Rotordynamik, 2. Aufl.
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R. Gasch . ...
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Rotordynamik, 2. Aufl.
Springer Berlin Heidelberg New York Barcelona Hongkong London Mailand Paris Tokio
R. Gasch . R. Nordmann H. Pfützner
Rotordynamik 2., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage
Mit 478 Abbildungen
Prof. Dr.-Ing. Robert Gasch Technische Universität Berlin Fak. V Verkehrs- und Maschinensysteme Institut für Luft- und Raumfahrt Marchstraße 12-14 10587 Berlin Prof. Dr.-Ing. Rainer Nordmann Technische Universität Darmstadt AG Mechatronik Petersenstraße 30 64287 Darmstadt Prof. Dt-Ing. Herbert Pfützner Institut für Mechanik Technische Universität Berlin Einsteinufer 5 10587 Berlin Korrigierter Nachdruck 2006 ISBN 3-540-41240-9
2. Aufl.Springer-Verlag Berlin Heidelberg NewYork
ISBN 3-540-07046-X 1. Aufl. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Gasch, Robert: Rotordynamik / Robert Gasch; Rainer Nordmann; HerbertPfützner. -2.,vollst. neubearb.und erw.Aufl. - Berlin; Heidelberg; New York; Barcelona; Hongkong; London; Mailand; Paris; Tokio: Springer, 2002 ISBN3-540-41240-9 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist gmndsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer-Verlag BerlinHeidelberg NewYork ein Unternehmen der BertelsmannSpringer Science+Business Media GmbH O Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1975and 2002 Printed in Germany
Die Wiedergabe von Gebrauchsnarnen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oderindirekt auf Gesetze, Vorschriftenoder Richtlinien (z.B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Text: Datenerstellung durch Autoren Einbandgestaltung: Medio Technologies AG, Berlin Gedruckt auf säurefreiem Papier SPIN: 10574190
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Vorwort zum Nachdruck
Die zweite Auflage der ROTORDYNAMIK fand eine erfi-eulichstarke Resonanz, sodass sie schon irn Jahr 2004 vergriffen war. Ein Nachdruck wurde notwendig. Inhaltlich wurde gegenüber der zweiten Auflage von 2002 nichts verändert. Kleinere Mängel wurden korrigiert. Eine Unterlassungssünde im Vorwort der zweiten Auflage möchten wir wieder gut machen. Herr Dr.-Ing. Matthias Lang wurde dort versehentlich nicht erwähnt. Er hat intensiv an den Kapiteln über passive und aktive Magnetlager, Kap. 16,17 und 18, mitgearbeitet. Dafür verspäteten aber umso herzlicheren Dank.
Berlin und Darmstadt im August 2005
Die Autoren
Vorwort zur zweiten Auflage
Die 1975 erschienene erste Auflage der ,,Rotordynamik", die zur Überraschung der Autoren in drei Sprachen übersetzt wurde, ist schon seit langer Zeit vergriffen. In den zwei Jahrzehnten, die seit dem Erscheinen der Erstauflage vergangen sind, ist viel Neues, Interessantes und Wichtiges an Themen dazugekommen, was eine nur „durchgesehene zweite Auflage" unmöglich machte. Leider schied Prof. Dr.-Ing. H. Pfützner, der damalige Co-Autor 1996 aus dem Dienst der Technischen Universität Berlin aus und ging in den verdienten Ruhestand. Aus seiner Feder stammte unter anderem in der ersten Auflage das sehr gelungene Kapitol über den „Einfluß der Kreiselwirkung", das praktisch unverändert als Kapitel 9 in die zweite Auflage übernommen wurde. Erfreulicherweise ließ sich Prof. Dr.-Ing. R. Nordmann, TU Darmstadt, als neuer Co-Autor gewinnen, der seine jahrzehntelange Erfahrung auf dem Sektor der magnetgelagerten Rotoren, des dynamischen Verhaltens von Gleitlagern, Dichtspalten und Labyrinthen in die Neuauflage einbrachte. Natürlich mußte nach so langer Zeit die Diskussion „Was kommt rein, was nicht?", erneut geführt werden. Wie gründlich sie geführt wurde, erkennt man daran, daß die zweite Auflage nun dreimal so dick ist wie die erste. Aber inzwischen aufgearbeitete Themen wie Die beschleunigte Fahrt durch die Resonanz Plötzliche Unwucht durch Schaufelflug Der vertikale Rotor in Gleitlagern Aktive und passive Magnetlagerung von rotierenden Wellen Welle mit Riß Dichtspalterregung bei Pumpen und Verdichtern Quetschöldämpfer Rotor-Anstreifen Gondelwhirlen von Windturbinen Maschinenüberwachung Maschinendiagnostik und vieles andere Praxisrelevante konnten wir nicht einfach ignorieren und weglassen.
V1
Vorwort
Zur Gliederung des Buches Was die Rotordynamik interessant macht, ist die Fülle eigenartiger bisweilen sogar bizarrer Phänomene. Aber genau das macht es auch so schwierig, das so heterogene Gebiet in eine mehr als zufällige Reihung von Kapiteln zu gliedern. Traditionelle Gliederungsaspekte der Dynamik wie konservative nicht konservative Systeme, Kontinua - Diskontinua oder Zahl der Freiheitsgrade sagen wenig aus. Uns schien die Art der Lagerung der rotierenden Welle Wälzlagerung, einfache Lagermodelle, Kap. 3- 11 Gleitlagerung, Kap. 12-15 Magnetlagerung, Kap. 16-18 noch die praktikabelste Gliederung zu sein, wenigstens für die ersten 18 Kapitel. Zudem lehnt dies an die Gliederung der ersten Auflage an. Auch wenn die „Rotordynamik" im wesentlichen den elastischen Rotoren gewidmet ist, haben wir mit Kapitel 2 das Auswuchten starrer Rotoren vorangestellt. Denn jeder Praktiker wird sich zunächst mit dem starren Rotor beschäftigen müssen, ehe er sich dem elastischen zuwendet. Mehr als 90% aller Rotoren sind nun einmal einfache, starre Rotoren, bei denen das Auswuchten das Hauptproblem ist. ~ b e das r Auswuchten elastischer Rotoren gibt es im deutschen Sprachraum (anders als im englischen) sehr gute Bücher, so daß es uns leicht fiel, auf eine Darstellung zu verzichten. Wie schon in der ersten Auflage versuchen wir die manchmal sehr verzwickten Phänomene der Rotordynamik stets am einfachsten Modell aufzuzeigen, das sie gerade noch hergibt. Meist ist das der klassische Lavalläufer: eine Scheibe auf dünner elastischer Welle. Wo immer es geht, steuern wir kurze formelmäßige Lösungen an, denn an ihnen lassen sich Parametereinflüsse am leichtesten diskutieren.
Danksagungen Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat uns jahrzehntelang in immer neuen Forschungsprojekten zur „Rotordynamik" unterstützt. Viele Kapitel dieses Buches sind direkt aus diesen Arbeiten entstanden. Bei unseren jetzigen und ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeitern Dip1.-Ing. A. Bormann (TU Berlin) Dr.-Ing. R. Liebich (Dynamix, Berlin) Dip1.-Ing. I. Menz (TU Berlin) Dip1.-Ing. I. Peinelt (TU Berlin)
Vorwort
V11
Dr.-Ing. A. Reister (Univ. Kaiserslautern) Dip1.-Ing. S. Straßburger (TU Darmstadt) Dip1.-Ing. J. Sobotzik (TU Darmstadt) bedanken wir uns für die vielen Diskussionen, mit denen sie uns bei der Bewältigung des umfassenden Stoffes halfen. Zudem haben sie einzelne Formeln, Abschnitte und ganze Kapitel nachgerechnet und überprüft. Wenn das Ganze halbwegs fehlerfrei ist, verdanken wir das ihnen. Prof. Dr.-Ing. W. Kellenberger und Herrn Dipl.-Ing. Grgic aus der Schweiz sowie Herrn Dip1.-Ing. F.X.C. de Swaay aus den Niederlanden danken wir für Zuschriften und Hinweise zur Verbesserung der 2. Auflage. Frau Dr.-Ing. H. Teichmann, Berlin, unterstützte uns bei der Abfassung von Kapitel 19. Herr Dr.-Ing. T. Schwirzer, Berlin, half uns durch Hinweise und Empfehlungen im Abschnitt Maschinenübenvachung und Diagnose (Kap. 31 bis 34). Wir verdanken ihm den aktuellen Stand von Normen und Richtlinien. Um die zahllosen Zeichnungen kümmerten sich in Darmstadt Frau Uta Hofferbert und in Berlin Frau Chr. Koll, die auch schon die Zeichnungen für die erste Auflage angefertigt hatte. Die Texte schrieben Frau E. Jeblick in Kaiserslautern, Frau S. Keimerl und Frau M. Oswald in Berlin. In der Schlußphase nahmen Herr Dip1.-Ing. Jörg Steiner (TU Berlin), Frau Veronika Monz und Herr Dip1.-Ing. Martin Ernst (TU Darmstadt) die Koordination von Text, Formeln, Grafiken und überhaupt die Gesamtgestaltung in die Hand, als uns das Ganze zu entgleiten drohte. Ihnen sei dafür besonders herzlich gedankt. Erwähnt werden muß auch noch Pitusa Schmackeduze, die den Fortschritt der Arbeit zwei schwedische Sommer lang streng überwachte.
Berlin und Darmstadt, im Januar 2001
Die Autoren
Inhaltsverzeichnis
1
Aufbau von Maschinen mit rotierenden Wellen.................................. 1 1.1 Einleitung....................................................................................... 1 1.2 Laufunruhe bei starren und biegeelastischen Rotoren unter Unwucht; Instabilität und Selbsterregung........................................... 6 1.3 Zur mathematischen Behandlung ................................................ 14 1.4 Zeittafel ........................................................................................ 15
Der starre Rotor 2
Auswuchten starrer Körper ................................................................ 17 2.1 Einleitung ..................................................................................... 17 2.2 Fliehkraftbilanz ............................................................................ 19 2.3 Auswuchten ohne Testgewichtssetzungen - Kräfte messendes Wuchten in harten Lagern ......................................... 23 2.4 Auswuchten in drei Läufen, Betriebswuchten -Wege messendes Wuchten in weichen Lagern ...................................... 24 2.5 Wuchtmaschinen......................................................................... 28 2.6 Zur Meßtechnik ........................................................................... 29 2.7 Zulässige Restunwuchten und Restschwingungen ...................... 31 2.8 Fragen .......................................................................................... 35
Der Lavalläufer . Wälzlagerung 3
Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern.......................... 37 3.1 Uberblick ................................................................................. 37 3.2 Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen ............................................................................. 39 3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht ...................................53 3.4 Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten ................... 58 3.5 Darstellung in mitrotierenden Koordinaten ................................. 64 3.6 Zusammenfassung und Generalisierung ...................................... 68 3.7 Fragen .......................................................................................... 73
X
Inhaltsverzeichnis
4
Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung .............................. 75 4.1 Ubersicht................................................................................... 75 4.2 ~ u ß e r Dämpfung e .......................................................................75 4.3 Innere Dämpfung ......................................................................... 83 4.4 Innere und äußere Dämpfung ...................................................... 87 4.5 Mechanismen der inneren Dämpfung..........................................92 4.6 Zusammenfassung, praktische Konsequenzen ............................98 4.7 Fragen ........................................................................................ 100
5
Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern ........................... 101 5.1 Ubersicht .................................................................................... 101 5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer ............................ 102 5.2.1 Die Bewegungsdifferentialgleichungen und ihre Lösung 102 5.2.2 Gleichlauf und Gegenlauf ................................................. 105 5.2.3 Biegebeanspruchungen der Welle bei Gleichund Gegenlauf ............................................................................ 108 5.3 Innere Dämpfung, äußere Dämpfung und die Verbesserung der Stabilität durch Lagerorthotropie........................................ 110 5.4 Zusammenfassung, Generalisierung.......................................... 114 5.5 Fragen ........................................................................................117
6
Der Lavalläufer mit Lagerdämpfung aus Gummi.Elementen ....... 119 6.1 Einleitung................................................................................... 119 6.2 Mechanisches Modell ................................................................ 120 6.3 Bewegungsgleichungen, Stabilität............................................. 121 6.4 Unwuchterzwungene Schwingungen ........................................126 6.5 Verlustfaktor- und Steifigkeitsermittlungvon 0-Ringen .......... 129 6.6 Fragen ........................................................................................ 131
7
Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl und die beschleunigte Fahrt durch die Resonanz ............................ 133 Einleitung................................................................................... 133 Auswandern der Welle in der kritischen Drehzahl .................... 133 Zur Phänomenologie der instationären Resonanzdurchfahrt..... 138 Die Bewegungsgleichungenbei instationärem Betrieb und ihre Lösung ................................................................................ 141 Starker Antrieb oder geringe Exzentrizität - volle Kraft voraus .................................................................................. 143 Schwacher Antrieb oder hohe Exzentrizität - der Hängenbleiber...................................................................... 145 Verallgemeinerung .................................................................. 147 Fragen ........................................................................................ 148
Inhaltsverzeichnis
XI
8
Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Schaufelbruch.................................................................. 149 Unwucht . 8.1 Einleitung ................................................................................... 149 8.2 Die Bewegungsgleichungen ...................................................... 149 8.3 Lösung der Bewegungsgleichungen .......................................... 152 8.4 Diskussion der Lösungen ........................................................... 153 8.5 Fragen ........................................................................................ 158
9
Einfluß der Kreiselwirkung...............................................................159 9.1 Übersicht ............................................................................... 159 9.2 Bewegungsgleichungen ............................................................. 162 9.3 Freie Wellenschwingungen ....................................................... 168 9.4 Unwuchterzwungene Wellenschwingungen ............................. 174 9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung ............ 182 9.6 Anisotrop elastisch gelagerter Rotor unter Kreiselwirkung....... 188 9.7 Fragen ........................................................................................ 190
Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren . Wälzlagerung 10
Kritische Drehzahlen und Unwuchtantwort von Mehrscheiben und Kontinuumsrotoren.................................................................... 191 10.1 Einleitung .................................................................................. 191 10.2 Der Mehrscheibenrotor .............................................................. 191 10.3 Der Kontinuumsrotor................................................................2 0 1 10.4 Dämpfungseinflußbei wälzgelagerten Rotoren ........................ 205 10.5 Fragen ....................................................................................... 2 0 6
11
Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung auf die Kritischen Drehzahlen der glatten Welle und des Vielscheibenrotors........................................................................ 207 11.1 Zur Modellbildung ................................................................. 2 0 7 11.2 Bewegungsgleichungen. homogene Lösungen ..........................210 11.3 Drehzahlabhängige Eigenfrequenzen und kritische Drehzahlen einer schlanken Welle und einer mit vielen Scheiben besetzten Welle .......................................................... 213 11.4 Notwendige Nachschrift ............................................................215 11.5 Fragen ........................................................................................ 216
XI1
Inhaltsverzeichnis
Rotoren in Gleitlagern 12
Gleitlagertheorie .................................................................................217 Einleitung...................................................................................217 Die Reynolds-Differentialgleichung und die Randbedingungen ................................................................ 220 Lösung der Reynoldsgleichung ................................................. 224 Linearisiemng der Ölfilmkräfte. Feder- und Dämpfungszahlen .................................................................... 227 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers ................................................................................. 229 12.5.1 Vereinfachungen beim kreiszylindrischen Kurzlager..... 229 12.5.2 Kraft-Bewegungsgesetz .................................................. 230 12.5.3 Die Ortskurve der statischen Ruhelage des Wellenzapfens............................................................................ 232 12.5.4 Feder- und Dämpfungskonstanten des Ölfilms .............. 235 12.5.5 Dynamische Nachgiebigkeit des Ölfilms....................... 240 Statische und dynamische Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien .................................................................. 242 Fragen ....................................................................................250
13
Der horizontale Läufer in Gleitlagern ............................................ 251 13.1 Einleitung...................................................................................251 13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern ................................................. 252 13.2.1 Die Bewegungsgleichungen ........................................... 253 13.2.2 Eigenschwingungen, Stabilität des starren Läufers in Gleitlagern ............................................................................255 13.2.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Läufers in Gleitlagern ................................................................ 260 13.3 Der elastische Läufer in Gleitlagern .........................................2 6 8 13.3.1 Die Bewegungsgleichungen ...........................................268 13.3.2 Eigenschwingungen, Stabilität des elastischen Läufers in Gleitlagern ................................................................270 13.3.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des elastischen Läufers in Gleitlagern ................................................................ 277 13.4 Fragen ........................................................................................282
14
Der vertikale Rotor in Gleitlagern ...................................................283 14.1 Einleitung................................................................................2 8 3 14.2 Der starre Rotor in Gleitlagern .................................................. 285 14.2.1 Bewegungsgleichungen ..................................................285 14.2.2 Unwuchterzwungene Schwingungen .............................286 14.2.3 Unwuchterzwungene Schwingungen für den starren Rotor in kreiszylindrischen Kurzlagern .....................................289
Inhaltsverzeichnis
XI11
14.2.4 Stabilität der Kreisbahnen beim kreiszylindrischen Kurzlager .................................................................................. 2 9 1 14.2.5 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Rotors in Kippsegmentlagem .................................................... 294 14.3 Der elastische Lavalläufer in Gleitlagern .................................. 296 14.3.1 Bewegungsgleichungen .................................................. 296 14.3.2 Unwuchterzwungene Schwingungen ............................. 298 14.3.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des Lavalläufers in kreiszylindrischen Kurzlagern .......................... 301 14.3.4 Die Stabilität der Kreisbahnen ........................................ 306 14.4 Fragen ...................................................................................... 308 15
Quetschöldampfer .............................................................................. 309 15.1 Einleitung .................................................................................. 3 0 9 15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern, Kraft - Bewegungsgesetze ......................................................... 312 15.2.1 Dämpfungskonstanten nach der Kurzlagertheorie.......... 313 15.2.2 Dämpfungskonstanten nach der Breitlagertheorie .......... 319 15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern ................................... 322 15.3.1 Bewegungsgleichungen .................................................. 323 15.3.2 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Läufers in kurzen Quetschöldämpfem - ohne Kavitation ......... 324 15.3.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Rotors in kurzen kavitierenden Quetschöldämpfern; nicht-lineare Rechnung .............................................................. 327 15.4 Beispiele industrieller Anwendung............................................ 329 15.5 Fragen ....................................................................................... 3 3 2
Magnetisch gelagerte Rotoren 16
Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren .............................. 333 16.1 Einleitung ................................................................................... 333 16.2 Kräfte und Steifigkeiten von Permanentmagnet-Lagern ........... 334 16.3 Das magnetische Dipolmodell ................................................... 339 16.4 Das Strombelagsmodell ............................................................. 344 16.5 Steifigkeiten einfacher. ringförmiger. permanentmagnetischer Lager ................................................... 345 16.6 Starrer Rotor in permanentmagnetischen Lagern ...................... 352 16.7 Bauformen. Skalierungsregeln................................................... 356 16.8 Levitron - ein Beispiel für die vollständige permanentmagnetische Lagerung eines Rotors ................................... 357 16.9 Fragen ....................................................................................... 358
XIV
17
Inhaltsverzeichnis
Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern ...................................... 359 17.1 Einleitung...................................................................................359 17.2 Aufbau eines aktiven Magnetlagers...........................................360 17.3 Die Systemgleichungen von Magnetlager, Regler und Rotor bei PD-Rückführung...................................................... 363 17.4 Lösung der Bewegungsgleichungen. Systemverhalten bei PD-Regelung ........................................................................365 17.5 Systemverhalten bei Integralrückführungen..............................368 17.6 Regelungsziele. Schaltungen von Magnetlagern ....................... 370 17.7 Kippfreiheitsgrade ..................................................................... 373 17.8 Fragen ........................................................................................374
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern............................ 375 18.1 Einleitung................................................................................... 375 18.2 Einsatz als aktives Hilfssystem..................................................375 18.3 Zweifache Magnetlagemng eines elastischen Rotors ................ 377 18.4 Schlußbemerkung...................................................................... 381
Unrunde und zeitvariante Systeme 19
Die unrunde Welle ..............................................................................383 19.1 Einleitung................................................................................... 383 19.2 Bewegungsdifferentialgleichungen und Lösungen ....................385 19.3 Die unrunde Welle in orthotroper Lagerung..............................397 19.4 Unrunde Welle in Gleitlagern...................................................403 19.5 Fragen ....................................................................................... 404
20
Der zweiflüglige Propeller ................................................................ 405 20.1 Einleitung.............................................................................4 0 5 20.2 Mechanisches Modell. Bewegungsgleichungen........................ 405 20.3 Homogene Lösung und Stabilität des ungedämpften Systems .. 409 20.4 Dämpfungseinfluß auf die Stabilität ..........................................413 20.5 Unwuchterzwungene Schwingungen ........................................ 414 20.6 Schlußbemerkung .....................................................................4 1 7 20.7 Fragen .......................................................................................4 1 9
21
Der Lavalläufer mit angerissener Welle ...........................................421 2 1.1 Einleitung..................................................................................4 2 1 2 1.2 Ein einfaches Rissmodell...........................................................421 21.3 Die Bewegungsgleichungen und ihre Linearisierung bei horizontaler Welle - der atmende Riss ...................................... 427 21.4 Stabilität.....................................................................................430 21.5 Erzwungene Schwingungen ......................................................433
Inhaltsverzeichnis
XV
21.5.1 Risserzwungene Schwingungen ...................................433 21S.2 Unwucht- und Rissantwort ........................................... 439 2 1.6 Schlußbemerkung .....................................................................4 4 0 21.7 Fragen ....................................................................................... 4 4 0
Rotor-Fluid-Interaktion 22
Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen ........................................... 443 . Einleitung .................................................................................443 Modellbildung und Lösungsansätze für fluiddynamische Berechnungen ....................................................4 4 7 Das Bulk-Flow-Modell .............................................................. 449 22.3.1 Grundgleichungen der Bulk-Flow-Theorie ..................450 22.3.2 Lösungswege zur Berechnung ...................................... 453 Parameterstudie an einem glatten Dichtspalt ............................. 460 Einflussstudien an einer Laval-Welle ........................................ 466 Schlußbemerkung ......................................................................476 Fragen ...................................................................................... 477
23
Berührungslose Gasdichtungen ...................................................... 4 7 9 . Einleitung ................................................................................... 479 Kräfte in Gasdichtungen ............................................................481 Einteilung berührungsloser Gasdichtungen ............................... 482 Funktionsprinzip einer Labyrinthdichtung ................................ 484 Modellbildung und Lösungsansätze .......................................... 486 23.5.1 Berechnung der Leckage .............................................. 486 23.5.2 Berechnungsverfahren für die rotordynamischen Koeffizienten .............................................................................490 Einflussgrößen auf die rotordynamischen Koeffizienten ..........495 Anwendungsbeispiel: Hochdruckkompressor ...........................503 23.7.1 Vorgegebenes Datenmaterial für den Radialkompressor ......................................................................503 23.7.2 Berechnung der Labyrinthdichtungen .......................... 505 23.7.3 Untersuchung der Eigenschwingungen mit der FE-Methode ............................................................................... 507 Fragen ........................................................................................ 509
24
Spalterregung in Turbinen . Thomas-Kräfte ..................................511 ................................................................................... 24.1 Einleitung 511 24.2 Ansatz für die Spalterregungskrafte . Modellbildung ............... 512 24.3 Der lokale Wirkungsgradverlust C„(@) ..................................... 5 1 5 24.4 Die Spalterregungskonstantek, ................................................5 1 8 24.5 Die destabilisierendeWirkung der Spalterregung .....................518
XVI
Inhaltsverzeichnis
24.6 Fragen .................................................................................... 5 2 0 25
Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen und die Gondelwhirl-Stabilität......................................................521 Einleitung................................................................................... 521 Luftkraftsteifigkeitund -dämpfung ........................................... 523 Systematische Ermittlung der Propeller-Derivativa .................. 526 Mechanisches Modell des elastisch gebetteten Triebstranges ... 528 Gondelstabilität einer größeren Windkraftanlage ......................530 Stabilitätsgrenzeformelmäßig ...............................................5 3 3 Schlußbemerkung ...................................................................... 535 Fragen ....................................................................................... 5 3 6
Rotor-Stator-Berührung 26
Der sanft anstreifende Rotor ............................................................. 537 26.1 Einleitung ................................................................................... 537 26.2 Die Bewegungsgleichungen ...................................................... 541 26.3 Lösung der elasto-thermischen Bewegungsgleichung............... 546 26.4 Diskussion der Anstreif-Lösung - das Spiralen ........................ 548 26.5 Stabilität der Spirale...................................................................549 26.6 Periodendauer der Spirale.........................................................5 5 1 26.7 Beispiel Turbokompressor ......................................................... 552 26.8 Schlußbemerkung ..................................................................... 5 5 3 26.9 Fragen ...................................................................................... 5 5 4 Die harte Statorberührung . Fanglager .......................................... 555 ................................................................................... 27.1 Einleitung 555 27.2 Resonanzpassage mit im Fanglager anliegendem Rotor ...........557 27.3 Kinematisches Rückwärtsrollen - dry friction whirl ................. 563 27.4 Die Bewegungsgleichungen bei Rotor-Stator-Berührung .........567 27.5 Plötzlicher Schaufelverlust mit anschließendem Anstreifen der Welle - digitale Simulation ................................................. 568 27.6 Schlußbemerkung ...................................................................... 572 27.7 Fragen ...................................................................................573
Rotor-Fundament-Interaktion 28
Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors durch Einfluß von Gehäuse- und Fundamentdynamik ............................. 575 28.1 Einleitung .................................................................................. 575
Inhaltsverzeichnis
XVII
28.2 Verschiebung der Eigenfrequenzen durch Lager- und Bocknachgiebigkeiten.............................................................. 576 28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-Fundament-Interaktion ......... 580 28.4 Fragen ..................................................................................... 5 8 6
29
Ausnutzung der Fundamentdämpfung zur Beruhigung der Rotorschwingungen . die Abstimmung U. = U ..................... 587 .................................................................................. 29.1 Einleitung 587 29.2 Freie Schwingungen - das Durchdringen der Fundamentdämpfung bei w, = U, ........................................... 589 29.3 Unwuchtantwort ........................................................................ 592 29.4 Verbesserung der Stabilität des Rotors durch Ausnutzen der Fundamentdämpfung ........................................................... 594 29.5 Schlußbemerkung ...................................................................... 598
30
Lavalläufer . Blockfundament . elastischer Halbraum .................599 30.1 Einleitung .................................................................................. 599 30.2 Die Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen............................601 30.3 Bewegungsgleichungen, Unwuchtlösungen und Reduktion der Parameter ....................................................... 603 30.4 Unwuchtantwort - Optimalauslegung ....................................... 606 30.5 Stabilitätserhöhung durch den Bodeneinfluß............................. 609 30.6 Gleitlagerung ............................................................................ 610 30.7 Zusammenfassung, Schlußbemerkung ...................................... 610 30.8 Fragen ....................................................................................... 6 1 1
,
Maschinenüberwachung und Diagnose 31
Schwingungsüberwachungvon Maschinen . Normen und Richtlinien ............................................................................. ,. 6 1 3 3 1.1 Einleitung ................................................................................... 613 31.2 Anordnung der Schwingungsaufnehmer und deren Eigenschaften.............................................................................618 31.3 Kleiner Vergleich von Weg-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsmessungen ...................................................... 623 3 1.4 Beurteilung von Lagergehäuse- und Wellenschwingungen - Zulässige Werte, Normen und Richtlinien ................. 624 3 1.5 Schlußbemerkung ...................................................................... 625 3 1.6 Fragen ....................................................................................6 2 5
32
Maschinendiagnose . Signalanalytische Betrachtungen und Orbitkinematik............................................................................ 627 32.1 Einleitung ...............................................................................627
XVIII
Inhaltsverzeichnis
32.2 Elliptische Orbits in ein- und zweiseitiger Fourierdarstellung .. 627 32.3 Orbitkinematik ........................................................................... 631 32.4 Die Transformation zwischen inertialen und mitrotierenden Koordinaten - Spektralshift ...................................................637 32.5 Differenzdiagnose, Trendanalyse ..............................................638 32.6 Schlußbemerkung ...................................................................... 639 32.7 Fragen ........................................................................................ 640
33
Diagnosehinweise . Störschwingungen und ihre Ursachen ........... 641 ................................................................................... 33.1 Einleitung 641 33.2 Erkennungskriterien für Rotorinstabilitäten .............................. 642 33.3 Ursachen von f 1C2 Orbits - Ellipsenbahnen ...........................643 33.4 Ursachen von +_ n R Orbits ....................................................... 646 33.5 Bruchteilfrequenzen - Rosetten, n/m Orbits .............................. 648 33.6 Wälzlagerfehler ..................................................................... 649 33.7 Typische Signale von Getrieben, Elektromaschinen. Gebläsen etc............................................................................... 652 33.8 Schlußbemerkung ......................................................................657
34
Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose ...............659 34.1 Einleitung................................................................................. 659 34.2 Modellgestützte Beobachtung ................................................... 662 34.3 Überwachung mittels angelernter Neuro-Fuzzy-Logik ............. 664 34.4 Begleitende Ermittlung der Rest-Lebenserwartung mit Hilfe von Beobachtern ........................................................................ 669 34.5 Schlußbemerkung ......................................................................671
Literaturverzeichnis................................................................................... 673 Sachverzeichnis ..........................................................................................7 0 1
1
Einleitung
1.I
Aufbau von Maschinen mit rotierenden Wellen
Den prinzipiellen Aufbau von Maschinen mit rotierenden Wellen wollen wir zunächst an zwei Beispielen erläutern. Bild 1.1 zeigt in Explosionsdarstellung einen größeren Asynchronmotor. Der von den magnetischen Kräften in Rotation versetzte Kurzschlußläufer ist entweder wälzgelagert oder gleitgelagert. Für das rechte Lager ist alternativ zur Wälzlagerversion eine Ausführung in Gleitlagern dargestellt. Die Lagereinsätze sind in den Lagerschilden rechts und links befestigt, die die Gewichtskräfte auf den Rahmen des Gehäuses übertragen. Bei großen Maschinen wird das Gehäuse über ein Fundament abgestützt. Kleine Maschinen benötigen kein Fundament. Die einstufige Radialpumpe (Bild 1.2) besitzt einen Läufer, der sich aus dem von innen nach außen durchströmten Laufrad und der schlanken Welle zusammensetzt. Die Welle ist rechts und links in Kugellagern gelagert. Die Abdichtung zwischen der rotierenden Welle und dem Gehäuse erfolgt durch Stopfbuchsen, deren Packungen die Welle berühren und damit den Austritt von Flüssigkeit verhindern. An diesen beiden Beispielen erkennt man schon den grundsätzlichen Aufbau von Maschinen mit rotierenden Wellen, seien es nun Elektromaschinen (Motoren, Generatoren, Umformer, Phasenschieber), Strömungsmaschinen (Dampf- und Gasturbinen, Turbopumpen, Turboverdichter, Ventilatoren, Windturbinen) oder sonstige Anlagen wie beispielsweise Zentrifugen. Die wesentlichen Elemente sind stets Läufer (Trornmelläufer, Scheibenläufer, gesternte Läufer), Gehäuse, bei Elektromaschinen spricht man vom Ständer, Lager (Gleit-, Wälz-, Gas-, Magnetlager, hydrostatische Lager, usw.), Lagerschilde oder Lagerböcke, Dichtungen (berührende Packungen oder berührungsfreie Labyrinthe) zwischen der rotierenden Welle und dem Gehäuse, falls Druckdifferenzen zwischen innen und außen auftreten.
2
1 Einleitung
Bild 1.1: Aufbau eines Asynchronmotors (nach Werkbild Siemens)
1.1 Aufbau von Maschinen mit rotierenden Wellen
3
Sind zwei oder mehrere Maschinen gekuppelt, wie z. B. im Bild 1.3 die antreibende Kaplanturbine mit dem angetriebenen Generator, dann entsteht ein Wellenstrang, in dem als weitere Elemente Kupplungen auftreten. Sie können starr sein wie bei großen Wasser- und Dampfturbinen oder elastisch wie bei kleineren Maschinen. Letzteres erleichtert die Aufstellung, weil kleinere Fluchtungsfehler in elastischen Kupplungen toleriert werden.
Bild 1.2: Querschnitt durch eine einstufige Radialpumpe
Drucklager
\
, ,
,FÜhrungiloger
Bild 1.3: Senkrecht stehender Wellenstrang, Kaplantrubine mit Generator
4
1 Einleitung
Unter Umständen schachtelt man auch Rotoren ineinander, um eine kompakte Bauform zu erreichen, z. B. bei Flugtriebwerken, (Bild 1.4). Bild 1.5 zeigt den Triebstrang einer Windturbine, in dem ein Getriebe eingefügt ist, das die niedrige Turbinendrehzahl hochsetzt, damit der Generator klein baut. Bild 1.6 läßt die gedrungene Bauform eines Läufers in aktiven Magnetlagern erkennen.
Bild 1.4: Flugtriebwerk mit niedertouriger und hochtouriger Welle
Rotorlager elastische
Generator
Nabe
Getriebe
Brernsscheibe
I
Bild 1.5: Triebstrang einer Windkraftanlage mit elastischer Kupplung und Getriebe
1.1 Aufbau von Maschinen mit rotierenden Wellen
P.-Laufrad 1
Axialturbine
Magnetlager 1
P.-Laufrad 2
5
Axiallager
Magnetlager 2
Bild 1.6: Magnetgelagerter Rotor
Die Lager bestimmen sehr stark das dynamische Verhalten des Rotors, weil sie je nach Typus sehr verschiedene Feder-, Dämpfungs- und gegebenenfalls Anfachungseigenschaften haben. Selbst das Aussehen der rotierenden Welle wird vom Lagertypus mitbestimmt, denn im spezifischen Tragvermögen unterscheiden sie sich sehr stark (Tabelle 1.1).
spez. Tragkraft
Gleitlager
Wälzlager
Akt. Magnetlager
bis 4000
bis 500
bis 60
gering
mäßig
sehr gering
begrenzt, gut abschätzbar
Theor. Unbegrenzt (Absturzgefahr!)
sehr gering
sehr hoch
[Wm2] Reibungsverluste Lebensdauer
Kosten, apparativer Aufwand
theor. unbegrenzt (Anlaufabrieb) hoch
Tabelle 1.1: Vergleich der Lagertragkraft je beanspruchter Rotoroberfiäche (Lagerbreite X 0,s Durchmesser)
6
1 Einleitung
Wegen der hohen spezifischen Tragkraft sind wälz- und gleitgelagerte Rotoren an den Lagerstellen gewöhnlich sehr schlank. Der „gleicheG'Rotor in Magnetlagern hingegen wirkt gedrungen, weil die Lagerstellen dick und breit werden, um die nötigen Trag-Flächen bereitzustellen, Bild 1.7. Auch sind die Fesselungsbedingungen des Läufers an den Lagerstellen sehr verschieden. Während für den wälzgelagerten Rotor die Annahme gelenkig-gelenkiger Lagerung einigermaßen zutrifft, ist für den magnetgelagerten Rotor die Annahme frei-frei viel realistischer.
frei
frei
Bild 1.7: Der „gleicheu Rotor links in Wälzlagerung, rechts in Magnetlagerung; Lagerebenen LI, L2; erste elastische Eigenschwingungsform
1.2 Laufunruhe bei starren und biegeelastischen Rotoren unter Unwucht; Instabilität und Selbsterregung Biegestarre Läufer Ein rotationssymrnetrischer Läufer scheint auf den ersten Blick vom dynamischen Verhalten her unproblematisch zu sein. Verglichen mit Kolbenmaschinen, bei denen einzelne Triebwerksteile (Kolben, Pleuel) sehr komplizierte Bewegungen ausführen, sind die Verhältnisse bei starren Turbooder Elektromaschinenläufern in der Tat wesentlich einfacher. Der Drehmomentenhaushalt ist weitgehend ausgeglichen, d. h. es treten keine oder nur geringe Drehmomentenschwankungen auf. Die durch die Rotation geweckten Fliehkräfte gleichen sich wechselseitig aus. Allenfalls ist durch die Fertigungsungenauigkeiten die Massenverteilung nicht völlig rotationssymmetrisch. Die am versetzten Schwerpunkt S angreifende Fliehkraft der
1.2 Laufunruhe bei starren und biegeelastischen Rotoren unter Unwucht
7
Größe ~ = & r n Q ' ruft dann umlaufende Lagerkräfte F, und F, hervor, (Bild 1.8).
Bild 1.8: Umlaufende Fliehkraft F und Lagerreaktionen F,, F, beim unwuchtigen starren Rotor (m Rotormasse, E Exzentrizität)
Die Größe dieser Kräfte wächst quadratisch mit der Drehzahl, d. h. der Winkelgeschwindigkeit Q1. Die Lagerkräfte sind von einem feststehenden Beobachter aus gesehen periodisch. Sie sind die Ursache für das Vibrieren, an dem man - neben der Geräuschbildung - erkennen kann, ob eine Maschine läuft oder nicht. Die Fliehkräfte und somit auch die Lagerkräfte lassen sich durch Ansetzen von geeigneten Ausgleichsmassen in zwei beliebigen Ebenen des Läufers tilgen. Wie das im einzelnen geschieht wird in Kap. 2 „Auswuchten starrer Körper " gezeigt.
Biegeelastischer Einscheibenläufer (Laval-Läufer) Steigert man die Drehzahl, so wächst auch die Fliehkraft. Irgendwann wird der Punkt erreicht, von dem an man die elastischen Verformungen p, des Läufers unter der Fliehkraft berücksichtigen muß, weil durch sie zusätzliche Fliehkräfte entstehen. Die Gesamtfliehkraft beträgt dann
I
Die Winkelgeschwindigkeit Cl des Läufers, die der Drehzahl proportional ist, wird im folgenden in etwas laxer Ausdrucksweise auch als Umlauffrequenz, Urnlaufgeschwindigkeit,Drehgeschwindigkeit oder Drehzahl bezeichnet.
8
1 Einleitung
Dabei wird angenommen, daß sich die Welle in Richtung der Schwerpunktexzentrizität ausbiegt. Die genaue Analyse in Kap. 3 wird zeigen, daß diese Annahme unter gewissen Umständen richtig ist. Wenn die elastische Rotorausbiegung gegenüber der Exzentrizität merklich in Erscheinung tritt, spricht man von einem biegeelastischen Läufer. Mit ihm beschäftigen wir uns über viele Seiten dieses Buches. Einen kleinen Einblick in das Verhalten des biegeelastischen Lavalläufers erhält man, wenn man an einem mit einer Scheibe besetzten Rotor das Kräftegleichgewicht aufstellt.
Fliehkraft
ei-,L
elastische Üückstellkraft
Bild 1.9: Kräftegleichgewicht bei unwuchterregter Wellenschwingung
Die elastische Rückstellkraft sp, der Welle (mit der Biegesteifigkeit s) hält der Fliehkraft nach (Gl. 1.1) das Gleichgewicht, so daß sich aus sp, = F = (p, + E ) m a 2
(1.2)
die Wellenverformung
ergibt. Für J s l m wurde abkürzend U geschrieben. Dieser Wert stellt die Eigenkreisfrequenz eines Schwingers dar, bestehend aus Scheibenmasse m und der Wellenfedersteifigkeit s. Sie kennzeichnet wesentlich das Verhalten des Rotors. Bei niedriger Drehzahl (Q w ) und sehr hohe Drehzahlen (Cl>> w )
In den vorangegangenen Betrachtungen haben wir festgestellt, daß die Welle durch die Unwucht zu Kreisbewegungen angeregt wird. Wellendurchstoßpunkt und Schwerpunkt durchlaufen mit der Winkelgeschwindigkeit R Kreisbahnen, wobei die Punkte W und S stets auf einer Geraden durch den Ursprung 0 liegen. Mit diesem Wissen läßt sich die Gleichgewichtsbedingung natürlich sofort direkt hinschreiben. Aus der Sicht eines auf der Scheibe sitzenden Beobachters, Bild 3.9, lautet die Gleichgewichtsbedingung mit der Wellenausbiegung
3.2 Der unwuchtige Lavallänfer - freie und erzwungene Schwingungen
49
Bild 3.9: Kräftegleichgewicht bei unwuchterregter Wellenschwingung
Daraus ergibt sich mit d = s / m für den Betrag der Wellenausbiegung
Diese Gleichung stimmt wegen p,=r, mit G1. (3.16) überein. Alle weiteren Folgerungen daraus, insbesondere, daß für 52= w die Rotorausschläge über alle Grenzen wachsen, entsprechen den Ausführungen von oben.
Gewichtseinfiuß bei der horizontalen Welle Die bisherige Betrachtung galt streng genommen nur für die stehende Welle und für die liegende Welle im schwerelosen Raum, g=O. Auf der Erde kommt aber beim horizontalen Rotor noch der Einfluß des Eigengewichtes hinzu. Der ersten Dgl. (3.3) ist dann auf der rechten Seite noch der Gewichtsterm hinzuzufügen,
Die Gesamtlösung setzt sich nun aus der homogenen Lösung w,(t) und der partikulären Lösung für die Unwucht w,(t) zusammen, beide kennen wir schon, und einer weiteren partikulären Lösung W,, die vom Gewicht herrührt,
50
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Letztere ist zeitunabhängig, da der Gewichtsterm mg auch nicht von der Zeit abhängt. Die zusätzliche partikuläre Lösung für das Gewicht lautet
was man durch Einsetzen leicht überprüfen kann. Zusätzlich zum dynamischen Geschehen tritt noch der statische Durchhang w„„=mg/s auf, der zu superponieren ist. Da - wie oben schon erwähnt - bei der geringsten Dämpfung die homogene Lösung abklingt, bleibt als Dauerlösung für die Vertikalrichtung
Die Horizontalrichtung bleibt unbeeinflußt vom Gewicht, für sie gilt weiterhin die Lösung G1. (3.15). Die vom Wellendurchstoßpunkt W beschriebene Kreisbahn wird also durch den Gewichtseinfluß nur um wstalabgesenkt, Bild 3.10. Mißt man die Wellenschwingungen, entgeht einem gewöhnlich der statische Durchhang, weil die Meßaufnehmer erst an der schon im Gehäuse liegenden Welle installiert werden. Die Referenzlage ist da nicht der Ursprung 0, sondern W„, .
Die Biegebeanspruchung der Welle Sie setzt sich aus dem Beitrag, der von der Unwucht herrührt zusammen, und dem Beitrag aus dem Gewicht. Die Unwucht verursacht die Kreisbahnbewegung r, Bild 3.10. Die Faser im Punkt A bleibt bei der Drehung zur Welle immer außen liegen, sie wird demzufolge rein statisch nur auf Zug beansprucht (Bild 3.1 1). Die Faser, die diesem Punkt gegenüber innen liegt, entsprechend nur auf Druck. Diese Biegespannung fo,wollen wir jetzt ermitteln. Mit dem Bahnradius r nach G1. (3.16) und der Federsteifigkeit s der elastischen Welle, ergibt sich die Kraft rs, die am Scheibensitz angreift und daraus bei mittigem Scheibensatz das Biegemoment, Bild 3.1 1.
3.2 Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen
51
Orbit
Bild 3.10: Zusätzlicher statischer Durchhang Welle ( C2 < w )
W„„
und unwuchtverursachte Kreisbahn der
Die Biegespannung aus Unwucht ist demgemäß
wobei W, das Widerstandsmoment des Querschnittes ist.
Bild 3.11: Biegemomentenverteilung in der Welle aus unwuchtverursachter Verformung
52
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Dieser (nicht zeitabhängigen) Biegespannung aus Unwuchterregung überlagert sich die (zeitabhängige) Biegespannung aus dem Gewicht. Das Biegemoment am Scheibensitz infolge des Gewichts beträgt
Jedoch wandert die Faser in Punkt A während der Drehung der Welle von der Zug- in die Druckzone und zurück. Deshalb gilt für die Biegespannung aus Gewicht in der Faser A
wie ein Blick auf Bild 3.12 zeigt.
Bild 3.12: Statischer Durchhang W„„ aus Gewicht, Wandern des Punktes A von der Zugin die Druckzone bei Rotation der Welle, Biegewechselbeanspruchung
Wegen der statischen Bestimmtheit des 2-fach gelagerten Läufers läßt sich die Biegebeanspruchung aus Gewicht explizit angeben
dabei wurde mittiger Scheibensitz und Kreis-Vollquerschnitt ( w , = x D ~ / ~ ~ ) angenommen. Superponieren wir nun die unwucht- und die gewichtsverursachte Biegespannung in der Faser A, so erhalten wir unter Verwendung der Gleichungen (3.25, 3.26 und 3.28) den Ausdruck
3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht
53
2
Denn wegen w =s/m und sw„„=mg läßt sich der statische Durchhang durch die Eigenkreisfrequenz w ausdrücken. Was gibt G1. (3.30) zu erkennen? Wie zu erwarten, sind in Resonanznähe Q=u) die Biegebeanspruchungen infolge der Unwuchterregung besonders hoch. Neben der Anstreifgefahr ein weiterer Grund im Normalbetrieb die Resonanznähe zu meiden und gut zu wuchten. Weiter macht G1. (3.30) deutlich: je niedriger die Eigenkreisfrequenz o eines Läufers mit horizontaler Achse um so höher werden die Biegewechselbeanspruchungen aus dem Gewicht. Bei Rotoren mit einer kritischen Drehzahl unterhalb von 800 bis 900 Ulmin kann die Biegewechselbeanspruchung der Welle zum Kernproblem von Auslegung und Konstruktion werden.
3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht Ähnlich wie die Schwerpunktsexzentrizität wirkt sich eine Vorkrümrnung der Welle (Schlag) aus. Bei dünnen Wellen ist oft der Schlag die Hauptursache für die Laufunruhe. Eine Vorknimrnung der Welle kann viele Ursachen haben, z.B. Eigenspannungen im Material der Welle, plastische Verformung bei unsachgemäßem Transport, thermische Vorkrümmung aus ungleichmäßiger Erwärmung Zusätzlich zur Unwucht lassen wir also jetzt noch eine Vorkrümrnung der Welle zu, den Schlag a. Dreht die Welle ganz langsam Q«w, zeigt sie die Schlagbahn auf. Wir können sie durch
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
beschreiben, wenn wir aus Bequemlichkeit mit der Zeitzählung dann beginnen, wenn die Scheibe auf der kreisförmigen Schlagbahn gerade die z-Achse passiert, Bild 3.13.
Bild 3.13: Geometrie des Lavalläufers mit Schlag a und Unwucht. (rechts): Vorkrürnmung (Schlag) der Welle im Ruhezustand
Zwischen Schwerpunktsverschiebungen w„vs und den Wellendurchstoßpunktsverschiebungen W ,V besteht weiterhin die kinematische Beziehung (3.2)
Bei der Bildung des Gleichgewichts mit Hilfe des Schwerpunktsatzes (Newton) ist nun aber zu beachten, daß die elastischen Rückstellkräfte der Welle dem Wellenausschlag W , V abzüglich der Verformungen der Welle durch den Schlag w„v, proportional sind,
Vom Gewichtseinflul3 sehen wir bei dieser Betrachtung ab. Vom vorangegangenen Abschnitt her kennen wir seinen Einfluß, den zusätzlichen statischen Durchhang.
3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht
55
Eliminiert man nun wieder die Schwerpunktsverschiebung w„v, zugunsten der leichter meßbaren Wellendurchstoßpunktsverschiebung W ,V mit Hilfe von G1. (3.2), so erhält man die Bewegungsgleichung in der Form
Zusätzlich zur schon vertrauten Unwuchterregungskraft taucht nun auf der rechten Seite noch die Erregungskraft aus Schlag auf, die proportional zu sa ist. Die Erregungskraft aus Schlag ist also - im Gegensatz zur Unwuchterregungskraft - nicht von der Drehzahl L2 abhängig. Da wir die Unwuchtantwort G1. (3.15) schon kennen, benötigen wir nur noch die partikuläre Lösung für die Schlagerregung. Wir führen in
den Gleichtaktansatz ein
wobei der Index V an die Vorkrümmung der Welle erinnern soll. Mit diesem Ansatz erhalten wir die Gleichungen für die gesuchten Schwingungsamplituden G,,?,
und somit die Schlagantwort zu w,(t)=a
V,
(t) =a
1 w2 cosRt = acos R t w2 - R 2 1-q2
w2 1 s i n R t =asinRt . w2 - L l 2 1-q2
56
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Wie bei der Unwuchtantwort treten umlauffrequente, harmonische Schwingungen mit der gleichen Amplitude für die Vertikal- wie für die Horizontalrichtung auf. Zwischen den beiden Richtungen existiert lediglich eine Phasenverschiebung zu 90". In Resonanznähe, Q=u, werden diese Schwingungen sehr sehr groß. Auch hier beschreibt der Wellendurchstoßpunkt eine Kreisbahn, deren Radius
vom Schlag a und dem Verhältnis von Drehzahl Q zur kritischen Drehzahl U bestimmt ist, Bild 3.14. Anders als bei der Unwuchtantwort, Bild 3.7, tritt hier bei sehr langsamer Drehung (Q«u) schon eine Auslenkung der Welle auf, eben der Schlag a. Bei sehr hohen Drehzahlen zentriert sich die Scheibe selbst, die Auslenkungen werden null. Aber auch hier sind dann Lagerkräfte wirksam. die die Größe sa haben, weil die vorgekrümmte Welle gerade gezogen wird.
2
35
4
$ a I
Drehzahl I
0
q=1
Bild 3.14: Radius r, der Welle infolge des Schlages a
'R 'q=R/o
3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht
57
Die Gesamtantwort aus Unwucht- und Schlagerregung ergibt sich aus der Überlagerung der Antworten (3.15) und (3.37) zu
v ( t ) = E-
"
1-q2
sin(nt+ß)
Unwucht
+
1 1-q2
a-sinnt
Schlag
Sie verursacht über die Lagerkräfte das Vibrieren und Brummen, an dem man auch bei einer völlig gekapselten Maschine erkennt, ob sie läuft oder nicht. SchlagSchlag-
und
Bild 3.15: Kreisbahn der Welle mit Schlag. Selbstzentrierung im hohen Drehzahlbereich. Darstellung in komplexen, raunifesten Koordinaten
58
3.4
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten
Die beiden Freiheitsgrade W und V beschreiben die Bewegung der Welle in einer Ebene. Wir können beide Freiheitsgrade auch in einer komplexen Zahl zusammenfassen, die dann genau das gleiche leistet: sie beschreibt die Position der Welle in einer komplex definierten ~ b e n e . 'Dazu vereinbaren wir, wie in Bild 3.16 gezeigt, daß der Realteil die Vertikalauslenkung und der Imaginärteil die Horizontalauslenkung beschreibt
wobei j = .$-l die imginäre Einheit ist. r ist also ein Vektor (Zeiger) in der komplexen Ebene.
Vn
Schlagbahn
Bild 3.16: Links: komplexe Zusammenfassung der beiden Freiheitsgrade komplexe Darstellung der Schlagbahn aeJRt
W
und V; rechts:
Der Vorteil dieser Darstellung wird offenbar, wenn wir beispielsweise die Schlagbahn der Welle mit Verkrümmung betrachten, die durch G1. (3.31) bzw. Bild 3.13 beschrieben wurde,
1 Die beiden Abschn. 3.4 und 3.5 sind mehr formal orientiert, sie bringen keine wesentlichen neuen physikalischen Aussagen. Lesern, die sich nur einen ersten Einblick verschaffen wollen, wird empfohlen, mit Abschn. 3.6 fortzufahren.
3.4 Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten
59
Multipliziert man die zweite Gleichung mit j und addiert sie zur ersten, erhält man
Der sogenannte Drehfaktor eJntbeschreibt eine Kreisbahn vom Radius 1, die mit zunehmendem Argument Rt immer aufs neue im eingezeichneten Drehsinn durchfahren wird, Bild 3.16, rechts. (Kehrt man das Vorzeichen im Argument der e-Funktion um, dreht sich der Drehsinn um). Diese komplexe Schreibung erleichtert also auch die Deutung der Ergebnisse. Weiter werden wir bald sehen, daß die Transformation der Bewegungsbahnen (und Bewegungsgleichungen) von raumfesten Koordinaten in mitrotierende und umgekehrt durch das komplexe Kalkül besonders einfach wird. Wir fassen nun auch die kinematischen Verknüpfungen G1. (3.2) von Schwerpunkt und Wellendurchstoßpunkt
komplex zusammen zu
Das ist als Zeigerdiagramm in Bild 3.17 grafisch dargestellt, welches zudem noch strichliert eingetragen die Schlagbahn r,=aeJnt enthält. Die Differenz r-r,, stellt die elastische Ausbiegung der Welle dar. An diesem Bild kann man nun unmittelbar die Gleichgewichtsbedingungen ablesen
Mit den kinematischen Zusammenhängen (3.41) und (3.42) liefert (3.43) die Bewegungsgleichungen der Welle mit Unwucht und Schlag in der Form
60
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.17: Komplexe Auslenkung r von Wellendurchstoßpunkt und Schwerpunkt r, sowie Schlagbahn r,
Statt wie hier die Bewegungsgleichung direkt zu gewinnen, kann man auch formal vorgehen: in Cl. (3.33) die zweite mit j multiplizieren und dann unter Beachtung von G1. (3.40) addieren. Die allgemeine Lösung setzt sich wieder aus der allgemeinen homogenen Lösung rh (t) und den partikulären Lösungen der Unwuchtantwort r, (t), der Schlagantwort r, (t) sowie der Gewichtslösung r, zusammen.
Zur Lösung der homogenen Differentialgleichung machen wir den Exponentialansatz rh(t) = rheat .
(3.46)
Durch Einsetzen in die verkürzte Differentialgleichung erhalten wir die charakteristische Gleichung
deren Wurzeln die beiden Eigenwerte
sind. Die allgemeine Lösung lautet somit rh(t) = rhle+jwt + rh2e-JWt .
3.4 Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten
61
I„ und I„ sind komplexe Integrationskonstanten, die aus den Anfangsbedingungen zu berechnen sind. Die homogene Lösung setzt sich demnach aus zwei, in entgegengesetzter Richtung umlaufenden Kreisbewegungen mit der Winkelgeschwindigkeit U zusammen. Durch die Überlagerung der beiden Bewegungsanteile entsteht (in Übereinstimmung mit der früheren Komponentenbetrachtung) eine Ellipse, Bild 3.18. Für die Unwuchtantwort führen wir in
den Ansatz j(~t+ß) r = r s -rEe
ein und erhalten damit die partikuläre Lösung in der Form
Entsprechend finden wir die Schlagantwort aus
mr + sr = aejnt mit dem Ansatz
-
r = rv = r,e jnt
Falls das Gewicht bei horizontalen Rotoren zu berücksichtigen ist, steht in der Dgl. (3.43) auf der rechten Seite der Term mg, was zusätzlich noch das (zeitunabhängige) Partikularintegral des statischen Durchhangs liefert,
62
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.18: Ellipse als Überlagerung zweier entgegengesetzt drehender Kreisbewegungen
Da wir - wie schon mehrfach erwähnt - davon ausgehen, daß ein Hauch von Dämpfung für das allmähliche Verschwinden der homogenen Lösung sorgt, bleiben auf Dauer nur die superponierten Partikularintegrale übrig
oder ausführlich geschrieben
oder
Unwuchtantw.
Schlagantw.
Gewichtsantw.
Die grafische Darstellung dieser Gesamtantwort ist in Bild 3.19 zu sehen. Für die Ermittlung der Biegebeanspruchungen unter Berücksichtigung auch des Schlages ist eine kleine Umformung der G1. (3.52) nützlich, die davon Gebrauch macht, daß
3.4 Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten
63
gilt. Damit läßt sich diese Gleichung umschreiben in
Schlagbahn bei R«w
Dynamik aus Unwucht + Schlag
'&zG durchhang
Faßt man die Klammer ( a + ~ e ~ ~ ) = als & „Gesarntexzentrizität , aus Schlag und Unwucht auf, dann darf man GI. (3.30) weiterhin benutzen, nur muß dort statt E nunmehr I&„ I eingesetzt werden. Auch beim Auswuchten elastischer Läufer, auf das wir im Rahmen dieses Buches nicht weiter eingehen werden, kommt dieser Umschreibung große praktische Bedeutung zu: will man die Resonanz beseitigen, wuchtet man C„, weg und laßt die statische Schlagbahn a e ~ "im ~ Rotor. Dann ist der Rotor resonanzfrei.
Bild 3.19: Kreisbahn der Welle unter dem Einfluß von Unwucht und Schlag, Kreismittelpunkt W„ aus Gewicht
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
64
3.5
Darstellung in mitrotierenden Koordinaten
In manchen Fällen, z.B. bei der Erfassung der inneren Reibungskräfte der Welle, oder bei unrunder Welle, ist es zweckmäßig, für die Berechnung von einem mit der Winkelgeschwindigkeit Q mitlaufenden Koordinatensystem auszugehen. Dieses bewegte Koordinatensystem ist dann gegenüber dem raumfesten zu einer bestimmten Zeit t um den Winkel Q t verdreht, Bild 3.20. In der komplexen Schreibweise lassen sich die Transformationsformeln vom festen in das mitrotierende Koordinatensystem und zurück sehr einfach gewinnen. In Bild 3.20 ist ein Punkt P dargestellt, der vom Koordinatenursprung den Abstand 1 hat und dessen Verbindungsgerade mit 0 gegenüber der reellen Achse des mitrotierenden Systems den Winkel y einschließt.
Bild 3.20: Punkt P in raumfesten und rnitrotierenden Koordinaten. Links direkt, rechts über die Komponentendarstellung
Seine Lage im feststehenden und mitrotierenden Koordinatensystem ist festgelegt durch die komplexen Zahlen raumfest
r = w + j v = l e j(Q t+y)
mitrotierend
p=wi-+jv„ =leJy
Daraus ergeben sich durch Dividieren unmittelbar die Transformationsformeln vom rotierenden ins feste Koordinatensystem
3.5 Darstellung in mitrotierenden Koordinaten
65
und umgekehrt
Natürlich kann man über die Komponentenbetrachtung von Bild 3.20, rechts,
nach Multiplikation der zweiten Zeile mit j und Addition zur ersten zum gleichen Resultat kommen - nur viel umständlicher. Jetzt wollen wir G1. (3.44) ins mitrotierende Koordinatensystem transformieren. Dazu müssen wir zunächst den Ausdruck, G1. (3.54), für r zweimal nach der Zeit differenzieren und erhalten
Die Ausdrücke in der Klammer von GI. (3.58) entsprechen von links nach rechts der Relativbeschleunigung, der Coriolisbeschleunigung, der Führungsbeschleunigung. Die Bewegungsgleichungen im mitrotierenden Koordinatensystem erhalten wir, indem wir die Gln. (3.54, 3.57, 3.58) in G1. (3.44) einsetzen und durch eJRtdividieren.
Im Hinblick auf die später zu behandelnde unrunde Welle schreiben wir G1. (3.59) auch in Komponenten hin, die wir durch Zerlegen in Real- und Imaginärteil erhalten:
66
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Wir wollen uns jetzt der Lösung von G1. (3.59) zuwenden. Für die homogene Lösung machen wir wieder den Exponentialansatz
P, (t) = JOh eaVt
(3.61)
und erhalten die charakteristische Gleichung
mit den Wurzeln
Damit ist die allgemeine homogene Lösung gefunden
Die inhomogene Lösung für die drei Erregungsarten in G1. (3.60) findet man nun wieder mit Ansätzen nach Art der rechten Seite
p, = 3, = const.
und Einsetzen - oder noch einfacher: indem man die Lösung in raumfesten Koordinaten, G1. (3.52), mit ei"' multipliziert und sie damit gemäß G1. (3.55) in das rotierende Koordinatensystem transformiert. Das liefert p ( t ) = JO,
oder
+P, + JOGe-jR
3.5 Darstellung in mitrotierenden Koordinaten
67
wobei P,= w„„=mg/s ist. Die homogene Lösung haben wir dabei aus den schon oft genannten Gründen (Hauch von Dämpfung) unterschlagen. Im mitrotierenden Koordinatensystem ist also die Lage des Wellendurchstoßpunktes völlig zeitunabhängig. Er bewegt sich nicht, es sei denn, es kommt der Gewichtseinfluß dazu. Auch die Ermittlung der Biegebeanspruchungen der elastischen Welle wird in mitrotierenden Koordinaten durchsichtiger als in raumfesten. Die Kräfte, die arn Scheibensitz wirken, sind den Auslenkungen der elastischen Welle p, (t), P, und Pa proportional. Allerdings ist von der schlagverursachten Amplitude p, der Schlag a selbst abzuziehen, denn er existiert ja auf Grund der Verkrümmung der Welle, ohne daß schon Biegebeanspruchungen auftreten. Die Biegemomente am mittig bei 112 angenommenen Scheibensitz belaufen sich daher auf
Die Vormultiplikation mit j = f i erfolgte aus formalen Gründen: dann klappen die Momentenpfeile gegenüber den Auslenkungspfeilen um 90" um und zeigen gemaß den Konventionen der Statik an, Bild 3.21.
Bild 3.21: Auslenkungen DG, P, und p, der Welle und die daraus resultierenden Biegemomente M G , M, und M E
68
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Wir betrachten noch den Fall Schlag a=O, nur Exzentrizität E und fragen, wann und wo treten die höchsten Biegebeanspruchungen der Welle auf? Sie treten in dem Augenblick auf, in dem sich der mitrotierende Biegepfeil M, mit dem (raumfesten) Biegepfeil MGüberdeckt, Bild 3.22.
Bild 3.22: Überlagerung der Biegemomente aus Gewicht und Exzentrizität
3.6 Zusammenfassung und Generalisierung Unwucht und Schlag verursachen umlauffrequente Schwingungen im biegeschwingungsfähigen Lavalrotor. Bild 3.23b zeigt das sogenannte CampbellDiagramm, in dem auf der vertikalen Achse die Eigenkreisfrequenz w = Js/m als (drehzahlunabhängige) waagerechte Gerade eingezeichnet ist. Auf der horizontalen Achse ist die Drehzahl (Umlaufkreisfrequenz) L2 dargestellt. Der Fahrstrahl gibt die zur jeweiligen Drehzahl gehörige Erregungskreisfrequenz wieder. Da in unserem Fall die Enegungskreisfrequenz mit der Urnlauffrequenz identisch ist, verläuft der Fahrstrahl unter 45", falls gleiche Skalierung für beide Achsen benutzt wurde. Im Schnittpunkt von Fahrstrahl und Eigenfrequenzgerade liegt die kritische Drehzahl &=U. Hier tritt die Resonanz auf. Bild 3 . 2 3 ~zeigt die Schwingungsamplituden der Welle in horizontaler und vertikaler Richtung, die mit dem Durchmesser der Kreisbahn identisch sind, den der Wellendurchstoßpunkt beschreibt. Auf die Unterschiede im Verlauf der beiden Vergrößerungsfunktionen und deren Ursachen wurde vorne detailliert eingegangen.
3.6 Zusammenfassung und Generalisierung
69
Schlag ro
Unwucht gerade Welle
H Wellen-Amplitude
I
Orbits: Kreisbahnen
R
W
Frequenz
W
Frequenz
Bild 3.23: Über~ichtsdia~ramm: Unwuchtantwort (links) und Schlagantwort (rechts) beim Lavalläufer
70
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.23d zeigt in Form der sogenannten Spektralkarte die Schwingungsamplituden über einer allgemeinen Frequenzachse (waagerecht) für verschiedene Drehzahlen (Achse schräg nach hinten). Genauer benannt, handelt es sich bei dieser Darstellung um eine Drehzahl-gestaffelte Fourieranalyse. Im Idealfall taucht in dieser Darstellung, die on-line mit Hilfe eines FFT-Analysators wahrend der Hochfahrt des Rotors aufgezeichnet wird, immer nur der Peak der Umlauffrequenz auf. Eigentlich müßte er sich, wie gezeichnet, als Nadelfunktion darstellen, durch die Zeitdiskretisierung im Fourier-Analysator erscheint er mit endlicher Breite als schmaler steiler Peak. In praxi tauchen in diesem Diagramm noch Störfrequenzen, z.B. aus Kugellagerrauschen, auf. Gerade diese Fremdfrequenzen geben dann Hinweise auf Verschleiß und Störung des Systems. Wir haben den einfachsten aller elastischen Läufer betrachtet, den Lavalrotor mit nur einer Scheibe auf der rotierenden Welle. Nahert sich seine Drehzahl Q der kritischen Drehzahl, wird der Bahnradius immer größer. In der kritischen Drehzahl selbst wächst er über alle Grenzen jenseits der Kritischen, Q> U , wird er schnell kleiner, Bild 3.23~.Sind mehrere Scheiben auf einer biegeelastischen Welle, wie im Beispiel des Radialverdichters von Bild 3.24 mit drei Laufrädern, dann treten entsprechend mehr Eigenfrequenzen auf.
V)
3 .-
U
LK
=
X
.-
1
0
Q,
mn
R
W
Drehzahl
Bild 3.24: Kritische Drehzahlen und Ausbiegungsform der Welle in den kritischen Drehzahlen. (links): Lavalrotor; (rechts): allgemeiner Rotor
3.6 Zusammenfassung und Generalisierung
71
Jede Eigenfrequenz wi stellt eine kritische Drehzahl dar, in der die Bahnradien der Welle über alle Grenzen wachsen. Die umlaufende Ausbiegungsform ist wie beim Lavalläufer - die zugehörige Eigenschwingungsform. Auch hier kann man den Rotor entweder unterkritisch betreiben, d.h. Clkmeb< w „ oder überkritisch, was bedeutet, daß der Rotor zwischen der ersten und der zweiten kritischen Drehzahl läuft, oder auch jenseits der zweiten.
Zur dynamischen Ähnlichkeit bei Baureihenentwicklung Im Strömungsmaschinenbau - ähnlich geht man auch beim Bau von elektrischen Maschinen vor - entwickelt man gerne aus einer erfolgreichen Maschine mit Hilfe der ~hnlichkeitstheorieeine ganze Baureihe von Pumpen, Turbinen, Kompressoren, die einen größeren Leistungsbereich abdecken. Das Vorgehen kann hier nur rezeptartig dargestellt werden, wobei uns insbesondere die Folge der Vergrößerung (oder Verkleinerung) auf die Dynamik interessiert. Etwas mehr findet man z.B. in [3.7]. Da der alles beherrschenden Umfangsgeschwindigkeit im Strömungsmaschinenbau von der Festigkeit der Werkstoffe her Grenzen gesetzt sind, geht man in der Baureihenentwicklung folgendermaßen vor: die Umfangsgeschwindigkeit wird beibehalten (Regel 11, die Materialien, aerodynamische Profile und Schaufelzahlen ebenfalls (Regel 21, alle Längen, Breiten, Tiefen werden um den gleichen Faktor vergrößert (oder verkleinert); d.h. in der Zeichnung wird nur der Maßstab geändert (Regel 3) Wenn man so verfährt, steigt die Leistung mit dem Quadrat der Längenänderung, steigt das Gewicht mit der 3. Potenz der Längenänderung, aber die Beanspruchungen aus Massen- (z.B. Flieh-) kräften und Strömungskräften ändern sich nicht! Die Spannungen im Material sind die gleichen wie in der erfolgreichen Referenzmaschine. Nur die vom Gewicht verursachten Spannungen steigen linear mit dem Wachstum an ( o , l o , ) = ( L , / L , ) . Letzteres setzt dem Größenwahn natürliche werkstoffbedingte Grenzen.
72
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.25: Dynamische Ähnlichkeit bei der Baureihenentwicklung: Vergrößerung um den Faktor 2 bedeutet Halbierung der Eigenkreisfrequenz
Wichtig ist nun für uns, was dieses Vergrößern oder Verkleinern bei der Baureihenentwicklung für Konsequenzen für die kritischen Drehzahlen und ihre Resonanzabstände hat. Betrachten wir das simple Beispiel von Bild 3.25. Die Eigenkreisfrequenz beträgt
wobei p V = m , also V das Stahl-Volumen des Laufrades ist. Unter der ersten Wurzel stehen die Werkstoffwerte, die bei der Größenänderung beibehalten werden. Unter der zweiten Wurzel stehen die Größen, in die die Maßstabsänderung folgendermaßen eingeht
d.h. die Eigenkreisfrequenz W ist der Änderung der Längen L umgekehrt proportional, anders ausgedrückt
3.7 Fragen
73
Die doppelt große Kreiselpumpe von Bild 3.25 wird also eine Eigenfrequenz haben, die halb so groß ist wie die der kleineren Pumpe der Baureihe. Da aber gemäß Regel 1 beim Verdoppeln des Laufraddurchmessers die Drehzahl (wegen der Konstanz der Umfangsgeschwindigkeit) zu halbieren ist, ist die bezogene Drehzahl 77
!2 groß = Qklein -
- V~aureihe
@groß
@klein
bei beiden Maschinen die gleiche. War der Resonanzabstand bei der einen Maschine hinreichend groß und vorsichtig gewählt, ist er es auch bei der daraus entwickelten neuen Maschine. Die Baureihe verhält sich also auch dynamisch ähnlich.
3.7 Fragen 1. Wie unterscheidet sich die Unwuchtantwort von der Schlagantwort des Lavalläufers?
2. Wie unterscheidet sich die Unwuchtantwort bei Darstellung in raumfesten Koordinaten von der Vorstellung in rotierenden Koordinaten? Wie sieht das bei der Schlagantwort aus? 3. Wieso erzeugt das Gewicht beim horizontalen Läufer Biegewechselbeanspruchungen in der Welle, die Unwuchtantwort aber nicht?
4. Welchen Vorteil bietet die komplexe Schreibweise gegenüber der Komponentenschreibweise? Vergleiche z.B. G1. (3.39) mit G1. (3.52). 5. Im Abschn. 3.6 wurde behauptet, daß bei Vergrößerung einer Maschine, gemäß den Ähnlichkeitsregeln, die Gewichtsbeanspruchungen linear mit der Maßstabsvergrößerung anwachsen (Regel 3). Zeige anhand von G1. (3.30), daß dies auch für die Lavalwelle zutrifft.
4
Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
4.1
Übersicht
Bisher haben wir alle dämpfenden Einflüsse vernachlässigt. Das hat eine gewisse Berechtigung; bei fast allen wälzgelagerten Läufern spielt die Dämpfung nur eine sehr untergeordnete Rolle. Zwar begrenzt sie die Amplituden im Resonanzdurchgang auf endliche Werte, Bild 4.3, sie sind aber meist trotz Dämpfung so groß, daß ein stationärer Betrieb in der Resonanz oder ihrer engeren Nachbarschaft nicht möglich ist, weil der Läufer den Ständer berühren würde. Man muß also trotz Dämpfung die Resonanz schnell durchfahren. Die Lage der kritischen Drehzahl wird durch geringe Dämpfungen kaum verschoben, so daß sie in der Tat aus der Berechnung des ungedämpften Systems genügend genau ermittelt werden kann. Dennoch spielt die Dämpfung gelegentlich eine fatale Rolle - und zwar da, wo man arn ehesten glaubt, sie vernachlässigen zu können, z.B. bei großen Elektromotorenläufern. Das hängt damit zusammen, daß bei diesen Läufern die Dämpfung aus dem umgebenden Medium sehr gering ist, so daß eine zweite Art von Dämpfung, die aus der Verformung der Welle herrührt, die Werkstoff- und Konstruktionsdämpfung, bedeutsam wird. Diese „innere Dämpfung" wirkt unterhalb der kritischen Drehzahl wirklich dämpfend, oberhalb der kritischen Drehzahl dagegen facht sie die Schwingungen der Welle an. Die ,,äußere Dämpfung" dagegen dämpft bzw. stabilisiert die Rotorschwingungen immer. Ist sie sehr gering, dann kann u.U. oberhalb der kritischen Drehzahl der labilisierende Einfluß der ebenfalls sehr kleinen inneren Dämpfung über den stabilisierenden Einfluß der äußeren Dämpfung dominieren, so daß die Schwingungen des Läufers nicht mehr ab- sondern aufklingen. Das wollen wir im folgenden zeigen.
4.2 Äußere Dämpfung Die äußere Dämpfung entsteht durch die Bewegung der rotierenden Scheibe im umgebenden Medium. Die Zähigkeitskräfte des Mediums sind der Bewe-
76
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
gung in raumfesten Koordinaten entgegen gerichtet. Man setzt sie proportional der (Absolut-) Geschwindigkeit der Welle an. In Bild 4.1 ist ein Modell für die Wirkung der äußeren Dämpfung skizziert.
Bild 4.1: Modell für die Wirkung der äußeren Dämpfung
Mit dem Proportionalitätsfaktor d a für die äußere Dämpfung lauten die Bewegungsgleichungen des Laval-Läufers
rnw +da% + s w = m&Q2C O S ( R ~ + ß), mi; + dav+ s w = m ~ i sin(C2t 2 ~ + ß) . Nach Multiplikation der zweiten Gleichung mit j =Gund Addition unter Berücksichtigung von r=w+jv lassen sich beide Gleichungen wieder zusammenfassen
wobei o2abkürzend für s l m steht. Beim Vergleich mit G1. (3.3) erkennt man, daß, wie zu erwarten, zusätzlich ein geschwindigkeitsproportionaler Term auftaucht. Die allgemeine Lösung setzt sich aus der homogenen Lösung r, und der partikulären Lösung r, zusammen. Die homogene Lösung findet man wieder durch Einsetzen des Ansatzes T,eat in die verkürzte Differentialgleichung (4.2), was auf die charakteristische Gleichung
4.2 Äußere Dämpfung
iZ2 +(d,/m)iZ+w2 = O
77
(4.3)
führt. Deren komplexe Lösungen Au= a, I j wu(V = 1,2) lauten
Der unter dem Wurzelzeichen auftauchende Ausdruck d,/2mw, den wir im folgenden mit D, abkürzen wollen, stellt das dimensionslose Lehr'sche Dämpfungsmaß oder den Dämpfungsgrad
des Schwingers von einem Freiheitsgrad dar. Man erkennt sofort, daß die homogene Lösung
mit der Zeit abklingt. Der von irgendwelchen Anfangsbedingungen rh(t=O) und rh(tZO) ausgehende Bewegungsablauf wird also nicht mehr auf einer Ellipse erfolgen, wie im ungedämpften Falle, sondern auf einer „Ellipse mit allmählich schrumpfenden Halbmessern", weil der Faktor e "lt wegen a,< 0 die Bewegung mit der Zeit auslöscht. Der Wert
U, = w 4 I - D :
ist praktisch
mit w identisch, weil die äußere Dämpfung sehr klein zu sein pflegt. Die partikuläre Lösung, die die stationäre Bewegung der Welle nach Abklingen der homogenen Lösung beschreibt, findet man wieder durch einen Ansatz nach Art der rechten Seite
woraus mit G1. (4.5)
78
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
folgt, wobei 77 wieder abkürzend für Qlw steht, wie in GI. (3.14) des ungedämpften Rotors. Aus der Tatsache, daß T, zwar wie dort komplexen Faktor
ergibt sich, daß die Wellenauslenkung Gegenrichtung von E erfolgt,
E
proportional ist, nun aber über den
T, nicht mehr genau in Richtung oder
Das erkennt man in Bild 4.2, wo der Augenblick skizziert ist, in dem der rotierende Zeiger E ~ J ( " ~ +gerade ~) in die reelle z-Achse fällt. Die komplexe Wellenauslenkung TE enthält einen negativen imaginären Anteil, der dem Realteil um 90" nacheilt. 0 Nacheilwinkel
Bild 4.2: Lage von Wellendurchstoßpunkt W und Schwerpunkt S bei f i t +ß=O
Der Radius der Kreisbahn, auf der sich der Wellendurchstoßpunkt W stationär bewegt, ist der Betrag von TE, der sich mit Hilfe des Satzes von Pythagoras sofort aus Bild 4.2 ablesen lrißt
4.2 Äußere Dämpfung
79
In Bild 4.3 oben ist der auf die Scheibenexzentrizität E bezogene Bahnradius 1?1, in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl q = Cl /w mit der Dämpfung D, als Parameter dargestellt. Bei schwacher Dämpfung liegen die Kurven von ungedämpfter und gedämpfter Betrachtung praktisch zusammen, nur im Resonanzbereich treten Abweichungen auf; im gedämpften System bleiben die Wellenauslenkungen endlich, die Maximalwerte betragen etwa 1/(2.Da).Die Maxima sind auch bei stärkerer Dämpfung nur wenig nach rechts verschoben. Der Winkel y zwischen dem Zeiger ablesen. Für ihn gilt tan Y=- 2Dar7
1-q2
und E läßt sich ebenfalls aus Bild 4.2
-
In Bild 4.3 unten ist der Phasenwinkel y als Funktion von q mit D, als Parameter dargestellt. Im ungedämpften Fall, der schon in Kap. 2 behandelt wurde, springt der Winkel y bei q=1 um 180". Solange Da#O ändert er sich stetig. Anstelle der Formulierung (4.11) kann für r, auch geschrieben werden
wobei
I?,l
durch G1. (4.12) und y durch G1. (4.13) gegeben sind.
Wie sich die (relative) Lage vom Schwerpunkt S und Wellendurchstoßpunkt W mit der bezogenen Drehgeschwindigkeit q ändert, wollen wir noch etwas genauer verfolgen. Zwischen r, und r,,, besteht der Zusammenhang
Setzt man für r, die partikuläre Lösung nach G1. (4.7) unter Verwendung von G1. (4.9) ein, so ergibt sich für die Schwerpunktlage der Ausdruck
mit
80
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
In Bild 4.4 links ist der Verlauf der Funktionen iE(q)und is,,(q)dargestellt, d.h. es ist dargestellt, wie sich die relative Lage von Schwerpunkt S und Wellendurchstoßpunkt W mit der Drehzahl ändert. Das abrupte Umklappen 1 des Schwerpunktes nach innen, das im dämpfungsfreien Fall bei ~ = auftritt, geht durch die Dämpfung über in ein allmähliches Nach-innen-Wandern mit zunehmender ~rehzahl. L
Bild 4.3: Wellenauslenkung (oben) und Phasenwinkel y zwischen Unwuchtlage und Wellenauslenkung (unten) in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl = i2 /w und der Dämpfung
Beim ungedämpften System liegen bei V = 0 Ursprung 0 und Wellendurchstoßpunkt W zusammen, bei V = 1 stehen OW und WS senkrecht aufeinander, für 112 1 zentriert sich die Welle selbst, der Schwerpunkt wandert in den Ursprung. In Bild 4.4 rechts sind drei charakteristische Fälle, V< 1, V= 1, V>1 herausgezeichnet. Die Bewegungskreisbahnen von Wellendurchstoßpunkt und
4.2 Äußere Dämpfung
81
Schwerpunkt ergeben sich durch Rotation der Zeiger fE und $ E mit der Winkelgeschwindigkeit !2 um den Ursprung 0.
ild 4.4: Relative Lage von Schwerpunkt S un,d Wellendurchstoßpunkt W und in Abhängigkeit von 17 für D, = 0,05
Das wenig plausible Nacheilen des Wellendurchstoßpunktes W hinter dem Schwerpunkt S nach Bild 4.4 wird physikalisch einsichtig, wenn wir die Kräfte betrachten, die auf die Scheibe einwirken, die sich auf ihrer Kreisbahn bewegt. Diese Kräfte stehen als umlaufende Kraftamplituden in G1. (4.8); das Zeitgesetz, beschrieben durch den Drehfaktor, wurde dort schon herausgekürzt. Für eine grafische Auswertung wollen wir alle Kräfte als äußere Kräfte auffassen, die - wie die Fliehkraft & m f i 2 - auf die Scheibe einwirken. Wir schreiben deshalb die linke Seite nach rechts
ehe wir auswerten. Bild 4.5 zeigt diese Auswertung für den unterkritischen Betrieb, den Betrieb in Resonanz und den überkritischen Betrieb. Die Kräfte l,(rnfi2-s) liegen stets auf der Geraden der Wellenauslenkung I„ auf der die Dämpferkraft -jQdf, - rückwärts weisend - senkrecht steht. Diese Kräfte müssen radial wie in Umfangssichtung mit der Erregungskraft &mCl2 im Gleichgewicht stehen. Das erzwingt der Rotor dadurch, daß er mit zunehmender Annäherung an die Resonanz den Schwerpunkt S immer mehr nach vorne klappt. In der Resonanz selbst wirkt die Fliehkraft der Erregung &mC12 der Dämpfungskraft entgegengesetzt, Bild 4.5, Fall V = 1. Bild 4.6, in dem die
82
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
Kräfte als geschlossener Polygonzug dargestellt sind, macht den gleichen Sachverhalt für den unterkritischen Betrieb klar.
Bild 4.5: Kräfte auf die Scheibe bei verschiedenen Betriebszuständen
Bild 4.6: Phasenwinkel y im Kräftepolygon
4.3 Innere Dämpfung
4.3
83
Innere Dämpfung
Dämpfungsgesetz Die innere Dämpfung rührt aus der Verformung des Läufers beim Schwingen. Die einfachste Beschreibung der Werkstoffdämpfung erhält man, wenn man annimmt, daß die Faser des Werkstoffs außer Federungs- auch Dämpfungseigenschaften hat, Bild 4.7.
CS
Foserverholten
Bild 4.7: Kelvin-Modell für visko-elastisches Faserverhalten (oben), Modell für die Auswirkung der viskosen Werkstoffdämpfung auf den Laval-Läufer (unten)
Auf den Läufer wirkt sich die innere Dämpfung des Werkstoffs aus, wie in Bild 4.7 dargestellt. Bei nichtrotierender Welle haben innere und äußere Dämpfung die gleiche Wirkung: Beide wirken der Bewegung der Läufermasse entgegen. In den Bewegungsgleichungen (4.1) für R=O sind die Dämpfungsglieder durch den Beiwert d i der inneren Dämpfung zu ersetzen
Rotiert die Welle, dann wirken sich die beiden Dämpfungsmechanismen sehr verschieden aus. Da die innere Dämpfung nicht vom Festpunkt aus angreift wie die äußere Dämpfung, sind die von ihr geweckten Dämpfungskräfte nicht den (absoluten) Geschwindigkeiten w,v in festen Koordinaten proportional, sondern den Geschwindigkeiten %,V, in einem im Drehsinn der Welle mit R umlaufenden Koordinatensystem q. Das wollen wir uns im folgenden plausibel machen.
C-
84
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
In Bild 4.8 wird die Welle durch den skizzierten Rahmen aus der Verbindungsgeraden der beiden Lager gedrückt. Der Rahmen läßt zwar eine Drehung C2 zu, aber keine Bewegung in der z-y-Ebene. Die (Absolut)Geschwindigkeit w,v ist null. Dennoch wird von der inneren Dämpfung Energie vernichtet; bei jeder Umdrehung werden die Dämpfungskolben einmal herausgezogen und wieder in den Zylinder hineingedrückt. Auf den Werkstoff übertragen: bei jeder Umdrehung werden die Fasern gedehnt und gestaucht. Es wird Dämpfungsarbeit geleistet, denn die Dehnungsgeschwindigkeit ¿. #O.
Bild 4.8: Arbeit der inneren Dämpfer bei konstant ausgelenkter Welle, W = Y = 0
Nimmt man dagegen an, daß die Welle derart auf einer Kreisbahn um den Ursprung rotiert, daß ein Punkt A der Scheibe stets nach außen zeigt und B stets nach innen, Bild 4.9, so leisten die inneren Dämpfer keine Arbeit, obwohl die Absolutgeschwindigkeit w,v des Wellendurchstoßpunktes ungleich null ist. Auf den Werkstoff übertragen: alle Fasern behalten bei einem derartigen Umlauf ihren Dehnungszustand bei, E =O.
Bild 4.9: Umlauf der konstant ausgebogenen Welle um den Ursprung
4.3 Innere Dämpfung
85
Die innere Dämpfung ist also nicht der Absolutgeschwindigkeit W,$ proportional, wie die beiden Gedankenversuche zeigen. Sie muß der Relativbewegung in einem mit der Winkelgeschwindigkeit L2 umlaufenden Koordinatensystem proportional angesetzt werden, wie man am Bild 4.9 erkennen kann. In dem mit L2 umlaufenden Koordinatensystem wird C - ,-0, wenn die Welle, wie beschrieben, um den Ursprung rotiert. Die Relativgeschwindigkeit WC,v, stellt also die richtige Verknüpfung mit der Dehnungsgeschwindigkeit E her, die bei konstant ausgebogener Welle ebenfalls null wird.
Bewegungsgleichungen Als Ausgangspunkt für die weiteren Betrachtungen ist es also zweckmäßig, von den Bewegungsgleichungen im mit der Winkelgeschwindigkeit L2 umlaufenden Koordinatensystem auszugehen, die schon in Absch. 3.4 formuliert wurden, Gln. (3.59). Sie müssen um die Terme d,wi bzw. div, der inneren Dämpfung ergänzt werden,
+ d i h C+ (s - mQ2) wi = &mn2cos ß + 2Qmwr + d,+, + (s - mQ2) V, = &mQ2sin ß
m G C - 2Qm\., mV,
(4.18)
Faßt man mit p= W C +jw, die beiden Gleichungen wieder zusammen, indem man die zweite mit j multipliziert und zur ersten addiert, finden wir die zu Gleichung (3.58) analoge Form
deren homogene Lösung wir uns genauer ansehen wollen. Mit dem Ansatz
P,, ( t ) = &IAt geht die verkürzte G1. (4.19) über in die charakteristische Gleichung
die auf die Wurzeln
x2= - ( j ~ + d i / 2 m ) f,/(jQ+d,/m)' führt.
-(02 -Q2)
86
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
Vernachlässigt man beim Wurzelziehen den Term, in dem d i quadratisch auftritt, weil d i selbst schon sehr klein ist, dann ergeben sich die beiden Wurzeln näherungsweise zu
wobei D, = d, /2mw den dimensionslosen Dämpfungsgrad für die innere Dämpfung darstellt. Die homogene Lösung
klingt also auf, wenn !2 > w , weil dann der Realteil der Wurzel I,* positiv wird. Oberhalb der kritischen Drehzahl ist also infolge der Werkstoff„Dämpfung6'ein stabiler Lauf nicht möglich. Bild 4.10 zeigt, wie die Eigenwerte il,*(LR)und &*(Cl) mit der Drehzahl !2 wandern. Bei !2=w v e r l s t 11 die stabile linke Halbebene. Die Grenzdrehzahl des stabilen Laufs ist erreicht bei Q „ = w = Js/m .
Bild 4.10: Wandern der Eigenwerte 1;und drehzahl !&,= w
&*in Abhängigkeit von der Drehzahl, Grenz-
4.4 Innere und äußere Dämpfung
4.4
87
Innere und äußere Dämpfung
Die gemeinsame Behandlung von innerer und äußerer Dämpfung beim Lavalläufer können wir nun entweder in rotierenden oder in inertialen Koordinaten durchführen. Wir entscheiden uns für letztere. Durch Multiplikation der Dgl. (4.19) mit e J R t und Berücksichtigung der Transformationsregeln (3.4.2) und (3.4.5) überführen wir die Bewegungsgleichung ins Inertialsystem. Addieren wir dann noch den Term da: der äußeren Dämpfung, der uns von G1. (4.2) her schon bekannt und vertraut ist, so erhalten wir
oder in Komponenten zerlegt
[“'
m]{:]+[da+di
o
d,+di O
]{W}+[ Y
-ndi
f i d l ] { : ] = E m f i 2 { ~ ~sin ~ ((~f ti + t+ ß )P) ] s
Auf diese reelle Darstellung kommen wir gegen Ende des Abschnittes noch einmal zurück. Zunächst verwenden wir weiter die komplexe Zusammenfassung G1. (4.24) und besorgen uns deren homogene Lösung. Mit dem Ansatz I;, (t) = lheAt
liefert die verkürzte Dgl. (4.24) die charakteristische Gleichung
aus der bei schwachen Dämpfungen d i , d a näherungsweise die beiden Wurzeln
88
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
folgen, wobei w = J s / m die Eigenfrequenz des ungedämpften Rotors ist. Die homogene Lösung setzt sich also wieder aus zwei Beiträgen zusammen r,, ( t ) = ?„e
Alt
+ ?,,„e
A2t
Während der Realteil des den Gegenlauf beschreibenden Eigenwertes 1, immer negativ ist, wird der Realteil des ersten Eigenwertes 1,bei hohen Drehzahlen positiv, was ein Aufklingen der gleichläufigen Eigenschwingungen bedeutet. Das ist ab
der Fall, wie die Auswertung des Klammerausdruckes zeigt. Die Grenzdrehzahl des stabilen Laufes ist also
Wie zu erwarten, schiebt die äußere Dämpfung die Stabilitätsgrenze des Rotors über die kritische Drehzahl hinaus. Wie weit, hängt nur vom Verhältnis der beiden Dämpfungen zueinander ab und nicht von ihrer absoluten Größe, Bild 4.12. Zum besseren physikalischen Verständnis des Anfachungsmechanismus der inneren Dämpfung betrachten wir noch die Kräfte, die an der Stabilitätsgrenze auf die Scheibe einwirken. Instabil wird die gleichläufige Eigenlösung
deren Realteil an der Stabilitätsgrenze gerade null ist. Wir setzen sie in den homogenen Teil der Bewegungsgleichung ein und erhalten die Kraftamplituden zu
wenn wir den Drehfaktor e+jwtherauskürzen.
4.4 Innere und äußere Dämpfung
89
Bild 4.11: Wandern der gleich- und gegenläufigen Eigenwerte Al und A2 in der komplexen &Ebene; Grenzdrehzahl i2 Gr
Bild 4.12: Stabilitätsgrenze bei gleichzeitiger Wirkung von innerer und äußerer Dämpfung
Die Kraftkomponente jQdiTh, weist in Bewegungsrichtung, sie führt also Energie zu. Die Komponente -jw(di+d,) ihr weist nach hinten, sie entzieht also Energie, Bild 4.13. An der Stabilitätsgrenze halten sich beide Komponenten die Waage. Sowie aber die Drehzahl Q größer wird als Q„„, dominiert die Energie- bzw. Leistungszufuhr. Das System wird instabil, der Orbit wird mit der Zeit immer größer.
90
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
\
I
z,Re
anfachet
-jw(di +d ,)ihl dämpfend
Bild 4.13: Die auf die Scheibe einwirkenden Kräfte an der Stabilitätsgrenze. Destabilisierend jRd,Th, und stabilisierend -j w(d, + d, )Th, .
Werfen wir noch kurz einen Blick auf die reelle Formulierung der Bewegungsgleichungen in raumfesten Koordinaten G1. (4.25). Die „Steifigkeitsmatrix" S, die dort auftaucht, läßt sich aufspalten in eine symmetrisch und eine antimetrisch besetzte Matrix
Die Neigung des Systems zur Instabilität resultiert offensichtlich aus dem antimetrischen Teil S, der Steifigkeitsmatrix. Ganz generell kann man sagen: sind die Bewegungsgleichungen in raumfesten Koordinaten mit reellen Freiheitsgraden formuliert, und es tritt eine antimetrische Besetzung in der Steifigkeitsmatrix auf (während die Massenmatrix symmetrisch ist), dann ist Vorsicht geboten. Uber S, wird dem System Energie zugeführt. Wenn zu wenig Dämpfung im Spiel ist, kann das System instabil werden. Beim gleitgelagerten Läufer und bei Rotoren mit Dichtspalten wird uns dieser Fall wieder begegnen. Wir wollen nun auch noch die Unwuchtantwort des Läufers mit innerer und äußerer Dämpfung aus G1. (4.24) berechnen. Mit dem Ansatz
finden wir den Bahnradius
?E
zu
4.4 Innere und äußere Dämpfung
91
Der Einfluß der inneren Dämpfung fällt völlig heraus, G1. (4.32) ist identisch mit G1. (4.9), der partikulären Lösung der Lavalwelle mit ausschließlich äußerer Dämpfung. Das verblüfft vielleicht zunächst, ist aber völlig plausibel. Unter dem Unwuchteinfluß bewegt sich die Scheibe auf einer gleichläufigen Kreisbahn: dabei treten die Dämpfungszylinder von Bild 4.7 nicht in Aktion. Deshalb bleibt die innere Dämpfung (bei isotroper Lagerung) ohne Einfluß auf die Kreisbahn r,(t) . Die partikuläre Lösung für den Einfluß des Gewichts G bei horizontaler Welle erhält man, indem man in G1. (4.24) auf der rechten Seite das Unwuchtglied durch das zeitunabhängige Glied mg ersetzt, zu
Während sich der Läufer im dämpfungsfreien Fall und bei rein äußerer Dämpfung durch das Gewicht G nur statisch nach unten um
verlagert, wird durch die innere Dämpfung die Ruhelage von der Drehzahl Q abhängig. Der Wellendurchstoßpunkt befindet sich dabei auf einem Halbkreis mit dem Radius f/2, Bild 4.14. Obwohl die Gewichtskraft nach unten wirkt, tritt hierbei auch eine Komponente in horizontaler Richtung auf.
Bild 4.14: Statischer Durchhang der Welle in Abhängigkeit von der Drehzahl R
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
92
4.5
Mechanismen der inneren Dämpfung
In diesem Abschnitt gehen wir noch etwas genauer auf die Dämpfungsmechanismen in rotierenden Wellen ein. Zuerst leiten wir aus dem Faserverhalten eines visko-elastischen Werkstoffs den Dämpfungskoeffizienten d i der inneren Dämpfung der Welle her. Anschließend gehen wir auf die praktisch wichtigere Konstruktionsdämpfung ein.
Visko-elastisches Verhalten Erweitert man die klassische Balkentheorie auf das visko-elastische Spannungs-Dehnungsgesetz
mit
o
Spannung
E,&
Dehnung, Dehnungsgeschwindigkeit
E, Ki Werkstoffwerte: E-Modul, Dämpfungskennwert
dann läßt sich der globale Beiwert d a der Welle am Sitz der Scheibe, der in den Gln. (4.18ff) auftritt, bestimmen. Aus der Momentendefinition und aus dem Verformungs(Krümmungs)Dehnungszusammenhang der elementaren Balkentheorie, Bild 4.15 rechts,
(Strich bedeutet Ableitung nach dem Ort, Punkt Ableitung nach der Zeit, A ist die Querschnittsfläche) ergibt sich mit dem Werkstoffgesetz
Die Koordinate z zählt vom Schwerpunkt des Balkenquerschnittes aus, der um w(x,t) ausgelenkt ist. Das Integral I z ' d ~ ist das äquatoriale Flächenträgheitsmoment I. Damit folgt
4.5 Mechanismen der inneren Dämpfung
93
Das in der (masselosen) elastischen Welle herrschende Biegemoment ist der Kraft F(t) proportional, deshalb kann man schreiben
Bild 4.15: Reibmechanismus zwischen Welle und Nabe (rechts); Biegetheorie für KelvinModell der Faser (links)
wobei m(x) das Biegemoment unter der Einheitslast F = l darstellt. Führt man für die Wellenverformung ebenfalls einen Produktansatz ein W (X,t) =W(x). z (t) , dann läßt sich die G1. (4.35) zweimal nach X integrieren
wobei
ist. Die offenen Konstanten werden aus den Randbedingungen bestimmt. Zwischen der Kraft F(t) und der Wellenausbiegung am Ort X = a gilt daher F ( t ) = sw (a, t ) +diw (a, t )
(4.36)
mit der Federkonstanten s = -1 /f(a) und dem Dämpfungskoeffizienten
Für den symmetrischen Läufer (Länge I ) mit konstantem Wellenquerschnitt ergibt die Rechnung
94
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
So elegant diese Herleitung des Dämpfungskoeffizienten di der Welle aus dem visko-elastischen Werkstoffgesetz auch ist, so wenig Bedeutung hat sie für die Praxis. Denn bei den metallischen Werkstoffen, die derzeit noch vorzugsweise für den Bau rotierender Wellen benutzt werden, ist die Werkstoffdämpfung derart gering, daß sie von der sogenannten Konstruktions- oder Fügedämpfung völlig überdeckt wird, die eine Zehnerpotenz höher liegt.
Konstruktions- oder Fügedämpfung Diese Dämpfung entsteht dadurch, daß mit zunehmendem Schwingungsausschlag an immer mehr Stellen in Schrumpfsitzen, im Blechpaket des Läufers oder seinen Schraubverbindungen Coulombsche Reibung auftritt (Micro-Slip), Bild 4.16.
4 Kraft
Kraft
I
w=A sin w * t
w=A sin w * t
Bild 4.16: links: Elliptische Hystereseschleife bei viskoelastischem Bauteilverhalten nach Voigt-Kelvin; rechts: Hystereseschleife bei vielen nacheinander losbrechenden Reibstellen
Den qualitativen Unterschied zwischen den beiden Dämpfungsmechanismen erkennt man leicht bei harmonischer Verformung W ( t ) = A sin u * t . Beim visko-elastischen Wellenmodell erhält man aus G1. (4.36) mit diesem Ansatz den Kraftverlauf ~ ( t=)A (s sin w't
+ d i u *cos w't)
.
(4.37)
4.5 Mechanismen der inneren Dämpfung
95
Trägt man diese Kraft über der Verschiebung W auf, erhält man eine Ellipse, die mit zunehmender Frequenz U* immer dicker wird, denn wegen diw* steigt der Dämpfungsanteil an der Kraft, Bild 4.16. Die Fläche der Ellipse ist die Verlustarbeit, die proportional zu A ~ Wist. Untersuchungen an Blechpaketen und gefügten Rotoren unter harmonischer Erregung lieferten ellipsenähnliche Hystereseschleifen, deren Dicke aber nicht mit der Frequenz steigt [13]. Der Flächeninhalt ist die Reibarbeit, die bei vielen allmählich losbrechenden Reibstellen etwa proportional zu den Amplitudenquadraten aber eben frequenzunabhängig ist. Deshalb läßt sich der Kraft-Verschiebungszusarnrnenhang hier durch F(t) =~
( sinsw't +di, cosw't)
(4.38)
beschreiben. Den Koeffizienten diobestimmt man am besten experimentell, beispielsweise aus der Verschiebung der Ruhelage der rotierenden Welle unter Eigengewicht. Ersetzen wir nämlich in der aus den visko-elastischen Uberlegungen gewonnenen Cl. (4.33) di durch d,/Q so stellt sich die Wellendurchbiegung unter Gewicht folgendermaßen
dar. Es stellt sich ein fester Winkel 6 gemäß Bild 4.17 ein, der (mehr oder minder) drehzahlunabhängig ist. Aus
laßt sich diounmittelbar bestimmen.
Stabilitätsgrenze bei Konstruktionsdämpfung Mit der aus den Gln. (4.37) und (4.38) folgenden Entsprechung u * d i 2 d „ kann man nun eine äquivalente viskose Dämpfung angeben
96
4 Lavallaufer mit innerer und äußerer Dämpfung
Bild 4.17: Versuch zur Ermittlung der inneren Dämpfung dio
diejenige Frequenz ist, mit der das Bauteil, hier die rotierende wobei Welle, schwingt. Setzen wir diesen Dämpfungswert in die Stabilitätsgrenzbedingung von G1. (4.28) ein, erhalten wir
hier aus Sicht der rotieBeachtet man nunmehr noch, daß die Frequenz renden Welie zu nehmen ist, deren Blechpaket geknautscht wird, dann wird klar, daß w der Frequenz des instabil werdenden Eigenwerts /S,* (rotierende Koordinaten) nach GI. (4.22) entspricht
Die Stabilitätsgrenzbedingung lautet dann
oder umgeformt
wobei das Vorzeichen plus für den Bereich Q < w und minus für den Bereich Q > w gilt. Die Stabilität verändert sich also sprungartig in der kritischen Drehzahl, Bild 4.18.
4.5 Mechanismen der inneren Dämpfung
97
stabil
instabiler Bereich
1
2
Bild 4.18: Stabilitätskarte bei Konstruktionsdämpfung in der rotierenden Welle
Unterhalb der kritischen Drehzahl herrscht immer Stabilität, oberhalb nur dann, wenn d,w/d, > ist. Bild 4.19 zeigt einen Rotor, dessen Schrumpfsitze nicht hinreichend stramm waren, so daß er beim Auswuchten infolge innerer Dämpfung instabil wurde und sich und die gesamte Wuchteinrichtung zerstörte.
Bild 4.19: Zerstörter Verdichterrotor (bleibende Verformung in Wellenmitte 30 cm), dessen erste Eigenform infolge innerer Dämpfung aufgrund loser Schrumpfsitze instabil wurde.
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
98
4.6
Zusammenfassung, praktische Konsequenzen
Die wichtigsten Ergebnisse dieses Kapitels sind noch einmal in der Grafik 4.20 zusammengestellt. Das Eigenverhalten (homogene Lösung, Stabilität) wurde vorne ausführlich diskutiert; ebenso die Unwuchtantworten. Allenfalls das Spektraldiagramm bedarf noch einer kurzen Erläuterung. Entlang der 1Q-Erregungsfrequenz siedeln die Peaks der Unwuchtantwort. Entlang der Eigenfrequenzgeraden w , die parallel zur Drehzahlachse läuft, finden sich jenseits der Grenzdrehzahl C2 die Peaks der instabil gewordenen Eigenlösung A,(Q). Theoretisch sind die Spitzen unendlich hoch, tatsächlich begrenzen gewöhnlich irgendwelche Nichtlinearitäten bei sehr großen Ausschlägen auch diese Schwingungen (brauchbar wird der Rotor dadurch aber nicht). Wälzgelagerte Läufer in gasförmigen Medien, auf denen keinerlei Dichtlippen oder ähnliches für ein wenig äußere Dämpfung sorgen, werden nach unserer Erfahrung aufgrund der Fügedämpfungen im Drehzahlbereich q = 2 bis 5 schon instabil. Dann taucht die Frage auf, wie läßt sich ein solcher Rotor stabilisieren? Aufgrund von G1. (4.29) bzw. G1. (4.45) bieten sich dreierlei Maßnahmen an.
„
D i klein machen: d.h. z.B. Klemmsitze auf der Welle vermeiden, feste Schrumpfsitze auch im hohen Drehzahlbereich, wo sie unter den Fliehkräften aufweiten; bei Gummikupplungen auf geringe innere Dämpfung des Gummis achten. D, groß machen: das kann man z.B. über ein mittiges Hilfs-Kugellager erreichen, das über weichen Gummi mit hohem Dämpfungsmodul abgestützt wird, Bild 6.1. Die Eigenfrequenz w hochtreiben: im Extremfall auf unterkritischen Betrieb übergehen. Welche der Maßnahmen im konkreten Fall die zweckmäßigste ist, hängt sehr von den Einzelumständen ab. Weitere Maßnahmen, die sich nicht aus den obigen Herleitungen ergeben, sondern weitergehender Analysen bedürfen, sind z.B. die in Bild 6.1 skizzierte Bettung des Wälzlagers in 0-Ringen (Kap. 6). Ebenfalls stabilisierend wirkt sich der Übergang von isotroper Lagersteifigkeit auf orthotrope Lagersteifigkeiten aus (Kap. 5). Bei gleitgelagerten Rotoren sind die Maßnahmen D i , klein zu machen und eventuell die Eigenfrequenz w zu erhöhen,natürlich ebenfalls zur Stabilisierung wirksam. Die Erhöhung der äußeren Dämpfung kann über geeignete Gleitlagerauswahl oder über Quetschöldämpfer erfolgen, siehe Kap. 14.
4.6 Zusammenfassung, praktische Konsequenzen
/
99
,
instabil
W
Unwuchtantwort
W
Frequenz
Bild 4.20: Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung (a) Systemskizze, (b) Eigenwerte A,(Q) und Stabilitätsgrenze, (C) Resonanzverhalten und Unwuchtantwort, (d) Spektralkarte - drehzahlgestaffelte Fourieranalyse
100
4.7
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
Fragen
1. Wo liegt die Grenzdrehzahl des stabilen Laufs bei einem Rotor mit einem Dämpfungsverhältnis von D ,/D i=3? 2. Warum ist das Losbrechen von Schrumpfsitzen im überkritischen Drehzahlbereich außerordentlich gefährlich?
3. Wie läßt sich experimentell die Größe der inneren Dämpfung abschätzen?
5
Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
5.1
Übersicht
Bisher gingen wir davon aus, daß die Welle „starr" gelagert ist. Das ist praktisch dann der Fall, wenn die Wellensteifigkeit s mindestens eine Zehnerpotenz niedriger liegt als die Steifigkeit der Lagerung. Ist die Wellenabstützung weniger steif, dann wird der Einfluß der Lagerelastizität beträchtlich, die kritische Drehzahl sinkt erheblich ab. Bei den üblichen Lagerbockkonstruktionen, Bild 5.1 links, wird zudem die horizontale Steifigkeit s, nicht gleich der vertikalen Steifigkeit s, sein: die Abstützung ist orthotrop. Meist ist die Horizontalsteifigkeit geringer als die Vertikalsteifigkeit. Orthotrope Lagesung tritt selbst bei Schildlagerkonstruktionen auf, die z.B. im Elektromotoren- und Generatorenbau Anwendung finden, Bild 5.1 rechts. Hier wird die Rotationssymmetrie des Lagerschildes durch die Fußkonstruktion gestört.
Bild 5.1: Bock- und Schildlagerung
In Abschn. 5.2 werden wir feststellen, daß sich die kritische Drehzahl des Läufers durch die orthotrope Abstützung in zwei meist eng benachbarte kritische Drehzahlen aufspaltet, die unterhalb der Kritischen des starr gelagerten Rotors liegen. Der Wellenmittelpunkt, der sich unter dem Einfluß der Unwucht bei starrer oder isotrop-elastischer Lagerung auf einer Kreisbahn bewegt, die im Wellendrehsinn durchfahren wird, bewegt sich bei orthotroper
102
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
Lagerung auf einer Ellipse. Es wird sich zeigen, daß diese Ellipse je nach Drehzahl im Sinne der Wellendrehung oder auch gegensinnig durchlaufen wird. Während wir im zweiten Abschnitt dieses Kapitels auf die Berücksichtigung von äußerer und innerer Dämpfung verzichten, holen wir das in Abschn. 5.3 nach. Dabei wird sich zeigen, daß neben der Begrenzung der Resonanzausschläge ein neuer Effekt auftritt: obwohl die Lagerorthotropie rein elastischer Natur ist, verbessert sie das Stabilitätsverhalten und erhöht die Grenzdrehzahl des stabilen Laufs.
5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer 5.2.1
Die Bewegungsgleichungen und ihre Lösung
Die Lagerfederungen sind mit der Wellenfederung s in Reihe geschaltet, so daß sich bei symmetrischer Anordnung die Steifigkeiten am Scheibensitz zu
ergeben, Bild 5.2.
Bild 5.2: Elastisch gelagerte Welle, ausgelenkter Zustand
5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer
103
Die Gleichgewichtsbedingungen für die ausgelenkten Scheiben lauten analog zu den Gln. (3.1)
Wir setzten wieder stationären Drehzustand voraus, dann gilt für den Winkel ~(t)
Die Integrationskonstante P, die durch geeignete Wahl des Beginnes der Zeitzählung stets zu null gemacht werden kann, wollen wir diesmal - im Gegensatz zu Kap. 3, wo wir sie in der Rechnung mitführten - weglassen. Für den Zusammenhang zwischen den Wellenmittenkoordinaten w,v und den Schwerpunktskoordinaten W, und V, gilt wieder
siehe auch Bild 5.2. Nach zweimaliger Ableitung von G1. (5.4), Verwendung von G1. (5.3) und Einsetzen in die beiden Teile von G1. (5.2) ergeben sich die beiden Differentialgleichungen
die das Verhalten der anisotrop gelagerten Welle beschreiben. Die vollständigen gleichungen lauten
Lösungen
der beiden
Q2 sin Qt v ( t ) = v ~ c o s ( w y t yy)+& + wy - Q2
ungekoppelten
Differential-
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
104
mit den Eigenkreisfrequenzen
U,
=
und
U,
=
,/s,/ ,die wegen der
unterschiedlichen Lagersteifigkeit in horizontaler und vertikaler Richtung nicht mehr zusammenfallen. Für R = U, und R = U, werden die Wellenauslenkungen unendlich groß; es treten nunmehr zwei kritische Drehzahlen auf. Im Sonderfall isotropelastischer Lagerung s, = s, fallen sie zusammen. Dann herrscht Rotationssyrnmetrie im System wie bei starrer Lagerung, vergl. G1. (3.15). Im folgenden wollen wir uns ausschließlich mit der durch die Unwucht verursachten Rotorbewegung beschäftigen. Wir nehmen daher an, daß aus irgendwelchen Anfangsbedingungen vorhandene, freie Schwingungen mit der Zeit durch eine sehr schwache Dämpfung abklingen werden, obwohl wir vom Ansatz her eine Dämpfung nicht berücksichtigen. Dann bleibt die stationäre erzwungene Bewegung
V,
Ll2
(t)= E U);
-
sinQt = G, sinQt
n2
übrig. Die Amplituden und Y, sind in Abhängigkeit von der Urnlaufgeschwindigkeit R in Bild 5.3 (dem Betrag nach) dargestellt. Die Bahn, auf der sich der Wellenmittelpunkt bewegt, ist eine Ellipse, deren Hauptachsen mit den Koordinatenrichtungen zusammenfallen. Quadriert man beide Gln. (5.7) und addiert diese, so erhält man die Ellipsengleichung
mit den Halbachsen
5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer
105
Kritische"
.
.
Q=uy Q = w Z Bild 5.3: Wellenausschläge
5.2.2
I+E 1, lYE1 in Abhängigkeit von der Drehzahl R
Gleichlauf und Gegenlauf
Einen tieferen Einblick in den zeitlichen Ablauf der Bewegung erhält man, wenn man die Wellenausschläge W und V in einer komplexen Größe r zusammenzieht, indem man die y-Achse als Imaginärachse und die z-Achse als reelle Achse auffaßt:
Dieser Ausdruck läßt sich mit Hilfe der Euler-Formeln
in die leicht interpretierbare Form
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
106
überführen. Der erste Term beschreibt in der komplexen Ebene einen Kreis vom Radius [?+I, der im Wellendrehsinn durchfahren wird. Der zweite Term beschreibt einen Kreis vom Radius 1?J, der im Gegensinn zur Wellendrehung durchlaufen wird, Bild 5.4. Bahn F-e-jnt
Bahn ? + e i n t
Bild 5.4: Gleich- und gegensinnige Kreisbewegungen (links) überlagern sich zu einer Ellipse (rechts)
Durch die Überlagerung der beiden Kreisbewegungen entsteht eine Ellipse, deren Durchfahrungssinn davon abhängt, welcher der beiden Radien überwiegt:
1 >1 - 1 1 1 0), sonst bleibt der Läufer in der Resonanz stecken. Obwohl diese Überlegungen das Geschehen in der Resonanz erhellen, haben sie nur akademischen Charakter. Niemand wird einen Rotor in die Resonanz fahren und abwarten, was passiert, sondern im Gegenteil: mit größt möglichem Tempo den Resonanzbereich durchfahren. Mit der beschleunigten oder auch verzögerten Resonanzdurchfahrt beschäftigen wir uns im Folgenden.
7.3 Zur Phänomenologie der instationären Resonanz-
durchfahrt Durchfahrt man die Resonanz beschleunigt, sind zwei Fälle zu unterscheiden. Der Fall des starken Antriebsmomentes liegt dann vor, wenn eine Maschine ohne Last hochgefahren und erst nach Erreichen der Betriebsdrehzahl belastet wird. Das ist z.B. oft bei Elektromotoren, aber auch bei Kompressoren oder Pumpen der Fall. Dann steht die ganze Antriebsleistung für die Drehbeschleunigung zur Verfügung. Wenn dann noch die Exzentrizität gering ist, hat die Zappelei in der Resonanznähe wenig Rückwirkung auf die Drehbeschleunigung. Im Falle konstanten (normierten) Antriebmomentes T=const. nimmt dann beispielsweise die Drehzahl linear mit der Zeit zu. Diesen Fall des starken Antriebs mit linearem Hochlaufgesetz zeigt Bild 7.2. Bei (unendlich) langsamer Resonanzdurchfahrt würde die Resonanzvergrößerung (als bezogene Auslenkung) V„,= 1/2D =25 betragen. Sie wird durch den beschleunigten Hochlauf bei weitem nicht erreicht: der bezogeneMaximalausschlag beträgt gerade noch 7.Auch treten die Maximalausschläge erst jenseits der kritischen Drehzahl (bezogene Drehzahl 1) auf. Mit dem Fall des starken Antriebs beschäftigen wir uns im Abschn. 7.4, nachdem wir zuvor im Abschn. 7.3 noch kurz den Aufbau der Bewegungsgleichungen und die Lösungswege diskutieren. Der Fall des schwachen Antriebsmomentes oder hoher Unwucht liegt oft bei Zentrifugen, Schleuderständen für Bersttests und ähnlichen Maschinen vor, bei denen das Hauptziel die Erzeugung von Fliehkräften ist, d.h. von hohen Umfangsgeschwindigkeiten oder Drehzahlen. In Bild 7.3 finden sich zwei Falle schwachen Antriebs.
7.3 Zur Phänomenologie der instationären Resonanzdurchfahrt
139
In Bild 7.3,oben wird die Resonanz zwar noch durchfahren, aber der Winkelgeschwindigkeitsverlauf p'=$10 läßt schon erkennen, daß bei Annciherung an die Resonanz eine Verlangsamung der Drehzahlzunahme eintritt: die Antriebsenergie fließt temporär in die biegeelastische Verformung der Welle und die kinetische Energie der Scheibe, die immer weiter aus der Ruhelage herausläuft. Jenseits der Resonanz wird diese Energie aber zurückgewonnen, was an dem kurzzeitig steileren Anstieg der Drehgeschwindigkeit p' zu erkennen ist.
bez. Laufzeit [I] 0
50
100
Umdrehungen [l]
Bild7.2: Der Fall starken Antriebs: stark beschleunigte Fahrt durch die Resonanz. Horizontale Achse: Dimensionslose Zeit z = w t bzw. Anzahl der Umdrehungen des Rotors
Den Fall des Hängenbleibers schließlich zeigt Bild 7.3,unten. Ist Dämpfung im Spiel, stellt sich eine stationäre Kreisbewegung ein - ohne weitere Drehzahlerhöhung. Die Drehzahl bleibt dicht unter der kritischen Drehzahl stehen. Im ungedämpften Fall werden die Schwingungsausschläge immer größer, theoretisch laufen sie nach unendlich. Die Drehzahl führt dann nicht abklingende Schwingungen um einen Mittelwert dicht unterhalb der kritischen Drehzahl p'=1 aus, vgl. Bild 7.3,unten. Mit der rechnerischen Untersuchung dieser Phänomene werden wir uns nun beschäftigen.
140
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
bez. Laufzeit
1 2
5
10
20
Umdrehungen
bez. Laufzeit
1
2
5
10
20
Umdrehungen
Bild 7.3: Der Fall schwachen Antriebs: oben: Durchläufer T= 1,2.10-~,mit verlangsamter Zunahme der Drehgeschwindigkeit p' in der Resonanz; unten: Hängenbleiber T= 1,O. 1 0 - ~ , Resonanzdurchfahrt gelingt nicht
7.4 Die Bewegungsgleichungen bei instationärem Betrieb
141
7.4 Die Bewegungsgleichungen bei instationärem Betrieb und ihre Lösung Die in Kap. 3 hergeleiteten Bewegungsgleichungen des Lavalläufers G1. (3.3 und 3.4) gelten auch für den instationären Betrieb. Wir erweitern sie noch um den Term der äußeren Dämpfung, dann lauten sie
wobei m, d, s die Masse, Dämpfung und Steifigkeit der Welle sind, und E die Exzentrizität ist. (Von der Dämpfung d wurde angenommen, daß sie im Wellendurchstoßpunkt angreift. Nimmt man aber an, daß sie am Schwerpunkt angreift, dann tauchen auf der rechten Seite noch kleine Terme & d @sinq respektive & d @c o s q auf, [7.8]. Bei geringer Dämpfung hat aber dieser rechtsseitige Term kaum Einfluß auf die Ergebnisse der Rechnung). Führen wir die schon vertrauten Abkürzungen Eigenfrequenz des ungedämpften Systems w = Js/m Dämpfungsgrad (Lehr)
D = d/2,/sm
Trägheitsradius der Scheibe ein, dann erhalten wir die Bewegungsgleichungen in dimensionsloser Form W"+ 2DWf+ W = qf2cos q + q"sin q V" + 2DVf + V = qf2sin q - q"cos q
(7.1 1a-C)
q" = T + (&/k)l [V cos q - W sin q] , wenn noch die dimensionslose Zeit T = wt benutzt wird, und die Auslenkungen auf die Exzentrizität bezogen werden, W =WIEund V=V/E. Das Antriebsmoment - genauer: das aus der Differenz von An- und Abtriebsmoment für die Beschleunigung zur Verfügung stehende Moment - wird folgendermaßen bezogen und dimensionslos gemacht
142
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
Es läßt sich auch als auf das Eigenfrequenzquadrat 0 ' bezogene dimensionslose Drehbeschleunigung der Scheibe ohne Exzentrizität interpretieren, wie ein Blick auf G1. (7.10~)zeigt. Anstelle der Ableitungen nach der Zeit stehen dann die Ableitungen nach der dimensionslosen Zeit
Das gesamte - durch die Kopplung an den Drehfreiheitsgrad - nichtlineare Differentialgleichungssystem (7.1 1) muß nun numerisch (oder analog) integriert werden, um die Zeitverläufe der Schwingungsvorgänge zu ermitteln. Im Falle des starken Antriebs (oder der sehr geringen Exzentrizität) läßt sich das jedoch noch um ehen bzw. vereinfachen. In diesem Fall kann man den Term, der über (&/k)5 die Drehbewegung an die Biegeschwingungen W und V koppelt, weglassen und die Gleichung (7.1 1c) für den Drehwinkel q(t) vorab integrieren. Im Falle konstanten Antriebsmomentes, den man mangels genauerer Momentenvorgabe gewöhnlich betrachtet, gilt dann für die Drehbewegung @ = T, / O = a,
Drehbeschleunigung
@ = a,t
Winkelgeschwindigkeit
p = a , t 2 12
Umdrehungen des Rotors, Drehwinkel
Mit diesen Vorgaben für die rechten Seiten der Gleichungen (7.1 la, b) lassen sich die Biegeschwingungen w(z) und v(z) ermitteln. Das gelingt noch analytisch, [7.9], wird aber so wenig übersichtlich, daß die numerische Lösung mit anschließender graphischer Darstellung vorzuziehen ist. Beim isotrop gelagerten Rotor, den wir hier betrachten, genügt natürlich die Rechnung für einen der Freiheitsgrade w(z) oder v(z), weil in beiden Richtungen bis auf 90" Phasenunterschied das gleiche passiert. D.h. bei starkem Antrieb ist letztlich eine Differentialgleichung - die für w ( z ) oder für v(z) mit dem vorgegebenen Drehwinkelverlauf q ( z ) numerisch zu integrieren. Die Maximalausschläge bei Auf- und Abfahrt sowie ihre Lage gegenüber der Lavalkritischen Drehzahl o werden im folgenden Abschn. 7.5 dargestellt und diskutiert. Ist der Antrieb aber schwach oder die Unwucht sehr groj', müssen die Rückwirkungen der Biegeschwingungsbewegungen in der Resonanznähe auf die Drehbewegung q ( z ) beachtet werden. Die bei starkem Antrieb zulässige „Vorablösung" für den Drehfreiheitsgrad ist nun nicht mehr zulässig. Das
7.5 Starker Antrieb oder geringe Exzentrizität
143
nichtlineare Differentialgleichungssystem mit seinen 3 Freiheitsgraden ist nun numerisch zu lösen. In Abschn. 7.5 berichten wir über Ergebnisse der Arbeit [7.8], in der dieser Fall für nahezu alle denkbaren Parameterkonstellationen systematisch untersucht wurde.
7.5
Starker Antrieb oder geringe Exzentrizität - Volle Kraft voraus
Bild 7.2 zeigt einen Fall starken Antriebs. Die Resonanz wird glatt durchfahren; durch die schnelle Resonanzpassage bleiben die maximalen Schwingungsausschläge weit unter denen, die die Vergrößerungsfunktion für langsame Durchfahrt voraussagt. Der Rotor hat durch die schnelle Resonanzpassage schlicht keine Zeit, sich über die in Abschn. 7.2 beschriebene Spiralbewegung auf die Vergrößerungsfunktion einzuschwingen. Längst ehe er sie erreicht, hat er die Resonanzstelle V'= 1 schon wieder verlassen. Bild 7.4, das in Anlehnung an die Arbeit [7.5] gezeichnet wurde, zeigt die Maximalausschläge W„,= W„, /E in Abhängi3keit von der Dämpfung D und der bezogenen Drehbeschleunigung ä = a / w , die mit dem bezogenen Drehmoment T identisch ist, wie wir oben sahen. Bild 7.5 gibt die zugehörige Drehzahl an, bei der der maximale Ausschlag auftritt. Wie oben schon gesagt, liegt sie bei der beschleunigten Hochfahrt immer jenseits der kritschen Drehzahl V'= 1 und beim verzögerten Auslauf unterhalb der Kritischen, solange die Dämpfungen gering sind. Bei starkem k Rolle, wie ein Blick auf Antrieb spielt die Größe der Exzentrizität ~ / keine die Differentialgleichungen (7.1 1a oder 7.1 1b) zeigt. Von R. Markert [7.10] stammt eine handliche Näherungsfonnel, die den Bereich schwacher Dämpfung bei starkem Antrieb abdeckt. Für die Maximalausschläge gilt mit der dimensionslosen Beschleunigung ä= a/w2
Obwohl für die Abwärtsfahrt genauer als für die Hochfahrt reicht sie für eine Abschätzung im Ingenieursalltag völlig aus - es sei denn, es liegt sehr schwacher Antrieb vor.
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
144
0
1
0
I
0.05
'
I " "
0.1 0.15 Dämpfungsgrad D
0.2
0.
Bild 7.4: Starker Antrieb; maximale Wellenauslenkung W„= max { w ( t ) / ~ }in Abhängigkeit von der dimensionslosen Drehbeschleunigung ä = a l w 2 und dem Dämpfungsgrad D. Dicke Linien: beschleunigter Hochlauf; dünne Linien: verzögerter Auslauf
ä.-
=
/a/:
=
/a -a
-
= = =
a=
1
0
0.05
0.1
0.15 Dämpfungsgrad D
0.2
,
)
0.25
Bild 7.5: Zur maximalen Wellenauslenkung gehörige Drehzahl p' (kritische Drehzahl bei pf=1)
7.6 Schwacher Antrieb oder hohe Exzentrizität
145
7.6 Schwacher Antrieb oder hohe Exzentrizität der Hängenbleiber Bei schwachem Antrieb kann - wie oben anhand von Bild 7.3,unten schon erkenntlich - der Rotor in der Resonanz hängen bleiben. Dieses Phänomen findet man aber nur, wenn man die drei gekoppelten nichtlinearen Differentialgleichun en inte riert. Da nur 3 Parameter auftreten ( d k ; D und . . gsich der gesamte technisch interessante Bereich auf GröT=T,lm w5 k2 ), laßt ße und Lage der Schwingungsmaxima absuchen. Das wurde in [7.8] gemacht. Dieser Arbeit ist Bild 7.6 entnommen, in dem für die Unwucht r / k = 1 0 - ~die Maximalausschläge des Rotors über dem dimensionslosen Antriebsmoment T dargestellt sind. Links von der gestrichelten Linie, die die Maxima verbindet, liegen die Hängenbleiber, die mit einer mittleren Drehzahl q' dicht unter 1 (Bild 7.3,unten) in der Resonanz verenden. Rechts der Maximallinie sind die Durchläufer zu finden, deren Maximalausschlag oberhalb der kritischen Drehzahl q'=1 auftritt. In Bild 7.7 ist die Darstellung umgedreht. Hier ist die Exzentrizität r / k der Scharparameter und die Dämpfung D=0,002 der Bildparameter. Auch hier liegen links der Peaks die Hängenbleiber und rechts davon die Durchläufer. Das Mindestantriebsmoment, das notwendig ist, um die Resonanz zu durchfahren, ist beim ungedämpften Rotor am höchsten. Aus den numerischen Rechnungen wurde für diesen Fall die Näherung gefunden T,,,,,, = 1,3 ( ~ / k ) ~ " oder dimensionsbehaftet T = 1 3 ( / k ) 413 k 2 w2m . Die Lage der Peaks im Bild 7.7, die das Mindestmoment darstellen, bestätigt die Richtigkeit dieser Näherung auch für den Fall schwacher Dämpfung, hier D=0,002. Schwache Dämpfung hat also wenig Einfluß auf das Mindestmoment. Auch die Annahme der Anfangsbedingungen, die wir zu null setzen, hat wenig Einfluß auf die Ausschläge in Resonanz [7.8]. Wann starker Antrieb vorliegt und wann schwacher, wurde bislang nicht abgegrenzt. Das läßt sich nun auch anhand von Bild 7.7 nachholen, das wir ja aus der genaueren Theorie, welche die drei nicht-linearen Differentialgleichungen löst, gewonnen haben. Alle Kurven mit dem Parameter Exzentrizität
146
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
r l k schmiegen sich jenseits des Peaks - der das Mindestmoment für erfolgreiche Resonanzdurchfahrt markiert - an die Kurve für r l k gegen Null asymptotisch an. Ab T 2 3T,, spielt die Größe der Exzentrizität &/k keine Rolle mehr. Das ist der Bereich, in dem die vereinfachte Betrachtung nach Abschn. 7.4 völlig ausreicht.
Bild 7.6: Unten: Maximaler Wellenausschlag in Abhängigkeit vom Antriebsmoment und der Dämpfung; Oben: Zugehörige Drehzahl p'
7.7 Verallgemeinerung
Bild 7.7: Maximale Wellenausschläge für verschiedene Exzentrizitäten Trägheitsradius k ; Dämpfung D =0,002
E
147
bezogen auf den
7.7 Verallgemeinerung Den Berechnungen in den Abschn. 7.4 und 7.5 wurde ein konstantes Antriebsmoment zugrunde gelegt. Tatsächlich ist das in praxi kaum der Fall. Bild 7.8 zeigt z.B. qualitativ den Momentenverlauf bei einem Drehstromasynchronmotor. Die Annahme konstanten Antriebs rechtfertigt sich aber daraus, daß der zeitliche Verlauf des Antriebsmomentes außerhalb der Resonanz wenig Einfluß auf die Schwingungsausschläge im Resonanzbereich hat. Zudem ist der Resonanzbereich selbst relativ schmal, so daß man das Antriebsmoment in diesem Bereich durch ein mittleres ersetzen darf. Für reale Rotoren - die von der Geometrie des Lavalläufers erheblich abweichen - wurde in [7.12] gezeigt, wie die hier gewonnenen Resultate mit Hilfe der modalen Analyse nutzbar gemacht werden können.
148
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
Bild 7.8: Drehmomentenverlauf bei einem Asynchronmotor und Vergrößerungsfunktion
7.8
Fragen Eine 25 kg schwere Turbinenscheibe, Trägheitsradius k = 0,l m, soll im evakuierten Schleuderstand auf 30.000 Ulmin gefahren werden. Die erste Kritische des Rotors im Versuchsstand liegt bei 10.000 Ulmin. Man schätzt die Exzentritzität auf 0,01 mm. Welches Mindestantriebsmoment ist erforderlich, damit kein Hängenbleiber in der Resonanz zu befürchten ist? Überlege nach der Lektüre des Kap. 10, ob und wie durch modale Behandlung die hier vorgestellten Diagramme für die beschleunigte Resonanzdurchfahrt des Lavalläufers auf beliebig gestaltete Rotoren in Wälzlagern übertragen werden können; siehe auch [7.12].
8
Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht Schaufelbruch
8.1
Einleitung
-
Von den Kap. 3, 4 und 5 ist uns das Verhalten einfacher elastischer Rotoren unter Unwucht bekannt. Bei fester Drehzahl treten stationäre kreisförrnige oder elliptische Bahnen auf, deren Größe vor allem durch die Nähe zur Resonanz und die Dämpfung bestimmt werden. Tritt die Unwucht aber plötzlich während des Betriebes auf - bei Turbomaschinen gewöhnlich dadurch, daß eine Schaufelspitze wegfliegt - setzt zunächst ein heftiges Einschwingen ein, ehe der neue stationäre Zustand erreicht wird. Wie der Einschwingvorgang abläuft und welche maximalen Ausschläge dabei auftreten, wird in diesem Kapitel untersucht. Obwohl die Rechnungen einigen Aufwand erfordern, lassen sich die Ergebnisse als Überschwingbeiwerte in übersichtliche Diagramme pressen. Das macht es im konkreten Fall einfach abzuschätzen, ob Spaltüberbrückung oder Überbeanspruchungen in der Welle auftreten.
8.2
Die Bewegungsgleichungen
Das mechanische Modell von dem wir in der folgenden Betrachtung ausgehen, ist wieder der Lavalläufer, d.h. die Scheibe auf dünner elastischer Welle, wobei die Lager auch orthotrop elastisch sein können, Bild 8.1. Die Bewegungsgleichungen hierzu sind uns prinzipiell von Kap. 3 her schon bekannt. In raumfesten Koordinaten lauten sie
150
8 Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
Bild 8.1: Mechanisches Modell
Dabei sind W und V die Verschiebungsfreiheitsgrade der Wellenmitte. Neben der Scheibenmasse m und dem Dämpfungsbeiwert d treten die Steifigkeitswerte s, und s, auf. Beim symmetrischen Rotor (1, = 1,= 112) und gleichen Horizontal- bzw. Vertikalsteifigkeiten der Lager sh bzw. s, setzen sich die Werte s, und s, folgendermaßen zusammen:
wobei s, die Wellensteifigkeit ist. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit nehmen wir an, daß s,< s„ die laterale Steifigkeit also geringer ist als die vertikale. Zur Zeit t < 0 rotiert die Welle noch unwuchtfrei und deshalb ohne Schwingungen. Erst im Augenblick t = 0 , in dem die Schaufelspitze tangential wegfliegt, entsteht die Exzentrizität &=aAm/m, Bild 8.2, und mit ihr die rechte Seite der Bewegungsgleichungen. Daher gehören zu den Gln. (8.1) die Anfangsbedingungen
8.2 Die Bewegungsgleichungen
151
Bild 8.2: Wegfliegende Schaufelspitze im Augenblick t = 0 , Unwuchtlage ß, Exzentrizität ~=aAm/m
Die Lösung der Bewegungsgleichungen zu diesen Anfangsbedingungen läßt sich analytisch finden. Es ist aber zweckmäßig, die Zahl der Parameter (7!) durch geschicktes Dimensionslosmachen zunächst zu reduzieren. Nur dann lassen sich die Ergebnisse noch überschaubar darstellen. Wir führen deshalb ein:
S
=(s,+sy)/2
p = (s,
-s
) / (s, + s )
mittlere Steifigkeit Orthotropieparameter
w =J S I ~
Bezugsfrequenz
D =d/2mo
Lehr'sches Dämpfungsmaß, Dämpfungsgrad
W
=W/&
auf die Exzentrizität bezogene
V
=V/&
Wellenauslenkungen
z
=Cc)t
dimensionslose Zeit T .
Mit dem Orthotropieparameter p schreiben sich die beiden Eigenfrequenzen (kritische Drehzahlen) der ungedämpften Welle folgendermaßen
152
8 Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
und die Ableitungen der Verschiebungsfreiheitsgrade nach der Zeit lauten
I
wobei
( ) nun Ableitung nach der dimensionslosen Zeit bedeutet.
Führt man all diese Abkürzungen ein, erhält man die dimensionslosen Bewegungsgleichungen
Erfreulicherweise sind von den ursprünglich sieben Parametern nur noch vier verblieben.
8.3
Lösung der Bewegungsgleichungen
Die Lösung der Bewegungsgleichungen setzt sich bekanntlich aus dem homogenen und dem partikulären Anteil zusammen
die sich beide analytisch finden lassen. Diese allgemeinen Lösungen sind noch den Anfangsbedingungen W (0)= V (0)=O und W ' (0)= V ' (0) =O anzupassen, was ebenfalls analytisch gelingt. Nach einiger Rechnung führt das auf
8.4 Diskussion der Lösungen
153
mit den Abkürzungen
und
Der mit e-DTbehaftete Ausdruck in den Lösungen 8.5a und 8.5b stammt aus der homogenen Lösung. Er verschwindet mit der Zeit. Übrig bleibt der Rest, der den stationären Zustand, die Kreis- bzw. Ellipsenbahn beschreibt.
8.4
Diskussion der Lösungen
Wir betrachten zunächst den Fall des isotrop gelagerten Rotors, p =0, der ja in praxi sehr häufig vorliegt. Bild 8.3a zeigt, wie bei unterkritischem Betrieb (V= 0,4) und schwacher Dämpfung (D = 0,025) die Welle aus der Ruhelage in die stationäre Kreisbahn einschwingt. Bild 8.3b zeigt den entsprechenden Verlauf bei resonanznahem Betrieb (77=0,9).
154
8 Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
Bild 8 . 3 schließlich ~ macht deutlich, wie stark im überkritischen Drehzahlbereich (17=2,0) die Welle auswandert, ehe sie in ihre stationäre Kreisbahn zurückkehrt. Zu letzterem Fall zeigt Bild 8.4 den zeitlichen Verlauf der Kom oneten W (T) und V (T)sowie den Verlauf des Bahnradiusquadrates R'(T) =W (T)+ v 2 ( r ) .
Y
Bilder 8.3: Bahnverläufe beim Einschwingen der Welle in die stationäre Kreisbahn ß=O; D=0,025 ; 17 =0,4; 0,9; 2,O; Skalierung beachten
Wegen der Gefahr des Anstreifens des Rotors am Gehäuse interessiert natürlich vom Einschwingvorgang am meisten der Größtausschlag
den Bild 8.5 für verschieden starke Dämpfungen zeigt.
8.4 Diskussion der Lösungen
155
Bild 8.4: Zeitverlauf der Komponenten W ( z ) und V ( z ) und des Quadrates des Bahnradius R; Fall 7 =2 von Bild 8 . 3 ~
Bild 8.5: Stationäre Unwuchtantwort R, (Resonanzkurve) und größter Wellenausschlag R„, bei plötzlichem Unwuchteinsatz; isotrope Lagerung
156
8 Einschwingverhaltendes Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
In diesem Bild ist auch der stationäre Bahnradius R, eingetragen, auf dem sich der Rotor nach dem Einschwingen bewegt. Im hier betrachteten isotropen Lagerungsfall ist das der von Kap. 4 her bekannte Kseisbahnradius
folgt. Durch das Dider natürlich aus den Gleichungen (8.5a, b) für T+. mensionslosmachen entfällt der Vorfaktor r. Bezieht man nun den Größtenausschlag R„, = R„ (V,D ) auf die sich stationär einstellende Kreisbahn R,, dann hat man den Uberschwingbeiwert R„,/R, definiert, der in kompaktester Weise die Gefahr des Anstreifens beschreibt, Bild 8.6. Die Dämpfung tritt als Parameter auf, die Winkellage ß fällt heraus, sie hat beim isotrop gelagerten Rotor keinen Einfluß auf den Größtausschlag.
0J
0
0,8
7.6
2.4 bezogene Drehzahl
7
3,2
I 40
Bild 8.6: Übers~hwin~beiwerte R„,/R, bei plötzlichem Unwuchteinsatz. Bezugswert R, ist der Radius der stationären Kreisbahn nach dem Einschwingen, G1. (8.6)
Man erkennt, daß jenseits der kritischen Drehzahl ( V > 1) die Uberschwingbeiwerte stark mit der Drehzahl anwachsen. Eine einfache Merkregel für die obere Grenze dieser Übe~schwin~beiwerte liefert der Fall des ungedämpften Läufers, D=O .
8.4 Diskussion der Lösungen
157
Es gilt im unterkritischen Bereich (77 < 1):
im überkritischen Bereich (77 > 1):
Der durch die Knickstellen in den Kurven entstehende Girlandencharakter ist leicht zu erklären. Betrachtet man z.B. die Bahnkurve von Bild 8.3a, dann liegt Rma,im Quadranten rechts oben. Solange R„, bei einer Veränderung von 7 in diesem Quadranten bleibt, verlaufen die Kurven im Diagramm stetig. Löst aber eine andere „Beuleu, z.B. die in z-Richtung gelegene, das bisherige Maximum ab, dann entsteht ein Knick in den Kurven der ~berschwingbeiwerte. Solange die Welle nur schwach orthotrop gelagert ist, bis etwa ,D < 0,2, kann man die Über~chwin~beiwerte nach Bild 8.6 verwenden. Bei stärkerer Orthotropie spielt die Winkellage ß, unter der die plötzliche Unwucht auftritt, eine Rolle. Das zeigt Bild 8.7 für den Fall p=0,4, D=0,0125 und die Winkellagen ß=OO bzw. 90". Auch hier kann man Diagramme mit ~berschwingbeiwertenentwickeln, in denen die Winkellage ß als zusätzlicher Parameter auftritt [8.2]. Sind die Schwingungsausschläge bei plötzlicher Unwucht für einen Rotor abzuschätzen, dessen Geometrie sehr stark von der idealisierten des Lavalrotors abweicht, kann das in eleganter Weise durch eine modale Betrachtung erfolgen [8.3, 8.4, 8.51.
Bild 8.7: Einfluß der Winkellage ß des plötzlichen Unwuchteinsatzes bei orthotroper Lagerung ( p =O,4, 17 =O,4, D=0,0125) auf die Bahnverläufe der Welle
158
8.5
8 Einschwingverhaltendes Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
Fragen Im Kap. 10 wird die modale Behandlung allgemeingestalteter Rotoren dargestellt. Überlege, wie die hier am Lavalläufer gewonnene Abschätzung des Über~chwin~ensbei plötzlicher Unwucht auf allgemein gestaltete Rotoren übertragen werden kann, damit das Diagramm Bild 8.6 auch für sie nutzbar wird. Gehe zunächst intuitiv vor: aus Masse m des Lavalläufers wird generalisierte Masse m„,,i, aus der Verlustmasse Am wird Am„,, , aus D entsprechend DEniusw. Begründe den intuitiv für jede Eigenform gewonnenen Uberschwingbeiwert, über G1. (10.25) auch formal streng. Überlege, wie sich die Teilbeiträge, die die einzelnen Eigenformen liefern, im schlimmsten Fall überlagern.
9
Einfluß der Kreiselwirkung
9.1
Übersicht
Die in den vorangegangenen Kapiteln gefundenen Ergebnisse gelten streng genommen nur für Läufer, bei denen die Masse in einem Punkt konzentriert ist oder bei denen sich die Scheibe auch im ausgelenkten Zustand nicht schrägstellt, Bild 9.1. Neigt sich die Scheibe im ausgelenkten Zustand, Bild 9.2, dann ist die bisherge Vernachlässigung der am Scheibensitz auf die Welle wirkenden Biegemomente nur dann brauchbar, wenn die Massenträgheitsmomente der Scheibe nicht allzu groß sind, so daß die Annahme einer Punktmasse noch ihre Berechtigung behält. Bei den meisten Läuferkonstruktionen ist diese vereinfachende Betrachtung, wie sich zeigen wird, durchaus zulässig und liefert gute Ergebnisse. Dennoch gibt es Fälle, in denen die Momentenwirkung und somit die Drehfreiheitsgrade der Scheibe berücksichtigt werden müssen, weil sie das Verhalten des Läufers deutlich beeinflussen. Das ist z.B. beim Läufer mit einer großen Scheibe auf überkragendem Wellenende der Fall, Bild 9.2 unten.
Bild 9.1: Läufer mit punktförmiger Masse (oben), Läufer mit Scheibe, die sich nicht schrägstellt (unten)
Zur Bestimmung der Quer- und Winkelbewegungen des Rotors führen wir wie im Bild 3.4 ein raumfestes kartesisches Koordinatensystem (x,y, z) ein. Die
160
9 Einfluß der Kreiselwirkung
positiven Zählrichtungen für die Momente und Winkel sind als Rechtsschrauben um die betreffenden Koordinatenachsen festgelegt, Bild 9.3.
Bild 9.2: Schrägstellung der Scheibe bei ausgebogenem Läufer, zweifach gelagerter Läufer (oben) und fliegend gelagerter Läufer (unten)
Schon bei einer nicht rotierenden Welle bewirkt eine außermittig sitzende Scheibe eine Kopplung der Querauslenkung mit dem Winkel der Scheibenschrägstellung, indem sie sich auf Grund ihres axialen Massenträgheitsmomentes 0, gegen eine Schrägstellung wehrt. Rotiert die Welle noch, so treten zusätzliche Effekte auf, an die der aus dem Physikunterricht bekannte Versuch, Bild 9.4, erinnert.
Bild 9.3: Positive Zählrichtungen der Winkel und Momente
Dreht man die Welle, auf der das Rad um seine Achse mit der großen rotiert, an dem Handgriff mit der WinkelWinkelgeschwindigkeit @,=-Cl
9.1 Übersicht
161
geschwindigkeit @, um die vertikale z-Achse, dann reagiert der Rotor mit einem positiven Moment um die y-Achse. Im folgenden werden wir zeigen, daß dieses Moment die Größe 0 , R @, hat, wobei 0, das polare Massenträgheitsmoment des Rades um die x-Achse darstellt. Je höher also die Drehzahl R , je größer das polare Trägheitsmoment 0, und je größer die Geschwindigkeit @, der Drehung um die Hochachse ist, um so spürbarer wird der Einfluß dieses Kreiselmomentes.
Bild 9.4: Versuch zur Demonstration des Kreiselmomentes
Außer diesem gyroskopischen Moment, das sich in der z,x-Ebene auswirkt, tritt natürlich in dieser Ebene auch ein Moment auf, wenn der Rotor um die yAchse mit (5, beschleunigt wird. Das Gesamtmoment M„ das an der Welle in der z,x-Ebene angreift, setzt sich demnach aus den beiden Anteilen
zusammen. Durch den Einfluß des gyroskopischen Momentes werden die Eigenkreisfrequenzen des Läufers drehzahlabhängig U, = u , ( R ) . Die kritische Drehzahl eines Läufers mit dünner Scheibe erhöht sich leicht - verglichen mit der vereinfachten Betrachtung ohne Kreiselwirkung. Ist die Läufermasse dagegen walzenförmig ( 0 , > 0 , ) , dann erniedrigt sich die kritische Drehzahl gegenüber der vereinfachten Betrachtung. Darüber hinaus gibt es durch den Kippfreiheitsgrad noch eine zweite kritische Drehzahl, die wesentlich höher liegt. Gewöhnlich bleibt der Einfluß der Kreiselwirkung auf die Lage der ersten kritischen Drehzahl eines Läufers jedoch unter 5 %. Im Abschn. 9.5 gehen wir auf die sogenannte ,,Gegenlauferregung" ein und die durch sie verursachten kritischen Drehzahlen des Gegenlaufes. Im Abschn. 9.6 schließlich geben wir noch eine knappe Darstellung des Verhaltens des Läufers unter Kreiselwirkung, wenn die Lager nicht isotrop sondern anisotrop sind.
162
9 Einfluß der Kreiselwirkung
9.2 Bewegungsgleichungen Steifigkeitsmatrix S: Zur Formulierung der Bewegungsgleichungen benötigen wir den Zusammenhang zwischen den Verschiebungen und Drehungen am Scheibensitz und den daraus resultierenden Kräften und Momenten. Dieser lineare Zusammenhang läßt sich zweckmäßig als Matrizengleichung schreiben:
Da die Kräfte und Momente jeweils nur Verformungen in ihrer Ebene hervorrufen, sind die Koppelfelder in der Matrix S unbesetzt. Die Federsteifigkeiten s, ergeben sich, indem man nacheinander die vier Einheitsverformungszustände
betrachtet. Die Kräfte und Momente, die bei diesen Verformungszuständen an der Welle angreifen, sind in Bild 9.5 am Beispiel des Kragbalkens dargestellt. Beim Verformungszustand w#O, Bild 9Sa, muß außer der vertikalen Kraft F,= s„w noch ein Moment M, = s„ W angreifen, das die Drehung verhindert. Die Federsteifigkeiten s l , und s„ stehen in der Steifigkeitsmatrix in der ersten Spalte, die die Auswirkungen der Verschiebungen W enthält. Entsprechend enthält die Matrix S in der zweiten Spalte die Federsteifigkeiten, die sich aus dem in Bild 9.5 dargestellten Verformungszustand yly $0 ergeben, der durch die Kraft F,= s„ yl, und das Biegemoment M = s~~yl, erzwungen wird.
9.2 Bewegungsgleichungen
163
Wegen des Vertauschungssatzes von Maxwell und Betti sind die Koeffizienten s„ und s„ gleich groß. Für den Kragbalken konstanten Querschnittes lauten die Federsteifigkeiten
Für die y,x-Ebene liegen die gleichen Verhältnisse vor. Aus der Vorzeichendefinition von Bild 9.3 ergibt sich allerdings ein negatives Vorzeichen für die Nebendiagonalglieder s„ = s der Untermatrix für die y, X-Ebene.
„
Massenmatrix M, Matrix der gyroskopischen Glieder G Zur Ermittlung des Einflusses der Drehtätigkeit und der Kreiselwirkung gehen wir vom Drallsatz aus, der besagt, daß das Moment aller an einem Körper angreifenden äußeren Kräfte gleich der zeitlichen Anderung des Dralls ist.
9-
4 = s22 92
Y
- s12 'Pz
Bild 9.5: Kräfte und Momente am Scheibensitz bei den 4 Einheitsverformungszuständen
164
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Der Drall einer rotierenden Scheibe läßt sich leicht angeben, wenn er auf ein Hauptachsensystem bezogen wird. Die Drallkomponente in Richtung einer Hauptachse ist bekanntlich das Produkt aus Drehmasse und Winkelgeschwindigkeit um diese Hauptachse. Für unsere Scheibe, die wir als rotationssymmetsisch annehmen, führen wir ein spezielles kartesisches Koordinatensystem (X',y', z') ein, dessen Ursprung im Scheibenschwerpunkt S liegt. Die X'- Achse stimmt mit der Symmetrieachse der Scheibe überein, und die beiden anderen Achsen liegen in der Mittelebene der Scheibe. Dieses Koordinatensystem führt die Translationsbewegungen W, und V, des Scheibenschwespunktes und die Taumelbewegungen der Scheibe V„, und V„, mit aus, ohne allerdings die Rotation um die X'-Achse mitzumachen, Bild 9.6. Es ist, obwohl es nicht fest mit der Scheibe verbunden ist, für eine rotationssymmetrische Scheibe ein Hauptachsensystem.
Bild 9.6: X', y', 2'-Hauptachsensystem an einer rotationssymmetrischen Scheibe
Somit lauten die Drallkomponenten
wobei V„„ V„ und p„ die Winkel an der Scheibe sind. Ihre Projektionen auf die Achsen des raumfesten Koordinatensystems (X,y, z), in dem die Bewegungsgleichungen formuliert werden, sind gemäß Bild 9.7 unter Annahme kleiner Winkel
9.2 Bewegungsgleichungen
165
Bild 9.7: Drallkomponenten im raumfesten Koordinatensystem
Die Komponente L„ die für kleine Winkel praktisch gleich -@,C2 ist, interessiert uns im folgenden nicht weiter, da wir C2 =const. voraussetzen. Setzt man in den Gln: (9.3) die Ausdrücke (9.2) ein, so folgt daraus mit @ =-C2 XS
Da nach dem Drallsatz die zeitliche ~ n d e r u n gdes Drehimpulses gleich dem Moment ist, folgt aus G1. (9.4) durch Ableiten nach der Zeit
Die Glieder @,@„ bzw. @,@„ stellen die Momente infolge der Drehträgheit der Scheibe dar, die sich gegen eine Schrägstellung wehrt. Sie sind auch bei der nicht rotierenden Welle vorhanden. Die Glieder -Cl@,@„ bzw. -C2@,@ys geben den sogenannten Kreiseleinfluß wieder. Sie verschwinden bei C2 = 0. Der Ausdruck für das Moment um die y-Achse wurde bereits in der Einleitung im Zusammenhang mit dem in Bild 9.4 dargestellten Versuch erwähnt. Da dort jedoch das auf die Welle wirkende Reaktionsmoment angegeben wurde - und nicht das an der Scheibe angreifende Moment - unterscheiden sich die Ausdrücke im Vorzeichen. Neben den Momenten M, und M y wirken auf die Scheibe von der Welle her natürlich noch die äußeren Kräfte F, und F, für die nach Newton F,=mws und F y = r n i s gilt.
166
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Faßt man diesen Zusammenhang mit G1. (9.5) in Matrizenschreibweise zusammen, dann ergibt sich
Massenmatrix
Matrix der gyroskopischen Glieder
In dieser Matrizengleichung sind die an der Scheibe angreifenden äußeren Kräfte und Momente in der Spaltenmatrix fs zusamrnengefaßt. Für die auf die Welle wirkenden Reaktionskräfte und -momente gilt dann nach dem Reaktionsprinzip
Damit folgt aus den G1. (9.1) und (9.6) die Beziehung
Für die weiteren Betrachtungen ist es auch hier zweckmäßig, die Verschiebungs- und Verdrehungskomponenten zu komplexen Zahlen zusammenzufassen, weil sich dadurch die Zahl der Unbekannten halbiert
9.2 Bewegungsgleichungen
rs = W ,
+ jv,
bzw.
P, = pZs+ jprs
167
r=w+jv
P = v ~ + J ~ ~
Damit wird aus Gleichung (9.8)
wobei jetzt statt vier- nur noch zweireihige Matrizen auftreten. Wegen der Scheibenexzentrizität E fallen Wellenschwerpunkt S und Wellendurchstoßpunkt W nicht zusammen. Die Schwerpunktauslenkung r, und die Wellenausbiegung r sind für eine gleichförmig rotierende Welle durch die Formel
die uns von G1. (3.39) her bereits bekannt ist, miteinander verknüpft. Steht die Scheibe nicht genau senkrecht auf der Welle, was z.B. durch schräges Aufkeilen oder andere Fertigungstoleranzen in gewissem Maße stets der Fall sein wird, dann muß man auch zwischen den Winkeln der Welle q und der Scheibe p, unterscheiden. Mit a als Winkel für die Schrägstellung der Scheibe auf der Welle gilt dann zwischen der Winkellage der Scheibe und der Welle völlig analog zu G1. (9.11) die Beziehung
Anstelle der Exzentrizität r bei den Auslenkungen tritt bei den Winkeln die Schrägstellung a. Mit den Beziehungen (9.1 1) und (9.12) eliminieren wir in G1. (9.10) die Größen r, und q, und erhalten schließlich die Bewegungsdifferentialgleichungen einer Laval-Welle unter Berücksichtigung der Drehtätigkeit und Kreiselwirkung der Scheibe
168
9 Einfluß der Kreiselwirkung
9.3 Freie Wellenschwingungen Wir wollen jetzt die homogenen Lösungen des Differentialgleichungssystems (9.13) untersuchen. Dazu gehen wir mit dem Exponentialansatz
in das verkürzte Differentialgleichungssystem. Wie die spätere Auflösung zeigen wird, treten hier nur rein imaginäre Eigenwerte il, auf. Wir schreiben deshalb schon jetzt für
und erhalten dann mit dem Ansatz (9.14) das homogene lineare Gleichungssystem
Dieses hat nur dann nichttriviale Lösungen, wenn die Koeffizientendeterminante
verschwindet. Durch Ausrechnen der Determinante ergibt sich die charakteristische Gleichung
Die Auflösung führt auf vier reelle Wurzeln U,,, die Eigenkreisfrequenzen. Die allgemeine homogene Lösung für die Auslenkungen und Neigungen der Welle lautet demnach
9.3 Freie Wellenschwingungen
169
Die Bahnkurve des Wellendurchstoßpunktes W setzt sich aus der Uberlagerung von vier Kreisbewegungen verschiedener Frequenzen W, zusammen. Das gleiche gilt sinngemäß auch für die Winkel P„. Die Eigenkreisfrequenzen U, hängen, wie aus GI. (9.18) hervorgeht, von den Daten des Systems (m, E),, 0„ s,) und außerdem noch von der Wellendrehgeschwindigkeit Q ab. Da die explizite Darstellung der Eigenwerte als Lösungen der charakteristischen Gleichung auf sehr umfangreiche und unübersichtliche Ausdrücke führt, wollen wir uns hier darauf beschränken, rein qualitativ in einem Diagramm die Eigenkreisfrequenzen W, in Abhängigkeit von der Wellendrehzahl Q darzustellen und zu diskutieren. Aus den Kurven in Bild 9.8 erkennt man, daß für jede Drehzahl zwei W,Werte positiv und zwei negativ sind. Die Kurven verlaufen zentralsymmetrisch, d.h. die Kurvenäste in gegenüberliegenden Quadranten stimmen überein. Das ist schon an G1. (9.18) zu erkennen; die Gleichung bleibt unverändert, wenn man W, durch -W, und R durch -R ersetzt. Die Eigenfrequenzen für eine nicht rotierende Welle (Q =0) sind W„, u O 2wo, , und W„. Dabei entfallt wegen (Q =0) der Kreiseleinfluß, jedoch nicht der Einfluß der rotatorischen Trägheit der Drehmasse 0, . Es läßt sich ganz allgemein zeigen, daß w„ kleiner ist als die Eigenfrequenz w = Js/m einer Welle, bei der die Scheibe nur als Punktmasse berücksichtigt wird (0,= 0, = 0). Aus G1. (9.18) ergibt sich für diesen Fall
W", < U ) =
J;- --
p2 -G
s22m Der Wert W„ ist größer als die Eigenfrequenz W , die sich ergeben würde, wenn die Scheibe durch eine Zwangsführung an der Schrägstellung gehindert würde. Es gilt
Zu dem Ausdruck für (9.16) Q0=0 setzt.
d
kommt man, wenn man in der ersten Gleichung von
Weitere Klarheit über den Verlauf der Kurven gewinnt man, wenn man aus GI. (9.18) die Asymptoten für sehr hohe Drehzahlen Q ermittelt.
9 Einfluß der Kreiselwirkung
170
Für
C2 +- W
gilt:
Für
Q++-
U),
3 0
U), +U)*
U),
+ U)*
U),
gilt:
0 +JC2
0,
U), +-U)*
Bild 9.8: Eigenfrequenzen Falle Op> 0,
@,(V=
1 , 2 , 3 , 4 ) in Abhängigkeit von der Wellendrehzahl im
Besonderes Interesse verdient die Asymptote R 0 , / 0 , . Sie ist eine Gerade durch den Koordinatennullpunkt, die mit der R -Achse einen Winkel 6 bildet (tan6=Op/@,), (Bild 9.8).
9.3 Freie Wellenschwingungen
171
Die Neigung dieser Geraden wird durch das Verhältnis der beiden Massenträgheitsmomente 0, und 0, der Scheibe bestimmt. Für einen zylinderförrnigen Scheibenkörper, (Bild 9.9), vom Radius R und der Dicke H gilt
Ist die Scheibe sehr dünn (H«R), dann wird wegen 0, = 2 0, tan S = 2 , d.h. die Steigung der Asymptote beträgt etwa 6 3 , 5 O . Mit dicker werdender Scheibe nimmt die Steigung ab und wird für H = A R , (O,=O,) gerade 45". Für einen noch längeren Zylinder wird schließlich 0 , > 0 , und die Asymptote verläuft dann noch flacher.
Bild 9.9: Zylindrischer Scheibenkörper
Weil bei vielen Rotoren die Scheibe symmetrisch oder fast symmetrisch zwischen den Lagern angeordnet ist, wollen wir diesen Fall, bei dem die Kippbewegungen von den translatorischen Bewegungen W und V entkoppelt sind, s„=s2, =0, noch etwas genauer betrachten. Aus dem homogenen linearen Gleichungssystem (9.16) ergeben sich dann die Eigenfrequenzen für die reinen Querbewegungen der Scheibe o,,3
= *,/s
„/ m
und für die reinen Kippbewegungen
9 Einfluß der Kreiselwirkung
172
Nur die Kippeigenfrequenzen U , , werden durch den Kreiseleinfluß drehstimmen überein mit den zahlabhängig. Die Eigenfrequenzen , Eigenfrequenzen fU des Laval-Läufers ohne Kreiselwirkung von Kap. 3. In diesem entkoppelten Fall, s „=s„ =O , sind U und U* identisch, Gln. (9.2 1) und (9.22). Anstelle des Diagramms von Bild 9.8 ergeben sich die im Bild 9.10 dargestellten Kurvenverläufe. Ob die Kippeigenfrequenz des Stillstands
höher U,
oder
tiefer liegt als die translatorische Laval-Eigenfrequenz nach G1. (9.22), hängt von der (halben) Stützweite des Rotors
=,,/G
ab, Bild 9.1 1, und dem axialen Trägheitsradius k m , für den bei der dicken Scheibe nach Bild 9.9 gilt
Bild 9.10: Eigenfrequenzen von der Wellendrehzahl !J
w, des entkoppelten Systems (s „=s„ =0) in Abhängigkeit
9.3 Freie Wellenschwingungen
starrer Zapfen elastisches Lager
biegsamer Zapfen masselos
173
biegsamer Zapfen U. elast. Lager
Bild 9.11: Symmetrischer Rotor in verschiedenen elast. Aufhängungen; halbe Stützweite (2a + 1 ) l 2 ; Lagersteifigkeit des Kippens s„
Mit dem Zusammenhang zwischen den Stützsteifigkeiten von Bild 9.1 I
liefert G1. (9.24)
oder
Ist die halbe Stützweite größer als der axiale Trägheitsradius, (a+1/2)>kax, liegt die Stillstandseigenfrequenz des Kippens höher als die translatorische Lavaleigenfrequenz w, . Bei geringem Lagerabstand respektive großem Trägheitsradius kax liegt sie niedriger als w, . Betrachten wir nun noch den Einfluß der Winkelgeschwindigkeit R auf die Kippeigenfrequenzen, der nach G1. (9.23) ausschließlich durch das Verhältnis von polarem zu axialem Trägheitsmoment 0 , / 0 „ bestimmt wird. Mit der Stillstandseigenfrequenz des Kippens w2lOals Bezugsfrequenz läßt sich G1. (9.23) umschreiben
174
9 Einfluß der Kreiselwirkung
wobei V* die bezogene Drehzahl abkürzt
Bild 9.12 zeigt den Einfluß der Drehzahl auf die (bezogenen) Kippeigenfrequenzen. Der (gleichläufige) Ast w,(Q) steigt mit der Drehzahl an, der (gegenläufige) Ast w,(Q) fallt ab. Wie stark das geschieht, bestimmt das Verhältnis 0, I@„.
Idünne Scheibe
I
1
1
Kugel, Zylinder ~ = 1 3R ' I1
T*
bez. Drehzahl Bild 9.12: Kippeigenfrequenzen des symmetrischen Rotors in Abhängigkeit von der Dreh= zahl R . Bezugseigenfrequenr: Kippeigenfrequenz des Stillstands u2,,
9.4
Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
Die Erregerkraft in der ersten Gleichung von (9.13) ist auf die Scheibenexzentrizität E zuriickzuführen, während das Erregermoment in der zweiten Gleichung im schrägen Sitz der Scheibe auf der Welle seine Ursache hat.
9.4 Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
175
Beide Störglieder verändern sich mit der Drehfrequenz Q. Sie sind jedoch i.a. gegeneinander phasenverschoben. Der Einfachheit wegen betrachten wir hier nur den Fall der exzentrischen Scheibe und setzen a=O. In einer völlig gleichlaufenden Rechnung könnte danach auch die schrägsitzende Scheibe a#0, E= 0 berechnet werden. Wegen der Linearität des Gleichungssystems können die beiden inhomogenen Teillösungen superponiert werden. Für beide Fälle stimmen die biegekritischen Drehzahlen überein, da in den Störgliedern des inhomogenen Differentialgleichungssystems (9.13) die gleiche Erregerfrequenz C2 auftritt. Für die inhomogene Lösung des Differentialgleichungssystems (9.13) mit a=0 machen wir nach Art der rechten Seite den Ansatz
Durch Einsetzen finden wir bestätigt, daß dieser Ansatz tatsächlich eine partikuläre Lösung des inhomogenen Differentialgleichungssystems für a = O ist. Dieser Ansatz laßt bereits den Charakter der unwuchterregten Wellenschwingungen erkennen. Der Wellendurchstoßpunkt durchläuft, wie auch im Fall ohne Kreiselwirkung, eine Kreisbahn mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit Q. Der Umlaufsinn stimmt mit der Drehrichtung der Welle überein. Man spricht von einer Gleichlaufbewegung. Mit dem Ansatz (9.30) erhalten wir ein inhomogenes lineares Gleichungssystem
Die Lösungen lassen sich z.B. nach der Cramerschen Regel sofort angeben. Sie lauten
wobei
176
9 Einfluß der Kreiselwirkung
ist. Wenn diese Determinante verschwindet, wachsen die Wellenauslenkungen und Winkel über alle Grenzen. Man bezeichnet deshalb diejenigen Drehzahlen Q, für die Ag]= O ist, als die biegekntischen Drehzahlen der Welle. Will man den Gleichlaufcharakter dieser erzwungenen Rotorbewegungen besonders betonen, dann spricht man von biegekritischen Drehzahlen des Gleichlaufs, die wir mit Q bezeichnen.
„
Für A„ = O folgt aus G1. (9.33) das Polynom
dessen Lösungen
die biegekritischen Drehzahlen des Gleichlaufs sind. Das Plus-Minus-Zeichen vor der großen Wurzel bringt lediglich die selbstverständliche Tatsache zum Ausdruck, daß sich für vorwärts- und rückwärtslaufende Welle die gleichen biegekritischen Drehzahlen ergeben. Aus G1. (9.35) ist zu ersehen, daß für dünne Scheiben (0,>0,) der Ausdruck unter der zweiten Wurzel größer ist als die davorstehenden Terme. Das Minuszeichen unter der Wurzel führt zu einer komplexen Lösung für Q, die physikalisch nicht sinnvoll ist. Nur das Pluszeichen führt zu einem reellen Ausdruck. Eine mit einer dünnen Scheibe besetzte Welle hat also nur eine biegekritische Drehzahl des Gleichlaufs Q„. Diese ist, wie sich zeigen läßt, stets größer als die biegekritische Drehzahl w ohne Berücksichtigung des Kreiselmomentes. Man kann sich das so erklären, daß das Kreiselmoment bestrebt ist, die Scheibe aus ihrer schrägen Lage aufzurichten. Das bedeutet für die Welle eine Versteifung, die wiederum eine Erhöhung der biegekritischen Drehzahlen anhand des in Bild 9.8 dargestellten Diagramms bestimmen, in welchem die Eigenfrequenzen w, in Abhängigkeit von der Wellendrehzahl dargestellt sind. Biegekritische Drehzahlen, d.h. resonanzartige Zustände treten dann auf, wenn die Erregerfrequenz Q, mit einer Eigenfrequenz w, der Welle übereinstimmt. Wir zeichnen daher in das Diagramm noch die Erregerfrequenz ein. Da die Erregerfrequenz Q die Wellendrehfrequenz Q selbst ist, muß sie in dem Diagramm, Bild 9.13, auf einer Geraden unter 45" liegen (gleiche Maßstäbe für die Frequenzen auf Ordinate und Abszisse vorausgesetzt). Beim Hochlauf der Welle bewegt sich die Erregerfrequenz entlang dieser Geraden, die man daher auch als Anfahrstrahl bezeichnet. Die Schnittpunkte dieses Anfahrstrahls mit den 0,-Kurven ergeben die
,
9.4 Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
177
biegekritischen Drehzahlen. Zu ihrer Ermittlung genügt es, nur den ersten Quadranten des Diagramms zu betrachten. Die aus G1. (9.35) gewonnene Erkenntnis, daß für eine dünne Scheibe ( 0 , > 0 , ) nur eine kritische Drehzahl existiert, erklärt sich unmittelbar aus dem Verlauf der Kurve w „ die in diesem Fall an eine Asymptote läuft, die steiler ist als der Anfahrstrahl. Der Anfahrstrahl schneidet also nur die Kurve w ,. Die geringe Erhöhung der kritischen Drehzahl durch die Kreiselwirkung, sowie die Tatsache, daß es bei einer dünnen Scheibe trotz des zusätzlich in Betracht gezogenen Kippfreiheitsgrades keine weitere kritische Drehzahl gibt, rechtfertigt somit die vereinfachte Betrachtung in den ersten Kapiteln dieses Buches. Eine Welle mit einer zylindrischen Masse, für die ( 0 , < 0 , ) gilt, hat hingegen zwei biegekritische Drehzahlen des Gleichlaufs. Aus G1. (9.35) folgt, daß es dann zwei reelle Lösungen Cl„, und Cl„, gibt. In dem Diagramm, Bild 9.14, verläuft die Asymptote von w, flacher als der Anfahrstrahl, so daß es in diesem Fall einen weiteren Schnittpunkt gibt. Bemerkenswert ist noch, daß in diesem Fall die niedrigste biegekritische Drehzahl des Gleichlaufs Cl„, kleiner ist als die biegekritische Drehzahl w ohne Kreiselwirkung.
Bild 9.13: Biegekritische Drehzahl einer Welle mit dünner Scheibe, (Op- 0,)> 0
178
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Bild 9.14: Biegekritische Drehzahlen einer mit einem langen Zylinder besetzten Welle (0,-0,) O, . Nur beim walzenartig langgestreckten Körper gibt es eine kippkritische Drehzahl.
180
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Wie liegt diese Kippkritische zur translatorischen (Laval-) kritischen Drehzahl Cl„, = q = Js„/m ? Um das zu ermitteln, führen wir den fiktiven Trägheitsradius k für das Differenzträgheitsmoment ein
und beachten den Zusammenhang zwischen der translatorischen und der Kippsteifigkeit nach Bild 9.1 1
Damit erhalten wir aus G1. (9.38)
eine einfache Verknüpfung der beiden kritischen Drehzahlen. Sie ist nur durch die halbe Stützweite und den Trägheitsradius des Differenzmomentes bestimmt. In Bild 9.16 sind die kritischen Drehzahlen des „langenu und des „kurzen" Rotors 0„ > 0, dargestellt. Die Tatsache, daß erst bei hinreichender Rotorlänge eine Kippkritische auftritt, ließ schon Bild 9.12 erkennen. Erst ab 0,10,0
"Scheiben"
\
OP=Oax I
I
I
I
I
a+L/2
Bild 9.16: Kritische Drehzahlen des kurzen und langen Rotors in Abhängigkeit von der halben Stützweite und dem Differenzträgheitsradius k2 = (O, - 0, ) / m
9.4 Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
181
Die Kragwelle mit Endscheibe Am Beispiel einer einseitig eingespannten Welle konstanten Querschnittes, die an ihrem freien Ende die Rotormasse trägt, wird der Einfluß der Kreiselwirkung auf die biegekritischen Drehzahlen C l „ , , in zwei Diagrammen quantitativ dargestellt. 2 Mit den Federsteifigkeiten s „ = 1 2 ~ 1 131, s„ = s„= GEI11 und s„ = 4EII1 ergibt sich mit 0, - 0, = mk2 aus GI. (9.35) für die auf w = ds„/m bezogenen biegekritischen Drehzahlen
Bild 9.17: Einfluß der Kreiselwirkung auf die biegekritischen Drehzahlen einer fliegend gelagerten Welle konstanten Querschnittes
Der Verlauf der kritischen Drehzahlen in Abhängigkeit von (k/112= ( 0 , - 0, ) 1m1 ist in Bild 9.17 dargestellt. Bild 9.18 zeigt die prozentuale Erhöhung der biegekritischen Drehzahl infolge der Kreiselwirkung für eine mit einer dünnen Scheibe ( 0 , = 2 0 , ) besetzten, einseitig eingespannten Welle in dem praktisch interessierenden Bereich 0 I kllS 0,25. Für eine dünne zylindrische Scheibe mit dem Radius R ist k = R l 2 , d.h. für kll= 0,25 ist der Scheibendurchmesser D = 2R gleich der Wellenlänge I .
182
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Bild 9.18: Prozentuale Erhöhung der kritischen Drehzahl einer mit einer dünnen Scheibe besetzten, fliegend gelagerten Welle konstanten Querschnittes.
9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung Wie wir sahen, kann durch die Exzentrizität oder durch schrägen Sitz der Scheibe die Welle nur zu Gleichlaufbewegungen angeregt werden, d.h. der Wellendurchstoßpunkt durchläuft mit der Winkelgeschwindigkeit C2 eine Kreisbahn, deren Durchlaufrichtung mit der Drehrichtung der Welle übereinstimmt. Dieses Verhalten ist unmittelbar aus dem inhomogenen Differentialgleichungssystem (9.13) zu ersehen, dessen Störglieder den gemeinsamen zeitabhängigen Faktor e J a t enthalten. Da nur gleichläufige Erregerkräfte bzw. -momente vorhanden sind, haben die erzwungenen Lösungen ebenfalls Gleichlaufcharakter. Erzwungene Bewegungen des Gegenlaufs können bei einer runden Welle in starren oder isotrop elastischen Lagern nur dann auftreten, wenn gegenläufige Erregungen, d.h. Störglieder mit dem Faktor e-jat vorhanden sind. Ein praktisches Beispiel für Gegenlauferregung ist eine Welle, auf die eine harmonisch veränderliche Störkraft in einer feststehenden Richtung wirkt, Bild 9.19. Nehmen wir an, die Störkraft wirkt in Richtung der z-Achse unseres y,zKoordinatensystems, so läßt sie sich als Überlagerung zweier in entgegengesetzter Richtung umlaufender Kräfte darstellen
9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung
183
In den Bewegungsdifferentialgleichungen treten dann sowohl gleichläufige als auch gegenläufige Erregerkräfte auf. Die Bewegungsdifferentialgleichungen folgen dann aus (9.13) für E # 0, a=0 ZU
Bild 9.19: Welle mit harmonischer Störkraft konstanter Richtung.
Erregungen dieser Art werden bei Kolbenmaschinen durch die auf die Kurbelwelle wirkenden Pleuelkräfte verursacht. Diese Darstellung berücksichtigt nur Grundharmonische. Da die Pleuelkräfte nicht rein harmonisch sind, treten zusätzlich Erregerkräfte höherer Ordnung auf. Wir wollen jetzt die erzwungenen Schwingungen des Gleichungssystems (9.42) berechnen. Da der gleichläufige Erregungsanteil gegenüber den unwuchterregten Schwingungen nichts Neues bringt und da wegen der Linearität das Superpositionsprinz$ gilt, genügt es, wenn wir jetzt nur noch das gegenläufige Erregerglied e-J ' betrachten. Für diesen Gegenlaufanteil der inhomogenen Lösung machen wir den Ansatz
Das bedeutet, der Wellendurchstoßpunkt durchläuft dabei eine Kreisbahn mit der Winkelgeschwindigkeit Cl, aber entgegengesetzt zur Wellendrehrichtung. Setzt man diesen Ansatz in G1. (9.42) ein, so erhalten wir ein inhomogenes lineares Gleichungssystem
184
9 Einfluß der Kreiselwirkung
mit den Lösungen
wobei A, die Determinante
ist. Die erzwungenen Rotorausschläge wachsen für A,=O über alle Grenzen. Die dazugehörigen Drehzahlen werden als die biegekritischen Drehzahlen des Gegenlaufs Q g g bezeichnet. Sie sind die Wurzeln des Polynoms
und lauten
Dieser Ausdruck unterscheidet sich von dem für die kritischen Drehzahlen des Gleichlaufs, G1. (9.35) lediglich durch das Vorzeichen von 0 , . Die kritischen Drehzahlen des Gegenlaufs stimmen also auch betragsmäßig nicht mit den kritischen Drehzahlen des Gleichlaufs überein, wenn die Kreiselwirkung berücksichtigt wird. Die Beschäftigung mit gegenläufigen Erregungen beim Laval-Läufer ohne Kreiselwirkung (Kap. 3) erübrigt sich deshalb, weil sie dort auf die gleiche kritische Drehzahl Q g l = Q g g = w führt. Aus G1. (9.48) geht hervor, daß es - im Unterschied zum Fall der Gleichlauferregung - stets zwei biegekritische Drehzahlen des Gegenlaufs gibt, gleichgültig ob 0, größer oder kleiner als 0, ist!
9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung
185
Dieser Sachverhalt wird noch klarer, wenn man in die Kurven der Eigenfrequenzen w , ( Q ) von Bild 9.8 einen Anfahrstrahl für die Gegenlauferregung einzeichnet. Für eine in positiver Richtung drehende Welle ist der Anfahrstrahl des Gegenlaufs eine unter 45" geneigte Gerade durch den Koordinatenursprung im vierten Quadranten, Bild 9.20. Diese Gerade schneidet in jedem Fall die Kurve U , und auch die für U , . Die beiden Schnittpunkte ergeben zwei biegekritische Drehzahlen des Gegenlaufs Ra, und Q„, . Ganz allgemein gilt R „,< w und RB,> 6.
\
Anfahrstrahl bei Gegenlauferregung -W,
G',=-9
Bild 9.20: Biegekritische Drehzahlen des Gegenlaufs
Zusammenfassend sei nochmals hervorgehoben: Kritische Drehzahlen des Gegenlaufs treten nur dann auf, wenn eine Gegenlauferregung vorhanden ist. Für starr gelagerte Wellen oder bei isotrop elastischer Lagerung stimmen die kritischen Drehzahlen des Gegenlaufs nicht mit denen des Gleichlaufs überein. Treten - wie z.B. bei Kolbenmaschinen - auch Erregungen höherer Ordnung auf, gibt es weitere kritische Drehzahlen des Gleich- bzw. Gegenlaufs, die sich aus den Schnittpunkten der Kurven w , ( Q ) mit den Anfahrstrahlen der höheren Harmonischen ergeben. In dem skizzierten Beispiel mit Erregungen erster und zweiter Ordnung, Bild 9.21 treten drei kritische Drehzahlen des Gleichlaufs auf, und zwar eine von der Erregung erster Ordnung und zwei von der Erregung zweiter Ordnung. Durch die Gegenlauferregung werden vier kritische Drehzahlen verursacht; je zwei von der Gegenlauferregung erster und zweiter Ordnung.
186
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Bild 9.21: Kritische Drehzahlen des Gleich- und Gegenlaufs bei Erregung erster und zweiter Ordnung (0, > 0, )
Ein zweites Beispiel für eine gegenläufige Erregung ist eine Welle, deren Lagerböcke durch eine fremde Störquelle in Schwingungen versetzt werden. Bild 9.22 zeigt die Verhältnisse vereinfacht an einer zum Zwecke der Schwingungsisolation elastisch aufgestellten Maschine, die von außen über das Erdreich zu rein harmonischen Translationsbewegungen in vertikaler Richtung
angeregt wird. Die Erregerfrequenz Q, stimmt im allgemeinen Fall nicht mit der Wellendrehzahl !2 überein, da diese Erregung auf eine andere Störquelle zurückzuführen ist.
9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung
I
Fundament
187
I
Bild 9.22: Lagerbockerregung
Die Differentialgleichungen für die Wellenschwingungen schreibt man zweckrnaßigerweise in einem fest mit dem Maschinenfundament verbundenen Koordinatensystem an, dessen Ursprung im Lagermittelpunkt liegt. Dann muß in den Gln. (9.13) lediglich i: durch die Absolutbeschleunigung
ersetzt werden. Bringt man die Störglieder auf die rechte Seite, so erhält man (für E # 0, a=0) das Differentialgleichungssystem
Die kritischen Drehzahlen bei Lagerbockerregung mit der Erregerfrequenz C l , liegen bei den Schnittpunkten der Kurven der Eigenfrequenzen mit horizontalen Geraden bei *Cl,. Da w,<m* und @,>U* ist, gibt es für eine Erregungsfrequenz Cl, nur eine kritische Drehzahl. Die gegenläufige Erregung mit 42, führt wegen der Zentralsymmetrie der Kurve zu der gleichen kritischen Drehzahl.
9 Einfluß der Kreiselwirkung
188
9.6 Anisotrop elastisch gelagerter Rotor unter Kreiselwirkung Bei unseren bisherigen Betrachtungen sind wir von querstarren Lagern ausgegangen. Die gefundenen Resultate lassen sich unmittelbar auf isotrop elastisch gelagerte Wellen übertragen, wenn die Lagerelastizität in den Einflußzahlen s„ gleich mit enthalten ist. Anisotrop elastisch gelagerte Wellen zeigen, wie wir von Kap. 5 her wissen, ein grundsätzlich anderes Verhalten. Wir wollen deshalb in kurzgefaßter Form das Schwingungsverhalten anisotrop gelagerter Wellen unter Berücksichtigung der Kreiselwirkung zeigen. Die elastischen Hauptrichtungen der Lager seien parallel und stimmen mit der y- bzw. x-Achse unseres raumfesten Koordinatensystems überein. Wegen der Lageranisotropie ergeben sich unterschiedliche Einflußzahlen für die z ,X-und y,x-Ebene, die wir mit s:k und srk bezeichnen. Aus diesem Grunde lassen sich in den Bewegungsgleichungen die Verschiebungen und Winkeldrehungen jetzt nicht mehr zu komplexen Zahlen zusammenfassen. Anstelle von GI. (9.13) erhalten wir jetzt ein System von vier Differentialgleichungen
(0,- 0 , ) a s i n ( ~ t+ y ) m ~ s i (Qt n
Mit dem Ansatz w =\njcosqt V
=Csinq,t
p, = $3„ sin U, t p, = $3, sin q,t
+ ß)
9.6 Anisotrop elastisch gelagerter Rotor unter Kreiselwirkung
189
für die homogene Lösung erhalten wir daraus ein homogenes lineares Gleichungssystem. Dieses hat nur dann nichttriviale Lösungen, wenn seine Koeffizientendeterrninante verschwindet. Daraus berechnen sich die Eigenfrequenzen U, der Welle. Da ein System von vier Gleichungen 2. Ordnung vorliegt, gibt es acht Eigenfrequenzen. Der Verlauf der Eigenfrequenzen 0, in Abhängigkeit von der Wellendrehfrequenz R ist in Bild 9.23 qualitativ dargestellt. Man erkennt, es handelt sich hier um vier Paare von Plus-Minus-Lösungen. Die Kurven verlaufen spiegelbildlich zur Abszissen- und Koordinatenachse. Die Asymptoten der Kurven sind
Letztere verläuft für Rotoren mit einer dünnen Scheibe steiler und für Rotoren mit einem langen Zylinder flacher als 4.5" gegenüber der Abszissenachse. Die biegekritischen Drehzahlen ergeben sich aus den Schnittpunkten der 0,-Kurven mit den Anfahrstrahlen. Man sieht, daß sich bei anisotroper Lagerung wegen der symmetrischen Kurvenverläufe für Gleichlauf- und Gegenlauferregung die gleichen biegekritischen Drehzahlen ergeben. Aus den gleichen Gründen wie früher gibt es mit den Kurven cc>, bzw. U, nur dann einen Schnittpunkt, wenn @, , erhält man - wegen der Orthogonalitätsbedingungen G1. (10.20) und (10.22) - folgendes völlig entkoppeltes Differentialgleichungssystem.
T
10.2 Der Mehrscheibenrotor
199
Der Vektor der generalisierten Unwuchten ugenenthält die mit den Eigenvektoren gewichteten physikalischen Unwuchten. Im konkreten Fall
Offensichtlich regt die Unwucht in Scheibe drei alle Eigenformen an, weil keine der drei Eigenvektoren einen Knoten in der Ebene dieser Scheibe drei hat. Mit dem Gleichtaktansatz
qn( t ) = G,eJRt
(10.29)
läßt sich nun die Unwuchtantwort für die n-te Zeile des entkoppelten Systems (10.27) schnell ermitteln
Sgen,n
was unter Beachtung der Beziehung -- u)n auf die Antwortamplitude mgen,n
führt.
200
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
Egenist die generalisierte Exzentrizität (Dimension Länge) der n-ten Eigenform. Da alle Eigenformbeiträge gemäß dem modalen Ansatz Gl. (10.26) zu superponieren sind, folgt mit (10.28) uns (10.30) die Gesamtantwort zu
oder ausführlich für den 3-Massen-Rotor angeschrieben
Drehzahl ~2 Bild 10.3: Unwuchtantwort des Drei-Scheiben-Rotors ; Bahnradius 1111 der Scheibe 1 in Abhängigkeit von der Drehzahl R , qualitativ
G1. (10.32) ist leicht zu deuten (Bild 10.3). Jede Eigenform 9, benimmt sich wie ein eigenständiger Lavalrotor mit seiner kritischen Drehzahl bei C l = w, . Alle diese fiktiven Lavalrotoren überlagern ihr dynamisches Verhalten zu einem recht durchsichtigen Gesamtbild:
10.3 Der Kontinuumsrotor
201
Immer wenn die Drehzahl Q auf eine Eigenfrequenz anfallt, werden die Bahnradien unendlich groß; es liegt Resonanz vor. In der Nähe einer kritischen Drehzahl, R .-U„dominiert in der Schwingungsantwort die angesprochene Eigenform 4,
Der Rotor läuft mit dieser Eigenform eben (!) wie ein Hüpfseil um. 0
Für sehr hohe Drehzahlen, Q >>U,,reduziert sich die Beteiligung der n-ten Eigenform auf E„, . 4,.
10.3 Der Kontinuumsrotor Modellieren wir die elastischen Eigenschaften der rotierenden Welle durch einen Bernoulli-Balken, so lauten die Bewegungsgleichungen
vertikale Richtung
(EI W ") " + ,D W , = 0
horizontale Richtung
(EI V") "+,U V, = 0
w(x,t) bzw. v(x,t) sind die Verschiebungen der Wellenmitte aus der Ruhelage; w,(x,t) ,v,(x,t) sind die Schwerpunktsverschiebungen, die in das Newtonsche Gesetz eingehen, (Bild 10.4).
Bild 10.4: Die kontinuierlich mit Masse p
(X)
und Steifigkeit EI(x) belegte Welle
202
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
( )* bedeutet Ableitung nach der Zeit; ( )' Ableitung nach dem Ort. Den kinematischen Zusammenhang zwischen diesen beiden Verschiebungen liest man in Bild 10.4 ab.
vertikal:
w,(x.t)=w(x,t)+~(x)cos[~t+ß(x)]
horizontal : vs (X,t ) = V ( X ,t ) + E
(X)
sin [ R t
+ ß( X ) ]
(10.36)
Leiten wir diese Beziehungen zweimal nach der Zeit ab und setzen sie in die Bewegungsgleichung (10.35) ein , erhalten wir
Isotropie in den Lagern vorausgesetzt, lassen sich die beiden Funktionen w(x,t) und v(x,t) wieder zu einer komplexen Auslenkung
zusammenfassen, wobei die horizontale Achse zur imaginären ernannt wird. Multiplizieren wir dann G1. (10.37 b) mit j =Gund addieren sie zu G1. (10.37 a) erhalten wir die kompakte Form der Bewegungsgleichung,
in der die komplexe Exzentrizität
Größe und Richtung der Schwerpunktsablage enthält.
Freie Schwingungen, Orthogonalitätsbeziehungen Wie auch immer die Steifigkeits- und Massebelegungen EI(x) und p ( x ) verlaufen, stets lassen sich die freien Schwingungen aus den Eigenformen q,,(x) mit den zugehörigen Eigenfrequenzen w, darstellen.
10.3 Der Kontinuumsrotor
203
Anstelle der Eigenvektoren q, des Mehrscheibenrotors, GI. (10.11), treten nun die Eigenfunktionen qn(x) auf. Bild 10.5 zeigt sie für den klassischen Rotor auf zwei Lagern, bei dem EI,p=const sind. Bei allgemeinen Querschnittsverlauf müssen sie mit dem Übertragungsmatrizenverfahren oder der Finit-Element-Methode berechnet werden. Die Orthogonalitätsbedingungen für die kontinuierlich mit Masse und Steifigkeit belegte Welle in den klassischen Randbedingungen (gelenkige Lagerung, Einspannung oder freies Ende) lauten für k # n
C
~ P ( x ) P . ( x ) Y > ~ ( x ) ~mgen,, x= für k = n
Bild 10.5: Eigenformen pn(x) und Eigenfrequenzen w , der glatten Welle, EI, ,U =const.
und C
o
EI^,, f l ) v f % =d ~
für k + n
sgen," f ü r k = n '
Auf die Herleitung wollen wir nicht eingehen, dazu z.B. [10.1, 10.3, 10.41. Meist findet man die Steifigkeitsorthogonalität in der Form 1EI q," q„"dx. Hier ist die Form von G1. (10.42) zweckmäßiger.
Unwuchterzwungene Schwingungen In völliger Analogie zur Behandlung des Mehrscheibenrotors benutzen wir nun die Eigenformen als Ansatzfunktion für die Ermittlung der UnwuchtantWort.
204
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
Dann liefert die Ausgangsgleichung (10.37 C)
Daraus erhalten wir nach Multiplikationen mit q,(x) und Integration über die Lange des Rotors wegen der Orthogonalitätsbedingungen G1. (10.41) und G1. (10.42) die modal entkoppelte Gleichung für die Unwuchtamplitude (in der Eigenform n zu
mit der generalisierten Unwucht
Aufgelöst ergibt sich schließlich die Amplitude (in zu
Die gesamte Unwuchtantwort lautet demnach gemäß Ansatz G1. (10.43)
Die völlige Analogie zwischen den Gleichungen (10.43; 10.45; 10.47 und 10.48) des Kontinuums und den G1. (10.29 bis 10.31) des Mehrscheibenrotors fällt unmittelbar ins Auge. Die Aussagen zum Resonanzverhalten des Mehrscheibenrotors sind direkt auf den Kontinuumsrotor übertragbar. Auch hier gilt: In der Nähe der kritischen Drehzahl C2 =U, werden die Ausschläge der Welle sehr groß. In der Resonanznähe dominiert in der Unwuchtantwort die angesprochene Eigenform
in der der Rotor eben (!) umläuft.
10.4 Dämpfungseinfluß bei wäizgelagerten Rotoren
205
Die früher oft diskutierte Frage: ist ein Kontinuumsmodell nicht doch genauer als ein diskretisiertes Vielscheibenmodel ist akademischer Natur. In praxi interessieren nur die Eigenformen der kritischen Drehzahlen U „ die zu durchfahren sind ehe die Betriebsdrehzahl erreicht wird, Bild 10.6. Allenfalls spielen noch ein oder zwei Eigenformen oberhalb von CJkwi„ in der Unwuchtantwort eine Rolle. Diese niedrigen Eigenformen sind durch diskretisierende Modelle genauso ,,exaktG'bestimmbar wie durch Kontinuumsmodelle. Durch die Finit-Element-Methode ist die Frage noch belangloser geworden, sie modelliert als Kontinuum, diskretisiert aber dann auf formalem Weg mit Hilfe lokaler Ritzansätze und überführt so in ein Vielfreiheitsgradsystem. Durch die Anzahl der gewahlten Balkenelemente läßt sich die Anzahl der Freiheitsgrade beliebig steuern.
Bild 10.6: Die ersten drei kritischen Drehzahlen der glatten Welle und die zugehörigen Auslenkungsfiguren (Eigenformen), Betriebsdrehzahl nBetneb
10.4 Dämpfungseinfluß bei wälzgelagerten Rotoren Während bei Gleitlagern der Dämpfungseinfluß explizit über die Lagerbewegungen in die Bewegungsgleichungen eingeht, Kap. 12-14, ist eine derartige Beschreibung des Dämpfungsverhaltens von Wälzlagern (noch) nicht möglich. Da Wälzlagerdämpfungen sehr gering sind, behilft man sich folgendermaßen: Man fügt in die konservative Beschreibung der Unwuchtantwort nach G1. (10.32) bzw. G1. (10.48) einen modalen Dämpfungsgrad D, (dimensionsloses Lehr'sches Dämpfungsmaß) ein.
206
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
bzw.
Die Größe des Dämpfungsgrades D, läßt sich aus der Schlankheit der jeweiligen Vergrößerungsfunktion bei R zu), (z. B. durch die sogenannte Halbwertsbreite 0.ä.) experimentell bestimmen. Die so gewonnene Erfahrung kann man dann auf ähnlich gebaute Maschinen übertragen. Generell sollte man aber beachten, daß wälzgelagerte Rotoren fast ungedämpft sind. Vergrößerungswerte in der Resonanz V„, = 1/2D, von 50 bis 100 sind nichts Ungewöhnliches.
10.5 Fragen 1. Obwohl die physikalische Exzentrizität &(X) über die Rotorlänge einen beliebigen Verwindungswinkel ß(x) hat, ergeben sich die Resonanzausschläge als ebene, umlaufende Verformungsfigur des Rotors, Gln. (10.32 und 10.48). Wie kommt das zustande?
2. Im Beispiel des Dreischeibenrotors von Abschn. 10.1 saß die einzige zugelassene Exzentrizität in der dritten Scheibe: &, = &,= 0 ;&, # 0 . Das lieferte die generalisierten Unwuchten von G1. (10.28). Bestimme die geneExzentrizitätsverteilung: ralisierten Unwuchten für folgende &,=&,=O;&,#O. Was fallt dann in der Unwuchtantwort nach Cl. (10.32) auf und aus? 3. In Bild 10.6 tritt zwischen der ersten und zweiten Resonanz eine Drehzahl auf, für die die Schwingungsamplitude am Meßort X = X , verschwindet. Bei wälzgelagerten Rotoren beobachtet man das oft beim Auswuchten. Dieser „Tilgerpunkt", dem keine praktische Bedeutung zukommt, entsteht dadurch, daß der Beitrag der ersten Eigenform in G1. (10.48) oberhalb der ersten Kritischen schon einen Vorzeichenwechsel in der Vergrößerungsfunktion hinter sich hat, die zweite (und alle höheren Eigenformen) aber noch nicht. Man bestimme das Auftreten dieser Drehzahl genauer.
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung auf die Kritischen Drehzahlen der glatten Welle und des Vielscheibenrotors
11.1 Zur Modellbildung Die Berücksichtigung der Kreiselwirkung wird dann notwendig, wenn hohe Drehzahlen und große Neigungswinkel in der Verformungsfigur auftreten und wenn große Scheiben auf der Welle sitzen. Das zeigte schon die Betrachtung am Lavalrotor, Kap. 9. Von dort wissen wir auch, daß die Eigenfrequenzen durch die Kreiselwirkung drehzahlabhängig werden und sich bei isotroper Lagerung in einen gleichläufigen Ast w„(Q) aufspalten, dem bei Unwuchterregungen kritische Drehzahlen entsprechen, sowie einen gegenläufigen Ast w„(Q). Eigenfrequenzen des Gegenlaufs werden von der Unwucht, die selbst gleichläufig rotiert, nicht angesprochen. Ähnliches werden wir auch beim Kontinuumsrotor feststellen.
Bild 11.1: Kreiseleffekt aus Schrägstellung der Querschnitte des Kontinuums
Bislang haben wir nur die Biegeelastizität in den verschiedenen Rotormodellen berücksichtigt. Der Einfluß der Schubelastizität wurde vernachlässigt. In der Statik gilt die grobe Regel: Die einfache Biegetheorie (Bernoulli) ist
208
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung
brauchbar bis zu Dicken-Längenverhältnissen von d/1< 1/10, siehe Bild 11.2. Berücksichtigt man aber die Schubelastizität (Timoshenko), so lassen sich auch noch kurze dicke Wellen gut beschreiben bis etwa d/ll1/5.
Dynamik
Statik
Bild 11.2: Das Verhältnis d l l bzw. d l l * in Statik und Dynamik
Übertragen wir diese Regeln sinngern& auf die Dynamik, dann muß in den beiden Gleichungen statt I natürlich der Knotenabstand I stehen, Bild 11.2. Konkret heißt das: Die Schubelastizität ist nicht nur dann mitzunehmen, wenn Wellen kurz und dick sind, sondern auch dann, wenn von schlanken Wellen hohe Eigenfrequenzen und Eigenformen zu bestimmen sind.
Bild 11.3: Biege- und Schubelastizität eines Balkenquerschnitts
Wir werden nun also zwei elastische Größen in den Bewegungsgleichungen berücksichtigen, Bild 11.3, wobei für die runde Welle gilt Biegesteifigkeit
EI = ~ 7 i 7 d164 ~
Schubsteifigkeit
kGA = k ~ 7 i 7 d/ 4~
mit k = 0 , 9
[I].
Obwohl wir diese Querschnittsgrößen über die Länge 1 des Rotors als konstant ansehen - nur dann lassen sich leicht interpretierbare Lösungen finden - haben die folgenden Betrachtungen nicht nur akademischen Charakter.
11.1 Zur Modellbildung
209
Bild 11.4: Links: Uniformer Vielscheibenrotor; Rechts: Durch Verschmieren von Massen und Drehmassen erzeugtes Ersatzkontinuum
Denn die glatte, mit vielen gleichartigen Scheiben besetzte Welle läßt sich zur Ermittlung der ersten Eigenfrequenzen und Eigenformen nciherungsweise auf ein solches Ersatzkontinuum zurückführen, (Bild 11.4). Vielstufige Kreiselpumpen kommen beispielsweise diesem Modell sehr nahe. Die Massebelegung je Längeneinheit ergibt sich bei einer solchen Vielscheibenwelle aus der Massenbelegung der glatten Welle p x d 2 / 4 und den über die Länge 1 verschmierten Massen der k Scheiben.
oder, bei Scheiben mit dem Außendurchmesser D und der Breite b nach Bild 11.4
wobei b* die Belegungslänge kb ist. Der Einfachheit halber wurde gleiche Dichte p für Welle und Scheiben vorausgesetzt. Für das axiale Trägheitsmoment je Längeneinheit ergibt sich analog
210
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung
Im Grenzfall glatte Welle, D =d , bleiben deren Massen- und Drehmassenbelegungen übrig, wie man an den Formeln sofort erkennt. Natürlich läßt sich aus der Massen- und der Trägheitsbelegung noch ein mittlerer Gesamtträgheitsradiusdefinieren
wobei der Ausdruck in der runden Klammer hinter dem Bruch das Trägheitsradiusquadrat der glatten Welle darstellt, i, =d/4. Mit den konstanten Größen EI, kGA, ,ü, i„ i, sind alle Parameter bestimmt, die in der Bewegungsgleichung vorkommen.
11.2 Bewegungsgleichungen, homogene Lösungen Die Herleitung der Bewegungsgleichung des rotierenden runden Balkens findet sich z.B. bei Dimentberg [11.1]. Wir übernehmen sie von dort.
Bild 11.5: Ortsvektor r(x,t)=w (x,t)+j v(x,t) zur Wellenmitte
11.2 Bewegungsgleichungen,homogene Lösungen
211
Die beiden Terme der ersten Zeile sind die vertrauten Terme der biegeelastischen Welle ohne Kreiselkräfte und Schubelastizität. Die Terme 2j*pi:rn'
bzw. -pi:rn"
,
die zu Beginn der zweiten und dritten Zeile stehen, entsprechen den Termen -j @,Cl yi, bzw. -@„G, in der Bewegungsgleichung des Lavalläufers mit Kreiselkraften (Gl. 9.13). Der erste Term ist der eigentliche drehzahlabhängige Kreiselterm, der zweite Term ist der Trägheitsterm, mit dem sich der Querschnitt auch im Stillstand des Rotors gegen eine Schrägstellung wehrt. Alle weiteren Terme verschwinden im schubstamen Fall, kGA+m, rühren also aus den kleinen zusätzlichen Schubverformungen der Welle. Wir nehmen nun wiederum beiderseits gelenkige Lagerung des Rotors an, dann ist der Ansatz
für die homogene Lösung erfolgreich. Bildet man die notwendigen Ableitungen nach Ort und Zeit und setzt in die Bewegungsgleichung ein, erhält man die charakteristische Gleichung in der Form
212
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung
Um in die LOsung Vertrauen zu gewinnen, betrachten wir zunächst den Grenzfall des stillstehenden, schubstarren Rotors (Q=0, kGA+m). Für ihn finden wir die Eigenfrequenzen zu
Gegenüber der Betrachtung von Kap. 10 werden durch die Mitnahme der Kippträgheit des Querschnitts die Eigenfrequenzen ein wenig abgesenkt, was der Korrekturterm über die Wurzel im Nenner besorgt. Bei den niedrigen Eigenfrequenzen ist der Einfluß wegen (i,/l) llzi, wird die Wurzel imaginär. Das erstaunt und gilt nicht mehr, sowie die Schubelastizität berücksichtigt wird. Manlfrau erkläre dieses realitätsfremde Ergebnis anhand des Biegemodells nach Bernoulli, Bild 11.3 links.
12 Gleitlagertheorie
12.1 Einleitung Läufer in Gleitlagern zeigen im dynamischen Verhalten gewisse Eigentümlichkeiten, die schon lange bekannt sind, aber erst in den sechziger Jahren hinreichend theoretisch und experimentell geklärt wurden. In Bild 12.1, das von Tondl [12.1] an einem Versuchsläufer gewonnen wurde, sind die vertikalen Amplituden der Läuferscheibe über der Drehzahl dargestellt. Zu den einzelnen Drehzahlen, den Punkten 1-6, sind die Meßschriebe wiedergegeben. In ihnen sind oben die Schwingungen des Wellenzapfens im Lager und unten, in verkleinertem Maßstab, die Scheibenschwingungen aufgezeichnet. Die in diesen Schrieben dominierende Frequenz wurde über der Drehzahl- im Bild 12.1 unten aufgetragen. Bild 12.1 oben zeigt ein Anwachsen des umlauffrequenten Schwingungsausschlages bis zur kritischen Drehzahl bei etwa 1000 Ulmin. Der Resonanzgipfel bleibt endlich durch den Dämpfungseinfluß der Lager.
Bild 12.1: Läuferamplituden und Schwingungsfrequenz in Abhängigkeit von der Drehzahl
218
12 Gleitlagertheorie
Oberhalb von 1000 Ulmin nehmen die Schwingungsausschläge monoton ab. Bei 2000 Ulmin, dem doppelten Wert der kritischen Drehzahl, tritt allerdings noch eine unbedeutende Spitze auf, deren Herkunft etwas unklar ist. Bei 2700 Ulmin setzen abrupt Schwingungen mit sehr großer Amplitude ein. Hierbei handelt es sich um einen typischen Gleitlagereffekt. Dem zu Meßpunkt 6 gehörigen Meßschrieb entnimmt man zweierlei: Die Amplituden sind noch nicht stationär, sie wachsen noch weiter an. Der Versuch wurde abgebrochen, weil die Lauferschwingungen zu groß wurden. Die Frequenz dieser sehr starken Schwingungen ist nicht die Umlauffrequenz, sondern etwa die Frequenz, mit der der Läufer in der Resonanz schwingt (1000 Ulmin). Bild 12.1 unten ist zu entnehmen, daß diese Schwingfrequenz auch bei Drehzahlen oberhalb von 2700 Ulmin nahezu erhalten bleibt. Im ganzen Bereich jenseits der Grenzdrehzahl 2700 Ulmin ist ein Betrieb nicht möglich, weil die Amplituden unzulässig groß werden. Auf Grund dieser genannten Tatsachen können wir vermuten, was später durch die Theorie bestätigt wird: Zunächst treten durch die Lziuferunwucht erzwungene umlauffrequente Schwingungen auf, die in der Resonanzstelle ihr Maximum erreichen und dann wieder abnehmen. Jenseits der Grenzdrehzahl 2700 Ulmin gibt es selbsterregte eigenfrequente Schwingungen mit monoton anwachsender Amplitude. Praktisch werden diese Amplituden natürlich nicht unendlich groß wie nach der im folgenden dargestellten linearisierten Theorie. Sie finden ihre Grenze durch Anschlagen des Läufers am Gehäuse oder durch nichtlineare Einflüsse des Ölfilms. Das soll die gestrichelt weitergeführte (nicht gemessene) Linie in Bild 12.1 oben andeuten. Wie läßt sich das von Tondl beobachtete Verhalten erklären? Welches sind die wesentlichen physikalischen Effekte? Welche Kräfte übt der Ölfilm auf den Zapfen bei Auslenkungen bzw. Bewegungen aus? Das beschriebene Schwingungsverhalten wird wesentlich durch FluidStruktur-Interaktionen bestimmt. Um solche Wechselwirkungen richtig zu erfassen, muß man die zu den Zapfenauslenkungen bzw. -bewegungen gehörenden statischen bzw. dynamischen Ölfilmkrafte kennen, die auf den Wellenzapfen wirken. Solche Kraft-Bewegungsgesetze erhält man aus der Gleitlagertheorie. Erst das Zusammenwirken des Ölfilms mit dem Läufer, der
12.1 Einleitung
219
starr oder elastisch sein kann, bestimmt schließlich das statische und dynamische Verhalten des Gesamtsystems Rotor und Gleitlager. Das Ziel der analytischen oder numerischen Untersuchungen ist es, die Stabilität des Systems zu garantieren und die erzwungenen Schwingungen, z. B. infolge Unwucht, vorauszusagen. Im folgenden wird sowohl für den starren als auch den elastischen Lavalläufer in Gleitlagern das dynamische Verhalten untersucht und diskutiert. Solange im Gleitlager nur Meine Bewegungen um eine statische Ruhelage auftreten, darf die lineare Theorie angewendet werden. Dies ist z.B. bei fast allen horizontalen Maschinen im Turbomaschinenbau gegeben, bei denen die Welle durch ihr Eigengewicht in die statische Ruhelage in den Lagern „gedrückta wird, um die durch dynamische Kräfte kleine Zusatzbewegungen hervorgerufen werden. Dieser Fall wird in Kap. 13 behandelt. Auch die Resonanzdurchfahrt läßt sich i.a. linearisieren, es sei denn, es treten Störfälle (z.B. Schaufelflug) auf oder es setzt eine Instabilität ein. Dann ist zu überprüfen, ob die lineare Theorie weiterhin gültig ist, oder ob man nichtlineare Kraft-Bewegungsgesetzefür das Gleitlager verwenden muß. Im Fall vertikaler Läufer stößt die lineare Theorie gewöhnlich an Grenzen. Bei diesen fehlt i.a. die statische Vorlast, da das Eigengewicht des Läufers in Achsrichtung wirkt. Beim statisch unbelasteten Lager schwimmt der Zapfen dann im relativ weichen (instabilen) Lagerzentrum. Durch die Wirkung dynamischer Kräfte wird er aber aus dem Zentrum herausbewegt und durchläuft in der Regel einen weiten ,,nichtlinearen" Bereich. Das geschilderte Problem tritt u.a. bei vielen vertikalen Wasserkraftmaschinen und Pumpen auf. Wir kommen im Kap. 14 darauf zu sprechen. Die Gleitlagertheorie liefert den Zusammenhang zwischen den i.a. zeitlich veränderlichen Ölfilmkraften und den Zapfenbewegungen. Dabei wird mit Hilfe der Reynolds-Differentialgleichung für das fluiddynamische System „Ölfilm zwischen bewegten Oberflächen" der vom Ort und der Zeit abhängige Druck p(8, X , t) zu vorgegebener Zapfenauslenkung bzw. -geschwindigkeit bestimmt. Durch Integration des Druckes gelangt man zu den resultierenden Zapfenkräften, die sowohl für den Fall der Statik als auch allgemein für den Fall der Dynamik ausgewertet werden können. Die Kraft-Bewegungs-Beziehungen sind streng genommen immer nichtlinear. Aus den oben genannten Gründen dürfen Sie jedoch in vielen Fällen der praktischen Anwendung linearisiert werden. Dies führt zur Einführung von Lagersteifigkeiten und -dämpfungen, die die dynamischen Eigenschaften des Ölfilms für kleine Bewegungen um einen Arbeitspunkt (statische Ruhelage des Zapfens) angeben.
220
12 Gleitlagertheorie
12.2 Die Reynolds-Differentialgleichung und die Randbedingungen Die Reynolds-Differentialgleichung, G1. (12. I), stellt die Grundlage für die hydrodynamische Schmierfilmtheorie dar.
Sie beschreibt den Orts- und zeitabhängigen Druck P($, X, t ) in Abhängigkeit von der momentanen Lage des Zapfens - ausgedrückt durch die Verlagerung e(t) und die Winkellage y(t) - sowie von dessen Geschwindigkeiten e, y (Bild 12.2). In die Differentialgleichung geht die Schmierspaltfunktion
ein (Bild 12.2 und 12.4). Sie tritt als Vorfaktor in der dritten Potenz bei den partiellen Ableitungen des Drucks auf, wobei h,(B) die geometrische Spaltfunktion bei nicht ausgelenktem Zapfen darstellt. Wichtige Parameter in G1. (12.1) sind die Winkelgeschwindigkeit C l , die Ölz*igkeit 770, sowie der Lagerradius R. G1. (12.1) wurde zweckmäßig in Zylinderkoordinaten 8, r, X angegeben, da die im Turbomaschinenbau verwendeten Lager i.a. zylindrische Form haben. Sie ergibt sich in der dargestellten Form aus der Kontinuitätsgleichung und aus den Komponenten der Navier-Stokes Gleichungen in Umfangs- und Axialrichtung. Die Kontinuitätsgleichung sagt aus, daß die Differenz zwischen den ein- und ausfließenden Volumenströmen für ein Kontrollvolumen zwischen der Lagerschale und dem Zapfen gleich sein muß der zeitlichen Änderung des Kontrollvolumens infolge der Zapfenbewegung. Die in ihr auftretenden Geschwindigkeiten werden aus den Navier-Stoke'schen Gleichungen bestimmt. Da die Trägheitsterme gegenüber den Zähigkeitsgliedern vernachlässigt werden können, stellen die Gleichungen das Gleichgewicht zwischen den Druckkräften und den Schubspannungskräften dar, die sich aus der Zähigkeit der Flüssigkeit ergeben. Dabei werden die Wellenrotation und die translatorische Bewegung des Zapfens im Lager als Randbedingungen berücksichtigt.
12.2 Die Reynolds-Differentialgleichung
221
Bild 12.2: Gleitlager mit Kreisgeometrie
Zusammenfassend liegen der Herleitung von G1. (12.1) folgende Annahmen zugrunde: das Fluid ist inkompressibel; die Trägheitskräfte werden gegenüber den Zahigkeitskräften vernachlässigt die Krümmung des Fluidfilms ist vernachlässigbar es gilt das Gesetz für Newton'sche Flüssigkeiten; die von der Temperatur abhängige Viskosität wird im Lager konstant angenommen die Strömung ist laminar der Fiuidfilm ist sehr dünn; die Fluidgeschwindigkeit in radialer Richtung wird vernachlässigt; der Druck in radialer Richtung sei konstant die Oberflächen sind glatt und sehr steif bezüglich der Zapfenbewegung wird angenommen, daß sich die Zapfenachse parallel zur Bohrung bewegt (kein Kippen). Die Störglieder auf der rechten Seite von G1. (12.1) bestehen aus mehreren Anteilen. Ihre Bedeutung für den Druckverlauf wird in Bild 12.3 erläutert. Eine rein „statische6' Druckverteilung kann bei drehender Welle entweder durch Vorgabe einer geometrischen Spaltfunktion h,(8) oder durch eine statische Radialauslenkung e erreicht werden. Beides baut einen „Schmier-
222
12 Gleitlagertheorie
keil" auf. Bei der einfachsten Lagerform des kreiszylindrischen Lagers ist h,(B) konstant. Hier ist die Zapfenauslenkung e erforderlich, um einen tragenden „statischena Druckberg zu erzeugen. Dynamische Druckanteile können auch ohne Rotation Q durch die Geschwindigkeiten y und e erzeugt werden. Bild 12.3 zeigt, welche Faktoren bei den einzelnen Störanteilen eingehen und damit für den Druckaufbau erforderlich sind. Dabei wird die Bedeutung der Viskosität 770, klar, die in allen Termen auftritt.
Druckrandbedingungen Um die Druckfunktion p (6, X, t) aus der Reynoldsgleichung berechnen zu können, müssen noch Randbedingungen und i.a. auch Anfangsbedingungen vorliegen. Nimmt man z.B. für den Fall der Statik (&=O,y=O) an, daß an der Stelle des größten Spiels (B= B,= y+x) Öl mit dem Druck p, zugeführt wird (Bild 12.2) und daß an den beiden Lagerenden X =+BI2 näherungsweise ebenfalls der Druck po herrscht, so gelten die Randbedingungen
Würde man die Reynolds-Differentialgleichung mit diesen Randbedingungen lösen, so erhielte man die statische Druckfunktion, wie sie qualitativ mit der dimensionslosen Exzentrizität r = elh, als Parameter in Bild 12.4 dargestellt ist.
Hinweis: Die Abkürzung E stand bislang fir die Massenexzentrizität des Rotors und wird ab Kap. 13 auch wieder so verwendet. Zn den nun folgenden Gleichungen des Kapitels Gleitlagertheorie wird r - wie in der Gleitlagerliteratur üblich - als auf das Lagerspiel bezogene Exzentrizität des Zapfens E = elh, in der Lagerschale benutzt. Die theoretische Berechnung kann im divergierenden Spalt zu einem negativen Druck führen. Eine Flüssigkeit kann jedoch keine negativen Drücke, also Zug-spannungen, übertragen. Wird der Druck zu klein, tritt Kavitation auf. In diesem Fall müssen die Randbedingungen dem Ölfilm-verhalten angepaßt werden. In der Praxis wird vereinfachend mit der Gümbel-Randbedingung gearbeitet. Diese nimmt an, daß sich das Kavitationsgebiet von der engsten bis zur breitesten Stelle des Ringspaltes erstreckt und setzt den Druck in diesem Bereich zu p,.
12.2 Die Reynolds-Differentialgleichung
Störanteil der Reynoldsgleichung
Für Druckaufbau erforderlich Viskosität 7701
Rotation
Q Geometrie
hd8) Viskosität 77öl
Rotation
Q Auslenkung
e
Viskosität 7701
Auslenkung
e Winkelbew.
8
Y
Viskosität
8
7701
Geschwind.
8
e
Grafische Darstellung
223
Praktische Bedeutung, Anwendung Lager mit Schmierspaltverlauf ho(8), z.B. Dreikeil lager
Auslenkung E, Y,z.B. durch statische Vorlast (Gewicht), z.B. Kreislager
Wirbelbewegung mit Radius e und y, z.B. auf einer Kreisbahn (Unwuchtschwingungen), z.B. vertikaler Läufer,
Quetschöleffekt durch radiale Geschwindigkeit e (Quetschöldämpfer)
Bild 12.3. Bedeutung der Störglieder in der Reynolds-Differentialgleichung
224
12 Gleitlagertheorie
Druckfunktion
I I
Bild 12.4: Statische Druckfunktion über dem Umfang
12.3 Lösung der Reynoldsgleichung Durch Lösen der Reynoldsgleichung läßt sich unter Annahme sinnvoller Anfangs- und Randbedingungen die Druckfunktion infolge der momentanen Zapfenlage (radiale Auslenkung e , Winkellage y) und der Zapfenbewegung (Rotation C2 , radiale Geschwindigkeit e und Winkelgeschwindigkeit y) bestimmen. In der Regel werden dazu numerische Verfahren eingesetzt. Im Sonderfall des kreiszylindrischen Kurzlagers läßt sich eine geschlossene Lösung finden (Kap. 12.5). Für den Ingenieur sind nicht nur die lokalen Druckgrößen p(8,x, t ) wichtig, sondern er muß vor allem die resultierenden Kräfte kennen, die im statischen bzw. dynamischen Fall vom Ölfilm auf den Zapfen wirken. Deshalb wird die Druckfunktion p (8, X, t) über Umfang und Länge des Lagers integriert. Die
12.3 Lösung der Reynoldsgleichung
225
resultierenden Ölfilmkräfte können dann in einem der beiden Koordinatensysteme (X-y-z oder X-r-U)dargestellt werden (Bild 12.2). Zum Beispiel ergeben sich Radialkraft F, und Tangentialkraft F, mit p=8-y wie folgt:
F, ist die Kraft, die in Richtung der radialen Auslenkung e wirkt (Verbindungslinie der Mittelpunkte ML-MD siehe Bild 12.2) und F, die dazu senkrechte Kraftkomponente. Als Ergebnis der Integration zeigt sich, dd3 die Kräfte
i.a. nichtlinear von den zeitveränderlichen Bewegungsgrößen e, y,e, y abhängen. Mit G1. (12.5) wird der Zusammenhang zwischen Kinematik (Zapfenbewegung) und Dynamik (Ölfilmkräften) hergestellt. Im Sonderfall der Statik sind die Geschwindigkeiten e = y =O. Der Zapfen befindet sich dann in Ruhe, d.h. die auf den Zapfen wirkenden äußeren Kräfte (z.B. das Gewicht der Welle) stehen mit den Ölfilmkräften F, (e, y, 0,O) und FJe, y, 0,O) im Gleichgewicht. Bild 12.5 verdeutlicht dies für das Kreislager mit einer in z-Richtung wirkenden Kraft F, die sich z.B. durch das Eigengewicht der Welle ergibt. Infolge dieser Last stellt sich der Zapfen in einer Gleichgewichtslage e, y so ein, daß die resultierende Ölfilmkraft, die sich aus F,, F, ergibt, mit F im Gleichgewicht steht. Wir erkennen, daß der Zapfen nicht nur in Kraftrichtung, sondern auch seitlich dazu ausweicht. Von vielen experimentellen und theoretischen Untersuchungen an Gleitlagern [12.2, 12.3, 12.4, 12.51 weiß man, daß Gleichgewichtslagen des Zapfens nicht nur von der Kraft F, sondern auch von der Lagergeometrie (Breite B, Durchmesser D, relatives Lagerspiel iy=holR), von der Ölz2higkeit 770,und von der Winkelgeschwindigkeit !2 abhängen. Dabei spielt der Lagertyp eine wichtige Rolle.
226
12 Gleitlagertheorie
Bild 12.5: Drehzahl- bzw. Sornmerfeldzahl-abhängige Gleichgewichtslage des Zapfens (Ortskurve)
Eine charakteristische Größe dafür ist die dimensionslose nach Somrnerfeld benannte Lagerkennzahl
In Bild 12.5 ist als Beispiel die Ortskurve aller Gleichgewichtslagen bei vertikaler Kraftrichtung für ein Kreislager gezeigt. Bei sehr kleiner statischer Lagerkraft (kleine So-Zahl) befindet sich der Zapfen nahezu im Zentrum (Punkt A, e=O). Steigert man die Kraft F, weicht der Zapfen senkrecht zur Kraftrichtung aus und folgt bei weiterer Kraftzunahme der Gleichgewichtslinie bis schließlich bei sehr hoher Belastung (So-Zahl groß) der Punkt B (e=h„ y=O) am Spielkreis erreicht wird. Verfolgt man bei sonst konstanten Größen F, V , qö„B,D einen Hochfahrvorgang (zunehmendes Q ) , so bewegt sich der Zapfen auf der Gleichgewichtslinie in entgegengesetzter Richtung von B nach A bzw. von großen zu kleinen So-Zahlen. Eine sehr schnell drehende Welle hat daher eine nahezu zentrische Gleichgewichtslage. In vielen Veröffentlichungen, insbesondere in der angelsächsischen und japanischen Literatur, findet man die charakteristische Lagerkenngröße etwas
12.4 Linearisierung der Ölfilmkräfte, Feder- und Dämpfungszahlen
227
anders definiert. In [12.6] wird z.B. die mit 2 n multiplizierte, „umgekehrte Sornrnerfeld-Zahl" verwendet:
12.4 Linearisierung der Ölfilmkräfte, Feder- und Dämpfungszahlen Die in Bild 12.5 gezeigte statische Ruhelage e, y des Zapfens kann sich nur dann einstellen, wenn die Gleichgewichtslage stabil ist und keine zeitveränderlichen Störungen (z.B. Unwuchtkrafte) wirken. Wir nehmen jetzt an, daß infolge äußerer Störkräfte Bewegungen um die Ruhelage auftreten und fragen nach den Kräften, die dann vom Ölfilm auf den bewegten Zapfen wirken. Sind diese Bewegungen groß, so muß man die nichtlinearen Kräfte F„F, nach G1. (12.5) zur Beschreibung heranziehen. Diese Aufgabe stellt sich fast immer bei vertikalen Maschinen.
Bild 12.6: Dynamische Zusatzkräfte im Gleitlager bei kleinen Bewegungen um die statische Ruhelage
Bei horizontalen Maschinen beobachtet man, daß sich im Betrieb meist kleine Bewegungen um die Ruhelage einstellen (Bild 12.6). In diesen Fällen darf man die nichtlinearen Kraft-Bewegungsgesetzeim Betriebspunkt linearisieren. Bei der Linearisierung entwickelt man die Kräfte in eine Taylorreihe und bricht diese nach den linearen Gliedern ab. So erhält man z.B. für Tangentialund Radialkraft
228
12 Gleitlagertheorie
Mit den Abkürzungen für die partiellen Ableitungen
laßt sich G1. (12.8) in Matrixschreibweise folgendermaßen darstellen:
Die dem Verschiebungsvektor zugeordnete Matrix bezeichnet man auch als Steifigkeitsmatrix S des Gleitlagers und die dem Geschwindigkeitsvektor zugeordnete als Dämpfungsmatrix D. Will man die Ölfilmkräfte nicht in den Au-Ar-Koordinaten haben, sondern in den in der Rotordynamik gebräuchlichen Ay-Az-Koordinaten, dann bedarf es einer Transformation. Für sie gilt
[
cos y -sin y
.;;;.
]{:],
wie ein Blick auf Bild 12.6 zeigt.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
229
In Bild 12.7 ist eine anschauliche Interpretation der G1. (12.10) dargestellt. Sie ist insofern unzulänglich, als durch die verwendeten „passiven" Feder- und Dämpfungselemente symmetrische Matrizen S und D auftreten, was tatsächlich aber nicht der Fall ist.
I
J AU
Bild 12.7: Modell für das Gleitlagerverhalten, Linearisierung um den Betriebspunkt
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers Am Beispiel des kreiszylindrischen Kurzlagers wollen wir zunächst zeigen, welche statischen und dynamischen Eigenschaften ein Ölfilm besitzt. Dabei sind geschlossene Lösungswege möglich. Im folgenden Abschn. 12.6 betrachten wir dann einige andere Lagertypen, die in der Praxis häufig eingesetzt werden. 12.5.1 Vereinfachungen beim kreiszylindrischen Kurzlager
Bei einer im Verhältnis zum Durchmesser D kleinen Lagerbreite B ist die Druckänderung in Umfangsrichtung klein gegen die Druckänderung in axialer Richtung. Beim kreiszylindrischen Kurzlager darf man deshalb die Differentialgleichung (12.1) derart vereinfachen, daß man den Term d p l d ß gegenüber der zweiten Druckänderung d p l d x vernachlässigt. Da beim Kreislager außerdem das Lagerspiel h,(ß) konstant ist, entfällt auch die Ableitung dh,ldß und so verbleibt die vereinfachte Reynoldsgleichung im X-r-U-Koordinatensystem in der folgenden Form:
230
12 Gleitlagertheorie
die von Dubois and Ocvirk [12.7] geschlossen gelöst wurde. Die Terme auf der rechten Seite sind nicht von der Längskoordinate X abhängig und deshalb gelangt man schnell durch zweimalige Integration zu einer Lösung für p (q, X ,t). Unter Berücksichtigung der folgenden Randbedingungen
ergibt sich die Druckfunktion zu
die sich für den Sonderfall der Statik (e = 0, y = 0) wie folgt vereinfacht
Man sieht im Vergleich zu Bild 12.3, daß nur der zweite Anteil in der Losung auftritt. Falls ein Zulaufdruck p, vorliegt, den wir oben null gesetzt haben, taucht er in G1. (12.14) und G1. (12.15) als ein additives Glied auf. 12.5.2 Kraft-Bewegungsgesetz Wir interessieren uns vor allem dafür, welche Kräfte vom 0lfilm auf den Zapfen wirken. Dazu müssen wir die zuvor bestimmten Druckfunktionen G1. (12.14) bzw. G1. (12.15) über Umfang und Lange integrieren sowie in Komponenten zerlegen. Nimmt man die Integration zuerst entlang der x-Achse (siehe Bild 12.8) bei festgehaltenem q vor, so findet man die auf ein Segment Rdq wirkenden Kraftkomponenten in radialer bzw. tangentialer Richtung
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
231
B12
Das Integral
p(q, X,t) dx ergibt sich zu -B12
dF Rd(?
--
mit
E
-
Br
7 7 i i , ~ ~ CEJ( 2y/Q - 1)sin 9 + 2&/Q cos 9
P(Y>,~,t)d~=2-
-BI2
2h0
3
(I - E cos 9)
(12.17)
= e/h, als der relativen Auslenkung (siehe Hinweis in Kap. 12.2)
Bild 12.8: Kraftkomponenten am Segment R d q
Bei der nun folgenden Integration wertet man die beiden Integrale entsprechend der Gümbel-Randbedingung nur im Bereich ~1 q 1 2 z aus, so findet man die beiden Kraftkomponenten F„F, in Abhängigkeit von den Bewegungsgrößen e, y,e, y zu
232
12 Gleitlagertheorie
Oft gibt man die Kräfte auch in dimensionsloser Form an r
Hierin ist ß=BID die relative Lagerbreite. Damit liegt eine geschlossene nichtlineare Lösung der Ölfilmkräfte des Kurzlagers vor. Mit den gewonnenen Gln. (12.18) bzw. (12.19) lassen sich die Krrifte für Sonderfälle behandeln, z.B. für den Fall der Statik oder den Fall einer gleichmäßigen Bewegung auf einer Kreisbahn. Durch Ableitung der Kräfte nach den Verschiebungen und Geschwindigkeiten können darüber hinaus die Feder- und Dämpfungskonstanten des Ölfilms zu vorgegebenen statischen Ruhelagen ermittelt werden.
12.5.3 Die Ortskurve der statischen Ruhelage des Wellenzapfens Aus den allgemeinen Kraft-Bewegungsbeziehungen G1. (12.18) laßt sich der Sonderfall des zwar rotierenden aber sonst unbewegten Zapfens behandeln, indem man i. und y zu Null setzt. Die mit C l rotierende Welle nimmt dann entsprechend der äußeren Belastung eine statische Ruhelage ein, die durch e bzw. ~ = e / h ,und die Winkellage ygegeben ist (Bild 12.5). Die zugehörigen Rückstellkrafte des Ölfilms in radialer und tangentialer Richtung sind für diesen Fall
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
233
Wirkt die äußere Kraft F in der positiven z-Richtung, was 2.B. einer Belastung durch das Eigengewicht der Welle entspricht, so gilt nach Bild 12.5 und G1. (12.11) folgende Beziehung zwischen den Kräften:
F, =O=F,cos y + F , s i n y F~= -F = -F, sin y + F, cos y
tany=-- F" . Fr
(12.21)
Die Verknüpfung von G1. (12.20) mit G1. (12.21) durch Elimination von y führt schließlich über
zu folgender Kraft-Exzentrizitäts-Beziehung
Mit G1. (12.23) ergibt sich für die So- Zahl
Bild 12.9 zeigt in logarithmischer Darstellung den Verlauf der bezogenen statischen Lagerkraft so/ß2 in Abhängigkeit von der Exzentrizität E, G1. (12.24).
234
12 Gleitlagertheorie
bezogene Zapfenauslenkung
E
= elh,
Bild 12.9: Kraft-Exzentnzitäts-Beziehung für das Kurzlager
Den Zusammenhang So = So ( E ) kann man in verschiedener Hinsicht interpretieren. Steigert man z.B. die Kraft F bei sonst gleichen Größen V ,B , D , q ~ M, , , so wächst die Exzentrizität E an und der Zapfen nimmt eine Position ein, die sich mehr und mehr der Lagerschale nähert. Den gleichen Effekt würde man z.B. auch bei einer Verringerung der Winkelgeschwindigkeit M beobachten. Man erkennt daran, daß die statische Ruhelage des Zapfens durch jede der Größen F, V ,B , D, qoi,M beeinflußt werden kann. Da im praktischen Betrieb jedoch die geometrischen Größen V ,B, D mehr oder weniger konstant sind, interessieren uns insbesondere die Einflüsse von F, qoi und 0. Weiter oben haben wir festgestellt, daß es für den betrachteten statischen Lastfall zu jeder Exzentrizität eine Winkellage y gibt, G1. (12.22). Damit kann man zu vorgegebener So-Zahl zuerst die Exzentrizität E und daraus auch die zugehörige Winkellage y bestimmen. Man kommt so zur Ortskurve aller Gleichgewichtslagen bzw. zur statischen Verlagerungsbahn. Bild 12.10 stellt eine solche Ortskurve mit den Verlagerungsgrößen E und y und der jeweils zugehörigen bezogenen statischen Lagerkraft so/ß2 dar.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
235
Bild 12.10: Statische Verlagerungsbahn für das kreiszylindrische Kurzlager
12.5.4 Feder- und Dämpfungskonstanten des Ölfilms Die oben angegebenen Gleichungen (12.18) beschreiben das nichtlineare Kraft-Bewegungsgesetz des Kurzlagers für beliebige Positionen E, y und Geschwindigkeiten e , y des Zapfens innerhalb des Lagerspiels 0 1 E < 1. Wie bereits erwähnt, darf man in vielen Fallen der Praxis - insbesondere bei horizontalen Wellen - eine Linearisierung der Lagerkräfte um eine statische Ruhelage vornehmen. Dies wurde in GI. (12.8) für das U-r-Koordinatensystem bereits gezeigt. In der Rotordynamik wird aber meistens das zweckmäßigere y-z-System verwendet, das auch in Bild 12.6 zur Erklärung der Linearisierung dargestellt wurde. Wir verzichten deshalb hier auf die Angabe der Steifigkeiten und Dämpfungen, Gln. (12.8) bis (12.10), im U-r-Systemund schreiben statt dessen die entsprechenden Ausdrücke in y-z-Koordinaten an. Dazu gehen wir von den im U-r-System leicht herleitbaren und bereits bekannten Kräften F„F, , G1. (12.189, aus und führen diese durch Transformation in Kräfte Fy,F, über. Um zu den gesuchten Steifigkeiten und Dämpfungen zu gelangen, bilden wir dann die partiellen Ableitungen dieser Kräfte nach y,z bzw. y und z. Bei bekannten Kräften F„Fr vollzieht sich die weitere Herleitung deshalb in folgenden Schritten Transformation der Lagerkräfte in das y-z-System (s. auch G1. 12.11)
236
12 Gleitlagertheorie
Ermittlung der Steifigkeiten und Dämpfungen im y-z-System
Kraft- Bewegungsgesetz
dFy dF, Dabei erhält man die partiellen Ableitungen -,usw. aus G1. (12.25), dr dy dr dy während sich die Ausdrücke -,- usw. aus einfachen geometrischen dy dy Beziehungen ergeben.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
237
Nach einiger Zwischenrechnung findet man schließlich die dimensionslosen Feder- und Dämpfungskonstanten, die sich durch Vormultiplikation mit ho/Fo (Steifigkeiten) bzw. mit ho.Q/Fo (Dämpfungen) ergeben.
mit
Man erkennt, daß die Feder- und Dämpfungseigenschaften des kreiszylindrischen Kurzlagers nur von der Exzentrizität E abhängen. Diese gibt zusammen mit der Winkellage y die statische Ruhelage des Zapfens im Ö1film an, wenn z.B. eine äußere Belastung F in Richtung der z-Achse
238
12 Gleitlagertheorie
aufgebracht wird. Beim „Durchwandern" der Ortskurve (Bild 12.10) kann man somit jedem Punkt der Ortskurve - charakterisiert durch die Sornmerfeldzahl So-Zahl - genau definierte Federkonstanten yyy,yyz,Y„, y„ und Dämpfungskonstanten ßyy,ßyz,ß„, ß„ zuordnen.
/
0
0.1
Dimensionslose
0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 Bezogene Zapfenauslenkung
0.8
Dimensionslose Dämpfungskonstanten
ßk
ßyz'
0.9
1
E = eh,
ß„
ßzy
-5 0
0.1
0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 Bezogene Zapfenauslenkung
0.8
0.9
1
E=eh,
Bild 12.11: Dimensionslose Steifigkeits- und Dämpfungskonstanten des kreiszylindrischen Kurzlagers
Bild 12.11 zeigt den Verlauf der acht Konstanten über der Exzentrizität E. In Tabelle 12.1 findet man für einzelne Punkte der statischen Verlagerungsbahn jeweils die statischen Größen E , y , ~ o l ß 2und zugeordnet die oben definierten dimensionslosen Feder- und Dämpfungskonstanten. Auf diese Darstellung kommen wir nochmals zurück, wenn wir zum Vergleich andere Lagertypen heranziehen.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
239
Tabelle 12.1: Dimensionslose Feder- und Dämpfungskonstanten des kreiszylindrischen Kurzlagers: yik= sik.hO/F, Pik= d i k . h O . n / Fin Abhängigkeit von der statischen Ruhelage ( E , y) bzw. von der bezogenen Sommerfeldzahl so/ß2.
Federkonstanten Yzz
Dämpfungskonstanten
Yy
1.32 10.38 1.49
5.76
1.79
4.48
2.24
4.04
2.92
3.97
3.95
4.13
5.65
4.53
9.04
5.32
19.09
7.26
Bei kleinen &-Werten befindet sich die Zapfenmitte nahe der Lagerrnitte. Dieser Fall entspricht dem schwach belasteten Lager bzw. der schnell drehenden Welle (kleine So-Zahl). Die Hauptsteifigkeiten y„, yyy sind hier klein im Vergleich zu den Koppelsteifigkeiten y„, y„ . Letztere sind dem Betrage nach gleich, besitzen jedoch unterschiedliche Vorzeichen. Ein Federsystem mit diesen Eigenschaften - die Steifigkeitsmatrix besitzt schiefsymmetrischen Aufbau - kann wegen der destabilisierenden Wirkung gefährlich sein. In der Dämpfungsmatrix sind bei kleinen &-Werten die Hauptdämpfungen
ß y y , ß „ dominant. Diese „echtenG' Dämpfungen wirken den anfachenden Kräften durch y„ , yyz entgegen und sind daher stabilisierend. Wenn sich der Zapfen der Lagerschale nähert, also E gegen 1 geht, wachsen y„ und ß„ stark an. Eine Erklärung dafür ist, daß der Schmierspalt in Richtung der z-Achse jetzt am kleinsten und somit in dieser Richtung am steifsten ist (Y„) und außerdem die größte Quetschölwirkung (P„) besitzt. Steifigkeits- und Dämpfungswerte in y-Richtung sind dagegen relativ klein. Im Bereich der größeren &-Werte ist die Gefahr der Instabilität nicht mehr
240
12 Gleitlagertheorie
gegeben, weil starke Orthotropie in den Steifigkeiten vorliegt und die Dämpfung hoch ist. Sind die Feder- und Dämpfungszahlen für einen bestimmten Lagertyp in Abhängigkeit von der Exzentrizität E gegeben, so kann man zu einem vorgegebenen Betriebszustand eines Lagers, ausgedrückt durch Lagerlast F, Winkelgeschwindigkeit R , Ölzähigkeit V„, Betriebsspiel h, usw. angeben, welche Feder- und Dämpfungseigenschaften das Lager besitzt. Damit lassen sich dann rotordynamische Untersuchungen durchführen. 12.5.5 Dynamische Nachgiebigkeit des Ölfilms. Bewegungsbahnen eines Wellenzapfens bei dynamisch umlaufender Kraft Um zu zeigen, welche dynamische Nachgiebigkeit ein Wellenzapfen in einem kreiszylindrischen hydrodynamischen Kurzlager erfährt, betrachten wir den Fall, daß eine dem Betrag nach konstante mit der Winkelgeschwindigkeit R umlaufende Kraft F am Wellenzapfen angreift. Dies kann z.B. eine Unwuchtkraft sein (Bild 12.12). Gleichzeitig soll auch eine statische Kraft F (z.B. durch Eigengewicht) in Richtung der z-Koordinate wirken, die den Zapfen zunächst in eine statische Ruhelage drückt, um die herum dann der eigentlich dynamische Vorgang abläuft. Die Größe der sich dabei einstellenden Bewegungsbahn ist ein Maß für die dynamische Nachgiebigkeit des Ölfilms in der jeweiligen statischen Position. , die WinkelgeWir wollen annehmen, daß die Lagergrößen B ,D, V ,~ 0 und schwindigkeit R konstant sind. Es wird lediglich die statische Lagerkraft F variiert, so daß sich unterschiedliche statische Zapfenpositionen einstellen können. Für jede der angenommenen statischen Lagerkräfte F wird nun die mit R umlaufende konstante Kraft F überlagert und die dynamische Verlagerungsbahn bestimmt.
Bild 12.13 zeigt für die fünf statischen Lagerkräfte F = 0 , F„ 3 F„ 6E'„ 306, jeweils die statische Ruhelage innerhalb des Spielkreises und die sich überlagernde Bewegungsbahn infolge der in allen Fallen mit R umlaufenden konstanten Kraft F. Für F = 0 ergibt sich im Zentrum eine Kreisbahn mit relativ großer Amplitude. Das Lager ist hier also weich und verhält sich nahezu isotrop. Mit wachsender Lagerbelastung F wandert der statische Betriebspunkt entlang der Verlagerungsbahn (Bild 12.10) nach außen. Der Ölfilm wird „dynamisch" steifer und entsprechend fallen die Bewegungsbahnen kleiner aus. Außerdem zeigen sich bestimmte Vorzugsrichtungen der Bewegung. Senkrecht zur Lagerschalenwand ist die Steifigkeit hoch und die Bewegungen sind klein.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
241
Parallel zur Lagerschalenwand ist der Ölfilm dagegen weicher und läßt somit größere Wege zu. Ein Blick auf die Feder- und Dämpfungskonstanten (Bild 12.1 1) des Kurzlagers verdeutlicht dieses Verhalten durch ein Anwachsen von y„ und ß„ mit zunehmender Exzentrizität.
Verlagerungsbahn z
Bild 12J2: Statische und dynamische Kräfte am Wellenzapfen des Kurzlagers: F statische Kraft, F dynamische Kraft
Verlagerungsbahn
Bild 12.13: Statische Verlagerung und dynamische Bewegungsbahnen eines Wellenzapfens bei umlaufender Kraft
242
12 Gleitlagertheorie
12.6 Statische und dynamische Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien Das zuvor behandelte kreiszylindrische Kurzlager hat die einfachste Lagergeometrie unter den Gleitlagern. Neben dieser Form wurden aber für die verschiedensten technischen Anforderungen (Stabilität, Dämpfung, Tragfahigkeit) viele andere Lagergeometrien entwickelt und erprobt, die sich in der Praxis bewährt haben. Einige typische Beispiele zeigt Bild 12.14, wobei die Lagerflächen entweder in einer festen Geometrie vorgegeben sind (Kreislager, Zitronenlager, Dreikeillager) oder als bewegliche Segmente ausgeführt sein können (Kippsegmentlager).
Bild 12.14: Lagergeometrien: a) Kreislager, b) Zitronenlager, C ) Dreikeillager, d) Kippsegmentlager.
Grundsätzlich zeigen die Lager a bis C ein ahnliches Verhalten. Wenn eine statische Last in z-Richtung aufgebracht wird, so stellt sich eine bestimmte Exzentrizität mit zugehörigem Winkel y ein. Allerdings haben die statischen Verlagerungsbahnen je nach Lagergeometrie unterschiedliches Aussehen (Bild 12.15). Während das Zitronenlager bei vertikaler Last wegen der horizontalen Weichheit viel stärker seitlich ausweicht als das Kreislager, liegt die Verlagerungskurve beim Dreikeillager weiter innen und besitzt eine nahezu konstante Winkellage y. Eine Besonderheit finden wir beim Kippsegmentlager. Dieses Lager ist mit seinen beweglichen Segmenten so gestaltet, daß Kraft- und Auslenkungsrichtung übereinstimmen. Deshalb verschiebt sich der Zapfen entlang der Linie y=O nach unten, wenn eine vertikale Kraft @-Richtung)aufgebracht wird.
12.6 Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien
0"
\
243
Kreislager
Bild 12.15: Verlagerungsbahnen für unterschiedliche Lagergeometrien
Bild 12.16 stellt entsprechend zu Bild 12.9 die Kraft-Exzentrizitätsbeziehungen für verschiedene Lagertypen dar. Die dynamischen Eigenschaften der Lager werden durch ihre Feder- und Dämpfungskonstanten beschrieben. Bei den ersten drei Lagertypen finden wir ähnliche Kurvenverläufe über der Exzentrizität. Eine Besonderheit bildet auch hier das Kippsegmentlager, bei dem die Koppelgrößen Y„, yyz,P„, P„ fehlen. In den Bildern 12.17, 12.18, 12.19 sind die Feder- und Dämpfungskonstanten der verschiedenen Lager b), C), d) grafisch dargestellt. In den Tabellen 12.2, 12.3 und 12.4 findet man entsprechend alle statischen und dynamischen Zahlenwerte zusammengestellt.
Bild 12.16: Kraft-Exzentrizitätsbeziehungen für verschiedene Lagertypen.
244
12 Gleitlagertheorie
&' ;
I:
Y, k
-
'
10
5
0 -5
-----
7
'
-
YYY
/
-
-
Dimensionslose
-10 -15 -20 0
0.1
02
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
Bezogene Zapfenauslenkung
0.8
0.9
E = elh
,
20 ßik
15
-
10
-
5
-
0
-
-5
-
-10
-
-15
-
0
ßZy,ßyz
0.1
0.2 0.3
Dimensionslose Dämpfungskonstanten pik
0.4 0.5
0.6 0.7
Bezogene Zapfenauslenkung
0.8
0.9
E = elh
1
,
Bild 12.17: Dimensionslose Steifigkeits- und Dämpfungskonstanten des Zitronenlagers mit B/D=0,8
12.6 Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien
-15 -
I
r
Dimensionslose Steifigkeitskonstanten
Bezogene Zapfenauslenkung
I
y„
E =eh,
Dimensionslose Dämpfungskonstanten
Bezogene Zapfenauslenkung
245
P,~
E = e/h
I
,
Bild 12.18: Dimensionslose Steifigkeits- und Dämpfungskonstanten des Dreikeillagers mit B/D=0,5
246
12 Gleitlagertheorie
Dimensionslose Steifigkeitskonstanten
Bezogene Zapfenauslenkung
~ i k
E = elh
,
E = elh
,
Dimensionslose
5
-
0
-
,ß
Bezogene Zapfenauslenkung
Bild 12.19: Dimensionslose Steifigkeits- und Dämpfungskonstanten des Kippsegmentlagers mit B/D=0,5
12.6 Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien
247
Tabelle 12.2: Dimensionslose Feder- und Dämpfungskonstanten des Zitronenlagers: yik=sik.hO/F, ß i k = d i k . h O . n / Fin Abhängi keit von der statischen Ruhelage (E, y) bzw. von der bezogenen Sornrnerfeldzahl So/ß ! .i
Federkonstanten
Dämpfungskonstanten
248
12 Gleitlagertheorie
Tabelle 12.3: Dimensionslose Feder- und Dämpfungskonstanten des Dreikeillagers: fik= sik.h,/F , Pik= d i k . h O . W Fin Abhängi keit von der statischen Ruhelage ( E , y) bzw. von der bezogenen Sornmerfeldzahl SoIß .
H
Federkonstanten
Dämpfungskonstanten
12.6 Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien
249
Tabelle 12.4: Dimensionslose Feder- und Dämpfungskonstanten des Kippsegmentlagers: y i k = s i k . h O I F, ßik=dik.h0.L2/F in Abhängi keit von der statischen Ruhelage ( E , y) bzw. von der bezogenen Sommerfeldzahl So/ß .
8
Federkonstanten
Dämpfungskonstanten
250
12 Gleitlagertheorie
12.7 Fragen Durch welche Lagergrößen bzw. Betriebsgrößen wird die statische Ruhelage eines Wellenzapfens in einem Gleitlager bestimmt? In welcher dimensionslosen Kenngröße sind diese Größen zusammengefaßt? Nennen Sie Beispiele dafür, wie es in einem Gleitlager zum statischen bzw. dynamischen Druckaufbau kommen kann? Von welchen physikalischen Größen sind die Kräfte in einem Gleitlager abhängig? Wie lassen sich diese Kräfte bei kleinen Bewegungen um eine Ruhelage ausdrücken? Welche Lagergeometrien sind Ihnen bekannt? Durch welche Differentialgleichung wird das Kraft-Bewegungsgesetz in einem Gleitlager beschrieben? Welche Vereinfachung ist in dieser Differentialgleichung beim Kurzlager erlaubt? Warum zeigt eine Welle in einem Zitronenlager bessere Stabilitätseigenschaften als in einem Kreislager?
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
13.1
Einleitung
Bei der überwiegenden Anzahl von rotierenden Maschinen liegt der Läufer horizontal. Dabei wird das Gewicht von den Gleitlagern getragen. Diese statische Gewichts-Vorlast in den Lagern hat großen Einfluß auf das dynamische Verhalten der gesamten Rotor-Gleitlager Anordnung (siehe Kap. 12). Neben dem Gewicht können natürlich auch andere statische Kräfte quer zur Wellenachse wirken, z. B. Zahnkräfte bei Maschinen mit Getriebe oder hydraulische Kräfte an Laufrädern. Gewicht
Bild 13.1: Horizontale Läufer-Gleitlager Anordnung
Beim horizontalen Läufer denken wir aber in erster Linie an die gewichtsbedingte statische Ruhelage, der sich eine Schwingbewegung (Orbit) durch dynamische Zusatzkräfte (z.B. Unwuchtkräfte) überlagert. Oft sind die dynamischen Zusätzkräfte klein gegen die statischen Lagerkräfte, so daß die in Kap. 12 gezeigte Linearisierung der Lagerkräfte um den Betriebspunkt erlaubt ist. Damit ist eine Untersuchung des dynamischen Verhaltens mit Hilfe der Steifigkeits- und Dämpfungszahlen des Gleitlagers möglich, die allerdings drehzahlabhängig sind.
252
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Im weiteren behandeln wir nur die symmetrische statisch bestimmte 2-LagerAnordnung. Ist die Welle sehr steif im Vergleich zur Lagerung, so darf mit dem einfachsten Modell des starren Rotors in Gleitlagern gearbeitet werden. Andernfalls müssen wir vom elastischen Läufer ausgehen und als weiteren Parameter die Wellensteifigkeit s mitnehmen (Bild 13.2 a und b). Der Einfachheit wegen konzentrieren wir uns außerdem auf rein translatorische Bewegungen und lassen Winkelbewegungen, die eine Einbeziehung der Trägheitsmomente erfordern würden, außer acht.
starrer Läufer mit Masse m, Massenexzentrizität
elastischer Läufer mit Wellensteifigkeit s,
Scheibe mit Masse m, Massenexzentrizität E
E
Gleitlager mit Feder-
und Dämpfungszahlen sik,dik
Bild 13.2: Horizontale Rotor-Gleitlager-Anordnungen: a) Starrer Läufer, b) Elastischer Läufer
13.2
Der starre Läufer in Gleitlagern
Wie in Bild 13.2 a gezeigt, besteht dieses sehr einfache Modell lediglich aus dem starren Läufer mit der Masse m, der Massenexzentrizität r und den beiden symmetrisch angeordneten Gleitlagern mit ihren Feder- und Dämpfungskonstanten s d,. Es ist geeignet, das dynamische Verhalten Stabilität und unwuchterzwungene Schwingungen - von steifen Läufern zu untersuchen. Es bietet sich auch zur grundsätzlichen Analyse der dynamischen Eigenschaften von Gleitlagern an, da die Eigendynamik des Läufers nicht mit eingeht. Obwohl die starre Welle als Grenzfall in der Betrachtung des elastischen Läufers in Gleitlagern enthalten ist, wollen wir sie als einen Sonderfall vorziehen, zumal die Rechnung relativ einfach ist.
,„
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
253
13.2.1 Die Bewegungsgleichungen
Bei der Aufstellung der Bewegungsgleichungen des symmetrischen starren Läufers (Bild 13.3) gehen wir von der statischen Ruhelage der Welle im Gleitlager aus, die bei gegebenen Lagerdaten durch das Eigengewicht G = m g des Läufers bestimmt ist. Die statischen Lagerkräfte sind dann jeweils F = mg 12. Die Bewegungskoordinaten des Wellenmittelpunktes W, die wir von der Ruhelage aus zählen, seien wieder mit V (y-Richtung) und W (zRichtung) bezeichnet, wobei wir das A Zeichen von Kap. 12 der einfacheren Schreibweise wegen weglassen.
Bild 13.3: Modell des symmetrischen starren Läufers, Koordinaten, Freiheitsgrade und Kräfte
Die Bewegungsgleichungen lauten:
Sie drücken das „dynamische" Gleichgewicht der Trägheits-, Dämpfungs-, Steifigkeits- und Unwuchtkräfte aus, wobei die Steifigkeits- und Dämpfungsterme hier nur vom Gleitlager kommen. Da wir von der statischen Ruhelage des Läuferzentrums ausgingen, erscheint die Gewichtskraft nicht mehr. Der Faktor 2 steht für die beiden Lager. In Kap. 12 haben wir die dimensionslosen Feder- und Dämpfungskoeffizienten y„ ,Pikeingeführt,
254
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
die zu vorgegebenem Lagertyp mit ß=BID nur noch von der SommerfeldZahl abhängen. Die Diskussion der Ergebnisse gestaltet sich einfacher, wenn wir die GI. (13.1) dimensionslos anschreiben (Reduktion der Systemparameter). Dazu führen wir zunächst die Bezugsfrequenz wo und eine damit gebildete dimensionslose Zeit z ein:
wobei sich 2F/ho als fiktive Lagersteifigkeit interpretieren läßt. Mit z = o o t werden die Ableitungen nach t ersetzt durch die Ableitungen nach z
Die Auslenkungen W, V werden wieder auf die Massenexzentrizität gen
E
bezo-
Unter Berücksichtigung von G1. (13.2) bis G1. (13.5) gelangt man schließlich zu Bewegungsgleichungen, in denen dimensionslose Größen vorkommen, wobei auch noch die bezogene Winkelgeschwindigkeit q=Rlw, eingeführt wird
{r]
= q2{cOsqz] sin ur
(13.7')
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
255
13.2.2 Eigenschwingungen, Stabilität des starren Läufers in Gleitlagern Die rechnerische Analyse der Eigenschwingungen bzw. des Stabilitätsverhaltens geht von der homogenen G1. (13.8) aus
die mit dem Ansatz
gelöst wird. Setzt man G1. (13.9) und die entsprechenden Ableitungen in G1. (13.8) ein, so führt dies zu einem Eigenwertproblern
dessen Eigenwerte ~ = / 2 / w man , berechnen kann, wenn man die Determinante der Matrix Null setzt. Dies führt zur charakteristischen Gleichung, ein Polynom 4. Grades in 1:
mit
256
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Die Koeffizienten setzen sich aus den dimensionslosen Feder- und Dämpfungszahlen y„ ,Pi, und der bezogenen Winkelgeschwindigkeit q = R I w, zusammen. G1. (13.1 1) hat vier Eigenwertlösungen, die i.a. paarweise konjugiert komplex auftreten (Am An*)
Deren Realteile bestimmen nach dem Ansatz von G1. (13.9), ob die Eigenschwingungen aufklingen (positiver Realteil) oder abklingen (negativer Realteil). Die Imaginärteile sind die zugehörigen Eigenkreisfrequenzen. So wie die Polynomkoeffizienten A, sind auch die Eigenwerte nur von den dimensionslosen Feder- und Dämpfungskonstanten yik,Pikund der bezogenen Drehfrequenz q abhängig. Da die y,„ßi, bei vorgegebenem Lagertyp aber direkt über die Sommerfeldzahl So bestimmt werden können (siehe Kap. 12), ergeben sich die Eigenwerte = f ( ~ a g e rmit t ~ß ~ = B/D,
SO,^)
(13.13)
Die So-Zahl steht für die Lagereigenschaften und enthält definitionsgemäß 2 bzw. q = R l w , (siehe GI. 12.6). Die folgende Diskusauch die Drehzahl C sion der Ergebnisse wird klarer, wenn man statt So eine von der Drehfrequenz befreite Sommerfeldzahl einführt, z. B. So, =
Fv2
n
=So-=Soq BD170, U, U0
Dann enthält So, alle wichtigen konstruktiven Parameter, wie z. B. F, y , B , D , qö,, und q steht für die bezogene Drehzahl. Die Eigenwerte werden deshalb im folgenden in Abhängigkeit von diesen Parametern diskutiert
&, = f ( ~ a ~ e r t mit y p ß = B/D, So„ q) .
(13.15)
In Bild 13.4 sind die bezogenen Eigenwerte (Realteil und Imaginärteil) für ein kreiszylindrisches Kurzlager mit ß =B ID = O,4O in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl q für die zwei Sommerfeldzahlen So,=O,16 und So, = 1,6 dargestellt.
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
257
Bei kleinen Drehfrequenzen q gibt es nur eine Eigenfrequenz, dafür aber eine Aufspaltung in zwei negative Realteile ix„, B„. Ab einer bestimmten Drehfrequenz liegen dann wie erwartet zwei konjugiert komplexe Eigenwertpaare vor. Wir erkennen in beiden Fällen a) und b), daß Z1 oberhalb einer bestimmten Grenzdrehfrequenz qGr positiv wird. Diese Grenzfrequenz ist im Fall a) bei qGr=2,7 und im Fall b) bei qc,= 2,9 mit zugehörigen Eigenkreisfrequenzen bei W, = 1,35 (Fall a) bzw. ü,= 1,28 (Fall b). Oberhalb dieser GrenzfrequenZen liegt instabiles Verhalten vor. Diese instabile Schwingungserscheinung wird in der englischsprachigen Literatur oft auch als „Oil Whip" bezeichnet. Während es im Fall a) keinen Schnittpunkt der beiden Eigenfrequenzkurven i3„,3J2 mit dem Fahrstrahl q = C 3 gibt, ist dies im Fall b) 77 = 8 ,= 1,O gegeben. Dieser Schnittpunkt deutet auf eine Resonanzstelle hin. Bei Unwuchterregung mit der Drehfrequenz q = W, ist deshalb eine AmplitudenÜberhöhung zu erwarten, deren Größe u.a. von der Dämpfung Z , ( V =1,O) abhängt. Wir kommen darauf in Abschn. 13.2.3 zurück.
/'
-
/
/
Fahrstrahl q = W',
-
an= a Ion 1
-
instabil
-
I
an= a 10,
I
instabil
1
-
a1
0
-
-1
-1
-2
-2
-3
-3
-4
0
1
2
3
4
~l=n10,
'4
0
-4
U2
0
1
2
4
3 Tl
=n10,
Bild 13.4: Eigenwerte des starren Rotors in kreiszylindrischen Kurzlagern ß =BID = 0,4 in Abhängigkeit von der Drehfrequenz V = Q 1wo für Soo = 0,16 (a) und Soo = 1,6 (b)
258
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Bild 13.4 hat deutlich gemacht, daß die Stabilitätsgrenzdrehzahl V , für einen bestimmten Lagertyp mit ß=B/D nur noch von der modifizierten Lagerkennzahl So, abhängt. Man kann nun für ein gegebenes Lager eine Reihe von Soo-Werten vorgeben, jeweils die Eigenwerte und Grenzdrehzahlen berechnen und in ein Diagramm eintragen, das dem Ingenieur bei der Beurteilung der Stabilität von Rotor-Gleitlager-Systemen hilfreich ist. Zweckmäßigerweise stellt man die gefundenen Grenzdrehzahlen V , direkt über So, dar, wie es in der Stabilitätskarte (Bild 13.5) geschehen ist. Neben dem kreiszylindrischen Kurzlager mit ß=0,4 sind zum Vergleich auch die Lagertypen: Kreislager, B /D = 0,8 mit experimentell ermittelten Feder- und Dämpfungskonstanten von Glienicke [13.1] Kreiszylindrisches Kurzlager, B /D =0,8 mit rechnerisch ermittelten Feder- und Dämpfungskonstanten nach der Kurzlagertheorie (s. Kap. 12, Näherungslösung) Zitronenlager, B /D = 0,8 mit experimentell ermittelten Feder- und Dämpfungskonstanten von Glienicke [13.1] eingezeichnet. Unterhalb der Grenzkurven ist das System jeweils stabil, oberhalb instabil. Man erkennt deutlich die ~berlegenheit des Zitronenlagers gegenüber dem einfachen kreiszylindrischen ~ a ~ e r -
Bild 13.5: Stabilitätskarte, Grenzdrehzahlen vGr des starren horizontalen Läufers in Gleitlagern in Abhängigkeit von Soo für verschiedene Lagertypen
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
259
Die besten Stabilitätseigenschaften hat das Kippsegmentlager. Bei diesem liegen die Grenzdrehzahlen unendlich hoch, da die destabilisierenden Koppelsteifigkeiten gänzlich fehlen. Als nachteilig erweist sich bei diesem Lagertyp allerdings die relativ schwache Dämpfung bei der Resonanzdurchfahrt. Darüber hinaus sind Kippsegmentlager wegen des komplizierten konstruktiven Aufbaus teurer.
Stabilitätsgrenzen Zur Aufstellung einer Stabilitätskarte ist es keineswegs notwendig, jeweils die mitunter aufwendige Eigenwertberechnung durchzuführen, um einen Eigenwert mit verschwindendem Realteil aufzusuchen. Vielmehr lassen sich die Grenzdrehzahlen viel einfacher mit Hilfe von Stabilitätskriterien (z.B. Hurwitz-Kriterium) ermitteln, die das Problem direkt an der Stabilitätsgrenze anpacken. Wir gehen von der Tatsache aus, daß ein Eigenwert an der Stabilitätsgrenze den Realteil null hat, also
ist. Das Polynom G1. (13.11) schreibt sich dann
wobei Realteil und Imaginärteil für sich null werden müssen, also
Aus Gl. (13.17 b) folgt die Schwingfrequenz an der Stabilitätsgrenze - 2 o„ = A l /A3 (die Lösung WGr= O hat keine Bedeutung). Setzt man diesen Ausdruck in G1. (13.17 a) ein, so findet man
bzw. unter Berücksichtigung der Ä - ~ r ö ß e naus G1. (13.11)
$ ,. (A: + AoA:
-
A, A21A,) -Al A22A,= o
260
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
und damit die Grenzdrehzahl
Sind alle dimensionslosen Feder- und Dämpfungskonstanten y,, ,Pi, für ein Lager bekannt, so laßt sich der Ausdruck Cl. (13.20) auswerten und die Stabilitätskarte bestimmen (Bild 13.5). 13.2.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Läufers in Gleitlagern Ist die Laufstabilität dadurch gesichert, daß die Betriebsdrehzahl unterhalb der Grenzdrehzahl der Läufer-Gleitlager-Kombination liegt, klingen die Eigenschwingungen ab, die durch irgendwelche Änderungen des Betriebszustandes oder auch Zufalligkeiten angeregt werden. Es verbleiben nach deren Verschwinden die erzwungenen, unwuchterregten Bewegungen, mit denen wir uns jetzt beschäftigen. Schon bei der Stabilitätsuntersuchung hatten wir in Bild 13.4 b zunächst qualitativ gesehen, daß durch Unwucht erzwungene Schwingungen in Resonanz geraten können, wenn eine der Eigenfrequenzen mit der Drehfrequenz übereinstimmt (Schnittpunkt mit dem Anfahrstrahl). Wenn wir darüber hinaus wissen wollen, welche Schwingungsamplituden in der Resonanz bzw. auch bei anderen Drehfrequenzen tatsächlich auftreten, müssen wir das Gleichungssystem (13.1)
bzw. das zugeordnete dimensionslose System (13.7)
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
M=[:
Y]
P„ I- > 1[ ßyz
P„
261
1
Yzz Yzzy G = [ Yzyz Yyy
für einzelne Erregerfrequenzen (Drehfrequenzen) lösen. Wir wählen für den weiteren Lösungsweg das System (13.7) mit den dimensionslosen Größen aus. Da wir uns für die Schwingungsantwort des unter harmonischer Erregung stationär schwingenden Systems interessieren, führen wir den GleichtaktAnsatz -
X
,.
A
=Zcc o s q z + k s sinqz
ein (Cbzw. s gelten als Indizes bei den cos- bzw. sin-Amplituden). Zur Uberführung des Differentialgleichungssystems in ein algebraisches Gleichungssystem benötigen wir noch die erste und zweite Ableitung
? " ' - q 2 ~ c ~ ~ ~ q z -sinqz q2~,
(13.21 C)
Setzen wir Ansatz G1. (13.21 a) und die Ableitungen in das Differentialgleichungssystem (13.7) ein, so erhalten wir
-q2 M {$cos q r + i sin q z ]
Sortiert man nun nach den cos q z bzw. s i n qz-Gliedern, so ergeben sich die Gleichungen
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
262
die wir im folgenden Gleichun_gssystem - zusammenfassen können, das die ursprünglichen Matrizen M, D, S enthält
Die gesuchten Amplitudenvektoren i, und k, mit den Komponenten %s gewinnt man durch Auflösen dieses inhomogenen Gleichungssystems, z.B. mit dem Algorithmus von Gauß. Für jeden Wert von ist eine Inversion der G1. (13.24) erforderlich, die man auch bei dem noch relativ kleinen System am besten - - mit dem Digitalrechner durchführt. Wenn wir noch die drei Matrizen M, D, S nach G1. (13.7) in G1. (13.24) einsetzen, so entsteht das komplette Gleichungssystem (13.25) für die gesuchten Sinusund Cosinus-Amplituden der Läuferbewegung, genau genommen für das Zentrum der Welle W
cc,$„
-
YY
12
Yyy - v2
ßyz
ßYY
-P„
Y„-v2
Yzy
-ßYY
YYZ
Y„
-v2
Die Amplituden der erzwungenen Schwingungen hängen von folgenden Parametern ab
Da die &,Pi, wiederum von der Sommerfeld-Zahl So bzw. von So,/q abhängen, läßt sich die Darstellung der Ergebnisse für einen gegebenen reduzieren. Lagertyp mit ß =B / D auf die Parameter So, und
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
263
Für die Vertikal- und die Horizontalkomponenten der Bewegung des Rotorrnittelpunktes W ergibt sich nach dem Ansatz (13.21 a)
mit den aus G1. (13.25) berechneten Amplituden
G,, G,, W,, 6,.
Kinematisches Intermezzo Die ~berlagerungvon Sinus- und Cosinusanteilen des Bewegungsverlaufs läßt sich auch durch
darstellen, wobei sich die Amplituden aus
*
G, 6 und die Nullphasenwinkel q„,q,
*
tanq, =C,/C, ergeben. Die in G1. (13.29) dargestellte Bewegung würde man auch erhalten, wenn man die Querbewegungen der Welle mit der Meßanordnung nach Bild 13.6 aufnimmt. G1. (13.29) besagt, daß der Wellenmittelpunkt W im raumfesten z-y-System eine Ellipsenbahn durchläuft, die durch die beiden Hauptachsen G und K, deren Winkellage und den Durchfahrungssinn gekennzeichnet wird. In den üblichen Darstellungen der erzwungenen Schwingungen des gleitgelagerten Läufers wird meist überhaupt nur die Länge der großen Halbachse G angegeben. Sie ist deshalb wichtig, weil sie das Maß für die Ausnutzung der Spiele (zwischen Welle und Lagerschale, Welle und Gehäusedurchführungen, Welle und Dichtspalten sowie Schaufelköpfen und Gehäuse) durch die Querbewegung der Welle darstellt.
264
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Welle
Bild 13.6: Meßanordnung zur Aufnahme der Querbewegungen v(t), w(t) der rotierenden Welle
Zur Beschreibung der Ellipsenbewegung wenden wir auch hier die komplexe Schreibweise an, da sie anschaulicher ist als die Darstellung in Komponenten. Dazu fassen wir die y-Achse als Imaginärachse, die z-Achse als Realachse auf (siehe Bild 13.7) und schreiben die „komplexe Verschiebung" wie folgt
(13.31) Mit Hilfe der Eulerschen Beziehungen
erhalten wir aus G1. (13.31)
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
265
oder mit einer sinnfälligen Abkürzung
Die eckigen Klammern in G1. (13.32) stellen also die komplexen Amplituden des gleich- bzw. gegenläufigen Bewegungsanteils dar. Die in Kap. 5 aufgestellten Regeln über den Durchfahrungssinn der Ellipse Gleichlaufbewegung e+jqT m i t Amplitude T+
Gegenlaufbewegung e-jqT m i t Amplitude T-
Überlagerte Bewegung aus Gleich-und Gegenlauf
Bild 13.7: Gleich- und Gegenlaufanteile der elliptischen Bewegung des starren Rotors in Gleitlagern
behalten auch hier ihre Gültigkeit, was anschaulich aus Bild 13.7 zu entnehmen ist.
I?+( > (T- (
Gleichlauf
(C( = l f (
Geradlinienbewegung
Ihm entnimmt man auch die Bestimmungsgleichung für die große und die kleine Ellipsen-Halbachse
oder ausführlich geschrieben
266
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Obwohl Ellipsenhalbmesser von der üblichen Definition her nur positive Werte annehmen können, wurde in G1. (13.34) bzw. (13.36) das an sich notwendige Betragszeichen um die Differenz aus I?+l und I?-1 nicht gesetzt. Das hat den Vorteil, daß man unmittelbar arn Vorzeichen von K erkennt, wie die Ellipse durchlaufen wird.
K > 0 Gleichlauf K < 0 Gegenlauf
(13.37)
K = 0 Geradlinienbewegung . Nach diesem Einschub mit kinematischen ~berlegungenüber die Querbewegungen des Läufers, kehren wir zur Darstellung der Amplituden der unwuchterzwungenen Schwingungen des starren Läufers zurück. In den beiden folgenden Diagrammen (Bild 13.8 a und b) sind für den starren Rotor in kreiszylindrischen Kurzlagesn (P =B ID = 0,4) die großen Ellipsenhauptachsen für die Bewegung des Läuferzentrums W in Abhängigkeit von der bezogenen Drehfrequenz q = Q /wo dargestellt. Die beiden Diagramme a und b unterscheiden sich wie in Bild 13.4 durch die Sornmerfeldzahlen Soo=0,16 und Soo= 1,6. Um den Zusammenhang mit den Systemeigenwerten von Bild 13.4 herzustellen, wurden in Bild 13.8 u.a. auch die maßgebenden drehzahlabhängigen Eigenfrequenzen aufgetragen, deren Verlauf im Zusammenhang mit dem Fahrstrahl q = i3 die Lage von Resonanzstellen aufzeigt. In beiden Resonanzkurven sind die Amplituden G/& bei niedrigen Drehzahlen klein, weil die Unwuchtkräfte gering sind. Bei hohen Drehzahlen wird das Verhalten durch die Q2-abhängigen Massen- und Unwuchtkräfte bestimmt. So erkennt man z.B. in G1. (13.1), daß sowohl C als auch 6 gegen die Massenexzentrizität E konvergieren (Kreisbahn). Im mittleren Drehzahlbereich fallen die beiden Kurven a und b je nach Systemdaten unterschiedlich aus. Bei Kurve a (So, =0,16) gibt es keinen Schnittpunkt mit dem Fahrstrahl, die Resonanz fehlt. Im Fall b (Soo= 1,6) existiert ein Schnittpunkt und wir erkennen eine Amplitudenüberhöhung, deren Größe u.a. von der zugehörigen Systemdämpfung B , abhängt.
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
-
-
0, = 0" 10,
3 -
I
On=
'
.
Fahrstrahl q
P (9, X , t ) = 3vO1
[j
(h, - e ~ o s y > ) ~
--
x2)
+PO.
Zur Bestimmung einer geschlossenen Form der Kräfte F, und F, durch Integration der Druckfunktion G1. (15.3) müssen Annahmen bezüglich der Ausdehnung des Ölfilms im Ringspalt getroffen werden. Wählt man den in Abschn. 12.4.1 zu null gesetzten Zulaufdruck p, so, daß keine negativen Druckgebiete auftreten, so ist der gesamte Spalt mit Öl gefüllt und die Integration kann über den Umfang von 0 5 p 5 227 erfolgen (2~-Theorie).Da der Zulaufdruck konstant über den Umfang angenommen wird, ist die daraus resultierende Kraft gleich null und hat somit keinen weiteren Einfluß auf den Rotor.
Der kavitationsfreie Fall. 2~-Theorie: Nach der 2~-Theorieergeben sich die Kräfte F, (Umfangsrichtung) und F, (radiale Richtung) über folgende Gleichungen
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
315
die man in Matrizenschreibweise übersichtlicher angeben kann:
mit
Die Dämpfungskoeffizienten duu und d, sind nichtlineare Funktionen der relativen Auslenkung E = elh, des Zapfens. Hinweis: Wie in Kap. 12 hat tiven Zapfenexzentrizität.
E
hier zunächst wieder die Bedeutung der rela-
Bild 15.4: Dimensionslose Dämpfungskoeffizienten des kurzen Quetschöldämpfers nach der 2n-Theorie (ohne Kavitation)
316
15 Quetschöldämpfer
In Bild 15.4 sind die dimensionslosen Koeffizienten d„ und d , des kurzen Quetschöldämpfers ohne Kavitation (2~-Theorie)in Abhängigkeit von der Zapfenexzentrizität E dargestellt. Man erkennt, daß die Dämpfung mit der Auslenkung nichtlinear zunimmt. Dies ist eine äußerst positive Eigenschaft des Quetschölfilms, denn mit zunehmender Schwingungsamplitude wird der Bewegung mehr Dämpfungskraft entgegengesetzt. Für den angenommenen Sonderfall, daß sich der Wellenzapfen des Läufers auf einer kreisförmigen Bahn mit dem Radius r befindet, die mit der konstanten Wellendrehfrequenz Cl durchlaufen wird (Bild 15.5), gelten die folgenden Beziehungen:
Kreisbahn : r = e = konst.
i-=e=o y = yt = Q t
y = R = konst. Bild 15.5: Kreisbahnbewegung des Lagerzapfens MZ mit Drehfrequenz L 2
Wegen i- = e = O verschwindet die Kraft in radialer Richtung und es verbleibt nur noch die Komponente in Umfangsrichtung F,.
Kavitation im Ölfilm. w-Theorie: Bei einem kavitierenden Ölfilm wird angenommen, daß sich der Kavitationsbereich über die Hälfte des Spaltes in Umfangsrichtung ausdehnt. Diese Annahme führt zur Z-Film Theorie. Der Beginn des Kavitationsgebietes kann aus der Druckfunktion G1. (15.3) bestimmt werden. Es ergeben sich die folgenden Integrationsgrenzen für den Bereich des positiven Drucks
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
und
q2=p,+x.
317
(15.8)
Wertet man die Druckfunktion für diese Integrationsgrenzen aus, so ergeben sich die Kräfte in radialer Richtung und in Umfangsrichtung nach Humes und Holmes [15.3] zu
wobei für e und y zunächst keine Einschränkungen gelten. Es bedeuten
und
x 6 = -+ arctan
E sin
2
Die Kavitation bedingt das Auftreten der Koppeldämpfungen d„ und d„. Diese sowie die Hauptdämpfungen duu und drr hängen nicht nur von der relativen Auslenkung E ab, sondern auch noch über den Winkel p, (Gl. (15.8)) von der Geschwindigkeit ¿. und der Winkelbewegung y. Beschreibt der Wellenzapfen im Sonderfall wieder eine Kreisbahn mit Radius r( y = L2,e =r = O), so ergibt sich als Integrationsgebiet 0 5 p 5 T.Damit folgen aus G1. (15.10) die Kräfte F, und Fr zu
318
15 Quetschöldämpfer
und in Matrizenschreibweise
mit
Der Hauptdämpfungskoeffizient duuist gegenüber dem des nicht kavitierenden Ölfilms nur noch halb so groß, welches den vorher erwähnten Abfall der Dämpfungswirkung zeigt. Der Nebendämpfungskoeffizient d„ bewirkt eine Radialkraft infolge der Umfangsgeschwindigkeit rQ . Bild 15.6 stellt die dimensionslosen Dämpfungskoeffizienten des kurzen Quetschöldämpfers nochmals in Abhängigkeit von der relativen Zapfenauslenkung E zusammen. Beim Vergleich von 2n-Theorie und z-Theorie ist zu beachten, daß die n-Theorie nur die Ergebnisse für den Sonderfall Kreisbahn angibt. Andere Bewegungsformen generieren andere Koeffizienten, die im Einzelfall nach G1. (15.10) zu ermitteln wären. Dagegen dürfen die Koeffizienten der 2n-Theorie unabhängig von der Bewegungsbahn angewendet werden.
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
319
Bild 15.6: Dimensionslose DämpfungskoefIizienten des kurzen Quetschöldämpfers a) 2n-Theorie - keine Kavitation, b) E-Theorie - mit Kavitation, Sonderfall: Kreisbahn
15.2.2 Dämpfungskonstanten nach der Breitlagertheorie Für den breiten Quetschöldämpfer bzw. für den geometrisch kurzen Dämpfer, der beidseitig abgedichtet ist, wird zur Berechnung der Kräfte die Breitlagertheorie eingesetzt. Deren Ergebnisse teilen wir im folgenden ohne Herleitung mit, Holmes [15.4].
Der kavitationsfreie Fall. 2z-Theorie: Für den Spalt, der über dem gesamten Umfang mit Öl gefüllt ist, lauten die Kräfte:
320
15 Quetschöldämpfer
und in Matrizenschreibweise
Kavitation im Ölfilm. X-Theorie: Für einen kavitierenden Film beschränken wir uns wieder auf den Fall des zentrierten Rotors im Quetschspalt, der eine Kreisbahn beschreibt. Dann bestimmen sich die Kräfte des Ölfilms entsprechend der Breitlagertheorie zu
und in Matrizenschreibweise
mit
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
qO,R~ B dru =
h,'
321
24 s
- r/0,R3B . dIU (1-~~)(2+& - ~ h,,' )
Bild 15.7: Dimensionslose Dämpfungskoeffizienten des breiten Quetschöldämpfers a) 2n-Theorie - keine ~avitation,b) n-Theorie - mit Kavitation, sonderfall: kreisbahn
In Bild 15.7 werden diese Koeffizienten in dimensionsloser Form in Abhängigkeit von der Exzentrizität E gezeigt. Zu Bild 15.6 und 15.7 sei noch angemerkt, daß die Dämpfungskoeffizienten in unterschiedlicher Art und Weise dimensionslos dargestellt sind. Beim Kurzlager wird auf r / i i , ~ 3 ~ / h , 3 bezogen, beim Breitlager auf q „ ~ ~ 3 / h , Einen 3. direkten Vergleich der dimensionsbehafteten Größen di, können wir angeben, wenn wir für Kurz- und Breitlager jeweils die gleiche Geometrie voraussetzen (beide Lager bauen geometrisch kurz, das "echte Kurzlager" ist seitlich offen, das Breitlager in Axialrichtung geschlossen).
322
15 Quetschöldämpfer
Es gilt dann:
Nimmt man z. B. ß=0,25 an, so ergibt sich ein Verhältnis der Dämpfungen dikgL/dikm, das im Bereich von 20 - 40 liegt. Der "breite" Quetschöldämpfer hat also in diesem Fall wesentlich höhere Dämpfungskoeffizienten.
15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern Am Beispiel des starren Läufers untersuchen wir die Wirkung des Quetschöldämpfers auf das Schwingungsverhalten bei Anregung durch Unwuchtkräfte. Bild 15.8 zeigt das Modell für diese Untersuchung. Die starre Welle ist in zwei symmetrisch angeordneten Wälzlagern gelagert, die jeweils von einem Quetschöldämpfer umgeben sind. Die Masse der Wälzlager wird dem Rotor zugeschlagen. Außerdem werden die Lager unendlich steif angenommen. Für die folgenden Betrachtungen gehen wir davon aus, daß der Federkäfig den Wellenzapfen in Lagennitte hält und das Gewicht kompensiert. Die durch Unwucht erzwungenen Schwingungen erfolgen dann um die zentrische Nullage herum. Beim Aufstellen der Bewegungsgleichungen werden die Eigenschaften der Quetschöldämpfer entsprechend der hergeleiteten KraftBewegungs-Beziehungen berücksichtigt. Es werden wieder nur translatorische Bewegungen betrachtet, Kippbewegungen bleiben außer acht. Starrer Rotor Masse m Massenexzentrizität \
Wälzla er m i t ~uetsc%öldäm~fer E
Bild 15.8: Starrer Läufer in Wälzlagern und Quetschöldärnpfern
/
15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern
323
15.3.1 Bewegungsgleichungen Wie in Kap. 14 beim vertikalen Läufer in Gleitlagern nehmen wir auch hier an, daß sich die Bewegung des starren Läufers infolge Unwuchtanregung auf Kreisbahnen vollzieht. Unter dieser Voraussetzung können die Bewegungsgleichungen unter Zuhilfenahme von Bild 14.3 wie in Abschn. 14.2.2 hergeleitet werden. Die Trägheitskraft des umlaufenden starren Rotors muß mit den Lagerkräften im dynamischen Gleichgewicht stehen, was sich in Kraftkomponenten so darstellt
Dabei wurde in radialer Richtung noch die beim Gleitlager nicht vorhandene Federkraft des Zentrierkäfigs berücksichtigt. Mit den Fliehkraftanteilen F„ = mC12&sinp und F„ =mC12(r + ~ c ops) ergibt sich schließlich (siehe auch Gln. 14.6 a, 14.6 b) mC12rsin p = 2F,
(15.22 a)
Hinweis: Zu Beginn dieses Kapitels hatten wir zunächst in Anlehnung an die Gleitlagertheorie die bezogene Exzentrizität im Lager mit E =e/h, bezeichnet. Jetzt kehren wir, wie in Kap. 14,für die Bezeichnung der Massenexzentrizität des Rotors wieder zu E zurück. Der Radius der „Kreisbahn "Auslenkung des Zapfens sei wieder r bzw. in der bezogenen Form p = r / h,. Die Quetschöldämpferkräfte F, und F, sind damit also von r bzw. p = r / h , abhängig. Führt man noch die Federsteifigkeit s der Zentrierfeder gemäß F, = s .r ein und eliminiert den Winkel q~in G1. (15.22) durch Quadrieren und Addieren, so entsteht die Gleichung
die zur Berechnung des Kreisbahnradius r der Zapfenbahn zur Verfügung steht. Wie man in G1. (15.23) leicht erkennt, ist die Auslenkung r von den Rotorgrößen m und E , von den Lagergrößen F, und F, bzw. B , R , h „ und 770, sowie von der Zentriersteifigkeit s und der Winkelgeschwindigkeit Cl abhängig.
324
15 Quetschöldämpfer
Für den weiteren Lösungsweg führen wir die folgenden Bezugsgrößen ein, die eine dimensionslose Durchrechnung ermöglichen Bezugsfrequenz
O, =
%4
BezogeneWinkelgeschwindigkeit 77 = Q/w, Relative Massenexzentrizität
(15.25)
E , = &/h,
(15.26) 3
Dämpfungsparameter D* = Der letzte Parameter D* stellt ein dimensionsloses Dämpfungsmaß dar, in dem die charakteristischen Größen des Quetschöldämpfers enthalten sind. Im folgenden berechnen wir das Schwingungsverhalten das starren Läufers in Quetschöldämpfern unter den getroffenen Voraussetzungen. Dabei suchen wir u.a. die Grenzen zwischen linearem und nichtlinearem Verhalten und zeigen die Unterschiede auf, die sich beim kavitierenden bzw. nicht kavitierenden Ö1film ergeben. Hinweis: Da wie in Kap. 14 die Wirkrichtung der Quetschöldämpferkräfte in der Gleichung G1. (15.23) schon berücksichtigt ist, wird im folgenden nur der Betrag der Kräfe berücksichtigt. 15.3.2 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Läufers in kurzen Quetschöldämpfern ohne Kavitation
-
Für den kavitationsfreien Fall (2~-Theorie)können im Fall des kurzen Quetschöldämpfers die Kräfte F, und F, durch die Gln. (15.4), (15.5) und (15.6) ausgedrückt werden. Wendet man sie für den Sonderfall der Bewegung auf einer Kreisbahn mit Radius r ( p = r / h , ) an, so folgt nach G1. (15.7) für die beiden Kräfte
Beachte: Wie bereits oben vermerkt, steht nun p für das frühere fenexzentrizität) und r für e.
&
(Zap-
15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern
325
Die vom bezogenen Kreisbahnradius p abhängige Dämpfungskonstante ist also
Zunächst untersuchen wir den Fall der „kleinen" Kreisbahnen, der eine lineare Behandlung zulißt. Bei großen Bewegungen müssen wir das Problem nichtlinear lösen.
Lineare Berechnung: Bei kleinen relativen Auslenkungen p = r l h , « 1 folgt nach (15.28) die Dämpfungskonstante d„ für das Lagerzentrum
und die Umfangskraft ergibt sich zu
Setzt man G1. (15.30) in die Bewegungsgleichung (15.23) ein und löst nach dem bezogenen Kreisbahnradius auf, so erhält man die bekannte Lösungsfunktion für den einfachen linearen Schwinger mit Dämpfung
Danach ist der bezogene Kreisbahnradius bekannterweise abhängig von der relativen Massenexzentrizitit r O ,der bezogenen Winkelgeschwindigkeit und dem Dämpfungsmaß D . Die Lösungen dieses linearen Falles diskutieren wir anschließend zusammen mit dem nichtlinearen Fall in Bild 15.9.
Nichtlineare Berechnung: Führt man nun die nichtlineare Umfangskraft G1. (15.7 a) in G1. (15.23) ein, so ergibt sich nach einiger Zwischenrechnung das folgende Polynom*G1. (15.32) in V , aus dem man zu vorgegebenen Größen für q,co und D nach dem Bahnradius p auflösen kann.
326
15 Quetschöldämpfer
Die Ergebnisse der linearen und nichtlinearen Untersuchungen findet man zusammepgefasst in Bild 15.9, wobei jeweils p über 77 aufgetragen ist mit E , und D als Parameter in den Diagrammen. Lineare Berechnung
Nichtlineare Berechnung
Bild 15.9: Vergleich lineare und nichtlineare Berechnung, ohne Kavitation; bezogene Radien p der Kreisbahnen des Zapfens in Abhängigkeit von der bezogenen*Winkelgeschwindigkeit 7, der Massenexzentrizität E , und der bezogenen Dämpfung D ; Unwucht = &/ho= 0,40 = ~ / = 0,04; h ~Unwucht in den Fällen C und d: in den Fällen a und b:
15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern
327
Die beiden oberen Bilder 15.9 a und b gelten für eine kleine Massenexzentrizität von &,=0,04. Die Dämpfung D* ist ebenfalls in beiden Bildern gleich. Man sieht, daß die relativen Kreisbahnradien klein bleiben und selbst im Resonanzfall nur 30% des Lagerspiels ausmachen. Weiterhin zeigt die nichtlineare Berechnung kaum Unterschiede gegenüber dem linearen Fall. Ist die Unwucht größer (E, =0,4 in den Bildern C) und d)), so wachsen auch die Amplituden p an und die nichtlinearen Effekte kommen viel stärker zum Tragen. Wie Bild 15.9 c verdeutlicht, ist jetzt die lineare Behandlung nicht mehr zulässig. Mit abnehmender Dämpfung überschreitet der Zapfen die Lagerberandung ( p > I , r > h,) , was praktisch nicht eintreten kann. Dagegen fängt in Bild 15.9 d die „nichtlineare Dämpfung" nach Gl. (15.7 a) den Zapfen wieder ein und setzt ihm absolute Grenzen bei p < 1. Man erkennt in Bild 15.9 d, daß die drehzahlabhängigen Radien den nichtlinearen Frequenzgangcharakter annehmen. 15.3.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Rotors in kurzen kavitierenden Quetschöldämpfern; nichtlineare Rechnung Bei eintretender Kavitation sinkt die Dämpfungswirkung ab und das Sprungphänomen kann auftreten. Dies werden wir zeigen, indem der Amplitudengang für den starren Rotor in kavitierenden Quetschöldämpfern bestimmt wird. Dafür setzen wir die Kräfte aus G1. (15.1 1 a) und G1. (15.11 b)
in die Bewegungsgleichung (15.29) ein und erhalten ein Polynom in der dimensionslosen Winkelgeschwindigkeit 77, welches lautet
328
15 Quetschöldämpfer
Durch die Bestimmung der positiven realen Wurzeln in Abhängigkeit der relativen Auslenkung p kann der Amplitudengang des Rotor~~dargestellt werden für einen vorher bestimmten Dämpfungsparameter D und einer bestimmten relativen Massenexzentrizität E,. In Bild 15.10 sind zwei Amplitudengänge für den starren Rotor in kavitierenden Quetschöldämpfern d2rgestellt. Der Dämpfungspararneter D* hat jeweils den gleichen Wert von D = 0,0253. Lediglich die Unwucht in Form der relativen Massenexzentrizität E , ändert sich. Die gestrichelte Kurve zeigt einen zu erwartenden Amplitudengang mit einer Schwingungsüberhöhung in der Nähe von = 1 und dem Einschwingen des Rotors für große V auf die relative Massenexzentrizität E,.
Bild 15.10: Bezogene Radien p der Kreisbahnen des Zapfens in Abhängigkeit von der bezogenen Winkelgeschwindigkeit 7 und der Massenexzentritzität E,,; nichtlineare Berechnung mit Kavitation; Unwucht &" = c / h o = 0,2 und 0,s
Bei einer größeren Unwucht erhält man wegen des nichtlinearen Verhaltens des Quetschöldämpfers ab einem bestimmten drei Kurvenäste für die Zapfenauslenkung p. Von diesen stellen nur der obere und der untere Ast einen stabilen Zustand für den Rotor dar. Beim Hochfahren folgt der Rotor mit großer Unwucht, E, = 0,5, der äußeren oberen Kurve. Auch beim Abwärtsfahren bleibt er auf ihr. Nur wenn heftige extreme Schläge (z.B. Hammerschlag) ihn im oberen Drehzahlbereich irritieren, kann der Rotor auch auf den unteren stabilen Ast springen. Der mittlere strichpunktierte Ast ist instabil; er trennt
15.4 Beispiele industrieller Anwendung
329
die Einflußbereiche der stabilen Aste. Falls der Rotor durch einen extremen Schlag auf den unteren stabilen Ast gerät, muß er beim Abwärtsfahren an der Stelle, 77 = 1,90 auf die äußere stabile Kurve zurückspringen. Da wir bis jetzt dem Quetschöldämpfer nur Dämpfungskräfte zugeordnet haben, stellt sich die Frage, woher die Änderung der Steifigkeit des Systems kommt. Man findet in der Literatur den Ansatz, daß die radiale Kraft F, aus G1. (15.1 1 b) nicht als Dämpfungskraft sondern als eine dynamische Steifigkeitskraft eingeführt wird inder Form
Der Steifigkeitskoeffizient k, ändert sich mit der Drehzahl R und somit die dynamische Steifigkeit des Systems. Betrachtet man nochmals die G1. (15.23)
so entspricht sie der Betragsgleichung des Kräftegleichgewichts. Die Dämpferkraft F, wirkt in die gleiche Richtung wie die Federkraft der Zentrierfeder F, und kann somit als eine Steifigkeitskraft verstanden werden. Eine weitere Begründung gibt Vance [15.5] an: Er sagt, daß es für einen starren Rotor ohne Zentrierfeder eine kritische Drehzahl und somit auch eine Lagersteifigkeit gibt, welche in diesem Fall aus dem Quetschölfilm stammen muß. Physikalisch jedoch spielt es keine Rolle, ob man die Dämpferkraft F, als Dämpfungs- oder Steifigkeitskraft betrachtet, da bei einer rotordynamischen Analyse beide Ansätze auf das gleiche Ergebnis führen. Das Sprungphänomen zeigt sehr deutlich, daß, wenn man die positiven Eigenschaften des Quetschöldämpfers, wie progressive Dämpfung, nutzen möchte, eine präzise Bestimmung der Daten des Quetschöldämpfers unerläßlich ist. Eine kleine Änderung der Unwucht kann durch die Nichtlinearität des Quetschöldämpfers zu einem wesentlich veränderten Dämpfungsverhalten führen.
15.4 Beispiele industrieller Anwendung Wie schon in der Einführung erwähnt, stammen Queschöldämpfer aus dem Flugtriebwerksbau. Dort werden sie schon seit Jahrzehnten eingesetzt.
330
15 Quetschöldämpfer
Bild 15.11: Triebwerkslager mit Quetschöldämpfer; aus Holmes [15.4]
instabile Eigenform
.-. Rotor Lagerölfilm Lagerschale dämpfender Ölfilm Lagergehäuse mit Quetschöldämpfung und Ölringnut
Bild 15.12: Gleitgelagerte Industriedampfturbine (25 MW) mit Quetschöldämpferzur Erhöhung der Laufstabilität in Lager LI; aus Nyqvist und Larsson 115.61
15.4 Beispiele industrieller Anwendung
331
Auch im Turboladerbau haben sie Eingang gefunden. Im Dampfturbinenbau sind sie noch wenig verbreitet, weil dort generell Gleitlager benutzt werden. Eine Industrieturbine von 25 MW, die mit einem optimierten Quetschöldämpfer ausgerüstet wurde zeigt Bild 15.12. Um die instabile Eigenschwingung mit großen Ausschlägen am linken Ende wirksam dämpfen zu können, wurde der Quetschöldämpfer nur am Lager L1 angeordnet. Die Komponenten dieser Lagerung einschließlich Quetschöldämpfer sind in Bild 15.12 unten dargestellt. Die stabilisierende Wirkung des Quetschöldämpfers erkennt man in Bild 15.13. Hier sind Imaginärteil (Eigenfrequenz) und Realteil (Abklingkonstante) des für die Stabilität maßgebenden Eigenwertes aufgetragen, wobei als Parameter die Dämpfungskonstante des Quetschöldämpfers variiert wurde. Ohne Quetschöldämpfer ist das System instabil, der Realteil liegt in der rechten Halbebene. Der Quetschöldämpfer stabilisiert, wobei die optimale Dämpfungskonstante im Bereich von 70-75 kNs/m liegt.
X
nit
ohne Quetschöldämpfer
55
- 1500
-1000
45
-500
0
Eigenwerte Realteil Bild 15.13: Eigenwerte der Industriedampfturbine mit Quetschöldämpfer.
500
332
15 Quetschöldämpfer
15.5 Fragen 1.
Warum hat der Quetschöldämpfer ohne Zentrierring keine Steifigkeitseigenschaften?
2.
Wie unterscheiden sich die Dämpfungseigenschaften des seitlich offenen vom seitlich geschlossenen Quetschöldämpfer?
3.
Wie verändern sich die Dämpfungskräfte des Quetschöldämpfers mit zunehmender Exzentrizität?
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
16.1 Einleitung Wegen der geringen Kräfte je Flächeneinheit, die sich permanentmagnetisch erzeugen lassen, war diese Lagerungsart bislang nur in Meßgeräten üblich. Durch neue Werkstoffe konnten die Magnetkräfte jedoch enorm gesteigert ' werden, so daß heute spezifische Lagerkräfte von 50 bis 60 ~ l c m erreichbar sind. Obgleich das verglichen mit der Tragfähigkeit von Gleit- oder Wälzlagern nicht sehr viel ist (Kap. 1, Tab. 1.1), wird dadurch die magnetische Lagerung auch für größere Rotoren interessant.
Fußlager mechan.
Bild 16.1: Einfache permanentmagnetische Kopflagerung. Pfeilspitzen: Nord; bei seitlicher Auslenkung ziehen die magnetischen Feldlinien wie Gummifäden den Rotor zurück
Das permanentmagnetische Kopflager von Bild 16.1 ist attraktiv ausgelegt. Deshalb fesselt es nicht nur den Rotor, sondern entlastet auch das Fußlager fast völlig vom Gewicht. Dadurch bleibt denkbar wenig Reibung im System. Eine sehr perfektionierte Anwendung dieses Prinzips findet sich in den Ultrazentrifugen (für die Uranhexafluorid-Anreicherung) in Almelo, die von MAN-Neue Technologie Mitte der 70er Jahre gebaut wurden. Bild 16.2 zeigt ein permanentmagnetisches Radiallager, das durch die
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
334
Verwendung von Weicheisenschuhen auf der rotierenden Seite Fliehkraftbeanspruchungen in den Permanentmagnetenumgeht.
fest
I
Magnet
fest
Bild 16.2: Radiales passives Magnetlager, ohne Fliehkraft-beanspruchte Magnete auf der rotierenden Seite
Mit Permanentmagneten lassen sich maximal vier Freiheitsgrade eines Rotors fesseln. Der fünfte, der Rotationsfreiheitsgrad, bedarf keiner Fesselung. Der sechste aber ist dann mit negativer Steifigkeit belegt. Das ist eine Eigenart permanentmagnetischerLagerung. Dieser Freiheitsgrad muß dann mechanisch gefesselt werden (Kugellager 0.ä.) oder - wie im Bild 16.23 - durch ein aktives Magnetlager. Durch das zusätzliche aktive axial arbeitende Magnetlager ist der Rotor völlig berührungsfrei gelagert. Permanentmagnetische Lagerung ist praktisch dämpfungsfrei. Das stört bei starren Rotoren, deren kritische Drehzahlen wegen der weichen Fesselung sehr niedrig liegen, kaum. Bei Rotoren, die durch ein oder mehrere elastische kritische Drehzahlen fahren, muß U. U. künstlich eine zusätzliche Dämpfung eingeführt werden [16.1-16.31.
16.2 Kräfte und Steifigkeiten von PermanentmagnetLagern Das qualitative Verhalten eines permanentmagnetischen Radiallagers zeigt Bild 16.3. Die beiden radial magnetisierten Ringe sind Nord-Nord gepolt, sie stoßen einander ab (repulsive Anordnung). Verschiebt man den Rotor (Innenring) aus seiner mittigen Lage, entstehen Rückstellkräfte, die ihn wieder zentrieren wollen. Die Steigung der Radialkraft - Radialverschiebungskurve in der Mittenlage stellt die Radialsteifigkeit dar. Sie ist positiv.
16.2 Kräfte und Steifigkeiten von Permanentmagnet-Lagern
335
Zwar ist die Axialkraft bei genau mittiger Position „Null", verschiebt man aber den Rotor aus seiner Mittenlage axial um +U, wollen die magnetischen Kräfte ihn weiter in X-Richtungaus der Ruhelage tragen. Die axiale Steifigkeit ist negativ, was man sofort erkennt, wenn man die Tangente an die Kurve in Mittenlage (U= 0) zeichnet.
Radialkrafi
V
1
.I/
I ~r radiale Verschiebung
Bild 16.3: Qualitatives Verhalten eines permanentmagnetischen Radiallagers mit Polung Nord-Nord (Pfeilspitzen). Zur positiven (rückführenden) Steifigkeit in radialer Richtung gehört eine negative austreibende Steifigkeit in Axialrichtung.
Nach diesen qualitativen ~berlegungenwerden wir nun formaler. Zwischen den beiden Magnetringen - seien es die von Bild 16.3 oder die vom Kopflager (Bild 16.1) - wirken im allgemeinsten Fall drei Kräfte und drei Momente, die wir im Vektor f auflisten. Diese Kräfte hängen von den sechs Freiheitsgraden U der Verschiebungen ab.
Nehmen wir nun Meine Verschiebungen Au in allen sechs Freiheitsgraden an, dann lassen sich die Kräfte f(u) in einer Taylorreihe darstellen,
336
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
die um den Betriebspunkt, hier die zentrische Ruhelage, entwickelt wird. f, ist der Kräftevektor in dieser ungestörten Ruhelage. Beim Radiallager von Bild 16.3 ist er in zentrischer Ausgangsposition nur mit Nullen besetzt. Beim Kopflager (axiale Magnetisierung) von Bild 16.4 enthält dieser Vektor einzig die Axialkraft.
Die Ableitungen dieser Kräfte nach den Verschiebungen und den Verschiebungsgeschwindigkeiten sind 6 X 6-Matrizen. Sie stellen die Steifigkeits- bzw. Dämpfungsmatrix der Anordnung dar:
Da die Dämpfungen in permanentmagnetischen Lagern sehr gering sind, kümmern wir uns nur um die Steifigkeitsmatrix und ihre Besetzung; wir brechen die Taylorreihe also schon sehr früh ab.
Bild 16.4: Attraktives permanentmagnetisches Kopflager (links); Freiheitsgrad (rechts)
Über die Besetzung der Steifigkeitsmatrix SM können wir im voraus einige Aussagen machen. Grundsätzlich ist klar, daß die Matrix symmetrisch besetzt sein muß, da die Magnetkräfte aus einem Potential herrühren und somit konservativen Charakter haben:
Betrachtet man das Kopflager in Bild 16.4, so wird weiterhin deutlich, daß aufgrund der geometrischen Symmetrien in der zentrischen Position einige
16.2 Kräfte und Steifigkeiten von Permanentmagnet-Lagern
337
Terme der Matrix zu Null werden müssen. Dazu folgende Überlegungen: 1. Eine Rotation Aqx hat in der dargestellten Anordnung keinen Einfluß auf andere Freiheitsgrade, d.h. die 4. Zeilel4. Spalte ist nur mit Nullen besetzt. 2. Bei einer Verschiebung Ax in Richtung der x-Achse kann sich aufgrund der Rotationssyrnmetrie nur die Axialkraft ändern. Die Radialkräfte und die Kippmomente sind dabei immer null. 3. Bei einer Verschiebung in radialer Richtung (Bild 16.5) entsteht keine Kraft quer zur Bewegungsrichtung und kein Moment in Bewegungsrichtung. Im Bild 16.5 ist eine Verschiebung in Richtung der y-Achse dargestellt. Dabei sind die Kraft F, sowie das Moment M„ gleich null. Analog gilt diese Überlegung für eine Verschiebung aus der zentrischen Position in z-Richtung.
AY
Bild 16.5: Verschiebung des Rotormagneten in radialer Richtung
4. Bei einer Drehung um eine Querachse entsteht kein Moment in Richtung der anderen Querachse, außerdem bleibt die Kraft in Richtung der Drehachse unberührt. In Bild 16.6 ist eine Drehung um die py-Achse dargestellt. Davon werden also M„ und F, nicht beeinflußt.
lid 16.6: Verkippung der Magnete gegeneinander
Aus den genannten Überlegungen können wir ableiten, welche Terme der Matrix zu Null werden. Wir erhalten für die in Bild 16.4 dargestellte
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
338
Anordnung in zentrischer Position folgende Besetzung der Steifigkeitsmatrix:
In dieser Matrix haben wir gleich von der Tatasche Gebrauch gemacht, daß in den radialen Richtungen gleiche Werte auftreten, d.h. s„ = s„ = s,. Es verbleiben somit in der Matrix nur 4 eigenständige Komponenten: s, s„ s„ sVr
Radialsteifigkeit Axialsteifigkeit Kippsteifigkeit Koppelsteifigkeit
Das Earnshaw Theorem Anders als bei Gleitlagern sind bei permanentmagnetischen Lagern radiale und axiale Steifigkeit untrennbar miteinander verknüpft.
Diese Gleichung wird als Earnshaw Theorem bezeichnet. Sie geht auf S. Earnshaw zurück, der als erster in [16.4] zeigte, daß Anordnungen von Partikeln (Punktladungen) nicht stabil sind, wenn die Kräfte dieser Partikel umgekehrt proportional dem Quadrat ihres Abstandes sind. Aus diesem KraftAbstands-Gesetz leitet Earnshaw folgende Kopplung der drei rein translatorischen Steifigkeiten von Punktladungen her:
Mindestens einer der Terme muß negativ sein. Damit hat man immer eine statisch instabile Steifigkeit im System. Uberträgt man diese Gleichung auf rotationsymmetrische Ringmagnete, so erhält man GI. (16.9). Damit kann man aus der Kenntnis der radialen Steifigkeit die axiale Steifigkeit herleiten saxund umgekehrt. Die Steifigkeitsmatrix S„ ist also schon vollständig bestimmt, wenn lediglich drei Steifigkeitszahlen bekannt sind: s„ s„ Spr. Zur Gewinnung der Elemente der Steifigkeitsmatrix des permanentmagnetischen Lagers müssen wir nun in die Physik einsteigen. Wir stüzen uns dazu
16.3 Das magnetische Dipolmodell
339
zunächst auf Arbeiten von Yonnet [16.5, 16.61, die durch gewisse Vereinfachungen auf übersichtliche, analytische Ausdrücke für die Kräfte und Steifigkeiten führen.
16.3 Das magnetische Dipolmodell Sn [16.5] wird ein analytischer Weg zur Berechnung der Kräfte und Steifigkeiten von ringförmigen Magnetanordnungen vorgestellt, dem wir hier folgen. Dazu werden die Magnetringe auf das Modell von einfachen Liniendipole reduziert. Diese Gedankenschritte werden im Bild 16.7 erläutert. Sm ersten Schritt wird die Knimmung der Ringe vernachlässigt und die Anordnung als ein ebenes Problem betrachtet. Die Magnetringe werden zu unendlich langen Stäben, aus denen-wir nur Abschnitte mit der Länge n R, betrachten. Sm zweiten Schritt schrumpfen wir die Querschnittsflächen S der Stäbe zu punktförmigen Liniendipolen zusammen. Dadurch wird das Verhältnis der Magnethöhe zur Ringbreite - ein geometrischer Parameter - vernachlässigt.
Bild 16.7: 1. Schritt: Durch die Vernachlässigung der Krümmung werden die Magnetringe zu Magnetstangen. Wir erhalten ein ebenes Problem. 2. Schritt: Reduktion der Querschnittsflächen zu Punkten
Das Ergebnis dieser Prozedur ist ein Liniendipol, der durch ein zweidimensionales Dipolmoment p* beschrieben wird. Das Dipolmoment ergibt sich aus der Querschnittsfläche S, der Remanenz Br sowie der Permeabilitätskonstante P,.
340
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Das Magnetfeld in der Umgebung eines Liniendipols läßt sich analytisch angeben:
B, .SI cos(23- ßl) B , (r, ~ 23) = -. 2 2n 112
Br und Be sind die Komponenten der Magnetflußdichte in Polarkoordinaten. Durch den Winkel ß, wird die Richtung des Dipols beschrieben.
Boi +Bri
P1 Bild 16.8: Zur Lage und Bedeutung der Winkel und Vektoren in G1. (16.12)
Die Kräfte und Steifigkeiten zwischen den Dipolen werden über die magnetische Energie bestimmt. Da es sich um eine zweidimensionale Anordnung handelt, sind alle Größen auf die Längeneinheit bezogen. Die Energie pro Längeneinheit zwischen zwei Liniendipolen lautet:
Für das Kopflager in Bild 16.4 erhält die Gleichung eine einfache Gestalt:
16.3 Das magnetische Dipolmodell
341
Die Kraft gewinnen wir aus der Ableitung der magnetischen Energie (Gradient) Wir erhalten Kräfte pro Längeneinheit, aus denen durch Multiplikation mit dem mittleren Umfang 2nRMabsolute Größen gewonnen werden. Für die Axialkraft entsteht dann folgender Ausdruck:
Die Radialkraft fr wird in der zentralen Position zu Null. Die nächsten Ableitungen sind die Steifigkeiten. Für die axiale Steifigkeit erhalten wir:
Die radiale Steifigkeit folgt damit aus dem Earnshaw Theorem zu:
In [16.5] wird dieses Verfahren allgemein für verschiedene Magnetisierungsrichtungen gezeigt. Es werden auch verschiedene Positionen der Magnete zugelassen, so daß zur Beschreibung ein weiterer Winkel (P,) notwendig wird. Das folgende Bild 16.9 soll das näher erläutern.
Bild 16.9: Geometrische Anordnung der beiden Dipole
Die Winkel ß, und ß, geben die Richtung der Dipolmomente an, das entspricht den jeweiligen Magnetisierungsrichtungen der Magnetringe. Der Winkel 6 beschreibt die Lage der Dipole zueinander. Damit werden durch dieses Modell neben den hier betrachteten baugleichen Ringen auch andere
342
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Bauformen beschreibar, beispielsweise ineinander geschachtelte Ringe mit unterschiedlichen Radien. Den Einfluß der Winkel skizziert Bild 16.10. Dort wird bei konstant gehaltener Magnetisierungsrichtung (ß, = 0; ß, = 180) nur der Winkel 6 variiert. Dies entspricht einer (nur gedanklich möglichen) Bewegung eines Magneten um den anderen herum. Die Anordnung durchläuft dann im sinusförmigen Wechsel Zonen attraktiver und repulsiver Kraftwirkung. Die Steifigkeiten, die für die Frage Axial- oder Radiallager verantwortlich sind, ändern sich cosinusförmig .
ß1+ß2 = 180° Winkel 6 = 4.5"
ß1+ß2 = 180° Winkel 6 = 0
Attraktion
Sektoren A: Axiallager, ,s z0
Sektoren R: Radiallager, s„d >O
Repulsion
Repulsion , ' A
U Attraktion
Axialkraft
1
1
Steifigkeiten
Bild 16.10: Radial- bzw. Axialeigenschaften der Anordnung ß, = 0°, ß, = 180" in Abhängigkeit vom Winkel 29
16.3 Das magnetische Dipolmodell
343
Die Gleichungen für diese allgemeineren Fälle lauten: die magnetische Energie:
W
C
-=-.cos 1 r:,
(ß, +P2-26)
die Axialkraft und die axiale Steifigkeit:
Die Gln. (16.19 - 16.21) stellen sehr einfache analytische Ausdrücke für ringförmige Magnetanordnungen dar. Die starken Vereinfachungen, die zu diesen Gleichungen führen, lassen die Frage entstehen, in welchem Rahmen dieses Modell Gültigkeit hat. Die Untersuchungen mit dem weiter reichenden Strombelagsmodell von Abschn. 16.4 zeigen, das Yonnets Vereinfachungen bei quadratischen Ringquerschnitt gute Ergebnisse liefern.
344
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
16.4 Das Strombelagsmodell Für eine genauere Berechnung muß man dreidimensional vorgehen und die räumliche Ausdehnung der Permanentmagnete berücksichtigen. Das leistet das Strombelagsmodell, das die Mantelfläche des Permanentmagneten mit einem fiktiven Strombelag A, [Amperlm] belegt, der das Magnetfeld im Raum erzeugt: mit
das durch das Gesetz von Bio-Savart beschrieben wird. Bild 16.11 interpretiert,.wie die Induktion B nach G1. (16.22) zu verstehen ist.
Bild 16.11: Lage und Bedeutung der Vektoren im dreidimensionalen Strombelagsmodell
Aus der Remanenz B, des Magneten, die gewöhnlich von den Herstellern angegeben wird, läßt sich bei modernen Werkstoffen, deren relative Permeabilität dicht bei 1 liegt, der fiktive Strombelag sofort angeben:
Liegt nun im Magnetfeld des ersten Magneten ein zweiter, so enstehen auf dessen Mantelfläche mechanische Spannungen. Die mechanischen Spannungen, die auf der Mantelfläche des zweiten Magneten aus dem Feld des ersten Magneten entstehen, lassen sich aus dem Lorentzgesetz ermitteln.
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischer Lager
345
Für die mechanische Spannung o [ ~ l c mgilt: ~]
Bild 16.12: Die mechanische Spannung o auf der Oberfläche des zweiten Magneten mit dem Strombelag A, infolge des Magnetfeldes B des ersten Magneten
Für die Kraft f2und die Momente M, die auf diesen zweiten Magneten einwirken gilt daher:
Der Vektor X, stellt den für das Moment notwendigen Hebelarm dar, den wir hier vom Schwerpunkt des zweiten Magneten zu seiner Mantelfläche orientieren. Die partiellen Ableitungen der Kräfte und Momente nach den 6 Freiheitsgraden des bewegten Ringes liefern dann gemäß dem Formalismus von Abschn. 16.2 die Steifigkeitsmatrix. Die numerische Umsetzung dieser Grundgleichungen wird in [16.7] etwas detailierter beschrieben. Von dort übernehmen wir auch die Resultate, die im folgenden Abschnitt referiert werden.
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischer Lager Mit den oben beschriebenen Verfahren lassen sich für beliebige Magnetlagerbauformen die Kräfte und Steifigkeiten berechnen (vorausgesetzt ist aber immer die Abwesenheit ferromagnetischen Materials). Das Ergebnis (Kraftvektor und Steifigkeitsmatrix) sind eine Funktion der Bauform und des Abstandes der Magnete zueinander. Der Einfluß dieser vielen Parameter läßt sich durch eine dimensionslose Beschreibung relativ kompakt darstellen.
346
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Dimensionslose Darstellung der Bauform Wir verwenden folgende Bezeichnungsweise für die betrachteten Magnetringe:
a: b:
h:
RM
Höhe des Magneten a Polbreite (Aussenradius - Innenradius) h Spaltabstand mittlerer Radius der Magnete
RM
'
Bild 16.13: Bezeichnungsweise für zwei baugleiche Magnetringe
Die Bauform eines Ringmagneten wird durch drei Parameter beschrieben: a, b, RM. In einer dimensionslosen Darstellung sind durch die Bildung bezogener Parameter nur zwei Parameter notwendig. Wir wählen für die Bauform folgende Verhältnisse: a I b, b/R, und für den Luftspalt h der Magnete wird h/a als bezogener Abstand eingesetzt. Dimensionslose Darstellung der Kraft Für den Anwendungsfall Magnetlager (Bild 16.4) genügt es, den Verlauf der Kräfte entlang der Rotationsachse zu untersuchen. In unserem einfachen Beispiel tritt nur eine axiale Kraftkomponente auf. Die Kraft kann auf ein Produkt von Druck und Fläche bezogen werden. Als Referenzdruck bietet es sich an, den materialabhängige Ausdruck
zu verwenden. Er hat die Einheit eines Druckes, in SI-Einheiten ~ l r n ' . Als Bezugsfläche bietet sich die Polfläche der Magnete an. Die Polfläche A, eines Magneten wird beschrieben durch
Mit dieser Fläche und dem Druck (Gl. 16.26) läßt sich eine Referenzkraft definieren,
Wird die Kraft auf diese Referenzkraft bezogen, so erhält man eine dimensionslose Kraft. Es zeigt sich jedoch, daß eine übersichtlichere Darstellungsmöglichkeit entsteht, wenn sie zusätzlich noch mit dem Geometriefaktor a / b multipliziert wird.
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischerLager
347
Diese bezogene Kraft F* ist in Bild 16.14 über der bezogenen Entfernung h/a dargestellt.
Bild 16.14: Normierte Axialkraft F', jede Kurve repräsentiert ein bestimmtes a/b-Verhältnis Diese Darstellung zeigt eine interessante Tendenz: Alle Kurven der dimensionslosen Kraft ~*(h/a)mit gleichem a 1 b-Verhältnis (Magnethöhe zu Polbreite) liegen - unabhängig vom b&-Verhältnis - so dicht beieinander, daß sie durch eine einzige Kurve repräsentiert werden können. Im Bild 16.14 sind die repräsentativen Kurven für die entsprechenden a / b-Verhältnisse eingezeichnet. Das Verhältnis b/R, (Polbreite zu mittleren Radius) kann in dieser Darstellung als schwacher Parameter bezeichnet werden, er verschwindet praktisch in der Strichstärke.
348
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Dimensionslose Darstellung der Steifigkeiten Entsprechend der Überlegungen aus Abschn. 16.2 sind drei Steifigkeitszahlen zu betrachten: sax,s„ sqr,die wir aus folgenden Ableitungen erhalten:
Bei der Entwicklung dimensionsloser Steifigkeiten muß beachtet werden, daß die Dimension der Matrizenelemente unterschiedlich ist. Die normierten Steifigkeiten müssen deshalb folgendermaßen gebildet werden:
Die normierte Axialsteifigkeit laßt sich formal aus der dimensionslosen Axialkraft bestimmen:
Es ergibt sich die normierte Axialsteifigkeit
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischer Lager
349
die in Bild 16.15 dargestellt ist. Auch hier zeigt die Rechnung, daß der Parameter b/R, nur sehr wenig Einfluß hat, nur a / b ist ein starker Parameter; b/R, verschwindet auch hier praktisch in der Strichstärke.
Bild 16.15: Normierte Axialsteifigkeit s*ax
Da die Koppelsteifigkeit s q rdie Dimension einer Kraft besitzt, verfahren wir bei der Bildung einer normierten Größe analog zur Axialkraft:
Hier ist ebenfalls der Einfluß des b/R, gering, es taucht deshalb nicht auf. Allerdings ist die Streuung der unterschiedlichen b/R,-Werte etwas stärker als bei der normierten Axialsteifigkeit.
350
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Bild 16.16: Normierte Koppelsteifigkeit s*,~
Bei der Kippsteifigkeit s„ ergibt sich eine geeignete Darstellung durch einen Bezug auf die axiale Steifigkeit s„:
Das Resultat dieser Normierung findet sich in Bild 16.17. In dieser Darstellung liegen alle Kurven mit gleichem b/R,-Verhältnis dicht beieinander, wah~ a / b Verhältnisses einen geringeren Einfluß zeigt. Da rend die ~ n d e r u ndes hier eine Normierung auf die Axialsteifigkeit vorgenommen wurde, erscheint das auch plausibel. Ganz oben im Diagramm finden sich die Magnete ohne Innenloch, während die kleinen Werte sehr dünnen Ringen entsprechen. Die a / b-Abhängigkeit ist in s„ bzw. s*, bereits enthalten.
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischer Lager
351
hla D
Bild 16.17: Kippsteifigkeit normiert auf die Axialsteifigkeit
Nach dieser Darstellung kann man überschlägig die Kippsteifigkeit aus der axialen Steifigkeit gewinnen, indem die axiale Steifigkeit mit einem Faktor multipliziert wird, der eine Funktion von b/R, ist.
Diesen Faktor kann man aus der Darstellung Bild 16.18 gewinnen.
352
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Bild 16.18: Faktor zur Berechnung der Kippsteifigkeit aus der Axialsteifigkeit in Abhängigkeit von b/R,
16.6 Starrer Rotor in permanentmagnetischen Lagern
Bild 16.19: Radial mit repulsiven permanentmagnetischen Lagern gefesselter Rotor
Die permanentmagnetischen Ringe im Bild 16.19 sind repulsiv (Nord gegen Nord) angeordnet. Das einzelne Lager hat die positive Radialsteifigkeit s, und gemäß den Betrachtungen des vorangegangenen Abschnittes die doppelt so große aber negative Axialsteifigkeit s„ = -2s,. Der Rotor will also nach rechts oder links ausbüchsen. Versetzt man ihm ein ganz klein wenig seitlich, hat er eine Vorzugsrichtung, in die er drückt.
16.6 Starrer Rotor in permanentmagnetischen Lagern
353
Die Bewegungsgleichungen in den sechs Freiheitsgraden lauten
Die Trägheits- und Kreiselterme der lateralen Bewegungen W, V, qy,qzkönnen wir direkt aus dem Kap. 9, G1. (9.6 ff.) übernehmen. Der axiale Freiheitsgrad U und der Drehfreiheitsgrad wurden ergänzt. Die Steifigkeitsmatrix wird wegen der Symmetrie der Anordnung besonders einfach. Alle Steifigkeitsterme lassen sich über die Radialsteifigkeit s, ausdrücken. Wenn man die Kippsteifigkeit s„ berücksichtigen will, kommt additiv zu den Termen 2a2s,noch s„ hinzu. Da der Lagerabstand 2a aber groß ist gegenüber dem Radius der permanentmagnetischen Lager, ist hier der Einfluß von s„„ gering. Der instabile, axiale Freiheitsgrad bedarf einer zusätzlichen Fesselung, z. B. mechanisch oder durch ein aktives magnetisches Axiallager, wie im Bild 17.1. Der Drehfreiheitsgrad ist, wie es ja auch sein soll, ungefesselt. Die Bewegungsgleichungen und ihre Lösungen werden für die Querbewegungen des Rotors bei komplexer Zusammenfassung der vier Freiheitsgrade
identisch mit denen des symmetrischen Lavallrotors, der in Kap. 9 ausführlich diskutiert wurde. Der einzige Unterschied besteht darin, daß nunmehr die Steifigkeiten s,, und s„ nicht aus der Wellenelastizität kommen, sondern aus den permanentmagnetischen Lagern, s„=2sR a2 und s„=2sR. Auf eine Wiederholung der Diskussion der Lösung können wir daher verzichten. Stattdessen wollen wir noch kurz die Bewegungsgleichungen und ihre Lösungen für die Anordnung nach Bild 16.1 besprechen.
354
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren /,","/,","'//"////'
IZI
Draufsicht auf die Scheibe
Bild 16.20: Freiheitsgrade des Wellendurchstoßpunktes r = w(t) + j v(t)
Unter der Annahme, daß der Wellenstiel starr ist, lauten die Bewegungsgleichungen
m, O„, 0, sind die Massendaten der rotierenden Scheibe, s, ist die radiale Rückstellsteifigkeit des Permanentmagneten, der attraktiv geschaltet ist und - m * g / l ist die vom Restgewicht verursachte negative Steifigkeit, die das System umfallen ließe, wenn die magnetische Fesselung durch S, > m * g / l das nicht verhindern würde. Mit der komplexen Zusammenfassung der Freiheitsgrade r = w(t) + j v(t) wird die nun folgende rechnerische Untersuchung der Differentialgleichung besonders einfach:
Homogene Lösung, Stabilität: Mit dem Ansatz
für die homogene Differentialgl. (16.41), erhalten wir die charakteristische Gleichung - w 2 . ( 0 „ * /12)
+ U R . ( 0 , /12) + (s,
- m*g/l) = 0 , wobei
(16.43)
16.6 Starrer Rotor in permanentmagnetischen Lagern
355
Oa,*= m12+ Oax. Die Stillstandseigenfrequenzen bei R = 0 sind
was zeigt, daß eine schwingende Lösung eine Magnetsteifigkeit verlangt, die mindestens
betragen muß, sonst kippt der Rotor wie ein Spielzeugkreisel ohne Spin um. Rotiert die Scheibe, erhalten wir als Eigenfrequenzen
wie beim symmetrischen Lavalrotor für das Kippen, vgl. Bild 9.10. Die Untersuchungen der erzwungenen Schwingungen durch Unterwuchterregung sei dem Leser überlassen.
Bild 16.21: Eigenfrequenzen des radial magnetisch gefesselten Systems nach Bild 16.1
356
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
16.7 Bauformen, Skalierungsregeln Die Tragkraft permanentmagnetischer Lager läßt sich durch eine gestapelte Anordnung der Ringe vervielfachen. Steifigkeiten und Kräfte nehmen - grob gesehen - linear mit der Zahl der Ringe zu. Die Kräfte und Steifigkeiten steigen mit dem Quadrat der Remanenz und ebenfalls mit dem Quadrat des Faktors der Längenskalierung. Die denkbar geringe Dämpfung permanentmagnetischer Lager stört gewöhnlich nicht, solange nur Starrkörperresonanzen zu durchfahren sind, die weit unterhalb der Betriebsdrehzahl zu liegen pflegen. Sind aber Resonanzen von elastischen Eigenformen zu durchfahren, kann wegen mangelnder äußerer Dämpfung schon sehr geringe innere Dämpfung zur Instabilität führen. Hier können auf permanentmagnetischer Basis gebaute Dämpfer Abhilfe bringen [16.3].
Panzerring
7
Permanentmagnet
-
Bild 16.22: Radiales Scherkraftlager mit 5 permanentmagnetischen Ringen (oben); Erhöhung von Lagerkraft und Steifigkeit durch ineinander geschachtelte entgegengesetzt magnetisierte Ringe (unten), nach [16.8]
16.8 Levitron
357
Bild 16.23: Permanentmagnetisch gelagerter Neutronenchopper, 20000 Ulmin, Rotorgewicht 12 kg, aus [16.8]
Der in Bild 16.23 gezeigte 12 kg schwere Rotor ruht in zwei pemanentmagnetischen Lagern R. Die axiale Stabilität wird durch das aktive Magnetlager A erreicht, das die negative Steifigkeit s, der beiden passiven Radiallager kompensiert. D ist der Antriebsmotor des Systems. In absehbarer Zeit werden Rotorgewichte von 100 kg permanentmagnetisch lagerbar sein.
16.8 Levitron - ein Beispiel für die vollständige permanentmagnetische Lagerung eines Rotors Anfang der 90er Jahre erregte ein Spielzeug, das unter dem Namen Levitron vertrieben wird, einiges Aufsehen, weil es das Theorem von Earnshaw scheinbar widerlegt [16.9, 16.101. Der kleine spin-stabilisierte Kreisel von Bild 16.24, der eine axial magnetisierte Scheibe trägt, bleibt minutenlang in etwa 3 cm Höhe über der magnetisierten Grundplatte schweben. Erst wenn sich seine Drehzahl durch die Luftreibung U. a. hinreichend absenkt, stürzt er ab.
358
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Er wird zunächst auf einer Plastikplatte mit dem Daumen angedreht und dann auf dem starken Magnetfeld der Grundplatte „abgesetzt6'.Das gelingt jedoch meist erst, wenn man die richtige Zuladung (dünne Plastikringe) gefunden hat.
Grundplatte
Bild 16.24: Levitron-Spielzeugkreisel
Die Verfasser des Aufsatzes [16.10] haben den Levitron-Kreisel im Labor noch mit einem berührungsfrei arbeitenden Antrieb versehen, durch den der Drehzahlverlust kompensiert werden konnte, ja, der sogar ein Hochfahren erlaubte. Es zeigte sich, daß - den theoretischen Voraussagen gemäß - nicht nur eine untere Grenzdrehzahl des stabilen Laufes existiert, sondern daß auch sehr hohe Drehzahlen wieder instabil sind. Zwischen diesen beiden Grenzdrehzahlen konnte der Kreisel beliebig lange in der Schwebe gehalten werden. In der Untersuchung [16.11] wird gezeigt, daS3 der schwache Koppelterm s, der Magnetlagersteifigkeitsmatrix zusammen mit dem Kreiselterm diese rein passive Stabilisierung ermöglichen. Durch den großen Abstand der beiden Magnete werden deren Kräfte bei dieser Anordnung jedoch nur in sehr geringem Maße ausgenutzt.
16.9 Fragen 1. Warum überschätzt die linearisierende Behandlung des permanentmagnetischen Lagers nach Bild 16.3 die Anstreifgefahr unter Unwucht in Resonanznähe? 2. Wie läßt sich der Orbitdurchmesser in Resonanznähe unter Berücksichtigung des nicht-linearen Verhaltens des Lagers berechnen?
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
17.1 Einleitung Bild 17.1 zeigt die Spindel für eine Werkzeugmaschine, die an der ETH Zürich entwickelt wurde [17.10]. Sie ist vollständig in aktiven Magnetlagern gebettet. Dieser Rotor läuft mit 40 000 Ulmin um; die Antriebsleistung beträgt 35 kW. Fanglager
Radiallager
--
Motor
Sensor
Filter
Bild 17.1: Werkzeugmaschienenspindelin aktiver magnetischer Lagerung
Beim passiven Magnetlager entfällt der apparative Aufwand, der bei aktiven Magnetlagern durch die Sensorik, die Regler und vor allem die Leistungsverstärker sehr groß wird. Der Vorteil aktiver Lager ist aber, daß sie nahezu beliebig manipulierbare Kräfte auf das rotierende System auszuüben erlauben.
360
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Sie lassen sich nicht nur zum Tragen einsetzen, sondern auch zum Stabilisieren von Systemen, die durch Selbsterregungsmechanismen wie innere Dämpfung oder Spaltanfachung gefährdet sind. Auch Störkräfte, beispielsweise aus Unwucht oder Schlag, lassen sich durch aktive Magnetlager kompensieren. Ein gewisses Handicap der aktiven Magnetlager ist die Tatsache, daß ein Elektronik-Ausfall zum Absturz des Rotors führt. Dafür sieht man gewöhnlich Fanglager vor, was in praxi aber auf eine Doppelausrüstung hinauskommt: aktive Magnetlager im Normalbetrieb, Walzlager o. ä. für den Notfall.
17.2 Aufbau eines aktiven Magnetlagers Bekanntlich ist die Kraft eines Elektromagneten - von Sättigungseffekten abgesehen - direkt proportional zum Quadrat des Stroms und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes.
i,, + is
Bild 17.2: Spulenanordnung in einem Magnetlager
Ordnet man zwei Elektromagnete in einem Magnetlager einander gegenüber an, so ergibt sich die Kraft f, g e m a Bild 17.2 zu
Der Ruheluftspalt beträgt h, die Auslenkung V. Dem konstanten Vormagnetisierungsstrom i, ist der Steuerstrom I i,(t) gegensinnig überlagert. In die Magnetlagerkonstante k gehen als wichtigste Größen das Quadrat der Windungszahl, die Polfläche und die Permeabilität ,uoein, [17.1 - 17.41. Bild 17.3 zeigt den Aufbau eines solchen Magnetlagers. Die eingebauten Sensoren SI bis S4 informieren über die Lage und die Auslenkungsgeschwindigkeit der Welle im Lager, [17.4].
17.2 Aufbau eines aktiven Magnetlagers
361
Die Kraft-Strom-Charakteristik dieses Lagers zeigt Bild 17.4, die Kraft-WegCharakteristik Bild 17.5. I
,------Welle Hallsensor Spule
Spulkern Luftspalt
Bild 17.3: Schnittzeichnung eines Magnetlagers [17.3]
Durch die paarweise einander gegenüberliegende Anordnung der Elektromagnete ergibt sich offensichtlich um die Ruhelage ein nahezu lineares Verhalten. Das lassen die Bilder 17.4 und 17.5 erkennen. Analytisch liefert das auch G1. (17.1), wenn die Steuerströme i,(t) klein gegenüber dem Vormagnetisierungsstrom iVsind und die Auslenkung V klein gegenüber dem Ruhespalt h. Dann nämlich erhält man den linearisierten Zusammenhang zwischen Kraft, Strom und Verschiebung in der Form
ki = 4ki, / h 2 und so = 4 k i t / h 3
(17.3)
Faßt man die Kräfte in beiden Richtungen f und fy in einem Vektor zusammen, so laßt sich das linearisierte Gesamtverhalten eines Magnetlagers so schreiben
Der Index s in den Steuerströmen iZ,iy wurde zur Schreibvereinfachung weggelassen.
362
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Kraft I N
-1 0
1.o Strom I A
/ / / = ' " J _
= l , 3 mm Vormag. i = 1,s A
Bild 17.4: Gemessene Kraft-Strom-Kennlinie des Magnetlagers nach Bild 17.3, [17.3]
Kraii 1 N
/ / -401
Luftspalt h = l , 3 mm Vormagn. I, = 1,s A
Bild 17.5: Gemessene Kraft-WegKennlinien des Magnetlagers nach Bild 17.3, [17.3]
17.3 Die Systemgleichungen bei PD-Rückführung
363
17.3 Die Systemgleichungen von Magnetlager, Regler und Rotor bei PD-Rückführung Ein einfaches Reglerkonzept für einen starren Rotor zeigt Bild 17.6. W, W Se Ruhelage Steuerspannung
Steuerstrom
Bild 17.6: Einfache dezentrale Regelung für einen starren Rotor
In die Lager eingebaute Sensoren informieren über die Lage der Welle und ihre Auslenkungsgeschwindigkeit. Durch Umpolen der Stecker erhalten wir Auslenkung und Auslenkungsgeschwindigkeit mit negativen Vorzeichen, was im folgenden nützlich ist. Der Regler wichtet die Signale (W„ - W)und W und setzt sie in Steuerspannung für den Stromverstärker um, siehe auch Bild 17.8. Die Signale der Horizontalrichtung (V„ - V) und ir werden analog behandelt. Durch die externen Steuersignale W„ , V, (Sollwerte) wird eine konstante Spannung in den Regelkreis gespeist, durch den später der Zapfen (im Rahmen der Spaltgeometrie) in jede Ruhelage geführt werden kann.
Bild 17.7: Magnetlagerkräfte 2fz,2fy sowie Gewichtskraft mg, die an der rotierenden Scheibe wirken
364
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Wir gehen davon aus, daß die Anordnung in Bild 17.6 symmetrisch ist, d.h. daß beide Lager gleich sind. Dann kann man die translatorischen Freiheitsgrade W und V von den Kippfreiheitsgraden getrennt behandeln. Auf die Kippfreiheitsgrade gehen wir zu Ende dieses Kapitels kurz ein. An Bild 17.7 liest man die Gleichgewichtsaussagen ab mw, = mg + 2f,
mv, = 2f, sowie den kinematischen Zusammenhang
Die Rückführungsschleife des Reglers zeigt Bild 17.8. Steuerstrom i,
I
verstärker
Bild 17.8: Schaltbild des PD-Reglers mit direkter Geschwindigkeitsrückführung. Regelschleife der horizontalen Richtung analog
Wenn wir davon ausgehen, daß der Leistungsverstärker die Eingangssignale ohne Verzögerung in Ströme umsetzt (was bis etwa 100 Hz realisierbar ist, jenseits davon wird sein Verhalten nichtlinear und verzögerungsbehaftet [17.3, 17.41 ), können wir für die Steuerströme schreiben
a und b sind durch „Knöpfchendrehen" manipulierbare Konstanten des Reglers. Ob die Geschwindigkeiten erst durch Differenzieren im Regler hergestellt oder wie in dem Magnetlager von Bild 17.3 direkt durch Sensoren
17.4 Lösung der Bewegungsgleichungen, Systemverhaltenbei PD-Regelung
365
gemessen werden, hat zwar einige praktische Konsequenzen, ist aber für die folgende Betrachtung unwichtig. Aus den Gln. (17.4 - 17.7) folgen die Systemgleichungen (17.8), die wie folgt aussehen:
Die obere Hälfte des Gleichungssatzes betrifft Mechanik und Elektrik, die untere Elektrik und Elektronik. Beide Hälften sind gekoppelt. Derartige Systeme bezeichnet man auch als mechatronische Systeme. Aus regelungstechnischer Sicht haben wir eine Proportional-Differentialregelung eingeführt (PD-Regler), denn es werden sowohl die Auslenkungen W und V (Proportionalanteile) als auch deren erste Ableitungen (Differentialanteile) zurückgeführt.
17.4 Lösung der Bewegungsgleichungen, Systemverhalten bei PD-Regelung Zum besseren Verständnis des rotordynarnischen Verhaltens des Systems eliminieren wir nun in Cl. (17.8) die Ströme, die sich durch die Auslenkungen und Geschwindigkeiten ausdrücken lassen (untere Hälfte des Gleichungssystems). Das führt auf
366
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Diese Gleichungen sind leicht zu verstehen: 2bk, stellt einen Dämpfungsbeiwert dar und 2(ak, - so) eine Fesselungssteifigkeit. Dadurch, daß wir die Wegund Geschwindigkeitsrückführungen für beide Richtungen gleich einstellten, liegt eine isotrope Magnetlagerung vor, deren mechanisches Äquivalent in Bild 17.9 skizziert ist.
Bild 17.9: Mechanisches Äquivalent des mechatronischen Systems
Allerdings hat das n~echatronischeSystem Eigenschaften, die durch dieses Modell nur unzureichend wiedergegeben werden.
Statische Ruhelage Wenn keine Unwucht vorliegt, E = 0, sucht sich das System seine Ruhelage, für die alle Ableitungen nach der Zeit verschwinden. Diese Bedingung liefert aus G1. (17.9)
Durch die Referenzwertvorgabe W „ , V„, ist die Wellenrnitte beliebig positionierbar. Eine Eigenschaft, die das mechanische Ersatzmodell von Bild 17.9 nicht hat. Gleichzeitig läßt der Nenner erkennen, daß die Verstärkung a in der Wegrückführung hinreichend groß sein muß (ak, > so), weil sonst das System statisch instabil wird. Die „natürliche" Magnetlagersteifigkeit ist negativ; auf eine Auslenkung hin entsteht eine Kraft in Richtung dieser Auslenkung, vergleiche Bild 17.2 und 17.5.
Freie und unwucht-erzwungene Schwingungen Wegen der Isotropie der Lagerung können wir die Auslenkungen beider Richtungen komplex zusammenfassen r(t) = w(t) + jv(t). Die konstanten Terme auf der rechten Seite aus Gewicht und Referenzvorgabe in G1. (17.9) setzen wir null, weil sie unter „Statik schon abgehandelt wurden. Dann verbleibt die Bewegungsgleichung
17.4 Lösung der Bewegungsgleichungen, Systemverhalten bei PD-Regelung
367
Sie hat die Gesamtlösung
die bekanntlich so aussieht
Der homogene Teil der Lösung klingt ab. Auf Dauer bleibt nur die Unwuchtantwort. Für den Abklingfaktor gilt 6 = bki / m . Für die ,,ungedämpfte" und „gedämpfte" Eigenfrequenz sowie den Dämpfungsgrad nach Lehr gelten
Resonanzlage und Resonanzvergrößerung sind also - im Rahmen der bescheidenen Magnetlagerkrafte - beliebig einstellbar.
Bild 17.10: Einfluß der Reglerkonstanten a und b auf Resonanzlage und Resonanzüberhöhung
368
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Wie wird man bei diesem einfachen Reglerkonzept die Reglerkonstanten a und b wählen? In jedem Fall wird man über das Dämpfungsglied b die Resonanzspitze drücken; praktische Einstellwerte werden bei D = 0,l bis 0,3 liegen. Dann ist gleichzeitig die homogene Lösung gut gedämpft, so daß eventuell nicht berücksichtigte Anfangsbedingungen oder äußere Erregung kein Unheil anrichten können. Die Steifigkeitseinstellung muß natürlich so erfolgen, daß aki größer als die zur statischen Stabilität erforderliche Mindeststeifigkeit soist,
Aus Vorsicht wird man auf jeden Fall auf etwa das Doppelte dieses Wertes gehen. Nur in Ausnahmefällen aber höher als das 5-fache, weil sonst alle Kraft des Magnetlagers in Steifigkeit investiert wird, die man anders billiger haben kann.
17.5 Systemverhalten bei Integralrückführungen Wie wir gesehen haben, läßt sich die Scheibe über die Referenzsignale W„, stets in der Nullage justieren.
V,
Bild 17.11: Anpreßkraft F, bei einer Schleifmaschine mit Magnetlagerung
Bei einer Schleifscheibe mit wechselnder Anpreßkraft F, wird man das aber nicht von Hand machen wollen. Die Aufgabe löst in eleganter Weise eine Integralrückführung, Bild 17.12.
17.5 Systemverhalten bei Integralrückführungen
369
Wir betrachten der Einfachheit halber nur die horizontale Richtung, sie ist vom Schleifdruck hauptsächlich betroffen. Leistungsverstärker
Regler -C
a
c
b
-V
I
F(@) 1 ML
1
-av -b+ -1Jht
D:
Steuerstrom i,
M
Bild 17.12: PID-Regler in der Rückführung des Magnetlagers
Neben den in Gl. (17.9) schon enthaltenen Termen taucht in der Bewegungsgleichung noch der Integralterm 1Svdt auf. I ist ein einstellbarer Vorfaktor. Da die Handjustierung überflüssig wird, setzen wir V„ = 0. Dann lautet die Bewegungsgleichung
mY + 2bkiY + 2(aki - so)v + 211 vdt = F, (t) .
(17.14)
Der Schleifdruck wird sich aus einem konstanten Anteil und einem umlaufund mehrfachumlauffrequenten Anteil aus Geometriefehlern der Scheibe zusammensetzen. Wir setzen ihn mit einer beliebigen Frequenz Q* an, mit dem Grenzfall Q* = 0 wird auch der statische Fall abgedeckt.
Am schnellsten zur Lösung kommen wir, indem wir F(t) komplex mit Hilfe der Eulerformel darstellen
wobei dann F+ = F. = F, 12 ist. Wir superponieren also die rein horizontale Erregerkraft aus einem gleich- und einem gegenläufigen Anteil.
370
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Mit dem Ansatz
finden wir die Antwort des Systems zu
Im statischen Grenzfall O * = 0 wird die Auslenkung wegen des I-Terms im Nenner immer Null sein; auch bei niederfrequenten Kräften F(t) ist das ähnlich. Bei hohen Erregungsfrequenzen Cl* allerdings bewirkt die I-Rückfühning nichts mehr, I / j a * + 0.
17.6 Regelungsziele, Schaltungen von Magnetlagern Unwuchtkompensation Wie man ein Magnetlager einsetzt, schaltet und regelt, hängt sehr stark von der jeweiligen Aufgabenstellung ab. Aber auch die gleiche Aufgabenstellung kann auf verschiedenen Wegen bewältigt werden. Betrachten wir zunächst den Fall der Beruhigung eines Rotors gegenüber Unwuchterregung. Hauptziel wird dann die Entschärfung der Resonanz sein. Methode (1) lernten wir bereits kennen. Durch eine Geschwindigkeitsrückführung wird Dämpfung erzeugt, die die Resonanzspitze drastisch abzusenken erlaubt, Bild 17.10. Methode (2) setzt ein „Notch-Filter" in der Rückführung ein, das die Regelung gegenüber der Umlauffrequenz Cl blind macht. Der Rotor verhält sich dann dieser Frequenz gegenüber wie ein ungefesseltes System und dreht sich um seine Hauptachse. Das geht bei fester Drehzahl gut, aber Resonanzdurchfahrten werden problematisch [ 17.71. Methode (3) besteht darin, die Magnetlagerkräfte nicht auf der linken Seite der Differentialgleichung zur Dämpfung des Systems einzusetzen, sondern auf der rechten Seite zur direkten Kompensation der Erregerkraft. Das läßt sich schaltungstechnisch leicht realisieren. -
-
17.6 Regelungsziele, Schaltungen von Magnetlagern
371
Auf der rechten Seite steht dann zusätzlich zur Unwucht die Magnetlagerkraft
wobei die Abstimmung von p und y so erfolgt, daß p=rmQ2
und
y=ß-180'
Auf diese Art wird die Erregerkraft völlig getilgt, so daß auch jede Unwuchtantwort entfällt. Für eine derartige Störgrößenkompensation muß natürlich die Unwuchtamplitude p und ihre Lage ßvor oder während des Laufs identifiziert werden. Das stellt aber kein prinzipielles Problem dar [17.7, 17.81. Aufwendiger ist die Anpassung von p an Q2. Praktisch Iclßt sich dieser Ansatz noch weiter vereinfachen (Methode 4). Kompensiert man mit der festen (ungedämpften) Eigenkreisfrequenz o des Systems durch die Wahl von
so spart man die Q2-Anpassung ein. Die Unwuchtantwort lautet dann in Erweiterung von GI. (l7.12b)
Die Resonanzstelle verschwindet völlig, der Rotor schlägt mit der Amplitude l&l aus, was für den Sonderfall D = 0 sofort zu erkennen ist. Tatsächlich wird man auch bei einer völligen Störgrößenkompensation etwas Dämpfung in das System einführen, um die homogene Lösung gutartig zu halten.
Verbesserung des Stabilitätsverhaltens Werden Magnetlager eingesetzt, um die Stabilität gegenüber den Selbsterregungsmechanismen von Gleitlager, innerer Dämpfung der Welle oder Strömungsanfachung zu wahren, bieten sich ebenfalls verschiedene Wege an. Wir betrachten eine beschaufelte Turbinenscheibe, Bild 17.13, bei der Spaltanfachung auftritt, die über eine rein antimetrisch besetzte „Steifigkeitsmatrix" auf die Scheibe wirkt.
372
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Bild 17.13: Magnetgelagerte Turbinenscheibe mit Spalterregung
In der Bewegungsgleichung des P-D-geregelten Rotors tauchen dann noch die Spaltkrafte auf; G1. (17.9) erweitert sich auf
wenn wir von Unwucht und Gewicht sowie den Referenzsignalen W„ V„ absehen. Die Stabilitätsuntersuchung - z. B. mit Hilfe der Beiwertbedingungen oder des Hunvitzkriteriums - liefert als Stabilitätsbedingung
was die Wirksamkeit der D-Rückführung (bk,) unmittelbar belegt. So naheliegend dieser Weg zur Stabilisierung ist, es geht auch ganz anders. Mit einer Kreuzschaltung [17.9] lassen sich die Spaltkräfte auch direkt kompensieren. Bild 17.14 zeigt die Verstärkerschaltung und die daraus resultierende „Steifigkeitsmatrix". Mit der Einstellung 2c*ki = C
17.7 Kippfreiheitsgrade
Spalt-
373
Magnetlagerkräfte
Bild 17.14: Kreuzschaltung zur Erzeugung antimetrischer Kompensations-Nebendiagonalglieder
werden die Anfachungsterme völlig gelöscht. So elegant und pfiffig dieser Trick ist, er birgt eine Gefahr in sich. Fällt die Spaltanfachung weg, müssen sofort die C*-Glieder des Magnetlagers null gesetzt werden, sonst wird das System instabil, nun aber gegenläufig und nicht gleichläufig, wie bei unkompensierter Spaltanfachung.
17.7 Kippfreiheitsgrade Wie oben schon erwähnt, sind bei symmetrischem starren Rotor die Kippfreiheitsgrade qz, qyunabhängig von den translatorischen Freiheitsgraden W und V,vergleiche Kap. 17.7. Die Bewegungsgleichungen der Kippvorgänge lauten bei reiner P-D-Rückführung nach Bild 17.8
374
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Wobei 1 die halbe Stützbreite ist, Op, Oapolares und axiales Trägheitsmoment der Scheibe und a ihre eventuelle Schrägaufkeilung. Die Gutartigkeit der homogenen Lösung ist sofort zu erkennen. Natürlich werden die Eigenwerte 4 jetzt drehzahlabhängig wegen des Einflusses der Kreiselkräfte.
Bild 17.15: Kippfreiheitsgrade P,,,pz
17.8 Fragen 1. Manlfrau vollziehe den Übergang von dem nicht-linearen Ausdruck für die Magnetlagerkrafte nach G1. (17.1) zum linearisierten Ausdruck nach G1. (17.2) nach.
2. Berücksichtigen Sie in einer Reihendarstellung der Kräfte noch weitere Potenzglieder bis zur Ordnung (4).
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
18.1 Einleitung Beim elastischen Läufer lassen sich Magnetlager in verschiedener Weise einsetzen. Zum einen werden sie als aktives Hilfssystem, das Defizite eines konventionell gelagerten Rotors - fehlende Stabilität, zu hohe Unwuchtantwort - zu kompensieren gestattet, eingesetzt (Bild 18.1 links). Zum anderen lassen sich konventionelle berührende oder fluid-geschmierte Lager auch ganz vermeiden. Dann wird den Magnetlagern auch die Tragfunktion aufgebürdet, Bild 18.1 rechts.
Bild 18.1: Links: Konventionelle Lagerung, Magnetlager als aktives Hilfssystem; Rechts: Magnetlager übernehmen auch die Tragfunktion
18.2 Einsatz als aktives Hilfssystem Im einfachsten Fall sitzt das Magnetlager neben der Rotormasse der Lavalwelle. Dann gilt die Bewegungsgleichungen (18.1), wenn die Sensorik wieder wie in Abschn. 17.3 über einen P-D-Regler den Stromverstärker ansteuert. s, ist die Wellensteifigkeit und c der Koeffizient einer Spaltanfachung, die Instabilität bewirken kann.
376
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
D-Glied
P-Glied
Wellen- Spaltansteifigk. fachung
cos Rt sin Rt
Unwuchterregung
(18.1)
Alle Aussagen, die für den starren Rotor in Magnetlagern gemacht wurden, lassen sich auf dieses System übertragen, denn durch die elastische Welle tritt einzig die Wellensteifigkeit s, additiv zu den Magnetlagersteifigkeiten. So geschaltet benutzt man das Magnetlager primär als Dämpfer zur Unterdrückung der Spalterregung (Stabilisator) und zur Bedämpfung der Resonanzstelle. Mit einer Kreuzschaltung ließ sich auch die Spalterregung direkt kompensieren, Bild 17.14. Über eine entsprechende Störgrößen-Kompensationsschaltung könnte man auch die Erregungskraft auf der rechten Seite einer Bewegungsgleichung unterdrücken. Wir verzichten auf eine detailierte Darstellung, da sie gegenüber der von Kap. 17 nichts prinzipiell Neues bringt. Ein Beispiel für den derartigen Einsatz eines Magnetlagers in einem recht komplizierten System zeigt Bild 18.2.
Wälzlager Motor Wälzlager Magnetlager Zentrifuge Gleitlager
Bild 18.2: Aktives Magnetlager zur Verbesserung der Laufruhe einer mit Flüssigkeit gefüllten Zentrifuge [18.1]
18.3 Zweifache Magnetlagerung eines elastischen Rotors
377
18.3 Zweifache Magnetlagerung eines elastischen Rotors Die Zapfendurchmesser sind in Magnetlagern sehr viel größer als bei Wälzund Gleitlagern. Wegen der geringen spezifischen Lagerkrafte (Kräfte je cm2) lassen sich nur über entsprechend große Lagerdurchmesser die erforderlichen Kräfte erzeugen. Im Modell wird man deshalb den Zapfenmassen im Magnetlager eigene Freiheitsgrade w,(t) und v,(t) zugestehen. Wir gehen wieder von einem symmetrischen Rotor aus, so daß die symmetrischen Schwingungsformen entkoppelt von den antimetrischen sind. Nur mit den symmetrischen Schwingungsformen wollen wir uns hier beschäftigen, Bild 18.3.
t wL
,%
I W , Symmetrie C
Bild 18.3: Freiheitsgrade der symmetrischen Schwingungsformen
Setzen wir auch hier Rotationssymetrie (Isotropie) in der Magnetlagerung voraus, dann können wir die Freiheitsgrade wieder komplex zusammenfassen:
Für die Anordnung nach Bild 18.3 gelten dann die Bewegungsgleichungen
wenn wir wieder im Regler eines jeden Lagers die wegproportionale Rückführung (P-Glied) über den Koeffizienten a realisieren und die Geschwindigkeitsrückführung (D-Glied) über den Koeffizienten b. Auf die Mitnahme einer
378
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
Spaltanfachung wollen wir jetzt verzichten, damit nicht zuviel Parameter ins Spiel kommen.
Eigenverhalten, homogene Lösung: Mit dem Ansatz
für die homogene Differentialgleichung (rechte Seite null) erhalten wir ein homogenes Gleichungssystem, dessen Determinante die charakteristische Gleichung liefert.
In G1. (18.5) wurde il durch Beziehen auf die (fiktive) Eigenfrequenz des starr dimensionslos gemacht, X = A l q„„. Des weiteren gelagerten Rotors qavai wurde abkürzend eingeführt: v=m,/m,
b*= 2 bk, / (m,
Massenverhältnis (Masse eines Lagers/Rotormasse)
bezogene Dämpfung q„„)
o„„ = ,/X
Bezugsfrequenz
Für ein Masseverhältnis von V = m, / m, = 0,2 und die Dämpfungseinstellung b*= 0,5 wurden die paarweise konjugiert komplex auftretenden Wurzeln (Eigenwerte) des Systems in Abhängigkeit von der Magnetlagersteifigkeitseinstellung a'* berechnet
;ik=%+j6uk bzw.
Sie sind in den Bildern 18.4 dargestellt. Um den ganzen Frequenzbereich bis zur unendlich starren Fesselung überschaubar zu machen, wurde rechts in den Bildern über 112 dargestellt.
18.3 Zweifache Magnetlagerung eines elastischen Rotors
379
Betrachten wir zunächst die Eigenfrequenzverläufe: Links bei „weicherMFesselung durch das Magnetlager (a* < 0,5) ist die niedrige Eigenfrequenz, die des (fast) starren Körpers und die hohe die der (fast) frei-frei schwingenden Welle.
Bild 18.4: Eigenwerte (Frequenz und bezogene Dämpfung) des magnetgelagerten Rotors über der Magnetlagersteifigkeit a', Dämpfungseinstellung b = 0,5, Massenverhältnis m, / m, = 0,2
Im breiten Bereich um die Bildmitte sind beide Eigenformen „Elastische". Rechts im Bild wird die niedrigere Eigenfrequenz zur Lavaleigenfrequenz (starre Lagerung). Die höhere ist die der von der Wellensteifigkeit nahezu ungehindert schwingenden Masse m, auf der Magnetlagersteifigkeit (aki-so). Interessant ist der zugeordnete Verlauf der Dämpfungsgrade ~ , ( a *und ) D,($). Bei niedriger Steifigkeitseinstellung a* ist die Starrkörpereigenform sehr
380
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
stark gedämpft. Mit wachsender Magnetlagersteifigkeit a' verliert sie aber immer mehr an Dämpfung. Die höhere der beiden Eigenformen (die bis a = I weitgehend der frei-freien Schwingungsform der Welle entspricht) ist bis a = 2 (bzw. lla*= 0,5) nur wenig beeindruckt von der Andening der MagnetlagerFesselung a*. Erst bei sehr sFarker Fesselung, schwindet auch hier die Dämpfung. Für die Abstimmung a = 0.6 bei der Dämpfungseinstellung bv= 0,5, die eben diskutiert wurde, wollen wir noch kurz die Unwuchtantwort vorstellen.
Unwuchtantwort: Mit dem Gleichtaktansatz
für das inhomogene Differentialgleichungssystem Gl. (18.3) erhalten wir das algebraische Gleichungssystem für die gesuchten Unwuchtantwort-Amplituden
in dem die Amplituden IR und g von Rotormasse und Lagerzapfen auf die Exzentrizität bezogen wurden. Für die oben genannte Parameterkonstellation (a* = 0,6; b' = 0,5 und V = 0,2) wurde dieses Gleichungssystem mit Hilfe der Cramerschen Regel ausgewertet. Die Amplitudengänge über der Drehzahl zeigt Bild 18.5.
1
I
h
Dämpfung b* = 0,5 Abstimmung a* = 0,6
Bild 18.5: Ausschläge von Rotor (iR/ E ) und Lagerzapfen (F, wuchtantwort
/E)
über der Drehzahl, Un-
18.4 Schlußbemerkung
381
Wie aufgrund der modalen Dämpfung D, und D, zu erwarten, sind beide Resonanzstellen (senkrechte, strichlierte Linien aus Rechnung ba = 0) ausgezeichnet gedämpft. Wir wollen die Stromfrequenzgänge nicht explizit vorstellen, aber den Weg zu ihrer Berechnung noch andeuten. Wir gehen von Cl. (17.7) aus und beachten, daß dort wegen des starren Körpers die Freiheitsgrade w(t), v(t) den Lagerfreiheitsgraden wL(t), v,(t) hier entsprechen. Fassen wir die Ströme der vertikalen und der horizontalen Anordnung i,(t) und iy(t)noch komplex zusammen, i(t) = i,+ jiy, so können wir die Stromgleichungen so darstellen:
ZU berücksichtigen, Wir hatten beim elastischen Rotor darauf verzichtet, rL,ret = 0. Mit den komplexen Lagerarnplituden T,, die wir aus der Auflösung von GI. (18.7) kennen, gilt dann bei Unwuchterregung für die Lagerströme
Sie sind deshalb wichtig, weil die Stromverstärker einen begrenzten Ausgang haben, auf den man Rücksicht nehmen muß.
18.4 Schlußbemerkung Auf einige Tücken, die bei aktiver Magnetlagerung auftreten, wollen wir noch hinweisen. Benutzt man die in den Kap. 17 und 18 skizzierte einfache Anordnung der Magnetlager, bei der die Sensorik in die Lager integriert ist, darf das Magnetlager auf keinen Fall im Knoten einer Eigenform sitzen, denn die ist dann weder beobachtbar - die Sensorik sieht nichts - noch steuerbar: die Magnetlagerkräfte bewirken nichts, Bild 18.6.
Bild 18.6: Fehlende Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit einer Eigenform, weil die Magnetlager in Knoten sitzen
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
382
Das ist trivial, führt aber bei Rotoren mit starkem Kreiseleinfluß auf erhebliche Probleme. Denn durch die starke Drehzahlabhängigkeit der Eigenformen können sich die Knoten weit verlagern [18.2] und [18.3]. Vielfach wurden kompliziertere Regelungen wie Zustandsregelungen o. ä. vorgeschlagen und auch gebaut, bei denen die Sensorik nicht in der aktiven Magnetlagerebene sitzt. Dann gibt es unter Umständen Probleme, auf die Schweitzer schon sehr früh hinwies [18.4], Bild 18.7 rechts. Sensorik
Sensorik
Sensorik
Kraft
I Kraft
Kraft
Kraft
I
Bild 18.7: Links: Sensorik in den ML-Ebenen; Geschwindigkeitsrückführung dampft erste und zweite Eigenform. Rechts: Sensorik nicht in der ML-Ebene; erste Eigenform gedämpft, zweite angefacht
Durch den Vorzeichenwechsel in der elastischen Eigenform zwischen Scheiben- und Lagerbewegung, wirken die Magnetlagerkräfte bei naiver direkter W, -Rückführung nicht dampfend sondern anfachend. Sie sind in Richtung der Lagerbewegung W,gerichtet. Über Regelungskonzepte für elastische Rotoren sind seit Mitte der 70-er Jahre viele Aufsätze erschienen. Eine recht umfangreiche Dokumentation findet sich in [18.3]. Selbstverständlich lassen sich aktive Magnetlager auch zur Maschinen- und Schwingungsdiagnose einsetzen. Den betrieblich notwendigen Steuer- und Regelbefehlen können Testsignale überlagert werden, die während des Betriebs zu überprüfen erlauben, ob irgendwelche unerwünschten Strukturveränderungen eingetreten sind.
19 Die unrunde Welle
19.1 Einleitung Bisher sind wir stets von Rotoren mit kreisförmigem Wellenquerschnitt ausgegangen. Auf Turbomaschinen trifft diese Modellvorstellung im Allgemeinen gut zu, allenfalls treten infolge von Nutverbindungen geringfügige Abweichungen vom Kreisquerschnitt auf. Im Gegensatz dazu gibt es bei elektrischen Maschinen auch Querschnittsformen mit stark verschiedenen Biegesteifigkeiten in zwei zueinander senkrechten Richtungen, z. B. bei zweipoligen Läufern von Synchronmaschinen, Bild 19.1.
Kupplungsflansch
r-+
Polkappe
Wicklungsnut
7
Bild 19.1: Zweipoligr Läufer eines Turbogenerators
Die bei solchen Läufern auftretenden Phänomene untersuchen wir an einem Einscheibenrotor, dessen elastische Welle einen zweifach symmetrischen Querschnitt hat. Wenn diese unrunde Welle starr oder isotrop elastisch gelagert ist, lässt sich die Zeitvarianz in den Bewegungsgleichungen, die bei Formulierung in raumfesten Koordinaten auftritt, noch umgehen, indem man in mitrotierende Koordinaten transformiert. Durch ein solches mitfahrendes Koordinatensystem ändert sich die Steifigkeit der Welle SC und s, während der Drehung nicht.
384
19 Die unrunde Welle
Es wird sich zeigen, dass es - entsprechend den beiden Biegesteifigkeiten der Welle - zwei kritische Drehzahlen gibt, bei denen die Unwucht des Rotors unendlich große Wellenauslenkungen verursacht (U. U. auch dann, wenn äußere Dämpfung vorhanden ist). Im Bereich zwischen diesen beiden kritischen Drehzahlen klingt die homogene Lösung auf, der Läufer ist instabil. Bei horizontal gelagertem Läufer tritt zusätzlich zu den beiden unwuchtverursachten kritischen Drehzahlen eine weitere kritische Drehzahl auf, die vom Gewichtseinfluss herrührt. Auf eine Umdrehung liegt der Läufer zweimal flachkant und zweimal hochkant. Schon bei rein statischer Betrachtung wird sich die Biegelinie mit der doppelten Frequenz des Umlaufs anheben und senken, Bild 19.2. Das verursacht eine Resonanz, die (keine allzu großen Unterschiede in beiden Steifigkeiten vorausgesetzt) ziemlich genau beim Erreichen der Hälfte der kritischen Drehzahl infolge Unwuchterregung auftritt. Doppel-T- Anker senkrecht
senkrecht
waagerecht
Doppel -T- Anker waagerecht
Bild 19.2: Doppelt-umlauffrequente Anregung der horizontalen Welle durch das Gewicht
Da sich diese gewichtsverursachte Resonanz auch durch Auswuchten nicht vermindern lässt, muss man entweder mit ihr leben oder man führt ,,künstlich" wieder Symmetrie ein, indem man beispielsweise durch Quereinfräsen die biegebeanspruchten Fasern in den Polen in regelmäßigen Abständen unterbricht, so dass sie nicht versteifend wirken können, Bild 19.3. Durch äußere Dämpfung wird, wie in Abschn. 19.3 gezeigt wird, der instabile Drehzahlbereich verkleinert oder sogar vollständig unterdrückt.
Bild 19.3: Künstliche Symmetrie durch Quernuten in der Polzone
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungen und ihre Lösungen
385
Ist die unrunde Welle orthotrop gelagert, lässt sich die Zeitvarianz der Bewegungsgleichung nicht umgehen, siehe Abschn. 19.3. Ohne auf die Stabilitätsuntersuchung nach Hill oder Floquet explizit einzugehen, geben wir die Stabilitätskarten für diesen Fall an und verschaffen uns einen qualitativen ~ b e r b l i c k über die Schwingungsantwort auf Unwucht- und Gewichtserregung. Auch für die unrunde Welle in Gleitlagern wird eine kurze Stabilitätsübersicht präsentiert, Abschn. 19.4.
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungenund Lösungen Formuliert man die Bewegungsdifferentialgleichungen in raumfesten Koordinaten, dann erhält man zwar noch lineare Differentialgleichungen, jedoch schwanken die Steifigkeitswerte periodisch (Bild 19.2), d.h. die Koeffizienten hängen periodisch von der Zeit ab. Man erhält Mathieusche Differentialgleichungen, die viel aufwendiger in der mathematischen Behandlung sind als Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten. Solange nur die Welle anisotrop ist und die Lager starr oder isotrop elastisch sind, haben die in einem mitrotierenden Koordinatensystem formulierten Bewegungsgleichungen konstante Koeffizienten. Deshalb gehen wir in der folgenden Betrachtung von einem mitlaufenden Koordinatensystem aus, dessen Achsenrichtungen parallel zu den Hauptachsen des Wellenquerschnittes liegen, Bild 19.4. Die Scheibenexzentrizität E bildet mit der GAchse einen beliebigen aber konstanten Winkel ,ü. Die Federkonstante der Welle in GRichtung bezeichnen wir mit sy und in q-Richtung mit sq, wobei wir s,> sy festlegen wollen.
Bild 19.4: Unrunde Welle in ausgebogenem Zustand
386
19 Die unrunde Welle
Wie bei der runden Welle führen wir die Abkürzungen
ein. Für die weitere Rechnung und im Hinblick auf die Darstellung der Resultate erweist es sich als zweckmäßig, die neuen Abkürzungen
und
einzuführen. Der erste Parameter w kann als Eigenfrequenz einer Welle mit einer mittleren Biegesteifigkeit aufgefasst werden, während der Parameter ,u den „Grad der Unrundheit" der Welle angibt. Er bewegt sich zwischen ,u = 0 und ,u = 1 . Damit ergibt sich aus G1. (19.1)
Im Kap. 3 wurden die Bewegungsgleichungen eines Läufers mit runder Welle im mitrotierenden Koordinatensystem hergeleitet, Cl. (3.60). Will man diese auf die unrunde Welle übertragen, so braucht man dort lediglich w in der ersten Gleichung durch wc und in der zweiten Gleichung durch wv zu ersetzen. Damit lauten die Gleichungen für die Bewegung des Wellendurchstoßpunktes W
Die beiden Gleichungen sind in den geschwindigkeitsproportionalen Gliedern miteinander gekoppelt, was in der Darstellung als Matrizengleichung noch deutlicher zutage tritt.
cos p sin ß
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungen und ihre Lösung
387
Freie Schwingungen - homogene Lösung Wir untersuchen zuerst das homogene Differentialgleichungssystem auf Stabilität seiner Lösung. Der Exponentialansatz
für die verkürzten Differentialgleichungen (19.5) führt auf ein homogenes lineares Gleichungssystem, das nur dann nichttriviale Lösungen hat, wenn die Koeffizientendeterminante verschwindet. Diese Bedingung liefert die charakteristische Gleichung
mit den Wurzeln
Im vorliegenden Falle entnimmt man den G1. (19.7) unmittelbar, dass nur reelle oder rein imaginäre Eigenwerte X auftreten. Die Eigenwerte 4 und 4 sind stets imaginär, wahrend die Eigenwerte 4 und für
4
reell sind. In diesem Falle ist /Zi positiv, d.h. die homogene Lösung klingt auf, der Läufer wird instabil. Aus der Ungleichung (19.8) ergibt sich der Drehzahlbereich, in dem die Welle instabil wird, zu
oder
Die Verhältnisse lassen sich in einer Stabilitätskarte, Bild 19.5, anschaulich darstellen. Die Grenzkurven zwischen den stabilen und instabilen Bereichen
388
19 Die unrunde Welle
in dem Diagramm sind Teile von Parabeln, deren Scheitel auf der Ordinate bei +1 und -1 liegen. Für einen bestimmten Wert ,U liegt der instabile Drehzahlbereich zwischen ur = w f i
und w,
=w f i
. Er schrumpft um so stärker
zusammen, je runder die Welle ist.
Bild 19.5: Zonen stabilen Laufverhaltens in Abhängigkeit von der Läufer-Unsymmetrie y und der Drehzahl
Die allgemeine homogene Lösung ergibt sich aus der Überlagerung der Teillösungen. Durch Zusammenfassen der beiden Komponenten zu einer komplexen Größe p = wc + jv, können wir schreiben
oder ausführlich
Für einen mitrotierenden Beobachter stellt sich im stabilen Fall - alle Eigenwerte imaginär, d.h. 4 = jw,*- die homogene Lösung als Überlagerung von zwei Ellipsenbewegungen mit den Umlauffrequenzen w; und 4 dar. Für diese Eigenfrequenzen gilt nach G1. (19.7)
Diese hängen, wie man sieht, auch von der Wellendrehzahl D ab. Diese Abhängigkeit ist in Bild 19.6 dargestellt.
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungenund ihre Lösung
389
Im Drehzahlbereich zwischen U< und c(>?7 ist der Eigenwert Ar positiv. Der dazu gehörende Anteil der homogenen Lösung stellt ein Auswandern vom Wellendurchstoßpunkt W auf einem im rotierenden System feststehenden Strahl nach einem Exponentialgesetz dar. Dieser Anteil ist für die Instabilität der homogenen Lösung verantwortlich. Daneben gibt es wegen 4 = -4 auch einen abklingenden Anteil.
Unwuchterzwungene Schwingungen Im Differentialgleichungssystem (19.5) ist die Rotorunwucht in den beiden auf der rechten Seite stehenden zeitunabhängigen Störgliedern enthalten.
Bild 19.6: Abhängigkeit der Eigenfrequenzen U * (irn mitrotierenden Koordinatensystem) von der Wellendrehzahl L2 bei einer unrunden Welle für p = 0,s
Mit einem Ansatz nach „Art der rechten Seite" wie = const und vVE= const erhalten wir die partikulären Lösungen
390
19 Die unrunde Welle
Betrachten wir jetzt diese unwuchterregten Schwingungen (die sich in Wirklichkeit den freien Schwingungen überlagern, sofern diese nicht durch eine schwache Dämpfung langsam abklingen), dann nimmt der Wellendurchstoßpunkt W, dessen Abstand vom Ursprung natürlich auch wieder von der Drehzahl Q abhängt, im mitrotierenden Koordinatensystem eine feste Lage ein, Bild 19.7. Für C2 = wy wächst die Durchbiegung in s, und P, =-S v - Sh mit s, > s, ,
Sc + %
Sv
(19.32)
+Sh
die mittleren Steifigkeiten -
s, = (sj
+ s,)/2
-
s, = (s,
+ s,)/2
(19.33)
und deren Verhältnis sL/ s , ein. Alle Eigenfrequenzen und Erregerfrequenzen wurden auf die mittlere Eigenfrequenz der (fiktiven) starr gelagerten Welle
19.3 Die unrunde Welle in orthotroper Lagerung
399
bezogen. Zweckmäßigerweise eliminiert man noch die Lagerfreiheitsgrade, was wegen m, = 0 durch statische Kondensation geschehen kann. Die Stabilitätsuntersuchung nach Floquet oder Hill wird recht aufwendig. Wir übernehmen die Ergebnisse dieser Untersuchung der Arbeit [19.8 ].
bezogene Frequenz R / o
3
p ,= 0.6
bezogene Frequenz R / o
bezogene Frequenz Q / o
3
pL= 0.8
bezogene Frequenz R / o
Bild 19.14: Stabilitätskarte der unrunden Welle in orthotropen Lagern für 0,8 und S,- =F,
= 0,2; 0,3; 0,6;
Stabilität Bei geringer Lagerorthotropie, = 0,2, ähnelt der Trichter der Instabilitäten noch sehr dem Fall des isotrop gelagerten Rotors. Jedoch sind auch hier schon die drei typischen Spitzen zu erkennen, die für p, gegen null auf der Drehzahlachse liegen. Die niedrigste Spitze liegt bei der Eigenfrequenz der runden Welle Cu,= O), die horizontal auf der orthotropen Lagerung schwingt,
1+s, /2s,
mit s, = s i =s,,
(19.35)
die höchstgelegene Spitze bei der vertikalen Eigenfrequenz der runden Welle
400
19 Die unrunde Welle
und die mittlere Spitze genau in der Mitte dazwischen
Mit zunehmender Orthotropie der Welle ,LW werden die drei instabilen Zonen breiter und gehen schließlich in einen einzigen instabilen Bereich über.
Unwucht-erzwungene Schwingungen Bild 19.15 zeigt die Unwuchtantwort in Abhängigkeit von der Drehzahl. Da die Bahnkurven bei orthotroper Lagerung keine reinen Kreisbahnen mehr sind, wurden die Maximalausschläge bezogen auf die Exzentrizität r aufgetragen. krit, u2
krit, u4
R krit, u6
lene Frequenz R/w
z / & 4 W/&
Bild 19.15: Unwuchtantwort und Bahnkurven der Scheibe für die orthotrop gelagerte (,U, = 0,6) und unrunde (,U, = 0,3) Welle
19.3 Die unrunde Welle in orthotroper Lagerung
401
Aus den beiden Resonanzgipfeln der unrunden Welle in isotropen Lagern in der Gegend von fi / W = 1 , Bild 19.7, sind durch die starke Orthotropie der Lagerung nun vier Resonanzspitzen R , , ,„, bis R k r , entstanden. Die sehr schmalen Resonanzpeaks G,,, und Clkr,,,enthalten starke Oberwellenanteile, wobei der 3Q -Anteil dominiert. 3 5.
1.0
a .a 2
2 .E
0.5
Ca C a -
s
- Stabilitätsgrenze 0.0
0
1
bezogene Frequenz R/w
Bild 19.16: Stabilitätsgrenzen und biegekritische Drehzahlen der orthotrop gelagerten Lavalwelle, p, = 0,6; 5, / s, = 1
Bild 19.16 zeigt, dass auch bei orthotroper Lagerung die hauptkritischen Drehzahlen auf den Stabilitätsgrenzen liegen. Will man aufwendige Rechnungen vermeiden, dann lässt sich die Lage der instabilen Zone(n) und die biegekritischen Drehzahlen Cl,,, „ bis Cl„, „ anhand der Angaben von Bild 19.17 schnell eingrenzen.
Bild 19.17: Abschätzung der instabilen Zonen und der Lage der biegekritischen Drehzahlen aus Unwucht beim unrunden Lavalläufer in orthotropen Lagern
402
19 Die unrunde Welle
Gewichtsverursachte Resonanzen Die Hauptresonanzstellen aus dem Gewicht liegen bei
also „bei halber kritischer Drehzahl" ähnlich wie bei der unrunden Welle in isotropen Lagern, nur dass durch die Orthotropie eben zwei Kritische entstehen. Daneben gibt es unterhalb davon noch zwei ganz schmale Peaks, die aber praktisch ohne Bedeutung sein dürften. Eine etwas vereinfachte Gesamtübersicht über das Verhalten der unrunden Welle in orthotropen Lagern gibt Bild 19.18.
&2krit, gi
&2 krit, ui
0
63
INSTABIL
1 bezogene Frequenz Ln 101 Bild 19.18: Gesamtübersicht über das dynamische Verhalten der unrunden Welle (U, = 0,3) in orthotropen Lagern ( p L = 0,6)
19.4 Unrunde Welle in Gleitlagern
19.4
403
Unrunde Welle in Gleitlagern
Anhand einiger Bilder aus der Arbeit [19.8] soll noch kurz das Verhalten der unrunden Welle in Gleitlagern andiskutiert werden. Für einen Lavalläufer in Kreis- bzw. Zitronenlagem (Daten aus [19.9], Auslegung Sok = 1, p = 2 ) wurden die Stabilitätsgrenzen in Abhängigkeit von der Wellenorthotropie mit dem Hill'schen Verfahren ermittelt, Bild 19.19. Kreiszylinder
Zweikeillager
0
1 bezogene Frequenz
2 Cl l o,
Bild 19.19: Stabilitätsgrenzen des Lavalläufers in Kreis- und Zitronenlagern in Abhängigkeit von der Wellenorhtotropie pw
Das aus den Kapiteln 12 und 13 bekannte Verhalten der Kreis- und Mehrgleitflächenlager spiegelt sich hier wieder. Das Kreislager hat bei R / u = 1 noch hohe Stabilitätsreserven, die aber jenseits der Resonanz schnell schwinden. Der Einbruch der Stabilität bei Q = U ist deshalb gering, aber bei R = 1,58. U ist die Stabilitätsgrenze schon erreicht, die praktisch nur aus dem Gleitlagereffekt stammt. Beim Zweikeillager (Zitronen-) bricht die Stabilität bei R l U = 1 stärker ein als beim Kreislager, aber die gleitlagerbestimmte Stabilitätsgrenze liegt höher, daher Re = 1,96. w . Bild 19.20 schließlich zeigt die „Schwingungsamplituden" aus Gewicht und Unwucht über der Drehzahl für den Kreislagerfall. Durch die starke Gleitlagerdämpfung werden die Oberwellen sehr stark unterdrückt, es liegt ein erstaunlich gutartiges Verhalten vor.
404
19 Die unrunde Welle
S o , = 1.0
bezogene Frequenz L2 10
Bild 19.20: Schwingungsamplituden aus Gewicht und Unwucht für den Kreislagerfall in Abhängigkeit von der bezogenen Frequenz C2 l U
19.5 Fragen I. Manlfrau ergänze Bild 19.6, das die Eigenfrequenzen w* = w * ( C l ) wiedergibt um ein zweites Bild, in dem die Realteile der Eigenwerte A*=a* +J w * in der instabilen Zone eingetragen sind. '
2. Ermittle wie schnell die Welle auswandert, wenn die Drehzahl mitten zwischen den Frequenzen wc und U, liegt. Systemdaten: Orthotropieparameter p = 0 , l ; Drehzahl (wc + U, ) / 2 = U = R .
3. Uberdenke das Zustandekommen der Zeitvarianz in der Steifigkeitsmatrix (19.28).
20 Der zweiflüglige Propeller
20.1 Einleitung Ein 2-flügliger Propeller findet sich beispielsweise in Ventilatoren sowie den Rotoren von kleineren Flugzeugen, Hubschraubern und Windturbinen wieder. Er stellt in gewissem Sinne ein Spiegelstück zur unrunden Welle dar, welche im vorangegangenen Kapitel behandelt wurde. Dort liegt die Unrundheit auf der Seite der Steifigkeit, hier auf der Seite der Massen. Wie dort bleiben die Bewegungsgleichungen gerade noch zeitinvariant, wenn sie in rotierenden Koordinaten formuliert werden und die Lagerung isotrop ist. Die Stabilitätsbetrachtung und die Ermittlung der ~nwuchtantworldes 2-Flüglers sind Gegenstand dieses Kapitels.
Bild 20.1: Zweiflügliger Ventilator mit Nick- und Wendefreiheitsgrad infolge elastischer Gummibettung des Antriebsmotors
20.2 Mechanisches Modell, Bewegungsgleichungen Um die Phänomene, aber nicht den Berechnungsaufwand in den Vordergrund zu stellen, modellieren wir sehr einfach, Bild 20.2. Die rotierende Welle sei starr, nur der Propeller hat Masseeigenschaften, die durch seine axialen
406
20 Der zweiflüglige Propeller
Hauptträgheitsmomente 0 „ 0„ das polare Trägheitsmoment 0, und die Masse m beschrieben werden. Obwohl sich die Massen der rotierenden Welle und des Antriebsmotors leicht mitnehmen ließen, lassen wir sie hier weg. Auch aerodynamische Effekte berücksichtigen wir hier nicht.
Bild 20.2: Mechanisches Modell mit elastischer und gedämpfter Lagerung
Mit dem Lagermodell von Bild 20.3, welches die isotrope Drehfesselung Z und die äußere Drehdämpfung d besetzt, bleiben dem System nur noch die Freiheitsgrade pvund pc um die Nick- bzw. Wendeachse. Diese werden allerdings im mitrotierenden Koordinatensystem beschrieben.
Bild 20.3: Hauptachsen 1 , 2 , 3 des Propellers und Beschreibung der Wendeauslenkung im Sinne des Freiheitsgrades V> E, verzichten wir darauf, die Exzentrizität weiter mitzuschleppen. Für die stationäre kinematische Abrollbahn lautet dann die Kräftegleichung von Rotor und Stator in einem rotierenden Koordinatensystem für den Rotor: Stator:
[ R R R 2 mWswI - N = 0
pL[a„2 mL- sL]+ N = 0 .
(27.10) (27.11)
27.3 Kinematische Rückwertsrolle - dry friction whirl
565
Daraus folgt mit der Abrollbedingung die Rotorbahn zu:
wobei %+„wie im vorangegangenen Abschnitt, die gemeinsame Eigenfrequenz von Rotor und Stator ist. Für die Normalkraft zwischen Rotor und Stator - deren Vorhandensein Voraussetzung für das Abrollen ist - erhalten wir:
Gehen wir wieder vom Fall des hochabgestimmten Stators aus, q >q,.,+, > q,.,, dann läßt diese Gleichung erkennen: erst jenseits der Rotorkritischen dominiert die Fliehkraft des Rotors über seine elastische Rückstellkraft und eine Wandberührung mit positiver Normalkraft ist überhaupt möglich. Bild 27.11 gibt die Rotoramplituden und die Normalkraftverhältnisse wieder.
Drehzahl R„ [ radls ]
Bild 27.11: oben: Vergrößerungsfunktion des Rotors mit Statorberührung bei überkritisch abgestimmtem Stator (m, = 2mw, s, = 8sw, U, = 2wW),unten: Zonen, in denen wegen N > 0 kinematisches Abrollen möglich ist
27 Die harte Statorberührung- Fanglager
566
Im Drehzahlbereich cy,< ClRR q,+, ein eigenartiges Phänomen auf. Trotz weiterer Drehzahlerhöhung blieb der Rotor sehr heftig schwingend mit seiner gemessenen Abrollfrequenz bei %+,hängen, Bild 27.12.
27.4 Die Bewegungsgleichungen bei Rotor-Stator-Berührung
567
Ein solches Verhalten, ist nur mit Schlupf beim Abrollen möglich. Der Rotor will sich wegen N < 0 ab Q„2 %+,vom Stator lösen, dadurch verliert er an Winkelgeschwindigkeit Q„, berührt also wegen N > 0 wieder, wodurch sich die Winkelgeschwindigkeit wiederum erhöht. So scheint das Spiel beim Hängenbleiben in der gemeinsamen Resonanz von Rotor und Stator %+,abzulaufen. Auch in der Praxis wurde - meist unfreiwillig das Hängenbleiben mit schlupfbehaftetem Rückwärts-Abrollen in einer höheren gemeinsamen kritischen Drehzahl von Rotor und Stator des öfteren beobachtet.
27.4 Die Bewegungsgleichungen bei Rotor-StatorBerührung Bisher haben wir nur spezielle stationäre, periodische Lösungen des Berührproblems betrachtet, die analytisch lösbar waren. Für eine allgemeinere Betrachtung schreiben wir zunächst die nicht-linearen Bewegungsgleichungen in raumfesten Koordianten unter Annahme eines einfachen Kontaktmodells an, Bild 27.13.
Bild 27.13: Berührkmematik und Kontaktsteifigkeitsmodell
r, und r, sind die komplexen Verschiebungen von Stator- resp. Wellenmitte. r, ist die Schwerpunktverschiebung der Scheibe, die mit den Wellenmittenverschiebungen über die Exzentrizität verknüpft ist.
568
27 Die harte Statorberührung - Fanglager
m, und m, sind wie bisher Rotor (Scheiben)- und Gehäusemasse, entsprechend sind die Dämpfungen d,, d, und die Steifigkeiten s,, s, zugeordnet. Die Gleichungen für die Rotor- bzw. Statorbewegungen lauten dann Rotor: m, r,
+ d,
Stator: m L rL + d L
i,
+ s,
r,
< +s, (r,
+ (1 + j p ) N = 0 -r„„)-(l+p
(27.17)
j)N = O
r„„ ist der eventuell vorhandene Gehäuseversatz gegenüber einer zentrischen Position der Welle. N ist die Normalkraft im Kontaktpunkt K. Sie ermitteln wir aus der Durchdringungstiefe von Rotor und Stator unter Annahme einer globalen Berührsteifigkeit s,, die aus den lokalen Nachgiebigkeiten von beiden, Rotor und Stator, zusammenzusetzen ist
Die Spitzen Klammern bedeuten N = 0, solange der Klammerinhalt negativ ist keine Berührung. Erst bei positivem Klammerinhalt (Durchdringung) wird die Kontaktkraft wirksam. a gibt die Richtung der aktuellen Lage des Berührpunktes K an, in dem die Normal- und Tangentialkraft angreifen,
-
a = arctan { Im (r,
- r, ) 1 Re (r, - r,
)}.
ist der Reibwert. Im Fang-Wälzlagerfall beträgt p null, wenn man von der geringen Drehträgheit des Wälzlagerringes, der zu beschleunigen ist, absieht.
,U schließlich
27.5 Plötzlicher Schaufelverlust mit anschließendem Anstreifen der Welle - digitale Simulation Das den nachfolgenden Bildern zugrunde liegende Rechner-Modell ist ein Lavalrotor mit sehr hoch abgestimmtem Stator (m, = 10-~ m,, s, = 15 s,). Das Spaltspiel beträgt das zweifache der (plötzlichen) Schwerpunktsexzentrizität (C= 2 E). Es ist aber durch den nicht-mittigen Sitz schon zur Hälfte aufgezehrt J E = l+j). Die Lavalwelle ist schwach gedämpft (D = 0,05). Für die Statordämpfung gilt d, = 1,4 d,. Weitere Systemdaten sind s, = s, und p = 0,2.
27.5 Plötzlicher Schaufelverlust mit anschließendem Anstreifen der Welle
569
Die Welle läuft mit konstanter Drehzahl 77 = Cl / q„, zunächst ohne Unwucht und damit auch ohne Ausschlag um ( Anfangsbedingung: r, = r, = 0; &, = is = 0 ). Zum Zeitpunkt t = 0 setzt die plötzliche Unwucht ein - z. B. durch Schaufelflug, die den Rotor aus seiner Ruhe reißt. Nach einem kurzen Einschwingvorgang schwingt sich der Rotor auf einen stationären Anstreifzustand ein - oder auch nicht. Bild 27.14 gibt zunächst eine ~ b e r s i c h tzu dem gesamten untersuchten Drehzahlbereich. Dünn gezeichnet ist die Resonanzkurve der Lavalvelle ohne Statorberührung. Die beiden fetten Linien geben den maximalen und minimalen Ausschlag des jeweiligen Anstreiforbits an, wobei auf die Exzentrizität normiert wurde.
Bild 27.14: Übersicht über das Anstreifverhalten eines Lavalrotors an einem steifen Stator. Obere dick gezeichnete Kurve: I r, / E l mix, untere dick gezeichnete Kurve: I r, / r l m,n; dünn gezeichnete Kurve: Lavalwelle ohne Spaltbegrenzung
Ab = 0,7 bis 77 = 1,l stellt sich nach dem Einschwingen ein Orbit endlichen Auschlags ein. Die Zone 1,l < 77 < 1,5 ist instabil. Jenseits dessen werden die Orbits wieder endlich. Den Orbit des Falles 77 = 0,9 zeigt Bild 27.15, eine Art "full annular rub". Die zweiseitige Fourieranalyse läßt aber erkennen, daß neben den +/- 1 ClKomponenten auch eine schwache +/- 2 Cl- und +/- 3 Cl- Beteiligung vorliegt, was auf die nicht-zentrische Nullage der Welle im Ringspalt zurückzuführen ist. Auch die starke statisch 0 Cl-Komponente ist auf den Versatz des Ring-spaltes zurückzuführen.
570
27 Die harte Statorberührung - Fanglager
Bild 27.15: Anstreifen der Welle am Stator im Falle 17 = 0,9; links: Anstreiforbit, rechts: zweiseitiges Spektrum
Der Fall 77 = 1,l liefert - wieder nach kurzem Einschwingvorgang - eine Rosette, deren Blätter (deformierte Ellipsen) gleichläufig durchfahren werden, die aber insgesamt langsam rückwärts dreht.
Bild 27.16: Anstreifen der Welle am Stator im Falle und ihr zweiseitiges Spektrum
T?,
= 1,l; gegenläufige driftende Rosette
Dieses Phänomen ist auf die dicht benachbarten Frequenzen im Spektrum zurückzuführen (vergl. Kap. 32). Im Falle 77 = 1,2 wird das System letztlich nach Ca. 130 Umdrehungen instabil. Bild 27.17 zeigt die Gesamtdarstellung und Details des instabilen Falls 77 = 1,2.
27.5 Plötzlicher Schaufelverlust mit anschließendem Anstreifen der Welle
Gesamtdarstellung: 0 bis 130 Umdrehungen 8.
571
Gleichlauf
Umdrehungen 0 bis 57 Einschwingvorgang und fast stationäre Rosette Gegenlauf
Umdrehungen 57 bis 66 Wechsel von gleichläufig auf gegenläufig durchfahrene..Blätter"
Umdrehungen 66 bis 130 Anwachsender gegenläufiger "Whirl"
Bild 27.17: Anstreifen der Welle im Falle = 1,2; instabiles, gegenläufiges Auswandern nach Ca. 130 Umdrehungen und Detaildarstellunge
Nach Ca. 5 Umdrehungen mündet der Einschwingvorgang in einen kreisähnlichen Orbit, der gleichläufig durchfahren wird. Nach Ca. 12 Umdrehungen fängt die Kreisbahn an elliptisch zu werden. Die Ellipsen werden noch gleichläufig, also im Wellendrehsinn, durchfahren. Aber Ihre „Hauptachse" drifted allmählich stetig rückwärts wie im Rosettenfall. Mit der Zeit wird die „Ellipsea immer schlanker. Nach ca. 62 Umdrehungen schrumpft sie zur Linie zusammen und wird danach wieder dicker und gegenläufig durchfahren, wobei die „Rosette" insgesamt nach wie vor gegenläufig dreht. Nach Ca. 110 Umdrehungen beginnen die Amplituden deutlich zu wachsen, auch wird die nun rückwärts durchfahrene jetzt kreisähnliche Bahn allmählich schneller durchlaufen - als mit SZ. Die Welle wird instabil und
572
27 Die harte Statorberührung - Fanglager
beginnt stetig auszuwandern. Nach 130 Umdrehungen wird die Rechnung abgebrochen.
Bild 27.18: Der Fall des Anstreifens bei 77 = 2,5; links: Orbit, rechts: zweiseitiges Fourierspektrum
Den Fall des Anstreifens nach plötzlichem Schaufelverlust bei 7 = 2,5 zeigt Bild 27.18. Nach dem - nicht gezeigten - Einschwingen bleibt eine stationär durchfahrener Orbit mit bescheidenen Amplituden, der mit +I- (1/2)R, +I- 1Q und +I- (312)Rdurchfahren wird. Setzt man im vorliegenden Beispiel den Reibwert ,L auf null - Wälzlager als Fanglager - verschwindet die instabile Zone, die im Bild 27.14 für den Fall ,L = 0,2 zu sehen ist. Das Diagramm sieht sehr ähnlich aus, aber der Drehzahlbereich 17 = 1,l bis 1,5 bleibt stabil. Hinweis: Generell sind die Einschwingfiguren und Orbits sehr stark von den Anfangsbedingungen - hier plötzliche Unwucht - und den jeweiligen Systemparametern abhängig. Die hier gezeigten Resultate lassen sich nicht auf andere Parameterkonstellationen übertragen. Das System ist eben grob nichtlinear.
27.6 Schlußbemerkung Zur Zeit ist das Bild, wann und unter welchen Parameterkonstellationen diese oder jene Anstreiforbits und Anstreifinstabilitäten entstehen, noch recht unvollständig und erst im Entstehen. In die bisherigen Betrachtungen wurden nur die Biegefreiheitsgrade der Welle einbezogen. Tatsächlich werden aber auch die Torsionsfreiheitsgrade beim
27.7 Fragen
573
Anstreifen am Gehäuse angeregt [27.11], besonders beim Schaufelanstreifen. Auch die Torsionsschwingungen geben deutliche diagnostische Hinweise. Ein vollständiges Bild, dessen was beim harten Anstreifen geschieht dürfte in wenigen Jahren vorliegen.
27.7 Fragen 1. Zur Darstellung des Kontaktvorganges zwischen Rotor und Stator konkurrierten zunächst zwei Modelle:
das Modell, das mit Newtons Stoßhypothese arbeitet und die Änderung der Geschwindigkeit vor und nach dem Stoß, durch eine Stoßzahl zu erfassen sucht, und das Modell, das mit Kontaktfederung, -dämpfung und dahinter liegenden Statorfreiheitsgraden arbeitet. Warum verschwindet das auf Stoßhypothesen beruhende Modell allmählich aus der Diskussion. Wo liegen seine Schwierigkeiten?
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors durch Einfluß von Gehäuse- und Fundamentdynamik
28.1 Einleitung Kleinere Maschinen werden mit dem Gehäuse auf gummielastischen Füßen aufgestellt. Flugtriebwerke hängen am schwingungsfähigen Flügel, Bilder 28.1 a bis e. Schwere Turboläufer von stationären Gas- und Dampfturbinen werden in einem Lagerbock auf dem Fundament (Sohlplatte oder Rahmenwerk) aufgebaut. Oft sind schwere Maschinen auch auf einem Blockfundament gegründet, das direkt im Erdreich mht.
Bild 28.1: Verschiedene Lagerungen von Rotoren: Turbomolekularpumpe und E-Motor auf Gurnrnifüßen (a, b); Lagerbock einer Dampfturbine auf biegeelastischem Querträger (C); Blockfundament auf dem Erdreich (d); Flugtriebwerksaufhängung (e)
576
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
Der Baugrund aber ist keinesfalls starr, sondern unter Umständen sehr schwingungsfreudig; er läßt sich durch einen elastischen Halbraum modellieren. Mit der Rückwirkung der Dynamik von Gehäuse, Fundament und Boden werden wir uns in diesem und im folgenden Kapitel auseinandersetzen. Auch hier ist das Ziel, das Grundsätzliche herauszuarbeiten, um abschätzen zu können, ob es notwendig ist, aufwendige Programme für die Interaktion von stützender Struktur und Rotor einzusetzen. Häufig genügt es in praxi, die Tendenzen der Verschiebung der kritischen Drehzahlen zu kennen.
28.2 Verschiebung der Eigenfrequenzen durch Lagerund Bocknachgiebigkeiten Sind Rotoren nicht starr gelagert, sondern elastisch gestützt, sinken die Eigenfrequenzen ab. Das ist uns schon vom Lavalrotor bekannt, Kap. 5 und 6, gilt aber auch für komplizierte Rotoren. Bild 28.2 zeigt für eine glatte Welle, wie mit der zunehmenden Stütznachgiebigkeit die Eigenfrequenzen sinken.
Bild 28.2: Abhängigkeit der Eigenfrequenzen (kritischen Drehzahlen) einer glatten Welle von der Stütz-Nachgiebigkeit an den Lagern, aus [28.1]
28.2 Verschiebung der Eigenfrequenzen durch Lager- und Bocknachgiebigkeiten 577
Wenn in der Entwurfsphase die Stützsteifigkeiten noch nicht bekannt sind, rechnet man vorsichtshalber dieses Diagramm q = q(h„) aus. Weiß man später genaueres, genügt ein senkrechter Strich um die Eigenfrequenzen (kritische Drehzahlen) zu finden. Oft aber erfolgt die Abstützung des Rotors nicht über reine Federelemente sondern über Stützkonstruktionen, die sowohl massebehaftet als auch elastisch sind. Den Lagerbock auf dem elastischen Querriegel von Bild 2 8 . 1 wird ~ man besser durch ein Feder-Masse-System als durch eine reine Feder modellieren. Auch das Gehäuse des Elektromotors, der auf Gummifüßen steht, läßt sich für einen beträchtlichen Frequenzbereich gut durch dieses Modell von Bild 28.3 darstellen.
Lagerbockmasse Querriegel -federung Bild 28.3: Modell eines Lagerbocks mit Querriegelfederung
In diesem Fall läßt sich ebenfalls mit der Grafik q = q (h„) nach Bild 28.2 arbeiten, allerdings muß man bei der Vorabrechnung auch den Bereich negativer Nachgiebigkeiten mit ermitteln. In Bild 28.4 ist das für den Lavalrotor ausgeführt.
Bild 28.4: Eigenfrequenz (kritische Drehzahl) des Lavalrotors in Abhängigkeit von der Stütznachgiebigkeit h„ (positiver und negativer Ast); wo = J-)
578
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
Für die Stützkonstruktion berechnet man nun die dynamische Nachgiebigkeit des Bocks unter harmonischer Anregung P(t) = PcosQt. Aus der Bewegungsgleichung
erhält man mit
U
= ucos Qt die dynamische Nachgiebigkeit hLB(R)
Man sieht: die statische Nachgiebigkeit l/s„ wird durch den Einfluß der Massenkrafte modifiziert. Wegen der Dämpfungsfreiheit bleibt sie nach wie vor reell, kann nun aber oberhalb der Bockeigenfrequenz w„ = JS„/m„ auch negativ werden. Man trägt daher die nun frequenzabhängige Bocknachgiebigkeit h,(R) ein. Wo sich Schnittpunkte mit der Rotorfrequenzkurve q = q (h„) ergeben, liegen die Resonanzstellen des Gesamtsystems: Rotor und Stützkonstruktion schwingen mit einer gemeinsamen (Eigen-) Frequenz auf der zugehörigen dynamischen Nachgiebigkeit h„ .
I
o, Rotoreigenfrequenz bei starrer Stützung, h„=O
0 dynam. Lagerbocknachgiebigkeit--,
"LB
Bild 28.5: Verschiebung und Aufspaltung der Rotoreigenfrequenz w, in w, und w2durch die Bocknachgiebigkeit h„ (Q)
Da die Nachgiebigkeitskurve
28.2 Verschiebung der Eigenfrequenzen durch Lager- und Bocknachgiebigkeiten 579
einen positiven und einen negativen Ast hat, entstehen zwei Schnittpunkte. Beide sind Eigenfrequenzen des Gesamtsystems. Genaueres werden wir im nächsten Abschnitt kennenlernen. Oft wird man die Mühe scheuen, die Nachgiebigkeit h„(R) rechnerisch zu ermitteln, dann genügt ein einfacher Shaker-Versuch, um zu gesicherten Daten zu kommen. Bei komplizierten Stützkonstruktionen können mehrere Resonanzstellen auftreten, was dem Verfahren keinen Abbruch tut. Eine strengere Herleitung findet sich bei Kellenberger [28.2], dessen Buch auch das folgende Bild 28.6 entnommen ist. An ihm erkennt man, (laß dieser Turborotor bei starrer Lagerung im Drehzahlbereich bis 5000 min nur zwei kritische Drehzahlen hätte, die bei 1050 bzw. 3300 min-' liegen. Tatsächlich treten aber infolge der Lagerbockdynamik vier kritische Drehzahlen auf.
Lagerungsnachgiebigkeit KNA [pm/kN] Bild 28.6: Beispiel für die Verschiebung der Eigenfrequenzen eines Rotors durch die Dynamik der Wuchtständer in der Auswuchtgrube, aus [28.2]
580
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
Dieses Vorgehen ist nur an folgende Voraussetzungen geknüpft: ungedämpfte (oder schwach gedämpfte) Teilstrukturen, Rotor und Stützwerk, bei mehreren Lagerstellen gilt für alle die gleiche Nachgiebigkeit h„ = h„(")
3
keine Interaktion zwischen den Stützstellen. Trotz dieser Einschränkungen gibt dieses Vorgehen im Allgemeinen sehr schnell einen ~ b e r b l i c küber tendenzielle Verschiebungen der Resonanzstellen durch Gehäuse, Bock- und Fundamenteinflüsse.
28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-FundamentInteraktion Wir betrachten nun das Modell von Bild 28.7, das einen Lavalrotor auf einem gurnmigefederten Blockfundament in den vertikalen Freiheitsgraden W, und W, beschreibt. Auch der Elektromotor auf Gummifüßen nach Bild 28. l b führt auf dieses System, nur ist dort W, der Gehäusefreiheitsgrad.
Bild 28.7: Einfaches Modell von Rotor und Fundament
Die Bewegungsgleichungen dieses Systems lauten
wenn wir von Rotordämpfungen absehen. Selbst die Fundamentdämpfungen aus den Gummiblöcken wollen wir in diesem Kapitel noch außer Acht lassen.
28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-Fundament-Interaktion
581
Für die freien Schwingungen liefert der Ansatz
das homogene Gleichungssystem
dessen Determinante die charakteristische Gleichung liefert
Die Abkürzungen im Einzelnen bedeuten:
V = m,
W
/ m,
= W / W,
Massenverhältnis bezogene Eigenfrequenz(en)
Die Anführungszeichen bei q und 4 stehen, weil dieses Eigenfrequenzen der ungekoppelten Teilstrukturen „Rotor auf starren Lagern" und Fundament ohne Rotor" sind, also reine Referenzgrößen, keine Eigenfrequenzen des gekoppelten realen Systems. Die biquadratische Gleichung ist leicht zu lösen, Bild 28.8 gibt die beiden Eigenfrequenzen ü,und 8,des gekoppelten Systems „Rotor und Fundament" in Abhängigkeit von der Abstimmung q l q und dem Massenverhältnis V wieder. Links im Bild 28.8 bei q 1% < 0,8liegt der Bereich des tiefabgestimmten Fundamentes, rechts jenseits von q 1% < 1,2 spricht man vom hochabgestimmten (steifen) Fundament. Der Bereich der Abstimmung w, = UI, wurde früher manchmal als gefahrlich angesehen. Er ist es nicht, hat aber seine Besonderheiten, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.
582
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
o
0,2
tief I,O hoch 1,6 Abstimmungsverhältnis W*= o,l o,
Bild 28.8: Eigenfrequenzen des ungedampften Systems über Abstimmung Massenverhäitnis V = m, /m,, dicker Ast: „Rotorkritische"
2
d
=
U,
/w„
Zur weiteren Interpretation benötigen wir noch die Eigenschwingungsformen. Um sie zu ermitteln, benutzen wir die oberste Zeile des homogenen Gleichungssystems 28.6
normieren auf W, = 1 und setzen für CU' jeweils W,' bzw. ¿i,iein. Das liefert die zugehörigen Fundamentamplituden. In Bild 28.9 sind beide Eigenformen über dem Abstimmungsverhältnis aufgetragen, das Massenverhältnis m,/m, ist Bildparameter. In der (niedrigen) ersten Eigenform schwingen Fundament und Rotor gleichsinnig, in der (höheren) zweiten Eigenform gegensinnig.
Denn die (bezogene) Fundamentamplitude a ist immer positiv, wogegen b stets negativ ist, wie die Grafik zeigt.
28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-Fundament-Interaktion
0
O,2
tief I,O hoch 1,6 Abstimmungsverhältnis w*=w,l w,
583
2
Bild 28.9: Die gleichsinnige (a) und die gegensinnige (b) Eigenform von Rotor und Fundament in Abhängigkeit von der Abstimmung w, /U,; dicker Ast: „Rotorkritische"
Die unwuchterzwungenen Schwingungen des Rotor-Fundament-Systems sind am leichtesten in modaler Darstellung zu verstehen. Setzen wir den modalen Ansatz
in das Ausgangsgleichungssystem 28.4 mit d, = 0 ein und multiplizieren von links mit der transponierten Modalmatrix uT,
so erhalten wir (wegen der Orthogonalitätsbedingungen, vergleiche Kap. 10) die Bewegungsgleichungen für die beiden modalen Freiheitsgrade q,(t), q,(t) in entkoppelter (diagonalisierter) Form
584
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
mit
Die modalen Antworten
sind leicht zu berechnen. Fügen wir die Antwort des Systems gemäß dem Ansatz G1. (28.9) zusammen, so erhalten wir letztlich die Unwuchtantwort in der Form
die nicht schwer zu deuten ist. Die Gesamtschwingung setzt sich aus den Teilantworten der beiden Eigenformen zusammen. Bei Q = U, und Q = U, liegen die beiden Resonanzstellen des Systems. Bild 28.10 zeigt die Amplitudengänge für ein tiefabgestimmtes System mit schwerem (V = 10) und leichtem (V = 1) Gehäuse bzw. Fundament. Die Dominanz der Rotoramplituden in der Nähe der zweiten Resonanz ist bei der Tiefabstimrnung auf CO* = 0,2 gut zu erkennen. Beim hochabgestimmten System (d= 1,6) liegen die Verhältnisse genau anders herum; hier ist die erste Resonanz „die Rotorkritische". Gleichzeitig erkennt man an diesem Bild die einfachen Regeln bei tiefabgestimmtem Fundament steigt die „Rotorkritische" durch den Fundamenteinfluß an (gegenüber der Rechnung mit starrer Stützung) bei hochabgestimmtem Fundament sinkt sie infolge des Fundamenteinflusses ab. Auf die Besonderheiten der Abstimmung w, =% gehen wir im nächsten Kapitel genauer ein.
585
28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-Fundament-Interaktion schweres Fundament
. s
= 10
V
leichtes Fundament V = 1
W
10-
. W^
1
1
1
8:
10-
= 0,2 j
i
I
1
84
/I
1
6j
i/
1
10,
1
W,
= 0.2
,
,
1
I
1
i
44
I
24
i
1 -,', .L\. .
,
,
.
, .
.
,
2.0
!
,
2.5
0 2 O(F)
. ,
,
0.5
bezogene Drehzahl C2 1 W,
,
. . , 1.0
,
,
,
,
(R)1,5
,
,
,
,
,
1 (,u = f / AR; f elastische Durchbiegung der Welle unter Eigengewicht, AR Lagerspiel) ist sogar jede Drehzahl stabil, wenn S um 1 gewahlt wird.
30.7 Zusammenfassung, Schlußbemerkung Trotz der nicht unbeachtlichen Anzahl von Freiheitsgraden und der hohen Parameterzahl gelingt es, einen völligen Uberblick über das Systemverhalten Lavalwelle-Blockfundament-elastischer Halbraum zu gewinnen. Wesentliche Resultate sind: Der Halbraum hat - richtig ausgenutzt - einen sehr positiven Effekt auf die Unwuchtanwort und das Stabilitätsverhalten der elastischen Welle. Der wichtigste Parameter ist der Rotor-Fundament-Bodenparameter S = a .w, / V , , der für eine gegebene Rotorerregerfrequenz q und eine gegebene Scherwellengeschwindigkeit des Bodens V, durch die Wahl der (halben) Fundamentbreite a in gewissen Bereichen manipulierbar ist. Optimal ist beim Rechteckfundament (b/a = 2) die Wahl S = 0,9, beim quadratischen Fundament (b/a = 1) und S = 1.
30.8 Fragen
611
Bei dieser Abstimmung auf S = 1 wirkt das Fundament zusammen mit dem Halbraum als Schwingungsabsorber. Die Bockhöhe HB = h,/a hat, solange sie kleiner als 2 ist, keinen nennenswerten Einfluß auf die gezeigten Resultate. Auch auf gleitgelagerte Rotoren sind diese einfachen Auslegungsregeln anwendbar. Ein Hinweis noch: oft wird das Erdreich unter dem Fundamentblock verdichtet, ehe der Block gegossen bzw. aufgelegt wird. Dann liegt eine Schichtung vor, die heute aber auch der Berechnung zugänglich ist.
30.8 Fragen 1. Manlfrau rechne mit den Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen von Bild 30.2, die Vergrößerungsfunktion von Bild 30.1 nach. Zunächst vereinfachend mit festen Mittelwerten s„ d,, dann unter Berücksichtigung der Frequenzabhangigkeit a,(Q). Die Vergrößerungsfunktion läßt sich durch geschickte Schreibung als Abhängige von der dimensionslosen Erregerfrequenz der Gsundbauer, der dimensionslosen Halbraumsteifigkeit und -dämpfung und dem Massenparameter darstellen. 2. Madfrau überprüfe die Behauptung, daß die Abstimmung auf S = 1 einer Abstimmung des auf dem Halbraum schwingenden Fundamentes auf die ,wy=: uR) . Rotoreigenfrequenz 4 entspricht (uz
31 Schwingungsüberwachung von Maschinen - Normen und Richtlinien
31.I Einleitung Die einfachste Art der Maschinenüberwachung ist hinzuhören und anzufassen. Dabei „begreiftG'man schon sehr viel vom Laufzustand der Maschine. Ist sie ungewöhnlich laut, vibrieren Lager und Gehäuse stark, ist irgendetwas nicht in Ordnung. Ist der Laufzustand aber halbwegs normal, dann ist die Frage ,,Läuft sie heute noch so gut wie vor 6 Monaten?" auf diese Art schwer zu beantworten. Schleichende Veränderungen nimmt der Mensch nicht sonderlich gut wahr nicht einmal an sich selbst. Sie zu erfassen, bedarf es bei Maschinen der Schwingungsmessung und Aufzeichnung und gegebenenfalls des Vergleiches mit „zulässigen Werten". Eine regelmäßige Schwingungsüberwachung wird vor allem dann nötig und zweckmäßig sein, wenn im Fall eines Maschinenausfalls oder -schadens eine große Gefährdung entsteht, z.B. bei Flugtriebwerken oder Hauptkühlmittelpumpen in Kernkraftwerken, wenn der Maschinenwert selbst sehr hoch ist und daher durch Überwachung ein Maschinenschaden unbedingt zu verhindern ist, wenn der Ausfall einer Maschine hohe Folgekosten nach sich zieht, weil eine ganze Anlage ausfällt und die Produktion still steht. Darüber hinaus kann eine Schwingungsüberwachung auch für die Betriebsführung der Maschine selbst notwendig sein: z.B. als Kavitationsschutz bei Pumpen oder bei drehzahlvariabel fahrenden Maschinen zur Umgehung kritischer Drehzahlbereiche. Vorteil einer regelmäßigen Zustandsüberwachung ist, daß anstelle fester Revisionstermine - früher zweijährig bei Turbosätzen - zustandsorientiert gewartet werden kann. Sind die Prozeßgrößen wie Drücke, Temperaturen, Durchsätze und die Schwingungswerte noch in Ordnung, kann länger gefahren werden als bei festen Intervallen. Zudem lässt sich durch eine Trendanalyse U. U. recht genau prognostizieren, wann Wartung und Revision fällig werden.
614
31 Schwingungsüberwachung von Maschinen
- Normen und Richtlinien
Eine Überwachungseinrichtung kann mobil sein oder am Maschinensatz fest installiert. Das einfachste Beispiel einer mobilen Schwingungsübenvachung zeigt Bild 31.1.
Bild 31.1: Handgerät zur Messung des Effektivwertes der Schwinggeschwindigkeit am Lagergehäuse
Der Sensor wird am Lager befestigt, das Handgerät zeigt den Effektivwert der Schwinggeschwindigkeit (Schnelle) an
den z.B. die Norm DIN ISO 10816 der Beurteilung der Laufruhe zugrunde legt. Dort finden sich auch für alle möglichen Maschinentypen und -größen Angaben in den Stufen Schwingungswerte neuer Maschinen normal für uneingeschränkten Dauerbetrieb kurzzeitiger Betrieb noch möglich Maschine gefährdet, vergleiche Tabelle 2.2, Kap. 2 und Übersichtsschema Kap. 3 1.4. Hier wird also aus dem Meßsignal eine Kenngröße eben der Effektivwert V„ gebildet, der der Beurteilung zugrunde gelegt wird.
31.1 Einleitung
615
Ist die Überwachungseinrichtung fest installiert, kann sie entweder intermittierend arbeiten - z.B. stündlich abfragen - oder permanent. Genügt die intermittierende Überwachung, kann die Auswertung~~Einrichtungdurch eine Multiplexschaltung zwischenzeitlich auch andere Maschinen kontrollieren und auf Grenzwertüberschreitungen überprüfen.
Anzeige der Lagerspielauslastung
Bild 31.2: Festinstalliertes System, das die Wellenschwingungen im Gleitlager überwacht.
Ein fest installiertes Schwingungsüberwachungssystem ist in Bild 31.2 skizziert. Mit Hilfe berührungslos arbeitender Wegaufnehmer (Wirbelstromaufnehmer) mißt es die Schwingungen des Lagerzapfens in zwei Richtungen relativ zum Lagergehäuse. Auf dem Bildschirm ld3t sich aus diesen Signalen die Zapfenbahn im Gleitlager darstellen (Orbit) und überprüfen, ob die Schmierfilmdicke ausreicht oder das Lager neu auszurichten ist oder Wuchtmaßnahmen notwendig werden.
Bild 31.3: Zapfenbahn im Gleitlager - Spielauslastung
31 Schwingungsüberwachung von Maschinen - Normen und Richtlinien
616
Die Fourieranalyse (Frequenzbereichsanalyse) erlaubt Rückschlüsse auf die Ursachen der Schwingungen. Ursachen für die Änderungen des Schwingungsverhaltens einer Maschine können z.B . sein ~ n d e r u n gdes Unwuchtzustandes Änderung der Lagerausrichtung 0
Gleit- oder Wälzlagerschäden Instabilitäten Getriebefehler Wellenriß
Diese Defekte erzeugen signifikante Veränderungen im Fourierspektrum oder der spektralen Darstellung der Gleich- und Gegenlaufkomponenten.
I
I
fl
I I
I I
I
I
I
I
I
I
I
5f1
Frequenz
Bild 31.4: Zuordnung der Peaks im Fourier-Spektrum zu den Entstehungsmechanismen nach [31.3]
In Bild 31.4 ist dieser Sachverhalt grob skizziert. Die beiden ersten Gipfel sind umlauffrequent und der Motordrehzahl f, bzw. dem Radialgebläse mit der Drehzahl f, zuzuordnen. Dies sind die Unwuchtantworten.
lof,
31.1 Einleitung
617
Die elastische Kupplung (nichtlinear) erzeugt infolge des Ausrichtungsfehlers ein schwaches doppelumlauffrequentes Signal. Aus der Wälzlagergeometrie (Rollkreisdurchmesser, Kugeldurchmesser, Kugelzahl) laßt sich ermitteln, daß die nächsten beiden Peaks dem hinteren Lager zuzuordnen sind. Der letzte Peak, im Spektrum, gehört zur Zahneingriffsfrequenz des Getriebes (Drehzahl X Zähnezahl). 4
maximale Amplitude
83 .s
-E 4
b
I
2fl
3fl
4f1
5f1 Frequenz
Bild 31.5: Mit der Zeit anwachsender Peak im Fourierspektrum und seine Deutung.
Wiederholt man nun alle 4 Wochen die Fourieranalyse und das Spektrum verändert sich wie in Bild 3 1.5 skizziert, ist klar: Die Unwucht im Radialgebläse wächst und zwar stetig. Dreck setzt sich ab, oder etwas anderes läßt den Peak von f, größer werden. Geht man davon aus, daß dieses Wachstum so bleibt, läßt sich anhand einer Trenddarstellung prognostizieren, wann die Maschine wegen zu heftiger Schwingungen abgestellt und neu ausgewuchtet werden muß. Offensichtlich ist bis Ende der zwanzigsten Kalenderwoche ein Wuchttermin anzusetzen.
Bild 31.6: Prognose der fälligen Wartung anhand des Trends des Amplitudenwachstums
618
31 Schwingungsüberwachungvon Maschinen - Normen und Richtlinien
Eine reine Kenngrößenbetrachtung (z.B. des Effektivwertes) hätte das Anwachsen der Spitze von f, auf den Wert B mit Sicherheit nicht so frühzeitig erkennen lassen. Sie ist zu global; die Effektivwertbetrachtung, V„ integriert ja über alle Spitzen hinweg. Im Effektivwert wäre also das Anwachsen des Peaks von A auf B untergegangen. Einen ersten Hinweis, daß sich was verändert hat, hätte man aus dem Effektivwert vielleicht nach dem Anwachsen des Peaks auf C erhalten. Zu diesem Zeitpunkt läßt die signalanalytische Sicht schon die Extrapolation auf den Abstelltermin, Ende der zwanzigsten Woche zu, Bild 3 1.6. Kurzum: Die Kenngro3enbetrachtung, die Maximalausschläge der Welle oder Effektivwerte der Lagerschwingungen zur Berurteilung heranzieht, ist einfach in der Vorgehensweise, die Meßtechnik ist simpel und leicht zu handhaben. Sie wird immer der erste Schritt zur Quantifizierung des Schwingungszustandes einer Maschine oder Anlage sein. Die signalanalytische Vorgehensweise benötigt aufwendigere Auswertetechniken wie die Fourieranalyse, Ordnungsanalyse, Orbitanalyse, o.ä, sie läßt aber einen sehr viel tieferen Einblick zu, setzt jedoch einige Kenntnisse der Maschinendynamik voraus. Je teurer ein Anlagenstop zustehen kommt, umso mehr lohnt bei der Fehlerjagd der Einsatz von Gerätetechnik und Ingenieurswissen. Mit der Vertiefung der signalanalytischen Betrachtung werden wir uns im nächsten Kapitel weiter beschäftigen.
31.2 Anordnung der Schwingungsaufnehmer und deren Eigenschaften Meßanordnungen Zur Beurteilung des Schwingungszustands von Maschinen mißt man entweder Lagergehäuseschwingungen oder Wellenschwingungen. Lagergehäuseschwingungen mißt man gewöhnlich absolut, d.h. als Bewegungen gegenüber einem Festpunkt (inertial). Wellenschwingungen mißt man meist als relative Bewegungen gegenüber dem Gehäuse oder dem Lagerkopf wie in Bild 31.7 angedeutet. Natürlich läßt sich aus der Kombination beider Messungen auch die absolute Wellenbewegung ermitteln. Traditionell wurde im Maschinenbau für die Lagerschwingungsmessung der elektrodynamisch arbeitende Schwinggeschwindigkeitsaufnehmer (seismischer Typ) verwandt, der den Vorteil hat ohne Stromversorgung auszukommen (aktiver Signalgeber).
31.2 Anordnung der Schwingungsaufnehmer und deren Eigenschaften
619
Heute ist der absolut arbeitende Beschleunigungsaufnehmer auf Piezo-Basis genauso beliebt, weil er sehr viel kleiner gebaut ist, Bild 3 1.7.
Wellenschwingungen (relativ)
Ölfilm
Lagergehäusesch wi nhangen (absolut)
Bild 31.7: Messung der Wellenschwingungen relativ zum Lagerkopf mit berühmngslosen Wegaufnehmern und der Lagergeh'auseschwingungen(absolut) mit Piezosensoren
Eine Übersicht über die gängigen Meßanordnungen gibt die Tabelle 3 1.1. Schwingungsmessung an Lagergehäuse betrachtete Bewegung
Absolutbewegung
Meßsignal
Geschwindigkeit Beschleunigung
Aufnehmertyp
elektrodynamisch, Piezo
angezeigte Größen
Ii
Relativbewegung
berührungslose Wirbelstromaufnehmer globale Beurteilungsgrößen, Ölfilmstärke, Labyrinthspaltspiele, usw. 2.B. Veff
Tabelle 31.1: Gängige Aufnehmer- und Meßanordnungen
620
31 Schwingungsüberwachung von Maschinen - Normen und Richtlinien
Aufnehmertypen Von den auf den verschiedensten physikalischen Prinzipien beruhenden Schwingungsaufnehmern (optische, kapazitive, den Halleffekt nutzende, Laser basierte, usw.) stellen wir hier nur kurz die drei Typen vor, die in der Schwingungsüberwachungderzeit die breiteste Anwendung finden: den berührungslos Relativwege anzeigenden Wirbelstromaufnehmer den die absolute Schwingungsgeschwindigkeit anzeigenden elektrodynamischen Aufnehmer und den die Absolutbeschleunigung anzeigenden piezoelektrischen Aufnehmer. Wirbelstromaufnehmer messen berührungslos die Distanz zwischen ihrer Stirnseite und einem metallischen bewegten Objekt, bei uns: die rotierende Welle.
Bild 31.8: Berührungslos arbeitender Wegaufnehmer auf Wirbelstrombasis. Ladungsverstärker mit eingebaut
In der Aufnehmerstimseite wird von einem Oszillator ein hochfrequentes elektromagnetisches Feld aufgebaut, dessen Größe vom Abstand zum schwingenden Objekt abhängt. Heute ist der Oszillator gewöhnlich direkt in den etwa kugelschreibergroßen Aufnehmer eingebaut. Typischer Einsatzbereich ist Arbeitsfrequenzbereich Ubertragungsfaktor Arbeitsmeßbereich Arbeitstemperatur
0 bis 1000 Hz 2 bis 10 Vlmm 1 bis 10mm -50 bis 125" (400") C.
Anders als Laseraufnehmer muß er sehr dicht am bewegten Objekt sitzen (Abstand 2 bis 8 mm etwa). Er zeigt statische und dynamische Signale an. Praktisch setzt man ihn im Frequenzbereich 0 bis 250 Hz ein. Zwar würde er bei hinreichenden Wegamplituden auch im Kilohertzbereich noch funktionieren, aber im Maschinenbau sind jenseits von 250 Hz nur noch sehr kleine Wege zu erwarten.
31.2 Anordnung der Schwingungsaufnehmerund deren Eigenschaften
621
Zu beachten ist, daß er den Abstand anzeigt und damit auch Ovalitäten der Welle und ihre Oberflächenrauhigkeiten, wenn sie grob sind. Will man sie loswerden, nimmt man sie bei nahezu Stillstand einmal auf und subtrahiert sie. Elektrodynamische Aufnehmer zeigen die Schwinggeschwindigkeit (Schnelle) an. Bild 31.9 zeigt die heute übliche Bauart mit einem an den beiden Membranen seismisch aufgehängten Permanentmagneten und den am Gehäuse festen Spulen.
Membrane Spule
Spulenträger
Permanent-Magnet
d 31.9: Elektrodynamischer Schwinggeschwindigkeitsaufnehmer, seismische Bauart
Werden Schwingungen auf das Gerätegehäuse z.B. von einem Lagerbock übertragen, bleibt der Magnet wegen seiner Trägheit faktisch in Ruhe (Tiefabstimmung). Durch die Relativbewegung des Gehäuses gegenüber dem ruhenden Magneten wird in den beiden Spulen das elektrische geschwindgkeitsproportionale Signal erzeugt. Ihre Spannungen addieren sich, da sie gegeneinander geschaltet sind. Ab Erregungsfrequenzen, die etwas höher als die Spuleneigenfrequenz sind, steht die Spule faktisch still und der Aufnehmer zeigt die Absolutgeschwindigkeit an. Der typische Einsatzbereich für elektrodynamische, seismisch arbeitende Geschwindigkeitsaufnehmer ist Arbeitsfrequenzbereich Ubertragungsfaktor Arbeitstemperaturbereich Eigenfrequenzen Dämpfungsgrad
4 bis 1500 Hz 10 bis 1000 mV/mm/s -50 bis 200°C 4 bis 20 Hz 0,4 bis 0,7.
622
31 Schwingungsüberwachungvon Maschinen - Normen und Richtlinien
Dieser Aufnehmer ist selbst aktiv, benötigt also keine Stromversorgung. Der Ausgang ist niederohmig. Von Nachteil ist, daß er etwas klobiger und schwerer baut als die berührungslosen Wegaufnehmer oder die piezoelektrischen Beschleunigungsaufnehmer, die hochohmige Ausgänge haben. Piezoelektrische Besch1eunigungsau.ehmer zeigen die Absolutbeschleunigung an. Bei diesem Aufnehmertyp wird im einfachsten Fall eine seismische Masse über ein Spannelement gegen eine piezoelektrisch reagierende Scheibe (Spezialquarz) gepreßt. Wird das Gehäuse in Achsrichtung bewegt, entsteht über die Beschleunigung der Masse eine Trägheitskraft, die den Anpreßdruck ändert. Durch die Anpreßdruckänderung entsteht in der piezoelektrischen Scheibe eine elektrische Ladung, die dem Druck, also der Beschleunigung proportional ist. Der Ladungsverstärker setzt sie in eine proportionale Spannung um. Da die Eigenfrequenz von seismischer Masse und „elastischer" Piezoscheibe sehr hoch liegt, läßt sich ein Bereich von wenigen Hertz bis hoch in den Kilohertzbereich mit diesen Aufnehmern messen.
Gehäuse Verspannfeder Masse Piezoelektr. Scheiben Ausgang
ii Basis
Bild 31.10: Beschleunigungsaufnehmer piezoelektrischer Art
Arbeitsfrequenzbereich Übertragungsfaktor Arbeitstemperaturbereich Eigenfrequenzen
2 Hz bis 30 kHz 0,lV bis 10 m ~ / r n m / s ~ -50 bis 125" (600") C 10 bis 100 kHz
Der nutzbare Temperaturbereich geht bis 600°C, wenn der Ladungsverstärker extern angeordnet ist.
31.3 Vergleich von Weg-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsmessungen
623
31.3 Kleiner Vergleich von Weg-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsmessungen Diese drei Signaltypen sind natürlich durch Differentation oder Integration ineinander überführbar. Differenzieren ist jedoch weder numerisch noch elektronisch ausgeführt ein besonders gutartiger Prozeß - anders als die Integration. Also mißt man zweckmäßigerweise von vornherein die Größe die interessiert, allenfalls erzeugt man sie durch Integrieren. Des Weiteren täuscht das Aussehen des Signalverlaufs leicht über den Amplitudenbeitrag einzelner Frequenzen hinweg, wenn verschiedene Größen der selben Bewegung gemessen werden, z.B. der Schwingung w(t) und der Beschleunigung. Das illustriert Bild 3 l. l l, in dem der Verlauf der Signale w(t) = 0,l sin Qt + 0,05 sin 3 Qt [mm] iN-(t) = -0,l
Q2sin Qt - 0,05 ( 3 ~ sin3Qt ) ~ [mm/s2]
aufgezeichnet ist, einschließlich der zugehörigen Spektren. Als Kreisfrequenz wurde Q = 314 radls, also 50 Hz angesetzt.
Amplitude [mJsZ1 30
20
Bild 31.11: Messung von Schwingweg und Schwingbeschleunigung bei ein und derselben Bewegung
Im Wegsignal dominiert die Grundwelle während im Beschleunigungssignal fast nur die Oberwelle, die mit 3Q schwingt, zu erkennen ist. Die Wegmessung betont die niederfrequenten Anteile, die Beschleunigungsmessung die
624
31 Schwingungsüberwachungvon Maschinen - Normen und Richtlinien
hochfrequenten, weil sie die Wegamplituden mit dem Quadrat der jeweiligen Frequenz wichtet. Will man die hochfrequenten Schwingungen von Zahneingriff und Wälzlagern messen, die nur sehr geringe Wegausschläge hervorrufen, ist die Beschleunigungsmessung besonders geeignet; sie hebt diese Signale hervor. Niederfrequente Signale kommen in der Wegmessung besser zur Geltung. Die Schwinggeschwindigkeitsmessung wichtet die Wegamplituden nur mit (no), stellt also eine „mittlere Linie" dar. Früher war sie die Standardmessung im Maschinenbau.
31.4 Beurteilung von Lagergehäuse- und Wellenschwingungen - Zulässige Werte, Normen und Richtlinien Über mehrere Jahrzehnte wurden in Deutschland die VDI-Richtlinie 2056 (Lagergehäuseschwingungen) und die VDI-Richtlinie 2059 (Wellenschwingungen) zur Beurteilung des Maschinenzustandes benutzt. In unzähligen Verträgen zwischen Herstellern und Betreibern wurden die dort angegebenen Zahlenwerte als verbindlich vereinbart. Beide Richtlinien sind inzwischen durch die Normen DIN-ISO 10816 (Lagerschwingungen) und DIN-ISO 7919 (Wellenschwingungen) abgelöst. Anders als die VDI-Richtlinie 2056, die die gemessenen Lagerschwingungen V„ nach gut/ brauchbar1 noch zulässig1 unzulässig einstufte, benutzt DIN-ISO 10816, wie vorne schon erwahnt, die Begriffe Zone A: Zone B: Zone C: Zone D:
Schwingungswerte neuer Maschinen normal für uneingeschränkten Dauerbetrieb kurzzeitiger Betrieb noch möglich Maschine ist gefährdet.
Tabellen 3 1.2 und 31.3 geben eine Übersicht, wo für die verschiedenen Maschinentypen in den beiden Normen Angaben zu finden sind. Erfreulicherweise wurde in beiden Normen die gleiche Typisierung der Maschinen benutzt. DIN-ISO 10816 Lagerschwingungen (absolut; in situ) Teil 1 - Allaemeiner Teil Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5
Teil 6
Darnpfturbosätze L > 50 MW
Kolbenrnaschinen L > 100KW
U -
-
-
~
lndustriernaschinen Gasturbinen (stationär) L > 15 KW n bis 15.000 min-'
Wasserturbinen, Purnpturbinen
Tabelle 31.2: Messung und Bewertung von Lagergehäuse- und Wellenschwingungen nach den Normblättern DIN-ISO 10816 (Stand 1999)
31.6 Fragen
625
( DIN-ISO 7919 Wellenschwingungen (relativ, absolut; in situ) Teil 1 - Allgemeiner Teil Teil 2 Teil 3 Große gekuppelte Dampfturbo- Industriemasätze schinen
Teil 4 Gasturbinensätze (stationär)
Teil 5 Wasser- und Pumpturbinen
Tabelle 31.3: Messung und Bewertung von Lagergehäuse- und Wellenschwingungen nach den Normblättern DIN-ISO 7919 (Stand 1999)
Die Kerntabelle von ISO 10816-Teil 3 (Industriemaschinen) ist im Auswuchtkapitel als Tabelle 2.2 abgedruckt. Die Angaben für Dampfturbosätze (Teil 2) sollen in absehbarer Zeit um Grenzwertangaben für die An- und Abfahrt ergänzt werden. Weitere Angaben von Normen und Richtlinen - z.B. auch über Abnahme im Prüffeld des Herstellers - finden sich in der Liste von Normen und Richtlinien am Ende dieses Kapitels, die wir Herrn Dr. Schwirzer, Berlin verdanken.
31.5 Schlußbemerkung In diesem Kapitel haben wir uns nach einer allgemeinen Einführung in die Maschinenüberwachung auf die Lager- und Wellenschwingungsbeurteilung mit Hilfe von Kennwerten wie V„ oder maximalem Wellenausschlag konzentriert. Im nächsten Kapitel wird die signalanalytische Betrachtung im Vordergrund stehen, die dichter an die physikalischen Ursachen der Störschwingungen herankommt und deshalb die Basis für die Maschinendiagnose liefert.
31.6 Fragen 1. Wie unterscheidet sich die Kenngrößenbetrachtung von der signalanalytischen Betrachtung? 2. Wie sieht beim ungedämpften Einfreiheitsgradsystem mw + sw = p cos Qt die Vergrößerungsfunktion aus für den Schwingweg (Wirbelstromaufnehmer), die Schwinggeschwindigkeit (elektrodynamischer Aufnehmer), die Schwingbeschleunigung (Piezo-Aufnehmer)?
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtungen und Orbitkinematik
32.1 Einleitung In der klassischen Rotordynamik berechnet man mit Hilfe eines Modells durch Lösen der Bewegungsdifferentialgleichungen die Antwort des Systems auf typische Störgrößen wie Unwucht, Schaufelflug, Riß usw. Die Maschienendiagnose dreht diese Fragestellung um. Die Bewegunsabläufe, die Orbits des Systems, sind an einigen wenigen Stellen aus Messungen bekannt. Signalanalytisch gesucht werden deren Ursachen, also die zunächst unbekannten Störgrößen: Unwucht, Riß etc. Im Folgenden beschäftigen wir uns deshalb zunächst in etwas systematischer Weise mit der Orbitkinematik im Zeit- und Frequenzbereich und der Dekomposition der Orbitfiguren mit Hilfe der zweiseitigen Fourieranalyse in gleichund gegenläufig durchfahrene Kreise - eine Darstellung die für die Maschinendiagnose besonders hilfreich ist. Denn sie kommt sehr nahe an die physikalischen Ursachen der Bewegungen heran. Dabei werden auch Dinge wiederholt, die uns aus den Anfangskapiteln dieses Buches bekannt sind. Dem klaren Aufbau zuliebe nehmen wir dies in Kauf. Der routinierte Rotordynamiker wird diagonal lesen bis er auf Neues stößt.
32.2 Elliptische Orbits in ein- und zweiseitiger Fourierdarstellung Bekanntlich läuft ein elastischer runder Rotor bei isotroper Lagerung unter der Einwirkung von Unwucht oder Schlag auf einer Kreisbahn um die statische Ruhelage. In der Nähe der Resonanz wird diese Kreisbahn besonders groß, Kap. 3 und 4. Ist die Lagerung orthotrop oder allgemein anisotrop wie bei Gleitlagerung, Kap. 13, dann bewegt sich die Wellenmitte auf einem elliptischen Orbit um die Ruhelage.
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
628
Bild 32.1 zeigt das Resonanzdiagramm und den elliptischen Orbit für einen gleitgelagerten Lavalläufer. Bis zur Stabilitätsgrenze bestimmt die unwuchterzwungene partikuläre Lösung die zur jeweiligen Drehzahl gehörige Größe des Orbits. Ab i2 > Qgrenz bestimmt die nunmehr aufklingende homogene Lösung im wesentlichen das meßbare Schwingungsbild. Nach der linearen Theorie klingt die Lösung nach unendlich auf. Tatsächlich sorgt der nicht-lineare Ölfilm dafür, daß die instabile (lineare) Lösung in einen stabilen großen (nicht-linearen) Grenzzyklus einläuft, Kap. 14. Es entsteht ein neuer riesiger, nahezu elliptischer Orbit, welcher der Maschine auf Dauer unbekömmlich ist. Typisch für diesen ist: Er wird nicht mehr umlauffrequent (drehzahlfrequent) durchfahren sondern eigenfrequent. Für die Maschienendiagnose interessiert das meßbare kinematische Verhalten der Welle - eben die Orbits - und was sich daraus für den Maschinenzustand aussagen laßt. Amplitude Iwl
--
Instabiler Bereich
Q
W ,'-I
Drehzahl
lOK,~,
Elliptischer Orbit umlauffrequent
eigenfrequent
II
durchfahren
W
Bild 32.1: Drehzahlabhängige elliptische Bahnen der Welle eines gleitgelagerten LavalläuGrenze der Stabilität bei i2 = Clgrenz fers. Resonanz bei C2 = wkr,,;
Bild 32.2 zeigt eine Anordnung zur Messung des Bahnverlaufs der Welle durch zwei berührungslos arbeitende Schwingungsaufnehmer. w(t)=Misin(Rt+p,) Schreiber
@= I
Oszillograph
C
Schreiber 000
rot. Welle
111 E 0
v(t)=Ysin(Qt+q,)
Bild 32.2: Meßanordnung zur Aufnahme der Querbewegungen v(t), w(t) der rotierenden Welle, vergl. Kap. 13.6
32.2 Elliptische Orbits in ein- und zweiseitiger Fourierdarstellung
629
Beide, das vertikale Signal der Auslenkung w(t) und das horizontale v(t) sind drehzahlfrequent mit lQ, solange der Rotor stabil ist. Je nach Größe der Amplituden und Y sowie der Phasenlagen qyund yil~ liegt eine gleichläufige, d.h. im Wellendrehsinn durchfahrene Ellipse vor oder eine gegenläufige. Das ist den Zeitverläufen direkt nicht anzusehen, auch nicht deren Fourierdarstellung in Bild 32.3.
+
I+1
L -IL 0
Frequenz
ln
Frequenz
w(t)= + ~ i n ( Q t + ~ , ) w,cosQt+w,sinQt = , v(t) = ~ s i n ( Q t + ~ , V) ,=c o s ~ t + vsinnt
Bild 32.3: Beschreibung der unwuchtverursachten elliptischen Bahn durch die Komponenten w(t), v(t) (vertikal, horizontal) und deren Fourierkomponenten (einseitige Darstellung)
Besonders durchsichtig wird - wie wir wissen - die Bahnkinematik, wenn man diese Ellipse aus zwei Kreisbahnen zusammensetzt, von denen die eine gleich-, die andere gegenläufig durchfahren wird, Bild 32.4. Zu diesem Zweck ernennen wir formal die horizontale y-Richtung mit der Auslenkung v(t) zur imaginären Richtung, die das Etikett j = f i angeklebt bekommt und schreiben
r(t) ist also ein zeitabhängiger Vektor in der nunmehr komplexen Ebene der Bahnkurven. Aus der ,,Addition" der beiden Auslenkungen w(t) und jv(t) ergibt sich somit
was unter Berücksichtigung der Euler-Formeln auf
führt. Die komplexen Amplituden setzen sich aus den gemessenen Sinus- und Cosinus-Amplituden folgendermaßen zusammen
630
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
Der Drehfaktor eint beschreibt einen immer auf das Neue gleichläufig durchfahrenen Einheitskreis. Die komplexe Amplitude ?+ bläst dessen Durchmesser auf und legt fest wo sich zur Zeit t = 0 der Zeiger befindet (Phasenlage). Entsprechendes gilt für den Gegenlaufteil. gleichläufig
gegenläufig
+ t =O
Bild 32.4: Beschreibung der unwuchtverursachten elliptischen Bahn durch die Zerlegung in gleich- und gegenläufige Kreisbahnen. - Orbitdekomposition, zweiseitige Fourierdarstellung
Im Fourierspektrum dieses (scheinbar) komplexen Vorganges gibt es nun zwei Linien: eine bei +!2 und eine bei - i2. Das Spektrum wird zweiseitig. Genauer als nur die Angabe des Betrages linl ist natürlich die Angabe des komplexen Zeigers in. Denn er enthält noch die Phaseninformation, die durch die Betragsbildung verloren geht. Die große und kleine Halbachse des elliptischen Orbits lassen sich sofort aus den Beträgen der komplexen Amplituden bestimmen.
Gewöhnlich ist die große Halbachse G für die Spielauslastung, z.B. in Labyrinthen entscheidend, Kap. 23. Ob die Ellipse gleich- oder gegenläufig durchfahren wird, läßt sich leicht erkennen.
I i+1 > 1 1 1 i+1 = 1 i-1
Gleichlauf; Gradlinienbewegung
I ?+ 1 1 1
Gegenlauf
(32.6)
32.3 Orbitkinernatik
631
Bild 32.5 zeigt das drehzahlgestaffelte zweiseitige Fourierspektrum eines gleitgelagerten Läufers, in dem die Amplituden über der Frequenz dargestellt sind.
I
qk
@
Gleichlauf
Bild 32.5: Drehzahlgestaffeltes zweiseitiges Spektrum eines gleitgelagerten Läufers. Gleich- und Gegenlauf-Kreisbahn mit Phasenlage (bei t = 0) der rotierenden Zeiger
Typisch sind die Resonanzpeaks über den k 1R Geraden. Die Gegenlaufamplitude I-lrührt aus der Gleitlageranisotropie; bei einem wälzgelagerten Läufer (isotrope Lagerung) würde sie fehlen. Im hohen Drehzahlbereich, (R > Clgren,),überwuchert die instabil werdende Eigenschwingung mit der Frequenz von etwa qn, die Unwuchtantwort völlig.
32.3 Orbitkinematik Geschlossene Bahnkurven der Welle in der w(t) - v(t) - Ebene - seien sie noch so kompliziert - lassen sich stets in gleich- und gegenläufige Kreisbahnen zerlegen, denen Vielfache oder Bruchteile einer Basisfrequenz, meist der Drehzahl Q, zugeordnet sind.
632
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
Bild 32.6 gibt eine Übersicht über die wichtigsten Orbitfiguren im Zeit- und Frequenzbereich (zweiseitiges Spektrum) Orbit
Orbit-Dekomposition in gleich- U. gegenläufigen Kreisen Zweiseitiges Spektrum
Ellipse
; e+iQt +
+ - ,-Pt
T=2n/Q
-1 0 +1 (ohne Phasenangabe)
I Orbit, oberwellenhaltig -N
n=0$1;
Z ! ; f3; usw.
Orbit mit Bruchteilfrequenzen, z.B. 112; 312
-N
m ganzzahlig und klein Orbit mit Bruchteilfrequenzen, 2.B. 11/10; 1111100
I
Rosette; Schließt nach t = mT
-N
m ganzzahlig und groß Irrationales Verhältnis beteiligter Frequenzen
Driftende Rosette; Schließt nicht Atmende und driftende Ellipsen mit taumelnden Ellipsenachsen
Bild 32.6: Orbitkinematik; formelmäßige Darstellung und grafisches Abbild im Zeit- und Freqenzbereicb
32.3 Orbitkinematik
633
Wie diese Orbitzerlegung rechnerisch erfolgt, deutet Bild 32.7 für eine beliebige Komponente ni2 an. Den Fall elliptischer Orbits hatten wir im vorausgegangenen Abschnitt detailliert diskutiert.
Messung
2-seitige Fourierzerlegung
FourierAnalyse
Zeitbereich N - Perioden
-jnnt
L, e
T + e+'&' ~
gegenläufig
gleichläufig
A
I
1
F+"=-(w,+v,)"+~-(v,-w,)" 2
2 r-" = -1( w c - v ~ ) n + ~1- ( v ~ + w s ) o 2 2
Bild 32.7: Zweiseitige Fourieranalyse; Schwingungskomponenten w(t) und v(t) und Zerlegung des Orbits in gleich- und gegenläufige Kreise der Ordnung n. Phasenlage: Position der Drehzeiger bei t = 0
Oberwellenhaltige Orbits Bei der unrunden Welle und der Welle mit Riß (Kap. 19 und 21) begegneten uns geschlossene Bahnkurven, die nicht nur umlauffrequent mit f 1i2, sondem auch mit f 2i2, 3i2 durchfahren wurden.
+
634
32 Maschinendiagnose- SignalanalytischeBetrachtung und Orbitkinematik
Allgemein lassen sich derartige Fälle durch
beschreiben, wobei n = 0; f 1;
+ 2 usw. den Oberwellenindex darstellt.
Bild 32.8 zeigt den schleifenartig durchlaufenden Orbit einer angerissenen Welle und die Zeitverläufe w(t), v(t). 1
0
w(t) 1
0
5
10
15
Zeit t
20
2 -2
-1
O
v(t)
'
2
Bild 32.8: Geschlossener oberwellenhaltiger Orbit einer angerissenen Welle. Komponenten w(t) und v(t) im Zeitbereich
Über den gesamten Drehzahlbereich gestaffelt sind in Bild 32.9, wie auch schon zuvor in Kap. 21, die Beteiligungen r,, ( R ) als zweiseitiges Fourierspektrum dargestellt.
Frequenz
+w
Bild 32.9: Drehzahlgestaffeltes zweiseitiges Spektrum der Kreisbahnamplituden eines Rotors mit tief angerissener Welle
(R)I
32.3 Orbitkinematik
635
Orbits mit Bruchteilfrequenzen (m klein, n Mein) Derartige Orbits treten u.a. bei Anstreifvorgängen auf. Diese mehrfach durchlaufenen Schleifen können wir so beschreiben
wobei der Nenner eine feste ganze Zahl ist, z.B. m = 2; n ist wiederum der Laufindex. Was ändert sich im Orbitverlauf der angerissenen Welle von Bild 32.8, wenn dort anstelle des Nenners m = 1 ein m = 2 stünde? Der Bahnverlauf bliebe völlig gleich, nur wären nunmehr 2 Rotorumdrehungen nötig bis sich die Bahnkurve schließt. Das soll die dritte Zeile der Ubersichtsgrafik, Bild 32.6 andeuten. Die Zeit bis zum Schließen des Orbits beträgt
Rosettenartige Orbits (m groß, n groß) Rossettenartige Gebilde entstehen wenn die Zahl m im Nenner von G1. 32.8 groß ist und auch n nicht sonderlich klein. Beispiele dafür zeigt Bild 32.10, einmal für m = 10 und dann für m = 100, wobei die „Aufnahmena für m = 100 nach 10 bzw. 40 Rotordrehungen gemacht wurden.
Bild 32.10: Geschlossene rosettenartige Orbits; m=10 (oben); m=100 (unten) nach 10 und 40 Rotorumdrehungen
636
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
Driftende Rosetten ( d m irrational) Die Frage, ob eine Rosette nach ein Paar hundert Umdrehungen schließt oder nicht, hat praktisch wenig Bedeutung. Sie läßt sich aber theoretisch leicht beantworten. Gibt es ein ganzzahliges Verhältnis von Zähler n zu Nenner m, schließt sie. Wenn m sehr groß ist, erst nach sehr langer Zeit. Ist dieses Verhältnis aber irrational, z.B. nlz schließt die Rosette nie, sie driftet immer weiter. Schwebungskinematik in der W-V-Ebene Sind zwei beliebige Frequenzen in den Komponenten w(t) und v(t) des Bewegungsablaufs enthalten, gilt allgemein:
Der Bequemlichkeit halber und der größeren Transparenz zuliebe fassen wir r(t) komplex zusammen,
wobei die komplexen Amplituden in der zuvor beschriebenen Weise aus Uj2, P,, 9, USW. ZU berechnen sind.
G,,
Rein formal können wir nun eine mittlere Frequenz einführen und die Abweichung vom Mittel AQ (wobei wir annehmen, daß Q, > Q, ist).
Setzen wir diese Frequenz anstelle von Q, und Q, ein, so erhalten wir die Bahnkurve in folgender Beschreibung
Das Orbitgeschehen wird nun recht kompliziert. Die Formel läßt erkennen, daß nun zwei Ellipsen entstehen, die beide mit der mittleren Frequenz durchfahren werden. Sie werden aber bei kleiner Differenzfrequenz AQ langsam gleich- bzw. gegenläufig wegdriften.
32.4 Die Transformation zwischen inertialen und mitrotierenden Koordinaten
637
In Bild 32.11 findet sich ein illustrierendes Beispiel für diesen Fall. t = 0...0,9
t = 0,9...2,l
t
t
Bild 32.11: Beispiel einer Schwebung, links Orbitentstehung, rechts Zeitgeschichte w(t), v(t). (Daten R+,= 2+2j, R+, = l+lj, R., = 0, R., = 1, Z = 50, An = 1)
32.4 Die Transformation zwischen inertialen und mitrotierenden Koordinaten - Spektralshift Meist wird man die Schwingungsmessungen vom raumfesten System her ausführen. Gelegentlich liegen auch Meßsignale vor, die von Sensoren auf dem rotierenden Rotor stammen und über eine Telemetrie nach außen transferiert werden. Für die Wellenauslenkung r(t) = w(t)+jv(t) gelten die einfachen Transformationsregelnvon Kap. 3.5 r(t) = p(t). e"jQt und umgekehrt p(t) = r(t). e-'jQt wobei p die Verschiebungen im mitrotierenden System beschreibt, Bild 3.20. Will man das inertial gemessene Orbitspektrum
in mitrotierenden Koordinaten anschreiben,
638
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
dann erhält man:
Zur Frequenz (n-1)Q gehört die Linie 1, ; das heißt alle Spektrallinien des inertial gemessenen Orbits rücken auf der Frequenzskala um - l Q nach links, wenn man das Spektrum im mitrotierenden System angeben möchte.
32.5 Differenzdiagnose, Trendanalyse Konserviert man die gemessenen Signale aus der Vergangenheit, dann läßt sich die Tendenz in der Fehlerentwicklung durch Bilden der Differenz „neu minus alt" ablesen und über der Zeitachse darstellen. Bild 32.12 zeigt das für die Entwicklung eines Unwuchtsignals.
Bild 32.12: Trendbetrachtung bei einem Unwuchtsignal f+,
Aus den Zuwachsraten Iäßt sich abschätzen, wann ein Nachwuchten notwendig wird. Gewöhnlich stecken in der gemessenen Schwingungsantwort eines Rotors aber Teilbeiträge, die auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sind, z.B. Beiträge aus Unwucht (f1Q) Wellenunrundheit ( f 2Q 0Q) Riß (OQ, f lQ, f 2Q, & 3Q)
+P,@> +P,@) +P#>
32.6 Schlußbemerkung
639
Hier ist die Differenzdiagnose besonders hilfreich. Unwucht pl Mü+Du+Su= r Riß p3 mit u T ={wT,vT}und r = w + j v
Bild 32.13: Übelagerung der Schwingungsantwort aus Unwucht, Wellenunrundheit und Riß zur Gesamtantwort r
In der gemessenen Schwingungsantwort überlagern sich diese Teilbeträge
Hat man nun den Verdacht, daß eine allmähliche Rißentwicklung vorliegt, wird bei der Differenzbildung „neu minus alt" der 2Q-Beitrag aus konstruktiv bedingter Wellenrundheit (Paßfedern etc.) herausfallen,
so daß im Differenzsignal Ar(t) = Ar, (t) + 0 + Ar, (t)
(32.17)
nur noch der Beitrag aus Unwucht und Riß steckt. Eventuell anwachsende 2Q-Beiträge in Kombination mit wachsendem -lQ-Signal sind dann ein deutlicher Hinweis auf eine Rißentwicklung.
32.6 Schlußbemerkung Die von der Rotordrehzahl getriggerte Fourieranalyse (Ordnungsanalyse) liefert Spektralmuster, die für die Maschinendiagnose nützlich sind. Die hier beschriebene zweiseitige Fourieranalyse erlaubt eine Orbitklassifikation. Wird diese Orbitdekomposition zu dem noch drehzahlgestaffelt dargestellt (Kaskadenform, Bild 32.5), wird das dynamische Verhalten eines Rotors besonders durchsichtig. Im nächsten Kapitel werden wir diese Orbitklassifikation zur Beschreibung einiger typischer Fehler verwenden.
640
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
32.7 Fragen 1. Welche Regeln gelten für die Transformation von Signalen (Weg-, Geschwindigkeits- Beschleunigungs-, und Dehnmeßsignalen) vom rotierenden ins raumfeste Koordinatensystem?
2. Wie läßt sich grafisch die Orbitzerlegung in( C l ) drehzahlgestaffelt darstellen, wenn nicht nur die Beträge Ir,(n)l dargestellt werden (Bilder 32.5 und 32.9), sondern auch noch die Phasenlagen?
33 Diagnosehinweise - Störschwingungen und ihre Ursachen
33.1 Einleitung Sucht man nach den Ursachen von störenden Wellen- und Lagerschwingungen ist zu allererst zu klären: Liegt eine Instabilität vor, also ein Fall von Selbsterregung (linke Seite bei linearen Differenzialgleichungen)? Handelt es sich um erzwungene Schwingungen mit Störursachen wie Unwucht, Kupplungsfehler, Schaufelflug usw. (rechte Seite bei linearen Differenzialgleichungen)? Beim flüchtigen Hinsehen führen beide Mechanismen auf das gleiche sichtbare Resultat: große Orbits, die immer wieder durchfahren werden und so den Betrieb stören oder die Maschine selbst gefährden. Doch Instabilitäten zu beseitigen erfordert meist andere Maßnahmen als die Beruhigung eines Rotors gegenüber erzwungenen Schwingungen. Nützlich gegen Instabilitäten sind immer die Erhöhung der äußeren Dämpfung (Kap. 4,6, 15 ...), das Anheben der Biegeeigenfrequenzen (Kap. 4, 13 ...), die Erhöhung der Lagerorthotropie (Kap. 5 ) und natürlich die Reduktion der anfachenden Selbsterregungskrafte. Zur Abwehr von erzwungenen Schwingungen sind die wichtigsten Regeln den Betrieb in der Nähe von Resonanzen vermeiden Resonanzen (kritische Drehzahlen) schnell zu durchfahren (Kap. 7) und natürlich die Erregungskrafte so gering wie möglich zu halten.
642
33 Diagnosehinweise - Störschwingungen und ihre Ursachen
Instabilitäten werden im Abschn. 33.2 behandelt. Die weiteren Abschnitte beschreiben störgrößenverursachte erzwungene Schwingungen und ihre Erscheinungsbilder. Um einigermaßen systematisch vorzugehen, wurde als Gliederungsaspekt die Orbitkinematik nach Tabelle 32.6 verwandt.
33.2 Erkennungskriterien für Rotorinstabilitäten In den Kapiteln 4, 5, 13, 17 usw. dieses Buches haben wir Instabilitäten recht erfolgreich mit der linearisierenden Theorie kleiner Schwingungen behandelt. Im instabilen Fall treten Eigenwerte mit positivem Realteil auf, (X,= jq + q), d. h. die instabil gewordene Eigenform des Systems klingt wegen q > 0 oszillierend auf - theoretisch bis ins Unendliche. Praktisch kommen aber im Bereich größerer Amplituden schon erste Nichtlinearitäten zum Zug - z. B. der steifer werdende Ölfilm bei Gleitlagern. Sie sorgen dafür, dass sich das System auf einen stationären Grenzzykel einschwingt, einen Orbit, der immer wieder durchfahren wird, ähnlich wie der Orbit von erzwungenen Schwingungen. Charakteristisch ist jedoch hier: dieser Orbit wird eigenfrequent durchfahren mit der Frequenz Q, und nicht mit der Umlauffrequenz der Welle R oder Vielfachem davon.
lin.Theorie
nicht-lin.
rechte Seite
-
-b
t
Bild 33.1: Instabilitätsverursachter Orbit. Übergang der aufklingenden Eigenschwingung in einen nichtlinearen, stationären Grenzzykel großer Amplitude
33.3 Ursachen von
+ 1R Orbits - Ellipsenbahnen
643
Die Instabilitäten eines Rotors aus Gleitlageranisotropie (Kap. 13) Füge- und Werkstoffdämpfung auf der rotierenden Welle (Kap. 4) Spalterregung von Dampf- und Gasturbinenlaufrädern (Kap. 24) Spalterregung bei Dichtung von Pumpen (Kap. 22) Spalterregung aus Labyrinthdichtung von Turbinen- und Verdichterwellen (Kap. 23) USW. sind daher leicht zu erkennen:
I
Bei Drehzahlveränderungen ändert sich die Schwingfrequenz nicht, wenn er auf Instabilitäten zurückzuführen ist.
Q, im Orbit
In Tondls Messungen an einem gleitgelagerten Rotor, Bild 12.1, ist das ebenso deutlich zu erkennen, wie in dem drehzahlgestaffelten zweiseitigen Fourierspektrum von Bild 32.5. Dort ist zu sehen, wie bis zur Drehzahl Q/w„„ = 1,5 ausschließlich die Unwuchtantwort (flQ) auftritt, ab Q > n„„ = 1,6. o„,aber abrupt das instabile Eigenschwingen mit qr„ einsetzt. Bei Spaltanfachungen aus Labyrinthen und Dichtungen (Kap. 22, 23,24) liegt die gleiche Drehzahlunabhängigkeit vor. Die Schwingungsarnplitude wird aber stark von der Leistung (Durchsatz, Druck) bestimmt. Beim Gondelwhirl von Windturbinen bestimmt die Schnellaufzahl des Strömungsabrisses die stabilitätsgefährdete Zone, in der die Eigenschwingungen aufklingen können (Kap. 25). Hinweis: Im amerikanischem Schrifttum werden solche selbsterregte Schwingungen oft zu den "subsynchronous vibrations" gezählt. Das macht wenig Sinn, weil sie mit der Drehzahl (synchronous vibration) nichts oder fast nichts zu tun haben.
33.3 Ursachen von
+ 1C2 Orbits - Ellipsenbahnen
In Bild 33.2 sind die wichtigsten Ursachen von elliptischen Orbits aufgelistet. Unwucht und Schlag verursachen bei isotroper Lagerung eine Kreisbahn, die im Wellendrehsinn, also gleichläufig durchfahren wird. Bei orthotroper oder anisotroper Lagerung (Gleitlager) wird die Bahn elliptisch. Im Rezonanzbereich kann sie auch gegenläufig durchfahren werden.
644
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
Schaufeljlug, plötzliche Unwucht verursacht gewöhnlich eine deutliche Veränderung des elliptischen Orbits. Kurzzeitig tritt ein u.U. sehr heftiger Einschwingvorgang auf, vergl. Kap. 8. Thermische Verkrümmungen der Welle durch ein einseitiges Aufheizen entsprechen einem langsam mit der Zeit veränderlichen Schlag. Spiralen entsteht beim sanften Anstreifen der Welle, z.B. an den Labyrinthspitzen, vergl. Kap. 26. Es entsteht eine Unwuchtantwort mit u.U. langsam wegdriftender Winkellage. Auch wenn der Ölfilm an einer Stelle im Gleitlager sehr dünn wird (Fastberührung), kann dieses Phänomen auftreten. Typischerweise tritt es dicht unterhalb einer kritischen Drehzahl auf. Defekt
Allgemein
Weitere Merkmale
Merkmale
Unwucht (Massenexzentrizität)
bei Q = 0 Elliptischer Orbit Resonanzvergrößerung bei Q=%,
Schlag (Krumme Welle)
wird ?+, = 0 beiQ=O wird F+,
+0
(Schlagbahn)
Schaufelflug vorher Thermische Wellenverkrümmung Schaufelerrosion Leichtes Anstreifen der Welle, Spiralen
nachher
Langsame Veränderung im elliptischen Orbit im Bereich von Minuten bis Stunden Langsame Veränderung im elliptischen Orbit im Bereich von Monaten bis ~ a h r e n Dicht unterhalb Langsames driften der Phasenlage der kritischen (Minuten, Stunden) Drehzahl
Starre Kupplungen - Planfehler - Versatz
Wie Schlagerregung Elliptische Orbits Resonanzen bei Q = U,,,
- Teilungsfehler
Lastabhängigkeit der Resonanzvergrößerung
Anstreifart Full Annular F
Gleichläufige +IR Bahn
Bild 33.2: Kreisförmige und elliptische Orbits ( f 1 0 ) und ihre Ursachen
bei elastischer Kupplung auch 2Q-Erregung
33.3 Ursachen von
+ 1 0 Orbits - Ellipsenbahnen
645
Plan- und Zentrier3'ehler von starren Kupplungen regen umlaufperiodische Schwingungen des Wellenstrangs an. Ein Planfehler liegt vor, wenn die Kupplungsflanschfläche nicht normal zur Wellenachse liegt, Bild 33.3.
Bild 33.3: Planfehler; Welle mit Schlag infolge von Planfehler der Kupplung
Beim Zentrierfehler sind Wellenmitte und Zentrierbohrungsmitte gegeneinander versetzt. Beim Ankuppeln von Läufern mit derart fehlerhaften Kupplungen treten Zwängungen auf, die Welle läuft mit ,,Schlaga um. Es entstehen umlaufperiodische Lagerkräfte, infolge des Umlaufs der statischen Verformungen und Schlagresonanzen.
Bild 33.4: Zentrierfehler; Welle mit Schlag infolge von Zentnerfehler der Kupplung
Teilungsfehler bei starren Kupplungen regen ebenfalls umlaufperiodische Schwingungen an. In Bild 33.5 ist zur Verdeutlichung der Verhältnisse der extreme Fall einer Zwei-Bolzen-Kupplung skizziert.
Bild 33.5: Zwei-Bolzen-Kupplung mit und ohne Teilungsfehler
646
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
Bei intakter Kupplung tragen beide Bolzen gleichmäßig. Es wird von der antreibenden Welle nur ein Moment übertragen. Trägt aber nur ein Bolzen, weil die Teilung nicht stimmt, oder ein Bolzendurchmesser zu gering ist, dann wird die antreibende Welle mit einer umlaufenden Querkraft belastet, die dem Drehmoment proportional ist, das die Kupplung überträgt. Dadurch tritt wie beim Plan- oder Zentrierfehler eine Kreisbewegung der Welle auf, die bei Cl = w sehr groß wird. Die Wellenamplituden aber sind dem Drehmoment proportional, also lastabhängig. Das gibt Wuchtprobleme. Bei elastischen Kupplungen sind die Bolzen zusätzlich in Gummi gebettet, oder aus elastischem Material. Bei ihnen tritt, meist jedoch schwächer, der gleiche Anregungsmechanismus auf, wenn die Teilung nicht stimmt oder die Gummielemente ungleiche Steifigkeiten haben. Eventuell treten aber zusätzlich 2Q-Schwingungen auf, weil die ungleich belasteten Gummielemente ungleiche Steifigkeiten haben, was einer lokalen Unrundheit der Welle entspricht. Anstreifen -&ll annular rub: Beim härteren Anstreifen des Rotors am Stator tritt - neben dem springenden Kontakt - der sogenannte full annular rub auf: der Rotor gleitet reibungsbehaftet im Wellendrehsinn an der Statorwand entlang. Der Orbit wird gleichläufig (dominant) mit + l Q durchfahren.
33.4 Ursachen von f n CI Orbits Wichtige Ursachen von oberwellenhaltigen Orbits und ihr Frequenzgehalt sind in Bild 33.6 aufgelistet. Der Vollständigkeit halber wurden die Unwuchtschwingungen mit aufgenommen, die detailliert schon im vorigen Abschnitt behandelt wurden.
1
Defekt
gleichläufig
gegenläufig I
I
I
I
I
Unwucht, Schlag
0 I
I
Unrunde Welle 0
Riß Ausrichtfehler mit Unwucht Resonanz immer bei +nQ = art
I
0 und 0
I
I
I
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Horizontaler Rotor, isotrop gelagert (Wälzlager) Horizontaler Rotor, anisotrop gelagert (Gleitlager)
Bild 33.6: Mechanische Ursachen der in der zweiseitigen spektralen Darstellung sichtbare f n !&Komponenten
33.4 Ursachen von
fn C2 Orbits
647
Alle n Q-Erregungen führen auf Resonanzen bei C! n Q = qri„ was beispielsweise Bild 32.9 für den Fall der Welle mit angerissenem Qerschnitt erkennen ließ.
Unrunde Welle: Die unrunde Welle tritt z.B. bei 2-poligen Synchrongeneratoren auf aber auch als Welle mit leichter Unrundheit wenn Paßfedem oder Querbohrungen vorgesehen sind. Die Biegesteifigkeiten unterscheiden sich dann in zwei senkrecht aufeinander stehenden Richtungen lokal (EIr# EI„ Kap. 19). Im Zusammenwirken mit dem Gewicht führt die Unrundheit auf eine +2Q-Erregung und damit auf die sog. Gewichtsresonanz bei 2Q = Diese 2Q-Phänomenologie überlagert sich den 1Q-Schwingungen aus der Unwucht. Auch tritt ein drehzahlabhängiger statischer Durchhang = b(Q) auf, der bei Q = q J 2 besonders groß wird. Das drehzahlabhängige gestaffelte Fourierspektrum der unrunden Lavalwelle zeigte Bild 19.11. Angerissene Welle: von den Orbitkomponenten sind in den Meßschrieben ;I , ;I+ und , F+, zu erkennen und dies auch meist nur die Komponenten Ierst bei hinreichender Rißtiefe (a > 0,2 Durchmesser) und Fahrt durch die Resonanzen. Besonders die Resonanz Q = y,J2 ist typisch. Die Schwierigkeiten beim Auswuchten eines angerissenen Läufers geben deutliche Hinweise: Unwuchtausgleichssetzungen können zwar die gleichläufige Rißerregungskraftkomponente beeinflussen und kompensieren. Nicht aber die gegenläufige -1Q-Erregung, Kap. 21. Da das Verhältnis der Rißkrafterregungskräfte zueinander (nahezu) unabhängig von der Rißtiefe ist, bleibt in der Differenz-Diagnose das Verhidtnis
für eine gegebene Drehzahl konstant. Das zweiseitige Spektrum einer angerissenen Lavalwelle zeigte Bild 32.9.
Ausrichtfehler: Ganz anders als auf Fehler in starren Kupplungen reagiert der Läufer auf Ausrichtfehler. Sie entstehen dadurch, daß die Lager nicht so positioniert sind, daß die (fehlerfreien) Kupplungsflansche der Teilwellen ohne Zwängungen verbunden werden können, Bild 33.7.
Bild 33.7: Ausrichtfehler; konstante (nicht umlaufende) Biegelinie
648
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
Die Welle rotiert um eine feststehende Biegelinie, die sich aus Gewichtseinfluß und Lagerpositionen bestimmt. Dadurch werden im Rotor Umlaufbiegebeanspruchungen geweckt. Die Lagerreaktionskrafte sind raumfest. Resonanzartige Zustände entstehen nicht. Der Rotor führt infolge von Ausrichtfehlem keine f 1Q Schwingungen aus. Wurde der Läufer zunächst zwängungsfrei gekuppelt und senkt sich dann erst ein Lager, liegen natürlich die gleichen Verhältnisse vor; es gibt Umlaufbiegung aber keine Resonanzerscheinungen. In mehrfach gleitgelagerten Rotoren führen grobe Ausrichtfehler in Verbindung mit der Unwuchteinwirkung durch das nicht-lineare Ölfilmverhalten auf Orbits, die 2Q-Komponenten enthalten. Der nach der linearen Theorie elliptische Orbit wird bei Annäherung an die Lagerschale bananenförmig, Bild 33.8. Vergleiche Bild 12.6 und 12.7. Auch in wälzgelagerten Rotoren entsteht ein ähnlicher 2Q-Effekt, wenn grobe Ausrichtfehler vorliegen.
Ellipse
. Banane
Bild 33.8: Deformation des elliptischen Gleitlagerorbits aus Unwucht durch Ausrichtfehler (qualitativ)
33.5 Bruchteilfrequenzen - Rosetten, nlm Orbits Anstreifen: Bei härterer Wandberührung gibt es neben dem Drehzahlbereich, in dem die Welle der Statorwand entlang gleitet (full annular rub, + l Q Orbit), auch den Bereich der nur partiellen Wandberührung (partial rub) beispielsweise über 100 Grad. Die zugehörigen Orbits weisen Bruchteilfrequenzen wie 112 Q oder 113 Q und Vielfache davon auf, Kap. 27. Geht der Rotor in den springenden Kontakt über, entstehen rosettenartige Orbits mit großen n- und m-Werten, vergl. Kap. 32. Typisch für die Wandberührung ist das Rückwärtsdrehen dieser Rosetten.
33.6 Wälzlagerfehler
649
Oilwhirl:Bei horizontalen Rotoren in gering belasteten Gleitlagern und vertikalen Rotoren kann eine nicht-lineare Gleitlagerinstabilität auftreten, die ihren Orbit mit etwa halber Drehfrequenz durchfährt. Sie ist meist weniger gefährlich als die klassische eigenfrequente Gleitlagerinstabilität, die in 33.2 behandelt wurde.
33.6 Wälzlagerfehler Ein neues Wälzlager erzeugt nur ein hochfrequentes, breitbandiges Rauschen von geringem Pegel. Mit einem Beschleunigungsaufnehmer am Lager laßt sich das gut aufzeichnen. Bei fortschreitendem Alter steigt der Rauschpegel an, bleibt aber breitbandig und hochfrequent, Bild 33.1 1. Sowie jedoch lokale Fehler und Macken auf den Wälzlagerbahnen oder an den Wälzkörpern auftreten, entstehen Einzelpeaks im Fourierspektrum, deren Frequenzen geometriebedingt krumme Vielfache der Umlaufdrehzahl der Welle sind. Aus diesen Frequenzpeaks läßt sich also die Fehlerquelle erkennen. Da oft mehrere Lager nahe beieinander liegen, ihre Abmessungen und Kugelzahlen etc. jedoch verschieden sind, läßt sich auch auf diese Art klären, welches der infrage kommenden Lager beschädigt ist. Anzahl der
Bild 33.9: Wälzlagergeometrie; Rollkreisdurchmesser D„ Berührungswinkel durchmesser d, Anzahl der Wälzkörper z
a:
Kugel-
Aus der Lagergeometrie lassen sich die Erregerfrequenzen bestimmen, die beim Überrollen einer Fehlerstelle aus dem Außen-, Innenring oder dessen Wälzkörper entstehen. Diese kinematischen Grundfrequenzen der Erregung sind für
1 Außenringfehler: G, = -G. z 2
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
650
1 Innenringfehler: R,= -R . z
2
Da der
Wälzkörperspin: mWK=
2
beträgt, der Wälzkörper auf eine Eigendrehung aber beide, Innen- und Außenring mit seiner Fehlerstelle, berührt, gilt für die Erregung aus dem
)[
Walzkörperfehler: ClwK = C l . - 1- -cosa
D (:
51
.
Die Rotationsfrequenz des Käfigs, die seltener eine Rolle spielt, beträgt
Dabei ist R die Umlauffrequenz der Welle, d der Wälzkörperdurchmesser, D, der Rollenteilkreisdurchmesser und a der Druckwinkel, der bei einem reinen Radiallager null beträgt. In Bild 33.10 sind für zwei Lagertypen diese Fehlergrundfrequenzen berechnet. Schulterlager
1
Radiallager
Teilkreis-DM[mm] Kugel-d [mm] Zahl der Kugeln Winkel a Drehzahl [Hz] Kreisfrequenz [radls] A
ni ~
W
K
Bild 33.10: Kinematische Grundfrequenzen der Erregung von Außenring-, Innenring- und Wälzkörperfehlern
33.6 Wälzlagerfehler
651
Beim kleineren Radiallager liegen sie zwischen dem 4- bis 7-fachen der Drehzahl, beim größeren Schulterlager zwischen dem 9- bis 14-fachen.
t
-A
Anstieg im Lauf der Zeit
Verschleiß, breitbandig
0 -
1000
5000
10000 Frequenz [H,
1
Bild 33.11: Fourierspektrum eines Wälzlagers mit defektem Außenring. Grund- und Oberwellen n ClA bzw. n fA (links). Anwachsen der breitbandigen Rauscherregung im kHzBereich mit zunehmendem Alter (rechts)
Eine Schadstelle im feststehenden Außenring wird bei jedem Kugeldurchlauf gleich stark angeschlagen. Da aber das Gewicht (horizontaler Rotor) die unterste Kugel am stärksten belastet, ist die Impulsfolge einer Schadstelle am rotierenden Innenring noch durch die Drehzahl moduliert, Bild 33.12.
4
Außenring
-
E
a
I
Frequenz
unten
Bild 33.12: Modulation der Impulsfolge bei Fehlern am Innenring. Entstehung von Seitenbändern im Fourierspektrum
Das gleiche gilt auch für die Impulsfolge aus einem defekten Wälzkörper. Im Fourierspektrum treten daher sowohl bei der n R I als auch bei der n R„-Linie Seitenlinien auf. Auch bei der Wälzlagerbeurteilung scheint das zweiseitige Fourierspektrum einen tieferen Einblick zu gestatten als das einseitige [33.5].
652
33 Diagnosehinweise - Störschwingungenund ihre Ursachen
Hüllkuwenanalyse: Die Fourieranalyse, besonders wenn sie durch einen Drehimpuls auf eine oder mehrere volle Wellenumdrehungen getriggert ist (Ordnungsanalyse), ist ein sehr subtiles Instrument der Maschinendiagnose. Etwas weniger Geräteaufwand, z.B. kein Phasengeber, verlangt die Hüllkurvenanalyse, die in der Wälzlagerbranche sehr beliebt ist. Letztlich benutzt auch sie die Fourieranalyse, aber erst nach dem Bilden der „Hüllkurve" des gleichgerichteten und geglätteten Signals der Beschleunigung, Bild 33.13. Sie arbeitet im Kilohertzbereich, wo das breitbandige Rauschen des intakten Wälzlagers zuhause ist, Bild 33.1 1.
-
E
a
'. C
0 V)
a,
m
Gleichrichten ( Hüllkurve )
1 kHz
5 kHz
Frequenz
Bild 33.13: Hüllkurvenanalyse
Die Kepstrum-Analyse, eine weitere Variante der Fourierananlyse, die im Getriebebau gerne benutzt wird, findet auch bei der Wälzlagerbeurteilung gelegentlich Anwendung [33.9].
33.7 Typische Signale von Getrieben, Elektromaschinen, Gebläsen etc. Die bisherigen Diagnosehinweise ergaben sich - mehr oder minder - aus den analytischen Betrachtungen dieses Buches. Elektrische Maschinen, Kreiselpumpen, verdichter, Getriebe etc. verursachen zusätzliche Wellenschwingungen und Lagerbocksignale, von denen wir die wichtigsten zumindest erwähnen wollen. Zahnradgetriebe: Befindet sich in einem Triebstrang ein Getriebe, so entstehen durch den Austausch der Zähne an der Zahneingriffsstelle schon im Normalbetrieb pulsierende Kräfte.
33.7 Typische Signale von Getrieben, Elektromaschinen, Gebläsen etc.
653
Sie und ihre höheren Harmonischen regen Biege- und Torsionsschwingungen an und natürlich auch die Gehäuseschwingungen, die akustisch lästig werden [33.12].
Bild 33.14: Pulsieren der Zahneingriffskraft; Grundfrequenz der Erregung G„= Z,Q,= Z,Q,
Bild 33.14 zeigt wie bei einem Stirnradgetriebe die pulsierende Erregungskraft mit der Grundfrequenz Drehzahl X Zähnezahl entsteht. Für Planetengetriebe gelten ähnliche einfache Regeln für die Zahneingriffsfrequenzen. Sie regen aber dort wegen der „runden Anordnung" die Biegeschwingungen der Welle kaum an, nur die Torsion. Zahnfehler wie Flankenfehler, Fußanriß usw. verursachen zusätzliche Uberroll-Erregungsfrequenzen, die der Drehzahl der Welle, hier also Q, bzw. Q, entsprechen, Bild 33.15.
W C
4
Zahnfehler Unwucht
s
W
.-C 3 C
Zahneingriff
a
C2
Wälzlager
b
IQ,
IQ,
Frequenz
Bild 33.15: Unwuchtsignal, Wälzlager- und Zahneingriffsfrequenz im Spektrum (ohne Oberwellen qualitativ)
654
33 Diagnosehinweise - Störschwingungen und ihre Ursachen
Im Fourierspektrum ist der Zahnfehler durch seine starke Obenvellenhaltigkeit vom Unwuchtsignal, das ja auch mit der Drehzahl einher geht, gut zu trennen. Verändert sich die Drehzahl, muß man drehzahl-getriggert messen (Ordnungsananlyse). Zur Getriebediagnostik gibt es umfangreiche Literatur [33.8, 33.9, 33.111.
Elektrische Maschinen: Zwischen Stator und Rotor wirken bei elektrischen Maschinen radiale und tangentiale magnetische Kräfte. Verschiebt man den Rotor aus seiner zentrischen Position, entsteht eine magnetische Zugkraft, die ihn weiter zur Statorwand ziehen möchte, Bild 33.16. Sie läßt sich für die Rotordynamik durch eine negative Magnetfedersteifigkeit modellieren.
Bild 33.16: Magnetische Kräfte zwischen Ständer und Rotor eines Elektromotors, links; Magnetischer Zug in Abhängigkeit von der Auslenkung, rechts
Hängt ein zentrisch gebauter Rotor - z.B. durch den Gewichtsdurchhang exzentrisch in der Ständerbohrung, entsteht eine magnetische Zugkraft, aber sie weist immer in die gleiche Richtung und verstärkt nur den statischen Durchhang, Bild 33.17 links.
0 Drehachse Rotorachse
+
FM Bild 33.17: Zentrisch gebauter Rotor infolge Gewichtsdurchhang exzentrisch im Stator angeordnet (links); exzentrisch gebauter Rotor, dessen Drehachse in der Statormitte liegt umlaufende magnetische Zugkraft
33.7 Typische Signale von Getrieben, Elektromaschinen, Gebläsen etc.
655
Ist dagegen der Rotor exzentrisch gebaut, Bild 33.17 rechts, (oder zentrisch gebaut und die Welle ist krumm), dann weist die magnetische Zugkraft F, zwar auch in die Richtung des engsten Spaltes - der aber läuft um. Es entsteht eine 1Q-Erregungskraft wie bei der Unwuchterregung. Sie verursacht kritische Drehzahlen und Resonanzen. Anders als eine echte Unwuchtkraft ist diese Erregungskraft aber drehmomentenabhängig. Ist der Rotor zwar zentrisch gebaut aber elektrisch unrund - z.B. durch einen Windungsschluß oder Kafigunsymmetrien, tritt der gleiche 1Q-Erregungsmechanismus auf, der die Biegeschwingungen der Welle anregt. Anders als bei Synchronmotoren liefert ein Asynchronmotor ein Drehmoment erst, wenn die Rotordrehzahl Q etwas hinter der Drehzahl des Statorfeldes zurückbleibt - z.B. 2850 Ulmin gegenüber 3000 Ulmin. Diese auf die Synchrondrehzahl (Leerlauf) bezogene Differenz nennt man Schlupf
Bei Standard-Asynchronmotoren beträgt der Schlupf 0,5 % bis etwa 6%. Die oben beschriebene 1Q-Erregung aus umlaufendem magnetischem Zug wird bei Asynchronmaschinen noch durch die doppelte Schlupffrequenz 2 s Q„„, moduliert. Es entsteht eine Schwebung im 1Q-Signal, die besonders bei 2-poligen Maschinen recht kräftig ist. Auf die vielfältigen Drehschwingungsanregungen, z.B. aus Pulsumrichtern gehen wir nicht ein. Die Ringschwingungen, die im Stator umlaufen, weil der Läufer durch sein Magnetfeld eine Wanderlast produziert, wollen wir allerdings nicht unerwahnt lassen. In Lagerschwingungsmessungen oder relativen Wellenschwingungsmessungen werden sie sichtbar. Akustisch sind sie als lästiges Brummen zu erkennen. Ihre Grundfrequenz ist die doppelte Netzfrequenz. Turbomaschinen: Bei allen Turbomaschinen erkennt man im Spektrum die Blattpassage-Frequenz mehr oder minder deutlich. Sie ist das Produkt von Blattzahl z mal „Drehzahlc'
Jedesmal, wenn eine Schaufel des Radialgebläses von Bild 33.18 die Zunge des Diffusors passiert, entsteht ein kleiner Impuls, der die biegeelastische Welle schwingen läßt.
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
656
Daneben ist das 1Q-Signal aus Unwucht im Spektrum zu erkennen sowie das niederfrequente breitbandige Strömungsrauschen.
-
a J 3 .-
I
U
E
a
Unwucht
Blattpassage
I
Frequenz
2.n
Bild 33.18: Spektrum eines Radialgebläses
Kavitation in Kreiselpumpen verursacht ein hochfrequentes Rauschen im Kilohertzbereich. Rotating stall, der rotierende Strömungsabriß ist ein eigenartiges Phänomen, das auftritt, wenn Axial- und Radialverdichter mit zu geringem Durchsatz laufen. Dann werden die Anströmwinkel so ungünstig, daß die Strömung abreißt.
L
part - Span
Durchflußzahl
Bild 33.19: Typische Stall-Muster bei 1-stufigen Axialverdichtem, nach [33.6]
Das geschieht bei sinkendem Durchsatz zunächst gleichmäßig an allen Blattspitzen. Dann aber bei weiter gedrosseltem Durchsatz bilden sich lokal „verstopfte Zonen" mit Strömungsablösung, ja sogar Strömungsumkehr.
33.8 Schlußbemerkung
657
Dazwischen liegen Bereiche mit anliegender Strömung, weil hier der Durchsatz erhöht wird. Diese Stall-Zellen - es können 3 , 4 oder mehr solcher Zellen auftreten - rotieren gewöhnlich mit dem Laufrad, jedoch nicht mit der vollen Winkelgeschwindigkeit Q, sondern mit reduzierter
Oft liegt die Umlauffrequenz des rotierenden Strömungsabrisses etwa bei halber Drehzahl. Aber jedes Drehzahlverhältnis Q„„,lQ zwischen null und eins wurde irgendwann schon einmal gemessen. Die Verknüpfung mit der Drehzahl ist nur sehr lose [33.6]. Bei Radialverdichtern sind die Erscheinungen ähnlich. In den Wellenschwingungsmessungen sind diese Phänomene u.U. gut zu erkennen [33.10].
33.8 Schlußbemerkung Ermittelt man rechnerisch oder experimentell die Antwort eines Rotors auf eine gegebene Störgröße - Riß, Unwucht o. A. - ist das Ergebnis immer eindeutig. In der Maschinendiagnostik aber, wird die Fragestellung umgekehrt: Gegeben ist das Antwortsignal - was ist dessen Ursache? Diese Fragestellung ist fast immer mehrdeutig. Erfahrungen und Ingenieurswissen sind nach wie vor zur erfolgreichen Fehlersuche nötig. Die im folgenden Kapitel dargestellte modellgestützte Fehlerdiagnose kann aber nützlich sein, um die Mehrdeutigkeit der Signalanalyse in der Fehlersuche weitere einzuengen.
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und dagnose
34.1 Einleitung Wendet man die Defekt-Kriterien des vorangegangenen Kapitels auf eine Maschine an, die Kummer bereitet, benutzt man stillschweigend ein Modell - den Lavalrotor. Denn fast alle Defekt-Kriterien wurden am Einscheibenrotor mit elastischer Welle entwickelt. Die dort gewonnenen Erkenntnisse überträgt man naiv auf komplexere Systeme. Die Modalanalyse, Kap. 10, gibt eine gewisse Legitimation dafür her. Natürlich kann man auch mehr tun, und komplexere Modelle verwenden - z.B. die Modelle, die der Hersteller der Maschine für ihre Entwicklung verwandte. Sie liegen ohnehin aus der Entwurfsphase vor. Obwohl sie gewöhnlich in der Erprobungsphase noch nachkorrigiert werden, stimmen sie nie zu hundert Prozent mit dem realen System überein. Das wirft ein Problem auf. Bild 34.1 zeigt schematisch einen torsionsschwingungsfähigen Turbosatz. Die Erregermomente p(t) z.B. aus Netzschaltvorgänge seien aus Messungen der Generatorströme (Luftspaltmomente) bekannt.
P (t) U (1)
F
Turbine
Mü
I
+
Generator
Du
+
S u = p(t)
mathematisches Modell
I
Bild 34.1: Drehschwingungsfahiger Turbosatz und sein mathematisches Modell
660
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
Das parallel mitlaufende Modell wird jedoch nie exakt die gleichen Systemdaten wie der reale Turbosatz haben. Deshalb werden mit zunehmender Zeit die simulierten Schwingungsdaten u(t) immer weniger mit denen des realen Systems u(t) zu tun haben. Das Ziel z.B. die Torsionsbeanspruchungen über das Modell zu ermitteln, um nicht an der heißen Dampfturbine messen zu müssen, läßt sich so nicht erreichen. Statt zu versuchen, das Modell durch Anpassen an die Realität irgendwie doch „exakt" hinzubekommen, empfiehlt sich ein anderer Weg. Es ist einfacher, einen Folgeregler einzuschalten, der das Modell führt, indem er die an einigen wenigen Stellen gemessenen Abweichungen zwischen dem realen System und dem Modell ermittelt und zurück auf das Modell speist. Auf diese Weise zwingt der Regler das Modell, dem wirklichen System immer dicht auf den Fersen zu bleiben. Das wollen wir im Abschn. 34.2 etwas genauer aufzeigen. unbekannte Erregung
Bild 34.2: Durch einen Regler geführtes Modell zur (indirekten) Beobachtung des Zustandes des realen Systems
Einen in der Zielsetzung gleichen, aber in der Realisierung recht verschiedenen Weg geht die modellgestützte Überwachung mit Hilfe von Neuro-FuzzyLogiken [34.9, 34.101. Hier wird in einer Lernphase ein nicht-lineares Kennfeldmodell durch Anpassung seiner Parameter so lange trainiert, bis es in der Lage ist, mit wenigen Vorgaben das dynamische Verhalten des realen Systems hinreichend genau nachzuäffen. Dann wird die Lernschleife gekappt, Bild 34.3.
34.1 Einleitung
Eingang
661
I
Reales System
+
Systemdynamik
1-
w - 1
-
Neuro - Fuzzy - Logik Bild 34.3: Neuro-Fuzzy-Modell; Lernschleife offen
Eine kleine Gegenüberstellung bei der Vorgehensweisen findet sich in folgender Tabelle.
Beobachtung durch Differentalgleichungs-Modell Differentialgleichungen als Modell Hohe Durchdringung der Physik notwendig; viel a-priori Wissen.
Permanente Modellkorrektur durch Regler.
Neuro-Fuzzy-Modell Algebraisches nicht-lineares Kennfeldmodell. Weniger gründliche Systemdurchdringung erforderlich; weni! a-priori Wissen. Modellkorrektur durch Anpassen der Gewichtsparameter und funktionen in einer Anlernphase.
Tabelle 34.1: Gegenüberstellung des Neuro-Fuzzy- und Differentialgleichungs-Modells
34 Modellgestützte Maschinenüberwachungund -diagnose
662
34.2 Modellgestützte Beobachtung Bild 34.4 wiederholt die Darstellung von Bild 34.2 - nun aber formal strenger.
0
m
Zustand
+ +
simulliert
4xP Modell
Bild 34.4: Vom realen System (obere Bildhälfte) über die P-Rückführung nachgeführtes Modell (Beobachter, untere Bildhälfte)
Oberhalb der strichlierten Linie befindet sich das als linear angenommene reale System
das aber auf die Zustandsebene überführt wurde. In der Regelungstechnik bevorzugt man diese Darstellung mit Differentialgleichungen 1. Ordnung. Die Matrix A enthält die Systembeschreibung.
[X].{$ +[X].{:}= {e}
34.2 Modellgestützte Beobachtung
663
B ist oft nur eine mit Nullen und Einsen besetzte Boolsche Matrix, die die Erregerkräfte richtig zuordnet. X ist der Zustandsvektor. Unterhalb ist der Beobachter skizziert, der aus dem mehr oder minder guten mathematischen Modell mit der Matrix A besteht und der Rückführmatrix H, in die die Abweichungen zwischen Realität und Modell zur Modellkorrektur eingespeist werden. Die Meßmatrix C nimmt aus den vielen Zustandsgrößen (Freiheitsgraden) diejenigen heraus, die zugänglich und meßbar sind. Da kein Pfeil von unten nach oben führt, ist offensichtlich: der Beobachter unterhalb der strichlierten Linie ist Sklave der Realität von oberhalb. Die Grundgleichungen sind schnell angeschrieben, indem man die Summationspunkte beachtet: Reales System
X = Ax
+ Bp(t)
(34.2)
Differenz Realität-Beobachtung
Ay = C . (X- X)
(34.3)
Simulationsmodell und Beobachter
X = AX + H C . (X- X) + Bp(t)
(34.4)
Der vorletzte Term in der G1. (34.4) stellt die Modellkorrektur durch die Wirklichkeit dar. Die Differenz der beiden Gleichungen (34.2 und 34.4) liefert die Fehlerdifferentialgleichung AX=(A-HC).AX+AAX homogene Differentialgleichung wobei der Fehler Ax = X - X ist und AA = A - A . Natürlich muß die Beobachtermatrix H so besetzt werden, daß die homogene Fehlergleichung gut abklingende Lösungen hat. Aber die Besetzung von H bestimmt auch, wieweit die Ungenauigkeiten des Modells, die als Störgrößen M x in (34.5) einwirken, noch Einfluß haben. Bei guter Auslegung der Beobachtermatrix ist dieser Resteinfluß gering. In der Regelungstheorie existiert eine umfangreiche Literatur, wie die Beobachtermatrix H, z.B. durch Polvorgabe zweckmäßig zu besetzen ist [34.1-34.31. In den Arbeiten [34.4-34.81 finden sich Beispiele des Aufbaus solcher Differentialgleichungs-Beobachter für konkrete Aufgaben des Maschinenbaus (Rißerkennung, Torsionsschwingungsüberwachung von Wellen etc.).
664
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
Bild 34.5 zeigt den modellgestützt ermittelten Torsionsspannungsverlauf eines
Bild 34.5: Torsionsspannungsverlauf über der Zeit und der Rotorlänge aus modellgestützter Beobachtung
34.3 Überwachung mittels angelernter Neuro-Fuzzy-Logik Auch mit Hilfe der Neuro-Fuzzy-Logik wird ein Modell des realen Systems erstellt, das parallel zum realen System mitläuft und aus einigen wenigen Daten des realen Systems die nicht gemessenen, aber interessierenden Größen konstruiert. Der Unterschied zum Differentialgleichungs-Beobachter besteht darin, daß die Neuro-Fuzzy-Logik nicht-linear-algebraisch arbeitet und zunächst ohne jede Vorkenntnisse des Systems beginnt, Bild 34.3. Die Anpassung an das reale System erfolgt durch Erlernen von systembeschreibenden Regeln durch Variation der Parameter und sogenannte Zugehörigkeitsfunktionen. Die Parameter des Modells werden durch Vergleich „prognostizierte Werte - gemessene Werte" in einer Rückführungsschleife solange justiert, bis größtmögliche Ubereinstimmung herrscht. Nach der Lernphase sind die Parameter im Neuro-Fuzzy-Modell festgelegt, die Lernschleife wird gekappt. Der an sich stumpfsinnig arbeitende Anpassungsalgorithmus kann natürlich nur dann gute Korrelationen zwischen realem Verhalten und synthetischem erzielen, wenn die gewählten Eingabegrößen auch mit den gesuchten synthetischen Antworten des Systems viel zu tun haben. Ohne auf Details einzugehen, werden im Folgenden die Ergebnisse einer Forschungsarbeit [34.11] vorgestellt, deren Ziel es u.a. war, die Biegebeanspruchungen an den Flügelwurzeln
34.3 Überwachung mittels angelernter Neuro-Fuzzy-Logik
665
einer 1,5 MW Windkraftanlage ( D = 60m ) aus den normalen Betriebsdaten und einigen wenigen Zusatzinformationen zu bestimmen. Leistung [ KW]
DMSMeßebene 1
kritische Stellen -
-
DMS Meßebene 2
"(q Windturbine
erweiterte Betriebsdaten Neuro - FIJZZY Logik
Biegemomente an der Flügelwurzel, real Biegemomente nach Lernphase " synthetisiert "
Bild 34.6: Bestimmung der Blattwurzelbeanspruchungen einer Windturbine mit Hilfe einer Neuro-Fuzzy-Logik
Praktisch sind die tatsächlich auftretenden Blattwurzelbeanspruchungen ebenso wie die Turmbiegebeanspruchungen von großer Bedeutung. Sie bestimmen die Lebenserwartung der Anlage entscheidend.
666
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
Im vorliegenden Beispiel wurde die Neuro-Fuzzy-Logik mit den ohnehin ständig gemessenen Betriebsdaten Leistung Drehzahl Blattwinkeleinstellung Gondelposition (Azimutwinkel) Gondelwindanzeige
(1) (2) (3) (4) (5)
gespeist. Zusätzlich wurden für die Prognose der Biegebeanspruchungen an der rotierenden Flügelwurzel noch aus Dehnungsmessungen am Turm in den Ebenen 1 und 2 das Nick- und Giermoment am Turmkopf permanent ermittelt (Signale 6 und 7). Außerdem gibt ein Impulsgeber (key phasor) einmal pro Umdrehung die Position von Flügel ,,eins" an (Signal 8). Nur in der Trainingsphase standen der Neuro-Fuzzy-Logik die gemessenen Blattwurzelbiegemomente aus Schlag- und Schwenkschwingungen tatsächlich zur Verfügung. Nach Ablauf der Lehrzeit mußte die Fuzzy-Logik diese Blattwurzelmomente synthetisch darstellen. Daß ihr dieses gut gelingt, zeigen die Bilder 34.7a und b. Aus einem Meßzeitraum, der nicht zum Training der Fuzzy-Logik benutzt worden war, wurden nur die erweiterten Betriebsdaten (Signale 1 bis 8) eingespeist, nicht aber die tatsächlich gemessenen Verläufe von Schlag- und Schwenkbiegemomenten. Der Vergleich von synthetisierten und gemessenen Biegebeanspruchungen in Bild 34.723, b zeigt eine erstaunlich gute ~ b e r e i n stimmung. Der Korrelationsgrad ist sehr hoch, über 90%.
Bild 34.7 a: Schlagbiegemoment an der Blattwurzel einer großen Windkraftanlage (D = 60m) und zugehörige Gondelwindgeschwindigkeit. Gemessene Werte und mit einer Neuro-Fuzzy-Logik simulierte Werte [34.11]
34.3 Überwachung mittels angelernter Neuro-Fuzzy-Logik
3900
3905
3910
3915
3920
667
3925 3930 Zeit t [s]
Bild 34.7 b: Schwenkbiegemoment an der Blattwurzel einer großen Windkraftanlage (D = 60m) und zugehörige Gondelwindgeschwindigkeit. Gemessene Werte und mit einer Neuro-Fuzzy-Logik simulierter Wert [34.11]
Zum Aujbau einer Neuro-Fuzzy-Logik: In einem reinen Fuzzy-Regler werden die Ausgangssignale Vektor y über ein Regelwerk aus den Eingangssignalen X erzeugt.
Fuzzyfizierung
Regelwerk
Defuzzyfizierung
1 -
Bild 34.8: Schematische Darstellung eines Fuzzy-Systems mit p Eingängen und q Ausgängen [34.9]
668
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
Die Fuzzyfizierung am Eingang übersetzt die Augenblickswerte X, in qualitative Ausdrücke wie „klein / mittel / groß", die sog. linguistischen Variablen. Kern des Systems stellt das vom Fachmann bestückte Regelwerk dar, das die Wenn-Dann-Sätze enthält, die z.B. in einer Wahrheitstabelle niedergelegt sein können. Im defuzzyfizierenden Ausgangsteil werden die noch unscharfen Aussagen des Regelwerks wieder in Zahlenwerte diskretisiert. Letzlich liegt ein mit Erfahrungswissen bestückter Kennfeldregler vor. Ob ein solcher Regler gut arbeitet, hängt nur von der Kunst dessen ab, der die Regeln einbringt. Oft fehlt Wissen dazu, Meßdaten können nicht berücksichtigt werden. Lernfahig ist das System so nicht. Deshalb ersetzt man in einem Neuro-Fuzzy-Regler das Mittelstück des FuzzyReglers durch ein lernfähiges künstliches neuronales Netz, das vorwärts orientiert arbeitet. Seine Wichtungsfaktoren und Wichtungsfunktionen werden während der „Lehrzeit6' immer wieder gestört, um herauszufinden, ob die Veränderung dieser Faktoren die Differenz „Meßdaten minus prognostizierte Daten" reduziert. Eingangsdaten
W Lernverfahren
Neurales Netz Bild 34.9: Fuzzy-Training eines neuronalen Netzes, [34.9]
Jedem Knoten in Bild 34.9 entspricht das simple künstliche Neuron (Prozeßeinheit) von Bild 34.10.: Ein Summierer nimmt die gewichteten Eingänge auf, die über eine Kennlinie in ein Ausgangssignal y = f(s) umgesetzt werden.
34.4 Begleitende Ermittlung der Rest-Lebenserwartung
669
Bild 34.10: Aufbau eines künstlichen Neurons
Meist setzt man 3-lagige, rein vorwärts orientierte Netzwerke ein, so auch in [34.11]. Dafür stehen fertige Trainingsalgorithmen zur Verfügung [34.10].
34.4
Begleitende Ermittlung der Rest-Lebenserwartung mit Hilfe von Beobachtern
Wie vorne schon erwähnt: Turbostränge sind sehr empfindlich gegenüber Torsionsschwingungen, die praktisch völlig ungedämpft sind. Im Normalbetrieb werden sie kaum angeregt, aber bei Manövern wie dem Zu- und Abschalten sehr wohl. Auch bei größeren Schaltvorgängen im Netz gerät jedesmal die Welle in Drehschwingungen. Sehr gefürchtet sind Störfälle wie der kraftwerksnahe Netzkurzschluß, der Torsionsbelastungen im Strang mit einem mehrfachen des normalen Nennmomentes weckt. Zwar wird die Welle auf eine angenommene Anzahl solcher Störvorgänge dimensioniert, damit sie 20 Jahre Lebenserwartung hat. Wie oft dann aber derartige Vorgänge tatsächlich auftreten, läßt sich im Voraus nicht sagen. Da hilft nur begleitendes Überwachen, das sich z.B. mit Hilfe von Beobachtern bewerkstelligen läßt. Eine praktische Anwendung der Beobachtertheorie für die Maschinenüberwachung skizziert Bild 34.1 1.
670
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
System
I
C
Folgeregler
b
80 + 60 + S b =
p(t)
F
A
0
u,u
I
Torsionsstrangmodell
RainflowKlassierung
I
Torsionsbeanspruchung
I
Wöhler Kurve
+p+
Aktuelle Restlebensdauer Stelle 1
106
Lastwechselzahl
-n
PalmgrenMiner
Bild 34.11: Modellgestützte Überwachung der (instationären) Torsionsdynamik eines Turbostranges mittels eines Beobachters und Abschätzung der Rest-Lebenserwartung an den heiklen Stellen 1, 2 und 3 über die Schadensakkumulationshypothese von Palmgren-Miner
34.5 Schlußbemerkung
671
Die Netzrückwirkungen lassen sich über die Generatorströme als Erregermomente p(t) (Luftspaltmomente) gut erfassen. Der Torsionsstrang mit den Drehfreiheitsgraden ist leicht zu modellieren. Am Anfang und am Endstummel der Welle und evtl. an den Kupplungen sind die Drehschwingungssignale auch meßbar und werden in den Beobachter (Modell und Rückführungsmatrix H) gespeist. Der stets mitlaufende Beobachter ermittelt die Zustandsgrößen (Torsionswinkel @ i , @,).~ b e die r Differenz der Drehwinkel rechts und links an den dünnen Stellen der Welle (Lager, Kupplungshälse) lassen sich dann die Torsinsbeanspruchungen T i ermitteln. Sie werden nach Amplitudenhöhe und Häufigkeit ihres Auftretens sofort klassiert, z.B. durch das sogenannte „Rainflow-Counting" und dann als Lastkollektiv abgelegt, das Stunde um Stunde für die gefährdeten Stellen fortgeschrieben wird. Aus einer Lebensdauerabschätzung, z.B. nach Palmgren-Miner, laßt sich dann aktuell sagen, welche Rest-Lebenserwartung noch besteht, bzw. wann die Welle wohl auszuwechseln ist. Würde man feststellen, daß dies erst nach 23 Jahren statt nach 20 Jahren nötig ist, hat sich der Meß- und Rechenaufwand für den Beobachter und die Klassierung allemal gelohnt.
34.5 Schlußbemerkung Obwohl die klassischen Beobachtertheorien der Regelungstechnik schon aus den sechziger Jahren stammen, finden sie erst allmählich Anwendung zur modellgestützten Maschinenüberwachung und -diagnose. Ein Grund dafür mag gewesen sein, daß die analoge Verstärkertechnik als Verstärkungsfaktor kaum mehr als 104erreichte. Die Anwendung der Beobachtertheorie auf Probleme des Maschinenbaues [34.4] stieß hier auf harte Grenzen, die heute durch die Digitaltechnik überwunden sind. Die Entwicklung der Neuro-Fuzzy-Systeme der neunziger Jahre hat einen weiteren Weg zur modellgestützten Maschinenüberwachung, -diagnose und Lebensenvartungsabschätzung eröffnet. Im nächsten Jahrzent werden diese Methoden zunehmend Anwendung im Maschinenbau finden.
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1.24 1.25 1.26 1.27 1.28 1.29 1.30
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Kapitel 4
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Kapitel 24 24.1 24.2 24.3 24.4
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Kapitel 28 28.1 28.2 28.3
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Kapitel 31
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Kapitel 31 3 1.1 31.2
VDI-Richtlinie 3841, 1999; Schwingungsüberwachung von Maschinen mit rotierenden Massen - Erforderliche Messungen VDI-Richtlinien 3833 Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen, siehe Literatur [33.1]
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31.4 31.5
Normen zur Messung und Beurteilung der Lager- und Wellenschwingungen von Maschinen ISO 13371
Vibration condition monitoring of machines
Part 1, 2000
General procedures
Part 2, bald
Processing, analysis and display of data for vibration condition of machines
Absolute Lagerschwingungen (Nur für Abnahmen in Hersteller- oder Werkstattprüffeldern) DIN EN 60034-14, 1997
ISO 8579-2, 1993 ISODIS 10440- 1
ISODIS 10440-2
API 54 1,1995 API 546,1996
Drehende elektrische Maschinen - Teil 14: Mechanische Schwingungen von bestimmten elektrischen Maschinen mit einer Achshöhe von 56 mm und höher - Messung, Bewertung und Grenzwerte der Schwingungen Acceptance code for gears - Part 2: Determination of mechanical vibration of gear units during acceptance testing Petroleum and natural gas industries - Rotary type positive displacement compressors - Part 1: Process compressors (Basiert auf API Standard 619) Petroleum and natural gas industries - Rotary type positive displacement compressors - Part 2: Standard air compressors (Basiert auf API Standard 6 19) Form-wound squirrel-cage induction motors- 250 horsepower and larger Form-wound brushless synchronous motors
(Nur für Messungen am Aufstellungsort und unter Betriebsbedingungen) DIN ISO 10816-1, 1997
Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 1: Allgemeine Anleitungen
Kapitel 31
DIN ISO 10816-2, 1997
DIN ISO 10816-3,1997
DIN ISO 108l6-4,1997
ISO 10816-5, 2000
DIN ISO 108l6-6,1997
DIN ISO 8528-9, 1999 VDI-RL 3832
695
Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 2: Große stationäre Dampfturbinen - Generatorsätze mit Leistungen über 50 MW Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 3: Industrielle Maschinen mit Nennleistungen über 15 kW und Nenndrehzahlen zwischen 120 min ' und 15000 min ' bei Messungen am Aufstellungsort Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 4: Maschinensätze mit Antrieb durch Gasturbinen mit Ausnahme von Flugtriebwerken Evaluation of machine vibration by measurernents on non-rotating parts - Part 5: Machine sets in hydraulic power generating and pumping plants Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 6: Anleitungen für Hubkolbenmaschinen mit Leistungen über 100 kW Stromerzeugungsaggregate mit Hubkolbenverrennungsmotoren - Teil 9: Messung und Bewertung der mechanischen Schwingungen. Wälzlagerüberwachung - noch in Arbeit (2000)
Relative und absolute Wellenschwingungen (Nur für die Abnahmen in Hersteller- oder Werkstattprüffeldern) VDE 0530, Teil 14, 1996
ISO 8579-2, 1993 ISO 10439,1995 ISO/DIS 10440- 1
Umlaufende elektrische Maschinen - Teil 14: Mechanische Schwingungen von bestimmten elektrischen Maschinen mit einer Achshöhe von 56 mm und höher - Messung, Bewertung und Grenzwerte der Schwingungen Acceptance code for gears - Part 2: Determination of mechanical vibration of gear units during acceptance testing Petroleum and natural gas industries - Centrifugal compressors for general service (Basiert auf API Standard 619). Draft Petroleum and natural gas industries - Rotary type positive displacement compressors- Part 1: Process compressors (Basiert auf API Standard 619)
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ISO/DIS 10440-2
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Petroleum and natural gas industries - Rotary type positive displacement compressors - Part 2: Standard air compressors (Basiert auf API Standard 6 19) Form-wound squirrel-cage induction motors 250 horsepower and larger Form-wound brushless synchronous motors General-Purpose Steam Turbines für Refinery Service Special-Purpose Steam Turbines für Refinery Service Packaged, Integrally Geared Centrifugal Air Compressors for General Refinery Service
(Nur für Messungen am Aufstellungsort und unter Betriebsbedingungen) DIN ISO 7919-1, 1997
DIN ISO 7919-2,1997
DIN ISO 7919-3,1997
DIN ISO 7919-4, 1997
ISO 7919-5, 1997
VDI Richtlinie 2059,
Mechanische Schwingungen von Maschinen mit Ausnahme von Kolbenmaschinen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen - Teil 1: Allgemeine Anleitungen Mechanische Schwingungen von Maschinen mit Ausnahme von Kolbenmaschinen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen - Teil 2: Große stationäre Dampfturbinen-Generatorsätze Mechanische Schwingungen von Maschinen mit Ausnahme von Kolbenmaschinen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen - Teil 3: Gekuppelte industrielle Maschinen Mechanische Schwingungen von Maschinen mit Ausnahme von Kolbenmaschinen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen - Teil 4: Gasturbinensätze Mechanical vibration of non-reciprocating machines - Measurement on rotating shafts and evaluation criteria m - Part 5: Machine sets in hydraulic power generating and pumping plants Wellenschwingungen von Turbosätzen; Grundlagen für die Messung und Beurteilung. Weiterhin gültig: Blatt 1 (1981), Grundlagen Blatt 3 (1985), Industrieturbosätze Blatt 4 (1981), Gasturbosätze
Kapitel 33
697
Kapitel 32 Gasch, R.; Liebich, R.: Orbitkinematik rotierender Wellen - Stör- und Defektkriterien. VDI Bericht 1466, Schwingungstagung 1999, Schwingungsüberwachungen - Diagnose von Maschinen und Anlage, Berlin: VDI-Verlag 1999. Krämer, E.: Maschinendynamik. Berlin: Springer Verlag 1984. Vance, R.: Rotordynamics of Turbomachinery. New York: J. Wiley & Sons 1988. Gasch, R.: A Survey of the Dynamic Behaviour of a Simple Rotating Shaft with a Transverse Crack. Journal of Sound and Vibration, 160(2),pp. 313-332, 1993. Liao, M. F.; Gasch, R.: Crack Detection in Rotating Shafts - An Experimental Study. IMechE Conf. Trans., C4321106, 1992. Weigel, M.: Werkzeuge zur Schwingungsdiagnose an Turbomaschinen. 3. Symposium: Schwingungsdiagnostische Überwachung von Turbosätzen (Schenk-Allianz), Willingen 1995. Gasch, R.: Neuere Kriterien zur Rißidentifiaktion bei rotierenden Wellen. Symposium Maschinenüberwachung (Schenk-Allianz) Sonthofen 1993.
Kapitel 33 33.1
33.2
33.3
VDI-Richtlinie 3839, Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen Blatt 1 Allgemeine Grundlagen Blatt 2 Schwingungsbilder aus Unwucht, Montagefehlern, Lagerströmungen etc. Blatt 3 Typische Schwingungsbilder von Dampf-, Gasturbinen und Turboverdichtern Blatt 4 Typische Schwingungsbilder von Ventilatoren und Gebläsen Blatt 5 Typische Schwingungsbilder bei elektrischen Maschinen Blatt 6 Typische Schwingungsbilder in Wasserkraftwerken Blatt 7 Typische Schwingungsbilder bei Pumpen Blatt 8 Typische Schwingungsbilder bei Kolbenmaschinen. Tondl, A.; Springer, H.: Beitrag zur Klassifizierung von Schwingungen und ihren Ursachen. SIRM-Tagung, Kaiserslautern: „Schwingungen in rotierenden Maschinen", pp. 257-267, Hrsg. Nordmann, Irretier, Springer, Vieweg-Verlag 1992. Schenck-Allianz Symposien zur Maschinendiagnostik (Sonthofen 1993, Willingen 1995 ).
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Kapitel 34
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Sachverzeichnis
aerodynamische Dämpfung 524 aerodynamische Steifigkeit 523 Ahnlichkeit, dyarnische 71 f. aktive Magnetlager 359 ff., 375 ff. aktives Hilfssystem 375 ff. Alfordkräfte 512 angerissene Welle 421 ff. Anstreifen des Rotors -hartes 555 ff. - sanftes 537 ff. Anstreiforbits, harte 570 ff antimetrische Steifigkeitsmatrix 90 a-priori-Wissen 661 atmender Riß 424 f. Ausgleichskolben 480 Ausnutzung der Fundamentdämpfung 587 ff. Auswandern der Welle in Resonanz 133 ff. Auswuchten - in drei Läufen 23 ff. - in harten Lagern 18 ff. - in weichen Lagern 23 ff. - ohne Testgewicht I8 ff. - starrer Körper 17 Backword Whirl 566 Baufonnen von Magnetlagem 356 Baugrunddämpfung 600 Baugrunddaten 600 Baugrundeinfluß 599 ff. Baugrundsteifigkeit 600 Baureihen 534 Beobachter 662 - modellgestützt 660 Beschleunigungsaufnehmer 622 Betriebsauswuchten 23 ff. Biegebeanspruchung 50 ff., 108 Biegewechselbeanspruchung 5 1
Blattpassage 656 Blattwurzelmomente 666 f. Bocknachgiebigkeit 576 Bodeneinfluß 599 ff. Breitlagertheorie 3 19 Bulk-Flow-Modell 449 Bulk-Flow-Verfahren 490 Campbell-Diagramm 68 f. CFD-Verfahren 490 Dämpfung 75 ff. 76 ff. - aus Elastomerbettung 120 - aus Fundamenteinfluß 587 ff. - aus Fügung 94 f. - innere 83 ff. -konstruktive 94 f. - optimale 596 Dämpfungseinfluß - auf die Stabilität des 2-Flüglers 413 ff. -bei Wälzlagerung 205 f. Dämpfungskonstanten - von Quetschöldämpfern 3 18 ff. Destabilisierung durch - Spalterregung 5 1 8 - Spaltverluste 5 16 Diagnosehinweise 641 ff. Dichtspalt 444, 446, 480 f. Dichtspalteinfluß 466 ff. Dichtspaltkoeffizienten 457 ff. Dichtungen, berührungslose für Flüssigkeiten 443 ff. Differenzdiagnose 638 f. doppelumlauffrequente Erregung 384 Dreikeillager 245 driftende Rosetten 636 Druckfunktion 220, 224 - äußere
702
Sachverzeichnis
dry fryction whirl 555, 565 ff. Durchdringen der Fundamentdämpfung 589 ff. Earnshaw's Theorem 338 Effektivwertüberwachung 614 Eigenformen 195,203 Elastischer Rotor - in aktiven Magnetlagern 375 ff. Elastomerdämpfung 120, 127 ff. Elastomere 119 elliptische Bahn 106 Erkennung von Instabilitäten 642 Fanglager 555 ff. Fanschaufelverlust 562, 568 ff. Feder- und Dämpfungszahl des Ö1films 228 ff. Fehlerkriterien 642 Floquet-Verfahren 385 Floquet-Verfahren 430 f. Fluiddichtung 443 Flüssigkeitsdichtungen 443 ff. Folgeregler 660 Fourieranalyse 31, 616 f. Fourierspektrum, gestaffeltes 70 Frequenzganganalysator 30 f. full aunular rub 555 ff. Fundamentabstirnmung 582 ff. Fundamentdämpfung 587 ff. Fundamenteinfluß 575 ff. Fundamenttuning 607, 610 f. Fuzzy-System 667
Gleichlauf 105 ff. Gleitgelagerte Rotoren - horizontal 25 1 ff. - vertikal 283 ff. Gleitlagerkoeffizienten 228 ff. Gleitlagertheorie 217 ff. Gondelwhirl-Stabilität 522, 530 ff. Grenzdrehzahl 218, 597,609 - bei innerer Dämpfung und Elastomerbettung 123 ff. - bei innerer Dämpfung und Orthotropie 113 - bei innerer und äußerer Dämpfung 87 ff. - bei Fügedämpfung 95 ff. - gleitgelagerter Rotoren 258, 274 ff. Grenzdrehzahl, siehe auch Stabilität Grenzzykel, großer 642 Gummielemente 119 gyroskopische Glieder 163 ff. Halbraumdämpfungen 600 Halbraumeinfluß 599 ff. Halbraumsteifigkeiten 600 Hängenbleiber 140, 145 Hill-Verfahren 385 Hochabstimmung - des Fundamentes 582 ff. - des Gehäuses 597 f. Hochdruckkompressor 503 Hot Spot 537 f. instabiler Drehzahlbereich orthotropen Welle 388 f., 394 f., 399 f. - des 2-Flüglers 4 12 Instabilität, siehe Stabilität instationäre Resonanzdurchfahrt 138 ff. Interaktion Rotor-Fundament-Halbraum 599 ff. - der
Gasdichtungen 479 482,497 Gegenlauf 105 ff. gegenläufige Erregung 182 Gehäuseeinfluß 575 ff. Gehäuseschwingungen 618 generalisierte Exzentrizitäten 200, 204 generalisierte Massen 196, 203 generalisierte Steifigkeiten 197, 203 generalisierte Unwuchten 199,204 Getriebefehler 652 f. Gewichtsdominanz 428 Gewichtseinfluß 49 f. Gewichtskritische Drehzahl 384 ff. Gewichtsresonanz 394 - Bauformen
Kavitation 3 16 Kavitation 656 f. Kelvin-Modell 83, 92 kinematisches Rückwärtsrollen 563 ff. Kippsegmentlager 246, 295 klaffender Riß 423 f. Kontakt Rotor-Stator 555 ff. Kontaktkraft 558 ff.
Sachverzeichnis Kontinuumsrotor 201 ff., 209 Kreiselmoment 161 Kreiselpumpe 443 Kreiselwirkung 159 ff., 207 ff. Kreislager 239, 258,275 Kreuzschaltung 373, 376 kritische Drehzahl 44 kritische Drehzahlen - bei Mehrscheibenrotoren 198 - beim Kontinuumsrotor 204 - des Gleichlaufs 212 - des Gegenlaufs 213 - Kreiselwirkung 176 ff. - Verschiebung durch Fundamenteinfluß 575 ff. - Verschiebung durch Lagernachgiebig keit 575 ff. kritische Drehzahlen, siehe auch Unwuchtantwort krumme Welle 53 ff. Kurzlager 289 Kurzlagertheorie 229 ff., 3 13 k-&-Modell 492 Labyrinthberührung. sanfte 537 Labyrinthdichtungen 479 ff. Lagerbockerregung 187 Lagergehäuseschwingungen 624 Lagemachgiebigkeit 576 Lagerorthotropie 101 ff. Lagertragkraft, spezifische 5 Laufraddichtung 443 Lavalläufer, dämpfungsfrei 37 ff. Lavalwelle 7, 11 Lebenserwartung 669 Leckage 446,480,487 Leistungsverstärker 364 Lernalgorithmus 66 1 Levitron 357 Lomakinkraft 445 Luftkraftdämpfungen 521 ff. Luftkraftsteifigkeiten 521 ff.
Maschinendiagnose 627 ff. mechatronisches System 365 Mehrscheibenrotor 191 ff. Mindestantriebsmoment 145 modale Behandlung 191 ff. modellgestützte Beobachtung 660 ff. modellgestützte Überwachung 659 ff. Nachgiebigkeit des Ölfilms 240 Navier-Stokes-Gleichungen 447 Neuro-Fuzzy-Logik 665 Neuro-Fuzzy-Modell 66 1 Neuronales Netz 668 Neutronenchopper 357 Normen 613 ff. Ö~filrndäm~fungen 228 ff. Ölfilmsteifigkeiten 228 ff. Orbit gleitgelagerter Rotoren 265 Orbitkinematik 627 ff. Orbits - obenvellenhaltig 633 f. - rosettenartig 635 - mit Bruchteilfrequenzen 635 Orthogonalitätseigenschaften 196 ff., 202 f. orthotrope Lagerung 101 ff. -bei Mehrscheibenrotoren 193 orthotrope Welle 383 Orthotropieparameter 386 Palmgren-Miner Regel 67 1 partial rub 555 ff. passive Magnetlager, radial 333 f., 356 PD-Regler von Magnetlagern 363 permanent-magnetische Lager 333 ff. Permeabilität 344, 339 PID-Regler für Magnetlager 368 Polvorgabe 663 Propeller-Derivativa 526 Quetschöldämpfer 309 ff. 309 ff.
- Bauformen
magnetische Unwucht 654 f. magnetischer Zug 654 magnetisches Dipolmodell 339 ff. Magnetlager, aktiv 359 ff. Magnetlager, passiv 333 ff. Magnetlagerung 5
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Rainflow-Klassierung 670 f. Reiber 538 Resonanzdurchfahrt -bei schwachem Antrieb 140, 145 - bei starkem Antrieb 139
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Sachverzeichnis
Resonanzdurchfahrt, beschleunigte 133 ff. Resonanzpassage mit Fanglagerkontakt 557 Resonanzverhalten, siehe auch Unwuchtantwort Restunwuchten, zulässige 31 ff. Reynolds-Differentialgleichung 220 ff. Reynoldsgleichungen 447 Reynoldszahl 445 Richtlinien 613 ff. Riß 421 ff. Rißerkennung 440 Riß-erzwungene Schwingungen 433 ff. Rißmodell 421 ff. Rotating stall 656 f. Rotor, langer und kurzer 179 ff. Rotordynamische Koeffizienten - bei Flüssigkeitsdichtungen 457 ff. - bei Gasdichtungen 499 ff. Rotor-Fundamentinteraktion 580 Scharniermodell 424 Schaufelbruch 149 ff. Schaufelverlust mit Anstreifen 569 Schlag 53 ff. Schlagantwort 56 Schleifmaschine 368 Schubelastizität 207 ff. Schwinggeschwindigkeitssensor 621 Schwingungsaufnehmer 618 ff. Schwingungskinematik 636 Schwingungsmessung 623 f. Schwingungsüberwachung 613 ff. selbsterregte Schwingungen, siehe Stabilität Selbstzentrierung 47, 57 Sensorik 382 Signalanalyse 627 ff. Skalierungsregeln von Magnetlagern 356 Soft-Rubbing 539 Sommerfeldzahl 226 -bezogene 256,274 - umgekehrte 227 Spalterregung 372 - in Turbinen 5 11 ff. Spalterregungskonstante k, 5 18 Spaltkrafte 445 Spektralkarte 70,99 - der Welle mit Riß 439
Spektralshift 637 Spektrum, zweiseitiges 627 ff. spezifische Lagerkräfte permanentmagnetischer Lager 333 Spiral Vibration 538 ff. Spiralen 538 ff., 548 - instabiles 548 f. Spiralperiode 55 1 Squeeze film damper 309 ff. Stabilisierung durch Fundamentdämpfung 597 Stabilisierungsmaßnahmen 97 Stabilität - bei aktiven Magnetlagern 371 -bei Dichtspalteinfluß 469 ff, - der Welle mit Riß 430 ff. - des Gondelwhirls 530 - des vertikalen Rotors in Gleitlagern 291 ff., 306 ff. - des 2-flügligen Propellers 410 ff. - eines Hochdruckkompressors 507 ff. - gleitgelagerter Rotoren 255 ff., 270 ff. - von magnetgelagerten Rotoren 376 Stabilitätserhöhung 641 - durch Baugrundeinfluß 609 Stabilitätsgrenze - des 2-Flüglers 41 1 ff. - luftkraftbedingt 534 Stabilitätsverbesserung - durch Elastomerbettung 123 - durch Magnetlager 371 ff. - durch Orthotropie 110 ff. - durch Quetschöldämpfer 33 1 Stabilitätsverhalten mit innerer und äußerer Dämpfung 87 ff. stall-gesteuerte Windturbine 521 starrer Rotor in Gleitlagern, horizontal 251 ff. stationärer Betrieb 42 stationärer Drehzustand 42 Statorberührung, harte 555 ff. Steifigkeiten von passiven Magnetlagern 345 ff. Störschwingungsursache 641 ff. Strombelagsmodell 344 ff. Stromfrequenzgang 38 1 Strömungsabriß am Rotorblatt 535 Strömungsmodelle in Dichtspalten 445 ff. Stromverstärker 38 1
Sachverzeichnis Tansitionsmatrix 431 thermische Wellenverkrümmung 537 ff. thermisches Gleichgewicht 544 thermo-elastische Bewegungsgleichung 546 Thomaskräfte 5 11 ff. Tiefabstimmung des Fundamentes 582 ff. Tiefabstirnmung des Gehäuses 597 f. Timoschenko-Balken 208 Trendanalyse 638 f. Trendbetrachtung 617 Triebstrang 3 Tuning des Fundaments 607,610 f. Turbogenerator, 2-polig 383 Turbokompressor 552 Turbosatz, drehschwingungsfähig 659, 664 überkritischer Betrieb 10 ff. Über~chwin~beiwerte bei Schaufelverlust 156 Überwachung 613 ff. Unrunde Welle 383 ff. - in Gleitlagern 403 ff. - in orthotropen Lagern 397 ff. unterkritischer Betrieb 10 ff. Unwucht- und Rißantwort 439 Unwucht, plötzliche 149 ff. Unwuchtantwort -bei Mehrscheibenrotoren 198 ff. - beim Kontinuumsrotor 204 - des gleitgelagerten Rotors 260 ff., 277 ff. - des Rotors mit Quetschöldämpfer 324 ff. - des vertikalen, gleitgelagerten Rotors 286 ff., 298 ff. - des 2-Flüglers 414 ff. - ungedämpfte 43 ff., 61 ff. unwuchterzwungene Schwingungen - bei Kreiseleffekten 174 ff. - von Rotor und Fundament 583 Unwuchtkompensation, aktiv 370 Unwuchtursachen 18 Ursachen von Störschwingungen 643 Ursachen von - Bruchteilfrequenzen 648
- I 1!2 Orbits 643 ff. - nL2 Orbits 646 ff.
+
Verlustfaktor 120 vertikaler, elastischer Rotor 296 Vertikalmaschine 283 Vielscheibenrotor 208 visko-elastisches Verhalten 83 Vorkrümmung der Welle 53 ff. Wälzlagerfehler 649 ff. Wegsensor 620 Welle mit Riß 42 1 ff. Wellenschwingungen 618,624 f. Wellenstrang 3 Werkzeugmaschinenspindel in aktiven Magnetlagern 359 Whirlstabilität 522, 532 f. Windturbine 665 Wirbelstromaufnehmer 620 Wuchtmeßtechnik 29 Zahnfehler 653 zeitabhängige Steifigkeit 426 Zeittafel 15 zeitvariante Systeme 397 Zeitvarianz 383 Zitronenlager 244,258, 276 Zustandsebenendarstellung 662 Zustandsüberwachung 6 13 ff. zweiflügliger Propeller 405 ff. zweiseitige Fourieranalyse 627 ff.
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