Rolands Entritterung von Ekkehart Reinke scanned by : horseman kleser: Larentia Version 1.0
Freiwillig meldete sich Fu...
17 downloads
400 Views
390KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Rolands Entritterung von Ekkehart Reinke scanned by : horseman kleser: Larentia Version 1.0
Freiwillig meldete sich Funkenmann, der Gaukler, für die erste Nachtwache. Volker vom Hohentwiel sah ihm fest in die unsteten Augen und sagte mahnend: »Dies ist wildes Land. Mensch und Tier sind uns feindlich. Sperre also die Ohren auf, und halte die Augen offen! Geh nicht in den Schein des Lagerfeuers! Bleib im Dunkel! Und nach zwei Stunden wecke Louis, der dich ablösen wird!« Funkenmann versprach alles, aber der Gaukler war ein leichtsinniger Kerl. Er wartete nur ab, bis Volker, die Knappen Louis und Pierre und sein Kumpan
Schiebermann fest eingeschlafen waren. Dann streckte er sich am Boden aus, zog die Decke über die Ohren und schloß die Augen. Bald schlief auch er. Und niemand sah oder hörte die finsteren Gestalten, die sich mit Mordgedanken heranschlichen.
Sie wurden von Trumm angeführt. Der grauhaarige Riese besaß gewaltige Körperkraft. Seine unerschöpfliche Ausdauer war allen Strapazen spielend gewachsen. Tagelang schon folgte seine Horde den Spuren Volkers und seiner Gefährten. In dieser Nacht wollten sie den Gejagten endgültig den Untergang bereiten. Trumm verpflichtete sie, beim Anschleichen nicht das leiseste Wörtchen zu flüstern. »Wer sein Maul aufmacht«, warnte er, »dem stopfe ich es persönlich - und für immer!« Als einzige Waffen nahmen sie kurze, scharfgeschliffene Messer mit. Kein Stahlgeklirr sollte ihre Annäherung verraten. Mit drei Schritten Abstand nach links und rechts glitten Trumms Männer über den hartgefrorenen Waldboden. Schneelöcher umgingen sie. Jeder Baum, ob Fichte, ob Buche, bot willkommene Deckung. Und zu keiner Zeit ließen sie das niedrige Lagerfeuer aus den Augen. Nach einer Stunde gebot Trumm Halt. Sie waren kaum hundert Klafter von den Feinden entfernt, die sich offenbar zur Ruhe niedergelegt hatten. Dann schickte der Anführer den kleinsten und leichtesten Mann als Späher los. Unhörbar entfernte sich der Auserwählte. Geduldig harrten die anderen. Während sie auf der steinharten Erde lagen, kroch die Kälte in ihre Körper, und mancher mußte die Zähne aufeinanderbeißen, damit sie nicht laut zu klappern begannen. Klamme Hände krallten sich um gerillte und gekerbte Messergriffe. Zäh tropfte die Zeit. Dann war der Späher plötzlich mitten unter ihnen. Ungehört und ungesehen war er zurückgekommen und raunte in Trumms Ohr seinen Bericht: »Sie schlafen alle - fest. Nicht mal eine Wache haben sie ausgestellt. Sie fühlten sich wohl allzu sicher. Es ist eine Kleinigkeit, sie zu überrumpeln.« Trumm hörte es voller Genugtuung. Dann befahl er den Angriff. Nacheinander kroch jeder zum Nebenmann und gab ihm durch Armauflegen den Befehl bekannt. Noch langsamer und vorsichtiger bewegte sich die Kette der
Angreifer auf das Lagerfeuer zu. Sie hatten die Schuhe mit Lappen umwickelt. So wurden sie lautlos wie Katzen. Ab und zu nur knackte ein Zweig. Zweimal brach ein aufgestörtes Stück Wild durchs Unterholz. Dann erstarrten sie alle mitten in der Bewegung und rührten sich lange Zeit nicht mehr. Das lauteste Geräusch, das sie von sich gaben, war das Atmen - ein Hauch, den kein Schläfer wahrnehmen konnte. Zum letzten Mal verharrten sie an der Lichtgrenze des Feuers. Tiefgeduckt führten sie die Messerhand zum Mund und klemmten den Griff der Klinge zwischen die Zähne. Denn von hier aus wollten sie auf allen vieren, dem Boden angeschmiegt, weiterkriechen. Schon konnten sie die Gestalten der Schläfer im zuckenden Licht der Flammen ausmachen. Jeder nahm sich einen zum Ziel. Vielleicht noch hundert Atemzüge waren denen vergönnt. Dann würden sie dem Ritter, den Knappen und den beiden Gauklern schwer auf der Brust hocken. Und im Augenblick des Erwachens würden die Überfallenen mit dem Messer in der Kehle auch schon wieder entschlummern - für immer ... * Den tiefsten Schlaf hatte Louis. Sein wechselvolles Abenteuerleben hatte ihn gelehrt, in kürzester Frist aus dem Wachsein in traumlosen Schlaf zu gleiten. Und doch hatte Louis, der einstige waldgewohnte Räuber, auch den leisesten Schlaf. Seine Instinkte waren schärfer als die des scheuen Rehs. Es war, als wachte, während sein übriger Körper erschöpft und hingegeben ausruhte, ein winziger Teil seines Bewußtseins hellhörig weiter. So kam es, daß der Überfall um ein Haar mißglückt wäre. Denn als Trumms Männer sich endlich in den Feuerschein wagten, fühlten sie sich schon allzu sicher. Ihre Opfer nämlich schnarchten! Sie kamen näher, immer näher. Noch fünf Schritte war Trumm von Volker entfernt. Von Volker, dem Sänger, aus dessen Kehle jetzt
sehr unmusikalische Töne drangen. Und vier Schritte war der Mann rechts von Trumm vor Pierre. Da riß es Louis aus dem Schlaf! Von einem Augenblick zum anderen tauchte sein Bewußtsein aus dem tiefsten Grund an die Oberfläche. Von einem Augenblick zum anderen war er hellwach. Eine Eule strich mit schwerem Flügelschlag über das Halbdunkel des Lagerplatzes, als Louis die Augen aufriß. Drei Schritte vor ihm kauerte der Feind, der soeben das Messer aus dem Mund nahm, um sich auf ihn zu stürzen und ihm die Kehle aufzuschneiden. Und während seine Kameraden nichtsahnend, todgeweiht selig träumten, schrie Louis mit verzweifelter Stimme schrie er, daß die Vögel im Umkreis aus den Nestern aufflatterten, daß die Flamme über den verkohlenden Scheiten flackerte, daß Schnee von niedrig hängenden Ästen stob ... Louis schrie mit einer Stimme, die so schrill und nackt wie erster Frost war: »Alaaaarm! Alaarm!« Die Schläfer fuhren hoch und starrten mit blinden Augen ins Leere. Ehe sie in die Wirklichkeit zurückfanden, wurden sie vom Ansprung der Angreifer wieder niedergerissen, zu Boden gedrückt und festgehalten. Funken rieselten wie kleine Sternschnuppen aus dem Flammenspitzen und spiegelten sich in den Messerklingen, die über den Köpfen der Überfallenen schwebten ... Ein wenig abseits von den Kameraden war Funkenmann durch Louis' wilden Schreckensschrei hochgerissen worden. Kein Mann der Horde Trumms bedrohte ihn in diesem Augenblick. Schwer aber fiel ihm die Erkenntnis aufs Herz, daß er die Freunde dem Tod preisgegeben hatte - aus Trägheit nur! Weil er zu faul gewesen war zu wachen. Weil er geglaubt hatte, ein Nickerchen für zwei Stunden machen zu können. Ja, Funkenmann war ein leichtsinniger Hund, wie man ihn selbst unter Gauklern so schnell nicht ein zweites Mal fand. Aber er war auch ein Kerl, der im Augenblick brennender Gefahr Tod und Teufel nicht fürchtete.
Mit beiden Händen griff Funkenmann ins lodernde Lagerfeuer, packte drei glühende Äste, riß den Schlund - wie ihm schien meilenweit auf und schluckte, wie er es von seinem Vater und Großvater schon als Kind gelernt hatte, das Feuer. Es war der lebensgefährlichste Akt, den die Gauklerzunft kannte. Denn er hatte nicht den Regeln entsprechend Mund, Zunge, Gaumen und Rachen vorher mit hitzeabstoßenden ölen gesalbt. Ohne Vorbereitung schluckte er den glühheißen Brand. Tausend sengende Nadeln stachen in seine Mundhöhle. Ein Gluthauch verbrannte ihm den Rachen und stieß mit spitzen, verdorrenden Pfeilen in seine Lufthöhle. Einen Augenblick lang glaubte Funkenmann, er müsse wie eine Fackel verlodern. Der Schmerz war unerträglich. Ein Schattenband legte sich über seine Augen. Es waren Tränen, die ihm die Sicht nahmen. Doch selbst als die Todesangst ihn mit unerbittlichen Klammern packte, vergaß Funkenmann nicht einen Augenblick die Regeln der Gauklerzunft. Der Schmerz wurde unerträglich. Die Sinne drohten ihm zu vergehen. Da stieß Funkenmann vom Zwerchfell her den Atem aus! Und dieser feurige Atem wehte über den Banditen, der Volker erledigen wollte. Der Kerl schrie auf wie ein geblendeter Stier, ließ das Messer fallen und floh ins Dickicht, soweit ihn seine Füße trugen. Funkenmann richtete den Feuerstrahl auf den nächsten Angreifer. Es war Trumm. Der Riese brüllte auf. Rot glühten seine Wangen! Jeder Mut war ihm vergangen. Zwar hielt er sein Messer fest, doch auch er wandte sich zu schneller Flucht. Er floh über Busch und Stein, über Eis und Bach. Und er achtete nicht einmal des Weges. Und wiederum waberte Funkenmanns Lohe über den Lagerplatz. Diesmal traf er den Späher. Der wich entsetzt zurück und folgte Trumm auf regelloser Flucht. Nun drehte Funkenmann sich im Halbkreis. Ununterbrochen schoß der Feuerstrahl aus seinem Mund.
Da wendeten sich auch die letzten aus Trumms Horde und verschwanden im Wald. Die Freunde waren gerettet. Gauklerkunst hatte sie vor einem grauenhaften Schicksal bewahrt. Als Trumm lange Stunden später seine Männer wieder beisammen hatte, weigerten sie sich einstimmig, die Verfolgung fortzusetzen. Sie meinten, ein Drache habe den Feinden geholfen, und abergläubische Furcht beherrschte sie. * Volker und seine Männer setzten ihren Weg fort. Sie waren dem Leben wiedergeschenkt, aber sie schienen keine Freude darüber zu empfinden. Funkenmann, dem Retter, wurde kaum Dank zuteil. Langsam ritten sie mit gesenkten Köpfen über Land. Je näher sie Schloß Camelot kamen, um so langsamer ließen sie die Pferde gehen. Denn es war eine traurige Rückkehr. Und Volker graute es vor dem Augenblick, da er vor König Artus treten und ihm mitteilen mußte: Roland, der Ritter mit dem Löwenherzen, ist tot! Nur zwei Wochen waren vergangen, seit der König den tapferen Roland mit der schwersten Aufgabe seiner bisherigen Laufbahn betraut hatte. Er sollte ihm Haggan bringen - Haggan, den Gräßlichen, dem es gelungen war, aus dem Verlies des Schlosses Camelot auszubrechen! Haggan war ein bärenstarker Ritter, der von früher Jugend an mit einer Bande zügelloser Gesellen überall im Land gebrandschatzt und geplündert hatte. Er ermordete seinen älteren Bruder, vergewaltigte dessen Verlobte Griseldis und schwor, er werde Artus die Krone samt Kopf von den Schultern reißen, um sich an seiner Statt zum Herrn des Landes zu machen. Roland hatte ihn nach fürchterlichen Abenteuern in der Burg des Atz von Atzerath aufgespürt und zum Duell gefordert. Haggan nahm die Herausforderung unbedenklich an, denn er fürchtete niemanden auf der Welt und glaubte felsenfest, daß er unüberwindlich sei. Vor
den Augen der Freunde hatte Roland ihn jedoch nach stundenlangem Kampf an den Rand der Niederlage gebracht. In diesem Höhepunkt des Kampfes hatten sich die Gegner aus dem Gesichtskreis Volkers und seiner Freunde entfernt. Als sie dort eintrafen, fanden sie zu ihrem Entsetzen nur Haggan vor. Einen Haggan, der blutüberströmt, bis auf die Knochen durchnäßt, aber auch im Bewußtsein seines entscheidenden Sieges wie ein Übermensch wirkte, dem niemand widerstehen konnte. Rolands Leiche wurde nie gefunden. Haggan deutete auf ein frisches Loch in dem eisbedeckten Bach, an dessen Ufer die letzten Streiche dieses unvergleichlichen Duells geführt worden waren. »Da hinein versank er, als ich ihm den Todesschlag versetzte«, sagte Haggan. »Die Strömung trug ihn von dannen. Schneller, als ein Roß seinen Reiter trägt. Und würdet Ihr fünf Pferde zuschanden reiten«, sagte er zu Volker, »Rolands Leiche wäre dennoch viele Tage vor Euch im Meer!« Haggan wankte. Der Blutverlust setzte ihm arg zu. Sein Gesicht war blaß wie Marmor. Dennoch wirkte er wie ein unüberwindlicher Gegner. »Geht!« gebot er mit einer Stimme, die einem Furcht einjagte. »Bestellt Eurem König, daß ich seinen besten Vasallen in den Tod schickte! Sagt ihm, daß seine Tage auf dem Thron gezählt sind! Roland war sein bester Mann. Seht auf mein Schwert! Es ist rot von Rolands Blut.« Er tauchte die Klinge in den Bach und zog sie heraus. Er hob die gesäuberte Klinge in den Abendhimmel. »Wenn sie zum nächsten Mal rot ist«, prophezeite er mit klirrender, schrecklicher Stimme, »dann vom Blut des Königs Artus!« Wie betäubt ritten die Freunde davon. Tagelang suchten sie am Unterlauf des Baches. Dann folgten sie dem Fluß, in den er mündete, ehe sie endlich, völlig mutlos geworden, die Suche aufgaben. Nun blieb ihnen nur eins. Die traurige Pflicht, dem König Artus Niederlage und Tod seines treuesten und besten Ritters zu melden. Ein Kind konnte sehen, daß schwere Zeiten über Schloß Camelot heraufzogen.
* Und doch war Roland nicht tot. Er hatte den heimtückischen Angriff des hünenhaften Trumm, der Haggans Vertrauter war, überlebt. Tag und Nacht wachte an seinem Lager tief unter der Erde die blonde Heide, die ihn liebte. Sie pflegte die Schwertwunde an seinem Kopf. Sie bereitete ihm kräftige Nahrung zu. Sie beschützte seinen totenähnlichen Schlaf. Und sie rief ihn mit behutsamer Zärtlichkeit langsam ins Leben zurück. Eines Morgens erwachte Roland und fühlte sich wie frischgeboren. Zwar schwindelte ihn noch, als er sich zum ersten Mal vom Krankenlager erhob. Aber die Schwäche ging schnell vorüber. Kräftig wie früher kreiste bald das Blut durch seinen Körper. »Wo bin ich?« fragte er fast munter. »In Haggans Gewalt«, sagte Heide. »Erinnerst du dich nicht, süßer Roland? Du hattest den Gräßlichen besiegt. Du zogst ihn mit deiner siegreichen Hand aus dem eisigen Bach, der sonst zu seinem Grab geworden wäre. Da erschien Trumm und drohte, mich zu töten. Ich war ja in seiner Gewalt. Du ließest im Vertrauen auf freies Geleit die Waffe fallen, und der niederträchtige Trumm streckte dich mit einem gemeinen Schwertstreich nieder.« Die wenigen Worte Heides zogen ganze Reihen ,von Schleiern von Rolands Gedächtnis fort. Szene für Szene erstand klar vor seinem inneren Auge. Doch die Erinnerung hielt den Ritter nicht lange im Bann. Er war so geartet, daß er Vergangenem nicht lange nachhing. Er war der Gegenwart zugewandt. Sein Auge umfaßte Heides schöne Gestalt, ihr helles, strahlendes, kühnes Gesicht - und er streckte die Arme nach ihr aus. Willig sank sie an seine Brust. Ihre Lippen fanden sich zu einem langen Kuß. Heiß pulste Erregung durch ihre Körper. Noch nie war Roland so verliebt gewesen. Er hatte schon einige Frauen kennengelernt. Meist waren sie erfahrener gewesen als er. Sie hatten ihn gereizt, ihn erobert, ihn benutzt und manchmal verraten.
Heide war anders als sie alle. Mit Rührung erinnerte er sich der Tage, da sie, als Mann verkleidet, ihm als Knappe gefolgt war. Sie wollte dem heimlich Geliebten nah sein, und wenn es unter den gefährlichsten Umständen geschah. Lange hatte er sich täuschen lassen. Der Augenblick, da er sie als Frau erkannte, besiegelte seine Niederlage gegen Haggan und Trumm - und doch wollte er ihn nicht missen. Denn Heide bedeutete dem Ritter mehr als aller Heldenruhm der Welt. Lange standen die Liebenden eng umschlungen. Ihre Küsse wurden heißer und heißer. Ihre Leiber schienen ineinander zu verschmelzen, so. sehr drängte jeder zum anderen. Und aus der unmittelbaren Zärtlichkeit erwuchs grenzenlose Leidenschaft. Roland hob Heide hoch. Wie eine Feder war sie in seinen wiedererstarkten Armen. Er trug sie zur Lagerstätte. Ihre Augenpaare brannten ineinander. Ihr Atem ging fliegend. Er nestelte an ihrem Rock. Seine Hände bebten. Es konnte ihm nicht schnell genug gehen. Heides geschmeidige Finger lösten die Knöpfe an seiner Kleidung. Beider Atem ging heiß. Wieder und wieder verschmolzen ihre Lippen. Da hörten sie Geräusche. Leichte Schritte näherten sich. Heide und Roland fuhren auseinander. Die Tür flog auf. Ein dunkelhaariger, kleinwüchsiger Junge von höchstens 17 Jahren wirbelte ins Zimmer. Sie hatten ihn noch nie gesehen. Dem Aussehen nach stammte er aus dem Morgenland. Das verriet auch seine fremdartige Aussprache. In höchster Aufregung rief er Roland zu: »Jetzt keine Zeit für Liebe, stolzer Ritter! Jetzt Zeit für Kämpfen.« »Wer bist du?« »Ich sein Omar.« »Und was tust du hier?« »Ich was tun? Ich tun alles! Ich sein Sohn von Haggan. Und Freund von Haggan, Berater von Haggan, Freund von Freunde von Haggan und Beschützer von Haggan!«
Während die Liebenden den quecksilbrigen Morgenländer noch entgeistert anstarrten, griff er in seine Pluderhosen, zog einen maurischen Krummdolch hervor und reichte ihn Roland. »Horch!« Schwere Schritte klangen draußen auf. »Dein Feind kommen! Feind sehr stark. Feind dich totmachen. Du jetzt kämpfen!« Heide brach in Tränen aus. Was war mit dieser Welt geschehen, daß es in ihr so wenig Zeit zur Liebe gab? Und soviel, so entsetzlich viel Zeit zum Kämpfen?! * Sobald sich Haggan von den Wunden erholt hatte, die er im Duell mit Roland erlitten, schmiedete er neue Pläne gegen König Artus. Haggan war ein Mann, der über großen Einfallsreichtum verfügte. Hätte der König nur im mindesten gewußt, was sein Todfeind diesmal im Schilde führte, es wäre ihm eisig kalt geworden auf seinem Thron. Haggans Plan, wie er Artus überlisten, entmachten und töten konnte, war von einer abgrundtiefen Bosheit und Gemeinheit, gleichzeitig jedoch unerhört scharfsinnig und kühn. In Haggans Überlegungen platzte Trumm. Schon sein erster Anblick schockierte den Gräßlichen. Trumms Gesicht war versengt. Die Haltung des erfolgverwöhnten Riesen sprach von unerhörten Strapazen. Der Mann, der unzählige Abenteuer im Dienste Haggans bestanden hatte, schwankte und war kaum Herr seiner Sprache. »Sind Volker und seine Kumpane tot?« fragte Haggan. »Nein!« rief ihm Trumm entgegen. Der Hüne wankte. Aber er hielt sich aufrecht. »Nein! Volker ist mit dem Teufel im Bunde! Wir hatten ihn zur Nachtzeit überfallen. Er war so gut wie tot. Er und seine Spießgesellen. Da geschah etwas Unglaubliches. Er hatte ein Tier bei sich, das Flammen sprühte. Eine feurige Lohe schoß uns entgegen. Seht, wie verbrannt mein Gesicht ist! Meinen Gefährten erging es noch schlimmer. Einer verbrannte wie eine Fackel. Ein anderer wurde erstochen. Der dritte wimmerte: >Mit mir ist es
vorbei.Sie holen Pferd, steigen auf, dann weg!