Springer-Lehrbuch
Ulrich Kück (Hrsg.)
Praktikum der Molekulargenetik unter der Mitarbeit von A. Bunse, H. Holländer-Czytko, S. Jeske, C. Klämbt, R. Klapper, I. Kubigsteltig, F. Meinhardt, J. Nickelsen, M. Nowrousian, S. Pollmann, S. Pöggeler, T. Strasser, E. Weiler, G. Wolff, K. Wolff
Mit 83 Abbildungen und 40 Tabellen
A BC
Professor Dr. ULRICH KÜCK Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik ND 7/131 Süd Fakultät für Biologie Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum E-mail:
[email protected] ISBN 3-540-21166-7 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben auch bei nur auszugsweiser Verwertung vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Satz: Druckfertige Vorlagen G. und K. Wolff Einbandgestaltung: deblik Berlin Titelbilder: Arabidopsis thaliana (links); Sordaria macrospora: Meiosporen (rechts) 29/3150WI - 5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort
Die molekulare Genetik ist heute fester Bestandteil einer modernen universitären Ausbildung in den Biowissenschaften. Ihre Entwicklungen und Erfolge bei der Beantwortung aktueller Fragen der Lebenswissenschaften sind eng mit dem Einsatz genetischer Modellorganismen verknüpft. Das Praktikum der Molekulargenetik stellt beispielhaft molekulargenetische Experimente mit pro- und eukaryotischen Modellorganismen dar, bei denen konventionelle und molekulare Methoden zur Anwendung kommen. Die Verbindung von Lehrbuchtext und Experimentalanleitungen bietet eine Einführung in die Grundlagen der pro- und eukaryotischen Genetik für Studierende des Grund- und Hauptstudiums verschiedener Fachrichtungen. Neben der Biologie zählen hierzu die Fächer Biochemie, Biotechnologie, Medizin sowie Geo-, Agrar- und Ernährungswissenschaften. Dieses Praktikumsbuch ist zum Aufbau eines Experimentalkurses im Diplom- bzw. Bachelor-/Masterstudiengang gut geeignet, da die Mehrheit der molekulargenetischen Experimente mit vertretbarem Aufwand innerhalb eines modular aufgebauten Studienganges etabliert werden kann. Bei der Konzeption des Buches wurden besonders geeignete Modellorganismen ausgewählt, an denen die hier beschriebenen molekulargenetischen Techniken optimal dargestellt werden können. Das Spektrum reicht von den Bakterien Escherichia coli und Bacillus subtilis, über die Pilze Saccharomyces cerevisiae, Neurospora crassa und Sordaria macrospora, die Alge Chlamydomonas reinhardtii, die höhere Pflanze Arabidopsis thaliana bis zur Taufliege Drosophila melanogaster. Um den Bezug zu den verschiedenen Modellorganismen zu erleichtern, wurden Abbildungen und Tabellen durchgängig dreistufig nummeriert. Einführend wird die Biologie der Experimentalorganismen behandelt und durch formalgenetische Experimente ergänzt. In den anschließenden Kapiteln werden folgende Themen behandelt: DNA-Transformation zur Herstellung und Analyse transgener Organismen, PCR- und RNA-Analytik, Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen, heterologe Genexpression, Einsatz von Reportergenen und Bioinformatik sowie eine Auswahl von Standardmetho-
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Vorwort
den der Molekulargenetik. Das Buch schließt mit einem Glossar, Angaben zu weiterführender Literatur und Internetadressen zu Bezugsquellen und relevanten Sachthemen. Die Realisierung dieses Buchprojektes war nur durch die Mithilfe vieler Personen möglich. Wir bedanken uns bei all denen, die zum Gelingen des Buches beigetragen haben, besonders bei E. Jung, G. Frenßen-Schenkel, E. Szczypka und E. Köster sowie bei B. Bongartz, I. Engh, S. Glanz, B. Hoff, J. Kamerewerd, B. Klinkert, K. Kopke, S. Mayrhofer, N. Nolting, C. Rattay und C. Rech für die technische Umsetzung des Textes und der Abbildungen. Insbesondere danken wir auch den Mitarbeitern des Springer-Verlages, Frau I. Lasch-Petersmann und Frau E. Werner für die redaktionelle Betreuung sowie Herrn K.-H. Winter für die Unterstützung bei der Erstellung des Layouts.
Bochum, im Juli 2004
Die Autoren
Autoren
Dr. Astrid Bunse (Kap. 5.1, 6) Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum derzeitige Adresse: QIAGEN GmbH, QIAGEN Straße 1, 40724 Hilden
[email protected] Dr. Heike Holländer-Czytko (Kap. 2.5) Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum heike.hollä
[email protected] Prof. Dr. Christian Klämbt (Kap. 1.7, 2.6, 3.6, 4.5.3, 5.2, 8.4, 8.5) Dr. Robert Klapper Dr. Thomas Strasser Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie Westfälische Wilhelms-Universität Münster Badestraße 9 48149 Münster
[email protected] VIII
Autoren
Dr. Ines Kubigsteltig (Kap. 3.5, 4.5.2, 8.3) Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum
[email protected] Prof. Dr. Ulrich Kück (Kap. 1.4, 2.3, 8.1, 10) Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum
[email protected] Prof. Dr. Friedhelm Meinhardt (Kap. 1.1, 1.2, 2.1, 3.1) Dipl.-Biol. Stefanie Jeske Institut für Molekulare Mikrobiologie und Biotechnologie Westfälische Wilhelms-Universität Münster Correnstr. 3 48149 Münster
[email protected] HD Dr. Jörg Nickelsen (Kap. 1.5, 2.4, 3.4) Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum
[email protected] Dr. Minou Nowrousian (Kap. 4.1–4.4, 4.5.1, 4.5.4, 9) Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum
[email protected] Autoren
HD Dr. Stefanie Pöggeler (Kap. 1.3, 2.2, 3.2, 3.3, 7, 8.1, 8.2) Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum
[email protected] Dr. Stephan Pollmann (Kap. 8.3) Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum
[email protected] Prof. Dr. Elmar Weiler (Kap. 1.6) Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 44801 Bochum
[email protected] Dr. Gabriele Wolff (Copyediting) Dipl.-Math. Kai Wolff Oesterstraße 9 44309 Dortmund
[email protected] IX
Inhalt
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Modellorganismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Escherichia coli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1.1 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1.2 Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.1.3 Technische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.1.4 Biologische Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.1.5 Genetische Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.2 Bacillus subtilis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.2.1 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.2.2 Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.2.3 Technische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.2.4 Biologische Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.2.5 Genetische Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1.3 Saccharomyces cerevisiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1.3.1 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.3.2 Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.3.3 Technische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.3.4 Biologische Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1.3.5 Genetische Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1.4 Neurospora crassa und Sordaria macrospora . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1.4.1 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1.4.2 Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1.4.3 Technische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1.4.4 Biologische Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1.4.5 Genetische Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1.5 Chlamydomonas reinhardtii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1.5.1 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1.5.2 Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1.5.3 Technische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1.5.4 Biologische Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
XII
Inhalt
1.5.5 Genetische Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Arabidopsis thaliana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.1 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.2 Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.3 Technische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.4 Biologische Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.5 Genetische Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Drosophila melanogaster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7.1 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7.2 Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7.3 Technische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7.4. Biologische Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7.5 Genetische Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65 66 66 68 70 72 75 75 76 78 84 86 86
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Genetische Kreuzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2.1 Escherichia coli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2.1.1 Konjugation von E. coli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2.2 Saccharomyces cerevisiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2.2.1 Zufallssporenanalyse bei S. cerevisiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2.3 Neurospora crassa und Sordaria macrospora . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2.3.1 Einfaktorkreuzung mit Farbspormutanten . . . . . . . . . . . . . 105 2.3.2 Kopplungsanalyse mit transgenen Stämmen . . . . . . . . . . . 108 2.4 Chlamydomonas reinhardtii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2.4.1 Tetradenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2.5 Arabidopsis thaliana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2.5.1 Kreuzung von Arabidopsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2.5.2 Kartierung mit CAPS-Markern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2.6 Drosophila melanogaster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2.6.1 Balancer-Chromosomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2.6.2 Fliegenzucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2.6.3 Genetische Kreuzungen mit Drosophila . . . . . . . . . . . . . . . 132
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DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Transformation von E. coli nach der CalciumchloridMethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Natürliche Kompetenz von B. subtilis . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Transformation von B. subtilis durch Elektroporation . . . .
141 142 145 148 151
Inhalt
3.1.4 Isolation von Plasmid-DNA aus Bakterien . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Isolation von chromosomaler DNA aus Bacillus subtilis . . . 3.2 Saccharomyces cerevisiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Transformation von S. cerevisiae mit der Gefriermethode . . 3.2.2 Transformation von S. cerevisiae durch Elektroporation . . . 3.2.3 Isolierung von Gesamt-DNA aus S. cerevisiae zum Nachweis einer erfolgreichen Transformation . . . . . . . . . . . 3.3 Sordaria macrospora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Transformation von S. macrospora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Isolierung von Gesamt-DNA aus Pilz-Stämmen zum Nachweis einer erfolgreichen Transformation . . . . . . . . . . . 3.4 Chlamydomonas reinhardtii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Kerntransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Chloroplastentransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Isolierung von Gesamt-DNA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Arabidopsis thaliana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Herstellung stabil transformierter Linien . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Isolierung von genomischer DNA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Transiente Transformation steril angezogener Keimlinge . . 3.6 Drosophila melanogaster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 Nachweis eines markierten P-Elements . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Genetische Kartierung einer P-Element-Insertion . . . . . . . 3.6.3 Isolierung genomischer DNA aus Drosophila . . . . . . . . . . . 4
PCR-Analytik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Das Prinzip der PCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Bedeutung der PCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Polymerasen für die PCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 PCR-Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Nested PCR, lineare PCR, RAPD-PCR . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Die RT (reverse Transkription)-PCR . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3 Die Real-Time-PCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Experimentalteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 PCR-Analyse von transgenen Pilz-Stämmen . . . . . . . . . . . 4.5.2 PCR zum Integrationsnachweis eines Transgens in Arabidopsis thaliana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Inverse PCR zur molekularen Kartierung einer P-ElementInsertion bei Drosophila . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Nachweis eines Transkriptes mittels RT-PCR . . . . . . . . . . .
XIII
153 157 158 166 171 172 176 185 188 193 198 199 201 203 205 211 212 215 216 218 219 221 221 224 224 225 225 226 226 228 229 235 236 241
XIV
5
Inhalt
RNA-Analytik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Transkriptanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 RNA-Prozessierung bei C. reinhardtii . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 RNA-Isolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 RNA-Gelelektrophorese und Northern Blot . . . . . . . . . . . 5.1.4 Radioaktive Markierung eines Oligonukleotids und Hybridisierung mit filtergebundener RNA . . . . . . . . . . . . 5.2 In-situ-Hybridisierungen an Drosophila-Embryonen . . . . . . . .
247 247 248 250 254 258 260
6
Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen . . . . . . . . . . . . . 265 6.1 In-vivo-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 6.1.1 Hefe-HYBRID-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 6.1.2 Die Wechselwirkung eines Transkriptionsfaktors mit einem Promotorelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 6.1.3 ONE-HYBRID-Analysen durch Selektion von HefeTransformanten auf Histidin-Prototrophie . . . . . . . . . . . . . 273 6.1.4 ONE-HYBRID-Analysen mit Hilfe von LacZ-Tests ausgewählter Hefe-Transformanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 6.2 In-vitro-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 6.2.1 Nachweis einer Interaktion durch Gelretentionsanalysen . . 278 6.2.2 Herstellung von Hefe-Proteinextrakt für Bindungsanalysen 280 6.2.3 Herstellung einer radioaktiv markierten Ziel-DNA (bait) . 283 6.2.5 Gelretentionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
7
Heterologe Genexpression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Escherichia coli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Strategien zur Optimierung der Expression in E. coli . . . . . 7.1.2 Heterologe Synthese eukaryotischer Proteine in E. coli . . . . 7.2 Saccharomyces cerevisiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Strategien zur Optimierung der Expression in S. cerevisiae . 7.2.2 Heterologe Genexpression in S. cerevisiae und Isolierung Virus-ähnlicher Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
291 292 292 300 311 312
Reportergene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Häufig verwendete Reportergene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.1 Ƣ-Galactosidase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2 Ƣ-Glucuronidase (GUS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3 Das grün fluoreszierende Protein (GFP). . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Expression des egfp-Gens in Hyphenpilzen . . . . . . . . . . . . . . .
323 323 324 324 325 327
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317
Inhalt
8.2.1 Nachweis der GFP-Fluoreszenz in Sordaria macrospora . . . 8.3 Nachweis der Ƣ-Glucuronidase-Aktivität in Arabidopsis thaliana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Histochemischer GUS-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Photometrischer GUS-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 X-Gal-Färbungen zur Detektion von Enhancer-trapInsertionen in Drosophila . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Nachweis der Ƣ-Galactosidase-Expression im Embryo . . . . 8.4.2 Nachweis der Ƣ-Galactosidase-Expression in Imaginalscheiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.3 Nachweis der Ƣ-Galactosidase-Expression durch eine Antikörperfärbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Ektopische Expression von Genen in Drosophila melanogaster . 8.5.1 Experimentalstrategien zur Funktionsanalyse von Drosophila-Genen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.2 Überexpression und ektopische Expression eines Transgens
XV
328 332 333 335 337 339 341 342 344 344 347
9
Bioinformatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 9.1 Homologie-Suche in Datenbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 9.1.1 Der BLAST-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 9.1.2 Die Signifikanz von Alignments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 9.1.3 Wichtige Parameter für die Datenbanksuche . . . . . . . . . . . 356 9.1.4 Beispiele zur Datenbanksuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 9.2 EST- und Gesamtgenom-Datenbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 9.2.1 ESTs (expressed sequence tags) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 9.2.2 Beispiele zu ESTs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 9.2.3 Gesamt-Genom-Sequenzen am Beispiel von Neurospora crassa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 9.2.4 Beispiele zu Arbeiten mit einer Gesamtgenomdatenbank . . 361 9.2.5 Beispiele zur Intron-Identifikation mit Hilfe von ESTs und Gesamtgenomdatenbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 9.3 Unbekannte Sequenz — Was tun? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 9.4 Phylogenie-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 9.4.1 Grundlagen der Stammbaum-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . 368 9.4.2 Vorgehen bei der Erstellung eines Stammbaumes . . . . . . . . 370 9.4.3 Beispiele zur Phylogenie-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
10
Grundtechniken der molekularen Genetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 10.1 Phenolisieren von DNA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
XVI
Inhalt
10.2 Fällungen von Nukleinsäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Extraktion von DNA aus Agarosegelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.1 Phenolextraktion aus Agarosegelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.2 Freeze-and-squeeze-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Restriktionsanalyse und Gelelektrophorese . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Southern Blot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Markierung von Nukleinsäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.1 Oligo-primed-labelling-Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.2 5’-Markierung von Oligonukleotiden . . . . . . . . . . . . . . . . 10.7 DNA-DNA-Hybridisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
376 378 378 379 380 382 383 384 385 386
Referenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internetadressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hersteller und Bezugsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stammsammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internetportale, Datenbanken und Programme. . . . . . . . . . . . . . . .
389 389 396 396 397 397
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Abkürzungen und Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
1 Modellorganismen
Wesentliche biologische Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte wurden an Modellorganismen gewonnen. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für die Laborarbeit genetisch angepasst wurden und viele Mutanten dieser Organismen bekannt sind. Diese dienen als genetische Marker und können zusammen mit Daten der Genomsequenzierung zur Beantwortung von entwicklungsbiologischen, physiologischen oder morphologischen Fragestellungen genutzt werden. Typische Beispiele für Modellorganismen sind die Bakterien Escherichia coli und Bacillus subtilis, die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae, die Schimmelpilze Neurospora crassa und Sordaria macrospora, die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii, die Acker-Schmalwand Arabidopsis thaliana sowie die Taufliege Drosophila melanogaster, die im Folgenden vorgestellt werden. Neben der Angabe der systematischen Einteilung, der Genomdaten und einer Zeittafel werden folgende Themen, die mit dem Modellorganismus in Zusammenhang stehen, angesprochen: historisch wichtige Ergebnisse, der Lebenszyklus, wesentliche technische Entwicklungen, generelle biologische Fragestellungen und genetische Ressourcen.
1.1 Escherichia coli «Tout ce qui est vrai pour le Colibacille est vrai pour l’ éléphant.» Jacques Monod, 1972 Die Klassifizierung von Bakterien berücksichtigt heutzutage — wie auch für Pflanzen und Tiere — weitgehend die natürlichen Abstammungs- und Verwandtschaftsverhältnisse. Eines der ältesten, aber heute noch gebräuchlichen, Einteilungskriterien ist die Gramfärbung. Sie basiert auf Unterschieden in der Zellwandstruktur (Abb. 1.1.1). Grampositive Bakterien behalten bei Anfärbung mit Kristallviolett/Jod den blauschwarzen Farbstoffkomplex nach
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1 Modellorganismen
grampositiv
gramnegativ ÄM
Mur
Mur
CM
CM CY
CY
Abb. 1.1.1. Schematische Darstellung des Zellwandaufbaus bei Bakterien. Bakterien lassen sich durch die Gramfärbung in grampositiv und gramnegativ differenzieren. Grampositive Zellhüllen bestehen aus einer Cytoplasmamembran (CM) die das Cytoplasma (CY) umgibt und einem vielschichtigen Mureinsacculus (Mur). Gramnegative Zellhüllen besitzen sowohl eine Cytoplasmamembran (CM) als auch eine äußere Membran mit Lipopolysacchariden (ÄM), zwischen denen sich der periplasmatische Raum mit einer einschichtigen (maximal zweischichtigen) Mureinschicht (Mur) befindet
Behandlung mit Ethanol, während gramnegative Bakterien entfärbt werden. Typische und genetisch sehr gut charakterisierte Vertreter dieser phylogenetisch sehr divergenten Gruppen sind das gramnegative Darmbakterium Escherichia coli und das grampositive Bodenbakterium Bacillus subtilis. E.-coli-Bakterien, Vertreter der Enterobacteriaceae, sind gramnegative, kurze, stumpfe Stäbchen (ca. 0,6 × 1–2 µm) mit peritricher Begeißelung, die zur aeroben Atmung und anaeroben Fermentation (fakultativ anaerob) befähigt sind. Sie kommen in der normalen intestinalen Flora des Menschen, anderer Säuger und von Vögeln vor, machen in aller Regel jedoch nur etwa 1 % der mikrobiellen Population aus. Im Erdreich oder Wasser können sie nur kurze Zeit überleben. Neben dem harmlosen E.-coli-K12-Stamm und seinen Derivaten, zu denen in aller Regel heutige Laborstämme zählen, existieren jedoch auch pathogene Stämme. Die Popularität und Eignung als Modellorganismus beruht weniger auf herausragenden Fähigkeiten oder Charakteristika von E. coli, sondern vielmehr auf zweckmäßigen Eigenschaften wie einfacher Handhabung, guter Kultivierbarkeit, geringer Virulenz sowie der historischen Bedeutung. Durch die Entdeckung des Austausches von genetischer Information bei E. coli (Konjugation) wurde auch der methodische Grundstein für weitere genetische Untersuchungen gelegt. In einem selbstverstärkenden Prozess dienten die erhaltenen Ergebnisse und neu entwickelten Methoden wiederum als Ansporn für neue Forschungen, so dass E. coli bis heute als eines der bedeutendsten Modellsysteme der molekularen Biologie und Biotechnologie gilt.
1.1 Escherichia coli
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Systematische Einteilung Domäne: Phylum: Klasse: Ordnung: Familie: Gattung:
Bacteria Proteobacteria Gammaproteobacteria Enterobacteriales Enterobacteriaceae Escherichia
Genomsteckbrief • • • •
zirkuläres Genom (Bakterienchromosom, Nukleoid) Genomgröße bei Escherichia coli K12: 4,64 Mb Anzahl der ORFs: 4491 Gesamtzahl tRNA-Gene: 86, zusätzlich 1 Selenocystein tRNA-Gen und 1 potentielles Pseudogen • Gesamtzahl rRNA-Gene: 22 in 7 Operons • G+C -Gehalt: 50,8 % • Plasmide möglich: episomale DNA, zirkulär, kovalent geschlossen 1.1.1 Historisches 1885 1919 1925 1943 1946 1947 1951 1953 1953 1955
Entdeckung durch Theodor Escherich (Bacterium coli commune) Umbenennung in Escherichia coli Kreuzungsversuche mit Ernährungsmutanten, Veröffentlichung jedoch erst 1937 „Fluktuationstest“: Mutationen treten zufällig auf erstmalige Beschreibung von parasexuellen Vorgängen bei Bakterien: Konjugation von Auxotrophiemutanten Erstellung einer ersten Genkarte durch Kreuzungen und Komplementation Entdeckung des Phagen Lambda und der Transduktion Identifikation des F-Faktors Charakterisierung eines Hfr-Donors Erstellung einer Genkarte durch Konjugation und unterbrochene Paarung
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1 Modellorganismen
1961 1963 1973 1982
Untersuchung der Regulation des lac-Operons (Operonmodell) zirkuläres Bakterienchromosom Herstellung des ersten gentechnisch veränderten Organismus der pathogene Stamm E. coli O157:H7 tritt erstmals in Erscheinung (Diarrhö und letale Nierenschäden) 1987 komplette Restriktionskarte des E.-coli-Chromosoms 1997 Abschluss der Genomsequenzierung Dezember 2002 Abschluss der fünften und bisher letzten Genomsequenzierung (E. coli CFT073) Der Kinderarzt und Bakteriologe Theodor Escherich isolierte und beschrieb im Jahre 1885 erstmals ein von ihm Bacterium coli commune genanntes Bakterium, welches 1919 durch A. Castellani und A. J. Chalmers in Escherichia coli umbenannt wurde. Erst 1943 begann jedoch mit dem von E. Luria und M. Delbrück durchgeführten Fluktuationstest, welcher die Auffassung von Mutation als einem ungerichteten, vom selektierenden Agens unabhängigen Prozess belegte, die Aera der Bakteriengenetik. Erste Versuche zur Kreuzung von E.-coli-Ernährungsmutanten, die sich in einem Merkmal unterschieden, wurden durch Sherman und Wing 1925 durchgeführt und 1937 veröffentlicht, 1946 konnten dann in stabilen, doppelt auxotrophen E.-coli-Mutanten parasexuelle Prozesse gezeigt werden (E. L. Tatum und J. Lederberg). Die Konjugation stellte im Folgenden einen entscheidenden Faktor für die Entwicklung der Bakteriengenetik und Molekularbiologie dar, da sich hierdurch die Möglichkeit zur Genkartierung und gezielten, genetischen Manipulation ergab. Der Austausch genetischen Materials durch Bakteriophagen konnte ebenfalls 1946 durch A. Hershey und M. Delbrück gezeigt werden. Ein Jahr später, 1947, gelang es J. Lederberg und Cavalli und Heslot auf Basis von Kreuzung und Komplementation eine erste, überraschend genaue genetische Karte von E. coli (K12) zu erstellen. Im Rahmen der Untersuchungen zur Mutagenese konnte 1949 von Kelner an UV-Abtötungskurven gezeigt werden, dass Bakterien in der Lage sind, Schäden, die durch UV-Licht hervorgerufen werden, bei Bestrahlung mit sichtbarem Licht zu überleben (Photoreparatur), was 1950 durch Dulbecco bestätigt werden konnte. Im Jahr 1951 entdeckte Esther Lederberg den temperenten Bakteriophagen Lambda in E. coli und J. Lederberg und N. D. Zinder das Phänomen der DNAÜbertragung durch Bakteriophagen (Transduktion). Im Jahr 1952 prägte J. Lederberg den Begriff „Plasmid“. Er charakterisierte Plasmide anhand ihrer
1.1 Escherichia coli
5
Eigenschaften als episomale, ringförmig geschlossene und autonom replizierende DNA-Moleküle. Obwohl parasexuelle Prozesse seit 1946 belegt waren, konnte der verantwortliche F-Faktor (fertility) erst im Jahr 1953 (Joshua Lederberg, Luigi Cavalli-Sforza und Esther Lederberg) identifiziert und hochfrequent rekombinierende Donorstämme (HFr, high frequency of recombination) charakterisiert werden (W. Hayes). Das Wissen um die Fähigkeit von Hfr-Stämmen, Teile ihres Genoms auf die Empfängerzelle zu übertragen, ermöglichte 1955 die Erstellung einer Genkarte für E. coli auf Basis der „unterbrochenen Paarung“ (E. L. Wollman und F. Jacob). Zur Erkenntnis, dass E. coli ein zirkuläres Bakterienchromosom besitzt, kam man jedoch erst acht Jahre später (J. Cairns 1963). 1961 zeigte T. Watanabe, dass Plasmide als übertragbare Resistenzträger fungieren können und F. Jacob und J. Monod erläuterten erstmals das heute als Paradigma für Regulationsprozesse bekannte lac-Operon. Weitere Untersuchungen der Wirt-Virus-Interaktion an E. coli und Lambda führten zur Entdeckung der wirtskontrollierten Modifikation und Restriktion von DNA. Die Entdeckung von Restriktionsenzymen und ihrer Anwendungsmöglichkeiten (Arber 1969) sowie die Beschreibung spezifischer Restriktionsenzyme (H. O. Smith 1970) legten den Grundstein für die 1972 beginnende DNA-Rekombinationstechnik. Fast 20 Jahre waren bis dato seit der erstmaligen Beschreibung des Phänomens der Restriktion 1953 (Bertani und Weigle) vergangen. 1972–73 gelang H. W. Boyer und S. N. Cohen die Herstellung des ersten gentechnisch veränderten Organismus: Funktionelle Plasmide mit Fremd-DNA wurden in vitro kombiniert, diese in E. coli übertragen und die genetische Information in der Empfängerzelle ausgeprägt. Die komplette Restriktionskarte des E.-coli-Genoms wurde 1987 veröffentlicht, zehn Jahre später konnte das Genom-Sequenzierprojekt der University of Wisconsin und der Nara Universität, Japan, abgeschlossen werden (Blattner et al. 1997), und bis zum Dezember 2002 lagen die Daten von insgesamt fünf Escherichia coli Gesamtgenomen vor. Pathogene Human- und tierpathogene Vertreter sind: DAEC: Diffus adherierende E. coli EAggEC: Enteroaggregative E. coli EHEC: Enterohaemorrhagische E. coli EIEC: Enteroinvasive E. coli EPEC: Enteropathogene E. coli
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1 Modellorganismen
ETEC: NMEC: UPEC:
Enterotoxische E. coli Neonatal meningitis E. coli Uropathogene E. coli
E. coli kommt als harmloser Kommensalist im unteren Teil des Ileums (Dickdarm) beim Menschen und anderen Warmblütern vor. Da ein Überleben auch außerhalb des natürlichen Habitats zumindest für kurze Zeit möglich ist, lässt er sich häufig z. B. auf rohen Speisen und in unserer direkten Umgebung finden. Seit der in Rindern vorkommende E. coli O157:H7 (ein EHEC Vertreter) 1982 erstmals als Auslöser blutiger Diarrhö und tödlichen Nierenversagens identifiziert wurde, ist dieser bis heute ein häufiger Lebensmittelvergifter. Bei der Untersuchung des Erregers stellte sich heraus, dass dessen Genom etwa um ein Viertel größer ist als das seiner harmlosen Verwandten. Beide teilen eine genetische Grundausstattung von etwa 4000 Genen, E. coli O157:H7 besitzt jedoch zusätzlich 1387 Gene. Diese durch horizontalen Gentransfer erworbenen Gene werden in stammspezifischen Clustern unterschiedlicher Größe zusammengefasst. Dazu gehören z. B. Virulenz- oder Adhäsionsfaktoren und das Shiga-Toxin. Das in großen Mengen produzierte Toxin ähnelt stark dem Shigella-dysenteriae-Toxin. Produkte anderer Gene sorgen dafür, dass ein oral aufgenommener pathogener Stamm die Magenpassage unbeschadet übersteht und somit schon wenige hundert Zellen für eine erfolgreiche Infektion genügen. 1.1.2 Lebenszyklus E. coli erreicht in Vollmedium bei optimaler Wachstumstemperatur (37 °C) eine Verdopplungszeit von etwa 20 min. In glucosehaltigem Minimalmedium beträgt die Verdopplungszeit bei optimaler Temperatur jedoch bereits 60– 90 min. Der symmetrischen Zweiteilung einer Bakterienzelle geht die Replikation des Bakterienchromosoms voraus. Die Initiation der Replikation beginnt am Replikationsstartpunkt, dem oriC. Der DNA-Entwindung und Bildung der Replikationsgabeln folgt die bidirektionale Replikation, welche am Replikationsterminator terC stoppt. Eine Replikationsrunde benötigt ca. 40 min, weitere 20 min später findet die Zellteilung mit der Verteilung der Genome auf die Tochterzellen statt. Um eine Generationszeit von 20 min zu erreichen (s. o.), muss deshalb an den noch replizierenden Genomen erneute Replikationsinitiation stattfinden, so dass eine Verteilung von replizierenden Genomen auf die Tochterzellen erfolgt.
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log (Zellzahl)
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I
II
III
IV
V
VI
a Zeit
1 2
7
3
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b
4
5
Abb. 1.1.2 a, b. (a) Schema der vegetativen Vermehrung von Bakterienzellen. Die Wachstumskurve einer Kultur, der Logarithmus (log) der Zellzahl in Abhängigkeit von der Zeit, teilt sich in sechs Phasen. Phase I, lag-Phase ohne Zellteilung, Phase II, die Beschleunigungsphase mit beginnender Teilung, und Phase III, die exponentielle Wachstumsphase mit maximaler Verdopplungsrate. In Phase IV verlangsamt sich die Teilung (Verzögerungsphase), um in der stationären Phase aufzuhören (Phase V). Phase VI ist die Absterbephase, in der die Biomasse der Kultur abnimmt. Zellteilung findet in den Phasen II–IV statt. (b) Die Zellteilung beginnt mit der Theta-Replikation des Bakterienchromosoms, ausgehend vom Origin (1), und die DNA lagert sich in der Zellmitte an (2). Nun wird eine neue Membran mittig von außen nach innen gebildet (3, 4) und die Zellwand vervollständigt, bis beide Zellen getrennt sind (5, 6). Die Tochterzellen durchlaufen nun ihrerseits den Zellteilungszyklus (7). In der Zelle ist die chromosomale DNA (schwarze Zirkel) mit dem Replikationsursprung (grauer Bereich) dargestellt
In der Zellmitte erfolgt bei der eigentlichen Zellteilung die Bildung eines irisblendenartig von der äußeren Zellwand nach innen wachsenden Septums (Abb. 1.1.2 b). Da das Bakterienchromosom an der Zellmembran angeheftet ist, werden die Kopien bei der Zellteilung gleichmäßig auf beide Tochterzellen verteilt; eventuell vorhandene Plasmide liegen jedoch frei im Cytoplasma vor und werden zufällig verteilt.
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Verfolgt man das Zellwachstum, zeigt die Wachstumskurve (Abb. 1.1.2 a) den typischen Verlauf mit lag-, exponentieller, stationärer und Absterbe-Phase. In der lag-Phase findet die Adaption der Zellen an die äußeren Bedingungen wie beispielsweise das Nährstoffangebot statt. Mit der ersten Zellteilung beginnt die Beschleunigungsphase, welche mit dem Erreichen der maximalen Teilungsrate in die exponentielle Wachstumsphase übergeht. Unter optimalen Wachstumsbedingungen findet nun theoretisch unbegrenztes, exponentielles Wachstum durch Zweiteilung statt. Durch Limitierung und Hemmung, wie die Abnahme des Nährstoffgehalts, die Anhäufung von Stoffwechselprodukten sowie die steigende Populationsdichte, tritt die Kultur in die Verzögerungsphase ein. Die Teilung verlangsamt sich, um in der stationären Phase gänzlich aufzuhören. Nach einiger Zeit beginnen die Zellen abzusterben — die Biomasse der Kultur nimmt ab. 1.1.3 Technische Entwicklungen E. coli ist heute ein unverzichtbares Instrument biologischer Grundlagenforschung und Anwendung. Kaum ein molekulargenetisch oder -biologisch arbeitender Wissenschaftler wird auf E. coli als Klonierungs- oder Expressionswirt verzichten können. Der Phage Lambda Das 1951 in E. coli K12 entdeckte und für Menschen ungefährliche Virus (Phage Lambda) entwickelte sich unter anderem aufgrund seiner ausgeklügelten Genregulation zu einem Modellsystem und wichtigen Werkzeug der molekularen Genetik. In einem Bakterienrasen verursacht eine Infektion mit diesem Phagen trübe Plaques, in denen resistente Kolonien heranwachsen: Da Lambda ein temperentes („gemäßigtes“) Virus ist, kann die Infektion sowohl lytisch als auch lysogen erfolgen, was entweder zur Lyse der infizierten Zelle und so zur Phagenfreisetzung führt oder zum Einbau der Phagen-DNA in das Bakteriengenom (Abb. 1.1.3). Dieser Prophage wird an nachfolgende Generationen weitergegeben und kann durch DNA-schädigende Einflüsse, die das SOS-Reparatursystem der Zelle aktivieren, wieder in den lytischen Zyklus eintreten. Aufgrund seiner Morphologie, einer ikosaedrischen Kopfstruktur aus 72 Capsomeren (60 nm Durchmesser) und einem flexiblen, nichtkontraktilen Schwanz (etwa 150 × 8 nm) mit Schwanzfaser wird Lambda den Siphoviridae zugeordnet. In seinem Kopf liegt das doppelsträngige, ca. 50 Gene umfassende, DNA-Genom von 48 502 bp, dessen Sequenz bereits seit 1982
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I VI
X V
IX
VII
II
XI
VIII IV
III
Abb. 1.1.3. Der Vermehrungszyklus des temperenten E. coli-Phagen Lambda. Nach Andocken des Phagen an die Maltoserezeptoren der Zellmembran und Injektion der Virus-DNA (grau dargestellt) zirkularisiert diese intrazellulär über die cos-Stellen (I). Nun können der lytische (II-VI) oder der lysogene Zyklus (VII–XI) eingeschlagen werden. Beim lytischen Zyklus kommt es zunächst zur Theta-Replikation der Lambda-DNA (II) und dann zur Konkatemerbildung (III), zur Verpackung einzelner Genome in Phagenköpfe und zum Phagenzusammenbau (IV). Phagenproteine lysieren die Zelle (V) und setzen reife Phagen frei (VI), die ihrerseits neue Zellen infizieren können. Wird der lysogene Weg eingeschlagen, so wird das Phagengenom über „Attachment“-Stellen in die chromosomale DNA des Bakteriums integriert (zwischen dem gal- und bio-Operon) (VII). Bei jeder Zellteilung erhalten die Tochterzellen so je ein Phagengenom (VIII, IX). Kommt es zur Induktion des lytischen Zyklus (X) unter Exzision des Lambda-Genoms aus dem Bakterienchromosom, so tritt der Phage in den lytischen Zyklus ein (XI). Die cos-Stellen der Lambda-DNA sind schwarz gekennzeichnet
bekannt ist, in linearer Form vor. Nach der Infektion einer Bakterienzelle über Maltoserezeptoren kommt es, vermittelt durch die 12 bp langen, 5’-überhängenden, zueinander komplementären cos-Enden (kohäsive-), zur Zirkularisierung der Phagen-DNA. Diese wird, abhängig vom physiologischen Zustand der Wirtszelle und dem damit korrelierenden Gehalt an Proteasen, entweder in das Genom integriert oder durch zelleigene Enzyme repliziert. Zunächst werden ca. 50 Genomkopien nach dem bidirektionalen Mechanismus repliziert. Anschließend nach dem Prinzip des rollenden Ringes mehrere Genome lange, verpackungsfähige, konkatemere DNA-Moleküle abgeschrieben, die über die cos-Stellen verknüpft sind. Jede DNA, die cos-Stellen im Abstand von ca. 48,5 kb (eine Genomgröße) besitzt, wird in Phagenköpfe eingefädelt
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und verpackt. Im Anschluss daran erfolgt der vollständige Zusammenbau der Phagen und die Freisetzung durch Zelllyse. Auf Basis dieses Verpackungsmechanismus werden Lambda-Vektoren in der Gentechnik verwendet, um beispielsweise große Fragmente, wie sie bei der Herstellung von Genbanken benötigt werden, klonieren zu können. Sehr große Fragmente von bis zu 46 kb lassen sich in Cosmiden klonieren, die neben einem Replikationsursprung und einer selektierbaren Marke für E. coli nur noch die für die Verpackung nötigen Elemente wie cos-Stellen tragen. Da Genbanken vollständig und überlappend sein müssen, benötigt man eine Abschätzung für die Anzahl der notwendigen Klone. Für deren statistische Mindestanzahl N gilt N = ln(1–p) / ln(1–f ) Dabei ist p die erwünschte Wahrscheinlichkeit, mit der das Gen in der Bank vorkommen soll und f das Verhältnis der durchschnittlich eingebauten Fragmentgröße zur Gesamtgenomgröße (nach Clarke und Carbon 1976). Mutanten Um Auslösung und Wirkung von Mutationen zu studieren, sind haploide Genome wie das von E. coli generell gut geeignet, da bei Haplonten der Phänotyp dem Genotyp entspricht. Viele Eukaryoten (z. B. Arabidopsis thaliana oder Drosophila melanogaster) besitzen ein diploides Genom, welches Mutationsstudien erschwert. Genetische Nomenklatur Prokaryotische Gene werden mit einem Kürzel aus drei kursiven Kleinbuchstaben bezeichnet, häufig mit Bezug zur Funktion des Gens. Diesem folgt ein Großbuchstabe, der eine Differenzierung verschiedener Loci, welche den gleichen Phänotyp beeinflussen, ermöglicht (proA, proB). Werden neue Mutationen eines Gens isoliert, erfolgt ihre Unterscheidung durch eine zusätzliche Nummerierung (proA52). Ein Bindestrich ersetzt den Großbuchstaben zwischen Kürzel und Nummer, falls Unklarheit über den genauen Gen-Locus herrscht. Seit Genomsequenzierprojekte eine Fülle von hypothetischen Genen ohne Funktionszuweisung identifizieren, erfolgt ihre Nomenklatur zunächst durch eine systematische Buchstaben- und Zahlenkombination. Diese wird in der Regel später durch einen funktionsbezogenen Namen ersetzt. Der Phänotyp wird durch das Kürzel in Normalschrift bezeichnet, dessen erster Buchstabe groß geschrieben wird (Pro –, Prolin-auxotroph). Soll ein Protein benannt werden, so wird das Kürzel des Gens in Normalschrift verwendet und der erste
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Buchstabe groß geschrieben. Der dem Kürzel folgende Großbuchstabe und die Nummer bleiben unverändert (ProA, ProB). Mutagenese Spontan auftretende Mutationen (10 –6 –10 –10 Mutationen pro Generation und Gen) bilden in Kombination mit der Selektion und Rekombination die Basis der genetischen Evolution. Neben fehlerhafter DNA-Replikation durch zufälligen Falscheinbau von Nukleotiden, was mit einer durchschnittlichen Häufigkeit von 10 –7–10 –11 pro eingebautem Basenpaar erfolgt, findet man induzierte Mutationsauslösung. Mutagene sind sowohl physikalischer Natur (z. B. UV-Licht, Röntgen- oder radioaktive Strahlung), chemische Agenzien (z. B. das im Labor häufig zur Mutationsauslösung verwendete Ethylmethansulfonat, EMS) als auch biologische Faktoren („springende Gene“: IS-Elemente oder Transposons). Eine Basensubstitution durch Austausch einzelner Nukleotide resultiert in der Regel in „Missense“- oder „Nonsense“-Mutationen. Missense-Mutationen können aufgrund der Degeneriertheit des genetischen Codes still sein, d. h. keine Veränderung der Aminosäuresequenz des kodierten Proteins bewirken. Wird die Primärstruktur jedoch geändert, kann dies Auswirkungen auf die Funktion haben, wenn beispielsweise die Proteinfaltung beeinträchtigt wird oder katalytische Zentren betroffen sind. Konditional letale Mutanten entstehen, wenn temperatursensitive Proteine gebildet werden, d. h. ein Protein kann bei 25 °C funktionsfähig sein, während die Funktion bei über 30 °C beeinträchtigt ist. Die Entstehung eines Stoppcodons bewirkt vorzeitige Termination der Translation, was zu einem verkürzten und häufig nicht mehr funktionalen Protein führt (Nonsense-Mutation). Durch Insertion oder Deletion von Basen hervorgerufene Mutationen führen dann, wenn die Anzahl der inserierten oder deletierten Basen nicht einem Vielfachen von drei entsprechen, ebenfalls zu funktionsunfähigen Proteinen, da das Triplettraster verschoben wird (Rasterschub-Mutation). Reparaturmechanismen Nicht jede DNA-Schädigung führt zwangsläufig zu einer Mutation. Bis zu einem gewissen Grad ist E. coli wie jede andere Zelle befähigt, diese Schäden zu reparieren. Hierbei bestimmen Art und Ausmaß der Schädigung den Reparaturmechanismus. Generell gilt, dass Mutationen aus fehlerbehafteter Reparatur resultieren. Bei schweren DNA-Schäden wird in der E.-coli-Zelle ein Notfallprogramm induziert (SOS-Antwort), in dessen Verlauf es zur Anhäufung von einzel-
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strängiger DNA und schließlich zur fehlerbehafteten Reparatur kommt. Das in jeder Zelle vorkommende Rekombinationsprotein RecA (7200 Moleküle/ Zelle) erlangt durch Bindung an einzelsträngige DNA Apoproteaseaktivität. Die Spaltung des Transkriptionsrepressors LexA führt zur Induktion von mehr als 20 SOS-Genen. Unter anderem wird die Zellteilung blockiert (sfiAGen) und die Expression von umuD und C (error prone repair, fehlerbehaftete Reparatur) sowie der uvr-Gene (Excisionsreparatur) ermöglicht. Geringe DNA-Schädigungen stellen kein Problem dar, die durch UV-Licht induzierten Thymin-Dimere werden nämlich außerhalb der SOS-Reparatur entweder durch eine Photolyase aufgelöst oder durch eine spezielle Exzisase entfernt. DNA-vermittelte Transformation Die Fähigkeit einer Zelle, freie DNA aus dem umgebenden Medium aufzunehmen, wird als Kompetenz definiert. E. coli muss, wie viele andere Organismen, einer besonderen Behandlung unterzogen werden, um einen transformationskompetenten Zustand zu erreichen. Hierzu bieten sich verschiedene Möglichkeiten an: Behandlung mit zweiwertigen Ionen, z. B. bei der Calciumchlorid-Methode (Mandel und Higa 1970) und bei der Hanahan-Methode (Hanahan 1983), die Magnesiumchlorid verwendet, und Elektroporation. Da nur ein relativ kleiner Teil einer Bakterienpopulation tatsächlich transformiert werden kann, ist eine Selektion vonnöten, was bei E. coli in der Regel durch Resistenzmarker ermöglicht wird. Ein Beispiel ist die häufig verwendete Ampicillinresistenz (Amp), vermittelt durch die Ƣ-Lactamase (bla), welche ƢLactam-Antibiotika spaltet. Je nach Schicksal der eingebrachten DNA unterscheidet man zwischen transienter und stabiler Transformation. Im ersteren Fall verlieren die Transformanten wegen des Abbaus der DNA den mit der eingebrachten Information korrelierten Phänotyp. Stabile Transformanten erhält man durch Verwendung replikationsfähiger Plasmide oder durch Integration in das Genom. Verfügbarkeit der Gesamtgenomsequenz Die Abstände von Genen werden bei einer durch Konjugation und unterbrochene Paarung erstellten, physikalischen Genomkarte in Minuten angegeben. Die Einheit ist auf die DNA-Menge bezogen, die von einer durchschnittlichen Hfr-Zelle in 1 min transferiert wird. Das Gesamtgenom ist demzufolge 100 min lang, die Positionsangabe der genetischen Marker erfolgt, da es sich
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um ein zirkuläres Genom handelt, relativ zum „Nullpunkt“ (thr) im Uhrzeigersinn. Diese Karten sind zwar überraschend exakt, die Sequenzierung des E.-coli-Gesamtgenoms hat jedoch eine bis dato nicht gekannte Genauigkeit ermöglicht. Mit 4,64 Mb liegt die Größe des E.-coli-K12-Nukleoids um das Tausendfache unter der Genomgröße des Menschen mit etwa 3 ⋅ 103 Mb (auf 46 Chromosomen in der diploiden Zelle). Für ein Bakterium ist das Genom jedoch recht groß. Im Vergleich dazu liegen die Größen anderer bakterieller Genome zwischen etwa 0,5 Mb DNA bei Mycoplasmen und ca. 8,0 Mb bei Actinomyceten. Zu den kodierten 4491 Genen können weiterhin nicht essentielle Gene auf Plasmiden hinzukommen. Der G+C -Gehalt der E.-coli-DNA erscheint mit 50,8 % ausgewogen und ist bei den bisher sequenzierten Stämmen gleich. Repetitive Elemente Im Genom von E. coli finden sich insgesamt nur 88 tRNA-Gene, von denen 86 für die 20 proteinogenen Aminosäuren kodieren. Zusätzlich finden sich eine tRNA für die 21. Aminosäure Selenocystein und ein potentielles Pseudogen. Die Gesamtzahl der rRNA-Gene beträgt 22 (arrangiert in sieben Operons). Trotz der Seltenheit der rRNA- und tRNA-Gene im Verhältnis zu den proteinkodierenden, stellen diese RNA-Spezies den größten Anteil an der Gesamt-RNA-Menge in E. coli. Der mRNA-Anteil beträgt nur ca. 5–10 %, wohingegen die tRNA etwa 15 % der Gesamt-RNA einer Zelle ausmacht. Ein E.-coli-Ribosom besteht zu 40 % aus Proteinen und 60 % aus verschiedenen rRNA-Spezies: Die kleine Untereinheit enthält 16S rRNA und die große Untereinheit 23S und 5S rRNA. Zusätzlich kann das Genom von E. coli transponierbare Elemente ( „springende Gene“) enthalten, welche in der Lage sind, von einer Position zu einer anderen auf dem gleichen oder einem anderen DNA-Molekül zu wechseln. Dazu gehören bis zu zehn Kopien von IS-Elementen (Insertionselemente) und Transposons, in manchen Zellen auch transponierbare Phagen. Die Größe von IS-Elementen liegt im Durchschnitt bei 800–2000 bp, und sie besitzen kurze, terminale, invers repetitive Sequenzen (10–50 bp). Diese kodieren zentral gelegene Gene für Transpositionsproteine (Transposase). Zur näheren Kennzeichnung wird eine Ziffer benutzt, z. B. IS 1, 2, 5, 10. Größer als IS-Elemente und mit zusätzlichen Resistenzgenen ausgestattet sind Transposons (Tn), die sich nach ihrem Aufbau in zwei Klassen differenzieren lassen. Die zusammengesetzten Transposons der Klasse I bestehen aus einem zentralen Abschnitt, der von IS-Elementen eingerahmt wird (z. B. Tn 5, 9, 10). Die komplexen Transposons der Klasse II besitzen zentral kodierte Transpositionsproteine,
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1 Modellorganismen
die von kurzen, invers repetitiven Sequenzwiederholungen eingerahmt werden (z. B. Tn 3, 501, 1000). Plasmide Neben dem Nukleoid enthalten einige E.-coli-Stämme zusätzliche DNA in Form episomaler Plasmide, deren Größe von etwa 6,4 kb (Col E1) bis über 100 kb (z. B. F-Faktor, ca. 100 kb) reicht und deren Replikation unabhängig vom Bakterienchromosom erfolgt. Auf ihnen kodierte Informationen sind nicht essentiell, bieten unter bestimmten Bedingungen jedoch Selektionsvorteile. Charakteristika von Plasmiden sind, neben der Größe, die Kopienzahl, der Mechanismus der Replikation oder die Übertragbarkeit auf andere Organismen. Auch das Wirtsspektrum, welches in der Regel durch die Abhängigkeit der Replikation von zellulären Proteinen bestimmt wird, sowie vorhandene selektierbare Marken unterscheiden Plasmide. Ihre Kopienzahl wird über den Replikationsursprung reguliert. Sie kann von 1–10 Kopien bei stringenter Kontrolle (low copy) über eine mittlere Kopienzahl (10–100), bis hin zur Hochkopienzahl von über 100 Plasmiden (high copy) bei relaxierter Replikationskontrolle reichen. Ebenfalls von der Beschaffenheit des Origin hängt ab, nach welchem Mechanismus die Replikation stattfindet. Die meisten Plasmide replizieren nach dem Ring-zu-Ring Mechanismus, der Theta-Replikation, seltener nach dem Prinzip des rollenden Ringes (rolling circle), was vor allem bei kleinen high-copy-Plasmiden oder der konjugativen Übertragung des F-Plasmids der Fall ist. Bei nichtkonjugativen Plasmiden erfolgt die Weitergabe während der Zellteilung an die Tochterzellen (vertikal). Konjugative Plasmide können zudem im Rahmen parasexueller Prozesse horizontal zwischen verschiedenen E.-coliZellen und manchmal sogar durch Interspezieskonjugation weitergegeben werden. Die Mobilisierbarkeit dieser Plasmide (z. B. F-Plasmid) versetzt Bakterien in die Lage, beispielsweise Resistenzen „einzusammeln“ und sich so ihrer Umwelt besser anzupassen. Ein besonders interessantes Beispiel für ein mobilisierbares Plasmid ist das 200 kb große Ti (Tumor induzierendes)-Plasmid des phytopathogenen, Wurzelhalsgallen bildenden Bakteriums Agrobacterium tumefaciens. Der Auslöser der Tumorbildung ist ein 20 kb großer Bereich des Ti-Plasmids, die T (transferred)-DNA. Nach Übertragung und Integration in das Genom der Pflanzenzelle wird diese zur Produktion von Phytohormonen und Opinen angeregt. Opine (Octopin, Nopalin, Agropin) dienen dem Pathogen als Nährstoffquelle. A. tumefaciens ist jedoch nicht nur in der Lage Pflanzenzellen zu transformieren, sondern findet in der Molekularbiologie sogar bei der Interspezieskonjugation mit anderweitig schwer zu transformierenden Hyphenpilzen Verwendung (Kap. 3.3 und 3.5).
1.1 Escherichia coli
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1.1.4 Biologische Fragestellungen Aufgrund der guten Transformierbarkeit und der Vielzahl von Vektoren ist E. coli zum idealen Klonierungszwischenwirt geworden. So stehen beispielsweise zur Anlage von Genbanken verschiedenste Systeme mit einer Aufnahmekapazität von bis zu 300 kb (BAC, bacterial artificial chromosome) zur Verfügung. Diese sind idR. Derivate des F-Faktors und aufgrund ihrer stabilen Replikation ein häufig verwendetes System. Ebenso finden phagenbasierte Systeme (z. B. vom Phagen Lambda abgeleitete Vektoren und Cosmide) Verwendung bei der Klonierung größerer DNA-Fragmente. Besondere Eignung besitzt E. coli auch bei komplexeren Klonierungen, da relativ kleine, optimierte Vektoren zur Verfügung stehen. Sie können DNA von bis zu 10 kb oder mehr an definierten Restriktionsschnittstellen aufnehmen, lassen sich einfach transformieren und auch wieder schnell und einfach isolieren. Viele dieser Klonierungsvektoren besitzen zudem die Fähigkeit, in mehr als einem Organismus stabil und selektierbar zu sein. Diese Shuttle-Vektoren tragen sowohl für E. coli als auch einen anderen, pro- oder eukaryotischen Wirt, wie beispielsweise Saccharomyces cerevisiae, einen Replikationsursprung und selektierbare Marken (Kap. 3.2). Hierdurch wird die Übertragung von in E. coli hergestellten Konstrukten in den Zielorganismus ermöglicht. Das Wissen um seine Biologie, um Funktion, Regulation und Interaktion zellulärer Proteine hat E. coli auch zum universellen Expressionsorganismus für viele heterologe Proteine in Forschung und Industrie werden lassen. Biotechnologisch bedeutsam ist auch die schnelle und einfache Kultivierbarkeit dieses harmlosen Bakteriums auf preiswerten, einfachen Substraten und die Vielzahl der zur Verfügung stehenden Plasmide und Mutanten. Beispiele für Proteine mit großer medizinischer oder biotechnologischer Bedeutung, deren Expression bereits gelungen ist, sind humanes Insulin, eine Vorstufe des Calcitonins (Osteoporose-Behandlung), humanes Wachstumshormon, Gewebeplasminogenaktivator, Interleukin-2 oder Interferon alpha, beta und gamma. 1.1.5 Genetische Ressourcen Informationen zum E.-coli-K12 (MG1655)-Genom und seiner Biochemie bietet EcoCyc, Encyclopedia of E. coli K12 Genes and Metabolism (www. ecocyc.com), deren Name sich von eclipse und encyclopedia ableitet. Diese regelmäßig überarbeitete Enzyklopädie behandelt neben dem Genom mit Genposition und Funktion die Transkriptionsregulation mit Operons, Promotoren und Transkriptionsfaktoren inklusive ihrer Bindestellen. Membrantrans-
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porter mit zugehörigen Transportreaktionen werden ebenso beschrieben wie Stoffwechselwege, Signaltransduktion sowie alle metabolischen Proteine mit ihren Cofaktoren, Aktivatoren, Inhibitoren und ihrer Untereinheitenstruktur. Zusätzlich finden sich Links zu anderen biologischen Datenbanken. Zudem ist es möglich, neben E. coli K12 auch verschiedene andere Genome auf Proteinoder Nukleinsäureebene zu „blasten“. Vom Institut Pasteur wird mit Colibri (genolist.pasteur.fr/Colibri/) ebenfalls eine Datenbank für E. coli K12 angeboten, die neben dem kompletten Genom auch eine Proteindatenbank umfasst. Sequenzvergleiche auf Nukleinsäure- oder Proteinebene sind hier ebenfalls möglich. Diese Datenbank basiert auf den Sequenzdaten des E.-coli-Genomprojekts der Universität WisconsinMadison (www.genome.wisc.edu) und den Annotationen der EcoGene-Datenbank (bmb.med.miami.edu). Die Genobase-Datenbank des Nara Institute of Science and Technology in Japan, befasst sich mit E. coli K12 (W3119) und bietet die Möglichkeit, neben der Genomsequenz auch Informationen über das Proteom, Transkriptom und die Regulation zu erhalten (ecoli.aist-nara. ac.jp). Eine Sammlung von Artikeln zum Thema E. coli K12 befindet sich hier ebenfalls; über 4000 Artikel befassen sich beispielsweise mit E.-coli-Mutanten. Zum Thema Operon- oder Transkriptionsregulation finden sich allein 700 Transkriptstartpunkte im Genom von E. coli K12 (W3110). Die 1995 als Linksammlung zum Modellorganismus E. coli erstellte Webseite The E. coli Index (ecoli.bham.ac.uk) entwickelte sich zu einer umfassenden Datensammlung mit den beiden Plattformen EchoBASE (seit 1998) und coliBASE. EchoBASE befasst sich unter anderem mit der Charakterisierung neuer Gene im Genom mit dem Ziel, Funktionsvorhersagen für die ca. 1500 Genprodukte, denen bisher keine physiologische Funktion zugeordnet werden konnte, zu treffen. Dies erfolgt u. a. durch Studien des Proteoms, der Protein-Protein-Interaktion, Microarrays und in-silico-Bioinformatik. Die coliBASE dient der vergleichenden Genomanalyse nicht nur mit E. coli K12 sondern für ein Spektrum das E. coli, Salmonella und Shigella umfasst. Eine weitere Möglichkeit, Informationen zum Genom des Modellorganismus E. coli K12 in gesammelter Form zu erhalten, bietet die Justus-Liebig-Universität Gießen mit der E. coli Database Collection (ECDC, www.uni-giessen.de/~gx1052/ECDC/ecdc.htm). Diverse E.-coli-Stämme und Plasmide sind über bekannte, allgemeine Stammsammlungen erhältlich; das E. coli Genetic Stock Center der amerikanischen Yale Universität (CGSC, cgsc.biology.yale.edu) bietet zudem Derivate des nichtpathogenen Laborstammes E. coli K12, einschließlich Kombinationen von 2–29 Mutationen aus 3500 Mutationen in mehr als 1000 unterschiedlichen Loci (cgsc.biology.yale.edu/cgsc.html).
1.2 Bacillus subtilis
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1.2 Bacillus subtilis Der apathogene, ubiquitär verbreitete Heubacillus Bacillus subtilis ist ein grampositives, aerobes, Endosporen bildendes, stäbchenförmiges Bakterium (ca. 0,8 × 2–3 µm). Es ist durch peritriche Begeißelung beweglich und besitzt eine Kapsel aus Polyglutamat. Die Bildung einer zentral liegenden, stark lichtbrechenden, ovalen Endospore (Durchmesser ca. 1,2 µm) ermöglicht das Überdauern extrem ungünstiger Umweltbedingungen. Die widerstandsfähigen Sporen vermitteln Lösungsmittel-, Austrocknungs- sowie Hitze- und Strahlungsresistenz. Nach Pasteurisation können Vertreter der Gattung Bacillus somit beispielsweise aus Heuaufgüssen oder Erdproben leicht isoliert und kultiviert werden. An der strikt regulierten Sporulation ist eine Kaskade von Transkriptionsfaktoren beteiligt. Als einer der bei Prokaryoten seltenen, zeitlichen und kompartimentspezifischen Differenzierungsprozesse ist die Endosporenmorphogenese von B. subtilis ein ideales Modellsystem für das Studium dieser biologischen Grundphänomene. Zusätzlich besitzen Mitglieder der Gattung Bacillus aufgrund ihrer Fähigkeiten, eine Vielzahl von Proteinen effizient in das umgebende Medium zu sekretieren, große biotechnologische Bedeutung. Neben den sekretierten, degradativen Enzymen wie z. B. Proteasen, Amylasen und Cellulasen besitzt B. subtilis auch die Fähigkeit zur aeroben Vitamin-B12-Bildung. Sogar an der Nahrungsmittelherstellung in Japan ist B. subtilis (natto) durch Fermentation von Sojabohnen beteiligt. Seine Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten haben B. subtilis insbesondere seit der Entdeckung der natürlichen Kompetenz (Fähigkeit, aus dem umgebenden Medium DNA aufzunehmen) durch Spizizen 1958 zum intensiv genutzten Objekt genetischer und molekularbiologischer Forschung gemacht. Systematische Einteilung Domäne: Phylum: Klasse: Ordnung: Familie: Gattung:
Bacteria Firmicutes Bacilli Bacillales Bacillaceae Bacillus
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Genomsteckbrief • • • • • • •
zirkuläres Genom (Bakterienchromosom, Nukleoid) Genomgröße: 4,215 Mb Anzahl der ORFs: 4221 Gesamtzahl tRNA-Gene: 88 Gesamtzahl rRNA-Gene: 30 in 10 Operons G+C -Gehalt: 43,52 % Plasmide möglich: episomale DNA, zirkulär, kovalent geschlossen
1.2.1 Historisches 1835 1872 1895 1941 1947 1958 1975 1997
erstmalige Beschreibung durch Ehrenberg als Vibrio subtilis Umbenennung durch Cohn in Bacillus subtilis Zuordnung zur Gattung Bacillus durch Fischer Medizinische Verwendung durch die deutsche Wehrmacht zur Behandlung der Ruhr Mutanteninduktion: indole requiring mutant (Burkholder und Giles) Entdeckung der natürlichen Kompetenz (Spizizen) erste zirkuläre Karte erste vollständige Sequenz eines grampositiven Bakteriums
1835 beschrieb Ehrenberg erstmals Vibrio subtilis, seine Umbenennung in Bacillus subtilis erfolgte 1872 durch einen Studenten Robert Kochs, Ferdinand Cohn. Die Zuordnung zur gleichnamigen Gattung ließ jedoch noch 23 Jahre auf sich warten und erfolgte erst 1895 durch Fischer. In arabischen Ländern war die heilende Wirkung von B. subtilis bei Diarrhön bereits seit langem bekannt. Die erste dokumentierte, medizinische Anwendung von, aus Kameldung gewonnenem, B. subtilis gegen Durchfallerkrankungen erfolgte 1941 durch die Sanitätsabteilung des deutschen Afrikakorps in Libyen. Die Induktion von Mutanten erfolgte 1947 erstmals durch Burkholder und Giles: indole requiring mutant. Seit 1958 ist die natürliche Kompetenz (Spizizen) bekannt und 1975 wurde die erste zirkuläre Karte des B.-subtilis-Genoms erstellt. Im Jahr 1997 erfolgte die Veröffentlichung der Gesamtgenomsequenz, ermittelt durch ein europäisch-japanisches Konsortium. Es war die erste Veröffentlichung des Genoms eines grampositiven Bakteriums.
1.2 Bacillus subtilis
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Pathogene B. subtilis ist ein harmloser Vertreter der Bacilli, unter denen sich nur wenige Pathogene befinden; diese sind insekten-, tier- und humanpathogen. Nur zwei, nämlich Bacillus cereus als Auslöser von Lebensmittelvergiftungen und Bacillus anthracis als Erreger des Milzbrands, besitzen medizinische Bedeutung: Insektenpathogen:
Bacillus thuringiensis (Toxinproduzent) Bacillus larvae, Bacillus popilliae, Bacillus lentimorbis Lebensmittelvergifter: Bacillus cereus Milzbranderreger: Bacillus anthracis 1.2.2 Lebenszyklus B. subtilis teilt sich in Vollmedium bei optimaler Wachstumstemperatur (toleriert werden 5–55 °C, optimal jedoch 25–37 °C) etwa alle 25 min. Die vegetative Vermehrung erfolgt durch äquale (symmetrische) Zweiteilung (Abb. 1.1.2). Bei Nährstoffmangel oder hoher Zelldichte kann es jedoch zur Sporenbildung (Abb. 1.2.1) kommen, die mit einer inäqualen (asymmetrischen) Zellteilung beginnt. Zunächst wird das Nukleoid repliziert und als Axialfilament angeordnet. Nun findet Septierung durch Ausbildung einer asymmetrisch angeordneten Membran statt, welche eine Plasmaportion mit einem vollständigen Genom von der Mutterzelle abtrennt. Diese Präspore wird von der Membran der Mutterzelle umwachsen und im Zwischenraum wird Peptidoglycan eingelagert. Eine dicke Sporenwand (Cortex, darin enthalten Dipicolinsäure und Ca 2+) mit einer umgebenden, komplexen Proteinschicht umhüllt nun die Vorspore. Die reife Endospore wird durch Lyse der Mutterzelle freigesetzt und kann viele Jahrzehnte bis zur Auslösung der Keimung überdauern. Am Prozess der Sporenbildung sind über 125 Gene beteiligt, die über das gesamte Genom verstreut sind. Zur Regulation der hochkomplexen morphologischen und biochemischen Veränderungen während der Sporulation wird der unter vegetativen Bedingungen aktive Transkriptionsfaktor ƳA (entspricht Ƴ70 in E. coli) durch eine strikt geregelte Abfolge alternativer Sigmafaktoren ersetzt. Diese Faktoren ändern jeweils die Spezifität der RNA-Polymerase für die verschiedenen Promotoren der an der Sporulation beteiligten Gene und ermöglichen so den kontinuierlichen Ablauf der Regulationskaskade.
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Abb. 1.2.1. Schema der Sporulation bei Bacillus. Das Genom der Zelle repliziert und die Nukleoide organisieren sich zum Axialfilament (I). Nun wird eine Membran asymmetrisch eingezogen (II) und so eine Plasmaportion mit einem vollständigen Genom abgeschnürt (III). Die Mutterzelle umwächst die Vorspore (IV, V), bis die Spore vollständig von Cytoplasma umgeben ist und von zwei Membranen umhüllt wird (VI). In den Raum zwischen den Membranen wird Peptidoglycan eingelagert und der Cortex wird gebildet (grau dargestellt) (VII). Durch Lyse der Mutterzelle (VIII) wird die reife Spore freigesetzt (IX) und es kann nach Auskeimen und vegetativen Zyklen erneut die Sporulation eingeleitet werden (X)
1.2.3 Technische Entwicklungen Mutanten Die genetische Nomenklatur folgt den allgemeinen Konventionen, die unter Kap. 1.1.3. am Beispiel E. coli bereits erläutert wurden. Schwere DNA-Schädigungen ruft, wie für E. coli beschrieben, die SOSAntwort der B.-subtilis-Zelle hervor. Im Zuge dieser Antwort kommt es zu fehleranfälliger Reparatur und somit zur Etablierung von Mutationen (s. Kap. 1.1.3.).
1.2 Bacillus subtilis
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DNA-vermittelte Transformation Natürliche genetische Kompetenz, definiert als Fähigkeit, DNA aus dem Medium aufzunehmen und in das eigene Genom zu integrieren, ist bei Bakterien weit verbreitet und für B. subtilis seit den Untersuchungen von Spizizen (1958) bekannt (Abb. 1.2.2). In der stationären Phase (s. Kap. 1.1.2.) entwickeln ca. 10–20 % der Zellen diese Fähigkeit. Dabei gelangt zunächst die freie, hochmolekulare DNA durch den vielschichtigen Mureinsacculus an die Cytoplasmamembran, und es erfolgt die sequenzunspezifische Bindung an eine von ungefähr 50 auf jeder kompetenten B.-subtilis-Zelle lokalisierten Bindestellen. Nach Fragmentierung (13,5–18 kb) der Doppelstränge erfolgt während des Einzugs durch die Zellmembran eine Spaltung in 6–15 kb lange Einzelstränge. Die eingebrachte DNA kann nun Heteroduplexbereiche mit homologen Genomabschnitten bilden und mit diesen rekombinieren. An der Kompetenzentwicklung sind die Produkte der com-Operons maßgeblich beteiligt; so ist das integrale Membranprotein ComEA das DNA-Rezeptorprotein und ComEC bewerkstelligt den Transport.
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Abb. 1.2.2. Schema der DNA-Aufnahme in B. subtilis durch natürliche Kompetenz. Zunächst wird die freie DNA sequenzunspezifisch von einem Protein der Membran (hellgrauer Zirkel) gebunden (I) und fragmentiert (II). Bei der Durchschleusung durch die Membran wird der Gegenstrang abgebaut, so dass nur Einzelstrang-DNA in die Zelle gelangt (III). Diese wird durch das Rekombinationsprotein RecA gebunden. Falls sich homologe Sequenzen auf dem Bakterienchromosom (grau dargestellt) finden, kommt es zur Ausbildung einer Heteroduplex-Region (IV). Nach erfolgtem Austausch und Replikation trägt die Zelle die veränderte Sequenz (V) und kann ihrerseits wieder das Stadium der natürlichen Kompetenz erreichen (VI)
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1 Modellorganismen
Da natürliche Kompetenz nur unter bestimmten Bedingungen ausgeprägt und die DNA wegen der Fragmentierung und Auflösung in Einzelstränge sehr instabil ist, erfolgt die Transformation von B. subtilis im Labor in der Regel mittels Elektroporation oder Protoplastentransformation (Kap. 3.1). Verfügbarkeit der Gesamtgenomsequenz Verschiedene Bacillus-Spezies sind zwar zur Konjugation und Übertragung von Fertilitätsplasmiden befähigt, die Übertragung genomischen DNA-Materials konnte jedoch noch nie beobachtet werden. Zur Erstellung physikalischer genetischer Karten wird mit Komplementation nach Transformation und Transduktion gearbeitet. Solche Genkarten sind jedoch weniger genau als die in E. coli nach der Methode der unterbrochenen Paarung ermittelten, da nur kleine Fragmente übertragen werden. Die vergleichsweise geringe Anzahl verfügbarer B.-subtilis-Mutanten erschwerte die Genomkartierung noch zusätzlich. Es verwundert daher nicht, dass erst im Jahr 1978 die Zirkularität des Genoms experimentell bestätigt wurde. Der G+C-Gehalt liegt bei 43,52 % und damit im Durchschnitt anderer Bacillus-Spezies (32 – 69 %), wobei sogar innerhalb einer Art beträchtliche Abweichungen auftreten können (B. megaterium: 36 – 45 % G+C). Die Funktion von etwa 1500 der 4221 identifizierten Gene ist bislang ungeklärt. Es gelang jedoch, 1200 dieser unbekannten Gene systematisch zu mutieren und so einen ersten Einblick in die möglichen Genfunktionen zu erhalten. Repetitive Elemente Das Genom von B. subtilis enthält als repetitive Elemente tRNA- und rRNAGene, die wie bei Bakterien üblich in Operons, d. h. transkriptionellen Einheiten, zusammengefasst sind. Die Summe der tRNA-Gene beläuft sich auf 88 und die Gesamtzahl der rRNA-Gene auf 30, was im Vergleich zu Eukaryoten wenig ist. Die rRNA-Gene sind im B.-subtilis-168-Typstamm in 10 Operons (rrnA, B, D, E, G-J, W, O) arrangiert, von denen fünf in zwei eng benachbarten Regionen als Cluster vorliegen, die anderen sind über das Genom verstreut. Sie besitzen eine bei Bakterien verbreitete Anordnung von 16S rRNA, 23S rRNA und 5S rRNA, jeweils durch intergenische Regionen (ISR, intergenic spacer region) voneinander abgesetzt (16S – ISR – 23S – ISR – 5S), was die Prozessierung zur „reifen“ rRNA nötig macht. IS-Elemente fehlen bei B. subtilis völlig, während sein Verwandter B. halodurans 115 Kopien von 16 verschiedenen IS-Elementen besitzt. B. subtilis besitzt jedoch zehn Kopien von 190 bp großen, repetitiven Elementen und
1.2 Bacillus subtilis
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zehn Prophagen oder Reste von diesen. Transposons können aber verwendet werden; so lässt sich das konjugative Transposon Tn916, welches ein breites Wirtsspektrum besitzt, von Enterococcus faecalis und Streptococcus bovis auf Bacillus subtilis und von diesem wiederum auf Lactococcus lactis übertragen. Plasmide B.-subtilis-Vertreter besitzen ebenso wie E. coli Plasmide, die sowohl nach dem Theta-, als auch nach dem rolling-circle-Mechanismus replizieren. Beispiele für rolling-circle- (RCR, rolling circle replication) Plasmide aus B. subtilis sind die pTA-Plasmide wie pTA1015 (5,8 kb) oder das pBAA1-Plasmid (6,8 kb). Da die Plasmide aus B. subtilis in der Regel kryptisch sind, wird für molekulargenetische Arbeiten auf selektierbare Plasmide anderer grampositiver Spezies, wie Staphylococcus aureus oder Streptococcus faecalis, zurückgegriffen. 1.2.4 Biologische Fragestellungen Die Sporulation ist als zellulärer Differenzierungsprozess geeignet, die Regulationskaskaden und die Signaltransduktion an einem relativ einfachen Organismus zu studieren. Koordinierte Genexpression zwischen Spore und Mutterzelle erfordert einen crosstalk dieser Kompartimente. Das Verständnis der Vorgänge mag zu Modellen führen, die über die Bakterien hinaus Bedeutung haben können. Aufgrund der hocheffizienten Sekretion von Proteinen ist B. subtilis nicht nur als Modell zum Studium einer weitgehend konservierten Sekretionsmaschinerie, sondern auch als Expressionswirt interessant. Es steht eine Palette von Vektoren zur Expression von Genen sekretierter Proteine zur Verfügung. Die Proteinisolation kann so erheblich vereinfacht, die Bildung unlöslicher Proteinaggregate (inclusion bodies) verhindert und die Expression von intrazellulär nachteilig wirkenden Proteinen ermöglicht werden. Die mit Vertretern der Bacilli produzierten Enzyme in Waschmitteln (Proteasen und Amylasen) belegen beispielhaft die biotechnologische Relevanz. Durch die „funktionelle Genomanalyse“ mit DNA-Chips auf Basis der Genomsequenz sind Transkriptom- und Proteomanalysen in B. subtilis möglich. Hierbei wird die Gesamtheit aller mRNA-Spezies oder Proteine unter bestimmten Bedingungen erforscht und ihr Zusammenspiel ermittelt.
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1.2.5 Genetische Ressourcen Eine der bekanntesten speziellen Genomdatenbanken für B. subtilis ist SubtiList (genolist.pasteur.fr/SubtiList/), eine Einrichtung des französischen Institut Pasteur. Diese bietet neben dem vollständigen, annotierten B.-subtilis-168-Genom auch die bisher bekannten Proteinsequenzen sowie Möglichkeiten zur text- oder sequenzbasierten Suche innerhalb der Bank. Links zu weiteren online verfügbaren Ressourcen und eine regelmäßige Aktualisierung der Daten sind hier selbstverständlich. BSORF ist die B.-subtilis-Genomdatenbank (bacillus.genome.ad.jp) des Bioinformatics Center der japanischen Universität Kyoto und des Nara Institute of Science and Technology. Neben dem vollständigen Genom bietet sie eine Zusammenstellung von B.-subtilis-Mutanten mit Referenzen, DNA-Array-Daten, sowie die Möglichkeit zur BLAST-Suche sowohl gegen die Genomsequenz als auch gegen kodierende Sequenzen. Micado, die Microbial Advanced Database Organization (genome.jouy. inra.fr/cgi-bin/micado/index.cgi) des Institut National de la Recherche Agronomique (INRA), Jouy-en-Josas, Frankreich (www.jouy.inra.fr/anglais/ index-en.shtml), bietet ebenfalls nicht nur Gesamtgenomsequenzen. Diverse Stoffwechselwege mit beteiligten Proteinen, eine Zusammenstellung von verschiedensten B.-subtilis-Mutanten, eine Transkript-Kollektion sowie die physikalische Karte des Genoms gehören ebenso zum Angebot. Durch Kooperation des japanischen NIG (National Institute of Genetics), des Schweizer Instituts für Bioinformatik (Genf) sowie des französischen Institut Pasteur und der Universität Lyon ist die non-redundant B. subtilis database (NRSub, pbil.univ-lyon1.fr/nrsub/nrsub.html) entstandenen. Sie enthält neben der vollständigen Genomsequenz mit funktionellen Regionen Zusatzinformationen wie die Genlokalisierung oder den Codon-Gebrauch für einzelne, proteinkodierende Gene. Zusätzlich finden sich Querverweise zu anderen Datenbanken wie SWISS-PROT (www.ebi.ac.uk/swissprot/index. html) und ENZYME (www.expasy.org/enzyme/). Eine ständige Aktualisierung der Informationen zu Promotoren oder Proteinstrukturen erfolgt ebenso wie die Sammlung aller vollständigen Genomsequenzen. Anders als beispielsweise EMBL-Einträge finden sich die Genome hier als ein kompletter „Contig“. Weitere Links zu Internetseiten, die sich mit B. subtilis befassen, sind ebenfalls vorhanden. Die B.-subtilis-Abteilung der Kyoto Encyclopedy of Genes and Genomes (KEGG) des Bioinformatics Center der Universität Kyoto, Japan (www. genome.ad.jp/dbget-bin/get_htext?B.subtilis.kegg+B), bietet eine nach Stoffwechselwegen geordnete Zusammenstellung bekannter Gene inklusive ihrer
1.3 Saccharomyces cerevisiae
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Protein- und Nukleotidsequenz. Zudem besteht die Möglichkeit, mit diesen Sequenzen direkt BLAST-Recherchen durchzuführen. Seit 1999 bietet die DBTBS (Database of Transcriptional Regulation in Bacillus subtilis, dbtbs.hgc.jp) des Human Genome Center (HGC) im Institut für Medical Science der Universität Tokyo eine umfassende Zusammenstellung von 633 B.-subtilis-Promotoren von 525 Genen sowie von 114 Transkriptionsfaktoren. Es können mögliche Bindestellen für Transkriptionsfaktoren auf übermittelten Sequenzen identifiziert, Informationen zu regulierten Genen oder zu Regulons und Operons abgerufen werden. Bacillus-Stämme und -Plasmide sind über bekannte Stammsammlungen, in der Regel gegen eine geringe Gebühr, zu bestellen. Spezielle Bacillus-Stämme und Verwandte oder beispielsweise Tn917-Mutanten, Shuttle-Plasmide und E.-coli-Stämme mit klonierter Bacillus-DNA sind über das 1978 gegründete Bacillus Genetic Stock Center (BGSC, www.bgsc.org) erhältlich. Bestellungen durch nicht kommerzielle Anwender können hier gegen eine freiwillige Abgabe getätigt werden.
1.3 Saccharomyces cerevisiae Die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae ist der älteste biotechnologisch genutzte Eukaryot und wird seit 1970 als Modellorganismus für Molekulargenetik und Zellbiologie eingesetzt. Im Jahr 1996 wurde die Sequenz des Gesamtgenoms der Bäckerhefe veröffentlicht. Sie stellt damit den ersten Eukaryoten dar, dessen Erbinformation komplett entschlüsselt wurde. Die Bäckerhefe lässt sich als Eukaryot außerordentlich leicht kultivieren und genetisch manipulieren. Da sie sowohl aerob als auch anaerob wachsen kann, ist sie zudem sehr gut für die Mitochondrien-Genetik geeignet. Systematische Einteilung Abteilung: Klasse: Unterklasse: Ordnung: Familie: Gattung:
Mycophyta Ascomycetes Ascomycetidae Endomycetales Saccharomycetaceae Saccharomyces
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1 Modellorganismen
Genomsteckbrief • • • • • • • •
nukleäres Genom 13,5 Mb (ohne repetitive Elemente 12,1 Mb) Zahl der proteinkodierenden Gene: 5726 Zahl Intronen: 284 Zahl tRNA-Gene: 276 mitochondriales Genom 86 kb Zahl der proteinkodierenden Gene: 20 Zahl Intronen: 11 Zahl tRNA-Gene: 24
1.3.1 Historisches 6000 v. Chr. „Domestizierung“ von Hefe zum Bierbrauen, Backen und zur Weinherstellung 1680 n. Chr. Hefezellen unter dem Mikroskop (Antonie van Leeuwenhook) 1835 Alkohol-Fermentation wird mit der Hefe in Verbindung gebracht 1837 der taxonomische Name Saccharomyces cerevisiae wird kreiert 1857–1876 Korrelation der Fermentation mit dem Metabolismus von S. cerevisiae (Louis Pasteur) 1877 der Begriff Enzym (en zymē = in Hefe) wird geprägt und unterschieden von den Mikroorganismen, die Enzyme produzieren (Wilhelm Friedrich Kühne) 1880 Isolierung einer einzelnen Hefezelle (Emil Hansen) 1897 Eduard Buchner demonstriert, dass die Fermentation von Kohlenhydraten durch Enzyme aus der Hefe und nicht durch die Hefe selber geschieht 1948 erste genetische Karte der Hefe durch Carl C. Lindgren 1978 erste Transformation von S. cerevisiae durch A. Hinnen, J. B. Hicks und G. R. Fink (Hinnen et al. 1978) 1985 elektrophoretischer Karyotyp von S. cerevisiae mit Hilfe der Pulsfeld-Gelelektrophorese (Carle und Olson 1985) 1990–1994 erste pharmazeutisch relevante Produkte aus rekombinanten Hefen 1992 erste vollständige Sequenzierung eines eukaryotischen Chromosoms (Chromosom III der Bäckerhefe, Oliver et al. 1992)
1.3 Saccharomyces cerevisiae
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erstes vollständig sequenziertes Genom eines Eukaryoten (Goffeau et al. 1996)
Der Begriff „Hefe“ wird umgangssprachlich meistens für die Bäcker- oder Brauhefe Saccharomyces cerevisiae genutzt. Systematisch gehören Hefen zu den Pilzen und unterscheiden sich von Hyphenpilzen dadurch, dass sie unter normalen Wachstumsbedingungen als Einzeller vorkommen. Die Bäckerhefe S. cerevisiae ist einer der ältesten domestizierten Mikroorganismen und wurde schon um 6000 v. Chr. von Sumerern und Babyloniern zum Bierbrauen und von den Ägyptern zur Weinherstellung sowie zur Bereitung von Sauerteig eingesetzt. Erstmalig mikroskopisch untersucht wurde S. cerevisiae von dem Niederländer Antonie van Leuwenhook. Im Jahr 1680 sandte er die Beschreibungen seiner Beobachtungen und Zeichnungen von Hefezellen an die Royal Society in London. Im 19. Jahrhundert trug die Hefe S. cerevisiae wesentlich zum Verständnis biochemischer Prozesse in lebenden Zellen bei. Charles Cagniard-Latour beobachtete 1837 zunächst, dass Bierhefe aus runden Körpern besteht, die sich vermehren können. Der deutsche Zellbiologe Theodor Schwann nannte diese Zellen Zuckerpilze und Friedrich Kutzing kreierte daraus den griech./lat. Namen Saccharomyces. Etwa zur gleichen Zeit entbrannte ein wissenschaftlicher Disput darüber, ob die Fermentation von Zucker zu Alkohol und CO2 eher auf eine chemische Reaktion oder auf die Aktivität von lebenden Organismen zurückzuführen sei. Louis Pasteur konnte durch seine Arbeiten (1857–1876) zeigen, dass die Fermentation von Zucker eindeutig mit Stoffwechselprozessen der lebenden Hefezellen korreliert ist. Im Jahr 1877 wurde von Wilhelm Friedrich Kühne der Begriff Enzym (en zymē = in Hefe) eingeführt, um auszudrücken, dass Zucker fermentierende Komponenten aus der Hefe stammen. Denn diese isolierten Produkte können die Fermentation ohne die lebende Zelle durchführen. Von dem Dänen Emil Christian Hansen wurden 1880 erstmalig einzelne Hefezellen isoliert und diese als Stammkultur für das Bierbrauen eingesetzt. Der Genetiker Carl Lindegren beschrieb 1949 das Kreuzungs-System und die erste genetische Karte der Bäckerhefe. Um 1970 wurde S. cerevisiae schließlich als Experimentalsystem für die molekularbiologische Forschung entdeckt. Die erste Transformation von S. cerevisiae, d. h. das Einbringen von fremder DNA, gelang Hinnen und Kollegen (Hinnen et al. 1978) mit der Insertion des LEU2-Gens in das chromosomale Genom der Hefe. Die Möglichkeit, die Hefe gentechnisch zu verändern, wurde bereits ab 1983 dazu genutzt, pharmakologisch relevante Proteine in der Bäckerhefe zu produzieren. Bereits im Jahr 1990
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1 Modellorganismen
wurde z. B. ein heterolog in S. cerevisiae hergestelltes Hepatitis-B-Antigen zur Immunisierung eingesetzt. Mit Hilfe der Pulsfeldgelelektrophorese gelang es 1985 Carle und Olson, die 16 Chromosomen der Hefe in einem Gel aufzutrennen. Damit konnte die DNA einzelner Chromosomen isoliert und kloniert werden. Sieben Jahre später wurde mit dem 316.613 bp langen Chromosom III die erste vollständige Sequenz eines eukaryotischen Chromosoms veröffentlicht (Oliver et al. 1992). Kurze Zeit später war bereits das Genom von S. cerevisiae komplett sequenziert und wurde 1996 als erstes eukaryotisches Gesamtgenom publiziert (Goffeau et al. 1996). 1.3.2 Lebenszyklus Die Bäckerhefe S. cerevisiae kommt in der freien Natur vorwiegend als diploide Einzelzelle vor. Unter günstigen Wachstumsbedingungen vermehrt sie sich vegetativ durch Knospung. Dabei stülpt sich eine Mutterzelle blasenartig aus. Die zunächst kleine Knospe wächst bis zur Größe der Mutterzelle heran. Gleichzeitig teilt sich der Zellkern durch eine Endomitose, d. h. die Kernmembran wird nicht aufgelöst und einer der Zellkerne wandert gemeinsam mit einem Teil der Zellorganellen in die Tochterzelle. Diese schnürt sich danach vollständig von der Mutterzelle ab (Abb. 1.3.1). Nach jeder Knospung bleibt auf der Zellwand der Mutterzelle eine „Geburtsnarbe“ zurück. Die Anzahl der Narben gibt Aufschluss darüber, wie oft sich eine Zelle geteilt hat. Nach ca. 30 Knospungsereignissen ist eine Zelle von Narben übersät und kann sich nicht mehr teilen. Bei Nährstoffmangel geht die diploide Zelle in den sexuellen Zyklus über und durchläuft die Meiose. Die Produkte der Meiose, vier runde haploide Sporen (Ascosporen), befinden sich in einem Sporangium, dem Ascus. Die vier Produkte der Meiose werden im Ascus zusammengehalten. Man nennt die vier Ascosporen deshalb auch Tetrade. Die Ascosporen einer Tetrade unterscheiden sich in ihrem Kreuzungstyp. Zwei Sporen eines Ascus besitzen den Kreuzungstyp ơ und zwei den Kreuzungstyp a. Nach dem Zerfall des Ascus entsteht aus jeder Spore eine haploide Zelle. Im Regelfall fusionieren diese Zellen unmittelbar nach Verlassen des Ascus wieder paarweise miteinander, wobei eine a-Zelle immer nur mit einer ơ-Zelle fusionieren kann und umgekehrt. Eine Fusion von zwei a-Zellen oder zwei ơ-Zellen ist dagegen nicht möglich. Die Erkennung des entsprechenden Kreuzungspartners wird über ein Pheromon-Rezeptorsystem gesteuert. Finden zwei Zellen einen Partner mit entgegengesetztem Kreuzungstyp wird der Zellzyklus in der G1-Phase arretiert und beide Zellen bilden eine Ausstülpung aus, einen „shmoo“ (benannt
1.3 Saccharomyces cerevisiae
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G2
M
S
haploider (1n) vegetativer Zyklus a
G1 α
Ascus mit Ascosporen
sexueller Zyklus
Befruchtung
Meiose G1
Karyogamie α/a S
diploider (2n) vegetativer Zyklus M G2
Abb. 1.3.1. Lebenszyklus der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae. M Mitose, S SPhase des Zellzyklus, G1 G1-Phase des Zellzyklus, G2 G2-Phase des Zellzyklus
nach einem kleinen, rundlichen Fabelwesen, das der Comiczeichner Al Capp 1948 geschaffen hat). Nach der Fusion der Zellen kommt es direkt zur Karyogamie und die entstehende diploide ơ/a-Zelle vermehrt sich vegetativ durch Knospung, solange der Nährstoffgehalt ausreichend ist. Im Labor können Hefezellen auch als haploide Kulturen vermehrt werden. Dazu isoliert man mit Hilfe eines Mikromanipulators die haploiden Sporen direkt aus dem Ascus. Haploide Zellen können sich wie diploide Hefezellen bei ausreichendem Nährstoffangebot vegetativ durch Knospung vermehren
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1 Modellorganismen
Tabelle 1.3.1. Unterschiede zwischen haploiden und diploiden Zellen Merkmal Größe Volumen Gesamtgewicht Trockengewicht DNA RNA Protein
[µm] [µm3] [10 –12g] [10 –12g] [10 –12g] [10 –12g] [10 –12g]
Haploide Zelle ∅4 70 60 15 0,017 1,2 6,0
Diploide Zelle 5×6 120 80 20 0,034 1,7 8,0
(Abb. 1.3.1). Eine haploide Zelle unterscheidet sich von der diploiden Zelle durch ihre Größe, ihr Gewicht, das Zellvolumen und den Gehalt an Nukleinsäuren und Proteinen (Tabelle 1.3.1). Diploide Zellen sind Rotationsellipsoide, während haploide Zellen nahezu rund sind. Ein haploider Laborstamm hat bei 30 °C in Vollmedium (YPD) eine Verdopplungszeit von ca. 90 min, in synthetischem Medium (SD) jedoch von ca. 140 min. In Vollmedium erreichen die Zellen eine maximale Dichte von 2 ⋅ 108 Zellen / mL. Unter optimierten Bedingungen, d. h. geregeltem pH-Wert und kontinuierlicher Zugabe von Nährstoffen, kann sogar eine Dichte von 2 ⋅ 109 Zellen / mL erreicht werden. 1.3.3 Technische Entwicklungen Aufgrund vieler technischer Fortschritte hat sich die Bäckerhefe im Laufe der letzten 40 Jahre zu einem äußerst flexiblen System für die Analyse molekularbiologischer Fragestellungen in eukaryotischen Zellen entwickelt. Tetradenanalyse Die Bäckerhefe stellt ein bevorzugtes Objekt der Formalgenetik dar, da sie sowohl in der haploiden, als auch in der diploiden Phase im Labor kultiviert werden kann. Zudem werden die vier Produkte der Meiose (Tetrade) im Ascus zusammengehalten und können leicht analysiert werden. Wie bei vielen anderen Mikroben, ist eine kostengünstige Anzucht in der Lage, eine große Zahl von Zellen für die Untersuchungen bereitzustellen. Dies erhöht die statistische Genauigkeit genetischer Experimente, und es können auch seltene Ereignisse noch festgestellt werden. Bei einer Kreuzung bringt man haploide Zellen eines ơ-Stammes mit haploiden Zellen eines a-Stammes auf einer Platte mit Vollmedium in Kontakt.
1.3 Saccharomyces cerevisiae
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Bereits nach wenigen Stunden entstehen diploide Zygoten, die sich sofort vegetativ durch Knospung vermehren. Überführt man die diploiden ơ/a-Zellen auf Sporulationsmedium, das keinen Stickstoff und als nicht fermentierbare Kohlenstoffquelle Acetat enthält, bilden sich nach ein bis drei Tagen Asci mit je vier Ascosporen aus. Durch Inkubation der Asci mit Zymolyase, einem Enzym, das die Wand der Asci andaut, können die Ascosporen mit Hilfe eines Mikromanipulators isoliert und vereinzelt werden. Bei einem Mikromanipulator handelt es sich um ein Mikroskop, das eine Vorrichtung für eine fein ausgezogene Glasnadel besitzt, die mit Hilfe eines Joysticks µmgenau zu bewegen ist. Meist ist der Mikromanipulator so ausgestattet, dass eine mit dem Boden nach oben liegende Petrischale direkt auf dem Kreuztisch eingespannt werden kann. Man kann durch das Medium hindurch sehen und mit der von unten an das Medium herangeführten Nadel die Ascosporen auf dem Medium unter mikroskopischer Beobachtung bewegen.
Der Ascus von S. cerevisiae ist eine ungeordnete Tetrade. Dies bedeutet, dass die Produkte der Meiose zwar zusammen bleiben, die Reihenfolge ihrer Entstehung aber nicht nachvollzogen werden kann (vgl. geordnete Tetrade bei Neurospora crassa und Sordaria macrospora). Die Tetradenanalyse ermöglicht die direkte Analyse einer einzelnen Meiose. Sie wurde traditionell zur Genkartierung genutzt, d. h. um die Kopplung von Genen auf einem Chromosom und die Abstände von Genen auf einem Chromosom zu bestimmen. Obwohl solche Analysen nach Aufklärung der Genomsequenz nicht mehr benötigt werden, wird die Tetradenanalyse heute noch für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. Beispielsweise ermöglicht sie den Nachweis, inwieweit eine Mutation einen oder mehrere Genorte betrifft oder aber zu einem letalen Phänotyp führt. Durch Kreuzung und anschließende Tetradenanalyse können Stämme konstruiert werden, die Merkmalskombinationen beider Elternstämme aufweisen. In der Praxis besteht z. B. oft das Problem, einen interessanten Gendefekt mit einem Auxotrophiemarker für Transformationsexperimente zu verknüpfen. Mit einer Komplementationsanalyse wird durch Kreuzung gegen Markerstämme oder andere erzeugte Mutanten überprüft, ob beide Mutanten die Mutation im selben oder in verschiedenen Genen tragen. Indem zwei Mutantenstämme gekreuzt werden, können auf einfache Weise Doppelmutanten erzeugt werden. Der Phänotyp solcher Doppelmutanten gibt Aufschluss darüber, inwieweit sich Mutationen in einzelnen Genen gegenseitig beeinflussen. Addieren sich die Phänotypen beider Einzelmutanten zum Phänotyp der Doppelmutante, wirken beide Mutationen wahrscheinlich unabhängig voneinander. Entspricht jedoch der Phänotyp der Doppelmutante dem einer der Einzelmutanten, ist
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1 Modellorganismen
davon auszugehen, dass ein Gen die Wirkung eines anderen beeinflusst. In diesem Fall spricht man von Epistasie. Mutanten Die Bäckerhefe S. cerevisiae wird häufig dazu genutzt, Gene mit Hilfe von Mutagenese zu identifizieren oder zu analysieren. Mutationen an bestimmten Genorten resultieren in einem Verlust einer Zellfunktion (loss of function) oder in einem Zugewinn neuer Eigenschaften (gain of function) und lassen so Rückschlüsse auf die Funktion des durch die Mutation betroffenen Gens zu. Ein Vorteil der Bäckerhefe gegenüber anderen Eukaryoten besteht darin, dass heterothallische Stämme der Bäckerhefe im Labor sowohl in der haploiden, als auch in der diploiden Phase stabil kultiviert werden können. Dies erleichtert in vielen Fällen die Analyse der Mutation. Andere Pilze wie Neurospora crassa oder die Alge Chlamydomonas sind obligate Haplonten, während Tiere obligate Diplonten sind und höhere Pflanzen die überwiegende Zeit in ihrer Entwicklung diploid sind und nur eine kurze haploide Phase haben. Bei Diplonten müssen mindestens zwei Generationen abgewartet werden, bis der Phänotyp, der von einer homozygot rezessiven Mutation stammt, sichtbar wird. In Haplonten werden die Auswirkungen von rezessiven Mutationen dagegen direkt sichtbar. Ein Vorteil von diploiden Zellen ist dagegen, dass hier letale rezessive Mutationen analysiert werden können. Genetische Nomenklatur Eine Zusammenstellung der genetischen Nomenklatur für S. cerevisiae ist in Tabelle 1.3.2 wiedergegeben. Jedes Gen, jedes Allel oder jeder Locus wird nach Möglichkeit durch drei Buchstaben und eine Zahl beschrieben. Ein dominantes Allel wird durch kursiv geschriebene Großbuchstaben symbolisiert (z. B. HIS3) und steht für einen bestimmten Genort, der z. B. für ein bestimmtes Protein (Imidazol-Glycerinphosphat-Dehydrogenase) kodiert. Ein rezessives Allel dieses Genortes ist durch kursiv geschriebene Kleinbuchstaben gekennzeichnet (z. B. der Auxotrophiemarker his3). Wildtyp-Allele werden mit einem hochgestellten „plus“ symbolisiert (z. B. HIS3 +). Allele dieses Genortes werden durch einen Bindestrich und eine weitere Zahl beschrieben (z. B. bezeichnen his3-1 und his3-2 unterschiedliche Mutationen im selben Gen). Gene, die eine Resistenz oder eine Sensitivität vermitteln, werden durch ein hochgestelltes R bzw. S gekennzeichnet (CANS bezeichnet Sensitivität gegenüber dem toxischen Arginin-Analogon Canavanin, CANR Resistenz gegenüber Canavanin).
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Tabelle 1.3.2. Genetische Nomenklatur bei der Bäckerhefe S. cerevisiae am Beispiel das HIS3-Gens Symbol His + His – HIS + HIS3 His3p his3 his3 – HIS3 + his3-1 his3-ƅ1 HIS3::LEU2 his3::LEU2 cyc1-his3 Pcyc1-HIS3
Definition ein Stamm, der Histidin-prototroph ist ein Stamm, der Histidin-auxotroph ist alle Wildtyp-Allele, die Histidinbedürftigkeit regulieren ein Genort oder ein dominantes Allel Protein, das vom HIS3-Gen kodiert wird ein Locus oder rezessives Allel, das Histidinbedürftigkeit vermittelt irgendein his3-Allel, das zu Histidinbedürftigkeit führt Wildtyp-Allel spezifisches Allel eine spezifische partielle oder komplette Deletion des HIS3-Gens Insertion eines funktionellen LEU2-Gens am HIS3-Locus, das HIS3-Gen bleibt dominant und funktionell Insertion eines funktionellen LEU2-Gens am HIS3-Locus, das HIS3-Gen verliert seine Funktion eine Fusion des CYC1-Gens mit dem HIS3-Gen, wodurch beide Gene ihre Funktion verlieren eine Fusion zwischen dem Promotor des CYC1-Gens und dem HIS3-Gen, das HIS3-Gen ist funktionell
Mutagenese Um eine Mutation mit erkennbarem Phänotyp zu entdecken, wird eine haploide Kultur physikalisch (z. B. durch UV-Strahlung) oder chemisch (z. B. durch Ethylmethansulfonat, EMS) mutagenisiert. Diese Mutagene sind sehr effizient und induzieren Mutationen mit einer Rate von 5 ⋅ 10 –4 – 1 ⋅ 10 –2 pro Gen ohne die Zellen nachhaltig zu schädigen. Wenn beispielsweise ein Gen aus dem Histidinbiosyntheseweg identifiziert werden soll, wird eine Kultur haploider Zellen mutagenisiert und auf einem Vollmedium ausplattiert. Nach der Mutagenese bilden überlebende Zellen auf diesem Medium Kolonien. Die Zellen werden durch Replika-Plattierung auf ein Minimal-Medium transferiert, das kein Histidin enthält. Kolonien, die eine Mutation in einem Gen besitzen, das essentiell für die Histidin-Biosynthese ist, können auf diesem Medium nicht wachsen. Durch Vergleich des Koloniewachstums auf der Platte mit Vollmedium und der Platte mit Minimalmedium können Histidin-auxotrophe Kolonien identifiziert und anschließend weiteren Analysen unterzogen werden.
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1 Modellorganismen
Neben der Selektion auf Auxotrophien existieren bei der Bäckerhefe zahlreiche andere Selektionsverfahren, mit denen bestimmte Phänotypen identifiziert werden können. Zum Beispiel weisen konditionale Mutanten unter permissiven Bedingungen einen Wildtyp-Phänotyp auf und bilden erst unter restriktiven Umweltbedingungen den Mutanten-Phänotyp aus. Häufig handelt es sich bei konditionalen Mutanten um temperatursensitive Mutanten, die ein geringes Koloniewachstum bei hohen Temperaturen zeigen, bei niedrigen Temperaturen jedoch wie der Wildtyp wachsen. Konditionale Allele eignen sich somit hervorragend dazu, essentielle Gene zu isolieren und zu analysieren. Mitochondriale Mutationen Die Bäckerhefe S. cerevisiae eignet sich in besonderem Maße zur Aufklärung von Mutation im Mitochrondrien-Genom. Denn S. cerevisiae ist in der Lage, trotz atmungsdefekter Mitochondrien mit Hilfe der Gärung weiter zu leben. Da solche Mutanten ihre Energie ausschließlich durch Gärung gewinnen können, bilden sie im Gegensatz zum Wildtyp auf fermentierbaren Kohlenstoffquellen nur kleine Kolonien, sogenannte „petite“ (franz. petit = klein) Kolonien aus. Auf nicht-fermentierbaren Kohlenstoffquellen können petite-Mutanten nicht wachsen. Bei petite-Mutanten kann man drei verschiedene Vererbungsmuster unterscheiden. Bei dem ersten Typ handelt es sich um Segregations-petites, da nach Kreuzung mit einem Wildtyp-Stamm die Hälfte der Ascosporen den petite-Phänotyp und die andere Hälfte den Wildtyp-Phänotyp aufweisen. Ein Segregationsmuster von 2:2 ist charakteristisch für eine chromosomale Mutation und weist auf eine Mutation im Zellkern hin. Solche nukleären Mutationen werden durch Abkürzung pet symbolisiert. Extrachromosomale petite-Mutationen verändern dagegen die mitochondriale DNA und werden nicht nach den mendelschen Regeln vererbt. Entweder tritt nach Kreuzung mit dem Wildtyp der Atmungsdefekt in den Nachkommen nicht mehr auf (neutrale petite-Mutanten) oder in der Nachkommenschaft finden sich Ascosporen, die zu großen oder zu kleinen Kolonien auswachsen. Das Verhältnis von kleinen zu großen Kolonien ist dabei variabel und von Stamm zu Stamm verschieden (suppressive petite-Mutanten). Molekularbiologische Untersuchungen ergaben, dass extrachromosomale petite-Mutanten kleinere und große Deletionen in der mitochondrialen DNA (mtDNA) aufweisen. Solche Mutanten werden auch als rho – -Mutanten bezeichnet. Petite-Mutanten, die Mitochondrien ohne mtDNA besitzen, nennt man rho0 -Mutanten. Mitochondrien-Mutanten, die nur Punktmutationen in einzelnen mitochondrialen Genen aufweisen, werden als mit– -Mutanten bezeichnet. Auch solche Mutationen führen zu Defekten in der Atmungskette oder der oxidativen Phosphorylierung.
1.3 Saccharomyces cerevisiae
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Neben den atmungsdefekten petite-Mutanten gibt es eine weitere große Klasse von Hefemutanten, die als antR-Mutanten bezeichnet werden und resistent gegen Antibiotika wie Chloramphenicol (capR ), Erythromycin (eryR ), Paramomycin (parR) und Oligomycin (oliR ) sind. DNA-vermittelte Transformation Die Transformation einer Hefezelle bedeutet die Einführung von exogen zugeführter DNA in die Zelle und die stabile Vererbung und Expression der eingeführten Gene. Um die erfolgreiche Aufnahme von DNA nachzuweisen, bedarf es geeigneter Selektionssysteme. In der Regel besteht dieses System bei der Bäckerhefe in der Komplementation von genetischen Defekten der Wirtszelle. Als Selektionsmarker haben sich Gene des Aminosäure- oder des Purin- bzw. des Pyrimidinstoffwechsels durchgesetzt. Solche Gene können entsprechende auxotrophe Wirtsstämme funktionell komplementieren, in dem sie der Zelle Prototrophie verleihen (Tabelle 1.3.3). Jedes Hefegen, für das eine Mutation bekannt ist, kann im Prinzip als Selektionsmarker in einem Transformationsexperiment verwendet werden. In einigen Fällen werden aber auch Vektoren eingesetzt, die eine Resistenz gegenüber einem Antibiotikum oder einer toxischen Verbindung vermitteln (Tabelle 1.3.4). Es können nicht nur zirkuläre Vektoren in Hefe transformiert werden, sondern auch lineare DNA. Zirkuläre Vektoren enthalten in der Regel einen hefespezifischen Replikationsursprung (Kap. 3.2), damit sie in der Hefezelle vermehrt werden können. Lineare DNA integriert dagegen in das Genom, Tabelle 1.3.3. In S. cerevisiae selektierbare Marker Gen LEU2 HIS3 HIS1 LYS2 TRP1 TRP5 ARG4 ADE1 ADE2 URA3 HOM3
Enzym Ƣ-Isopropylmalat-Dehydrogenase Imidazol-Glycerinphosphat-Dehydrogenase ATP-Phosphoribosyltransferase ơ-Aminoadipatreduktase N-(5’Phosphoribosyl)-Anthralinat-Isomerase Tryptophan-Synthetase Argininosuccinat-Lyase Phosphoribosylamino-Imidazol-Succinocarbozamid-Synthetase Phosphoribosylamino-Imidazol-Carboxylase Orotidin-5’-Phosphat-Decarboxylase Aspartat-Kinase
Selektion Leucin Histidin Histidin Lysin Tryptophan Tryptophan Arginin Adenin Adenin Uracil Methionin und Threonin
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1 Modellorganismen
wenn sie Sequenzen enthält, die zu entsprechenden Abschnitten im Hefegenom homolog sind. Die durch homologe Rekombination eingefügte DNA ist fest in einem Chromosom verankert und wird mit diesem mitotisch und meiotisch stabil vererbt. Über die Wahl der homologen DNA ist ein gezielter Einbau linearer DNA möglich. Bei der linearen DNA kann es sich um einen linearisierten Vektor, PCR-Fragmente oder sogar Oligonukleotide handeln. Bereits ca. 20 bp an homologer Sequenz reichen aus, um ein Genkonstrukt mit mehr als 95 % Genauigkeit an seinen Zielort zu bringen. Dies ist eine hervorragende Eigenschaft der Bäckerhefe, deren Rekombinationssystem einen gerichteten Einbau von homologen Sequenzen ermöglicht. Bei anderen eukaryotischen Modellorganismen, wie dem Hyphenpilz Neurospora crassa, der Alge Chlamydomonas reinhardtii oder der höheren Pflanze Arabidopsis thaliana, ist homologe Rekombination weit weniger effizient und ein gezielter Einbau homologer DNA gelingt eher selten. Hauptsächlich werden vier Methoden eingesetzt, um S. cerevisiae zu transformieren: die Sphaeroplastierungsmethode, die Lithium-Acetat-Methode, die Gefrier-Methode und die Elektroporation (Kap. 3.2). Die Mitochondrien von S. cerevisiae können mit Hilfe der Partikelkanone transformiert werden (Kap. 3.4).
Tabelle 1.3.4. Dominante Selektionsmarken für S. cerevisiae Gen
Resistenz gegen
Genprodukt
CUP1
Kupfer
Metallothionin
CAN1
Sensitivität gegenüber Arginin-Permease Canavanin, bei Mutation Resistenz Gentamycin-Derivat Aminogylcosid-Phosphotransferase Kanamycin Neomycin-Phosphotransferase
G418 KanR HygR
Hygromycin
CmR
Chloramphenicol
HerkunftsOrganismus CUP1-Gen aus S. cerevisiae CAN1-Gen aus S. cerevisiae
Transposon Tn601 aus E. coli nptII-Gen aus dem Transposon Tn5 von E. coli Hygromycin-Phospho- hph-Gen aus E. coli transferase ChloramphenicolTranposon Tn9 aus Acetyltransferase E. coli
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Verfügbarkeit der Gesamtgenomsequenz Die Bäckerhefe S. cerevisiae ist der erste Eukaryot, dessen gesamtes Genom sequenziert wurde. Seit dem Jahr 1996 steht die Sequenz zur Verfügung. Das 13,5 Mb-Genom von S. cerevisiae ist auf 16 Chromosomen verteilt. Die Chromosomen haben eine Größe von 230 kb – 2200 kb. Damit ist das Genom von S. cerevisiae ungefähr dreimal so groß wie das von E. coli und dreimal so klein wie das des Hyphenpilzes N. crassa. Die chromosomale DNA enthält offene Leserahmen (open reading frames = ORFs), die für rund 5700 Proteine kodieren. Davon sind ca. 5500 ORFs für Proteine mit mehr als 100 Aminosäuren und knapp 200 offene Leserahmen, die für kleine Proteine mit weniger als 100 Aminosäuren kodieren. Ein durchschnittlicher ORF der Bäckerhefe ist 1450 bp lang. Interessanterweise sind nur weniger als 5 % der ORFs durch Intronen unterbrochen. Von der Gesamtzahl der Gene und der Genomgröße kann darauf geschlossen werden, dass alle 2000 bp ein neues Gen beginnt. Dies lässt wenig Raum für intergenische Bereiche und im Vergleich zu höheren Eukaryoten liegt mit 70 % kodierender Region eine sehr hohe Gendichte vor. Etwa 2/3 der ORFs entsprechen schon bekannten Hefegenen oder haben starke Sequenzähnlichkeiten zu Genen anderer Organismen. Damit ist bei ca. 1/3 der Gene die Funktion unbekannt. Internationale Projekte haben sich deshalb die Aufgabe gestellt, jedem identifizierten Leserahmen eine Funktion zuzuordnen (functional genomics; s. u.). Dazu werden durch homologe Rekombination alle bekannten Gene einzeln durch die Insertion eines Markergens an homologer Stelle im Genom ausgeschaltet. Mit Hilfe eines solcher gene replacements sollen Funktionen aller Hefegene systematisch untersucht werden. Es stellte sich heraus, dass nur ca. 15 % aller Gene der Bäckerhefe essentiell, d. h. für das Überleben im Labor notwendig sind. Im Allgemeinen werden solche Genzerstörungen an diploiden Zellen vorgenommen, der gezielte Einbau des Genkonstruktes findet normalerweise nur auf einem Chromosom statt. Lässt man die Hefe sporulieren, besitzen zwei der vier Ascosporen das zerstörte Gen, die anderen beiden nicht. Wenn ein Gen essentiell ist, werden nur zwei Sporen auskeimen. Ist das zerstörte Gen nicht essentiell, keimen dagegen alle vier Sporen aus. Eine geringe Beeinträchtigung durch das Fehlen des Gens zeigt sich in einer geringeren Größe der Sporenkolonie (Abb. 1.3.2). Repetitive Sequenzen Repetitive Sequenzen sind bei der Bäckerhefe selten. Auf dem Chromosom XII findet man etwa 100 Kopien des rRNA-Operons, das für die 28S rRNA, die 5,8S rRNA und die 18S rRNA kodiert. Daneben existieren noch 276 tRNAGene. Diese Gene sind über das gesamte Genom verstreut und liegen, bis auf
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1 Modellorganismen Paar homologer Chromosomen
URA3
MLG1 MLG1
Doppel-Crossing-over mlg1::URA3 URA3
MLG1
Sporulation Ascus mit Sporen
Tetradenanalyse
a
b
MLG1 nicht essentiell
c
MLG1 essentiell MLG1 nicht essentiell, jedoch Beeinträchtigung des Wachstums
Abb. 1.3.2 Homologe Rekombination und gezielte Genzerstörung am Beispiel des Gens MLG1 (Mein-Lieblings-Gen 1). Nach Transformation eines linearen Fragmentes integriert dieses homolog in eines der beiden homologen Chromosomen. Nach Sporulation und Tetradenanalyse können Rückschlüsse auf die Funktion des Gens gezogen werden. Das Gen ist entweder nicht essentiell (a) oder es hat nur geringe Auswirkungen auf das Wachstum (b) oder es ist essentiell (c)
1.3 Saccharomyces cerevisiae
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vier co-transkribierte tRNA-Gene, als einzelne Transkriptionseinheiten vor. Daneben kommen als repetitive Elemente Transposonen im Hefegenom vor. Bei den Ty (transposon yeast)-Elementen handelt es sich um Retrotransposonen, die Ähnlichkeiten mit Retroviren und Retrotransposonen aus Pflanzen und Tieren aufweisen. Es existieren insgesamt 52 Kopien der Ty-Elemente, die sich auf fünf verschiedene Ty-Elemente (Ty1, Ty2, Ty3, Ty4 und Ty5) aufteilen. Am häufigsten kommen das Ty1- (32-mal) und das Ty2-Element (13mal) vor. Verteilt auf die 16 Chromosomen der Bäckerhefe findet man ca. 750 ARS-Elemente. Als ARS (autonomously replicating sequence) werden bei der Hefe S. cerevisiae DNA-Sequenzen bezeichnet, die als Replikationsursprung der DNA-Verdopplung dienen. Das 2µm-Plasmid Neben der chromosomalen DNA findet man im Zellkern der meisten Laborstämme und in 80 % aller Wildisolate von S. cerevisiae etwa 50–100 Kopien eines zirkulären Plasmids, das wegen seiner Größe als 2µm-Plasmid bezeichnet wird. In diploiden Zellen macht die 2µm-DNA rund 2,5 % der Gesamtmenge der DNA aus. Die biologische Funktion des 2µm-Plasmids ist nicht bekannt, denn plasmidfreie (cir0 -Stämme) und plasmidhaltige (cir + -Stämme) Hefestämme sind phänotypisch nicht unterscheidbar. Bei dem 2µm-Plasmid handelt es sich um ein 6318 bp langes, doppelsträngies DNA-Molekül, das als autonom replizierendes Element neben vier ORFs auch einen Ursprungsort der DNA-Replikation, einen ARS-Bereich, enthält (Abb. 1.3.3). Jedes Plasmid wird nur ein einziges Mal während des Zellzyklus repliziert. Die Genprodukte der Gene REP1, REP2 und RAF sind an der Aufteilung der 2µm-DNA während der Zellteilung und an der Regulation der Kopienzahl beteiligt. Die STB-Region ist für die Weitergabe des Plasmids während der Kernteilung essentiell, da das Plasmid über diese Region durch die Proteine Rep1p und Rep2p mit der Kernmatrix verbunden ist. Das FLP-Gen kodiert eine sequenzspezifische Rekombinase (FLP), die der inter- und intramolekularen Rekombination der 2µm-DNA dient. Sie induziert eine Rekombination an den FRT-Sequenzen, die in den IR-Bereichen liegen (vgl. Kap. 2.6.3). Eine intramolekulare Rekombination findet jeweils über die invers repetitiven Sequenzen (IR-Bereiche) der 2µm-DNA statt. Dabei kommt es zu einer Umordnung der einzelnen Gene. Die 2µm-DNA kann in zwei Konformationen vorliegen, die als A- und B-Form bezeichnet werden. Das mitochondriale Genom Neben dem Zellkern besitzen auch Mitochondrien DNA. Die mitochondriale DNA (mtDNA) macht ca. 15 % der Gesamtmenge der DNA einer Hefezelle
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1 Modellorganismen EcoRI 1 HindIII 105 XbaI 703
FLP IR2
AvaI 4764
2µm-DNA A-Form
REP2
HindIII 1017
REP1
6318 bp PvuI 1755
IR1 RAF ARS XbaI 3945
HindIII 2331 EcoRI 2407
STB AvaI 3258
HpaI 2964
PstI 2652 PvuI 2729
Abb. 1.3.3. Physikalische Karte des 2µm-Plasmids der Bäckerhefe in der A-Form. Dargestellt sind die vier Gene des Plasmids (FLB, RAF, REP1 und REP2), der ARSund der STB-Bereich sowie die invers repetitiven Sequenzen (IR1 und IR2)
aus. Es wird geschätzt, dass ca. 50 Kopien der mtDNA pro Organell vorliegen. Hefemitochondrien sind dynamische Organellen, deren Größe, Form und Anzahl abhängig von den Wachstumsbedingungen ist. Unter aeroben Bedingungen sind die Mitochondrien zahlreich und weisen eine typische Innenstruktur mit einer vielfach eingestülpten Innenmembran auf. Unter anaeroben Bedingungen liegen die Mitochondrien in geringer Anzahl und relativ unstrukturiert als Promitochondrien vor. In der mtDNA sind wesentliche Informationen gespeichert, die zum Aufbau und zur Funktion der Mitochondrien notwendig sind. Die Bäckerhefe besitzt eine ringförmige mtDNA von 86 kb Länge, die für insgesamt 20 Proteine kodiert. Unter diesen befinden sich Untereinheiten für die Cytochrom-Oxidase, Cytochrom b, 6 Untereinheiten der NADH-Dehydrogenase,
1.3 Saccharomyces cerevisiae
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ATPase-Untereinheiten und Spleißfaktoren. Daneben enthält sie die genetische Information für rRNAs (16S rRNA und 23S rRNA) sowie für 24 tRNAs. Es wird vermutet, dass neben der tRNA Lys ca. 400 Proteine, die von der chromosomalen DNA kodiert werden und im Cytoplasma synthetisiert werden, in die Mitochondrien transportiert werden. Die importierten Proteine fügen sich hier mit den mtDNA-kodierten Proteinen zu funktionsfähigen Komplexen zusammen. Bei der Hefe S. cerevisiae werden nach erfolgter Kreuzung von aund ơ-Zellen die Mitochondrien beider Partner auf die Zygote übertragen. Es kann auch zur Fusion von Mitochondrien beider Eltern kommen und genetisch verschiedene mtDNA-Moleküle können miteinander rekombinieren. 1.3.4 Biologische Fragestellungen Die Bäckerhefe wird in vielen Fällen ähnlich dem Bakterium E. coli als Werkzeug der Molekulargenetik eingesetzt. So werden künstliche Hefechromosomen (YACs, yeast artificial chromosomes, Kap. 3.2) als Klonierungsvektoren für die Isolierung und Kartierung großer Genomfragmente bei Genomsequenzierprojekten verwendet. Wenn bakterielle Expressionssysteme z. B. wegen des Fehlens der eukaryotischen posttranskriptionellen Modifikation nachteilig sind, wird S. cerevisiae auch für die Expression eukaryotischer Gene benutzt (Kap. 7.2). Schließlich bieten die HYBRID-Systeme der Bäckerhefe die Möglichkeit, Protein-Protein-, DNA-Protein und RNA-Protein-Wechselwirkungen in vivo zu analysieren (Kap. 6.1). Während der Evolution vom Einzeller zum Mehrzeller sind viele Grundmechanismen der eukaryotischen Zelle erhalten geblieben, und aufgrund der langjährigen Erfahrung in der Hefegenetik und der leichten Manipulierbarkeit wurden und werden eine Vielzahl von Lebensprozessen der eukaryotischen Zelle in der Bäckerhefe S. cerevisiae eingehend untersucht. Diese betreffen Fragestellungen zur Regulation der eukaryotischen Genexpression, der Regulation des vegetativen Zellzyklus oder der Meiose sowie Mechanismen der Signaltransduktion. Darüber hinaus werden an der Bäckerhefe grundlegende Stoffwechselleistungen der eukaryotischen Zelle, wie die Kontrolle der Aminosäurebiosynthese, analysiert oder die Proteinsekretion untersucht. Modellhaft wird auch die Biogenese der eukaryotischen Zellorganellen, wie der Mitochondrien und Peroxisomen in der Bäckerhefe, erforscht.
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1 Modellorganismen
1.3.5 Genetische Ressourcen Im Rahmen des Hefe-Genomprojektes wurde bereits 1996 das Genom von S. cerevisiae veröffentlicht und die Sequenz jedes beliebigen Gens kann in gängigen Genbank-Datenbanken eingesehen werden, z. B. am National Center for Biotechnologie Information (NCBI) oder der European Molecular Laboratory (EMBL). Es können hier auch unbekannte Sequenzen gegen das Hefegenom verglichen werden. Daneben existieren spezielle Datenbanken, die sich ausschließlich mit allen Facetten des S.-cerevisiae-Genoms widmen. Am Münchener Informationszentrum für Protein Sequenzen (MIPS, Munich Information Center for Protein Sequences) wurde eine Hefegenom-Datenbank (CYGD Comprehensive Yeast Genome Database, mips.gsf.de/genre/ proj/yeast/index.jsp) installiert, die Daten zu Gensequenzen, Proteinen, sowie deren biologischer Funktion und Literaturhinweise zusammenfasst. Auch in der Saccharomyces Genome Database (SGD, www.yeastgenome.org) werden umfassende Erkenntnisse über den Organismus Saccharomyces cerevisiae aufgeführt. Auf beiden Internetseiten können Sequenzvergleiche durchgeführt werden, und mit Suchfunktionen können gezielt Informationen über bestimmte Gene und Proteine eingeholt werden. Daneben kann auch überprüft werden, welche Proteine der Hefe miteinander interagieren. Insgesamt sind mittlerweile 10 570 verschiedene Protein-Protein-Interaktionen in den Genbanken annotiert. Die Hefe besitzt zwar knapp 6000 Gene, jedoch werden nicht alle Gene jederzeit exprimiert. Es liegen demnach nicht immer alle Proteine, die durch die Gene kodiert werden, in jedem Zelltyp vor. Mit der Transkriptom-Analyse ist es möglich, die Transkription aller Hefegene unter bestimmten Parametern zu messen (z. B. in haploiden Zellen oder in diploiden Zellen, während der Sporulation oder unter aeroben bzw. anaeroben Bedingungen). Die Standford Microarray Database (SMD; genome-www5.stanford.edu) gibt einen Überblick über alle Transkriptom-Analysen, die bei S. cerevisiae durchgeführt wurden. Mit einer Suchfunktion kann gezielt nach der Expression eines speziellen Gens unter definierten Bedingungen gesucht werden. Durch Proteom-Analysen kann anhand eines Protein-Profils einer Kultur direkt auf das synthetisierte Protein zurückgeschlossen werden. Die Ermittlung des Protein-Profils beruht auf der Kombination von zweidimensionaler Elektrophorese (2D-Elektrophorese) und der Massenspektroskopie-Technik. Das Computerprogramm Melanie des Expasy Servers (us.expasy.org) sowie andere Internetseiten des Servers (z. B. us.expasy.org/ch2d/) ermöglichen die Detektion und Zuordnung von Protein-Spots.
1.4 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
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Die Kenntnis einer Gesamtsequenz und der Expressionsdaten einzelner Gene reicht jedoch noch nicht aus, um die Funktionsweise eines bestimmten Gens zu erklären. Neben der Kenntnis aller Gene muss deshalb auch die Funktion der Genprodukte untersucht werden. Durch systematische Genfunktionsanalyse in einem nationalen und in einem internationalen Netzwerkverbund erfolgt zur Zeit die Analyse aller Hefegene. Durch homologe Rekombination werden alle der ca. 6000 Gene einzeln deletiert. Zu diesem Zweck wurde EUROSCARF, eine Datenbank mit Hefe-Deletionsmutanten und Hefe-Deletionsplasmiden, aufgebaut. Gegen geringe Kosten können Deletionsmutanten bei EUROSCARF (European Saccharomyces cerevisiae Archive for Functional Analysis, www.uni-frankfurt.de/fb15/mikro/euroscarf/index.html) bestellt werden. Im Jahr 2003 wurde als weiterer Bestandteil einer globalen Analyse des Hefegenoms versucht, alle ORFs des Hefegenoms mit dem gfp-Gen der Meeresqualle Aequorea victoria zu fusionieren und die Fusionsproteine anhand ihrer Fluoreszenz in der Zelle zu lokalisieren. Dies ist mittlerweile für 75 % aller Hefeproteine gelungen. Eine Datenbank (yeastgfp.ucsf.edu) mit integrierter Suchfunktion fasst die ermittelten Daten zusammen. Weiterhin sind genetisch verschiedene Hefestämme in internationalen Stammkulturen bestellbar. Z. B. erhält man am Yeast Genetic Research Resource Center (YGRRC) der American Type Culture Collection (ATCC) 25 000 Hefestämme, 400 verschiedene Hefevektoren und 20 Genom- oder cDNA-Banken.
1.4 Neurospora crassa und Sordaria macrospora Die Ascomyceten (Schlauchpilze) stellen die artenreichste Gruppe innerhalb der Pilze dar. Zu ihnen gehören auch die nahe miteinander verwandten Gattungen Neurospora und Sordaria. Bei beiden existieren sowohl heterothallische als auch homothallische Arten, die traditionell für genetische Studien eingesetzt werden. Dies schließt sowohl die heterothallische Art Neurospora crassa als auch die homothallische Art Sordaria macrospora ein. Zwar sind die ökologische Verbreitung und der Lebenszyklus in Details verschieden, doch zeigen beide Pilze deutliche morphologische und cytologische Gemeinsamkeiten, die eine detaillierte genetische Analyse ermöglichen. Das Produkt der Meiose, die Tetrade, kann in Form von haploiden Meiosporen (Ascosporen) isoliert werden und steht für weitergehende morphologische, physiologische oder molekularbiologische Analysen zur Verfügung. Grundsätzlich sind beide Organismen
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1 Modellorganismen
für die Beantwortung genetischer Fragestellungen gleichwertig. Im Folgenden wird vornehmlich auf die Leitart N. crassa eingegangen, da für diesen Organismus innerhalb der Myzel bildenden Pilze die meisten Informationen vorliegen. An geeigneter Stelle wird zusätzlich auf S. macrospora verwiesen, weil dieses Objekt für verschiedene Experimente in diesem Buch empfohlen wird. Systematische Einteilung Abteilung: Klasse: Unterklasse: Ordnung: Familie: Gattung:
Mycophyta Ascomycetes Ascomycetidae Sphaeriales (Sordariales) Sordariaceae Neurospora (bzw. Sordaria)
Genomsteckbrief (N. crassa) • • • • •
nukleäres Genom: 39 900 Mb Zahl der Chromosomen: 7 Zahl der proteinkodierenden Gene: 10 082 mitochondriales Genom: 65 kb Zahl der proteinkodierenden Gene: 20
1.4.1 Historisches 1843 1927 1941 1945 1955 1982 1986
erste Beschreibung von Neurospora-Arten, die in kontaminierten Bäckereien in Paris entdeckt wurden die Gattung wird benannt, Arten werden beschrieben, O. Dodge initiiert genetische und cytologische Untersuchungen George Beadle und Edward Tatum nutzen Neurospora crassa, um die ersten biochemischen Mutanten zu erhalten Barbara McClintock identifiziert die 7 Chromosomen und beschreibt Meiose und postmeiotische Prozesse Mary Mitchell benutzt die Ascus-Analyse, um den ersten sicheren Nachweis der Genkonversion zu demonstrieren die ersten physikalischen und genetischen Karten der mitochondrialen DNA werden publiziert erste Beschreibung von RIP-Mutanten, bei denen durch DNA-Wiederholungen Punktmutationen verursacht wurden
1.4 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
1992 1997
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Entdeckung des Quelling-Phänomens in Neurospora crassa Quelling-defiziente (RNAi) Mutanten werden genutzt, um zu zeigen, dass eine RNA-abhängige RNA-Polymerase für das gene silencing verantwortlich ist 2002 Veröffentlichung der vollständigen Genomsequenz von Neurospora crassa (1. vollständig sequenziertes Genom eines Hyphenpilzes) Bereits 1843 wurden französische Bäckereien von einem Schimmelpilz befallen, der aufgrund seiner pudrig wirkenden orangefarbigen Konidiosporen auffällig war. Dieser Pilz fand sich häufig auf kohlenhydratreicher Nahrung wie z. B. Brot und wurde als Monilia sitophila bezeichnet. Erst viele Jahrzehnte später wurden die Fruchtkörper (Perithezien) beschrieben, die im Verlaufe der Sexualentwicklung entstehen, und der Pilz konnte in die neue Gattung Neurospora eingeordnet werden. Insbesondere O. Dodge, der die ersten Kreuzungen mit diesem Pilz durchführte, etablierte N. crassa als genetisch wichtigen Organismus. Unter anderem gelang ihm der physiologische Nachweis, dass zwei Kreuzungstypen existieren, deren Gene im Verhältnis 4 : 4 in den achtsporigen Asci aufgespalten werden. Diese Arbeiten wurden später durch Carl Lindegren in Kalifornien weiterentwickelt, der die ersten morphologischen Mutanten isolierte und 1936 die erste genetische Karte publizierte. In den Folgejahren entwickelte sich N. crassa zum Lehrbuchbeispiel, da deutlich wurde, dass die vier Produkte der Meiose, die Tetrade, in Form von Ascosporen isoliert werden konnten. Mit Hilfe der Tetradenanalyse gelang es, die Phänomene des Crossing-over und der Interferenz zu erklären, die typischerweise bei allen Eukaryoten im Verlauf der Meiose auftreten. Ein weiterer Durchbruch mit dem Modellorganismus N. crassa gelang Tatum und Beadle. Sie konnten 1941 zum ersten Mal Mutanten beschreiben, die individuelle Nahrungsdefizienzen (Auxotrophien) aufwiesen. Mit Hilfe der Mendelgenetik zeigten sie, dass die fundamentalen Lebensprozesse durch Gene kontrolliert werden. Ihnen gelang es mittels Mutanten, die für verschiedene Vitamine bedürftig waren, eine Brücke zwischen Genetik und Biochemie zu schlagen und eine neue Ära der biochemischen Genetik und der molekularen Biologie zu initiieren. Sie konnten 1945 die „Ein Gen - Ein Enzym“-Hypothese aufstellen, die besagt, dass enzymkatalysierte Biosyntheseschritte unter genetischer Kontrolle stehen. In der Folgezeit wurden zahlreiche physiologische Mutanten isoliert, die u. a. auch zur Bestimmung von Zwischenschritten in Biosynthesewegen führten. Die Vielzahl der Mutanten führte schließlich dazu, dass N. crassa der erste Pilz war, bei dem 1954 alle Kopplungsgruppen genetisch kartiert worden waren. Für die mitochondriale DNA gelang es 1982 zum ersten Mal, physikalische und genetische Karten in Einklang zu bringen. In der Folgezeit wurden
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1 Modellorganismen
verschiedene Phänomene, die bei N. crassa zuerst entdeckt und beschrieben worden waren, auf ihren molekularen Ursprung zurückgeführt. Hierzu zählt auch das RIP-Phänomen (repeat-induced-point mutation), das auftritt, wenn duplizierte DNA-Sequenzen (z. B. nach DNA-Transformation) sexuell weitergegeben werden. Dabei stattfindende Punktmutationen führen zu ihrer Inaktivierung. Neurospora crassa ist schließlich auch der erste Hyphenpilz, für den 2003 die vollständige Genomsequenz veröffentlicht wurde (Galagan et al. 2003). Von diesen Daten abgeleitete Erkenntnisse können maßgeblich für viele Hyphenpilze sein, da die Isolation und Funktionsanalyse von heterologen Genen auf der Basis dieser Genomsequenz entscheidend erleichtert wird. Im Gegensatz zur Gattung Neurospora, die vor allem in tropischen Vegetationszonen zu finden ist, kommen die koprophilen Vertreter der Gattung Sordaria in gemäßigten Vegetationszonen vornehmlich auf dem Dung von herbivorer Tiere vor. Zwei Arten, S. macrospora und S. fimicola, sind besonders erwähnenswert, da sie seit den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts als genetische Objekte ausgewählt worden sind. Auch wenn die Anwendung molekulargenetischer Methoden bei den Sordaria-Arten im Vergleich zu N. crassa weniger gut etabliert ist, so können doch entscheidende technische Entwicklungen inzwischen auch für die Arbeit mit S. macrospora verzeichnet werden. Dies schließt sowohl die DNA-Transformation als auch die Expression heterologer Gene in diesem Ascomyceten ein.
1.4.2 Lebenszyklus Neurospora crassa ist ein heterothallischer Hyphenpilz, dessen Lebenszyklus durch Monözie, überlagert durch Inkompatibilität, bestimmt wird. Es können zwei Kreuzungstypen („Geschlechter“) unterschieden werden, die durch die Bezeichnung „A“ und „a“ gekennzeichnet werden. „A“- und „a“-Stämme tragen unterschiedliche Kreuzungstyp-Gene, die das Sexualverhalten bei diesem Pilz bestimmen. In Abb. 1.4.1 wird der sexuelle Zyklus mit der Bildung der Konidien gezeigt, welche zusätzlich Ausgangspunkt des asexuellen (vegetativen) Zyklus sind. Die Ascosporen sind als Produkte der sexuellen Vermehrung Ausgangspunkt für ein zweidimensional wachsendes Myzel mit einer Wuchsrate von 3,0 cm/ Tag. An diesem differenzieren sich sowohl weibliche Gametangien (Ascogone) als auch männliche Gameten (Mikro- und Makrokonidien). Nur wenn zwei Stämme mit unterschiedlichem Kreuzungstyp aufeinandertreffen, kann der Sexualzyklus vollendet werden. Die Trichogyne, eine spezialisierte Hyphe, die
1.4 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
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Konidien Ascogon
Myzel
Neurospora crassa heterothallisch
Trichogyne
Ascosporen
a A
Ascus
Protoperithezien
Ascus Perithezium Protoperithezium Ascospore
Sordaria macrospora homothallisch
Myzel Ascogon
Abb. 1.4.1. Vergleich der Lebenszyklen von Neurospora crassa und Sordaria macrospora. Bei N. crassa ist die Kreuzung von zwei Stämmen mit entgegengesetztem Kreuzungstyp-Locus (A und a) die Voraussetzung für eine sexuelle Vermehrung. Im Gegensatz dazu kann aufgrund einer autogamen Befruchtung bei Sordaria macrospora eine Selbstung stattfinden, um den sexuellen Zyklus einzuleiten. Weitere Details im Text
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1 Modellorganismen
aus dem Ascogon heraus wächst, kann durch Hyphenanastomose eine Mikrooder Makrokonidie aufnehmen. Durch die Zellfusion kommt es zur Hetererokaryonbildung, einer Voraussetzung für die Ausbildung ascogener Hyphen. Diese treten zahlreich in den einzelnen Fruchtkörpern auf. Ascogene Hyphen entwickeln sich zu Hakenzellen, in denen die Karyogamien je zweier haploider, genetisch verschiedener Kerne stattfinden. Bei der Karyogamie entsteht ein diploider Kern, der nachfolgend eine Meiose durchführt. Nach der ersten und zweiten meiotischen Teilung erfolgt eine postmeiotische Mitose, die schließlich zu acht haploiden Kernen führt. Diese acht Kerne sind der Ursprung von acht Ascosporen, die linear in den länglichen Asci angeordnet sind. Die lineare Anordnung wiederum spiegelt die Vorgänge im Verlaufe der Meiose wider und erlaubt die Kartierung des Gen-Centromer-Abstandes, der aufgrund der Postreduktionshäufigkeit (second-division segregation frequency) bestimmt werden kann. Bei der Tetradenanalyse, die — wie bereits oben beschrieben wurde — für konventionelle genetische Kartierungen angewandt wird, werden die acht haploiden Ascosporen phänotypisch analysiert. Der vegetative Zyklus beginnt mit der Keimung der Mikro- oder Makrokonidien, welche sich ausschließlich durch mitotische Teilungen vermehren. An den dabei entstehenden Myzelien können wiederum Konidien gebildet werden, die als orangefarbene Beläge makroskopisch erkennbar sind. Im Gegensatz zu Neurospora crassa ist Sordaria macrospora ein homothallischer Pilz, d. h. der Organismus ist zur Selbstung befähigt. Die Entwicklung der Fruchtkörper erfolgt innerhalb eines Stammes ohne die Anwesenheit eines zweiten Kreuzungspartners. Man spricht in diesem Fall von einer apandrischen Entwicklung mit einem autogamen Befruchtungsmodus. Trichogynen, die für den Befruchtungsmodus bei N. crassa wesentlich sind, fehlen bei S. macrospora vollständig. Wie für alle homothallischen Arten der Gattung Neurospora und Sordaria typisch, fehlt ein vegetativer Zyklus. Daher können bei S. macrospora keine Mikro- oder Makrokonidien beobachtet werden. Der Organismus weist somit einen vergleichsweise einfachen Lebenszyklus auf (Abb. 1.4.1), der im Labor innerhalb von sieben Tagen vollzogen werden kann. Ausgehend von einer Ascospore wird ein Myzel gebildet, an dem sich Ascogone ausdifferenzieren, die sich zu ascogenen Hyphen entwickeln. Durch Septierung entstehen Spitzenzellen, in denen es zur Dikaryonbildung kommt (vgl. Abb. 2.3.1). Die Spitzenzellen schließlich sind der Ausgangspunkt der Ascusentwicklung. In den jungen Asci finden Karyogamie und Meiose statt, welche die Voraussetzung für die Bildung der Ascosporen sind. Ähnlich wie bei N. crassa werden kugelrunde Protoperithezien (Vorfruchtkörper) mit einem Durchmesser von ca. 30–50 µm gebildet. Im Verlaufe der weiteren Differenzierung entwickeln sich diese zu flaschenähnlichen Fruchtkörpern, den Perithezien, mit einer Größe
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von ca. 250 µm. Ähnlich wie bei N. crassa werden in den Fruchtkörpern bis zu 200 Asci gebildet, in denen sich je acht linear angeordnete, schwarze Ascosporen finden. Die Ascosporengröße und -form ist wichtig für eine taxonomische Einteilung unterschiedlicher Spezies. Die Ascosporen von S. macrospora haben eine Größe von 17 × 31 µm und werden ähnlich wie bei N. crassa durch das Ostiolum, eine perforierte Stelle an der Spitze des Peritheziums, ausgeschleudert. Dieser Mechanismus dient der Verbreitung der Sporen. Zusammengefasst weicht der Lebenszyklus von Sordaria macrospora von dem von Neurospora crassa wie folgt ab: 1. Es findet keine vegetative Vermehrung durch Makro- oder Mikrokonidien statt. 2. Die Protoperithezien bilden keine Trichogynen aus. Die Entwicklung erfolgt apandrisch, die Befruchtung ist autogam. S. macrospora ist selbstbefruchtend und Inkompatibilitätsmechanismen sind nicht beschrieben. 3. Der Entwicklungszyklus ist mit ca. sieben Tagen relativ kurz, die im Vergleich zu N. crassa großen Ascosporen keimen leicht ohne Hitzeschock oder Keimruhe. 4. Die Wuchsrate von S. macrospora beträgt ca. 1,6 cm pro Tag. 1.4.3 Technische Entwicklungen An dieser Stelle können nicht sämtliche methodisch-technische Entwicklungen, die bei Neurospora crassa in den letzten 50 Jahren stattgefunden haben, aufgezählt werden. Deshalb werden beispielhaft experimentelle Voraussetzungen erwähnt, die grundsätzlich dazu beigetragen haben, N. crassa zu einem zentralen Objekt der Genetik werden zu lassen. Tetradenanalyse Die Tetradenanalyse untersucht die vier Produkte der Meiose, bei der die Allele im Verhältnis 2 : 2 (Mendelaufspaltung) segregieren. Dabei werden fundamentale Informationen zu Meiose und Crossing-over geliefert, welche die Grundlagen zur Aufstellung von Chromosomenkarten darstellen. Außerdem werden Untersuchungen zu Chromosomenumlagerungen oder zur nicht-mendelschen Vererbung der Mitochondrien-DNA unterstützt. In der Regel wird bei der Anwendung der Tetradenanalyse die Anordnung der Produkte unberücksichtigt gelassen. Allerdings bietet der schlauchförmige Ascus von N. crassa oder S. macrospora die Möglichkeit, anhand der linearen Sporenanordnung Prozesse im Verlaufe der Meiose detailliert zu analysieren. So kann mit Hilfe der Postre-
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1 Modellorganismen
duktionshäufigkeit der Abstand von Genen zum Centromer bestimmt werden (Kap. 2.3). Die acht Meiosporen im linearen Ascus der beiden Ascomyceten entstehen aufgrund einer mitotischen Duplikation der Meioseprodukte. Physiologische und morphologische Mutanten Bereits bei den ersten genetischen Untersuchungen an Neurospora crassa wurde deutlich, dass sowohl morphologische als auch physiologische Mutanten geeignet sind, um Vererbungsprozesse zu verfolgen. Mutationen können spontan auftreten oder gezielt durch Bestrahlung der Konidien mit Röntgenstrahlen oder ultraviolettem Licht erzeugt werden. Alternativ bieten sich verschiedene chemische Agenzien an, wie z. B. Ethylmethansulfonat (EMS). Die ersten Mutanten von N. crassa waren konditional-physiologisch, deren MutantenPhänotyp nur bei erhöhten Temperaturen (temperatursensitive Mutanten), bei ungewöhnlichen pH-Werten oder osmotischen Bedingungen offensichtlich wurde. Konditionale Mutanten sind oft nicht lebensfähig bei erhöhten Temperaturen, und dieses Defizit kann auch nicht durch Medienzusätze umgangen werden. Bei den morphologischen Mutanten fielen vor allen Dingen solche auf, die Veränderungen der Ascosporenfarbe oder -morphologie zeigten oder bei denen das Myzel einen vom Wildtyp abweichenden Phänotyp, wie z. B. eine abweichende Pigmentierung, aufwies. Zu den morphologischen Mutanten gehören auch sterile Stämme, bei denen die Asco- oder Konidiosporenbildung verhindert ist. Physiologische Mutanten sind insbesondere durch die Arbeiten von Tatum und Beadle bekannt geworden. Sie konnten die ersten NährstoffmangelMutanten isolieren, die unfähig sind, auf Minimalmedien zu wachsen. Zu diesem Mutantentyp gehören solche, die die Fähigkeit verloren haben, Aminosäuren, Nukleinsäurevorläufermoleküle, Lipide, organische Säuren oder Vitamine zu synthetisieren. Für Sordaria macrospora wurden bislang deutlich weniger Mutanten beschrieben, und erst vor kurzem konnten die ersten auxotrophen Stämme (ura5, ura3, leu1) isoliert werden. Erwähnenswert sind Farbspormutanten, da sie eine direkte mikroskopisch-genetische Beobachtung der Ascosporen und somit eine einfache formalgenetische Analyse ermöglichen (Kap. 2.3). Außerdem kennt man eine Vielzahl von sterilen Entwicklungsmutanten, die einen Defekt in der Fruchtkörperbildung aufweisen. Gegenüber N. crassa können derartige Mutanten von S. macrospora einfach isoliert werden. Der apandrische Lebenszyklus ermöglicht eine leichte Isolation derartiger Mutanten, ohne dass mit Stämmen eines entgegengesetzten Kreuzungstyps gekreuzt werden muss.
1.4 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
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DNA-vermittelte Transformation Nachdem 1978 mit der Transformation von Saccharomyces cerevisiae die erste DNA-Transformation bei einem eukaryotischen Organismus gelungen war, konnte bereits 1979 die erfolgreiche Transformation eines Hyphenpilzes molekulargenetisch bewiesen werden. Dies gelang mit Rezipientenstämmen von Neurospora crassa, die einen Defekt in der Biosynthese aromatischer Aminosäuren aufwiesen. Inzwischen werden bei DNA-Transformationen von N. crassa und S. macrospora dominante Resistenzmarkergene wie das prokaryotische Hygromycin-B-Phosphotransferase-Gen (hph) eingesetzt. Alternativ finden oft auch Auxotrophiemarkergene, ähnlich wie bei S. cerevisiae (Kap. 1.3), Anwendung. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Transformation war die Möglichkeit, die Zellwand der Hyphen abzubauen und damit die Aufnahme der exogenen DNA zu erleichtern. Alternativ wird inzwischen bei N. crassa die Elektroporation der Konidien zur DNA-Transformation genutzt. In der Regel wird die DNA bei allen Hyphenpilzen in beliebige Orte der chromosomalen DNA der Rezipientenstämme integriert, und nur in seltenen Fällen (0,5– 10 %) findet eine Integration am homologen Locus aufgrund von homologer Rekombination statt. Die integrierte DNA kann stabil auf die Nachkommen vererbt werden: Im Gegensatz zu frei replizierender DNA, die oft cytoplasmatisch lokalisiert ist, findet kein Verlust der transformierten DNA im Verlaufe von Zellteilungsvorgängen statt. Die Möglichkeit, Hyphenpilze mit exogener DNA zu transformieren, eröffnet viele neue Ansätze einer molekularen Analyse von Genstruktur, Genexpression und Evolution. Verfügbarkeit der Gesamtgenomsequenz Das haploide Genom von Neurospora crassa besteht aus 39,9 Megabasenpaaren (Mb) der chromosomalen DNA mit einem GC-Gehalt von 54 %. Die sieben Chromosomen variieren in ihrer Größe zwischen 4 und 10,3 Mb. Die Zahl der Chromosomen ist nicht nur cytologisch beobachtbar, sondern kann auch durch Pulsfeld-Gelelektrophorese elektrophoretisch dargestellt werden. Mit Ausnahme der ribosomalen DNA (rDNA), 5Sr-DNA und der Centromer- und Telomer-DNA existieren nur wenige repetitive DNA-Sequenzen im N.-crassaGenom. Der Vergleich von konventionellen und molekulargenetischen Daten liefert Hinweise dafür, dass eine Karteneinheit 30–80 Kilobasen entspricht. Bislang konnten die bei N. crassa charakterisierten Mutationen 700 Genen zugeordnet werden. Dabei verteilen sich diese Gen-Loci gleichmäßig auf die sieben Chromosomen. Die computergestützte DNA-Annotation hat offene Leserahmen (ORFs) für 10 082 Proteine ermittelt, allerdings steht bei einem Großteil der biochemische oder funktionelle Nachweis noch aus.
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1 Modellorganismen
Für Sordaria macrospora ist die Gesamtgenomsequenz bisher noch nicht ermittelt worden. Allerdings kann aufgrund des hohen Verwandtschaftsgrades zwischen S. macrospora und N. crassa die Genomsequenz von N. crassa für Analysen bei S. macrospora herangezogen werden. 1.4.4 Biologische Fragestellungen An Neurospora crassa sind in den letzten Jahren verschiedene epigenetische Phänomene beobachtet worden, die der „Genomverteidigung“ (genome defense) dienen. Derartige Phänomene werden nicht durch die primäre Expression der genetischen Information bestimmt, sondern ihre Steuerung findet auf einem übergeordneten Entwicklungsniveau statt. Sie tragen dazu bei, dass sich fremde Nukleinsäuren wie z. B. transponierbare Elemente oder Viren nicht in dem Genom etablieren können. Hierzu zählen das Quelling (to quell = niederschlagen, überwinden), das meiotic silencing by unpaired DNA (MSUD) und der RIP-Mechanismus (repeat-induced point mutation). Quelling Das Phänomen des Quelling ist mit der RNA interference (RNAi) in Pflanzen, Nematoden, Drosophila melanogaster und Säugern verwandt. Beim Quelling werden duplizierte Sequenzen im Verlaufe des vegetativen Wachstums vom Organismus erkannt und auf RNA-Ebene inaktiviert. Dabei ist eine RNAabhängige RNA-Polymerase beteiligt sowie ein Protein ähnlich dem Dicer, der beim RNAi-Silencing der Säuger ein Rolle spielt. meiotic silencing by unpaired DNA (MSUD) Dieses Phänomen ist bisher nur für Neurospora crassa beschrieben worden. Hierbei werden im Verlaufe der Meiose ungepaarte DNA-Sequenzen erkannt und durch einen RNA-vermittelten Silencing-Prozess, der alle Gene der ungepaarten Region einschließt, inaktiviert. MSUD kann bei N. crassa durch phänotypische Beschreibung der Ascosporen beobachtet werden, die aufgrund ihrer unkonventionellen oder abnormen Morphologie erkannt werden können. Auch bei diesem Prozess spielen RNA-abhängige RNA-Polymerasen eine entscheidende Rolle.
1.4 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
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repeat-induced point mutation ( RIP) Das RIP-Phänomen wurde zuerst 1986 bei Neurospora crassa beobachtet. Bei diesem werden duplizierte Sequenzen, die länger als 400 bp lang sind, erkannt und im Verlaufe der prämeiotisch-dikaryotischen Phase mutiert. Dabei entstehen Punktmutationen, bei denen eine hohe Zahl von C:T- bzw. G:A-Transitionen zu beobachten sind. Bevorzugt werden CpA-Dinukleotide verändert. Durch diesen Prozess wird die Wahrscheinlichkeit von Nonsenscodonen erhöht, und die häufige Methylierung der mutierten Sequenzen führt schließlich zur Geninaktivierung. Die Genomanalyse von N. crassa hat ergeben, dass aufgrund des RIP-Phänomens weniger Multigen-Familien bei N. crassa festzustellen sind als bei vielen anderen Eukaryoten. Entsprechend können bei N. crassa lediglich acht Genpaare identifiziert werden, die eine Identitiät von > 80 % aufweisen. Damit unterscheidet sich dieser Organismus deutlich von Hefen und anderen Hyphenpilzen. Das Genomprojekt hat schließlich auch deutlich gemacht, dass nahezu die Hälfte aller zu beobachtenden repeat-induzierten Mutationen zu einer Inaktivierung mobiler genetischer Elemente führte. In der Praxis wird das RIP-Phänomen genutzt, um Gene gezielt zu inaktivieren. Durch die Transformation von Genkopien werden sämtliche dieser Genkopien im Genom von N. crassa durch das RIP-Phänomen inaktiviert. Dabei stellt das RIP-Phänomen eine exzellente Alternative zum Knock-out-Ansatz dar, der bei vielen Organismen genutzt wird. Beim Knock-out wird ein Zielgen durch Insertion von Fremd-DNA zerstört und ermöglicht so die Analyse der Genfunktion. Bemerkenswert ist, dass ein RIP-Phänomen, wie für N. crassa oben beschrieben, bisher bei Sordaria macrospora nicht beobachtet werden konnte. Dies ist insofern experimentell interessant, da das Fehlen des RIP-Phänomens die Expression heterologer Gene auch nach meiotischer Teilung uneingeschränkt ermöglicht. 1.4.5 Genetische Ressourcen Die bereits in den vorausgegangenen Abschnitten beschriebenen physiologischen und morphologischen Mutanten von Neurospora crassa bieten eine ausgezeichnete Basis, um unterschiedliche biologische Phänomene zu analysieren. Die entsprechenden Mutanten sind in verschiedenen Stammkulturen erhältlich. Herausragend ist hier das Fungal Genetics Stock Center, welches eine ständig aktualisierte Internetseite unterhält (www.fgsc.net). Unter dieser Adresse sind auch Stämme der Gattung Sordaria erhältlich.
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1 Modellorganismen
Ähnlich wie der Wildtyp von Drosophila melanogaster wurde der Wildtyp von N. crassa sehr früh gut definiert. Deshalb sind Mutationen, die vom Wildtyp abweichen, gut beschreibbar. Der Wildtyp und die Mutanten werden in Stammsammlungen aufbewahrt. Die entsprechenden Organisationen (z. B. FGSC) sind durch die Initialen vor der Stamm-Nummer gekennzeichnet. Identische Stämme werden oft von verschiedenen Stammsammlungen mit unterschiedlichen Nummern angeboten. Die Definition zur Nomenklatur einzelner Mutanten wird auf der o. g. Webseite angegeben. Zusätzliche Informationen können bei Perkins (1996) und Davis (2000) eingesehen werden. Neben den Mutantenstämmen sind eine Vielzahl von DNA-Sonden und Plasmiden von N. crassa erhältlich. Auch in diesem Fall ist das Fungal Genetics Stock Center in Kansas City sehr hilfreich bei der Katalogisierung und Beschaffung entsprechender Materialien. Dort werden auch Informationen über die Verfügbarkeit von cDNA-, EST- und Cosmid-Banken gegeben. Außerdem sind Verweise auf Array-Analysen erhältlich. Im Jahr 2003 wurde die DNA-Sequenzierung des N.-crassa-Genoms vom Center for Genome Research in Cambridge (Massachusetts, USA) vervollständigt und die entsprechende Annotation weitgehend durchgeführt. Ähnlich wie für das Hefegenom (Kap. 1.3.5) können unterschiedliche Serviceleistungen über eine zentrale Webseite in Anspruch genommen werden (www.broad. mit.edu/annotation/fungi/neurospora/index.html). Zur Zeit werden auch verschiedene andere pilzliche Genome von dieser Institution sequenziert. Inzwischen sind auch Initiativen gegründet worden, um DNA-Chips, die das N.-crassa-Genom repräsentieren, herzustellen. Es ist abzusehen, dass entsprechende Materialien in näherer Zukunft auch der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Die Gattung Neurospora ist auch für populationsgenetische Untersuchungen sehr geeignet. Sie kommt meist in tropischen und semitropischen Arealen vor und umfasst vier heterothallische Arten, nämlich N. crassa, N. sitophila, N. tetrasperma und N. intermedia. Insgesamt wurden 4 600 Stämme dieser vier heterothallischen Arten untersucht, die vom Fungal Genetics Stock Center erhältlich sind. Derartige Kollektionen waren bereits die Basis für populationsgenetische Arbeiten, um vegetative Inkompatibilitätsgene zu charakterisieren. Solche Gene sind für Unverträglichkeitsreaktionen zwischen Zellen verschiedener Stämme einer Art verantwortlich. Interessant ist, dass bei den verschiedenen Stämmen eine hohe genetische Variabilität festgestellt wurde, die eine nicht-klonale Verbreitung der Gattung Neurospora nahe legt.
1.5 Chlamydomonas reinhardtii
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1.5 Chlamydomonas reinhardtii Die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem häufig benutzten genetischen Modellorganismus entwickelt, an dem zell- und molekularbiologische Fragestellungen untersucht werden. Die Tatsache, dass es sich bei C. reinhardtii um einen Einzeller handelt, sowie ihre leichte formalgenetische und molekulargenetische Manipulierbarkeit haben dieser Alge häufig den Spitznamen „grüne Hefe“ eingebracht. Insbesondere stellt C. reinhardtii zur Zeit den photoautotrophen Eukaryoten dar, dessen Chloroplasten routinemäßig und sehr effizient transformiert werden können. Systematische Einteilung Abteilung: Klasse: Ordnung: Familie: Gattung:
Chlorophyta Chlorophyceae Volvocales Chlamydomonadaceae Chlamydomonas
Genomsteckbrief • • • • • •
nukleäres Genom: 95,4 Mb Chromosomenzahl: 17 mitochondriales Genom: 15,8 kb Zahl der proteinkodierenden Gene: 8 chloroplastidäres Genom: 203,4 kb Zahl der proteinkodierenden Gene: 64
1.5.1 Historisches 1888
Beschreibung und Benennung der Spezies Chlamydomonas reinhardtii durch Dangeard 1918 Pascher beschreibt erstmals die Segregation von genetischen Differenzen in Kreuzungen von C. reinhardtii 1930–1940 erstmalige Beschreibungen von Gamonen (Pheromonen) 1946–1955 Etablierung von Laborstämmen und Selektion der ersten Mutanten durch Lewin und Sager
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1988 1993 2002 2003
1 Modellorganismen
erstmalige Chloroplastentransformation mit Hilfe einer Partikelkanone komplette Sequenz des mitochondrialen Genoms von C. reinhardtii entschlüsselt Sequenzierung des plastidären Genoms abgeschlossen erste Veröffentlichung der Sequenz des Kerngenoms
Der Name Chlamydomonas (griechisch: chlamys, Mantel; monas, einzeln) wurde im Jahre 1833 erstmals von C. G. Ehrenberg benutzt. Allerdings ist bis heute unklar, welche Art genau von ihm damals untersucht wurde. P. A. Dangeard beschrieb nachfolgend 1888 schließlich die Spezies Chlamydomonas reinhardtii und benannte sie nach dem ukrainischen Botaniker L. Reinhardt. Die heute verwendeten Laborstämme von C. reinhardtii stammen interessanterweise alle von einer einzelnen Zygospore ab, die 1945 aus einer Bodenprobe von einem Kartoffelacker in Amherst (Massachusetts) von G. M. Smith isoliert wurde und den Namen 137c erhielt. Für diese Stämme wurden Anzuchtmethoden und Kreuzungstechniken etabliert. Arbeiten von R. Sager, B. Ebersold und P. Levine in den 50er Jahren begründeten die eigentliche Chlamydomonas-Genetik, die zur Isolierung einer Vielzahl von Mutanten mit Defekten in verschiedensten Zellfunktionen führte. Die Entdeckung der uniparentalen Vererbung von Antibiotika-Resistenzen durch R. Sager eröffnete 1954 erstmals das Feld der experimentellen Organellen-Genetik. Dafür stellt C. reinhardtii noch heute eines der besten Modellsysteme dar. Seit den 60er Jahren hat sich diese Grünalge außerdem zu einem herausragenden Modell für die Analyse der Photosynthese und seit kürzerem für die Biogenese des Chloroplasten entwickelt. Das andere Hauptarbeitsfeld der Chlamydomonas-Genetiker betrifft den Bewegungsapparat der Alge. Dieser besteht aus zwei gleichlangen Geißeln, die von einem Paar Basalkörpern ausgehen und am apikalen Pol der Zelle lokalisiert sind. 1988 erlangte C. reinhardtii weltweite Aufmerksamkeit, weil es J. E. Boynton et al. mit Hilfe dieses Organismus erstmals gelang Chloroplasten zu transformieren. Das Einbringen von Nukleinsäuren in das Organell galt bis dahin als nahezu unmöglich, da der Chloroplast von einer Doppelmembran umgeben ist. Durch den Einsatz einer Partikelkanone konnte DNA erfolgreich in das Organell eingeführt werden. Neben dem im Jahre 1990 erstmals transformierten Tabak ist C. reinhardtii noch heute den einzigen Organismus, dessen Chloroplasten mit geringem Aufwand routinemäßig transformiert werden können.
1.5 Chlamydomonas reinhardtii
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1993 wurde das relativ kleine Mitochondriengenom von 15,8 kb und 2002 das Chloroplastengenom von 203,4 kb sequenziert. Die Sequenz des aus 17 Chromosomen bestehenden Kerngenoms wird zur Zeit ermittelt und eine erste Version der nahezu vollständigen Sequenz steht seit dem Jahre 2003 der Öffentlichkeit zur Verfügung (Shrager et al. 2003). Eine verbesserte Version wird für den Herbst 2004 erwartet und stellt das erste bekannte Genom einer eukaryotischen Alge dar. 1.5.2 Lebenszyklus Chlamydomonas reinhardtii ist ca. 13 × 7,5 µm groß und lässt sich als Einzeller sowohl auf Agarplatten als auch in flüssigen Medien leicht kultivieren. Als Haplont besitzt die Grünalge einen einfachen Chromosomensatz. Dies bedeutet für genetische Analysen, dass jede Mutation — auch rezessive — sofort ihre phänotypische Ausprägung erfährt. Unter optimalen Wachstumsbedingungen vermehrt sich C. reinhardtii vegetativ durch die Bildung von Planosporen. Dabei teilen sich die Protoplasten nach Abwerfen der Geißeln und der Bildung von Tocherkernen zwei- seltener auch dreimal in Längsrichtung, so dass vier bzw. acht Aplanosporen die inzwischen vergrößerte Mutterzelle verlassen. Der einzelne Chloroplast teilt sich ebenfalls während der Zytokinese. Nach 2–3 h haben sich die Tochterzellen vollständig ausdifferenziert und einen Geißelapparat aufgebaut. Unter Laborbedingungen lassen sich die Zellteilungen innerhalb einer Kultur durch alternierende 12 h Licht/12 h Dunkel-Rhythmen synchronisieren. Die Mitose beginnt nach ca. 12 h, also zu dem Zeitpunkt, an dem die Zellen in die Dunkelheit überführt werden. Die Tochterzellen werden ungefähr nach 23 h, also kurz vor Beginn des nächsten Licht-Zyklus, aus der Mutterzelle entlassen. C. reinhardtii ist heterothallisch und isogam. Der Kreuzungstyp, der entweder + oder − ist, wird in einer Zelllinie permanent ausgeprägt und verhält sich in Kreuzungen wie ein einzelner mendelscher Locus. Außerdem unterscheiden sich + und −Gameten morphologisch nicht. Das Fortpflanzungssystem der Alge wird daher als physiologische Diözie bezeichnet. Die sexuelle Fortpflanzung von C. reinhardtii wird durch Nährstoffmangelbedingungen (z. B. Stickstoffmangel) eingeleitet, die die Differenzierung der vormals vegetativ wachsenden Zellen in Gameten induzieren. Geschlechtsspezifische Pheromone sorgen danach für die Agglutination von + und −Gameten, nachdem es zu einem Geißelkontakt zwischen ihnen gekommen ist. Die Geißeln ändern ihre Morphologie und Kreuzungsstrukturen werden ausgebildet, die zu einer röhrenförmigen Verbindung der Gameten führen. Nach dem Auflösen der
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1 Modellorganismen
Zellwand durch Autolysine kommt es dann zur lateralen Zell- und Kernfusion und der Ausbildung einer tetraflagellaten Zelle, die in der Folge die Geißeln abwirft und sich mit einer derben Zellwand umgibt. Diese diploide Zygote durchläuft ohne weitere Mitosen die beiden meiotischen Teilungen und entlässt nach wenigen Tagen vier haploide Mitglieder einer Tetrade (Abb. 1.5.1). Obwohl es sich bei C. reinhardtii grundsätzlich um einen Haplonten handelt, beobachtet man bei Kreuzungen, dass ca. 1–5 % der fusionierenden Gametenpaare keine meiotische Zygote bilden, sondern sich weiter mitotisch teilen und somit vegetative diploide Linien erzeugen. Diese lassen sich im Labor leicht selektionieren und kultivieren, indem man zwei Stämme kreuzt, die einander komplementierende Auxotrophie-Marker enthalten. Auf Minimalmedium können dann nur diploide Zellen wachsen, während die Elternstämme nicht überlebensfähig sind. Für den Genetiker sind diese Linien von großer Bedeutung, da ihr Phänotyp sofort den rezessiven bzw. dominanten Charakter einer eingebrachten Mutation widerspiegelt. 1.5.3 Technische Entwicklungen Neben den seit langem etablierten Methoden der klassischen Kreuzungsgenetik konnten im Laufe der letzten 15 Jahre „molekulare Werkzeuge“ für C. reinZygote diploid
2n
–
+/–
+
2n
Meiose
–
+
– Kreuzungstyp +
+– – +
Kreuzungstyp – Mitosen haploid –N
+
–
Mitosen haploid –N
+
Abb. 1.5.1. Lebenszyklus von C. reinhardtii. –N Stickstoffmangel, n haploider Chromosomensatz
1.5 Chlamydomonas reinhardtii
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hardtii entwickelt werden, die eine umfassende Analyse und Manipulation des genetischen Materials erlauben. Tetradenanalyse Die vier haploiden Produkte der meiotischen Reduktionsteilungen, die man als Tetrade bezeichnet, liegen ungeordnet vor und können — ähnlich wie bei Pilzen — manuell separiert und getrennt angezogen werden. Dadurch wird die Analyse meiotischer Rekombinationsvorgänge qualitativ und quantitativ möglich. Des Weiteren können die Erbgänge von genetischen Markern untersucht werden, um festzustellen, ob diese im Kerngenom oder womöglich extrachromosomal, in einem der Organellengenome, lokalisiert sind. Im Unterschied zu kernkodierten Genen, werden die Organellengenome in C. reinhardtii uniparental vererbt. Interessanterweise wird das Mitochondriengenom vom −Partner weitergegeben und das Chloroplastengenom vom +Partner. Die molekularen Ursachen für diese Vererbungsmuster sind noch nicht völlig verstanden, allerdings scheint im Falle der Chloroplasten eine +spezifische Nuklease in frühen Zygoten gezielt die Chloroplasten-DNA (aber nicht den Chloroplasten) des −Partners zu zerstören. Die Kontrolle dieses Prozesses ist eng an den Lebenszyklus von C. reinhardtii gekoppelt und wird ebenso wie die Gametendifferenzierung und Zygotenreifung vom Kreuzungstyp-Locus determiniert. Als Konsequenz aus den uniparentalen Vererbungsmustern der Organellengenome findet man bei Tetradenanalysen keine 2 : 2 Aufspaltung von Phänotypen in der Nachkommenschaft, sondern eine 4 : 0 bzw. 0 : 4 Segregation plastidärer bzw. mitochondrialer Marker (Abb. 1.5.2). Weitere Anwendungen der Tetradenanalyse schließen Komplementationsanalysen (Kap. 1.3.3) ein, sowie die Herstellung von Stämmen, die multiple Mutationen tragen und dadurch Aussagen über mögliche funktionelle Beziehungen zwischen Genen erlauben (Epistasie-Analyse). Insbesondere Mutationen, die Zellwanddefekte (cw = cell wall) hervorrufen, werden oft in Stämme eingekreuzt, da reduzierte Zellwände sowohl die DNA-vermittelte Transformation von C. reinhardtii (Kap. 3.4.1) als auch die Isolierung von subzellulären Fraktionen (z. B. Organellen) wesentlich erleichtern. Mutanten Seit der Etablierung von C. reinhardtii als genetischem Modellorganismus in den 50er Jahren sind eine Vielzahl von Mutanten mit Defekten in unterschiedlichsten Zellfunktionen isoliert und charakterisiert worden. Solche Mutanten werden in der Regel verwendet, um in einem vorwärts gerichteten genetischen
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Mitochondrien Nukleus Chloroplast mt+
mt–
Karyogamie Meiose
mt+
mt–
mt+
mt–
Abb. 1.5.2. Kreuzung von C. reinhardtii. Während Kerngene den mendelschen Gesetzen gehorchend im Verhältnis 2 : 2 aufspalten, werden die Organellengenome uniparental in Abhängigkeit vom Kreuzungstyp (mt) vererbt. Der untere Teil der schematisch dargestellten Algenzellen soll den Chloroplasten repräsentieren, der kleine Kreis darüber stellt den Zellkern dar und das Oval im oberen Teil die Mitochondrien
Ansatz (forward genetics) die jeweils betroffenen Gene zu identifizieren und ihre Funktion auf molekularer Ebene zu analysieren. Für die gezielte Herstellung von Mutanten wurden ursprünglich entweder physikalische oder chemische Mutageneseprogramme durchgeführt (s. a. Kap. 1.3.3). Heutzutage bedient man sich meistens molekularer Mutagenesemethoden, wie z. B. der Insertionsmutagenese (Kap. 3.4). Neben Arginin-Mutanten und Vitamin-Co-Faktor-auxotrophen Mutanten, Mutanten im Schwefel-, Phosphor- und Stickstoff-Metabolismus, der Stärkesynthese, der Atmung u. a. eignet sich C. reinhardtii insbesondere für die Isolierung von photosynthetischen Mutanten und Stämmen mit Defekten im flagellaren Bewegungsapparat der Zelle. Photosynthese-Mutanten Die Herstellung von photosynthesedefekten Mutanten wird entscheidend dadurch erleichtert, dass C.-reinhardtii-Zellen in der Lage sind, heterotroph
1.5 Chlamydomonas reinhardtii
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zu wachsen. Dazu muss im Medium, anstatt des für photoautotrophes Wachstum notwendigen CO2, Acetat als alternative Kohlenstoffquelle zur Verfügung stehen. Acetat wird über den Glyoxylat-Zyklus assimiliert. Außerdem kann die Grünalge im Gegensatz zu einigen anderen photoautotrophen Organismen auch im Dunkeln Chlorophyll synthetisieren, so dass auch unter heterotrophen Bedingungen eine korrekte Assemblierung photosynthetischer Komplexe stattfindet. Dadurch werden indirekte, durch Lichtstress hervorgerufene Effekte bei der Anzucht von Mutanten-Material ausgeschlossen. Die Identifizierung von Photosynthese-Mutanten erfolgte über ReplikaPlattierungsverfahren, in denen Einzelklone nach der Mutagenese sowohl auf Minimalmedium ohne Acetat als auch auf Medium mit Acetat angezogen wurden. Diejenigen Linien, die aufgrund eines Photosynthesedefekts nur auf Acetat-haltigem Medium wuchsen, wurden dann als Acetat-bedürftige (acetate requiring) oder ac-Mutanten bezeichnet, von denen es weltweit Hunderte gibt. Die Verbesserung digitaler Messmethoden erlaubt es heutzutage, die Chlorophyllfluoreszenz von einzelnen Klonen sehr schnell quantitativ zu erfassen. Damit lassen sich sogenannte hcf (high chlorophyll fluorescence)-Phänotypen, die durch einen gestörten photosynthetischen Elektronen-Transport hervorgerufen werden, leicht in größeren Klonpopulationen identifizieren. Die Messung der Fluoreszenzinduktion in Abhängigkeit von der Zeit erlaubt des Weiteren die Darstellung von Kinetiken, die charakteristisch für Defekte in einzelnen photosynthetischen Komplexen sind. Aus diesen und anderen biophysikalischen und biochemischen Daten lassen sich bereits erste Hinweise darauf erhalten, welche Teilaspekte der Photosynthese in einzelnen Mutanten betroffen sind. Die Genisolation von Photosynthese-Mutanten hat gezeigt, dass Untereinheiten der photosynthetischen Komplexe mutiert sind, die entweder im Chloroplastengenom oder im Kerngenom kodiert sein können. Interessanterweise erhielt man aber auch Mutanten, in denen die photosynthetischen Vorgänge nur indirekt betroffen sind. Aufgrund neuerer Erkenntnisse ist bekannt, dass in diesem Falle oft Faktoren beteiligt sind, die die Expression der Photosynthesegene insbesondere im Chloroplastengenom regulieren und damit eine koordinierte Organellen-Biogenese vermitteln. Solche Regulatoren bilden ein intrazelluläres Kommunikationssystem zwischen Kern- und Chloroplastengenom und stellen einen aktuellen Schwerpunkt in der molekulargenetischen Forschung der pflanzlichen Zellbiologie dar. Flagellen-Mutanten Mutanten, in denen die beiden gleichlangen Geißeln von C. reinhardtii betroffen sind, gehörten zu den ersten Stämmen, die von Genetikern näher
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untersucht wurden. Aufgrund ihrer Unbeweglichkeit waren diese Mutanten leicht zu erkennen und wurden als pf (paralyzed flagella)-Mutanten bezeichnet. Heutzutage sind Mutationen für nahezu alle Komponenten des Flagellen-Axonems bekannt, das einen typischen mikrotubulären Aufbau nach dem (9 + 2)-Muster aufweist. Insgesamt sind mehr als 75 verschiedene Loci beschrieben, die an der Assemblierung sowie der Funktion der Flagellen beteiligt sind. Mehr als 40 Gene wurden bisher isoliert, deren Produkte flagellare Komponenten darstellen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei in der aktuellen Forschung auf das vor zehn Jahren erstmals in C. reinhardtii entdeckte Phänomen des intraflagellaren Transports (IFT) gelegt. IFT ist notwendig für die Assemblierung der Geißeln und besteht aus einer bidirektionellen Bewegung von Protein-Komplexen entlang des Axonems. Interessanterweise zeigen die beteiligten Faktoren weitgehende Homologien zu tierischen Komponenten von Cilien und Flagellen, deren Mutation, z. B. in Säugern, schwerwiegende Krankheiten der Niere oder des Auges hervorrufen können. DNA-vermittelte Transformation Die erfolgreiche Transformation von C.-reinhardtii-Zellen wurde lange Zeit dadurch behindert, dass geeignete homologe Selektionsmarker nicht zur Verfügung standen. Antibiotika-Resistenzmarker aus anderen Organismen konnten ebenfalls nicht zur Selektion genutzt werden, da der spezielle Codon-Gebrauch der Alge die Expression der Fremdgene verhinderte. Der Durchbruch gelang dann im Jahre 1989 durch Arbeiten von J.-D. Rochaix und K. Kindle, die die C.-reinhardtii-eigenen Gene Arg7 (Argininsuccinat-Lyase) bzw. Nit1 (NitratReduktase) als Selektionsmarker nutzten, die Defekte in den entsprechenden auxotrophen Mutanten arg7 und nit1 komplementierten. Das Repertoire an nukleären Selektionsmarkern hat sich seitdem wesentlich verbessert, was insbesondere durch die künstliche Anpassung des Codon-Gebrauchs der Fremdgene an den von C. reinhardtii ermöglicht wurde (Kap. 3.4). Für das Einbringen von DNA in das Kerngenom wurde im Jahre 1990 eine noch heute gebräuchliche, sehr kostengünstige Methode entwickelt, die auf der Agitation der Zellen mit Glaskügelchen basiert. Die Integration dieser DNA erfolgt durch heterologe Rekombination und daher zufällig in die Rezipienten-DNA. Die Tatsache beschleunigte die Entwicklung der Insertionsmutagenese zu einem Mittel der genetischen Markierung und Isolierung nukleärer Loci (Kap. 3.4). Von herausragender Bedeutung für die genetische Analyse von Chloroplasten war 1988 die Entwicklung eines biolistischen Transformationssystems. Mit Hilfe einer Partikelkanone werden dabei kleine, mit DNA beladene Wolfram-Partikel in die Zellen geschossen. Die ersten Transformanten wurden
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durch die Komplementation plastidärer Deletionsmutanten des atpB-Gens (Ƣ-Untereinheit der ATP-Synthase) selektionierbar. Heutzutage stehen eine Reihe positiv selektionierbarer Marker für die Chloroplastentransformation zu Verfügung, die im Wesentlichen auf Antibiotika-Resistenzgenen beruhen (Kap. 3.4). In Chloroplasten, wie auch in Mitochondrien, existiert ein homologes Rekombinationssystem für die Integration von eingeführter DNA in das Genom. Dies lässt sich leicht nachvollziehen, wenn man bedenkt, dass Organellen der Endosymbiontentheorie nach ihren phylogenetischen Ursprung in ehemals freilebenden Prokaryoten haben. Offensichtlich blieb deren Rekombinationssystem im Laufe der Evolution in Chloroplasten und Mitochondrien erhalten. Damit sind „revers genetische“ Ansätze im Rahmen der Chloroplasten-Genetik möglich, und in der Tat sind nahezu alle bekannten Leserahmen des Chloroplasten im Laufe der letzten 15 Jahre durch ortsgerichtete Mutagenese untersucht worden. Verfügbarkeit der Gesamtgenomsequenz Kerngenom Das haploide Kerngenom von C. reinhardtii besteht aus ungefähr 100 bis 110 Mb, die in 17 genetischen Kopplungsgruppen (Chromosomen) organisiert sind. Der G+C -Gehalt der chromosomalen DNA ist ungewöhnlich hoch (nahezu 65 %), was sowohl ihre Klonierung als auch ihre Sequenzierung in der Vergangenheit erschwert hat. Vor kurzem konnte eine molekulare Karte des Kerngenoms erstellt werden, die die Positionen von 264 molekularen Markern und 200 genetischen Markern vereint. Dabei wurde die Abdeckung mit molekularen Markern so gewählt, dass von jeder beliebigen Genomposition ein Marker innerhalb der nächsten 2 cM (entspricht 150–200 kb) erreicht werden kann. Zur Zeit wird die vollständige Genomsequenz in den USA ermittelt. Eine erste Version der fast vollständigen Sequenz steht seit dem Frühjahr 2003 der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung. Bis zum Herbst 2004 soll diese Sequenz komplett und annotiert sein. Des Weiteren ist eine BAC (bacterial artificial chromosomes)-Genbank erhältlich, die aus 15 000 Klonen besteht und das nukleäre Genom ungefähr achtmal enthält. Jeder dieser Klone wurde von beiden Seiten ansequenziert, was in Kombination mit der molekularen Karte und der Genomsequenz die Anordnung von „BAC contigs“ erlaubt. Am Ende dieser Arbeiten wird ein Satz an definierten, überlappenden BAC-Klonen verfügbar sein, der das nukleäre Genom vollständig abdeckt.
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Neben der Entschlüsselung der genomischen DNA Sequenz wurden vor wenigen Jahren EST (expressed sequence tags)-Sequenzierungsprojekte initiiert, die ausgehend von verschiedenen cDNA-Banken bis zum heutigen Zeitpunkt Sequenzdaten von 200 000 Einzelklonen geliefert haben. Diese Klone stellen nun die Basis für die Herstellung erster Mikroarrays dar, die eine genomweite Analyse der Genexpression erlauben. Organellengenome Die Sequenz des mitochondrialen Genoms von C. reinhardtii wurde bereits im Jahre 1993 ermittelt. Es ist linear, nur 15,7 kb groß und enthält dementsprechend auch nur 13 Gene, von denen drei tRNA-Gene sind. Auffällig ist, dass die beiden ribosomalen Gene in mehrere kleinere Module aufgeteilt sind, deren RNA-Produkte sich erst posttranskriptionell zu einer funktionalen rRNA assemblieren müssen. Das Chloroplastengenom dagegen umfasst 203,4 kb und enthält eine inverse Sequenzwiederholung (inverted repeat) von 21,2 kb, die die rRNA-Gene trägt und zwei Einzelkopie-Regionen von ungefähr 80 kb voneinander trennt. Seit 2002 ist die vollständige Sequenz des plastidären Genoms bekannt. Es enthält 99 Gene einschließlich eines kompletten Satzes von 30 tRNA-Genen und eine Vielzahl an kurzen Sequenzwiederholungen. Diese sogenannten SDRs (short dispersed repeats) finden sich in intergenischen Bereichen und machen ca. 20 % des Genoms aus. Ihre Funktion ist bis jetzt noch unklar, aber es wird vermutet, dass sie etwas mit der lichtabhängigen Regulation der DNA-Konformation oder rekombinatorischen Ereignissen zu tun haben. 1.5.4 Biologische Fragestellungen Wie bereits erwähnt, werden an der einzelligen Alge C. reinhardtii verschiedene biologische Fragestellungen bearbeitet. Dabei sind insbesondere die aus der eukaryotischen Zellbiologie hervorzuheben, die nicht in dem einzelligen Modellorganismus S. cerevisiae (Kap. 1.3.4) untersucht werden können. Dazu zählen zum einen alle Funktionen, die mit der photoautrophen Ernährungsweise von C. reinhardtii zu tun haben und solche, die notwendig für die Bewegung der Zelle sind. Wie in Kap. 1.5.3 ausgeführt, bilden dabei eine Vielzahl an charakterisierten Mutanten den Ausgangspunkt für die Identifizierung der beteiligten Gene und damit ihre weitergehende molekulare Analyse. Im Laufe der letzten zehn Jahre wurden eine Reihe von kernkodierten regulatorischen Faktoren sowohl in C. reinhardtii als auch A. thaliana entdeckt, die die Genexpression im Chloroplasten steuern und damit eine zelluläre Integration des Organells ermöglichen. In C. reinhardtii wirken diese Faktoren offen-
1.5 Chlamydomonas reinhardtii
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bar hauptsächlich auf posttranskriptioneller Ebene, indem sie die Stabilität und Reifung plastidärer RNAs kontrollieren oder ihre Translation ermöglichen. Die Kartierung der plastidären RNA-Elemente, die von diesen Faktoren erkannt werden, lässt sich insbesondere in C. reinhardtii durch elegante genetische Ansätze mit transplastomen Linien durchführen (Kap. 2.4). Neben der Biogenese der Chloroplasten hat sich C. reinhardtii aufgrund der effizienten Transformierbarkeit seines Chloroplasten außerdem für detaillierte Struktur/Funktionsanalysen angeboten. So sind z. B. viele Untereinheiten von photosynthetischen Komplexen gezielt durch Punktmutationen verändert worden, um die Bedeutung einzelner Aminosäuren für den Aufbau und die Funktion dieser Einheiten zu verstehen. Wie bereits in Kap. 1.5.3 erwähnt, stellt der Bewegungsapparat einen weiteren Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit mit C. reinhardtii dar. Neben den Komponenten, die die Flagellen aufbauen und ihre Funktion gewährleisten, sind in jüngster Zeit besonders die Aspekte der gerichteten, in der Regel phototaktischen Bewegung und der damit verbundenen Lichtperzeption in den Vordergrund des Interesses gerückt. 1.5.5 Genetische Ressourcen Mutanten von C. reinhardtii werden in verschiedenen Laboren weltweit hergestellt und aufbewahrt. Die wichtigste internationale Sammelstelle stellt das „Chlamydomonas Genetics Center“ in den USA dar, von dem Wildtypund Mutantenstämme sowie genomische und cDNA-Klone nukleärer, mitochondrialer und plastidärer Gene angefordert werden können. Anhand einer übersichtlichen Internetseite (www.biology.duke.edu/chlamy/) lassen sich außerdem Hintergrundinformationen zu den Stämmen und Klonen erhalten sowie weitere Informationen, z. B. über Praktikumsversuche mit C. reinhardtii. Zusätzlich gibt es zwei weitere wichtige Datenbanken für C. reinhardtii. „ChlamyEST“ enthält Informationen zu cDNA-Sequenzanalysen und die genomische Sequenz ist zugänglich am „JGI Chlamydomonas Genome Portal“ (www.jgi.doe.gov/chlamy/). In Zukunft sollen diese Datenbanken in einer generischen Modellorganismen-Datenbank zusammengefasst werden, entsprechend der „FlyBase“ von Drosophila melanogaster (Kap. 1.7). Die Sequenzinformation zum Chloroplastengenom der Alge ist ebenfalls über die Internetseite des „Chlamydomonas Genetics Center“ erreichbar.
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1.6 Arabidopsis thaliana Die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana (L.) Heynh.) ist eine kleinwüchsige, annuelle Crucifere (Brassicaceae, Brassicales), die seit fast anderthalb Jahrzehnten zum herausragenden Modellobjekt der pflanzlichen Molekularbiologie, Physiologie und Entwicklungsbiologie avanciert ist. Abb. 1.6.1 zeigt den Habitus von Pflanzen verschiedener Linien zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Systematische Einteilung Abteilung: Klasse: Ordnung: Familie: Gattung:
Streptophyta Magnoliopsida Brassicales Brassicaceae Arabidopsis
Genomsteckbrief • • • • • • •
nukleäres Genom: 125 Mb Chromosomenzahl (haploid): 5 Zahl der proteinkodierenden Gene: etwa 25 500 mitochondriales Genom: 154 478 bp Zahl der proteinkodierenden Gene: 58 chloroplastidäres Genom: 366 924 bp Zahl der proteinkodierenden Gene: 158
1.6.1 Historisches vor ca. 40 Millionen Jahren: Infolge eines Bastardisierungsereignisses zweier verwandter Arten entsteht irgendwo in Eurasien ein tetraploider Organismus, aus dem sich die Gattung Arabidopsis entwickelt. Durch Chromosomeneliminierung entsteht dabei im Laufe der Zeit erneut ein diploider Organismus (haploider Chromosomensatz n = 5). Die ursprüngliche Tetraploidie lässt sich heute noch anhand der riesigen Duplikationen im Genom, die 60 % des gesamten Nucleoms umfassen, nachweisen
1.6 Arabidopsis thaliana
1588 1753 1842 1900 1907
1945 1972 1974 1986
1993 2000
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erste Beschreibung der Art durch den sächsischen Arzt Johannes Thal (1542/43–1583) Linnaeus führt die Pflanze als Pilosella siliquosa minor in seinem Werk „Species Plantarum“ (Lawrentius Salvius, Holmiae) auf Gustav Heynhold (1800 – ca. 1860), endgültige Zuordnung zur Gattung Arabidopsis (Arabidopsis thaliana (L.) Heynh.) Wiederentdeckung der mendelschen Vererbungsregeln durch von Seysenegg, Correns und de Vries Laibach, ein Schüler Eduard Strasburgers in Bonn, weist die Kontinuität der Chromosomen von Arabidopsis thaliana während der Interphase nach und schließt, dass die mendelsche Segregation von Erbanlagen durch das Verhalten der Chromosomen während der Zellteilung erklärt werden kann. Die Chromosomentheorie der Vererbung geht also auf Arabidopsis zurück (erst 1910 entdeckte Morgan das Gen für Weißäugigkeit bei Drosophila). Beginn der Genetik an Arabidopsis thaliana Reinholz führt während des 2. Weltkriegs die ersten Untersuchungen zur mendelschen Segregation an Arabidopsis thaliana durch Sparrow weist den geringen DNA-Gehalt von Arabidopsis thaliana anhand von Feulgen-gefärbten Zellkernen nach Schell et al. entdecken das Ti-Plasmid in Agrobacterium tumefaciens erste erfolgreiche Transformation von Arabidopsis thaliana mittels Agrobacterium tumefaciens unter Verwendung gentechnisch hergestellter, nicht-onkogener Ti-Plasmide Entwicklung der Vakuum-Infiltrationsmethode zur ArabidopsisTransformation (Bechthold, Caboche et al.) am 14. Dezember wird im Heft Nr. 6814 der Zeitschrift Nature die komplette Sequenz des Nukleoms von Arabidopsis thaliana publiziert (The Arabidopsis Genome Initiative: Analysis of the genome sequence of the flowering plant Arabidopsis thaliana. Nature 408 (2000) 794–815). Es handelt sich um die erste komplette Entschlüsselung der Basenabfolge eines pflanzlichen Genoms
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Acker-Schmalwand umfasst Europa und die gemäßigten Klimazonen Mittel- und Ostasiens. Vermutlich auf den Seewegen wurde die Pflanze an die Küsten Nordamerikas, Südamerikas, Afrikas, Ostaustraliens und Neuseelands verfrachtet, wo zahlreiche disjunkte Vorkommen dokumentiert sind, darunter eines in Feuerland (Sitte et al. 2002).
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Die ursprüngliche Heimat der Acker-Schmalwand ist nicht genau bekannt, ein eurasischer Ursprung jedoch gesichert. Aufgrund der Genomstruktur, die durch riesige, etwa 60 % des Genoms umfassende, Duplikationen gekennzeichnet ist, lässt sich auf einen tetraploiden Ursprung der Art rückschließen. Die Analyse der DNA-Sequenzdivergenzen in den duplizierten Genombereichen ergibt ein ungefähres Alter von 40 Mio. Jahren, die seit der Tetraploidisierung vergangen sein müssen: Etwa in dieser Zeit ist demnach die heutige Gattung Arabidopsis infolge einer Hybridisierung zweier verwandter, diploider Ausgangsarten entstanden. Durch Chromosomeneliminierung entwickelte sich aus dem tetraploiden Bastard im Laufe der Zeit erneut eine diploide Art. Der Chromosomensatz der Acker-Schmalwand im diploiden Zustand beträgt 2n = 10, im haploiden Zustand also n = 5. Seit 1842 trägt die Art ihren bis heute gültigen Namen. Die Zuordnung nahm Gustav Heynhold in der 1842 erschienenen Flora Saxoniae vor. Einen Meilenstein der Genetik verdanken wir der Arbeit Laibachs an der Acker-Schmalwand. Dem Schüler Eduard Strasburgers gelang es, an dieser Species die Kontinuität der Chromosomen während der Interphase nachzuweisen. Laibach kam 1907 zu dem Schluss, dass die erst 1900 wiederentdeckte mendelsche Aufspaltung der Erbanlagen sich durch das Verhalten der Chromosomen erklären ließ — der Grundstein zur Chromosomentheorie der Vererbung war gelegt, dank der Acker-Schmalwand. Die Mitte des 20. Jahrhunderts gemachten Befunde, dass Arabidopsis thaliana einen sehr kleinen DNA-Gehalt besitzt und sich sehr gut mutagenisieren lässt, machte die Pflanze für Genetiker zunehmend interessant. So avancierte sie in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts zur „grünen Drosophila“, und in einer weltweiten Kooperation gelang es, bis zum Jahre 2000 die gesamte DNASequenz von Arabidopsis thaliana mit großer Genauigkeit zu bestimmen. 1.6.2 Lebenszyklus Die Acker-Schmalwand ist eine anspruchslose, rasch wachsende Pflanze. Frisch geerntete Samen weisen eine milde Dormanz auf, die durch Aufbewahrung der Samen in gequollenem Zustand beseitigt werden kann (2–5 Tage bei 4–6 °C; am besten stellt man die Aussaatschalen nach Einsäen und Angießen des Saatguts — oder bei steriler Anzucht die Petrischalen mit aufgebrachtem Saatgut — kühl; dabei muss nicht belichtet werden). Die Keimung erfolgt danach (im Licht oder im Dunkeln) innerhalb von 2–3 Tagen. Die sehr feinen Samen (Tausendkorngewicht ca. 19 mg) behalten ihre Keimfähigkeit nur wenige Monate. Sie sollten (trocken!) bei 4 °C gelagert werden, um möglichst lange keimfähig zu bleiben.
1.6 Arabidopsis thaliana
C24
Col-0
1 cm
1 cm
a
b
C24
Col-0
c
69
1 cm
d
1 cm
Abb. 1.6.1 a–d. Habitus der Acker-Schmalwand. (a) Linie C24, Alter 10 Wochen, (b) Linie Col-0, Alter 10 Wochen, (c) Linie C24, Alter 6 Wochen, (d) Linie Col-0, Alter 6 Wochen
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1 Modellorganismen
Die Anzucht im Gewächshaus erfolgt am besten auf einem Gemisch von lockerer Standarderde, Torf, Bimskies, Quarzsand und Vermiculit (6 : 1,5 : 1,5 : 2 : 2 Volumenteile) bei einer Nachttemperatur von 16–18 °C, einer Tagtemperatur von 22–24 °C und einer relativen Luftfeuchte von 50–70 % bei einer photosynthetisch aktiven Strahlung von 100–200 µmol m–2 s–1 Photonen (PAR). Als Lichtquelle reichen neutralweiße Neonröhren aus. Die gleichmäßige Aussaat wird erreicht durch Übersieben des Saatguts (evtl. mit feinem Sand vermischt); 25 mg Saatgut, auf einer Fläche von 30 × 40 cm ausgebracht, sind optimal. Abdeckung mit einer feinen Schicht Sand verhindert das Austrocknen der keimenden Samen und erhöht somit die Gleichmäßigkeit des Angehens. Jungpflanzen pikiert man am besten in einem Alter von 2–4 Wochen im Abstand von ca. 5 cm zwischen benachbarten Pflanzen. Da es sich bei Arabidopsis thaliana um eine fakultative Langtagpflanze handelt, blüht sie auch im Kurztag (9–12 h Licht pro 24 h Tag) nach etwa 12 Wochen (unterschiedlich je nach Linie), kann jedoch durch Langtagbedingungen (≥ 16 h Licht pro 24 h Tag) zum früheren Blühen (nach etwa 8 Wochen) gebracht werden. Steril in abgedeckten Gefäßen gehaltene Pflanzen blühen meist erheblich früher (zur Sterilaufzucht von Arabidopsis thaliana, Kap. 3.5). 1.6.3 Technische Entwicklungen Neben der leichten Anzucht und kurzen Generationszeit sprechen weitere Gründe für die Verwendung der Acker-Schmalwand als Modellorganismus: 1. Die Pflanze ist ein obligater Selbstbefruchter und dadurch leicht reinerbig zu halten. Es treten — im Unterschied zu Fremdbefruchtern — keine Inzuchtdepressionen auf. 2. Arabidopsis thaliana besitzt innerhalb der Blütenpflanzen das kleinste Kerngenom. Es besteht im haploiden, unreplizierten Zustand aus etwa 125 Millionen Basenpaaren DNA-Sequenz (125 Mb), verteilt auf fünf Chromosomen (s. u.). 3. Die DNA im Zellkern weist eine hohe Gendichte auf, es gibt weniger als ein Viertel nicht kodierende DNA-Abschnitte. Dadurch lässt sich die Acker-Schmalwand leicht mutagenisieren. Die Pflanze spricht gut auf gängige Mutageneseverfahren an, wie z. B. chemische Mutagenese mit Ethylmethansulfonat und T-DNA-Insertionsmutagenese mit Agrobacterium tumefaciens (s. u.). 4. Die Pflanze lässt sich mit Agrobacterium tumefaciens sehr leicht und mit verhältnismäßig hoher Effizienz (≥ 1 %) transformieren (Kap. 3.5.1). 5. Die geringe Individuengröße (voll ausgewachsene Blattrosetten besitzen einen Durchmesser von 5–7 cm, blühende und fruchtende Pflanzen eine
1.6 Arabidopsis thaliana
71
Höhe von ca. 15–20 cm) erlaubt es, auf kleiner Fläche große Individuenzahlen anzuziehen, was für genetische Experimente wichtig ist. 6. Die Pflanze bildet zahlreiche Samen (bis zu 1000 Stück pro Individuum) und lässt sich so effizient vermehren. Diesen Vorteilen stehen auch (wenige) Nachteile gegenüber. Die AckerSchmalwand ist empfindlich gegen Staunässe. Die nur 2–2,5 mm großen Blüten in Verbindung mit einer unmittelbar vor oder nach Öffnen der Blüte eintretenden Selbstbestäubung machen gezielte Kreuzungsexperimente diffizil (Kap. 2.5.1). Allerdings kennt man heute verschiedene männlich sterile Mutanten, die für viele Kreuzungsexperimente u. U. geeignet sind. Ein dritter Nachteil schließlich ist bedingt durch die geringe Größe: Arabidopsis thaliana eignet sich nur bedingt für biochemische bzw. enzymologische Arbeiten, da man hier nicht selten Pflanzenmaterial im kg-Maßstab benötigt. Eine ausgewachsene Blattrosette der Acker-Schmalwand wiegt etwa 1 Gramm! Allerdings steigert sich die Nachweisempfindlichkeit vieler Methoden mit der Zeit, so dass heute selbst Spurenkomponenten wie Pflanzenhormone in geringsten Gewebeproben nachgewiesen werden können (Müller et al. 2002). Gene und Genome Die Sequenz des Arabidopsis-thaliana-Kerngenoms (sequenziert wurde die DNA der Linie Col-0) wurde in der Zeitschrift Nature am 14. Dezember 2000 publiziert. Bekannt sind auch die Nukleotidsequenzen des Mitochondriengenoms und des Plastidengenoms, so dass die Acker-Schmalwand die erste Art war, deren DNA-Bestand vollständig sequenziert werden konnte. Ein Zugang zu den Genomsequenzen sowie zu der inzwischen gewaltig angewachsenen Information über Arabidopsis thaliana ist gegeben über arabidopsis.org, die Startseite von TAIR (The Arabidopsis Information Resource). Sehr große Sammlungen an Mutanten, die heute bereits nahezu jedes bekannte Gen erfassen und die von unterschiedlichen Labors unabhängig voneinander angelegt wurden, kann man für wissenschaftliche Zwecke gegen eine moderate Gebühr nutzen — stellenweise erst nach Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens. Die öffentliche Verfügbarkeit nahezu sämtlicher Informationen, Mutanten und weiteren Werkzeuge, die für Arabidopsis thaliana entwickelt wurden, haben den an dieser Pflanze Forschenden ein einmaliges Instrumentarium an die Hand gegeben, welches ständig vervollkommnet wird — durch die Beiträge aller. Da sämtliche entwicklungsrelevanten Gene dem Nukleom zuzurechnen sind, erfährt dieses Subgenom die Hauptaufmerksamkeit der Molekular- und
72
1 Modellorganismen
Entwicklungsbiologen. Mutationen und eine Analyse der durch sie hervorgerufenen phänotypischen Veränderungen sind ein wichtiges Instrument in der Analyse vieler Entwicklungsprozesse, aber auch zahlreicher anderer Lebensprozesse. Heute werden fast ausschließlich zwei Mutagene eingesetzt: 1. Das Alkylierungsmittel Ethylmethansulfonat, welches infolge chemischer Veränderung der DNA-Basen durch Alkylierung an deren O- bzw. NAtomen Punktmutationen hervorruft bzw. 2. die T-DNA als Insertionsmutagen. Das Prinzip der Insertionsmutagenese mittels einer modifizierten T-DNA wird in Abb. 1.6.2 dargestellt und in der Legende erläutert (vgl. Kap. 3.5). Nomenklatur Vielfach werden heute zur Bezeichnung von Genen, Proteinen und Mutanten Akronyme verwendet. Dabei haben sich die an Arabidopsis Forschenden auf bestimmte Konventionen geeinigt, deren Kenntnis die Orientierung erleichtert. Tabelle 1.6.1 fasst die Übereinkünfte zusammen, nach denen A.-thalianaMutanten, Gene und Proteine benannt werden. 1.6.4 Biologische Fragestellungen Die Acker-Schmalwand eignet sich insbesondere zur Klärung entwicklungsbiologischer, weniger für biochemische Fragestellungen, letzteres wegen der Schwierigkeit, große Mengen an Pflanzenmaterial für Aufarbeitungszwecke heranzuziehen. Gerade die leichte Herstellbarkeit von Mutanten, das kompakte Genom sowie der kurze Generationszyklus prädestinieren Arabidopsis thaliana zur Bearbeitung entwicklungsgenetischer Fragestellungen, und so ist es kein Zufall, dass auf diesem Gebiet nicht nur in den vergangenen Jahren herausragende Fortschritte erzielt wurden, sondern diese auch für die weitere Zukunft erwartet werden können (Bowman 1994; Meyerowitz und Somerville 1994). Zu den wissenschaftlichen Durchbrüchen, die durch Arbeiten an A. thaliana erzielt wurden, gehören 1. die Identifizierung und funktionelle Charakterisierung des kompletten Satzes pflanzlicher Photorezeptoren (5 Phytochrome, 2 Cryptochrome, 2 Phototropine); 2. die Identifizierung der ersten pflanzlichen Hormonrezeptoren (für Ethylen und Cytokinine) und der Nachweis, dass diese zu den für Prokaryoten typischen Phosphorelais-Regulatoren zählen);
1.6 Arabidopsis thaliana
73
v ir-
ori
R e gio n
HelferPlasmid
ori ori
vi r- R e gio n
modifiziertes Ti-Plasmid
Ti-Plasmid
LB LB
T- D N A
RB T- D N A
a
Insertion der T-DNA in die pflanzliche DNA
RB
selektierbares Markergen, z.B. npt pflanzliche DNA
b
pflanzliches Gen
Abb. 1.6.2 a, b. Insertionsmutagenese mittels T-DNA. (a) Das tumorinduzierende Plasmid (Ti-Plasmid) von Agrobacterium tumefaciens enthält einen DNA-Abschnitt (die T-DNA), der in das Kerngenom von Wirtspfl anzen übertragen und dort stabil an beliebiger Stelle in die DNA des Euchromatins (transkriptionsaktive Bereiche der Chromosomen) integriert wird. Entscheidend sind die als LB (left border) und RB (right border) bezeichneten Grenzen der T-DNA, bei denen es sich um kurze, 25 Basenpaare umfassende, invertierte Sequenzwiederholungen handelt. DNA-Bereiche zwischen den Grenzen werden zusammen mit diesen in das Pflanzengenom integriert. Dazu bedarf es einer Reihe von Genfunktionen, die in der Virulenz-Region (vir-Region) des Ti-Plasmids kodiert werden. (b) Das Ti-Plasmid ist Grundlage für moderne binäre Plasmidsysteme, bei denen die vir- und die übrigen Funktionen des Ti-Plasmids getrennt vorliegen. Verwendet man Agrobacterium-Stämme, die die virRegion auf einem Helferplasmid tragen, muss man nur noch das Teil-Ti-Plasmid mit der T-DNA dahingehend modifizieren, dass die gewünschte DNA zwischen die LBund RB-Region integriert wird. Das Teil-Ti-Plasmid ist (im Gegensatz zur Darstellung) viel kleiner und daher besser handhabbar als das Ti- oder das Helferplasmid. Im Falle eines Insertionsmutagenesevektors verwendet man ein selektierbares Markergen wie npt, welches eine Antibiotikaresistenz kodiert (npt kodiert Neomycinphosphotransferase, ein Enzym, das durch Phosphorylierung Antibiotika wie Neomycin und Kanamycin inaktiviert). Pflanzen mit ins Genom eingebauter T-DNA werden daher antibiotikaresistent. Integriert die T-DNA in den Kodierungsbereich eines Gens, so führt dies in den meisten Fällen zum Totalausfall der Genfunktion
74
1 Modellorganismen
Tabelle 1.6.1. Konventionen zur Bezeichnung von Arabidopsis-thaliana-Mutanten, Kerngenen und von diesen kodierten Proteinen. Zusätzlich zu den hier aufgeführten Konventionen werden bisweilen zur Bezeichnung von mRNAs Codes der Form Xxx verwendet (drei kursive Buchstaben, erster groß, folgende klein) Bezeichnungsklasse Mutante bzw. deren Phänotyp mutiertes Gen
Beispiel ethylene resistant
Erläuterung Kleinbuchstaben, kursiv
etr 1-1
drei Kleinbuchstaben, aus der Mutantenbezeichnung gebildet, kursiva ETR Wildtypgen drei Großbuchstaben, kursiv kodiertes Protein ETR drei Großbuchstaben, normalb a die erste Zahl vor dem Bindestrich gibt entweder das — in der Reihenfolge der Entdeckung nummerierte — Allel oder, bei einer aus der Nukleotidsequenz abgeleiteten Isogenfamilie, die Isogen-Nummer an. Nach dem Bindestrich werden allelische Varianten (z. B. verschiedene Punktmutanten innerhalb des gleichen Gens) aufgeführt. Der Dreibuchstabencode zur Bezeichnung von Genen ist weitgehend erschöpft (die Anzahl der Buchstaben des Alphabets reicht nicht aus, um alle Gene mit einem solchen Code zu versehen: 263 = 17 576). Daher verwendet man heute einen Vierbuchstabencode (264 = 456 976). Älteste Genbezeichnungen kamen noch mit zwei Buchstaben aus und bleiben gültig. b bei Proteinen mit prosthetischer Gruppe, z. B. Photorezeptoren mit kovalent gebundenem Chromophor, bezeichnen die normalen Buchstaben das Apoprotein (z. B. PHYB, Phytochrom B); das Holoprotein wird mit drei normalen Kleinbuchstaben bezeichnet (z. B. phyA, Phytochrom-A-Holoprotein mit gebundenem Chromophor)
3. die Entdeckung einer sehr großen Membranrezeptorfamilie (über 250 Vertreter), der LRR-Rezeptorkinasen, und ihrer Bedeutung für die Pathogenabwehr, Symbiose und „Erkennung“ von Peptid-Signalstoffen; 4. die Aufklärung grundlegender Prozesse der Embryogenese und Meristementwicklung sowie der Festlegung von Organidentitäten beim Übergang eines Sprossmeristems zum Blütenmeristem; 5. die Entdeckung zahlreicher neuer und pflanzenspezifischer Typen von Transkriptionsfaktoren, welche die entwicklungsbiologische Eigenständigkeit von Pflanzen deutlich belegen. Eine Reihe hervorragender Übersichtsartikel bietet „The Arabidopsis book“, das online unter www.bioone.org frei verfügbar ist.
1.7 Drosophila melanogaster
75
1.6.5 Genetische Ressourcen Hunderte Aufsammlungen von unterschiedlichen Standorten weltweit werden in Stammsammlungen wie z. B. dem Arabidopsis Biological Resource Center an der Michigan State University (Ohio, USA) bewahrt und repräsentieren den „Genpool“ dieser Art. In der Grundlagenforschung zumeist verwendete Linien sind Landsberg erecta, eine durch Röntgenbestrahlung hergestellte Mutante der ursprünglichen Linie Landsberg, Col-0 (aus dem ursprünglich heterogenen Landsberg-erecta-Saatgut an der Columbia-Universität isolierte, homogene Linie), Wassilewskaja und C24. Daneben sind hunderte weitere Aufsammlungen von natürlichen Standorten verfügbar. Sämtliche relevanten Datenbanken und Informationen über die genetischen Ressourcen können angewählt werden über die Internetseite arabidopsis.org. Eine Aufstellung der großen Anzahl an weltweiten Informationsquellen erübrigt sich daher, sie lassen sich über das angegebene Eingangsportal anwählen.
1.7 Drosophila melanogaster Viele Arbeiten der letzten Jahre haben übereinstimmend gezeigt, dass die Analyse von Modellorganismen zu systemübergreifenden Erkenntnissen führt. Insbesondere Forschungen an der Taufliege Drosophila melanogaster haben in den vergangenen Jahren zu wesentlichen Einblicken in die genetische Steuerung der Entwicklung auch bei Säugetieren und beim Menschen geführt. Drosophila wird seit fast 100 Jahren genetisch untersucht. Der Organismus ist experimentell relativ leicht handhabbar und wird nicht zuletzt wegen der geringen Zuchtkosten häufig auch im Schulunterricht eingesetzt. Eine Vielzahl von molekulargenetischen Techniken erlaubt in Kombination mit der im letzten Jahrhundert aufgebauten genetischen Methodik eine effiziente und weit reichende Analyse einzelner Genfunktionen. Viele der in den letzten Jahren erzielten Forschungsergebnisse zeigen, dass die wesentlichen Entwicklungs- und Funktionsprinzipien während der Evolution stark konserviert sind. Systematische Einteilung Stamm: Arthropoda Klasse: Insecta Unterklasse: Neoptera
76
1 Modellorganismen
Ordnung: Familie: Gattung:
Diptera Drosophilidae Drosophila
Genomsteckbrief • • • • •
nukleäres Genom: ca. 170 Mb Chromosomenzahl: 4 Zahl der proteinkodierenden Gene: ca. 14 000 mitochondriales Genom: 19 517 bp Zahl der proteinkodierenden Gene: 13
1.7.1 Historisches 1907
1908 1913 1914 1927 1969 1978 1980
1982 1983
Thomas Hunt Morgan führt Drosophila melanogaster als Untersuchungsobjekt in die Genetik ein. Mit seinen Schülern Alfred Sturtevant, Calvin Bridges und Hermann Muller beweist er in den Folgejahren die Chromosomentheorie der Vererbung (Nobelpreis 1933) Morgan entdeckt und beschreibt die erste Drosophila-Mutation white Sturtevant erstellt die erste Genkarte und zeigt damit die lineare Abfolge der Gene auf den Chromosomen Bridges entdeckt das non-disjunction-Phänomen und zeigt, dass die Chromosomen Träger der Gene sind Muller entdeckt die mutagene Wirkung der Röntgenstrahlung (Nobelpreis 1946) Joseph G. Gall und Mary-Lou Pardue führen die in-situ-Hybridisierung an Polytänchromosomen ein Edward Lewis entwickelt das Konzept der homöotischen Gene (Nobelpreis 1995) Christiane Nüsslein-Volhard und Eric Wieschaus decken in einem großangelegten Mutageneseexperiment die Grundmechanismen der Segmentierung auf (Nobelpreis 1995) Gerald Rubin und Allan Spradling erzeugen transgene Fliegen William McGinnis und Walter Gehring beschreiben die Homöobox
1.7 Drosophila melanogaster
1987 1989 1993
2000
77
Cahir O’Kane und Walter Gehring entwickeln die Enhancer-trapTechnik Kent Golic und Susan Lindquist führen das FLP/FRT-System der Hefe zur ortsspezifischen Rekombination ein Andrea Brand und Norbert Perrimon übertragen das GAL4/UASTransaktivationssystem aus der Hefe in das Fliegengenom und ermöglichen damit die gezielte ektopische Expression von Genen erste Veröffentlichung der euchromatischen Genom-Sequenz von Drosophila melanogaster (Adams et al. 2000)
Als vor etwa 100 Jahren die Taufliege Drosophila melanogaster als Untersuchungsobjekt in das Labor von Thomas Hunt Morgan (1866–1945) einzog, ahnte wohl noch niemand, welchen Siegeszug dieser Organismus sowohl in der Forschung als auch in der Lehre durchlaufen würde. Schnell wurde mit Hilfe dieser Tiere der Genbegriff gefestigt und nach Isolation der ersten Mutationen (die erste gefundene Drosophila-Mutation war white, eine rezessive Xchromosomale Mutation, die zu weißen Augen führt), konnte bereits 1913 von Alfred Sturtevant (1891–1970), einem Schüler von T. H. Morgan, die erste Genkarte gezeichnet werden, die eine lineare Abfolge der Gene auf dem Chromosom darlegt. 1915 haben T. H. Morgan und A. Sturtevant zusammen mit Calvin Bridges (1889–1938) das Buch „The Mechanism of Mendelian Heredity“ veröffentlicht, das Drosophila zu einem der Schlüsselorganismen der Genetik machte. Viele der uns heute vertraut und selbstverständlich erscheinenden Grundlagen wurden an Drosophila erarbeitet. Der Erfolg hatte eine Reihe von Gründen: Die Taufliegen sind klein, sehr leicht im Labor zu halten und stellen keine großen Ansprüche an die Zuchtbedingungen. Darüber hinaus erwies es sich als Glücksfall, dass das Genom von Drosophila aus nur vier Chromosomenpaaren besteht, von denen drei etwa gleich groß sind und das vierte so klein ist und so wenig Gene enthält, dass es in den meisten Kreuzungsexperimenten vernachlässigt werden kann. Die von C. Bridges 1935 gezeichneten Polytänchromosomen-Karten werden auch heute noch im Laboralltag verwendet. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts erscheint uns Drosophila fast als gläserner Organismus: Das Genom ist vollständig sequenziert und eine sehr große Zahl von Mutationen beschrieben und über verschiedene Stammsammlungen frei verfügbar (fbserver.gen.cam.ac.uk). Es gibt heute eine Vielzahl von Methoden, die eine fast beliebige Manipulation des Genoms erlauben und damit eine relativ einfache Analyse selbst komplexester Fragestellungen wie der nach der genetischen Steuerung von Verhaltensmustern ermöglichen.
78
1 Modellorganismen
1.7.2 Lebenszyklus Drosophila ist ein holometaboler Organismus; die Larvalstadien und das Adultoder Imaginalstadium sind durch die während der Verpuppung stattfindende Metamorphose getrennt (Abb. 1.7.1). Die Weibchen legen bis zu 100 Eier pro Tag, die etwa 0,5 mm lang sind und einen Durchmesser von etwa 0,2 mm aufweisen. Das Ei zeigt bereits deutlich eine anterior-posteriore sowie eine dorso-ventrale Polarität (Abb. 1.7.1). Bei einer Temperatur von 25 °C entwickelt sich aus dem Ei innerhalb eines Tages eine Larve. Diese ist deutlich segmentiert: neben drei eingestülpten und damit verborgenen Kopfsegmenten sind drei thorakale und acht abdominale Segmente sichtbar. Das erste Larvenstadium dauert wiederum etwa einen Tag, danach häutet sich die Larve und lebt für einen weiteren Tag im zweiten Larvenstadium. Nach einer erneuten Häutung bleibt die Larve für 2–3 Tage im dritten Larvenstadium. Alle Larvenstadien sind von einem enormen Größenwachstum begleitet. Innerhalb nur weniger Tage nimmt das Gewicht um das etwa 200fache zu. Am Ende des dritten Larvenstadiums setzt die Wanderschaft (Wanderlarve) ein, in der ein trockener Platz zur Verpuppung gesucht wird. Anschließend kontrahiert sich die Larve allmählich und die vorderen Enden der beiden Haupttracheen, die anterioren Spirakel, werden nach außen gestülpt. Die larvale Kutikula wird zur Puppenhülle (Puparium) umgebildet, wobei sie zunächst noch weiß und weich ist und innerhalb von zwei Stunden eine braune Farbe annimmt und aushärtet (Vorpuppe). 4–6 Stunden nach Bildung des Pupariums löst sich die Epidermis von der Puppenhülle (Apolysis), und die Puppe wird während einer weiteren Häutung innerhalb des Pupariums gebildet. Innerhalb des fünf Tage dauernden Puppenstadiums wird der Organismus komplett umgebildet (Metamorphose). Während der Metamorphose werden einige Organe vollständig abgebaut (z. B. Fettkörper, Speicheldrüsen) andere werden umorganisiert (z. B. Malpighische Gefäße, Gehirn), wieder andere werden neu gebildet (z. B. die äußeren Strukturen der Fliege, die fast alle aus den Imaginalscheiben entstehen). In der Regel schlüpfen die Fliegen in den frühen Morgenstunden des fünften Tages nach der Verpuppung und sind bei einer Entwicklungstemperatur von 25 °C schon nach etwa vier Stunden geschlechtsreif. Der gesamte Generationszyklus dauert bei 25 °C also nur ca. zehn Tage. Allerdings ist die Entwicklungszeit stark temperaturabhängig, was für den Genetiker von großer praktischer Bedeutung ist. So kann beispielsweise nach einer Absenkung der Zuchttemperatur auf 18 °C der Beginn der Geschlechtsreife auf etwa 24 Stunden nach dem Schlüpfen der Fliegen aus der Puppenhülle gedehnt werden.
1.7 Drosophila melanogaster
Männchen
79
Weibchen
Puppe
1. Larvenstadium
Vorpuppe 2. Larvenstadium
3. Larvenstadium Abb. 1.7.1. Lebenszyklus von Drosophila melanogaster
Dies erleichtert die tägliche Kreuzungsarbeit enorm, da unbefruchtete (virginelle) Weibchen zum gezielten Weiterkreuzen nicht alle vier Stunden aus einem Zuchtgefäß abgesammelt werden müssen. Je nach Haltungsbedingungen können Drosophila-Fliegen zwei bis drei Monate alt werden. Embryonalentwicklung Die Embryonalentwicklung beginnt mit der Befruchtung und ist in 17 verschiedene Stadien eingeteilt worden (Abb. 1.7.2). Während der ersten 2,5 Stunden der Entwicklung finden 13 sehr schnelle synchrone Kernteilungen statt. Bis auf einige wenige Kerne, die im Zentrum verbleiben ( Vitellophagenkerne), wandern die meisten in die Peripherie der Eizelle. Es liegt ein Synzytium vor, d. h. es sind noch keine Zellmembranen um die einzelnen Kerne eingezogen worden. Die ersten vom Embryo gebildeten Zellen sind die Polzellen, die sich nach ca. zwei Stunden am posterioren Pol abschnüren. Anschließend findet
80
1 Modellorganismen
auch die Zellularisierung der restlichen peripheren Kerne statt, was zum zellulären Blastoderm-Stadium (Stadium 5) führt. Bis zu diesem Zeitpunkt findet im Embryo kaum Transkription statt. Die meisten Genprodukte, die diese frühen Entwicklungsschritte steuern, sind bereits vor der Befruchtung vom mütterlichen Genom (maternale Gene) in der Eizelle deponiert worden. So wird auch die genetische Festlegung der Körperachsen durch maternale Informationen gesteuert. Ab dem zellulären Blastoderm-Stadium setzt die zygotische Genexpression ein. Die Segmentierungsgene (Gap-Gene, Paarregel-Gene, Segmentpolaritätsgene) unterteilen den Körper in die verschiedenen Segmente. Danach beginnt die Gastrulation. Die auf der Ventralseite liegenden präsumptiven Mesodermzellen verlagern sich in das Innere des Embryos. Gleichzeitig streckt sich der später sichtbar segmentierte Teil des Embryos, der auch als Keimstreif bezeichnet wird und umwächst den posterioren Pol, um schließlich eine U-förmige Position einzunehmen. Nach ca. vier Stunden (Stadium 9) beginnen sich die Anlagen des Vorder- und Enddarms einzustülpen. Mit diesen werden auch die beiden Primordien, die den späteren Mitteldarm bilden, ins Innere verlagert. Die Polzellen liegen nun in einer von der posterioren Mitteldarmanlage gebildeten Tasche. Nach der Ausstreckung des Keimstreifes wird die Segmentierung zunächst im Kopfbereich sichtbar. Sobald die segmentale Organisation des Embryos deutlich erkennbar ist, beginnt die Keimstreif-Verkürzung (Stadium 12). Gleichzeitig wächst die laterale Epidermis nach dorsal aus und umschließt den sich bildenden Mitteldarm. Nachdem der Embryo dorsal geschlossen ist, wird die zunehmende Unterteilung des Mitteldarms ein wichtiges Kriterium für die Altersbestimmung der Embryonen. Die Entwicklung des Nervensystems beginnt nach der Keimstreifausstreckung und endet kurz vor Schlüpfen der Larve. Die wichtigsten Stadien sind in der Abb. 1.7.2 zusammengefasst. Bei 20 °C dauert die Embryonalentwicklung etwa 24 Stunden, bei 18 °C etwa 40 Stunden (Campos-Ortega 1997). Larvalentwicklung Einen Tag nach dem Schlüpfen der Larve aus dem Ei findet die erste Häutung statt, nach einem weiteren Tag die zweite Häutung. Das dritte Larvenstadium (L3) dauert 2–3 Tage. Die Häutungen werden hormonell durch unterschiedliche Titer von Juvenilhormon und Ecdyson gesteuert. Während der Larvalstadien wächst die Larve enorm, wobei die Größenzunahme im Wesentlichen nicht durch Zellvermehrung sondern durch Zellwachstum hervorgerufen wird. Diese außerordentliche Syntheseleistung wird durch eine Polyploidisierung der larvalen Zellkerne ermöglicht. Etwa 24 h vor Einset-
1.7 Drosophila melanogaster Stadium
Zeit
81
Entwicklung
1– 4
0:00 – 2:10 h
Kernteilungen
5
2:10 – 2:50 h
Blastoderm
6 –7
2:50 – 3:10 h
Gastrulation
8 –11
3:10 – 7:20 h
KeimstreifVerlängerung
12–13
7:20 – 10:20 h
KeimstreifVerkürzung
14 –15
10:20 – 13:00 h
Dorsalschluss und Kopfeinstülpung
16–17
13:00 – 22:00 h
Differenzierung
Abb. 1.7.2. Embryonalentwicklung von Drosophila melanogaster
zen der Verpuppung beginnt die Larve aus dem Futterbrei herauszukriechen. Während im Verlaufe der Metamorphose fast alle differenzierten larvalen Zellen zugrunde gehen, werden die Strukturen der Imagines von diploiden, undifferenzierten Zellen neu gebildet. Diese Zellen wurden bereits im Embryo bzw. in der frühen Larve in Form von Imaginalscheiben, imaginalen Ringen und Histoblasten-Nestern angelegt. Aus den Histoblasten werden die ektodermalen Zellen des Abdomens gebildet. Alle weiteren ektodermalen Zellen, wie zum Beispiel die des peripheren Nervensystems, leiten sich aus den Imaginalscheiben ab. Ein prominentes Beispiel ist hier die Entwicklung des adulten Komplexauges aus der Augen-Antennen-Imaginalscheibe (Abb. 1.7.3). Das Schicksal der späteren Imaginalscheiben wird bereits in der Mitte der Embryonalentwicklung determiniert. Hier werden jeweils ca. 16 ektodermale Zellen eingestülpt und bilden eine sackähnliche Struktur aus. Die eine Hälfte dieser Einstülpung wird zur Peripodialmembran und besteht aus flachen, breitgestreckten Zellen. Die andere Hälfte behält die typischen epithelialen
82
1 Modellorganismen
Merkmale und proliferiert stark während der larvalen Entwicklungstadien. (Abb. 1.7.3 a). In der Augen-Antennen-Imaginalscheibe (Abb. 1.7.3 b) beginnt am Ende des dritten Larvalstadiums die Entwicklung des Komplexauges. Das Komplexauge von Drosophila setzt sich aus etwa 750 bis 800 Einzelaugen, den Ommatidien, zusammen. Jedes einzelne Ommatidium besteht aus acht Photorezeptorzellen (R1–R8), vier Linsenzellen und verschiedenen Pigmentzellen (Abb. 1.7.3 c). Die Methoden der klassischen und modernen Genetik haben zu einem detaillierten Verständnis der diesem Entwicklungsprozess zugrunde liegenden Mechanismen geführt: Während des dritten Larvalstadiums wandert eine epitheliale Einsenkung, die morphogenetische Furche, von posterior nach anterior über die Imaginalscheibe (Abb. 1.7.3 b). In dieser Furche werden zunächst in einem regelmäßigen Abstand die R8-Photorezeptorzellen determiniert. Diese rekrutieren anschließend im Kielwasser der Furche über direkte Zell-Zell-Interaktionen die weiteren Zellen des Ommatidiums. Hierbei lässt sich eine sequentielle Abfolge beobachten; zunächst beginnen die Zellen R2 und R5, danach die Zellen R3 und R4 mit der neuronalen Differenzierung. Nachdem sich diese Fünfergruppe gebildet hat, teilen sich die umliegenden epithelialen Zellen. Aus dem nun vorhandenen Zellpool werden dann die Rezeptorzellen R1 und R6 und schließlich die Rezeptorzelle R7 rekrutiert. Die Linsenzellen werden ebenfalls noch während der Larvalentwicklung gebildet, während die Pigmentzellen in der Puppe in die ommatidialen Einheiten eingegliedert werden (Bate und Martinez Arias 1993). Fliegen haben ein Exoskelett Ein wichtiges Untersuchungskriterium des Modellorganismus Drosophila ist das reich strukturierte Exoskelett, das als Kutikula von der Epidermis abgeschieden wird (Demerec 1994). Es erlaubt sowohl bei Larven als auch Fliegen eine einfache Unterscheidung vieler verschiedener Merkmale und hat damit die genetische Analyse von Drosophila erst möglich gemacht. Vor Beginn der Kreuzungsexperimente muss man Männchen und Weibchen unterscheiden können, was anhand der unterschiedlichen Geschlechtsorgane und der kleineren Augen und Flügel der Männchen gelingt. Außerdem sind bei den Männchen die drei letzten Abdominalsegmente in der Aufsicht komplett schwarz, während bei den Weibchen nur die beiden letzen Segmente einfarbig schwarz gefärbt sind. Ein weiteres sicheres Merkmal sind die Geschlechtskämme (sex combs), die sich auf dem ersten Beinpaar der Männchen befinden. Die sex combs sind — wie auch alle anderen Borsten der Fliege — Teile von sensorischen Organen. Man sollte daher nie den Begriff „Haare“ verwenden
1.7 Drosophila melanogaster anterior
83
posterior
Peripodialmembran
a
Imaginalscheiben-Epithel
b
morphogenetische Furche
Ommatidium Linse Pigmentzellen R4 R3 R5 R2 R6
R1 R7
R8
c Abb. 1.7.3 a–c. Entwicklung der Augen-Antennen-Imaginalscheibe. (a) Einstülpung zu Beginn der Imaginalscheibenentwicklung. (b) Augen-Antennen-Imaginalscheibe mit morphogenetischer Furche; der posteriorer Anteil differenziert zum Auge, der anteriore Anteil zur Antenne. (c) Komplexauge von Drosophila in der Übersicht und im Detail. R1–R8: Photorezeptorzellen. Weitere Erläuterungen im Text
(Haare sind nicht innervierte Fortsätze einzelner Epidermiszellen). Die Makrochaeten (große Borsten) und Mikrochaeten (kleine Borsten) sind in einem sehr regelmäßigen Muster auf dem Notum der Fliege angeordnet, welches sich aus dem Scutum (Rückenschild) und dem Scutellum (kleines Rückenschild hinter dem Scutum) zusammensetzt (Abb. 1.7.4). Diese stereotype Anordnung ist für die Analyse der genetischen Steuerung der Neurogenese von großer Bedeutung. Auch die Larve weist eine Vielzahl von kutikulären Markern auf, die z. B. eine Unterscheidung zwischen verschiedenen abdominalen Segmenten oder zwischen dorsalen und ventralen Körperregionen erlauben. In der Abb. 1.7.5 sind die wichtigsten Marker eingezeichnet. Das prominente Kopfskelett mar-
84
1 Modellorganismen Mikrochaeten Humerus-Borsten I
Scutum
II III
A IV Scutellum
P V Haltere
Makrochaeten
Abb. 1.7.4. Dorsalansicht des Thorax mit Flügel und Haltere einer adulten Drosophila melanogaster. I–V Längsadern, A anteriore Querader, P posteriore Querader
kiert das anteriore Ende der Larve, die ventralen Zähnchenbänder, die stets im anterioren Bereich eines Segments liegen, erlauben die Identifizierung der verschiedenen Segmente und erleichtern eine Bestimmung der Position innerhalb eines Segmentes. Die umfassende Analyse mutanter larvaler Kutikulastrukturen hat zu bahnbrechenden Erkenntnissen über die genetische Steuerung der Embryonalentwicklung geführt, für die Christiane Nüsslein-Volhard und Eric Wieschaus 1995 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden sind. 1.7.3 Technische Entwicklungen Die Methoden der klassischen Genetik sind in den letzten Jahrzehnten durch rekombinante DNA-Technologien massiv erweitert worden. Bereits in den ersten Tagen der Molekulargenetik wurde 1969 von Joseph G. Gall und MaryLou Pardue die in-situ-Hybridisierung an Polytänchromosomen entwickelt. Die Hybridisierungstechniken wurden verfeinert, bis 1983 Michael Akam die direkte Visualisierung der Genexpression in der whole-mount-in-situ-Hybridisierung gelang. 1982 wurde von Gerald Rubin und Allan Spradling die Keimbahntransformation etabliert, die heute Routine geworden ist. 1989 wurde von Kent Golic und Susan Lindquist eine Methode eingeführt (FLP/FRTMethode), die es ermöglicht, eine mitotische Rekombination zu einem definierten Zeitpunkt an einer spezifischen Position zu induzieren. Dies erlaubt beispielsweise, Aussagen zur Autonomie von Genfunktionen zu machen (Kap. 2.6.3). 1993 beschrieben Andrea Brand und Norbert Perrimon die sogenannte GAL4/UAS-Methode, die es inzwischen ermöglicht, ein Gen zu beinahe jedem Zeitpunkt in jeder beliebigen Zelle zu exprimieren (Kap. 8.5). Diese Technologien werden von der kürzlich von Rich Carthew vorangetriebe-
1.7 Drosophila melanogaster
anterior
85
posterior dorsal ventral
Thorax
Abdomen
1 Segment
Abb. 1.7.5. Das Kutikula-Muster einer Drosophila-Larve. Die drei Thorakal- und acht Abdominalsegmente sind durch charakteristische Zähnchenbänder gekennzeichnet
nen RNAi-Technologie komplementiert, mit deren Hilfe jedes Gen zu einem definierten Zeitpunkt ausgeschaltet werden kann (Kap. 8.5). Um eine genetische Analyse durchführen zu können, brauchen wir Mutationen in den verschiedenen Genen. Im Jahre 2004 sind in Stammsammlungszentren etwa die Hälfte der 14 000 Gene durch Transposon-Insertionen markiert und so einer detaillierten Analyse zugänglich. Die Anwendung dieser umfassenden Techniken wurde durch die vollständige Verfügbarkeit der DNA-Sequenz von Drosophila melanogaster erheblich vereinfacht (Celniker und Rubin 2003). Die kürzlich veröffentlichte Sequenz von der nahe verwandten Spezies Drosophila pseudoobscura erlaubt vergleichende Einblicke in die Genom-Organisation und die Regulation einzelner Gene. Wir haben heute eine Reihe von Methoden in der Hand, um einzelne Genfunktionen zu identifizieren. Nach Mutation einzelner Gene können Phänotypen beschrieben werden. Wir können Gene nach ihrem Expressionsmuster identifizieren. Hier findet die Enhancer-trap- oder die Protein-trap-Methode eine Anwendung. Alternativ kann die Gesamtzahl der in einer bestimmten Zelle exprimierten Gene mit Hilfe von DNA-Chips aufgenommen werden und z. B. über die Zeit verglichen werden. Wir sind heute an einem Punkt angekommen, an dem uns die Methodenvielfalt ein sehr tiefgreifendes Verständnis von Entwicklungs- und Funktionszusammenhängen erlaubt.
86
1 Modellorganismen
1.7.4. Biologische Fragestellungen Mit Hilfe des Modellorganismus Drosophila und der an und mit ihm entwickelten molekulargenetischen Methoden konnten einige der wichtigsten Fragen der Entwicklungsbiologie und Genetik beantwortet werden. Welches sind die Träger der Erbinformation? Wie lassen sie sich untersuchen und experimentell modifizieren? Was sind die genetischen Grundlagen der frühen Muster- und Gestaltbildung? Existieren Morphogene? Durch die Aufdeckung der Mechanismen, die den zeitlich und räumlich geordneten Differenzierungsprozessen eines höheren Eukaryoten zugrunde liegen, wurde erstmals ein theoretischer und praktischer Zugang zur Beantwortung der Frage nach den entwicklungsgenetischen Prinzipien der Ontogenese geschaffen. Ausgehend von diesen Befunden eröffnen sich nun nicht nur neue aufregende Fragestellungen, sondern auch neue Möglichkeiten, experimentelle Antworten zu finden. Wodurch wird das Entwicklungsschicksal unterschiedlicher Zellen bestimmt? Wie können relativ einfach gebaute Zellen so hochkomplexe Gewebe wie z. B. ein Nervensystem aufbauen? Woher wissen die sich bildenden Neurone, in welche Richtung sie wachsen müssen, um Reize aufzunehmen oder weiterzuleiten? Wie können Gene das Verhalten eines Individuums beeinflussen? 1.7.5 Genetische Ressourcen Das Berkeley Drosophila Genome Project (www.fruitfly.org) hat zusammen mit der Firma Celera die Sequenzierung des Drosophila-Genoms betrieben. Auf diesen Seiten, die eng mit FlyBase vernetzt sind, kann man Informationen zu den Gensequenzen, den verfügbaren cDNA Klonen und verschiedenen Expressionsmustern erhalten. Im Bloomington Drosophila Stock Center (flystocks.bio.indiana.edu) kann man für wenig Geld (oft auch umsonst) Fliegenstämme bestellen. Hier werden alle wichtigen Mutanten, GAL4-Stämme, P-Element-Stämme, FRT-Stämme, Balancer Defizienz- und Duplikationsstämme gehalten. Über das Rescource Center (dgrc.cgb.indiana.edu) kann man die cDNAKlone, Vektoren usw. beziehen. Bei der Hybridoma-Bank (www.uiowa.edu/~dshbwww/) sind viele monoklonale Antikörper z. B. auch gegen Drosophila-Proteine erhältlich. Drosophila-Entwicklung im Internet Eine neue Möglichkeit, sich mit der Embryogenese weiter vertraut zu machen und die komplexen morphogenetischen Bewegungen eingehender zu
1.7 Drosophila melanogaster
87
verfolgen, bietet das Projekt „FlyMove” (flymove.uni-muenster.de). Dort findet sich auch eine umfassende Darstellung der verschiedenen Stadien der Embryonalentwicklung von Drosophila. Zusammen mit der Datenbank „Interactive Fly” (sdb.purdue.edu/fly/aimain/1aahome.htm), die eine Beschreibung vieler Genfunktionen enthält (keine Bilder) und der Datenbank „FlyBase” (flybase.net), die eine genaue Beschreibung der Gene und Sequenzen enthält, kann man sich einen sehr guten und aktuellen Überblick über die Möglichkeiten verschaffen, die das Drosophila-System bietet.
2 Genetische Kreuzungen
Unter einer Kreuzung versteht man die Paarung von zwei genetisch verschiedenen Individuen einer Art, in deren Verlauf genetisches Erbmaterial ausgetauscht wird. Dies gilt für Pro- und Eukaryoten gleichermaßen. Bei dem Bakterium E. coli wird der Paarungsprozess als Konjugation bezeichnet, bei dem ein gerichteter Gentransfer von einer Donorzelle auf eine Rezipientenzelle stattfindet. Bei Eukaryoten ist der Rekombinationsprozess in der Regel reziprok. Es ist grundsätzlich zwischen haploiden und diploiden Eukaryoten zu unterscheiden. Zur ersteren Gruppe gehören Saccharomyces cerevisiae, Neurospora crassa, Sordaria macrospora und Chlamydomonas reinhardtii. Bei ihnen kann in der Regel vom Phänotyp auf den Genotyp geschlossen werden. Die vier haploiden Produkte der Meiose werden als Tetrade bezeichnet und stehen einer genetischen Analyse unmittelbar zur Verfügung. Bei Diplonten, wie Arabidopsis thaliana und Drosophila melanogaster, liegen nahezu alle Gene in jedem Kern in zwei Allelen vor. Dies erschwert die Analyse von Erbgängen, da nicht wie bei haploiden Organismen vom Phänotyp auf den Genotyp zu schließen ist. Bei heterozygoten Allelen ist zwischen Dominanz und Rezessivität zu unterscheiden. Bei dominanten Allelen ist der Phänotyp auch im heterozygoten Zustand erkennbar, bei rezessiven nur im homozygoten Zustand. Die folgenden Experimente bieten unterschiedliche Möglichkeiten, die genetische Rekombination durch Kreuzungsversuche zu demonstrieren. Dabei werden neben konventionellen Methoden zur Genlokalisation auch Beispiele geliefert, in denen die Kombination von Formal- und Molekulargenetik zur genetischen Analyse herangezogen wird.
90
2 Genetische Kreuzungen
2.1 Escherichia coli Eine Reihe von Bakterien, darunter auch E. coli, haben die Möglichkeit, genetische Information zu übertragen. Dieser Prozess wird Konjugation genannt (Abb. 2.1.1). Er führt zu einem horizontalen Gentransfer von einer Donor- auf eine Rezipientenzelle. Physikalische Grundlage dieses Phänomens ist ein ca. 100 kb großes lowcopy-Plasmid, der F (fertility)-Faktor. Er trägt alle für die Konjugation benötigten Informationen. Man unterscheidet bei E. coli zwischen F + -, Hfr- (high frequency of recombination) und F’-Zellen: Erstere besitzen ein bis drei frei im Cytoplasma liegende F-Plasmide, während in den hochrekombinativen HfrStämmen der F-Faktor im Genom integriert vorliegt. Bei F’-Zellen hat eine irreguläre Exzision eines ehemals integrierten Faktors stattgefunden, so dass dieser eine veränderte Struktur besitzt. Rezipientenstämme sind F-Plasmidfrei und werden als F– bezeichnet. An der Konjugation sind neben den 25 tra (transfer)-Genen, deren Genprodukte in trans aktiv werden, und der mob-Region der cis-aktive oriT (transfer origin) beteiligt. Zunächst werden von einer F + -Zelle lange Pili von 8 nm Außen- und 2 nm Innendurchmesser gebildet, die aus Pilin-Proteinen (TraA) bestehen. Nach der Kontaktaufnahme des Pilus mit der Membran einer Rezipientenzelle verkürzt sich dieser, was zum direkten Zellkontakt führt. Nun bindet die Relaxase (Mob) spezifisch an den oriT und erzeugt dort einen Einzelstrangbruch (nick). Das 5’-Ende des gespaltenen Stranges wird abgelöst und unidirektional (5’-3’-Richtung) in die Rezipientenzelle übertragen, während die DNA-Polymerase das Plasmid in der Ausgangszelle ähnlich dem rcMechanismus (rolling circle) kontinuierlich repliziert. In der Empfängerzelle erfolgt die diskontinuierliche Gegenstrangsynthese und eine Ligase schließt die verbliebenen Lücken. Bei Hfr-Zellen wird wie bei F + -Zellen am oriT des in diesem Fall in das Bakterienchromosom integrierten F-Plasmids die replikative Übertragung eingeleitet. Im Unterschied zu F + -Zellen wird dabei auch genomisches Material übertragen. Für die Integration in das Bakterienchromosom sind neben dem Rekombinationsprotein RecA die auf dem F-Plasmid liegenden IS-Elemente von Bedeutung, da diese mit IS-Elementen des E.-coli-Genoms homolog rekombinieren können. Da die Größe natürlicher, konjugativer Plasmide in der molekulargenetischen Praxis schwerwiegende Nachteile mit sich bringt, wurden kleine, leicht handhabbare Derivate konstruiert. Als besonders zweckmäßig haben sich kleine, Resistenzgene tragende Plasmide ohne tra-Gene erwiesen, die aber
2.1 Escherichia coli
91
I
II VII 3' 5'
III VI
3'
V
5'
IV
Abb. 2.1.1. Schema der Konjugation bei E. coli. Die Donorzelle hat mit einem FPilus (Pili strahlenförmig dargestellt) Kontakt zur Zellmembran einer Rezipientenzelle aufgenommen (I). Durch Verkürzung des Pilus wird Zell-Zell-Kontakt erreicht und die Relaxase erzeugt einen Einzelstrangbruch an der nic/bom-Stelle des oriT (II). Die Übertragung des DNA-Stranges findet in 5’-3’-Richtung, ausgehend von dessen freiem 5’-Ende, statt. Dabei bleibt das 5’-Ende jedoch noch an der Kontaktstelle proteingebunden (III). Der übertragene Strang wird diskontinuierlich in der Rezipientenzelle repliziert (III, IV), während in der Donorzelle kontinuierliche Replikation ähnlich dem rolling-circle-Mechanismus stattfindet, wodurch der zu übertragende Strang verdrängt wird (III, IV). Nach erfolgreicher Replikation (V) werden Lücken durch eine Ligase geschlossen und die Zellen trennen sich voneinander (VI). Beide Zellen besitzen nun jeweils einen F-Faktor und können als Donorzellen diesen wiederum auf F-Plasmid-freie Zellen übertragen (VII). Dargestellt ist das F-Plasmid (doppelter Ring), 3’: OH-Ende und 5’: Phosphat-Ende eines DNA-Stranges, graue Pfeile: neu synthetisierter DNA-Strang, Pfeilrichtung entspricht Replikationsrichtung
92
2 Genetische Kreuzungen
einen oriT besitzen und somit mobilisierbar sind. Als Beispiel mag das hier verwendete pBBR1MCS dienen. Zur Übertragung wird ein Helferplasmid benötigt, um die fehlenden Funktionen zu komplementieren. Es ist auch möglich, die Transfer-Gene in das E.-coli-Genom zu integrieren, um so universelle „Überträgerstämme“ zu erhalten. Ein Beispiel ist der hier verwendete E.-coliStamm S17-1. Dieser trägt genomisch die tra-Gene des ursprünglich aus Pseudomonas aeruginosa stammenden 56,4 kb großen konjugativen Plasmids RP4. Als Rezipientenstämme sind F-Episomen-freie Stämme geeignet, die sich in mindestens einer selektierbaren Eigenschaft von Donor und Plasmid unterscheiden müssen, z. B. der Streptomycin-resistente E. coli JM83. 2.1.1 Konjugation von E. coli Ziel ist die Herstellung von Transkonjuganten durch Übertragung des Plasmids pBBR1MCS-3 von E. coli S17-1 auf E. coli JM83. Als Beispiel für Genübertragung und zur Selektion soll der Tetracyclin-sensitive Rezipientenstamm durch das Plasmid Resistenz gegen dieses Antibiotikum erlangen. Gegenselektion findet mit Streptomycin statt, da nur der Rezipient eine genomisch kodierte Resistenz aufweist. Plasmid pBBR1MCS-3 (5,1 kb): tet (TetR), mob +, tra – lacPOZ’ (NCCB Nr. 3435) kann über die NCCB (Nr. 3435) in E. coli DH5ơ bezogen werden. Donorstamm E. coli S17-1: ƅrecA, endA1, hsdR17, supE44, thi-1, tra (DSMZ 9079). Rezipientenstamm E. coli JM83: F–, lambda–, ara ƅ(pro-lac), rpsL, thi, phi80 dlacZƅM15lambda–, strA (StrR) (DSMZ 3947). Das hier vorgestellte System aus Überträgerstamm und Plasmid kann auch zur Transformation von diversen anderen, mitunter kaum oder nur sehr schwer transformierbaren, gramnegativen Bakterien verwendet werden. An singulären Restriktionsschnittstellen in der multiple cloning site (mcs) kann der Vektor Fremd-DNA aufnehmen, was durch Blau-Weiß-Selektion (Kap. 3.1) auf speziellen Medien überprüft werden kann. Eine grundsätzliche Voraussetzung für solche Experimente ist, dass eine Differenzierung zwischen Donor, Rezipient und Transkonjugante aufgrund unterschiedlicher Phänotypen möglich sein muss.
2.1 Escherichia coli
93
Material • • • • •
• • • • •
Zentrifuge für sterile 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße sterile 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße Drigalski-Spatel, Ethanol zum Sterilisieren, Bunsenbrenner, sterile Zahnstocher sterile Kochsalzlösung 0,9 % (w/v) NaCl LB-Medium (Luria-Bertani) 1 % (w/v) Fleischpepton 0,5 % (w/v) Hefeextrakt 0,5 % (w/v) NaCl pH 7,5 Festmedien: zusätzlich 1,5 % (w/v) Agar LB+Streptomycin wie LB-Medium, Zugabe von 1 µL Streptomycin-Stammlösung/mL Medium nach dem Autoklavieren und Abkühlen auf ca. 55 °C LB+Tetracyclin wie LB-Medium, Zugabe von 1 µL Tetracyclin-Stammlösung/mL Medium nach dem Autoklavieren und Abkühlen auf ca. 55 °C LB(+Tetracyclin+Streptomycin)-Festmedium wie LB-Festmedium, Zugabe von je 1 µL Tetracyclin- und Streptomycin-Stammlösung/mL Medium nach dem Autoklavieren und Abkühlen auf ca. 55 °C Streptomycin-Stammlösung 100 mg/mL in A. dest., sterilfiltriert, Lagerung bei –20 °C Tetracyclin-Stammlösung 12,5 mg/mL in Ethanol (96 %), Lagerung lichtgeschützt bei –20 °C
Methode Das Plasmid pBBR1MCS-3 muss zunächst isoliert (Kap. 3.1.4) und dann in E. coli S17-1 transformiert werden (Kap. 3.1.1). Transformanten werden durch Tetracyclin selektiert und Plasmide durch Dauerselektion stabil gehalten. Der erzeugte Donorstamm E. coli S17-1 (pBBR1MCS-3) kann als Gefrierkultur bei –70 °C gelagert werden. 1. Die Anzucht von Donor- und Rezipientenstamm erfolgt separat im Schüttelkolben über Nacht bei 37 °C in jeweils 30 mL Flüssigmedium. Der Rezipientenstamm wird in LB+Streptomycin-Medium kultiviert, der Donorstamm in LB+Tetracyclin-Medium, um auf das Plasmid zu selektieren. 2. Die jeweilige Zellernte erfolgt durch Zentrifugation (10 min, 5000 g, 4 °C) und Verwerfen des Überstands. 3. Die Zellen werden in jeweils 1,5 mL LB-Medium resuspendiert.
94
2 Genetische Kreuzungen
4. Von beiden Suspensionen werden jeweils 200 µL Aliquots vorsichtig miteinander vermengt und auf frisch hergestellte, reichlich Medium enthaltende LB-Agarplatten aufgetropft. 5. Die Platten werden über Nacht bei 37 °C inkubiert. 6. Der Bakterienrasen wird mit 2 mL steriler Kochsalzlösung abgeschwemmt. 7. Mit der Zellsuspension wird eine Verdünnungsreihe (in steriler Kochsalzlösung) angelegt: unverdünnt, 1:10, 1:100, 1:1000, 1:10 000 und 1:100 000. Dazu wird in 5 × 1,5 mL-Reaktionsgefäßen je 900 µL sterile Kochsalzlösung vorgelegt. In das erste Gefäß werden 100 µL der unverdünnten Zellsuspension gegeben und gründlichst gemischt! Aus diesem Gefäß werden 100 µL Suspension in das zweite Gefäß überführt, usw. 8. Zur Transkonjuganten-Selektion auf LB(+Tetracyclin+Streptomycin)Festmedien werden je 2 × 200 µL jeder Verdünnungsstufe (unverdünnt bis 1:100 000) ausplattiert und bebrütet (über Nacht bei 37 °C). 9. Ausgewählte, transkonjugante Einzelkolonien werden zur Plasmidisolation (Kap. 3.1.4) angezogen und durch Restriktion mit EcoRI und Agarosegelelektrophorese überprüft (Kap. 10.4). Hinweise zur Auswertung 1. Ermittlung eines Resistenzspektrums für Donor- und Rezipientenstamm sowie eine Auswahl von mehreren hypothetischen Transkonjuganten durch Überimpfen von Klonen auf LB+Streptomycin-, LB+Tetracyclinund LB(+Streptomycin+Tetracyclin)-Festmedien. Ein Beispiel für eine Zusammenstellung sieht folgendermaßen aus: LB LB LB(+Streptomycin +Streptomycin +Tetracyclin +Tetracyclin) Donor Rezipient Transkonjugante 1 Transkonjugante 2
− + + +
+ − + +
− − + +
2. Das Vorhandensein der Plasmide wird für Transkonjuganten verifiziert, die das erwartete Resistenzspektrum zeigen. Dazu wird die Größe der Restriktionsfragmente bestimmt und mit der erwarteten Größe (s. o.) verglichen.
2.2 Saccharomyces cerevisiae
95
2.2 Saccharomyces cerevisiae Jeder Ascus, der bei der sexuellen Reproduktion der Bäckerhefe S. cerevisiae entsteht, enthält die vier Produkte einer einzelnen Meiose. Nach der Vereinzelung der Sporen kann der Phänotyp jedes Meioseproduktes bestimmt werden und gibt so Aufschluss über die Kopplung sowie den Abstand von Genen zueinander und zum Centromer. Kreuzt man zwei Hefestämme, die für zwei Marker heterozygot (AB × ab) sind, findet man drei verschiedene Grundtypen von Asci (Abb. 2.2.1): Parentaltyp (P), Rekombinationstyp (R) und Tetratyp (T). Die Position beider Marker im Genom bestimmt die Häufigkeit des Vorkommens der drei Ascustypen. Bei ungekoppelten Loci liegen beide Marker auf verschiedenen Chromosomen oder weit voneinander entfernt auf einem Chromosom vor. Dann werden sie unabhängig auf die Nachkommen vererbt und es ergibt sich eine Verteilung von P : R : T von 1 : 1 : 4. Kommen überwiegend Asci des P-Typs vor,
haploide Zellen
ab
AB
Zygote
AaBb
P
R
T
AB AB ab ab
aB aB Ab Ab
AB Ab ab aB
Ascustypen
Abb. 2.2.1. Tetradentypen nach Kreuzung von zwei haploiden Stämmen mit den Markergenen A, a, B, b. In einem Parentaltyp (P)-Ascus liegen die Sporen im Verhältnis 2:2 vor, sie entsprechen dem Genotyp ihrer Eltern. In einem Rekombinationstyp (R)-Ascus kommen Sporen im Verhältnis 2:2 vor, die jeweils eine Neukombination des Genotyps ihrer Eltern darstellen. Im Tetratyp (T)-Ascus kommen die Sporen im Verhältnis 1:1:1:1 vor und zwar jeweils der Genotyp der Eltern sowie die beiden neukombinierten Genotypen
96
2 Genetische Kreuzungen
Tabelle 2.2.1. Mögliche Ergebnisse und Interpretation einer Zwei-Faktor-Kreuzung Häufigkeit Ascus-Typen alle Asci P-Typ P=R=4T P>T>R P=R>T
Aussage bezüglich der Kopplung der Marker allelische Marker ungekoppelte Marker gekoppelte Marker ungekoppelte Marker, centromernah
sind beide Marker eng gekoppelt. Liegen beide Marker auf unterschiedlichen Chromosomen, aber jeweils in der Nähe des Centromers ist P = R und T < 4 (Tabelle 2.2.1). Die Frequenz der P-, R- und T-Typen kann dazu genutzt werden, den Abstand von zwei gekoppelten Genen zu ermitteln. Die genetische Kartierungseinheit (map unit = m. u.) ist der Abstand von zwei Markern, wenn eines von hundert Meioseprodukten bezüglich dieser Marker rekombinant ist. Eine Rekombinationshäufigkeit von 0,01 (= 1 %) entspricht 1 m. u. Zu Ehren des Drosophila-Genetikers Thomas Hunt Morgan wird eine Kartierungseinheit auch als Centimorgan (cM) bezeichnet. In einem T-Ascus enthalten zwei Ascosporen rekombinierte Marker in einem R-Ascus vier und in einem P-Ascus enthält keine der Ascosporen rekombinierte Marker (Abb. 2.2.1). Grundlage der Berechnung ist die Tatsache, dass Asci vom T-Typ durch ein Einzel-Crossing-over zwischen zwei Nicht-Schwesterchromatiden oder durch ein Doppel-Crossing-over zwischen drei Chromatiden entstehen (Abb. 2.2.2). Asci vom P-Typus entstehen dann, wenn kein Crossing-over oder ein DoppelCrossing-over zwischen zwei Nicht-Schwesterchromatiden stattfindet. Dagegen kommt es zur Ausbildung von Asci des R-Typus nur dann, wenn ein Doppel-Crossing-over stattfindet, an dem alle vier Chromatiden beteiligt sind (Abb. 2.2.2). Aus P = Anzahl der Asci des Parentaltypus T = Anzahl der Asci des Tetratypus R = Anzahl der Asci des Rekombinationstypus berechnet man die Rekombinationshäufigkeit r zu T + 6R
r =
2(P +T +R)
Im Mittel ist bei S. cerevisiae ein Kartenabstand 1 cM = 3 kb groß, was bedeutet, dass auf einem Chromosom von 300 kb Länge während jeder Meiose mindestens ein Crossing-over stattfindet.
2.2 Saccharomyces cerevisiae kein einfaches Crossing-over Crossing-over
doppeltes Crossing-over 2-Chromatiden
A
a
B
b A A B B
a b
P
a b
A B
A a a b B b
T
97
A A a B B b
P
a b
3-Chromatiden
A A a a B b B b
T
3-Chromatiden
A B
A a a b B b
T
4-Chromatiden
A b
A a b B
a B
R
Abb. 2.2.2. Unterschiedliche Tetradentypen (P, T und R) entstehen aus einer Kreuzung AB × ab dadurch, dass entweder kein, ein einfaches oder eine doppeltes Crossing-over zwischen den beiden Markern stattfindet. Die Häufigkeit der einzelnen Tetradentypen gibt an, ob A und B gekoppelt sind. Wenn eine Kopplung vorliegt, kann aus den Werten der Abstand beider Marker berechnet werden
Da die Ascosporen von S. cerevisiae mit ca. 3 µm sehr klein sind, können sie nur mit Hilfe eines Mikromanipulators, d. h. unter der Zuhilfenahme eines Mikroskops, vereinzelt werden (Kap. 1.3.3). Wenn beispielsweise durch eine Kreuzung ein Stamm mit neuen genetischen Eigenschaften konstruiert werden soll, ist dieser technische Aufwand nicht nötig und es kann auch eine Zufallssporenanalyse durchgeführt werden. Im Gegensatz zur Tetradenanalyse beruht eine Zufallssporenanalyse auf der statistischen Analyse der Verteilung von Markern in haploiden Zellen, die aus der Sporulation eines Diploiden hervorgegangen sind. Meiose und Sporulation sind unter Laborbedingungen innerhalb von vier Tagen abgeschlossen. Eine sporulierende Kultur enthält eine Mischung von diploiden Zellen, Asci mit vier Sporen und Asci mit weniger als vier Sporen. Sporen keimen normalerweise nicht auf dem Sporulationsmedium aus und können deshalb für mehrere Monate ohne den Verlust ihrer Lebensfähigkeit im Kühlschrank aufbewahrt werden. Bei der Zufallssporenanalyse werden die Tetraden durch die Behandlung mit dem Zellwand-lysierenden Enzym Zymolyase wahllos aufgeschlossen. Da nicht 100 % einer diploiden Kultur sporulieren (s. o.), müssen haploide Sporen, die aus einer Sporulation hervorgehen, durch geeignete Selektion gegenüber den Diploiden angereichert werden. Zur Selektion der haploiden Sporen wird häufig die can1-Mutation in einem der beiden Kreuzungspartner verwendet. Das Gen CAN1 kodiert für eine membrangebundene Arginin-Permease, die
98
2 Genetische Kreuzungen
für die Aufnahme der Aminosäure Arginin und des toxischen Arginin-Analogons Canavanin verantwortlich ist. Zellen, die das Wildtyp-Allel CAN1 enthalten, sind sensitiv gegenüber Canavanin (Can1S ). Haploide Zellen, die das mutierte Allel can1 enthalten, können weder Arginin noch Canavanin aufnehmen und sind daher resistent gegenüber Canavanin (Can1R ). Da der Defekt can1 rezessesiv ist, können diploide CAN1/can1-Zellen und haploide CAN1Zellen nicht auf Canavanin-haltigem Medium wachsen. 2.2.1 Zufallssporenanalyse bei S. cerevisiae Durch Kreuzung wird ein diploider Stamm aus folgenden Kreuzungspartnern hergestellt (Adams et al. 1998): 1. TSY812 MATơ (can1, hom3, leu2, lys2, ura3) und 2. TSY813 MATa (ade2, his1, lys2, trp1) Mit Hilfe der Zufallssporenanalyse sollen Stämme mit neuen Genotypen erzeugt werden. Die Genprodukte der Gene LEU2, LYS2, URA3, ADE2 und TRP1 und CAN1 wurden bereits in Kap. 1.3 beschrieben oder sind in der Tabelle 1.3.3 aufgeführt. Die Gene URA3 und CAN1 sind auf dem linken Arm des Chromosoms V und die Gene HIS1 und HOM3 auf dem rechten Arm von Chromosom V lokalisiert. Nach der Kreuzung findet die Selektion der diploiden Zellen auf einem Medium statt, dem die Aminosäure Lysin zugeführt wurde. Nach Übertragen der Diploiden auf ein Sporulationsmedium werden die aus der Sporulation hervorgegangenen Tetraden ungeordnet aufgeschlossen. Die haploiden Zellen können gegenüber Diploiden durch Selektion auf die can1-Mutation angereichert werden. Nach Vereinzelung der Sporen erfolgt die Überprüfung der Genotypen durch Überimpfen auf Selektionsmedien. Material • • • • • • •
sterile Zahnstocher steriles H2O Zentrifuge für 10 mL-Röhrchen sterile 10 mL-Röhrchen Drigalski-Spatel Ethanol zum Sterilisieren Bunsenbrenner
2.2 Saccharomyces cerevisiae
99
• sterile Glasperlen ∅ 0,5 mm; HCl-behandelt • YPD-Platten 10 g/L Hefeextrakt (Bacto) 20 g/L Pepton 30 g/L Dextrose (Glucose) 20 g/L Agar • SD +Lys 6,7 g/L Bacto-Yeast Nitrogen Base (ohne Aminosäuren) 20 g/L Glucose 20 g/L Agar 30 mg/L Lysin HCL (Stammlösung 1 g/100 mL; davon 3 mL/L) • SC −Arg (+Canavanin) 6,7 g/L Bacto-Yeast Nitrogen Base (ohne Aminosäuren) 20 g/L Glucose 20 g/L Agar 100 mL drop-out-Lösung –Arg nach dem Autoklavieren 3 mL/L Canavanin-Stammlösung zugeben (=60 mg/L Canavanin) • Canavanin-Stammlösung 20 mg/mL Canavanin-Sulfat in A. dest., sterilfiltrieren, aufbewahren bei 4 °C • 10× drop-out-Lösung –Arg [g/L] Isoleucin 0,3; Valin 1,5; Adenin 0,2; Lysin 0,3; Methionin 0,2; Phenylalanin 0,5; Threonin 2; Tryptophan 0,2; Tyrosin 0,3; Leucin 1,0; Histidin 0,2; Uracil 0,2 • Sporulations-Medium-Platten 10 g/L Kalium-Acetat 1 g/L Hefeextrakt (Bacto) 0,5 g/L Glucose 20 g/L Agar • Sporulations-Medium (flüssig) 10 g/L Kalium-Acetat 0,25 g/L Glucose • 10× drop-out-Lösung –Ura [g/L] Isoleucin 0,3; Valin 1,5; Adenin 0,2; Lysin 0,3; Methionin 0,2; Phenylalanin 0,5; Threonin 2; Tryptophan 0,2; Tyrosin 0,3; Leucin 1,0; Histidin 0,2 • 10× drop-out-Lösung –Met [g/L] Isoleucin 0,3; Valin 1,5; Adenin 0,2; Lysin 0,3; Phenylalanin 0,5; Threonin 2; Tryptophan 0,2; Tyrosin 0,3; Leucin 1,0; Histidin 0,2; Uracil 0,2 • 10× drop-out-Lösung –His [g/L] Isoleucin 0,3; Valin 1,5; Adenin 0,2; Lysin 0,3; Methionin 0,2; Phenylalanin 0,5; Threonin 2; Tryptophan 0,2; Tyrosin 0,3; Leucin 1,0; Uracil 0,2 • SC –Ura-Platten 6,7 g/L Bacto-Yeast Nitrogen Base (ohne Aminosäuren) 20 g/L Glucose
100
2 Genetische Kreuzungen
20 g/L Agar 100 mL drop-out-Lösung –Ura • SC –Met-Platten 6,7 g/L Bacto-Yeast Nitrogen Base (ohne Aminosäuren) 20 g/L Glucose 20 g/L Agar 100 mL drop-out-Lösung –Met • SC –His-Platten 6,7 g/L Bacto-Yeast Nitrogen Base (ohne Aminosäuren) 20 g/L Glucose 20 g/L Agar 100 mL drop-out-Lösung –His • Ƣ-Glucuronidase (Sigma-Aldrich)
Methode Der Versuch kann bis zum Punkt 5 vorbereitet werden. 1. Kreuzung der Stämme TSY812 und TSY813. Auf einer YPD-Platte wird Zellmaterial der haploiden Stämme TSY812 und TSY813 mit einem sterilen Zahnstocher verrührt. Wenn die haploiden Zellen von einer Platte genommen werden, können zur besseren Mischung einige Tropfen steriles H2O zugegeben werden. Die Platte wird mind. 5 h bei 30 °C bebrütet, wobei die Zygotenbildung mikroskopisch verfolgt wird. 2. Um diploide Zellen anzureichern, werden die Zygoten nach mind. 5 h auf einer SD+Lys-Platte ausgestrichen und für 2–3 Tage bei 30 °C bebrütet. 3. Kolonien diploider Zellen werden auf YPD-Platten ausgestrichen und über Nacht (max. 16 h) bei 30 °C inkubiert. 4. Von der YPD-Platte wird eine Kolonie (ca. von der Größe eines Streichholzkopfes) in 2,5 mL flüssiges Sporulationsmedium überführt und bei 25 °C auf einem Schüttler inkubiert. Gleichzeitig wird auch eine Kolonie auf Sporulationsplatten ausplattiert. Der Verlauf der Sporulation wird unter dem Lichtmikroskop verfolgt. Nach 2–10 Tagen sollten mehr als 5 % der Zellen sporuliert sein. Sporulationsplatten können im Kühlschrank aufbewahrt werden. 5. Je 1 mL der sporulierenden Kultur (bzw. Zellmaterial von der Sporulationsplatte) wird in ein steriles 10 mL-Röhrchen überführt. Die Asci werden durch 5 min Zentrifugation bei 3000 rpm sedimentiert. Der Überstand wird vollständig abgenommen und das Sediment anschließend in 0,2 mL sterilem H2O resuspendiert. Zum Andauen der Ascuswände werden 5 µL Ƣ-Glucuronidase (= 500 U[Sigma-Aldrich]) eingesetzt. 6. Die Zellen werden 1 h bei 30 °C im Schüttler inkubiert.
2.2 Saccharomyces cerevisiae
101
7. Zum Aufschluss werden 0,15 g sterile Glasperlen zugefügt und die Zellen werden wieder für 1 h bei 30 °C auf dem Schüttler inkubiert. 8. Es wird 1 mL steriles H2O zugefügt und der Ansatz wird für 1–2 min stark gevortext. Die Zerstörung der Ascuswände wird unter dem Lichtmikroskop kontrolliert. 9. Nach der Zugabe von 4 mL H2O werden Verdünnungen von 10 −1 bis 10 −3 hergestellt. 10. Je 200 µL des unverdünnte Ansatzes und der Verdünnungen werden auf SC-Arg − + Canavanin-Platten mit einem sterilen Drigalski-Spatel ausplattiert. 11. Die Platten werden für 3 Tage bei 30 °C bebrütet. Nachdem sich Kolonien gebildet haben, werden 45 Einzelkolonien mit sterilen Zahnstochern auf YPD-Platten überführt. Zur Kontrolle werden auch der diploide Stamm (TSY812 × TSY813) sowie beide Ausgangsstämme TSY812 und TSY813 auf der YPD-Platte angeimpft. Die Platten werden für 1–2 Tage bei 30 °C inkubiert. 12. Durch Replika-Plattierung werden die 45 Kolonien und die Kontrollstämme mit einem sterilen Zahnstocher auf folgende Selektionsplatten überimpft: SC-Ura−, SC-His −, SC-Met−, und SC-Arg − + Canavanin. Die Platten werden bei 30 °C bebrütet. 13. Nach 1–2 Tagen können die Platten ausgewertet werden. Hinweise zur Auswertung 1. Bestimmung des Phänotyps jeder Kolonie nach folgendem Schema (Wachstum (+), kein Wachstum (−)): Kolonie Nr. 1 2 M 45
CanR
Ura
His
Met
+ +
+ −
− −
− +
2. Bestimmung der Rekombinationsfrequenz zwischen den Marken CAN1, URA3, HIS1 und HOM3.
102
2 Genetische Kreuzungen
2.3 Neurospora crassa und Sordaria macrospora Bei der sexuellen Kreuzung von Pilzen können die Produkte der Meiose, die haploiden Meiosporen, für konventionelle und molekulargenetische Analysen eingesetzt werden. Bei Ascomyceten werden die Meiosporen als Ascosporen bezeichnet, die in einem Sporangium, dem Ascus, gebildet werden. Die vier Produkte der Meiose werden als Tetrade bezeichnet und bei der genetischen Analyse phänotypisch ausgewertet. Während bei der Hefe Saccharomyces cerevisiae ungeordnete Tetraden auftreten (Kap. 2.2), bilden viele filamentös wachsende Pilze, wie z. B. Neurospora crassa und Sordaria macrospora, geordnete Tetraden, welche Vorteile bei der genetischen Analyse bieten. Wie in Kap. 1.4 erläutert, ist die Bildung ascogener Hyphen in den Fruchtkörpern die Voraussetzung zur Bildung haploider Sporen. Die Prozesse der Karyogamie sowie der meiotischen und postmeiotischen Teilung werden in der Abb. 2.3.1 noch einmal verdeutlicht und zeigen, dass diese Vorgänge zu einem Ascus mit acht linear angeordneten Ascosporen führen. Die lineare Anordnung in geordneten Tetraden spiegelt die Vorgänge im Verlaufe der Meiose wider. Dabei kann, wie bereits in Kap. 2.2 erläutert, grundsätzlich zwischen der Trennung eines Allelpaares nach der ersten bzw. nach der zweiten meiotischen Teilung unterschieden werden. Im ersten Fall spricht man von einer Präreduktion (first division segregation), im zweiten von Postreduktion (second division segregation). Voraussetzung für die Postreduktion ist ein Crossing-over-Ereignis zwischen Nicht-Schwesterchromatiden.
K
MI
M II
PM
SB
Abb. 2.3.1. Entwicklung von linear angeordneten Tetraden in den Asci von Neurospora crassa und Sordaria macrospora. In den Hakenzellen kommt es nach der Karyogamie (K) zur Bildung von diploiden Kernen. Die anschließenden Schritte der Meiose I (MI) und Meiose II (MII) führen zur Bildung von vier haploiden Kernen, die sich nach der Meiose mitotisch (postmeiotische Mitose = PM) teilen. Anschließend wird bei der Sporenbildung (SB) um jeden Kern eine Sporenwand gebildet. Das Resultat sind acht linear angeordnete Sporen (verändert nach Esser 2000)
2.3 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
103
Nach diesem Rekombinationsereignis befinden sich verschiedenene Allele auf den Schwesterchromatiden eines Chromosoms, die dann erst in der Meiose II getrennt werden. Dies wird in der Abb. 2.3.2 illustriert und macht deutlich, dass bei der Betrachtung eines einzelnen Allelpaares ein Crossing-over zwischen Centromer und Gen stattfindet. Generell kann angenommen werden, dass ein Crossing-over um so häufiger auftritt, je weiter sich das Allelpaar vom Centromer befindet. Somit ist die Rekombinationsfrequenz ein relatives Maß Präreduktion
K
Postreduktion
Centromer Crossing Over
MI
M II
PM
Typ
Typ
1
3
2
4 5 6
Abb. 2.3.2. Aufspaltung eines Allelenpaares durch Prä- oder Postreduktion im Verlaufe der Meiose (MI und MII) und postmeiotischen Mitose (PM). Die lineare Anordnung der Ascosporen gibt Auskunft darüber, inwieweit ein Allelpaar nach der ersten oder zweiten meiotischen Teilung getrennt wurde. Die Ascustypen 1 und 2 weisen auf eine Präreduktion, die Typen 3 bis 6 auf eine Postreduktion hin
104
2 Genetische Kreuzungen
für den Abstand eines Allelpaares vom Centromer. Bei der Einfaktorkreuzung kann der Abstand eines Gens vom Centromer durch die Berechnung der Postreduktionsfrequenz bestimmt werden. Diese Analyse ist nur mit geordneten Tetraden möglich. Hier werden prä- und postreduzierte Asci unterschieden (Abb. 2.3.3). Bei der Kreuzung von N. crassa werden grundsätzlich Stämme mit gegensätzlichem Kreuzungstyp („A“ und „a“) verwandt. Zur Kreuzung wird eine Konidiensuspension auf Myzel des Kreuzungspartners gegeben. Bei S. macrospora werden zwei Stämme gegenüber auf einer Petrischale mit Festmedium angeimpft. Bei diesem homothallischen Pilz werden üblicherweise nicht-allelische Sterilmutanten eingesetzt, die keine Selbstbefruchtung zeigen. In beiden Fällen bilden sich in den Myzelien Fruchtkörper, die eine Vielzahl von Asci (bis zu 200) enthalten. Durch mechanische Präparation können die Fruchtkörper unter dem Stereomikroskop isoliert und anschließend aufgebrochen werden.
A
B
A
C B
A B
Abb. 2.3.3. Mikroskopisches Bild einer Ascusrosette mit zweifarbigen Asci. Deutlich können prä- (A) von postmeiotisch (B) reduzierten Asci unterschieden werden. Unreife Asci (C) mit acht hellen Sporen werden bei der Auswertung nicht berücksichtigt
2.3 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
105
Die einfachste genetische Analyse der Ascosporen kann unter dem Mikroskop stattfinden, wenn die Mutation z. B. an der Ascosporenfarbe direkt erkennbar wird. Allerdings sind auch indirekte und deshalb arbeitsaufwändigere Analysen der Ascosporen nach Einzelsporisolation möglich. Aufgrund der Größe von 16 × 20 µµm (N. crassa) bzw. 18 × 28 µm (S. macrospora) ist die Vereinzelung und Übertragung der Sporen auf Sterilmedien unter dem Stereomikroskop nach kurzer Einübung leicht möglich. 2.3.1 Einfaktorkreuzung mit Farbspormutanten In den folgenden Kreuzungen werden Farbspormutanten von Neurospora crassa bzw. von Sordaria macrospora eingesetzt, um den Abstand des Gen-Locus, der für die Farbspormutation verantwortlich ist, zum Centromer aufgrund der Postreduktionsfrequenz zu bestimmen. Die Postreduktionsfrequenz P wird nach der Formel P = (Ascustyp3–6 / Ascustyp1–6) berechnet (Ascustypen s. Abb. 2.3.2) und gewöhnlich in Prozent angegeben. Davon ausgehend erhält man für den Gen-Centromer-Abstand ƹ ƹ [KE]= P[%] / 2 Der Abstand wird wahlweise in Karteneinheiten, map units oder Centimorgan angegeben (1 KE = 1 m. u. = 1 cM). Die Trennung von Allelen in der zweiten meiotischen Teilung setzt mindestens ein Crossing-over voraus. Die Postreduktionsfrequenz P ist deshalb bei der Einfaktorkreuzung ein Maß für den Abstand des Centromers vom Gen. Von den sechs möglichen Tetradentypen einer Einfaktorkreuzung (Abb. 2.3.2) sind vier rekombinant, was einem Wert von 2/3 (= 66,67 %) entspricht. Bei freier Aufspaltung der Allele sind alle Tetradentypen gleich wahrscheinlich, so dass man eine maximale Postreduktionsfrequenz von 66,67 % erhält. Eine Tetrade kann sowohl rekombinante als auch nicht-rekombinante Meioseprodukte enthalten. Wenn z. B. nur ein Crossing-over auftritt, so sind nur zwei der vier Meioseprodukte rekombinant. Deshalb wird die Postreduktionsfrequenz durch zwei dividiert, wenn der Abstand des Gen-Locus zum Centromer bestimmt wird. Nur die Hälfte der vier Chromatiden ist bei einem einzelnen Crossing-over beteiligt. Deshalb beträgt der maximale Kartenabstand nur 33,33 cM.
106
2 Genetische Kreuzungen
Auf den ersten Blick mag dieser Wert verwirrend erscheinen, da man einen maximalen Kartenabstand von 50 cM bei einer Rekombinationsfrequenz von 50 % vermutet. Der Grund für diese Diskrepanz liegt im Auftreten vieler Crossing-over bei großen Abständen, so dass die einfache Linearität nicht mehr gegeben ist. Um große Abstände zu berechnen, ist es daher besser, die Abstände von mehreren, eng benachbart liegenden Genen zu bestimmen und aufzuaddieren.
Material A. NEUROSPORA-CRASSA-Stämme: • fl a (no.H579) Dieser Stamm trägt die fluffy (fl)-Mutation und eignet sich besonders, da er wenige Konidien, aber viele Protoperithezien bildet. • cys-3 A (FGSC#4347) Dieser Stamm hat ein reduziertes Myzelwachstum, produziert aber ausreichende Mengen an Konidien. Das cys-3-Gen kodiert für einen Regulator des Schwefelmetabolismus und ist verantwortlich für die Ausbildung weißer Ascosporen. B. SORDARIA-MACROSPORA-Stämme: • r2/pro11 Die pro11-Mutation ist verantwortlich für den sterilen Phänotyp, die r2-Mutation führt zu roten Sporen. • lu2 Die Mutation lu2 (lutea) ist verantwortlich für gelbe Sporen, außerdem ist die Fertilität stark reduziert. • per5 Diese Sterilmutante bildet keine Ascosporen. Allerdings werden nach Kreuzungen, in denen die Sterilität restauriert wird, schwarze Ascosporen produziert. C. N.-CRASSA-Kreuzungsmedium (SC-Medium) • 5× Westergaards Stammlösung (Angaben pro 1 L) KNO3 5,0 g KH2PO4 5,0 g MgSO4 × 7 H2O 2,5 g NaCl 0,5 g 3 M CaCl2 1,5 mL Spurenelemente 0,5 mL • Biotin-Stammlösung 0,1 mg/mL in Ethanol (50 %) • Westergaards Kreuzungsmedium (Angaben pro 1 L) 5× Westergaards Stammlösung 200 mL Saccharose 20 g Biotin-Stammlösung 1 mL Agar 15 g pH 6,5
2.3 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
107
D. S.-MACROSPORA-Kreuzungsmedium • Maiswasser (Angaben pro 1 L) 25 g Maismehl in 1 L Leitungswasser 10 min aufkochen und über Nacht bei 60 °C extrahieren. Durch ein Mulltuch filtrieren und wenn nötig auf 1 L auffüllen • Biomalz-Mais-Medium (BMM) 8 g Biomalz in 1 L Maiswasser, pH 6,4–6,6 mit KOH einstellen
Methode A. N.-crassa-Kreuzung 1. Der fl-Stamm von N. crassa wird in einem Reagenzglasröhrchen auf das Kreuzungsmedium geimpft. 2. Nach 5–6 Tagen bei 23–25 °C können idR. Protoperithezien und Trichogynen erkannt werden. 3. Eine Konidiensuspension des cys-3-A-Stammes einer einwöchigen Kultur wird durch Abschwemmungen mit sterilem destillierten Wasser hergestellt. 4. Der fl a-Stamm wird durch 2 mL der Konidiensuspension befruchtet. 5. 8–10 Tage nach der Befruchtung können die Perithezien geerntet werden. 6. 10–20 Perithezien werden von der Agarfläche mir einer sterilen dünnen Nadel auf einen Objektträger transferiert. 7. Die Perithezien werden mit einem Tropfen Wasser bedeckt und mit einer Pinzette zerdrückt. 8. Der Perithezieninhalt wird mit einem Deckglas bedeckt, und unter dem Mikroskop können die zweifarbigen Asci ausgewertet werden. B. S.-macrospora-Kreuzung 1. Auf eine Petrischale mit BMM-Medium wird der per5-Stamm gegen die Farbspormutante lu2 bzw. r2 gekreuzt. 2. Im Bereich der Kontaktzone beider Myzelien können nach 10–12 Tagen (25 °C) reife Perithezien beobachtet werden. 3. Ab hier wie bei Neurospora crassa Schritte 6–8 verfahren. Hinweise zur Auswertung Die Postreduktionsfrequenz ist in allen Kreuzungen zu berechnen und damit der relative Abstand zum Centromer zu bestimmen.
108
2 Genetische Kreuzungen
2.3.2 Kopplungsanalyse mit transgenen Stämmen Bei vielen eukaryotischen Organismen ist die homologe Rekombination ein eher seltenes Ereignis. In der Regel werden DNA-Moleküle, obwohl sie homologe Sequenzen zur genomischen DNA aufweisen, ektopisch in das Genom inseriert. Die Mehrzahl der in der Transformation eingesetzten rekombinanten Moleküle „findet“ demnach nicht das Zielgen. Die homologe Insertion muss deshalb durch entsprechende Verfahren bei ausgewählten Transformanten nachgewiesen werden. Zu den Verfahren zählt die Tetradenanalyse oder — wie hier beschrieben — die Zufallssporenanalyse. Alternativ kann die PCRAnalytik gewählt werden (Kap. 4). In dem hier durchgeführten Experiment wird überprüft, inwieweit Genmarken gekoppelt bzw. nicht-gekoppelt auf einem oder mehreren Chromosomen lokalisiert liegen. Diese Analyse ist z. B. dann entscheidend, wenn Knock-out-Stämme hergestellt werden, um Gene gezielt zu inaktivieren. Die Geninaktivierung wird genutzt, um die Funktion eines Genproduktes zu bestimmen. Beim Knock-out wird die homologe Rekombination genutzt. Hierzu werden Markergene, z. B. Resistenzgene oder Auxotrophiegene, in das Zielgen inseriert, um so seine Zerstörung zu erreichen. Die dabei notwendige sequenzspezifische Rekombination erfolgt über homologe DNA-Sequenzen. Kurze Sequenzen (50 bp) sind z. B. bei der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae ausreichend, während bei Hyphenpilzen deutlich längere Sequenzen von ca. 0,5 bis 1 kb notwendig sind. In dem Experiment werden zwei verschiedene Sordaria-macrospora-Transformanten untersucht, bei denen das Hygromycin-B-Resistenzgen (hph) durch Transformation in das Kerngenom eingefügt wurde. Das hph-Resistenzgen wird von Sequenzen des ura3-Auxotrophiegens flankiert. Dieses ura3-Gen kodiert für die Orotidin-5’-Decarboxylase, ein Enzym der Pyrimidin-Biosynthese. Das Zerstören des ura3-Gens führt zu Uracil-Auxotrophie der entsprechenden Wirtsstämme. Es soll untersucht werden, ob bei den Transformanten eine homologe Insertion der transformierten DNA in das ura3-Gen des Rezipientenstammes erfolgt ist, bzw. ob die DNA heterolog in das Genom des Rezipientenstammes integriert wurde. Mittels der Zufallssporenanalyse soll überprüft werden, inwieweit die erhaltenen Sporen Hygromycin-B-Resistenz aufweisen, bzw. Uracil-auxotroph sind. Die Zufallssporenanalyse liefert ähnlich wie die Tetradenanalyse einen Hinweis auf Kopplung zweier Gene. Im Gegensatz zur Tetradenanalyse sind bei diesem Verfahren jedoch wesentlich größere Stichproben notwendig, um eine gesicherte Aussage treffen zu können. Bei den Sporen wird grundsätzlich nur auf Resistenz bzw. Nicht-Resistenz und Auxotrophie bzw. Prototrophie
2.3 Neurospora crassa und Sordaria macrospora
109
hin getestet. Die beiden eingesetzten Stämme werden gegen einen sterilen Testerstamm (pro11) gekreuzt, der zusätzlich ein Farbsporgen (fus1) trägt. Durch das fus1-Gen kommt es zur Störung in der Melanin-Biosynthese; die Ascosporen sind rötlich-braun. Es werden ausschließlich rötliche Sporen analysiert, da diese grundsätzlich aus Rekombinationsasci stammen. Material A. SORDARIA-MACROSPORA-Stämme: • Tr 7 Hierbei handelt es sich um eine S.-macrospora-Transformante, die mit dem hphGen transformiert worden ist. Das hph-Gen wurde in diesem Fall von ca. 2 kb langen Sequenzen des ura3-Gens flankiert. Die Insertion erfolgte homolog. • Tr 9 Wie Tr 7, allerdings ist das hph-Gen ektopisch integriert. • fus1 / pro11 Hier handelt es sich um eine Farbspormutante, bei der eine Mutation des fus1Gens zur Ausbildung rotbrauner Ascosporen führt. Die pro11-Mutation ist für die Sterilität verantwortlich. B. Medien • Maiswasser (Angaben pro 1 L) 25 g Maismehl in 1 L Leitungswasser 10 min aufkochen und über Nacht bei 60 °C extrahieren. Durch ein Mulltuch filtrieren und wenn nötig auf 1 L auffüllen • Biomalz-Mais-Medium (BMM) 8 g Biomalz in 1 L Maiswasser, pH 6,4–6,6 mit KOH einstellen • Biomalz-Mais-Medium mit Hygromycin B (BMMH) BMM 110 U/mL Hygromycin B (nach dem Autoklavieren zugeben) • Sporenkeimungsmedium (BMM + Natrium-Acetat) 8 g Biomalz 5 g Natrium-Acetat 1 L Maiswasser 15 g Agar, pH 6,5 mit KOH einstellen 20 min bei 121 °C autoklavieren • Mineralkonzentrat 5 g Zitronensäure × 1 H2O 5 g ZnSO4 × 7 H2O 1 g Fe(NH4)2 (SO4)2 × 6 H2O 0,25 g CuSO4 × 5 H2O 0,05 g MnSO4 × 1 H2O 0,05 g H3BO4 (Anhydrat) 0,05 g Na 2MoO4 × 2 H2O
110
2 Genetische Kreuzungen
Die oben angegeben Bestandteile werden sukzessive in 95 mL destilliertem Wasser unter Rühren bei RT gelöst. Das Endvolumen beträgt etwa 100 mL. Als Konservierungsmittel wird 1 mL Chloroform hinzugefügt, Lagerung bei RT. • Minimalmedium (MM) Bestandteil
55,5 mM Glucose 1,8 mM KH2PO4 1,7 mM K 2HPO4 × 3 H2O 8,3 mM Harnstoff 1,0 mM MgSO4 × 7 H2O Mineralkonzentrat Agar
Stammlösung
25 g/L H2O 52 g/L H2O 49 g/L H2O 51 g/L H2O
für 500 mL 1000 mL Medium 5,5 g 11 g 5 mL 10 mL 5 mL 10 mL 5 mL 10 mL 5 mL 10 mL 50 mL 100 mL 10 g 20 g
pH 6,6–6,8, autoklavieren bei 112 °C, nach dem Autoklavieren: 5,0 mM Biotin
1 mM
2,5 mL
5 mL
Methode 1. Ansetzen der Kreuzungen: 1. Tr 7 × fus1, 2. Tr 9 × fus1. 2. Nach ca. 14 Tagen können vom Deckel der Petrischale rotbraune Sporen isoliert werden, die nur von rekombinanten Asci stammen können. Die Sporen werden unter dem Stereomikroskop mit einer feinen sterilen Impfnadel auf Sporenkeimungsmedium überführt und so vereinzelt. 3. Nach 1–2 Tagen werden die gekeimten Sporen auf BMM-Medium überimpft. 4. Die Sporenisolate werden auf BMMH-Medium überimpft (Ermittlung des Resistenzverhaltens). 5. Die Sporenisolate werden auf Minimalmedium überimpft (Ermittlung der Prototrophie bzw. der Auxotrophie) Hinweise zur Auswertung Aufgrund der Resistenz- bzw. Auxotrophieeigenschaften ist zu bestimmen, inwieweit eine homologe Insertion des hph-Gens in das ura3-Gen vorliegt. Eine Kopplung bzw. Nicht-Kopplung der beiden Gene (hph, ura3) wird aufgrund dieser physiologischen Eigenschaften ermittelt. Welche verschiedenen Phänotypen sind grundsätzlich bei den Sporenisolaten zu erwarten?
2.4 Chlamydomonas reinhardtii
111
2.4 Chlamydomonas reinhardtii Die sexuelle Fortpflanzung von C. reinhardtii wird im Labor in der Regel durch Anzucht der Stämme in Stickstoffmangelmedium (TAP–N) induziert. Kreuzungspartner mit unterschiedlichen Paarungstypen werden nach der Differenzierung der Gameten gemischt und ausplattiert. Nach wenigen Tagen können Tetraden isoliert werden, die die Meiosporen ungeordnet enthalten. Anhand solcher Kreuzungen lassen sich sehr schnell erste Charakterisierungen von Mutationen durchführen. Die Aufspaltung der Phänotypen während einer Kreuzung geben einen wichtigen Hinweis auf das von der Mutation betroffene genetische Kompartiment der Zelle. Nukleäre Mutationen werden gemäß den mendelschen Gesetzen vererbt und segregieren nach einer Kreuzung im Verhältnis 2 : 2 (Abb. 2.4.1). Werden zwei nukleäre Marker während der Kreuzung verfolgt, so kann man prinzipiell drei Typen von Tetraden beobachten: parentale Ditypen (PD), nicht-parentale Ditypen (NPD) und Tetratypen (T). Diese entsprechen den bereits erwähnten P-, R- und T-Ascustypen der Bäckerhefe (Abb. 2.2.1 und Abb. 2.2.2) und erlauben daher ebenfalls Rückschlüsse auf die mögliche Kopplung zweier Marker. Außerdem können die Frequenzen des Auftretens der Tetradentypen für die Bestimmung des Abstandes zweier gekoppelter Loci bzw. ihres Abstandes zum Centromer herangezogen werden. Die Vererbung von Organellengenomen erfolgt uniparental (Abb. 1.5.2 und Abb. 2.4.1), so dass alle vier Nachkommen einer Tetrade die Chloroplasten-DNA des +Partners und die Mitochondrien-DNA des −Partners erhalten. In der Regel werden vier Meiosporen aus einer Tetrade isoliert. Je nach Alter der Zygote und in Abhängigkeit der verwendeten Stämme kann es aber auch zur Bildung von 8 oder sogar 16 Sporen kommen, wenn eine bzw. zwei mitotische Teilungen auf die Meiose folgen. Diese Sporen sind sehr klein (ca. 10 µm) und müssen daher unter einem Binokular mit Spezialwerkzeugen voneinander getrennt werden. Dafür haben sich in der Vergangenheit Glaswerkzeuge aus Eigenherstellung bewährt, die aus langen Pasteurpipetten bestehen, deren Spitzen in einer Bunsenbrennerflamme geschmolzen und fein ausgezogen werden. Einzelne Sporen werden damit im Abstand von 0,5 cm in Linien oder im Karree angeordnet. Im Folgenden soll ein Beispiel für den kombinierten Einsatz von Kreuzungsanalysen und molekulargenetischen transgenen Ansätzen vorgestellt werden. Diese experimentelle Strategie erlaubt die Identifizierung plastidärer Zielsequenzen für kernkodierte regulatorische Faktoren der ChloroplastenBiogenese.
112
2 Genetische Kreuzungen
Wie bereits erwähnt, sind in C. reinhardtii eine ganze Reihe nukleärer Loci beschrieben worden, deren Genprodukte die Genexpression im Chloroplasten zum Großteil sehr genspezifisch kontrollieren und damit eine Kommunikation zwischen Kern- und Chloroplastengenom vermitteln. Die zur Zeit bekannten Faktoren werden posttranslational in den Chloroplasten importiert und wirken dort, soweit bekannt, auf posttranskriptioneller Ebene. Sie beinflussen entweder die Stabilität/Reifung einzelner plastidärer Transkripte oder sie sind an der Translation von mRNAs beteiligt. Eine wichtige Frage im Hinblick auf die molekulare Wirkungsweise dieser Faktoren ist die genaue Identifizierung derjenigen Elemente der plastidären RNAs, die von den kernkodierten Faktoren spezifisch erkannt werden. Dazu werden zuerst Genkon5' NTR
3' NTR
aadA
biolistische Chloroplasten-Transformation
×
aadA
Tcg13, mt +
aadA
mbd1, mt −
Tetradenanalyse
PS Res
Sp
aadA
aadA
aadA
aadA
+
−
+
−
+
−
+
−
Abb. 2.4.1. Strategie zur Identifizierung des Wirkortes von Mbd1 auf der psbDmRNA. Durch biolistische Transformation wird ein Reportergenkonstrukt in den Chloroplasten eingebracht (Abb. 3.4.2), das entweder die 5’- oder 3’-NTR des psbDGens fusioniert mit dem aadA-Reportergen enthält. Dieser Stamm (Tcg13) mit dem Kreuzungstyp + (mt+) wird mit der nukleären Mutante mbd1, die den Kreuzungstyp – besitzt (mt–) genetisch gekreuzt und die resultierenden Tetraden charakterisiert. Der nukleäre Wildtypkern ist weiß und der von mbd1 dunkel unterlegt. PS photosynthetisches Wachstum, ResSpec Resistenz gegen Spectinomycin
2.4 Chlamydomonas reinhardtii
113
strukte, welche die putativen regulatorischen Regionen fusioniert mit einem Reportergen tragen, in den Chloroplasten durch biolistische Transformation eingebracht (Kap. 3.4.2). Danach werden diese transplastomen Stämme mit der nukleären Mutante gekreuzt, in welcher der interagierende regulatorische Faktor defekt ist. Enthält das Reportergenkonstrukt die Zielsequenz des regulatorischen Faktors, so entsteht eine Co-Segregation von Reportergenaktivität und nukleärem Marker. 2.4.1 Tetradenanalyse Im praktischen Teil wird der transplastome Stamm Tcg13 (Kreuzungstyp +) mit der nukleären Mutante mbd1 (Kreuzungstyp −) gekreuzt. Während alle Nachkommen das transgene Chloroplastengenom des +Elters erben (und somit das Reportergen enthalten), wird das Kergenom nach Mendel im Verhältnis 2 : 2 vererbt, so dass zwei der vier Nachkommen die mbd-Mutation im Kern tragen und zwei nicht. Nach Ausplattieren der resultierenden isolierten Nachkommen-Linien auf Medium, das entweder auf photoautotrophes Wachstum (HSM) oder auf Spectinomycin-Resistenz (Spec) selektioniert, erkennt man die mbd1-bedingte Co-Segregation von Photosynthese-Defizienz und Spectinomycin-Sensitivität (Abb. 2.4.1). Diese Ergebnisse belegen also, dass der 5’-NTR der psbD-mRNA ausreichend für die Vermittlung der RNA-stabilisierenden Funktion von Mbd1 ist. Der nukleären Mutante mbd1 fehlt ein Faktor, der für die Stabilisierung der plastidären psbD-mRNA notwendig ist. Das psbD-Gen kodiert für das D2-Protein des Photosystems II. In der Photosynthese-defizienten Mutante werden im Chloroplasten psbD-Transkripte synthetisiert, die anschließend sofort wieder abgebaut werden, so dass sie nicht akkumulieren können. Die RNA-Bereiche, die Elemente für die Bestimmung der Transkript-Halbwertszeiten enthalten und damit putative Zielregionen für den Mbd1-Faktor darstellen würden, sind in der Regel entweder in den 5’-oder den 3’-nichttranslatierten Regionen (NTR) von mRNAs lokalisiert. Deshalb soll überprüft werden, ob das aadA-Reportergen (Abb. 3.4.2), das mit dem 5’-Bereich des psbD-Gens aus C. reinhardtii fusioniert wird, genau wie das endogene psbD-Gen in Abhängigkeit von Mbd1 exprimiert wird. Damit wäre die Zielregion dieses Faktors auf den psbD-5’-NTR eingegrenzt.
Für die Kreuzung sollten beide Stämme vital sein, sie werden deshalb im Vorfeld mindestens zweimal im Abstand von einer Woche auf Agarplatten überimpft. Der endgültige Ausstrich sollte nicht älter als zwei Tage sein. Alle Arbeiten werden idealerweise unter einer Sterilarbeitsbank durchgeführt.
114
2 Genetische Kreuzungen
Material • • • • • • • • • • • • • •
•
•
•
•
Impföse ausgezogene Pasteurpipetten aus Glas Bunsenbrenner Ethanol Rasierklingen Binokular Reagenzgläser Chloroform in Glas-Petrischale Glaspipetten TAP–N-Flüssigmedium 4 %ige TAP-Agarplatten (gewaschener Agar) HS-Agarplatten (Test auf photoautotrophes Wachstum) TAP + Spec-Agarplatten (Test auf Spectinomycin-Resistenz) Beijerincks-Lösung 10 g NH4Cl 0,4 g MgSO4× 7 H2O 0,20 g CaCl2× 1 H2O ad 1 L mit H2O Beijerincks-Lösung–N 0,4 g MgSO4 × 7 H2O 0,20 g CaCl2× 1 H2O ad 1 L mit H2O Phosphat-Lösung 28,8 g K 2HPO4 14,4 g KH2PO4 ad 1 L mit H2O, pH 7,0 mit KOH einstellen Spurenelemente-Lösung In 550 mL H2O werden die folgenden Substanzen in dieser Reihenfolge gelöst und auf 100 °C erhitzt: 11,40 g H3BO3 22,00 g ZnSO4× 7 H2O 5,06 g MnCl2× 4 H2O 4,99 g FeSO4× 7 H2O 1,61 g CoCl2× 6 H2O 1,57 g CuSO4× 5 H2O 1,10 g (NH4) 6Mo7O24× 4 H2O 50 g EDTA Na 2 werden in 250 mL H2O durch Erwärmen gelöst und bei 100 °C zur ersten Lösung gegeben. Dann wird die gesamte Lösung mit 100 mL 20 % KOH bei 85 °C auf pH 6,5–6,8 eingestellt und das Volumen ad 1 L gebracht. HS-Medium (Minimalmedium) 25 mL Beijerincks-Lösung
2.4 Chlamydomonas reinhardtii
115
25 mL Phosphat-Lösung 1 mL Spurenelemente-Lösung (20 g Agar für Festmedium) ad 1 L mit A. dest. • TAP-Medium (Vollmedium) 2,42 g Tris 1 mL Spurenelemente-Lösung 1 mL Phosphat-Lösung 25 mL Beijerincks-Lösung (20 g Agar für Festmedium) ad 1000 mL A. dest. pH 7,0–7,2 mit Eisessig (ca. 1 mL) einstellen • TAP–N-Medium TAP-Medium, das mit Beijerincks-Lösung–N angesetzt wurde • TAP+Spec-Medium TAP-Medium, in das sterifiltrierte Spectinomycin-Lösung nach dem Autoklavieren zugegeben wurde (Endkonzentration: 50 µg Spectinomycin/mL)
Methode 1. Mit der Impföse wird sowohl vom Stamm Tcg13 als auch vom Stamm mbd1 eine erbsengroße Zellmenge in jeweils 3 mL TAP–N Medium (Stickstoffmangelmedium) inokuliert und über Nacht im Schwachlicht leicht geschüttelt. 2. Am nächsten Morgen werden jeweils 1 mL der beiden Kulturen gemischt. Nach ca. 2 h kann die Kreuzungseffizienz am Mikroskop durch Zählen der Tetraflagellarstadien verfolgt werden. Wenn ungefähr 40 % der Zellen dieses Stadium der Verschmelzung erreicht haben, kann von einer guten Kreuzungseffizienz ausgegangen werden. 3. Von dem Zellgemisch werden 0,1 mL mit einer sterilen Glaspipette auf 4 %ige Agarplatten im Zickzackmuster verteilt, so dass neben den Zygoten Platz für die spätere Separierung der Meiosporen vorhanden ist. Der Agar für diese Kreuzungsplatten sollte intensiv gewaschen sein, um störende Kontaminationen zu entfernen (100 g Agar in 5 L destilliertem Wasser für eine Woche mit täglichem Wasserwechsel waschen). Pro Kreuzung sollten mindestens drei Platten angelegt werden. 4. Platten werden im Licht über Nacht inkubiert und dann für 5 Tage im Dunkeln (Verpackung in Aluminiumfolie) belassen. Während dieser Zeit reifen die Zygoten heran. 5. Am nächsten Morgen werden die Platten morgens geöffnet und mit einer sterilen Rasierklinge (abgeflämmt mit Alkohol) mit gleichbleibendem mittleren Druck abgezogen. Vegetative Zellen werden so zerstört bzw. entfernt,
116
2 Genetische Kreuzungen
während die harten Zygoten in den Agar gedrückt werden. Restliche vegetative Zellen werden dann durch eine Chloroform-Bedampfung (KopfüberLagerung der Platte auf einer Glas-Petrischale mit Chloroform) für 30 s abgetötet. 6. Die Platten werden nun über Nacht ins Licht gestellt. Die Meiosporen können am nächsten Tag durch ausgezogene Glas-Pasteurpipetten unter dem Binokular isoliert bzw. separiert werden. Danach belässt man die Platten im Schwachlicht (ca. 7 Tage), bis einzelne Sporen zu sichtbaren Kolonien gewachsen sind und mit Zahnstochern auf eine neue TAP-Platte überführbar werden. Nachdem diese Klone ausreichend Zellmaterial gebildet haben, können Replika-Platten mit den HS- und TAP+Spec-Testmedien angelegt werden, um die Phänotypen der Kreuzungsprodukte zu überprüfen. Hinweise zur Auswertung Der Phänotyp der Kreuzungsprodukte wird anhand des Wachstums dokumentiert. Dabei sollen die vier Klone, die aus einer Tetrade stammen, immer in einer Reihe nebeneinander angeimpft werden. Es werden mindestens vier vollständige Tetraden analysiert und protokolliert: Wachstum =„+“; kein Wachstum = „−“.
2.5 Arabidopsis thaliana Arabidopsis thaliana besitzt Zwitterblüten und ist in der Regel autogam, d. h. Selbstbestäuber. Diese Selbstung führt zu leichter Gewinnung von rezessiven Mutanten. Mutanten entstehen auf natürliche Art, induziert durch Röntgenstrahlung, Behandlung mit chemischen Mutagenen wie z. B. EMS (Ethylmethansulfonat) oder durch molekulare Methoden wie z. B. das Einführen von T-DNA-Insertionen (Kap. 1.6). Zur Kartierung einer Mutante, der Identifizierung eines Gens, ist es notwendig, Selbstbestäubung zu verhindern und die Mutante mit einem Wildtyp zu kreuzen, bei dem die Lage möglichst vieler genetischer Marker auf der Genkarte bekannt ist. Die Blüten der Mutante werden emaskuliert und mit den Pollen des entsprechenden Wildtyps bestäubt. Die aus den Samen der entstehenden Schote hervorgehenden F1-Pflanzen, die genetisch heterozygot sind, werden geselbstet und die Individuen der F2-Generation untersucht. Aus dem Anteil der F2-Pflanzen, die rekombinant sind, d. h. die neue Merkmals-
2.5 Arabidopsis thaliana
117
kombination tragen, kann man abschätzen, ob die Mutation gekoppelt mit einem bereits kartierten Merkmal auf demselben Chromosom liegt und wie weit ggf. der Abstand ist. Als Merkmale eignen sich die klassischen phänotypischen Merkmale wie z. B. Trichommutationen oder Mutationen der Wachsschicht, oder aber die Verwendung von molekularen Markern. Voraussetzung für letztere ist, dass allelische Sequenzunterschiede zwischen den Individuen oder Ökotypen bestehen, die in den Genen oder intergenischen Bereichen liegen können und zu unterschiedlichen Größen der homologen DNA führen. Folgende Marker werden verwendet: RFLP (restriction fragment length polymorphism), RAPD (random amplified polymorphic DNA), AFLP (amplified fragment length polymorphism), SNP (single nucleotide polymorphism), SSLP (simple sequence length polymorphism) und CAPS (cleaved amplified polymorphic sequence). In diesem Kapitel soll die Methode der künstlichen Bestäubung einer Blüte von Arabidopsis beschrieben werden, und als Beispiel für eine Anwendung dient die Kartierung einer Mutation mit CAPS-Markern, da diese Methode, wenn gewisse Sequenzinformationen vorhanden sind, einfach und relativ schnell durchzuführen ist. 2.5.1 Kreuzung von Arabidopsis Die Auskreuzungshäufigkeit von Arabidopsis unter Laborbedingungen ist äußerst gering. Daher muss bei genügend großem Abstand der Einzelpflanzen voneinander im Wesentlichen darauf geachtet werden, dass vor oder während des Experiments keine Selbstbestäubung erfolgt. Zur Kreuzung sollte der Genotyp, der das rezessive Merkmal trägt, als „weibliche“ Pflanze genommen werden, da damit ungewollte Selbstung in der F1-Generation geprüft werden kann. Häufig, aber nicht immer, wird die Mutante die rezessive Eigenschaft tragen. Arabidopsis thaliana gehört zu den Kreuzblütern. Die Blüte ist vierwirtelig und besteht aus vier Kelchblättern (Sepalen) und vier Kronblättern (Petalen). In der Mitte der Blüte befindet sich der aus zwei miteinander verwachsenen Fruchtblättern bestehende Pistill. Er ist umgeben von vier langen medialen und zwei kurzen lateralen Staubblättern (Stamina) (Abb. 2.5.1). Material • feine Pinzetten, gerade und gebogen, ohne Riefen • 95 % Ethanol • Stereomikroskop oder Stereolupe
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2 Genetische Kreuzungen
• kleine Papiertüten und Etiketten zur Markierung • „weibliche“ Pflanzen, Beginn der Blüte, Pistilldonatoren, z. B. Mutante, 4–8 Wochen alt, je nach Anzuchtbedingungen • „männliche“ Pflanzen, Beginn der Blüte, Pollendonatoren, z. B. Wildtyp, 4–8 Wochen alt, je nach Anzuchtbedingungen
Methode 1. Man beginnt mit den „weiblichen“ Pflanzen und sollte nur einige wenige junge Knospen an der Spitze der Hauptfloreszenzachse nehmen. Alle anderen Knospen und Nebenfloreszenzen werden entfernt. Es werden Knospen genommen, die noch geschlossen sind und bei denen die weißen Kronblätter gerade zu sehen sind. In diesem Stadium sind die Staubblätter kurz, unreif und sehen gelblich-grün und glänzend aus. Knospen, die sich bereits geöffnet haben, dürfen nicht verwendet werden, da sonst die Gefahr besteht, dass es schon zu einer Bestäubung gekommen ist. Mit sterilisierten Pinzetten (Ethanol) werden zunächst vorsichtig die Kelchblätter (schwierig), dann die Kronblätter und zum Schluss die Staubblätter abgezupft, so dass nur das Fruchtblatt übrigbleibt. Griffel, Narbe und Fruchtknoten dürfen dabei keinesfalls verletzt werden, die Bestäubung verläuft nur bei intakten Geweben erfolgreich. 2. Die zur Bestäubung verwendete „männliche“ Blüte muss voll geöffnet sein (Abb. 2.5.1). In diesem Stadium entlassen die Staubblätter in der Regel den Pollen. Dieses sollte aber unter der Stereolupe überprüft werden. Staubblät-
Narbe
Staubblatt
Kronblatt
Kelchblatt
Abb. 2.5.1. Darstellung einer voll geöffneten Blüte von Arabidopsis thaliana
2.5 Arabidopsis thaliana
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ter, die Pollen entlassen, sehen nicht mehr glänzend gelbgrün aus, sondern sind gelb bis gelborange und „pudrig“. Sind die Staubblätter zu alt, nehmen sie eine bräunliche Farbe an. Man nimmt nun entweder die ganze Blüte oder nur die Staubblätter nach Entfernen mindestens der Kronblätter und „pinselt“ die Narbe der zuvor präparierten „weiblichen“ Blüte mit den Pollen ein. Unter der Lupe wird kontrolliert, ob Pollenpäckchen auf der Narbe abgelegt worden sind. 3. Die bestäubten Blüten werden mit einem Etikett an der Infloreszenzachse markiert, ggf. vorübergehend mit einem Tütchen geschützt und die Pflanzen unter geeigneten Bedingungen (nicht zu trockene Luft) weitergezogen. 4. Eine erfolgreiche Bestäubung ist daran zu erkennen, dass nach 3–4 Tagen die Entwicklung einer Schote sichtbar wird. Diese ist meist nach 2–3 Wochen (abhängig von den Anzuchtbedingungen, Kap. 1.6) ausgereift und verfärbt sich gelb bis braun. Die Schoten werden vorsichtig geerntet, bevor sie sich öffnen, und die Samen werden noch ca. eine Woche bei 30 °C nachgetrocknet. 2.5.2 Kartierung mit CAPS-Markern Die genetische Kartierung einer Mutation bei Arabidopsis thaliana wird dadurch erleichtert, dass das Genom komplett sequenziert ist und eine große Anzahl morphologischer und molekularer Marker vorliegen, deren Lage auf der Genkarte von Arabidopsis bekannt ist. Kartierung mit molekularen Markern beruht auf DNA-Polymorphismen zwischen Allelen eines Gens in unterschiedlichen Linien, die mit Hilfe der PCR (Polymerasekettenreaktion, Kap. 4) und ggf. dem Einsatz von Restriktionsenzymen, die die Allele unterschiedlich schneiden, sichtbar gemacht werden können. Um mit den Markern Kopplungsgrade zwischen Genen festzustellen, muss eine segregierende Population untersucht werden. Dieses wird erreicht, indem die Mutante, die möglichst homozygot sein sollte, mit einem Ökotyp von Arabidopsis gekreuzt wird, der ein unterschiedliches Allel des ausgewählten Markers trägt. Die F1-Pflanzen werden geselbstet. In der F2-Generation werden die Mutation und die Marker segregieren. Eine ausreichende Anzahl von Einzelpflanzen der F2-Generation (30–100) wird untersucht und die Rekombinationshäufigkeit zwischen Mutation und Marker bestimmt. Bei Verwendung von CAPS-Markern, die codominant sind, können Einzelpolymorphismen zwischen zwei DNA-Proben festgestellt werden. Die Marker werden durch PCR der aus den F2-Pflanzen isolierten DNA amplifiziert, anschließend mit dem vorgegebenen Restriktionsenzym verdaut und die Produkte auf einem Agarosegel aufgetrennt. Bei Polymorphismus der Eltern
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2 Genetische Kreuzungen C/C
L/L
C/L R R
R
PCR, Restriktion, Agarosegel
Abb. 2.5.2. CAPS-Marker-Analyse durch Agarosegelelektrophorese. Dargestellt ist die Analyse mit dem CAPS-Marker BGL1, bei dem das Restriktionsenzym das von der DNA durch PCR amplifizierte Fragment nicht (Col; C/C) oder einmal (Ler; L/L) schneidet. R stellt die Erkennungssequenz des Restriktionsenzyms dar. Im unteren Teil der Abbildung ist skizzenhaft das Ergebnis der Gelelektrophorese aufgetragen, nachdem DNA aus den Eltern und einer Heterozygoten mit PCR amplifiziert, das Produkt mit dem Restriktionsenzym geschnitten und dann über eine Gelelektrophorese aufgetrennt wurde. Man erkennt, dass die Heterozygote (C/L) sowohl die Banden aus dem C/C- als auch aus dem L/L-Elter trägt. Die Skizze ist beispielhaft für den CAPS-Marker BGL1, der auf dem Chromosom 3 liegt. Das Produkt des Markers nach PCR wird mit Sau3A1 geschnitten und ergibt für den Wildtyp Col eine Größe von 1269 bp, während im Ler-Background Produkte von 875 bp und 395 bp entstehen
schneidet das Restriktionsenzym das Produkt in unterschiedlich große Stücke, was auf dem Gel zu sehen ist. Rekombinante, heterozygote Organismen weisen das Bandenmuster beider Eltern auf (Abb. 2.5.2). Die Methode, CAPS-Marker zu verwenden, wurde von Konieczny und Ausubel (1993) vorgestellt, die 18 CAPS-Marker in unterschiedlichen Positionen für die fünf Chromosomen von Arabidopsis entwickelten. Damit war die Zuordnung eines Gens zu einem definierten Chromosom bzw. Chromosomenarm möglich. In der Zwischenzeit sind etliche zusätzliche CAPS-Marker
2.5 Arabidopsis thaliana
121
entwickelt worden, so dass die Methode heute auch eine feinere Kartierung ermöglicht. Die meisten Marker finden sich für die Linien Ler und Col. Eine Liste der vorhandenen Marker ist über die TAIR (Arabidopsis Information Resource)-Datenbank erhältlich (www.arabidopsis.org). Dort findet man auch die Basensequenz des zugehörigen Primerpaares, Hybridisierungstemperaturen, das jeweilige Restriktionsenzym und die Größe der entstehenden DNA-Produkte. Durchführung der Kartierung mit CAPS-Markern Eine komplette Kartierung z. B. einer Mutation, angefangen mit dem Kreuzen von Mutante und Wildtyp, zieht sich über mehrere Monate. Für Praktikumsversuche können daher nur Teilbereiche durchgeführt werden, z. B. Üben der Kreuzung und dann Weiterarbeit mit zur Verfügung gestellten F2-Pflanzen. Kreuzung und Erzeugung der F2-Population Die Kreuzung wurde im vorangegangenen Abschnitt ausführlich beschrieben. Wünschenswert ist eine homozygote Mutante. Liegt die Mutation z. B. im Ökotyp Landsberg erecta (Ler), Beispiel: senescence (sen1) vor, wäre es sinnvoll, mit dem Col-Wildtyp als Pollengeber zu kreuzen. Die F1-Pflanzen erfahren Selbstbestäubung, das Saatgut wird gesammelt und die daraus gezogenen F2Pflanzen werden im Alter von ca. vier Wochen (abhängig von den Anzuchtbedingungen) verwendet. Das Saatgut der verschiedenen Linien, aber auch Saatgut von einer Reihe bereits kartierter Mutanten (für Praktikumsversuche) kann über die Saatgutzentren ABRC (Arabidopsis Biological Resource Center, Columbus, OH, USA) und NASC (Nottingham Arabidopsis Stock Centre, Loughborough, UK) bezogen werden. Verweise zu diesen Saatgutzentren sind über die Internetseite: www.arabidopsis.org zu erhalten. DNA-Isolierung Zur Analyse wird genomische DNA aus den Elternpflanzen (Mutante sen1 in Ler, Wildtyp Col) und Pflanzen der F2-Generation isoliert, wie in Kap. 3.5.2 beschrieben. CAPS-Reaktion Zunächst sollten CAPS-Marker zur Kartierung für jedes Chromosom verwendet werden, die nahe am Centromer liegen, und danach weiter entfernte, so dass festgestellt werden kann, mit welchem Chromosom und Chromosomenarm die Mutation gekoppelt ist. Eine genauere Kartierung kann mit weiteren CAPS-Markern erfolgen, oder andere molekulare Marker (s. Einleitung) müssen verwendet werden. Nach PCR und Restriktion der DNA erfolgt die
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2 Genetische Kreuzungen
Auftrennung über 1,5 %ige Agarosegele (Konzentration abhängig von Produktgröße). Material • Arabidopsis-Linien: Wildtyp Col und Mutante sen1 (Ler) • genomische DNA aus Eltern und F2-Generation • Primerpaar für die PCR, spezifisch für den gewählten CAPS-Marker, hier BGL1, Chromosom 3, siehe www.arabidopsis.org • Reagenzien für die PCR dNTPs (2,5 mM) Taq-Polymerase 10× Taq-Puffer • Restriktionsenzym • 10× Restriktionspuffer • Thermocycler, Heizblock, Hütchen für die PCR-Reaktion • Material für die Agarosegelelektrophorese
Methode (nach Glazebrook et al. 1998) 1. Zu 1 µL DNA-Probe (10–50 ng) werden 0,5 µL der 2,5 mM dNTPs, je 1 µL der beiden Primer (20 ng/µL), 1 µL 10× Taq-Puffer, 0,1 µL Taq-Polymerase (0,5 U) und 5,5 µL A. dest. gegeben. 2. PCR (ggf. über Nacht); Programmparameter müssen u. U. variiert werden: a. b.
c. (d.
Phase Denaturierung der dsDNA Amplifizierungszyklen (50×) Denaturierung Hybridisierung Polymerisation terminale Elongation langsame Abkühlung auf 4 °C)
Dauer 2 min
Temperatur 95 °C
1 min 1 min 3 min 10 min
95 °C 56 °C 72 °C 72 °C
3. Restriktion: zum PCR-Ansatz 2 µL 10× Restriktionspuffer, 8 µL A. dest., 2–10 U des entsprechenden Restriktionsenzyms geben, 2 h bei 30–35 °C inkubieren (vollständige Restriktion ist essentiell!). 4. Zugabe von 2 µL Ladepuffer, Auftragen auf ein Agarosegel und Auftrennung. 5. Visualisierung im UV nach Anfärbung durch Ethidiumbromid. Ein Beispiel für die Darstellung eines Polymorphismus mit dem CAPS-Marker BGL1 ist in Abb. 2.5.2 gegeben.
2.5 Arabidopsis thaliana
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Hinweise zur Auswertung Je näher der Marker und der Mutationsort beisammen liegen, umso wahrscheinlicher ist eine Cosegregation und umso geringer ist die Rekombinationswahrscheinlichkeit. Für die Rekombinationshäufigkeit r gilt A + 2A
he ho r =
2A F2
mit
A F2 = Gesamtzahl der ausgetesteten F2-Pflanzen Ahe = Anzahl der heterozygoten Individuen Aho = Anzahl der Wildtyp-homozygoten Individuen nach Segregation in der F2-Generation und näherungsweise für die Entfernung D zwischen dem Locus der Mutation und dem Marker D [cM] ≈ r [%] Genauer gilt für Arabidopsis die Kosambi-Gleichung (s. Koornneef et al. 1988) 100 + 2r
D = 25 ln 100 − 2r
Beispiel sen1-Mutante in Ler-Background, gekreuzt mit dem Wildtyp Col, CAPSMarker BGL1 (Rojas-Pierce und Springer 2003): Unter den sind und
A F2 = 35 getesteten F2-Pflanzen Ahe = 1 Col/Ler-Heterozygote, Aho = 6 Col-Homozygote 28 Ler-Homozygote.
Daraus ergibt sich eine Rekombinationshäufigkeit von 1+2⋅6
r = = 18,6 % 2 ⋅ 35
und eine Entfernung D von ca. 18,6 cM oder genauer 100 + 2 ⋅18,6 %
D = 25 ln = 19,5 cM 100 − 2 ⋅18,6 %
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2 Genetische Kreuzungen
2.6 Drosophila melanogaster Die kurze Generationszeit, die leichte Handhabbarkeit, das reich strukturierte Exoskelett und die Riesenchromosomen haben den Siegeszug von Drosophila melanogaster als ein beliebtes und viel benutztes Objekt der klassischen Genetik ermöglicht. T. H. Morgan, H. J. Muller, A. Sturtevant und C. Bridges haben die Befunde von Gregor Mendel aufgegriffen und bereits in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts die wesentlichen Aussagen der klassischen Genetik erarbeitet. Heute ist Drosophila mit ihren vielfältigen genetischen und molekulargenetischen Möglichkeiten zu einem wichtigen Modellsystem für weite Bereiche der Lebenswissenschaften geworden. Grundbegriffe der Drosophila-Genetik Zunächst sollen einige wichtige Grundbegriffe definiert werden. Drosophila ist ein diploider Organismus, d. h. fast alle Gene liegen in zwei Kopien vor. Eine Ausnahme stellen die heterosomalen Gene beim Männchen dar. Die Diploidie erschwert die Analyse von Erbgängen, da nicht immer — wie bei haploiden Organismen — vom Phänotyp eindeutig auf den Genotyp geschlossen werden kann. Organismen in der freien Natur weisen normalerweise einen einheitlichen Phänotyp auf, der als Wildtyp bezeichnet wird. Der einheitliche Phänotyp lässt auf einen weitgehend einheitlichen Genotyp schließen, d. h. die meisten der Gene liegen in identischen Allelen vor: Für diese Gene wird der Genotyp als +/+ abgekürzt. Ein Gen kann in unterschiedlichen Erscheinungsformen ausgeprägt sein, die wir als Allelformen bezeichnen. In der Sprache der Genetik wird dies wie folgt geschrieben: a1 /a2
(sprich „a1 über a2 “)
Der Buchstabe entspricht dem Gennamen, die hochgesetzten Zeichen spezifizieren das Allel. Mutationen in einem Gen werden als rezessiv klassifiziert, wenn sich ein Phänotyp nur dann ausprägt, wenn das Allel homozygot vorliegt. Ist das erste gefundene Allel eines Gens rezessiv gegenüber dem Wildtyp, beginnt der Genname mit einem kleinen Buchstaben (auch am Satzbeginn). Wenn ein Allel als dominant klassifiziert wird, prägt sich der Phänotyp auch im heterozygoten Zustand aus. Ein Gen, dessen erste beschriebene Mutation dominant gegenüber dem Wildtyp war, erhält einen Namen mit großem Anfangsbuchstaben.
2.6 Drosophila melanogaster
125
Die meisten der untersuchten Allele wurden durch Mutagenese-Experimente erzeugt. Wir sprechen von einer Mutagenese, wenn Gene verändert werden. Das Mutagen kann z. B. Röntgenstrahlung, ein mobiles DNA-Element (Transposon) oder eine DNA-modifizierende Chemikalie sein. Mutagenesen sind in der Regel ungerichtet. Demnach müssen wir aus den vielen zufällig induzierten Mutationen die für die jeweilige Fragestellung interessanten Kandidaten heraussuchen. Mutationstypen Die einfachste Art ein Gen zu verändern ist, es physikalisch zu entfernen. Wir sprechen dann von einer Defizienz (Df). Wenn ein Gen vollständig fehlt, sprechen wir auch von einem Nullallel oder amorphen Allel. Um zu bestimmen, ob eine Mutation tatsächlich zu einem vollkommenen Verlust der Genfunktion führt, wird der Phänotyp des homozygoten Allels mit dem Phänotyp verglichen, der sich ergibt, wenn das Allel heterozygot über der Defizienz dieses Gens vorliegt (Heterozygose). Sind beide Phänotypen gleich, liegt ein amorphes Allel vor. Man kann sich natürlich auch vorstellen, dass ein Gen nur einen mehr oder weniger kleinen Teil seiner Funktion eingebüßt hat. Solche Mutationen werden auch als hypomorphe Mutationen bezeichnet. Dies wird z. B. nach Punktmutationen häufig beobachtet. Der Phänotyp eines homozygoten hypomorphen Allels ist schwächer als in Heterozygose über der Defizienz des Gens, das heißt, die Tiere prägen einen Phänotyp aus, der zwischen dem Phänotyp des amorphen Allels und dem Wildtyp liegt. Da sowohl amorphe als auch hypomorphe Mutationen zu einem Funktionsverlust gegenüber der Wildtyp-Situation führen, werden diese Mutationen im Englischen als „loss of function“ bezeichnet und oft mit LOF abgekürzt. Eine Mutation kann aber auch eine Verbesserung der Genfunktion bewirken, z. B. könnte die Aktivität eines Enzyms nach der Mutation erhöht sein, ein Transkriptionsfaktor könnte seine DNA-Zielsequenz besser binden oder ein Stukturprotein stabiler und länger haltbar sein. In solchen seltenen Fällen führt das Mutationsereignis zu einem hypermorphen Allel. Ein solches Allel wird auch als gain-of-function-Allel, abgekürzt GOF, bezeichnet. Um festzustellen, ob eine Mutation zu einem hypermorphen Allel geführt hat, wird der Phänotyp in Heterozygose über der Defizienz bzw. der Duplikation des jeweiligen Gens analysiert. Eine Mutation kann auch zu einer gänzlich neuen Genfunktion führen. Dies kann z. B. durch eine Veränderung des Ortes der Genexpression erfolgen (Enhancer-Mutationen, regulatorische Mutationen). Wenn beispielsweise ein
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2 Genetische Kreuzungen
Tabelle 2.6.1. Mutationstypen und ihre Auswirkungen. Weitere Erklärungen im Text Mutationstyp amorph hypomorph hypermorph neomorph antimorph
Phänotyp keine Funktion weniger Funktion mehr Funktion neue Funktion antagonistische Funktion
Ausprägung a/a = a/Df a/a < a/Df a/a > a/+ > a/Df a/+ = a/Df = a/Dup a/+ > a/Dup
a mutantes Allel, Df Defizienz, Dup Duplikation
Gen, das die Entwicklung des Beins steuert, nach Mutation in der Antenne exprimiert wird, wird dort statt einer Antenne ein Bein gebildet (AntennapediaMutante). Wir sprechen von einer neomorphen Mutation, die sich unabhängig vom Genotyp des zweiten Allels ausprägt. Schließlich können Mutationen auch entgegengesetzt zur normalen Funktion wirken. Sie werden dann als dominant negativ bezeichnet und man spricht von antimorphen Allelen. Über einer Duplikation wird der Phänotyp abgeschwächt. Tabelle 2.6.1 fasst die verschiedenen Mutationstypen und ihre Auswirkungen zusammen. Ein Beispiel: Ein homozygot vorliegendes Allel (a/a) wird einen schwächeren mutanten Phänotyp (hypermorph) ausprägen als heterozygot über einer Defizienz (a/Df). Warum? Versuchen Sie sich im Gedankenexperiment unter Verwendung beliebiger selbstgewählter Mutationen klar zu machen, wie man anhand der unterschiedlichen Ausprägungen auf die zugrunde liegenden Mutationstypen schließen kann. Chromosomale Aberrationen als Hilfsmittel der Genetik Chromosomen-Mutationen oder chromosomale Aberrationen sind mehr oder weniger umfangreiche Umstellungen in der Reihenfolge ganzer Chromosomenabschnitte. Um sie zu erzeugen, müssen zunächst z. B. durch Röntgenstrahlung DNA-Doppelstrangbrüche induziert werden. Manchmal werden diese anschließend irregulär repariert, was zu einer Rekombination an nichthomologen Positionen des gleichen Chromosoms oder mit einem nicht-homologen Chromosom führt. Voraussetzung hierfür ist eine räumliche Nähe der beteiligten Chromosomenabschnitte. Der Entstehungsmechanismus von chromosomalen Aberrationen ist daher als illegitimes Crossing-over zu verstehen. Im Fall von Drosophila können Aberrationen, die mehr als 100 kb umspannen, an irregulären Abfolgen der typischen Bandenmuster der Polytänchromoso-
2.6 Drosophila melanogaster
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Tabelle 2.6.2. Chromosomen-Mutationen und die gebräuchlichen Abkürzungen Chromosomen-Mutation Defizienz Duplikation Translokation Ring-Chromosom Inversion a
Abkürzunga Df(n)Name Dp(n)Name T(n;m)Name R(n)Name In(n)Name
n und m steht für den Chromosomenarm, z. B. 3L; 3. Chromosom, linker Arm
men leicht erkannt werden. Tabelle 2.6.2 gibt eine Übersicht über die Chromosomen-Mutationen und ihre abkürzenden Schreibweisen; die ausführlichen Definitionen findet man im Glossar. 2.6.1 Balancer-Chromosomen Sehr viele der in den Stammsammlungen vorhandenen Mutationen führen in Homozygose zu Letalität oder Sterilität, d. h. sie resultieren in einem schlechten Überleben oder in geringen Nachkommenzahlen. Solche Mutationen müssen also heterozygot gehalten werden. Um zu verhindern, dass die Mutationen mit wildtypischen Allelen des homologen Chromosoms rekombinieren, verwendet man eindeutig markierte Balancer-Chromosomen als „Gegenchromosomen“. Diese Chromosomen müssen die folgenden Kriterien erfüllen: 1. Sie tragen mehrere, z.T. kompliziert ineinander verschachtelte Inversionen, wodurch die in der Meiose der Weibchen generierten Rekombinationsprodukte eliminiert werden. Die Namensgebung lässt das durch die Inversionen betroffene Chromosom erkennen: First Multiple (FM), ein Balancer für das erste Chromosom, Second Multiple (SM) und Third Multiple (TM) für das zweite und dritte Chromosom. 2. Sie tragen eine oder mehrere dominante Markermutationen, um ihr Vorhandensein in einem gegebenen Individuum auch in Heterozygose eindeutig nachweisen zu können (z. B. die Mutation Curly (Cy) auf dem 2. Chromosom, die zu gebogenen Flügeln führt). 3. Autosomale Balancer-Chromosomen tragen rezessive Letalfaktoren, die homozygote Balancer-Tiere verhindern. Im Fall der Heterosomen ist die Letalmarkierung natürlich nicht möglich, da das Balancer-Chromosom sonst nicht über die (hemizygoten) Männchen weitergegeben werden könnte. In diesem Fall werden rezessive female-sterile-Mutationen verwendet. Homozygote (= weibliche) Balancer-Tiere gibt es zwar, aber diese Tiere sind steril.
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2 Genetische Kreuzungen
Tabelle 2.6.3. Häufig verwendete Balancer Balancer CyO
Mutationen In(2LR)O, Cy dplvI pr cn2 Achtung: Der Marker Cy ist temperatursensitiv
TM2 TM3 TM3, Sb TM3, Ser TM3, Sb Ser TM6B MKRS
In(3LR)Ubx130, emc2 Ubx130 es In(3LR)TM3, y + ri pp sep l(3)89Aa bx34e e wie TM3, zusätzlich mit Sb markiert wie TM3, zusätzlich mit Ser markiert wie TM3, zusätzlich mit Sb und Ser markiert In(3LR)TM6B, Hu e Tb Tp(3;3)MKRS, M(3)76A, kar ry2 Sb
Tabelle 2.6.4. Dominante Balancer-Marker Balancer-Marker Cy Curly Hu Humeral Sb Stubble Ser Serrate Sp Sternopleural Tb Tubby Ubx Ultrabithorax
phänotypisches Merkmal Flügel nach oben gebogen mehr Humeral-Borsten kurze, dicke Borsten Flügel an den Enden eingekerbt mehr Sternopleural-Borsten Larven, Puppen und Adulte kürzer als der Wildtyp vergrößerte Halteren, z.T. mit Borsten
Mit Hilfe der Balancer-Chromosomen kann man Mutationen über beliebig viele Generationen stabilisieren. Tabelle 2.6.3 führt häufig verwendetete Balancer auf; einige dominante Markermutationen und ihre zugehörige phänotypische Ausprägung sind in Tabelle 2.6.4 zusammengefasst. 2.6.2 Fliegenzucht Material • Drosophila-Standardmedium 8,5 g Agar und 72 g Maismehl in 1 L Leitungswasser geben und unter Rühren aufkochen, 18 g Trockenhefe, 10 g Sojamehl, 72 g Malzextrakt, 36 g Rübensirup hinzugeben, auf 60 °C abkühlen lassen und schließlich
2.6 Drosophila melanogaster
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4,0 mL Propionsäure und 15 mL Nipagin-Stammlösung hinzugeben • Nipagin-Stammlösung: 100 g Nipagin in 70 % Ethanol • Plastikröhrchen ca. 40 mL (z. B. Sarstedt-Röhrchen Art. Nr.: 62/555) • Kosmetik-Wattebäuschchen als Stopfen
Methode Drosophila kann auf einem sehr einfachen Medium gehalten werden. In der Regel werden kleine Zuchtgefäße von 15–150 mL Inhalt verwendet (Abb. 2.6.1), die mit Schaumstoff-, Watte- oder Zellstoffstopfen verschlossen werden. In den größeren „Töpfen“ können bis zu 100 Fliegen gehalten werden. Die Zahl der Nachkommen hängt von folgenden Faktoren ab: 1. der Zahl der Eltern, 2. der Dauer der Eiablage (Tage der Eltern im Topf), 3. der Temperatur (bei 18 °C entwickeln sich die meisten Stämme nur halb so gut wie bei 25 °C), 4. der genetischen Konstitution der Elterntiere und der Nachkommen, 5. der Futterqualität.
Abb. 2.6.1. Drosophila-Zuchtgefäße. Im rechten Gefäß wurde ein Stück Filterpapier in das feuchte Futter gesteckt, um den Futterbrei etwas trockner werden zu lassen und den Larven eine größere Oberfläche zu geben, an der sie sich verpuppen können
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2 Genetische Kreuzungen
In kleinen Töpfen ergeben 3–20 Elterntiere ca. 100 Nachkommen in der F1-Generation, in großen Töpfen können 10–40 Elterntiere ca. 500 Nachkommen produzieren. Für die Nachkommenzahl ist die Zahl der Väter nicht sehr entscheidend, es können 5-mal so viel Weibchen wie Männchen verwendet werden. Da die Weibchen mitunter sehr schnell eine große Zahl von Nachkommen produzieren, sollte die Elterngeneration nach einigen Tagen (sobald der Futterbrei zu „leben“ beginnt) in ein frisches Gefäß überführt oder entfernt werden. Hierzu setzt man sich ein Fliegengrab an: Eine 1 L-Flasche wird mit etwa 0,5 L vergälltem Alkohol gefüllt und mit einem großen Trichter versehen. Hier hinein können die überzähligen Fliegen geschüttet werden. Das Überführen der Fliegen von einem Gefäß in ein anderes oder in das Fliegengrab erfordert das Öffnen des Zuchtgefäßes. Dies ist zumindest anfänglich mit einer großen Flucht der Fliegen verbunden. Um dies zu vermeiden, sollte man mit den Fingern an die Gefäßwand trommeln. Die Fliegen können bei Erschütterungen nicht losfliegen und verbleiben somit im Gefäß. Nachdem die Fliegen geschlüpft sind, sollten die Töpfe möglichst nicht länger als eine Generation aufgehoben werden. Vor der Entsorgung der Zuchtgefäße sollten diese zum Abtöten der Kulturen für 1–2 Tage in der Tiefkühltruhe aufbewahrt werden. Die Entwicklungszeiten sind stark temperaturabhängig. Von der Eiablage bis zum Schlüpfen der erwachsenen Fliegen vergehen: 1. ca. 3 Wochen bei 18 °C, 2. ca. 12–14 Tage bei Zimmertemperatur (20 °C), 3. ca. 10 Tage bei 25 °C. Die Weibchen schlüpfen in der Regel als erste aus der Puppenhülle. Selektion virgineller Weibchen Männchen und virginelle Weibchen (Jungfrauen) sind am leichtesten an ihrer Form zu erkennen. Männchen haben ein dunkleres, „stumpfes“ Abdomen, Jungfrauen haben ein spitzeres, größeres Abdomen. Die Jungfräulichkeit von frisch geschlüpften Weibchen hängt vom Alter ihrer Brüder ab, die zur Geschlechtsreife die folgenden Zeiten brauchen: 1. ca. 24 Stunden bei 18 °C, 2. ca. 6 Stunden bei Zimmertemperatur. Regel: Am Abend (1800 Uhr) alle Fliegen aus den Töpfen entfernen. Töpfe bei Zimmertemperatur stehen lassen, wenn man um 900 Uhr morgens Jungfrauen sammeln will oder über Nacht auf 18 °C stellen, wenn man erst später am Vormittag zum Jungfrauen-Sammeln kommt. Dies ist möglich, da die Fliegen erst in den frühen Morgenstunden aus der Puppenhülle schlüpfen.
2.6 Drosophila melanogaster
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Geschlechtskämme
Meconium
B
A
C
Abb. 2.6.2. Die Männchen sind an den Geschlechtskämmen des ersten Beinpaares und dem deutlich dunkleren Abdomen leicht zu erkennen. Weibchen tragen keine Geschlechtskämme. Frisch geschlüpfte Weibchen und damit Jungfrauen sind an dem im Darm befindlichen Meconium zu erkennen
Über Tag ca. alle 5–6 Stunden die frisch geschlüpften Jungfrauen sammeln. Wenn man abends nicht alle Fliegen entfernt hat, bzw. morgens der Zeitpunkt verpasst wurde, dürfen nur die ganz jungen, frisch geschlüpften Fliegen gesammelt werden (Abb. 2.6.2). Alle Weibchen mit einem braun durchschimmernden Darm (Meconium) können verwendet werden. Bei sehr kritischen Experimenten sollte man die Jungfrauen vor dem Kreuzen altern lassen und das Futter auf Larven hin untersuchen (auch jungfräuliche Weibchen legen nach etwa zwei Wochen Eier, die allerdings unbefruchtet sind). Ein übersehenes Männchen kann sehr großen Schaden anrichten, da dieses etwa drei Weibchen pro Tag begatten kann! Als Anfänger sollte man die Jungfrauen daher besser in kleineren Portionen sammeln (20 Fliegen/Topf). Das Alter der Männchen ist für die Kreuzung relativ unerheblich. Allerdings können Männchen, wenn sie zu lange mit CO2 betäubt wurden, steril werden.
Monokulturen haben Feinde Leider finden sich in Laborstämmen häufig nicht nur Fliegen, sondern auch Milben, die eine Zucht oder Kreuzungsarbeit deutlich erschweren können. Um einem Befall vorzubeugen, sollten die geschlüpften Fliegen recht rasch auf neue Zuchttöpfe umgesetzt werden. Da Milben einen etwas längeren Generationszyklus haben, gelingt es mit dieser einfachen Maßnahme oft, das Problem in den Griff zu bekommen. Ein weiterer Störfaktor in der Zucht von Drosophila sind Pilze und Bakterien, die im Futter unkontrolliert wachsen und schnell zur Konkurrenz für die Fliegen werden. Aus diesem Grund werden dem Futter
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2 Genetische Kreuzungen
das Fungizid Nipagin und Propionsäure beigemischt. Falls eine solche Futtermischung nicht möglich ist, hilft es oft, die Fliegen in hinreichender Dichte (ca. 50 Fliegen auf 30 mL Futter) in einem Zuchtgefäß zu halten. 2.6.3 Genetische Kreuzungen mit Drosophila Morphologie der adulten Fliegen Um zwei Fliegenstämme gezielt zu kreuzen, müssen Jungfrauen und Männchen der jeweiligen Genotypen selektioniert und anschließend in einem Zuchtgefäß zusammengesetzt werden. Dieser erste wichtige Schritt einer Kreuzung erfordert zunächst etwas Übung im Erkennen von Weibchen/Jungfrauen und Männchen. Ein zweiter und ebenso wichtiger Punkt, den wir bei der Drosophila-Genetik beachten müssen, ist, dass die verschiedenen Chromosomen der Fliege natürlich frei rekombinieren können, d. h. nach den Gesetzen von G. Mendel in jeder Generation neue Chromosomen und damit Merkmalskombinationen hervorbringen können. (Die zumindest in Weibchen ebenfalls auftretende intrachromosomale Rekombination wollen wir hier zunächst einmal vernachlässigen.) Daher ist es zweckmäßig, wenn man die einzelnen Chromsomen von „außen“ verfolgen kann. Hierzu werden in der Genetik verschiedene dominante Mutationen verwendet, die zu leicht erkennbaren mutanten Phänotypen führen. So kann man z. B. das zweite Chromosom mit dem Cy-Marker versehen, der zu charakteristisch gebogenen Flügeln führt. Im Allgemeinen werden Mutationen verwendet, die zu Veränderung der Morphologie der Flügel, der Borsten oder der Augen führen. In der ersten Übungseinheit sollten Sie sich daher mit der Morphologie des Wildtyps eingehend auseinander setzen. Es soll eine detailgetreue Zeichnung von Notum und Flügeln des Wildtyps von Drosophila melanogaster angefertigt werden. Der Zeitbedarf kann mit 1–2 Stunden angesetzt werden. Betäuben Sie die Fliegen mit CO2, legen Sie sie auf die CO2-Betäubungsplatte (Abb. 2.6.3) und schauen Sie sich die Fliegen gründlich an! Hinweise zur Auswertung Zunächst sollten die Weibchen von Männchen getrennt werden. Vergleichen Sie ebenfalls Flügelgrößen bei Männchen und Weibchen. Liegen die Mikro- und Makrochaeten des Notums in einem stereotypen Muster vor? Zeichnen Sie das Muster der Flügelvenen. Welche sensorischen Organe (PNS, peripheres Nervensystem) gibt es?
2.6 Drosophila melanogaster
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Fliegengrab
”
Schnorchel“ Etherisierer Pinzetten Pinsel
CO2-Betäubungsstation Abb. 2.6.3. Ein typischer Arbeitsplatz für die Drosophila-Genetik. Das Fliegengrab ist mit Isopropanol gefüllt und dient zur Abtötung der Fliegen. Durch eine Fritte fließt CO2-Gas und betäubt die Fliegen. Die Bauanleitung wird auf Nachfrage zur Verfügung gestellt. Die Fliegen werden mit einem Pinsel sortiert und mit dem „Schnorchel“ in die Zuchtgefäße transferiert. Der Schnorchel besteht aus einem Stück Schlauch, in das an einem Ende ein Mundstück und an das andere Ende eine Pasteurpipette gesteckt wird. Die Spitze der Pasteurpipette wird etwa auf die Größe einer Fliege abgebrochen und mit dem Bunsenbrenner glatt geschmolzen. Am anderen Ende der Pasteurpipette verhindert ein Stück Schaumstoff, dass man die Fliegen einatmet
Identifikation von Mutanten Eine genetische Analyse ist nur dann möglich, wenn der Verlust einer bestimmten Genfunktion an einem wie immer gearteten Phänotyp erkannt werden kann. Eine elegante Funktionsanalyse erlaubt es, selbst komplizierte Vorgänge, wie z. B. die Entwicklung des Drosophila-Embryos, effizient zu untersuchen. Am Beispiel von Kutikula-Präparationen verschiedener Segmentierungsmutanten werden wir die bahnbrechenden Experimente von C. Nüsslein-Volhard und E. Wieschaus nachvollziehen, die 1995 zum Nobelpreis geführt haben (Nüsslein-Volhard und Wieschaus 1980). Alle zu untersuchenden Mutanten sind embryonal letal. Die Embryogenese wird jedoch in jedem Fall vollendet und die entstandene Epidermis sezerniert eine Kutikula. Fehlen bestimmte Bereiche der Epidermis, wird an dieser Stelle
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2 Genetische Kreuzungen
auch keine Kutikula gebildet. Der Phänotyp der Segmentierungsmutanten erlaubt daher Rückschlüsse auf die normale Funktion der betroffenen Gene. Man unterscheidet maternale und zygotische Mutationen, je nachdem, ob die entsprechenden Genfunktionen während der Oogenese vom Genom der Mutter oder später vom zygotischen Genom bereitgestellt werden. Im Versuchteil werden nur zygotische Effekte untersucht. Die Kutikula-Präparation erlaubt es natürlich nur, auf die Epidermis zu schauen. Das Studium von Genen, die die Entwicklung der inneren Organsysteme regulieren, ist mit dieser Methode also nicht möglich. Um interne Strukturen zu betrachten, verwendet man heute daher Antikörperfärbungen, die wir im Kap. 8.4 besprechen. Weiterhin erlaubt die Verwendung des grün fluoreszierenden Proteins (GFP) der Qualle Aequorea victoria Entwicklungsprozesse und Genaktivitäten in vivo zu verfolgen (Kap. 8.5). Material Die folgenden Drosophila-Stämme werden verwendet (die Fliegen können unter den angegebenen BL-Nummern in Bloomington (flystocks.bio.indiana.edu) bestellt werden) • knirps9 (kni9 ) / TM3 Sb [gap gene, BL 3332] • hairy25 (h25 ) / TM3 Sb [pair rule gene, BL 1781] • fushi tarazu11 (ftz11) / TM3 Sb [pair rule gene, BL 1841] • wingless1–8 (wg1–8 ) / CyO [segment polarity gene, BL 3375] • patched9 (ptc9 ) / CyO [segment polarity gene, BL 3377] • Hoyers Medium 30 g Gummi arabicum in 50 mL H2O unter Rühren über Nacht lösen; 200 g Chloralhydrat in kleinen Mengen hinzufügen; wenn sich alles gelöst hat, 20 g Glycerin dazu geben und ungelöste Bestandteile abfiltrieren • Natrium-Hypochlorid 10–15 % aktives Chlor (Chlorbleichlauge), 1:1 mit Wasser verdünnt • Ablagegefäße (z. B. Tri Pour Becher 100 mL (Plano G3351)) kleine Belüftungslöcher mit Nadel stechen
Methode 1. 3,6 % Agar in H2O kochen, mit etwas Essig versetzen. In passende Ablageschalen, z. B. 5 cm Petrischalen, füllen und nach Erkalten mit Bäckerhefe bestreichen. 2. Die verschiedenen Fliegenstämme werden zur Ablage gebracht und die Ablagen täglich gewechselt. Die so gesammelten Embryonen werden für
2.6 Drosophila melanogaster
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1–2 Tage bei 25 °C gehalten. Die schlüpfenden Wildtyp-Larven (bzw. Tiere die Balancer-Chromosomen tragen) werden in die Hefe kriechen und können abgesammelt werden. Die homozygot mutanten Embryonen werden die Embryonalentwicklung nicht abschließen und bleiben auf der Ablageschale liegen. Sie können an einer brauen Farbe, die durch eine Melanisierungsreaktion entsteht, erkannt werden. Die homozygoten CyO-Tiere, die in der Ablage ebenfalls vorkommen, sterben als Larven und stören daher die Analyse nicht. 3. Die toten Embryonen werden mit einer Nadel gesammelt. Das Chorion wird mit Hilfe von Natrium-Hypochlorid entfernt (Vorsicht! NatriumHypochlorid bleicht auch Kleider). 4. Anschließend werden die Embryonen in einen kleinen Tropfen Hoyers Medium auf einen Objektträger überführt und mit einem Deckglas (18 mm × 18 mm) eingedeckelt. Es sollte nicht zu viel Hoyers Medium verwendet werden. Durch einen sanften Druck auf das Deckglas können die Embryonen von der Vitellinmembran befreit werden. 5. Danach werden die Präparate über Nacht bei 65 °C gebacken und anschließend im Phasenkontrast betrachtet. Hinweise zur Auswertung Das Kutikulamuster einer Wildtyp-Larve ist in der Abb. 1.7.5 zu erkennen und sollte im Versuch zunächst nachvollzogen werden. knirps-mutanten Embryonen fehlen die abdominalen Segmente A2 bis A6, in fushi-tarazuund hairy-mutanten Embryonen fehlt jedes zweite Segment (welche Segmente fehlen?). In wingless- und patched- mutanten Tieren ist die Polarität der Segmente geändert. Allerdings erschließt sich dieser Phänotyp bei patched-mutanten Tiere nur bei einer genauen Analyse der Zähnchenbänder. Achten Sie hier auf die Orientierung der einzelnen Zähnchen. Weitere Informationen finden Sie in FlyMove: flymove.uni-muenster.de. Komplementationsanalyse Das Ziel dieses Versuchsteils ist es festzustellen, ob zwei Mutationen allelisch zu einander sind oder nicht. Verwendet werden können beliebige Allele. Werden rezessive Letalfaktoren in der Kreuzung eingesetzt, muss in der F1-Generation geprüft werden, ob transheterozygote Tiere auftreten. Wenn nicht, sind die Allele 1 und 2 in trans letal und tragen daher wahrscheinlich Mutationen im gleichen Gen.
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2 Genetische Kreuzungen
Material Die folgenden Drosophila-Stämme werden verwendet
• hairy25 (h25 ) / TM3, Sb [pair rule gene, BL 1781] • hairy22 (h22 ) / TM3, Sb [pair rule gene, BL 3375] • fushi tarazu11 (ftz11) / TM3, Sb [pair rule gene, BL 1841]
Methode Die Komplementationskreuzung wird in allen Kombinationen angesetzt, so dass drei verschiedene Kreuzungen resultieren. Es müssen keine reziproken Kreuzungen angesetzt werden. Hinweise zur Auswertung In den Kreuzungen der hairy-Allele gegen das fushi-tarazu-Allel werden auch Tiere mit dem Genotyp hairy / fushi tarazu schlüpfen. Diese zeigen nicht mehr den dominanten Marker Sb und entsprechen phänotypisch dem Wildtyp. Die Mutationen sind nicht allelisch. Klonale Analyse und die Zellautonomie einer Genfunktion Die Untersuchung von homozygoten Mutanten muss sich nicht auf das Studium homozygot mutanter Tiere beschränken. So möchte man häufig die Effekte einer Mutation für postembryonale Entwicklungsstadien analysieren, obwohl die Mutation selbst bereits im Embryo zur Letalität führt. Hierzu sind zum einen konditionale Mutationen hilfreich, die es z. B. nach Änderung der Zuchttemperatur von der permissiven zur restriktiven Temperatur erlauben, eine Genfunktion zu einem definierten Zeitpunkt auszuschalten. Allerdings sind solche konditionalen Mutationen relativ selten und daher nicht generell anwendbar. Einen alternativen experimentellen Ansatz stellt die Methode der mitotischen Rekombination dar. Hier wird — früher durch Röntgenstrahlen induziert, heute enzymatisch vermittelt — ein Rekombinationsereignis während der Mitose einer Zelle induziert (Abb. 2.6.4). Diese Rekombination führt in der Folge zu einer homozygot mutanten und einer wildtypischen Tochterzelle. Die beiden nach dem mitotischen Rekombinationsereignis entstandenen Zellen bilden Zwillingsflecken (twin spots). Der Organismus vereint nach der mitotischen Rekombination also drei Genotypen: Die heterozygoten Ausgangszellen, die wildtypischen Zellen und die homozygot mutanten Zellen.
2.6 Drosophila melanogaster
137
Abb. 2.6.4. Die mitotische Rekombination. Weitere Erläuterungen im Text
Mit Hilfe der Technik der mitotischen Rekombination lässt sich eine Reihe von wichtigen Fragen beantworten. Zum einen kann man den Effekt einer Mutation in späteren Entwicklungsstadien untersuchen. Zum anderen kann die Autonomie der Genfunktion geklärt werden. Was versteht man unter diesem wichtigen Begriff? Eine Genfunktion ist dann zellautonom, wenn der Phänotyp sich stets in der mutanten Zelle ausprägt. Dies ist zum Beispiel für Mutationen in einem membranständigen Rezeptor zu erwarten. Betrifft die Mutation jedoch die Generierung eines diffusiblen Signals (z. B. Hormon), dann kann der Phänotyp eines mutanten Zellklons von den umgebenden Zellen, die dieses Signal nach wie vor noch produzieren können, gerettet werden. Man spricht dann von einem nicht-zellautonomen Verhalten. Die mitotische Rekombination wurde in den 70er Jahren entwickelt und basierte auf dem Einsatz von Röntgenstrahlen. Diese Methode bringt allerdings eine Reihe von Nachteilen mit sich: Die Ereignisse sind relativ selten, sie treten zufällig ein und der Ort lässt sich nicht vorherbestimmen. Außer-
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2 Genetische Kreuzungen
dem müssen relativ hohe Röntgendosen verwendet werden. Um all diese Nachteile zu vermeiden, setzt man bei Drosophila seit Anfang der 90er Jahre das so genannte FLP/FRT-System ein. Die FLP ist eine sequenzspezifische Rekombinase, die eine Rekombination an den FRT-Sequenzen induziert (vgl. Kap. 1.3.3, Abb. 1.3.3). Mit Hilfe dieses aus der Hefe stammenden Rekombinationssystems ist es möglich, die Effizienz der mitotischen Rekombination gewaltig zu steigern (Xu und Rubin 1993). Zudem stellt die Generierung von genetischen Mosaiken nur noch ein einfaches Kreuzungsexperiment dar und erfordert keinerlei apparativen Aufwand. Neben einem FRT-Element tragen diese Chromosomen weitere Marker, die die genetischen Arbeiten vereinfachen (s. Stammsammlungszentrum in Bloomington). Bringt man mit Hilfe klassischer Rekombinationstechniken eine Mutation auf ein FRT-Chromosom, kann man die Mutation mit einem Balancer stabil halten und mit Hilfe klassischer Methoden analysieren. Kreuzt man jedoch solche FRT-Stämme gegen einen Stamm, der zusätzlich zu einem FRT-Chromosom ein P-Element-Transposon mit dem Flipase-Gen ( flp) der Hefe trägt und exprimiert, wird in den Nachkommen dieser Kreuzung mitotische Rekombination ausgelöst. Allerdings findet diese nur dort statt, wo die FLP-Rekombinase tatsächlich exprimiert wird. Die Kontrolle der flp-Expression kann über einen Hitzeschock-Promotor erfolgen und erlaubt dann eine zeitliche Kontrolle der Induktion der mitotischen Rekombination. Alternativ kann das Flipase-Gen unter die Kontrolle eines beliebigen transkriptionellen Enhancers gestellt werden. Hierdurch wird die Rekombination nur in einem bestimmten Gewebetyp induziert. Im Folgenden ist ein Versuch zur effizienten Induktion von Augenklonen beschrieben. Material Die folgenden Drosophila-Stämme werden verwendet • w; P[FRT 42] / TM6 • w P[eyFLP]/ Y; P[white +] P[FRT 42] / P[white +] P[FRT 42] Ein P-Element ist ein Drosophila-Vektor, der zur Herstellung von transgenen Fliegen verwendet wird. Der Vektor wird stets mit dem Symbol P[] bezeichnet. In der eckigen Klammer werden die klonierten genetischen Elemente angegeben, zum Beispiel das white-Gen.
Methode Die Fliegen werden gekreuzt und die Nachkommenschaft wird auf mögliche Mosaikaugen untersucht.
2.6 Drosophila melanogaster
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Hinweise zur Auswertung Prinzipiell werden alle Augen der F1-Generation rotäugig sein, da sie ein P[white +]-Element auf dem dritten Chromosom tragen. Die unter der Kontrolle des eyeless-Enhancers spezifisch im Auge exprimierte FLPRekombinase induziert die mitotische Rekombination. Der mutante Zellklon trägt kein white-Gen mehr und die Zellen werden daher weiß sein. Der Zwillingsfleck besteht aus homozygoten P[white +] P[FRT 80B]Zellen und wird daher rot erscheinen. Aufgrund der höheren Kopienzahl des P[white+]-Elements erscheint der Zwillingsfleck dunkler gefärbt als das umgebende heterozygote Gewebe. Je nach Interesse können verschiedene Mutationen zur klonalen Analyse verwendet werden. Im hier skizzierten Ansatz werden nur white-Mosaikaugen erzeugt.
3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz eines genetischen Modellorganismus ist die Möglichkeit, ihn durch DNA-vermittelte Transformation genetisch zu verändern. Dabei wird in der Regel in vitro rekombinierte DNA eingesetzt, um transgene Stämme zu erhalten. DNA-Moleküle, die für die DNATransformation eingesetzt werden, tragen Selektionsmarken, die transgene von nicht transgenen Organismen unterscheiden lassen. Dies ist notwendig, da der DNA-Transformationsprozess ein eher seltenes Ereignis darstellt. Die meisten Organismen sind nicht in der Lage, unter natürlichen Bedingungen DNA aufzunehmen. Eine Ausnahme stellt das Bakterium Bacillus subtilis dar, welches ein Stadium der natürlichen Kompetenz als Teil seines Lebenszyklus durchläuft und dabei DNA aufnehmen kann. Das Darmbakterium Escherichia coli war der erste Organismus, bei dem 1973 die DNA-vermittelte Transformation gelang. In der Folgezeit wurden für viele Lebewesen Methoden entwickelt, um mit Hilfe rekombinanter DNA transgene Organismen zu schaffen. Dabei bediente man sich unterschiedlicher Methoden, um die Zellen für die DNA-Aufnahme kompetent zu machen. Neben biochemischen Verfahren wurden auch Partikelkanonen eingesetzt, um die DNA einzuführen. Bei der Pflanzentransformation hat sich außerdem das Bodenbakterium Agrobacterium tumefaciens als „Hilfsmittel“ erwiesen, um DNA aufgrund eines natürlichen Prozesses in die Wirtszellen einzuführen. Schließlich verwendet man bei der Taufliege Drosophila melanogaster Transposonen, um entsprechend modifizierte Vektoren für die DNA-Transformation zu nutzen. Die folgenden Kapitel beschreiben einige Methoden, transgene Stämme der verschiedenen Modellorganismen herzustellen und geben Verfahren an, um die DNA der entsprechenden Linien zu isolieren. Die DNA-Isolation wiederum ist Voraussetzung, um eine entsprechende Nukleinsäureanalytik durchzuführen. Dies kann beispielsweise durch die Southern-Hybridisierung oder PCR-Amplifikation (Kap. 4) erfolgen.
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3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis Sowohl E. coli als auch B. subtilis können DNA aufnehmen. Sie unterscheiden sich jedoch darin, dass B. subtilis im Gegensatz zu E. coli ein Stadium natürlicher Kompetenz als Teil seines Lebenszyklus durchläuft, wohingegen E. coli in jedem Fall durch besondere Behandlung erst „kompetent gemacht“ wird. Bei der Auswahl geeigneter Transformationsmethoden steht in der Regel die Effizienz im Vordergrund, d. h. eine, bezogen auf die eingesetzte DNAMenge, möglichst große Anzahl Transformanten. Unter Umständen kann es jedoch sinnvoll sein, einer weniger effizienten Methode den Vorzug zu geben, z. B. wenn schnelle Durchführbarkeit, Kostenfaktoren aber auch der Zweck der Transformation berücksichtigt werden müssen. Besondere Anforderungen stellt beispielsweise das Klonieren letaler Faktoren (z. B. Proteasen). Transformationsmethoden für E. coli und B. subtilis E. coli und B. subtilis unterscheiden sich bezüglich der Transformierbarkeit nicht nur in der genetischen Ausstattung (Kompetenzgene), sondern auch hinsichtlich ihres Zellwandaufbaus. Die DNA muss bei grampositiven Organismen zunächst den vielschichtigen Mureinsacculus und dann die Cytoplasmamembran überwinden. Bei den gramnegativen bilden die zwei Membranen die wesentlichen Transformationsbarrieren. Phospholipidmembranen, mit ihren negativ geladenen Oberflächen, stellen für die aufgrund des Zucker-Phosphatrückgrates ebenfalls negativ geladene DNA ein ernstzunehmendes Hindernis dar. Auf Überwindung der elektrostatischen Abstoßung zielen die folgenden Methoden: Elektroporation, Behandlung mit zweiwertigen Ionen und Hitzeschock sowie die PEG-vermittelte Protoplastentransformation. Beide Bakterien sind durch die Methode der Elektroporation transformierbar, die sich durch hohe Effizienz und relativ einfache Handhabung auszeichnet. Obwohl das Prinzip für beide Organismen identisch ist, gelten jeweils individuelle Parameter für Kulturführung, Pulsstärke usw. Generell gilt: Die Bedingungen für eine erfolgreiche DNA-Aufnahme benötigen eine stammspezifische Optimierung. Häufig wird zur Transformation von E. coli CaCl2 verwendet. Es stehen jedoch auch Systeme auf Basis anderer Ionen zur Verfügung (Rubidium- oder Magnesiumchlorid), falls die Verwendung von CaCl2 nicht möglich sein sollte. Diverse Bacilli, unter ihnen B. subtilis, B. megaterium und B. amyloliquefaciens, lassen sich nach Protoplastierung transformieren. Dazu wird zunächst durch Lysozym der vielschichtige Mureinsacculus entfernt und durch Polyethylenglycol (PEG) die Quervernetzung von Membranen in Anwe-
3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis
143
senheit der DNA vermittelt. Die erreichbaren Transformationseffizienzen sind denjenigen der Elektroporation zu vergleichen, wobei der technische Aufwand jedoch erheblich höher ist. Selektionsmarker und Wirtsstämme Da nie alle eingesetzten Zellen auch tatsächlich DNA aufnehmen, muss eine Selektion auf die eingebrachte DNA erfolgen. Die verwendeten Vektoren müssen ihrem Träger mindestens eine selektierbare Eigenschaft vermitteln. Plasmidtragende Stämme sollten unter permanentem Selektionsdruck gehalten werden, um Verluste durch Segregation von plasmidfreien Zellen zu vermeiden. Als prokaryotische Selektionsmarken sind Resistenzen gegen Antibiotika (s. u.) oder Schwermetalle weit verbreitet, manchmal werden auch Auxotrophiemarken verwendet (z. B. thi, Thiaminsynthese). Die wohl gebräuchlichste Selektionsmarke für E. coli ist die Resistenz gegen das Ƣ-Lactamantibiotikum Ampicillin (Amp). Die vom bla-Gen kodierte ƢLactamase ist ein periplasmatisches Enzym, das eine Resistenz bis 125 µg/mL bewirkt. Andere häufig verwendete Resistenzgene sind cat, das für eine Chloramphenicol-Acetyltransferase kodiert (Resistenz bis 170 µg/mL), kan, das eine Aminoglycosid-Phosphotransferase kodiert, die Resistenz gegen Kanamycin (bis zu 50 µg/mL) vermittelt und tet, welches seinem Träger Resistenz durch eine Effluxpumpe für Tetrazyklin (bis zu 12,5 µg/mL) verleiht. Es ist fast selbstverständlich, dass Klonierungsvektoren möglichst klein sein sollten und neben einer selektierbaren Marke geeignete Restriktionsschnittstellen zur Aufnahme von Passagier-DNA tragen müssen. Liegen diese Stellen in einem Gen, das durch DNA-Insertion inaktiviert wird, lassen sich Träger von rekombinanten Plasmiden phänotypisch von solchen mit dem Ausgangsplasmid unterscheiden. In den heute üblicherweise verwendeten Vektoren sind auf engstem Raum mehrere solcher Schnittstellen in einer mutiple cloning site (mcs) lokalisiert, die sich häufig im 5’-Bereich der kodierenden Region des lacZ-Genfragments befindet (z. B. pUC18, DSMZ Nr. 3424). Das vorhandene LacZ-Fragment ist zur ơ-Komplementation eines Defektes der ƢGalactosidase fähig, so dass durch das Plasmid in entsprechenden Mutanten (z. B. E. coli JM109, DSMZ Nr. 3423) eine funktionsfähige Ƣ-Galactosidase restauriert wird, falls in der mcs keine Insertion vorhanden ist. Auf Medien, die neben einem der Selektion dienenden Antibiotikum auch ein chromogenes Substrat für die Ƣ-Galactosidase enthalten, erscheinen die Träger rekombinanter Plasmide wegen der erfolgten Insertionsinaktivierung des lacZ-Fragments farblos, während die Träger der Ursprungsplasmide gefärbt sind. Zur Induktion des Ƣ-Gal-Promotors wird dem Medium in der Regel auch der nicht zu
144
3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
verstoffwechselnde Induktor Isopropyl-Ƣ-D-thiogalactopyranosid (IPTG) zugesetzt. Als chromogenes Substrat findet fast ausschließlich Bromchlorindolyl-Ƣ-D-Galactopyranosid (X-Gal) Verwendung (Blau-Weiß-Unterscheidung). Für nahezu alle erdenklichen Anwendungen stehen maßgeschneiderte E.-coliStämme zur Verfügung, die den unterschiedlichsten Anforderungen genügen. Im Vergleich zu E. coli erscheint das Reservoir an Stämmen und Vektoren für B. subtilis relativ bescheiden, jedoch sind auch für diesen eine Reihe von resistenzvermittelnden kleinen Plasmiden mit singulären Schnittstellen verfügbar. Häufig verwendet werden Plasmide aus Staphylococcus oder Streptococcus (z. B. pC194). In der Regel werden notwendige Konstruktions- und Klonierungsschritte in E. coli vorgenommen und die erzeugten Konstrukte mit Hilfe von Shuttle-Plasmiden übertragen. Charakterisierung von Transformanten Zur Charakterisierung von Transformanten, die den Erwartungen phänotypisch entsprechen, werden diese auf das Vorhandensein der eingebrachten DNA überprüft. Hier muss zwischen in das Genom integrierter und vektorständiger DNA unterschieden werden. Zur Charakterisierung von Plasmiden werden diese zunächst isoliert. Eine einfache, jedoch relativ grobe Überprüfung kann dann durch Bestimmung der Plasmidgröße erfolgen. Hierzu wird das Plasmid mittels einer Restriktionsendonuklease linearisiert und die Größe im Agarosegel ermittelt (Kap. 10.4). Das Auflösungsvermögen eines Agarosegels (abhängig von der Agarosekonzentration) ist begrenzt, daher können kleine Unterschiede kaum erkannt werden. Zur Verfeinerung werden deshalb verschiedene Restriktionsenzyme im Einzel- oder Doppelverdau verwendet, durch die das Plasmid in mehrere (jedoch nicht zu viele) unterschiedlich große Fragmente gespalten wird. Eine solche Restriktionsanalyse ermöglicht eine schnelle, einfache und verhältnismäßig preiswerte Charakterisierung unbekannter — sowie die Bestätigung der Identität bekannter Plasmide. Auch die DNA-DNA-Hybridisierung mit spezifischen oder heterologen Sonden im Southern Blot ist eine gängige Methode Transformanten zu untersuchen (Kap. 10.5–10.7). Bei Verwendung von DNASequenzen, die natürlicherweise nicht im Wirtsstamm vorkommen, kann auch einfach ein Dot-Blot oder die Filterhybridisierung von Kolonien durchgeführt werden, deren Aussage sich jedoch auf das bloße Vorhandensein der gesuchten Sequenzen beschränkt. Kleine Sequenzveränderungen wie z. B. Punktmutationen können, falls sie nicht die Erkennungssequenz eines der verwendeten Restriktionsenzyme zerstören, durch Sequenzierung erfasst werden. Heute wird in aller Regel nach der
3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis
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Didesoxy-Methode nach Sanger gearbeitet. Dazu ist es erforderlich, einen Teil der DNA-Sequenz zu kennen, da ein spezifisches Oligonukleotid als Primer verwendet werden muss. Dies gilt auch für die PCR-Analyse, die z. B. durch einen Größenunterschied eine Integration von DNA in den Bereich zeigt, der von den Primern eingeschlossen wird (s. Kap. 4). Diese Techniken dienen dem Nachweis von Plasmiden oder klonierter DNA, alternativ können aber auch gebildete Proteine nachgewiesen werden und durch Darstellung in einem SDSGel oder durch Protein-Protein-Hybridisierung im Western Blot identifiziert werden. Aussagen zur Funktionsfähigkeit erfordern allerdings meist einen enzymatischen Test. Für in das Genom integrierte DNA können prinzipiell die gleichen Methoden angewandt werden, jedoch muss in aller Regel eine Restriktionsanalyse aufgrund der Vielzahl von entstehenden Fragmenten durch eine SouthernAnalyse ergänzt werden. Für Sequenzanalysen wird das gewünschte Fragment zunächst mittels PCR amplifiziert. 3.1.1 Transformation von E. coli nach der CalciumchloridMethode Die klassische Art, DNA in E.-coli-Zellen zu übertragen schließt eine Behandlung mit Calciumchlorid (CaCl2) und Hitzeschock ein (Abb. 3.1.1) (Mandel und Higa 1970). Aufgrund der Dauer der Prozedur ist diese Methode nicht, wie z. B. die Elektroporation, für die Übertragung instabiler Nukleinsäuren wie mRNA geeignet. Da man immerhin bis zu 107 Transformanten/µg DNA
I
II
Ca++
42°C
Abb. 3.1.1. Schema der Calciumchlorid-Transformation von E. coli. Sowohl die Membranen der E.-coli-Zelle als auch die zu transformierende DNA (Zucker-PhosphatRückgrat) sind negativ geladen und stoßen sich somit ab. Werden zweiwertige Ionen in die Lösung gegeben, so kompensieren diese die negativen Ladungen, indem sie sich an die Membran und die DNA anlagern und die Abstoßung aufheben (I). Durch einen Hitzeschock wird nun die Membranfluidität erhöht und die DNA gelangt in die Zelle (II). Die transformierende DNA ist als schwarzer, das Bakterienchromosom als grauer Kreis und die zweiwertigen Ionen sind als hellgraue Punkte dargestellt
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3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
erhält, wird diese einfache und preiswerte Methode häufig angewandt. Hier soll das Plasmid pBR322 in den Ampicillin- und Tetracyclin-sensitiven Empfängerstamm E. coli JM83 transformiert werden. Es handelt sich um einen Vektor mittlerer Kopienzahl (etwa 20 pro Zelle) und engem Wirtsspektrum. Neben dem Replikationsursprung für E. coli trägt er zwei selektierbare Funktionen: Das bla-Gen vermittelt Resistenz gegen Ampicillin und das tet-Gen gegen Tetracyclin. Durch Einfügung von DNA in singuläre Schnittstellen eines der beiden Resistenzgene kann dieses disruptiert werden (Insertionsinaktivierung), was eine phänotypische Unterscheidung der plasmidtragenden Zellen erlaubt. Material • Rezipient E. coli JM83: F– lambda– ara, ƅ(proAB-lac,) rpsL, thi, phi80 dlacZƅM15lambda–, (StrR) (DSMZ 3947) • Plasmid pBR322 (4,4 kb): tet, bla (DSMZ Nr. 3879) • Zentrifugen für 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße • sterile 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße • Drigalski-Spatel, Ethanol zum Sterilisieren, Bunsenbrenner • Thermoschüttler (oder temperierbares Schüttel-Wasserbad) • Photometer und Küvetten • Eisbad • LB-Medium 1 % (w/v) Pepton 0,5 % (w/v) Hefeextrakt 0,5 % (w/v) NaCl pH 7,3 Festmedium: zusätzlich 1,5 % (w/v) Agar • LBA-Selektionsplatten wie LB-Festmedium, zusätzlich 1 µL Ampicillin-Stammlösung pro mL Medium, Zugabe nach dem Autoklavieren bei ca. 55 °C • Ampicillin-Stammlösung 100 mg/mL in A. dest., sterilfiltriert, Lagerung bei –20 °C • Regenerationsmedium LB-Medium mit 2 % (w/v) Glucose, vor Verwendung 1 µL Thiamin-Stammlösung pro mL Medium zugeben • Thiamin-Stammlösung 10 mg/mL in A. dest., sterilfiltriert; Lagerung bei –20 °C • 15 mM NaCl, pH 7,0 (eiskalt) • 100 mM CaCl2, pH 7,0 (eiskalt)
3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis
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Methode Ab Punkt 3 werden alle Schritte auf Eis durchgeführt. Kompetente Zellen (s. Punkt 9) können bei 4 °C über Nacht gelagert werden. 1. Vorkultur: 7 mL LB-Medium werden mit einer E.-coli-Einzelkolonie beimpft und über Nacht bei 37 °C unter Schütteln angezogen. 2. Inokulation von 50 mL LB-Medium mit 0,5 mL Vorkultur (entspricht 1 %igem Animpfen). Kultivierung bei 37 °C im Schüttelwasserbad. Vor dem Animpfen dieser Hauptkultur einen Referenzwert, LB-Medium, für die photometrischen Messungen entnehmen! 3. Bei Erreichen einer OD546 = 0,6–0,7 wird die Kultur für 10 min auf Eis gestellt. 4. Zellernte durch Zentrifugation (5 min, 5000 g, 4 °C), Überstand entfernen. 5. Die Zellen werden in eiskalter 15 mM NaCl-Lösung resuspendiert. 6. Zentrifugation (5 min, 5000 g, 4 °C), Verwerfen des Überstandes. 7. Resuspendieren des Zellpellets in eiskalter 100 mM CaCl2-Lösung, Inkubation auf Eis für 30 min. 8. Zentrifugation (5 min, 5000 g, 4 °C), Überstand verwerfen. 9. Pellet in 2 mL eiskalter 100 mM CaCl2-Lösung aufnehmen, bis zur Verwendung auf Eis lagern. 10. Herstellung der Transformationsansätze: Ansatz 1: 200 µL Zellsuspension + 1 µg pBR322-DNA Ansatz 2: 200 µL Zellsuspension + 20 µL A. dest. 11. Inkubation der Ansätze für 30 min auf Eis. 12. Hitzeschock: 90 s, 42 °C (stammspezifische Unterschiede beachten). 13. Zugabe von 800 µL Regenerationsmedium. Mischen und Regeneration durch Inkubation für 30 min bei 37 °C (450 rpm, Thermoschüttler). 14. Ausplattieren von 2 × 50 µL, 2 × 100 µL, 2 × 150 µL und 2 × 200 µL-Aliquots auf LBA-Selektionsplatten, Bebrütung über Nacht bei 37 °C.
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3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
Hinweise zur Auswertung 1. Auszählung der erhaltenen Kolonien der einzelnen Ansätze und Ermittlung der Transformationseffizienz bezogen auf 1 µg transformierende DNA: Transformationseffizienz = (Anzahl erzeugter Transformanten) / (Menge der eingesetzten DNA in µg) 2. Überprüfung auf das Vorhandensein von Plasmiden durch Plasmidisolation mehrerer ausgewählter Transformanten (Kap. 3.1.4), Linearisierung des Plasmids mit singulär schneidendem Restriktionsenzym, z. B. PstI bei pBR322 und gelelektrophoretische Überprüfung der Fragmentgröße (Kap. 10.4). 3.1.2 Natürliche Kompetenz von B. subtilis Beim Übergang von der exponentiellen in die stationäre Wachstumsphase entwickeln ca. 10–20 % der B.-subtilis-Zellen eine genetische Kompetenz. Zugabe von Wildtyp-DNA zu dem auxotrophen Rezipienten B. subtilis 168 (trp) während dieser Phase führt wegen der Aufnahme der DNA zu einer Vielzahl dann wieder prototropher Transformanten. Material • Donorstamm Bacillus subtilis NRS 744, prototroph (DSMZ Nr. 10), alternativ andere prototrophe Stämme. z. B. NP40 (DSMZ Nr. 6887) oder WB 672 (DSMZ Nr. 6395) • Nukleinsäure Isolierte Gesamt-DNA eines prototrophen Donorstamms (s. o.), welche zuvor isoliert worden ist (wie unter Kap. 3.1.5 beschrieben) • Rezipientenstamm Bacillus subtilis 168 (trp) (DSMZ Nr. 402) • Zentrifugen für 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße • sterile 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße • Thermoschüttler (oder temperierbares Schüttel-Wasserbad) • sterile 1 L-Glasflaschen mit Deckel und Reagenzgläser • Photometer und Küvetten • LB-Medium (s. Kap. 3.1.1) • Glycerin 86 % (v/v) • Spizizen-Salze (10 ×) 6 % (w/v) KH2PO4
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• •
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14 % (w/v) K 2HPO4 2 % (w/v) (NH4)SO4 1 % (w/v) Na-Citrat × 2 H2O pH 7,0 Spizizen-Salze (2 ×) 200 mL Spizizen-Salze (10 ×) 800 mL A. dest. Minimal-Agar-Lösung 4 mL Na-Citrat (10 % (w/v)) 12,4 g Bacto-Agar (Difco) 400 mL A. dest. Kompetenz-Minimal-Festmedium 400 mL Minimal-Agar-Lösung 400 mL Spizizen-Salze (2 ×) 2 mL MgCl2 (1 M) 1 mL Natrium-Glutamat (40 % (w/v)) 8 mL Glucose (40 % (w/v)) 8 mL MnCl2 (0,1 M) 8 mL A. dest. Endvolumen 827 mL Kompetenzmedium 500 mL Spizizen-Salze (1 ×) 5 mL Hefeextrakt (10 % (w/v)) 5 mL Casamino-Acids (2 % (w/v)) 5 mL Glucose (50 % (w/v)) 2,5 mL Tryptophan (10 mg/mL) 2,5 mL MgCl2 (0,5 M) 0,5 mL MgSO4 × 7 H2O (0,2 mg/mL) Stammlösungen (Hefeextrakt, Glucose, Tryptophan, MgCl2, MgSO4 × 7 H2O) getrennt ansetzen, autoklavieren, Lagerung bei RT. Kompetenzmedium nach dem Ansetzen sterilfiltrieren.
Methode Die Transformation erfolgt nach einem Einstufen-Transformationsprotokoll (verändert nach Albano et al. 1987). Die Anzucht des Rezipientenstammes B. subtilis 168 (trp) bis zum Erreichen der Kompetenz (Schritte 1–7) kann vorbereitet werden. Die Zellen können bei –70 °C gelagert werden. Es empfiehlt sich, mehrere gleichartige Transformationsansätze herzustellen. 1. Vereinzelungsausstrich des Rezipientenstammes B. subtilis 168 (trp) auf einer LB-Platte, Bebrütung über Nacht bei 37 °C.
150
3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
2. Resuspendieren einer Einzelkolonie in 1 mL Kompetenzmedium in einem 1,5 mL-Reaktionsgefäß. 3. Inokulieren von 10 mL Kompetenzmedium (in großem, 4-SchikanenErlenmeyerkolben, Belüftung!) mit 100 µL der Zellsuspension (Punkt 2). 4. Kultivierung bei 37 °C unter sehr starkem Schütteln bis zum Erreichen des Endes der exponentiellen Phase, die OD546 wird dabei regelmäßig photometrisch bestimmt (Dauer ca. 3–4 h). 5. Nach Erreichen des Endes der exponentiellen Wachstumsphase werden die Zellen für 2 h weiter geschüttelt (Punkt 4), um den Zeitpunkt der optimalen Kompetenz zu erreichen. 6. Zugabe von 1,75 mL Glycerin (86 % (v/v)) zur Kultur (entspricht 15 % (v/v) Glycerin), gründlich mischen. 7. Aliquotierung der kompetenten Zellen in 500 µL-Portionen, Lagerung bei –70 °C. 8. Pro Transformationsansatz 500 µL gefrorene Zellen zügig bei RT auftauen, in sterile Reagenzgläser überführen. 9. Herstellen der Transformationsansätze: • Ansatz 1: 500 µL kompetente Zellen + 5 µg chromosomale Bacillus-subtilis-Donor-DNA • Ansatz 2: 500 µL kompetente Zellen + 20 µL A. dest. Ansätze gut mischen. 10. Inkubation der Ansätze für 45 min bei 37 °C unter extremer Schräglage und starkem Schütteln (Belüftung!). 11. Zentrifugation in 1,5 mL-Reaktionsgefäßen (12 000 g, 5 min, RT), vorsichtiges Entfernen von 400 µL des Überstandes mit einer Pipette. Über dem Zellpellet verbleibt ein Volumen von 100 µL. 12. Resuspendieren der Zellen im verbliebenen Überstand. 13. Jeweils das gesamte Ansatzvolumen auf einer Kompetenz-Minimal-Festmedienplatte ausspateln, Bebrütung über Nacht bei 37 °C. Hinweise zur Auswertung Auszählung der jeweils erhaltenen Kolonien und Ermittlung der Transformationseffizienz bezogen auf 1 µg transformierende DNA: Transformationseffizienz = (Anzahl erzeugter Transformanten) / (Menge der eingesetzten DNA in µg).
3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis
151
3.1.3 Transformation von B. subtilis durch Elektroporation Die Elektroporation ist eine effiziente Transformationsmethode (bis zu 106 Transformanten /µg DNA) bei der ein elektrischer Impuls, generiert durch Entladung eines Kondensators, zur transienten Depolarisierung der Bakterienmembran führt. Durch die partielle Desintegration und die Beschleunigung der Nukleinsäure in Richtung Anode wird diese in die Zelle gezwungen (Abb. 3.1.2). Wegen der Schnelligkeit der Prozedur können auch kurzlebige Nukleinsäuren, wie mRNA elektroporiert werden. Das E.-coli-B.-subtilis-Shuttle-Plasmid pMK3, welches in B. subtilis Kanamycin-Resistenz vermittelt, soll in den Kanamycin-sensitiven B.-subtilis-Stamm 168 (trp) transformiert werden. Es ist darauf zu achten, dass sowohl die elektrokompetenten Zellen als auch die zu transformierende DNA salzfrei sind. Eine ausgedehnte Dialyse der DNA oder eine Phenol-Chloroformextraktion (Kap. 10.1) mit anschließender Alkoholfällung (Kap. 10.2) sind erforderlich. Material • Plasmid pMK3 (7,2 kb): bla (E. coli: AmpR), kan (B. subtilis: KanR), lacZ (DSMZ Nr. 4874) • Rezipientenstamm Bacillus subtilis 168 (trp) (DSMZ Nr. 402) • Zentrifugen für 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße • sterile 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße
I
II
III
+ + + + + Abb. 3.1.2. Schema der Elektroporation von Bakterien. Zellen und Plasmid-DNA befinden sich in der Elektroporationsküvette, deren Elektroden geladen sind (I). Durch plötzliche Entladung (II) zwischen den Kondensatorplatten wird die DNA durch die kurzfristig depolarisierte Membran in die Zelle gezwungen (III). DNA ist als Kreis dargestellt (schwarz: Plasmid-DNA, grau: Bakterienchromosom), D: positiv, E: negativ geladene Kondensatorelektrode, Blitz: elektrischer Puls
152 • • • • • • •
• • • •
•
3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
Photometer und Küvetten Eisbad Thermomixer Elektroporator Elektroporationsküvetten: steril, –20 °C kalt, Elektrodenabstand 1 mm (Spaltbreite) LB-Medium (s. Kap. 3.1.1) LBS-Medium 1 % (w/v) Pepton 0,5 % (w/v) Hefeextrakt 0,5 % (w/v) NaCl 9,11 % (w/v) Sorbitol pH 7,5 Glycerin-Lösung (86 % (v/v)) LBKm-Platten LB-Festmedium, nach dem Autoklavieren und Abkühlen auf 55 °C Zugabe von 0,7 µL Kanamycin-Stammlösung pro mL Medium Kanamycin-Stammlösung 10 mg/mL Kanamycin in A. dest., sterilfiltriert, Lagerung bei –20 °C Elektroporationsmedium 0,5 M Mannitol 0,5 M Sorbitol 10 % (v/v) Glycerin-Lösung Regenerationsmedium 1 % (w/v) Pepton 0,5 % (w/v) Hefeextrakt 0,5 % (w/v) NaCl 9,11 % (w/v) Sorbitol 6,92 % (w/v) Mannitol pH 7,5
Methode Die Herstellung der elektrokompetenten Zellen (Schritte 1–7) kann vorbereitet werden; Lagerung der Zellen bei –70 °C ist möglich. 1. Vorkultur: 10 mL LB-Medium werden mit einer Einzelkolonie von B. subtilis 168 (trp) angeimpft; Inkubation über Nacht bei 37 °C unter langsamem Schütteln. 2. 50 mL LBS-Medium werden 3 %ig (v/v) mit der Vorkultur inokuliert und bei 37 °C im Schüttelwasserbad kultiviert (Probe für Referenzwert vor Inokulation entnehmen!).
3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis
153
3. Bei Erreichen einer OD600 von 0,85–0,95 wird die Kultur für 10 min auf Eis gekühlt. 4. Zellernte durch Zentrifugation (5000 g, 5 min, 4 °C). 5. 4-maliges Waschen der Zellen: Jeweils Resuspendierung des Pellets in 5 mL eiskaltem Elektroporationsmedium, zentrifugieren (5000 g, 5 min, 4 °C) und Verwerfen des Überstandes. 6. Das Pellet in 1,25 mL eiskaltem Elektroporationsmedium aufnehmen (Einstellen der Zellzahl auf 1010 bis 1,3 ⋅ 1010 Zellen/mL). 7. Aliquotieren der elektrokompetenten Zellsuspension zu je 60 µL. Lagerung bei –70 °C möglich. 8. Pro Transformationsansatz ein 60 µL-Aliquot (Punkt 7) langsam auftauen (auf Eis). 9. Herstellen der Transformationsansätze: • Ansatz 1: 60 µL Zellsuspension + 5 µL Plasmid-DNA (1 µg/µL, salzfrei) • Ansatz 2: 60 µL Zellsuspension + 5 µL A. dest. Rasch vermischen. 10. Der Transformationsmix wird in eine eiskalte Elektroporationsküvette pipettiert und darin 1 min auf Eis inkubiert. 11. Elektroporation durch einen elektrischen Puls (Kapazität 25 µF, Widerstand 200 Ω, Spannung 1,6–2,1 kV). Die Zeitkonstante sollte 4,5–5,0 ms betragen. 12. Die Zellen schnell in 1 mL Regenerationsmedium aufnehmen, in ein steriles 1,5 mL-Reaktionsgefäß überführen. 13. Regeneration für 3 h bei 37 °C (450 rpm, Thermoschüttler). 14. Aliquots von je 2 × 50, 2 × 100, 2 × 150 und 2 × 200 µL zur Selektion auf LBKm-Platten ausplattieren, Bebrütung über Nacht bei 37 °C. Hinweise zur Auswertung Siehe Kap. 3.1.1 3.1.4 Isolation von Plasmid-DNA aus Bakterien Escherichia coli Da es sich um ein gramnegatives Bakterium handelt, kann seine Zellhülle mittels Alkalibehandlung zerstört werden. Hierdurch wird gleichzeitig die Gesamt-DNA denaturiert. Bei der anschließenden Renaturierung können die kleineren Plasmide im Vergleich zur großen, chromosomalen DNA schneller
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3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
ihre natürliche Konformation annehmen, so dass diese durch Zentrifugation von den löslichen Plasmiden abgetrennt werden kann. Nach Alkoholpräzipitation (Kap. 10.2) können diese weiter bearbeitet werden. Material • Stamm diverse plasmidtragende E.-coli-Stämme, unter Selektionsdruck (abhängig vom Plasmid) kultiviert. • Zentrifuge für 1,5 mL-Reaktionsgefäße • sterile 1,5 mL-Reaktionsgefäße • 10 M NaOH-Lösung • 25 % (w/v) SDS-Lösung • TE-Puffer 10 mM Tris/HCl 1 mM EDTA pH 8,0 • TENS-Puffer (frisch hergestellt) 1 % (v/v) NaOH-Lösung (10 M) 2 % (v/v) SDS-Lösung (25 % (w/v)) in TE-Puffer • Kalium-Acetat-Lösung 2,55 M Kalium-Acetat pH 4,8 (mit Eisessig eingestellt)
Methode 1. 1,5 mL einer unter Selektionsdruck angezogenen, plasmidtragenden Kultur von E. coli (in LB-Selektionsmedium) werden durch Zentrifugation geerntet (5 min, 15 000 g) und der Überstand verworfen. 2. Zellpellet in 200 µL TE-Puffer resuspendieren und erneut pelletiert (5 min, 15 000 g), um Medienreste zu entfernen. 3. Überstande verwerfen, das Pellet in 50 µL TE-Puffer resuspendieren.
!
Schritte 4 und 5 schnell und ohne die Erzeugung von Scherkräften durchführen.
4. Zugabe von 300 µL TENS-Puffer und kurzes, behutsames Mischen durch 4-maliges Invertieren zur Zelllyse. 5. Nach höchstens 5 min Inkubation bei RT Zugabe von 150 µL KaliumAcetat-Lösung und sofortiges Mischen durch Invertieren (zum Stoppen der Reaktion). Es bildet sich weißes, flockiges Präzipitat.
3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis
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6. Abtrennung von Zelltrümmern, denaturierten Proteinen und chromosomaler DNA durch Zentrifugation (10 min, 15 000 g) 7. Der Überstand muss vorsichtig, ohne das weißliche Präzipitat mit zu überführen, in neue 1,5 mL-Reaktionsgefäße pipettiert werden. 8. Wiederholung der Schritte 6 und 7. 9. Der plasmidhaltige Überstand wird einer Alkoholpräzipitation unterzogen (Kap. 10.2). Hinweise zur Auswertung Photometrische Bestimmung der Reinheit und Konzentration der DNA-Isolation. Dazu Bestimmung der Absorption bei 260 nm, dem Absorptionsmaximum von Nukleinsäuren (OD260), bei 280 nm, dem Absorptionsmaximum von Proteinen (OD280) und bei 320 nm zur Ermittlung der Grundabsorption (OD320). Für die Reinheit R der Präparation und die Konzentration c von reiner DNA gilt: R = (OD260 – OD320)/(OD280 – OD320) c [µg/µL] = 0,05 ⋅ (OD260 – OD320) ⋅ Verdünnungsfaktor Bei reiner DNA erhält man R = 1,8 bis 2,0. Bacillus subtilis Da B. subtilis als grampositiver Organismus eine sehr widerstandsfähige Zellwand besitzt, muss diese vor der alkalischen Lyse der Zelle durch Behandlung mit einem Zellwand-lytischen Enzym (Lysozym) entfernt werden. Eine direkte alkalische Lyse ohne Vorbehandlung wie bei E. coli (s. o.) ist nicht möglich. Diese Eigenschaft wird beispielsweise beim KOH-Test genutzt, einem GramSchnelltest auf Basis der alkalischen Lyse (Zugabe von 3 %iger (w/v) Kaliumhydroxid-Lösung). Material • • • •
Zentrifuge für 1,5 mL-Reaktionsgefäße sterile 1,5 mL-Reaktionsgefäße Thermoschüttler (oder temperierbares Schüttel-Wasserbad) Eisbad
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3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
• alkalischer Lysepuffer 200 mM NaOH 1 % (w/v) SDS • Neutralisationspuffer 3 M Kalium-Acetat pH 5,5 • TE (H) 150 mM Tris/HCl 20 mM EDTA pH 8,0 • Lysozym-Stammlösung 20 mg/mL in A. dest., Lagerung bei 4 °C
Methode Plasmidtragende Stämme werden unter permanentem Selektionsdruck gehalten! 1. Je 1,25 mL der B.-subtilis-Kultur (LB-Selektionsmedium) werden zweimal nacheinander im selben 1,5 mL-Reaktionsgefäßes durch Zentrifugation geerntet (je 5 min, 15 000 g), Überstand jeweils verwerfen. 2. Zellpellet in 200 µL TE(H)-Puffer resuspendieren. 3. Protoplastierung durch Zugabe von 10 µL Lysozym-Stammlösung, gründliches Mischen und Inkubation für 15 min bei 37 °C unter Schütteln (Thermomixer). 4. Alkalische Zelllyse durch Zugabe von 200 µL alkalischem Lysepuffer und Inkubation bei RT für 5 min. 5. Zugabe von 200 µL Neutralisationspuffer und sofortiges Mischen stoppen die Reaktion. 6. Inkubation der Ansätze auf Eis (10 min). 7. Zentrifugation (20 min, 15 000 g, 4 °C) pelletiert Zelltrümmer, denaturierte Proteine und chromosomale DNA. 8. Der plasmidhaltige Überstand wird mittels Phenol-Chloroform-Extraktion gereinigt (Kap. 10.1). Hinweise zur Auswertung Photometrische Bestimmung der Reinheit und Konzentration der DNAIsolation; s. o. unter E. coli.
3.1 Escherichia coli und Bacillus subtilis
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3.1.5 Isolation von chromosomaler DNA aus Bacillus subtilis Material • • • • • •
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• • • • •
Zentrifuge für 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße sterile 50 mL- und 1,5 mL-Reaktionsgefäße unten zugeschmolzene 200 µL-Plastikpipettenspitze Lichtmikroskop LB-Medium (s. Kap. 3.1.1) TEN-Puffer 10 mM Tris/HCl 10 mM NaCl 1 mM EDTA pH 7,5 SET-Puffer 50 mM Tris/HCl 50 mM EDTA 20 % (w/v) Saccharose pH 7,5 TE-Puffer 10 mM Tris/HCl 1 mM EDTA pH 7,5 Lysozym-Stammlösung 10 mg/mL in SET-Puffer 10 % (w/v) SDS-Lösung Proteinase-K-Stammlösung 20 mg/mL in SET-Puffer Isopropanol p. a., –20 °C RNaseA-Stammlösung 10 mg/mL in A. dest., 10 min im Wasserbad kochen, Lagerung bei 4 °C
Methode 1. 10 mL LB-Medium mit einer Einzelkolonie inokulieren, Inkubation über Nacht bei 37 °C und starkem Schütteln. 2. Zellernte durch Zentrifugation (5 min, 5000 g, 4 °C). 3. Waschen: Resuspendieren des Zellpellets in 5 mL TEN-Puffer und Zentrifugation (5 min, 5000 g, 4 °C), Überstand verwerfen. 4. Pellet in 4,5 mL SET-Puffer resuspendieren, Zugabe von 500 µL LysozymStammlösung und Inkubation für 1–2 h bei 37 °C unter leichtem Schütteln.
158
3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
5. Mikroskopische Kontrolle der Protoplastierung (sollte etwa 95 % betragen). 6. Zugabe von 20 µL (10 % (w/v))-SDS-Lösung und 100 µL Proteinase-KStammlösung (Zelllyse und Proteinabbau). 7. Inkubation für 2 h bei 37 °C unter Schütteln. 8. Aufteilung des Ansatzes zu je 700 µL und Überführung in sterile 1,5 mLReaktionsgefäße, alle Ansätze parallel weiterbearbeiten. 9. Zugabe von je 700 µL eiskaltem Isopropanol (–20 °C) und vorsichtiges Invertieren des Ansatzes bis zum Ausfallen eines weißlichen Flockens (chromosomale DNA). 10. Mittels zugeschmolzener Plastikpipettenspitze den Flocken aus der Lösung fischen und in 500 µL TE-Puffer überführen. 11. Zugabe von 1 µL RNaseA-Stammlösung, Lösen der DNA (über Nacht bei 37 °C). 12. Aufreinigung der DNA mittels Phenol-Chloroform-Isolation (Kap. 10.1) und Alkoholpräzipitation (Kap. 10.2). Hinweise zur Auswertung 1. Überprüfung der DNA-Isolation auf persistierende Sporen: Inkubation eines Aliquots für 10 min bei 80 °C, ausplattieren auf LB-Festmedium und Bebrütung über Nacht bei 37 °C. Tyndallisierung (sukzessive dreimal bei 100 °C für jeweils 20 min im Abstand von je 24 h) zur Eliminierung auskeimender Sporen ist idR. nicht erforderlich. 2. Photometrische Bestimmung der Gesamt-DNA-Konzentration (vgl. Kap. 3.1.4).
3.2 Saccharomyces cerevisiae Die eukaryotische Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae kann mit geringem Aufwand und hoher Effizienz transformiert werden. Für ein erfolgreiches Transformationensexperiment müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein: (1) Etablierte Transformationsmethoden, damit die zu transformierende DNA in die Zelle aufgenommen wird. (2) Selektierbare Marker und Wirtsstämme, die mit den Markergenen korrespondieren. (3) Vektoren, die eine Amplifikation von klonierter DNA in E. coli und in S. cerevisiae erlauben. (4) Erprobte Methoden zur Charakterisierung der erzeugten transgenen Stämme.
3.2 Saccharomyces cerevisiae
159
Transformationsmethoden Für die Transformation von S. cerevisiae existieren fünf Transformationsmethoden, die sich nicht nur in ihrer Effizienz, sondern auch bezüglich des experimentellen Aufwandes unterscheiden. Grundsätzlich hängt die Transformationsrate (Transformanten/µg eingesetzter Plasmid-DNA) bei allen Methoden von den Wirtsstämmen und der Vektor-DNA ab. Bei der zuerst entwickelten und recht aufwändig durchzuführenden Sphäroplastierungsmethode werden durch die Behandlung der Hefezellen mit Zellwand-abbauenden Enzymen in einer isotonischen Lösung Sphäroplasten hergestellt. Die Sphäroplasten werden anschließend in Gegenwart von Calciumchlorid und Polyethylenglykol (PEG) 4000 mit der zu transformierenden DNA inkubiert und nehmen diese auf (Hinnen et al. 1978). Bei dieser Methode wird eine Transformationsrate von bis zu 2 ⋅ 105 Transformanten/ µg Plasmid erreicht. Eine etwas einfacher durchzuführende und sehr effektive Methode stellt die Lithium-Acetatmethode dar (Ito et al. 1983). Die Hefezellen werden bei dieser Methode durch Inkubation mit Lithium-Acetat kompetent gemacht. Die Transformation erfolgt in Gegenwart von PEG 2000. Ursprünglich wurden mit dieser Methode nur 104 Transformanten/µg Plasmid erreicht. Durch zahlreiche Verbesserungen, wie der Zugabe von einzelsträngiger RNA zur Plasmid-DNA und einem kurzeitigen Hitzeschock, können mit dieser Methode inzwischen bis zu 2,2 ⋅ 107 Transformanten/µg Plasmid erreicht werden (Gietz und Woods 1994). Eine sehr einfach und schnell durchzuführende Methode ist die Gefriermethode. Bei dieser Methode werden die Zellen mit Ethylenglykol versetzt und eingefroren. Die Transformation erfolgt während des Auftauens in Gegenwart von Polythylenglykol 1000 (Klebe et al. 1983). Die Transformationsrate ist bei dieser Methode mit 103 Transformanten/µg DNA vergleichsweise niedrig. Technisch aufwändig, aber sehr effektiv ist die Elektroporationsmethode. Bei dieser Methode werden die Zellmembranen durch kurze (10 µs) Pulse hoher Feldstärke (1,5 kV/cm) für die Plasmid DNA durchlässig gemacht. Der Vorteil dieser Methode besteht neben der hohen Transformationsrate von bis zu 106 Transformanten/µg Plasmid darin, dass nur geringe Mengen an Plasmid-DNA (zwischen 25 und 100 ng) zur Transformation eingesetzt werden müssen. Ähnlich anspruchsvoll wie die Elektroporation ist die biolistische Transformation von Hefezellen. Hier werden mit Hilfe einer Partikelkanone DNAbeschichtete Gold- oder Wolfram-Partikel in die Zelle geschossen. Die Partikel sind sehr klein, so dass sie keinen dauerhaften Schaden in der Zelle verursachen. Ursprünglich wurden die Partikel tatsächlich mit Schießpulver beschleunigt.
160
3 DNA-Transformation und Charakterisierung transgener Organismen
Heute wird dagegen komprimiertes Helium zur Beschleunigung verwendet. Die biolistische Methode hat sich für die Transformation von Hefemitochondrien bewährt, wegen des hohen technischen Aufwands jedoch nicht für die Transformation des Zellkerns. Die hier im praktischen Teil vorgestellte Hefe-Transformation nach der Gefriermethode liefert zwar wesentlich niedrigere Transformationsraten als die Sphäroplastierungsmethode oder die Lithium-Acetatmethode, ist aber weniger aufwändig und völlig ausreichend, wenn ein Plasmid in eine Hefezelle eingebracht werden soll. Alternativ wird hier die Elektroporationsmethode vorgestellt, die dann eingesetzt wird, wenn möglichst viele Transformanten erzielt werden sollen. Dies ist zum Beispiel bei der Transformation einer Genbank der Fall, da in einer solchen Genbank mehrere Tausend verschiedene Plasmide vorliegen. Selektionsmarker und Wirtsstämme Bei einer Transformation sollte die zu komplementierende chromosomale Auxotrophiemutation rezessiv sein und nur mit sehr geringer Frequenz von 185 TBq/mmol, Amersham Buchler) • Pasteurpipetten • Glaswolle • Sephadex G-25 • TE-Puffer
5.1 Transkriptanalysen
259
• Stopp-Puffer 20 mM EDTA Dextranblau B. Hybridisierung • Hybridisierungsofen mit Flasche • Röntgenfilm • Expositionskassette mit Verstärkerfolie • Hybridisierungspuffer (20 mL) 5 × SSPE 0,2 % SDS pH 7,5 • Waschpuffer (1 L) 0,2 % SDS 5 × SSPE
Methode
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Beim Umgang mit radioaktiven Stoffen sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
A. Markierungsreaktion 1. Folgender Ansatz wird pipettiert: 1 µL Oligonukleotid Ex1 41 µL A. dest. 5 µL 10 × Kinase-Puffer 2 µL [ƣ-32P] ATP 1 µL T4-Polynukleotidkinase 2. Inkubation für mindestens 60 min bei 37 °C. 3. Beendigung der Reaktion durch Zugabe von 50 µL Stopp-Puffer. 4. Aufreinigung der markierten Oligonukleotide über Sephadex G-25. B. Hybridisierung und Exposition 5. Filter in eine Hybridisierungsflasche geben und Hybridisierungspuffer in die Flasche füllen. 6. Zugabe des aufgereinigten markierten Oligonukleotids. 7. Hybridisierung bei 37 °C über Nacht im Hybridisierungsofen. 8. Filter in Waschpuffer bei 37 °C etwa 5 bis 10 min waschen, bis das Hintergrundsignal bei ca. 10 cps liegt, während das eigentliche Hybridisierungssignal noch deutlich stärker ist; gegebenfalls kann der Waschpuffer erneuert werden und die Waschtemperatur schrittweise leicht erhöht werden.
260
5 RNA-Analytik
9. Trocknen des Filters, Exposition eines Röntgenfilms in Gegenwart einer Verstärkerfolie über Nacht bei –80 °C. 10. Autoradiografie und Auswertung. Hinweise zur Auswertung Das Autoradiogramm wird bezüglich folgender Parameter analysiert: Wie viele Signale gibt es in den verschiedenen Spuren? Auf welcher Höhe liegen sie (Vergleich mit dem 1:1-Ausdruck des Gelfotos in Kap. 5.1.3). In Anlehnung an Abb. 5.1.2 b kann die Zuordnung der Signale zu den verschiedenen psaA-Transkripten erfolgen. Mögliche Fehlerquellen für ein Fehlen von erwarteten Signalen oder das Auftreten von unerwarteten Signalen sollen diskutiert werden (Stichworte: Kreuzhybridisierungen von ribosomalen RNAs, „Hintergrundschmier“, abgebaute RNA-Moleküle). Entspricht die Stärke der Signale den aufgetragenen RNA-Mengen?
5.2 In-situ-Hybridisierungen an DrosophilaEmbryonen Um die Funktion eines Gens im Detail zu verstehen, muss natürlich nicht nur der mutante Phänotyp beschrieben werden. Von besonderem Interesse ist auch das Expressionsmuster der mRNA und ihrer möglichen Spleißvarianten. Die Detektion eines mRNA-Transkripts in fixierten Zellen wird als in-situ-Hybridisierung bezeichnet. In den frühen 80er Jahren ist diese Technik an Gewebeschnitten entwickelt worden, um die Expression verschiedener Segmentierungsgene darzustellen. Hierzu wurden Gefrierschnitte hergestellt und die jeweilige mRNA nach Hybridisierung mit Tritium-markierten DNAProben detektiert. Dieses Verfahren war relativ aufwändig, es erforderte nach der Hybridisierung eine Überschichtung mit einem Film und ggf. längere Wartezeiten, bis der genügend belichtete Film entwickelt werden konnte. Der RNA-Nachweis im Gewebe wurde Ende der 80er Jahre durch die Einführung eines whole-mount-Verfahrens entscheidend vereinfacht. Hierbei werden fixierte und permeabilisierte Embryonen mit einer Digoxigenin-markierten DNA- oder RNA-Sonde hybridisiert. Es wird also keine Radioaktivität mehr verwendet. Digoxigenin ist ein Alkaloid aus Digitalis. Dieses Alkaloid wird kovalent an Nukleotide gekoppelt und wird von der DNA- bzw. RNAPolymerase gut eingebaut. Der Nachweis der gebundenen Sonde erfolgt über
5.2 In-situ-Hybridisierungen an Drosophila-Embryonen
261
einen Antikörper, der spezifisch das Digoxigenin bindet und mit einem leicht detektierbaren Enzym gekoppelt ist. Letztlich erlaubt also eine Farbreaktion die Visualisierung einer endogenen Genexpression. Aufgrund der einfachen experimentellen Durchführung ist das Verfahren inzwischen weitestgehend automatisiert worden und erlaubt z. B. die Bestimmung des embryonalen Expressionsmusters aller Gene von Drosophila. Im Rahmen des Genomprojektes sind bereits etwa 3000 der 14 000 Gene untersucht worden (siehe www. fruitfly.org/cgi-bin/ex/insitu.pl). Whole-mount-in-situ-Hybridisierung Material • Stämme: Drosophila-melanogaster-Wildtyp (Kap. 1.7.2) • Na-Hypochlorid (NaOCL), im Handel erhältlich als 10–15 % aktives Chlor (Chlorbleichlauge), 1:1 mit Wasser verdünnt • n-Heptan • Formaldehyd • Methanol • Ethanol 100 %, 80 % • PBS 130 mM NaCl 7 mM Na 2HPO4 3 mM KH2PO4 2,7 mM KCl pH 7,6 • PBT: PBS + 0,3 % Triton-X-100, bis auf die Färbelösungen alles mit DEPC-behandeltem Wasser ansetzen • DEPC H2O: 0,1 % (v/v) DEPC in H2O über Nacht lösen und autoklavieren • 5 % Formaldehyd in PBT • Fix-Lösung: 10 % Formaldehyd in PBS • Hybridisierungspuffer: 50 % Formamid, 2,5 × SSC, 0,1 % Tween 20 • Hybridisierungslösung: Hybridisierungspuffer + 100 µg/mL denaturierte Lachssperma-DNA • Anti-Digoxigenin-Antikörper (z. B. Roche) • NBT-Lösung: 100 mg/mL Nitroblau-Tetrazolium-Chlorid (NBT) in 70 % DMF • NBT-Puffer: 100 mM NaCl, 25 mM MgCl2, 100 mM Tris/HCl pH 9,5 • BCIP-Lösung: 50 mg/mL 5-Bromo-4-chloro-3-indolylphosphat (BCIP) in 100 % Dimethyl-Formamid (DMF) • Kanadabalsam-Methylsalicylat zum Einbetten (alternativ in 70 % Glycerin einbetten) • Objektträger, Deckgläschen • Mikroskop mit Interferenzkontrast-Optik
262
5 RNA-Analytik
Methode Die besten Ergebnisse erhält man bei Verwendung von Digoxigenin-markierten RNA-Sonden. Hierzu wird die cDNA des zu untersuchenden Gens in einen Vektor kloniert, der SP6- oder T3- und T7-RNA-Polymerase-Bindungsstellen aufweist. Die im Drosophila Rescource Center erhältlichen cDNA-Fragmente sind bereits in einen solchen Vektor kloniert worden. Eine Karte des Vektors pOT2 ist unter www.fruitfly.org/about/methods/pOT2vector.html, eine Karte des Vektors pFLC-I ist unter www.fruitfly.org/about/methods/pFLC-Ivector.html zu erhalten. Der cDNA-Klon wird mit einem Enzym linearisiert, das im 5’-Bereich schneidet. Anschließend wird die T3- oder SP6-RNA-Polymerase hinzugegeben und die Antisense-Sonde wird in Gegenwart von Digoxigenin-markiertem UTP transkribiert. In der Beispielabbildung 5.2.1 wurde eine netrinA-cDNASonde verwendet (RE11206, Drosophila Rescource Center). A. Herstellung der Digoxigenin-markierten RNA-Sonde 1. Probe ansetzen: 1 µg linearisierte cDNA 2 µL DIG labeling Mix (z.B. Roche Best. Nr. 1 277 073) 2 µL 10× RNA-Polymerasepuffer 4 U RNA-Polymerase ad 20 µL H2O. 2. Reaktion mind. 2 Stunden bei 37 °C inkubieren, kann über Nacht stehen bleiben. Die Sonde kann anschließend ca. 1/100 verdünnt werden. Die richtige Verdünnung muss empirisch ermittelt werden. B. Fixierung der Embryonen 3. Embryonen werden mit PBT von der Agarplatte in ein kleines Sieb überführt. 4. Dechorionisierung mit 5 % NaOCl für 4 min. 5. Gründlich mit H2O waschen. 6. Auf Apura-Papier gut trocknen. 7. Überführung der Embryonen in Heptan. 8. Überführung der Embryonen mit dem Heptan aus dem Sieb in 5 mLGlasröhrchen. 9. Zugabe des gleichen Volumens an Fix-Lösung (10 % Formaldehyd/PBS). 10. Fixierung der Embryonen für 30 min bei RT auf einem Schüttler. 11. Abnahme der wässrigen (unteren) Phase und Zugabe von 2 mL Methanol. 12. Zur Entfernung der Vitellinmembran ca. 10 s kräftig schütteln, man spricht von Devitellinisierung.
5.2 In-situ-Hybridisierungen an Drosophila-Embryonen
263
13. Abnahme der organischen (oberen) Phase, erneute Zugabe von Methanol und kurz schütteln. 14. Abnahme des Methanols und 1× mit 80 % Ethanol waschen. 15. Überführen in 100 % Ethanol. Anschließend können die Embryonen bei –20 °C gelagert werden. C. Hybridisierung 16. Die Embryonen für 2 min mit 50 % Ethanol/PBT rehydrieren. 17. 2 × 2 min mit PBT waschen. 18. Wasserbad zum Kochen bringen, Gasflamme ausstellen, Embryonen 6 min unter gelegentlichem Aufwirbeln im Wasserbad inkubieren. 19. Embryonen 15 min auf Eis stellen. 20. 2 × kurz mit PBT waschen (Raumtemperatur). 21. 20 min in 5 % Formaldehyd/PBT bei Raumtemperatur nachfixieren. 22. 3 × 10 min waschen mit PBT. 23. 5 min in Hybridisierungslösung waschen. 24. 80 min bei 60 °C in Hybridisierungslösung inkubieren. 25. Hybridisierungslösung abnehmen, bis die Embryonen noch gerade bedeckt sind. 26. 2 µL (10 ng) markierte Probe und 18 µL Hybridisierungslösung 1 min aufkochen, sofort auf Eis stellen. 27. Zugabe der denaturierten Probe zu den Embryonen. 28. Mischen durch Schnippen, Inkubation über Nacht bei 60 °C. 29. Hybridisierungslösung soweit es geht entfernen. 30. 30 min in Hybridisierungspuffer bei 60 °C waschen. 31. 30 min in Hybridisierungspuffer/PBT (1:1) bei 60 °C waschen. 32. 5 × 20 min in PBT bei 60 °C waschen. 33. 10 min in PBT bei Zimmertemperatur waschen. 34. Inkubation mit anti-Digoxigenin-Antikörper/PBT (1:2000) für 2 h bei Zimmertemperatur. 35. 5 × 10 bis 20 min in PBT waschen. D. Nachweisreaktion 36. 2 × 5 min in NBT-Puffer waschen. 37. Embryonen in 3,5 µL NBT/mL NBT-Puffer und 4,5 µL BCIP/mL NBTPuffer inkubieren. 38. Stoppen der Färbereaktion mit PBT, wenn gewünschte Intensität erreicht ist. 39. 3 × kurz mit PBT waschen, 3 × 20 min mit PBT auf einem Schüttler bei RT waschen.
264
5 RNA-Analytik
E. Herstellen von Dauerpräparaten 40. Entwässern der Embryonen in einer Alkoholreihe: 50 %, 70 %, 90 %, 95 %, 100 % Ethanol (der letzte Ethanolschritt sollte nicht länger als 1 min dauern, da der Farbstoff im Alkohol gelöst wird). 41. Einen Tropfen 4:1 Kanadabalsam-Methylsalicylat auf einen Objektträger geben (nicht viel verwenden, da sonst das Präparat zu dick wird). 42. Embryonen mit wenig Ethanol auf den Tropfen Einbettungsmedium legen, kurz warten und Deckgläschen auflegen. 43. Alternativ werden die Embryonen nicht entwässert, sondern in 70 % Glycerin eingebettet. Hinweise zur Auswertung Die Embryonen werden am besten mit Hilfe eines Interferenzkontrastfähigen Mikroskops betrachtet. Um die Gewebe zu identifizieren, die das untersuchte Gen exprimieren, kann die FlyMove Datenbank genutzt werden (flymove.uni-muenster.de). Die Embryonen werden fotografiert und so aufgearbeitet, dass dorsal oben und anterior nach links zeigt (Abb. 5.2.1). Es sollte darauf geachtet werden, alle Entwicklungsstadien zu erkennen, damit die Frage beantwortet werden kann, wann die Expression beginnt und wann sie ggf. aufhört.
a
b ms
c
d
vm ml
vm
Abb. 5.2.1 a–d. Die früheste Expression des netrinA-Gens lässt sich im zellulären Blastoderm in der Anlage des Mesoderms nachweisen (a). Im ausgestreckten Keimstreif (vgl. flymove.uni-muenster.de) ist zusätzlich zur Expression im Mesoderm die netrinA-mRNA in ektodermalen Zellen exprimiert (b). Ab dem Stadium 12 wird eine starke Expression von netrinA in den Zellen der ZNS (Zentralnervensystem)Mittellinie beobachtet (c). Hier kontrolliert Netrin die Ausprägung der Kommissuren. Eine weitere Expressionsdomäne findet sich im viszeralen Mesoderm (d). Die Funktion von Netrin in diesem Gewebe ist unklar. ms Mesoderm, ml ZNS-Mittellinie, vm viszerales Mesoderm
6 Analyse von Nukleinsäure-ProteinInteraktionen
Die komplexe Expression eukaryotischer Gene wird auf verschiedenen Ebenen reguliert. Daran sind sowohl DNA- als auch RNA-bindende Proteine beteiligt. DNA-bindende Proteine haben eine Auswirkung auf die Struktur des Chromatins, wodurch die Assemblierung der Transkriptionsmaschinerie beeinflusst wird. Weiterhin gibt es essentielle Faktoren des Transkriptionsapparates sowie eine Vielzahl von gen- und entwicklungsspezifischen regulatorischen Transkriptionsfaktoren. RNA-bindende Proteine sind an einer Reihe von posttranskriptionellen Modifikationsreaktionen beteiligt, wie beispielsweise der 5‘- und 3‘-Prozessierung und dem RNA-Spleißen. Auch hier kann zwischen strukturellen Bestandteilen der Enzymkomplexe und spezifischen regulatorischen Faktoren unterschieden werden. Bislang ist vermutlich erst ein Bruchteil der beteiligten Komponenten bekannt, und die nachfolgend vorgestellten Methoden stellen ein wichtiges Werkzeug für die Identifizierung und Charakterisierung weiterer Nukleinsäure-bindender Proteine dar.
6.1 In-vivo-Analysen Experimentell bedingt gibt es mehr auf in-vitro-Ansätzen basierende Methoden zur Analyse von Nukleinsäure-Protein-Wechselwirkungen (Kap. 6.2) als solche, die auf in-vivo-Ansätzen beruhen. Insbesondere die nähere Charakterisierung einer Interaktion wird häufig in vitro durchgeführt. Um allerdings die Signifikanz derartiger Analysen zu überprüfen, ist die Bestätigung der Ergebnisse in einer in-vivo-Situation sehr wichtig. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die verschiedenen Hefe-HYBRID-Systeme zu nennen. Ein weiterer Vorteil der Hefe-HYBRID-Analysen besteht darin, dass eine große Zahl verschiedener Einzelmoleküle relativ schnell untersucht werden
266
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
kann. Entsprechend steht das Durchmustern einer cDNA-Bank auf der Grundlage eines HYBRID-Systems häufig am Beginn eines Projektes, um ein erstes Identifizieren einer spezifischen Nukleinsäure-Protein-Wechselwirkung zu ermöglichen. 6.1.1 Hefe-HYBRID-Analysen Für die Hefe Saccharomyces cerevisiae wurden verschiedene Systeme entwickelt, um Interaktionen zwischen DNA und Proteinen, RNA und Proteinen und zwischen verschiedenen Proteinen zu analysieren. Wichtig ist dabei, dass heterologe Nukleinsäuren eingesetzt werden können, um die entsprechenden Bindungskomponenten (DNA, RNA oder Proteine) zu identifizieren (Abb. 6.1.1). Bei allen Systemen wird das Prinzip von Köder (bait) und Beute ( prey) verwendet. Man macht sich dabei zunutze, dass der Transkriptionsfaktor GAL4 von S. cerevisiae, wie viele andere Transkriptionsfaktoren auch, aus zwei trennbaren funktionellen Domänen besteht. Die eine dient zur DNA-Bindung (DB) und die andere zur Aktivierung (AD) des Transkriptionskomplexes. Der GAL4-Transkriptionsfaktor spielt eine entscheidende Rolle bei der Nutzung des Zuckers Galactose durch S. cerevisiae. Diese Hefe besitzt anders als E. coli kein Lactose-hydrolysierendes Ƣ-Galactosidase-Enzym. Die am Galactose-Metabolismus beteiligten Gene werden abgekürzt mit GAL bezeichnet. Sie wurden identifiziert, weil die entsprechenden Hefemutanten nicht auf Galactose als C-Quelle wachsen können. Dabei wirkt das gal4-Gen als positiver, das gal80-Gen als negativer Regulator. Die Produkte der gal1-, gal7- und gal10-Gene sind Enzyme des Galactosestoffwechsel, bei dem die D-Galactose in das verwertbare D-Glucose-6-Phosphat umgewandelt wird. Die Regulation dieser Gene wird durch die bereits oben angesprochenen Faktoren GAL4 und GAL80 reguliert. Das GAL4-Protein hat eine Größe von 99 kDa und bindet spezifisch an die Promotorsequenzen der gal1-, gal7- und gal10-Gene. Das gal80-Genprodukt wirkt reprimierend auf die gal4-Genexpression.
Die wohl erfolgreichsten Methoden zur in-vivo-Untersuchung von Nukleinsäure-Protein-Wechselwirkungen sind das ONE-HYBRID- und das THREE-HYBRID-System. Dabei ermöglicht das ONE-HYBRID-System eine Analyse der Interaktionen zwischen DNA-Sequenzen und Proteinen, während das THREE-HYBRID-System zur Untersuchung von RNA-Protein-Wechselwirkungen geeignet ist. Beide Systeme wurden ausgehend vom TWO-HYBRID-System entwickelt, welches 1989 von Fields und Song erstmals zur Charakterisierung von Protein-Protein-Interaktionen beschrieben wurde. Allen drei Systemen ist gemeinsam, dass die entsprechende Wechselwirkung zu einer Aktivierung eines Reportergens (z. B. HIS3, lacZ) in der
6.1 In-vivo-Analysen
267
a Hybrid-Protein
GAL4AD
Reportergen
DNA-Bindestelle / Ziel-Sequenz
b
Hybrid-Protein 2 GAL4AD
Hybrid-Protein 1 GAL4DB
Minimalpromotor
c
Hybrid-RNA
Reportergen
GAL4AD
Hybrid-Protein 2
RRE
Hybrid-Protein 1 Rev M10
Ziel-RNA
GAL4DB
Minimalpromotor
Reportergen
Abb. 6.1.1 a–c. Hefe-HYBRID-Systeme zum Nachweis von DNA-Protein- (a), Protein-Protein- (b) oder RNA-Protein- (c) Wechselwirkungen. Durch die Interaktionen der dargestellten Hybridmoleküle gelangt die transkriptionsaktivierende Domäne eines Hefe-Transkriptionsfaktors (GAL4-AD) in die räumliche Nähe des Reportergens. Die jeweils untersuchten Komponenten sind grau dargestellt. Das virale RNAbindendes Protein RevM10 geht eine starke Wechselwirkung mit seiner Zielsequenz RRE (rev responsive element) ein
Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae führt. Diese Aktivierung erfolgt durch ein Fusionsprotein aus dem zu untersuchenden Protein und der transkriptionsaktivierenden Domäne (AD) des GAL4-Transkriptionsfaktors, das aufgrund der
268
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
gewünschten Interaktion in die Nähe des Reportergens gelangt. Die AD kann dort ihre Transkriptionsaktivierung leisten (Abb. 6.1.1). Nachfolgend wird das Prinzip des ONE-HYBRID-Systems detailliert erläutert. Anschließend erfolgt die Vorstellung der entsprechenden Modifikationen der beiden anderen Systeme. ONE-HYBRID-System Dieses Verfahren zur Analyse von DNA-Protein-Wechselwirkungen wurde von Wang und Reed (1993) entwickelt und erstmals bei der Klonierung eines olfaktorischen Transkriptionsfaktors eingesetzt. In einem ersten Schritt wird die zu analysierende DNA-Sequenz eines beliebigen Organismus, auch bait oder „Köder“ genannt, in einen Hefe-Rezipientenstamm transformiert. Dieser besitzt keinen funktionellen GAL4-Transkriptionsfaktor. Die Integration der Fremd-DNA findet stromaufwärts des verwendeten Reportergens statt, das nur mit einem Minimalpromotor versehen ist (Abb. 6.1.1 a). Bevor die eigentliche Analyse spezifischer Interaktionen stattfinden kann, muss zunächst eine Aktivierung der Genexpression des Reportergens durch eine unerwünschte Bindung von Hefe-Transkriptionsfaktoren an die integrierte DNA-Sequenz ausgeschlossen werden. In einem solchen Fall ist keine weitere Analyse dieser Sequenz möglich, da nicht zwischen erwünschter und unerwünschter Wechselwirkung unterschieden werden kann. In diesem Fall kann eine verkürzte Ziel-Sequenz untersucht werden, die möglicherweise keine Bindung der Hefeproteine erlaubt, während die Bindung des eigentlich zu untersuchenden DNA-bindenden Proteins nicht oder nur kaum beeinträchtigt ist.
Das zu untersuchende DNA-bindende Protein ( prey, „Beute“) wird so in diesen Hefestamm eingebracht, dass es als Fusionsprotein mit der transkriptionsaktivierenden Domäne des GAL4-Proteins der Hefe (AD) gebildet wird. Eine Interaktion des DNA-bindenden Polypeptids mit der analysierten DNA-Sequenz führt dann dazu, dass die AD in räumliche Nähe des Transkriptionsstartpunktes des Reportergens gelangt und es zur Transkriptionsinitiation des Reportergens kommt (Abb. 6.1.1 a). Das System erlaubt einerseits die Analyse eines bereits bekannten Proteins bezüglich seiner Bindungseigenschaften an die DNA, indem beispielsweise die untersuchte Ziel-DNA modifiziert wird oder veränderte Proteine auf ihre Bindungsfähigkeit untersucht werden. Andererseits können neue Interaktionspartner für das bait identifiziert werden, indem eine Expressionsbank (cDNABank) in Form von AD-Fusionskonstrukten angelegt wird. DNA aus dieser Bank wird in den das bait enthaltenden Rezipientenstamm transformiert, und
6.1 In-vivo-Analysen
269
die verschiedenen Transformanten werden bezüglich einer Reportergenaktivierung analysiert. Um bei dieser Vorgehensweise die Zahl der zu untersuchenden Transformanten einzuschränken, wird als Reporter ein Gen verwendet, dessen Produkt den Zellen eine Prototrophie verleiht, also beispielsweise HIS3 oder ADE1 (Tabelle 1.3.3). In diesem Fall überleben den Selektionsdruck (idealerweise) nur Transformanten mit einem Plasmid, das für ein DNA-bindendes Protein (prey) kodiert. Aus verschiedenen Gründen kann aber nach einer solchen Analyse die Zahl von sogenannten „falsch positiven“ Transformanten relativ groß sein. In einigen Hefe-Reportergenstämmen kommt es z. B. durch eine unspezifische Bindung von Hefe-Transkriptionsfaktoren zu einer basalen Expression des HIS3Gens. Dies führt zu einem Wachstum von nicht transformierten Zellen bzw. von solchen ohne ONE-HYBRID-Interaktion und zeigt sich bei der Selektion in einem Hintergrund von kleinen Hefekolonien. Durch Zugabe von 3-Aminotriazol (3-AT), einem kompetitiven Inhibitor des HIS3-Proteins, zum Selektionsmedium kann dieses Hintergrundwachstum inhibiert werden. Allerdings können zu hohe 3-AT-Konzentrationen dazu führen, dass auch Zellen mit gewünschter ONE-HYBRID-Interaktion nicht überleben, so dass die 3-AT Konzentration für das Durchmustern der Transformanten u. U. optimiert werden muss (Abb. 6.1.2 und 6.1.3).
In der Regel wird zur Absicherung der Ergebnisse eine zweite Analyse mit einem anderen Reportergen durchgeführt. Dabei handelt es sich häufig um das lacZ-Gen, so dass DNA-Protein-Interaktionen durch die Blaufärbung der Hefezellen in Gegenwart von geeigneten Substraten direkt nachgewiesen werden können. Neben der Bestätigung der Ergebnisse der ersten Selektionsrunde hat diese Methode den Vorteil, dass sich durch Verwendung von Flüssigkulturen die Reportergenaktivierung — und damit die Bindungsaffinität zwischen Protein und DNA — quantifizieren lässt. TWO-HYBRID-System Auch wenn das TWO-HYBRID-System der Analyse von Protein-ProteinWechselwirkungen dient, soll es an dieser Stelle aufgrund seiner essentiellen Bedeutung kurz erläutert werden. Wie der Name andeutet, spielen im Gegensatz zum ONE-HYBRID-System zwei Fusionsmoleküle eine Rolle. Das erste ist ein Fusionsprotein aus der DNA-bindenden Domäne des GAL4-Proteins (DB) und dem zu untersuchenden Protein. Das zweite Fusionsprotein besteht aus der AD und einem potentiellen Interaktionspartner. Im Gegensatz zum ONE-HYBRID-System steht das Reportergen jeweils unter der Kontrolle eines
270
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
SD His–
0 mM 3-AT
3 mM 3-AT
5 mM 3-AT
10 mM 3-AT
Abb. 6.1.2. Wachstum des Hefe-Rezipientenstammes in Abhängigkeit von der 3Aminotriazol (3-AT)-Konzentration im Medium. Der Stamm YM4271-BSII wurde auf Minimalmedium ohne Histidin (SD His – ) mit den angegebenen Konzentrationen an 3-AT ausplattiert
Promotors, der von der DB des GAL4-Transkriptionsfaktors erkannt wird. Somit wird das Reportergen exprimiert, wenn eine Interaktion zwischen den beiden untersuchten Proteinen stattfindet und es zu einer Art Rekonstitution des GAL4-Transkriptionsfaktors kommt (Abb. 6.1.1 b). Durch entsprechende Kontrollen muss allerdings sichergestellt werden, dass die Reportergenaktivierung tatsächlich von der Protein-Protein-Wechselwirkung abhängig ist und nicht auf eine Interaktion des untersuchten Proteins mit der DB oder dem Promotor zurückzuführen ist. THREE-HYBRID-System Bei diesem Versuchsansatz zur Analyse von RNA-Protein-Wechselwirkungen handelt es sich um eine Erweiterung des TWO-HYBRID-Systems, bei der erst die Interaktion von drei Fusionsmolekülen zur Reportergenaktivierung
6.1 In-vivo-Analysen
271
SD His–, 0 mM 3-AT
pGAD424
pGC1
pGAD424
pGC1
SD His–, 3 mM 3-AT Abb. 6.1.3. Transformation des Stammes YM4271-BSII mit den Plasmiden pGAD424 und pGC1. Aliquots des jeweiligen Transformationsansatzes wurden auf Selektionsmedium (SD His – ) ohne und mit 3-Aminotriazol (3-AT) ausplattiert
führt. Das potentielle RNA-bindende Protein wird als Fusionsprotein mit der AD gebildet. Ein zweites Fusionsprotein besteht aus der DNA-bindenden Domäne des GAL4-Proteins (DB) und einem bereits bekannten RNA-bindenden Protein. Als Adapter zwischen diesen beiden Fusionsproteinen fungiert eine Fusions-RNA. Diese besteht aus der Ziel-RNA des bekannten RNA-bindenden Proteins und der zu untersuchenden RNA. Prinzipiell findet also über die bereits charakterisierte RNA-Protein-Interaktion die Wechselwirkung zwischen dem ersten Fusionsprotein mit der DB und der Fusions-RNA statt. Wenn dann die zu analysierende RNA-Protein-Interaktion erfolgt und alle drei Fusionsmoleküle wechselwirken, kommt es zur Reportergenaktivierung durch die AD (Abb. 6.1.1 c). Durch die Komplexität der Interaktionen sind zahlrei-
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6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
che Kontrollexperimente notwendig, um die spezifische Korrelation zwischen RNA-Protein-Wechselwirkung und Reportergenaktivierung sicher zu stellen. Abschließend sei nochmals erwähnt, dass in allen drei Systemen nicht nur Hefe-Proteine, sondern auch Proteine anderer Organismen untersucht werden können. Hierbei handelt es sich also um eine in-vivo-Analyse, bei der die Bindungsverhältnisse den realen Bindungsbedingungen höchstwahrscheinlich sehr nahe kommen. Letztendlich handelt es sich aber um ein heterologes System, in dem die Analyse stattfindet. Dies sollte insbesondere bei der Bewertung von quantitativen Versuchsansätzen zur Bestimmung von Bindungsstärken berücksichtigt werden. Inzwischen gibt es zahlreiche Modifikationen der hier beschriebenen Systeme, die beispielsweise in Übersichten von Brachmann und Boekke (1997), Vidal und Legrain (1999) sowie Fetchko et al. (2003) erläutert werden. 6.1.2 Die Wechselwirkung eines Transkriptionsfaktors mit einem Promotorelement Transkriptionsfaktoren stellen eine sehr interessante Familie der DNA-bindenden Proteine dar, da sie auf vielfältige Art und Weise regulierend auf die Expression von Genen einwirken. Das ONE-HYBRID-System ist für die Identifizierung und Charakterisierung solcher Transkriptionsfaktoren von großer Bedeutung und soll deshalb in zwei Praktikumsversuchen vorgestellt werden. Diese können jeweils einzeln oder in Kombination durchgeführt werden. Thema ist die exemplarische Untersuchung eines pilzlichen Transkriptionsfaktors (CPCR1) und seine Wechselwirkung mit Promotorbindesequenzen. Als Transkriptionsfaktor reguliert CPCR1 die Expression des pcbC-Biosynthesegens aus dem Hyphenpilz Acremonium chrysogenum und scheint somit interessant bei der gezielten Stammoptimierung. Dieser Pilz ist der industriell genutzte Produzent des Ƣ-Lactamantibiotikums Cephalosporin C. Bei der Biosynthese dieses Peptidantibiotikums ist neben anderen Enzymen die Isopenicillin-N-Synthetase beteiligt, welche vom pcbC-Gen kodiert wird. Mit Hilfe des ONE-HYBRID-Systems wurde entdeckt, dass der Transkriptionsfaktor CPCR1 an den Promotor des pcbC-Gens bindet. Dazu wurde die Bindestelle II (BSII) aus dem pcbC-Promotor als bait verwendet, eine Acremonium-cDNABank transformiert und die Transformanten bezüglich einer Reportergenaktivierung analysiert. Im Praktikum soll die CPCR1-Interaktion mit seiner Bindestelle BSII durch Reportergenanalysen nachvollzogen werden. Falls eine ONE-HYBRIDAnalyse auf der Grundlage der erworbenen Histidin-Prototrophie durch-
6.1 In-vivo-Analysen
273
geführt werden soll, muss das entsprechende Transformationsexperiment durchgeführt werden. Daher wurde der Versuch zur Hefe-Transformation in diesem Buch (Kap. 3.2.1) im Hinblick auf diese Fragestellung gestaltet. Es werden die geeigneten Vektoren für die ONE-HYBRID-Analyse verwendet. Die im Praktikum erzeugten Transformanten können im Anschluss an die Transformation und Selektion auch bezüglich ihrer Ƣ-Galactosidase-Aktivität untersucht werden. Außerdem sind sie für in-vitro-Bindungsstudien geeignet, die im Kap. 6.2 vorgestellt werden. Die Hefe-Transformanten können aber auch zur Verfügung gestellt und die ONE-HYBRID-Analysen auf die Untersuchung der Ƣ-Galactosidase-Aktivität beschränkt werden. 6.1.3 ONE-HYBRID-Analysen durch Selektion von HefeTransformanten auf Histidin-Prototrophie Als Rezipientenstamm für die Transformation wird der Histidin-auxotrophe Hefestamm YM4271-BSII verwendet. In seinem Genom ist die zu untersuchende DNA-Sequenz BSII vor dem HIS3+ -Gen integriert und ergänzt so den Minimalpromotor. In zwei unabhängigen Ansätzen werden die Plasmide pGAD424 bzw. pGC1 transformiert und auf verschiedenen Selektionsmedien ausplattiert. Der Shuttle-Vektor pGAD424 kodiert für die GAL4-Aktivierungsdomäne. Das Plasmid pGC1 ist ein pGAD424-Derivat und unterscheidet sich von diesem durch die Integration der cDNA des cpcR1-Gens (Kap. 3.2). Da sich die integrierte cDNA im gleichen Leseraster wie der kodierende Bereich für die AD befindet, wird in diesen Transformanten ein AD-CPCR1-Fusionsprotein gebildet. Bezüglich der praktischen Durchführung dieses Versuches sei auf das Kap. 3.2.1 verwiesen. In diesem Zusammenhang werden nur die verschiedenen Transformationsansätze und das zu erwartende Ergebnis bei verschiedenen Selektionen in der Tabelle 6.1.1 zusammenfassend aufgeführt. Hinweise zur Auswertung Zur Auswertung werden Anzahl und Größe der Hefekolonien auf den unterschiedlichen Platten analysiert. Dabei kann man in der Regel feststellen, dass das tatsächliche Ergebnis von den in Tabelle 6.1.1 formulierten Erwartungen abweicht. Insbesondere werden auch auf den leu–, his– -Selektionsplatten der YM4271 + pGAD424-Transformanten einige Kolonien zu finden sein, die aber in der Regel kleiner sind als die Kolonien auf leu– Selektionsplatten (Abb. 6.1.3). Die Gründe dafür sollen diskutiert werden.
274
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
Tabelle 6.1.1. Übersicht über die Transformationsexperimente zur Analyse der Interaktion zwischen dem Protein CPCR1 und seiner Bindestelle BSII mit Hilfe des ONEHYBRID-Systems Transformationsansatz YM4271-BSII + A. dest. YM4271-BSII + pGAD424 YM4271-BSII + pGC1
Wachstum auf leu– – + +
Wachstum auf leu–, his –, 3-AT – – +
6.1.4 ONE-HYBRID-Analysen mit Hilfe von LacZ-Tests ausgewählter Hefe-Transformanten Grundlage dieser Methode ist die Tatsache, dass das bakterielle lacZ-Gen in der Hefe exprimiert werden kann und die gebildete Ƣ-Galactosidase funktionell ist. Prinzipiell kann ein LacZ-Test zur Untersuchung der Reportergenaktivierung als qualitative oder als quantitative Analyse durchgeführt werden. Die qualitative Analyse ist üblich, um die meist relativ große Zahl potentiell positiver Kandidaten nach einer ersten Selektion auf Prototrophie noch einmal unabhängig zu überprüfen. Diese Analyse kann direkt auf den Agarplatten durchgeführt werden, sofern das lacZ-Reportergen mehrfach in dem Rezipientenstamm vorhanden ist. In der Regel werden die zu analysierenden Hefekolonien aber zuerst auf einen Filter übertragen, auf dem dann durch das Einwirken von flüssigem Stickstoff die Zellen aufgebrochen werden. Als Substrat für die Ƣ-Galactosidase wird X-Gal verwendet, welches eine hohe Empfindlichkeit des Testsystems gewährleistet. Eine quantitative Analyse wird in der Regel nur mit einer geringeren Zahl von Transformanten durchgeführt, um beispielsweise eine bereits bekannte Wechselwirkung näher zu charakterisieren. Dabei ist eine Anzucht in Flüssigmedium erforderlich, und es werden Substrate wie im ONPG oder CPRG verwendet, die sich durch unterschiedliche Nachweisgrenzen auszeichnen. Falls Bindungsstärken verschiedener Interaktionen verglichen werden sollen, müssen diese in dem gleichen Rezipientenstamm quantifiziert werden. In diesem Kapitel wird exemplarisch die qualitative Analyse von HefeTransformanten vorgestellt, welche das Plasmid pGC1 bzw. das Kontrollplasmid pGAD424 tragen (Kap. 3.2.1 und 6.1.3). Das Plasmid pGC1 kodiert für ein Fusionsprotein aus der GAL4-Aktivierungsdomäne und dem Transkriptionsfaktor CPCR1 aus A. chrysogenum. Die spezifische Bindung des Fusionsproteins erfolgt an die Bindestelle BSII aus dem pcbC-Promotor, die vor dem lacZ-Reportergen integriert ist. Mit Hilfe des Kontrollstammes, der das Plasmid pGAD424 trägt, kann ausgeschlossen werden, dass die Aktivie-
6.1 In-vivo-Analysen
275
rungsdomäne mit der Bindestelle BSII wechselwirkt und es dadurch zu einer unspezifischen Reportergenaktivierung kommt. Material • • • • • • • •
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!
10 YM4271-BSII + pGAD424-Transformanten 10 YM4271-BSII + pGC1-Transformanten SD-Minimalmedium leu– (1 Agarplatte) Inkubator für die Anzucht der Hefeplatte (27 °C) 2 sterile Papierfilter in Petrischalengröße 1 Petrischale X-Gal-Stammlösung 20 mg/mL in N, N-Dimethylformamid Testpuffer-Stammlösung 16,1 g/L Na 2HPO4 × 7 H2O 5,5 g/L NaH2PO4 × 7 H2O 0,75 g/L KCl 0,246 g/L MgSO4 × 7 H2O Testpuffer (10 mL) 10 mL Testpuffer-Stammlösung 0,027 mL Ƣ-Mercaptoethanol 0,167 mL X-Gal-Stammlösung flüssiger Stickstoff und lange Pinzette zum Eintauchen der Filter Wärmeschrank (60 °C)
Beim Arbeiten mit flüssigem Stickstoff sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Methode 1. Die YM4271-BSII + pGAD424-Transformanten und die YM4271-BSII + pGC1-Transformanten werden auf eine SD leu– -Platte überimpft. Durch Markierungen muss sichergestellt werden, dass die Transformanten voneinander unterschieden werden können. 2. Die Platten werden 2 bis 3 Tage bei 27 °C inkubiert. 3. Auf die beimpfte Agarplatte wird ein Papierfilter gelegt und mit einem wasserfesten Kugelschreiber die Markierung von der Platte übertragen. 4. Der Papierfilter mit den Hefekolonien wird mit der Pinzette vorsichtig abgezogen, so dass möglichst das komplette Zellmaterial auf dem Filter verbleibt. Der Filter wird mit der Pinzette für 10 s vorsichtig in flüssigen Stickstoff getaucht, wobei die Hefekolonien nach oben zeigen.
276
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
5. Der Papierfilter wird aufgetaut, wobei die Hefekolonien weiterhin auf der Oberseite platziert sind. 6. In eine Petrischale wird ein separater Papierfilter gelegt, der mit Testpuffer getränkt wurde (ca. 2–3 mL). Überschüssige Flüssigkeit muss entfernt werden. Falls der überschüssige Puffer in diesem Schritt 6 nicht sorgfältig entfernt wird, beginnen die Hefekolonien zu schwimmen und sich über den Filter zu verteilen, was eine korrekte Analyse unmöglich macht. 7. Auf diesen mit Testpuffer getränkten Filter wird der Filter mit den Hefekolonien gelegt, wobei die Hefekolonien nach oben weisen. 8. Die geschlossene Petrischale wird für 90 min bei 27 °C inkubiert. Gegebenenfalls kann eine Blaufärbung beobachtet werden. 9. Die Enzymaktivität wird durch 30-minütiges Trocknen der Filter im Wärmeschrank (60 °C) gestoppt. 10. Auswertung der Ƣ-Galactosidaseaktivität in den Hefe-Transformanten. Hinweise zur Auswertung Bei diesem Versuch wurden von jedem Stamm zehn unabhängige Transformanten analysiert. Es soll diskutiert werden, warum dieses wichtig ist. Zeigen alle Transformanten das gleiche Ergebnis? Weiterhin soll erarbeitet werden, welche Schritte bei der Durchführung eventuell problematisch sein können.
6.2 In-vitro-Analysen Für die Charakterisierung einer Wechselwirkung zwischen einem Protein und einer Nukleinsäure steht eine Vielzahl von Methoden zur Verfügung, welche auf der in-vitro-Rekonstitution dieser Interaktion beruhen. In Abhängigkeit davon, wie viel bereits über die zu untersuchende Wechselwirkung bekannt ist, können unterschiedlichste Fragestellungen beantwortet werden. Die Bestimmung des exakten DNA-Bindemotivs ist beispielsweise mittels Footprinting- und Interferenz-Analysen möglich. Bei einem Footprint wird zunächst der Nukleinsäure-Protein-Komplex in vitro rekonstituiert, wobei die Nukleinsäure an einem Ende markiert ist. Es erfolgt dann eine Fragmentierung der Nukleinsäure, und zwar statistisch über die gesamte Länge des Moleküls. Um eine Fragmentierung der Nukleinsäure zu erreichen, gibt es zwei Möglichkeiten. Man kann die Nukleinsäure beispielsweise durch Inkubation mit Dimethylsulfat
6.2 In-vitro-Analysen
277
an den Guanosinresten methylieren und durch Piperidin Strangbrüche an den modifizierten Nukleotiden erzeugen. Alternativ werden Strangbrüche durch eine milde enzymatische Hydrolyse erzielt.
Lediglich in solchen Bereichen der Nukleinsäure, die durch eine Proteinbindung geschützt sind, findet keine Fragmentierung statt. Bei einer Gelelektrophorese wird dieser Reaktionsansatz parallel zu einem zweiten analysiert, bei dem die ungeschützte Nukleinsäure komplett fragmentiert wurde. Im Autoradiogramm sind alle terminalen Bruchstücke sichtbar, lediglich die durch Proteinbindung geschützte Zielsequenz ist nicht durch Abbau-Bruchstücke repräsentiert und wird in Form des Footprints erkennbar. An dieser Stelle sei angemerkt, dass sich diese Methode auch in vivo durchführen lässt. Dabei werden intakte Zellen mit Chemikalien bzw. Enzymen inkubiert und die Nukleinsäuren durch ihre Proteinbindungspartner des nativen Komplexes geschützt.
Bei einer Interferenzanalyse findet die Nukleinsäure-Modifikation vor einer Inkubation mit den Proteinen statt. Während der Inkubation werden nur Nukleinsäuren mit nicht-modifizierter Zielsequenz von den Proteinen gebunden. Um die Zielsequenz zu bestimmen, trennt man die NukleinsäureProtein-Komplexe und die ungebundenen DNA-Moleküle elektrophoretisch auf und extrahiert die entsprechenden Nukleinsäuren getrennt voneinander. Anschließend erfolgt die Bildung der Bruchstücke, so dass durch den Vergleich beider Ansätze die Bindestelle deutlich wird. Steht eine ƫ-Expressionsbank zur Verfügung, können South-Western- bzw. North-Western-Analysen zur Identifizierung des gesuchten Nukleinsäurebindenden Proteins durchgeführt werden. Nach der Expression werden die verschiedenen Proteine in den Phagen-Plaques präsentiert. Nach einer Übertragung auf Filter wird mit der markierten Nukleinsäure-Zielsequenz inkubiert und interagierende Proteine lassen sich identifizieren. Wie die Hefe-HYBRIDSysteme bietet diese Methode den Vorteil, dass mit dem Erkennen der Wechselwirkung die cDNA des gesuchten Proteins sofort zur Verfügung steht. Zwei Methoden, Gelretentionsanalysen und UV-Quervernetzungsexperimente, sind besonders gut geeignet, um die Fähigkeit der untersuchten Nukleinsäure zur Interaktion mit einem Protein erstmalig zu zeigen. Beide Methoden können aber auch genutzt werden, um eine Proteinaufreinigung zu verfolgen oder eine bereits bekannte Wechselwirkung näher zu charakterisieren. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung werden diese Methoden nachfolgend detaillierter beschrieben und die Methode der Gelretentionsanalyse durch einen Praktikumsversuch vertieft.
278
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
6.2.1 Nachweis einer Interaktion durch Gelretentionsanalysen Die zu untersuchende Nukleinsäure wird sowohl für Gelretentionsanalysen als auch für UV-Quervernetzungsexperimente markiert. Dabei handelt es sich in der Regel um eine radioaktive Markierung, welche die Eigenschaften der Nukleinsäure nicht verändert. Danach wird mit einem Extrakt inkubiert, der das DNA-bindende Protein enthält. Kommt es zur in-vitro-Rekonstitution der gesuchten Nukleinsäure-Protein-Komplexe, können die interagierenden Proteine über ihre Wechselwirkung mit der markierten Nukleinsäure sichtbar gemacht werden. Nach Inkubation von Nukleinsäure und Proteinextrakt folgt bei einer Gelretentionsanalyse direkt eine native Gelelektrophorese unter Erhalt der ausgebildeten Komplexe. In einer Referenzspur müssen zur korrekten Auswertung der Ergebnisse ungebundene Nukleinsäure-Moleküle aufgetragen werden. Im entsprechenden Autoradiogramm können einerseits diese ungebundenen Nukleinsäuren erkannt werden. Andererseits werden die spezifischen Nukleinsäure-Protein-Komplexe sichtbar, die sich aufgrund der größeren Masse durch ein verzögertes Laufverhalten gegenüber der ungebundenen Nukleinsäure auszeichnen. Im Autoradiogramm wird die Proteinbindung an die Nukleinsäure also durch einen Shift derselben erkennbar (Abb. 6.2.1). Die Spezifität der Interaktion lässt sich durch Kompetitionsanalysen bestätigen. Hierbei wird zusätzlich zur markierten Nukleinsäure mit Überschüssen an nicht-markierten Nukleinsäuren inkubiert, so dass die markierten Zielsequenzen aus statistischen Gründen aus dem Komplex verdrängt werden. Nukleinsäuremoleküle, die nicht gebunden werden und somit unspezifisch sind, bewirken diesen Effekt dagegen nicht bzw. erst bei Zugabe sehr großer Überschüsse (Abb. 6.2.1). Insbesondere bei der Untersuchung RNA-bindender Proteine können UV-Quervernetzungsexperimente durchgeführt werden, bei denen die rekonstituierten Nukleinsäure-Protein-Komplexe durch Bestrahlung mit energiereichem UV-Licht stabilisiert werden. Dabei wird nach einem unbekannten Mechanismus die Bildung freier Elektronen induziert, welche zur Ausbildung kovalenter Bindungen zwischen Nukleinsäure und Protein führt. Anschließend erfolgt ein enzymatischer Abbau ungebundener und damit ungeschützter Nukleinsäure-Bereiche. Nach Auftrennung der Ansätze auf einem denaturierenden Gel werden im entsprechenden Autoradiogramm nur die Proteine sichtbar, die durch die Nukleinsäurebindung markiert wurden. Da diese Proteine nur mit wenigen Nukleotiden verbunden sind, kann ihre ungefähre Masse bestimmt werden. Ein weiterer Vorteil gegenüber Gelretentionsanalysen besteht darin, dass die Zahl der interagierenden Proteine bestimmt werden kann.
6.2 In-vitro-Analysen ungeb. NS
Kompetition mit Ziel-NS
Ausbildung des Komplexes
* * * * * * * * *
* * * * * * * * *
*
*
279
Kompetition mit unspez. NS
*
*
- Gelelektrophorese (natives Gel) - Exposition eines Röntgenfilms NS-Protein-Komplex
ungebundene NS
bind. Protein unspez. Proteine
*
*
Ziel-Sequenz, radioakt. markiert spez. Komp.-NS unspez. Komp.-NS
Abb. 6.2.1. Schema von Gelretentionsanalysen mit Kompetitionsstudien. Ungebundene Nukleinsäure-Moleküle (NS) und der Nukleinsäure-Protein-Komplex werden elektrophoretisch aufgetrennt, wobei die Nukleinsäure-Moleküle markiert sind. Im Autoradiogramm wird das unterschiedliche Laufverhalten sichtbar. Die Spezifität der Wechselwirkung wird durch Kompetitionen mit nicht-markierten Nukleinsäuren im Überschuss analysiert. Bei einer spezifischen Kompetition binden die Proteine aus statistischen Gründen an die nicht-markierten Ziel-Moleküle, entsprechend wird der Komplex nicht im Autoradiogramm sichtbar. Unspezifische Nukleinsäure-Moleküle können die markierte Zielsequenz dagegen nicht aus dem spezifischen Komplex mit dem Protein verdrängen
Inzwischen sind verschiedene modifizierte Formen der Gelretentionsanalyse etabliert. Wenn beispielsweise ein Antikörper gegen ein potentielles Nukleinsäure-bindendes Protein existiert, können Supershift- und Shift-Western-BlotAnalysen durchgeführt werden. Ein Supershift entsteht dadurch, dass das Laufverhalten des Nukleinsäure-Protein-Komplexes durch die Bindung des spezifischen Antikörpers zusätzlich verzögert wird. Auf diese Art und Weise wird bestätigt, dass der potentielle Interaktionspartner tatsächlich Bestandteil des nachgewiesenen Komplexes ist.
280
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
Bei der Methode des Supershifts kann es allerdings vorkommen, dass die Bindungsfähigkeit des Proteins durch die Interaktion mit dem Antikörper eingeschränkt wird. Dieses gilt insbesondere, wenn der Antikörper gegen die Bindedomäne des Proteins gerichtet ist. Außerdem kann es zu unspezifischen Wechselwirkungen des Antikörpers kommen, was besonders bei der Verwendung von polyklonalen Antikörpern durch Überprüfung des Prä-Immunserums ausgeschlossen werden muss.
Die gleiche Zielsetzung wird bei der Shift-Western-Blot-Analyse verfolgt. Hierbei wird nach Ausbildung des Nukleinsäure-Protein-Komplexes und der gelelektrophoretischen Auftrennung ein Blot mit zwei verschiedenen, aufeinander liegenden Membranen durchgeführt. Dabei werden die Proteine auf der ersten Nitrocellulose-Membran zurückgehalten, während die Nukleinsäuren diese erste Membran durchdringen und erst auf der zweiten DEAE-Membran gebunden werden. Die Nitrocellulose-Membran steht dann für eine WesternAnalyse mit dem für das Protein spezifischen Antikörper zur Verfügung, während die zweite Membran direkt exponiert werden kann. Danach können die Signale beider Autoradiogramme miteinander verglichen werden. Eine weitere Möglichkeit die Interaktion des „Kandidatenproteins“ nachzuweisen, besteht in der Verwendung von rekombinantem Protein in der Gelretentionsanalyse. Im folgenden Praktikumsteil werden entsprechend die Aufarbeitung von Hefeproteinextrakten (Kap. 6.2.2), die Markierung einer Ziel-DNA (Kap. 6.2.3) sowie der eigentliche Bindungsnachweis durch eine Gelretentionsanalyse (Kap. 6.2.4) exemplarisch vorgestellt. 6.2.2 Herstellung von Hefe-Proteinextrakt für Bindungsanalysen Verschiedene Möglichkeiten, rekombinante Proteine für Bindungsstudien zu produzieren, sind denkbar. So kann die Protein-kodierende cDNA in einen Vektor kloniert werden, der eine in-vitro-Transkription mit nachfolgender in-vitro-Translation ermöglicht. Alternativ kann das Protein mit einem Tag versehen und heterolog in E. coli produziert und nachfolgend aufgereinigt werden (Kap. 7.1). Noch einfacher ist es, den Proteinextrakt einer heterologen Synthese ohne weitere Aufreinigung direkt zu verwenden. In allen drei Fällen kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit neben der gewünschten Interaktion zu unspezifischen Wechselwirkungen. So können sowohl die Proteine eines Translationsextraktes als auch Proteine des Wirts für die heterologe Synthese unspezifisch an die Nukleinsäure binden. Deshalb sind Kontrollen unerlässlich, um die Spezifität von detektierten Interaktionen beurteilen zu können.
6.2 In-vitro-Analysen
281
Im Praktikum wird die Interaktion zwischen dem Transkriptionsfaktor CPCR1 und seiner Bindestelle BSII durch Gelretentionsanalysen nachgewiesen. Das CPCR1-Protein stammt aus dem Hyphenpilz Acremonium chrysogenum, der das Ƣ-Lactambiosynthesegen pcbC trägt. Im pcbC-Promotor befindet sich die BSII-Sequenz. Diese Interaktion spielt eine Rolle im Verlauf der Synthese des ƢLactamantibiotikums Cephalosporin C und wird im Kap. 6.1 in Form von ONEHYBRID-Analysen untersucht.
Wesentlicher Bestandteil des ONE-HYBRID-Systems ist die Bildung eines Fusionsproteins aus dem zu untersuchenden Protein, in diesem Fall also dem CPCR1, und der Aktivierungsdomäne des Hefe-Transkriptionsfaktors GAL4. In der Regel wird die Fähigkeit zur Nukleinsäure-Bindung durch den GAL4Anteil im Fusionsprotein nicht beeinträchtigt. In YM4271-BSII + pGC1-Transformanten (Kap. 3.2.1 und 6.1) wird das Fusionsprotein aus CPCR1 und der GAL4-AD hergestellt. Nach Isolation des Gesamtproteinextraktes aus einer solchen Transformante kann dieser Extrakt für die Bindungsstudien mit radioaktiv-markierter Ziel-DNA verwendet werden. Der Vektor pGC1 liegt als mehrfache Kopie in der Zelle vor. Zudem wird die Synthese des Fusionsproteins durch den starken ADH1-Promotor der Hefe vermittelt (Abb. 3.2.3). Daher werden relativ große Mengen des Fusionsproteins gebildet, wodurch sich der Extrakt für Bindungsanalysen eignet.
Zur Kontrolle wird auch eine YM4271-BSII + pGAD424-Transformante aufgearbeitet, in der nur die GAL4-AD gebildet wird. Mit diesem Extrakt wird eine vergleichende Analyse durchgeführt. Ein Bindungssignal, das in beiden Ansätzen zu erkennen ist, lässt auf eine unspezifische Wechselwirkung mit einem Hefeprotein schließen; ein Signal, das nur nach Inkubation mit dem Proteinextrakt aus einer YM4271-BSII + pGC1-Transformante entsteht, ist dagegen auf das CPCR1-Protein zurückzuführen und stellt den gewünschten Bindungsnachweis dar. Die Hefe-Transformanten für diesen Versuchsteil können entweder bezogen (Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik, Ruhr-Universität Bochum) oder innerhalb des Praktikums selbst erzeugt werden. In diesem Fall ist es jedoch wichtig, mehrere Transformanten vorab zu analysieren. Dieses kann durch eine Southern-Analyse geschehen (Kap. 3.2.3, Kap. 10.4–10.7), wodurch die Aufnahme des entsprechenden Plasmids nachgewiesen wird.
282
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
Alternativ oder ergänzend kann durch einen LacZ-Test hinsichtlich einer Reportergenaktivierung analysiert werden (Kap. 6.1). Material • 2 × 500 mL Flüssigkultur (SD, leu– ) einer Transformante (Bezugsquelle: Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik, Ruhr-Universität Bochum) YM4271-BSII + pGAD424 • 2 × 500 mL Flüssigkultur (SD, leu– ) einer Transformante (Bezugsquelle: Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik, Ruhr-Universität Bochum) YM4271-BSII + pGC1 • GSA-Rotor und -Zentrifugenröhrchen • Mörser • flüssiger Stickstoff • gesättigte Ammoniumsulfatlösung (ca. 400 g/500 mL) • festes Ammoniumsulfat • Ti50-Rotor und -Röhrchen (alternativ SS34-Rotor und -Röhrchen) • SS34-Rotor und -Röhrchen • Messzylinder • kleine Bechergläser • PD10-Säulen (Pharmacia) • steriles Glycerin (87 %) • Bradford-Reagenz • Bindepuffer 12 mM HEPES/KOH, pH 7,5 3 mM MgCl2 50 mM KCl 2 mM DTT • Extraktionspuffer 20 mM HEPES/KOH, pH 7,9 100 mM KCl 0,1 mM EDTA 2 mM DTT 20 % Glycerin 1 mM PMSF
Methode 1. Die Hefe-Transformanten werden in je 2 × 500 mL SD-Medium (leu– ) über Nacht bis zu einer OD600 von 0,6–1,0 angezogen. 2. Die Ernte der Kulturen erfolgt durch Zentrifugation (10 min, 5000 rpm, GSA-Rotor); das Zellpellet wird mit A. dest. gewaschen, erneut zentrifugiert, das Sediment z. B. mit einer 1 mL-Pipettenspitze gelöst und in einen
6.2 In-vitro-Analysen
283
Mörser mit flüssigem Stickstoff gegeben. Das Zellpellet wird gemörsert, bis es „staubartig“ ist, dabei muss gegebenenfalls neuer Stickstoff zugegeben werden.
!
Von diesem Schritt an müssen alle Proben auf Eis gehalten bzw. alle Arbeiten bei 4 °C durchgeführt werden.
3. Das Myzelpulver wird auf Eis in 4 mL (bis maximal 10 mL) Extraktionspuffer resuspendiert. 4. Wenn das gesamte Myzelpulver gelöst ist, wird 1/10 des Probenvolumens an gesättigter Ammoniumsulfatlösung unter langsamen Rühren zugegeben. 5. Der Ansatz wird 15 min vorsichtig auf Eis gerührt, danach 15 min auf Eis stehen gelassen. 6. Zentrifugation der Proben: 30 min, 40 000 rpm, 4 °C, Ti50-Rotor (alternativ: 1 h, 20 000 rpm, SS34-Rotor). 7. Der Überstand wird mit einer Pasteurpipette abgenommen und in einen gekühlten Messzylinder überführt. Dabei wird das Volumen bestimmt, um die notwendige Ammoniumsulfat-Menge für eine 70 %ige Sättigung zu berechnen: 4,27 g auf 10 mL Probe (427 g/L). 8. Die berechnete Menge festen Ammoniumsulfats wird über einen Zeitraum von einer Stunde unter vorsichtigem Rühren schrittweise zugegeben. Danach werden die Proben 30 min auf Eis stehen gelassen. 9. Zentrifugation: 20 min, 9.500 rpm, 4 °C, SS34-Rotor. 10. Das Pellet wird in 1,5–2 mL Bindungspuffer resuspendiert, so dass das Endvolumen genau 2,5 mL beträgt. 11. 25 mL Bindungspuffer werden zum Äquilibrieren auf eine PD10-Säule gegeben. Danach wird die Probe aufgetragen und der Durchlauf verworfen. 3,5 mL Bindungspuffer werden auf die Säule gegeben und das Eluat in drei Fraktionen à 1 mL aufgefangen (s. auch Beschreibung der PD10-Säule). 12. Die Proteinkonzentration wird mittels Bradford-Test bestimmt (Experiment B in Kap. 7.1.2). 13. Zu den drei eluierten Fraktionen wird jeweils 1 mL Glycerin (87 %) gegeben und die Lösung vorsichtig gut durchmischt. 14. Aliquots bei –20 °C lagern. 6.2.3 Herstellung einer radioaktiv markierten Ziel-DNA (bait) Neben einem bindungsfähigen Protein muss als zweite Komponente für eine Bindungsanalyse die markierte Zielsequenz hergestellt werden. Dies geschieht
284
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
in der Regel durch eine radioaktive Markierung, da der Einbau radioaktiv markierter Nukleotide die chemischen Eigenschaften der Nukleinsäure nicht verändert; somit gibt es durch die Markierung keine Beeinflussung der Komplexausbildung. Die markierten Moleküle sollten allerdings schnell für die eigentliche Gelretentionsanalyse verwendet werden, bevor es zu einer möglichen Zerstrahlung der Ziel-DNA kommt. Inzwischen gibt es auch erfolgreiche Beispiele für Bindungsstudien mit nicht-radioaktiv markierten Ziel-Sequenzen. Dabei werden beispielsweise Haptene wie Digoxigenin über eine relativ lange Kohlenwasserstoffkette an die Nukleotide gekoppelt. Sie können mit Hilfe eines Hapten-spezifischen Antikörpers immunologisch nachgewiesen werden. Bei dieser Markierungsmethode ist die lange Lebensdauer der Sonde vorteilhaft. Allerdings besteht prinzipiell die Gefahr, dass die modifizierten Nukleotide in der Zielsequenz die Wechselwirkung mit dem Protein beeinträchtigen oder sogar verhindern. Insbesondere die Analyse von Bindungsstärken ist kritisch zu betrachten. Weiterhin ist denkbar, dass durch die Interaktion des Nukleinsäure-bindenden Proteins das Hapten maskiert wird und ein immunologischer Nachweis des Komplexes so nicht möglich ist.
Bei Gelretentionsanalysen sollte die analysierte Zielsequenz möglichst kurz sein. Damit ist der Massenunterschied zwischen ungebundener Nukleinsäure und dem Nukleinsäure-Protein-Komplex entsprechend groß, so dass es zu einer gut detektierbaren elektrophoretischen Auftrennung kommt. Weiterhin steigt die Gefahr einer unspezifischen Wechselwirkung mit zunehmender Länge der eingesetzten Zielsequenz. Letztendlich lässt sich das tatsächliche Bindemotiv umso besser eingrenzen, je kleiner das analysierte Fragment ist. Da es viele Daten über Promotorelemente gibt, die von Transkriptionsfaktoren gebunden werden und diese Elemente auch bis zu einem gewissen Grad konserviert sind, könnten durch in-silico-Analysen eines Promotors potentielle Bindestellen festgestellt werden. Diese werden dann im Zuge der Bindungsstudien bestätigt oder verworfen. So wurde auch die Nukleotidsequenz BSII aus dem pcbC-Promotor ausgewählt, die im Rahmen dieses Praktikums analysiert wird. Sie enthält als potentielles Bindemotiv eine CCAAT-Box. Zusammen mit flankierenden Nukleotiden ergibt sich ein Fragment aus 27 Nukleotiden. Dieses kann durch Hybridisierung von zwei Oligonukleotiden (PCB_Ds, PCB_Das) gebildet werden, die komplementär zueinander sind. Die Oligonukleotide sind außerdem so gestaltet, dass nach Hybridisierung 5‘-überhängende Guanosinreste entstehen. Dieses ermöglicht den Einbau von radioaktiv markierten Cytosinresten durch die Klenow-Polymerase. Nach dem gleichen Prinzip kann mit Hilfe der Oligonukleotide PCB_Eis und PCB_Eias eine alternative Sequenz markiert werden, bei der es sich nicht um ein Binde-
6.2 In-vitro-Analysen
285
motiv des CPCR1-Proteins handelt. Der entsprechende Ansatz stellt also eine Negativkontrolle dar. Material • Wasserbad • 1 µg Oligonukleotid PCB_Ds : 5‘ GGG CGT CGA GTT GCC GGG CCA AAT CCC TGA G 3‘ • 1 µg Oligonukleotid PCB_Das : 5‘ GGG CTC AGG GAT TTG GCC CGG CAA CTC GAC G 3‘ • 1 µg Oligonukleotid PCB_Eis : 5‘ GGG CTC ATC GCT TGG CCC CGC CAT GCA GTC 3‘ • 1 µg Oligonukleotid PCB_Eias : 5‘ GGG GAC TGC ATG GCG GGG CCA AGC GAT GAG 3‘ • 5 M NaCl • Markierungsmix: jeweils 0,1 M dATP, dGTP, dTTP 50 mM Tris/HCl, pH 7,5 50 mM MgCl2 25 mM Ƣ-Mercaptoethanol • 3 M Natrium-Acetat, pH 7,0 • Ethanol p. a. • 7,5 U Klenow-Polymerase • ơ32P-dCTP (spez. Aktivität 110 TBq/mmol) • Sephadex G50-Säule + TE-Puffer • A. dest.
!
Beim Arbeiten mit Radioaktivität sind die notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Methode A. Hybridisierung von komplementären Oligonukleotiden Ansatz 1: Hybridisierung der Oligonukleotide PCB_Ds und PCB_Das Ansatz 2: Hybridisierung der Oligonukleotide PCB_Eis und PCB_Eias jeder Ansatz wird folgendermaßen behandelt: 1. Je 1 µg der komplementären Oligonukleotide wird in einem Gesamtvolumen von 100 µL mit 1 µL 5 M NaCl versetzt. 2. Der Ansatz wird im Wasserbad für 5 min bei 95 °C erhitzt.
286
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
3. Man lässt die Probe im Wasserbad auf RT abkühlen (Lagerung der hybridisierten Oligonukleotide bei –20 °C möglich). B. Radioaktive Markierung der hybridisierten Oligonukleotide 4. Für jede Probe wird folgendes Reaktionsgemisch angesetzt: • 50 µL A. dest. • 4,5 µL der hybridisierten Oligonukleotide (PCB_Ds und PCB_Das bzw. PCB_Eis und PCB_Eias) • 15 µL Markierungsmix • 4 µL ơ32P-dCTP • 1,5 µL Klenow-Polymerase (7,5 U) 5. Inkubation für mindestens 1,5 h bei 37 °C. 6. Der Ansatz wird ohne Zugabe eines Farbstoffs auf eine Sephadex G50Säule gegeben. Der Säulendurchfluss wird durch Zugabe von 1 × TE-Puffer ermöglicht. Der Beginn der Elution der markierten Fragmente wird mittels Zählrohr verfolgt, insgesamt werden 500 µL eluiert. 7. Zum Eluat wird 1/10 Volumen 3 M Natrium-Acetat, pH 7,0 und 2–3 Volumen Ethanol p. a. gegeben. Die Probe wird gemischt und über Nacht bei –20 °C gefällt. 8. Nach der Fällung erfolgt die Zentrifugation (15 min, 14 000 rpm). Das Pellet wird mit 500 µL 70 % Ethanol gewaschen und erneut für 5 min zentrifugiert. 9. Abschließend wird das Pellet in 30 µL A. dest. aufgenommen und die Probe für Gelretentionsanalysen eingesetzt. 6.2.5 Gelretentionsanalyse Um die Bindungseigenschaften des CPCR1-Proteins zu analysieren, werden insgesamt vier Ansätze durchgeführt. Dabei wird jeweils der Hefeproteinextrakt aus einer Transformante, in der das CPCR1-Protein gebildet wird, mit dem Extrakt aus einer Kontroll-Transformante verglichen. Außerdem werden zwei verschiedene Zielsequenzen für die Analysen eingesetzt. Material • poly(dIdC) (Amersham Buchler) 1 µg/µL in 10 mM Tris/HCl pH 7,5, 1 mM EDTA • 20× Interaktionspuffer 200 mM Tris/HCl, pH 7,5 1 M NaCl
6.2 In-vitro-Analysen
• •
•
• • • •
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287
50 % Glycerin 50 mM MgCl2 1 % Nonidet-P40 Polyacrylamidgel (Laufstrecke: 15 cm) 5 % Acrylamid in 1× Tris/Glycin-Laufpuffer (Acrylamid : N, N’-Methylen-Bisacrylamid = 37,5:1) 1× Tris/Glycin-Laufpuffer 3 g Tris/HCl, pH 8,3 14,4 g Glycin ad 1 L A. dest. 10× Ladepuffer 250 mM Tris/HCl, pH 7,5 0,2 % Bromphenolblau 0,2 % Xylencyanol 40 % Glycerin Geltrockner Whatman-Papier Röntgenfilm (Fuji x-Ray-Film) Expositionstasche mit 2 Verstärkerfolien
Beim Arbeiten mit Radioaktivität sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
288
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
Methode A. Vorlauf der Gelelektrophorese 1. Gelelektrophorese des unbeladenen Gels in 1 × Tris/Glycin-Puffer 1,5 h bei 100 V und 4 °C. B. Interaktion von unspezifischen Nukleinsäure-bindenden Proteinen mit Kompetitor-DNA 2. Folgende Reaktionen werden angesetzt: Ansatz
1
2
3
4
1 µL
1 µL
1 µL
1 µL
20× Interaktionspuffer poly (dI dC) 1 µL 1 µL 1 µL 1 µL Proteinextrakt 30 µg YM4271-BSII YM4271-BSII YM4271-BSII YM4271-BSII + pGAD424 + pGC1 + pGAD424 + pGC1 A. dest. ad 19,5 µL a a Das Gesamtvolumen des Reaktionsansatzes soll 20 µL betragen. Die radioaktive Markierung der hybridisierten Oligonukleotide ist meist so effizient, dass 0,5 µL der Probe den gewünschten 500 cps pro Ansatz entsprechen. Andernfalls erhöht man das Volumen der radioaktiven Probe und reduziert A. dest. entsprechend
3. Inkubation für 5 min bei 4 °C. C. Ausbildung der DNA-Protein-Komplexe 4. Zugabe von: Ansatz PCB_Eis und PCB_Eias PCB_Ds und PCB_Das a bzw.
1 0,5 µLa –
2 0,5 µLa –
3 – 0,5 µLa
4 – 0,5 µLa
500 cps
5. Inkubation für 20 min bei RT. D. Gelelektrophorese 6. Zugabe von je 2 µL 10× Ladepuffer zu jedem Ansatz, Auftragen der Proben auf das Polyacrylamidgel. 7. Gelelektrophorese bei 4 °C: 1 h 100 V (Einlaufen der Proben) ca. 3 h bei 200 V (Bromphenolblau-Bande: 5/6 der Laufstrecke). 8. Das Gel wird auf Whatman-Papier gezogen und getrocknet. 9. Exposition eines Röntgenfilms über Nacht mit dem getrockneten Gel in Gegenwart von zwei Verstärkerfolien. 10. Entwickeln des Autoradiogramms und Auswertung der Signale.
6.2 In-vitro-Analysen
289
PCB_Ei PCB_D
R K R K
spez. DNA Protein - Komplex
ungebundene DNA Abb. 6.2.2. Spezifische Wechselwirkung zwischen dem CPCR1-Protein und einer Bindestelle aus dem pcbC-Promotor. Untersucht wurden zwei Sequenzabschnitte, die Negativkontrolle PCB_Ei und die spezifische Zielsequenz PCB_D. Diese radioaktiv markierten Sequenzen wurden mit je 30 µg Hefe-Proteinextrakt inkubiert, in dem das CPCR1-Protein in Fusion mit der GAL4-Aktivierungsdomäne gebildet wird (R). Die Kontrollansätze wurden mit Hefe-Proteinexktrakt inkubiert, in dem lediglich die GAL4-Aktivierungsdomäne gebildet wird (K). Das Signal des spezifischen Komplexes zwischen dem CPCR1-AD-Fusionsprotein und der Zielsequenz PCB_D ist gekennzeichnet, ebenso die Signale der ungebundenen DNAs
290
6 Analyse von Nukleinsäure-Protein-Interaktionen
Hinweise zur Auswertung Zur Auswertung werden jeweils die Signale der beiden Spuren miteinander verglichen, bei denen mit der gleichen Zielsequenz inkubiert wurde (Abb. 6.2.2). Wie viele Signale sind zu erkennen? Die Bedeutung von Signalen, die in beiden Spuren zu sehen sind, soll diskutiert werden. Außerdem sollen die Signale in den Spuren, bei denen jeweils mit dem Proteinextrakt der Transformante YM4271-BSII + pGC1 inkubiert wurde, miteinander verglichen werden. Gibt es Signale, die nur nach Inkubation mit der PCB_D-Zielsequenz entstehen?
7 Heterologe Genexpression
In vielen Fällen sind Proteine die Funktionsträger bei biochemisch zellulären Prozessen. Sie übernehmen beispielsweise als Enzyme katalytische Funktionen, sind an der Strukturbildung beteiligt oder können als Transkriptionsfaktoren regulatorisch wirken. Für biologische Fragestellungen ist die Aufklärung der Funktion von Proteinen sehr wichtig. Zur Charakterisierung von Proteinen müssen diese zunächst in ausreichender Menge synthetisiert werden. Da eine Isolierung aus dem endogenen oder homologen Wirtsorganismus aufgrund der geringen Syntheserate oder der Kultivierungsbedingungen oft sehr schwierig und langwierig ist, bedient man sich in der Molekularbiologie verschiedener Expressionssysteme, um das Zielprotein in einem heterologen Wirt herzustellen. Das Spektrum heterologer Wirtszellen reicht von Bakterien über Hefen bis hin zu kultivierten Insekten- oder Säugerzellen. Bei der Expression von Genen in einem heterologen Organismus sollte man sich folgende mögliche Abweichungen bewusst machen: (a) der Codon-Gebrauch in dem heterologen Wirt ist anders als im endogenen Organismus, (b) die Proteine werden nicht oder fehlerhaft modifiziert, (c) die Proteinfaltung ist fehlerhaft, (d) Kofaktoren fehlen. Schließlich kann es auch sein, dass (e) ein Protein toxisch für den Wirt ist oder (f) schneller als im homologen Organismus degradiert wird. Häufig kommt es bei vermehrter Synthese zu einer Aggregatbildung des Fremdproteins. Diese Aggregate (inclusion bodies) können sowohl in Prokaryoten als auch in Eukaryoten auftreten und bestehen aus dem rekombinanten Protein, das in nicht-nativer Konformation vorliegt. Für eine hohe Syntheserate heterologer Proteine sind neben der kodierenden Sequenz auch die flankierenden nicht-kodierenden Sequenzen von großer Bedeutung. Deshalb enthalten Vektoren für die Expression heterologer Gene außer den in Klonierungsvektoren notwendigen Elementen zusätzlich einen an den heterologen Wirt angepassten starken Promotor und für die Termination der Transkription eine Terminatorsequenz. In der Regel ist der Promotor regulierbar, so dass eine zeitlich kontrollierte Initiation der Genexpression erfolgen kann. Des Weiteren ist es wichtig, dass vor dem Initiationscodon ATG nichtkodierende Sequenzen für eine optimale Initiation der Translation vorhanden
292
7 Heterologe Genexpression
sind. Dies ist bei Prokaryoten die Shine-Dalgarno-Sequenz, über die das 5’Ende der mRNA an die 16SrRNA der Ribosomen gebunden wird. Eine solche Bindung ermöglicht erst die Initiation der Translation. In Eukaryoten wird die Translationseffizienz einer mRNA durch die Kozak-Sequenz beeinflusst. Zur heterologen Proteinsynthese werden insbesondere das Darmbakterium E. coli und die Bäckerhefe S. cerevisiae verwendet. Diese Organismen sind durch klassische und molekulare Methoden eingehend charakterisiert und lassen sich einfach manipulieren (Kap. 1.1 und 1.3). Mit einer etablierten Fermentationstechnologie bieten sie zudem die Voraussetzung für die großtechnische Produktion heterologer Proteine. Auch in der Grundlagenforschung werden E. coli und S. cerevisiae für die heterologe Genexpression eingesetzt, um Proteine fremder Organismen in großen Mengen zu synthetisieren.
7.1 Escherichia coli Zur optimalen heterologen Genexpression in E. coli muss ein effizientes Expressionssystem vorhanden sein. Dieses besteht aus einem Expressionsvektor und aus einem E.-coli-Wirtsstamm, in den das rekombinante Expressionsplasmid transformiert wird. Durch Nutzung induzierbarer Promotoren, gezieltes Design von Fusionsproteinen und Einsatz spezieller Proteasen lässt sich die Ausbeute des gewünschten Proteins verbessern. 7.1.1 Strategien zur Optimierung der Expression in E. coli Expressionsplasmide enthalten neben einem Replikationsursprung für E. coli ein Selektionsgen, sowie einen induzierbaren Promotor mit einer Operatorregion. Stromabwärts befinden sich der Transkriptionsstart und eine Ribosomenbindestelle (Shine-Dalgarno-Sequenz) für eine effiziente Translationsinitiation. Diesem Bereich schließt sich eine multiple Klonierungsstelle an. Nach Klonierung eines beliebigen DNA-Fragmentes, z. B. der PolylinkerRegion eines Fremd-Gens in die multiple Klonierungsstelle, wird eine chimäre Transkriptionseinheit gebildet. Unter der Voraussetzung, dass der Leserahmen eines fusionierten E.-coli-Gens durch Insertion der Fremd-DNA nicht unterbrochen wird, kann anschließend ein Fusionsprotein synthetisiert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiges DNA-Fragment in den Vektor integriert, ohne dass das Leseraster unterbrochen wird, ist gering (Exon/IntronÜbergänge; drei mögliche Leseraster in zwei Orientierungen). Zur Expression
7.1 Escherichia coli
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eukaryotischer Gene werden daher cDNA-Sequenzen (oder Teile davon) verwendet und nachfolgend ein Fusionsprotein synthetisiert, das aus den aminoterminalen Aminosäuresequenzen des bakteriellen Proteins, gefolgt von der Aminosäuresequenz des Eukaryoten-Proteins besteht. In verschiedenen Vektorsystemen ist der Anteil der bakteriellen Proteinsequenzen im Fusionsprotein auf wenige Aminosäuren begrenzt; der Charakter des Eukaryoten-Proteins wird dadurch nicht wesentlich beeinflusst. Viele Expressionsvektoren sind so konstruiert, dass am Übergang des Fusionsproteins eine Schnittstelle für eine sequenzspezifische Protease kodiert wird. Mit Hilfe einer entsprechenden Protease kann nach Proteinisolation der Fremdanteil vom Fusionsprotein abgespalten werden. Ein Promotor stellt eine DNA-Region dar, an welche die bakterielle RNAPolymerase binden muss, um die Transkription eines prokaryotischen Gens oder einer Gruppe von Genen (sogenanntes Operon) zu initiieren. Der Start der Transkription befindet sich an der Position +1 in einem wenig konservierten Bereich (Abb. 7.1.1). Ungefähr 6 bis 10 Basenpaare stromaufwärts befindet sich eine konservierte, 6 Basenpaare lange, AT-reiche Region, die Promotor 5'
"-35"
"-10"
+1 CAT
RNA Operator-
SD
ATG
3'
Met Start-Translation
T5 T7 lac lacUV5 tac trp pL Kons.-Seq.
-1 +1 "-35" "-10" AAAATTTCAGTTGCTTAATCCTACAATTCTTGATATAATATTCTCAT A A A C A G G T A T T G A C A A C A T G A A G T A A C A T G C A G T A A G A T A C A A A TCG A C C C C A G G C T T T A C A C T T T A T G C T T C C G G C T C G T A T G T T G T G T G GAA A C C C C A G G C T T T A C A C T T T A T G C T T C C G G C T C G T A T A A T G T G T G GAA A A A T G A G C T G T T G A C A A T T A A T C A T C G G C T C G T A T A A T G T G T G GAA A A A T G A G C T G T T G A C A A T T A A T C A T C G A A C T A G T T A A C T A G T A C GCA T C T G G C G G T G T T G A C A T A A A T A C C A C T G G C G G T G A T A C T G A G C A CAT ----------TTGACA---(16-17 bp)----TATAATg----cat
Abb. 7.1.1. E.-coli-Promotoren enthalten konservierte Regionen an den Positionen „–35“ und „–10“, deren Konsensus-Sequenzen durch Vergleiche ermittelt worden sind. Der Ausschnitt zeigt einen Vergleich einiger Promotorsequenzen. Die ShineDalgarno-Sequenz (SD) befindet sich als Ribosomen-Bindestelle der mRNA im 5’ untranslatierten Bereich des Transkriptes. Die Promotorsequenzen stammen aus den Phagen T5 und T7, aus dem lac-, trp- und Lambda-pL-Promotor. Der hybride tacPromotor setzt sich der aus der „–35“-Region des trp-Promotors und aus der „–10“Region des lacUV5-Promotors zusammen
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7 Heterologe Genexpression
als „–10“-Region oder nach ihren Entdeckern auch als „Pribnow-Schaller-Box“ bezeichnet wird. Ungefähr 15 bis 18 Basenpaare stromaufwärts liegt ein weiteres, 6 Basenpaare langes, konserviertes Sequenz-Motiv, die „–35“-Region. Ein Konsensusmotiv für die „–10“- und „–35“-Region wird durch den Vergleich vieler verschiedener E.-coli-Sequenzen ermittelt. Tatsächlich weichen die in E. coli auftretenden Promotorsequenzen von diesen Konsensussequenzen mehr oder weniger stark ab. Ein effizienter Promotor hat jedoch eine hohe Ähnlichkeit zu der Konsensussequenz der „–10“- und „–35“-Region (Abb. 7.1.1). Häufig genutzte induzierbare Promotoren Eine sehr wichtige Komponente des bakteriellen Expressionssystems ist ein kontrollierbarer Promotor. Eine hohe konstitutive Expression, d. h. eine zu allen Zeiten und unter allen Umweltbedingungen angeschaltete Expression eines heterologen Gens, führt zu einer starken Beeinträchtigung der Zelle und häufig zu deren Absterben. Wird in E. coli die kodierende Sequenz eines bestimmten Gens unter die Kontrolle eines starken, regulierbaren Promotors gebracht, so kann unter induzierenden Bedingungen die Expression so gesteigert werden, dass das rekombinante Protein bis zu 50 % aller Zellproteine ausmacht. Es ist daher wichtig, das Fremdgen nur während bestimmter Zeiten und nicht in der Wachstumsphase der E.-coli-Zellen zu exprimieren. Eine hohe Expressionsrate und gleichzeitig kontrollierbare Aktivität der Fremdgene wird häufig durch natürlich vorkommende E.-coli-Promotoren, beispielsweise den lac-Promotor, den trp-Promotor oder den Lambda pL -Promotor erreicht. Die Expression von Genen unter der Kontrolle dieser Promotoren wird über das Genprodukt eines Repressorgens und eine Operatorregion vermittelt. Im Falle des lac-Promotors handelt es sich bei dem Repressor um das Genprodukt des lacI-Gens und den lac-Operator (lacO). In Abwesenheit von dem Induktor Lactose bindet der lacI-Repressor an die Operatorsequenz (lacO) und verhindert so eine Bindung der RNA-Polymerase an die Promotorregion. In Gegenwart von Lactose oder einem artifiziellen Induktor, z. B. Isopropylthiogalactosid (IPTG) kommt es zur Ablösung des Repressors und damit zur Transkription der nachgeschalteten Sequenz durch die RNA-Polymerase. In dem Bemühen optimale Promotoren zu finden, wurden Mutagenesen durchgeführt oder auch künstliche, hybride Promotoren entwickelt. Bei dem lacUV5-Promotor handelt es sich um einen durch Mutagenese erzeugten lacPromotor, der durch zwei Basenaustausche an der „–10“-Region eine gegenüber dem ursprünglichen lac-Promotor 2,5fach erhöhte Transkriptionseffizienz aufweist. Der hybride tac-Promotor besteht aus der „–35“-Region des trp-Pro-
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motors und der „–10“-Region des lacUV5-Promotors. Während der Abstand zwischen der „–10“-und der „–35“-Region sowohl im trp-, als auch im lacPromotor 17 Basenpaare ausmacht, beträgt er im tac-Promotor 16 Nukleotide. Dieser Abstand wird als optimal für einen starken Promotor angesehen. Der hybride tac-Promotor ist 5-mal effizienter als der lacUV5-Promotor und kann somit durch den lacI-Repressor reprimiert werden, da er die Operator-Region des lac-Operons trägt (Abb. 7.1.1). Ein anderes induzierbares Promotor-System basiert auf dem pL -Promotor des Bakteriophagen Lambda, der durch den cI-Repressor reprimiert wird. Expressions-Systeme, die auf dem pL -Promotor basieren, nutzen E.-coli-Stämme, die einen temperatursensitiven cI857-Repressor im Bakterienchromosom kodieren. Der cI857-Repressor ist nur bei niedrigen Temperaturen funktionell und bei Temperaturen über 37,5 °C inaktiv. Die pL -abhängige Expression kann also durch eine Temperaturerhöhung auf 42 °C aktiviert werden. Die Expression des Tryptophan (trp)-Operons steht unter der Kontrolle des trp-Promotors. Das trp-Operon besteht aus fünf hintereinander liegenden Genen, die Enzyme der Tryptophan Biosynthese kodieren. Die fünf Gene werden als polycistronische mRNA transkribiert. Die Expression des Operons unterliegt der negativen Kontrolle durch das Produkt des trpR-Gens, dem trpRepressor. Die Stärke der Bindung des Repressors an den Operator, trpO, wird durch die intrazelluläre Tryptophankonzentration beeinflusst. Bei niedrigen Tryptophankonzentrationen dissoziiert der trp-Repressor vom Operator, so dass die Transkription initiiert wird. Kompetitive Inhibitoren der trp-Repressor-Bindung, wie Indol-3-propionsäure und Ƣ-Indolylacrylsäure, täuschen einen niedrigen Tryptophanspiegel in der Zelle vor. Sie inaktivieren auf diese Weise den Repressor und dienen daher als Induktoren des trp-Expressions-Systems. Eine sehr hohe Transkriptionseffizienz in E. coli vermitteln auch Promotoren des Bakteriophagen T7. Die phageneigene T7-RNA-Polymerase besteht nur aus einem einzigen Polypeptid und weist eine 5fach höhere Transkriptionsrate auf als die aus mehreren Untereinheiten bestehende E.-coli-RNA-Polymerase. Die RNA-Polymerase des Phagen ist zudem durch eine ausgeprägte Promotor-Spezifität gekennzeichnet, so dass sie nur den phageneigenen Promotor erkennt. Ein Gen, das stromabwärts des T7-Promotors kloniert wird, kann nur dann in E. coli exprimiert werden, wenn auch die T7-RNA-Polymerase in E. coli synthetisiert wird. Um das T7-Promotor/RNA-Polymerase-Expressionssystem regulieren zu können, steht das T7-RNA-Polymerase Gen in der Regel unter der Kontrolle eines induzierbaren Promotors. Zur besseren Repression der Expression, ausgehend vom T7-Promotor, wird dieser häufig mit der lacO-Operator-Sequenz aus dem lac-Operon fusioniert.
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7 Heterologe Genexpression
Fusionsproteine Zur Reduktion des proteolytischen Abbaus eines Fremdproteins, der Verhinderung der Bildung von inclusion bodies oder zur besseren Aufreinigung eines rekombinanten Proteins werden in vielen Expressionssystemen Fusionsproteine hergestellt. Ein Fusionsprotein kann effizient isoliert werden, wenn das durch die Fusion angehängte Protein oder die Protein-Domäne mittels Affinitätschromatografie aus einem Proteinextrakt aufgereinigt werden kann. Fusionsproteine entstehen durch translationale Fusion der kodierenden Region des Fremdgens mit einem in E. coli hoch exprimierten Gen (Coligan et al. 1995; Lottspeich und Zorbas 1998). Bei C-terminalen Fusionen wird das Fremdgen stromabwärts des Fusionspartners kloniert, wodurch die Transkriptionsoder Translationssignale des Fusionspartner-Gens ausgenutzt werden können. Viele Fusionsproteine basieren auf einem intakten lacZ-Gen aus E. coli, einschließlich des Promotors und Operators des lac-Operons. Die Expression des Fusionsgens kann in diesem System durch Zugabe des künstlichen Induktors IPTG aktiviert werden. Bei der N-terminalen Fusion wird das Fremdgen stromaufwärts des Fusionspartner-Gens inseriert. In diesem Fall muss vor das Fusionsgen ein geeigneter Promotor kloniert werden. Nachteilig bei einer Fusion mit dem lacZ-Gen ist, dass die kodierte Ƣ-Galactosidase mit 116 kDa sehr groß ist und nur geringe Ausbeuten des Fusionsproteins erreicht werden. Andere Proteine, die zur Fusion in E. coli eingesetzt werden, sind das 43 kDa Maltose-Bindeprotein (MBP) aus E. coli oder die 26 kDa Glutathion-S-Transferase (GST) aus Schistosoma japonicum. Die Gene beider Proteine werden in E. coli stark exprimiert und die erzeugten Fusionsproteine zeichnen sich durch eine gute Löslichkeit aus. Außerdem besitzen beide Proteine Eigenschaften, die eine spätere affinitätschromatografische Aufreinigung des Proteins unterstützen. Das MBP bindet spezifisch an Maltose oder Amylose, während GST eine spezifische Glutathion-Bindung aufweist. Andere Proteine, die sich als Fusionspartner für heterologe Proteine in E. coli eignen, sind in Tabelle 7.1.1 aufgeführt. Eine weitere Möglichkeit zur Synthese heterologer Proteine, die nicht die Expressionsrate oder die Löslichkeit des synthetisierten Proteins beeinflusst, ist die N- oder C-terminale Fusion mit einem Tag. Tags sind kurze Aminosäuresequenzen, welche die Struktur und Faltung der Proteine nur selten beeinflussen. Die angehängten Tags gewährleisten, dass das synthetisierte Protein mit Hilfe von Antikörpern nachgewiesen oder durch Affinitätschromatografie aufgereinigt werden kann. Fusions-Tags können aus einer Abfolge gleicher Aminosäuren bestehen, beispielsweise aus sechs Histidin-Resten. Durch ein solches Poly-Histidin-Tag (6×His-Tag) kann das rekombinante Protein nach
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Tabelle 7.1.1 Beispiele für Fusionspartner und Tags für die Synthese heterologer Proteine in E. coli Fusionspartner Proteine Ƣ-Galactosidase Maltose-Bindeprotein (MBP) Glutathion-STransferase (GST) Streptavidin Protein A
Herkunft
Molekulargewicht
Reinigung durch
E. coli E. coli
116 kDa 43 kDa 26 kDa
AC a ; Ligand: APTG b AC; Ligand: Amylose, Stärke AC; Ligand Glutathion
13 kDa
AC; Ligand: Biotin
31 kDa
AC; Ligand: IgG c
Schistosoma japonicum Streptomyces avidinii Staphylococcus aureus
Tags poly-Histidin
synthetisch
1 kDa
poly-Aspartat
synthetisch
1 kDa
poly-Arginin
synthetisch
1 kDa
FLAG Calmodulin-BindeProtein (CBP)-Tag
synthetisch AminosäureSequenz aus Myosin-Kinase
1 kDa 4 kDa
Komplexierung mit Ni-NTA d Anion-AustauschChromatografie Kation-AustauschChromatografie Anti-Flag-Antikörper Calmodulin
a Affinitätschromatografie, b p-Aminophenyl-Ƣ-thiogalactosid, c Immunglobulin
G, d
Nickel-Nitrilo-Tri-Acetic-Acid
Zellaufschluss an Ni-NTA (Nickel-Nitrilo-Tri-Acetic-Acid)-Säulenmaterial binden. Ni-NTA ist ein chelatierendes Adsorbens und besetzt vier der sechs Liganden-Bindestellen des Nickel-Ions. Die beiden verbleibenden freien Bindestellen können mit dem His-Tag interagieren. Durch Zugabe von Imidazol werden die Histidinreste kompetetiv aus dem Komplex verdrängt, so dass das Protein eluiert werden kann. Alternativ kann die Elution auch durch einen Puffer mit niedrigem pH (< 5) erfolgen, da bei diesen Bedingungen der Imidazolring des Histidins protoniert ist und keinen Komplex mehr mit den NickelIonen bilden kann. Als kurze Peptid-Tags, werden bei einigen Expressions-Vektoren das synthetische Peptid FLAG oder ein Calmodulin-Bindeprotein (CBP)-Tag verwendet. Das CBP-Tag basiert auf einem 26 Aminosäuren langen C-terminalen Peptidfragment einer Myosin-Kinase. Das CBP-Tag ist in der Lage, Calmodulin in
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7 Heterologe Genexpression
Gegenwart von Ca 2+ -Ionen mit hoher Affinität zu binden. Fusionsproteine, die einen CBP-Anteil aufweisen, können durch Calmodulin-beladene Säulen aus einem Protein-Gemisch isoliert und mit Hilfe des Calcium-spezifischen Chelators EGTA von der Säule eluiert werden. Darüber hinaus gibt es Vektoren, in denen das zu exprimierende Gen stromabwärts einer Sekretionssignalsequenz kloniert wird. Mit Hilfe eines Sekretionssignals, beispielsweise durch das Signalpeptid der Periplasmaproteine OmpT bzw. OmpA oder der alkalischen Phosphatase PhoA, wird das rekombinante Protein in das Periplasma von E. coli transportiert. Periplasmatisch lokalisierte Proteine lassen sich leicht aufreinigen. Sequenzspezifische Proteasen Fusionsproteine weisen gegenüber dem ursprünglichen Protein oftmals eine reduzierte Aktivität auf. Dieser Nachteil kann aufgehoben werden, indem der Fusionsanteil nach der Aufreinigung chemisch oder enzymatisch vom Zielprotein abgespalten wird. Die chemische Spaltung eines Fusionsproteins kann mit Cyanbromid, (spaltet hinter Methionin: Met ↓), Hydroxylamin (spaltet zwischen Asparagin und Glycin: Asn ↓ Gly) oder durch einen niedrigen pH-Wert erfolgen (Asp ↓ Pro). Die chemisch labile Aminosäure muss bei dieser Vorgehensweise genau am Übergang des Fusionspartners und des heterologen Proteins liegen. Zu beachten ist jedoch, dass eine chemische Spaltung nur äußerst selten angewendet wird, da das heterologe Protein aufgrund der geringen Spezifität der Methode in der Regel interne Spaltstellen aufweist. In der Praxis wird daher eine enzymatische Spaltung mit Hilfe sequenzspezifischer Proteasen vorgenommen. Diese weisen eine relativ ausgedehnte Substraterkennungsstelle auf (Tabelle 7.1.2). E.-coli-Wirtsstämme E.-coli-Stämme umfassen ein breites Spektrum von physiologisch, ökologisch und pathogenetisch unterschiedlich zu bewertenden Organismen. Gegenwärtig sind innerhalb der Art Escherichia coli aufgrund der Liste risikobewerteter Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten gemäß § 5 Abs. 6 GenTSV nur E. coli K12 und E. coli B, sowie die Einzelstämme E. coli ATCC 9637, E. coli NCIB 8743 und E. coli CCM 2843 in die Risikogruppe 1 eingeordnet. Derivate dieser Stämme werden auch für die Synthese von heterologen Proteinen verwendet. Die Nutzung des E.-coli-B-Stammes hat gegenüber E.-coli-K12-Stämmen den Vorteil, dass höhere Zelldichten erreicht werden
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Tabelle 7.1.2. Beispiele für sequenzspezifische Proteasen Protease Trypsin
Erkennungssequenz und Spaltstelle (↓) Lys ↓ oder Arg ↓
Endoproteinase Asp-N
↓ Asp
Thrombin
Leu–Val–Pro–Arg ↓ Gly–Ser
Faktor Xa
Ile–Glu (oder Asp)–Gly–Arg ↓
Renin
Pro–Phe–His–Leu ↓ Leu–Val–Tyr
Collagenase
Pro–X ↓ Gly–Pro–Y ↓
Enterokinase
Asp–Asp–Asp–Asp–Lys ↓
können. Außerdem besitzen E.-coli-B-Stämme nicht die Proteasen lon und OmpT, die häufig zu einem proteolytischen Abbau der Proteine im Cytosol bzw. während der Aufarbeitung führen. Die Auswahl des Wirtsstammes für die Expression richtet sich darüber hinaus in erster Linie nach dem eingesetzten Promotorsystem. Das Gen für den temperatursensitiven Repressor des pL-Promotors cI857 kann beispielsweise auf dem Bakterienchromosom vorhanden sein oder Teil desselben Plasmids sein wie die Expressionskassete mit dem pL-Promotor. Auch der Repressor lacI des lac- bzw. tac-Promotors kann auf dem Bakterienchromosom, einem zusätzlichen Plasmid bzw. F-Faktor oder dem Plasmid, das die Expressionskassette trägt, kodiert werden. In der Regel wird ein mutiertes Allel (lacIq) des lacI-Gens eingesetzt. Durch eine Mutation im Promotor des lacI-Gens kommt es im lacIq -Allel zu einer Überproduktion des lacI-Repressors. Beim T7-System werden der E.-coli-B-Wirtsstamm BL21 und der E.-coliK12-Wirtsstamm HSM174 verwendet, in denen das Gen für die T7-RNAPolymerase unter der Kontrolle des starken lacUV5-Promotors steht. Im Stamm BL21(DE3) ist das Gen der T7-RNA-Polymerase in Form des lysogenen Lambda-Phagen DE3 in das Chromosom integriert. Bei Verwendung des Stammes HMS174 wird die T7-RNA-Polymerase erst nach Infektion mit einem rekombinanten Lambda-Phagen, der das T7-RNA-Polymerase-Gen trägt, synthetisiert. Wenn für E. coli toxische Gene exprimiert werden sollen, die unter der Kontrolle der T7-RNA-Polymerase stehen, so können die E.-coliStämme zusätzlich mit den Plasmiden pLysS oder pLysE transformiert werden. Beide Plasmide kodieren das Enzym Lysozym, das die T7-RNA-Polymerase bindet und die Aktivität der Polymerase unter nicht induzierenden Bedingungen inhibiert. Ausgehend vom Plasmid pLysS wird nur eine vergleichsweise geringe Menge des Lysozyms produziert, während das Lysozym-Gen im Plasmid pLysE unter der Kontrolle eines starken Promotors steht.
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Enthält das heterologe Gen, das in E. coli exprimiert werden soll, viele in E. coli ungebräuchliche Codone, so können E.-coli-Wirtsstämme eingesetzt werden, die tRNA-Gene für in E. coli selten vorkommende tRNAs co-exprimieren. 7.1.2 Heterologe Synthese eukaryotischer Proteine in E. coli In dem folgenden Versuch werden zwei verschiedene Proteine aus Hyphenpilzen mit Hilfe unterschiedlicher E.-coli-Expressionssysteme synthetisiert. Eines der beiden Proteine kann bereits durch SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE), das andere Protein dagegen erst nach Western-Analyse nachgewiesen werden. Im ersten Fall handelt es sich um das Protein SMTA-1 aus Sordaria macrospora, im zweiten Fall um das CIP1-Protein aus Acremonium chrysogenum. Das heterologe SmtA-1-Gen aus dem Hyphenpilz S. macrospora wird in Fusion mit der kodierenden Region eines CBP-Tags in E. coli exprimiert. Das SmtA-1-Gen ist Teil des Kreuzungstyp-Locus von S. macrospora und kodiert für einen Transkriptionsfaktor, der die Expression Kreuzungstyp-spezifischer Gene reguliert (Pöggeler et al. 1997).
Um die heterologe Expression des SmtA-1-Gens in E. coli zu ermöglichen, wurde es in den Expressionsvektor pCal-n kloniert. In diesem Vektor stehen heterologe Gene unter der Kontrolle eines T7/lacO-Promotors. (Stratagene, Abb. 7.1.2). Zur Repression des Promotors trägt der Vektor pCal-n das lacIq Gen, das für den lacI-Repressor kodiert. Der rekombinante Expressionsvektor pNS2 (Abb. 7.1.2) kann somit zur Produktion großer Mengen des SMTA-1Proteins, nach Induktion mit IPTG, genutzt werden. Die Expression erfolgt in dem E.-coli-Rezipienten BL21 Gold (DE3), der integriert im bakteriellen Chromosom den lysogenen Lambda-Phagen DE3 trägt. Der Phage DE3 enthält das lacIq -Gen sowie ein T7-RNA-Polymerase-Gen unter der Kontrolle des lacUV5-Promotors. Nach Induktion mit IPTG wird der lacUV5-Promotor dereprimiert und das T7-RNA-Polymerase-Gen exprimiert. Die T7-RNAPolymerase kann nun an den ebenfalls dereprimierten T7/lacO-Promotor des Expressionsvektors binden und das SmtA-1-Gen transkribieren. Das SMTA-1Protein wird als Fusionsprotein mit dem Calmodulin-Bindeprotein (CBP)-Tag am N-Terminus produziert, das einer späteren der Aufreinigung des Fusionsproteins dienen kann (Wyborski et al. 1999). Stromabwärts des CBP-Tags wird eine Erkennungssequenz für die sequenzspezifische Protease Throm-
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bin kodiert. Dieses ermöglicht, nach Aufreinigung des Fusionsproteins, die Abspaltung des CBP-Tags. Zur Synthese des SMTA-1-Polypeptids wird das Expressionsplasmid pNS2 (Abb. 7.1.2 a) eingesetzt. In diesem Plasmid ist das SmtA-1-Gen in korrekter Orientierung stromabwärts des T7-Promotors kloniert. Als Negativkontrolle
PstI 188 PstI224 430 PstI
lacI
T7/lacO CBP SmtA-1
q
T7/lacO CBP SmtA-1
PstI 909
q
lacI
PstI1115
Term
pNS2
pNS3
6757 bp
Term
6757 bp AmpR
AmpR PstI 2278
PstI 2278
ori
a
EcoRI 1
b
EcoRI 4085 HindIII 189
6xHis T5/lacO
T5/lacO Term 6xHis AmpR
c
ori
HindIII 724
cip1
AmpR
pQE31
pQCIP3
3462 bp
4152 bp
Term
ori
ori
d
Abb. 7.1.2 a–d. Vektorkarten der E.-coli-Expressionsplasmide. (a) pNS2: Expressionskassette bestehend aus dem T7/lacO-Promotor, dem Calmodulin-BindeproteinTag (CBP) als N-terminale Fusion mit dem SmtA-1-Gen, sowie dem Terminator (Term). Weitere Elemente sind das lacIq -Gen, das für den lac-Repressor kodiert, das Ampicillin-Resistenzgen (AmpR) sowie der Replikationsursprung (ori). (b) pNS3: wie pNS2 nur SmtA-1-Gen in inverser Orientierung. (c) pQE31: Expressionskassette bestehend aus dem T5/lacO-Promotor, dem 6×His-Tag, sowie der multiplen Klonierungsstelle (MCS) und zwei starken Transkriptionsterminatoren t 0 (Lambda-Phage) und T1 (E.coli). Weitere Bestandteile sind das Ampicillin-Resistenzgen (Amp) und der Replikationsursprung (ori). (d) pQCIP3: wie pQE31, aber 6×His-Tag als C-terminale Fusion mit dem für die DNA-Bindedomäne kodierenden cip1-Genfragment
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dient in diesem Versuch der Vektor pNS3 (Abb. 7.1.2 b), bei dem das SmtA-1Gen in inverser Orientierung in die Expressionskassette integriert wurde. Für die Synthese des heterologen Polypeptids werden die E.-coli-Expressionsstämme, welche die entsprechenden Expressionsvektoren tragen, zur Verfügung gestellt. Nach Anzucht der entsprechenden E.-coli-Expressionsstämme soll die Synthese des heterologen Proteins durch die Zugabe von IPTG induziert werden. Der Nachweis des gebildeten Proteins erfolgt mittels einer SDS-PolyacrylamidGelelektrophorese und anschließender Anfärbung mit dem Proteinfarbstoff Coomassie-Blau. Im zweiten Teil des Versuches soll ein Teilfragment des cip1-Gens aus dem Hyphenpilz Acremonium chrysogenum in Fusion mit der kodierenden Region eines His-Tags in E. coli exprimiert, danach durch SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese aufgetrennt und mit Hilfe eines Anti-His-Antikörpers durch Western-Blotting nachgewiesen werden. Das cip1-Gen des Hyphenpilzes Acremonium chrysogenum kodiert für das CIP1 (CPCR1 Interacting Protein 1)-Protein. Acremonium chrysogenum ist der industriell genutzte Produzent des Ƣ-Lactamantibiotikums Cephalosporin C. Zur heterologen Synthese der DNA-Bindedomäne des CIP1-Proteins wird das QIAexpress System (Qiagen, Hilden) verwendet, das auf einem T5-PromotorTranskriptions-Translationssystem in E. coli basiert. Um eine Expression des für die DNA-Bindedomäne kodierenden cip1-Genfragments zu ermöglichen, wurde dieses in das Plasmid pQE31 kloniert (Abb. 7.1.2 c). Der erhaltene Expressionsvektor pQCIP3 kann, nach Induktion mit IPTG, zur Synthese der DNA-Bindedomäne des CIP1-Proteins eingesetzt werden (Abb. 7.1.2 d). Der zur Synthese verwendete E.-coli-Expressionsstamm M15[pREP4] besitzt das low-copy-Plasmid pREP4, das eine Kanamycin-Resistenz vermittelt. Ausgehend vom Plasmid pREP4 wird das lacIq-Gen, das den lac-Repressor kodiert, konstitutiv exprimiert. Der Repressor bindet an die Operator-Sequenz (lacO) des Expressionsplasmids und hemmt somit die rekombinante Proteinproduktion. Bei Zugabe von IPTG wird der Repressor inaktiviert und es erfolgt die Transkription des cip1-Genfragments durch die E.-coli-RNA-Polymerase. Die DNA-Bindedomäne des CIP1-Proteins wird als Fusionsprotein mit einem 6×His-Tag am N-Terminus gebildet, der eine spezifische Aufreinigung des Proteins aus dem E.-coli-Gesamtproteinextrakt ermöglicht. Die Aufreinigung kann über Ni-NTA-Agarose-Säulchen erfolgen (Kap. 7.1.1). Zudem bietet das 6×His-Tag noch die Möglichkeit, das Protein mit Hilfe spezifischer Antikörper nachzuweisen.
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Material • E.-coli-Transformanten auf LB-Ampicillin-Platten (E.coli BL21 Gold (DE3) mit den Plasmiden pNS2 bzw. pNS3) • E.-coli-Transformanten auf LB-Ampicillin/Kanamycin-Platten (E. coli M15[pREP4] mit pQE31 bzw. pQCIP3) • Wasserbad • Bakterienschüttler • Protein-Gelelektrophorese-Kammern, z. B. Protean II (Bio-Rad) • Spannungsgeber • Eppendorfgefäße • Eis • 5 mL LB-Röhrchen mit 100 µg/mL Ampicillin und 25 µg/mL Kanamycin • 5 mL LB-Röhrchen mit 60 µg/mL Ampicillin • LB-Medium 1 % (w/v) Bacto-Trypton 0,5 % (w/v) Hefeextrakt 0,5 % (w/v) NaCl, pH 7,2 • 0,1 M Isopropyl-Ƣ-D-Thiogalactosid (IPTG) • Proteinmarker (z. B. Bio-Rad) • Protein-Nachweisreagenz (Bradford Protein Assay, Bio-Rad) • denaturierender Puffer 8 M Harnstoff 0,1 M NaH2PO4 0,01 M Tris-HCl, pH 8,0 • 3 × SDS-Probenpuffer 20 mg 0,1 % Bromphenolblau 9,4 mL 4 × „UPPER“-Tris (pH 6,8) 7,5 mL 87 % Glycerin 1,5 mL Ƣ-Mercaptoethanol 7,5 mL 20 % SDS ad 25 mL A. dest. • „LOWER“-Tris (4×) 15 mM Tris/HCl 0,4 % SDS-Lösung, pH 8,8 • „UPPER”-Tris (4×) 5 mM Tris/HCl 0,4% SDS-Lösung, pH 6,8 • 10 % N,N‘-Methylenbisacrylamid (APS) • N,N,N‘,N‘-Tetramethylethylendiamin (TEMED) • Acrylamid (37,5:1) • Isopropanol • Coomassie-Blau-Färbelösung 0,2 % Coomassie
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7 % Eisessig 50 % Methanol • Entfärbelösung 10 % Essigsäure • Laufpuffer 125 mL 4 × Tris-Glycin, pH 8,3 2,5 mL 20 % SDS ad 500 mL A. dest.
Western Blot • PVDF (Poly-vinyliden-difluorid)-Membran (z. B. Roche Molecular Biochemicals) • Whatman-Papier • Blotapparatur z. B. „fastblot“-Apparatur (Biometra) oder anderes Semi-Dry-Blotting-System • Schwenktisch • Methanol p. a. • Transferpuffer 0,2 M Glycin 0,02 M Tris 10 % Methanol, pH 8,1–8,5 • Ponceau-Rot-Färbelösung 1 % Essigsäure 0,2 % Ponceau
Antikörper-Detektion • BM Chemiluminescence Western Blotting Kit (Roche Molecular Biochemicals) bestehend aus Lösung A (enthält Luminol und 4-Iodophenol) und Startlösung B (enthält H2O2) • RGS-His-HRP-Konjugat Kit (Qiagen) • Schwenktisch • Schweißgerät • Folie • Drehrad • kleine Schalen • Röntgenfilme (Fuji X-Ray Film) • Fotolabor • Blocking-Puffer: 0,1 g Blocking Reagenz 20 mL Blocking Reagenz-Puffer 200 µL 10 % (v/v) Tween 20 • TBS-Puffer 10 mM Tris/HCl, pH 7,5 150 mM NaCl
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• TBS-Tween/Triton-Puffer 20 mM Tris/HCl, pH 7,5 500 mM NaCl 0,05 % (v/v) Tween 20 0,2 % (v/v) Triton-X-100
Methode Die Teile A–D dieser Methode müssen sowohl für die Expression des SmtA-1Gens sowie für die Expression des cip1-Genfragmentes durchgeführt werden. Die Teile E und F sind nur für den Nachweis des CIP-Proteins bestimmt. A. Expression der heterologen Gene 1. Animpfen einer Einzelkolonie: je 2 × 5 mL LB-Röhrchen (mit 60 µg/mL Ampicillin) mit einer Einzelkolonie von E.-coli-Klonen, die das Plasmid pNS2 bzw. pNS3 enthalten, beimpfen und je 2 × 5 mL LB-Röhrchen (mit 100 µg/mL Ampicillin + 25 µg/mL Kanamycin) mit einer Einzelkolonie von E.-coli-Zellen, welche die Vektoren pQE31 bzw. pQCIP3 enthalten, beimpfen. 2. Inkubation bei 37 °C und 300 rpm über Nacht 3. Am nächsten Morgen frische LB-Röhrchen (mit 60 µg/mL Ampicillin bzw. 100 µg Ampicillin + 25 µg Kanamycin) mit 100 µL der Vorkultur beimpfen; Inkubation bei 37 °C und 300 rpm für 2 h. 4. Jeweils eines der LB-Röhrchen mit 2 mM IPTG induzieren (Zugabe von 100 µL der 0,1 M Stammlösung). 5. Proteinsynthese bei 37 °C und 300 rpm für 3 h. 6. Proben 5 min bei höchster Geschwindigkeit abzentrifugieren, Überstand verwerfen. Das Sediment kann bei –80 °C über Nacht eingefroren werden oder es erfolgt nach der Synthese direkt die Aufarbeitung der Proben für die SDS-PAGE (7.1.2 C+D). 7. Sedimentierten Gesamtprotein-Extrakt mit 200 µL denaturierendem Puffer resuspendieren und in 1,5 mL-Eppendorfgefäße überführen. 8. Resuspendierten Proteinextrakt für 15 min bei RT inkubieren; während der Inkubationsphase die Proben für die Bradford-Proteinbestimmung vorbereiten und die Proteinbestimmung durchführen. 9. Bestimmung der Proteinkonzentration nach Bradford (s. u.). B. Proteinbestimmung nach Bradford (Bradford 1976) Die Bestimmung der Proteinkonzentration aller Proben erfolgt photometrisch mit Hilfe eines Proteinkonzentration-Testsystems (Bio-Rad). Vor Beginn des
306
7 Heterologe Genexpression
Versuchs muss mit Rinderserumalbumin als Standard eine Eichkurve erstellt werden. 10. Die Ansätze a) und b) pipettieren. Die Proteinbestimmung wird als Dreifachbestimmung durchgeführt. a) Ansatz pro Proteinprobe 795 µL H2O 200 µL Protein-Nachweisreagenz 5 µL Proteinprobe b) Ansatz als Nullabgleich 800 µL H2O 200 µL Protein-Nachweisreagenz 11. Bestimmung der Extinktion der Proben bei 595 nm mit Hilfe eines Fotometers. 12. Berechnung der Proteinkonzentration: Mittelwert der Extinktionen jeder Probe / 5 = Proteingehalt in µg/µL. C. Herstellung eines SDS-Polyacrylamid-Gels Die Auftrennung der Proteine erfolgt in einem 12,5 %igen SDS-Polyacrylamidgel. Das SDS-Polyacrylamidgel besteht aus einem Sammelgel („oberes Gel“) und einem Trenngel („unteres Gel“). Polyacrylamid entsteht durch Polymerisation von Acrylamid-Polymeren, die quervernetzt werden. Die zur Polymerisation notwendigen freien Radikale werden durch N,N,N‘,N‘-Tetramethylethylendiamin (TEMED) gebildet und fungieren somit als Katalysatoren der Reaktion. Die Proteine werden in Gegenwart eines Überschusses an Natriumdodecylsulfat (SDS) und denaturierenden Agenzien (z. B. Harnstoff) elektrophoretisch aufgetrennt. Das negativ geladene SDS lagert sich an die Proteine an und kompensiert deren positive Ladungen, so dass alle Proteine negativ geladen sind und zur Anode wandern können. Dabei werden die Proteine zusätzlich vollständig denaturiert. Sie wandern während der Elektrophorese entsprechend ihrer Molmasse. Das vorgestellte Gelsystem entspricht dem „Laemmli-Typ“ (Laemmli 1970; Voet und Voet 1994), bei dem die Proteine zunächst in einem Sammelgel konzentriert werden. Die eigentliche Trennung der Proteine nach ihrem Molekulargewicht erfolgt im Trenngel. Wenn sowohl das SmtA-1-Gen als auch das cip1-Genfragment exprimiert werden sollen, müssen insgesamt drei SDS-Gele hergestellt werden. Zum Nachweis der heterologen Produktion des SMTA-1 Proteins durch Coomassie-Blaufärbung wird eines der Gele verwendet. Für den Nachweis des CIP-Proteinfragmentes wird ein Gel mit Coomassie-Blau gefärbt und das andere, identische Gel, für die Western-Blot-Analyse eingesetzt.
7.1 Escherichia coli
307
13. Gelsysteme, bestehend aus zwei unterschiedlich großen Glasscheiben und zwei Abstandshaltern (Spacer), in Gießapparatur stellen. 14. Dreimal Trenngele ansetzen: Bestandteil Acrylamid (37,5 : 1) H 2O „UPPER“-Tris (4 ×) „LOWER“-Tris (4 ×) APS (10 %) TEMED
Sammelgel (6 %) 2,6 mL 7,7 mL 3,6 mL – 160 µL 16 µL
Trenngel (12,5 %) 7,5 mL 7,2 mL – 5 mL 106 µL 16 µL
15. Zum Gießen der Trenngele das angesetzte Trenngel-Gemisch bis zur Füllstandsmarke mit einer Glaspipette zwischen die Scheiben einfüllen und mit Isopropanol überschichten. Die Gele für ca. 1 h polymerisieren lassen. 16. Jeweils Isopropanol von den Trenngelen abgießen und die Kanten mit Wasser spülen. 17. Dreimal Sammelgel-Gemische ansetzen (s. unter Punkt 14), mit einer Glaspipette auf das Trenngel geben, den Kamm in das Sammelgel einstecken und die Gele für ca. 30 min polymerisieren lassen. D. Vorbereitung der Proben für das SDS-Polyacrylamidgel, Durchführung der Gelelektrophorese und Färbung des proteingels 18. Je 15 µg der Proteinprobe mit A. dest. auf 15 µL auffüllen und mit 5 µL 3× Ladepuffer versetzen (insgesamt max. 20 µL Ansatz). Zusätzlich als Größenstandard einen Proteinmarker bereithalten. 19. Alle Proteinproben 5 min bei 95 °C erhitzen. 20. SDS-Polyacrylamidgel nach folgendem Schema beladen: Tasche Gel 1 2 3 4 5 1 Marker pNS2 (n. i.) pNS2 (i.) pNS3 (n. i.) pNS3 (i.) 2 und 3 Marker pQCIP3 (n. i.) PQCIP3 (n. i.) pQE31 (n. i.) pQE31 (i.) n. i. nicht induziert, i. induziert
21. SDS-PAGE durchführen, bei 50 V Proben ins Sammelgel einlaufen lassen; danach 100 V. 22. Bei allen Gelen das Sammelgel vom Trenngel abtrennen und die Trenngele von Gel 1 und Gel 2 für 15 min mit Coomassie-Blau-Lösung färben; anschließend Hintergrund durch mehrmaliges Wechseln der Entfärbelö-
308
7 Heterologe Genexpression
sung entfärben. Das Gel 3 nicht anfärben, sondern für den Western Blot verwenden (s. u.). E. Western Blot Western-Blotting bezeichnet eine Methode, bei der elektrophoretisch aufgetrennte Proteine aus einem Trenngel auf einen geeigneten Trägerfilter, z. B. Nitrocellulose oder Nylon, übertragen und somit auf diesem Filter immobilisiert werden (Towbin et al. 1979). Das ursprünglich im Gel entstandene Trennmuster der Protein-Moleküle bleibt nach der Übertragung erhalten, so dass man eine exakte Replik des ursprünglichen Gels erhält. Da die Proteine nach dem Transfer für die Behandlung mit Antikörpern, Enzymsubstraten usw. zugänglich sind, erlaubt der Einsatz der Western-Blot-Technik unter anderem eine qualitative und quantitative Bestimmung sowie eine Identifikation einzelner Proteine in einem komplexen Proteingemisch. In diesem Versuchsteil sollen die auf einem Gel elektrophoretisch aufgetrennten Proteine des Gels 3 mit Hilfe einer fastblot-Apparatur auf eine PVDF-Membran übertragen werden, um sie für einen Antikörper-Nachweis zugänglich zu machen. 23. Acht Lagen Whatman-Papier und die PVDF-Membran in Gelgröße des Gels 3 zuschneiden. 24. Das Gel für 15 min in Transferpuffer bei RT inkubieren. 25. Vorbereitung der PVDF-Membran: Membran für 1–3 s in Methanol inkubieren, für 5 min in H2O überführen und abschließend mindestens 10 min in Transferpuffer unter Schwenken inkubieren. 26. Aufbau des Proteingel-Blots: Vier Lagen Whatman-Papier in Transferpuffer anfeuchten und luftblasenfrei auf den Elektroblot legen, PVDF-Membran auflegen, Trenngel auflegen, vier Lagen Whatman-Papier in Transferpuffer angefeuchtet luftblasenfrei aufbringen, Elektroblot schließen. 27. Transfer für 30 min bei 300 mA und 4 °C. 28. Nach Abschluss des Proteintransfers die Lage des Gels auf der Membran markieren. 29. Zur Überprüfung des Proteintransfers die PVDF-Membran in PonceauLösung für 5 min färben. 30. Markerbanden auf der Ponceau-gefärbten Membran markieren und die Membran anschließend durch Schwenken in H2O langsam entfärben. 31. Membran trocknen, in Folie einschweißen und über Nacht bei 4 °C lagern oder direkt im Anschluss an das Blotten die Antikörperdetektion durchführen (s. u.).
7.1 Escherichia coli
309
F. Identifizierung von Proteinen mittels Immunodetektion Der Einsatz von spezifischen Antikörpern ermöglicht unter anderem die Identifizierung einzelner Proteine in einem Gesamtproteinextrakt. In diesem Versuchsteil soll die heterologe Synthese der DNA-Bindedomäne des CIP1Proteins in E. coli mittels spezifischer Antikörper nachgewiesen werden. Eingesetzt wird ein anti-6×His-Antikörper, da die CIP1-DNA-Bindedomäne in Fusion mit einem 6×His-Tag in E. coli synthetisiert wurde. Der anti-6×His-Antikörper ist ein monoklonaler Maus-Antikörper, der eine hohe Bindeaffinität und Spezifität für das 6×His-Tag besitzt. Dieser Antikörper ist mit einer Meerrettich-Peroxidase (HRP) gekoppelt, die in Gegenwart von Wasserstoffperoxid (H2O2) die Oxidation von zyklischem Diacylhydrazin (Luminol) katalysiert. Dabei entsteht ein angeregtes Reaktionsprodukt, dessen Rückgang in den Grundzustand mit einer Emission von Licht einhergeht. Das emittierte Licht führt dann zu einer spezifischen, lokalen Schwärzung eines Röntgenfilms, so dass spezifisch nur Proteine nachgewiesen werden können, die an den anti-6×His-Antikörper gebunden sind. 32. Membran 2 × 10 min bei RT in TBS-Puffer unter Schwenken waschen. 33. Inkubation der Membran für 1 h bei RT in 20 mL Blocking-Puffer. 34. Membran 2 × 10 min bei RT in TBS-Tween/Triton-Puffer unter Schwenken waschen. 35. Membran 1 × 10 min bei RT in TBS-Puffer unter Schwenken waschen. 36. Inkubation der Membran für 1 h bei RT mit anti-6×His-Antikörper (1/1000 Verdünnung des Antikörpers in Blocking-Puffer), dazu Membran in Folie unter Aussparung einer Seite einschweißen, 4,5 mL der Antikörper-Lösung hinzugeben, geöffnete Seite der Folie verschweißen und die Antikörper-Lösung gleichmäßig verteilen und so auf einem Schwenktisch inkubieren, dass die Membran ständig benetzt wird. 37. Membran 2 × 10 min bei RT in TBS-Tween/Triton-Puffer unter Schwenken waschen, zeitgleich Ansetzen der Chemilumineszenz-Lösung: 1500 µL Lösung A + 15 µL Lösung B und Inkubation für 30 min bei RT in Dunkelheit. 38. Membran 1 × 10 min bei RT in TBS-Puffer unter Schwenken waschen. 39. Membran in Folie unter Aussparung einer Seite einschweißen, 1,5 mL der Chemilumineszenz-Lösung (siehe Punkt 37) hinzupipettieren, geöffnete Seite der Folie verschweißen und die Chemilumineszenz-Lösung gleichmäßig verstreichen; Außenseite der Folie sorgfältig trocknen. 40. Röntgenfilme für 15 s, 30 s und 1 min exponieren und entwickeln; Markerbanden auf den Röntgenfilm übertragen.
310
7 Heterologe Genexpression
Hinweise zur Auswertung
pNS3 (i.)
pNS3 (n.i.)
pNS2 (i.)
pNS2 (n.i.)
kDa
Marker
Das synthetisierte SMTA-1-Protein sollte im E.-coli-Proteinrohextrakt nach Auftrennung im SDS-Polyacrylamidgel und Anfärbung mit Coomassie-Blau sichtbar sein. Das Molekulargewicht des Fusionsproteins aus CBPTag und SMTA-1 beträgt ca. 38 kDa. In Transformanten, die das Plasmid pNS3 tragen, wird nach Induktion ein kleines Protein von ca. 10 kDa synthetisiert, da auch bei inverser Orientierung des SmtA-1-Gens ein kurzer ORF entsteht. Wie sind die Ergebnisse der Gelelektrophorese zu interpretieren? In welcher Spur sollte das rekombinante Protein sichtbar sein? Das gefärbte Proteingel kann mit Abb. 7.1.3 verglichen werden. Das Molekulargewicht des Fusionsproteins aus 6×His-Tag und dem CIP1-Proteinfragment beträgt ca. 32 kDa. Das Fusionsprotein ist im Proteinrohextrakt nach Auftrennung in dem SDS-Polyacrylamidgel und Anfärbung mit Coomassie-Blau kaum nachweisbar. Es kann erst nach Immunodetektion unter Verwendung eines spezifischen anti-His-Antikörpers sichtbar gemacht werden. Wie sind die Ergebnisse des Western Blots zu interpretieren? In welcher Spur sollte das rekombinante Protein sichtbar sein? Das Chemiluminogramm kann mit dem in der Abb. 7.1.4 verglichen werden.
150 100 75 50 37 25
10
Abb. 7.1.3. Coomassie-Blau-gefärbtes SDS-Polyacrylamid-Gel von Gesamtproteinextrakten rekombinanter E.-coli-Stämme. Aufgetragen ist der Gesamtproteinextrakt aus rekombinanten E.-coli-Stämmen, die das Plasmid pNS2 oder pNS3 tragen. Die Proteine wurden entweder nach Induktion mit IPTG (i) oder nach Wachstum unter nicht-induzierenden (n. i.) Bedingungen isoliert
311
pQCIP3 (n.i.)
pQCIP3 (i.)
pQE31 (n.i.)
pQE31 (i.)
Marker
pQCIP3 (n.i.)
pQCIP3 (i.)
pQE31 (n.i.)
pQE31 (i.)
kDa
Marker
7.2 Saccharomyces cerevisiae
97,4 66,2 45,0 31,0 21,5 14,4
*Anti-His-Tag Abb. 7.1.4. SDS-Gelelektrophorese und Western-Blot-Analyse von Gesamtproteinextrakten rekombinanter E.-coli-Stämme, die das Plasmid pQE31 oder pQCIP3 enthalten. Links: Coomassie-Blau gefärbtes Gel, rechts: Chemiluminogramm. Zur Detektion wurden ein Antikörper gegen das His-Tag eingesetzt
7.2 Saccharomyces cerevisiae Im Gegensatz zu prokaryotischen Proteinen werden eukaryotische Proteine häufig posttranslational modifiziert. Die Proteine werden z. B. glycosyliert, acyliert oder phosphoryliert, so dass zum Erhalt korrekt modifizierter Proteine häufig auf ein eukaryotisches Expressionssystem anstelle eines prokaryotischen Expressionssystems zurückgegriffen werden muss. Die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae weist viele Merkmale der Expression und Translation höherer Eukaryoten auf und ist dadurch für die funktionelle Expression eukaryotischer Gene bestens geeignet (Romanos et al. 1992). Zudem ist S. cerevisiae durch klassische und molekulare Methoden eingehend charakterisiert (Kap. 1.3) und bietet mit einer etablierten Transformations- und Fermentationstechnologie die Voraussetzung für die großtechnische Produktion heterologer Proteine.
312
7 Heterologe Genexpression
7.2.1 Strategien zur Optimierung der Expression in S. cerevisiae Die Grundlagen für eine effiziente Produktion der heterologen Proteine werden durch die Verwendung optimierter Expressionsvektoren mit geeigneten Promotoren und Terminatoren in der Hefe gegeben. In vielen Fällen wird durch die Synthese von Fusionsproteinen der proteolytische Abbau des gewünschten Produktes signifikant minimiert. Im Gegensatz zu E. coli und anderen Prokaryoten ist die Bäckerhefe zudem in der Lage, viele in höheren Eukaryoten vorkommende Proteinmodifikationen durchzuführen und die Proteine ins Kulturmedium zu sekretieren. Expressionsvektoren Bei den zur Expression von Fremdgenen eingesetzten Hefevektoren handelt es sich ausnahmslos um Hefe-E.-coli-Shuttle-Vektoren. In den meisten Fällen besitzen Hefe-Expressionsplasmide einen Replikationsursprung für E. coli und Fragmente des endogenen 2µm-Plasmids, um eine Replikation in der Hefe zu gewährleisten (Kap. 1.3 und 3.2). Als episomale Vektoren (YEp-Plasmide) liegen sie somit in hoher Kopienzahl in der Hefe vor. Selten werden ins Genom integrierende YIp-Plasmide eingesetzt. Als Selektionsgene zum Nachweis einer erfolgreichen Transformation dienen die in Kap. 3.2 vorgestellten Markergene. Um eine Expression heterologer Gene in S. cerevisiae durchführen zu können, wird eine Expressionskassette in den Vektor integriert. Das zu exprimierende heterologe Gen muss also unter die Kontrolle hefeeigener Promotor- und Terminatorsequenzen gebracht werden. Zur einfachen Klonierung eines Fremdgens in den Vektor befindet sich zwischen Promotor und Terminator mindestens eine singuläre Erkennungsstelle für eine Restriktionsendonuklease. Da die meisten Hefegene keine Intronen aufweisen (vgl. Kap. 1.3), bietet es sich an, nur die kodierende Sequenz eines eukaryotischen Gens, also dessen cDNA, in einen Hefe-Expressionsvektor zu klonieren. Promotoren und Terminatoren Für eine hohe Expressionsrate der heterologen Gene werden in der Hefe starke Promotoren verwendet. Meist stammen sie von Genen, die für StoffwechselEnzyme kodieren. Als konstitutiver Promotor wird beispielsweise der Promotor des Gens für die Alkohol-Dehydrogenase (ADH1-Gen) eingesetzt. Die Alkohol-Dehydrogenase ist ein cytoplasmatisches Enzym, das für die Etha-
7.2 Saccharomyces cerevisiae
313
nolproduktion essentiell ist. In Gegenwart von Glucose im Medium macht es ca. 1 % des Gesamtproteingehalts einer Hefezelle aus. Es lässt sich also leicht nachvollziehen, dass auch das Enzym-kodierende ADH1-Gen in entsprechend hohem Maße transkribiert wird. Andere Beispiele für konstitutive Hefe-Promotoren sind die des Phosphoglycerin-Kinase (PGK1)- und des Pyruvat-Kinase (PYK1)-Gens. Beide Gene kodieren für glycolytische Enzyme und gehören zu einer Klasse von sehr effizient exprimierten Hefegenen. Der mRNA- und Proteinspiegel beider Gene kann zwischen 1 % und 5 % der gesamten mRNAbzw. Proteinmenge einer Hefezelle ausmachen. In Gegenwart von Glucose ist die Expression beider Gene besonders hoch (Tabelle 7.2.1). Wie bei der Genexpression in E. coli ist es auch in S. cerevisiae gewünscht, die Expression des heterologen Gens gezielt zu regulieren. Als induzierbare Promotoren kommen in der Hefe häufig die Promotoren der Gene GAL1, GAL7 und GAL10 zum Einsatz. Sie kodieren Enzyme des Galactose-Metabolismus und ihre Genaktivität lässt sich durch die Zugabe von Galactose um mehr als das 100fache steigern. In Gegenwart von Glucose im Medium Tabelle 7.2.1. Beispiele für Promotoren zur heterologen Expression in Saccharomyces cerevisiae Gen
kodiertes Protein
Eigenschaft des Promotors
ADH1
Alkohol-Dehydrogenase Isoform 1 Phospho-GlycerinKinase Pyruvat-Kinase
konstitutiv
relative Regulation Promotor- durch Stärke – +++
konstitutiv
++++
konstitutiv
+++
Enzyme des Galactose-Metabolismus
reguliert
+++
Alkohol-Dehydrogenase Isoform 2 Saure Phosphatase
reguliert
++
reguliert
++
reguliert
+
konstitutiv, heterolog
+
PGK1 PYK1 GAL1, GAL7, GAL10 ADH2 PHO5 CUP1 CaMV
Kupfer-bindendes Protein Promotor des Blumenkohl MosaikVirus
ind. induziert, repr. reprimiert
10fach ind. durch Glucose 20fach ind. durch Glucose 1000fach ind. durch Galactose 100fach repr. durch Glucose 200fach repr. durch Phosphat 20fach ind. durch Kupfer –
314
7 Heterologe Genexpression
sind die Gene GAL1, GAL7 und GAL10 dagegen fast vollständig reprimiert. Auch bei anderen Promotoren kann die Expression durch die Manipulation des Mediums, d. h. durch die Zugabe eines Metaboliten induziert werden (vgl. Tabelle 7.2.1). Um eine möglichst effiziente Expression zu erreichen, können weiterhin Hybrid-Promotoren erzeugt werden, welche die Vorteile gut induzierbarer und starker glycolytischer Promotoren miteinander verbinden. Der Terminator gewährleistet eine optimale Akkumulierung der transkribierten mRNA und sollte für ihre Stabilität eine Polyadenylierungsstelle enthalten. Sequenzen für die Transkriptionstermination sind in S. cerevisiae wenig konserviert, so dass zumeist die Terminatoren homologer Gene verwendet werden, wie zum Beispiel die Terminatoren der Gene TRP1, ADH1 und MF1. Fusionsproteine Heterologe Proteine können in S. cerevisiae intrazellulär synthetisiert oder mit Hilfe einer Signalsequenz sekretiert werden. Bei einer intrazellulären Synthese ist die Ausbeute an heterologem Protein u. a. abhängig vom Ausmaß des proteolytischen Abbaus in den Hefezellen. Viele heterologe Proteine sind instabil und werden dadurch schnell degradiert. Eine mögliche Lösung des Problems besteht in der Fusion des heterologen Proteins mit einem stabilen Protein aus S. cerevisiae. Ein System zur Produktion heterologer Proteine als Fusionsproteine basiert auf den Ty-Elementen von S. cerevisiae (Abb. 7.2.1). Ty-Elemente sind transponierbare Elemente, die Homologien zu Retroviren aufweisen und als Retrotransposonen bezeichnet werden. Sie transponieren und replizieren über eine RNA-Zwischenstufe und Virus-ähnliche Partikel ( VLPs, virus like particles). Ty-Elemente enthalten zwei offene Leserahmen TYA und TYB (Abb. 7.2.1). TYA kodiert für ein DNA-bindendes Protein und wird zunächst als Vorstufenprotein proTYA gebildet. TYB kodiert für ein multifunktionelles Protein mit einer Reversen Transkriptase-, Integrase- und Protease-Funktion. Die Leserahmen des TYA- und TYB-Gens überlappen, so dass das stromabwärts liegende TYB nur nach einem translationalen Rasterschub als TYAB-Fusionsprotein gebildet werden kann. Die Vorstufen proTYA und TYAB lagern sich zu VLPs zusammen und schließen dabei die Ty-mRNA ein. Nach einer Prozessierung der Vorstufen zu den reifen Proteinen, TYA und TYB, findet in den Partikeln die reverse Transkription der Ty-mRNA statt. Die entstandene cDNA transponiert anschließend zu neuen Genompositionen (Müller et al. 1987). Die Tatsache, dass eine Partikelbildung auch unabhängig von der Prozessierung durch das TYA-Protein allein erfolgen kann, wurde zur Etablierung eines
7.2 Saccharomyces cerevisiae
TYA
315
TYB
Ty-Element 5'
Ty mRNA TYA
ORF
TYB
TYAB pro-TYA Assemblierung des Ty-VLPs
Partikelreifung
+
Partikel
Ty-DNA
Vakuole
Zellkern
Abb. 7.2.1. Bildung Virus-ähnlicher Partikel durch Ty-Elemente. Ty, Ty-Element; TYA, TYA-ORF; proTYA, Vorläufer des TYA-Proteins; TYB, TYB-ORF; TYAB, TYAB-ORF; VLP, virus like particle; weitere Erläuterungen im Text
316
7 Heterologe Genexpression
Bgl II
pFM2∆
TYA
2 µm
PADH1
URA3
TYA Partikel-Assemblierung
TYA-Ty-VLP
a
Bgl II
pCRB11
TYA
2 µm
PADH1
Bgl II
RTL
URA3
TYA-RTL
b
Hybrid-Ty-VLP
Abb. 7.2.2 a, b. Ty-Expressions-Vektoren: lineare Plasmid-Karten der Plasmide pFM2ƅ und pCRB11. (a) Im Vektor pFM2ƅ steht der TYA-Leserahmen des TyElements unter der Kontrolle des starken konstitutiven ADH1-Promotors. Es werden VLPs produziert, die nur aus dem TYA-Protein bestehen. (b) Der Vektor pCRB11 ist ein Derivat von pFM2ƅ, der in translationaler Fusion mit dem TYA-ORF des RTLGen aus C. reinhardtii enthält. Mit Hilfe des Vektors pCRB11 wird das RTL-Protein aus C. reinhardtii als TYA-Fusionsprotein synthetisiert und assembliert zu Hybrid-TyVLPs. Abkürzungen siehe Legende der Abb. 7.2.1
Expressions-Systems ausgenutzt (Kingsman et al. 1994). Ein heterologes Gen, das C-terminal mit dem TYA-Gen fusioniert wird, kann als Fusionsprotein synthetisiert werden und gewinnt durch den TYA-Anteil die Fähigkeit zur
7.2 Saccharomyces cerevisiae
317
Partikelbildung. Diese Partikel reichern sich in der Zelle an und können durch Zentrifugation abgetrennt und konzentriert werden (Abb. 7.2.2). Eine Möglichkeit zum Schutz vor proteolytischem Abbau im Cytoplasma besteht in der Verwendung Protease-defekter Hefestämme. So bewirkt beispielsweise eine Mutation im PEP4-Gen von S. cerevisiae eine Abnahme der vakuolären Protease-Aktivität um 95 %. Sekretion Die Sekretion eines heterolog synthetisierten Proteins ins Medium bietet eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung des proteolytischen Abbaus, da im Nährmedium der Hefe in der Regel nur wenige Proteasen vorhanden sind. Generell ist die Sekretion großer Proteine (> 100 kDa) schwieriger als die kleiner Proteine. Grundsätzlich können aber Proteine bis zu einer Größe von 400 kDa sekretiert werden. Zudem können ins Medium ausgeschiedene Proteine leichter aufgereinigt werden als im Cytoplasma angereicherte Proteine. Um eine Sekretion des Expressionsprodukts zu gewährleisten, muss das Protein mit einer Signalsequenz fusioniert sein. Für die Sekretion heterologer Proteine können sowohl heterologe als auch homologe Signalsequenzen verwendet werden. Beispiele für homologe Signalsequenzen, die zur Sekretion heterologer Proteine verwendet werden, sind die der Invertase Suc2p, der sauren Protease Pho5p und des Kreuzungsfaktors MF-ơ1. Bei Verwendung von heterologen Sequenzen sinkt in der Regel die Sekretionseffizienz. Mögliche Gründe hierfür sind, dass sekretierte Hefeproteine zum Teil neben einer aminoterminalen Sekretionssequenz weitere interne Signalsequenzen besitzen, dass die sekretierten heterologen Proteine ineffizient prozessiert werden oder eine ungünstige Konformation einnehmen. Eine Steigerung der Sekretion heterologer Proteine kann durch die Verwendung von übermäßig sekretierenden (supersecreting) ssc-Hefemutanten erreicht werden. Insbesondere Hefestämme, welche die ssc1- und ssc2-Mutationen tragen, besitzen das Potential zur gesteigerten Sekretion heterologer Proteine. 7.2.2 Heterologe Genexpression in S. cerevisiae und Isolierung Virus-ähnlicher Partikel Das Prinzip des hier vorgestellten Expressionssystems beruht auf der Fähigkeit der Ty-Elemente zur Partikelbildung. Ein Fremdgen, das überexprimiert werden soll, kann stromabwärts des TYA-Leserahmens in die singuläre BglIISchnittstelle des Vektor pFM2ƅ einkloniert werden (Abb. 7.2.2). Dem Vektor
318
7 Heterologe Genexpression
fehlt das TYB-Gen, an dessen Stelle das Fremdgen kloniert wird, so dass ein durchgehender Leserahmen zwischen dem TYA-ORF und dem Fremdgen entsteht. Das Fusionsgen steht unter der Kontrolle des starken konstitutiven ADH1-Promotors. Bei der Transkription entsteht ein Fusionstranskript, das in ein Fusionsprotein translatiert werden kann. Das Fusionspolypeptid assembliert zu Hybrid-Ty-VLPs, die sich in der Hefezelle anreichern. Nach dem Aufschluss der Zellen mit Glasperlen lassen sich die Hybrid-Ty-VLPs und damit auch die in den Partikeln erhaltenen Fremdproteine durch Dichtegradienten-Zentrifugation isolieren. In diesem Versuch sollen Virus-ähnliche Partikel aus einem Hefestamm isoliert werden, der das Plasmid pFM2ƅ bzw. ein Derivat dieses Plasmids, das Plasmid pCRB11, enthält. Das Plasmid pFM2ƅ kodiert das 51,6 kDa große TYA-Protein. In das Plasmid pCRB11 wurde das 1,1 kb lange mitochondriale Gen RTL (reverse transcriptase like) aus der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii stromabwärts des TYA-ORFs kloniert. Das RTL-Gen kodiert für ein 42,5 kDa Protein aus 368 Aminosäuren, das starke Sequenzhomologien mit Reversen Transkriptasen aufweist (Boer und Gray 1998). Hefezellen, die dieses Plasmid enthalten, produzieren ein ca. 100 kDa großes TYA-RTL-Fusionsprotein, das sich in Form von Ty-Hybrid-Partikeln in den Zellen anreichert (Faßbender et al. 1994). Der in diesem Versuch eingesetzte Hefestamm PS1-11 besitzt einen Defekt in dem PEP4-Gen, das für eine vakuolären Protease kodiert, und ist Uracil-, Leucin- und Histidin-auxotroph. Die Plasmide pFM2ƅ und pCRB11 besitzen als Selektionsmarke das URA3-Gen, so dass PS1-11-Transformanten Uracilprototroph sind. Material • Transformanten des S.-cerevisiae-Stammes PS1-11 (MATa, ura3-52, leu2-3, his4, pep4-3) mit den Plasmiden pFM2ƅ und pCRB11 • Kühlraum 4 °C • Eis • Zentrifuge • Tischzentrifuge • Eppendorfzentrifuge • Ultra-Zentrifuge; Ti50-Rotor, Ti50-Zentrifugenröhrchen (Beckmann) • 10 mL-Röhrchen • Glasperlen, Durchmesser 0,5 mm • Eppendorfgefäß • SD-Minimalmedium ura- (für 50 mL Flüssigkulturen) 0,67 % Bacto-Yeast nitrogenbase (ohne Aminosäuren; Difco) 2 % Dextrose
7.2 Saccharomyces cerevisiae
•
•
•
• •
319
20 mg/L Histidin/HCl 30 mg/L Leucin RTB-Puffer (10 % Glycerin) 50 mM Tris/HCl, pH 7,9 10 % Glycerin 100 mM NaCl 10 mM Ƣ-Mercaptoethanol 1 mM EDTA 0,1 % Tween 20 RTB-Puffer (30 % Glycerin) 50 mM Tris/HCl, pH 7,9 30 % Glycerin 100 mM NaCl 10 mM Ƣ-Mercaptoethanol 1 mM EDTA 0,1 % Tween 20 RTB-Puffer (50 % Glycerin) 50 mM Tris/HCl, pH 7,9 50 % Glycerin 100 mM NaCl 10 mM Ƣ-Mercaptoethanol 1 mM EDTA 0,1 % Tween 20 Material für die SDS-Gelelektrophorese (siehe 7.1.2) Gelelektrophorese-Kammer z. B. Protean II (Bio-Rad)
Methode A. Herstellung des Protein-Rohextraktes 1. Hefen in 100 mL SD-Medium bis zu einer OD600 = 0,6 (max. 1,0) wachsen lassen. Die Hefen können direkt von einer Platte oder aus einer Vorkultur angeimpft werden. 2. Zellen 5 min bei 2000 rpm abzentrifugieren. 3. Überstand verwerfen, das Sediment in 25 mL RTB-Puffer (10 % Glycerin) waschen, d. h. das Sediment durch Vortexen lösen und erneut 5 min bei 2000 rpm zentrifugieren. 4. Überstand verwerfen, Zellsediment in 7 mL RTB-Puffer (10 % Glycerin) lösen, in 10 mL-Röhrchen überführen und erneut 5 min bei 2000 rpm abzentrifugieren. 5. Überstand verwerfen, Sediment in 200 µL RTB-Puffer (10 % Glycerin) lösen und ca. 700 µL Glasperlen (im Eppendorfgefäß abmessen) zuführen. 6. Im Kühlraum 10 min bei 4°C auf höchster Stufe vortexen.
320
7 Heterologe Genexpression
7. 1 mL RTB-Puffer (10 % Glycerin) zugeben und gut aufschütteln, Zelltrümmer und Glasperlen 5 min bei 4 °C und 1000 rpm abzentrifugieren. 8. Überstand in Eppendorfgefäß überführen, von nun an Proteine möglichst auf Eis halten. 9. Weitere Zelltrümmer 5 min bei 4 °C und 10 000 rpm in einer Eppendorfzentrifuge sedimentieren. 10. Überstand = Rohextrakt (RE) in frisches Eppendorfgefäß überführen und auf Eis halten. B. Isolierung der Ty-VLPs 11. Stufen-Gradienten mit RTB-Puffer in einem Beckmann-Ti50-Röhrchen herstellen: • 4 mL RTB-Puffer (50 % Glycerin) einfüllen, • darauf vorsichtig mit einer Glaspipette 4 mL RTB-Puffer (30 % Glycerin) schichten; es sollte sich eine Phasengrenze ergeben. • Darauf 1 mL des Rohextraktes (in RTB-Puffer, 10 % Glycerin) schichten; es sollte sich wieder eine Phasengrenze bilden. 12. Die Röhrchen vorsichtig gegeneinander mit RTB-Puffer (10 % Glycerin) austarieren und in den Ti50-Rotor stellen. In einer Ultrazentrifuge für 21 h bei 4 °C und 100 000 g zentrifugieren. 13. Nach der Zentrifugation den Überstand abdekantieren und verwerfen. Im Pellet sind die Ty-VLPs konzentriert. Die Röhrchen auf den Kopf stellen, damit die restliche Flüssigkeit ablaufen kann. Das Pellet in 500 µL RTBPuffer (10 % Glycerin) lösen. 14. Proteinbestimmung nach Bradford durchführen (s. Kap. 7.1.2 B). Die Proben können bei –20 °C aufbewahrt werden oder direkt durch SDSPolyacrylamid-Gelelektrophorese analysiert werden. C. Herstellung eines SDS-Polyacrylamid-Gels Die Auftrennung der Proteine erfolgt in einem 7,5 %igen SDS-Polyacrylamidgel (s. Kap. 7.1.2 C). 15. Apparatur, bestehend aus zwei unterschiedlich großen Glasscheiben und zwei Abstandhaltern (Spacer), in die dafür bereitgestellte Gießapparatur stellen.
7.2 Saccharomyces cerevisiae
321
16. Trenngel ansetzen: Bestandteil Acrylamid (37,5 : 1) H 2O „UPPER“-Tris (4 ×) „LOWER“-Tris (4 ×) APS (20 %) TEMED
Sammelgel (6 %) 2,0 mL 6,3 mL 2,5 mL – 75 µL 25 µL
Trenngel (7,5 %) 10,0 mL 19,5 mL – 10,0 mL 200 µL 25 µL
17. Zum Gießen des Trenngels das angesetzte Trenngel-Gemisch bis zur Füllstandsmarke mit einer Glaspipette zwischen die Scheiben einfüllen und mit Isopropanol überschichten. Das Gel für ca. 1 h polymerisieren lassen. 18. Isopropanol vom Trenngel abgießen und die Kante mit Wasser spülen. 19. Sammelgel-Gemisch ansetzen (s. Punkt 16), mit einer Glaspipette auf das Trenngel geben. Den Kamm in das Sammelgel einstecken und das Gel für ca. 30 min polymerisieren lassen. D. Vorbereitung der Proben für das SDS-Polyacrylamidgel, Durchführung der Gelelektrophorese und Färbung des Proteingels 20. 150 µg der Proteinprobe mit A. dest. auf 30 µL auffüllen und mit 10 µL 3× Ladepuffer versetzen (insgesamt max. 65 µL Ansatz). Zusätzlich als Größenstandard einen Proteinmarker bereithalten. 21. Alle Proteinproben 5 min bei 95 °C erhitzen. 22. SDS-Polyacrylamidgel nach folgendem Schema beladen: Tasche Probe
1 Marker
2 pFM2ƅ
3 pCRB11
23. SDS-PAGE durchführen (bei 50 V Proben ins Sammelgel einlaufen lassen; danach 100 V). 24. Sammelgel vom Trenngel abtrennen und Trenngel für 15 min mit Coomassie-Blau-Lösung färben; anschließend Hintergrund durch mehrmaligen Wechsel der Entfärbelösung entfärben.
322
7 Heterologe Genexpression
Hinweise zur Auswertung
pCRB11
pFM2∆
kDa
Marker
Das synthetisierte TYA-Protein (51,6 kDa) ist nach Auftrennung der aufkonzentrierten Ty-VLPs in dem SDS-Polyacrylamidgel und Anfärbung mit Coomassie-Blau deutlich zu erkennen. Die Bande des Fusionsproteins der Hybrid-Ty-VLPs, das durch den Vektor pCRB11 kodiert wird, ist dagegen deutlich schwächer ausgeprägt. Das Fusionsprotein sollte ein Molekulargewicht von ca. 100 kDa aufweisen. Neben den VLP-Proteinen werden durch die Ultrazentrifugation auch noch andere Proteine isoliert. Das gefärbte Gel kann mit dem der Abb. 7.2.3 verglichen werden.
116
TYA-RTL 84
56
TYA 48
Abb. 7.2.3. SDS-Gelelektrophorese von Ty-VLPs. Coomassie-Blau-gefärbtes SDSPolyacrylamid-Gel. Je 150 µg der VLP-Fraktion von Hefe-Transformanten, die das Plasmid pFM2ƅ oder pCRB11 enthalten, wurden aufgetrennt
8 Reportergene
Reportergene sind dazu geeignet, experimentell einfach die Genexpressionen qualitativ und auch quantitativ zu messen. Sie haben unterschiedliche Herkunft und können in homologen oder heterologen Wirtssystemen eingesetzt werden. Meistens werden Enzym-kodierende Reportergene verwendet. Durch die Aktivität der Enzyme wird in der Regel eine chromogene Reaktion einer bestimmten Indikator-Substanz katalysiert. Die Enzymaktivtät kann anhand des Umsatzes der Indikator-Substanz photometrisch bestimmt werden. In den letzten Jahren wurden zunehmend und auch erfolgreich Gene für autofluoreszierende Proteine eingesetzt. Mit Reportergenen können Promotorstärken quantifiziert werden. In diesen Fällen erfolgt eine transkriptionelle Fusion des Promotors des Kandidatengens mit dem Reportergen, so dass aus dessen Aktivität auf die Stärke des untersuchten Promotors geschlossen werden kann. Darüber hinaus ist die intrazelluläre Genexpression in vivo messbar, und bei vielzelligen Objekten kann eine gewebespezifische oder entwicklungsabhängige Expression der Kandidatengene am lebenden Objekt beobachtet werden. Entsprechende Beispiele werden im Folgenden für Hyphenpilze, Arabidopsis thaliana und Drosophila melanogaster gegeben.
8.1 Häufig verwendete Reportergene Im Folgenden werden drei häufig verwendete Reportergene vorgestellt, deren Produkte einfach qualitativ oder quantitativ messbar sind und für die verschiedene Nachweismethoden entwickelt wurden. Dabei handelt es sich um das Ƣ-Galactosidase-Gen und das Ƣ-Glucuronidase-Gen, die beide aus Escherichia coli stammen. Sie werden vornehmlich für quantitative Messungen des Genprodukts verwendet. Als drittes Beispiel wird das Gen für das grün fluoreszierende Protein (green fluorescent protein, GFP) der Qualle Aequorea victoria vorgestellt, das stellvertretend für viele andere autofluoreszierende Proteine
324
8 Reportergene
angeführt wird. Das gfp-Gen eignet sich insbesondere, wenn das Reportergenprodukt in lebenden Zellen nachgewiesen werden soll. 8.1.1 Ȗ-Galactosidase Das Ƣ-Galactosidase-Gen (lacZ) stammt aus dem lac-Operon von Escherichia coli. Das Enzym katalysiert die Hydrolyse von Lactose in Glucose und Galactose. Die Enzymaktivität kann leicht durch die Verwendung von chromogenen Substraten ( X-Gal = 5-Bromo-4-chloro-3-indolyl-Ƣ-D-galactopyranosid; ONPG = o-Nitrophenyl-Ƣ-D-galactosid) sichtbar gemacht werden. Die chromogenen Substrate werden in farbige Produkte umgewandelt (Abb. 8.1.1). Das lacZ-Gen kann auch bei histochemischen und zellulären Lokalisationen benutzt werden und ist Teil vieler E.-coli-Klonierungsvektoren. Bakterien mit einem funktionellen Ƣ-Galactosidase-Gen erscheinen blau und sind farblos, wenn das Gen durch eine Fremd-DNA unterbrochen ist ( „BlauWeiß“-Selektion). 8.1.2 Ȗ-Glucuronidase (GUS) Das wohl am häufigsten eingesetzte System zur Analyse von Promotoraktivitäten in Pflanzen beruht auf der enzymatischen Aktivität der Ƣ-Glucuronidase (GUS). Das Gen für die Ƣ-Glucuronidase ( gusA) stammt aus dem Escherichiacoli-gus-Operon und kodiert für ein 68 kDa großes Protein. Die GUS ist als Homotetramer aktiv und katalysiert in dieser Form den Umsatz einer Reihe von Ƣ-Glucuroniden und Ƣ-Galacturoniden. Im Gegensatz zur verwandten Ƣ-Galactosidase, die in Bakterien bei der Selektion positiver Transformanten Verwendung findet, ist die GUS in Pflanzen nicht endogen enthalten und stellt somit ein ideales Reportergen in Pflanzen dar. Die enzymatische Aktivität der GUS lässt sich in Pflanzengeweben histochemisch mittels einer Farbreaktion (Abb. 8.1.1) nachweisen, wobei das Substrat 5-Brom-4-chlor-3-indolyl-Ƣ-D-glucuronid ( X-Gluc) zu einem schwer löslichen Indigofarbstoff (5,5’-Dibrom-4,4’-dichlor-indigo) umgesetzt wird, der an den Orten der Enzymaktivität ausfällt (Jefferson et al. 1987). Neben X-Gluc setzen GUS-Reporterproteine eine Reihe von Fluoreszenzmolekülen um. Diese Substrate (z.B. 4-Methylumbelliferyl-Ƣ-D-glucuronid) werden hauptsächlich bei in-vitro-Analysen zur Quantifizierung der GUSAktivität in unterschiedlichen Geweben verwendet, erlauben aber zum Teil auch eine histochemische Analyse der GUS-Aktivität in vivo. Der besondere Vorteil dieser in-vivo-Detektionsmethode begründet sich in der schonenden
8.1 Häufig verwendete Reportergene
325
X-Gal (5-Brom-4-chlor-indolylβ-D-galactosid) CI CH 2OH O HO
Br O
OH
β -Galactosidase
CI
N H
OH
Br
HO CI Br
COOH O
O
OH
β -Glucuronidase
N H
HO
N H 5-Brom-4-chlor3-hydroxy-indol
HO X-Gluc (5-Brom-4-chlor-indolylβ-D-glucuronid)
CI
spontane Dimerisierung & Luftoxidation
O
O
CI
Br
Br N H
N H
, , 5,5 Dibrom-4,4 -dichlor-indigo
Abb. 8.1.1. Reaktionsverlauf der Umsetzung von X-Gal (5-Brom-4-chlor-indolyl-ƢD-galactopyranosid) durch die Ƣ-Galactosidase und von X-Gluc (5-Brom-4-chlorindolyl-Ƣ-D-glucuronid) durch die Ƣ-Glucuronidase. Zunächst wird das Substrat mit Hilfe der Enzyme hydrolysiert. Darauf folgt eine spontane Dimerisierung und Oxidation der substituierten Indolmoleküle, was zur Bindung eines nur schwer löslichen chromogenen Indigofarbstoffes führt (5,5’-Dibrom-4,4’-dichlor-indigo)
Substratzufuhr, da die lipophilen fluorometrischen Substrate über Zellmembranen lebender Zellen hinweg diffundieren können. In der Praxis erlaubt dies ein weiteres Wachstum bereits untersuchter Pflanzen. 8.1.3 Das grün fluoreszierende Protein (GFP) Das grün fluoreszierende Protein (GFP) der Qualle Aequorea victoria stellt eines der interessantesten Reporterproteine in der modernen Experimentalbi-
326
8 Reportergene
O
Tyr
HO
HN R
O2
Gly N H O
O Cyclisierung
N
O N
- H2O
HO R
NH
O
O
GFP Chromophor
O Dehydrierung
N O
N HO
O NH
O2
R
NH O
Abb. 8.1.2. Reaktionsverlauf zur Bildung des Chromophors bei dem grün fluoreszierenden Protein (GFP). Bei diesem Prozess kommt es zur spontanen intramolekularen Zyklisierung und Oxidation ohne die Wirkung von Cofaktoren. An diesem Prozess sind die Aminosäuren Serin (65), Tyrosin (66) und Glycin (67) beteiligt. Das entstehende p-Hydroxibenzylimidazol führt dazu, dass das GFP-Protein blaues Licht absorbiert und grünes Licht emittiert
ologie dar. Dieses 27 kDa große Protein zeichnet sich durch seine einzigartige Struktur und eine intensive grüne Autofluoreszenz aus. Durch eine intramolekulare Zyklisierung kommt es ohne die Mitwirkung von Cofaktoren zur Bildung eines Chromophors (Abb. 8.1.2). GFP wird durch Wellenlängen im blauen Bereich angeregt und strahlt dann grünes Licht ab, das im Fluoreszenzmikroskop beobachtet werden kann. Bei einer Anregungswellenlänge von 488 nm (blaues Licht) liegt die Emissionswellenlänge im grünen Bereich bei einer Wellenlänge von 507 nm. Das EGFP ist eine modifizierte Version des GFP, das eine stärkere Fluoreszenz besitzt und an den Codon-Gebrauch von Säugern angepasst wurde. Es hat sich herausgestellt, dass dieses EGFP auch in Hyphenpilzen funktionell ist. Neben der grün fluoreszierenden Variante (GFP) ist mittlerweile eine ganze Reihe von Mutanten nutzbar, die sich lediglich durch wenige Punktmutationen vom ursprünglichen GFP unterscheiden, aber über deutlich verschobene Emissionsmaxima verfügen. Dabei unterscheidet man das cyan fluoreszierende (cyan fluorescent protein, CFP) von dem gelb fluoreszierenden (yellow fluorescent protein, YFP) Protein.
8.2 Expression des egfp-Gens in Hyphenpilzen
327
Durch die Substitution von vier Aminosäuren wurde eine cyanfarbene Variante hergestellt. Das von dem cfg-Gen kodierte CFP-Protein hat eine Emissionswellenlänge im blauen Bereich bei 475 nm. Die gelbe Variante YFP hat im Vergleich zum GFP sechs Aminosäuresubstitutionen und besitzt ein Emissionsmaximum im gelben Bereich bei 527 nm. Ein weiteres fluoreszierendes Protein, das zur Analyse der subzellulären Lokalisation eingesetzt wird, ist ein rot fluoreszierendes Protein aus dem Korallentier Discosoma spec. (Klasse Anthozoa). Das als DsRed bzw. RFP (red fluorescent protein) bezeichnete Protein hat ein Emissions-Maximum bei 558 nm und 583 nm und damit eine deutlich längere Wellenlänge als das GFP oder dessen Varianten CFP und YFP (Miyawaki et al. 2003). Aufgrund der deutlich unterschiedlichen Emissionswellenlängen kann DsRed zusammen mit GFP gleichzeitig in einer Zelle analysiert werden.
Reportergene, wie das gfp-Gen, erlauben die Untersuchung der Reportergenexpression in vivo über einen längeren Zeitraum, ohne dass die Zellen dafür einer speziellen Behandlung unterzogen werden müssen. Weiterhin ist es möglich, GFP-Fusionsproteine mit wirtseigenen Proteinen herzustellen, die in ihrem Expressionsmuster dem nativen Protein entsprechen. Mittels Fluoreszenz- oder konfokaler Lasermikroskopie kann dann die subzelluläre Lokalisation von GFP bestimmt werden. Durch den GFP-Fusionsanteil fluoresziert das Fusionsprotein und kann nach Anregung mit Blaulicht in der Zelle lokalisiert werden.
8.2 Expression des egfp-Gens in Hyphenpilzen Neben den in Kap. 8.1 vorgestellten Enzym-kodierenden Reportergenen, wie z. B. dem Ƣ-Galactosidase-Gen und dem Ƣ-Glucuronidase-Gen aus E. coli, wird bei Hyphenpilzen auch das Glucoamylase-Gen GA-I aus dem Hyphenpilz Aspergillus awamori häufig zur Analyse von Promotor-Eigenschaften eingesetzt (Lemke und Peng 1995). Darüber hinaus wird bei Hyphenpilzen in den letzten Jahren vermehrt das gfp-Gen als Reportergen verwendet. Da viele Hyphenpilze einen den Säugern ähnlichen Codon-Gebrauch aufweisen, hat es sich als günstig herausgestellt, die egfp (enhanced green fluorescent protein)Version des gfp-Gens zu exprimieren. Auch eine Variante des DsRed-Gens, das DsRed-Express-Gen, welches für ein besser lösliches und schneller reifendes Protein kodiert, wurde erfolgreich als Reportergen in Hyphenpilzen verwendet (Mikkelsen et al. 2003).
328
8 Reportergene
8.2.1 Nachweis der GFP-Fluoreszenz in Sordaria macrospora In diesem Experiment werden Pilz-Transformanten analysiert, die das Plasmid pSM1 in das Genom integriert haben. Dieser Versuch schließt sich an Kap. 3.3.1 an, in dem die Transformation von S. macrospora beschrieben wird. Das Plasmid pSM1 (Abb. 3.3.1) trägt zur Selektion von Pilz-Transformanten eine hph-Resistenzkassette, und zusätzlich trägt es das egfp-Gen (enhanced green fluorescent protein) unter Kontrolle des gpd-Promotors (Glyceraldehyd-3Phosphat-Dehydrogenase) und des trpC-Terminators aus Aspergillus nidulans (Pöggeler et al. 2003). Die Fluoreszenzmikroskopie ermöglicht eine genaue Analyse der Pilz-Transformanten bezüglich ihrer egfp-Expression. Da das EGFP-Protein eine Anregungswellenlänge von 488 nm und eine Emissionswellenlänge von 507 nm aufweist, ist eine Visualisierung der Fluoreszenz durch Blaulichtanregung möglich. Somit kann das EGFP-Protein als zellulärer Marker in lebenden Zellen eingesetzt werden. Bei einer Expression des egfp-Gens unter Kontrolle des starken konstitutiven gpd-Promotors kann mit der Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie die Bildung eines funktionellen EGFP-Proteins dargestellt werden. Die Pilzhyphen erscheinen grün-fluoreszierend. Zudem ist eine exakte Bestimmung der Lokalisation des EGFP in den Zellen möglich. Abb. 8.2.1 a zeigt beispielhaft eine Pilz-Transformante (Sordaria macrospora), die ein Fusionsprotein bestehend aus dem EGFP-Protein und einem Transkriptionsfaktor synthetisiert. Der Transkriptionsfaktor befindet sich im Zellkern, da nur die Kerne fluoreszieren. Wird das egfp-Gen dagegen nicht mit einem anderen Gen, sondern mit einem starken Promotor fusioniert, ist die Fluoreszenz im Cytoplasma der Hyphe lokalisiert (Abb. 8.2.1 b). Nach der Transformation wird das egfp-Gen bei S. macrospora stabil auf die Nachkommen vererbt. Dieses kann man an den Asci erkennen, die aus der Kreuzung einer egfp-Transformante mit dem nicht transformierten Wildtyp stammen. In den Asci sind, entsprechend einer 2 : 2-Aufspaltung, vier fluoreszierende und vier nicht fluoreszierende Ascosporen vorhanden (Abb. 8.2.1 c). Material • Fluoreszenzmikroskop (z. B. Zeiss Axiophot) • passender Filtersatz (z. B. Zeiss-Filtersatz 09, Anregung 450 bis 490 nm, Farbteiler 510 nm, Sperrfilter 520 nm) • elektronische Kamera und Bildverarbeitungssoftware (z.B. Live-Bild-Kamera und Zeiss Programm AxioVision) • Wasser
8.2 Expression des egfp-Gens in Hyphenpilzen
10 µm
a
b
c
329
10 µm
50 µm
Abb. 8.2.1 a–c. GFP-Fluoreszenz in Pilz-Transformanten. (a) Kernlokalisierung eines Fusionsproteins aus EGFP und einem Transkriptionsfaktor. (b) Transformanten, die das Plasmid pSM1 enthalten: Die Fluoreszenz ist im Cytoplasma lokalisiert. Transformanten sind links und in der Mitte zu sehen. Der Pfeil weist auf eine Vakuole hin. Ein Wildtyp-Stamm (rechts) weist keine Fluoreszenz auf. (c) Das egfp-Gen wird stabil vererbt. Asci mit Ascosporen sind erkennbar, die aus einer Kreuzung einer Transformante, die das egfp-Gen exprimiert, mit einem Wildtyp-Stamm entstanden sind • • • • •
Objektträger Deckgläser Impfnadel Sordaria macrospora: pSM1-Transformanten auf BMM (+ Hygromycin)-Platten Sordaria macrospora: wt-Stamm oder Transformanten, die Plasmid pBC-hygro tragen (als Kontrolle)
330
8 Reportergene
Methode A. Präparation der Pilzprobe 1. Transformanten auf BMM (+ Hygromycin)-Festmedium anziehen. Myzel mittels Impfnadel von der Oberfläche abnehmen. 2. Myzel auf Objektträger in einen Tropfen Wasser überführen. 3. Deckglas luftblasenfrei auflegen. B. Bedienung des Fluoreszenz-Mikroskops Die wesentlichen Bedienelemente eines Fluoreszenz-Mikroskops sind in Abb. 8.2.2 dargestellt. 4. Leuchte für Auflichtfluoreszenz (UV-Lampe) einschalten. 5. Mit dem Reflektorrevolver Durchlicht wählen und die zu untersuchende Objektstelle einstellen; dabei den inneren Lichtweg der UV-Lampe durch den Blendenschieber sperren. 6. Ausschalten der Durchlichtbeleuchtung durch Abdecken des Lichtaustrittes an der Leuchtfeldblende mit einem Photoobjektivdeckel. 7. Am Reflektorrevolver passenden Fluoreszenzfilter wählen. 8. Durch Herausziehen des Blendenschiebers Lichtweg der UV-Lampe freigeben. C. Aufnahme mittels LIVE-Bild-Kamera und Bildbearbeitungsprogramm AxioVision 9. Computer hochfahren und Live-Bild-Kamera einschalten. 10. Programm AxioVision starten. 11. Symbol „Live-Bild-Kamera“ in Werkzeugleiste anklicken, um das im Mikroskop eingestellte Bild am Bildschirm aufzurufen. 12. Belichtungszeit je nach Bildhelligkeit manuell unter „Belichtung“ mittels Schieber einstellen. 13. Skalierung einstellen; dazu „Skalierung“ in Werkzeugleiste anwählen und das verwendete Objektiv (z. B. „Plan-Neo 5 × Z1 1300 ZVS“) einstellen. 14. Bildausschnitt im „Live-Bild-Fenster“ wählen. 15. Zur Bildaufnahme das Symbol „Kamera“ anklicken; Aufnahme erfolgt und das aufgenommene Bild erscheint. 16. Durch Anwählen des Symbols „Skalierung“ kann ein Maßstabsbalken gewünschter Länge in das aufgenommene Bild eingebracht werden. 17. Aufgenommene Bilder können durch Aufrufen des Befehls „Datei/Speichern unter“ in einem Verzeichnis gespeichert werden.
8.2 Expression des egfp-Gens in Hyphenpilzen
binokularer Tubus mit Höhenverstellung
331
Leuchte für Auflichtfluoreszenz
Okulare Filter- oder Blendenschieber
Reflektorrevolver Leuchte für Durchlicht
Analysatorschieber
Helligkeitsregelung für Durchlicht
Objektiv Objekthalter mit Federhebel
Ein-/Ausschalter
Kondensor
Filtersatz
Grob-/Feintrieb für Objekttisch
Kreuztisch Leuchtfeldblende
Abb. 8.2.2. Bedienelemente eines Fluoreszenzmikroskops
Hinweise zur Auswertung Zur Dokumentation der Ergebnisse sollen mikroskopische Bilder von Hyphen sowohl im Durchlicht (Phasenkontrast) als auch bei Fluoreszenzanregung aufgenommen werden. Die Fluoreszenz sollte im Cytoplasma sichtbar sein. Zur Kontrolle können ein nicht transformierter Pilzstamm oder Transformanten, die das Plasmid pBC-hygro tragen, beobachtet werden.
332
8 Reportergene
8.3 Nachweis der Ȗ -Glucuronidase-Aktivität in Arabidopsis thaliana Eine der gängigsten Anwendungen des Ƣ-Glucuronidase (GUS)-Reportergens in Pflanzen ist die Bestimmung der Transkriptionsaktivität eines pflanzlichen Gens. Voraussetzung dafür ist lediglich die Fusion des zu untersuchenden Promotorbereiches mit dem Reportergen und die anschließende Transformation der Pflanzen. Für eine prinzipielle Aussage über die regulatorischen Fähigkeiten eines klonierten Promotorbereiches genügt zumeist schon die transiente Transformation einzelner Pflanzenzellen (Kap. 3.5.3). Die Expression des Reportergens kann dabei bereits nach wenigen Stunden der Inkubation durch Zugabe des farblosen Substrates X-Gluc nachgewiesen werden. Vorausgesetzt der Promotorbereich zeigt Transkriptionsaktivität, so erkennt man dies an den blauen Punkten im Gewebe, die durch die Akkumulation des gebildeten Indigofarbstoffes in den transformierten Zellen sichtbar werden. Will man jedoch Aussagen über die räumliche Verteilung oder zeitliche Veränderungen der Promotoraktivität machen, so kommen transgene Pflanzen zum Einsatz, bei denen das Reportergen unter der Kontrolle des zu untersuchenden Promotors stabil in das Genom inseriert wurde. Durch die Infiltration des Gewebes dieser Pflanzen mit dem Substrat X-Gluc (histologische GUSFärbung) lässt sich erkennen, wo und in welchem Ausmaß das Reporterenzym gebildet wurde. Daher ist diese Methode besonders gut geeignet, eventuelle gewebe- und organspezifische Regulationsmechanismen nachzuweisen. Wie Abb. 8.3.1 zeigt, lassen sich auf diese Weise auch transkriptionsregulierende Faktoren einfach testen. Durch photometrische oder fluorometrische GUS-Tests können auch quantitative Aussagen über die Promotorstärke gemacht werden. Allerdings sollte dabei immer berücksichtigt werden, dass die GUS als recht stabiles Enzym im Gewebe akkumuliert und somit in der Regel keine genauen Echtzeitbestimmungen der Promotoraktivität möglich sind. Andererseits ermöglichen die Akkumulation des Enzyms und des Indigofarbstoffes bei der histologischen Färbung die Darstellung selbst geringer Promotorstärken. Die folgenden Versuche sollen einen Einblick in die Möglichkeiten der Verwendung des GUS-Enzyms als Reporter für pflanzliche Promotoraktivität geben. Sie schließen sich experimentell an Kap. 3.5.1 an, in dem bereits die Herstellung transgener Reporterlinien erläutert wird. Der Nachweis der GUS-Aktivität stabil transformierter Pflanzen im Rahmen praktischer Übungen setzt voraus, dass zuvor ausreichend T2- oder T3-Saatgut einer geeigneten Reporterlinie, hier Arabidopsis thaliana [pBI121], produziert worden ist.
8.3 Nachweis der Ƣ-Glucuronidase-Aktivität in Arabidopsis thaliana
333
Abb. 8.3.1. Darstellung der Promotoraktivität in transgenen Reporterpflanzen von A. thaliana durch histologische GUS-Färbung. Die zwei Wochen alten Keimlinge tragen das Reportergen der Ƣ-Glucuronidase unter der Kontrolle eines jasmonatregulierten Promotors (Allenoxidsynthasepromotor, Kubigsteltig et al. 1999). Die Induktion der Transkriptionsaktivität durch Applikation des Signalstoffes Methyljasmonat auf die rechte Pflanze lässt sich später anhand der Umsetzung des ungefärbten Substrates X-Gluc zum dunkelblauen Indigofarbstoff verfolgen. Links: Kontrollfärbung einer nicht induzierten Pflanze
8.3.1 Histochemischer GUS-Test Der histochemische Nachweis erlaubt eine qualitative Darstellung der räumlichen Verteilung der Ƣ-Glucuronidaseaktivität in situ (Jefferson et al. 1987). Hier bietet sich dieser Test an, um z. B. Wildtyp-Pflanzen in einer mischerbigen Population zu identifizieren und das Spaltungsverhältnis zu errechnen. Die Pflanzen werden für diesen Test steril, aber nicht unter Selektionsdruck angezogen. Alternativ lässt sich auch ein Vergleich zwischen einer transgenen Reporterlinie und einer Wildtyp-Linie sehr einfach durchführen. Die transgenen Pflanzen werden dafür unter sterilen Bedingungen auf Selektionsagar angezogen, um das Vorhandensein der GUS-Kassette in den getesteten Individuen zu gewährleisten.
334
8 Reportergene
Material • 2–3 Wochen alte, auf 1/2 MS-Agar (ggf. 1/2 MS-Selektionsagar) steril angezogene transgene Pflanzen (heterozygote T2- oder T3 -Generation Arabidopsis thaliana [pBI121]) • 2–3 Wochen alte, auf 1/2 MS-Agar steril angezogene Wildtyp-Pflanzen • GUS-Färbelösung: 5 mL 100 mM Na-Phosphatpuffer, pH 7,0 500 µL 20 mM X-Gluc (in DMF) 25 µL 0,5 M EDTA, pH 8,0 20 µL 20% (w/v) Triton-X-100 ad 10 mL Aqua dest. • 1,5 mL-Reaktionsgefäße (Eppendorfgefäße) oder kleine Glasgefäße mit Deckel • Exsikkator und Vakuum- oder Wasserstrahlpumpe • Brutschrank 37 °C • Ethanol techn.
Methode 1. Die transgenen Pflanzen/-teile sowie die Kontrollpflanzen/-teile werden mit der Pinzette in dafür vorbereitete Reaktionsgefäße mit frisch angesetzter GUS-Färbelösung überführt. Das Gewebe sollte vollständig mit Flüssigkeit überdeckt sein. 2. Die Proben werden offen, bei 1,5 mL-Reaktionsgefäßen reicht ein kleines Loch im Deckel, in einen Exsikkator gestellt. Durch Anlegen eines Unterdruckes von ca. 5–10 kPa wird Luft aus den Interzellularen gesogen, es steigen Bläschen auf. 3. Schlagartiges Belüften führt zur Infiltration des Gewebes mit GUS-Färbelösung. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt, bis die Pflanzen/-teile ein glasiges Aussehen annehmen und absinken. 4. Die Gefäße werden verschlossen im Brutschrank bei 37 °C aufbewahrt bis die gewünschte Färbung eingetreten ist (8–16 h). 5. Um die Indigofärbung vollständig sichtbar zu machen, werden Chlorophylle und Carotinoide durch eine Behandlung mit Ethanol techn. in aufsteigender Konzentration (30 %, 70 %, 96 % (v/v) je mindestens 30 min) aus dem Gewebe entfernt. Falls das Gewebe auf bewahrt oder fotografiert werden soll, empfiehlt es sich, das Ethanol in umgekehrter Reihenfolge wieder gegen Aqua dest. auszutauschen.
8.3 Nachweis der Ƣ-Glucuronidase-Aktivität in Arabidopsis thaliana
335
Hinweise zur Auswertung Die Färbung des Gewebes lässt sich mit bloßem Auge oder mit Hilfe eines Binokulars gut verfolgen. Alle Pflanzen, die eine Kopie des CaMV-35SPromotor-GUS-Konstruktes tragen, zeigen eine deutliche Färbung in allen Organen. Eine heterozygote Einzelinsertionslinie spaltet im Verhältnis 3:1 (gefärbte Pflanzen : ungefärbte Pflanzen) auf, eine homozygote Linie zeigt keine Segregation bezüglich der Reportergenaktivität. Vorsicht: Durch Agrobakterien-vermittelte Transformation entstehen häufig transgene Linien mit Mehrfachintegrationen an verschiedenen Orten. Diese scheinen dann häufig nicht zu segregieren, obwohl lediglich das Spaltungsverhältnis zugunsten der gefärbten Pflanzen verschoben wird. Für die fotografische Dokumentation der Färbung bietet sich das Auslegen der entfärbten Präparate auf eine Unterlage aus 1 % (w/v) Agarose (z. B. Petrischale mit 15 mL Agaroselösung) an. Um das Gewebe nicht zu schädigen, wird das Präparat zunächst mit einigen Tropfen Wasser auf die Agarfläche aufgebracht. Im feuchten Zustand lässt es sich vorsichtig entfalten und zurechtschieben. Erst dann wird das Präparat durch vorsichtiges Absaugen der überschüssigen Flüssigkeit auf der Oberfläche fixiert. 8.3.2 Photometrischer GUS-Test Ein einfacher Test zur Quantifizierung der Ƣ-Glucuronidaseaktivität in Proteinrohextrakten transgener Pflanzen basiert auf der Umsetzung des farblosen Substrates p-Nitrophenyl-Ƣ-D-Glucuronid zum gelb gefärbten Produkt p-Nitrophenol, welches bei 405 nm im Photometer vermessen werden kann (Jefferson et al. 1986). Eine ähnliche, aber wesentlich sensitivere Messmethode basiert auf der Verwendung des fluorogenen Substrats 4-MethylumbelliferylƢ-D-Glucuronid, wofür es jedoch des Einsatzes eines geeigneten Fluorometers (Anregungsfilter 365 nm, Emissionsfilter 455 nm) bedarf (Jefferson et al. 1987). Der folgende Praktikumsversuch dient der Quantifizierung der GUSAktivität in konstitutiv exprimierenden Reporterpflanzen im Vergleich zu Wildtyp-Pflanzen. Material • 2–3 Wochen alte, auf 1/2 MS-Selektionsagar mit 50 µg/mL Kanamycin steril angezogene transgene Pflanzen (möglichst homozygote T3 -Generation Arabidopsis thaliana [pBI121])
336
8 Reportergene
• 2–3 Wochen alte, auf 1/2 MS-Agar steril angezogene Wildtyppflanzen • Homogenisationspuffer: 5 mL 100 mM Na-Phosphatpuffer, pH 7,0 2 mL Methanol p.a. 1 mL 1 % (w/v) Na-Laurylsulfat 200 µL 0,5 M EDTA, pH 8,0 500 µL 20 % (w/v) Triton-X-100 7 µL 2-Mercaptoethanol ad 10 mL Aqua dest. • 1,5 mL-Reaktionsgefäße • Pistill für 1,5 mL-Reaktionsgefäße zur Homogenisation des Gewebes (z. B. DESTROY-S, Biozym Diagnostik) • flüssiger Stickstoff (Vorsicht, Schutzbrille und Handschuhe tragen!) • Kühlzentrifuge für 1,5 mL-Reaktionsgefäße • Reagenz zur Proteinbestimmung (Bradford 1976) • BSA (0,1 mg/mL) • p-Nitrophenyl-Ƣ-D-Glucuronid (100 mM pNPGluc gelöst in DMSO) • p-Nitrophenol-Standardlösung (1 mM) • 2,5 M 2-Amino-2-Methylpropandienol • Photometer mit Plastikküvetten • Mikroliterpipetten mit sterilen Spitzen
Methode
!
Vorsicht: Beim Umgang mit flüssigem Stickstoff Handschuhe und Schutzbrille tragen!
1. Zur Herstellung eines Proteinrohextraktes wird Pflanzenmaterial der transgenen Reporterpflanzen sowie der Kontrollpflanzen (100-150 mg) in 1,5 mL-Reaktionsgefäße eingewogen und in flüssigem Stickstoff eingefroren. 2. Mit dem Pistill wird das gefrorene Gewebe zermahlen, bevor es mit dem vierfachen Volumen Homogenisationspuffer (0,4 mL/100 mg Frischgewicht) versetzt und vollständig aufgeschlossen wird. 3. Nach einer Zentrifugation (10 min, 10 000 g, 4 °C) wird der Überstand (= Proteinrohextrakt) in ein frisches Reaktionsgefäß überführt und auf Eis gelagert. 4. Die Bestimmung der Proteinkonzentration (ca. 2–4 µg/µL) erfolgt nach Bradford (1976) mit BSA als Standard. Dafür werden 0–10 µg BSA in 100 µL Probenvolumen mit 900 µL Bradford-Reagenz versetzt, gut gemischt und nach 15 min im Photometer gegen den Blindwert (0 µg BSA) bei 595 nm vermessen. Von den Proteinrohextrakten werden 1:10 Verdün-
8.4 Detektion von Enhancer-trap-Insertionen in Drosophila
5.
6.
7. 8.
337
nungen hergestellt, von denen 5, 10 und 20 µL (aufgefüllt auf 100 µL) für die Bestimmung der Proteinkonzentrationen eingesetzt werden. Für die Quantifizierung der GUS-Aktivität werden für jeden zu testenden Proteinrohextrakt vier 1,5 mL-Reaktionsgefäße mit 900 µL Substratlösung (1 mM pNPGluc in Homogenisationspuffer) vorbereitet. Diese werden mit den verschiedenen Rohextrakten entsprechend 20 µg Gesamtprotein (ad 100 µL Probenvolumen) versetzt, und bei 37 °C inkubiert. Nach 0, 15, 30 und 45 min Inkubationszeit wird jeweils eine Probe durch Zugabe von 0,4 mL 2,5 M 2-Amino-2-Methylpropandiol gestoppt. Die Extinktion der Proben wird im Photometer bei 405 nm gegen Aqua dest. gemessen.
Hinweise zur Auswertung Mit Hilfe einer Eichreihe, die unter vergleichbaren Bedingungen erstellt wurde (0–100 nMol p-Nitrophenol-Standard in 1 mL Homogenisationspuffer mit 0,4 mL 2,5 M 2-Amino-2-Methylpropandiol), lässt sich die spezifische Aktivität der Ƣ-Glucuronidase in nMol pNP / (mg Protein × min) errechnen.
8.4 X-Gal-Färbungen zur Detektion von Enhancertrap-Insertionen in Drosophila Um die genetische Steuerung komplexer Entwicklungsschritte zu verstehen, wird häufig der klassisch genetische Ansatz verfolgt. Hierbei erzeugt man Mutanten und schließt vom mutanten Phänotyp auf die Beteiligung des jeweiligen Gens an dem zu untersuchenden Prozess. Wenn die Entwicklung komplexer Systeme, wie z. B. des Nervensystems, untersucht werden soll, benötigt man neben spezifischen Mutationen auch Zellmarker, welche z. B. eine detaillierte Beschreibung des Entwicklungsprozesses erlauben. Zusätzlich kann man fragen, welche Gene in einem bestimmten Zelltyp während der Entwicklung aktiviert werden. Ende der 80er Jahre wurde die Enhancer-trap-Technik zur Identifizierung von Genen über ihr Expressionsmuster im Drosophila-Modell eingeführt. Diese Methode macht sich zunutze, dass die Aktivität eukaryotischer Gene von Kontrollelementen gesteuert wird, die als „Enhancer“-Elemente bezeichnet werden. Sie sind für die zeit- und gewebespezifische Expression der Gene verantwort-
338
8 Reportergene
lich. Diese DNA-Regionen können 5’ oder 3’ von der Transkriptionseinheit oder auch in Introns liegen. Definitionsgemäß ist die Wirkung eines Enhancer-Elementes unabhängig von seiner Orientierung und in Grenzen auch von seinem genauen Abstand zum kontrollierten Promotor. Bei der Enhancer-trapMethode wird ein modifiziertes Transposon, welches ein Reportergen unter der Kontrolle eines schwachen Promotors trägt, in die Keimbahn von Drosophila gebracht. Nach Einkreuzen einer Transposasequelle wird das Transposon mobilisiert und springt in neue Genorte. Wenn das im Transposon integrierte Reportergen unter die Kontrolle von gewebespezifischen Enhancer-Elementen gerät, wird das Reportergen nun ebenfalls gewebespezifisch exprimiert (Abb. 8.4.1). Über einen einfachen histochemischen Nachweis des Reportergenprodukts erhält man Informationen über das zeitliche und räumliche Expressionsmuster des endogenen Gens X, das unter der spezifischen Kontrolle des detektierten Enhancers steht. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass das Gen X nun durch einen dominanten Marker (white+) gekennzeichnet ist, der weitere Mutagenesen bzw. eine Klonierung des Genorts erleichtert (Kap. 4.5.3). Zur Verwendung in einem Enhancer-trap-Experiment hat man das P-Element folgendermaßen verändert (Abb. 8.4.1): Anstelle der Transposase trägt das modifizierte P-Element das bakterielle Gen lacZ, welches das Enzym Ƣ-Galactosidase kodiert. Die Aktivität und damit das Vorhandensein dieses Enzyms lässt sich durch eine einfache histochemische Reaktion (X-Gal-FärModifiziertes P-Element lacZ
Enhancer
lacZ-Expression
Augenfarb- Klonierungsstoff-Gen vektor Gen X
Gen X-Expression
Abb. 8.4.1. Das Enhancer-trap-Experiment. Weitere Erläuterungen im Text
8.4 Detektion von Enhancer-trap-Insertionen in Drosophila
339
bung) nachweisen (Abb. 8.1.1). Das Ƣ-Galactosidase-Expressionsmuster kann als erster Hinweis für eine Genexpression betrachtet werden. Die P-Elemente besitzen weiterhin ein Augenfarbstoffgen (es werden hierbei die Gene white+ oder rosy+ benutzt), um sie an Hand der Augenfarbe der Fliegen verfolgen zu können. Darüber hinaus wurden bakterielle Vektorsequenzen in das P-Element integriert. Die Klonierung eines solchen Elements erfolgt in der Regel über inverse PCR (Kap. 4.5.3). Es sollen verschiedene Enhancer-trap-Insertionen auf ihre Ƣ-GalactosidaseExpression getestet werden. Die enzymatische Aktivität der Ƣ-Galactosidase lässt sich durch eine einfache und schnelle X-Gal-Färbereaktion nachweisen. Alternativ kann das Enzym Ƣ-Galactosidase mit Hilfe einer Antikörperfärbung nachgewiesen werden. Die Fliegen werden in Eiablagegefäße gefüllt, die mit einer mit Hefe bestrichenen Ablageplatte abgeschlossen sind. Falls über Nacht nicht genügend Eier gelegt worden sind, kann man die Ablageschalen nach dem Wechsel für ein bis zwei Tage bei 4 °C aufheben. 8.4.1 Nachweis der Ȗ-Galactosidase-Expression im Embryo Material • Enhancer-trap-Stämme aus Bloomington oder von Flyview (flyview.uni-muenster.de). • Ablagegefäße usw. (Kap. 2.6) • Na-Hypochlorid (NaOCL), im Handel erhältlich als 10–15 % aktives Chlor (Chlorbleichlauge), 1:1 mit Wasser verdünnt • n-Heptan mit PBS und 4 % Glutaraldeyhd überschichten, kräftig schütteln • PBS 130 mM NaCl 7 mM Na 2HPO4 3 mM KH2PO4 2,7 mM KCl pH 7,6 • PBT = PBS + 0,3% Triton-X-100 • Methanol • Ethanol 80 %, 100 % • Formaldehyd (bei Antikörperfärbungen) • 0,3 mg/mL DAB-Lösung (DAB = Diaminobenzidin) • H2O2 • X-Gal-Lösung: 10 % 5-Bromo-4-chloro-3-indolyl-Ƣ-D-galactopyranosid in DMSO. In Aliquots bei –20 °C lagern. • Apura-Papier • 70 % Glycerin
340
8 Reportergene
• X-Gal-Färbelösung 10 mM PO4 - pH 7,2 150 mM NaCl 1 mM MgCl2 3 mM K4 [F2II(CN) 6] 3 mM K 3 [FeIII(CN6] 0,3 % Triton-X-100
Methode 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Embryonen mit PBT von der Agarplatte in ein Sieb überführen. Dechorionisierung mit 5 % NaOCl für 4 min. Gründlich mit Leitungswasser waschen. Auf Apura-Papier gut trocknen. Überführung der Siebe in Glutaraldehyd-gesättigtes n-Heptan. Fixierung für 5 Minuten. Sieb auf Apura-Papier trocknen und in eine Schale mit PBT stellen. Embryonen mehrmals mit viel PBT waschen (mit eine Pasteurpipette aufwirbeln), bis sie nicht mehr zusammenkleben und absinken. 9. Weitere 2–3 h waschen, dabei gelegentlich PBT wechseln. 10. Embryonen in ein 5 mL-Glasröhrchen überführen und 1× kurz mit X-GalFärbelösung waschen. 11. In einem zweiten Glas X-Gal-Färbelösung (0,5 mL je Genotyp) über dem Bunsenbrenner vorsichtig bis zur Eintrübung erwärmen, 20 µL 10 % XGAL/DMSO je mL X-Gal-Färbelösung hinzugeben und zu den Embryonen geben. 12. Röhrchen verschließen und bei 37 °C bis zur gewünschten Färbestärke inkubieren (1–14 h). 13. Abstoppen der Reaktion durch mehrmaliges Waschen mit PBT. 14. Embryonen in 70 % Glycerin einbetten, Aufbewahrung bei 4 °C. Hinweise zur Auswertung Ein Tropfen (ca. 50 µL) Glycerin mit Embryonen wird auf einen Objektträger überführt und mit einem Deckglas (18 mm × 18 mm) verschlossen. Um die Embryonen leichter unter dem Mikroskop drehen zu können, positioniert man vor dem Auflegen des Deckglases rechts und links vom Glycerintropfen Bruchstücke von Deckgläsern, die dann als Abstandshalter fungieren. Die gefärbten Embryonen werden möglichst mit InterferenzOptik im Durchlicht bei 200facher Vergrößerung betrachtet.
8.4 Detektion von Enhancer-trap-Insertionen in Drosophila
341
8.4.2 Nachweis der Ȗ-Galactosidase-Expression in Imaginalscheiben Material Vergleiche Kap. 8.4.1 • PBS mit 4 % Glutaraldehyd
Methode 1. Larven aus nicht zu dicht bevölkerten Töpfen nehmen. Die Imaginalscheiben der L3-Larven, (die gerade beginnen, an der Gefäßwand hinaufzuklettern, vgl Kap. 1.7) werden in einem Blockschälchen in PBS-Lösung präpariert. Hierzu fasst man die Larve mit einer Dumont No5 Pinzette kurz hinter den Mundhaken und mit einer zweiten Pinzette im hinteren Drittel und zieht die Larve auseinander. Auf diese Weise werden die larvalen Organe im vorderen Teil freigelegt. Das Gehirn mit anhängenden Imaginalscheiben wird zur Färbung verwendet. 2. Imaginalscheiben in PBS auf Eis sammeln. 3. Die weitere Präparation der einzelnen Imaginalscheiben erfolgt zweckmäßigerweise erst nach der Färbung. 4. Fixieren der Imaginalscheiben in PBS, 4 % Glutaraldehyd für 15 min bei Raumtemperatur. 5. 4 × 15 min waschen in PBT. 6. 1 × kurz mit X-Gal-Färbelösung waschen. 7. In einem Glas X-Gal-Färbelösung (0,5 mL je Genotyp) über dem Bunsenbrenner vorsichtig bis zur Eintrübung erwärmen, 20 µL 10 % X-GAL/ DMSO je mL X-Gal-Färbelösung hinzugeben und zu den Imaginalscheiben geben. 8. Gefäße verschließen und bei 37 °C bis zur gewünschten Färbestärke inkubieren (1–14 h). 9. Abstoppen der Reaktion durch mehrmaliges Waschen mit PBT. 10. Imaginalscheiben in 70 % Glycerin einbetten, Aufbewahrung bei 4 °C. Hinweise zur Auswertung Die Auswertung erfolgt wie unter Kap. 8.4.1 beschrieben.
342
8 Reportergene
8.4.3 Nachweis der Ȗ-Galactosidase-Expression durch eine Antikörperfärbung Mit Hilfe spezifischer, in der Regel monoklonaler Antikörper kann man die Expression von Genprodukten während der Entwicklung des Wildtyps, aber auch der Mutanten verfolgen. Der Antikörper bindet spezifisch an ein bestimmtes Epitop. In einem zweiten Schritt wird der Antikörper mit Hilfe von Anti-Antikörpern (2. Antikörper), die mit Enzymen wie z. B. alkalischer Phosphatase oder Meerrettich-Peroxidase (HRP) gekoppelt sind, durch eine entsprechende Enzymreaktion nachgewiesen. Material Eine sehr große Zahl von spezifischen Antikörpern ist in der Hybridomabank in Iowa, USA erhältlich (www.uiowa.edu/~dshbwww/). Mögliche Antikörper sind: • Anti-Invected (MAb 4D9), der die beiden homologen Proteine Invected und Engrailed erkennt. Die Expression dieser beiden kernständigen Homöodomänenproteine macht den segmentalen Aufbau des Embryos deutlich. Die Expression erfolgt nur im posterioren Teil (Kompartment) eines jeden Segments. • Anti-Elav (MAb 9F8A9) erkennt das nukleäre Elav-Protein, das in allen postmitotischen Neuronen von Drosophila exprimiert wird. Hiermit kann das gesamte Nervensystem von Drosophila dargestellt werden. Elav ist ein evolutionär konservierter Spleißfaktor. • Anti-Futsch (MAb 22C10) erkennt das Drosophila-Ortholog des Mikrotubuliassoziierten Proteins 1B (MAP1B) und erlaubt die Darstellung aller PNS-Axone und einiger ZNS-Axone. Zudem werden PNS-Zellkörper markiert. PNS: peripheres Nervensystem, ZNS: zentrales Nervensystem. • BP102 erkennt ein unbekanntes Epitop, welches auf allen ZNS-Axonen und Dendriten exprimiert wird. Ein idealer Neuropilmarker. • • • • •
PBS mit 4 % Formaldehyd 5 % Ziegenserum in PBT NBT-Lösung: 100 mg/mL Nitroblau-Tetrazolium-Chlorid (NBT) in 70 % DMF NBT-Puffer: 100 mM NaCl, 25 mM MgCl2, 100 mM Tris/HCl pH 9,5 BCIP-Lösung: 50 mg/mL 5-Bromo-4-chloro-3-indolylphosphat (BCIP) in 100 % Dimethyl-Formamid (DMF) • weiteres Material vgl. Kap. 8.4.1
Methode 1. Embryonen mit PBT von der Agarplatte in Sieb überführen. 2. Dechorionisierung mit 5 % NaOCl für 4 min.
8.4 Detektion von Enhancer-trap-Insertionen in Drosophila
343
3. Gründlich mit Leitungswasser waschen. 4. Auf Apura-Papier gut trocknen. 5. Überführung der Embryonen mit dem Heptan in 5 mL-Glasröhrchen. 6. Zugabe des gleichen Volumens von PBS, 4 % Formaldehyd. 7. Fixierung der Embryonen für 20 min bei RT auf einem Schüttler. 8. Abnahme der wässrigen (unteren) Phase und Zugabe von 2 mL Methanol. 9. Zur Devitellinisierung ca. 10 s kräftig schütteln. 10. Abnahme der organischen (oberen) Phase, erneute Zugabe von Methanol und kurz schütteln. 11. Abnahme des Methanols und 1 × mit 80 % Ethanol waschen. 12. 3 × kurz und anschließend 3 × 20 min mit PBT auf einem Schüttler bei Zimmertemperatur waschen. 13. Inkubation in 5 % Ziegenserum/PBT für 1 h bei RT. 14. Inkubation des primären Antikörpers in 5 % Ziegenserum/PBT bei 4 °C über Nacht (die geeignete Verdünnung wird von der Hybridoma Bank angegeben). 15. 3 × kurz mit PBT waschen, 3 × 20 min mit PBT auf einem Schüttler bei Zimmertemperatur waschen. 16. Inkubation des sekundären AK in geeigneter Verdünnung in 5 % Ziegenserum/PBT für 2 h bei Zimmertemperatur. 17. 3 × kurz mit PBT waschen, 3 × 20 min mit PBT auf einem Schüttler bei Zimmertemperatur waschen.
Antikörperspezifische Nachweisreaktion A. Alkalische Phosphatase (AP)-Färbung 1. Embryonen in NBT-Puffer waschen. 2. Embryonen in 3,5 µL NBT-Lösung pro mL NBT-Puffer und 4,5 µL BCIP pro mL NBT-Puffer in NBT-Puffer inkubieren. 3. Stoppen der Färbereaktion in PBT, wenn gewünschte Intensität erreicht ist (5–10 min); Stoppen ist essentiell, denn die Alkalische Phosphatase behält ihre Aktivität für eine lange Zeit. 4. 3 × kurz mit PBT waschen. 5. 3 × 20 min mit PBT auf einem Schüttler bei Zimmertemperatur waschen. 6. In 70 % Glycerin überführen. B. Meerrettich-Peroxidase (HRP)-Färbung 1. Inkubation der Embryonen in 0,3 mg/mL DAB-Lösung (DAB = Diaminobenzidin) und 1 µL/mL H2O2. 2. Stoppen der Färbereaktion in PBT, wenn gewünschte Intensität erreicht ist (nach 10 min erfolgt keine nennenswerte Signalverstärkung mehr).
344
8 Reportergene
3. 3 × kurz mit PBT waschen. 4. 3 × 20 min mit PBT auf einem Schüttler bei Zimmertemperatur waschen. 5. In 70 % Glycerin überführen. Hinweise zur Auswertung Die Auswertung erfolgt wie unter Kap. 8.4.1 beschrieben.
8.5 Ektopische Expression von Genen in Drosophila Die Untersuchung einer Genfunktion erfolgt meistens durch die Analyse des Phänotyps, der nach Ausfall eines Gens (loss-of-function-Mutation) entsteht. In manchen Fällen können auch gain-of-function-Mutationen hilfreich sein. Bei diesen handelt es sich um Veränderungen, die zu einem „Funktionsgewinn” führen, z. B. zur Produktion von mehr RNA oder Protein, was durch erhöhte Synthese oder Stabilität des Genprodukts verursacht werden kann. In einigen Fällen kann es auch zur Fehlexpression kommen (zur falschen Zeit oder in einem falschen Gewebe). Allerdings sind solche Mutationen selten, so dass man auf andere Methoden zurückgreifen muss. 8.5.1 Experimentalstrategien zur Funktionsanalyse von Drosophila-Genen Für das Drosophila-System sind inzwischen verschiedene Methoden verfügbar, um Gene konditional zu aktivieren oder zu inaktivieren. Ektopische Expression von Genen durch induzierbare Promotoren Im Falle von Drosophila verwendet man i. A. den Hitzeschock-Promotor. Seine Aktivität ist durch eine Erhöhung der Temperatur induzierbar. Zu diesem Zweck führt man ein Transgen in das Genom der Fliege ein, das den Hitzeschockpromotor vor dem jeweiligen zu untersuchenden Gen enthält. Dieses System hat mehrere Nachteile:
8.5 Ektopische Expression von Genen in Drosophila
345
1. Das zu untersuchende Gen wird nach Induktion in allen Geweben angeschaltet. 2. Der Hitzeschockpromotor hat bereits bei Raumtemperatur eine geringe basale Aktivität, so dass es nicht möglich ist, Stämme mit einem Transgen zu erzeugen, dessen leichte Überproduktion bereits zur Letalität der Embryonen führt. Ektopische Expression von Genen durch das binäre GAL4System Das binäre GAL4-System der Hefe (Kap. 6.1) kann bei Drosophila eingesetzt werden. Hierzu verwendet man zwei Fliegenstämme: a) Den Aktivator- oder Treiberstamm. Dieser trägt ein Transgen, das die kodierende Region für den Hefe-Transkriptionsfaktor GAL4 enthält. Die Expression von gal4 wird durch einen Enhancer gesteuert, in dessen Nachbarschaft dieses Transgen zufällig transponiert ist. Alternativ kann man auch einen definierten Enhancer direkt vor das gal4-Gen klonieren und dieses Konstrukt dann mit Hilfe eines P-Elements ins Genom der Fliege bringen (Abb. 8.4.1). b) Den Effektorstamm. Dieser trägt ein Transgen, dass das zu untersuchende Gen X kodiert, und zwar im Anschluss an fünf upstream activating sequences (UAS). Dabei handelt es sich um Bindungsstellen für das GAL4-Protein. Bindet GAL4 an diese Stellen, führt dies zur Expression nachgeschalteter Gene. Da der Effektor-Stamm selbst kein gal4 exprimiert, wird das Transgen dort nicht exprimiert. Kreuzt man Treiber- und Effektorstamm, so kommen das vom Treiberstamm kodierte gal4 und die UAS-Sequenzen des Effektorstammes zusammen und GAL4 kann die Transkription des nachfolgenden Transgens X aktivieren (Abb. 8.5.1): Das Expressionsmuster des Gens X wird nun durch den Enhancer des Treiberstamms bestimmt. Durch die Wahl des Enhancers kann die Expression von gal4 in vielen Geweben, aber auch nur in wenigen Geweben oder sogar nur in einzelnen Zellen aktiviert werden. Auf diese Weise lässt sich das zu untersuchende Gen X zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Geweben, aber auch in unterschiedlicher Stärke aktivieren. Das durch den Enhancer diktierte Expressionsmuster lässt sich am besten analysieren, indem man einen Effektorstamm verwendet, der als Transgen UAS-lacZ trägt. Die Aktivität der ƢGalactosidase kann sehr leicht untersucht werden (Kap. 8.4).
346
8 Reportergene
Enhancer
×
gal4
UAS
Gen X
GAL4-Protein
Enhancer
gal4
UAS
Gen X
GAL4-Protein GAL4-Protein Genprodukt X
Abb. 8.5.1. Der Aktivator- oder Treiberstamm exprimiert den Hefe-Transkriptionsfaktor GAL4 in einem bestimmten zeitlichen und räumlichen Muster im Tier. Der Effektorstamm ist wildtypisch, da das Gen X nicht zur Ausprägung kommt. Nach einer Kreuzung der beiden Fliegenstämme kommt es jedoch zur transkriptionellen Aktivierung des Gens X
In-vivo-RNAi zur gezielten Ausschaltung einzelner Genfunktionen Die GAL4-Methode erlaubt die ektopische Aktivierung einzelner Genfunktionen im Organismus. Dies entspricht einer gain-of-function-Analyse. Um eine vergleichbar einfache loss-of-function-Analyse durchzuführen, hat man die RNAi-Methode mit der GAL4-Methode kombiniert. RNA-Interference (RNAi) ist ein evolutionär alter Mechanismus, der zum Schutz vor z. B. RNAViren genutzt wird. Hierbei wird über ein RNA-Doppelstrang-Intermediat die „normale“ RNA-Sequenz des korrespondierenden Gens abgebaut. Wenn es gelingt, in vivo einen bestimmten RNA-Doppelstrang zu exprimieren, sollte das entsprechende Gen ausgeschaltet werden. Anfänglich wurden doppelsträngige RNA-Moleküle in den Embryo injiziert. Heute verwendet man einen weiterentwickelten UAS-Vektor, in dem ein Fragment des auszuschaltenden Gens
8.5 Ektopische Expression von Genen in Drosophila
347
als inverted repeat kloniert wird. Um die Stabilität eines solchen Konstrukts zu erhöhen, befindet sich ein Intron zwischen den beiden in inverser Orientierung klonierten Sequenzen. Dieser experimentelle Ansatz wird in der Zukunft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. 8.5.2 Überexpression und ektopische Expression eines Transgens Aufgrund der Untersuchung der durch Überexpression oder ektopische Expression eines Transgens erzeugten Phänotypen kann man ggf. Aussagen über die Funktion dieses Gens machen. Allerdings muss man in der Interpretation sehr vorsichtig sein, da 1. die induzierte Proteinmenge oftmals unphysiologisch hoch ist und 2. die Expression in einem Gewebe, in dem das Gen normalerweise nicht exprimiert wird, zu „pathologischen“ Effekten führen kann, die nichts mit der normalen Funktion dieses Gens zu tun haben. Material Es werden die folgenden Drosophila-Stämme verwendet: • P[UAS gfp] / P[UAS gfp] • P[UAS eyeless] / P[UAS eyeless] • P[dpp gal4] / P[dpp gal4] • Die Materialien für die Fliegenzucht und Fliegenkreuzung finden sich in Kap. 2.6.2 und Kap. 2.6.3. • Fluoreszenz-Mikroskop
Methode 1. Fliegen der oben genannten UAS-Stämme werden gegen Fliegen des gal4Stammes gekreuzt, wie in Kap. 2.6.3 beschrieben. 2. Die L3-Larven (Wanderlarven: sie beginnen gerade, an der Gefäßwand hinauf zu klettern, vgl. Kap. 1.7) und die Fliegen der Kreuzung P[UAS gfp] × P[dpp gal4] werden auf gfp-Expression untersucht. Hierzu muss das Mikroskop mit einer UV-Lampe und einem GFP-Filtersatz ausgestattet sein. 3. Nachdem die intakten Larven im UV-Licht betrachtet wurden, sollten die Imaginalscheiben in PBS präpariert werden (vgl. Kap. 8.4.2), auf einen Objektträger überführt und anschließend mit Hilfe des UV-Mikroskops analysiert werden.
348
8 Reportergene
4. Die Fliegen der Kreuzung P[UAS eyeless] × P[dpp gal4] werden auf ektopische Komplexaugen mit Hilfe des Stereomikroskops untersucht. Hinweise zur Auswertung Die Kreuzungen (P[UAS] × P[gal4]) können reziprok angesetzt werden. Man kann die Kreuzung bei verschiedenen Temperaturen ansetzen, um die temperaturabhängige Funktion des GAL4-Transkriptionsfaktors aufzudecken. Die Nachkommen mit dem Genotyp P[UAS gfp] / P[dpp gal4] erlauben die Bestimmung der Expressionsdomäne des dpp-gal4-Elements. Die gfp-Expression in Larven, Imaginalscheiben oder Fliegen kann nach UV-Bestrahlung durch eine grünliche Fluoreszenz im Mikroskop nachgewiesen werden. In der zweiten Kreuzung (P[UAS eyeless] × P[dpp gal4]) werden alle Tiere das eyeless-Gen ektopisch im Muster des dpp-Gens exprimieren. eyeless kodiert das Drosophila-Pax6-Homolog und induziert die Entwicklung der Komplexaugen. In der Normalentwicklung wird eyeless nur im Primordium der Augen-Antennen-Imaginalscheibe exprimiert. Durch eine über dpp-GAL4-vermittelte Expression in anderen Imaginalscheiben (z. B. Flügel- oder Bein-Imaginalscheibe) werden an ektopischen Stellen Augenstrukturen induziert. Das Experiment verdeutlicht die Wirkung eines Schaltergens, das die Entwicklung einer ganzen Zellgruppe entscheidend beeinflussen kann.
9 Bioinformatik
Seit der Einführung der enzymatischen DNA-Sequenzierung durch Sanger et al. 1977 sind in den vergangenen 25 Jahren erhebliche Datenmengen von sequenzierten Nukleinsäure-Molekülen angefallen. Vollständig sequenziert sind unter anderem die Genome vieler Bakterien, des Menschen, sowie der in diesem Buch beschriebenen Modellorganismen Saccharomyces cerevisiae, Neurospora crassa, Chlamydomonas reinhardtii, Arabidopsis thaliana und Drosophila melanogaster (Tabelle 9.1). Außerdem sind die vollständigen mitochondrialen und plastidären Sequenzen vieler Organismen bekannt. Hinzu kommen noch sogenannte ESTs (expressed sequence tags), d. h. ansequenzierte cDNAs verschiedener Organismen, die inzwischen in die Hunderttausende gehen. Die Datenmenge und Komplexität erfordern die Datenanalyse mittels leistungsfähiger Computerprogramme. Sämtliche Sequenzdaten werden in mehreren Datenbanken zentral gespeichert. Die wichtigsten Datenbanken gleichen täglich ihre Daten untereinander ab, so dass sie ständig auf dem neuesten Stand sind. Solche Banken sind z. B. die EMBL-Datenbank und die NCBI-Datenbank GenBank. Auf die meisten dieser Daten kann jedermann kostenlos per Internet zugreifen. Auch der Vergleich eigener Daten mit der Datenbank ist jederzeit möglich. Außerdem können online eine Vielzahl von Programmen genutzt werden, die von der Assemblierung von DNA-Sequenzen bis zur Erstellung phylogenetischer Stammbäume fast alle denkbaren Analysen erlauben. Neben der reinen Sequenzanalyse können die Daten auch als Basis für die Untersuchung der Genexpression dienen. Dies gilt besonders für large-scaleAnalysen, die häufig auch unter dem Begriff transcriptomics oder functional genomics zusammengefasst werden. Darunter versteht man die parallele Untersuchung der Expression vieler oder aller Gene eines Organismus. Methoden, die dies ermöglichen, sind unter anderem SAGE (serial analysis of gene expression) und Array-Analysen. Auf Proteinebene sind ähnliche Untersuchungen möglich. So erlaubt die zweidimensionale Gelelektrophorese die Auftrennung eines Großteils der Proteine eines Organismus in einem Gelsystem. Durch anschließende Massenspektrometrie können die Protein-Spots im Gel iden-
350
9 Bioinformatik
Tabelle 9.1. Genomgrößen einiger Organismen, deren Genome bereits vollständig sequenziert worden sind. Dargestellt sind die Größe des haploiden Genoms sowie Chromosomenzahl und ungefähre Anzahl an Genen der folgenden Organismen: Homo sapiens, Mus musculus, Drosophila melanogaster, Caenorhabditis elegans, Neurospora crassa, Saccharomyces cerevisiae, Arabidopsis thaliana, Oryza sativa, Chlamydomonas reinhardtii, Plasmodium falciparum, Thermoplasma acidophilum, Escherichia coli und Haemophilus influenzae. Weiterhin sind die Größen der mitochondrialen DNA (mtDNA) von Cucumis melo und P. falciparum sowie durchschnittliche Größen für plastidäre DNAs (ptDNA) angegeben Organismus
Genomgröße
Animalia H. sapiens M. musculus D. melanogaster C. elegans
3 000 Mb 2 500 Mb 165 Mb 100 Mb
23 20 4 6
25 000 – 40 000 25 000 – 40 000 14 000 20 000
40 Mb 12 Mb
7 16
11 000 5 500
115 Mb 470 Mb 100 Mb
5 12 17
25 000 50 000 ?
23 Mb
14
5 300
Eumycota N. crassa S. cerevisiae Plantae, Algae usw. A. thaliana O. sativa C. reinhardtii Protoctista usw. P. falciparum
Chromosomen
~ Anzahl an Genen
Archaea T. acidophilum
1,6 Mb
1
1 500
Bacteria E. coli K12 H. influenzae
4,6 Mb 1,8 Mb
1 1
4 300 1 700
mtDNA ptDNA
5,9 kb (P. falciparum) – 2,4 Mb (C. melo) 150 – 200 kb
kb Kilobasenpaare, Mb Megabasenpaare
9.1 Homologiesuche in Datenbanken
351
tifiziert werden. Aufgrund der im Vergleich zu Nukleinsäuren wesentlich größeren chemischen Heterogenität der Proteine eines Organismus ist es aber derzeit nur möglich, jeweils einen Teil der Proteine parallel zu isolieren und aufzutrennen, wohingegen es bei Transkriptanalysen rein technisch möglich ist, die Expression aller Gene gleichzeitig zu analysieren. Neben reinen Sequenzdatenbanken gibt es daher mittlerweile auch Expressionsdatenbanken, die Informationen über functional-genomics- und proteomics-Daten enthalten, sowie Datenbanken mit Proteinstrukturdaten. Im Folgenden werden einige grundlegende Sequenz-Analysen vorgestellt, die online unter Verwendung eines Standardbrowsers durchgeführt werden können. Die beschriebenen Untersuchungen sind Datenbankvergleiche gegen allgemeine Datenbanken und die Auswertung der Ergebnisse, die Nutzung von EST- und Gesamt-Genom-Datenbanken sowie Phylogenie-Analysen. Als Beispiel wird jeweils die Analyse der Nukleinsäuresequenz des gpd-Gens des Hyphenpilzes Sordaria macrospora durchgeführt, das für die Glyceraldehyd-3Phosphat-Dehydrogenase kodiert. Die hier vorgestellten Methoden sind aber prinzipiell auf jede Sequenz übertragbar. Es werden einige erste Schritte einer Datenbankrecherche und Sequenzanalyse dargestellt, die mit einer unbekannten Sequenz durchgeführt werden können. Da heute nahezu alle biologischen Disziplinen in vielfältiger Weise mit Sequenzdaten zu tun haben, sind solche Basiskenntnisse für Studierende unterschiedlichster Fachrichtungen essentiell. Aufgrund der exponentiellen Zunahme von Sequenzdaten und deswegen auch der schnellen Weiterentwicklung von Datenbankstrukturen und Webseiten ändern sich von Zeit zu Zeit auch die Links, die auf bestimmte Datenbanken verweisen. In diesem Kapitel werden hauptsächlich Links zu großen öffentlichen Datenbanken angegeben, die sich selten ändern und deren Eingangsseiten zumindest unter dem Namen der Datenbank gefunden werden können und meist eine gute Übersicht über die aktuelle Struktur der jeweiligen Webseite bieten.
9.1 Homologie-Suche in Datenbanken Unter Homologie versteht man eine evolutionäre Verwandtschaft. Zwei homologe Gene oder Proteine haben sich aus einer gemeinsamen Vorläufersequenz entwickelt. Man unterscheidet dabei zwischen orthologen und paralogen Genen (Abb. 9.1.1). Orthologe Gene wurden durch Artentstehung getrennt, zwei Orthologe befinden sich also in zwei verschiedenen Spezies. Paraloge Gene wurden durch Genduplikation getrennt, zwei Paraloge können also in
352
9 Bioinformatik
einem Genom liegen, können aber auch nachträglich durch Artentstehung in verschiedenen Genomen vorliegen. Man spricht im Fall der (oftmals wiederholten) Genduplikation von Genfamilien. Bei verschiedenen experimentellen Fragestellungen ist es von Bedeutung, eine vorhandene aber unbekannte DNA-Sequenz (z. B. nach der Komplementation einer Mutante mit einem Klon aus einer Genbank) funktionell einordnen oder identifizieren zu können. Dies ist durch einen Homologie-Vergleich der Sequenz mit allen bisher bekannten Sequenzen in Datenbanken möglich. Die Datenbank-Vergleiche können online erfolgen, beispielsweise mit den Algorithmen BLAST oder FASTA. Diese Algorithmen liefern als Ergebnis Alignments, d. h. sie ordnen der eingegebenen Sequenz diejenigen Sequenzen aus der Datenbank zu, mit denen die größte Übereinstimmung besteht, und liefern eine Darstellung des Ergebnisses. Dabei werden Nukleotid- bzw. Aminosäuresequenzen zweier putativ homologer Gene bzw. Proteine so untereinander angeordnet, dass gleiche oder ähnliche Nukleotide bzw. Aminosäuren
Homologe
Paraloge Orthologe
Orthologe
A. nidulans tubA (α-tubulin)
N. crassa tubA (α-tubulin)
N. crassa tubB (β-tubulin)
α-Tubulin-Gen
A. nidulans benA (β-tubulin)
β-Tubulin-Gen
Genduplikation frühes Tubulin-Gen
Abb. 9.1.1. Orthologe und paraloge Gene. Dargestellt ist das Ergebnis einer Stammbaumanalyse der ơ- und Ƣ-Tubulin-Gene der Hyphenpilze Neurospora crassa und Aspergillus nidulans (siehe auch Kap. 9.4). Die ơ-Tubulin-Gene von N. crassa und A. nidulans sind Orthologe. N. crassa ơ-Tubulin und Ƣ-Tubulin sind Paraloge. N. crassa ơ-Tubulin und A. nidulans Ƣ-Tubulin sind auch Paraloge
9.1 Homologiesuche in Datenbanken
353
untereinander stehen. Neben dieser reinen Sequenzdarstellung werden oftmals auch grafische Darstellungen des Ergebnisses, z. B. als Dot Blot geliefert (s. Abb. 9.1.2). 9.1.1 Der BLAST-Algorithmus Das Prinzip des BLAST (Basic local sequence alignment tool)-Algorithmus ist in Abb. 9.1.2 dargestellt: Die eingegebene Suchsequenz (query) wird in überlappende Sequenzabschnitte (Wörter, words) der Länge W aufgeteilt. Diese Wörter werden mit den Zielsequenzen (z. B. den Sequenzen in einer öffentlichen Datenbank) verglichen und übereinstimmende Wörter werden ermittelt. Dann wird versucht, ausgehend von diesen Treffern (word hits) in beiden Richtungen Übereinstimmungen zu finden. Wenn die bei dieser Verlängerung gefundenen Übereinstimmungen eine bestimmte Länge überschreiten, wird das Ergebnis als Treffer ausgegeben. Abhängig von den eingestellten Parametern liefert BLAST daher eine Liste der besten Alignments, die beim Vergleich mit der Datenbank gefunden wurden. BLAST liefert ein lokales Alignment, was bedeutet, dass in den untersuchten Sequenzen nach Blöcken mit hoher Ähnlichkeit gesucht wird und diese dann getrennt dargestellt werden (z. B. Darstellung als Dot Blot, Abb. 9.1.2). Andere Algorithmen liefern globale Alignments, bei der die vollständige Suchsequenz im Vergleich mit ähnlichen Sequenzen dargestellt wird und im Fall von nicht-übereinstimmenden Bereichen Lücken gelassen werden. Vergleiche mit BLAST können auf DNA- oder Proteinebene erfolgen. Je nach eingegebener Suchsequenz und gewählter Datenbank müssen geeignete BLAST-Algorithmen gewählt werden. Die verschiedenen Algorithmen sind in Tabelle 9.1.2 dargestellt. Ein Vergleich auf Aminosäureebene ist meist sensitiver als Vergleiche auf Nukleinsäureebene, da Aminosäuresequenzen aufgrund des degenerierten genetischen Codes konservierter sind als Nukleinsäuresequenzen. Wenn also ein Vergleich auf Nukleinsäureebene kein signifikantes Ergebnis liefert, kann manchmal mit einem Vergleich auf Aminosäureebene noch ein homologes Gen identifiziert werden. Dies ist vor allem bei schwach konservierten Genen oder beim Vergleich von nur entfernt verwandten Organismen nützlich. Ein in der Praxis besonders oft benötigter Algorithmus ist BLASTX, bei dem eine eingegebene Nukleinsäuresequenz zuerst in allen sechs möglichen Leserastern translatiert und dann mit einer Proteindatenbank verglichen wird. Besonders wenn man eine unbekannte DNA-Sequenz untersuchen will, bei der man noch keine Informationen über die Lage möglicher offener Leserah-
9 Bioinformatik
Sequenz 2 (subject)
354
a
Sequenz 2 (subject)
Sequenz 1 (query)
b
Sequenz 2 (subject)
Sequenz 1 (query)
c Sequenz 1 (query)
Abb. 9.1.2 a–c. Das Prinzip von BLAST. Dargestellt ist der Vergleich einer Suchsequenz (query) mit einer Zielsequenz (subject, z. B. eine Sequenz aus einer öffentlichen Datenbank). (a) Einteilung der zu vergleichenden Sequenzen in Wörter der Länge W. Seeding: Suche nach übereinstimmenden Worten (word hits). (b) Extension: Verlängerung der gefundenen Übereinstimmungen. (a) und (b) zeigen schematisch die Herleitung eines BLAST-Ergebnisses. (c) Ergebnis des Sequenzvergleichs als Dot Blot, d. h. eine grafische Repräsentation der Bereiche der beiden Sequenzen, in denen Übereinstimmungen bestehen (lokale Alignments). Weitere Erläuterungen im Text
9.1 Homologiesuche in Datenbanken
355
Tabelle 9.1.2. BLAST-Algorithmen. Abhängig von der eingegebenen Suchsequenz und der ausgewählten Datenbank kommen verschiedene BLAST-Algorithmen zum Einsatz. BLASTN ist der einzige Algorithmus, der Nukleinsäuresequenzen vergleicht, die anderen Algorithmen vergleichen Aminosäuresequenzen, die sie vorher zum Teil durch Translation in allen möglichen Leserastern erzeugen Algorithmus
Funktion
BLASTN BLASTP BLASTX
Nukleinsäuresequenz gegen Nukleinsäuredatenbank Aminosäuresequenz gegen Proteindatenbank Nukleinsäuresequenz translatiert in allen sechs möglichen Leserastern gegen Proteindatenbank Aminosäuresequenz gegen Nukleinsäuredatenbank translatiert in allen sechs möglichen Leserastern Nukleinsäuresequenz translatiert in allen sechs möglichen Leserastern gegen Nukleinsäuredatenbank translatiert in allen sechs möglichen Leserastern
TBLASTN TBLASTX
men hat, ist dies der Algorithmus der Wahl, um möglichst schnell und effizient putative Homologe auch in entfernt verwandten Organismen zu ermitteln. 9.1.2 Die Signifikanz von Alignments Bei Datenbankvergleichen ist zu beachten, dass Algorithmen wie BLAST und FASTA fast immer ein Ergebnis liefern, unabhängig davon ob es biologische Signifikanz aufweist oder nicht. Es werden einfach nur die besten Treffer ausgegeben, d. h. wenn keine stark ähnlichen Sequenzen gefunden werden, werden eben auch wenig ähnliche Sequenzen angezeigt. Die Abschätzung der biologischen Signifikanz, d. h. die Beantwortung der Frage, ob es sich tatsächlich um homologe Sequenzen handeln kann, liegt allein beim Experimentator. BLAST und andere Algorithmen liefern aber neben den Alignments noch einige andere Informationen über die verglichenen Sequenzen, die bei der Bewertung der Ergebnisse hilfreich sein können: Neben einer Angabe über den Anteil der identischen Basen bzw. identischen oder ähnlichen Aminosäuren in den verglichenen Sequenzen wird ein E- oder P-Wert angegeben. Der E (expect)-Wert ist ein Maß dafür, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass das erhaltene Ergebnis zufällig zustande kam. Je kleiner also der E-Wert, desto signifikanter ist das Ergebnis. Der kleinste mögliche E-Wert ist 0. Der E-Wert wird meist in einer Form wie z. B. „3.5 e–12“ angegeben, dies steht für 3,5 ⋅ 10 –12. Der E-Wert hängt von der Länge der Übereinstimmung zwischen
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9 Bioinformatik
den Sequenzen, der Länge der Suchsequenz und der Zahl der Nukleotide oder Aminosäuren in der Datenbank ab. Es gibt kein absolutes Maß für einen guten E-Wert, so kann z. B. beim Vergleich zweier entfernt verwandter Organismen ein homologes Genpaar einen hohen (und damit „schlechten“) E-Wert liefern. Dasselbe kann beim Vergleich eines schwach konservierten Gens aus zwei relativ nah verwandten Organismen auftreten. Umgekehrt kann selbst ein kleiner (d. h. „guter“) E-Wert beim Vergleich von Genen von sehr nah verwandten Organismen zufällig zustande kommen und keine Homologie anzeigen. Eine grobe Faustregel besagt, dass E-Werte von mehr als 10 –5 wahrscheinlich nicht signifikant sind, aber auch hier sind Ausnahmen möglich! So ist z. B. beim Vergleich langer Sequenzen darauf zu achten, ob es evtl. kurze, konservierte Bereiche in einem ansonsten nicht signifikanten Alignment gibt. Diese können auf konservierte Domänen hindeuten. Manchmal wird anstelle des E-Werts ein P-Wert angegeben, der ebenfalls ein Maß für die Signifikanz ist und bei kleinen Werten (< 10 –2) mit dem E-Wert konvergiert. 9.1.3 Wichtige Parameter für die Datenbanksuche Vergleiche einer Zielsequenz mit den Sequenzen der NCBI-Datenbank GenBank mittels BLAST können unter www.ncbi.nlm.nih.gov/BLAST/ durchgeführt werden. Andere Webseiten, die solche Vergleiche anbieten, sind meist ähnlich aufgebaut, und die hier beschriebenen Einstellungen können übertragen werden. Von der NCBI-Eingangsseite aus wählt man den gewünschten BLAST-Algorithmus (vgl. Tabelle 9.1.2) und erhält dann eine Seite mit einer Eingabemaske für die Suchsequenz, die man mit „Kopieren-Einfügen“ in das entsprechende Feld einfügt. Die Sequenz kann dabei meist als einfacher Text oder in einem von mehreren Sequenzdatenformaten eingegeben werden, ein gängiges Format ist das FASTA-Format (s. Abb. 9.4.1). Weiterhin können auf dieser Seite verschiedene Parameter eingestellt werden. Zum einen kann die zu durchsuchende Datenbank gewählt werden. Bei einem BLASTN-Vergleich ist es z. B. sinnvoll, mit der nr (non redundant)-Datenbank anzufangen. Diese Datenbank enthält keine ESTs (expressed sequence tags, s. Kap. 9.2) und andere, oftmals in vielfacher Kopie vorliegende Sequenzen, obwohl der Name „nicht-redundant“ irreführend ist, da auch hier mehrfach dieselbe Sequenz vorkommen kann. Weiterhin kann der E-Wert eingestellt werden, bis zu dem Alignments im Ergebnis angegeben werden sollen. Als Default-Parameter ist hier meist 10 vorgegeben, es werden also keine Ergebnisse ausgegeben, deren E-Wert über 10 liegt. Ebenso kann die Länge der Wörter (W, Abb. 9.1.2) eingestellt werden, die für Nukleinsäurevergleiche meist mit 11 vorgegeben ist. Ein kleinerer Wert für W kann es erlauben, auch geringere
9.1 Homologiesuche in Datenbanken
357
(aber möglicherweise signifikante) Ähnlichkeiten zu ermitteln, der Vergleich dauert aber auch länger und kann viele nicht signifikante Ergebnisse liefern. Im Normalfall ist es für eine erste Analyse am günstigsten, die voreingestellten Werte für E und W beizubehalten. Ein weiterer Parameter, der manuell eingestellt werden kann, ist der complexity filter. Er ist in der Voreinstellung eingeschaltet und führt dazu, dass Sequenzbereiche mit geringer Komplexität in der Suchsequenz (z. B. sehr repetitive Aminosäure- oder Nukleinsäuresequenzen) von der Analyse ausgeschlossen werden. In dem ausgegebenen Vergleich werden diese dann als „N“ (im Falle von Nukleinsäuresequenzen) bzw. „X“ (für Aminosäuresequenzen) dargestellt. Da viele wenig komplexe, d. h. nur aus wenigen wiederholten Elementen bestehende Sequenzen in vielen Datenbankeinträgen vorkommen, können sie bei ausgeschaltetem Filter oftmals die Mehrzahl aller Treffer ausmachen, wenn ein solcher Bereich auch in der Suchsequenz existiert. Der Filter kann dies in einem solchen Fall verhindern, so dass sich die Analyse auf die nicht-repetitiven und möglicherweise charakteristischeren Elemente der Suchsequenz konzentriert. Allerdings können auch nicht-komplexe Bereiche einer Sequenz von biologischer Relevanz sein, so dass immer auch eine Analyse mit ausgeschaltetem Filter erfolgen sollte. Im Falle von Vergleichen auf Aminosäureebene (alle Algorithmen außer BLASTN) kann auch eine Matrix eingestellt werden. Die Matrix legt fest, wie bestimmte Aminosäureaustausche in zwei verglichenen Sequenzen bewertet werden. Bei homologen Sequenzen, die ja eine evolutive Verwandtschaft aufweisen, ist der Austausch von Aminosäuren nicht zufällig, sondern die Wahrscheinlichkeit für einen konservierten Austausch, d. h. für den Austausch einer Aminosäure durch eine andere mit ähnlichen chemischen Eigenschaften, ist deutlich höher als ein nicht-konservierter Austausch. Umgekehrt kann man also etwas vereinfacht schließen, dass zwei Sequenzen mit vielen konservierten Austauschen enger verwandt sind als zwei Sequenzen mit vielen nicht-konservierten Austauschen. Um diesen Sachverhalt zu berücksichtigen, wurden verschiedene Matrizen entwickelt, in denen jedem Aminosäurepaar ein bestimmter Zahlenwert zugeordnet wird, der in die Berechnung des Score eingeht. Aus dem Score wird unter anderem der E-Wert berechnet, der wie oben beschrieben eine Aussage über die Signifikanz des Alignments erlaubt. Die heute vielfach verwendeten BLOSUM-Matrizen wurden aus Abschnitten ähnlicher Proteine berechnet. Bei der Berechnung der häufig verwendeten BLOSUM62-Substitutionsmatrix wurden Proteine eingesetzt, die zu nicht mehr als 62 % übereinstimmen. Bei anderen BLOSUM-Matrizen lag dieser Wert anders, was zu einer etwas anderen Gewichtung der Aminosäureaustausche führte. Die Verwendung einer anderen Matrix kann daher zu anderen
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9 Bioinformatik
Ergebnissen führen und bietet sich vor allem an, wenn mit der voreingestellten BLOSUM62-Matrix keine signifikanten Ergebnisse gefunden werden. 9.1.4 Beispiele zur Datenbanksuche In diesem Teil soll die vorgegebene Sequenz des S.-macrospora-gpd-Gens mittels BLASTN und BLASTX gegen die NCBI-Datenbank GenBank (www. ncbi.nlm.nih.gov/BLAST/) verglichen werden. Die erzielten Ergebnisse sollen auf biologische Signifikanz überprüft werden (Betrachtung des Alignments sowie des Werts für die Sequenzidentität und des E-Werts). Außerdem kann ausgehend vom Ergebnis der Zugang zu weiteren Informationen über die gefundenen Treffer demonstriert werden. So wird jedem Genbank-Eintrag eine eigene Zugriffsnummer, die accession number, zugewiesen, die in der Ausgabedatei des BLAST-Vergleichs angegeben und als Hyperlink gestaltet ist. Von diesem Link aus kommt man zum Genbank-Eintrag für die jeweilige Sequenz, der Informationen über die Sequenzstruktur (z. B. kodierende Bereiche usw.) und weitere Verweise auf Literaturzitate usw. enthält. Es bietet sich an, sich in diesem Zusammenhang mit dem Format eines Genbank-Eintrags vertraut zu machen, um die Fülle der gespeicherten Informationen sinnvoll nutzen zu können. Hier sei auch auf die teilweise sehr informativen Tutorial-Webseiten der jeweiligen Genbanken verwiesen.
9.2 EST- und Gesamtgenom-Datenbanken Neben zentralen Datenbanken wie der EMBL-Datenbank oder GenBank (NCBI) gibt es weitere, spezialisiertere Sequenzdatenbanken. So werden Gesamtgenomsequenzen einzelner Organismen meist in eigenen Datenbanken gespeichert, die neben den reinen Sequenzdaten meist noch grafische Darstellungen der Lage von offenen Leserahmen usw. innerhalb des Genoms sowie Verweise auf Literatur oder Expressionsdaten zu einzelnen Genen enthalten. Eine weitere Gruppe von spezialisierten Datenbanken sind EST-Banken, die im folgenden Kapitel näher beschrieben werden. 9.2.1 ESTs (expressed sequence tags) ESTs sind ansequenzierte cDNA-Klone. Da von stark transkribierten Genen oftmals multiple Kopien in einem mRNA-Pool vorliegen, entstehen bei einer
9.2 EST- und Gesamtgenom-Datenbanken
359
cDNA-Synthese auch viele gleiche oder ähnliche cDNAs, und es treten bei EST-Sequenzierungen häufig Wiederholungen auf. Diese Wiederholungen können dazu genutzt werden, Transkriptionshäufigkeiten abzuschätzen, aber sie führen auch zu einer relativ großen Redundanz in den EST-Datenbanken. Aus diesem Grund werden ESTs meist in speziellen Datenbanken gespeichert, so gibt es z. B. am NCBI eine eigene EST-Datenbank (dbEST), die von der nr (non-redundant)-Datenbank getrennt gehalten wird. ESTs sind sehr nützlich für die Identifizierung von Genen, besonders bei Organismen, bei denen Gene aufgrund vieler Introns im Gesamtgenom über große Bereiche verteilt und oft schwer zu identifizieren sind. Sie sind daher auch sehr hilfreich für die Identifizierung von offenen Leserahmen und damit für die Annotation von Gesamt-Genom-Sequenzierungen (s. u.). 9.2.2 Beispiele zu ESTs In diesem Teil sollen beispielhaft mehrere Datenbankvergleiche durchgeführt und die Ergebnisse ausgewertet werden. Dazu soll das S.-macrospora-gpd-Gen gegen EST-Datenbanken von anderen Organismen verglichen werden. Für den Hyphenpilz Neurospora crassa sowie für die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii sind mehrere EST-Projekte an verschiedenen Universitäten und Instituten durchgeführt worden. Alle ermöglichen die Suche nach ESTs in ihren Datenbanken mit Hilfe von BLAST unter folgenden Adressen: C. reinhardtii: www.biology.duke.edu/chlamy_genome/blast/blast_form.html N. crassa: www.biology.unm.edu/biology/ngp/home.html (University of New Mexico) www.genome.ou.edu/nc_both_blast.html (University of Oklahoma)
Aufgaben 1. Welcher EST in der Neurospora-EST-Bank der University of Oklahoma hat auf Nukleinsäureebene die höchste Homologie zum S. macrosporagpd? 2. Welcher EST in der Chlamydomonas-EST-Bank hat auf Aminosäureebene (in silico translatiert) die höchste Homologie zum S.-macrosporagpd? Hier ist es wichtig, den richtigen BLAST-Algorithmus zu wählen!
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9 Bioinformatik
3. Welche Algorithmen wurden für die beiden Vergleiche verwendet und warum? Als Denkanstöße können folgende Fragen beantwortet werden: Was wurde eingegeben, was hat das Programm gemacht, was ist die Ausgabe? 4. Welcher der beiden Vergleich gibt einen besseren E- oder P-Wert? War das zu erwarten, bzw. gibt es dafür eine biologische Begründung? Zu berücksichtigen ist, dass bei dem Vergleich unter Punkt 1 Nukleinsäuresequenzen, bei Vergleich unter Punkt 2 Aminosäuresequenzen verwendet wurden. Dies sollte bei der Diskussion bedacht werden! 9.2.3 Gesamt-Genom-Sequenzen am Beispiel von Neurospora crassa Das Genom von Neurospora crassa war das erste vollständig sequenzierte und öffentlich zugängliche Hyphenpilzgenom. Es wurde mittels der Whole-genomeshotgun-Methode sequenziert. Dazu wurde die genomische DNA in Fragmente von 4 kb oder 40 kb zerlegt und in Plasmid- oder Cosmid-Vektoren kloniert. Durch Sequenzierung der Enden der klonierten Fragmente wurden paired reads erzeugt. Überlappende Sequenzen wurden dann zu Contigs zusammengesetzt. Contig ist die Kurzform von contigous sequence. Um Contigs zu erhalten, werden die bei einer Sequenzierung erhaltenen Sequenzen durch Sequenzvergleiche untereinander auf Überlappungen hin untersucht. Überlappende Sequenzen werden zu einer durchgehenden Sequenz zusammengesetzt, die als Contig bezeichnet wird. Je vollständiger ein Genom sequenziert und annotiert ist, desto weniger Contigs gibt es und desto größer sind die Contigs. Im Idealfall entspricht die Anzahl der Contigs der der Chromosomen des haploiden Genoms. Allerdings ist dies bei Eukaryoten-Genomen so gut wie nie der Fall, da meist einige schwer sequenzierbare Regionen wie z. B. Centromer- oder Telomerregionen oder Regionen mit vielen repetitiven Sequenzen nicht durch die Sequenzierung abgedeckt werden.
Contigs können zu Scaffolds (Gerüsten) vereinigt werden, wenn die Endsequenzen eines Plasmid- oder Cosmid-Inserts in zwei verschiedenen Contigs liegen, d. h. wenn die zwei Sequenzen eines paired read sich verschiedenen Contigs zuordnen lassen. Auf diese Weise können Contigs in der richtigen Reihenfolge angeordnet werden, auch wenn zwischen ihnen noch Sequenzlücken existieren. Solche Sequenzlücken können dann durch gezielte Klonierung und Sequenzierung der fehlenden Fragmente geschlossen werden.
9.2 EST- und Gesamtgenom-Datenbanken
361
Das N.-crassa-Genom ist nicht nur vollständig sequenziert, sondern auch bereits größtenteils annotiert. Das bedeutet, dass nicht nur Contigs gebildet wurden, sondern auch bekannte Gene sowie ESTs innerhalb der Sequenz durch Sequenzvergleiche identifiziert wurden. Weiterhin wurden putative offene Leserahmen vorhergesagt. Dies geschieht mit Programmen, welche die DNA-Sequenz translatieren und mögliche Introns vorhersagen können. Derartige in-silico-Vorhersagen sind oftmals nicht sehr genau, liefern aber erste Anhaltspunkte für die Planung weiterer, zur Überprüfung notwendiger Experimente. Wenn ESTs für den Organismus vorliegen, können sie auch zur Unterstützung der Annotation herangezogen werden, da sie Teilsequenzen von cDNA-Klonen sind und damit Bereiche definieren, die transkribiert werden. EST-Sequenzen enthalten also nur Teile eines ORFs oder von 5’- oder 3’-nichttranslatierten (aber transkribierten) Sequenzen, aber (meist) keine Introns. 9.2.4 Beispiele zu Arbeiten mit einer Gesamtgenomdatenbank Die meisten Gesamtgenomdatenbanken bieten neben der Möglichkeit, eigene Sequenzen mit der Genomsequenz zu vergleichen, auch verschiedene Genomkarten sowie Links zu Teilsequenzen, Homologen in anderen Organismen usw. Diese Informationen machen Datenbanken zu wertvollen Quellen für das Arbeiten mit einem Organismus. In diesem Versuchsteil soll die gpd-Sequenz von Sordaria macrospora mit dem Gesamt-Genom von Neurospora crassa mittels BLASTN (Nukleinsäure gegen Nukleinsäure) verglichen werden. Mit Hilfe der erhaltenen ContigNummer des Neurospora-Genoms soll die entsprechende Region des Genoms gefunden werden. Derartige Untersuchungen sind auch für die praktische Arbeit mit nah verwandten Pilzen wie S. macrospora von großer Bedeutung, da die Genome von S. macrospora und N. crassa über weite Strecken hohe Homologie aufweisen. Die Gene liegen in beiden Pilzen meist in gleicher Anordnung auf den Chromosomen (Syntenie). Daher können viele Erkenntnisse aus dem N.-crassa-Genom auf S. macrospora übertragen werden und helfen bei der Analyse neu identifizierter Gene.
Die Sequenz des Gesamtgenoms von N. crassa ist zu finden unter: www. broad.mit.edu/annotation/fungi/neurospora/.
362
9 Bioinformatik
Beginn eines homologen Abschnitts
Contig-Länge
Contig-Nummer
Sequences producing significant alignments: Neurospora crassa contig 3.64 (scaffold 4)
E-Wert
Score E (bits) Value 1707
0.0
>Neurospora crassa contig 3.64 (scaffold 4) Length = 120227 Score = 1707 bits (861), Expect = 0.0 Identities = 1019/1070 (95%), Gaps = 5/1070 (0%) Strand = Plus / Minus
Query: 420
tccctcatacaggagtacatgctccgctacgactctacccac 461 |||||| |||||| |||||||||||||||||| | |||||| Sbjct: 90543 tccctcttacaggcttacatgctccgctacgacaccacccac 90502 Query: 462
ggcaacttcaagggcaccatcgccgttgagggttccgacctc 503 |||||||||||||||||||||| ||||| ||| | |||||| Sbjct: 90501 ggcaacttcaagggcaccatcgaggttgacggtgctgacctc 90459
Abb. 9.2.1. Ausschnitt aus dem Ergebnis des Vergleichs des S.-macrospora-gpd-Gens mit dem Gesamtgenom von N. crassa mittels BLASTN. Die Suchsequenz (hier S.-macrospora-gpd) wird als Query bezeichnet, der als Treffer identifizierte Bereich des N.-crassa-Genoms als Subject (Sbjct). Identische Nukleotide werden im Alignment durch senkrechte Striche gekennzeichnet
Aufgaben Die folgenden Datenbankvergleiche sollen durchgeführt und die sich daraus ergebenden Fragen beantwortet werden: 1. Das S.-macrospora-gpd-Gen soll mit BLASTN gegen das N.-crassaGenom verglichen werden. Die einzustellenden Parameter ähneln auch hier den in Kap. 9.1.3 beschriebenen Möglichkeiten. Der Vergleich erfordert hier die Eingabe einer E-Mail-Adresse, die Ergebnisse werden als E-Mail zugeschickt. 2. Ein Ausschnitt eines solchen Ergebnisses ist in Abb. 9.2.1 dargestellt. Es enthält unter anderem die Nummer des Contigs, zu dem die größte Sequenzidentität besteht, die Länge des Contigs und den Beginn des homologen Abschnitts auf dem Contig. Mit diesen Informationen soll auf der N.-crassa-Genom-Seite unter „Browse regions“ ein geeigneter
9.2 EST- und Gesamtgenom-Datenbanken
363
Bereich aus dem Contig angegeben und über „Feature map“ angezeigt werden. Hierdurch erhält man eine grafische Darstellung der homologen Region. Unter anderem werden Homologien zu den Genen anderer Organismen und zu bekannten N.-crassa-ESTs dargestellt. 3. In der Genomkarte kann man den durch einen Pfeil symbolisierten homologen Leserahmen von N. crassa (in diesem Fall das N.-crassa-gpdGen) anklicken und erhält so eine weitere Webseite, auf der unter anderem Antworten auf die folgenden Fragen zu finden sind: An welcher Position im Contig liegt das Startcodon von gpd? Welcher Strang ist der kodierende Strang? 9.2.5 Beispiele zur Intron-Identifikation mit Hilfe von ESTs und Gesamtgenomdatenbanken Wie bereits unter Kap. 9.2.1 und 9.2.3 erwähnt, können ESTs zur Identifikation transkribierter Bereiche eingesetzt werden. Sie sind auch bereits in die Annotation des N.-crassa-Genoms integriert worden. Die in den Aufgaben 2 und 3 in Kap. 9.2.4 gefundenen Karten und Sequenzen enthalten auch Informationen über die Lage von ESTs und über die Lage vorhergesagter Introns im N.-crassa-gpd-Gen. In diesem Versuchsteil sollen die in die Genomkarten integrierten EST-Daten verwendet werden, um die Existenz möglicher Introns innerhalb des N.-crassa-gpd-Gens zu bestätigen. Hierzu sollen die genomische DNA des N.-crassa-gpd sowie zwei EST-Sequenzen mit dem Programm LALIGN (sucht nach lokalen Ähnlichkeiten) verglichen werden. Die Ergebnisse sollen unter Berücksichtigung der Intron-Konsensus-Sequenzen (s. u.) ausgewertet werden. Intron-Konsensus-Sequenzen (GT/AG-Regel): 5’-Ende: Intron beginnt (meist) mit GT 3’-Ende: Intron endet mit AG Das Sequenzvergleichsprogramm LALIGN findet sich unter: www. ch.embnet.org/software/LALIGN_form.html
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9 Bioinformatik
Aufgaben 1. Die Sequenz der genomischen DNA des N.-crassa-gpd-Gens soll gespeichert werden. Dies kann von der Seite aus geschehen, die in Aufgabe 3 in Kap. 9.2.4 erreicht wurde und die Informationen über das N.-crassagpd-Gen enthält: Über den Link „Get sequence“ wird die genomische DNA des gewählten Bereichs, d. h. hier des gpd-Gens, angezeigt und kann dann markiert und mit „Kopieren-Einfügen“ in einen beliebigen Texteditor eingefügt und gespeichert werden. 2. Weiterhin sollen die Sequenzen von zwei ESTs, die den Bereich des putativen Introns überlappen, gespeichert werden. Hierzu kann der Link von der Neurospora-Genom-Seite auf den NCBI-Datenbank-Eintrag für den jeweiligen EST verwendet werden (anklickbare GI-Nummer). Auf der NCBI-Seite kann man sich die Sequenz über „Display“ im FASTAFormat anzeigen lassen und mit Kopieren/Einfügen in einen Texteditor übertragen. 3. Die EST-Sequenzen sollen jeweils einzeln mit der genomischen DNA-Sequenz mittels LALIGN (Einstellung „Global without end-gap penalty“) verglichen werden. Hierbei ist zu beachten, dass LALIGN strikt nur die eingegebenen Sequenzen vergleicht und nicht automatisch den Gegenstrang mitvergleicht (im Gegensatz z. B. zu BLASTVergleichen mit Genbanken). Sollte also der Gegenstrang gespeichert worden sein, ist es nötig, erst einen reversen Strang zu erzeugen, was ebenfalls online möglich ist, z. B. mit Revseq von EMBOSS (European Molecular Biology Open Software Suite), das z. B. über mammoth.bii. a-star.edu.sg/emboss/index.html erreicht werden kann. 4. Lässt sich die Annahme eines Introns bestätigen? Um dies herauszufinden, sollte das Ergebnis des Sequenzvergleiches mit den IntronkonsenusSequenzen verglichen und Anfang und Ende des Introns bestimmt werden. Letzteres kann durchaus von dem durch LALIGN gelieferten Alignment abweichen. Ein Beispiel hierfür ist in Abb. 9.2.2 gegeben: Das Nukleotid, welches direkt auf das 3’-Ende des Introns folgt, ist ein G. Damit ist es identisch mit dem ersten, hochkonservierten Nukleotid am 5’-Ende des Introns und wird von LALIGN als homologe Position zu diesem Nukleotid interpretiert. Dies liegt allein an der Implementation des Algorithmus und macht biologisch keinen Sinn, daher muss die Auswertung derartiger Vergleiche durch den Experimentator unter Berücksichtigung weiterer Informationen wie z. B. der Intron-Konsensus-Sequenzen erfolgen.
9.3 Unbekannte Sequenz — Was tun?
365
ALIGN calculates a global alignment of two sequences alpha-tubulin N. crassa i4b10nm.f1 scoring matrix: DNA, gap penalties: -14/-4
1998 nt vs. 409 nt
600 610 620 630 640 650 CCGCTGACCCCGACCATGGCTTCAGCACTTTCTTCTCCGAGACCGGTACATAGCGCCCTT :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: i4b10n CCGCTGACCCCGACCATGGCTTCAGCACTTTCTTCTCCGAGACCGG-------------170 180 190 200 210
tub
660 670 680 690 700 710 GCTCAACATAGCACGCGAAACGGAAGCTTACAAATACAAATATAGGCAACGGGAAATACG :::::::::::::: i4b10n ----------------------------------------------CAACGGGAAATACG 220
tub
720 730 740 750 760 770 TTCCTCGCACCATCTACGCCGATCTCGAGCCCAACGTCATTGACGAGGTCCGCACCGGCG :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: i4b10n TTCCTCGCACCATCTACGCCGATCTCGAGCCCAACGTCATTGACGAGGTCCGCACCGGCG 230 240 250 260 270 280 tub
Abb. 9.2.2. Vergleich der EST-Sequenz i4b10nm.f1 mit der genomischen DNA des ơ-Tubulin-Gens von N. crassa mittels LALIGN. Identische Nukleotide sind durch Doppelpunkte gekennzeichnet. Das in der genomischen DNA vorhandene Intron ist unterstrichen, jeweils zwei konservierte Nukleotide am Anfang und am Ende des Introns sind fett gedruckt. Weitere Erläuterungen im Text
9.3 Unbekannte Sequenz — Was tun? In den vorangegangenen Kapiteln 9.1 und 9.2 wurden Vergleiche mit verschiedenen Datenbanken vorgestellt. Solche Vergleiche sind immer die ersten Schritte, die man durchführen sollte, wenn man eine noch nicht charakterisierte Sequenz vorliegen hat, was im molekularbiologischen Laboralltag häufig der Fall ist. In diesem Kapitel soll daher noch einmal zusammengefasst dargestellt werden, welche Untersuchungen man routinemäßig mit einer neuen Sequenz durchführen sollte. Da den meisten Datenbanken ständig neue Sequenzen hinzugefügt werden, sollten auch Sequenzen, denen noch keine Funktion zugeordnet werden konnte, in regelmäßigen Abständen mit verschiedenen Datenbanken verglichen werden. Abb. 9.3.1 zeigt in der Übersicht eine Auswahl der Möglichkeiten zur Analyse einer solchen Sequenz: Zuerst sollte die Sequenz mit den verfügbaren Sequenzen der öffentlichen Datenbanken (z. B. NCBI oder EMBL) verglichen
366
9 Bioinformatik
unbekannte DNA-Sequenz
Vergleich gegen öffentliche Datenbanken mit Standardparametern (z.B. EMBL, GenBank)
Vergleich gegen Gesamtgenomdatenbanken; falls bekannt, mit nah verwandten Organismen beginnen
Vergleich gegen ESTDatenbanken, z.B. dbEST (öffentl. Datenbank, alle eingereichten ESTs) oder Organismen-spezifische Datenbank
Treffer?
nein
Parameter ändern
ja Teil von ORF? ja putative Exon/ Intron-Struktur erstellen
nein
putativer Promotor?
nein
ja nach putativen Bindestellen etc. mit MatInspector suchen
Abb. 9.3.1. Unbekannte Sequenz – Was tun? Schematische Darstellung des Vorgehens zur Analyse einer noch nicht charakterisierten Nukleinsäuresequenz. Eine unbekannte DNA-Sequenz sollte zuerst mit BLASTN und BLASTX gegen öffentliche Gesamtsequenzdatenbanken verglichen werden, weiterhin gegen Genomdatenbanken verwandter Organismen (falls vorhanden) und (organismenspezifische) EST-Datenbanken. Falls mittels der voreingestellten Standardparameter kein signifikanter Treffer (hit) erzielt wird, können Parameter wie der E-Wert, die Filtereinstellung oder im Falle von BLASTX die verwendete Matrize geändert werden (vgl. Text). Mit Hilfe der erhaltenen Daten können weitere Untersuchungen vorgenommen werden, um z. B. die (putative) Exon-Intron-Struktur eines kodierenden Abschnitts zu ermitteln
9.4 Phylogenie-Analysen
367
werden, wobei neben dem Vergleich auf Nukleinsäureebene mittels BLASTN auf jeden Fall auch ein Vergleich auf Aminosäureebene mit BLASTX durchgeführt werden sollte. Falls bekannt ist, aus welchem Organismus die untersuchte Sequenz stammt, kann auch gegen das Gesamtgenom dieses Organismus oder von nah verwandten Organismen verglichen werden, soweit die Genome verfügbar sind. Entsprechendes gilt für Vergleiche gegen EST-Datenbanken. Sollte sich bei diesen Vergleichen kein signifikantes Ergebnis zeigen, können zuerst die eingestellten Parameter des Suchalgorithmus verändert werden, wie z. B. voreingestellter maximaler E-Wert und complexity filter (s. Kap. 9.1.3). Falls signifikante Treffer ermittelt werden, können unter anderem Stammbaum-Analysen durchgeführt werden (s. Kap. 9.4). Wenn die untersuchte Sequenz Teil eines offenen Leserahmens (ORF) ist, kann z. B. mit Hilfe von EST-Sequenzen die Exon/Intron-Struktur erstellt werden. Außerdem kann die abgeleitete Aminosäuresequenz zu Vergleichen gegen die Datenbanken genutzt werden. Bei Vergleichen mittels BLASTP kann in der NCBI-Datenbank GenBank unter anderem der Parameter „CD (conserved domain) search“ gewählt werden, wobei in der Ausgabe konservierte Domänen innerhalb des Proteins angezeigt werden. Putative Promotor-Sequenzen können ebenfalls weiter analysiert werden, z. B. kann man versuchen, mögliche TranskriptionsFaktor-Bindestellen mit Programmen wie MatInspector vorherzusagen.
9.4 Phylogenie-Analysen Phylogenetische Analysen versuchen, die evolutionären Beziehungen zwischen den Organismen aufzuklären. Vor der Verfügbarkeit von Nukleinsäuresequenzen stützte man sich dabei insbesondere auf morphologische Merkmale, während heute durch das Vorhandensein großer Sequenzdatenmengen von unterschiedlichsten Organismen Nukleotid- und Proteinsequenzen für die Analysen verwendet werden können. Die über große Zeiträume auftretenden Veränderungen innerhalb einer Sequenz können zur Rekonstruktion der Evolution der Organismen genutzt werden. Dabei lassen sich sowohl Sequenzen aus verschiedenen Organismen vergleichen als auch Mitglieder einer Genfamilie, die aus demselben aber auch aus verschiedenen Organismen stammen können (orthologe und paraloge Gene, s. Abb. 9.1.1).
368
9 Bioinformatik
9.4.1 Grundlagen der Stammbaum-Analyse Die Grundlage einer phylogenetischen Analyse bildet die Erstellung eines multiplen Alignments (Anordnung mehrerer Sequenzen). Dabei werden Nukleotid- bzw. Aminosäuresequenzen putativ homologer Gene bzw. Proteine so untereinander angeordnet, dass gleiche oder ähnliche Nukleotide bzw. Aminosäuren untereinander stehen. Die Sequenzen werden dabei in einem Block unter Einführung von Lücken (gaps) zusammengefasst, die dadurch entstehen, dass in verschiedenen Sequenzen zusätzliche Positionen (Insertion) vorhanden sind oder aber Positionen fehlen (Deletion). Die Erstellung solcher multiplen Alignments kann mit dem Programm ClustalW erfolgen, das im Internet frei zugänglich ist. Der Algorithmus geht davon aus, dass signifikante Alignments auf evolutionärer Verwandtschaft basieren, so dass zunächst eine paarweise Distanzmatrix für alle zu vergleichenden Sequenzen erstellt wird, d. h. jede der eingegebenen Sequenzen wird mit jeder anderen paarweise verglichen. Ausgehend von dieser Distanzmatrix wird dann das vollständige Alignment regeneriert. Das Alignment, genauer die auftretenden Veränderungen in den Sequenzen der einzelnen Organismen, kann im Folgenden dazu genutzt werden, den Verwandtschaftsgrad der verschiedenen Organismen in einem phylogenetischen Stammbaum zu errechnen. Die Sequenzen, deren verwandtschaftliche Beziehung Ziel der Untersuchung sind, werden als ingroup bezeichnet und stehen in den Analysen outgroup-Sequenzen gegenüber, die mit der ingroup nicht näher verwandt sind. Damit lassen sich abgeleitete Merkmale, die nur bei der ingroup auftreten und für deren Verwandtschaftsbeziehungen maßgebend sind, von ursprünglichen Merkmalen unterscheiden, welche outgroup und ingroup gemeinsam haben. Zur Berechnung von Genstammbäumen stehen im Wesentlichen drei verschiedene Methoden zur Verfügung: „Neighbor-Joining“-Verfahren: Bei diesem Verfahren zur statistischen Auswertung von Sequenzvergleichen werden paarweise Distanzen unter Zuhilfenahme bestimmter Evolutionsmodelle (Jukes-Cantor, Kimura-2-Parameter) korrigiert, so dass man eine Abschätzung der evolutiven Distanzen erhält. Die Distanzen geben die tatsächliche mittlere Anzahl von Veränderungen pro Position wieder, die zwischen einem Paar von Sequenzen seit ihrem Divergieren vom gemeinsamen Vorfahren entstanden sind. Aufgrund seiner Einfachheit ist das Verfahren sehr schnell und eignet sich gut zu einer Abschätzung von Beziehungen in großen Datensätzen.
9.4 Phylogenie-Analysen
369
„Maximum-Parsimony“-Verfahren: Dieses Verfahren geht nach dem Prinzip der „Sparsamkeit“ vor, das heißt, es wird angenommen, dass der Umfang der evolutionären Veränderungen, die die Sequenzunterschiede verursacht haben, immer minimal ist. Somit wird das Verzweigungsmuster in einem Stammbaum als optimal angesehen, das mit der geringsten Anzahl evolutiver Schritte auskommt, um die beobachteten Sequenzunterschiede in homologen Genen zu erklären. Berücksichtigte Merkmale sind bei diesem Verfahren nur Nukleotidaustausche, die in einem Alignment mindestens zwei Sequenzen gemeinsam haben und diese gegenüber den anderen abgrenzen. „Maximum-Likelihood“-Verfahren: Bei diesem Verfahren wird das Verzweigungsmuster als optimal bewertet, das die höchste berechnete Wahrscheinlichkeit hat. Dazu wird der tatsächliche Umfang an evolutiven Veränderungen mit Hilfe bestimmter statistischer Evolutionsmodelle (Jukes-Cantor, Kimura-2-Parameter) abgeschätzt. Nach der Berechnung eines Stammbaumes stellt sich die Frage, wie sicher das Ergebnis ist. Die häufigste Methode, um die statistische Wahrscheinlichkeit eines Stammbaumes zu überprüfen, sind die bootstrap-Tests. Dabei werden von dem ursprünglichen Datensatz, beispielsweise durch Wegfall bestimmter Bereiche und Verdopplung anderer Bereiche, sehr viele zufällig generierte Pseudoproben erzeugt, die aber in ihrer Länge immer identisch zu dem ursprünglichen Datensatz sind. Für jeden Pseudodatensatz wird ein Stammbaum berechnet und der Anteil P festgehalten, bei dem eine bestimmte Gruppierung auftritt. P ist also das Maß der Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte Verzweigung im tatsächlichen Stammbaum auftritt. Werte für P größer als 70 % werden als ausreichend angesehen, um eine bestimmte Verzweigung bzw. Gruppierung abzusichern. Allerdings ist es auch durch Bootstrap-Analysen nicht möglich, einen mit einer bestimmten Methode erzeugten Stammbaum als absolut richtiges Ergebnis abzusichern. Es ist daher immer angeraten, den gleichen Datensatz mit verschiedenen Methoden zu untersuchen und die erzeugten Stammbäume zu vergleichen. In vielen Fällen liefern unterschiedliche Methoden mit dem gleichen Datensatz unterschiedliche Stammbäume. Eine Entscheidung über die Qualität der Stammbäume lässt sich in solchen Fällen oftmals nur durch Hinzuziehen weiterer Sequenzdaten treffen.
370
9 Bioinformatik
9.4.2 Vorgehen bei der Erstellung eines Stammbaumes Zur Berechnung von Stammbäumen stehen unterschiedliche Programme beispielsweise ClustalW, PHYLIP usw. zur Verfügung. Eine gute grafische Darstellung des erstellten Stammbaumes ermöglicht beispielsweise das Programm TREEVIEW, das verschiedene Arten der Darstellung von Stammbäumen bietet. Bevor die Analyse z. B. mit ClustalW begonnen wird, müssen geeignete Teilsequenzen der zu vergleichenden Gene ausgewählt werden. Wenn die zu untersuchenden Gene verschieden lang sind, z. B. wenn eines der Gene für eine größere Domäne kodiert, die in den anderen nicht vorhanden ist, sollten Teilsequenzen ohne diesen Bereich untersucht werden. Die Sequenzen müssen in einem geeigneten Format, z. B. dem FASTA-Format vorliegen (Abb. 9.4.1). Dabei besteht die erste Zeile jeder Sequenz aus einem „>“-Zeichen und danach >SM ATTGAGCACGATGACATCCAGATCGTCGCTGTCAACGATCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC GCTGTAAGTTGGCCTCGCATACATACATACATCTCCCGTCTCATGAAGCCGGATCCTAAC CACCTTCCCTCATACAGGAGTACATGCTCCGCTACGACTCTACCCACGGCAACTTCAAGG GCACCATCGCCGTTGAGGGTTCCGACCTCGTCGTCAACGGCAAGAAGGTCAAGTTCTACA CTGAGCGCGACCCCTCTGCCATCCCCTGGTCCGAGACCGGCGCCGACTACATCGTCGAGT CCACCGGTGTCTTCACCACCACCGAGAAGGCCTCCGCCCACTTGAAGGGTGGTGCCAAGA AGGTCATCATCTCTGCCCCCTCTGCTGATGCCCCCATGTACGTTATGGGTGTCAACAACG AGAGCTAC >SFF ATTGAGCACGATGACATCCAGATCGTCGCTGTCAACGATCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC GCTGTAAGTTGGCCTCTACTACACATATCTCCCGTCTCATATGAAGCTCGAGACTAACCA CCTTTCCTCATGTAGGAGTACATGCTCCGCTACGACTCTACCCACGGCAACTTCAAGGGC ACCATCGCCGTTGAGGGTTCCGACCTCGTCGTCAACGGCAAGAAGGTCAAGTTCTACACT GAGCGCGACCCCTCTGCCATCCCCTGGTCCGAGACCGGCGCCGACTACATTGTCGAGTCC ACCGGTGTCTTCACCACCACCGAGAAGGCCTCCGCCCACTTGAAGGGTGGTGCCAAGAAG GTCATCATCTCTGCTCCCTCTGCTGATGCCCCCATGTACGTTATGGGTGTCAACAACGAG AGCTAC >SFD ATTGAGCACGATGACATCCAGATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC GCTGTAAGTTGGCCTCCCATACATACATCTCCCGTCTCATATGAAGCCGGATCCTAACCA CCTTCCCTCATACAGGAGTACATGCTCCGCTACGACTCTACCCACGGCAACTTCAAGGGC ACCATCGCCGTTGAGGGTTCCGACCTCGTCGTCAACGGCAAGAAGGTCAAGTTCTACACT GAGCGCGACCCCTCTGCCATCCCCTGGTCCGAGACCGGCGCCGACTACATCGTCGAGTCC ACCGGTGTCTTCACCACCACCGAGAAGGCCTCCGCCCACTTGAAGGGTGGTGCCAAGAAG GTCATCATCTCTGCCCCCTCTGCTGATGCCCCCATGTACGTTATGGGTGTCAACAACGAG AGCTAC
Abb. 9.4.1. Sequenzformat für die Eingabe in ClustalW. Die zu untersuchenden Sequenzen werden im FASTA-Format in das Eingabefeld von ClustalW eingefügt. Die erste Zeile jeder Sequenz beginnt mit einem „>“-Zeichen und enthält dann einen beliebigen Text als Sequenzbezeichung
9.4 Phylogenie-Analysen
371
einem beliebigen Text, der meist den Namen der Sequenz enthält. Die folgenden Zeilen enthalten die eigentliche Sequenz. Die zu analysierenden Sequenzen werden im FASTA-Format hintereinander in das Eingabefeld von ClustalW eingefügt (Abb. 9.4.1). Die vom EBI (European Bioinformatics Institute) unter www.ebi.ac.uk/ clustalw/index.html angebotene Version von ClustalW liefert als Ergebnis mehrere Dateien: Zum einen wird eine Datei mit der Endung „aln“ geliefert, die das eigentliche multiple Alignment enthält und mit einem Texteditor betrachtet werden kann (Abb. 9.4.2). Weiterhin liefert ClustalW eine Datei mit der Endung „dnd“, in der bereits ein einfacher Stammbaum mit Hilfe des Neighbor-joining-Verfahrens vorberechnet wurde. Die in diesem File enthaltenen Daten können mit dem Programm TREEVIEW grafisch dargestellt werden (Abb. 9.4.3). Mit TREEVIEW ist es möglich, verschiedene Optionen zur grafischen Darstellung des Stammbaumes zu wählen. Eine wichtige Unterscheidung besteht zwischen rooted trees und unrooted trees (Stammbaum mit bzw. ohne Wurzel). Um einen Stammbaum mit Wurzel zu erzeugen, kann eine outgroup gewählt werden, die dann benutzt wird, um die Lage der Wurzel festzulegen. Dabei ist zu beachten, dass TREEVIEW jede beliebige der untersuchten Sequenzen als outgroup annimmt, unabhängig davon, ob es biologisch Sinn macht, d. h. ob die Sequenz wirklich mit den anderen Sequenzen weniger nah verwandt ist als diese untereinander. Bei falscher Wahl der outgroup, d. h. falls nicht der Organismus gewählt wurde, der mit den anderen am wenigsten verwandt ist, können daher völlig verzerrte Bäume entstehen, die mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun haben. Die korrekte Verwendung des Programms unter Berücksichtigung biologischer Hintergrundinformation liegt also auch hier wieder in der Hand des Experimentators. 9.4.3 Beispiele zur Phylogenie-Analyse Phylogenetische Analysen können prinzipiell mit jedem Gen durchgeführt werden. Die Auswahl eines geeigneten Gens oder einer Gruppe von parallel zu untersuchenden Genen hängt wesentlich von dem Verwandtschaftsgrad der zu analysierenden Organismen ab. Sind die Organismen sehr nahe verwandt und das untersuchte Gen sehr konserviert, so sind evtl. nicht genügend Nukleinsäurepositionen verändert, um eine eindeutige Aussage über den Verwandtschaftsgrad treffen zu können. Umgekehrt muss aber der Grad der Sequenzähnlichkeit hoch genug sein, um ein Alignment der Sequenzen überhaupt zu ermöglichen. In dem hier vorgestellten Beispiel der Phylogenie-Analyse der gpd-Gene verschiedener Pilze sind diese Voraussetzungen erfüllt. Es soll eine phylogenetische Analyse unter Verwendung von Teilen
372
9 Bioinformatik
SM SFD SFF SB SS ND NG NA NL NP NT NTE NI NS NC NDIS PA
ATTGAGCACGATGACATCCAGATCGTCGCTGTCAACGATCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCAGATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCAGATCGTCGCTGTCAACGATCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCAGATCGTCGCTGTCAACGATCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCAGATCGTCGCTGTCAACGATCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCTAAGTAC ATCGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC ATTGAGCACGATGACATCCACATCGTCGCTGTCAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC GTTGAGCACCCCGACGTCGAGATCGTTGCCGTTAACGACCCCTTCATTGAGCCCAAGTAC * ****** *** ** * ***** ** ** ***** ************** ******
60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60
SM SFD SFF SB SS ND NG NA NL NP NT NTE NI NS NC NDIS PA
GCTGTAAGTTGGCCTCGCATACATACATACATCTCCCGTCTCAT--GAAG--CCGGATCC GCTGTAAGTTGGCCTCCCATACATACAT----CTCCCGTCTCATATGAAG--CCGGATCC GCTGTAAGTTGGCCTCTACTACACATAT----CTCCCGTCTCATATGAAG--CTCGAGAC GCTGTAAGTTGGCCTCGCAT-CATACATACATCCTTCGTCTCAGATGGCA--CTCATCTC GCTGTAAGTTGGCCTCACA--CATACATAC--CCTTGGTCTCATATGACA--CTCAGCTC GCTGTAAGTTGGCCTCGCACACATACATACATCCCTTGTCTCATATGACAACTCAGACTC GCTGTAAGTTGGCCTCGCACACATACATACATCCCTTGTCTCATATGACAACTCAGACTC GCTGTAAGTTGGCCTCGCACACATACATACATCCCTTGTCTCATATGACAACTCAGACTC GCTGTAAGTTGGCCTCACACACATACAT----CCCTTGTCTCATATGACAACTTAGACTC GCTGTAAGTTGGCCTCGCACACATACAT----CGCTTGTCTCATATGACA-CTCAGACTC GCTGTAAGTTGGCCTCGCACACATACAT----CCCTTGTCTCATATGACA-CTCAGACTC GCTGTAAGTTGGCCTTGCTCACATACAT----CCTTTGTCTCACATGACAACCCAAGA-C GCTGTAAGTTGGCCTCGCTCACATACAT----T-TCCCTATGATATGACGACCCAAGA-C GCTGTAAGTTGGCCTCGCACACATACAT----CCCTTGTCTCATATGACAGCCCAAGA-C GCTGTAAGTTGGCCTCGCTCACATAGAT----CCCTTGTCTCATATGACAACTCAGACTC GCTGTAAGTTGGCCTCGCTCAGATACAT----CCCTTGTCTCATATGACCACTCAGACTC GCTGTAAGTAG--CTAGCCGCCATTGCCTTTCCCTCCTTTTCCGACAGCATACTGACCAC ********* * ** * * * *
116 114 114 117 114 120 120 120 116 115 115 115 114 115 116 116 118
Abb. 9.4.2. Ausschnitt aus einem multiplen Alignment aus der „aln“-Ergebnisdatei von ClustalW. Nukleotide, die in allen Sequenzen gleich sind, werden mit einem Stern unter der Sequenz gekennzeichnet. Die eingegebenen Sequenzen waren Teile der gpd-Gene aus: SM, Sordaria macrospora; SFD, Sordaria fimicola DSM63038; SFF, Sordaria fimicola FGSC2981; SB, Sordaria brevicollis; SS, Sordaria sclerogenia; ND, Neurospora dodgei; NG, Neurospora galapagosensis; NA, Neurospora africana; NL, Neurospora lineolata; NP, Neurospora pannonica; NT, Neurospora terricola; NTE, Neurospora tetrasperma; NI, Neurospora intermedia; NS, Neurospora sitophila; NC, Neurospora crassa; NDIS, Neurospora discreta; PA, Podospora anserina (Pöggeler 1999)
9.4 Phylogenie-Analysen
373
der gpd-Gensequenzen verschiedener Ascomyceten-Arten der Gattungen Neurospora und Sordaria durchgeführt werden. Als outgroup dient dabei ein Teil der gpd-Sequenz des Ascomyceten Podospora anserina, der mit Neurospora und Sordaria weniger eng verwandt ist als die beiden Gattungen untereinander. ClustalW findet sich unter www.ebi.ac.uk/clustalw/index.html; TREEVIEW (Page 1996) kann auf jedem PC installiert werden und ist unter taxonomy.zoology.gla.ac.uk/rod/treeview/treeview.html frei verfügbar. PA SFF SM SFD SB SS NDIS NC NS NTE NI NP NT NL NA NG ND
0,1
Abb. 9.4.3. Graphische Darstellung der „dnd“-Ergebnisdatei aus ClustalW mittels TREEVIEW. Abkürzungen siehe Abb. 9.4.2. Die Länge der Äste des Baumes ist ein Maß für die Anzahl der Substitutionen pro Position, der Maßstabsbalken gibt 0,1 Substitutionen pro Nukleotidposition an
374
9 Bioinformatik
Aufgaben 1. Es soll ein multiples Alignments unter Verwendung des Programms ClustalW erstellt und das Ergebnis interpretiert werden. 2. Die „dnd“-Datei, die von ClustalW geliefert wird, soll gespeichert und der darin berechnete Stammbaum mit TREEVIEW grafisch dargestellt werden. Hierbei sollten verschiedene Anzeigemethoden gewählt und Stammbäume mit und ohne vordefinierte outgroup ausgewertet werden. Hierbei ist es besonders interessant, verschiedene (auch biologisch „falsche“) outgroups zu wählen und die Änderungen in der Baumstruktur zu beobachten. Welche Anzeigemethoden sind biologisch sinnvoll?
10 Grundtechniken der molekularen Genetik
Im Folgenden werden ausgewählte Grundtechniken der molekularen Genetik beschrieben, die in unterschiedlichen Kapiteln dieses Buches genutzt werden. Es handelt sich dabei um Standardmethoden, deren Anwendung im Labor alltäglich ist. Auch in anderen Praktikumsbüchern der Molekulargenetik findet man ähnliche methodische Grundlagen (s. Literatur).
10.1 Phenolisieren von DNA Ein Routineverfahren zur Reinigung von DNA ist die Phenolisierung. Dieses Verfahren wird angewendet, um Proteine (z. B. bei DNA-Aufarbeitungen, nach Enzymreaktionen usw.) aus einer DNA-Lösung zu entfernen. Es gibt mehrere Abwandlungen dieser Methode. So kann beispielsweise nach dem Phenolisieren Diethylether anstelle von Chloroform-Isoamylalkohol zur Extraktion von Phenolresten (stören bei weiteren Inkubationen) verwendet werden. Die Qualität des Phenols ist für den Erfolg der Phenolbehandlung entscheidend. Insbesondere muß das Phenol Tris-, bzw. TE-gesättigt sein (für RNAIsolierungen kann auch H2O-gesättigtes Phenol verwendet werden) und sollte nicht zu alt sein. Zu altes Phenol ist oxidiert (erkennbar an rötlicher Verfärbung) und führt zur Schädigung der DNA. Es bietet sich an, vor der Sättigung des Phenols 8-Hydroxyquinoline (eine Spatelspitze/L) als Oxidationsschutz zuzugeben.
!
Beim Umgang mit Phenol immer Handschuhe und Schutzbrille tragen. Phenol ist toxisch und kann zu ernsthaften Verätzungen führen. Wenn Phenol mit der Haut in Kontakt kommt, umgehend mit Dekontaminationslösung (Polyethylenglykol 400) abspülen.
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10 Grundtechniken der molekularen Genetik
Material • Tris/HCl- oder TE- (pH 8,0) gesättigtes Phenol • Chloroform-Isoamylalkohol (24:1) • Zentrifugenröhrchen oder Eppendorfgefäße
Methode 1. 2. 3. 4. 5.
DNA-Lösung mit H2O auf ca. 200 µL auffüllen. Zugabe von Phenol im Verhältnis 1:1. Intensiv mischen. Zentrifugation 5 min, 15 000 rpm, RT. Abnahme der oberen Phase (=DNA in wässriger Phase) und Überführen in ein neues Gefäß. 6. Zugabe von Phenol und Chloroform-Isoamylalkohol zu der DNA-Phase im Verhältnis 1:1:2. 7. Wiederholung der Schritte 3–5. 8. Zugabe von Chloroform-Isoamylalkohol im Verhältnis 1:1. 9. Wiederholung der Schritte 3–5. 10. Evtl. Chloroform-Isoamylalkohol-Extraktion. 11. Messen des verbliebenen Volumens (DNA-Phase). 12. Ethanolfällung der DNA (s. Kap. 10.2). 13. Pellet 10 min im Speed Vac trocknen. 14. Pellet in H2O oder TE-Puffer aufnehmen (entsprechend dem Volumen und der Konzentration der Ausgangslösung).
10.2 Fällungen von Nukleinsäuren Nukleinsäuren jeder Form (dsDNA, ssDNA, Oligonukleotide und RNA) können bei niedrigen Temperaturen in der Anwesenheit einwertiger Ionen und ausreichender Alkoholkonzentrationen gefällt werden. Normalerweise werden Fällungen mit Natrium-Acetat und Ethanol durchgeführt, Vor- und Nachteile weiterer Fällungsmethoden sind bei den verschiedenen Unterpunkten genannt. Material Aufgeführt sind die Materialien für alle Fällungsmethoden, die jeweils notwendigen Bestandteile sind der betreffenden Methode zu entnehmen.
10.2 Fällungen von Nukleinsäuren • • • • • • • • •
377
3 M Natrium-Acetat pH 7,0 100 % Ethanol 70 % Ethanol Isopropanol Ammonium-Acetat-Stammlösung: 7,5 M, pH 7,0 4 M LiCl 1 % CTAB (Cetyl-Trimethylammoniumbromid) pH 7,0 TE-Puffer (10 mM Tris/HCl, 1 mM EDTA pH 8,0) A. dest.
Methode A. Ethanolfällung 1. DNA-Lösung in H2O oder TE + 1/10 Vol 3 M Natrium-Acetat pH 7,0 + 2,5–3 Vol Ethanol. 2. 15 min bei –70 °C oder > 1 h bei –20 °C. 3. Zentrifugation 15 min, 10 000 rpm, 4 °C. 4. Überstand verwerfen. 5. Zugabe von 70 % Ethanol zum Pellet. 6. Zentrifugation 5 min, 10 000 rpm, 4 °C. 7. Pellet trocknen. 8. Pellet in geeignetem Volumen A. dest. oder TE-Puffer aufnehmen. B. Isopropanolfällung Je nach Versuchsbedingungen kann die DNA auch mit Isopropanol gefällt werden. Ein Vorteil hierbei ist das geringe Volumen und der geringe Kostenaufwand. Es muss jedoch beachtet werden, dass Zucker und NaCl mitgefällt werden. 1. Zugabe von nur 0,6–1 Vol Isopropanol zur DNA-Lösung. 2. Fällung: 30 min bei –20 °C. 3. Weitere Versuchsdurchführung s. Ethanolfällung. C. Zusatz von Salzen zur Nukleinsäurefällung • Vorteil: Triphosphate werden nicht mitgefällt, können also (zu 99 %) durch zwei aufeinander folgende Fällungen entfernt werden. • Nachteil: Ammonium inhibiert die T4-Polynukleotid-Kinase, bei nachfolgender Phosphorylierung sollte also besser mit Natrium-Acetat gefällt werden. • Die Ammonium-Acetat-Stammlösung (7,5 M, pH 7,0) wird bei der Fällung mit einer Endkonzentration von 2 M verwendet.
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10 Grundtechniken der molekularen Genetik
D. Selektive Fällung von RNA 1. Fällung der Nukleinsäuren mit Alkohol. 2. Pellet in kleinem Volumen H2O lösen. 3. 1 Vol 4 M LiCl zugeben (Endkonzentration 2 M). 4. Mindestens 2 h bei 4 °C fällen. 5. Weitere Versuchsdurchführung s. Ethanolfällung.
!
Zu beachten: Chloridionen inhibieren RNA-abhängige DNA-Polymerasen.
E. Entfernung von Polysacchariden 1. Nukleinsäurelösung in H2O oder TE + 1/14 Vol 3 M Natrium-Acetat pH 7,0 + 1/7 Vol 1 % CTAB (Cetyl-Trimethylammoniumbromid) pH 7,0 1 h bei 4 °C stehen lassen. 2. Zentrifugation 15 min, 4 °C. 3. Zweimal mit 70 % Ethanol waschen.
10.3 Extraktion von DNA aus Agarosegelen Zur Extraktion von DNA aus Agarosegelen gibt es verschiedene Methoden, die je nach anschließender Verwendung der DNA unterschiedlich gut geeignet sind. Die vorgestellte Phenolextraktion eignet sich zur Verwendung der isolierten DNA-Fragmente für Klonierungen, Sondenmarkierungen usw. Ein besonders einfaches Verfahren, z. B. für die Isolierung von DNA zur Sondenmarkierung, ist die freeze-and-squeeze-Methode. Sehr empfindliche Reaktionen können durch Phenol- oder Agarosereste gestört werden, so dass hierfür andere Elutionsmethoden (z. B. Agarosegel-Extraktionskits der Firma Qiagen oder Elektroelution) eingesetzt werden sollten. 10.3.1 Phenolextraktion aus Agarosegelen Material • Phenol (Tris/HCl-gesättigt, pH 8,0) • TE-Puffer (10 mM Tris/HCl, 1 mM EDTA pH 8,0) • Chloroform-Isoamylalkohol (24:1)
10.3 Extraktion von DNA aus Agarosegelen
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Methode 1. Agarosegel mit hydrolysierter, aufgetrennter DNA in EthidiumbromidLösung färben. 2. Auf UV-Transilluminator (Schutzschirm!) die gewünschten DNA-Banden mit einer Klinge markieren, dann ausschneiden (anschließend Kontrolle des Gels unter UV). 3. Agaroseblöckchen auf Parafilm oder sauberer Glasplatte mit Klinge zerkleinern; anschließend in Eppendorfgefäß überführen. 4. Phenol im Verhältnis 1:1 zugeben und ca. 1 min. vortexen. 5. 10 min bei –70 °C einfrieren, auftauen, 10 min auf höchster Stufe zentrifugieren (RT). 6. Überstand abnehmen (für bessere Ausbeute: Rückstand 1:1 mit TE mixen, einfrieren, zentrifugieren; Überstände vereinigen). 7. Chloroform-Isoamylalkohol im Verhältnis 1:1 zugeben, mixen, zentrifugieren (5 min, höchste Stufe, 4 °C). 8. Überstand in neues Eppendorfgefäß überführen, dabei Volumen abmessen. 9. Ethanol-Fällung der DNA (s. Kap. 10.2). 10. Trocknen des DNA-Pellets im Speed Vac (ca. 10 min). 11. DNA in etwa 10 µL H2O pro eluierter Bande aufnehmen; Ausbeute durch photometrische Messung oder Gelelektrophorese bestimmen (ca. 70–80 % der ursprünglichen Menge). 10.3.2 Freeze-and-squeeze-Methode Methode 1. Eluiertes Agaroseblöckchen (s. Kap. 10.3.1) in Parafilm eingepackt einfrieren (ca. 10 min bei –70 °C). 2. Zum Auftauen zwischen den Fingern quetschen, dabei gleichzeitig die austretende Flüssigkeit mit einer Pipette absaugen. 3. Zum Entfernen evtl. Agarosereste einmal zentrifugieren (5 min, 10 000 rpm), Überstand in frisches Eppendorfgefäß überführen. 4. Ethanol-Fällung der eluierten DNA zur Entfernung der Puffersalze, die Markierungsreaktionen stören (s. Kap. 10.2); Pellet trocknen, in H2O lösen, Ausbeute bestimmen (s.o.).
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10 Grundtechniken der molekularen Genetik
10.4 Restriktionsanalyse und Gelelektrophorese Bei der Restriktionsanalyse erfolgt eine sequenzspezifische Hydrolyse (Restriktion) der DNA in definierte Fragmente. In der Regel werden Endonukleasen des Typus II eingesetzt, die kommerziell bei verschiedenen Anbietern erhältlich sind. Die fragmentierte DNA wird anschließend gelelektrophoretisch aufgetrennt. Dabei wird als Matrix Agarose oder Polyacrylamid verwendet. Letzteres ist insbesondere für kleine DNA-Fragmente (< 1000 Basenpaare) geeignet, während die Agarose für die Auftrennung unterschiedlicher DNAFragmente (Tabelle 10.4.1) geeignet ist. Bei Agarose handelt es sich um ein lineares, langkettiges unverzweigtes Kohlenhydratpolymer, das aus verschiedenen Rotalgenarten gewonnen wird. Das Agarosegranulat wird nach dem Aufkochen in einer wässrigen Suspension als klare Lösung in entsprechende Gelformen gegossen. Nach dem Erkalten erhält man ein festes Gel, bei dem die DNA-Lösung in Taschen eingefüllt werden kann. Zur Herstellung der Taschen werden beim Gießen des Gels Kämme benutzt. Material • Restriktionsenzyme (1 U/µL; 5 U/µL; in Ausnahmen 10 U/µL) • Inkubationspuffer: vom Hersteller gelieferte Fertigpuffer (10 ×) • Stopperlösung (= Ladepuffer für DNA-Gele) 20 mM EDTA 0,25 % Bromphenolblau 60 % Saccharose • In Ausnahmefällen: Zugabe von RSA (10 mg/mL) für die Restriktion von Gesamt- oder Minipräp-DNA • Größenstandard: z. B. Lambda-DNA/HindIII (Fragmentgrößen: 23 130 bp, 9416 bp, 6682 bp, 4361 bp, 2322 bp, 2027 bp, 560 bp, 125 bp) Tabelle 10.4.1. Trennbereiche für lineare DNA-Fragmente in Agarosegelen Agarosekonzentration [%] 0,3 0,6 0,7 0,9 1,2 1,5
Fragmentlänge [kb] 5,0–60 1,0– 20 0,8– 10 0,5– 7 0,4– 6 0,2– 3
Zur Auftrennung sehr kleiner DNA-Fragmente, z. B. nach PCR-Experimenten, stehen Spezial-Agarosen zur Verfügung (z. B. NuSieve 3:1 der Firma Biozym Diagnostik)
10.4 Restriktionsanalyse und Gelelektrophorese • • • •
Horizontalgelelektrophorese-Apparatur Spannungsgeber (200 V, 200 mA) Gießform und Kamm zur Herstellung von Agarosegelen Ethidiumbromid-Lösung: 10 mg/mL (bei 4 °C und in Dunkelheit lagern)
!
Achtung: Ethidiumbromid ist toxisch.
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• Elektrophoresepuffer (Tris-Acetat oder Tris-Borat) Tris-Acetat (TAE), (10 ×): 200 mM Natrium-Acetat 400 mM Tris 40 mM EDTA pH 8,3 (mit Essigsäure einstellen) Tris-Borat (TBE), (10 ×) 1 M Tris 1 M Borsäure 20 mM EDTA; pH 8,3
Methode Faustregeln für das Ansetzen eines Restriktionsansatzes • Die einzusetzende DNA-Menge richtet sich nach der Zielsetzung. • Pro Mikrogramm zu hydrolysierender DNA sollte ca. eine Einheit (1 U) Enzym verwendet werden. • Das Gesamtvolumen des Restriktionsansatzes sollte ungefähr das 10fache der notwendigen Enzymmenge betragen. • Die korrekten Pufferbedingungen werden mit 10×−Puffer eingestellt (Hersteller liefert optimalen Puffer, also 1/10 des Gesamtvolumens); Aqua dest. zum „Auffüllen“ des Ansatzes verwenden. • Enzym als letzen Bestandteil zum Ansatz zugeben, Enzym-Stammlösungen immer auf Eis halten! • Inkubation in der Regel bei 37 °C, ca. 3–4 h. Durchführung der Gelelektrophorese 1. Nach der Restriktion den Ansatz mit 1/4 Vol Stopperlösung versetzen. 2. Entsprechend der zu trennenden Fragmentgrößen (s. Tabelle 10.4.1) und der Gelformgröße Agarosemenge abwiegen, in 1× TBE aufnehmen und in der Mikrowelle erhitzen. Anschließend Volumen überprüfen (TBE kann mit aufgekocht werden).
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10 Grundtechniken der molekularen Genetik
10× TAE-Puffer erst nach dem Aufkochen hinzufügen. Agarose in 90 % des Volumens A. dest. aufkochen (Volumen kontrollieren) und dann 1/10 des Volumens an 10× TAE zugeben. Gut mischen. 3. Gel erkalten lassen, in die Gelkammer legen, Laufpuffer in die Gelkammer geben (Puffer sollte Gel gerade bedecken) und beladen. 4. Laufzeit z. B. 16 h (über Nacht) bei 50 V. 5. Färben der DNA in Ethidiumbromid-Lösung (10 min), Handschuhe! Vor dem Abbilden das Gel wässern. Anmerkung: Bei der Hydrolyse von Minipräparations-DNA sollte 1 µL RNaseA (10 mg/mL) zum Restriktionsansatz zugegeben werden.
10.5 Southern Blot Beim Southern-Blotting handelt es sich um eine Technik, bei der DNA-Fragmente nach gelelektrophoretischer Auftrennung in Agarosegelen auf Filter transferiert und fixiert werden. Anschließend erfolgt eine Hybridisierung dieser filtergebundenen DNA mit entsprechend radioaktiv oder nicht-radioaktiv markierten Sonden (s. Kap. 10.6 und 10.7). Bei der aufgetrennten DNA kann es sich sowohl um hydrolysierte Plasmid-DNA oder auch um fragmentierte chromosomale DNA aus unterschiedlichen Zellen handeln. Material Die Lösungen 0,25 M HCl, Denaturierungspuffer und Neutralisierungspuffer sollten maximal 5 × benutzt werden. • 0,25 M HCl • Denaturierungspuffer 0,5 M NaOH 1,5 M NaCl pH 12–13 (überprüfen!) • Neutralisierungspuffer 2 M NaCl 1 M Tris/HCl pH 5,5 (überprüfen!) • 20 × SSPE 3,6 M NaCl 0,02 M EDTA 0,2 M Na-Phosphat (5,68 g/L NaH2PO4, 29,22 g/L Na 2HPO4)
10.6 Markierung von Nukleinsäuren • • • • • •
383
Nylonmembran oder Nitrocellulosefilter (z. B. Schleicher & Schuell) Whatmanpapier Kunststoffschalen Haushaltsfolie Papierhandtücher Southern-Stapel; bestehend aus einem ca. 4 cm hohem Papierstapel, größer als das Gel, getränkt mit 20× SSPE, inklusive 20× SSPE-Vorrat für den Kapillarblot
Methode A. 1. 2. 3.
Vorbehandlung des zu blottenden Gels Bei Übertragung großer DNA-Fragmente: 10–20 min in 0,25 M HCl. Inkubation für 30 min in Denaturierungspuffer. Inkubation für 30 min in Neutralisierungspuffer.
B. Aufbau des Southern Blot 4. Zwei Lagen Whatmanpapier (etwas größer als das Gel), mit 2× SSPE angefeuchtet, auf den Southern-Stapel legen. Gel blasenfrei auf das Whatmanpapier legen. Nylonmembran (in genauer Gelgröße zugeschnitten) in 2× SSPE anfeuchten und exakt auf das Gel legen. Ränder des Gels mit Haushaltsfolie abdecken (Achtung, Spuren nicht verdecken). Zwei Lagen Whatmanpapier, mit 2× SSPE angefeuchtet, auf Nylonmembran legen. Einen Stapel Papierhandtücher auf das Whatmanpapier legen und leicht beschweren. Dauer des DNA-Transfers: 3–4 h für Plasmid-DNA; über Nacht für Gesamt-DNA. 5. Taschen des Gels/Spurnummer mit wasserfestem Kugelschreiber auf der Membran markieren! 6. Evtl. Gel mit Ethidiumbromid anfärben und den vollständigen Transfer der DNA überprüfen. 7. DNA im UV-Stratalinker 1800 mit der Membran vernetzen. 8. Membran kurz in 2× SSPE schwenken (optional). 9. Trockene Membran in Plastiktüte bei 4 °C aufbewahren.
10.6 Markierung von Nukleinsäuren Sonden, die für Hybridisierungsexperimente eingesetzt werden, können radioaktiv markiert werden oder mit nicht-radioaktiven Liganden verknüpft werden, so dass die spätere Detektion des gewünschten Hybridisierungsproduktes möglich wird.
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10 Grundtechniken der molekularen Genetik
Bei der radioaktiven Markierung der Sonde kommen häufig mit 32P-markierte Nukleotide zum Einsatz. Das spezifische Hybridisierungsprodukt aus Sonde und Ziel-DNA lässt sich durch die Schwärzung eines Röntgenfilms lokalisieren.
!
Beim Umgang mit Radioaktivität sind geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen!
Die nicht-radioaktive Hybridisierung beruht auf einem immunologischen Nachweis, d. h. auf einer Antigen-Antikörper-Reaktion. Bei der Herstellung der nicht-radioaktiv markierten Sonden verwendet man kleine Moleküle (Haptene), die wie ein Antigen durch einen Antikörper gebunden werden können. Häufig verwendet wird das Digoxigenin-Hapten, ein natürlich vorkommendes Steroid aus dem Fingerhut. Der zur Detektion eingesetzte Digoxigenin-Antikörper (Anti-Digoxigenin Fab-Fragment) ist wiederum mit einem Enzym konjugiert, welches mit einem Chemilumineszenz-Farbstoff (CSPD) reagiert. Hierbei wird Licht emittiert. Mittels eines Röntgenfilms kann so genau die Stelle markiert werden, welche die DNA komplementär zur eingesetzten Sonde enthält. 10.6.1 Oligo-primed-labelling-Technik Bei dieser Methode wird die zu markierende DNA in einzelsträngiger Form (z. B. Hitze-denaturiert) als Matrize für das Klenow-Fragment der DNA-Polymerase eingesetzt. Die Reaktion wird in Gegenwart eines markierten Desoxynukleotids durchgeführt, so dass man einen markierten DNA-Strang erhält, der als DNA-Sonde eingesetzt werden kann. Die Polymerase benötigt für die Polymerisation Startermoleküle (Primer), weshalb ein für jede Matrize geeignetes Hexanukleotid-Gemisch verwendet wird: Es besteht aus chemisch synthetisierten Hexanukleotiden, wobei alle denkbaren Kombinationen der vier Desoxyribonukleotide enthalten sind. Material • • • •
Klenow-Polymerase p(dN) 6 -Hexanukleotidgemisch 10× Dig DNA labelling mix (dNTPs mit Digoxigenin-UTP) Material für Ethanolfällung
10.6 Markierung von Nukleinsäuren
385
Methode 1. Die DNA wird kurz vor dem Ansetzen der Markierungsreaktion denaturiert (10 min bei 95 °C, dann schnelles Abkühlen auf Eis). 2. Markierungsansatz pipettieren: 15 µL denaturierte DNA (10 ng–3 µg) 2 µL p(dN) 6 -Hexanukleotidgemisch 2 µL 10× Dig DNA labelling mix 1 µL Klenow-Polymerase kurz mischen und über Nacht bei 37 °C inkubieren. 3. Fällung der DNA durch Zugabe von 1/10 Vol 3 M Natrium-Acetat und 2 Vol Ethanol, 30 min bei –20 °C stehen lassen. 4. Zentrifugation für 15 min bei 12 000 rpm. 5. Waschen mit 70 % Ethanol. 6. Pellet trocknen und in 50 µL TE aufnehmen. 7. Vor dem Einsatz als Sonde muss noch einmal eine thermische Denaturierung durchgeführt werden. 10.6.2 5’-Markierung von Oligonukleotiden Die Bezeichnung der Enden eines DNA- oder RNA-Moleküls erfolgt entsprechend der Lage der bindungsfähigen Gruppe der terminalen Ribose bzw. Desoxyribose. Das 5’-Ende besteht häufig aus einer Phosphatgruppe, die mit der 5’-Hydroxygruppe des Zuckers verestert ist. Das 3’-Ende ist dagegen in der Regel eine freie Hydroxygruppe am C3-Atom des Zuckers. Das Enzym Polynukleotid-Kinase katalysiert die Übertragung der ƣ-Phosphatgruppe eines Adenosintriphosphates auf das 5’-Ende von DNA, RNA, Oligodesoxy- und Ribonukleotiden (sowie auf 3’-Mono- und Diphosphate). Man unterscheidet zwischen zwei Mechanismen, je nachdem, wie das 5’Ende des in die Reaktion gegebenen Substrats beschaffen ist: Markierung durch direkte Phosphorylierung bei freiem 5’-Ende (z. B. bei entschützten Oligonukleotiden) und die Austauschreaktion bei phosphoryliertem 5’-Ende. Am besten werden überstehende 5’-Enden phosphoryliert. Zur Durchführung s. Kap. 5.1.4.
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10 Grundtechniken der molekularen Genetik
10.7 DNA-DNA-Hybridisierung Die DNA-Hybridisierung gestattet auf einfache Weise, ein definiertes Sequenzmotiv, z. B. ein bestimmtes Gen oder ein Plasmid, in einem komplexen Gemisch von DNA-Molekülen aufzuspüren. Hierbei macht man sich zunutze, dass die Wasserstoffbrückenbindungen der DNA-Doppelhelix unter bestimmten Bedingungen (z. B. hohe Temperatur, alkalischer pH-Wert) aufgelöst werden können. Fügt man zu einem Gemisch einzelsträngiger Nukleinsäuren eine definierte Sequenz hinzu (Sonde), so bildet sie nur dann einen Doppelstrang aus, wenn eine zu ihr komplementäre Sequenz im Gemisch vorhanden ist. Diesen Vorgang nennt man Hybridisierung. In der Regel werden radioaktiv markierte einzelsträngige DNA- oder RNA-Sonden mit filtergebundenen, einzelsträngigen DNA-Molekülen hybridisiert. Alternativ zu den radioaktiv markierten Sonden können auch nicht-radioaktiv markierte Nukleinsäuren eingesetzt werden. Die Verwendung der nicht-radioaktiv markierten Sonden hat den Vorteil, dass im Gegensatz zu radioaktiven Methoden keine personenbezogenen Strahlenbelastungen auftreten. Außerdem werden aufwendige Labor-Sicherheitsmaßnahmen überflüssig. Im Folgenden wird die Vorgehensweise für eine nicht-radioaktive Hybridisierung beschrieben. Material • 20× SSC-Puffer 3 M NaCl 0,3 M Na-Citrat, pH 7,0 • Vorhybridisierungspuffer 5× SSC-Puffer 0,1 % N-Laurylsarcosinat 0,02 % SDS 0,5 % blocking reagent ca. 20 min bei 70 °C lösen • Hybridisierungsmix 5× SSC-Puffer 0,1 % N-Laurylsarcosinat 0,02 % SDS 0,5 % blocking reagent 50 % Formamid 200 ng Digoxigenin-markierte DNA (hitzedenaturiert) • Waschpuffer A 2× SSC-Puffer 0,1 % SDS
10.7 DNA-DNA-Hybridisierung
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• Waschpuffer B 0,2× SSC-Puffer 0,1 % SDS • Puffer 1 0,1 M Maleinsäure 0,15 M NaCl, pH 7,5 • Puffer 1 + 0,3 % Tween 20 • Puffer 2: 1 % blocking reagent in Puffer 1, 1 h vor Gebrauch frisch ansetzen, bei 70° C lösen • Puffer 3 0,1 M Tris-HCl, pH 9,5 0,1 M NaCl 0,05 M MgCl2 (wird aus einer 1 M Stammlösung zugegeben) • Anti-DIG-Lösung: 3 µL Anti-Digoxigenin-AP Fab-Fragment (Boehringer, Mannheim) in 30 mL Puffer 2 • CSPD-Lösung: 5 µL CSPD in 0,5 mL Puffer 3
Methode Die folgenden Angaben gelten für eine Nylon-Membran mit den Maßen 6,6 cm × 15 cm. Bei allen Inkubationen und Waschschritten werden die Membranen geschwenkt. 1. Inkubation in 20 mL Vorhybridisierungspuffer für 1 h bei 37 °C (eingeschweißt in Plastikfolie). 2. Ersetzen des Vorhybridisierungspuffers durch 4 mL Hybridisierungsmix, Inkubation 16 h (über Nacht) bei 37 °C (eingeschweißt in Plastikfolie). 3. Waschen der Membran: 2× 5 min bei Raumtemperatur in je 200 mL Waschpuffer A, 2× 15 min bei 65 °C in je 200 mL Waschpuffer B. 4. Äquilibrierung der Membran in 100 mL Puffer 1, 1 min bei Raumtemperatur. 5. Membran in eine saubere Schale legen. Inkubation der Membran in 200 mL Puffer 2 für 30 bis 60 min bei Raumtemperatur. 6. Membran in eine saubere Schale legen. Inkubation der Membran in 30 mL Anti-DIG-Lösung für 30 min bei Raumtemperatur. 7. Membran in eine saubere Schale legen. Waschen der Membran: 2× 15 min bei Raumtemperatur in je 200 mL Puffer 1 + 0,3 % Tween 20. 8. Inkubation der Membran in 200 mL Puffer 3 für 2 min bei Raumtemperatur. 9. Plastikfolie vorbereiten (grünen bzw. schwarzen Aufdruck mit Ethanol entfernen).
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10. Membran zwischen zwei Plastikfolien legen. Obere Plastikfolie hochklappen und 0,5 mL CPSD-Lösung in die Mitte des Filters pipettieren. Plastikfolie zurückklappen, mit dem Handrücken über die Folie streichen und dabei die CPSD-Lösung gleichmäßig verteilen. Folie zuschweißen und sorgfältig von außen mit A. dest. putzen und trocknen. Für 10 min bei 37 °C inkubieren. 11. Exposition des Röntgenfilms (Fuji X-Ray Film) für 5 bis 30 min (verschiedene Expositionszeiten). 12. Entwicklung und Auswertung des Röntgenfilms.
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Referenzen
zu Kap. 10 *Ausubel FM (ed) (1987–) Current protocols in molecular biology. Greene, Brooklyn/NY *Sambrook J, Russell DW (2001) Molecular cloning: a laboratory manual. Cold Spring Harbor Laboratory, Cold Spring Harbor/NY
Internetadressen Im Folgenden werden wichtige Internetadressen alphabetisch aufgeführt. Dazu gehören Hersteller und Bezugsquellen von Feinchemikalien, mikrobiologischen Materialien, Antikörpern und Reagenzien. Außerdem sind Stammsammlungen für den Bezug von Organismen, Plasmiden und Viren sowie Internetportale und Datenbanken für Nukleinsäure- und Proteinsequenzen aufgeführt. Hersteller und Bezugsquellen Amersham Buchler (www.amershamhealth.de) Radiochemikalien. Amersham Biosciences (www.amershambiosciences.com) Biochemikalien. BD Biosciences Clontech (www.bdbiosciences.com/clonetech/) Difco Nährbodenmedien. Bio-Rad (www.bio-rad.com) Elektrophoresegeräte, Spannungsgeber, Elektroporation. Biozym Diagnostik (www.biozym.com) Spezialagarosen, PCR Geräte. Calbiochem (www.merckbiosciences.co.uk/html/CBC/home.html) Hygromycin, Inhibitoren. Eppendorf (www.eppendorf.de) Probenaufbereitung, Molekularbiologische Systeme, Zentrifugen, PCR. Gilson (www.gilson.com) Mikroliterpipetten. Hybridoma Bank (www.uiowa.edu/~dshbwww/) monoklonale Antikörper gegen verschiedenste Proteine, unter anderem Drosophila melanogaster. Invitrogen (www.invitrogen.com) Produkte für DNA-Analysen, Proteinchemie, Klonierung, Sequenzierung, Transfektion. Osram Sylvania (www.sylvania.com) Wolfram- und Wolframcarbid-Pulver. Promega (www.promega.com) Produkte zur Untersuchung von Gen-, Protein- und zellulären Prozessen.
Internetadressen
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Qiagen (www.qiagen.com) Kits für DNA-, RNA- und Plasmid-Aufreinigung. Roche (www.roche-applied-science.com) Enzyme, Biochemikalien, funktionelle Genomic- und Proteomic-Analysen. Schleicher & Schuell (www.schleicher-schuell.de) Filtration, Blotting- und Transfermembranen. Serva (www.serva.de) Biochemikalien, Elektrophoresegeräte, Spannungsgeber. Sigma-Aldrich (www.sigmaaldrich.com) Biochemikalien, Feinchemikalien. Stratagene (www.stratagene.com) kompetente Zellen, Vektoren, Toxikologie und Zellbiologie.
Stammsammlungen ATCC (American Type Culture Collection) (www.atcc.org) Organisation befasst sich mit der Systematik, Charakterisierung, Konservierung und dem Vertrieb von Bakterien, Archaea, Pilzen, Plasmiden, verschiedenen Viren sowie diversen Zelllinien. Bloomington Drosophila Stock Center (flystocks.bio.indiana.edu) Stammsammlung zu verschiedenen D.-melanogaster-Mutanten. DSMZ (Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH) (www.dsmz.de) Organisation befasst sich mit der Systematik, Charakterisierung, Konservierung und dem Vertrieb von Bakterien, Archaea, Pilzen, Plasmiden, verschiedenen Viren sowie diversen Zelllinien. NCCB (Netherlands Culture Collection of Bacteria) (www.cbs.knaw.nl/NCCB/). Hier sind neben 4500 Wildtyp-Bakterienstämmen 5000 bakterielle Mutanten und 600 Phagen erhältlich. Es werden zudem über 450 Klonierungsvektoren angeboten. YGRRC (Yeast Genetic Research Resource Center) (www.lgcpromochem-atcc.com/ SearchCatalogs/YGRRC.cfm) 25 000 Hefestämme, 400 Hefevektoren, 2000 yeast artificial chromosomes (YACs) und 20 Genom- und cDNA-Banken.
Internetportale, Datenbanken und Programme Berkeley Drosophila Genome Project (www.fruitfly.org) Datenbanken zum Drosophila-Genom. Broad Institute (www.broad.mit.edu/annotation/fungi/neurospora/index.html) Serviceleistungen und Datenbanken zum Neurospora-crassa-Genom. Chlamydomonas Genome Portal (www.jgi.doe.gov/chlamy/) DNA-Sequenzdatenbank zum Clamydomonas-Genom-Projekt.
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Referenzen
ClamyEST (A Chlamydomonas EST Database) (www.biology.duke.edu/chlamy_ genome/blast/blast_form.html). Cloning Vector Collection (gillnet.lab.nig.ac.jp/cgi-bin/accvec_bro.pl) 386 E. coli Vektoren für unterschiedlichste Applikationen. EBI (European Bioinformatics Institute) (www.ebi.ac.uk/clustalw/index.html). Emboss (European Molecular Biology Open Software Suite) (mammoth.bii.a-star. edu.sg/emboss/index.html). EUROSCARF (European Saccharomyces cerevisiae Archive for Functional Analysis) (www.uni-frankfurt.de/fb15/mikro/euroscarf/index.html) Datenbank zu Hefedeletionsmutanten und Hefedeletionsplasmiden. ExPASy (Expert Protein Analysis System) Proteomics Server (us.expasy.org, us.expasy.org/ch2d/ch2d-top.html) Datenbank zur Auswertung von ProteomAnalysen. FlyBase (flybase.net) DNA-Sequenzdatenbank von Drosophila melanogaster. FlyMove (flymove.uni-muenster.de) Datenbank zur Embryogenese von Drosophila melanogaster. Fungal Genetics Stock Center (www.fgsc.net) Informationsseite, die sehr viele Datenbanken mit Sequenzen von Hyphenpilzen miteinander verknüpft. Darüber hinaus werden weitere wichtige genetische Daten zu Hyphenpilzen angeboten. Indigo (indigo.genetique.uvsq.fr) E.-coli- und B.-subtilis-Gen-Informationen zum codon usage, zu benachbarten Genen inklusive funktioneller Klassifikation, zu Stoffwechselwegen und Operons sowie Literatur und bibliografische Daten. Interactive Fly (sdb.bio.purdue.edu/fly/aimain/1aahome.htm) Datenbank zu Genfunktionen von Drosophila melanogaster. JCM (Japan Collection of Microorganisms) (www.jcm.riken.go.jp) bietet eine große Sammlung von Mikroorganismen; derzeit sind 4300 Bakterien-, 200 Archaeaund 2700 Pilz- bzw. Hefestämme erhältlich. LALIGN (www.ch.embnet.org/software/LALIGN_form.html) Sequenzvergleichsprogramm. MIPS Comprehensive Yeast Genome Database (CYGD) (mips.gsf.de/genre/ proj/yeast/index.jsp) Karten zum Hefegenom, Gen- und Proteinsequenzen, Hinweise zur Genfunktion und Literaturhinweise des Munich Information Center for Protein Sequences. NCBI-Datenbank GenBank (www.ncbi.nlm.nih.gov/BLAST/). Pedant (Protein Extraction, Description and Analysis Tool) (pedant.gsf.de), umfasst bislang 287 vollständige und unvollständige Genome von Eubakterien, Archaea und Eukaryoten und bietet Analysemöglichkeiten für Proteinsequenzen, Vorhersagen für Funktionen und Protein-Protein-Interaktionen. Plasmid Genome Database (www.genomics.ceh.ac.uk/plasmiddb/) biologische Daten und Sequenzen aller bakteriellen Plasmide.
Internetadressen
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DGRC (Drosophila Genomics Resource Center) (dgrc.cgb.indiana.edu) Bezugsquelle für cDNA-Sequenzen, Vektoren usw. SGD (Saccharomyces Genome Datenbank) (www.yeastgenome.org) Sequenzvergleiche sind möglich. SMD (Stanford Microarray Database) (genome-www5.stanford.edu) gibt einen Überblick über Transkriptom-Analysen. TAIR (The Arabidopsis Information Resource) (arabidopsis.org) Umfangreiche Informationsseite zu verschiedenen Datenbanken zum Arabidopsis-thalianaGenom. The Chlamydomonas Genetics center (www.biology.duke.edu/chlamy/) Verschiedene Datenbanken zur Genetik von Chlamydomonas; darüber hinaus werden weitere Hintergrundinformationen zur C.-reinhardtii-Genetik gegeben. The Neurospora Genome Project at the University of New Mexico (biology. unm.edu/biology/ngp/home.html) verschiedene Datenbanken zum NeurosporaGenomprojekt. TIGR-Institut (The Institute for Genomic Research) (www.tigr.org) Sammlung vollständig sequenzierter pro- und eukaryotischer Genome auf der CMRHauptseite (Comprehensive Microbial Resource, www.tigr.org/tigr-scripts/ CMR2/CMRHomePage.spl). University of Oklahoma Neurospora crassa cDNA Blast Server (www.genome. ou.edu/nc_both_blast.html) BLAST-Vergleiche im FASTA-Format gegen Neurospora-crassa-Sequenzen. VectorDB (seq.yeastgenome.org/vectordb/) Sequenzinformationen und Annotationen zu mehr als 2600 Vektoren für verschiedene Organismen. WDCM (World Database Collection for Microorganisms) (wdcm.nig.ac.jp) Umfassendes Netzwerk zwischen Stammsammlungen und Nutzern; mittels dieses Datenbank-Kompendiums können Informationen zur Verfügbarkeit unterschiedlicher Mikroorganismen weltweit erhalten werden. Yeast gfp fusion localization database (yeastgfp.ucsf.edu) Daten zu Fusionsproteinen, bei denen das gfp-Gen (green fluorescent protein) mit nahezu allen Genen des Hefegenoms fusioniert wurde.
Glossar
Alignment Putativ homologe Nuklein- bzw. Aminosäuresequenzen werden so untereinander angeordnet, dass gleiche oder ähnliche Nukleotide bzw. Aminosäuren untereinander stehen. Beim lokalen Alignment wird in den untersuchten Sequenzen nach Blöcken mit hoher Ähnlichkeit gesucht, und diese Blöcke werden dann getrennt dargestellt. Beim globalen Alignment wird die vollständige Suchsequenz im Vergleich mit ähnlichen Sequenzen dargestellt und im Fall von nicht-übereinstimmenden Bereichen werden Lücken gelassen. Alignments können mit zwei Sequenzen erfolgen oder mit mehreren Sequenzen (multiple Alignments). Allel Zustandsform eines Gens an einem bestimmten Genort. Allel-Klassifizierungen • amorph Kompletter Funktionsverlust eines Gens, loss of function. Der Phänotyp homozygoter Tiere ist identisch zu Tieren, die heterozygot für ein amorphes → Allel und die oDefizienz des Gens sind. • hypomorph Partieller Funktionsverlust eines Gens. Über einer oDefizienz wird der Phänotyp verstärkt. • hypermorph Verstärkte Funktion eines Gens. Über einer oDefizienz wird der Phänotyp abgeschwächt. • neomorph Gewinn einer neuen Funktion, gain of function, der Phänotyp prägt sich auch über einer oDuplikation des Gens aus. • antimorph Die Mutation wirkt entgegengesetzt zur normalen Funktion. Sie wirkt als dominant negativ. Über einer oDuplikation wird der Phänotyp abgeschwächt. Annotation von Nukleinsäuresequenzen Bei der Annotation wird versucht, bestimmten Sequenzabschnitten ihre mögliche biologische Bedeutung zuzuordnen. Dies beinhaltet z. B. die Ermittlung von transkribierten Sequenzen, proteinkodierenden Sequenzen und Exon-Intron-Grenzen.
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Glossar
Ascosporen Meiosporen, die bei vielen Ascomyceten schwarz und dickwandig sind und primär einen Kern enthalten. Ascus Meiosporangium, das im Verlaufe der sexuellen Vermehrung bei Ascomyceten nach Fusion zweier Kerne (Karyogamie) entsteht. Bei vielen Schlauchpilzen ist der Ascus ein schmaler Beutel, in dem die oAscosporen linear angeordnet sind und die Vorgänge im Verlaufe der Meiose widerspiegeln. Auxotrophie Eigenschaft von oStämmen (Mikroben), die nur auf Nährmedien wachsen, denen nicht synthetisierbare Substanzen zugesetzt wurden. Balancer Spezielle Chromosomen bei Drosophila zum stabilen Halten von oStämmen; Balancer stabilisieren nicht alle Bereiche des Chromosoms gleich gut. Basidie Meiosporangium von Basidiomyceten. Coenocyt Vielkerniges komplexes Cytoplasma bei Hyphenpilzen. Chromosomen-Mutationen Mutationen, die Bereiche eines oder mehrerer Chromosomen betreffen. Drosophila: Bei den in eckigen Klammern angegebenen Abkürzungen steht n für den betroffenen Chromosomenarm z. B. 3L: 3. Chromosom, linker Arm. • Defizienz (auch Deletion genannt) [Df(n)Name] Man kann interne und terminale Defizienzen unterscheiden. Durch die Kreuzung von sogenannten überlappenden Defizienzen kann man Gene auf dem Chromosom lokalisieren. Defizienz-Chromosomen haben erstmals eine Korrelation zwischen genetischen und physikalischen Chromosomenkarten erlaubt. • Duplikation [Dp(n)Name] Duplikationen entstehen nach dem reziproken Austausch von nicht-homologen Chromosomenabschnitten zwischen homologen Chromosomen. Als reziprokes Ereignis entsteht hierbei immer ein Defizienzchromosom. • Inversion [In(n)Name] Eine Inversion entsteht nach einer Schleifenbildung durch ein illegitimes intrachromosomales oCrossing-over. In diesem Bereich ist die Abfolge der Gene invertiert. Eine Inversion zeigt ein besonderes Verhalten in der Meiose: Während der Meiose paaren sich die homologen Chromosomen, um die Rekombination zu ermöglichen. Wenn ein Inversionschromosom mit einem Wildtyp-Chromosom eine Synapse eingeht, bildet sich eine Schleife aus.
Glossar
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Wenn es zu einer Rekombination in dem Bereich zwischen Rekombinationsschleife und Centromer kommt, wird nach der Anaphase 1 das Chromosom zerrissen. Inversionschromosomen eliminieren also Rekombinationsprodukte. Sie bilden daher die Grundlage für einen wichtigen weiteren Chromosomentyp: das oBalancer-Chromosom. Diese Spezialchromosomen, die bislang nur bei Drosophila etabliert wurden, erlauben die stabile Haltung von Mutationen. • Ring-Chromosom [R(n)Name] Entstehen durch illegitimes intrachromosomales oCrossing-over mit dem Centromer in der vorliegenden Schleife oder durch Verkleben der Enden des Chromosoms. Das Ring-X-Chromosom wird bei der Produktion von oGynandern eingesetzt. • Transposition [Tp(n;m)Name] Wenn ein Chromosomenabschnitt von einem Chromosom auf ein anderes transponiert, ohne dass es zu einem reziproken Austausch wie bei der oTranslokation kommt, sprechen wir von einer interchromosomalen Transposition. Sind die beteiligten Chromosomen homolog, entsteht eine oDuplikation. Transpositionen führen bei Segregation der Chromosomen — ähnlich wie bei der Translokation — zu oDefizienz und oDuplikation. Transpositionen können auch intrachromosomal stattfinden, es kommt dann zur Veränderung der Reihenfolge der Gene auf dem Chromosom. Die Reihenfolge n;m gibt die Transpositionsrichtung an. • Translokation [T(n;m)Name] Austausch von DNA durch illegitimes oCrossing-over zwischen nichthomologen Chromosomen. Teile eines Chromosoms sind mit einem anderen nicht-homologen Chromosom verbunden und werden mit diesem vererbt. Die beteiligten Chromosomenarme n und m, von denen das ausgetauschte Material stammt, werden in aufsteigender Reihenfolge gelistet. Bei Segregation in Genotypen mit normalen Chromosomen resultieren gleichzeitig Duplikationen und Defizienzen. Crossing-over Austausch von Chromatiden, der zytologisch als Chiasma erkennbar ist und zur Rekombination führt. Bei Eukaryoten durch Bruch und Wiedervereinigung erfolgter Stückaustausch zwischen gepaarten homologen Chromosomen, der in der Prophase der ersten meiotischen Teilung abläuft. Illegitimes Crossing-over bezeichnet den Prozess einer intrachromosomalen Rekombination, der je nach Orientierung der beteiligten Sequenzen zu verschiedenen oChromosomen-Mutationen führen kann. Zwischen zwei nicht-homologen Chromosomen führt das illegitime Crossing-over häufig zu oTranslokationen.
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Glossar
Defizienz oChromosomen-Mutationen Deletion oChromosomen-Mutationen DuplikationoChromosomen-Mutationen dominant Phänotyp zeigt sich in heterozygoten eukaryotischen Organismen. DTS-Allele Es gibt einige wenige dominant otemperatursensitive oLetalMutationen; sie führen zum Absterben des Trägers bei höherer Temperatur (unterschiedlich empfindliche Entwicklungsphasen). ektopische Integration Integration von transformierender (Fremd-)DNA an beliebiger Stelle im Rezipientengenom. Endosymbiontentheorie Die Endosymbiontentheorie besagt, dass die Organellen einer eukaryotischen Zelle phylogenetisch von ehemals freilebenden Prokaryoten abstammen. Epistasie beschreibt die Interaktion zwischen nicht-allelen Genen. Wenn der Phänotyp einer Doppelmutante dem Phänotyp einer der Einzelmutanten entspricht, ist diese Mutation epistatisch gegenüber der zweiten Mutation. EST (expressed sequence tag) ESTs sind ansequenzierte cDNA-Klone. E (expect)-Wert Der E-Wert ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, dass das erhaltene Ergebnis eines Sequenzvergleichs (z. B. mit BLAST) zufällig zustande kam. Je kleiner der E-Wert, desto signifikanter ist das Ergebnis. Der kleinste mögliche E-Wert ist 0. Der E-Wert hängt von der Länge der Übereinstimmung zwischen den Sequenzen, der Länge der Suchsequenz und der Zahl der Nukleotide oder Aminosäuren in der Datenbank ab. FLP/FRT-System Rekombinationssystem aus der Hefe. Die Flipase (FLP) ist ein Enzym, das an einer definierten Sequenz (FRT) angreift und Rekombination mit hoher Effizienz induziert. functional genomics Parallele Untersuchung der Expression vieler oder aller Gene eines Organismus.
Glossar
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Gynander Tiere, die sowohl männlich als auch weiblich determinierte Zellen aufweisen. Halo Durchscheinender Ring (Hof), der sich auf einer Agarplatte um eine Kolonie herum bildet, wenn beispielsweise Nährstoffe abgebaut werden, oder Zellen nicht wachsen. hcf (high chlorophyll fluorescence)-Phänotyp Photosynthetische Mutanten zeichnen sich durch einen hcf-Phänotyp aus, der durch einen gestörten photosynthetischen Elektronenfluss in der Thylakoidmembran hervorgerufen wird. Hefen Einzellig wachsende Pilze, die sich im Verlaufe der asexuellen Vermehrung durch Sprossung oder Spaltung vermehren. Heterokaryon Ein oMyzel, dass zwei oder mehrere genetisch verschiedene Kerne enthält. Heterothallismus Die sexuelle Fertilität wird durch Kreuzungstyploci (mating type loci) kontrolliert. Bei Neurospora crassa z. B. gibt es zwei oKreuzungstypen (A und a) und der Sexualzyklus kann nur nach Kreuzung von zwei Elternstämmen mit entgegengesetztem Kreuzungstyp-Locus vervollständigt werden. Homokaryon Ein oMyzel mit genetisch gleichen Kernen. Homologie Evolutionäre Verwandtschaft. Zwei homologe Gene oder Proteine haben sich aus einer gemeinsamen Vorläufersequenz entwickelt. Man unterscheidet dabei zwischen orthologen und paralogen Genen. Orthologe Gene wurden durch Artentstehung getrennt, paraloge Gene durch Genduplikation. Homoplasmie Zustand, bei dem alle Kopien des Genoms von Chloroplasten bzw. Mitochondrien genetisch identisch sind. Liegen genetisch verschiedene Genome innerhalb einer Zelle vor, so spricht man von Heteroplasmie. Homothallismus Homothallische Organismen sind zur Selbstung befähigt, d. h. der Sexualzyklus kann vervollständigt werden, ohne dass zwei Partner am Sexualprozess beteiligt sind. Hybrid Dysgenese Es gibt Drosophila-Stämme, die transponierende genetische Elemente tragen (P-Cytotyp). In der Regel wird in dem transponierenden
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Glossar
Element die Transposase kodiert, die für die Mobilität dieser Elemente verantwortlich ist. Die Transpositionsrate und die Zahl der Transposons einer Art sind genetisch streng reguliert. Kreuzt man einen Stamm, der Transposons trägt, mit einem Stamm, der keine Transposons trägt (M-Cytotyp), kommt es zur vermehrten Transposition. Die Nachkommenschaft weist eine erhöhte Mutationsrate auf. Hyphen Filamentös wachsende Zellen der Hyphenpilze, die von einander durch Septen getrennt sind. intraflagellarer Transport (IFT) IFT ist notwendig für die Assemblierung von Geißeln und besteht aus einer bidirektionellen Bewegung von ProteinKomplexen entlang des Geißel-Axonems. Interferenz Erscheinung, dass durch ein oCrossing-over ein weiteres unterdrückt (positive Interferenz) oder gefördert (negative Interferenz) wird. Die Folge ist eine Rekombinationshäufigkeit zwischen zwei Genen, die von dem zufälligen, theoretisch zu erwartenden Wert abweicht. Inversion oChromosomen-Mutationen Kernmatrix Proteinskelett des Kerns. Konidien Asexuelle Sporen, die idR. ein bis mehrere Kerne enthalten. Sie sind das Produkt von Mitosen und werden oft am Ende der Hyphenspitzen durch Abschnürung gebildet. Kopplungsgruppe Entspricht einem Chromosom. Die Gene dieses Chromosoms sind gekoppelt und nicht zufällig rekombinierbar. Durch oCrossing-over oder Rekombination kann eine Neukombination der oAllele eines Chromosoms erfolgen. Kreuzungstyp Bei vielen Organismen lassen sich die Gameten, obschon morphologisch nicht unterscheidbar, entsprechend ihrer physiologischen Reaktion (Fusionsfähigkeit) in zwei Gruppen einteilen, die man im Allgemeinen mit „+“ und „–“ bezeichnet. Eine sexuelle Reaktion findet nur in der Kombination + × – statt. Da den Gameten weibliche oder männliche Geschlechtsmerkmale fehlen, ist eine Zuordnung der beiden polar reagierenden Gruppen zu einem Geschlecht nicht möglich. Man verwendet zur Bezeichnung der Gruppen den Ausdruck „Kreuzungstyp“ (+Kreuzungstyp; –Kreuzungstyp).
Glossar
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letal Bezeichnet oAllele, die zum Absterben des Organismus vor Vollendung des Lebenszyklus führen. Bei Diplonten sind homozygote Individuen nicht lebensfähig. Bei Drosophila: Homozygote Individuen sterben vor dem Schlüpfen aus der Puppe. • embryonal-letal Bei Drosophila: Embryonen sterben vor dem Schlüpfen aus den Eiern. • larval-letal Bei Drosophila: Larven sterben vor der Verpuppung. Matrix Die Matrix legt fest, wie bestimmte Aminosäureaustausche bei Sequenzvergleichen, z. B. mit BLAST, bewertet werden. Bei homologen Sequenzen, die ja eine evolutive Verwandtschaft aufweisen, ist der Austausch von Aminosäuren nicht zufällig, sondern die Wahrscheinlichkeit für einen konservierten Austausch ist deutlich höher als ein nicht-konservierter Austausch. Umgekehrt kann man also etwas vereinfacht schließen, dass zwei Sequenzen mit vielen konservierten Austauschen enger verwandt sind als zwei Sequenzen mit vielen nicht-konservierten Austauschen. Es wurden verschiedene Matrizen entwikkelt, in denen jedem Aminosäurepaar ein bestimmter Zahlenwert zugeordnet wird, der in die Berechnung des sogenannten Score eingeht. Myzel Gesamtheit der Zellen von Hefen oder Hyphenpilzen. Partikelkanone Mit Hilfe einer Partikelkanone werden kleine, mit DNA beladene Wolfram-Partikel in Zellen geschossen. Diese biolistische Methode dient insbesondere der oTransformation von Organellen. PCR oPolymerasekettenreaktion permissive Bedingungen Umweltbedingungen, unter denen eine konditionale Mutante den Wildtyp-Phänotyp ausprägt. Pheromon In der Regel flüchtiger Lockstoff für Gameten. Polymerasekettenreaktion (PCR, polymerase chain reaction) Die Polymerasekettenreaktion ist ein in-vitro-Verfahren zur selektiven Anreicherung von definierten Nukleinsäurebereichen aus einem Nukleinsäuregemisch. Siehe auch oReverse-Transkription-PCR und oReal-Time-PCR. Postreduktion Trennung von Schwesterchromatidabschnitten schon während der ersten Reduktionsteilung, d. h. die beiden → Allele an einem hetero-
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zygoten Locus (Aa) trennen sich erst während der zweiten Reduktionsteilung. Beispiel: in einem oAscus mit vier oAscosporen wäre die Allelenverteilung alternierend A, a, A, a. Präreduktion Trennung der homologen Chromosomen und somit auch der beiden → Allele eines heterozygoten Locus (Aa) während der ersten Reduktionsteilung. In einem oAscus mit vier oAscosporen wäre die Allelenverteilung A, A, a, a. Promotor Funktionaler Abschnitt eines Gens, der die transkriptionelle Expression durch die RNA-Polymerase initiiert. 35S-Promotor: Promotor des pflanzenpathogenen Blumenkohl-Mosaik-Virus (CaMV, cauliflower mosaic virus), der von der pflanzlichen RNA-Polymerase II erkannt wird und zur Transkription einer viralen polycistronischen 35S-RNA in den infizierten Pflanzenzellen führt. Der 35S-Promotor enthält Bindungsstellen für verschiedene pflanzliche Transkriptionsfaktoren, so dass er in nahezu jedem Pflanzengewebe zu einer starken Expression der von ihm kontrollierten Gene führt. Mit der Klonierung des 35S-Promotors ergibt sich die Möglichkeit, Transgene in Pflanzen zur Überexpression zu bringen. Proteom Die Gesamtheit aller durch ein Genom kodierten Proteine. Prototrophie Eigenschaft von oStämmen (Mikroben), die auf Minimalmedien, ohne Zusatz von Aminosäuren oder Basen, wachsen können. Real-Time-PCR Bei der Real-Time-PCR handelt sich um eine Methode der quantitativen oPCR, bei der die Menge des entstehenden PCR-Produkts nach jedem PCR-Zyklus gemessen wird. Wird auch als RT-qPCR für RealTime-quantitative-PCR oder, in Verbindung mit einem reversen Transkriptions-Schritt, auch als reverse-Transkriptions-quantitative-PCR bezeichnet. Rekombination Neukombination von genetischem Material; man unterscheidet: • intrachromosomale Rekombination Allelaustausch zwischen homologen Chromosomen. Passiert während der Keimzellbildung bei Drosophila nur in Weibchen, nicht in Männchen. • interchromosomale Rekombination Neukombination von Chromosomen durch die zufällige Verteilung mütterlicher und väterlicher Chromosomen in der ersten meiotischen Teilung auf die Tochterzellen.
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• mitotische Rekombination Tritt als Sonderfall äußerst selten in der Mitose somatischer Zellen auf. Kann auch durch Bestrahlung mit Röntgenstrahlen oder durch das oFLP/FRT-System in höherer Frequenz induziert werden. Reverse-Transkription-PCR (RT-PCR) PCR-basierende Nachweismethode für RNA-Transkripte. rezessiv Phänotyp zeigt sich nur in homozygoten eukaryotischen Organismen. RT-PCR oReverse-Transkription-PCR Schaukelvektor (shuttle vector) Vektor, der in verschiedenen Wirtssystemen z. B. sowohl E. coli als auch in der Hefe S. cerevisiae, vermehrt werden kann. Der Vektor muss hierzu den charakteristischen Replikationsursprung jedes Wirtes und einen Selektionsmarker für jeden Wirt besitzen. Segregation Bildung von separaten Phänotypen, die den beiden → Allelen eines Gens entsprechen. Stamm Ein Stamm besteht aus genetisch einheitlichen Organismen einer Spezies, die, wahllos miteinander gekreuzt, nur Organismen mit dem Genotyp der Eltern ergeben. Oder einfacher: Die Nachkommen sehen aus wie ihre Eltern, der Genotyp ist stabil. temperatursensitiv Mutante, deren Phänotyp in Abhängigkeit von der Temperatur ausgeprägt wird. Unter permissiven Bedingungen entspricht das Aussehen dem Wildtyp, unter nicht-permissiven Bedingungen (Hitze bzw. Kälte) kommt es dagegen zum Funktionsausfall des Genproduktes. Tetrade Sie besteht aus vier haploiden Produkten der Meiose. Durch eine postmeiotische Mitose kann die Tetrade aus acht bzw. Vielfachen von vier Sporen bestehen. Grundsätzlich jedoch sind nur vier genetisch verschiedene haploide Genotypen zu unterscheiden. Tetradenanalyse Die Untersuchung aller vier im Verlauf der beiden meiotischen Teilungen aus einer diploiden Zelle entstehenden Meiose-Produkte auf ihre genetische Konstitution. Bei einigen Ascomyceten repräsentieren die oAscosporen eine geordnete oTetrade, die Schlussfolgerungen über die oPrä- bzw. oPostreduktion eines Allelenpaares erlaubt.
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Glossar
Transfer-DNA (T-DNA) DNA-Bereich des oTumor-induzierenden Plasmids von Agrobacterium tumefaciens, der bei der Infektion einer Pflanzenzelle in das Kerngenom der Pflanze stabil integriert wird. Die T-DNA wird von spezifischen Erkennungssequenzen flankiert, die als left border (LB) und right border (RB) bezeichnet werden. Transformation Übertragung von DNA in eine Zelle; man unterscheidet: • biolistische Transformation → Partikelkanone • stabile Transformation mit dem Ziel, transgene Organismen herzustellen, welche die neu erworbene Erbinformation in jeder Zelle enthalten und an ihre Nachkommen weitervererben. • transiente Transformation mit dem Ziel, die Erbinformation für einige Zeit in den transformierten Zellen zur Expression zu bringen. Transkriptom Die Gesamtheit der RNA-Transkripte eines Genoms. Translokation oChromosomen-Mutationen Tumor-induzierendes Plasmid (Ti-Plasmid) Autonom replizierte, ringförmige DNA von Agrobacterium tumefaciens, die alle für die Infektion einer Pflanzenzelle benötigten Informationen kodiert. Man unterscheidet die virRegion, welche die Virulenzgene enthält und die Infektion der Pflanzenzelle sowie die Übertragung und Integration der bakteriellen DNA in das Kerngenom der Pflanzenzelle steuert, und die oTransfer-DNA (T-DNA)-Region, welche die eigentlich übertragene DNA darstellt.
Abkürzungen und Symbole
Größenordnungen T G M k h c m µ n p
Tera (1012) Giga (109) Mega (106) Kilo (103) Hekto (102) Centi (10–2) Milli (10–3) Mikro (10–6) Nano (10–9) Piko (10–12)
Da
F g
Symbole B C A
Männchen virginelles Weibchen Weibchen
Abkürzungen A
Ampere (elektrische Stromstärke) A. dest. Aqua destilata (destilliertes Wasser) bp Basenpaare Bq Becquerel (Einheit der Radioaktivität; 1 Bq = 1 s –1, also ein Zerfallsereignis pro Sekunde) cps counts per second (Zählrate, also die Anzahl der gemessene Zerfallsereignisse pro Sekunde; die Zählrate ist abhängig vom Messgerät,
g h kb KE m M M Mb min mol
dem Abstand zur Probe, deren Form usw. und hat sich trotz der daraus resultierenden Ungenauigkeit im Laboralltag eingebürgert) Dalton (Synonym für die Atommasseeinheit; 1 Da = 1/12 der Masse eines 12CAtoms ≈ 1,66054 ⋅ 10 –27 kg) Farad (elektrische Kapazität; 1 F = 1 A s /V) Erdbeschleunigung (g ≈ 9,81 m s–2) Gramm Stunde Kilobasenpaare (1 kb = 103 bp) Karteneinheit (1 KE = 1 m. u. = 1 cM) Meter mol/L (Molarität) Morgan-Einheit (1 cM = 1 m. u. = 1 KE) Megabasenpaare (1 Mb = 103 kb = 106 bp) Minute Stoffmenge (Teilchenzahl) eines Systems, die aus ebenso vielen Elementarteilchen besteht, wie Atome in 12 g des 12C-Nuklids enthalten sind; die Art der Elementarteilchen (Atome,
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m. u. nt L ODƫ
ƙ p. a. rpm RT s U V V/m v/v Vol w/v
Abkürzungen Moleküle, Ionen, Elektronen, Photonen usw.) muss jeweils angegeben werden map unit (Karteneinheit; 1 m. u. = 1 KE = 1 cM) (Anzahl) Nukleotide Liter (1 L = 10 –3 m3) optische Dichte bei einer Wellenlänge von ƫ nm (OD = –log10ƴ mit dem Transmissionsgrad ƴ, dem Verhältnis von durchgelassener zu einfallender Strahlungsleistung) elektrischer Widerstand (1 ƙ = 1 V/A) pro analysi (lat. „für analytische Zwecke“) revolutions per minute (Umdrehungen/min) Raumtemperatur Sekunde units (Enzymeinheiten) Volt (elektrische Spannung; 1 V = m2kg s–3A–1) elektrische Feldstärke (100 000 V/m = 1 kV/cm) volume per volume (Volumen pro Volumen) Volumen weight per volume (Gewicht pro Volumen)
Sachverzeichnis
Halbfette Seitenzahlen kennzeichnen Kapitel- und Glossarverweise, kursive Seitenzahlen verweisen auf Abbildungen und Tabellen.
Symbole 2µm-Plasmid 39 3-Aminotriazol (3-AT) 269, 270 35S-Promotor 205, 408 5-Fluororotsäure (FOA) 161, 180 5’-Markierung von Oligonukleotiden 385
A Abdominalsegment 82 Drosophila-Larve 85 Aberration, chromosomale 126 Ablagegefäß 134 accession number 358 Acker-Schmalwand. Siehe Arabidopsis thaliana Acremonium chrysogenum 272, 274, 281, 300, 302 Aequorea victoria 43, 134, 195, 325 Affinitätschromatografie 296 Agrobacterium tumefaciens 14, 73, 203 Aktivatorstamm. Siehe Treiberstamm Alignment 352, 401 globales 353, 401 lokales 353, 401 multiples 368, 401 Signifikanz 355 Alkohol-Dehydrogenase 312 Allel 124, 401 amorphes 125, 401
antimorphes 126, 401 dominantes 32 DTS- 404 gain-of-function. Siehe GOFGOF- 125 hypermorphes 401 hypomorphes 401 Klassifizierung 401 lacIq- 299 LOF- 125 loss of function. Siehe LOFneomorph 401 Wildtyp- 32 ơ-Aminoadipat 161 Aminosäure Austausch 357 konservierte 357 Ampicillin 143 Analyse, klonale 136 Annealing 221 Annotation 361, 401 Antikörper 2. (Anti-Antikörper) 342 -färbung 342 spezifischer 309 Apolysis 78 Arabidopsis thaliana 66, 208 Anzucht 70 Blüte 118 DNA-Transformation 203
414
Sachverzeichnis
Arabidopsis thaliana (Fortsetzung) Eigenschaften 70 Genom 71, 350 Genomsteckbrief 66 Habitus 69 Insertionsmutagenese 73 Isolierung von genomischer DNA 210 Kartierung mit CAPS-Markern 119 Kreuzung genetische 116 Methode 117 Lebenszyklus 68 Nachweis der Ƣ-Glucuronidase-Aktivität 332 Nomenklatur 72 Rekombinationshäufigkeit 123 Stammsammlung 71 Systematik 66 Transformationsmethoden 205 ARS (autonomously replicating sequence) 39 ARS-Element 162 Ascospore 402 Neurospora crassa 103 Saccharomyces cerevisiae 97 Sordaria macrospora 103 Ascus 28, 402 Entwicklung 102 Neurospora crassa 102 Parentaltyp 95 postmeiotisch reduziert 104 prämeiotisch reduziert 104 Rekombinationstyp 95 -rosette 104 Saccharomyces cerevisiae 95 Sordaria macrospora 102 Tetratyp 95 -typ Neurospora crassa 103 Sordaria macrospora 103 unreif 104 Aspergillus awamori 327 Aspergillus nidulans 177, 185, 328
Augen-Antennen-Imaginalscheibe 82, 83 Autolysin 193 autonomously replicating sequence (ARS) 39 Auxotrophie 402
B BAC. Siehe bacterial artificial chromosome Bacillus halodurans 22 Bacillus megaterium 22 Bacillus subtilis 17 DNA-Transformation 142 Element, repetitives 22 Genomsteckbrief 18 Gesamtgenomsequenz 22 Isolierung von chromosomaler DNA 157 von Plasmid-DNA 157 Kompetenz, natürliche 21, 148 Lebenszyklus 19 Mutante 20 Pathogene 19 Plasmid 18, 23 Selektionsmarker 143 Sporulation 20 Systematik 17 Transformant, Charakterisierung 144 Transformation DNA-vermittelte 21 Elektroporation 151 Methoden 142 Transkriptionsfaktor ƳA 19 Wirtsstamm 143 Bäckerhefe. Siehe Saccharomyces cerevisiae bacterial artificial chromosome (BAC) 15, 63 bait („Köder“) 266, 268 Herstellung 283 Bakterium, Zellwandaufbau 2
Sachverzeichnis Balancer 127, 128, 402 FM (First Multiple)- 127 -Marker, dominanter 128 SM (Second Multiple)- 127 TM (Third Multiple)- 127 Basensubstitution 11 Basidie 402 Bedingung, permissive 407 Befruchtungsmodus, autogamer 48 Bestäubung 118 Ƣ-Galactosidase 273, 274, 296, 324, 338 Nachweis der Expression durch Antikörperfärbung 342 im Drosophila-Embryo 339 in Imaginalscheiben von Drosophila 341 Ƣ-Glucuronidase (GUS) 205, 324 Nachweis der Aktivität in Arabidopsis thaliana 332 Ƣ-Lactamantibiotikum. Siehe Cephalosporin C Ƣ-Lactambiosynthesegen (pcbC) 281 Betäubungsplatte 132 Betäubungsstation 133 Bindungsanalyse 280 Bioinformatik 349 BLAST (Basic local sequence alignment tool)-Algorithmus 352, 353, 354, 355, 366, 367 Parameter 356 BLASTN 362. Siehe auch BLAST Blastoderm 80, 81, 264 BLASTX. Siehe BLAST Blau-Weiß-Selektion 144, 324 Blumenkohl-Mosaik-Virus (CaMV) 206 Blüte 118 Blütentransformation 205, 206, 208 Bodenbakterium. Siehe Bacillus subtilis bootstrap 369 Borste 82 Bradford, Proteinbestimmung nach 305
415
C Caenorhabditis elegans, Genom 350 Calciumchlorid-Methode 145 Calmodulin-Bindeprotein (CBP) 297 CaMV. Siehe Blumenkohl-MosaikVirus CaMV35S-Promotor 205 CAPS-Marker 117, 119 -Analyse 120 cauliflower mosaic virus (CaMV). Siehe Blumenkohl-Mosaik-Virus CBP. Siehe Calmodulin-Bindeprotein cDNA -Bank 268 Synthese 241 CEN. Siehe Centromerregion Centimorgan. Siehe Karteneinheit Centromer 95 -region (CEN) 162 Cephalosporin C 272, 302 CFP (cyan fluorescent protein, cyan fluoreszierendes Protein) 326, 327 Chemiluminogramm 311 Chlamydomonas reinhardtii 55 DNA-Transformation 193 Genom 350 Genomsteckbrief 55 Gesamtgenomsequenz 63 hcf-Phänotyp 61 Isolierung von Gesamt-DNA 201 Kerngenom 63 Kerntransformation 198 Kreuzung, genetische 111 Kreuzungstyp 57, 58, 60 Lebenszyklus 57, 58 Linien, vegetative diploide 58 Markergene für die Chloroplastentransformation 196 Mutante 59 Flagellen- 61 mbd1 113 Photosynthese- 60 Organellengenome 59, 64 psaA-Gen 248
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Sachverzeichnis
Chlamydomonas reinhardtii (Fortsetzung) Reportergene für die Chloroplastentransformation 196 RNA-Prozessierung 248 Selektionsmarker 195 Systematik 55 Tetradenanalyse 59, 112, 113 Tetradentyp 111 Transformant, Charakterisierung 197 Transformation DNA-vermittelte 62 Methoden 193 Wirtsstamm 195 Chloramphenicol 143 Chloroplastentransformation 112 Chlamydomonas reinhardtii 199 Chromosomen-Mutation 127, 402 cI857-Repressor 295 ClustalW 368, 370, 373 CO2 132 Coenocyt 402 complexity filter 357, 367 conserved domain search 367 Contig (contigous sequence) 360 Coomassie-Blau 307, 310, 311 Cosegregation 123 Cosmid 10 CPRG 274 Crossing-over 97, 102, 103, 165, 403 Doppel- 96, 166 Einzel- 166 illegitimes 126, 403 Cucumis melo, mitochondriales Genom 350
D Darmbakterium. Siehe Escherichia coli Datenbank 349 dbEST 359 EMBL 349 EST- 358 Gesamtgenom 358, 361
NCBI (GenBank) 349, 356, 358 nr (non redundant)- 356 Datenbanksuche, Parameter. Siehe BLAST, Parameter DEAE-Membran 280 Defizienz 125, 127, 402 Deletion 368, 402 Dicer 52 Digitalis 260 Digoxigenin 260, 284 Diplont 32 Discosoma spec. 327 DNA -Extraktion aus Agarosegel 378 Freeze-and-squeeze-Methode 379 mit Phenol 378 -Fällung. Siehe Fällung von Nukleinsäuren -Isolierung aus Drosophila 218 aus Pflanzengewebe 211 Reinheit und Konzentration 155 Phenolisieren 375 -Polymerase, thermoresistente 221 -Polymorphismus 119 -Ring 236 -Transformation 141 Arabidopsis thaliana 203 Bacillus subtilis 142 Chlamydomonas reinhardtii 193 Drosophila melanogaster 215 Escherichia coli 142 Saccharomyces cerevisiae 158 Sordaria macrospora 176 DNA-DNA-Hybridisierung 386 DNase 241 dominant 124, 404 Dorsalschluss 81 Dot-Blot 144 Drosophila-Genetik Arbeitsplatz 133 Grundbegriffe 124
Sachverzeichnis Drosophila melanogaster 75 Abdominalsegment der Adulten 82 der Larve 85 Alter 78 Augen-Antennen-Imaginalscheibe 82, 83 Blastoderm 80, 81, 264 Borste 82, 84 DNA-Transformation 215 Dorsalschluss 81 Embryonalentwicklung 79, 81 Enhancer-trap-Insertion 337 Exoskelett 82 Flügel 84 Funktionsanalyse von Genen 344 Furche, morphogenetische 82, 83 Gastrulation 80, 81 Gen Gap- 80 maternales 80 Paarregel- 80 zygotisches 80 Generationszeit 124 Generationszyklus 78 Genom 350 Genomsteckbrief 76 Geschlechtskamm 82, 131 Geschlechtsmerkmale 82 Geschlechtsorgane 82 Haltere 84 Häutung 80 Histoblast 81 Imaginalscheibe 81 Entwicklung 83 in-situ-Hybridisierung 84, 260 Keimbahntransformation 84, 216 Keimstreif 80 -Verkürzung 80, 81 -Verlängerung 80, 81 Komplexauge 82, 83 Kopfeinstülpung 81 Kreuzung, genetische 124, 132 Kutikula-Muster der Larve 85
417
Larvalentwicklung 80 Larve 85 Larvenstadium drittes 78, 80 erstes 78 zweites 78 Lebenszyklus 78, 79 M-Zytotyp 215 Makrochaetee 83, 84 Mesoderm 80, 264 Metamorphose 78 Mikrochaetee 83, 84 Morphologie der adulten Fliegen 132 Notum 83 Ommatidium 82, 83 P-Element 215 P-Zytotyp 215 Peripodialmembran 81, 83 Photorezeptorzelle 83 Puppenstadium 78 Scutellum 83 Scutum 83 Segmentierungsgen 80 Segmentpolaritätsgen 80 Stammsammlung 16 Standardmedium 128 Systematik 75 Thorakalsegment der Larve 85 Thorax 84 Unterscheidung der Geschlechter 82, 131 Zähnchenband 84, 85 Zentralnervensystem (ZNS)-Mittellinie 264 Zuchtgefäß 129 DsRed-Express (verbessertes DsRed) 327 DsRed (Discosoma red fluorescent protein) 327 Duplikation 125, 127, 402
E Ecdyson 80
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Sachverzeichnis
Effektorstamm 345, 346 EGFP (enhanced green fluorescent protein, verbessertes grün fluoreszierendes Protein) 327, 328 Einfaktorkreuzung 104 mit Farbspormutanten 105 ektopisch 189, 229 Elektroporation 151, 159 Element, repetitives Bacillus subtilis 22 Escherichia coli 13 EMBOSS (European Molecular Biology Open Software Suite) 364 Embryonalentwicklung von Drosophila melanogaster 79 Endospore 17 Endosymbiontentheorie 404 enhanced green fluorescent protein (egfp) 185 Enhancer-trap -Experiment 338 -Insertion 337 Enterococcus faecalis 23 Entwicklung, apandrische 48 Enzym 27 Epistasie 32, 404 Epitop 342 Escherichia coli 1, 292, 297, 324 B 298 DNA-Transformation 142 Charakterisierung 144 Element, repetitives 13 Expression, Strategien zur Optimierung 292 Expressionsplasmid 301 Fusionsprotein 292, 296 Genexpression, heterologe 292 Genom 350 Genomsteckbrief 3 Gesamtgenomsequenz 12 Isolierung von Plasmid-DNA 157 K12 298 Konjugation 4, 91, 92 Kreuzung, genetische 90
Lebenszyklus 6, 7 Mutagenese 11 Mutante 10 Nomenklatur 10 Pathogene 5 Plasmid 14 Reparaturmechanismen 11 Selektionsmarker 143 Stammsammlung 16 Systematik 3 Transformation Calciumchlorid-Methode 145 DNA-vermittelte 12 Methoden 142 Transkriptionsfaktor Ƴ70 19 Verdopplungszeit 6 Wachstumskurve 7 Wirtsstamm 143, 298 EST. Siehe expressed sequence tag Ethylenglykol 159 Evolutionsmodell 368 Exoskelett 82 expect-Wert. Siehe E-Wert expressed sequence tag (EST) 64, 358, 404 Gesamtgenomannotation 361 Expression ektopische durch das binäre GAL4-System 345 durch induzierbaren Promotor 344 in Drosophila 344 eines Transgens 347 in Escherichia coli, Strategien zur Optimierung 292 Regulation 313 in Saccharomyces cerevisiae, Strategien zur Optimierung 312 Überexpression eines Transgens 347 Expressionsbank 268 Expressionsplasmid 292 Escherichia coli 301 pCal-n 300 Expressionssystem 291
Sachverzeichnis Expressionsvektor 312 pCal-n 300 E (expect)-Wert 355, 356, 404
F F+-Zellen 90 F-Faktor. Siehe fertility-Faktor F’-Zellen 90 Fällung von Nukleinsäuren 376 mit Ethanol 377 mit Isopropanol 377 mit Salzen 377 selektive F. von RNA 378 Farbspormutante 105 FASTA 352 Format 356, 370 Fermentation 27 fertility (F)-Faktor 90 Filter. Siehe complexity filter first division segregation. Siehe Präreduktion Fliegengrab 133 Fliegenzucht 128 Flipase (FLP) 138. Siehe auch 2µmPlasmid Floral-dip-Methode. Siehe Blütentransformation FLP. Siehe Flipase FLP/FRT-System 138, 404 Flügel 84 Fluoreszenz 328. Siehe auch Protein, fluoreszierendes -Mikroskop 330, 331 FM (First Multiple)-Balancer 127 FOA. Siehe 5-Fluororotsäure Footprint. Siehe Footprinting-Analyse Footprinting-Analyse 276 Fremd-DNA, Integration 229 FRT. Siehe FLP/FRT-System functional genomics 349, 351, 404 Furche, morphogenetische 82, 83 Fusionsprotein Escherichia coli 292, 296 Saccharomyces cerevisiae 314
419
G gain of function. Siehe GOF GAL4-System 345 Gastrulation 80, 81 Gefriermethode 159 Gelelektrophorese von DNA 380, 381 von Proteinen 306. Siehe auch Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) von RNA 254 Gelretentionsanalyse 277, 278, 279, 284, 286. Siehe auch Shift- und Supershift-Western-Blot-Analyse Gen ADH1- 312 Ƣ-Lactambiosynthese- 281 ble- 179 DsRed- 327 DsRed-Express- 327 -duplikation 351 egfp- 185 Expression in Hyphenpilzen 327, 328 eyeless- 348 -familie 352 Gap- 80 gfp- 43, 327 gpd- 358, 359, 361, 371, 372 gusA- 324 lacI- 294, 299 lacIq- 302 lacZ- 324, 338 maternales 80 netrinA- 264 Paarregel- 80 pcbC- 281 PGK1- 313 psaA- 248 PYK1- 313 rosy+- 339 RTL (reverse transcriptase like)- 318 Segmentierungs- 80 Segmentpolaritäts- 80
420
Sachverzeichnis
Gen (Fortsetzung) springendes 13 white+- 339 zygotisches 80 Gen-Centromer-Abstand 105 Genbank 10 Gene orthologe 351, 352 paraloge 351, 352 Generationszeit 124 Genetik chromosomale Aberrationen als Hilfsmittel 126 Grundbegriffe 124 molekulare G., Grundtechniken 375 Genexpression, heterologe 291 Escherichia coli 292 Saccharomyces cerevisiae 311, 317 gene gun. Siehe Partikelkanone Genkartierung 31 Genom -größen verschiedener Organismen 350 mitochondriales G. von Saccharomyces cerevisiae 39 -sequenz 350 -verteidigung 52 Genomsteckbrief Arabidopsis thaliana 66 Bacillus subtilis 18 Chlamydomonas reinhardtii 55 Drosophila melanogaster 76 Escherichia coli 3 Neurospora crassa 44 Saccharomyces cerevisiae 26 Genotyp 124 Gesamtgenomsequenz Bacillus subtilis 22 Chlamydomonas reinhardtii 63 Escherichia coli 12 Neurospora crassa 51, 360 Saccharomyces cerevisiae 37 Geschlechtskamm 82 Geschlechtsmerkmale 82
Geschlechtsorgane 82 GFP (green fluorescent protein, grün fluoreszierendes Protein) 134, 325, 326, 327, 348 -Fluoreszenz 329 Nachweis in Sordaria macrospora 328 Glutathion-S-Transferase (GST) 296 GOF (gain of function)-Allel 125 Gram -färbung 1 -Schnelltest 155 Gruppe-II-Intron 249 GST. Siehe Glutathion-S-Transferase GUS. Siehe auch Ƣ-Glucuronidase -Test histochemischer 333 photometrischer 335 Gynander 405
H Haemophilus influenzae, Genom 350 Hakenzelle 102 Halo 405 Haltere 84 Haplont 32 Hapten 284 Häutung 80 hcf. Siehe auch high-chlorophyll-fluorescence -Phänotyp 61 Hefe 405. Siehe auch Saccharomyces cerevisiae -chromosom, künstliches. Siehe YAC HYBRID-Analyse 266, 273 HYBRID-System 265, 267. Siehe auch ONE-, TWO- und THREE-HYBRID-System Proteinextrakt-Herstellung 280 -transformante, Selektion auf HistidinPrototrophie 273 -vektor 161, 162, 163, 164. Siehe auch yeast plasmid, yeast artificial chromosome
Sachverzeichnis Heterokaryon 405 heterokaryotisch 177 heterolog 291 Heteroplasmie 198, 405 Heterothallismus 405 heterozygot 124 Heubacillus. Siehe Bacillus subtilis Hfr-Zellen 90 high-chlorophyll-fluorescence (hcf)-Phänotyp 61, 405 high frequency of recombination. Siehe Hfr-Zellen Histoblast 81 Homokaryon 405 Homologie 351, 405 Homoplasmie 405 homoplasmisch 195 Homothallismus 405 homozygot 124 Homo sapiens, Genom 350 hph-(Resistenz-)Gen. Siehe Hygromycin-B-Resistenzgen HRP. Siehe Meerrettich-Peroxidase Humerus-Borste 84 Hybridisierung 258 DNA-DNA- 386 in-situ- 260 Hybridomabank 342 Hybrid Dysgenese 405 Hygromycin B 178 -Resistenzgen 108, 178 Hyphen 406 Hyphenpilz 176, 272
I IFT. Siehe Transport, intraflagellarer Imaginalscheibe 81 Augen-Antennen- 82, 83 Entwicklung 83 Epithel 83 in-silico-Analyse 284 in-situ-Hybridisierung von Drosophila melanogaster 84 inclusion body 291, 296
421
Indigofarbstoff 324, 325 ingroup 368 Insertion 368 Insertionselement. Siehe IS-Element Insertionsinaktivierung 146 Integration ektopische 185, 404 homologe I. eines Vektors in das Chloroplasten-Genom von Chlamydomonas reinhardtii 197 Muster 166, 183, 184 der T-DNA-Region bei Pflanzen 203, 204 der Vektor-DNA bei Hefe 164, 165, 166 der Vektor-DNA bei Hyphenpilzen 182–185, 182, 184, 229 Interferenz 276, 406 intergenic spacer region (ISR) 22 Intron-Konsensus-Sequenz 363 Inversion 127, 402 inverted-repeat-Sequenz 215 IPTG. Siehe Isopropylthiogalactosid Isolierung von chromosomaler DNA aus Bacillus subtilis 157 von Gesamt-DNA aus Arabidopsis thaliana 210 aus Chlamydomonas reinhardtii 201 aus Drosophila melanogaster 218 aus Hyphenpilzen 188 aus Saccharomyces cerevisiae 172 von Plasmid-DNA aus Bacillus subtilis 155 aus Escherichia coli 153 von RNA 250 aus Algen 251 Isopropylthiogalactosid (IPTG) 294 ISR. Siehe intergenic spacer region IS (Insertions)-Element 13, 22, 90
J Juvenilhormon 80
422
Sachverzeichnis
K Kameldung 18 Kanamycin 143 -Resistenz 302 Kartenabstand bei Saccharomyces cerevisiae 96 Karteneinheit 105 Kartierung mit CAPS-Markern 119 einer Mutante 116 Kartoffelacker 56 Karyogamie 102 Keimbahntransformation 84, 216 Keimstreif 80, 264 -Verkürzung 80, 81 -Verlängerung 80, 81 Kernmatrix 406 Kerntransformation 198 Klasse-I-Transposon 13 Klasse-II-Transposon 13 Klonierung 240 Klonierungsvektor 15, 143 Knock-out-Stamm 108 Knospung 28 Kompetenz 12 natürliche 17, 21, 148 Kompetitionsanalyse 278, 279 Komplementationsanalyse 135 Komplexauge 82 Konidie 406 Konjugation 4, 90 Escherichia coli 91, 92 Konsensussequenz 294 Kopfeinstülpung 81 Kopplung 95 Kopplungsanalyse 108 Kopplungsgrad 119 Kopplungsgruppe 406 koprophil 46 Kosambi-Gleichung 123 Kozak-Sequenz 292 Kreuzung Arabidopsis thaliana 117 Drosophila melanogaster 132
Einfaktor- 104 genetische 89 Arabidopsis thaliana 116 Chlamydomonas reinhardtii 111 Drosophila melanogaster 124, 132 Escherichia coli 90 Neurospora crassa 102 Saccharomyces cerevisiae 95 Sordaria macrospora 102 Neurospora crassa 107 Sordaria macrospora 107 Kreuzungstyp 406 Chlamydomonas reinhardtii 57, 58, 60 Neurospora crassa 46, 47, 104 Saccharomyces cerevisiae 28, 29 Kutikula -Muster 85 -Präparation 133
L Lactococcus lactis 23 lac-Operator (lacO) 294 LacZ-Test 274 LALIGN 363, 364, 365 ƫ-Expressionsbank 277 Larvalentwicklung 80 Larvenstadium drittes 78, 80 erstes 78 zweites 78 Lebenszyklus Arabidopsis thaliana 68 Bacillus subtilis 19 Chlamydomonas reinhardtii 57 Drosophila melanogaster 78, 79 Escherichia coli 6, 7 Neurospora crassa 46, 47 Saccharomyces cerevisiae 28, 29 Sordaria macrospora 46, 47 Leserahmen, offener 37 letal 407 embryonal- 407 larval- 407
Sachverzeichnis Linien, vegetativ diploide 58 LOF (loss of function)-Allel 125 loss of function. Siehe LOF
M M-Zytotyp 215 Makrochaetee 83, 84 Maltose-Bindeprotein (MBP) 296 map unit. Siehe Karteneinheit Marker, molekularer 117 Markergen Chlamydomonas reinhardtii Chloroplastentransformation 196 Neurospora crassa 179 Sordaria macrospora 179 Markierung von Nukleinsäuren 383 5’-Markierung von Oligonukleotiden 385 Oligo-primed-labelling-Technik 384 MatInspector 367 Matrix 357, 407 BLOSUM- 357 Maximum Likelihood 369 Maximum Parsimony 369 MBP. Siehe Maltose-Bindeprotein mcs. Siehe mutiple cloning site Meconium 131 Medium 1/ MS-Selektionsagar 209 2 BMM- 107 CM- 186 Drosophila-Standard- 128 HS- 114 LB- 93, 146, 206 LBS- 152 SC- 99 SD- 99, 169 TAP- 115 Westergaards 106 YEPD- 169 YPD- 99 Meerrettich-Peroxidase (HRP) 342 -Färbung 343 Meiose 102, 103
423
meiotic silencing by unpaired DNA (MSUD) 52 Melanin-Biosynthese 109 Mesoderm 80, 264 Metamorphose 78 Mikrochaetee 83, 84 Mikromanipulator 29, 31, 97 Milbe 131 Mitose, postmeiotische 102, 103 Modifizierung, posttranslationale 311 Monokultur 131 mRNA (messenger RNA) 247 MSUD. Siehe meiotic silencing by unpaired DNA multiple cloning site (mcs) 164 Mus musculus, Genom 350 Mutagen 125 Mutagenese 125 Escherichia coli 11 Saccharomyces cerevisiae 33 Mutante ac (acetate requiring)- 61 cw (cell wall)- 59 Cy (Curly)- 127 Doppel- 31 Farbspor- 50 Flagellen- 61 ftz (fushi tarazu)- 134, 135, 136 h (hairy)- 134, 135, 136 Identifikation 133 Kartierung 116 kni (knirps)- 134, 135 konditionale 34, 50 mbd1- 113 mit–- 34 petite- 34 pf (paralyzed flagella)- 62 Photosynthese- 60, 250 ptc (patched)- 134, 135 rho–- 34 rho0- 34 RIP- 44 rosy+ 338 ssc (supersecreting)- 317
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Sachverzeichnis
Mutante (Fortsetzung) temperatursensitive 34, 50, 409 wg (wingless)- 134, 135 white 77 white+ 338 Mutation 11, 32, 85 dominant negative 126 hypomorphe 125 leu2-3,112- 160 mitochondriale 34 Punkt- 125 Rasterschub- 11 ura3-52- 160 Mutationstyp 125, 126 amorph 126 antimorph 126 hypermorph 126 hypomorph 126 neomorph 126 mutiple cloning site (mcs) 143 Myzel 407
N Neighbor Joining 368 Neomycin-Phosphotransferase. Siehe Resistenz, KanamycinnetrinA 262 Neurospora africana 372 Neurospora crassa 43, 372 Ascus 102 Ascustyp 103 Farbspormutante 105 Genom 350 Genomsteckbrief 44 Gesamtgenomsequenz 51 Kreuzung 107 genetische 102 Kreuzungsmedium 106 Kreuzungstyp 46, 47, 104 Lebenszyklus 46, 47 Markergen 179 Mutante 50 Stammsammlung 16 Systematik 44
Tetradenanalyse 49 Transformation, DNA-vermittelte 62 Neurospora discreta 372 Neurospora dodgei 372 Neurospora galapagosensis 372 Neurospora intermedia 372 Neurospora lineolata 372 Neurospora pannonica 372 Neurospora sitophila 372 Neurospora terricola 372 Neurospora tetrasperma 372 Nicht-Schwesterchromatiden 102 Northern-Analyse 248, 257 Northern Blot 254 Notum 83 Nukleinsäure Fällung 376 Markierung 383 5’-Markierung von Oligonukleotiden 258, 385 Oligo-primed-labelling-Technik 384 -Protein-Interaktion 265 in-vitro-Analyse 276 in-vivo-Analyse 265
O Oligo-dT-Primer 226 Oligo-primed-labelling-Technik 384 Oligonukleotid 5’-Markierung 385 Markierung, radioaktive 258 Ommatidium 82 ONE-HYBRID -Analyse LacZ-Test 274 Selektion auf Histidin-Prototrophie 273 -System 166, 266, 268, 270, 271 ONPG (o-Nitrophenyl-Ƣ-D-galactosid) 274, 324 Operator lac- (lacO) 294
Sachverzeichnis Organellengenome in Chlamydomonas reinhardtii 59 Organismus diploider 124 transgener 141. Siehe auch Transformant Orotidin-5’-Decarboxylase 108 Oryza sativa, Genom 350 outgroup 368
P P-Element 138, 215 -Insertion genetische Kartierung 218 molekularen Kartierung 236 markiertes P-E., Nachweis 216 P-Wert. Siehe E-Wert P-Zytotyp 215 Paarregel-Gen 80 PAGE. Siehe Polyacrylamid-Gelelektrophorese paired read 360 PAR (photosynthetic active radiation) 70. Siehe auch Strahlung, photosynthetisch aktive Partikelkanone (gene gun) 62, 159, 194, 205, 407 Pathogene Bacillus subtilis 19 Escherichia coli 5 PCR. Siehe Polymerasekettenreaktion Peripodialmembran 81, 83 Perithezium 45 Pflanze, transgene Herstellung 203, 205 Segregation 209, 210 Selektion 209 Selektionsmarker 204 Transformation, transiente 205 Pflanzenanzucht, sterile 209 Phage Lambda 8 Expressionsbank 277 Vermehrungszyklus 9 Phänotyp 124
425
Phenolisieren von DNA 375 Pheromon 407 Phleomycin 179 Phosphatase, alkalische 342 Phosphoglycerin-Kinase 313 Photorezeptorzelle 83 Photosynthese-Mutanten von Chlamydomonas reinhardtii 60 PHYLIP 370 Phylogenie-Analyse 367 Pigmentzelle 83 Plasmid. Siehe auch yeast plasmid, yeast artificial chromosome 2µm- 39 Bacillus subtilis 18, 23 Charakteristikum 14 -DNA, Isolierung aus Bakterien 153 Escherichia coli 4, 14 low-copy- 90 pBC-hygro 181 pCRB11 316 pFM2ƅ 316 pGAD424 167 pGC1 167 pNS2 301 pNS3 301 pQCIP3 301 pQE31 301, 302 pREP4 302 pSM1 181 Tumor-induzierendes (Ti)- 14, 73, 203 Plasmodium falciparum, Kern- und mitochondriales Genom 350 Podospora anserina 372 Polyacrylamid 306 Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) 300, 306, 310 Polyethylenglykol (PEG) 159, 176 Polymerase Fehlerkorrektur 224 Pfu- 224 Taq- 224
426
Sachverzeichnis
polymerase chain reaction (PCR). Siehe Polymerasekettenreaktion Polymerasekettenreaktion (PCR) 221, 222, 407 inverse 236, 237, 239, 339 Kontamination 223 lineare 225 nested 225 Polymerasen 224 -Produkt, Klonierung 240 RAPD (random amplified polymorphic DNA)- 225 Real-Time- 226, 227, 241, 408 RT (reverse Transkription)- 226, 241, 244, 409 Sensitivität 223 Polytänchromosom 84, 126 Polzelle 79, 80 Population, homoplasmische 195 Postreduktion 102, 103, 407 Postreduktionsfrequenz 104, 105 Präreduktion 102, 103, 408 prey („Beute“) 266, 268 Primer Oligo-dT- 226 -sequenz 238 Promotor 180, 291, 312, 408 35S- 205, 408 ADH1- 281 Escherichia coli 293 heterologe Expression in Saccharomyces cerevisiae 313 Hitzeschock- 344 induzierbarer 294, 344 konstitutiver 312 kontrollierbarer 294 lac- 294, 295 lacUV5- 294, 295 Lambda pL- 294 pcbC- 281, 284 T7- 295 tac- 294, 295 trp- 294, 295 Promotoraktivität
Bestimmung 332 in transgenen Reporterpflanzen von Arabidopsis thaliana 333 proofreading activity. Siehe Polymerase, Fehlerkorrektur Protease, sequenzspezifische 293, 298, 299 Protein -bestimmung nach Bradford 305 fluoreszierendes cyan. Siehe CFP gelb. Siehe YFP grün. Siehe GFP, EGFP rot. Siehe DsRed, DsRed-Express Identifizierung mittels Immunodetektion 309 Proteom 408 proteomics 351 Protoplast 177 Protoplastierung 176, 177 Prototrophie 35, 269, 408 Histidin- 273 psaA -Gen 248, 250 -Genexpression 250 -trans-Spleißen 249 psbD-mRNA, Stabilisierung der plastidären 113 Puparium 78 Puppenhülle. Siehe Puparium Puppenstadium 78 Pyrococcus furiosus 224 Pyruvat-Kinase 313
Q qPCR (quantitative PCR). Siehe PCR, Real-TimeQuelling 44, 52 Quencher 228
R Rasterschub-Mutation 11 RCR. Siehe rolling-circle-Replikation
Sachverzeichnis Rekombination 127, 132, 408 heterologe 182 homologe 36, 182, 229 interchromosomale 408 intrachromosomale 403, 408 mitotische 136, 137, 409 Rekombinationshäufigkeit 103 Arabidopsis thaliana 123 Saccharomyces cerevisiae 96 Rekombinationsprodukt 127 Reparaturmechanismen 11 repeat-induced point mutation (RIP) 53 Replikation bidirektionale 6 Ring-zu-Ring- 14 rolling-circle- 14, 23 Theta- 7, 9, 14 Reportergen 266, 269, 323 -Aktivierung 274 Ƣ-Glucuronidase (GUS)- 332 für Chloroplastentransformation von Chlamydomonas reinhardtii 196 Repressor cI- 295 cI857- 295 lacI- 294 temperatursensitiver 295 Resistenz Ampicillin- 143 Chloramphenicol- 143 Hygromycin-B- 178 Kanamycin- 143, 302 Phleomycin- 179 Tetrazyklin- 143 Restriktionsanalyse 380, 381 Retrotransposon 314 rezessiv 124, 409 RFP (red fluorescent protein, rot fluoreszierendes Protein). Siehe DsRed Ring-Chromosom 127, 403 RIP (repeat-induced point mutation)Phänomen 53 RNA -Doppelstrang 346
427
Fällung. Siehe Fällung von Nukleinsäure Gelelektrophorese 254 interference 52, 346 Isolierung 250 aus Algen 251 messenger (mRNA) 247 -Polymerase SP6- 262 T3- 262 T7- 262, 295, 299 -Prozessierung 248 ribosomale (rRNA) 247 -Spleißen 265 transfer (tRNA) 247 Transkriptanalyse 247 RNAi. Siehe RNA interference RNase 250 rolling-circle-Replikation 14 rRNA (ribosomale RNA) 247 RT-qPCR (Real-Time-quantitative-PCR). Siehe Polymerasekettenreaktion, Real-Time-
S Saccharomyces cerevisiae 25, 102, 292. Siehe auch Hefe Ascospore 97 Ascus 95 DNA-Transformation 158 Expression, Strategien zur Optimierung 312 Fusionsprotein 314 Genexpression, heterologe 311, 317 Genom 350 Genomsteckbrief 26 Gesamtgenomsequenz 37 Isolierung von Gesamt-DNA 172 Kartenabstand 96 Kreuzung, genetische 95 Kreuzungstyp 28, 29 Lebenszyklus 28, 29 Mutagenese 33
428
Sachverzeichnis
Saccharomyces cerevisiae (Fortsetzung) Mutante 32 Nomenklatur, genetische 32 Plasmidvektor 161 Promotor zur heterologen Expression 313 Rekombinationshäufigkeit 96 Sequenz, repetitive 37 Selektionsmarker 160 Stammsammlung 43 Systematik 25 Tetradenanalyse 30 Tetradentyp 95 Transformant, Charakterisierung 164 Transformation biolistische 159 DNA-vermittelte 62 Elektroporation 159, 171 Gefriermethode 159, 166 Lithium-Acetatmethode 159 Methoden 142 Sphäroplastierungsmethode 159 Wirtsstamm 160 Zufallssporenanalyse 98 SAGE (serial analysis of gene expression) 349 Salmonella 16 Salzfällungs-Methode 219 Scaffold 360 Schaukelvektor 164, 409. Siehe auch Shuttle-Vektor Schistosoma japonicum 296, 297 Schnorchel 133 Scutellum 83, 84 Scutum 83, 84 SDR. Siehe short dispersed repeat SDS-Polyacrylamid-Gel. Siehe Polyacrylamid-Gelelektrophorese second division segregation. Siehe Postreduktion Segmentierungsgen 80 Segmentpolaritätsgen 80
Segregation 409 Pflanze, transgene 209, 210 Sekretion 317 Selbstbestäubung 116 Verhinderung bei Arabidopsis thaliana 117, 118 Selbstung 48 Selektion von Hefe-Transformanten 273 negative 161, 180 positive 161, 180 transgener Pflanzen 209 Selektionsmarker Bacillus subtilis 143 Chlamydomonas reinhardtii 62, 195 Escherichia coli 143 Pflanze, transgene 204 Saccharomyces cerevisiae 35, 160 Sordaria macrospora 178 Selektionsmedium 273 Sequenz homologe 166 inverted-repeat- 215 Konsensus- 294 Kozak- 292 repetitive 37 Shine-Dalgarno- 292, 293 Signal- 317 Sequenzierung 144 sex comb. Siehe Geschlechtskamm Shift 278 Shift-Western-Blot-Analyse 279, 280 Shigella 16 Shine-Dalgarno-Sequenz 292, 293 shmoo 28 short dispersed repeat 64 Shuttle-Vektor 15, 273. Siehe auch Schaukelvektor pGAD424 167, 167 pGC1 167, 167 Signalsequenz 317 SM (Second Multiple)-Balancer 127 Sordaria brevicollis 372 Sordaria fimicola 372
Sachverzeichnis Sordaria macrospora 43, 372 Ascus 102 Ascustyp 103 DNA-Transformation 165, 176 Farbspormutante 105 GFP-Fluoreszenz, Nachweis 328 Integration von Fremd-DNA 229 Isolierung von Gesamt-DNA 188 Kreuzung 107 genetische 102 Kreuzungsmedium 107 Lebenszyklus 46, 47 Markergen 179 Mutante 50 Selektionsmarker 178 Systematik 44 Tetradenanalyse 49 Transformant 229 Charakterisierung 176 genomische Struktur 230 Transformation 185 DNA-vermittelte 62 Methoden 177 Wirtsstamm 178 Sordaria sclerogenia 372 SOS-Antwort 11 Southern Blot 165, 173, 184, 382 -Analyse von Sordaria-macrosporaTransformanten 192 SP6-RNA-Polymerase 262 Sphäroplast 159 Spirakel 78 Sporenbildung 102 Sporenwand 102 Sporulation, Bacillus subtilis 20 Sporulationsmedium 31 Stamm 409 Knock-out- 108 transgener, Kopplungsanalyse 108 Stammbaum. Siehe auch tree -Analyse. Siehe Phylogenie-Analyse Stammsammlung 397 Arabidopsis thaliana 71, 75 Bacillus subtilis 25
429
Drosophila melanogaster 77 Escherichia coli 16 Neurospora crassa 54 Saccharomyces cerevisiae 43 Staphylococcus 144 Staphylococcus aureus 23, 297 STB-Region 162 Strahlung, photosynthetisch aktive (PAR, photosynthetic active radiation) 70 Streptoalloteichus hindustanus 179 Streptococcus 144 Streptococcus bovis 23 Streptococcus faecalis 23 Streptomyces avidinii 297 Supershift 279 -Western-Blot-Analyse 279 Syntenie 361 Systematik Arabidopsis thaliana 66 Bacillus subtilis 17 Chlamydomonas reinhardtii 55 Drosophila melanogaster 75 Escherichia coli 3 Neurospora crassa 44 Saccharomyces cerevisiae 25 Sordaria macrospora 44
T T-DNA. Siehe Transfer-DNA T3-RNA-Polymerase 262 T7-RNA-Polymerase 262 Tag 280, 296, 297 His- 296 Tandem-Integration 182 Taufliege. Siehe Drosophila melanogaster Template 221 Termination 291 Terminator 180, 312, 314 Tetrade 28, 409 geordnete 102 ungeordnete 31, 102
430
Sachverzeichnis
Tetradenanalyse 409 Chlamydomonas reinhardtii 59, 112, 113 Neurospora crassa 49 Saccharomyces cerevisiae 30 Sordaria macrospora 49 Tetradentyp Chlamydomonas reinhardtii 111 Dityp, parentaler und nicht-parentaler 111 Parentaltyp 95 Rekombinationstyp 95 Saccharomyces cerevisiae 95, 97 Tetratyp 95, 111 Tetrahymena 162 Tetrazyklin 143 Thermoplasma acidophilum, Genom 350 Thermus aquaticus 224 Theta-Replikation 7, 9, 23 Thorakalsegment 85 Thorax 84 THREE-HYBRID-System 266, 270 Ti-Plasmid. Siehe Plasmid, TumorinduzierendesTM (Third Multiple)-Balancer 127 trans-Spleißen 248, 249 transcriptomics. Siehe functional genomics Transfer-DNA (T-DNA) 73, 203, 204, 410 Integrationsnachweis 235 Transformant Charakterisierung Arabidopsis thaliana 203 Bacillus subtilis 144 Chlamydomonas reinhardtii 197 Escherichia coli 144 Hyphenpilz 182 Saccharomyces cerevisiae 164 Sordaria macrospora 176 Hefe-T., Selektion auf Histidin-Prototrophie 273 heterokaryotischer 177
Sordaria macrospora-T., genomische Struktur 230 Überprüfung mit Southern-BlotAnalyse 165 Transformation 410 biolistische 62, 112, 159, 205, 212, 410 Blüten- 205, 206, 208 Calciumchlorid-Methode 145 Chlamydomonas reinhardtii Chloroplasten-T. 199 Kern-T. 198 Chloroplasten- 199 Co- 180 DNA-vermittelte Bacillus subtilis 21 Chlamydomonas reinhardtii 62 Escherichia coli 12 Neurospora crassa 51 Saccharomyces cerevisiae 35 Sordaria macrospora 51 Elektroporation 151, 159, 171, 176 Gefriermethode 159, 166 Hefe 35 Hyphenpilz 176 Kern- 198 Lithium-Acetatmethode 159 Methoden Arabidopsis thaliana 205 Bacillus subtilis 142 Chlamydomonas reinhardtii 193 Escherichia coli 142 Saccharomyces cerevisiae 142 Sordaria macrospora 177 Protoplastierung 177 Saccharomyces cerevisiae 27 Sordaria macrospora 185 Sphäroplastierungsmethode 159 stabile 12, 203, 410 von Pflanzen 205 transiente 12, 203, 410 von Pflanzen 205, 212 Transformationssystem, biolistisches 62
Sachverzeichnis Transkriptase, Reverse 226 Transkriptionsfaktor GAL4 166 Ƴ70 19 ƳA 19 Wechselwirkung mit Promotorelement 272 Transkriptom 410 Translokation 127, 403 Transport, intraflagellarer (IFT) 62, 406 Transposase 215 Transposition 403 Transposon 13, 125, 215 Klasse-I- 13 Klasse-II- 13 Ty (transposon yeast)- 39 tree rooted 371 unrooted 371 TREEVIEW 370, 371, 373 Treiberstamm 345, 346 Trichoderma harzianum 177 tRNA 247 twin spots. Siehe Zwillingsflecken TWO-HYBRID -Plasmid 164 -System 266, 269 Ty (transposon yeast)-Element 312, 314
U UAS. Siehe upstream activating sequence Unterscheidung der Geschlechter bei Drosophila 82, 131 upstream activating sequence (UAS) 345 UV-Quervernetzungsexperiment 277
V Vektor 216 Hefe- 161, 162, 163, 164 Hyphenpilz- 180, 181 pFLC-I 262 pOT2 262
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Vektor-DNA, Mehrfach-Integration 182 Verdopplungszeit 6 Vermehrung, vegetative 7 Vermehrungszyklus des Phagen Lambda 9 vir-Region 73, 410 Virus, temperentes (gemäßigtes) 8 Virus-ähnlicher Partikel (VLP, virus like particle) 314, 315, 316 Isolierung 317 Vitellophagenkerne 79 VLP (virus like particle). Siehe Virusähnlicher Partikel
W Wachstumskurve von Escherichia coli 7 Weibchen, virginelles 130 Western Blot 300, 308, 311 white 77 white+ 338 Whole-genome-shotgun-Methode 360 whole-mount-Verfahren 84, 260 Wildtyp 124 Wirtsstamm Bacillus subtilis 143 Chlamydomonas reinhardtii 195 Escherichia coli 143, 298 Saccharomyces cerevisiae 160 Sordaria macrospora 178 Wirtszelle, heterologe 291
X X-Gal (5-Bromo-4-chloro-3-indolyl-ƢD-galactopyranosid) 324, 325 -Färbereaktion 339 -Färbung 337 X-Gluc (5-Brom-4-chlor-3-indolyl-ƢD-glucuronid) 324, 325, 333
Y YAC. Siehe yeast artificial chromosome (YAC) YCp. Siehe yeast centromer plasmid
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Sachverzeichnis
yeast artificial chromosome (YAC) 41, 162, 163, 164 yeast centromer plasmid (YCp) 162, 163, 164 yeast episomal plasmid (YEp) 162, 163, 164, 165 yeast integrative plasmid (YIp) 162, 163, 164, 165 yeast linear plasmid (YLp) 162, 164. Siehe auch yeast artificial chromosome (YAC) yeast plasmid 162, 163, 164, 165 yeast replicating plasmid (YRp) 162, 163, 164 YEp. Siehe yeast episomal plasmid YFP (yellow fluorescent protein, gelb fluoreszierendes Protein) 326, 327 YIp. Siehe yeast integrative plasmid YLp. Siehe yeast linear plasmid YRp. Siehe yeast replicating plasmid
Z Zähnchenband 84, 85, 135 Zellautonomie einer Genfunktion 136 Zellteilung 7 Zellwandaufbau 2 ZNS. Siehe Zentralnervensystem Zentralnervensystem (ZNS)-Mittellinie 264 Zuchtgefäß 129 Zufallssporenanalyse 97, 108 Saccharomyces cerevisiae 98 Zwillingsflecken 136 Zyklus lysogener 9 lytischer 9 Zymolyase 97