Vorwort
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Die Geschichte des Islam
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Der Islam in Bildern
61
Der islamische Kult
101
Der Koran
102
Hadith und...
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Vorwort
7
Die Geschichte des Islam
9
Der Islam in Bildern
61
Der islamische Kult
101
Der Koran
102
Hadith und Sunna
106
Scharia: Das Gesetz des Islam
108
Die Fünf Pfeiler des Islam
112
Salat, das Gebet
112
Zakat, die kanonische Steuer
113
Saum, die Fastenzeit
114
Al-hadsch, die Pilgerfahrt
116
Dschihad, der heilige Krieg
118
Geburt und Tod
120
Die Ehe
122
Die Lebensbedingungen der Frau
124
Die religiösen Feste
126
Die Schia
128
Der Sufismus
132
Der Islam in Europa
136
Glossar
140
Der Islam in der Welt
142
Der islamische Kalender
142
Biographie des Autors / Bildnachweis
143
V iele Bücher sind über den Islam geschrieben worden, und man könnte annehmen, daß
Seite 2: Gebet im Innenhof der Moschee von Jiblan.
schon alles über das Thema gesagt sei. Da jede Religion das Bewußtsein des Menschen prägt und gleichzeitig Spiegel seiner Natur und seiner Gedanken ist, darf man daraus schließen, daß sich notwendigerweise auch jede Religion entwickelt, selbst wenn sie unveränderlich erscheint. Vor allem die Philosophie des Islam ist so umfassend, daß sie in alle Bereiche des täglichen Lebens hineinwirkt: Untrennbar ist er mit dem jeweiligen sozialen Kontext verbunden und von daher einem beständigen Wandlungsprozeß unterworfen. Die Scharia, das islamische Gesetz, der «klar bezeichnete Weg, der zu Gott führt», ist eine religiöse Grundlage, die für das Leben in der Gemeinschaft ebenso maßgeblich ist wie für das private. Eine Religion, die so unmittelbar mit dem täglichen Leben verbunden ist, ruft unvermeidlich - vor allem in der Begegnung mit der westlichen Welt - Diskussionen hervor. In der Vergangenheit hat der Islam einen großen Beitrag zur Entwicklung der europäischen Zivilisation geleistet - das gegenwärtige Bild, das durch die Kolonialisierung und die Schaffung von unabhängigen arabischen Staaten geprägt wurde, ist von verwirrender Vielfältigkeit. Häufig bestehen Unklarheiten darüber, was der Islam ist und was er nicht ist. Auch in ihrem Kern hat diese universelle Religion, die in kulturell sehr unterschiedlichen Regionen verankert ist, vielfältige, gelegentlich heftig umstrittene Interpretationen erfahren. Es besteht also weiterhin die Notwendigkeit, objektiv und verständlich — vor allem für den Leser, der sich von außen annähert —, die Geschichte, das Glaubensbekenntnis, den Kult und noch allgemeiner das tägliche private Leben der Gläubigen zu erklären. Begrüßenswert ist die Entscheidung des Verlegers, dieses Buch einem muslimischen Autor anzuvertrauen, der innerhalb der islamischen Kultur geboren und aufgewachsen ist. Wenn dies dazu führt, daß die «Erzählung» in den Augen des Lesers größere Glaubwürdigkeit erfährt, so bot sich dem Autor dadurch die Gelegenheit, erneut über die eigene Religion nachzudenken.
Linke Seite: Der Palast Mohammeds mit den sieben Himmeln darüber. Persische Miniatur aus dem 18. Jahrhundert. Paris, Bibliotheque Nationale.
Die Araber vor dem Islam Der Koran hat die Situation der Araber vor dem Islam mit al-Dschahiliyya bezeichnet, was
Vorhergehende Doppelseite: Ein Mann betet in der Wüste.
soviel wie «Unwissenheit» bedeutet. Dieser Begriff bezieht sich nicht nur auf den Polytheismus, Linke Seite: Arabische Landschaft, wie sie vermutlich bereits vor der Offenbarung des Islam aussah.
sondern auch auf alle anderen Gewohnheiten und Bräuche, die der Islam ablehnt. Aus der Perspektive einer solchen Definition erscheint die Periode, die der Offenbarung des Islam vorausging, ganz offensichtlich in einem negativen Licht. Dennoch wurde sie von manchen
Unten: Ein Dromedar in der Wüste - lebensnotwendiges Transportmittel für die Nomaden Nordarabiens.
Historikern als eine Zeit gewürdigt, in der ein sehr lebendiger und unverfälschter Volksgeist vorherrschte: Bedeutende Kunstwerke und zivilisatorische Errungenschaften sind überliefert, und in mehreren Teilen der arabischen Halbinsel entstanden bedeutende Städte, Kultur- und Handelszentren. Die Araber sind ein Volk semitischer Herkunft, mit zwei verschiedenen Abstammungen: die der Qahtan und die der 'Adnan, die ursprünglich jeweils Süd- und Nordarabien bewohnten. Im Verlauf von Wanderungsbewegungen verschmolzen sie zu einem einzigen Volk. Im Süden entstanden seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. höchst komplexe staatliche Organisationen, wie die der Minäer, Sabäer, Himyariten. Der Norden dagegen ist bis zum Beginn des Islam das Reich der Nomaden. Hier entwickelten sich Karawanenzentren, die den angrenzenden Imperien als «Puffer-Zonen» dienten. Unter diesen Nomadenvölkern bildete sich die arabische Sprache heraus, die semitischen Ursprungs ist und die später von den Quraysch, dem Stamm des Propheten, übernommen wurde.
Araber. Vorn 1. Jahrtausend v. Chr. an wurde der Begriff «Araber» von den Assyrern in ihren Schriften für die Nomaden verwendet, die die Wüsten und Steppen Nordarabiens und Syriens bevölkerten. In griechisch-römischer Zeit bezeichnete man mit dem
Wort Araber nachweislich und unterschiedslos alle Völker, die auf der arabischen Halbinsel lebten.
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Die Geschichte
Wanderungsbewegungen. Um die ethnische, linguistische und kulturelle Entwicklung der
Der Fluß Tigris. Der Fruchtbare Halbmond zwischen Euphrat und Tigris war die Wiege der ersten großen Zivilisationen der Geschichte.
arabischen Halbinsel von Grund auf zu begreifen, muß man zu den Anfängen der ständigen Wanderungsbewegungen zurückgehen, die die arabische Bevölkerung auf dem gesamten Gebiet vollzog. Mehrfach fielen semitische Völker ein, die durch die allmähliche Verwüstung der Halbinsel gezwungen waren, sich neue und günstigere Wohngebiete zu suchen. Zu den ersten, die die Halbinsel verließen, gehörten die Kanaaniter, die sich um das 3. Jahrtausend v. Chr. zur östlichen Küste des Mittelmeers hin bewegten. Um das 2. Jahrtausend v. Chr., verließen die Akkader die Halbinsel, um sich in Mesopotamien niederzulassen. Die Amorräer folgten ihnen und ließen sich entlang des ganzen Bogens des Fruchtbaren Halbmonds nieder, bis ihnen schließlich auch die Aramäer nachzogen. Aber dieselbe Halbinsel hat jahrtausendelang Völker semitischer Sprache aufgenommen, die die fruchtbaren Regionen des Nordens bewohnten. Die arabische Halbinsel war von Karawanenrouten durchzogen, die für den Warentransport von großer Bedeutung waren. Handelsgüter wurden mit dem Dromedar, das bereits seit dem Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. domestiziert war, durch die Wüste transportiert. Die Araber erwiesen sich als Experten der Landbestellung, des Handels und des Militärs. Schon zu Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. kämpften arabische Einheiten im Sattel der Dromedare vor allem in den nördlichen Regionen gegen verschiedene Heere.
Die Sprachen: Ägypten. Die Schrift und die Sprache des Alten Ägypten waren im Lauf der Jahrtausende verschiedenen Veränderungen ausgesetzt. Die Hieroglyphen und die kursive demotische Schrift wurden erst n. Chr. durch die koptische Schrift ersetzt.
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Die Sprachen: Die in Mesopotamien und Syrien verbreiteten Sprachen gehörten zur semitischen Sprachgruppe. Am ältesten waren die akkadischen Sprachen, wie Assyrisch und Babylonisch. Zur Gruppe der kanaanitischen Sprachen gehörten das
biblische Hebräisch, Phönizisch und das davon abgeleitete Punisch (Karthagisch). Während des frühen Christentums wurden die meisten Sprachen von anderen derselben Sprachgruppe ersetzt. Phönizisch wurde noch in den Häfen Syriens
Die Araber vor dem Islam
Im Flußtal Mesopotamiens entstand eine Kultur, die vermutlich älter als die ägyptische ist, sich aber weder in staatlicher noch in gesellschaftlicher Hinsicht mit der gleichen Kontinuität entwickelte und infolgedessen auch keine gemeinsame Sprache hervorbrachte. In der Bibel wird dieses Gebiet als Aram Naharayim bezeichnet, und seine Bewohner sind als Sumerer, Akkader, Assyrer und Babylonier bekannt. Während der ersten Jahrhunderte christlicher Zeit waren der mittlere und der südliche Teil Mesopotamiens mit der Hauptstadt Ktesiphon fest in persischer Hand. Der Norden war zwischen Römern und Persern und lokalen Dynastien aufgeteilt. Mit der Konversion von Kaiser Konstantin (311-337) verbreitete sich die christliche Religion im gesamten Römischen Reich, was zu einer allmählichen Christianisierung des Staatswesens führte. Ein weiteres wichtiges Ereignis fand mit der Verlagerung der Hauptstadt von Westen
Herde von Kamelen (1237, Ausschnitt), Miniatur des irakischen Künstlers al-Wasiti. Paris, Biblioteque Nationale.
nach Osten statt. In Konstantinopel, wo sich das Imperium dem Ansturm der Barbaren noch tausend Jahre nach dem Untergang Roms erfolgreich widersetzte, wurde die Hellenisierung des Mittleren Orients - die Alexander der Große und seine Nachfolger in Syrien und Ägypten bereits eingeleitet hatten - sowohl vom römischen Staat als auch durch die christliche Kirche
Ausschnitt aus einer Koranausgabe im Kufischen Stil, datierbar zwischen dem 8. und 9. Jh. Mailand, Biblioteca Ambrosiana.
vorangetrieben, die beide zutiefst von der griechischen Kultur beeinflußt waren.
und in den nordafrikanischen Kolonien gesprochen. Hebräisch wurde bei Kulthandlungen, in der Literatur und der Wissenschaft verwendet. Aramäisch, die Sprache des Handels und der Diplomatie, war auf dem ganzen Fruchtbaren Halbmond verbreitet.
Die arabische Sprache. Zu Beginn der christlichen Zeit wurde sie vor allem im zentralen und im nördlichen Teil der arabischen Halbinsel gesprochen. Im südwestlichen Gebiet sprach man eine andere semitische Sprache, die mit dem Äthiopischen ver-
wandt war. Völker arabischer Sprache fielen in das Gebiet des Südirak und Syriens ein, ließen sich hier nieder und sorgten so dafür, daß sich die arabische Sprache auf dem gesamten Gebiet durchsetzte.
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Die Geschichte
Der Mittlere Orient wurde zum Schauplatz von ständigen Kriegshandlungen der beiden
Gräber in den Felsen von Petra, der antiken Hauptstadt der Nabatäer in Jordanien.
damaligen Großmächte, Persien und Byzanz. Bereits Ardaschir (226-240 n. Chr.), der Begründer der Sasaniden-Dynastie, hatte mehrere militärische Kampagnen gegen Rom geführt. Die Rivalität zwischen Persien und Byzanz bestimmte bis zur Entstehung des islamischen Kalifats die politische Geschichte der gesamten Region. Hintergrund dieser Konflikte waren natürlich nicht nur Gebietsansprüche, wichtiger noch waren wirtschaftliche Aspekte, das heißt die Kontrolle der Handelsrouten zwischen Orient und Okzident. Der direkteste Weg zwischen dem Mittelmeerraum und dem Fernen Orient verlief über persisches Hoheitsgebiet. Die für Rom und später auch für Konstantinopel wichtige Einfuhr von Waren wie Seide aus China und Gewürzen aus Indien und dem südöstlichen Asien war ständig durch das persische Reich bedroht, das von dem Transitverkehr der Handelskarawanen profitieren wollte. So befanden sich die beiden Großmächte in einem andauernden Kriegszustand, der schließlich dazu führte, daß beide versuchten, ihren Einfluß auf Länder auszudehnen, die nicht Teil des eigenen Territoriums waren. Sie bemühten sich um eine Übereinkunft mit den Karawanenstädten und um gute Kontakte zu den Staaten am Rand der Wüste, um auf diese Weise den Handel abzusichern und gleichzeitig eine strategisch günstige Position für den Fall
Perser und Römer. Ardashir, Gründer der sasanidischen Dynastie, hatte eine militärische Kampagne gegen Rom geführt. Seinem Nachfolger Schapur I. gelang es sogar, den Kaiser Valerian zu entführen, der dann in der Gefangenschaft starb.
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Petra. Die Römer begannen die ersten politischen Beziehungen mit den Wüsten Völkern bereits 65 v. Chr., als Pompejus Petra, die Hauptstadt der Nabatäer, besuchte. Dieses Volk war vermutlich arabischen Ursprungs, auch wenn seine Schrift und
Kultur aramäisch waren. Petra erlangte als Stützpunkt für die Karawanen, die zwischen Indien und Südarabien hin- und herzogen, große Bedeutung. Gleichzeitig war es ein «Puffer-Staat» zwischen den römischen Provinzen und der Wüste.
Die Araber vor dem Islam
eines möglichen Konflikts auszubauen. So entstanden arabische Reiche und Grenzstädte, die
Archäologische Ausgrabungen von Palmyra, Syrien.
einen blühenden Aufschwung nahmen, und die durch Allianzen mit dem Parther-Reich im Unten: Relief mit dem Porträt Zenobias, der Königin von Palmyra. Damaskus, Nationalmuseum.
Osten oder mit den Römern im Westen geschützt waren. Die wichtigsten waren Petra, Palmyra in der syrischen Wüste und Hatra im heutigen Irak, wenige Kilometer südlich des antiken Ninive. Ausgerechnet Ninive, das sich gegen den römischen Machtanspruch erhob, wurde von Trajan unterworfen. Damit war der Übergang der römischen Politik von der guten Nachbarschaft zur Annexion vollzogen, unter der auch bald die beiden Staaten Palmyra und Petra zu leiden hatten. Die gewaltsame Ausdehnung der römischen Einflußsphäre veränderte zumindest für kurze Zeit die bestehenden Machtverhältnisse in der Region. Doch schon bald darauf verleibten sich die Sasaniden, die Persien erobert hatten und eine aggressive Expansionspolitik verfolgten, verschiedene Fürstentümer an der Grenze zum nordöstlichen Arabien ein. Damit nicht genug, drangen sie Mitte des 3. Jahrhunderts bis zu den Küsten Ostarabiens vor und zerstörten das Gleichgewicht der Macht durch die Vernichtung der von den Römern annektierten Stadt Hatra. Zwischen dem 4. und dem 6. Jahrhundert verarmte die arabische Halbinsel zunehmend und war fast ausschließlich von Nomaden bevölkert. Die arabische Chronik berichtet von einer wirtschaftlichen Krise in den städtischen Zentren und dem
Zenobia. Gegen Ende des 3. Jh. versuchte Königin Zenobia, die Unabhängigkeit Palmyras wiederherzustellen. Ihr Versuch wurde jedoch durch die Truppen Aurelians vereitelt, die Stadt kehrte wieder in den römischen Herrschaftsbereich zurück.
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Die Geschichte
Niedergang des Ackerbaus, da sich viele, die bereits seßhaft geworden waren, aus Armut wieder für eine nomadische Lebensweise entschieden. Diese Krise stand mit den Ereignissen an den nördlichen Grenzen in Zusammenhang. In der langen Zeit des Friedens zwischen Rom und Persien (384-502) nahm das Interesse für die langen und kostspieligen Karawanentransporte durch die Wüste merklich ab. Einige Städte an den Handelsstraßen verloren ihre Bedeutung und wurden von ihren Bewohnern aufgegeben. Der Anstieg des Nomadentums führte nicht nur zu einem Rückgang der Lebensqualität, sondern hatte auch einen Niedergang des kulturellen Niveaus zur Folge, da der fruchtbare Austausch mit anderen Kulturen verebbte. Die islamische Tradition hat diese dunkle Zeit al-Dschahiliyya genannt, nicht nur im Vergleich mit der folgenden Zeit, sondern auch um sie von der vorhergehenden abzugrenzen. Mit dem Beginn des 6. Jahrhunderts kehrte man durch den erneuten Konflikt zwischen Byzanz
Ausschnitt eines Felsreliefs aus sasanidischer Zeit in Naqh-i-Rustam, im Gebiet von Fars (südwestlicher Iran). Die mächtigen Reliefs verherrlichen die Könige der Sasaniden-Dynastie (224-651).
und Persien zur Situation der Vergangenheit zurück: Das Gebiet fiel wieder in eine Art permanenten Kriegszustand. Der neue Konflikt verbesserte die Situation auf der arabischen Halbinsel, die nun wieder eine wichtige Rolle spielte. Da die Byzantiner den Persern nicht trauten, waren sie darauf angewiesen, Handelswege zu
Unten: Eine Ansicht der syrischen Wüste.
benutzen, die außerhalb der Kontrolle ihrer Rivalen lagen. So gewann die südliche Straße nach Indien erheblich an Bedeutung. Um ihre Pläne zu realisieren, wetteiferten die beiden Imperien um die Allianz der zahlreichen Völker, die an diesen Routen lebten, und wie schon Jahrhunderte zuvor entstanden entlang der Grenzlinien Staaten und Fürstentümer. In diesem politischen Kontext lösten die Byzantiner um 527 einen Konflikt zwischen Jassan und Hira aus, mit dem Ziel, den Sasaniden direkt zu schaden. Da dies aber nicht ausreichte,
Die arabische Halbinsel. Die arabische Halbinsel ist eine Hochebene aus Steppen und Wüsten, die von Gebirgen umgeben ist. Den größten Teil des Gebiets nimmt die Wüste des Nefud im Zentrum der Halbinsel ein. Im Westen, parallel zum Roten Meer,
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verläuft die Gebirgskette Hidschaz, «Grenze», durch die in früherer Zeit eine Karawanenstraße verlief, die vom Mittelmeer zum Indischen Ozean führte. Das Hidschaz-Gebirge trennt den niedrigen Küstenstreifen namens Tihama von der unend-
Die Araber vor dem Islam
um den persischen Einfluß im Gebiet zurückzudrängen, versuchten sie ebenfalls die neutralen
Der Tempel von Hatra, Irak. In Mesopotamien gab es in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeit Städte mit Bewohnern arabischen Ursprungs.
Staaten zu eliminieren oder zu unterwerfen, um die eigene Vorherrschaft und das Handelsmonopol entlang der Küste zum Roten Meer durchzusetzen. Um auch noch die Kontrolle über die äußerste Region, die noch außerhalb ihres Herrschaftsbereiches lag, zu erlangen, benutzten die Byzantiner das christliche Äthiopien, mit dem sie verbunden waren, um gegen die Juden im Jemen vorzugehen, die von den Persern unterstützt wurden. Die seit kurzem konvertierten äthiopischen Truppen griffen vorn Meer aus das arabische Festland an, zerstörten die letzten unabhängigen Staaten Südarabiens und machten so den Weg für das Christentum frei. Sie drängten auch nach Norden vor und bedrohten im Jahr 527 die Stadt Mekka, die für die Araber sowohl als Handelszentrum wie auch als Kult- und Wallfahrtsstätte bedeutsam war. Dennoch scheiterte das Unternehmen bald völlig, denn schon nach kurzer Zeit übten die Perser wieder die Kontrolle über den Jemen aus. Diese unablässigen Truppenbewegungen und ständigen GrenzVerschiebungen zwischen den verschiedenen Völkern der arabischen Halbinsel haben sowohl in kultureller als auch in religiöser Hinsicht deutliche Spuren hinterlassen. Der größte Teil der Araber in den Grenzgebieten, sowohl in dem von Byzanz annektierten Gebiet als auch in dem unter persischer Kontrolle, waren Christen. Auch in den südlichen
liehen Hochebene Nadschd. Im Süden verläuft eine hohe Gebirgskette vom Jemen bis zum Golf: Die klimatischen und geographischen Merkmale des Gebiets haben den Anbau von Gewürzen und Duftstoffen begünstigt, die im Mittelmeerraum sehr begehrt waren.
Jassan und Hira. An der nordwestlichen Grenze zur Wüste, etwa auf dem Gebiet des heutigen Jordanien, entstand unter byzantinischer Protektion das arabische Fürstentum Jassan; an der nordöstlichen Grenze auf persischer Seite entstand unter deren
Schutz das arabische Fürstentum Hira. Die Kultur beider Fürstentümer war aramäisch, während die Religion christlich war.
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Die Geschichte
Gebieten gab es christliche Siedlungen wie im Nadschran oder im Jemen. Daneben gab es
Miniatur von al-Wasiti aus den Makamen von al-Hariri (1237), Niederschrift von Erzählungen der mündlichen Tradition. Paris, Bibliotheque Nationale.
vor allem im Jemen und an zahlreichen anderen Orten im Innern der arabischen Halbinsel jüdische Gemeinschaften. Die Mitglieder dieser Gemeinschaften stammten vorwiegend von Flüchtlingen aus Judäa ab, andere hatten sich aus Konvertiten herangebildet. Die Gemeinschaften der Nicht-Araber waren vollständig arabisiert. Wenige Araber dagegen hatten aus verschiedenen Gründen die persische Religion angenommen. Daneben gab es die sogenannten Hanifen, womit man diejenigen meinte, die den Polytheismus nicht akzeptierten und traditionell Abrahams Vorstellung von einem einzigen Gott verbunden blieben. Aus der mündlichen Überlieferung der Zeit vor dem 8. Jahrhundert kann man erkennen, daß die Gesellschaft der Araber im wesentlichen durch den Zusammenschluß blutsverwandter Gruppen organisiert war. Die Mitglieder einer Gruppe wurden als barm, «Nachfahren», bezeichnet, das heißt, sie waren Kinder eines Stammvaters und trugen seinen Namen. Innerhalb des Stammes gab es eine gewisse Hierarchie, die sich auf die Reinheit der Sprache und persönliche Qualitäten gründete, grundsätzlich herrschte jedoch das absolute Gleichheitsprinzip. Im Rat der Ältesten, die die Entscheidungen trafen, gab es den sayyid, den «Herrn», der aufgrund seiner Eigenschaften wie Vornehmheit, Mut, Charisma und seiner Fähigkeit, die Diskussionen innerhalb des Rats zu leiten, frei gewählt wurde. Das Blutrecht beinhaltete, daß das Gesetz der Vergeltung die engsten Verwandten des Beleidigers und des Beleidigten traf. Die Lebensbedingungen in der Wüste boten dem arabischen Volk keine Möglichkeit, sich einer Kunst zu widmen, für deren Ausübung man auf eine Vielzahl von Materialien oder Instrumenten angewiesen war. Da sie ständig unterwegs waren und nur das Wichtigste
Die mündliche Überlieferung. Mit dem Anfang des 8. Jahrhunderts begannen die islamischen Wissenschaftler, aus kulturellen, linguistischen und historischen Gründen, aus der noch lebendigen mündlichen Überlieferung die Überreste einer litera-
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rischen Tätigkeit zu sammeln, die vor oder gleichzeitig mit der Offenbarung entstanden war: Es handelte sich um Werke der Dichtkunst, die mündlich weiterverbreitet wurden, da die Schrift zwar bekannt, aber wenig gebräuchlich war. Die Dichtung war so
verbreitet, da sich die Reime dank des Rhythmus gut einprägten. Diese Dichtung erscheint wie ein «Behälter», in dem Gebräuche, Sitten und Beschreibungen der Landschaften aufbewahrt sind. Sie ist der Spiegel einer Gesellschaft von Indivi-
Die Araber vor dem Islam
mitnehmen konnten, richteten sie ihre besondere Aufmerksamkeit auf die Kunst des Wortes.
Nomadenleben in der syrischen Wüste: ein Zeltlager der Beduinen. Das Nomadenleben erlaubte nur eine einzige Form der Kunst, die des Wortes.
In der Sprache, die sie mit großem Einfallsreichtum kultivierten, fanden sie ein geeignetes Medium, um sich künstlerisch auszudrücken, das den Mangel an anderen zwangsläufig vernachlässigten künstlerischen Formen vollauf ersetzen konnte. Durch Worte verliehen sie ihren Empfindungen Gestalt, und mit Worten haben sie ihre Umwelt abgebildet. Die Beduinen waren in jener Zeit in allem vollständig auf die Erfordernisse eingerichtet, die ein Leben in der Wüste ihnen abverlangte. Die Erfahrung der eigenen Begrenztheit in einem schier grenzenlosen Umfeld beeinflußte ihre Gedanken und Gefühle und prägte das kollektive Bewußtsein. Ihr Alltagsleben veränderte sich im Rhythmus mit der äußeren Umgebung, und das heißt ständig, denn die Wüste ändert ihre Physiognomie mit jedem Windstoß.
dualisten, die sehr stark an der eigenen Unabhängigkeit hingen, sich jedoch um zu überleben mit anderen zusammenschließen mußten. Die Traditionen, die Abstammung, der Ruhm der Stämme und ihrer Anführer wurden ebenso wie ihre Schwächen und
ihr Unglück während langer Nachtwachen in den sogenannten samar besungen. Diese Gesänge wurden von Stamm zu Stamm und Generation zu Generation weitergegeben. Ein anderer Ort, an dem die Dichtung verbreitet wurde, waren die von Zeit zu Zeit stattfinden-
den Märkte. Der berühmteste fand in 'Ukaz bei Ta'if, im Hidschaz, statt. All dieses Material und die islamische Tradition, die fast gleichzeitig damit entstand, stellt die reichste Quelle dar, um die Geschichte eines Volkes und seiner Religion kennenzulernen.
19
Mohammed, der Prophet Die Tradition berichtet, daß der Patriarch Abraham seine Frau Hagar und seinen Sohn Ismael
Linke Seite: Mohammed gelangt auf seinem geflügelten Schlachtroß ins Paradies. Darunter sind die heiligen Felsen Jerusalems und die Ka'ba zu sehen. Persische Miniatur des 16. Jh.
in ein einsames Wüstental südlich von Kanaan führte. Hier verkündete ihr der Engel, daß Ismael eine große Nation begründen würde, und Hagar sah, wie das Wasser unter dem Sand hervorquoll. Von da an wurde das Tal zum Rastplatz der Karavanen, weil das Wasser gut war und reichlich floß: Der Brunnen bekam den Namen Zamzam.
Unten: Der Name des Propheten. In geschriebener oder gesprochener Form folgt ihm immer der Satz nach: salla Allahu 'alaihi wa-sallam, «der Friede und der Segen Allahs sei mit ihm». Ausschnitt einer Inschrift auf Keramik.
Eines Tages besuchte Abraham seinen Sohn, und Gott zeigte ihm die genaue Stelle, in der Nähe des Brunnens, wo Ismael ein Heiligtum errichten sollte, das den Namen Ka'ba (Kubus) erhielt. Seine vier Ecken sollten nach den Kardinalpunkten ausgerichtet sein, und in der östlichen sollte der heiligste Gegenstand aufbewahrt werden — ein schwarzer Stein, der vom Himmel gefallen war. Abraham legte fest, daß in jedem Jahr mindestens eine große Pilgerfahrt zu dem Heiligtum stattfinden sollte, kleinere jedoch jeder Zeit. In immer größerer Anzahl begannen die Pilger aus allen Teilen Arabiens und aus anderen Ländern hierherzuströmen und brachten reiche Gaben mit, die sie Mekka darboten. Aber im Lauf der Jahrhunderte verlor sich die Reinheit des Kults gegenüber dem Einzigen Gott. Auch der Brunnen Zamzam versiegte. Direkt verantwortlich waren die Mitglieder des Stammes Dschurhum aus dem Jemen. Die Dschurhum hatten sich die Kontrolle über Mekka gesichert, und die Nachkommen Abrahams hatten dies geduldet, weil die zweite Frau des Ismael diesem
Der Engel. In der Wüste litten Hagar und Ismael bald an Durst, worauf die Mutter, die um das Leben ihres Sohnes bangte, auf einen Felsen zu Füßen einer nahen Anhöhe kletterte, um zu sehen, ob ihnen jemand helfen könnte. Da sie niemanden
erblickte, eilte sie zu einer anderen Anhöhe, wieder ohne Erfolg. Von Panik ergriffen rannte Hagar sieben Mal zu einer höher gelegenen Stelle, bis sie sich beim siebten Mal erschöpft auf einem Felsen niederließ. Ein Engel erschien ihr, der ihr befahl
aufzustehen und ihr Kind hochzuheben. Er verkündete ihr, daß Gott durch Ismael eine großes Volk schaffen würde. Als Hagar die Augen wieder öffnete, sah sie eine Quelle, die unter dem Fuß des Kindes aus dem Sand entsprang.
21
Die Geschichte
Stamm angehörte. Aber dann kam eine Zeit, in der die Dschurhum alle möglichen Frevel
Volkstümlicher Druck mit der Darstellung der Ka'ba. Ein Tuch aus schwarzem Brokat bedeckt das ganze Gebäude. Die vier Engel befinden sich an den Kardinalpunkten.
begingen, bis sie schließlich aus der Stadt verjagt wurden. Vor ihrer Vertreibung schütteten sie den Brunnen mit einem Teil des Schatzes aus dem Heiligtum auf und bedeckten ihn mit Sand. Nach den Dschurhum wurden die Khuza'ah die Herren von Mekka. Die Khuza'ah waren ein arabischer Stamm, der sich von Ismael herleitete und einst in den Jemen emigriert war, inzwischen aber wieder im Norden lebte. Sie unternahmen keinerlei Versuch, den Brunnen wiederzufinden und begingen das Vergehen, das syrische Idol Hubal in der Ka'ba aufzustellen, um es als Vermittler zwischen ihnen und Gott anzubeten. Im 4- Jahrhundert etwa heiratete ein Mann namens Qusayy aus dem arabischen Stamm der Quraysch, der von Abraham abstammte, die Tochter eines Oberhaupts der Khuza'ah. Nach dem Tod seines Schwiegervaters und nach einer blutigen Schlacht entschied man, daß Qusayy Mekka regieren und Wächter der Ka'ba werden sollte. Er rief daraufhin seinen Stamm zusammen und hieß ihn, sich im Tal bei dem Heiligtum anzusiedeln. Qusayy hatte vier Söhne, aber der wichtigste, der auch zu Lebzeiten des Vaters große Ehre erfuhr, war 'Abd Manaf, den der Vater als Nachfolger dem weniger befähigten Erstgeborenen 'Abd ad-Dar vorzog. Diese Rivalität führte zu einem Konflikt, der in der nachfolgenden Generation mit einem Kompromiß beigelegt
Haschim. Der Sohn von 'Abd Manaf hatte Geschäftssinn. Er setzte die beiden Karawanenrouten fest, die der Koran erwähnt: die eine führte in den Jemen, die andere in die nordwestlichen Gebiete Arabiens, bis nach Palästina und nach Syrien. 22
Die Pilgerfahrt. Als das Gebäude fertiggestellt war, befahl Gott Abraham, die Pilgerfahrt nach Mekka als Ritual einzurichten: «Halte mein Haus rein für diejenigen, die den Umgang vollziehen und die stehen und sich beugen und niederfallen [im Gebet];
Und verkündige den Menschen die Pilgerfahrt: Sie werden zu dir kommen zu Fuß und auf jedem hageren Kamel, auf allen fernen Wegen.» (Sure 22, 26-27)
Mohammed, der Prophet
wurde: Haschim, der Sohn von 'Abd Manaf, der zweifellos der fähigste Mann seiner Zeit war, behielt das Recht, Steuern einzutreiben und die Pilger mit Speisen und Getränken zu versorgen, während die Nachfahren von 'Abd ad-Dar weiterhin den Schlüssel der Ka'ba und andere Rechte behalten sollten. Entlang der Karawanenstraße, etwa elf Tagesreisen mit dem Kamel nördlich von Mekka entfernt, befindet sich die Oase von Yathrib, die von jüdischen Stämmen bewohnt wurde, jedoch unter der Kontrolle eines aus dem Süden stammenden arabischen Stammes stand. Bald unterteilte sich der arabische Stamm in zwei Clans: Aus und Khazradsch, die sich im Konflikt miteinander befanden. Haschim hielt um die Hand der einflußreichsten Frau der Khazradsch an und hatte einen Sohn mit ihr, 'Abd al-Muttalib, der schon als junger Mann große Führungsqualitäten bewies. Beim Tod seines Onkels wurde der begabte junge Mann
Pilger bei der rituellen Umgehung der Ka'ba. Gott hatte Abraham befohlen, das Ritual der Pilgerfahrt nach Mekka festzusetzen, einer der fünf Pfeiler des Glaubens.
auserwählt, um die Verantwortung für die Speisen und Getränke der Pilger zu übernehmen. 'Abd al-Muttalib, der von den Quraysch wegen seines Mutes und seiner Weisheit geachtet wurde, hatte jedoch keine Söhne. Da er diesen Mangel schmerzlich empfand, bat er Gott um die Gnade, ihm Söhne zu schenken. Mit seinem Gebet legte er das Gelübde ab, daß er von zehn Söhnen einen in der Ka'ba opfern würde. Sein Gebet wurde erhört, und als seine Söhne
Der Brunnen Zamzam.
An die nordwestliche Seite der Ka'ba grenzt ein kleiner Platz namens Hidschr Isma'il, weil sich unter dem steinernen Boden die Gräber von Ismael und Hagar befinden. Eines Nachts erschien 'Abd alMuttalib, der gerne in der
Nähe des Gotteshauses schlief, eine Gestalt, die ihm befahl, an einer bestimmten Stelle nach dem Brunnen Zamzam zu graben. Mit dem Brunnen kam auch der unter dem Sand begrabene Schatz wieder zum Vorschein. Mit großem Geschick gelang es
'Abd al-Muttalib, den Streit, der unter den Stämmen auszubrechen drohte, zu schlichten. Es wurde festgelegt, daß fortan der Clan des Haschim für den Brunnen Zamzam verantwortlich sein sollte.
23
Die Geschichte
'Abd al-Muttalib flüstert den Namen Mohammeds ins Ohr des Elephanten. Türkische Miniatur. Istanbul, TopkapiMuseum.
erwachsen waren, führte der Vater sie zum Heiligtum, um eine Schicksalsentscheidung
Unten: Die Elefanten bleiben wie durch ein Wunder vor der Ka'ba stehen. Türkische Miniatur, Topkapi-Museum.
Frau seiner Geburtsstadt Yathrib um Rat zu fragen. Ein Menschenleben war damals in Mekka
herbeizuführen. Das Los traf den jüngsten und am meisten geliebten 'Abd Allah. Als die Frauen des Clans protestierten und 'Abd al-Muttalib bedrängten, beschloß dieser eine weise
soviel wie zehn Kamele wert, und die Frau riet ihm, das Los zwischen dem Jungen und zehn Kamelen entscheiden zu lassen. Beim zehnten Mal fiel der Pfeil endlich in Richtung der Kamele, und anstelle des Jungen wurden hundert Kamele geopfert. Das war der Preis des Blutes, und 'Abd Allah war gerettet. Der Vater beschloß nun, seinem Sohn eine Frau zu suchen, und so wurde eine Enkelin von Qusayy, die schöne Amina, Tochter des Wahhab, auserwählt.
Die Geburt Mohammeds. Im Jahr 570, kaum ein Jahr nach seiner Hochzeit, starb 'Abd Allah. Der Schmerz in ganz Mekka war groß, und der einzige Trost bestand darin, daß Amina wenige Wochen nach dem Tod ihres Mannes einen Sohn gebar, der den Namen Mohammed erhielt. Wenige Araber waren des Lesens kundig, aber es war der Wunsch der vornehmen arabischen Familien, daß ihre Kinder reines Arabisch sprachen. Eloquenz und Schönheit der Rede galten als Tugend, und die Anerkennung eines Mannes
Das Jahr des Elefanten. Im Jahr 570 erlangte im Jemen ein Abessinier namens Abraha die Macht. Sein Ziel war es, Mekka als wichtigstes Ziel der Pilgerfahrt auszustechen. Zu diesem Zweck ließ er in Sanaa eine außergewöhnliche Kathedrale
24
errichten. Dies rief den Zorn der arabischen Stämme hervor, und ein Mann aus dem Stamm der Quraysch beschloß, die Kirche zu profanisieren. Daraufhin schwor der erzürnte Abraha, die Ka'ba dem Erdboden gleichzumachen. Er ließ ein großes
Heer aufmarschieren, an dessen Kopf er einen Elefanten stellte. Nur durch ein göttliches Wunder konnte die Ka'ba vor der Zerstörung gerettet werden: denn Gott hatte Vogelschwärme gesandt, die das Heer des Abraha mit Steinwürfen besiegten.
Mohammed, der Prophet
gründete sich ganz wesentlich auf seine Fähigkeit zu dichten und auf sein Talent zur Poesie.
Die Geburt Mohammeds auf einer türkischen Miniatur des 16. Jh. Istanbul, TopkapiMuseum.
Viele aus dem Stamm der Quraysch, der unlängst zum seßhaften Leben übergegangen war, gaben ihre Kinder in die Obhut von Beduinen-Ammen, damit sie in der klaren Luft der Wüste aufwachsen konnten, und so wurde auch der kleine Mohammed einer Frau namens Halima anvertraut. Als Mohammed sechs Jahre alt war, starb auch seine Mutter, woraufhin sich zunächst der Großvater des Waisenkindes annahm. Nachdem auch dieser gestorben war lebte Mohammed bei seinem Onkel Abu Talib, der ihn trotz seiner Armut fürsorglich erzog. Im Alter von zehn Jahren begleitete Mohammed seinen Onkel auf einer Reise mit einer Handelskarawane. In Bostra, auf der Karawanenstraße nach Mekka, trafen sie einen christlichen Mönch namens Bahira, der die Voraussage aus alten Manuskripten kannte, die von einem Propheten für die Araber berichteten. Sobald er den Jungen sah, erkannte er in ihm den Propheten und teilte es dem Onkel mit, bat ihn jedoch, das Geheimnis zu wahren. Durch seine Armut blieb Mohammed länger unverheiratet, als es in der arabischen Gesellschaft üblich war. Unter den reichsten Händlern Mekkas befand sich auch eine Frau, Khadidscha, aus dem mächtigen Clan der Asad, die eine entfernte Cousine von Haschims Söhnen war. Khadidscha war zweimal verheiratet gewesen, und nach dem Tod ihres zweiten Gatten stellte sie Männer ein, die an deren Stelle den Handel betrieben. Sie hatte bereits von Mohammed gehört, den man in Mekka al-Amin, «den Vertrauenswürdigen» und «den Ehrlichen» nannte, was für einen Händler sehr wichtig war. Eines Tages ließ Khadidscha ihn rufen und bat ihn, Waren nach Syrien zu transportieren. Nachdem Mohammed diese Mission erfüllt hatte,
Reinigung. Als Mohammed drei Jahre alt war, ereignete sich ein sehr bezeichnender Vorfall, der zur Reinigung seines Geistes beitrug. Als er mit seinem Ziehbruder hinter den Zelten spielte, näherten sich zwei weißgekleidete Männer mit einem
goldenen Gefäß voll Schnee. Sie nahmen das Kind, streckten es auf der Erde aus, öffneten ihm die Brust und nahmen mit den Händen das Herz heraus. Sie entfernten einen kleinen schwarzen Krumen und warfen ihn weg. Danach wuschen sie Herz und Brust
des Kindes mit Schnee und ließen es gehen. Die Erzählung des kleinen Bruders, der dem Geschehen beigewohnt hatte, alarmierte die Amme. Aus Angst, daß Mohammed etwas zustoßen könnte, beschloß sie, ihn zu seiner Familie zurückzubringen.
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Die Geschichte
Der Schwarze Stein wird in die wiedererrichtete Ka'ba getragen. Persische Miniatur. Edinburgh, Universitätsbibliothek.
schickte die schöne Khadidscha eine Freundin, um die Ehe zu vermitteln. Schnell waren die notwendigen Vereinbarungen getroffen, und so verließ Mohammed das Haus des Onkels, um bei seiner Ehefrau zu leben. Am Tag der Heirat schenkte die Ehefrau ihrem Mann einen ihrer Sklaven, einen fünfzehnjährigen Jungen namens Zayd, den Mohammed adoptierte. Um seinem Onkel zu helfen, der sich aufgrund seiner zahlreichen Kinder in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, nahm Mohammed auch seinen Cousin 'Ali in seinem Haus auf. Mohammed war 35 Jahre alt, als die Quraysch beschlossen, die Ka'ba wiederaufzubauen.
Der Rückzug. Mohammed liebte die Einsamkeit und Meditation und zog sich dazu in eine Höhle auf dem Berg Hira, in der Nähe von Mekka, zurück. Eines Nachts, in seinem 40. Jahr, vor dem Beginn des traditionellen Fastenmonats Ramadan, erschien in der Höhle ein Engel in menschlicher Gestalt. Dieser befahl Mohammed, eine Schriftrolle zu lesen, die er bei sich trug. Erschreckt floh Mohammed aus der Höhle nach Hause und berichtete seiner Frau, was ihm widerfahren war. Als Khadidscha dies hörte, lief sie eilends zu ihrem Cousin Waraqa, der in Hanif als Kenner der alten Schriften galt. Dieser verkündete Khadidscha, daß ihr Mann der Prophet seines Volkes sei. Die Behauptung des Waraqa wurde gleich darauf durch weitere Zeichen, die der Himmel sandte, bestätigt.
Der junge Mohammed. Mit 25 Jahren war Mohammed von mittlerer Größe, schlank, mit breiten Schultern. Haare und Bart waren dicht, schwarz und leicht gewellt. Seine Haut war hell, seine Stirn breit. In einigen Beschreibungen waren seine Augen groß
und oval geschnitten, mit sehr langen Wimpern, in anderen waren sie braun.
Die Kinder. Die Ehe war glücklich, und Khadidscha gebar sechs Kinder: Der erste Sohn namens Qasim starb vor seinem zweiten Geburtstag. Danach wurden die Töchter geboren: Zaynab, Ruqayya, Umm Kulthum und Fatima.
Mohammed, der Prophet
Davon ermutigt und von seiner Frau bedrängt, erzählte Mohammed all denjenigen, die ihm
Eine Stadt wird dem Propheten dargeboten. Miniatur aus Täbriz, 14. Jh. Istanbul, Topkapi-Museum.
am nächsten standen und die er am meisten liebte, von dem Engel und von den Offenbarungen. Die ersten, die die Regeln der neuen Religion akzeptierten, waren nach Khadidscha sein Cousin 'Ali, sein Adoptivsohn Zayd und der treue Freund des Propheten, Abu Bakr, ein geschätzter und geehrter Mann mit großem Wissen, der freundlich und angenehm war. Durch ihn bekannten sich viele zur neuen Religion, und wie Khadidscha zögerte auch er nicht, seinen gesamten Reichtum der Sache des Islam zu vermachen. So wurde die Gruppe der Gläubigen, Männer und Frauen, ständig größer, auch wenn niemand öffentlich aufgefordert worden war, der neuen Religion beizutreten. In der Anfangszeit des Islam beteten die Gefährten des Propheten immer in Gruppen und ohne Zeugen in einem kleinen Tal bei Mekka. Mitten im Gebet versunken, wurden sie einmal von Ungläubigen brutal gestört und beleidigt. Aber die Muslime wollten keine Gewalt anwenden, weil Gott es anders beschlossen hatte. Als Mohammed die neue Religion öffentlich verkündete, schienen die Quraysch zunächst geneigt, sie zu tolerieren. Als sie jedoch verstanden, daß sich diese Lehre direkt gegen ihre Götter, ihre Traditionen und Prinzipien richtete, fürchteten sie um ihren Handel und versuchten Mohammed mit allen Mitteln von seiner Missionsarbeit abzubringen. Da
Die Wiedererrichtung der Ka'ba. Bis Mohammed die Ka'ba wiederrichtete, hatte sie kein Dach, und ihre Mauern waren nur mannshoch. Während des Wiederaufbaus entstand eine heftige Auseinandersetzung zwischen den Quraysch, weil jeder Clan
für sich die Ehre beanspruchte, den Schwarzen Stein zu heben und an seinen neuen Platz zu tragen. Der Streit wurde durch Mohammed geschlichtet: Er bat um einen Mantel, breitete ihn auf der Schwelle aus und legte den Stein in die Mitte. Danach
forderte er jeden Clan auf, einen Zipfel des Mantels zu fassen. Als der Mantel hochgehoben war, ergriff der Prophet den Stein mit seinen Händen und legte ihn an seinen Platz. Danach wurde der Bau zur Zufriedenheit aller fertiggestellt.
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Die Geschichte
sich der Prophet jedoch weder durch Drohungen noch durch verlockende Angebote
Fest bei arabischen Händlern. Miniatur aus der Handschrift von Avicenna. Mailand, Biblioteca Ambrosiana.
beeindrucken ließ und auch weiterhin fortfuhr, andere zu bekehren, gingen die Quraysch dazu über, die Gläubigen, die über keinerlei Schutz verfügten, zu drangsalieren. Die Anfänge der Glaubensgemeinschaft. Die Anzahl der Gläubigen wuchs beständig an, obwohl die Bewohner Mekkas ihnen gegenüber eine immer feindseligere Haltung einnahmen. Eines Tages wurde auch der Prophet selbst angegriffen und von Abu 1-Hakam, einem Feind des Islam, den die Muslime Abu Dschahl, «Vater des Unwissens», nennen, öffentlich beleidigt. Der Prophet setzte sich jedoch nicht zur Wehr, sondern erhob sich lediglich, um ins Haus zurückzukehren. Hamza, ein Onkel des Propheten, begab sich nach dem Vorfall sofort zur Moschee, wo Abu Dschiahl mit mehreren Quraysch saß, und zielte mit dem Bogen auf dessen Schulter. Abu Dschiahl, der es mit der Angst zu tun bekam, reagierte nicht, denn Hamza, der seine Bekehrung zum Islam mit dieser Geste öffentlich machte, genoß als Krieger großes Ansehen. Dieser neue Sieg Mohammeds alarmierte die Quraysch: Für sie wurde es Zeit, einer Entwicklung Einhalt zu gebieten, die ihr Prestige unter den Arabern zerstörte und ihre Interessen bedrohte. Einer von ihnen begab sich zum Propheten, der in der Nähe der Ka'ba saß, um ihm ein Angebot zu unterbreiten. Aber Mohammed erwies sich als unbestechlich und beharrte auf seiner Position, und so wuchsen der Gemeinschaft neben vielen jungen Quraysch, die so den Zorn ihrer Eltern auf sich
Die Offenbarung. Als der Engel Mohammed erschien, war sein erstes Wort: «Lies!» Auf die Antwort «Ich kann nicht lesen», wurde die Aufforderung noch zweimal wiederholt: «Lies im Namen deines Herrn, Der erschuf, / Er schuf den
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Menschen aus einem Klumpen Blut./Lies! denn dein Herr ist der Allgütige,/ der [den Menschen] lehrte durch die Feder,/ den Menschen lehrte, was er nicht wußte.» (Sure 96, 1-5)
Die ersten Gläubigen. Die ersten die sich zur neuen Religion bekannten, waren die Neffen Dscha'far und Zubayr. Eine Offenbarung befahl dem Propheten, den eigenen Clan zu bekehren. Er folgte dem Befehl, hatte jedoch nur geringen Erfolg.
Mohammed, der Prophet
zogen, auch noch andere einflußreiche Gläubige zu, wie zum Beispiel 'Uthman, der zum
Hamza, ein großer Krieger, der sich zum Islam bekehrt hatte, trifft Abu Dschiahl, nachdem dieser den Propheten beleidigt hat. Persische Miniatur (1030). Paris, Bibliotheque Nationale.
umayyadischen Clan der reichen und angesehenen 'Abd Schams gehörte. Mit wachsender Sorge beobachtete Mohammed jedoch, daß er zwar selbst von den Verfolgungen ausgenommen war, diesen jedoch viele seiner Anhänger zum Opfer fielen. Um sie in Sicherheit zu bringen, befahl er ihnen, nach Abessinien überzusiedeln. «Es ist ein Land religiöser Ehrlichkeit», sagte er, «mit einem König, unter dessen Schutz niemand Ungerechtigkeiten erleiden muß.» Tatsächlich wurden die Emigranten dort sehr wohlwollend aufgenommen und man ließ sie ihren Kult frei ausüben. Eine Gruppe von 80 Menschen, die Kinder nicht mitgerechnet, waren die ersten Emigranten des Islam. Nachdem es den Quraysch nicht gelungen war, die Flucht der Gläubigen nach Abessinien zu vereitlen, gerieten die in Mekka zurückgebliebenen Muslime unter noch größeren Druck. Unterstützung erhielten sie jedoch von unerwarteter Seite: Der sechsundzwanzigj ährige 'Umar, Sohn des Khattab und Neffe von Abu Dschahl, der die gläubigen Muslime auf Anweisung seines Onkels ursprünglich besonders erbittert verfolgt hatte, bekehrte sich zum Islam. Mit großem Mut betete er öffentlich vor der Ka'ba und ermutigte die Muslime, es ihm gleichzutun. Zwei Jahre später erlitt der Prophet einen großen Verlust. Im
Aus und Khazradsch. In Yathrib versuchten sich die Stämme, die immer noch im Konflikt miteinander lebten, mit den jüdischen Stämmen zu verbrüdern, die in der Oase lebten. Die Beziehungen blieben jedoch von gegenseitigem Mißtrauen geprägt.
Als die Araber hörten, daß in Mekka ein Mann lebte, der sich Prophet nannte, wandten sie sich bei ihrer Suche nach Verbündeten an ihn. Eine von den Anführern der Aus entsandte Delegation begab sich nach Mekka, um die Quraysch um Hilfe gegen
die Khazradsch zu bitten; sie erhielten jedoch eine ablehnende Antwort. Der Prophet, der ihnen etwas Besseres bieten wollte als seine Unterstützung, rezitierte einen Teil des Korans. Sie waren jedoch nicht geneigt, sich bekehren zu lassen.
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Die Geschichte
Jahr 619 starb mit 65 Jahren seine Frau Khadischa, und schon bald darauf starb auch Abu
Der Prophet beginnt den Bau der ersten Moschee des Islam in Quba bei Medina. Türkische Miniatur des 16. Jh. New York, Public Library.
Talib. Im folgenden Jahr trafen sich während einer Pilgerfahrt Richtung Mekka, in der Nähe von Mina, sechs Männer aus Yathrib von dem Stamm der Khazradsch. Bei dieser Gelegenheit akzeptierten die sechs Männer die vom Islam auferlegten Bedingungen. Im selben Jahr heiratete der Prophet die fast 30jährige Sawda, die ebenfalls Witwe war. Ein paar Monate später wurde die junge und schöne Tochter Abu Bakrs, 'Aischa, Mohammed versprochen.
Hidschra, die Emigration. Nachdem der Prophet mit knapper Not einem Attentat der Quraysch entkommen war, mußten auch er und Abu Bakr aus Mekka fliehen. Nach vielen Schwierigkeiten erreichten beide am 27. September 622 die Oase von Yathrib. Bei der Ankunft in Yathrib wurde Mohammed feierlich empfangen, und sofort befahl er, einen Hof zu erwerben, der in eine Moschee verwandelt werden sollte. Den Muslimen von Yathrib gab der Prophet den Namen Ansar, «Helfer», während die Quraysch-Muslime und die anderen emigrierten Stämme in der Oase den Namen Muhadschirun erhielten. Der Prophet vereinbarte zwischen seinen Anhängern und den Juden, die in der Oase lebten,
Verfolgungen. Die Bekehrung des 'Umar brachte seinen Onkel Abu Dschahl nicht davon ab, die Muslime zu verfolgen. In einem Abkommen verpflichteten sich die Quraysch, weder Frauen aus dem Clan der Haschim zu heiraten noch ihre Töchter
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mit Haschim-Männern zu verehelichten oder gar Handel mit ihnen zu treiben. Etwa vierzig Anführer der Quraysch — einige davon unter Zwang setzten ihr Siegel unter diesen Vertrag, und das Dokument wurde in der Ka'ba niedergelegt. Der
Bann gegen die Muslime blieb zwei Jahre in Kraft, führte aber nicht zu dem gewünschten Erfolg. Schließlich wurde er von Anführern, die nie damit einverstanden waren, offiziell zurückgenommen.
Mohammed, der Prophet
ein Abkommen, in dem sich alle gegenseitig verpflichteten, die Religion des anderen zu tolerieren. In kurzer Zeit faßte der Islam in der Oase Fuß, die bald ihren Namen änderte und nun Medina, die «aufgeklärte Stadt», hieß. Das Gemeinschaftsleben wurde durch die Vorschriften der Offenbarung geregelt, die festsetzten, was erlaubt und was verboten war. Zu den Pflichten gehörte vor allem das Fasten im Ramadan und die Abgabe des Almosen. Als der Bau der Moschee beendet war, ließ der Prophet am östlichen Teil zwei kleine Wohnungen anbauen, in die er mit seiner neuen Frau Sawda und den Töchtern aus erster Ehe zog. Schon bald darauf heiratete er l
die junge und schöne Tochter des Abu Bakr, Aischa, die ihm seit langem versprochen war. Eine Offenbarung, die der Prophet kurz nach der Ankunft in Medina erhalten hatte, erlaubte dem Islam nun auch zu kämpfen. So dauerte es nicht lange, bis sich der Prophet mit einem
Zaynab, eine der Töchter Mohammeds, verläßt Mekka, um ihren Vater in Medina zu treffen. Türkische Miniatur, Istanbul. Museum der türkisch-islamischen Kunst.
bewaffneten Zug aus Helfern und Emigranten von etwa 350 Männern auf den Weg machte. Er begab sich nach Badr, im Westen der Küstenstraße von Syrien nach Mekka, weil er hoffte, dort die Karawane von Abu Sufyan abfangen und überfallen zu können. Aber der Plan scheiterte, da Abu Sufyan das Manöver früh genug durchschaute und die Karawane anwies, einen anderen Weg zu nehmen. Die Quraysch aber nahmen den gescheiterten Überfall sofort zum Anlaß, um in den Krieg zu ziehen. Am 17. März 623 traten sie den Muslimen mit einem Heer von gut 1000 Mann entgegen. Bei der überaus heftigen Schlacht verloren die Quraysch einige ihrer besten Ritter und Anführer und zogen sich verstreut und in kleinen Gruppen nach Mekka zurück. Diese Niederlage bestärkte sie jedoch nur darin, ihre Kriegsanstrengungen zu verstärken. Nachdem die Quraysch das muslimische Heer 625 in einer Schlacht besiegt
Das Attentat. Die Quraysch beschlossen gemeinsam, den Plan des Abu Dschahl auszuführen und den Propheten zu töten: jeder Clan mußte einen starken und zuverlässigen jungen Mann aussuchen; zum verabredeten Moment sollten
sich alle gemeinsam auf Mohammed stürzen, und jeder von ihnen sollte ihm einen tödlichen Stoß versetzen. Auf diese Weise sollte sein Blut auf alle Clans fließen. Die ausgewählten jungen Männer trafen sich beim Einbruch der Nacht vor seiner Tür.
Der Prophet und sein Cousin 'Ali bemerkten sie jedoch rechtzeitig. Im Schutz der Nacht und der göttlichen Vorsehung verließ der Prophet das Haus, begab sich zu Abu Bakr und floh mit ihm nach Yathrib.
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Die Geschichte
hatten, beschlossen sie im Jahr 627 nochmals anzugreifen, um Medina endgültig zu vernichten,
Das mihrab der Moschee El Azhar, Kairo. Das mihrab, die Nische, die die Richtung des Gebets anzeigt, war ursprünglich nach Jerusalem gewandt; sie wurde nach einer Offenbarung 624 in Medina, im Monat Scha 'ban, nach Mekka ausgerichtet.
was ihnen jedoch nicht gelang. Schon im folgenden Jahr begab sich der Prophet mit seinen Anhängern auf eine Pilgerfahrt nach Mekka. Als die Quraysch davon erfuhren, beriefen sie sofort eine Versammlung ein. Der heilige Monat hatte bereits begonnen, aber sie schickten trotzdem 200 Ritter, um den Pilgern den Weg abzuschneiden. Diese jedoch schlugen einen anderen Weg ein, um den Zusammenstoß zu verhindern. Sie erreichten den Paß, der nach Hudaybiya führt, einer Ebene unterhalb von Mekka, die an das heilige Gebiet angrenzt. Die Quraysch sandten nun einen ihrer Männer, der für seine Klugkeit und sein politisches Geschick bekannt war, um mit dem Propheten zu verhandeln. Die beiden handelten einen zehnjährigen Waffenstillstand aus. Darüber hinaus verzichteten Mohammed und seine Gläubigen in diesem Jahr darauf, nach Mekka zu pilgern. Sie erklärten sich bereit die Stadt nicht gegen den Willen und in Anwesenheit ihrer Bewohner zu betreten. Dafür sollten die Ungläubigen im folgenden Jahr für drei Tage die Stadt verlassen, um dem Propheten und seinen Gefährten die Pilgerfahrt zu ermöglichen. Der Pakt gab dem Propheten, wenn auch nur vorübergehend, eine gewisse Sicherheit, der nun seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuwenden konnte. Mohammed schrieb Briefe an die Mächtigen seiner Zeit — unter anderem an den byzantinischen Kaiser Herakleios — mit der Aufforderung, sich zum Islam zu bekehren. Schließlich nahte der Aufbruch zur Pilgerreise, wie sie im Abkommen mit den Quraysch festgelegt worden war. Fast 2000 Gläubige nahmen am Ritual der Pilgerfahrt in der menschenleeren Stadt teil, während die Bewohner von den umliegenden Hügeln zusahen. Doch schon kurze Zeit später, um 630, wurde der Waffenstillstand gebrochen und die Muslime
Die Kämpfe. In den beiden Jahren nach der Schlacht von Badr litten die Bewohner von Mekka darunter, daß sie die Kontrolle über die Karawanenstraßen entlang des Roten Meeres verloren hatten. Deshalb bereiteten sie sich zum Gegenangriff
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vor. Der Zusammenstoß ereignete sich in 'Uhud, im Norden Medinas und fügte den Muslimen eine schwere Niederlage zu. Während der Schlacht kamen viele Verwandte und Gefährten des Propheten ums Leben. Dieser schwere Schlag entmutigte die Glaubens-
gemeinschaft jedoch nicht. 627 holten die Quraysch mit Hilfe eines großen Heeres zum entscheidenden Schlag gegen Medina aus. Während der Belagerung des Festungsgrabens stellte sich die jüdische Gemeinschaft auf die Seite der Mekkaner und brach damit
Mohammed, der Prophet
bereiteten einen Feldzug gegen die Quraysch vor. Mit fast zehntausend Männern war es das größte Heer, das jemals Medina verließ. Als der Befehl zum Angriff gegeben wurde, fielen die Truppen aus vier Richtungen in Mekka ein und überwältigten seine Bewohner. Feierlich zog das siegreiche Heer des Propheten in seine Geburtsstadt ein. Mohammed ließ sich zuerst zur Ka'ba bringen, dann zum Brunnen Zamzam, um dort zu trinken. Danach kehrte er zur Ka'ba zurück und befahl, alle Bildnisse und alle Götzenbilder in der Stadt zu zerstören. Nach dem Sieg von Mekka kehrte der Prophet nach Medina zurück und empfing nun viele Delegationen aus allen Teilen Arabiens. Darunter waren auch jüdische und christliche Delegationen aus dem Jemen und aus Nadschran. Der Prophet erläuterte ihnen die Gesetze des Islam und ermahnte sie, die Steuereintreiber gut zu behandeln,
Die Schlacht von Bad r zwischen den Anhängern des Propheten und den Ungläubigen von Mekka. Türkische Miniatur aus dem 18. Jh. Istanbul, Topkapi-Museum.
die die Abgaben der Muslime, Christen und Juden einsammeln sollten. Er sicherte allen den Schutz Gottes und des islamischen Staates für ihre Person und ihre Besitztümer zu und gewährte ihnen das Recht auf freie Religionsausübung. Im folgenden Jahr brach der Prophet von Medina aus an der Spitze von dreißigtausend Männern
Unten: Krieger von Medina. Ausschnitt einer türkischen Miniatur aus dem 18. Jh. Istanbul, Museum der türkisch-islamischen Kunst.
und Frauen zu einer Pilgerfahrt auf. Er setzte nun endgültig das Ritual gemäß der von Abraham überlieferten Regeln fest.
das Bündnis mit dem Propheten. Dies führte zu einem schweren Zusammenstoß zwischen Muslimen und Juden, bei dem letztere schwere Verluste erlitten.
Das Heer von Zayd. Drei Monate nach der Pilgerfahrt entsandte der Prophet fünfzehn Männer in friedlicher Mission zu einem arabischen Stamm an der Grenze zu Syrien. Alle Boten außer einem wurden getötet. Daraufhin rekrutierte Mohammed
dreitausend Männer und vertraute sie Zayds Kommando an. Das Heer unterlag im Kampf gegen zahlreiche Stämme aus dem Norden, die sich mit den byzantinischen Truppen zusammengeschlossen hatten.
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Die Geschichte
Der Tod des Propheten. Eines Tages, als Mohammed sich gerade in die Moschee begeben wollte,
Mohammed a/s Gast bei christlichen Mönchen während einer Reise nach Syrien. Türkische Miniatur aus dem 16. Jh., Istanbul, TopkapiMuseum.
schmerzte ihn der Kopf wie nie zuvor. Am nächsten Tag, dem 8. Juni 632, ging das Fieber zurück, und obwohl der Prophet sich noch schwach fühlte, folgte er dem Gebetsruf und begab sich zur Moschee. Das Gebet hatte bereits begonnen, als er eintrat; Abu Bakr, der die Betenden anführte, wollte ihm seinen Platz überlassen, doch der Prophet gab ihm ein Zeichen: «Leite du das Gebet!» In die Wohnung 'Aischas zurückgekehrt, streckte er sich aus und legte seinen Kopf auf die Brust seiner Frau. Sie hörte ihn die letzten Worte aussprechen: «O Gott, mit höchster Begleitung ins Paradies.» Sein Kopf wurde schwer, und 'Aischa i \ \
bettete den Kopf des Propheten auf ein Kissen und weinte
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zusammen mit den anderen Ehefrauen. Die Muslime sahen sich nun sofort vor das Problem gestellt, die Nachfolge festzusetzen. 'Umar überzeugte Abu Bakr, sich mit ihm in den Saal zu begeben, wo sich die Menge der Helfer und einige Emigranten versammelt hatten. Abu Bakr war ein vertrauter Gefährte des Propheten und hatte das Gebet geleitet, als der Prophet noch am Leben war. 'Umar nahm also die Hand des Abu Bakr und schwor ihm Treue, Abu 'Ubaida und mehrere andere taten es ihm nach. Am nächsten Tag nach dem Frühgebet machten sich die Familienmitglieder
Die Herausforderer. Ein Mann namens Musaylima, der dem christlichen Stamm der Yamama angehörte und zum Islam übergetreten war, behauptete ebenfalls, ein Prophet zu sein. Er schrieb einen Brief an Mohammed, in dem er ihm vorschlug, die Macht
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zu teilen. Die Antwort war, daß die Macht allein Gottes ist und die Erde nur ihm gehört. Der Herausforderer hatte nur kurzen Erfolg und wurde bald von seinen eigenen Anhängern getötet.
Mohammed, der Prophet
des Propheten daran, das Begräbnis vorzubereiten. Sie begaben sich in 'Aischas Wohnung,
Das Grab Mohammeds in Medina. Türkische Keramik aus dem 18. Jh. Istanbul, Museum der türkischislamischen Kunst.
wuschen und bekleideten den Körper des Toten und begruben ihn neben der Liegestatt, auf der sich der Prophet ausgestreckt hatte. Groß war der Schmerz in der ganzen Stadt Medina, und alle Bewohner eilten in Gruppen herbei, um Abschied zu nehmen und für ihn zu beten.
Die Ungläubigkeit 'Utnars. 'Umar hatte einen Vers des Koran falsch interpretiert und daraus geschlossen, daß der Prophet mehrere künftige Generationen überleben würde. In der Moschee sagte er, daß sich der Prophet in den Geist zurückgezogen habe.
Abu Bakr. Als der Prophet starb, befand sich Abu Bakr außerhalb der Stadt. Sofort aber kehrte er nach Medina zurück und nahm die Situation entschlossen in die Hand. Seine Rede in der Moschee bewegte die Menschen zutiefst. Nachdem er Gott
gelobt hatte, sagte er: «Oh ihr Menschen, wenn ihr Mohammed verehren wollt, doch Mohammed ist tot; doch wenn ihr Gott verehren wollt, Gott ist unter den Lebenden und stirbt nie.»
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Der islamische Staat Die Geschichte des ersten islamischen Kalifats ist ebenso wie die des Propheten nur aus den
Linke Seite: Mosaik im Bad des Umayyaden-Palastes Khirbat al-Mafjar. Israel (8. Jh.).
muslimischen Quellen bekannt und mündlich überliefert. Beim Tod Mohammeds sprach man auf dem Gebiet des heutigen Orients, das von unterschiedlichen Herrschern regiert
Unten: Abu Bakr, übernahm das Kalifat nach dem Tod von Mohammed. Er ist einer der vier sogenannten «Wohlgeleiteten Kalifen». Ausschnitt einer türkischen Miniatur. Istanbul, Topkapi-Museum.
wurde, unterschiedliche Sprachen und verkündete unterschiedliche Religionen. In kürzester Zeit veränderte die neue Macht, vom neuen Glauben bestärkt, das ganze politische und militärische Gleichgewicht. Der Islam wurde Staatsreligion, und Arabisch - die Sprache des Korans - wurde zur offiziellen Sprache erklärt. Der vom Propheten begründete islamische Staat erlebte eine glückliche Epoche unter den vier Kalifen Raschidun, «den Wohlgeleiteten», Stellvertretern oder Statthaltern des Propheten: Abu Bakr, 'Umar, 'Uthman und 'Ali. Als erste schwierige Aufgabe mußte Abu Bakr die Einheit des islamischen Staates sichern und verhindern, daß sich die Stämme von falschen Propheten verführt untereinander aufspalteten. Abu Bakr reagierte entschlossen, und 633 wurden sezessionistische Bewegungen im Keim erstickt. Die arabischen Streitkräfte waren bereit, die Grenze zur Wüste zu überschreiten und den höher entwickelten Kulturen Mesopotamiens und Asiens die Prinzipien ihres Glaubens zu überbringen. Auf Befehl des Kalifen drangen die muslimischen Truppen 633 in Palästina und in Transjordanien ein. Gleichzeitig griffen Truppen Hira, die alte Residenzstadt der Lakhmiden am Euphrat, an. Die mehrheitlich christliche Bevölkerung, die aramäisch sprach und vom
Jenseits der Wüste. Ursprünglich wurde die arabische Expansion von dem unüberwindlichen Wunsch nach neuen Gebieten und Ressourcen ausgelöst, um die zunehmende Verarmung des Erdbodens auf der arabischen Halbinsel
auszugleichen. Der religiöse Enthusiasmus des Propheten überzeugte die Araber Überbinger eines Einheit stiftenden Glaubens zu sein, der ihnen die Kraft verlieh, besser ausgerüstete Heere wie das byzantinische und persische zu besiegen.
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Die Geschichte
persischen Reich unterworfen worden war, geriet unter die Herrschaft des neuen islamischen
Ausschnitt einer gemeißelten Miniatur mit kufischer Inschrift. Saveh, Iran. Mit der Geburt des islamischen Staates entwickelt sich eine Architektur, die die kufischen Schriftzeichen als Ornament verwendet.
Staats. Ebenfalls auf Befehl des Kalifen verließ der Feldherr Khalid ibn al-Walid, der noch vom Propheten den Namen Sayf Allah, «Schwert Gottes», erhalten hatte, im Jahr 634 den Irak, um auf einem legendären Marsch die Wüste zu durchqueren und den Truppen zu Hilfe zu eilen, die sich in Syrien in Schwierigkeiten befanden. Nach einer Reihe von schnellen Erfolgen zogen die Muslime 635 in Damaskus ein. Die entscheidende Schlacht gegen die Truppen des Herakleios fand im August 636 am Yarmuk statt, der südlich von Tiberias in den Jordan floß. Der Sieg verschaffte den Muslimen die endgültige Herrschaft über Syrien. Im Jahr 638 kapitulierten Jerusalem und Caesarea, die letzten Festungen der Byzantiner. 634 folgte das Kalifat von 'Umar ibn al-Khattab, dessen zehnjährige Herrschaft entscheidend für die Bildung des islamischen Staates war und der in der kollektiven Erinnerung des orthodoxen Islam eine bedeutende Rolle spielt. Im selben Jahr, als die Muslime Syrien eroberten, wurde auch Persien unterworfen. Nach der Niederlage von Qadisiyah im südlichen Irak im Jahr 636, wo die muslimischen Truppen nach dreitägigen harten Kämpfen den Weg zur Hauptstadt freikämpften, ergab sich Ktesiphon. Der letzte sasanidische Herrscher Yazdegerd III. wurde in Dschahlula besiegt und 641 endgültig in Hamadan unterworfen. Vor den Muslimen tat sich die persische Hochebene auf: Die Städte und
'Umar ibn al-Khattab. Dem von Abu Bakr designierten Nachfolger 'Umar gelang es nicht nur, die Einheit des Imperiums zu erhalten, sondern er legte auch das Fundament für ein funktionales und effizientes staatliches Verwaltungssystem.
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Verbreitung des Islam. Nachdem die Perser von den Arabern unterworfen worden waren, übernahmen sie den Islam und trugen beachtlich zur Verbreitung des Glaubens unter den Völkern Zentralasiens bei.
Der islamische Staat
Festungen fielen eine nach der anderen. Nach ungefähr zehn Jahren kontrollierten die Araber
Der Saal des UmayyadenPalastes Khirbat al-Mafjar, Israel, 8. Jh. Das zum größten Teil zerstörte Gebäude ist ein wichtiges Zeugnis der Architektur seiner Zeit. Paläste und Moscheen byzantinischer Herkunft haben große Innenhöfe.
das gesamte Gebiet. Ende 639 überschritten wenige tausend arabische Ritter auf Befehl des 'Umar die ägyptische Grenze. Die Byzantiner setzten kaum Widerstand entgegen. Alexandria ergab sich, und die christliche Bevölkerung, die die koptische Sprache Ägyptens sprach und seit Jahrhunderten unter byzantinischer Herrschaft lebte, ging 645 zur islamischen über. Der islamische Staat gewährte seinen neuen Untertanen Religionsfreiheit, ganz so, wie es das Gesetz und das Abkommen zwischen dem Propheten und den «Menschen des Buches» (Ahl al kitab) vorgab, das heißt mit den Anhängern der monotheistischen Religionen, die schriftlich offenbart waren. Christen und Juden waren frei, und ihr Glauben wurde toleriert, sie mußten jedoch eine Kopfsteuer (dschizya) und eine Grundsteuer (kharadsch) entrichten, während die Muslime lediglich ein gesetzlich festgelegtes Almosen (zakat) an den Staat zu zahlen hatten. 'Umar hatte sich zur Frage seiner Nachfolge nicht geäußert, sondern lediglich einen Rat (schura) aus den sechs ältesten Gefährten des Propheten ausgewählt, unter denen der neue Kalif ausgewählt werden sollte. Bei seinem Tod fiel die Wahl des Rats auf 'Uthman, der zum Clan der Umayyaden gehörte und als erster Aristokrat Mekkas zum Islam übergetreten war. Darüber hinaus war er auch ein Schwiegersohn des Propheten.
Die Abgabe. Außer dem gesetzlich festgelegten Almosen, das an den Staat entrichtet wurde, mußten die Muslime keine weiteren Abgaben zahlen. Die gesamte Steuerlast wurde den unterworfenen Völkern aufgebürdet. Die Notwendigkeit, in den
eroberten Ländern Steuern einzutreiben und gleichzeitig den Truppen Sold zu zahlen, begünstigte die Entwicklung von komplexen Finanz- und Verwaltungsapparaten. Man stützte sich dabei auf Register und Listen der Kämpfer (diwan), die einem Funktionär
(amil) unterstanden, der selbst wiederum dem politischen und militärischen Gouverneur (wali) zur Seite gestellt war. Die Einnahmen des jungen Staates wurden vom Kalifen selbst verwaltet.
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Die Geschichte
In den zwölf Jahren seines Kalifats (644-656) breitete sich der Islam weiter aus. Ganz Persien
Die Große Moschee der Umayyaden in Damaskus (707-714).
und Armenien wurden unterworfen, während das arabische Heer in Nordafrika bis nach Tripolis und ins heutige Tunesien vorstieß. Doch seine Herrschaft war auch durch wachsenden Unmut, soziale Proteste und ethisch-religiöse Konflikte gekennzeichnet, die schließlich zu seiner Ermordung führten.
Die Bürgerkriege. Damit wurde der Weg zum Kalifat frei für 'Ali, den Cousin des Mohammed. Dieser konnte seinen Machtanspruch jedoch nicht unmittelbar durchsetzen, weil das islamische Volk durch den Putsch in einen langwierigen und verlustreichen Bürgerkrieg gestürzt wurde. Zunächst mußte 'Ali die Opposition besiegen, die von 'Aischa, der Ehefrau des Propheten, angeführt wurde, danach mußte er gegen Mu'awiya, den mächtigen Gouverneur Syriens kämpfen, der die Ermordung 'Uthmans rächen und das Kalifat für sich selbst beanspruchen wollte. 'Ali fand in den ganzen fünf Jahren seiner unruhigen Regierungszeit keinen Frieden. Nach seinem Tod verzichtete sein ältester Sohn Hasan auf alle Ansprüche und erkannte Mu'awiya, der in Syrien zum Kalifen ernannt worden war, als neues Oberhaupt an. So entstand eine neue Dynastie, die ihren Herrschaftsanspruch
Die Umayyaden. Dem schwachen 'Uthman gelang es nicht, sich seinen adligen Cousins zu widersetzen, die die Schlüsselpositionen des Staates untereinander aufteilten. Einer von ihnen war Mu'awiya, Sohn von Abu Sufyan, der Zypern eroberte
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(649) und versuchte Syrien auszurauben. 655 fand an der Küste von Lykien die erste Seeschlacht zwischen der neuen arabischen Flotte von Mu'awiya und der byzantinischen statt; der Sieg der Muslime leitete ihre Vormachtstellung im Mittelmeer ein.
Die definitive Ausgabe des Koran. Zu den Verdiensten 'Uthmans, des Nachfolgers von 'Umar, gehört es, daß er die endgültige Ausgabe des Koran (650) förderte.
Der islamische Staat
nicht mehr dadurch legitimierte, daß sie der Familie des Propheten angehörte. Die Nachfolge
Die Schatzkammer im Innenhof der Großen Umayyaden-Moschee in Damaskus. Der Bau mit achteckigem Grundriß ist von Säulen gestützt und mit Mosaiken verziert.
des Kalifen ergab sich fortan aus der dynastischen Erbfolge. Die neue Monarchie dehnte ihre Herrschaft von Indien bis nach Spanien aus.
Die Einheit des Imperiums. Von einer Nebenlinie der Umayyaden stieg 685 'Abd al-Malik ibn
Unten: Die Kuppel des Felsendoms in Jerusalem.
Marwan auf den Thron, der ein einheitliches Reich schuf. Ihm und seinem Nachfolger Hischam gebührt das Verdienst, die staatliche Verwaltung neu organisiert zu haben. Arabisch setzte sich als offizielle Verwaltungssprache durch und neue Goldmünzen mit arabischer Prägung wurden in Umlauf gebracht. Sein Sohn Walid (675-715) setzte die Eroberungspolitik fort und dehnte die Herrschaft der Umayyaden-Dynastie über Gibraltar bis nach Spanien und im Osten bis nach Transoxanien aus. 'Umar II. (717-720), ein Kalif tiefer Religiosität und mit großem Gerechtigkeitssinn, war einer der letzten großen Herrscher der Umayyaden-Dynastie. Von Osten her tauchte nun ein neuer Anwärter für das Kalifat auf, ein Abkömmling der 'Abbas, Onkel des Propheten aus dem Clan der Haschimiten, der die Umayyaden-Dynastie fast vollständig auslöschte. Aus der Dynastie rettete sich jedoch ein junger Mann mit außerordentlichem Mut und Entschlossenheit, dem es in einer abenteuerlichen Flucht gelang, sich in Spanien in Sicherheit zu bringen und dort sein Reich neu zu errichten. Mit den Abbasiden-Herrschern verlagerte sich das Zentrum der Macht nach Syrien, dem damaligen Dreh- und Angelpunkt der kosmopolitischen Mächte im Mittleren Orient. Nachfolger von Abu al-Abbas war sein Bruder Abu Dscha'far al-Mansur (754-775), der eigentliche Begründer
'Abd al-Malik ibn Marwan. Zu seiner Regierungszeit sind monumentale religiöse Bauwerke entstanden, die zum Wahrzeichen der universalen Botschaft des Islam wurden. Dazu gehören der Felsendom und die nahegelegene Moschee von Aqsa, die
'Abd al-Malik ibn Marwan 692 auf dem Tempelberg in Jerusalem errichten ließ.
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Die Geschichte
der Dynastie, der am westlichen Ufer des Tigris, nicht weit von Ktesiphon, die neue Hauptstadt
Der Innenhof des befestigten Palastes in Ukhaidir (Irak). Er wurde in der irakischen Wüste, in der Nähe von Bagdad, im Jahr 778 von Isa ibn Musa, dem Neffen von al-Mansur, erbaut.
seines Reiches, Bagdad, erbauen ließ. Die Verwaltung der Randgebiete war in jeder Provinz einem amir anvertraut, der als Provinzgouverneur und Kommandant des Heeres fungierte, während den Finanz-und Steuerämtern ein 'amil vorstand. Trotz des straffen Verwaltungssystems war die Einheit des riesigen Imperiums unter den Abbasiden ständig von zentrifugalen Kräften bedroht. Bereits vom 8. Jahrhundert an hatten sich Spanien und der äußerste Maghreb von der Zentralmacht gelöst, weitere Randprovinzen sowohl im Osten als auch im Westen folgten nach. Der Prozeß der Iranisierung hatte mit al-Mansur begonnen und verstärkte sich mit seinem Sohn al-Mahdi (755-785), die beide vehement für die Reinheit der islamischen Lehre eintraten. Das goldene Zeitalter des Glanzes und der Macht des islamischen Reiches fällt in die lange Regierungszeit von Harun al-Raschid (786-809). Bereits unter der Herrschaft al-Mansurs breitete sich Wohlstand und sozialer Friede aus. Diese günstige Entwicklung konnte dank der Barmakiden, die
die
steuerliche,
politische
und
wirtschaftliche
Administration des Landes in ihren Händen hatten, sogar noch ausgebaut werden. Die Barmakiden, die über vierzig Jahre lang das Imperium verwaltet hatten, waren in den Augen von al-Raschid allzu mächtig geworden. Er warf ihnen
Die Abbasiden. Während des Kalifats der Abbasiden, das mit Abu al'Abbas begann, wurden nicht nur die Araber, sondern auch Perser und andere Ethnien am Hof empfangen. Die politischreligiöse Macht ging von der patriarchalen zur abso-
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luten Monarchie über. Die arabische Sprache wurde als einzige in der Kultur und Verwaltung verwendet, Kunst und Wissenschaft erlebten einen großen Aufschwung. Der Landbesitz der Araber genoß steuerliche Privilegien. Die Abbasiden heirateten nicht
nur innerhalb der adligen Familien, sondern verbanden sich auch mit Konkubinen und Sklaven verschiedener Herkunft. Das führte zur allmählichen Vermischung von Arabern und Angehörigen anderer Völker.
Der islamische Staat
Raffgier und die Verschwendung von Staatsvermögen vor. Doch die Entmachtung der Barmakiden im Jahr 802 hatte verheerende Folgen für die Administration den Provinzen. Sie beschleunigte den Zerfall des Imperiums, das zunehmend weniger in der Lage war, seinen Machtanspruch durchzusetzen. Der Kalif al-Raschid bestimmte seinen ältesten Sohn alAmin, dessen Mutter eine Adlige arabischer Herkunft war, zu seinem Nachfolger und vertraute die Regierung des Khorasan und der östlichen Regionen al-Mamun, seinem Sohn mit einer persischen Sklavin, an. Al-Mamun bestimmte er zum Nachfolger des Bruders. Der neue Kalif hatte jedoch nicht die Absicht, die Ernennung des Bruders zu seinem Nachfolger zu respektieren, was
Der mit Mosaiken verzierte Bogen des mihrab von Hakam II., in der Großen Moschee von Cordoba (785-961).
einen blutigen Kampf auslöste. Nach einer langen Belagerung ergab sich Bagdad im Jahr 813, der Kalif al-Mamun hielt sich jedoch noch lange in den sicheren östlichen Provinzen auf,
Unten: Ausschnitt der gemalten Dekoration eines islamischen Elfenbeinschreins (12.-13. Jh.). Florenz, Museo del Barge/lo.
bevor er in die Hauptstadt zurückkehrte. Nachdem Bagdad erneut Hauptstadt des Imperiums war, führten regionale Machtbestrebungen in Persien zur Bildung von kleinen lokalen Fürstentümern. Im Jahr 820 machte sich ein General persischer Abstammung und Gouverneur al-Mamuns in den Regionen des Khorasan unabhängig und begründete eine autonome Dynastie. Bald folgten andere Regionen seinem Beispiel nach. Der Ruhm des Kalifen gründet sich vor allem auf die Schaffung des Bayt alHikma, einem kulturellen Zentrum, das sich sehr um Übersetzungen aus dem Griechischen
Abu Dschia'far alMansur. Dem Kalifen alMansur und seinen Nachfolgern stand eine persische Barmakiden-Familie zur Seite, der der Titel wazir verliehen wurde. Der persische Einfluß machte sich im Hofleben bemerkbar, zum ersten Mal wurde
ein ständiges Heer nach persischem Modell geschaffen, das die Abhängigkeit des Kalifen von den arabischen Stämmen deutlich verringerte. Die Offiziere gehörten zum diwan und erhielten monatlichen Sold.
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Die Geschichte
und Syrischen bemühte, und dem die philosophische, wissenschaftliche und medizinische
Das Gebäude des rituellen Brunnens, inmitten des Innenhofes der Moschee ibn Tulun in Fustat (Ägypten), erbaut 876-879. Links im Bild das Minarett.
Forschung wesentliche Impulse verdankt. Sein Nachfolger wurde sein Bruder al-Mu'tasim (833-847), der türkische Soldaten und Offiziere aus Zentralasien im Heer einführte. Die Unannehmlichkeiten, die die Soldaten den Einwohnern Bagdads bereitet hatten, zwangen den Kalifen und seinen Hofstaat aus türkischen Prätoren, seinen Sitz nach Samarra zu verlegen. Die neue Hauptstadt, die auch Militärstützpunkt war, lag etwa 150 Kilometer nördlich von Bagdad entfernt und blieb Hauptstadt bis zum Ende des Kalifats 892, als al-Mu'tasims Nachfolger beschloß, nach Bagdad zurückzukehren. Der energische al-Mutawakkil (847-861) brachte die Autorität des Kalifen wieder in Ordnung: Er begrenzte die Macht der türkischen Wache, regelte die Glaubensfragen im Sinne einer strengen Orthodoxie. Zwar unterstützten Bevölkerung und Theologen den Kalifen, das reichte jedoch nicht aus. Im Jahr 861 wurde er von der türkischen Wache ermordet, worauf in der Hauptstadt völlige Anarchie ausbrach. 870 wurde alMu'tamid zum Kalifen gewählt, der wegen seiner Jugend unter der Vormundschaft seines Bruders Talha al-Muwaffa regierte. Letzterem gelang es in zwanzigjähriger Regierungszeit, der Dynastie die frühere Autorität zurückzugeben.
Harun al-Raschid. Der Kalif war wegen seiner Großzügigkeit und Gerechtigkeit berühmt und wurde zur emblematischen Gestalt, um die sich viele Märchen aus 1001 Nacht drehen. Bei den mächtigsten Herrschern, vom Kaiser von China bis zu
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Karl dem Großen, mit denen er Botschaften und Geschenke austauschte, genoß der Kalif al-Raschid höchstes internationales Ansehen. Den sakralen Charakter seiner Autorität als geistiger Führer der Muslime betonte er, indem er persönlich das
öffentliche Gebet am Freitag in der Hauptstadt leitete, Pilgerfahrten nach Mekka unternahm und den dschihad (Krieg gegen die Ungläubigen) vollzog.
Der islamische Staat
Die schnelle Verwandlung eines Agrar- und Militärstaates in ein Vielvölkerreich mit blühenden Handelsaktivitäten und einer großen Konzentration von Arbeit und Kapital in den schnell wachsenden Städten, die über das ganze Land verstreut waren, hatte Ungleichheiten, starke Unzufriedenheit und soziale Spannungen hervorgerufen. Ebenso schnell hatte sich, unter dem Einfluß verschiedener Kulturen, das intellektuelle Leben herangebildet, das immer wieder ketzerische Bewegungen hervorrief. Dem Kalifen al-Muktafi (902-908) gelang es, die qarmatischen Revolten in Syrien und im Irak niederzuschlagen. Sein Nachfolger al-Muqtadir mußte sich mit Rebellionen auseinandersetzen, die, angefacht vom ismailitischen Gedankengut, in Nordafrika ausbrachen. Ihr Anführer 'Ubaidullah, der behauptete, seine Abstammung von Fatima, der Tochter des Propheten, herleiten zu können, ernannte sich zum Kalifen und legte den Grundstein zu einer fatimidischen Dynastie. Nordsyrien wurde nun von der Dynastie der Hamdaniten kontrolliert,
Das spiralförmige Minarett der Großen Moschee in Samarra (848-852) im Norden Bagdads (Irak). Samarra wurde von dem Kalifen al-Mutawakkil als Militärstadt, zur Aufnahme seines großen Heeres, erbaut.
während in Persien die schiitische Familie der Buyiden an die Macht gelangte. In Bagdad herrschten seinerzeit Unordnung und Chaos, der Kalif hatte jede Autorität verloren. Im Jahr 945 zog der buyidische Emir Ahmed als Verteidiger des geschwächten abbasidischen Kalifats in Bagdad ein und erhielt vom Kalifen den Ehrentitel Muizz a-Dawla. Die Macht lag nun ganz in den Händen der schiitischen Dynastie. Der Einfluß des Heeres und der
Unten: Der Imam in der Moschee. Miniatur von alWasiti (1237). Paris, Bibliotheque Nationale.
mächtigen Aristokratie der militärischen Befehlshaber verstärkte sich. Gleichzeitig verringerte sich weiterhin das steuerliche Aufkommen.
Al-Mamun. Der Kalif al-Mamun gehörte zur theologischen Schule der Mutaziliten, deren Lehre er zur Staatsdoktrin erheben wollte. Die Mutaziliten vertraten die Meinung, daß rationale Überlegungen Vorrang vor der Tradition haben müßten. Sie begrün-
deten eine philosophische Schule und verliehen dem Imam die Macht, unabhängig vom Konsens der Rechtsgelehrten eine eigenständige Entscheidung zu treffen.
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Die Geschichte
Der fatimidische Staat. Der fatimidische Staat in Nordafrika verleibte sich Ägypten ein (969)
Der Innenhof der Moschee alHakim in Kairo; links im Bild das oktagonale Minarett. Die Moschee wurde zwischen 996 und 1021 von dem fatimidischen Kalifen al-Hakim erbaut.
und dehnte seinen Einflußbereich bis nach Syrien und auf die arabische Halbinsel aus. Im Gegensatz zu den Buyiden erkannten die Ismailiten die abbasidische Autorität nicht an und strebten nach ihrer Abschaffung. Wohlstand und gefestigte Macht charakterisierten das fatimidische Ägypten, während das Kalifat von Bagdad immer schwächer wurde. Eine Reihe von äußeren Angriffen beschleunigte den Niedergang des Imperiums. Die christlichen Mächte in Europa, von Spanien bis nach Sizilien, organisierten ihre Kreuzzüge gegen das geschwächte Reich, während aus dem Osten Wellen von Invasoren aus den asiatischen Steppen vordrängten. Das galt vor allem für ein ursprünglich türkisches Volk aus den Steppen nördlich des Kaspischen Meeres, das sich im 10. Jahrhundert zum Islam bekehrt hatte und den lokalen Anführern Soldaten und Hilfstruppen bereitstellte. Einer ihrer Anführer, Toghril Beg aus der Dynastie der Seldschuken, der sich zur sunnitischen Orthodoxie bekannte, ernannte sich 1038 zum Sultan von Nischapur und begann seinen Marsch durch Persien. 1055 zog er in Bagdad ein, wo er das Regime der Buyiden beendete und vom Kalifen den Titel eines Sultans und den Auftrag erhielt, die Fatimiden zu bekämpfen. Etwa ein Jahrhundert lang beschäftigten sich die Seldschuken mit der Gründung religiöser Institutionen, mit der Stärkung der staatlichen Autorität und der Kultur.
Soziale Spannungen. Ende des 9. Jahrhunderts verbreiteten sich in der Hauptstadt und in den Provinzen zahlreiche Bettler verschiedener Herkunft, und die Aufstände der Schwarzen in den Salinen des Südirak fügten dem Staat großen Schaden zu.
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Die Qarmaten. Der gewaltsame Aufstand der Qarmaten im Irak war auf dem Land und unter den Beduinen im Jahr 875 ausgebrochen. Er orientierte sich zwar am Schiismus, wurde jedoch durch politische und soziale Forderungen ausgelöst. Er
verbreitete sich schnell in verschiedenen Grenzregionen zwischen Syrien und dem Irak und griff dann auf einige Gebiete der arabischen Halbinsel über, bis 1075 in Bahrein ein unabhängiger Staat gegründet wurde.
Der islamische Staat
Aufstände und Komplotte schwächten die Seldschuken zum Vorteil des Kalifen an-Nasir
Aus dem Orient kamen die gefährlichsten Feinde des Kalifats von Bagdad. Den zum Islam bekehrten Türken gelang es, diese zu besiegen. Würdenträger erweisen hier Dschingis Khan die Ehre. Persische Miniatur aus dem 14. Jh. Paris, Bibliotheque Nationale.
(1180-1225), der auch durch internationale Situation begünstigt wurde, da die Ayyubiden in Ägypten und in Syrien gegen die Kreuzfahrer beschäftigt waren, und die Khawarizm in Persien von den Mongolen bedrängt wurden. Diese wiederum brachen in die muslimische Welt ein (1243), erschütterten Persien und stießen bis zum Irak vor, wo sie die Hauptstadt der Abbasiden zerstörten (1258). Mit dem Ende des Kalifats ging eine Epoche in der islamischen Geschichte und Zivilisation zu Ende.
Das fatimidische Ägypten. Unter der fatimidischen Dynastie erlebte Ägypten einen ungeheuren kulturellen Aufschwung, zu dem alle Ethnien und Religionen beitrugen. Er legt beredtes Zeugnis ab von dem universellen Geist des Islam. Die Expansion von
Wirtschaft und Handel begünstigte die Entwicklung der Stadt. Kosmopolitische Schichten mit erlesenem Geschmack bildeten sich heran. Literarische, wissenschaftliche und philosophische Werke wurden aus dem Griechischen, Persischen und dem
Indischen ins Arabische übersetzt und trugen so zur Bereicherung und Erneuerung der humanistischen Disziplinen in Arabien bei.
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Vom Niedergang des Imperiums bis zur heutigen Realität Nach der Eroberung von Bagdad wandte sich der mongolische Kommandant Hulagu in Richtung
Linke Seite: Frauen in einer Moschee in Isfahan (Iran).
des persischen Nordostens, wo er etwa acht Jahre lang gegen die seldschukischen Sultane in Unten: Timur (Tamerlan) auf einer persischen Miniatur.
Anatolien kämpfte. In dieser Zeit standen sich im Mittleren Orient drei große Mächte gegenüber: das Persien der mongolischen Khans, die von osmanischen Fürsten regierte Türkei muslimischen Glaubens und die mamlukischen Sultane in Ägypten. Von dem großen Sieg ermutigt, begann Hulagu 1259 erneut einen bewaffneten Vorstoß gegen Syrien und zog nach der Eroberung Aleppos in Damaskus ein. In der Schlacht von 'Ayn Dschalut (Palästina) traf die Armee der Mongolen 1260 mit dem mamlukischen Heer unter dem Türken Baybars zusammen und wurde vernichtet. Der Konflikt zwischen der mongolischen Macht und Ägypten setzte sich noch einige Jahrzehnte lang fort und war auch dadurch nicht zu beenden, daß der Khan den islamischen Glauben annahm. Anstelle des schwachen Irak war Ägypten zum Mittelpunkt der islamischen Macht geworden, der es gelang, die Mongolen und die Kreuzfahrer zurückzudrängen. Nach dem Tod von Saladin (1193), dem Begründer der ayyubidischen Dynastie, zerbrach das Reich. Sein Nachfolger al-Malik al-'Adil besiegte noch einmal die Ritter des vierten Kreuzzugs, aber danach war Ägypten gezwungen, eine Politik der Koexistenz mit den Franken zu akzeptieren. Tumulte und Unstimmigkeiten folgten. Nach der Ermordung des letzten Abkömmlings von Saladin, dem Sultan Turan Scha 1250, heiratete der Mamluke 'Izz al-Din die Witwe des Verstorbenen und begründete den Mamluken-Staat in Ägypten und Syrien. Nach dem Sieg
Timur. Im Jahr 1380 machte sich in Zentralasien der mongolische Feudalherr Timur Richtung Persien auf, das er annektierte; daraufhin wandte er sich Richtung Irak und zerstörte Syrien. Erst mit Timurs Tod 1405 endete der verheerende Feldzug der
Steppenvölker, und das weite mongolische Reich zerfiel.
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Die Geschichte
über die Mongolen nutzte der mamlukische General Baybars die allgemeine Konfusion aus und ernannte sich selbst zum Sultan von Ägypten und Syrien. Um seine Macht zu stärken, berief er in Kairo einen geflohenen Abbasiden zum Kalifen, der jedoch nur ein Schattendasein führte und keinerlei Machtbefugnisse innehatte. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts war in Anatolien, an der Grenze zum byzantinischen Bitinia, ein Fürstentum entstanden, das nach seinem Begründer den Namen Osman erhielt. Es befand sich in einem fortwährenden Grenzkrieg mit den Byzantinern. Gleichzeitig überquerten die osmanischen Truppen 1354 die Dardanellen und gelangten nach Europa, wo sie sich schnell auf dem Balkan, in Makedonien, Bulgarien und Serbien verbreiteten. Ein ehrgeiziger Heerführer, Bayezid I. (1389-1401), der vierte Erbe Osmans, begnügte sich nicht mit dem weiten ererbten Gebiet in Europa und Asien, sondern wollte auch die Mann mit Blume. Miniatur der Schule von Herat (1260). Istanbul, Topkapi-Museum.
türkischen Emirate annektieren, um ganz Anatolien zu vereinen. Aber in der entscheidenden Schlacht von Ankara 1402 wurde Bayezid geschlagen. Nach jahrelangen Bürgerkriegen wurde Mehmet L, ein Sohn des Bayezid, im Jahr 1413 zum einzigen Herrscher des osmanischen Staates. Die territoriale Expansionspolitik wurde unter Murad II. (1421-1451) fortgesetzt.
Baybars. Der von Baybars begründete sunnitische Mamluken-Staat stützte sich auf eine sehr komplexe, zivile und militärische Verwaltungsstruktur, in der die zivilen Verwalter den mamlukischen Offizieren unterstellt waren. Das erbliche Sultanat
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dauerte bis 1383 an, als der Kampf zwischen den Militärkommandanten um den Thron begann. Der Titel wurde endgültig 1517 abgeschafft, als die osmanischen Türken Ägypten eroberten.
Murad II. Der energische Sultan verteidigte die osmanische Macht auf dem Balkan gegen die Ungarn, weitete seine Macht bis nach Anatolien aus und konsolidierte den Staat; er modernisierte das Heer, indem er 1422 Feuerwaffen einführte.
Vom Niedergang des Imperiums bis zur heutigen Realität
Mehmet II., Sohn Murads, genannt Fatih, «der Eroberer», bestieg 1451 den Thron. Sofort wollte er das inzwischen islamische Anatolien und den europäischen Teil des Reiches zusammenschließen. Mit der Eroberung Konstantinopels, das nun Hauptstadt des Sultanats und neues geistiges Zentrum der muslimischen Welt in Europa wurde, setzte er dem byzantinischen Reich ein Ende. Als Bayezid II. 1481 Sultan der Osmanen wurde, entstand zwischen Ägypten und dem osmanischen Reich ein Konflikt um die Kontrolle über Sizilien. Von 1485-1490 dauerte der Krieg, der weder Sieger noch Besiegte kannte und sehr auf dem ägyptischen Staat lastete. Die Osmanen bereiteten sich zum letzten Angriff vor. Aber zuvor mußten sie sich mit der dritten islamischen Macht, Persien, auseinandersetzen. 1501 hatte Schah Isma'il, Herrscher der Turkmenen, in
Schah 'Abbas !. mit seiner Frau. Malerei der Schule von Herat. Paris, Musee du Louvre.
Aserbeidschan die neue und aggressive Dynastie der Safawiden begründet. Nach der Eroberung Persiens und Mesopotamiens hatte er das Land unter einer theokratischen Regierung vereint, die sich an den Doktrinen der schiitischen Religion orientierte. Zentrum waren die Regionen nahe des osmanischen Territoriums. Dieser Sieg veranlaßte die Osmanen, die Annexion der Lander arabischer Sprache im Süden voranzutreiben und bis zum Ufer des Golfs vorzudringen. 1517 erhielt Selim die Schlüssel der Ka'ba, legitimierte so sein Protektorat über die heiligen Orte des Islam und nahm den Titel «Kalif» an. Die Umstände waren günstig auch für einen
Fatih. Auf ihn gehen die ersten osmanischen Handschriften zurück, ebenso die Neuorganisation der Janitscharen und die steuerliche Verwaltung. Er war es auch, der den Anstoß für eine florierende Bautätigkeit gab.
Safawiden und Osmanen. Im Jahr 1511 begannen die Safawiden eine Revolte in Zentralanatolien gegen die Osmanen. Sultan Selim L, der Grausame, unterdrückte die Revolte blutig und verschärfte so den politischen und religiösen Konflikt mit
der safawidischen Dynastie in Persien. 1514 begann der Safawide Isma'il einen Krieg gegen die Osmanen, die Janitscharen und die osmanische Artillerie fügten dem persischen Heer jedoch eine schwere Niederlage zu: Selirn 1. zog in die Hauptstadt Täbriz ein.
Unten (auf dieser und der vorangehenden Seite): Ausschnitte der Miniatur der Schute von Herat (1262). Istanbul, Topkapi-Museum.
Die Geschichte
raschen und entscheidenden Angriff auf den wankenden mamlukischen Staat. Die Ära des Sultans Sulayman des Prächtigen bezeichnete den Höhepunkt der Macht und des Glanzes des osmanischen Reiches. Die politische und soziale Struktur des Reiches wurden definitiv festgesetzt. Die Türkei wurde ein maßgeblicher Machtfaktor auf der politischen Bühne Europas. Nachdem sie l 526 die Ungarn besiegt hatten, bedrohten sie Wien, wenn auch ohne Erfolg. Nach dem Tod Sulaymans 1566 endete die große Expansionswelle, und die Macht gelangte in die Hände des Großwesirs, während das schlechte Ort der Pilgerfahrt. Türkische Miniatur (16. Jh.) aus der Handschrift Menazilname (Der Weg), die den ersten persischen Feldzug von Sulayman dem Prächtigen feiert. Istanbul, Topkapi-Museum.
Boden- und Verwaltungssystem zu unaufhörlichen Rebellionen führte. 1683 endete die zweite Belagerung Wiens mit dem entscheidenen Sieg über die Türken. Weitere schwerwiegende militärische Niederlagen, mit dem Verlust zahlreicher Provinzen, folgten. Schließlich wurde der schwache osmanische Staat, der «kranke Mann am Bosporus», zu einem Problem der europäischen Staaten. In Persien war 1588 Schah 'Abbas auf den Thron gestiegen, der die safawidische Dynastie zu ihrer Glanzzeit führte. Er reorganisierte das Heer und erhob die Schia zur Staatsreligion. Dank neuer politischer Verbindungen intensivierte sich auch der Handel mit Europa. Mit dem Tod von 'Abbas 1629 ging die safawidische Dynastie schnell ihrem Niedergang entgegen. Die Erfolge des fähigen Kommandanten Nadir konnten die Machtverhältnisse unter den
Die Krise des osmanischen Reiches. Die Niederlage von Wien und der nachteilige Friedensvertrag von Karlowitz 1699, führten dazu, daß sich die muslimischen Streitkräfte angesichts der Expansion der europaischen Mächte immer weiter zurückziehen
mußten. Der Vormarsch des russischen Heeres und spater der Streitkräfte der westeuropäischen Nationen veränderten das Kräfteverhältnis von Militär und Handel in allen muslimischen Ländern.
Unterstützung der Safawiden. Die Regierungszeit von Schah 'Abbas (l588-1629) bedeutete einen enormen Entwicklungsschuh für Architektur und Malerei.
Vom Niedergang des Imperiums bis zur heutigen Realität
islamischen Staaten und ihren europäischen Antagonisten nicht verändern. Die Konflikte
Isfahan, die königliche Moschee (16. Jh.), erbaut von Schah 'Abbas dem Großen.
mit den Russen und die folgenden Friedensverträge, die nachteilig und demütigend für die Osmanen waren, veränderten die Beziehungen zwischen dem Mittleren Orient und Europa. Rußland stellte tatsächlich auch für Persien eine Bedrohung dar, das die Kaukasus-Regionen Rußland entziehen und wiedererobern wollte. Die Aktion wurde von einem Oberhaupt der turkmenischen Qadschar angeführt, Agha Mohammed, der Nordpersien eroberte und die Hauptstadt 1785 in Teheran errichtete. 1794 zum Schah gekrönt, begründete er die QadscharDynastie. Die Nachfolger von Agha Mohammed versuchten in ihrer Regierungszeit, die expansionistischen Interessen von Rußland im Kaukasus und von England in Afghanistan zu bekämpfen. 1828 schloß Rußland einen für Persien wenig ehrenvollen Friedensvertrag und erklärte einen Monat später der Türkei den Krieg, um den Griechen zur Hilfe zu kommen. Der Vormarsch gegen den Islam, der als Verteidigungskrieg begonnen hatte, verwandelte sich in einen Gegenangriff Richtung Süden, und im Westen verfolgten Spanier und Portugiesen nach der Rückeroberung der iberischen Halbinsel ihre Feinde bis nach Afrika.
Die Modernisierung. Der Islam leistete einen großen Beitrag zur Entwicklung der europäischen Völker. Zum Teil stand das Abendland in direktem Austausch mit der islamischen
Nadir. Der fähige Militärkommandant, Anführer eines turkmenischen Stammes im Dienst der Safawiden, führte die Perser zum Gegenangriff und wurde zum Gouverneur Ostpersiens. 1736, nach dem Tod des Schahs, stieg er auf den Thron.
Ibrahim Pasha
(1718-1730). Der Großwesir des Sultans Ahmae III. begann eine Politik der guten Beziehungen mit dem Westen. Mit der Einführung der Presse in der osmanischen Welt öffnete er das Reich für kulturelle Einflüsse aus dem Westen und
schuf umfassende Verwaltungs- und Steuerreformen.
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Die Geschichte
Welt, zum Teil gelangte sein kultureller Einfluß durch die Vermittlung anderer Völker des
Die Gräber der Mamluken (1564), Kairo. Die Mamluken waren ursprünglich Sklaven, integrierten sich später in das Heer und regierten Ägypten drei Jahrhunderte lang; sie erwiesen sich dabei als große Krieger und Verteidiger des Islam.
Mittelmeerraumes und Asiens bis nach Nord- und Westeuropa. Bereits seit den ersten Kreuzzügen intensivierten sich die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Kontakte zwischen den beiden Welten, und längst nicht alle Begegnungen waren konfliktträchtig. Mehrfach wurden Friedensverträge zwischen beiden Seiten geschlossen, die den Dialog zwischen den europäischen und islamischen Mächten förderten. Unter dem Befehl des Generals Napoleon Bonaparte landeten französische Truppen 1798 in Ägypten. Dies war seit den Kreuzzügen der erste militärische Vorstoß in ein strategisch wichtiges Gebiet im Mittleren Orient. Neben der militärischen Operation verfolgte diese Expedition in eine osmanische Provinz auch eine wissenschaftliche Zielsetzung - nämlich die Erforschung einer traditionalistischen Welt. Die Besetzung Ägyptens war jedoch nur von kurzer Dauer: Dank der Intervention einer anderen westlichen Macht und dem Einschreiten des osmanischen Korps unter Mohammed 'Ali konnten die Franzosen vertrieben und das Land wieder muslimischer Kontrolle unterstellt werden. Als Gouverneur von Ägypten setzte Mohammed 'Ali verschiedene Militär-, Boden- und Steuerreformen um. 1814 erhielt er den erblichen Titel des Vizekönigs und wurde de facto unabhängig von der osmanischen Herrschaft.
Mohammed 'Ali. Sein Reformwerk besteht in einer Einführung eines modernen Erziehungswesens; auch die Fakultäten Medizin, Ingenieurswesen und Chemie wurden durch ihn eingeführt. Er begünstigte die industrielle Entwicklung und führte
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Maschinen aus Europa ein. 1821 wurde die erste Druckanstalt der ägyptischen Regierung in Bulaq, Kairo, eingeführt, und 1828 erschien die erste arabische Zeitung. Obwohl es sich um die offizielle Regierungszeitung handelte, war dieses Ereignis äußerst relevant,
zumal arabisch damit wieder zur offiziellen Sprache wurde. Durch den Bau der Eisenbahn und die Öffnung des Suez-Kanals 1869 wurde Ägypten erneut zu einem wichtigen Stützpunkt der internationalen Wirtschaft.
Vom Niedergang des Imperiums bis zur heutigen Realität
Auf der arabischen Halbinsel war in der Zwischenzeit ein Ereignis von weitreichenden sozialen
Ein Minarett im Zentrum von Marrakesch (Marokko). Die Stadt wurde 1077 von den Almorawiden begründet, die aus dem Süden, auf den Routen des Sudan, hierhergelangt waren. Marrakesch ist seit jeher ein bedeutendes Zentrum der theologischen Studien des Islam.
und politischen und sogar religiösen Konsequenzen eingetreten. Ein gewisser Mohammed ibn 'Abd al-Wahhab begründete 1746 die strenge sunnitische Reform der Wahhabiyya und begann damit, seine Doktrin (ein Rückgriff auf die Lehren der juristischen Schule der Hanbaliten und des Ibn Taymiyya) mit Waffengewalt zu verbreiten. Zu diesem Zweck verbündete er sich mit dem Stammesführer Mohammed ibn Sa'ud aus dem Nadsch, im Zentrum der arabischen Halbinsel. Die Wahhabiten, die 1804 Medina und 1806 Mekka eroberten, übten damit die Kontrolle über ein für Arabien wichtiges Gebiet aus. Auf die Bitte des osmanischen Sultans entsandte der Gouverneur von Ägypten, Mohammed 'Ali, 1811 seine Truppen gegen die Wahhabiten. Mehrere Jahre nach ihrem Rückzug aus Ägypten griffen die Franzosen 1830 Nordafrika an und annektierten Algerien, das damals von einer autonomen Dynastie beherrscht wurde, auch wenn es nominal unter osmanischer Herrschaft stand. Der Sufi Amir 'Abd al-Qadir, algerischer Philosoph und Dichter, führte 1832 den Unabhängigkeitskrieg gegen Frankreich. Die Rebellion scheiterte 1847, und 'Abd al-Qadir mußte ins Exil gehen. Der erste Versuch, in der arabischen Welt eine ratgebende Versammlung zu konstituieren, fand in Tunesien statt. Aber 1881 wurde Tunesien von den Franzosen besetzt. Weitere arabische Länder Nordafrikas wurden von den Europäern kolonialisiert, so zum Beispiel Libyen, das 1911 von der Türkei an Italien überging und 1922 ganz erobert war. In Marokko begann 1894 die Regierung des Sultans 'Abd al-'Aziz, aber die Franzosen ernannten Marschall Lyautey 1912 zum Gouverneur. Eine neue Phase in der Geschichte der Türkei
Die Verfassungen. Die erste Verfassung eines islamischen Landes wurde 1861 in Tunis ausgerufen. Sie wurde 1864 außer Kraft gesetzt. Auch in Ägypten berief der Gouverneur 1866 eine ratgebende Versammlung ein. Die Verfassungsreformen waren das
sichtbarste Ergebnis des westlichen Einflusses. Dennoch gelang es nicht, den Bankrott der islamischen Staaten aufzuhalten, der durch den Zerfall der inneren Ordnung und die westlichen Kolonialmächte herbeigeführt worden war. In der gesamten arabischen
Welt wurden jedoch die ideologischen Grundlagen für eine kulturelle Wiedergeburt und eine wirkliche Unabhängigkeit auf der Basis islamischer und nationalistischer Ideen geschaffen.
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Die Geschichte
begann, als Sultan Mahmud II. (1808-1839) ein Programm zur Reform und Neuorganisation
Die Stadt Jenin auf einem Gemälde von David Robert (1839). Das 19. Jh. war gekennzeichnet durch Kämpfe um Unabhängigkeit und durch die Entstehung von religiösen Bewegungen, die zu einer Modernisierung der Kultur führten.
des Heeres und des Staates nach französischem Vorbild umsetzte. 1865 entstand die oppositionelle Allianz der «Jungtürken», eine Bewegung, die osmanischen Patriotismus und islamischen Modernismus miteinander verband. Die konstitutionelle Bewegung verstärkte sich weiterhin und erlebte 1876 einen Triumph, als Sultan 'Abd al-Hamid II. die Verfassung verkündete. Diese überlebte jedoch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs nicht. Die Jungtürken
Unten: Kairo bei Sonnenuntergang.
eroberten in einem Aufstand die Macht, aber ihre schwache Demokratie ging 1913 durch einen Staatsstreich zugrunde, der die Militärdiktatur etablierte. Ein Jahr später nahm die Türkei neben den wichtigsten Mächten am Ersten Weltkrieg teil. In Ägypten schuf ein religiöser Denker und persischer Reformer, Dschamal al-Din al-Afghani, die Grundlage für ein neuzeitliches Denken islamischer Prägung, das die wachsende Opposition der ägyptischen Nationalisten gegen die fremde Regierung und Kontrolle weiter anstachelte. Auf ihn geht die Begründung der religiösen Bewegung des Panislamismus zurück. Vom wichtigsten ägyptischen Anhänger von al-Afghani, Scheich Mohammed 'Abduh, wurde dieser Weg wiederaufgenommen, als dieser 1899 die Funktion eines mufti (Rechtsgelehrten) bekleidete und liberale Reformen im Geist der islamischen Neuzeit umsetzte. Die Gefahr einer neuen orthodoxen Bewegung erstand erneut 1870 im Sudan, als Mohammed ihn 'Abdallah behauptete, die Inkarnation des Mahdi zu sein, und eine islamische fundamentalistische Bewegung ins Leben rief. In der Zwischenzeit führte der Aufstand von Offizieren, die von den Konstitutionalisten und den Anhängern von al-Afghani unterstützt wurden, 1881 zur Besetzung Ägyptens durch England. Der Mahdi riefeinen Heiligen Krieg
Salafiyya. Diese Bewegung entstand auf die Initiative eines Anhängers von Mohammed Raschid Rida, der 1898 in Kairo die Wochenzeitschrift «alManar» begründete. Sein Ziel war es, dem Islam seine ursprüngliche Autorität zurückzugeben.
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Vom Niedergang des Imperiums bis zur heutigen Realität
gegen das ägyptische Regime im Sudan aus und erreichte erste militärische Erfolge, wodurch er den östlichen Sudan kontrollierte. 1898 gelang es englisch-ägyptischen Truppen unter
Gläubige beim Gebet in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate).
Leitung von Lord Kitchener zwar das Heer des Mahdi zu besiegen, nicht aber seine Ideen, die sich im Bewußtsein der Menschen festgesetzt hatten und zum Teil bis heute wirksam sind. Zu den modernistischen islamischen Kräften gesellten sich die der neuen christlichen Handelsbourgeoisie hinzu, die sich im Hafen von Beirut etabliert hatte. Protestantische Missionare gründeten 1866 die amerikanische Universität in Beirut, die erste ihrer Art in der Region. Intellektuelle, die aus ganz Syrien kamen, leisteten nun einen effizienten Beitrag, um Jas arabische Denken und die arabische Kultur bekannt zu machen. In Arabien fanden die wahhabitischen Doktrinen erneut Unterstützung in der saudischen Dynastie, die beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs, mit Hilfe der Engländer und auf Kosten der Türken, ihre Kontrolle auf große Teile Ostarabiens ausgedehnt hatte. Gleich nach dem Ersten Weltkrieg unterstellte das Oberhaupt der saudischen Dynastie, 'Abd al-'Aziz ibn Sa'ud, auch die neuen Gebiete Nord- und Südarabiens seiner Macht und gründete schließlich 1932 den Staat Saudi-Arabien. In der Türkei griff ein Offizier namens Mustafa Kemal Atatürk in die Geschicke seines Landes ein, als es ihm 1919 gelang, im Herzen Anatoliens einen nationalistisch gesinnten
Naqschabandis und Wahhabiten. Bereits im 18. Jahrhundert hatten zwei religiöse Bewegungen auf die wachsende westliche Gefahr und auf den Niedergang der islamischen Gesellschaft geantwortet: Die reformierte Glaubensbruderschaft der Naqscha-
bandis, sufischer Herkunft, war von Indien aus im 14Jahrhundert in die Länder des Mittleren Orient und in die Türkei gelangt. Der Versuch, von naqschabandischen Wissenschaftlern und Meistern in Ägypten, die islamische Kultur zu erneuern, wurde durch die
französische Invasion beendet und verwandelte sich daraufhin in einen Befreiungskampf. Die zweite religiöse Bewegung war die der Wahhabiten, die sich zwar vom sufischen Mystizismus unterschieden, jedoch dasselbe Ziel anstrebten.
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Die Geschichte
Widerstand gegen die Alliierten zu organisieren. Nach der Befreiung des Landes setzte er den
Innenraum der Moschee von Khomeini in Teheran (Iran). Die Revolution Khomeinis (1979) hat im Westen eine erneute Auseinandersetzung mit dem Islam ausgelöst.
Islam als Staatsreligion außer Kraft und folglich auch das Sultanat, rief die Republik aus und führte das lateinische Alphabet statt des arabischen ein. In Persien wurde der Schah 1906 durch eine konstitutionelle Revolution gezwungen, eine Nationalversammlung einzuberufen und eine Verfassung zu verkünden, die jedoch zu spät kam, um den Ausbruch des Bürgerkrieges (1908) zu verhindern. Unter der Herrschaft von Schah Ahmad wurde 1909 die Anglo-Iranian Oil Company gegründet, die Konzessionen erhielt, um die Ölressourcen Persiens auszubeuten. Das war der Beginn einer neuen Ära der Beziehungen zwischen den islamischen Staaten und den europäischen Mächten. Im seihen Jahr sicherten die Engländer Persien vertraglich zu, die Unabhängigkeit und Unversehrtheit des persischen Territoriums anzuerkennen, obwohl russische und englische Truppen im Ersten Weltkrieg große Teile Persiens besetzten. 1921 übernahm ein Offizier namens Reza Khan die Macht und errichtete eine Diktatur. 1925 entmachtete er die Dynastie der Qadscharen, ernannte sich selbst zum Schah und gab seiner Dynastie den Namen Pahlewi.
Die unabhängigen Staaten. Die Vormachtstellung, die sich der Westen durch den Ersten Weltkrieg sicherte, zwang die islamischen Mächte in die Defensive. Die Sieger teilten die arabischen Länder unter sich auf und schufen dabei Staaten
Pahlewi. Die Politik der Modernisierung und Zentralisierung, ohne das Land jedoch zu säkularisieren, wurde von Schah Reza eingeleitet. Dieser Versuch fand jedoch durch die islamische Revolution Khomeinis ein abruptes Ende.
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Die Araber in Israel.
Nach langen dramatischen Auseinandersetzungen nahm die Generalversammlung der UNO 1947 eine Resolution an, die die Aufteilung Palästinas festlegte, und am H- Mai 1948 wurde die Gründung des Staates Israel verkündet.
Die arabische Antwort darauf war Krieg. Zwar scheiterte der Versuch, die Entstehung des Staates Israel zu verhindern, aber das Verhältnis zwischen den unabhängigen arabischen Staaten und dem Staat Israel war lange Zeit gekennzeichnet durch eine
Der Islam in Bildern
Der heilige Fels im Innern des Felsendoms in Jerusalem, Rechte Seite: Gläubige im Gebet auf dem Platz vor dem Dom. Der Bau des Gebäudes wurde von dem UmayyadenKalifen 'Abd al-Malik ibn Marwan 687 begonnen und 692 fertiggestellt Der heilige
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Fels, der sich heute im Innern des Gebäudes befindet, wird von Muslimen. Juden und Christen verehrt. Die Muslime glauben, daß Mohammed von diesem Felsen aus zum Himmel aufstieg. Die Felsenkuppel ist vermutlich auf dem Gipfel des antiken Berges Moriah erbaut, wo die
Opferung Ismaels geschehen sollte, auf den die Araber ihre Abstammung zurückführen. Seiten 60-61: Eine Darstellung des Mausoleums von Kerbald (Irak), einer heiligen Stadt der Schiiten.
Vom Niedergang des Imperiums bis zur heutigen Realität
mit ganz neuen Namen und Grenzen, die durch Mandate des Völkerbundes verwaltet wurden. Mesopotamien wurde eine Monarchie unter englischem Mandat und erhielt den alten arabischen Namen Irak. Das südliche Gebiet Syriens wurde den Engländern unter dem Namen Palästina anvertraut, während das nördliche Gebiet an Frankreich übergeben wurde. Auf Beschluß der Franzosen entstanden schließlich die Republiken Syrien und Libanon. Weitreichende Konsequenzen hatte die Balfour-Erklärung im November 1917, mit der die Engländer sich verpflichteten, die Schaffung eines hebräischen Homeland innerhalb der vom Völkerbund festgesetzten Grenzen zu unterstützen. Im gesamten Gebiet des Mittleren Ostens waren zwischen den beiden Weltkriegen
Jerusalem am frühen Morgen, mit Blick auf die Kuppel der Moschee (687-692).
nur die Türkei, der Iran und Afghanistan unabhängig und souverän. Kurz darauf kamen Saudi-
Unten: Iranischer Junge.
Arabien und der Jemen dazu und etwas später auch Ägypten und der Irak, deren Unabhängigkeit zunächst jedoch nur formal war und keiner wirklichen politischen Autonomie entsprach. Nach dem erzwungenen Rückzug der Franzosen wurden auch Syrien und der Libanon in die Unabhängigkeit entlassen. Gemeinsam gründeten sie im März 1945 die arabische Liga. Ein Jahr später trat auch Jordanien bei. Im Lauf der Zeit erweiterte sich die Liste: Hinzu kamen Libyen (1951), Sudan (1956), Tunesien und Marokko, Mauretanien (1960), Kuweit (1961), Algerien (1962, nach einem langen und blutigen Krieg) und die Vereinigten Arabischen Emirate (1971).
Aneinanderreihung von ungezählten Streitigkeiten, kriegerischen Auseinandersetzungen, Waffenstillstandsabkommen und blutigen Terrorakten. Immer wieder revoltierten einzelne oder miteinander verbündete arabische Länder gegen den gerade
entstandenen Staat und auch gegen die westlichen Mächte, die man beschuldigte, der arabischen Welt einen «Fremdkörper» aufgezwungen zu haben. Heute wird Israel von den arabischen Staaten anerkannt, allein die Frage der palästinensischen Nation ist
noch immer ungeklärt und stellt vielleicht das größte Hindernis für einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten dar. Frieden jedoch ist die unabdingbare Voraussetzung, um die Modernisierung der Länder des Mittleren Orients zu fördern.
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Das Minarett der Großen Moschee von Ziyadat Allah in Kairouan (Tunesien). Die Moschee ist sowohl mit orientalischen als auch mit westlichen Motiven dekoriert. Unten und seitlich: Ausschnitt der Keramikdekoration der Moschee.
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Die Große Moschee von Samarra (Irak), von dem Kalifen a!-Mutawakkil zwischen 848 und 852 erbaut. Erhalten blieben nur die äußeren Mauern, die sich um den weitesten Raum schließen, der in der islamischen Weit bekannt ist, und die malwiyya, das spiralförmige, 55 Meter hohe Minarett.
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Daneben: Das Minarett der Moschee von Abu Dulaf in Samarra hat dieselbe Form wie die malwiyya, ist jedoch Meiner und hat schlankere Proportionen. Samarra, 150 km nördlich von Bagdad, entwickelte sich als Militärstützpunkt und sollte das riesige Heer aus türkischen Sklaven beherbergen, das
während der Kalifate von alMu'tasim (833-847) und von al-Mutawakkil (847-861) aus 70 000 Soldaten bestand.
Der Islam in Bildern
Der Säulengang der Großen Moschee von Cordoba und daneben das westliche Portal. Die Moschee, die auf Veranlassung des UmayyadenKalifen 'Abd al-Rahman gebaut wurde, wurde innerhalb von nur einem Jahr fertiggestellt (786-787). In der ursprünglichen Version hatte das steinerne Gebäude, eines der bedeutendsten Bauwerke der islamischen Architektur, einen Gebetssaal und elf Seitenschiffe in Richtung Mekka. Der sahn, der zentrale Raum, war mit dem Gebetssaal durch eine Tür verbunden. Im Jahr 951 erweiterte 'Abd al-Rahman III. den sahn Richtung Süden und errichtete ein neues Minarett. 962 wurde die letzte Erweiterung von al-Hakam abgeschlossen.
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Der Islam in Bildern
Die Freitagsmoschee in Isfahan (Iran). Isfahan wurde mit Alp Arslan (1063-1072) zur Hauptstadt des Seldschuken-Reiches. Als Stadtzentrum war ein Quadratischer Raum am Eingang der Großen Moschee geplant, die im späten 9. Jahrhundert gebaut wurde.
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In späteren Jahren wurden verschiedene Teile angebaut und erneuert.
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Der Kirchenstuhl, auf dem der Imam beim Freitagsgebet sitzt. In der Kultstätte hat der Imam keine hierarchische oder autoritäre Rolle. Er kann Wächter der Moschee sein und dem Gebet vorstehen. In seiner Abwesenheit kann jeder Gläubige diese Aufgabe übernehmen.
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Der Patio de los Arrayanes und, rechts, der Patio de los Leones und der Saal de los Reyes in der Alhambra in Granada. Mohammed l., genannt ibn al-Ahmar (1230-1272), hatte Granada, das zu seiner Hauptstadt wurde, begründet und die rote Festung der Alhambra erbaut.
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Seiten 78-79: Die Marmordekorationen im Saal de las Dos Hermanas in der Alhambra. Die Räume, die wunderbaren Dekorationen und das Wasser vermitteln das vollkommene Bild des Paradieses, wie es aus den Zeilen des Korans entsteht.
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Persischer Teiler aus dem 13. Jh., dekoriert mit Adligen und Rittern. Athen, Museum Benaki. Rechte Seite: Teppich mit Jagdszenen, Persien. Mailand, Museum Poldi Pezzoli. In der islamischen Kunst kommt der figurativen Darstellung eine wichtige
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Rolle zu: Im Koran ist keine Textpassage enthalten, die die figurative Darstellung verbieten würde, während "Götzenbilder" und ihr Kult verboten sind. Der Mensch darf die Realität darstellen, darf bei der Schöpfung jedoch nicht mit Gott konkurrieren.
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Parfümflakon aus Glas mit Emaildekorationen. Ägypten oder Syrien, 13. Jahrhundert. Bologna, Museo Civico di Arte Medievale. Rechts: Elfenbeinschrein, bemalt mit Löwen. Florenz, Museo de! Bargello. Lampe für eine Moschee aus emalliertem Glas. Syrien, 14. Jahrhundert. Florenz, Museo del Bargello. Rechte Seite: Messingvase.
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Teil einer Weltkarte aus dem Besitz des Admirals Piri Re'is (1513), die den Atlantischen Ozean mit den Küsten der Iberischen Halbinsel, von Westafrika und Südamerika darstellt. Istanbul. Schifffahrtsmuseum. Bei seiner Weltkarte stützte sich der türkische Admiral Piri Re'is sowohl auf den Atlas des Christoph Kolumbus als auch auf portugiesische, alexandrinische und arabische Karten. Linke Seite: Seite aus der Handschrift von Abu Ma 'schat (Kairo, um 1250), mit Miniaturen, die sich auf die Astrologie beziehen: Der Mond und Juno nähern sich im Zeichen des Steinbocks. Paris, Bibliotheque Nationale. Auf dem Gebiet der Astronomie und Astrologie wird der islamische Einfluß auf Europa besonders deutlich, denn eine Vielzahl von technischen Fachbegriffen stammen aus dem Arabischen.
Auf den Seiten 86-87: Pilger auf dem Weg nach Mekka halten in Jedda an und bereiten sich darauf vor, das heilige Gebiet zu betreten.
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Timimoun in der algerischen Wüste: Eine große Menschenmenge versammelt sich zur Feier der Geburt des Propheten. Jedes islamische Land hat seine eigene Tradition, um diesen Geburtstag zu begehen. Doch für alle Gläubigen ist er ein Fest, das dem Gebet
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und der Spiritualität gewidmet ist. Rechte Seite: Eine große Menschenmenge versammelt sich in Timimoun, in der algerischen Wüste, um das große Fest zu begehen, das an die Geburt des Propheten erinnert. Diesen Jahrestag
feiert jedes islamische Land entsprechend seiner eigenen Traditionen. Es handelt sich jedoch immer um ein Fest, das dem Gebet und der Spiritualität gewidmet ist.
Gebet am Ende des Ramadan in den Straßen Kairos, vor der Moschee in Mohandiseen. Die muslimische Welt feiert das Ende des Fastenmonats Ramadan und der Fastenzeit als einen Sieg des Glaubens und den Triumph über die Versuchungen und die Schwäche des Geistes. Die Gläubigen wünschen einander und der Welt Frieden.
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Der Islam in Bildern
Darstellung von Sebil Qa'it Bey, Kairo. Der mamlukische Sultan Qa'it Bey erbaute diesen Komplex, zu dem ein Grabmal und eine Moscheeschule gehört, zwischen 1472 und 1474.
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Der Islam in Bildern
Betende Frau auf einem Friedhof in Istanbul. Die islamischen Friedhöfe sind normalerweise sehr einfach. Die Gläubigen begeben sich häufig dorthin, um am Freitag die Sure al-Fatiha («die Eröffnende») zu rezitieren und um Stellen aus dem Koran zu lesen. Rechte Seite: Ein Imam betet in der Moschee Eyup in Istanbul. Die Moschee ist der geeignetste Ort für das Gebet, für die Meditation und um Allah anzurufen. Hier treffen sich jedoch auch die Gläubigen, um theologische Vorlesungen zu hören oder um sich dem Studium des Korans zu widmen.
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Der Islam in Bildern
Innenraum einer Moschee in Miri (Malaysia). Rechts: Gebet in der Moschee von Kuala Lumpur (Malaysia). Oben rechts: Schüler einer Koranschule mit dem Meister in Miri, und das Studium in der Moschee (unten). In Asien leben einige hundert Millionen Muslime.
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Der Islam in Bildern
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Der Islam in Bildern
Schüler einer Koranschule in Oman. Die Koranschulen spielten eine große Rolle für den Erhalt der arabischen Sprache. Dadurch, daß der Koran unterrichtet wurde, blieben die jungen Muslime auch in der Zeit des Niedergangs mit ihrer Kultur und Religion verbunden.
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Rechte Seite: Sanaa, die antike Stadt im Jemen, die bis heute die Merkmale arabischer Architektur beibehalten hat.
Der islamische Kult
Der Koran ist Inbegriff der Offenbarung, er ist das Wort Gottes, das heilige Buch der Muslime. Er enthält die Regeln, die das Leben des gläubigen Muslim bestimmen. Das Buch, das für die Muslime die Botschaft Gottes an den Menschen enthält, wurde dem Propheten während seiner einsamen Meditationen in einer Höhle auf dem Berg Hira in der Nähe von Mekka offenbart. Auf arabisch bedeutet Qur'an (Koran) «Rezitation», «Lektüre». Die Offenbarung geschah in arabischer Sprache und ist unlösbar mit ihr verbunden. Arabisch ist folglich die heilige Sprache des Islam,
und Klänge und phonetische Aussprachen des Arabischen sind Teil der Offenbarung, denen in der religiösen Liturgie eine wesentliche Funktion zukommt. Selbstverständlich wendet sich der Koran nicht nur an die Araber, die wesentlichen, für die religiösen Riten unerläßlichen Verse muß jedoch jeder Gläubige auf arabisch beherrschen. In reicher, antiker Sprache geschrieben, die auch die tiefsten Empfindungen mit eingänglichen Rhythmen und durchdringenden Assonanzen in Versen wiederzugeben vermag, stellt der Koran auch das Hauptwerk der arabischen Literatur dar, von dem das metaphysische und religiöse Wissen ausging. Und schließlich ist er, nach dem Gesetz der Juden und dem christlichen Evangelium, der dritte Beweis des identischen Wort Gottes, weshalb die Gläubigen dieser Religionen auch «Anhänger des Buches» oder «der Offenbarung» genannt werden. Zu Lebzeiten des Propheten wurde der Koran der Erinnerung der Gläubigen anvertraut, die ihn bei ihren Gebeten rezitierten. Darüber hinaus gab es die soge-
nannten «Überbringer des Koran», die ihn auswendig kannten. In den letzten Jahren begann Mohammed seinen Sekretären zu diktieren; die Texte jedoch - auf Häuten oder Pergament niedergeschrieben — waren nicht nur dem Verfall ausgesetzt, sondern auch der Manipulation durch fehlerhafte Interpretationen preisgegeben, so daß im Lauf der Zeit apokryphe Texte entstanden. Der erste Kalif, Abu Bakr, sammelte die Texte des Koran, nachdem Abtrünnige und falsche Propheten nach dem Tod des Mohammed Unruhen ausgelöst hatten. Auch fürchtete er, daß die Eroberungskriege, bei denen viele Gefährten des Propheten gestorben waren, dazu führen könnten, das heilige Buch zu verlieren. Der zweite Kalif, 'Umar, vervollständigte diese Sammlung gemeinsam mit Zayd, dem treuen Diener des Propheten, und ließ mehrere Kopien anfertigen. Schließlich ordnete der dritte Kalif, 'Uthman an, eine endgültige Fassung des Korans herzustellen, die auf Zayds Ausgabe basieren sollte. Diese Ausgabe wurde zur kanonisierten Fassung erklärt, und alle anderen
Arabisch, die Sprache der Offenbarung. Die Bedeutung des Arabischen für die Offenbarung wird vom Koran selbst unterstrichen: «Siehe, dies ist eine Offenbarung vom Herrn der Welten./ Der Geist, der die Treue hütet, ist mit ihm [dem Koran]
hinabgestiegen/ Auf dein Herz, daß du einer der Warner seiest,/ In deutlicher arabischer Sprache./ Und ganz gewiß ist er in den Schriften der Früheren (erwähnt).» (Sure 26, 192-196) Durch den Koran wurde Arabisch zur gemeinsamen
Sprache aller Muslime, die sich bis heute erhalten hat. Regeln und Wortschatz wurden erforscht und kodifiziert. Der Koran ist das größte Meisterwerk der arabischen Sprache, seine Ausdruckskraft macht ihn zu einem Wunder des Islam. Der Einfluß des Korans auf
Der Koran
Kalligraphische Komposition eines Koran-Verses im Stil Thuluth Jali von Yousuf Dhanoon (1976). London, The Iraqi Cultural Center. Jeder Gläubige muß mindestens einige wichtige Verse in der heiligen Sprache kennen. Unten: Lektüre des Korans in einer Kairoer Moschee. Auf Seite 100-101: Ausschnitt einer Mosaikdekoration in der Moschee des Imam in Isfahan (Iran).
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Der islamische Kult
verloren ihre Gültigkeit. Die einzelnen Kapitel des Korans sind - das erste ausgenommen - ungefähr der Lange nach angeordnet, vom längsten bis zum kürzesten. Der Koran ist in 114 Suren unterteilt, und jede Sure ist in ayah oder Verse untergliedert: Die zweite umfaßt 286 Verse, während die letzten nur noch drei bis sechs Verse umfassen. Insgesamt sind es 6000 ayah. Sowohl bei der Niederschrift als auch bei der Lektüre wird den Suren die Klausel Bismil-Lahir-Rahmanir-Rahim vorangestellt, was bedeutet, «Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen». Diese Worte wurden zu einer Einleitungsformel, mit der jede muslimische Schrift und jede von den Gläubigen vollzogene Kulthandlung eröffnet wird. Jeder Sure geht eine Überschrift voraus, die meistens einen thematischen Bezug zu der Sure herstellt. So ist die erste Sure des Korans zum Beispiel mit al'Fatiha, «die Einleitende», überschrieben. Sie besteht aus einem kurzen Gebet, das eine wichtige Rolle beim Kult und im taglichen Leben einnimmt. Die allerersten, in Mekka offenbarten Suren werden
mit makkiyya, -Die aus Mekka Stammenden», bezeichnet und sind kürzer als die in Medina offenbarten madaiyya. Die makkiyya, die in einer bildhaft-eindringlichen Sprache verfaßt sind, befassen sich mit eher abstrakteren psychologischen Themen, während die aus Medina stammenden Suren leichter zugänglich sind und sich mit Aspekten des • täglichen Lebens und der sozialen Ordnung auseinandersetzen. In ihnen spiegeln sich die Probleme der umma, der Glaubensgemeinschaft, wider. Die moralischen und religiösen Ermahnungen des Korans bilden nicht nur die Grundlage für das Verhalten des einzelnen, sondern auch für die Organisation des sozialen Gefüges im neuen Staat. Die Gerechtigkeit ist durch die Vormachtstellung des moralischen Gesetzes gewährleistet, das der Mensch nicht nach seinem eigenen Willen gestalten kann, weil es in Gott begründet ist. In dem heiligen Buch der Muslime wird die Realität als eine Reihe von unveränderlichen moralischen und juristischen Vorschriften beschrieben, die die Grundlage für die Gesetzgebung, die Theologie
und die Kosmologie bilden. Ausgangspunkt und Zentrum dieser Auffassung von Realität ist der Gott als Schöpfer und Herr des Universums, das von seinen grundlegenden Eigenschaften, Ordnung und Barmherzigkeit, durchdrungen ist. Der Koran unterstreicht die Bedeutung des Gebets, schreibt die Fastenzeit vor, befiehlt das zakat, das offizielle Almosen, und verlangt von jedem, mindestens einmal im Leben eine Pilgerfahrt nach Mekka zu unternehmen. Alle Gläubigen
Handschrift des Korans in kufischen Schriftzeichen auf Pergament (7. Jh.). Istanbul, Museum der türkischislamischen Kunst. Unten: Verse des Korans in einer kalligraphischen Komposition im Stil Jali Diwani von Y. Dhanson (1981). London, The iraqi Cultural Centre.
die Entstellung der arabischen Literatur ist evident: das gilt nicht nur für die Anfangszeit, sondern auch heute noch. Die Einmaligkeit des Korans ist eine Doktrin, die von allen Schulen geteilt wird.
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Der islamische Kult
Stilisierte türkische Schrift, Holztafel (14. Jh.). Istanbul, Museum der türkisch-islamischen Kunst.
sind auch zum dschidad aufgefordert - ein Begriff, der sehr komplexe Vorstellungen umfaßt und häufig einseitig als Bereitschaft zum Krieg gedeutet wird. Dem eigentlichen Sinn wird man eher gerecht, wenn man darunter die Bereitschaft versteht, das eigene Lehen und die eigenen Güter für Allah hinzugehen. Die Vor-
Stellung von der rückhaltlosen Selbstaufopferung ist auch im Gebet, im salat, enthalten, mit dem man verspricht, das Gute zu wollen und das Böse zu eliminieren. Die Einlösung dieses Versprechens schließt unter gewissen Umständen - zum Beispiel um die Herrschaft des Islam auszubreiten - auch den Krieg nicht aus. Mehrfach wird die Verdammung des maysir, des Glücksspiels, und des Alkoholkonsums, wiederholt, Das Fleisch bereits getöteter Tiere, Blut und Fleisch von Schweinen sind strengstens verboten. »Ich finde in dem, was mir offenbart ward, nichts, das einem Essenden, der es essen möchte, verboten wäre, es sei denn von selbst Verendetes oder vergossenes Blut oder Schweinefleisch - denn das ist unrein - oder Verbotenes, über das ein anderer Name ausgerufen wird als Allahs» (Sure 6, 145). Der Koran enthält wichtige juristische Normen, die die Sklaverei, die Lebensbedingungen der Frau, die Ehe, die Familie und die Regelung der Nachfolge betreffen. Die Lebensbedingungen der Frauen, die ebenso wie die Kinder ein Anrecht auf Schutz haben, sind, vergli-
Eine umfassende Erzählung. Der Koran bringt eine Botschaft. Er ist jedoch auch eine umfassende Erzählung: Er berichtet von Völkern, Stämmen, Kernigen, Propheten und Heiligen, den biblischen Geschehnissen um Noah, Abraham,
Josef und Moses, die Geschichte der Geburt und der Kindheit Jesu; er enthält Geschichten aus der Zeit nach der Bibelabfassung und arabische Volksweisheiten. Der außerordentliche Reichtum betrifft alle Völker, zu jeder Zeit und an jedem Ort.
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chen mit der Situation in der vor-islamischen Gesellschaft, verbessert worden. Von Ehepaaren heißt es, daß sie einander ergänzen sollen: «Sie sind euch ein Gewand, und ihr seid ihnen ein Gewand» (Sure 2, 187). Frauen werden die gleichen Rechte wie Männern zuerkannt, auch wenn diese eine Stufe über ihnen stehen. Polygamie wird vom Gesetz geregelt und zeigt sich als solide Basis der Familie. Die erste Generation nach dem Tod des Propheten hatte keinerlei Interpretation des heiligen Buches erlaubt. In dem ethnisch und kulturell vielfältigen islamischen Reich entstand jedoch sehr bald das Bedürfnis nach einer eindeutigen Auslegung. Dadurch entstand eine enorme Anzahl von Kommentaren, die als Schiedssprüche galten und im ilm at-tafsir, dem wissenschaftlichen »Kommentar des Koran» zusammengefaßt wurden. Großes Gewicht wurde dabei auf die historische Tradition gelegt: Dazu zählen sowohl Personen als auch der historische Kontext der Offenbarung. Der wichtigste und umfassendste Kommentar, der sich auf die Überlieferung der ersten Generation nach
Der islamische Kult
Mohammed beruft, stammt von Tabari (gestorben 922). Auch esoterische Kommentare sufischer Ausrichtung entstanden. Jedesmal, wenn sich durch veränderte Bedingungen die Notwendigkeit ergab, die Interpretation anzupassen, wurden diese als ein Kommentar zum Koran verfaßt. Der angesehene Theologe ibn alQayyim (gestorben 1350) klassifizierte die Offenbarung nach verschiedenen Graden: Manchmal wird der Erzengel Gabriel eins mir dem Propheten und übergibt die Offenbarung in dessen Herz: «Der Geist, der die Treue hütet, ist mit ihm [dem Koran] hinabgestiegen/ Auf dein Herz, daß du einer der Warner seiest» (Sure 26, 193-194); in anderen Fällen zeigt sich Gabriel Mohammed in seinem Gewand als Engel und diktiert ihm die Verse. Innerster Moment der Offenbarung ist die direkte Kornmunikation ohne Vermittler, wenn Gott direkt zum Propheten spricht, der dadurch in einen Zustand der Ekstase gerät. Der Prophet selbst beschreibt die Erfahrung der Offenbarung mit folgenden Worten: «Manchmal ist es wie ein Klingen im Ohr, und das übt
die heftigste Wirkung auf mich aus. Dann entfernt es sich von mir, aber es bleibt die Erinnerung an das, was mir gesagt wurde. Andere Male zeigt sich mir der Engel wie ein Mensch und spricht zu mir, und ich erinnere mich an seine Worte.» Die Kraft und die Intensität der Offenbarung werden im Koran so beschrieben: «Hätten Wir diesen Koran auf einen Berg herabgesandt, du hättest gesehen, wie er sich demütigte und sich spaltete aus Furcht vor Allah.» (Sure 59, 2 1 )
Die Koranschulen. In den Innenhöfen, unter den Säulengängen oder in kreisförmigen Räumen der Moschee wurde der Koran gelehrt und kommentiert. Sowohl in den gießen Städten als auch in den Dörfern haben die Koranschulen die Funktion
von allgemeinbildenden Schulen übernommen, als es diese noch nicht gab. Die Kinder lernten hier lesen und schreiben und den Koran auswendig aufzusagen. In kleinen Dörfern ersetzt die Koranschule noch heute die Grundschule.
Gedruckter Koran in arabischer Schrift, von Paganino oder Atessandro Paganini, Venedig (1537-38). Venedig, Biblioteca dei Frati Minori von San Micheie ad /so/a. Links: Sunnitische Koranschule in Torbat Jam (Iran). Unten: Eine moderne Ausgabe des Koran.
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Der islamische Kult
Hadith und Sunna Der Prophet ist nicht nur der Bote Gottes und der Interpret des Koran, sondern, bis zum Ende seines Lehens, der einzige religiöse und politische Führer der Muslime. Die Erfahrungen seines gesamten Lehens - seiner Schmerzen, Muhen, Schwierigkeiten und Prüfungen - sind im hadith, der Sammlung der Aussprüche des Propheten, aufgenommen. Seine Handlungen, seine Taten und die alltäglich Praxis seines Lebens sind in der sunna, dem «Weg», überliefert. Hier liegt die Antwort auf alle Fragen, die das individuelle und kollektive Leben der Muslime aufwirft. Zwischen dem 7. und 8. Jahrhundert, nach dem Tod des Propheten und dem seiner direkten Weggefahrten, sind die ersten theologischen Sekten entstanden. Gleichzeitig mit der ersten Kompilation der Hadithe wurden die ersten Gesetze aufgestellt. Für Muslime steht die Autorität des Korans höher als die des Propheten: dieser ist nur ihr Überbringer. Im Verkünden der Sentenzen und Aufstellen der moralischen und juristischen Grundsätze hatte der Pro-
Ausschnitt einer türkischen Miniatur aus dem 18. Jh. Istanbul, Museum der türkisch-islamischen Kunst. Unten: Der Name Mohammeds in einem heutigen Druck.
Der Hadith von 'Aischa. Mohammed nahm voll und ganz am sozialen Leben teil, verheiratete sich, war Vater und Freund seiner Kinder, Gesetzgeber und Richter und hei Bedarf Krieger. In einem Hadith, in dem 'Aischa gefragt wurde: Welche Arbeiten
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phet eine absolute Autoritär inne. Der Koran fordert die Gläubigen auf, dem Boten Gottes zu gehorchen. Er fordert ebenfalls dazu auf, dem moralischen und kulturellen Vorbild des Propheten zu folgen. Der Prophet selbst unterscheidet zwischen seinen eigenen Behauptungen und denen des Korans. Der Hadith ist nach dem Koran die wichtigste Quelle, sowohl für die Scharia, das «Gesetz», als auch für den tariqa, den «geistigen Weg». Er ist der Dreh- und Angelpunkt, der die muslimischen Völker vereint und ihre tägliche Existenz und ihre Verhaltensweisen einander angleicht, Wörtlich bedeutet Hadith Geschichte, Erzählung, Bericht. Jedem Hadith geht ein sogenannter isnad, die «Kette der mündlichen Überlieferung», voraus, das heißt, daß alle Namen derjenigen, die den Ausspruch des Propheten mündlieh tradiert haben, festgehalten sind. Es muß daran erinnert werden, daß der Hadith als verbaler Ausdruck einer religiösen Tradition sich an der entsprechenden Sunna, also an der praktischen religiösen Norm, orientiert. Die Sunna wurde auch die nicht
verbale Übermittlung genannt, die stillschweigend weiterlebt. Das Wort Sunna bedeutet «gegebene Form», «Aneinanderreihung» und «Weg, Straße», hat jedoch auch die Bedeutung «Lebensweise des Propheten» angenommen. Durch die Sunna sind die spezifischen Merkmale des religiösen Brauchtums bestimmt. Das Gebet und das Fasten, zum Beispiel, die im Koran obligatorisch sind, finden durch das Beispiel des Propheten, dessen Verhalten in der Sunna genau beschrieben wird, eine verbindliche Form. Auch die Schiiten erkennen die Sunna des Propheten als grundlegende Norm an, fügen jedoch die der Imame hinzu. Zahlreiche Gefährten des Propheten haben die Hadithe überliefert. Nach dem Tod des letzten Gefährten wurde ihr Platz von den tabi'un, den «Nachfolgern», «Jüngern» eingenommen, die mit den Gefährten in Beziehung standen und die Hadithe durch ihre Stimme vernommen haben- Einige Gefährten des Propheten haben sich nicht allein auf die mündliche Überlieferung verlassen, sondern die Hadithe auf Blätter niedergeschrieben, die als sahifa.
erledigte der Prophet im eigenen Haus?, antwortete sie: «Gott segne ihn und schenke ihm ewige Gesundheit. Er half seiner Familie, und wenn er den Ruf horte, ging er aus zum Gebet.»
Gehorsam gegenüber dem Propheten. »Werdern Gesandten gehorcht, der gehorcht in der Tat Allah» (Sure 4, 80), denn «.Wahrlich, du leitest auf den geraden Weg» (Sure 42,52). Viele Verse des Korans enthalten die Aufforderung dem Propheten zu gehorchen.
Der islamische Kult
bekannt sind. Nach einem sehr langen Prozeß hatte der Hadith gegen Mitte des 9. Jahrhunderts seine endgültige Form erhalten. Nachdem die Aussprüche des Propheten in einem einheitlichen Corpus zusammengefaßt waren, erhielt die Sunna in Fragen nach der richtigen Verhaltensnorm einen höheren Stellenwert. Der Jurist und Begründer einer der vier traditionellen juristischen Schulen des Islam, al-Schafi'i (gestorben 820), behauptete, daß die Sunna des Propheten einen höheren normativen Wert hatte als seihst der Koran. Nur fünf der gesammelten Bände wurden allgemein als sahih, als authentisch, betrachtet. Am wichtigsten ist der Sahih von al-Bukhari (810-870). Wenig später wurden der Sahih von Muslim (gestorben 875), die Sunan von Abu Daud (gestorben 889), der Sahih von al-Tirmidhi (gestorben 892) und die Sunan von alNisai (gestorben 915) abgefaßt. Die Schiiten fügten den Sentenzen des Propheten noch die der Imame hinzu, deren Lehren die Bedeutung der prophetischen Botschaft illustrieren. Die wichtigste Sammlung ist
die von Kulaini (gestorben 941), bekannt als 'Usulalkafi. Neben der kanonisierten Form kamen auch eine beträchtliche Anzahl von apokryphen Versionen des Hadith in Umlauf. Falsche Hadithe hatte es bereits zu Lebzeiten des Propheten gegeben. Um dem entgegenzuwirken, entwickelten die islamischen Wissenschaftler eine Disziplin, die als 'Um al-hadith oder «Wissenschaft des Hadith» bekannt war und sich in zwei Richtungen unterteilte: die, die auf die Prüfung der Hadith-Texte spezialisiert war und 'ilm al-jarh hieß, und diejenige, die die Kette der mündlichen Überlieferung kontrollierte und 'ilm al'dirayah hieß. Die verifizierten Hadithe wurden nach der Anzahl und der Bedeutung jedes isnad klassifiziert und von einem speziellen Lexikon ergänzt, das irn Lauf der Studien aufgestellt worden war. Daneben gibt es noch eine dritte Kategorie von Hadithen, die qudsi, «heilige Tradition»; Ihr Text stammt nicht vom Propheten, sondern wurde als Wort Gottes Mohammed durch Inspiration anvertraut, der es unkommentiert weitergab.
Die Übermittlung der Hadith. Abu Hurayra, der treue Diener des Propheten, hatte sich ziemlich spät, im Jahr 628, zum Islam bekehrt. Innerhalb von vier Jahren sammelte er soviele Hadithe wie niemand sonst. Nachdem er wichtige Ämter des islamischen
Staates erfüllt hatte, starb er 678 in Medina. Wichtig war auch die HadithSammlung von 'Ahdulla, dem Sohn des zweiten Kalifen 'Umar, der 692 in Mekka starb. Eine bedeutende Gestalt war auch Anas ibn Malik, der von Kindesbeinen an im Dienst
Ausschnitt eines Holztriptychons mit kalligraphischer Beschreibung des Propheten (Türkei). Rom, Museo d' Arte Orientale.
des Propheten stand und ungewöhnlich lange lebte (er starb 711 in Bassora). Auch 'Aischa, die Lieblingsfrau des Propheten, die nach seinem Tod eine bevorzugte Stellung in der islamischen Gesellschaft einnahm, tradierte eine große Anzahl von Hadithen.
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Der islamische Kult
Die Wissenschaft des islamischen Gesetzes, fiqh, entwickelte sich aus der Anwendung und Auslegung der Vorschriften des Korans. Der Fiqh ist das Be-
wußtsein von den göttlichen Gesetzen, die jeder Handlung eines verantwortungsbewußten Muslim zugrundeliegen und sie entsprechend einer Klassifizierung, die vom Verbot bis zum absoluten Gebot reicht, einteilen. Das Wort
Scharia, das «islamische Gesetz«, stamme von einer Wurzel ab, die «gepflasterte Straße» bedeutet. Die Scharia beschreibt also den «deutlichen und klaren Weg», der zu Gott führt, indem sie die religiösen Geböte festlegt, die der Mensch in seinem privaten und sozialen Leben beachten muß. Die vier Pfeiler des islamischen Gesetzes sind der Koran, die Sunna des Propheten, die grundlegenden Prinzipien oder analogen Überlegungen, qiyas, und idscHma', das formale Prinzip. Die Scharia ist in zwei Teile unterteilt: in die Kulthandlungen, "ibadat, und in die Beziehungen der Menschen untereinander, muamalat. Zur Lebenszeit des Propheten genügte seine Autorität, um strittige Fragen zu klären. Unter den vier nachfolgenden Kalifen des Propheten (den «Wohlgeleiteten») wurde die Sunna befolgt. Um jedoch einen neuen, expandierenden Staat verwalten zu können, mußte man auf die Verwaltungspraxis und das herrschende Recht der beiden vorislamischen Reiche, des byzantinischen und des von den Sasaniden regierten, zurückgreifen. Die Kalifen
Regeln für die Nahrung. Das islamische Gesetz verbietet den Genuß von Schweinefleisch, von Blut und von Tieren, die nicht nach dem islamischen Ritual geschlachtet wurden. Der Islam veränderte die arabische Ernährungsweise aus vor-
islamischer Zeit nicht ganz, führte jedoch die rituelle Schlachtung ein, die jüdischen Ursprungs ist. Dabei wird die Formel bismi l'lahi (im Namen Allahs) ausgesprochen. Nachdem die Kehle des Tieres durchgeschnitten wird, läßt man soviel Blut wie
möglich herausfließen. Das so geschlachtete Fleisch ist halal (erlaubt). Juristische Schriften führen eine Reihe von erlaubten und nichterlaubten Nahrungsmitteln auf, wobei es zwischen den Gesetzesschulen minimale Unterschiede gibt. Das Fleisch von Fischen und
Zwei Gelehrte. Syrische Miniatur (1229). Istanbul, TopkapiMuseum. Unten: Ausschnitt einer Elfenbeinplakette (Ägypten, 11.- 12. Jh.). Florenz, Museo de! Bargello.
Scharia: Das Gesetz des Islam
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kümmerten sich nicht darum, das göttliche Gesetz anzuwenden, ihnen ging es darum, das neue Gemeinwesen zu verwalten. So wurde das Richteramt, qadi, geschaffen. In den hundert Jahren des Umayyaden-Reiches war es die Aufgabe des qadi, über die Einhaltung der Scharia zu wachen. So bildete sich im Laufe der Zeit ein juristischer Corpus heraus, der sich von den islamischen Idealen entfernte. Die Abbasiden wollten die Scharia von fremden Einflüssen reinigen und drängten auf eine Kodifizierung des Gesetzes im Sinn des Korans und des Hadith, Die Sunna, die für juristische Überlegungen grundlegend ist, wurde durch den ray verstärkt, den persönlichen, rational geprägten Richterspruch, und der wiederum stürzte sich auf die qiyas, die Analogien. Im einzelnen ging das so vor sich: Mir Hilfe der menschlichen Vernunft wird eine aktuelle Situation analysiert und mit einer anderen verglichen, für die bereits ein Gesetz vorhanden ist. Um jeden interpretativen Dissens auszuschalten, bezog man sich auf den idschma', den Konsens der Rechtsgelehrten. Die Ver-
hindung zwischen Sunna und idschma wurde durch die systematischen Überlegungen des idschtihad geschaffen, was soviel wie «eigenständige Entscheidungsfindling» bedeutet. Die einzig Kompetenten in dieser Sache waren die Rechtsgelehrten oder 'ulama. Nach dem 9. Jahrhundert erfuhr die idschma' keine weitere Ausarbeitung mehr, weil man davon überzeugt war, daß kein Fall mehr auftreten könne, der sich grundlegend von all denjenigen
unterscheiden würde, über die bereits ein Konsens bestand. Dadurch wurde natürlich auch die eigenständige Entscheidungsfindung des Richters eingeschränkt. Die gesammelten juristischen Ansichten führten allmählich zur Ausbildung unterschiedlicher juristischer Schulen, den madhhab. Zwei Protagonisten aus der Anfangsphase waren Abu Hanifa (gestorben 767) in Kufa (Irak), und Malik ibn Anas (gestorben 795) in Medina, die
Seetieren ist auch dann erlaubt, wenn das Tier bereits tot war. Blut ist nicht erlaubt, wahrend es Leber und Milz durchaus sind. All das, was nicht Allah geopfert wurde, darf nicht gegessen werden. Datteln sind das bevorzugte Nahrungsmittel der Mus-
Urne und werden zwischen dem Fasten empfohlen. Alle alkoholischen Getränke sind vom islamischen Gesetz verboten. Im Koran heißt es: «O die ihr glaubt! Wein und Glücksspiel und Götzenbilder und Lospfeile sind ein Greuel, ein Werk
Satans. So meidet sie allesamt, auf daß ihr Erfolg habt.» (Sure 5, 90) Entsprechend sind auch alle vergorenen Getränke und allgemein Drogen verboten. Der Vers weitet das Verbot auch auf jede Form des Glücksspiels aus.
Studium an der Universität Kairo.
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Studium der Texte in einer Schule sunnitischer Theologie in Torbat Jam (Iran). Die Sunna verbindet die Episoden aus dem Leben des Propheten zu einer geltenden Norm. Aus der Sunna leitet sich das islamische Gesetz, die Scharia, ab. Unten: Der Richter in einer Miniatur von al-Wasiti (1237). Paris, Bibiiotheque Nationale.
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Gesetzesschulen auf der Basis von ausführlichen und genauen Koran- und Hadith-Studien schufen. Sie bezogen jedoch auch die überlieferten Verhaltensweisen aus der Zeit des Propheten mit ein. Die Richter des Irak gehörten zu den ersten, die eine Doktrin formulierten, die sich auf den Gelehrtenkonsens und auf die Auslegung der Sunna berief, und die sie als Sunna des Propheten bezeichneten. Grundlage waren die Hadithe, die in immer größerer Zahl aus den juristischen Texten auftauchten. Die authentischen Ha-
dithe, die in einem Corpus aufbewahrt werden, wurden mit der Sunna identifiziert, die neben dem Koran die Basis der Rechtswissenschaft biKiel e. Der große Jurist al-Schafi'i (gestorben 820), Schüler von Malik, vollzog den entscheidenden Schritt zur Ausarbeitung einer Geset' zesthcorie und schuf so die dritte Gesetzesschule. Durch ihn war die Sunna keine Praxis mehr, die entsprechend dem Konsens der anerkannten Autoritäten idealisiert und durch eine enge Analogie erklärt wurde, sondern sie unterstand
Die Imame, Interpreten des Gesetzes. Für die Schiiten sind sie diejenigen, die einen höheren Grad an Bewußtsein und Gesetzespraxis erreichen und deshalb über den idschtihad verfügen, das heißt, ihre persönliche Meinung hei Fragen äußern
dürfen, die das Gesetz betreffen. Das Gesetz wird von ihnen im Namen des imam Ghar («dem verborgenen Imam», der 874 von Gott in die Verborgenheit entrückt wurde und dessen Rückkehr die Schiiten erwarten) ausgelegt.
allein dem persönlichen Urteil. Er gab der islamischen Rechtssprechung eine definitive Form und erklärte die Hadithe nicht nur zu einem Anhang des Korans, sondern zur wichtigen Quelle der Scharia, womit er gleichzeitig die Bedeutung des idschma und der qiyas bestätigte. In der abbasidischen Zeit führten die verschiedenen Ansichten über die Prinzipien der Scharia zu einem offenen Konflikt. Der Kalif al-Mamun (813-833) zwang die angesehensten Richter, die Doktrin über die Erschaffenheit des Korans zu akzeptieren. Auf der Gegenseite behauptete sich standhaft der traditionalistische Ahmad ibn Hanbai (gestorben 855), zugunsten einer frommen Annahme des von Gort geschaffenen Wortes. Seine Lehren, die sich ausschließlich auf den Koran und den Hadith beriefen, ohne idschma' und qiyas in Betracht zu ziehen, hatten bis zum 14- Jahrhundert zahlreiche Anhänger. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts veränderte sich die politische Lage, und so entwickelte sich eine vierte juristische Schule, die sich der rationalistischen Interpretation der Offenbarung
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widersetzte. Neben dem Koran sollte lediglich die Sunna eine maßgebliche Quelle für die Scharia und die Gestaltung der umma, der islamischen Glaubensgemeinschaft, sein. Trotz ihrer unterschiedlichen Meinungen über die Prinzipien der Gesetze, über den Koran und die Sunna stimmten die verschiedenen Gesetzesschulen darin überein, die Tradition zu lichten. Vier grundlegende Schulen wurden von den Sunniten akzeptiert. Die hanafitische Schule wurde von den Ahbasiden angenommen und wurde auch zur offiziellen Schule des osmanischen Reiches. Sie ist die liberalste Schule, die von der Hälfte aller Muslime auf der Welt befolgt wird. Die malikitische Schule herrscht in Nordafrika vor. Die schafi'itische Schule blühte seit jeher in Ägypten, teilweise auch in Syrien, in Bahrein und in Indonesien. Die Schule mit der geringsten Anzahl der Anhänger ist die hanbalitische, deren Zentrum lange Zeit in Ägypten und in Syrien war: Aus ihr ist die wahhabitische Bewegung auf der arabischen Halbinsel hervorgegangen. Die Bildung der Gesetzes-
schulen in der schiitischen Welt geht auf den sechsten Imam Dschafar al-Sadiq (699-765) zurück, einen Nachfahren 'Alis. Im Unterschied zu den Sunniten sind die Imame für die Schiiten keine Ausleger des Gesetzes, sondern ihre Taten und Aussprüche sind Teil der Hadith-Literatur. Für die Sunniten dagegen hat sich die «Tür» der idschtihad nach der definitiven Entstehung der vier Gesetzesschulen im 10. Jahrhundert geschlossen, wodurch die Freiheit, eine eigenständige Entscheidung zu finden, unterbunden wurde. Mit der Schließung der idschtihad wurde das islamische Rechr in den FiqhTraktaten kodifiziert. In neuen und komplizierten Fällen bezieht man sich auf die fatwa (den juristischen Rat eines fagih, eines juristischen Ratgehers, der wie der mufti diese Aufgabe innehat). Der mufti schafft keine neuen Gesetze, sondern beschränkt sich darauf, die Vorschriften aus den Fiqh-Traktaten auf bestimmte Fälle anzuwenden. Für das Fiqh kann ein Akr vom juristischen Stadtpunkt aus in fünf Stufen unterteilt werden: fard — das Obligatorische; mustahabb -
das Empfehlenswerte; mubah - das Erlaubte; makruh - das Mißbilligte und harara — das Verbotene und vor dem Gesetz Strafbare.
Die sunnitische und die schiitische Schule. Die beiden Schulen unterscheiden sich nicht sehr voneinander, was die besonderen Lehren der Scharia anbetrifft. Uneinigkeit besteht in Fragen der Nachfolge des Propheten und über die Position der
Frauen. Für die imamitische Schia gibt es keine wirkliche Regierung, solange der Mahdi, der zwölfte Imam, nicht wiederaufgetaucht ist. Für die Sunniten dagegen ist das Kalifat die legitime Form der Regierung, da der Kalif der Statthalter des Propheten
ist und die Aufgabe hat, das göttliche Recht zu verwalten. Nach dem Fall Bagdads durch die Mongolen wurde das Kalifat, Symbol der politischen Einheit des Islam, aufgehoben, die Einheit wurde nur noch durch die Scharia aufrechterhalten.
Studium im Gebetssaal im Islamischen Zentrum, Rom.
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Die fünf Pfeiler des Islam
Kula-Gebetsteppich aus Anatolien (18. Jh.). Die Darstellung des mihrab zeigt die Richtung nach Mekka an.
Nach einem Ausspruch des Propheten beruht der islamische Glaube auf fünf Pfeilern. Damit meinte er, daß die religiöse Praxis dem Gläubigen fünf Pflichten auferlegte, die das Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen maßgeblich bestimmen. Die Riten und Kulthandlungen, die jeder Muslim vollziehen muß, stellen zusammen die Liturgie und die Andacht der Muslime dar und sind der wichtigste Teil der Scharia. Nach der Ordnung des Hadith, wie sie der Prophet festlegte, steht die schahada, das Glaubensbekenntnis, an erster Stelle. Es handelt sich nicht nur um eine innere Zugehörigkeit, sondern um einen formalen Akt, bei dem der Satz ausgesprochen wird: «Es gibt keinen anderen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet.» Um der islamischen Glaubensgemeinschaft beizutreten ist es nach einer allgemeinen Vorbereitung, die der niyya, der «Absichtserklärung» folgt — ausreichend, diese Erklärung vor Zeugen auszusprechen.
Unten: Fußwaschung vor dem Eingang der Moschee. Moschee von Mohammed 'Ali, Kairo.
Die niyya. Sie ist die «Absichtserklärung», die nach dem islamischen Gesetz vor jeder Kulthandlung erforderlich ist. Wenn sie nicht ausgesprochen wird, bleibt der Kult bedeutungslos.
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Salat, das Gebet Der wichtigste Ritus jedoch ist salat, das Gebet, das heißt die Praxis der «rituellen und täglichen Gebete». In arabisch versteht man unter Salat nicht das innere und freie Gebet des Herzens, sondern die rituelle, kanonische Anbetung. Es gibt fünf Gebete, denen ein adhan, der «Ruf», und ein wudu', die Reinigung des Körpers, um vor Gott zu treten, vorausgehen. Vom Gesetz als unrein betrachtet werden, außer den Exkrementen von Menschen und Tieren auch Schweine, Hunde, berauschende Getränke, Blut und Tiere, die nicht rituell geschlachtet wurden. Das Gebet findet bei Tagesanbruch, nach Sonnenaufgang und um zwölf Uhr mittags statt; ebenso am Nachmittag und unmittelbar nach Sonnenuntergang. An das kanonische Gebet wird im Koran mehrfach und auf verschiedene Weise erinnert, ohne daß es definitiv festgelegt ist. Zum Beispiel heißt es: «Und verrichtet das Gebet und zahlet die Zakat, und beugt euch mit denen, die sich beugen.» (Sure 2, 43) Salat bedeutet «Gebet» oder «Anbetung» und findet nach dem vom Prophe-
ten gelehrten Ritual statt: «Verrichtet das Gebet, wie ihr es mich verrichten gesehen habt.» Die Pflicht zum Gebet muß jeder Muslim, der die Pubertät erreicht hat und in vollem Besitz seiner geistigen Kräfte ist, erfüllen. Nachdem er sich in Richtung der qibla, nach Mekka, gewandt hat, muß der Betende stehend, in einer als qiyam bezeichneten Haltung, die niyya aussprechen, auf die der Satz, takbir, folgt: Allahu akbar «Allah ist der Größte». Er muß mit bis zu den Schultern erhobenen, nach vorne ausgestreckten Händen ausgesprochen werden. Mit dem Aussprechen dieser Formel erreicht man einen geweihten Zustand, jede Bewegung, lachen, weinen, sich umdrehen, ist verboten, da das Gebet sonst seine Wirkung verliert. In dieser Haltung bleibt der Gläubige stehen und umfaßt mit der rechten Hand das linke Handgelenk. Danach wird die erste Sure des Korans, die sogenannte alFatiha, «die Eröffnende», gelesen, der man ein amin hinzufügt, das der Korantext nicht enthält; darauf folgen weitere, mindestens drei kurze Verse nach freier Wahl. Nach dem takbir
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beugt man sich nach vorne, so daß die Handflächen auf den Knien ruhen (diese Hakung heißt ruku) und ruft dreimal eine kurze, lobpreisende Formel aus. Wieder in aufgerichteter Haltung, nimmt man nun die Position des sudschud ein, bei der man sich niederwirft. Dahei werden die Hände auf den Boden gestützt, die Stirn ist zwischen den Händen, wobei dreimal die lobpreisende Formel ausgesprochen wird. Nun folgt die sitzende Haltung, dschulus, bei der man auf den Fersen kauert und die Hände auf die Schenkel legt. Es folgt ein weiteres sudsckud mit drei Lobpreisungen. Damit endet die erste rak'ah des Gebets. Der Glaubige richtet sich nun wieder auf, um mit der zweiten rak'ah zu beginnen. Am Ende, in der Haltung des dschulus, wird das Gebet namens tahiyyat, das «Lob des Propheten», rezitiert, worauf das Glaubensbekenntnis, die schahada, folgt. Um das Gehet zu beenden, wendet man den Kopf zuerst nach rechts und dann nach links und spricht die abschließende Grußformel ras (im aus. Das Morgengebet besteht aus einem rak'ah, das nach Sonnenun-
tergang aus drei rak'ah. Dies wird überall und im festgesetzten Augenblick ausgesprochen, allein oder in der Gruppe, auch wenn das gemeinsame Ritual vorgezogen wird. Arn Freitag um zwölf Uhr muß das Gebet nach der Vorschrift gemeinsam in der Moschee abgelegt werden. Ihm voraus geht die khutba, «die fromme Predigt moralischen Inhalts», die ein khatib, ein «Prediger», auf einer Kanzel oder stehend ausspricht. Der Freitag wird von den Muslimen als Feiertag betrachtet, auch wenn dies nach dem klassischen islamischen Recht keine Aufhebung der Arbeit bedeutet. Das Gesetz sieht weitere Gebete vor, die vor allem während der großen Feste empfohlen werden.
Wudu' und ghusl, die Reinigung. Die Berührung eines unreinen Gegenstands oder der Haut einer fremden Frau schafft einen unreinen Zustand, der das Aufsagen des Gebets, das Betreten der heiligen Umgehung der Ka'ba und die Berührung des Korans
untersagt. Der Zustand der Unreinheit wird durch das wudu eliminiert. Nach sexuellen Kontakten ist der Zustand der Unreinheit noch stärker, für Frauen gilt das auch für die Zeit der Menstruation und für die Zeit von vierzig Tagen nach der Niederkunft. Von
Zakat, die kanonische Steuer Das Almosen oder die kanonische Steuer wird vom Islam als dritter Pfeiler der religiösen Pflichten betrachtet: Darunter versteht man die Pflicht jedes Muslimen gegenüber Gott, eine Steuer für die Güter zu begleichen, die ihm geschenkt wurden. Dadurch reinigt und legalisiert man alles, was man besitzt. Die Zakat wird wie die
anderen Pflichten im Koran erwähnt, jedoch vom Hadith des Propheten und dem Gesetz erläutert: «Und verrichtet das Gebet und zahlet dieZakat.»(Sure2,43).An anderer Stelle werden die Personen genannt, für die es gelten soll. Das Minimum von Besitzgütern wird nisab genannt. Das sind die Erzeugnisse der Felder, Früchte, Tiere, Gold und Silber, Handelswaren und Schmuckstücke, die man besitzt. Dieses Minimum oder msab entspricht dem Handelswert von 96 Gramm Gold und wird mit 2,3 % besteuert.
Gebet auf einer Straße von Bagdad. Der Gläubige befindet sich in der Haltung des sudschud (niedergeworfen). Unten: Seite eines Gebetbuches. In Rot steht der Name des Propheten geschrieben. Die Lektüre des Koran, die Anrufung Gottes und das Lob des Propheten sind Teil des täglichen Lebens jedes Gläubigen.
diesem Zustand wird man durch ghusl gereinigt, «die vollkommene Reinigung», wie sie einem Bad entspricht.
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Innere Sammlung in der Moschee von Eyup, Istanbul. Unten: Der Vers des Korans, der die zakat betrifft.
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Für landwirtschaftliche Produkte beträgt die Steuer ein Zehntel des Wertes, wenn bei dem Anbau keine Bewässerung notwendig war. Bei Bewässerung sinkt die Steuer auf ein Zwanzig-
stel. Sorgfältig setzt die islamische Rechtsprechung die Steuerabgaben für Vieh in einer detaillierten Tabelle fest. Das gleiche gilt für Grundeigentum, Immobilienbesitz und die Schätze der Natur. Irn Koran wird auch erläutert, an wen die Steuerabgaben zu verteilen sind: die Armen, die Bedürftigen und die Steuereinnehmer selbst, die über bestimmte Eigenschaften verfügen müssen, die das Gesetz vorschreibt. Die Personen, mit denen wir unser Herz verbrüdern oder deren Herz besänftigt werden muß, sind angesehene Bürger, die dem Islam Gutes tun könnten, deren Streben nach dem Glauben jedoch noch schwach ist. Von der Steuer befreit sind Sklaven, die sich freikaufen wollen, und Schuldner, die wegen lobenswerter Ziele in Schulden gerieten und diese nicht zurückzahlen können. Alles übrige steht dem Öffentlichen Wohl zur Verfügung und im besonderen der Sache Allahs, das heißt, es dient den unterschiedlichsten Zwecken, die den Kampf auf dem Weg zu Gott vorantreiben. Nicht zuletzt schließlich kommt es auch den Reisenden zugute.
Saum, die Fastenzeit Im heiligen Monat Ramadan, ist der zweite grundlegende Kultakt, der mit wenigen Ausnahmen für alle Muslime obligatorisch ist, das Fasten. Das Gesetz nimmt vom Fasten Minderjährige, Geisteskranke, allgemein Kranke und chronisch Kranke aus, ehenso Reisende, schwangere oder stillende Frauen und alte Menschen, die durch das Fasten in ihrer Gesundheit beeinträchtigt werden könnten. Jungen Frauen in der Pubertät oder Frauen während der Menstruation ist das Fasten verboten. Falls die Gründe, die vom Fasten abhielten, nicht mehr gelten, sind die Gläubigen angehalten, die fehlenden Fastentage nachzuholen. Die Vorschriften für die Fastenzeit sind im Koran enthalten und wurden im folgenden von der Scharia festgelegt (Sure 2, 183185). Das Gesetz erlaubt und empfiehlt auch eine freiwillige Fastenzeit an bestimmten Tagen im Jahr. Der Koran schaffte den Schaltmonat, der in vorislamischer Zeit alle zwei bis drei Jahre das Gleichgewicht zwischen dem Sonnen- und dem Mondkalender herstellte, ab:
Zakat und sadaqa. Das islamische Gesetz unterscheidet zwischen sadaqa, der freiwilligen Schenkung, und zakat, der eigentlichen, gesetzlich festgelegten Steuer: Man gibt einen Teil seines Besitzes, um den eigenen Reichtum zu reinigen.
Die Pflicht zu fasten. Der Koran legt die Pflicht zu fasten fest: «O die ihr glaubt! Fasten ist euch vorgeschrieben, wie es denen vor euch vorgeschrieben war (...) Und Fasten ist gut für euch, wenn ihr es begreift.» (Sure 2, 184-185)
Unterbrechung der Fastenzeit. Die unfreiwillige Unterbrechung der Fastenzeit bringt keinerlei Sanktionen mit sich, solange man sie sofort danach wieder fortsetzt. Im Fall einer bewußten Unterbrechung, muß man als Ausgleich bedürftigen
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«Das Verschieben [eines Heiligen Monats] ist nur eine Mehrung des Unglaubens. Die Ungläubigen werden dadurch irregeführt. Sie erlauben es in einem Jahr und verbieten es in einem ändern Jahr, damit sie in der Anzahl [der Monate], die Allah heilig gemacht hat, übereinstimmen und so erlaubt machen, was Allah verwehrt hat. Das Böse ihrer Taten wird ihnen schön gemacht. Doch Allah weist dem ungläubigen Volk nicht den Weg.» (Sure 9, 37) Mit diesem Vers kehrte man zum reinen Mondkalender zurück. Da die Mondmonate abwechselnd 29 oder 30 Tage lang sind, hat das Mondjahr insgesamt 354 Tage und ist elf Tage hinter dem Sonnenjahr zurück. Laut Gesetz genügt für den Beginn des Monats Ramadan nicht nur der errechnete Tag, vielmehr müssen glaubwürdige Zeugen vor einem qadi erklären, daß sie den Mond gesehen haben. Der Monat Ramadan ist der neunte des islamischen Kalenderjahrs, der für den Islam doppelt heilig ist: «Der Monat Ramadan ist der, in welchem der Koran herabgesandt ward: eine Weisung für die Menschheit, deutliche Be-
weise der Führung und [göttliche] Zeichen» (Sure 2, 185). Der Ramadan ist ein Monat der Reinigung, voller Gnade; in einer der letzten ungleichen Nächte, der «Nacht des Schicksals», laylat al-qadr, sind die Pforten des Himmels halb geöffnet. Das Fasten dauert vom ersten Morgenlicht bis zum Sonnenuntergang. Allgemein wird ein leichtes Mahl vor der Morgenröte eingenommen, das suhur, um den Tag angehen zu können. Wie das Gebet ist die Fastenzeit wirkungslos, wenn ihr nicht die niyya vorausging. Nach dem Aussprechen der niyya beginnt man etwa eine viertel Stunde vor dem Beginn des Morgengebets zu fasten. Außer Essen und Trinken ist auch jeglicher sexueller Kontakt verboten, ebenso jegliche böse Gedanken oder Taten während des ganzen Tags bis zum Sonnenuntergang. Man darf weder streiten noch lügen oder fluchen. Der Sonnenuntergang beendet das tägliche Fasten, und die Abstinenz wird unterbrochen, indem man Datteln ißt und Wasser trinkt, wie es die Sunna des Propheten will. Die Unterbrechung, genannt iftar, wird durch ein
Muslimen eine Mahlzeit anbieten oder einen entsprechenden Geldbetrag spenden; andernfalls muß das Fasten sechzig Tage lang fortgesetzt werden.
Die spirituelle Bedeutung. Bei der Fastenzeit ist die spirituelle Bedeutung und der Gehorsam gegenüber Gott wichtig. Der Gläubige lernt, seine physischen Bedürfnisse unter Kontrolle zu halten und seine menschliche Natur zu überwinden.
kurzes Gebet eingeleitet. Nach dem rituellen Abendgebet ist es Brauch, ein spezielles, langes Nachtgebet zu sprechen, das tarawih. Der Sunna des Propheten zufolge besteht dieses Gebet aus mindestens acht bis maximal zwanzig rak'ah. Der Ramadan ist ein Monat der Güte, während dem der Gläubige seine Güter mit denjenigen teilen muß, die bedürftig sind. Mit dem Neumond des Monats Schawwal endet der Monat Ramadan, und es beginnt das abschließende Fest 'id al-fitr.
Gebet am Ende der Fastenzeit. Jerusalem, Moschee al-Aksa. Die Fastenzeit dauert vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang während des gesamten Monats Ramadan, des neunten Monats des islamischen Kalenders.
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Teil eines Kompaßdeckels für die genaue Ausrichtung der qibla, «der Richtung zur Ka'ba», von verschiedenen Orten aus (18. Jh.). Istanbul, Museum der türkischislamischen Kunst.
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Al-hctdsch, die Pilgerfahrt Die Pilgerfahrt nach Mekka ist der fünfte Pfeiler des Islam und ein obligatorischer Akt, der jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgeführt werden kann. Jeder Muslim muß sich mindestens einmal im Leben nach Mekka aufmachen, wenn seine Mittel es erlauben. Die Zeremonie der Pilgerfahrt ist ziemlich komplex, der Koran enthält nur Andeutungen darüber, die Einzelheiten wurden jedoch von der Sunna und der Tradition überliefert. Die Tradition bezieht sich vor allem auf die letzte Pilgerfahrt des Propheten kurz
vor seinem Tod 632. Die Pilgerfahrt findet zwischen dem 8. und dem 13. Tag des Monats Dhu al-hidscha statt. Sie stellt einen wichtigen Moment im Leben des Gläubigen dar, da es sich um ein Reinigungsritual handelt. Bei der Reise zum Haus Gottes bittet der Mensch um Vergebung für seine Sünden und wird durch seine Reue und die rituelle Zelebration gereinigt. Nach der Pilgerfahrt (trägt der Muslim den Ehrentitel Hadsch und soll ein glaubiges Leben anstreben. Die Pilgerfahrt nach Mekka stellt auch ein wertvolles Mittel der sozialen Integration dar. Alle Muslime, Männer, Frauen aller Rassen und aus allen sozialen Schichten, aus allen Teilen der Welt, finden sich seit Jahrhunderten am Ort der Einheit der islamischen Glaubensgemeinschaft ein. Sobald der Pilger im Gebiet von Mekka angelangt ist, befindet er sich in einem Zustand des ihram, der Weihe. Das heilige Gebiet haram beginnt bereits außerhalb der Stadt und wurde vom Propheten selbst festgelegt. Als Grenze des heiligen Gebiets sind fünf Orte als mawaqit festgelegt (die Plu-
Die Monate des Jahres. Das muslimische Jahr ist in Mondmonate unterteilt, die mit dem Neumond beginnen: Muharram, Safar, Rabi' al-Awwal, Rabi' athTh;mi, Dschumada al-LJla, Dschumada ath-Thaniya, Radschab, Scha'ban, Ramadan, Schawwal, Dhu
1-Qa'da, Dhu al-hidscha; sie entsprechen in der Reihenfolge den Sonnenmonaten von Januar bis Dezember.
ralform von miqat). Sobald man ein miqat, je nach Richtung, aus der man kommt, erreicht, muß man ghusl, die oberste Ablution, vollziehen: Nägel schneiden und die Haare in Ordnung bringen, sich mir Duftwasser einreihen und das Gewand der Pilgerfahrt anlegen. Wenn man den 'umra, die kleinere Pilgerfahrt vollziehen will, muß der Gläubige die ni^a-Forrnel aussprechen: Sie enthält die «Absicht», diese kleine Pilgerfahrt zu vollziehen, weil sie, wie bei allen anderen Pflichten, ohne die Formel nicht gültig ist. Daneben gibt es eine weitere Formel, mit der man den göttlichen Befehl, sich nach Mekka zu begeben, annimmt: Diese talbiya wird zusammen und mit lauter Stimme ausgesprochen. Sie muß während der ganzen Strecke, von dem miqat bis zur Heiligen Moschee ausgesprochen werden, die man durch die Friedenstür betritt. Dann überschreitet man die heilige Umgrenzung der Ka'ba, in der Höhe des Schwarzen Steins. Hier beginnt der ttavaf, die Umgehung: Siebenmal geht man gegen den Uhrzeigersinn von links um die Ka'ba. Ort der Pilgerfahrt ist
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die Große Moschee von Mekka, die die Ka'ba und den Brunnen Zamzam umfaßt. Die Ka'ba ist ein kubisches Gebäude in der Mitte des großen Innenhofs der Moschee; an ihrer östlichen Seite befindet sich in einer Nische etwa fünf Fuß über dem Boden der Schwarze Stein, ein großes schwarzes Mineral, der bereits Abraham und den Arabern in vorislamischer Zeit heilig war. Der Stein ist ein Gegenstand der Verehrung, weil die Hände des Propheten ihn berührt haben, jedoch nicht der Anbetung. Vor der östlichen Ecke der Ka'ba befindet sich in einem zweistöckigen Haus der gesegnete Brunnen Zamzam. Ganz in der Nähe befindet sich maqam Ibrahim, ein kleines Gebäude, indem Abraham Rast gemacht hatte. Richtung Nordosten grenzt das mas'a an die Moschee an, «der Ort des Laufs», wo sich die Zeremonien des sa'y, des «Laufs» von den Hügeln von Safa und Marwa abspielen. Damit soll der Lauf Hagars nachgeahmt werden, wie ihn der Prophet befohlen hatte. Er bezeichnet ihn als «der Lauf der Menschen untereinander». Nach der siebten Umge-
hung muß der Gläubige den Kreis in Richtung der maqam Ibrahim verlassen. Er spricht ein Gebet aus vier rak'a und nähert sich dann dem Hügel von Safa. Nachdem er dreimal eine Formel der Lobpreisung ausgesprochen hat, läuft er sieben Mal zwischen den Hügeln von Safa und Marwa hin und her. Danach verlassen die Männer Marwa, um sich die Haare zu schneiden oder sie, besser noch, ganz abzurasieren. Mit diesem Akt endet die kleine Pilgerfahrt und auch der weihevolle Zustand. Hadsch, die größere, eigentliche Pilgerfahrt, unterscheidet sich von der kleineren, 'umra, dadurch, daß sie in der für die Ausführung der Riten festgesetzten Zeit stattfinden muß. Nach seiner Ankunft im miqat spricht der Gläubige die niyya aus und begibt sich in den Zustand des ihram. Danach nähert er sich zum Gebet des Morgens der Großen Moschee von Mekka, wo er der besonderen Predigt über seine Pflichten als Pilger beiwohnt. Am neunten Tag, dem zweiten entsprechend der der Pilgerfahrt geweihten Zeit, bricht der Pilger zur Ebene von 'Arafa auf, das zu Kamel etwa vier
Zum Altehrwürdigen Haus. Der Koran sagt über die Pilgerfahrt: «Und verkündige den Menschen die Pilgerfahrt: Sie werden zu dir kommen zu Fuß und auf jedem hageren Kamel, auf allen fernen Wegen./ Auf daß sie ihre Vorteile wahrnehmen und des
Namens Allahs gedenken während der bestimmten Tage für das, was Er ihnen gegeben hat an Vieh. Darum esset davon und speist den Notleidenden, den Bedürftigen./ Dann sollen sie ihrer persönlichen Reinigung obliegen und ihre Eide erfüllen und
Stunden östlich von Mekka liegt; zum Mittagsgebet rastet er in dem auf halber Strecke gelegenen Ort Mina. Dieser Tag mit der Bezeichnung «der Tag von 'Arafa» ist der Höhepunkt der Pilgerfahrt, wie er auch von der Sunna festgelegt wird. Die Pilger machen in einer Ebene Rast, in der Nähe eines Berges, wo sie am ersten Nachmittag bis zum Sonnenuntergang beten. Mit lauter Stimme
Pilger vor der Ka 'ba, Mekka (Saudi-Arabien). Im Innern des Gebäudes befindet sich der Schwarze Stein. Unten: Der Grundriß Mekkas, wie er auf dem Deckel eines Kompasses (l 7. Jh.) dargestellt ist. Istanbul, Museum der türkischislamischen Kunst.
um das Altehrwürdige Haus wandeln.» (Sure 22, 27-29)
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Das Heer Mohammeds marschiert gegen die Ungläubigen. Persische Miniatur. Paris, Bibliotheque Nationale. Unten: Pilger vor der Ka 'ba tragen die für die Pilgerfahrt vorgeschriebenen Gewänder.
wird häufig die Formel «Hier sind wir vor Dir, Allah» wiederholt. Bei Sonnenuntergang verlassen die Gläubigen die Ebene von 'Arafa und begeben sich Richtung Muzdalifa, wo sie die Nacht vom 9. zum 10. Monat verbringen. Vor dem Morgengrauen werden hier ähnliche Rituale wie in 'Arafa, mit einem Lauf, ifada, wiederholt, bis man Mina vor Sonnenaufgang erreicht. Hier wird die "Steinigung Satans» vollzogen, hei der man sieben Steine gegen einen Pfeiler wirft und die entsprechende rituelle Formel ausspricht. Der zehnte Tag des Dhu alhidscha ist der Tag der Opfer, in Erinnerung an Abraham. Das Fleisch der Opfertiere muß größtenteils an die Bedürftigen verteilt werden. Danach kehren die Pilger nacb Mina zurück, wo sich die Männer die Haare schneiden oder rasieren, während sich die Frauen ihre Haare auf Fingerlänge schneiden. Die Beschränkungen des geweihten Zustands - bis auf sexuelle Beziehungen - enden hier. Danach begeben sich die Pilger zur Umgehung der Ka'ba nach Mekka. Nun begibt man sich zum say zwischen den beiden
Hügeln. In den folgenden drei Tagen, dem 11., 12. und 13,, halten sich die Pilger in Mina auf, wo sie jeden Nachmittag die Steinigung Satans bei den drei Säulen vollziehen. Man beginnt bei der kleinsten und endet bei der größten Säule. Die Abreise aus Mina muß vor Sonnenuntergang geschehen. Bevor man die heiligen Orte verläßt, begibt man sich zur Ka'ba, um sie noch einmal zu umschreiten. Diese Pilgerfahrt muß zusammen mit der 'umra vollzogen werden. In bezug auf die große Pilgerfahrt sagte der Prophet: «Für eine von Allah angenommene Pilgerfahrt gibt es keinen anderen Lohn als das Paradies.»
'Umra und Hadsch. Es gibt zwei Arten der Pilgerfahrt, die kleine, 'umra, und die große, hadsch. 'Umra kann jederzeit im Jahr durchgeführt werden, wenn sie im Monat Ramadan stattfindet, hat sie die gleiche religiöse Bedeutung wie die große Pilgerfahrt.
Das Gewand der Pilgerfahrt. Für Männer besteht es aus zwei weißen, nicht genähten Stoffbahnen. Der Stoff wird um die Hüfte und unter die Brust geschlungen und heißt izar; die zweite Stoffbahn umhüllt den oberen Teil des Körpers,
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Dschihad, der heilige Krieg Wie alle von der Scharia vorgeschriebenen Rituale ist auch der Dschihad von großer Bedeutung, der jedoch nur gelegentlich ausgeführt wird. In jedem Fall wird der dschihad als/artlalkifaya («obligatorisch in der Gemeinschaft») betrachtet. Seine grundlegende Bedeutung liegt in der Anstrengung, die auf dem Weg für die Sache Allahs untern o m i i K - n \vn\l. Aus Ji-t
geläufigen Übersetzung ist der «große Heilige Krieg» entstanden, es handelt sich jedoch um einen konstanten Krieg, den jeder Muslim gegen das Böse und die Versuchungen in sich selbst führen muß. Der Koran enthält verschiedene Vorschriften zum Dschihad. Sie reichen von einer großen, gewaltlosen Toleranz («Wir wissen am besten, was sie sprechen: und du bist nicht [berufen], sie irgend zu zwingen. Ermahne drum durch den Koran den, der Meine Drohung fürchtet», Sure 50, 45), bis zu einem reinen Verteidigungskrieg («Erlaubnis [sich zu verteidigen) ist denen gegeben, die bekämpft werden, weil ihnen Unrecht geschah und Allah hat fürwahr die Macht, ihnen zu helfen Jenen, die schuldlos aus ihren Häusern vertrieben wurden, nur weil sie sprachen:'