Verlag Brigitte Gratz-Tonrath & Michael Prittwitz — Berchtesgaden 2004
Michael Prittwitz, Albert Hirschbichler, Jutta Lauber
Luft ist Leben
Asthma, Bronchitis, Emphysem und COPD geben Sie der Krankheit keine Chance!
Michael Prittwitz, Albert Hirschbichler, Jutta Lauber
Luft ist Leben Asthma, Bronchitis, Emphysem und COPD Geben Sie der Krankheit keine Chance
©Verlag Brigitte Gratz-Tonrath & Dr. med. Michael Prittwitz Berchtesgaden 2004
Anschrift für die Autoren: Dr.med.Michael Prittwitz, Antenbergweg 3, 83471 Berchtesgaden E-Mail:
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Lektorat: B.Gratz-Tonrath, Berchtesgaden Abbildungen: Dr.M.Prittwitz (unter teilweiser Benutzung von Vorlagen aus „Lernen, Können, Wissen“ aus dem Cedip-Verlag München ) Einbandgestaltung: B.Gratz-Tonrath und Dr.M.Prittwitz, Berchtesgaden Satz: Dr.M.Prittwitz, gesetzt mit Adobe Indesign 2 für MacOS X Druck: Druckerei Dünnbier, 02779 Großschönau Internet: www.druckerei-duennbier.com
Wichtiger Hinweis für Benutzer: Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Herausgeber und Autoren des Werkes haben große Sorgfalt darauf verwandt, dass die in diesem Werk gemachten medizinischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschten Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand der Beipackzettel einzelner Präparate zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Buch abweichen. Eine selbständige Behandlung mit Medikamenten sollte grundsätzlich nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt durchgeführt werden. Insofern haben entsprechende Angaben in diesem Buch reinen Empfehlungscharakter. © 2004 Verlag Brigitte Gratz-Tonrath & Dr. Michael Prittwitz Berchtesgaden 1.Auflage 2004 www.prittwitz.info/luft-ist-leben ISBN 3-00-013566-9
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
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Atmung - Aufbau der Lunge - Atemwegskrankheiten
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Warum ist die Atmung so wichtig? Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit? Welche Einflüsse können Ihre Erkrankung verschlechtern? Was können Sie dagegen tun?
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Was können Sie selber dazu tun, um den Verlauf Ihrer Erkrankung zu stabilisieren und zu verbessern?
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Peakflowmeter und Dosieraerosol
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„Führerscheinlehrgang“ für zwei einfache Hilfsmittel, mit denen Sie Ihre Erkrankung besser in den Griff bekommen können Therapie mit Medikamenten muss sein - aber wie?
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Therapie ohne Medikamente
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Was gibt es für Möglichkeiten? Die physiotherapeutische Atemtherapie - ein ganz wichtiges Kapitel (J. Lauber)
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Asthma und Psyche - was Sie darüber wissen sollten (A. Hirschbichler)
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Alltagstipps
133
Wie normal kann der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen? Selbst ist die Frau / Selbst ist der Mann -
147
Selbsthilfemaßnahmen für den Notfall Literatur - Adressen
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Stichwortverzeichnis
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Zum Geleit
Liebe Patientin, lieber Patient! Wenn Sie dieses Buch in den Händen halten, dann haben Sie einen wesentlichen Teil Ihrer Behandlung begonnen, Sie möchten sich informieren. Nur der bestinformierte Patient ist ein gut behandelter Patient! Atemwegs- und Lungenkrankheiten zeigen in den letzten Jahrzehnten eine stetige Zunahme. Bedauerlicherweise gilt dies insbesondere bei jüngeren Menschen - hier ist es eher das Asthma bronchiale - aber auch bei älteren Menschen - hier ist es eher chronische Bronchitis und das oft verkannte Lungenemphysem (die beiden Letzteren werden heute meist als COPD zusammengefasst). Diese drei Krankheiten werden im Folgenden alle umfassend beschrieben. Die Beschreibung geschieht durch erfahrene Autoren, die seit Jahren und Jahrzehnten die Patientenschulung an der Fachklinik Bad Reichenhall entwickelt und mitbestimmt haben. Dies ist dem Buch anzumerken: Es spricht eine Patientensprache, es legt Wert auf den praktischen Umgang im Alltag und die Einschränkungen, die sich aus den Krankheitsbildern ergeben. Insofern ist dieses Buch ein „Alltagsbegleiter“ und wird den betroffenen Patienten, also Ihnen, helfen mit der Krankheit zu leben und dies möglichst gut. Wie jedes Buch kann es natürlich nur die theoretische Basis legen für ein partnerschaftliches Patienten - Arzt - Konzept. Es hilft dabei Wissen zu erwerben und möchte Sie als Patienten dabei unterstützen, das Können auch zu tun und zwar anhaltend. Die ist überhaupt die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung: Das konsequente Beibehalten von gesunden Lebensformen und der mit dem Arzt besprochenen und verabredeten Behandlungen. Dieses Buch wird Ihnen auf diesem wichtigen Wege eine große Hilfe sein.
Prof. Dr.med Wolfgang Petro Klinik Bad Reichenhall Fachklinik für Erkrankungen der Atmungsorgane, Allergien und für Orthopädie
Vorwort
I Vorwort Kranksein ist immer schlimm! Chronisches Kranksein, d.h. nie mehr ganz gesund zu werden, ist für den Gesunden vielleicht ein Alptraum, für den wirklich Betroffenen aber die tägliche Wirklichkeit. Und doch muss auch sie/er damit leben. Das Beispiel vieler Menschen beweist: Das geht sogar! Die Erkrankung erlegt diesen Menschen allerdings eine Menge Einschränkungen im Alltag auf, bringt eine Vielzahl an Beschwerden und oft auch Leid mit sich. Jeder von ihnen möchte wieder ganz gesund werden - verständlicherweise. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass das in den meisten Fällen ein vergeblicher Wunsch bleibt - trotz bester und modernster Therapie. Wer es schafft, sein Ziel zu ändern, sich zu sagen: „Die Krankheit ist da, und ich werde sie nicht mehr los, also mache ich das Beste daraus, lerne, sie bestmöglich „in den Griff zu bekommen“, mit ihr zu leben, alles dafür zu tun, dass sie mir möglichst wenig Beschwerden bereitet - und versuche ansonsten, alles Schöne und Lebenswerte am Leben zu genießen“, der wird sehen, dass es tatsächlich besser geht und die Belastung durch die Krankheit zumindest wesentlich kleiner wird. Das können wir nur schreiben, weil wir es von vielen unserer Patienten gelernt haben, die diesen Weg gegangen sind - und damit die Probleme durch ihr Kranksein vielleicht nicht ganz gelöst, aber doch erheblich reduziert haben. Als Spezialisten für Erkrankungen der Atmungsorgane konnten wir ihnen Helfer und Partner auf diesem Weg sein - und haben doch auch gleichzeitig viel von ihnen gelernt. Ihnen allen ist deshalb dieses Büchlein gewidmet, all den Patienten der vergangenen Jahre und Jahrzehnte, die - teilweise immer wieder – bei uns Hilfe und Erleichterung gesucht - und in vielen Fällen auch gefunden haben. Seit mehr als zehn Jahren werden in der Klinik Bad Reichenhall, in der der Autor und seine Mitautoren tätig sind bzw. waren, Schulungsund Trainingsprogramme für Asthma-, Bronchitis- und Emphysempatienten durchgeführt. Am Anfang standen der Autor dieses Buches, wenige Mitarbeiter der Klinik und ein paar ausgewählte Patienten. Heute sind es alle Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten und Pflegekräfte, die allen Patienten Wichtiges über ihre Erkrankung und deren Behandlung beibringen. Die Kurse haben viel Anklang gefunden und sind heu-
Chronische Krankheiten
Die Krankheit „annehmen“
Patient und Arzt als Partner
Schulungs- und Trainingskurse für Atemwegskranke
7
Vorwort
te ein fester Bestandteil der Rehabilitationsbehandlung nicht nur in der Klinik Bad Reichenhall, und sie sind auch die Basis für dieses Buch. Auch andere Ärzte wurden und werden von erfahrenen Mitarbeitern dieses Hauses geschult, damit möglichst viele Kranke von den Möglichkeiten profitieren können. Das ist auch das Ziel des vorliegenden Buches: Ihnen Wichtiges und Wissenswertes über Ihre Erkrankung zu vermitteln, über die Therapie und ganz besonders über die Möglichkeiten, die Sie haben, Ihr Schicksal - soweit es die Krankheit betrifft - selbst in die Hand zu nehmen. Interessieren Sie sich für alles, was Ihnen angeboten wird - es ist Ihre Gesundheit, um die es geht! Machen Sie sich klar, dass es auch von Ihrem Verhalten abhängt (jetzt und in Zukunft), ob Sie Ihre Krankheit „in den Griff bekommen“ oder nicht. Wir wollen Ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie das geht - tun müssen Sie es dann allerdings selber. Sie haben dafür einen wichtigen Partner: Ihren Hausarzt. Ob es sich dabei um eine Frau Doktor oder ein Herr Doktor handelt, spielt natürlich keine Rolle. Wichtig ist nur, dass Sie sich gut betreut und behandelt fühlen, dass sie/er Ihnen auch mal zuhören kann und sich für Sie ein wenig Zeit nimmt. Wir werden in diesem Heft vom Hausarzt sprechen aber natürlich immer beide meinen! Nutzen Sie sein Wissen und seine Erfahrung. Geben Sie ihm die Informationen, die er für eine optimale Behandlung Ihrer Krankheit braucht. Bilden Sie mit ihm einen „Pakt gegen Ihre Krankheit“. Das gleiche gilt natürlich auch für Ihren Lungenarzt oder Ihren betreuenden Arzt während einer „Kur“ (offiziell heißt das heute Rehabilitationsbehandlung). Für Patienten der Klinik Bad Reichenhall kann dieses Buch gleichzeitig eine Arbeitsunterlage für einen Kurs sein, für alle anderen ein Informationsangebot (das vielleicht auch in diesen Lesern den Wunsch wecken soll, einmal an so einem Kurs teilzunehmen). Im Anhang finden Sie einige Hinweise auf weiterführende Bücher zum Thema sowie einige Adressen und Anregungen fürs Internet, das auch in diesem Bereich zunehmend wichtiger wird. Ein Tipp: Lesen Sie das Buch zuerst einmal als Ganzes und versuchen Sie dann einzelne Punkte zu vertiefen. Dabei sollen Ihnen die Stichworte in der Randspalte behilflich sein. Bei Ihrem nächsten Arztbesuch sprechen Sie dann mit Ihrem Doktor über das, was Sie besonders
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Vorwort
interessiert und beschäftigt. So können Sie ganz gezielte Fragen stellen und ihm gleichzeitig Ihre neue Kompetenz beweisen. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Erfolg beim Lesen der folgenden Seiten, vielleicht sogar beim regelrechten Studium. Werden Sie nicht mutlos, wenn ab und zu ein paar Fremdworte vorkommen: ganz ohne geht es nicht - aber sie werden alle erklärt.
Die Autoren Mai 2004
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Atmung - Aufbau der Atmungsorgane - Atemwegskrankheiten
II Atmung - Aufbau der Lunge - Atemwegskrankheiten Warum ist die Atmung so wichtig? Luft ist Leben! Ohne Trinken und Essen können wir einige Tage bzw. Wissenswertes Wochen leben - ohne zu atmen, nur wenige Minuten! Aber auch ein über Atemorgane chronischer Sauerstoffmangel richtet im Körper langfristig großen und Atmung Schaden an. Lunge Die Hauptaufgabe der Atmung besteht darin, den in der eingeatmeten Luft enthaltenen Sauerstoff Kohlendioxid Sauerstoff (O2) in den Körper - genauer: in das (O2) (CO2) Blut - „hineinzufiltern“. Gleichzeitig muss das Körperzellen als Abfallstoff anfallende Kohlendioxid (CO2) wieder aus dem Blut in die Atemluft „hinausGasaustausch gefiltert“ und ausgeatmet werden. Diese Aufgabe übernimmt unser Atemorgan beziehungsweise dessen Hauptrepräsentant, die Lunge. Damit die Atemluft aus der Umwelt in unsere Lunge und ihre vielen Millionen Lungenbläschen (Alveolen) gelangen kann, besitzen wir Atemwege, ein Röhrensystem, das sich baumartig - ausgehend von Nase und Mund - in unseren Brustkorb
Nasen-Rachenraum obere Atemwege
Die Atemorgane
Kehlkopf (Larynx) Luftröhre (Trachea) Bronchien (tiefe Atemwege) linke Lunge rechte Lunge
Der Aufbau unseres Atmungsapparates
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Grundlagen
Kleine Bronchien und Lungenbläschen
Sauerstoffreiches Blut Sauerstoffarmes Blut Bronchus Blutströmungsrichtung Lungenbläschen (Alveolen) feinste Äderchen (Kapillaren)
Feinaufbau der Lungenbläschen
verzweigt. So strömt die Luft bei der Einatmung auch in das letzte Lungenbläschen. Wenn die Luftströmung in diesen Röhren behindert wird, resultiert daraus eine Verschlechterung der Atmung, auch wenn die Lunge selbst gesund ist. Man spricht dann von einer Atemwegs- oder Bronchialkrankheit, um die es in diesem Buch geht. Man sollte diese Erkrankungen unbedingt von den Krankheiten der Lunge unterscheiden – auch wenn die Beschwerden manchmal durchaus ähnlich sein können. Die wichtigsten und am häufigsten vorkommenden Atemwegserkrankungen sind:
Asthma Bronchitis Emphysem
• Asthma bronchiale (kurz auch Asthma genannt) • Chronische Bronchitis • Lungenemphysem (in der Praxis spricht man meist nur vom Emphysem)
Zu diesen Erkrankungen sollen Ihnen nun kurz einige Grundlagen das Verständnis verbessern helfen.
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Atmung - Aufbau der Atmungsorgane - Atemwegskrankheiten
Die Atmung als wichtiger Körpervorgang Bei der Einatmung strömt mit der Atemluft nicht nur Sauerstoff in die Zusammensetzung Lungen sondern auch eine der Atemluft Andere nicht unerhebliche Zahl anderer Stoffe. Nur etwa der fünfStickstoff te Teil der Luft ist Sauerstoff, N2 ���������� �� �� ����� � die restlichen 80% bestehen ���������� �� ��� ����� �� �������� ������� ������� ���� ���� �� überwiegend aus Stickstoff, ���������� ���������� ��� ������� ����� �� den wir unverändert wieder ausatmen. Es befinden sich Chemische Bestandteile der Luft aber auch organische und anorganische Stoffe wie z.B. Krankheitserreger (Bakterien, Viren), Staub, Rauch, Dämpfe, Gase, Pollen usw. darin. Der Körper versucht nun, diese unerwünschten Stoffe wieder los- Selbstreinigung der Schleimhaut zuwerden oder unschädlich zu machen. Dafür hat die Natur ein mechanisches Selbstreinigungs- Normale Bronchien mit Flimmerhärchen system entwickelt: In feinen und feinem Schleimfilm Drüsen der Bronchialwände wird (ein normalerweise recht flüssiger) Schleim produziert (deswegen Schleimhaut), in dem eingeatmete feste Teilchen hängen bleiben. Dieser Schleim wird von Millionen mikroskopisch kleinen Flimmerhärchen, die wie ein Kornfeld im Wind ständig in Bewegung sind und dadurch wie ein Förderband wirken, nach außen befördert und schließlich abgehustet. Husten ist also in erster Linie ein wichtiger Mechanismus des Orga- Husten nismus, um schädigende Stoffe aus dem Atmungssystem zu entfernen. Ein chronischer Husten ist jedoch immer Zeichen für einen krankhaften Prozess im Atmungssystem und muss daher unbedingt untersucht – und wenn er nicht nach kurzer Zeit von alleine abklingt – behandelt werden! O2
Einatmung und Ausatmung Die Einatmung führen wir herbei, indem wir unsere „Einatemmuskeln“ Zwerchfellfunkanspannen. Der wichtigste davon ist das Zwerchfell. Wenn sich dieser tion
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Grundlagen
kuppelförmige Muskel, der Brust- und Bauchraum voneinander trennt, anspannt, wird er flacher und der Brustraum (Thorax) damit größer. Wie beim Blutabnehmen entsteht hierdurch Einatmung und Ausatmung ein Unterdruck, die Atemluft wird durch Einatmung die Atemwege eingesogen. Bei tiefer Einatmung vergrößern wir unser Lungenvolumen um ca. 2-6 Liter, abhängig ist dies von verschiedenen Faktoren, insbesondere Größe und Alter. Übrigens: Unser Zwerchfellmuskel ist so gut trainiert (12-20 mal pro Minute und das 70, 80, 90… Jahre lang!), dass wir auch bei verengten Atemwegen (z.B. im Asthmaanfall) die Luft noch kraftvoll einsaugen können! Wenn die Lunge dann prall mit Luft gefüllt ist, tritt der Sauerstoff durch die Wände der Lungenbläschen in die feinen Blutäderchen über, die wie ein Netz jedes einzelne der mikroskopisch kleinen Bläschen überziehen. Die Lunge als Ganzes fühlt sich wie ein Schwamm an, in der Ausatmung weich und entspannt, in der Einatmungsphase prall und gespannt. Gasaustausch In wenigen Sekundenbruchteilen ist die nötige Sauerstoffmenge ins Blut gelangt - und gleichzeitig im Austausch dafür das überschüssige Kohlendioxid in die Lungenbläschen (diesen Vorgang nennt man Gasaustausch: O2 CO2). Der Sauerstoff kann sich nun über die Blutbahn im ganzen Körper verteilen. Am stärksten sauerstoffabhängig sind Herz, Nieren, Darm und Gehirn. Ausatmung Nun erfolgt die Ausatmung (beim Gesunden) durch einen genialen Trick der Natur: Nichtstun! Wir müssen nur locker lassen und die Zwerchfellmuskeln entspannen, dann zieht sich die Lunge wie ein aufgeblasener, gespannter Luftballon von selbst zusammen und drückt
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Atmung - Aufbau der Atmungsorgane - Atemwegskrankheiten
die verbrauchte Atemluft wieder nach aussen. Dieser Vorgang ist außerordentlich energiesparend: Wir atmen aktiv nur unser halbes Leben! Die andere Hälfte können wir entspannen! Übrigens: Weil Milliarden Menschen und Tiere ständig atmen, müsste der Sauerstoff auf der Erde immer weniger und das Kohlendioxid immer mehr werden. Hier helfen nun die Pflanzen: Ihre Atmung läuft genau umgekehrt ab:
Pflanzen und der Sauerstoffkreislauf
Kohlendioxid einatmen Sauerstoff ausatmen „Unser Freund der Baum“ ist also nicht nur schön sondern auch wichtig - und Umweltschutz ist auch Menschenschutz!
O2
Der Kreislauf von Sauerstoff und Kohlendioxid in der Natur CO2
Atemnot - wie ein Teufelskreis entsteht
Atemnot
Falls nun aber die Atemwege zu eng sind, reicht die Kraft der Lungen zur Ausatmung nicht mehr ganz aus. Vor allem bei Anstrengungen, wenn wir viel Sauerstoff brauchen und tief und schnell atmen müssen, macht sich das bemerkbar: Es kommt zu Belastungsatemnot! Die eingeatmete Luft kann nicht mehr rechtzeitig ganz ausströmen, man ist übervoll mit (verbrauchter) Luft. Die neue Einatmung wird dadurch natürlich behindert: Es entsteht Atemnot, ein sehr unangenehmes Gefühl, das sich bis zur Erstickungsangst steigern kann, wenn die Ursachen dafür nicht schnell beseitigt werden (wer das schon erleben musste, weiß nur zu gut, wovon die Rede ist!).
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Grundlagen
Der Körper versucht sich nun zu helfen: Durch Muskeldruck versucht er die Lungen „auszupressen“. Dadurch werden aber auch die kleinen und weichen Bronchien zusammengepresst und kollabieren (so wie ein Gartenschlauch zusammenklappt (kollabiert), wenn man ihn mit der Hand zu fest zusammendrückt). Die Folge: Es fließt gar keine Luft mehr - die Atemnot wird immer schlimmer, wenn man keine geeigneten Gegenmaßnahmen ergreift. Ein Teufelskreis Ein Teufelskreis entsteht, der wie ein Strudel immer tiefer in die Atem-
not führt:
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Die Entwicklung eines Teufelskreises in die Atemnot
Der Ausweg aus diesem Teufelskreis wird durch zwei Hilfen gefunden: Auswege aus dem Teufelskreis
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1. Erlernen und Beherrschen einer speziellen Atemtechnik, Bekämpfen von Angst und Panik (Patient) 2. Beseitigung der Atemwegsverengung mit Medikamenten (Arzt)
Atmung - Aufbau der Atmungsorgane - Atemwegskrankheiten
Am besten freilich wäre es, die Atemwegsverengung von vornherein zu verhindern. Wie man dies alles tun kann, sollen Sie erlernen! Vielleicht aber erkennen Sie schon an diesem Punkt, wie wichtig Ihre Mitarbeit bei der Behandlung Ihrer Krankheit ist! Hyperventilation Bevor wir uns mit der für die Atemwegserkrankungen typischen Ver- Hyperventilation engung der Bronchien befassen, ein Wort zur Hyperventilation, einem Thema, das gut im Zusammenhang mit dem genannten Teufelskreis zu besprechen ist. Wir passen normalerweise unsere Atemtätigkeit unbewusst an die Erfordernisse an: Wenn wir ganz ruhig sind, ohne körperliche Belastung oder Stress, besonders auch im Schlaf, atmen wir flach, nutzen nur einen Teil unserer Atemkapazität. Wenn wir uns dagegen körperlich ordentlich belasten, rennen, klettern, radeln, atmen wir schneller und tiefer. Das ist ganz normal und Teil der ökonomischen Regulation unseres Organismus. Wenn wir allerdings - häufig passiert dies aus Aufregung, Ärger oder ängstlicher Erregung - ohne körperliche Anstrengung zu schnell und zu tief atmen, kommt unsere „Körperchemie“ durcheinander: Der viele Sauerstoff, den wir dann in unser Blut „schaufeln“ bringt uns nichts, aber der Kohlendioxidmangel (denken Sie an den Gasaustausch!) führt zu innerer Unruhe, Panikgefühl, (pfötchenartiger) Verkrampfung z.B. der Hände und auch zu Atemnotgefühl. Letzteres hat dann mit asthmatischer Luftnot nichts mehr zu tun. Es ist sogar so, dass die Behandlung der asthmatischen Atemnot die Hyperventilation verstärken kann - und umgekehrt die korrekte Behandlung einer Hyperventilation (die sehr unangenehm, in aller Regel aber ungefährlich ist) die asthmatische Atemnot fördern kann. Unter anderem aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass sich der Arzt oder Helfer, der zu einem Menschen mit Luftnot gerufen wird, klar macht, welche Ursache das Erstickungsgefühl hat - und das ist nicht immer ganz einfach, vor allem, weil sich ja auch verschiedene Ursachen vermischen können …
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Grundlagen
Wie kommt es nun zur Verengung der Atemwege? chronische Zurück zu den „echten“ Atemwegskrankheiten. Man hat herausgefunEntzündung der den, dass in praktisch allen Fällen das Grundproblem eine chronische Atemwege Entzündung der Atemwegsschleimhäute darstellt, die wiederum ver-
schiedene Ursachen haben kann (s. Bild auf S.27). Diese Entzündung kann verschiedene Folgen haben: • Überempfindlichkeit und Verkrampfung der Bronchialmuskulatur: Dann nennt man es Asthma bronchiale • Überproduktion von Schleim und Schwellung der Bronchialschleimhaut: Dann ist es eine (chronische) Bronchitis • Gewebezerstörung in Bronchien und Lunge: Dies bezeichnet man als Emphysem oder Lungenemphysem
Diese Folgeerscheinungen können einzeln aber auch kombiniert auftreten! Damit sollten Sie jetzt die gemeinsame Ursache der drei wichtigsten Atemwegskrankheiten (Asthma, chronische Bronchitis und Emphysem) verstehen. Wir wollen diese nun im einzelnen beschreiben. Am Schluss sollten Sie wissen, zu welcher der drei Krankheitsgruppen Ihre Erkrankung gehört! Asthma (bronchiale) Das Asthma (bronchiale)
Bronchien im entspannten und im verkrampften Zustand
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Die kleinen Bronchien sind umgeben von spiralig angeordneten feinen Muskeln. Damit können bestimmte Lungenabschnitte in Ruhe „gedrosselt“ werden; erst bei
Atmung - Aufbau der Atmungsorgane - Atemwegskrankheiten
Anstrengungen brauchen wir unsere volle Lungenkapazität. Wenn es zu einem Krampf dieser Bronchialmuskeln kommt, verengen sich alle kleinen und kleinsten Bronchien, es entsteht ein Asthmaanfall. Dieser Krampfzustand kann sowohl ausgelöst werden durch äussere Faktoren, z.B. Reizstoffe in der Atemluft (meist unangenehme wie Staub, Gase, Dämpfe; doch auch angenehme wie z.B. Parfüm, Blütenpollen oder Blumenduft!) als auch durch innere Faktoren (Aufregung, Medikamente, Hormonschwankungen in der Nacht …). Die Überempfindlichkeit der Atemwegsschleimhäute kann sich aber auch in trockenem Reizhusten äussern, es muss also nicht unbedingt zur Atemnot kommen! Viele Patienten beschreiben, dass sie zuerst husten und dieser Reizhusten dann den Asthmaanfall auslöst. Man unterscheidet allergisches und nicht-allergisches Asthma. Das allergische Asthma findet sich bei Menschen mit einer Überempfindlichkeit auf bestimmte (erstaunlicherweise meist natürliche) Stoffe. Besonders häufig sieht man das bei Kindern und Jugendlichen. Nichtallergisches Asthma tritt meist nach einem Infekt auf (Grippe, akute Bronchitis o.ä.) und kann auch für Menschen ohne allergische Veranlagung zum ernsten Problem werden. Allergisches und nicht-allergisches Asthma können auch kombiniert als gemischtförmiges Asthma in Erscheinung treten. Die Beschwerden gleichen sich in all diesen Fällen meist, nur die Atemnotauslösung unterscheidet sich. Hauptprobleme sind Reizhusten und anfallsartige Atemnot. Diese Beschwerden sprechen meist schnell auf atemwegserweiternde Medikamente an. Langfristig kann man die Krankheit bei konsequenter Therapie mit entzündungshemmenden Medikamenten gut „in den Griff“ bekommen. Ganz wichtig ist es aber auch, bestimmten Reizstoffen, die man als Atemnotauslöser erkannt hat, aus dem Weg zu gehen (soweit dies möglich ist). Dadurch lassen sich sowohl Beschwerden vermindern oder sogar ganz verhindern als auch Medikamente einsparen. Eines sollte man aber bedenken: Wenn es bei einem Asthmakranken zu Belastungsatemnot kommt, ist dies meist ein Zeichen dafür, dass die Krankheit nicht ausreichend behandelt ist. Falsch wäre es hier, die körperliche Belastung als Auslösefaktor anzusehen, den man vermeiden
Überempfindlichkeit der Bronchien
allergisches und nichtallergisches Asthma
Symptome und Behandlungsgrundsätze
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Grundlagen
muss! Vielmehr sollte ein gut behandelter Asthmakranker angemessen belastbar sein. Wissen über Krankheitszusammenhänge und BehandlungsmögMöglichkeiten, mit der Krankheit lichkeiten, regelmäßige Selbstkontrollen der Lungenfunktion, Beherrzu leben schung einiger wichtiger Behandlungstechniken und disziplinierte Durchführung der festgelegten Therapie sind besonders beim Asthma eine gute Möglichkeit, mit der Krankheit leben zu lernen und zu verhindern, dass sie sich im Lauf der Jahre verschlechtert. Die zwei wichtigsten Krankheitszeichen für ein Asthma sind also: Die wichtigsten Symptome
• •
Reizhusten (Husten meist ohne Auswurf, manchmal aber auch mit einem sehr zähen, glasigen Sekret, meist nachts oder morgens oder bei bestimmten Atemreizen) Wechselnd ausgeprägte Atemnot („manchmal beschwerdefrei, manchmal ganz schlecht“!)
Ausgelöst wird ein Asthma meist durch Allergien oder Infekte, häufig auf dem Boden einer familiären Veranlagung und/oder einer (Raucher-) Bronchitis. Chronische Bronchitis Chronische Eine ständige Reizüberlastung der Atemwege führt an den BronchialBronchitis wänden zu einem Reizzustand mit Entzündungserscheinungen, auch
Schleim
Muskulatur
Schleimhaut
Veränderungen der Bronchialschleimhaut bei Bronchitis
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hier spielt die Veranlagung wieder eine wichtige Rolle. Die Folge ist eine Schleimhautschwellung sowie eine gesteigerte Schleimproduktion, also das was gemeinhin unter dem Namen Bronchitis bekannt ist. Wenn dies zu einem sehr häufigen oder sogar zum Dauerzustand wird
Atmung - Aufbau der Atmungsorgane - Atemwegskrankheiten
und über mehrere Jahre anhält, nennt man es chronische Bronchitis. Wenn die Schwellung und/oder der zähe Schleim zu einer Verengung der Atemwege und dadurch zu einer Behinderung der Atmung führen, besteht eine chronisch-obstruktive Bronchitis (obstruktiv = verengend). Dies ist die schwerere und langfristig auch gefährlichere Form der chronischen Bronchitis. Beim größten Teil der Bronchitiskranken handelt es sich um Raucher. Oft findet sich auch eine Kombination mit anderen Atemwegsbelastungen. In diesen Fällen ist die Erkrankung zumindest teilweise durch das eigene Verhalten mitverursacht. Der erste Schritt zu einer wirkungsvollen Behandlung heißt dann „Rauchen aufhören“! Die Atemnot, die bei fortgeschrittener chronischer Bronchitis auftritt, zeigt sich Hauptursache: - im Gegensatz zum Asthma - vorwieZigarettenrauchen gend bei Anstrengungen: Bergaufgehen, Treppensteigen, schweres Heben … Diese Belastungsatemnot nimmt meist im Laufe der Jahre langsam zu (vor allem, wenn die Ursachen der Krankheit– insbesondere das Rauchen - nicht beseitigt werden) und äussert sich bei der schweren chronisch-obstruktiven Bronchitis bereits bei kleinsten Alltagsbelastungen. Im quälenden Endstadium der Krankheit besteht sogar Daueratemnot, verbunden mit vergeblichen Bemühungen, den zähen Schleim aus der Tiefe der Bronchien emporzuhusten … Dazu kommt, dass das Herz (genauer das rechte Herz bzw. die rechte Herzkammer, die das Blut durch den Lungenkreislauf pumpt) nach 30-40 Jahren Bronchitis in seiner Leistungsfähigkeit völlig erschöpft ist. Durch die oben beschriebenen Vorgänge im Bereich der Atemwege kommt es in Folge auch zu einer Kompression (also druckbedingten Verengung) der Blutgefäße im Lungenbereich, was zu einer chronischen Belastung des rechten Herzens führt. Durchschnittlich sterben deswegen Menschen mit schwerer chronischer Bronchitis etwa zehn Jahre früher als ihre Altersgenossen, häufig an Herzversagen. Dies ist ein langer und qualvoller Tod! Ob das Vergnügen des Zigarettenrauchens dies aufwiegt („Ich rauche gern …!“)?
Häufigste Ursache der chronischen Bronchitis: Zigarettenrauchen
Hauptsymptom Belastungsatemnot
Herzinsuffizienz: das Herz macht nicht mehr mit
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Grundlagen
Behandlung der Wichtigste Behandlung der chronischen Bronchitis ist die Beseitichron. Bronchitis gung der Ursache, also vor allem des Rauchens sowie anderweitiger durch Beseitigen Staubbelastungen und der ständigen Infekte. Wenn Atemnot dazutritt, der Ursachen muss die Krankheit wie ein Asthma mit Medikamenten behandelt wer-
den. Wenn es zur oben beschriebenen Endphase kommt, muss man dem erstickenden Körper den lebenswichtigen Sauerstoff (O2) über eine Nasensonde zuführen und herzstützende Medikamente geben. Es ist allerdings nicht jede chronische Bronchitis durch das Rauchen verursacht! Manche Menschen leiden von Kindheit an unter immer wiederkehrenden Atemwegsinfekten und sind oft oder sogar dauernd verschleimt. Nicht selten kommt es bei diesen Menschen auch einmal oder mehrmals zu Lungenentzündungen (Pneumonien). Als Folge so einer Erkrankung können sich durch Vernarbungen im Lungengewebe sog. Bronchiektasen Bronchiektasen bilden: Erweiterungen und Verziehungen der Bronchien, teils sackförmig, teils ähnlich den wohlbekannten Krampfadern. So wie Bronchien und sich dort das Blut staut und Gerinnsel normale Bronchiektasen im Vergleich entstehen können, besteht hier eine Neigung zur Schleimansammlung, der die Atemwege dann regelrecht verstopft. Dieser oft grün-klumpige Schleim, der nicht richtig abgehustet werden kann, ist ein idealer Nährboden für Krankheitserreger und damit für neue Bronchitisschübe oder sogar Lungenentzündungen. Menschen mit ausgeprägten Bronchiektasen leiden oft unter extremer Verschleimung mit quälendem Abhusten eines übelriechenden Auswurfes. Später kommt auch noch Atemnot hinzu, wenn die Bronchitis obstruktiv (s.o.) geworden ist. physiotherapeutiAls Behandlung kommt hier neben bronchienerweiternden und sche Atemtherapie schleimlösenden Medikamenten vor allem eine intensive und ausgeklügelte Atemtherapie in Frage (Näheres hierzu im Kapitel physiotherapeutische Atemtherapie). In Einzelfällen kann man solche Veränderungen operativ entfernen (allerdings nur, wenn es sich dabei um einen relativ kleinen Lungenabschnitt handelt).
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Atmung - Aufbau der Atmungsorgane - Atemwegskrankheiten
Lungenemphysem Auch wenn viele Menschen gar nicht genau wissen, was das ist, handelt Lungenemphysem es sich dabei um eine besonders schwerwiegende Erkrankung. Sie verläuft extrem chronisch und schleichend über Jahrzehnte und zerstört in meist eine typidieser Zeit langsam die Bronchien und das Lungengewebe. Deshalb ist sche Erkrankung das Emphysem nicht nur eine Atemwegs- sondern zusätzlich eine „ech- starker Raucher te“ Lungenerkrankung. In den ersten 20 Jahren bemerkt der Betroffene, der fast immer starker Raucher ist (30, 40, 60, 80… Zigaretten täglich!), praktisch nichts davon. Danach tritt nahezu unmerklich Belastungsa- über Jahre langtemnot auf, die ebenso unmerklich zunimmt. Bis der Kranke so starke sam zunehmende Beschwerden verspürt, dass er sich in ärztliche Behandlung begibt (er Belastungsatemweiß ja sowieso, dass der Arzt ihm zuerst einmal das Rauchen „verbie- not tet“), ist an den Atmungsorganen bereits vieles kaputt gegangen! Durch sofortiges Einstellen des Rauchens und eine sorgfältige Behandlung der meistens gleichzeitig bestehenden „Raucherbronchitis“ lässt sich der Fortgang der Krankheit oft stoppen oder wenigstens „abbremsen“. Der Patient mit schwerem Lungenemphysem fühlt sich wie „auf- Überblähung gepumpt“. Bei kleinsten Alltagsbelastungen ist er völlig erschöpft und („Blählunge“) schnappt nach Luft. Oft ist es dann notwendig, den fehlenden Sauerstoff über eine Nasensonde zuzuführen. Der chronische Sauerstoffmangel führt nämlich langfristig – wie schon bei der gesunde chronischen Bronchitis beschrieben - zu einem LungenBronchien Herzversagen: Der Kranke leidet nun zubläschen sätzlich noch an einer Herzschwäche. Dies äussert sich neben Kurzatmigkeit (die der Patient ja ohnehin von der Atemwegserkrankung hat) vor allem als „Wasser Herzschwäche als Emphysem-Lungenbläschen in den Beinen“, medizinisch Ödeme schicksalsbestimgenannt. Diese Herzschwäche (Herz- mender Endpunkt Veränderungen der Lungenbläschen beim Emphysem insuffizienz) ist dann oft die eigentliche Todesursache. Diesen Zustand nannte man früher „Asthma cardiale“ oder „Herzasthma“. „Herzasthma“ COPD - eine neue Krankheit - oder nur ein neuer Name?
COPD -
Chronische Bronchitis und Lungenemphysem treten (wegen der ge- ein neuer Krankmeinsamen Ursache) in vielen Fällen gemeinsam auf und verlaufen heitsname
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Grundlagen
Fortschreitende Abnahme der Atemkapazität
Alpha-1-Antitrypsin-Mangelemphysem
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im Endstadium sehr ähnlich, so dass man sie dann nicht mehr genau voneinander trennen kann. Es hat sich deswegen der Ausdruck COPD eingebürgert (Chronic Obstructive Pulmonary Disease oder chronischobstruktive Lungenerkrankung). Das Hauptproblem ist eine langsam fortschreitende Abnahme der Atemkapazität durch Zerstörung des Lungengewebes: Aus den feinen Lungenbläschen werden zunehmend größere, schlaffe Luftsäcke. Der Gasaustausch funktioniert nicht mehr, deswegen wird zu wenig Sauerstoff ins Blut aufgenommen, das Kohlendioxid wird nicht ausreichend abgeatmet, es „staut“ sich im Blut und „vergiftet“ den Menschen. Die schlaffen Luftsäcke haben wie ein „ausgeleierter“ Luftballon nicht mehr die Kraft, die Luft aus dem Brustraum zu entfernen. Zusätzlich sind die Bronchien durch Gewebezerstörungen nicht mehr stabil, beim kleinsten Ausatemdruck fallen sie in sich zusammen (kollabieren) und verschlechtern die Ausatmung noch weiter. Der bereits oben beschriebene „Teufelskreis“ findet sich in besonders ausgeprägter Weise beim Lungenemphysem, aber die Möglichkeit, ihn durch krampflösende Medikamente zu durchbrechen (wie beim Asthmaanfall) fehlt! Es bleibt damit vor allem als Therapie der Einsatz von Atemtechniken übrig (dosierte Lippenbremse) sowie der Versuch, die Krankheit durch Beseitigung der Ursache zu stoppen. Es muss hinzugefügt werden, dass es einige Menschen mit Lungenemphysem gibt, bei denen das (inhalative) Zigarettenrauchen, also das „Rauchen auf Lunge“ nicht die Krankheitsursache darstellt – oder zumindest nicht die einzige. Ein kleiner Teil der Emphysemkranken leidet unter einem angeborenen Mangel eines wichtigen Blutstoffes: Alpha-1-Antitrypsin oder Alpha-1-Proteinaseninhibitor (wie man heute eher sagt). Dieser Stoff (man bezeichnet ihn chemisch als Enzym) verhindert normalerweise die Zerstörung der zarten Lungenbläschen durch gefährliche Inhalationsgifte. Diese können bei den Betroffenen ungehindert angreifen und so Atemwege und Lungenbläschen zerstören. Insbesondere der aggressive Zigarettenqualm mit seinen über 4000 bekannten, teils hochgiftigen Inhaltsstoffen, aber auch andere Umweltgifte führen bei den „Alphas“, wie sich die Betroffenen selbst nennen, zu katastrophalen Folgen.
Atmung - Aufbau der Atmungsorgane - Atemwegskrankheiten
Man spricht in diesem Fall von einem Alpha-1-ProteinaseninhibitorMangelemphysem (auch A1-PI-Mangelemphysem oder A1-Antitrypsinmangelemphysem). Diese Form des Lungenemphysems tritt meist deutlich früher auf als das „Raucheremphysem“ – manchmal erkranken schon 25- bis 30-Jährige daran. Wenn jemand mit dieser Veranlagung dann auch noch raucht …
Zusammenfassung : Die wichtigsten Atemwegskrankheiten hier nochmal im Überblick: Chronische (obstruktive) Bronchitis
Lungenemphysem
Reizhusten, Verkrampfung der Bronchien
Verschleimung, Schwellung der Schleimhäute
Zerstörung von Bronchien und Lungengewebe, Überblähung, Atemwegskollaps
Asthmaanfall
Husten, Auswurf, Belastungsatemnot
Belastungsatemnot, Husten
Ursachen:
Ursachen:
Veranlagung Rauchen, chronische Schadstoffbelastung Infekte
(starkes) Rauchen (in sehr seltenen Fällen eine erbliche Stoffwechselerkrankung)
Veranlagung Allergien Infekte
CO
Ursachen:
PD
Asthma bronchiale
Chronische Bronchitis und Lungenemphysem fasst man heute meist zusammen (s. oben) und nennt das Krankheitsbild dann COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease - auf deutsch: chronisch-obstruktive Lungenerkrankung). Das macht man deshalb, weil fast immer beide Erkrankungen zusammen vorkommen, wobei durchaus bei einem Menschen die Bronchitis ausgeprägter sein kann, und beim anderen eher das Emphysem im Vordergrund steht. Bei beiden Erkrankungen ist auch das
Asthma, chronische Bronchitis, Emphysem und COPD im Überblick
COPD chronische Bronchitis und/oder Emphysem
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Grundlagen
Zigarettenrauchen eine der wichtigsten Ursachen. So hat es sich für die Praxis als sinnvoller erwiesen, die zwei Krankheitsbilder zusammen zu betrachten und auch zu behandeln. Wie heißt Ihre Erkrankung? Sie sollten sich an dieser Stelle einmal überlegen, wie Sie Ihre Erkrankung in das oben gezeigte Schema einordnen können. Denken Sie aber daran, dass die Grenzen nicht immer so klar sind. Es gibt zahlreiche Übergänge zwischen den einzelnen Formen von Atemwegserkrankungen, auch Asthma und chronische Bronchitis sind nicht immer leicht zu trennen. Bei der Behandlung führt das manchmal zu Problemen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie doch einfach beim nächsten Arztbesuch Ihren Doktor! Meine Atemwegserkrankung lässt sich bezeichnen als:
.............................................................................................. (Raum für ein paar Notizen)
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Ursachen Ihrer Erkrankung
III Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit? Welche Einflüsse können Ihre Erkrankung verschlechtern? Was können Sie dagegen tun? Sie wissen nun einiges über die normale Atmung. Auch die Krankheitsbilder Asthma, chronische Bronchitis und Lungenemphysem (die beiden letztgenannten auch zusammengefasst als COPD) haben Sie kennengelernt. Wie aber kommt es zu diesen Krankheiten - und was führt dazu, dass die Beschwerden immer wieder von neuem auftreten oder sich regelmäßig verschlechtern? Angedeutet haben wir diese Dinge ja teilweise schon im vorhergehenden Kapitel. Lassen Sie uns das noch ein wenig vertiefen, denn es ist wichtig, um dann wirklich gezielt behandeln zu können. Ursache ist – wie wir gesehen haben - eine chronische Entzündung chronische Entder Atemwege, die durch verschiedene Einflüsse ausgelöst oder ver- zündung als zenstärkt wird. Sie kann sich auf unterschiedliche Weise äußern. Einen trale Ursache Überblick gibt Ihnen das folgende Bild: Ebene 1
(Ursachen und Auslöser)
Vererbung
Umweltfaktoren Rauchen Umweltverschmutzung Allergien
Seelische Faktoren
Infekte
(möglicherweise verstärkend wirksam)
Überblick über Ursachen und Folgen der Entzündung
"Endogene" Faktoren
Entzündung
Ebene 2
Ebene 3 Asthma Bronchiale
Chronische Bronchitis
Lungenemphysem
(Folgen) Überempfindlichkeit
Verkrampfung der Bronchialmuskulatur
Schwellung, Verschleimung
Zerstörung von kleinen Bronchien und Lungengewebe
"schlaffe" Bronchien Überblähung
Reizhusten Asthmaanfall
Husten und Auswurf Belastungsatemnot Belastungsatemnot (Kurzatmigkeit)
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Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit?
Sie sehen, die Entzündung der Atemwege steht in der Mitte des Bildes. Das soll deutlich machen, wie wichtig sie ist. Solange sie sich nicht bessert, werden immer wieder Asthmaanfälle, Husten, Auswurf oder Belastungsatemnot auftreten. Und eine der wichtigsten Erkenntnisse der modernen Lungenheilkunde ist, dass diese Entzündung chronisch ist, also sogar dann besteht, wenn Sie gerade beschwerdefrei sind. Die Behandlung der Atemwegskrankheiten sollte deshalb immer zum Ziel haben, die (Dauer-) Entzündung zu beseitigen oder wenigstens zu vermindern. Erst dann werden Ihre Beschwerden auch langfristig nachlassen!. Das kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden: • Vermeiden der Ursachen oder Auslöser • Behandeln der Atemwegsentzündung mit Medikamenten
Vermeiden der Ursachen oder Auslöser Einige Beispiele sollen Möglichkeiten andeuten: Vorbeugen durch Meiden von Ursachen und Auslösefaktoren
Allergien
Rauchen Arbeitswelt Umwelt Infekte
Psyche
Katzenallergiker: ---> Katze abschaffen Bäcker mit Mehlstauballergie:--->Umschulung Hausstauballergiker: --->Haussanierung Rauchen aufhören Atemschutz am Arbeitsplatz Unterstützung des Umweltschutzes Vorbeugung durch gesunde Lebensweise, sportliche Betätigung, Sauna, Impfungen … Rechtzeitige Infektbehandlung Versuch der Konfliktbereinigung am Arbeitsplatz oder im Privatleben „Psychohygiene“
Die vorgeschlagenen Maßnahmen liegen in unserem Bild alle auf der Ebene 1. Sie müssen individuell eingesetzt werden: Überlegen Sie selbst,
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Ursachen Ihrer Erkrankung
wo Sie Möglichkeiten sehen; sprechen Sie mit Angehörigen, Freunden oder dem Hausarzt über Dinge, die Sie tun oder lassen können, um die Ursachen Ihrer Erkrankung zu beseitigen oder zu vermindern. All diese Möglichkeiten lohnen sich - auch wenn es manchmal etwas mühsam ist und der „innere Schweinehund“ bekämpft werden muss. Sie erfahren mehr darüber in den Patiententrainingskursen, die heute fast überall angeboten werden. Für alle, bei denen besondere Probleme durch eine allergische Verursachung der Krankheit auftreten, gibt es auch spezielle Allergikerkurse und zahlreiche Publikationen, in denen die oben beschriebenen Dinge ganz ausführlich besprochen werden. Außerdem gibt es für Interessierte immer wieder Informationen zum Thema Umweltmedizin, in denen solche Fragen im Zusammenhang mit den Problemen unserer heutigen Umweltproblematik diskutiert werden. Fragen Sie einmal Ihren Arzt oder schauen Sie sich mal das VH-Programm an. Falls Sie Internetanschluss haben, finden sie dort auch eine Menge Informationen (einige Tipps sind im Anhang zu finden). Sprechen Sie mit Ihrem Arzt auch einmal über eine Rehabilitationsmaßnahme. Wenn Sie eine bewilligt bekommen, nutzen Sie diese Zeit in jeder Hinsicht - sprechen Sie dort außer mit Ihrem betreuenden Arzt auch mit dem fast immer vorhandenen Klinikpsychologen. Er hat ein offenes Ohr für Ihre persönlichen Betrübnisse, hat Zeit für Sie, Ideen, Tipps und Ratschläge. Ähnliches gilt für die Sozialberater der Kliniken, aber auch für Mitarbeiter der Krankengymnastik, Diätassistentinnen und eigentlich jeden Mitarbeiter in diesen hochspezialisierten Häusern. Eine „Reha“ - so wie wir sie heute verstehen - ist weit mehr als die traditionelle Kur!
Nutzen sie das Angebot an Patiententrainingskursen
Rehabilitationsmaßnahmen („Kuren“)
Behandeln der Atemwegsentzündung mit Medikamenten Es handelt sich um die Ebene 2 des Bildes. Einzelheiten hierzu erfahren Behandeln der Sie im Kapitel medikamentöse Therapie, deswegen gehen wir an dieser Entzündung mit Stelle nicht näher darauf ein. Nur soviel: Besonders durch die Behand- Medikamenten lung mit entzündungshemmenden Präparaten können Sie Ihre Erkrankung langfristig bessern und stabilisieren. Diese sollten möglichst direkt in den Atemwegen als lokale Therapie mit Treibgas-Dosieraerosolen oder Pulverinhalatoren zur Anwendung kommen.
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Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit?
Vorbeugende Maßnahmen im Einzelnen
Disposition (Veranlagung)
verschiedene Umweltfaktoren Zigarettenrauchen
Allergien
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Lassen Sie uns nochmals kurz zurückkehren zum Thema Ursachen und Auslösefaktoren. Einige Einzelheiten sind besonders erwähnens- und befolgenswert. Die Veranlagung zu Atemwegskrankheiten ist häufig - Sie können an dieser Veranlagung (medizinisch Disposition) natürlich nichts ändern. Denken Sie aber bei Ihren Kindern und Enkeln daran: Falls Krankheitszeichen auftreten, sollte man sie rechtzeitig untersuchen und gegebenenfalls behandeln lassen. Wer eine familiäre Veranlagung zu Atemwegskrankheiten und Allergien hat, sollte auf keinen Fall rauchen und Kontakt mit starken Allergieauslösern nach Möglichkeit vermeiden (z.B. Katzen, Vögel, Mehlstaub …). Umweltfaktoren können Sie zwar teilweise beeinflussen, teilweise sind Sie ihnen aber auch ausgeliefert. Einer der gefährlichsten Umweltfaktoren im Alltag ist sicherlich das Zigarettenrauchen. Hier befindet sich die „Chemiefabrik“ direkt am Mund! Ganz egal, was für eine Atemwegserkrankung Sie haben: Hören Sie mit dem Rauchen auf! Dies ist eine der besten Möglichkeiten, gesund zu werden und zu bleiben. Nichts schädigt die feinen und empfindlichen Schleimhäute so stark wie der Tabakqualm, der außer feinstem Staub tausende von chemischen Substanzen enthält, von denen einige hochgefährlich sind. Alle anderen Behandlungs- und Vorbeugemaßnahmen sind letztlich zum Scheitern verurteilt, wenn Sie parallel dazu weiterrauchen. Selbst Ihre „Kur“ ist vom Gesundheitsstandpunkt her dann eigentlich sinnlos. Wenn Sie Hilfen beim „Ausstieg“ brauchen, wenden Sie sich zuallererst an Ihren Arzt. Es gibt spezielle Kurse mit „Nichtrauchertraining“ - die Medizin hat aber auch sonst noch einige Möglichkeiten, Ihnen beim Abschied von Ihrem gefährlichen Laster Hilfestellung zu geben. Aber eines müssen Sie bedenken: Aufhören und stark bleiben müssen Sie letztlich selber - das kann Ihnen niemand abnehmen - kein Partner, kein Arzt oder Psychologe … Allergien: Wenn Sie auf irgendetwas allergisch sind, reagieren Sie speziell auf diesen Stoff überempfindlich. In Ihrem Körper haben sich durch einen krankhaften Prozess Abwehrstoffe gegen diese an sich harmlosen Umweltsubstanzen gebildet (Antikörper). Auslösestoff (All-
Ursachen Ihrer Erkrankung
ergen, z.B. Gräserpollen) und Antikörper treffen in der Schleimhaut aufeinander, dies führt zu einer „Explosion“ von Zellen (sog. Mastzellen). Entzündungsstoffe werden freigesetzt und führen zu einer - oft starken und manchmal sogar lebensgefährlichen - Entzündung. Ob Sie allergisch gegen einen Umweltstoff sind, können Sie am Allergietestungen besten durch eigene Beobachtung und das Gespräch mit Ihrem Arzt herausfinden. Wenn der Verdacht hierauf besteht, kann der Arzt durch Allergietestungen diesen erhärten oder unwahrscheinlich machen. Hauttest:
Durch Einritzen (Pricktest) oder oberflächliches Einspritzen (Intrakutantest) verschiedener Allergene kann man überprüfen, ob an der Haut eine Überempfindlichkeitsreaktion stattfindet.
Bluttest :
Man kann im Blut die pathologischen Abwehrstoffe (Antikörper) „einfangen“ und erkennbar machen (RAST).
Provokationstest:
Durch Einatmen des Allergieauslösers durch Nase oder Mund kann man beim Allergiker eine verstärkte Reaktion (Zuschwellen, Atemwegsverkrampfung) provozieren (also hervorrufen). Entsprechende Gegenmittel müssen natürlich bereitstehen. Man sollte einen solchen Test wirklich nur dann durchführen, wenn man dies ganz genau wissen muss (z.B. vor einer Hyposensibilisierungstherapie, einer Wohnungssanierung oder einer geplanten Umschulung).
Wenn eine Allergie nachgewiesen wurde, gibt es verschiedene Behandlungsmaßnahmen. Einen Überblick gibt Ihnen die Tabelle auf der nächsten Seite.
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Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit?
Möglichkeiten der Allergiebehandlung
Vermeiden des Auslösers:
Hyposensibilisierung („Allergiespritzen“):
Allergiemedikamente:
medikamentöse Asthmatherapie (d.h. eine Behandlung mit Medikamenten wie beim nicht-allergischen Asthma):
Das ist eigentlich die beste und wichtigste Therapie (s.o.) - manchmal allerdings schwierig durchführbar (z.B. bei Pollen, Hausstaubmilben) oder sogar gänzlich unmöglich. In Einzelfällen kann man die Überempfindlichkeit vermindern, wenn man über lange Zeit regelmäßig kleinste Mengen des Allergieauslösers in zunehmender Dosis in die Haut spritzt. Das ist langwierig, teuer und nicht ganz risikolos. Die Entscheidung dazu sollten Sie nur zusammen mit einem Allergiespezialisten treffen. Sog. Antihistaminika „fangen“ die überschüssigen Entzündungsstoffe rechtzeitig ein und verhindern so die Reaktion. Bei Hautallergien und Heuschnupfen wirken sie teilweise gut, beim Asthma eher schlecht bis gar nicht! Häufig gibt es keine andere Wahl, als eine „ordentliche“ Asthmabehandlung durchzuführen, die sich nach den allgemeinen Regeln richtet. Sie lernen die Einzelheiten im Kapitel medikamentöse Therapie.
Überempfindliches Bronchialsystem oder bronchiale Hyperreaktivität: Bronchiale Ob allergisch oder nicht, alle Asthmatiker aber auch viele BronchitispaHyperreaktivität tienten (sozusagen die mit einer asthmatischen Komponente) reagieren
überempfindlich auf allgemeine Umweltreize (Staub, Rauch, Dämpfe, Kälte…) und starke Gerüche (Deos, Parfüms, Bratengerüche…). Die „offizielle“ Definition des Asthmas lautet ja wechselnde Obstruktion auf dem Boden einer bronchialen Hyperreagibilität. Das heißt: Ohne den
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Ursachen Ihrer Erkrankung
Nachweis einer bronchialen Hyperreaktivität ist die Atemnot nicht als Asthma zu bezeichnen! Diese Überempfindlichkeit ist Folge der chronischen Entzündung der Atemwege. Sie sind gerötet, gereizt und reagieren deshalb mehr oder weniger stark auf solche Umweltstoffe mit Hustenreiz oder sogar einer Verengung (Obstruktion). Die bronchiale Hyperreaktivität ist also ein wesentlicher Bestandteil der Asthmaerkrankung, oft besteht sie schon, wenn das Asthma noch gar nicht als solches kenntlich ist! Manche Menschen husten beispielsweise erst monate- oder sogar jahrelang, bis es zum ersten „richtigen“ Asthmaanfall kommt und die Diagnose gestellt wird (und damit hoffentlich sogleich eine korrekte Behandlung beginnt!). Der chronische Husten war dann Hinweis auf ein beginnendes Asthma und hätte auch schon so behandelt werden sollen! Auch daran sollte man immer denken, wenn Husten über einen Alarmsignal chrolängeren Zeitraum besteht. In diesem Fall sollte man zur Abklärung un- nischer Husten bedingt einen Lungenfacharzt aufsuchen. Denn auch andere, teilweise lebensgefährliche Krankheiten können sich hinter einem hartnäckigen Husten verbergen! Ein 62-jähriger Mann kommt in die lungenfachärztliche Sprechstunde. Er hatte mehrmals Blutspuren im Auswurf bemerkt. Als langjähriger starker Raucher leidet er seit Jahren unter einer chronischen Bronchitis mit Husten und Auswurf, in letzter Zeit nahm der Hustenreiz zu und es kam auch eine langsam zunehmende Belastungsatemnot dazu. Vom Hausarzt wurde er mehrmals aufgefordert, endlich mit dem Rauchen aufzuhören, was ihm allerdings nicht gelang. Wegen des starken Hustens erhielt er schleimlösende Brausetabletten, von sich aus hatte er sich Lutschtabletten, verschiedene Tropfen und Raucherpflaster“ in der Apotheke gekauft - nur „natürliche Sachen“! Der Hausarzt hatte vor einem halben Jahr eine Röntgenuntersuchung veranlasst, das Bild war einigermaßen unauffällig gewesen, bei Rauchern findet man ja oft eine Menge Flecken auf der Lunge: gelegentliche Kontrolle empfehlenswert, hatte der Befund gelautet.
Ein Beispiel aus der lungenärztlichen Praxis
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Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit?
Der Lungenarzt machte nun nochmal eine Aufnahme. Ein großer Schatten bedeckte die halbe linke Lunge! Einer der zahlreichen Flecken war also wohl doch bösartig gewesen. Eine sofort durchgeführte Bronchoskopie und CT-Untersuchung der Lungen bestätigte den schlimmen Verdacht: Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium! Die chronische (Raucher-)Bronchitis hatte den Tumor „verschleiert“. Glück im Unglück: die genaue Untersuchung zeigte, dass der Tumor gerade eben noch operabel war, auch die Lungenfunktion reichte noch aus. Nur wenige Tage später war eine ganze Lunge entfernt worden, drei Wochen später kam der Patient in die Reha. So hat er zumindest eine realistische Chance, den leider sehr spät entdeckten Krebs zu überleben. Bleibt nur zu hoffen, dass ihm das alles wenigstens die Kraft gibt, das Rauchen einzustellen… Der folgende Fall verlief dagegen ganz anders: Ein zweiter Fall aus der Lungenarztpraxis
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Nach einer verschleppten Grippe hustet eine junge Frau über Monate. Ansonsten fühlt sie sich kerngesund. Wenn nur dieser lästige Reizhusten endlich aufhören würde! Abends beim Zubettgehen, morgens beim Aufstehen, vor allem im Bad bei der Körperpflege und an ihrem Arbeitsplatz als Köchin - immer wieder und wieder kommt es, das Kitzeln im Hals und dann der unwiderstehliche Hustenreiz. Der Hausarzt, den sie schließlich in ihrer Not zu Rat zieht, verschreibt Hustensaft, er versucht es mit Antibiotika, rät ihr, viel an die frische Luft zu gehen usw. Als alles nichts hilft - sie hustet nun schon viele Monate so - überweist er sie vernünftigerweise zum Lungenspezialisten („damit es nicht chronisch wird“). Der macht Lungenfunktionsuntersuchungen und Röntgenbilder, Allergietest und Blutuntersuchung. Alles normal! Erst ein Metacholintest zeigt die Ursache des Hustens: Die Atemwege reagieren stark überempfindlich auf den
Ursachen Ihrer Erkrankung
eher leichten Reizstoff, der bei diesem Test inhaliert wird. Die anfangs ganz normale Lungenfunktion verschlechtert sich deutlich, der Husten steigert sich bedrohlich, und es tritt sogar ein unangenehmes Beklemmungsgefühl im Brustkorb auf. Zwei Hübe aus einem bronchienerweiternden Dosieraerosol beseitigen den beängstigenden Zustand innerhalb von wenigen Minuten. Die Diagnose: starke bronchiale Hyperreaktivität (also Überempfindlichkeit) nach Infekt, eine Vorstufe eines Asthmas. Das Arztgespräch fördert auch zu Tage, dass die Großmutter der Patientin im Alter schweres Asthma gehabt hatte. Nach dreiwöchiger Behandlung mit Cortisonspray waren die Beschwerden fast verschwunden. Der Lungenarzt empfiehlt noch sechs Monate Behandlung mit diesem Medikament, dann kann sich die Patientin praktisch als geheilt bezeichnen. Allerdings weiß sie nun auch, dass sie offenbar eine Disposition (also Veranlagung) zum Asthma hat. Sollte bei einem neuen Infekt wieder starker Reizhusten auftreten, muss sie sofort wieder mit der Behandlung beginnen - das hat sie gelernt. Zwei Fälle aus der Praxis, wie man sie jeden Tag erleben kann. Sie zeigen vor allem, dass man Husten ernst nehmen sollte, vor allem wenn er länger, d.h. mehr als drei Wochen besteht. Zurück zum überempfindlichen Bronchialsystem. Die Behandlung Behandlung der erfolgt mit entzündungshemmenden Medikamenten, vorzugsweise in bronchialen inhalativer Form als Dosieraerosol, alternativ oder ergänzend dazu Hyperreaktivität gibt es seit einiger Zeit auch entzündungshemmende Medikamente in Tablettenform (die das von vielen Menschen gefürchtete Cortison zumindest teilweise ersetzen können). Dazu aber mehr im entsprechenden Abschnitt. Infekte:
Infekte als Ursa-
Das ist für alle Atemwegskranken ein ganz wichtiges Thema! Jeder che und Auslöser Infekt („Erkältung“ oder „Grippe“) kann durch eine akute Entzündung von Atemnot
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Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit?
der Atemwege (= Bronchitis) die Grundkrankheit Asthma, chronische Bronchitis oder Lungenemphysem verschlechtern, unter Umständen so bedrohlich, dass Sie ins Krankenhaus müssen! Ein solcher Infekt kann aber auch aus einem Gesunden einen chronisch Atemwegskranken machen, besonders wenn Veranlagung und andere Ursachenfaktoren vorhanden sind. Das sollte auch der im vorigen Abschnitt beschriebene „klinische Fall“ demonstrieren. Daraus folgt für die Praxis Folgendes: Wichtige Regeln zum Thema Infekte
1. Sie sollten Infekte vermeiden, so gut es geht, d.h. Infektvorbeugung betreiben. 2. Sie sollten Infekte rechtzeitig und konsequent behandeln, falls sie doch auftreten sollten (was sich leider nicht immer vermeiden lässt).
Infektvorbeugung Infektvorbeugung kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht wer-
den. Bewährt haben sich unter anderem: Gesunde Lebensweise (z.B. Ernährung, Schlaf, wenig Alkohol, Nichtrauchen, Stressvermeidung …) Bewegung (z.B. Wandern, Joggen, Radfahren, Schwimmen …) Abhärtende Maßnahmen (z.B. Sauna, Kneippen …) Impfungen (z.B. Grippeimpfung, Pneumokokkenimpfung) In Einzelfällen (sprechen Sie Ihren Arzt darauf an!) kann Infektprophylaxe mit pflanzlichen oder tierischen abwehrsteigernden Präparaten sinnvoll sein (Immunstimulanzien). Infektbehandlung Infektbehandlung wird notwendig, wenn entsprechende Anzeichen bemerkt werden und nicht in Kürze von alleine verschwinden. Lernen Sie, diese Zeichen rechtzeitig zu erkennen. Der folgende Textkasten zeigt Ihnen die wichtigsten dieser Signale, wobei virale von bakteriellen Infekten unterschieden werden müssen. In beiden Fällen handelt es sich um Krankheitserreger. Bakterien sind tierische Kleinstlebewesen (Einzeller), die durchaus nicht immer
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Ursachen Ihrer Erkrankung
krankmachend sein müssen. Viele Bakterien sind für uns sogar lebens- Virusinfekte/ wichtig - denken Sie an die Darmbakterien. Andere dagegen können Bakterieninfekte schnell lebensgefährlich werden, wenn sie nicht rechtzeitig mit Antibiotika behandelt werden. Viren sind nochmals wesentlich kleinere Organismen, die sogar ihrerseits wieder Bakterien befallen können (darauf beruht zum Beispiel die Gentechnik). Auch hier sind durchaus nicht alle krankmachend und sogar nur wenige wirklich gefährlich (denken Sie an Hepatitis-, Grippe oder AIDS-Viren). In der Praxis sind Virusinfekte der Atemorgane meist die „weniger schlimmen“ Erkrankungen, sie können aber trotzdem schwerwiegende Folgen haben und vor allem der Nährboden für Atemwegserkrankungen und schwere bakterielle Krankheiten (wie Lungenentzündungen) sein. Virusinfekte:
Schnupfen, Husten, kein oder heller Auswurf, Allgemeinzeichen können, müssen aber nicht vorhanden sein! (z.B. Abgeschlagenheit, Fieber …)
Bakterielle Infekte:
Schnupfen und Husten mit gelbem oder grünem Sekret (d.h. eitriger Auswurf), Allgemeinzeichen sind häufig, aber nicht immer vorhanden!
Denken Sie immer daran, Sie sind bronchialkrank, d.h. es kann durchaus sein, dass der Infekt nur Ihre Bronchien betrifft! Sie fühlen sich dann u.U. nicht „krank“ haben „nur“ verstärkte BronchitisSymptome (Symptom = Krankheitszeichen).
Behandlung eines Virusinfektes: Am wichtigsten ist (wie zu „Omas Zeiten“!) die körperliche Schonung Behandlung von („…ab ins Bett!“- zumindest aber das Vermeiden größerer Anstrengun- Virusinfekten gen). Daneben kann man durchaus auch Hausmittel einsetzen. Falls aber Ihre Atemwegskrankheit Anzeichen einer Verschlechterung zeigt, sollten Sie sofort die Asthma- oder Bronchitisbehandlung verstärken (Einzelheiten hierzu finden Sie bei der Besprechung des Stufenschemas).
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Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit?
Behandlung des bakteriellen Infektes: Behandlung bak- Die Behandlung gleicht der des Virusinfektes, zusätzlich braucht man terieller Infekte meistens noch Antibiotika (= bakterientötende Substanzen). Wenn Sie
Antibiotika einnehmen müssen (was man sich gut überlegen sollte: Ist es wirklich ein bakterieller Infekt? Wie groß sind die Chancen, dass er ohne Antibiotika ausgeheilt werden kann?), sollten Sie unbedingt einige Grundregeln beachten. Grundregeln der Antibiotikabehandlung: Grundregeln der Antibiotikatherapie
Erfolg kontrollieren:
Nach 3 Tagen müssen Husten und Auswurf, ggf. das Allgemeinbefinden deutlich gebessert sein (das heißt: Husten weniger, Auswurf heller), sonst müssen Sie zum Arzt gehen! Ausreichend lange Ein- Auch wenn Sie eine deutliche Besserung feststellen, müssen Sie das Antibiotikum nahme: solange einnehmen wie es verordnet wurde (mindestens 5 Tage, evtl. aber auch 7-10 Tage), sonst programmieren Sie Rückfälle vor! Also: Auch wenn es Ihnen schon nach 2 Tagen wieder gut geht, müssen Sie das Medikament weiternehmen!
Seelisches als Krankheitsursache oder wichtiger Einflussfaktor für Atemwegserkrankungen: Psyche als Aus- Ein interessanter Aspekt liegt für viele Menschen in der Frage, inwielösefaktor von weit die Psyche an körperlichen Krankheiten und hier insbesondere Atembeschwerden an Entstehung und Ausprägung von Atemwegskrankheiten beteiligt
ist. Die Meinungen gehen bei diesem Thema durchaus auch manchmal auseinander. Einzelheiten zu den vielfältigen Einflussmöglichkeiten, die das Thema Seelisches betreffen, erfahren Sie im Kapitel „Asthma und Psyche“.
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Was können Sie selber tun…?
IV Was können Sie selber dazu tun, um den Verlauf Ihrer Erkrankung zu stabilisieren und zu verbessern? Wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt die akuten Beschwerden unter Kontrolle gebracht haben, kommt es vor allem darauf an, eine neue Verschlechterung Ihrer Krankheit zu vermeiden. Diese kann beispielsweise eintreten durch Allergieschübe, starke Umweltreize, andere Erkrankungen, am häufigsten aber durch Infekte und Fehler in der Behandlung. Sie sollen nun lernen, wie Sie selbst dazu beitragen können, dass der langfristige Verlauf Ihrer Krankheit stabiler und für Sie weniger belastend wird und schwerwiegende Krankheitsfolgen vermieden werden. Wenn Sie lernen, auf fünf Dinge zu achten, werden Sie besser mit Ihrer Erkrankung zurechtkommen: Regel 1:
• Bewältigen Sie Ihre Krankheit partnerschaftlich zusammen mit Ihrem Hausarzt. Partnerschaftlich bedeutet: mehr Rechte, aber auch mehr Pflichten …
Regel 2:
• Gehen Sie allen Reizstoffen aus dem Weg, die Ihnen Beschwerden bereiten könnten (z.B. Rauch, Abgase, Allergieauslöser …).
Regel 3:
• Halten Sie sich an die Therapievorschrift Ihres Arztes. Nehmen Sie Ihre Medikamente regelmäßig und richtig ein. Erinnern Sie sich: Es geht Ihnen gut, weil Sie Ihre Medikamente anwenden. Sie wirken lindernd und vorbeugend.
Regel 4:
• Lernen Sie, beginnende Verschlechterungen Ihrer Krankheit rechtzeitig zu erkennen. Dafür gibt es einfache Körpersignale.
Regel 5:
• Lernen Sie, wie man eine beginnende Verschlechterung behandeln kann. Tun Sie das rechtzeitig und konsequent! Warten Sie nicht, bis es Ihnen wirklich schlecht geht.
Fünf Grundregeln für den Umgang mit der Krankheit
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Möglichkeiten der Selbsthilfe
Was sind Körper- Lernen Sie Ihre Körpersignale kennen und beachten. So wollen wir hier signale? verschiedene Zeichen nennen, mit denen Ihnen Ihr Körper signalisiert,
dass sich eine Verschlechterung Ihrer chronischen Erkrankung ankündigt. Wenn Sie sich bezüglich Ihrer Krankheit nur auf Ihr Gefühl verlassen, kann das gefährlich sein. Denn Ihr Gefühl kann Sie leicht täuschen. Besser ist es, Körpersignale zu Hilfe zu nehmen. Lernen Sie diese Körpersignale zu: • beachten • deuten und dann gegebenenfalls die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.
Das ist gar nicht so schwer! Im Folgenden zeigen wir Ihnen, welche Körpersignale es gibt und worauf Sie im Einzelnen achten sollten. Später werden Sie lernen, was man dann jeweils tun soll. Welche Körpersignale gibt es ?
Welche Körpersignale gibt es?
• Husten • Auswurf • Atemnot • Häufigkeit des Dosieraerosolbedarfs • Peakflow-Werte
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Was können Sie selber tun…?
Darauf sollten Sie im Einzelnen achten: Husten
• Haben Sie Husten? • Wie ist der Husten?
• ja/nein? • trockener Reizhusten oder eher rasselnder Auswurfhusten? • Husten Sie viel oder wenig? • Und vor allem: Hat sich in den letzten Tagen etwas geändert?
Husten
Auswurf • Haben Sie Auswurf? • Wie ist der Auswurf?
Auswurf
Atemnot
Atemnot
• ja/nein? • weiß - gelb - grün - blutig • dunkel -locker - klumpig • zäh/glasig? • Wieviel Schleim husten Sie ab? • Und vor allem: Hat sich in den letzten Tagen etwas geändert? • Haben Sie Atemnot? • Wann tritt sie auf?
• ja/nein? • bei Anstrengungen? • bei Atemreizen (Gerüchen, Kälte, Rauch ...)? • Nachts? Frühmorgens? • Besteht sie anfallsartig oder dauernd? • Und vor allem: Hat sich in den letzten Tagen etwas geändert?
Diese drei Körpersignale sind (medizinisch gesehen) direkte Krankheitszeichen (Symptome), denn Ihr Körper gibt Ihnen diese Informationen ohne zusätzliche Hilfsmittel. Sie können aber auch indirekt ein Bild vom Zustand Ihres Körpers bekommen: Über die Häufigkeit Ihrer Spraybenutzung und über die Messung Ihrer Peakflow-Werte (vorausgesetzt natürlich, Sie beherrschen die Techniken!). Die Peakflowkurve stellt unter dieser Voraussetzung vor allem für Asthmapatienten ein wichtiges Körpersignal dar.
direkte Krankheitszeichen indirekte Krankheitszeichen
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Möglichkeiten der Selbsthilfe
Wenn Sie die Häufigkeit der Dosieraerosolbenutzung als Signal benutzen wollen, sollten Sie sich am kurzwirkenden Medikament orientieren, also dem, das Sie inhalieren, wenn es akut zu Atemnot kommt (Notfallspray). Das langwirksame DA (Dosieraerosol) dagegen sollten Sie nach derzeitiger Ansicht nur regelmäßig anwenden (ein- oder zweimal täglich je nach Verordnung!). Deswegen gilt der folgende Merkkasten nur für kurzwirkende Dosieraerosole! Häufigkeit der DA-Anwendung
Dosieraero- • Wie häufig inhalieren - unter 4 mal täglich? solbedarf Sie Ihr (Bedarfs-)DA? - genau 4 mal täglich? - über 4 mal täglich? • Wie lange hält die - 1 Std./2 Std./4 Std. oder bronchialerweiternde 8 Std. und mehr? Wirkung Ihres DA‘s ungefähr an? • Und vor allem: Hat sich in den letzten Tagen etwas geändert?
Peakflow-Werte
PeakflowWerte
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• Befindet sich der - grünen Zone? Peakflow-Wert nach - gelben Zone? der DA-Inhalation in - roten Zone? der • Wie ist die Tendenz - ansteigend? der von Ihnen aufge- - gleichbleibend? zeichneten Werte - abfallend? (Lineal o.ä. anlegen!): • Wie groß ist der Unterschied zwischen den höchsten und den tiefsten Werten eines Tages? • Wie groß ist der Unterschied zwischen den Werten vor Sprayanwendung und nach Sprayanwendung • Und vor allem: Hat sich in den letzten Tagen etwas geändert?
Was können Sie selber tun…?
Das sieht auf den ersten Blick vielleicht alles recht verwirrend aus! Wenn Sie sich damit aber ein klein wenig beschäftigen, diese Körpersignale beachten und sich danach richten, werden Sie wesentlich besser mit Ihrer Krankheit zurecht kommen. Sie finden weiter unten eine Checkliste, in der zu jedem dieser Punkte eine Erläuterung und ein Tipp für das weitere Vorgehen steht. Wenn Sie diese Liste griffbereit aufbewahren, können Sie immer, wenn irgendetwas unklar ist, nachschauen! Ein Beispiel aus der Praxis soll das Gesagte verdeutlichen. Ein junger, recht sportlicher Mann hat seit frühester Kindheit ein allergisches Asthma. Er ist sehr gut informiert, hat einen fürsorglichen Hausarzt sowie einen Lungenarzt, den er gelegentlich zur Kontrolle aufsucht. Seine Erkrankung verläuft seit Jahren sehr stabil, d.h. er muss bei konsequenter zweimal täglicher Anwendung seines cortisonhaltigen Sprays nur selten sein bronchienerweiterndes Medikament inhalieren. Weitere Medikamente benötigt er ohnehin nur während Verschlechterungsphasen. Durch die gute Einstellung kann er seinem Beruf als Computerfachmann nachgehen und intensiv Sport treiben. Er weiß, dass er eine chronische Krankheit hat, kommt aber gut damit klar, weil er nicht gegen seinen Körper lebt sondern in Einklang mit ihm. Fast überflüssig zu sagen, dass er nicht raucht! Es ist Frühling, die Luft angenehm warm, und er nimmt sein regelmäßiges Training nach der Winterpause auf. Der Pollenflug macht ihm etwas zu schaffen, gelegentlich stört ihn etwas trockener Husten oder ein leises Pfeifen in der Brust, vor allem aber der lästige Heuschnupfen mit den brennenden Augen. Auch dagegen nimmt er Medikamente ein, so lässt sich die Zeit einigermaßen überbrücken. Für sein Asthma hat er die Dosis des inhalierbaren Cortisons etwas erhöht und nimmt nun dreimal täglich zwei Hübe. Beim Training bemerkt er an einem herrlichen Frühlingstag eine deutliche Neigung zum Schwitzen - das ist
Wieder ein Beispiel aus der Praxis
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Möglichkeiten der Selbsthilfe
sonst kein Problem für ihn, ein klein wenig kratzt es auch im Hals. Nicht jetzt, denkt er sich - nur keinen Infekt, in zwei Wochen ist die erste Leichtathletikveranstaltung. Leider hilft dieses Stoßgebet aber nur wenig. Gegen Abend wird der Hustenreiz stärker, er musste auch sein bronchienerweiterndes Spray wegen eines leichten Atemnotgefühls schon zweimal innerhalb einiger Stunden anwenden. Leichte Gliederschmerzen und ein wenig gelbliches Sekret aus der Nase zeigen unmissverständlich, dass eine Erkältung „im Anmarsch ist“. Letzte Gewissheit gibt ihm der Blick auf die Peakflow-Werte: nicht schlecht aber deutlich weniger als sonst. Es muss etwas getan werden! Er beginnt mit der Anwendung eines langwirksamen bronchienerweiternden Aerosols (die sonst wichtige Erhöhung der inhalierbaren Cortisondosis hatte er wegen der Pollen schon durchgeführt), behandelt sich mit Hausmitteln, geht frühzeitig zu Bett, schont sich in den nächsten beiden Tagen - und so gelingt es ihm, eine nennenswerte Verschlechterung seines Asthmas abzuwenden. Der Infekt verläuft so wie bei jedem anderen auch, er schwitzt und schnieft und hustet, aber es kommt zu keinem Asthmaanfall - und das ist das Wichtigste. Nach wenigen Tagen kann er vorsichtig wieder mit dem Training beginnen und bald ist er wieder fit. Ohne sein umsichtiges Vorgehen hätte eine wochenlange Misere aus diesem Infekt werden können - die Praxis zeigt leider, dass es allzuoft zu diesem zweiten Verlauf kommt. Im nächsten Abschnitt erfahren Sie das Wichtigste über die PeakflowMessung und Ihr Dosieraerosol. Damit haben Sie zwei wertvolle Schlüssel für die Verbesserung Ihrer Erkrankung in der Hand.
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Einsatz von „Technik“ in der Selbsthilfe
V Peakflowmeter und Dosieraerosol „Führerscheinlehrgang“ für zwei einfache Hilfsmittel, mit denen Sie Ihre Erkrankung besser in den Griff bekommen können So wie Sie eine Fahrschule besuchen müssen, um ein Fahrzeug lenken zu dürfen, sollten Sie die zwei wichtigsten Geräte beherrschen lernen, mit denen Sie die Behandlung Ihrer Krankheit entscheidend verbessern können! Wir vermitteln Ihnen hier Theorie und Hinweise zur Praxis, scheuen Sie auch die „Fahrprüfung“ nicht - es lohnt sich! Falls Sie es noch nicht wissen: Was ist ein Peakflowmeter?
PEAKFLOW
Das Peakflowmeter
Dabei handelt es sich um ein ganz einfaches Lungenfunktionsmessgerät, mit dem Sie durch einen plötzlichen, kräftigen Atemstoß die Höchstgeschwindigkeit Ihres Ausatemluftstromes messen können. Man nennt das den Spitzenstoß, Spitzenfluss oder den Peakflow. Dieser Peakflow ist natürlich um so größer, je weiter offen Ihre Atemwege sind; d.h. je höher die Werte, um so besser. Weil die genaue Höhe aber von verschiedenen Dingen abhängt (z.B. Persönlicher von der Kraft, die ein Mensch beim „Pusten“ aufbringt oder vom Kör- Bestwert (PBW) perbau), sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen, wie Ihr ganz persönlicher Bestwert (PBW) aussehen soll. Dies ist nicht ein „Normalwert“, den Sie aus einer Tabelle ablesen können, sondern der beste Wert, den Sie in einer stabilen Krankheitsphase unter optimaler Therapie errei-
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Messen und Sprühen
chen können! Diesen Wert können Sie aus der von Ihnen geführten Peakflow-Kurve herauslesen. Wenn Sie zu verschiedenen Zeitpunkten (meist tut man das frühmorgens und abends) Ihre Werte bestimmen und aufzeichnen, werden Sie merken, dass diese ganz unterschiedlich hoch ausfallen. Vor allem, wenn Sie ein typisches Asthma haben, werden Sie merken, dass die Kurve abends meist deutlich höher verläuft als morgens. Sie wird auch vor und nach Inhalation Ihres Dosieraerosols unterschiedlich sein und natürlich auch von Ihrer Luftsituation abhängen. Wenn Sie über längere Zeit die Werte aufzeichnen, wird Ihnen ein Zickzack-Verlauf auffallen (bei der chron. Bronchitis ist das meist nicht so deutlich, noch weniger beim Lungenemphysem): Wie sieht so eine Kurve aus? Hier zeigen wir Ihnen, wie eine typische Peakflow-Kurve eines Asthmatikers aussieht:
Peakflow-Kurve eines Asthma– kranken � � ��� ������������� � � ���� �������������
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Auffällig sind die starken Schwankungen vor allem der Kurve vor DAAnwendung, das gute Ansprechen auf das bronchienerweiternde Spray und die fast „normale“ Kurve nach DA-Anwendung.
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Einsatz von „Technik“ in der Selbsthilfe
Und nun die Aufzeichnung eines COPD-Kranken:
Peakflow-Kurve eines COPDPatienten
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Hier kann man gut den ziemlich gleichmäßigen Kurvenverlauf erkennen, der allerdings auf einem recht tiefen Niveau liegt. Außerdem fällt auf, dass das bronchienerweiternde DA keine besondere Sofortwirkung zeigt, die Kurve nach DA liegt kaum höher als die vor DA. Die Tendenz ist bei beiden Beispielen gleichbleibend bis gering ansteigend - es droht also zumindest in diesem Zeitraum keine dramatische Verschlechterung (Exacerbation) Vier wichtige Dinge sollten Sie also an dieser Kurve beobachten: • die Höhe der Werte (siehe „Ampelschema“) • die Tendenz der Gesamtkurve: gerade - steigend - fallend • den Abstand zwischen den Morgen- und Abendwerten und • den Abstand zwischen den Werten vor und nach Sprayinhalation.
Was muss man an der PeakflowKurve alles beachten?
Wenn Sie das tun und dann auch noch lernen, was diese Beobachtungen jeweils bedeuten (vor allem, was es bedeutet, wenn sich etwas ändert!) und dann schließlich auch noch wissen, was Sie dann tun oder lassen müssen - dann werden Sie Ihre Atemwegskrankheit besser überwachen
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Messen und Sprühen
können und sie langfristig „besser in den Griff bekommen“. Normalerweise reicht es dazu aus, dass Sie zweimal am Tag Ihre Werte messen und in der dafür vorgesehenen Kurve eintragen: Nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen; falls Sie regelmäßig ein Dosieraerosol benutzen, dann jeweils noch vor und nach der Sprayinhalation. Was ist ein PBW? Wenn Sie Ihren persönlichen Bestwert (PBW) kennen, können Sie die Höhe Ihrer Meßwerte mit Hilfe des sog. Ampelschemas beurteilen. Sie sollten dazu aber nur die Werte nach der Inhalation des atemwegserweiternden Sprays benutzen. Wie bei einer Verkehrsampel gibt es einen Das Ampelschema, ein wichtiges Hilfsmittel
• grünen Bereich • gelben Bereich
• roten Bereich
• „Alles in Ordnung; so weitermachen wie bisher!“ • „Vorsicht, in Ihren Bronchien tut sich etwas; eine Verschlechterung kündigt sich an! Erhöhte Aufmerksamkeit und Beobachtung ist notwendig! Die Behandlung Ihrer Krankheit muss verstärkt werden!“ • „Sofort reagieren! Notfall! Arzt unverzüglich aufsuchen oder rufen!“.
Wie sind diese Bereiche definiert - d.h. wann springt die Ampel auf gelb oder rot? • Ihre „Gesundheitsampel“ steht auf „Grün“, wenn Ihre Meßwerte zwischen 100% und 80% des PBW liegen. • Sie zeigt „Gelb“, wenn die Werte zwischen 80% und 50% des PBW betragen. • „Rot“ (und damit Alarmstufe) ist jeder Wert unter 50%!
Notieren Sie nun Ihre persönlichen Werte, die Sie - wie beschrieben - zusammen mit Ihrem Arzt oder in einem Kurs herausgefunden haben. Denken Sie daran, dass diese Werte nach oben korrigiert werden müssen,
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Einsatz von „Technik“ in der Selbsthilfe
wenn sich Ihr bestes Ergebnis im Lauf der Zeit noch weiter verbessert - nicht aber nach unten, wenn sich die Werte verschlechtern! Mein persönlicher Bestwert beträgt .................. l/min. Das entspricht 100%. Die grüne Zone liegt zwischen .......... und ............ l/min (100% - 80%). Die gelbe Zone liegt zwischen ........... und ............. l/min (80% - 50%). Die rote Zone liegt unter ................... l/min (unter 50%). Nun tragen Sie ein, was Sie nach Anweisung Ihres Arztes tun müssen, wenn Ihre Werte (nach Inhalation des bronchienerweiternden Sprays) in die gelbe Zone fallen:
1. ............................................................................................................. 2. ............................................................................................................. 3. .............................................................................................................
Sie wollen nun auch noch wissen, wie man das Gerät bedient? Am besten besuchen Sie einmal eine Schulung, denn kontrolliertes Üben ist durch ein Buch nicht ganz zu ersetzen. Es folgt auf der nächsten Seite aber trotzdem eine „Gebrauchsanweisung“ zum Nachlesen. Wenn noch etwas unklar ist, sollten Sie mit Ihrem Arzt darüber sprechen. Vor allem aber sollten Sie ihm das von Ihnen geführte Protokoll von Zeit zu Zeit zeigen, denn auch für den Arzt ist das ein wichtige Hilfe bei der Einschätzung Ihrer Erkrankung.
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Messen und Sprühen
Eine Gebrauchsanweisung für Ihr Peakflowmeter
• Nehmen Sie das Gerät zur Hand und achten Sie darauf, dass der Zeiger auf „null“ steht. • Holen Sie tief Luft. • Nehmen Sie das Mundstück zwischen die Lippen und blasen Sie mit Schwung kurz und scharf in das Gerät (es darf aber kein „t“ zu hören sein, eher ist es ein „scharfes Hauchen“!). • Lesen Sie den Wert ab und notieren Sie ihn auf einem Blatt Papier. • Schieben Sie den Zeiger zurück auf „null“ und wiederholen Sie die Messung noch zweimal. • Wählen Sie den besten der drei Werte und zeichnen Sie ihn in das Formular ein. • Machen Sie das frühmorgens und vor dem Schlafengehen, ggf. vor und nach Sprayinhalation. • Nehmen Sie die Kurve bei Ihrem nächsten Arztbesuch mit und besprechen Sie sie mit Ihrem Doktor.
Und nun zu Ihrem (wahrscheinlich) wichtigsten Helfer: dem Dosieraerosol! Behandlung mit inhalativen Medikamenten: Dosieraerosole
Wenn Sie auf dem Handrücken eine schmerzhafte Entzündung haben, behandeln sie diese wahrscheinlich mit einer Salbe oder Creme. Niemand wird auf die Idee kommen, in diesem Fall gleich Tabletten einzunehmen! Ganz ähnlich verhält es sich mit den Atemwegen! Auch hier kann man das Medikament direkt auf die Schleimhaut bringen und sich damit unter Unständen eine Tabletteneinnahme ersparen, sich quasi die Bronchien „eincremen“. Die Lösung heißt also: Lokale Behandlung am Ort des Krankheitsgeschehens! Das „Asthma-Spray“ (medizinisch spricht man von einem Dosieraerosol - weil ein feiner Sprühnebel (= Aerosol) in ganz präzise bemessener Dosis - z.B. 200 Millionstel(!) Gramm - freigesetzt wird) hat eigentlich den größten Fortschritt bei der Behandlung von Asthma, chronischer
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Einsatz von „Technik“ in der Selbsthilfe
Bronchitis und mit gewissen Einschränkungen auch beim Lungenemphysem erbracht. Heute sind allerdings längst nicht mehr alle lokal anwendbaren Medikamente richtige Sprays. Sehr häufig findet man Pulverinhalierer in den verschiedensten Formen. Aber darüber später mehr … Die Vorteile:
Die Nachteile:
• kleinstmögliche Medikamentenmenge • schnelle Wirkung bronchienerweiternder Stoffe • wenig Nebenwirkungen • man muss es beherrschen, damit es optimal wirkt • bei einigen Dosieraerosolen keine langanhaltende Wirkung
Sie sehen, die Vorteile überwiegen ganz deutlich. Aber es ist wichtig, dass Sie einige Dinge wissen - und vor allem, dass Sie die Technik wirklich beherrschen! Was sollten Sie in diesem Zusammenhang unbedingt wissen? Die wichtigste Unterscheidung ist die zwischen bronchienerweiternden und entzündungshemmenden inhalierbaren Medikamenten (wir nennen der Einfachheit halber im weiteren alle inhalierbaren Medikamente Dosieraerosole oder DA´s). Nur die bronchienerweiternden DA‘s haben bei Atemnot eine sofortige Wirkung (bei einigen langwirksamen Präparaten ist dies allerdings nicht der Fall - fragen Sie gegebenenfalls Ihren Arzt)! Ein entzündungshemmendes DA könnte durch einen gewissen Schleimhautreiz kurzfristig sogar die Luftnot verschlimmern - beachten Sie deswegen genau, welches Ihrer Sprays entzündungshemmend und welches brochienerweiternd und schnellwirkend ist - und verwechseln Sie diese beiden nie, nie, nie …!
Vor- und Nachteile der lokalen Behandlung
bronchienerweiternde und entzündungshemmende DA‘s
Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Anwendungsweise, die natürlich mit dem beschriebenen Wirkungsunterschied zusammenhängt. Man unterscheidet zwischen den folgenden Formen:
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Messen und Sprühen
regelmäßige und bedarfsweise Anwendung
• vorbeugend: • Atemnot lindernd:
regelmäßig bedarfsweise
Entzündungshemmende DA‘s müssen immer regelmäßig inhaliert werden, sie haben (zumindest nach heutigem Wissen) keine sofortige Wirkung. Sie sollen aber dem Krankheitsverlauf angepasst werden: Die Dosis muss angepasst werden
• in schlechteren Phasen: höhere Dosis • in besseren Phasen: geringere Dosis Einzelheiten dazu finden Sie im Kapitel medikamentöse Therapie. Bronchienerweiternde Dosieraerosole können - je nach Präparat und Situation - bedarfsweise oder regelmäßig inhaliert werden. Oft kombiniert man das auch: Basisbehandlung regelmäßig plus nach Bedarf zusätzliche Hübe. Das gilt aber nur für bronchienerweiternde Medikamente! Weil das alles so wichtig ist und nicht durcheinander gebracht werden darf, hier nochmals eine Zusammenfassung in Stichworten: • Sie müssen beachten, welches Dosieraerosol: • entzündungshemmend und welches • bronchienerweiternd ist. • Sie müssen beachten, welches Dosieraerosol: • regelmäßig und welches • bedarfsweise inhaliert wird. • Sie müssen unbedingt beachten, dass ein entzündungshemmendes Dosieraerosol nicht bei Atemnot als Notfallspray inhaliert werden darf!
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Einsatz von „Technik“ in der Selbsthilfe
Wenn Sie diese drei Dinge wissen und berücksichtigen und dann noch gelernt haben, Ihr DA richtig zu inhalieren, können Sie eigentlich schon fast nichts mehr falsch machen. Wie Sie‘s richtig machen, lernen Sie gründlich in einer Schulung; zum Nachlesen hier wieder eine „Gebrauchsanleitung“. Beachten Sie aber bitte, dass es inzwischen sehr verschiedene Formen von DA‘s gibt, die recht unterschiedlich verwendet werden. Lesen Sie im Zweifelsfall die Packungsbeilage („Waschzettel“) oder fragen Sie Ihren Arzt. „Gebrauchsanweisung“ für (treibgashaltige) Dosieraerosole • Nehmen Sie Ihr DA zur Hand, entfernen Sie die Kappe und schütteln Sie es gut. • Atmen Sie ganz aus, nehmen Sie das DA in den Mund und beißen Sie auf das Mundstück. Nun saugen Sie (mit Schwung) die Luft tief ein und lösen dabei das DA aus. • Halten Sie die Luft einen Moment an und atmen Sie dann ruhig (am besten mit Lippenbremse) aus. • Nach einem Moment wiederholen Sie das Ganze nochmals. Zunehmend werden auch treibgaslose DA‘s in den Handel kommen wie z.B. der Pulverinhalator Aerodur® oder Medikamente in Form einer pulvergefüllten Scheibe (Diskus). Es gibt inzwischen viele Fantasienamen: Turbohaler, Handyhaler, Spinhaler, Autohaler … Das Anwendungsprinzip ist aber eigentlich immer das gleiche: Das Medikament (ob Sprühnebel oder feinstes Pulver) muss zusammen mit der Atemluft in die feinen und feinsten Atemwege transportiert werden und sich dort an den Wänden absetzen („deponieren“ nennt man das dann). Dort kann es dann direkt seine Wirksamkeit entfalten ohne stärkere Nebenwirkungen zu erzeugen („alten Rauchern“ muss man das eigentlich gar nicht erklären; die wissen, wie man sein Nikotin tief in die Lunge bekommt!). Treibgaslose DA´s haben den Vorteil, dass sie die teilweise umweltschädlichen Treibmittel nicht enthalten. Außerdem sind sie oft leichter
Gebrauchsanweisung für DA‘s
Deposition des Medikaments an den Bronchialwänden
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Messen und Sprühen
anzuwenden. Beachten Sie also unbedingt die Anleitung, die jedem Medikament beiliegt. Langwirksame Seit einigen Jahren gibt es auch langwirksame bronchienerweibronchienerwei- ternde Medikamente zum Inhalieren (als DA und als Pulverinhalator). ternde DA‘s Sie stellen neben den inhalierbaren Cortisonpräparaten mit den größten Fortschritt in der Behandlung der Atemwegskrankheiten dar und sind inzwischen nicht mehr wegzudenken. Sie sollten allerdings nur regelmäßig nach ärztlicher Verordnung angewendet werden - ähnlich den entzündungshemmenden Sprays (hier scheinen sich inzwischen allerdings Veränderungen anzubahnen, halten Sie die Augen und Ohren offen …) Wenn man von dieser Art Medikamente nämlich zuviel inhaliert, gibt es sehr leicht unangenehme Nebenwirkungen (innere Unruhe, schneller Puls, Neigung zum Schwitzen usw.). Einige sind bei akuter Atemnot ohnehin nutzlos. Ihr großer Vorteil ist die nur zweimal tägliche Anwendung und die damit oft verbundene weitere Stabilisierung der Atembeschwerden. Ob ein solches Atemwegsmedikament für Sie sinnvoll ist (falls Sie noch keines haben), besprechen Sie mit Ihrem Arzt, der Sie auch über alle wichtigen Einzelheiten informieren wird. Für alle, die noch mehr wissen oder noch intensiver üben wollen, gibt es inzwischen eine reiche Auswahl an Schulungskursen, Broschüren, Büchern und Internetseiten. Einige Hinweise hierfür geben wir Ihnen am Schluss dieses Buches.
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
VI Therapie mit Medikamenten muss sein - aber wie ? Eines dürfen Sie als Atemwegskranker nie tun: „Den Kopf in den Sand stecken“ - so tun, als ob nichts wäre und hoffen: „Es geht schon auch so“! Das ist das sicherste Rezept, um bald wieder viel zu husten und schlecht Luft zu bekommen! Mit einer regelmäßigen und korrekten medikamentösen und nichtmedikamentösen Behandlung haben Sie die Chance, Ihre Krankheit zwar nicht zu heilen, aber doch besser „in den Griff zu bekommen“. Wenn Ihnen Ihr Arzt eine regelmäßige und lebenslange Medikamen- Grundlagen der tenbehandlung empfiehlt, darf er das natürlich nur tun, wenn dadurch Behandlung mit nicht irgendwelche schwerwiegenden Schäden ausgelöst werden - d.h. Medikamenten wenn der Gewinn größer ist als das Risiko. Die modernen Atemwegsmedikamente sind in der Regel sehr gut verträglich und verursachen nach unserem derzeitigen Wissen keine Langzeitschäden. Die einzigen Probleme in dieser Richtung gibt es beim Cortison in Tablettenform. Aber Sie werden erfahren, wie man diese Risiken ausschalten oder wenigstens vermindern kann. Die Grundregel der Medikamentenbehandlung ist einfach und aus dem täglichen Leben gegriffen: Soviel wie nötig - so wenig wie möglich
Die wichtigste Grundregel
Bedenken Sie aber auch: „Zu wenig“ kann genauso gefährlich sein wie „Zu viel“!
Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Grundbegriffe erklären, die Sie Einige praktisch unbedingt kennen und wissen sollten. wichtige Begriffe Es handelt sich dabei vor allem um die Bezeichnungen „Basistherapie“, „Zusatztherapie bei Verschlechterungen“ und „Stufentherapie der Atemwegserkrankungen“.
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Behandlung mit Medikamenten
Basistherapie Was versteht Die Medikamente haben Wirkungen, die Ihre chronische Krankheit linman unter Basis- dern und stabilisieren können, aber sie heilen nicht! Das bedeutet, Sie therapie? können Husten, Auswurf und Atemnot behandeln und sogar vorbeugen,
solange Sie bestimmte Medikamente anwenden. Wenn Sie sie aber wieder absetzen, können die Beschwerden rasch wiederkehren. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der modernen Medizin. Die niedrigste Medikamentendosis, die Sie brauchen, damit das nicht passiert, nennt man Basistherapie. Wenn Sie diese reduzieren, werden Husten, Auswurf und Atemnot schnell wieder auftreten. Wenn Sie diese Medikamentendosis aber erhöhen (nach dem Motto: „Viel hilft viel“), werden Ihre Beschwerden deswegen nicht unbedingt weiter verringert. Die Basistherapie ist also die optimale Behandlung, oder genauer der bestmögliche Kompromiss (zwischen gesund und krank). Dies gilt aber nur, wenn sich Ihre Krankheit in einer stabilen Phase befindet (Sie haben bereits gesehen, welche Gesundheitssignale Ihnen das anzeigen). Die Basistherapie muss Ihr Arzt in Zusammenarbeit mit Ihnen individuell anpassen - er muss sie sozusagen „maßschneidern“. Ein Beispiel
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Frau Meier, eine 47-jährige Asthmatikerin inhaliert morgens und abends jeweils einen Hub Pulmicort 400®. Das ist ihre persönlich angepasste Basistherapie. Sie kann damit gut leben und ist leistungsfähig. Gelegentlich, z.B. bei Anstrengungen, bei scharfen Gerüchen oder in sehr aufregenden Situationen benötigt sie mal einen Hub ihres bronchienerweiternden Sprays. Ganz anders Herr Müller: er hat eine schwere COPD, ist 65 Jahre alt, leidet unter starker Atemnot schon bei kleinen Anstrengungen, regelmäßig Husten und zähem Auswurf vor allem morgens. In seinem Sessel oder nachts hat er dagegen kaum Probleme mit der Luft. Seine Basistherapie ist entsprechend umfangreicher: Foradil® 2x1 Hub, Junik Autohaler® 2x2 Hübe, Spiriva® 1x1 Hub, Decortin H® 10mg frühmorgens, Bronchoretard®
Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
2x1 Kapsel, ACC 600® 1x1 Brausetablette. Das ist seine Basistherapie, mit der er einigermaßen über die Runden kommt. Die Medikamentennamen sind aus Gründen der Anschaulichkeit der Praxis entnommen, es könnten genausogut andere sein, eine Schleichwerbung ist damit nicht beabsichtigt. Sie werden später auch finden, zu welchen Medikamentengruppen diese Präparate jeweils gehören und was es für entsprechende oder ähnliche Präparate von anderen Firmen gibt. Zur Basistherapie gehören natürlich auch nichtmedikamentöse Maßnahmen wie die (physiotherapeutische) Atemtherapie (s. Kapitel 8) und Vermeidung von Auslösefaktoren (s. Kapitel 3). Hier sind jetzt allerdings die medikamentösen Maßnahmen als Basistherapie im engeren Sinne gemeint. Auch im Rahmen einer stationären Rehabehandlung („Kur“) ist die Einstellung auf eine gute Basistherapie ein wichtiges Ziel, denn hier steht meist mehr Zeit für die oft aufwändige Prozedur zur Verfügung und die Wege sind kurz. Ihre Mithilfe dabei ist aber dringend notwendig. Basistherapie = individuell maßgeschneiderte bestmögliche Behandlung in stabilen Krankheitsphasen Basistherapie = die Behandlung, die Sie durchführen müssen, wenn es Ihnen gut geht. Basistherapie = die Medikamentendosis, die Sie ohne wichtigen Grund nicht selbständig reduzieren oder erhöhen dürfen. Vorraussetzung für eine gute Basistherapie ist, dass Sie schädigende Einflüsse nach Möglichkeit vermeiden (Rauch, Staub und andere Reize, Allergene, Infekte soweit möglich, Stress …). Wenn Sie das tun und sorgfältig Ihre Basistherapie durchführen, wird es Ihnen solange gut gehen, bis irgendetwas passiert, das Ihre Erkrankung und Ihr Befinden schnell verschlechtern kann. Wie Sie gesehen
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Behandlung mit Medikamenten
haben, wird das oft ein Infekt sein, denn gerade in den Erkältungszeiten (Herbst, Frühling) ist es oft nicht möglich, sich vollständig gegen „Angriffe“ durch Viren oder Bakterien zu schützen. Es kann aber auch beginnender Pollenflug oder etwas anderes sein. Wenn der Grund für eine Verschlechterung nicht klar ist, sollten Sie und Ihr Arzt immer danach forschen. Zusatztherapie bei Verschlechterungen Wann ist eine zusätzliche Behandlung mit Medikamenten erforderlich?
Außerdem muss man rechtzeitig anfangen, eine Verschlechterung zu behandeln (auch wenn die Ursache dafür noch nicht klar ist!). Dies wird in der Regel Ihr Hausarzt tun, Sie müssen ihn aber erst aufsuchen und ihm die notwendigen Informationen geben. Einige Maßnahmen können Sie allerdings auch selbst ergreifen. Die Zusatztherapie muss also bei Verschlechterungen jeder Art rechtzeitig und ausreichend durchgeführt werden, um schwere Entgleisungen Ihrer Atemwegskrankheit zu vermeiden (Spritzen, Infusionen, Krankenhaus, Intensivstation ...). Dabei gilt durchaus: „Nicht Kleckern sondern Klotzen!“ - wenn Sie nämlich die Zusatztherapie zu vorsichtig anfangen, ist sie möglicherweise nutzlos. Das ist eine langjährige Erfahrung, die Sie und Ihr Arzt beherzigen sollten! Denken Sie nochmal an die Grundregel Nr. 5: Zusatztherapie bei einer beginnenden Verschlechterung: rechtzeitig und ausreichend beginnen. Diese Zusatztherapie wird - wie ihr Name sagt - zusätzlich durchgeführt, d.h. die Basistherapie läuft in der Regel unverändert weiter. Sie folgt – wie jede Behandlung von Atemwegserkrankungen - den Regeln der Stufentherapie, die durch Fachgremien festgelegt werden, die aus erfahrenen Ärzten bestehen. So haben Sie die größtmögliche Sicherheit, dass nur bewährte Therapieschemen und möglichst gut verträgliche Medikamente von Ihrem Doktor verordnet werden.
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Stufentherapie der Atemwegskrankheiten Dies ist der dritte wichtige Begriff. Er bedeutet nichts weiter als das : Zunehmende Krankheitsbeschwer- Stufenbehandlung den werden mit stärkeren und höher dosierten Medikamenten behandelt, von Atemwegserdabei hat man aus praktischen Gründen mehrere Stufen festgelegt. krankungen Hierfür gibt es wie erwähnt allgemein akzeptierte Empfehlungen, die die verschiedenen Atemwegskrankheiten jeweils in vier Stufen einteilen und die entsprechenden Medikamente und ihre Dosierung festlegen. Dieses Stufenschema sollten auch Sie kennen. Die vier Stufen entsprechen einem nur gelegentlich mit Beschwerden einhergehenden, sowie einem leichten, mittleren und schweren Krankheitsverlauf. Beim Asthma bedeutet das: Stufe I
intermittierende Form
Stufe II
leichte Form
Stufe III
mittlere Form
Stufe IV
schwere Form
Hustenanfälle oder Atemnot nur gelegentlich, maximal zweimal wöchentlich Hustenanfälle oder Atemnot nicht jeden Tag, nachts maximal zweimal monatlich Hustenanfälle oder Atemnot jeden Tag, oft auch mehrmals, oft auch nachts Husten und Atemnot dauernd (tags und nachts), Alltagsbelastbarkeit deutlich beeinträchtigt, oft schwere Asthmaanfälle
Stufenschema für Asthma
Die bewährten Medikamente wurden nun den einzelnen Stufen in zunehmender Stärke und Dosierung zugeordnet. Dieses Stufenschema wird immer wieder überprüft. So gibt es gelegentlich kleinere Änderungen - es lohnt sich deshalb, sich immer wieder mal zu informieren und sein Wissen auf den neuesten Stand zu bringen. Ohne nun einzelne Medikamente zu nennen, sieht so ein Schema folgendermaßen aus. Es handelt sich dabei um allgemeine Angaben, für
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Behandlung mit Medikamenten
die einzelnen Krankheitsbilder müssen hieraus konkrete Behandlungsempfehlungen abgeleitet werden. Nur gelegentliche Symptome Leichte Symptome Mittelschwere Symptome
Schwere Symptome
keine regelmäßigen Medikamente, nur bronchienerweiterndes Spray bei Bedarf leichte Medikamente, niedrig dosiert leichte Medikamente höher dosiert, evtl. stärkere Medikamente, niedrig dosiert leichte Medikamente hoch dosiert + stärkere Medikamente mittel bis hoch dosiert.
Stufenschema für Für chronische Bronchitis und Emphysem (COPD) gelten etwas COPD andere Stufenfestlegungen, die vor allem die Lungenfunktion und das
Ausmaß der Belastungsatemnot berücksichtigen: Stufe 0
Risikogruppe
Stufe I
leichte Form
Stufe II
mittlere Form
Stufe III
schwere Form
Husten und Auswurf, Lungenfunktion noch normal meist Husten und Auswurf, Lungenfunktion leicht eingeschränkt, leichte Belastungsatemnot Lungenfunktion deutlich eingeschränkt, Atemnot bereits bei kleineren Anstrengungen Lungenfunktion stark eingeschränkt, Atemnot schon in Ruhe, Zeichen einer Herzleistungsschwäche
Auch der Einsatz von Medikamenten wird hier etwas unterschiedlich zum Asthma gehandhabt. Einzelheiten erfahren Sie weiter unten.
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Welche Medikamente gibt es nun im einzelnen zur Behandlung von Atemwegskrankheiten? Wie Sie wissen, gibt es in unseren Apotheken ein beeindruckendes Angebot an Medikamenten. Wir wollen einmal versuchen, hinsichtlich der für uns interessanten Atemwegsmedikamente ein wenig Ordnung in dieses unübersichtliche Riesenangebot zu bringen. Zuerst einmal sollten wir uns deshalb fragen:
Was bedeutet:
Leichte Medikamente? Stärkere Medikamente?
Was heißt:
Niedrig - mittel - hoch dosiert ?
Überblick über die einzelnen Medikamente und Medikamentengruppen
Vorbemerkungen
Hierzu haben Sie im Abschnitt „Dosieraerosol“ ja schon einiges erfahren. Wichtig ist hier zunächst die Art und Wirkweise des Medikamentes. Es gibt: • entzündungshemmende Medikamente • bronchienerweiternde Medikamente
Hauptmedikamente
In ganz leichten Fällen kann man auch rein vorbeugende Medikamente versuchsweise einsetzen. Daneben gibt es je nach Bedarf eine Begleittherapie mit • schleimlösenden Medikamenten bei zähem, schlecht abhustbarem Sekret
Zusatzmedikamente
• Antibiotika bei bakteriellen Atemwegsinfektionen • herzstützenden Medikamenten und Sauerstoff bei schwerer, fortgeschrittener chronisch-obstruktiver Atemwegserkrankung (COPD)
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Behandlung mit Medikamenten
Weil Bronchien ja durch die Atemluft von außen her zugänglich sind, spielt in der Behandlung der Atemwegskrankheiten eine ganz besondere Rolle die Unterscheidung: • Lokale Behandlung (Dosieraerosol, Inhalationen …) • Systemische Behandlung (Tabletten, Tropfen, Zäpfchen, Spritzen) lokale versus Bei der lokalen Behandlung gelangt das Medikament direkt an den systemische Krankheitsort. Dies hat - wie wir im vorigen Kapitel gesehen haben Behandlung - große Vorteile und nur wenig Nachteile.
Bei der systemischen Behandlung wird das Medikament dagegen in das „Körpersystem Mensch“ eingebracht (durch Schlucken, Einführen oder Spritzen) und verteilt sich über das Blut im ganzen Körper. Letztlich gelangen dann nach dieser „Odyssee“ aber nur ca.10% des Stoffes an den Krankheitsherd! Auch die systemische Behandlung hat natürlich ihre Vor- und Nachteile: Vorteile:
• sicherere Einnahme (keine spezielle Technik erforderlich) • Langzeitwirkung leichter zu erreichen als bei Dosieraerosolen • in vielen Fällen stärkere Wirkung als bei lokal wirkenden Medikamenten möglich Nachteile: • Belastung des Zugangsweges (v.a. Magen und Darm) • Verlust von Wirkstoff - deswegen: • höhere Wirkstoffmenge nötig - deswegen: • verstärkte Nebenwirkungen
Grundsätzlich versucht man, Atemwegskrankheiten primär mit lokalen Medikamenten zu behandeln („Sprays“, Inhalationen). Erst wenn diese
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
„ausgereizt“ sind, müssen zusätzlich systemische Medikamente eingesetzt werden. Wichtig: Das Dosieraerosol muss dann also trotzdem weiter verwen- „leichtere/ det werden, weil man damit Tabletten einsparen kann. „Sprays“ sind stärkere“ Medikaalso in der Regel die „leichteren“, Tabletten und Spritzen die „stärkeren“ mente Medikamente. Für alle genannten Atemwegsmedikamente gilt, dass es sich um moderne, vielfach geprüfte und zuverlässige Präparate handelt (sozusagen „High-Tech-Medikamente“) - man kann sie sicher nur teilweise mit den älteren Arzneien unserer Eltern und Großeltern vergleichen. Es ist aber ähnlich wie mit der modernen Technik: Sie können viel mehr, doch man muss sich auch besser damit auskennen, um ihre Vorteile optimal zu nutzen (nicht zuletzt deswegen sind ja auch Patiententrainingskurse sinnvoll). Atemwegstherapie mit entzündungshemmenden und bronchienerweiternden Stoffen Vorbemerkung: Besonders in diesem Abschnitt werden Sie öfter Handelsnamen von Medikamenten begegnen. Sie werden mit …® besonders gekennzeichnet. Es gibt allerdings in diesem Bereich eine solche Vielzahl an Präparaten mit oft gleicher oder sehr ähnlicher Wirkungsweise, dass es kaum möglich wäre, all diese Medikamente hier einzeln aufzuführen. Wir haben deshalb versucht, jeweils eine praxisnahe Auswahl anzubieten (die natürlich auch auf unseren Vorlieben beruht). Das heißt aber nicht, dass die entsprechenden Präparate von anderen Firmen nicht genauso „gut“ wären. Eine Besonderheit in diesem Bereich ist mit dem Begriff Generika verbunden: Wenn ein neuer medikamentöser Wirkstoff entwickelt wird, hat die Firma, die hier viel Geld und Zeit hineingesteckt hat, für mehrere Jahre ein Exklusivrecht der Vermarktung. Erst nach Ablauf dieses Patentschutzes dürfen andere Firmen Medikamente mit dem selben Wirkstoff herausbringen - sog. Generika - und dann „purzeln“ natürlich - den Gesetzen des Marktes folgend - die Preise. Diese Generika sind deshalb also nicht „schlechter“ …
Ein Wort zu den Medikamentennamen
sog. Generikapräparate
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Behandlung mit Medikamenten
Entzündungshemmende Medikamente Entzündungshem- Das wichtigste entzündungshemmende Medikament ist immer noch das mende Medika- Cortison. Sie haben sicherlich schon einiges an Gutem, aber auch viel mente Besorgniserregendes darüber gehört. Sie sollen nun hier lernen, dieses Cortison
oft lebenswichtige Medikament besser einzuschätzen. Eines vorweg: Cortison ist weder ein „Teufelszeug“, noch eine „Wunderdroge“! Es ist auch kein Gift, obwohl es durchaus Probleme bereiten kann. Es sollte weder verherrlicht noch verharmlost werden. Viele Menschen sind nur noch am Leben, weil es im richtigen Moment Cortison gab. Für zahlreiche Atemwegspatienten ist das Leben erst durch Cortison wieder lebenswert geworden. Das ist die eine Seite. Viele leiden aber auch unter den Problemen, die durch die Cortison-Therapie entstehen können. Häufig ist dies Folge einer nicht ganz korrekt eingesetzten oder durchgeführten Behandlung. Deswegen ist es wichtig, dass Ihr Arzt Fachmann auf diesem Gebiet ist; aber auch Sie selbst sollten über die wichtigsten Informationen zum Cortison verfügen. Was ist eigentlich Cortison ?
Cortison - das Cortison ist ein im menschlichen Körper produzierter Stoff aus der Hormon der Ne- Gruppe der Hormone (deswegen kann es auch gar kein Gift sein!). Sie bennierenrinde kennen natürlich noch zahlreiche andere Hormone (Schilddrüsen- und
Sexualhormone sowie das Insulin um nur einige zu nennen). Cortisol als Naturstoff Dieses Hormon, das eigentlich Cortisol heißt, wird durch Hormondrüsen in der Nebennierenrinde (NNR) in das Blut abgesondert, um damit ein ganzes Bündel an Wirkungen in unserem Körper zu erzielen (die Nebenniere hat übrigens mit der Niere nichts zu tun, außer dass sie in unmittelbarer Nachbarschaft liegt - eben neben der Niere!). Cortisol ist ein besonders wichtiges und vielseitiges Hormon und zeichnet sich durch zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Hormonen aus. Deswegen hat es auch nicht nur die eine - von uns gewünschte - Eigenschaft der Entzündungshemmung in den Atemwegen, sondern
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
auch zahllose andere im ganzen Körper (auf Knochen, Muskeln, andere Drüsen, Blutzucker, Blutsalze, Haut …). Wenn wir Cortisol als Medikament einsetzen, wünschen wir uns eine Wirkung: die Entzündungshemmung: Sie haben das wahrscheinlich schon erlebt: Tragen Sie eine Cortison-Salbe auf eine Hautentzündung auf und Sie können fast zusehen, wie diese abklingt! Allerdings wissen Sie auch, dass die Entzündungszeichen (Rötung, Schwellung, Schmerz) möglicherweise schnell wiederkehren, wenn Sie mit der Behandlung aufhören und die Ursache der Entzündung nicht beseitigt worden ist. Die anderen Wirkungen hätten wir lieber nicht, sie sind aber von Natur aus an diesen Stoff gebunden. Wir empfinden sie als Nebenwirkungen, obwohl es eigentlich natürliche Wirkungen sind (im Gegensatz zu den Nebenwirkungen rein künstlich hergestellter Medikamente). Diese „Nebenwirkungen“ können besonders die oben erwähnten Organe und Körpersubstanzen betreffen. Das Krankheitsbild der Nebennierenrindenüberfunktion (ausgelöst Cushing-Syndrom z.B. durch einen Tumor in diesem Bereich) nennt man nach seinem Entdecker Morbus Cushing (also Cushing-Krankheit; man spricht das wie „Kusching“ aus). Wenn dieselben Symptome dagegen durch eine übermäßige Dosis an Cortisonmedikamenten oder eine außerhalb der Nebenniere liegende Krankheit ausgelöst werden, spricht man dagegen eher von einem Cushing-Syndrom. Ein weiteres und in der Praxis besonders gravierendes Problem entsteht bei der längerfristigen Einnahme von Cortison durch die Unterdrückung der körpereigenen Produktion des Hormons - es ist ja dann stets „genügend“ Cortison im Blut. Es kommt dann also zu einer Nebennierenrindenunterfunktion (Nebennierenrindeninsuffizienz). Diese NNR-Unterfunktion kann bestehen, obwohl nach außen hin - durch das Medikament - die Zeichen einer Überfunktion bestehen!
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Behandlung mit Medikamenten
Ihr Körper produziert durchschnittlich 15-25 mg (Milligramm - das sind tausendstel Gramm!) Cortisol täglich (das entspricht etwa 5 mg Cortison als Medikament) - und zwar interessanterweise hauptsächlich in den frühen Morgenstunden. Außerdem gibt es ein „Notfall-Reservoir“ mit einigen hundert Milligramm, aus dem in bestimmten Situationen größere Mengen sofort ins Blut abgegeben werden können. da dies vor Adrenalin, ein allem in körperlichen und psychischen Stresssituationen erforderlich anderes Neben- ist, rechnet man das Cortison zusammen mit dem Adrenalin (s.nächster nierenhormon Abschnitt) zu den sog. Stresshormonen. Cortison als Medikament Grundregeln der Sie sehen also, Ihr Körper kann durchaus auch mit größeren CortiCortisontherapie sonmengen umgehen. Wegen der Gefahr einer Unterdrückung der kör-
pereigenen Cortisol-Produktion sollte man nie mit einer längerfristigen Cortisonbehandlung mit Tabletten plötzlich aufhören, denn der Körper muss dann unter Umständen erst wieder „lernen“, selbst Cortison herzustellen. Aus diesem Grund ist es ein wichtiger Unterschied, ob Cortison • kurzfristig • mittelfristig • langfristig
(über Tage) (Wochen) - oder (Monate – Jahre)
eingenommen wird. Cortison als Kurzfristig ist es meist gut verträglich, es gibt selten größere Probleme. Kurzzeitbehand- Cortison bei drohender Verschlechterung Ihrer Krankheit abzulehnen, lung ist ein gefährliches Spiel: Die Gefahren durch die Krankheit sind viel
größer als die durch eine kurzfristige Cortisoneinnahme. Auch mittelfristig gibt es im allgemeinen relativ wenig Probleme. Leichtere „Nebenwirkungen“ an der Haut (blaue Flecken), auf die Blutmineralstoffe Kalium und Magnesium (Wadenkrämpfe, Müdigkeit) sowie leichtere Wassereinlagerungen und Appetitzunahme lassen sich überwachen und behandeln; sie klingen außerdem nach der Behandlung mit Cortison meist rasch wieder ab.
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Auch eine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), die vielleicht bisher noch gar nicht erkannt worden ist, kann sich verschlechtern und muss dann unter Umständen behandelt werden. Vorrangig ist in diesem Fall jedoch, dass die entgleiste Atemwegserkrankung wieder „ins Gleis kommt“. Eine langfristige Cortisontherapie muss dagegen immer vom Arzt (am besten vom Lungenarzt) sorgfältig überlegt und - falls dann wirklich notwendig - überwacht werden. Wenn eine ausreichende Behandlung der Atemwegskrankheit anders nicht möglich ist, kann man aber auch mit Cortison leben; im Gegenteil, man kann viel an Lebensqualität gewinnen, wenn man wieder Luft zum Atmen und Bewegen hat und nicht bei jeder Gelegenheit husten muss. Einige Worte müssen wir hier noch zur Osteoporose sagen, einer der wichtigsten und problematischsten „Nebenwirkungen“ des (systemischen) Cortisons. Osteoporose bedeutet - und das ist ja allgemein bekannt! - Veränderungen am Knochen, erhöhte Knochenbrüchigkeit. Sie ist ab einem gewissen Lebensalter vor allem bei Frauen gefürchtet. Cortison ist ohne Zweifel einer der riskantesten Faktoren, die diese ohnehin schon gefährliche Entwicklung noch verstärken können. Der Knochen stellt das Grundgerüst unseres Körpers dar, eine verstärkte Anfälligkeit gefährdet unsere gesamte Statik. Endpunkt dieser Entwicklung sind Verformungen des Skeletts und teilweise - z.B. nach Wirbelköpereinbrüchen - schwere Schmerzen. Damit geht eine fast vollständige Einschränkung unserer Beweglichkeit einher. Was dies für Folgen hat, ahnt nur derjenige, der damit schon konfrontiert worden ist - sei es als Betroffener oder als Außenstehender (Angehöriger, Pflegepersonal oder Arzt). Der Schutz des Knochensystems ist außerordentlich wichtig. Speziell bei einer langfristigen Cortisonbehandlung (mit Tabletten oder Spritzen) kann man das gar nicht ernst genug nehmen. Wer wirklich über Monate und Jahre Cortisonpräparate einnehmen muss, kommt um dieses Thema nicht herum. In jüngeren Jahren ist es noch nicht ganz so problematisch: Die Behandlung mit Steroiden - wie man Cortisonpräparate auch nennt - führt zu einer Verbesserung der Atemsituation und damit auch meist zu einer Verbesserung der Mobilität: Der Patient kann
Zuckerkrankheit und Cortisonbehandlung
langdauernde Cortisontherapie
Ein ernstes Wort zur Osteoporosegefährdung
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Behandlung mit Medikamenten
Ein besonderes Problem: Frauen nach den Wechseljahren
Trotzdem: nicht auf eine notwendige Cortisonbehandlung verzichten!
Wie kann man die Osteoporose verhindern?
- und soll! - sich viel bewegen. Damit ist ein Hauptrisikofaktor für die Osteoporose schon abgeschwächt: der Bewegungsmangel. Wirklich problematisch wird es bei älteren Menschen, insbesondere Frauen. Diese sind durch die hormonelle Situation nach den Wechseljahren sowieso schon stärker osteoporosegefährdet. Wenn dann noch eine längerdauernde Cortisonbehandlung dazukommt, kann das eine Katastrophe bedeuten. Um diese zu vermeiden, kann man nur ganz bewusst alle Gegenmaßnahmen ergreifen, die bekannt sind: mineralstoffreiche Ernährung, soviel Bewegung wie möglich, eventuell Hormonbehandlung durch den Frauenarzt und Osteoporoseprophylaxe mit Medikamenten. Wir wollen bei Ihnen als Leser hier keine Panik auslösen. Aber es ist ein ernstes Thema und es sollte ehrlich angesprochen werden. Auf die Cortisonbehandlung eines schweren Asthmas wegen dieser Dinge zu verzichten wäre eine schlechte Alternative: Ersticken ist nicht angenehmer als starke Schmerzen erleiden! Nach unserer langjährigen Erfahrung ist die Lösung dieses Problems in folgenden Punkten zu finden: •Cortisonbehandlung über einen längeren Zeitraum nur wenn wirklich unbedingt notwendig (Lungenfacharzt!). •Wenn das so ist und ein erhöhtes Risiko besteht (Alter über 50 Jahre bei Frauen und 60 Jahre bei Männern, Bewegungsmangel, eventuell familiäre Osteoporoseneigung), muss unbedingt wie oben beschrieben eine optimale Osteoporoseprophylaxe durchgeführt werden. Das sollte durch einen Facharzt (Orthopäde) eingeleitet und zumindest gelegentlich überwacht werden. •Bei Frauen jenseits der Wechseljahre sollte man an eine Hormonbehandlung denken und dies mit dem Frauenarzt besprechen. •Bewegung (Gymnastik, Sport) sind lebenswichtig, eine ausgeglichene, gesunde Ernährung ebenso. Wenn man diese Dinge berücksichtigt, kann man nach unserer Erfahrung eine Osteoporose weitgehend vermeiden. Wenn erst mal ein
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Wirbel zusammengebrochen ist, beginnt eine Leidensgeschichte, die nie mehr ganz aufhören wird. In dieser Hinsicht gilt der Spruch „Vorbeugen ist besser als Heilen“ ganz besonders. Alle diese Einschränkungen gelten nicht für das Cortison in Sprayform, Cortison in also die lokale Therapie! Hier gelangt Cortison nur zu einem extrem Sprayform - also geringen Teil ins Blut, damit entfallen weitgehend die typischen „Ne- inhalativ benwirkungen“. Einige wenige Dinge sind aber auch bei dieser Form der Behandlung zu beachten: • gut den Mund ausspülen (wegen möglichen Pilzbelages und Heiserkeit)
Hinweise zur Therapie
• einen Spacer zu benutzen ist bei treibgashaltigen Sprays meist sinnvoll: • bessere Wirkung • weniger Reiz • Schutz vor Mundpilz (Soor) • nie zur Bekämpfung von akuter Atemnot inhalieren, sondern nur regelmäßig zur Vorbeugung! Wichtig ist weiterhin die Einnahmezeit für die Wirkung und die „Neben- Wichtig auch: die wirkungen“: Im Körper wird Cortison in einem bestimmten Rhythmus Einnahmezeit ins Blut gegeben, der dazu führt, dass tagsüber, vor allem morgens, hohe Cortisonspiegel im Blut sind, die zum Abend langsam absinken und nachts gegen 3°° einen Tiefpunkt erreichen (deswegen kommt es auch immer wieder zu Asthmaanfällen um diese Zeit aus dem Schlaf heraus!). Meist ist es günstiger, Cortisontabletten so früh wie möglich einzunehmen, je nach Ihren Gewohnheiten kann das auch vor dem Frühstück sein. Aus verschiedenen Gründen kann Ihr Arzt aber auch etwas anderes verordnen - und dies sollten Sie dann auch befolgen. Im Zweifel schadet Nachfragen jedoch nie (auch dies gehört ja zu einem partnerschaftlichen Verhältnis).
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Behandlung mit Medikamenten
Ganz entschei- Ein wichtiger Punkt ist auch die Dosis, also die Menge des eingenomdend: die Dosis menen Cortisons. Man kann hier unterscheiden zwischen den folgenden
Abstufungen: • niedrig dosiert • mittelhoch dosiert • hoch dosiert
- ca. 2.5 - 10 mg - ca. 10 - 20 mg - mehr als 20 mg
(Das sind Richtwerte, die sich in der Praxis aber durchaus bewährt haben) Bei niedriger Dosierung sind im allgemeinen keine schwerwiegenden „Nebenwirkungen“ zu erwarten. Bei mittelhoher Dosis treten meist schon spürbare „Nebenwirkungen“ auf, die jedoch bei guter Kontrolle und eventuell rechtzeitiger Behandlung akzeptabel sind (im Verhältnis zur Schwere der Krankheit!) Eine hohe Dosis bringt immer mehr oder weniger deutliche „Nebenwirkungen“ mit sich; sie sollte längerfristig daher nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden. Wie findet man die „richtige“ Cortisondosis heraus? Die PeakflowMessung hilft Ihnen bei der Bestimmung der optimalen Dosis
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Dabei kann die Peakflow-Messung für Sie und Ihren Arzt ein wichtiges Hilfsmittel sein: Sie nehmen zuerst soviel Cortison, bis es Ihnen deutlich besser geht und die Peakflow-Werte einen stabilen Verlauf zeigen. Dann reduziert man die Cortisondosis schrittweise bis die PeakflowWerte beginnen abzusinken. Die Größe dieser Schritte besprechen Sie mit Ihrem Arzt (meist werden es etwa 5 mg-Schritte sein). Von Schritt zu Schritt sollten 4-5 Tage vergehen; so lange dauert es beim Cortison, bis man den Effekt der Reduktion sicher beurteilen kann. Wenn die Werte anfangen zu sinken, muss man wieder einen Schritt nach oben gehen. Dann hat man meistens die optimale Dosis gefunden. Diese kann sich allerdings im Lauf der Zeit verändern. Deswegen sind Aufmerksamkeit und regelmäßige Arztbesuche sehr wichtig.
Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Mit Hilfe des Cortisonsprays - also der lokal wirkenden und damit schonenderen Einnahmeweise - lassen sich in der Regel 5 - 10 mg Cortisontabletten einsparen. Erst wenn alle Inhalationsmedikamente und auch alle bronchienerweiternden Tabletten „ausgereizt“ sind und dann immer noch stärkere Beschwerden bestehen, sollte Cortison in Tablettenform als längerfristige Therapie eingesetzt werden! Eine Cortison-Tablettenbehandlung ohne „ausgereizte“ Cortison-Spraybehandlung ist wie ein Hausdach ohne Haus und Fundament – also eine ziemlich wackelige und einsturzgefährdete Angelegenheit. Wenn eine Behandlung mit Cortisontabletten bei Ihnen aber wirklich notwendig ist, sollten Sie einige Grundregeln beachten: • Dosis genau wie vom Arzt verordnet einnehmen. • Der Arzt sollte speziell mit Cortisonbehandlung vertraut sein. • Der Arzt sollte gewisse Kontrollen durchführen (besonders wichtig: Kaliumwert). • Einnahmezeit so früh wie möglich (falls nicht anders verordnet). • Gesunde, vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung; regelmäßige Gewichtskontrollen. • Möglichst viel Bewegung ( beste Vorbeugung gegen Knochen- und Muskelprobleme). • Wenn irgend möglich, auf Behandlung in Sprayform übergehen.
Grundregeln der Cortisonbehandlung
Abschließend wollen wir Ihnen zu diesem Thema noch einen kurzen „Steckbrief“ präsentieren, der für alle cortisonhaltigen Medikamente gilt: Er soll Ihnen die wichtigsten Wirkungen, „Nebenwirkungen“ und Anwendungsformen nochmal ins Gedächtnis rufen und Ihnen eine Anzahl von Präparaten, die sie in der Apotheke erhalten können, nennen. Sehen Sie mal nach, ob „Ihr“ Medikament dabei ist - ansonsten fragen Sie ruhig Ihren Arzt.
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Behandlung mit Medikamenten
„Steckbrief“ des Cortisons
• Wirkung: • Nebenwirkungen:
• Anwendungsformen: • Einige Namensbeispiele:
entzündungshemmend + vorbeugend (= Schutzwirkung) nur Cortisonsprays: Mundpilz (Soor) und heisere Stimme möglich (wenn nicht korrekt angewendet) nur Cortisontabletten und -spritzen: Neigung zu blauen Flecken auch ohne größere Verletzungen, Wassereinlagerungen, Muskelkrämpfe (v.a. Wadenmuskulatur), Appetitzunahme, Gewichtszunahme Bei langer Therapiedauer: Dünne Haut, Erhöhung der Knochenbrüchigkeit, Muskelschwäche, Verschlechterung der körpereigenen Cortisonproduktion, Verstärkung einer bestehenden Zuckerkrankheit (Diabetes) Dosieraerosol/Pulverinhalator (= „Spray“) Tabletten Spritzen Dosieraerosole: Pulmicort®, Junik®,Beclomet®, Budes®, Flutide®, Ventolair®, Asmanex®… Tabletten: Ultralan®, Urbason®, Decortin®, PredniH®, Syntestan®, Decortilen®, Volon®… (das ist eine ganz willkürliche kleine Auswahl)
Alternativen zum Cortison? Alternativen zum In Anbetracht der beschriebenen Problematik waren Patienten und ÄrzCortison? te schon immer daran interessiert, eventuelle Alternativen zum Cortison
einsetzen zu können. Bis vor einigen Jahren sah es damit allerdings nicht gerade rosig aus. Inzwischen ist dies aber einer der vielversprechendsten Ansätze in der Forschung hinsichtlich der Atemwegskrankheiten. Es gibt jetzt entzündungshemmende Substanzen, die Cortisontabletten zumindest teilweise ersetzen können.
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Erste Erfolge in dieser Richtung waren Medikamente, die auch heute noch in bestimmten Situationen sinnvoll eingesetzt werden können wie DNCG und Nedocromil. Sie sind zwar nur relativ schwach wirksam, haben dafür aber kaum Nebenwirkungen und können deshalb vor allem bei sehr leichten Formen des Asthmas, insbesondere auch bei Kindern zumindest versuchsweise eingesetzt werden. Vor allem bei allergischem Asthma haben sie eine gute Schutzwirkung. Beispiele sind Intal® (auch enthalten im DA Allergospasmin® bzw. Aarane®), Cromo-ratiopharm® oder DNCG-STADA® ) für den Wirkstoff DNCG und Tilade® für die Substanz Nedocromil. Ein wenig anders sieht es mit den reinen Allergiepräparaten (Antihistaminika) aus (s. auch Abschnitt Allergien): Sie wirken zwar häufig gut an den Augen- und Nasenschleimhäuten, jedoch nur sehr beschränkt an der Bronchialschleimhaut. Lediglich für den Stoff Ketotifen ist eine Wirkung bei allergischem Asthma nachgewiesen. Auch dieses Medikament ist vor allem bei Kindern mit leichtem allergischem Asthma durchaus einen Versuch wert. Beispiele hierfür sind Zaditen® und mehrere Generika-Präparate mit Ketotifen-…® Wenn allerdings die Atembeschwerden trotzdem häufiger und heftiger werden, sollte man nicht zu lange zögern, diese relativ schwachen Präparate eher wieder abzusetzen und zu wirkungsvolleren zu greifen. Inzwischen ist eine neue Stoffklasse entwickelt und erprobt worden, die Anlass zu Hoffnungen als echter „Cortisonersatz“ gibt - wenigstens bei niedrigem Cortisonbedarf. Sie basiert auf der verbesserten Erkenntnis der komplizierten Abläufe im Organismus bei der Entstehung einer Entzündung. Man hat inzwischen eine Vielzahl an chemischen Substanzen entdeckt, die daran beteiligt sind. Es ist gelungen, Substanzen zu entwickeln, die diese Entzündungsstoffe beeinflussen können: Ein aktuelles Beispiel ist der Leukotrienantagonist Montelucast . Lassen Sie sich von den Wortungetümen nicht beeindrucken: Es handelt sich um den Gegenspieler eines dieser Entzündungsstoffe. Wenn man ihn einnimmt, kann man den Entzündungsprozess abbremsen und damit die Beschwerden lindern - in ähnlicher Art, wie es das Cortison tut. Das derzeit einzige in den Apotheken erhältliche Präparat heißt Singulair®, es ist sehr gut verträglich, wird einmal täglich abends geschluckt und kann bei leichterem Asthma sowie bei stärkerer bron-
DNCG und Nedocromil
Antihistaminika (Allergietabletten)
Ein echter Fortschritt: der Leukotrienantagonist Montelucast (Singlair®)
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Behandlung mit Medikamenten
chialer Überempfindlichkeit und „asthmatischem Husten“ mit gutem Erfolg regelmäßig eingenommen werden. Sprechen Sie am besten Ihren Lungenfacharzt einmal darauf an, ob dieses Medikament für Sie geeignet wäre … Es wird in dieser Richtung in nächster Zeit wahrscheinlich einiges an Neuigkeiten geben. Bleiben Sie daran! Bronchienerweiternde Medikamente Es gibt drei Typen: Bronchienerweiternde Medikamente
• Bronchienerweiternde Medikamente vom „Adrenalintyp“
Beta-Adrenergika (auch: BetaSympathikomimetika)*
• Bronchienerweiternde Medikamente vom „Koffeintyp“
Theophyllin
• Bronchienerweiternde Medikamente vom „Atropintyp“:
Parasympathikolytika oder Vagolytika*
* Es gibt - wie so oft in der Medizin - leider keine leichteren Namen!
Bronchienerweiternde Medikamente vom Adrenalintyp (Beta-Adrenergika oder Beta-Sympathikomimetika) Beta-Sympathiko- Das sind Medikamente, die vom (ebenfalls körpereigenen) Hormon mimetika Adrenalin abgeleitet sind. Sicher kennen Sie den „Adrenalinschock“ in
Schrecksituationen: Herzklopfen, Muskelzittern, schlagartiges Verfliegen von Müdigkeit. Das bewirkt das Hormon Adrenalin, das aus der Nebenniere (hier ist es im Gegensatz zum Cortison das Nebennierenmark) stoßartig ins Blut abgegeben wird. Dadurch bereitet der Körper sich darauf vor, aktiv zu werden: Angreifen oder Davonlaufen! Für beides braucht man viel Sauerstoff. Deswegen werden vom Körper die Atemwege weit geöffnet – und das macht das Adrenalin. Tatsächlich kann man Adrenalin im Asthmaanfall benutzen, aber es hat sehr starke „Nebenwirkungen“ vor allem auf das Herz und die Muskeln.
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Forscher haben deswegen die Beta-Adrenergika entwickelt, bei denen die bronchienerweiternde Wirkung erhalten bleibt, aber die „Nebenwirkungen“ stark reduziert wurden. Dies gilt ganz besonders, wenn man das Medikament inhaliert! Bei den inhalierbaren Beta-Adrenergika muss man unterscheiden zwischen langwirksamen und kurzwirksamen Präparaten. Die kurzwirksamen Beta-Adrenergika (z.B. Sultanol®) helfen sehr schnell (in Minuten!), halten aber nur ca. vier Stunden durch. Dadurch eignen sie sich vor allem als Notfallmittel. Sie werden meist bedarfsweise inhaliert. Wenn eine regelmäßige Anwendung verordnet wird (was man heute allerdings in der Regel nicht mehr macht), muss man sie viermal täglich benutzen, um eine einigermaßen lückenlose Wirkung zu verspüren (je nach Anweisung 4 x 1 bis 4 x 2 Hübe). Auch dann sind jedoch vor allem die langen Nächte oft ein wirkliches Problem … Die langwirksamen Beta-Adrenergika stellen einen großen Fortschritt auf dem Gebiet der Behandlung der Atemwegskrankheiten dar. Einige dieser Präparate haben einen langsamen Wirkungseintritt und sind deshalb nicht als Notfallmittel geeignet. Aber auch die langwirksamen Präparate mit einem raschen Wirkungseintritt sollten im allgemeinen nur regelmäßig angewendet werden, da man sie sonst schnell überdosiert. Hier gibt es allerdings neuere wissenschaftliche Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass man einige dieser Substanzen sowohl regelmäßig als auch bei Bedarf anwenden kann. Das letzte Wort ist hier allerdings noch nicht gesprochen. Fragen Sie gelegentlich Ihren (Lungen-)Arzt. Man inhaliert die langwirksamen Beta-Adrenergika in der Regel zweimal am Tag (je nach Anweisung 2 x 1 bis 2 x 2 Hübe). Dafür halten sie dann 12 Stunden durch und können so Ihre Atemwegserkrankung hervorragend stabilisieren und insbesondere auch die Nacht überbrücken. In Ausnahmefällen kann auch eine Inhalation nur abends sinnvoll sein (Arzt fragen). Ähnlich wirken Beta-Adrenergika als Retardtabletten (retard = verzögert; Musiker können hier an ritardando denken). Als systemische Medikamente, die auf dem Blutweg in die Bronchien gelangen, haben sie aber stärkere Nebenwirkungen. Sie sollten deshalb nur nach ärztlicher Anweisung genommen werden, wenn aus irgendwelchen Gründen
kurzwirkende Präparate
langwirksame Medikamente dieser Art
derselbe Medikamententyp als Retardtabletten
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Behandlung mit Medikamenten
die Behandlung mit Inhalationspräparaten nicht möglich ist oder nicht ausreicht. Damit ist eigentlich schon das Wichtigste gesagt. Hier nochmals ein kurzer „Steckbrief“: Wieder ein „Steckbrief“…
• Wirkung: • Nebenwirkungen: • Anwendungsformen:
• Einige Namensbeispiele:
Bronchienerweiternd, vorbeugend (d.h. Schutzwirkung) Herzklopfen, Muskelzittern, innere Unruhe inhalativ (Dosieraerosol oder Pulverinhalator/kurz- oder langwirksam) Tropfen/Spritzen (schnell- und kurzwirkend) Tabletten (hauptsächlich langwirkend) inhalativ (kurzwirkend): Aarane®*, Aerodur®, Allergospasmin®*, Berodual®*, Berotec®, Sultanol®.... (das ist nur eine kleine Auswahl) inhalativ (langwirkend): Serevent®, Aeromax®, Foradil®, Oxis®. Retard-Tabletten (langwirkend): Bambec®, Bricanyl Duriles®, Loftan®,Volmac®.... (Auswahl)
(* Kombinationspräparate mit anderen Wirkstoffen)
Theophyllin Theophyllin Das Theophyllin (bzw. das eng verwandte Coffein) war das erste eigent-
liche Asthmamedikament! Wenn man allerdings genug Kaffee trinken wollte, um sein Asthma zu behandeln, käme es zu starken Nebenwirkungen: Herzklopfen, Unruhe, Schweißausbrüche, Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden (beachten Sie bitte: Das ist die Nebenwirkungsliste des allseits beliebten Getränkes Kaffee!).
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Besser verträglich, stärker bronchialerweiternd und zudem noch in eine sanftere, langzeitwirksame Form gebracht (Retardtabletten oder -kapseln) ist das Theophyllin. Es ist bis heute allerdings nicht gelungen, diesen Stoff als Dosieraerosol herzustellen. Aus diesem Grund ist bei der Asthmatherapie das Beta-Adrenergikum (als Spray) die „Nummer eins“, das Theophyllin (Retardtablette oder -kapsel) wird erst an zweiter Stelle eingesetzt. Vor allem, wenn jemand trotz der abendlichen Anwendung eines langwirksamen Beta-Adrenergikums öfter unter nächtlicher Atemnot leidet, ist es sinnvoll, vor dem Schlafengehen ein langwirksames Theophyllin einzunehmen. Im Gegensatz zu den Beta-Adrenergika ist die Empfindlichkeit gegenüber Theophyllin (ähnlich wie beim Kaffee) von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Durch Nachfragen, Lungenfunktionskontrollen, vor allem auch das Führen einer Peakflow-Kurve, nötigenfalls auch die Bestimmung des sog. Theophyllinspiegels (= Theophyllinmenge/ Milliliter Blut) lässt sich die richtige Dosis ermitteln. In der Praxis liegt sie meist zwischen 2 x 200 mg und 2 x 500 mg. Bei vorwiegend nächtlicher Atemnot kann man abends ein stärkeres Theophyllinpräparat einnehmen und morgens entweder keines oder eine niedrigere Dosis (z.B. Afonilum retard Bio R®). Nebenwirkungen treten meist nur bei zu hoher Dosis auf. Deswegen sollte man die festgelegte Dosis nicht eigenmächtig verändern. Merken Sie sich: bei Atemnot keine zusätzlichen Theophyllin-Retardpräparate einnehmen! Immer zuerst das (kurzwirkende) Dosieraerosol inhalieren – erst wenn dieses nicht den gewünschten Erfolg bringt, kann man Theophyllin in Tropfenform mit schnellerer und kürzerer Wirkung einnehmen. Ob dies in Ihrem Fall sinnvoll ist, müssen Sie mit Ihrem Arzt besprechen. Wer sehr magenempfindlich ist, Herzprobleme hat oder sogar unter epileptischen Anfällen leidet, muss mit diesem Medikament sehr vorsichtig umgehen. Wenn überhaupt, darf man es hier nur in relativ geringer Dosierung einsetzen. Auch das sollten Sie unbedingt mit Ihrem Arzt besprechen.
Theophyllinspiegel
Tipps für die Einnahme
Theophyllin als Notfallmedikament
Probleme durch Thheophyllin
Auch von diesem Medikament abschließend ein kleiner „Steckbrief“, der Ihnen das Wichtigste übersichtlich aufzeigen soll:
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Behandlung mit Medikamenten
„Steckbrief“ Theophyllin
• Wirkung: • Nebenwirkungen: • Anwendungsformen: • Einige Namensbeispiele:
Bronchienerweiternd, vorbeugend Unruhe, Schlaflosigkeit, Herzklopfen, Sodbrennen, Magendruck (diese treten vor allem bei einer zu hohen Dosis auf) Tropfen/Spritzen (kurzwirkend) Retardkapseln oder -tabletten (langwirkend) Retard-Kapseln oder -Tabletten: Aerobin®, Afonilum retard®, Afonilum retard Bio R®, Bronchoretard®, Euphylong®, Uniphyllin® … (Auswahl) Tropfen, bzw. Granulat zum Auflösen: Afonilum® Tropfen, Euphylong® Quick, Solosin® Tropfen oder Trinkampullen
Anticholinergika (Parasympathikolytika/Vagolytika) Anticholinergika Mit diesen vielen, schwer auszusprechenden Namen ist immer wieder
dieselbe Substanz gemeint. Diese Medikamente (von denen es nicht sehr viele gibt) erweitern ebenfalls die Bronchien, oft allerdings etwas schwächer als Beta-Adrenergika und Theophyllin. Dafür haben sie aber auch weniger Nebenwirkungen. Früher nutzte man diesen Stoff (es handelt sich ebenfalls um einen Naturstoff) sogar - man höre und staune! - in der „Asthmazigarette“; und zwar ist es Stechapfelkraut, das Vagolytika enthält, das da geraucht wird. Der Stoff ist zwar grundsätzlich wirksam. Ob aber diese Wirkung den Reiz, der von dem Rauch ausgeht, übertreffen kann, darf man ruhig anzweifeln … Heute wird die Substanz als Dosieraerosol, Pulverinhalator oder Inhalationslösung genutzt (Atrovent®, Ventilat®, Spiriva®), auch in Kombination mit Beta-Adrenergika als Berodual®. Dieser Medikamententyp hat in letzter Zeit sogar ein regelrechtes „Comeback“ erfahren: Bei der Behandlung der COPD (also chronischobstruktive Bronchitis und/oder Lungenemphysem) haben sich die Anticholinergika sogar als wirksamere Substanzen herausgestellt als
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
die jahrelang bevorzugten Betasympathikomimetika. Man hat nämlich herausgefunden, dass die relativ schwache Wirkung hauptsächlich das Asthma betrifft. COPD-Patienten dagegen profitieren häufig sehr gut von den nebenwirkungsarmen Präparaten. Nach neuester Ansicht ist eine Behandlung mit dieser Medikamentenart immer empfehlenswert - und zwar durchaus als erstes oder sogar einziges Medikament! Ein Ergebnis dieses Comebacks sind verstärkte Forschungen auf Zur Zeit das Neudiesem Gebiet. Diese haben ganz aktuell zur Markteinführung eines este: Spiriva® ganz neuen Präparates aus dieser Stoffgruppe geführt. Seit Sommer 2002 gibt es das gerade erwähnte Präparat Spiriva® - ein nur einmal täglich anzuwendender Pulverinhalator, der inzwischen schon bei vielen COPD-Patienten gute Wirkungen gezeigt hat. Sprechen Sie ggf. auch auf diesen Punkt Ihren Arzt, insbesondere den Lungenarzt an. Interessant: Sowohl Beta-Adrenergika als auch Vagolytika wirken auf die Bronchien über das sog. vegetative Nervensystem. Dieses umfasst den Teil unseres „Nervenkostüms“, der für die Steuerung der inneren Organe zuständig ist: Herz, Darm, Magen, Blase und eben auch die Bronchien. Wenn man das vegetative Nervensystem beeinflusst, kann man damit Bronchien verengen oder erweitern. Man vermutet übrigens, dass auch seelische Einflüsse auf die Atemorgane (aber auch auf andere Organe) auf diesem Weg zu erklären sind. Mit diesen Zusammenhängen beschäftigt sich die Psychosomatik.
Das vegetative Nervensystem: Schaltstelle zwischen Körper und Seele?
Seele, Atemwege und der gesamte Körper stehen in einem Wechselspiel. Was in einem der Eckpunkte des Dreieckes passiert, hat sicherlich mehr oder weniger starke Auswirkungen auf die beiden anderen Eckpunkte. ������
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Abbildung : Wirkungsdreieck Psyche - Gesamtkörper - Bronchien
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Behandlung mit Medikamenten
Sympathikus und Parasympathikus
Das vegetative Nervensystem besteht aus zwei Teilen: • Sympathikus • Parasympathikus (oder Vagus) Diese besitzen oft gegensätzliche Wirkungen im Körper: Sympathikus
Parasympathikus
Herz
treibt an
bremst
Magen/Darm
bremst
treibt an
Bronchien
erweitert
verengt
Wenn man sich diese Erkenntnisse zunutze macht, kann man Bronchien gezielt verengen oder erweitern. Bei verschiedenen Naturstoffen kennt man eine Wirkung auf das vegetative Nervensystem übrigens seit Hunderten von Jahren! Die Erklärung dafür weiß man allerdings erst heute. Die Tollkirsche beispielsweise hat eine starke Wirkung auf den Parasympathikus, indem ihr (in größeren Mengen bekanntlich hochgiftiger) Wirkstoff ihn verstärkt: Der Herzschlag wird bei einer Vergiftung sehr langsam, die Bronchien werden eng, es kommt zu Durchfällen. Umgekehrt wirkt Kaffee auf den Sympathikus stimulierend (und damit auch Theophyllin): Man wird wach, der Puls wird schnell, die Bronchien erweitern sich. Man kann vor allem am Beispiel der Tollkirsche gut erkennen, dass „natürlich“ nicht unbedingt „sanft“ heißt. An dieser Stelle treffen sich interessanterweise Chemie, Pflanzenheilkunde und Psychologie. Dies sei nur als Beispiel dafür angeführt, wie eng in der Natur alles miteinander verknüpft ist und wie stark sich auf unserer Erde alle Dinge gegenseitig beeinflussen. Vielleicht kann die Krankheit in diesem Punkt einen Gewinn bringen, wenn sie dazu anregt, sich über Zusammenhänge in der Natur Gedanken zu machen. Die „Ewig-Gesunden“ sind daran oft wenig interessiert.
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
Stufenschema der Asthma- und Bronchitistherapie Zurück zur Praxis der medikamentösen Behandlung! Sie wissen nun Stufentherapie der eine Menge über Atemwegskrankheiten, Ursachen und Behandlungs- Atemwegserkranmöglichkeiten. Das Behandlungsschema soll Ihnen zeigen, in welcher kungen Weise die beschriebenen Medikamente eingesetzt werden. Sie müssen allerdings beachten, dass man so ein Schema in der Praxis nicht starr einhalten kann. Die Behandlung erfordert von Ihrem Arzt viel Erfahrung, damit die einzelnen Maßnahmen optimal an Ihre Situation angepasst werden können. Das Schema ist also in erster Linie eine Empfehlung und Hilfe für Ihren Arzt. Wenn sich nach einem Infekt Ihr Asthma verschlechtert, dann nicht deshalb, weil Sie sich an die Medikamente „gewöhnt“ haben, sondern weil der Infekt die Entzündung verstärkt und Sie deshalb in eine schwerere Krankheitsstufe wechseln. Wenn Sie dann ausreichend behandelt werden (wobei wegen der verstärkten Entzündung vor allem Cortison eine wichtige Rolle spielt), steigen Sie auf der Stufenleiter langsam wieder herab auf Ihre ursprüngliche Krankheitsstufe. Stufenschema der modernen Asthmatherapie:
Nur gelegentliche Symptome (Stufe I) Leichte Symptome (Stufe II) Mittelschwere Symptome (Stufe III)
Schwere Symptome (Stufe IV)
Keine regelmäßigen Medikamente, nur bronchienerweiterndes Spray bei Bedarf Bronchienerweiterndes Spray bei Bedarf, inhalierbares Cortison, niedrig dosiert Bronchienerweiterndes Spray bei Bedarf, inhalierbares Cortison in höherer Dosis, zusätzlich langwirkendes inhalatives Beta-Adrenergikum, evtl. zusätzlich Theophyllin Wie Stufe III, zusätzlich Cortison in Tablettenform
Stufenschema Asthma
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Behandlung mit Medikamenten
Und so sieht die Behandlungsempfehlung für die chronische Bronchitis und das Lungenemphysem aus. Stufenschema COPD
Keine Medikamente Keine Belastungsatemnot (Stufe 0) Leichte Belastungsatemnot Bronchienerweiterndes Spray bei Bedarf (Beta-Adrenergikum oder (Stufe I) Anticholinergikum) Stärkere Belastungsatem- Langwirkendes inhalatives Beta-Adrenergikum und/oder Anticholinergikum, not (Stufe II) evtl. zusätzlich Theophyllin, Versuch einer Behandlung mit inhalierbarem Cortison über 3 Monate Wie Stufe II, evtl. Sauerstofftherapie, Daueratemnot bei Exacerbationen auch Cortison in (Stufe III) Tablettenform
Wenn Sie einen schweren Infekt hatten, braucht es oft ziemlich lange, bis die (akute, d.h. zusätzliche) Entzündung wieder abgeklungen ist. Man sollte deshalb nach einem Infekt die Medikamentenerhöhung nicht zu rasch rückgängig machen. Die beste Hilfe bei der Beurteilung bieten Ihnen die Gesundheitssignale, speziell beim Asthma insbesondere auch die Peakflow-Kurve. Weitere Medikamente Begleit- Nun noch einige Medikamente, die zeitweise nützlich sein können. medikamente
Schleimlösende Substanzen Schleimlöser Wir hatten weiter oben angedeutet, dass in bestimmten Situationen über
diese Haupt-Atemwegsmedikamente hinaus noch andere Pharmaka eingesetzt werden können. In erster Linie wären hier zu nennen die Mukolytika, also schleimlösende bzw. schleimverflüssigende Medikamente. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass bei vielen Kranken
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Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
der dicke, zähe, klumpige oder fadenziehende Schleim aus den tiefen Atemwegen ein großes Problem darstellt, kann man sich gut erklären, dass Medikamente, die in der Lage sind, dieses Sekret etwas flüssiger und besser abhustbar zu machen, sehr beliebt sind. In den letzten Jahrzehnten hat sich aus diesem Grund eine beeindruckende Zahl von Substanzen auf dem Markt eingeführt, die – meist als Brausetabletten oder ~pulver – hier Erleichterung bringen können. Diese Medikamente sind im Allgemeinen gut verträglich und nebenwirkungsarm – gehören allerdings eher zu den schwachen Wirkstoffen, die an der Krankheit selber wenig beeinflussen, sondern lediglich eine Unterstützung beim Abhusten darstellen. Man kann sie bei Bedarf jederzeit benutzen, sollte sie allerdings nicht unbedingt ständig einnehmen, wenn man nicht durch außergewöhnlich zähen Auswurf, dem anderweitig nicht beizukommen ist, quasi dazu gezwungen wird. Besser ist es, die Krankheit insgesamt mit Hilfe der eigentlichen Atemwegstherapeutika soweit zu stabilisieren, dass die Auswurfproblematik von alleine an Bedeutung abnimmt. Wir selbst verordnen diese Medikamente vor allem bei Infekten als Zusatzsubstanzen, die dann die gefürchteten Verschlechterungen (Exacerbationen) der Grundkrankheit günstig beeinflussen können. In ganz leichten Fällen kann man schon auch einmal pflanzliche Schleimlöser (als Tees, Säfte oder Inhalationslösungen) einsetzen. Geräteinhalationen Ein kurzer Ausflug sollte uns noch zu der sehr beliebten Behandlung mit elektrischen Inhalierapparaten führen. Insbesondere der weithin bekannte Pariboy®* ist außerordentlich verbreitet, und wir werden oft auf die Verordnung eines solchen Gerätes angesprochen. Was die medikamentöse Seite dieser oft sehr wirkungsvollen Maßnahme betrifft, muss auf die vorangegangenen Abschnitte verwiesen werden. Die Medikamente, die man nämlich sinnvollerweise mit Hilfe eines solchen Inhaliergerätes anwenden kann, haben wir bereits dort ausführlich besprochen: Beta-Sympathikomimetika (vor allem Salbu– tamol (z.B. Sultanol® oder Bronchoinhalat®) und die Kombination aus
* wir erwähnen hier exemplarisch den Pariboy® weil er einfach das am häufigsten benutzte Gerät ist. Es gibt aber natürlich noch andere.
Geräteinhalationen (z.B. Pariboy*) Was kann man mit dem Gerät alles inhalieren?
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Behandlung mit Medikamenten
Was bringt die Apparate-Inhalation für Vorteile gegenüber der DA-Inhalation?
Gibt es auch Nachteile?
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Fenoterol mit dem Anticholinergikum Ipratropiumbromid (Berodual®) können natürlich anstatt durch das DA auch über den elektrischen Vernebler inhaliert werden. Auch schleimlösende Substanzen wie Mucosolvan® kann man beimengen. Manche Menschen inhalieren sogar das topische (also lokal wirksame) Cortison mit „dem Pari“. Aber auch eine einfache Kochsalzlösung (NaCl 0,9%) wirkt sehr gut schleimlösend – die Inhalation von Sole in der Kur oder die salzhaltige Luft am Meer ist im Prinzip auch nichts anderes. Bei manchen Asthmakranken führt dies allerdings zu einem leichten Reizzustand, oft verbunden mit Husten. Man kann dann einen Hub seines bronchienerweiternden DA‘s vorher inhalieren. Was bringt nun diese spezielle Inhalationsform über die bisher genannten Maßnahmen hinaus? Die Inhalation ist sicher – man kann nur wenig falsch machen, das Medikament kommt da an, wo man es haben möchte: in den tiefen Atemwegen. Im Einzelfall ist sie vielleicht ein wenig intensiver – wissenschaftliche Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass die Medikamentenwirkung ziemlich gleich ist, egal ob man korrekt sein Spray anwendet oder eine Ampulle mit dem Gerät inhaliert. Andererseits ist von der praktischen Seite her betrachtet der Aufwand wesentlich größer. Mein DA habe ich in wenigen Sekunden inhaliert, mit „dem Pari“ brauche ich mit Vorbereitungen, Inhalieren und dem – unbedingt notwendigen – sorgfältigen Reinigen mindestens 15 Minuten. Außerdem müssen die gereinigten Teile und Schläuche bis zur nächsten Inhalation unbedingt vollständig trocken werden. Denn wenn man die notwendige Sorgfalt und Hygiene beim elektrischen Vernebler aus Hektik, Schlamperei oder Zeitdruck versäumt, kann die Verneblung durchaus auch riskant werden. So tief wie ich das Medikament in meine Lunge hineinatme, so tief kann ich auch Bakterien, Viren, Schimmelpilze oder sonstige Schädlinge inhalieren – und Sie können sich sicher vorstellen, dass das nicht gerade gesundheitsfördernd ist … Letztlich bleibt es „Geschmackssache“ wie man sein Medikament auf die Atemwegsschleimhäute befördert. Auch verschiedene Ärzte und Kliniken haben da durchaus unterschiedliche Ansichten. Wenn Sie
Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
daran interessiert sind – probieren Sie’s einfach mal aus. Die meisten Ärzte haben in der Praxis einen Pariboy® oder ein entsprechendes Gerät eines anderen Herstellers und werden Sie dort sicher mal inhalieren lassen. Außerdem … Weiter oben wurde angesprochen, dass bei der schweren COPD Herz- z.B. Sauerstoff medikamente erforderlich werden können. Es würde aber zu weit füh- und Herzmedikaren, in diesem Rahmen auf das Thema näher einzugehen. Eine solche mente…? Behandlung, die nur für sehr kranke Menschen in Frage kommt, ist ohnehin eine rein ärztliche Aufgabe. Wichtig sind hier vor allem die auch bei den Atemwegsmedikamenten erwähnten Grundbedingungen einer korrekten Tabletteneinnahme streng nach ärztlicher Verordnung und regelmäßiger ärztlicher Kontrollen. Zum Thema Sauerstoff, der eigentlich nicht zu den Medikamenten gehört, erfahren Sie im nächsten Kapitel Einzelheiten.
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Behandlung mit Medikamenten
Checkliste für die Behandlung von Atemwegskrankheiten Sie finden hier eine ausführliche Checkliste zur Behandlung Ihrer Atemwegskrankheit
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Sie kennen nun wichtige Fakten zum Thema „Atemwegstherapie“. Wenn Sie all diese Dinge berücksichtigen, werden Sie mit Ihrer Krankheit wesentlich besser zurecht kommen. Um Ihnen eine Hilfe an die Hand zu geben, bieten wir Ihnen im folgenden eine Checkliste an, die Ihnen bei der Beurteilung der Gesundheitssignale helfen soll. Diese Aufstellung mag Ihnen auf den ersten Blick sehr kompliziert erscheinen. Wenn Sie sie aber einmal in Ruhe „durchstudieren“, werden Sie merken, dass es gar nicht so schlimm ist. Die Körpersignale sind in der ersten Spalte einzeln aufgelistet, in der zweiten Spalte finden Sie eine Erklärung für die jeweiligen Signale und in der dritten Anweisungen, was Sie am besten tun sollten. Das ist natürlich kein Patentrezept und ersetzt auch nicht den Besuch beim Arzt. Es kann Ihnen aber, wenn Sie sich damit vertraut gemacht haben, eine große Hilfe in den verschiedensten Situationen sein und Ihnen wertvolle Tipps und Hinweise für das richtige Verhalten an die Hand geben. Wir können Ihnen nur wärmstens empfehlen, sich mit diesem Schema einmal ganz in Ruhe zu beschäftigen, damit Sie dann, wenn es „brenzlig“ wird, die wichtigen Informationen auch schnell finden.
nichts ändern beobachten, ggf. Arzt fragen, Dosis des Cortisonsprays erhöhen
(fast immer) ein gutes Zeichen Entzündung und Empfindlichkeit nehmen zu (Infekt? Allergieschub? Luftreizstoffe? Korrekte Medikamenteneinnahme?)
Bronchitis, Zunahme der Entzündung, wahr- Auswurf beobachten, ggf. Arzt scheinlich Infekt oder Einwirkung von Reiz- fragen stoffen (Rauch!)
kein Husten
trockener Husten (Reizhusten)
rasselnder Auswurfhusten
Schleimlöser, bronchienerweiternde Medikamente, Arzt fragen, wenn es nicht besser wird
nichts ändern;
gut, wenn Atmung frei;
kein Auswurf
aber Vorsicht, wenn Schleim vorhanden ist, der nicht abgehustet werden kann
behandeln wie unten angegeben
immer Zeichen für Bronchitis
Auswurf
Was kann ich machen?
Was könnte es bedeuten?
Körpersignal
Ursache klären, beobachten, evtl. behandeln wie oben angegeben …
Wichtigste Frage an sich selbst: … Hat sich etwas geändert? …
unklaren Husten immer untersuchen lassen!
normaler Körperreflex, um Fremdkörper aus den Atemwegen zu entfernen. Chronischer Husten ist aber immer krankhaft
Husten
Was kann ich machen?
Was könnte es bedeuten?
Körpersignal
Direkte Körpersignale
Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
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Antibiotika, Arzt
Farbe beobachten, ggf. zum Arzt, Schleimlöser einnehmen, bronchienerweiterndes DA regelmäßig Asthma verbessern (s. Stufenschema), vermehrte Flüssigkeitszufuhr, Inhalationen
im Zusammenhang mit Gelb- oder Grünfärbung -> Infekt; dunkelgrau bei Rauchern oder in sehr staubiger Umgebung „normal“ bei chronischer Bronchitis „normal“
meist Hinweis auf Infekt
typischer „Asthma-Schleim“
dunkel
klumpig
zäh-glasig-durchsichtig
locker
Ursache klären, beobachten, evtl. behandeln wie oben angegeben …
Wichtigste Frage an sich selbst: … Hat sich etwas geändert? …
nichts ändern
kurzfristig zum Arzt, am besten gleich Lungenfacharzt! Unbedingt untersuchen!
immer ein Alarmzeichen! Kann ein geplatztes Äderchen sein, im schlimmsten Fall aber auch Hinweis auf einen Lungenkrebs!
blutig
grün
gelb
beobachten; Schleimlöser, wenn schlecht abhustbar. Bei Zunahme zum Arzt gehen beobachten; bronchienerweiterndes DA regelmäßig anwenden Arzt! Antibiotika! Atemnot und Peakflow sorgfältig beobachten
Was kann ich machen?
Reiz oder Entzündung, keine Bakterien, bei chronischer Bronchitis „normal“ meist Bakterien, vor allem wenn dunkel und klumpig immer von Bakterien durchsiedelt, d.h. eitrige Bronchitis
Was könnte es bedeuten?
weiß
Körpersignal Aussehen des Auswurfes
Direkte Körpersignale
Behandlung mit Medikamenten
bei chron. Atemwegserkrankungen Zeichen für Stabilität
keine Atemnot
nichts ändern, Medikamentenreduktion nur nach Absprache mit dem Arzt
Ärztliche Untersuchung und Behandlung
Was kann ich machen?
wenn selten: bronchienerweiterndes DA b.Bed.;wenn häufiger: Therapie verbessern (Stufenschema), Arzt!
typisch für Asthma!
nächtliche Atemnot
Daueratemnot
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Arzt!!
wenn selten: DA b.Bed.; wenn häufiger: Therapie verbessern (Stufenschema!), Arzt aufsuchen
Ursache klären, beobachten, evtl. behandeln wie oben angegeben …
Wichtigste Frage an sich selbst: … Hat sich etwas geändert? …
immer Alarmzeichen!
anfallsartige Atemnot typisch für Asthma!
Asthmamedikamente frühzeitig anwenden; Atemnot frühmorgens oft typisch für Asthma, auch bei chron. Bronchitis; wenn gleichzeitig zäher Auswurf, ggf. Abenddosis erhöhen; ggf. Inhalationsdann nach Abhusten meist leichter! gerät benutzen (z.B. Pariboy®)
Reize nach Möglichkeit vermeiden, bronchienerweiterndes DA nach Bedarf; bei häufigerem Bedarf: zusätzlich entzündungshemmendes DA
Bronchien entzündet und überempfindlich (=hyperreaktives Bronchialsystem)
Atemnot bei Atemreizen (Gerüche, Kälte, Rauch …)
Anstrengungsatemnot bei Atemwegserkrankungen häufig, vor allem in leichteren Fällen DA inhalieren, evtl. bei COPD auch vorbeugend
Was könnte es bedeuten? immer krankhaft!! Daran denken: Atemnot kann viele Ursachen haben - nicht nur Atemwegskrankheiten!
Körpersignal Atemnot
Direkte Körpersignale
Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
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1)
Das gilt natürlich nur für kurzwirksames bronchienerweiterndes DA - korrekte Technik vorausgesetzt!
Ursache klären, beobachten, evtl. behandeln wie oben angegeben …
Wichtigste Frage an sich selbst: … Hat sich etwas geändert? …
Wirkdauer? • 8 Std. und mehr • 4 Std. • 2 Std. • 1 Std.
nichts ändern siehe oben Arzt! sofort zum Arzt!
Arzt! (Am besten Facharzt)
immer Alarmzeichen! Kein Hinweis auf Gewöhnung an Medikamente! (korrekte Medikamenteneinnahme? Infekt? Allergieschub? Entzündungshemmende Therapie ausreichend?)
alles bestens! siehe oben (4 x tgl.) Verschlechterungshinweis Alarmzeichen!
zum Arzt gehen!
bei Verordnung „b.Bed.“: Bronchienverengung nicht ausreichend behandelt!
über 4 x täglich
wenn Peakflow im „grünen“ Bereich, nichts ändern
bei Verordnung „4 x täglich“ Bronchienverengung ausreichend behandelt
nichts ändern, im Zweifelsfall Therapie überprüfen, Arzt fragen
Was kann ich machen?
4 x täglich
Was könnte es bedeuten?
bei Verordnung „bei Bed.“: eher günstiges Zeichen
1
unter 4 x täglich
Dosieraerosolbedarf
Körpersignal
Indirekte Körpersignale
Behandlung mit Medikamenten
Was könnte es bedeuten? Beste Möglichkeit, den Zustand der Bronchien zu kontrollieren, vor allem bei Asthma!
Was kann ich machen? Gerät besorgen und Anwendung erlernen!
Was kann ich machen?
Arzt! Therapie verbessern! Therapie verstärken (Stufe 1 —> Stufe 2 —> Stufe 3 —> Stufe 4) Arzt!
Achtung! Verschlechterung! (Medikamente korrekt eingenommen? Infekt? Allergieschub? Reizstoffeinwirkung?)
abfallend
keine Änderung
stabiler Zustand; • wenn Werte hoch (80-100%): gut —> • wenn Werte tief (50-80%): ungenügende Therapie! —>
gleichbleibend
keine Änderung; evtl. beobachten, überlegen, warum Verbesserung?
Verbesserung: gut!
(—>Hinweis für Stabilität, Verbesserung oder Verschlechterung)
Was könnte es bedeuten?
ansteigend
Tendenz? (Lineal o.ä. anlegen)
(Peakflow-Werte)
Körpersignal
Wichtige Bemerkungen! Individuelles Werteniveau (PBW) in Zusammenarbeit mit dem Arzt nach dem Ampelschema festlegen. Sollten Sie im Verlauf Werte über 100% erreichen, muss das Ampelschema neu berechnet werden. Wenn Sie eine Peakflow-Kurve führen, sollten Sie nicht nur einzelne Werte beurteilen, sondern auch den Verlauf. Darüber geben Ihnen die folgenden Punkte Auskunft:
Körpersignal Peakflow-Werte:
Indirekte Körpersignale
Was können Medikamente - und wo haben sie ihre Grenzen?
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Therapie überprüfen! Arzt!
(meist nur bei Asthma) Entzündung und Empfindlichkeit der Bronchien ausgeprägt: Hinweis auf ungenügende Therapie oder Verschlechterung!
groß
(meist nur bei Asthma) starke Schwankungen zwischen weiten und engen Bronchien. Wahrscheinlich Entzündung ausgeprägt. Andererseits positiv: Reaktion auf DA ist gut!
groß
Therapie weiterführen, ggf. Cortisonspray erhöhen, falls sonstige Körpersignale warnen
ggf. andere Körpersignale beobachten
Arzt! Therapie verbessern! Cortison erhöhen!Ggf. Antibiotika!
keine Änderung
Ursache klären, beobachten, evtl. behandeln wie oben angegeben …
Wichtigste Frage an sich selbst: … Hat sich etwas geändert? …
bei Asthma: bei hohen Werten: Entzündung schwach —> gut! bei tiefen Werten: Bronchien entzündet, geschwollen, Hinweis auf akute Bronchitis bei chronischer Bronchitis: und Emphysem (COPD): „normal“, keine besondere Information
klein
Peakflow-Werte: Unterschied zwischen den Werten „vor Spray“ und „nach Spray“:
keine Änderung keine Änderung keine Änderung
bei Asthma: Zeichen für Stabilität bei Bronchitis: „normal“ bei Emphysem: „normal“
klein
Körpersignal Was könnte es bedeuten? Was kann ich machen? Peakflow-Werte: Unterschied zwischen den tiefsten und höchsten Tageswerten:
Indirekte Körpersignale
Behandlung mit Medikamenten
Was gibt es für Möglichkeiten „ohne Chemie“?
VII Therapie ohne Medikamente Was gibt es für Möglichkeiten? Vielleicht fragen Sie nach dem vorhergehenden Abschnitt etwas ent- Therapiemögmutigt: Geht es denn wirklich nur mit Chemie, kann man denn nichts lichkeiten „ohne Natürliches machen? Chemie“… Doch - es gibt auch eine Anzahl von Möglichkeiten, Beschwerden der Atmungsorgane mit nichtmedikamentösen Maßnahmen vorzubeugen oder zu lindern. Eines sollte dabei aber immer klar sein: Diese Dinge sind keine Alternative zu einer medikamentösen Behandlung sondern zusätzliche Maßnahmen zur Verhinderung von Husten, Auswurf oder Atemnot oder zur Linderung dieser Beschwerden. Also: nicht „entweder - oder“, sondern „sowohl - als auch“. Sie werden in diesem Abschnitt eine Sammlung recht unterschiedlicher Behandlungsmaßnahmen finden, die teilweise nur wenig miteinander zu tun haben. Sie müssen aber bedenken, dass es sich bei unseren Atemwegserkrankungen auch um recht unterschiedliche Krankheitsbilder handelt. Es werden in unserem Rahmen (allerdings teilweise in anderen Abschnitten) folgende Themen behandelt: • Atemtherapie (s.nächstes Kapitel: physiotherapeutische Atemtherapie) • Sauerstoff-Langzeittherapie • Allergiebehandlung (s. Kapitel: Warum haben Sie eine Atemwegskrankheit?) • Rehabilitationsbehandlung und Patiententraining • Chirurgische Behandlungsmöglichkeiten • Alternative Therapieverfahren • Psychologische Behandlungsansätze (s. übernächstes Kapitel: Asthma und Psyche)
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Therapie ohne Medikamente
Dieses Kapitel befasst sich speziell mit folgenden Themen: Sauerstoffbehandlung, pneumologische Rehabilitation, Chirurgie und alternative Behandlungsmöglichkeiten. Sauerstoff-Langzeitbehandlung Sauerstoff ist kein Sauerstoff ist kein Medikament! Aus diesem Grund finden Sie die Medikament! Behandlung mit diesem Naturstoff im vorliegenden Abschnitt. Einzel-
Wie bemerkt man einen Sauerstoffmangel?
Wieviel und wie lange braucht man Sauerstoff?
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heiten der Sauerstoffbehandlung sind immer Sache eines Facharztes. Deshalb finden Sie hier nur einige praxisbezogene Grundzüge dieser Behandlungsform und prinzipielle Anmerkungen dazu (Wer sich speziell für dieses Thema interessiert, findet ein hervorragendes Buch über die Sauerstofflangzeittherapie im Anhang. Es stammt aus der Feder des Chefarztes der Klinik Bad Reichenhall, aus der auch dieses Buch kommt, Prof.Dr.W.Petro). Es gibt auch eine Menge Missverständnisse und Gerüchte zu diesem Thema - wir wollen versuchen, die häufigsten zu klären und auszuräumen. Eines davon ist die immer wieder gehörte Annahme, dass Sauerstoffmangel (primär) Atemnotgefühl auslösen würde. Das stimmt so nicht. Sauerstoffmangel führt eher zu einer (scheinbar unerklärlichen) Schlappheit und Müdigkeit, die Menschen werden schläfrig und benommen. Das ist ein Grund dafür, dass es keinen Sinn macht, Sauerstoff nach Bedarf anzuwenden. Eine Sauerstoffbehandlung ist immer nur dann wirklich sinnvoll, wenn die (meist aus dem Ohrläppchen entnommene) Blutprobe einen nennenswerten Sauerstoffmangel anzeigt. Eine Sauerstofflangzeittherapie (LTOT, d.h. LongTime Oxygen Therapy) ist nach heutiger Meinung der Spezialisten nur dann angezeigt und sinnvoll, wenn diese Messung mehrfach durchgeführt wurde und die Sauerstoffwerte immer wieder zu niedrig sind. Dann allerdings muss die Anwendung des Naturstoffes O2 über einen längeren Zeitraum, evtl. sogar dauernd erfolgen. Eine nur minutenweise Anwendung - wie dies häufig gemacht wird - ist zwar im allgemeinen nicht schädlich, medizinisch gesehen aber sinnlos. Wichtig ist in diesem Fall, dass die genaue Sauerstoffdosis (also die Menge, die man pro Minute in die Nase fließen lässt: Liter/Minute – sie wird dann am Gerät eingestellt) sorgfältig von einem Lungenfacharzt
Was gibt es für Möglichkeiten „ohne Chemie“?
ausgetestet wird. Auch wenn es sich um einen Naturstoff handelt, kann man nämlich schnell zu viel Sauerstoff einatmen. O2 ist zwar (unter Normalbedingungen) nicht giftig, kann aber in bestimmten Situationen zu einer Dämpfung der Atemtätigkeit führen. Dadurch kann im Blut der Gehalt an Kohlendioxid (CO2) (s. Gasaustausch im ersten Kapitel) ansteigen, und dies kann durchaus gefährlich werden. Die Beschwerden, die daraus resultieren, unterscheiden sich nur wenig von den Anzeichen für den Sauerstoffmangel, so dass man selbst nicht entscheiden kann, was denn nun eigentlich los ist. Die Dosis (z.B. 1 l/min), die vom Lungenarzt verordnet wurde, darf also längerfristig nicht selbständig erhöht werden, es sei denn, es ist von vorneherein ein gewisser Spielraum ausgemacht (z.B. nachts 0,5 l/min, tags in Ruhe 1 l/min und bei Belastungen 2 l/min - so könnte etwa eine Verordnung aussehen). Die Einnahmedauer sollte in der Regel 12 -16 Stunden täglich nicht unterschreiten, in vielen Fällen wird auch eine „Anwendung rund um die Uhr“ notwenig und sinnvoll sein. Besprechen Sie das unbedingt ganz genau mit Ihrem Arzt. Andererseits sollte niemand, der nicht nachgewiesen krankhafte Blutgaswerte (Blutgase sind O2- und CO2-Werte und der Blutsäuregrad pH) hat, Sauerstoff anwenden. Mal abends „10 Minuten Sauerstoff tanken“ ist eine Spielerei, medizinisch unsinnig und zudem noch teuer. Zur praktischen Anwendung nur soviel: Es gibt verschiedene Formen der Sauerstofftherapie, insbesondere Flüssigsauerstoff und Sauerstoff über einen sog. Konzentrator, auch wenn der Stoff natürlich immer derselbe ist.
Wichtig: eine genaue Einstellung der Sauerstofftherapie
„Mal kurz Sauerstoff tanken“ bringt Ihnen rein garnichts!
Flüssigsauerstoff: Sie haben einen großen Tank, der regelmäßig (etwa 1 mal wöchentlich) Behandlung mit nachgefüllt wird. Aus diesem Tank füllen Sie sich einen Vorrat in eine Flüssigsauerstoff kleine Flasche ab, mit der Sie dann mobil sind und beispielsweise spazierengehen oder verreisen können. Zuhause können Sie auch direkt den großen Tank benutzen. Das ist eine sehr moderne und praktische Form der Sauerstofflangzeittherapie, sie wird auch von den meisten Krankenkassen heute problemlos übernommen, wenn die Verordnung von einem Lungenfacharzt kommt und nachweislich durch die oben beschriebenen wiederholten Messungen zustande gekommen ist.
95
Therapie ohne Medikamente
O2-Konzentrator: Behandlung Hier wird in Ihrer Wohnung ein mehr oder weniger großes Gerät aufgemit Sauerstoff- stellt und an die Steckdose angeschlossen. Sie können nun, solange das konzentrator Gerät eingeschaltet ist, Sauerstoff entnehmen. Es brummt leise vor sich
Welche Form der Sauerstoffbehandlung ist „besser“?
Was ist mit den großen Sauerstoffflaschen?
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hin, das ist bei den modernen Konzentratoren aber viel besser geworden. Hier wird Sauerstoff aus der Raumluft gezogen und fließt konzentriert in Ihren Sauerstoffschlauch, daher auch der Name Konzentrator. Vorteil hierbei ist, dass Sie nicht von einem Nachfüllservice abhängig sind. Nachdem wir oben gesehen haben, dass eine Sauerstoffbehandlung fast immer eine Langzeitanwendung darstellt, ist meist die Flüssig-O2Therapie sinnvoller. Lediglich bei sehr schlecht belastbaren Patienten, die kaum noch die Wohnung verlassen können oder einigen Kranken, die nur nachts zu niedrige Sauerstoffwerte aufweisen, ist der Konzentrator angebracht. Allenfalls kann man eine Behandlung über einen Sauerstoffkonzentrator mit der Verordnung einer kleinen Stahlflasche für unterwegs kombinieren. Früher wurden oft große Sauerstoffstahlflaschen verordnet (wie sie z.B. auch zum Schweißen verwendet werden). Das ist aber nach dem oben Gesagten nicht sinnvoll, denn dann bräuchten Sie alle paar Tage eine neue Flasche … Die Langzeitsauerstofftherapie verbessert nicht nur die Sauerstoffwerte im Blut und die - wie beschrieben uncharakteristischen - Beschwerden, sondern sie ist höchstwahrscheinlich auch in der Lage, das Herz des Kranken vor der gefährlichen Erschöpfung zu schützen und damit effektiv Leben zu verlängern. Sie gehört damit zu den wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten einer schweren COPD und sollte keinesfalls abgelehnt werden, wenn sie von einem Facharzt nach mehreren Sauerstoffmessungen vorgeschlagen wird. Damit ist eigentlich auch schon das Wichtigste zu dieser erstaunlichen Behandlungsform gesagt. Wenn Sie meinen, dass Sie zu der angesprochenen Patientengruppe gehören, dann sprechen Sie Ihren Arzt, am günstigsten den Lungenarzt unbedingt darauf an. Er wird das mit Ihnen besprechen und gegebenenfalls die weiteren Schritte, die erforderlich sind, einleiten.
Was gibt es für Möglichkeiten „ohne Chemie“?
Rehabilitationsbehandlung Zu diesem Punkt wird bereits an anderer Stelle (Abschnitt Atemtherapie) einiges gesagt, deshalb soll hier nur noch einmal eine Zusammenfassung der wichtigsten Gesichtspunkte erfolgen. Die Rehabilitationsbehandlung ist in der heutigen, kompakten Form relativ neu, wenn es auch die einzelnen Bestandteile schon länger gibt. Sie ist aus der früheren Kurbehandlung hervorgegangen, auch heute noch spielen in diesem Rahmen nichtmedikamentöse (physikalische) Behandlungsmaßnahmen eine wichtige Rolle (Inhalationen, Atemtherapie, Klima, Wärme, Bewegung …). Die moderne Reha, wie sie abgekürzt oft bezeichnet wird, ist aber wesentlich mehr als das. Vor allem, wenn sie - was uns empfehlenswert erscheint - in einer hochspezialisierten Fachklinik durchgeführt wird, bietet sie ein umfassendes Behandlungsprogramm auf allen Ebenen, die in dieser Broschüre angesprochen werden. Durch die gute Ausstattung dieser Kliniken mit erfahrenen Ärzten und Therapeuten sowie den modernsten Untersuchungsmöglichkeiten, die denen großer Universitätskliniken oft kaum nachstehen, kann ein Maximum an diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten in einem für den Patienten durchaus angenehmen Rahmen verwirklicht werden. Gerade auch die Ausrichtung auf chronische Krankheiten, die auch in großen Akutkrankenhäusern und Unikliniken aus verständlichen Gründen oft eine weniger große Rolle spielt, kann dem (chronisch) Atemwegskranken dabei behilflich sein, Wege zu finden, mit seinem Leiden langfristig besser zurecht zu kommen. Häufig liegen solche Einrichtungen (was historische Gründe hat) in landschaftlich schönen Gegenden, so dass ein nicht unerheblicher Erholungseffekt für den Patienten hinzukommt. Dieser wird noch verstärkt durch den „Tapetenwechsel“ und die Entlastung von der Haus- und/oder Berufsarbeit. Die eigenen Erfahrungen und die anderer Kollegen aus vergleichbaren Einrichtungen zeigen, dass ein Großteil unserer Patienten diese umfangreichen Möglichkeiten der Rehabilitationsmedizin zu schätzen weiss - und auch die anfänglich oft skeptische Haltung vieler im Akut-
Reha(-bilitationsbehandlung)
Reha - besonders sinnvoll in einer Fachklinik
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Therapie ohne Medikamente
bereich tätiger Ärzte und Hausärzte hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Möglichkeiten einer Reha-Behandlung Möglichkeiten Was kann man nun im einzelnen von so einer Reha-Behandlung erwarder Reha ten? umfassende • Sorgfältige und umfassende Diagnostik Diagnostik In unserem Bereich alle wichtigen Untersuchungen der Atemorgane:
o Lungenfunktion (in der Reha-Klinik meist sehr ausführlich mit Möglichkeit von Spezialmessungen). o Röntgen einschließlich vieler Spezialuntersuchungsmöglichkeiten. o Endoskopie (v.a. die manchmal so wichtige - wenn auch ungeliebte - Bronchoskopie). o Laboruntersuchungen, auch hier wieder mit Spezialtechniken, die in Einzelfällen wichtig sein können. o Allergieuntersuchungen in einer im sonstigen medizinischen Alltag fast nicht realisierbaren Gründlichkeit. o Schlaflaboruntersuchungen: Die schlafbezogenen Atmungsstörungen, also Krankheiten wie das sog. Schlafapnoesyndrom, bei denen nachts teilweise gravierende Unregelmäßigkeiten der Atemtätigkeit mit oft fatalen Folgen auftreten, können hier gründlich untersucht - und darauf basierend eine Therapie eingestellt werden. o Zusätzlich alle wichtigen Untersuchungsmöglichkeiten der Inneren Medizin (z.B. EKG, Ultraschall usw.): Oft kann man auch in diesem Rahmen schon länger anstehende Gesundheitsprobleme klären oder Dingen nachgehen, die nur indirekt mit der Atemwegserkrankung zusammenhängen. Einstellung auf • Eine sorgfältige Einstellung der medikamentösen Therapie medikamentöse Über 3 - 4 Wochen kann die optimale Behandlungsform unter häuBehandlung figen Kontrollen individuell ermittelt werden - das ist in dieser Aus-
führlichkeit sonst nur selten möglich.
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Was gibt es für Möglichkeiten „ohne Chemie“?
• Eine umfangreiche nichtmedikamentöse Behandlung: o Atemtherapie (Einzelheiten siehe im nächsten Kapitel) o „Kur“-Maßnahmen wie Inhalationen, Bäder, Bestrahlungen, die allseits beliebten Fango- und Massageanwendungen o Klimatherapie o Psychologische Therapiemaßnahmen, Erlernen von Entspannungstechniken (Einzelheiten im entsprechenden Kapitel) o und vieles andere …
Alle Möglichkeiten der nichtmedikamentösen Behandlung
• Patiententraingsmaßnahmen („Patientenschule“) …, um all diese Möglichkeiten optimal zu nutzen, den Patienten auch langfristig zur Mitarbeit zu gewinnen sowie die Kenntnisse und Fähigkeiten, die zur Bewältigung der chronischen Krankheit sinnvoll und notwendig sind, zu verbessern.
Patiententraining
Darüber hinaus kommt der oben schon erwähnte „Tapetenwechsel“ zahlreiche zusätzzum Tragen, der Abstand zu eventuellen häuslichen Problemen oder liche Faktoren Schwierigkeiten am Arbeitsplatz sowie vielfältige Erholungs- und Entspannungseffekte. Zur fachlichen Beratung und Unterstützung in diesen Punkten stehen in den meisten Kliniken Psychologen und Sozialberater bereit. Letztlich ist es auch eine Aufgabe der Rehakliniken, mit Ihnen zusammen Lösungsmöglichkeiten für etwaige berufliche Probleme (lange Krankheitszeiten, Arbeitslosigkeit, Rentenfragen und Ähnliches) zu suchen sowie Ihnen und dem Kostenträger der Rehamaßnahme (die ja durchaus nicht ganz billig ist) hier Vorschläge zu unterbreiten. Sie sehen, diese 3 - 4 Wochen Rehabehandlung sind gut ausgefüllt. In dieser Intensität sind in einem solchen Zeitraum am Heimatort mit den Forderungen und Problemen des Alltages wohl kaum so viele Aufgaben und Probleme zu lösen. Das soll nun nicht heissen, dass dort Wunder vollbracht werden, aber eine großartige Sache ist es schon mit der Reha.
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Therapie ohne Medikamente
Chirurgische Behandlung Chirurgie der Auch wenn wir Lungenärzte und keine Chirurgen sind, kommt es doch Atmungsorgane manchmal vor, dass wir (oder Sie als Patienten) deren Hilfe brauchen.
Die Möglichkeiten hinsichtlich der chronischen Atemwegserkankungen sind allerdings eher eingeschränkt und kommen meist erst dann zum Tragen, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Insofern wird wohl auch dieser Abschnitt nicht allzu lang werden. Lassen Sie uns betrachten, was „übrig bleibt“: • Bullektomie Bullektomie Bei manchen Menschen bilden sich (z.B. nach Lungenentzündungen) blasige Veränderungen in der Lunge von einigen Millimetern bis zu 10-15 cm. Solche Dinge können aber auch schon angeboren sein. Wenn so eine Blase (medizinisch bulla genannt), die natürlich nutzloses Gewebe darstellt, zu groß ist und das umgebende Lungengewebe in seiner Entfaltung nennenswert behindert oder es sogar zusammenpresst (Kompression), ist es sinnvoll, diese Veränderungen operativ zu entfernen. Wenn in einer Lunge viele solche Veränderungen vorhanden sind (bullöses Lungenemphysem), kann man natürlich nicht alle entfernen. Man muss sich dann entscheiden, ob es sinnvoll ist, lediglich die größten Blasen heraus zu operieren oder alles zu lassen.
Lungenteilresektion bei Bronchiektasen
• Lungenteilresektion bei Bronchiektasen Wir haben im ersten Kapitel kurz das Krankheitsbild Bronchiektasen angesprochen. In Einzelfällen, wenn sich die Veränderungen auf relativ kleine Lungenabschnitte beschränken, kann man eine Operation zur Entfernung des befallenen Lungenteils erwägen. Das muss aber vorher gut überlegt werden. Man sollte nicht nur den Chirurgen sondern auch den Lungenarzt zu Rate ziehen. Wir haben schon Patienten gesehen, die nach der OP schlechter daran waren als vorher! • Lungenvolumenresektion (LVR) Wenn ein Kranker mit fortgeschrittenem Lungenenphysem auch für
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Was gibt es für Möglichkeiten „ohne Chemie“?
die kleinsten Alltagsbelastungen wie An- und Ausziehen oder Essen Lungenvolumennicht mehr genug Luft bekommt, kann man überlegen, ob eine sol- resektion (LVR) che OP erfolgversprechend sein könnte. In diesem Fall wird ein Teil des extrem aufgeblähten Lungengewebes entfernt - in der (vagen) Hoffnung, dass die restlichen Lungenanteile dann wenigstens ein bisschen mehr Platz zur Atembewegung haben. Ein paar hoffnungsvolle Ergebnisse - wenigstens für einen gewissen Zeitraum - können aber doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Erfolgsrate dieses Eingriffes sehr bescheiden ist. Deswegen wird die Berechtigung dieser OP in letzter Zeit auch von den Fachleuten eher angezweifelt. Auf jeden Fall sollte man zusammen mit einem ausgesprochenen Spezialisten sehr genau überlegen, ob man in diesem speziellen Fall eine hilfreiche Wirkung erwarten kann … • Lungentransplantation (LTX) Ganz ernst wird es allerdings jetzt! Wenn die Situation ähnlich Lungentransplanaussichtslos wie gerade eben beschrieben ist, der Kranke aber noch tation (LTX) etwas jünger und in besserem Allgemeinzustand, sollte man eher an eine Lungenverpflanzung denken. Diese sehr große Operation mit ungeheurem Aufwand (in jeder Hinsicht!) hat - wenn sie sorgfältig geplant wird und die Vorzeichen günstig sind (der Arzt sagt: Die Indikation stimmt) - doch nicht unerhebliche und manchmal beeindruckende Erfolgschancen. Wer miterlebt hat, wie ein Mensch, der keine zwei Schritte mehr ohne schwere Atemnot zusammen gebracht hat, plötzlich wieder zum Tanzen oder Wandern gehen kann, ist einfach überwältigt. Trotzdem ist auch das keine Wunderheilung, sondern das Ergebnis einer sorgfältigen Planung, zahlloser Untersuchungen und - das darf man nicht vergessen! - des Todes eines jüngeren und möglichst gesunden Menschen, dessen Gewebe dann auch noch zu dem des Kranken passen muss. Die Gefahr einer Abstoßung ist trotz deutlicher Verbesserung der Medikamente leider immer noch nicht ganz gebannt! Und nach der Transplantation heisst es: lebenslang diese Medikamente einnehmen. Übrigens - wer weiterraucht, wird grundsätzlich nicht transplantiert, denn er zerstört sehr schnell auch die „neue Lunge”.
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Therapie ohne Medikamente
Es gibt verschiedene Formen der Lungentransplantation: einseitig, beidseitig und kombiniert mit Herztransplantation. Die Frage, ob letztlich wirklich ein so schwerer Eingriff geplant wird, entscheidet neben dem Betroffenen eine Kommission aus absoluten Spezialisten - und davon gibt es in einem Land nur „eine Hand voll“. Eine wahre Geschichte!
Frau Peters* ist eine 62-jährige, wesentlich jünger wirkende, sehr gepflegte Dame. Früher hatte sie stärker geraucht, das hat sie aber schon vor einigen Jahren aufgegeben: Sie hatte gemerkt, dass die Luft zum Atmen, zum Arbeiten, Tanzen und Spazierengehen immer weniger wurde. Als ich sie zum ersten Mal behandelte, war ich ein wenig erschüttert, wie ein so gesund wirkender Mensch so massiv in seiner Lebensqualität eingeschränkt sein kann: Man merkte ihr an, dass sie schon nach wenigen Schritten in der Ebene völlig am Ende war. Es war das Vollbild eines schweren Lungenemphysems: in Ruhe praktisch beschwerdefrei, bei der kleinsten Anstrengung stärkste Atemnot. Ich sprach vorsichtig das Thema „Lungentransplantation“ an. Sie ging sofort darauf ein, sagte, sie würde sich sofort operieren lassen. Professor K. aus einer großen Lungenklinik hätte das auch schon angesprochen, aber eine Vorstellung in der Uniklinik Hannover (eines der größten Zentren für Transplantationen in Deutschland) habe ergeben, dass sie für diese Operation zu alt sei. Man muss dazu sagen, dass eine Transplantation eine extrem aufwändige und für Körper und Seele des Patienten und seiner Angehörigen belastende Maßnahme ist. Außerdem bestehen große Probleme, an die notwendigen Organe zu kommen. Die Entscheidung der Ärzte, die eine lange Warteliste von teilweise 30-jährigen, schwerstkranken Menschen haben, ist also sicher nicht zu bemängeln. Irgendwie hatte ich aber das Gefühl, hier ließe sich noch etwas machen. Die Patientin wirkte derart jugendlich, dass man sie leicht 10 Jahre jünger hätte schätzen * Der Name wurde - wie in allen Beispielen - natürlich geändert.
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Was gibt es für Möglichkeiten „ohne Chemie“?
können. Nach ausführlichen klinischen Konferenzen entschlossen wir uns, die Frau einem anderen Transplantationszentrum vorzustellen. Von dort kam nach mehreren Wochen die Antwort, man werde sie auf die Warteliste setzen. Frau P. war überglücklich - und wir freuten uns ehrlich mit ihr. Nun begann eine drei Jahre andauernde Odyssee, ein Nervenkitzel und eine Belastung, die viele Menschen wohl nicht ausgehalten hätten. Warten, warten, Anruf, Hoffnung, Hinfliegen, Aufregung, im letzten Moment „es geht nicht“, Enttäuschung, wieder zurück, wieder warten - und dieses Spiel drei geschlagene Jahre lang … Aber es hatte sich gelohnt. Eines Tages klopft es an meiner Türe, draußen steht Frau Peters, so munter und gesund aussehend wie immer. Ich sage „hallo, auch wieder mal im Land“, sie lacht, fällt mir um den Hals undlacht und weint „Pritti - ich hab‘ zwei neue Lungen!“ (so sprechen heute Patienten ihren Doktor an!) Sie erzählte und erzählte - und das Wichtigste war, dass sie ihrer größten Leidenschaft wieder fröhnen konnte: Tanzen. Lungenfunktion: völlig unauffällig. Luftnot: was ist das?? So kann es gehen! Leider - und das darf man nicht verheimlichen - verläuft es nicht immer so gut. Aber etwas Positives soll doch in diesem von Krankheiten handelnden Buch auch mal gesagt werden … • Sonstiges Damit ist die kurze Liste der chirurgischen Möglichkeiten fast schon erschöpft! Sie sehen, es handelt sich fast immer um ganz aussergewöhnlich schwere Krankheitsbilder, bei denen diese eingreifende Art der Behandlung zum Tragen kommt. Für die große Zahl der Asthma-, Bronchitis- und Emphysemkranken ist aus diesem Bereich kaum etwas zu erwarten. o Die sog. Asthmaoperationen, von denen man sich vor etwa Die sog. Asthmao15 Jahren zeitweise etwas erwartet hat, haben sich allesamt peration
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Therapie ohne Medikamente
nicht bewährt und werden heute praktisch nicht mehr durchgeführt. o Gelegentlich kann man Atemnot durch eine Kropfoperation beseitigen - aber dann war es eben kein Asthma sondern eine „intrathorakal wachsende Struma”, die die Luftröhre einengt - also ein nach innen wachsender Kropf! o Auch der immer wieder durchgeführte Versuch, durch Nebenhöhlenoperationen die Atemsituation zu verbessern, führt nur selten zu einem wirklich befriedigenden Ergebnis. Wir sollten die Chirurgie an dieser Stelle wieder verlassen …
Alternative Therapieverfahren Alternative Zum Schluss dieses Kapitels wollen wir noch einen Blick auf die sog. Therapien alternativen Behandlungen werfen. Der Name erweckt Hoffnungen, mit
diesen Therapien auf schonende und vielleicht sogar bessere Weise als es die „Schulmedizin“ vermag, Linderung und möglichst sogar Heilung zu erreichen. Soviel vorweg: Diese Hoffnungen werden - nach unseren Erfahrungen - doch meist enttäuscht. Das soll nicht heißen, dass man als „Schulmediziner“ (kein sehr schönes aber leider ein gebräuchliches Wort, denn eigentlich fühlen wir uns einfach als „Ärzte“) diese Dinge in „Bausch und Bogen“ aburteilt. Mit den einzelnen Therapieverfahren haben wir meist sowieso nur wenig eigene Erfahrungen. Man muss auch bedenken, dass unter diesem etwas schwammigen Begriff sehr unterschiedliche Behandlungsmaßnahmen verstanden werden, die teilweise nur sehr wenig verbindet: Pflanzenheilkunde, Homöopathie, Eigenblutbehandlung, spirituelle Atemtherapien (die kaum etwas zu tun hat mit der unten beschriebenen medizinischen bzw. physiotherapeutischen Atemtherapie!), Auspendeln, Hypnose, verschiedenste, sich oft widersprechende Diätbehandlungen - um nur einen ganz kleinen Teil dieser „Schulen“ zu nennen. Ohne hier auf Einzelheiten einzugehen, soll nur gesagt werden, dass die eine oder andere Maßnahme, vorsichtig als begleitende Therapie eingesetzt, durchaus sinnvoll sein kann. Wenn man bedenkt, wie
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Was gibt es für Möglichkeiten „ohne Chemie“?
kompliziert das Körper-Seele-Verhältnis bei uns Menschen ist, wieviel Einflüsse es aus dem psychischen und dem vegetativen Bereich gibt, kann man sich vorstellen, dass solche Maßnahmen positive Einflüsse haben - und so auch zur Stabilisierung eines chronischen Krankheitsbildes beitragen können. Wichtig ist vielleicht nur, dass Sie so etwas nur dann machen, wenn Sie selbst das starke Bedürfnis danach haben und „dahinter stehen”, wenn Sie verspüren, dass es Ihnen gut tut und Sie nicht durcheinander bringt. Wichtig ist auch, dass Sie nicht eine - vielleicht lebenswichtige! - Behandlung mit Medikamenten einfach absetzen, sondern solche Therapien allenfalls zusätzlich (und nicht alternativ!) durchführen. Auf jeden Fall sollten solche Dinge mit dem Hausarzt oder behandelnden Arzt abgesprochen werden. Selbst wenn dieser es vielleicht nicht für so gut hält, sollte er es doch wissen und berücksichtigen. Auch „sanfte“ Maßnahmen können Neben- und Wechselwirkungen haben. Unberücksichtigt können diese zu unerklärlichen Problemen führen. Frau Gerber-Haase kommt in die Praxis eines Lungenarztes. Sie leidet seit vier Jahren unter asthmatischen Beschwerden vor allem bei starken Gerüchen, Aufregungen und nachts. Vom Hausarzt hatte sie ein bronchienerweiterndes DA bekommen, zeitweise dazu Schleimlöser und ein Theophyllinpräparat. Damit ging es „so einigermaßen“. Vor einigen Monaten bemerkte sie trockenen Husten, öfter kam es auch zu Atemnotgefühl, das sie immer wieder zwang, ihr DA anzuwenden. Der Hausarzt meinte, nun müsse er ihr doch ein cortisonhaltiges Spray geben, damit es „nicht chronisch wird“. Als sie nach einigen Tagen keine Besserung verspürte und auch ein unangenehmes trockenes Gefühl im Hals bemerkte (sie wusste nicht, dass man nach dem Inhalieren eines cortisonhaltigen DA‘s unbedingt den Mund gut ausspülen sollte), ging sie auf Anraten einer Freundin zu einem Heilpraktiker. Der stellte ihr viele Fragen, untersuchte sie sorgfältig, führte eine Irisdiagnostik durch und pendelte die Aller-
Nochmals ein Beispiel aus der Praxis
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Therapie ohne Medikamente
gien aus. Er stellte fest, dass sie gegen eine Anzahl von Lebensmitteln (die sie eigentlich gut vertrug und gerne mochte) allergisch sei und dass sie einen Darmpilz vom cortisonhaltigen Spray hätte. Er verordnete ein Pilzmittel, einige homöopathische „Kügelchen“ und riet ihr, das Spray nur im äußersten Notfall zu nehmen. Nach zwei Wochen waren die Atembeschwerden so unerträglich geworden, dass sie sich bei einem Lungenarzt anmeldete. Vor allem nachts saß sie stundenlang mit einem „grässlichen Stahlring um die Brust“ im Bett, frühmorgens musste sie einen ekelhaft zäh-grünen Schleim mühsam abhusten. Zum Hausarzt traute sie sich nicht recht wegen der „Geschichte“ mit dem Heilpraktiker … Der Lungenarzt stellte ein paar Fragen, untersuchte sie nochmals und machte eine Lungenfunktion. Er verordnete ihr Cortisontabletten, ein lokal wirkendes Cortisonund ein langwirkendes bronchienerweiterndes Mittel als Kombinationspräparat zum Inhalieren sowie ein Antibiotikum. Auf den Darmpilz angesprochen, meinte er, dass er nicht daran glaube, ihr rate, das Mittel wieder abzusetzen und die Lebensmittel, die sie nach ihrem Gefühl gut vertrage weiter mit Genuss zu verzehren. Nach zwei Tagen ging es deutlich besser, nach zwei Wochen fühlte sie sich frei und gesund. Bei der Kontrolluntersuchung waren alle Werte gut, und sie musste nun nur noch ihr Cortisonspray regelmäßig anwenden sowie das Bedarfsspray. Sie führte eine Peakflow-Kurve und besuchte ein Asthmaseminar, das der Lungenarzt einmal monatlich anbot. … manchmal muss ich an einen Spruch denken, den ich als Kind oft zu hören bekam: „Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?“
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Möglichkeiten der spezialisierten Krankengymnastik
VIII Die physiotherapeutische Atemtherapie ein ganz wichtiges Kapitel (J.Lauber) Nun wollen wir uns mit der krankengymnastischen Atemtherapie beschäftigen. Dies ist eine Behandlungsform, die in den letzten 20 Jahren als Spezialgebiet der Krankengymnastik entwickelt worden ist und sich in dieser Zeit als wichtige unterstützende Maßnahme und große Hilfe für eine bessere Lebensqualität erwiesen hat. Um diese Techniken und Übungen zu erlernen, braucht man einen „Lehrer“: Dies sollte unbedingt ein(e) Krankengymnast/in sein, denn nur Physiotherapeuten (wie sie sich auch nennen) besitzen die entsprechende Spezialausbildung - und die ist enorm wichtig! Auf diesem Sektor kann man nämlich auch viel falsch machen. Deswegen finden Sie hier auch kein „Rezeptbuch“ der atemtherapeutischen Übungen sondern nur allgemeine Hinweise und Tipps. Lernen müssen Sie es bei einem Physiotherapeuten (in der weiblichen Form besser bekannt als Krankengymnastin), der/die wiederum eng mit Ihrem Arzt zusammenarbeiten sollte, um wirklich individuell bestmöglich helfen zu können. Am einfachsten geht das sicherlich im Rahmen einer Reha-Behandlung, wie es unsere Patienten immer wieder bestätigen. Aber auch in einer ambulanten Atemtherapiegruppe, die es vielleicht an Ihrem Heimatort gibt, kann so etwas sehr gut funktionieren. Solche Gruppen sollten möglichst gleichmäßig zusammengesetzt sein (das heißt z.B. nur Asthmatiker oder eine reine COPD-Gruppe), damit keiner zu kurz kommt. In Einzelfällen - z.B. bei besonders schwerkranken und schlecht belastbaren Patienten - ist auch eine Einzelbehandlung sinnvoll. Ansonsten aber bringt die Therapiegruppe durchaus Vorteile: Man sieht und erlebt, dass andere ähnliche oder sogar die gleichen Probleme haben, man kann sich manches bei anderen abschauen, und es macht einfach mehr Spaß. Auch das scheint uns ein wichtiger Punkt zu sein. Wenn es Spaß macht, lernt man leichter, zumindest aber vergnüglicher – und vielleicht sollte das Vergnügen trotz des ernsten Themas auch nicht zu kurz kommen.
Ohne „Lehrer“ geht es nicht: ein(e) KrankengymnastIn oder PhysiotherapeutIn ist gefragt
optimale Bedingungen in der Reha
Gruppe besser als Einzelbehandlung
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Physiotherapie
Was kann man denn nun im Einzelnen von diesen Maßnahmen erwarten? • Erlernen von Selbsthilfetechniken bei Atemnot • Verbesserung der gestörten bronchialen Reinigung (besseres Abhusten) • Hustendisziplin und richtige Hustentechnik • Üben von Gebrauchsbewegungen des täglichen Lebens • Verbesserung der Entspannungsfähigkeit • Erhaltung der Brustkorb- und Zwerchfellbeweglichkeit • Training der Atemmuskulatur • Erhaltung und Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Ausdauerbelastbarkeit
Nun zu den einzelnen Punkten: Selbsthilfetechniken bei Atemnot Selbsthilfe bei Das ist etwas ganz Wichtiges! So notwendig Medikamente bei Atemnot Atemnot auch sind (im vorigen Abschnitt konnten Sie viel darüber lernen), man
kann große Erleichterung und Hilfe durch entsprechende Selbsthilfetechniken erfahren - und damit oft auch gleichzeitig Medikamente einsparen. Die Beherrschung dieser Techniken macht Sie auch unabhängiger vom Arzt, besonders, wenn Sie auch Ihren Partner mitlernen lassen. Der ist manchmal nämlich aus verständlichen Gründen ziemlich nervös, wenn es Ihnen schlecht geht, was auch nicht gerade zu einer Vereinfachung der Situation beiträgt. So aber ist er (oder sie) ebenfalls Fachmann/-frau und kann Ihnen bei der Bewältigung der schwierigen Lage behilflich sein.
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Möglichkeiten der spezialisierten Krankengymnastik
Dosierte Lippenbremse „Nummer 1“ bei Atemnot ist die sofortige und richtige Inhalation Ihres Fast so etwas wie bronchienerweiternden DA‘s - was an anderer Stelle ausführlich bespro- ein Allheilmittel: chen wird. die Lippenbremse! Fast genauso wichtig aber ist die Anwendung der dosierten Lippenbremse bei der Ausatmung. Dabei erfolgt die Ausatmung locker und möglichst passiv gegen die leicht geschlossenen Lippen (“die Luft strömt durch die geschürzten Lippen”). Dies führt zu einer Konzentration auf die Ausatmung (wie wichtig das ist, wurde weiter oben ausführlich beschrieben!), hilft dabei, anschließend ruhiger und nicht zu tief wieder einzuatmen und beruhigt damit letztlich den ganzen Atemvorgang. Die Folge ist eine Abnahme der Lungenüberblähung (die durch das oft angstvolle „Luftziehen“ und die Behinderung der Ausatmung durch die Atemwegsverengung entsteht und Abb. dosierte Lippenbremse hauptsächlich für das Atemnotgefühl verantwortlich ist). Menschen mit chronischer Bronchitis und vor allem Emphysemkranke können durch diese Technik - rechtzeitig und richtig eingesetzt - Überblähung und Atemnot vor allem bei Belastungen sogar von vorneherein vermeiden. Mit diesen beiden Hilfsmaßnahmen (DA-Inhalation und dosierte Lippenbremse) haben Sie fast so etwas wie ein Zaubermittel in der Hand, um mit beängstigenden Luftnotsituationen besser zurecht zu kommen. Voraussetzung ist aber immer, dass Sie beides beherrschen. Lernen Sie es von geschulten Helfern, üben Sie es, üben Sie es immer wieder und wieder: Wie bei einem Feuerwehrmann muss im Ernstfall jeder Handgriff sitzen. Atemerleichternde Körperstellungen Wenn die beiden genannten Maßnahmen ein „Muss“ sind, so kommt jetzt die „Kür“: Je nach Situation können Sie sie unterstützen durch sog. atemerleichternde Körperstellungen. Durch Auflegen oder Abstützen der Arme wird der Brustkorb vom Gewicht des Schultergürtels entlas-
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Physiotherapie
tet, gleichzeitig wird er aber durch den nun möglichen Einsatz der sog. Atemhilfsmuskulatur (Brust- und Halsmuskeln) in Einatmungsstellung gezogen. Dabei werden die Bronchien erweitert, der Widerstand in den Atemwegen nimmt ab, die Luft kann besser hindurchfließen. Atemerleichternde Körperstellungen
Von diesen atemerleichternden Körperstellungen ist am bekanntesten der sog. Kutschersitz: Auf einer Stuhlkante mit leicht gegrätschten Beinen sitzen und sich mit den Händen bei leicht vorgeneigtem Oberkörper auf den Knien abstützen … Aufpassen muss man dabei, dass sich der Bauch beim Atmen frei bewegen kann. Man kann sich aber auch auf einem Tisch oder einem Fensterbrett abstützen, unterwegs kann man sich mit aufgelegtem Unterarm schräg an eine Wand lehnen. „Profis“ können das ganz unauffällig machen, dabei ganz selbstverständlich ihr Dosieraerosol tief inhalieren und die dosierte Lippenbremse bei der Ausatmung einsetzen. Auf diese Art und Weise läßt sich ein Großteil der Atemnotsituationen behandeln oder zumindest „entschärfen“ und ertragbar machen. Ausserdem kann man so meist einen Menschenauflauf vermeiden - und damit wiederum den für viele sehr belastenden psychischen Stress einer solchen Situation verhindern. Die Zwerchfell- oder Bauchatmung effektiv: die Grundlage all dieser Maßnahmen ist die Bauchatmung: Nur wenn Sie Bauchatmung diese beherrschen, bringen die beschriebenen Techniken den gewünsch-
ten Erfolg. Deswegen gilt auch hier wieder: Lernen Sie, üben Sie, üben Sie nochmals, damit es im Ernstfall klappt.
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Möglichkeiten der spezialisierten Krankengymnastik
Sollte es nachts zu starker Atemnot kommen (was beim Asthma nicht selten ist), achten Sie darauf, dass Sie nicht im Bett liegen bleiben. Versuchen Sie sich auf jeden Fall aufzusetzen, entweder auf die Bettkante mit dem Kutschersitz oder noch besser an einen Tisch. Auf diesen stellen Sie einen kleinen Schemel (den Sie griffbereit halten sollten) oder legen eine zusammengerollte Decke oder ein Kissen darauf, auf dem Sie Ihre Arme abstützen können. Auch wenn Sie den Arzt brauchen, sollten Sie sich - z.B. zum Spritzen - nicht hinlegen. Der Arzt kann seine Injektion auch in eine Vene auf dem Handrücken setzen.
bei nächtlicher Atemnot: nicht liegen sondern aufsetzen!
Partnerhilfen Es gibt Partnerhilfen, bei denen dieser bei der Einatmung unter dem Rippenbogen eine Hautfalte ergreift und leichten Zug ausübt oder bei der Ausatmung von hinten nach vorne mit den Händen unter sanftem Druck an den Rippen entlang streicht. Neben den günstigen Auswirkungen auf die Atmung kann auch die spürbare Anwesenheit eines anderen Hilfen, die der Partner leisten kann
beruhigend wirken. Das muss allerdings jeder mit sich und seinem Partner ausmachen, denn manche werden durch die Anwesenheit eines vielleicht sehr ängstlichen Mitmenschen eher nervös. Abhusten zähen Auswurfes Häufig ist es so, dass zäher Schleim in den Atemwegen festsitzt und Wenn nur der sich einfach nicht abhusten lässt. Nicht selten löst so eine Situation zähe Schleim dann auch noch einen Asthamanfall aus - ein echter Teufelskreis. Auch nicht wär‘!
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Physiotherapie
Selbstreinigung der Atemwege mit Flimmerhärchen und Schleim
Hustendisziplin
Wirkungen der Soleinhalation
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hier kann man mit „sanften“ nichtmedikamentösen Maßnahmen Erleichterung schaffen - abgesehen von der Einnahme schleimlösender Medikamente. Normalerweise wird der (auch beim Gesunden produzierte) Schleim durch einen Teppich von feinsten Flimmerhärchen aus den tiefen Bronchien zum Kehlkopf hin transportiert und kann dann durch Räuspern oder einem kurzen Hustenstoß abgehustet werden. Beim Bronchialkranken ist dieser Transport oft durch eine Verschlechterung der Funktion dieser Flimmerhärchen gestört. Außerdem produziert der Bronchialkranke meist mehr Schleim, der oft dick und zäh oder auch klumpig ist. Die Folge ist, dass die Bronchien nicht mehr so gut freigehustet werden können, ein ständiger Reiz in der Brust vorhanden ist und nicht selten Atemnot ausgelöst wird. Der Versuch abzuhusten ist dann auch oft erfolglos oder quälend, weil häufig die Hustendiziplin nicht ausreichend ist. Hartes, lautes Husten reizt meist mehr als dass es Schleim fördert. Durch den starken Druck werden (vor allem beim Emphysemkranken mit den weichen und instabilen Bronchien) die Atemwege verschlossen, so dass der Auswurf überhaupt nicht herausgehustet werden kann. Hier gibt es nun verschiedene Hilfsmöglichkeiten: a) Gegen einen Widerstand husten (z.B. Lippenbremse oder PEPMaske; der Bronchialkollaps wird dadurch vermieden). b) Durch ausreichendes Trinken oder Inhalation schleimlösender Substanzen wird der Schleim flüssiger und dadurch besser abhustbar. Verstärken kann man den Effekt durch gleichzeitiges Auflegen von feuchtwarmen Packungen auf den Brustkorb. Insbesondere die Inhalation einer Salz- oder Solelösung (ausreichend hoch konzentriert) wirkt stark schleimlösend. Auf diesem Mechanismus beruht die angenehme Wirkung beispielsweise der Bad Reichenhaller oder Emser Sole oder auch der Meerluft (v.a. direkt in der Brandungszone). c) Durch eine verlängerte, also aktive Ausatmung mit Lippenbremse (sog. „lange“ Lippenbremse) kann dann der gelockerte und verflüssigte Scheim oft abgehustet werden. Dies kann man wiederum durch verschiedene Maßnahmen unterstützen, die im Einzelnen geübt und ausprobiert werden müssen. Sie sehen also, um eine atemgymnastische
Möglichkeiten der spezialisierten Krankengymnastik
Schulung werden Sie nicht herumkommen. Insbesondere bei sehr viel und sehr dickem, zähem Schleim (z.B. bei Bronchiektasen) muss man oft sehr geduldig alle Möglichkeiten der Schleimverflüssigung und des Schleimabhustens nutzen, um die quälenden Sekretmassen zu entfernen. Wenn das gelingt, ist es für den Kranken eine wahre Wohltat - wer das kennt, weiß, was gemeint ist. Im Folgenden werden die wichtigsten und bewährtesten Maßnahmen Techniken zur zur sog. Bronchialtoilette aufgelistet und kurz besprochen. Reinigung der Bronchien
Techniken zur Bronchialreinigung • Drainagelagerung bzw. Lagewechsel, evtl. in Kombination mit Klopfungen oder Vibrationen (manuell oder mit einem entsprechenden Gerät). Wirkung: Über den Schwerkrafteffekt, Losreißen des Schleimes durch Vibrationen oder Erschütterungen, unterstützt durch „lange“ Lippenbremse. • Vertikale Erschütterung durch Schwingen auf einem Trampolin oder einem sog. Pezzi-Ball: Auch hierbei wirken Schwerkraft und Vibrationen schleimlösend. Aber Achtung: die Technik will beherrscht sein, damit keine Verletzungen auftreten. Für Schwerkranke sind diese Übungen auch zu anstrengend. • Körperliche Aktivität und gymnastische Übungen für Brustkorb und Atemmuskulatur. Wirkung: wie oben, zusätzlich Training des Herz-Keislaufsystems und vertiefte Atmung. Für Patienten, die Cortison einnehmen müssen: zusätzlich Verringerung der Gefahr eines Knochen- und Muskelschwundes. Für alle, die auch nur einigermaßen belastbar sind, sehr empfehlenswert. • Bronchiale Selbstreinigungstechniken (Autogene Drainage): Nicht ganz leicht zu erlernende Technik, aber sehr wirkungsvoll, zum Erlernen spezialisierte Krankengymnastin erforderlich. • Maskenausatmung (PEP-Maske): Der Patient atmet oder hustet in eine Maske mit einstellbarem Widerstand, dadurch können die Bronchien nicht kollabieren.
Lagerung und Klopfen/Vibrieren
Pezzi-Ball und Trampolin
Gymnastik und Training
Autogene Drainage PEP-Maske
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Physiotherapie
Flutter • Flutter: Eine Plastiktrillerpfeife mit kirschgroßer Stahlkugel. Beim
Ausatmen beginnt die Kugel zu vibrieren, die Schwingungen setzen sich in den Atemwegen fort und können dort den Schleim von den Bronchialwänden abreissen, so dass er abgehustet werden kann. Durch den Druck, der beim Atmen gegen die Stahlkugel entsteht, werden außerdem die Bronchien erweitert. Die optimale Neigung der „Pfeife“ muss ausgetestet werden, d.h. zum Anlernen ist auch hier eine Krankengymnastin erforderlich. Der Flutter (gesprochen Flatter) ist derzeit eine der wirksamsten Techniken zum Abhusten zähen Schleimes und kann sehr empfohlen werden. Fragen Sie Ihren Lungenfacharzt oder in einer Apotheke nach den Bezugsmöglichkeiten • “Lange“ Lippenbremse: Wurde oben besprochen! Huffing • “Huffing“ (haffing): Rasche, hauchende Ausatmung, wie wenn man eine Glasscheibe anhauchen würde: So kann Schleim, der in der Luftröhre hängt, gut entfernt werden. Sie sehen, es gibt eine ganze Anzahl von Maßnahmen, mit denen man sich das leidige Problem „festsitzender Schleim“ erheblich erleichtern kann. Wie man die einzelnen Punkte am besten für sich nutzen kann und sie am günstigsten kombiniert, muss in jedem Einzelfall ausgetestet werden. Hier können nur Hinweise gegeben werden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt und Ihrer Krankengymnastin! Hustendisziplin Hustentechniken Ein Punkt, der eine ganz entscheidende Bedeutung bei der nichtme-
dikamentösen Behandlung der Atemwegskrankheiten hat, ist die Hustendisziplin. Hierfür müssen Sie eine spezielle Hustentechnik erlernen. Nun werden Sie vielleicht etwas staunen und meinen: ”Husten kann ich nun doch wirklich!” Aber es ist tatsächlich so, dass man sich mit einer guten Hustentechnik vieles erleichtern - und vielleicht sogar manchen Asthmaanfall ersparen kann! Denn oft wird erst aus einem Hustenanfall ein Asthmaanfall. Man muss unterscheiden zwischen produktivem und unproduktivem Husten:
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Möglichkeiten der spezialisierten Krankengymnastik
• Produktiver Husten fördert Schleim aus den Atemorganen, er ist sinnvoll und wichtig und sollte nicht unterdrückt, sondern mit der entsprechenden Technik durchgeführt werden. • Unproduktiver Husten entsteht durch die Entzündung und den dadurch verursachten Reiz, er ist trocken und oft quälend. Man hustet und hustet, es kommt nichts, und meist spürt man auch, dass gar nichts zum Abhusten da ist! Trotzdem hört der Reiz nicht auf, oft werden richtige „Hustenorgien“ daraus. Dieser „schlimme“ Husten sollte durchaus unterdrückt werden: mit Hustentechnik, notfalls auch mit Medikamenten. Auch dies muss gelernt und geübt werden, hier nur ein paar Hinweise in Stichworten zur Wiederholung oder Anregung.
produktiver, feuchter Husten unproduktiver, trockener Husten
Hustentechnik bei produktivem Husten • nicht zu früh husten • aus einer Einatmung nur 2 bis 3 Hustenstöße • gegen geschlossene Lippen anhusten (dadurch Verhinderung des Bronchienkollapses) • atemerleichternde Körperstellungen einnehmen • in der Hustenpause kurz und oberflächlich weiteratmen • nächsten Hustenreiz durch Technik unterdrücken Hustentechnik bei unproduktivem Husten • Speichel schlucken, warmes Getränk in kleinen Schlucken trinken • Luft kurz anhalten • durch die Nase einatmen (im Wechsel mit Speichel schlucken und Luftanhalten: keine Strömung = kein Reiz) • in angehobener Atemmittellage (d.h. leicht eingeatmet) oberflächlich weiteratmen
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Physiotherapie
Beckenbodengymnastik Beckenboden- Ein weiterer Tipp bei starkem Husten. Auch wenn man nicht gerne darügymnastik ber spricht, leiden vor allem manche Frauen darunter, dass beim Husten
Blasenprobleme auftreten (Harninkontinenz) und ein paar Tropfen Urin abgehen - was natürlich sehr unangenehm und peinlich ist. Wenn während des Hustens die Beckenbodenmuskulatur angespannt wird oder die Beine übergeschlagen werden, läßt sich das vermindern oder vermeiden! Wer solche Probleme hat, sollte auch beckenbodenstärkende Übungen erlernen (Beckenbodengymnastik). Fazit Wer es schafft mit Hilfe der verschiedenen beschriebenen Techniken den Husten zu lindern und besser „in den Griff zu bekommen“, hat einen großen Fortschritt gemacht: Er/sie kann sich wieder vermehrt in die Öffentlichkeit hinauswagen, wird das Risiko eines Asthmaanfalles vermindern und sich einfach wohler fühlen, denn Husten ist unangenehm und lästig, oft sogar quälend - und als möglicher Auslöser eines Asthmaanfalles sogar gefährlich! Tipps für den Alltag Alltagsbewegun- Ein weiterer Punkt, in dem Ihnen die krankengymnastische Atemthegen rapie Hilfestellungen bieten kann, sind Bewegungen des täglichen Le-
bens: Bücken, Aufstehen, Ankleiden, Schuhe binden, Treppen steigen, Heben von schweren Gegenständen … Für den Gesunden ist das alles keine Überlegung wert - er tut es einfach. Für den Atemwegskranken bedeutet oft jede dieser Tätigkeiten Angst, Anspannung und Stress. Wenn man unter fachkundiger Anleitung lernt und übt, wie man sich solche Bewegungen erleichtern kann, Atemnot vermeidet, vielleicht gleichzeitig auch noch den so häufigen Rückenschmerzen dabei aus dem Weg geht, hat man ein Stück Lebensqualität wiedergewonnen, das einem vor der Erkrankung selbstverständlich war.
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Möglichkeiten der spezialisierten Krankengymnastik
Sportliche Betätigung Ebenfalls ein Stück Lebensqualität kann man schaffen und gleichzeitig Sport ein Stück Selbstbewusstsein, wenn man lernt (oder wieder lernt), Freude an Bewegung zu haben. Erreichen kann man das durch sportliche Betätigung. Keine Angst - Sie sollen nun nicht die Goldmedaille auf der nächsten Olympiade anstreben (obwohl für einen jungen und sportlichen Asthmatiker auch das durchaus möglich ist). Tun Sie etwas, was Sie vielleicht früher gerne taten und sich dafür Welcher Sport ist seit Jahren keine Zeit mehr genommen oder es sich nicht mehr getraut empfehlenswert? haben. So gehören z.B. Schwimmen, Radfahren und Wandern zu den Sportarten, die sich bei Atemwegserkrankungen ausgesprochen günstig auswirken. Mäßige Anstrengung in feuchter oder frischer Luft, Aufbau einer Ausdauerkondition bei regelmäßiger Durchführung, Spaß und oft auch Aufenthalt in schöner Landschaft gehören zu den Positivposten. Atemnot läßt sich meist vermeiden, wenn Sie Ihre Therapie korrekt durchführen, rechtzeitig vor der Aktivität Ihr bronchienerweiterndes DA inhalieren, eine ausreichende Aufwärmphase einschalten, sich keinen falschen Ehrgeiz aufzwingen und bei den Zeichen eines beginnenden Infektes auch mal verzichten können. Einige weiterführende Anmerkungen finden Sie im übernächsten Kapitel. Fazit Atemgymnastik im weiteren Sinne bedeutet Durchführen von Übungen zur Erhaltung der Brustkorb- und Zwerchfellbeweglichkeit sowie Training der Atemmuskeln. Diese Gymnastik sollte möglichst in Gruppen durchgeführt werden, der Übergang zur allgemeinen Gymnastik ist nicht scharf abgegrenzt. Entscheidend ist hier auch das gemeinschaftliche Erleben, Freude an der Bewegung und am Spiel, was wieder Mut zum Weitermachen erweckt und ein gutes Körpergefühl erzeugt. Entspannungstechniken Ein letzter Punkt, der auch gleichzeitig zum nächsten Kapitel überleitet, Entspannungssoll den Entspannungstechniken gelten. Sie stehen zwischen der kran- techniken kengymnastischen Therapie und den psychologischen Behandlungsme-
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Physiotherapie
Autogenes Training, MTT und Qi Gong
Versuchen sollte man das zumindest mal
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thoden. Deswegen werden sie auch in beiden Abschnitten erwähnt. Es handelt sich um erlernbare Techniken, mit denen eine Entspannung verschiedener Muskelgruppen erreicht werden kann. Diese Entspannung wirkt sich dann auch wieder positiv auf das Seelenleben, in diesem Fall die psychische Anspannung aus, und das kann wiederum das ganze Befinden eines Menschen verbessern, ihn ruhiger und bewusster atmen lassen und dadurch letztlich auch die Atmung ganz allgemein günstig beeinflussen. Am bekanntesten ist das Autogene Training, das beispielsweise an vielen Volkshochschulen als Kurs angeboten wird. Auch das etwas einfacher zu erlernende muskuläre Tiefentraining (MTT) sowie das neuerdings beliebte Qi Gong sind geeignet, das oft angespannte und hektische Innenleben, die Nervosität und die oft verkrampfte und zu intensive Atmung, also die Hyperventilation (s. im Kapitel II) etwas zur Ruhe kommen zu lassen. Auch hier gilt aber wieder das vorher Gesagte: Erlernen sollte man diese „Techniken“ unter der Anleitung eines erfahrenen Profis, also eines Physiotherapeuten, denn man kann eine Menge falsch machen und dann schadet das Ganze mehr als es nutzt! Eine stationäre Rehabilitation gibt Ihnen auch dazu die beste Möglichkeit. Sie können ohne Druck und Zwänge des Alltags diese Dinge unter fachkundiger Anleitung in einer Gruppe mit „Leidensgenossen“ erlernen und die angenehmen Wirkungen am eigenen Leib und an der eigenen Seele erfahren. Es muss allerdings dazu gesagt werden, dass diese Entspannungstechniken nicht jedermanns Sache sind: Manch einer hat einfach nicht die Geduld, die dazu nötig ist, kann einfach nicht so abschalten, wie es für den Erfolg erforderlich ist. Deswegen heißt es: Versuchen sie es, aber verteufeln Sie es nicht, wenn es nicht so klappt, wie Sie sich das vorgestellt hatten. Wenn Sie aber „der Typ dafür sind“, können Ihnen die Entspannungsverfahren eine große Erleichterung und Hilfe sein. Körper und Seele, Verkrampfung und Entspannung - wichtige Begriffe, wenn es um Ihre Gesundheit und Ihre Erkrankung geht, und diesen soll deshalb das nächste Kapitel gewidmet sein.
Die Bedeutung seelischer Einflüsse auf die Atmungsorgane
IX Asthma und Psyche - was Sie darüber wissen sollten (A.Hirschbichler) In diesem Kapitel geht es um eine vieldiskutierte Frage, nämlich um die der Zusammenhänge zwischen Körper und Seele. Sie sollen hier einerseits sachliche Informationen finden, andererseits zum Nachdenken angeregt werden. Seelisch-körperliche Zusammenhänge Wir Menschen haben einen Körper und eine Seele. Beide sind nicht exakt voneinander abzugrenzen und auf vielfältige Weise miteinander verwoben. Medizinische und psychologische Forschungen haben sehr komplizierte Zusammenhänge aufgedeckt, auf welche Weise die Psyche über das vegetative Nervensystem und das Immunsystem unseren Körper beeinflusst. Wir alle kennen das aus täglicher, manchmal freudvoller, manchmal leidvoller Erfahrung. Unsere körperliche Befindlichkeit beeinflusst unsere Stimmungen und unsere Gefühle. Andererseits können unsere Gefühle, unsere Probleme, Sorgen, Ängste, Stress usw. zu körperlichen Auswirkungen führen. Verspannungen, Migräne, Magen- und Darmprobleme, Schlafstörungen, aber auch Infekte oder Asthma-Attacken … Es gibt kaum ein Krankheitssymptom, das nicht von psychischen Faktoren mitbeeinflusst sein kann.
Wie kann man sich die Zusammenhänge zwischen Körper und Seele vorstellen?
Hat Asthma psychische Ursachen? Gerade das Asthma hat nach Meinung vieler Menschen „sehr viel mit Asthma - eine der Psyche zu tun“. Das gilt für Angehörige wie Betroffene gleicher- psychische Ermaßen. krankung? „Wie Pech klebt der Glaube von der psychischen Verursachung an der Asthmakrankheit...“ So formuliert es Prof.Dr.D.Nolte (†2002), einer der bekanntesten Lungenfachärzte Deutschlands, in einem seiner Bücher. Asthma galt lange Zeit als „psychosomatische“ Krankheit. Das wurde häufig missverstanden in dem Sinn, dass Asthma „rein psychische“ Ursachen hätte. Bei asthmakranken Kindern wurde z.B. behauptet, dass
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Psychologisches
das Fehlverhalten der Mutter („überbehütende Mutter“) die Krankheit verursacht(!) habe. Dazu ein Beispiel aus einem Ratgeber für Patienten (M. Köhnlechner: „Erfolgsmethoden bei Asthma und Bronchitis“, S. 100) aus dem Jahr 1974: Ist Asthma wirklich eine durch psychische Einflüsse verursachte Erkrankung?
„Die Schuld am Asthma des Kindes ist in vielen Fällen bei den Eltern zu suchen, die einer echten Liebe nicht fähig sind und das kranke Kind dann kompensatorisch mit übertriebener Ängstlichkeit, Besorgnis und Bevormundung umgeben. Störungen der häuslichen Atmosphäre sind bei Asthmakindern fast immer zu finden, oft handelt es sich um die grobe Verletzung von Erziehungsgrundsätzen. Hierher gehören z.B. ein zu strenges Toilettentraining der Mutter mit ihrem Kleinkind oder die Prügelstrafe durch den Vater bei schlechten schulischen Leistungen … … Jedes kindliche Asthma ist ein soziales Problem und die Behandlung des Kindes muss über die Mutter stattfinden …“ Aussagen dieser Art über die „Ursache“ der Krankheit haben es Familien mit einem (oder mehreren) asthmakranken Mitgliedern oft sehr schwer gemacht. Vielleicht sind Vorurteile dieser Art auch ein Grund, warum diese Krankheit vielen Betroffenen immer noch „peinlich“ ist. Oft berichten Patienten, dass sie ihr Spray nicht einnehmen, wenn andere das sehen könnten; manche halten die Krankheit vor ihren besten Freunden geheim … Grundsätzlich gilt:
Asthma: eine priAsthma ist eine körperliche Krankheit, bei der die Psymär körperliche che eine wichtige Rolle spielen kann. Krankheit, bei der die Seele eine wichtige Rolle Die Definition von Asthma lautet sinngemäß „anfallsartige Atemnot spielt… auf dem Boden überempfindlicher Bronchien durch chronische Entzün-
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Die Bedeutung seelischer Einflüsse auf die Atmungsorgane
dung“. Die Überempfindlichkeit und damit das krankhaft übersteigerte Reagieren der Bronchien des Asthmatikers auf alle möglichen Reize (scharfe Gerüche, Staub, Küchendunst etc.) sind die körperliche Grundvoraussetzungen, dass man diese Krankheit überhaupt bekommen kann. Ein „rein seelisches“ Asthma gibt es aber definitionsgemäß nicht!
Wie kann die Psyche den Verlauf der Krankheit beeinflussen? Der Körper als Spiegel der Seele? Jeder kennt die sprichwörtlichen Redensarten, dass sich „etwas auf Der Körper: ein den Magen geschlagen hat“ oder „Kopfzerbrechen macht“, „jemand Spiegel der Seele? die Nase voll hat“, oder „es einem die Luft verschlägt“ und „den Atem raubt.“ Hinter körperlichen Beschwerden und Krankheiten steht nicht selten „etwas“ oder „jemand“. „Krankheiten entstehen häufig an körperlichen Schwachstellen in den Krisen eines Menschen und zwar dann, wenn seine seelischen Widerstandskräfte erschöpft sind.“ So beschreibt V. von Weizsäcker, einer der Begründer der psychosomatischen Medizin (= Lehre von den Zusammenhängen zwischen Körper und Seele), seine Erfahrungen als Arzt. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind Konfliktsituationen, die lange andauern und unlösbar erscheinen. Erfahrungsgemäß ist es oft so, dass Menschen, bei denen die Psyche bei der Entstehung oder dem Verlauf einer Krankheit eine wesentliche Rolle spielt, das Gespür für Zusammenhänge zwischen Körper und Seelenleben verloren haben. Sie tun das nicht absichtlich, sondern weil sie nie gelernt haben, diese Konflikte wahrzunehmen und auszudrücken. Krankheit kann ein Signal sein, dass seelisch etwas nicht „in Ordnung“ ist und ein Hinweis, sich damit mehr zu beschäftigen.
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Psychologisches
Grundvoraussetzung ist allerdings, dass der Mensch seelisch stabil genug dafür ist. Der „Blick nach innen“ kann sehr schmerzlich sein. Das ist auch der Grund, warum Menschen Probleme, Konflikte oder Gefühle aus ihrem Bewusstsein verdrängen. Allerdings mit dem Risiko, dass sich diese als „psychosomatische“ Beschwerden auf der Ebene des Körpers bemerkbar machen. „Krankheit als Weg“, so lautet der Titel eines bekannten Buches, in dem kranken Menschen nahegelegt wird, Krankheit nicht nur als Pech oder Schicksal zu verstehen, sondern als Anlass, sich auch einmal wieder mit der gesamten Lebenssituation und dem Lebensstil auseinanderzusetzen. Folgende Fragen könnten Ihnen weiterhelfen: • •
warum bin ich ausgerechnet jetzt krank? welches Problem könnte am ehesten etwas mit meiner Krankheit zu tun haben? • welche Gewohnheiten meines Lebensstiles (z.B. Ernährung, Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel , Stressverhalten etc.) fördern meine Krankheit? Eine Untersuchung in einer Hamburger Klinik hat ergeben, dass vor Asthmaanfällen nicht selten drei typische Konfliktsituationen bestehen: •
Stress und Überforderung, oft aus Unfähigkeit, sich abzugrenzen oder „nein“ zu sagen! • Streit mit Angst vor Verlust von Zuwendung oder Angst vor Verlassen-Werden (Trennungsängste) • „hinuntergeschluckte“ Wut und Ärger; Aggressionen, die nicht ausgedrückt werden bzw. Situationen, in denen sich die Betreffenden nicht wehren konnten. Wenn das so ist, wäre konsequenterweise das Bemühen um einen „gesünderen Umgang“ mit oben genannten Konfliktbereichen für alle
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Die Bedeutung seelischer Einflüsse auf die Atmungsorgane
Kranken neben den Medikamenten eine weitere Möglichkeit der Behandlung. Übrigens: •
• •
Fachleute schätzen, dass zwischen 30 und 50% der Patienten beim Allgemeinarzt an „psychosomatischen“ Beschwerden leiden. Menschen mit seelischen Problemen rauchen, essen und trinken mehr! Die Ausgaben für Psychotherapie liegen bei weniger als 1% der Gesamtausgaben unseres Gesundheitswesens.
Der „Sinn“ von Krankheit? Krankheit als Konfliktlösung Bei dem Versuch, Krankheiten zu verstehen, kann man auch fragen: Hat Krankheit Welchen Sinn könnte die Krankheit haben? Ist sie nicht auf irgendeiner einen Sinn? Ebene zu etwas gut? Der Gedanke mag zunächst aberwitzig erscheinen, kann aber in der persönlichen Auseinandersetzung mit einer Krankheit durchaus lehrreich sein. Vorausgesetzt, dass man ehrlich genug zu sich selber ist. Ein Mann ließ sich von Arbeitskollegen, die er eigentlich nicht so besonders mochte, zu einem Kegelabend überreden. Auch für das Kegeln hatte er sich noch nie begeistern können, er hielt diese Beschäftigung für vertane Zeit. Je näher der Tag kam, um so weniger Lust verspürte er hinzugehen. Eigentlich verspürte er nicht nur Lustlosigkeit, sondern eine regelrechte Abneigung. Dennoch konnte oder wollte er, da er nun einmal zugesagt hatte, nicht mehr absagen oder sich mit Hilfe irgendeiner naheliegenden Ausrede (z.B. Kopfweh) aus der Patsche helfen. Es klingt beinahe unglaublich, aber am Morgen des Tages erwachte er mit Halsweh und mit einem Gefühl
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Psychologisches
allgemeiner Erschöpfung, das ein Verlassen des Bettes unmöglich erscheinen ließ. Ein Besuch des Arbeitsplatzes, aber noch viel mehr des Kegelabends in diesem Zustand war völlig ausgeschlossen. Nachdem der Kranke seine Erschöpfung durch Bettruhe bis zur Mittagsstunde und nachmittägliche Schonung kuriert hatte, konnte sein Zustand am nächsten Tag wieder beinahe als gesund bezeichnet werden … Kann Asthma (oder eine andere Krankheit) zur Lösung von Kon– flikten beitragen?
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Es kann sehr aufschlussreich sein, wenn man sich als Kranker die Frage stellt, welche Konflikte, Entscheidungssituationen oder Auseinandersetzungen durch das Auftreten einer Krankheit erst einmal elegant umschifft oder aufgeschoben werden. Die zweite Frage ist, welche andere Handlungsmöglichkeiten denkbar wären, sich diesen zu stellen. Manchmal genügt es, sich klar zu machen, dass man auch „Nein“ sagen kann, ohne eine weitere Begründung geben zu müssen. Wenn der Kranke sich selbst Fragen stellt wie: Wozu könnte ich die Krankheit brauchen? Oder: Wozu könnte sie gut sein? Mit welchen Vorteilen ist sie trotz allem verbunden? - kann das sehr aufschlussreich sein. Werner Zenker, übrigens selbst Asthmatiker, führt in seinem Buch „Mit Asthma leben lernen“ ganz ähnliche Gedanken an: In einem Kapitel „Asthma als Mittel zum Zweck - Erpressen Sie nicht Ihre Umwelt!“ weist er darauf hin, dass es wie allen chronisch Kranken „auch uns Asthmatikern naheliegt, die Krankheit als Argument zu benutzen, um Ziele zu erreichen, die mit dem Asthma überhaupt nichts zu tun haben...“ Krankheit kann beispielsweise benutzt werden als Ausrede oder zur Vermeidung unangenehmer Dinge oder Aufgaben. Mit Krankheit kann Druck auf andere Menschen ausgeübt werden, sie kann als Hilfsmittel zur Erreichung von Aufmerksamkeit und Zuwendung eingesetzt werden. Bei asthmakranken Kindern sind solche Verhaltensweisen recht oft zu beobachten. Es geht hier nicht etwa darum, kranken Menschen nicht kleine Vorteile aus einer Krankheit zu gönnen. Es ist allerdings so, dass die Mitmenschen solche „Tricks“ oft sehr schnell wahrnehmen und sie als sehr unangenehm empfinden. Partnerschaftliche Gefühle werden verhindert,
Die Bedeutung seelischer Einflüsse auf die Atmungsorgane
ebenso eine Rücksichtnahme bei ernsteren Beschwerden. Eine Gefahr besteht auch darin, dass die Krankheit zum „leichten Weg“ aus Konfliktsituationen wird und bessere Lösungsstrategien nicht erlernt und erprobt werden können. Der Kranke „braucht“ seine Krankheit dann auch noch, wenn er von der körperlichen Seite her gesund sein könnte. Man spricht auch von „Flucht in die Krankheit“. Fragen, die Ihnen weiterhelfen könnten: • • •
wozu könnte meine Krankheit trotz allem gut sein? gebrauche ich sie manchmal als Ausrede und Entschuldigung? wo hilft sie mir, unangenehme Pflichten oder Dinge, die mich überfordern, zu vermeiden? setze ich die Krankheit manchmal als Druckmittel zur Durchsetzung meiner Ziele (z.B. in der Partnerschaft) ein? erfahre ich als Kranker mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung als in gesunden Zeiten?
Ein paar Fragen, die hilfreich sein können
Die Auffassung vom „Körper als Spiegel der Seele“ und vom „Sinn von Krankheit“ sollte nicht überstrapaziert werden. Nicht hinter jeder Krankheit und nicht hinter jeder Verschlechterung müssen seelische Probleme stecken. Bei manchen Patienten ist die Psyche kaum oder gar nicht, bei anderen wieder sehr stark am Krankheitsgeschehen beteiligt. Eine Verallgemeinerung nach dem Motto: „Wer krank ist, muss auch unbewußte Probleme haben“ ist unhaltbar. Genauso falsch ist es aber auch, die Möglichkeit einer Beteiligung derartiger Einflüsse überhaupt nicht in Erwägung zu ziehen. Die Erfahrung zeigt Fälle, bei denen nach einer Veränderung von Lebensumständen langjährige Beschwerden in kürzester Zeit verschwanden.
Krankheit kann einen psychologischen Sinn haben, sie muss es aber nicht
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Psychologisches
Asthma und Angst Angst und Das Gefühl, die Luft abgeschnürt zu bekommen und hilflos nichts gegen Atemnot das Ersticken tun zu können, ist wohl so ziemlich das Schlimmste, was
einem Menschen überhaupt widerfahren kann. Dass Angst eine natürliche Reaktion auf derartige Erlebnisse ist, läßt sich nur zu gut verstehen. Die Angst bei einem Asthmaanfall ist zu unterscheiden von der Angst vor der Möglichkeit eines Anfalles in beschwerdefreien Phasen. Angst bei akuter Atemnot Zur Angst bei einem Asthmaanfall: Es besteht die große Gefahr, dass sich Patienten durch Panikreaktionen und falsches Verhalten (z.B. „pumpen“ statt Lippenbremse) selbst erst so richtig in einen Anfall hineinsteigern. Andererseits genügt oft schon die Nähe eines Arztes, das Aufziehen einer Spritze und die damit verbundene Beruhigung, Atemnot wesentlich zu lindern. So verständlich die Angst bei Atemnotanfällen ist, so wichtig wäre es aber, möglichst die Ruhe zu bewahren. Wie kann das gelingen? Als erstes ist es sicher sehr wichtig, möglichst genau zu wissen, was bei einem Anfall im Körper überhaupt passiert und zweitens, wie man richtig darauf reagieren kann. Ein möglichst konkretes Wissen um Medikamente und Selbsthilfetechniken und die Erfahrung, dass man sich damit auch wirklich helfen kann, sind wohl die besten Mittel gegen die Angst. Auf die Medikamente soll hier nicht näher eingegangen werden. Auch das Kennen und Üben von Selbsthilfetechniken (besonders Lippenbremse und atemerleichternde Körperhaltungen) - möglichst bereits in beschwerdefreien Zeiten - kann eine große Hilfe sein. Oft liegt es gerade daran, ob Anfälle verhindert oder zumindest in ihren Auswirkungen wesentlich vermindert werden können. Nochmal: Eine Hilfe gegen Angst und Panik bei Anfällen bieten auch sogeEntspannungs- nannte Entspannungsverfahren. Als bekannteste „Techniken“ sind techniken das Autogene Training nach Schulz oder das Muskuläre Tiefentraining nach Jakobsen (MTT) zu nennen (s. Kapitel „Therapie ohne Chemie„). Natürlich kann Asthma nicht durch Entspannungsübungen geheilt wer-
Wie kann man Angst vermindern, die durch Atemnot ausgelöst wird?
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Die Bedeutung seelischer Einflüsse auf die Atmungsorgane
den. Auch kann man wohl mit derartigen Übungen nur wenig Einfluss auf schwere Anfälle nehmen. Konsequente Entspannungsübungen führen jedoch zu der Fähigkeit, seelische Erregungen, besser unter Kontrolle zu bekommen. Dinge, die uns aufregen, können gelassener wahrgenommen und mit mehr Abstand verarbeitet werden. Der Mensch kann zu mehr Ausgeglichenheit und Ruhe gelangen, Eigenschaften, die vielen Menschen in der Hektik der modernen Leistungsgesellschaft immer mehr abhanden kommen. Gerade diese Eigenschaften haben nach der Überzeugung vieler Kranker etwas mit dem Verlauf der Krankheit zu tun. Kurse werden heute bei den meisten Volkshochschulen und Ortskrankenkassen angeboten, preiswerte Literatur ist in jeder Buchhandlung erhältlich. Zum Teil berichten Patienten von eigenen Strategien gegen die Angst bei beginnender oder bereits fortgeschrittener Atemnot. Ein Glas warmes Wasser trinken, intensiv an irgendetwas zur Ablenkung denken oder es sich laut vorsagen, bis hin zu Singen oder Jodeln … Sich von seiner Frau eine Zigarette anzünden zu lassen, wie es ein älterer Patient als letzte Rettung im Asthmaanfall machen ließ, dürfte allerdings als weniger zu empfehlendes Mittel anzusehen sein. Aber: was hilft, ist recht …
Ein Teufelskreis … Asthma und Angst: Nicht vergessen sollte man dabei einen Aspekt, auf den der Asthmaspezialist Prof.Dr.L.Geisler in einem seiner lesenswerten Bücher hinweist: Der Asthmakranke leidet an Angst, weil er an Luftnot leidet und seine Angst verstärkt die Luftnot (denken Sie an den Teufelskreis, der weiter oben erwähnt wurde, an die Asthmaspirale). Eine in erster Linie gegen die Angst gerichtete (Psycho-)Therapie würde bedeuten, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Was der Asthmatiker wirklich braucht, ist eine entzündungshemmende und krampflösende Therapie. Je wirksamer die Medikamente sind und je seltener damit die Beschwerden, umso weniger besteht Anlass für Angst und umso weniger wird sich diese Angst ausbreiten können …
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Wieder einige Fragen, die hilfreich sein können: • wie verhalten Sie sich eigentlich bei beginnender Atemnot? • gibt es Voranzeichen? • gibt es Tricks, mit denen Sie sich helfen können? Angst vor neuerlichen Beschwerden Eine andere Form von Asthma-Angst kann auch in beschwerdefreien Zeiten auftreten: Angst vor neuerlichen Beschwerden … Die verschiedenen Im Grunde gibt es drei Arten, mit Angst auf Asthma zu reagieren: mit Arten auf Atemnot zuviel, zuwenig oder mit angemessener Angst: mit Angst zu rea• Asthmatiker mit zuviel Angst neigen zu nervös ängstlicher gieren Überbesorgtheit, verfallen leicht in Panik, fürchten das Allein-
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sein, übertreiben Beschwerden eher und verbrauchen mehr Medikamente als vergleichbar Kranke; sie hyperventilieren leicht, d.h. sie „pumpen„ zu schnell und zu viel Luft anstatt auf Lippenbremse und Bauchatmung zu achten; ihre Panikstimmung erfasst oft die ganze Familie. Asthmatiker mit zuwenig Angst neigen dazu, Beschwerden eher zu vertuschen oder zu untertreiben; sie nehmen Medikamente zu spät ein und gehen oft zu spät zum Arzt; mit Medikamenten sind sie eher unterversorgt, Signale und Voranzeichen von Asthmaanfällen beachten sie nicht. ein angemessenes Maß von Angst und Aufmerksamkeit der Krankheit gegenüber, mit der Sicherheit, im Bedarfsfall mit entsprechenden Gegenmaßnahmen reagieren zu können, ist der Idealzustand - soweit man in dieser Situation das Wort „ideal“ benutzen darf…
Die ersten beiden Typen haben mehr Beschwerden als sein müsste: Zuviel Angst erzeugt dauernde Panikstimmung, die die Krankheit eher fördert; zuwenig Angst kann zu überraschenden Krisen führen, die im Extremfall auf der Intensivstation enden. Zu welchem „Angsttyp“ gehören Sie …?
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Die Bedeutung seelischer Einflüsse auf die Atmungsorgane
Zur Selbstwahrnehmung bei Asthmakranken Wieweit können Asthmakranke den Verengungsgrad ihrer Bronchien selber richtig einschätzen? Neuere Untersuchungen ergaben ein merkwürdiges Bild: Erstaunlich viele Asthmatiker sind nicht in der Lage, den momentanen Grad der Verengung in ihren Bronchien realistisch zu beurteilen. Es kommen verschiedene Arten von Fehleinschätzungen vor: Manche überschätzen den Grad der Verengung, manche unterschätzen ihn eher. Häufig findet sich eine unsichere Wahrnehmung, das heißt, die Obstruktion (= Verengung) wird in manchen Situationen zu hoch, in anderen wieder zu niedrig eingeschätzt. Wer allgemein zur Unterschätzung neigt, wird wahrscheinlich erste und weitere Anzeichen einer Verschlechterung überhaupt nicht oder nicht ausreichend wahrnehmen oder beachten. So kann sich ein Anfall bei einem solchen Patienten unbemerkt und ungehindert bis zu beträchtlichem Ausmaß entwickeln. Asthmatiker mit dieser Eigenschaft stellen nicht selten besondere „Risikopatienten“ dar. Wer zur Überschätzung neigt, wird überall „die Flöhe husten hören“, eine Eigenschaft, die eine ängstliche Grundstimmung erzeugt, die dazu geeignet ist, die befürchteten Beschwerden dann auch tatsächlich eintreten zu lassen. Auch bei unsicherer Wahrnehmung, - so zeigt die Erfahrung, reagieren Patienten häufig nicht angemessen: manchmal zu wenig, manchmal dagegen übertrieben. Die Gründe für derart unterschiedliche Körperwahrnehmungen sind noch nicht erforscht. Wesentlich ist aber, dass man eine richtige Einschätzung trainieren kann! Und zwar mit Hilfe des Peak-Flow Meters: Schätzen Sie vor dem Messen Ihre Werte und vergleichen sie diese mit den (objektiven) Ergebnissen des Messgerätes. Ebenfalls interessant: sie können nachprüfen, welche Einflüsse wirklich regelmäßig etwas mit Verschlechterungen ihrer Krankheit zu tun haben und welche nicht. Sie werden feststellen, dass manche Zusammenhänge nur in ihrer Vorstellung existieren. Weitverbreitete Erklärungen für Atembeschwerden sind z.B. das Wetter, das Klima, Jahreszeiten, Mondphasen, Anwesenheit bestimmter Menschen (z.B. der Chef), Gerüche usw...
Wieweit können Atemwegskranke den Verengungsgrad ihrer Bronchien selbst einschätzen?
Unterschätzung ist so gefährlich wie Überschätzung!
Vergleichen Sie Ihre Einschätzung mit den gemessenen Peakflowwerten!
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Eine angemessene Selbsteinschätzung ist ein wichtiges Ziel jedes Patiententrainings! Eine Zusammenfassung des Themas Selbsteinschäzung
• Die Selbsteinschätzung des Verengungsgrades der Bronchien ist trügerisch! • Die Verengung kann überschätzt, unterschätzt oder unsicher wahrgenommen werden. • Ein angemessener Umgang mit der Krankheit erfordert eine möglichst realistische Selbsteinschätzung, ein “Gespür” für den Zustand der Bronchien. • Die richtige Beurteilung des Zustandes der Bronchien kann mit Hilfe des Peak-Flow Meters trainiert werden! • Mit dem Peakflow-Meter können Sie außerdem überprüfen, ob von Ihnen vielleicht vermutete Zusammenhänge zwischen allen möglichen Einflüssen und Ihren Atembeschwerden sich tatsächlich bestätigen lassen.
Der Stellenwert von Psychotherapie in der Behandlung der Asthmakrankheit Wann ist denn nun Nach all dem Gesagten werden Sie sich jetzt vielleicht fragen: Wann eine Psychothe- und wie kann eine Psychotherapie bei einem Asthmakranken sinnvolrapie bei Asthma lerweise eingesetzt werden? sinnvoll? Wir sind der Meinung, dass Psychotherapie als zusätzliche Be-
In etwas geringerem Ausmaß gilt das alles auch für die COPD
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handlungsmethode in Frage kommt, wenn sich direkte oder indirekte Hinweise ergeben, dass psychische Faktoren wie oben beschrieben den Verlauf mitbeeinflussen. In diesen Fällen kann eine solche Behandlung wesentlich mit dazu beitragen, dass der Verlauf der Atemwegserkrankung sich insgesamt stabilisiert. Dies trifft übrigens nicht nur auf das Asthma zu, sondern genauso auf die COPD. Darüberhinaus kann eine Psychotherapie natürlich auch unabhängig von der Atemwegserkrankung angebracht sein aufgrund einer allgemeinen seelischen Problematik. Eine Stabilisierung in diesem Bereich kann
Die Bedeutung seelischer Einflüsse auf die Atmungsorgane
sich dann auch wieder günstig auf die Atemwegserkrankung auswirken. Wie sollte sie dagegen nicht eingesetzt werden? • als alleinige Behandlungsmethode • als Zusatztherapie, ohne dass alle anderen (medikamentösen und nichtmedikamentösen) Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden • wenn keinerlei Hinweise auf eine seelische Mitbeeinflussung des Krankheitsverlaufes bestehen. Je geringer die körperlichen Beschwerden durch eine gute Behandlung der Atemwegskrankheit sind, desto weniger entwickeln sich psychische Probleme. Durch eine gute Therapie nehmen die Ängste ab (Angst vor der Nacht, vor beruflichen Problemen usw.) und das Selbstwertgefühl der Patienten bessert sich. Der mögliche Konfliktstoff (Angehörige, Arbeitskollegen etc.) verringert sich. Manch eine aufwändige und teure „Psychobehandlung“ erübrigt sich alleine durch diese Maßnahmen. Andererseits sollte man aber nicht aus „falscher Scham“ eine wirklich notwendige und sinnvolle Psychotherapie ablehnen und damit wertvolle Behandlungsmöglichkeiten verschenken. Unser Fazit: Richtig eingesetzt, kann eine Psychotherapie für Betroffene und ihre Angehörigen eine große Hilfe sein. Zum Schluss dieses Kapitels nochmal eine Geschichte - oder der Anfang einer Geschichte - die zeigt, wie beängstigend all diese Dinge sein können und eine wie schwierige Rolle die Seele dabei manchmal spielt. Lydia Meyer liegt wach unter ihrem weichen Federbett. Es ist ihr, als würde es Zentner wiegen, so nimmt es den Atem. Sie hat eine feuchte Stirne und eiskalte Füße, fühlt sich unruhig und vibriert innerlich. Vor einer halben Stunde ist sie aufgewacht, durch einen bösen Reizhusten, der lange nicht nachlassen wollte. Sie hatte ein Glas Wasser getrunken, das linderte etwas. Aber die Beklemmung in der Brust war nicht besser geworden. Und immer wieder
Zum Schluss noch eine Geschichte…
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Psychologisches
kam der Hustenreiz. Manchmal hörte sie ein röchelndes Geräusch aus der Tiefe. Es beunruhigte sie, und sie mußte daran denken, wie ihr Großvater im Alter keuchen mußte bei jeder kleinsten Bewegung. Hoffentlich bekam sie nun nicht auch so etwas! Vor vier Monaten war ihr Mann gestorben. Sie hatte ihn lange gepflegt. Es war furchtbar gewesen mit seiner schweren Krankheit, der Darmkrebs ließ ihn regelrecht innerlich verfaulen! Immer wieder sah sie die Bilder, nahm den Geruch wahr, den ganz eigenen, abstoßenden Geruch, der es ihr immer wieder schwer machte, das Zimmer zu betreten, in dem er lag. Und sie hing doch so an ihm, er war ihr einziger Halt gewesen, die zwei Kinder in meist unerreichbarer Ferne … Und dann war er tot - endlich, dachte sie manchmal, nach den Qualen, den Schmerzen, der Verzweiflung. Zuerst war sie fast erleichtert, sie kam sich schlecht vor manchmal, sie war wie tot und konnte gar nicht richtig trauern. Aber dann kamen die Bilder und der Geruch immer häufiger, vor allem nachts, und immer öfter wurde es ihr dabei eng in der Kehle, als ob die Luft abgeschnürt würde. Sie konnte und konnte es nicht loswerden. Tagsüber war es ein wenig besser - die Helligkeit, die Ablenkung … Sie ging viel unter Leute, machte sich bewußt alles schön, versuchte, sich nicht gehen zu lassen, nicht zu jammern - aber das schlimme und einschnürende Gefühl wurde und wurde nicht besser … So kann eine Asthmageschichte anfangen - und wer etwas Ähnliches erlebt hat, wird bestätigen, dass es oft wirklich so losgeht: der Anfang einer unendlichen Leidensgeschichte, Körper und Seele untrennbar und schier unentwirrbar miteinander verbunden …
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Wie könnte der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen?
X Alltagstipps Wie normal kann der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen? Gesund und krank … Was halten Sie davon: Nach soviel Krankheit nun einmal einige Worte über Gesundheit - und wenn es nur „relative Gesundheit“ ist. Aber wer kann schon absolute Gesundheit für sich in Anspruch nehmen? Zuerst einmal ganz pauschal: Ihr Alltag sollte so „normal“ wie möglich sein. Dieser Satz bezieht sich auf die ausführlich beschriebenen stabilen Krankheitsphasen, in denen Sie sich durchaus „gesund“ fühlen dürfen und das auch tun sollten. Wir haben allerdings mehrmals betont, dass dieses „Gesundfühlen“ nicht so weit gehen darf, dass Sie Ihre chronische Erkrankung ganz vergessen, sich für „geheilt“ halten und anfangen, die Basistherapie zu vernachlässigen. Setzen wir aber einmal voraus, dass Ihre Basistherapie gut eingestellt ist, Sie keinen Infekt haben oder für den Allergiker gerade „Schonzeit“ herrscht. Für diesen Zeitraum sind die in diesem Kapitel dargestellten Tipps gedacht, die Ihnen Hinweise auf Möglichkeiten einer befriedigenden Lebensgestaltung geben wollen - wobei hier das individuelle Spektrum natürlich unbegrenzt ist und auch durch die Erkrankung nur soweit unbedingt erforderlich eingeschränkt werden sollte. Sie wollen sich ja gerade nicht „krank“ und „behindert“ fühlen. Wir werden in diesem Kapitel wiederholt auf Dinge zurückgreifen, die wir weiter oben ausführlich erklärt haben. Im Zweifelsfall schauen Sie noch mal nach. Die Randspalte wird Ihnen dabei behilflich sein. Ein wenig sollte man bei diesem Thema berücksichtigen, wie Ihre Diagnose lautet, denn Sie haben ja weiter oben gesehen, dass dies auch Ihren Spielraum im Alltag beeinflusst: Asthma oder eher ein Mischbild im Sinne einer COPD? Der Asthmatiker kann im Intervall durchaus einem „ganz Gesunden“ vergleichbar in der Leistungsfähigkeit sein, der Bronchitis- oder Emphysempatient wird dagegen auch in dieser Zeit gewisse Einschrän-
Ein paar Worte zum Gesundsein
Was können Sie im Intervall alles tun?
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Alltagstipps
kungen akzeptieren müssen, vor allem, wenn er sich in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium befindet. Mit Intervall bezeichnet der Arzt die mehr oder weniger beschwerdefreie Zeit zwischen den Exacerbationen, also den beschriebenen Verschlechterungen durch Infekte, Allergiebelastungen oder andere belastende Einflüsse. In dieser Zeit sollten Ihre Beschwerden weitgehend in den Hintergrund treten und Ihnen viele Möglichkeiten eines „normalen“ Lebens (mit all seinen Höhen und Tiefen!) eröffnen. Wir wollen aus der Fülle der denkbaren Situationen ein paar herausgreifen, die für die meisten Menschen eine mehr oder weniger große Bedeutung haben: • Arbeitsleben • Wohnen • Urlaub und Reisen • Freizeit und sportliche Betätigungen • und „last but not least“ Essen und Trinken Arbeitsleben Tipps, die das Beginnen wir mit dem, was für die meisten von uns mal Lust, mal Frust Arbeitsleben mit sich bringt, mit der Arbeit. betreffen Es gibt so viele unterschiedliche Arbeitsbedingungen und -formen,
dass wir hier unmöglich auf alles und jedes eingehen können. Ein paar Fingerzeige mögen deshalb genügen. Allergiker: Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass jemand, der gegen irgendetwas allergisch ist, nicht ausgerechnet einen Beruf ergreift, der ihn ständig mit diesem Allergen in Kontakt bringt. In der Praxis ist das oft aber gar nicht so einfach. Zum Zeitpunkt der Berufswahl ist die Allergie oder die Atemwegserkrankung oft noch gar nicht be- oder erkannt. Oder aber es besteht eine Allergie gegen etwas ganz anderes,
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Wie könnte der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen?
die Überempfindlichkeit gegen den Berufsstoff zeigt sich dann erst im Lauf der Tätigkeit. So entwickeln Pollenallergiker nicht selten im Lauf der Bäckerlehre eine Mehlstauballergie. Gut wäre es, wenn bereits bei der Berufswahl an solche Entwicklungen gedacht würde. Andere allergiegefährdete Berufsgruppen sind vor allem Floristen und Gärtner, Friseure, Tierpfleger oder Berufe, die in irgendeiner Form mit Tieren in Zusammenhang stehen (also z.B. auch Metzger, Kürschner oder Tierärzte). Auch Putzmittel, Latexhandschuhe, Bettfedern, bestimmte Farben und Lacke, Gewürze und viele andere Stoffe können im Berufsleben zu Problemen führen. Im Zweifelsfall sollte hier immer beim geringsten Verdacht nach entsprechenden Zusammenhängen geforscht werden. Beim Nachweis einer Allergie gegenüber Berufsstoffen ist immer eine Meldung an die zuständige Berufsgenossenschaft sinnvoll. Denn in solchen Fällen werden häufig Berufserkrankungen anerkannt. Dies kann zu einer kompletten Umschulung oder - bei älteren Arbeitnehmern oder Selbständigen - zu verschiedenen anderen berufsfördernden Maßnahmen oder in Ausnahmefällen zu einer vorzeitigen Berentung (halbe bzw. volle Erwerbsminderungsrente) führen. In Anbetracht der gegenwärtigen Situation auf dem Arbeitsmarkt wird man es sich aber in jedem Fall gut überlegen müssen, bevor man eingreifendere Aktionen durchführt. Oft reicht schon eine korrekt durchgeführte Behandlung aus, um mit den Verhältnissen wenigstens einigermaßen klarzukommen.
Pollenallergiker und der Bäckerberuf Verschiedene andere Stoffe, die oft Allergieprobleme bereiten Ein Meldung an die Berufsgenossenschaft kann sinnvoll sein
Bronchiale Hyperreaktivität: Denken sie an den Anfang dieses Buches: Jeder Asthmakranke und Bronchiale Hyperviele Menschen mit chronischer Bronchitis sind mehr oder weniger reaktivität und empfindlich gegen alles, was die Atemwege reizt: bronchiale Überemp- Berufsleben findlichkeit oder Hyperreaktivität nennt man das, wie Sie inzwischen wissen. Erinnern Sie sich, dass dies nichts mit einer Allergie zu tun hat. Diese gesteigerte Empfindlichkeit der Atemwege kann im Berufsleben zu großen Problemen führen. Denken Sie an den Maler und die zahlreichen Farb- und Lösungsmitteldämpfe, an den Koch, den
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Alltagstipps
Umschulung oder innerbetriebliche Umsetzung erwägen
Allergie gegen Berufsstoffe erfordert meist Umschulung
Kfz-Mechaniker, an Staub, Gerüche und Dämpfe aller Art. Auch ein Ingenieur oder eine Friseurin (unabhängig von einer möglicherweise zusätzlichen allergischen Sensibilisierung), Verkäufer oder Tankwarte können dadurch unter immer wiederkehrendem Hustenreiz oder sogar Atemnot leiden. Auch hier sollte - wenn es sich nicht gerade um nachgewiesene Gifte handelt, denen aber niemand ausgesetzt werden dürfte - in erster Linie eine korrekte Behandlung der Atemwegserkrankung angestrebt werden. Zumindest die Einstellung auf eine solche Therapie ist nach unserer Meinung sinnvollerweise vom Lungenfacharzt durchzuführen, die weitere Behandlung dann eher wieder Sache des Hausarztes. Bei jüngeren Berufstätigen kann man auch eine Umschulung oder zumindest die Versetzung in eine andere Abteilung überlegen, Ältere (und das heißt in der gegenwärtigen Arbeitswelt leider meist schon jenseits des vierzigsten Lebensjahres!) müssen wohl eher versuchen, sich bestmöglich mit der Situation zu arrangieren. Die bronchiale Hyperreaktivität stellt vor allem beim Asthmakranken meist das Hauptproblem im Arbeitsleben dar, sie lässt sich allerdings auch durch eine korrekt durchgeführte Behandlung mit Medikamenten am besten „in den Griff“ bekommen. „Echte“ Allergieprobleme erfordern dagegen häufig Umschulungsoder andere berufsfördernde Maßnahmen. In diesen Fällen sind die Betroffenen zum Zeitpunkt der Diagnose meistens jünger. Hier sollte möglichst wenig Zeit verschenkt werden. Belastungsatemnot:
COPD und Beruf Das ist nun eher ein Problem - und leider oft ein großes! - der Menschen
mit chronischer Bronchitis und/oder Emphysem, also dem was man heute meist als COPD bezeichnet. Wir haben weiter oben gesehen, dass das Hauptsymptom des Lungenemphysems die Belastungsatemnot ist, die im Laufe der Jahre meist schleichend aber kontinuierlich zunimmt (zumindest solange weitergeraucht und nicht konsequent behandelt wird). Auch die chronische Bronchitis führt in ihrer fortgeschrittenen Form als chronisch-obstruktive Bronchitis (auch als COB bezeichnet)
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Wie könnte der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen?
neben dem ständigen Abhusten von schaumigem oder klumpigem Schleim zu zunehmender Belastungsatemnot. Daraus folgt, dass alle Tätigkeiten, die mit schnellem Laufen, Treppensteigen, schwerem Heben, Hektik und Zeitdruck usw. verbunden sind, je nach Krankheitsschwere Luftprobleme bereiten können - und das meistens langsam aber kontinuierlich zunehmend. Auch staubige, ölige oder allgemein „schlechte“ Luft stellt für die angeschlagenen Atemwegschleimhäute eine oft gravierende Belastung dar. Da es sich hier meist um ältere Berufstätige handelt, ist eine Lösung des Problems oft schwierig bis unmöglich. Vielfach wird man nicht umhinkommen, sich mehr schlecht als recht „durchzuwursteln“, seine Medikamente regelmäßig einzunehmen und sich in schlechteren Zeiten auch mal krankschreiben zu lassen. Auf lange Arbeitsunfähigkeitszeiten reagieren allerdings die meisten Arbeitgeber (vielleicht sogar verständlicherweise) sehr „allergisch“. Da sollte man ein wenig vorsichtig sein und sich auch mal eine Zeit lang „durchbeißen“. Wenn man dann so etwa das fünfundfünfzigste Lebensjahr überschritten hat - kann man durchaus auch mal mit dem behandelnden Arzt über die Möglichkeiten eines Rentenantrages sprechen. Eine Hilfe auf diesem - oft mühsamen und beschwerdereichen - Weg können eine oder mehrere Reha-Behandlungen sein, die - wie wir oben gesehen haben - neben ihrer medizinischen Bedeutung zumindest zeitweise Linderung und Besserung verschaffen und auch eine gewisse „Verschnaufpause“ darstellen können. In Rahmen einer Reha kann man neben dem Gespräch mit einem in diesen Dingen meist erfahrenen Arzt eine Beratung durch den Sozialberater der Einrichtung anstreben. Manchmal lässt sich durch relativ einfache Maßnahmen doch noch für eine gewisse Zeit eine Verbesserung der Situation erreichen. Besser haben es Menschen mit körperlich nicht oder wenig belastenden Berufen. Hier stellen Atemwegserkrankungen meist nur ein geringes Problem dar - wenn überhaupt. Oft ist gerade für diese Menschen die Bestätigung und der Umgang mit anderen, die das Berufsleben ja durchaus auch mit sich bringen kann, eine Stütze und Bereicherung. Es ist
Oft gibt‘s keine Patentlösung
Manchmal hilft nur eine Frühberentung Eine Reha kann eine große Hilfe sein
Für manche Kranken ist gerade der Beruf eine Hilfe zur Krankheitsbewältigung
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Alltagstipps
oft erstaunlich, wie gerade Schwerkranke sich lange dagegen wehren, vorzeitig in den Ruhestand „geschickt zu werden“. Wohnen Atemprobleme Lassen Sie uns nun einen Blick auf den zweiten wichtigen Bereich und werfen, der die Qualität unseres Lebensgefühls nicht unerheblich mit Wohnsituation beeinflusst, unsere Wohnsituation. „My home is my castle“ sagen die
Lassen Sie sich nicht zu viel von der Mode diktieren
Gerade zuhause lauern viele Beschwerdeauslöser!
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Engländer - und viele von uns empfinden ähnlich. Hier können wir vieles selbst bestimmen, wir können auf Vorlieben und Abneigungen, auf Fähigkeiten oder Beschränkungen am besten Rücksicht nehmen und uns mit einer Situation umgeben, in der wir uns wohl fühlen. Jeder sollte diese Möglichkeiten auch nutzen und sich nicht allzusehr von Modeerscheinungen und äußeren Zwängen unter Druck setzen lassen - das müssen wir sonst schon oft genug. Natürlich spielt das „liebe Geld“ eine Rolle, aber ein schönes und gemütliches Heim ist gottlob nicht nur eine Frage des Geldes. Lassen Sie und ggf. Ihr Partner in diesem Bereich Ihre Fantasie spielen, lassen Sie sich nicht zuviel von anderen „hereinreden“, hören Sie auf Ihr Empfinden und ergründen Sie Ihre Bedürfnisse. Was hat das alles mit Atemwegserkrankungen zu tun? Wir denken, eine ganze Menge. Sich wohlfühlen, sich geborgen fühlen, einmal nicht unter Druck stehen, selbst bestimmen können, persönliche Empfindlichkeiten berücksichtigen können: Das alles ist wichtig für ein gutes Lebensgefühl. Und ein solches führt auch wieder zu mehr Wohlbefinden und wirkt sich natürlich auch auf Ihre gesundheitliche Situation aus. Achten Sie gerade auch hinsichtlich Pflanzen und Haustieren, Teppichen und Betten auf Ihre allergologischen „Problemzonen“. Rauch und schlechte Luft vertragen sich nicht mit freier Atmung. Falls die Möglichkeit besteht, sollten Sie darauf achten, in einer Gegend mit guter Luft und etwas Natur in der Umgebung zu wohnen. Achten Sie bei neuen Möbeln auf die oft strengen Ausdünstungen von Lacken und Konservierungsmitteln (auch biologischen!). Insbesondere in Neubauwohnungen muss man unbedingt eine auch nur ansatzweise beginnende Schimmelbildung vor allem in schlecht zu belüftenden Ecken beobachten und ggf. bekämpfen.
Wie könnte der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen?
Dass zumindest im engeren Wohnbereich eines Asthma- oder COPD- Rauchen tabu! Kranken nicht geraucht werden sollte, muss man hier wohl eigentlich nicht noch einmal betonen …? Tätigkeiten im Wohnbereich Zum Thema Wohnen zählen auch Tätigkeiten, die wir zu Hause Haus- und Gardurchführen, z.B. Haus- und Gartenarbeit sowie die verschiedensten tenarbeit, Hobbys Hobbys. Gerade bei diesen Aktivitäten gibt es immer wieder Situationen, wo uns die Luft ausgehen kann oder wir mit atemwegsreizenden Stoffen zu tun haben. Grundsätzlich ist es für einen Atemwegskranken sinnvoll, sich den Wohnbereich möglichst so einzurichten, dass entsprechende Belastungsfaktoren möglichst gering gehalten werden. So lassen sich in der Küche, im Keller, in der Garage oder im Garten häufiger benutzte Dinge so lagern, dass man nicht so viel Hebearbeit leisten muss. Der Umgang mit Putz- und Reinigungsmitteln sollte auf das Nötigste beschränkt werden. Achten Sie bei der Auswahl dieser Produkte darauf, dass es sich nicht um sehr stark riechende oder parfümierte Substanzen handelt. Sorgen Sie nach Möglichkeit für gute Entlüftung im Kochbereich. Küche Als Allergiker sollten Sie für den Staubsauger entsprechende Filter benutzen, die es fast für jedes Modell gibt. Bei Arbeiten im Keller- und Garagenbereich (Schleifen, Bohren, Sägen, Lackieren usw.) sollte ebenfalls auf geeignete Produkte und Absaugungs- bzw. Entlüftungsmöglichkeiten geachtet werden. Auch „Gartenfreaks“ können einiges an Vorbeugung durch gezielte Auswahl und besonnenes Vorgehen erreichen. Lassen wir es bei diesen Andeutungen, sie sollen einfach zum Nachdenken anregen. Wir werden uns jetzt der „schönsten Jahreszeit“ zuwenden: dem (wohlverdienten) Urlaub. Urlaub und Reisen Fast alle Berufstätigen erwarten sehnlichst diese Wochen, alle Hoffnun- Urlaub und Reigen richten sich auf diese Zeit - und das obwohl Psychologen festge- sen stellt haben, dass der Urlaub zu den kritischsten Phasen im Jahresablauf
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Alltagstipps
„Faul“ oder aktiv - jeder sollte seine eigenen Bedürfnisse ergründen
gehört. Vielleicht sind es oft einfach zu viele Hoffnungen und Erwartungen, die sich auf diese 20 bis 30 Tage richten … Was bedeutet aber diese Zeit für den chronisch Atemwegskranken? Zuerst einmal nichts anderes als für alle anderen auch! Gestalten Sie ihn nach Lust und Laune, egal ob Sie das „süße Nichtstun“ oder die heute eher modernen Aktivitäten vorziehen, ob Sie zuhause bleiben (nicht ganz „in“!) oder irgendwo in der Welt herumreisen … Denken Sie aber auch an die soeben angedeuteten Risiken, nehmen Sie sich nicht zu viel vor, planen Sie auch ein wenig Entspannung ein. Es gibt allerdings auch hier ein paar spezifische Dinge zu berücksichtigen, die gerade bei einem Atemwegspatienten bedeutungsvoll sein können. Der „ideale“ Urlaubsort
Gibt es den „idea- Immer wieder werden wir gefragt, wo man als „Asthmatiker“ denn len“ Urlaubsort? am besten Urlaub machen könne: an der Nordsee, an der Ostsee, in
den Bergen, irgendwo in der weiten Welt oder was es sonst noch so an Möglichkeiten gibt. Unsere Erfahrung dazu: Machen Sie Ihre persönlichen Erfahrungen. Im Prinzip ist ein Urlaubsort geeignet, der gute Luft, Erholung und Entspannung bietet, für Jüngere soll ruhig auch ein bisschen „Action“ inbegriffen sein. Was nicht so gut ist: Stress, Hektik, Überanstrengung, ungünstige Luftverhältnisse usw., also das, was uns im Alltag häufig plagt. Die oben erwähnten Urlaubs- und (natürlich auch) Wohngegenden sind alle prinzipiell geeignet, Wohlbefinden zu erzeugen - wenn es mit Ihren persönlichen Bedürfnissen harmoniert. Manche mögen einfach keine Berge (das kann der Autor dieser Zeilen zwar schlecht nachempfinden, aber …), manche dagegen keine Ebene oder das Meer. Die Menschen sind nun einfach sehr unterschiedlich - und da sind Atemwegskranke nicht anders als „ganz“ Gesunde. Fernreisen Manchmal werden wir auch gefragt, wie es mit Fernreisen aussieht. Grundsätzlich ist dagegen überhaupt nichts einzuwenden. Sie sollten allerdings bedenken, dass Medikamente in fernen Ländern meist anders heißen, manchmal gar nicht erhältlich sind, Ärzte selten deutsch sprechen (im allgemeinen allerdings englisch - und das sollte man dann schon ein wenig können, wenn man sich in die Welt begibt).
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Wie könnte der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen?
Unsere Empfehlung: Sprechen Sie einen solchen Urlaub rechtzeitig mit Ihrem Arzt ab, nehmen Sie genügend von Ihren bewährten Medikamenten mit - und zusätzlich wichtige Präparate für den Notfall: Cortison, Antibiotika, Schmerzmittel und Reisetabletten, von denen Sie wissen, dass Sie sie vertragen. Wenn Sie beispielsweise durch einen Infekt eine Verschlechterung Ihrer Erkrankung verspüren, fangen Sie sofort mit einer entsprechenden Behandlung nach dem Stufenschema an. Wenn Sie merken, dass trotzdem alles schlechter wird und Sie die Sache nicht „in den Griff“ bekommen, überlegen Sie auch einen rechtzeitigen Abbruch des Urlaubes. Es ist nicht unbedingt ein Vergnügen, irgendwo in der Welt in irgendeinem Krankenhaus zu liegen, wo man keinen Menschen versteht und sich völlig alleingelassen fühlt. Das soll kein allgemeines Misstrauen sein - überall auf der Erde gibt es gute und hervorragende Ärzte und Krankenhäuser, aber im Einzel- und Notfall weiß man oft nicht, wo man hingerät und hat da auch oft wenig Möglichkeiten oder Einfluss. Deswegen ist sicherlich gerade in solchen Situationen rechtzeitiges Vorbeugen besser. Noch ein Punkt ist wichtig - wir hören es immer wieder von unseren Patienten. Oft ist durch die entspannte Urlaubssituation und die warme reizlose Luft gerade in den Mittelmeerländern (oder auf den Kanarischen Inseln) die Erkrankung sehr stabil und bereitet praktisch gar keine Beschwerden mehr. Manche Zeitgenossen hören daraufhin einfach auf, Ihre Medikamente regelmäßig anzuwenden. Wenn Sie dann an einem „freundlichen“, eiskalten, zugigen mitteleuropäischen Wintertag aus dem Flugzeug steigen, können wir Ihnen den Asthmaanfall fast vorhersagen … Also - vor allem für Asthmatiker gilt: zumindest das entzündungshemmende Cortisonspray unbedingt regelmäßig weiteranwenden! „Schluderei“ kann hier weitreichende Folgen haben.
Wichtig: rechtzeitig mit dem Arzt darüber sprechen
Notfalls auch mal Urlaubsabbruch (rechtzeitig) erwägen
Bei gutem Befinden im Urlaub nicht die Medikamente absetzen!
Reicht der Sauerstoffgehalt in der Kabine eines Flugzeuges aus? Der Sauerstoffgehalt im Flugzeug entspricht etwa einer Meereshöhe Atemnot und von 2000 m. Das kann für einen Patienten mit fortgeschrittener COPD Fliegen schon etwas zu wenig sein. Das muss aber kein Hinderungsgrund für so eine Reise sein. In allen modernen Maschinen gibt es heute Sauerstoff.
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Alltagstipps
Sie sollten sich - wenn Sie eine Sauerstofftherapie benötigen - rechtzeitig mit der Fluggesellschaft in Verbindung setzen. Ähnliches gilt auch für die Versorgung mit Flüssigsauerstoff. Im Prinzip ist es ohne weiteres möglich, dass Ihnen der flüssige Sauerstoff während eines Urlaubes an den Urlaubsort angeliefert wird. Die Firmen, z.B. Linde oder AirProducts, bitten aber um eine Rücksprache etwa zwei Wochen vorher, um organisieren zu können. Fazit Also: Urlaub ja, Aus den letzten Anmerkungen geht eigentlich schon hervor, dass auch aber … COPD-Patienten in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium heute
auf eine - durchaus auch größere - Urlaubsreise nicht unbedingt verzichten müssen. Es soll aber nicht verheimlicht werden, dass mit einer solchen Unternehmung ein größerer Aufwand und eine gewisse Belastung verbunden ist. Als Lohn dafür können gerade solche Reisen, die das Alltagseinerlei unterbrechen, immer wieder Auftrieb und Lebensmut vermitteln. Jeder chronisch Kranke sollte sich aber vor solchen Plänen unbedingt mit dem Hausarzt absprechen. Zum Thema Urlaub und Reise gäbe es noch so manches zu sagen. Wir wollen es aber bei diesen Andeutungen bewenden lassen. Sie werden Ihnen behilflich sein, sich bei Bedarf weiter zu informieren (z.B. was Impfungen oder Ernährung im Ausland u.ä. betrifft). Freizeit und sportliche Betätigung Freizeit und Sport Bleiben wir bei den Dingen, die wir weniger aus Pflichterfüllung als aus
Spaß und Freude an der Sache machen. Es gibt so viele unterschiedliche Freizeitbetätigungen, dass wir auch hier nicht einzelne Dinge ausführlich behandeln können. Aber wir wollen Ihnen wieder ein paar Anregungen geben. Zu den Themen „Garteln“ und Hobbywerken haben wir schon einiges angemerkt. Hier gilt wie überall die Maxime, dass die Tätigkeit Spaß machen, ein wenig Abwechslung und Erholung in den Alltag bringen und möglichst nicht durch ständigen Kontakt mit atemwegsreizenden Stoffen belastet sein sollte.
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Wie könnte der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen?
Viele Freizeittätigkeiten müssen wir hier nicht gesondert erwähnen, weil es nichts „Atemwegsspezifisches“ daran gibt: z.B. Lesen, Musikhören, Fernsehen, Computerspielen, Handarbeiten usw. Diese Dinge sind gute Möglichkeiten, seine Freizeit zu verschönern, ohne in größere Konflikte mit der Erkrankung zu kommen. Schöne und gut geeignete Freizeitbeschäftigungen sind Wandern sowie verschiedene sportliche Betätigungen, zu denen wir hier noch einige Anmerkungen machen wollen, die über das im Kapitel Physiotherapie Gesagte hinausgehen.
Viele Freizeitbeschäftigungen sind völlig problemlos
Sport bei Asthma Alle mit mehr oder weniger körperlicher Anstrengung verbundenen Aktivitäten können natürlich zu Atemproblemen führen, wenn man bestimmte Dinge nicht berücksichtigt. So sollten Sie sich (als Astmatiker) vor Belastungen unbedingt eine Aufwärmphase mit einer kurzen nachfolgenden Ruhepause einschalten. Nach anfänglichem leichten Atemnotgefühl werden viele Asthmapatienten ganz frei und sind dann sehr gut belastbar. Wenn das nicht ausreicht, können Sie auch vor dieser Aufwärmphase einen Hub Ihres Bedarfssprays inhalieren. Mit dieser Methode sind Asthmatiker schon Olympiasieger geworden! Sportliche Betätigungen sollten am günstigsten bei warmer trockener oder feuchter Luft erfolgen. Sehr kalte Luft (vor allem feuchtkalte) führt dagegen häufig zur Atemnotauslösung und ist deshalb ungünstig. Letztlich sollte man aber die Bedingungen, unter denen man am lesitungsfähigsten ist und am wenigsten Beschwerden hat, individuell austesten. Grundsätzlich geht man heute aber davon aus, dass Sport und körperliche Belastung für alle Atemwegskranken günstig ist. Durch Inaktivität, teilweise noch verstärkt durch Medikamentennebenwirkungen, kommt es zu ungünstigen Auswirkungen auf Muskulatur und Kreislauf. Anstrengungen werden dann noch belastender, man bewegt sich immer weniger, nimmt weiter an Kondition ab und an Gewicht zu - es entwickelt sich ein Teufelskreis, der sich letztlich äußerst ungünstig auswirkt. Besonders bei Kindern mit Asthma oder Bronchitis, die man früher sehr geschont und meist vom Schulsport befreit hatte, konnte man her-
Asthma und Sport
Grundsätzlich ist sportliche Betätigung auch für Atemwegskranke günstig
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Alltagstipps
vorragende Erfahrungen mit körperlichem Training machen. Aus verschiedenen Behandlungszentren gibt es zu diesem Spezialthema gute Literatur (s. Anhang). Sport bei COPD COPD und Sport
Erkundigen Sie sich nach einer Asthmasportgruppe
Auch COPD-Kranke, bei denen die Situation etwas anders ist, profitieren aber durchaus von körperlicher Betätigung. Bei diesen Menschen ist die Belastbarkeit meist mehr oder weniger eingeschränkt. Dies lässt sich auch durch Training nicht ganz beseitigen. Die Trainingsziele sollten deshalb realistisch angesetzt werden: Eine mittlere Belastungsstufe, die Sie mit einem Puls von maximal 130/Minute gerade noch gut bewältigen können, ist am günstigsten (lernen Sie unbedingt Ihre Pulsfrequenz zu messen! Ist kinderleicht und gerade bei solchen Tätigkeiten sehr wichtig!). Das Training sollte möglichst regelmäßig erfolgen, etwa zweimal pro Woche über circa zwanzig Minuten. Wichtig ist es auch, dass man bei beginnenden Verschlechterungen zurückhaltend ist und nichts erzwingt. Falscher Ehrgeiz ist unter Umständen gefährlich. Ansonsten gelten ähnliche Voraussetzungen wie beim Sport der Asthmatiker. Ganz besonders wichtig ist es beim Kranken mit schwerer Atemnot, dass solche Anstrengungen unter Aufsicht durchgeführt werden. Manch einer wird seine sportlichen Aktivitäten sinnvollerweise auch mit Sauerstoff durchführen. Es gibt inzwischen vielerorts Atemtherapie- und Asthmasportgruppen, die meist ärztlich oder physiotherapeutisch begleitet und überwacht sind. Auch in einer Rehabehandlung werden heute die Schwerpunkte auf körperliches Training gelegt. Es ist erstaunlich, wie gute Ergebnisse man damit sogar bei Schwerkranken erzielt, die dadurch erstmals seit Jahren wieder kleinere Alltagsbelastungen aushalten können und damit oft erst wieder in die Lage versetzt werden, sich selbst zu versorgen und z.B. Pflegeheimaufenthalte zu verhindern oder hinauszuschieben. Günstige Sportarten für Atemwegskranke
Was ist wirklich Als besonders vorteilhaft kann man Schwimmen, Joggen und Radfahempfehlenswert? ren ansehen, wobei die Umgebungsbedingungen berücksichtigt werden
sollten (z.B. saubere, einigermaßen warme Luft). Dazu kommt natürlich
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Wie könnte der Alltag eines „gesunden“ Atemwegskranken aussehen?
Wandern, das allerdings nicht direkt als Sportart anzusehen ist, dafür aber jedem, egal ob alt oder jung, ob gesund oder chronisch krank Freude, Erholung und Entspannung bescheren kann. Darüberhinaus kann jede Sportart je nach persönlicher Vorliebe und Fähigkeiten betrieben werden, die oben erwähnten Einschränkungen sollen Sie aber berücksichtigen.
Essen und Trinken Zum Abschluss dieses Kapitels noch einige Worte zum Essen und Trin- „Essen und Trinken, einem Thema, das für die meisten von uns ja ebenfalls mit überwie- ken hält Leib und gend positiven Empfindungen zu tun hat. Seele zusammen“ Zuallererst sollten Sie Allergien und Unverträglichkeiten beachten. Denken Sie dabei auch an Kreuzallergien: Viele Pollenallergiker reagieren auf Äpfel und anderes Obst oder recht häufig auch auf verschiedene Gewürze. Da kann sich der Speiseplan schon einmal etwas einengen. Trotzdem, verlieren Sie nicht den Mut, erproben Sie, was Sie gut vertragen und was Ihnen dazu auch noch gut schmeckt. Auch in diesem Bereich geht nichts übers Ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Grundsätzlich sollten Sie auch in diesem für uns Menschen so wichtigen Bereich vor allem Ihre persönlichen Bedürfnisse berücksichtigen und auf Ihre „innere Stimme“ hören, weniger auf das, was uns viele mehr oder weniger wohlmeinende Zeitgenossen ständig empfehlen oder weismachen wollen. Denken Sie daran: Gute Ratschläge anderer sind erst dann für uns gut, wenn wir sie erprobt und selbst für gut befunden haben. Soviel Selbstbewusstsein sollten wir uns zugestehen.
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Alltagstipps
Ein paar Grund- Mit folgenden Grundsätzen werden Sie sicher „nicht schlecht fahren“: regeln zum Thema Essen und Trinken
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abwechslungsreich essen und trinken nicht zu viel und nicht zu wenig wenn Sie‘s mal ein wenig übertrieben haben (auch das gehört dazu), durchaus mal eine kleine Pause einlegen richten Sie sich nach Ihrem Geschmack und Ihren Bedürfnissen wenn Sie abnehmen müssen, keine extremen Diäten, sondern eine vernünftige (und langfristige) Ernährungsumstellung: deutlich weniger, vitamin- und mineralstoffreich, nicht an der Qualität sondern an der Quantität sparen gerade als Atemwegskranker, der regelmäßig Medikamente einnehmen muss, sind insbesondere Mineralstoffe (Kalium, Kalzium, Magnesium, Eisen usw. für Sie wichtig.
Dies ist kein Diätratgeber, deshalb wollen wir es bei diesen wenigen Hinweise bewenden lassen. Auf dem Buchmarkt finden Sie gerade zu diesem Thema vielfältigste Informationen. Eine regelrechte Denken Sie auch daran: Außer Einschränkungen durch spezielle, Asthmadiät gibt allergisch bedingte Nahrungsmittelunverträglichkeiten gibt es keine eies nicht! gentliche „Atemwegs- oder Asthmadiät“. Die allgemeinen Grundsätze einer gesunden, vielfältigen und schmackhaften Ernährung gelten für Sie wie für jeden anderen auch. Völlegefühl, Blähungen und stärkeres Übergewicht können Sie allerdings noch mehr als Ihre Umwelt beeinträchtigen, weil Sie bei Ihnen die ohnehin mehr oder weniger behinderte Atemfunktion durch ein Hochdrücken des Zwerchfelles verstärkt beeinträchtigen können.
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Selbsthilfemaßnahmen im Notfall
XI Selbst ist die Frau / Selbst ist der Mann Selbsthilfemaßnahmen für den Notfall Stellen Sie sich Folgendes vor: Alles ist bei Ihnen optimal geregelt: Sie sind hervorragend geschult, haben einen Arzt, mit dem Sie Ihre Erkrankung partnerschaftlich bewältigen, Sie gehen allen Auslöse- und Schädigungsfaktoren aus dem Weg, führen eine regelmäßige und korrekte Basis-Therapie durch, haben gelernt, Verschlechterungen rechtzeitig zu erkennen und die beginnende Entgleisung Ihrer Krankheit ausreichend zu behandeln, bzw. zum richtigen Zeitpunkt Ihren Arzt zu Rate zu ziehen.
Was tun, wenn trotz allem Atemnot auftritt?
… Und dann bekommen Sie plötzlich Atemnot! Auch das ist ein Teil Ihres Leidens (vor allem, wenn Sie ein „typischer” Asthmatiker sind): Es ist oft unberechenbar und heimtückisch und plagt einen dann am meisten, wenn man am wenigsten damit rechnet! Nach all dem Gelernten sollten Sie nun eigentlich in der Lage sein, Machen Sie sich sich selbst zu helfen, bzw. zu entscheiden, wann Sie ärztliche Hilfe einen „strategibrauchen. Versuchen Sie sich die notwendigen Schritte einmal in Ruhe schen Plan“ zu überlegen! Damit aber wirklich nichts schiefgehen kann, fassen wir diese Schritte nochmals zusammen. Erster (und vielleicht wichtigster) Grundsatz: Ruhe bewahren und überlegt handeln - auch wenn es schwer ist …!
Zuerst einmal: Ruhe bewahren! Schwer aber wichtig
Angst und Panik machen alles noch viel schlimmer!
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Selbst ist die Frau - Selbst ist der Mann!
Danach kann Ihnen das folgende Vorgehen helfen: Erstens: 1. Das (kurzwirkende) bronchienerweiternde Dosieraerosol tief inSpray halieren - im Allgemeinen zwei Hübe, im Zweifelsfall lieber noch
einen oder zwei Hübe zusätzlich (aber nicht mehr!). 2. Zusätzlich können Sie folgende Hilfstechniken einsetzen: Zweitens: a) Lippenbremse: Gegen einen leichten Widerstand (gegen die locker Lippenbremse aufeinander gelegten Lippen) atmen.
Warum? Durch die Lippenbremse entsteht in den Bronchien ein Gegendruck. Dadurch kollabieren die Atemwege nicht so leicht, die Ausatemluft kann besser fließen. Wenn bei der Ausatmung weniger verbrauchte Luft zurück bleibt, ist mehr Platz für frische, sauerstoffreiche Luft bei der Einatmung. Wichtig auch: b) Atemerleichternde Körperstellung: Arme abstützen (z.B. an einer die atemerleichWand, auf einem Tisch, auf einer Mauer oder auf den Oberschenternde Körperkeln bei abgewinkelten Beinen). stellung
Warum? Der Schultergürtel liegt mit einem Gewicht von ca. 10 kg auf dem Brustkorb. Durch das Abstützen der Arme entlastet man den Brustkorb und erleichtert dadurch die Atmung. Durch das Belasten der Arme werden zusätzlich Atemhilfsmuskeln angespannt, die die oberen Rippen in Einatemstellung ziehen. Der Brustkorb wird so weiter. Zusätzlich achtet man darauf, dass sich der Bauch frei bewegen kann, weil der größte Atemmuskel (das Zwerchfell) die Lunge beim Einatmen nach unten zieht (Lunge wird länger) und dadurch die Bauchorgane nach vorne ausweichen (Bauch wird dicker!) - aber auch zu den Seiten und nach hinten (durch Handkontakt fühlen).
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Selbsthilfemaßnahmen im Notfall
Falls nach ca. 10 - 15 Minuten keine deutliche Besserung ( PeakflowWerte mindestens 50 l/Min besser ): 3. Nochmals 2 Hübe des (kurzwirkenden) bronchienerweiternden Dosieraerosols tief inhalieren. Wenn dies nicht ausreicht, auf keinen Fall weiter inhalieren - das ist sinnlos. Die Nebenwirkungen (Unruhe, Zittern, schneller Puls) nehmen dann zu, die Wirkung verstärkt sich dagegen nicht! Wenn Sie ein elektrisches Inhaliergerät (Pariboy o.ä.) zur Hand haben, können Sie dieses unter Nr. 3 alternativ zum Dosieraerosol verwenden (z.B. mit Berodual LS ® 3 Hübe plus 1 Ampulle Kochsalzlösung (NaCl 0,9%) oder 1 Ampulle Myxofat® oder Fluimucil®).
Drittens: nochmal Spray nehmen
Eventuell Pariinhalation mit bronchienerweiterndem Mittel
Bei der Erstinhalation (Nr.1) sollte dagegen möglichst das Dosieraerosol bevorzugt werden! Falls diese Maßnahmen immer noch keinen ausreichenden Erfolg bringen (Peakflow-Werte mindestens 50 l/min besser) oder es Ihnen sogar schlechter geht, handelt es sich um einen schweren Asthmaanfall. Tun Sie dann Folgendes: 4. Alarmieren Sie unbedingt den Arzt (Haus- oder Notarzt)! Dieser veranlasst alles weitere. In solchen Situationen zahlt sich übrigens eine gute partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Hausarzt besonders aus.
Wenn immer noch nicht deutlich besser: Alarm: schwerer Asthmaanfall! Sofort Arzt rufen
5. Nach dem Anruf nehmen Sie sofort eine Tablette Cortison ein (20mg Selbständig Coroder sogar 50mg - am besten sprechen Sie das vorher mit Ihrem tisontablette einArzt ab und lassen Sie sich ein paar Tabletten auf Vorrat von ihm nehmen geben - dies kann im Extremfall lebensrettend sein!) Warum? Alle weiteren bronchienerweiternden Medikamente machen Sie jetzt nur nervöser und haben wahrscheinlich eine zu schwache Wirkung. Mit systemischem Cortison haben Sie die beste Chance, die massiv ver-
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Selbst ist die Frau - Selbst ist der Mann!
krampften Atemwege zu lockern. Cortison wirkt zwar nicht ganz so schnell wie Beta-Adrenergika oder auch Theophyllin, hat jedoch dann eine durchgreifendere, länger anhaltende und letztlich sicherere Wirkung. Auch als Arzt spritzt man ja in dieser Situation Cortison - und das hat schon manchem Asthmatiker das Leben gerettet!. Außerdem machen Sie damit im Zweifelsfall nichts falsch, denn Sie haben ja gelernt, dass Cortison kurzfristig sehr gut verträglich ist. Eventuell Theo- 5. Eventuell - wenn es von der Luft her sehr schlecht geht - können Sie phyllin in Tropin dieser Situation noch zusätzlich ein schnell wirkendes Theophylfenform lin einnehmen:
• Tropfen (z.B. Afonilum® oder Solosin® 30 Trp.) • Trinkampullen (z.B. Solosin®-Trinkampullen) • Brausetabletten zum schnellen Auflösen (z.B. Euphylong® Quick 200) Anmerkung: Auch Spritzampullen sind trinkbar! Es kann bei häufigeren, hochakuten Asthmaanfällen u.U. sinnvoll sein, einige Ampullen zuhause vorrätig zu haben - sprechen Sie dies aber unbedingt mit Ihrem Arzt ab!
Fazit: Sie haben im Kurs gelernt, dass das erste Ziel der Behandlung ist, Asthmaanfälle und Verschlechterungen Ihrer Atemwegskrankheit zu verhindern. Trotzdem kann es dazu kommen, und dann ist es besonders wichtig, richtig und besonnen zu handeln.
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Selbsthilfemaßnahmen im Notfall
Denken Sie immer daran: • Ein Asthmaanfall ist eine große körperliche und seelische Belastung für Sie (und Ihre Umgebung). • Die meisten Asthmaanfälle lassen sich gut behandeln, wenn Sie nicht zu lange warten und die beschriebenen Regeln befolgen. • Asthmaanfälle können aber auch tödlich sein !!! Deswegen: Lernen Sie Ihre Atemnot einzuschätzen (am besten durch PeakflowKontrollen) und angemessen zu reagieren! Angst, Panik und Hysterie sind genauso gefährlich wie Gleichgültigkeit und „Cool-Sein“!! Wenn der Asthmaanfall sehr akut auftritt, muss man oft auch einen oder mehrere Punkte in der Liste überspringen! Das Vorgehen muss individuell angepasst werden. Besprechen Sie es mit Ihrem Arzt! Der beschriebene Ablauf wendet sich in erster Linie an den Asthmapatienten. Der Kranke mit chronischer Bronchitis oder Emphysem (COPD) erlebt solche akut bedrohlichen Situationen erfahrungsgemäß eher selten. Vor allem im Rahmen von schweren Infekten kann es allerdings auch hier zu schwerer Atemnot kommen, oft verbunden mit massivem, zäh-klumpigem Auswurf. Die Vorgehensweise in so einem Fall ist durchaus der beim Asthmaanfall ähnlich. Die Notwendigkeit, einen Arzt zu alarmieren, ist hier aber fast noch wichtiger als beim Asthmaanfall. Viele Asthmatiker kennen solche Anfälle und können relativ gut damit umgehen. Oft wird sich bei besonnenem Vorgehen auch eine Klinikaufnahme vermeiden lassen. Bei der COPD ist so schwere Atemnot dagegen eigentlich immer Hinweis auf eine lebensbedrohliche, meist durch einen bakteriellen Atemwegsinfekt ausgelöste Krise, oft verbunden mit grün-eitrigem Aus-
Notfallmaßnahmen bei einer COPD
Achtung! Schwere Atemnot bei COPD oft noch gefährlicher als bei Asthma
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Selbst ist die Frau - Selbst ist der Mann!
Eine eitrige Bronchitis kann schnell zu einer Lungenentzündung werden
wurf und schwerem Sauerstoffmangel. Hier sprechen die empfohlenen Medikamente fast immer deutlich schlechter an als im Asthmaanfall. Die Gefahr, dass der Kranke in seiner Not dann viel zu viel Medikamente einnimmt ist dadurch natürlich ebenfalls größer. Meist lässt sich dann eine Krankenhauseinweisung nicht vermeiden - und diese sollte nicht zu lange hinausgeschoben werden. Besonders groß ist hier die Gefahr, dass die Atemsituation so schlecht wird, dass man im Krankenhaus zu einer künstlichen Beatmung gezwungen wird. Dies ist aber immer eine sehr belastende Angelegenheit für den Patienten und seine Angehörigen. Deswegen sollte man unbedingt alles tun, um den Eintritt dieses Falles zu vermeiden. Man sollte auch daran denken, dass gerade bei der fortgeschrittenen COPD die Gefahr einer - möglicherweise tödlichen - Lungenentzündung relativ groß ist, wenn man eine akute Bronchitis nicht ernst nimmt und schnellstmöglich mit Antibiotika behandelt. Aus diesem Grund ist es auch wichtig, dass man sich neben einer Grippeimpfung im Herbst jeden Jahres alle 5-6 Jahre eine Pneumokokkenimpfung (Impfung gegen Bronchitis und Lungenentzündung) vom Arzt verabreichen lässt. Damit hat man zwar keinen absoluten Schutz - vor allem nicht gegen die üblichen „Erkältungsinfekte“ - aber doch eine gewisse Sicherheit vor den schweren und lebensbedrohlichen Atemwegs- und Lungeninfektionen, die ganz besonders chronisch Kranke bedrohen. Deshalb: wenn Sie Zeichen für einen Infekt bemerken und sich diese nicht innerhalb kurzer Zeit unter allgemeinen Selbstbehandlungsmaßnahmen verbessern, gehen Sie baldmöglichst zu Ihrem Arzt. Weil das alles sehr wichtig ist, folgt auf der nächsten Seite nochmals eine Checkliste in Stichworten. Abschließend finden Sie dann noch einige Literaturhinweise und Adressen, die Ihnen weiterhelfen können.
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Selbsthilfemaßnahmen im Notfall
Checkliste „akute Atemnot bei Asthma“:
Checkliste Asthmaanfall
Grundregel: Ruhe bewahren - überlegt handeln 1. Spray/DA anwenden (rechtzeitig und richtig!) 2 .Lippenbremse und atemerleichternde Körperhaltung 3. Prüfen: • Deutlich besser? (Peakflow mindestens 50l/min mehr): • o.k. leichter Asthmaanfall • Situation weiter beobachten • Nur wenig besser? • weiter mit Punkt 4 • weitere Verschlechterung? • weiter mit Punkt 6 4. nochmal Spray/DA anwenden - alternativ Inhalationsgerät mit Betaadrenergika (z.B. Berodual® oder Sultanol®) 5. Prüfen: • Deutlich besser? (Peakflow mindestens 50l/min mehr): • vorläufig o.k. mittelschwerer Asthmaanfall • Situation sorgfältig weiter beobachten, ggf. baldmöglichst Ihren Arzt konsultieren • Nicht deutlich besser oder sogar schlechter? • sofort weiter mit Punkt 6! 6. Rufen Sie Ihren Arzt oder den Notarzt! Sofort danach: 7. Cortisontablette nehmen (20 - 50 mg - sprechen Sie dies am besten vorher mit Ihrem Arzt ab, auch damit immer einige Tabletten vorhanden sind) 8. Bei starker Atemnot eventuell zusätzlich Theophyllin flüssig einnehmen (Tropfen oder Granulat, ggf. auch Spritzampulle trinken)
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Selbst ist die Frau - Selbst ist der Mann!
Checkliste akute Atemnot bei COPD
Checkliste „akute Atemnot bei COPD“: Grundregel: Ruhe bewahren - überlegt handeln 1. Spray/DA anwenden (rechtzeitig und richtig!). Wenn Sie Sauerstoff haben, spätestens jetzt anwenden. 2 .Lippenbremse und atemerleichternde Körperhaltung 3. Prüfen: • Deutlich besser?: • o.k.: leichte Atemnot • Situation weiter beobachten • Nur wenig besser? • weiter mit Punkt 4 • weitere Verschlechterung? • weiter mit Punkt 6 4. nochmal Spray/DA anwenden - alternativ Inhalationsgerät mit Betaadrenergika (z.B. Berodual® oder Sultanol®) 5. Prüfen: • Deutlich besser?: • noch etwas abwarten: mittelschwere Atemnot • Situation sorgfältig weiter beobachten, ggf. baldmöglichst Ihren Arzt konsultieren • Nicht deutlich besser oder sogar schlechter? • sofort weiter mit Punkt 6! 6. Rufen Sie Ihren Arzt oder den Notarzt! 7. eventuell Cortisontablette nehmen (20 - 50 mg - sprechen Sie dies am besten vorher mit Ihrem Arzt ab). 8. Bei starker Atemnot eventuell zusätzlich Theophyllin flüssig einnehmen (Tropfen oder Granulat, ggf. auch Spritzampulle trinken)
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Literatur, Webseiten, Adressen
XII Literatur - Adressen Hier möchten wir Ihnen noch einige Bücher nennen, die sich weiterführend mit unserem Thema befassen. Sie sind ebenfalls speziell für medizinische Laien geschrieben und allesamt gut verständlich und zu empfehlen. Linus Geisler Arzt und Patient - Begegnung im Gespräch Wirklichkeit und Wege 4., erweiterte Auflage, 2002 ISBN 3-89786-041-4 EUR 34,90 pmi Verlag AG (Direkt-Bestellung Verlag: FAX +49 (0)69 548000 66) Im Internet gibt es eine Online-Version der 3.Auflage unter www.linus-geisler.de/ap/ap00_inhalt.html) Dietrich Nolte († 2002) Asthma: Verlauf, Ursachen, Behandlung. TRIAS Verlag 1995 ISBN 3-89373-311-6 EUR 12,95 Wolfgang Petro Sauerstoff-Langzeit-Therapie bei Krankheiten der Atmungsorgane Medicus Verlag Gesundheit 1997 (Informationen zur Verfügbarkeit unter 08651/602745) Werner Zenker Mit Asthma leben lernen Econ Ratgeber 1985 ISBN: 3-61220-049-6 (Schon ein paar Jahre alt - aber immer noch lesenswert! Gebraucht für ca.4-5 EUR noch vereinzelt erhältlich)
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Weiterführendes …
Hanns Kaiser Angst vor Cortison? Informationen und Ratschläge ISBN 3893737731 (EUR 17,95) Stephan Theiling, Rüdiger Szczepanski Der Luftikurs für Kinder mit Asthma Ein fröhliches Lern- und Lesebuch für Kinder und Ihre Eltern TRIAS Verlag 1994 ISBN 3893736441 (EUR 14,95) Internet: Viel Interessantes können Sie heute auch im Internet finden, der größten Datenbank unserer Zeit. Das Problem liegt hier eher darin, im „Meer“ des Angebotes das Richtige zu finden. Es würde zu weit führen, hier näher darauf einzugehen und Ihnen eine größere Sammlung an Internetadressen anzubieten. Einige ganz wenige sollen genügen, auf denen Sie dann wiederum weiterführende Infos finden, . www.pneumologie.de Deutsche Lungenstiftung, eine große deutsche Lungenorganisation, u.a. auch Infos für Patienten mit Atemwegserkrankungen (>Patienteninformationen) www.yavivo.de (inzwischen auch zu finden unter www.lifeline.de) Die Yavivohomepage, sehr gut gemachtes Medizin- und Gesundheitsportal für Jedermann mit Möglichkeiten für Fragen an Experten. www.emphysem.info Große Informationsseite für Patienten mit Lungenemphysem und ihre Angehörigen
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Literatur, Webseiten, Adressen
www.atemwegsliga.de (Hier gibt es auch das Buch: Was Sie über Atemwegserkrankungen wissen sollten! pmi Verlags GmbH) www.asthmaweb.de Ein neues Internetangebot speziell für Asthmakranke mit der Möglichkeit, Fragen an Experten zu stellen. Adressen: Und ganz zum Schluss noch einige Adressen, die für Sie hilfreich sein können. Es handelt sich dabei natürlich nur um eine Auswahl. Allergie- und umweltkrankes Kind e.V. Westerholter Str. 142 45892 Gelsenkirchen Tel.: 0209/30530 Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. Hindenburgstr. 110 41061 Mönchengladbach Tel.: 02161/183024-26 Arbeitsgemeinschaft Allergiekrankes Kind e.V. Hauptstr. 29 35745 Herborn Tel.: 02772/9287-0 Patientenliga Atemwegserkrankungen e.V. Berliner Straße 84 55276 Dienheim Telefon:06133-3543 Fax: 06133-924557 E-Mail:
[email protected] 157
Weiterführendes …
Deutsche Liga zur Bekämpfung der Atemwegserkrankungen Burgstraße 12, 33175 Bad Lippspringe Tel. 05252/93 36 15/Fax. 05252/93 36 16 Und abschließend die Anschrift und Telefon-Nummer der Klinik Bad Reichenhall, in der die Autoren tätig sind. Auch hier können Sie Informationen, Rat und - soweit brieflich oder telefonisch möglich - Hilfe erhalten: Klinik Bad Reichenhall mit Emphysem-Hotline Fachklinik für Erkrankungen der Atmungsorgane, Allergien und für Orthopädie der LVA Niederbayern-Oberpfalz Salzburgerstraße 8-11 83435 Bad Reichenhall Tel.: 08651/709-0 Emphysem-Hotline: 0180/367497 (EUR 0,12/min)
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Stichwortverzeichnis
Index A Abhusten 111 Adrenalin 66, 74 allergiegefährdete Berufsgruppen 135 Allergien 30 Allergietestungen 31 Bluttest 31 Hauttest 31 Provokationstest 31 Alltagsbewegungen 116 Alltagstipps für Atemwegskranke 133 Alpha-1-Antitrypsin (Alpha-1Proteinaseninhibitor 24 Alternative Therapieverfahren 104 Alveolen. Siehe auch Lungenbläschen ambulante Atemtherapiegruppe 107 Ampelschema 48 Angsttyp 128 Angst und Atemnot 126 Antibiotika 38 Anticholinergika 78 Arbeitsleben 134 Arbeitsunfähigkeitszeiten 137 Asthmazigarette(!) 78 Asthma (bronchiale) 18 allergisches 19 nicht-allergisches 19 Asthma als Konfliktlösung 124 Asthma cardiale 23 atemerleichternde
Körperhaltungen 126 Atemerleichternde Körperstellungen 109 Atemhilfsmuskulatur 110 Atemnot 15, 41 Atemwegserkrankungen (Übersicht) 12, 26 Ausatmung 13 Auslöser 28 Auswurf 41 Autogenes Training 126 Autogene Drainage 113
B Bäckerlehre 135 Basistherapie 56 Bauchatmung. Siehe Zwerchfellatmung Beckenbodengymnastik 116 Belastungsatemnot und Beruf 136 berufsfördernde Maßnahmen 136 Berufsgenossenschaft 135 Beta-Adrenergika 74 Beta-Sympathikomimetika 74 Blutgase 95 bronchiale Hyperreaktivität 32, 35 Bronchiale Hyperreaktivität und Beruf 135 Bronchiektasen 22 bronchienerweiternde Medikamente 51 Bullektomie 100
C Chirurgische Behandlung 100 chronischer Husten 33
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Index
Chronische Bronchitis 20 obstruktive 21 COPD 24 COPD und Beruf 136 Cortisol 64 Cortison 64 Cortisonalternativen 72 Cortisondosis 70 Cortisonnebenwirkungen. Siehe Nebenwirkungen des Cortisons Cortison im Notfall 149 Cushing-Krankheit 65
D Darmpilz 106 Deposition 53 Diabetes mellitus. Siehe Zuckerkrankheit Diagnostik 98 Disposition zu Atemwegserkrankungen 30 Dosieraerosol 50 Dosierte Lippenbremse. Siehe Lippenbremse Drainagelagerung 113
E Einatmung 13 Entspannungstechniken 117, 126 Entzündung 27 chronische 27 entzündungshemmende Medikamente 51 Essen und Trinken 145 Exacerbation 47, 134 Exacerbationen 83
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F Fliegen und Atemprobleme 141 Flimmerhärchen 112 Flüssigsauerstoff 95 Freizeit 142
G Gasaustausch 14 Grippeimpfung 152 Günstige Sportarten für Atemwegskranke 144
H Haus- und Gartenarbeit 139 Herzasthma 23 Herzasthma (Asthma cardiale). Siehe Asthma cardiale Herzversagen (Herzinsuffizienz) 21 Hobbys 139 Husten 13, 41 Hustendiziplin 112 Hustentechniken 114 Hyperventilation 17
I idealer Urlaubsort? 140 Immunsystem 119 Infekte 35 Bakterielle Infekte: 37 Infektbehandlung 36 Infektvorbeugung 36 Virusinfekte 37 Inhalation 83 Kochsalzlösung 84 Pariboy® 83 Sole 84
Stichwortverzeichnis
Intervall 134
K Kochsalzlösung 84 Kohlendioxid (CO2) 11 Konfliktlösung durch Krankheit 124 Körpersignale 40 Atemnot 41 Auswurf 41 Husten 41 Peakflow-Werte 42 Krankengymnast/in 107 künstliche Beatmung 152 Kur 97 Kutschersitz 110
L Leukotrienantagonist 73 Lippenbremse 109, 126 LTOT 94 Lungenemphysem 23 Lungenentzündung 152 Lungenfacharzt 33 Lungenteilresektion (z.B. bei Bronchiektasen) 100 Lungentransplantation (LTX) 101 Lungenvolumen 14 Lungenvolumenresektion (LVR) 100
M Medikamente (Einzelheiten) 61 medikamentöse Behandlung 55 Metacholintest 34 Montelucast. Siehe Leukotrienan
tagonist Mukolytika 82
N Naturstoffe bei Atemwegserkrankungen 80 Nebennierenrinde 65 Nebennierenrindeninsuffizienz 65 Nebennierenrinde (NNR) 64 Nebenwirkungen des Cortisons 66 vegetative Nervensystem 79 NNR. Siehe Nebennierenrinde (NNR)
O O2-Konzentrator 96 Obstruktion 129 obstruktive Bronchitis. Siehe Chronische Bronchitis Osteoporose 67
P Parasympathikolytika. Siehe Anticholinergika Parasympathikus 80 Pariboy® 83 Partnerhilfen 111 Patiententraingsmaßnahmen 99 PBW 48 Peakflow 42, 45 PEP-Maske 113 persönlicher Bestwert (PBW) 45. Siehe auch Peakflow Pezzi-Ball 113
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Index
pH 95 Physiotherapeut 107. Siehe auch Krankengymnast/in Pneumokokkenimpfung 152 Produktiver Husten 115 Psyche 119 psychosomatischen Medizin 121 psychosomatische Krankheiten 119
R “Raucherlunge” 25 Rauchen 30, 139 Reha 97, 137 Rehabilitationsbehandlung 97 Rehabilitation (“Reha”, “Kur”) 29 Reisen 139 Reizhusten 20 Rentenantrag 137 Retardtabletten 75 Beta-Adrenergika 75 Theophyllin 77
S Sauerstoff 94 Sauerstoff-Konzentrator. Siehe SauerstoffLangzeitbehandlung Sauerstoff-Langzeitbehandlung 94 (mit Sauerstoffstahlflaschen) 96 mit Flüssigsauerstoff 95 mit O2-Konzentrator 96 Sauerstoff (O2) 11 Schleimlöser 82 seelisches Asthma? 121
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Selbsthilfemaßnahmen 147 Selbsthilfetechniken 108 Selbstwahrnehmung 129 Singulair® 73 Sole 84 Soleinhalation 112 Spiriva® 79 Sport 142 Sport bei Asthma 143 Sport bei COPD 144 Sport und Krankheit 116 Stechapfelkraut 78 Steroide 67 Stresshormone 66 Stufentherapie 59, 81 Sympathikus 80 Symptome (Krankheitszeichen) 41
T Teufelskreis von Angst und Atemnot 127 Theophyllin 76 Theophyllinspiegel 77 Therapie 29 medikamentöse 29 Therapie ohne Medikamente 93 Trampolin 113
U Überempfindliches Bronchialsystem. Siehe bronchiale Hyperreaktivität Umweltfaktoren 30 Umweltmedizin 29 Unproduktiver Husten 115 Urlaub 139
Stichwortverzeichnis
Ursachen 28
V Vagolytika. Siehe Anticholinergika Vagus 80 vegetatives Nervensystem 79, 119
W Wechseljahre, Osteoporose und Cortison 68 Wohnen und Atemprobleme 138
Z Zuckerkrankheit 66 Zusatztherapie (bei Verschlechterungen) 58 Zwerchfell 13 Zwerchfellatmung 110
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Luft ist Leben
Einschränkungen der Lebensqualität durch Asthma, chronische Bronchitis, Lungenemphysem oder COPD sind für viele Millionen Menschen tägliche Begleiter geworden. Neben akuten Beschwerden wie Husten, Auswurf oder Atemnot sind es vor allem eine Verminderung der körperlichen Belastbarkeit, Zwang zu täglicher Medikamenteneinnahme und Nachteile im Privat- und Berufsleben, die zu Depressionen und Resignation führen können. Das muss aber nicht so sein. Durch Wissen und spezielle Fähigkeiten, gute Ärzte und Therapeuten als Partner und ein wenig Zuversicht und Aktivität können Sie einen großen Teil dieser Belastungen verringern und ein weitgehend „normales“ Leben führen. Dieses Buch, geschrieben aus praktischer Erfahrung im täglichen Umgang mit Atemwegspatienten von einem Arzt, einem Psychologen und einer Physiotherapeutin, will Ihnen dabei eine Hilfe sein. Es erklärt in verständlicher Sprache alles Wichtige zu den biologischen und medizinischen Grundlagen dieser Erkrankungen, Wissenswertes zu Medikamenten und Therapien und gibt konkrete Tipps und Hinweise für einen besseren Umgang mit der Krankheit. Bleiben Sie der Stärkere, geben Sie Ihrer Lebensfreude und Ihrem Wohlbefinden eine Chance - und nicht der Krankheit. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Wolfgang Petro/Bad Reichenhall
© Brigitte Gratz-Tonrath & Dr. med. Michael Prittwitz www.prittwitz.info/luft-ist-leben E-Mail:
[email protected] ISBN 3-00-013566-9
GP