Beihefte zum Göttinger Forum für Altertumswissenschaft Herausgegeben von Siegmar Döpp und Jan Radicke
Band 15
Jan-Wi...
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Beihefte zum Göttinger Forum für Altertumswissenschaft Herausgegeben von Siegmar Döpp und Jan Radicke
Band 15
Jan-Wilhelm Beck ))Octavia« Anonymi
Zeitnahe praetexta od er zeitlose tragoed ia? Mit einem Anhang zur Struktur des Dramas
Edition
CiJ
Ruprecht
Inh. Dr. Reinhilde Ruprecht e.K.
2. Auflage 2007 Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© Edition Ruprecht Inh. Dr. R. Ruprecht e.K. Postfach 1716, 37007 Göttingen
-
2007
www.edition-ruprecht.de
© Dührkohp &. Radicke Wissenschaftliche Publikationen Göttingen
-
2002
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Diese ist auch erforderlich bei einer Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke nach § 52a UrhG. Layout und Satz: Jan-Wilhelm Beck Druck: Digital Print Group, Erlangen ISBN: 978-3-B9744-233-7
I Oftmals mit wenig freundlichen Worten wegen mangelnder literarisch dramatischer Qualität geschmäht und als "Kuriosität" eher geduldet als wirklich geschätzt, I ist die im Corpus der Seneca-Tragödien bzw. nur in de ren A-Rezension überlieferte 'Octavia' ein Drama, mit dessen Beurteilung die zu oft voreingenommene, emotional beeinflusste Forschung bis heute groBe Probleme gehabt hat. Denn trotz aller Vorbehalte, eine römische tra goedia oder gar praetexta - und dann auch noch der einzige erhaltene Ver treter ihrer Gattung -, eine praetexta, in der der groBe Seneca selbst auftritt und immerhin einen ganzen Akt erhalten hat, muss verständlicherweise eine besondere Faszination auf den modemen Rezipienten ausüben, und dies erst recht, wenn Seneca vielleicht sogar der Verfasser des Stückes sein könnte, wie zumindest der eine Überlieferungszweig auch eindeutig vorzugeben scheint. Zu gerne würde man folglich Senecas eigene Hand erkennen - die Octa via als ein autobiographisches Zeugnis und eine Art Testament aus den er sten Monaten des Jahres
65 n. Chr. ("mostra [...] 'in azione"', vgl. z.B.
Giancotti mit Verweis auf die Taciteische Sterbeszene), sei es als Versuch zur späten Selbstrechtfertigung von Neros einstigem Lehrer und Berater ("as an apologia
[ ... ] for himself, and [... ] as an explanation to the later world",
"his political apology", "Seneca's defense", vgl. z.B. Pease, Marti, Whit man), gedacht eventuell erst für eine postume Edition und Aufführung ("entrusted [... ] to friends to be published after the death of Nero", vgl. z.B. Pease, Whitman ebenfalls mit Verweis auf Tacitus), sei es als ein für den Untergrund geschriebener Text im Rahmen der Pisonischen Verschwörung, der dem gemeinsamen Hass gegen den Kaiser in dramatischer Weise Aus druck verleiht und dessen geplanten, baldigen Tod in falscher Prophezeiung verspricht ("circulated among the conspirators and their friends", vgl. z.B. Marti mit Verweis auf deren literarische Ambitionen als geeigneter Kontext [Tragödien, Mimen, praetextae von Lucan, Thrasea Paetus, Piso]).2 Ein derI
Takacs (2001) S .395 "In der Geschichte der römischen Literatur hat - wenn auch nicht wegen ihres literarischen Wertes, sondern wegen ihrer Kuriosität - die Octavia einen be sonderen Platz". Für eine Zusammenstellung negativer Urteile siehe u. S .53f. 2 Gegen den seit Petrarca (1348) und Salutati (1371) immer stärker werdenden Zweifel sind für Seneca als Verfasser eingetreten z.B. Delrio (1576), Klotzsch (1804, 1829), von Ranke (1882), Tolkiehn (1907), Siegmund (1910/11), Flinck (1919), Pease (1920, 1924 [das Zitat S.394f.]), Carlsson (1926), Köhm (1927), Maas (1927), Mickwitz (1928), Bra-
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Jan-Wilhelm Beck
artiger, vielfach artikulierter Wunsch der Forschung nach Authentizität des anonymen Stückes ist nur zu gut verständlich und wahrlich weit interessan ter als bodenständige Untersuchungen zur Abteilung der Anapäste, Struktu rierung des Dramas oder dem prägenden Angstmotiv . Welche Kostbarkeit wäre schließlich gewonnen, wenn wirklich Seneca selbst als Verfasser zu erweisen wäre, wenn der von der Nachwelt als philosophische Größe ge schätzte Geist, einst graue Eminenz im Hintergrund und maßgeblich be stimmend für die Politik des imperium Romanum und dessen Blüte im sog. quinquennium Neronis in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre, wenn die ser Seneca uns nicht nur seine Schriften, sondern zugleich sein eigenes Bild im Drama hinterlassen hätte - in der Tat eine imago uitae suae als Ver mächtnis, wie von Tacitus bezeugt (ann.15, 62 quod unum iam et tamen pulcherrimum habeat
. ; vgl. auch Dio 62, 25, 2 zu den aus Furcht vor Nero
..
Freunden anvertrauten Schriften)! Oder wenn es schon nicht Seneca selbst gewesen sein kann, dann sollte es, ja muss es wenigstens ein glühender Bewunderer sein, ein enger, engster Freund, Schüler, Vertrauter aus seinem nächsten Umfeld, ein echter Zeit zeuge jedenfalls, so dass die 'Octavia' zwar nicht direkt autobiographischen Wert besäße, doch zumindest vergleichbare Bedeutung als authentisches Zeitdokument und früheste Quelle für Kaiser Nero und eine der interessan testen Phasen der römischen Geschichte.3
ginton (1933), Pantzerhielm Thomas (1945), Marti (1949, 1952 [die Zitate S.33, 428]), Giancolli (1954, 1983 [das Zitat S.227]), Seguardo e Campos (1972), Sluiter (1949), Rozelaar (1976), Whitman (1978 [das Zitat S.l2]), Simonetti Abbolito (1979), Barbera (2000), Gamba (2000). 3 So z.B. Trillitzsch (1971) S.43ff. "eine einmalige selbstbiographische Quelle [...], die als Bekenntnis- und Rechtfertigungsschrift [...] einzigartigen Wert besäße. [ ... ] doch jeden falls in zeitlicher und ideeller Nähe entstanden, wohl unmittelbar in den Jahren nach Sene cas bzw. Neros Tod im Kreis der Anhänger und verehrenden Nachahmer", Schubert (1998) S.254 "in jeder Hinsicht einzigartig [ ... ], entwickelt sie doch als einzige antike Dichtung überhaupt ein detailliertes Bild des historischen Nero", Wesolowska (1998) S.286 "It seems possible that subsequent generations knew very Iillie [...]. The earliest allempt of Iiterary presentation of Seneca".
'Octavia' Anonymi: Zeitnahe praetexta oder zeitlose tragoedia?
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11 Gegen alle noch so hartnäckigen Versuche mit gewiss gelungener Paral lelisierung - die 'Octavia' wie zuvor die teilweise ebenfalls dramatisch an gelegte 'Apocolocyntosis' als diptychon-artige Abrechnung mit Nero bzw. Claudius (Marti, Gamba) -, hat seriöse Forschung ersteren Wunsch nach Seneca als dem Autor längst und m.E. unwiderlegbar als unerfüllbares Wunschdenken moderner Gelehrtenphantasie erwiesen. Dass die 'Octavia' nicht von Seneca selbst stammt, wird folglich hier zusammen mit dem Tod Neros am
9.6.68 n. Chr. als terminus post für ihre Abfassung vorausgesetzt
und nicht erneut durch eine ausführliche Zusammenstellung der bekannten, überzeugenden Argumente nachgewiesen.4 Letzterer Wunsch dagegen, entscheidend auch für die Frage nach der In tention des Stückes, verlangt eingehendere Betrachtung, da sich die Inter preten diesen heute weitgehend erfüllt zu haben scheinen. Der Streit um die Datierung gilt den meisten mit ebenso verblüffender Sicherheit wie Einmü tigkeit als "mittlerweile zugunsten der frühen flavischen Zeit entschieden" .s Vorsichtige Äußerungen, wie sie angesichts der dürftigen Beweislage unbe dingt zu erwarten wären, sind demgegenüber viel zu selten zu hören und verhallen ohne rechte Beachtung.6 Mit großer Zuversicht wird stattdessen 4
Zu Recht verwiesen wird Ublicherweise auf das "kumulative Gewicht der Argumente" (Schmidt [1985] S.l423, zuvor Carbone [1977] S.49 "the existence of several such refe rences" mit der zuletzt ausführlichsten Diskussion; vgl. zudem Kragelund [1982] S.36 "arguments [...] overwhelming", Williarns [1994] S.l92 Anm.7 "The weight of scholarly opinion"): - die geteilte Überlieferung (die 'Octavia' fehlt im Etruscus), - sprachlich-stilistische und metrische Differenzen, - chronologische Probleme mit den Prophezeiungen Agrippinas und Poppaeas, die sich bei einer Abfassung auch unmittelbar vor Senecas Tod 65 n. Chr. ergeben wUrden (Anspielungen auf die Ermordung von Poppaea, Crispinus 65/66 n. Chr., die Partber Gesandtschaft mit dem Besuch des Tiridates 66 n. Chr., Nems Selbstmord 68 n. Chr. und vielleicht auch der anschließende BUrgerkrieg [V.982 ciuis gaudet Roma cruore], der Aufstand des Vindex [V.255 !orsitan uindex deus, 596 uindex manus]). - Senecas Auftritt in einem eigenen StUck als frUher ebenfalls Ubliches Gegenargument ist jedoch längst durch Verweis auf die praetexta des Balbus widerlegt; deren neue Zuweisung an den Schauspieler Herennius Gallus als Autor durch Kragelund (2002) S.29 bleibt reine Spekulation. S Schubert (1998) S.254f., doch selbst mit berechtigter Skepsis, siehe u. S.\3. 6 Helm (1934) S.323 ,,Die Frage [...] nach der Abfassungszeit [...] wird kaum zu einem alle Ubeneugenden Abschluß gelangen", Carbone (1977) S.66 "it is impossible to determine what lengtb of time elapsed between Nero's death and the writing of tbe drama. Reliable evidence is lacking, and attempts to bring down the terminus post have proved unconvin-
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immer wieder ein möglichst frühes Abfassungsdatum postuliert und z.T. be reits wie selbstverständlich als Ausgangspunkt für eigene Interpretation vor ausgesetzt, so wenn z.B. Sallmann in seiner Analyse der 'Octavia' als Ge schichtsdrama die Problematik diskutiert, einen historiographisch noch nicht ftxierten Stoff zu dramatisieren, wenn Wesolowska ein Bild des historischen Seneca zeichnet oder wenn Manuwald für ihre Untersuchung der Gattung in der engen Nähe von Abfassungszeit und dargestellter Zeit ein Verhältnis er kennt, "wie es in republikanischen Praetexten häufiger vorkommt" .1 Der Trend der Forschung geht dabei zur größtmöglichen Zeitnähe. War man nämlich früher mit eher allgemeineren Worten für eine flavische bzw. friihflavische Entstehungszeit unter Vespasian bald nach Neros Tod einge treten,8 sucht man neuerdings mit Barnes und Kragelund sogar direkt die kurze Phase des Überganges unter Galba mit den letzten Monaten des Jahres
68 bis zum Beginn 69 n. ehr. als präzises Datum zu bestimmen ("strong reasons", vgl. Kragelund).9 Wenn freilich Wiseman, eine wissenschaftlich cing", Manuwald (2001) S.337 "Noch immer ist keine c(}mmunis (}pini() erreicht, da keine objektiven, eindeutigen Tatsachen vorliegen", Harrison (2003) S.125 "In the end, the date and authorship of the Octavia can never be resolved, and perhaps are meant never to be". 7 Sallmann (1998) S.32f . ,,Die Schwierigkeit, ein geschichtliches Ereignis zu dramatisieren, das noch gar nicht in der Geschichtsschreibung verarbeitet war. [...] Die Schwierigkeit des geringen zeitlichen Abstandes vom Stofr" Wesolowska (1998) S.286ff. "An image of the Roman philosopher presented here, is very fresh, for it was created several years after Seneca's suicide. One may presume that the unknown author knew Seneca and Nero [.. .]. A representative play of the new epoch connected with the F1avian dynasty [. ..] more in teresting as a work of literature, and more valuable as an historical document", Manu wald (2001) S.262 "Der dramatisierte Abschnitt [ ...] ist [ . ..] die unmittelbare Zeitge schichte" . 8 Vgl. z.B. die Urteile von Keith (1991) S.76 "Conventionally dated soon after Nero's death", Manuwald (2001) S.262 "nach der heute weithin vertretenen Meinung [ ...]" mit einem LiteraturUberblick S.337 Anm.l67; vgl. im Einzelnen mit nachdrUcklicher Beto nung einer möglichst frilhen flavischen Entstehungszeit z.B. BUcheIer (1872), Ladek (1891), Chickering (1910), Lucas (1921), Baehrens (1923), Hemnann (1924), Enk (1926), Tomni (1934), Marchesi (1944), Bruder (1958), Mattingly (1959), Herington (1961), Runchina (1964), Trillitzsch (1971), Rawson (1975), Royo (1983), Griffin (1984), Tanner (1985), Zwierlein (1986), Petersmann (199\), Koster (1994), Holzrrall ner (1995), KiBI (1998), Liberman (1998), Sallmann (1998), Junge (1999), Mazzoli (2000), Stärk (2000), Seita (2001), Boyle (2003), Smith (2003). 9 Für ein Abfassungsdatum unter Galba vgl. Bames (1982), Kragelund (1982, 1988, 2000 [das Zitat S.502], 2002), Sullivan (1985), Habinek (2000), Wiseman (2001), F10wer (2002), Ballaira (2002). Die Argumentation von Bames, Kragelund bestätigt Tschiedel (1995) S.404 Anm.3 "mit beachtlichen Argumenten"; gegen ein derart frühes Datum je doch ausdrUcklich Poe (1989) S.439 Anm.24 "in the highest degree speculative", Junge (1999) S.l99 "läßt sich [ ...] nicht zwingend erweisen und liegt im Hinblick darauf, daß der Dichter sich an einigen Stellen offenbar auf eine schriftliche Quelle stUtzt, nicht ein-
'Octavia' Anonymi: Zeitnahe praetexta oder zeitlose tragoedia?
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ausgewiesene Persönlichkeit, von einer Aufführung im Marcellus-Theater in Anwesenheit Galbas bei der Eröffnung der Plebejischen Spiele am
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n. ehr. spricht, so ist dies eine durch keinerlei Beleg gestützte Spekulation, die überdies mit erschreckendem Selbstbewusstsein vorgetragen und ernst haft nicht mehr zu diskutieren ist.tO Denn ist man ehrlich, bleibt es für die zumeist postulierte Frühdatierung, sei es unter Galba, sei es unter Vespa sian, bei einem zwar verständlichen, aber letztlich eben nach wie vor unbe wiesenen Wunsch heutiger Gelehrter, wie die Zusammenstellung der bislang vorgebrachten, zu selten aber auch wirklich insgesamt dokumentierten, durchdachten Argumente und Stimmen für den unbefangenen Interpreten ergeben muss - eine Ergänzung zu den jüngsten, mit gegensätzlichem Er gebnis urteilenden Beiträgen von Junge
(1999) und Ferri ( 2003):
Als Indizien fUr eine Entstehung 68/69 n. Chr. noch unter Galba gelten: Die auffällig betonte, geradezu ideologisch idealisierte Rolle des populu.< Romanu.< mit Entsprechungen zur popularen liberta .•-Propaganda Galbas, wie sie durch seine Münz prägungen bezeugt wird (populu.' (Anonym us) 'De suo itinere' (Balbus)
Kullübertragung (Preis der Q . Claudia
7)
Reise ad L Lentulum sollicitandum 43 v. Chr.
c) Frühgeschichtliches in allegorischer Übertragung zum Ruhm der Gegenwart: 'Brulus' (Aceius)
indirekter Preis des D . Iunius Brulus Callaieus
'Brulus '
indirekter Preis eines Tyrannen.Mörders
(7,
Cusius)
(7)
' Aeneas' (Pomponius Secundus)
2. praetextlle
mit zeitkritIscher Zielsetz_g
a) Zeitgeschichtliches zur Kritik der Gegenwart: 'Domitiu..' (Curiatius Malemus) 'Nero' bz w . 'Vatini us'
(7,
Curiatius Matemus)
b) Geschichtliches in allegorischer Übertragung zur Kritik der Gegenwart: ' Cato'
3. praetextlle
(Curiatius Malern u..)
mit primär Uterarischer AosrichtDng
a) nach Art der griechischen tragoedia: 'Oelavia' (Anonymu..)
b) nach Art einer comoedia, doch in gehobenem Milieu
4. praetextae
mit antlqDarisch.a1t101oglscher, didaktischer Absicht
''
(Anonymus)
Im Falle des 'Brutus ' (Cassius), ' Decius' (Accius) und 'Aeneas ' (Pomponius) ist die Zuord nung unsicher. Den 'Brutus' will man - ohne zwingende Argumente - mit dem entsprechen den des Accius identifizieren (VerschreibungNerwechslung des Verfassernamens Cassii statt Accii bei Varro) . Dessen 'Decius' kann auch derselben Gruppe wie sein 'Brutus ' zugehören, doch ist ein entsprechender Bezug auf die Gegenwart des Verfassers nicht ebenso sicher nachweisbar. Für den 'Aeneas' ist aber mit einem allegorischen Preis des julisch-claudischen Kaiserhauses zu rechnen, da es nach Vergils 'Aeneis' kaum mehr möglich scheint, den römi schen Gründungsmythos ohne einen derartigen Bezug zur Gegenwart einzusetzen. Denkbar wäre freilich auch eine 'Dido' ·Tragödie nach Art neulateinischer Rezeption von Vergils viertem Buch und ähnlich fIlr Cassius eine 'Lucretia ' . Doch Titel wie 'Aeneas ' , ' Brutus' wei sen eher auf einen heroischen Hintergrund als auf eine Frauentragödie wie die ' Octavia' . Ebenfalls völlig unsicher ist der Inhalt der nur mit verstUmmeItern Titel bekannten praetexta des Persius ('Vescio' 1) . Deren in der Vita erwähnte Vernichtung mag auf ihren unvollkom menen Charakter als bloßes Jugendwerk zurUckzufUhren sein, lässt aber auch an eine Gefähr dung des Verfassers und seiner Familie denken, so dass das Stück zum zeitkritischen Typ gehören könnte.
'Octavia' Anonymi: Zeitnahe praetexta oder zeitlose tragoedia?
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Die aufgelisteten Titel - eine betrüblich geringe Anzahl - berücksichtigen nach Möglichkeit alle uns irgend wie bekannten Stücke , können aber keines falls ein repräsentatives Bild von der antiken Verbreitung und tatsächlichen Typenvielfalt der Gattung
praetexta vermitteln . Unsere dürftigen Reste mit
ihren wenigen Fragmenten werden in heutiger Forschung oftmals zu absolut und als echte Grundlage für eine Gattungsgeschichte gesehen . Doch gut zu beachten ist demgegenüber , dass uns nur eine rein zufaIlige , überlieferungs bedingte Auswahl vorliegt. So wissen wir mangels antiker Informationen einfach zu wenig und haben in Wahrheit keine Ahnung vom Schicksal und der Entwicklung dieser besonderen römischen Textsorte zwischen den früh republikanischen Stücken und dem Zeugnis des Tacitus mit seinem dramati schen Datum in Vespasianischer Zeit. Wir wissen nicht , was uns alles zwi schen dem merkwürdigen autobiographischen Reisedrama des Balbus und den als offensives Mittel politischer Meinungsäußerung eingesetzten Stük ken des Curiatius Matemus verloren ist. Von Ersterem haben wir nur zufaI lig durch einen Brief des C. Asinius Pollio in Ciceros Corpus Kenntnis , von Letzteren ebenso zufällig durch den uns zum Glück erhaltenen , so wichtigen ' Dialogus ' des Tacitu s . Warum sollte es nicht auch weiterhin auf spezielle Anlässe bezogene
praetextae gegeben haben - geschichtliche Dramen zur
Feier von Ereignissen und zeitgenössischen Persönlichkeiten anlässlich ihrer Triumphe oder Begräbnisfeierlichkeiten, in den subliterarischen Bereich des historischen Augenblickspieles abgeglittene , einfachste und z .T . vielleicht auf das Private beschränkte Pseudodramen , die natürlich keinerlei literari sche Bedeutung und damit auch keinen literarischen Niederschlag bei ande ren Autoren , geschweige denn eine Chance für eine weitere eigene Tradie rung erfahren haben .8 1 So ist in der Tat für eine Entwicklung der Gattung nicht unbedingt die in der Forschung inzwischen übliche , strikte chronologische Trennung von re publikani scher Affirmation gegenüber kaiserzeitlicher Kritik anzunehmen ,82 wie uns dies das erhaltene Material mit seinen wenigen Titeln zu suggerie ren scheint. Dass erst mit dem Prinzipat der Wunsch zur Kritik an den nun mehr dominanten Einzelherrschem aufkommt , ist naheliegend , muss jedoch
8 1 Auch das StUck des Balbus wirkt nicht eigentlich publiziert , wenn Asinius Pollio eine Ab schrift eines Freundes anbietet (Cic.fam . l O ,32,5 praetextam, .,i uole.' legere, Gallum Cor nelium. .familiarem meum poscito). 82 Vgl . Manuwald (200 1 ) S .342ff. zum erkennbar "zeitbedingten Wandel" und der daraus resultierenden "inhaltlich anderen AuffUllung gleichbleibender Strukturen": Affirmation wird zur Kritik, statt außenpolitischer Leistung treten innenpolitische Ereignisse in den Vordergrund.
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nicht zwangsläufig auch bedeuten , dass die positiv-affmnative Variante der
praetexta gänzlich abgestorben ist. Zumindest der ' Aeneas ' des Pomponius Secundus lässt Stolz auf die eigene Frühgeschichte und damit Affirmation noch für die Zeit des Claudius erwarten . Zu beachten ist zude m , dass eine politische Zielrichtung der praetexta im Positiven wie im Negativen kein spezifisches Charakteristikum speziell ih rer Gattungsform darstellt. So ist zwischen
praetexta und tragoedia nicht praetextae
nach einer derartigen Intention zu differenzieren . Wie die ersten
dienten bekanntlich auch die ersten Tragödienaufführungen in Rom zum
prae texta findet sich die tragoedia in der Kaiserzeit als Träger versteckter Prin
Schmuck eigener Siege und entsprechender Festlichkeiten . Wie die
zipatskritik . Was mit dem Beispiel des Mamercus Scaurus als Opfer seines eigenen ' Atreus ' zu belegen ist , wird durch den Taciteischen Curiatius Ma ternus ausdrücklich bestätigt, wenn er seinen 'Cato ' und ' Thyest ' in ver
quod si qua omisit eato, sequenti recitatione Thyestes dicet) und damit unter schiedslos für seine politischen Absichten, sein offendere potentium animos ,
gleichbarer Funktion als Ergänzung füreinander benennt (diaI .3 ,3
einsetzt (vgl . dial .2f.) . Spätestens hier sind beide dramatischen Gattungen eng verwandt nebeneinander zum Verfolgen der gleichen Ziele verwendet (diaI .3 ,4 tragoediae istae; . . . . . . nostras quoque historias et Romana nomina Graeculorum fabulis adgregares) . Und so spricht umgekehrt auch nichts dagegen , die ' Octavia' als praetexta in enge , ja engste Verwandt schaft zur normalen , rein literarisch ausgerichteten tragoedia zu setzen, wie es sie mit Titeln wie ' Medea ' , ' Phaedra' , ' Niobe ' oder ' Herkules ' , ' Oedi pus ' , ' Theseus ' und 'Tereus ' zweifellos auch in der Kaiserzeit gegeben hat (neben Seneca vgl . z .B . Bassu s , Codru s , Paccius oder Faustus) . Denn um es noch einmal hervorzuheben , zu Grunde zu legen ist für die römische
praetexta die lebendige , ganz natürliche Entwicklung einer Gat
tung , die im Laufe der Jahrhunderte unterschiedlichste Varianten und damit insgesamt ein eher diffuses Spektrum ausgebildet hat . Deutlich zu spüren ist dies in den Zeugnissen spätantiker Fachgelehrter, die mit der eindeutigen Zuordnung der
praetexta z .T. erstaunliche Schwierigkeiten gehabt haben .
Denn während die Gegenüberstellung römischer und griechischer Dramatik
praetexta und togata klare Alternati tragoedia (crepidatalcothurnata) und comoedia (palliata) zu be
noch bei Horaz mit den Begriffen der ven zur
zeichnen scheinen , lassen Reste seiner spätantiken Kommentierung ebenso wie Ä ußerungen des Euanthius und Diomedes auf ein merkwürdiges , bereits auf Varro zurückgehendes Nebeneinander von
praetexta und komischen
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Formen schließen .83 Dass e s sich hierbei u m Unverständnis früher oder später römischer Gelehrter handelt , ist dafür nicht notwendig d ie Erklä rung .84 Es mag sich genauso gut um ein Abbild des realen Befundes und so ein indirektes Zeugnis für einen weiteren, eben heiteren Typ handeln , wenn man alles Mögliche als
praetexta zu klassifizieren gewohnt war , eher komi
sche Stoffe , rein Deskriptives ebenso wie tragisch Anmutendes , vorausge setzt es handelte
sich um einen römisch-senatorischen bzw . national
gehobenen Inhalt . Denn bezeichnend ist, dass in der Gattungsdefinition des
praetexta als Bedingung allein die Festlegung auf einen (imperatorum nego tia . . . et publica et reges Romani uel duces, regum ueL magistratuum . . . ac ta) als Gegensatz zu Griechisch-Mythologischem (heroes) und sozial nied rig Stehendem (humiLes homines et priuatae domus) vorgegeben ist.85 Auch wenn dabei ausdrücklich mit der Tragödie verglichen ist (personarum dignitate et sublimitate tragoediis similes) , ist die Formulierung rein perso Diomedes ftir die
römischen Stoff in einem römisch-angesehenen Milieu
nenbezogen und trifft in der Tat nur das der Tragödie gemäße hohe Niveau der Akteure , nicht aber einen notwendig entsprechenden , im heutigen Sinne tragischen Inhalt - ein spätantikes Zeugnis zur Charakteri sierung einer Gat tung , das natürlich davon ausgeht und das abdecken muss , was diese in den Jahrhunderten zuvor alles hervorgebracht hat . Und so ist Spezifisches in spätantiken Gattungsdefinitionen für die
praetexta auch nicht vorgeschrie-
83 Hor. ars 285ff. nil intemptatum nostri liquere poetae! nec minimum meruere decus uesti gia Graeca! ausi de.rerere et celebrare domestica facta.! uel qui praetextas. uel qui docuere f(}gatas; Scho l . Pseudoacr. ad loc . praetextam quidam dicunt tragoediam. toga tam autem comoediam . alii autem dicunt praetextam et togatam comoedia.r eS.re sta taria. motoria. praetextata. tabernaria. togata. palliata; vgl . zudem die Aufzählung rö mischer multa fabularum genera seit der griechischen neuen Komödie bei Euanthius fab .4 . 1 togatas . . . . praetextatas a dignitate personarum tragicarum ex Latina hi.rtoria . Atellanas .... tabernarias .... mimos . den Versuch einer präzisen Bestimmung mit dem Vorwurf einer falschen Benennung bei Horaz (togatae stall korrekt tabernariae) durch Diom . l .489.1 4ff. initio togatae comoediae dicebantur ... quae togatae postea in prae textatas et tabernaria.r diuidebantur . ... togatarum fabularum species tot fere .runt quot et palliatarum. nam prima species est togatarum. quae praetextatae dicuntur ... Bequem zugänglich sind diese und die im Folgenden angeführten Zeugnisse jetzt bei Ma nuwald (200 1 ) . 84 Etwa Wiseman (2002) S .82ff. sieht den Fehler i n Varros übertriebenem Hang zur Klassi fizierung ( ..Wherever we look . the Varronian categories seem 10 dissolve. [ . .] are more of a hinderance Ihan a help"). 85 Diom . l .489.1 4ff. ... praetextatae dicuntur. in quibu.r imperatorum negotia agebantur et publica et reges Romani uel duces inducuntur. personarum dignitate et sublimitate tra goedii.r similes. praetextatae autem dicuntur. quia fere regum uel magistratuum qui praetexta utuntur in eius modi fabuli.r acta comprehenduntur; vgl . zudem Paulus ex Festo p .249.1 4f. praetextae appellantur. quae res ge.rtas Romanorum continent .rcriptae. •
.
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ben . Die durch Diomedes selbst, Donat und andere geläufige direkte Gegen überstellung , die praetexta als lateinisches Pendant zur griechischen tragoe dia ,86 besagt nur, dass die praetexta für das Römische den Anspruch geho bener dramatischer Dichtung erfüllt , nicht aber dass jede praetexta eine tra gische Tragödie sein müsste . Selbst die meisten republikanischen Stücke wären dann nicht mehr gattungskonform . Festzuhalten bleibt vielmehr , dass es nach antiker Tradition für das römisch-nationale Drama mit seinen Dar stellern in der purpurverbrämten Kleidung eines römischen Senators keine weitere, keine spezielle Festlegung auf eine bestimmte Art inhaltlicher Dar stellung mit positiv-vergnüglichem oder negativ-tragischem Ausgang oder mit lobender oder kritisierender Intention gegeben hat . Für die ' Octavia' bedeutet dies , dass sie mit ihrer literarischen Gestal
tragoedia zugleich sehr wohl auch eine echte praetexta sein kann . S ie erfüllt die Anforderungen der Gattungsdefinition etwa eines Diomedes und ist folglich legitim als praetexta zu bezeichnen , tung nach Art einer echten
auch wenn sie nicht explizit als solche überliefert ist. S ie ist jedoch auf kei nen Fall als typischer Vertreter fur die Gattung der praetexta insgesamt ein zuschätzen und diesbezüglich auch kaum weiter auszuwerten . Die ' Octavia' ist das einzige erhaltene Beispiel eines speziellen Typs ihrer Gattung . Sie ist
praetexta frei von den selbstauferlegten Zwängen heutiger tragoedia zu sehen , nicht aber als ein spätes Muster republikanischer praetextae. Und das ist keineswegs ein Verlust, im Gegenteil : Mit der Erkenntnis, die praetexta ' Octavia' gleichzeitig auch als tragoedia akzeptieren zu dürfen, kann sich somit selbst als
Interpreten für sich und im Kontext der griechischen
für die Frage der Gattungszuordnung wie überhaupt für die lateinische Lite raturgeschichte als
positiver Zugewinn ein viel reicheres dramatisches
Spektrum entfalten.
86 Diom . l ,482 ,27ff. apud Graec().r tragica c()mica .ratyrica mimica, apud R()man().r prae textata tabernaria Atellana planipe.r, Don .com .6,1 duae primae partes, trag()edia et c() m()edia. , .,i Latina argumentati() .rit, praetexta dicitur; ähnlich Ioannes Ly dos mag . l ,40.
Anhang: Anonymus 'Octaviae' : Ein erschöpfter Dichter?
Von den wenigen Interpreten abgesehen , die das Stück für eine echte Tragödie Senecas halten wollen - eine Position , die endlich überwunden sein sollte und heute zu Recht auch allgemeine Ablehnung erfährt -, hat die ' Octavia' in der Forschung üblicherweise eher negative Bewertung erfahren . Gerade der qualitative Vergleich mit den zweifelsfrei authentischen Stücken ist es schließlich , der eines der wesentlichen Argumente gegen den bereits
65 n. Chr. gestorbenen Seneca als Verfasser eines Dramas ausmacht , das in verhüllter, aber nichtsdestoweniger deutlicher Weise auf den erst 68 n. Chr. eingetretenen Tod Neros vorausweist . Immer wieder betont wird die "sprachliche wie metrische Armut" der ' Octavia' (lunge) , die einerseits mit überdeutlichen Anklängen
an
Senecas eigene Formulierungen , andererseits
ohne die zu erwartende metrische Variationsbreite mit einem Wechsel le diglich von iambischen Sprechversen und Anapästen für die heiden Chöre gestaltet ist .8 7 Doch herausgestellt wird nicht nur "the anemia of its style" . In der wissenschaftlichen Literatur ist zudem direkt von "bankruptcy of inven tion [ . . . ] a symptom of ineptitude" (Coffey) , "lack of dramatic excitement
[ . . . ] repetitious to the point of monotony" (Garson) und überhaupt "the play ' s weaknesses" (Goldberg) zu lesen; das Stück wird abwertend be schrieben als "a very undramatic piece of literature , [ . ] unusually plai n , at ..
times almost painfully bare" (Walker) und "simple little piece , pale and deli cate [ . . . ] bloodless" (Lucas) , "static , frigid , unexciting" (Sutton) .88 87 So zuletzt und besonders ausführlich Junge ( 1 999) S .221 -26O "reicht in seiner Sprach kunst bei weitem nicht an sein Vorbild heran [ . . .] geringere Beweglichkeit des Dichters im Ausdruck [ . . . ] Ausdrucksarmut [ . . . ] Einfallslosigkeit [ . . . ] manchmal erkennbare Mühe beim Bau der Verse [ . . . ] gewisse Eintllnigkeit [ . . . ] beschränkte Ausdrucksweise". Ähnlich zuvor z.B . Helm ( 1 934) S .301 ff. "Armseligkeit in der metrischen Gestaltung [ ... ] gewisse Armseligkeit des Stils, die Wiederkehr gleicher Gedanken und Ausdrücke", S .323 zum Mangel an "Ausdrucksbeweglichkeit [ . . . J , geistiger Regsamkeit [ . . .] eine sichtliche Armut in Gestaltung , Gedanken und Wortwahl". 88 Luca..� ( 1 92 1 ) S .9 1 ff., Coffey ( 1 957) S . l 80 , Walker ( 1 957) S . 1 63 , 1 7 1 , Garson ( 1 975) S .754, Sutton ( 1 983) S .2f., Goldberg (2003) S . 3 2 . Für E. Norden ist die ' Octavia' in sei ner bekannten Literaturgeschichte (LeipzigfBeriin 1 923) S .74 "trotz der ergrei fenden Wirkung einiger Szenen [ . . . ] dramatisch [ . . . ] nicht genügend". Vgl . daneben die einleiten den Forschungsüberblicke bei Poe ( 1 989) S .434f. "the product of an imitator of limited literary experience, if not limited creative ability" , Wilson (2003) S.5 "not entirely suc-
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Auch wenn negative Aussagen dieser Art von Vorurteilen gegen einen namenlosen und damit im Katalog der sonstigen Größen der erhaltenen la teinischen Literatur erkennbar unbedeutenden Autor mitgeprägt sein mögen, die eher abwertende Haltung der Sekundärliteratur gegenüber dem einzigen überlieferten römisch-historischen Drama ist nach eigener Lektüre gewiss nicht von der Hand zu weisen . Verwunderlich ist vielmehr, wenn neueste Forschung plötzlich dazu bereit wirkt, regelrechte Lobeshymnen auf die "künstlerische Meisterschaft" des anonymen Autors (Schubert) und sein singuläres Stück anzustimmen , das sogar Senecas Neid hätte erregen können ("emotionally even more convincing than much Senecan drama" [Ferri) , "in many ways the most interesting and most ' Sophoclean' of surviving dramas written in Latin" [Harri s on] , "den Autor zeichneten [ . . .] hohes psychologi sches Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit zu scharfer politischer Analy se aus" [Schubert])8 9 ; eine wiederum wohl äußerlich vorgeprägte Haltung , die dem Wunsch nach Aufwertung auch der eigenen Beschäftigung mit ei nem lediglich anonymen , vernachlässigten Stück entspringen mag . Doch selbst wenn weiterhin eher Zurückhaltung und vorsichtige Skepsis ange bracht ist, ist der anonyme Verfasser vielleicht tatsächlich in einem ent scheidenden Punkt gegen die Kritik moderner Interpreten und den Vorwurf dramatischer Unzulänglichkeit in Schutz zu nehmen: Die unbefriedigend wirkende Struktur, die unproportionierte Anlage seiner Dichtung muss kei neswegs Unvermögen , mangelnder Kraft, nachlassendem Interesse oder dichterischer Erschöpfung entspringen , wie es etwa Herington in seiner viel zitierten Studie unterstellt .90
cessfull dramatically", Smith (2003) S .392f. "un-dramatic, un-poetic, unsuccessful. [ . . .] doubly damned [ . . . ] a recitation drama and [ . .] a bad recitation drama" . Schuber! ( 1 998) S .289 , Fern (2003b) S .89; vgl . aber (2003a) S .26 "a rhetorically second rate and undistinguished poet" , Harrison (2003) S . l 1 2 ,,[ .] The deft sureness in mani pulating the sympathy of the audience, skill in the oral conveyance of drama, and an a1most undetectable calibration in the rise in tension would surely have excited the envy of Seneca hirnself, and the Iyrical passages surpass Seneca's own" mit Verweis u .a. auf Poe ( 1 989) . Korrekt Letzterer S .435 "The assumption of inferiority is unfor!unate because it has discouraged c10ser analysis" . Vgl . im übrigen schon Sullivan ( 1 985) S .60 "some not inconsiderable Iiterary merits; the play is carefully crafted with symmetrically balanced scenes , fast action and dialogue , dramatic irony [ . . . ]". Herington ( 1 96 1 ) S .20ff. "an author not much experienced in dramatic writing [ . . . ] as he proceeds [ .. ], rather losing his sense of direction . [ . . .] a supremely careful designer [ . .] a.� he proceeded he soon began to exhaust [ . . . ] impression of amateurishness and inexpe rience [ . . .] an inept phrase-maker" . .
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Dass es mit der Struktur der ' Octavia' ein echtes Problem gibt, ist der Forschung seit langem schmerzlich bewusst und wird auch durch die jüng ste Darstellung, den neuen Kommentar von Ferri , deutlich bestätigt . Ver suchsweise ist dort eine Einteilung in sogar sieben Akte gegeben ,9 1 die sich zu Recht - leider ohne präzise Dokumentation der Vorgänger - von den übli chen alten , unterschiedlichen Bemühungen absetzt, das Drama in das zu er wartende Fünf-Akt-Schema zu pressen .92 Wirklich befriedigen kann aber auch Ferris Strukturierung nicht, da die einzelnen Einheiten gegen Ende mit nur ca. 40 , 60 Versen einfach zu klein ausgefallen sind . So wird von anderen anstelle der üblichen Akte die dramatische Zeit von sogar drei Tagen V . l ff. , V .593ff. oder 646ff. , V .669ff. oder 69Off. als grundlegende Struktur und "basis of organization" (Carbone) herausgestellt, ein "internal time-scheme" (Sutton) , "telescoped" in eine fiktive, vereinfachte zeitliche Periode (Hering ton) .93 Immerhin besteht insoweit Einigkeit, dass eine Art sorgfältiger Kom position vorliegen muss , weil der Dichter sein Stück in wiederholter und deutlich erkennbarer Parallelisierung geplant hat (vgl . z .B . die fast gleichen Verszahlen zu Beginn für Octavia und ihre Amme , vgl . die Entsprechungen mit je einer Ammen-Szene , je einem Traum der beiden Ehefrauen , je einem Chor; vgl . zudem die ähnliche Funktion Senecas und des Präfekten als Neros mahnende Dialogpartner) .94
9 1 Ferri (2003a) S .66ff. V . 1 ff., 377ff., 593ff., 69Off. , 780ff., 820ff. , 877ff. mit dem Postulat
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einer "act-dividing function" fUr alle Chorlieder auf leerer BUhne, unabhängig von ihrer Länge (Akt zwei , sechs ohne Schlusschor); vorsichtig jedoch S .294 "Act-division in !his play should probably not be pursued rigi dly" . Vgl . jUngst auch Wilson (2003) S . I I "per plexing structure, so unlike surviving examples of tragedy" . So zumeist V . Hf., 377ff. , 593ff. , 690ff., 820ff. (z.B . VUrtheim [ 1 909] , Herrmann [ 1 924] , Reinhold [ 1 959] , Rizza [ 1 970]) oder als Alternativen l ff., 377ff. , 690ff., 820ff., 899ff. (Thompson [ 1 92 1 ]) , l ff., 377ff., 690ff. , 780ff. , 820ff. (Giancotti [ 1 954] . Mette [ 1 964] , Ballaira [ 1 974]), Hf., 273ff. , 593ff., 69Off., 820ff. (Schmidt [ 1 985] , Sallmann [ 1 998]). Für Leo ( 1 908) S .9 3 , Pedroli ( 1 954) S .42 ist Agrippinas Auftritt "ein richtiger Zwischen akt , ein Intennezzo" nach dem Vorbild der Komödie. Zur Forschung vgl . Schmidt ( 1 985) S . 1 446, Manuwald (200 1 ) S .275 Anm .33f. Herington ( 1 9 6 1 ) S .2 1 , Carbone ( 1 977) S .57; von Sutton ( 1 983) S . 1 0f. herausgestellt eigens als Indiz gegen die Authentizität. Der Beginn des zweiten wie dritten Tages ist freilich umstritten (V.593 vor [z .B . Zwierlein] oder V.646 nach Agrippinas Monolog [z.B . Sutton , Sallmann]; V .690 nach dem Chorlied [z .B . Herington , Zwierlein, Sallmann , Junge; zweifelnd Ferri] oder schon V .669 en illuxit . . . mit dem Chor [z.B . S ulton , Geno va, Perez G6mez]) . Wie ältere Forschung nur zwei Tage sieht dagegen Smith (2003) S .403 ; für Wiseman (200 1 ) S .20 beginnt V.646 bereits der dritte Tag. Auch dies ist aber Anlass zur Kritik , vgl . Herington ( 1 96 1 ) S . 2 1 "pedimental structure [ . . .] far too symmetrically designed to be a good drama" ; vgl . ferner z .B . Lucas ( 1 92 1 ) S .92f. "the artificiality and the meticulous symmetry o f arrangement [ . . .] are astonishing
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Das offenkundige Problem mit dem insgesamt in der Tat unbefriedigen den Aufbau , der ebenso offenkundige Verstoß gegen das etwa von Horaz in seiner 'Ars poetica' vorgeschriebene95 und auch von Seneca selbst zumeist beachtete Schema mit jeweils fünf, von je einem eingeschobenen Chorlied abgeschlossenen Akten ist m .E. im Falle der ' Octavia' notwendig hinzu nehmen und kann durch keine noch so geschickte Zuordnung beseitigt wer den . Andererseits dürfte es wohl nicht wirklich ausreichen , mit dem sublite rarischen Mimus (Sutton) , der plautinischen Komödie (Schubert, Ferri) oder gar der klassisch-griechischen Tragödie (Ferri) mögliche , aber inzwischen ebenfalls zu viele , zu unterschiedliche Vorbilder zu benennen , wie es die neueste Forschung versucht - ein letztlich wiederum unbefriedigender Be fund .96 Zu fragen ist auf jeden Fall auch nach einer künstlerischen Absicht des Autors und damit nach einer echten inhaltlichen Erklärung für die von der Mitte des Schauspiels an merkwürdig wirkende Szenenfolge ,97 da diese vielleicht weitaus stärker mit dem Inhalt korrespondiert, als es den Interpre ten bislang aufgefallen zu sein scheint. Lässt man den Ablauf des Ganzen auf sich wirken, ist zunächst festzu halten , dass der Dichter zumindest bis zum Ende des zweiten Aktes weitge hend der üblichen Anlage einer antiken Tragödie folgt, so dass für den Zu schauer bzw . Leser zunächst auch ein in der üblichen , klassischen Weise
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[ ... ] a strangely complex structure" , Sulton ( 1 983) S . l 3ff., 41 "scheme of balanced sym metry [ . . . ] supported by a far-reaching network of repeated themes, images , and words", Goldberg (2003) S .2 I , 32 "almost mechanically symmetrical [ . . .] built up from a series of personal antipathies" . Strukturelle Zweiteilung I ff., 593ff. bzw. 646ff. wird betont von Galliena ( 1 929) S .305 "due grandi parti" , Smith (2003) S .403 "Octavia is dyadic. [ ... ] de signed to break into opposing pairs" . V . 1 89ff. neue minor neu sit quinto productior actul fabula . ./ actori.r panis chorus .. J . . . medios intercinat actus ... Sutton ( 1 983) S .2f. zu den "grave deficiencies" und dem Autor als "both an effective iro nist and a bold experimental ist [ ...] even if he was not a sufficiently good or experienced playwright to make a success of his innovations"; er erkennt mit Marti ( 1 949/52) Mimus ähnliche Vignetten (S.28ff. "the experiment is a fascinating one" . S .68 "may be seriously flawed , but [ . . . ] not quite without merits") , vorsichtig bestätigt von Fern (2003a) S .62 Anm . l 5 2 , 294 mit eigenem Hinweis S .6 l ff. auf Sophokles, Euripides, aber zugleich auch mögliche nachklassische Züge ("time lapses [ . . .] independent of choral interl udes") . Ge gen den Einfluss des Mimus jedoch Zwierlein ( 1 986) S .446 Anm . 1 33 "die Argumente [ . . .] dUrften kaum jemanden überzeugen" . Ladek ( 1 89 1 ) S . 5 1 "ex singulis scaenis [ ...] nullo artiore vinculo inter se conexis" , Schubert ( 1 998) S .256 Anm . I O "nicht in Akte, sondern in Szenen". Vgl . auch das allgemeine Urteil von Poe ( 1 989) S .435 über ein Fehlen von Erklärungen als Forschungsdefizit: "the differences between this and the genuine plays and the causes for those differences remain very vaguely defined" . .
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gestaltetes Drama zu erwarten ist. Gleich von Anfang an , im ersten Akt, ist Octavia selbst mit ihrer Klage über ihr Schicksal zu erleben, ein für sie be reits zur Gewohnheit gewordenes Ritual (V .6 repete assuetos iam tibi que stus) , zu dem die TitelheIdin auch nach den vergeblichen Beschwichti gungsversuchen durch ihre Amme am Ende wieder zurückkehrt (V .270 re nouare luctus . . . ). Die Ausgangssituation , die Lage innerhalb des julisch c1audischen Kaiserhauses ist soweit geklärt, doch für die Entwicklung der Handlung , Octavias historisch vorgegebene Verstoßung , hat sich ansonsten noch nichts ergeben . Es ist sogar Octavia, die mit Gewalt gegen ihren Nero droht, und bisher nicht ihr Ehemann , der Scheidung und Verbannung ein geleitet hat. Abgeschlossen wird der sehr lang ausgefallene Akt sodann durch ein Lied des Chores, der den Fortbestand der Ehe wünscht und seine Klage mit einer Reihe von Exempla, insbesondere mit der Darstellung von Agrippinas Schicksal unterstreicht . Überraschend ist dabei, dass der zu er wartende Handlungsimpuls , der die Tragödie auslöst , nicht innerhalb des ersten , rein statischen Aktes selbst gegeben ist, sondern zu Beginn des Chorliedes , so dass dieses trotz seiner üblichen Stellung als Ausklang des Aktes manchem Interpreten direkt wie ein Auftakt für den nächsten Akt gilt. Formal gesehen ist die Tragödie jedoch mit einem Akt und darauf folgen dem Chorlied der normalen Konvention gemäß begonnen , auch wenn Octa vias Klagen über ihr Leid mit 272 Versen zu lang und somit strukturell übertrieben wirken . Im zweiten Akt hat Seneca ebenso wie zuvor Octavia zunächst die Mög lichkeit zur Selbstvorstellung in einem Monolog erhalten , ehe er in einem sorgfältig komponierten Dialog auf Nero einzuwirken sucht . Wieder scheint sich das Gespräch im Kreis zu drehen , wenn Seneca am Ende auf seine erste Argumentation zurückgreift (V .440ffJ578ff.; vgl . auch die äußerlich ent sprechende Dialogführung mit Stichomythie/Antilabai , Langreden , Sticho mythie/Antilabai) . Wieder ist für den Fortgang der Handlung nichts gesche hen , wäre nicht Nero zur Beendigung der Szene durch das Gespräch mit dem lästigen Mahner zu einer Trotzreaktion getrieben . Wieder am Ende , nun noch direkt im zweiten Akt , ist mit dem letzten Vers als zweiter Hand lungsimpuls der nächste Tag für die Hochzeit mit Poppaea bestimmt (V .592 quin destinamus . . . ). Und wieder hätte sich der tragischen Konvention ge mäß ein Chorlied anzuschließen . Doch was folgt, muss den mit einem nor malen dramatischen Ablauf rechnenden Zuschauer überraschen : 98 An die 98 Treffend z .B . Sullivan ( 1 985) S .66 zu Agrippinas "sudden entry" als "veritable coup de theatre" . Zu einem weiteren, bewusst eingesetzten Überraschungsmoment, die früher als
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Stelle des Chores ist - nahezu in der Mitte des Stückes und damit zusätzlich hervorgehoben - ein Auftritt Agrippinas gesetzt, die bereits zuvor die zen trale Gestalt des ersten Chorliedes war und die trotz ihrer dort ausführlich geschilderten Ennordung nun selbst auf der Bühne erscheint. Als umbra aus der Unterwelt gekommen, tritt sie wie eine Rachefurie auf, zum zweiten Mal eine tristis Erinys als pronuba für die Hochzeit (V .23f. , 594f.), die als Strafe ihrem eigenen Sohn ein schlimmes Ende prophezeit. Anstatt eines zweiten Chorliedes jetzt Agrippina selbst auf die Bühne zu senden , ist ein strukturell genialer, die düstere Prophezeiung unterstreichender Einfall des Dichters , der genauso, wie Agrippina unversehens aus dem Tartarus hervorbricht (V .593 tellure rupta . . . ), die Konventionen eines nonnalen Dramas zu bre chen beginnt . Wieder sind , wie V .273ff. im ersten Chorlied , Agrippinas Worte Vorbereitung für die folgende Handlung, speziell für V .7 1 2ff. mit Poppaeas Traum . Wieder ist zugleich mit dem Abschluss des Aktes - nun in der Nacht vor der Hochzeit - ein jetzt sogar weit über das Stück hinauswei sender Impuls gegeben . Denn der von seiner eigenen Mutter dem Tod ge weihte Nero wird erst 68 n. Chr. sterben , sechs lange Jahre nach der Tren nung von Octavia 62 n. Chr . , dem dramatischen Datum des Stückes . Doch Agrippinas unerwartetes Erscheinen noch vor dem Vollzug der neuen Ehe schließung lässt an ihrem Rachewillen und der Strafe für den Muttennörder keinen Zweifel , ein Indiz dafür, dass die poetische Gerechtigkeit gewahrt sein wird , wie man immer wieder festgestellt hat . Und Agrippina hat es ei lig; mit V .6 1 8 tempus haud longum peto drängt sie auf Neros rasches Ende eine merkwürdige Forderung , die in der Forschung kaum Beachtung findet und höchstens den Fürsprechern für die Authentizität des Dramas einst dazu gedient hat , die Genauigkeit des uaticinium ex euentu zu entkräften oder die zeitlich nächstmögliche Entstehungszeit des Stückes in den ersten Monaten des Jahres 65 n . Chr. zu postulieren .99 Mit dem anschließenden Auftreten der Octavia scheint V .646 der ange kündigte zweite Tag der Handlung ( . . . urbis Jesto laetoque die) und mit ihm
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Mangel empfundene, aber offenbar keineswegs dem Unvermögen des Autors entsprin gende uneinheitliche Zeichnung der Charaktere mit ihrer unerwarteten Entwicklung, vgl . Schubert ( 1 998) S .257 . Vgl . etwa die Kommentare von Ballaira ( 1 974) S . l 1 5f. mit Hinweis auf die "apparente incongruenza", Whitman ( 1 978) S . I OO "a promise of relief from tyranny in the near futu re"; von Junge ( 1 999) S . l 74 gegen Sluiter, Maas , Giancotti als "rein subjektives Empfin den" abgelehnt. Die Kommentare von Barbera (2000) mit einem ForschungsUberblick, Ferri (2003a) mit lediglich zwei sprachlichen ParalJelen aus Vergil , Ovid lassen keine Problematisierung des Zeitfaktors mehr erkennen.
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ein weiterer Akt zu beginnen , der f1ir den unvoreingenommenen Betrachter ganz natürlich eben mit dem neuen Tag und somit leicht verschoben gegen die in der Forschung übliche Abteilung einsetzt. "l0 Wieder, wie zu Beginn des Stückes , ist Octavia mit ihren klagenden Anapästen zu erleben und schafft so einen erkennbar neuen und zugleich gewohnten, alten Auftakt (vgl . z .B . causa malorum V .650 wie V . l l ) }OI Nach nur ca. 45 Versen und allein einem Monolog nebst einem weiteren Chorlied ist jedoch der schein bare dritte Akt bereits beendet . Nicht nur der Akt als dramatische Einheit, auch der Tag selbst ist viel zu kurz, zumal es sich um den Tag der Hochzeit handelt, der Octavias Schicksal besiegelt. Aber viel erfährt das Publikum davon nicht. Es gibt an diesem Tag keine Schilderung der Feierlichkeiten , noch nicht einmal durch den Chor. Dass es hier dennoch zu einer großen szenischen Präsentation mit erneuten Auftritten Senecas und vieler anderer zeitgenössischer Persönlichkeiten gekommen sei , wie unlängst Wiseman vermutet, ist eine phantasievolle Spekulation und ohne jeglichen Anhalts punkt im überlieferten Text. l 02 1 00 Zugrunde gelegt wird von den heutigen Interpreten der Beginn des dritten Aktes bereits mit der Erscheinung Agrippinas ohne Rücksicht auf ihre strukturelle Zusatzfunktion als Ersatz für den fehlenden Chor - ein gewichtiger Unterschied gegenüber sonstigen Geister erscheinungen wie in Senecas 'Thyest ' , ' Agamemnon ' . So urteilt z .B . Zwierlein (1 986) S .446 Anm . l 33 zu schnell , zu sicher ,,Aber es ist evident [ ... ]"; siehe auch o. Anm.92f. Zur KUrze des Aktes und dem Fehlen eines vorausgehenden Chorliedes als Indiz der Un vollendung vgl . Flinck ( 1 9 1 9) S .9 1 ; weitere Literatur bei Schmidt ( 1 985) S . l 446f. Ferri (2003a) S .294 wertet V.593-689 als Folge von "narra tive prologue - monody of a di stressed heroine - choral song" und sucht so - in der Mitte des Dramas - einen besonders für Euripides typischen tragischen Anfang zu erkennen . Auch schon fUr Bruder ( 1 958) S .6 8 , Kragelund ( 1 982) S .30 ist Agrippinas Monolog wie ein "Prolog vor einer Tragödie Neros" bzw . zweiter Prolog. Eine derartige Beurteilung ist jedoch nur aus der Rückschau möglich . Der unwissende Betrachter wartet auf einen Aktschluss . Durch die Klage anapäste Octavias wird zunächst wieder die Titelfigur zum Mittelpunkt, so dass Agrippi nas Drohungen Reaktion auf Neros Verhalten zuvor und so in der Tat in Bezug auf die Dramenstruktur eher einen Abschluss des eingeschoben wirkenden Nero-Aktes darstellen . Vgl . auch Poe ( 1 989) S .453 mit Verweis auf Laios' Geist Oed .61 9ff. "her role is to con firm what this scene has suggested as a possibility: Nero' s coming doom . [ ... ] suggestion that the ghost-scene is a kind of second prologue is therefore an exaggeration . Agrippi na's soIiloquy represents the second stage of a movement already begun in the previous scene". 10 1 Vgl . auch Genova ( 1 988) S . 1 33f. zu V.646ff. als "un secondo prologo". 1 02 Wiseman (200 1 ) S . 1 9 "a sumptuous spectacle of arrogance and adulation, full of irony for us, the audience. We recognise the senators [ . . . ]. Seneca again, and Lucan and Thra sea and Petronius and Corbulo [ . . . ] Locusta [ . . . ] . And now the stage is full of dancers and musicians [ ...]" . Ausgehend vom Postulat einer "unexplained 24-hour gap" nach V .645 schließt er S . l 4 Anm . l 6 auf eine visuelle Darstellung der Hochzeit und überhaupt auf die Notwendigkeit einer Aufführung des Dramas.
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Wenn die Amme Poppaeas V .690 auftritt, ist das Geschehen bereits um einen Tag fortgeschritten . In einem notwendig neuen Akt ist der dritte und letzte der Handlungstage erreicht . Wenn hier nach kurzen Worten ihrer Amme und nur wenig Rückblick auf die vorher nicht beschriebene Hochzeit sogleich Poppaea aus ihrem Schlafgemach gestürzt kommt, verstört und keineswegs voll ehelicher Freude oder ihrer historisch belegten selbstbe wussten Art, unterstreicht auch dies die plötzliche Zunahme an Geschwin digkeit, die gar nicht recht zum Anfang der Tragödie mit den überlangen ersten beiden Akten passt . Die Drohung der Agrippina, zunächst noch all gemein und unbestimmt (V .630 iugulum hostibus . . . ) , wirkt hier konkreti siert und trifft präzise die Umstände von Neros Tod . In Poppaeas Bericht von ihrem Unheilstraum kann das Publikum den durch den Geist der Mutter aufgescheuchten Sohn erleben , wie er sich auf dem Wege in die Unterwelt selbst das Schwert in seine eigene Kehle stößt (V .732f. trepidus . . . ensem . . . iugulo condidit; vgl . Sueton Nero 49,3 trepidanter . . . ferrum iugulo adegit) . In der Forschung ist Letzteres zu Unrecht umstritten; 103 die Bezüge in dieser Szene werden für jeden eindeutig , wenn man die Ahnungen der Poppaea nicht für sich isoliert sieht, sondern im Zusammenhang mit der Erscheinung Agrippinas unmittelbar zuvor bewertet, was in der Sekundärliteratur viel zu selten geschieht.l04 So nämlich scheint ihr Geist bereits zu wirken . Nicht mehr Octavia, sondern Nero und sein baldiges Ende stehen jetzt im Vorder grund . l °5 Die klassischen Strukturen des Dramas lösen sich plötzlich in kur ze , zu kurze Einzelszenen auf, die schnellstens und mit erzählter hektischer 103 Vgl . zuletzt ausfiIhrIich Kragelund ( 1 982) S .9fr. sowie mit einem Überblick über die For schung Junge ( 1 999) S . l 76fr., Manuwald (200 1 ) S .282 Anm .5 1 . An Neros Selbstti\tung glauben seit Trevet die meisten wie z .B . Münscher ( 1 922) , Enk ( 1 926) , Helm ( 1 934) , Pe droli ( 1 954) , Axelson ( 1 956) , Bruckner ( 1 976) , Carbone ( 1 977), Zwierlein ( 1 980) , Sö ring ( 1 982) , Junge ( 1 999) , Fern (2003a); an die Ti\tung des Crispinus z .B . Riller ( 1 843), Nordmeyer ( 1 893) , F1inck ( 1 9 1 9) , Pease ( 1 920/24) , Lucas ( 1 9 2 1 ) , Bardon ( 1 939) , Gian colli ( 1 954) , Santoro ( 1 955), Rizza ( 1 970) , Kragelund ( 1 982), S ulli van ( 1 985); an die der Poppaea Pantzerhielm Thomas ( 1 945), Sluiter ( 1 949) und unlängst auch Manuwald (200 1 ) und Schubert ( 1 998), der ihre Katabasis leugnet. Mit bewusster Ambivalenz for muliert ist der Traumbericht z.B . fUr Maas ( 1 927) , Sluiter ( 1 949), Ballaira ( 1 974) , Whit man ( 1 978), Kragelund ( 1 982) . 1 04 Vgl . aber Bruckner ( 1 976) S .5 , Carbone ( 1 977) S .60fr. Weitere gewichtige Argumente fUr einen Selbstmord Neros sind sein Eindringen in die Unterwelt, in der sich Poppaea mit ihrem ersten Gallen Crispinus befindet (beides Opfer Neros, 65 und 66 n. Chr.) , und die euphemistische Deutung der Amme: Es wäre weder sinnvoll, wenn Nero den bereits toten Crispinus ein zweites Mal ersticht, noch wäre ein derartiger aggressiver Akt, der sich ge gen einen anderen richtet, als Symbol filr Frieden zu verstehen. Letzteres ist nur mllglich, wenn Nero sich selbst umbringt , d .h . sein Schwert bei sich birgt. 105 Vgl . auch Sullon ( 1 983) S .62 "the Octavia is really Nero' s play" .
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Aktion aufeinander folgen (V .725ff. subito patuit . . . properat petere . . . irru pit . . . , V .778 gressu ruit attonito . . . , V .78Off. . .. per ne/as ingens ruunt ) . 106 Und nicht nur damit scheint zeitliche Distanz zu schwinden . Denn mit V .8 3 1 ist im (über-) nächsten (1) Akt bereits von Roms gro ßem B rand die Rede (64 n . Chr . , mox tecta flammis . . .) , der vom Kaiser als Strafe für den Volksaufstand zu Gunsten der Octavia angekündigt wird - ein kühner Zeitsprung nun um gleich zwei Jahre .I 07 Was in der Forschung zu meist nur für die Charakterisierung Neros ausgewertet wird ,l os ist ein weite res deutliches Indiz für die zunehmende Geschwindigkeit der Darstellung . So scheint sich in der Tat das zu bestätigen , was Agrippina V .6 l 8 aus drücklich gefordert hatte: tempus haud longum peto - ein rasches Ende für Nero wirkt möglich , und dies noch innerhalb des Stücke s ! Die sich nach den historischen Quellen mit sogar zwei Verbannungen über eine längere Zeit hinziehende Octavia-Handlung ist schließlich nicht nur auf die drei Tage der Erzählung komprimiert. Selbst die Ereignisse der nachfolgenden Jahre sind auf das dramatische Datum der ' Octavia' bezogen und damit verdichtet. Die Anlage der Tragödie zeigt folglich von ihrer Mitte an , unmittelbar nach dem Auftritt der Agrippina, ein rasant gesteigertes Tempo , das ja vielleicht doch auf einen gerechten Ausgang mit dem möglichst nahen Tod des Tyrannen hoffen lässt, eben so, wie es Agrippina verlangt hatte: tempus haud longum peto . Doch trotz aller zeitlichen Verdichtung , es kommt, wie es dramatisch kommen muss: Die ' Octavia' bleibt letztlich im zeitlich-dramatischen Rah men und hat notgedrungen ein ernüchterndes Ende . Hilflos und voller Mit gefühl muss das Publikum in einem letzten Akt V .899ff. mitansehen , wie Octavia zur Ermordung auf die Insel Pandataria verschleppt wird . Dem Chor bleibt nichts als die Hoffnung , dass Neros verstoßene Gattin göttliche Ret tung erfahren möge , wie es in der griechischen Tragödie einst einer Iphige nie widerfuhr - ein frommer Wunsch , der das historische Geschehen am En• • •
106 Vgl .
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auch Bruder ( 1 958) S .62 "Dies kurzatmige Aufeinanderfolgen , der fast an die Tech nik des Filmes erinnernde rasche Wechsel der Szenen und der Personen erweckt den Ein druck , als ob die Ereignisse sich jetzt dem Ende zu drängten. Sicher mit Absicht, obwohl oder vielleicht gerade weil sich das ganze Geschehen in Wirklichkeit über eine wesentlich längere Zeit hin erstreckte [ . . . ] Charakter der Unruhe" . Vgl . Sallmann ( 1 998) S .44 "kühn ist die logische Brücke [ . .]". Siehe o. S .35f.; zur Funktion vgl . zudem den ergänzenden Gedanken von Williams ( 1 994) S . l 88f., 1 94 "Nero wields an incendiary weapon which views with Cupid' s own", "the fire as the dramatic realisation of Stoic catastrophe [ . . . ] the poet recasts history to meet the demands of his imagery" - Weltenbrand, Amors Liebesfackel und Neros Brandstiftung als zentraJe.� Motiv des Drama.� . .
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de in eine mythische Sphäre zu entrücken sucht, um mit dem letzten Vers mit aller Härte einen noch düstereren Schlussakzent zu setzen . Denn bei der Ermordung allein der Octavia und einem gattungsgemäßen mythischen Hof fen bleibt es nicht. Mit dem Hinweis auf Roms Freude am eigenen Bürger blut wird der Zuschauer brutal in die römische Realität zurückgeholt (V .982 ciuis gaudet Roma cruore) . Nero mordet und wird weiter morden , bis es nach ihm gar zu einem Bürgerkrieg kommt, eine Katastrophe , die das Schicksal der Octavia noch weit übertrifft. Von ausgleichender poetischer Gerechtigkeit ist am Ende des Dramas nichts mehr zu spüren . Nach Octavi as Ermordung 62 n. Chr. werden doch die historischen sechs Jahre bleiben . Und nicht einmal am Ende steht Positives; am Ende steht ein allgemeiner Bürgermord und so ein Ausdruck gänzlicher Desillusionierung , wenn nicht einmal mehr die Geister der Unterwelt in der Lage sind , dem selbstherrli chen Nero Einhalt zu gebieten . Der Geist der Agrippina , zusätzlich von sei nem eigenen Opfer, Claudius' Geist, getrieben (vgl . V .6 1 4ff. agitat, petit, instat, minatur, imputat, poscit . . ), ist schließlich selbst nicht ohne Schuld und hat nun als Erinye keinen Einfluss mehr. 1 09 Trotz ihres Wunsches - die als Reaktion auf Claudius ' Drängen gewählte Formulierung tempus haud longum peto entpuppt sich als Zeichen ihrer Ohnmacht und ist keineswegs ein Dichterfehler -, trotz aller Darstellungsversuche des dramatischen Dich ters bleibt bittere Realität mit weiteren langen Jahren Mord und sogar Bür gerkrieg statt einer Erlösung . Die erhoffte Gerechtigkeit gibt es in diesem Stück nicht. .
Vollzieht man die Anlage des Dramas in der beschriebenen Weise nach, muss hier nicht notwendig ein schließlich erschöpfter, unvermögender Dichter am Werk gewesen sein . Die ' Octavia' gibt sich als das Stück eines belesenen Autors , der mit Senecas echten Tragödien und den großen grie chischen Stoffen etwa von Elektra und Antigone bestens vertraut ist (vgl . V . l ff. , 899ff.) . Er kennt demnach dramatische Konventionen zur Genüge ; er 1 09 Vgl . Tschiedel ( 1 995) S .4 1 3 f. "Der Leser darf und soll sich zwar gewiß sein, daß der Untat die Strafe folgen wird; aber diese Strafe erscheint nicht als eine gerechte [ . . .] . Vielmehr ist es das Biise selbst, das sich im exzessiven Wüten gegen sich kehrt und seine eigene Vernichtung betreibt. [ . . . ] Es bleibt da.� bittere Empfinden der Ohnmacht [ . . .] Vermittlung einer von Skepsis und Pessimismu.� verdüsterten WeItsicht" . Von Octavia V.23 als tristis Erinys beschworen, selbst V.593ff. als solche aufgetreten , ist es nicht Agrippina, kein Totengeist und keine Erinye, die ungehemmt die Welt regiert, wie Octa via V.91 1 ff. explizit, doch eben falsch beklagt (nullum Pieta.r nune numen habet! nee sunt .ruperi:/ regnat mund() tristis Erinys) . Es ist Nero, und das ist viel schlimmer!
Anonymus ' Octaviae ' : Ein erschöpfter Dichter?
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muss auch um die übliche Aktstruktur wissen . Aber er ist bereit, sich für sein Drama ebenso darüber hinweg zu setzen wie über die ebenfalls der dramatischen Theorie nach übliche Einheit der Zeit. I 10 Er braucht einen viel zu langen statischen ersten Akt als Gegensatz zur Vorbereitung; er braucht mehrere Tage und vor allem den viel zu kurzen zweiten Tag bzw . dritten Akt als ein besonderes dichterisches Ausdrucksmittel für eine Zunahme an Geschwindigkeit. Er nutzt mit dem Brand Roms einen echten Anachronis mus , um für sein Stück eine Illusion der Zeitraffung zu schaffen , so als hätte Agrippinas Schatten wirklich Macht (V .6 1 8 tempus haud longum peto) , als könnte ein gerechtes Ende Hoffnung geben . Oder sollte sich der Anonymus doch nur müde geschrieben haben , ein folglich schlechter Dichter, der etwa mit der Wahl dreier Handlungstage gattungsbedingter Vorgabe folgt - ein angebliches Charakteristikum der rö mischen 'Praetexta' , wie es die Forschung neuerdings behauptet? I 11 Ich wä re sehr vorsichtig , allein aus einem einzigen und dazu späten Stück auf eine verlorene Gattung aus frührepublikanischer Zeit zurückzuschließen , von der bis auf wenige , kaum aussagekräftige Fragmente nichts mehr erhalten ist. Würden dieselben Interpreten wirklich das Drama unseres 20 . Jahrhunderts für eine Poetik des Schauspieles z .B . im 1 7 . Jahrhundert benutzen?
1 10 Für die Eigenständigkeit des III
' Octavia' -Dichters trotz aller Seneca-Imitation vgl . Uberdies das gegen die Praxis seines vermeintlichen römischen Vorbildes an den Schl uss gesetzte Chorlied; siehe auch o. S .29. Vgl . insbesondere den Beitrag von Kragelund (2002) sowie Fern (2003b) S .89 Anm .2, 1 07 mit ausdrUcklicher Bestätigung der seit Herington ( 1 96 1 ) S .25 postulierten Konti nuität hinsichtlich der Drei-Tages-Struktur. Siehe aber auch seine skeptischen Äußerun gen o. Anm .78 .
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