der Ereignisanalyse. Verglichen mit der Ereignisanalyse liegt ein Spezifikum dieser Verfahren in der Annahme, dass die unabhängigen Variablen den abhängigen Prozess in gleicher Weise in beide Richtungen beeinflussen, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Dies muss, wie in den konzeptionellen Überlegungen ausgeführt, jedoch nicht zwangsläufig der Fall sein. Weiterhin berücksichtigen sie dadurch nicht, dass die Richtung der Prozesse möglicherweise ein unterschiedliches normatives Gewicht hat, dass sich also Prozesse der Traditionalisierung anders über die Zeit entwickeln als Prozesse der Enttraditionalisierung, und dass sie von den beteiligten Akteuren unterschiedlich wahrgenommen und rationalisiert werden. Wenn man also an den Umständen und Gründen für Veränderungen in verschiedene Richtungen interessiert ist, sind Panelmodelle weniger hilfreich, da sie lediglich aggregierte Muster aufspüren können, die sich aus der Summe der tatsächlich zugrundeliegenden Prozesse ergeben. Je nachdem, welche Methoden also zur längsschnittlichen Analyse der Arbeitsteilung eingesetzt werden, können unterschiedliche Fragen beantwortet werden. Da in der Längsschnittforschung der Schlüssel zu einem besseren Verständnis der Hausarbeit in Paarbeziehungen liegt, kann auf keine dieser Herangehensweisen verzichtet werden, je nachdem, welcher Art die Aussagen sind, an denen man als Forscher interessiert ist, z. B. an aggregierten Veränderungen oder der Beurteilung prozessualer Mechanismen. Alle Antworten auf diese Fragen sind indessen nötig, um in Zukunft besser verstehen und soziologisch erklären zu können, was in Haushalten und Familien vor sich geht. Mit Blick auf die empirischen Ergebnisse der aktuellen Längsschnittstudien sind derzeit zwei Tendenzen zu erkennen, die sich in der Querschnittsliteratur bereits angedeutet haben. Auf der einen Seite sind die Erwerbstätigkeit und Veränderungen in der Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen, die zentralen Bedingungsfaktoren der Verteilung der häuslichen Arbeit zwischen den Geschlechtern. Im Zuge der steigenden Erwerbspartizipation der Frauen und der damit verbundenen Verbesserung ihrer Position in der Gesellschaft sowie in Paarbeziehungen, sprechen Gershuny et al. (2005) von einer langfristigen, „verzögerten Angleichung“ der Beteiligungsraten von Frauen und Männern im Haushalt. Diese Interpretationsrichtung ist stark von den (ökonomi-
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schen) Verhandlungs- und Ressourcentheorien beeinflusst (vgl. auch die Ergebnisse bei Huinink & Röhler 2005, Huinink & Reichart 2008, Klaus 2007, Klaus & Steinbach 2002, Cunningham 2007). Auf der anderen Seite haben viele Studien die große Bedeutung familienrelevanter Ereignisse für die Arbeitsteilung im Haushalt hervorgehoben und mit empirischen Ergebnissen untermauert. So zeigte sich beispielsweise, dass sich im Übergang zur Ehe die Zeit, die Frauen für Hausarbeit verwenden, systematisch erhöht und damit der Anteil steigt, den die Frauen an der Gesamtlast tragen (vgl. Baxter et al. 2008, El Lahga & Moreau 2007, Gupta 1999). Zentral in nahezu allen Studien ist der Einfluss, den der Übergang zur Elternschaft auf die Arbeitsteilung in Paarbeziehungen hat. Dieser setzt eine Traditionalisierung im Sinne einer größeren Beteiligung der Frau in Gang, die im weiteren Beziehungsverlauf kaum noch aufgehalten oder umgekehrt werden kann (vgl. auch die empirischen Ergebnisse dieser Studie). Daraus abgeleitet wird in theoretischer Hinsicht die Bedeutung sozialer Normen gegenüber ökonomischen Ressourcen für die Erklärung dieser Prozesse, insbesondere da auch andere Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Elternschaft und Erwerbstätigkeit zeigen konnten, dass die Entscheidung zur familienbedingten Reduktion der Erwerbstätigkeit eher normativ motiviert ist (Blossfeld & Drobniˇc 2001). Als Fazit dieser kurzen Übersicht über den derzeitigen Forschungsstand lässt sich festhalten, dass die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Haushalt und die aus diesem Spannungsfeld resultierende Verteilung der Hausarbeit zwischen den Akteuren einer Paarbeziehung Mehrebenenprobleme sind (vgl. Huinink & Röhler 2005). Eine Vielzahl an Hinweisen aus den aktuellen Studien deutet darauf hin, dass insbesondere soziale Normen, Institutionen und Trägheiten im Geschlechterarrangement diese Prozesse beeinflussen. Auch die ökonomischen Mechanismen scheinen nicht, wie in der Theorie strenggenommen postuliert, vollkommen geschlechtsneutral zu wirken, sondern vielmehr an unterschiedliche Situationsdefinitionen der Akteure gekoppelt zu sein, die wiederum das vorherrschende Geschlechterverhältnis widerspiegeln. Die anschließende empirische Untersuchung soll zum besseren Verständnis dieser Zusammenhänge beitragen. 4.2.3 Daten, Methoden und Variablen Im Folgenden wird erstens die Datengrundlage, das Bamberger Ehepaar-Panel, beschrieben. Zweitens wird das empirische Modell und die Methode zu dessen Analyse vorgestellt. Drittens wird die Operationalisierung der in den Analysen konkret verwendeten Variablen erläutert.
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Daten Die empirische Untersuchung der in Abschnitt 3.2 diskutierten theoretischen Zusammenhänge erfolgt auf Basis der Daten des Bamberger Ehepaar-Panels (kurz: BEP). Das BEP ist eine soziologische Längsschnittstudie zur Familien- und Beziehungsentwicklung, deren Erhebungszeitraum die Jahre von 1988 bis 2002 umspannt. Dazwischen fanden jeweils 1990, 1992 und 1994 Panelerhebungen statt. Zu Beginn der Studie im Jahr 1988 wurden, repräsentativ für Westdeutschland, 1.528 kinderlose Paare kurz nach der Schließung ihrer ersten Ehe befragt. In 95 Prozent der Fälle konnten die Interviews beider Ehepartner mit dem gleichen Instrument und getrennt voneinander durchgeführt werden. Damit liegen auf der Paarebene dieser Eheschließungskohorte Verlaufsdaten über die Arbeitsteilung in der Familie und die Auswirkungen des Übergangs zur Elternschaft vor. Ausführliche Erläuterungen der Stichprobenziehung und der Anlage des BEP finden sich in den Projektberichten der Studie „Optionen der Lebensgestaltung junger Ehen und Kinderwunsch“ (Schneewind et al. 1992, Schneewind et al. 1996). Der für diese Studie verwendete Datensatz umfasst alle Paare, von denen pro Erhebungswelle für beide Partner ein ausgefüllter Fragebogen vorliegt. Für das erste Erhebungsjahr 1988 sind das 1.456 Ehepaare. Aufgrund von Panelmortalität sind im Jahr 2002 noch 523 Paare verblieben, was einem Anteil von rund 36 Prozent entspricht. Da nicht jedes Paar an jeder Welle teilgenommen hat, wurden die Episoden der Paare beim Ausscheiden vor der letzten Panelwelle rechtszensiert und, sofern diese Paare in späteren Jahren wieder befragt werden konnten, mit den dann jeweils verfügbaren Informationen wieder in die Auswertung aufgenommen. Die Teilnahmemuster der Paare sind in Tabelle A.5 im Anhang dokumentiert. Um eine mögliche Selektivität der Ausfälle nach den in dieser Studie besonders bedeutsamen Ressourcenkonstellationen der Partner einschätzen zu können, wurde die Ausfallwahrscheinlichkeit nach den Bildungsrelationen der Ehepartner für jede Welle berechnet. Die Bildungskonstellation ist aus mindestens zwei Gründen dafür ein guter Indikator: erstens aufgrund der hohen theoretischen Relevanz der Bildung für die untersuchten Prozesse, und zweitens da sie als zeitkonstantes Merkmal (siehe die Variablenbeschreibung weiter unten) einen sehr guten Referenzpunkt für die zeitveränderliche Komposition der Stichprobe bietet. Dabei zeigt sich, dass die Anteile der Paare mit den drei verschiedenen Bildungskonstellationen im Beobachtungsfenster in etwa gleich stark abnehmen (vgl. die Tabellen A.6 und A.7 im Anhang). Das heißt, dass es mit Blick auf die drei wesentlichen Ressourcenverhältnisse der Partner offenbar keine bedeutsam verzerrenden Ausfälle zu geben scheint. In der dynamischen Analyse wird dennoch
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dieser „sample selection bias“ durch einen Korrekturfaktor berücksichtigt, der in Form einer Instrumentenvariable die Ausfallwahrscheinlichkeit der Paare für jede Panelwelle differenziert nach der Bildungskonstellation der Paare kontrolliert. Dieser Korrekturschätzer ist konsistent, aber nicht vollständig effizient, da er die Standardfehler in diesem zweistufigen Verfahren nicht korrigiert. Wie die Berechungen in den Abschnitt 4.2.4 zeigen werden, ist dieser Korrekturfaktor jedoch in keinem einzigen Modell signifikant, so dass die Ausfälle die Schätzergebnisse der Modelle nicht wesentlich beeinflussen. Methode Für die Vorstellung der Arbeitsteilung als Prozess erweist sich die Ereignisanalyse (Blossfeld & Rohwer 2002) als besonders angemessene Analysetechnik. Das große Potential dieser Methode besteht darin, Veränderungen in den Lebensverläufen von Individuen oder, wie in dieser Untersuchung, in den Beziehungen von Paaren nachzuzeichnen. Sie ermöglicht es, typische Übergänge von Mitgliedern sozialer Kollektive zu modellieren und nach den Ursachen für diese Veränderungen zu suchen (Baur 2005: 212). Zudem kann man, wie Abbildung 4.6 schematisch zeigt, die zeitbezogenen Muster der Zusammenhänge zwischen den Ereignissen verschiedener Prozesse im Detail analysieren und somit abschätzen, ob bestimmte Übergänge (von y1 auf y2 ) im Zusammenhang mit anderen Ereignissen stehen (von x1 auf x2 ) oder ohne diese nicht eintreten würden (vgl. Baur 2005, Yamaguchi 1991). Abbildung 4.6: Modellierung von Kausalität mit Längsschnittdaten Yt y2
6
y1
-t Xt x2
6
x1 t1
t2
Quelle: Blossfeld & Rohwer (2002: 30).
t3
-t
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Nach Blossfeld & Rohwer (2002) sind ereignisanalytische Modelle sehr gut für die Analyse der Kausalität sozialer Prozesse geeignet, da sie deren probabilistischen Charakter in besonderer Weise Rechnung tragen. Grundlegend hierfür ist das folgende zeitbezogene Verständnis von Kausalität: Theoretisch bedeutsame Ereignisse, d. h. Veränderungen einer unabhängigen Variable X, zu einem Zeitpunkt t in der Vergangenheit, verändern über einen aus der Theorie abgeleiteten kausalen Mechanismus die Wahrscheinlichkeit (ΔPr), dass sich eine abhängige Variable Y zu einem späteren Zeitpunkt t (für t < t ) verändert (Blossfeld & Rohwer 2002: 29): ΔXt −→ ΔPr(ΔYt ) für t < t
Insofern ist diese Herangehensweise außerordentlich gut geeignet, um die gegenwärtig einflussreichen Theorien zur Erklärung der sozialen Wirklichkeit modellieren und empirisch testen zu können. Schließlich sind diese Theorien, wie z. B. Beckers (1998) Familienökonomie oder der Doing Gender-Ansatz, keine deterministischen Konzeptionen, sondern beziehen sich stets auf wahrscheinliche Veränderungen des Handelns unter bestimmten aktuellen und vergangenen Rahmenbedingungen. Der besondere Vorteil der Ereignisanalyse ist in diesem Zusammenhang, dass die Wirkungen zeitkonstanter und zeitveränderlicher Merkmale berücksichtigt werden können. Damit ist es möglich, nicht nur den zu erklärenden Prozess, sondern auch theoretisch als unabhängig bestimmte, parallel verlaufende Entwicklungen in ihrer zeitlichen Extension zu würdigen. Das zentrale Konzept der Ereignisanalyse ist die Übergangsrate von einem Zustand j in einen anderen Zustand k zu einem Zeitpunkt t: r jk (t). Die Rate ist eine Maßzahl, die es erlaubt, die Dynamik des Prozesses zu jedem Zeitpunkt seines Verlaufes zu beschreiben. Inhaltlich kann sie als Neigung zur Veränderung interpretiert werden, im diskreten Fall gewissermaßen als bedingte Wahrscheinlichkeit für einen Zustandswechsel. Dies ist allerdings nur unter der Voraussetzung sinnvoll, dass die Untersuchungseinheit zum Zeitpunkt t der sogenannten Risikomenge angehört (T ≥ t), für sie also bis dahin noch kein Ereignis beobachtet werden konnte (Yamaguchi 1991: 17): r jk (t) = Pr(T = t | T ≥ t) Aufgrund des Untersuchungsdesigns des BEP wird für die dynamischen Längsschnittanalysen die Methode der Ereignisanalyse für diskrete Zeitachsen (vgl. Allison 1984, Yamaguchi 1991) verwendet. Dieser Spezialfall der kontinuierlichen Variante ist dann angemessen, wenn keine echten, lückenlosen Verlaufsdaten vorliegen, sondern „lediglich Zeitintervalle angegeben werden [können], in denen ein Zustandswechsel aufgetreten oder bestimmte Ereignisse eingetreten
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sind“ (Hamerle & Tutz 1989: 9). Während im kontinuierlichen Fall ein Indikator den Zeitpunkt anzeigt, zu dem ein Ereignis beobachtet werden kann, wird der abhängige Prozess bei der diskreten Ereignisanalyse in Form einer binären Variable gemessen, die anzeigt, ob zwischen zwei Beobachtungen eine Veränderung gemessen wurde oder nicht. Das ist vor allem bei Paneldaten notwendig, da hier die exakte Angabe der Zeitpunkte der Zustandswechsel in aller Regel nicht möglich ist. Dass diskrete und kontinuierliche Modelle der Ereignisanalyse indessen problemlos ineinander überführt werden können, zeigt eine Grenzwertbetrachtung, bei der das Intervall zwischen den Beobachtungen so lange verkleinert wird, bis es mit dem Zeitpunkt des Ereignisses selbst zusammenfällt (Allison 1984: 23). In der folgenden Gleichung sei r(t) die Übergangsrate sowie t und t + s die Grenzen eines Intervalls: P(t, t + s) r(t) = lim s→0 s Zur Modellierung des Wandels arbeitsteiliger Arrangements in dieser Untersuchung wird ein logistisches Regressionsmodell verwendet, in das sowohl zeitkonstante als auch zeitveränderliche Kovariablen aufgenommen werden. Dabei seien a eine Regressionskonstante, x1 zeitkonstante und x2 (t) zeitveränderliche Kovariablen sowie t die Verweildauer im Ausgangszustand (Allison 1984: 18): P(t) r(t) = log = a + b1 x1 + b2 x2 (t) 1 − P(t) Die abhängige Variable r(t) der Ereignisanalyse ist im vorliegenden Fall die zeitabhängige Rate der Veränderung der Hausarbeitsteilung. Dabei werden zwei verschiedene Prozesse untersucht: (1) Prozesse die zu einer geringeren relativen Beteiligung der Männer führen und (2) Prozesse, die zu einer größeren relativen Beteiligung der Männer führen. Im ersten Fall werden Paare, in denen die Frau die Hausarbeit bereits ohne die Beteiligung ihres Mannes erledigt, aus der Analyse ausgeschlossen, da sich der Mann nicht noch weniger beteiligen kann. Für den zweiten Fall gilt die Selektionsregel entsprechend. Die für die Konstruktion dieser beiden Prozesse notwendige Variable wird im nächsten Abschnitt erläutert. Geschätzt werden durchweg Mehrepisodenmodelle, die dann angebracht sind, wenn „nicht alle Zielzustände absorbierend“ sind und „für jedes Individuum bzw. Objekt mehrere Episoden aufeinanderfolgen“ können (Hamerle & Tutz 1989: 91). Jedes Paar kann somit mehrfach in die Analyse eingehen, sofern es mit mehreren abgeschlossenen, d. h. nicht rechtszensierten Episoden im Beobachtungsfenster auftaucht. Probleme der Linkszensierung treten in dieser Untersuchung indessen nicht auf, da alle Episoden mit der Eheschließung beginnen und nur Aussagen über den Eheverlauf getroffen werden sollen. Insgesamt
188
Empirische Untersuchungen
können in dem 14 Ehejahre umspannenden Beobachtungsfenster 1.113 Ereignisse beobachtet werden, 373 von ihnen weisen auf eine größere, 740 auf eine geringere Beteiligung der Männer an der Hausarbeit hin. Die abhängige Variable Die Arbeitsteilung im Haushalt wurde im BEP mittels eines „Task-ParticipationIndex“ operationalisiert (vgl. als klassisches Vorbild Blood & Wolfe 1960). Für verschiedene Tätigkeiten im Haushalt wurde mit jeweils einer fünfstufigen Skala (von „ausschließlich ich“ bis „Partner/in alleine“) gefragt, wer die Aufgaben in der Familie übernimmt. Konkret lautete die Frage in allen Wellen: „Wie haben Sie sich die Hausarbeit untereinander aufgeteilt? Was machen überwiegend oder ausschließlich Sie, was Ihr Partner, welche Aufgaben erledigen Sie gemeinsam, und bei welchen Aufgaben wechselt das?“ Für den Fall, dass bestimmte Tätigkeiten von anderen Personen erledigt werden, war eine sechste Kategorie vorgesehen, die von den Befragten jedoch kaum genannt wurde und deswegen in der vorliegenden Analyse nicht ausgewertet wird. Aus den Antworten der Frauen auf die traditionell als ‚weiblich‘ konnotierten Tätigkeiten Kochen, Abspülen und Abtrocknen, die Wohnung sauber machen und aufräumen sowie Wäsche und Kleidung reinigen und in Ordnung halten, wurde ein ungewichteter Summenscore (mit Werten von 4 bis 20, für Abbildung 4.7 transformiert auf den Bereich zwischen 0 und 4) gebildet. Je höher der Wert des Summenscores, desto größer ist die relative Beteiligung des Mannes an den vier genannten Haushaltstätigkeiten. Dieser Index hat sich bereits in verschiedenen anderen Untersuchungen, die auf der Grundlage des BEP durchgeführt wurden, bewährt (vgl. z. B. Rost & Schneider 1994, Rost & Schneider 1995, Schneewind et al. 1996, Schneider & Rost 1998). Für erste deskriptive Analysen wurde der Summenscore in vier ordinale Ausprägungen „stark traditional“, „traditional“, „partnerschaftlich“ und „nichttraditional“ gruppiert. „Stark traditional“ soll in diesem Zusammenhang ein Arrangement heißen, in dem die Ehefrau die oben bezeichneten Haushaltstätigkeiten alleine übernimmt. Im „traditionalen“ Fall engagiert sich zwar der Ehemann bei diesen Aufgaben, das meiste wird aber von der Ehefrau übernommen. Von einer „partnerschaftlichen“ Aufteilung soll dann die Rede sein, wenn jeder der beiden Partner in etwa die Hälfte der genannten Hausarbeiten verrichtet. Im „nichttraditionalen“ Fall werden die vier Hausarbeiten eher oder ausschließlich vom Ehemann als von der Ehefrau übernommen. In Abbildung 4.7 sind Kerndichteschätzungen (Silverman 1986) der Verteilung des unklassierten Summenscores für die fünf Erhebungswellen abgebildet.
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
189
0,0
0,2
Dichte
0,4
0,6
Abbildung 4.7: Kerndichteschätzung der unklassierten Verteilung arbeitsteiliger Arrangements und Klassierungsgrenzen
0
1
2
3
4
Arbeitsteilungsindex 1988
1990
1992
1994
2002
Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechungen.
Die senkrechten Linien markieren die Trennbereiche der Klassierung. Aus dieser Abbildung kann man drei wichtige Aspekte herauslesen: Erstens verschiebt sich die Aufteilung der vier Haushaltskerntätigkeiten systematisch in Richtung des stark traditionalen Pols (über die Jahre zunehmende Dichte am linken Ende der Verteilung). Zweitens kommen nichttraditionale Arrangements so gut wie überhaupt nicht vor (geringe Dichte am rechten Rand der Verteilung). Deshalb wird, zumindest für die späteren Verweildaueranalysen, die „nichttraditionale“ Kategorie mit der „partnerschaftlichen“ Kategorie zusammengefasst, um Probleme mit zu geringen Fallzahlen zu vermeiden. Und drittens zeigt die Abbildung, dass die für die Klassierung verwendeten Grenzen plausibel sind: Sowohl im linken als auch im rechten Teil der Verteilung differenziert die Zeit deutlich zwischen den einzelnen Funktionen. Während die Dichte der Verteilung im Bereich der alleinigen Verantwortung der Frau von Erhebungswelle zu Erhebungswelle zunimmt, nimmt sie gleichzeitig und in der gleichen Reihenfolge im Bereich größerer männlicher Verantwortung ab. Der als „traditional“ bezeichnete Bereich hat eher den Status eines Durchgangsstadiums, hier lässt sich keine einheitliche Differenzierung nach der Zeit feststellen. Tests mit verschiedenen Grenzen erbrachten keine substantielle Veränderung der Ergebnisse.
190
Empirische Untersuchungen
Die gewählten vier Haushaltstätigkeiten eigenen sich für die vorliegende Fragestellung besonders gut, weil sie zu den zentralen alltäglich anfallenden Aufgaben im Haushalt gehören und als typisch ‚weibliche‘ Aufgaben einen harten Test für die Frage nach der Traditionalisierung oder Enttraditionalisierung der Arbeitsteilung in einer Partnerschaft darstellen. In diesen vier Aufgabenfeldern ist zudem eine recht große Dynamik zu beobachten, so dass man davon ausgehen kann, dass das arbeitsteilige Arrangement maßgeblich durch die Dynamik dieser Aufgaben determiniert ist. Hingegen haben frühere Analysen des BEP bereits gezeigt, dass in den ‚männlich‘ konnotierten Aufgabenbereichen, wie vor allem Reparaturen oder den Arbeiten rund um das Auto, so gut wie keine Veränderung im Eheverlauf beobachtet werden konnte (vgl. Schneewind et al. 1996). Allerdings ist die Verwendung derartiger relativer Indizes aus mindestens drei Gründen nicht unproblematisch. Erstens wurde der Index in der vorliegenden Analyse nur aus den Angaben der Ehefrauen gebildet. Es hat sich allerdings in den Arbeiten mit dem BEP gezeigt, dass die Hauptergebnisse auch bei Verwendung der Daten der Männer weitgehend unverändert bleiben (Schneewind et al. 1996). Zweitens handelt es sich um einen Summenscore, der jede Tätigkeit mit dem gleichen Gewicht versieht, was insofern problematisch ist, da die Haushaltstätigkeiten unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Drittens kann eine Veränderung des relativen Anteils immer aufgrund verschiedener absoluter Veränderungen zustande kommen; so kann ein Rückgang des Anteils der Frau, um nur zwei Beispiele zu nennen, aus einer gleichbleibenden absoluten Beteiligung der Frau bei gleichzeitiger Erhöhung der absoluten Beteiligung des Mannes resultieren oder aus einer gleichbleibenden Beteiligung des Mannes bei gleichzeitiger Reduktion der Beteiligung der Frau. Für eine ausführliche Diskussion der Problematik relativer Maßzahlen, wie dem hier gewählten Task-ParticipationIndex, vgl. vor allem die Arbeit von Künzler (1994). Unabhängige Variablen In der Diskussion der verschiedenen theoretischen Ansätze zur Erklärung der Hausarbeitsteilung im Eheverlauf wurden eine Reihe von Faktoren herausgearbeitet, von denen man einen Einfluss auf die Dynamik des abhängigen Prozesses erwartet. Einige der Variablen können dabei als zeitveränderlich konstruiert werden, andere hingegen werden in Form zeitkonstanter Startbedingungen der Ehe in die Analyse einbezogen. Die Kovariablen wurden wie folgt konstruiert: Aktuelles Arrangement: Das aktuelle Arrangement der Arbeitsteilung, das die Paare praktizieren, geht in Form von Dummyvariablen in die Modelle ein. Die Berücksichtigung des Ausgangsniveaus ist unter anderem aus methodischer
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
191
Sicht wichtig, um so genannte Floor- und Ceiling-Effekte zu kontrollieren (vgl. Sørensen 1977, Sørensen 1979). Auf diese Weise lassen sich zudem Rückschlüsse auf das relative Veränderungspotential praktizierter Arbeitsteilungsarrangements ziehen. Aufgrund des geringen Vorkommens „nichttraditionaler“ Verteilungen der Hausarbeit in der Stichprobe werden diese Fälle mit dem partnerschaftlichen Arrangement zusammengefasst. Kontrolliert wird somit für die folgenden drei Organisationsformen des Alltags: „stark traditional“, „traditional“, und „partnerschaftlich/nichttraditional“. Ehedauer: Insbesondere zur Kontrolle von Verweildauereffekten, aber auch zur Überprüfung der Trägheits- und der Honeymoonhypothese wird die Ehedauer in die Modelle einbezogen. Sie wird als kontinuierliche, zeitveränderliche Variable gemessen. Bildungsniveau: Das Bildungsniveau der Ehegatten wird zeitkonstant in Form der durchschnittlich erforderlichen Anzahl von Jahren, die zur Erreichung des höchsten Bildungsabschlusses erforderlich ist, in die Modelle aufgenommen (vgl. Blossfeld & Rohwer 2002: 44). Das Bildungsniveau kann dabei sowohl als Humankapitalressource als auch als Einstellungsvariable interpretiert werden. Eine höhere Schulbildung, so die These, wäre in dieser Hinsicht ein Indikator für eine liberalere Orientierung in Bezug auf die Geschlechterrollen (vgl. van Berkel & de Graaf 1999), was zu einer tendenziell höheren Beteiligung des Mannes bei den Haushaltstätigkeiten führen müsste. Relative Bildung: Das relative Bildungsniveau der Ehegatten wird ebenfalls zeitkonstant zum Zeitpunkt der Eheschließung gemessen. Zur Konstruktion dieser Variable werden die von Blossfeld & Timm (1997: 443) vorgeschlagenen Bildungsstufen verwendet: (1) Hauptschulabschluss oder Mittlere Reife ohne Berufsausbildung, (2) Hauptschulabschluss oder Mittlere Reife mit Berufsausbildung oder Abitur mit und ohne Berufsausbildung, und (3) Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Setzt man die Bildungsstufen von Frau und Mann auf der Paarebene in Relation, erhält man die drei Konstellationen „Frau ≺ Mann“, „Frau = Mann“ und „Frau Mann“, die in Form von Dummyvariablen in die Modelle integriert werden. Für die Analyse der Bedeutung der Bildungshomogamie für den Prozess der Arbeitsteilung (vgl. van Berkel & de Graaf 1999) wird die Kategorie „Frau = Mann“ weiter ausdifferenziert, indem Paaren, in denen beide Partner einen (Fach-)Hochschulabschluss haben, das Etikett „Bildungshomogamie auf hohem Niveau“ zugewiesen wird; alle anderen homogamen Paare werden als homogam auf „niedrigen oder mittlerem Niveau“ betrachtet. Dass die Kategorien der Bildungshomogamie auf niedrigem und mittlerem Niveau zusammengefasst werden, ist auf die geringe Fallzahl der Kategorie „Bildungshomogamie auf niedrigem Niveau“ zurückzuführen.
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Empirische Untersuchungen
Die Bildungsvariablen müssen als zeitkonstant behandelt werden, da sie nur in der ersten Panelwelle erhoben wurden. Allerdings hat sich daran nach der Eheschließung praktisch nicht mehr viel verändert (Schneewind et al. 1996: 105), so dass diese Annahme kein Defizit der Analyse darstellen sollte. Erwerbstätigkeit: Die Erwerbstätigkeit wird als ordinales Merkmal mit drei Ausprägungen gemessen: (1) Vollzeit erwerbstätig, (2) Teilzeit erwerbstätig und (3) nicht erwerbstätig. Da die Erwerbstätigkeit im BEP teilweise über durchschnittliche Wochenarbeitszeit erhoben wurde, wurde die Grenze zwischen Vollzeit und Teilzeit bei 30 Stunden angenommen. Diese Grenze ist robust gegenüber Veränderungen. Für Frauen wird in den Modellen stets zwischen allen drei möglichen Ausprägungen unterschieden. Da die Männer im BEP in aller Regel über den gesamten Erhebungszeitraum Vollzeit erwerbstätig waren, wird für sie nur zwischen „Vollzeit“ und „nicht Vollzeit“ unterschieden. Diese Variable ist zeitveränderlich. Relative Erwerbstätigkeit: Die Variable Erwerbsrelation zeigt an, welcher der Ehegatten in größerem Umfang erwerbstätig ist: „Frau ≺ Mann“ bedeutet, dass die Ehefrau weniger Stunden als ihr Ehemann arbeitet; „Frau = Mann“ bedeutet, dass beide in etwa gleich viele Stunden arbeiten; und „Frau Mann“ heißt, dass die Ehefrau hinsichtlich ihres Arbeitsumfangs stärker in den Arbeitsmarkt eingebunden ist als ihr Gatte. Auch dieses Merkmal ist zeitveränderlich messbar. Relatives Einkommen: Das relative Einkommen der Ehepartner ist die zentrale Variable der ökonomischen Theorien. Sie wird bestimmt über den Anteil, den die Ehefrau jeweils aktuell, d. h. zeitveränderlich, zum gesamten Haushaltseinkommen beiträgt. Die Kodierung „Frau ≺ Mann“ bedeutet beim Einkommen, dass die Ehefrau weniger als 40 Prozent zum Haushaltseinkommen beisteuert; „Frau = Mann“ bedeutet, dass ihr Anteil zwischen 40 und 60 Prozent beträgt; und im Falle von „Frau Mann“ ist ihr Beitrag größer als 60 Prozent. Die Einkommensinformation wird durch eine weitere Kategorie ergänzt, die in Anbetracht vieler fehlender Einkommenswerte anzeigt, ob diese Variable für ein Paar berechnet werden konnte oder nicht. Auch an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine leichte Veränderung der Anteile, die zur Abgrenzung der drei ordinalen Ausprägungen herangezogen wurden, keine substantielle Veränderung der Ergebnisse zur Folge hat. Zudem wird das individuelle Einkommen der Ehegatten als kontinuierliche, zeitveränderliche Variable gemessen. Elternschaft: Als wichtigste situationsdefinierende Variable für die Aufteilung der Hausarbeit im Beziehungsverlauf hat sich die Elternschaft herauskristallisiert. Sie wird über eine zeitveränderliche Variable gemessen, die anzeigt, ob die Paare in der jeweiligen Panelbeobachtung den Übergang zur Elternschaft
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
193
vollzogen haben oder nicht. Weiterhin wird über Dummyvariablen kontrolliert, wie viele Kinder in der Ehe geboren wurden. Alter des jüngsten Kindes: Das Alter des jüngsten Kindes stellt in Anbetracht des westdeutschen Familienleitbildes und insbesondere des Paradigmas der privaten Elternschaft eine weitere wichtige Information dar, mit deren Hilfe man den Effekt von Kindern auf die Aufgabenteilung im Haushalt einschätzen kann. Unterschieden wird in Form von zeitveränderlichen Dummyvariablen zwischen „Kein Kind“, „Jüngstes Kind 0 bis 1 Jahr“, „Jüngstes Kind 2 Jahre“, und „Jüngstes Kind 3 Jahre oder älter“. Kontrolliert wird zudem für den Fall, dass das Alter des Kindes nicht vorliegt; diese Kategorie enthält sehr wenige Fälle, so dass die Standardfehler in den Modellen entsprechend groß werden; ein fallweiser Ausschluss dieser Paare ändert die Ergebnisse nicht. Kontrollvariablen: Da der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Panelwellen des BEP variiert (jeweils zwei Jahre zwischen den ersten vier Erhebungswellen und acht Jahre zwischen der vierten und der fünften Panelwelle), wurde die Länge der Zeit zwischen den Panelwellen in allen Modellen als Kontrollvariable berücksichtigt. Ebenfalls enthalten alle Modelle einen Korrekturfaktor zur Kontrolle systematischer Stichprobenausfälle nach Bildungsrelation. Allerdings zeigt sich, dass keine der beiden Variablen in den Berechnungen signifikant ist. Die unterschiedlichen Abstände zwischen den Panelwellen haben somit keinen Einfluss auf die Schätzergebnisse der arbeitsteiligen Arrangements und können, ebenso wie die Stichprobenausfälle, bei der Interpretation vernachlässigt werden. 4.2.4 Arbeitsteilung zu Beginn und im Verlauf der Ehe In Abbildung 4.8 ist das arbeitsteilige Arrangement der Ehepartner nach ihrer Bildungsrelation im Jahr der Eheschließung (1988) dargestellt. Es zeigt sich, dass zu Beginn der Ehe etwas weniger als die Hälfte der Paare partnerschaftlich organisiert sind und das weitgehend unabhängig von ihrer Bildungskonstellation. Etwa ein weiteres Viertel ist, ebenfalls weitgehend unabhängig von ihrer Bildungsrelation, stark traditional orientiert und etwas weniger als 30 Prozent sind als traditional zu bezeichnen. Nichttraditionale Formen der ehelichen Arbeitsteilung, bei denen sich der Ehemann mehr als seine Ehefrau an den ‚weiblichen‘ Tätigkeiten beteiligt oder diese sogar völlig übernimmt, sind die absolute Ausnahme, selbst dann, wenn die Frau weit bessere Bildungsressourcen als ihr Partner hat. Es überrascht, dass die ehelichen Arrangements nicht stärker von den Ressourcenkonstellationen zu Beginn der Ehe abhängen. Das ist als erster Hinweis darauf zu werten, dass die ökonomischen Ressourcentheorien wenig hilfreich für
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Empirische Untersuchungen
die Prognose der Arbeitsteilungsarrangements in der Familie sind. Denn sowohl nach der Familienökonomie als auch nach den verhandlungstheoretischen Modellen würde man für den Fall, dass die Ehefrau größere Bildungsressourcen hat als ihr Ehemann, erwarten, dass die Mehrheit dieser Paare in einem nichttraditionalen Arrangement zu finden wäre. Darüber hinaus würde man nach den verhandlungstheoretischen Modellen im Falle von ähnlichen Ressourcen der Ehepartner vor allem partnerschaftliche Arrangements prognostizieren. Empirisch zeigt sich jedoch, dass diese gerade bei der Konstellation „Bildung Frau = Bildung Mann“ am niedrigsten sind. Deutlich am häufigsten sind partnerschaftliche Arrangements indessen in den Paaren zu beobachten, in denen beide Partner eine hohe Bildung haben. Fast 60 Prozent der Paare, die durch „Homogamie auf hohem Niveau“ gekennzeichnet sind, erledigen die Arbeit in etwa zu gleichen Teilen. Für diese Konstellation ist der Anteil stark traditionaler Arrangements mit Abstand am niedrigsten.
0
20
Prozent 40 60
80
100
Abbildung 4.8: Arbeitsteilige Arrangements nach relativen Bildungskonstellationen der Ehepaare zum Zeitpunkt der Eheschließung
u Fra
t)
ann u=
Fra
)
sam
<M
M
ann
(ge
nn
u
Fra
a =M
Stark traditional Partnerschaftlich
(n/m
ann
Fra
M u=
(h)
ann
u Fra
>M
Traditional Nichttraditional
Quelle: BEP 1988; eigene Berechungen.
Die Ergebnisse aus Abbildung 4.8 sprechen deswegen eher gegen die symmetrischen und für die asymmetrischen Erklärungen. Es ist zwar ein Wandel der Arbeitsteilung in der Familie in Richtung des partnerschaftlichen Modells möglich, aber die normativen Geschlechtsstrukturen sollten sich als relativ dauerhaft erweisen und sich weitgehend unabhängig von den Ressourcenkonstellationen
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
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der Partner durchsetzen; und das ist nach Abbildung 4.8 tatsächlich der Fall. Allerdings deutet sich bereits an dieser Stelle an, dass die Homogamiehypothese (vgl. van Berkel & de Graaf 1999) zu stimmen scheint. Um besser zu verstehen, wie die individuellen Merkmale der Partner und die Aufgabenverteilung zu Beginn der Ehe zusammenhängen, sind in Tabelle 4.13 verschiedene multinomiale Logitmodelle dargestellt. Das erste Modell betrachtet die Arbeitsteilung in Abhängigkeit vom Bildungsniveau der Ehegatten. Das partnerschaftliche Arrangement wird im Vergleich zu einem traditionalen umso eher gewählt, je höher das Bildungsniveau der Partner ist. Der Bildungsniveaueffekt ist dabei für Frauen etwas stärker als für Männer. Somit scheint es plausibel, dass das Bildungsniveau hier weniger im Sinne einer ökonomischen Einkommensressource, sondern vielmehr als Indikator für liberalere Einstellungen und Geschlechtsrollenorientierungen interpretiert werden sollte (vgl. Künzler 1994). Das Bildungsniveau differenziert nur für Frauen auch zwischen dem traditionalen und dem nichttraditionalen Arrangement. Das heißt, ein höheres Bildungsniveau fördert zwar vor allem egalitäre Rollenvorstellungen, begünstigt aber ebenso die Vorstellung geschlechtsspezifischer Ungleichheit mit vertauschten Geschlechtsrollen; für Männer ist hier allerdings kein Bildungseffekt auszumachen. Folgt man hier der Argumentation von Greenstein (1996), erklärt das, warum in Abbildung 4.8 die Anteile der nichttraditionalen Paare so gering ausfallen. Greenstein hatte herausgearbeitet, dass neue Formen der Arbeitsteilung nur dann im Alltag umgesetzt werden können, wenn beide Partner die gleichen (hier über Bildung approximierten) Vorstellungen haben. Nichttraditionale Paarverhältnisse wünschen sich die Paare mit zunehmender Bildung jedoch offenbar ebenso wenig wie die traditionalen. Im Zuge der Bildungsexpansion ist vor diesem Hintergrund somit zu erwarten, dass sich egalitäre Rollenvorstellungen in Bezug auf die Aufgabenverteilung in der Familie zunehmend durchsetzen werden. Die in der ökonomischen Theorie der Familie und den Austauschmodellen wichtige Bildungsrelation spielt nach Modell 2 von Tabelle 4.13 für die Wahl des Arbeitsteilungsarrangements keine Rolle. Das bestätigt noch einmal die Interpretation der Ergebnisse von Abbildung 4.8. Die Differenzierung der Homogamiekategorie hingegen zeigt erneut die erwarteten Effekte im Sinne des Egalitarian Values-Modells: Partnerschaftliche Formen der Aufgabenteilung werden von den hochgebildet-homogamen Paaren systematisch dem traditionalen Modell vorgezogen. Auch die Öffnung für nichttraditionale Arrangements ist hier eher gegeben. Bedeutsam sind zudem die Erwerbs- und Einkommensrelationen der Partner zu Beginn der Ehe für die geschlechtsspezifische Aufgabenverteilung (Modelle
196
Empirische Untersuchungen
Tabelle 4.13: Multinomiale logistische Regression der ehelichen Arbeitsteilung zu Beginn der Ehe nach verschiedenen Ressourcenkonstellationen Partnerschaftliches vs. traditionales Arrangement −2,22*** (0,29)
Konstante Bildungsniveau Frau Mann
0,09*** 0,06***
N / χ2 / df / Pseudo R2 (Nagelkerke) Konstante Bildungsrelation I Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann N / χ2 / df / Pseudo R2 (Nagelkerke) Konstante Bildungsrelation II Frau < Mann Frau = Mann (niedrig/mittel) Frau = Mann (hoch) Frau > Mann χ2
N / / df / Pseudo Konstante Erwerbsrelation Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann
R2
−0,28*** 0,10 —— 0,32* 0,44*** −0,61*** −0,85*** —— −0,41*
(Nagelkerke)
N / χ2 / df / Pseudo R2 (Nagelkerke) Konstante Einkommensrelation Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann Missing
−0,14** −0,72*** —— 0,67*** −0,17** −0,45*** —— 0,92*** 0,07
N / χ2 / df / Pseudo R2 (Nagelkerke)
(0,02) (0,02)
Nichttraditionales vs. traditionales Arrangement −5,18*** (0,98) 0,14** −0,00
1.413 / 54,60*** / 4 / 0,03 (0,07) −3,25*** (0,13) (0,19)
−0,78 —— 0,17
1.423 / 5,41 / 4 / 0,00 (0,17) −2,45*** (0,20) (0,18) (0,24)
−1,57** −0,96* —— −0,62
1.421 / 28,25*** / 6 / 0,01 (0,06) −3,16*** (0,15) (0,21)
−2,12** —— 0,57
1.423 / 48,25*** / 4 / 0,02 (0,08) −3,30*** (0,13) (0,20) (0,16)
−0,48 —— 1,32** −0,66
(0,07) (0,07) (0,22) (0,62) (0,63) (0,47) (0,75) (0,53) (0,75) (0,21) (1,02) (0,64) (0,29) (0,48) (0,53) (0,77)
1.423 / 53,66*** / 6 / 0,02
Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988; eigene Berechnungen; Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
3 und 4 in Tabelle 4.13). Die Ergebnisse entsprechen hier nur teilweise den Erwartungen der ökonomischen Theorien. In Übereinstimmung mit der familienökonomischen Theorie und den zwei Austauschtheorien und im Widerspruch zur Kompensationshypothese von Brines (1994), ist zunächst das Resultat, dass der Effekt „Einkommen Frau Einkommen Mann“ auf die Wahrscheinlichkeit, eine nichttraditionale Arbeitsteilung zu wählen, am stärksten ist. Mit anderen Worten,
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
197
wenn die Einkommensressourcen der Frauen weit besser sind als die ihrer Partner, kann es tatsächlich zu einer Umkehrung der Geschlechtsrollen zu Beginn der Partnerschaft kommen. Das heißt, zunehmende Erwerbsbeteiligung und verbesserte Einkommenschancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, in Kombination mit einer Abwärtsheirat der Frauen bezüglich des Bildungsniveaus, können eine Umkehr der Geschlechtsrollen in der Familie fördern. Allerdings ist auch hier eine Einschränkung zu machen: Die Neigung der Frauen, abwärts zu heiraten, ist relativ gering und hat sich in den letzten Jahrzehnten in Deutschland kaum verändert (Blossfeld & Timm 1997). Damit handelt es sich hier um eine Entwicklung mit relativ begrenzter quantitativer Bedeutung. Das zeigt sich auch in Abbildung 4.8, in der der Anteil nichttraditionaler Arrangements das Zwei-Prozent-Niveau nicht übersteigt. Nicht in Übereinstimmung mit der Austauschtheorie ist dagegen das Resultat, dass die Effekte „Erwerbstätigkeit Frau = Erwerbstätigkeit Mann“ und „Einkommen Frau = Einkommen Mann“ auf die Wahrscheinlichkeit, ein partnerschaftliches Arrangement zu wählen, verglichen mit den jeweiligen Kategorien „Frau Mann“ signifikant negativ sind. Die Wahl eines partnerschaftlichen Modells ist vielmehr dann um ein Vielfaches wahrscheinlicher, wenn die Erwerbs- und Einkommensressourcen der Frauen signifikant größer sind als die der Männer. Das spricht dafür, dass die Frauen eine partnerschaftliche Arbeitsteilung zum Teil gegen normative Widerstände traditioneller Rollenerwartungen durchsetzen müssen und deswegen sogar einen Ressourcenüberschuss gegenüber ihren Partnern brauchen. Ein solcher normativer Schwellenwerteffekt traditioneller Arbeitsteilung wird von den Austauschtheorien bisher nicht adäquat reflektiert. Die Schwäche dieser Theorien ist deswegen, dass sie von normativen Strukturen abstrahieren. Die hier präsentierten Ergebnisse zur Ausgangssituation der Ehen zeigen, dass die symmetrischen Erklärungsansätze in ihren Hauptargumenten nur partiell bestätigt werden können. Die Ergebnisse weisen vielmehr auf eine kulturell geprägte unterschiedliche Wertigkeit der Ressourcen von Frauen und Männern hin. Frauen müssen in der Regel mehr leisten, d. h. mehr Arbeitsstunden oder einen größeren Verdienst vorweisen, um zumindest auf das gleiche Verhandlungsniveau zu kommen wie Männer. Damit wird die Wertigkeit von Ressourcen durch geschlechtsspezifische Erwartungen so beeinflusst, dass eine Arbeitsstunde bzw. ein Euro in der Verhandlungssituation bei der Frau weniger wert ist als beim Mann. Da die ökonomischen Theorien normative Argumente nicht oder nur unzureichend berücksichtigen, unterschätzen sie an dieser Stelle die sozialen Beharrungskräfte und greifen bei der Erklärung der Hausarbeitsteilung zu kurz.
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Empirische Untersuchungen
Deskriptive Verlaufsanalysen der Arbeitsteilung Die Erklärungsschwäche der ökonomischen Theorie und der beiden Austauschtheorien in Bezug auf die Arbeitsteilung in der Ausgangssituation der Ehe könnte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass sich diese Ansätze nicht so sehr auf statische Situationen konzentrieren, sondern vielmehr explizit auf den Prozess der Arbeitsteilung abstellen. Diese Theorien machen ganz klare Aussagen darüber, wie sich die Arbeitsteilung im Haushalt in Abhängigkeit von den Ausgangsbedingungen und den Veränderungen der Ressourcenkonstellationen der Ehegatten entwickelt. Im Folgenden werden einige deskriptive Ergebnisse präsentiert, die zeigen, wie sich das Arrangement der Arbeitsteilung im Eheverlauf verändert.
0
20
40
Prozent 60
80
100
Abbildung 4.9: Verteilung der arbeitsteiligen Arrangements zum Zeitpunkt der jeweiligen Panelbeobachtungen
Eheschließung
2 Jahre Stark traditional Partnerschaftlich
4 Jahre
6 Jahre
14 Jahre
Traditional Nichttraditional
Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechungen.
Die Verteilung der arbeitsteiligen Arrangements zum Zeitpunkt der jeweiligen Panelbeobachtungen ist in Abbildung 4.9 dargestellt. Die geschlechtsspezifische Aufteilung der Hausarbeit verschiebt sich im Eheverlauf systematisch in Richtung der traditionalen Organisationsform. Waren kurz nach der Eheschließung im Jahr 1988 noch etwa 43 Prozent der Paare partnerschaftlich organisiert, so sind es nach 14 Ehejahren nur noch etwa 13 Prozent. Nichttraditionale Formen der Arbeitsteilung oder umgekehrte Geschlechtsrollen sind über alle Erhebungswellen hinweg die absolute Ausnahme. Die große Mehrheit der Paare, rund 85
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
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Prozent, ist nach 14 Jahren traditional oder stark traditional organisiert. Während der Anteil stark traditionaler Arrangements über die Zeit kontinuierlich zugenommen hat, erweist sich die traditionale Form mit ihren etwa gleichbleibenden Anteilen als eine Art Durchgangsstadium von der Partnerschaftlichkeit in Richtung des stark traditionalen Pols. Über diese Betrachtung der Querschnittsstrukturen des Panels hinaus richtet sich die Aufmerksamkeit nun auf die Frage, wie ausgeprägt die Neigung von Paaren ist, die Hausarbeit im Eheverlauf immer traditionaler aufzuteilen. Um die empirische Relevanz dieser Entwicklung gegenüber dem Enttraditionalisierungsprozess und der Stabilität der Arbeitsteilungsarrangements im Zeitverlauf genauer einschätzen zu können, sind in Tabelle 4.14 die Häufigkeiten der Zustandswechsel der ehelichen Arbeitsteilung für die Paare des Bamberger Ehepaar-Panels über den gesamten Beobachtungszeitraum abgebildet. Dargestellt sind kumulativ alle von Welle zu Welle beobachteten Ausgangs- und Zielzustandskombinationen innerhalb des Beobachtungsfensters. Zu beachten ist, dass beim Ausgangszustand stark traditional eine weitere Traditionalisierung per definitionem nicht möglich ist, da in diesem Fall die Frau bereits alle Haushaltstätigkeiten alleine übernimmt. Tabelle 4.14: Häufigkeiten der Zustandswechsel arbeitsteiliger Arrangements über den gesamten Beobachtungszeitraum Arrangement zum Zeitpunkt x Stark traditional Traditional Partnerschaftlich Nichttraditional
stark traditional 815 352 151 5
Gesamt (Spalten)
1.323
Arrangement zum Zeitpunkt x + 1 traditional partnerschaftlich nichttraditional 190 61 3 308 117 2 224 401 16 8 14 5 730
593
26
Gesamt (Zeilen) 1.069 779 792 32 2.672
Quelle: BEP 1988 – 2002, gepoolte Daten über alle Wellen; eigene Berechnungen.
Wie dieser erste Überblick zeigt, kommt es häufig zu Veränderungen der Arbeitsteilung im Eheverlauf, jedoch variiert das Traditionalisierungspotenzial dabei je nach Ausgangsarrangement deutlich. So weisen die stark traditionalen Arrangements, bei denen eine Verschiebung in Richtung einer noch größeren Beteiligung der Frau ausgeschlossen ist, ein besonders hohes Maß an Stabilität im Eheverlauf auf. In 76,2 Prozent der Fälle behalten Paare, die ihre Hausarbeit bereits stark traditional aufgeteilt haben, dieses Muster bis zum nächsten Beobachtungszeitpunkt bei (815 von 1.069 Beobachtungen, zeilenweise gelesen). Nur in knapp einem Viertel der Fälle (23,8 Prozent) beteiligen sich Männer in diesen Ausgangsarrangements mit der Zeit stärker bei der Hausarbeit. Im Falle
200
Empirische Untersuchungen
traditionaler Arbeitsteilung ist, wie es auch die Familienökonomie vorhersagen würde, die Neigung zu einer noch stärkeren Traditionalisierung im Eheverlauf besonders hoch. In 45,2 Prozent der Fälle findet bei Paaren mit einer bereits traditionalen Arbeitsteilung eine weitere Umverteilung zu Lasten der Frau statt, so dass die Arbeitsteilung im Zeitverlauf sogar stark traditional wird, d. h. dass sich die Männer ganz aus der Hausarbeit zurückziehen. In immerhin 39,5 Prozent der Fälle behalten traditional organisierte Paare dieses Arrangement bis zum nächsten Beobachtungszeitpunkt bei und in lediglich 15,3 Prozent der Fälle ist eine Enttraditionalisierung, also eine Erhöhung des vom Mann geleisteten Anteils bei der Hausarbeit zu beobachten. Bei den partnerschaftlich organisierten Paaren, bei denen beide Partner zu etwa gleichen Teilen die Hausarbeit erledigen, kommt es im weiteren Verlauf in 47,4 Prozent der Fälle zu einer Traditionalisierung der Arbeitsteilung, also zu einer Erhöhung des von der Frau erledigten Anteils an der Hausarbeit, mit der logischerweise eine Verringerung des vom Mann geleisteten relativen Beitrags einher geht. In etwa der Hälfte der Fälle wird jedoch die partnerschaftliche Variante der Arbeitsteilung beibehalten. Bei nur zwei Prozent der partnerschaftlich organisierten Paare verringert die Frau im Zeitverlauf ihr Engagement bei der Hausarbeit und der Mann erhöht das seine. Die extreme geschlechtsspezifische Asymmetrie der Veränderungsprozesse partnerschaftlich organisierter Paare ist in Tabelle 4.14 offensichtlich, insbesondere da bei diesen Arrangements das ökonomische Spezialisierungsargument auf der Hausarbeitsseite nicht greift, denn beide engagieren sich im Ausgangszeitpunkt etwa zu gleichen Teilen. Es wird deswegen durch diesen Befund die Frage aufgeworfen, wodurch die diesem Arrangement innewohnende beachtliche Traditionalisierungsneigung zustande kommt. Vor dem Hintergrund der oben diskutierten Theorien bieten sich zwei Erklärungen an, nämlich zum einen die Verschiebung der ökonomischen Verhandlungsmacht im Paar zum Nachteil der Frau und zum anderen die mit dem Übergang zur Elternschaft verbundene Verschiebung des normativen Bezugsrahmens angesichts der normativen Kraft des Faktischen (vgl. Kaufmann 1999, Kaufmann 2005). Welches dieser Argumente eher zutrifft, wird im Rahmen ausführlicher Längsschnittanalysen noch genauer untersucht. Fragen ergeben sich auch aus dem hohen Traditionalisierungspotenzial bei den wenigen beobachteten nichttraditionalen Arrangements, also jenen Fällen, in denen der Mann sich im Ausgangszustand anteilig deutlich stärker als die Frau bei der Hausarbeit einbringt. Ein Festhalten an dem bereits eingeschlagenen Spezialisierungspfad bei der Hausarbeit ist hier nur in fünf von insgesamt 32 Fällen zu beobachten. Insgesamt sprechen die Ergebnisse in Tabelle 4.14 dafür, dass Traditionalisierungsprozesse gegenüber Enttraditionalisierungsprozessen, also Prozessen, in
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
201
denen sich die Männer stärker im Haushalt engagieren, empirisch deutlich häufiger zu beobachten sind. Das bedeutet, dass Frauen, obwohl sie heutzutage besser ausgebildet und beruflich erfolgreicher sind, im Eheverlauf nach und nach die traditionell weiblichen Haushaltstätigkeiten übernehmen, während sich die Männer zunehmend zurückziehen.
0
20
Prozent 40 60
80
100
Abbildung 4.10: Arbeitsteilige Arrangements nach relativen Bildungskonstellationen der Paare nach 14 Ehejahren
t)
nn
u
Ma
Fra
Traditional Nichttraditional
Quelle: BEP 2002; eigene Berechungen.
Dies wird auch durch die Ergebnisse in Abbildung 4.10 deutlich, in der (analog zu Abbildung 4.8) die Arrangements am Ende des Beobachtungsfensters des Bamberger Ehepaar-Panels nach den relativen Bildungskonstellationen der Ehegatten abgebildet sind. Einzig für die Konstellation der Bildungshomogamie auf hohem Niveau zeigt sich, dass nach 14 Ehejahren etwa ein Viertel (wieder) partnerschaftlich organisiert ist. Dieser Befund ist im Sinne von van Berkel & de Graafs (1999) Egalitarian Values-Modell zu sehen. Es ist nach den bisher präsentierten Ergebnissen aber auch klar, dass der offensichtliche Trend der Traditionalisierung das Resultat einer Durchschnittsbetrachtung auf einer relativ hoch aggregierten Analyseebene ist, und dass es im Beobachtungsfenster der Daten durchaus eine nicht geringe Anzahl an Enttraditionalisierungsprozessen gibt. Aus diesem Grund werden Traditionalisierung und Enttraditionalisierung im Folgenden mittels ereignisanalytischer Modelle getrennt voneinander untersucht. Die forschungsleitenden Fragen dabei lauten: Welche Faktoren bedingen eine solche
202
Empirische Untersuchungen
Veränderung der Arbeitsteilung im Eheverlauf in die jeweilige Richtung? Und welche zeitbezogene Dynamik kennzeichnet diese Prozesse im Eheverlauf? Determinanten einer größeren Beteiligung der Männer In diesem Abschnitt wird untersucht, welche Faktoren die Prozesse einer größeren Beteiligung der Männer im Eheverlauf beeinflussen. Die abhängige Variable ist hier die zeitbezogene Rate der Veränderung der Arbeitsteilung zugunsten der Frauen im Laufe des Prozesses, anders ausgedrückt: die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Männer im Zeitverlauf stärker an der typisch ‚weiblichen‘ Hausarbeit beteiligen. Alle Paare, die bereits ein partnerschaftliches Arrangement praktizieren, werden in den nachfolgenden Analysen ausgeschlossen, da für sie per Definition kein solches Ereignis möglich ist und sie damit nicht zur Risikopopulation gehören (Blossfeld & Rohwer 2002: 57). Tabelle 4.15: Bildung als Determinante einer größeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Konstante Aktuelles Arrangement Stark traditional Traditional Ehedauer
Modell 1 −2,22*** (0,24)
Modell 2 −2,71*** (0,37)
0,33*** ——
(0,12)
0,36*** ——
(0,12)
0,35*** ——
(0,12)
−0,17***
(0,05)
−0,18***
(0,05)
−0,17***
(0,05)
0,04* −0,00
(0,02) (0,02) −0,16 —— 0,13
(0,14) (0,18)
0,80 −0,04
(1,54) (0,07)
Bildungsniveau Frau Mann Relative Bildung I Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood
Modell 3 −2,20*** (0,24)
0,80 −0,04
(1,56) (0,07) 2.607 369 63,30
0,75 −0,04
(1,55) (0,07) 2.607 369 67,41
2.607 369 65,59
Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
In Tabelle 4.15 sind das Ausgangsmodell mit den Basisvariablen sowie die Effekte zweier Bildungsindikatoren abgebildet. Zunächst ist hervorzuheben, dass
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
203
die beiden Kontrollvariablen in keinem Modell signifikant sind. Weder die unterschiedlichen Abstände zwischen den Panelwellen (Variable „Länge der Episode“) noch die bildungsspezifische Ausfallwahrscheinlichkeit der Paare aus dem Bamberger Ehepaar-Panel (Variable „Selektionskorrektur“) haben einen Einfluss auf die Schätzergebnisse der arbeitsteiligen Arrangements. Da die Koeffizienten beider Variablen in allen Modellen dieses Abschnittes stabil sind, können sie bei der Interpretation vernachlässigt werden. In allen Modellen der Ereignisanalyse wird für das Ausgangsniveau der Arbeitsteilung kontrolliert. Dies ist erstens nötig, um Verzerrungen aufgrund von Floor- oder Ceilingeffekten zu vermeiden, und zweitens, um das Veränderungspotential der Arrangements bestimmen zu können. Die Effekte dieser Variablen sind positiv und signifikant sowie über alle präsentierten Modelle hinweg stabil. Paare, die ein stark traditionales Arrangement praktizieren, haben im Vergleich zu traditional organisierten Ehen eine höhere Wahrscheinlichkeit einer größeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit. Weiterhin ist in allen Modellen die Ehedauer als Kovariable enthalten. Diese Variable hat einen hochsignifikanten negativen Effekt auf die Neigung der Männer, sich mehr als die Frauen an typisch ‚weiblicher‘ Hausarbeit zu beteiligen. Der Effekt bleibt in allen weiteren Modellen dieses Abschnittes weitgehend unverändert. Das bedeutet, dass die Chancen auf weitergehende Beteiligung der Männer an der Arbeit im Haushalt mit steigender Ehedauer deutlich sinken: Je länger die Ehe andauert, desto mehr verfestigen sich geschlechtstypische arbeitsteilige Strukturen im Lebensalltag und desto schwieriger wird es, die Männer dazu zu bewegen, sich stärker zu beteiligen. Dieser Befund kann als Bestätigung der von Künzler (1994) formulierten Honeymoon-Hypothese interpretiert werden, die besagt, dass die Bereitschaft der Männer, durch besonderes Engagement und Entgegenkommen in der Hausarbeit die Bindung zwischen den Partnern zu festigen, vor allem zu Beginn der Ehe groß ist und sich dann mit zunehmender Ehedauer verflüchtigt. Dieses Ergebnis lässt sich in der Analyse nicht durch einen Selektionseffekt eines niedrigeren Trennungsrisikos von Ehen mit traditioneller Ressourcenverteilung erklären, wie es beispielsweise Stauder (2002) vermutete, da in allen Modellen die Ausfallwahrscheinlichkeit der Paare nach jeder Panelwelle in Abhängigkeit von den relativen Bildungskonstellationen als eine Kovariate kontrolliert wird. An dieser Stelle zeigen sich die Vorteile einer Längsschnittstudie gegenüber einer Querschnittsstudie besonders deutlich. Darüber hinaus zeigt Tabelle 4.15, dass weder das absolute Bildungsniveau noch die relative Bildungskonstellation Einfluss auf die Dynamik der ehelichen Arbeitsteilung in Richtung einer größeren Beteiligung der Männer haben. Einzig die Bildung der Frau in Modell 2 ist schwach signifikant. Diese Befunde haben
204
Empirische Untersuchungen
sich in der Analyse der Ausgangsbedingungen zu Ehebeginn bereits angedeutet. Wiederum ist hier zu erwarten, dass der Bildungsniveaueffekt der Frau nicht zum Tragen kommt, da sich die Dynamik unabhängig vom Bildungsniveau der Männer vollzieht und für das Aufbrechen traditionaler Strukturen ein Zusammenwirken beider Ehegatten nötig wäre (Greenstein 1996). Tabelle 4.16: Bildungshomogamie als Determinante einer größeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Konstante Aktuelles Arrangement Stark traditional Traditional Ehedauer Relative Bildung II Frau < Mann Frau = Mann (niedrig/mittel) Frau = Mann (hoch) Frau > Mann Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood
Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 −2,37*** (0,26) −2,28*** (0,24) −1,83*** (0,28) −2,08*** (0,29) 0,37*** (0,12) ——
0,37*** (0,12) ——
0,37*** (0,12) —— ——
0,37*** (0,12)
−0,18*** (0,05) −0,18*** (0,05) −0,18*** (0,05) −0,18*** (0,05) —— −0,10 (0,14) −0,55*** (0,20) −0,30 0,10 (0,14) —— −0,45** (0,17) −0,20 0,55*** (0,20) 0,45** (0,17) —— 0,25 0,30 (0,21) 0,20 (0,19) −0,25 (0,23) —— 0,81 −0,04
(1,55) 0,81 (0,07) −0,04
2.607 369 71,67
(1,55) 0,81 (0,07) −0,04
2.607 369 71,67
(1,55) 0,81 (0,07) −0,04
2.607 369 71,67
(0,21) (0,19) (0,23)
(1,55) (0,07)
2.607 369 71,67
Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Tabelle 4.16 zeigt den Einfluss der Bildungshomogamie auf die Dynamik der ehelichen Arbeitsteilung. Aufgrund der zentralen Bedeutung für die theoretische Diskussion sind alle vier möglichen Modelle mit verschiedenen Referenzgruppen abgebildet. Die Koeffizienten der Kontrollvariablen sowie die der Ehedauer und des Ausgangsniveaus bleiben von den Variablen der relativen Bildung unberührt. In der Tat zeigt sich, dass die Neigung von bildungshomogamen Paaren auf hohem Niveau, die Hausarbeit im Eheverlauf partnerschaftlicher aufzuteilen, signifikant größer ist als in allen anderen bildungshomogamen Paaren sowie in Paaren, in denen der Mann eine höhere Bildung hat als seine Frau (Modell 3). Paare mit einer traditionalen Bildungsrelation (Frau ≺ Mann) unterscheiden sich indessen nicht von bildungshomogamen Paaren auf niedrigem oder mittlerem Niveau; ebensowenig unterscheidet sich die Konstellation „Frau Mann“ von den anderen drei Konstellationen.
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
205
Die Ergebnisse in Tabelle 4.16 sprechen recht deutlich für die Gültigkeit des von van Berkel & de Graaf (1999) vorgeschlagenen Egalitarian Values-Modells. Wie die anschließenden Berechungen zeigen werden, sind diese Effekte in allen weiteren Modellen stabil, so dass man davon ausgehen kann, dass es diesen Paaren tatsächlich gelingt, den Traditionalisierungsimpulsen des Geschlechterverhältnisses zu widerstehen. Zudem ist der Befund dieser Tabelle ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Bildung eher als Indikator für liberale Einstellungen und weniger im Sinne des Humankapitalmodells interpretiert werden sollte. So dürften sich beispielsweise nach der Verhandlungs- und der Ressourcentheorie die beiden homogamen Konstellationen nicht voneinander unterscheiden und für den Fall, dass die Frau höhere Bildungsressourcen hat als der Mann, müssten die Modelle einen stark signifikanten positiven Effekt aufweisen. Homogamie bedeutet demnach zuvorderst eine größere Ähnlichkeit der Partner hinsichtlich ihrer Einstellungen, Ansichten und Präferenzen bezüglich der Zeitverwendung und darüber hinaus einen geringeren Nutzen von Spezialisierung (vgl. Bonke & Esping-Andersen 2007). In Tabelle 4.17 wird der Einfluss der Ressourcenvariablen der ökonomischen Theorie und der beiden Austauschtheorien getestet. Die in den vorangegangenen Tabellen besprochenen Effekte (Ausgangsniveau, Ehedauer, Homogamie, Kontrollvariablen) sind auch in den hier präsentierten Modellen zu beobachten. Zusätzlich zu den Befunden zum Bildungsniveau aus Tabelle 4.15 wird jedoch deutlich, dass weder die Erwerbstätigkeit noch die Erwerbsrelationen noch die Einkommensrelationen einen nennenswerten Effekt auf die Veränderung der Beteiligung der Männer an der Hausarbeit haben. Damit lässt sich an dieser Stelle ein deutlicher Befund festhalten: Die ökonomische Theorie der Familie und die Verhandlungstheorien eignen sich kaum zur Erklärung der Dynamik der Arbeitsteilung in der Familie. Keine der von diesen Theorien als wichtig erachteten Ressourcen (wie Humankapitalinvestitionen, Erwerbstätigkeit oder Einkommen) und deren Veränderungen über die Zeit scheinen einen relevanten Einfluss auf die zunehmende Haushaltsbeteiligung des Mannes in der Familie zu haben. Gleiches gilt für das individuelle Einkommen der Ehegatten, das Gupta (2007) als Indikator für Autonomie und damit für eine größere Chance auf eine partnerschaftliche Aufgabenteilung interpretiert hatte. Unabhängig vom Ressourcenniveau und den Relationen der Ressourcen auf der Paarebene setzt sich im Eheverlauf eine Tendenz durch, welche die Chancen auf eine weitere Beteiligung der Männer an der Hausarbeit im Eheverlauf systematisch reduziert. Allerdings findet auch die Kompensationshypothese von Brines (1994), wie bereits oben bei der Analyse der Ausgangssituation zu Beginn der Ehe, in der Längsschnittanalyse keine empirische Unterstützung. Diese These
206
Empirische Untersuchungen
Tabelle 4.17: Ökonomische Ressourcen als Determinanten einer größeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 −1,72*** (0,35) −1,75*** (0,29) −1,87*** (0,29) −1,90*** (0,36)
Konstante Aktuelles Arrangement Stark traditional Traditional
0,40*** (0,12) ——
0,40*** (0,12) ——
0,35*** (0,12) ——
0,38*** (0,13) ——
Ehedauer
−0,16*** (0,05) −0,17*** (0,05) −0,18*** (0,05) −0,13 ** (0,05)
Relative Bildung Frau < Mann Frau = Mann (n/m) Frau = Mann (h) Frau > Mann
−0,56*** (0,20) −0,56*** (0,20) −0,55*** (0,20) −0,64*** (0,23) −0,46*** (0,18) −0,48*** (0,18) −0,44*** (0,17) −0,51*** (0,21) —— —— —— —— −0,27 (0,23) −0,29 (0,23) −0,24 (0,23) −0,44* (0,27)
Erwerbsumfang Frau nicht erwerbst. Frau Teilzeit Frau Vollzeit Mann nicht Vollzeit Mann Vollzeit
−0,27* −0,00 —— —— 0,03
Erwerbsrelation Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann
(0,14) (0,16)
(0,21) −0,15 —— 0,28
Einkommensrelation Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann Missing
(0,13) (0,30) 0,07 —— −0,03 0,07
Indiv. Einkommena Frau Mann Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood Anmerkungen:
a
0,24 −0,02 2.607 369 76,67
(1,57) 0,56 (0,07) −0,04 2.607 369 74,38
(1,56) 0,85 (0,07) −0,04 2.607 369 72,01
(0,14) (0,31) (0,19) 0,00 0,00
(0,00) (0,00)
(1,55) 1,06 (0,07) −0,07
(1,69) (0,08)
1.678 300 48,88
Fälle mit fehlendem Einkommen wurden ausgeschlossen; Missings nicht systema-
tisch verteilt. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
geht davon aus, dass die Ernährerrolle des Ehemannes durch die Erwerbstätigkeit und Einkommenserzielung seiner Ehefrau in Frage gestellt wird, und dass er deswegen seine Geschlechtsidentität nicht dadurch weiter in Frage stellen kann, dass
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
207
er in dieser Situation einen größeren Teil der ‚weiblichen‘ Hausarbeitstätigkeit erledigt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Erwerbs- und Einkommensrelationen der Partner in den Modellen von Tabelle 4.17 keinerlei signifikanten Effekt auf die Neigung der Ehemänner, weitere Hausarbeiten zu übernehmen, haben. Mehr Erwerbsarbeit und eine höhere Einkommensposition der Frau gegenüber ihrem Mann führen deswegen nicht unbedingt zu einer stärkeren Enttraditionalisierung der Arbeitsteilung im Haushalt. Ausgehend von diesem klaren Befund bezüglich der Wirkung von Ressourcen wird im Folgenden der Einfluss der sich verändernden Familiensituation auf das Arrangement der Arbeitsteilung in der Familie untersucht (Tabelle 4.18). Mit diesem Schritt können die asymmetrischen Ansätze überprüft werden, da die Geschlechtsrollen vor allem den Frauen die Verantwortlichkeit für die Kinderbetreuung zuweisen und sie deswegen gezwungen sind, eine Balance zwischen einer Berufs- und Familienidentität zu finden. Umgekehrt ist die Geschlechtsdefinition des Mannes kaum an die Familienarbeit und Kinderbetreuung gekoppelt, sondern betont noch immer vor allem die Ernährerfunktion (vgl. Bielby & Bielby 1989). Die Ergebnisse für Modell 1 in Tabelle 4.18 zeigen, dass der Übergang zur Elternschaft den erwarteten, stark signifikant negativen Effekt auf die weitergehende Beteiligung der Männer an der Hausarbeit hat. Die Geburt eines Kindes reduziert die Neigung einer weiteren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit drastisch, obwohl der Arbeitsaufwand in der Familie durch die Geburt des Kindes insgesamt massiv ansteigt. Der Übergang zur Elternschaft bremst damit partnerschaftliche Fortschritte und verstärkt den oft latent wirkenden Prozess der Gewöhnung an traditionelle arbeitsteilige Strukturen (Ehedauereffekt). Dies geschieht zum Beispiel durch eine faktische Spezialisierung in Form der Inanspruchnahme der Elternzeit vor allem durch die Ehefrauen (vgl. z. B. Mühling et al. 2006). Aus international vergleichenden Studien ist ebenfalls bekannt, dass die Geburt eines Kindes darüber hinaus das berufliche Engagement von Männern und die Stabilität ihrer Berufsverläufe deutlich erhöht (Blossfeld & Drobniˇc 2001). Wichtig ist, dass diese Reaktionen der Männer und Frauen nicht ressourcen-, sondern geschlechtsspezifisch gesteuert sind und deswegen die asymmetrischen Theorien der familialen Arbeitsteilung stützen. Vergleicht man die Modelle von Tabelle 4.15 und Tabelle 4.18, so fällt der deutliche Rückgang des Koeffizienten der Ehedauer auf, sobald die Elternschaft als Kovariate eingeführt wird. Ein Teil des traditionalisierenden Ehedauereffekts ergibt sich also aus dem Effekt der Geburt von Kindern.
208
Empirische Untersuchungen
Tabelle 4.18: Elternschaft als Determinante einer größeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Modell 1 −1,66*** (0,28)
Konstante Aktuelles Arrangement Stark traditional Traditional
0,45*** ——
(0,12)
Modell 2 −1,54*** (0,29) 0,45*** ——
(0,12)
Modell 3 −1,57*** (0,29) 0,45*** ——
(0,12)
Ehedauer
−0,10**
(0,05)
−0,12**
(0,05)
−0,11**
(0,05)
Relative Bildung Frau < Mann Frau = Mann (n/m) Frau = Mann (h) Frau > Mann
−0,61*** −0,51*** —— −0,33
(0,20) (0,18)
(0,20) (0,18)
−0,61*** −0,52*** —— −0,33
(0,20) (0,18)
(0,23)
−0,61*** −0,52*** —— −0,34
Elternschaft
−0,51***
(0,14)
Alter des jüngsten Kindesa Kein Kind 0 – 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre und älter Kinderzahl Kein Kind 1 Kind 2 Kinder 3 Kinder Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood Anmerkung:
a
—— −0,60*** −0,18 −0,38*
0,15 −0,04
(1,56) (0,07) 2.607 369 84,57
−0,31 −0,04
(0,23)
(0,15) (0,21) (0,22)
(1,61) (0,07) 2.607 369 96,97
(0,23)
—— −0,58*** −0,23 −1,35
(0,15) (0,20) (1,02)
−0,17 −0,04
(1,57) (0,07) 2.607 369 89,19
Für fehlende Werte beim Kindesalter wird kontrolliert. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; **
p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Die Ergebnisse für Modell 2 legen darüber hinaus nahe, dass der negative Elternschaftseffekt offenbar auf die Zeit kurz nach der Geburt des Kindes zurückgeführt werden kann. Im Vergleich zu kinderlosen Paaren haben Eltern, deren Kind unter zwei Jahre alt ist, eine deutlich geringere Neigung, die Hausarbeit partnerschaftlich auszuteilen. Zwischen den anderen beiden Altersgruppen und der kinderlosen Ehe gibt es kaum Unterschiede; lediglich der Koeffizient für Kinder im Alter von mindestens drei Jahren ist leicht signifikant. Ein Test zwischen den Altersgruppen „0 – 1 Jahr“ und „2 Jahre“ zeigt, dass sich auch diese beiden Koeffizienten signifikant voneinander unterscheiden: Während in den ersten beiden
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
209
Lebensjahren des Kindes die Neigung zur partnerschaftlichen Aufgabenteilung zurückgeht, steigt sie im dritten Lebensjahr des Kindes wieder leicht an. In Modell 3 von Tabelle 4.18 wurde schließlich noch untersucht, wie sich die Geburt weiterer Kinder auf die Arbeitsteilung der Ehe auswirkt. Die Koeffizienten für das zweite und dritte Kind sind jedoch nicht signifikant, so dass der Haupteffekt, den die Elternschaft mit sich bringt, am ersten Kind festgemacht werden muss. Die Geburt des ersten Kindes stellt eine einschneidende Zäsur im Partnerschaftsverlauf dar und die Ergebnisse sprechen insgesamt sehr stark für die Richtigkeit der symbolischen Austauschtheorien. Soziale Normen, Geschlechtsrollen, Geschlechtsidentitäten sowie Trägheitsmechanismen im Alltag sind offenbar weit bedeutsamer als Ressourcenkonstellationen sowie Macht- und Verhandlungspositionen. Die Berechungen in Tabelle 4.19 richten das Augenmerk nun auf das Zusammenspiel der ökonomischen und normativen Einflussfaktoren der Dynamik ehelicher Arbeitsteilung. Als Indikator für die asymmetrischen Erklärungsansätze wird hier exemplarisch das Alter des jüngsten Kindes verwendet; mit den beiden anderen Indikatoren aus Tabelle 4.18 käme man zu inhaltlich gleichen Schlussfolgerungen. Die Modelle von Tabelle 4.19 zeigen deutlich, dass die in den vorangegangenen Einzelanalysen präsentierten Effekte reproduziert werden. Zunächst werden die Koeffizienten des Ausgangsniveaus, der Ehedauer und der Kontrollvariablen nicht von den theoretisch bedeutsamen Variablen beeinflusst. Auch das Alter des jüngsten Kindes zeigt die gleichen Ausprägungen wie in Tabelle 4.18 und erweist sich damit als die wichtigste Determinante der Arbeitsteilungsdynamik. Der Übergang zur Elternschaft wirkt negativ auf die Neigung von Paaren im Hinblick auf eine Vergrößerung des männlichen Anteils an der Hausarbeit. Dieser Tendenz steht lediglich der Effekt der „Bildungshomogamie auf hohem Niveau“ entgegen . Dieser wirkt, wie bereits in Modell 3 von Tabelle 4.16 gesehen, positiv auf die Neigung einer größeren Beteiligung der Männer. Allerdings ist dieser Effekt stets geringer als der Effekt der Elternschaft, so dass die Blockierung partnerschaftlicher Fortschritte zwar nicht aufgehoben, jedoch bei diesen Paaren in deutlich abgeschwächter Form wirken sollte. Der positiv signifikante Effekt der Einkommensrelation „Frau ≺ Mann“ in Modell 3 deutet darauf hin, dass die Kompensationshypothese von Brines (1994) doch in gewisser Weise stimmen könnte, da offenbar der Spielraum für eine größere Beteiligung der Männer gerade dann besonders groß zu sein scheint, wenn seine Ernährerrolle nicht gefährdet ist (vgl. Künzler & Walter 2001). Dieser Effekt ist allerdings überraschend, da in den vorherigen Analysen keine Anzeichen für die Wirkung ökonomischer Ressourcenkonstellationen gefunden werden konnten.
210
Empirische Untersuchungen
Tabelle 4.19: Alter des jüngsten Kindes und ökonomische Ressourcen als Determinanten einer größeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Konstante Aktuelles Arrangement Stark traditional Traditional
Modell 1 −1,61*** (0,36) 0,44*** ——
(0,12)
Modell 2 −1,60*** (0,30) 0,44*** ——
(0,12)
Modell 3 −1,68*** (0,30) 0,42*** ——
(0,12)
Ehedauer
−0,12 **
(0,05)
−0,11**
(0,05)
−0,11**
(0,05)
Relative Bildung Frau < Mann Frau = Mann (n/m) Frau = Mann (h) Frau > Mann
−0,60*** −0,50*** —— −0,33
(0,20) (0,18)
(0,20) (0,18) (0,24)
−0,65*** −0,51*** —— −0,34
(0,20) (0,18)
(0,24)
−0,61*** −0,51*** —— −0,34
Alter des jüngsten Kindesa Kein Kind 0 – 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre und älter
—— −0,66*** −0,26 −0,48**
(0,20) (0,23) (0,24)
—— −0,68*** −0,26 −0,45*
(0,18) (0,23) (0,24)
—— −0,74*** −0,31 −0,52**
Erwerbsumfang Frau nicht erwerbst. Frau Teilzeit Frau Vollzeit Mann nicht Vollzeit Mann Vollzeit
0,10 −0,19 —— —— −0,01
(0,21) −0,14 —— −0,30
(0,15) (0,30)
Einkommensrelationb Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann
Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood
−0,31 −0,04
(1,61) (0,07) 2.607 369 98,17
(0,17) (0,21) (0,23)
(0,18) (0,17)
Erwerbsrelation Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann
Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode
(0,23)
−0,27 −0,04
(1,61) (0,07) 2.607 369 98,57
0,31** —— −0,02
(0,15) (0,31)
−0,37 −0,03
(1,61) (0,07) 2.607 369 101,81
Anmerkung: a,b Für fehlende Werte beim Kindesalter und der Einkommensrelation wird kontrolliert. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
In der theoretischen Diskussion der ökonomischen Verhandlungstheorie in Anlehnung an Ott (1992) wurde erwartet, dass bei der Geburt eines Kindes ein
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
211
impliziter Vertrag zwischen dem erwerbstätig bleibenden Vater und der sich vor allem auf Hausarbeit spezialisierenden Mutter geschlossen wird, dessen Einhaltung im Verlauf der Ehe allerdings nicht unbedingt gewährleistet ist (vgl. auch Huinink & Röhler 2005, Stauder 2002). Im letzten Schritt der Längsschnittanalyse der Neigung von Männern, sich stärker an der Haushaltsarbeit zu beteiligen, soll nun untersucht werden, ob dieser implizite Vertrag zwischen den Ehepartnern tatsächlich aufrecht erhalten wird oder nicht. Dies wird mit drei weiteren Modellen geprüft, in denen das Alter des jüngsten Kindes sowie Interaktionseffekte des Alters des jüngsten Kindes mit der Erwerbstätigkeit der Frau berücksichtigt werden (Tabelle A.8 im Anhang). Diese Modelle beziehen sich dabei nur auf diejenigen Paare, die den Übergang zur Elternschaft tatsächlich vollzogen haben. Die Altersgrenzen der Kinder wurden nach den gängigen Altersgrenzen für den Kindergarten- und Schulbesuch gewählt. Da es in der Stichprobe lediglich 17 Paare gibt, deren Kinder bereits das sechste Lebensjahr vollendet haben, sind diese Effekte nur mit Vorsicht zu interpretieren. Es zeigt sich, dass die Arbeitsteilung in der Familie nach der Geburt von Kindern weder von den jeweils aktuellen Ressourcen noch vom Alter der Kinder oder der Frage der Erwerbstätigkeit der Frau abhängt. Das System der Arbeitsteilung ist offenbar nach der Geburt der Kinder bereits so verfestigt, dass auch die Ehedauer keine signifikante Rolle mehr spielt. Dieser Befund scheint zunächst Otts (1992) These zu bestätigen, dass der „implizite Vertrag“ von Männern tatsächlich gebrochen wird und Frauen die Hausarbeit, unabhängig vom Alter der Kinder, alleine bewältigen müssen. Allerdings setzt Otts (1992) Interpretation voraus, dass die relativen Ressourcen der Partner tatsächlich die zentralen Determinanten des Verhandlungsergebnisses sind und die Ehefrauen von ihren Ehemännern nur deswegen ‚getäuscht und betrogen‘ werden können, weil ihnen nach einer Unterbrechungsphase die Ressourcen fehlen, um im Verhandlungsprozess mit ihren Männern mitzuhalten. Jedoch haben die bisherigen Analysen erhebliche Zweifel an der These der Bedeutung der relativen Ressourcen für die Arbeitsteilung in der Ehe aufkommen lassen. Wenn die Ressourcen aber für die eheliche Arbeitsteilung nicht bedeutsam sind, zumindest nicht in der von der ökonomischen Austauschtheorie vorhergesagten Form, dann gibt es auch keinen Vertragsbruch der Männer gegenüber ihren Frauen. Es bleibt insbesondere unklar, warum junge Frauen, die um diesen ‚Betrug‘ von älteren Frauen aus ihrer Alltagserfahrung wissen, sich auf den Handel mit ihren Ehemännern überhaupt einlassen. Eine alternative Erklärung für die relative Stabilität der ehelichen Arbeitsteilung nach der Geburt eines ersten Kindes liefern die asymmetrischen Erklärungsansätze. Wenn es vor allem soziale Normen sind, an denen sich Ehemänner und
212
Empirische Untersuchungen
Ehefrauen in der alltäglichen Reproduktion ihrer geschlechtsspezifischen Identitäten orientieren, dann sollte sich in einer Familie mit Kindern auch eine gewisse Stabilität der Arbeitsteilung zwischen den Ehegatten einstellen; eine Stabilität, die normative Grundlagen hat und nicht notwendigerweise von allen als angenehm empfunden wird. Es ist zu erwarten, dass insbesondere qualitative Studien in Zukunft an diesem Punkt wertvolle Interpretationshinweise bezüglich der Konstruktionen und des Selbstverständnisses der Ehepartner im Hinblick auf diese Entwicklungen liefern können. Determinanten einer geringeren Beteiligung der Männer Für die Prozessanalyse der geringeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit im Eheverlauf ist eine andere Einschränkung der Risikomenge nötig. Denn Paare, die bereits stark traditional organisiert sind, können keine weitere Traditionalisierung erfahren. Die abhängige Variable ist dann die zeitabhängige Rate der Neigung der Paare, die Hausarbeit im Sinne einer relativen Mehrbelastung der Frauen aufzuteilen, sich also vom partnerschaftlichen in Richtung des stark traditionalen Endes des Kontinuums zu bewegen. Die Analysen der Traditionalisierung sind mit den vorangegangenen Modellen zur größeren Beteiligung der Männer vollständig harmonisiert, so dass die Ergebnisse miteinander verglichen werden können. In Tabelle 4.20 sind das Ausgangsmodell sowie die Modelle mit Bildungsniveau und Bildungsrelation dargestellt. Wichtig ist wiederum, dass die Kontrollvariablen des Abstandes zwischen den Panelwellen und der Selektionskorrektur nicht signifikant sind und es auch in allen anderen Modellen dieses Abschnittes nicht werden. Hinsichtlich der beiden Bildungsvariablen sind die gleichen Tendenzen wie in Tabelle 4.15 zu beobachten, nur, wie ausgehend von den symmetrischen Erklärungsansätzen vermutet werden konnte, mit umgekehrten Vorzeichen. Die Berechungen in Tabelle 4.20 zeigen, dass die Neigung von Ehepaaren, die Hausarbeit zu Lasten der Frau umzuverteilen, im Zeitverlauf signifikant abnimmt. Weitere Berechnungen mit verschiedenen funktionalen Abhängigkeiten der Traditionalisierung von der Ehedauer (verschiedene Polynome) ergaben, dass es sich dabei um einen stabilen linearen, im Zeitverlauf stark abfallenden Prozess handelt (Modelle nicht ausgewiesen). Der hochsignifikante negative Effekt für die Ehedauer ist zudem robust und unabhängig von der weiteren Modellspezifikation. Des weiteren zeigt sich, dass Paare, die sich im traditionalen Zustand befinden, ein signifikant höheres Potenzial haben, die Hausarbeit noch einmal stärker
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
213
zu Lasten der Frau umzuverteilen, als Paare mit partnerschaftlichen Arrangements. Der signifikant positive Effekt für das aktuelle Beteiligungsniveau traditionaler Arbeitsteilungsarrangements im Vergleich mit der partnerschaftlichen Referenzkategorie stimmt mit den Vorhersagen des Spezialisierungsarguments der ökonomischen Theorie überein. Zudem scheinen sich mit zunehmender Ehedauer die jeweils bereits etablierten Arbeitsteilungsmuster zu verfestigen. In Ergänzung zu den Erkenntnissen über die Dynamik ehelicher Enttraditionalisierungsprozesse, die ebenfalls einen stabilen negativen Verweildauereffekt aufweisen, zeigen diese Analysen, dass zumindest langfristig auch die Wahrscheinlichkeit abnimmt, dass sich Ehemänner noch weniger als bisher im Haushalt beteiligen. Die Verfestigung geschlechtstypischer arbeitsteiliger Strukturen im Lebensalltag geht also offenbar nicht einseitig zu Lasten der Frau, sondern sie gilt auch umgekehrt und wirkt somit von beiden Seiten stabilisierend. Tabelle 4.20: Bildung als Determinante einer geringeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Konstante Aktuelles Arrangement Traditional Partnerschaftlich Ehedauer
Modell 1 −1,10*** (0,17)
Modell 2 −0,94*** (0,28)
0,20** ——
(0,08)
0,20** ——
(0,08)
0,21** ——
(0,08)
−0,13***
(0,04)
−0,13***
(0,04)
−0,13***
(0,04)
−0,03* −0,02
(0,02) (0,01) 0,09 —— −0,13
(0,10) (0,14)
−0,18 −0,05
(1,20) (0,06)
Bildungsniveau Frau Mann Relative Bildung I Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood
Modell 3 −1,11*** (0,18)
−0,18 −0,05
(1,19) (0,06) 2.368 735 82,03
−0,18 −0,05
(1,20) (0,06) 2.368 735 85,37
2..368 735 84,19
Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Tabelle 4.21 ergänzt die Analyse des Einflusses der Bildung um die detaillierte Betrachtung der Bildungshomogamie. Im Gegensatz zu dem deutlichen und durchweg stabilen Einfluss auf Prozesse einer größeren Beteiligung der Män-
214
Empirische Untersuchungen
ner ist diese Unterscheidung für die Traditionalisierung der Hausarbeit bedeutungslos. Zwar haben die Koeffizienten die nach dem Egalitarian Values-Modell jeweils erwarteten Vorzeichen, allerdings sind sie statistisch nicht auf einem annehmbaren Signifikanzniveau gesichert. Nur weil eine bildungshomogame Beziehung auf hohem Niveau die Möglichkeiten einer partnerschaftlichen Veränderung erhöht (vgl. Tabelle 4.16), heißt das nicht, dass diese Paare automatisch vor der Traditionalisierung geschützt sind. Offenbar wirken die geschlechtsspezifischen Asymmetrien noch immer so stark, dass es selbst für Paare, die sich eher dem Gleichheitsideal verpflichtet sehen, nicht immer möglich ist, diesem dominanten Muster zu widerstehen. Tabelle 4.21: Bildungshomogamie als Determinante einer geringeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Konstante Aktuelles Arrangement Traditional Partnerschaftlich Ehedauer
Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 −1,01*** (0,19) −1,08*** (0,19) −1,24*** (0,21) −1,24*** (0,21) 0,20** (0,08) ——
0,20** (0,08) ——
0,20** (0,08) ——
−0,13*** (0,04) −0,13*** (0,04) −0,13*** (0,04) −0,13*** (0,04)
Relative Bildung II Frau < Mann —— Frau = Mann (niedrig/mittel) −0,06 Frau = Mann (hoch) −0,23 Frau > Mann −0,22
0,07 (0,10) —— (0,15) −0,17 (0,15) −0,16
(0,14) (0,14)
Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode
(1,20) −0,18 (0,06) −0,05
(1,20) −0,18 (0,06) −0,05
Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood
0,20** (0,08) ——
−0,18 −0,05
2.368 735 85,78
(0,10)
2.368 735 85,78
0,23 0,17 —— 0,01
(0,15) (0,14)
0,22 0,16 −0,01 (0,18) ——
(0,15) (0,14) (0,18)
(1,20) −0,18 (0,06) −0,05
(1,20) (0,06)
2.368 735 85,78
2.368 735 85,78
Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Im nächsten Schritt wird analysiert, in welcher Form die empirisch beobachteten Veränderungen in Richtung einer Traditionalisierung mit den ökonomisch relevanten Faktoren zusammenhängen. Speziell ist von Interesse, ob sich dabei der von der ökonomischen Theorie erwartete negative Zusammenhang zwischen ökonomischer Abhängigkeit der Frau und geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung im Haushalt zeigt, ob der Zusammenhang eher den kurvilinearen Vorhersagen der Kompensationshypothese entspricht oder ob die ökonomischen Ressourcen in Bezug auf die Traditionalisierungsneigung im Paar analog zu Ergebnissen im
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
215
Hinblick auf Enttraditionalisierungsprozesse keinen statistisch signifikanten Einfluss haben. Tabelle 4.22 zeigt die entsprechenden Modelle. Im Vergleich zu den Modellen für die Enttraditionalisierungsprozesse (Tabelle 4.17) sehen die Befunde für die Erwerbstätigkeit (Modelle 1) sowie für die daraus resultierenden Erwerbsrelationen (Modell 2) in der Partnerschaft ganz anders aus. Das ist insofern von Bedeutung, als die Mechanismen eben nicht in ähnlicher Weise auf Enttraditionalisierung und Traditionalisierung wirken, sondern sich in Abhängigkeit von der Entwicklungsrichtung unterscheiden. In beiden Fällen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Erwerbstätigkeit der Frau einer weiteren Traditionalisierung des praktizierten Arbeitsteilungsarrangements im Eheverlauf entgegenwirkt. Dabei scheint es jedoch nicht darauf anzukommen, ob die Frau Vollzeit oder Teilzeit erwerbstätig ist, da ein weiterer Test gezeigt hat, dass sich diese Effekte nicht signifikant voneinander unterscheiden. In die gleiche Richtung geht der Befund aus Modell 4, dass ein höheres individuelles Einkommen der Frau den Traditionalisierungsprozess bremst (vgl. Gupta 2007). Die Befunde zur Einkommensrelation (Modell 3 in Tabelle 4.22) innerhalb der Paare entsprechen eher den Erwartungen der Kompensationshypothese als denen der ökonomischen Theorien. Zwar weisen Paare, bei denen hinsichtlich ihres Einkommens Ressourcengleichheit herrscht, ein deutlich niedrigeres Traditionalisierungsrisiko auf als Paare mit traditioneller Ressourcenverteilung („Frau ≺ Mann“). Jedoch findet sich kein signifikanter Unterschied zwischen diesem klassischen Fall und der umgekehrten Situation, in der die Frau einen deutlich höheren Anteil zum Haushaltseinkommen beiträgt als der Mann („Frau Mann“). Dass der Effekt für Paare mit der Ressourcenkombination „Frau Mann“ nicht signifikant wird, könnte aber auch damit zusammenhängen, dass diese Gruppe sehr klein ist. Die absolute Größe des Effekts deutet jedoch auch hier darauf hin, dass es in Aushandlungsprozessen, in denen eine traditionellere Arbeitsteilung zur Diskussion steht, keinen Unterscheid macht, ob Ressourcengleichheit herrscht oder die Frau mehr verdient als ihr Partner. Bei aller gebotenen Vorsicht angesichts der Fallzahlen scheint sich das Ergebnis in die eingangs zitierten Befunde zur geschlechtsspezifischen Bedeutung der relativen Ressourcen zu fügen. Dass dieses Ergebnis die Erwartungen der Familienökonomie nicht bestätigt, wird vor allem daran deutlich, dass Beckers (1998) Theorie für den Fall der Ressourcengleichheit bei Kontrolle des Ausgangsniveaus keinen signifikanten Effekt vorhersagt. Damit lässt sich an dieser Stelle festhalten: Die Ausgangsthese, dass es sich bei Traditionalisierungsprozessen nicht bloß um eine Spiegelung von Enttraditionalisierungsprozessen mit umgedrehten Vorzeichen handelt, wird bestärkt. Bei
216
Empirische Untersuchungen
Tabelle 4.22: Ökonomische Ressourcen als Determinanten einer geringeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 −1,39*** (0,24) −1,31*** (0,22) −1,32*** (0,22) −0,97*** (0,28)
Konstante Aktuelles Arrangement Traditional Partnerschaftlich
0,13 ——
(0,09)
0,13 ——
(0,09)
0,17** (0,09) ——
(0,10)
−0,14*** (0,04) −0,14*** (0,04) −0,14*** (0,04) −0,15*** (0,04)
Ehedauer Relative Bildung Frau < Mann Frau = Mann (n/m) Frau = Mann (h) Frau > Mann
0,22 0,17 —— 0,01
Erwerbsumfang Frau nicht erwerbst. Frau Teilzeit Frau Volzeit Mann nicht Vollzeit Mann Vollzeit
0,42*** (0,11) 0,08 (0,12) —— —— 0,06 (0,13)
(0,15) (0,14) (0,18)
Erwerbsrelation Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann
0,23 0,19 —— 0,03
(0,15) (0,14) (0,18)
0,20 0,17 —— 0,02
(0,15) (0,14)
0,09 0,08 —— (0,18) −0,02
(0,20)
0,22** (0,10) —— 0,01 (0,16) 0,03 (0,14)
Individuelles Einkommena Frau Mann Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood a
(0,17) (0,16)
0,30*** (0,10) —— −0,11 (0,17)
Einkommensrelation Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann Missing
Anmerkungen:
0,10 ——
−0,00** (0,00) 0,00 (0,00) 0,26 −0,02
(1,21) 0,07 (0,06) −0,01
2.368 735 100,93
(1,21) −0,14 (0,06) −0,00
2.368 735 97,06
(1,20) (0,06)
2.368 735 91,78
0,01 0,00
(1,32) (0,07)
1.872 596 77,85
Fälle mit fehlendem Einkommen wurden ausgeschlossen; Missings nicht systema-
tisch verteilt. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
dem Phänomen, dass sich Männer im Eheverlauf anteilig aus den häuslichen Arbeiten (Kochen, Abspülen, Putzen, Wäsche) zurückziehen, kommen also zum Teil andere soziologisch bedeutsame Mechanismen zum Tragen. Dafür sprechen
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
217
die folgenden Punkte: Erstens illustrieren die bisherigen Befunde die deutlich unterschiedliche geschlechtsspezifische Entwicklung arbeitsteiliger Veränderungsprozesse im Eheverlauf. Übergänge von einer stärkeren zu einer geringeren Beteiligung von Männern bei der Hausarbeit sind wesentlich häufiger als der umgekehrte Fall und partnerschaftliche Arbeitsteilungsarrangements verändern sich fast immer in Richtung einer Traditionalisierung. Während sich in Bezug auf Enttraditionalisierungsprozesse die ökonomischen Ressourcen- und Erwerbskonstellationen im Paar durchweg als statistisch nicht signifikant gezeigt haben, scheinen diese, zweitens, auf Traditionalisierungsprozesse sehr wohl einen Einfluss zu haben, wenngleich nicht in der von den ökonomischen Theorien strenggenommen zu erwartenden, geschlechtsneutralen Weise. Konsistente Interpretationen der empirischen Ergebnisse zur Bedeutung von Ressourcen ergeben sich erst unter Berücksichtigung der Erkenntnisse zur Wirkung geschlechtsspezifischer Normen auf die häusliche Arbeitsteilung. Folglich wird, ausgehend von diesen Befunden bezüglich der Wirkung von Ressourcen, der Einfluss von Veränderungen der Familiensituation auf die häusliche Arbeitsteilung untersucht. Die Arbeitshypothese ist hier, dass Ehepaare beim Übergang zur Elternschaft eine Veränderung des für sie geltenden normativen Bezugsrahmens erfahren, was sich beispielsweise in einer (temporären) Erwerbsunterbrechung der Frauen niederschlagen kann. Denn in diesem Fall werden die Gleichheitsideale der Arbeitsteilung im Haushalt von traditionell-bürgerlichen Idealen einer geschlechterdivergenten familialen Arbeitsteilung überlagert. Tabelle 4.23 zeigt Modelle, in denen bei der Berechnung der Traditionalisierungsneigung der Übergang zur Elternschaft, das Alter des jüngsten Kindes im Haushalt und die Kinderzahl kontrolliert wird. Wie Modell 1 zeigt, haben Elternpaare eine signifikant größere Neigung, die Hausarbeit traditionaler, d. h. zu Lasten der Frau, aufzuteilen, als es bei kinderlosen Paaren der Fall ist. Diese Tendenz betrifft Paare mit partnerschaftlicher Hausarbeitsteilung ebenso wie Paare mit traditionaler Arbeitsteilung. Der Übergang zur Elternschaft ist offenbar mit einem Traditionalisierungsschub bei der Hausarbeit verbunden, und kann, wie Modell 3 zeigt, wiederum am ersten Kind festgemacht werden. Davon abgesehen bleibt jedoch der Trend einer Verfestigung der jeweils etablierten Hausarbeitsstrukturen vorhanden, wie die Koeffizienten für die Ehedauer zeigen. Die Ergebnisse zum Einfluss von Elternschaft auf Traditionalisierungsprozesse bei der häuslichen Arbeitsteilung korrespondieren mit den oben berichteten Effekten für Enttraditionalisierungsprozesse mit gegenteiligem Vorzeichen. Dieses Ergebnis ist bezogen auf die entsprechende Hypothese stimmig, denn die Veränderung des normativen Bezugsrahmens betrifft beide Partner gleichzeitig und in entgegengesetzter Art und Weise.
218
Empirische Untersuchungen
Tabelle 4.23: Elternschaft als Determinante einer geringeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Modell 1 −1,27*** (0,21)
Konstante Aktuelles Arrangement Traditional Partnerschaftlich
Modell 2 −1,41*** (0,22)
Modell 3 −1,32*** (0,22)
0,15* ——
(0,09)
0,16* ——
(0,09)
0,16* ——
(0,09)
−0,17***
(0,04)
−0,14***
(0,04)
−0,16***
(0,04)
Relative Bildung Frau < Mann Frau = Mann (n/m) Frau = Mann (h) Frau > Mann
0,23 0,18 —— 0,02
(0,15) (0,14)
0,20 0,16 —— −0,02
(0,15) (0,14)
0,23 0,18 —— 0,03
(0,15) (0,14)
Elternschaft
0,35***
(0,11)
Ehedauer
(0,18)
Alter des jüngsten Kindesa Kein Kind 0 – 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre und älter
—— 0,53*** 0,27 −0,09
(0,18)
(0,12) (0,20) (0,21)
Kinderzahl Kein Kind 1 Kind 2 Kinder 3 Kinder Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood Anmerkung:
a
−0,02 −0,01
(1,20) (0,06) 2.368 735 96,50
0,76 −0,02
(1,22) (0,06) 2.368 735 118,79
(0,18)
—— 0,40*** 0,24 −1,15
(0,11) (0,19) (1,03)
0,14 −0,00
(1,21) (0,06) 2.368 735 100,56
Für fehlende Werte beim Kindesalter wird kontrolliert. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; **
p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Die Befunde in Modell 2 von Tabelle 4.23 liefern konkretisierende Informationen zum zeitlichen Verlauf des Traditionalisierungsprozesses beim Übergang zur Elternschaft. Die Tendenz einer stärkeren Umverteilung der Hausarbeit zu Lasten der Frau ist besonders stark innerhalb der ersten beiden Lebensjahre des jüngsten Kindes. Diese Phase ist im deutschen Kontext für berufstätige Frauen häufig mit einer temporären Erwerbsunterbrechung, bedingt durch die Inanspruchnahme von Elternzeit und die Übernahme der Hausfrauenrolle, verbunden.
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
219
Tabelle 4.24: Alter des jüngsten Kindes und ökonomische Ressourcen als Determinanten einer geringeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Konstante Aktuelles Arrangement Traditional Partnerschaftlich
Modell 1 −1,45*** (0,25)
Modell 2 −1,43*** (0,22)
Modell 3 −1,44*** (0,23)
0,13 ——
(0,09)
0,13 ——
(0,09)
0,15* ——
(0,09)
Ehedauer
−0,14***
(0,04)
−0,14***
(0,04)
−0,14***
(0,04)
Relative Bildung Frau < Mann Frau = Mann (n/m) Frau = Mann (h) Frau > Mann
0,19 0,16 —— −0,02
(0,15) (0,14)
(0,15) (0,14) (0,18)
0,18 0,17 —— −0,01
(0,15) (0,14)
(0,18)
0,20 0,18 —— −0,01
(0,16) (0,23) (0,22)
—— 0,42*** 0,15 −0,18
(0,15) (0,22) (0,22)
—— 0,48*** 0,23 −0,15
Alter des jüngsten Kindesa Kein Kind 0 – 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre und älter Erwerbsumfang Frau nicht erwerbst. Frau Teilzeit Frau Vollzeit Mann nicht Vollzeit Mann Vollzeit
—— 0,37** 0,15 −0,15 0,22 0,04 —— —— 0,07
(0,13)
Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood
0,15 —— −0,11
0,85 −0,03
(1,23) (0,06) 2.368 735 121,55
(0,13) (0,21) (0,22)
(0,15) (0,13)
Erwerbsrelation Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann Einkommensrelationb Frau < Mann Frau = Mann Frau > Mann Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode
(0,18)
0,81 −0,03
(0,12) (0,17)
(1,23) (0,06) 2.368 735 121,26
0,13 —— −0,01
(0,11)
0,77 −0,02
(1,22) (0,06)
(0,16)
2.368 735 121,08
Anmerkung: a,b Für fehlende Werte beim Kindesalter und der Einkommensrelation wird kontrolliert. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Mit zunehmendem Kindesalter schwächt sich die Traditionalisierungsneigung bei der Hausarbeit jedoch wieder ab, so dass ab dem dritten Lebensjahr
220
Empirische Untersuchungen
des jüngsten Kindes kein signifikanter Unterschied mehr zwischen Eltern und Kinderlosen besteht. Die Frage ist nun, ob diese Traditionalisierungsprozesse tatsächlich den Einfluss von Identitäten im Sinne der Hypothese von Bielby & Bielby (1989) widerspiegeln, oder ob sie eher eine Konsequenz der temporären Hausfrauenrolle sind, die viele Mütter nach der Geburt des Kindes übernehmen. Im Folgenden werden deshalb die Modelle zum Kindesalter zusätzlich als Nettoeffekte nach Kontrolle der ökonomischen Einflussgrößen berechnet. Wie alle drei Modelle von Tabelle 4.24 zeigen, verschwinden die Effekte für den Erwerbsumfang, die Erwerbsrelation und die Einkommensrelation, die sich in der Einzelanalyse in Tabelle 4.22 noch als signifikant erwiesen haben. Wie im theoretischen Teil dargestellt, geht Ott (1992) davon aus, dass sich mit der Geburt eines Kindes die ökonomische Verhandlungsposition des weiblichen Partners dauerhaft verschlechtert, wodurch es auch zu geschlechtsspezifischen, irreversiblen Verschiebungen bei der Hausarbeit kommen müsste. Unter diesen Bedingungen deuten die Befunde an, dass Elternschaft das Risiko einer asymmetrischeren Aufgabenteilung bei der Hausarbeit erhöht, sich aber die Einkommensrelation dabei als nicht statistisch signifikant erweist. Mit anderen Worten, es scheint unerheblich zu sein, welcher der Partner zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mehr verdient. In jedem Fall ist das Risiko, dass sich die Frau stärker als bisher bei der Hausarbeit einbringt, deutlich höher. Auch die Annahme Otts (1992), dass sich beim Übergang zur Elternschaft die Verhandlungsposition der Frau dauerhaft verschlechtert, wird so von den Daten nicht unterstützt. Die eigentlich bedeutsame Phase der Elternschaft im Hinblick auf die Veränderung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung scheint das erste Jahr nach der Geburt eines Kindes zu sein. Danach gleicht sich das Traditionalisierungsrisiko von Eltern und Kinderlosen wieder an. Diese Interpretation der Irreversibilität von Entscheidungen im Zuge des Übergangs zur Elternschaft wird gestützt durch weitere Modelle in Tabelle A.9, die analog zu den Befunden in Tabelle A.8 interpretiert werden können. Ein Panelmodell für die Veränderung des Partizipationsindex In Anlehnung an die Arbeit von Gershuny et al. (2005) wird zum Abschluss der empirischen Längsschnittanalysen noch ein Panelmodell geschätzt. Damit soll überprüft werden, ob die im Rahmen der Ereignisanalyse vorgenommene Gruppierung des Partizipationsindex in die drei disjunkten Ausgangs- und Zielzustände stark traditional, traditional und partnerschaftlich/nichttraditional die Analyseergebnisse beeinflusst hat. Mit der Panelanalyse werden die Veränderungen des Partizipationsindex von einer Panelwelle zur nächsten (ΔY) in Abhängigkeit von
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
221
den Veränderungen in den zeitabhängigen erklärenden Variablen (ΔX) geschätzt, um zu sehen, wie die ökonomischen Ressourcen auf die beiden gegenläufigen Prozesse der Traditionalisierung und Enttraditionalisierung summarisch wirken. Durch die Differenzbildung der Regressionsgleichungen Yt − Yt−1 in zwei aufeinander folgenden Panelwellen t und t − 1 werden gleichzeitig alle zeitkonstanten, unbeobachteten individuellen Einflussfaktoren bei der Analyse kontrolliert (Fixed-effects-Modell). Unter der Annahme, dass Xt und t , sowie Xt−1 und t−1 unkorreliert sind, sind auch die unabhängigen Variablen ΔX nicht mehr mit dem Fehlerterm Δ korreliert (vgl. Finkel 1995). Das Panelmodell liefert dann unverzerrte Schätzer des kausalen Effekts von X auf Y (Finkel 1995: 6). Um zu gewährleisten, dass die Veränderungen in den unabhängigen Variablen vor den Veränderungen in der abhängigen Variablen stattgefunden haben (Argument der zeitlichen Sukzession von Ursache und Wirkung), wird ΔX um eine Zeiteinheit verzögert (vgl. Gershuny 1996, Gershuny et al. 1994, Gershuny et al. 2005). Da zu vermuten ist, dass ΔY jeweils vom Ausgangsniveau Yt−1 abhängig ist, wird dieses Ausgangsniveau in den Modellen kontrolliert (vgl. Finkel 1995). Vor diesem Hintergrund lautet das Panelmodell schließlich: ΔY = Δβ0 + β1 ΔX + β2 Yt−1 + Δ. Die abhängige Variable ΔY misst dabei die Veränderung des Summenscores zwischen zwei aufeinander folgenden Panelwellen t − 1 und t, die zwischen −16 und +16 variieren kann. Eine positive Differenz sagt aus, dass der Mann relativ zu seiner Frau seine Beteiligung an den weiblich konnotierten Haushaltstätigkeiten von t−1 auf t erhöht hat. Eine negative Differenz bedeutet, dass sich der Mann im Verhältnis zu seiner Frau weniger beteiligt hat. Im Unterschied zur Ereignisanalyse wird hier der Summenscore als quasimetrische Variable verwendet, um die gesamte Information der abhängigen Variable auszunutzen. Da dieses Vorgehen aufgrund des Skalenniveaus der Beteiligungsintensität problematisch sein kann, hat die Analyse vor allem explorativen Charakter. Auf Basis des beschriebenen Panelmodells wurde eine Reihe von Analysen durchgeführt, die zum gleichen inhaltlichen Ergebnis wie in Tabelle 4.25 geführt haben: Die zentralen Einflussvariablen auf die Veränderung der Arbeitsteilung im Zeitverlauf sind die Ehedauer und der Übergang zur Elternschaft. Die Koeffizienten dieser Variablen sind in allen Fällen negativ und signifikant. Das heißt, dass mit zunehmender Ehedauer die Bereitschaft von Männern, sich im Haushalt zu beteiligen, stärker ab- als zunimmt. Als wichtigste Zäsur im Familienverlauf muss der Übergang zur Elternschaft gewertet werden. Wichtig ist, dass weder Veränderungen im Humankapital noch im Erwerbsumfang noch in der Einkommensrelation einen Effekt auf die Veränderung des Partizipationsindex haben. Das bedeutet, dass die prognostizierten Effekte der ökonomischen Theorien nicht eingetroffen sind. Diese Ansätze sind demnach wenig hilfreich zur Er-
222
Empirische Untersuchungen
klärung der Veränderung der Arbeitsteilung im Eheverlauf. Insgesamt bestätigen die Resultate der Panelmodelle damit die Hauptergebnisse der Ereignisanalysen, wobei gerade die Ereignisanalysen der Enttraditionalisierungs- und Traditionalisierungsprozesse zu komplexeren Einsichten führen. Das Potenzial der Panelmodelle zur Erklärung gerichteter arbeitsteiliger Prozesse scheint aber noch nicht ausgeschöpft und wird die Arbeitsteilungsforschung in Zukunft sicherlich noch weiter beschäftigen. Stellt man die Ergebnisse beider Verfahren nebeneinander, so sind die Interpretationen bezüglich der ökonomischen Theorien jedenfalls robust, weil sie unabhängig von der gewählten Methode zu ähnlichen Interpretationen führen. Tabelle 4.25: Fixed-effects Panelregressionsmodell der Veränderung der Arbeitsteilung Konstante
Modell 1 10,24*** (0,36)
Modell 2 10,85*** (0,37)
Modell 3 10,61*** (0,52)
Aktuelles Beteiligungsniveau
−1,28*** (0,04)
−1,31*** (0,04)
−1,31*** (0,04)
Ehedauer
−0,21*** (0,06)
Übergang zur Elternschaft
−0,27*** (0,06)
−0,29*** (0,07)
−0,61*** (0,10)
−0,64*** (0,16)
Veränderung des Erwerbsumfangs Umfang der Frau sinkt Umfang der Frau konstant Umfang der Frau steigt Umfang des Mannes sinkt Umfang des Mannes konstant Umfang des Mannes steigt Veränderung der Einkommensrelation Zu Gunsten des Mannes Keine Veränderung Zu Gunsten der Frau Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Paare R-Quadrat
1,20 −0,04
(2,42) (0,07)
1.820 860 0,19
1,17 −0,02 1.820 860 0,19
(2,38) (0,07)
−0,02 —— 0,07 −0,40 —— 0,10
(0,18)
0,11 —— 0,43*
(0,17)
2,70 −0,06
(0,20) (0,56) (0,25)
(0,26) (2,88) (0,08)
1.410 670 0,20
Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Fallweiser Ausschluss bei fehlenden Werten, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
4.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse Vor dem Hintergrund der theoretischen Überlegungen in Abschnitt 3.2 wurde die Dynamik der Arbeitsteilung bei der Hausarbeit in diesem Kapitel quantita-
Aufteilung der Hausarbeit im Eheverlauf
223
tiv im Längsschnitt untersucht. Zunächst wurde herausgearbeitet, dass von den Verbesserungen der Bildungs-, Erwerbs- und Karrierechancen der Frauen vielfach erwartet wird, dass sie zu einem deutlichen Abbau der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in Paarbeziehungen führen. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass sich trotz der tiefgreifenden Umgestaltung privater Lebensformen und der steigenden Erwerbsbeteiligung (verheirateter) Frauen im Bereich der Hausarbeitsteilung erstaunlich wenig verändert hat (vgl. z. B. Huinink & Röhler 2005, Mühling et al. 2006). Für diese Zusammenhänge gibt es verschiedene und teilweise widersprüchliche theoretische Erklärungen, die in der aktuellen Forschung meist auf Basis von Querschnittsuntersuchungen empirisch beurteilt werden (jüngst z. B. Gupta 2007, Haberkern 2007). Diese Studie basiert hingegen auf einer Längsschnittperspektive und leistet daher einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Wissens im Bereich der empirischen Hausarbeitsforschung. Das Ziel der Analysen war, die Veränderungen der Arbeitsteilung im Haushalt auf der Paarebene im Zeitverlauf zu beschreiben und die zeitbezogenen Ursache-Wirkungs-Mechanismen dieser Wandlungsprozesse genauer zu untersuchen. Dazu wurden die Daten des Bamberger Ehepaar-Panels, einer für die alten Bundesländer repräsentativen Langzeitstudie zur Beziehungs- und Familienentwicklung, einer diskreten Ereignisanalyse unterzogen. Bislang gibt es keine weiteren Arbeiten, weder im deutschsprachigen Raum noch in der internationalen Forschungslandschaft, die sich auf diese Weise der häuslichen Arbeitsteilung nähern. Dies ist insofern erstaunlich, als gerade die Dynamik ein wesentliches Merkmal der Prozesse häuslicher Arbeitsteilung darstellt. So belegen die hier präsentierten Analysen, dass sich die Aufteilung der Arbeiten im Haushalt zwischen den Beziehungspartnern im Verlauf der Paarbeziehung deutlich verändern. Die Analyse gliederte sich in drei Schritte: Konkret wurde danach gefragt, wie sich die befragten Paare (1) die Hausarbeit zu Beginn der Ehe aufteilen, welche Ereignisse oder Ressourcenkonstellationen (2) Enttraditionalisierungsprozesse, d. h. eine größere Beteiligung der Männer an der Hausarbeit begünstigen, oder (3) für Traditionalisierungsprozesse, d. h. den Rückzug der Männer aus der häuslichen Sphäre, verantwortlich sind (Abschnitt 4.2.4). Die Hauptergebnisse der empirischen Auswertungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Zu Beginn der beobachteten Ehen praktizieren rund die Hälfte der Paare eine eher partnerschaftliche Arbeitsteilung. Im Laufe der Zeit verschieben sich diese Arrangements systematisch in Richtung traditioneller Strukturen, d. h. dass die Frauen in diesen Paaren die Hauptlast der häuslichen Kerntätigkeiten Kochen, Abspülen, Putzen und Wäsche übernehmen. Nach
224
Empirische Untersuchungen 14 Ehejahren sind 85 Prozent der Paare traditionell organisiert und zwar unabhängig von den relativen Ressourcenkonstellationen der Partner.
2. Trägheitseffekte, also Prozesse der Gewöhnung an bestimmte Arrangements, haben nach den Ergebnissen dieser Studie eine große Bedeutung für den Verlauf der Arbeitsteilung im Haushalt. Die Untersuchung zeigt durchweg, dass die Wahrscheinlichkeit einer Veränderung der Arbeitsteilung, egal in welche Richtung, mit zunehmender Ehedauer immer geringer wird. 3. Die ökonomischen Theorien, z. B. die ökonomische Theorie der Familie und die Verhandlungstheorie, sind für die Erklärung der Dynamik der Arbeitsteilung bei der Hausarbeit wenig hilfreich. Keine der von diesen Theorien als wichtig erachteten Ressourcen (wie Humankapitalinvestitionen, Erwerbsbeteiligung oder Einkommen) und deren Veränderungen über die Zeit scheinen einen nennenswerten Einfluss auf den Wandel arbeitsteiliger Arrangements zu haben. Vielmehr scheinen andere Einflussgrößen wie z. B. familiale Leitbilder, geschlechtsspezifische Normen und Rollen den Prozess der Arbeitsteilung in der Familie zu beeinflussen. 4. Im Zuge der Geburt eines Kindes übernehmen Frauen zunehmend größere Anteile der Hausarbeit, während Männer ihren Beitrag stark reduzieren. Der Übergang zur Elternschaft bremst damit Entwicklungen in Richtung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung oder kehrt diese bei vielen Paaren um und verstärkt den oft latent wirkenden Prozess der Gewöhnung an traditionelle arbeitsteilige Strukturen. Sobald diese Familienereignisse in den Modellen kontrolliert werden, verschwindet der Einfluss der ökonomischen Ressourcen völlig. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die mit den verschiedenen Lebensphasen, insbesondere der Elternschaft, verbundenen Normen (vor allem für Mütter) einen großen Einfluss auf die Dynamik der Hausarbeitsteilung zu haben scheinen. 5. Die Paare, in denen beide Partner über ein hohes Bildungsniveau verfügen, weisen eine erhöhte Neigung auf, sich im Eheverlauf in Richtung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung zu verändern. Allerdings heißt das nicht, dass sie dadurch den Traditionalisierungstendenzen grundsätzlich widerstehen können. Auch in diesen Paaren ist die Traditionalisierung das häufigste Muster, allerdings weniger stark ausgeprägt.
5
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
In diesem abschließenden Kapitel werden die Hauptergebnisse der Untersuchung zusammengefasst und vor dem Hintergrund der theoretischen Erwartungen und des aktuellen Forschungsstandes diskutiert. Zudem werden einige weiterführende Überlegungen zur Bedeutung der Ergebnisse für die Sozialstruktur und deren möglichen Wandel angestellt. Zusammenfassung und Diskussion der Hauptergebnisse Die internetbasierte Suche nach intimen Beziehungen ist zu einem Massenphänomen geworden. Immer mehr Menschen nutzen inzwischen die Möglichkeiten, die ihnen das Onlinedating bei der Partnerwahl bietet. Aus sozialstruktureller und ungleichheitstheoretischer Perspektive ergibt sich daraus die Frage, welche Akteure sich auf diesen Kontaktplattformen kennenlernen und damit die Chance haben, eine feste Beziehung im normalen Alltagsleben zu beginnen. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurden deshalb die Mechanismen der Partnerwahl im Internet detailliert untersucht. Zur empirischen Analyse stand ein neuer Datenzugang zur Verfügung, der es ermöglichte, die Kontaktanbahnung auf einer exemplarischen Internetkontaktbörse anhand des elektronischen Nachrichtenverkehrs exakt zu rekonstruieren. Von Vorteil ist bei diesem Vorgehen insbesondere, dass die individuellen Kontaktierungsentscheidungen bei der Partnersuche im Onlinedating wesentlich unvermittelter und direkter beobachtet und gemessen werden können, als das mit traditionellen Methoden möglich ist. Zudem können die konkreten Opportunitätsstrukturen der Akteure kontrolliert und damit gezielt die intentionalen Aspekte der Partnerwahl von Männern und Frauen herausgearbeitet werden. Ziel der Untersuchung war es, die Kontaktierung auf digitalen Heiratsmärkten entlang sozialstrukturell relevanter Paarkonstellationen zu untersuchen. Im Mittelpunkt stand dabei die Analyse bildungsspezifischer Erstkontakt- und Antwortmuster auf einer Onlinekontaktbörse, die darauf spezialisiert ist, die Phase der Selektion und Kontaktanbahnung zu unterstützen. Damit kann sie als Heiratsmarkt beschrieben werden, auf dem sich Männer und Frauen als potentielle Partner präsentieren und gleichzeitig auf Partnersuche sind. Die Tauschgüter auf
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Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
diesem Markt sind intersubjektiv vergleichbare Ressourcen, die es den Akteuren ermöglichen, eine große Menge an Alternativen auf eine überschaubare Anzahl konkreter Handlungsoptionen zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund wurde die bisherige Forschungsdiskussion exemplarisch dargestellt und um ein austauschtheoretisches Konzept zur Modellierung von Prozessen der Kontaktwahl erweitert, das auf Ansätze der Heiratsmarkt- und Onlineforschung rekurriert und für die empirische Analyse von Kontaktstrukturen forschungsleitend war. Im empirischen Teil wurde zunächst das Erstkontaktverhalten aktiver männlicher und weiblicher Plattformnutzer untersucht. Eine deskriptive Analyse der bildungsspezifischen Kontaktstrukturen zeigte, dass sowohl Männer als auch Frauen über die strukturelle Erwartung hinaus, die sich aus der bildungsspezifischen Verteilung der Plattformnutzer ergibt, tendenziell bildungsähnliche Partner für die erste Kontaktaufnahme wählen. Die Ergebnisse stützen zudem die austauschtheoretische Hypothese, dass die Bildungshomophilie mit dem Niveau der eigenen Bildung zunimmt. Hier zeigt sich vor allem bei Frauen ein starker Zusammenhang zwischen Bildungshomophilie und dem eigenem Bildungsniveau: Jeweils höher gebildete Frauen verengen den Kreis potentieller Partner in zunehmendem Maße über die Erwartung hinweg auf männliche Nutzer mit einem ähnlichen Bildungsniveau. Dies trifft im Durchschnitt auch auf männliche Initiatoren zu, jedoch in weit geringerem Ausmaß. Diese Zusammenhänge konnten im Zuge der Analyse des Antwortverhaltens auf Erstkontakte bestätigt und fortgeschrieben werden. Damit ist der erste Hauptbefund der vorliegenden Arbeit, dass die Paarbildung nach dem Ähnlichkeitsprinzip, also Homophilie, das dominante Handlungsprinzip der Akteure im Onlinedating ist. Es ist symmetrisch für beide Geschlechter wirksam. Ein ähnliches Bildungsniveau, aber auch tendenzielle Altersgleichheit und eine vergleichbare physische Attraktivität begünstigen den Aufbau reziproker Beziehungen, in denen mindestens zwei Nachrichten zwischen den beteiligten Akteuren ausgetauscht werden. Das besondere an diesem (in der Forschung weithin bekannten) Befund ist, dass das Onlinedating anders als die Heiratsmärkte des Alltags nicht in derselben Weise institutionell vorstrukturiert ist, so dass die Realisierung derartiger Kontakte als unmittelbarerer Indikator für die intentionalen Neigungen und Präferenzen der Akteure interpretiert werden kann. So ist es im Internet grundsätzlich jedem Akteur zu jeder Zeit möglich, jeden beliebigen anderen Akteur zu kontaktieren. Dass dies jedoch nicht in dem erwarteten Ausmaß geschieht, deutet darauf hin, dass sich die aus dem Alltag bekannten sozialen Strukturen und normativen Regeln der Partnerwahl im Denken der Menschen niederschlagen und durch ihr Handeln auf die Internetkontaktbörsen übertragen werden.
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
227
Bei der Betrachtung heterogener Paarkonstellationen zeigten Frauen bei ihrer Kontaktwahl eine deutliche Abneigung, sich bildungsmäßig abwärts zu orientieren. Weibliche Datingnutzer kontaktieren männliche Nutzer mit einem niedrigeren Bildungsniveau nur weit unter der strukturellen Erwartung. Sofern Frauen bei ihrer Kontaktwahl vom Homophilieprinzip abweichen, orientieren sie sich vielmehr wesentlich stärker nach oben. Dies gilt umgekehrt für Männer: Sie kontaktieren in größerem Ausmaß Frauen mit einem niedrigeren Bildungsniveau als Frauen mit einem höheren Bildungsniveau. Allerdings bleiben Männer insgesamt betrachtet nahe an der Erwartung des statistischen Unabhängigkeitsmodells. Wiederum werden diese Befunde zum Erstkontaktverhalten bei der Analyse der Beantwortung reproduziert: In den Fällen, in denen Abweichungen vom Homophilieprinzip beobachtet werden können, und das ist das zweite Hauptergebnis dieser Arbeit, lassen sich deutliche Belege für asymmetrische Mechanismen der Partnerwahl finden. Insbesondere Frauen orientieren ihr Handeln eher am traditionellen, bürgerlich geprägten Familienmodell. Die Analysen zeigen, dass Frauen systematisch vermeiden, Offerten von Männern zu beantworten, die ein niedrigeres Bildungsniveau haben als sie selbst. Männer sind in dieser Hinsicht aufgeschlossener, denn sie beantworten durchaus Erstkontakte von Frauen mit höheren Bildungsressourcen. Da derartige Konstellationen aber vergleichsweise selten vorkommen, handelt es sich hierbei absolut betrachtet um eine sehr kleine Gruppe von Paaren. Dass Männer auch überzufällig seltener Anfragen von Frauen mit geringerer Bildung beantworten, deutet darauf hin, dass sich die Orientierung am neuen Doppelverdienermodell gegenüber dem traditionellen Familienmodell mit männlichem Haupternährer, zumindest für Männer, langsam durchsetzt. Aus der Sicht der Frauen scheint die Überwindung des traditionellen Familienmodells, möglicherweise aufgrund besonders starrer (weiblicher) Geschlechterstereotypen in der Gesellschaft, viel schwieriger zu sein. Es liegt deswegen vermutlich vor allem an den Frauen, wenn bildungsheterogene Partnerschaften nicht zu Stande kommen, in denen die Frauen ein höheres Bildungsniveau haben als ihre Partner. Männer haben vor diesen Partnerschaftskonstellationen anscheinend eine geringere Scheu. Drittens konnten keine Belege für die Tradeoff-Hypothese aus den empirischen Analysen herausgelesen werden. Für die realisierten reziproken Beziehungen zwischen Frauen und Männern zeigen die Analysen keinen signifikanten Zusammenhang zwischen den Ausprägungen verschiedener Ressourcen: Bildung und physische Attraktivität sind demnach offenbar keine Ressourcen, die systematisch miteinander getauscht werden können. Die traditionelle Vorstellung, dass Frauen mitunter ihre Schönheit einsetzen, um durch eine Partnerschaft an männlichen Status zu kommen (vgl. z. B. Elder 1969, Franzen &
228
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
Hartmann 2001), kann ebenso wenig bestätigt werden, wie der mögliche, in der bisherigen Forschung allerdings nicht thematisierte umgekehrte Zusammenhang, dass ein solches Kalkül auch aus Sicht der Männer denkbar ist. Diese eindeutigen Befunde sprechen schließlich dafür, dass die Homophilie gemäß dem Sprichwort ‚gleich und gleich gesellt sich gerne‘ die zentrale Determinante der Partnerwahl ist und der traditionelle Stereotyp ‚reicher Mann und schöne Frau‘ weniger handlungsleitend zu sein scheint, als oft angenommen. Zusammengenommen sprechen die Befunde dieser Arbeit für eine weitgehende Übertragung und Verstetigung traditioneller Strukturen in die neuen, virtuellen Plätze des Kennenlernens. Sie sind damit im Einklang mit bisherigen Befunden der quantitativen Onlinedatingforschung (Fiore 2004, Fiore & Donath 2005, Hitsch et al. 2006, Hitsch et al. 2009, Lee 2008). Insofern dämpfen die Ergebnisse die zum Teil in der Literatur verbreitete Annahme, das Internet wirke eher sozial öffnend als schließend, zumindest aus Sicht der Partnerwahlforschung (vgl. Blossfeld 2009a). Dies ist insofern erstaunlich, als das Internet im Allgemeinen und Internetkontaktbörsen im Speziellen weit weniger durch objektive Zugangsbarrieren oder institutionelle Gegebenheiten sozial vorstrukturiert sind als klassische Treffpunkte des Kennenlernens, wie beispielsweise das Bildungssystem oder Nachbarschaften. Demzufolge deuten die Befunde darauf hin, dass die rationalen Intentionen der Akteure eine bedeutsame Rolle für das Zustandekommen der beobachtbaren Muster der Partnerwahl spielen und eine rein strukturelle Erklärung zu kurz greifen würde. Obgleich die Erstkontaktierung potentieller Partner im Internet noch keine langfristige Partnerwahlentscheidung darstellt (wie z. B. die Eheschließung), kann die Analyse der geschlechtsspezifischen Auswahlmechanismen im Onlinedating dennoch sinnvolle Hinweise auf die Wirksamkeit sozialer Strukturen geben, die sich bereits am Anfang jeder Beziehung zeigen. Denn Entscheidungen zur Kontaktierung oder Nicht-Kontaktierung bestimmter Personen sind wichtige Schritte für oder gegen potentielle Partner. Bei der Partnersuche liefern die in den Nutzerprofilen signalisierten Merkmale, wie das Bildungsniveau, den Akteuren intersubjektiv klar verständliche Anhaltspunkte darüber, um welche Personen es sich bei den anderen Plattformmitgliedern handelt. Schließlich ist in dem Moment, in dem der Kontakt zustande kommt, die Entscheidung für eine bestimmte Merkmalskonstellation des Partners bereits gefallen. Vor diesem Hintergrund kann eine Analyse der (Erst-)Kontaktereignisse im Onlinedating einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Partnerwahlprozessen leisten, da es möglich ist, die Entscheidungen für akzeptable Kontaktpartner empirisch zu beobachten und daraus Rückschlüsse auf die in den Köpfen der Akteure vorhandenen Minimalvorstellungen zu ziehen.
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
229
Durch die explizite Betrachtung der Wechselseitigkeit der Kontaktentscheidung, d. h. der Tatsache, dass eine Beziehung zwischen zwei Akteuren nur dann zustande kommen kann, wenn beide Partner dieser Beziehung zustimmen (im Onlinedating: Vorschlag einer Beziehung durch einen Erstkontakt plus Bestätigung der Offerte durch eine Antwort), basieren die Schlussfolgerungen in dieser Arbeit auf einem wesentlich härteren Indikator für die Sortierungsmechanismen auf dem Internetheiratsmarkt. Denn Erstkontakte sind zunächst nur einseitige Wahlhandlungen der Akteure, die den Heiratsmarkt zwar grundsätzlich vorstrukturieren, aber von den Empfängern der Offerten nicht zwangsläufig akzeptiert werden müssen. In dem Moment, in dem die Empfänger aber die Erstkontakte beantworten, haben wir es mit einer zweiseitigen Wahlhandlung zu tun, in der die Empfänger ähnliche Vorstellungen über die präferierten Beziehungskonstellationen offenbaren wie die Initiatoren. Somit kann die Bedeutung des Distinktionskriteriums Bildung (aber auch des Alters und der physischen Attraktivität) für das intentionale Handeln der Menschen in dieser Phase des Prozesses der Beziehungsentwicklung soziologisch noch adäquater gemessen und modelliert werden. Als besonders bedeutsam für die Partnerwahlforschung erweist sich abschließend die Beobachtung, dass die Struktur der Paarkonstellationen, die durch die Menge der Erstkontakte erzeugt wurde, weitgehend mit der Struktur reziproker Kontaktbeziehungen übereinstimmt. Durch die Antworten werden die Tendenzen der initiativen Kontaktierung weitgehend reproduziert, wenn nicht sogar leicht verstärkt. Daraus folgt, dass die frühen Entscheidungen im Prozess der Paarbildung im Internet gute Prädiktoren für die Strukturen sein dürften, die man am Ende dieses Prozesses in Form von Heiratsmustern erwarten kann. Diese Interpretation wird gestützt durch Lees (2008) Befunde, die diesen Zusammenhang auf Basis koreanischer Daten, die sowohl Informationen über die Wahlhandlungen der Akteure in frühen Phasen des Partnerwahlprozesses als auch über Eheschließungen enthalten, belegen konnte. Das deutet darauf hin, dass die hohe Ähnlichkeit der Partner hinsichtlich bestimmter Merkmale (z. B. Bildungsniveau) bei der Analyse von Heiratsmustern (vgl. z. B. Blossfeld & Timm 2003, Teckenberg 2000, Wirth 2000) nicht im Laufe des Zusammenseins hergestellt wird, sondern bereits von Beginn an die Paarbeziehungen charakterisiert, weil sich bereits die Auswahl konkreter Beziehungspartner an diesen Kriterien jenseits struktureller Opportunitäten orientiert. Obwohl die vorliegende Untersuchung nur auf einen kleinen Ausschnitt des Partnerwahlprozesses beschränkt ist, zeigt sie deutlich das Potential für die Partnerwahl- und Heiratsforschung auf, das in einer Analyse von Interaktionen auf Partnersuchseiten im Internet steckt. Hierdurch wird das Studium
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Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
von Selektions- und Auswahlmechanismen der Partnerwahl auf einem Detaillierungsniveau möglich, das in dieser Größenordnung durch andere empirische Messinstrumente nur schwer oder gar nicht zu erreichen ist. Eine Analyse von Kontaktierungsprozessen im Onlinedating verspricht also einen neuen und innovativen empirischen Zugang zur Bearbeitung einer Vielzahl theoretischer Fragen der Heiratsmarkt- und Partnerwahlforschung. Der zweite Teil der Arbeit befasste sich mit einer dynamischen Betrachtung der Arbeitsteilung im Haushalt im Verlauf westdeutscher Ehen. Wie die einführende Diskussion gezeigt hat, wird insbesondere aus Sicht ökonomischer Theorien erwartet, dass die verbesserten Bildungs-, Erwerbs- und Karrierechancen der Frauen zu stärker partnerschaftlich orientierten Formen der Aufgabenteilung in der Familie führen oder dass sich die Arbeitsteilung sogar gänzlich umkehrt und völlig enttraditionalisiert. Demgegenüber erwarten die normativen Theorieansätze eine weitgehende Persistenz geschlechtsspezifischer Strukturen. Auf der Grundalge der Daten des Bamberger Ehepaar-Panels und mit Hilfe ereignisanalytischer Verfahren wurden diese Prozesse der Dynamik der Hausarbeit im Längsschnitt empirisch untersucht, um die wichtigsten vorliegenden symmetrischen und asymmetrischen Theorien gegeneinander zu testen. Die vorgeschlagene Konzeption der empirischen Analyse von Traditionalisierungs- und Enttraditionalisierungsprozessen ging dabei von der Hypothese aus, dass die Faktoren, die erklären, dass sich Männer verstärkt aus der Hausarbeit zurückziehen, nicht unbedingt mit jenen Faktoren übereinstimmen müssen, die dazu führen, dass Männer sich verstärkt bei der Hausarbeit einbringen. Die Studie kommt zu den folgenden Ergebnissen: Mit zunehmender Ehedauer nimmt die Bereitschaft von Männern, sich an den klassisch weiblichen Arbeiten im Haushalt zu beteiligen, stärker ab als zu, was auf eine deutlich geschlechterdivergente Dynamik im Eheverlauf hindeutet. Diese kommt nicht allein dadurch zustande, dass sich in Bezug auf die Hausarbeit traditional organisierte Paare im familienökonomischen Sinne weiter spezialisieren, sondern auch dadurch, dass selbst unter den zunächst partnerschaftlich oder nichttraditional organisierten Paaren ein sehr großer Teil in Richtung einer Traditionalisierung umschwenkt. Während sich ökonomische Ressourcen- und Erwerbskonstellationen im Paar mit Blick auf eine stärkere Beteiligung von Männern bei der Hausarbeit durchweg als statistisch nicht signifikant erweisen, werden Traditionalisierungsprozesse durchaus von ökonomischen Faktoren beeinflusst. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der neueren internationalen Arbeitsteilungsforschung konnte gezeigt werden, dass Paare, in denen beide Partner etwa gleich viel verdienen, ein
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
231
deutlich geringeres Traditionalisierungsrisiko haben als Paare, in denen der Mann deutlich mehr verdient als die Frau. Verdient die Frau jedoch mehr als ihr Partner, verringert sich das Traditionalisierungsrisiko dadurch nicht. Es gelingt den Frauen offenbar nicht, diesen ökonomischen Vorteil in einen Verhandlungsvorteil umzusetzen. Das ist ein Hinweis darauf, dass die entscheidungstheoretische Bedeutung ökonomischer Ressourcen geschlechtsspezifisch asymmetrisch vorstrukturiert ist. In Situationen, in denen über eine stärkere Beteiligung des Mannes bei der Hausarbeit entschieden wird, scheint dieser Aspekt sogar gänzlich ausgeblendet zu werden. Die Annahme der Verhandlungstheorien, dass arbeitsteilige Prozesse in erster Linie durch Ressourcenverschiebungen erklärt werden können, wird auf Grundlage der berechneten Modelle nicht bestätigt. Der Übergang zur Elternschaft ist sowohl für die Prozesse der Enttraditionalisierung als auch der Traditionalisierung häuslicher Arbeitsteilung von zentraler Bedeutung. Im Zuge dieses Übergangs sinkt die Neigung von Männern, sich stärker an der Hausarbeit zu beteiligen. Zeitweise erhöht sich sogar die Tendenz, dass sich Männer stärker aus der Hausarbeit zurückziehen. In diesem Zusammenhang wurde die These entwickelt, dass Ehepaare in dieser Phase eine Veränderung des für sie relevanten normativen Bezugsrahmens erfahren, da der Übergang zur Elternschaft in Westdeutschland ein Ereignis mit einer starken symbolischen Kraft ist. Neben der notwendigen Reorganisation des Alltags in den Bereichen Partnerschaft, Beruf und Haushalt hat dieses Ereignis zur Folge, dass im Denken der Akteure ein spezifisches Drehbuch aktiviert wird. Dieses Drehbuch beruht, gerade in einem konservativen Geschlechterregime wie Westdeutschland, noch immer stark auf der traditionellen bipolaren Geschlechterkonzeption der bürgerlichen Familie (Mühling et al. 2006). Folglich sind die Erwartungen an Frauen und Männer eng mit den Leitbildern der ‚guten‘ Mutter oder Hausfrau, des männlichen Familienernährers usw. verbunden. Diese Bilder sind, trotz der zunehmenden Bedeutung des Gleichheitsprinzips für moderne Paarbeziehungen, noch immer im Handlungsrepertoire der Akteure verankert und werden aus diesem, wie es Kaufmann (2006) ausgedrückt hat, „schlafenden Gedächtnis“ bei Bedarf aktiviert. Die Akteure spielen die Rollen dieses Drehbuches oftmals weitgehend unreflektiert, beispielsweise weil sie es von früheren Generationen so vorgelebt bekommen haben, weil viele andere Paare in ihrem Umfeld auch so handeln oder weil die Kultur ein solches Handeln nahelegt und die Akteure die eigenen Identitätskonstruktionen im Lebens- und Eheverlauf zunehmend an die traditionellen Bilder koppeln (Bielby & Bielby 1989). Dieses Drehbuch sieht nun eine Verhaltensänderung für Frauen im Zuge des Übergangs zur Elternschaft eher vor als für Männer und impliziert damit, dass sich Frauen durch eine verstärkte Übernahme der häuslichen und familiären Pflichten an die neue Situation anzupassen
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Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
haben. Insofern setzt dieses soziale Skript einen Prozess der Identititäsformation im Sinne eines Doing Gender in Gang, der die Paare in altbekannte Muster des Denkens und Handelns hineinrutschen lässt, die man vorher vielleicht sogar kategorisch abgelehnt hat. Lediglich Paare, in denen beide Ehegatten ein hohes Bildungsniveau haben (Hochschulabschluss), so zeigen die empirischen Analysen, haben eine gewisse Chance, diesen Prozess abzuschwächen (vgl. van Berkel & de Graaf 1999). In den meisten Fällen resultieren aus dieser Situation schließlich Strukturen, die Kaufmann (2005: 181) zwar als „vernünftige Ungleichheit“ bezeichnet, in denen die Frau aber eine deutlich höhere Gesamtlast an der Haus- und Familienarbeit zu tragen hat als ihr Partner oder Ehemann. Da diese Strukturen in aller Regel jedoch die Organisation des Alltags zu vereinfachen scheinen, geben sie der Paarbeziehung Sinn und tragen damit eher zu einer Reproduktion als zum Abbau tradierter Geschlechtsrollenbilder bei. Zu sehr spreche der „Widerstand des Konkreten“ (Kaufmann 2005: 180) gegen eine gänzliche Abkehr von den traditionellen Mustern. Dabei ist dieser Widerstand aber weniger im Sinne materieller Ressourcen wie Einkommen oder Erwerbstätigkeit zu verstehen. Vielmehr scheint das traditionelle Familienbild und die damit verbundene geschlechtsspezifische Ungleichheit für die Akteure ein wichtiges Prinzip zur Reduktion von Komplexität im Alltagsleben anzubieten, auf das gerade dann zurückgegriffen wird, wenn sich die Situation durch die Geburt eines Kindes fundamental wandelt. Damit wird das Drehbuch ein wichtiger Teil des Vergemeinschaftungsprozesses der Partnerschaft oder Ehe, weil es eine gangbare und von vielen anderen Frauen, Männern und Paaren bereits praktizierte Lösung des Vereinbarkeitsproblems anbietet. Allerdings wird dadurch die ursprüngliche Idee einer geschlechteregalitären Arbeitsteilung in Beruf und Haushalt zunehmend überlagert von der Komplementaritätsnorm des bürgerlichen Familienideals und es ist unklar, ob sie von den Paaren in einer späteren Phase der Beziehung wieder aufgegriffen wird (vgl. z. B. Kaufmann 2005, Koppetsch & Burkart 1999, Rüling 2007), selbst wenn Konflikte aufgrund dieser Rollendiskrepanz vorprogrammiert scheinen und in Zukunft bei immer mehr Paaren zu beobachten sein dürften, insbesondere bei den auf hohem Niveau bildungshomogamen Paaren. In Bezug auf die Frage nach der Bedeutung sozialer Normen im Vergleich zu ökonomischen Ressourcen kommt die Studie auf Basis der empirischen Befunde zu folgendem Ergebnis: Die ökonomischen Theorien sind insofern nicht hilfreich zur Erklärung der Dynamik der Arbeitsteilung, als sie einen geschlechtsunabhängigen, symmetrischen Wirkungszusammenhang zwischen Ressourcen und daraus resultierenden Arbeitsteilungsarrangements im Paar unterstellen. Theorien, die vorgeben, Traditionalisierungsprozesse bei der häuslichen Arbeitsteilung
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
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seien in erster Linie das Resultat der ökonomischen Ressourcenverhältnisse im Paar und deshalb im Zeitverlauf ressourcenabhängig verhandelbar, stimmen mit den hier vorgelegten Befunden nicht überein. Vielmehr scheint es so zu sein, dass sich die arbeitsteiligen Arrangements mit der Zeit einschleifen und verfestigen. Zwar kann aus den Ergebnissen auf eine Spezialisierung, d. h. auf eine Trennung der Sphären Erwerbsarbeit und Haushalt, innerhalb der Ehe geschlossen werden, die sich spätestens beim Übergang zur Elternschaft massiv durchsetzt. Die Mechanismen, die zu dieser Form der Arbeitsteilung führen, beruhen jedoch nicht, wie z. B. von den Vertretern der ökonomischen Theorie behauptet, auf ökonomischen Kalkülen, sondern vielmehr auf Trägheiten im Geschlechterarrangement. Im Laufe ihrer Ehe gewöhnen sich die Ehepartner an bestimmte geschlechtsspezifisch typisierte Abläufe und Zuständigkeiten und bilden Routinen zur Bewältigung des Alltags im Haushalt aus. Diese Gewohnheiten verfestigen sich im weiteren Verlauf der Beziehung, z. B. durch symbolische Prozesse des „gender display“, werden immer weniger hinterfragt und irgendwann als Gegebenheit akzeptiert. Das Idealbild der Geschlechtergleichheit muss dabei nicht als Referenzmodell aus dem Denken der Ehegatten verschwinden. Es ist jedoch die Macht der Gewohnheit, die dazu führt, dass die Ehepartner zunehmend an eingeschliffenen Strukturen festhalten (vgl. z. B. Gershuny 1996, Simmel 1890). Das bedeutet allerdings nicht, wie oben ausgeführt, dass ökonomische Ressourcen im Hinblick auf die untersuchten Prozesse völlig bedeutungslos sind: sie scheinen nur in einem asymmetrischen Zusammenhang mit der Geschlechtszugehörigkeit zu stehen. Man kann davon ausgehen, dass die Bedeutung und Wirkungsweise ökonomischer Ressourcenverhältnisse für die Arbeitsteilung im Paar unter den herrschenden Rahmenbedingungen für Männer und Frauen unterschiedlich strukturiert sind. Burkart (2008) hat diese Schlussfolgerungen zur theoretischen Debatte in der Arbeitsteilungsforschung folgendermaßen zusammengefasst: Die Paarbeziehung lässt sich nur bedingt über partnerschaftliche Festlegungen und Gleichheits-Abmachungen regeln. Eine Paarbeziehung ist eben keine Vertragsbeziehung, aber auch keine Kampfbeziehung zwischen zwei Individuen, die am eigenen Nutzen interessiert sind (das ist der Fehler der ökonomischen Theorien). Genau so wenig ist eine Paarbeziehung ein Stellvertreter für den Geschlechterkampf (das ist der Fehler mancher feministischer Theorien gewesen). Als klassische Macht-Beziehung kann keine Paarbeziehung lange funktionieren. (Burkart 2008: 202)
Er plädiert vor diesem Hintergrund für eine Praxistheorie häuslicher Arbeitsteilung, deren Grundzüge unter Rekurs auf die oben angesprochenen Arbeiten von Kaufmann bereits angedeutet wurden. Die hier vertretene These zur Verän-
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Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
derung normativer Bezugsrahmen für geschlechteregalitäre und geschlechterdivergente Fairnessnormen im Lebens- und Familienverlauf geht genau in diese Richtung und zeigt zudem, wie die Relevanz sozialer Normen längsschnittlich gedacht werden kann (vgl. neben den Arbeiten Kaufmanns auch z. B. Bühlmann et al. 2010, Koppetsch & Burkart 1999, Röhler 2005, Rüling 2007). Zusätzliche, auch empirische Unterstützung für diese Überlegungen zur Bedeutung normativer Einflussfaktoren auf das Handeln der Menschen gibt es indessen in der aktuellen international vergleichenden Mehrebenenforschung zur häuslichen Arbeitsteilung. So zeigen beispielsweise die Studien von Bühlmann et al. (2010) und Geist (2005), dass der gesellschaftliche Kontext, z. B. in Form wohlfahrtsstaatlicher Maßnahmen, das Spannungsverhältnis zwischen egalitären Werten und geschlechtsspezifischer Praxis stark beeinflusst, und insbesondere beim Übergang zur Elternschaft deutlich verstärkt. Insgesamt hat sich in dieser Studie die Längsschnittuntersuchung der ehelichen Arbeitsteilung als fruchtbarer Ansatz erwiesen. Diese Herangehensweise wird der Dynamik innerfamilialer Arbeitsteilung und den auf Prozesse gerichteten Theorien zu ihrer Erklärung eher gerecht als statische Querschnittsanalysen. Allerdings kann die vorliegende Untersuchung nur als ein erster Schritt in eine neue Richtung verstanden werden. Es muss das Ziel weiterführender quantitativer und qualitativer Studien zu diesem Thema sein, sich diese Perspektive zu Nutze zu machen und die hier vorgelegten Ergebnisse kritisch zu prüfen. Vieles wird aber davon abhängen, ob und inwieweit es gelingen wird, geeignete Daten zu finden oder zu erheben, um so die Arbeitsteilung in der Familie als abhängigen Prozess quantitativ und qualitativ abbilden und theoretisch erfassen zu können. Ausblick Welche Schlussfolgerungen kann man aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit für den sozialen Wandel der Gesellschaft ziehen? Welche Bedeutung haben die hier herausgearbeiteten Prozesse der Partnerwahl und der häuslichen Arbeitsteilung für die Sozialstruktur, die Lebensläufe und das Zusammenleben der Menschen sowie die soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern? Dazu werden abschließend einige weiterführende Überlegungen angestellt, indem die beiden Teile der Arbeit im Sinne einer dynamischen Sozialstrukturanalyse über drei Thesen miteinander verknüpft werden. Der Anteil der Paare, in denen beide Partner ein hohes Bildungsniveau haben, wird zunehmen. Die Bildungsexpansion führt als ein zentrales Merkmal des sozialen Modernisierungsprozesses der Gesellschaft, insbesondere seit den 1960er Jahren, zu ei-
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
235
ner kontinuierlichen Höherqualifizierung der Bevölkerung, im Zuge derer untere Bildungsschichten schrumpfen und mittlere und höhere Bildungsschichten sich ausdehnen (Geißler 2006: 278). Von dieser Entwicklung haben verstärkt Frauen profitiert, die in Bezug auf die Bildung die Männer inzwischen sogar leicht überholt haben. Die Veränderungen in den Bildungsverteilungen von Männern und Frauen sind neben der einflussreichen Rolle des Bildungssystems als Heiratsmarkt (gestiegene Bildungsbeteiligung, längere Verweildauer im Bildungssystem) dafür verantwortlich, dass bereits aus strukturellen Gründen der Anteil bildungshomogamer Paare in Deutschland ansteigt (Blossfeld & Timm 2003). Eine ebenso wichtige Rolle wie die institutionell vorstrukturierten Kontaktgelegenheiten spielen bei der Partnerwahl aber auch die individuellen Präferenzen und Neigungen der Akteure. Der markante empirische Beleg für die Bedeutung der Homophilie im Prozess der Partnerwahl ist eines der Hauptergebnisse der vorliegenden Arbeit. So konnte gezeigt werden, dass die Akteure systematisch dazu neigen, ähnlich gebildete Personen zu kontaktieren und damit als potentielle Partner in Betracht zu ziehen. Dieser Befund unterstützt die Annahme einer zunehmenden Paarbildung nach dem Ähnlichkeitsprinzip: Individuelle Intentionen und strukturelle Selektionen wirken hier in die gleiche Richtung. Die zunehmende allgemeine Höherqualifizierung sowie die strukturellen und intentionalen Tendenzen zur Homogamie führen folglich mit hoher Plausibilität dazu, dass der Anteil der Paare, in denen beide Partner über hohe Bildungsressourcen verfügen, in der Gesellschaft über die Zeit ansteigen wird. Paare, in denen beide Partner ein hohes Bildungsniveau haben, sind mögliche Innovatoren auf dem Weg zu einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung im Haushalt. Folgt man den symmetrischen Theorien, die den Wandel der ökonomischen Rolle der Frau als zentrale Determinante von Veränderungen im Zusammenleben der Menschen ansehen, müsste die zunehmende Homogamie zu einem Rückgang der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung im Haushalt führen. Die Angleichung der Humankapitalressourcen hätte in diesem Szenario eine Angleichung der ehelichen Machtverhältnisse zwischen den Ehegatten zur Folge, was in der Summe die Verhandlungspositionen der Frauen verbessert und es ihnen damit ermöglichen würde, ihre Männer verstärkt in die Hausarbeit zu integrieren. Nun hat die empirische Analyse der vorliegenden Arbeit aber gezeigt, dass die Bedeutung der ökonomischen Einflussfaktoren offenbar überschätzt wird: Die Veränderungen in der häuslichen Aufgabenteilung vollziehen sich nach der vorgelegten Untersuchung weitgehend unabhängig von den aus Sicht der ökonomischen Theorien relevanten Prozessen. Zudem geben die Analysen eher Hinweise darauf, dass soziale Normen, symbolische Austauschprozesse und Trägheiten im Geschlechterar-
236
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
rangement die Dynamik der Arbeitsteilung beeinflussen. Wenn nun ökonomische Ressourcen einen derart geringen Effekt auf die Entwicklung der ehelichen Arbeitsteilung haben, muss die Hoffnung derer gedämpft werden, die behaupten, dass bereits höhere Humankapitalressourcen der Frauen oder eine Angleichung der Ressourcen der Ehepartner zu egalitäreren Arrangements führen. Welche Möglichkeiten gibt es dann, partnerschaftliche Arbeitsteilung herbeizuführen? Wie ebenfalls empirisch gezeigt werden konnte, hat die Bildung der Ehegatten, und besonders die Konstellation, in der beide Partner über hohe Bildungsressourcen verfügen, einen großen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer partnerschaftlicheren Rollenteilung. Folgt man den Überlegungen von van Berkel & de Graaf (1999), sind es gerade diese Paare, die einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung gegenüber nicht nur am ehesten aufgeschlossen sein sollten, sondern die auch die größten Chancen haben, eine solche Form der Alltagsorganisation zu praktizieren (vgl. auch Bonke & Esping-Andersen 2007). Allerdings kann Bildung in diesem Zusammenhang nicht als Humankapital, sondern muss vielmehr als Humanvermögen interpretiert werden: Aus [dieser; F. S.] Perspektive heraus . . . bedeutet eine höhere Bildung erweiterte kognitive Fähigkeiten und Handlungskompetenzen, was mit einer effizienteren Aneignung entwicklungsrelevanter Wissensbestände und damit besseren Voraussetzungen für die Lebensgestaltung und die Partizipation in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen einhergeht . . . Höhere Bildung und ausgeprägte kognitive Fähigkeiten bedeuten auch, dass individuelle und gesellschaftliche Tatbestände stärker hinterfragt werden . . . Durch die ausgeprägteren kognitiven Fähigkeiten sinken die Kosten, politische Einstellungen und Werthaltungen zu reflektieren (Hadjar 2006: 207).
Die Bildungsexpansion hat offenbar tatsächlich dazu geführt, dass sich mit steigendem Bildungsniveau liberalere Geschlechtsrollenorientierungen oder, allgemeiner gesprochen, ein reflexiver Umgang mit Normen, Institutionen und dominierenden (Geschlechter-)Stereotypen herausgebildet hat. Eine hohe Bildung beider Ehepartner ist folglich der Nährboden für partnerschaftliche Arrangements der Arbeitsteilung, sowohl zu Beginn der Ehe als auch im Eheverlauf. Ob die Bildungsexpansion und die neueren Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt im Zuge der Globalisierung (vgl. Buchholz et al. 2009) langfristig auch die Bedeutung der ökonomischen Ressourcen im Verhältnis zu den normativen Bedingungen des Wandels verändern, bleibt indessen eine offene Forschungsfrage, die erst in der Zukunft beantwortet werden kann. Neue gesellschaftliche Rahmenbedingungen jenseits des traditionellen bürgerlichen Familienmodells sind der Schlüssel zu einem Abbau der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten.
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
237
Aus den ersten beiden Überlegungen, also der Zunahme von Paaren mit hohen Bildungsressourcen und deshalb hohem Innovationspotential, folgt, dass auch die Anzahl der Paare ansteigen müsste, die ihre Aufgabenteilung eher partnerschaftlich organisieren. Somit würde sich eine Egalisierung der Arbeitsteilung langfristig rein über die zunehmende Zahl der Praktizierenden einstellen. Allerdings konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass selbst die Paare, denen das höchste Innovationspotential zugeschrieben wird, also die, in denen beide Partner über einen akademischen Abschluss verfügen, ständig gegen eine möglicherweise auch latent wirkende Traditionalisierungstendenz ankämpfen müssen und diese letztlich nicht völlig aufhalten können (schließlich sind die in den Regressionsmodellen gefundenen Effekte der Bildungskonstellation stets kleiner als die des Übergangs zur Elternschaft). Das deutet darauf hin, dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die mit bestimmten biographischen Übergängen verbundenen normativen Bezugsrahmen des Handelns eine Modernisierung des Geschlechterverhältnisses in Deutschland nach wie vor behindern (vgl. auch Bühlmann et al. 2010). Gerade in konservativ geprägten Wohlfahrtsregimen ist die egalitäre Aufteilung der Hausarbeit noch immer verhältnismäßig selten und weitgehend unabhängig von den relativen Ressourcen, der zeitlichen Kapazität und der Geschlechtsrollenorientierung der Akteure. Das lässt vermuten, dass die eheliche Arbeitsteilung recht stark auch von gesellschaftlichen Kontextbedingungen beeinflusst wird (Geist 2005: 23). Folglich scheint der erste notwendige Schritt zu einem Abbau der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in den Haushalten und schließlich in der Gesellschaft in einem kritischen Infragestellen des traditionellen Familienbildes mit seiner polaren Geschlechtsrollenkonzeption zu bestehen. Im Zuge dessen müssen dann die Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es zunächst den Innovatoren, aber prinzipiell allen Paaren ermöglichen, ihre verbalen, geschlechteregalitären Überzeugungen in tatsächliche Praxis umzusetzen. Eine demokratische Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern kann sich langfristig etablieren, wenn sich die Ideen einer egalitären Geschlechterkultur mitsamt der zugehörigen Werte, Normen und Institutionen in allen Gesellschaftsschichten durchsetzen. Gleichzeitig muss das bürgerliche Familienmodell, das für viele Menschen auch heute noch einen wichtigen Bezugspunkt des Handelns darstellt, aber den Charakter eines Leitbildes verlieren (vgl. van Dongen 2009): A really democratic division of labour between men and women implies a maximal balance between the basic values of freedom, equality, solidarity and efficiency. All values have to be realised in a sufficient way simultaneously, both stimulating and restricting each other. Individuals and families must have sufficient freedom to choose the division of labour according to
238
Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick their own historic background, within the social boundaries. Equality between men and women and within families is very important but it must be demanded in a gradual way, leaving open all possible options to a certain extent (van Dongen 2009: 249; Hervorhebungen im Original).
Prominente Beispiele für derartige Diffusionsprozesse in der Vergangenheit sind die Bildungsexpansion, der Wandel der Rolle der Frau mit dem markanten Anstieg weiblicher Erwerbsbeteiligung, aber auch die aktuell langsam beginnende verstärkte Integration „neuer“ Väter in die Sphäre der Kinderbetreuung und Elternzeit. Ein Blick auf diese Entwicklungen sollte die optimistische Prognose zumindest nicht allzu verwegen erscheinen lassen, dass trotz nach wie vor recht eindeutiger gegenteiliger empirischer Befunde eine Modernisierung des Geschlechterverhältnisses auch im Bereich der Hausarbeit gelingen kann. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Arbeit skizzieren die diskutierten Zusammenhänge ein mögliches, wenngleich sicherlich nicht hinreichendes Bedingungsszenario eines solchen Wandels. All diese Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen, muss an dieser Stelle jedoch zukünftiger Forschung vorbehalten bleiben. Erst dann wird man abschätzen können, wie sich die Prozesse der Partnerwahl und Beziehungsentwicklung, sowie die Haushaltsstrukturen und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung im Spannungsfeld zwischen neuen Ressourcenverhältnissen und traditionellen Geschlechterrollen weiter verändern und welche sozialen Mechanismen diese Prozesse beeinflussen.
A
Tabellenanhang
Tabelle A.1: Beschreibung der Initiatoren in der 2007er Onlinedatingstichprobe hinsichtlich ausgewählter Profilattribute Männer
Frauen
Gesamt
Bildungsniveau Keine Angabe Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
16,6 5,4 28,9 19,8 29,4
17,9 5,0 33,0 20,9 23,1
17,1 5,2 30,6 20,3 26,8
Alter Keine Angabe Unter 20 Jahre 20 – 29 Jahre 30 – 39 Jahre 40 – 49 Jahre 50 – 59 Jahre 60 Jahre und älter
0,1 1,5 28,4 34,2 24,3 9,1 2,5
0,0 3,9 31,4 23,8 26,6 11,8 2,4
0,1 2,5 29,6 29,9 25,2 10,3 2,5
Familienstand Keine Angabe Ledig Verheiratet Getrennt/geschieden Verwitwet
0,9 71,0 3,3 23,5 1,4
0,3 57,0 2,6 36,4 3,8
0,6 65,2 3,0 28,8 2,4
Kinder Keine Kinder Kind(er)
80,9 19,1
59,3 40,7
72,0 28,0
Gewünschte Beziehung Keine Angabe Chat-/E-Mail-Freundschaft Feste Beziehung
11,3 6,2 82,6
6,9 10,8 82,4
9,5 8,1 82,5
Fallzahl
7.430
5.178
12.608
Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Spaltenprozent je Merkmal.
240
Tabellenanhang
Tabelle A.2: Beschreibung der Empfänger in der 2007er Onlinedatingstichprobe hinsichtlich ausgewählter Profilattribute Männer
Frauen
Gesamt
Bildungsniveau Keine Angabe Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
15,8 5,2 28,8 19,4 30,7
17,9 6,2 34,8 22,1 19,2
17,0 5,8 32,2 20,9 24,1
Alter Keine Angabe Unter 20 Jahre 20 – 29 Jahre 30 – 39 Jahre 40 – 49 Jahre 50 – 59 Jahre 60 Jahre und älter
0,7 0,7 21,6 36,0 26,6 11,0 3,5
0,3 6,5 40,1 23,0 20,4 8,3 1,6
0,4 4,0 32,2 28,5 23,1 9,4 2,4
Familienstand Keine Angabe Ledig Verheiratet Getrennt/geschieden Verwitwet
0,8 68,4 2,7 26,4 1,8
1,9 64,7 2,5 28,1 2,9
1,4 66,3 2,5 27,4 2,4
Kinder Keine Kinder Kind(er)
78,2 21,8
67,2 32,8
71,9 28,1
Gewünschte Beziehung Keine Angabe Sport-/Freizeitpartner Chat-/E-Mail-Freundschaft Seitensprung Feste Beziehung
9,8 2,4 6,0 0,1 81,7
11,4 3,3 13,1 0,0 72,3
10,7 2,9 10,0 0,1 76,3
Fallzahl
8.847
11.861
20.708
Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, Spaltenprozent je Merkmal.
Tabellenanhang
241
Tabelle A.3: Mittlere Anzahl versendeter Erstkontakte nach Geschlecht, Altersklassen, Bildung und physischer Erscheinung der aktiven Nutzer x¯
sx
N
1 3
29,0 34,9
5.178 7.430
4,5 2,9 9,3 10,3 8,6 8,9 8,1
1 1 2 2 2 2 2
6,3 9,8 41,3 32,0 26,6 26,0 16,1
6 311 3.736 3.774 3.180 1.292 309
Bildungsniveau Keine Angabe Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
8,6 12,4 8,3 8,6 10,5
2 2 2 2 2
33,7 50,9 26,1 34,0 33,3
2.160 656 3.855 2.556 3.381
Physische Erscheinunga Keine Angabe Untergewicht Normalgewicht Übergewicht Adipositas Massive Adipositas
6,4 14,7 9,2 10,3 7,3 5,9
1 1 2 2 2 2
26,8 59,4 32,7 31,3 25,4 13,9
1.537 388 7.671 2.615 369 28
9,2
2
32,7
12.608
Geschlecht Frauen Männer
5,6 11,7
Altersklassen Keine Angabe unter 20 Jahre 20 bis unter 30 Jahre 30 bis unter 40 Jahre 40 bis unter 50 Jahre 50 bis unter 60 Jahre 60 Jahre und älter
Gesamt a
x0.5
Anmerkung: Die physische Erscheinung wurde über den klassierten BMI operationalisiert. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, deskriptive Statistiken.
242
Tabellenanhang
Tabelle A.4: Mittlere Anzahl empfangener Erstkontakte nach Geschlecht, Altersklassen, Bildung und physischer Erscheinung der Empfänger x¯
sx
N
3 2
12,4 4,4
11.861 8.847
2,2 4,9 6,4 5,6 5,2 4,6 4,2
1 2 2 2 2 2 2
4,1 7,1 12,6 9,9 8,1 5,7 4,2
91 828 6.661 5.906 4.776 1.949 497
Bildungsniveau Keine Angabe Hauptschule Realschule/Lehre Abitur Hochschule
5,3 4,1 5,3 5,9 6,3
2 2 2 2 3
9,5 7,8 9,5 10,7 10,7
3.517 1.192 6.676 4.333 4.990
Physische Erscheinunga Keine Angabe Untergewicht Normalgewicht Übergewicht Adipositas
4,9 9,3 6,2 4,0 3,5
2 3 2 2 2
7,5 17,0 11,0 5,8 6,4
2.715 793 12.435 4.019 746
Gesamt
5,6
2
10,0
20.708
Geschlecht Frauen Männer
7,3 3,3
Altersklassen Keine Angabe unter 20 Jahre 20 bis unter 30 Jahre 30 bis unter 40 Jahre 40 bis unter 50 Jahre 50 bis unter 60 Jahre 60 Jahre und älter
a
x0.5
Anmerkung: Die physische Erscheinung wurde über den klassierten BMI operationalisiert. Quelle: Datenbankauszug einer deutschsprachigen Internetkontaktbörse, 1. Halbjahr 2007; eigene Berechnungen, deskriptive Statistiken.
Tabellenanhang
243
Tabelle A.5: Muster der Teilnahne an den Erhebungswellen des Bamberger Ehepaar-Panels 1. Welle ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja Gesamt
2. Welle nein nein nein nein nein nein nein nein ja ja ja ja ja ja ja ja
3. Welle nein nein nein nein ja ja ja ja nein nein nein nein ja ja ja ja
4. Welle nein nein ja ja nein nein ja ja nein nein ja ja nein nein ja ja
5. Welle nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja
Anzahl 349 3 12 30 40 2 62 73 147 2 20 25 117 8 186 380 1.456
Anteil 24,0 0,2 0,8 2,1 2,7 0,1 4,3 5,0 10,1 0,1 1,4 1,7 8,0 0,5 12,8 26,1 100,0
Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen.
Tabelle A.6: Ausfälle aus dem Bamberger Ehepaar-Panel 1. Welle 2. Welle 3. Welle 4. Welle 5. Welle
Verbliebene Ausfälle Anteil der Anzahl der Ausfälle nach Bildungskonstellation Paare Ausfälle Frau ≺ Mann Frau = Mann Frau Mann 1.456 349 24,0 % 66 251 31 1.107 147 13,3 % 37 96 13 960 157 16,4 % 38 108 11 803 280 34,9 % 61 183 36 523 — — — — —
Anmerkung: Aufgrund fehlender Werte für die Bildungskonstellation (2 Paare) entsprechen die Summe der Ausfälle nach Bildungskonstellation für die 1. und 2. Welle nicht den Gesamtausfällen. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen.
244
Tabellenanhang
Tabelle A.7: Befragte Paare in den verschiedenen Panelwellen nach relativen Bildungskonstellationen Frau ≺ Mann Frau = Mann Frau Mann Gesamt
1. Welle 316 (100 %) 1.000 (100 %) 138 (100 %) 1.454
2. Welle 250 (79 %) 749 (75 %) 107 (78 %) 1.106
3. Welle 213 (67 %) 653 (65 %) 94 (68 %) 960
4. Welle 175 (55 %) 545 (55 %) 83 (60 %) 803
5. Welle 114 (36 %) 362 (36 %) 47 (34 %) 523
Anmerkung: Die Anteile unter den absoluten Häufigkeiten beziehen sich immer auf die Häufigkeit zum Zeitpuntk der 1. Welle. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen.
Tabelle A.8: Alter des Kindes und Erwerbstätigkeit als Determinanten einer größeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Konstante
Modell 1 Modell 2 Modell 3 −2,41*** (0,45) −2,39*** (0,45) −2,38*** (0,45)
Aktuelles Arrangement Stark traditional Traditional
0,44** (0,21) ——
0,44** (0,21) ——
Ehedauer
0,15
0,14
(0,13)
Relative Bildung Frau < Mann Frau = Mann (n/m) Frau = Mann (h) Frau > Mann
−0,53* −0,43* —— −0,17
(0,29) −0,54* (0,24) −0,43* —— (0,33) −0,17
Alter des jüngsten Kindes Unter 3 Jahre 3 bis unter 6 Jahre 6 Jahre und älter
—— −0,02 −0,91
(0,21) (1,03)
Interaktionseffekte Jüng. Kind 3 – 6 J. × Frau nicht erwerbst. Jüng. Kind 3 – 6 J. × Frau Teilzeit Jüng. Kind 3 – 6 J. × Frau Vollzeit Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood
—— 0,48
−0,56 −0,54 —— −5,93 0,07
(4,41) −6,11 (0,12) 0,08
1.258 167 17,79
1.258 167 17,99
0,44** (0,21) ——
(0,13) −0,15
(0,05)
(0,29) −0,54* (0,24) −0,45* —— (0,33) −0,18
(0,29) (0,24)
(0,44)
—— 0,46 −0,92
(0,33)
(0,44) (1,03)
(0,51) −0,57 (0,49) −0,54 ——
(0,51) (0,49)
(4,42) −6,30 (0,13) 0,09
(4,42) (0,13)
1.258 167 19,07
Anmerkung: Modelle nur für Eltern. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
Tabellenanhang
245
Tabelle A.9: Alter des Kindes und Erwerbstätigkeit als Determinanten einer geringeren Beteiligung der Männer an der Hausarbeit Konstante Aktuelles Arrangement Traditional Partnerschaftlich
Modell 1 Modell 2 Modell 3 −0,98*** (0,37) −0,95** (0,37) −0,98*** (0,37) 0,29* ——
(0,16)
0,30* ——
(0,16)
0,31* ——
(0,16)
Ehedauer
−0,11
(0,11) −0,11
(0,11) −0,11
(0,11)
Relative Bildung Frau < Mann Frau = Mann (n/m) Frau = Mann (h) Frau > Mann
0,07 −0,03 —— −0,22
(0,26) 0,09 (0,23) −0,01 —— (0,32) −0,22
(0,26) 0,07 (0,23) −0,03 —— (0,31) −0,23
(0,26) (0,23)
Alter des jüngsten Kindes Unter 3 Jahre 3 bis unter 6 Jahre 6 Jahre und ältera
—— —— −0,53** (0,22) −0,26 ..
—— (0,41) −0,33 ..
(0,41)
−0,45 −0,18 ——
(0,53) −0,46 (0,46) −0,16 ——
(0,53) (0,46)
(3,82) −0,62 (0,11) 0,03
(3,84) (0,11)
Interaktionseffekte Jüng. Kind 3 – 6 J. × Frau nicht erwerbst. Jüng. Kind 3 – 6 J. × Frau Teilzeit Jüng. Kind 3 – 6 J. × Frau Vollzeit Kontrollvariablen Selektionskorrektur Länge der Episode Anzahl Beobachtungen Anzahl Ereignisse -2×log likelihood
−0,41 0,02 572 221 36,76
(3,84) −0,79 (0,11) 0,02 572 221 29,63
(0,32)
572 221 37,58
Anmerkung: Modelle nur für Eltern. a Aufgrund geringer Fallzahlen wird für diese Variable lediglich kontrolliert. Signifikanz: * p ≤ 0, 10; ** p ≤ 0, 05; *** p ≤ 0, 01. Quelle: BEP 1988 – 2002; eigene Berechnungen, Regressionskoeffizienten und Standardfehler.
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