John Montana
Ritt ins Inferno Apache Cochise Band Nr. 15 Version 1.0
Prolog Man nannte die Apachen Barbaren, Wilde u...
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John Montana
Ritt ins Inferno Apache Cochise Band Nr. 15 Version 1.0
Prolog Man nannte die Apachen Barbaren, Wilde und Massenmörder. Waren sie das? Über alles, was in dieser Welt geschieht oder früher einmal geschah, kann man so oder so urteilen. Um objektiv zu sein, kann an dieser Stelle nur von Unbefangenen ein Widerruf dieser Meinung über die Apachen erfolgen. Unser Nachruf, sozusagen eine verspätete Ehrenrettung dieses großen, stolzen und kämpferisch veranlagten Volkes, das von der Steinzeit »über Nacht« in eine erbarmungslose Zivilisation versetzt wurde, die sie nicht begriff, wie auch die Umstände, die zum Untergang der roten Rasse führten. Man kann sagen, die damaligen Weißen und Mexikaner waren alles andere als weitblickend, eher nur von einer hyperhumanen Art, die dem Prankenschlag eines Panthers glich. Bei den meisten Weißen war die Ausrottung der Indianer eine beschlossene Sache, honoriert durch Prämien für einen Apachen-Skalp. Dachten und handelten die weißen Einwanderer mit ihrer mitgebrachten zweitausendjährigen Kultur alle richtig, Kultur und Zivilisation, gemessen an der der Apachen? Oder bewegten sie sich in der klischeehaften Vorstellung des Militärs vom »toten Indianer, der ein guter ist«? Mitnichten. Zum Teil gab es vorausschauende und mitfühlende Männer in der Army, die aber wegen ihrer »Humanitätsduselei« nicht zu Wort gelangten, aber den Untergang der roten Rasse voraussagten und mit den Indianern fühlten. Nicht alle waren sie ein Colonel Chivington, ein abenteuerund beförderungssüchtiger George Armstrong Custer. Fest steht aber, daß der Massenmord an der indianischen Rasse von vielen Amerikanern heutzutage bagatellisiert und, wenn die Sprache darauf kommt, mit einer lässigen Handbewegung
abgetan wird. Auch die in wissenschaftlichen Disziplinen denkenden Amerikaner können einen Rückblick auf die Zeit nach 1850 nur schwer vertragen. Man sieht die in den Wüsten und Gebirgen vegetierenden Stämme Arizonas nicht, und das beruhigt den Durchschnittsamerikaner ungemein, weil er das ökologische Harakiri, das man mit dem Land und seiner Urbevölkerung trieb, nicht mit ansehen muß. Zugegeben, die Stämme der Indianer, besonders die Apachen, betrieben zu keiner Zeit Vorratswirtschaft, ausgenommen die seßhaften und Ackerbau treibenden Pueblos im Westen von Neumexiko und in den nordöstlichen Bereichen Arizonas. Lag hier der Untergang der roten Rasse begründet? Sicherlich nicht, denn kein nomadisierendes Volk in Europa, Asien oder Afrika konnte sich mit Vorratshaltung befreunden. Gingen sie unter? Nein, sie gingen auf in den Völkern, deren Gebiete sie okkupierten. Auch andere negative Aspekte – in den Augen der Weißen – kann den Apachen nicht abgesprochen werden. Sie waren nun einmal Naturkinder, einfache Nomaden in einem riesigen Kontinent, der ihnen alles bot, was sie zum Leben brauchten. Zu allen Zeiten war daher für die Apachen die Welt noch in Ordnung. Erst als der weiße Mann mit seinen überlegenen Waffen, mit Schnaps und seiner verfeinerten Kultur und seinen ansteckenden Krankheiten kam, legte sich das große graue Leichentuch über die Stämme und Sippenverbände. Ganz bestimmt wäre vor 100 und mehr Jahren möglicherweise vieles ganz anders gekommen, wenn unter den Militärs und in der Regierung in Washington nur ein einziger Mann mit entsprechendem Weitblick und ohne Ressentiments gegen die rote Rasse gewesen wäre. Es hat nicht an klardenkenden und verantwortungsbewußten Leuten gemangelt, aber sie hatten nicht die Stimmengewalt im
Kongreß, die dazu notwendig gewesen wäre, den Indianern zu ihrem Recht zu verhelfen. Es ist nicht Aufgäbe dieser Einleitung, anzuklagen und zu richten, denn niemand von uns kann sagen, daß er es womöglich hätte besser machen können. Sie alle in der damaligen Zeit – Rote wie Weiße – waren Kinder einer harten und erbarmungslosen Epoche, und sie waren Bewohner einer rauhen Umwelt. Die Serie APACHE COCHISE mit ihrem wahrhaft großen Häuptling Cochise als Held ist die im Wesen und Charakter authentische Aufzeichnung amerikanischer Geschichte, die in Romanform für den deutschen Sprachraum noch nicht oder nur in Kurzform gebracht wurde. Die guten und schlechten Weißen, die anständigen Apachen und die grausamen, tauchen namentlich in der Story auf und geben der Geschichte einen dramatischen, wenn auch makabren Hintergrund. Ihr Martin Kelter Verlag.
*** Tiefhängende Wolkenbänke zogen über die Dragoon Mountains hinweg und hüllten ihre Gipfel ein. Es war ein böses Orakel, das Cochise warnen sollte. Blitze und Donner zuckten zur Erde nieder und tauchten die Apacheria in grelles Licht, und das dumpfe, grollende Echo des Donners kehrte aus finsteren Schluchten wieder. Doch Cochise beachtete dieses Zeichen nicht. Er hatte seine Stammesbrüder gerufen, um mit den Häuptlingen seine Pläne zu besprechen. Sie waren seinem Ruf gefolgt, teils, um ihrem Kriegshäuptling ihre Achtung zu erweisen, teils aus Neugierde, denn in ihren Bergfesten hatte es sich herumgesprochen: Cochise besaß moderne Feuerrohre, wie sie die Soldaten in ihren bunten Röcken mitführten. Victorio, der Mimbrenjo-Häuptling, Nana und Loco, die jungen Unterhäuptlinge der Mimbrenjos. Ulzana, der Weißenhasser. Geronimo und Chato. Nach endloser Begutachtung der Springfield-Gewehre, einigen Kostproben ihrer Treffsicherheit, der ihre uneingeschränkte Bewunderung galt, und Cochises Bestreben, die Waffen zu besorgen, in vielen lobenden Tiraden erwähnend, versammelte man sich im weiten Rund vor dem Hauptzelt des Häuptlings, um des Jefes weisen Worten zu lauschen, zu beratschlagen und nach Apachenart zu diskutieren. Während der scharfe Nordwind, der Blue Northern, vom trockenen Gewitter begleitet, die Wolken peitschte und an den Lederzügen der fellbespannten Jacales rüttelte, füllte Chan-ank, der »stoßende Adler«, Ältester im Rat der Alten, das Kalumet mit Kinnikinnick, der nun rundum ging und den beißenden
Geruch von Sumachblättern, vom Bast des roten Hartriegels und aromatischen Kräutern verbreitete. Eine Zeremonie, die dem großen Palaver vorausging. Tiefes Schweigen herrschte, und ihre Gedanken verweilten bei ihren Göttern, bis Victorio, der Apachenwolf, seine Arme hob und rief: »Enju, es ist gut. Wir wollen nun über Dinge sprechen, mit denen sich unser Kriegshäuptling seit unserer Vereinigung im Canyon de los Embudos beschäftigt.« Sein Blick ruhte auf dem Stammesfürsten. »Du hast das Wort, Jefe.« Cochise nickte. Er schien Old Vics Gedankengänge zu erraten. »Für einen Krieg gegen die Blauröcke sind wir nicht ausgerüstet, für den Aufstand zu schwach. Sechzig Feuerrohre, die der verräterische Händler uns gebracht hat, sind nicht die Seligkeit, aber sie reichen, um in den Siedlungen Unruhe zu verbreiten. Wir werden ihre Farmen niederbrennen und ihre Niederlassungen angreifen. Wir werden uns weitere Waffen erobern und ein Heer ausrüsten, mit dem wir gegen die Soldaten kämpfen, sie töten oder aus unseren Jagdgründen über den Rio Grande del Northe treiben. Mein Sohn Naiche ist auf dem Wege zu den Yaguis. Ich hoffe, Tehueco wird unseren Freiheitskampf unterstützen und seine Krieger in unsere Bergfestungen entsenden.« Victorio schien enttäuscht. »Wir sollten in die Zeltstadt der Blauröcke reiten«, rief er zornig, »dort liegt das Übel. Ohne ihren Häuptling Einarm werden die Soldaten über die Grenze fliehen. Seinen Skalp können wir dem Weißen Häuptling in Washington senden.« Cochise schüttelte heftig den Kopf. »Würden deine Mimbrenjo-Krieger fliehen, wenn dich eine Kugel aus Feindeshand niederschmettert?« »Niemals«, schrie Old Vic und spürte im gleichen Augenblick, das der Jefe ihm eine Falle gestellt hatte. »Du siehst es, es hat keinen Zweck. Wir wollen Unruhe verbreiten, damit keine weiteren Siedler unser Land betreten.
Das käme einem Sieg gleich. Und jene Farmer, die sich auf unseren fruchtbaren Weiden breitgemacht haben, werden wir die Hölle zeigen, bis sie von selbst aufgeben. Und dann, aber dies nur, wenn die Aravaipas und die White Mountains Apachen unsere Kriegsmacht stärken, könnten wir die Zeltstadt bei Tubac angreifen und vielleicht vernichten.« Ulzana nickte. Er spürte Cochises Klugheit und wußte, nur ein Mann wie der Jefe konnte die Apachen in die Freiheit führen. Ein Blitz zuckte aus den pechschwarzen Wolken, fuhr oberhalb der Jacales in den Fels und spaltete ihn. Für Ulzana ein Zeichen der Götter, die seine Gedanken guthießen. »Wie werden wir vorgehen, Cochise?« fragte er nach einer Weile. »Wir teilen unsere Krieger in zwei Gruppen und gehen in die freie Mesa, brennen, plündern und töten, was uns an Feinden begegnet.« »Auch ihre Kutschen?« Einen Augenblick dachte Cochise an seinen Vertrag mit General Howard. Der Einarm hatte sein Wort, was soviel wie Frieden bedeutete. Aber Einarm hatte seinen Vertrag gebrochen, die Abmachung galt also nicht mehr. »Ihre Kutschen, ihre Militärpatrouillen, Männer, Frauen, Kinder. Wir wollen unsere Vorbereitungen in aller Stille treffen und dann zuschlagen. Ich weiß, daß der Falke die Berge durchstreift und einen Weg in die Apacheria sucht. Er wird erfahren wollen, mit welchen Plänen wir uns beschäftigen. Er mag kommen…« Victorios dunkle Augen sprühten Feuer. Der Wind fuhr wild durch sein langes schwarzes Haar. »Bevor er den Marterpfahl kennenlernt, werde ich mit ihm kämpfen.« Cochise lächelte. »Du bist ein mutiger Krieger, Victorio. Aber wir wollen nach Apachenart klug, listig und verschlagen
sein. Der Falke mag kommen, hören und gehen, denn er wird Dinge erfahren, die für uns von wenig Bedeutung sind, weil wir ihn und den General in Tubac auf die falsche Fährte setzen.« Cochise sprach nun lange und eingehend über seine Pläne, die General Howard, seine Infanterie und Dragoner weitab der eigentlichen Geschehnisse führen sollten, während sie, die Chiricahuas und Mimbrenjos, ungehindert die Plains durchstreiften. Beifälliges Gemurmel folgte seinen Ausführungen. Das Kalumet ging von einem zum anderen, selbst Victorio schien von Cochises Worten überzeugt. »Wie aber werden wir erfahren, daß der Falke die Apacheria betreten hat? Deine Krieger haben seine Spur verloren«, sagte er lauernd. »Apachen sind keine blinden Schneehasen. Was sie verloren haben, werden sie wiederfinden. Der Kreis, in dem sie suchen müssen, ist nur klein. Er bewegt sich in den Grenzen unserer Befestigung.« »Du bist verschlagen wie ein Schakal, Jefe«, rief Victorio anerkennend und zog an der langen Pfeife. Am Abend brachten Weiber gäriges Getränk, und ihr Palaver dauerte bis tief in die Nacht. Sie träumten von Siegen und Erfolgen und dem tödlichen Blizzard, mit dem ApachenKrieger durch die Mesa fuhren. Da nun viele entscheidende Dinge zu besprechen waren, wurde das Palaver am folgenden Morgen fortgesetzt. Am späten Nachmittag tauchte einer von Cochises Spähern am Ende der Schlucht auf. Mit großen federnden Schritten näherte er sich dem Rat der Häuptlinge. Cochise hatte sich erhoben. Er reichte dem Läufer, der sehr erschöpft war, die Wasserkelle und sagte ruhig: »Sprich, Athalee.« »Der Falke kommt«, sagte Athalee schwer atmend, während
er nach Osten wies. »Der Falke nimmt den Arroyo am Berg der vielen Höhlen.« Cochise nickte zufrieden. Am Berg der Höhlen lagen die Grabstätten ihrer Toten. »Wann wird er unser Lager erreichen?« fragte er weiter. »Der Falke ist mißtrauisch wie der scheue Bü. Er wird die Nacht abwarten.« »Dann haltet die Augen auf und gebt uns ein Zeichen, wenn der Falke das Lager betritt. Geronimo mag dich zu den Wächtern auf dem Hügel begleiten.« Geronimo packte seine geschmückte Kriegslanze und zog sich am Schaft hoch. Der Jefe mahnte lächelnd: »Der Falke mag kommen und gehen, ohne daß ihm ein Leid widerfährt. So hat es der Rat beschlossen. So soll es geschehen.« Cochise setzte sich auf die bunte Santillodecke nieder und sprach zu den Häuptlingen, während Geronimo und Athalee in die Felsenhöhle stiegen, von wo aus der Blick in das schmale Felsband offen war. Der Gewittersturm war längst weitergezogen ohne daß er im Dorf Schaden angerichtet hatte. Die Sonne verkroch sich hinter den Bergen. Es dämmerte und wurde dunkel. Plötzlich stand Geronimo im Kreise der Häuptlinge. Er ließ sich nieder und sagte triumphierend: »Der Falke verbirgt sich bei den töpfernen Urnen unserer Toten!« »Dann wird er bald in unserer Nähe sein.« Cochise nickte zufrieden. »Besprechen wir also die Dinge, die wir geplant haben.« * »Lege dich nicht mit Rocky an, Sonnyboy«, warnte Nelly Michel, Mädchen amouröser Freuden aus Cammerons Tanzbar in Tucson. Dabei streifte sie mit einem fast zärtlichen Blick
den schlanken jungen Burschen, der in ihr angenehme Erinnerungen hinterlassen würde, wenn er die Stadt verließ. »Rocky ist gefährlich und hat ein Dutzend halbseidener Freunde. Geh ihn aus dem Wege, wenn er dich auf mich ansprechen sollte, denn der Narr glaubt, mich als Dauerfreundin gemietet zu haben.« Nelly stand am Fenster und blickte durch die Gardinen hinaus. Seit zwei Stunden, so lange, wie ihr Besucher ihr seine körperliche Kraft und Liebe schenkte, stand der bullige Rocky Sullivan am ausgefahrenen Fahrweg vor Timbers Drugstore und blickte unentwegt zum Obergeschoß des Saloons, dorthin, wo Nellys Amüsierzimmer lag. Wyatt Earp schlüpfte in die Hose und betrachtete Nellys beachtliche Flanke, die ihm selbst jetzt noch begehrenswert erschien, wo sein heißes Blut sich abkühlte. »Ich will es mir merken, mein Schatz«, lachte Earp und schlang den breiten Gurt um die Hüften. Sein Revolver hing tief auf dem rechten Schenkel der gegerbten Hirschlederhose, so wie ein Mann seine Waffe trug, der damit umgehen konnte. Noch während er den Stetson auf den Schädel setzte, zog er eine Zehndollarnote aus der Tasche und hielt sie Nelly hin. Nelly wandte sich um. Sie lächelte, und ihre Gedanken durcheilten noch einmal die Augenblicke zärtlicher Berührung. Wyatt war jung, vielleicht zweiundzwanzig, explosiver Sprengstoff, an den sie sich noch lange erinnern würde. Sie schob die Hand beiseite, umschlang Earps Hüfte und spitzte die Lippen. »Vergiß es, Cowboy, du hast mir mehr gegeben als diesen schnöden Mammon. Küß mich und verschwinde, ehe es mir schwerfällt, dich gehen zu lassen…« Nun, wo das einfallende Licht ihren nackten Körper traf, sah Earp die schroffen Falten um Mund und Augen, die ihr der Beruf eingebracht hatte und mit Schminke nicht zu verdecken waren. Dennoch war ihr Abschied von tiefer Zärtlichkeit.
Als Earp zurücktrat, hielt er ihr intimstes Dessous in der Hand und schob es lächelnd in den offenen Hemdausschnitt. »Ich nehme es als Erinnerung mit, Honneymoon, und werde es am Sattelhorn tragen, bis Wind, Sonne und Regen seine leuchtenden Farben verblassen lassen.« Mit einem Lächeln auf den Lippen, einem letzten Blick auf das zerwühlte Linnen, verließ Earp das kleine Zimmer und stieg, begleitet von Honeymoons Gedanken, und den rauschenden Akkorden des Orchestrions, die Treppe zum Saloon hinunter. Es war ein Tag nach seinem Herzen. Da ihm die Scheinchen in der Tasche knisterten und in der Ecke des Saloons Spieltische standen, an denen Faro und Black Jack gespielt wurde, ging er unbewußt in diese Richtung. Der Tag hatte ihm Freude geschenkt. Vielleicht brachte er ihm auch ein wenig Glück im Spiel. Wyatt Earp war trotz seiner Jugend mit allen Lastern und Untugenden dieser Welt vertraut. Er kam aus Kansas und wollte irgendwohin. Das war gleichbedeutend mit nirgendwohin. Einfach vom Wind treiben lassen, mal da und mal dort sein Glück versuchen. Earp war der Typ eines Glücksritters, der jede Arbeit mochte oder auch keine. Er wich keiner Herausforderung aus und sollte irgendwann – in einigen Jahren – einer der schillernsten Gestalten der westlichen Hemisphäre werden. Er und seine Brüder. Als Earp sich am Pokertisch niederließ, wobei er den Stuhl mit der Lehne zur Wand wählte, sah er Rocky, den kräftigen Burschen, vor dem Nelly ihn gewarnt hatte, durch die Pendeltür treten. Für einen Augenblick lang begegneten sich ihre Blicke, und Earp wußte sofort, was Rocky in die Kneipe geführt hatte. Von nun an ließ er ihn nicht mehr aus den Augen. Er gewann beim Spiel, bluffte seine Gegner mit der Erfahrenheit eines
professionellen Spielers und wartete kaltblütig auf den Moment, da der Stiernacken das Spektakel begann. Rocky Sullivan stand mit einigen Saufkumpanen an der Theke. Sie trugen die grobe Kleidung von Cowboys und arbeiteten sicher auf irgendeiner Bonanza in der Mesa. Rocky trank. Während seine Freunde ständig auf ihn einredeten, steigerte sich die Erregung des Mannes von Minute zu Minute. Als Nelly schließlich im aufreizenden Kleid an der oberen Treppenbrüstung erschien, schob Rocky sein Glas mit einem Ruck zurück und ging schnurgerade auf die Spielertische zu. Earp sah die muskulöse Gestalt und die mächtige Pranke, mit der er einen der Mitspieler vom Stuhl schob. »Der Fremde hat heute einen verdammten Glückstag«, knurrte er heiser und knallte eine Handvoll Silberdollar auf den Tisch. »Ich möchte sehen, ob es von Dauer ist.« Der junge Bursche, den Rocky vom Stuhl gefeuert hatte, rappelte sich eiligst vom Boden auf. »Er ist nicht zu schlagen«, sagte er, ohne irgendwelchen Ärger zu zeigen, »hinter seinem Kindergesicht verbirgt sich eine Spielernatur.« Da kam auch der Ärger schon von Rocky, der nach den Karten griff, über den Tisch grinste und provozierend sagte, daß es jeder im Saloon hören konnte: »Vielleicht hilft das Milchgesicht seinem Glück ja ein wenig nach. Das machen doch alle Professionellen…« Earp hatte bei Gott kein Milchgesicht, und es war sicher eine Anspielung auf sein Alter. Er dachte an Nellys Warnung und sagte freundlich: »Willst du Krach oder Karten spielen, Rocky?« Rocky lauschte seinem Namen, den der Fremde zu kennen schien. Sein mächtiger Daumen deutete über die Schulter. »Hat mein Mädchen ihn dir genannt, Stranger?« Wyatt Earp hob gelassen die Schultern. »Möchtest du mir
eine Geschichte erzählen oder einsteigen?« fragte er und sein Blick verlor sich in Rockys Augen, in denen ein böses Funkeln war. Er spürte, der Mann war gefährlich. Den gleichen Gedanken hatte wohl auch Rocky. Er zögerte noch einen kleinen Moment, dann schob er das Blatt über den Tisch. »Also gib schon.« Es war eine Art Waffenstillstand. Wyatt sah es an den warnenden Zeichen, die Nelly an der Theke machte. Er lächelte in Gedanken. Sie war ein nettes Ding, weit über ihre Mädchenjahre hinaus, aber nicht so verkommen wie die Dirnen in den Häusern auf den Trailstraßen. Nelly hatte noch Gefühl im Leibe und herz. Wyatt Earp blieb besonnen und war auf der Hut. Bis zu dem Augenblick, als Rockys mächtige Faust über den Tisch zuckte und Nellys buntes Seidenhöschen auf den Tisch flatterte. »Dies Miststück hat es dir wohl geschenkt, Milchgesicht? Als Erinnerung an ein paar nette Stunden? Was glaubst du wohl, wie viele Jungs Nellys Dessous am Sattel tragen, Falschspieler? Ich selbst…« Weiter kam er nicht. »Sagtest du, ich spiele falsch?« Earps Stimme klang messerscharf, daß es plötzlich ganz still im Saloon wurde. Selbst das Orchestrion setzte abrupt aus. Noch ehe Rocky eine weitere provozierende Äußerung von sich geben konnte, schnellte Earps Faust dem Mann entgegen. Hart und trocken, von solcher Wucht zum Kinn des Mannes geführt, daß die Anwesenden im Saloon das Knacken von Knochen zu hören glaubten. Rockys massiger Schädel flog zurück. Sein Körper rutschte im Stuhl zusammen, und für einen Augenblick suchte der Hüne Halt an der Lehne, dann kippte er rücklings mit dem Stuhl um und stürzte zu Boden. Earps Mitspieler hatten sich hastig erhoben. An den Tischen
zum Ausgang flüchteten die Zecher. Earp kannte dieses Zeichen, er wußte, der Bulle am Boden hatte seinen Revolver in der Faust. Zuerst hörte man einen unartikulierten dumpfen Aufschrei überschäumender Wut. Darum kam Rocky auf die Beine und schwang seinen alten Texas-Patterson in Earps Richtung. Aber der junge Mann war nicht unvorbereitet. Rockys erste und auch einzige Kugel, die er abfeuern konnte, schlug an Earp vorbei patschend in die Holzfassade, als Wyatt Earps Peacemaker unter dem Tisch aufbellte und Rocky Sullivan ein mächtiges Loch in den Leib riß. Rocky schrie, als hätte ein Apache ihm das glühende Feuer auf den Bauch gelegt. Seine Hände fuhren zum Leib, der Patterson flog in irgendeine Ecke. Wie eine morsche Zeder im Sturm wankte die mächtige Gestalt. Noch während er in die Knie brach, sah Wyatt Nellys warnendes Zeichen, das wohl bedeuten sollte, er möge aus dem Fenster springen. Zugleich spürte er, daß der Ärger erst recht losging. Rockys wilde Schreie gingen in ein röchelndes Keuchen über. Dann war der Kerl still. Irgend jemand beugte sich über die leblose Gestalt am Boden und brüllte los: »Rocky ist tot, der Bastard hat ihn umgelegt! Los, Jungs, wir hängen ihn an den Treppenpfosten.« Wyatt erkannte, daß Nelly zum Seitenausgang gelaufen war, wo der offene Pferdeschuppen lag. Er wußte nun, daß die Meute sich zusammenrottete. Sie taten so, als wären sie alle Rockys Freunde gewesen. Mit einer wilden Bewegung schleuderte Earp den Tisch um, so daß das Geld zwischen den Beinen der Männer über die Tanzfläche kollerte. Er schoß zwei Warnschüsse über ihren Köpfen ab und traf mit einer dritten Kugel einen Mann an der Schulter. Einen Augenblick lang geriet ihr Sturmlauf ins Wanken. Earp sprang in die freie Flanke, erreichte nach drei
Riesenschritten das offenstehende Fenster und hechtete in den Hof. Er schoß endgültig die Trommel leer, um die Kerle zurückzuhalten. Da sah er auch schon Nelly mit seiner gesattelten Fuchsstute heraneilen, ihr Gesicht war gezeichnet von Sorge. »Ich habe dich gewarnt«, rief sie ihm entgegen, »Rockys Freunde federn und teeren dich und spannen deinen Körper zwischen vier Zugochsen. Hau endlich ab, du lieber, blöder Kerl. Du bringst dich sonst noch um Kopf und Kragen!« Earp ergriff die Zügel, erfaßte das Sattelhorn und schwang sich in den Sattel. »Mein Dessous«, rief er Nelly zu, »es liegt unter dem Tisch, schick es mir nach Tombstone, damit die Erinnerung an mein Goldkind lebendig bleibt!« Schüsse peitschten auf, als Earp die Mainstreet erreichte. Er sah einen Strom Menschen aus dem Saloon herauslaufen. Einige hatten bereits ihre Pferde bestiegen, andere trugen Revolver in den Fäusten, und alle brüllten und schrien durcheinander. Wyatt rutschte seitlich aus dem Sattel, hing nun mit einem Stiefel im Lederbügel und mit der anderen Hand am Sattelhorn, so daß er den Männern kein Ziel bot. »Lauf, Mädchen«, rief er seiner Stute zu, »lauf, die ganze Stadt scheint auf den Beinen zu sein!« Earp erreichte den Ortseingang, glitt behend in den Sattel zurück, kitzelte die Fuchsstute mit den Sporen. In gestrecktem Galopp jagte das Tier davon. Hinter ihm folgte wildes Geschrei und eine wüste Kanonade, aber die Schüsse richteten nichts an, zu groß war die Entfernung. Unbewußt schwenkte Earp in die offenen Plains, den fernen Bergen entgegen, die wie dunkle Schatten am Horizont standen. *
Nach einem langen und anstrengenden Weg an schwindelnden Abgründen und Felsbarrieren vorbei, nach vielen Irrwegen und Sackgassen, die ihn fast verzweifeln ließen, erreichte John Haggerty die Grabstätten der Apacheria und verbarg sich bis zur völligen Dunkelheit im Labyrinth der Berghöhlen. Nun, wo er kurz vor dem Ziel stand, schöpfte John wieder Kraft und Mut. Vielleicht war es auch die Hoffnung, Dinge zu erfahren, die für sie von größter Wichtigkeit sein konnten, denn ihm war klar, nun, da Cochise über eine größere Anzahl Waffen verfügte, würde er bald aus der Lethargie des Alltags ausbrechen und sich zum Kampfe stellen. Von Bedeutung war es zu erfahren, wie der Jefe sich die Zukunft vorstellte, um gegebenenfalls seinen Angriffen nicht unvorbereitet entgegentreten zu können. John wartete die völlige Dunkelheit ab, ehe er vorsichtig die Höhle verließ und den Hang hinunter in den Arroyo stieg, immer bemüht, kein Geräusch zu verursachen. Er sah den Schatten, der sich hoch oben vom Fels abhob, die Silhouette einer der Wächter. Er huschte tiefgeduckt, jede Deckung nutzend, den steinernen Pfad hinauf. Am Ende des Weges dehnte sich der flache Talkessel bis zum befestigten Steinwall hin. Haggerty erblickte einige offene Feuerstellen vor den Jacales. Männer und Frauen, die sich dort bewegten und ihrer Beschäftigung nachgingen. Aber er sah auch den Kreis Männer um das große Feuer am Beratungsplatz. Trotz der Dunkelheit erkannte John die kräftige, sehnige Gestalt Cochises, und John war, als sitze an seiner Seite Victorio, der Mimbrenjo. Sollte es wirklich Victorio sein, dann war diese Begegnung von Bedeutung, daran zweifelte Haggerty nicht. Flach auf dem Bauche liegend, jedes Geräusch vermeidend, glitt John durch die schmale Felsrinne, die zu der Buschhecke führte, in deren Schatten das Lager lag. Niemand schien ihn entdeckt zu haben. Immer wieder hielt er
inne und hob lauschend den Kopf. Als er ins wilde Gesträuch eindrang, hörte er undeutlich ihre murmelnden Stimmen, aber es war zu weit entfernt, um Einzelheiten erfahren zu können. John war sich seiner Lage durchaus bewußt. Cochise würde kein zweites Mal Großmut zeigen, denn mit seiner Freilassung vor einer Woche hatte der Häuptling seine Schuld beglichen, die er dem Falken für die Errettung seines Sohnes schuldete. Zoll für Zoll den Boden abtastend und trockenes Geäst beiseite räumend, näherte er sich dem Feuer. Durch die Zweige erkannte er Chato und Chan-ank, den alten Chiricahua, dessen Stimme im Rat der Häuptlinge von Bedeutung war. Und nun sah er auch Ulzana, von dem John wußte, wie tief verwurzelt sein Haß gegen die Weißen war. Ulzana stellte Cochise einige Fragen, und er hörte dessen klare Antwort. »Wir haben genügend Gewehre, um unseren Gegnern überlegen zu sein. Wir werden uns nicht mit Halbheiten zufriedengeben, sondern General Einarm zeigen, daß wir zu kämpfen verstehen. Der Rat hat einstimmig beschlossen, Fort Buchanan anzugreifen, seine Mauern niederzureißen und die Besatzung zu töten. Wir werden dort genügend Waffen und Munition erbeuten, um weitere Krieger mit guten Gewehren ausrüsten zu können. Zugleich zerstören wir die Poststation im Apachen-Paß, ziehen dann weiter nördlich und vernichten die Indianer-Agenturen im San Carlos Reservat. Damit tilgen wir eine Schmach, die der Weiße Häuptling in Washington unseren Familien angetan hat. Als nächstes Ziel wählen wir Fort Apache. Von dem toten Händler wissen wir, daß der Posten dort schwach besetzt ist. Wir werden unsere Jagdgründe vom Joch fremder Truppen befreien und unser eigenes Leben in Freiheit leben.« John erschrak vor der Vermessenheit Cochises, die unweigerlich den Tod einiger Hundert Menschen zur Folge
haben mußte. Seine Aufmerksamkeit wandte sich Victorio zu, der sich erhoben hatte und zu den Büschen herüberblickte, als könnte er den heimlichen Lauscher erkennen. John Haggerty machte sich klein und rührte sich nicht, während »Old Vic« warnte: »Du vergißt die Truppen bei Tubac, Jefe. Sie werden dem bedrohten Fort zu Hilfe eilen.« »Tubac liegt fern«, Cochise lachte verschlagen. »Ehe ihre Dragoner Fort Buchanan erreichen, sind wir bereits auf dem Wege zum Reservat. Nein, Victorio, sie hinken uns immer um Tage hinterher. Die Chiricahuas und Mimbrenjos sind längst in den Dragoons untergetaucht, ehe die Blauröcke an ihrem Ziel angekommen sind. Sie werden nur Tote und verbranntes Mauerwerk vorfinden. Wir aber können in aller Ruhe den nächsten Anschlag vorbereiten.« John spürte, wie ihm bei Cochises Worten heiß wurde. Er wagte kaum zu atmen und dachte, der Häuptling der Chiricahuas war immer für den gemäßigten Weg gewesen. Die anderen müssen ihn überstimmt haben. »Du vergißt, daß der Falke unsere Bergfestung kennt, Jefe«, gab Victorio zu bedenken, während er sich auf die Büsche zu bewegte, in denen John verborgen lag. Der Redman stand nun keine fünf Schritte entfernt, und John hielt den Atem an. Seine Rechte tastete vorsichtig nach dem Bowie im Gurt. Klar und deutlich sah er Old Vics Silhouette vor der runden Scheibe des Mondes. Aber Victorio entrichtete nur seine Bedürfnisse, ehe er arglos ans Feuer zurückging. »Er wird die Truppen in deine Apacheria führen, Jefe, und dann ist es aus mit den ganzen Plänen.« Cochise schüttelte bedächtig den Kopf. »Naiche ist auf dem Wege, sichere Gründe für unser Volk zu suchen. Die Berge sind einsam, ihre Schluchten gute Verstecke. Sie können tausend Apachen vor den Augen Fremder verbergen. Wenn wir von unserem Kriegszug zurückkehren, wird Naiche das
gefunden haben, wonach die Apachenstämme suchen!« Victorio setzte sich wieder. Er schien zu überlegen, nachdenklich zog er an der Pfeife. »Wann werden sich unsere Krieger vereinen, Jefe?« fragte er schließlich. »In vier Tagen am Sand Rocks«, erwiderte Cochise. »Es liegt auf dem halben Wege nach Fort Buchanan.« Zufriedenes Murmeln im Kreis war die Antwort. John Haggerty plante den Rückzug. Er hatte wohl mehr und Erschreckenderes erfahren, als er zu hoffen wagte. Zoll für Zoll kroch er aus dem Gesträuch, lag flach in der Bodenrinne und bewegte sich zum Arroyo hinüber. Oben auf dem Hügel zwischen den Jacales sangen Stimmen ein trauriges Lied. Dumpfe Trommelschläge begleiteten den Gesang, der die Nacht erfüllte. Noch ehe John die Grabstätten erreicht hatte, von wo aus er den Weg zu seinem Begleiter antreten wollte, sagte oben am Lagerfeuer Victorio: »Der Falke kriecht wie eine giftige Peitschenspinne durch den Staub der Mountains. Ich war ihm so nahe, daß ich ihn mit den Hacken meiner Mokassins hätte zertreten können.« Leider hörte der Scout die zynischen Worte nicht. Sie hätten ihn nachdenklich gestimmt. So aber nahm das Verhängnis seinen Lauf. Die Verschlagenheit eines Apachenhäuptlings wies ihn in die falsche Richtung. Im Morgengrauen erreichte Haggerty das Lager. Critten, der einen Menschen näher kommen hörte, lag, den Revolver im Anschlag, mißtrauisch zwischen Geröll. Erst als er Haggertys Stimme hörte, richtete er sich auf. »Tritt näher, John«, rief er zurück, »es ist verdammt einsam in dieser Steinwüste. Ich glaubte schon, dich hätte der Teufel geholt, so lange warst du fort.« John setzte sich auf den Fels und nickte dankbar, als der Deserteur ihm die Canteen reichte.
»Dem Teufel bin ich begegnet, Sam. Es war eine böse Offenbarung, das kannst du mir glauben.« Er sprach nun sorgenvoll von den Dingen, die er oben in der Apacheria erlauscht hatte und endete mit den Worten: »Cochises Pläne kennen wir. Sie lassen sich nur vereiteln, wenn ich den Kommandanten in Fort Buchanan vor dem Überfall warne, damit er sich darauf einstellt und Widerstand leisten kann, bis General Howard ihm Truppen zum Einsatz sendet. Es wird ein langer Weg für mich nach Tubac, Sam. Dir verbleibt die Aufgabe, die Apacheria im Auge zu behalten, den Aufbruch der Rothäute zu überwachen und ihre neue Bergfestung zu erkunden. Irgendwo in der Mesa zwischen dem Apachen-Paß und Fort Apache werden wir wieder aufeinanderstoßen. Fühlst du dich der Aufgabe gewachsen, Sam?« Sam Critten verzog sein Gesicht. Die Bergwelt war ihm fremd und unheimlich. Er hatte einfach Angst vor der Einsamkeit und gab das auch zu. »Könnte ich nicht nach Tubac…?« begann er. Doch John winkte lächelnd ab. »Du bist für die Armee ein Deserteur, Sam. In Fort Buchanan würde Colonel Higgins dich auslachen, wenn du ihn diese Geschichte vorträgst. Er ließe dich in Ketten legen und nach Fort Thomas bringen. Das steht fest. Nein, Sam, hier oben bist du sicher.« Zwischen zweihundert oder dreihundert mordgierigen Apachen, dachte Critten resigniert. Wo lag da die Sicherheit für seine Person? Doch er schwieg. Aber er sah schließlich ein, daß der Scout recht hatte. »Beschreibe mir den Weg in ihre Festung. Ich will das Beste daraus machen.« Nach einer Stunde brach Haggerty auf. Er war voller Sorge und hoffte, rechtzeitig das Hauptquartier zu erreichen, damit General Howard seine Truppen in Bewegung setzen konnte, um zu retten, was vielleicht noch zu retten war.
* Drei Tage schon waren Rocky Sullivans Kumpane auf seiner Fährte. Zwölf Reiter auf struppigen Gäulen, zäh und klebrig wie der Saft eines Gummibaumes, folgten sie Wyatt Earps Spur und gönnten sich keine Ruhe. Die Mesa hatte er bereits durchquert und ritt nun in den Schatten der Bergschluchten der Dragoon Mountains. Einmal waren die Verfolger ihm so nahe, daß er ihre Kugeln um die Ohren pfeifen hörte, welche die rachsüchtigen Bushhawkers hinter ihm her feuerten. Allerdings ohne Erfolg. Earp war klug und verwegen. Trotz seiner Jugend war er schon des öfteren in Situationen dieser Art geraten. Mal wegen ein paar Weibern, mal wegen einer Prügelei. Ein andermal, weil er ein paar Kühe hatte mitgehen lassen, die verlassen auf irgendeiner Weide standen. Earps Leben war vielseitig in seiner Art. Er war ein Vagabund und Satteltramp. Eine Spielernatur und ein Revolverschwinger. Heißblütig und leichtsinnig, ein Mann, der ohne Ziel dahintrieb und dem lieben Gott die Zeit stahl. Gegenwärtig saß er in der Klemme, denn in einem unbedachten Augenblick, als seine Wachsamkeit nachließ, und seine Gedanken sich mit Nelly, dem Tingeltangelmädchen aus Tucson beschäftigten, schlug – aus dem nahen Dickicht kommend – eine Kugel in den Schädel seiner Fuchsstute, und noch im Niederstürzen wußte Earp, daß diese Kugel ihm gegolten hatte. Instinktiv hatte er die Stiefel aus dem weiten Lederbügel gelöst, sein Körper spannte sich, wie eine Katze prallte er auf den harten Fels. Earp rollte seitlich ab, als die Fuchsstute niederbrach und der schwere Körper neben ihm aufschlug. Die Fesseln des Braunen zuckten noch einmal, dann lag er still. Das Tier war tot. Sein toter Gaul bot genügend Deckung, als der hinterhältige
Schütze im Dickicht noch einmal zu schießen begann. Earp drängte sich nahe an das schweißnasse Fell des Braunen. Seine Hand griff zum Scabbard, aus dem der Schaft seiner Sharps ragte. Er spürte die Einschläge im Körper des Pferdes und registrierte die Abschüsse. Er hatte es mit drei Gegnern zu tun. Aber eins stand fest: Wo diese drei Bastarde lauerten, war der Rest des Gesindels nicht mehr fern. Er mußte auf der Hut sein. Wyatt Earp hatte seine Sharps im Griff als drüben eine dunkle Baßstimme rief: »Verkrieche dich nicht feige im Fell deines Gaules, Hombre! Wirf deine Flinte weg und steh auf! Ich hätte dir die Kugel in den Schädel pflanzen können, die dein Gaul schlucken mußte. Aber Chuck Dyamond hat andere Pläne mit dir!« Wyatt Earp war eine Spielernatur. Er sah seine Chance im Widerstand. Deshalb schob er den Karabinerlauf über das braune Fell seiner Fuchsstute und schoß gleich zweimal in die Richtung, aus der die Schüsse kamen. Wüste Flüche und ein Stakkato belfernder Abschüsse waren die Antwort. Earp grinste in sich hinein. Wenn sie ihm schon den Garaus machen wollten, dann würde ihn der eine oder der andere auf den höllischen Pfad begleiten. Er blickte traurig zu den grauen Schatten der Dragoon Mountains hinüber. Er hatte es nicht geschafft, die schützenden Schluchten der Berge zu erreichen. Mitten in seine Gedanken hinein spürte Earp die kalte Mündung eines Karabiners im Genick. Mit dem Gefühl, daß er sich zu sehr um die drei Halunken gekümmert und die Umgebung vergessen zu haben schien, hörte er Dyamonds zynische Stimme. »Bleib schön im Dreck liegen, Hombre, bis meine Freunde da sind, sonst putze ich dein Gehirn in den Staub der Mesa. Streck die Arme weit von dir.«
Earp verfluchte innerlich seinen Leichtsinn. Er wußte doch, das ein Dutzend Reiter auf seiner Spur ritt. Und ausgerechnet die drei im Gesträuch, deren näher kommende Schritte er vernommen hatte, mußten ihn aufs Kreuz legen. »Gut gemacht, Ben«, lachte Dyamond und stieß einen schrillen Pfiff aus, der die Kumpane herbeirief. Er stieß Earp die Stiefel in die Seite und grinste, als der Gepeinigte auf den Rücken rollte und giftig hochblickte. »Du möchtest mir an die Kehle fahren oder mich voll Blei pumpen.« Er grinste höhnisch. »Aber wir sind zu viele, als daß du mit uns fertig werden könntest, Hombre.« Earp hörte am Hufschlag heransprengende Reiter, die Bande sammelte sich. Er kam mit dem Oberkörper hoch und stützte sich auf die Ellbogen. »Warum verfolgt ihr mich?« fragte er wütend. »Sullivan war unser Freund.« Dyamond grinste verschlagen. Earp schüttelte heftig den Kopf. »Das ist nicht der einzige Grund, Mann. Sullivan ist dir im Prinzip völlig gleichgültig. Was also willst du?« Dyamond runzelte die Stirn. »Du hast einen klaren Blick, Junge. Sullivans Tod interessiert mich in der Tat nur wenig. Aber er schuldete mir noch tausend Dollar, die er nun durch deine Schuld nicht mehr begleichen kann. Du wirst verstehen, daß ich mich irgendwie schadlos halten muß«, während Dyamond sprach, beugte er sich nieder und durchsuchte Earps Taschen. Nach einer Weile richtete er sich enttäuscht auf. »Zweihundert Dollar, Stranger. Das ist nicht viel. Ich werde dich wohl hängen müssen, mein Freund, um wenigstens für meine achthundert Dollar ein wenig Vergnügen zu haben.« Ein Fußtritt traf brutal Earps Flanke. »Steh auf, Jungchen. Wir lagern drüben bei den Korkeichen.« Während er sein Pferd bestieg, das seine Kumpane heranführten, fiel die grobe Lassoschlinge um Earps Hals. Ben Swatter schlang gelassen das Seilende ums Sattelhorn und
wandte sein Pferd. Earp war gezwungen, im Laufschritt zu folgen. * Die Schüsse hatten John Haggerty angelockt. Er lag versteckt zwischen Mesquitesträuchern und erlebte, wie die Fremden, die reichlich in der Überzahl waren, den schlaksigen jungen Burschen überwältigten und zum Hang hinauf schleppten. Wieselflink, mit lautlosen Schritten, folgte John den Fremden, die schließlich einen versteckten Lagerplatz fanden und ihre Pferde abschirrten. Ihren Gefangenen hängten sie mit den Füßen nach oben an den ausladenden Ast einer Korkeiche. Diese brutale Handlungsweise zeigte John, von welcher Art Menschen die Fremden waren. Trotz seiner Zeitnot war er entschlossen, dem armen Burschen zu helfen. Eiskalt suchte der Scout seine Chance. Er kroch näher an das Lagerfeuer heran und hörte ihre zotigen Sprüche. Zwölf Männer zählte John. Sie schienen von sich selbst überzeugt. Zumindest aber fühlten sie sich ziemlich sicher, denn sie hatten nicht einmal eine Wache aufgestellt. Das wäre ein Fressen für Chiricahuas, dachte John grimmig, während er lautlos ins Dickicht zurückkroch. Außerhalb des Gesträuchs schlug John einen Bogen um ihr Lager und näherte sich den Pferden, die, unruhig mit den Hufen schlagend, in der Seilbespannung standen. Sein Plan war längst gefaßt. Aber er brauchte noch die Stunde bis zum Einbruch der Dämmerung, wenn er Erfolg haben wollte. John kroch zwischen Wacholderstauden und behielt den Lagerplatz im Auge. Langsam wuchsen die Bergschatten in die Talsenken. Ohne Übergang zerfloß der Tag und ging über ins trübe Licht der Dämmerung.
John erhob sich. Er hörte ihr schmutziges Lachen, als er die Verknotung des Seilkorrals löste. Als seine Vorbereitungen beendet waren, stieß er einige schrille Schreie aus, die er von räuberischen Apachen kannte, die nun die Pferde nervös machten, so daß sie in nördlicher Richtung ausbrachen. Johns wildes Geschrei brachte die Bande auf die Beine. »Apachen!« schrie jemand. »Die Bastarde klauen unsere Gäule«, heulte seine wütende Stimme, und John hatte gerade noch Zeit, sich unbemerkt ins Gesträuch zu werfen, als eine Horde Gauner an ihm vorbei über den Hügel stürmte, wohin ihre Pferde flohen. John erhob sich lächelnd und eilte dem Lager entgegen. Das Lagerfeuer flackerte gedämpft, wie ein Pendel schwankte die hängende Gestalt im sanften Abendwind, der aus der Mesa kam. Im letzten Augenblick erkannte John den vierschrötigen Burschen, der den Fremden überwältigt hatte und sich nicht an der Hetzjagd nach den Pferden beteiligte. Dyamond saß am Feuer, als John das Lager betrat. Seine Rechte fuhr wieselflink zur Hüfte, wo sein Vierundvierziger steckte, aber John Haggerty hielt Dyamond kompromißlos den Flintenlauf unter die Nase und deutete auf den Hängenden. »Mach ihn los, Feth. Ich halte nicht viel vom Hängen. Schon gar nicht auf diese gemeine Art.« Dyamond kniff ein Auge zu. Er erkannte den Mann, dem er schon einige Male in Tucson begegnet war. »Dann verdanken wir wohl dir dieses Indianertamtam, Haggerty? Ich hab' mir doch gleich gedacht, daß was faul an der Sache ist. Hier gibt's keine Apachen mehr. Die haben sich tief in den Bergen verkrochen.« »Du irrst, Feth.« erwiderte der Scout gelassen, »sie sind dir näher, als du glaubst. Binde ihn los, ich sage es nicht noch einmal. Los, mach schon.« In der Ferne klangen Schüsse auf. John grinste Dyamond
entgegen, der mit dem Messer zur Korkeiche trat und den Strick durchtrennte, auch wenn es ihm schwerfiel, aber er hatte keine Wahl. »Deine Leute werden mit dem Geballer wenig Erfolg haben, Feth. Sie werden höchstens ein paar Chiricahua-Späher auf euch aufmerksam machen. Stell den jungen Mann auf die Beine.« John sah, daß der Fremde dagegen ankämpfte, in Ohnmacht zu fallen. Die ungewohnte Hängeparty hatte seinen Schädel mit Blut gefüllt. Dyamond mußte Earp eine Weile stützen, ehe er wieder einigermaßen zurechtkam und nun grimmig seinem Befreier entgegengrinste. »Ich weiß nicht, wer Sie sind, Mister. Ich verdanke Ihnen trotzdem mein Leben«, sagte Wyatt Earp und versuchte ein Lächeln. »Ich werd's Ihnen nicht vergessen.« »Das ist ein verdammter Armeescout und Indianerfreund«, fluchte Dyamond zornig. »Er macht mit den Chiricahuas und den Mimbrenjo Apachen gemeinsame Sache.« »Stimmt das, Mister?« fragte Earp interessiert. Als John lächelnd den Kopf schüttelte, wandte Earp sich an Dyamond. »Ich stehe in seiner Schuld, Dyamond. Warum beleidigst du meinen Retter?« Dann hob Wyatt die Hand, und noch ehe Dyamond antworten konnte, krachte ihm eine mächtige Faust gegen den Schädel, so daß er taumelnd zu Boden ging. Earp beugte sich über den Bewußtlosen, durchsuchte dessen Taschen und hielt dann am Lagerplatz nach seinem Coltgürtel und der Sharps Ausschau. Als er sich aufrichtete, blickte er John ohne Erregung in die Augen, und John spürte, daß der junge Bursche verdammt gute Nerven hatte. »Wir sollten das Weite suchen, ehe die Drifter zurückkehren, Mister. Nicht, daß ich mich vor ihnen fürchte«, Earp ließ gekonnt den Colt über den Zeigefinger routieren, »aber zehn gegen zwei ist ein verdammt schlechtes Verhältnis. Ich hoffe, Sie haben im Hintergrund ein paar schnelle Gäule bereit.«
Der Sprecher schielte zu seinem Sattel. John bemerkte den Blick. »Den können Sie vergessen«, erwiderte er sarkastisch. »Ich habe einen Gaul. Der muß uns beide bis zur nächsten Ansiedlung tragen. Kommen Sie, Mister.« John verschwand in der Dunkelheit, und Wyatt Earp hatte Mühe, ihn zu folgen. Dreihundert Yard weiter trafen sie sich. John Haggerty saß bereits auf dem Rücken seines Wallachs und reichte seinem Begleiter auffordernd die Hand. »Steigen Sie hinter mir auf, Mister. Im Morgengrauen werden wir Steegers Farm erreichen.« Earp sprang federnd vom Boden ab, suchte festen Halt und schob die Arme um die Taille seines Retters. »Übrigens, ich heiße Earp. Freunde nennen mich Wyatt. Wollen Sie nach Tombstone?« fragte er. John lächelte in Gedanken, während er das Pferd in Trab setzte. Dieses kleine Abenteuer hatte ihn einige Zeit gekostet. Und die war knapp. Cochise würde nicht tatenlos die Zeit verstreichen lassen, sondern seine Kriegsvorbereitungen treffen. John kannte den Jefe als schnell entschlossenen Mann. »Mein Weg führt nach Tubac, Wyatt. Auf der direkten Route. Wenn Sie wollen, begleiten Sie mich dorthin.« Earp dachte an Tombstone, dieses aufstrebende Settlement im Südwest-Territorium. »Sie sind Armeescout?« fragte er vorsichtig. »Ja.« »John Haggerty?« fragte er weiter. Als John schwieg, nickte der andere. »Ich habe schon einiges von Ihnen gehört. Die Apachen nennen Sie Falke. Cochise soll Ihr Freund sein.« »Das liegt lange zurück«, erwiderte John, während er über die Schulter blickte. Der Mond war aufgegangen, und John konnte die klaren Gesichtszüge des jungen Burschen erkennen, der ihm gerade in die Augen sah. »Suchen Sie einen Job?«
»Als Armeescout?« Earp lächelte ironisch. Er war ein freier Mann in einem freien Land. Er lebte vom Kartenspiel und, wenn es mal schlechtging, von gestohlenen Pferden. In Silver Bell hatte der Town Marshal ihm einen Posten als Deputy angeboten, obwohl er wußte, daß gewisse Leute auf der Suche nach ihm waren. »Die Armee nimmt wohl jeden, was?« »Nicht jeden«, erwiderte Haggerty, »aber Männer, die kaltblütig einer Gefahr ins Auge sehen, die einen schnellen Colt führen und körperlich fit sind.« »Intelligenz ist wohl nicht gefragt?« spottete Wyatt. »Sie steht an zweiter Stelle. Instinkt ist wichtiger«, sagte John lachend. »Und mein Instinkt sagt, laß die Finger von der Armee, Wyatt. Diese Leute sind zu konservativ. Das ist nichts für mich. Trotzdem danke ich für Ihr Angebot.« John schwieg. Er spürte, daß der Bursche frei sein wollte. Vielleicht war er auch ein Ganove wie Dyamond. Woher sollte er das wissen? Ein offenes, sympathisches Gesicht besagte noch gar nichts. Von Zeit zu Zeit stiegen sie vom Pferd, um die Kräfte des Tieres zu schonen. Bis zum Morgengrauen hatten sie noch nichts von ihren Verfolgern bemerkt. John, darauf angesprochen, meinte: »So wie sie es anfangen, werden sie einen Tag brauchen, um die Pferde einzufangen.« »Warum haben Sie sich in die Sache eingemischt, John?« wollte Wyatt Earp wissen. Sie ritten über einen Hügel. Im sanften Tal lagen Morgennebel. Aber John erkannte die flachen Bauten von Steegers Farm. Als er den Praint in Bewegung setzte, meinte er gelassen: »Ich habe was gegen Selbstjustiz, besonders aber gegen das Hängen. Deshalb habe ich mich eingemischt.«
Sie kamen näher, erreichten die niedergetrampelten Zäune. Auf den ersten Blick erkannte John, daß Steegers Farm verlassen war. Nicht mal eine Henne hatte der Alte zurückgelassen. »Hier sieht es trostlos aus, John.« Earp rutschte vom Rücken des Pferdes und vertrat sich die Füße. »Der Farmer hat wohl aufgegeben und sich aus dem Staub gemacht.« »Es werden bald noch mehr ihre Existenz aufgeben, Wyatt«, erwiderte John ernst. Er lenkte den Gaul zur Hütte hinüber, ehe Earp etwas dazu bemerken konnte, und stieg ab. Die ersten Sonnenstrahlen fielen ins Tal. Als John die Hütte betrat, erkannte er, das Steeger seine Farm für immer verlassen hatte. Selbst das Mobiliar hatte er mitgenommen. Wyatt, der ihm in die Hütte gefolgt war, fragte nun neugierig: »Warum geben die Farmer ihre Scholle auf? Man erzählt, daß sie mit ihrem Land stark verwurzelt seien.« John wandte sich um. Er lächelte sarkastisch. »Die Farmer lieben ihr Land. Aber sie lieben es nicht so stark, daß sie darauf begraben liegen möchten.« Earp lauschte der Stimme des Sprechers, in der eine gewisse Unruhe schwang. »Wird es bald Ärger geben?« »Ja«, gab John unumwunden zu. »Cochise rüstet zum Aufstand. Deshalb muß ich so schnell wie möglich zum Hauptquartier.« Er trat durch die Tür ins Freie und schwang sich in den Sattel. »Hier trennen sich unsere Wege, Wyatt. Nach Tombstone sind es noch fünfzehn Meilen. Die werden Sie bestimmte schaffen, auch ohne Gaul.« Fünfzehn Meilen, dachte Wyatt Earp und stellte sich vor, welch unermeßliche Strecke dies für einen Mann war, der sein Leben im Sattel verbracht hatte und kaum weiter als eine Meile gelaufen war. Seine guten Vorsätze gerieten ins Wanken, und plötzlich hielt er den Colt in der Faust. »Sie sollten den kleinen Umweg in Kauf nehmen, John«,
meinte er lächelnd, »fünfzehn Meilen sind kein Pappenstiel für einen Cowboy.« John runzelte die Brauen. »Ich denke, Sie sind ein Spieler?« »Der braucht auch sein Pferd, um sich vorwärts zu bewegen. Also schließen wir einen Kompromiß. Es wäre mir peinlich, meinen Retter gewaltsam überzeugen zu müssen.« »All right«, unterbrach John, »steigen Sie schon auf.« Earp schob grinsend den Colt ins Holster zurück und trat einen Schritt näher. Als er federnd zum Sprung ansetzte, hieb John seinem Gaul die Sporen in die Flanken. Earps Körper stieß ins Leere. Krachend stürzte er zu Boden. Als Wyatt sich wütend aufrappelte, hatte Haggerty bereits die niedergetrampelten Zäune erreicht und schwenkte lachend den Stetson in der Faust. »Viel Vergnügen, Wyatt«, rief er spöttisch und lockerte die Zügel. »Viel Spaß bei deinem Fußmarsch!« »Verdammter Bastard«, brüllte Earp mit sich überschlagender Stimme und riß seinen schweren Colt hoch. Aber er senkte dann doch die Waffe und begann breit zu grinsen. Man lernt nie aus, dachte er dabei, dieser Scout ist gerissen wie ein Schakal. Ich will es mir merken. Dabei blickte er nach Norden. Irgendwo draußen in den Plains ritten zwölf Strauchdiebe und Satteltramps, die ihm ans Leder wollten. Er mußte auf der Hut sein. * Sam Critten spürte den kalten Nachtfrost in den Knochen. Drei Tage und Nächte, die kurzen Augenblicke, da der Schlaf ihn übermannt hatte, vergessend, lag er oberhalb der Bergfestung unter der überhängenden Plattform und beobachtete das Treiben in Cochises Dorf. Er spürte an der hektischen. Aktivität im Dorf, daß Cochise zum Aufbruch rüstete.
Kleinere Gruppen waren zum Hauptlager gestoßen und verteilten sich in den Jacales, nahe dem Grenzwall. Am letzten Abend vor Einbruch der Dunkelheit zählte der stille Beobachter achtzig Krieger, die der Jefe zusammengerufen und in Jagdgruppen eingeteilt und mit Karabinern versorgt hatte. Das sichere Zeichen eines nahen Aufbruches. Die Nacht war erfüllt von fremden Geräuschen. Am lodernden Feuer bewegten sich halbnackte Gestalten, die – beim dumpfen Klang der Baumtrommeln in rhythmischen Bewegungen tanzend – die Feuerstätte umsprangen, oder, begleitet von klatschenden Schlägen ihrer Hände, durch die Flammenwand sprangen. Critten ahnte, daß diese Handlung der Abschluß aller Vorbereitungen war und der Kriegstanz den Göttern geweiht war, bei denen sich die Krieger ihre Kraft und den Mut zum Kampf gegen den weißen Feind holten. Eine lautstarke Zeremonie. Das Edikt eines alten Glaubens. Die dumpfen Trommelwirbel nahmen an Gewalt zu, daß man glauben konnte, die Felsen bebten unter der Wucht der Schläge, und dann brandete der gewaltige Ruf ihrer Kehlen wie ein Echo über die Bergkuppen der Dragoon Mountains hinweg: »Zastee…, zastee…« Sam Crittens Körper löste sich vom Felsband. Lautlos rutschte er durch die abfallende Rinne in den Arroyo, der zur Schlucht der Toten führte, und hastete die schmale Schlucht entlang, die zum eigentlichen Lager führte. Für ihn war es klar, er mußte die hochliegende Region der Dragoons verlassen haben und die Kaps erreicht, ehe Cochise seine Kriegsmacht über die Bergserpentine talwärts führte. Er würde ihm am Fuße des Massivs auflauern und sein weiteres Vordringen beobachten. Es erschien Critten wichtiger, Cochises Schritte zu kennen, als auf den Abbruch der Bergfestung zu warten, denn diesbezüglich tat sich nichts in der Apacheria. Und Critten schien es, als habe Cochise nicht
vor, sein schützendes Domizil zu verlegen. Sein Pferd begrüßte ihn mit freudigem Wiehern. Er sattelte den Praint, packte die wenige Habe zusammen und schwang sich in den Sattel. Die Zeit lief ihm davon, denn der Weg, der vor ihm lag, war weit länger als die Strecke, die aus der Apacheria in die Plains führte. Er mußte sich beeilen. Obwohl Critten in den letzten Tagen nur wenig Schlaf gehabt hatte, fühlte er sich fit. Das Jagdfieber hatte ihn gepackt und verdrängte jegliches Verlangen nach Ruhe. Im Morgengrauen bewegte er sich in der breiten Schlucht, die, nach Süden führend, in den Paß mündete, der in vielen Windungen zu Tale führte. Nur selten gönnte er seinem Pferd eine kurze Rastpause und begnügte sich damit, dem treuen Gefährten mit einigen Wassertropfen Stärkung zu geben. Am Abend lagerte er zwischen Krüppeleichen und wartete den Übergang vom Tag zur Nacht ab, bis Mondlicht die einsame, zerklüftete Bergwelt erhellte und ihm das weitere Vordringen gefahrlos gestattete. Der Bergpaß wurde spürbar flacher. Ein Zeichen, daß Critten in seinen Ausläufern ritt. Im Morgengrauen zogen Frühnebel auf, aber Critten erkannte den breiten Talkessel wieder, wo er und der Scout vor einer Woche den Aufstieg begonnen hatten. Sam war zufrieden, denn nun, da ihm die Umgebung vertraut erschien, schwanden endlich seine Zweifel, daß er sich in dieser verdammten Bergwelt verirrt haben könnte. Pinien und der wilde Mescalwuchs an den Seitenhängen der Schlucht wiesen ihm den Weg zu der kleinen versteckten Wasserquelle, auf die Haggerty ihn einmal aufmerksam gemacht hatte. Zugleich aber, während er sein Ziel suchte, hörte er fernes Getrappel von Pferdehufen, dessen Stärke darauf schließen ließ, daß auch Cochises Streitmacht den Fuß der Berge erreicht
hatte. Sam Critten stieg aus dem Sattel und führte sein Pferd in einen Felsspalt. Er selbst folgte, das schützende Dickicht als Deckung nutzend, den verräterischen Geräuschen. Und als sie endlich verstummten, wußte Sam Critten, daß Cochise an der Felsquelle lagerte! Noch deckten ihn die Nebel, die allmählich unter der Kraft der aufsteigenden Sonne zerflatterten und den Blick in den engen Talkessel freigaben. Aus sicherer Entfernung, versteckt inmitten einer gewaltigen Steinmoräne, sah Sam die Krieger, welche an der Quelle ihre Wasservorräte ergänzten, und er erschrak vor dem mächtigen Heer, das Cochise um sich versammelt hatte. Irgendwann in der Nacht mußte eine Mimbrenjo-Gruppe zu den Chiricahuas gestoßen sein, denn Sam glaubte, an Cochises Seite Victorio zu erkennen. Sam zählte weit über hundert Krieger und wußte, wenn diese zu allem entschlossenen Teufel Fort Buchanan angriffen, würde es zu einem tödlichen Gemetzel kommen. Nur einen Augenblick lang dachte er an John Haggerty, der auf dem Wege nach Tubac war, um dem kommandierenden General von Cochises Angriffsplänen zu berichten. Howards Infanterie und Dragoner würden um Tage zu spät kommen, um Fort Buchanan zu schützen. Cochise formierte seine Jagdtruppe. Die Körper der Krieger glänzten bronzen im aufsteigenden Sonnenlicht, in ihren Haaren glitzerten bunte Amulette. Ihre Waffen, Karabiner, Lanzen, Keulen funkelten im Widerspiel der Sonne. Cochise und Victorio führten wohl nur ihre mutigsten Krieger zum Angriff, Kämpfer, die sich in früheren Schlachten bereits bewährt hatten. Sam wartete, bis die Horde abgezogen war, dann eilte er zum Versteck seines Pferdes und führte es vorsichtig zur Quelle,
immer darauf bedacht, auf eine Rothaut zu treffen. Aber Cochise glaubte wohl kaum, daß ihm jemand in der Einöde folgen könnte, denn er ließ keine Nachhut zurück. Critten versorgte sich mit Wasser aus der Quelle, ließ seinen Gaul sich satt saufen und schwang sich dann in den Sattel. Die breite Spur der Apachen-Krieger war deutlich sichtbar. Es war nicht schwer, ihr zu folgen. Doch seltsam, als die Fährte in die offenen Plains führte, erkannte Sam, daß sie nicht, wie erwartet, nach Nordosten verlief, wo nach zehn Meilen der Apachen-Paß begann, sondern schnurgerade nach Süden, mitten in die Plains hinein. Dort lag nicht Fort Buchanan, sondern offenes Land, in dem Siedler und Farmer lebten, und ein ungeheurer Verdacht stieg in dem erfahrenen Soldaten auf. Cochise hatte zu einer Kriegslist gegriffen und John Haggerty auf die falsche Fährte gesetzt. Er und seine Apachen zogen nicht gegen den Militärposten, ihr Krieg richtete sich gegen wehrlose Siedler in den Plains. Tausend wirre Gedanken durchliefen in Blitzesschnelle sein Hirn. Doch einer brannte sich in seinem Schädel fest: Cochise mußte von Haggertys Besuch in seinem Lager gewußt haben. Wie sonst konnte es ihm gelingen, John Haggerty in die Irre zu führen!? Ihm wurde kochend heiß bei dem Gedanken, daß sie vielleicht auch ihn auf seinem einsamen Wachposten beobachtet hatten. Er wurde nun sehr vorsichtig. Fast den ganzen Tag führte der Weg durch unübersichtliches Hügelgelände. Distelgesträuch, Chollasstauden und Agaven säumten den Pfad. Sam Critten wußte von vielen Patroullien, die er von Fort Thomas nach Norden begleitet hatte, daß irgendwo dort draußen in den schützenden Tälern Farmer lebten, die Ackerbau und Viehzucht betrieben und den kargen Boden bestellten. Dorthin führte Cochise seine Krieger. Mitten in den Gedanken hinein sah er sie plötzlich vor sich.
Drei, vier halbnackte Gestalten, nur mit dem Lendenschurz und hohen Mokassinstiefel bekleidet, trieben ihre struppigen Ponys aus der Bodensenke. Sie feuerten im wilden Galopp ihre Karabiner ab und schwangen nun Lanzen und Keulen. Cochises Nachhut… Noch während Sam Critten zu seinem Armeecolt griff und kaltblütig dem markigen, an die Nieren gehenden Geschrei lauschte, trug das Echo ihm den vielfachen Hall von Schüssen entgegen. Sam Critten blieb keine Zeit zum Nachdenken. Die ersten beiden Gegner waren auf zwanzig Schritte heran. Wie auf dem Übungsplatz faßte er den schweren Whiteneyville-Walker zwischen beide Fäuste, visierte kurz und drückte ab. Wie von einer unsichtbaren Faust getroffen, flog die angreifende Rothaut seitlich vom Pferd in den trockenen Staub der Mesa. Critten hatte ganze Arbeit geleistet. Ein gellender Schrei erfüllte die Luft. Sam reagierte instinktiv. Er schwenkte den Lauf und drückte ab. Er sah das klaffende Loch, das sein Armeerevolver in die nackte Brust des Kriegers geschlagen hatte, und die zum Schlag erhobene Keule, die nun kraftlos aus der Hand des Getroffenen fiel. Der Chiricahua schwankte im Sattel, rutschte zur Seite über die bunte Navajodecke. Sein Fuß verfing sich in den Bastschlaufen seiner Fußbügel. Der Bronco jagte in wildem Tempo an Critten vorbei, den Toten wie eine Puppe inter sich her schleifend. Sam nahm automatisch alles wahr. Unbewußt beugte er sich aus dem Sattel zur Seite, als der dritte Reiter auf Armlänge heran war und seine Keule niederfahren ließ. Sam spürte den wilden Schmerz, der ihn zu lähmen schien, als die Keule an seiner Hüfte entlangfuhr und den Patronenköcher am Gurt zerschmetterte. Im nächsten
Augenblick war der Reiter auch schon vorbei. Dafür tauchte nun die vierte Rothaut neben Critten auf. Die blitzende Lanze wurde niedergestoßen traf den Rippenbogen und hinterließ eine klaffende Wunde. Trotz der furchtbaren Schmerzen gelang es Critten, durch eine Drehbewegung dem Angreifer die Waffe zu entreißen, und für einen Moment sah der Kämpfer den wilden Mordblick des Chiricahuas. Da schoß er aus nächster Nähe eine Kugel mitten in die haßlodernde Fratze. Trommelnder Hufschlag erinnerte Sam an den letzten Angreifer, dessen Keule er mit knapper Not hatte ausweichen können. Den Schmerz verbeißend, warf Sam sein Pferd herum und jagte drei Kugeln aus dem Lauf, ohne daß eine davon ihr Ziel erreichte, denn der Angreifer hing auf der ihm abgewandten Seite am Pferd und schwang sich nun, als die schwere Waffe leergeschossen war, behende hoch. Sam schleuderte ihm den nutzlos gewordenen Revolver entgegen, griff nach dem Scabbard, in dem sein Karabiner steckte. Er riß die Langwaffe über den Kopf, als die Keule auf ihn niederfuhr. Der dumpfe Aufprall der Schlagwaffe klang wie der schrille Diskant einer gesprungene Glocke. Der vorbeipreschende Reiter riß sein Pony herum, das nun tänzelnd um die eigene Achse routierte und zu einem neuen Angriff angespornt wurde. Es war ein Kampf ohne Erbarmen, wild und leidenschaftlich, erfüllt von dem Gedanken zu töten, denn nur einer durfte überleben, nur einer konnte Sieger sein. »Zastee«, schrie der Chiricahua, seine Keule schwingend und das Gesicht verzerrt. »Verdammter Bastard«, fluchte der Soldat, und da ihm die Zeit fehlte, die Waffe durchzuladen, erfaßte er seine Springfield an der Mündung und schmetterte die Waffe wuchtig dem Angreifer entgegen. Des Apachen Kriegsgeschrei verstummte. Dafür hörte Sam
deutlich das Geräusch, als der Karabinerkolben auf den Schädel der Rothaut niedersauste. Die Wucht riß den Apachen aus dem Sattel und schleuderte ihn gegen den Fels, wo er mit verrenkten Gliedern zusammensackte. Nun, da die Gefahr erst mal gebannt war, spürte Sam den Schmerz um so heftiger. Als seine Linke über den Rippenbogen fuhr, fühlte er das warme Blut, das an seinem Körper abwärts in den Stiefel lief. Wütend riß Sam Critten das Hemd auf, bis er die klaffende Wunde sah, die von einer Lanzenspitze in sein Fell geritzt worden war. Nicht lebensgefährlich, das erkannte Sam auf den ersten Blick, dennoch behandlungsbedürftig. Zunächst aber mußte er versuchen, das Blut zu stillen. Gelang ihm das nicht, sah es übel für ihn aus. Während Sam nun sein Hemd vollends in Fetzen riß und einen Preßverband um den Brustkorb legte, erinnerten ihn vereinzelte Schüsse daran, daß irgendwo draußen in den Plains ein paar arme Teufel ihre Haut verteidigten. Sie würden dem Angriff der Apachen nicht lange widerstehen können, daran zweifelte Sam nicht. Fast giftig ruhte Crittens Blick auf den toten roten Teufeln, die, von seiner Hand zerschmettert, im braunen Sand der Mesa lagen und keinen Schaden mehr anrichten konnten. Der ferne Gefechtslärm war längst verklungen, als Critten sich mühsam durch die Hügel schleppte. Sein Körper brannte, und mehr als einmal war er versucht, sich einfach aus dem Sattel fallen zu lassen, im Sand auszustrecken, der glühenden Sonne entgegenzustarren und auf die Erlösung zu warten. Aber dann sah Sam wieder die dunkle Rauchwolke am südlichen Himmel, das Brandzeichen Cochises, dem er folgte, und er spürte neue Energie. Vielleicht konnte er doch noch helfen, vielleicht doch noch ein Leben retten. Aber diese Hoffnung schwand, als er sich dem schwelenden Trümmerhaufen in der Senke näherte, umgeben von
blühendem Salbei und duftenden Mesquitesträuchern. Schon auf die Entfernung erkannte er die beiden reglosen Gestalten am Ziehbrunnen, denen Skalpiermesser die Kopfhaut vom Schädel getrennt hatten. Zwei weitere Männer, von gefiederten Pfeilen durchbohrt, standen aufrecht an den Zaun gespießt. Ihre Qual, ihr Entsetzen hatte sich unlöschbar in ihre toten Gesichter eingegraben. Ihr Anblick ließ Sam Critten den eigenen Schmerz vergessen. Die Zäune waren niedergetrampelt, die Gemüsebeete von Pferdehufen umgepflügt. Die einstmals blühenden Maisfelder, die sich über die Hügel zogen, bildeten eine schwarze, verbrannte, völlig verkohlte Fläche. Cochise hatte gründlich gearbeitet. Sam stieg mühsam vom Pferd, die Schmerzen setzten ihm kräftig zu. Er trug den verwaschenen Callico eines der von ihm getöteten Apachen, und er sah an der roten Färbung im Waschleder, daß seine Wunde noch immer heftig blutete. Er brauchte einen Doc. Das hieß, daß er eine Stadt betreten mußte. Das war gefährlich. Seine Gedanken beschäftigten sich mit seiner eigenen Lage. Er war noch immer ein Deserteur, obwohl er offiziell für die Armee arbeitete. Aber das wußte nur John Haggerty und vielleicht inzwischen auch General Howard. Zum Teufel, es war eine verzwickte Situation, in der er sich befand. Sam beugte sich nieder und untersuchte die Spuren. Sie führten in südwestlicher Richtung über die Hügel. Irgendwo dort unten lag Fort Thomas. Oder auch Tombstone, Huachuca, Sierra Viesta. Eine dieser wilden Städte würde er wohl betreten müssen, er hatte leider keine andere Wahl. In seine Gedanken hinein fiel ein einzelner Schuß. Sam hörte das helle Summen des Geschosses, als es an seinem Schädel vorbeisauste, und instinktiv warf er sich am Brunnen nieder. Er
lag nun ganz nahe bei den skalpierten Leichen und konnte erkennen, daß einer der Toten eine Frau war. Wohl das Ehepaar, das diese Farm bewirtschaftet hatte. Sam riß seinen Colt aus dem Holster. Eine WhiteneyvilleWalker, die zur Standardausrüstung der Kavalleristen gehörte. Ein mächtiges Ding, eine Handkanone für sechs Personen, die ihm ans Herz gewachsen war wie ein alter guter Freund, dem man vertrauen konnte. Critten sah den blaßblauen Rauchkringel über dem aufgestapelten Holz. Ihm war, als sähe er dort eine Bewegung. Die Vierundvierziger hämmerte einmal. Holzsplitter flogen durch die Gegend, eine helle Stimme stieß fürchterliche Flüche aus, die Sam erkennen ließen, daß er es nicht etwa mit rothäutigen Bastarden, sondern mit einer Frau zu tun hatte. Vermutlich die einzige überlebende Person auf dem Siedlerhof. »He, Miß«, schrie er im nächsten Augenblick wütend, »der Teufel mag Sie holen, wenn Sie noch einmal auf einen erwachsenen Menschen schießen.« »Auch Apachen sind erwachsen«, schrie die Mädchenstimme zornig zurück, »und ich habe erlebt, wie grausam diese Bestien sein können. Wer sind Sie, Mister, daß Sie zu einem Zeitpunkt auf unserem Hof auftauchen, wo alle Hilfe zu spät kommt?« »Ich bin Soldat der dritten Armee, Miß, in Fort Thomas stationiert«, rief Critten. »In Fort Thomas«, vorsichtig lugte ein blondgelockter Frauenkopf über den Holzstapel. »Wo sind Ihre Soldaten gewesen, Mister, als Apachen meine Eltern umbrachten? Wohin verkriechen sie sich, wenn diese Teufel auftauchen? Geben Sie mir eine Antwort darauf, Mister!« »Sie kämpfen wie Männer, wenn es nötig ist«, rief Sam hitzig, »und ich habe manchen als Helden sterben sehen. Ein Jahr lang war es ruhig im Lande. Zum Teufel, und nun schürt Cochise den Aufruhr…« Sam Critten spürte eine plötzlich aufkommende Schwäche. Sein Arm wurde kraftlos, die Hand
konnte die Waffe nicht mehr halten. Die lange Mündung kippte vornüber in den Sand. Die Sonne tanzte vor seinen Augen, und aus weiter Ferne hörte er die Frauenstimme. »He, Mister Soldat, warum reden Sie nicht mehr weiter?« rief die helle Stimme. Dunkle Nebelschwaden wechselten mit glühenden Rauchwolken. Sein Blut rauschte im Schädel mit der Stärke eines Wasserfalles. Sam spürte zwei Arme, und ihm schien, als berühre ihn ein Engel. Weit, weit entfernt hörte er eine erschreckte Stimme: »Mein Gott, Mister Soldat. Sie sind ja schwer verletzt. Ich werde Sie nach Fort Thomas bringen. Dort können Ihnen Ihre Freunde helfen.« Noch immer schien Sam in den Armen des Engels zu schweben. – So leicht und schwerelos. Ohne Schmerzen. Dennoch erfaßte er instinktiv den Sinn ihrer Worte. Gewaltsam suchte er, den Schwächeanfall zu überwinden und nicht in Bewußtlosigkeit zu sinken. Die wallenden Feuerbälle vor den Augen erloschen, und aus dem Dunkel heraus sah er ein liebreizendes Gesicht mit traurigen blauen Augen… »Nicht nach Fort Thomas«, flüsterten seine Lippen, »bringen Sie mich nach Tombstone.« Ihr Bild versank. Dumpfes Dröhnen schien seinen Schädel zu sprengen. Es wurde dunkel um ihn. Sam Critten sank in einen tiefen, endlos erscheinenden Abgrund. * Der trockene heiße Wind der Gila wehte John Haggerty entgegen, als er seinen erschöpften Wallach zwischen den flachen Mannschaftszelten hindurch zum Wachzelt führte. Sergeant Noll, der in der offenen Zelttür stand, erkannte den Neuankömmling. Er rief einen der jungen Rekruten heran, die vor zwei Wochen als Ersatz aus dem Osten gekommen waren, und
befahl ihm, das Pferd des Reiters zu versorgen. Noll selbst eilte zum Kommandeur, um ihm Haggertys Ankunft zu melden. General Howard war voll brennender Ungeduld, denn es waren nun schon Wochen her, daß er seinen Chiefscout als Späher in die Dragoon Mountains gesandt hatte, mit der Aufgabe, Cochises verborgene Apacheria ausfindig zu machen, und Cochise selbst zu Verhandlungen mit ihm zu bewegen. John Haggerty begab sich sofort zu Howards Zelt. Der einarmige General sah auf den ersten Blick Haggertys Erschöpfung, und als alter Soldat kannte er die Mittel, um einen Mann wieder aufzurichten. Er begrüßte seinen Scout mit einer Flasche hochprozentigem Brandy und bot ihm den Feldstuhl an. »Nun schießen Sie schon los, Mr. Haggerty. Ich spüre, Sie bringen wichtige Nachrichten. Sie sind auf Cochises Apacheria gestoßen. Habe ich recht?« John nickte und füllte unaufgefordert zwei Gläser und reichte dem General eins. »Und Cochise selbst? Hat er Sie empfangen, John?« John lachte bitter. »Ja, Sir, ich war sein Gefangener.« Er hob sein Glas und leerte es in einem Zug. »Sie sind sein Freund«, brummte der General überrascht. »Wie soll ich das verstehen?« »Ich war sein Freund«, widersprach Haggerty. »Cochise traut keinem Weißen mehr. Mehr noch, Cochise rüstet zum Aufstand. Ein Händler aus Nogales hat ihn mit SpringfieldGewehren versorgt. Waffen aus Armeebeständen.« »Aus Fort Huachuca«, unterbrach General Howard und pfiff durch die Zähne. »Nun kennen wir auch das Motiv dieses Verbrechens. Sprechen Sie weiter, John, mit diesem Händler beschäftigen wir uns später.« John lächelte kühl. »Sinclair und seine Helfer sind tot. Sie fielen Cochises Rache zum Opfer, als sie den Jefe betrügen wollten. Der Häuptling besitzt nun sechzig moderne Karabiner
und tausend Schuß Munition. Diese Waffen und der Haß, den seine Unterhäuptlinge schüren, lassen Cochise größenwahnsinnig werden. Er ist im Begriff, Fort Buchanan anzugreifen. Er will die Mauern des Forts niederbrennen und die Besatzung töten.« »So vermessen kann selbst Cochise nicht sein.« General Howard schüttelte heftig den Kopf. »Fort Buchanan ist ein Bollwerk, auf massivem Fels gebaut.« »Aber abhängig von den Quellen im Paß. Wer sie hält, hat die Macht in der Hand. Cochise, der verschlagene Fuchs, weiß es. Er wird auch danach handeln.« General Howard hatte sich erhoben und begann unruhig auf und ab zu laufen. Für einen Strategen wie ihn war es barer Unsinn, was sein Scout ihm vortrug. Fort Buchanan war eine Bastion. Zwar unterbesetzt, doch uneinnehmbar. Die Quellen wurden Tag und Nacht von Soldaten bewacht. Da kam keine Rothaut heran. Und wenn es Cochise dennoch gelingen sollte, das lebenswichtige Wasserreservoir zu besetzen, so lagen die Quellen im Beschuß der Kartätschen des Forts. Nein, was Haggerty da erzählte, war ungereimtes Zeug. »Sie stützen sich auf Vermutungen, John«, Howard stand an der Fensterluke, durch die der heiße Wind in den Zeltraum wehte. »Ich stütze mich auf meine Ohren, Sir«, John schüttelte ungehalten den Kopf. »Ich habe unter Einsatz meines Lebens Cochises Bergfestung betreten und das Gespräch zwischen Cochise, Victorio, Ulzana, Geronimo und Chato belauscht. Erst werden sie Fort Buchanan brandschatzen und anschließend Fort Apache niederbrennen. Häuptling Cochise setzt somit einen ganzen Landstrich in Flammen, General. Wir sollten versuchen, den Aufstand im Keime zu ersticken. Gelingt Cochise ein strategisch wichtiger Erfolg, so werden ihm die Apachenstämme aus allen Himmelsrichtungen zulaufen, um
seine Streitmacht zu stärken und so einen Teil des Ruhmesglanzes zu erwerben. Beordern Sie eine schnelle Einheit in den Apachen-Paß, Sir. Fort Buchanan ist ein Wendepunkt in der Geschichte des Territoriums Arizona.« General Howard schwieg betroffen über Haggertys erregte Worte. Seit gut zwei Jahren bemühte er sich, mit Cochise Frieden zu schließen. Sie hatten Verhandlungen geführt, tageund nächtelang am gleichen Feuer mit dem Häuptling palavert, um jeden Vorteil gerungen. Es war ihm gelungen, den Jefe zu gewissen Zugeständnissen zu bewegen. Ja, es gab eine Zeit, da die Postkutschen und die Siedlertrecks ungehindert Apachenland durchqueren konnten. Keine Chiricahua-Lanze versperrte ihnen den Weg. Der Ärger kam wohl erst mit Bascom, dem jungen Lieutenant aus Fort Buchanan, der in seinem Eifer Cochises Verwandte aufhängen ließ. Vielleicht aber auch schon früher. »Besteht wirklich keine Möglichkeit, ihn an den Verhandlungstisch zu bringen, John?« fragte General Howard verzweifelt. »Nein, Sir, er hat den Pfeil der Freundschaft zerbrochen«, sagte John mit Nachdruck. General Howard hob die Schultern. »Dann mögen ihn unsere Berghaubitzen zur Vernunft bringen.« Der Kommandierende verließ das Zelt. Durch den Sergeanten ließ er seine Offiziere zusammenrufen, und John Haggerty hörte bald darauf den Alarmruf des Trompeters. Keine Stunde war nach diesem Gespräch vergangen, als berittene Dragoner, Kavalleristen mit Protzen, Munitionswagen und Geschützen in geordneter Formation durch das offene Tor in Richtung Osten zogen. Und John bemerkte auch, daß zwei Abteilungen Infanterie die Vorbereitungen zum Abmarsch trafen. General Howard schätzte sicher die Situation richtig ein.
Howard kehrte schließlich zurück. »Hauen Sie sich aufs Ohr, John, und schlafen Sie aus. Sie werden morgen früh nach Fort Thomas und Huachuca reiten. Die Offiziere sollen in ihren Forts die notwendigen Vorkehrungen treffen und genügend Leute abstellen, die unsere Dragoner im Kampf gegen die Indianerhorden unterstützen sollen. Gott gebe, daß Higgins in Fort Buchanan nicht schläft.« Der einarmige General, der wirklich um den Frieden mit dem einheimischen Volk bemüht war, schien zu resignieren. War denn alle Mühe umsonst gewesen? »Scout«, sagte er, hob sein Glas und trank es mit einem Zug leer. Er wischte sich über den Schnauzbart und deutete zum Feldbett in der Zeltecke. »Hauen Sie sich aufs Ohr, John. Die Nacht ist kurz, und die Tage werden lang sein. Ich werde sowieso keinen Schlaf finden.« Er nahm die Flasche, klemmte sie unter den Armstumpf und wanderte schweigend aus dem Zelt. * Seine Füße brannten wie glühende Kohlen, die hohen Hacken seiner Texasstiefel knickten im losen Geröll bei jedem Schritt um. Aber weit mehr brannte in Wyatt Earp der Gedanke, daß diese verdammten Bushhawker aus Tucson ihn in den offenen Plains erwischen könnten. Tausendmal schon hatte er diesen gerissenen Armeescout verflucht, der ihn ohne Pferd in der Mesa zurückgelassen hatte. Aber was nützte es ihm? Am zweiten Tag tauchte in der Senke ein kleines Settlement auf, dessen Blech- und Strohdächer in der Sonne glänzten. Es mußte Tombstone sein, von dem er wußte, daß es im Schatten der San Pedro Hügel lag. Die letzte Meile Weg lag vor ihm. Als er einmal zurückblickte, sah er die graue Reiterschar, die zielsicher seiner
Spur folgte. Chuck Dyamond und seine Strolche. Wyatt nahm noch einmal all seine Kraft zusammen, und es gelang ihm, den Hügel im Laufschritt zu nehmen. Als die ersten Hütten vor ihm auftauchten, war er enttäuscht von diesem Nest, auf das er seine ganze Hoffnung als Spieler gesetzt hatte. Er ahnte nicht, daß Tombstone in einigen Jahren an Menschen und Häusern aus den Nähten platzen würde und ihm sowie seinen Brüdern Virgil, James, Morgan und Warren einen Stempel aufsetzen sollte, der seinen Namen als Revolverheld in den Annalen der amerikanischen Geschichte für alle Zeiten erhalten würde. Aber noch vermutete niemand in Tombstone die Silbervorkommen, die ein gewisser Schiefelin bald auf den San Pedro Hügeln finden sollte, die Tombstone dann in ein Sodom und Gomorrha verwandeln sollten. Erst als Wyatt den Staub der Straße unter den wunden Füßen spürte und die vielen Menschen sah, wurden seine Schritte bedächtiger. Dyamond und sein Clan würden es nicht wagen, ihn hier vor aller Augen anzugreifen. Wyatt erkannte ein halbes Dutzend Kneipen, die ihr Essen ebenso lobend auf Schildern anpriesen wie das Faro- und Montespiel. Aber sein Ziel war das Tonziegelhaus auf dem breiten Platz inmitten der einzigen Straße, die durch das Sattlement führte, das Office des Town Marshals. Wyatt blickte grinsend den Weg zurück. Er sah die Staubfahnen, die am unteren Ende der Straße in die Stadt einschwenkten, ehe er die Treppe zum Office hinaufstieg und sich im breiten Eingang niederließ. Zum erstenmal an diesem Tag fand das Schlitzohr Earp Zeit, sich eine Zigarette zu drehen. Er steckte sie genüßlich in Brand, als neben ihm ein kräftiger Mann auftauchte, auf dessen Brust ein Blechstern glänzte. Als Earp den Blick hob, sah er das breite grinsende Gesicht
Deputy-Marshal Marleys, der die Straße hinunter deutete und lakonisch feststellte »Sie suchen dich, Stranger.« Earp blies eine Rauchwolke in den blauen Alltag. »Es sind Lobos, Marshal, Satteltramps. Sie haben mir den Gaul unter dem Hintern weggeschossen und versuchten mich auszurauben. Mein Freund Haggerty wußte es zu verhindern. Aber sie geben nicht auf, wie man sieht.« Wyatt sah das Zucken in Marleys Antlitz und wußte, daß er recht getan hatte, John Haggertys Namen zu erwähnen, denn ein Mann wie John Haggerty, der als Scout überall herumkam, war auch in Tombstone sicher kein Fremder. »Der Armee-Scout ist dein Freund?« Marleys Stimme klang bedeutend freundlicher. »So ist es, Marshal«, Wyatt nickte ernst. »Ich arbeite hin und wieder unter General Howards Kommando.« Wyatt war selbst ein Lobo. Er konnte mitunter so gekonnt lügen, daß er seine Märchen zuweilen selbst glaubte. »All right«, erwiderte Marley, »dann wollen wir ihr Mütchen kühlen, sie sollen nur kommen.« Marley verschwand im Haus, und Wyatt hörte, daß er mit zwei Männern sprach. Zufrieden lehnte sich Earp an die Hauswand, als der Marshal mit einer Buckshotflinte zurückkehrte. Grinsend blickte er der Staubwolke entgegen. Draußen auf der Straße formierte sich Dyamonds Mannschaft zu einem Halbkreis um das Office, und Chuck Dyamond ritt auf schweißtriefendem Gaul mit wütendem Gesicht näher. »Der Marshal wird dir auch nicht helfen können, Earp. Wir kriegen dich so oder so!« Marley trat langsam an den Rand der obersten Treppenstufe. Seine Büchse hatte er lose unter den Arm geklemmt, doch der Daumen lag fest am Abzug. »Ich würde das Maul nicht so weit aufreißen, Hombre«, sagte der Marshal gedehnt. Er war von wuchtiger Gestalt und
schon vom Aussehen her eine Respektsperson. »Zeigt mir die Schwänze eurer Pferde und verschwindet. Tombstone ist eine friedliche Stadt. Sie beherbergt keine Raufbolde.« Dyamond glühte wie eine Tomate, und weniger der Respekt vor Marleys Blechstern als vor den Doppelläufen seiner Harper bremste seine Aggressivität. »Aber die Stadt beschützt einen Mörder.« »Ah«, sagte der Marshal. Dyamond legte gleich los. Er erzählte, was in Tucson geschehen war und weshalb sie Earp verfolgten. Als er geendet hatte, lächelte Marley überlegen. »Gibt es einen Haftbefehl gegen Earp? Seid ihr Gehilfen des Marshals aus Tucson, oder reitet ihr im Auftrage des Sheriffs von Cochise?« »Sie sind Richter aus eigenen Gnaden«, warf Wyatt ein. Im Schutze des Gesetzes, das er doch wohl schon einige Dutzend Male mit den Füßen getreten hatte, fühlte sich Wyatt Earp geborgen. »Es stimmt, daß ich Rocky Sullivan erschossen habe. Aber er hat mich beim Spiel betrogen und als erster die Waffe gezogen. Das war Notwehr. Nur seine Freunde sehen es anders, aber sie irren sich.« Marley nickte. »Solange kein Haftbefehl gegen dich vorliegt, Earp, bist du in Tombstone sicher.« Chuck Dyamond rutschte nervös auf seinem Gaul hin und her. Er spürte, daß er gegen diesen Sternträger wenig ausrichten konnte, zumal die Straße sich mit Neugierigen füllte. Er warf Earp einen drohenden Blick zu und zog wortlos seinen Gaul herum. Mit der Linken gab Chuck seinen Begleitern ein Zeichen, und sie ritten die Straße hinunter zu Morgans Kneipe. »Sie werden Ihnen Arger machen, Marshal«, meinte Earp und schnippte die Kippe auf den ausgefahrenen Fahrweg. Marley lächelte kalt. Zwei seiner Gehilfen tauchten an seiner Seite auf. Wie er trugen auch sie mächtige Schrotspucker und
machten einen unerschrockenen Eindruck. »An Ärger sind wir gewohnt«, Marley lächelte, »aber den größeren Ärger hast du, denn es gibt nichts Fataleres, als jung zu sterben. Wie lange wirst du in der Stadt bleiben?« Wyatt Earp hob die Schultern. In der Stadt war er sicher, doch wenn er Tombstone verließ, würden diese Bastarde sich wie Kletten an seine Fersen heften, um ihn zu vernichten. »Ich habe kein bestimmtes Ziel, Marshal.« »Dann versuche es bei Captain Freeman. Sein Camp liegt außerhalb der Stadt. Er sucht immer Leute für sein FrontierBataillon. Dort könntest du auch zu einem guten Praint kommen.« Marley erklärte Wyatt den Weg zu Freemans Lager, und Wyatt, der von Freemans Miliz schon vernommen hatte, dachte, vielleicht bist du dort so lange gut aufgehoben, bis Dyamond die Nase voll hat und nach Tucson zurückkehrt. Earp machte sich auf den Weg. Am Stadtrand war eine kleine Zeltstadt aufgebaut: Captain Louis Freemans Hauptquartier. Irgend jemand führte ihn zu Freeman, und dieser musterte den jungen und kräftigen Burschen, ehe er bedauernd die Schultern hob. »Vor einem Jahr noch, Earp«, sagte Freeman lächelnd, »hätte ich dich für deinen Entschluß freudig in die Arme genommen. Aber seit einem Jahr ist es ruhig geworden in Arizona. Die Siedler bebauen friedlich ihre Scholle. Keine Bonanza wird mehr von Rothäuten belästigt. Cochise und seine Apachen haben sich in ihren Berghöhlen verkrochen.« Ein wenig stolz hob Freeman die Brust. »Mein FrontierBataillon hat ihnen wohl die Lust am Kriegsspiel verdorben. Versuche es in Fort Thomas, Earp. Die Armee halftert jeden an, der ein paar stramme Marschierbeine hat und einen Zeigefinger für den Abzug ihrer Karabiner.« Wyatt Earp kehrte mit gemischten Gefühlen in die Stadt
zurück. Vor Chuck Dyamond allein hatte er wenig Angst, denn er vertraute seinem schnellen Revolver. Auch das Großmaul Swatter würde er mit der Linken erledigen. Aber Dyamond trat nur zusammen mit seinen Begleitern auf, und in seinem WattsRevolver steckten nur sechs Bleikugeln. Er suchte im entferntesten Winkel der Stadt eine Bleibe und verhielt sich merklich ruhig. Vom Fenster aus sah er, daß Dyamond und seine Männer heimlich die Stadt durchstreifen. Wohl auf der Suche nach ihm. Fast täglich waren die Kerle auf den Beinen. Zäh und ausdauernd, als wollten sie eine Goldmine aufreißen. Doch immer wieder waren Marley und seine Gehilfen in der Nähe. Am dritten Morgen nach Wyatts Ankunft in der Stadt wurde es unruhig auf der Straße. Was war geschehen? Wyatt stellte sich ans Fenster und sah den Menschenauflauf. Irgend etwas war passiert, was den Alltag der Menschen in Tombstone verändert hatte. Ein Dutzend Männer umringte die junge hübsche Frau, die einen halbtoten Mann vor sich im Sattel sitzen hatte, und drang mit unzähligen Fragen auf sie ein. Selbst Captain Freeman kam die Straße heraufgestürmt und folgte der Frau und dem Verletzten, die vor Doc Flemmers grüngestrichener Holzhütte aus dem Sattel stiegen. * Bleich und ausgelaugt lag Sam Critten auf dem weißen Linnen. Ein breiter schneeweißer Verband umschloß seinen Oberkörper, und die junge Frau an seiner Seite machte aus ihrem Herzen keine Mördergrube, als sie die Menschen im Krankenzimmer sah, die neugierig den Verwundeten umlagerten. »Können Sie die Leute nicht entfernen, Marshal?« fragte sie verärgert. »Der arme Teufel hier ist fast verblutet. Er braucht dringend die Ruhe, die Doc Flemmers ihm verordnet hat, wenn
er wieder auf die Beine kommen soll.« Marley drängte die protestierenden Bürger seiner Stadt aus dem Raum. Nur Freeman blieb zurück. Er saß geduldig im Schaukelstuhl und wartete, bis der Sturm sich gelegt hatte. »Mary Lynn«, begann Freeman schließlich, als nur noch er und der Deputy-Marshal im Zimmer waren. »Ich kenne dich, seit du auf der Welt bist, und deine Eltern etliche Jahre länger. Ich achte deine Trauer, aber es ist nun an der Zeit, daß deine Andeutungen ihre Erklärung finden. Wer waren die Banditen, die eure Farm überfallen haben, und an welchem Tag geschah diese ungeheuerliche Tat?« Mary Lynn preßte die Lippen aufeinander. Freemans Worte erinnerten sie an den Tod ihrer Eltern, an den schrecklichsten Tag ihres Lebens. Sie war hart erzogen, eben wie man im Frontierland erzogen wurde, ohne Sentimentalität, nur Tatsachen ins Auge sehend. »Apachen«, sagte sie mit leiser Stimme. »Sie kamen vor fünf Tagen und fielen wie eine Horde Bestien über die Farm her. Sie töteten meine Eltern, unsere beiden Helps, brandschatzten und plünderten die Farm. Ich konnte mich unter dem Schlagholz verbergen und mußte all dem schrecklichen Morden tatenlos zusehen. Mein Gott, ich wünschte, ich wäre auch tot…« Tränen liefen über ihre Wangen, Zeichen der Trauer, die sie mühsam zu verbergen suchte. »So spricht man nicht, Mary Lynn«, rügte Louis Freeman. Seine Augen blitzten. »Das Leben ist ein kostbares Geschenk Gottes. Sag mir, wie viele es waren. Drei, fünf, zehn rote Banditen? Und wer ist der Verletzte? Gehört er zur Farm?« »Nein, er kam, als alles vorüber war, und er war selbst schwer verletzt. Doc Flemmer meint, seine gräßliche Wunde käme von einem Hieb mit einer Apachenlanze.« »Also ist auch er mit ihnen zusammengestoßen«, konstatierte der Captain. »Du bist mir noch eine Frage schuldig. Waren es mehr als zehn Apachen?«
Mary Lynn hob den Kopf, und ihre blauen Augen schienen den Fragesteller zu durchbohren. »Zehn?« rief sie mit zynischer Offenheit aus. »Es war eine ganze Armee! Ihre Anzahl läßt sich schlecht schätzen, es dürften aber weit über hundert roter Teufel gewesen sein.« Freeman dachte nach. Mary Lynns Worte beunruhigten ihn, denn seit einem Jahr gab es im Cochise County keine Übergriffe der Roten mehr. Die verständliche Erregung ließ Mary Lynn wohl mehr Plünderer sehen, als es tatsächlich gewesen waren. »Du übertreibst.« Mary Lynn schüttelte den Kopf. »Ich übertreibe nicht, Mr. Freeman. Ich habe Cochise gesehen und den schwarzhaarigen Teufel Victorio, der nun Mutters blonden Skalp am Gürtel trägt. Sie schossen mit Springfield-Gewehren und konnten damit verdammt gut umgehen.« Freeman erinnerte sich des Überfalles auf Fort Huachuca, das Banditen in die Luft gejagt und dabei sechzig SpringfieldKarabiner erbeutet hatten. Sollte Cochise für diesen Überfall verantwortlich sein? Eine ungeheure Erregung bemächtigte sich Freemans, und er beschloß, einige seiner Leute zu Lynns Farm zu schicken, um die Vorgänge aufzuklären. Er mußte wissen, ob Mary Lynn übertrieben oder die Wahrheit gesprochen hatte. Schweigend erhob sich Freeman und verließ das Haus. Auf dem Fahrweg, zwischen neugierigen Weibern, stand der hochaufgeschossene junge Bursche, der vor einigen Tagen bei ihm vorgesprochen und nach Arbeit gefragt hatte. Er winkte ihm im Vorübergehen zu und sah, daß Earp sein Zeichen verstanden und bemerkt hatte. Als er die Straße zum Camp hinaufeilte, tauchte Wyatt an seiner Seite auf. »Du suchst einen Job, Earp?« kam Freeman gleich zur
Sache. »Ich hätte eine Aufgabe. Einen Dollar pro Tag und für jeden Indianerskalp zehn. Ist das ein Wort.« Wyatt grinste säuerlich. »Also geht es gegen Indianer?« »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Erst einmal möchte ich das Terrain sondieren. Wie steht es, Earp? Du brauchst Geld, du brauchst ein Pferd. Beides findest du im Bataillon.« Wyatt Earp dachte an sein lästiges Anhängsel, das ihm unbedingt eine Kugel verpassen wollte. Er nickte zustimmend. »Ich will's versuchen.« Sie erreichten das Camp. Freeman deutete zur Pferdekoppel hinüber. »Such dir einen flinken Gaul, Earp, du kannst ihn später von deinem Lohn bezahlen.« Wyatt nickte und entfernte sich. Als Earp sich einen Gaul eingefangen und gesattelt hatte, war Freeman dabei, eine Patrouille aufzustellen. Wyatt, der näher ritt, erkannte, daß Freeman acht Leute mit dieser Aufgabe betraute. »Wopper wird euch führen«, bestimmte der Captain, »ich erwarte euch in fünf Tagen zurück.« * Ein tiefes Stöhnen kündete an, daß Sam Critten langsam ins Leben zurückfand. Mary Lynn beugte sich über den Verletzten, und Marshal Marley trat rasch näher. Draußen zog Freemans Miliz die Straße hoch. Critten hielt die Augen zwar noch geschlossen, doch seine Lider zuckten. Seine Lippen bewegten sich mühsam, als suche er nach Worten. »Er will uns was sagen«, flüsterte Marley heiser und beugte sich tief über den Verletzten, daß er die Atemzüge des
Fremden deutlich vernahm. »John«, hörte Marley aus dem Mund des Fremden. »Cochise…Verrat…« Dann Stille. Marleys Gedanken rasten. John und Cochise. Das war eine Verbindung, die der Marshal begriff. Und irgendwie war Verrat in der Sache. Er schüttelte Critten an der Schulter. »Weiter, Junge, erzähle weiter…« Doch Mary Lynn drängte ihn zornig beiseite. »Sie sehen doch, wie es um ihn steht, Marshal. Warum quälen Sie den Mann?« »Er will uns etwas sagen, Mary Lynn«, fluchte der Sternträger wütend. »Es muß sehr wichtig sein.« »Colonel Higgins…«, hauchte der Verletzte, und Marley sah, wie der Mann unruhig wurde, den Kopf hin und her warf, als suche er mit aller Kraft der Dunkelheit zu entfliehen. Dann lag Critten plötzlich ganz still. Er sackte förmlich zusammen, und sein Atem schien nicht mehr zu gehen. »Ist er tot?« Mary Lynn preßte die Fäuste an die Lippen. »Mein Gott im Himmel, ist er tot?« »Hör auf zu beten«, fluchte der Marshal. »Er ist nur ohne Bewußtsein. Er schläft sich gesund. Deshalb brauchst du doch nicht so ein Theater zu machen.« Dann stakste er wütend nach draußen. Freemans Patrouille ritt nun weit vor der Stadt am Fuß der San Pedro Hügel. Marley kehrte ins Office zurück, setzte sich hinter seinen Schreibtisch und begann zu überlegen. Was hatte den armen Teufel so erregt, daß er Colonel Higgins Namen nannte? Irgend etwas stimmte nicht mit ihm. Aber was? Aus Fort Thomas war ihm vor einiger Zeit ein Vorfall gemeldet worden. Automatisch, ohne zu denken, begann Marley in den Papieren auf dem Schreibtisch zu kramen, bis er eine Depesche fand.
Eine Fahndung aus Fort Thomas nach einem fahnenflüchtigen Soldaten. Marley vertiefte sich in den Inhalt, und je länger er die Fahndung las, wurde ihm bewußt, der Fremde in der Krankenstube von Doc Flemmers konnte nur dieser Corporal sein, der Critten hieß. Ins Krankenrevier zurückzukehren, brachte sicher keinen Aufschluß. Der Mann war fertig und sicher noch eine Weile ohne Bewußtsein Und Mary Lynn, dieses resolute Biest, würde ihn kurzerhand hinauswerfen, dessen war er sicher. Marshal Marley schob das Schreiben in die Tasche, nahm den Revolvergurt vom Wandhaken und sattelte sein Pferd. Als er seinen Praint auf die Straße führte, kam gerade einer seiner Gehilfen aus dem Drugstore. »Stive«, rief Marley, während er in den Sattel stieg. »Ich bin in ein paar Tagen wieder zurück. Wenn jemand fragen sollte, ich reite nach Fort Thomas.« Stive gab ein Zeichen, daß er verstanden hatte. »Und halte ein Auge auf den jungen Earp und diese Hengste aus Tucson«, fuhr der Marshal fort. »Wenn sie euch Ärger machen, zeigt's ihnen mit Buckshot!« Marley riß sein Pferd herum und gab ihm die Sporen zu fühlen. In eine Staubwolke gehüllt, ritt er den Fahrweg hoch und schwenkte außerhalb der Stadt in östliche Richtung. Marshal Marley hatte es verdammt eilig. * Ein Gerücht ist schneller als der Wind, sagt ein altes indianisches Sprichwort. Tex Huskin, dessen Bonanza in einem kleinen Seitental des Green Valleys lag, wußte seit drei Tagen von dem Überfall auf Lynns Farm. Einer seiner Cowboys, die in der Mesa nach verlaufenem Vieh suchten, war auf das niedergebrannte Gehöft
gestoßen und hatte die Hiobsbotschaft gebracht. Huskin war vom alten Schlag. Ein Grenzer, der sich früher schon mit mexikanischem Raugesindel herumgeschlagen hatte. Er ließ die Herden näher an die Ranch heranführen und begann das Haupthaus in eine Festung zu verwandeln. Die Grube unter der guten Stube hatte er vor drei Jahren, als er ins Valley gezogen war, ins Hausgefüge eingebaut und einen Verbindungstunnel zum Brunnen schaffen lassen. Als Brend ihm am Vormittag meldete, daß er in den nahen Hügeln auf Spuren unbeschlagener Pferde gestoßen war, wußten der alte Tex, daß bald Besuch zu erwarten war. Huskin war also gewappnet, als am frühen Nachmittag ein Dutzend halbnackter Reiter in bunter Kriegsbemalung auf den flachen Hügeln auftauchte und unverwandt zur Ranch hinunterstarrte. Reglos, wie aus Bronze gegossen, saßen sie auf ihren ungesattelten Ponys und blickten regungslos ins Tal hinunter. Roß und Mann ein Guß. Huskin rief seine Leute ins Haus, schloß die schweren Blenden an den Fenstern und verteilte die Waffen. »Wir werden ihnen eine Abfuhr erteilen, daß ihnen für alle Zeiten der Geschmack nach weißen Skalps vergeht«, sagte der Texaner optimistisch. »Wäre doch gelacht, wenn wir die nicht schaffen.« Sein Vormann, der an einer der schmalen Schlitze am Fenster stand, bemerkte lakonisch: »Sie werden sich an den Rindern schadlos halten und die Longhorns in die Mesa treiben.« Worauf der alte Texaner lachte. »Sollen sie, ich denke, daß auf die Vorkommnisse auf Lynns Farm hin Soldaten unterwegs sind oder Freemans starke Miliz. Mit der Herde kommen die verdammten Rothäute nicht weit, denn Freeman ist scharf auf Chiricahua Skalps.« »Tut sich was draußen?« Huskin hatte den Arm um die
drallen Hüften seines Weibes gelegt. Sicher wollte er so demonstrieren, daß Abigail nichts zu befürchten hatte. »Sie stehen wie die Salzsäulen in den Salinen der Desert, Boß«, antwortete Brend. »Sie warten die Nacht ab«, erklärte Huskin. Er kannte die Taktik der Roten. »Abigail, mach uns eine kräftige Mahlzeit, und sollte es ernst werden, binde die Kinder an den Betten fest. Ich möchte nicht, daß sie uns in ihrer Angst womöglich zwischen den Füßen herumlaufen.« Abigail war eine starke Frau. Sie zeigte keine Furcht, sondern trat zum Herd und bereitete das Essen wie jeden Tag. Sie sprach beruhigend auf ihre beiden Kinder ein und schickte sie ins Nebenzimmer, wo Cliff Bauer und Hugh Welch durch die Sichtschlitze aufmerksam das Terrain absuchten. Sie waren nervös, aber das würde sich legen, wenn es ernst würde. Die Sonne kroch hinter die nahen Berge. Dämmerlicht breitete sich im Tal aus. Die Reiter auf dem Hügel waren nur noch als Schatten zu erkennen. Tödliche Stille lag über dem Tal, und nur das leise Weinen der Kinder war zu hören. Abigail zog sie in den Schoß und sprach mit ruhiger Stimme auf sie ein. Huskin kontrollierte die Posten im Haus, als die ersten Schüsse fielen. Die Erde begann zu dröhnen, und der Texaner nickte stumm. Er wußte, daß das räuberische Apachenpack die Herde aus der Koppel trieb. »Es geht bald los«, sagte Brend in die beklemmende Stille im Raum, »ich rieche es förmlich.« Und dann war plötzlich der Teufel los. Pferdehufe klapperten, infernalisches Geschrei erfüllte das Tal, Gewehrkugeln schlugen in die Fassaden. Wuchtige Lanzenstöße trieben gegen die feste Bohlentür. Die Kinder schrien.
Tex Huskin sprang mit zwei Sätzen an die Eingangstür, schob die schwere Luke zurück, die kurze Mündung der Schrotflinte in die Öffnung und feuerte…« Dem Echo beider Abschüsse folgte wildes Schmerzensgeschrei und der dumpfe Fall von menschlichen Körpern. Leichtfüßige Schritte entfernten sich. Huskin schloß grinsend die Luke. »Buckshot schmeckt ihnen nicht«, knurrte er und zu seinem Weibe gewandt fuhr er fort: »Schaffe die Kinder nach unten, Abigail, es wird eine heiße Nacht.« Abigail schob wortlos die Luke auf, nahm eine der Talglampen und stieg mit den verängstigten Kindern in den dunklen Schacht hinunter. Es war still. Nur das ferne Stampfen der entführten Herde war schwach zu vernehmen. »Vielleicht haben wir sie verscheucht«, flüsterte Harris, der blutjunge Cowboy, und umklammerte mit diesem hoffnungsvollen Gedanken seinen Karabiner. Es war sein erster Zusammenstoß mit räuberischen Apachen. Brend, der alte Vormann, der wachsam auf seinem Posten stand, lachte trocken. »Jetzt geht der Tanz richtig los, Boß. Sie schießen mit Brandpfeilen.« In seine Worte hinein schlugen patschend feurige Garben in die Fassade und das Dach, und Huskin rief gelassen: Haltet die Wasserbottiche bereit. Wenn das Feuer durchbricht, werden wir es löschen.« Er hatte am Morgen noch die Grasnarben des Daches mit Brunnenwasser getränkt und wußte, daß sie den Brandpfeilen der Apachen eine Weile widerstehen konnten. Trotzdem züngelten Flammen an der Hausfassade hoch und erhellten schwach den Hof. Schatten bewegten sich wieselflink über die freie Fläche. Brend schoß seinen Karabiner leer, und aus dem Kinderzimmer klangen die scharfen Abschüsse von Welchs und Bauers Büchsen.
Sie waren sechs aufrechte, tapfere Männer, an deren Mut wahrhaftig nicht zu zweifeln war, aber keiner von ihnen wußte, daß dort draußen Victorio mit achtzig Apachen zum Angriff ansetzte, entschlossen, die weißen Eindringlinge aus ihrem Land mit Feuer und Schwefel zu vertreiben. Rauch drang durch die mit Lehm verschmierten Ritzen. Hier und dort züngelten Flammen ins Innere der Räume. Zwei Männer waren ständig mit Wassereimern in Bewegung, um das Feuer zu löschen. Aufs neue dröhnte die Erde. Infernalisches Geheul ließ das Haus erzittern, und der junge Harris, der durch die Schießscharte das schwarze Meer angreifender Apachen sah, rief erbleichend: »Es sind wenigstens hundert Indianer, Boß!« »Blödsinn«, fluchte Huskin, »so viele Krieger bringt kein Apachenhäuptling auf die Beine.« Der junge Harris streckte sich. Er stand eine Weile aufrecht an der schmalen Schießleiste, ehe er steif wie eine Säule rücklings zu Boden fiel. Mitten zwischen seinen Augen federte der kurze Schaft eines Pfeils. Brend kroch heran, aber Huskin rief ihn mit scharfer Stimme zurück. »Bleibe auf deinem Posten, Brend, dem armen Teufel ist nicht mehr zu helfen.« Der Texaner schulterte die Buckshotflinte und hangelte sich an der Strebe des Gebälks zur Decke hoch. Über ihm auf dem Hüttendach rumorte es. Flinke Tritte waren trotz des höllischen Lärms zu hören, und Huskin wußte, sie rissen die schützenden Grassoden auf, um auf dem Dach Feuer zu legen. Wütend feuerte er die Waffe ab, lud noch einmal nach und schoß dann wieder. Auch Brend und Bauer, Welch und Dickens kämpften wie die Teufel und schossen wie wild. Abigail schob die Kellerluke auf. Sie hielt die Funzel in der Hand. Bleich und gefaßt fragte sie: »Soll ich helfen, Tex? Ich kann kämpfen wie ein Mann.«
»Bleibe unten, verdammtes Weib, und kümmere dich um deine Kinder«, fluchte der Rancher wütend. Schweiß stand auf seiner Stirn. Die Kerle waren immer noch auf dem Dach. Harte Schläge von Streitäxten trommelten gegen die Eingangstür. Ihre Angreifer mußten erkannt haben, daß dort der Schwachpunkt der Verteidigung lag. Huskin gab seinem Vormann ein Zeichen. Brend sprang mit zwei langen Schritten zur Tür, schob die Klappe zurück und feuerte mit seiner Patterson, bis keine Kugel mehr im Lauf war. Mit einem letzten Blick schob Brend die Klappe in den Riegel. »Harris hatte recht, es sind wenigstens achtzig Apachen, Tex. Zuviel für uns fünf«, rief er blaß. »Gegen die haben wir keine Chance, Tex!« Huskin erinnerte sich, was mit den Lynns geschehen war und schrie wütend zurück: »Wir kämpfen bis zur letzten Patrone, kapiert? Dann stecken wir die Hütte in Brand und ziehen uns in den Stollen zurück. Vielleicht haben wir Glück und sie geben sich mit dem hier zufrieden.« Er sprang von dem Gebälk herunter in den Raum, trat zum Tisch und stopfte sich eine Handvoll Buckshotpatronen in die Tasche. Tödliche Entschlossenheit stand in seinem pulvergeschwärzten Antlitz, und er schwor im stillen, Abigail und die Kinder zu töten, als sie in die Hände der Apachen fallen zu lassen. Aber ihre letzte Attacke schien Erfolg zu haben. Noch immer ihr schrilles Geheul ausstoßend, entfernten sich die Reiter. »Sie geben auf«, jubelte im Nachbarzimmer Welch. Er taumelte in die Stube. Ein breiter blutiger Striemen lief über seine linke Wange, und ein dunkler Fleck zeichnete sich auf der linken Seite seines karierten Hemdes ab. »Sie kommen wieder«, grollte der Rancher. »Freut euch nicht zu früh.« Er ging zu Welch und führte ihn zum Hocker. »Setz dich hin, Cowboy.« Huskin zog die Lampe näher und riß das blutbeschmierte Hemd auf. Er sah den Einschuß oberhalb des Herzens und
wußte, daß Welch nicht mehr zu helfen war. Dennoch griff er lächelnd zum Wandregal und entkorkte die Brandyflasche. »Nimm einen tiefen Schluck, Welch. Es ist alles halb so schlimm. Die Kugel schneide ich dir raus, wenn alles vorbei ist.« Der Cowboy nickte dankbar, als der Boß ihm die Flasche an die Lippen setzte. Er nippte am Flaschenrand und sackte dann plötzlich zusammen. Huskin fing ihn auf. Brend trat mit wenigen Schritten näher, und sie trugen den Bewußtlosen auf die Liege. »Ist es schlimm?« fragte der Vormann. Huskin nickte. »Er wird die Nacht nicht überstehen.« Glücklicher Welch, dachte der Vormann und spürte heißes Kribbeln unter der Kopfhaut, so, als fühle er dort die scharfe Klinge eines Apachenmessers. Er kehrte auf seinen Posten zurück, aber von den Angreifern war nichts mehr zu sehen. Huskin kniete neben dem Bewußtlosen, als Cliff Bauer aus der Kinderkammer trat. Er sah den riesigen Blutfleck auf Welchs Brust und schrie plötzlich los: »Welch ist tot! Harris ist tot! Die Schweine haben sie umgebracht und werden auch uns alle töten. Ich will hier raus!« Wild mit den Armen um sich schlagend, taumelte er zum Ausgang. Brend versperrte ihm den Weg. Er sah Bauers irren Blick und schlug ihm die Faust gegen den Schädel, daß der Tobende wie ein morscher Baum auf die Dielen fiel. Bedauernd blickte er zum Boß hinüber, der die Schultern hob und ihm zunickte. »Es war das beste so«, meinte Huskin. »Wenn er aufwacht, wird er wieder vernünftig sein. Versuche das Feuer unter Kontrolle zu halten.« Es knisterte und schwelte an der Außenwand, aber das Holz hatte inzwischen so viel Wasser aufgesogen, daß die Flammen kaum noch Nahrung fanden. Finsternis hüllte das Tal ein, und die plötzliche Stille ließ sie
frösteln. Dickens kauerte am Boden und starrte zu dem sterbenden Welch auf der Pritsche. Der Cowboy schien zu beten, aber er dachte an sein blühendes Virginia, das er verlassen hatte, um in dieser verdammten Einöde Arizonas zu krepieren. Fernweh hatte ihn damals getrieben. Auch Brend stand stumm an der schmalen Schießscharte, lauschte den röchelnden Atemzügen des Sterbenden, blickte starr in die reglose schwarze Nacht, und sein Leben zog wie eine Vision vorüber. Er und der Boß hatten die Hälfte ihres Lebens gemeinsam verbracht. Sie hatten in Texas gegen Rebellen und Viehdiebe gekämpft. Sie waren als Texasreiter in den amerikanischmexikanischen Krieg gezogen. Als junge Burschen, voller Hoffnung auf eine glorreiche Zukunft. Und wo waren sie nun gelandet? In einem Territorium, das wohl ewig Frontierland bleiben, niemals zur Ruhe kommen sollte. Das Schwarz der Nacht verblaßte. Fast gelassen nahm er die grauen Schatten wahr, die von den niedergerissenen Zäunen her lautlos näher huschten. Zögernd, als fehle ihn die Kraft, hob Brend seinen Karabiner und schoß zwei dieser Schatten nieder. Der dritte Schatten zerfloß in der Nacht. Huskin hob den Kopf Brend sah seinen fragenden Blick. »Geplänkel«, sagte Brend ruhig, »sie versuchen es mit ein paar Einzelaktionen. Wir werden den Tag wohl überstehen. Aber dann, Tex? Was wird dann?« Brend wandte sich wieder seinem Posten zu. Tex Huskin schwieg. Seine Gedanken waren eine Weile bei seinem Weib und seinen Kindern. Auch er sah keine Zukunft. Erst in diesem Moment bemerkte er, daß er immer noch vor Welch kniete. Dabei mußte sein Cowboy schon vor Stunden gestorben sein.
»Beim nächsten Angriff ziehen wir uns in den Schacht zurück«, sagte Tex Huskin leise. »Und vorher brennen wir diese verdammte Bude nieder…« Der Schacht, der Weg zum Brunnen…, die Freiheit, die letzte Hoffnung… Das waren Tex Huskins hoffnungsvolle Gedanken, als eine gewaltige Explosion das Dach der Hütte anhob und die Wände auseinanderfetzte. Ein flammender Feuerstrahl schoß in den Himmel, und die Detonation zerriß ihre Lungen. Niederstürzendes Gebälk zerschmetterte ihre Körper. * Cochise erlebte seinen Triumph im Morgengrauen. Mit leuchtenden Augen folgte er dem blitzenden Feuer, das seine Krieger in der Nacht an der Hütte gelegt hatten, und während die Flammen langsam erloschen, eine schwarze Wolke den Himmel verdunkelte und von der Hütte nur noch Staub und zerbrochenes Gebälk zurückblieb, sagte Cochise zu Victorio, der auf seinem gescheckten Gaul an der Seite des Jefes fast erschreckt das Schauspiel erlebte: »Dieses schwarze Pulver öffnet uns die Tore zu den Holzfestungen der Hellaugen. Es bewegt Berge und schließt Schluchten. Es ist eines der Geheimnisse des einarmigen Blaurocks. Es kommt der Tag, an dem wir mit diesem schwarzen Pulver die Zeltstadt des Bastards von den Hängen Tubacs fegen werden. Dieser Tag ist dann der Tag unserer Freiheit. Doch zuvor wollen wir unsere Abrechnung mit unserem größten Feind, dem Hellauge aus Tombstone, vorbereiten. Captain Freeman soll für all die toten Krieger, Frauen und Kinder unserer Stämme bezahlen und die Folter der Apachen in tausendfacher Art kennenlernen.« Victorios dunkle Augen leuchteten voller Hoffnung, denn
das Inferno, das er gerade erleben konnte, ließ erkennen, daß der Jefe den richtigen Weg beschritt. Über den Hügel sprengte ein Reiter. Seine Haut glänzte bronzen in der aufgehenden Sonne. Er wechselte die Richtung, als er seinen Häuptling sah und jagte heran. Vor Cochise zügelte er seinen Bronco. Erregt deutete der Chiricahua mit der Lanze nach Osten. »Es kommen Reiter, Jefe, aus der Richtung der Farm, die wir vor vier Tagen niedergebrannt haben.« In Cochises Augen stand eine stumme Frage, die der Sprecher verstand. »Es sind acht Weißaugen auf gesattelten Pferden. Sie sind keine zwei Meilen entfernt.« Victorios Augen füllte wilder Glanz. Unruhig rutschte er auf dem Pferderücken hin und her und faßte den federgeschmückten Karabiner fester. Seine kräftigen Muskeln zuckten. »Zastee«, rief Victorio heiser, »ihr Leben ist das gnädige Geschenk unserer Götter. Wir werden sie töten, und ihre Skalps sollen die Gürtel unserer Toten schmücken.« Fast herrisch deutete er zu den gescheckten Ponys hinüber, die von Kriegern den Hügel herauf geführt wurden. Quer über ihre Rücken lagen die im Kampf gefallenen Apachen. »Unsere Brüder sollen nicht umsonst gestorben sein.« Cochise kannte den Hitzkopf Victorio. Aber er, der Jefe, hatte andere Pläne. Er blickte zu der zerstörten Bonanza hinunter, in deren Trümmern seine Krieger nach Beute suchten, und schüttelte heftig den Kopf. »Es sind keine Blauröcke aus den hölzernen Forts, Victorio. Es sind Späher unseres ärgsten Feindes. Sie mögen kommen und uns sehen. Sie mögen gehen und ihren Häuptlingen von unseren Siegen berichten. Ihre Skalps werden wir im Canyon des Aqua wiedertreffen.« Victorio hatte als Apache das Recht, dem Jefe zu widersprechen, aber er spürte die Klugheit und Verschlagenheit
seines Kriegshäuptlings und war zufrieden mit den Plänen, die zur Vernichtung Louis Freemans führen. »So soll es sein«, sagte er einsichtig, führte die Hand zum Munde und ahmte den gurrenden Ruf der Wildtaube nach. Sofort lösten sich die Plünderer aus dem Trümmerfeld, schwangen sich behend auf die Rücken ihrer Ponys und verschwanden seitlich im welligen Hügelland. Cochise nahm es zufrieden wahr und nickte. Ehe er sein Pferd wandte, sprach er zu dem Mimbrenjo-Häuptling: »Wähle vier Späher, die sie begleiten sollen. Ich möchte, daß sie unbeschadet ihr Ziel erreichen.« * Colonel Higgins durchwanderte unruhig wie ein gefangener Puma den Raum. Haggertys Order aus dem Hauptquartier machte ihn nervös. Er sagte es denn auch offen heraus. »Fort Thomas ist unterbesetzt, John. Wenn ich die halbe Truppe nun auch noch abziehe, dürfte es für einen Gegner ein Kinderspiel sein, die Palisaden zu stürmen und das Fort in Schutt und Asche zu legen. Ich kann eines nicht begreifen: Was zieht Cochise nach Fort Buchanan? Dort liegt der stärkste Vorposten unseres Militärs in Arizona. Eine Befestigung aus massivem Fels, umgeben von den natürlichen Schutzwällen der Mountains. Cochise kann sich dort nur die Zähne ausbeißen und sich eine blutige Abfuhr holen. Also, ich verstehe beim besten Willen nicht, warum er so ein Unternehmen plant.« John Haggerty lächelte über Colonel Higgins' Einwand. »Cochise wird wissen, daß der Posten in Buchanan keine hundert Soldaten beherbergt. Wer schaut schon hinter die Stirn einer Rothaut? Vielleicht geht es ihm um das Prestige, und eine Zerstörung des Forts würde ihm natürlich Ruhm und Ehre unter den Apachenstämmen einbringen.«
»Und Fort Thomas?« warf der Colonel bissig ein, »soll es dafür geopfert werden?« »Fort Thomas liegt hundert Meilen vom Apachen-Paß entfernt, Colonel. Ich habe Cochises Pläne mit eigenen Ohren gehört. Es besteht also kein Zweifel über seine Absichten. Hier, so tief im Süden, ist mit keiner Indianerseele zu rechnen. Vielleicht ein paar Yaquis, die über die Grenze wechseln. Aber selbst daran zweifle ich…« »Trotzdem kann ich es nicht begreifen.« Colonel Higgins knöpfte gewissenhaft die Knöpfe seiner Uniform zu, nahm die Handschuhe. Er war ein Stratege, und ehe er als Kommandant Fort Thomas übernommen hatte, war er ein Jahr in Fort Buchanan stationiert gewesen. Er kannte die örtlichen Verhältnisse dieser natürlichen Bergfestung ganz genau. Und die Wasserstelle im Paß, der einzige Schwachpunkt des Forts, war jederzeit mit Feldhaubitzen zu belegen. Nein, er konnte Cochise nicht begreifen. »Warten Sie, John«, bat der Colonel und verließ die Baracke. John trat ans Fenster. Er sah, daß der Colonel mit einigen Offizieren redete und daß sich das Gespräch schon nach kürzester Zeit zu einer heftigen Debatte entwickelte. Es dauerte fast eine Stunde, ehe der Offizier zu Haggerty in die Baracke zurückkehrte. »Meine Offiziere teilen meine Meinung, John«, meinte Higgins achselzuckend, »aber Befehl ist Befehl.« Draußen herrschte hektisches Treiben. Befehle hallten auf, Soldaten formierten sich in Gruppen, und die Offiziere gaben Anweisungen. Die Vorbereitungen zum Aufbruch begannen. Etwa um diese Zeit preschte ein Reiter auf abgetriebenem Gaul durch das Haupttor, schwenkte zum Hauptquartier ein und rutschte erschöpft aus dem Sattel. John erkannte das schweißglänzende Gesicht des Reiters. Leicht erstaunt runzelte er die Stirn. »Was sucht Marshal Marley aus Tombstone im Fort?« fragte er beunruhigt.
»Wir werden es bald erfahren«, erklärte Colonel Higgins. Draußen polterten Schritte. Die Ordonnanz trat ein, und hinter ihr stürmte der Marshal in den Kartenraum. »Marshal Marley«, rügte der Sergeant über die Mißachtung der Dienstvorschrift, »ich muß Sie anmelden. Sie können nicht einfach hier so hereinplatzen.« »Es ist in Ordnung«, winkte der Colonel ab, ehe er sich an den Marshal wandte. »Was führt Sie zu mir, Mr. Marley?« »Im County ist der Teufel los, Colonel Higgins. Eine Farm wurde von Apachen überfallen und vollständig zerstört. Die einzige Überlebende der Lynn-Familie ist Tochter Mary Lynn, und außerdem hat noch ein Fremder das Massaker überstanden, vielleicht ist er inzwischen schon abgekratzt. Oh…« Marley erkannte Haggerty, der aus dem Schatten des Raumes trat. »Das trifft sich gut, John. Dieser arme Teufel, den Mary Lynn halbtot und fast verblutet in die Stadt gebracht hat, faselte in seinen Fieberträumen dummes Zeug. Er nannte Ihren Namen, sprach von Verrat und dem Rebellen Cochise. Sein Unterbewußtsein war stark aufgewühlt…« »Sam Critten«, entfuhr es Haggerty. Er deutete auf einen Stuhl. »Setzen Sie sich, Marshal. Der Colonel wird Ihnen einen Drink zur Stärkung geben, und dann überlegen Sie ganz ruhig, was der Mann gesagt hat.« Haggerty war innerlich sehr beunruhigt. Er wähnte Critten in den Dragoons nahe des Lagers der Apachen. Also weit oben im Norden. Er hatte die Aufgabe, Cochises Festung zu beobachten und einen eventuellen Lagerwechsel zu überwachen. Und nun sollte der Bursche in Tombstone aufgetaucht sein? Was mochte das bedeuten? Colonel Higgins reichte dem erschöpften Marshal Flasche und Glas. Sein fragender Blick berührte den Armeescout. »Was wissen Sie über den Deserteur Critten, Mr. Haggerty? Der Mann ist seit Wochen verschwunden«, rief Higgins heftig. John spürte das Mißtrauen, welches der Colonel ihm
entgegenbrachte. Er schien nicht zu verstehen, daß ein Armeescout mit einem Deserteur in Verbindung stehen konnte. Draußen hallten lautstarke Befehle. Protzen und Haubitzen wurden aus den offenen Schuppen gezogen. Der Proviantchuck stand bereits vor dem Vorratsdepot. »Ich warte auf Ihre Antwort, Mr. Haggerty«, rief der Colonel ungeduldig. John lächelte. »Corporal Sam Critten reitet als Scout fürs Hauptquartier, Colonel. Er war in den letzten Wochen mein ständiger Begleiter.« »Ein Deserteur, ein Mann, der die Disziplin der Truppe untergräbt, indem er einen Offizier der Vereinigten Staaten niederschlägt? Einen solchen Mann…« »Er ist ein guter Soldat«, unterbrach John den Wortschwall Higgins, »und ein zuverlässiger Kamerad.« »Den ich vor das Kriegsgericht stellen muß, wo er wahrscheinlich vor den Mündungen eines Exekutionskommandos landet. Obwohl«, der Sprecher zupfte nachdenklich an seinem Schnauzbart, »obwohl ich Lieutenant Brahams Handlungsweise den Soldaten gegenüber mißbillige und ihm einen Verweis erteilen mußte. Aber«, Higgins reckte sich. Er war Soldat mit Leib und Seele. »Das wird Corporal Crittens Lage nicht ändern, denn Disziplin, besonders im Kampfgebiet, muß gewahrt, Verfehlungen müssen strengstens geahndet werden.« »Sie reden vielleicht schon von einem Toten, Colonel…« Marley grinste ihn über den Kartentisch hinweg an, »aber im Augenblick geht es wohl um andere Dinge.« »Sprechen Sie, Marshal«, forderte John. Eine ebenso dumme wie schreckliche Ahnung stieg in ihm auf. Sollte dieser schlitzohrige Häuptling ihn etwa aufs Kreuz gelegt haben, sollte er ihm die falschen Informationen zugespielt haben, um seine wahren Absichten zu verbergen? Dann, John lief es eiskalt über den Rücken, mußte der Jefe
von seiner Anwesenheit in der Apacheria gewußt haben. Eine andere Erklärung gab es nicht. »Mary Lynn spricht von achtzig bis hundert Apachen, die die Farm überfallen haben«, drang Marleys Stimme in seine Gedanken, »das wird übertrieben sein, denn ich kann mir vorstellen, welche Angst das arme Mädchen ausgestanden hat und wie entsetzlich es für sie war, als ihre Eltern umgebracht wurden.« Hundert Apachen? Die Gedanken wirbelten in Haggertys Schädel, das war die Zahl, die Cochise an Kriegern aufbringen konnte. Er trieb sich tief im südlichen Grenzgebiet herum, während Truppen von Tubac zum Apachen-Paß unterwegs waren. Und die Besatzung von Fort Thomas sollte nun auch noch geteilt werden… »Er ist ein Halunke«, stieß John heftig hervor, »ein durchtriebener stinkender Chiricahua-Geier. Marley«, er faßte den Marshal hart an der Schulter, »wären Sie fit genug, mit mir nach Tombstone zu reiten? Ich möchte an Ort und Stelle erfahren, was geschehen ist.« »Sicher, John.« »Glauben Sie den Worten eines verwirrten Mädchens?« Colonel Higgins schüttelte verblüfft den Kopf. »Ich glaube noch viel mehr, Colonel«, rief Haggerty hitzig, »mein Gott, wie recht Sie doch hatten. Cochise hatte nie die Absicht, Fort Buchanan und Fort Apache anzugreifen. Er denkt wie ein Weißer und wußte, daß die mir zugespielten Informationen die halbe Armee in Bewegung setzen würden. Cochise hat die Brandfackel des Aufruhrs gesetzt. Blasen Sie den Alarm ab, Colonel, und schicken Sie einen Melder nach Norden. Die Truppenbewegungen nach Fort Buchanan müssen schnellstens gestoppt und ins Grenzland umgeleitet werden.« »Können Sie das vor dem kommandierenden General verantworten?« Higgins schien über Johns Anweisungen befremdet.
John Haggerty biß sich auf die Unterlippe. »Ich werde es vor General Howard verantworten. Kommen Sie, Marley!« John Haggerty war voller Unruhe. Er wußte, Critten hatte eine wichtige Nachricht für ihn. Hoffentlich kam er nicht zu spät. * Staub und Trümmer, das war von Huskins Ranch geblieben. Ted Wopper führte sein Pferd im Kreis, während seine Begleiter aus dem Sattel stiegen und zwischen den Trümmern nach möglichen Überlebenden zu suchen begannen. Es dauerte fast eine Stunde, ehe er am Brunnen hielt. »Tausend Hufspuren. Es ist wie auf Lynns Farm«, sagte er wütend, »hier haben wenigstens hundert Apachen gehaust.« Wyatt Earp kletterte über die Trümmer und kam heran. »Das Haus ist förmlich explodiert. Das erklärt auch den Feuerball, den wir in der Nacht gesehen haben. Die Apachen haben irgendwo Sprengstoff erbeutet und machen nun ein Feuerwerk nach dem anderen damit«, der junge Mann lachte trocken. »Die Apachen werden zivilisiert und bedienen sich der Erkenntnisse der Armee. Wir sollten lieber verschwinden«, unmerklich deutete der Sprecher zum nahen Hügel. Als Wopper sich umwandte, sah er für kurze Augenblicke die Rothaut, die blitzschnell im filzigen Gesträuch untertauchte. Wopper war ein erfahrener Indianerkämpfer, der schon im letzten Jahr in Captain Freemans Kommando Apachen gejagt hatte. Er kannte ihre heimtückische Kampfesart, aber das hier war ihm neu. »Der Bronco wird nicht allein sein, macht euch fertig, wir verschwinden, so schnell es geht.« Seine Begleiter nickten. Sie fühlten, daß der Teufel Cochise ihnen im Nacken saß. Die Vielzahl der Spuren beunruhigte die Männer sehr.
Wyatt Earp nahm seine Feldflasche und beugte sich über den durch die Explosion teilweise zerstörten Brunnenkranz. Ihm war plötzlich, als höre er eine weinerliche Kinderstimme. »Still«, rief er über die Schulter, beugte sich erneut über den Brunnenrand und lauschte angespannt. Nun hörte er deutlich schluchzende, wimmernde Stimmen, die aus der Tiefe zu kommen schienen. Er richtete sich auf. »Dort unten steckt ein Kind«, rief er überrascht. Many Slop, erfahren in Indianerkämpfen wie Wopper, deutete zum Hügel. »Jetzt sind schon vier dort oben. Die roten Bastarde vermehren sich wie Ratten. Noch hätten wir eine Chance, zu entkommen. Wir sollten reiten.« Aber Earp hing bereits am Zugseil und hangelte sich fünf Fuß tief in den Brunnen hinab. Er sah den flachen, versteckten Spalt im Gestein. »Hallo«, rief er vorsichtig hinunter, »Junge, wo steckst du?« Keine Antwort. Er pendelte am Seil in die Öffnung, fand festen Boden unter den Füßen und ließ das Seil fahren. Die Öffnung war brusthoch und führte in die Dunkelheit. Gepreßte Laute hallten ihm entgegen, so, als ob jemand einen Menschen am Sprechen hindern wolle. »Hallo«, rief Wyatt noch einmal, »mach dich bemerkbar, Junge, ich will dir doch nur helfen!« Da war ihm, als streife ein Gegenstand seine Schulter. Instinktiv faßte er zu und erwischte einen Arm. Im Nachtasten umfaßte seine Faust eine kräftige Hüfte. Ein Mensch, der sich unter seinem Griff wand. Im gleichen Augenblick fuhr ihm ein Stahl glühend heiß in die Schulter. Wildes Keuchen begleitete seinen Schmerz. Fäuste schlugen nach seinem Gesicht. Nun wimmerten ängstlich zwei Kinderstimmen. »Verdammter Bastard«, schrie Wyatt Earp wütend. Er schlug mit den Fäusten in die Dunkelheit, bis er auf Widerstand stieß.
Sein Angreifer löste sich, und er hörte ein Geräusch, als sei jemand gefallen. »Earp, wo steckst du?« kam es hohl, doch ungeduldig aus der Brunnenröhre. Wyatt Earp riß an der Stiefelsohle ein Zündholz an. Vor seinen Füßen, lang ausgestreckt, lag eine Frau und rührte sich nicht. Im Hintergrund drängten sich zwei verängstigte Kinder mit entsetzten Augen an die Trümmer des Tunnels. Earp sprach ruhig auf sie ein. Aber sie schrien unablässig, als stünden sie unter einem Schock. Huskins Kinder, dachte er, das können nur Huskins Kinder sein. Er leuchtete die Decke ab, und ehe das Zündholz verlöschte, sah er die Umrisse einer Bohlenluke, durch die man nach oben kommen mußte. Er stemmte sich hoch und drückte die Schulter kräftig gegen die Luke. Er hörte von draußen dumpfe Flüche. »Wopper! Slop!« schrie er wütend und rüttelte heftig an dem Holz, »irgendwo ist hier ein Ausgang. Verdammt, packt endlich zu!« Wopper und Slop schienen seinen Ruf zu hören, denn es rumpelte eine Weile über ihm, als räumten sie Holzscheite beiseite. Als Earp schließlich noch einmal alle Kraft zusammennahm und sich gegen die Luke preßte, flog sie zurück, und mattes Licht fiel herab in den Tunnel. Earp schaute in die verblüfften Gesichter seiner Begleiter. »Was bedeutet das?« fragte Wopper. Sein Gesicht drückte maßlose Verwunderung aus. »Ich habe Huskins Frau gefunden und seine Kinder. Helft mir mal!« Earp packte die reglose Gestalt der Frau und richtete sie auf. Hilfreiche Hände zogen Abigail aus dem Stollen. Die Kinder wehrten sich noch immer heftig. Aber nach fünf Minuten standen auch sie im Freien. Abigail Huskin war aufgewacht. Verstört starrte sie auf die Fremden, die sie umstanden. Ängstlich riß die Frau ihre
verarbeiteten Hände vor das Gesicht. »Nein«, stammelte sie hilflos. »Nein, tötet mich nicht… Nein…« »Sie ist vor Angst verrückt geworden«, sagte Wopper erschüttert. »Es ist der Schock. Vielleicht erholt sie sich wieder.« »Es sind jetzt sechs Broncos auf dem Hügel«, fluchte Many Slop, »wollt ihr auf den Rest warten?« Ted Wopper hatte sich aufgerichtet. Er sah die Burschen auf dem Hang Die Sonne umspielte ihre nackten dunklen Körper. An ihren Lanzen wehte Federschmuck. Sie trugen geflochtene Haarzöpfe und farbige Streifen im Gesicht. Aber auch ohne diese Wahrnehmung wußte Wopper, die Apachen waren auf dem Kriegspfad. »Earp, du nimmst die Frau zu dir aufs Pferd. Slop und Holten, jeder eines der Kinder«, bestimmte er. »Ihr reitet schnurgerade auf den Kegelfelsen zu. Slim, John und ich werden uns um die Bastarde kümmern.« »Willst du sie angreifen? Vielleicht lauert hinter dem Hügel die gesamte Brut«, fluchte Slop, nahm eines der Kinder auf den Arm und schwang sich in den Sattel. »Wenn es so wäre, hätten wir längst unseren Skalp verloren«, grollte Wopper, »es ist ihre Nachhut. Der Teufel mag wissen, für welchen Zweck sie zurückgeblieben sind.« Er und John David hoben Abigail Huskin vor Earp in den Sattel und bestiegen dann selbst ihre Pferde. »Reitet wie die Teufel, Jungs, und kümmert euch nicht um uns. Los jetzt!« Fast gleichzeitig setzten sie ihre Pferde in Bewegung. Während Slop, Holten und Earp ihre Praints in östlicher Richtung davonsprengen ließen, griffen Wopper und seine Begleiter die Nachhut der Apachen an. Sie führten ihre Pferde mit den Schenkeln und hielten ihre schweren Revolver in der Faust. Trotz der beträchtlichen Entfernung eröffneten sie das Feuer. Die Apachen wandten sich sofort zur Flucht, verstreuten sich
in verschiedene Richtungen. Dennoch erwischte Ted Wopper einen der Teufel und skalpierte ihn. »Es wird mir eine Genugtuung sein, seinen Skalp eine Weile herumzutragen«, sagte Wopper, als er den Haarschopf ans Sattelhorn hängte, »und ich hoffe, es werden einige hinzukommen.« Drohend blickte Wopper hinter den flüchtenden Apachen her, die wie feige Kojoten, nicht eines Kriegers würdig, weit auseinanderstrebend in südlicher Richtung flohen. Irgendwo dort, erinnerte sich Ted Wopper, nahe dem Whitewaiter, lag eine kleine Mormonen-Siedlung… »Reiten wir nach Hause. Der Captain wartet auf unseren Bericht«, bestimmte er und warf zornig seinen Braunen herum. * »Hey«, grüßte John Haggerty, als er das Krankenzimmer betrat. Er sah das junge hübsche Ding mit den großen blauen Augen am Krankenlager und dachte, es ist Mary Lynn, die sich um Sam Critten kümmert. Ein offenes Gesicht, ein starker Charakter, der den eigenen Schmerz, den Verlust ihrer Familie, tapfer zu verbergen wußte. Bleich, mit eingefallenen Zügen, lag Sam Critten im weißen Linnen. Er versuchte den Oberkörper anzuheben, als er den Freund erkannte, doch Mary Lynn drängte ihn behutsam, fast zärtlich, wieder nieder. »Sie dürfen sich nicht bewegen, Sam«, sagte sie leise, »der Doc hat es Ihnen verboten. Vor allen Dingen dürfte Aufregung Gift für Ihre Genesung sein.« Ein mißmutiger Blick ihrer Augen traf den Fremden, der leise näher getreten war. »Wenn er Ihr Freund ist, schonen Sie ihn mit Fragen und verschwinden Sie.« Gern, dachte John, aber es ging hier nicht um ein Menschenleben, sondern um mehr, denn was er in den wenigen
Minuten nach seiner Ankunft in Tombstone erfahren hatte, war nicht gerade ermutigend. Marshal Marley war deshalb auch gleich in Captain Freemans Camp geritten. »Hallo, Junge«, sagte John ruhig. »Du machst mir Sorgen. Da glaubte ich, dich sicher in den Bergen zu wissen – und nun das hier… Du machst vielleicht Sachen.« »Cochise –«, murmelte Sam Critten schwach. »Ich weiß es bereits, Sam«, John zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ans Krankenlager, trotz Mary Lynns abweisender Geste. »Wollen Sie sich hier häuslich niederlassen, Mister?« rief Mary Lynn mißmutig. Es lag echte Sorge um Sam in ihrer Stimme. John lächelte. »Nur solange es nötig ist, Miß«, erwiderte er. Er beugte sich über den Verletzten. »Der Häuptling hat uns aufs Kreuz gelegt, Sam. Und ich bin wie ein Greenhorn darauf hereingefallen. Er kämpft nicht gegen das Militär, weil er trotz seiner Stärke nicht mächtig genug ist, sich mit der Armee einzulassen.« Sam nickte schwach. »Er lockt unsere Blauröcke nach Norden, um im Süden freie Jagdbahn zu haben. Sein Terror richtet sich gegen die Siedler.« »Er hat den Schwachpunkt im Besiedlungswesen des Territoriums erkannt. Die ständig wachsende Siedlerzahl in Arizona war Cochise schon immer ein Dorn im Auge. Mit seinem mörderischen und brandschatzenden Sturmlauf durch sein Land will er sich von dieser Geißel befreien. Seine Grausamkeiten sind gezielt und haben nur einen Sinn, er hofft, dadurch die Siedler zu erschrecken und zu vertreiben. Wir müssen dieser Situation ins Auge schauen. Wie viele Krieger sind Cochise aus den Bergen gefolgt?« »Etwa achtzig«, beantwortete Critten mit schwacher Stimme Johns Frage. Er dachte an den unerbittlichen Kampf mit den vier Apachen, die ihm diese schreckliche Wunde beigebracht
hatten, die ihn nun aufs Krankenlager zwang. »Weitere vierzig Apachen stießen bei der versteckten Quelle am Fuße der Mountains zu ihn.« »Begleitet Victorio ihn?« Sam Critten nickte kaum merklich. »Auch Nana und Ulzana.« »Also Chiricahuas und Mimbrenjos. Womöglich wird er noch Verstärkung durch die Aravaipas bekommen.« John dachte an Eskaminzin, dessen Sippen im Süden Arizonas verwurzelt waren und als Freunde der Chiricahuas galten. Er erkannte, daß Sam ziemlich erschöpft war. »Es kommen bald Truppen aus Fort Thomas, Sam. Sie sind als Schutz für die Stadt bestimmt. Wenn ich Cochise aufgespürt habe, werden sie die Verfolgung aufnehmen.« Sams Lippen zuckten, aber er brachte kein Wort heraus. John verstand ihn auch so. »Mach dir keine Gedanken um Colonel Higgins, Sam. Er weiß, daß du General Howard unterstellt bist. Für deine eigene Angelegenheit werden wir sicher eine Lösung finden.« John erhob sich. Er sah Mary Lynns erleichtertes Lächeln. »Sorgen Sie gut für ihn, Miß. Sam ist ein prächtiger Junge.« Dabei übersah er Mary Lynns Erröten, das ihm zeigte, wie es um sie stand. Er verabschiedete sich. Auf dem Flur hörte John eine erregte Frauenstimme, die aus einem der Nebenzimmer kam. Als er an der offenstehenden Tür vorbeischritt, beschäftigte sich der Doc mit einer Frau, die mit verstörtem Blick reglos auf einem Stuhl saß. Einige Frauen kümmerten sich um zwei kleine Kinder. Das ist Mrs. Huskin, dachte er zornig, die Bestien haben ihr Leben zerstört. Er verließ das Haus, bestieg seinen Wallach und ritt die Straße hoch zu Freemans Camp. Er mochte Freeman nicht, der für seine Spontanität bekannt war. Aber was bedeuteten schon
persönliche Gefühle, wenn es um Menschenleben ging? Captain Freeman hatte eine stattliche Macht von weit über hundertfünfzig kräftigen, kampferprobten Burschen in seinem Frontier Bataillon vereint. Er stand auf der Plattform eines Wagens und hielt eine feurige Rede. »Wieder einmal ist der rote Teufel aus seinem Rattenloch gekrochen. Und wieder einmal hallt sein Kriegsgeschrei durch das Land. Das Blut unserer weißen Freunde tränkt die Erde. Die Flüsse färben sich rot unter den Lanzen und Streitäxten der Unmenschen. Ihr Blut schreit nach Rache. Wir werden Cochises Herausforderung annehmen und die roten Teufel durch das Land hetzen, bis der letzte Apache getötet ist…« Wildes Hurrageschrei aus fast hundertfünfzig Kehlen folgte seinem Aufruf, und einige schossen begeistert mit ihren Karabinern in die Luft. John lächelte verächtlich, während er sein Pferd zu dem Schuppen lenkte, wo er den jungen Weggefährten weniger Tage entdeckte. Ihre Begeisterung wird bei der ersten Konfrontation eine kalte Dusche erhalten, dachte er, und sie werden sehr nüchtern dem Tod in die Augen sehen. Er erreichte den Schuppen und stieg vom Gaul. Wyatt Earp maß ihn mit wütendem Blick, denn die Erinnerung an ihre letzte Begegnung war noch nicht verblaßt. »Daß Sie sich noch in meine Nähe trauen, Scout!« knurrte er, und John sah, daß Earp ein offenes Holster trug. »Wir ziehen am selben Strick, junger Freund«, sagte John gelassen. »Sie sehen an der Entwicklung der Dinge, daß ich es damals wirklich eilig hatte, ins Hauptquartier zu kommen. Ich hoffe, Sie verzeihen mir den langen Fußweg nach Tombstone, Wyatt.« »Ich darf nicht daran denken, dann kommt mir das letzte Essen hoch«, fluchte der junge Earp wütend. »Aber Sie haben es überstanden«, meinte John lachend und deutete auf die kleine Gruppe, die aufmerksam Freemans
feurigen Reden folgte, »und leben nun in friedlicher Koexistenz mit Chuck Dyamond und Konsorten. Mir scheint, aus Gaunern werden Patrioten.« Wyatt war Johns Blick gefolgt. Seine Miene verfinsterte sich. »Dyamond hofft auf reiche Kriegsbeute, die der Captain den Leuten verspricht, und sinnt auf eine Gelegenheit, mit mir abzurechnen. Er behauptet, ich habe noch ein paar seiner Freunde auf dem Gewissen. Darunter seinen besten Freund Barabas.« Barabas, erinnerte sich John, das war der Bursche, den der verbrecherische Händler Sinclair mit seinem Donnerrohr getötet hatte. »Ich schätze Sie als cleveren Burschen ein, Wyatt, der ihnen nie den Rücken zeigt«, sagte John lachend. Freeman hatte seine Rede beendet, die Männer eilten zu ihren Pferden. Captain Freeman stieg vom Wagen herunter und näherte sich John, dessen Ankunft ihm nicht entgangen war. »General Howards beste Spürnase«, sagte Freeman ironisch, als er vor John stand. »Was könnte uns noch passieren? Sie wittern Cochise, noch ehe wir seine Fährte sehen. Sie wollen uns begleiten, Mr. Haggerty?« Freeman stemmte herausfordernd die Fäuste in die Hüften. Sein Gesicht offenbarte, wie wenig er den Scout mochte. »Das kommt auf die Entwicklung an, Captain«, erwiderte John ausweichend. Er betrachtete den rüden Haufen, den Freeman für seine Armee gewonnen hatte. Satteltramps und Strauchdiebe, die sich gewiß vor dem Gesetz verbergen mußten. Hasadeure und Glücksspieler. Ein Haufen arbeitsloser blutjunger Cowboys, die die Not zur Tugend machten. So war Freeman auch im letzten Jahr ausgezogen und hatte von Apachen eine blutige Abfuhr bezogen. »Wir reiten zum Whiteriver«, erwiderte Freeman bestimmt, »von Huskins Bonanza führt Cochises breite Spur in diese Richtung zum Fluß. Also, wie steht's, Scout? Wollen Sie uns
begleiten?« Es schien John, als könnte Freeman einen guten Fährtenleser brauchen. »Ich will es mir überlegen«, erwiderte er ausweichend und wandte sein Pferd. »Wyatt«, sagte er im Vorbeireiten zu dem jungen Burschen, »wenn es zu brenzlig riecht, machen Sie sich rechtzeitig aus dem Staub. Cochise ist gefährlich wie eine Sandviper.« Er erreichte das Tor und trabte die Straße hinunter, um sich in Tumbers Drugstore mit Vorräten einzudecken. * An einem trüben Abend erreichte der Jefe den träge fließenden Fluß. Er spürte den aufkommenden Wüstensturm, der den Himmel verdunkelte und mit gewaltigem Brausen die Gila abwärts nach Süden zog. Er führte seine Kriegsmannschaft zwischen hohem Mescal und der Mauer aus Organos, die den wuchtigen Aufprall des Sturmes dämpfen sollten. Er befahl, Pferden und Begleittieren Beinfesseln anzulegen, damit die Tiere im Sturm nicht blindwütig davonrennen konnten. Cochise bestimmte trotz des heranrückenden Unwetters zwei Späher, den Flußlauf nach der fremden Ansiedlung abzusuchen. Dann rief er seine Unterhäuptlinge. Sie saßen lange schweigend im Kreise und lauschten dröhnendem Lärm, der einem Tornado gleich die heißen Winde des Blue Northern nach Süden trieb. Nichts schien sie zu erregen, als der Sturm mit mächtigem Brausen über ihre Häupter hinwegfegte, Staub und Sand wie Peitschenhiebe ihre Körper trafen, und, Büsche und Bäume ausreißend, über den Fluß zog. Es waren die mächtigen Stimmen ihrer Götter, die sie begleiteten, und sie wußten, daß sie den rechten Weg beschritten. Als der Sturm nachließ, begann Cochise zu sprechen.
»Wir werden das Dorf niederbrennen, bis nur der schwarze Staub übrig ist. Wir werden ihre Männer töten und ihre Weiber und Kinder im Wasser des Whiteriver ertränken. Ich hoffe, ihre Klageschreie werden in die Wickiups der Weißen eindringen und sie erleuchten, daß dieses Land, von dem sie Besitz ergriffen haben, Apachenland ist, das ihnen kein Glück, sondern nur den Tod bringen wird.« »How«, sagte Victorio und gab so seine Zustimmung. Ulzana nickte nur. »Der Tod der Siedler wird unseren ärgsten Feind aus Tombstone auf den Plan rufen. Er wird uns jagen und zum Kampf stellen wollen. Wir werden uns jagen lassen und auf unsere Art kämpfen, denn in einer offenen Feldschlacht sind wir dem Weißauge unterlegen.« Cochise sah die fragenden Blicke seiner Unterhäuptlinge. Ein scharfes Lächeln umspielte seinen Mund. »Wir werden ihre Streitmacht zersplittern, indem wir unsere Gruppe teilen. Je öfter dies geschieht, je schwächer wird unser Feind, denn Täler und Berge, Sonne und Mond, Wüste und Sturm sind unsere Verbündeten und Helfer.« »How«, sagte Victorio noch einmal. »Es wird eine lange Vendetta.« Das ferne Brausen des Sturmes verstummte. Die grauen Wolken zerflossen. Strahlend standen in dem Dunkel des Zenits Mond und Sterne. Um Mitternacht, sie saßen noch immer beim Palaver, tauchten überraschend die beiden Späher auf. Ihre Nachrichten ließen Cochise hoffen, und er bestimmte das Morgengrauen zum Aufbruch. Mit Sonnenaufgang fielen sie in zwei Wellen in die kleine Ansiedlung am Whitewaiter ein. Die erste Welle riß die schwachen Außenbarrikaden des Dorfes nieder, die zweite Gruppe sprengte mit wildem Geheul durch die Straßen. Was ihren Weg versperrte, machten ihre Keulen und Schlagbeile
nieder. Kein Widerstand wurde ihnen entgegengesetzt. Die kräftigen Männer in dunklen langen Röcken und schwarzen steifen Hüten schützten mit ihren Körpern ihre Frauen und Kinder und gebrauchten nur ihre Fäuste, um Schaden von ihnen abzuwenden. Ein Dutzend vor ihnen lagen erschlagen am Wegrand, der Rest hatte im hohen Holzturm, ihrem Tempel, Zuflucht gefunden und die breite Eingangstür mit starken Pfosten und Bohlen verbarrikadiert. Victorio, der, die blutige Lanze schwingend, an Cochises Seite, vorbei an brennenden Hütten und Häusern ritt, schrie enttäuscht: »Was sind das für Hellaugen, Jefe? Sie nehmen ihre Fäuste als Waffen und sind feige wie Kojoten. Sie laufen wie die Hasen. Haben sie das Kämpfen verlernt?« Der Häuptling war enttäuscht, denn nichts wertete den Sieg des Apachen höher auf, als daß er erbittert darum kämpfen mußte. Aber dies war ein Stall mit aufgescheuchten Hühnern, die ihre Brut zu schützen suchten. Kein Apache würde diesen Kampf als Ruhmestat am Lagerfeuer besingen. Ein Sieg über Feiglinge zählte nicht. »Zündet ihre Häuser an und ihren Tempel«, befahl Cochise mit heiserer Stimme, und ein verächtlicher Blick streifte die getöteten Menschen auf der Straße, die sich einfach niedermetzeln ließen, ohne daß sie ihren Feinden mit der Waffe entgegentraten und sich wehrten. Während Victorio und ein halbes Dutzend Krieger, mit Fackeln bewaffnet, den Fahrweg zur Mormonen-Kapelle hochsprengten, jagte Cochise zornig am Ufer des Whitewaiters entlang zum nahen Hügel. Er hatte gegen Lämmer gekämpft. Das traf einen stolzen Apachen und versetzte ihn in Zorn. Unvermutet tauchte aus dem filzigen Gesträuch, das den Hügel bedeckte, ein Reiter auf. Groß und stark, mit hartem Gesicht und klaren Augen.
Mit wilder Bewegung riß Cochise seinen Bronco zurück, und seine Hand fuhr zur Keule am Gürtel. Als er erkannte, daß der Mann keine Waffe in der Faust trug, zog auch er die Hand zurück. »Der Falke«, rief er sichtlich überrascht. John Haggerty, der den plötzlichen Angriff der Chiricahuas aus einem Versteck erleben mußte, deutete zornig zum Mormonen-Dorf, dessen Schindeldächer der rote Hahn beleckte, und auch an den Kirchenwänden züngelten Flammen hoch. »Warum tust du das?« fragte Haggerty zornig. »Es sind redliche Bauern, die in Eintracht mit ihrem Gott leben und Gewalt nicht kennen. Sie wären bereit, die Früchte ihrer Arbeit mit den Apachen zu teilen. Weshalb also schickst du ihnen den grausamen Feuertod?« Cochise warf stolz den Kopf in den Nacken. Sein Blick streifte kühn den Falken. »Sie sind Weißaugen, die mit ihren Karawanen unser Land überschwemmen und den Apachen den Raum zum Leben nehmen. Wir haben sie nicht gerufen. Sie haben einfach von unserem Land Besitz ergriffen. Zastee, wir werden sie alle töten!« John Haggerty blickte an dem Jefe vorbei. Seine wilde Horde sprengte mit hellem Geheul um die kleine Kapelle der Mormonen herum, die wie eine Brandfackel in den Himmel wuchs. Er dachte an die Qual, die diese Menschen erleiden mußten. Frauen, Kinder, Männer, nichts wurde in diesem grausamen Krieg verschont. Sein Herz krampfte sich zusammen, weil er hilflos die Schrecken mit ansehen mußte, ohne den Menschen helfen zu können. Wie weit war General Howard doch von seiner Mission entfernt, Frieden zwischen den weißen und roten Völkern zu stiften. Krachend brach das Gebälk von Hütten und Scheunen zusammen. Die Horde sprengte nun aus der verwüsteten Oase
hinunter zum Fluß und schwenkte zum Hügel ein, auf dem sie ihren Kriegshäuptling entdeckten. »Du solltest fliehen, Falke«, sprach Cochise mahnend. »Victorio wird dich töten.« Aber John verharrte stumm im Sattel. Er sah unbewegt, wie der brennende Turm der Kapelle funkenstiebend zusammenfiel und vereinzelte Menschen als brennende Fackeln aus dem geborstenen Portal zum Fluß hinunterstürzten. Und er sah, wie Victorio und seine Mimbrenjos ihre Pferde herumrissen, und diese hilflosen Leute aufs neue attackierten, bis das klare Wasser des Whitewaiters sich rot zu färben begann. »Bist du stolz auf deinen Sieg, Jefe?« fragte Haggerty und musterte den Jefe düster. Cochise spie verächtlich in den Staub der Mesa. »Sie sind Ungeziefer, das man vernichten muß. Die Apachen haben sie nicht gerufen. Verschwinde endlich, Weißauge.« Die Horde bewegte sich nun endgültig den Hügel hinauf. Sie schwenkten langhaarige Skalps in den Fäusten und schleppten wertloses Beutegut mit. Von der anderen Seite führte eine kleinere Gruppe einige Maultiere heran, und John wußte, daß auch diese Tiere den Tag nicht überstehen würden und bald als Siegesschmaus am Spieß über dem Feuer der Apachen hängen würden. Nun, auf kürzere Distanz, erkannte Victorio seinen Feind. Er senkte die blutbefleckte Lanze, die er bisher als Siegeszeichen über dem Kopf geschwungen hatte, faßte den Schaft fester und stürmte mit infernalischem Geheul heran. Cochises Blick streifte den Falken. Schweigend hob er die Schultern. Er hatte keinen Einfluß mehr auf die Geschehnisse, die unausweichlich kamen. * Der Scout sah den wilden, leidenschaftlichen Blick Victorios.
Fast reglos saß er im Sattel, so, als erwarte er den Todesstoß. Als der Mimbrenjo ihn fast erreicht hatte, stieß er dem Wallach den Stiefelsporn in die Flanke, worauf das Tier mit einem Satz zur Seite auswich. Victorios gezielter Lanzenstoß fuhr ins Leere. Doch Johns Fäuste flogen schon. Sie erwischten den vorderen Teil des Lanzenschaftes. Kraftvoll stemmte John den Körper hoch, und für den Bruchteil einer Sekunde hing Victorio frei in der Luft. Ungestüm jagte sein Bronco davon. Ein wilder Aufschrei tiefster Enttäuschung wehte über die Plains, als Victorio nun zu Boden stürzte. John schleuderte die Lanze Cochise vor die Füße, fuhr behend aus dem Sattel, und als der Mimbrenjo taumelnd auf die Beine kam, schlug er kräftig zu. Zwei-, dreimal fuhren seine Fäuste in Victorios buntgestreifte Visage und in den nackten Leib. Grenzenloser Zorn hatte den Scout ergriffen. Er dachte an die armen Menschen dort unten, deren Leben erloschen war, und an die Sinnlosigkeit, mit der sie gestorben waren. Victorio ging abermals zu Boden. Aber er war stark und schnell wie ein junger Puma. Er rollte seitwärts aus, federte hoch, und in der Faust blitzte sein Jagdmesser. Ein weiter Kreis hatte sich um die Kämpfenden gebildet, und John wußte, diesen Wall konnte er nur durchbrechen, wenn er Victorio besiegte. Und plötzlich kämpfte John um sein Leben. Er griff zum Messer. Der Mimbrenjo sprang wie ein von der Sehne schnellender Pfeil durch die Luft. Seine Beine waren gegrätscht, das Messer glänzte in der Sonne. Blitzschnell zuckte die Klinge nieder, prallte mit schrillem Diskant an Johns breitem Bowie ab. Seine Stiefel zuckten vor, trafen mit empfindlicher Härte Johns Brustkorb und brachten den kräftigen Mann zu Fall. Instinktiv schnellten Johns Hände vor, als er den Aufprall von Victorios Körper spürte, der nun rittlings auf ihm saß und versuchte, die Schneide seines
Jagdmessers dem verhaßten Falken in die Kehle zu stoßen. John erwischte Old Vics kräftiges Handgelenk. Ein Aufbäumen seines Körpers, zugleich eine überraschende Drehung, lockerte Victorios Beinklammer. Aneinandergeklammert, jeder seinen Vorteil suchend, rollten sie den Hang hinunter. Die Mauer aus Reitern wich den Kämpfenden aus, um ihnen den nötigen Spielraum zu lassen und sie nicht zu behindern. Mit unbeweglicher Miene verfolgte Cochise die tödliche Auseinandersetzung, und er dachte, Victorio wird das einzige Hellauge töten, dem er einmal Vertrauen geschenkt hatte. Ein Knäuel, Arme und Beine in ständiger Bewegung, so suchten die verbissen streitenden Männer den Kampf für sich zu entscheiden. Mal gelang es John, leichte Vorteile zu erringen, mal war es der Mimbrenjo, dessen wildes Geheul das einzige war, was die Stille unterbrach. Sie erreichten das flache Ufer des Whitewaiter Rivers, tauchten ins dahinfließende Wasser, das unter ihren Schlägen aufspritzte. Längst waren ihre Waffen den Fäusten entglitten. Sie suchten die Entscheidung in der Muskelkraft ihrer Körper. Auf und ab wogte die tödliche Auseinandersetzung. Mitunter waren sie unter der Wasseroberfläche verschwunden. Nur der weiße hochpeitschende Gischtschaum des Wassers ließ erkennen, daß die Entscheidung noch nicht gefallen war. Ulzana trieb sein Pony an Cochises Seite. Stumm deutete er nach Osten, wo in der Mesa eine mächtige braune Staubfackel stand. Der Jefe nickte schweigend und folgte, reglos auf dem gescheckten Pony sitzend, der Auseinandersetzung im Creek. Die Bewegungen der Kämpfer waren müde geworden, ihre Kraft schien zu erlahmen. John Haggerty stand taumelnd in den Fluten. Mit verzweifelten, schwerfällig gewordenen Bewegungen drückte er Victorios Körper unter Wasser, bis dessen wilde Bewegungen allmählich nachließen.
Nun, da der Kampf zu Ende war, zerrte John die schlaffe Gestalt des Häuptlings ans seichte Ufer, packte dessen Wüstenstiefel und schleifte die leblose Gestalt den Hügel hinauf, in den stummen Kreis zurückweichender Apachen. Keuchend, aus mehreren Stichwunden blutend, ließ John den geschlagenen Gegner vor Cochise in den Sand fallen. Der Häuptling blickte starr auf die reglose Gestalt. Keinen seiner Gedanken verratend, schaute er in Victorios Gesicht und sagte ungerührt: »Er ist dein Feind, Falke, warum tötest du ihn nicht?« Dies waren ungeschriebene Gesetze der Apachen, der Comanchen, der Kiowas, und John wußte, wenn er Victorios Lanze aufnähme und damit den Körper des Häuptlings durchbohrte, würde der Kreis der Krieger sich öffnen und der Weg war frei. Niemand würde ihn daran hindern zu gehen. »Sein Leben für dein Wort, Cochise. Für dein Wort, daß du in deine Bergfestung zurückkehrst und auf ein Zeichen des Generals wartest. Er ist noch immer bereit, über die Friedensbedingungen unserer Völker zu verhandeln«, sagte Haggerty hart. Der Jefe saß reglos auf seinem Bronco. Er dachte an die dunkle Staubwolke, die durch die Mesa zog, und wußte, dort kam sein ärgster Feind aus Tombstone. Der Mann, dessen Haß unsagbares Leid in ihre Dörfer getragen hatte. Er, Cochise, hatte Freeman herausgefordert, der Captain hatte diese Herausforderung angenommen. Er würde ihm blindwütig folgen. »Ein Apache wird dir nie für sein Leben danken, Falke. Victorio wird dich bei der nächsten Gelegenheit töten, weil du sein Selbstbewußtsein und seinen Stolz getroffen hast. Das vergißt er dir nie.« »Ich will es trotzdem darauf ankommen lassen, Häuptling.« John hob stolz den Kopf in den Nacken.
»So soll es denn sein«, erwiderte Cochise listig und verschlagen, so wie er es von seinen Ahnen ererbt hatte. Er würde in die Dragoons zurückkehren und eine Spur hinterlassen, die Freemans wilde Reiter nicht übersehen konnten. »Du hast mein Wort, Falke.« Cochise hob den Arm und gab einige Zeichen. Ulzana trat neben den Bewußtlosen Victorio, einer der Krieger führte dessen Pony heran. Gemeinsam legten sie den Bewußtlosen über den Pferderücken. Ulzana schwang sich auf seinen Gaul und erfaßte die Zügel des Gescheckten. Die Krieger formierten sich und sprengten in nordöstlicher Richtung davonjagten durch das Hügelland zu den fernen dunklen Schatten des Bergmassivs am Horizont, den Dragoon Mountains. Erst nun, da die Reiter in einer Staubwolke verschwunden waren, spürte Haggerty aufkommende Schwäche. Feurige Kreise tanzten vor seinen Augen, taumelnd sank er zu Boden. Einen Augenblick lang dachte John hoffnungsvoll, daß sich vielleicht die Dinge doch noch zum Guten wenden konnten. Dann wurde es dunkel um ihn. * Als John Haggerty die Augen aufschlug, sah er Freemans verwaschene Uniform und hörte vom niedergebrannten Dorf erregte Rufe. Dem Stand der Sonne nach mußte er mindestens drei Stunden ohne Bewußtsein im Gras gelegen haben. Freeman flößte John einige Tropfen lauwarmen Wassers ein, die den Scout endgültig in die Gegenwart zurückbrachten. John versuchte sich aufzurichten, doch Freeman meinte: »Bleiben Sie liegen, Mister Haggerty. Ich weiß, daß wir zu spät gekommen sind. Die Satansbrut wird uns nicht entwischen. Meine Späher sind ihnen schon auf den Fersen. Wir wollen nur das, was von den armen Leuten geblieben ist, nach Christenart
begraben, dann brechen wir auf.« Captain Freeman erhob sich. Er blickte drohend nach Nordosten und bestieg sein Pferd, um ins zerstörte Dorf hinunterzureiten. John lag mit geschlossenen Augen und zerschundenem Körper auf dem Rücken. Er dachte an Cochises Wort und fühlte das trockene Blut am Leder seines Chaparajos, das bei seinem Kampfe mit Victorio in Fetzen gegangen war. Freeman hatte ihn verarztet. Er hoffte, Cochise würde sein Wort halten und in die Berge zurückkehren. Die Dragoon Mountains waren ja die einzige sichere Zuflucht der Apachen geblieben. Wie aber würde der Jefe reagieren, wenn er bemerkte, daß ihn die Miliz aus Tombstone auf den Fersen saß, Cochises Todfeinde? Nur langsam spürte John Haggerty, wie die alte Spannkraft in seinen Körper zurückkehrte. Als der Captain mit seinem mächtigen Milizheer den Hügel hochtrabte, stand John wankend auf den Beinen. Auf den ersten Blick erkannte Haggerty, daß die Abteilung mit Waffen vorzüglich ausgerüstet war. Vorräte und Munition auf den Packpferden ließen ihn erkennen, daß Freeman sich für die lange Jagd gewissenhaft vorbereitet hatte. Als nun die Gruppe herankam und Freeman Johns Wallach mitführte, sah John ein Dutzend bekannter Gesichter aus Tombstone. Doch das Gros seiner Mannschaft war ihm fremd. »Steigen Sie auf, Mr. Haggerty«, sagte Freeman und warf John die Zügel zu. »Es ist vielleicht besser, wenn Sie mich begleiten. Was meinen Sie?« John nickte schweigend. Der Kampf mit Victorio saß ihm noch in den Knochen. Schwerfällig stieg er in die Bügel. Sie ritten eine Weile auf der breiten Fährte, die Cochise hinterlassen hatte, ehe John sich Captain Freeman zuwandte. Er berichtete von seiner Begegnung mit Cochise und dem Zweikampf, den Victorio ihn aufgezwungen hatte. Freeman
blickte erstaunt auf den Sprecher, als John erwähnte, daß er Victorios Leben geschont hatte, um Cochise seine Bereitschaft zu Verhandlungen zu demonstrieren. »Sie sind ein Narr, Haggerty«, erwiderte Freeman unmutig, »Sie kennen die ungeschriebenen Gesetze der Apachen. Cochise hätte Ihnen die Freiheit geschenkt, auch wenn Sie den Mimbrenjo-Häuptling getötet hätten. Cochises Wort ist das Wort eines Kojoten. Er hält sich niemals an sein Versprechen.« »Die Apachen ziehen in ihre Festung«, bemerkte John. »Wohin sie auch ziehen, wir werden das Gesindel erwischen und so behandeln, wie sie es mit den armen Leuten im Dorf getan haben.« John lächelte schwach. Er konnte Freemans Zorn verstehen. Aber wenn Cochise erst in die Dragoons eingedrungen war, gab es niemand, der die Chiricahuas und Mimbrenjos aufspüren konnte. Die Dragoon und die Chiricahua Mountains waren ihre Heimat. Die letzte Bastion, die sie beherrschten. John schwieg. Aber er spürte, daß Freeman das Jagdfieber gepackt hatte, denn Freeman forcierte das Tempo. Als die Nacht anbrach, waren sie kaum zwölf Meilen vom Mormonen-Dorf entfernt. Auch seine ausgesandten Späher waren noch nicht zurück. »Die Jungs bleiben am Ball«, meinte der Captain zuversichtlich und wählte einen geschützten Talkessel als Nachtlager. Die Nähe der Apachen machte den alten Armeefuchs vorsichtig. Er ließ gleich vier Doppelposten aufziehen, die stündlich abgelöst wurden. Feuer vermied er, um den Standort seiner Truppe nicht zu verraten, Mit den ersten Sonnenstrahlen, die über die mächtigen Peaks der Dragoon Mountains ins Tal fielen, saßen sie bereits wieder im Sattel. Gegen Mittag sah John einige kreisende Geier am Himmel, und einer Ahnung folgend, trieb er sein Pferd in ihre Richtung. Auch Freeman hatte die dunklen Schatten bemerkt.
»Folgen«, rief er seinen Leuten zu und sprengte hinter dem Scout her. Nachdem sie drei Hügel überschritten hatten, erreichte Freeman Haggerty, der vom Pferd gestiegen war und den Stetson in der Faust drehte. Er hatte Freemans ausgesandte Späher gefunden. Freeman galt als hartgesottener Mann, der Höhen und Tiefen eines Krieges kannte. Doch er schauderte, als er die nackten, gepflockten Männer seiner Vorhut wiedererkannte, die, von einem halben Dutzend Lanzenstichen und Pfeilen durchbohrt, ermordet im Sand lagen. Auf ihren Leibern brannte noch das Feuer aus glimmendem Hanf. Die Haarschöpfe hatte man den Toten vom Kopf gerissen. Sie hingen an den Schäften der Lanzen, die Cochise als mahnende Zeichen in die Erde gestoßen hatte. »Glauben Sie noch immer daran, daß Cochise den Frieden will, Mr. Haggerty?« stieß der Captain hervor. John schwieg. Er begann das Feuer zu löschen und schnitt die Lederbänder von den Gelenken der Toten. Er legte sie dicht nebeneinander, löste den Klappspaten vom Sattel und begann, die entstellten Körper mit Sand zu bedecken. Als das Gros der Truppe eintraf, legte er gerade grobe Steinbrocken auf den Sandhügel. »Ich will ihnen den Anblick ersparen, Captain«, sagte John und schwang sich auf seinen Wallach. Freeman nickte und murmelte ein Dankeschön. »Sie sollten seine Warnung ernst nehmen und umkehren, Captain Freeman. Cochise will nicht den Kampf, sondern freien Abzug in die Berge.« Und er dachte, daß Cochises Grausamkeiten genügend Wirbel machten, daß die Regierung sicher bereit war, ihm mehr Zugeständnisse zu machen. Vielleicht war dies auch der Zweck seines Raubzuges. Freeman stieg steil im Sattel hoch. »Sie vergessen die Leute auf Lynns Farm, die Toten auf Huskins Bonanza und die
Mormonen-Siedler am Fluß. Glauben Sie, ich könnte meine Leute zur Umkehr bewegen?« John blickte den Hügel hoch, wo sich Freemans Frontier Bataillon drängte. In ihren Gesichtern las er, daß sie ahnten, was mit der Patrouille geschehen war. Es waren kalte, wilde und verschlagene Gesichter. Raufbolde, Abenteurer, Halunken und Revolverhelden, und es wunderte John, woher Freeman die Stärke nahm, diesen Dreckshaufen zusammenzuhalten. »Sie sind gewarnt, Captain Freeman«, sagte er hart und wandte sein Pferd. Noch immer glaubte er an Cochises gegebenes Wort. Er folgte seiner Spur bis zum Mittag, dann teilte sich die Fährte. Die Rothäute waren in zwei Gruppen weitergeritten. Unübersehbar selbst für ein unterfahrenes Auge. Eine Gruppe Apachen ritt in der gleichen Richtung wie am Vortag, die zweite Gruppe hatte sich nach Norden gewandt, wo irgendwo im zerklüfteten Felsland der Pedro River floß. Ein wilder, undurchsichtiger Landstrich. John wurde mißtrauisch. Er konnte nicht glauben, daß Cochise seine Streitmacht ohne Grund in zwei Gruppen aufteilte. Irgendeinen Grund gab es dafür, denn Cochise schwächte nicht aus einer Laune heraus seine Kampfstärke. Er blickte den Weg zurück. Freemans Bataillon war keine zwei Meilen entfernt. Er sah die Staubwolke, die seine Truppe hinterließ. John beschloß zu warten, denn er war plötzlich selbst unsicher geworden über Cochises wahre Absichten. Captain Freeman ritt seiner Truppe weit voraus. Als er den wartenden Scout entdeckte, spornte er sein Pferd an und trabte näher. Er zügelte seinen Gaul. John deutete auf die Spur, die schnurgerade nach Norden führte. Vergeblich hatte er versucht, sich mit Cochises Gedanken vertraut zu machen. »Was halten Sie davon, Sir«, fragte er mißtrauisch.
»Es sieht nach Flucht aus«, antwortete Freeman im Brustton tiefster Überzeugung. »Die zweite Fährte hat Cochise gelegt, um uns zu verwirren.« »Könnte sie nicht auch in einen Hinterhalt führen? Könnte es nicht sein, daß Cochise hofft, daß Sie Ihre Miliz teilen?« »Er hat seine Streitmacht auch geteilt. Warum sollte ich es nicht ebenfalls tun? Wir sind ihnen in jedem Fall überlegen.« Freeman wandte sich im Sattel um und rief seinen Adjudanten Wopper. »Sie nehmen vierzig Reiter, Mr. Wopper, und folgen der Spur nach Norden«, und er fügte hinzu, noch immer von seiner Strategie überzeugt: »Irgendwann werden wir wieder aufeinanderstoßen.« Während Wopper seine Abteilung aus der Formation schwenkte, sagte Freeman lächelnd: »Sie können sich entscheiden, Mr. Haggerty. Nach Norden oder Osten? Beide Wege führen zum Ziel.« John deutete nach kurzer Überlegung nach Osten. Die Dragoons standen klar in der Sonne. Man konnte die schneebedeckten Gipfel der Peaks erkennen. Dort lag Cochises Sicherheit. Seine Bergfestung. »Ich wähle diesen Weg.« »All right, Mr. Haggerty.« Wopper und seine Gruppe zogen bereits in nördlicher Richtung davon. Stunden vergingen in ermüdender Eintönigkeit. Aber John bemerkte am Alter der Spuren, daß Cochise es mächtig eilig zu haben schien, daß er ein atemberaubendes Tempo eingeschlagen hatte, daß er bereits einen Vorsprung von sechs Stunden haben mußte. Auf seine Bemerkung hin lachte Freeman zufrieden. »Er hat Angst. Das ist alles. Aber wir erwischen den Teufel noch, darauf können Sie sich verlassen.« Die Nacht zwang sie zum Biwak, und es zeigten sich erste Entbehrungen eines strapaziösen Marsches. Einzelne dieser
zusammengewürfelten Gesellschaft meuterten und schlossen sich zu Gruppen zusammen, um Freeman den Gehorsam zu verweigern. Doch Freeman, die Mehrzahl seiner Leute im Rücken, stellte die Meuterer vor die Alternative weiterzumachen, oder in der Wüste zu krepieren. Als Demonstration seiner Stärke ließ er seine Männer mit geladenen Karabinern Aufstellung, nehmen. Ein Druckmittel, das Erfolg zeigte, und John, der dies alles miterleben mußte, dachte, Freemans Frontier Bataillon ist nach außen hin ein Machtkomplex, doch innen faul wie ein morscher Baum. Zwei Stunden nach Sonnenaufgang wechselte plötzlich die Fährte der Apachen. In einem Winkel von neunzig Grad führte sie nun nach Westen, und John Haggerty sah seinen Verdacht bestätigt. »Sie haben sechs Stunden Vorsprung, Captain Freeman«, sagte John, von düsteren Ahnungen befallen, und deutete zu dem fernen flachen Gebirgszug am San Pedro River hin, »die Zeit reichte Cochise, um sich mit der zweiten Gruppe zu vereinen.« John sah, daß Freeman sich verfärbte und nach Worten suchte. Doch dann war er wieder der alte. »Dann werden wir das Tempo eben forcieren und Wopper zu Hilfe eilen. Soweit dies überhaupt nötig ist.« John schwieg. Ihre Pferde waren von der Nachtruhe frisch. Aber er bezweifelte, daß Freemans Truppe rechtzeitig ihr Ziel erreichen konnte. Freeman selbst lief blindlings wie ein Huhn in Cochises Hinterhalt. Er erinnerte sich der Truppen aus dem Hauptquartier in Tubac, die Fort Buchanan entsetzen sollten und nun wohl auf dem Wege nach Fort Thomas sein mußten und irgendwo zwischen den Ausläufern der Dragoons ritten. Er wandte sich an Captain Freeman. »Unsere Wege werden sich trennen, Captain«, sagte er ruhig, worauf Freeman sehr
ungehalten reagierte. »Wollen Sie desertieren, Mr. Haggerty?« Aber dann lachte er zynisch. »Wir brauchen nicht General Howards besten Scout. Wir finden unseren Weg allein.« Freemans Befehle hallten in den jungen Tag, als John seinen Wallach herumzog und in östlicher Richtung durch die Mesa sprengte. * Sie lagerten im Canyon, der in vielen Windungen die San Pedro-Kette durchzog. Fast senkrecht ragten die Steilhänge in den blauen Zenit, und Wopper war berechtigter Hoffnung, die flüchtenden Apachen vor dem Pedro River zu stellen. Während Wopper die Wachen einteilte und ihnen schärfste Wachsamkeit einflößte, stand Wyatt Earp, der zu diesem Kommando gewählt wurde, Chuck Dyamond gegenüber. »Gehen wir spazieren, Earp«, sagte der Halunke grinsend, und sein mächtiger Revolver bedrohte den jungen Mann, »hinter der nächsten Felsnase warten ein paar ungeduldige Freunde, die unseren gemeinsamen Ärger endlich beenden wollen.« Earps Hand fuhr reaktionsschnell zur Hüfte, aber Dyamond stieß ihm hart die Revolvermündung in den Leib und drohte: »Noch solch eine Dummheit und ich schieße dir eine Kugel in die Därme. Wopper werde ich erklären, daß ich dich erwischt habe, als du verduften wolltest. Feigheit vor dem Feinde oder Fahnenflucht. Du kennst diese Sprüche. Das wird Wopper imponieren«, dabei hob Dyamond den Colt und bedeutete ihm, zu gehen. Earp preßte die Lippen aufeinander und schritt stumm vor seinem Henker her, denn ihm war klar, was ihn hinter der Felsbiegung erwartete. »Ich weiß nicht, warum du so wild bist, mich zu erschießen,
Dyamond. Die Sache mit deinem Freund in Tucson war eine faire Angelegenheit. Du hast es selbst erlebt. Ich hatte keine Wahl. Du weißt es genau.« »Es geht nicht allein um Sullivan, Earp«, klärte der Gauner Wyatt zynisch auf, »du hast vor drei Monaten meine beiden besten Freunde Barabas und Juncton erschossen, als sie dem verdammten Pedler auflauerten. Barabas war Swatters Bruder. Er bestimmt, wie du ins Jenseits segelst.« Nach wenigen Schritten erreichten sie den Vorsprung, der vom Lager nicht einzusehen war. Fahles Mondlicht erhellte die Fläche. Swatter und seine Kumpane standen abwartend im Schatten des Felsens. »Man wird mich morgen vermissen«, sagte Wyatt. Er suchte einen Ausweg aus der Situation, doch Swatter, Greene und Lomes traten aus dem Schatten und versperrten ihm den Rückweg. Er sah Dyamonds breites Grinsen und hörte seine Worte. »Wopper wird niemanden vermissen, Earp, denn die Nacht wird uns manchen Ärger bringen. Ich habe eine Nase für rote Haut. Und hier stinkt es mächtig. Wir werden die Sache mit dir bereinigen und dann verduften. Ich möchte nicht, daß mein Kopf als Trophäe auf der Lanzenspitze eines stinkenden Apachen steckt. Ben, der Bursche gehört dir.« Trotz des fahlen Lichtes sah Wyatt die breite Klinge in Swatters Faust, die, von einem kraftvollen Hieb geführt, in der Lage war, ihm ohne weiteres den Schädel zu spalten. Swatter trat zwei Schritte vor. Wyatt rief: »Verdammt, Swatter, ich kenne deinen Bruder nicht. Ich kam direkt von Norden nach Tucson geritten und hatte zwischendurch keinerlei Ärger. Der letzte Mann, den ich erschoß, lebte in Suprior. Und das liegt ein halbes Jahr zurück.« »Jeder Mensch hat das Recht zu lügen«, lachte Swatter. Er stand nun einen Schritt vor Earp. »In Anbetracht deiner
Situation sei dir dies gestattet.« Von irgendwoher drang der Ruf einer Bergammer, der abgehackte Ruf eines Bus antwortete. Dyamond zog unmutig den Kopf ein. Er roch förmlich den kalten Schweiß der roten Bastarde. »Warum hältst du so viel Reden? Es wird Zeit, daß wir verschwinden.« In seine Worte hinein hörte er das helle Surren eines Pfeiles. Swatter stand seltsam starr auf der Stelle. Aus seiner Kehle ragte der kurze Schaft eines Apachen-Pfeiles. »Verdammt«, schrie Dyamond erschreckt, als Swatter, ohne ein Wort zu sagen, umkippte. Blitzschnell warf er sich nieder. Da stürzten auch Green und Lomes, vom lautlosen Tod getroffen, zu Boden. Mit einem gewaltigen Satz rannte Wyatt Chuck Dyamond an, ruckte wie eine Feder hoch, stieß ihm die Stiefelsohlen ins Gesicht und jagte hinter dem Fels hervor. »Überfall«, schrie er mit sich überschlagender Stimme, »Wopper, die Schlucht steckt voller Apachen!« Ein Pfeilhagel zuckte hernieder. Earp warf sich zu Boden, rollte zwischen lockeres Geröll. Die Männer im Lager fuhren schlaftrunken aus ihren Decken. Überall in den Steilwänden blitzte es auf. Die Abschüsse von Karabinern rollten dumpf wie das Echo von Haubitzen durch den Arroyo. Aus der Dunkelheit sprangen Schatten, bewegten sich wieselflink zwischen den Felsen, glitten behend über den glatten Stein des Arroyos. »Zastee«, der wilde Schrei vielstimmiger Kehlen brandete auf, wuchs zum Donnerhall, dessen Echo an den Felswänden hochstieg und in der Ewigkeit verhallte. Zastee… Das Kämpfen war ihnen angeboren, und sie beherrschten dieses Handwerk meisterhaft. Keulen und Kriegslanzen fuhren erbarmungslos auf die Männer nieder, die
nicht begriffen, was ihnen geschah, sondern tot waren, ehe sie den Gegner erkannten. Zastee…, die Wildheit eines kriegerischen Volksstammes kam zur vollen Entfaltung und offenbarte die Grausamkeit einer unterdrückten Rasse. Mein Gott, dachte Wyatt Earp entsetzt, der das blutige Kriegshandwerk der Apachen zum ersten Male aus nächster Nähe erlebte. Er grub seinen Körper ins Geröll, bis es ihn verdeckte. Er sah nichts. Aber er hörte ihr wildes Gebrüll und die Todesschreie sterbender Menschen. Als ihr Klagelied verebbte und plötzliche Stille eintrat, ahnte Wyatt, daß Freemans Legion bis auf den letzten Mann niedergemacht worden war. Es erschien Wyatt, als hätte sich das ganze grausame Geschehen Stunden hingezogen, dabei waren es nur Minuten, die das Schicksal von Wopper und seiner Mannschaft bestimmten. In der Nähe klangen Stimmen auf. Wyatt wagte nicht zu atmen, als irgend jemand sagte: »Du bist zur rechten Zeit gekommen, Jefe, um das Sterben unserer Feinde zu erleben.« Worauf die zweite Stimme antwortete: »Es war nur ein Anfang, Victorio. Der Blaurock aus Tombstone hat die Fährte gewechselt. Er läuft blind wie der Bü am Tage in die Falle. Wir können ihn bei Sonnenaufgang erwarten. Legt die toten Weißaugen unter ihre Decken, damit es aussieht, als ob sie schlafen.« Wyatt hörte dumpfes Stimmengemurmel, das sich entfernte. Noch immer wagte er nicht, sich zu rühren. Das Niedergemetzel war wie ein übler Traum, der ihn in den Felsen bannte und ihm seinen Mut nahm. Aber der Wille zum Leben wurde in Wyatt übermächtig. Langsam löste sich die Starre aus seinem Körper. Vorsichtig schlich er sich, jedes Geräusch vermeidend, aus dem Geröll.
Mondlicht füllte die Westhänge des Arroyos. Wohl hundert nackte Teufel waren in Bewegung und damit beschäftigt, das Lager in seiner ursprünglichen Form wieder herzurichten. Wyatt sah eine winzige Chance, dem Inferno zu entkommen. Er mußte noch vor Tagesanbruch den Arroyo verlassen haben. Wyatt kroch aus seinem schützenden Versteck. Dicht an den im Schatten liegenden Felsen gedrängt, rutschte er durch das Geröll. Zoll um Zoll. Jedes verdächtige Geräusch, wie etwa das Kollern eines Steines, konnte ihn verraten. Und er hatte nicht einmal eine Waffe, um sich zu verteidigen. Er mußte es riskieren, es war seine einzige Chance. Bastarde, dachte Wyatt, und seine Gedanken galten Dyamond. Aber ihn und seine Brut hatte wohl ebenfalls der Teufel geholt. Wyatt kroch weiter. Die Felsnase, die den Blick zum Lager verdeckte, war greifbar nahe. Einige Yards noch und er konnte sich aufrichten. Nun sah er den Burschen, dessen Kopfband in der Dunkelheit leuchtete, und er hörte das Geräusch, das es gab, als der Bursche sich über einem Gefallenen beugte und ihn umdrehte. Drei Schritte Distanz lagen zwischen ihm und dem Apachen, der sich nun langsam aufrichtete und seine Trophäe zum Himmel reckte: einen Skalp. Zurück konnte Wyatt nicht mehr, und den Weg in die Freiheit versperrte die rote Bestie. Fast unbewußt spürte er den groben Steinbrocken in der Faust, den er instinktiv als Waffe ergriffen hatte. Earp verharrte reglos. Der Apache wandte sich ahnungslos um, als ein Schatten vor ihm auftauchte. Er ließ überrascht den Skalp fahren, und seine Faust griff zum Lendenschurz. Da holte Wyatt aus und, alle Kraft in den Schlag legend, zerschmetterte er der Rothaut den Schädel.
Behend sprang er hinzu, um den fallenden Körper aufzufangen. Als Wyatt ihn niederlegte, war ihm, als höre er ein Geräusch in der Finsternis. Er erfaßte das Skalpbeil der toten Rothaut und beugte sich angriffswütig vor, als ein zischendes Geräusch aus dem Dunkel kam. »Earp«, hörte er eine Stimme wispern, die er längst in der Hölle glaubte, »komm näher.« Wyatt zögerte. Sein Blick glitt über die dunklen Schatten am Boden, tote Männer, die zu Dyamonds Bande gehörten. Er ging in die Knie und folgte dem leisen Ruf, nicht ohne vorher einem der Toten den Colt aus dem Gürtel zu ziehen. »Du Bastard hast es überstanden«, fluchte Wyatt zornig, als er Dyamonds Umrisse erkannte. »Die Hölle muß sich mit dir verschworen haben, Dyamond.« Der andere lachte heiser. »Der Satan steht auch auf deiner Seite, Earp. Wir müssen aus dem Canyon heraus, bevor sie ihn dort vermissen.« Dyamond deutete auf die Gestalt des Apachen, den Wyatt gerade erschlagen hatte. »Aber ohne Pferde kommen wir nicht weit.« »Captain Freeman ist, auf dem Wege zum Arroyo«, erwiderte der junge Bursche leise und erzählte, was er aus Cochises Mund erfahren hatte. »Er rennt wie Wopper in den Hinterhalt.« »Dann wollen wir versuchen, wenigstens unsere Haut zu retten.« Dyamond löste sich aus der Dunkelheit. Er trug zwei Revolver im breiten Gurt und eine Waffe in der Faust und trat auf Wyatt Earp zu. Wyatt hob unmißverständlich den Revolver. Dyamond war ein Schakal, dem man keine Sekunde trauen konnte. Doch Dyamond zischte nur: »Idiot. Glaubst du, ich will dich hier umlegen? Das kommt später.« Dann war er an Wyatt vorbei und lief den ansteigenden Arroyo hoch, so schnell ihn seine Füße tragen konnten. Wyatt lauschte einige Sekunden dem dumpfen Gemurmel,
das vom Lager der Apachen herkam, und setzte sich dann auch in Bewegung. Nach hundert Yard hatte er Dyamond bereits eingeholt. Für einen Augenblick war Dyamond nicht sein Feind, sondern ein Mann, der wie er ganz schön in der Klemme saß. Was zwischen ihnen beiden zu bereinigen war, mußte aufgeschoben werden. Dyamond hatte es schon erwähnt. Sie kamen gut voran und glaubten sich in Sicherheit, als plötzlich Hufklang gegen die Felsen schlug und Reiter ankündigte. Dyamond reagierte blitzschnell. Er warf sich zwischen die kümmerlichen Sträucher, die nahe der Felswand wuchsen, und er spürte den harten Aufprall auf dem Körper, als Earp auf ihn niederstürzte. Schon sprengte eine starke Reitergruppe an ihnen vorbei in nördlicher Richtung durch den Canyon. »Es sind wenigstens fünfzig Reiter«, flüsterte Dyamond heiser. Ihm saß die Angst in den Knochen, das entging Wyatt nicht. Auch er mußte sich eingestehen, daß er Furcht hatte. »Die Hälfte von Cochises Krieger. Sie riegeln den Arroyo von beiden Seiten ab. Sie werden Freemans Kommando hereinlassen, aber nicht wieder heraus. Sie bauen ihm hier eine wunderhübsche Falle. Verdammt, wie sollen wir ihn nur warnen?« Wyatt richtete sich vorsichtig auf und lauschte. Der Hufschlag war nur noch schwach zu vernehmen, und auch im Innern des Canyons blieb es verdächtig still. »Warnen«, fluchte Dyamond heiser, »du scheinst dir deiner Lage nicht bewußt zu sein. Es geht um unsere eigene Haut, und die steht mir näher als Freemans Pelle. Wir müssen höher in die Berge hinauf, dorthin, wo uns kein Apache vermutet. Freeman und seine Leute können mir gestohlen bleiben. Freeman interessiert mich nicht. Ich bin mitgezogen, weil ich dich haben wollte.« Wyatt lächelte über die Offenheit des Rustlers. Er nickte. »Ich weiß es, Dyamond, und wir werden die Sache wohl bald
bereinigen müssen.« Der Sprecher wandte seinem Gegner den Rücken zu, denn es gab im Augenblick nichts, was Dyamond veranlassen könnte, ihm eine Kugel zwischen die Schultern zu jagen. Lautlos eilten sie die Schluchtsohle entlang und behielten die aufsteigende Westflanke des Arroyos im Auge, die im fahlen Licht des Mondes wie eine glatte Silberplatte glänzte. Immer auf der Hut, Cochises Spähern zu begegnen, bemühten sie sich, nicht das geringste Geräusch zu verursachen. Nach einer halben Meile etwa erkannte Wyatt den schmalen Felsspalt, der im ansteigenden Winkel die Steilwand durchzog. Er verhielt den Schritt und deutete hinüber. »Dort könnte uns der Aufstieg gelingen«, sagte er schwer atmend vom schnellen Lauf. »Es ist wohl die einzige Chance.« Wyatt prüfte bereits die Griffigkeit des Felsens. Der Einstieg war kaum einen Fuß breit, aber aus gesundem Gestein. Als er den Stiefel in die Rille stemmte und, mit den Händen Halt suchend, den ersten Schritt wagte, rief er grinsend über die Schulter: »Ich hoffe, du bist schwindelfrei, Dyamond, und kannst klettern wie eine Gemse, sonst brichst du dir das Genick.« »Ich darf nicht daran denken«, fluchte der Bandit und wagte seinerseits den ersten Schritt in die Rille. * John Haggerty sah die flachen Feuer im Schatten der ausladenden Berghänge. Schnurgerade zielte er darauf zu. Als er auf fünfzig Schritte heran war, rief ihn ein Militärposten aus der Dunkelheit an. »Halt, wer da? Parole…« Worte, die John schon hundertmal gehört hatte, die ihn jetzt dennoch erschreckte. Er riß sein Pferd zurück, hob die Arme, damit der Wachtposten erkennen konnte, daß er sich in friedlicher
Absicht ihrem Biwak näherte. »Die Parole kenne ich nicht, Soldat, wohl aber deine Einheit. Du gehörst zur Siebten Dragoner und dein Kommandeur ist Major Hecker. Ihr wart auf dem Wege von Tubac nach Fort Buchanan, und ein Melder aus Fort Thomas führt euch nun nach Tombstone.« John Haggerty schwieg. »Stimmt«, schallte es aus der Dunkelheit. »Ihr Name, Sir?« »John Haggerty.« »General Howards Scout?« »Genau der.« »Reiten Sie langsam näher, Sir, und halten Sie die Hände über dem Kopf. Ich kenne Mr. Haggerty persönlich«, rief der Posten mißtrauisch. Er traute der Sache wohl nicht. John führte seinen Wallach in die Richtung, aus der die Stimme kam. Plötzlich tauchte der Mann neben ihm auf. John sah im matten Mondlicht die blaue Uniform und die orangefarbenen Streifen der Dragoner. »All right, Soldat?« fragte er nun. »All right, Mr. Haggerty. Reiten Sie zum mittleren Feuerplatz. Dort finden Sie den Major.« John führte den Wallach mit den Schenkeln an den flachen Zelten vorbei. Er sah Soldaten am Feuer. Einige sprachen miteinander, andere lagen erschöpft auf ihren Decken. John dachte lächelnd, sie werden bald auf den Beinen sein und ihn zum Teufel wünschen. Major Hecker lag faul in der geflochtenen Hängematte und schien den frischen Nachtwind zu genießen, der aus den Bergtälern in die Mesa wehte. Als John in den Lichtkegel der Laterne ritt, richtete der Offizier sich überrascht auf. »Mr. Haggerty«, rief er verwundert. »Ich denke, Sie erwarten uns in Tombstone?« John stieg vom Pferd und reichte der herbeieilenden Ordonnanz die Zügel und bat den Mann, daß er sich um sein Pferd kümmern möge. Nun setzte er sich auf den kleinen
Feldstuhl und nickte dankbar, als Major Hecker ihm Flasche und Glas reichte. Er füllte sich das Glas und setzte es sich an die Lippen. »Es hat sich vieles in den letzten Tagen ereignet, Sir«, begann John nach einem zweiten kräftigen Schluck. »Cochise spielt den Buhmann. Er und seine Apachen haben einige Siedler niedergemacht, ein Mormonen-Dorf überfallen und dem Erdboden gleichgemacht. Cochise führt Krieg gegen Zivilisten, und ich glaube, nun endlich auch hinter seine wahren Absichten gekommen zu sein. Sein blutiger Feldzug zielt darauf hin, Captain Freeman herauszufordern.« »Freeman ist ein alter Fuchs.« Major Hecker lächelte, »er wird auf Cochises Herausforderung die Antwort kennen.« »Stimmt«, John füllte sein Glas noch einmal und blickte zum Feuer hinüber. »Nur fürchte ich, der Fuchs rennt gegenwärtig in einen Abgrund, in einen prächtigen Hinterhalt.« Nun sprach John von dem Überfall auf das Mormonen-Dorf und den daraus zu ziehenden Konsequenzen. »Sein Jagdfieber macht ihn blind. Freeman hat seine Jagdtruppe geteilt, weil Cochises Spur sich auch teilte. Vor vier Stunden stießen wir auf den Punkt, wo der Jefe seine Fährte wechselte und schnurgerade nach Westen zog. Ich machte Freeman darauf aufmerksam, daß Cochise sich mit seiner zweiten Gruppe treffen wird, um Freemans zweite Gruppe anzugreifen. Cochise hat nur ein Ziel: Er will Freeman vernichten. Viele Gründe sprechen dafür. Deshalb möchte ich Sie bitten, Ihre Truppe in Bewegung zu setzen, Major, um Freemans Bataillon zu Hilfe zu eilen.« Major Hecker war ein aufmerksamer Zuhörer. Doch nun lächelte er. »Ist Ihre Angst nicht übertrieben, Mr. Haggerty? Freeman befehligt fast hundertfünfzig kampferprobte Männer. Er müßte mit dem lächerlichen Haufen Apachen fertig werden.« John stellte Flasche und Glas mit einem Ruck ab. »Ein
Drittel seiner Einheit kämpft vielleicht nun schon erbittert um sein Leben, wenn die Leute nicht gar schon tot sind. Cochise hat ein ganzes Arsenal moderner Springfields geraubt in Fort Huachuca, und Munition, um eine halbe Armee zu töten. Er macht Woppers Gruppe nieder und stellt Freeman einen Hinterhalt. Freeman ist sein ärgster Feind, ich weiß es. Der Jefe hat nicht vergessen, daß der Captain im letzten Jahr ein halbes Dutzend seiner Dörfer überfallen und viele seiner Stammesbrüder getötet hat. Begreifen Sie nun, wie groß die Gefahr ist? Schlägt der Jefe seinen Erzfeind, steigen sein Ansehen und sein Ruhm ins Unermeßliche. Die Stämme aus dem Süden und aus dem Norden werden Cochise zulaufen, um in seinem Glanz ihren eigenen Ruhm zu suchen. Die Schlagkraft seines Kriegsheeres könnte auf dreihundert oder weit mehr Kämpfer anwachsen. Und das gilt es zu verhindern!« Major Hecker war aus seiner Hängematte gestiegen. Er ergriff den blauen Rock und schlüpfte hinein. Er lächelte hart. »Meine müden Helden werden Sie in die Hölle wünschen, John, wenn sie erfahren, wer sie auf die Beine bringt.« Er rief seine Ordonnanz heran, die offensichtlich einen Teil der Unterhaltung mitbekommen hatte. »Corporal Nagant«, befahl Hecker, »der Hornist soll zum Alarm blasen. Kommen Sie, John, ich stelle Sie meinen Offizieren vor.« Es war bereits Mitternacht und Cochises erster Akt im großen Drama entschieden, als Major Hecker an seiner Truppe entlang zur Spitze ritt. Und John sah, daß Hecker fünfhundert Soldaten mitführte, zwei Haubitzen und genügend Munition. Das dürfte reichen, um Cochise in seine Schranken zu weisen, dachte er. Wenn, eine düstere Ahnung begleitete Johns Gedanken, wenn es noch nicht zu spät war… *
Grausame Genugtuung spiegelte sich in Cochises Antlitz wider, als der metallische Hufschlag vieler Pferde von den Wänden des Arroyos widerhallte. Die Stunde der Abrechnung war gekommen. Sein Blick glitt hinunter zur Schluchtsohle, die das aufgehende Sonnenlicht noch nicht erreichen konnte, wanderte prüfend über die zerklüfteten Steilwände, in denen seine Krieger – meisterhaft verborgen – sein Zeichen zum Angriff erwarteten, und noch einmal ging er in Gedanken jede Position durch, die seine Krieger besetzt hielten. Der Ring war geschlossen, ein Entrinnen unmöglich. Sobald die Weißaugen in der Schlucht waren, würde sie nach beiden Seiten hermetisch abgeriegelt sein, und auf sein Zeichen hin sollten seine Krieger aus dem Verborgenen heraus das Feuer auf den Todfeind eröffnen, der wie eine Maus in der Falle saß. Ulzana stand mit leuchtenden Augen an der Seite des Jefes, der dem immer näher kommenden Klang der Pferdehufe lauschte. Er trug eines der erbeuteten Springfield-Gewehre in der Faust, um die Schulter einen Patronengurt. In seinem Gurt steckten Jagdmesser und Tomahawks für den Nahkampf. Wohlgerüstet sah er dem Ende der Weißaugen entgegen. »Wenn die Sonne keinen Schatten wirft, wird Koh-Cheez der größte Häuptling aller roten Stämme sein. Selbst Ta-kan-ka Iyo-ta-ke, der Häuptling der Hunkpapa-Sioux (Name Sitting Bulls), dessen Kriegstaten an den Feuern vieler unserer Brüder besungen werden, wird am Glanze deines Ruhmes verblassen.« Cochise hob die Hand zum Zeichen, daß Ulzana schweigen möge. Das Muskelspiel seines Körpers ließ erkennen, daß unerschöpfliche Kraft in dem Kriegshäuptling steckte. Die ersten Reiter sprengten hinter der Biegung hervor. Ihnen voran ritt in seiner verschlissenen Uniform sein Todfeind: Captain Louis Freeman. Wachsam und lauernd bewegte sich Freeman, als spüre er die tödliche Gefahr, die der Canyon barg.
»Er ist ein kluger Fuchs«, flüsterte Cochise, und die dunklen Farblinien seines bemalten Gesichtes zuckten bei seinem düsteren Lächeln, »der der Stille mißtraut. Aber er wird nicht umkehren, weil er seine Hellaugen vermißt.« Der Häuptling schwenkte kraftvoll die Faust mit der Flinte nach Norden, wo Victorio auf dem Felsband stand und nun verschwand, um des Jefes Befehle auszuführen und die Schlucht zu verriegeln. Victorios Aufgabe war es, die erste Angriffswelle zu führen, wenn das Gewehrfeuer in den Steilhängen zu Ende war. So wollte es der Mimbrenjo. Die Reiter hatten nun jenen Punkt erreicht, wo die Toten am erloschenen Lagerfeuer lagen. Freeman zügelte sein Pferd. Er rief die nächsten beiden Reiter heran und deutete ins Grau des Canyons. Er gab irgendwelche Befehle, worauf die Reiter der Truppe die Pferde herumzogen und für einige Augenblicke aus dem Blickfeld des Häuptlings verschwanden. »Wie ein Fuchs, der vor dem eigenen Bau mißtrauisch wird«, Cochise lächelte böse. Weit über dem Kopf schwenkte er seine Waffe, das verabredete Zeichen, das Chato galt, der weiter südlich den Geschehnissen folgte. Chato winkte zurück. Cochise wußte nun, daß die Mausefalle geschlossen war, durch die selbst eine Haselmaus keine Lücken mehr finden konnte. Cochise gab den ersten Schuß ab, als Freemans Reiter den Weg zurückpreschten und wild mit den Armen gestikulierten und heisere Worte schrien. Im gleichen Augenblick bebten die Felsen unter dem heftigen Gewehrfeuer der Apachen, das Krachen der Schüsse brach sich an den Wänden und rollte in vielfältigem Echo durch die Schlucht. Eine Gruppe Reiter stürzte getroffen aus den Sätteln, Freemans Befehle gingen in einem tödlichen Inferno unter. Die Pferde stoben auseinander und verweigerten in panischer Angst den Gehorsam. Einige Reiter wurden abgeschüttelt,
andere sprangen von ihren Pferden und suchten verzweifelt Deckung im Schatten der Steilwände. Noch immer schlug der tödliche Bleiatem in den Arroyo. Von Norden kommend, bebte die Erde unter den Hufen der angreifenden Mimbrenjo-Krieger. »Beim Teufel«, brüllte Freeman, »das ist die Hölle!« Zwischen Geröll hatte der Captain dürftigen Schutz gefunden. Seine augenblickliche Lage erinnerte ihn an eine ähnliche Situation im Canyon de Imbano im vergangenen Jahr, als er bei einem Rachefeldzug gegen Apachen fast seine gesamte Mannschaft einbüßte. »Wo steckt Wopper?« Einer seiner Späher kroch leicht verletzt heran. »Wopper und die Crew ist tot«, schrie der Mann entsetzt. »Sie liegen tot unter ihren Decken, ohne Haarschopf, ohne Leben…« »Alle?« würgte Freeman fassungslos hervor und wußte, daß er nicht nur zu spät gekommen war, um Woppers Abteilung zu helfen, sondern selbst in einer tödlichen Falle saß. »All right«, schrie er im nächsten Moment, »setzt euch im toten Winkel der Felswände fest. Wir werden das rote Gesindel mit Pulver und Blei in die Hölle befördern.« Er hob seinen Karabiner und schoß die Rothaut vom Felsen, die sich zu weit über den Abgrund gebeugt hatte. Lautlos fiel der Krieger in die Tiefe. Auch seine Leute begannen nun zu schießen. Stumm und verzweifelt wehrten sie sich gegen den übermächtigen Feind, der grausam und erbarmungslos gegen ihre provisorische Stellungen anrannte. Keiner der verbissen Kämpfenden hörte in dem Lärm den donnernden Hufschlag, der rasch näher kam. Freeman erkannte die Mimbrenjos erst, als sie, geführt von dem Fanatiker Victorio, aus der Kehre schwenkten, ihre Waffen abfeuerten und nach Lanzen, Bogen und Keulen griffen. Wie ein tödlicher Moloch fielen die Krieger in Freemans kleine Truppe ein. Erbarmungslos, den Feind vor Augen, vom
Töten besessen, bahnten ihre Keulen den Weg durch ihre Reihen. Ihr wildes Geheul übertönte den Gefechtslärm. Zur gleichen Zeit verließen weitere Gruppen von ApachenKriegern die Hänge, hangelten sich an straffen Lederseilen in die Tiefe und griffen in das Kampf geschehen ein. Auch von Süden her stürmten berittene Krieger heran. Was Freeman ahnte, wurde nun Offenbarung: Cochise hatte sich mit der zweiten Gruppe seiner Krieger vereint und versetzte nun dem Frontier Bataillon den Todesstoß. Wild und verbissen kämpfte Freemans Miliz ums Überleben. Aus vielen Wunden blutend, schlugen sie sich zu dem schmalen Hügelband durch, das Freeman gerade noch erreichen konnte, ehe das tödliche Dilemma über sie hereinbrach. Wie junge Küken suchten sie die Nähe ihres Anführers, hoffend, daß der erfahrene Indianerkämpfer sie aus der tödlichen Umklammerung führte. Dreißig bis vierzig erfahrene Kämpfer lagen erschlagen oder aus vielen Wunden blutend auf nacktem Fels. Immer wieder griffen die Apachen mit einer Leidenschaft an, als gelte es für sie, das ganze Territorium von weißen Menschen zu befreien. Dampf und Pulverrauch zog wie ein breites Band aus der Schlucht. Freemans Befehle übertönten diesen Lärm. Und es gelang ihnen mit vereinten Kräften, den zweiten Angriff abzuschlagen. Noch ehe sich die Apachen zum dritten Ansturm sammelten, sah Freeman, daß die berittenen Krieger nach Süden durch den Arroyo sprengten, während das Fußvolk in den zerklüfteten Felswänden untertauchte. Cochise hatte eine neue Gemeinheit im Sinn, denn als erfahrener Indianerkämpfer wußte Freeman, daß Cochise – so dicht vor seinem Ziel – den Kampf niemals beenden würde. Der Bastard würde seine Krieger neu formieren, um zum tödlichen und letzten Streich auszuholen.
»Wenn sie kommen, schießt, was eure Flinten hergeben, Jungs, und wenn ihr die Waffen leergeschossen habt und nicht mehr gebrauchen könnt, nehmt sie als Keulen und knüppelt nieder, was euch in die Quere kommt! Verdammt, diesen roten Schakalen ist doch beizukommen…« In diesem Augenblick sah Freeman den Häuptling. Cochise, unverkennbar an der großen kräftigen Gestalt, stand auf einem Felsband und dirigierte seine Krieger. Aufs neue dröhnte die Schlucht unter trampelnden Pferdehufen. Es schienen Hunderte, nein, Tausende reitende rote Teufel zu sein, die sich ins Kampfgeschehen stürzten, aber es waren wohl Freemans überspannte Nerven, die ihn narrten. Dort kämpften vielleicht neunzig Apachen. Aber mit dem Mut einer Legion! Von zwei Seiten trieben sie ihre Ponys den Hügel hoch, schwangen sich federnd von ihren Rücken. Ihre farbigen Gesichter wirkten wie häßliche Fratzen oder ein Gaukelspiel des Teufels. An ihren Keulen und Lanzen glänzte das Blut der Getöteten. Ein heftiger Kampf, Mann gegen Mann, entspann sich. Karabinerkolben gegen Lanzen, der leergefeuerte Revolver als Schlagwaffe gegen ihre Tomahawks. Auch Freeman stand im harten Kampf mit zwei jungen und kräftigen Kriegern, die einfach die Barrikade übersprungen hatten und ihn angriffen. Sein Karabinerkolben zerschmetterte ein junges Leben, und während er zum zweiten Schlag ausholte, mußte er an den verdammten Scout denken, der so recht hatte und vor dem gefährlichen Schritt, Cochise zu folgen, so eindringlich gewarnt hatte. Kraftvoll schlug der Captain zu. Und während er sich dem nächsten Gegner zuwandte, war ihm, als klängen ferne Trompetensignale auf. Ein Gedanke wohl, der sich von dem Wunsche nährte, der Himmel möge ihn und seine Leute vor dem Untergang bewahren. Wunschträume und Phantasien
eines Verzweifelten. Die scharfe Schneide einer Lanze streifte Freemans Gesicht und riß eine tiefe Wunde. Der Captain schmetterte dem Mimbrenjo den harten Gewehrkolben ins Gesicht, ehe er erschöpft in die Knie sank. Sein Atem ging schwer, und er schien am Ende. Da waren wieder Hornsignale, deren Echo durch den Arroyo wehte und Freeman, am Boden liegend, erkannte, daß die roten Angreifer sich plötzlich vom Feinde lösten, den Hang hinuntereilten und sich auf ihre schnellen Pferde warfen und nach Süden durch den Arroyo sprengten. Der alte Haudegen rappelte sich wieder auf, kam schwankend auf die Beine. Blut sickerte aus seiner Wunde. Sein taumelnder Gang zeigte die starke Erschöpfung des Mannes, der sich kaum noch aufrechthalten konnte. Aufgerichtet im Fels stand Häuptling Cochise. Er hielt die Büchse an der Schulter, und Freeman spürte im Peitschenden Abschuß der Springeid den brennenden Schmerz in der Brust. Wie ein Stein stürzte der Captain zu Boden. Sein Blick verschwamm. Aber er hörte nun deutlich die Signale eines Horns, den donnernden Hufschlag eisenbeschlagener Pferde. Fernes Krachen, an Schüsse erinnernd, begleiteten »Lion« Louis Freeman ins Dunkel der Nacht, die ihn von seinen Schmerzen erlöste. * Der Anblick, der sich ihnen bot, erinnerte Major Hecker an die Schlachthäuser in Chicago. Vom Grauen gepackt, hob er die Schultern und dachte: Mein Gott, es sieht aus wie nach einer großen Schlacht. Doch dann erinnerte er sich, daß er Soldat war und diesen Anblick gewohnt sein mußte. Er rief seine Offiziere heran und befahl mit unbewegter Stimme: »Lieutenant Conner und Lieutenant Flash, Sie nehmen mit
Ihren Abteilungen sofort die Verfolgung der Apachen auf. Ich möchte den Teufel Cochise haben. Ich will ihn lebend, um ihn in Tubac vor das Kriegsgericht stellen zu lassen. Der Rest des Regiments sucht nach Überlebenden des Gemetzels.« John Haggerty, der sich um Freemans schwere Verletzung kümmerte, hob den Kopf. »Es ist ein sinnloser Versuch, Major Hecker«, sagte er ruhig. »Diese Berge sind Cochises Heimat. Ihre Leute werden nicht den Pferdeschwanz eines Apachen-Ponys ausmachen. Versuchen wir lieber hier an Leben zu retten, was noch zu retten ist.« »Soll ich diesen Teufel ungestraft laufenlassen?« John schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich kenne Cochises Fluchtweg und weiß, wo er zu finden ist. Ich glaube, er hat sein Ziel erreicht und wird vorerst seine Apacherien nicht mehr verlassen.« John schwieg einen Moment und fuhr dann fort: »Der Jefe hat Freeman bewußt in einen Hinterhalt gejagt, um seinem Todfeind eine vernichtende Lektion zu erteilen. Er hat Farmen, Bonanzas und Siedlungen angegriffen, niedergebrannt und Leben vernichtet. Das letzte Aufbäumen eines Mannes, der beweisen will, wie gefährlich ein weidwunder Berglöwe sein kann. Ich glaube, er will General Howard zu erkennen geben, daß es besser sei, ehrlich und aufrichtig zu verhandeln und keine Verträge zu schließen, die er wieder bricht. Brechen muß, weil hinter dem General Leute stehen, die Apachen als wilde Tiere bezeichnen, die man in einen Käfig oder in die Vegetationslosigkeit einer Wüstenreservation stecken müßte – und so Howards Bestrebungen nach Frieden boykottieren.« Major Heckers Hand deutete in die Runde. »Sie sympathisieren mit dem roten Teufel, Mr. Haggerty, obwohl so viele weiße Männer ihr Leben lassen mußten?« »Nein«, bestimmt schüttelte John seinen Kopf. »Ich verurteile dieses Gemetzel. Ich verurteile alle Verbrechen, die Cochise in den letzten Wochen begangen hat. Aber ich kann
ihn verstehen, kann seine Beweggründe begreifen. Es ist der verzweifelte Aufschrei eines seiner Freiheit beraubten Stammesfürsten, der ohnmächtig zusehen muß, wie sein Land Stück für Stück an weiße Eindringlinge gegeben wird, die zwangsläufig seine Feinde sein müssen, weil sie seinen Besitz stehlen.« John Haggerty richtete sich auf. »Helfen Sie mir, Major. Wir wollen Captain Freeman nach unten tragen. Ich fürchte, er wird den Tag nicht überleben.« Doch Freeman war von der zähen Natur einer Katze. Nachdem die Getöteten in einem gemeinsamen Grab im Canyon begraben waren und Major Heckers Abteilungen von der vergeblichen Jagd nach Cochises Kriegern zurückgekehrt waren, bestimmte der Offizier den Aufbruch. Vierzig Männer aus Freemans wilder Miliz erreichten, zum Teil auf Traivois liegend, zum Teil verwundet im Sattel sitzend, sechs Tage später Tombstone. Der Arzt der Stadt war tagelang damit beschäftigt, die Verwundeten zu pflegen. Und nur langsam legte sich das Grauen der Menschen in der Stadt. Major Heckers Einheit war auf dem Wege nach Fort Thomas, um von dort im Eilmarsch nach Tubac zurückzukehren. John Haggerty blieb in Tombstone, um Sam Crittens Genesung abzuwarten, denn er hatte dem jungen Mann versprochen, seine Angelegenheit in Tubac zu klären. Er wußte, daß nur General Howards Entscheidung Critten vor dem Kriegsgericht bewahren konnte. John stand zu seinem Wort. An einem dieser langweiligen Nachmittage saß er mit dem jungen Earp, der noch in der Schlucht zu ihnen gestoßen war, in Summers Schenke bei einem Glas Bier. Er hatte bemerkt, daß Earps Praint gesattelt vor dem Lokal stand. »Ich dachte, Sie wollten das Glück in Tombstone suchen«, sagte John lächelnd, während er an seinem Bier nippte.
»Tombstone ist ein Drecknest, John«, erwiderte Wyatt grinsend. »Was ich hier vorgefunden habe, hat nur Ärger gebracht. Was ich suche, sind ein paar gute Faro- oder Montetische, klimpernde Münzen zwischen den Fingern und ein paar Scheinchen in der Tasche. Ein paar Huren, die es auch mal mit Liebe versuchen, wie Nelly Mitchel aus Tucson. Das nenne ich das wahre Leben.« Wyatt Earp nahm einen kräftigen Schluck und setzte sein Glas geräuschvoll ab. »Das nenne ich das wahre Leben, nicht diese verdammte Einöde oder Mary Lynn, die ihrem kranken Freund feurige Blicke schenkt und wohl am Ende ihres Zieles nüchtern, hausbacken und trocken ist wie der Fladen eines Büffels.« John lachte ob der leidenschaftlichen Ergüsse des jungen Burschen. »Sie wollen nach Tucson?« fragte er nach einer Weile. »Zu Nelly Mitchel. Sie gibt mir, was ich brauche.« Wyatt lachte. »In Tucson erwartet Sie noch etwas anderes, Wyatt«, es lag eine Warnung in Johns Stimme, die Earp mit einer Handbewegung wegwischte. »Chuck Dyamond? Mit dem bin ich verabredet, John. Er hat keine Freunde mehr. Er ist also genauso stark oder schwach, wie ich es bin.« »Sie wollen sich mit ihm schießen?« Wyatt Earp nahm einen tiefen Schluck aus dem Glas und begann zu grinsen. »Soll ich mein Leben lang mit dem Gefühl durch die Gegend laufen, daß der Bastard mir eine Kugel in den Rücken pflanzt, sobald ich ihn ihm zukehre? Ich trage es auf dem geraden Wege aus. Dann ist die Sache aus der Welt und vergessen. Für ihn – für mich…, vielleicht auch für uns beide.« Earp machte eine vage Handbewegung und sagte: »Verabschieden wir uns, John.«
Wyatt reichte dem Scout über den Tisch die Hand. »Es war nicht schön mit uns beiden – und auch nicht schlecht. Es war einfach eine Begegnung.« Earp stand auf, rückte seinen Gurt und seinen Revolver zurecht, warf einen Silberdollar auf den Tisch und wandte sich gelassen um. »Die Runde geht auf meine Kosten, John. Vielleicht treffen wir uns irgendwo und irgendwann mal wieder. Dann können Sie sich revanchieren.« Jung, federnd, mit elastischen Schritten, verließ Wyatt Earp die Schenke. John sah, daß Earp sich draußen auf seinen Gaul schwang, er grüßte noch einmal durch das offene Fenster und ritt davon. Ein harter Junge, dachte John Haggerty, man wird noch von ihm hören…
ENDE