Kurt Brand
Ren Dhark Heft Nr.: 70
Terra im Würgegriff V1.0 scanned by: ichnein kleser:
Ren Dhark und seine Welt Im J...
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Kurt Brand
Ren Dhark Heft Nr.: 70
Terra im Würgegriff V1.0 scanned by: ichnein kleser:
Ren Dhark und seine Welt Im Jahre 2050 ist die politische Lage auf der Erde ausgeglichen, jedoch die Erde ist übervölkert. Da startet der erste Kolonistenraumer »Galaxis« mit 50.000 Kolonisten an Bord zur Fahrt in den Weltraum, um neue Siedlungsräume zu suchen. Durch einen Defekt im Antrieb geraten die Kolonisten in einen unbekannten Teil der Milchstraße und wissen nicht mehr, wo sich die Erde befindet. Sie gelangen zu einem bewohnbaren Planeten, den sie »Hope« nennen, gründen hier die Stadt »Cattan« und entdecken auf einer großen Insel Spuren einer hochentwickelten Kultur. Die Insel wird »Deluge« genannt. Ren Dhark, den man zum Stadtpräsidenten gewählt hat, findet auf Deluge in einer riesigen Höhle ein Raumschiff der Ureinwohner, das von ihm den Namen »Point Of« erhält. Es gelingt Ren Dhark, die Point Of startklar zu machen, und er bricht auf, um die Erde wiederzufinden. Die Suche führt schließlich zum Erfolg. Jedoch die Menschen auf der Erde sind von einer Invasorenrasse, den »Giants«, überfallen und geistig versklavt worden. Ren Dhark versucht, sie zu befreien. Es gelingt ihm, nach einem mentalen Kampf die Führungsspitze der Eindringlinge, »Cal« genannt, festzunehmen. Sie wird erst wieder freigelassen, nachdem sie das Geheimnis verraten hat, wie man die Menschen wieder zu normalen Erdbewohnern machen kann. Es geschieht mit Hilfe eines Gehirnwellensenders durch Bestrahlung. Die Menschen wachen aus ihrem Trancezustand auf, und die Giants verschwinden von der Erde. Im Brana-Tal befindet sich die »Cyborg«-Station. Dort sind die Wissenschaftler unermüdlich am Werk. Man unternimmt interessante Experimente auf dem Gebiet der »Cyborg«-Forschung. Die ersten Cyborgs haben bereits ihre Feuerprobe bestanden. Ren Dhark findet auf einem Planeten des Blue Stars-Systems einen zerstörten Ringraumer, der ihm viele Rätsel aufgibt. Zur gleichen Zeit geschieht in der Riesenhöhle auf Deluge etwas Unerwartetes: Die Mammut-Aggregate und der Groß-Transmitter beginnen zu arbeiten! Immer mehr Spuren der »Geheimnisvollen« werden entdeckt. Eine Begegnung mit den unheimlichen Mysterious scheint unmittelbar bevorzustehen.
Personenverzeichnis: Ren Dhark ...................... Dan Riker ........................ Manu Tschobe ................. Jos Aachten van Haag ..... Arc Doorn ....................... Jon Bradock .................... Mett Cham ....................... Pan-The ........................... Holger Alsop ...................
Commander der Planeten Freund und Mitarbeiter Ren Dharks afrikanischer Arzt und Funkspezialist Agent der Galaktischen Sicherheits-Organisation (GSO) genialer 1. Ingenieur auf der Point Of Kommandant des Forschungsraumers FO III sein 1. Offizier Leiter des Höhlensystems auf Deluge Cyborg
Terra im Würgegriff Kurt Brand
Jos Aachten van Haag zuckte zusammen. Er hatte seinen Auftrag vergessen. Er hatte die beiden ihm verdächtigen Cyborgs nicht mehr beobachtet. Das zerfurchte alte Gesicht in der Kreisfläche der Transmitter-Antenne hatte ihn abgelenkt. Und dann war es zu spät, zum Blaster zu greifen. Die beiden Cyborgs, F. G. Mildan und P. P. Dordig hatten auf ihr zweites System umgeschaltet und versuchten an Manu Tschobe, der neben Ren Dhark und Riker vor dem Eingang zum Transmitter-Raum stand, zum Mörder zu werden. Nur Jos sah die Katastrophe heranrasen. Aber er konnte sie nicht mehr aufhalten. Und in dem Moment, in dem das zerfurchte Gesicht eines allen unbekannten Mannes aus der Kreisfläche der Antenne verschwand, ereignete sich etwas, mit dem niemand hatte rechnen können. * FO III ruft. Terra! FO III ruft Terra! Cent Field bitte kommen! Cent Field bitte kommen! Der zweihundert Meter durchmessende Forschungsraumer Terras zeigte mit seinen acht verbogenen Teleskopbeinen, daß er eine Notlandung hinter sich hatte. Captain Jon Bradock, ein vierunddreißig Jahre alter Mann, Kommandant der FO III, hatte mit dieser Landung auf dem Gipfel eines nackten Dreitausenders eine Meisterleistung vollbracht. Nur acht verbogene Teleskopbeine, die sich ohne Werftreparatur nie mehr einfahren ließen. Wenn es mit normalen Dingen zugegangen wäre, hätte die FO III zwischen den Felsspitzen wie ein rohes Ei zerplatzen müssen. Und jetzt meldete sich Cent Field nicht! Cent Field wurde seit zehn Minuten angerufen. Der Hypersender des Raumers war klar. Cent Field mußte den Spruch empfangen. »Zum Teufel, warum melden die sich nicht?« knurrte der Captain, dieser hagere, schlanke Mann, der manchmal unmenschliche Anforderungen an seine Besatzung stellte, sich aber nie scheute, seinen Männern das vorzumachen, was er ihnen zugleich abverlangte. Für Jon gingen seine Männer durchs Feuer, auch wenn sie ihn hin und wieder den Sklavenhalter der Galaxis nannten. Jon Bradock wußte, wie man über ihn sprach. Es machte ihm herzlich wenig aus, weil er wußte, wie es gemeint war. Jon Bradock drehte in der Funk-Z seines Schiffes Kreise. Immer schneller. Immer öfter sah er auf sein Chrono. Seine Ungeduld wuchs. Schließlich hatte er sein Schiff auf einem unbekannten Planeten, mitten in einem Hochgebirge landen müssen. Und wieder dachte er daran, wie es zu dieser verzweifelten Notlandung gekommen war.
Bradock blieb stehen, starrte ein Oszillo an und sah die von innen beleuchtete Scheibe doch nicht. Seine Gedanken wanderten um zwei Stunden in die Vergangenheit zurück. Vor zwei Stunden ... Die FO III flog ein unbekanntes System an. Sonne, ein Typ der Klasse S mit starkem Lichtwechsel und auffallenden Absorptionslinien des Zirkons. Das war an sich nichts Besonderes, auch nicht, daß dieser Stern elf Planeten besaß, von denen drei Zwillinge waren. Daß die Bord-Astronomen darüber in einen Freudentaumel ausbrachen, störte Captain Bradock nicht. Für ihn war der Anflug auf dieses System eine RoutineAngelegenheit. Immer wieder das gleiche, dachte er. Eine stinklangweilige Sache, bis unsere Eierköpfe alle Daten im Kasten haben. Neben ihm brummte Oberleutnant Mett Cham, neunundzwanzig Jahre alt und der 1. Offizier der FO III. Er war mit der Wiedergabe auf dem Bildschirm nicht zufrieden. »Drei Planetenpaare in einem System ...? Und das bei dieser Sonne ...?« Bradock fragte ihn nicht, warum ihm das nicht paßte. Distanz vom äußersten Planeten noch knapp eine Lichtstunde. Die FO III mußte dessen Umlaufbahn in einer Stunde und achtundvierzig Minuten erreichen. Die Ortungen waren alle klar. Sie lieferten soviel Daten, daß die Wissenschaftler daran erstickt wären, wenn sie sie nicht einfach den Supra-Sensoren hätten zuführen können. Und die zeigten ununterbrochen Grün. Die sonnennächsten Trabanten waren Zwillinge. Jedes Paar hatte seinen gemeinsamen Schwerpunkt. Eine selbstverständliche Sache. Für Captain Jon Bradock und seine Besatzung. Aber nicht für die Astronomen und Astrophysiker an Bord. Die machten eine Sensation daraus. * Anruf aus der Astro-Abteilung an den Kommandanten der FO III. Jon Bradock wurde nicht einmal neugierig. Auch wenn die Astronomen versuchten, aus den vorliegenden Tatsachen etwas zu machen, das eigentlich die Galaxis hätte erschüttern müssen. »... Bradock, alle drei Zwillinge bewegen sich im gleichen Abstand um ihren gemeinsamen Mittelpunkt. Alle drei Zwillinge umlaufen in der gleichen Zeit die S-Sonne. Bradock, das kann nicht mit normalen Dingen zugehen. Bradock, können wir nicht mit höherer Fahrt in dieses System einfliegen?« Jon Bradock hörte es gern. Je schneller sein Raumer an Ort und Stelle war, um so schneller waren sie auch wieder draußen, und die Untersuchung dieses Systems war die letzte Aufgabe der FO III. Dann ging es Kurs Terra. Nach drei Monaten Forschungsflug und stupidem Katalogisieren des Sektors NN/45 sehnte auch er sich danach, Terra wiederzusehen. Dazu drängte ihn noch etwas anderes, das für ihn von allergrößter Wichtigkeit war. Seine Frau erwartete ein Kind. Das erste. Und er wollte bei seiner schlanken, zierlichen Frau sein, wenn ihre schwere Stunde kam. Darum sagte er: »Okay.« Die As-Onentriebwerke der FO III begannen lauter zu orgeln, entfesselter zu brüllen,
und die Zelle des Raumers begann wie eine schlecht gestimmte Glocke zu dröhnen. 'rauf mit der Fahrt! Bei 0,78 Licht blieb die Geschwindigkeit des Forschungsschiffes konstant. Mett Cham, sein l. Offizier, hatte wieder einen Grund zum Meckern gefunden. »Unsere Energie-Ortung zeigt Null. Das gefällt mir bei diesen drei Zwillingen nicht. Captain, da ist was faul!« Der dachte an seine Frau, an Terra, und er dachte, daß er seinem Ersten das Nörgeln wohl nie abgewöhnen konnte. Rasender Vorbeiflug an den äußeren Planeten. Hübsche Eiskugeln, und alle nicht einmal erdgroß. Die S-Sonne wurde auf dem Bildschirm größer und größer. Sie befand sich in ihrer maximalen Helligkeitsperiode. Die Dauer ihres Pulsationszyklus' betrug 42,06 Stunden Norm-Zeit. Diese Informationen hatten die Astronomen dem Captain geliefert. Er regte sich nicht darüber auf, daß die Rotationszeit der drei Zwillinge 21,03 Stunden Norm-Zeit betrug. Solche Zufälle waren im Sternenmeer keine Seltenheit, aber niemals hatte etwas Besonderes dahintergesteckt. »Gehen Sie mit der Fahrt 'runter«, sagte Bradock zu seinem Ersten, als auf seinem Instrumentenpult eine Warnkontrolle, die mit der automatischen Kurshaltung gekoppelt war, aufleuchtete. »Warum schalten Sie nicht um? Haben Sie vom Manuell-Fliegen immer noch nicht die Nase voll?« »Nee!« So antwortete ein Mann, der sich belästigt fühlte. Bradock überhörte es. Er hatte seinen guten Tag. Morgen oder übermorgen lag sein Kahn auf dem Raumhafen in Cent Field, und er war in einem Jett unterwegs zu seiner Frau. Die As-Onentriebwerke der FO III gingen mit ihrem Orgeln, Donnern und Brüllen herunter. Im Schiff wurde die Verständigung bedeutend leichter. Vorbei an fünf Planeten. Anflug auf die Zwillinge, die sich auf drei Bahnen um ihre Pulsations-Sonne bewegten. Distanz zum nächsten Zwilling 127 Millionen Kilometer bei nur noch 0,25 Licht. »Sauerstoff-Planeten ... Hübsch. Bei 0,7 Gravos muß es ein Vergnügen sein, da Holz zu hacken ...« Jon Bradock hatte hin und wieder Wünsche, die in Ururgroßvaters Zeiten auf Terra zu den täglichen Pflichten gehörten. Aber wer hackte heute noch auf Terra Holz? Wer war so verrückt, diesen wertvollen Stoff zu verbrennen? Wer, außer den oberen Zehntausend, konnte sich ein Möbelstück leisten, das aus Holz gefertigt war? In der nächsten Sekunde dachte kein Mensch in der FO III an diese oder ähnliche Dinge. Die Energie-Ortung des Raumers warf einen Wert aus, der von den Instrumenten nicht mehr klar zu erfassen war. Mit dem Heulen der Sirenen und dem abrupt einsetzenden Vibrationsalarm brüllten die Andrucksausgleicher des Schiffes auf, verstummte das Orgeln der vielen titanstarken As-Onentriebwerkssätze, und als ob eine unsichtbare Riesenhand das Zweihundert-Meter-Schiff gepackt hätte, wurde es so radikal gestoppt, daß die Zelle drauf und dran war, in ihren Schweißnähten zu platzen. Die FO III stand! Die Besatzung und die Wissenschaftler an Bord hatten alle nur den einen Wunsch, so schnell wie möglich in die Raumanzüge zu kommen. Nur Jon Bradock dachte nicht daran.
Er hatte sein Schiff übernommen. Jetzt war er es, der seinen Männern zeigte, was er leisten konnte. Hauptkontrollen! Seine klirrende Stimme über die Bordverständigung zu den wichtigsten Zentralen seines Raumers. Anpfiff für den 1. Ingenieur. »Bringen Sie mir die Triebwerke wieder auf Schwung! Aber ein bißchen dalli, sonst fahre ich mit Ihnen Schlitten!« Er ließ nicht gelten, daß ihm der Chef der Waffensteuerung stammelnd mitteilte, sämtliche Geschützantennen seien unklar. Er schnauzte auch ihn an. Doch der Anranzer kam nicht mehr zur Waffensteuerung. Die Energieversorgung im Schiff brach einfach zusammen. Auch in der Zentrale gab es keine Notbeleuchtung mehr. Die FO III war ein dunkler Sarg geworden, in dem keine einzige Funktion mehr aktiv war. Jon Bradock verlor seine Beherrschung nicht. Die Stille in der Kommando-Zentrale war unheimlich. Ihm nicht. »Cham, haben wir vielleicht eine Kerze hier?« Sie war nicht vorhanden. Bradock sagte nichts mehr. Was geschah mit seinem Schiff? Was stand ihnen bevor? Wer hatte den Raumer angegriffen und ihn aller Funktionen beraubt? »Diese verdammten Zwillinge«, murmelte er und erkannte, daß er diesem dreifachen Phänomen zu wenig Beachtung geschenkt hatte. Hier hatte nicht die Natur ein Wunder geschaffen, hier waren intelligente Wesen am Werk gewesen, die sechs Planeten zu Paaren vereinigt hatten, um sie auf verschiedenen Bahnen mit der gleichen Umlaufzeit um ihre Pulsations-Sonne kreisen zu lassen! Und das alles knapp 10.000 Lichtjahre vom Sol-System entfernt! Aber nicht in Richtung auf das galaktische Zentrum, sondern am Ende des benachbarten Spiralarmes! Auch Jon Bradock stöhnte unter Schmerzen auf, als unheimlicher Andruck durch das Schiff lief. Seine FO III wurde aus dem Stand heraus radikal beschleunigt. Der Andruck schlug durch, weil die Absorber nicht mehr arbeiten konnten. Hinter Bradocks, etwas niedriger Stirn jagten die Gedanken und Überlegungen. Sein physikalisches Wissen konnte ihm nicht erklären, wie man alle Konverter im Schiff lahmlegen konnte. Das gab es doch nicht! Aber wieso hatte dann auch der Chef der Waffensteuerung alle Geschützantennen unklar gemeldet? Die hingen doch im Normalfall an separaten Konvertern und Speicherbänken! Und auch die letzteren sollten keinen Quant Energie mehr besitzen? Das wollte Jon Bradock einfach nicht wahrhaben. »Los, Cham, rasen sie zur Triebwerks-Zentrale. Wir müssen auf irgendeine Weise wieder Saft in die As-Onen kriegen. Ab mit Ihnen!« »Zustände wie im alten Rom ...« Mett Cham konnte das Nörgeln auch in dieser Situation nicht lassen. Er verschwand. Nicht schnell. Um ihn herum war Nacht. Nicht ein Lichtstrahl zu
sehen. Ein Königreich für eine Kerze! Auch der Scheinwerfer an seinem Raumanzug brannte nicht. Und den Klarsichthelm des Anzuges zu schließen, bedeutete Selbstmord. Die Luftanlage darin arbeitete ebenfalls nicht. Jon Bradock wartete. Der Andruck, der einmal durchgekommen war, hatte ebenso schnell wieder nachgelassen. Dennoch war der Kommandant überzeugt, daß sein Schiff sich ohne eigene Kraft bewegte. Nur den Kurs konnte er sich nicht vorstellen. »Ruhe!« brüllte er durch die Dunkelheit, als einige seiner Offiziere sich zu unterhalten begannen. »Absolute Ruhe!« Warum er diesen sinnlosen Befehl gab, wußte er auch nicht. Plötzlich war das Arbeiten eines As-Onentriebwerkes zu hören. Jetzt setzte ein zweites ein, ein drittes ... weitere kamen dazu. Aber sie liefen nicht einmal mit ein Hundertstel Kraft. Aber sie liefen! Das war vorerst einmal die Hauptsache. Der 1. Ingenieur mußte ein Wunder vollbracht haben. Wo hat der Bursche bloß den Saft her, fragte sich der Kommandant. Da flackerte die Notbeleuchtung auf. Einmal ganz kurz, und wieder war es in allen Räumen der FO III Nacht. Doch dann kam sie ein zweites Mal, und sie blieb. Licht! Wenn auch ein müdes, tranfunzeliges Licht. Aber man konnte wieder etwas sehen. Und dann war die Bordverständigung zu benutzen, Ausfall aller Ortungen! Kein Bildschirm klar! Keine Geschütz-Antenne! Die Hauptkonverter im Raumer lagen still! Die Speicherbänke gaben keine Energie ab, obwohl sie laut Anzeige bis zu fünfundsiebzig Prozent aufgeladen waren. »... Captain, etwas blockiert alles, aber warum ein paar Notkonverter wieder arbeiten ... der Teufel mag's wissen, nur wir leider nicht.« »Mit dem habe ich im Moment nicht gern zu tun.« Bradock beugte sich vor. Die NotEnergieversorgung reichte jetzt aus, um ein paar der Instrumente an seinem Pult wieder aktiv werden zu lassen. »Hübsche Fahrt«, brummte er. Seine FO III bewegte sich mit 0,32 Licht. Diese Geschwindigkeit konnte sie mit der Handvoll schwach arbeitender As-Onentriebwerke nie erreichen! Also ... Er machte sich nichts vor. Eine unbekannte Macht hatte sein Schiff in der Gewalt und spielte im Leerraum zwischen den Zwillings-Planeten Fußball damit. Keine schöne Vorstellung. »Ho ...!« Er hatte gestöhnt. Sein Blick brannte sich am großen Bildschirm fest. Der stand immer noch auf maximale Vergrößerung. Sie rasten an der S-Sonne vorbei! Sie wurden aus diesem System mit den drei Zwillingsplaneten regelrecht hinausgeworfen! Man wollte sie nicht haben, weder als Gast noch als neugierige Terraner. Da hatte Bradock die Idee seines Lebens. Über die Bordverständigung brüllte er den
leitenden Offizier in der Funkzentrale an: »Mann, auf allen Frequenzen, die Sie aktivieren können, einen Bildspruch raus, daß wir die harmlosesten Subjekte der Milchstraße sind. Nur lassen Sie sich bei der Sendung das Richtige einfallen. Nicht daß die anderen auf die Idee kommen, wir könnten mal eine Abwechslung auf ihrer Speisekarte sein ...« Das war kein Scherz. Niemand faßte Bradocks Warnung als Scherz auf. Einige seiner Offiziere bekamen eine leichte Gänsehaut. Sie stellten sich vor, in einigen Stunden gegrillt zu werden. Diese Möglichkeit war nicht einmal als Phantasieprodukt anzusehen. »Spruch läuft, Captain ... Ich strahle gerade die Bergung eines havarierten Raumers ab«, kam die Meldung aus der Funk-Z. »Hoffentlich ...« Die As-Onentriebwerke der FO III sprangen alle wieder an. Die Not-Beleuchtung hatte nichts mehr zu tun Im Schiff herrschten wieder normale Zustände. Bis auf eine Ausnahme. Die As-Onentriebwerke ließen sich nicht steuern! Der Raumer war gezwungen, seinen Kurs beizuhalten! Kurs aus dem System der S-Sonne! Fahrtgeschwindigkeit steigend. Schon über 0,5 Licht! Neben dem Kommandanten fiel sein 1. Offizier in den Ko-Sitz. »Das ist ein prachtvoller Rausschmiß!« John Bradock grunzte Er hatte dasselbe gedacht. Und er wollte sich diesen Rausschmiß nicht bieten lassen. Aber warum kam keine weitere Meldung aus der FunkZ? Denn nur auf die unmißverständliche Bildsendung hin mußten die anderen, die Unbekannten, dementsprechend reagiert haben. Aber sie schienen der Friedfertigkeit der auch ihnen unbekannten Besucher immer noch zu mißtrauen, sonst hätten sie doch eine Landung der FO III auf einem ihrer Zwillings-Sauerstoff-Planeten zugelassen. »Freunde«, versprach ihnen Jon Bradock, »wir sind gleich wieder da ... Hallo, Ortungen?!« Man meldete sich. Und dann Bradock in drohendem Ton: »Ich benötige jetzt die exaktesten Werte. Distanz, Magnetfelder, Rotationszeiten und so weiter und so weiter. Aber alle Werte. Und alle Werte gleich dreimal durch die Suprasensor-Kontrolle. Ich benötige sie für einen kleinen Sprung. Für eine Kurztransition auf eine dieser Zwillings-Welten. Ist das klar?« Das war Selbstmord! Das war mehr als das größte Risiko eingehen! Das bedeutete, daß Captain Jon Bradock alles Leben aufs Spiel setzen wollte! Aber es gab an Bord seines Schiffes keinen Mann, der gegen sein Vorhaben protestierte. Nicht einmal von den Ortungen kamen Proteste, sondern ein gepreßtes Okay. Und die FO III raste inzwischen mit 0,73 Licht immer schneller aus dem System einer Pulsationssonne, die elf Planeten besaß, von denen sechs Zwillinge waren. »Himmel und Hölle, jetzt könnte ich einen Kognak gebrauchen«, flüsterte Mett Cham, der Erste. »Hier wird nicht gesoffen!« fauchte der Kommandant ihn an. »Trinker sind auf Raumschiffen eine Gefahr für alle!« Jon Bradock konnte schamlos übertreiben. Er ging hin und wieder einem guten
Tropfen nicht aus dem Weg, aber er besaß so viel Selbstbeherrschung, nie einen Tropfen zu viel zu trinken. Doch gemessen an seinen Ersten trank er viel häufiger. Der neunundzwanzigjährige Oberleutnant Cham sah seinen Vorgesetzten entgeistert an. »Ich ... Sie ... Sie, Captain, Sie trinken ...« Jon Bradock wußte, was sein Stellvertreter sagen wollte. »Aber ich weiß, wann ich trinken darf, und wann nicht. Das unterscheidet uns beide so sehr!« Mett Cham hielt für eine Sekunde lang seine Gedanken nicht im Zaum. Bevor er wußte, was er dachte, hatte er es auch schon gesagt, und der letzte Mann in der Zentrale hörte ihn sprechen: »Scheinheiliger Sklavenhalter ...« Brüllendes Gelächter brandete durch den Leitstand. Zu den Lachern zählte auch ein Captain Jon Bradock, und der wischte sich dazu auch noch die Tränen aus den Augenwinkeln. Begeistert wie ein Lausejunge schlug er dem Ersten aufs Knie und meinte, von seinem Lachen unterbrochen: »Cham ... Cham dafür werden Sie ... werden Sie eine Pulle aus Ihrem Bestand heraus ... herausrücken müssen, wenn ... wir gut gelandet sind!« Leider brauchte sie Oberleutnant Mett Cham nie seinem Kommandanten auszuhändigen! Die FO III näherte sich der Lichtgeschwindigkeit. Darauf hatte Jon Bradock gewartet. Noch einmal seine Fragen an die Ortungen. Noch einmal Rückfragen an die Experten, die das Bordgehirn der FO III bedienten. Dann kam sein Befehl: »X-Zeit für Kurztransition in drei Minuten anlaufen lassen. Dauer der X-Zeit eine Minute!« Das Ziel des Sprunges lag fest. Der größere Planet des äußeren Zwillings, der sich auf der dritten Bahn um seine SSonne bewegte! John Bradock wollte mit diesem Trick herausbekommen, welche Macht ihn und sein Schiff daran gehindert hatte, Planeten dieses Systems anzufliegen. Er war es sich und Terra schuldig, diese Nachforschungen anzustellen. Aber war eine Kurz-Transition auf ein unbekanntes Ziel nicht ein Risiko, das einfach nicht mehr zu verantworten war? In der FO III lief die X-Zeit! Das Bordgehirn zeigte Grün. Der große, zusätzliche installierte Supra-Sensor der FO III blieb seit einigen Sekunden bei unveränderten Endwerten. Dennoch war das große Risiko damit nicht ausgeschaltet. Denn bei dieser relativ großen Entfernung, in der die Distanz über viele hundert Millionen Kilometer ging, konnte ein winziger Fehler von einigen hundert Metern die Katastrophe herbeiführen. Captain Jon Bradock wollte in der dichten Lufthülle des Planeten, und damit dicht über dessen Oberfläche, aus der Transition herauskommen und binnen einer knappen Minute gelandet sein. Die Ortungen der Unbekannten sollten damit keine Gelegenheit erhalten, die As-Onentriebwerke und die Masse der FO III anmessen zu können. »Raumanzüge schließen ...!« Jon Bradocks letzter Befehl über die Verständigung vor dem Sprung. Die FO III gehörte wie alle Kugelraumer der Terranischen Flotte zu den Grundtypen,
die von den giantischen Robotern entwickelt worden waren. Eine Transition bedeutete für jeden Menschen immer wieder eine physische wie psychische Belastung. Die Angst, die im zeitlosen Ablauf des Sprunges auftrat, war mit Willenskräften nicht zu eliminieren. Die Angst machte jeder mit, der einen Sprung durch den Hyperspace erlebte. Und es gab keinen Menschen, der behaupten konnte, sich an diesen unbeschreiblich scheußlichen Zustand, der glücklicherweise keine gesundheitlichen Folgen hatte, gewöhnt zu haben. Die As-Onentriebwerke des Forschungsraumers brüllten auf. Ungeheuerliche Energien wurden freigegeben, um die Voraussetzungen für eine Transition in Nullzeit durch ein anderes Raumgefüge zu einer anderen Position im Normalraum zu schaffen. Auch Jon Bradock bog sich in seinem Pilotsitz, als das gewaltige Schiff das RaumZeitkontinuum verließ, dabei – nur mathematisch erfaßbar – eine Kehrtwendung von hundertachtzig Grad machte und über dem größeren Planeten des dritten Zwillings wieder das normale Gefüge erreichte. Jon Bradock bog sich noch unter dem unbeherrschbaren Angstgefühl, als in seinem Schiff Kollisionsalarm gegeben wurde. Die Distanz-Berechnung war fehlerhaft gewesen! Unter der FO III befand sich ein alpines Gebirge! Das zweihundert Meter durchmessende Schiff raste kraft seines Gewichtes wie ein Stein auf die Grate der felsnackten Dreitausender zu! Jon Bradock wußte nicht, was er tat. Seine Hände flogen zu der Steuerung. Hauptschalter auf Katastrophe! Blitzschaltung für alle As-Onentriebwerke! Sperrung der Sicherungen für die Andruckausgleicher. Vollast aller Konverter! Emissionswinkel aller As-Onentriebwerke auf maximale Steigleistung! Größte Schubkraft! Und das alles achttausend Meter über einem Meer aus zackigen, zerfressenen und zerrissenen Gipfeln, zwischen denen dunkle Abgründe lagen, in die das Licht der S-Sonne kaum reichte – Täler, so schmal, daß Jon Bradock glaubte, den Grand Canon in Nordamerika unter sich in vielfacher Zahl zu sehen. Er tat alles auf einmal. An sein eigenes Leben dachte er nicht. Das zählte in dieser Sekunde kaum. Aber das Leben seiner Männer war ihm das wichtigste, und sein Schiff! Ein Schrei ging durch den Raumer. Er kam aus dem Ringwulst, der im Äquatorialbereich der FO III gleich einem halbierten Schlauch gegen die Innenwandung der Zelle lag. Die nebeneinander installierten Triebwerke, alle zugleich auf maximale Leistung geschaltet, drohten aus ihren Bettungen zu fliegen. Stellenweise bog sich das Material unter diesen Belastungen. Vollast! Aber die FO III raste wie ein Stein in die Tiefe! Teleskopbeine ausfahren! Alles über die Katastrophenschaltung! Es ging hier um Sekundenbruchteile. Der große Bildschirm zeigte es.
In dichten Luftschichten raste ein Metallkörper von zweihundert Meter Durchmesser tiefer und preßte die Luftmassen mit brutalen Kräften nach allen Seiten. Luft, die sich unter dem radikalen Druck erhitzte, brannte ... Und die FO III raste tiefer. Oberleutnant Mett Cham hatte das Nörgeln vergessen. Er war zum Ersten des Forschungsraumers geworden. Er nahm seinem Kommandanten einen Teil der Arbeit ab, ohne mit ihm ein Wort zu wechseln. »Team-Arbeit«, wie sie besser nicht sein konnte. Aber die Triebwerke schafften es nicht, den Sturz des Raumers aufzufangen. Sie hatten nicht die Kraft, wie jene unbekannte Macht, die die FO III im Anflug auf diese Planeten mitten im Flug gestoppt und dann auf neuen Kurs gebracht, das Schiff gezwungen hatte, dieses System zu verlassen. »Wir krachen auf ...«, flüsterte Jon Bradock und brauchte den Höhenmesser nicht mehr abzulesen. Er hatte nur noch die Hoffnung, daß die Andruckausgleicher im Schiff, bevor sie auch aus ihren Bettungen flogen und aussetzten, die größte Wucht des Aufpralles noch abfingen und so seinen Männern die Chance gaben zu überleben. »Wir schaffen es ...«, keuchte neben ihm Oberleutnant Mett Cham. Dieser Narr, dachte der Kommandant, wir sind ja kaum noch tausend Meter über einem Gipfel. Und der Gipfel war viel zu klein, um die Ausleger der FO III aufzunehmen. Ein Teil mußte über die Abgründe in die Tiefe zeigen. »Wo bleibt denn die Anti-Schwerkraft?« Einer seiner Offiziere schrie es in seiner Not. Bradock hätte es ihm sagen können. Der Mann hätte sich aber seine Frage auch selber beantworten können. Sie konnte nicht kommen. Sie konnte nicht wirksam werden. Um die AsOnentriebwerke über die Katastrophenschaltung so schnell hochzufahren, waren alle Energiereserven erforderlich, die das Schiff besaß. Für A-Gravkräfte blieb da nichts mehr übrig. Ein blauer Himmel. Ein Gebirge unter ihnen, das braun und grau und schwarz erschien. Um die FO III herum heulende, glühende Luftmassen. Und unter ihnen ein schmaler, langer Grat, zerrissen, zerfressen und voller nadelspitzer Zacken, die alle mehr als zehn Meter hoch waren. Zacken, an denen die Zelle des Forschungsraumers wie eine Plastikkonservendose aufgeschlitzt wurde. »Jetzt ...« Der Aufprall kam. Die Teleskopbeine des Raumers konnten den Stoß nicht ausgleichen. Die Andruckabsorber im Schiff wurden über ihre maximale Leistung belastet. Ein dumpfer, dröhnender Schlag ging durch die Zelle. Die FO III hüpfte, sprang hoch, während zugleich ein teuflisches Knirschen und Krachen durch alle Räume lief – ein Knirschen und Krachen, das von draußen kam. Und dann ging ein letzter Schlag durch das Schiff, das sich langsam zur Seite neigte. War die FO III doch einigermaßen glatt gelandet?
Aber sie krängte immer stärker über! Und warum liefen die Triebwerke nicht mehr? Jon Bradock fühlte, wie der Druck auf der rechten Seite seines Pilotsitzes immer stärker wurde. »A-Grav, komm! Komm ...!« er stieß es wie ein Stoßgebet aus. »Komm, bevor das Schiff in den Abgrund stürzt ...!« Sie kam! Das langsame Überneigen der FO III wurde gestoppt. Das Knirschen und Krachen draußen, dort, wo sich die Teleskopbeine befanden, wurde leiser. Das dumpfe Brummen und durchdringende Pfeifen von Transformern und Speicherbänken ließ nach. Auch das Zittern des Schiffes. Die FO III war auf einem Planeten eines unbekannten Systems gelandet, aber zu welchem Preis! Eine Viertelstunde später sahen zwölf Mann die Zerstörungen. Acht zum Teil schwerbeschädigte Teleskopbeine, die nie mehr eingezogen werden konnten, hingen verbogen und verdreht an der Zelle des Kugelraumers. Und trotz dieser schweren Beschädigungen bewunderten alle ihren Kommandanten, der mit verkniffenem Gesicht die Zerstörungen musterte. Jon Bradock hatte mit dieser Landung auf dem Gipfel eines Dreitausenders etwas Unglaubliches vollbracht. Und jeder, der einen Blick in die Tiefe warf, dann die schiefe Lage des Schiffes bewertete, schauderte. Drei Grad mehr Neigung hätten genügt, den Kugelraumer in das tiefe, schluchtähnliche Tal stürzen zu lassen, aus dem es dunkelblau zu ihnen heraufschimmerte. Jon Bradock atmete tief durch. Das alles war ihm in der Funk-Z seines Schiffes noch einmal durch den Kopf gegangen. Er bereute nichts, aber seine Frau tat ihm leid. Sie würde allein sein, wenn sie ihm ihr erstes Kind schenkte. Bradock machte sich nichts vor. Diese acht zerstörten Teleskopbeine waren nicht so wichtig. Viel schlimmer waren die Zerstörungen im Schiff, die irreparablen Schäden. Die FO III konnte nicht mehr transistieren! Rund 10.000 Lichtjahre vom Sol-System entfernt. Darum wurde ja auch Terra – der Raumhafen Cent Field – mit maximaler Sendeleistung angerufen Aber Terra meldete sich nicht. »Kommandant, wir haben Empfang!« rief ihm der l. Funkoffizier zu und wies auf die Amplitude, die auf einem der Oszillos in ununterbrochener Folge kam und ging. »Auf welcher Hyperfrequenz?« fragte Bradock. Niemand brauchte zu antworten. Der Bildschirm des Empfangsgerätes gab sie. Drei Roboter sahen die Terraner in der Funk-Z der FO III an! Und die drei Roboter sahen sie!
* Jos Aachten van Haag sah die Katastrophe heranrasen. Aber er konnte sie nicht mehr
aufhalten. Es war zu spät, zum Blaster zu greifen. Die beiden Cyborgs standen schon dicht hinter dem Arzt und Funkspezialisten Manu Tschobe. Tschobe! wollte er schreien, aber das Wort blieb ihm im Mund stecken. Die Kreisfläche der Transmitter-Antenne war nicht mehr leer. Einer von diesen Modellen, die Professor Acker und Tschobe kennengelernt hatten – ein Zylinder mit fünf Gehgliedern und fünf Armen. Nur lagen die Arme nicht gegen den zylindrischen Rumpf gepreßt. Sie waren auf den Eingang gerichtet, vor dem Ren Dhark mit seinen Begleitern stand. Und diese Arme mit den Greifklauen waren Strahlwaffen. Ren Dhark warf sich zur Seite, als die nadeldünne Energiebahn dicht an seinem Kopf vorbeizischte. Voller Entsetzen dachte er an die Menschen, die hinter ihm standen und in den Bereich dieses Strahls gekommen waren. Doch er hörte keinen Schrei. Er hörte seinen Freund Dan Riker unterdrückt stöhnen, und dann stand Jos Aachten van Haag bei ihnen. Grau war sein Gesicht. Der GSO-Mann, dem viele nachsagten, er sei abgebrüht und ihn könne nichts erschüttern, hatte in diesem Moment die Sprache verloren. Er konnte einfach nicht begreifen, was er gesehen hatte. Während er vergeblich nach Worten suchte und mit beiden Armen unklare Bewegungen machte, die auch nichts ausdrückten, erlebte er alles noch einmal. In der Kreisfläche des Transmitters tauchte der Roboter auf. Aber wieso waren seine fünf Arme schon auf die Menschen ausgerichtet, die am Eingang standen? Und aus zwei seiner Greifklauen waren Strahlen emittiert worden, und diese Strahlen hatten die beiden Cyborgs, die auf ihr zweites System geschaltet hatten, getroffen. Hatten die Strahlen tatsächlich die beiden getroffen? Jos Aachten van Haag drehte sich noch einmal um. Sein Blick suchte die Cyborgs. Mit den Blicken vieler wurden sie gesucht. Ren Dhark gehörte auch dazu. Und drei Schritt vor der Kreisfläche des Transmitters schwebte der Roboter knapp fußhoch über den Unitallboden und bewegte sich nicht mehr. Seine fünf Armglieder hatte er gegen seinen zylindrischen Rumpf gepreßt, und die Greifklauen dieser Extremitäten waren geschlossen. Nur die Cyborgs Mildan und Dordig waren und blieben verschwunden. Sie existierten nicht mehr! »Was sagen Sie, Jos?« unterbrach ihn Ren Dhark verblüfft, und sein markantes Gesicht spiegelte sein Erschrecken wider. »Was sagen Sie?« fragte er noch einmal, obwohl ihm seine Augen sagten, daß die beiden Cyborgs weit und breit nicht mehr zu sehen waren. »Ja, sie verschwanden im gleichen Moment, als sie von Strahlen getroffen wurden. Aber es war kein Verschwinden, wie wir es mit diesem Ausdruck sagen. Es war so, als ob sie ihre körperliche Existenz verloren hätten. So, so ...« Er suchte nach Worten, zuckte hilflos mit den Schultern und meinte dann: »Vielleicht gibt es unter uns andere, die den Vorgang besser als ich beobachtet haben. Ich bleibe bei meiner Behauptung, daß sie nicht tot sind. Wir können sie deshalb nicht mehr sehen, weil sie das Existenzielle verloren haben.« »Mahlzeit!« sagte neben ihm der Afrikaner, der sich vergeblich den Schweiß von der
Stirn abwischen wollte und noch sehr blaß war. »Mein Bedarf an Abenteuern ist heute gedeckt. Große Milchstraße, Jos, wie konnte das passieren?« In seiner Stimme klang leichter Vorwurf mit. Jos nickte, als wollte er dem Schwarzen recht geben. »Wie es passieren konnte? Auch ich bin von diesem zerfurchten alten Gesicht in der Ringantenne fasziniert worden. Ich habe mich ablenken lassen und die Cyborgs für eine gute Minute lang nicht beobachtet. Hm ...« Er streifte den Roboter mit einem Blick, der eine einzige Frage war. »Ich möchte auch wissen, wie der dazu kam, meinen Schutz zu übernehmen«, sagte Tschobe und setzte sich in Richtung auf den Roboter in Bewegung. Riker wollte ihn zurückhalten, doch der Commander mischte sich kurz ein. »Laß ihn. Er hat seine Erfahrungen mit diesen Maschinenwesen.« Tschobe hatte den Roboter erreicht und wunderte sich, wie sehr er sich in dieser kurzen Zeit auf einer fernen Transmitter-Station an das Aussehen dieser Gestalten gewöhnt hatte. »Hallo«, sagte er laut und tippte ihn leicht an. Der Roboter schwebte, ohne sich dabei zu drehen, auf die Antenne zu. Langsam. Und dann gab es nicht nur einen verblüfften Manu Tschobe, der die leere Kreisfläche anstarrte. »Jetzt sind wir so klug wie zuvor«, stellte Ren Dhark sachlich fest. »Diese Vorfälle sollten uns allen zu denken geben. Das Gesicht des alten Mannes hat uns etwas sagen wollen. Ein Roboter hat verhindert, daß Tschobe umgebracht wurde. Ist dieser letzte Fall nicht viel rätselhafter als alle anderen? Denn, wenn Jos richtig beobachtet hat, wie konnte dann ein Roboter die Gedanken eines Cyborgs lesen, der doch im zweiten System nur im Bereich seines Programm-Gehirns denkt?« Damit hatte Dhark die wichtigsten Punkte herausgestellt. Dennoch hatte er ein leicht schadenfrohes Lächeln für Manu Tschobe übrig, als dieser wieder zu ihnen trat. »Sie haben gut lachen«, knurrte der Afrikaner unzufrieden, »dabei habe ich den Blechkameraden nur angetippt, nicht einmal einen Stoß gegeben. Besonders kontaktfreudig sind diese Burschen nicht.« In Ren Dharks Augen flammte es auf. Beide Hände legte er Tschobe auf die Schultern. »Manu, haben Sie immer noch nicht begriffen, warum ein Roboter Sie rettete?« Die Menschenmenge um sie herum war größer geworden. Die Wissenschaftler wollten sich kein Wort entgehen lassen, aber unter ihnen gab es auch nicht einen, der ahnte, worauf der Commander angespielt hatte. »Ich bin heute ziemlich strapaziert worden«, erklärte Tschobe, »aber wenn dem nicht so wäre, wüßte ich immer noch nicht zu sagen, wieso da ein Roboter auftaucht und ...« Professor Tim Acker war der zweite, der diese Zusammenhänge erkannte. »Tschobe«, mischte er sich ein, »haben Sie vergessen, daß Sie und ich in einem Saal neben einer Transmitter-Station alles Wissen preisgeben mußten. Und wenn Sie gewußt haben, daß Cyborgs Ihnen an den Kragen wollten, dann haben es also auch unsere lieben Roboter gewußt!« Der Arzt Tschobe zeigte sich. »Nein!« sagte er seiner Meinung sehr sicher zu Dhark und Acker. »Nein, so einfach kann der Fall nicht sein. Diese Erklärung ist zu primitiv. Und Sie, Dhark, Sie trauen diesen Robotern mehr zu als sie wirklich können ...« »So?« fragte der Commander mit etwas Schärfe im Ton, weil ihn Tschobes
rechthaberisches Benehmen ärgerte. »Und wer hat die beiden Cyborgs verschwinden lassen?« Wie immer konnte der Afrikaner auch jetzt dem Commander nicht in die Augen sehen. »Weiß ich es? Haben Sie eine physikalische Erklärung dafür?« Abrupt machte er eine Armbewegung, riß dabei seine Augen weit auf, packte auch noch mit der anderen Hand zu und schrie wie ein Mensch, der vor Angst zu sterben droht: »Ich hab' einen! Ich hab' einen!« Aber seine Hände waren leer. Und zwischen ihm und Dan Riker, zu dem er sich umgekehrt hatte, befand sich nur leerer, durchsichtiger Raum. Ren Dhark sah die unerklärlichen Veränderungen in Tschobes Gesicht. Er hörte ihn rufen. Er sah, daß der Afrikaner etwas gepackt hielt, das nicht vorhanden war. Aber er kam jetzt auch nicht mit. Er lachte. Und Tschobe lachte auch. Verzerrt, maßlos wütend. Er ließ das los, was er glaubte in den Händen zu haben. Seine Arme fielen herunter. In seinen dunklen Augen wetterleuchtete es, und unbeherrscht fuhr er den Commander an: »Dhark, Sie haben schon einmal einen Fehler gemacht, der nie mehr zu bereinigen sein wird, als Sie jede Giant-Forschung untersagten. Jetzt haben Sie den zweiten getan. Dhark.« Seine Stimme flüsterte plötzlich. Er beugte sich zu ihm vor und hauchte ihm ins Ohr: »Dhark, wir haben es jetzt mit zwei unsichtbaren und zugleich entarteten Cyborgs zu tun! Gute Nacht, Mutter Erde!« Manu Tschobe hatte einmal zu jener Zeit, als 50.000 Kolonisten mit dem primitiven Raumschiff GALAXIS auf dem Planeten Hope gelandet waren, auf der anderen Seite gestanden und war Dharks potentieller Gegner gewesen. Aber wenig später waren Umstände eingetreten, die diesem überaus klugen Mann die Augen geöffnet hatten, und von einem Moment zum anderen hatte er sich vorbehaltlos hinter den jungen Ren Dhark gestellt. Beide hatten es nie bereut. So etwas wie Freundschaft auf Distanz war zwischen ihnen groß geworden, und diese Freundschaft hatte unverändert trotz mancher Belastungen gehalten. Jetzt jedoch war auch Dan Riker der Überzeugung, daß Manu Tschobe den Bogen überspannt hatte. Dem Commander in aller Öffentlichkeit schwerwiegende, irreparable Fehler vorzuwerfen, war mehr als unklug; es war eine Unverschämtheit. Denn jeder, der einmal mit Dhark zu tun gehabt hatte, wußte, daß dieser sich weder für einen Übermenschen noch Alleswisser hielt. Dharks Gesicht war wie versteinert. Seine Arme, seine Haltung wurde steif. Er ballte seine Hände. Einen Augenblick sah es aus, als ob er den Afrikaner anbrüllen werde, aber dann tat er etwas, das die meisten nicht erwartet hatten: Er streckte seine Hand aus, und als Manu Tschobe zögerte, ergriff er die Hand des anderen und schüttelte sie. »Endlich mal wieder einer, der mir die Meinung sagt. Besten Dank, Tschobe, aber Sie erlauben, daß ich mich zu gegebener Zeit revanchiere, wenn Sie wie gewohnt mal wieder
eigenmächtig gehandelt haben. Okay?« Der andere nickte. »Und doch habe ich einen von diesen beiden Cyborgs eben zwischen meinen Händen gehabt, auch wenn es mir kein Mensch abnehmen will!« Dharks Spezialvipho meldete sich. Das Gespräch vor dem Transmitterraum erfuhr eine Unterbrechung. »Commander, Cent Field – Marschall Bulton verlangt Sie dringend in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen. Soll ich verbinden?« Er durfte. Damit trat ein Ereignis ein, das einmal zur Folge hatte, daß Commander Ren Dhark sich nicht mehr um die Vorgänge im Industrie-Dom im Höhlensystem interessieren konnte, und das zum zweitenmal eine Entwicklung einleitete, die die Menschheit an den Rand des Abgrunds trieb. Durch Marschall Bulton hörte Ren Dhark von der Notlandung der FO III in einem unbekannten System, dessen Position nicht klar auszumachen sei, weil der Notruf des Forschungsraumers von einer halb defekten, automatisch arbeitenden Relaisstation nach Terra weitergefunkt worden sei. »... Wir haben nur den einen Satz klar empfangen: Alarm für Terra! Alarm für alle Intelligenzen im ... und mit dem Wort im bricht der Ruf ab. Commander, ich habe vorsorglich befohlen, Bereitschaftsstufe 3 einzunehmen. Leider ist Captain Jon Bradock der Kommandant der FO III.« Die Terranische Flotte hatte inzwischen durch eigene Neubauten einen Stand erreicht, die es selbst einem Menschen mit gutem Namensgedächtnis unmöglich machte, alle Kommandanten namentlich zu kennen. Darum fragte Dhark: »Was heißt das, Bulton?« »Nun, Bradock ist ein erstklassiger Kommandant, aber leider ein Mann, der Gefahren immer zu gering bewertet. Und weil gerade Bradock diesen Warnruf abgesetzt hat, deshalb glaubte ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen zu müssen. Ich kenne Bradock doch; er ist mein Stiefbruder!« Das gab den Ausschlag. Dhark entschied sich sofort. »Ich habe hier noch einige Sachen zu erledigen, Bulton. Rechnen Sie mit der Rückkehr der POINT OF für morgen gegen 18 Uhr Norm-Zeit. Sollte sich inzwischen Wichtiges ereignen – ich bin jederzeit sprechbereit. Ich danke Ihnen. Ende!« Damit waren die Würfel gefallen. Ahnungslos jagten die Menschen der Erde einem Abgrund zu, der die Tiefe des Weltalls hatte. * Jens Lionel, Bordastronom auf der POINT OF, dachte nicht an Schlaf. Er war auch nicht müde. Seine Kollegen, die er aus ihren Kabinen geholt hatte, ebenfalls nicht. Sie hatten sich mit Begeisterung in ihre Aufgabe verbissen. Sie wollten das Geheimnis der Sternkarten, die der Commander in dem fremden Flash gefunden hatte, unter allen Umständen lösen. Und sie wollten endlich erfahren, in welchem Teil der Galaxis die Heimatwelt der sagenhaften Mysterious lag, die vor tausend Jahren von der Bühne verschwunden war. Abermals wurde eine Folie projiziert. Abermals wurde die Projektion von einem
halben Dutzend Experten geprüft. Mehrere Kameras liefen. Das hatte seinen bestimmten Grund. Später wurden diese Aufnahmen durch ein kompliziertes Prismen-Verfahren nach der 4-d-Methode so wiedergegeben, als ob man die Konstellation der Populationen von den verschiedensten Standorten sehen würde. »Wir kommen keinen Schritt weiter«, murmelte Lionel, »wenn wir nicht endlich herausbekommen, von welchem System, oder wenigstens aus welcher Richtung heraus diese Karten angelegt worden sind.« Das Bild stand an der Wand. Im Projektionsraum herrschte Ruhe. Der kleine SupraSensor arbeitete nicht. Die Verbindung zum Checkmaster der POINT OF war unterbrochen, weil er auf alle Fragen bisher keine Antwort gegeben hatte. »Das Ding ist mir schon immer unheimlich gewesen«, meinte Lossow, der neu unter seinen Kollegen war, »aber jetzt möchte ich sogar behaupten, daß es ein Biest ist. Ein Ding mit gemeinem Intellekt.« »Reden Sie kein Blech!« erwiderte Lionel grob. »Der Checkmaster ist nichts anderes als ein großartiges Bordgehirn, wie wir es vielleicht in hundert oder tausend Jahren konstruieren können. Allein der Gedanke, es könnte auf biologischer Basis arbeiten, trägt mir eine Gänsehaut ein ...« Er wischte sich über die Augen, betrachtete unter Stirnrunzeln die Wiedergabe und murmelte: »Im Rot-Sektor ... schon bei der ersten Durchmusterung ... jetzt fällt's mir wieder auf ... da kommt mir etwas bekannt vor!« Das war schon mehrfach gesagt worden, aber damit war auch alles gesagt. Man kam einfach nicht weiter. Diese Karten der Mysterious mußten Sterngebiete zeigen, die den Terranern fremd waren. Wahrscheinlich lagen sie weit hinter dem Zentrum der Galaxis. Nach der Dichte zu schließen, mußte dieses Gebiet irgendwo in einem Randgebiet der Milchstraße liegen. Aber wo? Die Astronomen schreckten auf. In der POINT OF liefen ein paar der M-Konverter an. Trotz der erstklassigen Schallisolationen kamen doch schwache Geräusche durch. Und dann wurde über die Bordverständigung die Nachricht verbreitet: Die POINT OF startet in drei Minuten mit Kurs auf Terra! »Dann kommen wir doch noch mal nach Hause«, sagte Lossow und schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen. »Ich habe andere Sorgen«, erwiderte Lionel bissig, »und es wäre mir sympathischer, wenn Sie die gleichen hätten. Verdammt, welchen Abschnitt der Milchstraße zeigen bloß diese Karten?« Mit dieser Frage startete die POINT OF. Als Ballast nahm sie noch viele andere Fragen mit. * Die Sender der FO III schwiegen. Nur der Empfang lief. Die Tonphase rührte sich nicht. Nur die Verbindung zu den großen Bildschirmen war aktiv, und sie zeigte nach wie vor diese unheimlichen Roboter. Roboter mit zylindrischem Körper; Roboter, die fünf Metallarme mit Greifklauhänden und fünf Beinglieder besaßen; Roboter, die in ihrem Aussehen nichts Menschliches an
sich hatten. »Captain, wir haben den Standort ihres Senders ...« Jon Bradock winkte ab. Vor diesem Augenblick hatte er sich schon lange gefürchtet, aber er konnte den Grund seiner Furcht nicht erklären. Und jetzt war dieser Augenblick da. Sie hatten, wenn auch vorerst nur über den Bildschirm, Kontakt mit Robotern. Und hinter diesen Robotern mußten intelligente Wesen stecken – Wesen, die diesen seelenlosen Maschinenmenschen ihre Befehle gaben. Dann flackerte das Bild auf den Schirmen. Es wurde unklar. Einen Moment später waren die Roboter nicht mehr zu sehen. »Ende«, sagte der 1. Funkoffizier. »Oder der Anfang vom Ende!« Jon Bradock konnte seiner pessimistischen Stimmung nicht Herr werden. »Ich danke Ihnen, meine Herren!« Er kümmerte sich nicht darum, daß man ihm überrascht nachsah, als er die Funk-Z seines Schiffes verließ. Im Leitstand überlegte er mit seinem Ersten, was zu tun sei. »Abwarten«, meinte Mett Cham. »Ja, wenn unsere Konservendose nicht flügellahm wäre, mein Bester«, widersprach da der Kommandant. »So aber befinden wir uns auf dem Präsentierteller und können wie ein Spatz weggeputzt werden. Nonsens, Ihr Vorschlag, abzuwarten. Wir müssen die Initiative ergreifen. Wir müssen den Bewohnern dieses Planeten beweisen, daß wir erstens friedfertig sind, und zweitens uns in einer Notlage befinden. Wir müssen uns dazu etwas überzeugendes einfallen lassen, wieso wir plötzlich trotz Rausschmiß auf ihrer Welt gelandet sind. Haben Sie keine vernünftige Erklärung zur Hand, Cham? Sie sind doch sonst nie um Ausreden verlegen?« Chams Haltung versteifte sich. Er war nicht in Stimmung, die Witze zu ertragen, die der Kommandant auf seine Kosten machte. »Ich muß Sie leider enttäuschen, weil ich nicht Mitglied der Gilde der Märchenerzähler bin.« Der hagere Bradock grinste kurz. »Noch eine Enttäuschung. Okay, Cham, dann überlegen Sie mal, wen ich mitnehmen soll!« »Was? Wie? Sie wollen nach draußen? Sie wollen diese Roboter aufsuchen, Captain? Ich an Ihrer Stelle würde das Risiko nicht eingehen ...« »Sie ...«, sagte Bradock gedehnt und nicht besonders freundlich. »Aber ich bin nicht Sie. Also, wen schlagen Sie vor?« Mett Cham kannte den Kommandanten zu lange und auch gut genug, um zu wissen, wie zwecklos es war, ihm seinen Plan auszureden. Was sich Jon Bradock einmal in den Kopf gesetzt hatte, führte er auch durch, und wenn es darüber Stücke und Trümmer gab. »Nun ... ich würde Leutnant Ville, King, Sergeant Lyrs und mich empfehlen.« »Sie bleiben in diesem Sessel sitzen, Cham. Sie halten die FO III unter Dampf. Wenn ich mit den drei Männern draußen bin, hat die Funk-Z zu Ihnen durchzuschalten, klar? Ununterbrochener Vipho- oder Hyperfunkkontakt zwischen Ihnen und meinem Team. Wie lange wir ausbleiben? Woher soll ich das wissen? Na, sagen Sie den drei Mann über die Verständigung Bescheid. In einer halben Stunde will ich mit einem Jett ausfliegen ...« Er flog aus. Die beiden Leutnants Allan Ville und Epher King sowie Sergeant Manny Lyrs begleiteten ihn. Bradock hatte es energisch abgelehnt, einen der Wissenschaftler an seinem Unternehmen zu beteiligen. Besonders viel hatte er für die Eierköpfe, wie er sie leicht abfällig betitulierte, noch nie übrig gehabt. Jon Bradock flog den Spezial-Jett, nachdem die Funkverbindung zur Funk-Z klar war
und die letzte Lagemeldung ergeben hatte, daß die nächste Energiequelle auf 18° West und 44,3° Süd, in einem Abstand von 423 Kilometern lag. Die Sicht war wunderbar. Nicht der schwächste Dunstschleier versuchte die Ferne zu verhüllen. Der unbekannte Planet hatte aus dreitausend Meter Höhe ein phantastisches Aussehen. Das alpine Gebirge, das die vier Männer überflogen, endete knapp dreißig Kilometer vor ihnen. Ihm zu Füßen lag eine wellige, im satten Grün leuchtende Landschaft, die von breiten, glitzernden, mäandernden Flüssen aufgelockert wurde. Ein paar niedrige Höhenzüge, die kreuz und quer verliefen, gaben diesem Teil der unbekannten Welt das Aussehen einer grandiosen Parklandschaft. Sergeant Manny Lyrs, vierundzwanzig Jahre alt und ein Draufgänger, der mit seinen stabilen Fäusten, wenn es erforderlich war, eine harte Sprache reden konnte, sagte das, was die anderen dachten, aber nicht auszusprechen wagten, weil es einfach zu phantastisch klang: »Das ist doch nicht Natur! Das ist gewollt. Das ist gemacht!« Jon Bradock starrte durch die transparente Kuppel seines Jett. In Gedanken gab er seinem Sergeant recht, aber warum, zum Kuckuck, sah er nirgendwo die Spur einer Siedlung oder Stadt, keinen Weg, keine Straße und keine einzige Brücke, die über die Flüsse führte? Und der Luftraum vor ihnen war leer, wenn er davon absah, daß sauriergroße Vögel mit schwerem Schwingenschlag nah und fern an ihnen vorbeiflogen, ohne von ihnen Notiz zu nehmen Leutnant Allan Ville, pechschwarz, schlank, mit einem ausdrucksvollen männlichen Gesicht, kontrollierte die Ortungen, die mit maximaler Leistung arbeiteten. In gleichmäßigen Abständen hatte er nur zu sagen: »Nichts! ... Nichts! ... Nichts! ...« Leutnant Epher King, an Bord der FO III verantwortlich für die Tremble-SchockAntennen, hockte hinter dem tragbaren, aber vierzig Kilogramm schweren KombiStrahlgerät, das er durch eine einzige Änderung des P-Hebels als Schocker oder Blaster verwenden konnte. Der Jett überflog einen der breiten Flüsse, dessen kristallklares Wasser blitzte, als ob es flüssiges Silber sei. Sergeant Manny Lyrs, der neben dem Kommandanten saß, spähte in die Ferne. Eine kleine, runde Erhöhung hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Sie paßte seinem Gefühl nach nicht in das Landschaftsbild. Sie war ein Fremdkörper darin. Doch er konnte den Kommandanten darauf nicht aufmerksam machen. Mett Cham aus der FO III meldete sich. Er gab eine Warnung durch. Die EnergieOrtung des Forschungsraumers hatte festgestellt, daß die in 423 Kilometer vom Schiff liegende Energiequelle in den letzten zehn Sekunden um ein Drittel stärker geworden war. »... Captain, Sie fliegen auf etwas zu, wo sich einiges zusammenbraut!« warnte er noch. »Sie haben schon immer Gespenster gesehen, Cham«, polterte Bradock. »Halten Sie die Augen offen und den Kahn unter Dampf. Was machen die Reparaturkommandos?« Auf der kleinen Bildscheibe der Vipho-Anlage war zu sehen, wie Mett Cham verärgert abwinkte. »Die Männer sind doch erst seit einer Stunde dabei, einmal die Hauptschäden festzustellen. Ich habe noch nichts zu melden ...« »Schade, daß ich nicht an Bord bin, ich würde den Burschen einheizen, daß ihnen die Tränen kämen!«
Das war typisch für Jon Bradock. Immer wieder verlangte er von seinen Männern ein Übermaß an Leistungen, aber immer wieder auch hatte er ihnen gezeigt, daß er sich selbst nicht schonte. In dieser Beziehung war er der Kommandant, der auf einen Forschungsraumer gehörte. Und mit bescheidenem Stolz hatte seine Besatzung oft genug gehört, daß die FO III der Forschungsraumer sei, der mit den besten Resultaten nach Terra zurückkäme. Die Männer der FO III wußten aber auch, daß sie diese ständigen Erfolge dem Mann zu verdanken hatten, den sie den größten Sklavenhalter der Galaxis nannten: Jon Bradock. Da rührte sich auch Leutnant Allan Ville hinter den Ortungen. »Captain, wir liegen in einem fremden Peilstrahl, und der Strahl kommt genau aus der Ecke, die meine Energie-Ortung anzeigt. Aber schwach ist die Peilung. So schwach, daß ich sie gerade erfassen kann.« »Dann halten Sie sie mal schön fest ...«, nuschelte Bradock, der sich auch durch diese Meldung nicht erschüttern ließ. »Wie weit haben wir denn noch?« »Hundertachtzehn Kilometer ...« »Na, dann sind wir ja gleich da!« * Der Kontrollstand unter der Rano-Kuppel war normal besetzt. An der halbkreisförmigen Instrumentenwand flammten im ununterbrochen Kommen und Gehen Leuchten auf, die fast farbloses Licht abstrahlten. Sie schienen in ihren Funktionen etwas Sinnloses darzustellen, und waren dennoch die letzte Kontrolle. Fünf Roboter, fest mit dem Boden verbunden, beobachteten aus ihrem Linsensystem die Anzeige der Instrumente. Fünf Zylinder, die weder Arme noch Beine besaßen, aber die Kommandanten der Station waren. Der mittlere war fast doppelt so groß wie die anderen vier, und auch breiter und schwerer. Seine Linsenkonstruktion war auf eine ovale, von innen heraus gelblich leuchtende Scheibe gerichtet, die ein sich im Rhythmus bewegendes Gittermuster zeigte. Die Felder der einzelnen Dreiecke, Vierecke und Fünfecke waren mit den verschiedensten Farben ausgefüllt, die sich ebenfalls ständig änderten. Auch das verstärkte den Eindruck, vor einem sinnlosen Wirrwarr zu stehen, doch der große Roboter las die Aussage des Rasters, wie Terraner ein Buch lasen. Im Süd-Bereich der ovalen Scheibe tauchte mitten in einem grünen Dreieck ein grell leuchtender Punkt auf, der eine Lichtkugel absetzte, die sich in immer größeren Spiralbahnen von ihm entfernte. Mit der Entfernung wuchs seine Umlaufgeschwindigkeit. Die einzelnen verschiedenfarbigen Felder der Gitterkonstruktion bildeten kein Hindernis. Die Lichtkugel berührte ein blaues Feld, wechselte in ein orangefarbiges über und blieb plötzlich in einem titanblauen stehen. Die Haltung des festmontierten großen Roboters veränderte sich nicht. Doch in seinem Innern hatten sich einige tausend Impuls-Kreise geschlossen, und über viele Phasen liefen die Impulse zu bestimmten Knotenpunkten, wo von Rhin-Relais in die richtigen Bahnen gelenkt wurden. Die Lichtkugel befand sich nach wie vor im titanblauen Fünfeck. Unmerklich langsam bewegte sie sich darin. Sie steuerte genau 18 Grad West und 44,3 Grad Süd an. Der Kurs, den der Jett mit Bradock und seinem kleinen Team flog!
Einer der Haupt-Impulse erreichte sein Ziel. Mehrere tausend Meter tief im Urgestein, abgesichert durch starke Rano-Platten, die fugendicht zusammensaßen, wurde ein Hypersender eingeschaltet. Sechs kleine, faustgroße Antennenkugeln schnellten gleichzeitig aus der grauen Grundplatte heraus, nahmen verschiedene Winkelstellungen an und begannen wie Diamanten zu blitzen und zu funkeln. Unter der Verkleidung des haushohen Hypersenders wurde aus mehr als zwei Milliarden vorbereiteten Orders eine bestimmte angeregt. Sie gab ihren Inhalt an den ersten Kreis der Sendeanlage ab. Zwei kleine Gehirne überprüften noch einmal den Text des Befehls, verglichen ihn mit dem des Haupt-Impulses und hoben die Sperre des ersten Sendekreises auf. Der Hyperfunksender konnte arbeiten. Er funkte mit einer Dauer von einer Zehntausendstel Sekunde. Er funkte in diesem kurzen Zeitabschnitt mehr als siebenhundertfünfzig Befehle, von denen jeder wenigstens acht bis zwölf Nebenaufträge enthielt. In sechsfacher Ausführung waren die Order hinausgegangen. Sechs große Hyperfunk-Empfänger auf den drei Zwillingen des S-Sonnen-Systems fingen die Order auf und gaben sie entschlüsselt an den großen Verteiler weiter. Der größere Planet des dritten Zwillings, auf dem eine unerlaubte Landung durch ein fremdes Raumschiff stattgefunden hatte, schloß damit die erste Stufe seines Gegenschlages ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Jett mit Jon Bradock und seinen drei Begleitern noch etwa zweihundert Kilometer von jener Stelle entfernt, den die terranischen EnergieOrtungen angemessen hatten. Im Kontrollstand unter der Rano-Kuppel hatten auch die anderen vier Roboter ihre Aufgaben erledigt. Kommando-Impulse nach 6, 5, 4, 3, 2 und 1: Alle Raumer startbereit machen! Auf den sechs inneren Planeten des S-Sonnen-Systems liefen die Hauptkonverter in aber Tausenden Raumschiffen an, die seit vielen hundert Jahren zum erstenmal wieder aktiv wurden. Die Order an die Strahlstellungen betraf nur den Planeten 5, aber 6, 4, 3, 2 und 1 hatten Feuerbereitschaft nach 5 zum Kontrollstand zu melden. Bergkuppen von einigen Quadratkilometern Ausdehnung wurden angehoben. In den Rissen, in die kein Erdreich einstürzen konnte, waren schwere ranoverkleidete Strahlantennen zu sehen, die von komplizierten Steuergeräten noch in der Tarnung justiert wurden, um jeden Moment feuerbereit zu sein. Die zimmergroßen Zentralen in den Depots I bis IV schalteten die gewaltigen EnergieErzeuger hoch, und binnen Sekundenbruchteilen wurden einige Millionen der eingelagerten Roboter aktiviert. Ihnen allen fehlte nur noch der Befehl zum Einsatz. Die achtundzwanzig A-Gravschächte, welche jedes Depot mit der Oberfläche des Planeten 5 verbanden, wiesen einen Durchmesser von dreiundsiebzig Metern auf. Sie waren in der Lage, binnen 3 Sekunden vierzehntausend Maschinenwaffen nach oben zu schaffen. Jedes Depot war laut Programmplan binnen 13,7 Minuten geleert. Einer der fünf montierten Roboter unter der Rano-Kuppel hatte nur eine einzige Aufgabe zu erfüllen: die Invasion des unbekannten Raumschiffes sofort zu melden! Er meldete sich über den Hyperfunksender, der sich in 32 Kilometer Tiefe, geschützt durch eine gewaltige Rano-Schale, auf dem Planeten 1 befand.
Ein Ungetüm, mehr als hundert Meter lang, achtundsechzig Meter breit und sechsundvierzig Meter hoch, stand allein für diese Aufgabe auf dem Planeten 1 bereit! Die Antenne war der Planet 1! Und da die S-Sonne zu jeder Zeit einen winzigen Bereich seines Abstrahlungsraumes abdeckte, hatten die Planeten 3 und 4 laut Programm diese Lücke zu beseitigen, in dem Teile ihrer Oberfläche ebenfalls die Aufgabe einer Hyperfunkantenne zu erfüllen hatten. Die Nachricht von der Invasion im S-System ging hinaus. Im Programm des Roboters war nicht der Auftrag enthalten, Bestätigung zu verlangen. Er hatte damit seine Pflicht getan und schaltete sich selbst wieder auf Warte-Stellung. Die mittlere Maschine jedoch kam nicht zur Ruhe. Sie ließ das anfliegende kleine Objekt mit einem schwachen Peilstrahl erfassen. Ebenso den unbekannten Raumer, der auf einem Gipfel gelandet war und gemessen an seinem emittierten Energie-Spektrum die letzten Vorbereitungen zu einem Start traf. Da erreichte ein Impuls den großen Roboter. Anfliegendes Objekt zu klein, um Strahl-Waffen gegen es einzusetzen! Er gab ihn sofort an zwei kleinere Roboter weiter und handelte entsprechend seinem Programm. Der Peilstrahl blieb stehen, aber die Feuerbereitschaft der nächstliegenden getarnten Strahlgeschütze wurde um drei Stufen herabgesetzt. Einige hundert Konverter schalteten automatisch herunter und gaben nur noch ein Minimum an die Eggess ab, eine Art Speicherbänke, die in Stoß-Impulsen den gesamten Vorrat abgeben konnten. Der Jett mit Captain Bradock und seinem Team war zu diesem Zeitpunkt noch vierzig Kilometer entfernt. Auf der ovalen, von innen heraus gelblich leuchtenden Scheibe, war sein Standort zu erkennen. Fünf weit auseinanderliegende Erfassungsstellen verfolgten den kleinen Flugkörper auf optischer Basis, hielten Kurs, Geschwindigkeit und Höhe ununterbrochen fest und gaben alle Daten unverzüglich an die Roboter unter der Rano-Kuppel weiter, deren Aufgabe es war, die übrigen Zentralen mit den sich ständig ändernden Werten zu versorgen. Nach wie vor waren sechs Planeten eines S-Sonnen-Systems bereit, den unbekannten Invasor in einem einzigen Feuerschlag zu vernichten. Der tastende zweite Peilstrahl, der das Raumschiff auf dem Berggrat festhielt, gab auf der Energie-Phase eine Meldung durch, die das Gehirn des großen Roboters belastete. Startbereitschaft erreicht, aber die Konverter im Schiff laufen seit 4 Zeiteinheiten mit unveränderter Kraft. Start unter diesen Bedingungen unmöglich. Die logistischen Feststellungen des Robotgehirns konnten für das Verhalten der Fremden keine vernünftige Erklärung finden. Diese nutzlose Energieverschwendung stand in keinem gesunden Verhältnis zu der Startbereitschaft des Raumers, weil die Tatsache unverändert blieb, daß eine Transition aus dem Stand nicht beabsichtigt war. Der große Roboter handelte jetzt nach eigenem Ermessen. Seine Funkorder aktivierte drei getarnte Stellungen im Gebirge. Zwei nackte Bergspitzen wurden um einige Meter angehoben, eine Felswand rollte etwas zur Seite, und die gewaltigen Rundungen schwarz schimmernder Kugelantennen wurden sichtbar. In den Tiefen der Stellungen setzte ein leichtes, aber durchdringendes Knistern ein. Die Kugelantennen, die auf massiven Metallstangen saßen, öffneten an einigen Stellen,
die alle in Richtung des fremden Schiffes zeigten, ihre schalenartigen Blenden. Ein kompliziert geschliffenes Prismenwerk aus graufarbigem Metall begann leicht aufzuglühen. Unweigerlich wurde der Eindruck erzeugt, daß hohe Hitzegrade entstanden, tatsächlich jedoch strahlte das Prismenwerk im eng begrenzten Bereich Kälte ab, die jedes höhere Lebewesen in Sekundenbruchteilen töten mußte. Als das Knistern in den Tiefen der drei Stellungen zu einem hellen Singen wurde, wechselte das Prismenwerk wie ein Chamäleon sein Aussehen, strählte im kräftigen Blau auf und erfüllte damit die Order, die ihm vom großen Roboter aus dem Kontrollstand unter der Rano-Kuppel zugefunkt worden war. In diesem Augenblick setzte der Jett, der von Captain Jon Bradock geflogen wurde, zur Landung an. Auf einer leichten Bodenwelle, mitten zwischen blühenden Sträuchern, die im leichten und warmen Wind ihr Blattwerk bewegten. Bradock und seine drei Begleiter hatten jenen Punkt erreicht, von dem ihre Ortungen behaupteten, daß hier die angemessene Energiequelle liegen müsse. Unter der Rano-Kuppel in ihrem Kontrollstand beobachteten fünf festmontierte Roboter das Tun der unbekannten Invasoren. * Mit steigender Beschleunigung jagte die POINT OF aus dem Col-System ihrem Transitions-Punkt zu, um im zeitlosen Ablauf vor Sol und ihren Planeten wieder existent zu werden. Wie gewohnt flog Commander Dhark sein Schiff, und im Ko-Sitz saß sein Freund Riker. Hin und wieder warf Riker ihm einen fragenden Blick zu. Dhark hatte in den letzten zehn Minuten kein Wort mehr gesprochen. Irgend etwas beschäftigte ihn stark, nur konnte Riker nicht herausfinden, worüber sich sein Freund Gedanken machte. Ruckartig bewegte er da den Kopf. »Dan ...?!« Frage und Anruf zugleich. »Ja?« Wieder ein kontrollierender Blick des Commanders über die Instrumente seines Pultes; eine Arbeit, die ihm wie Riker in Fleisch und Blut übergegangen war. Im Schiff war alles okay; der Sle arbeitete mit Vollast, und in ein paar Minuten würde der Checkmaster auf den Sternensog, auf den überlichtschnellen Antrieb, umschalten. Aber erst wenn die beiden Intervalle, die die POINT OF umgaben, nicht mehr existierten, war eine Transition möglich. Warum die Mysterious ihrem Schiff eine derartige Transitions-Technik mitgegeben hatten, war nicht zu erklären. Denn in dem Moment vor der Transition war der Ringraumer, bar seiner Mini-Welträume, schutzloser und gefährdeter als ein Raumer vom Kugeltyp. Die Sicherheit, die ihm das Unitall gab, besaß nur begrenzte Dauer. Auch Unitall, ein Kunstprodukt der verschwundenen Geheimnisvollen, konnte durch DauerStrahlbeschuß zerstört werden, und sein atomarer Zerfall war in seiner Wirkung mit der gleichzeitigen Explosion von einigen hundert schwersten Atombomben zu vergleichen. Dan Riker staunte über sich selbst, weil er daran denken mußte, während er darauf wartete, was sein Freund ihm sagen wollte. Wie lange habe ich mir über diesen Punkt schon keine Gedanken mehr gemacht, fragte
er sich, und wurde dann durch Dharks Frage abgelenkt. »Dan, weißt du noch, daß wir bei jedem Flug in Richtung Erde, in einem bestimmten Sektor der Milchstraße, immer wieder auf rätselhafte Weise geortet und dann von allen möglichen Intelligenzen mit ihren Schiffen angegriffen wurden?« Riker richtete sich überrascht in seinem Ko-Sitz auf, holte tief Luft, schüttelte den Kopf, stieß ein langgezogenes Puhhh aus und erwiderte: »Andere Sorgen hast du nicht, Ren?« »Sorgen?« Das Lachen klang nicht besonders froh. »Sorgenpakete! Was haben wir auf dem Planeten Mirac zurückgelassen? Was haben wir in dem fremden Flash gefunden? Dann dieser Dauer-Ruf von sieben unbekannten Stationen in der Galaxis! Unsere POINT OF ist ein Transmitter, und wir haben keine Ahnung davon, wie er arbeitet. Aber wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, daß eines Tages eine Armee von Mysterious-Robotern im Schiff steckt. Du ...« Er machte wieder eine Pause und strich sich über seine hohe Stirn. Leicht im Steuersitz zusammengesunken, wirkte er wie ein Mann, der müde geworden ist. »Dan, wenn ich mir das alles der Reihe nach überlege und auswerte, dann haben wir in den letzten Monaten und Jahren immer wieder winzige Rätsel gelöst, aber mit jeder Rätsellösung ein neues, noch größeres Rätselpaket zugeschoben bekommen. Es ist wie eine Kettenreaktion gewesen. Wie ein verteufeltes Schneeballsystem. Manchmal ist mir schon der Verdacht gekommen, daß wie alles anfangen, aber keine Sache zu Ende führen und ...« Riker protestierte. Was sein Freund gerade behauptet hatte, war eine Verdrehung der Tatsachen. Sie waren einfach durch neue, unerwartete Ereignisse nie dazu gekommen, einen einzigen Fall so gründlich aufzuklären, wie er es erforderte. »Ren, du hast deine pessimistische Stunde. Hat Bultons Schwarzmalerei über seinen Stiefbruder Bradock dich stärker angegriffen als du es selbst empfunden hast?« »Bradock ...« Der Commander winkte ab. Er wollte noch mehr sagen, aber der Anruf aus der Funk-Z hinderte ihn daran. Elis Yogan meldete sich. »Commander, eine Nachricht aus Cent Field. Dort hat man einen unwahrscheinlich kurzen, aber ebenso starken Hyperfunk-Impuls aufgefangen, der so stark komprimiert gewesen sei, daß er bisher nicht in Klartext zu bringen wäre. Und dieser Impuls sei aus dem Spiralarm II/a gekommen, Ausgangspunkt im zweiten Drittel. Benutzte Frequenz habe im Bereich der Wellenlänge gelegen, auf der sieben Stationen den Dauerspruch abgestrahlt hätten. Commander, interessiert Sie diese Nachricht, ja? Dann gebe ich Sie Ihnen im vollen Wortlaut herein.« »Nein, danke, Yogan. So wichtig scheint die Meldung aus Cent Field doch nicht zu sein. Ende, Yogan.« Und auch Dan Riker ahnte nicht, daß sein Freund Dhark damit einen zweiten schweren Fehler begangen hatte. Die Lawine, die aus dem Raum auf Terra zuraste, war nicht mehr aufzuhalten. Dhark nahm sein Gespräch mit Riker wieder auf. »Bradock ... nein, dessen verstümmelter Ruf hat mich wohl etwas beunruhigt, doch daß ich allein deswegen nach Terra zurückfliege? Alles, was uns seit Wochen und Monaten wie eine unübersteigbare Mauer umgibt, und diese Mauer ist höher und höher
geworden, läßt mir keine Ruhe mehr. Dan, ich kann es dir kaum erklären, aber seit dem Augenblick, wo ich in dem Flash dieses Emblem einer Galaxis gefunden habe, bin ich unruhig wie noch nie in meinem Leben. Unter uns gesagt, Dan, ich habe zum erstenmal Angst vor der Zukunft. Ich habe Angst vor dem, was auf uns zukommt!« »Spinnst du?« »Es wäre schön, Dan.« Ren Dhark hatte die offenherzige Frage seinem Freund nicht übelgenommen. Die Offiziere im fünfundzwanzig mal fünfundzwanzig Meter großen Leitstand der POINT OF konnten nicht verstehen, worüber sie sich unterhielten. »Aber ich glaube nicht, Gespenster zu sehen. Wenn ich mir nur erklären könnte, warum ich auch die Untersuchungen der Transmitter-Anlage im Höhlensystem nicht zu Ende geführt habe. Dan, was ist mit uns los?« Er sah seinen Freund so herausfordernd an, daß es Riker unter dem durchdringenden Blick eigenartig wurde. Von dieser Seite hatte er Ren Dhark selten erlebt. »Wir haben uns übernommen, Ren. Wir haben uns mehr zugemutet, als unser Körper leisten konnte. Wahrscheinlich steckt uns noch die Aktion Nor-ex, in den Gliedern. Oder der Aufenthalt im Karmin-Universum war strapaziöser als wir es glaubten. Du schüttelst den Kopf?« Ren Dhark gab ihm keine Antwort. Er wußte nicht, was er Dan Riker sagen sollte. »Ertobit ...«, murmelte er, doch Dan hatte ihn dennoch verstanden. »Mein Gott!« stieß er wie von einem Schlag getroffen aus. »Ertobite Konverter!« Der Ausdruck ertobit war vom Checkmaster geprägt worden. Niemand hatte ihn zunächst verstanden, bis Miles Congollon, der 1. Ingenieur der POINT OF, in einer Katastrophensituation plötzlich begriffen hatte, was damit gemeint war. Ertobite Konverter waren Energieerzeuger, die nicht mehr angefahren werden konnten, weil sie leergebrannt waren. Und einige der dreiundzwanzig Konverter des Ringraumers waren ertobit geworden! Und kein Mensch wußte, wie diese kugelförmigen, nahtlos geschlossenen Aggregate wieder beschickt werden konnten! »Ja, mein Gott!« wiederholte Ren Dhark. »Sind wir nicht bodenlos leichtsinnig, aber Tausende Lichtjahre weit durch die Galaxis zu fliegen und dabei keine Ahnung zu haben, wie lange die Konverter noch Energie liefern?« Der Checkmaster des Ringraumers schaltete vom Sle auf den Sternensog um. Der blauschimmernde Unitallring hatte die Lichtmauer durchbrochen und raste nun mit Überlicht auf seinem alten Kurs weiter, ohne dabei das Raum-Zeit-Gefüge zu verlassen. »Noch keine Transition?« fragte Dan seinen Freund, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. »Wir müssen Energie sparen ...« Der Commander versank ins Grübeln. Mit der Verantwortung, die auf seinen Schultern ruhte, fühlte er sich wieder einmal allein. Ist das ein Leben? fragte er sich. Immer wieder zu neuen Aufgaben eilen, vor neuen Problemen stehen, und immer wieder alles zu wagen? Was bin ich denn? Commander der Planeten? Ein verdammter Job! Andere – und in Gedanken seufzte er schwer – andere haben eine Frau, sind verliebt, haben Kinder, ein Heim, und ich habe ein paar Zimmer in Alamo Gordo, und wenn ich mich darin aufhalte, fühle ich mich wie ein Fremder, der irgendwo zu Hause ist. Er sah die Instrumente auf dem langgestreckten Pult. Er sah die Bildkugel, das Auge
der POINT OF, darüber stehen. Er sah den Weltraum mit seiner tödlichen Schwärze und die punktscharfen Lichtquellen – nahe und ferne Sonnen. Er sah jene Sterne, nach denen er sich als Junge gesehnt hatte. Sie waren sein Traum gewesen. Sie hatte er einmal erreichen wollen. Und nun brauchte er nur nach ihnen zu greifen. Er konnte befehlen: Den oder den Stern anzufliegen, und seine Befehle wurden ausgeführt. Aber befriedigte ihn die Erfüllung seiner Wünsche? Dan Riker störte ihn nicht, und Ren war seinem Freund dankbar, daß er ungehindert seinem Grübeln nachgehen konnte. Waren nicht die Erbauer seines Schiffes, die Mysterious, der Punkt, um den sich seit der Entdeckung des Ringraumers alles drehte? Warum waren sie vor tausend Jahren spurlos verschwunden? Warum gab es keine Abbildungen von ihnen? Warum konnte sich keine einzige jener Rassen, die die Menschen inzwischen kennengelernt hatten, erinnern, welches Aussehen die Geheimnisvollen gehabt hatten? Durfte man den unklaren Aussagen der Utaren glauben, die in den Mysterious die Grakos sahen und sie als die Geißel der Galaxis betrachteten? Er hatte die schwarzen Weißen vom Planet Hidplace nicht vergessen – Roboter, die das Aussehen von schwarzhäutigen Menschen ohne jeden negroiden Einschlag hatten. Er glaubte die riesengroße Plastik auf dem Planeten Mirac vor sich zu sehen; das Standbild eines Menschen; ein Mensch ohne Kopf und Arme, aber unverkennbar der Mensch! Und als Menetekel den zerstörten und ausgeplünderten Ringraumer, das Gegenstück zur POINT OF! Seine Gedanken sprangen nach dem Planeten Hope, zum Kontinent Deluge, mitten hinein in den Industrie-Dom! Neunhundert Quadratkilometer groß. Neunhundert Meter hoch die meisten MammutAggregate; alle fugendicht verkleidet. Sie gaben nicht preis, was sie produzierten; sie hatten bis zum Tag nicht verraten, woher die Grundstoffe kamen, wohin die Produkte geschafft wurden. Aber daß sie produzierten, stand fest. War damit nicht der Beweis erbracht worden, daß die Mysterious noch leben mußten? Ihre Roboter waren doch noch aktiv. Tausend Jahre nach ihrem Verschwinden von Hope. War das nicht auch ein Beweis, daß die Geheimnisvollen irgendwo in der Milchstraße lebten? Aber warum hatten sie dann plötzlich ihre Rolle als Beherrscher der Galaxis abgegeben? »Nein, die Mysterious können nicht die Grakos sein!« Ren Dhark hatte seinen letzten Gedanken ausgesprochen. Er begriff es erst, als er bemerkte, wie prüfend sein Freund ihn musterte. »Schluß damit!« sagte er energisch und richtete sich auf. »Es führt zu nichts. Dan, übernimm das Schiff, ja?« Er gab keine Erklärung ab. Sein Weg führte ihn in die Funk-Z. Elis Yogan saß lässig hinter einem Oszillo und rauchte. Der Commander trat neben ihn. »Da«, sagte Yogan, »das beobachten wir seit einer Viertelstunde. Mal wieder Blips, wie man sie vorher nie gesehen hat. Die kommen alle aus der gleichen Richtung. Spiralarm II/a, wie jener komprimierte Kurz-Impuls, den Cent Field aufgefangen hat.«
Ren Dhark ließ sich die Diagramme geben und studierte sie. Die Darstellung errechneter Werte des erfaßten Koordinatensystems war äußerst interessant und fremdartig. Als er die Meßwerte las, die die Energieleistung angab, mit der der unbekannte Sender arbeitete, zog er die Augenbrauen hoch. »Donnerwetter ...«, murmelte er, und er versuchte sich vorzustellen, wie groß jener Sender sein mußte, wenn er als Maßstab das Hyperfunkgerät der POINT OF nahm. Elis Yogan hatte seine Bemerkung verstanden. »So ein Ding müßten wir im Schiff haben, Commander. Damit könnten wir von einer Milchstraße zur anderen funken. Andromeda würde damit vor unserer Haustür liegen.« Yogans Augen leuchteten voller Begeisterung, und sie blieb sichtbar, selbst als der Commander sagte: »Glauben Sie, daß dieses unbekannte Funk-Aggregat in der POINT OF Platz hätte?« »Warum nicht, Commander? Hat es auf Hope nicht einmal einen Mini-Sender gegeben, der alle anderen an Leistung übertraf? Ich meine jenes siebeneckige Gerät, das zerstört wurde, als Arc Doorn damit experimentierte, und das uns nun hier in der Funk-Z fehlt ...« Damit hatte Elis Yogan auf eines der vielen Rätsel angespielt, die ungelöst geblieben waren. Auf der Flucht vor Roccos Fangkommandos hatte Amer Wilkins jenen Sender und Empfänger gefunden; draußen, zwischen dem Gebirge und der toten Stadt auf Deluge; ein Gerät von unvorstellbarer Leistung, aber erst als es unter unerklärbaren Umständen zerstört war, hatte sich herausgestellt, daß es zum Inventar der Funk-Z gehörte. Das Schott zur Funk-Z flog auf. Arc Doorn und Manu Tschobe standen vor dem Commander. Doorn, der Sibirier hatte nur gesagt: »Dhark, kommen Sie doch mit!« Und jetzt waren sie zu dritt unterwegs, doch weder der Afrikaner noch der andere hatten ihm gesagt, wohin sie ihn führten. Als sie das Deck wechselten, begriff Dhark alles. Eine Kabinentür wurde aufgestoßen. »Bitte«, sagte Tschobe und ließ Dhark den Vortritt. Er betrat die Kabine nicht. Er blieb an ihrer Schwelle stehen. Er sah auf die gegenüberliegende Wand. Er sah die Öffnung darin. Sie war viereckig, aber die Ringantenne, die den gesamten viereckigen, verhältnismäßig kleinen Hohlraum beherrschte, war im Gegensatz zum Unitall grau. Der Transmitter, durch den Manu Tschobe, Tim Acker und Jimmy von einer fernen Gegenstation auf die POINT OF gefunden hatten, lag vor ihnen! »Moment«, sagte Doorn und zwängte sich an Dhark vorbei. Er trat bis dicht an die Wand, blieb rechts stehen und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf einen bestimmten Punkt. »Hier ...« Er hatte den Punkt mit der Fingerspitze berührt, und aus beiden Seiten der viereckigen Öffnung rollten zwei rechteckige Unitallplatten, um den Transmitter wieder zu schließen. Danach suchte Dhark, der davor kniete, vergeblich nach einem Haarriß. Er suchte jene Stelle, auf die Arc Doorn gedeutet hatte. Aber seine tastende, über die Unitallfläche gleitende Hand fühlte nur das kalte Metall. »Hier!« sagte Doorn abermals, drückte seine Fingerkuppe auf einen Punkt und lautlos
rollten die beiden rechteckigen Unitallteile wieder zur Seite. »Raffinierte Bande, diese Mysterious. Jetzt bin ich doch neugierig, was wir in den Wänden der POINT OF noch alles finden ...« Ren Dhark hatte Doorns Worte nicht aufgenommen. Er studierte die TransmitterAntenne, die eine verkleinerte Wiedergabe der großen Anlage im Industrie-Dom war. Über sie hatten Tschobe, Acker und Jimmy die POINT OF erreicht. Aber woher waren sie gekommen? Auf welchem Planeten stand die Gegenstation? Und wie viele Lichtjahre weit war das nächste System entfernt gewesen, als sie gleich Gespenstern in der Funk-Z des Ringraumers aufgetaucht waren? Hatten die Astronomen nicht berechnet, daß damals die nächste Sonne 5,3 Lichtjahre entfernt gewesen war, doch als Träger eines Transmitters nicht in Frage kam, weil sie keine Trabanten besaß? Und der nächstfolgende Stern hatte in einer Entfernung von 6,01 Lichtjahren seine Bahn gezogen. Also über Lichtjahrdistanzen arbeiteten diese über tausend Jahre alten Anlagen der Geheimnisvollen. Mußte es über diese Kanäle nicht auch einen Weg geben, der direkt zu ihrem Heimatplaneten führte? Ren Dhark sah die narrensichere Anlage, mit der man von einer Einbahn-Richtung auf die andere schalten konnte. Dieses Schema war jenem ähnlich, das inzwischen den terranischen Wissenschaftlern bekannt war, nachdem man die Transmitter-Verbindung zwischen dem auf Hope entdeckten Tofirit-Vorkommen und dem Industrie-Dom entdeckt hatte. Dennoch war diese Schaltung etwas anderes. Sie war umfangreicher. Mehr als hundert mögliche Wege konnten damit eingestellt werden. Mit anderen Worten: Um das Col-System herum, zu dem auch der Planet Hope zählte, mußte es mehr als hundert Transmitter-Stationen geben! Und alle wurden, bis auf die in der POINT OF, durch die Roboter der Mysterious kontrolliert und instand gehalten. Seit tausend oder seit einigen tausend Jahren! Eine phantastische Vermutung? Unbewußt schüttelte Dhark den Kopf, nachdem er die Schaltung noch einmal überprüft hatte. Hundertundsechs verschiedene Wege konnte er damit einschalten. Und die Versuchung überfiel ihn, wenigstens eine Einstellung vorzunehmen. »Doorn – Tschobe ... bitte, treten Sie zurück!« Arc Doorn dachte nicht daran, der Aufforderung zu folgen. »Dhark, riskieren Sie nichts! Lassen Sie mich das machen!« Seine Worte unterstrich er dadurch, daß er versuchte, den Commander zur Seite zu schieben. Alte Kampfgenossen waren zusammen. Keine neugierigen Augen und Ohren belauschten sie. Der Sibirier konnte sich diese Eigenmächtigkeit ungestraft leisten. »Verschwinden Sie, Arc!« schnaubte Ren Dhark, der sich vom Forschungsfieber erfaßt fühlte. Mit dem Ellbogen verschaffte er sich Platz. Doorn knurrte: »Ich denke nicht daran. Nachher haben wir wieder die Arbeit, Sie aus des Teufels Küche herauszuholen!« Beide sahen sich an. Keiner wollte dem anderen den Vortritt lassen. Plötzlich lachte Ren Dhark auf. Schallend. Wie ein Junge. Er knallte Doorn die Hand auf die Schulter. »Okay, Arc, dann übertrage ich Ihnen die Aufgabe, gut auf mich aufzupassen, damit
mich kein Roboter in die Antenne zieht. Aber jetzt bitte einen halben Schritt zurück, sonst trete ich Ihnen derart kräftig auf die Zehen, daß Sie freiwillig die Stellung räumen.« Der Sibirier mußte das letzte Wort haben. »Schade, daß Sie der Commander der Planeten sind. Wirklich schade ...« Sie verstanden sich prachtvoll. Jeder war zum anderen ehrlich. In dieser Kabine der POINT OF gab es kaum Rangunterschiede; und damals, im Höhlensystem des Kontinents Deluge, auf der Flucht vor Roccos Rollkommandos, hatte es sie auch nicht gegeben, nur mit dem feinen Unterschied, daß sich auch der älteste der Deportierten widerspruchslos Ren Dharks Befehl unterstellt hatte. Ren Dhark schob seinen rechten Arm in den winzigen Transmitter-Raum, dessen Antenne etwas mehr als zwei Meter fünfzig Durchmesser besaß und genauso angebracht war wie die große im Transmitter-Raum des Industrie-Doms. Er überflog noch einmal die Mysterious-Zahlensymbole, die jedem an Bord der POINT OF geläufig waren. »Weg 36 werde ich aktivieren ...« Zwei Tastschalter mit den Werten drei und sechs arretierten ein. Lautlos. Zwei Kontrollen leuchteten auf. Nach den Erfahrungen, die sie durch die Mentcaps bezogen hatten, bedeutete das Leuchten: Rot! Die Gegenstation sprach nicht an. Wahllos drückte Dhark die Wert-Tasten fünf und neun. Neunundfünfzig! Abermals rot! Auch bei elf. Dhark betrieb von diesem Moment an seine Versuche systematisch. Er begann bei eins. Bis zweiundsiebzig verlief alles negativ. Als Ren Dhark den Weg dreiundsiebzig eingeschaltet hatte, kam zum erstenmal das Freizeichen. Die Transmitter-Anlage der POINT OF arbeitete. Aber wohin führte der Weg? Manu Tschobe, der hinter den beiden anderen stand, fühlte sich nicht besonders wohl in seiner Haut. In leicht bissigem Ton sagte er: »Dhark, wenn Sie das zweifelhafte Vergnügen gehabt hätten, über ein paar Transmitter-Stationen von System zu System befördert zu werden, ich glaube, Ihnen wäre inzwischen auch die Lust vergangen, mit dem Gedanken zu liebäugeln, durch die Antenne zu treten.« »Tschobe, mit diesem Gedanken spiele ich nicht. Etwas anderes ist mir wichtiger: Wie können wir diese Schaltung blockieren? Ich habe keine Lust, eines Tages in der POINT OF einigen Mysterious-Robotern, die uns über diese Anlage besucht haben, die Hand schütteln zu müssen ...« »Oh, verdammt noch mal«, kam es über die wulstigen Lippen des Schwarzen, der an diese Möglichkeit noch nicht gedacht hatte. »Zwei von diesen Blechkameraden genügen, um sich in den Besitz des Ringraumers zu setzen!« »Ich hab's«, mischte sich Doorn ein, der jetzt den Commander zur Seite drückte. »Hier ...«, sagte er, und dann rasselte er eine Anzahl von Spezialausdrücken herunter, die alle
die Technik der Mysterious betrafen und von Normalterranern nicht verstanden werden konnten. Aber noch etwas kam in dieser Szene zum Vorschein: Arc Doorns unerklärbares Einfühlungsvermögen zu technischen Geräten, deren Funktionen ihm nicht klar waren. Einige Experten hielten ihn wegen seines Könnens für einen Menschen mit mutierten Eigenschaften, doch der Sibirier hatte bis heute nur darüber gelacht Manchmal war es ihm selbst unverständlich, warum andere nicht genauso empfanden wie er. Aufmerksam hörte Ren Dhark zu. Schließlich unterbrach er den erklärenden Sibirier: »Und wie kommen wir an die Schaltung heran, Doorn?« Sie war unitallverkleidet. Die Verkleidung war fugendicht. Über Doorns grobporiges Gesicht flog ein leichtes Grinsen »So ...«, sagte er, und bevor Dhark ihn daran hindern konnte, hatte er einen Schachtelsatz der Inklo-Verbindung herausgezogen und in die Tasche gesteckt. Die Kontrollen des Transmitters waren erloschen. Die beiden Wert-Tasten sieben und drei waren lautlos aus der Arretierung gesprungen. Betroffen sagte Ren Dhark: »Doorn, Sie hätten ein Haufen Asche sein können ...« Doorn griff schon wieder zu. Ein anderer Schachtelsatz lag in seiner Hand. »Für den Fall, daß das Ding einen Not-Konverter hat oder von der Gegenstation mit Energie beschickt werden kann. Trau einer den Mysterious!« Er sprach manchmal nicht besonders nett über sie, und er gehörte auch zu denjenigen, der sie schon oft verwünscht hatte, dennoch war seine Achtung vor der Technik der Geheimnisvollen beinahe übertrieben groß. Es machte ihm nichts aus, deswegen von Ingenieuren oder Wissenschaftlern hin und wieder einmal gehänselt zu werden. Er war neben dem Commander der einzige, der die besten Kenntnisse über die Technik der POINT OF besaß, und er war dazu so ehrlich, einzugestehen, daß sie alle, die diesen Raumer benutzten, so viel davon verstanden, wie eine Hausfrau von ihrem Kühlschrank, den sie jeden Tag benutzt. Tschobe war nach wie vor mißtrauisch. »Hoffentlich reicht das aus, uns die Roboter vom Hals zu halten. Bis ich sie kennenlernte, habe ich nie gewußt, wie unsympathisch sie mir sind.« »Das reicht ...« Über die Bordverständigung wurde der Commander von Dan Riker gesucht. »Ren, Marschall Bulton wünscht dich zu sprechen. Er hat eine unglaubliche Meldung von Colonel F. Huxley vorliegen ...« »Huxley ...? Huxley hält sich doch noch auf Terra auf ...« »Das glaubte ich auch. Ich mußte mich von Bulton unterrichten lassen, daß er mit seiner FO I längst wieder bei den Nogks steckt. Aber darüber später mehr. Ich gebe dir Bulton ...« Die Umschaltung erfolgte. Auf dem kleinen Schirm tauchte das Gesicht des cholerischer Marschalls auf. Hatte Bulton in den letzten Tagen schlecht geschlafen? Sein Gesicht wirkte alt, und seine Augen blickten müde. »Commander, Huxley hat uns über einen nogkschen Hypersender eine unglaubliche Nachricht zukommen lassen. Ich lese sie Ihnen im Wortlaut vor:
Colonel F. Huxley an Stab der TF, Cent Field und an Regierung in Alamo Gordo. Drei große Raumschiffverbände, etwa 4000 Lichtjahre zwischen den Spiralarmen I/a, könnten aufgrund ihrer vier Transitionsorte das Sol-System zum Ziel haben. Das Rechengehirn der Nogks behauptet mit einer Wahrscheinlichkeit von 81,3 Prozent, daß Terra das Ziel der drei Raumerverbände ist. Mit der nächsten Transition ist gegen 14:50 Uhr Normzeit zu rechnen. gez. Colonel F. Huxley Wir haben sofort versucht, mit Huxley Verbindung aufzunehmen, aber bis zur Minute keine bekommen. Es ist uns unverständlich, warum Huxley auf unsere dringenden Anfragen nicht reagiert. Auch auf der Frequenz, die von den Nogks benutzt wird, ist alles still.« Ungewollt mußte Dhark an die FO III denken. »Bulton, haben Sie inzwischen neue Nachrichten von Ihrem Stiefbruder?« »Nein. Ich ...« Bulton begriff plötzlich. Seine Augen weiteten sich. »Commander, Sie bringen die Warnung von Bradock mit der von Huxley in Verbindung? Aber die FO III ... Große Milchstraße, ja! Die FO III sollte den Sektor II/a, speziell den Randstreifen, der unserem Spiralarm gegenüberliegt, kartographisch aufnehmen und katalogisieren!« Ren Dhark ging nicht darauf ein. Er hatte begriffen, warum es ihn getrieben hatte, Hope zu verlassen und Terra anzufliegen. Er nahm die verstümmelte Warnung von Captain Bradock so wichtig, wie die Meldung von Colonel F. Huxley. Es war wenig wahrscheinlich, daß beide Nachrichten aus dem gleichen Grund abgegeben worden waren, aber diese Duplizität mußte auch einem einfältigen Menschen zu denken geben. »Bulton, welche Befehle hat die Flotte?« Im Stab der TF, in seinem Büro, richtete sich Marschall Bulton unwillkürlich auf, als er antwortete: »Commander, die Flotte verläßt zur Stunde das System, um weit vor der Plutobahn im Raum Position zu beziehen. Alle Ast-Stationen haben höchste Alarmbereitschaft. In einer halben Stunde unterbrechen die wichtigsten Nachrichtensender Terras ihr Programm und werden mitteilen, daß wir mit einer Invasion zu rechnen haben. Ich hoffe, daß Sie mit meinen Anordnungen einverstanden sind ...« »Haben Sie Trawisheim konsultiert, Bulton?« »Ja, er sitzt neben mir. Wollen Sie ihn sprechen. Commander?« »Ich nehme an, daß Trawisheim gut mithört. Bulton, ich habe nicht viel Zeit.« Leider sagte er nicht, daß die POINT OF kurz vor der Transition stand. »Wir müssen die Gefahr ins Auge fassen, daß Terra von einer Invasion ...« In diesem Augenblick sprang der Ringraumer. In diesem Augenblick riß die To-Funkverbindung mit Cent Field auf der Erde ab. Henner Trawisheim und Marschall Bulton auf Terra waren der Ansicht, daß Commander Ren Dhark viel mehr Einzelheiten über den Anflug der fremden Flotten wußte als er ihnen noch hatte sagen können und der Erde eine Invasion drohte. Henner Trawisheim nickte, als Marschall Bulton Alarmstufe 1 für die TF gab. * Oberleutnant Mett Cham wurde immer ungeduldiger, immer gereizter. Seine Stimmung
griff auf die anderen Offiziere über. Sie steckte die gesamte Mannschaft der FO III an. Gerüchte liefen durch das Schiff. Eins schlimmer als das andere. Captain Jon Bradock tot! Sein Jett mit Ville, King und Lyrs abgeschossen, nur Bradock gerettet! Die FO III kann nicht mehr starten! Achtzig Prozent der As-Onentriebwerke sind irreparabel! Cham hat einen Tobsuchtsanfall bekommen! Er bekam ihn, als er von haltlosen Gerüchten erfuhr. Aber dann wurde er zum Chef, zum Menschen, der andere zu führen hatte. Über die Bordverständigung sprach er auch zum letzten Mann. Er beschönigte nichts, aber er war auch kein Schwarzzeichner. »... Und nun noch ein Wort an die Reparatur-Kommandos. Je schneller die FO III wieder in der Lage ist, im Raum zu transistieren, um so größer ist unsere Chance, Terra wiederzusehen. Und damit Männer, hätte ich alles gesagt!« Er hatte allen etwas verschwiegen. Er hatte nicht gesagt, daß seit zehn Minuten die Verbindung mit Bradock abgerissen war, und er hatte der Besatzung verschwiegen, daß die FO III in einem Peilstrahl lag, der so schwach war, daß die Geräte ihn kaum feststellen konnten. Er konnte starten. Er konnte seine FO III bis an die Grenze der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Aber dann war alles zu Ende. Der Kugelraumer war kein Sprungschiff mehr. Bradocks Notlandung hatte so große Schäden im Schiff angerichtet, daß man von einem Transitions-Raumer nicht mehr sprechen konnte. Und Mett Cham hatte die Order des Captains nicht vergessen, bei der geringsten Gefahr zu starten, und ihn und seine drei Begleiter einfach zu vergessen. Mett Cham dachte nicht daran, diesen Befehl auszuführen. Aber er wollte sich vergewissern, ob die FO III tatsächlich in der Lage war, zu starten. Der 1. Ingenieur wurde unterrichtet. Der gab sein Einverständnis, bat aber darum, den Versuch so kurz wie möglich zu halten. »... Denn für die Dauer des Startversuchs haben die meisten Reparaturkommandos ihre Arbeit zu unterbrechen ...« Cham vergaß, daß er selbst ein Nörgler war. »Sie müssen auch immer was zu meckern haben!« fauchte er den 1. Ingenieur an und schaltete dann die Verbindung aus. Gillwick war sein Ko-Pilot. Kommandos an ihn. Die As-Onentriebwerke gingen mit ihren Leistungen hoch. A-Grav war klar. Ein Start damit brauchte nicht erprobt zu werden. Aber ob alle As-Onentriebwerke genügend Schub leisteten, mußte in der Praxis erprobt werden. Die FO III sollte nur vom Boden abheben und dann sofort wieder auf dem schmalen Gipfelgrat aufsetzen. Eine stärkere Belastung durfte Cham den teilweise leicht beschädigten Teleskopbeinen nicht zumuten. Der Haupthebel rastete ein. Die Instrumente und Kontrollen gaben den Start frei. Das Brüllen der Triebwerke steigerte sich. Die Schubwerte jagten in die Höhe. Ein Zeiger erreichte die Markierung seiner Skala, in deren Bereich die FO III bisher immer ihren Startplatz verlassen hatte. Sie rührte sich nicht. Mett Cham glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Auch den Angaben der
Meßinstrumente glaubte er nicht mehr. Blitzverbindung zum Triebwerksleitstand. Der 1. Ingenieur meldete alles klar. Er war immer noch über Oberleutnant Cham wütend, der ihn einen Meckerer genannt hatte. »Nein ... auch das nicht. Die Triebwerke, die ausgefallen sind, sind über den gesamten Ringwulst fast gleichmäßig verteilt. Der Kahn hängt also nicht auf einer Seite durch. Etwas anderes habe ich nicht zu melden. Das gleiche hätten Ihnen doch Ihre Instrumente auch sagen können!« Er zahlte ihm den Meckerer zurück. Wortlos hatte Mett Cham ausgetastet. Mit seinem Ko-Piloten war nicht viel los. Der Mann schwitzte, dabei hatte er erst vor drei Monaten das Große Patent erworben, als Kommandant Raumer zu fliegen. »Der Kahn muß doch hochkommen«, knurrte Cham und schaltete die dritte Sperre aus. In der FO III war kein Wort mehr zu verstehen. Die As-Onentriebwerke des Forschungsraumers brüllten. Der zweihundert Meter durchmessende Kugelrumpf zitterte in seiner Umhüllung, in allen Streben und Spanten. Die FO III auf dem Gipfel eines Dreitausenders rührte sich nicht. Ein Schrei aus dem Mund des mehr und mehr verzweifelten Oberleutnant Chams: »Vollast drauf ...!« Er ging dabei das Risiko ein, das der im Schiff liegende Ringwulst, der durch die Notlandung an einigen Stellen Schäden mitbekommen hatte, abriß. Er riß nicht ab. Seine Schäden wurden nicht größer! Die FO III startete nicht. Mett Chams Gesicht war schweißüberströmt. Der Haupthebel wurde auf Aus gerissen. Das Brüllen der As-Onentriebwerke verstummte abrupt. Im Leitstand sahen ihn seine Kameraden ratlos an. Er konnte ihnen nichts sagen. Er begriff nicht, warum das Schiff nicht abhob. Seine Stimme krächzte, als er Gillwick, dem Ko-Piloten, sagte: »Startversuch mit AGrav ...« Das hieß unter anderem, daß die FO III auf dem Gipfelgrat nach dem Abheben nicht mehr landen würde. Ihr Landeplatz würde irgendwo, ein paar tausend Meter tiefer, im dunklen Tal sein. Es war Gillwicks Aufgabe, die FO III mittels A-Grav abzuheben. Eine Aufgabe, die er nicht lösen konnte. Auch Mett Cham nicht, der ihn wütend aufgefordert hatte, ihm den Ko-Sitz zur Verfügung zu stellen. Dann wurde A-Grav auch auf Null geschaltet. Sie war nicht mehr erforderlich, die FO III davor zu schützen, in die Tiefe zu stürzen. Eine andere, unbekannte Kraft, die von außen kam, hatte diese Aufgabe übernommen. Es war dieselbe Kraft, die die FO III daran gehindert hatte, zu starten. Die Befehle des großen Roboters in dem Kontrollstand unter der Rano-Kuppel waren exakt ausgeführt worden.
»Wir werden festgehalten«, murmelte Mett Cham und gab den Ko-Sitz frei. »Wir werden festgehalten! Bradock, dein Entschluß, hier doch zu landen ...« Den Rest des Satzes sprach er nicht mehr aus. Dann stand er hinter der Lehne seines Sitzes und betrachtete die Instrumente und schüttelte den Kopf. Langsam begann ihm zu dämmern, warum die Verbindung mit dem Captain abgerissen war. Wahrscheinlich hatte diese Verbindung ihr Ende gefunden, als ein Fesselstrahl unbekannter Art nach dem Forschungsraumer gegriffen hatte. Als er kurz darauf von den Ortungen zurückkam, sagte er zu seinen Kameraden: »Jetzt können wir nur noch auf ein Wunder hoffen.« Im Hintergrund des Leitstandes sagte ein blutjunger Leutnant: »Hoffentlich gelingt es dem Captain, Verbindung aufzunehmen und die anderen zu überzeugen, daß wir friedfertig sind ...« Oberleutnant Mett Cham erhoffte sich gar nichts mehr. Auch nicht von seinem Captain. »Gillwick, übernehmen Sie das Schiff!« Er kam sich im Leitstand der FO III so überflüssig vor, und doch durfte er in dieser Situation die Zentrale nicht verlassen. Es war immerhin möglich, daß es dem Captain doch noch gelang, auf einer ausgefallenen Frequenz zu seinem Schiff durchzudringen. Kaum war Cham dieser Gedanke durch den Kopf geschossen, als er über die Funk-Z aus dem Lautsprecher die Stimme Bradocks hörte: »Na, endlich, Cham! Spitzen Sie die Burschen in der Funk-Z mal an, etwas rühriger zu sein und mir nicht alle Arbeit zu überlassen. Und wie steht's sonst, Cham? Ist das Schiff startklar?« »Nein!« bellte Cham, dessen Ratlosigkeit damit heraussprudelte. »Die FO III kann nicht starten. Ein Fesselfeld hält das Schiff fest. Wir kommen auch mit A-Grav keinen Zentimeter hoch.« »Ein Fesselfeld?« echote Jon Bradock. »Verdammt, diese Burschen können ein bißchen mehr als wir. Cham, haben Sie die Orte erfaßt, von denen die Fesselfelder ausgehen?« »Wir sind dabei ...« »Dann legen Sie etwas mehr Tempo vor. Ich glaube, man läßt uns hier nur noch wenig Zeit. Und dann, Cham, wenn Sie genau die Stellen geortet haben ... mit allen verfügbaren Gravitations-Schleudern drauf! Mann, Sie müssen jetzt mehr als sonst riskieren, sonst kommen Sie von diesem Planeten nie mehr weg. Aber der Teufel hole Sie, wenn Sie auf meine drei Männer und mich Rücksicht nehmen. So wie Sie merken, daß Sie mit Ihren Gravitationsschleudern Erfolg haben, starten ...! Einen Blitzstart hinzaubern. Ich an Ihrer Stelle würde in ein paar tausend Metern Höhe eine Transition versuchen. Einfach ins Blaue hinein. Haben wir uns verstanden?« Der Erste hatte seinen Kommandanten verstanden, aber war mit dessen Plan nicht einverstanden. Denn noch konnte die FO III nicht transistieren. Ein Teil der Schäden mußte noch beseitigt werden. Dazu enthielt Bradocks Plan zu viele unberechenbare Faktoren, und Mett Cham war nicht der Mann, der Fortuna allzusehr traute. Aber die Idee, die Gravitationsschleudern einzusetzen und die Stellen, von denen die Fesselfelder ausgingen, unter hohe Schwerkraftwerte zu bringen, war verlockend. »Okay, Captain, ich habe verstanden!« sagte Mett Cham. »Wir bleiben mit Ihnen aber in ununterbrochener Sicht-Sprechverbindung ...«
»Einverstanden«, erwiderte Bradock, »wenn nicht einer von den Burschen hier wieder auf eine Phase tritt. Wir sehen uns jetzt mal die Umgebung ein bißchen genauer an. Und Sie haben das Schiff aus diesem S-Sonnensystem hinauszubringen. Cham, ich halte Ihnen und den Männern die Daumen. Ende!« Mett Cham stemmte in der Zentrale der FO III seine Hände gegen die Hüften und blickte mit verbissenem Gesicht von einem Offizier zum anderen. »Mir schmeckt es nicht, den Kommandanten und sein Team im Stich zu lassen.« Rundherum nickte man Zustimmung, aber man hatte auch Bradocks Warnung nicht vergessen, daß man ihnen nur noch wenig Zeit zu einer Gegenaktion lassen würde. »Also ...!« Cham hatte seinen Entschluß getroffen, als er die Koordinaten erhielt, die exakt jene Stellungen bezeichneten, von denen die Fesselstrahlen ausgesandt wurden. Der Erste hatte vergessen, daß der Captain alle Vorgänge im Leitstand der FO III über sein Vipho beobachten konnte. Jon Bradock war beruhigt. Er nickte Leutnant Allan Ville unternehmungslustig zu und meinte: »Jetzt wollen wir uns mal diese Ecke genauer ansehen. Alles klar, Ville?« Der überprüfte noch einmal seine beiden tragbaren Geräte, blickte kurz auf und nickte. Epher King und Manny Lyrs warteten schon darauf, daß sie endlich vom Fleck kamen. Immer wieder musterte der Sergeant mißtrauisch die Umgebung, die doch so harmlos aussah. Er merkte kaum auf, als Bradock, der seine Unruhe festgestellt hatte, ihn fragte: »Wo drückt Ihnen denn der Schuh, Lyrs?« »Überall, Captain. Dieser Planet mit seiner gepflegten Landschaft hat es in sich. Weshalb zeigt sich uns niemand, obwohl unser Jett in einem Ortungsstrahl gelegen hat?« Jon Bradock fühlte sich nicht besonders wohl, aber er war auch nicht bereit, Manny Lyrs' großes Unbehagen zu übernehmen. »Wenn die Bewohner dieses Planeten nicht zu uns kommen, dann müssen wir sie eben besuchen.« Er warf Leutnant Ville einen fragenden Blick zu. Der betätigte an seinem tragbaren Energie-Ortungsgerät die FeinEinstellung. »Genau vor uns. Knapp dreihundert Meter. Unter dem kleinen Hügel, Captain. Aber alles steckt ziemlich tief im Boden. Bis zu vier Kilometer unter der Oberfläche messe ich starke Konverter, oder was es sonst sein mag. an. Da ...« Er hielt ihm die kleine Scheibe hin, über die ein Gewirr von Blips zuckte. »Jetzt haben sie noch weitere Stromerzeuger angefahren. Großer Himmel, das müssen ja Riesenaggregate sein ...« Interessiert beobachtete Jon Bradock das Gerät und erinnerte sich daran, wie unbekannte energetische Kräfte seine FO III beim Einflug ins System gestoppt und dann regelrecht aus dem Planetenreigen hinausgeworfen hatten. Er wunderte sich über die phantastischen Leistungen dieser unbekannten EnergieErzeuger nicht mehr. Plötzlich drängte er, sich den Hügel genauer anzusehen. »Und wir müssen den Eingang finden. So schnell wie möglich, Männer!« In der FO III hatte Mett Cham seine Befehle gegeben. Der 1. Ingenieur im Triebwerksraum hatte seine Bedenken geäußert. »Cham, das Schiff ist nur zu siebzig Prozent klar. Was Sie riskieren wollen, ist eine Einladung zu einem Himmelfahrtskommando ...!« »Ich weiß!« hatte Cham knapp erwidert. »Wissen Sie einen anderen Ausweg, um aus den Fesselfeldern frei zu kommen?« Der 1. Ingenieur wußte keinen. Die Mannschaften hinter den Gravitationsschleudern meldeten ihre Aggregate
einsatzklar. Cham stand hinter Gillwick, der die FO III übernommen hatte. »Sie wissen, um was es geht, Gillwick. Bringen Sie den Kahn hoch, sowie Sie merken, daß die Fesselfelder zusammenbrechen. Ich glaube, wir haben dann nur ein paar Sekunden Zeit, um von diesem Höllenplaneten zu verschwinden. Werfen Sie das Schiff nicht gegen eine Felswand.« Gillwick lächelte verkrampft. Er war bereit, sein bestes zu tun. Doch lieber hätte er es gesehen, wenn Mett Cham die FO III gestartet hätte. Der Erste versuchte noch einmal mit dem Captain zu sprechen. Jon Bradock meldete sich sofort. Die Verständigung war ausgezeichnet. »Okay, Cham. Mit allem einverstanden. Epher King wird von hier aus versuchen, den Start des Schiffes zu beobachten. Wir stehen im Augenblick vor einem verschlossenen Eingang, der uns den Weg in den Hügel versperrt. Nochmals, Cham, Hals- und Beinbruch!« Im Leitstand des Forschungsraumers wurde ein Bildschirm wieder grau. Cham schüttelte den Kopf, und ungewollt murmelte er: »Der Captain hat sich und seine drei Männer abgeschrieben. Ein verfluchtes Gefühl, sie einfach im Stich zu lassen ...« Dann erinnerte er sich seiner Aufgabe. Er beugte sich zu den Sprechrillen der Bordverständigung vor. Mit einem Schalterdruck bekam er Verbindung zu den Mannschaften, die die Gravitationsschleudern betätigten. »Leistung auf Maximum?« vergewisserte er sich durch nochmalige Rückfrage. »Auf Maximum ...« Mit elf Gravitationsschleudern waren jene drei Stellen zu erreichen, die Fesselfelder entwickelten und den Raumer am Start hinderten. Mett Cham rechnete im stillen damit, daß die Energie-Zentralen der unbekannten anderen durch Roboter besetzt sein konnten, wenn sie nicht vollautomatisch arbeiteten Selbst im letzteren Fall mußte die Automatik unter den hohen Gravoswerten wenigstens teilweise zusammenbrechen, wenn die Schwerkräfte schlagartig wirksam wurden »Achtung, X-Zeit läuft«, schnarrte Mett Cham, als er sah, wie der Chrono des Leitstandes die verabredete Zeit angab. Nur noch die Katastrophen-Blockierung hätte jetzt die Einsatz der Schleudern verhindern können. In der FO III stieg die Leistung der einsatzklaren Konverter drei Sekunden vor X minus Null auf Maximum. Von der Energie-Ortung kam die letzte Meldung: »Position der Fesselfeld-Quellen unverändert!« Und dann war es soweit! Einsatz der Gravitationsschleudern! In der FO III heulten ein halbes Hundert Aggregate. Dem 1. Ingenieur in der Triebwerkszentrale brach der kalte Schweiß aus, als er feststellte, daß drei provisorisch reparierte Konverter hochzugehen drohten; dennoch wagte er nicht sie abzuschalten. Der Start der FO III hätte durch dieses Abschalten unmöglich gemacht werden können. Zwei Offiziere hockten unter fiebernder Spannung hinter der Energie-Ortung. Sie warteten darauf, daß das Fesselfeld unter den hohen Gravoswerten zusammenbrach und dem Forschungsraumer den Start freigab.
Und worauf die beiden Männer seit Sekunden warteten, trat ein. Schlagartig verschwanden die Fesselfeld-Blips vom Oszillo! Meldung an Mett Cham! Ein einziger Aufschrei. »Starten!« brüllte der Erste Gillwick zu. Blitzschnelles Umschalten aller Konverter auf die As-Onentriebwerke der FO III! Gillwick bewies, daß er auf Terra eine erstklassige Ausbildung erfahren hatte. Von Titanenkräften gehoben, löste sich der Raumer vom Gipfelgrat. Die FO III startete! Terraner hatten die unbekannten Bewohner dieses Planeten überlistet! Das Kugelschiff jagte immer schneller werdend in den Himmel hinein. Wir starten! Wir verschwinden! Jeder an Bord dachte es und wünschte es. Die wenigsten dachten an Jon Bradock und seine drei Männer. Aber Mett Cham dachte an sie, obwohl er zugleich Gillwick bewunderte, der die FO III wie ein erfahrener Kommandant in den Raum jagte. »Cham ...!« Aus dem Lautsprecher brüllte Jon Bradocks Stimme. Noch einmal: »Cham ...?!« So hatte noch kein Mensch den Captain schreien hören. »Ja, Captain ...« Auf dem Bildschirm war Bradocks verzerrtes Gesicht zu sehen. Seine Augen glühten, als ob er dem Wahnsinn nahe sei. »Cham, setzen Sie einen Spruch nach Terra ab, Cham, der Spruch muß in Cent Field ankommen. Cham, los, geben Sie mir die Funk-Z ...« Und dann hörten die entsetzten Offiziere des Leitstandes, welchen Spruch ihr Captain nach Terra abgesetzt haben wollte. * Bei Kommandant Bradock und seinen drei Begleitern hatte sich alles so prachtvoll angelassen. Nach ein paar hundert Schritten waren sie auf das energetisch versperrte schwere Tor gestoßen, das kümmerlich durch ein paar Sträucher getarnt war. Sie hatten den Eingang zu der Anlage erreicht, die bis zu vier Kilometer tief in den Boden reichte. Aber an dieser Stelle wurde ihnen ein unerbittliches Stopp zugerufen. »... Wenn wir den Schalter nicht finden, mit dem die Energiesperre zu beseitigen ist, können wir hier bis zum Jüngsten Tag stehen!« hatte Bradock geknurrt und sich selbst daran gemacht, diesen Schalter zu finden. Wie befohlen, beteiligte sich Epher King nicht an der Suche. Er hatte den Auftrag, den Start der FO III zu beobachten. Gleichzeitig sollte er die tragbare Energie-Ortung kontrollieren. Er wußte, was von dieser Aufgabe abhängen konnte. Aber weder in der Richtung auf das Gebirge ereignete sich etwas, noch auf dem kleinen Oszillo der Ortung. Die Blips darauf kamen und gingen
in einer wunderbaren Gleichmäßigkeit und ihr Aussehen blieb bis auf ein paar Ausnahmen unverändert. Woher sollte Epher King wissen, daß diese Veränderungen jedesmal einem BefehlImpuls des großen Roboters unter der Rano-Kuppel in der Tiefe entsprach? Aus verkniffenen Augen betrachtete Jon Bradock die klar erkennbare Sperre. In Griffnähe dahinter und doch unerreichbar weit das graue Portal. Rechts und links davon ein paar Sträucher. Fremdartig, mit gelben und roten zackigen Lederblättern, die sich im leichten Wind kaum bewegten. Eine erbärmliche Tarnung. Das Portal konnte nicht übersehen werden. Die haben es gar nicht nötig, etwas zu tarnen, dachte Bradock und versuchte, mit der linken Fußspitze einen faustgroßen Stein zum Fußball zu machen, um daran seine Enttäuschung auszulassen. Der Stein flog unter seinem Tritt davon. Seine Stiefelspitze hatte sich etwas ins weiche Erdreich eingebohrt, und einige Brocken flogen nach rechts und links. Er hörte Allan Villes Aufschrei, und er hörte gleichzeitig das durchdringende metallische Knacken. Er sah aber auch, wie es zwischen dem aufgerissenen Erdreich blitzte. Der Schalter zur energetischen Sperre war durch seinen etwas mißglückten Tritt freigelegt worden. Die Sperre bestand nicht mehr. Als es geknackt hatte, war auch die Energiewand verschwunden. Und dann glitt das Portal in den Boden. Lautlos! Über zwanzig Zentimeter dick war das Material. Mit gleichbleibender Geschwindigkeit versank es. Die Strahlen der S-Sonne fielen weit in einen Gang. In eine Metallröhre. Sie war blank und leicht oval, ohne jeden Zierrat und schien bis in alle Unendlichkeit waagerecht zu verlaufen. Leutnant Allan Ville und Sergeant Manny Lyrs lauschten in die Röhre hinein. Jon Bradock wagte sich nicht zu rühren. Leutnant Epher King vergaß für Momente seine Doppelaufgabe. Langsam drehten sich Ville und Lyrs nach ihrem Kommandanten um. Sie zuckten mit den Schultern. Sprachen kein Wort. Bradock ging auf sie zu. Lauschte ebenfalls. Schob sich weiter vor als seine beiden Männer, stand jetzt einen Schritt weit in der metallenen, ovalen Röhre und erschrak über die unheimliche Stille, die ihn umgab. Nicht der schwächste Laut war zu hören. Nicht einmal das leichte Säuseln des Windes drang von draußen herein. Dicht hinter ihm mußte sich eine akustische Sperre befinden, die jeden Ton abschirmte. Sein Körper warf Schatten. Schatten und Dunkelheit vermischten sich vor ihm. Er achtete nicht darauf. Er betrachtete den Boden. Der war staubfrei. Nicht ein Kratzer war darauf zu sehen. Nicht die kleinste Spur, daß dieser Gang intelligenten Wesen gedient hatte, ihre Energie-Zentrale in der Tiefe zu besuchen. Intelligente Wesen? Diese Frage weckte den Kommandanten. Warum zeigten sie sich nicht? Warum traten sie den Terranern nicht gegenüber. Sie
mit ihren unvorstellbaren Machtmitteln hatten doch nichts zu befürchten. Warum denn dieses Versteckspiel? Er hörte nicht Epher Kings überraschten Ausruf: »Die FO III versucht zu starten! Sie startet...! Sie hebt ab! Sie kommt ja auf uns zu ...!« Epher King hatte sich plötzlich wieder seiner wichtigen Doppelaufgabe erinnert. Die kleine tragbare Energie-Ortung zeigte ihm die charakteristischen Amplituden der Gravitations-Schleudern, und einen Moment später die der anfahrenden AsOnentriebwerke. Aber Epher King sah zwischen den As-Onen-Blips noch eine andere Kurve. Sie kam einwandfrei aus der Tiefe, in der die unbekannte Energie-Zentrale lag. Ein starker, hochenergetischer Blip. Er ahnte nicht, daß dieser Blip den Anfang des Endes ankündigte. King hatte sich in Richtung zum Gebirge umgedreht und versuchte die startende FO III mit bloßem Auge zu erkennen. Sergeant Manny Lyrs hatte gehandelt. Er stand dicht hinter dem Kommandanten, legte ihm hart die Hand auf die Schulter und rief ihm zu, als dieser sich überrascht umdrehte: »Captain, die FO III startet!« »Gott sei Dank!« stieß Bradock aus. Sein Blick glitt an Lyrs vorbei. Über die leicht wellige Ebene. Vorbei an ihrem Jett, mit dem sie gekommen waren. Und dann sah er etwas, das Leutnant Epher King, der zum Gebirge schaute, übersehen hatte. Er sah über den scharf gezeichneten Horizont eine riesige Raumerflotte herankommen. Ganz tief. Als ob sie gerade gestartet sei. Als ob sie aus dem Boden ans Tageslicht gekommen sei! Schiffe, die kaum Fahrt aufgenommen hatten! Jon Bradock glaubte eine Fata Morgana zu sehen. Er wollte es nicht wahr haben! Das durfte nicht wahr sein! Die Beherrscher dieses Planeten hatten es doch gar nicht nötig, mit einer gigantischen Flotte gegen ein havariertes Schiff der Terraner aufzutreten. Ein einziger von ihnen hätte genügt, um alles klarzustellen! Warum zeigte sich dieser Eine nicht, selbst wenn er wußte, daß er Terranern gegenüber als Monster erscheinen mußte? Da schrie Epher King in jubelnder Freude auf: »Da kommt sie! Die FO III kommt. Und wie sie steigt! Verdammt noch mal, sie steigt ja phantastisch!« Er sah nur ihren Forschungsraumer. Er sah nicht die riesige Flotte, die von rechts heranschoß und auch an Höhe gewann, dabei schneller und schneller wurde. »Captain ...«, röchelte Sergeant Lyrs wie ein Mensch, der dicht vor dem Ersticken steht. Er deutete auf den nächsten Höhenzug. Bradock riß sich vom Anblick der Flotte los. Seine Augen weiteten sich ein zweites Mal. Der Boden spie Roboter aus! Zu Tausenden! Sie kamen aus der Tiefe! Und Epher King, dieser ausgewachsene Narr, starrte zur FO III hinüber, die als kleiner
Punkt zu erkennen war. Sah der Mann nicht auf seiner Energie-Ortung, was sich hinter ihm und an seiner Seite abspielte? »King ...« Bradock brüllte ihn an. King starrte auf seine Energie-Ortung. Er drehte sich um. Er sah wieder auf den kleinen Oszillo. Verzweifelt schüttelte er den Kopf. Seine EnergieOrtung zeigte keine Emissionen an! Nicht eine einzige, die von den vielen Raumschiffen hätte angemessen werden müssen! Nicht eine! Ortungs-Schutz! hämmerten Gedanken hinter seiner Stirn! Diese Schiffe fliegen unter einem Schutz, der ihre Emissionen nicht abmessen läßt! Die Roboter hatte er immer noch nicht gesehen! Verzweifelt sagte sich der Captain in Gedanken: Das kann doch nicht wahr sein! Das darf nicht wahr sein! Aber an der Existenz der Raumerflotte wie an den Robotern, die immer mehr wurden, war nicht zu zweifeln. Da riß Jon Bradock sein Vipho hoch. Verbindung mit der FO III. Er schrie Mett Chams Namen! Und dann verlangte er Verbindung mit der Funk-Z. Hoffentlich hörte Mett Cham mit, damit er sofort ohne Zeitverlust handeln konnte. »... Setzen Sie über To-Funk mit größter Sendeleistung einen Spruch in Richtung Terra ab. Vielleicht fängt ihn eine der Relaisstationen im Raum auf. Dreimal hintereinander unsere Koordinaten geben. Dann Text, und der lautet: Haben System mit hochentwickelter Technik entdeckt. Hunderttausende Roboter, riesige Raumschiff-Flotte. Keinen Kontakt mit Intelligenzen im Spiralarm. Versuchen weiterhin mit den Bewohnern dieser Welt Kontakt zu bekommen. FO III versucht im Alarmstart den größeren Planeten des dritten Zwillings zu verlassen ... Unterschrift ... Und sofort raus mit dem Spruch! Sofort!« Aus der Funk-Z der FO III kam die Bestätigung. Sergeant Manny Lyrs hielt sich an Bradock fest. In seinen Augen lag das Staunen eines Kindes, das mit den Tatsachen nicht fertig wird. »Captain, das sind doch ... das sind doch ...!« »Ja!« bellte Bradock, »das sind ...! Das sind ...! Das sind ihre Schiffe! Und das sind ihre Roboter. Nur wo sie sind, das wissen wir immer noch nicht ...« Zum Schluß hatte er von den Erbauern der Raumschiffe und der Roboter gesprochen. Wie ein Verzweifelter. Über sein Vipho meldete sich die Funk-Z. »Spruch ist abgestrahlt. Cham gibt durch, daß er die fremde Flotte nicht mit der Ortung erfassen kann.« »Wir können's auch nicht!« rief Bradock zurück, und seine Hand, die das kleine Vipho umfaßt hielt, zitterte. »Heizen Sie Cham ein, daß er alle Speicherdaten über die Position des Sol-Systems vernichtet. Sofort! Alles! Jede Karte ...« Es war ihm egal, daß Sergeant Lyrs ihn wie ein Weltwunder anstarrte. Es war ihm egal, daß ihn seine drei Begleiter für übergeschnappt hielten. Ihm war es egal, nur das eine nicht, daß man seine Befehle nicht befolgte. Warum er diese Order gegeben hatte?
Er wußte es nicht. Er hatte Angst. Und er hatte Angst vor seinem Handeln! Das alles wäre nie passiert, wenn er sich mit der FO III aus diesem System hätte hinauswerfen lassen! Die FO III zog mit brüllenden Triebwerken davon. Sie war so groß wie ein Tennisball. Sie schimmerte im Licht der S-Sonne. Sie stand ein paar Kilometer höher als die fremde, gewaltige Flotte, die unverändert ihren Kurs beibehielt. Und da riß der Tag auf! Der Planet schlug zu! Aus allen Richtungen! Nur Allan Ville hatte gesehen, wie der höchste Punkt der nächsten Bodenwelle leicht angehoben wurde und um ein paar Meter höher stieg; dann waren auch seine Beobachtungen zu Ende. Energiebahnen, greller als das grellste Leuchten einer weißblauen Sonne, jagten aus allen Richtungen auf die FO III zu. Weder Jon Bradock noch seine Männer sahen, wie der Forschungsraumer buchstäblich auseinandergeschnitten wurde. Die Kugel zerfiel in zwei Teile, zwei Halbkugeln, die sich schon auf den ersten Metern ihres Absturzes trennten und rettungslos in die Tiefe jagten. Jon Bradock und seine Männer sahen auch nicht mehr die Energiebahn herankommen, die ihren Jett auflöste, und die ihnen das Leben nahm. Innerhalb weniger Sekunden gab es in dem System der S-Sonne keinen einzigen Terraner mehr. Nur noch die Trümmer eines Kugelraumschiffes, die sich zum Teil tief in den Boden eingegraben hatten. * Der größte der fünf montierten Roboter unter der Rano-Kuppel strahlte einen neuen Impuls ab. Mehr als zweihundert Roboter erhielten den Befehl, die Trümmer des unbekannten Schiffes zu bergen. In dem Befehl war mit keinem Impuls erwähnt worden, nach Überlebenden zu suchen! Mehr als zweihundert Roboter hatten ihr Augenmerk auf das Bordgehirn des zerstörten Schiffes zu richten und es zu bergen. * Bernd Eylers, Chef der GSO, stürmte in Henner Trawisheims Arbeitszimmer. Unangemeldet. Er platzte in eine wichtige Besprechung hinein. Die Regierung Terras traf im Augenblick alle Maßnahmen, um die Bevölkerung der Erde vor einer drohenden Invasion so gut wie möglich zu schützen, wenn Colonel F. Huxleys Warnung berechtigt war. »Später, Eylers«, warf Trawisheim dem GSO-Chef zu, nachdem er kurz aufgeblickt hatte. »In einer Stunde.« In dieser einen Stunde wurde der Faden, an dem das Schicksal Terras hing, immer dünner und dünner! Und niemand ahnte, wie groß die Gefahr war!
* Die fünf Roboter unter der Rano-Kuppel waren zu einer Einheit geworden. Der leistungsfähigste Hyperfunk-Sender des S-Sonnen-Systems strahlte einen verschlüsselten Impuls ab. Abermals enthielt das Programm dieser fünf Automaten keine Aufforderung, eine Bestätigung des Koderufes zu verlangen. Sie hatten ihre Aufgabe erfüllt. Das Sternensystem, auf dem der fremde und zerstörte Raumer gekommen war, lag im benachbarten Spiralarm. Seine Position war nicht nur bekannt, sondern inzwischen auch exakt in allen Sternkarten eingetragen worden. Diese Koordinaten hatten einen Teil des verschlüsselten und gerafften Spruches ausgemacht, der über den stärksten Sender abgestrahlt worden war. Der Roboter unter der Rano-Kuppel, der links außen montiert war, nahm die Meldung der Reparatur-Einheiten auf, die den Auftrag zu erfüllen hatten, jene drei Stationen wiederherzustellen, die minutenlang unter hohen Gravoswerten gelegen hatten und teilweise defekt geworden waren. Ihre Fesselfeld-Projektoren sollten in sieben ZeitEinheiten wieder einsatzklar sein. Eine Zeit-Einheit später, nachdem der Kodespruch hinausgejagt worden war, lief Programm D-674-ft-2 an. Der Faden, an dem das Schicksal Terras hing, wurde dünner und dünner. * Auf dem Mount Selene, 4205 Meter über dem hopeschen Ozean, lag das astrophysikalische Labor Mimikry. Kein Mensch konnte einwandfrei erklären, warum die Station diesen sinnentstellenden Namen trug. Aber als Mimikry war sie in jedem Verzeichnis eingetragen. Vier Männer und drei Frauen machten hier Dienst. In Wechselschicht. Über den Wolken, die so oft sintflutartigen Regen über Deluge ergossen. Nicht umsonst hatte man diesem Inselkontinent den Namen Sintflut gegeben. Mimikry war unter den Astrophysikern beliebt. Man konnte so herrlich und ausgiebig in der Station faulenzen. Es gab kaum etwas zu tun. Und was getan werden mußte, erledigten die Automaten. Schach wurde auch in Mimikry nach der gleichen Methode wie vor 2000 Jahren gespielt. Und Schach spielten Leila Sasan und Petry Mayr, zwei erbitterte Konkurrenten, wenn es sich um Schach handelte. Sonst fand jeder den anderen ausgesprochen langweilig, obwohl Leila Sasan mit ihren dreiundzwanzig Jahren eine attraktive braunhaarige Frau war, und Petry Mayr sich mit seiner Figur als breitschultriger, großer Mann sehen lassen konnte. Aber wer sieht sich beim Schachspiel schon in die Augen? Weder Leila noch Petry dachten daran. Jeder dachte zehn und mehr Züge im Voraus. Bis einer der sensorischen Magnetometer sich rührte. Ziemlich laut. »So ein ...« Mist, wollte Petry Mayr sagen, aber er brachte das eine Wort nicht mehr über die Lippen.
Und Leila, die sich auch den zahmsten Kraftausdruck in ihrer Gegenwart verbat, sagte keinen Ton. Sie dachte auch nicht mehr an die Schachpartie, die endlich entscheiden sollte, wer von ihnen der bessere Spieler war. Sie dachte in den gleichen Bahnen wie ihr Kollege Mayr. Und langsam kroch es auch ihr kalt über den Rücken, je länger sie die Werte an den Magnetometern ablas, je länger sie die vier Diagramme des Schreibers studierte. Aus der Tiefe des Sternenmeeres zog ein neuer Strahlorkan heran. Das galaktische Magnetfeld hatte sich in der letzten Viertelstunde zum Extremen hin katastrophal verändert. Ein elektromagnetischer Orkan, der alles bisher Erlebte weit in den Schatten stellte, zog aus den Raumtiefen heran, hatte mit seiner Spitze schon das Col-System erreicht und zog sein Zentrum nach. Schwerfällig erhob sich Petry Mayr. Für die wunderbare Bergwelt, deren Gipfel ihm buchstäblich zu Füßen lagen, hatte er keinen Blick mehr. Daß er heute ausnahmsweise mal beide Sonnen ohne jede Wolkenstörung sehen konnte, interessierte ihn nicht. Nur die auf sensorischer Basis arbeitenden acht Magnetometer, die in einer Reihe nebeneinander standen. Leila Sasan hatte ihre kleine Hand zu einer Faust geballt und kaute an den weiß aussehenden Knöcheln herum. Wie ein kleines, ratloses Kind. Da drehte sich Petry Mayr nach ihr um. In diesem Augenblick tat sie ihm leid. In diesem Augenblick sah er in ihr zum erstenmal die Frau. Gerade jetzt, sagte er sich in Gedanken, und verwünschte die Katastrophe, die ihren Ursprung am Halo der Milchstraße haben mußte. Man vermutete ihn dort. Messungen und Berechnungen behaupteten es. Aber noch war kein einziges Schiff an diesem Rand der Galaxis gewesen, der dem Sol-System auf viele tausend Lichtjahre gegenüber lag. Mayrs Blick brannte sich an einem der Diagramme fest. »Nein«, flüsterte er, »das kann nicht stimmen ...« Automatisch rief er die maximalen Werte des letzten Strahlorkans aus der Speicherung ab. Achtzehn Prozent höher! Jetzt schon! Erst am Anfang des Strahlorkans! Welche Strahlenwerte mußten zu messen sein, wenn das Zentrum des Ausbruches sie traf? Endlich stand Leila Sasan neben ihm. Am Hyper-Space-Taster. Das Gerät war ein Produkt terranischer Technik; die Grundlagen dazu stammten aber von den Mysterious. Wie die meisten Errungenschaften der letzten Jahre und Monate. Mysterious-Technik begann Terra und die Menschen in einen neuen Rahmen zu pressen. Aber ohne wirtschaftliche Folgen. Ohne einen großen und weiten Sprung in der Evolution auszulösen. Menschen mußten erst immer wieder mit den Grunderkenntnissen, die ihnen sozusagen in den Schoß gefallen waren, fertig werden. Das hatte das eine Gute: letztlich schufen sie etwas, das in ihren Bereich paßte, und niemand hatte sich einer fremden Technik zu beugen. Jeder glaubte, alles sei aus eigenem Können geschaffen worden.
Das nahm auch Leila Sasan an, als sie zum erstenmal belehrt wurde, wie ein HyperSpace-Taster zu bedienen war. Sie schaltete ihn hoch. Die 4-d-Projektion flammte auf. Neben ihr atmete Petry Mayr schwer und wischte sich den Schweiß ab. Sie sah die Strahlen in einem Kugelraum von 3000 Lichtjahren Durchmesser gleichstark aus dem Hyper-Space in das Einstein-Kontinuum fallen. Gleich starke elektromagnetische Bahnen! Kontinuierlich das Ansteigen der Werte! Der Strahlorkan benutzte den Hyperraum, wie ein Raumschiff, das springt. Schlagartig mußte er in der gesamten Milchstraße ausgebrochen sein. Wehe den Welten, die biologisches Leben trugen, aber keine Lufthülle besaßen! Dort mußten Mutationen unvorstellbaren Ausmaßes die Folgen jener Strahlenflut sein, die sich seit mehr als zehn Minuten über die Milchstraße ergoß. »Alarm ...«, hauchte Petry Mayr. Seine Kollegin nickte nicht einmal. Der Gipfel des Mount Selene war vom Zentrum des Höhlen-Systems 148 Kilometer entfernt. Nicht einmal für ein miserables Vipho eine Distanz. Aber der Alarm kam in den Höhlen nicht an. Die Funk-Zentrale meldete sich nicht. Dafür hatten sie plötzlich Terra im Empfang. Nicht besonders gut, aber Cent Field war verständlich. Was wollte Cent Field? »Wir kümmern uns einen Dreck um die Störungen des galaktischen Magnetfeldes. Versuchen Sie Verbindung mit der POINT OF zu bekommen. Mitten im Wort ist der Kontakt zum Flaggschiff abgerissen. Los, Mann, versuchen Sie es. Dieses Mal geht's nämlich um alles. Uns droht ... Ja, eine – eine Invasion! Wir bleiben in ... und lassen uns ... noch ... dem Fall ...« Leila und Petry sahen sich an. Dann wieder ihr Hyperfunkgerät, dessen Tofirit-Kristall genau auf das Sonnen-System ausgerichtet war. »Aus ...«, sagte Leila Sasan. »Ja ...«, sagte Petry Mayr. »Aus!« Auch mit Terra gab es keinen Funkkontakt mehr. Die Verbindung mit Cent Field war mitten im Satz abgerissen. In diesem Moment dachten die beiden Astrophysiker an ihr Schicksal und das ihrer Kollegen, die sich mit ihnen in Mimikry aufhielten. Die beiden großen Konverter wurden auf maximale Leistung geschaltet. Die Schirmfeld-Projektoren schalteten sich über ihren Erreger ein. Und dann lag Mimikry unter einer energetischen Glocke, welche die Experten vorerst vor dem Strahlorkan schützte. Das Höhlen-System mußte unter dem Intervall-Feld liegen. Eine andere Erklärung gab es für das Schweigen ihrer Funk-Zentrale nicht. Wortlos reichte Petry Mayr seiner Kollegin eine Zigarette. Beide rauchten. Beide hatten den Strahlorkan, der durch die Galaxis wütete, vergessen. Sie dachten an Terra. Von Terra stammten sie. Bis auf jene Kolonisten, die hier auf diesem Planeten geboren
worden waren, gab es kaum Menschen, die von sich behaupten konnten, ein anderer Planet sei ihre Heimatwelt. Die Besiedlung anderer Umläufer in fremden Systemen hatte von Terra aus gerade erst eingesetzt. Und Terra war von einer Invasion bedroht! »Sollten wir nicht versuchen, mit der POINT OF Verbindung zu bekommen, Petry?« Sie nannte ihn beim Vornamen. Zum erstenmal. Und er bemerkte es nicht. Und sie hatte sich nichts Besonderes dabei gedacht. Sie versuchten es. Ohne Ergebnis. Was Cent Field, die größte Hyperfunk-Station der Menschen nicht möglich war, gelang ihnen auch nicht. »Sagen wir den anderen Bescheid ...« Leila Sasan unterrichtete ihre Kollegen. Petry Mayr stand vor der Reihe der Magnetometer und sah sie an, als habe er Ungeheuer vor sich. Was, zum Teufel, dachte er, löst eigentlich diese elektromagnetischen Orkane von galaktischem Format immer wieder aus? Warum hat Ren Dhark nicht alles aufgeboten, um diese Frage endgültig zu beantworten? Warum ist niemals eines unserer SprungSchiffe zu diesem Rand der Milchstraße geflogen, um wenigstens die Quelle zu beobachten, in der die Strahlorkane entstehen? Ein Schleier schien sich über Mayrs Augen zu legen. Die Magnetometer verschwanden. Er glaubte Terra zu sehen. Die blauschimmernde Erde! Und er glaubte eine riesige Raumflotte zu sehen, Schiffe unbekannten Typs, die aus allen Richtungen kamen und die Erde angriffen. Er erkannte die Form der Schiffe: Doppel-Disken! Gigantische Doppel-Scheiben, deren Zentren durch eine wuchtige Nabe von mehr als dreihundert Metern verbunden war. Eine Nabe, die nicht länger als achtzig Meter war. Und die Disken – ihr Durchmesser betrug fast zwei Kilometer – bewegten sich noch schneller als die POINT OF. Sie waren nicht nur an Geschwindigkeit jedem Raumschiff, das die Menschen bis heute kennengelernt hatten, überlegen, sondern eine Einheit wog die Feuerkraft eines gemischten Raumschiff-Verbandes aus, der aus dreißig Schiffen bestand. »Mein Gott ...«, hörte sich Petry Mayr murmeln, »mein Gott ...«, und die Raumschiffe, die ihm seine Phantasie vorgaukelte, erschienen ihm immer deutlicher. * Zwischen den beiden Spiralarmen der Galaxis war die POINT OF wieder aus dem Hyperspace ins Raum-Zeit-Kontinuum zurückgekommen. In den Waffensteuerungen Ost und West war alles klar. Miles Congollon meldete aus dem Triebwerksraum nichts Neues. Bis auf zwei Mann saßen alle Flash-Piloten in ihren Blitzen und warteten auf den Einsatzbefehl. Aber weder eine der beiden Waffensteuerungen, noch die Flash-Piloten bekamen eine Order. In der Kommando-Zentrale des Ringraumers hielten unerschrockene Offiziere den
Atem an. Auch Commander Ren Dhark! Auch Chef der Flotte, Dan Riker, der als Ko-Pilot fungierte. Die beiden Intervalle der POINT OF pulsierten. Sie standen dicht vor dem Zusammenbruch. Die Erklärung gab ihnen die Bildkugel über dem langgestreckten Instrumentenpult und die Massen- und Energie-Ortung, hinter der Tino Grappa hockte. Die POINT OF war auf tangentialem Kurs rematerialisiert und raste mit 0,73 Licht durch die Korona eines Sternes, der Sol-Charakter hatte! Sie streifte die Korona! Bei gleichbleibendem Kurs mußte sie 1,2 Millionen Kilometer tief in sie eintauchen! Zwei Sekunden nach der Rematerialisation hatte Tino Grappa diesen Wert seinem Kommandanten zugerufen. Der Junge ist mit Gold nicht zu bezahlen, hatte Ren Dhark gedacht, nachdem er seinen Schrecken überwunden hatte. Jetzt galt sein Blick nur der Belastungsanzeige der Intervallfelder. Und den M-Konvertern! Miles Congollon im Triebwerksraum, oder Arc Doorn, seine rechte Hand, hatten keinen Finger rühren müssen. Mysterious-Technik verließ sich in keinem Fall auf langsam reagierende biologische Konstruktionen der Natur. Sie vertraute mehr der von ihr entwickelten Automatik. Ren Dhark beugte sich vor. Entweder riß die Korona den beiden Intervallen so viel Energie ab, oder die Leistung der Konverter entsprach nicht der Anzeige. Irgend etwas stimmte nicht. Der Sle fiel ab. Die Geschwindigkeit der POINT OF sank rapide. Nur noch 0,47 Licht. Dann schon unter 0,4! Dreiundzwanzig Sekunden sollte der Flug durch die Korona dauern. Er währte schon über eine Minute, und die tiefste Stelle des Eintauchpunktes bei diesem tangentialen Kurs war längst noch nicht erreicht. Ren Dhark warf seinem Freund einen Blick zu. Dan starrte das Feuerauge an, das fast die gesamte Fläche der Bildkugel in Anspruch nahm. Aber Riker zeigte noch keine Besorgnis. Auch nicht über die Verfassung der beiden labil gewordenen Intervalle. Da krächzte Miles Congollons Stimme über die Bordverständigung. »Dhark, drei weitere Konverter sind ertobit geworden!« Der Eurasier gewöhnte sich mehr und mehr Arc Doorns mundfaules Reden an. Er hatte gerade eine Katastrophe gemeldet und sie mit einem Satz abgetan. Wenn Ren Dhark seine POINT OF flog, lagen seine Hände auf der Kante des Instrumenten- und Steuerpultes, und seine Fingerspitzen wie die eines begnadeten Pianisten auf den wichtigsten Steuerschaltern. Kaum hatte Congollon seine Hiobsmeldung durchgegeben, als zwei Steuerschalter unter dem leichten Druck seiner Finger in eine andere Stellung gebracht wurden. Im Schiff setzte durchdringendes Pfeifen ein. Das untrügliche Zeichen für eine bevorstehende Transition. Das jagte Riker beinahe aus seinem Ko-Sitz. »Jetzt ...? Jetzt einen Sprung, Ren?« Seine Stimme überschlug sich.
Die Sonne vom Sol-Typ war knapp 23 Millionen Kilometer von ihnen entfernt! Ein atomarer Hochofen, der mit seinen geballten Energien auch den Unitallwänden der POINT OF zusetzen konnte. Vor allen Dingen war es fraglich, ob die Andruckausgleicher des Ringraumers in der Lage waren, die einbrechenden Gravoskräfte abzufangen, wenn die Intervallfelder, die Transitionsbremsen des Flaggschiffes, abgeschaltet wurden. »Ja, jetzt, mein Lieber!« warf ihm Ren Dhark zu. Er hatte sich ihre Chancen ausgerechnet. Nur noch eine Transition konnte die POINT OF vor diesem Moloch retten. Durch die hohe Belastung der Intervalle und dem Ausfall von drei weiteren M-Konvertern erhielten die Flächenprojektoren des Ringraumers nicht mehr genügend Energie, um den Sle-Antrieb mit ausreichender Kraft zu versorgen. »An Alle!« Dharks Ruf ging über die Bordverständigung. »Sprung in einer Minute Norm-Zeit, Raumanzüge schließen. Ende!« Aber er selbst kam nicht mehr dazu, seinen Klarsichthelm zu schließen. Tino Grappa meldete eine schwere Transitionserschütterung in relativer Nähe. In Ren Dhark war jeder Nerv angespannt. Es kam ihm vor, als ob er auf diese Meldung gewartet hätte. Struktur-Erschütterung! Das bedeutet, daß Raumschiffe in der Nähe aus dem Hyperspace das NormalKontinuum wieder erreicht hatten! Und die POINT OF befand sich in der Korona einer Sonne! Einen besseren Ortungsschütz gab es für den Ringraumer nicht. Eine größere Gefahr für das Schiff auch nicht! Ein Steuerschalter veränderte seine Lage, Das durchdringende Pfeifen in der POINT OF brach ab. Die Intervalle bekamen wieder alle zur Verfügung stehenden Energiemengen zugeschickt. Ren Dhark kümmerte sich nicht um den besorgten Blick seines Freundes. Plötzlich fühlte er sich wie ein Spieler, der mit kleinstem Einsatz viel wagt, aber die Risikolinie dabei nicht überschreitet. »Grappa ...« Der verstand ihn. Der beste Ortungs-Spezialist, den Terra besaß. Ein junger Mann aus Mailand, der Fingerspitzengefühl hatte. »4,2 Lichtstunden, Commander!« Das war die Distanz, in der der unbekannte Verband im Einstein-Raum rematerialisiert hatte. Dhark nickte nur. Grappa hatte dieses Nicken gesehen. Sein Blick flog über die Massen-Ortung. »Dhark, etwa 5000 bis 15.000 Schiffe!« Im gleichen Moment schnappte Grappa laut nach Luft. Trotz der Geräusche in der Kommando-Zentrale hörten es alle. Auch der Commander. Doch Dhark drehte sich nicht um. Die Belastung der pulsierenden Intervalle erreichte fast hundert Prozent. Sie standen vor dem Zusammenbruch. Aber sie durften nicht zusammenbrechen! Unter keinen Umständen. Die POINT OF mußte in diesem energetischen Ozean einer Sonne weiterfliegen. Sie durfte ihn so lange nicht verlassen, solange es diesen fremden Raumerpulk in der Nähe gab. Was waren schon 4,2 Lichtstunden Entfernung?
»Commander, zwei Weitere Pulks sind gerade eingetroffen!« Die Bordverständigung knackte. Auf dem kleinen Bildschirm an der rechten Seite des Instrumentenpultes war Arc Doorns grobporiges Gesicht zu sehen. »Dhark, wir sollten den Sle wegnehmen und nur A-Grav benutzen!« Mehr hatte der wortkarge Bursche mal wieder nicht zu sagen. Knacks, hatte es in der Verständigung gemacht. Der Bildschirm war wieder grau geworden. »Der Teufel soll ihn holen ...«, knurrte Dan Riker. Ren Dhark grinste flüchtig. Doorn hatte keinen schlechten Einfall gehabt, nur war es fraglich, ob A-Grav gegenüber dieser Sonne wirksam werden würde. Sollte er es wagen, dem Schiff den Sub-Licht-Effekt zu nehmen? Das Gefühl, ein Spieler zu sein, wurde doppelt stark in Dhark. Da meldete sich Grappa erneut. »Dhark, fremde Tasterstrahlen! Aber sie gelten der Sonne, nicht uns. Dieser Hochofen scheint für die anderen ein Leuchtfeuer von galaktischem Format zu sein ...« Er hatte recht. Niemand hatte zwischen den beiden Spiralarmen erwartet, aus dem Sprung kommend auf ein kompliziertes Sonnen-System zu stoßen. Diese G-Sonne hatte nur sechs Planeten, aber von diesen Planeten waren Zwei einwandfrei auch Sonnen, und ausgerechnet die beiden äußersten spendeten mit ihren atomaren Gluten den anderen vier Umläufern Leben! Diese vier waren Sauerstoff-Planeten! Ein Wunder in einem System, das nur aus sechs Planeten bestand! Und diesen Punkt hatten sich die allbekannten Raumerverbände ausgesucht, um von hier aus in die nächste Transition zu gehen. Miles Congollon aus dem Triebwerksraum meldete sich. Sein Gesicht drückte größte Sorge aus. »Dhark, wenn mich nicht alles täuscht, dann werden gleich wieder einige MKonverter ertobit!« Sie lief immer noch. Das Pulsieren der Intervallfelder kam der Hundert-ProzentGrenze näher und näher. Es konnte sich nur noch um Minuten handeln, bis beide schützenden Mini-Welträume um die POINT OF zusammenbrachen. Ren Dhark mußte sich entscheiden. Sle oder A-Grav! »Commander, wir haben es mit mindestens zwanzigtausend Schiffen zu tun!« Zwanzigtausend Raumer! Sollte das Ziel dieser Schiffe wirklich Terra sein? Und Ren Dhark mußte an Huxleys Warnung vom Planeten der Nogks denken. Und dann auch an die verstümmelte Meldung der FO III. Aber es kam ihm nicht in den Sinn, daß beide Meldungen eng miteinander zu tun hatten. Noch weniger konnte er ahnen, daß Captain Jon Bradock, der längst nicht mehr unter den Lebenden weilte, diese Aktion einer fremden Flotte gegen die Erde ausgelöst haben konnte. Sle aus! A-Grav einschalten! »Grappa, Distanz-Messung zur Sonnenoberfläche! Aber ...« »Okay, Commander, genaueste Werte. Kommen ...«
Dieser Mann war einmalig! Er war ein Ortungs-Virtuose! Er schien alles mit dem kleinen Finger zu erledigen, aber Ren Dhark wußte, welch ein Unmaß an Konzentration und Können erforderlich war, um in Sekundenschnelle die ersten exakten Distanzwerte zu liefern. A-Grav widerstand nicht dem Schwerkraftsog der G-Sonne. Aus dem tangentialen Kurs der POINT OF wurde eine schwache Kurve, deren Ende nach einem Umlauf auf der Sonne lag! »Dhark, die anderen ... Commander, ich weiß nicht ... Ich weiß wirklich nicht ... haben sie uns erwischt oder nicht? Ich weiß es nicht ...« Tino Grappas Stimme klang hilflos. Auch die Stimme von Miles Congollon aus dem Triebwerksraum klang so hilflos. »Noch zwei M-Konverter ertobit, Dhark. Gerade ...« Die POINT OF fiel langsam zur Sonne herunter. Die im Schiff entwickelten A-GravKräfte reichten nicht aus, um dem Schwerkraftsog zu widerstehen. »Wenn wir wenigstens die Höhe halten könnten und zum Satelliten würden ...«, murmelte Ren Dhark und zerbrach sich den Kopf nach einem erfolgreichen Ausweg aus ihrer hoffnungslosen Lage. Im nächsten Augenblick richtete er sich auf. Eine Kontrolle, nicht zu übersehen, war an seinem Instrumentenpult aufgeflammt. Grappa hatte das Zeichen gegeben! Grappa gab ihm die Aussagen seiner Distanz- und Massen-Ortung herein! Eins der aber Tausenden unbekannten Schiffe flog die POINT OF an! Man hatte sie also doch entdeckt, obwohl sie sich in der Korona dieser G-Sonne aufhielten und ihre Existenz aufs Spiel gesetzt hatten. Trotz der energetischen Hölle arbeiten die Taster des Ringraumers mit der gleichen Präzision wie im sternenarmen Leerraum. Es machte ihnen nichts aus, daß sich das Schiff im Strahlenkranz einer Sonne befand. Ren Dhark beugte sich vor. Nur noch fußweit war sein Mund von den Sprechrillen der Bordverständigung entfernt. Ein Hebel kippte in eine andere Stellung. Die Verbindung zu den beiden Waffensteuerungen stand. »Clifton ... Rochard ... Alle Antennen auf Nadel schalten. Feuerbefehl erfolgt getrennt. Haben Sie das Ziel erfaßt?« Bud Clifton, der Chef des WS-West, war eine Idee schneller als sein Kollege aus der WS-Ost. Wie meistens. »Erfaßt! Der Kahn hat aber Dampf drauf!« Das war es, was Ren Dhark schon stutzig gemacht hatte. Der anfliegende Raumer hatte die Lichtmauer überschritten und blieb dabei doch im Normal-Kontinuum! Dieses physikalische Kunststück hatte bisher nur die POINT OF fertiggebracht! Der Commander machte sich wegen der ertobiten Konverter Sorgen. Unter keinen Umständen durften noch andere ausfallen. Geschah es dennoch, dann konnte keine Macht der Galaxis den Ringraumer noch retten. Dann gab es nur noch den Absturz auf die Sonne. Ein einziges Mal spielte Dhark mit dem Gedanken, der Gedankensteuerung das Kommando über sein Schiff zu geben, aber in der nächsten Sekunde verwarf er diesen Einfall wieder. Er handelte nicht aus ehrgeizigen Motiven; er war in dieser Situation überzeugt, daß nur der Mensch diese Lage noch meistern konnte, und kein Gehirn, wenn es auch für menschliche Begriffe mit allen Eventualitäten gespeichert worden war.
»Dhark, jetzt liegen wir einwandfrei in einem Taster-Strahl!« meldete Grappa. Der Ringraumer war seit dem Augenblick, in dem Dhark den Sie weggenommen und A-Grav eingeschaltet hatte, um 2,4 Millionen Kilometer tiefer in die Korona eingetaucht. Er wunderte sich, daß die astrophysikalische Abteilung noch keinen Lärm gemacht und von einer bedrohlichen Lage gesprochen hatte. Doch das alles interessierte ihn nur am Rande. Dieses anfliegende, unbekannte Schiff bereitete ihm Kopfzerbrechen. Es flog überlichtschnell und blieb dennoch im Normal-Raum! »Grappa ...« Aus der Funk-Z wurde Ren Dhark unterbrochen. Morris meldete sich. So erregt wie selten. »Commander, wir bekommen gerade einen Anruf herein! Wir! Aber hören Sie sich das einmal an!« Herrgott, dachte Dhark, muß ich auch noch damit belästigt werden? Habe ich nicht schon genug Sorgen?! Sein Ärger verflog schlagartig. Laute, wie sie noch nie gehört worden waren, klangen ans Ohr! Laute ...? Wörter ...? War das überhaupt mit Sprache zu bezeichnen? Krack-krick-krick-krack ... krack-krack-krack-krick ... in ununterbrochener Folge. Alle Zeichen gleich kurz oder gleich lang, auch die Pausen zwischen den einzelnen Gruppen. Nicht ein Offizier in der Zentrale des Ringraumers kam auf den Gedanken, es mit einer Abart von Morsezeichen zu tun zu haben. Es konnten keine sein! Aber was war es denn? »Morris, sind wir bestimmt mit diesem Funkruf gemeint?« vergewisserte sich Dhark »Bestimmt! Der fremde Sender steckt auf dem Kahn, der uns anfliegt. Er sendet mit immer größerer Leistung. Als ob die Angst hätten, unsere Sendeanlage sei defekt!« »Phantasie hat der ...«, murmelte Dan Riker, der bisher erstaunlich ruhig geblieben war. »Die uns allen fehlt ...!« platzte Dhark heraus. Fast ärgerlich, weil er etwas Wichtiges übersehen hatte. Die Bildkugel arbeitete auch in der Korona einwandfrei. Über die Gedankensteuerung schaltete er die Wiedergabe auf maximale Tele-Leistung. Er wollte sich diesen fremden Raumer, der es wagte, seine POINT OF im Strahlenkranz einer Sonne anzufliegen, einmal genauer ansehen. Und die Gedankensteuerung schaltete wunderbar. Die Sonne, die bisher den gesamten Raum der Bildkugel ausgemacht hatte, verschwand. Der dunkle Raum tauchte auf. In unendlicher Weite die beiden Bänder der Spiralarme. Nichts mehr als dekorativer Hintergrund. In der Mitte der Bildkugel aber stand der Ringraumer! Eine zweite POINT OF! Und in dem Kommandostand des Flaggschiffes der Terranischen Flotte war auch der Commander nicht mehr fähig, sich zu rühren. Auch er starrte dieses Ringschiff an, das mit Überlicht auf die POINT OF zujagte und sie mittels eines Senders anrief. Die Mysterious ...!
Das dachte der letzte Mann im Flaggschiff. Auch Commander Ren Dhark! Und ein Lächeln, das seine Erleichterung widerspiegelte, umflog seinen Mund und wischte die scharfen Falten aus seinem Gesicht fort. Ein Ringraumer der Mysterious flog sie an! Was konnte ihnen da schon passieren? * Professor Tim Acker war nicht der Mann, der sich wegen seines guten Appetits von den Kollegen hänseln ließ. Ihre gutmütigen Sticheleien glitten an ihm ab. Er aß mit dem unverwüstlichen Appetit eines Mannes, dem es oft und immer gut schmeckt. Seine Gedanken aber kreisten um die Transmitterreise, die er auf dem Rückweg zusammen mit Manu Tschobe und dem Robothund Jimmy erlebt hatte. Und dann konnte er das alte, zerfurchte Gesicht im Kreisraum der TransmitterAntenne nicht vergessen und nicht den Einsatz des Roboters, der dem Afrikaner das Leben gerettet hatte. Ihn kümmerte es herzlich wenig, daß das galaktische Magnetfeld mal wieder mit Katastrophenwerten aufzuwarten hatte und eine Gefahr für alles Leben in der Milchstraße darstellte. Er vertraute dem Intervall, das um Deluge lag, auch wenn mit dem Aufbau des Mini-Weltraums – wie schon einmal erlebt – alle Funktionen im Industrie-Dom abgeschaltet worden waren. Acker sah seinem Kollegen Ingen nach, der zur Funk-Zentrale hinüberstiefelte. Dort hatte man auch seine Sorgen. Der To-Funkverkehr mit Terra war zusammengebrochen. Die elektromagnetischen Störungen benutzten ebenso wie der Hyperfunk den zeitlosen Weg durch den Hyperraum und lösten dort Störungen aus, die auch den Funkkontakt mit anderen Planeten in Mitleidenschaft zogen. Aber es war gewiß nur eine Frage von Stunden, bis auch diese Angelegenheit wieder auf ihren alten Stand zurückgeführt wurde. Acker, der in der Maschinen-Höhle die Aggregatstraße entlang sah, bemerkte, daß sich vor dem Eingang zur Funk-Zentrale eine Menschenmenge ansammelte. Ganz frei von Neugier war er auch nicht. Sein Ruf erlaubte ihm, das leuchtende transparente Schild zu übersehen: Zutritt verboten! Er trat ein. In den To-Funkraum! Und er wurde Ohrenzeuge einer To-Funkunterhaltung mit dem Jäger WOLF der 200Meter-Klasse. Captain Grieg, grauhaarig, zeigte sich auf dem Bildschirm als hochgradig nervöser Mann. Von dem Kommandanten eines Raumschiffes erwartete man aber, in jeder Situation Beherrschung. Das dachte Tim Acker auch, der über die Rücken seiner Kollegen den Bildschirm betrachtete und Grieg erregt sagen hörte: »... Ich habe die Giants erlebt und auch ihre Struktur-Erschütterungen, aber was wir eben feststellen mußten, übertrifft alles. Als ob das Einstein-Gefüge zusammenbrechen wollte. Und das zwischen den beiden Spiralarmen I/a und II/a. Aber mir soll keiner mehr
erzählen, dieser Sektor sei sternenarm. Hier wimmelt es von Sonnen-Systemen. Und keine 500 Lichtjahre von der WOLF entfernt hat ein unvorstellbar großer Raumschiffverband rematerialisiert!« Pan-The, dem das gesamte Höhlensystem unterstand, war Tim Ackers Nebenmann. Zufällig. Und zufällig sah er den dickbauchigen Experten mit den Hängebacken und dem fuchsroten Haar an. Acker las in dem Blick des anderen einen stummen Vorwurf. Acker sah im Angriff die beste Verteidigung. »Pan-The, wenn Sie wie mein Kollege Ingen der Ansicht sind, wir hätten mit unserer Transmitter-Reise eine Lawine von Ereignissen ausgelöst, die wir nicht mehr unter Kontrolle bringen könnten, dann sage ich Ihnen...« Er sagte es nicht. Pan-The zischte ihm zu: »Halten Sie den Mund. Hören Sie zu!« Und Acker hörte zu. Seine fuchsroten Haare sträubten sich. Dieser Captain Grieg war ja krank! Geisteskrank! Der Mann sprach von Ringraumern, von Unitallschiffen a la POINT OF! Von Hunderten, von Tausenden von POINT OFs! Er wollte sie sogar gesehen haben. Wenigstens ein paar davon. »Dem bekommen die Störungen des galaktischen Magnetfeldes nicht ...«, sagte hinter Acker ein Experte, der auch aufmerksam den Ausführungen Griegs gelauscht hatte. Da entdeckte Professor Ingen seinen Kollegen Acker. Rücksichtslos drängte er sich durch die Menge und zwängte sich zwischen Pan-The und Acker. »Habe ich es nicht gesagt, Kollege? Sie ... Sie mit Ihrem Transmitter-Versuch haben die Mysterious aus ihrer Abgeschiedenheit herausgelockt ...« Pan-The forderte auch Ingen auf zu schweigen. Griegs Ausführungen waren auch zu interessant. Was dieser Captain behauptete, überstieg das Vorstellungsvermögen der atemlos lauschenden Männer in der Funk-Zentrale. »... Der Ringraumer-Pulk nahm von uns kaum Notiz. Wir wurden geortet, aber nicht weiter beachtet. Dann verschwand der Pulk unter den gleichen charakteristischen EnergieEmissionen wie die POINT OF, wenn sie in Transition geht. Meine Herren, wir haben die Energie-Spektren hier vorliegen. Meine Herren, wir haben es mit den Mysterious zu tun. Einwandfrei. Und weil wir mit Terra keine Verbindung bekommen können, frage ich Sie, wie wir uns verhalten sollen ...« Ingens Augen zeigten einen Ausdruck, der Schadenfreude sehen ließ. Und seine Schadenfreude galt Pan-The, dem Chef des Höhlensystems, der letztlich für alles verantwortlich war. Pan-The sollte Captain Grieg einen Rat geben, wie er sich zu verhalten hatte. Pan-The bewies, das mongolisches Blut in seinen Adern floß. Er kniff die Augen leicht zusammen, hatte vergessen, daß Ingen ihm diese Bürde der Verantwortung aus schadenfroher Stimmung gönnte, und mit dem Blick auf die farbige Scheibe der ToFunkanlage fragte er: »Captain, ist noch eins der Mysterious-Schiffe in der Nähe?« »Nein«, erwiderte der Kommandant der WOLF. »Unsere Ortungen behaupten es
wenigstens.« »Gut! Dann gehen Sie mit der WOLF auf Transitionskurs Terra. Melden Sie sich bei Marschall Bulton und sagen Sie ihm, daß Sie auf meine Verantwortung Ihren Flug unterbrochen haben. Was Sie sonst noch dem Stab der TF zu berichten haben, wissen Sie besser als ich. Ich hoffe, daß Sie unser Gespräch aufgezeichnet haben.« »Ist schon fixiert, Pan-The. Okay, die WOLF nimmt Kurs Erde. Sonst noch was?« Der Bildschirm in der Funkzentrale der Höhle wurde wieder grau. Die Verbindung zu dem Schiff der TF war aufgehoben. Langsam drehte sich Pan-The zu Ingen um. »Ich glaube nicht, daß dieser Captain von den Störungen des galaktischen Magnetfeldes beeinflußt worden ist, und ...«, er machte eine winzige Pause, in der sein Blick zwischen Ingen und Acker hin und her pendelte, »und ich empfinde es als unfair, Ihrem Kollegen den Vorwurf zu machen, mit seinem Versuch im Transmitter-Raum eine Lawine ausgelöst zu haben. Wir alle wissen doch an Hand eines Films, daß Acker gegen seinen Willen durch einen Roboter in die Transmitter-Antenne geworfen wurde. Das hatte ich Ihnen nur zu sagen, Ingen.« Nickte ihm noch einmal zu und ging. Gelassen. Wie ein Mann aus der Abgeschiedenheit des tibetanischen Hochlandes, dem Erregung ein unbekannter Begriff ist. Verärgert blickte Ingen ihm nach. Noch mehr ärgerte ihn, daß ihn der dicke Acker angrinste. Schadenfroh. Wütend platzte er heraus: »Und Sie haben doch die Mysterious-Lawine ins Rollen gebracht ...« Ackers Grinsen blieb. »Und? Suchen wir nicht alle, seitdem man dieses Höhlensystem kennt, händeringend nach den Geheimnisvollen? Kollege, warum giften Sie mich eigentlich an? Wir sollten doch froh sein, wenn wir den Mysterious mal die Hände schütteln können.« Da fauchte Professor Ingen seinen Kollegen an: »Können Sie denn beschwören, ob die Mysterious überhaupt Hände haben? Mir graut's, wenn ich an die Geheimnisvollen denke! Da sind mir die unerklärlichen Veränderungen im galaktischen Magnetfeld hundertmal lieber!« Hatte es gesagt, drehte seinem Kollegen den Rücken zu und stiefelte davon. Tim Acker grinste nicht mehr. Ingens Worte hatten ihn jetzt doch nachdenklich gemacht. Er mußte an das dritte Auge der Mysterious denken, das sie oben auf dem Kopf tragen sollten. Doch dann erinnerte er sich des zerfurchten alten Gesichts, das sie in der Kreisfläche des Transmitters gesehen hatten. Es war doch das Gesicht eines Wesens gewesen, das wie ein Mensch ausgesehen hatte. Nur konnte niemand sagen, ob dieses alte Gesicht einem Mysterious gehörte. Vielleicht war es nur eine Maske gewesen, um die Terraner nicht zu erschrecken. Und diese Maske zu erstellen, mußte den Mysterious nicht viel Arbeit gekostet haben, denn durch Tim Ackers und Manu Tschobes Verrat auf einer unbekannten Transmitter-Station hatten sie doch ein verhältnismäßig umfangreiches Wissen über die Menschheit erhalten, und bei dem Verhör bestimmt auch erfahren, wie die Terraner im Durchschnitt aussahen. Hatten sie alle nun in der Kreisfläche des Transmitters etwas gesehen, das tatsächlich nur Fiktion war?
* Holger Alsop, der erste Cyborg, der im Brana-Tal geschaffen worden war, resignierte. Der türkische Kaffee im original türkischen Cafe war so schlecht, wie dieses Cafe nicht echt war. Aber was konnte man schon in Denver von einem Etablissement dieser Art erwarten? Alsop saß nicht zu seinem Vergnügen da. Auf Order von Trawisheim war er zur GSO abgestellt worden. Bernd Eylers, der Chef der Galaktischen Sicherheits-Organisation, hatte mit allem Nachdruck um den Einsatz von Cyborgs gebeten. »Wir kommen ohne Cyborgs in dem Fall der entarteten Cyborgs F. G. Mildan und P. P. Dordig nicht weiter!« Jan Burton, die Zwillinge Charly und George Snide und Alsop waren eingesetzt worden. Burton arbeitete in Europa, die Zwillinge steckten getrennt in Asien, und er sollte Nordamerika unter Kontrolle halten. Für jeden Normal-Menschen eine unmögliche Aufgabe. Nicht für die Cyborgs. Sie konnten jederzeit auf den gewaltigen Apparat der GSO und seine Hilfsmittel zurückgreifen. Ein Anruf über ihr Spezial-Vipho genügte, und Hunderte der besten Spezialisten und alle Supra-Sensoren der GSO standen bereit. Die letzten Informationen, die Holger Alsop erhalten hatte, trug sibyllinischen Charakter. Denver ist nicht echt! Der Mann, der diese Andeutung gemacht hatte, war tot. Ermordet! Aber die Mörder waren unbekannt. Und der Kaffee in dem türkischen Cafe war miserabel! Die junge Frau am Nebentisch warf ihm verstohlen den dritten Blick zu. Eine Frau, die auch Alsops Herz etwas schneller schlagen ließ. Ihre dunklen, mandelförmigen Augen, ihre erstklassige Figur und ihre Haltung mußten jeden Mann faszinieren. Und Alsop ertappte sich dabei, daß er nicht der einzige war, der diese Schönheit allzu offen musterte. Plötzlich schmeckte der türkische Kaffee gar nicht mehr so miserabel. Sie hatte gelächelt. Sie hatte ihm ihr kaum angedeutetes Lächeln geschenkt. Über das TV kam Tanzmusik. Die Klima-Anlage arbeitete lautlos. Temperatur und Luftfeuchtigkeit waren angenehm. Wenn sie geht, dachte Holger Alsop, dann muß auch ich bezahlt haben. Und er schaffte es. Sie hatte aber dabei etwas nachgeholfen. Sehr elegant. Mit einer winzigen Geste zu ihrer Geldbörse. Beinahe wie absichtslos. Es sah auch nach Zufall aus, daß er sich mit ihr gleichzeitig erhob. Und dann war es ganz normal, daß sie zusammen den A-Gravlift betraten und in der Plus-Sphäre einige hundert Meter nach oben schwebten, zum Jett-Platz. Auf dem Weg dahin wagte Alsop sie nicht anzusprechen. Sie ermunterte ihn auch nicht dazu. Und er ließ sich Zeit. Sein Auftrag kam ihm dabei nicht mehr in den Sinn. Als sie den Parkplatz erreichten, in siebenhundertvierzig Metern Höhe, ging sie ihm drei Schritte voraus zum Taxi-Stand. Sie ging nicht; sie schwebte, und ihr braunes Haar glänzte im Sonnenlicht. Bei jedem Schritt wiegte sie sich leicht. Bei jedem Schritt wurde Holger Alsop etwas schneller und seine Schritte ausgreifender. Unmerklich holte er sie ein. Sie hatten beide in
derselben Richtung ihr Ziel liegen. Sie suchte offensichtlich ein Jett-Taxi, und er hatte neben dem Taxi-Stand seinen Jett gelandet, dem man den Spezial-Charakter nicht ansah. Er war ein heißer Ofen! Ein Jett der GSO! Drei Taxis hoben gleichzeitig ab. Das vierte wurde gemietet. »Oh!« hörte Holger Alsop aus ihrem Mund, als das fünfte das Besetzt-Zeichen auswarf. Er ging in diesem Moment neben ihr, und er beglückwünschte sich, daß seine Schöne auf das Taxi warten mußte, das gerade einschwebte. »Verzeihen Sie ...« Er sprach sie an, und er ließ dabei seine Zahnreihen in einem Lächeln sehen, »darf ich Ihnen meinen Jett zur Verfügung stellen? Sie vielleicht nach Hause fliegen?« Sie gab einfach zu, zu wissen, an seinem Nebentisch gesessen zu haben. Sie lächelte zurück. »War Ihr Mokka auch so schlecht?« »Schlecht? Eine Zumutung!« Im stillen verwünschte er das Jett-Taxi, das zur Landung ansetzte. Das würde ihm alles verderben. Ihr Lächeln wurde noch strahlender. »Endlich jemand, der Kaffee zu schmecken versteht. Allein aus diesem Grund nehme ich gern Ihre Einladung an. Aber wird es nicht zu weit sein? Wird es Sie nicht zuviel Zeit kosten? Ich wohne in Portsland, 110 Kilometer von hier, am Provo-Stausee.« Wo die Hautevolee wohnt, dachte er, der Denvers reizende Vorortsiedlungen längst nicht mehr vornehm genug waren! Holger Alsop wäre mit ihr auch bis zum Mond geflogen. Er hatte Zeit! Und innerlich atmete er erleichtert auf, als sie in seinem Jett endlich neben ihm saß. Sie gab ihm den Kurs an. Er stellte ihn ein. Hundertzehn Kilometer waren ein Katzensprung für den Jett seiner Art. Damit flog er fünfmal rund um den Globus, ohne die Triebwerke neu beschicken zu müssen. Sie hieß Madlain Isaire. Ihre Eltern stammten aus Paris. Daher ihr eigenartiger Name. Und sie war Genetikerin. Alsop gab nicht preis, daß er davon auch etwas verstand, aber nach kaum fünf Minuten der Unterhaltung mußte er im stillen zugeben, daß sie eine hervorragende Expertin war. Nur einmal behauptete sie etwas, was ein Fachmann nie hätte sagen dürfen, aber sie verbesserte sich sofort. In diesem Moment bot Holger Alsop ihr eine Zigarette an, und die Peinlichkeit des Augenblicks ging vorüber. Die bewaldeten Hänge des Provo-Stausees tauchten auf. Hier und da waren auf den kleinen Lichtungen Bungalows zu sehen. »Ich wohne am Eingang zum Ingo-Tal. Kennen Sie es?« Alsop kannte es nicht. Den Provo-See nur vom überfliegen her. Aber der Kurs stand gut, und er brauchte sich erst auf den letzten drei Kilometern mit der Steuerung abzuplagen. Besonders gut flog er seinen Jett nicht. Das fiel sogar Madlain Isaire auf. Holger landete ihn auch ziemlich hart, aber sie sagte nichts mehr, weil er ihr kurz vorher erklärt hatte, gerade erst sein Patent gemacht zu haben. »Hübsch ...! Donnerwetter, haben Sie es hier hübsch, Madlain!« sagte er, und sein Blick zeigte Bewunderung. Kein Wunder. Der langgestreckte Bungalow war von dunklen, hohen Tannen
umgeben. Durch eine Schneise konnte man zum See hinunterblicken. Die Berge des IngoTales zeigten noch Schnee. Auf den weißen Flächen spiegelte sich das Sonnenlicht wider. Und dazu diese unbeschreibliche Ruhe und der Duft der Tannenwälder. »Meine Eltern haben es mir geschenkt«, sagte Madlain, als habe sie sich für das Schmuckstück von Bungalow zu entschuldigen. »Leider habe ich mir in dieser Beziehung nicht die richtigen ausgesucht«, gab Holger Alsop unumwunden zu und entdeckte plötzlich, wie schwer es war, von einer Dame, die man gerade erst kennengelernt hatte, zu einer Tasse Kaffee eingeladen zu werden. Denn so schnell wollte er Madlain Isaire nicht wieder aus den Augen verlieren. Sie hatte es ihm angetan. »John, wenn ich Ihre Zeit nicht zu sehr in Anspruch nehme – darf ich Sie zu einer guten Tasse Mokka einladen?« Ihre dunklen Augen strahlten, und die seidigen Wimpern schimmerten warm. Sie durfte ihn einladen, und im Bungalow bewunderte er ihren aparten Geschmack. Madlain war von bezaubernder Ehrlichkeit. »Nein, die Einrichtung geht nicht auf mein Konto. Sie verdanke ich auch meinen Eltern. Es geht doch nichts über diesen französischen Stil der Möbel.« Eigentlich kannte er französische Stilmöbel in anderem Aussehen, aber er ließ sich nichts anmerken; er wartete auf den versprochenen Kaffee. Madlain hatte sich entschuldigt. Sie bereitete ihn in der automatischen Küche .zu. »Aber wissen Sie«, hatte sie ihm gesagt, »daß ich die Bohnen mit einer uralten Handmühle mahlen werde? Mit einer wirklichen Mokkamühle?« Und John Caltex, alias Holger Alsop, hatte es sich bequem gemacht, verzichtete darauf, das TV einzuschalten, und hörte aus der kleinen Küche, wie Madlain Isaire eine Mokkamühle drehte. Sein Gesicht zeigte erwartungsvolles Lächeln. Seine Haltung war entspannt. Sein Blick glitt in die Runde und streifte begeistert diese elegante kleine Sammlung an Möbelstücken, die zueinander paßten, auch wenn sie niemals der französischen Stilepoche entstammten. Und dann kam Madlain Isaire mit dem Mokka! Sie deckte den kleinen Tisch mit hauchdünnen Porzellantassen. Auch das Porzellan war von ihren Eltern! »Herrgott, müssen die reich sein!« platzte John Caltex heraus. Sie überhörte es. Sie nahm ihm gegenüber Platz, und er konnte und durfte ihre Beine bewundern. John Caltex sog das duftende Aroma ein. »Hm«, brummte er genüßlich. »Hm ... ist das ein Mokka!« Er trank. Sie trank. Sie hielt die kleine, hauchdünne Porzellantasse in beiden Händen, Er trank schnell. »Der schmeckt, Madlain ...« Und sie sagte: »Bitte, John, bedienen Sie sich!« Er ließ es sich nicht zweimal sagen. Auf einmal gähnte er. Ziemlich laut sogar. Er ertappte sich, nicht einmal die Hand vor den Mund gehalten zu haben. Hastig entschuldigte er sich. »Aber bitte, John«, sagte sie und lächelte ihn an. Sie lächelte noch, als er neben die Tasse griff, des Kopf zur Seite legte und von einem
Augenblick zum anderen eingeschlafen war. »Du Schnüffler!« kam es über ihre schönen, vollen Lippen, und zum erstenmal wurde der Blick in ihren Augen hart, und der weiche Zug um ihren Mund verschwand. Sie kontrollierte nicht einmal, ob Holger Alsop auch tatsächlich fest schlief. Sie drehte den Kopf etwas und rief: »Ihr könnt kommen!« Drei elegante Männer, denen jeder sein Vermögen anvertraut hätte, betraten durch eine Tür den großen Raum mit der Panorama-Plastikscheibe. Sie sprachen kein Wort. Jeder kannte seine Aufgabe. Der mittlere beugte sich über Alsop. Mit sicherem Griff suchte er nach dessen SpezialVipho. Der zweite stand mit seinem schußbereiten Paraschocker auf der linken Seite des Sessels. Der dritte zog sein Vipho aus der Tasche, um eine Nachricht durchzugeben. Nur Madlain Isaire rührte sich nicht. Sie sah gelassen zu. Sie hätte etwas neugieriger sein sollen. Auch mißtrauischer. Als Holger Alsops rechte Faust wie ein Geschoß hochflog und gegen das Kinn des Mannes krachte, der sich für sein Spezial-Vipho interessierte, kam sie nicht einmal zu einem erschreckten Aufschrei. Holger Alsop war doch etwas klüger gewesen als sie und ihr dreiköpfiges Team. Als Genetikerin hätte sie, als sie auf dem Flug mit ihrem Begleiter über ihren Beruf sprach, nicht diesen Schnitzer machen dürfen. Alsop war nur ein wenig mißtrauisch geworden und hatte zur Vorsicht auf sein zweites System geschaltet. Nur durch die schwache Rückschaltungs-Phase mit seinem Normal-Gehirn verbunden, waren seine gesamten Reaktionen von da an das Resultat der logistischen Auswertung seines Zusatzgehirns gewesen, das ihm im Brana-Tal eingebaut worden war. Auch die übrigen natürlichen Körperfunktionen waren mit Umschaltung auf das zweite System nicht mehr aktiv gewesen. Selbst Holgers Stimme war nicht mehr durch die Stimmbänder, sondern durch wunderbare Sensorik erzeugt worden. Nur der Fachmann konnte am geringfügigen Klangunterschied erkennen, daß ein Mensch zum Cyborg geworden war. Alsops Reaktionen waren nicht mehr menschlich. Er lief in den vollen Schockerstrahl hinein und reagierte nicht. Dem Schützen sprang das Entsetzen aus den Augen, und dann sah er Sterne im vornehm eingerichteten Bungalowzimmer, und er glaubte, sein Kopf würde unter dem Faustschlag auseinanderfliegen. Der Cyborg benutzte nur seine Fäuste. Auch gegen die bildschöne und ebenso gefährliche Madlain Isaire. Er schlug ihr den Blaster aus der zarten Hand. Er drehte ihr, als die drei Burschen k.o. auf dem Boden lagen, die Arme auf den Rücken und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich möchte Ihnen nicht weh tun. Ich bin auch Damen Ihres Genres gegenüber Kavalier, aber wenn Sie es wünschen, erleben Sie mich als Grobian.« Sie wünschte es nicht. Sie trank sogar unter seinem Zwang den Mokka aus ihrer Tasse, obwohl sie wußte, daß er ein schweres Narkotikum enthielt. Madlain Isaire schlief schnell ein. Alsop schockte sie nicht zusätzlich mit der erbeuteten Strahlwaffe wie die unbekannten Männer. Lauschend hob er den Kopf, ging um den kleinen Tisch herum, stieg über zwei
Burschen und trat ans Fenster. Draußen landeten zwei Jetts. Die Männer, die ausstiegen, warfen seinem Fahrzeug keinen Blick zu. In diesem Augenblick beging Alsop ahnungslos einen schweren Fehler. Er schaltete auf sein normales System zurück, war wieder Mensch ohne jede besondere Eigenschaften und sah gleichzeitig, wie draußen sieben andere wie angewurzelt stehenblieben und ihre Hände zu den Waffen flogen. »Ich ...« Wütend über sein Verhalten schlug sich Holger Alsop gegen die Stirn. Er hatte sich diesen sieben Männern vor dem Bungalow dadurch verraten, indem er auf sein normales System zurückgeschaltet hatte. Sie hatten ihn plötzlich geortet! Sie hatten seine Existenz gefühlt! Sie hatten aber von seiner Anwesenheit keine Ahnung gehabt, als er ein Cyborg gewesen war. Holger Alsop hatte es mit Robonen jener Sorte zu tun, die einmal unter Allon Sawall vom Planeten Hidplace aus versucht hatten, Terra zu erobern! Und Robonen hatten hinter dem Rätsel gesteckt, das aus den tadelsfreien Männern F. G. Mildan und P. P. Dordig Entartete gemacht hatte! Umschalten, dachte Holger Alsop in einem Anfing von leichter Panik. Aber sein Wunsch kam zu spät. Die volle Ladung aus einer Schockerwaffe traf ihn. Wie ein gefällter Baum fiel er dumpf zu Boden und lag nicht weit von drei anderen Männern entfernt, die er außer Gefecht gesetzt hatte. Er hatte die Lösung eines Rätsels in der Hand gehabt! Er war in der Lage gewesen, dem mit Aufträgen überlasteten Bernd Eylers eine Sorge abzunehmen. Er hatte im entscheidenden Moment einen schweren Fehler gemacht. Er hatte dafür zu zahlen. In einem Jett schaffte man ihn fort. Im Luftraum über Denver verlor sich die Spur des Cyborgs Holger Alsop! * Ein Ringraumer der Mysterious flog die POINT OF an! Was konnte Ren Dhark und seinen Männern schon passieren? Noch war der Commander der gleichen Ansicht. Weder sein Freund Dan Riker noch Tino Grappa hinter den Ortungen noch irgendein anderer aus dem Schiff sprach eine Warnung aus. Die Vergrößerung der Bildkugel zeigte ein unbekanntes, in seinen Formen jedoch allen vertrautes Schiff. Ein Raumer der Geheimnisvollen! Mit halbem Ohr hörte Ren Dhark die Distanzangaben. Er rauchte. Über die Bordverständigung klang Miles Congollons Stimme auf. »Dhark, die Intervallfeld-Werfer zeigen seit einigen Minuten unklare Blips ...« Kein Mensch wußte, was man unter einem Intervallfeld-Werfer zu verstehen hatte. Nur eine Mentcap im Archiv der Ringraumer-Höhle hatte ihnen verraten, daß ein Deck tiefer in einem bestimmten Raum die Intervallfeld-Werfer montiert seien.
Dhark hörte an seiner Seite Dan Riker sagen: »Hast du gehört, was Congollon durchgegeben hat, Ren?« In Dhark verkrampfte sich etwas. Er bekam Angst. Nur wußte er nicht, vor wem er Angst hatte! Vor dieser Sonne, auf die seine POINT OF herunterstürzte, oder vor dem anfliegenden Ringraumer, oder vor der Energielage in seinem Schiff? Arc Doorn, schoß ihm eine Hoffnung durch den Kopf. Und weil er so intensiv an den Sibirier dachte, erhielt sein Freund keine Antwort. Die Verbindung zu Doorn kam sofort. Der saß neben Miles Congollon im Triebwerksraum. »Doorn, wir müssen ein paar der M-Konverter wieder klarbekommen. In den nächsten zehn Minuten! Doorn, bringen Sie ein Wunder fertig!« Wer hatte den Commander in diesem beschwörenden Ton schon reden hören? Seine Offiziere sahen sich schweigend an. Der Chef gab für die POINT OF keinen Cent mehr. Und dem heranrasenden Ringraumer schien er auch zu mißtrauen. Dhark war plötzlich argwöhnisch geworden. Er konzentrierte seine Gedanken. Niemand erriet sein Vorhaben. Erleichtert atmete er durch, als er die unpersönlich klingende Stimme der Gedankensteuerung in seinem Kopf hörte. Sie gab ihm nach einer knappen Sekunde die Auswertung des Checkmasters durch. Gefahr durch anfliegenden Ringraumer null Prozent! Gefahr, auf die Sonne zu stürzen, hundert Prozent! Von den ertobiten M-Konvertern sprach der Checkmaster nicht! Dhark warf seinem Freund einen unauffälligen, aber dennoch forschenden Blick zu. Riker saß angespannt im Ko-Sitz und kontrollierte seine Instrumente. Er ahnte nichts. Dhark war es recht. Er dachte an die riesige Ringraumer-Flotte, die sie geortet hatten, und an das eigenartige Knacken, das ihr Hyperfunk als Sendung aufgenommen hatte. Das eine paßte nicht zum anderen. Warum hatten die Mysterious auf diese primitive Methode zurückgegriffen, sich über Krächzgeräusche mit ihnen in Verbindung zu setzen? Ihnen hatten doch schon vor rund tausend Jahren andere Mittel zur Verfügung gestanden. Auf Hope war es den Menschen doch demonstrativ gezeigt worden! »Commander, Fremdschiff fliegt uns direkt an!« meldete Grappa hinter den Ortungen. Über die Bordverständigung kam Miles Congollons Fluchen. »... Und in die Intervallfeld-Werfer ist der Teufel gefahren!« Er hatte recht. Auf dem Instrumentenpult flackerten drei Rot-Kontrollen auf. Beide Intervalle standen vor dem Zusammenbruch! »Da ...«, stöhnte neben Dhark sein Freund. Er hatte sich auch vorgebeugt. Wieder einmal wurde ihm klar, wie hilflos der Mensch in mancher Lage sein konnte. Die POINT OF war nicht mehr zu beschleunigen. Sie konnte sich nicht einmal mit ihren Strahlantennen wehren, wenn es erforderlich sein sollte. Mein Gott, welchen Irrsinn denke ich nur, schoß es Dhark durch den Kopf. Wer soll hier schon wen angreifen? Die Mysterious eines ihrer Schiffe, das sie selbst einmal gebaut haben? Da schlug die astrophysikalische Abteilung des Schiffes Alarm! »Commander, die POINT OF wird zu einem heißen Ofen, wenn in den nächsten
Minuten nicht wenigstens ein Intervall wieder aufgebaut wird ...« Dhark antwortete nicht. Über die Bildkugel, beobachtete er mit seinen Offizieren den anfliegenden Ringraumer. Das andere Schiff kam näher. Immer näher! Distanz 5000 Meter! Keine Kilometer! Meter ...! Der andere Ringraumer bremste fast auf Null herunter. 4200 Meter Entfernung. Die Vergrößerungsleistung der Bildkugel war zu stark. Das fremde Schiff hatte in der Kugelwiedergabe keinen Platz mehr. Dennoch veränderte sie Ren Dhark nicht. Und immer noch keine Erfolgsnachricht von Arc Doorn, der ertobite M-Konverter wieder aktiv machen sollte! War es nicht närrisch, an einen Erfolg zu glauben? »Dhark, von Ortungen erfaßt. Nur kenne ich diese Ortungsstrahlen nicht. Mal wieder was Neues!« Das hatte nicht ironisch oder angeberisch geklungen. Grappa war weder nach dem einen noch nach dem anderen zumute. Dhark zuckte zusammen. Eine der drei flackernden Rot-Kontrollen erlosch. Das Instrument für Belastungswerte des oberen Intervalls zeigte plötzlich achtzehn Prozent an! Und Miles Congollon mit seinen Flüchen war über die Bordverständigung wieder zu hören. »... Ich gebe auf ... Ich passe ... Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr! Aber auch rein gar nichts mehr! Und Doorn ... der leidet an Veitstanz! Der ... Der ...« Ende! Nichts mehr aus dem Triebwerksraum! Dafür genug sich überstürzende Ereignisse von außen! Die POINT OF war in ein Intervall-Schlepp genommen worden. Genauso wie seiner Zeit einer der Pyramidenraumer der Utaren, der nach einem Transitionsdefekt im SolSystem aufgetaucht war. Auf Befehl der Synties hatte Dan Riker dieses Pyramidenschiff per Intervall nach Esmaladan schleppen müssen! »Na, was denn ...«, sagte Dan Riker und lehnte sich bequem in seinem Ko-Sitz zurück. Dhark schalt sich in Gedanken einen mißtrauischen Menschen. Er konnte sich über die Hilfsaktion der Mysterious nicht freuen. Er fühlte, daß hier einiges nicht stimmte, aber er hätte nicht sagen können, was ihn so mißtrauisch sein ließ. »Dhark, unser Fall wird gestoppt ...« »Ist gut, Grappa«, rief Dhark ihm zu. Er hatte jetzt Zeit, alles an den Instrumenten seines Pultes abzulesen, auch die Ortungsresultate. Aber sie interessierten ihn kaum. Die POINT OF wurde aus dem Schwerkraftbereich einer Sonne herausgeholt. Von einem Mysterious-Schiff, das so violettblau schimmerte wie der Ringraumer. Von Mysterious! Wie unter einem Stromstoß fuhr Ren Dhark zusammen. Wie hilfesuchend griff er nach seinem Freund im Ko-Sitz. »Du, Dan ... Wir ... Wir selbst haben die Mysterious gerufen! Wir ...« Seine Augen glühten Riker an, nur wußte er es nicht, und seine Kinnbacken zitterten. Riker, von seinem impulsiven Vorgehen überrascht, musterte ihn besorgt. »Nein, ich bin nicht ...« Er begann schon einen neuen Satz. »Dan, erinnere dich der
Sendung, die von unserem Schiff ausging, bevor Manu Tschobe und Tim Acker über den Transmitter in der Funk-Z auftauchten! Erinnere dich, daß wir die Quelle der Sendung nicht ausmachen konnten. Du, und mit diesen Funkrufen haben wir sie herbeigeholt. Wir ...« »Glaub ich nicht, weil sie sich uns nicht zeigen! Mein Gott, warum sprechen sie nicht mit uns über Bildfunk? Etwas Einfacheres gibt's doch nicht!« »Und weil sie das nicht tun, fliege ich zu ihnen!« schnarrte Ren Dhark! Es gab im Leitstand der POINT OF keinen Offizier, der seinen Commander nicht fassungslos angeblickt hätte. Jeder hatte begriffen, was Ren Dhark vorhatte. Aber jeder wußte auch, daß er etwas Selbstmörderisches beabsichtigte. »Nein«, widersprach Dan Riker, »nein, das tust du unter keinen Umständen! Nein, Ren, du kannst jetzt nicht die POINT OF verlassen. In dieser Lage nicht. Unmöglich ...« »Nein?« widersprach Dhark und deutete auf ein Instrument, das deutlich angab, mit welcher Geschwindigkeit das Schiff aus dem Schwerkraftbereich der Sonne geschleppt wurde. »Wirklich nicht, Dan?« Er erhob sich. Er nickte Dan zu. Ein paar Minuten später stand er vor dem Flash 2. Als sich über ihm der Einstieg schloß, kontrollierte er die Funkverbindung mit der Zentrale. Dan Riker versuchte ein letztes Mal, seinen Freund umzustimmen. »Ren, tue es nicht. Ich habe plötzlich Angst ...« »Die habe ich wahrscheinlich schon viel länger als ihr alle. Und weil ich diese verfluchte Angst loswerden will, darum starte ich jetzt. Ende!« Er flog aus. Durch die Unitallwand der POINT OF mit ausgeschaltetem Intervall. Er flog quer durch den leeren Raum auf den fremden Ringraumer zu, in dessen Intervallfeld die POINT OF im Schlepp hing. Er flog in den fremden Raumer ein. Er sollte ihn punktgenau auf die Halterung eines Depots bringen. Im Moment, als er die Unitallhülle des anderen Schiffes widerstandslos durchdrang, brach die Verbindung zur POINT OF ab. Und in dem Flash 2 setzten alle Funktionen aus. Ren Dhark nahm es wenigstens an. Blitzartig saß er im Dunkeln. Die Bildprojektion über seinem Kopf war nachtschwarz geworden; so schwarz, wie es um ihn herum war. Lief der Sle noch? Er konnte es nicht sagen. Schnell schaltete er einen Scheinwerfer seines M-Raumanzuges an. Alle Geräte, außer der Anzeige von Sle und Intervall, lagen still! Die Scheinwerfer seines Blitzes versagten! Der Andruckausgleicher auch. Er wurde herumgewirbelt. Sein Flash mußte einen Salto geschlagen haben. Und da hörte er etwas! Eine Sirene in seinem Flash! Ein Knacken, wie er es auch noch nie vernommen hatte ... Oder doch schon einmal? Vor nicht langer Zeit?
Krack-krick-krack ... Dhark riß die Augen auf, während ihm der Schweiß auf der Stirn stand. Der Funkempfang lief! Aber diese Hyperfrequenz ...?! Auf der gleichen hatte doch auch die POINT OF diesen unverständlichen Ruf empfangen! Was hatte das zu bedeuten? Der Commander der Planeten, der alles eingesetzt hatte, um den Mysterious entgegenzutreten, riß die Augen anomal weit auf, als über die Bildprojektion wieder die POINT OF zu sehen war, auf die er in seinem Flash 2 zuflog! Und die Sirene war verstummt. Der fremde Raumer hatte ihn nicht aufgenommen! Die Mysterious wollten ihn nicht begrüßen! Sie hatten ihn buchstäblich wieder hinausgeworfen! Ihn mit seinem Flash! Kommentarlos! Woher sollte er wissen, daß es der FO III unter Captain Jon Bradock ähnlich ergangen war? Nur war Commander Ren Dhark nicht Captain Bradock! Er ließ sich hinauswerfen. Er schaltete nicht auf stur. Er flog zur POINT OF zurück. Dann saß er wieder im Pilotsitz und hatte das Kommando über sein Schiff übernommen. Seine Offiziere wußten, daß er nichts erreicht hatte. »Aber wir ... oder vielmehr dein Arc Doorn!« konnte sich Dan Riker nicht verkneifen, etwas anzüglich zu sagen. Schließlich hatte ihm sein Freund mal wieder einige höllische Minuten besorgt. Erneut zeigte Dhark, aus welchem Holz er geschnitzt war. Trotz seines gerade erlebten Fehlschlages fragte er fast unbeteiligt und keineswegs erregt: »Und was, Dan?« Der fiel auf die gespielte Gleichgültigkeit des anderen herein. »Dir kann man auch mit gar nichts mehr kommen. Doorn hat die Konverter wieder klar! Nur muß der Mann dabei einen Schaden abbekommen haben. Einen geistigen Knacks! Er behauptet nämlich stur und steif, selbst gar nichts vollbracht zu haben. Die Konverter seien plötzlich alle wieder angelaufen. Aber auch Congollon glaubt dem mundfaulen Burschen kein Wort!« Ren Dhark kniff die Augen zusammen. Er vergaß so schnell auch scheinbar nebensächliche Einzelheiten nicht. Eine Rückfrage nach der anderen folgte. Immer klarer wurde das Bild. Der Checkmaster, der alle Daten automatisch aufnahm, wurde befragt. Seine Antwort war eindeutig. In dem Moment, in dem Tino Grappa erkannt hatte, daß die POINT OF in unbekannten Ortungsstrahlen lag, hatte Arc Doorn vor einem M-Konverter die Beobachtung gemacht, daß dieser wieder zu arbeiten begann. Und dazu kam nun die Aussage des Checkmasters: Ertobite Konverter sind durch Beschickung wieder tobit! Ob die Beschickung tatsächlich von dem anderen Ringraumer durchgeführt worden war, ließ sich dem Checkmaster nicht entlocken. Ren Dhark machte die Probe aufs Exempel. Er versuchte die beiden Intervalle der POINT OF einzuschalten. Sie kamen! Auch der Sle!
Im gleichen Moment wurde der Ringraumer aus dem Schlepp des anderen Schiffes entlassen. Das fremde Schiff beschleunigte mit maximaler Leistung und raste wieder auf den gigantischen Pulk zu, der in der Ferne im Raum stand. »Sollten wir nicht ...?« begann Dan Riker seine Frage zu stellen. »Ja!« sagte Dhark knapp. Auch er war für eine schnelle Rückkehr zur Erde. Ihm war diese Ansammlung von aber Tausenden Ringraumern unheimlich; ihm waren die Mysterious zum Alpdruck geworden. Die POINT OF beschleunigte. Die Vorbereitungen zur Transition nach Terra liefen. Im Schiff war jenes für einen Sprung typische Pfeifen wieder zu hören. Die kaum erstellten Intervalle wurden erneut abgeschaltet. Dann erfolgte die Transition, während die Flächenprojektoren des Ringraumers kaum vorstellbare Energien emittierten. In einem zeitlosen Ablauf wurde die POINT OF quer durch den Hyperspace um aber tausend Lichtjahre versetzt. 31 Lichtminuten vor der Plutobahn kam sie wieder ins normale Raum-Zeit-Gefüge zurück. Sie war ein wenig zu kurz gesprungen. Ein gigantischer Verband aus blauviolett schimmernden Ringraumern hatte mitten im Sol-System hinter der Venusbahn rematerialisiert. Kaum wieder existent geworden, teilte sich die Flotte in große Pulks auf, um über dem blauen Planeten des Sol-Systems Position zu beziehen. Auf der Erde breitete sich Entsetzen aus; auch der einfältigste Mann erkannte, daß Terra sich im Würgegriff einer fremden Macht befand. Und auf Terra glaubte niemand, daß die Mysterious als Freunde zu ihnen kommen wollten. Wer achtete noch darauf, daß der Commander der Planeten seine Ankunft auf Cent Field für 22:46 Uhr Norm-Zeit angekündigt hatte? Bis dahin konnte die Erde unter dem Strahlbeschuß von aber Tausenden Ringraumern zu einer neuen Sonne im Sol-System geworden sein. –ENDE–
REN DHARK Das Schicksal Terras hängt an einem Faden, Der Untergang der Erde beginnt sich abzuzeichnen, als die blauschimmernden Ringraumer das Sperrfeuer der Ast-Stationen mit vernichtenden Konterschlägen beantworten. Commander Ren Dhark hat nur ein Ziel im Auge: Er muß eine Verbindung zu dem Kommandanten der gewaltigen Ringraumerflotte herstellen; er muß das Mißverständnis, das zwischen den Mysterious und Terranern besteht, aus der Welt schaffen, wenngleich er selbst nicht weiß, wo der Ursprung dieser Mißverständnisses zu suchen ist. Im Flash 002, zusammen mit Arc Doorn, verläßt er die POINT OF. Aufgrund der Fein-Ortung eines Super-Blips glaubt er zu wissen, welches unter Tausenden von Ringschiffen der Kommando-Raumer der Mysterious ist. Aber stimmt in diesem Fall Ren Dharks Vermutung? Sie erfahren es in dem nächsten Ren Dhark- Roman
Inferno zwischen Ruinen von Kurt Brand