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PECOS-RIVER-PATROUILLE Ein großartiger Bastei-Wildwest-Roman von U. H. ...
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PECOS-RIVER-PATROUILLE Ein großartiger Bastei-Wildwest-Roman von U. H. Wilken Aus dem glühenden Wüstensand tauchten fünf Männer auf. Stimmen wisperten im heißen Wind. Zynisches, bösartiges Grinsen grub sich in die verstaubten schweißnassen Gesichter ein. Gewehre verließen mit schabendem Geräusch die Scabbards. Sehnige Hände packten die Gewehre, luden sie durch und hoben sie an. Mörderische Schüsse peitschten durch die Stille des Tages, und die gefleckten Ponys der Apachen brachen zusammen. Krachend stieß der Knall der Schüsse gegen die roten Felswände und wurde zu einem grollenden Echo. Gewehre wurden repetiert, Patronenhülsen fielen glitzernd in den Sand. Stiefel rieben, und die fünf Männer verharrten am steinübersäten Hang der tiefen, zerklüfteten Senke. Vier Apachen kauerten hinter den zusammengeschossenen Ponys. Gewehrläufe reflektierten das grelle Sonnenlicht. Schmutziges Kattun flatterte um die muskulösen, abgemagerten Körper der -1-
Indianer. In ihren dunklen Gesichtern war abgrundtiefer Haß. Todfeindschaft entstellte die Gesichter. Sie stießen kehlige Laute aus und schnellten plötzlich schießend hinter den Ponys hervor, hetzten um die Felsen und versuchten, die sichere Deckung zu erreichen. Wieder fielen Schüsse, wieder feuerten die fünf Männer — und diesmal schossen sie nicht auf die Ponys. Die Apachen wurden von den Beinen gerissen und zu Boden geworfen. Sie verloren ihre Gewehre, krochen stöhnend durch den Sand, wühlten sich durch das Dornengeäst der Comasträucher. Einer der Weißen grinste teuflisch, „Das macht richtig Spaß, wie?“ Sie drehten sich um und stapften davon, erreichten ihre Pferde und saßen auf. Brüllend trieben sie die Pferde an und rasten hinunter in die Senke, Hart trommelten die Hufe über den Felsboden. Wiehernd durchbrachen die Pferde das Gestrüpp. Erbarmungslos schlugen die Reiter mit den Gewehrkolben auf die Apachen ein. Bewußtlos lagen die Krieger vor ihnen. Wie im Fieber blickte einer der Reiter um sich. Die Gewalt war zum Inhalt ihres Lebens geworden. Hemmungslos gingen sie ihren Weg und traten und schossen alles nieder, was sich ihnen entgegenstellte — oder was ihnen einfach nicht gefiel. Sie stiegen von den Pferden, packten die Apachen und schleiften sie durch den heißen Sand. Unter einem abgestorbenen Baum ließen sie die Indianer liegen. Lassos wurden über die knarrenden Äste geworfen, Schlingen wurden geknüpft und über die Köpfe der Apachen gestreift. Fußtritte trafen die Bewußtlosen. Heiser lachend rissen die Männer die Apachen hoch und warfen sie auf die eigenen Pferde. Erst dann schnürten sie den Indianern die Hände auf dem Rücken zusammen. -2-
„Immer will man nur uns hängen“, flüsterte einer der Männer mit staubheiserer Stimme vor sich hin. „Immer sollen wir am Strick verrecken. Diesmal sind wir die Henker!“ „Wir können nicht zuviel Zeit verlieren.“ Breitbeinig stand ein großer, bulliger Mann mit einem groben, verwüsteten Gesicht vor den Komplicen. Ein nahezu schon tierischer Ausdruck hatte sein Gesicht für ewige Zeiten geprägt, „Heute abend müssen wir in der Stadt Pecos sein! Denkt an die Bank, Amigos!“ „Laß uns erst noch den Spaß, Jonny! Ich will endlich mal Henker sein!“ „Vielleicht wirst du dir mal selber einen Strick um deinen verdammten Hals legen müssen, Windie!“ sagte ein schwarzhaarigen Mann, dessen Gesicht an einen Raubvogel erinnerte, und grinste verächtlich. „Ich würde das gern mal sehen...“ „Mach mich nicht krank mit deinem Gequatsche, Flint!“ fauchte der Mann namens Windie und atmete pfeifend wie eine Ratte. „Sag du ihm doch endlich was, Jonny!“ „Hört auf damit!“ knurrte der stiernackige Mann Jonny. „Hängt diese Rothäute auf, wir müssen weiter!“ Die Apachen waren zu sich gekommen. Sie zerrten an den Handfesseln und zischten wie gereizte Schlangen. Die Weißen lachten, hielten die Pferde am Zügel und zogen sie langsam von den Ästen weg. Die Lassos strafften sich, die Schlingen zogen sich zusammen — und die Apachen rutschten über die Pferderücken hinweg und hingen an den Lassos. Sie zuckten und versteiften sich, wurden schlaff und baumelten im heißen Wind ... Wie in stiller Andacht standen die Männer vor den toten Apachen. -3-
„Es geht ganz schnell, nicht wahr?“ kicherte der mittelgroße Mann namens Windie und betrachtete die Apachen, „Wollen wir sie hängen lassen, Jonny?“ „Ja! Nach denen kräht kein Hahn. Ich will bei Einbruch der Dunkelheit am Pecos sein. Unsere Gäule müssen sich noch ausruhen. Bald wird die Hölle los sein. Kommt!“ Fünf Männer saßen auf. Sie verließen die Senke und blickten noch einmal zurück. Die leblosen Indianer schwangen an den Lassos hin und her. Durchdringend laut knarrten die trockenen Äste. Baumrinde fiel in den roten Staub. Die Hitze ballte sich in der weiten Senke zusammen. Am Himmel zeigten sich die ersten kreisenden Totenvögel. Langsam ritten die fünf Männer zum Pecos. Sie sprachen kaum ein Wort miteinander. Je näher sie dem Fluß kamen, um so wachsamer wurden sie. Nichts geschah. Sie stießen in den Schatten der Bäume am Fluß hinein und spähten zur Stadt hinüber, Herdrauch wehte über die Dächer. Die Sonne sank im Westen. Einwohner bewegten sich auf der Straße. Schon jetzt dachten die fünf Männer nicht mehr an die Apachen. Ihr Ziel war erreicht. Sie sahen, wie die ersten Lichter in den Häusern aufflackerten und wie Lichtschein aus dem Saloon fiel. Vor ihnen floß mit rastlosem Geplätscher das Wasser des Pecos dahin. Nacheinander trieben sie die Pferde in das Wasser und folgten dem steinigen Flußbett. An einer felsigen Uferstelle ritten sie aus dem Fluß. Sie waren heimtückisch und grausam. Sie schienen vor nichts zurückzuschrecken. Und sie wollten die Bank von Pecos an diesem Abend überfallen ... Da hörten sie in der Abenddämmerung helles Klirren -4-
und den rauhen Gesang von Männern. Aus der grauen Wand der Dämmerung ritten Soldaten im klirrenden Trab hervor und zur Stadt, *** Es war der 11, August 1873. Im Marshal's Office von Pecos riß Lee Hendricks vorsichtig das Kalenderblatt ab und betrachtete es versonnen. Dann ging er mit dem Blatt, das voll von kunstvollen Zeichnungen war, zum Tisch und legte es in die Schublade. Ein großer Mann stand plötzlich in der Tür und fing das letzte Licht das Tages ab. Staub haftete an der Uniform. „Ein bißchen zu früh, Marshal Lee Hendricks“, sagte er und lächelte ironisch. „Der elfte Tag ist noch lange nicht rum.“ „Ich weiß, Captain John Cash“, erwiderte Marshal Hendricks bissig, „aber sonst klaut mir jemand noch das Blatt!“ „Willst du dir damit den Hintern ...?“ „Nein, verdammt!“ grollte Lee Hendricks und hob die breiten Schultern kämpferisch an. „Hol dich der Teufel, John Cash! Was willst du in Pecos mit deinen Rauhbeinen? Ich hab' die Schnauze gestrichen voll vom letzten Mal! Ihr habt alles kurz und klein gehauen. So benimmt sich kein normaler Mensch.“ „Wir sind Soldaten und keine normalen Menschen, Lee Hendricks“, meinte John Cash gelassen und lächelte stärker. „Ich schwöre dir, heute gibt es keinen Ärger.“ „Das glaub' ich dir gern, damn'd! Natürlich gibt es keinen Ärger — nicht für euch, aber für mich!“ -5-
Hendricks horchte. Draußen stampften die Pferde der Soldaten. Der rauhe Gesang war verstummt. Drüben vor dem Saloon drängten sich die Animiermädchen, sie winkten, lachten und kreischten, und die Soldaten stießen schon Pfiffe aus. „Wir kommen gleich, Püppchen!“ rief einer der Soldiers. „Macht Musik mit eurer Kiste, und stellt das Bier bereit!“ „Da hörst du es, Captain“, ächzte Marshal Hendricks bitter. „Immer wenn du mit deiner Patrouille nach Pecos kommst, geraten die Weiber aus dem Häuschen, dann beginnt der Zauber für eine Nacht. Warum bist du mit deinen Männern nicht draußen im Apachenland, he? Da gehört ihr hin! Ich werde mal mit deinem Kommandanten sprechen müssen.“ „Tu's, alter Freund. Aber vergiß nicht, dich anschließend warm zu boxen. Dich lege ich immer noch aufs Kreuz, mein Junge.“ „Scheißkerl“, grollte Hendricks. Cash grinste. Selbst die schlimmsten. Ausdrücke konnten ihn nicht aus der Ruhe bringen. Dafür kannte er Hendricks schon zu lange. Vielleicht waren sie sogar Freunde, aber das wußte keiner von beiden hundertprozentig genau. Jetzt begann drüben im Saloon das Orchestrion zu lärmen. Die Soldaten wurden unruhig. Cash blickte hinaus. Die Dämmerung ließ die Konturen der Häuser verschwimmen. Nur schemenhaft waren die Soldaten der Pecos-River-Patrouille zu erkennen. „Wir sind schon wochenlang draußen im Apachengebiet unterwegs gewesen“, murmelte Cash, „Die Jungs brauchen die Abwechslung, sonst werden sie irgendwann meutern. Pecos ist genau richtig für uns. Der Saloon ist ohnehin eine Bruchbude, Marshal.“ Lee Hendricks verzog den Mund, doch das Lächeln -6-
blieb aus. „Die Leute hier erwarten von mir, daß ich für Ordnung sorge, Captain! Wenn ihr wie die Wilden haust, dann kann man das ja nicht mehr als Ordnung betrachten, oder? Ich hoffe nur, daß ihr bald wieder verschwindet.“ „Du bist sehr liebenswürdig, Lee“, erwiderte Cash sanft. „Yeah, ich werde noch heute nacht verschwinden, aber nicht, weil du es so haben willst. Wir sind auf Spuren von Apachen gestoßen. Die Indsmen haben mal wieder das Kriegsbeil ausgegraben, und ich werde das verdammte Gefühl nicht los, daß sie wieder über einsam gelegene Ranches und Farmen herfallen werden. Du sitzt mit dem Hintern auf dem Trockenen, aber wir müssen den Staub der Wüste schlucken. Laß meinen Jungs das kurze Vergnügen und hör einfach nicht hin. Abgemacht?“ „Hol's der Teufel!“ knurrte Lee Hendricks. „Mach, was du willst! Ich hab' noch zu tun!“ Cash grinste breit und nickte. Mit wuchtigen Schritten stapfte er zur Tür, stand einen Atemzug lang still — dann ging er hinaus. „Vor dem Saloon absitzen!“ rief er rauh. „Ihr habt drei Stunden Zeit, Männer!“ Im Office machte Lee Hendricks Licht und horchte nach draußen. Er hörte das Gejohle der Soldaten, das Wiehern und Stampfen der Pferde und dann polternde Schritte auf dem Gehsteig. Brüllend stürmten die Soldaten in den Saloon hinein. „Nein“, flüsterte er vor sich hin, „ich sehe und ich höre nichts. Es ist ganz ruhig in Pecos ...“ Er setzte sich an den Tisch und hielt sich die Ohren zu. Im Saloon tobten die Soldaten. Hendricks konnte vom Tisch aus die Tür und die Fenster des Saloons -7-
sehen. Wenn er die Hände von den Ohren nahm, dann hörte er den Krach und Lärm. Plötzlich zertrümmerte ein Hocker eins der Fenster. Glas klirrte auf den Gehsteig. Die Mädchen schrien schrill und durchdringend. Zwei Einwohner flüchteten aus dem Saloon. Ein Soldat humpelte aus der Tür, hielt sich das Bein und stürzte in den Saloon zurück. Gläser und Flaschen knallten gegen die Wände. Gestühl ging in Trümmer. Wie trunken kam der Keeper hervor, schwankte gegen den Vordachpfosten und rutschte mit leerem Grinsen abwärts. Eins der Animiermädchen kam schreiend auf den Gehsteig. Hinter ihr tauchte ein Soldat auf, packte es an den langen Haaren, zog es zurück und trug es in den Saloon. „Marshal!“' Einer der Einwohner stand plötzlich im Office. „Die Kerle zertrümmern den Saloon, und du sitzt hier und tust nichts!“ „Was ist denn los?“ ächzte Lee Hendricks. „Ich hör' nichts! Ist irgend etwas?“ Der Mann stierte ihn an, als wäre er geistesgestört, „Marshal, Soldaten sind in der Stadt! Sie machen alles kurz und klein! Im Saloon ist die Hölle los!“ „Wirklich?“ Hendricks erhob sich sehr langsam. „Geh nach Hause. Ich hab' was zu tun.“ „Na, endlich! Es wird auch höchste Zeit!“ Ruhig legte Hendricks den Waffengurt an und griff zum Stetson. Langsam trat er ins Freie. Die Nacht war hereingebrochen. Lichtbahnen durchschnitten die Dunkelheit. Er blickte nicht zum Saloon hinüber, drehte sich halb herum und folgte dem Gehsteig. „He, Marshal!“ rief der Mann ihm nach. „Da drüben ist der Saloon!“ Er blieb stehen, wandte sich dem Einwohner zu und -8-
knurrte grimmig: „Ich mach’ jetzt meinen Rundgang, verstanden? Der Saloon kommt ganz zum Schluß dran. Den Rundgang halte ich ein, savvy? Ich bin nämlich für Ordnung!“ Dann entfernte er sich, während im Saloon Glas klirrte, Holz zerbrach, Soldaten brüllten und Animiermädchen kreischten. Immer wieder torkelten Soldaten hervor, faßten sich ans Kinn, schüttelten benommen den Kopf und stürzten brüllend zurück in den Saloon. Wie jeden Spätabend, so ging Lee Hendricks auch heute auf einem von ihm genau festgelegten Weg und zur selben Zeit durch die Stadt. Der Rundgang führte ihn an den Häusern entlang, vorbei an Store, Schmiede, Barber's Shop und Schule, über verschiedene Hinterhöfe und zum Bankgebäude. Und wie jeden Abend betrat er die Bank. Fünf Fremde standen im Schalterraum. Schwere Colts wurden auf ihn gerichtet. Einer der Fremden schloß hinter ihm die Tür. Ein anderer riß ihm den Colt aus der Halftert „Nur nicht verrückt werden, Marshal!“ flüsterte ein stiernackiger Mann drohend. „Wenn du schreist, legen wir dich um!“ Er stand steif, die Schultern angehoben, den Rücken gekrümmt. Das Gesicht, ewig von einem verbissenen Ausdruck geprägt, wurde grau und fleckig. Nur sekundenlang flackerte es in seinen dunklen Augen auf. Das trübe Licht im Raum ließ sein Haar wie Eis schimmern. Schwer kam der Atem über die schmalen Lippen. „Ihr habt keine Chance!“ ächzte er, „Eine ganze Schwadron ist in der Stadt!“ -9-
„Das wissen wir, Marshal“, antwortete der grobschlächtige Bandit höhnisch, „aber wie du siehst, kümmert uns das nicht. Kein Mensch kommt jetzt auf den Gedanken, daß die Bank überfallen werden könnte!“ Hendricks blickte zum Schaltertresen hinüber. Dort standen der Bankdirektor und der Clerk mit erhobenen Händen und rührten sich nicht. Der Tresor war geöffnet, das Geld lag noch, sauber gebündelt und abgezählt, im Tresor. Die Banditen mußten erst vor wenigen Minuten in die Bank eingedrungen sein. „Ihr seid verrückt!“ murmelte er. „Ihr kommt mit dem Geld nicht weit. Apachen sind überall am Pecos!“ „Auch das wissen wir,“ Marshal“, erwiderte der stiernackige Bandit grinsend. „Wir haben aber keine Angst vor den Indsmen! Wer in dieser Stadt sollte uns schon folgen, he? Alle haben Schiß vor den Apachen! Es wird kein Aufgebot geben!“ „Ihr vergeßt die Soldaten.“ „Das laß unsere Sorge sein, Marshal. Los, stell dich dort an die Wand!“ Lee Hendricks mußte sich fügen und gehorchte. Mit flachen Schritten durchquerte er den Schalterraum. Die fünf Banditen beobachteten ihn lauernd. Vor der kahlen Wand drehte er sich um und blickte die Banditen düster an. „Jonny Malone, nicht wahr?“ Seine Stimme klang wie brechendes Eis. „Haben sie dich noch immer nicht erwischt, Jonny? Lebst du noch immer?“ „Wie du siehst, Marshal! Den Jonny kriegt man nicht so schnell! Der Kerl, der mich mal erwischen sollte, müßte erst noch geboren werden! Ich werde steinalt, Marshal...“ „Das haben schon ganz andere Halunken gesagt, - 10 -
Jonny“, versetzte Hendricks kalt, „und alle liegen jetzt unter der Erde, zwei Fuß tief. Man weiß es nur nicht, weil auf den Grabsteinen kein Name steht.“ Die Banditen horchten. Der Lärm im Saloon drang verworren und leise herüber. Drei Stunden! dachte Hendricks. Viel zuviel Zeit, „Woran denkst du, Marshal?“ grinste Jonny Malone. „Hoffst du, daß die Blauröcke dir helfen würden? Da irrst du dich! Die Kerle saufen jetzt, die denken nicht an dich.“ Lee Hendricks hatte keine Chance. Er starrte in die Gesichter der Banditen, die offenbar überhaupt keine Eile hatten. „Ich habe drüben ein paar schöne Steckbriefe, Jonny“, sprach er gedehnt, „und ich sehe, daß du deine Komplicen noch immer bei dir hast. Der kleine Kerl dort heißt Windle, nicht wahr? Und die anderen sind mir auch bekannt ... Flint, das Raubvogelgesicht. Flaherty, der Messerstecher. Und der Blaßgesichtige da drüben ist Saskatchewan. Stimmt's?“ „Nicht schlecht, Marshal“, meinte Malone mit heiserer Stimme. „Du hast ein gutes Gedächtnis ... Flaherty, mach jetzt das Licht aus!“ Der Komplice ging zur Lampe und erstickte die Flamme. Es wurde noch dunkler im Raum. Kaltes Mondlicht fiel durch die Fenster herein. Hell und klar funkelten die Sterne über der Stadt. Vor dem Saloon brüllten Soldaten. Im Marshals Office flackerte die Lampe. Fieberhaft suchte Hendricks nach einer Chance, doch die Banditen ließen ihn nicht aus den Augen. Jonny Malone bewegte die Hand mit dem Colt, und Flint und Windie schwangen sich über den Tresen und - 11 -
begannen, das Geld aus dem Tresor in die mitgebrachten Satteltaschen zu stopfen. „Wir haben viel Zeit, Marshal“, sagte Malone mit niederträchtigem Grinsen. „Es gibt überhaupt keinen besseren Platz für uns als eben diese Bank... Hier vermutet uns kein Schwein.“ „Also, gut“, murmelte Lee Hendricks, „nehmen wir an, daß ihr mit dem Geld aus der Stadt herauskommt. Ihr müßt in das Indianergebiet hinein, wenn ihr den Verfolgern entkommen wollt. Reitet ihr nach Osten, Süden oder Norden, dann habt ihr ein ganzes Reiterrudel auf der Spur. Also müßt ihr durch das Apachengebiet — und dort nützt euch das ganze Geld überhaupt nichts!“ „Wer weiß, Marshal?“ Jonny Malone lehnte sich an den Tresen. Das breite, grobe Gesicht war von einem Schweißfilm überzogen. Tief in den Augen verbarg sich ein Ausdruck der Grausamkeit. „Ich werde dir nicht sagen, wohin wir reiten werden. Das wolltest du doch wissen?“ Hendricks unterschätzte die Banditen nicht. Er wußte, wie brutal sie bisher gehandelt hatten, und er machte sich kaum Hoffnungen, daß es in Pecos anders sein würde. In diesem Moment achtete keiner der Halunken auf den Bankclerk. Der schmächtige Mann glaubte, eine Chance zu haben. Er griff in die offene Schublade des Tresens und packte den Derringer. Kaum hatte er die kleine Waffe ergriffen, als Malone sich halb umdrehte und abdrückte. Leblos brach der Clerk zusammen. Der Knall des Schusses ließ die Fensterscheiben klirren. Dichter Pulverrauch wallte langsam über den Tresen hinweg. Lee Hendricks stöhnte auf. Der Bankdirektor schwankte, wurde kreidebleich und kippte ohnmächtig - 12 -
gegen den Tresen, rutschte ab und fiel hart auf den Boden. Mit gezogenen Colts warteten die Banditen und horchten. Der Lärm im Saloon ließ nicht nach; die Soldaten hatten den Schuß überhört... „Sie werden sich besaufen und nur noch lallen können“, sagte Jonny Malone in die Stille hinein. „Und sie werden betrunken davon reiten...“ „Du hast soeben einen Mann umgebracht, Jonny Malone“, flüsterte Lee Hendricks heiser. „Es war kalter Mord. Die Schlinge zieht sich immer mehr um deinen Hals zusammen.“ „Halt's Maul!“ fauchte Malone wütend. „Ihr kriegt mich nicht! Ihr erwischt keinen von uns!“ „An deiner Stelle wäre ich nicht so sicher, Jonny Malone!“ „Hör auf damit, Marshal!“ drohte Malone. „Sonst knall' ich dich ab! Es kommt mir gar nicht mehr darauf an, dich oder andere zu schonen. Wenn ihr mich erwischen würdet, dann würdet ihr mich sowieso aufhängen oder wie einen tollwütigen Hund zusammenschießen.“ Flint und Windie kamen mit den prall gefüllten Satteltaschen zurück, schwangen sich über den Tresen und legten die Taschen nahe der Tür auf den Tresen. „Setzen wir uns doch!“ sagte Malone, „Los, Marshal, runter mit dir!“ Hendricks gehorchte, setzte sich auf den Boden und lehnte den Rücken gegen die Wand. Immer wieder sah er von einem Banditen zum anderen und prägte sich deren Gesichtszüge für alle Zeiten ein. Die Banditen blieben eiskalt, sie gerieten nicht in Panik — und die Nähe der Soldaten schien sie überhaupt nicht zu beunruhigen. - 13 -
Draußen war helle Nacht. Schritte kamen auf dem Gehsteig näher. Die Planken dröhnten hohl. Sofort stieß Malone die Hand mit dem Colt nach vom und zielte auf Hendricks' Brust, und Hendricks wußte, daß er dem Tode näher war als dem Leben. Er wäre sofort ein toter Mann, würde er sich bewegen oder aufschreien. Zwei Männer gingen dicht an den Fenstern vorbei. Einer blieb plötzlich stehen, preßte das Gesicht gegen die Fensterscheibe und stierte in den Schalterraum. Sein Atem beschlug die Scheibe. Die Banditen hockten reglos. Die Männer vor der Bank ahnten nicht, wie nahe sie dem Tod waren. Jetzt nahm der Mann das Gesicht von der Scheibe und sagte: „Man müßte glattweg mal die Bank überfallen und ausrauben, dann hätte man ausgesorgt fürs ganze Leben.“ ' „Du traust dich doch nicht“, erwiderte der andere, und lachend gingen sie weiter. Die Schritte entfernten sich. Schweißperlen standen auf Lee Hendricks' Stirn. Er hörte die Atemzüge der Banditen und das leise Seufzen des Bankdirektors, der zu sich kam. Der blaßgesichtige Saskatchewan setzte über den Tresen hinweg, fesselte und knebelte den Bankdirektor und schloß dann den ausgeräumten Tresor. Hendricks preßte die Lippen zusammen. Er hatte gehofft, daß die beiden Männer den offenen Tresor entdecken würden. Er und die Banditen waren von draußen aus nicht zu erkennen. Das Mondlicht fiel schräg herein und ruhte auf dem Tresen, erhellte den Tresor und den Schalterraum. Doch nicht die Ecken, in denen er und die Banditen kauerten. Im Saloon lachten, brüllten und johlten die Soldaten. Die Minuten rannen langsam dahin. Jonny Malone lachte leise auf. „Es ist immer besser, die Soldaten vor sich zu haben, - 14 -
Marshal, als sie im Nacken zu wissen. Darum warten wir. Irgendwann werden sie verschwinden,“ „Was wirst du mit mir tun, Jonny Malone?“ Der Bandit starrte, ihn kalt und durchdringend an. Das tierisch entstellte Gesicht offenbarte nicht die schlimmen Gedanken. „Nichts ...“ „Das soll ich dir glauben?“ Lee Hendricks zog die Mundwinkel nach unten. „Du brauchst kein Hellseher zu sein, um zu wissen, daß ich euch folgen würde! Du wirst das also verhindern wollen.“ „Schon möglich.“ „Mach mir nichts vor, Jonny! Ich kenne deine Sorte. Du tötest Menschen, wie andere eine Fliege totschlagen. Du empfindest nichts dabei, vielleicht nur eine schlimme Genugtuung. Yeah, du weißt, daß ich hinter euch her sein würde. Das aber willst du nicht. Wie willst du es verhindern, Jonny?“ „Vielleicht erschieße ich dich, Marshal.“ „Dann hättest du es schon getan, Jonny. Du hast irgendetwas anderes vor!“ „Wer weiß?“ Malone rieb den Hinterkopf gegen die Wand. Die Rechte spielte mit dem Colt. „Ein Marshal hat doch nichts vom Leben, wenn er tot ist... Dann kann er nicht hassen und uns verfolgen. Ja, ich möchte gern, daß du mich in deinem ganzen Leben niemals vergißt, Marshal...“ Lee Hendricks schluckte würgend. Malone wollte ihn also am Leben lassen. Vielleicht würde der Bandit ihn zu einem Krüppel zusammenschießen. Trotz seines eisernen Willens und seiner gewaltigen Beherrschung, konnte Hendricks die aufkeimende Angst nicht unterdrücken. Er - 15 -
preßte die Hände zusammen und spürte die Patronen in den Handschuhen. Es gehörte zu seiner Gewohnheit, auch Patronen in den Handschuhen zu haben — für alle Fälle; „Warum willst du, daß ich dich niemals vergessen kann, Jonny?“ ächzte er. „Was hättest du davon?“ „Weil ich dich und alle Marshals und Sheriffs hasse wie die Pest!“ fauchte Malone. „Ihr wollt uns an den Galgen bringen! Ihr hetzt uns wie Vieh durch das Land! Wir können nirgendwo mehr in Ruhe einen Whisky trinken und mit den Weibern in den Saloons tanzen. In keiner Stadt sind wir sicher vor euch! Wir müssen immer draußen im heißen Staub sein und können niemals in einem richtigen Bett schlafen! Darum, Marshal!“ „Ihr habt es so gewollt, Jonny“, dehnte Hendricks. „Jeder von euch hätte wie ein Cowboy arbeiten können, wie jeder anständige Kerl auch — aber ihr habt euch auf die andere Seite des Zauns gestellt. Daran habe ich keine Schuld, auch kein anderer Marshal oder Sheriff.“ „Arbeiten?“ Jonny Malone lachte heiser und wild auf. „Ein Leben lang schuften für nichts? Nein, Marshal, das ist nichts für uns!“ „Dann ist euch allen der Strick oder die Kugel sicher“, entgegnete Hendricks kalt. „Ihr könnt mich erschießen — aber ein anderer wird an meine Stelle treten! Und ihr vergeßt die Soldaten! Ich kenne den Captain sehr gut. Cash wird euch hetzen! Es ist Wahnsinn, ihn herauszufordern! Er ist ein Gemütsmensch, wenn niemand ihm auf die Zehen tritt, aber er kann furchtbar hart werden! Dieser Captain John Cash ist wie Himmel und Hölle in einer Person! Wie Feuer und Wasser. Er schreckt vor nichts zurück, wenn es darum geht, für Gerechtigkeit, Frieden und Sühne zu kämpfen!“ - 16 -
Die Banditen lachten verhalten und gepreßt. „Was muß das für ein Captain sein!“ höhnte Jonny Malone! „Ich krieg' ja richtig Angst vor ihm!“ „Du wirst Angst bekommen, Jonny“, versprach Lee Hendricks mit leiser Stimme, „was du auch mit mir machen wirst. Er ist wie ein schlafender Wolf. Weck niemals den Wolf in ihm!“ „Hört ihr das?“ Malone grinste zynisch. „Er will uns Angst vor diesem Cash machen! Aber dieser Cash säuft mit seinen Soldaten im Saloon, Marshal! Sie werden sich so sehr besaufen, daß sie zu nichts mehr imstande sein werden!“ „Seine Männer können was vertragen, Jonny... Du tust mir jetzt schon leid. Yeah, das meine ich sogar ehrlich! Auch wenn du ein ganz mieser, dreckiger Halunke bist.“ Malone verzog das häßliche Gesicht, doch er fiel Hendricks nicht an. Draußen grölten Soldaten. Steif richtete Malone sich auf und verharrte am Fenster. Seine Komplicen hielten die Waffen auf Hendricks gerichtet. Langsam glitt Malone zur Tür, öffnete sie zu einem Spalt und spähte die Straße hinauf. Er sah mehrere Soldaten vor dem Saloon. Sie schwankten um die Pferde und trugen einen ihrer Kameraden zu dessen Pferd. „Sie sind schon ziemlich besoffen. Bald werden sie verschwinden.“ Er schloß die Tür, verriegelte sie wieder und lehnte sich an. Hinter dem Tresen stöhnte der Bankdirektor und versuchte mit der Zunge den gefährlichen Knebel aus der Mundhöhle zu stoßen. Er würgte dabei und atmete pfeifend durch die Nase. Die Pferde der Banditen standen in einem alten Stall hinter dem Bankgebäude. Niemand in der Stadt bemerkte - 17 -
die Banditen und entdeckte die Pferde... Die Stunden vergingen. Im Saloon wurde es noch einmal sehr laut, dann kamen die Soldaten auf die Straße und schwankten zu ihren Pferden. Mit flachen, etwas unsicheren Schritten überquerte John Cash die Straße und betrat das Marshal's Office. „He, Lee Hendricks!“ schnaufte er und stierte umher. „Wo steckst du alter Tortenarsch? Hast du dich verkrochen, he?“ Die Lampe blakte und summte. Grinsend bewegte John Cash sich hinter den Schreibtisch und holte die Kalenderblätter hervor, malte darauf Figuren und warf sie zu Boden. Das strähnige sandfarbene Haar hing ihm ins Gesicht. Er angelte eine Flasche Whisky aus dem Tisch hervor und trank, knallte sie in die Ecke und verließ fluchend das Office. „Aufsitzen!“ Ächzend zog er sich in den Sattel und blickte die Soldaten an. In der Tür des Saloons standen die Animiermädchen mit zerwühlten Haaren und sahen aus wie gerupfte Hühner. „Schwadron marsch!“ rief Cash und bewegte schlaff die Rechte. „Vorwärts, Jungs! Auf geht's!“ Die Pferde waren nüchtern und formierten sich fast von allein zu einer Doppelreihe. Schwankend saßen die Männer im Sattel. Einige winkten zum Saloon zurück und grinsten. Andere rülpsten. Einer beugte sich zur Seite, das Essen fiel ihm aus dem Gesicht. „Ein Lied!“ brüllte Cash. Brüllend und völlig falsch singend, zogen die Soldaten aus der Stadt. Jaulend verschwand ein Kettenhund in seiner Hütte. Die Fensterscheiben klirrten. Die Mädchen - 18 -
hielten sich die Ohren zu. Fauchend schnellte eine Katze unter den Gehsteig und verkroch sich. Hinter den Häusern röhrte ein Maultier. Langsam verschwand die Schwadron in der Nacht. In den Häusern erlosch das Licht. Im Schalterraum der Bank war es sekundenlang noch still, dann fauchte Jonny Malone. Die Komplicen rissen Lee Hendricks hoch und stießen ihn an den Tresen heran, hielten seine Arme fest gepackt und preßten seine Hände auf den Tresen. „Knebelt ihn!“ befahl Malone. Flaherty und Saskatchewan stopften ihm das eigene Halstuch gewaltsam in den Mund. „Du wolltest wissen, was ich mit dir vorhabe, Marshal“, sagte Malone haßerfüllt, während es in seinen Augen grausam funkelte. „Ich will dich nicht umbringen, das wäre zu schnell für dich. Du sollst denken, sehen und sprechen können, aber uns nichts mehr tun können!“ Hendricks konnte nicht antworten. Er ächzte und versuchte, die Hände vom Tresen zu lösen, doch die Banditen hielten ihn mit brutaler Gewalt und Kraft fest. Für den Marshal wurde diese Stunde zur schlimmsten seines Lebens. Er konnte sich nicht wehren und nicht schreien. Niemand half ihm. Er war allein. Und Jonny Malone schlug mit dem Coltkolben zu, voller Wucht und Grausamkeit. Der Kolben traf Lee Hendricks' Hände. Mit viehischer Brutalität verkrüppelte Malone die Hände des Marshals. Der Schmerz war so furchtbar, daß Lee Hendricks röchelnd aufschrie und bewußtlos wurde. Sie ließen ihn einfach fallen, stiegen über ihn hinweg und verharrten an der Tür. Vorsichtig öffnete Malone die Tür. Flaherty und Flint trugen die Satteltaschen. Behutsam glitten sie hinaus. Auf der Straße war kein - 19 -
Mensch. Die Animiermädchen waren in den Saloon zurückgegangen. Geduckt rannten die Banditen um das Bankgebäude und erreichten den Stall. Schon zerrten sie die Pferde hervor und schwangen sich in die Sättel. Langsam ritten sie hinter den Häusern entlang, lenkten die Pferde zum Fluß und verhielten unter den Bäumen. Wenig später stampften die Pferde durch den Fluß. Die Schwadron war schon nicht mehr zu sehen und zu hören. Raunend strich der Wind durch das Geäst der Bäume. Trocken raschelten die Blätter. Hufeisen klirrten über das Gestein im Flußbett. Als Lee Hendricks zu sich kam, verspürte er die furchtbaren Schmerzen wieder. Zitternd hob er die Hände an und wollte sie bewegen, doch der Schmerz ließ ihn aufbrüllen. Schwankend verließ er das Bankgebäude, blieb mitten auf der Straße stehen und schrie durch die stille Stadt, und die Menschen hörten seine brüchige, vom Schmerz verzerrte Stimme, hasteten aus den Häusern und sahen ihren Marshal wie verloren und einsam auf der Straße stehen. Er hielt die Hände vom Körper weg. Blut sickerte durch die Handschuhe. Sein Gesicht war grau und verzerrt. Er stierte die Einwohner mit geweiteten Augen an, wollte sprechen und kippte plötzlich um. Bewußtlos lag er vor ihnen im Staub. Männer hoben ihn hoch und trugen ihn zum Haus des Arztes. Er war noch bewußtlos, als der Arzt ihm die Handschuhe behutsam abstreifte. Erschüttert betrachtete der Doc die Hände des Marshals. „Mein Gott! Das kann kein Mensch getan haben!“ Einer der Einwohner stürzte herein. „Doc, die Bank ist überfallen worden! Der Clerk ist - 20 -
erschossen worden!“ „Warum sagst du mir das?“ flüsterte der. Doc. „Glaubst du etwa, unser Marshal würde gleich losreiten? Lee Hendricks ist erledigt! Seine Hände...“ Er verstummte, wandte sich ab und öffnete den kleinen Schrank. Stöhnen kam über Hendricks' Lippen. Der Schmerz trieb Tränen in die Augen des Marshals. „Doc...!“ „Ja, Marshal...?“ Der Arzt blickte ihn ernst und bedrückt an. „Du wirst sehr tapfer sein müssen, Lee ... Deine Hände sehen schlimm aus. Ich weiß nicht, ob ich sie wieder in Ordnung kriege. Du mußt auf alles gefaßt sein.“ Hendricks schloß die Augen und biß sich die Lippen blutig. „Gebrochen?“ „Ja. Fast alle Finger. Und doch hast du noch Glück gehabt, Lee. Die Patronen haben viel von den Schlägen abgehalten.“ „Es waren Jonny Malone und seine Komplicen, Doc ... Flick mich zusammen, Doc! Nun mach schon!“ „Ich glaube nicht, daß du jemals wieder einen Colt wirst halten können, Lee... Ich mußte dir die Wahrheit sagen. Du bist jetzt hilfloser als ein Kind. Hier, nimm einen Schluck Whisky. Nein — trink die ganze Flasche leer!“ „Ich — ich kann nicht, Doc!“ Da setzte der Arzt sich auf die Kante des Lagers und hielt die Flasche an Lee Hendricks' Mund, und der Marshal trank die Flasche leer. „Die Banditen, Doc...“ „Vergiß sie jetzt, Lee! Du bist wichtig. Alles andere ist unwichtig. Halt jetzt still...“ Dem harten Marshal liefen die Tränen über das - 21 -
aschgraue Gesicht, als der Arzt seine Hände abtastete und jeden Finger einzeln schiente und ihn fest verband. Er stöhnte immer wieder vor Schmerz laut auf. Ohnmächtig lag er dann vor dem Arzt. Draußen riefen die Menschen durcheinander. Fackeln loderten auf der Strafe. Vor dem Bankgebäude drängten sich Einwohner zusammen. Bedrückt sah der Arzt in das eingefallene Gesicht des Marshals. „Ich kenne dich zu gut, Lee Hendricks“, flüsterte er. „Du wirst nicht aufgeben. Ich möchte um keinen Preis (auf der Welt in deiner Haut stecken ...“ *** Schaurig durchdrang das heisere Krächzen der Aasgeier die lastende Stille im heißen, öden Land. Träge erhoben sich die Totenvögel von den Felsen. Ihre Schatten huschten über den knorrigen Baum hinweg. Die Schreie hallten durch die weite Senke und weckten ein unheimliches Echo. Reglos verhielten die Soldaten. Jeder Mann war plötzlich stocknüchtern. Jeder hob in stillem Grauen die Schultern an, und mancher schluckte würgend, als müßte er sich übergeben. Vier Apachen hingen an Lassos am Baum — schlaff und angeschwollen. Die Kadaver der Ponys waren von den Aasgeiern aufgerissen worden. Die Äste knarrten im Wind. Langsam schwangen die Körper hin und her. In John Cash' Augen flackerte es. Sie glitzerten im Sonnenschein wie der Schnee auf den fernen hohen Berggipfeln. Er preßte die Hände um das Sattelhorn und starrte suchend umher. Die Spuren waren schon verweht. Niemals hätten sie diese Senke und die toten Apachen - 22 -
gefunden, wären sie nicht von den kreisenden Totenvögeln angelockt worden. Hinter Cash schwiegen die Soldaten. Er. blieb äußerlich kalt und beherrscht. „Schießt sie runter!“ Die Männer zogen die Gewehre aus den Scabbards und legten an. Die Schüsse peitschten, und schreiend flatterten die Geier empör, schlugen heftig mit den Flügeln und flogen über die Felsklippen davon. Das Blei hatte die Lassos zerfetzt, und die Apachen lagen unter dem Baum im Sand. „Begrabt sie!“ Wieder gehorchten die Männer. Sie alle waren keine Freunde der Apachen. So mancher Gefährte war schon in heißen Kämpfen mit den räuberischen Apachenhorden gefallen. Dennoch taten sie, was Cash wollte. Sie ritten hinunter und warfen Sand auf die Apachen, legten Steine auf die kleinen Sandhügel und stiegen wieder auf die Pferde. Forschend starrte der Captain in die hitzeflimmernde Ferne. „Sergeant Ward?“ „Yeah, Captain?“ Der breitschultrige Sergeant ritt an seine Seite. „Die vier Apachen wurden von Weißen aufgeknüpft, Sergeant. Das bedeutet nichts Gutes für das Grenzland. Wir wissen nicht, ob andere Apachen bereits hier gewesen sind. Die Indianer werden sich wieder einmal grausam rächen wollen. Wir müssen in ihr Gebiet — und das sofort!“ „Unser Proviant reicht für ein paar Tage, Captain.“ „Also können wir es riskieren .. Haben wir genug Munition?“ - 23 -
„Ja!“ „Dann vorwärts! Die Männer halten die Gewehre bereit, Sergeant. Sollten wir angegriffen werden, dann gibt es keine Flucht für uns. Dann greifen wir sofort die Angreifer an! Verstanden?“ Sergeant Ward nickte. Er kannte Cash' Art, zu kämpfen. Der Captain hielt den Gegenangriff für die beste Verteidigung. Ward hatte Vertrauen zu ihm — und er war sogar stolz, unter diesem Kommando zu reiten. Die Patrouille ritt an der Senke vorbei und nach Westen. Jeder Mann wußte, was sie dort erwartete, dort hinter den bizarren Bergen und sandigen Hügeln, in den öden weiten Tälern und in den klaffenden Canyons. Das Land der Apachen war die Hölle auf Erden. Kaum ein Weißer wagte sich in dieses Gebiet. Und dennoch gab es zwei, drei Rancher, die sich in diesem Land tagtäglich behaupteten und in jeder Nacht mit den Apachen rechneten. Die Pecos-River-Patrouille ritt wieder einmal gleich einem Stoßkeil in das Land der roten Felsen hinein. Das Rasseln verlor sich hinter den Sanddünen ... *** Draußen vor den Stallungen und Korrals der Ranch lauerte der Tod. Dumpfe Trommellaute tönten durch die mondhelle Nacht und wehten durch das weite flache Tal. Kalt funkelnde Sterne tauchten das Grenzland in ein bleiches Licht. In der Ferne ragten bizarr und unheimlich die dunklen Berge empor. Schattenhafte Gestalten glitten über die Talhänge und verbargen sich hinter den zundertrockenen Sträuchern. Ein klagender Laut kam mit dem raunenden Wind herüber. Männer mit Gewehren - 24 -
standen vor dem breiten steinernen Ranchhaus -und starrten in das Tal, wo Staubwirbel über die knochigen Rücken der Rinder tanzten. Jäh verstummten die Trommeln ... „Apachen.“ Dunkel und gepreßt kam das Wort über Delmer Logans Lippen. Die sehnigen Hände krampften sich um das Gewehr. Mit verkniffenen Augen blickte er über den sandigen Hof und hinaus ins Tal. „Glaubst du, daß sie angreifen werden, Boß?“ flüsterte der blutjunge Cowboy neben ihm mit flackernder Stimme. „Yeah, Billy Blue“, murmelte Delmer Logan grimmig. „Sie wollen meine Rinder und unser Leben!“ Er sah den blonden Cowboy ernst an und bemerkte das fiebrige Flackern in den himmelblauen Augen. „Noch haben wir Zeit, Junge! Du kennst den Weg zum Fort. Traust du dir zu, die Kette der Apachen zu durchbrechen?“ Billy Blue schluckte trocken und würgend. Schweiß perlte auf dem schmalen Gesicht. Er zögerte, und der Rancher Logan und die Männer neben ihm warteten auf die Antwort. „Ich — ich weiß es nicht, Boß!“ stöhnte er. „Die verdammten Apachen werden mich vom Pferd schießen! Ich komme bestimmt nicht durch!“ „Einer von uns muß durchkommen, Billy Blue — er muß, sonst wird uns alle der Teufel holen! Ich kann keinen anderen Mann losschicken. Ich brauche die anderen zur Verteidigung. Sie sind härter als du. Darauf kommt es an.“ „Glaubst du, Boß, daß es ein Kinderspiel wäre, diese verdammten Apachen abzuschütteln? O nein, Boß! Sie werden mich zu Tode hetzen und mich irgendwo unter- 25 -
wegs abschlachten!“ , Das rauhe, zerfurchte Gesicht des Ranchers schien zu gefrieren. Er warf den drei anderen Männern einen ernsten Blick zu und packte dann den jungen Cowboy am Arm. „Wenn du nicht reitest, Billy Blue, dann werden die Apachen dich hier mit Sicherheit abschlachten! Wir können die Indsmen nicht lange abwehren! Irgendwann werden sie die Ranch erreicht haben, Billy Blue! Denk doch an meine Frau! Willst du sie im Stich lassen? Geh zu ihr ins Haus, sag es ihr!“ „Ich kann es nicht, Boß“, flüsterte Billy Blue mit flacher, fremd klingender Stimme. „Ich höre sie weinen ...“ Delmer Logan atmete rasselnd. Seine Hand legte sich schmerzhaft fest um den Arm des jungen Cowboys. „Es ist unsere einzige Chance. Du mußt dich zum Fort durchschlagen. Captain John Cash ist ein alter Freund von mir. Er wird sofort mit seinen Soldaten kommen und uns hier herausholen! Billy Blue, Junge — ich muß mich auf dich verlassen. Meine Frau ist krank, sie kann nicht reiten — ich muß hier bleiben. Heute nacht werden die Apachen angreifen. Wir machen hier einen Feuerzauber und lenken sie ab, und du wirst im Galopp von der Ranch jagen! Du wirst es bestimmt schaffen, Billy Blue!“ Der Cowboy hob steif die Schultern an, als wäre ihm plötzlich sehr kalt geworden. Mit flackernden Augen stierte er über die Korrals hinweg. Überall im Tal standen hohe Grasbüschel und niedrige Sträucher, und selbst in den kleinsten Mulden konnten Apachen sich verborgen halten. Die Angst um sein Leben hatte ihn längst gepackt und schüttelte ihn wie wildes Fieber.
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Immer wieder blickte er nach den Talhängen hinüber, während Delmer Logan und die drei Cowboys schweigend warteten. Die Tür des Ranchhauses war weit geöffnet. Leises Wimmern tönte aus dem Haus. Delmer Logan biß sich fast die Lippen blutig. Er konnte Billy Blue nicht zwingen. Der junge Bursche mußte sich selber entscheiden. Wie gebannt starrten die Männer zu ihm hin. Auch ihr Leben hing von Billy Blues Entscheidung ab. Jeder von ihnen würde sofort bereit sein, den Ritt zum Fort zu wagen, aber Logan brauchte sie hier auf der Ranch, er wollte und konnte nicht die Ranch aufgeben. Seine Frau war schwer krank. „Billy Blue!“ stöhnte Delmer Logan auf. „Nun sag doch was, um Himmels willen! Du.bekommst das beste Pferd, das ich habe! Wir alle verlassen uns auf dich. Du bist unsere letzte Chance, Billy Blue!“ Langsam löste der junge Cowboy den Blick von den Talhängen und stierte den Rancher und die Männer an. „Warum gerade ich, Boß?“ „Weil du jung bist!“ keuchte Logan. „Weil du eine bessere Chance haben sollst als wir! Glaub mir, du wirst durchkommen! Wir geben dir Feuerschutz! Die Apachen werden dich nicht sofort entdecken. Sie werden dir auf ihren Ponys folgen, aber du wirst das bessere Pferd haben!“ Aschgrau war Billys Gesicht. In den blauen Augen war ein verlorener Ausdruck der Hoffnungslosigkeit. Wie ergeben senkte er den Kopf. „Ich tu's, Boß ...“ Die, Muskelstränge in Delmer Logans Gesicht zuckten und erschlafften. Er wirkte auf einmal sehr alt und müde, - 27 -
und er legte den Arm um den Cowboy und nickte mehrmals vor sich hin. „Gut, Billy Blue — ich hatte nichts anderes erwartet. Gott wird dich beschützen, mein Junge.“ Er wandte sich ab und stapfte mit erdhaft schweren Schritten in das Haus. Im Wohnraum flackerte trübe ein Talglicht. Im schwachen Schein lag blaß und stöhnend seine Frau. Sie erkannte ihn kaum. Mit ihren kraftlosen Augen sah sie schon in die raumlosen Fernen einer anderen Welt. Erschüttert kniete er neben dem Lager nieder. Seine Hände zitterten, als er die Hände seiner Frau nahm und sie küßte. „Mary“, sagte er mit klangloser, zerrissener Stimme, „will es noch immer nicht? Mein Gott, was soll ich tun, Mary?“ Sie quälte sich, drehte den Kopf herum und blickte ihn leer an. Sie konnte nicht mehr lächeln. Sie wußte schon nicht mehr, was Liebe war, wie sehr er sich um sie ängstigte, wie verzweifelt er war. „Ich hab' dieses Land... immer gehaßt“, hauchte sie, „und ich habe... oft gebetet, Delmer, aber dann... spürte ich das neue Leben in mir, und... Ich glaubte, daß nun alles... besser werden würde.“ Tränen traten in die Augen des rauhen Mannes. „Verzeih mir, Mary!“ stöhnte er verzweifelt. „Bitte, verzeih mir. Mein Gott — Mary, ich hab' das doch nicht so gewollt! Ich wollte einen Sohn — für diese Ranch!“ „Ja, Delmer...“ Sie blickte trübe in das blakende Licht. „Du darfst nicht weinen, Delmer... Du bist mein Mann. Du hattest ein Recht auf einen Sohn. Ich — ich habe versagt, Delmer.“ „Nein!“ schrie er röchelnd auf. „Das darfst du nicht - 28 -
sagen, Mary! Du hast niemals versagt! Ich hab' doch nur dich, Mary!“ Sie starrte noch immer in das Licht, das vor ihren Augen nur ein heller Punkt war. Sie spürte nicht, wie er ihre Hände an sein Gesicht legte. „Warum ... sind die anderen draußen, Delmer?“ hauchte sie. „Es ist doch schon... so dunkel!“ „Wir haben noch was zu tun, Mary, aber wir kommen bald rein.“ „Laß mich... nicht im Stich, Delmer ...“ Sie schloß die Augen und lag still vor ihm. Das Licht geisterte über ihr eingefallenes Gesicht. Sie atmete schwer und war völlig erschöpft. Steif richtete er sich auf und verließ das Haus. Der Mond stand hoch über den zerklüfteten Bergen. Dunkel und reglos verharrten die Cowboys vor dem Haus. Im Nachtwind bewegten sich knarrend die Latten der Korrals. Das Murren der ruhenden Rinder tönte herüber. Nirgendwo war ein Apache zu sehen. Fragend blickten die Männer ihn an. „Sie schläft jetzt“, flüsterte er. „Komm, Billy Blue...“ Beide gingen über den Hof und in den Stall. Logan zeigte auf eins der ausgeruhten Pferde. Schweigend sattelte Billy Blue das Pferd. „Gib ihm etwas Wasser, Billy Blue, aber nicht viel, hörst du? Nicht mehr als zwei Gallonen. Es darf den Bauch nicht voll Wasser haben ...“ „Ja, Boß“, sagte Billy Blue leise. „Wie geht es der Ma'am?“ Logan lehnte sich an die Pferdebox und rieb sich das gefühllos gewordene. Gesicht. „Sie wird sterben, Billy Blue... Nur Gott könnte sie retten. Es ist das Kind, verstehst du, mein Junge — das - 29 -
Baby! Es will nicht raus! O Billy, es ist dieses verdammte Kind, das meine Frau umbringt!“ Er packte den Cowboy an den Schultern und krallte die Hände hinein. „Ich hasse dieses Kind, Billy!“ keuchte er. „Es steckt in ihrem Leib wie ein Teufel! Es will nicht in diese verdammte Welt, und es bringt meine Frau um!“ Die tiefblauen Augen des jungen Cowboys weiteten sich. Die Tränen schillerten in den Augen. „Boß!“ schrie er leise und unterdrückt auf. „Boß, was sagst du da? Das darfst du doch nicht sagen!“ Das verzerrte Gesicht des Ranchers war dicht vor ihm. Jäh erschlafften die Gesichtsmuskeln, und die Hände rutschten von seinen Schultern. Schwer fiel Delmer Logan gegen die Box und schüttelte wie geistesabwesend den Kopf. „Du hast recht, Billy Blue... Ich wollte das Kind. Nein, ich hasse es nicht. Das darf ich nicht tun ... Mein Gott, niemand kann uns helfen! Billy, du mußt es schaffen! Ich flehe dich an, Junge — du mußt das Fort erreichen, und wenn du hinkriechen müßtest! Hol Captain John Cash her!“ Der junge Cowboy, war auf einmal ganz ruhig. Seine Hände zitterten nicht mehr. Er nahm das Gewehr und stieß es in den Scabbard. Dann füllte er die Blechflaschen mit dem Wasser aus einem Holzeimer, der im Stallgang stand, und ließ schließlich das Pferd etwas saufen. „Ich schlag' mich durch, Boß“, sagte er klanglos. „Ich werde wie der Teufel reiten. Und ich werde immer an die Ma'am dabei denken.“ Delmer Logan wollte antworten, als draußen einer der Cowboys warnend rief. Sofort stürzte er aus dem Stall und riß das Gewehr hoch. „Hast du sie gesehen?“ - 30 -
„Yeah! Drei Apachen, Boß! Sie reiten am Talhang entlang! Da drüben sind sie!“ Logan starrte durch das Tal. Schemenhaft verschwommen jagten drei Apachen auf ihren Ponys durch das Schattenfeld am Talhang und verschwanden. „Diese verfluchten Höllenhunde!“ keuchte Logan haßerfüllt. „Sie wagen es noch, vor unseren Gewehren umherzureiten! Aber das kann ein Bluff sein! Vielleicht wollen sie uns ablenken!“ Sie verteilten sich, gingen neben den Stallungen in Deckung und starrten sich die Augen aus. Im weiten Tal tanzten die Staubwirbel wie von Geisterhand bewegt. Bleiches totes Licht fiel auf die Rinderherde. Sträucher wackelten im Wind. Grasbüschel raschelten. Die Schatten mehrerer Wolken wanderten lautlos durch das Tal und über die Ranch hinweg. Ein klagender Schrei hallte aus der öden Wildnis hervor und versickerte in der Nacht. Billy Blue wartete im Stall neben dem Pferd. Seine Hände waren feucht, sein .Herz schlug hart, seine Augen brannten. Die Angst stieg immer wieder würgend in der Kehle hoch. Delmer Logan lief geduckt zu einem Cowboy und kniete sich neben ihm nieder. „Hoffentlich kommen sie bald!“ krächzte er. „Billy Blue muß weg! Wir haben nicht viel Zeit'.“ „Warum schickst du den Jungen weg, Boß?“ murmelte der Cowboy ernst. „Er hat doch keine Erfahrung mit den Indsmen.“ „Einer von uns muß reiten. Ich hab' Billy Blue ausgesucht. Er ist leicht, das Pferd braucht nicht viel zu tragen. Und er ist jung, sehr jung sogar. Er kann nicht so gut wie ihr schießen, er würde es nicht lange durchhalten. - 31 -
Aber er kann wirklich gut reiten. Darauf kommt es an.“ „Du hast mir nicht alles gesagt, Boß. Yeah, du denkst, daß wir alle draufgehen werden, und du willst den Jungen retten. Wir wissen, Boß, daß du in ihm so was wie einen Sohn siehst. Das ist es.“ Logan antwortete nicht, doch sein Gesichtsausdruck war Antwort genug. Er klopfte dem Cowboy auf die Schulter und lief zum nächsten hinüber .. Totenstille herrschte im Tal. Im Haus war es still. Steif und wachsam lagen die Männer in der Deckung. Immer wieder starrte Delmer Logan zum Haus zurück. Billy Blue drückte das Stalltor weit auf und verharrte im Schatten des Stalls. Hinter ihm schnaubte das Pferd. Unruhig blickte er über den Hof und zum ostwärtigen Talrand. Dort müßte er an den Felsklippen vorbeijagen, dort verbargen sich auch Apachen. Mitten im Tal bewegten sich die Rinder. Irgend etwas schien sie zu beunruhigen. Die buschigen Sträucher wanderten durch das Tal, so langsam, daß die Männer auf der Ranch es gar nicht bemerkten... „Delmer...“ Logan hörte die schwache Stimme seiner Frau, sprang hoch und hastete sofort ins Haus. Er beugte sich über seine Frau und sah, wie sehr sie litt. Sie warf den Kopf hin und her. Fieber war in ihren Augen. Ihre Hände waren furchtbar kalt. Plötzlich wurde sie wieder still. Der kalte Hauch des Todes wehte durch das Haus. Immer wieder flüsterte sie seinen Namen. „Ich bin ja bei dir, Mary!, Du brauchst keine Angst zu haben. Ich paß gut auf dich auf.“ Sie sah ihn verschwommen neben dem Lager stehen. - 32 -
„Du darfst dir... niemals Vorwürfe machen, Delmer!“ stöhnte sie. „Niemals! Versprich... mir das.“ Er konnte kaum ein Wort' über die Lippen bringen. Alles in ihm bäumte sich gegen den Tod auf. „Ja, Mary!“ krächzte er. Draußen kläfften auf einmal die Coyoten. Klagendes Heulen durchdrang die Nacht. Kalt kam der Wind zur Tür herein. Sternenlicht fiel über die Türsehwelle. Der heisere Chor der Coyoten ließ das Blut in Delmer Logans Adern fast gefrieren. Seine Frau hatte die Augen geschlossen. Schmerz entstellte ihr Gesicht. „Boß!“ brüllte draußen ein Cowboy. „Die Herde...!“ Er ließ die Hände seiner Frau los, ergriff wieder das Gewehr und stürzte hinaus auf den Hof, blieb stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand geprallt, und sah, wie die Rinder herantobten. Staub wirbelte zu einer großen dichten Wolke auf. Die Tiere schrien und brüllten. Viele Hufe stampften und donnerten durch das Tal. Die Herde raste genau auf die Ranch zu! Logan brüllte, doch seine Stimme ging unter. Billy Blue sah ihn über den Hof laufen, hörte die Herde herantoben und das Gebrüll der Cowboys. Schon hatten die ersten Rinder die Ranch erreicht, zertrümmerten die Latten der Korrals, stampften alles nieder — und mitten im wirbelnden Staub schnellten berittene Apachen hervor. Pfeile sirrten umher, fauchten über den Hof und blieben klatschend im Holz der Stallungen haften. Die Herde raste über den Hof. In letzter Sekunde brachte Delmer Logan sich in Sicherheit, sprang in das Haus hinein und warf sich sofort herum, Mündungsfeuer flammten in der Tür auf. Kugeln peitschten den Apachen entgegen. Verzweifelt - 33 -
zerrte er an der Tür und riß sie zu, sprang zum Fenster, zertrümmerte es mit dem Gewehr und schoß wieder hinaus. In diesem Moment mußte Billy Blue handeln. Er mußte den schützenden Stall verlassen und losreiten — und er schwang sich in den Sattel, trieb das Pferd zwischen die vorbeirasenden Rinder und duckte sich tief. Staub umhüllte ihn. Schemenhaft erschienen zwei Apachen vor ihm - sahen ihn und wollten die Waffen auf ihn richten. Er feuerte sofort, und das Blei riß sie von den Ponys, Sie stürzten, überschlugen sich, rollten wie Bündel zwischen die Binder und gerieten unter die Hufe. Er konnte kaum noch Haus und Stallungen erkennen. Er wollte dieser Hölle entrinnen und jagte von der Ranch, umgeben von brüllenden Rindern. Mühsam löste er sich aus dem Keil der Herde, ritt aus , den Staubwolken und sah alles deutlich vor sich — den Talhang, die Felsklippen, die Berge. Und er schrie auf und gab dem Pferd Sporen, ritt wie der Teufel durch das Tal und strebte dem Hang zu. Da schnellten mehrere Apachen hinter den Felsen hervor. Er sah die Stirnbänder flattern, die langen schwarzen Haare — und er sah das grelle Aufblitzen der Schüsse. Kugeln umfauchten ihn, doch er wich nicht aus, raste genau auf die Apachen zu und schoß mitten in sie hinein. Schrill heulend warfen sie sich in die Deckung der Felsen. Schon tobte das Pferd mit ihm hart heran. Eine Kugel riß an seinem Stetson, und der Hut blieb am Kinnriemen hängen und schlug im Reitwind heftig auf seinen Rücken. Er schoß blindlings, traf nicht — doch er zwang die Apachen in Deckung. Schrill wiehernd jagte das Pferd an den Felsen vorbei. Hinter Billy Blue sprangen die Apachen hoch und hasteten zu den Ponys. - 34 -
Mit einem mörderisch wilden Geschrei nahmen sie die Verfolgung auf ... Staubwolken hüllten die Ranch ein. Delmer Logan konnte nichts erkennen. Die Herde war vorbeigetobt. Schlagartig war es still. Wie dichte Nebel trieben die Staubwolken am zertrümmerten Fenster vorbei. Nur langsam senkte sich der Staub. Kein einziges Pony war zu sehen. Die Körper mehrerer Apachen bedeckten den Hof und waren von den Rindern zu einer unkenntlichen Masse zusammengestampft worden. Kalt strahlten die Sterne. Das Stalltor stand weit auf, und Logan schrie über den Hof: „Billy Blue! Antworte!“ Der junge Cowboy antwortete nicht. Delmer Logan flüsterte vor sich hin: „Er muß es geschafft haben! Er ist nicht mehr hier.“ Mehrere zusammengeschossene Rinder lagen am Rande des Hofes. Weiter zurück lagen zwei gefleckte Ponys. Mit verengten Augen stierte Logan hinaus. Neben dem Stall sah er einen seiner Cowboys sitzen. Der Cowboy lehnte mit dem Rücken an der Bretterwand. In seiner Brust steckte eine Lanze, die ihn am Stall festgenagelt hatte. Die Rechte hielt noch das Gewehr, das schräg über den Beinen lag. Die linke Hand hatte sich im Todeskrampf um den Schaft der Lanze gelegt und war völlig erstarrt... Das Stalltor knarrte. Zusammengebrochen lagen die Korrals im Tal. Irgendwo brüllten Rinder, Apachenpferde trotteten über den Talrand. Weiße Wolken zogen über die dunklen Berge, die übergroßen hingestreckten Tieren ähnelten. Trocken wisperte der Nachtwind. - 35 -
„Smith, Kojack!“ Die Stimme des Ranchers tönte dünn durch das Tal. Er rief nach seinen Cowboys und stierte hinaus. Das Gesicht war schweißnaß und grau wie Stein, Und aus der Stille kam die leise Antwort: „Kojack hat es erwischt, Boß ...“ „Mein Gott, Smith — komm ins Haus! Wo steckst du denn?“ Smith schwieg. Vielleicht befürchtete er, von den Apachen entdeckt zu werden. Zwischen den Stallungen herrschte tiefer Schatten. Irgendwo rieb Sand unter Stiefeln. „Smith!“ Wieder bekam Logan keine Antwort. Er hörte hinter sich seine Frau stöhnen und blickte zurück. Das Talglicht flackerte heftig im Nachtwind, der durch das Fenster kam. Bleich wie tot lag seine Frau im trüben Lichtschein und starrte zum Fenster herüber. „Indianer?“ „Ja, Mary — Apachen! Bleib ruhig liegen! Billy Blue ist unterwegs, um die Patrouille zu holen! Wir schaffen es bestimmt, Mary!“ „Ich nicht mehr, Delmer“, flüsterte sie, „Auch ohne die Apachen... schaff ich es ... nicht mehr.“ Ihre Hände rutschten vom Lager und hingen schlaff hinunter. Sie atmete, doch sie war bewußtlos geworden. Er verharrte am Fenster. Im Tal kläfften Coyoten. Apachen waren es, die das Kläffen der Coyoten täuschend nachahmten. Und dieses Kläffen hatte etwas zu bedeuten. Damit verständigten sich die Apachen untereinander. Für einen Weißen war es schwer, diese Laute unterscheiden zu können. - 36 -
„Ihr verfluchten Hunde!“ ächzte Logan. „Kommt doch, damit ich euch abknallen kann!“ Die Nerven zitterten ihm. Er sah den Hof, die toten Apachen, den leblosen Cowboy, die Ponys, und er bangte um sein und um das Leben seiner Frau. Er wollte Smith hier im Haus an seiner Seite haben, um nicht so grenzenlos allein zu sein. Wieder rief er, wieder schwieg Smith. Kein Apache ließ sich sehen. Da rannte Logan durch den Wohnraum und zur Treppe. Oben am Ende der Treppe stand eine Leiter. Darüber befand sich die Dachluke. Er riß die Leiter von der Wand weg und stellte sich unter die Luke. Dann hastete er zum Fenster zurück. „Smith!“ raunte er. „Ich kann nichts von den Apachen sehen!“ Der Cowboy kauerte im tiefen Schatten und hielt das Gewehr im Anschlag. Staub hatte sein schweißnasses Gesicht geschwärzt. Er hörte die Stimme des Ranchers und lauschte angestrengt dem Winseln des Windes. In der Ferne, ostwärts vom Tal, fielen mehrere Schüsse. Der Knall war kaum zu hören. Dort im Osten versuchte Billy Blue, die unerbittlichen und zähen Verfolger abzuschütteln .. Ein Klagen war im Tal, als läge jemand im Sterben. Smith lächelte verzerrt, grimmig und haßerfüllt. Er fiel nicht darauf herein. Er ließ sich nicht täuschen. Dieses jämmerliche Klagen sollte ihn nur ablenken und ihn glauben lassen, daß die Apachen draußen im Tal wären. Aber warum, so fragte er sich, hatten sie die Herde zur Ranch gejagt...? „Ihr kriegt mich nicht!“ flüsterte er halberstickt. „Ihr lauert hier irgendwo!“ - 37 -
Die Sekunden wurden zu Ewigkeiten. Das Warten, Horchen und Umherstarren wurde zur Qual. Selbst der mutigste Mann besaß Nerven — und diese Nerven waren nicht immer kontrollierbar, sie gingen auch bei einem abgebrühten und kampferfahrenen Mann manchmal durch. Dagegen konnte niemand etwas tun. Allein der eiserne Wille genügte nicht. Die Angst kam immer plötzlich und peitschte einen Menschen in die Panik hinein. Deutlich sah Smith Rancher Delmer Logan am Fenster stehen. Logan stierte heraus und suchte nach ihm. Die zerfetzte Gardine bewegte sich im Wind. Pfeile steckten und lagen im Sand vor dem Haus; sie waren von der Steinwand abgeprallt. Obwohl Logan deutlich zu erkennen war, fiel kein Schuß. Kein Pfeil wurde auf ihn abgeschossen.,, Vielleicht waren die Apachen wirklich verschwunden und hatten sich mit ihre Beute, der Rinderherde, zufriedengegeben ... Jetzt wich Logan vom Fenster weg. Er ging zu seiner Frau und dachte verzweifelt und fieberhaft darüber nach, was er für seine Frau tun könnte. Mit flatternder Hand berührte er ihren Leib und spürte das Leben im Körper. Niemand hörte ihn, niemand sah ihn beten. Und niemand sah seine Tränen, die durch die Staubschicht auf dem grauen Gesicht sickerten .. Langsam kam Smith halb hoch und machte sich bereit. Immer wieder stierte er umher und suchte nach den Apachen. Staub wirbelte um die toten Ponys. Mondlicht lag bleich auf dem hohen flachen Dach des Ranchhauses. Es waren nur zehn, zwölf große Sprünge bis zur Tür des Ranchhauses. Er müßte es schaffen ... - 38 -
Im Haus horchte Delmer Logan. Dieses furchtbare Gewimmer im Tal zerrte an seinen Nerven, und es waren nicht mehr die besten und starken Nerven. Er hörte das heisere Gekläff und knirschte mit den Zähnen. Plötzlich hörte er hastende Schritte. Sporen klirrten laut an staubigen Cowboystiefeln. Smith raste über den Hof, geduckt, das Gewehr im Anschlag ... „Die Tür auf!“ schrie er mit röchelnder Stimme. „Boß, die Tür!“ Sofort hetzte Logan zur Tür, packte den Querbalken und wollte ihn aus der Halterung ziehen. In diesen Sekunden prallte Smith draußen gegen die Tür. Dumpf schlug es ins Holz. Stöhnen war zu hören. Ein Gewehr fiel klirrend zu Boden. „Boß...“ Logan öffnete die Tür. Sie ging schwer auf, Stiefel rutschten über die Türschwelle. Entsetzt blickte Logan in das Gesicht des Cowboys Smith hing an der Tür. Eine Lanze war durch seinen Rücken gedrungen und hatte ihn an die Tür genagelt. Er war tot. Pfeile fauchten heran. Mühsam schloß Logan die Tür, warf den Querbalken in die Halterung und packte sein Gewehr. Aufbrüllend lief er zum Fenster. Sehnige Gestalten schnellten näher, sprangen über den Hof, trugen Gewehre, Coltrevolver, Pfeil und Bogen, Tomahawks Lanzen. Ihre verzerrten, knochigen Gesichter trugen die Farben des Krieges. Sie stießen gellende Schreie aus und griffen an... In diesen Sekunden war Delmer Logan völlig ruhig. Er schoß scheinbar kaltblütig, als ginge ihn das alles - 39 -
kaum etwas an. Seine Schüsse streckten mehrere Apachen nieder. Tomahawks wirbelten durch das Fenster herein, Pfeile sirrten an ihm vorbei. Kugeln klatschten in das Haus hinein. Hinter ihm erlosch das Talglicht. Es war dunkel im Haus. Vor dem Fenster schnellten die Apachen auseinander. Deutlich hörte Logan, wie sie sich gegen die Hauswand warfen. Er konnte sie nicht mit Schüssen erreichen, dazu müßte er sich weit aus dem Fenster beugen — und dann hätten sie ihn, nicht er sie. Bevor sie wieder angreifen konnten, zerrte er die Fensterläden zu und verschloß sie mit dem Querbalken. Tastend bewegte er sich durch den dunklen Raum. Voller Grauen dachte er an den Cowboy Smith, der draußen an der Tür hing. „Mary“, flüsterte er, „Mary — ich kriech' aufs Dach, hörst du? Ich kann die Apachen von oben aus besser sehen!“ Sie antwortete nicht. Er suchte nach der Decke und hüllte sie ein. Zitternd strich er über ihre heiße Stirn. Dann ging er zur Treppe und stieg empor. Die Holzstufen ächzten unter seinem Gewicht. Langsam kletterte er die Leiter hinauf und drückte die Dachluke zur Seite. Vorsichtig schob er sich auf das Dach. Weit reichte der Blick über das Tal. Seine Rinder standen fernab am Talende und wurden jetzt von Apachen davon getrieben. Die Ponys der Indianer waren nur an den weißen Flecken zu erkennen. Kalt strich der Wind über das Dach, Unten an der Tür ertönten dumpfe Schläge. Wie verrückt wuchteten die Apachen ihre Äxte in das Holz der Tür. Sie wüteten auch an den Fensterläden. Mordlust und Blutrausch hatten sie erfaßt. Wie wilde Tiere wollten - 40 -
sie in das Haus und über die letzten weißen Überlebenden herfallen... Stöhnend schob Delmer Logan sich an den Dachrand heran und blickte in die Tiefe. Er sah die Apachen und legte an, und er feuerte und traf. Schrill heulend, hetzten die Apachen auseinander, duckten sich und verschwanden hinter dem Haus. Sofort kroch Logan zurück. Flach lag er auf dem Dach und lauschte. Das Echo seiner Schüsse hallte durch das Tal, verebbte allmählich und erstarb mit einem Geflüster in der Ferne. Er wartete und harrte aus. Nur Billy Blue konnte ihn und seine Frau retten. Wenn der junge Cowboy nicht durchkäme, wären Logan und seine Frau verloren. Nur die Pecos-River-Patrouille könnte ihnen helfen, nur Captain John Cash. Unten war es still. Der Tod lauerte am Haus. Delmer Logan konnte jetzt nicht zu seiner Frau hinunter. Er mußte hier oben warten und von hier aus kämpfen. In der schwersten und schlimmsten Stunde ihres Lebens war Mary Logan mutterseelenallein und grenzenlos einsam . Unten rieb Sand, Mokassins glitten über den Boden. Apachen schoben sich dicht an der Hauswand entlang und hielten Gewehre zum Dachrand gerichtet. Logan hörte diese leisen Geräusche und riskierte sein Leben. Er robbte zum Dachrand heran und schoß, obwohl unten das Mündungsfeuer mehrerer Gewehre aufleuchtete. Und er traf, spürte den Gluthauch der Kugeln am Gesicht, schoß todesverachtend weiter und trieb die Apachen zurück. Mehrere Indianer lagen zusammengesunken am Haus. - 41 -
Mit zitternden Händen lud er das Gewehr. Der Knall verlor sich in der Nacht. Im Tal kläffte es nicht mehr. Ein reiterloses Pony irrte durch das Tal. Mondlicht erhellte das schweigende Land. Dort in der Ferne, vom Dach aus nicht zu erkennen, zog sich die dichte Baumkette am Rio Pecos entlang, dort ritten die Männer der Pecos-River-Patrouille durch die staubigen Täler. Wenn sie den Befehl dazu bekommen hatten. Drei Cowboys waren tot. Billy Blue ritt um Menschenleben, Und Delmer Logan lag auf dem Dach und wußte seine Frau allein im dunklen Wohnraum. Wenn er jemals lebend diese Nacht und vielleicht den kommenden Tag überstehen sollte, dann wäre er gerettet — und niemals würde er diese schrecklichen Stunden vergessen können. Die Stunden rannen dahin. Die Apachen schienen aufgegeben zu haben, denn er sah und hörte sie nicht. Im Osten färbte sich der Himmel blutrot, und die fernen Wolkenbänke leuchteten gelb und orangefarben auf. Zwielicht herrschte im Tal. Die Morgendämmerung brach an. Unten im Haus rief seine Frau mit schwacher, leiser Stimme. Er hörte nicht ihr Rufen, An der Steinwand des Hauses kratzte es, als wären Wölfe gekommen und würden scharren. Bodennebel zogen durch das Tal. Unendlich vorsichtig kroch Logan über das Dach. Er wollte nicht an der alten Stelle am Dachrand auftauchen. Er machte sich ganz flach und erreichte die Ecke des Daches. Zur anderen Seite hin brauchte er nicht schießen, dort gab es keine Fenster und keine Tür. Von dort aus konnten die Apachen nicht eindringen. - 42 -
Dumpf und leise fauchte es. Die räuberischen und mörderischen Apachen machten sich an der Tür zu schaffen. Mit Messern versuchten sie auch, die Fensterläden aufzusprengen. Logan rückte dicht an den Dachrand heran, hielt das Gewehr gepackt und warf einen schnellen Blick in die Tiefe. Drei Apachen hielten Gewehre und Coltrevolver, und alle Waffen zeigten zum Dachrand empor, nach jener Stelle, wo er gelegen hatte. Vier andere Apachen kauerten vor der Tür, wo leblos der Cowboy hing, und drei weitere Indianer schlugen plötzlich wild gegen die Fensterläden. Er schoß. Die Apachen rollten weg, schnellten wie Raubtiere in den Dunst hinein — und drüben am Stall krachten mehrere Schüsse. Eine Kugel streifte Logans Kopf. Er sackte nach vorn, alles verschwamm vor seinen Augen, er hielt das Gewehr fest, rollte sich vom Dachrand weg und schob sich zur Dachluke zurück. Dicht davor verlor er das Bewußtsein. Wie tot lag er auf dem Dach. Blut sickerte aus der Kopfwunde. Die Hände lagen auf dem Gewehr und erschlafften. Die Sonne ging auf. Heiße Winde strichen durch das Tal, und die Sonne begann zu glühen, schleuderte ihre Strahlen auf das Dach und auf den Mann, der sich nicht bewegte. Der Morgen war heiß, die Nebel im Tal hatten sich aufgelöst, der Himmel war wolkenlos. Erbarmungslos brannte die Sonne auf das ausgedörrte, öde und weite Land. Diese mörderische Hitze schlug auch über Billy Blue zusammen. Noch immer hatte er die Verfolger hinter sich, noch - 43 -
immer kämpfte er mit der Zeit und um sein Leben. Das Pferd ließ ihn nicht im Stich. Doch andere Apachen waren von irgendwoher hinzugekommen und holten jetzt auf ausgeruhten Pferden auf. Sie würden ihn einholen, das begriff er, und er schrie röchelnd auf, erreichte mehrere Felsen und riß das keuchende Pferd herum, zerrte das Gewehr aus dem Scabbard und sprang ab. Schon kamen sie heran. Die unbeschlagenen Hufe ihrer Ponys stampften durch die weite sandige Senke, Das lange Haar der Apachen flatterte heftig. Waffen reflektierten das Sonnenlicht, Schweißnaß schob Billy Blue sich zwischen die Felsspalte und zielte. Zum erstenmal würde er gezielte Schüsse vom festen Boden aus abgeben. Er hatte noch niemals zuvor auf Menschen geschossen. Erst in dieser vergangenen Nacht war er dazu gezwungen worden. Und jetzt sah er wieder diese verzerrten Gesichter, hörte wieder die Schreie, die diesmal kurz und abgehackt waren, und er konnte die Gesichtszüge seiner Feinde ganz deutlich in der grellen Sonne erkennen. Billy Blue mußte töten. Er ließ sie nicht näher herankommen. Das Gewehr spuckte Feuer und Blei aus. Zwei Apachen sanken von den Pferden und verschwanden im Staub. Die anderen stießen schrille Schreie aus und suchten die Deckung der Felsen und Sträucher. Wieder schoß Billy Blue — dann hastete er zu seinem Pferd, zerrte sich in den Sattel und jagte weiter nach Osten. Und wieder waren sie hinter ihm her wie Teufel, die seine Seele haben wollten. Sie hetzten ihn, als müßten sie seinen Atem in sich aufnehmen, um nicht selber zu sterben ... - 44 -
Da trat sein Pferd fehl und begann zu lahmen... *** An diesem Abend des 16, August 1873 kam ein Mann durch das Tor des Forts geritten, der sein Pferd durch die Verlagerung seines Körpergewichts lenkte. Vor der Kommandantenbaracke stützte er die Ellbogen auf das Sattelhorn, zog den rechten Fuß aus dem Steigbügel und saß mühsam ab. Er gebrauchte nicht ein einziges Mal seine Hände. Sie waren dick verbunden. Sein Gesicht war so kantig wie Stein, und nur die dunklen Augen verrieten den Schmerz. „Ich möchte zu Captain Cash“, sagte er zum Posten. „Bring mich hin zu ihm, Junge.“ „Der Captain ist unterwegs, Marshal“, antwortete der Posten, „aber der Colonel ist da.“ Sie gingen zur Tür der Baracke, und der Soldat öffnete sie und ließ Marshal Lee Hendricks eintreten. Sofort erhob sich der grauhaarige Colonel und streckte schon die Rechte aus, als er die verbundenen Hände des Marshals sah, „Hendricks, was ist los? Was ist denn mit Ihnen?“ „Ich konnte über die Telegrafenleitung keine Nachricht zum Fort schicken, Colonel. Die Leitung ist noch immer unterbrochen.“ Lee Hendricks sprach sehr ruhig, und nichts von Haß war in seiner Stimme. „Fünf Banditen haben die Bank von Pecos überfallen, den Clerk niedergeschossen und meine Hände mit einem Coltkolben zerschlagen, Ich wollte Hilfe von Ihnen, Colonel, aber ich sehe, daß fast alle Männer unterwegs sind.“ „Ja. Aber warum hat kein Aufgebot die Halunken - 45 -
verfolgt, Marshal?“ „Es war ein Aufgebot zusammengestellt worden. Es hat die Spuren gefunden und war ihnen gefolgt, aber die Männer sind bald zurückgekommen. Die Spur der Halunken führt in das Gebiet der Apachen.“ „Setzen Sie sich doch, Marshal.“ Hendricks nahm Platz und legte die Handrücken vorsichtig auf die Beine. Unruhig blickte der Colonel auf die Hände. „Ist es schlimm?“ „Yeah. Ich kann kaum was anfassen, Trotzdem werde ich nicht aufgeben, nach den Halunken zu suchen.“ „Das ist Wahnsinn, Marshal! Mit diesen Händen können Sie sich nicht wehren!“ „Damit rechnet Jonny Malone, Colonel. Der Bandit glaubt, nicht verfolgt zu werden. Ich muß ihn aufspüren. Wenn ich wüßte, daß die Halunken von den Apachen aufgerieben werden würden, dann würde ich hier ruhig sitzen bleiben und nichts tun. Aber gerade die Banditen kommen meistens ungeschoren durch das Indianerland. Es ist zum Verrücktwerden, aber es ist so.“ „Kein Teufel jagt den anderen“, murmelte der Colonel und nickte. „Aber Sie sollten trotzdem warten, Marshal. Captain Cash muß ja bald zurückkommen. Ich weiß nicht, warum er so lange ausbleibt.“ „Er war mit seinen Männern in Pecos — am 11. August. Ist er seitdem nicht mehr im Fort gewesen?“ „Ja — und ich mache mir langsam Sorgen, obwohl ich weiß, daß John Cash ein Teufelskerl ist.“ Der Colonel starrte flüchtig auf die große Wandkarte. „Er kann überall sein. Ihn zu suchen, hat keinen Sinn.“ „Vielleicht ist er zur Logan-Ranch geritten, Colonel. Logan, er und ich sind alte Freunde. Wir haben damals - 46 -
im Bürgerkrieg zusammen gekämpft.“ „Möglich ist das. Möchten Sie einen Kaffee?“ Lee Hendricks wollte schon nicken, als er den Schmerz in den Händen spürte. Langsam schüttelte er den Kopf. „Nein, Colonel — man muß mich wie ein kleines Kind füttern ..“ „Daran soll es nicht scheitern. Ordonnanz! Zwei Kaffee für uns!“ Der Corporal nickte und verschwand sofort wieder. Lee starrte zu Boden. Rotes Sonnenlicht fiel durch die Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen streiften die Palisaden. Soldaten liefen über den Platz. Die Ordonnanz brachte den Kaffee, und der Colonel rückte einen Stuhl heran und setzte Hendricks die Tasse an den Mund. „Ihre Hände werden bestimmt wieder in Ordnung kommen, Marshal. Sie müssen sich Zeit lassen. Wenn die Halunken wirklich in das Gebiet der Apachen hineingeritten sein sollten, dann stecken sie bald fest. Sie müssen sich vor den Indsmen verbergen. Ich glaube auch nicht, daß die Kerle wirklich weiter nach Westen wollen. Wahrscheinlich wollen sie sich nur eine Zeitlang im Indianergebiet verbergen, um dann nach Süden, zu reiten, wo sie was mit dem Geld anfangen können. Darüber können Wochen vergehen.“ „Das ist kein Trost für mich, Colonel.“ Lee Hendricks schlürfte vorsichtig den Kaffee. Erst, als er getrunken hatte, trank auch der Colonel. „Was wollen Sie also tun Marshal?“ „Nach Westen reiten. Irgendwie werde ich John Cash schon finden.“ „Er wird zum Fort zurückkehren,“ - 47 -
„Aber wann, Colonel! Dann könnten die Halunken schon über alle Berge sein. Ich brauche John Cash und seine Patrouille.“ „Von mir bekommen Sie jede Unterstützung, Marshal. Das ist doch selbstverständlich.“ Lee Hendricks bewegte vorsichtig die Finger und schlug die Zähne aufeinander. In seinen Augen tanzten unruhige Lichter. „Ich will Malone und seine Komplicen erwischen, Colonel — und wenn ich selber dabei drauf gehen sollte! Aber diese Mörder dürfen mir nicht entkommen! Geben Sie mir eine Order für Captain Cash mit, Colonel.“ Als Lee Hendricks die Kommandantenbaracke verließ, trug er die Order in der Tasche seiner langen Jacke. Auf Befehl des Colonels hatte ein Soldat sein Pferd abgerieben. Schon leuchteten die Sterne im Westen. Mühsam stieg er in den Sattel. Seine rechte Hand machte ihm weniger Schwierigkeiten als die linke, sie schien nicht so schwer getroffen worden zu sein. Der Colonel stand vor der Baracke und sah ihm nach, wie er einsam durch das Tor ritt, und der grauhaarige Offizier hatte das beklemmende Gefühl, Lee Hendricks niemals wiederzusehen. Auf den fernen Hügeln heulten die Steppenwölfe. Wie ein Sattelwolf ritt Lee Hendricks nach Westen. Die Nacht umgab ihn mit all ihren geheimnisvollen Lauten. Er rastete nicht vor Mitternacht. Einsam saß er dann neben seinem Pferd und konnte ihm nicht den Sattel abnehmen. Früh am Morgen ritt er weiter und durch die Gluthitze des Tages. Meile um Meile trug ihn sein Pferd immer tiefer in das Apachengebiet hinein. Nirgendwo erblickte er ein Rauchzeichen...
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*** Irgendwo hinter den Sanddünen rasselte es metallisch — dann war es still. Der Wind brachte die erbarmungslose Hitze aus dem Süden heran. Keine Wolke warf Schatten. Die Felsen waren so heiß wie glühende Steine. Billy Blue blickte zurück. Noch waren die Apachen nicht zu sehen. Sein Pferd konnte nicht mehr laufen; es trug ihn nur langsam weiter nach Osten. Jäh erschienen die Apachen auf der Bodenwelle und stießen schrille Schreie des höllischen Triumphes aus. Schon trieben sie die Ponys wieder an. „Weiter!“ schrie Billy Blue. „Lauf doch!“ Doch das Pferd lief nicht, und der junge Cowboy riß das Gewehr hoch und schoß zu den Apachen hinüber. Sie trieben die Ponys hinter die Felsen, ritten weiter und holten auf. Vor dem steinübersäten Hang einer Bodenwelle blieb Billy Blues Pferd stehen. Er warf sich aus dem Sattel und rannte den Hang empor. Keuchend warf er sich zwischen die Felsen und kroch durch den Sand. Angst erstickte beinahe seinen Atem. Er hörte das klägliche Wiehern des Pferdes, den im Wind rieselnden Sand und den dumpfen Hufschlag der Ponys. Stöhnend richtete er sich halb auf und starrte über die Felsen. Die Apachen ritten auseinander, sie wollten ihn umstellen, von allen Seiten herankommen und ihn niedermachen. Verzweifelt stierte er umher, schoß dann — und ein Apache fiel vom Pony. Die anderen waren nicht mehr zu sehen. Das Pferd nützte ihm nichts mehr. Er verließ die Deckung und rannte weiter, so schnell - 49 -
er konnte. Er durchbrach Dornengestrüpp, riß sich die Beine, blutig, stürzte an Kakteen und Mesquite vorbei, fiel, wühlte sich durch den Sand, kam schwankend hoch, rannte weiter. Auch die Apachen waren zu Fuß. Zäh und unerbittlich hetzten sie den jungen Burschen vor sich her. Sie waren kräftiger als er, und Sie waren es gewohnt, durch den heißen Sand zu laufen. Wie Schatten blieben sie hinter ihm. Ihre Schreie waren verstummt. Die Jagd war lautlos. Nur die Mokassins rieben durch den Sand. Sehnige Körper schnellten über die Felsen hinweg. Billy Blue hatte keine Chance. Die Apachen holten auf. Er hörte sie schon. Sie könnten ihn niederschießen, doch sie wollten ihn auf einmal lebend, um ihn quälen und martern zu können. Er schrie röchelnd auf und wurde von Todesangst vorwärtsgepeitscht. Immer wieder stolperte er, doch er ließ das Gewehr nicht los. Als er wieder einmal stürzte, blieb er am Boden hocken, riß das Gewehr an die Schulter und wartete. Ein Apache erschien hinter einem Felsen, und Billy Blue schoß sofort. Der Indianer verschwand, blieb auf den Steinen liegen. Billy Blue lief weiter. Vor ihm war eine heiße Mulde. Dahinter lag wieder eine Bodenwelle. Er wollte diese Bodenwelle erreichen. Mit letzter Kraft schleppte er sich durch die Mulde. Da verfing er sich im Gestrüpp und fiel der Länge nach hin. Das Gewehr rutschte weg und zwischen die Comasträucher. In seinen blauen Augen flackerte der Wahnsinn auf. Er wollte unter die Comas kriechen, wollte nach, dem Gewehr suchen — doch plötzlich sah er - 50 -
Beinkleider, Mokassins und die Schatten der Apachen! Sie standen in einem Kreis um ihn herum. Die Gewehre waren auf ihn gerichtet. Die Läufe warfen grelle Reflexe. Kein Apache stieß einen Laut aus. Unendlich langsam und völlig verkrampft drehte Billy Blue sich herum, lag auf der Seite und blickte in die knochigen Gesichter seiner Todfeinde. Seine Augen waren so blau wie der Himmel. Das blonde Haar leuchtete in der Sonne, klebte naß am Kopf. Die Lippen waren trocken, rissig und aufgesprungen. Dunkle Augen betrachteten ihn. Die Apachen hatten ihr Wild gestellt. Sie atmeten flach. Staub bedeckte die Kriegsfarben auf den Gesichtern. Schwarz und schwer fielen die langen, strähnigen Haare auf die Schultern. Sie starrten ihn nur an, bewegten sich kaum, hielten die Gewehre völlig reglos. Er war so gut wie tot... Der Glanz in seinen himmelblauen Augen, die ihm den Beinamen Blue gegeben hatten, erlosch wie ein heller Stern in der Nacht. „Tötet mich doch!“ schrie er sie an. „Schießt doch! Worauf wartet ihr verfluchten Hunde denn noch?“ Ihre Gesichter waren unbewegt — starre knochige Masken im grellen Schein der Sonne. „Du sterben!“ sagte plötzlich ein Apache mit kehliger Stimme. „Wenn Sonne untergeht und Nacht kommt. Du dann schreien wie Coyote!“ „Ihr verdammten Hundesöhne!“ stöhnte Billy Blue. „Ihr wollt mich wie ein Tier abschlachten!“ „Du sterben“, wiederholte der Apache. „Und ihr wollt Frieden mit uns!“ krächzte Billy Blue verzweifelt. „Euer verdammter Cochise sucht Frieden, und wir glauben es ihm auch noch!“ - 51 -
In ihren Gesichtern zuckte es. Ihre Augen flammten auf. „Wir nicht zu Cochise gehören!“ fauchte der Apache wütend. „Du schweigen! Du nichts sagen von Cochise!“ Billy Blues Gesicht war völlig entstellt in Todesangst. Es gab keine Versöhnung, kein Entkommen, kein Leben mehr. Mit ihm würden alle auf der Ranch sterben. Niemals könnte er Hilfe holen. Es war aus und vorbei. Was ihn jetzt noch erwartete, waren Stunden der Marter, des Schmerzes und des langsamen Sterbens. Noch immer standen sie vor ihm. Plötzlich bäumte sich einer der Apachen auf, riß den Mund zu einem lautlosen Schrei auf. Ganz deutlich sah Billy Blue, wie das Hemd vor der Brust zerfetzt wurde. Schwankend stürzte der Apache auf ihn — und erst jetzt hörte er den scharfen, peitschenden Knall mehrerer Schüsse. Er ruckte hoch - und sah, daß alle Apachen im heißen Sand lagen. Keiner rührte sich mehr. Huf schlag kam näher. Pferde jagten in die Mulde. Der Wind bewegte das Haar der Apachen. Ihre Gewehre lagen im Staub. Erschlafft waren die Gesichtsmuskeln, die Hände, die Körper. Keuchend kamen die Reiter heran. Staub wirbelte unter den Hufen der Pferde auf. Männer in blauen verwaschenen Uniformen sprangen ab und beugten sich über Billy Blue, zogen ihn hoch und hielten ihn fest — und ein bulliger Sergeant fragte ihn: „Geht's wieder, Junge?“ Er nickte verkrampft und schwankte. Überall waren plötzlich Soldaten — und da erblickte Billy Blue einen großen hageren Captain, der mit großen Schritten heran - 52 -
kam, die Radsporen an den Reitstiefeln der Kavallerie klirrten. Sandgraues Haar fiel unter dem Stetson hervor. Dieser Mann trug keinen Kavalleriehut. Der Stetson war durchschwitzt und verstaubt. Eine Klapperschlangenhaut lag als Hutband um den Stetson. Graue Augen sahen Billy Blue ernst und dennoch freundlich an. „War wohl höchste Zeit, wie?“ „Ja, Captain“, flüsterte Billy Blue. „Sie sind Captain John Cash, nicht wahr?“ „Stimmt. Wo ist dein Pferd.“ „Hinter der Bodenwelle dort.“ Billy Blue atmete tief ein und trank aus der Flasche, die ihm gereicht worden war. „Captain, Apachen haben uns angegriffen! Die Logan-Ranch ist verloren, wenn...“ „Logan?“ unterbrach Cash ihn. „Mein alter Freund Delmer Logan ist in Gefahr? Dann verlieren wir keine Zeit! Sergeant, der Junge kommt mit! Er soll hinter einem Soldaten aufsteigen! Los, vorwärts!“ Schon kurze Zeit später ritt die Patrouille in Stärke einer Schwadron weiter nach Westen. Zurück blieben die Apachen im heißen Sand der Wüste. Ihre Ponys standen im Dornenland. Billy Blues Pferd wieherte klagend der Patrouille nach und trottete dann hinterher ... Staub wehte auf die Spur der Soldaten. Die Sonne wanderte und begann zu sinken. Vor den Reitern flammte der Himmel glutrot. Wimmernd strich der Wind herüber. Dunkel zeichneten sich die Berge vor dem Feuer des Sonnenuntergangs ab. Wieder starb ein Tag ... ***
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Tückisch wallte der Staub und narrte den Mann auf dem Dach. Mit geröteten Augen stierte er in das mondhelle Tal. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Ausgebrannt war der Körper, die Kraft erloschen, die Hoffnung zerstört, das Denken nicht mehr möglich. Geronnenes Blut haftete am Gesicht. Sein Stöhnen wehte über das Dach des Ranchhauses und verlor sich. Delmer Logan lag wieder ohnmächtig auf dem Dach. Unten im Haus lag lebend seine Frau. Sie war so allein wie er. Im Raum war es dunkel, und noch einmal kämpfte die Frau mit ihrer letzten Kraft um das neue Leben. Draußen schabte es wieder. Delmer Logan sah und hörte nicht die Apachen, die wie Bluthunde um das Ranchhaus schlichen und wie Wölfe in den Wind witterten. Und seine Frau gebar in einsamster Stunde ihr Kind, barg es unter der Decke und verlor die Besinnung. Schläge dröhnten gegen die Fensterläden. An der Tür wurde gerüttelt. Apachen kamen vom Stall herüber und wuchteten Eisenstangen zwischen Tür und Rahmen. Sie wollten in das Haus, sie wollten alles Leben auslöschen und im Haus wüten. Logan sah nicht die tödliche Gefahr. Seine Frau kam zu sich, hörte die Schläge und wollte schreien — doch nur ein Stöhnen kam über ihre Lippen. Krachend sprang die Tür auf. Sternenlicht fiel in den Raum. Dunkel und unheimlich schnellten Apachen herein, duckten sich, standen völlig still. Kühl wehte es über die Türschwelle. Noch immer hing der Cowboy an der Tür. Er war skalpiert worden... Mary Logan bewegte sich nicht. Entsetzen entstellte ihr Gesicht. Vor ihr wuchsen Schatten hoch, und alles - 54 -
verschwamm vor ihren Augen. Die Apachen glitten durch den Wohnraum. Sie waren überall — am großen Kamin, vor der- Treppe, neben dem Lager der Frau. Und einer holte aus und stach zu ... Sie rissen nicht die Decke weg. Sie schlichen um das Lager und kümmerten sich nicht mehr um die tote Frau. Wie die Teufel begannen sie zu wüten und zu toben. Sie zerschlugen alles, rissen die Gardinen herunter, zerfetzten das Bettzeug, öffneten den Schrank. Sie zogen sich die Kleider der Frau über und tanzten im Raum umher, stießen schrille Schreie aus und lachten wie trunken, und sie entdeckten den Whisky und begannen zu saufen. Delmer Logan hörte diese schrillen Stimmen wie aus weiter Ferne. Alpträume quälten ihn. Er sah im Traum seine Frau, doch er kam nicht zu sich. Er wußte im Unterbewußtsein, daß Schreckliches geschah, aber das Hirn warnte ihn nicht. Apachen hetzten die Stufen der Treppe empor und erreichten die Leiter. Schon stieg ein Indianer langsam empor ... Reiter jagten heran. Heulend verließen die Apachen das Haus und huschten wie Schatten davon, schwangen sich auf die Ponys und ritten in wilder Flucht aus dem Tal. Soldaten folgten ihnen und feuerten. Wie ein Spuk verschwanden die Apachen. Vor dem Haus saß John Cash ab. Mit gezogenem Colt lief er hinein. Mehrere Soldaten folgten ihm. Andere schwärmten sofort aus und übernahmen die Sicherung. Düster starrte Cash auf den toten Cowboy an der Tür. Langsam ließ er die Tür los und ging weiter. Im hereinfallenden Sternenlicht sah er die totale Verwüstung im - 55 -
Wohnraum und erkannte die leblose Frau. „Mein Gott...“ Knirschend rieben die Zähne aufeinander Steif^ drehte er sich um und starrte in die Runde. Noch war die Ausdünstung der Apachen zu riechen. Billy Blue erreichte das Lager und mußte sich stützen. In seinen Ohren dröhnte und rauschte es, und die Stimmen der Soldaten wurden immer dünner und leiser. Schlaff fiel er ohnmächtig zu Boden. Es war einfach zuviel für ihn. Auf einmal zuckte John Cash zusammen und horchte. Zitterndes leises Geschrei war zu hören. Er blickte um sich, riß dann die Decke hoch und entdeckte das Neugeborene ... „Sergeant!“ rief er. „Ward, komm her! Hier ist ein Baby!“ Der bullige Sergeant hastete herein und blieb überrascht und erschrocken stehen. „Ein Baby — indeed!“ flüsterte er. „Ein ganz kleines Baby ... Wie — wie kommt das hierher?“ Schweigend zeigte John auf die Frau. Da bekreuzigte sich der gläubige Sergeant. „Wir müssen was tun, Sergeant“, ächzte John. „Aber was? Ich weiß es nicht! Ich hab' noch nie ein Kind gekriegt.“ Er war hilflos und wußte sich keinen Rat — und das war höchst selten bei ihm. „Nun tu doch was, Sam!“ „Wie-wieso ich?“ stotterte Sergeant Sam Ward. „Ich hab' auch noch kein Baby gekriegt, Captain! Ich w-weiß gar nicht, w-was man damit anfangen soll!“ „Captain!“ Ein Soldat war über die Leiter aufs Dach gestiegen und kam jetzt wieder heruntergepoltert. „Was?“ flüsterte John Cash. - 56 -
„Da oben liegt ein Mann!“ Sofort rannte Cash die Treppe hoch, stieg empor und“ lief über das Dach. Neben Logan kniete er nieder umfaßte das Handgelenk und spürte den Pulsschlag. „Gott sei Dank...“ Er hob Logan hoch und trug ihn zur Luke. Mit Hilfe der Soldaten brachte er ihn nach unten. Sie legten den Bewußtlosen auf eine ausgebreitete Decke. Johns Gesicht war fleckig. „Bringt seine Frau hinaus“, befahl er mit leiser, schleppender Stimme. „Begrabt sie und die Cowboys. Delmer braucht das nicht zu sehen... Sam, kümmere dich um sein Baby.“ Sie waren rauhe Männer, die nicht mit einem Baby umzugehen wußten — doch sie machten nichts falsch, als hätten sie schon hundertmal so ein kleines Baby umsorgt. Es schrie, und der bullige Sergeant hielt es in den starken breiten Armen und sprach mit leiser, brüchiger Summe auf das Baby ein. Billy Blue war zu sich gekommen, saß im Raum und stierte ins Leere. Die Soldaten trugen die Frau hinaus. Andere lösten den Cowboy von der Tür. Draußen verhielten auf keuchenden Pferden die Soldaten, die die Apachen verfolgt und gejagt hatten. Delmer Logan erwachte aus tiefer Bewußtlosigkeit. Er sah über sich das Gesicht des Captains und erkannte ihn. Wie aus weiter Ferne vernahm er Stimmen, Schritte und das Geschrei des Kindes. Er ruckte hoch und erblickte Sam Ward mit seinem Kind, Der Sergeant kniete vor ihm nieder und reichte ihm das Baby. „Es ist ein Mädchen“, sagte er dunkel, „ein ganz niedliches kleines Mädchen, Mr. Logan...“ „Meine Frau!“ stöhnte Logan auf. „Wo ist Mary?“ - 57 -
Cash drückte ihn sanft zurück. „Nimm deine kleine Tochter, Delmer — und sei ganz ruhig, sonst erschreckst du sie ja ...“ Da nahm Delmer Logan das kleine Bündel Mensch, küßte es und hielt es an sein Herz. Tränen liefen über sein Gesicht. Er wußte nun, was geschehen war, und seine Kraft war dahin. Er schluchzte, und die Soldaten öffneten alle Fensterläden und ließen ihn allein. Nur Billy Blue und John Cash blieben bei ihm. „Ich — ich muß einfach... weinen“, schluchzte er. „Ich kann nicht anders ...“ „Dann weine, guter alter Freund“, flüsterte John Cash ergriffen, „Glaubst du etwa, ich würde nicht weinen, verdammt noch mal?“ Seine Augen schimmerten feucht. „Los, wein doch weiter, Mann! Ich — ich will, daß du weinst, Delmer.“ Im Tal war es still. Draußen warteten die Soldaten, und Schaufeln drangen mit einem reibenden und knirschenden Geräusch in den sandigen Boden ein. Neben dem Haus entstanden die Gräber ... Das Baby schlief in den Armen seines Vaters, und die Tränen des Mannes näßten das kleine Gesicht. Billy Blue preßte die Hände gegen das Gesicht. Der Körper zitterte und bebte. Mühsam richtete er sich auf und schwankte hinaus, vorbei an den Soldaten und frischen Gräbern, hinaus zum zerstörten Korral. Dort sank er auf die Knie und betete für die Toten. Auch John Cash kam aus dem Haus. Er machte kleine, flache und tastende Sehritte und ging gebeugt wie ein alter Mann. Das Gesicht war grau und aufgewühlt wie eine zerklüftete, steinerne Landschaft. „Habt ihr ein paar Apachen erwischt?“ murmelte er - 58 -
dumpf und blieb auf dem Hof stehen. „Ja, Captain, fünf Indsmen. Die anderen konnten uns entkommen.“ „Wir kriegen sie alle.“ John Cash atmete tief ein und hob die Schultern steif an. In den grauen Äugen war es kalt wie Eis. „Ich will diese Höllenhunde dorthin jagen, wohin sie gehören — in die Hölle. Keiner soll uns entkommen. Sie werden sich in ihren Schlupfwinkeln in den Bergen verkriechen. Wir müssen sie aufspüren und zu Tode hetzen!“ . Die Soldaten schwiegen. Sergeant Sam Ward und die anderen suchten vergeblich im Gesicht des Captains den Ausdruck eines Hasses, doch sie spürten, wie schlimm und verwüstet es in ihm aussehen mußte. Langsam ging er zu den Gräbern. Hier lagen drei Cowboys und Mary Logan begraben. Er nahm den alten Stetson, dieses „Boss of the Plains“, ab und verharrte vor den kleinen Erdhügeln. Mit einem Ruck wandte er sich ab. „Sam, such ein paar Männer aus, die Logan zum Fort begleiten.“ Ward nickte. Cash suchte wieder das Haus auf. Er sah Delmer Logan auf dem Lager sitzen. Das Baby schlief in seinen Armen. Logan stierte ins Leere und hörte ihn nicht. Er war geistesabwesend und bewegte sich nicht. Cash holte eine wärmende Decke und hüllte Logans Schultern und das Baby ein. Auch jetzt rührte sich Logan nicht. Nur seine Lippen bewegten sich, er sprach lautlos vor sich hin. Die Augen waren trocken und gerötet. Blut haftete verkrustet am Gesicht. Wortlos ging Cash hinaus und winkte den Sanitäter heran. Der junge Soldat trat zu Logan und verband ihn. - 59 -
Der Rancher schien es nicht zu merken. Draußen warteten die ausgesuchten Männer auf Delmer Logan. „Die Apachen haben alle Pferde und Rinder mitgenommen, Captain“, sagte Sam Ward dunkel. „Sie haben alles verdammt gründlich gemacht. Es ist ein Wunder, daß sie das Baby nicht entdeckt haben. Sie hätten auch das Baby umgebracht.“ John Cash nickte und ging zum Korral. Billy Blue hatte sich aufgerichtet. Er hatte die Arme über eine Latte gelegt und starrte in das leere Tal hinaus. Stumm blieb Cash neben ihm stehen. Wolken zogen über den Himmel. Wölfe heulten fernab in den Bergen. Die roten Felsen verbargen die Apachen. „Sie haben gesagt, daß sie nichts mit Cochise zu tun hätten“, flüsterte Billy Blue, „aber ich glaub' ihnen nicht. Sie haben gelogen.“. „Wer weiß ...“ John blickte kalt in die verschwommene Ferne. „Cochise sucht angeblich wirklich den Frieden. Er ist ein alter Mann geworden. Ein paar Häuptlinge wollen ihm nicht gehorchen und weiterkämpfen. Aber das ist nicht meine Sache. Ich werde diese Apachen suchen und finden — und dann gnade ihnen Gott.“ Billy Blue schluckte schwer und sah ihn seltsam an. „Nehmen Sie mich mit. Captain. Ich will kämpfen.“ Nachdenklich betrachtete John den jungen Cowboy. Billy Blue hatte die Feuertaufe hinter sich. Er hatte dem Tod ins Auge gesehen und würde jetzt nicht so schnell in die Panik der Angst zurückfallen. Wer einmal den Tod vor sich gehabt hatte, der schreckte nicht so schnell vor anderen tödlichen Gefahren zurück. Billy Blue hatte die - 60 -
Grenze der Angst überschritten gehabt. Jetzt war er bereit zum Kampf. „Well, du kannst mitkommen“, murmelte John, „aber eines mußt du dir merken, mein Junge: Mein Befehl gilt, er ist das Gesetz für diese Patrouille. Du darfst nicht widersprechen und mußt mir gehorchen. Auch wenn du meinen Befehl für völlig verrückt halten solltest. Ich habe die Verantwortung für die Männer, und ich kann mich nicht um dich kümmern. Du wirst ein Soldat unter Soldaten sein, mehr nicht.“ „Ich — ich bin bereit dazu, Captain.“ „In Ordnung, Billy Blue.“ John sah, wie Delmer Logan mit seinem Baby aus dem Haus kam, und er stapfte sofort zu ihm. Logan blickte ihm ernst entgegen. Er war aus der Welt seiner düsteren Gedanken zurückgekehrt. „Reiten wir zum Fort, John?“ „Ein paar Männer werden dich begleiten. Ich werde die Apachen suchen. Ich darf keine Zeit verlieren.“ Delmer Logan schloß sekundenlang die Augen. Grau und rissig war sein Gesicht. „Ich will mit dir reiten, John!“ „Und deine kleine Tochter, Delmer? Sie braucht ein Bett, ein Zuhause. Sie muß schnellstens aus diesem verdammten Staub gebracht werden.“ Logan betrachtete das kleine verschrumpelte Gesicht des Babys und lächelte auf einmal still vor sich hin. „Deine Soldaten sollen es zum Fort bringen, John ..“ „Du willst dich von deiner kleinen Tochter trennen, Delmer? Vielleicht wirst du im Kampf gegen die Apachen fallen. Dann wird das Baby ohne seinen Vater aufwachsen. Überleg dir noch alles einmal.“ „Es könnte jetzt tot sein, John“, flüsterte Logan. „Gott - 61 -
hat es beschützt. Es wird leben und ein hübsches Mädel werden, das weiß ich. Es wird so schön werden wie seine Mutter. Auch mich hätten die Apachen beinahe umgebracht. Es war Gottes Wille, daß wir beide mit dem Leben davongekommen sind. Ich werde mit dir reiten und auf Gott vertrauen.“ John Cash hörte diese leisen Worte und winkte zwei Soldaten heran. „Ihr nehmt das Baby und bringt es zum Fort, Jungs. Die anderen werden euch begleiten. Ihr bleibt dann im Fort, Jungs, verstanden?“ „Ja, Captain!“ „Paßt gut auf meine Tochter auf“, bat Delmer Logan, und zögernd reichte er dem Soldaten sein Baby. Seine Hand zitterte, als er über das Gesicht des Babys strich. „Wir werden uns wiedersehen!“ Wenig später ritten die Soldaten mit seinem Baby davon. Einer der Männer hielt es in den Armen und hüllte es warm in die Decke ein. Langsam verschwanden die Reiter am Talrande. Logan stand vor dem Grab seiner Frau Mary und bewegte die Lippen. Auf einmal trat Billy Blue an seine Seite und hielt den Kopf gesenkt. Das blonde Haar leuchtete hell wie frisches Stroh in der Sonne“ „Vergiß, was ich gesagt hatte, Billy Blue“, flüsterte Delmer Logan. „Ich hatte mein Baby niemals gehaßt. Aber ich war verrückt vor Angst um Mary.“ „Ja, Boß.“ Logan drehte sich halb herum und blickte Billy Blue ernst an. „Gut, daß du es geschafft hast, Billy Blue... Ich bin sehr froh darüber, mein Junges“ Um seinen Mund zuckte es. Er preßte die Lippen - 62 -
zusammen und ging langsam weg, und Billy Blue blickte ihm nach. Abseits bei seinen Männern stand John Cash. Er sah, wie Logan noch einmal in das Haus ging. Als Logan hervorkam, war er ein anderer Mensch. In seinen Augen war Haß ... „Aufsitzen!“ befahl Cash. „Sergeant, drei Mann reiten als Kundschafter voraus!“ Die Männer stiegen auf die Pferde. Billy Blue und Delmer Logan saßen hinter zwei Soldaten auf. Schon ritten die drei Kundschafter im Galopp durch das Tal und der Schwadron voraus. Im klirrenden Trab zog die starke Patrouille davon ... *** Der heiße Wind blätterte in den Bündeln Dollarnoten. Erbarmungslos brannte die Sonne hernieder und traf die schweißnassen Gesichter der Banditen. Sie kauerten im Staub und zählten das erbeutete Geld. Ihre abgetriebenen Pferde standen in der Nähe. Staub wirbelte über die roten Felsen hinweg. „Das hat sich gelohnt, wie?“ lachte der schmächtige Windie triumphierend auf. „Jetzt sind wir reich, Freunde!“ „Du Dummkopf!“ Jonny Malone stierte ihn verächtlich an. „Das sind für jeden von uns fünfhundert Dollar, mehr nicht! Das ist doch kein Reichtum, du Narr!“ „Für mich reicht es“, behauptete Windie. „Ich hab' noch niemals so viel Geld auf einem Haufen gesehen.“ Flint, Saskatchewan und Flaharty stopften ihren Anteil in die Taschen. Windie zählte seinen Anteil noch einmal - 63 -
nach und küßte die Scheine. „Mich haben nie die Weiber gewollt, aber jetzt werden sie mir nachlaufen!“ flüsterte er. „Sie werden wie Tiere hinter dem Salz her sein und mich anhimmeln.“ Malone richtete sich auf und stapfte zum Pferd. „Wir müssen weiter!“ „Wohin, zum Teufel?“ knurrte Flint und wischte den Schweiß und Staub vom Raubvogelgesicht. „Wir sind eine Zickzackfährte geritten. Ich hab' die Schnauze voll vom ewigen Hin- und Herreiten, Jonny!“ Jonny Malone lehnte sich an sein Pferd und starrte über die Felsen hinweg. In rauchiger Ferne verschwammen die Konturen der Berge. Vor ihm, noch ein paar Meilen entfernt, kreisten Totenvögel am Himmel. „Wir müssen uns verbergen“, antwortete er heiser. „Dort, wo niemand uns vermutet, wo der Tod lauert.“ „Warum reiten wir nicht endlich nach Süden? Bisher haben wir keinen einzigen Apachen gesehen, bis auf die vier, die wir aufgeknüpft haben.“ Flaherty stand auf und rieb die Messerklinge am Hosenbein blank. „Ich bin dafür, daß wir nach Süden reiten.“ „Ich auch“, stimmte der blaßgesichtige Saskatchewan ihm zu. „Ihr seid ja verrückt!“ fauchte Malone. „Auch wenn wir die Telegrafenleitung zerstört haben, werden überall die Sheriffs vom Überfall erfahren haben. Bestimmt reiten Aufgebote umher, um uns abzufangen! Nein, wir bleiben im Apachengebiet, bis die Aufgebote verschwunden sind. Los, steigt auf die Gäule!“ Mürrisch und fluchend stiegen sie auf die Pferde und folgten Jonny Malone. Wie von einer magischen Kraft angezogen, ritt Malone dorthin, wo die Geier kreisten. „Mann“, krächzte Flint, „warum reitest du zu den - 64 -
Aasgeiern?“ „Weil dort der Tod gewesen ist“, antwortete Malone kalt. „Wo der Tod schon gewesen ist, da kommt er nicht wieder hin!“ „Du hast Nerven.“ „Ja, die habe ich, und darum lebe ich noch!“ lachte Malone wild auf. „Ich suche den Tod, versteht ihr? Der Tod ist mein Freund!“ „Nicht wir sind verrückt — du bist es.“ „Ihr werdet sehen, daß ich recht habe.“ So zogen diese fünf Banditen durch die glühende Hitze des Tages; verwischten ihre Spur und näherten sich den Totenvögeln. Jonny Malone hatte gar nicht einmal so unrecht. Der Tod suchte immer nach den Lebenden ... *** Kaltes Mondlicht traf das verzerrte Gesicht des Reiters. Roter Staub wehte über das schweigende Land und haftete am Verband der Hände. Das Heulen der Wölfe verwehte, und nur das dumpfe Hufgetrappel seines Pferdes war zu hören. Marshal Lee Hendricks war den Soldaten nicht begegnet, die mit Delmer Logans Baby unterwegs zum Fort waren. Einsam ritt er nach Westen und hoffte, die PecosRiver-Patrouille zu finden. Schmerz war in seinen Händen. Er lenkte das Pferd mit den Schenkeln und starrte voraus. Wenn sein Blick den Schaft des Gewehres traf, das im Scabbard steckte, dann stöhnte er dumpf auf und biß die Zähne zusammen. Selbst die beste Waffe nutzte ihm nichts. Das Tal lag vor ihm. - 65 -
Verschwunden waren die Rinder, davon geritten die Männer in blauen Uniformen. Grenzenlos öde war es im Tal. Vom Talrand aus konnte Lee Hendricks die zerstörten Korrals erkennen — und die Kadaver der Tiere, über die die Geier hergefallen waren. Er sah sofort, daß Schreckliches geschehen war, daß er zu spät kam. Nirgendwo zeigte sich Leben, nirgendwo verriet eine Stimme Leben. Alles war leer, verloren und tot. Und dennoch ritt er abwärts, lenkte das Pferd über den weiten Talhang und näherte sich der Logan-Ranch. Sein alter Freund war von Apachen angegriffen worden. Er erinnerte sich jener gemeinsam verbrachten Zeit im wilden Bürgerkrieg, der für beide Seiten nichts Gutes gebracht hatte, der für ein ganzes Jahrhundert oder mehr sogar noch eine ganze Nation gespalten hatte. Die Latten, halb heruntergerissen, bewegten sich mit trockenem Geräusch im Nachtwind. Zertrümmert war eins der Fenster des Ranchhauses. Tote Apachen lagen vor dem Haus, halb mit Sand zugeworfen. Das Stalltor war nur angelehnt. Lee Hendricks erkannte die frischen Gräber und stöhnte leise auf. „Delmer“, flüsterte er, „ich kann nichts für dich tun.“ Er wußte nicht, ob der alte Freund unter jener Erde lag, und er hielt am Rande des Hofes an und saß zusammengesunken im Sattel, blickte ernst und bedrückt umher und vergaß die Schmerzen in seinen Händen. Der Wind wimmerte. Schatten zogen durch das Tal. Wolken schoben sich vor den großen bleichen Mond. Das Gras raschelte trocken. Weit hinten im Tal wallte Bodennebel. Dort war - 66 -
das Wasserloch. Viele Spuren, halb verweht, waren auf dem Hof zu erkennen. Die Soldaten waren hier gewesen. Lee Hendricks erkannte noch die Stiefeleindrücke im Sand und vor den Gräbern. Er war zu spät gekommen. Die Spuren führten aus dem Tale. Hohl klapperten die Fensterläden. Der Wind faßte hinter das schmutzige Kattun der Apachen und trieb den Sand hoch. Langsam saß Hendricks ab. Reglos stand er neben seinem Pferd und hielt die Hände vom Körper weg. Die kleinste Berührung schmerzte. Es war Wahnsinn, allein und mit diesen zerschlagenen Händen in das Gebiet der Apachen zu reiten. Doch Männer wie Hendricks, Delmer Logan und John Cash waren es, die den Westen eroberten und tagtäglich darum kämpften, das die Pioniergrenze sich immer weiter nach Westen verschob. Diese Männer gehörten zum Salz der Erde. Kein fremder Laut warnte Lee Hendricks. Er stapfte zu den Gräbern hinüber und starrte darauf. Kein Schild und kein Grabstein verrieten die Namen der Toten. Die Tür des Hauses schlug auf. Dumpf krachte sie gegen die Wand. Noch jetzt steckten Pfeile und eine Lanze im Holz, und Hendricks erkannte den großen dunklen Fleck an der Tür. Langsam drehte er sich um und ging zur Tür. Auf der Türschwelle verharrte er und blickte in den verwüsteten Wohnraum, Er spürte auf einmal den Druck der Gefahr, das beklemmende, würgende, Gefühl, als hätte sich eine unsichtbare knöcherne Klaue um seinen Hals gelegt. - 67 -
Sand rieb unter seinen Stiefeln, als er das Haus betrat. Draußen schnaubte sein Pferd. Er sah zurück, doch niemand war auf dem Hof zu erblicken. Im Wohnraum gähnte es dunkel. Alles war zerstört worden. Die Apachen hatten wie Teufel gewütet. Die Dachluke war geöffnet, und das kalte Sternenlicht fiel auf die Holztreppe. Lee Hendricks wollte nicht umkehren, er wollte der Patrouille folgen und mit ihr nach den Banditen suchen, doch er wußte auch, daß John Cash jetzt nach den Apachen suchte, daß er zäh und unerbittlich seine Jagd durchführen würde. Seufzend drehte er sich um und verließ das Haus. Wieder traf Mondlicht sein Gesicht. Unschlüssig verharrte er und horchte. Der Wind schluchzte wie ein Kind ... Dunkel lagen die Stallungen vor ihm. Er trat an sein Pferd heran und überlegte — und er hörte, wie das Stalltor knarrte. Es war schon zu spät zur Flucht. Und er konnte auch nicht zur Waffe greifen. Vor dem Stall standen sie plötzlich breitbeinig, lauernd und grinsend. Die Gesichter waren verzerrt und voll bösen Triumphes, Sternenlicht ließ ihre Augen funkeln. „He, Marshal!“ dehnte Jonny Malone, „Du bist wirklich anhänglich! Hast du uns so gern?“ Lee Hendricks schluckte schwer. Er konnte im ersten Moment nicht antworten. Schweigend hob er die verbundenen Hände an. Der Verband leuchtete weiß im bleichen Lichtschein. „So eine Überraschung, wie?“ meinte Jonny Malone, - 68 -
während es in seinen Augen aufflackerte. „Du bist allein unterwegs? Wolltest du uns suchen?“ „Nein“, antwortete Hendricks mit bewunderungswürdiger Ruhe. „Du hast mich fertiggemacht, Jonny Malone. Ich bin erledigt. Für mich ist alles vorbei“ Pecos braucht keinen Marshal mit zwei verkrüppelten Händen.“ „Das tut mir aber leid“, höhnte Malone. „Das wollte ich nicht. Man hat dich aus der Stadt gejagt?“ „Ja!“ „So was Dummes.“ Malone schüttelte den Kopf und kam lauernd näher. Die Komplicen folgten ihm. Alle blieben ein paar Schritte vor Hendricks stehen. Sie stierten ihn an, doch nichts von Haß war in diesen Augen zu erkennen. Sie hatten Hendricks fertiggemacht und konnten nur noch einen schlimmen Hohn ihm gegenüber empfinden. Er war allein. Fünf gnadenlose Banditen hatten ihn wieder in ihrer Gewalt und konnten mit ihm machen, was sie wollten, „Ja“, sagte er leise, „das ist schlimmer als der Tod.“ „Du wirst nie wieder mit den Händen zufassen können?“ „Das weißt du genau, Jonny Malone! Du hast mich zum Krüppel gemacht! Ich hasse dich mehr als alles andere.“ Malone lachte laut auf und freute sich teuflisch. Die Komplicen stimmten in das Gelächter ein und schlugen sich gegenseitig auf die Schultern. Jäh erlosch Malones Lachen. Er stierte auf die verbundenen Hände und fragte mit schleppender Stimme: „Was soll ich jetzt mit dir machen, Marshal? Hast du keinen Vorschlag; he?“ „Du hast mich schon genug fertiggemacht, Malone“, entgegnete Lee Hendricks düster. - 69 -
„Aber es gibt andere Marshals, und die werden nicht lockerlassen. Ich wollte auf dieser Ranch mein Gnadenbrot finden. Diese Ranch hat einem alten Freund von mir gehört — aber die Apachen haben alles niedergemacht. Jetzt ist es aus. Ja, ich hasse dich, aber ich kann nichts gegen dich tun, Jonny Malone.“ „Daran wirst du noch krank werden, Marshal“, versprach Malone zynisch. „Ja, ich leg' dich nicht um! Du wirst bei uns bleiben, verstanden? Ich will dich in meiner Nähe haben und immer dein Gesicht sehen können. Du wirst an deinem Haß ersticken und mich tausendmal verfluchen, aber du wirst nichts tun können, und ich werde zusehen, wie du kaputtgehst!“ Seine Grausamkeit hatte längst die Seele vergiftet. Er konnte nicht mehr menschlich handeln und empfinden. Dennoch war er ein Mensch — verkommen, schlecht und skrupellos. „Eines Tages wirst du dich selber verfluchen, Jonny Malone“, murmelte Lee Hendricks verbittert. „Bis jetzt hast du immer Glück gehabt, aber das kann sich ändern!“ „Hier vermutet uns niemand, Marshal“, sagte Malone grinsend. „Hier sind wir sicher — aber wir bleiben nicht lange hier. Es könnte ja sein, daß die Soldaten zurückkommen, Ja, wir haben auch die Spuren gesehen. Ich bin nicht so dumm, wie du glaubst, Marshal. Ich seh' zwar aus wie ein Vollidiot, aber ich bin es nicht.“ „Das weiß ich.“ Lee Hendricks atmete schwer und preßte die Luft über die Lippen. „Auch ich hatte dich verkannt, Malone. Du wirst mich nicht wegreiten lassen können. Ich würde euch die Soldaten auf den Hals hetzen, und das weißt du,“ „Sicher.“ Malone neigte den Kopf und grinste gemein. - 70 -
„Du wirst uns Gesellschaft leisten. Wir hatten noch nie einen Marshal bei uns. Es wird ein schöner Spaß für uns werden...“ Er ging um Hendricks herum und packte jäh zu, hielt den Marshal am Arm fest und stieß gegen dessen rechte Hand. Der Schmerz ließ Hendricks aufbrüllen. Schweiß rann über sein Gesicht. Er wurde grau und schwankte. Malone und seine Komplicen lachten. Tränen traten in die Augen des Marshals. „O mein Gott!“ stöhnte er. „Was soll das, Malone?“ „Ich wollte nur sehen, was mit deinen Händen ist, Marshal.“ „Sie sind gebrochen, Malone! Jeder Finger ist kaputt! Was willst du noch mehr?“ „Nichts“, antwortete Malone kalt „Du bist wirklich fertig, Marshal. Aber du tust mir nicht leid. Du hättest uns an den Galgen gebracht. Du hättest gelacht, wenn man uns aufgehängt hätte.“ Lee Hendricks antwortete nicht. Er war in der Gewalt der Banditen. Der Schmerz schüttelte ihn noch immer. Schweigend sah er zu, wie die Banditen sein Pferd in den Stall brachten. Er mußte ihnen folgen. Malone stieß ihn gegen eine Box, und er ließ sich am Boden nieder. Er machte sich keine Hoffnungen. Die Pecos-RiverPatrouille würde nicht zur Ranch zurückkehren. Die Banditen machten im Stall ein kleines Feuer. Sie hatten im Ranchhaus Proviant gefunden und aßen nun. Dazu tranken sie Kaffee. Jonny Malone füllte einen Blechbecher mit dampfendem Kaffee und reichte ihn herüber, doch Hendricks konnte den Becher nicht annehmen. Grinsend stellte Malone den Becher zu Boden. Langsam ließ Hendricks sich auf die Seite fallen und - 71 -
trank im Liegen aus dem Becher. Die Banditen grinsten und stießen sich gegenseitig an. Es machte ihnen höllische Freude, zuzusehen, wie sehr sich der Marshal abmühte. „Er säuft wie ein Tier“, kicherte Windie. Steif kam Hendricks wieder hoch. Der Kaffee rann am Kinn abwärts. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Torwand und schloß die Augen. „Eines Tages ...“ „Hör auf davon!“ fauchte Malone. „Eines Tages, pah! Was sollte eines Tages schon sein, he? Wenn uns ein Aufgebot umstellen sollte, dann haben wir dich! Du bist unsere Geisel! Kein Mensch wird uns aufhalten!“ Hendricks atmete schwer und stierte in die knochigen Gesichter der Banditen. Je mehr er von Haß sprach, um so zufriedener machte er Malone und die anderen. Er mußte sie täuschen. Sie sollten das Gefühl bekommen, allmächtig zu sein. Dann würden sie ihn nicht umbringen. Sie brauchten ihn, sie wollten seine Qual sehen und sich daran ergötzen... „Vielleicht kommen die Apachen zurück“, flüsterte er. „Dann seid ihr erledigt. Ich habe keine Angst vor dem Sterben, Für mich ist alles sinnlos geworden. Ich kann noch denken, ich habe meine Augen und meine Beine — aber mit diesen Händen bin ich wehrloser als ein Kind. Jeder kann mich zusammenschlagen, jeder mich abknallen ...“ „Du bringst mich noch zum Weinen, Marshal!“ sagte Malone höhnisch, „Wirklich, mir kommen bald die Tränen.“ „Nicht jetzt, Jonny Malone“, widersprach Lee Hendricks dumpf, „aber eines Tages wirst du weinen! So wie ich geweint habe!“ - 72 -
„Er hat nicht mehr alle beisammen“, sagte Flint gehässig, „aber wir haben ihm doch nicht auf den Kopf gehauen!“ Sie lachten. Draußen im Tal war es totenstill. Im Stall rumorten die Pferde. Hendricks verzog nicht das Gesicht. Er grübelte. Die Banditen hatten ihm den Colt abgenommen, doch in der Satteltasche seines Pferdes steckte noch eine Waffe... Wie sollte er sie mit seinen Händen nur packen können? Es war aussichtslos. In dieser Nacht erlebte Lee Hendricks wieder einmal die ganze Gehässigkeit der Banditen, ihren Hang zum Quälen, ihren Sadismus. Und sie wurden erst still, als sie ihn nicht mehr mit den schlimmen Worten wach halten konnten. „Er hat recht, Jonny“, flüsterte der blaßgesichtige Saskatchewan. „Die Apachen könnten wirklich zurückkommen! Wir sollten morgen früh von hier verschwinden.“ „Ich bin auch dafür“, stimmte Windie zu. „Auf dieser verdammten Ranch sind wir nicht sicher genug, Jonny!“ Malone dachte nach und nickte. „Wir haben jetzt ja den Marshal. Wir können nach Süden reiten. Das Apachengebiet ist zu gefährlich. Flaherty, du übernimmst die erste Wache, Dann bist du dran, Flint.“ Es wurde still im Stall. Draußen ging Flaherty umher und starrte in das Tal,..
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Verborgen hinter dichten Dornensträuchern und roten Felsen, lauerten Apachen. Die sehnigen Körper lagen im heißen Sand und bewegten sich kaum. Dunkle Augen spähten den Reitern entgegen, Gewehre lagen neben den Indianern, doch sie griffen nicht danach — sie nahmen aus den Köchern am Rücken Pfeile hervor und spannten die Bogensehnen wie einst, als sie noch keine Feuerwaffen gekannt hatten. Dumpf schlugen die Hufe der Pferde durch den heißen Sand des Südwestens. Drei Männer kamen langsam und wachsam näher geritten. Sie hielten die Gewehre bereit. Die Sonne brannte auf die verstaubten blauen Uniformen die völlig schweißnaß wie eine zweite Haut an den Körpern der Soldaten klebten. Von der Pecos-River-Patrouille war noch nichts zu sehen. Die drei Soldaten ahnten nicht, wie nahe sie dem Tod waren. Sie ließen in ihrer Wachsamkeit nicht eine einzige Sekunde lang nach — doch sie konnten die im Hinterhalt lauernden Apachen nicht entdecken. Der Kampf gegen die räuberischen Apachenhorden war längst zu einem Guerillakampf geworden. Überall zwischen den zerklüfteten Bergen, in den tiefen Canyons und zwischen den schroffen Wänden der roten Felsentürme hielten sich die Apachen verborgen. Sie kämpften kaum noch offen. Sie nutzten die zerklüftete Landschaft, die ihnen tausend Verstecke und Schlupfwinkel gab — und sie ließen die verhaßten Weißen in ihr Gebiet eindringen, um ihnen dann tödliche Fallen zu stellen. Umsonst rief der greise Cochise nach Frieden. Die jungen Krieger waren wie Wölfe, die Blut geleckt hatten. Die Pfeile lagen hart an den gespannten Bogensehnen. Lautlos richteten die Apachen sich halb auf und be- 74 -
obachteten die drei Soldaten, die als Kundschafter der Patrouille vorausritten. Jetzt zielten die Apachen. Die Sehnen schnellten nach vorn, die Pfeile sirrten durch die heiße Luft, trafen und drangen mit einem dumpf klatschenden Geräusch in die Körper der Soldaten. Sie sackten aus dem Sattel, konnten nicht mehr abdrücken, nicht schreien. Wie Bündel fielen sie in den heißen Sand. Die Pferde trabten noch ein Stück weiter. Geduckt liefen die Apachen zu den Soldaten Eine halbe Meile entfernt, zog die Patrouille durch die Mittagshitze. John Cash ritt ganz vorn. Neben ihm ritt, haßerfüllt und auf Rache sinnend, Delmer Logan. Dann kamen der Hornist, der Sergeant und die anderen Soldaten. Die Doppelreihe der Soldaten bewegte sich im Trab nach Westen. Billy Blue ritt zwischen den Soldaten. Wieder blickte John Cash zur Seite und in das graue Gesicht des Freundes. „Wie ist Mary umgekommen?“ krächzte Logan plötzlich. „Warum siehst du mich immer an, John?“ „Ich überlege mir, ob der Haß dich blind gemacht hat, Delmer...“ „Und wenn es so wäre, was dann?“ grollte Logan. „Dann wäre das schlecht für dich, Delmer. Ich kann dich verstehen. Aber laß dich nicht vom Haß lenken und leiten!“ „Du kannst gut reden, John! Du hast keine Frau verloren. Wie ist Mary ums Leben gekommen?“ „Mußt du das wissen, Delmer? Genügt dir nicht, daß sie umgebracht wurde? Mußt du auch genau wissen, wie sie getötet wurde? Du kannst mich hundertmal fragen, - 75 -
ich sag' es dir nicht.“ „Sie wurde also erschlagen!“ „Nein.“ „Dann sag es mir, verdammt! Wurde sie erschossen?“ „Ja“, log John Cash. „Sie hat nichts davon gespürt.“ „Oh, mach mir nichts vor, John! Sie wurde erstochen! So war es, John! Sie wurde wie ein Stück Vieh abgeschlachtet!“ John schwieg. „Dein Schweigen sagt alles, John“, stöhnte Logan. „Ja, ich hasse die Apachen — und ich will sie auch hassen! Ich werde jeden Apachen töten, den ich sehe, und ich werde auch nicht davor zurückschrecken, ihre Squaws zu töten!“ „Dann bist du nicht besser als die Apachen, Delmer! Auch sie hassen, auch sie töten Frauen.“ „Ich hab' damit nicht begonnen!“ „Das sagt wohl jeder, Delmer — und das ist nichts anderes als eine jämmerlich billige Ausrede. Wir Weißen haben die Kämpfe gegen die Indsmen begonnen, wir wollen dieses Land an uns reißen, wir haben die Indianer vertrieben und treiben sie noch immer vor uns her. Ich weiß genau, daß wir im Unrecht sind, aber ich kämpfe trotzdem weiter. Es soll wohl alles so sein.“ Hart trieb er das Pferd an und jagte voraus. Mehrere Soldaten folgten ihm sofort. Sie hatten den Befehl, ständig in seiner Nähe zu bleiben. Der Talhang gleißte sandig. Die Hufe wühlten sich durch den Sand. Felsen wuchteten empor. John Cash riß am Zügel und verhielt. Die nagelneue Winchester 73 reflektierte das Sonnenlicht. Mit verengten Augen starrte er voraus. Die Pferde der drei Kundschafter waren nicht mehr zu - 76 -
sehen. Die Spuren endeten dort, wo drei leblose Soldaten lagen. Captain John Cash' Gesicht wurde wie zu Stein. Rauch war plötzlich in den grauen Augen. Er hob die linke Hand an und gab ein Zeichen — und die Soldaten der Patrouille trieben die Pferde an und schwärmten aus. Im Galopp jagten sie den Talhang empor und stießen zwischen die zerklüfteten Felsen, verteilten sich sofort und richteten die Gewehre in alle Richtungen. Langsam ritt Cash an die Toten heran. Er saß ab und beugte sich über seine Soldaten. Sie waren skalpiert worden. Uniformstücke fehlten. Apachen hatten ihnen die Jacken und Stiefel ausgezogen und die Waffen mitgenommen, sogar die Munition. Die Sonne brannte in seinem Nacken. Ausdruckslos war das Gesicht. Sand haftete grau an der zerfurchten Haut. Schweiß rann unter dem Stetson hervor. Neben ihm verhielten Sergeant Sam Ward, Delmer Logan und Billy Blue. Logan stöhnte hörbar auf. Billy Blue stierte auf die Toten und war blaß geworden. Der Sergeant kaute auf der Unterlippe und atmete schwer. „Ihr Befehl, Captain?“ ächzte er. John richtete sich auf und starrte in die Runde. „Sie stecken hier irgendwo. Sucht sie! Bringt sie mir her! Von mir aus tot, aber bringt sie mir!“ Kein Haß färbte den Klang seiner Stimme, doch in seinen Augen flirrte es erbarmungslos kalt. Er war ein Draufgänger und hatte seine Soldaten so sehr gedrillt, daß sie keine Furcht mehr hatten. Auf brüllend jagte der bullige Sergeant davon. Überall hetzten Soldaten umher. Mit einem Sprung war Cash im Sattel und jagte zwischen die Felsen. Die Hetzjagd hatte begonnen. - 77 -
Zurück blieb Delmer Logan mit Billy Blue. „Skalpiert“, flüsterte Logan, „Wie unsere Cowboys, Billy Blue, Oh, ich hasse sie! Ich muß sie hassen!“ Er ballte die Hände zu Fäusten zusammen und verbiß den Schmerz, der in der Kopfwunde wütete. Er stierte umher und hörte plötzlich Schüsse und schrilles Wiehern. „Komm, Billy!“ Sie ritten zwischen die Felsen. Vor ihnen peitschten Schüsse. Auf einer etwas entfernten Bodenwelle war ein berittener Apache zu erkennen. Blei schlug in das Pony hinein und riß den Apachen vom Pferd. Tot rollte er abwärts, und das Pony schlug über ihn hinweg. In einer staubgefüllten Senke standen drei Apachen. Neben ihnen lagen zwei erschossene Ponys und standen drei Soldatenpferde und ein verletztes Pony. Gewehre waren auf die Indianer angeschlagen. John Cash stieg gerade aus dem Sattel, als Logan mit Billy Blue herangejagt kam. Langsam ging Cash abwärts. In der Rechten hielt er den großkalibrigen Coltrevolver der Army. Seine Gesichtszüge waren wie vereist. Die Sporenräder rasselten stählern an den Stiefeln. Die gestellten Apachen duckten sich vor ihm, als würde er mit einer Peitsche ausholen. An den Gurten der Apachen hingen blutige Skalpe. Da krachte ein Schuß, und einer der Apachen brach zusammen. Sofort wirbelte John herum und sah, wie Delmer Logan wieder anlegen und schießen wollte. „Sam!“ brüllte er. Geistesgegenwärtig und blitzschnell schlug Sergeant Ward auf Logans Waffe, und der Schuß fuhr in den Sand. „Nicht schießen, Delmer!“ schrie John. „Ich brauche diese Kerle!“ - 78 -
Delmer Logan zitterte wie bei einem Schüttelfrost. Stöhnen kam über seine Lippen. Die Augen weiteten sich, dann sackte er nach vorn und schüttelte den Kopf. „Warum?“ krächzte er. „Sag mir, warum?“ John blickte kalt und ruhig. „Ich habe hier das Kommando, Delmer! Ich brauche dir keine Erklärungen zu geben! Noch ein Schuß ohne meine Einwilligung, und du kehrst um!“ „Diese Hunde haben Mary umgebracht!“ „Vielleicht, Delmer — aber es wimmelt hier nur so von Apachen! Hast du vergessen, daß diese Kerle drei meiner Männer getötet haben? Ich hätte einen Grund, sie umzulegen!“ Er ging weiter und blieb vor den beiden Apachen stehen. Groß und hager verharrte er im heißen Wind. Sein Blick durchbohrte die Indianer. Sie duckten sich noch mehr. Ihre Gewehre lagen bereits im Sand. Noch trugen sie Pfeil, Bogen und Messer. Die Waffen der toten Soldaten lagen auf den Ponys. Dumpfe, manchmal auch kehlige Worte kamen über John Cash' Lippen, Er bewegte dabei die linke Hand. Die Apachen verfärbten sich unter der Kriegsfarbe. „Was sagt er?“ raunte Billy Blue. „Ich versteh' das nicht.“ „Der Captain kennt ihre Sprache“, murmelte Sergeant Sam Ward. „Das ist ein Mischmasch aus Spanisch, Mexikanisch und der Dene-Sprachgruppe.“ „Und was sagt er?“ „Er sagt, daß er sie an den Füßen aufhängen wird, bis der Tod eintritt. Sie werden nicht in die ewigen Jagdgründe kommen, sie werden wie Coyoten rastlos umherirren und niemals den Weg finden zu ihren Häuptlingen und zum Großen Geist.“ - 79 -
„Wird er das wirklich tun?“ „Das weiß ich nicht — aber er bringt es fertig.“ Die beiden Apachen stießen wimmernde Laute aus. Sie sanken vor John Cash in den Staub und krümmten den Rücken. Da trat er gegen ihre Schultern, daß sie zurückfielen und vor ihm auf dem Rücken lagen. „Entwaffnet diese Kerle!“ befahl er. „Sie kotzen mich an! Das sind elende Feiglinge.“ Er kam zurück und blickte Delmer Logan grimmig an. „Tut mir leid“, flüsterte Logan, „ich...“ „Ach was!“ unterbrach John ihn rauh. „Leid tun, warum? Diese Apachen haben meine Männer heimtückisch aus dem Hinterhalt erledigt, sie waren viel zu feige, um offen zu kämpfen! Und da heißt es immer, die Indsmen wären mutig. Diese Hundesöhne sind es jedenfalls nicht! Yeah, es gibt auch elende Feiglinge unter den Indsmen. Ich werde ihnen die Hölle heiß machen! Einer von ihnen wird reden!“ Billy Blue zog fröstelnd die Schultern an, obwohl es heiß war. Ihm war kalt, als er diese Worte hörte und in die Augen des Captains sah. Mit einem Ruck wandte John sich ab und beobachtete, wie seine Männer die Apachen entwaffneten und fesselten. Sie zerrten die Indianer aus der Senke und trieben sie auf einen freien Platz inmitten der Felsgruppen. Auch die Pferde und das Pony sowie die Waffen wurden auf den Platz geschafft. Sergeant Ward schickte drei Soldaten weg, die ihre gefallenen Kameraden begraben sollten. Wieder trat Cash vor die Apachen hin, wieder sprach er zu ihnen. Sie antworteten nicht. Die Gesichter zuckten schwach. In den dunklen Augen war Angst. Langsam kam Cash zu Delmer Logan und lehnte sich - 80 -
an sein Pferd. „Wirst du sie aufhängen, John?“ „Schon möglich. Ich will die anderen Apachen bis zur Weißglut vor Wut bringen! Sie sollen uns angreifen, offen! Sie sollen so haßerfüllt und wütend sein, daß sie nicht mehr denken können! Und ich will ihr Lager finden!“ „Sie werden dir nichts sagen, wie?“ „Ja. Auch wenn sie hündische Angst haben — sie sind keine Verräter. Und schon bald werden sie auch ihre Angst überwunden haben. Ich werde gleich wissen, wer von beiden am meisten Angst hat.“ In seinem Innern stritt John Cash mit sich. Trotzdem mußte er es tun. Es ging um das Leben der Pecos-RiverPatrouille und um das Leben der Menschen im Grenzgebiet. Wer wie er die ganze Verantwortung trug, wurde zu einem Mann der einsamen Entschlüsse. Niemand konnte ihm helfen, ihm die Verantwortung abnehmen und das Richtige voraussagen. An diesem heißen Nachmittag ließ er die beiden Apachen zu einem Baum zerren, der ein trostloses Dasein mitten im Sand führte und zum Absterben verdammt war. Er ließ zwei Lassos über die Äste dieses Baumes werfen, und dann befahl er, die Apachen an den Füßen aufzuhängen. Sie stöhnten, doch sie sprachen nicht. „Höher mit den Kerlen!“ sagte er rauh. Die Soldaten zogen die beiden Indianer noch höher. Selbst mit ausgestreckten Armen konnten die Apachen nicht mehr den Boden berühren. Die Soldaten traten weg, und niemand schien sich mehr um die Apachen zu kümmern. Beiden stieg das Blut ins Gesicht. Manchmal krümmten sie sich an den Lassos. John setzte sich abseits zu Logan hin. - 81 -
Scheinbar gelassen holte er sein Rauchzeug hervor und begann zu rauchen. Der Stetson warf einen Schatten auf sein hartes Gesicht. „Wir müssen abwarten,“ „Willst du sie für immer hängen lassen?“ „Wenn es sein muß — ja!“ „Dann werden sie sterben, John.“ „Wolltest du sie nicht alle umbringen, Delmer?“ „Yeah, du hast recht. Ich war verrückt. Es war der Haß. Ich konnte einfach nicht anders!“ John schwieg und legte sich zurück. Die Felsen ragten hoch empor. Die Sonne stand schon im Westen. Die Hitze ließ die Luft verglasen, und es sah aus, als würden sich die fernen Berge verschieben. „Du hättest zum Fort reiten sollen, Delmer“, murmelte John nach langem Schweigen. „Deine kleine Tochter braucht dich. Was soll aus ihr werden, wenn dich die Apachen hier erwischen?“ Delmer Logan starrte in die rauchige Ferne. „Ich werde nicht sterben, John, das weiß ich. Ich bin mir ganz sicher ... Ich habe eigentlich nur Angst um euch und um Billy Blue.“ „Du siehst in dem Jungen so was wie einen eigenen Sohn?“ „Ja, John. Irgendwann wird dieses Land frei sein. Dann wird kein Apache mehr die Ranch überfallen.“ John Cash rauchte nachdenklich. „Ein Land ohne Menschen ist tot, Delmer. Wir Weißen brauchen nicht diese Wüste und die Berge. Wir brauchen die wenigen fruchtbaren Täler, die man fast an beiden Händen abzählen kann. Die Apachen dürfen nicht ausgerottet werden. Weiter im Westen leben die großen Stämme. Diese Apachen hier sind Abtrünnige der - 82 -
Stämme, so wie es unter uns Weißen auch Menschen gibt, die nichts mit der menschlichen Gesellschaft zu tun haben. Das sind rothäutige Banditen.“ „Mach sie nicht besser, als sie sind, John!“ „Das ist auch nicht meine Absicht, alter Freund.“ John sah zum Baum hinüber, wo die beiden Apachen hingen. „Lange werden sie es nicht mehr aushalten. Dann werden wir wissen, was wir zu tun haben.“ Die Soldaten lagerten. Posten gingen umher, kauerten zwischen den Felsen, beobachteten das weite Land. Sergeant Sam Ward stapfte umher. Der Abend brach herein. John sah, wie einer der Apachen flüsterte. Wieder vergingen viele Minuten. Plötzlich schrie einer der Apachen auf. Auch der andere bewegte sich heftig am Strick, er war etwas schmächtiger als der andere und stöhnte. Langsam stand John auf und gab Sergeant Ward einen Wink. Mehrere Soldaten traten an den Baum heran. Sie holten die Apachen herunter und lösten die Stricke von den Füßen der Indianer. Der schmächtige Apache stöhnte und kam mit dem Oberkörper hoch. „Ich sagen alles, Capitan!“ röchelte er. „Du fragen!“ Der andere wälzte sich auf die Seite, sprang jäh hoch und schnellte zum schmächtigen Apachen hinüber. Bevor einer der Soldaten eingreifen konnte, hatte er die Beine um den Nacken des anderen Apachen gepreßt und ruckte heftig herum, so hart, so wild, daß der schmächtige Apachenkrieger auf einmal schlaff in den Sand sank. Erst jetzt konnte einer der Soldaten mit dem Gewehr zuschlagen. Bewußtlos brach der Apache zusammen. „Gerechter!“ flüsterte Billy Blue. „Was hat er getan?“ - 83 -
Düster starrte John Cash auf die Apachen. „Er hat seinem Stammesbruder mit beiden Beinen das Genick gebrochen“, antwortete er mit kratzender Stimme, „weil er nicht wollte, daß der Bursche spricht und die anderen verrät. Verdammter Mist!“ „Soll er wieder an den Baum, Captain?“ „Nein. Schnürt ihn zusammen, aber macht die Fesseln nicht zu fest. Er soll sich befreien können... Sam, du reitest mit ein paar Männer weg. Verteilt euch und laßt diesen Halunken nicht aus den Augen! Folgt ihm unauffällig, laßt euch nicht sehen. Er wird auf dem kürzesten Weg zu den anderen Apachen laufen.“ „Du willst ihn laufen lassen?“ ächzte Logan, „Das kann nicht dein Ernst sein!“ „Doch. Nur so kann ich das Lager finden ... Sam, noch einmal: Seid vorsichtig, er darf euch nicht entdecken und entkommen! Wenn ihr das Lager gefunden habt, dann kommt sofort zurück!“ „Das tun wir, Captain, und wenn die Hölle gefrieren sollte!“ versicherte Sergeant Sam Ward grimmig. „Vorwärts, Jungs, bevor er zu sich kommt!“ Mit schweren Schritten stapfte Sergeant Ward davon, zog sich auf sein Pferd und schaarte ein paar Soldaten um sich. Schon ritten sie an und verließen den Lagerplatz. Der bewußtlose Apache wurde an den Rand des Rastplatzes getragen und dort zu Boden geworfen. Niedrige Sträucher standen vor den Felsen. Die Soldaten starrten düster auf den toten Indianer, dann hoben sie auch ihn hoch und trugen ihn weg. Abseits des Lagers begruben sie ihn und die anderen Apachen und beseitigten alle Spuren. Gesenkten Kopfes ging John Cash umher. Er spürte die Blicke der Männer und wußte, was sie dachten. Die - 84 -
Soldaten der Pecos-River-Patrouille waren entschlossen zum Kampf, doch jeder einzelne von ihnen empfand tief in seinem Inneren auch Angst, aber sie waren eben eine verschworene Gemeinschaft. Sie sahen sich und die anderen schon nicht mehr in der Uniform. Jeder kannte den anderen genau. Und sie alle warteten auf Johns Befehle. Er ließ sich neben Delmer Logan und Billy Blue nieder und blickte zum Apachen hinüber, der sich zu bewegen begann. Da gab er den Soldaten einen Wink, und sie breiteten die Decken aus und legte sich nieder. Zwei Männer wachten und schritten mit gesenkten Gewehren umher. Die Dämmerung hüllte die Felsen, Sträucher und Pferde ein. „Legt euch hin“, murmelte John, „tut so, als würdet ihr schlafen.“ „Glaubst du, daß dein Plan gelingt?“ flüsterte Logan. „Er muß gelingen, Delmer! Erinnerst du dich noch an den Krieg? Damals, in der Nacht, als wir einen Gefangenen entkommen ließen?“ „Yeah. Er führte uns genau zu unseren Gegnern, und wir konnten sie alle hochgehen lassen.“ „Dann drück uns die Daumen! Dieser Bursche soll zum Verräter werden!“ John erhob sich, holte die Schlafdecke vom Pferd und streckte sich lang aus. Er zog den Stetson über das Gesicht und hörte, wie Delmer Logan und Billy Blue sich in ihre Decken rollten. Es war still geworden im Lager. Mehrere Soldaten schnarchten. Dumpf und leise prustete manchmal ein Pferd. Der Apache war zu sich gekommen. Gekrümmt lag er am Boden. Die dunklen Augen funkelten im ersten Sternenlicht. Er stierte lauernd umher und zerrte dann an den Stricken. Hart traten die Muskelstränge der Arme unter - 85 -
der Haut hervor. Das knochige Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung. Jedes Mal, wenn die Posten zu ihm hinübersahen, wenn sie in seine Nähe kamen, lag er völlig still, als wäre er noch bewußtlos. John beobachtete ihn unablässig. Der Stetson verbarg sein Gesicht. Er konnte den Indianer deutlich sehen. Neben ihm lag die Winchester. Grimmiges Lächeln huschte über sein Gesicht, als er sah, wie sehr der Apache sich abmühte. Der Indianer ähnelte einem gefangenen wilden Raubtier, das ohne Freiheit nicht leben konnte. Immer wieder ruckte er hin und her, zog die Beine an und krümmte sich heftig. Plötzlich lag er still. Das Gesicht war verzerrt, eine Fratze, des Bösen. John sah, wie er die Hände bewegte, wie er die lockeren Fesseln abstreifte und die beiden Posten feindselig beobachtete. Beide näherten sich dem Apachen. Der Indianer lag völlig still und hatte die Augen halb geschlossen. Einer der Soldaten stieß mit dem Gewehrlauf gegen die Füße des Apachen — dann gingen sie weiter und kehrten ihm den Rücken, erreichten die Pferde und blieben stehen. Gut so, dachte John. Der Apache starrte haßerfüllt zu den Soldaten hinüber. Das Schnarchen der Männer ließ ihn sich sicher fühlen. Jetzt fuhren seine Hände zu den Beinen hinunter, und blitzschnell löste er die Fesseln. Schon rollte er sich zwischen die Sträucher, tauchte dahinter auf und stand reglos. Der Wind bewegte sein langes, strähniges Haar. Das knochige Gesicht glänzte im Mondschein. Lautlos verschwand er hinter den Felsen ... John erhob sich und horchte in den Wind. Die Soldaten kamen halb hoch und blickten zu ihm herüber. Keiner sprach. Alle schwiegen und warteten. - 86 -
„Hoffentlich sehen der Sergeant und seine Männer ihn“, murmelte John. „Bleibt bei den Pferden. Wir brechen noch in dieser Nacht auf. Der Indianer flüchtet nach Süd Westen.“ Klagend tönte der Ruf eines Wolfes durch die Nacht… *** „Das gibt es doch gar nicht!“ flüsterte Windie. „Seht ihr — da steht ein Haus! Scheint eine Farm zu sein!“ Die Banditen verhielten im Schatten der mächtigen Felsen und der verstaubten Bäume am Hang und blickten in die Bergfalte hinunter. Unten, von Bäumen halb verdeckt, erhob sich dunkel ein Farmhaus. Licht schien aus dem Fenster zu fallen. Ein zerbrochener Wagen stand auf dem sandhellen Hof. Kein Bewohner war zu erkennen. Lauernd starrten die Banditen in die Tiefe. Marshal Lee Hendricks atmete gepreßt. Er war der Gefangene einer gnadenlosen Bande und gab sich keinen Hoffnungen hin. Niemals würden sie ihn freilassen. Sie brauchten ihn, um nach Süden durchzubrechen — und wenn sie es geschafft hätten, dann würden sie ihn töten. Wimmernd fing sich der Nachtwind zwischen den Felsen. Trocken wisperten die Blätter der Bäume und Sträucher, Nebel wallten unten über einem Wasserloch. Jonny Malone starrte Lee Hendricks grinsend an. „Wir reiten hinunter, Marshal. Ein Wort, und du bist ein toter Mann ...“ Hendricks verzog das schweißnasse Gesicht. „Ich bin schon ein toter Mann, Jonny Malone. Glaubst du, ich wäre ein Narr, ich würde glauben, daß du mich - 87 -
laufen lassen würdest? Mein Leben ist keinen einzigen Cent mehr wert. Es kann mir also alles völlig egal sein.“ „Vielleicht lasse ich dich wirklich laufen, Marshal“, entgegnete Malone dunkel. „Wer weiß — vielleicht bin ich gar nicht einmal so verdorben, wie du glaubst. Ich kann noch dankbar sein, Marshal...“ „Das wäre völlig neu, Malone. Einem Mörder glaube ich nicht. Ihr seid Totschläger und bleibt es. Du kannst mir nichts vormachen. Du haßt mich viel zu sehr.“ Malone stierte ihn seltsam an, schwieg und ritt jäh an. Die Banditen ritten mit Lee Hendricks den Hang abwärts. Unten neben dem Bretterstall saßen sie ab. Auch Hendricks mußte absitzen. Mit verbundenen Händen stand er im Schlagschatten des Stalls und beobachtete, wie Jonny Malone mit Saskatchewan und Flint zum Farmhaus schlich. Im Haus war kein Licht. Sie hatten sich täuschen lassen. Es war das Mondlicht gewesen, das die Fensterscheibe hell hatte aufleuchten lassen, Totenstille lag wie ein erdrückendes Tuch über dem Anwesen. Jetzt hatten die drei Banditen das Haus erreicht und bewegten sich lautlos zur Tür. Langsam drückte Malone die Tür auf. Geduckt drangen sie in das Haus ein. Wenig später erschien Saskatchewan vor der Tür und winkte. „Vorwärts!“ fauchte Flaherty und zielte auf Hendricks. Der Marshal gehorchte. Langsam überquerte er den mondhellen Platz und hörte, wie die Banditen die Pferde in den Stall zerrten und ihm dann folgten. Er betrat das Haus. Bleich fiel das Sternenlicht durch Fenster und Tür. Er erkannte sofort die Unordnung im Raum. Alles war zerschlagen und zertrümmert worden. - 88 -
Und mitten im Raum lagen skalpiert ein Mann, eine Frau und ein Jüngling... Der Anblick war furchtbar, und Lee Hendricks preßte die Lippen zusammen und stand wie angewurzelt vor Jonny Malone. Grau wie Stein war sein Gesicht. „Sie sind noch nicht lange tot!“ flüsterte er. „Die Apachen müssen erst vor kurzer Zeit hier gewesen sein. Wir hätten die Schüsse hören müssen — aber die Indsmen hatten diese Familie völlig überrumpelt und lautlos niedergemacht.“ Malones Grinsen war eingefroren. Er nickte und starrte auf die Toten. Alle drei waren von Pfeilen getroffen worden. Noch jetzt steckten die Pfeile in den Körpern. Nacheinander kamen die anderen Banditen herein. „Wir bleiben hier“, bestimmte Jonny Malone. „Die Farm ist nur durch Zufall zu entdecken. Bestimmt gibt es hier genug Proviant. Die Apachen töten und rauben die Waffen, aber den Proviant lassen sie liegen ...“ Langsam verteilten die Komplicen sich und suchten. Lee Hendricks dachte wieder einmal an Flucht, doch er konnte den hellen Platz niemals unbemerkt überqueren und die Pferde erreichen. Jonny Malone betrachtete ihn lauernd und grinste. „Versuch's nicht, Marshal...“ Hendricks schwieg und starrte hinaus. Der Schweiß rann in Perlen über sein Gesicht. Das graue Haar schimmerte silbern im hereinfallenden Mondlicht. Er sah die dunklen massigen Bäume, das dichte Blätterwerk der Sträucher und die kahlen Felsen am Hang. Im Wind tanzte der feuchte Dunst über dem Wasserloch. Lastende Stille herrschte draußen. „Ich würde dir mein Blei in den Rücken jagen, - 89 -
Marshal“, sprach Malone weiter, und in seinen Augen flackerte es grausam auf. „Mir ist es egal, wie ein Mann stirbt.“ „Das weiß ich, Jonny Malone“, antwortete Lee Hendricks mit schleppender Stimme. „Du und deine Freunde schießen Menschen nieder, als wären sie tollwütige Hunde. Yeah, ich weiß, daß du ein Saukerl bist.“ Kalt und frostig starrte er Malone an. „Ich bin so gut wie erledigt, das ist mir klar — aber auch ihr seid schon tot. Keiner von uns wird das Apachengebiet lebendig verlassen! Glaubt nur nicht, daß die Indsmen weit weg wären! Sie sind in der Nähe. Sie kehren immer wieder dorthin zurück, wo sie gemordet und gewütet haben.“ „Du willst mir was vormachen, Marshal“, höhnte Malone. „Ich glaub' dir kein Wort! Die Apachen sind längst zehn Meilen entfernt. Sie haben die Toten skalpiert und die Pferde mitgenommen, und nichts wird sie zurücktreiben.“ „An deiner Stelle wäre ich nicht so sicher“, murmelte Lee Hendricks und machte eine Kopfbewegung zur Tür hinaus. Mit angehaltenem Atem trat Malone auf die Türschwelle und blickte durch die Bergfalte. Drei, vier Meilen von hier entfernt, stieg Rauch in kurzen Zeitabständen empor und verwehte über einer Bergkuppe. „Verdammte Scheiße!“ flüsterte Malone. „Ein Rauchzeichen!“ „Yeah“, sagte Hendricks kalt. „Vielleicht haben die Indsmen uns schon entdeckt. Wir können nicht mehr weg von hier. Das Haus gibt uns wenigstens Deckung. Wenn wir reiten, sind wir verloren und sterben noch in dieser - 90 -
Nacht.“ Malone nagte auf der Unterlippe und blickte den Marshal unruhig an. Er, dieser grausame Halunke, fürchtete auf einmal um sein Leben. Diese Furcht machte ihn noch unberechenbarer. „Bringt die Toten in den Stall!“ fauchte er. „Los, beeilt euch! Und dann holt Wasser! Wir müssen uns verbarrikadieren!“ Auch die Komplicen wurden von der Furcht gepackt. Sie rannten hinaus mit den Wasserflaschen und liefen zum Wasserloch. Hendricks sah, wie sich ihre Konturen im Dunst auflösten. Flaherty und Flint trugen die Toten über den Platz und in den Stall. Malone atmete schwer und lehnte in der Tür. „Glaubst du, sie haben uns schon entdeckt?“ „Möglich“, murmelte Lee Hendricks, starrte zum Rauchzeichen hinüber und sah, wie es schließlich gänzlich verwehte. „Sie rufen die anderen Krieger. Das hat irgendetwas zu bedeuten. Vielleicht gilt es uns!“ Er sagte kein Wort über die Pecos-River-Patrouille, die in diesem Gebiet sein mußte. Die Soldaten waren seine letzte Hoffnung. Malone fluchte. Die Komplicen kamen zurück. „Yeah“, sagte Lee Hendricks kalt, „wir sitzen in der Falle. Jetzt nützt euch das ganze Geld nichts mehr. Wir werden alle draufgehen. Und die Apachen werden mit dem Geld ein Feuer machen...“ „Hör auf!“ zischte Flint und stierte ihn bösartig an. „Noch ein Wort, und ich schieße dich zusammen!“ „Die Apachen würden den Schuß bestimmt hören“, entgegnete Hendricks frostig. „Schieß doch! Ich habe keine Angst. Sterben werden wir alle. Mir ist es nur - 91 -
recht, wenn ich von den Apachen nicht bei lebendigem Leibe skalpiert werde.“ Er war ganz plötzlich von einer unerschütterlichen Ruhe erfüllt. Er war härter und mutiger als diese Banditen. Diese Halunken konnten Menschen ermorden und berauben, aber sie waren dabei nicht mutig. Sie waren hinterhältig, skrupellos und viehisch, doch ihre Verbrechen hatten nichts mit Mut zu tun. Im Grunde genommen waren sie alle elende Meuchelmörder und heimtückische zweibeinige Coyoten. „Noch sind die Indsmen nicht hier!“ sagte Windie mit seiner pfeifenden Stimme, die den Lauten einer Ratte so sehr ähnelte. „Seid doch ruhig, Jungs!“ Er zitterte, doch er wollte sich mit seinen eigenen Worten Mut machen. Steif und angespannt standen die Banditen im Haus. Sie atmeten gepreßt und glotzten wie abgestochen ins Freie. Lee Hendricks wußte, daß es für ihn kein Entrinnen gab, so oder so. Er hatte sich damit abgefunden und war jetzt der einzige Mensch in diesem Farmhaus, der der Stunde des Todes gefaßt entgegensah. Und er konnte das Gefühl einer schlimmen Zufriedenheit nicht unterdrücken. „Yeah, ihr wolltet mich umbringen, wenn ihr es bis in den Süden geschafft hättet. Jetzt werden die Indsmen uns alle umbringen! Mich stört das nicht mehr. Ihr werdet mit mir draufgehen!“ Voller Haß und Wut holte Malone aus. Hendricks wurde vom Gewehrlauf getroffen, schwankte und stürzte zu Boden. Stöhnend rollte er herum und verlor das Bewußtsein. Er spürte nicht den Schmerz in seinen Händen. Draußen war es unheimlich still. - 92 -
Das Mondlicht ließ alles unwirklich erscheinen. Die Bäume wirkten massiger und größer, und in ihrem Schatten schienen sich Gestalten zu bewegen, Windie wollte schießen. Fluchend drückte Malone ihm das Gewehr hinunter. „Bist du verrückt, du verdammter Idiot? Willst du die Apachen auf uns hetzen?“ Sie waren unruhig. Die Ängste stiegen wie würgend in ihren Hälsen empor. Sie schwitzten und horchten — doch nur der Wind war zu hören. Er wimmerte und schluchzte, sang und raunte. Das Rascheln der Blätter verstärkte nur die Stille. Lee Hendricks kam zu sich. Er öffnete die Augen, spürte die Schmerzen am Kopf und in den Händen und stierte zu den Banditen empor, die ihm den Rücken kehrten. Mühsam richtete er sich auf und lehnte an der Wand. Zu seinen Stiefeln lagen zerbrochene Pfeile. Unter dem Tisch, der noch heil war, entdeckte er einen Colt, den der Farmer wohl in letzter Sekunde gepackt und dann verloren hatte. Auch die Apachen hatten diese Waffe übersehen... Langsam ging er in die Knie und ließ sich auf die Seite fallen. Das dumpfe Geräusch war deutlich zu hören, und Malone drehte sich um und blickte ihn unbarmherzig an. „Beim nächstenmal erschlage ich dich, Marshal!“ Lee Hendricks antwortete nicht. Dicht vor ihm lag der Colt. Er nickte nur und schlug die Zähne aufeinander, und als Malone sich wieder abgewandt hatte, schob er die Rechte zum Colt und versuchte, ihn zu packen. Doch die Hand gehorchte nicht seinem Willen. Er konnte die geschienten Finger kaum krümmen — und es war auch - 93 -
zweifelhaft, ob er die schwere Waffe überhaupt halten und hochheben konnte. Er mußte aufgeben. So nahe war diese Waffe und dennoch so unerreichbar. Wie zum Hohn lag sie vor ihm. Stöhnend kroch er zurück und richtete sich an der Wand wieder auf. „Wir müssen wissen, ob die verdammten Indsmen schon in der Nähe sind!“ raunte Malone. „Es wäre auch besser, wenn wir die Gäule ins Haus holen würden!“ „Warum tust du es nicht, he?“ krächzte Flint und verzog das Raubvogelgesicht zu einer Fratze. „Ich tu's ja“, fauchte Jonny Malone, „aber einer von euch muß mir helfen. Allein schaffe ich es nicht.“ „Ich geh' mit“, sagte Windie. „Das könnte euch so passen, wie?“ grollte Flaherty. „Ihr wollt wohl verschwinden! Jonny, ich geh' mit dir!“ Malone zögerte, nickte dann — und vorsichtig öffneten sie die Tür und glitten hinaus in das helle Mondlicht. Witternd wie ein Tier blieb Malone stehen. Flaherty machte drei Schritte und drehte sich um. „Nun komm doch!“ Noch immer zögerte Malone. Flaherty winkte mit der linken Hand. In der Rechten hielt er das Gewehr. Fluchend ging er weiter. Die Sporen klirrten leise. Malone wollte sich gerade in Bewegung setzen und dem Komplicen folgen, als er ein unheimliches Fauchen, hörte. Sofort schnellte er herum und hetzte zum Haus zurück. Für Flaherty war es zu spät. Drei Pfeile bohrten sich in seinen Körper und blieben stecken. Er richtete sich furchtbar laut stöhnend auf und verlor das Gewehr. Mit flatternden Händen griff er zur - 94 -
Brust und berührte einen der Pfeile. Auch im Rücken steckte ein Pfeil. Sein Gesicht entstellte sich. Wieder sirrte ein Pfeil heran und durchschlug seinen Hals. Röchelnd brach er zusammen und fiel tot auf den kühlen Boden. Die Beine schlugen beim Fall halb hoch. Klirrend drehten sich die Sporenräder ... Keuchend warf Malone sich neben der Tür gegen die Wand. Draußen fiel kein Schuß. Kein Schrei des Triumphes ertönte. Die Apachen verhielten sich völlig still und ließen sich nicht sehen... „Sie werden uns alle umbringen!“ zeterte Windie. „Jonny, nun sag doch was! Wir müssen doch weg von hier!“ „Wohin denn, du Feigling?“ fauchte Malone. „Da draußen lauert der Tod! Geh doch, wenn du willst, damn'd! Laß dich abknallen! Aber ich bleibe hier!“ Leblos lag Flaherty vor dem Haus im kalten Sternenlicht. Die Pfeilschäfte ragten aus dem Körper. Das Gewehr schimmerte matt im Staub. Lee Hendricks stand reglos an der Wand. In seinen dunklen Augen war ein Ausdruck der Verlorenheit. Er machte den Eindruck, als würde ihn das ganze Geschehen völlig kalt lassen. Die Banditen waren wie er in der tödlichen Falle der Apachen. Wenn er schon sterben mußte, dann sollten alle Banditen mit ihm sterben... Stundenlang harrten sie aus. Nichts geschah. Es war die längste Nacht in Lee Hendricks' Leben. Dann graute der Morgen, und die Dämmerung lag grau und schwer in der Bergfalte. Flaherty war nicht mehr zu erkennen. Vor dem Haus ertönten leise - 95 -
Geräusche. Die Apachen griffen nicht an. Vielleicht waren es nur ein paar Indianer, die das Farmhaus umstellt hatten und jetzt auf Verstärkung warteten. Als die Sonne aufging, stieß Windie einen japsenden Laut aus, als hätte er nicht genug Atem in der Lunge. Und sie alle sahen, daß Flaherty skalpiert worden war. Im Schütze der Dämmerung waren Apachen herangeschlichen und hatten auch die Waffen des Banditen mitgenommen... Sie lauerten in der Bergfalte und warteten nur darauf, daß die verhaßten Weißen die Nerven verlieren. Sie machten keinen Unterschied zwischen guten und schlimmen Weißen. Für sie war jeder Weiße ein Todfeind, den sie umbringen wollten. Mit steifen Schritten ging Hendricks durch den Raum und ließ sich auf einem der zerfetzten Schlaflager nieder. Immer wieder betrachtete er seine Hände, und er konnte seinem Haß auf die Banditen nichts mehr entgegensetzen. Sie hatten ihm die Hände zerschlagen und ihn wehrlos gemacht. Sie hatten sein Leben zerstört, doch sie hatten ihm nicht den Willen und den Mannesmut brechen können. Er dachte an John Cash und an die Pecos-RiverPatrouille. *** Lautlos zogen die Soldaten durch die Stille. Die Hufe der Pferde waren mit Lappen umwickelt worden. John Cash ritt voraus. Der Sergeant war mit seinen Männern zurückgekommen. Schweigend saßen die Soldaten im Sattel. Billy Blue und Delmer Logan ritten hinter Cash und dem Hornisten. - 96 -
Cash kämpfte nun schon jahrelang in diesem Gebiet. Keiner der Männer konnte seinen Gesichtsausdruck erkennen. Sein Gesicht war so steinern wie all die Felsen ringsum. Er folgte der Spur, die Sam Ward und die Soldaten auf dem Ritt zurück hinterlassen hatten. Zerklüftet war das Land, scheinbar unwegsam und von Canyons durchzogen. Die Sonne brannte wie immer, und der Flugsand drang durch die Uniformen und rieb auf der schweißfeuchten Haut. Jetzt ritt Sergeant Ward aus der Doppelreihe der Soldaten hervor und nach vorn. „Wir sind gleich da, Captain. Dort hinter der Felsenkette liegt das Tal.“ John Cash nickte nur und ritt weiter. Hundert Yard vor der Felsenkette ließ er die Schwadron ausschwärmen. Auf stampfenden Pferden verhielten die Männer. Langsam ritt John zwischen die Felsen — und das Lager der Apachen lag vor ihm. Das Wasser eines kleinen Creeks funkelte in der Sonne. Zerschlissene und durchlöcherte Zelte standen im heißen Sand. Zwei Feuer flackerten im Wind dieses Vormittags. Schwacher grauer Rauch wirbelte über die Zelte hinweg. Stimmen tönten zu ihm herauf. Apachen bewegten sich vor den Zelten. John sah nur wenige Krieger. Squaws, Mädchen, Jünglinge und kleine Kinder waren zu sehen. Struppige Hunde lagen im Sand und nagten an gebleichten Knochen. Mehrere Ponys standen in einem alten Stangenkorral. Auf der anderen Seite des Creeks erhoben sich ein paar halbzerfallene Adobehütten, in denen einst Mexikaner gelebt haben mußten. Es sah alles sehr friedlich aus. - 97 -
Grübelnd hockte John im Sattel. Forschend starrte er in das Tal. Immer wieder fragte er sich, wo die Masse der Krieger sein könnte. Hinter sich hörte er dumpfen Hufschlag. Delmer Logan kam herangeritten und verhielt neben ihm. Haßerfüllt blickte Logan zu den Zelten hinunter. Ernst betrachtete John sein Gesicht. „Vergiß für einen Moment deine Frau Mary und deine Cowboys, Delmer“, sprach er schleppend. „Dieses Indianerlager wird kaum bewacht.“ Logan verkrampfte sich im Sattel. „Du verlangst sehr viel von mir, John! Mary wurde grausam niedergemacht. Sie war eine Frau — und dort unten sind die Frauen der Apachen.“ „Du wirst dich doch wohl nicht an den Frauen rächen wollen, Delmer!“ Logan atmete schwer. Seine Augen brannten wie im Fieber. Er fuhr über das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Ich überlasse dir alles, John.“ „Das hoffe ich, Delmer.“ Langsam zog John das Pferd herum und ritt zurück. Leise gab er seine Befehle. Die Soldaten ritten in kleinen Gruppen zu drei, vier Mann auseinander und umstellten lautlos das Tal. Gewehre waren in das Tal gerichtet. Billy Blue verhielt neben Logan. Er sah, wie es im Gesicht des Ranchers arbeitete, wie sehr Logan mit seinen Haßgefühlen kämpfte, „Schieß nicht, Boß“, flüsterte er. „Das sagst du so, mein Junge“, stöhnte Logan. „Ich werde noch verrückt, wenn ich diese Indianerweiber sehe! Die Apachen sind wie die Kaninchen, sie vermehren sich immer weiter — und in zehn Jahren werden diese Kinder da unten über uns Weiße herfallen!“ - 98 -
„Nein, Boß“, widersprach Billy Blue leise. „Ich habe bestimmt nichts für die Apachen übrig, aber wir dürfen nicht auf die Frauen und Kinder schießen,“ Delmer Logan schwieg. Mit flackernden Augen blickte er umher. Überall warteten die Soldaten. Sie hielten die Gewehre schußbereit. Nur John Cash wollte über das Schicksal der Indianer in diesem Tal entscheiden. Eine ungeheure Anspannung hatte die Soldaten befallen. Logan verlor in diesen Sekunden seine Beherrschung. Zu schwer hatte der Tod seiner Frau ihn getroffen, zu groß war sein Leid. Er konnte nicht anders handeln. Der Haß war stärker als seine Menschlichkeit und größer als sein Wille. Er hob das Gewehr an und zielte auf einen der umhergehenden Krieger. Er hörte nicht Billys Ruf. Schon drückte er ab, und der Apache wirbelte tot zu Boden. Sein Schuß entfesselte die Hölle. Die Soldaten feuerten sofort und trieben die Pferde an. Im Galopp rasten sie über die Talhänge und auf die Zelte zu. Unter den peitschenden Schüssen sanken die Krieger zusammen. Frauen flüchteten mit ihren Kindern. Mädchen und Jungen irrten umher. Immer wieder krachten die Schüsse. „Aufhören!“ schrie John wild. „Feuer einstellen!“ Sie hörten ihn nicht. Die Schüsse übertönten seine Stimme. Er ritt in das Lager hinein und schrie immer wieder. Plötzlich verstummten die Schüsse. Pulverrauchschwaden zogen über das Lager hinweg. Abseits der Zelte lagen und kauerten die überlebenden Apachen. Tote lagen im heißen Sand. Langsam ritt John zu Logan. Sein Gesicht war wie mit Eis überzogen. „Wie konntest du das tun, Delmer!“ krächzte er. „Ich - 99 -
wollte die Krieger erwischen, nicht die Frauen und Kinder!“ Delmer Logan senkte den Blick. Ein Zittern durchlief seinen Körper. „Ich — ich konnte nicht anders, John!“ stöhnte er. „Ich konnte an nichts anderes mehr denken! Ich sah Mary und...“ Er brach ab und preßte die Lippen zusammen. Schweigend zog John sein Pferd herum und ritt durch das Lager. Seine Männer verhielten überall. Gewehre blitzten im Sonnenschein. Klagend und weinend kauerten die Squaws mit ihren Kindern am Boden, „Ein weißhaariger Greis stand schwankend vor ihnen und hob abwehrend die knochige Hand. Die Gesichtshaut war so dünn wie Pergament. Narben bedeckten den Oberkörper. Einst hatte er als stolzer Krieger gegen die Flut der Weißen gekämpft. „Du sterben!“ verkündete er mit brüchig klingender Stimme. „Du und alle Blauröcke!“ John blieb kalt und beherrscht. Vor dem Greis hielt er an. „Du hast viele Monde gesehen, alter Mann. Zu viele Monde, denn dein Geist hat sich verwirrt. Ich bin der Häuptling der Blauröcke, und ich weiß, daß eure Krieger sich irgendwo verkrochen haben wie räudige Hunde! Sie fürchten uns, sie schleichen davon wie Coyoten und können nur noch den Mond anheulen! Ich verachte sie alle!“ Er spie aus und starrte den Greis durchdringend an. Der alte Apache stöhnte.. Drohend hob er die Faust hoch. „Du sterben, wenn Sonne untergeht!“ John lachte auf, obwohl die eisige Kälte in ihm blieb und er genau wußte, wie gefährlich alles war. - 100 -
„Wo sind die kläffenden Hunde, alter Mann? Wo haben sich die Coyoten verkrochen? Sie sind davon gelaufen vor uns! Sie wagen es nicht, uns anzugreifen! Der Große Geist hat vor Scham und Schande seine Augen geschlossen, er will die Abtrünnigen der großen Stämme der Apachen nicht mehr sehen!“ Er ließ den Greis nicht aus den Augen — und ihm entging nicht der schnelle und suchende Blick des Greises nach Südosten hin, wo die Berge und Schluchten das Land durchzogen. „Du sterben mit deinen Blauröcken!“ wiederholte der Greis, und es klang wie ein Schwur. „Du mich töten, aber ich gehen in die ewigen Jagdgründe!“ „Nein! Ich werde dich nicht töten. Geh mit den Squaws und Kindern weit fort. Geht in die Chiricahua Mountains zu Cochise und wartet auf den Frieden.“ Hart riß er das Pferd herum. Der Hornist blies das Signal, und die Pecos-River-Patrouille verließ das Tal. Hinter den mächtigen Bodenwellen verhielten die Männer. „Die Apachenkrieger befinden sich im Südosten“, sagte John ruhig. „Sie wissen nicht, daß wir hier sind. Der Bursche, den wir entkommen ließen, befand sich nicht unter den Toten. Die Apachen werden irgendetwas im Südosten entdeckt haben. Wahrscheinlich Weiße. Sergeant, wir reiten sofort los! Vorwärts!“ Schon war die Patrouille wieder unterwegs. Staub wallte hoch und wehte über die bizarren Felsen der versandeten Wildnis. John führte seine Schwadron durch die Täler. Die Sonne war in ihrem Rücken. Vor ihnen lag das Dornenland, ein wild zerklüfteter Garten aus Felsgestein. Mit verengten Augen starrte John durch die hitzeflimmernde Luft. Er sprach unterwegs nicht Delmer - 101 -
Logan an. Der Freund sann noch immer auf Rache. Verborgen hinter Felsen und Sanddünen, beobachteten Apachen die Patrouille. Ein paar Meilen weiter stieß die Patrouille plötzlich auf die Spuren unbeschlagener Indianerpferde. Nachdenklich betrachtete John die Spuren. Sie waren zu deutlich. Die Apachen wollten ihn und seine Männer in eine Falle locken — wieder zog die Schwadron weiter. Dann lag ein flaches Tal vor den Männern. Überall wuchsen Sträucher. Buschinseln bildeten dunkle Flecken im Tal. Verbranntes Gras raschelte im Abendwind, Blutrot fiel der Sonnenschein in das Tal. „Sieht alles sehr still und friedlich aus, wie?“ knurrte Sergeant Ward. „Zu still, Sam“, murmelte John. „Das Tal bietet keine Deckung. Man könnte glauben, daß die Apachen meilenweit entfernt wären.“ „Yeah, Captain, genau das denke ich auch. Dieses verdammte Tal lädt richtig dazu ein, es zu durchqueren! Und die Spuren führen genau hindurch.“ In diesen Sekunden fielen in der heißen Ferne mehrere Schüsse. Der Knall tönte dünn herüber und verstummte. „Wir könnten uns irren, Captain. Jenseits der Ebene zwischen den Bergen wird gekämpft.“ „Möglich, Sam — aber es könnten auch nur Schüsse in den Himmel sein, von Apachen abgegeben, um uns in dieses Tal zu locken!“ John verzog grimmig das Gesicht und blickte zurück. Die Männer warteten. Delmer Logan hielt wie alle anderen auch sein Gewehr bereit, Billy Blue rann der Schweiß über das junge schmale Gesicht. Sein blondes Haar leuchtete rot im Feuer des Sonnenuntergangs. Dunkel ragten die Reiter vor dem flammenden Horizont empor. - 102 -
„Wir umgehen das Tal!“ befahl John. „Sam, du bleibst mit ein paar Mann hier. Du wirst dann mit ihnen langsam in das Tal reiten. Wenn in diesem Tal Apachen sind, dann wirst du sie ablenken — und wir jagen von hinten heran und reiten sie zusammen!“ Er war wirklich ein Draufgänger — und er war so schlau wie ein Apache. Er kannte ihre Kriegslisten und witterte ihre Falle. Nahezu lautlos bewegten sich die Reiter durch die Abenddämmerung. John ritt mit den Soldaten in einem großen Bogen um das Tal. Sergeant Ward wartete. Als er es weit hinten an Talrand aufblitzen sah, ritt er an. Der Captain hatte mit einem Spiegel das Sternenlicht aufgefangen; der helle Reflex war das Zeichen gewesen. Nichts im Tal bewegte sich. Dumpf und schwer schlugen die Hufe durch Sand, Gestrüpp und Gras. Die Soldaten hockten gebeugt im Sattel. Sam Ward starrte über die Strauchinseln hinweg. Er und seine Männer ritten ganz langsam. Ein Mann zu Fuß würde schneller vorankommen. Aber das sollte so sein. Zu dieser Zeit nämlich kam John Cash mit der Schwadron in das Tal. Wenn sich Apachen im Tal verborgen hatten, dann würden sie nach. Westen sehen, dorthin, woher eigentlich die verhaßten Blauröcke kommen mußten. Gefahrverheißende Stille schlug Sam Ward entgegen. Jede Sekunde bedrohte ihr Leben — und erneuerte es. Sam Ward hielt an. Die Männer hinter ihm rotteten sich zusammen und bildeten im Zwielicht zwischen Tag und Nacht eine dunkle Masse. Nur die Pferde waren zu hören. Schweigend blickten die Soldaten umher. Die Schwadron weit vor ihnen im Tal war kaum mehr zu erkennen. Sie alle vernahmen das Rascheln und den - 103 -
Wind. Der Sergeant hob die breiten Schultern an und schob sie nach vorn. Düster starrte er zu den Strauchinseln und dichten Grasbüscheln hinüber. Wieder kniff er die Augen zusammen. „Ich irre mich nicht, Jungs“, flüsterte er. „Vor uns sind Apachen. Sie stecken hinter den Sträuchern! Alles bereit?“ Sie nickten steif. „Well, dann weiter!“ Ward hielt in der großen Rechten sein Gewehr. Sein Pferd tappte durch den Sand. Leise rieb das Sattelleder unter den Soldaten. Über ihnen leuchteten bleich die Sterne. Kein Laut war im weiten Tal. Sergeant Ward sah jetzt, wie Captain Cash mit der Schwadron ausschwärmte und verhielt. Sie kamen den Buschinseln immer näher. Zu jeder Sekunde könnten Pfeile hervorfauchen und Schüsse durch das verstaubte Geäst der Sträucher peitschen. Die Anspannung schien die Soldaten zu lähmen. Immer mehr versteiften sie sich, und die Hände krampften sich um die Gewehre. Jetzt waren sie im Tal. Rechts, links und vorn standen die Sträucher. Kleine Staubwirbel wanderten durch das Tal. Plötzlich bewegten sich die dichten Grasbüschel... Hinter den Sträuchern und Grasinseln, aus Staub und Sand wuchsen die Apachen empor. Markerschütterndes Geschrei gellte Sam Ward und seinen Männern entgegen. Pfeile fauchten, Schüsse krachten. Schrill wiehernd, drehten sich die Pferde, richteten sich auf. Ward brüllte laut, und die Soldaten jagten zurück. Hinter ihnen schnellten die Apachen aus den Deckungen hervor, verließen die sandigen Löcher und hetzten zu Fuß hinter - 104 -
den fliehenden Soldaten her. Zu spät erkannten sie die tödliche Gefahr. Im rasenden Galopp jagte die Schwadron heran und fiel den Apachen in den Rücken. Zugleich rissen Ward und seine Männer die Pferde herum und griffen an. Die Apachen waren plötzlich eingekeilt und konnten nicht mehr weg. Gnadenlos wurden sie zusammengeschossen. Über zwanzig Apachen lagen schon eine Minute später im Sand, und die Soldaten der Pecos-River-Patrouille luden die Gewehre nach, ritten langsam umher und stießen nirgendwo mehr auf Widerstand. John Cash blickte Delmer Logan und Billy Blue ernst an. Nichts von Triumph war in seinem Blick. „Das waren nicht alle Apachen. Diese Kerle sollten uns aus dem Hinterhalt beschießen. Wären wir alle geschlossen in das Tal gekommen, dann hätten die Apachen ihre Deckungslöcher nicht verlassen. Sie hatten sich im Sand eingegraben, und wir hätten sie kaum entdecken können. Nur Sam Wards scheinbare Flucht ließ sie die Deckungen verlassen.“ „Wie viel, glaubst du, werden noch in diesem Gebiet auf uns warten?“ ächzte Delmer Logan. John lächelte grimmig. „Genug, um uns alle aufzureiben! Aber wir sind hier, um die Apachen zu suchen und zu stellen — und nicht auf der Flucht.“ Bedrückt starrte Billy Blue nach Osten. Dunkel ragten die Berge empor. Im Tal war es sternenhell. Überall zwischen den Bergen konnten Apachen lauern. Der Tod war allgegenwärtig. Cash rief einen Befehl, und die Patrouille formierte sich wieder. Dann stampften die Pferde an den reglosen Apachen vorbei und trugen ihre Reiter langsam durch das - 105 -
Tal nach Südosten. John unterschätzte die Apachen nicht. Keiner seiner Männer gab sich dem trügerischen Gefühl des Sieges hin. Die Apachen würden nicht so schnell aufgeben. Nur Tote blieben im Tal zurück. Kein einziges Indianerpony war zu sehen. Schon allein diese Tatsache verriet, daß die Masse der Krieger irgendwo im Dunkel der Nacht auf der Lauer lag. John wußte, daß sie beobachtet wurden. Die Indianerspäher ließen sie nie aus den Augen. Plötzlich waren dumpfe Trommellaute zu hören. Es war unmöglich festzustellen, woher dieses Trommeln kam. Das Geräusch zerrte an den Nerven der Männer. Unruhig starrten sie umher. Die Wildnis schwieg. Kein Apache ließ sich sehen. Nur die Trommellaute tönten schwer und dunkel herüber. Billy Blue hatte Angst. Er riß sich gewaltsam zusammen, und als er zu John Cash sah, der lässig und kaltblütig vorausritt, wurde er wieder ruhig. Delmer Logan hockte gebeugt im Sattel. Der Haß auf die Apachen zehrte an ihm. Er wollte sich selber keinen Frieden geben. Langsam zog die Patrouille durch das Tal und in die dunklen Schattenfelder der Berge hinein. Die Trommellaute verstummten. *** Es war still in der Bergfalte. Die Banditen kauerten am Fenster des Farmhauses. Der kühle Nachtwind strich durch das zertrümmerte Fenster herein. Marshal Lee Hendricks saß auf dem Lager und beobachtete die Banditen. Draußen vor dem Haus lagen - 106 -
Flaherty und zwei erschossene Apachen. Die Indianer hatten versucht, sich an das Haus heranzuschleichen. Schüsse hatten sie zu Boden gestreckt. Es waren jene Schüsse gewesen, die die Patrouille gehört hatte. In der Ferne war geschossen worden, das hatten Hendricks und die Banditen gehört. Jetzt war es totenstill. „Ich hör' die Trommel nicht mehr“, krächzte Flint. „Was kann das bedeuten?“ „Weiß der Teufel“, antwortete Malone dumpf. „Vielleicht sind Soldaten in der Nähe!“ Sie stierten hinaus. Die Apachen blieben unsichtbar. „He, Jonny“, flüsterte Saskatchewan, „ich kann keinen Indsman mehr sehen! Vielleicht sind sie längst verschwunden, und wir warten hier bis zum Jüngsten Tag.“ „Geh doch raus, dann wirst du es genau wissen!“ entgegnete Malone grollend. „Wieso ich?“ Saskatchewan grinste verzerrt. „Wir haben doch den Marshal hier!“ Langsam drehte Malone sich um und starrte Lee Hendricks an. Um seinen Mund grub sich ein zynischer Ausdruck ein. Im hereinfallenden Sternenlicht sah sein Gesicht noch häßlicher aus. „Ja“, sagte er gedehnt, „nicht schlecht, was du da sagst, Sas ... Unser Marshal wird hinaus gehen! Dann werden wir genau wissen, ob die Apachen noch in der Nähe sind. Wir wollen nämlich nicht in die Hände der Soldaten fallen, Marshal! Und wir wollen von hier verschwinden. Yeah, du wirst hinaus gehen.“ Lee Hendricks richtete sich steif auf. „Ich kann mich nicht wehren, Jonny Malone!“ sagte er - 107 -
mit kratzender Stimme. „Die Apachen werden mich zusammenschießen, …“ „Sicher — wenn sie noch hier sind, Marshal. Das wollen wir ja herausbekommen. Was hast du dagegen, he? Du weißt doch, daß ich dich umgelegt hätte, wenn wir den Süden und die Grenze erreicht gehabt hätten. Oder hattest du im Ernst gehofft, daß wir dich laufen lassen würden? So dumm kannst du doch nicht sein!“ Hendricks preßte die Lippen zusammen. Schwer atmete er ein. Seine Stimme klang wie splitterndes Glas: „Ich wußte es, Malone. Für dich und deine Freunde bedeutet ein Menschenleben nichts, schon gar nicht das Leben eines Marshals. Yeah, ich hab' es immer gewußt. Wenn ich könnte, würde ich dich erschießen.“ Malone grinste gemein und gehässig. „Du kannst es nicht, Marshal. Du wirst jetzt hinaus gehen. Versuch nicht, zu fliehen. Wir würden dich vom Pferd schießen. Du hast keine Waffe. Sollten die Apachen verschwunden sein, dann wirst du mit uns weiter reiten. Los, mach dich bereit!“ „Was seid ihr nur für Halunken!“ flüsterte Hendricks. „Immer mehr begreife ich, daß man euch zusammenschießen muß. Mit euch darf man kein Erbarmen haben. Ihr jagt einen wehrlosen Mann hinaus. Die Apachen werden ein leichtes Spiel haben und mich bei lebendigem Leibe skalpieren.“ „Wenn du Pech hast, dann werden sie es tun ... Windie, mach die Tür auf, unser Marshal möchte gehen ...“ Knarrend schwang die Tür auf. Mondlicht fiel herein. Der Platz vor dem Farmhaus war in leiches Licht getaucht. Tote Menschen lagen vor Lee Hendricks. Sein Verband an den Händen leuchtete weiß. Kein Laut war - 108 -
zu hören. Grabesstille schlug ihm entgegen. In der Tür blieb er stehen. Düster blickte er die Banditen an. „Ich werde jetzt gehen ... Vielleicht bin ich schon in den nächsten Sekunden tot. Aber ich weiß, daß ihr alle schrecklich wild sterben werdet.“ Seine Worte, ohne Haß gesprochen, waren so kalt, daß den Halunken ein Schauer über den Rücken lief. Mit einem unterdrückten Fluch stieß Malone ihn über die Türschwelle und hinaus auf den hellen Hof — und Lee Hendricks befand sich in Todesgefahr. Er blickte umher, stand geduckt, hörte hinter sich das schwere Atmen der Banditen, lauschte dem winselnden Wind und stierte zum Pferdestall hinüber. Ganz langsam ging er über den Platz. Hinter ihm lauerten die Banditen. Vor ihm und überall im Dunkel der Blumen und Sträucher konnten Apachen sein und ihn beobachten. Er machte flache, tastende Schritte. Leise klirrten die Sporen an seinen Stiefeln, Stall und Haus warfen Schatten. Auf dem Platz war es fast taghell. Die Banditen warteten und beobachteten ihn. Nichts geschah. Er ging weiter und kam dem Pferdestall immer näher. Fieberhaft dachte er nach. Jeden Augenblick konnten Pfeile heranfauchen und ihn töten. Dicht neben ihm lagen die toten Apachen. Starre Augen glotzten ihn an. Schmutziges Kattun bewegte sich im Nachtwind, ölige Haut schimmerte im Sternenlicht. Seine Stiefel mahlten durch den Sand. Die Apachen mußten ihn sehen! Trotzdem fiel kein Schuß. Noch überlegten die Banditen im Haus, was sie tun sollten. Lee Hendricks wollte nicht ihr Blei in den Rükken gejagt bekommen. Er stürmte plötzlich los, rannte - 109 -
über den Platz und machte wilde Sprünge. Hinter ihm peitschten die Schüsse, und Kugeln fauchten an ihm vorbei. Mit voller Wucht warf er sich gegen das Stalltor und stürzte hinein in den dunklen Stall, rollte über den Boden und geriet fast zwischen die heftig stampfenden Pferde. Keuchend kroch er weg. Das Stalltor stand weit auf. Drüben im Haus schwiegen die Waffen. Die Banditen wollten nicht ihre Pferde im Stall treffen. Stöhnend richtete Lee Hendricks sich auf, lehnte sich an die Wand und hob die verbundenen Hände an. Die Pferde beruhigten sich, und es wurde wieder still. Die Apachen hatten nicht auf ihn geschossen. Vielleicht wollten sie die anderen Weißen täuschen und sie aus dem Haus locken. Vielleicht waren sie aber auch wirklich verschwunden. Er war allein. Und er ging zu seinem Pferd und öffnete mühsam die Satteltasche. Erst nach mehrmaligen Versuchen schaffte er es und bekam den Derringer zu fassen, zog ihn hervor und verlor ihn. Die kleine Waffe fiel auf den Stallgang. Er kniete nieder und starrte zum Haus hinüber. Die Banditen würden ihn nicht entkommen lassen. Noch waren sie nicht davon überzeugt, daß die Apachen verschwunden waren. Sie mißtrauten der Stille. Der Marshal konnte ihnen nicht entkommen. Er müßte den Stall nach vorn hin verlassen. Dann würde er ein deutliches Ziel abgeben, und diesmal würden ihre Schüsse ihn treffen. Zitternd vor Schmerz, griff Lee Hendricks wieder zum Derringer, doch er konnte die Hand nicht um die Waffe legen. Verzweifelt biß er die Zähne zusammen — dann löste er den Verband der rechten Hand, schlang ihn schließlich locker um die Hand und langte behutsam zum - 110 -
Derringer. Vor seinen Augen flimmerte es. Ihm wurde schlecht. Er stöhnte und kämpfte gegen die Ohnmacht an... Im Haus flüsterten die Banditen miteinander.. „Er hat keine Waffe, er kann nichts tun“, raunte Malone. „Sas, geh rüber zu ihm, hol ihn zurück.“ „Und wenn die Apachen mich abknallen, he?“ „Die sind verschwunden.“ „Das sagst du so! Warum gehen wir nicht alle zum Stall, he?“ „Wir geben dir Feuerschutz, Sas! Das ist für dich noch sicherer, als wenn wir alle mit dir losgehen würden. Siehst du das ein? Na, also! Geh jetzt!“ Der blaßgesichtige Saskatchewan zögerte an der Tür. „Vielleicht hat der verdammte Marshal nur Glück gehabt — und mich erwischen die Indsmen!“ „Wir schießen nach allen Seiten, Sas! Du wirst den Stall sicher erreichen. Bring den Marshal her!“ „Also gut“, flüsterte Saskatchewan heiser, „ich verlasse mich auf euch! Denkt daran — ihr braucht mich! Wir brauchen uns alle!“ Malone, Windie und Flint nickten und hielten die Gewehre bereit. Geduckt schlich Saskatchewan aus dem Haus und in das helle Sternenlicht hinein. Im Stall kniete Lee Hendricks. Er hörte plötzlich die peitschenden Schüsse der Banditen, sah das grelle Mündungsfeuer aufflammen und beobachtete, wie der blaßgesichtige Bandit geduckt über den Platz rannte. Saskatchewan hetzte heran und erreichte den Stall. Noch immer schossen die Banditen unter die Bäume, zwischen die Sträucher und in die tiefen Schatten hinein. Keuchend sprang Saskatchewan in den Stall. Stöhnend hob Lee Hendricks den Derringer an und drückte ab. Der Knall - 111 -
wurde von den Schüssen übertönt. Zuckend fiel Saskatchewan auf die Knie und stierte den Marshal an. Er wollte das Gewehr anheben, doch er hatte schon nicht mehr die Kraft dazu. Langsam kippte er nach vorn und auf das Gesicht. Drüben verstummten die Schüsse. „Sas!“ schrie Jonny Malone. „Was ist? Hast du ihn?“ Der Komplice konnte nicht mehr antworten. Staub wallte im Stall. Die Pferde schlugen aus und traten gegen die Boxen. Dumpf krachte es. Mühsam kroch Lee Hendricks an den Banditen heran und legte den Finger an den Abzug des Gewehrs. Er konnte das Gewehr nicht packen. Seine Augen tränten. Er starrte über den Platz und wußte, daß er die Banditen täuschen mußte. „Hilfe!“ röchelte er. „Apachen! Hilfe ...“ Dann riß er am Abzug, und der Schuß krachte. Die Kugel schlug in die Bretterwand. Zitternd wickelte Hendricks den Verband um die Hand. Im Haus war es still. „Sie haben Sas erwischt!“ krächzte Flint. Der schmächtige Windie atmete pfeifend und bewegte die flatternden Hände, konnte das Gewehr auf einmal nicht mehr ruhig halten. Malone fluchte. „Sas ist tot. Auch den Marshal haben die Apachen erwischt. Sie lauern im Stall. Wir müssen zu unseren Pferden und verschwinden!“ “Bist du verrückt?“ schrie Windie auf. „Willst du, daß wir alle in den Tod laufen?'' „Wir brauchen die Pferde, sonst kommen wir niemals von hier weg!“ fauchte Malone. „Im Morgengrauen schleichen wir aus dem Haus! Dann schaffen wir es bestimmt!“ - 112 -
Wieder blickten sie hinaus. Pulverrauch und Staub wallten aus dem Stall hervor. Marshal Hendricks kauerte reglos im Stallgang. Vor ihm lag tot der Bandit. Die Pferde standen still. Nur langsam ließen die Schmerzen in den Händen nach. Immer wieder sah Hendricks auf seine Hände. Er hatte mit der Rechten schießen können, und er wußte nun, daß er diese Hand eines Tages wieder wie früher gebrauchen konnte. Die Finger gehorchten seinem Willen. Eines Tages wären die Hände verheilt, und er wäre wieder ein ganzer Mann und könnte für Pecos weiterhin den Stern des Marshals tragen. Aber noch war er nicht in Pecos, noch mußte er im Stall ausharren und konnte nicht zu Pferde fliehen. Es hatte auch keinen Sinn, die Pferde der Banditen aus dem Stall zu jagen. Sie könnten nahe am Haus stehen bleiben. Dann hätten die Banditen es leicht, ihre Pferde zu erreichen, und sie könnten die Pferde als Deckung benutzen und zum Stall kommen. Er mußte warten und konnte nur hoffen. So vergingen die nächtlichen Stunden. Im Morgengrauen vernahm er leise Geräusche. Der Dunst lag wie eine graue Decke über dem Platz und verwischte die Konturen des Farmhauses. Drüben quietschte die Tür. Wie Schemen huschten die drei Banditen aus dem Haus und verschwanden. Tief geduckt und lautlos schlichen sie am Rande des Platzes entlang und näherten sich dem Stall. Hendricks sah und hörte sie nicht mehr. Er richtete sich auf und verbarg sich hinten im Stall. Plötzlich schnellte jemand herein, klatschte zu Boden, rollte weg und lag still. Lee Hendricks hörte ihn gepreßt atmen. Draußen klirrte es leise und kurz. Dann war es wieder still. - 113 -
Minuten vergingen. Und auf einmal sprang der zweite Mann in den Stall hinein, warf sich zur Seite und rührte sich nicht mehr. Leise, kaum hörbar wisperte es vor Lee Hendricks. Er konnte die Worte nicht verstehen. „Die Gäule sind still!“ hauchte Flint. „Hier gibt es keine Apachen!“ Auf dem Platz graute der Morgen und trieb der Wind den Dunst davon. Die Konturen des Farmhauses schälten sich aus dem Dunst hervor. Fahles Zwielicht herrschte. Das Licht der Sterne verblaßte, und erstes Tageslicht erhellte den Platz. Die Banditen konnten nicht wissen, daß die Apachen davongeschlichen waren, daß sie schon vor vielen Stunden auf ihren Ponys weggeritten und zu den anderen Kriegern gestoßen waren — denn die Trommellaute hatten ihnen das Nahen von Blauröcken verraten. Malone lachte heiser und leise auf, und die Banditen erhoben sich. „Komm rein, Windie!“ rief Malone. Zögernd erschien der Bandit in dem Stall. „Sind sie weg?“ flüsterte er. „Ja! Wir können verschwinden!“ Sie kamen heran und zerrten die Pferde aus den Boxen. Lee Hendricks rührte sich nicht. Wenn sie ihn entdeckten, wäre er ein toter Mann. Da hörte er Flints Stimme... „Wo ist der verdammte Marshal? Nur Sas liegt hier!“ Sie standen still und blickten suchend umher. Windie entdeckte den Derringer am Boden und hob ihn auf. Jäh begriffen sie alles. Wie Bluthunde begannen sie zu suchen. Langsam kamen sie näher. Malone stieß das Gerümpel weg und entdeckte Hendricks. Teuflisches - 114 -
Grinsen entstellte das Gesicht. „Steh auf, Marshal!“ flüsterte er. „Du hast Saskatchewan umgelegt! Im Stall sind überhaupt keine Apachen gewesen, und wir verdammten Narren hatten geglaubt, daß die Indsmen im Stall gewesen wären! Du könntest uns täuschen, aber jetzt ist es aus, Marshal!“ Sie rissen Hendricks hoch und trieben ihn aus dem Stall. Mit angeschlagenen Gewehren folgten sie ihm. Sonnenschein fiel über den Bergrücken. Noch war es dunkel unter den Bäumen, „Ich werde dich jetzt umlegen, Marshal“, sagte Jonny Malone kalt. „Die Apachen sind verschwunden. Wir kommen auch ohne dich zur Grenze.“ Lee Hendricks hatte keine Chance. Drei Gewehre waren auf ihn gerichtet. Er schrie nicht um Gnade. Reglos stand er vor ihnen. Immer hatte er gewußt, daß er irgendwann schlimm sterben würde. Ein Mann wie er, der den Marshalstern trug, hatte zu viele Feinde. Aber es kam alles ganz anders. Er sah in die haßerfüllten Gesichter der Banditen und zeigte keine Angst vor dem Tod. Er wollte sprechen, als mehrere Schüsse über ihn und über die Banditen hinweg peitschten und eine kalte Stimme ertönte: „Weg mit den Waffen! Ihr seid umstellt!“ Bevor die Banditen reagieren konnten, brachen Männer in blauen Uniformen hervor. Viele Gewehre bedrohten die Banditen. Sie standen wie gelähmt auf dem Platz. Der Bandit Windie ließ als erster das Gewehr fallen. Flint erschlaffte sichtlich und löste die Hände von der Waffe. Jonny Malone stöhnte, krümmte sich und gehorchte schließlich ebenfalls. Mit großen Schritten kam John Cash heran. Überall waren Soldaten. Dicht vor Lee Hendricks blieb er stehen, - 115 -
während die Soldaten die Banditen entwaffneten. „Ich denke an nichts Schlimmes“, murmelte John, grimmig lächelnd, „und dann sehe ich dich, Lee Hendricks!“ Er wollte die Hand ausstrecken, als er die verbundenen Hände sah. Mit leiser Stimme sprach Lee Hendricks, und John hörte, was geschehen war. In seinen grauen, Augen erschien ein eiskalter Ausdruck. Er starrte zu Malone hinüber und atmete rasselnd aus. „Du hast es geschafft, Lee. Ich hoffe nur, daß deine Hände bald wieder in Ordnung sind. Kannst du reiten?“ „Yeah, alter Freund.“ Hendricks lächelte entspannt und sah, wie Delmer Logan und Billy Blue herankamen. Sein Lächeln verwischte. „Tag, Delmer. Ich bin froh, dich zu sehen. Ich war auf der Ranch.“ „Mary hat ein Mädchen bekommen, Lee“, sprach Logan langsam. „Sie wurde von den Apachen getötet. Mein Baby ist jetzt im Fort und in Sicherheit.“ Lee Hendricks nickte. Sie wollten nicht darüber sprechen. Sie verstanden sich auch so. Drei Freunde hatten sich mitten im Indianerland getroffen, als hätten sie sich verabredet. John Cash ließ die Toten begraben. Heiß brannte die Sonne, als die Pecos-River-Patrouille die Bergfalte verließ. Die Banditen hockten auf ihren Pferden und waren gefesselt worden. Das geraubte Geld befand sich in Lee Hendricks' Satteltaschen.
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Rauchzeichen stiegen in den blaßblauen Himmel. Dumpfe Schläge dröhnten durch die Wildnis. Erbarmungslos glühte die Sonne. Pulverstaub hüllte die Schwadron ein. Verschwitzt und zerschunden saßen die Männer im Sattel. Staub drang in die Lungen. Männer husteten. Waffen klirrten und glänzten in der Sonne. John Cash führte die Schwadron durch ein weites flaches Tal. Mit verkniffenen Augen spähte er zu den Rauchzeichen empor, die auf den Bergkuppen emporwallten. Kein Apache ließ sich sehen. Nirgendwo waren Reiter zu erkennen. Die Indianer blieben unsichtbar. Während des ganzen Tages bewegten sich die Reiter durch das Tal. Als die Sonne sank, klaffte vor ihnen dunkel und drohend das Maul eines Canyons. John ließ halten. Die Männer saßen ab und zerrten die Banditen von den Pferden. Unsanft wurden sie in den Sand gestoßen und wieder zusammengeschnürt.. Langsam stapfte John umher. Logan, Billy Blue und Lee Hendricks ließen sich abseits nieder. Soldaten pflockten die Pferde an. Schon kam die Dämmerung in das weite flache Tal. Posten schritten wachend um das Lager. Die Banditen rührten sich nicht. Die Soldaten nahmen ihr karges Mahl ein. Etwas gebeugt kam John herüber und setzte sich zu Logan, Hendricks und Billy Blue. Er lauschte der Stimme seines Sergeants und verzog den Mund zu einem flüchtigen Lächeln. „Es ist noch nicht zu spät. Ihr könntet noch durch den Canyon kommen und vorausreiten.“ „Glaubst du an einen Angriff der Apachen?“ „Nicht hier im Tal, Lee. Die Indsmen würden kaum - 117 -
Deckung haben. Sie kämen nicht unbemerkt an uns heran.“ „Denkst du, daß sie uns eine Falle stellen werden?“ Logan starrte ihn mit einem fiebrigen Glanz in den Augen an. „Yeah“, nickte John, „Der Canyon vor uns ist genau richtig für die Apachen. Sie wissen, daß wir hindurch müssen. Diese Chance lassen sie sich nicht entgehen.“ „Warum reiten wir nicht sofort weiter und lassen den Canyon hinter uns?“ wollte Hendricks wissen. „In ein paar Tagen könnten wir im Fort sein.“ „Ich bin mit meinen Männern nicht hier, um vor den Apachen zu fliehen, Lee“, entgegnete John ruhig. „Wir haben ihr Lager angegriffen. Sie werden es inzwischen wissen, und der Haß wird sie zu tollwütigen Hunden machen. Wir warten auf ihren Angriff.“ „Mit mir kannst du nicht rechnen, John“, sagte Lee Hendricks leise und sah auf seine Hände. John merkte dem Freund an, wie sehr er darunter litt, und kalter Zorn erfüllte ihn. Unwillkürlich blickte er zu den Banditen hinüber, die im Sand lagen. „Soll ich was für dich tun, Lee?“ „Nein, John. Sie sollen hängen!“ „Noch sind wir nicht in Pecos und nicht im Fort, Lee.“ John erhob sich und stapfte davon. Er sprach mit Sergeant Ward und legte sich schließlich nieder. Grübelnd blickte er zu den Sternen empor. Die Nacht war hereingebrochen. Er hörte die Schritte der Posten und die Atemzüge der ruhenden Männer, und er dachte an die Apachen, die er stellen wollte. Ein klagender Laut wehte durch das Tal. Die Nacht blieb ruhig. Am frühen Morgen ritten mehrere Soldaten zum Canyon. Langsam zogen sie durch - 118 -
die Schlucht und warteten auf die Pfeile und Kugeln der Apachen, doch nichts geschah. Der Canyon war frei, und auch oben zwischen den Felsklippen bewegte sich nichts. Sie kehrten um und erreichten das Lager. Nachdenklich stand John im Schein der aufgehenden Sonne. Er traute der Stille nicht. Er ließ sich von diesem trügerischen Frieden nicht täuschen, Sie brachen auf. Die Vorhut ritt voraus. Hohl hallte das Klappern der Hufe durch den Canyon. Ständig starrte John nach vorn und nach oben. Plötzlich geschah es. Felsbrocken lösten sich und polterten über die zerklüfteten Felsränder. Sand und Schotter kamen hinterher. Krachend wuchteten die Felsen in den Canyon. Schrill wiehernd, rasten die Pferde zur Seite. Furchtbares Geheul gellte über die Schlucht hinweg. Schüsse krachten, und Pfeile fauchten in die Tiefe. Es gelang John, sein Pferd so hart an die Felswand heranzutreiben, daß er nicht getroffen werden konnte. Dichter Staub nahm ihm die Sicht. Im wallenden Staub jagten die Soldaten durcheinander. Sergeant Ward brüllte mit ganzer Kraft. Lee Hendricks warf sich vom Pferd und hinter einen der heruntergestürzten Felsbrocken. Delmer Logan und Billy Blue sprangen aus dem Sattel und fanden Deckung hinter den Steinen. Die Banditen fielen zu Boden, rollten sich in die Deckung und lagen dicht nebeneinander. Vor ihnen stürzte ein Soldat tot vom Pferd, rollte durch den Staub und blieb dicht vor ihnen liegen. Sofort kroch Malone zu ihm und zerrte das Messer aus der Scheide, rollte sich zurück und krächzte: „Nimm es, Flint! Schneid die Fesseln durch!“ Der Komplice packte das Messer mit gebundenen - 119 -
Händen und brachte es mühsam an Malones Handfesseln heran. Wie besessen begann er, mit der scharfen Klinge auf den Fesseln zu reiben. Als Malone die Hände frei hatte, riß er das Messer an sich und durchtrennte die Stricke der Komplicen ... Ihre Pferde waren irgendwo im Canyon. Sie brauchten Waffen und Pferde, und sie schreckten vor nichts zurück. Sie sprangen hoch und liefen durch den Canyon. Malone hatte das Gewehr des Soldaten gepackt und rannte voraus. Schrill wiehernd, rasten Pferde vorbei. Oben am Schluchtrand schossen die Apachen gnadenlos in die Tiefe. Die Soldaten feuerten nach oben. Es war unmöglich, sichere und gezielte Schüsse abzugeben. John Cash blieb eiskalt. Er verlor nicht die Nerven. Geduckt lief er durch das Bleigewitter. Plötzlich erkannte er Flint und Windie. Flint sah ihn eine Sekunde später und schrie irgend etwas. Schon hetzte John heran und schlug mit dem Gewehrkolben zu. Bewußtlos brach Flint zusammen. Windie wollte im Staub verschwinden. Da schleuderte John das Gewehr hinter ihm her, und wie ein Knüppel schlug es zwischen die Beine des Banditen und ließ ihn stürzen. Windie fiel gegen einen Felsen, kippte um und erschlaffte. Hart packte John zu und zerrte die Banditen über den Boden. Drei Soldaten waren plötzlich bei ihm. „Laßt sie nicht entkommen!“ schrie er ihnen zu, dann rannte er weiter. Sergeant Ward jagte mit über zehn Soldaten vorbei. Im Galopp rasten sie durch den Canyon und verschwanden. Delmer Logan stand hinter dem Felsen und feuerte nach oben. Sein Gesicht war vom Haß entstellt. Er ging - 120 -
nicht in Deckung. Kugeln fauchten vorbei, klatschten gegen den Felsen — und er schoß weiter und schrie dabei immer wieder auf. „Boß!“ brüllte Billy Blue. „Komm zurück!“ Doch Logan hörte nicht auf ihn. Er schien den Tod überhaupt nicht zu fürchten. Keuchend sprang Billy Blue auf und rannte zu ihm. In dieser Sekunde traf eine Kugel den Rancher. Röchelnd stürzte Delmer Logan gegen seinen jungen Cowboy. Mit der Kraft der Verzweiflung riß Billy Blue Delmer Logan in die Deckung zurück. Blut rann aus der Schulter... Jonny Malone kroch wie ein Untier durch den Canyon. Vor ihm kauerte ein Soldat. Er erkannte zwei Pferde hinter dem Soldaten und schlich näher. Der junge Soldat erkannte nicht die tödliche Gefahr, er schoß nach oben und kämpfte gegen die Apachen. Malone schoß — und der Soldat sank schwerverwundet zurück und lag still. Mitleidlos blickte Malone in das junge Gesicht, dann hastete er zu den Pferden ... Im Canyon war die Hölle. Die Schüsse verdichteten sich immer mehr, das Echo brüllte, Pferde jagten umher, Soldaten schossen, Apachen stürzten in den Canyon. Und John Cash rannte an der Felswand entlang, stierte umher und sah, wie Jonny Malone eins der Pferde hinter sich her zerrte. Da erkaltete Johns Herz. Sein Gesicht wurde zu Stein, als er den jungen Soldaten sah. Mit voller Wucht sprang er Malone an und riß ihn zu Boden. Der Bandit fauchte, schlug, kratzte und trat aus, doch John wurde ihm zur Hölle auf Erden. Die Faust des Captains knallte mitten in Melones tierisches Gesicht hinein. Benommen kippte Malone weg. Schon riß John ihn halb hoch und warf ihn mit dem Oberkörper auf einen flachen Felsen. - 121 -
„Du verdammter Halunke!“ keuchte er, „Du schießt keinen Soldaten mehr in den Rücken!“ Oben war es sekundenlang still. Das Echo hallte noch. Da gellte ein markerschütternder Schrei durch die Schlucht. Zwischen den Felsen tauchte John Cash auf und sprang in den Sattel. Im Galopp jagte er durch den dichten Staub. Wimmernd lag Malone am Felsen. Der Bandit konnte nicht mehr schießen Jetzt peitschten oben Schüsse auf. Blei fauchte durch den Canyon. Zwischen den hohen zerklüfteten Felsen stieß John auf Sergeant Sam Ward. Billy Blue kniete neben seinem Rancher. Delmer Logan blickte ihn trübe an und stöhnte, „Danke, Billy, mein Junge“, flüsterte er, „das hast du, großartig gemacht ...“ „Bleib still liegen, Boß! Du darfst dich nicht bewegen, du blutest!“ Billy Blues Gesicht war aschgrau. Er zitterte und bangte um das Leben des Ranchers. In dieser schlimmen Stunde erkannte Delmer Logan, daß er einen Sohn hatte ... Die Schüsse verstummten. Die Apachen hatten sich zurückgezogen, und die Soldaten lagen hinter den Deckungen. Sam Ward und mehrere Männer fingen die Pferde ein. Es wurde ruhig im Canyon. Mit einem Gesicht, das wie vereist war, ging John Cash durch die Schlucht. In der rechten Faust hielt er die Winchester. Er beugte sich über Delmer Logan und betrachtete das aschgraue eingefallene Gesicht. „Du wirst es überstehen, Delmer“, sagte er dunkel. „Du mußt leben ... für deine Tochter!“ Logan zeigte ein verzerrtes und flüchtiges Lächeln. Schmerzerfüllt sah er John an. - 122 -
„Ich ... komm' schon wieder auf die Beine, John! Billy sorgt dafür. Ich will... meine Tochter wiedersehen.“ „Das wirst du, Delmer.“ John erkannte den eisernen Willen des Freundes und wußte, daß er den Tod besiegen würde. Er nickte ihm zu und ging weiter, und er sah, wie Lee Hendricks mit verbundenen Händen um die Felsbrocken kam. Beide erreichten Jonny Malone, der wimmernd am Boden kauerte. Lee Hendricks' Augen weiteten sich sekundenlang. Er schluckte schwer und krümmte den Rücken. „John — seine Hände!“ flüsterte er. „Sie sind zerschlagen!“ John antwortete nicht. Reglos und aufgerichtet stand er breitbeinig im Staub des Canyons. Er nickte nur, wandte sich ab und schritt zu Sergeant Ward hinüber. Wie gebannt starrte Lee Hendricks auf die Hände des Banditen. Er wußte jetzt, wer es getan hatte, und fröstelnd zog er die Schultern an und ließ Malone allein. Die Pecos-River-Patrouille blieb im Canyon. Die Verwundeten wurden verkünden. In tiefer Stille trugen Soldaten die Gefallenen durch die Schlucht und gaben ihnen ein gemeinsames Grab. John Cash war allein, saß an der Felswand und starrte zu Boden. Er rang mit sich und entschied sich schließlich. Steif kam er hoch und winkte Sergeant Ward zu sich. „Schnürt Malone, Flint und den anderen Halunken auf den Pferden fest, Sam“, befahl er. „Macht euch bereit. Wir werden die Apachen gleich vor uns haben. Jagt diese verdammten Halunken aus dem Canyon!“ Sam Ward blickte ihn ernst an. „Dann werden sie von den Apachen umgebracht, Captain.“ - 123 -
John schien in weite Fernen zu sehen. Das strähnige Haar hing unter dem verstaubten Stetson hervor. Hart traten die Gesichtsmuskeln hervor. „Es geht um uns, Sam“, murmelte er, „Die Halunken werden die Apachen ablenken. Die Indsmen sind voller Haß, sie werden den Banditen folgen — und wir haben sie vor dem Lauf unserer Gewehre. Mach, was ich befohlen habe!“ „Ja, Captain!“ In einer erbarmungslosen Zeit gab es kein Erbarmen mit den Banditen. Sie hatten geraubt und gemordet, und John Cash hatte ihr Leben in der Hand. Doch er wollte nicht Richter sein. Die Pecos-River-Patrouille sollte die räuberischen Apachen vernichtend schlagen und mit diesem grausamen Spuk im Grenzland aufräumen. Im Schatten der Felswände saßen die Soldaten auf. Billy Blue kauerte noch neben seinem Rancher, und Lee Hendricks stand neben ihm, als Soldaten die drei Banditen auf die Pferde warfen. „Das könnt ihr doch nicht mit uns machen!“ schrie Windie voller Angst. „Sie bringen uns um!“ John antwortete ihm nicht. Er war zu stolz, um mit diesen Halunken zu sprechen. Langsam hob er die Rechte an und stieß sie nach vorn. Die Soldaten peitschten die Pferde vorwärts, und die Tiere jagten durch den Canyon und in das weite Tal hinaus. Beiderseits der Schlucht tauchten die berittenen Apachen auf und folgten den Banditen. Unter der glühenden Sonne hetzten sie die Banditen durch das Tal und sahen nicht, wie die Schwadron aus dem Canyon hervorkam. Schüsse trafen die Banditen. Sie sackten auf den Pferden nach vorn und wurden von den Stricken festgehalten. Mit einem Triumphgeheul scharten sich die - 124 -
Apachen um die Toten. Ein helles Signal tönte durch das weite Tal. Im rasenden Galopp jagte die Patrouille heran, schwärmte aus und feuerte. Reiterlose Ponys liefen davon. Apachen flüchteten, gerieten in das gezielte Gewehrfeuer hinein und starben im Sand des Tals. Langsam senkte John Cash das Gewehr. Pulverrauch wehte an seinem Gesicht vorbei. Er zog das Pferd herum und ritt zurück in den Canyon. Die Schwadron folgte ihm. In der Ferne erstarb das Echo der Schüsse. Die Pecos-River-Patrouille kehrte heim. *** Groß und hager stand John in der Tür das Marshal's Office von Pecos. Stilles Lächeln entspannte sein Gesicht. Die Abendröte umgab ihn. Draußen warteten die Männer zu Pferde. Vor dem Saloon stand nicht ein einziges Animiermädchen. Lee Hendricks erhob sich hinter dem Tisch, faßte sicher und ruhig nach dem Kalenderblatt und riß es ab, hob die Hand an und zerknüllte es, und John nickte zufrieden vor sich hin. „Ich kann auch wieder zuschlagen“, knurrte Lee warnend. „Mach mir keinen Ärger im Saloon, John, sonst jage ich deine verdammte Pecos-River-Patrouille zum Teufel.“ „Sicher, Lee“, meinte John gelassen, „es gibt keinen Ärger, diesmal nicht.“ „Das soll ich dir glauben?“ „Yeah!“ John drehte sich um und verließ das Office. Die Soldaten schwangen sich von den Pferden und folgten ihm in den Saloon. Horchend trat Lee vor die Tür. Im - 125 -
Saloon blieb es ungewöhnlich still. „Das gibt es doch nicht!“ flüsterte Lee. „Das ist mir einfach zu still! Er will mich auf den Arm nehmen!“ Mit schnellen Schritten überquerte er die Straße und betrat den Saloon. Überrascht blieb er stehen. Vor ihm, mitten im Saloon, saßen Billy Blue und Delmer Logan — und Logan hielt sein kleines Töchterchen auf den Knien. Die Männer und Mädchen standen andächtig um ihn herum und betrachteten das kleine Mädchen, machten Grimassen und stießen leise kindische Laute aus, Lächelnd lehnte John am Tresen. „Mann, o Mann!“ ächzte Lee Hendricks. „Ich hab' gar nicht gewußt, daß ihr in der Stadt seid, Delmer!“ „Unterhaltet euch draußen“, knurrte John. „Ich besuch' dich mal auf deiner Ranch, Delmer. Bis bald, alter Junge.“ Delmer Logan grinste, nahm seine Tochter hoch und verließ den Saloon, Billy Blue und Lee Hendricks kamen hinterher. Sekundenlang blieb es noch still im Saloon, dann brach der Lärm los, brüllten die Männer der PecosRiver-Patrouille, kreischten die Mädchen und dröhnte das Orchestrion … Hendricks drehte sich um und lächelte zufrieden. „Endlich! Das wurde auch höchste Zeit! Der Krach ist wie Musik in meinen Ohren! Jetzt ist alles wieder in bester Ordnung!“ ENDE
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