Malte Huchzermeier Investor Relations beim Borsengang
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Malte Huchzermeier
Investor Relat...
51 downloads
2493 Views
15MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Malte Huchzermeier Investor Relations beim Borsengang
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Malte Huchzermeier
Investor Relations beim Borsengang Konzept fur mittelstandische Unternehmen
Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Ralf Trost
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.
Dissertation Technische Unlversitat llmenau, 2006
I.Auflage Mai 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www.d uv.de Das Werk einschlieSllch aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0372-0 ISBN-13 978-3-8350-0372-9
V
Geleitwort
Nach einer „Schwemme" wahrend der Zeit der letzten Spekulationsblase und einer anschlieBenden Phase der Depression ist in letzter Zeit wieder eine zunehmende Anzahl von Borsengangen (Initial Public Offerings) zu verzeichnen. Fur wachsende Unternehmen ist die Emission von Aktien eine wichtige, oft unverzlchtbare Finanzierungsquelle. Wird ein geplanter Borsengang von negativen Diskussionen uberschattet, muss die Bookbuilding-Spanne nach unten korrigiert werden oder wird gar eine Verschiebung des Borsengangs notwendig, so startet das Unternehmen seine Borsenkarriere gleich mit „bad news" und sieht sich unerfreulichen Auswirkungen auf Emissionserlos und Reputation ausgesetzt. Urn derartige Pannen zu vermeiden, ist eine zielgerichtete, effiziente Kommunikatlon mit den potentiellen Investoren unabdingbar. Dabei geht es nicht darum, „schlechte" Unternehmen „gut" zu reden; vielmehr gilt es zu verhlndern, dass „gute" Unternehmen auf Grund einer unzureichenden Informationslage ungerechtfertig „schlecht" erscheinen. Wahrend das Thema der Investor Relations fur bereits borsennotierte Unternehmen in der Literatur breit behandelt wird, sind fur die Phase der Borseneinfuhrung nur elnzelne Beitrage zu verzeichnen. Eine ganzheitliche Darstellung fehit ganz. Diese Lucke schlieBt das vorliegende Buch mit dem Fokus auf mittelstandische Unternehmen, wobei in der Definition dieses schillernden Begriffes weniger auf die ubiichen Kriterlenkataloge als auf das Emisslonsvolumen abgestellt wird. Der Autor stutzt sich hierbei nicht nur auf theoriegeleitete Uberlegungen, sondern analysiert die Gesamtheit aller 455 Borsengange aus den Jahren 1997 bis 2004. Neben der Wahl des Borsensegmentes, der Rechtsform, der Aktiengattung oder des Platzierungsverfahrens stehen Kommunikations- und Informationspolltik im Zentrum der Untersuchung. Zu ersterer gehoren Instrumente wie Geschaftsberichte, der Internetauftritt, Analystenprasentationen, Road Shows usw. Letztere versucht eine ungleich schwierigere Frage zu beantworten: Welche Inhalte sollen den Investoren ubermittelt werden, d.h. welche Sachverhalte sind fur die Investltionsentscheidung von herausragender Bedeutung? Studiert man die hierzu bisher vorhandene Literatur, so bleiben Fragen. Man konnte versucht sein zu sagen, dass praktisch jeder
VI betriebswirtschaftliche Sachverhalt wichtig ist oder zumindest wichtig sein kOnnte. Operational ist das offensichtlich nicht. Das vorliegende Werk liefert hier Orientierung, indem aus der Analyse von emissionsbezogenen Researchberichten die zentralen Entscheidungskriterien abgeleitet werden. Dabei ist es letzten Endes nahezu unerheblich, fur wie valide man diese Researchberichte im allgemeinen halt: Tatsache ist, dass die Analysten als Verfasser der Berichte entscheidende Multipllkatoren im Informationsprozess der Offentlichkeit darstellen und somit die von ihnen als wichtig erachteten Kriterien diejenigen sind, welche in erster Linie betont bzw. erklart werden sollten - sie stellen den Kern des so genannten Investment Case (der Equity Story) dar. Die Erkenntnisse munden in einem Phasenkonzept fur Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses. Somit liefert das Buch nicht nur die Grundlage fur die weitere wissenschaftliche Untersuchung des Themengebietes. Vielmehr bietet sie auch dem Praktiker einen „State of the Art"-Leitfaden fur die sachgerechte und Erfolg versprechende Kommunikation mit dem Kapitalmarkt wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses.
Ralf Trost
VII
Vorwort Die Idee fur die vorliegende Arbeit entstand im Herbst 1999, einer Zeit, in der die Euphorie mittelstandlscher Unternehmen, an die Borse gehen zu wollen, ungebremst war und die relevanten Aktienindices wochentlich neue Hochststande erreichten. Zur Halbzelt der Arbeit im Jahr 2003 hatte sich die Entwicklung ins Gegenteil verkehrt. Unternehmen gingen nur noch selektiv an die Borse, bereits borsennotierte Unternehmen en/vogen zum Tell wieder den Ruckzug vom Borsenparkett und die Aktienindices erreichten wiederum wochentlich neue Tiefststande. Die Euphorie war auf dem Boden der Realitat angekommen. Zum Ende der Arbeit im Sommer 2005 erieben Borsengange eine Renaissance, wenngleich Emittenten und Investoren sich weitaus bedachtiger verhalten als noch um die Jahrtausendwende. Wahrend dieser Berg- und Talfahrt sind neue Anforderungen und Herausforderungen an die Investor Relations entstanden, die im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden. Die Arbeit wurde im Fruhjahr 2006 an der Technischen Universitat llmenau als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Ralf Trost, fur sein Vertrauen und seine UnterstiJtzung. Mit seinem fachlichen Rat und seinen kritlschen Anmerkungen hat er mir wertvolle Hinweise und Impulse fur die Bearbeitung des Themas gegeben. Eine Bereicherung war auch die auBerst angenehme und sehr freundliche Atmosphare an seinem Lehrstuhl. Herrn Prof. Dr. Dietrich von der Oelsnitz danke ich fur die Ubernahme des Zweitgutachtens und das damit bekundete Interesse an meiner Arbeit. Mein Dank gilt auch Herrn Dr. Bernd Lindemann, der als LeIter der Forschungsgruppe Investor Relations der Technischen Universitat llmenau mir stets als interessierter Diskussionspartner zur Seite stand.
Malte Huchzermeier
IX Inhaltsubersicht
Seite 1
Einleitung 1.1
2
Aktualjtat des Themas
1
1.2
Problemstellung und Ziel der Arbeit
3
1.3
Aufbau der Arbeit
7
Grundlagen 2.1
3
4
5
1
11
Eingrenzung von Begriffen
11
2.2
Definition Investor Relations
20
2.3
Theoretlsche Fundlerung der Investor Relations
22
2.4
Investor Relations und wertorientierte Unternehmensfuhrung
25
2.5
Ziele der Investor Relations
28
2.6
Organisatorische Einbindung der Investor Relations
31
Bedeutung der Bdrsensegmentanforderungen
35
3.1
Beurteilungsmadstab fur Borsensegmentanforderungen
37
3.2
Borsensegmente in Deutschland
45
3.3
Beurteilung der Borsensegmentanforderungen der Frankfurter Borse
58
3.4
Zusammenfassung
68
Kommunikationsspezifische Investor Relations
71
4.1
Kommunikationspolitik
72
4.2
Informationspolitik
90
4.3
Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik
181
4.4
Grundsatze der Kommunikations- und Informationspolitik
184
4.5
Zusammenfassung
189
Investor Relations wahrend des Borseneinfiihrungsprozesses
193
5.1
Vorbereitungsphase
194
5.2
Strukturierungsphase
206
5.3
Platzierungsphase
231
5.4
Zusammenfassung
239
X 6
7
Konzeption der Investor Relations
241
6.1
Analysephase
243
6.2
Planungsphase
244
6.3
Durchfuhrungsphase
245
6.4
Kontrollphase
246
Zusammenfassung und Ausblick
253
XI
Inhaltsverzeichnis
Seite Inhaltsverzeichnis
XI
Abbildungsverzeichnis
XVII
Tabellenverzeichnis
XIX
AbkurzungsverzeichnIs
XXI
1
2
Einleitung 1.1
Aktualltat des Themes
1
1.2
Problemstellung und Ziel der Arbeit
3
1.3
Aufbau der Arbeit
Grundlagen 2.1
3
1
Eingrenzung von Begriffen
7 11 11
2.1.1
Kapitalmarkt und Borsengang
11
2.1.2
Mittelstandische Unternehmen
12
2.1.2.1
Qualitative Klassifizierung
14
2.1.2.2
Quantitative Klassifizierung
17
2.2
Definition Investor Relations
20
2.3
Theoretische Fundierung der Investor Relations
22
2.3.1
Informationsasymmetrien
22
2.3.2
Informationseffizienz von Kapitalmarkten
24
2.4
Investor Relations und wertorientierte Unternehmensfuhrung
25
2.5
Ziele der Investor Relations
28
2.6
Organisatorische Einbindung der Investor Relations
31
Bedeutung der Borsensegmentanforderungen 3.1
Beurteilungsmafistab fur Borsensegmentanforderungen
35 37
3.1.1
LiquiditSt
38
3.1.2
Informationstransparenz
41
3.1.3
Zusammenhang zwischen LIquiditat und Informationstransparenz
44
3.2
Borsensegmente in Deutschland
3.2.1
Amtlicher Handel
45 49
XII 3.2.2
Geregelter Markt
50
3.2.3
Freiverkehr
51
3.2.4
Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse
53
3.2.5
Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse bis 2003
55
3.3
58
3.3.1
Liquiditat
60
3.3.2
Informationstransparenz
64
3.4 4
Beurteilung der Borsensegmentanforderungen
Zusammenfassung
Kommunikationsspezifische Investor Relations 4.1
Kommunlkationspolitik
4.1.1
Zlelgruppen der Kommunlkationspolitik
4.1.1.1
68 71 72 72
Multiplikatoren
73
4.1.1.1.1 Analysten
73
4.1.1.1.2
Wirtschaftsjournalisten
75
4.1.1.1.3
Aniageberater
76
4.1.1.2
Investoren
11
4.1.1.2.1
Institutionelle Investoren
77
4.1.1.2.2
Private Investoren
78
4.1.2
Kommunikationsmittel
4.1.2.1
Unpersonliche Kommunikationsmittel
80 80
4.1.2.1.1
Prospekt
80
4.1.2.1.2
Geschaftsbericht
82
4.1.2.1.3
Faktenbuch
83
4.1.2.1.4
Pressemitteilungen
83
4.1.2.1.5
Finanzanzeigen
84
4.1.2.1.6
Internet-Homepage
85
4.1.2.1.7
Fernseh- und Radiointerviews
85
4.1.2.1.8
Prasentationsvideos
86
4.1.2.1.9
Unternehmensbroschuren
86
PersOnliche Kommunikationsmittel
86
4.1.2.2
4.1.2.2.1
Unternehmensprasentationen
87
4.1.2.2.2
EInzelgesprache
88
4.1.2.2.3
Analystenprasentationen
88
4.1.2.2.4
Pressekonferenzen
88
XIII
4.2
4.1.2.2.5 Telefon-und Videokonferenzen
89
4.1.2.2.6
90
Betriebsbesuche
Informationspolitik
4.2.1
Pflichtpublizitat
90 91
4.2.1.1
Publizitatsvorschriften des Amtlichen Handels
91
4.2.1.2
Publizitatsvorschriften des Geregelten Markts
96
4.2.1.3
Going-Public-Grundsatze
97
4.2.2
Freiwillige Publizitat
101
4.2.2.1
Bedeutung des Investment Case
102
4.2.2.2
Erkenntnisstand zu Investment-Case-Kriterien
104
4.2.2.2.1
Finanzielle Kriterien
106
4.2.2.2.1.1
Ertragslage
106
4.2.2.2.1.2
Liquiditatslage
107
4.2.2.2.1.3
Finanz- und Vermogenslage
108
4.2.2.2.2
Nicht-finanzielle Kriterien
108
4.2.2.2.2.1
Branchen- und Marktentwicklung
108
4.2.2.2.2.2
Wettbewerb
109
4.2.2.2.2.3
Strategie
Ill
4.2.2.2.2.4
Mittelvenvendung
112
4.2.2.2.2.5
Management
112
4.2.2.2.2.6
Eigentumerstruktur
115
4.2.2.2.2.7
Unternehmensstruktur
116
4.2.2.2.2.8
Unternehmenshistorie
117
4.2.2.2.2.9
Produkte
118
4.2.2.2.2.10
Emissionsvolumen
119
4.2.2.2.2.11
Kunden
120
4.2.2.2.2.12
Corporate Governance
120
4.2.2.2.2.13
Investor Relations
122
4.2.2.3 Analyse zur Konkretisierung von Investment-Case-Kriterien
125
4.2.2.3.1 Auswahl beispielhafter Researchberichte
127
4.2.2.3.2
130
Methode zur Analyse von Rosearchberichten
4.2.2.3.2.1
Theoriegeleitete Voruberlegungen
132
4.2.2.3.2.2
Vorbereitung der Extraktion
133
4.2.2.3.2.3
Extraktion
133
XIV 4.2.2.3.2.4
Aufbereitung
134
4.2.2.3.2.5
Auswertung
135
4.2.2.4 Auswertung derAnalyseergebnisse 4.2.2.4.1
136
4.2.2.4.1.1
Ertragslage
136
4.2.2.4.1.2
Liquldltatslage
139
4.2.2.4.1.3
Finanz- und Vermogenslage
141
4.2.2.4.2
Nicht-finanzielle Kriterien
143
4.2.2.4.2.1
Branchen- und Marktentwicklung
143
4.2.2.4.2.2
Wettbewerb
146
4.2.2.4.2.3
Strategie
149
4.2.2.4.2.4
MittelvenA^endung
152
4.2.2.4.2.5
Management
154
4.2.2.4.2.6
Eigentumerstruktur
156
4.2.2.4.2.7
Unternehmensstruktur
157
4.2.2.4.2.8
Unternehmenshistorie
158
4.2.2.4.2.9
Produkte
159
4.2.2.4.2.10
Emissionsvolumen
164
4.2.2.4.2.11
Kunden
165
4.2.2.4.2.12
Corporate Governance
167
4.2.2.4.2.13
Investor Relations
168
4.2.2.4.3
Bedeutung der Kriterien
170
4.2.2.4.4
Fazit zur Analyse
176
4.2.2.5
5
Finanzielle Kriterien
135
Value Reporting zur Weiterentwicklung des Investment Case
179
4.3
Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik
181
4.4
Grundsatze der Kommunikations- und Informationspolitik
184
4.5
Zusammenfassung
189
Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses 5.1
Vorbereitungsphase
5.1.1
Umwandlung in eine borsenfahige Rechtsform
5.1.1.1
Rechtsformwahl
193 194 194 194
5.1.1.1.1 Aktiengesellschaft (AG)
194
5.1.1.1.2 Kommanditgesellschaftauf Aktien (KGaA)
196
5.1.1.1.3 Steuerliche Aspekte der Rechtsformwahl und -umwandlung.. 197
XV 5.1.1.2 5.1.2
Sicherstellung einer ausreichenden Eigenkapitalhohe
5.1.2.2
Empirische Evidenz zur Eigenkapitalhohe
202
5.1.2.3
Bruckenfinanzierung
203
Publizitat zum Unternehmen (kognltive Phase)
Strukturierungsphase Auswahl der Berater
205 206 206
5.2.1.1 Auswahl der Konsortialbanken
206
5.2.1.2
209
Empirische Evidenz zur Auswahl der Konsortialbanken
5.2.1.3 Auswahl sonstiger Berater 5.2.2
Borsensegmentwahl
210 212
5.2.2.1
Borsensegmente
212
5.2.2.2
Empirische Evidenz zur Borsensegmentwahl
212
5.2.3
Aktienausgestaltung
215
5.2.3.1
Moglichkeiten der Aktienausgestaltung
215
5.2.3.2
Empirische Evidenz zur Aktienausgestaltung
217
5.2.4
Emissionsstruktur
219
5.2.4.1
Parameter der Emissionsstruktur
219
5.2.4.2
Empirische Evidenz zur Emissionsstruktur
222
5.2.5
Emissionszeitpunkt
5.2.5.1
Entscheidungsfaktoren des Emissionszeitpunkts
5.2.5.2
Empirische Evidenz zum Emissionszeitpunkt
5.2.6
Publizitat zum Borsengang (affektive Phase)
Platzierungsphase
5.3.1
Platzierungsverfahren
226 226 228 230 231 231
5.3.1.1 Alternative Platzierungsverfahren
231
5.3.1.2
Empirische Evidenz zu den Platzierungsverfahren
234
Publizitat zur Notierungsaufnahme (Handlungsphase)
235
5.3.2
5.4
201 201
5.2.1
5.3
199
5.1.2.1 Anforderungen der Borsensegmente an die Eigenkapitalhohe
5.1.3 5.2
Empirische Evidenz zur Rechtsformwahl
5.3.2.1
Pre-Marketing
236
5.3.2.2
Marketing
237
5.3.2.3 Zuteilung
238
5.3.2.4
238
Sekundarmarkt
Zusammenfassung
239
XVI 6
7
Konzeption der Investor Relations
241
6.1
Analysephase
243
6.2
Planungsphase
244
6.3
Durchfuhrungsphase
245
6.4
Kontrollphase
246
6.4.1
Kontrolle der Investor Relations
246
6.4.2
Anpassung des Investment Case
252
Zusammenfassung und Ausblick
255
Anhang
259
Literaturverzeichnis
299
Quellenverzeichnis
315
XVII
Abbildungsverzeichnis
Seite Abbildung 1
BOrsengSnge in Deutschland von 1997 - 2004
2
Abbildung 2
Kapitalmarktstruktur
11
Abbildung 3
Abgrenzung mittelstandischer Unternehmen (Mid Caps)
13
Abbildung 4
Ziele fijr einen Borsengang
14
Abbildung 5
Unterscheidungsmerkmale von Investor-Relations-Deflnitionen. 20
Abbildung 6;
Investor Relations und Wertsteigerungsmanagement
26
Abbildung 7
Zielsystem der Investor Relations beim Borsengang
28
Abbildung 8
Ziele der Investor Relations
29
Abbildung 9
Interne versus externe Einbindung der Investor Relations
31
Abbildung 10
Unternehmensinterne Einbindung der Investor Relations
34
Abbildung 11
Doppelter Teufelskreis der Umsatzlosigkeit
44
Abbildung 12
Deutsche Borsenplatze und Borsensegmente
46
Abbildung 13
Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse
54
Abbildung 14
Zielgruppen der Konnmunikatlonspolltik
72
Abbildung 15
Branchenaufteilung am Neuen Markt
128
Abbildung 16
Phasen einer qualitativen Inhaltsanalyse
132
Abbildung 17
Bedeutung der Investment-Case-Kriterien
174
Abbildung 18:
Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik
181
Abbildung 19
Grundsatze der Konnmunikations- und Informationspolitik
189
Abbildung 20:
Zusammenfassende Darstellung der kommunikationsspezifischen Investor Relations
190
Abbildung 2 1 :
Rechtsformwahl
199
Abbildung 22:
Rechtsfomnwahl in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen
200
Abbildung 23:
Kommunikationsphasen (kognltive Phase)
205
Abbildung 24:
Auswahlkriterien fur Konsortialbanken
207
Abbildung 25:
Konsortialbanken mit mehrals 20 IPO-Mandaten
210
Abbildung 26:
Wechsel des Borsensegments nach Einfuhrung des
Abbildung 27:
Prime und General Standards
213
Wahl des Prime Standard versus General Standard
214
XVIII Abbildung 28:
Wahl des Segmentstandards in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen
214
Abbildung 29:
MSglichkeiten der Aktienausgestaltung
215
Abbildung 30:
Stamm- versus Vorzugsaktien
217
Abbildung 31:
Inhaber-versus Namensaktion
218
Abbildung 32:
Aktien mit und ohne Nennwert
218
Abbildung 33:
Aktien mit und ohne Nennwert im Zeitablauf
219
Abbildung 34:
Parameter der Emissionsstrnktur
219
Abbildung 35:
Borsensegmentwahl
222
Abbildung 36:
Streubesitz von 25%
222
Abbildung 37:
Streubesitzverteilung
223
Abbildung 38:
Streubesitz in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen
223
Abbildung 39:
Emissionsvolumen (drei GroBenklassen)
224
Abbildung 40:
Emissionsvolumen (elf Grofienklassen)
224
Abbildung 4 1 :
Zusammenfassende Darstellung zur Emissionsstruktur
225
Abbildung 42:
Wahl des Emissionszeitpunkts
228
Abbildung 43:
Wahl des Emissionszeitpunkts in 1997 und 2001
229
Abbildung 44:
Kommunikatlonsphasen (affektive Phase)
230
Abbildung 45:
Wahl des Platzierungsverfahrens
234
Abbildung 46:
Kommunikatlonsphasen (Handlungsphase)
235
Abbildung 47:
Phasen eines Investor-Relations-Konzepts
241
Abbildung 48:
Kontrollmoglichkeiten zur Anpassung des Investment Case
253
XIX
Tabellenverzeichnis
Seite Tabelle 1
Forschungsfelder
Tabelle 2
Notierungen in Nischensegmenten der Freiverkehrsmarkte
Tabelle 3
Anforderungen der Frankfurter Wertpapierborse (inklusive Neuer Markt und SMAX)
Tabelle 4:
5 53 59
Borsensegmentanforderungen zugunsten einer hohen Liquiditat und Informationstransparenz
69
Tabelle 5
Emissionsdaten der Borsengange 2004
70
Tabelle 6
Personliche und unpersonliche Kommunikationsmittel
80
Tabelle 7
Kommunikationsnnittel der Pflichtpublizitat und der freiwilligen Publizitat
90
Tabelle 8
Allgemeine Investment-Case-Kriterien
105
Tabelle 9
Emissionsdaten beispielhaft ausgewahlter Unternehmen
130
Tabelle 10:
Analyseraster der qualitativen Inhaltsanalyse
133
Tabelle 11:
Ergebnisse zur Ertragslage
136
Tabelle 12
Ergebnisse zur Liquiditatslage
139
Tabelle 13
Ergebnisse zur Finanz- und Vermogenslage
141
Tabelle 14
Ergebnisse zur Branchen- und zur Marktentwicklung
143
Tabelle 15
Ergebnisse zum Wettbewerb
146
Tabelle 16
Ergebnisse zur Strategie
149
Tabelle 17
Ergebnisse zur Mittelverwendung
152
Tabelle 18
Ergebnisse zum Management
154
Tabelle 19
Ergebnisse zur Eigentumerstruktur
156
Tabelle 20
Ergebnisse zur Unternehmensstruktur
157 158
Tabelle 21
Ergebnisse zur Unternehmenshistorie
Tabelle 22
Ergebnisse zu den Produkten
160
Tabelle 23
Ergebnisse zum Emissionsvolumen
164
Tabelle 24:
Ergebnisse zu den Kunden
165
Tabelle 25:
Ergebnisse zu den Investor Relations
168
Tabelle 26
Haufigkeiten der Kriterien in alien Rosearchberichten
171
XX Tabelle 27:
Haufigkeiten der Kriterien in den Zusammenfassungen
171
Tabelle 28:
Rangfolge bezuglich der HSufigkeiten genannter Kriterien
172
Tabelle 29:
HSufigkeiten und Zusammenhange der Kriterien
173
Tabelle 30:
Zusammenfassung der einzelnen Kriterienkataloge
176
Tabelle 31:
Beispielhaftes Inhaltsrasterdes Value Reportings
180
Tabelle 32:
Zielgruppengerechter Einsatz der Kommunikationsmlttel
183
Tabelle 33:
Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses
193
Tabelle 34:
Beispielrechnungen zur Hohe des vorborslichen Eigenkapitals
202
Tabelle 35:
Investor-Relations-Aufgaben wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses
240
Tabelle 36:
Konzeptphasen und Investor-Relations-Aufgaben
243
Tabelle 37:
Kriterien fur die Kontrolle von Investor-Relations-Malinahnnen
247
XXI
Abkurzungsverzeichnis
AktG
Aktiengesetz
BaFin
Bundesaufsichtsamt fur das Finanzwesen
BGBi.
Bundesgesetzblatt
BorsG
Borsengesetz
BorsenO
Borsenordnung
BorsZulV
Borsenzulassungsverordnung
DAX
Deutscher Aktienindex
DCF
Discounted Cash Flow
DIRK
Deutscher Investor Relations Kreis
DVFA
Deutsche Vereinigung fur Finanzanalyse und Aniageberatung
EBDIT
Earnings before Depreciation Interest and Tax (Gewinn/Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern)
EBIT
Earnings before Interest and Tax (Gewlnn/Ergebnis vor Zinsen und Steuern)
EBITDA
Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortisation (Gewlnn/Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation)
EBT
Earnings before Tax (Gewinn/Ergebnis vor Steuern)
EG
Europaische Gemeinschaft
EK
Eigenkapital
EPS
Earnings per Share (Gewinn je Aktie)
EV
Enterprise Value
F&E
Forschung und Entwicklung
FK
Fremdkapital
FWB
Frankfurter Wertpapierborse
GmbH
Gesellschaft mit beschrankter Haftung
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
XXII Hrsg.
Herausgeber
IAS
International Accounting Standards
i.d.R.
in der Regel
i.e.S.
im engeren Sinne
IFRS
International Financial Reporting Standards
IPO
Initial Public Offering (Borsengang)
IR
Investor Relations
i.V.m.
in Verbindung mit
i.w.S.
im weiteren Sinne
k.A.
keine Angaben
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KGV
Kurs-Gewinn-Verhaltnis
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
KWG
Kreditwesengesetz
NASDAQ
National Association of Securities Dealers Automated Quotations (Borsensegment)
o.V.
ohne Verfasser- / Verlagsangabe
ROCE
Return on Capital Employed (Gesamtkapitalrendite)
ROE
Return on Equity (Eigenkapitalrendite)
SMAX
Small Caps Exchange
TEURO
Tausend Euro
uberarb.
uberarbeitet(e)
Univ.
Universltat
US-GAAP
Unites States Generally Accepted Accounting Principles
VerkProspG
Verkaufsprospektgesetz
VerkProspV
Verkaufsprospektverordnung
WPHG
Wertpapierhandelsgesetz
Xetra
Exchange Electronic Trading
zugl.
zugelassen(e)
1
Einleitung
1.1 Aktualitat des Themas Die Globalisierung der M^rkte, die Realisierung des europaischen Binnenmarktes und die Offnung der osteuropaischen Markte haben die okonomischen Rahmenbedingungen deutsciier Unternehmen verandert. Damit einiier ging die Notwendigkeit eines Strategiewechsels, urn im internationalen Wettbewerb bestehen zu konnen/ Fur mittelstandische Unternehmen hat der damit verbundene Wettbewerb zu einem hoheren Investitionsbedarf gefuhrt, zu dessen Finanzierung eine angemessene Versorgung mit Risiko- bzw. Eigenkapital notwendig war und ist.^ Parallel zur oben genannten Entwicklung hat die Globalisierung und Deregulierung der Kapitalmarkte die Rahmenbedingungen der Finanzierungsmoglichkeiten verandert und zu einem ebenfalls starkeren Wettbewerb um Eigenkapital gefuhrt.^ Mit der Eroffnung der Borsensegmente Neuer Markt im Jahr 1997 und SMAX im Jahr 1999 wurde eine En/veiterung des Eigenkapitalmarktes insbesondere fiir mittelstandische Unternehmen in Deutschland erreicht. Die steigende Anzahl der Borsengange seit 1997 (siehe Abblldung 1, Seite 2) wird dabei als deutliches Zeichen fur die positive Entwicklung des deutschen Eigenkapitalmarktes gewertet.* Das rucklauflge Emissionsgeschaft seit dem Jahr 2000 lag zum einen an der Verlangsamung der weltwirtschaftlichen Konjunktur in Verbindung mit einer Kapitalmarktbaisse. Zum anderen wurde der Ruckgang auf die gescheiterten Geschaftsmodelle einzelner Unternehmen und das vorsatzlich kriminelle Verhalten einiger weniger Vorstande zuruckgefuhrt.^ Letzteres hat den Ruf des Neuen Marktes und des SMAX nachhaltig geschadigt und neben der allgemeinen Kapitalmarktbaisse viele mittelstandische Unternehmen, die einen Borsengang bereits geplant hatten, eine abwartende Haltung einnehmen lassen. An der Einschatzung der Kapitalmarktteilnehmer, dass ein Borsengang fur mittelstandische Unternehmen nach wie vor ^ Vgl. Buschgen, 1997, S. 95; Kaufmann, 1997, S. 140. 146; GGnther / Otterbein, 1996. S. 391. ^ Vgl. Mendel, 2005, 8. 172 f.; Riedel / Trost / Loges, 2004, S. 16; Gerke / Bank. 1999, S. 10 f. ^ Vgi. Welteke. 2000. S. 16-166; Rapp, 1996. S. 406. Zu den Strukturveranderungen am deutschen Kapitalmarkt seit 1997 vgl. auch Deutsche Bundesbank, 1998, S. 55-70. ^ Vgl. Wirtz / Salzer. 2001a, S. 5; Achleitner, 2000, S. 245, 247; Wegmann / Koch, 1999, S. 514. ^ Vgl. Steib, 2005, S. 34; o.V., 2002b, S. 613; o.V., 2002c, S. 16; Martens, 2002. S. 660.
eine wichtige Alternative der Untemehmensfinanzierung darstellt, hat diese Entwicklung jedoch nichts geandert.® Das zeigt sich auch an den zunehnnenden Forderungen nach einer Neuauflage des Neuen Marktes seit dem Jahr 2004/ Abbildung 1 veranschaulicht die Emissionstatigkeit in den Jahren 1997 bis 2004. . 30.000 n
o
r 180 - 160 - 140 - 120 g -100 ^ -80 «
1 10.000 -
-60
o
-40 -20
o 25.000 3
^ 20.0000)
1 15.000 -
.« ""
5.000 0 U
-\
n.n, 1
1 •
• 1
.fTN,..,^_J^ 1 1 1 ^ 1
r
1
n
u
1997199819992000 2001200220032004 1
lEmissi(Dns\^ lumen
—•—Anzahl
Abbildung 1: Borsengange in Deutschland von 1997 -2004' Vor dem Hintergrund der oben genannten Entwicklungen haben sich auch die Rahmenbedingungen eines Borsengangs geandert. So hat zum Beispiel die Frankfurter Wertpapierborse am 1. September 2002 Going-Public-Grundsatze herausgegeben, die von den emissionsbegleitenden Banken als freiwilliger Verhaltenskodex bei Borsengangen berucksichtigt werden sollen.® Daruber hinaus hat die Frankfurter Wertpapierborse am 1. Januar 2003 eine neue Segmentstruktur eingefuhrt, um das geschwundene Vertrauen in die Qualitat und Soliditat der Borsensegmente zuruckzugewinnen.^° Beide Mafinahmen verfolgen Im Wesentlichen das Ziel, die Informationstransparenz der Unternehmen zu erhohen: zum einen durch einen Verhaltenskodex, der fur Borsengange eine einheitliche Informationsversorgung potenzieller Investoren reglementiert^\ zum anderen durch eine vereinfachte Segmentstruktur mit vereinheitlichten Anforderungen an die Unternehmenspublizltat.^^
® Vgl. Kapfer, 2002, 8. 32 f.; Schmidt, 2002, 8. 97-99. ^ Vgl. Schnell, 2005b, S. 37; dazu kritisch Raettig, 2004, 8. 23. ^ Eigene Berechnung auf Basis einer Datenbank, siehe Anhang 7, 8. 283. ® Going-Pubiic-GrundsStze, 2002. ^° BOrsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierbdrse, 2003. '' Vgl. Gebhardt, 2002, 8. 1 f. ^^ Vgl. Deutsche Borse AG, 2002b, S. 1 f.
Die geanderten Anforderungen an die Informationstransparenz erstrecken sich dabei auf den Informationsaustausch zwischen dem Unternehmen und der Financial Community. Die Financial Community (Finanzoffentlichkeit) umfasst alle Personen, die im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion ein berechtigtes Interesse an den Untemehmensinformationen haben. Dazu gehoren neben der Gruppe der privaten und institutionellen Investoren auch die Gruppe der Multiplikatoren, d.h. Analysten, Wirtschaftsjournalisten und Aniageberater. Die Identiflkation der relevanten Zielgruppen und Kommunikatlonsmittel (Kommunikationspolitik) und anschliefiend die zielgerichtete Informationsversorgung (Informationspolitik) sind wesentliche Aufgaben der Investor Relations.^^ 1.2
Problemstellung und Ziel der Arbeit
Zlelsetzung dieser Arbeit ist die Analyse der Investor Relations sowie Ihrer potenziellen Einsatzmoglichkeiten vor und wahrend des Borsengangs, um daraus Empfehlungen fur ein Investor-Relations-Konzept fur mittelstandische Unternehmen abzuleiten. Der Zeitraum vor und wShrend des Borsengangs erfordert eine Vielzahl von Entscheidungen und Maftnahmen, die einzelnen, voneinander abgrenzbaren Phasen zugeordnet werden konnen. Die Phasen werden im Rahmen dieser Arbeit nach ihrer chronologischen Reihenfolge in eine Vorbereitungs-, Strukturierungs- und Platzierungsphase unterteilt/"* Die Summe aller mit dem Borsengang verbundenen Phasen bildet
den
Borseneinfuhrungsprozess.^^
Nach
erfolgreichem
Abschluss
des
Borseneinfuhrungsprozesses gilt das Unternehmen als borsennotiert.^® Die Abgrenzung der Zeltraume, Borseneinfuhrungsprozess und Borsennotierung, schlagt sich auch In der wissenschaftlichen Literatur nieder. Wahrend uber die Investor Relations borsennotierter Unternehmen eine Vielzahl von Untersuchungen
^^ Vgl. Salzer. 2004, S. 3. Zur Financial Community vgl. Drill, 1995, S. 110; Link, 1994, S. 364. Zur Finanzoffentlichkeit vgl. Lindner, 1999, S. 207. Von einer Kapitalmarkt-Offentlichkeit spricht Janik, 2002, 8. 238. ^^ Vgl. ahnlich www.deutsche-b6rse.com (Listing, IPO Fahrplan); Salzer, 2004, 8. 17; Ruda / Pfeffer, 2003, 8. 26; Bruhl, 2001, 8. 192; Scherer / Bassen, 2001, 8. 722; Knorr, 2000, 8. 174; Volk, 1996, 8.10. Zu unterschiedllchen Einteilungen des Borseneinfuhrungsprozesses vgl. 8teib, 2005, S. 145. '^Vgl. Lindner, 1999, 8.19, 32. ^^ 8iehe auch Kapitel 2.1.1, 8. 11.
vorliegt/^ nicht zuletzt wegen der leichten Verfugbarkeit von Veroffentlichungen, gibt es zu den Investor Relations von Untemehmen wahrend des Borseneinfijhrungsprozesses nur wenige Studien.^^ Aufier am Zeitraum orientieren sich wissenschaftliche Untersuchungen zu den Investor Relations weiterhin an deren Unterteilung in kommunikations- und finanzspezifische Aufgaben: -
Die
kommunikationsspezifischen
Aufgaben
unterteilen
sich
in
die
der
Kommunikations- und der Informationspolitik: -
Inhalt der Kommunikationspolitik ist die Informationsweitergabe, d.h. die Identlfikation der Zielgruppen, der Kommunikationsmittel und des Kommunikationszeitpunkts.^®
Die
Kommunikationspolitik
sowohl
wahrend
des
Borseneinfuhrungsprozesses als auch wahrend des Zeitraums der Borsennotierung ist weitestgehend analysiert und dokumentiert.^° -
Die Informationspolitik befasst sich mit den Informationslnhalten, zu denen die der gesetzlichen Pflicht-Publizitat und der freiwilligen Publizitat gehoren.^^ Die Inhalte der Pflicht-Publizitat werden durch Gesetze, Verordnungen oder Richtlinien bestimmt, so dass sich ein Forschungsbedarf nur aufgrund neuer Normvorgaben erglbt (z.B. EInfuhrung der Going-Public-Grundsatze).^^ Fur die Inhalte der freiwilligen Publizitat existiert hingegen ein Ermessenssplelraum, der insbesondere fur den Borseneinfuhrungsprozess bisher kaum untersucht worden ist.^^
-
Die finanzspezifischen Aufgaben unterteilen sich in die der Distribution (Wahl der Konsortialbanken und des Borsensegments), der Produktausgestaltung (Wahl der Aktiengattung, der Aktienart, des Aktienwertes) und die der Preisbestimmung (Wahl des Platzierungsverfahrens).^"* Aufgrund der wiederum normativen Vorga-
Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001a. S. 29-33, die einen Oberblick uber den Stand der Forschungsarbeiten geben. Vgl. auch Hartmann, 1968, der sich als Erster mit den Investor Relations in Deutschland auseinander gesetzt hat. ^® Vgl. die Untersuchungen von Lindner, 1999 und Hinz / Schmeisser, 2001. Vgl. auch die ausschliedlich deskriptiven Darstellungen von Biattchen / Jacquillant, 1999; Koch / Wegmann, 1998. ^® Siehe Kapitel 2.2, 8. 20 zur Definition der Investor Relations. ^° Vgl. insbesondere Lindner, 1999, auch Hinz / Schmeisser, 2001, die die Bedeutung der Zielgruppen und Kommunikationsmittel wahrend des BSrseneinfuhrungsprozesses analysieren. ^^ Siehe Kapitel 2.2, S. 20 zur Definition der Investor Relations. ^^ Siehe Kapitel 4.2.1, S. 91 zur Pflichtpublizitat. ^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2, S. 104. ^^ Siehe Kapitel 2.2, S. 20 zur Definition der Investor Relations.
ben seitens des Gesetzgebers und der einzelnen Borsensegmente sind diese Aufgaben in soweit analysiert und dokumentiert, wie diese Veranderungen unterliegen (z.B. Zulassung und damit Wahl von nennwertlosen Aktien).^^ Wenig Beachtung haben bisher weitere Aufgaben des Borseneinfuhrungsprozesses erfahren, die Implikationen fur die Investor Relations aufweisen und uber den oben genannten, definitorischen Rahmen hinausgehen (z.B. Zulassung und damit Wahl der GmbH & Co. KGaA als Rechtsform).^® Fur die konzeptionelle Zusammenfuhrung der einzelnen Aufgaben in die Idealtypischen Phasen der Analyse, Planung, Durchfuhrung und Kontrolle llegt eine Vlelzahl theoretisch-deskriptiver Arbeiten vor.^^ Empirische Analysen befassen sich in diesem Zusammenhang insbesondere mit der Kontrollphase und der damit verbundenen eingeschrankten Operationalisierbarkeit und Messbarkeit getroffener InvestorRelations-Mafinahmen.^® Tabelle 1 fasst noch einmal die Aufgaben der Investor Relations zusammen und grenzt die zuvor genannten Forschungsfelder voneinander ab.
V^^^^^^^^
Forschung umfangreich
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHlHForschung zum Teil veraltet 1
I Forschungsfelder
Tabelle 1: Forschungsfelder
Vgl. hierzu Hinz / Schmeisser, 2001; Lindner, 1999; Schieber / Muller, 1998 und 1999, die sich in ihren Analysen auf finanzspezifische Aufgaben wShrend des B5rsengangs beschrSnken. •® Siehe auch Kapitel 5.1.1, S. 194. •Wgl. Achleitner / Bassen, 2001, 8. 27; Kirchhoff, 2001, 8. 806; Drill, 1995, S. 215; Durr, 1995, 8. 147-152 •® Vgl. Salzer, 2004; Tiemann, 1997, die die Erfolgsmessung bzw. Qualitat der Investor Relations untersuchen.
Im Rahmen dieser Arbeit sollen drei Forschungsfelder naher untersucht werden: -
Finanzspezifische Aufgaben (Distribution: Wahl des Borsensegments): Mit der Einstellung des Neuen IVIarktes und des SMAX sind von der Deutsche Borse AG der Prime und General Standard als neue Segmente eingefuhrt worden, die nicht annahernd an den Erfolg der zuvor genannten heranrelchen. Insbesondere fur mittelstandische Unternehmen wird der Ruf nach einer Neuauflage des Neuen Marktes lauter bzw. werden bereits in den Freiverkehrsmarkten der klelneren Reglonalborsen neue Borsensegmente eroffnet.^® Ein Schwerpunkt dieser Arbeit beinhaltet die theoretische Analyse der neuen Borsensegmentstruktur und einen Verglelch mit der alten. Auf Basis zuvor definierter Kriterien werden die Anforderungen der Segmente miteinander vergllchen, um Aussagen zu deren Attraktivltat und damit Akzeptanz seitens der Financial Community treffen zu konnen. Das Zlel ist die Ableitung von Empfehlungen, die mittelstandische Unternehmen bei der Wahl des Borsensegments unterstutzen (Kapitel 3). In Abgrenzung zu den anderen finanzspezifischen Aufgaben (siehe drifter Spiegelstrich) wird die Analyse der Borsensegmentstrukturen vorangestellt, da diese in den letzten Jahren grundlegenden Veranderungen mit Implikationen fur die anderen Forschungsfelder unterlagen.
-
Kommunikationsspezifische Aufgaben (Inhalte des Investment Case im Rahmen der freiwilligen Informationspolitik): Wahrend die Informationsinhalte der Pflichtpublizitat In den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen eindeutig bestimmbar sind, gibt es fur die Inhalte der freiwilligen Informationspolitik keine Vorgaben. BIsherige Analysen beruhen in der Regel auf Befragungen einzelner Gruppen innerhalb der Financial Community und liefern Ergebnisse zu deren Informationsanforderungen. Der Nachteil dieser Untersuchungen ist, dass sie sich auf bereits borsennotierte Unternehmen beschranken und nur Teilaspekte der Informationspolitik abdecken.^° Im Rahmen dieser Arbeit ist jedoch insbesondere der Investment Case von Interesse, der die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens beschreibt und wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses das zentrale Verkaufsargument der Informationspolitik darstellt. Auf Basis einer textanaly-
^ Vgl. Schnell, 2005b, S. 37; M:access, 2005. Vgl. hierzu die Zusammenfassung von Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001a, S. 29-33. Die Untersuchungen beschrSnken sich auf die Inhalte ausgewahlter Kommunikationsmittel wie z.B. den internet-Auftritt Oder den GeschSftsbericht. Siehe auch Kapitel 4.2.2.2, S. 104.
tischen Methode werden die Kommunikatlonsmittel (Researchberichte) von acht Borsenaspiranten nach ubergeordneten Investment-Case-Kriterien beispielhaft untersucht. Das Ziel ist die Herleitung eines Katalogs moglicher Investment-CaseKriterien, den potenzielle Emittenten benutzen konnen, urn eine Indikation fur Inhalt und Umfang ihres eigenen Investment Case ableiten zu konnen (Kapitel 4). -
Finanzspezifische und sonstige Aufgaben wahrend des Borseneinfiihrungsprozesses: Die bisherigen Ergebnisse empirlscher Untersuchungen beschr^nken sich auf einzelne Aufgaben der finanzspezifischen Investor Relations.^^ Sonstige Aufgaben des Borseneinfuhrungsprozesses, die Auswirkungen auf die Investor Relations haben, werden in der Regel ausschlielilich deskriptiv dargestellt.^^ Vor dem Hintergrund einer ganzheltlichen Betrachtung des Borseneinfuhrungsprozesses werden im Rahmen dieser Arbeit alle finanzspezifischen und sonstigen Aufgaben mit Relevanz fur die Investor Relations dargestellt und bezuglich ihrer empirischen Evidenz untersucht. Die Untersuchung bezieht sich dabei auf eine Datenbankanalyse, die Emissionsdaten der Borsengange von 1997 bis 2004 berucksichtigt. Das Ziel ist die Ableitung von Empfehlungen zu finanzspezifischen und
sonstigen
Aufgaben
aufgrund
der
Erfahrungen
vorangegangener
BGrsengange (Kapitel 5). Das Buch richtet sich an Dozenten und Studenten der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzierung, insbesondere Kapitalmarkt und Investor Relations. Ebenso werden Praktiker angesprochen, die einen Borsengang planen oder bei einem solchen beratend tatig sind. 1.3
Aufbau der Arbeit
Die Gllederung der Arbeit gestaltet sich wie folgt: -
Kapitel 2 beinhaltet die theoretischen Grundlagen und definiert, was im Rahmen dieser Arbeit unter mittelstandischen Unternehmen und Investor Relations zu verstehen ist. Als theoretische Grundlagen der Investor Relations werden die Informationsasymmetrien zwischen den Kapitalmarktteilnehmern und die Informationseffizienz von Kapitalmarkten eriautert. In diesem Zusammenhang werden
^^ Vgl. Lindner, 1999, der die finanzspezifischen Aufgaben der BOrsengange von 1994 bis 1997 analysiert. Vgl. auch Hinz / Schmeisser, 2001; Schieber / Mijller, 1998 und 1999. ^^ Vgl. Scherer / Bassen. 2001; Wirtz / Salzer, 2001a, S. 6.
8 auch die Ziele eines Borsengangs und der Investor Relations beschrleben. Abschliefiend wird die organlsatorlsche EInordnung der Investor Relations in ein Unternehmen dargestellt. In Kapitel 3 werden zunachst Kriterien zur Beurteilung von Borsensegmenten hergeleitet. Anschliedend wird die neue Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse selt dem 1. Januar 2003 beschrleben und mit der vorherigen, bestehend aus Neuem Markt und SMAX, verglichen. Auf Basis der zuvor hergeleiteten Kriterien werden die einzelnen Segmente bzgl. ihrer Attraktivitat fur mittelstandische Unternehmen beurteilt. Der theoretische Tell der Kriterienherleitung dient dabei auch zunn Verstandnis der Besonderheiten von Investor Relations in Verbindung mit einem Borsengang. Kapitel 4 befasst sich mit der Ausgestaltung der Kommunikations- und Informationspolltik. Als wesentliche Bestandteile der Kommunikationspolitik werden die Zielgruppen und Kommunikationsmittel dargestellt und eriautert. Im Rahmen der Informationspolitik werden insbesondere die in der Literatur diskutierten Kriterien eines Investment Case vorgestellt. Um detailliertere Erkenntnisse zu den Kriterien eines Investment Case zu erhalten, werden auf Basis einer textanalytischen Methode die Kommunikationsmittel (Researchberichte) von acht Unternehmen beispielhaft analysiert, die in den Jahren von 1997 bis 2004 einen Borsengang durchfuhrten. Die Darstellung der Ergebnisse berucksichtigt dabei sowohl die Informationsinhalte der einzelnen Kriterien als auch deren Bedeutung untereinander. Kapitel 5 beschreibt die Phasen des Borseneinfuhrungsprozesses. Ihnen werden die finanzspezifischen Aufgaben (Distribution, Aktienausgestaltung, Preisfeststellung) der Investor Relations zugeordnet. Daruber hinaus werden auch andere Aufgaben des Borseneinfuhrungsprozesses betrachtet, sowelt diese eine Relevanz fur die Investor Relations aufweisen. Die einzelnen Aufgaben beinhalten unterschiedliche Entscheidungsalternativen (z.B. Auswahl zwischen mehreren Borsensegmenten und Rechtsformen). Um eine Aussage zur empirischen Evidenz unterschiedlicher Entscheidungsalternativen treffen zu konnen, wurde eine Datenbank mit den entsprechenden Emissionsdaten der Borsengange von 1997 bis 2004 aufgebaut. Der theoretischen Darstellung einzelner Aufgaben werden somit die Entscheidungen der Emittenten von insgesamt 455 Borsengangen gegenubergestellt.
9 -
In Kapitel 6 werden die zuvor gefundenen Ergebnisse in einem InvestorRelations-Konzept zusammengefasst. Das Konzept basiert dabei auf den idealtypisclien Pliasen der Analyse, Planung, Durchfuhrung und Kontrolle.
-
Kapitel 7 beinhaltet eine Zusammenfassung der Arbeit und einen Ausblick bzgl. weiterer moglicher Forschungsfelder.
Die Arbeit beschSftigt sich ausschliefilich mit den Mafinahmen bis zur Notierungsaufnahme
(Borseneinfuhrungsprozess).
Auf weitere
Malinahmen
der
Investor
Relations, die erst nach der Notierungsaufnahme relevant sind (Borsennotierung), wird nicht eingegangen.
11
2
Grundlagen
2.1 Eingrenzung von Begriffen 2.1.1 Kapitalmarkt und Bdrsengang Der Finanzmarkt lasst sich in den Geld-, Kapital- und Kreditmarkt unterteilen, deren Zusammenhange In Abblldung 2 dargestellt sind. Der Kapitalmarkt umschreibt den Handel mit langfristigen Finanzierungsmittein, die in wertpapierrechtllch verbriefter Form auftreten und schuld- oder beteillgungsrechtllchen Charakter aufweisen. Zum Kapitalmarkt im weiteren Sinne, der auch als nicht organisierter Kapitalmarkt bezeichnet wird, gehoren alle Kredit- und Beteiligungstransaktionen, die nicht uber Banken oder Borsen abgewickelt werden. Der Begriff des Kapitalmarktes Im engeren SInne wird auch als Synonym fur einen Wertpapiermarkt verwendet.^^ Dabel handelt es sich um einen organisierten Kapitalmarkt, der von Banken und Borsen koordiniert wird. Dieser lasst sich in den Renten- und den Aktienmarkt unterteilen.^ Finanzmarkt 1
Geldmarkt
Kapitalmarkt
Kreditmarkt
1
1 1 Kapitalmarkt Kapitalmarkt 1 1 im weiteren Sinne 1 1 im engeren Sinne nicht organisierter 1 1 Kapitalmarkt | 1
organisierter Kapitalmarkt 1
1
1
Rentenmarkt
Aktienmarkt
1 Primarmarkt
Sekundarmarkt
U- Bdrsengang Abbildung 2: Kapitalmarktstruktur^'
^^ Zu Wertpapiermarkten vgl. auch § 1 Abs. 5 BdrsG i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 WpHG. ^ Vgl. Bittner, 1997, 8. 6 f.; Perridon / Steiner, 1993, S. 157 f.; Hartmann, 1968, S. 89. ^^ In Aniehnung an Bittner, 1997, S. 7; ahnlich Salzer, 2004, S. 20.
12 Wenn im Folgenden der Begriff Kapitalmarkt oder Wertpapiermarkt verwendet wird, bezieht sich dieser ausschliefllich auf den Aktienmarkt. Der Aktienmarkt wird in den Primer- und den SekundSmriarkt unterteilt (siehe Abbildung 2, Seite 11). Es handelt sich dabei urn eine ausschliefilich sprachliche Unterteilung des gleichen Marktes. Am Primarmarkt erfolgt die Einfiihaing bzw. das Angebot neuer Aktien zu einem zuvor festgelegten Prels (Primarmarkthandel). Werden diese neuen Aktien von Investoren nachgefragt und gekauft (gezeichnet), so gehen sie direkt in den Sekundarmarkt uber. Der Sekundarmarkt zeichnet sich durch einen fortlaufenden Handel aus, so dass eine regelmaRige Bewertung und Kursfeststellung der Aktien erfolgen kann (Sekundarmarkthandel).^® Unter einem Borsengang, im englischen Sprachgebrauch auch Going Public oder Initial Public Offering (IPO) genannt, versteht man die erstmalige Einfuhmng (auch Emission, Platzierung, Notierungsaufnahme) von Aktien auf einem Primarmarkt. Mit der erfolgreichen Platzierung der Aktien werden die aktuellen Kurse von der entsprechenden Borse fortlaufend festgestellt und veroffentlicht (Borsennotierung).^^
2.1.2 Mittelstandische Unternehmen Im Rahmen dieser Arbeit werden mittelstandische, nicht-borsennotierte Unternehmen untersucht, die nach der Platzierung der Aktien als borsennotiert gelten. Zur Klassifizierung mittelstandischer Unternehmen vor und wahrend des Borsengangs sind somit die belden Zustande der Nicht-Borsennotierung und der Borsennotierung voneinander zu unterscheiden. Unanhangig von der objektiven Notierung an einer Borse lassen sich nicht-borsennotierte und borsennotierte Unternehmen auch anhand von subjektiven, qualitativen Kriterlen voneinander unterscheiden: -
Die qualitativen Kriterlen beruhen bei nicht-borsennotierten Unternehmen auf den eingeschrankten Mogllchkeiten der externen Kapitalbeschaffung und der Einheit von Leitung und Kapltal.^
-
Bei borsennotierten Unternehmen konkretlsieren sich die qualitativen Kriterien in den Zielen eines Borsengangs.^® Diese stehen den zuvor genannten Kriterien
^ Vgl. Rasch, 1996, S. 28; auch Steib, 2005, S. 20. ^^ Vgl. Salzer, 2004, S. 16; Achleitner, 2000, S. 240 f.; Lindner, 1999, S. 19. ^ Vgl. Riedel / Trost / Loges, 2004, S. 17; Gerke / Bank / Neukirchen, 1995, S. 13. ^® Vgl. RodI /Zinser, 1999, S. 91; Schieber / Muller, 1999, S. 11 f.
13 nicht-borsennotierter Unternehmen entgegen, d.h. sie beziehen sich auf verbesserte Moglichkeiten der extemen Kapitalbeschaffung und eine Trennung von Management und Kapitalgebern. Daruber hinaus sind mittelstandische Unternehmen nach ihrer Grode gegenuber „kleinen" und „gro(ien" Untemehmen abzugrenzen. Aus dem engljschen Sprachgebrauch haben sich auch die Bezeichnungen „Small Caps" fur kleine, „Mid Caps" fur mittlere und „Large Caps" fur groRe Unternehmen in Deutschland eingeburgert/° In diesem Zusammenhang werden Groflenklassifizierungen sowohl nicht-borsennotierter als auch borsennotierter Unternehmen nach quantitativen Kriterien vorgenommen, fur die keine einheitlichen Abgrenzungskriterien existieren: -
Als quantitative Kriterien nicht-borsennotlerter Unternehmen werden Bandbreiten zum Umsatz, zur Bllanzsumme und zur Mitarbelteranzahl herangezogen/^
-
Bel
borsennotierten
Unternehmen
dienen
als
quantitative
Kriterien
die
Borsenkapitalislerung Insgesamt, errechnet aus dem Produkt der Anzahl aller ausstehenden Aktien und dem Aktienkurs, und die Borsenkapitalislerung der nur im Streubesitz befindlichen Aktien (Emisslonsvolumen), die sich einzein oder gemelnsam in bestimmten Bandbreiten bewegen/^ In Abbildung 3 sind die Abgrenzungskriterien noch einmal dargestellt. borsennotiert
nicht-borsennotiert
CO ' C
> c
cr
unabhangig von der UntemehmensgroBe
kleine Untemehmen Small Caps mittlere Untemehmen Mid Caps groBe Untemehmen Large Caps
-
eingeschrankte Moglichkeiten extemer Kapitalbeschaffung Einheit von Leitung und Kapital
-
Umsatz Bilanzsumme Mitarbelteranzahl
Ziele eines Borsengangs untemehmensbezogene Ziele eigentumerbezogene Ziele
-
Borsenkapitalislerung insgesamt Borsenkapitalislerung nur des Streubesitzes
Abbildung 3: Abgrenzung mittelstandischer Unternehmen (Mid Caps)
^"^ Vgl. Buschgen, 1997, S. 96; Flach / Wilhelm, 1997, S. 99; Rasch, 1996, S. 70. ^'^ Vgl. Brockmann, 2005, S. 39 f.; Lindemann / Schmidt / Sturm, 1998, S. 11 f. ^^ Vgl. Pietzsch, 2004, S. 254; Rasch, 1996, S. 70-77.
14 Im Rahmen dieser Arbeit werden zur Eingrenzung mittelstandischer Untemehmen als qualitative Kriterien die Ziele eines B6rsengangs zu Grunde gelegt. Die Kriterien geben Aufschluss uber den Status quo und die Motivation, einen BGrsengang zu planen. Bei der Festlegung quantitativer Kriterien werden die korrespondierenden Grofieneinteilungen borsennotierter Unternehmen herangezogen. In den beiden nachfolgenden Kapitein werden diese Eingrenzungen n^her erlSutert. 2.1.2.1 Qualitative Klassifizierung Die qualitative Klassifizierung orientiert sich an den Zielen, die mittelstdndische Unternehmen mit einem Borsengang verfolgen. Diese lassen sich in unternehmensbezogene und eigentumerbezogene Ziele unterteilen (siehe Abbildung 4)/^ Ziele eines Borsengangs
1
1
1
Unternehmensbezogene Ziele - Wachstumsfinanzierung - Eigenkapitalstarkung - Gewinnung von Fuhrungskraften - Emission weiterer Finanzierungsinstrumente - Steigerung des Bekanntheitsgrades - Mitarbeiterbeteiligung
Eigentumerbezogene Ziele - Untemehmensnachfolge - Vermogensdiversifikation - Exit einer Venture-Capitai-Gesellsciiaft Oder Spin-off eines Konzerns
Abbildung 4: Ziele fur einen Borsengang Die unternehmensbezogenen Ziele beinhalten im Einzelnen: -
Das Hauptmotiv fur einen Borsengang ist die Finanzierung des kurz- und mittelfristlgen Unternehmenswachstums. Dazu zahlen zum einen En/veiterungsinvestitionen im Rahmen des Internen Wachstums, beispielsweise der Ausbau der Produktions- und Vertriebskapazitaten, der Aufbau neuer Geschaftsbereiche und die Weiterentwicklung bestehender sowie die Entwicklung neuer Produkte. Zum anderen wird das externe Wachstum durch die Finanzierung von Akquisitionen und Beteillgungen unterstutzt. Fur die Ubernahme anderer Unternehmen ermoglicht der Borsengang neben der Barbezahlung zusStzlich die Mogllchkeit, die
Vgl. R6dl /Zinser, 1999, S. 91. Die Hierarchisierung der unternehnnens- und eigentumerbezogenen Ziele berulit auf den Ergebnissen einer Befragung des Deutschen Aktieninstituts unter alien deutschen Neuemittenten der JahrgSnge 1994 bis 1998, vgl. Schieber / Muller, 1999, S. 11 f.
15 eigenen Aktien als Akquisitionswahrung einzusetzen, d.h., den VerkSufern werden Aktien des eigenen Untemehmens angeboten/"* Die Eigenkapitalstarkung dient der Finanzierung des langfristigen Unternehmenswachstums. Durch die verbesserte Eigenkapitalquote wird die Finanzierungsflexibilitat erhoht. Insbesondere fur mittelstandische Unternehmen wird eine geringe oder rucklaufige Eigenkapitalquote zum limitierenden Faktor, urn notwendige Investitionen finanzieren zu konnen. Die Eigentumer konnen entweder die erforderjichen Eigenmittel nicht aufbringen oder sind nicht bereit, ihr ganzes Vermogen ausschliefllich an das Risiko des Untemehmens zu binden. Das uber den Borsengang zuflieliende Eigenkapltal erhoht daruber hinaus die Kreditwurdigkeit und verringert die Kapitalkosten gegeniiber Fremdkapitalgebern (hohe Eigenkapitalquote und niedrlger Verschuldungsgrad)/^ Durch den Borsengang wird das Unternehmen in der Offentlichkeit starker wahrgenommen und lenkt damit die Aufmerksamkeit potenzieller Fuhrungskrafte auf sich. Daruber hinaus konnen leistungsorientierte und am Borsenkurs ausgerichtete Vergutungssysteme als Anreiz angeboten werden/® Mit der Borsennotierung erschliefit sich das Unternehmen eine Vielzahl weiterer Moglichkeiten, um den Kapitalmarkt in Anspruch zu nehmen. Dazu gehoren sowohl weitere Kapitalerhohungen als auch die Emission anderer Finanzierungsinstrumente wie z.B. Wandelanleihen."*^ Das Interesse der Offentlichkeit an einem Unternehmen ist in der Regel zu keinem anderen Zeitpunkt so hoch wie zum Borsengang. Dem Unternehmen bietet sich die einzigartige Chance, den Bekanntheitsgrad und das Image zu verbessern. Letzteres hat einen entscheidenden Einfluss auf die Nachfrage und Qualitat potenzieller Investoren. Daruber hinaus wirkt sich die Steigerung des Bekanntheitsgrades positiv auf das operative Geschaft aus, zum einen, weil sich die gesteigerte Aufmerksamkeit auch auf die Produkte erstrecken kann, und zum anderen, weil die Wahrnehmung als borsennotiertes Unternehmen eine hOhere Reputation verleiht/®
^* Vgl. Scherer / Bassen, 2001, S. 721; Achleitner, 2000, S. 241; Lindner, 1999, S. 28 f. ^^ Vgl. Schmidt, 2002, S. 98; Zacharias, 2000, S. 50 f.; Flach / Wilheim, 1997, S. 102. ^® Vgl. Deutsche Borse AG, 2003, S. 26; Kirchhoff, 2000, S. 38; Lindner, 1999, S. 31. ^^ Vgl. Scherer / Bassen, 2001, S. 721; Krystek / Muller, 1993, S. 1785 f. ^® Vgl. Achleitner, 2000, S. 242.
16 -
Die B6rsennotierung und die dadurch bedingte hohe Fungibilitdt der Aktien erleichtert in der Regel eine transparente und relativ unproblematische Beteiligung der Mitarbeiter am Unterneiimen. Von einer Beteiligung der Mitarbeiter versprechen sich die Unternehmen eine verbesserte Arbeitsmotivation und eine eriiChte Identifikation mit den Unternehmenszielen.'*®
Die eigentumerbezogenen Ziele sind: -
Ein wichtiges Ziel fur die EigentQmer ist die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Der BGrsengang, verbunden mit einer Anderung der Rechtsform, schafft die notwendigen Voraussetzungen zur Trennung von Kapitalgeber und Managementfunktionen. Die anschJieliende Rekrutierung qualifizierter Fuhrungskrafte wird durch die BOrsennotierung erleichtert. Die so gewonnenen Fuhrungskrafte kGnnen mittel- bis langfristig In die obersten FQhrungsaufgaben hineinwachsen und somit die KontinuitSt der UnternehmensfQhrung gewahrleisten.®°
-
Gleichzeitlg er6ffnet der B6rsengang den Eigentumern bzw. deren Nachkommen und Erben die M6gllchkelt, sich sukzessive von dem Unternehmen oder ihrer Beteiligung zu trennen. Das Unternehmen wird somit unabhSngig von der Person bzw. Famine des Grunders und erfShrt dadurch eine weltere Unterstutzung In der Trennung zwischen Kapitalgeber- und Managementfunktionen. Daruber hinaus haben die Altgesellschafter und deren Erben die M6gllchkeit, durch die teilweise Verauderung von Aktien die dafur zufliefienden liquiden Mittel zur Risiko- und VermGgensdiversifikation in anderen Werten anzulegen.^^
-
Neben den Eigentumern bzw. deren Erben kommen auch andere Gruppen von Eigentumern in Betracht, die sich Im Zuge einer BGrseneinfuhrung ganz oder teilweise von Ihrer Beteiligung trennen. Dazu gehoren Konzerngesellschaften, die einzelne Tochtergesellschaften z.B. als Spin-off an die Borse bringen, sowie Venture-Capital-Gesellschaften, die sich von erfolgreichen Beteillgungen trennen und dabei Kapitalgewlnne reallsieren wollen. Als weiterer moglicher Verauflerer kommt auch der Staat, d.h. Bund, Lander, Gemelnden und andere offentllche Korperschaften, in Frage.®^
*^ Vgl. Deutsche BOrse AG, 2003, S. 27; Schmidt. 2002, S. 98 f. ^ Vgl. Deutsche Bbrse AG, 2003, S. 26; Zacharias, 2000, 8. 52 f.; Rasch, 1996, S. 49 f. ^^ Vgl. Bessler/ Kurth /Thies, 2001, S. 230; Achleitner, 2000, S. 242; Lindner, 1999, S. 30. ^^ Vgl. Wirtz / Salzer, 2001 a, S. 8; R6dl / Zinser, 1999, S. 95 f.
17 2.1.2.2 Quantitative Klassifizierung Von den quantitativen Kriterien bbrsennotierter Unternehmen wird die Kapitalisierung der im Streubesitz befindlichen Aktien ann hSufigsten herangezogen.^^ Die Kapitalisierung des Streubesitzes errechnet sich aus dem Produkt des Aktienkurses und der Anzahl der Aktien, die von Publikumsaktionaren gehalten werden. Wahrend eines BOrsengangs wird die Kapitalisierung des Streubesitzes auch Ennissionsvolunnen genannt. Ein hohes Emissionsvolumen gew^hrleistet eine hohe Umschlagsfrequenz der Aktie und damit einen kontinuierlichen BSrsenhandel.^ Unternehmen mit hohen operativen Umsatzen, einer hohen Bilanzsumme Oder Mitarbeiterzahl, aber niedriger Kapitalisierung des Streubesitzes sind fQr den BGrsenhandel weniger interessant. Auch eine hohe BGrsenkapitallsierung aller Aktien sagt nur wenig uber den BOrsenhandel aus, wenn das Aktienkapltal mehrheitllch von einem Oder wenigen MehrheitsaktionSren gehalten wird. Insbesondere Banken und BGrsen, die an den Provislonen aus dem BOrsenhandel verdienen, beurteilen Unternehmen nach ihrem Emissionsvolumen. HIntergrund einer solchen EinschStzung ist, dass sich fQr Banken und BGrsen der mit dem Handel verbundene Aufwand erst ab einem bestimmten Emissionsvolumen lohnt. Das hat zur Konsequenz, dass die emissionsbegleitenden Banken erst ab einem kritischen Emissionsvolumen an einer Begleitung von Unternehmen wShrend des B6rseneinfOhrungsprozesses Interessiert sind.^® Eine einheitllche Grenze fur Emissionsvolumina, ab der sich ein B5rsengang lohnt, gibt es nicht bzw. wird in Abhangigkeit von den Renditevorgaben einzelner Banken unterschiedlich ausfallen. Eine in der Literatur vorgestellte Einteilung legt die Grenze bei Euro 25 Mio. fest, die auch im Rahmen dieser Arbeit unterstellt wird.^ Mittelstandische Unternehmen werden demnach wie folgt abgegrenzt: Unternehmen mit einem Emissionsvolumen von Euro 25 Mio. bis Euro 250 Mio. werden als „Mid Caps" bezeichnet, mit Werten unterhalb dieser Bandbreite als „Small Caps" bzw. daruber als ..Large Caps".^^
^^ Vgl. Traub, 2000, S. B10; Rasch, 1996, S. 73. ^SieheKapitel 3.1.1,8.38. ^^ Vgl. Wiesmann / Gossler / Harder, 2001, S. 52; Traub, 2000, S. BIO; R6dl / Zinser. 1999, S. 129. ^ Der Median des Emissionsvolumens aller BOrsengSnge von 1997 bis 2004 lag bei Euro 39 Mio., der Durchschnitt bei Euro 119 Mio. Siehe Kapitel 5.2.4.2, S. 222. ®^ Vgl. hierzu den Uberblick von Rasch, 1996, S. 72 f. Zu einer anderen Einteilung, die sich an der institutioneller Investoren orientiert vgl. Pietzsch, 2004, S. 254 f., die Mid Caps zwischen Euro 100 Mio. und Euro 1.000 Mio. einordnet (Small und Large Caps darunter bzw. daruber).
18 Urn fur ein Untemehmen eine ungef^hre Grodenordnung des zukunftigen Emissionsvolumens zu erhalten, wird zun^chst eine AbschStzung der zu erwartenden Borsenkapjtalisierung vorgenommen. Anschliefiend wird in Abhangigkeit vom angestrebten Streubesitz das zu en/vartende Emissionsvolumen bestimmt. Eine Abschatzung der zu erwartenden Borsenkapitalisierung geschieht dabei auf Basis einer Multiplikatoren-Bewertung.^ Die zentrale Annahme einer Bewertung von Unternehmen auf Basis von Multiplikatoren geht davon aus, dass die Relation von ReferenzgroRen (z.B. Umsatz) zur Borsenkapitalisierung unter Vergleichsunternehmen (Peer Group) vergleichbar ist. Ein Umsatzmultiplikator von z.B. 2,0 auf Basis des geplanten Umsatzes eines bestimmten Jahres (in der Regel des Jahres nach der BorseneinfiJhrung) besagt, dass das Vergleichsunternehmen mit dem zweifachen Umsatz des entsprechenden Jahres an der Borse bewertet wird. Durch die Anwendung des Multiplikators der Vergleichsunternehmen auf die Referenzgrode des zu bewertenden Unternehmens wird dessen Unternehmenswert (Borsenkapitalisierung) bestimmt.^^ Der Multipllkator entspricht dem Quotienten aus Borsenkapitalisierung und Referenzgrofle, bezogen auf einen bestimmten Zeitraum ti: Multiplikatoft,= Borsenkapitalisierung Referenzgrolie in t^ Das Verhaltnis des Emissionsvolumens zur Borsenkapitalisierung entspricht dem prozentualen Anteil der im Streubesitz gehandelten Aktien zur Anzahl aller Aktien des Unternehmens: Emissionsvolumen .-^-, Borsenkapitalisierung = -r-—^ .. • »/ ^ ^^0 % ^ ^ Streubesitz in % Bei Kenntnis des geforderten Emissionsvolumens, des angestrebten prozentualen Anteils des Streubesitzes und des Multiplikators von Vergleichsunternehmen kann die Referenzgrofie errechnet werden: r Emissionsvolumen
x100 L Streubesitz in % Referenzgrolie t^= — Multipllkator t ^
»]
Das nachfolgende Beispiel berechnet eine Umsatz-ReferenzgroBe unter der Annahme eines Emissionsvolumens von Euro 25 Mio. Der prozentuale Anteil des
^ Vgl. Bessler / Kurth / Thies, 2001, 8. 237 f.; ROdJ / ZInser, 1999, S. 125. ^^ Vgl. Schwetzler. 2001, S. 77.
19 Streubesitzes soil 25% betragen und entspricht damit der Mindestanforderung von Borsengangen im Amtlichen Handel.^ Der Umsatzmultiplikator von Vergleichsunternehmen liegt beispielhaft bei 2,5 fur das Jahr ti. Die Referenzgrode des Umsatzes fur ti ergibt sich dann aus: r Euro 25 Mio.
']
-x100%
Umsatzt^:Euro40Mio.
2,5 Umsatz-Multiplikator t^ Bin Unternehmen, das einen Borsengang anstrebt, musste einen Umsatz von Euro 40 Mio. fijr das Jahr ti planen, urn bei einem Streubesitz von 25% auf ein Ennissionsvolumen von Euro 25 Mio. zu kommen. Zur Identifikation von Vergleichsunternehmen konnen aus Vereinfachungsgrunden die Unternehmen eines Branchenindexes herangezogen werden.®^ In Abhangigkeit von der Branchenzugehorigkeit des Unternehmens konnen auf Basis entsprechender Multiplikatoren dann Umsatzgrollen abgeleitet werden. Liegt der Umsatz eines Unternehmens
unterhalb
einer
kritischen
Umsatz-
und
damit
Emissions-
volumensgrenze, so ist die Bereitschaft der Banken, das Unternehmen begleiten zu wollen, kritisch zu beurteilen. In einem solchen Fall sind die Banken davon zu tiberzeugen, dass der Investment Case des Unternehmens eine hohere Bewertung rechtfertigt und damit das Emissionsvolumen hoher ausfallt. Die quantitative Klassiflzierung mittelstandischer Unternehmen im Sinne dieser Arbeit bezieht sich auf Mid Caps, die zum Zeitpunkt der Notierungsaufnahme ein Emissionsvolumen von Euro 25 Mio. bis Euro 250 Mio. aufweisen. Dabei ist zu berijcksichtigen, dass sich die Kapitalisierung der Unternehmen in Abhangigkeit von der allgemeinen Borsenverfassung verandern kann. In Haussephasen konnen Small Caps zu Mid Caps und Mid Caps zu Large Caps werden, in Baissephasen umgekehrt.®^ Die abzuleitenden Ertragskennzahlen potenzieller Borsenkandidaten varlieren dementsprechend mit der Hohe der Borsenkapitalisierung von Vergleichsunternehmen und den daraus zu berechnenden Multiplikatoren. Eine eindeutige quantitative Klassiflzierung ist daher nicht moglich.
°" § 9 Abs.1 BorsZulV. ®^ Vgl. Schwetzler, 2001, S. 81. ^^Vgl.Rasch, 1996, 8.73.
20 2.2
Definition Investor Relations
In der Literatur warden die Investor Relations von Unternehmen Qberwiegend als finanzbezogener Teilbereich der Public Relations dargestellt.®^ Unter Public Relations versteht man die planmaiiige und systematische Gestaltung der Beziehungen zwisclien denn Unternehmen und einer nach Gruppen gegliederten Offentlichkeit (Kunden, Lieferanten, Arbeitnehmer, Kapitalgeber, Staat usw.).®* Die Zielgruppen und Aufgaben der Investor Relations sind innerhalb der Public Relations enger gefasst. In der Literatur finden sicli unterschiedliche Definitionen des Begriffs, die jeweils andere Zielgruppen, Aufgaben und Bezuge zum Kapitalmarkt berucksichtigen.®* Abblldung 5 veranschaulicht
mftgliche
Unterscheidungsmerkmale
von
Investor-Relations-
Definitionen: investor Relations
-£ Zielgruppen
Aufgaben
Kapitalmarktbezug
' Eigenkapitalgeber
Kommunikationsspezifische Aufgaben
• Borsennotierte Unternehmen
• Fremdkapitalgeber
Finanzspezifische Aufgaben
• Borseneinfiihrungsprozess
- Multiplikatoren
• Nicht-borsennotierte Unternehmen
Abblldung 5: Unterscheidungsmerkmale von Investor-Relations-Defmitionen Eine Unterscheidung der Zielgruppen erfolgt nacii Eigenkapltalgebern (Shareholder), Fremdkapitalgebern (Bondholder) und Multiplikatoren (Opinion Leader). Eigen- und Fremdkapitalgeber lassen sich jeweils in aktuelle und in potenzielle Kapitalgeber unterteilen. Die Multiplikatoren (z.B. Wirtschaftsjournalisten) beurteilen die Informationen des Unternehmens, um ihre Meinung anschlieliend zu veroffentlichen. Kapital
'^ Vgl. Hartmann, 1968, S. 70; auch MQIIer, 2004, S. 11-13; Ruda / Pfeffer, 2003, S. 37; SchOnborn / Tschugg, 2002, S. 11; Tiemann, 1997, S. 4. Der anglo-amerikanische Begrlff der Investor Relations lasst sich vereinfacht als Anieger- bzw. Kapitalgeberpflege ubersetzen, vgl. Janik, 2002, S. 14. ^ Vgl. Pellens, 1995, S. 1589 f., 1596; Drill, 1995, S. 53; Becker, 1994, S. 297. Vgl. auch Bruhn, 2003, S. 341. '^ Vgl. Wirtz / Salzer, 2001b, S. 201-204; Mindermann, 2000, S. 25-27. Zur Einordnung der Investor Relations in die Public Relations vgl. auch Janik, 2002, S. 15 f.
21 stellen sie keines zur Verfugung. In AbhSngigkeit von den gewShlten Zielgruppen werden diese unter dem Begriff ..Financial Community"®® zusammengefasst.®^ Die Aufgaben der Investor Relations werden in kommunikations- und in finanzspezifische unterteilt:®® -
Die kommunikationsspezlfischen Aufgaben werden auch als Investor Relations im engeren Sinne bezeichnet. In diesem Zusammenhang wird auch von der Publizitat des Unternehmens gesprochen, definiert als die Verbreitung und Offenlegung von Informationen Qber die finanzielle und wirtschaftliche Lage eines Unternehmens
einschlielilich
seiner
Entwicklungsaussichten.®®
Die
Investor
Relations im engeren Sinne umfassen dabei zwel Aspekte: -
Zum einen geht es um die Verbreitung der Informationen (Kommunikationspolitik), die neben der identifikation relevanter Zielgruppen die Auswahl zielgruppenspezifischer
Kommunikationsmittel
und
die
Bestimmung
des
Kommunikationszeltpunktsbeinhaltet. -
Zum anderen geht es um die Bestimmung und Bereitstellung der offen zu legenden Informationen (Informationspolitik), die in solche der gesetziich geforderten Pflichtpublizitat und in die derfreiwilligen Publizitat unterteilt werden.
-
Die
finanzspezifischen
Aufgaben
beziehen
sich
auf
Maflnahmen
des
Finanzierungsprozesses, die Auswirkungen auf die Investor Relations im engeren Sinne haben. Kommunikations- und finanzspezlfische Aufgaben werden auch als Investor Relations im weiteren Sinne bezeichnet. Im Einzelnen werden dabei drei Aufgabenbereiche
unterschleden:
Die
distributionsorientierten
Aufgaben
beschaftlgen sich mit der Wahl der Konsortialbanken und des BOrsensegments. Zu den produktorientierten Aufgaben gehSrt die Ausgestaltung der Aktie als Produkt (Aktiengattung, -art, -wert). Die preisorientierten Aufgaben beschaftlgen sich mit der Wahl des Platzierungsverfahrens. Nach dem Bezug zum Kapitaimarkt kann zwischen der Zeit vor, wahrend und nach dem Borseneinfuhrungsprozess unterschleden werden. Ursprunglich wurden die Investor Relations ausschliefilich auf borsennotierte
Unternehmen
und deren
^ Drill, 1995, S. 110. Lindner, 1999, S. 207, ubersetzen ..Financial Community" mit FinanzOffentllchkeit. ®^ Vgl. Schuiz, 1999, S. 26 f.; Weidekind, 1994, S. 305; Becker. 1994, S. 300; Link, 1991, S. 9. ®Wgl. Kirchhoff, 2000, S. 35; Lindner, 1999, S. 43 f.; Schuiz, 1999. S. 110; Link, 1991, S. 182. 236. ®^ Vgl. Drill, 1995. S. 75; ahnlich Pellens. 1995, S. 1590.
22 Beziehungen
zu
Eigenkapitalgebem
beschrankt.
Die
Erkenntnis,
dass
die
Beziehungspflege mit mehreren Zielgruppen der Financial Community auch fur nichtborsennotierte Untemehmen notwendig ist, iiat die Relevanz der Investor Relations auf alle Phasen der Unternehmensentwicklung enveitert/° Die hier zugrunde gelegte Begriffsdefinltion der Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses lautet wie folgt:^^ Wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses obliegt den Investor Relations die planmafiige und systematische Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Unternehmen und der Financial Community. Dazu gehoren die aktuellen und potenziellen Eigenkapitalgeber und Multiplikatoren. Zu den Aufgaben der Investor Relations gehoren sowohl kommunikationsspezlfische (Kommunikatlons- und Informationspolitik) als auch finanzspeziflsche (Distribution, Produkt, Preis) Aufgaben.
2.3 Theoretische Fundierung der Investor Relations Die Existenz unvollkommener Kapltalm^rkte fiJhrt zu einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Kapitalmarktteilnehmern und einer Informationsineffizienz der Kapitalmarkte, welche die Notwendigkeit einer intensiven InvestorRelations-Arbeit begrundet.^^ 2.3.1 Informationsasymmetrien Durch die Trennung von Eigenkapitalgeber (Principal) und Unternehmensleltung (Agent) haben insbesondere borsennotierte Unternehmen das Principal-AgentProblem, die Interessen des Kapitalgebers und die der angestellten Unternehmens-
^° Vgl. Salzer, 2004, S. 15. Mit den Investor Relations bdrsennotierter Unternehmen setzten sich Drill, 1995; Link, 1991; und Hartmann, 1968 auselnander. Hinz / Schmeisser, 2001; Lindner, 1999 und Schieber / Muller, 1998 und 1999 beschSftigen sich mit den Investor Relations wShrend des B6rseneinfuhrungsprozesses. Lindemann / Schmidt / Sturm, 1998 untersuchen die Investor Relations nicht-bOrsennotierter Kleiner und mittlerer Unternehmen. ^^ In Aniehnung an Lindner, 1999, S. 19. ^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, 8. 6; Rehkugler, 1993, 8. 40.
23 leitung zu koordinieren. Die drei AusprSgungen einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Kapitalgeber und Unternehmensleitung sind:^^ -
Qualitatsunsicherheit uber Eigenschaften und FShigkeiten der Unternehmensleitung (Hidden Information),
-
Verhaltensunsicherheit beziiglich schwer oder nicht uberprufbarer Handlungen und Ressourceneinsatze (Hidden Action),
-
Abslchtsungewissheit uber die Ausnutzung von Vertragslucken und spezifischen Investitionen (Hidden Intention).
Existieren zum Borsengang nur unzureichende Informationen, die zu einer Reduzierung der Asymmetrien beitragen, so lassen sich Kapitalgeber die damit verbundenen Risiken durch eine Risikopramie kompensieren, welche zu hoheren Finanzierungskosten fur das Unternehmen fuhrt. Zu den Risiken geh5ren unternehmensbezogene, wie z.B. Rechtsstreitigkeiten, und marktbezogene, wie z.B. polltische Ereignisse. Im Falle zu hoher Risiken, die die Kapitalgeber zu kompensieren nicht bereit sind, kann es sogar zu einer Ven/veigerung der Kapitalbereitstellung kommen/"* Insbesondere wahrend eines Borsengangs im Primarmarkt sind die Informationsasymmetrien ausgepragter als bei Folgeemisslonen, weil der Sekundarmarkt als Instrument der Informationsbearbeitung und -ubermittlung (regelmafiige Kursfeststellung) noch nicht zur Verfugung steht/^ An den Informationsbedurfnissen der Kapitalgeber ausgerichtete Investor Relations unterstutzen den Abbau asymmetrischer Informationsverteilungen und konnen zu einer Reduzierung der Kapltalkosten beitragen/® Die Reduzierung asymmetrischer Informationen verursacht Kosten (Agency Costs), die unterteilt werden konnen in/'' -
Beobachtungskosten
(Monitoring
Costs) zur
Deckung
der
Informationsbe-
durfnisse der Kapitalgeber und zur Kontrolle des Managements (z.B. Kosten fur das Berichtswesen oder das interne Kontrollsystem),
^^ Vgl. z.B. Spremann, 1990, S. 562 f.; auch Salzer, 2004, S. 56 f. ^* Vgl. Steiner / Heselmann, 2001. S. 99; Kaufmann, 1997, S. 142 f. ^^ Vgl. Salzer, 2004, S. 56. ^® Vgl. Steib, 2005, S. 173; Steiner / Hesselmann, 2001, S. 101. ^^ Vgl. Jensen / Meckling, 1976, S. 305 f.
24 -
Rjsikokosten (Bonding Costs), die das Management fur seine risikobehafteten EInkommensbestandteile erhait (z.B. ein variables Vergutungssystem mit einer lelstu ngsorlentierten Komponente),
-
Opportunltatskosten (Residual Loss) fur entgangene Gewinne, wenn das Management zu Lasten der Kapltalgeber suboptlmale Entscheldungen fallt.
Die Kosten der Investor Relations, die den Beobachtungskosten zuzurechnen sind, konnen sowohl durch die Reduktion anderer Agency Costs als auch durch die Verringerung der Kapitalkosten kompenslert werden/® Insbesondere bel mittelstandischen Unternehmen sind in der Regel die Probleme der Informationsgewinnung und -weitergabe zur Kompensation asymmetrischer Verteilungen umso groRer, je junger, kleiner und eigenstandiger ein Unternehmen ist/^ Sie lassen sich im Wesentllchen auf zwei Ursachen zuruckfuhren: -
Fur die Informationsgewinnung fehlen die Voraussetzungen eines aussagekraftigen Berichtswesens (internes und externes Rechnungswesen) und umfangreichen Informationssystems (z.B. Controlling), um aussagefahige und bewertungsrelevante Informationen bereitstellen zu konnen. Bei relativ jungen Unternehmen existieren des Weiteren moistens nur unzureichende vergangenheitsbezogene Daten.®°
-
Bei vielen mittelstandischen Unternehmern werden aufgrund traditioneller Einstellungen und der Neigung zur Eigenstandigkeit selbst dann keine Informationen weitergegeben, wenn dies moglich ware. Publizitat und Transparenz sind Reizworter, das Unternehmen wird als Lebenswerk betrachtet, dessen Uberwachung und Kontrolle ungern in fremde Hande gegeben wIrd. Besonders ausgepragt ist diese „Herr-im-Hause"-Mentalitat, wenn der Firmeninhaber zugleich Unternehmensgrunder ist.^^
2.3.2 Informationseffizienz von Kapitalmarkten Von dem EInsatz der Investor Relations wird u.a. eine Reduktion der Kapitalkosten en/vartet, d.h. eine reduzierte Risikopramie der Kapltalgeber und damit ein hoherer
'** Vgl. Gunther / Otterbein. 1996, S. 394. ^^ Vgl. Eickhoff/Wortmann, 1998, S. 23; Kaufmann, 1997, S. 143. ®° Vgl. Gerke / Bank / Neukirchen u.a.. 1995, S. 17. ^' Vgl. Gerke / Bank, 1999, S. 15 f.
25 Aktienkurs. Die Geschwindigkeit, mit der Informationen in den Aktienkursen verarbeitet werden, wird von der Informationseffizienz des Kapitainnarktes bestimmt. Es werden drei Formen der Informationseffizienz unterschieden:®^ -
Die schwaciie Informationseffizienz geht davon aus, dass lediglich die historischen Informationen im Markt bekannt sind.
-
Die halbstrenge Informationseffizienz berucksichtigt zusStzlich die aktuellen, 6ffentlich zuganglichen Informationen.
-
Der strengen Informationseffizienz zufolge sind alle Informationen, auch alle nicht offentlich zuganglichen, im Markt bekannt und im Preis bereits berucksichtigt.
Bel Vorliegen der strengen Informationseffizienz konnten die Investor Relations keinen zusatzlichen Nutzen stiften, da selbst interne Informationen im Markt bereits bekannt und in den Kursen berucksichtigt worden sind. Bei borsennotierten Unternehmen wird in der Regel von einer halbstrengen Informationseffizienz ausgegangen.®^ Unternehmen, die sich noch am Anfang des Borseneinfuhrungsprozesses befinden, wird eine schwache Informationseffizienz unterstellt.®"* Intensive Investor Relations konnen in diesem Stadium die Informationsasymmetrien zwischen Unternehmen und Kapitalmarkt verringern helfen und damit die Informationseffizienz verbessern.®^ 2.4
Investor Relations und wertorientierte Unternehmensfuhrung
Die Interessen zwischen den Kapitalgebern und der Unternehmensleitung konnen bezuglich der vom Unternehmen zu verfolgenden Ziele auseinander fallen (PrincipalAgent-Problematik). Dies wird unter anderem auf eine wertorientierte Sicht der Kapitalgeber und eine gewinnorientierte Sicht der Unternehmensleitung zuruckgefijhrt.®® Im Sinne der Kapitalgeber wird auch von anderen MItglledern der Financial Community eine wertorientierte Unternehmensfuhrung von borsennotierten Unternehmen erwartet.®^ Das primare Unternehmensziel soil die langfristlge Steigerung ^^ Vgl. Fama. 1970, S. 388 f.; ahnlich Pietzsch. 2004, S. 22-35; Salzer, 2004, S. 67; Gunther/Otterbein, 1996, S. 392; Kramer, 1995, S. 1138. ®^ Vgl. Steib, 2005, S. 84; Salzer, 2004, S. 68; K6tzle / Niggermann, 2001, S. 636; Steiner/Hesselmann, 2001,S. 100; Volkart/Labhart, 2000, S. 149 f.; Link, 1991, S. 38 f. ®^Vgl. Lindner, 1999, S. 23. ®^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 6 f. ®^ Vgl. Buhner/Weinberger, 1991, S. 187. ^^ Vgl. Fischer, 2002, S. 161 f.; Behrenwaldt, 2001, S. 426; Flach / Wilhelm. 1997, S. 109.
26 des Untemehmenswertes sein, dem sich alle anderen Unternehmensziele unterzuordnen haben. Die Forderung nach einer wertorientierten Untemehmensfuhrung bestimmt gleichzeitjg die Anforderungen an die Investor Relations.®® Die Zusammenhange lassen sich in der nachfolgenden Abbildung verdeutJichen: Akiueller MarktiA/ert des Unlsmeh mens
Abbildung 6: Investor Relations und Wertsteigerungsmanagemenf* Das Unternehmen befindet sich im Verlauf seiner Entwicklung in einem standlgen Wertoptimierungsprozess (siehe Abbildung 6). Ausgehend vom aktuellen Marktwert wird durch gezielte Wertsteigerungsmalinahmen versucht, einen auf einem hoheren Niveau liegenden Unternehmenswert zu erreichen. Der hohere Unternehmenswert wird auch als „fairer"®° Unternehmenswert bezeichnet, von dem en^^artet wird, dass die Investoren diesen erkennen und honorieren, so dass sich der Marktwert im Laufe der Zeit dem hoheren Unternehmenswert anpasst. Als Wertlucke wird die Differenz zwischen dem aktuellen Marktwert und dem fairen Unternehmenswert bezeichnet. Je '** Vgl. Muller, 2004. S. 40; Janik, 2002, S. 83 f.; Achleitner / Bassen, 2001. S. 4; Ahlers. 2000, S. 29. '® In Aniehnung an Copeland / Koller / Murrin, 1998, S. 68; ahnlich Achleitner / Bassen / Pjetzsch, 2001b, S. 9; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 116; Giinther/Otterbein, 1996,8.393. •° Copeland / Koller / Murrin, 1998, S. 248; auch Kramer, 1995, S. 1135; Schmidt / Prigge, 1995, S.321;Rehkugler, 1993. S. 41.
27 grofier die Lucke, desto grSHer die Gefahr einer feindlichen Obernahme, da potenzielle Kaufer durch einen weit unter dem fairen Unternehmenswert liegenden Marktwert angezogen werden. Bei einer konkreten Kaufabsicht liegt in der Regel ein Konzept des KSufers vor, das darauf abzielt, alle WertJucken des Unternehmens sowohl durch eine zielgerichtete Investor Relations als auch durch gezielte Restrukturierungsmaflnahmen zu schlielien. Die Wertlucken lassen sich in zwei Kategorien untertellen:®^ -
Die so genannte Wahrnehmungslucke beruht zum einen auf den Risikoabschiagen der Investoren, da seitens der Unternehmensleitung unzureichende Informationen zur Reduzierung der Qualitatsunslcherheit bereitgestellt werden.®^ Zum anderen beruht die Wahrnehmungslucke auf den Risikoabschiagen, die seitens des Kapitalmarktes in nicht-informationseffizienten MSrkten gegenuber dem fairen Unternehmenswert vorgenommen werden.®^ Beide Ursachen lassen sich durch zielgerichtete Investor Relations minimieren.
-
Die
anderen
Wertlucken
beschrelben
fundamental
interne
und
externe
Restrukturierungspotenziale. Den Investor Relations kommt hierbei die Aufgabe zu, dem Kapitalmarkt die Wertsteigerungspotenziale der Restrukturierungsmaflnahmen zu kommunizieren. Aufierdem kGnnen die Investor Relations aufgrund ihrer engen Verbindung zu den Kapitalmarktteilnehmern dem Management Anregungen fur vom Kapitalmarkt geforderte Malinahmen der Wertsteigerung geben. Die Investor Relations steigern den Unternehmenswert, indem sie sowohl direkt die Wahrnehmungslucken mindern als auch indirekt Einfluss auf die Behebung der anderen Wertlucken nehmen. Damit erfuHen die Investor Relations eine Informationsvermittlungs- sowie Wertoptimierungsfunktion. Es besteht somit eine Interdependenz zwischen den Investor Relations und einer wertorientierten Unternehmensfijhrung. Die Investor Relations werden deshalb auch als eine konstituierende Komponente des Shareholder-Value-Ansatzes verstanden.®"*
^^ Vgl. Gunther / Otterbein, 1996, S. 393 f.; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999,117. ^^SieheKapitel 2.3.1,8.22. ^^ Siehe Kapitel 2.3.2, S. 24. ^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch. 2001b, S. 12; Durr, 1995, S. 22 f.
28 2.5 Ziele der Investor Relations In der Literatur warden die ubergeordneten Unternehmensziele, die Ziele des Borsengangs und die daraus abgeleiteten Ziele und Aufgaben der Investor Relations als ein Zielhierarchiesystem interpretiert (siehe Abbildung 7).
Ziele des^ Untemehmensf Steigerung des UntemehmenswerJBS Ziele des Bdrsengangs: U nterneh mensbe zogene Ziele
Eigen tu merbezogene Ziele
Ziele der Investor Relations: Kapitalmarktbezogene Ziele
Publizitatsbezogene Ziele
Aufgaben der Investor Relations: Kommunikationsspezifische Aufciaben
Finanzspezlfische Autiaben
Abbildung 7: Zielsystem der Investor Relations beim Borsengang'^
Als ubergeordnetes Unternehmensziel wird von der langfristigen Steigerung des Unternehnnenswertes ausgegangen.^® Der Borsengang ist kein strategisches Ziel an sich, sondern dient als Mittel zum Zweck, urn unternehmens- und eigentumerbezogene Unternehmensziele zu erreichen.®^ Die Ziele der Investor Relations lassen sich In kapitalmarktbezogene und publizitatsbezogene Ziele unterteilen (siehe Abbildung 8, Seite 29), aus denen sich die zuvor beschriebenen kommunikationsund finanzspezifischen Aufgaben ableiten lassen.®®
®^ In Aniehnung an Achleitner / Bassen, 2001, S. 8; Steiner/ Hesselmann, 2001, S. 104; Shnlich Muller, 2004, S. 46, Ruda / Pfeifer, 2003. S. 39; Janik, 2002, S. 88. ®® Siehe Kapitel 2.4, S. 25. ®^ Siehe Kapitel 2.1.2.1,8. 14. ®® Siehe Kapitel 2.2, S. 20. Vgl. auch Drill, 1995, S. 56.
29 Ziele der Investor Relations
Kapltalmarktbezogene Ziele - OptJmierung des Emissionserldses - Stabilitat der Aktionarsstruktur - Entwicklung des Aktienkurses
Publizitatsbezogene Ziele - Verbesserung des Bekanntheitsgrades - Aufbau eines Vertrauensverhaltnisses
Abbildung 8: Ziele der Investor Relations^® Die l^apitalmarktbezogenen Ziele beiniiaiten im Einzelnen: -
Das primare Ziel der Investor Relations ist es, eine angemessene Bewertung des Unternehmens sicherzustellen. Die Hohe des Emissionspreises hat einen entscheidenden Einfluss auf das weitere Verhaltnis zu den neuen Aktionaren. Eine beabsichtigte Maximierung des Emissionserloses wurde kurzfristig dem Unternehmen und den Altaktionaren einen hohen Mittelzufluss garantieren, mittel- bis langfristig jedoch, nach Eintritt einer moglichen Kurskorrektur, das Vertrauen in die Werthaltigkeit beschadigen. Ein zu gunstiger Emissionskurs kann kurzfristig Starke Kursanstiege hervorrufen. Diese konnen Investoren zu Gewinnmitnahmen verleiten, die zu starken Kursbewegungen fiihren wurden und letztendlich die Aktie als Spekulationspapier erscheinen lassen. Das Ziel, eine angemessene Bewertung der Aktien sicherzustellen, ist genau dann erreicht, wenn die Wertpapiere zu einem fairen Emisslonspreis emittiert werden.^°°
-
Wahrend des Borsengangs hat das Unternehmen den grofiten Einfluss auf die Zusammensetzung der Aktionarsstruktur. Je breiter die Aktien im Publikum gestreut sind und je weniger sich das Aniageverhalten der einzelnen Investoren ahnelt, desto weniger Ist die Borsenkursentwicklung von aktionarsstrukturbedingten Einflussen abhangig. Die Beeinflussung der Aktionarsstruktur dient der Auswahl solcher Investoren, die sich mit dem Unternehmen identiflzieren und an einer langfristlgen Investition Interessiert sind. Kurzfristig orientierte Investoren konnen unter anderen fur starke Volatilitaten verantwortlich sein, so dass die Aktien junger borsennotierter Unternehmen schnell als Spekulationspapier
' In Aniehung an Drill, 1995, S. 226 f.; auch Pietzsch, 2004, S. 2 1 ; Ruder / Pfeffer, 2003, S. 70. '° Vgl. Janik, 2002, S. 88; Hartmann, 1968, S. 90 f. Sieheauch Kapitel 5.3.1, S. 231.
30 wahrgenommen werden. SpSteren Kapitalmarkttransaktionen wird dadurch ein nachhaltiger Schaden zugefugt.^°^ -
Eine stabile Entwicklung des Aktienkurses findet ihren Ausdruck in einer geringen Volatilltat, d.h., der Aktienkurs verlSuft im Vergleich zum allgemeinen Kapltalmarktgeschehen und zur Entwicklung der Branche relativ stabil. Das zugehGrige Ziel ist die Senkung der Volatilitat des Aktienkurses, zu dessen Erreichung auch andere Investor-Relations-Ziele beitragen, die sich gegenseitig In Ihrer WIrkung unterstutzen. EInerselts starken publlzltatsbezogene Zlele, wie der Aufbau eines Vertrauensverhaltnlsses, die AktionSrstreue, so dass es gerade In Krisenzelten nicht zu spekulatlven An- und VerkSufen kommt. Andererselts unterstutzt eIne stabile Kursentwicklung das Vertrauen der Investoren In die Unternehmensleltung. Die heterogene Zusammensetzung der Aktiondrsstruktur trdgt ebenfails zur Senkung der Volatllltat bej.'°^
Zu den publlzitatsbezogenen Zielen gehdren: -
Der Aufbau eines Vertrauensverhaltnlsses
zu
potenzlellen
Investoren soil
zunSchst deren Bereltschaft erhohen, Aktien des Unternehmens zu kaufen. Langfristig sollen die Investor Relations zur Loyalitat und Treue der AktionSre und Multiplikatoren beitragen, so dass diese ihr Engagement auch in Zeiten ruckiaufiger Aktienkurse aufrechterhalten und ihre Zelchnungsbereitschaft auch bei Folgeemissionen nicht verweigern. Somit unterstutzen die Investor Relations die langfristige Eigenkapitalbeschaffung des Unternehmens. Daruber hinaus ist das Vertrauen bestehender AktionSre fur die Unternehmensleitung notwendig, um bei Hauptversammlungen Entscheidungen durchsetzen zu k6nnen.^°^ -
Durch die Borseneinfuhrung erfahrt das Unternehmen eine grofie Aufmerksamkeit in der Offentlichkeit, die zur Verbesserung des Bekanntheitsgrades und Images genutzt werden kann. Letzteres erhOht das Interesse
potenzieller
Investoren und kann am Emisslonstag zu einem Kauf der Aktie fuhren. Die Vorteile eines
hohen
Bekanntheitsgrades
und positiven
Unternehmensimages
konnen auch im operativen Bereich fur den Absatz- und Beschaffungsmarkt genutzt werden.^^'^ '°' Vgl. Lindner, 1999, S. 39-41; Tiemann, 1997, S. 20 f.; Hartmann, 1968, S. 121. ^°^ Vgl. Janik 2002, S. 88; Kirchhoff, 2000, S. 37; Gunther / Otterbein, 1996, S. 398. ^°^ Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 3; Gunther/Otterbein, 1996, S. 398; Drill, 1995, S. 59, 70. ^°^ Vgl. Janik. 2002, S. 89; Hinz / Schmeisser, 2001, S. 125; Durr, 1995, S. 35; Becker, 1994. S. 301.
31 2.6 Organisatorische Einbindung der Investor Relations Die Aufgaben der Investor Relations lassen sich organlsatorlsch Intern und/oder extern abbllden. In der Praxis sind In der Regel Komblnatlonsfornnen anzutreffen, bel denen Tellfunktlonen der Investor Relations Innerhalb und aufierhalb des Unternehmens wahrgenommen werden. HIntergrund solcher MIschformen sInd zum einen mangelnde KapazitSten, urn samtllche Aktivltaten selbst zu erfullen, und zum anderen fehlende Kenntnlsse und Kompetenzen zur Wahrung samtllcher InvestorRelatlons-Aufgaben.^°^ Abblldung 9 zelgt Auspragungen der Idealtyplschen Organisationsstrukturen, die anschllefiend naher eriautert werden. Externe Organisation
Interne Organisation
Vorstand
Fachabteilung
Eigenstandige Organisationseinhejt
InvestorRelationsAgentur
VentureCapitalGesellschaften
Emissionsbanken
Abblldung 9: Interne versus externe Einbindung der Investor Relations^®® Entscheidet sich ein Unternehnnen fur eine Interne Organlsatlonsstruktur, stehen ihnn verschiedene Mogllchkelten zur Verfugung, die sich hlnsichtUch der Entscheidungszentrallsatlon voneinander unterscheiden:^°^ -
Die Wahrnehmung der Investor-Relatlons-Aufgaben auf Vorstandsebene 1st Zelchen einer hohen Internen Entscheidungszentralisation. Dafur spricht, dass der Vorstand der hochste Reprasentant des Unternehmens und wichtlgster Ansprechpartner fur die Financial Community 1st. Das Engagement des Vorstandes verdeutlicht die unternehmensseitlge Wertschatzung der Aniegergruppen und die hohe Bedeutung der Kommunlkation Im Rahmen der Investor Relations.^°®
-
Die Investor Relations konnen durch bestehende Fachabtellungen wie die Unternehmenskommunikation, den Finanzberelch oder die Konzernentwicklung betreut werden. DIese konnen aufgrund vorhandenen Know-hows und personeller Ressourcen die Aufgaben der Investor Relations ubernehmen. Ob die Aufgaben
^ Vgl. Janke, 2001. S. 787; Schuiz, 1999, 8. 127-130; Gunther / Otterbein, 1996, S. 396. ^ In Aniehnung an Thommen / StruR, 2001, S. 162. ^ Vgl. Thommen / StruR, 2001, S. 162-167; Hinz / Schmeisser, 2001, S. 127 f.; Drill, 1995, S. 232 f. ^ Vgl. auch Schonborn / Tschugg, 2002, S. 13 f.
32 in einer oder mehreren Fachabteilungen koordiniert werden, hSngt von der Art der jeweiligen Aufgabenstellung sowie den Kompetenzen der verschiedenen Abteilungen ab. -
Als eigenstSndige Organisationseinheit obliegt dieser die ausschJieflliche Reaiisierung der Investor-Relations-Aufgaben. Entscheidend ist, dass die InvestorRelations-Tatigkeiten mit den Zielen und Tatigkeiten der anderen Abteiiungen in Einklang gebracht werden. Dafur ist erforderlicii, dass die eigenstSndige Abteilung eng in den Entscheidungs- und Konnmunikationsprozess der anderen Abteiiungen eingebunden ist.
Bei externen Organisationsstrukturen liegen die Investor-Relations-Aufgaben in der Verantwortung unternehmensfremder Organisatlonseinheiten. Externe Spezialisten ubernehmen Aufgaben, die unternehmensintern, beispielsweise aufgrund begrenzter Kapazitaten, nicht geleistet oder auf dem Markt gunstiger bezogen werden k6nnen.^°® Als externe Berater lassen sich wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses folgende Gruppen voneinander abgrenzen:^^° -
Investor-Relations-Agenturen sind auf die Planung und Abwicklung von InvestorRelations-Aufgaben spezialisiert. Diese konnen zur Durchfuhrung von Spezialaufgaben wie der Vorbereitung von Pressekonferenzen oder Roadshows herangezogen werden. Die Agenturen verfugen insbesondere aus vergangenen Transaktionen uber Kontakte zu den einschlagigen Medien, die Borsenkandidaten in der Regel nicht besitzen.
-
Als externe Berater kommen auch Venture-Capital-Gesellschaften in Frage, die eine Beteiligung an dem Unternehmen halten und unrifangreiche Erfahrungen mit Kapitalmarkttransaktionen und der damit verbundenen Kommunikation besitzen.
-
Die Emissionsbanken unterstutzen die Unternehmen als externe Berater, indem sie sowohl wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses als auch in der Phase nach der Notierungsaufnahme ihre Erfahrungen in die Ansprache von Investoren einbringen.
'°^ Vgl. Ruder / Pfeffer, 2003, S. 73. ^'° Vgl. Schonborn / Tschugg, 2002, S. 97 f.; Thommen / Strufi, 2001, S. 167-171; Link, 1991, S. 359.
33 Die organisatorische Einbindung der Investor Relations muss unternehmensindividuell entschieden werden. Unter dem Aspekt der Minimierung von Transaktlonskosten rechtfertigt eine steigende Spezlfitat und HSufigkeit der Investor-RelationsAufgaben eine interne Abwicklung. Fur mittelstandische Unternehmen ist der Aufbau eigener, auf samtliche Aufgabengebiete spezialisierter Investor-Relations-Abteilungen in der Regel zu teuer, was fur die Integration externer Berater spricht. Die Einbindung externer Spezialisten erscheint insbesondere dann sinnvoll, wenn das Unternehmen mit der Kapitalmarktkommunikation noch relativ unerfahren ist. Eine vollstandige
Ausgliederung
des
Investor-Relations-Bereichs
wird jedoch
nicht
empfohlen, um bei einem mogllchen Wechsel externer Agenturen die Kontinuitat der Kommunikation sicherzustellen.^^^
Unabhangig von der spateren Internen und/oder externen Organisation der Investor Relations sollten zumindest wahrend des BGrseneinfuhrungsprozesses die entscheidenden
Kommunikations-
und
Informationsschnittstellen
innerhalb
des
Unter-
nehmens durch eine interne Einheit koordiniert werden. Fur die auf einen Borsengang ausgerichtete Investor-Relations-Arbeit ist es unerlasslich, dass die InvestorRelations-Verantwortlichen im Unternehmen in den gesamten Informatlonsfluss eingebunden sind, da Informationen aus verschiedenen Abteilungen des Unternehmens fur eine umfassende und kompetente Kommunikation mit den Zielgruppen benotigt werden.^^^ Die nachfolgende Abbildung 10 veranschaulicht das Zusammenwirken der unterschiedlichen Parteien im Fall einer unternehmensinternen Einbindung.
Die mit Abstand wichtigsten Informationslieferanten der Investor-Relations-Abteilungen sind derVorstand, gefolgt vom Rechnungswesen und Controlling, den operativen Bereichen und dem Marketing. Die eigentlichen Kommunlkatlonsinhalte sollten direkt mit dem Vorstand erarbeitet und abgestimmt werden. Gerade wahrend der Borseneinfuhrung ist die Prasenz des Vorstandes bei Einzel- und Hintergrundgesprachen mit ausgewahlten Interessengruppen, dem Aufbau personlicher Kontakte, Analysten- und Pressekonferenzen sowie Roadshows unabdingbar, um Investoren fur das Unternehmen zu gewinnen. Die Kommunlkatlonsinhalte sind kontinuierllch
" ' Vgl. Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 123. "^ Vgl. Scherer / Bassen, 2001, S. 730; Wirtz / Salzer, 2001b, S. 220.
34 mit der Presseabteilung, Rechtsabteilung und der strategischen Planung abzustimmen."^ Vorstand
t
t
ErarbeHung der Inhalte
Abst'mmung / Rucksprache |^echnungswesen| Controlling
Rechtsabteilung
Presseabteilung
AbsCmmung/ Veroffentlichungen
/ \
Investor Relations
Slrategische Planung
Operative Einheilen
\ Lleferungvon /* Informationen
'—
Marketing
Untemehmen Externa Berater
1
Investor RelatbnsAgentur
Abbildung 10:
Venture Capita IGesellschaften
Emissfonsbanken
Unternehmensinterne Einbindung der Investor Relations^
' Vgl. Hacker/ Unser/Veeser u.a., 2001, S. 674; Drill. 1995. S. 225, 230. * In Aniehnung an Achleitner / Bassen / Pietzsch u.a.. 2001, S. 14.
35
3
Bedeutung der Borsensegmentanforderungen
Die Struktur der Kapitalm^rkte unterliegt einem kontinuierlichen Veranderungsprozess, fur den folgende interdependente Faktoren als ursachlich erachtet werden:^^^ -
eine dynamische Auswejtung der internationalen Kapitalstrome (Globalisierung),
-
eine weitgehende Liberalisierung nationaler Kapitalmarkte (Deregulierung),
-
eine wachsende Verbriefung von Zahlungsverpflichtungen (Securitisierung),
-
eine zunehmende Konzentration von Aniagekapital (Institutionalisierung),
-
eine stetige Fortentwicklung von Aniagestrategien (Professionalisierung),
-
eine fortschreitende Nutzung moderner Technologien (Automatisierung).
Die Veranderungen haben zu einem Anpassungsprozess der Borsensegmente und deren Standards gefuhrt, die sich zunehmend auf einem internationalen Niveau angleichen. Von den Emittenten und der Financial Community werden diese Veranderungen als eine „Zwangserziehung zur globalen Kapitalmarktordnung"^^® wahrgenommen.^^^ Borsenstandards beziehen sich dabei auf Anforderungen einzelner Borsensegmente, die einen funktionsfShigen Borsenhandel sicherstellen und damit einer verstarkten Vertrauensbildung und erhohten Verlasslichkeit in der Erwartungsbildung einzelner Teilnehmer der Financial Community dienen sollen.^^® Borsensegmente, die sich an internationalen Standards orientieren, generieren dabei eine hohere Attraktivitat und Akzeptanz seitens der Financial Community als solche, die sich nur an nationalen Standards orientieren.^^^ Die oben genannten Veranderungen haben gleichzeitig zu einer Globalisiemng des Wettbewerbs gefuhrt, sowohl zwischen den Borsensegmenten, die sich um die Aufmerksamkeit und das Engagement der Financial Community bemuhen, als auch zwischen den Emittenten, die sich um die Gunst des Kapitals bewerben.^^° Insbesondere bei mittelstandischen Unternehmen lasst sich eine zunehmende Bereitschaft feststellen, sich wenlger uber Kredite ihrer Hausbanken, sondern uber den Kapital^^® Vgl. Gerke / Bank / Neukirchen u.a., 1995, 8. 57; Wertschulte, 1995, 8.1026 f. ^^^Jansen, 2000, 8. B12. " W g l . O.V.. 2005b, 8. 19. ^^® Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001, 8. 122. "® Vgl. Pellens, 1995, 8. 1594, 1597. '^° Vgl. Buschgen, 1997, 8. 94.
36 markt zu finanzieren.^^^ Die Unternehmen werden dabei vor v6lllg neue Herausforderungen gestellt, da sie nicht nur auf den Produkt-, sondern auch auf den Kapitalm^rkten mit globalen Wettbewerbsbedingungen konfrontiert werden. Unternehmen, die sich den Bedingungen globaler Kapitalmarkte entziehen, mussen mit einer zuruckiiaitenden
Aufmerksamkeit
und
gegebenenfalls
Ignorierung
durch
die
Financial Community rechnen.^^^ Die Anbahnung und Aufrechterhaltung der Bezlehungen zur Financial Community gehbren zu den Aufgaben der Investor Relations. Um deren Aufmerksamkeit nicht zu verlieren, sind seltens der Investor Relations die Borsensegmentanforderungen und deren Attraktivitat bzw. Akzeptanz zu beobachten, um diese bei der Umsetzung verschiedener Investor-Relations-Aufgaben zu berucksichtigen.^^^ Bei der Erstemisslon betrlfft dies zunachst die Wahl des Borsensegments. Zu einem spateren Zeitpunkt kann ein Wechsel des Segments sinnvoll erscheinen, wenn ein anderes Borsensegment fur das jeweillge Unternehmen eine hohere Aufmerksamkeit seltens der Financial Community verspricht. So haben z.B. nach der Grundung des Borsensegments SMAX im Jahr 1998 viele Unternehmen, die zuvor im eher national ausgerichteten Geregelten Markt notlert waren, einen Wechsel in den SMAX vollzogen, da sich dieser an internationalen Standards orientierte.^^"* Daruber hinaus kann die Beobachtung unterschiedlicher Segmente sinnvoll sein, um gegebenenfalls zusatzliche Anforderungen freiwillig zu erfullen. Die freiwillige Erfullung solcher Anforderungen bedarf dann jedoch eIner expliziten Signalislerung seltens der Unternehmen, um die angestrebte Aufmerksamkeit zu erzielen.^^^ Neben der Entscheidung fur ein bestimmtes Borsensegment muss sich ein Unternehmen auch auf die Anforderungen, welche diesem zugrunde liegen, rechtzeitig vorbereiten. WShrend die Wahl des Segments erst mit dem Zulassungsantrag ca. vier Wochen vor der Notierungsaufnahme getroffen werden muss, kann die Vorbereitung auf einzelne Segmentanforderungen z.B. bezuglich der Rechnungslegung
'^^ Vgl. Ries / Altmann. 2001, S. 199 f.; Diehl, 1993, S. 176. ^^^ Vgl. Baetge / Noelle, 2001, 8. 174. ^^^ Vgl. Eickhoff/Wortmann, 1998. S. 23. ^^^ Vgl. Blattchen / Jasper, 1999, S. 26; Deutsche Informationsborse AG, 1999. S. 3 f. ^^^ Vgl. Baumeister/Werkmeister, 2001, S. 123.
37 Oder des Eigenkapitals einen weitaus langeren Zeitraum beanspruchen. Somit wird die Wahl des Borsensegments zu einer langfristigen Untemehmensentscheidung.^^® Bis IVIitte der 90er Jahre zeichneten sich deutsche Borsensegmente, die durch geringe Anforderungen insbesondere mittelstSndischen Untemehmen den Zugang zum Kapitalmarkt erieiciitern wollten, durch eine geringe Akzeptanz seitens der Financial Community aus.^^^ Zur Behebung dieses Akzeptanzproblems wurden verschiedene Borseninitiativen gestartet, deren unterschiedliches Absciineiden eine Auseinandersetzung mit den bisher gemachten Erfaiirungen und den Ursachen fur diese Entwicklung nahe legt. In Abhangigkeit von dem jeweiligen Borsensegment und dessen Akzeptanz lassen sich Erkenntnisse fur Investor-Relations-Aufgaben ableiten.^'' In Kapitel 3.1 werden zunachst Standardisierungsziele, die den Anforderungen einzelner Borsensegmente zugrunde liegen, eriautert. Anschlieflend werden in Kapitel
3.2
die
konkreten
Anforderungen
deutscher
Segmente
beschrieben.
Abschliefiend werden in Kapitel 3.3 die Standardisierungsziele als Beurteilungsmaflstab herangezogen, um Aussagen zur Attraktivitat bzw. Akzeptanz der zuvor beschriebenen Segmentanforderungen treffen zu konnen. Die letztendliche Entscheidung fur ein bestimmtes Borsensegment soil hier nicht beantwortet werden, diese kann nur unternehmensindividuell getroffen werden. Ziel dieses Kapitels ist vielmehr die Identifikation der Segmente bzw. Anforderungen, die fur mittelstandische Untemehmen eine hohe Akzeptanz bzw. Attraktivitat seitens der Financial Community en/varten lassen und damit die Verfolgung von Investor-Relations-Zielen unterstijtzen.
3.1
Beurteilungsmaflstab fur Borsensegmentanforderungen
Vor dem Hintergrund eines globalen Wettbewerbs der Kapitalmarkte auliert sich die Wettbewerbsfahigkeit einzelner Borsensegmente in der Attraktivitat bzw. Akzeptanz, welche diese bei den Teilnehmern der Financial Community erzeugen. Letztere praferieren einen moglichst funktionsfahigen Borsenhandel, der wiederum von den
Vgl. Romer / Muller, 2000b, S. 1674. Vgl. auch die Entscheidung von T-Online zur Wahl des geeigneten Borsensegments, o.V., 2000e, S. 39. '^'^Vgl. Grunbichler/ Henke, 1998, 8. 179 f. 128 Vgl. Eickhoff / Wortmann, 1998, S. 23.
38 Anforderungen der Borsensegmente bestimmt wird/^ Zur Verbesserung der Funktionsfahigkeit des Borsenhandels werden in der LJteratur als Standardisierungsziele eine hohe Aktienliquiditat und InformatJonstransparenz der Unternehmen gefordert.^^ Diese Ziele stehen immer wieder im Mittelpunkt der Reformbemuhungen einzelner Borsensegmente zur Anpassung ihrer Segmentanforderungen.^^^ Die Aktienliquiditat und Informationstransparenz der Unternehmen und die zwischen diesen Zielen bestehenden Weciiselwirkungen werden im Folgenden eriautert.
3.1.1
Liquiditat
Eine entscheidende Voraussetzung fur die Funktionsfahigkeit des Borsenhandels ist die Liquiditat einer Aktie auf dem Sekundarmarkt. Ein Markt ist als liquide zu bezeichnen, wenn er den Marktteilnehmern in der Nahe des aktuellen Kurses hohe handelbare Volumlna (Marktbreite) sowie Handelsmoglichkeiten (Markttiefe) innerhalb ktirzester Zeit (Marktsofortigkeit) zur Verfugung stellt.^^^ Die Marktbreite erfasst den Konzentrationsgrad eines Marktes, d.h., inwieweit das an einem bestimmten Marktplatz getatigte Umsatzvolumen auf wenige oder mehrere Aktien verteilt ist.^^^ Der deutsche Aktienmarkt war lange Zeit durch eine nur geringe Marktbreite charakterisiert. Der Grofiteil des Borsenhandels konzentrierte sich in nur einigen wenigen, zumeist im DAX befindlichen Aktien. Der Umsatz in diesen Aktien war im Verhaltnis zu ihrer Marktkapitalisierung uberdurchschnittlich hoch. Aus der Konzentration des BSrsenumsatzes auf die Aktien grofierer Unternehmen folgte unmittelbar eine llliquiditat des Handels in den Titein kleiner und mittlerer Unternehmen/^ Da die Marktteilnehmer einen funktionsfahigen Borsenhandel suchen, hatten die weniger liquiden Markte in der Regel Probleme, sich nachhaltig die Aufmerksamkeit der Investoren zu sichern.^^^
^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 400. ^^° Vgl. Deutsche BOrse AG, 2003, S. 11; Baumeister / Werkmeister, 2001, S. 124; Grijnbichler / Henke, 1998, S. 189. Die Standardisierungsziele orientieren sich an der MarktMikrostruktur von Kapitaimarkten, vgl. hierzu Garman, 1976, 8. 257-275. ^^^ Vgl. Ries / Altmann, 2001, S. 199 f.; Keidel, 2000, S. 23; Deutsche Borse AG, 1998, S. 1; Plewka / Aymans, 1996, S. 2192, 2195. ^^^ Vgl. BCischgen, 1997, S. 96; Schwartz, 1991, S. 127; Kempf, 1998, S. 299-311. ^^^ Vgl. Bittner, 1997, S. 63; Gerke, 1995, S. 22. Unter dem Begriff Umsatzvolumen wird die Summe der Wertpapiere verstanden, die in einem bestimmten Zeitraum umgesetzt werden, vgl. Liesner, 1996,3. 153. ^^ Vgl. Buschgen, 1997, S. 96; Rasch, 1996, S. 53. ^^^ Vgl. Flach / Wilhelm, 1997, S. 107; NSgel, 1999, S. 180.
39 Die Markttiefe erfasst das in einem bestimmten Markt getatigte Umsatzvolumen pro Transaktion.^^® Eine ausreichende Markttiefe garantiert, dass in der NShe der aktuellen Marktpreise ein stetiges Kauf- und Verkaufsinteresse besteht, so dass auch bei starken IVIarktveranderungen umfangreiche Transaktionen gewShrleistet sind.^^^ Das Volumen des in einem bestimmten Wert getatigten BGrsenumsatzes wird dabei durch die Anzahl der im freien Handel umlaufenden Aktien (Streubesitz) bestimmt. Im Hinblick auf die Markttiefe vollzieht sich bei groden Untemehmen per annum haufiger ein EigentQmerwechsel als bei Aktien kleiner und mittlerer Unternehmen. UrsSchlich fur die geringe Umsatzaktivit^t kleiner und mittlerer Unternehmen sind u.a. die teilweise sehr hohen Festbesitzantelle der Alteigentumer, welche die Anzahl der im freien Handel verfugbaren Aktien und damit das Emissionsvolumen verringern.^^® 1st aufgrund der geringen Marktkapitalisierung von mittelst^ndischen Unternehmen das maximal mogliche Handelsvolumen ohnehin reduziert, so birgt der Tatbestand der geringen Umschlagshaufigkeit aufgrund einer niedrlgen Anzahl handelbarer Aktien die Gefahr, dass eine jederzeitige Ankaufs- und Verkaufsmoglichkeit der Investoren fur solche Werte nur eingeschrankt mbglich ist. Als Kompensation fur das ubernommene llliquiditatsrisiko verlangen Investoren eine hohere Rendite (Kursabschlag), was fur die Emittenten eIne Erhohung ihrer Finanzierungskosten bedeutet.^^^ Potenzielle Investoren sind folglich bereit, ein liquides Wertpapier zu einem hoheren Preis zu kaufen als ein illiquides. Letzteres unterstreicht die eingangs beschrlebene Fordemng der Banken und Borsen, die einen funktionsfahigen Borsenhandel erst ab einer kritischen Hohe des Emissionsvolumens gesichert sehen.^'*^ Die Marktsofortigkeit bezieht sich auf den Zeitraum, der benotigt wird, um an einem Kapitalmarkt eine Transaktion einer bestimmten Grode realisieren zu konnen.^^^ Die Sofortlgkeit eines Marktes ist um so hoher, je geringer der Zeitraum bemessen ist, der zwischen der Entscheidung zur Tatigung einer Transaktion sowie der Auffindung eines transaktionswilligen Marktpartners respektive der letztendlichen Ausfuhrung
^^^Vgl. Liesner, 1996, S. 158. ^^^ Vgl. Bittner, 1997, S. 63; Gerke, 1995, S. 22; Gerke / Rapp, 1994, S. 5-23. ^^® Vgl. Grunbichler/ Henke, 1998, S. 182; BQschgen, 1997, S. 97. ^^® Vgl. Baumeister/Werkemeister, 2001a, S. 122; Rasch. 1996, S. 62 f. ^*°SieheKapitel2.1.2.2, S. 17. '^' Vgl. Liesner, 1996, S. 99 f., 177 f.
40 der Transaktion liegt. Die Marktsofortigkeit erweist sich unter Risikoaspekten als relevant, da von dem Zeitpunkt, der die Grundlage fur die Entscheidungsflndung eines Investors darstellt, bis zur Realisation einer Wertpapierorder sich eine neue Informationssituation einstellen kann, die eine aus Sicht des Investors negative VerSnderung der Wertpapierkurse induziert.^*^ In diesem Zusammenhang existieren drei Verfahren, die sich in ihrer Einflussnahme auf die Marktsofortigkeit unterscheiden:^"*^ -
Beim klassischen Auktionsverfahren konkurrieren die Auftr^ge der Investoren direkt miteinander, so dass bei umsatzschwachen Aktien eine geringe Marktsofortigkeit entstehen kann. Auf Basis der vorllegenden Kauf- und Verkaufsauftrage werden letztendlich marktraumende Kurse ermlttelt, allerdings mit dem Risiko, dass es sich um Preise handelt, die nicht den wahren Unternehmenswert reprasentieren.
-
Beim Market-Maker-Verfahren kann das Risiko einer geringen Marktsofortigkeit auf den Market Maker abgewalzt werden, der sich als Kontraktpartner fur die jederzeltige Tatigung von Transaktionen bereithalt. Daruber hinaus kann der Market Maker durch die kontinuierliche Sammlung und Auswertung von Informationen uber die von ihm betreuten Aktien bestehende Fehlbewertungen identifizieren und durch die Festsetzung eines risikoadaquaten Preises berucksichtigen.
-
Als ein hybrides System zwischen Auktionsverfahren und Market-Maker-Verfahren ist das Designated-Sponsor-Verfahren einzuordnen. Im Unterschied zum Market Maker liefert der Designated Sponsor nicht fortlaufend, sondern nur auf Anfrage verbindliche Kauf- und Verkaufskurse. Er ist nur zur Kursstellung bei einem Ungleichgewlcht zwischen Angebot und Nachfrage verpflichtet.
Den Sofortigkeitsservice lassen sich Market Maker und Designated Sponsor verguten. Die Kosten der Sofortigkeit finden ihren Ausdruck in der Spanne der gestellten An- und Verkaufskurse und fuhren zu einer Erhohung der mit einer Wertpapiertransaktlon verbundenen Transaktionskosten, da der faire Preis der Aktie innerhalb dieser Spanne liegt und der Kontrahent gegenuber diesem Wert einen Preisauf- bzw. -abschlag in Kauf nimmt. Wird der Market Maker bzw. Designated Sponsor bei Aktien ^^^ Vgl. Schmidt / Prigge. 1995, S. 318. ^"^^ Vgl. Bittner, 1997, S. 44-48; Rasch, 1996, S. 108, 116 f.; Schmidt / Prigge, 1995, S. 315.
41 mit einer geringen Liquiditat (Markttiefe) das Risiko, einen geeigneten Kontraktpartner zu finden, prinzipiell hoher einstufen, so sind der Preis und die damit verbundenen Transaktionskosten prinzipiell hoher als bei Aktien mit einer hohen Liquiditat. Die hoheren Transaktionskosten verringern die erzielbaren Renditen der Investoren. Allerdings wird durch die Bereitstellung einer jederzeitigen Transaktionsmoglichkeit das Risiko zur Inkaufnahme von Risikoabschlagen bei einem spateren Verkauf der Aktien gemindert.^'*'* In der Konsequenz werden Investoren eher bereit sein, in umsatzschwache Titel zu investieren, wenn diese von einem Market Maker bzw. Designated Sponsor betreut werden. Die Ausfuhrungen zeigen, dass Marktteilnehmer liquide Markte zur Sicherstellung eines funktionsfahigen Borsenhandels bevorzugen. Die Akzeptanz und Attraktivitat eines Borsensegments stelgt mit den Anforderungen, die eine hohe Liquiditat der gehandelten Aktien sicherstellen. Ein Emittent kann durch die Wahl des Segments bzw. die Sicherstellung einer hohen Liquiditat den Preis fur seine Aktien positiv beeinflussen und damit seine Kosten fur die Eigenkapitalbeschaffung reduzieren.^"*^ 3.1.2 Informationstransparenz Von funktionsfahigen Kapitalmarkten wird erwartet, dass bei Bekanntwerden neuer bewertungsrelevanter
Informationen
eine
grodtmogliche
Anpassungsge-
schwindlgkeit- und -qualitat der Aktienkurse gewahrleistet ist. Die Anpassung der Aktienkurse an eine geanderte Informationssituation vollzieht sich dergestalt, dass die Marktteilnehmer eine Informationssammlung
und -auswertung betreiben,
mogliche Ober- und Unterbewertungen von Aktien identlfizleren und daraufhin durch entsprechende Kauf- und Verkaufsorders Vorteile zu realisieren suchen. Je grofier die Anzahl der Investoren, die in der beschriebenen Weise handein, und je schneller sie dieses tun, desto hoher ist die „Qualitat" und Anpassungsgeschwindigkeit der Kurse.^"' Eine hohe Anpassungsgeschwindigkeit- und -qualitat der Aktienkurse setzt voraus, dass die Marktteilnehmer einen moglichst sofortigen und vollstandigen Zugang zu neuen bewertungsrelevanten Informationen in gleichem Umfang erhalten und ihr . Buschgen, 1997, S. 100. ^^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999. S. 399 f.; Baums, 1996, S. 6; Schmidt / Prigge, 1995, S. 311. ^^® Vgl. Buschgen. 1997, S. 98.
42 neues Wissen umgehend in Transaktionen umsetzen kdnnen. Die Funktionsf^higkeit des Kapitalmarktes wind somit auch vom AusmaR der Informationstransparenz der Unternehmen bestimmt.^'*^ Letzteres hat wiederum einen entscheidenden Einfluss auf die Bewertung der Unternehmen, da durch einen hohen Informationsstand der Marktteilnehmer die Gefahr einer Fehlbewertung abnimmt.^^® Investoren meiden im Allgemeinen diejenigen Aktien, in denen die Informationsasymmetrien am grSfiten sind. Fur Investoren, die in diese Titel investiert haben bzw. zu Investieren beabsichtigen, bestunde die Gefahr, dass sie von anderen IVIarktteilnehmern, die uber zusatzliche Informationen verfugen, ubervorteilt wurden. Antizipieren die informationsmafiig unterlegenen IVIarkteilnehmer diesen Sachverhalt, so wurden sie ihr Engagement in diese Titel reduzieren, was die Liquiditdt der betreffenden Aktien elnschrSnken wurde/^® Damit kann eine asymmetrische Informatlonsverteilung nicht nur zu eIner elngeschr^nkten Funktionsfahigkeit, sondern sogar zum Versagen eines Marktes fuhren. Eine hohe Informationstransparenz mindert die Gefahr asymmetrisch verteilter Informationen und tragt unmittelbar zur Steigerung der Transaktionsbereitschaft der Marktteilnehmer und damit zu einer Erhohung der Liquidit^t b e i / ^ Die Beschaffung und Auswertung der Informationen ist fur die Marktteilnehmer mit Kosten verbunden. Eine Informationsverarbeitung ist nur fur den Fall vorteilhaft, wenn die fur entsprechende Wertpapiertransaktionen enA^arteten Gewinne die durch die Informationsverarbeitung entstandenen Kosten kompensieren. Dies ist um so eher moglich, je weniger schnell sich ein Kurs durch entsprechende Wertpapiertransaktionen an seinen „fairen Wert" anpasst und je mehr Wertpaplere umgesetzt werden konnen, ohne dass der Kurs beeinflusst wird. Eine Wertpapiertransaktion gleichen Umfangs verursacht bei weniger liquiden Titein starkere Kursanderungen als bei Titein hoher Liquiditat, so dass bei ersteren eine Fehlbewertung schneller korriglert wird. Den kostenintensiven Research-Aktivitaten stehen - begrundet durch die schnellere Kursadaption - geringere Gewinnrealisationen gegenijber. Der Grenznutzen einer Information hSngt somit von der Liquiditat eines Titels ab. Je mehr
^^^ Vgl. Heitzer / Sohn. 1999, S. 400; Grunbichler / Henke, 1998. S. 185 f. '*® Vgl. Liesner, 1996, S. 98; Gerke / Rapp, 1994, S. 11. '^® Vgl. Grunbichler / Henke, 1998, S. 188; Rasch, 1996, S. 65, 107. ^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 400.
43 Aktien umgesetzt werden kdnnen, ohne dass der Kurs beeinflusst wird, desto grOBer der potenzielle Nutzen einer intensiven Informationsverarbeitung.^^^ Bei illiquiden Aktien sind die Anreize, detaillierte Unternehmensanalysen durchzufuhren, geringer, da die Kosten fur die Informationsbeschaffung und -verarbeitung evti. nicht gedeckt werden kSnnen.^^^ Ein Sachverhalt, der in der Praxis dazu gefuhrt iiat, dass die Analysten der FinanzintermediSire in der Vergangenheit ihre Analyse-Aktivitaten vorzugsweise auf hoch liquide Standardwerte konzentrierten und die IVIarktbeobachtung nur restriktiv auf kleine und mittlere Unternehmen ausgeweitet wurde.^®^ Letzteres korrespondiert mit der eingangs beschriebenen Anfordemng der Banken, fur die sich eine Emission bzw. ein anschliefiender B6rsenliandel erst ab einem bestimmten Emissionsvolumen lohnt.^^ Bis IVIitte der 90er Jahre zeiciineten sich Segmente fur mittelstandische Unterneiinnen durcii geringe Transparenzanforderungen aus, urn den Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erieichtern. Verstarkt wurde die geringe Informationstransparenz durch die Haltung der Unternehmen, nur die durch die Borsensegmente zwingend
vorgeschriebenen
Informationen
verOffentlichen
zu
wollen.^^^ Diese
Entwicklungen haben dazu gefuhrt, dass die Beurteilung des Unternehmenswertes nur eingeschrankt moglich war und Investoren nur restriktiv in einzelne Werte investierten, so dass die entsprechenden IVIarktsegmente ein Schattendasein fuhrten.^^ Unterstellt man, dass Investoren eine hohe informatlonstransparenz der Kapitalmarkte bzw. der notierten Unternehmen wunschen und honorieren, lassen sich daraus Ruckschlusse auf die Attraktivitat bzw. Akzeptanz einzelner Borsensegmente und deren Anforderungen Ziehen.^^^ Ein Emittent, welcher sich fur ein anspruchsvolles Segment entscheidet bzw. die entsprechenden Anforderungen frelwillig erfullt, kann demnach mit einer hohen Aufmerksamkelt durch die IVIarkttellnehmer rechnen.
'^' Vgl. Buschgen, 1997, S. 98; Rasch, 1996, S. 105 f.; Rehkugler, 1993, S. 45. ^^^ Vgl. Pjetzsch. 2004, S. 301; NSgel, 1999, S. 180; Grunbichler / Henke, 1998, S. 187 f. ^^^ Vgl. ausfuhrlich Pietzsch, 2004, S. 142-145; auch Buschgen, 1997, S. 98; Baums, 1996, S. 6; Rasch, 1996, S. 106 f.; Gerke, 1995, S. 21. Die Marktbeobachtung von mittelstandischen Unternehmen hat insbesondere seit der Grundung des Neuen Marktes und des SMAX zugenommen, vgl. o.V., 2000f, S. 23 f. ^^SieheKapitel2.1.2.2, S. 17. '^^ Vgl. RodI / Zinser. 2000, S. 57. ^^ Vgl. Grunbichler/ Henke, 1998, S. 185. '^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 400.
44 3.1.3 Zusammenhang zwischen Liquiditat und Informationstransparenz Die Bedeutung und der Zusammenhang zwischen Liquiditat und Informationstransparenz zeigt sich auch in einem so genannten „doppelten Teufelskreis der Umsatzlosigkeif^^®. Dabei lassen sich eine Informations-Ebene und eine Transaktions-Ebene voneinander abgrenzen, zwischen denen ROckkopplungs- bzw. Selbstverstarkungseffekte bestehen (siehe Abbildung 11). Geringe Nachfrage nach Untemehmensanalysen
Mangelnde Informationsverarbeitung
A
1 Informations-Ebene
1
T
Geringe Borsenumsatze
Geringe Handelsbereitschaft der Anleger A Transaktions-Ebene
^r
Abbildung 11:
1
Doppelter Teufelskreis der Umsatzlosigkeif ^^
Auf der Informations-Ebene verringern geringe Borsenumsatze mangels Liquiditat die Nachfrage nach Untemehmensanalysen und damit das Ausmafi der Informationsverarbeitung. Dies schrankt die Informationseffizienz des Marktes ein und erhoht die RIsiken einer asymmetrischen
Informationsverteilung. Letzteres schrankt
wiederum die Handelsbereitschaft der Investoren ein, so dass die Borsenumsatze welter zuruckgehen. Auf der Transaktions-Ebene entstehen dem Investor aufgrund der vorherrschenden llliquidltat hohere Transaktionskosten. Dies reduziert die Handelsbereitschaft der Investoren und verringert wiederum die Borsenumsatze, was die llliquidltat welter verstSrkt.^^ Dieser Teufelskreis kann schliefllich zu einer Zweiteilung der Aktienmarkte fuhren: Auf der einen Selte werden die Aktien der international bekannten Standardwerte immer schneller umgeschlagen. Die gestiegene Umsatzaktivitat und Liquiditat dieser Titel reduziert die Renditeforderungen der Anleger und damIt die Kapitalkosten der
' Leven. 2002, S. 14; Palm. 2002, S. 35; Rasch, 1996, S. 110. ' In Aniehnung an Grunbichler / Henke. 1998, S. 189; Rasch, 1996, S. 131. ' Vgl. Pietzsch, 2004, S. 299; Palm, 2002, S. 35; Leven, 2002, S. 14.
45 Unternehmen. Auf der anderen Seite verlieren die Titel von kleinen und mittleren Unternehmen fur den Anieger immer starker an Attraktivitat und Bedeutung. Die Liquiditatsprobleme am Sekundarmarkt erschweren mittelstandischen Unternehmen die FInanzlerung uber den Primarmarkt. Um dennoch attraktiv zu blelben, mussen sle Ihren Elgenkapltalgebern eine hohere Rendlte bleten, was wiederum ihre Kapltalkosten erhoht^^^ Reformmaflnahmen, die Insbesondere selt Grundung des Neuen Marktes im Jahr 1997 verstarkt umgesetzt wurden, zlelen darauf ab, den dargestellten Teufelskreis zu durchbrechen. Dabel wird insbesondere auf eine verbesserte Liquidltat und erhohte Informationstransparenz Wert gelegt. Belde Mafinahmen haben explizlte Auswlrkungen auf die Investor Relations, die sich um die Aufmerksamkelt der Financial Community bemuhen/^^ Die Anforderungen der Borsensegmente sind danach zu beurteilen, inwiewelt sle eine hohe Liquidltat der Aktie und Informationstransparenz der Unternehmen unterstutzen. 3.2
Borsensegmente in Deutschland
Borsensegmente lassen sich zunachst nach dem Land, in welchem die Aktien gehandelt werden, In Inlandische und auslandlsche Segmente untertellen.^®^ Fur die Notlerung sowohl an einer inlandlschen als auch an einer auslandlschen Borse (so genannte „Doppelnotierung" oder „Dual Llsting"^^) entscheiden sich in der Regel Unternehmen, deren operatives Geschaft eine nennenswerte Internationale Ausrichtung besltzt. Die Internationalltat des Geschafts und ein damit verbundener Finanzierungsbedarf kann durch eine Doppelnotierung zugunsten einer Internationalen FinanzierungsbasIs diverslflzlert werden. Letzteres setzt eine entsprechend hohe Liquidltat der Aktie voraus, weswegen in der Regel nur grofle Unternehmen eine Doppelnotierung anstreben/^^ Daruber hinaus profltieren die Unternehmen von einer besseren Wahrnehmung und Starkung ihres internationalen Images.^^ Bel den
^^^ Vgl. Baumeister / Werkemeister, 2001b, S. 122; Grunbichler / Henke, 1998, S. 187. ^^^ Vgl. Streuer, 2004, S. 83; Deutsche Borse AG, 1998, S. 3. So richteten sich die Reformmaflnahmen des Neuen Marktes insbesondere an solche Unternehmen, die Investor Relations betreiben ...", vgl. Deutsche Bdrse AG 1999, S. 1. '^^ Vgl. RodI / Zinser, 1999, 8. 45. ^^ Blattchen / Jacquillant, 1999, S. 73. ^®^ Vgl. O.V., 2004, S. 21; R6dl / Zinser, 1999, S. 73 f. ^®® Vgl. Blattchen / Jacquillant. 1999, 8. 73-75.
ai^tive
46 etwa 25 deutschen Untemehmen, die z.B. an US-amerikanischen BGrsen gelistet sind, handelt es sich um Konzerne wie DaimlerChrysler, E.ON Oder Altana. Diese Unternehmen sind auch im DAX, dem Index der 30 grfidten deutschen Unternehmen, notiert. Die Masse der deutschen Emissionen, insbesondere die mittelstandischer Unternehmen, erfolgt ausschliefilich an iniandlschen Segmenten, auf deren Analyse sich diese Arbeit beschrSnkt/®^ Abbildung 12 zeigt die inlSndischen Bdrsenpldtze und B5rsensegmente, die fur eine Ennission und einen anschlieflenden BGrsenhandel in Frage kommen. Borsensegmente
Berlin Bremen
Amtlicher Handel HGeregelterMarktH
Freiverkehr
*-• IPO-Markt Amtlicher Handel H Geregelter Markt H Freiverkehr
Dusseldorf
Amtlicher Handel H Geregelter Markt H
Freiverkehr
Hamburg
Amtlicher Handel
Geregelter Markt H
^ IPO im Freiverkehr Freiverkehr
Hannover
Amtlicher Handel
Geregelter Markt H
MiJnchen
Amtlicher Handel H Geregelter Markt H
Stuttgart
*• Pradikatsmarkt Amtlicher Handel HGeregelterMarktH Freiverkehr
Abbildung 12:
•» Start-UD-Market Freiverkehr Freiverkehr
Deutsche Borsenplatze und Borsensegmente
In Deutschland haben Ennittenten die Wahl zwischen acht Borsenplatzen. Der bedeutendste ist die Frankfurter WertpapierbOrse, an der mehr als 90% der Handelsumsatze samtlicher in Deutschland notierter Werte getStlgt werden. Die anderen sieben Regionalborsen in Berlin, Bremen, Dusseldorf, Hamburg, Hannover,
Zur zweifelhaften Vorteilhaftigkeit einer Notierung mittelstandischer Unternehmen a n auslandischen Borsensegmenten vgl. Kuls, 2 0 0 0 , 8 . N5. Z u m Ruckzug grolier Unternehmen von US-amerikanischen BOrsen, vgl. o.V., 2004, 8 . 2 1 .
47 Munchen und Stuttgart teilen sich die restlichen 10%.^^ Die Notierung an nur einem Borsenplatz ist unter dem Gesichtspunkt einer hohen Aktienliquiditat und effizienten Kursflndung optimal, da eine Fragmentiemng des Handels unterbleibt. Insbesondere fijr mittelstandische Unternehmen wird die Notierung an nur einem Borsenplatz empfohlen, in der Regel an der Frankfurter Leitborse, da sie normalen/veise nur uber eine relativ geringe Aktienliquiditat verfugenJ®^ Neben einer Notierung an der Frankfurter Borse entscheiden sich einige Unternehmen zusatzlich fur einen weiteren Borsenplatz in der Nahe ihres Unternehmenssitzes, da sie eine hohere Identifikation der Investoren mit dem heimischen Unternehmen erwarten.^^° Vor dem Hintergrund eines globalen Wettbewerbs zwischen den Kapitalmarkten und der Internationalen Wahrnehmung nur einer nationalen Borse durfte dieser Vorteil jedoch zugunsten einer einzigen Notierung, in der Regel an der Frankfurter Leitborse, immer mehr in den Hintergrund treten.^^^ An den Borsenplatzen hat der Emittent die Auswahl zwischen drei Borsensegmenten: dem Amtlichen Handel, dem Geregelten Markt sowie dem Freiverkehr.^^^ Daruber hinaus gibt es noch den aufierborslichen Telefonhandel, dessen Stellenwert bei Neuemisslonen vernachlSssigt werden kann.^^^ Wahrend es sich beim Amtlichen Handel und beim Geregelten
Markt um offentlich-rechtliche
Borsensegmente
handelt, ist der Freiverkehr ein privatrechtliches Borsensegment. Die Anforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes sind im Borsengesetz und der Borsenzulassungsverordnung fur alle Regionalborsen einheitlich geregelt.^^* Der Freiverkehr ist ebenfalls durch das Borsengesetz legitimiert, unterliegt aber weitestgehend der Dispositionsfreiheit der einzelnen Borsen, die eigene privatrechtliche Freiverkehrsrichtlinien eriassen durfen/^^ Die Unterscheidung der Segmente beruht auf unterschiedlichen Anforderungen an die Unternehmen. Der Amtliche Handel stellt die hochsten Anforderungen und ist fur grofie und etablierte Unternehmen konzipiert. Der Geregelte Markt wurde mit der
^^ Vgl. Biattchen / Jacquillant. 1999, S. 36; Hansen, 1983, S. 18. ®® Vgl. R6dl / Zinser. 2000, S. 328 f. ^° Vgl. O.V.. 2000a, S. 47; Biattchen / Jasper, 1999, S. 46; Liesner, 1996, S. 22 f. ^^ Vgl. Weiler, 2001, S. 90 f.; R6dl / Zinser, 2000, S. 46 f. ^^Vgl. Grod, 1999, S.24. ^^ Vgl. Blattchen / Jasper, 1999, S. 24; Potthoff / Stuhlfauth, 1997, S. 4. ''^ §§ 36 ff. BorsG (Amtlicher Handel); §§ 71 ff. BorsG (Geregelter Markt). ^^§78B6rsG.
48 Intention
eingefuhrt,
kleinen
und
mjttleren
Untemehmen
durch
geringere
Zulassungsbedingungen den Gang an die Borse zu erieichtern. Fur eine Notierung im Freiverkehr sind die Bedingungen am geringsten. Urn den gestiegenen Anforderungen globaler Kapitaimarkte Rechnung zu tragen, haben die Regionalborsen seit IVIitte der 90er Jaiire innerhalb ihrer Freiverkehrsmarkte eigenstandige privatrechtiiche Borsensegmente konzipiert, die bzgl. ihrer Anforderungen die der offentlich-rechtlichen Segmente zum Teil ubertrafen. IVIit den Initiativen sollte insbesondere fur mittelstandische Unternelimen der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt unterstutzt werden. Zielgruppen dieser Initiativen waren innovative und wachstumsstarke, meist junge Unternehmen. Das bekannteste Segment war der Neue Markt der Frankfurter Wertpapierborse.^^®
Um auch
mittelstandischen Unternehmen traditioneller Branchen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erieichtern, wurde von der Frankfurter Wertpapierborse der SMAX als ein weiteres Segment eingefuhrt. Hierbei handelte es sich nicht um ein Untersegment des Freiverkehrs, sondern um ein so genanntes „Qualitatssegment"^^^ das an die Anforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes ankniipfte. Unternehmen, die bereits im Amtlichen Handel Oder im Geregelten Markt notiert waren bzw. eine Notierung beabsichtigten, konnten freiwillig zusatzliche Kriterien erfullen, um in den SMAX aufgenommen zu werden. Der SMAX verstand sich als Qualitatssegment, da sich die Unternehmen verpflichten mussten, Internationale Publizitats- und Liquiditatsvorschriften zu befolgen, die uber denen der offentlichrechtlichen Segmente lagen. Sowohl der SMAX als auch der Neue Markt wurden per 1. Januar 2003 in eine neue Segmentstruktur, den ..General Standard" und „Prime Standard", der Frankfurter Wertpapierborse uberfuhrt. Wahrend der General Standard lediglich die Anforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes begrifflich unter einem Namen zusammenfasst, stellt der Prime Standard zusatzliche Anforderungen an die Unternehmen, die in etwa mit denen des Neuen Marktes und des SMAX vergleichbar sind.^^«
'^^Vgl.GroR, 2000, S. 212 f. ^^^ Deutsche Borse AG, 1998, S. 1. ^^® Vgl. Deutsche Borse AG, 2002c, 8.1-3. Zur veranderten 8egmentstruktur vgl. auch Muller, 2004, S. 122.
49 Nachfolgend werden die Anforderungen des Amtlichen Handels, des Geregelten Marktes und der Freiverkehrsmarkte beschrieben. Da die Frankfurter Borse mit etwa 90% des Handelsumsatzes die grolite Regionalborse darstellt und deshalb als Leitborse angesehen wird, werden ansciiliedend die Besonderheiten der Frankfurter Segnnentstruktur eriautert. Auf die Unterschiede zu den bisherigen Segmenten, Neuer Markt und SIVIAX, die sich speziell an mittelstSndische Untemehmen richteten, wird ebenfalls eingegangen. Die einzelnen Segmente werden in Tabelle 3 nocii einmal zusammenfassend dargestellt.^^^ 3.2.1 Amtlicher Handel Die rechtlichen Grundlagen fur die Zulassung von Wertpapieren zum Amtlichen Handel sind im Borsengesetz und der Borsenzulassungsverordnung festgelegt. Fur eine Zulassung zum Primarmarkt sind folgende Pflichten zu erfullen:^®° -
Der Emittent muss mindestens drei Jahre als Unternehmen bestanden und fur die letzten drei Geschaftsjahre Jahresabschlusse verGffentlicht haben.^®^
-
Dem Antrag auf Zulassung muss ein Prospekt beigefugt werden, der alle zur Beurteilung des Wertpapiers notwendigen Angaben enthalt.^®^
-
Die zu emittierenden Aktien mussen zu mindestens 25% von neuen AktionSren en^/orben werden (Streubesitz).^®^
-
Der Emittent muss ein haftendes Eigenkapital von mindestens Euro 1,25 Mio. nachweisen.^®"^
-
Das Emissionsvolumen muss mindestens Euro 2,5 Mio. betragen.^®^
-
Als Aktiengattung konnen sowohl Stamm- als auch Vorzugsaktien emittiert werden.^®®
Im Sekundarmarkt mussen folgende Pflichten erfullt werden: -
Die Rechnungslegung erfolgt nach dem HGB, wobei zukunftig auch die IFRS Oder US-GAAP akzeptlert werden.'^^
^®° §§ 36-44d BarsG; §§1-73 BOrsZulV. ^^' § 3 Abs. 1 BOrsZulV. '®^ § 36 Abs. 3 BOrsG. ^^^ § 9 Abs. 1 BorsZulV. ^^* § 2 Abs. 1 BOrsZulV. ^®^ § 2 Abs. 1 BorsZulV. '®® § 7 BorsZulV. ^®^ § 22 Abs. 4 BorsZulV.
50 -
Die Veroffentlichungen kOnnen ausschlieflllch in deutscher Sprache erfolgen/*®
-
Der Emittent muss zusStziich zum Jahresabschiuss mindestens einen Zwischenbericht veroffentiichen.^®®
-
Daruber hinaus ist der Emittent zur Ad-hoc-Publizitat verpflichtet.^®°
3.2.2 Geregelter Markt Die rechtlichen Grundlagen des Geregelten Marktes sind im Borsengesetz sowie in den jeweiligen Borsenordnungen der Regionalborsen geregelt. Da die Borsenordnungen der Regionalborsen bezuglich der offentlich-rechtllchen Segmente inhaltlich weitestgehend ubereinstimmen, wird damit fur alle Borsenplatze faktisch ein einheitlicher Standard geschaffen/®^ Die nachfolgenden Anfordemngen beziehen sich auf die Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. Die wesentlichen Anforderungen fur die Zulassung zum Primarmarkt sind:^®^ -
Der Emittent muss mindestens drei Jahre als Unternehmen bestanden und fur das letzte Geschaftsjahr seinen Jahresabschiuss veroffentlicht haben.^®^
-
Dem Zulassungsantrag ist ein Unternehmensbericht beizufugen, der Angaben uber den Emittenten und die Wertpapiere enthalt.^^^
-
Eine Mindeststreuung der Aktien ist nicht vorgeschrieben.^®®
-
Eine Mindesthohe des haftenden Eigenkapitals ist nicht vorgeschrieben.
-
Das Emissionsvolumen muss mindestens Euro 0,25 Mio. betragen.^®®
-
Als Aktiengattung konnen sowohl Stamm- als auch Vorzugsaktien emittiert werden.^®^
Im Sekundarmarkt sind folgende Pflichten zu erfiillen: -
Die Rechnungslegung erfolgt nach dem HGB, wobei zukunftig auch die IFRS oder US-GAAP akzeptiert werden.^""
'^^§13BorszulV. '^^ § 53 BGrsZulV. '^°§15WpHG. '^' Vgl. RodI / Zinser, 2000, S. 55. ^92 §§ 71.77 BOrsG; § 68-74 BSrsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. ^^^ § 73 Abs. 1 Nr. 2 B5rsG; § 69 Abs. 2 Nr. 1 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. '^^ § 73 Abs. 1 Nr. 2 BorsG. ^^^ § 69 Abs. 2 Nr. 3 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. '^® § 73 Abs. 1 Nr. 1 BorsG. ^^^ § 69 Abs. 2 Nr. 2 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse i.V.m. § 7 Abs. 1 BOrsZulV. ^^^ § 73 Abs. 1 Nr. 2 BOrsG i.V.m. § 7 Abs. 1 VerkaufsprospektG und § 22 Abs. 4 BOrsZulV.
51 -
Die Veroffentlichungen k5nnen ausschliefilich in deutscher Sprache erfolgen/®®
-
Der Emittent muss zusStziich zum Jahresabschluss mindestens einen Zwischenbericht ver6ffentliclien.^°°
-
Daruber hinaus ist der Emittent zur Ad-hoc-Publizitat verpflichtet.^°^
3.2.3 Freiverkehr Die Freiverkehrssegmente unterliegen weitestgehend der Dispositionsfreiiieit der einzelnen Regionalborsen. Die Zulassungsvoraussetzungen werden von einer privatrechtlichen Organisation, an der Frankfurter Wertpapierb6rse beispielsweise von dem Redaktionsausschuss der Vereinigung Frankfurter EffektenhSndler e.V., festgelegt. Die Bedingungen fQr eine Zulassung zum Primarmarkt sind im Vergleich zu anderen Segmenten am geringsten:^^ -
Es bestehen keine Vorgaben bzgl. der Existenzdauer des Emittenten. Die Jahresabschlusse und Geschaftsberichte der letzten drei Jahre mussen eingereicht werden, soweit das Unternehmen schon so lange bestanden hat.
-
In Aniehnung an den Prospekt ist ein Expose einzureichen, wobei die erforderlichen Angaben nicht explizit festgelegt sind und auch keine Pflicht besteht, das Expose zu veroffentlichen. Die Publizitatserfordernisse beschranken sich darauf, den Zulassungsantrag sowie die Entscheidung uber die Einbeziehung der Aktien in den Freiverkehr im Borsensaal bekannt zu geben.
-
Es bestehen keine Vorgaben bezuglich eines Mindeststreubesitzes, des Eigenkapitals, eines Mindestemissionsvolumens oder der Aktiengattung.
Im Sekundarmarkt bestehen keine Vorschriften bezuglich der Rechnungslegung und der Publikationssprache. Ebenfalls keine Verpflichtungen bestehen zur Veroffentlichung von Halbjahresberichten und zur Ad-hoc-Publizitat.^°^ In den Freiverkehr kann jede beliebige Aktie aus jedem beliebigen Land der Welt eingefuhrt werden. Die Zustlmmung des Unternehmens ist dafur nicht notwendig. Nur bei Widerspruch des Unternehmens unterbleibt eine Notierung. Im Freiverkehr
^^^ § 73 Abs. 1 Nr. 2 B6rsG i.V.m. § 7 Abs. 1 VerkaufsprospektG und § 22 Abs. 13 BdrsZuiV. 200 § 71 BSrsenordnung fur die Frankfurter WertpapierbOrse i.V.m. § 53 BOrsZulV. ^°^§15WpHG. ^°^ § 78 BGrsG. Vgl. z.B. die Richtlinien fur den Freiverkehr, Frankfurter Wertpapierborse AG, 1992, S. 3 f. Vgl. hierzu auch Zitzmann / Taubert, 2000, S. 115; Schrader, 1993, S. 28 f. ^°^ Vgl. Bittner, 1997, S. 94; Rosen, 1995, S. 344.
52 werden somit sehr unterschiedliche Aktien gehandelt. In Summe werden uber 2000 ausl^ndische Titel und rund 800 inl^ndische Werte an den acht deutschen BQrsenplatzen im Freiverkehr gehandelt. Die Informatlonstransparenz ist wegen der Vielfalt der Titel sehr unterschiedlich. Neben auslandlschen Weltkonzernen mit einer umfassenden Informationspolltik werden auch hochspekulative, unbekannte klelne Unternehmen, die nur wenige Unternehmensinformationen publizieren, gehandelt.^°'* Dementsprechend sind die Richtlinien vieler institutioneller Investoren im Hinblick auf diese kleinen Unternehmen sehr restriktiv. Wegen der mangelnden Transparenz werden viele Titel nur zuruckhaltend oder gar nicht gehandelt.^°^ Im Gegensatz zu den offentlich-rechtlichen Segmenten eroffnen die Frelverkehrsmarkte jedoch die Moglichkeit, relativ flexibel, d.h. ohne eine Gesetzesinitiative, International ubiiche Standards zu ubernehmen und in eigenstandigen privatrechtlichen Nischensegmenten, die sich vom allgemeinen
Freiverkehr
abgrenzen,
zusammenzufassen.^°® MIt der ErOffnung des Neuen Marktes am 10. M^rz 1997 als privatrechtllches Borsensegment des Frankfurter Freiverkehrs sollte insbesondere Innovatlven und wachstumsstarken kleinen und mittleren Unternehmen der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt erieichtert werden.^°^ Durch hohe Anforderungen an die
Liquiditat
und
Informatlonstransparenz,
die
internationalen
Standards
entsprachen und welt uber denen der offentlich-rechtlichen Segmente lagen, sollte eine hohe Investitionsslcherheit und damit Nachfrage auch internationaler Investoren sichergestellt werden. Die Konzeption des Neuen Marktes konnte in seinen Anfangsjahren diese Erwartungen erfullen und hat wesentlich zur Offnung des Kapitalmarktes fur kleine und mittlere Unternehmen beigetragen. Bis zu seiner Einstellung Ende 2002 waren insgesamt 353 Unternehmen am Neuen Markt notiert. Im Wettbewerb um die Gunst der Investoren versuchten auch die anderen Regionalborsen, die Attraktivitat ihrer Freiverkehrsmarkte durch zusatzliche Nischenmarkte zu steigern. Hierzu gehoren der JPO-Markt" in Berlin, der „IPO im Freiverkehr"-Markt in Dusseldorf, 6er „Start-Up-Market" in Hamburg und der ..Pradlkatsmarkt", „Pradlkatsmarkt Select" und „M:access" in Munchen.^°® Die Zielgruppen und Anforderungen
^^^ Vgl. Deutsche Informationsbdrse AG, 1999, S. 3 f., 10 f. ^°^ Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001b, S. 126; Biattchen / Jasper, 1999, S. 26. ^^ Vgl. RodI / Zinser, 2000, S. 77. ^°^ Ziffer 1 Regelwerk Neuer Markt. ^°® Vgl. Scherer, 2005, S. 16 f.; Rddl / Zinser, 2000, S. 46.
53 dieser Nischenmarkte ahnein denen des Neuen Marktes.^°® Die Anforderungen dieser Segmente sind in Anhang 1 dargestellt.^^° Im Raiimen dieser Arbeit soil die Entwicklung der regionaien Nischenmarkte niciit beurteilt werden. Diese konnten sich parallel zum Neuen Markt und zum SMAX nicht durchsetzen, was die Anzahl der notierten Unternehmen im letzten Jahr des Neuen Marktes veranschaulicht (siehe Tabelle 2).^^^ Segment
Anzahl notierter Unternehmen
Neuer Markt,
IPO-Markt,
Start-UpMarket, Hamburg
Pradikatsmarkt,
Berlin
IPOim Freiverkehr, Dusseldorf
Munchen
Pradikatmarkt Select, Munchen
Frankfurt
353
9
2
5
12
2
Tabelle 2: Notierungen in NIschensegmenten der Freiverkehrsmarkte^^^
3.2.4 Borsensegmentlerung der Frankfurter Wertpapierborse An der Frankfurter Wertpapierborse werden die offentlich-rechtlichen Segmente in einer fur Frankfurt eigenstandigen Segmentordnung zusammengefasst und urn weitere insbesondere Internationale Anforderungen erganzt. Die Marktteilnehmer sollen dadurch leichter unterscheiden konnen, Inwieweit sich Unternehmen zur Erfijllung eher nationaler bzw. internationaler Anforderungen verpflichtet haben. Wesentliche Inhalte der Segmentierung der Frankfurter Wertpapierborse sind eine Zweiteilung des Gesamtmarktes in den General Standard und den Prime Standard mit unterschiedlichen Transparenzanforderungen sowie einem sektoralen Indexkonzept (siehe Abbildung 13, Seite 54).^^^
^°^ Vgl. Deutsche Informationsborse AG, 1999. S. 12. 22. ^'°SieheAnhang1.S. 259. ^^^ Vgl. Cook. 2000. S. B1. der die ZukunftsfShigkeit mehrerer nationaler Borsen anzweifelt. Vgl. hierzu auch Baumeister / Werkmeister, 2001b, S. 130. ^^^ Veroffentlichungen der einzelnen BOrsensegmente per 31.12.2002. Das Munchner M:accessSegment ist in der Tabelle nicht beriicksichtigt worden. da seit dessen Start am 01.07.2005 noch keine Notierungen vorlagen. ^^^ Vgl. Deutsche Borse AG, 2002c. S. 1-3.
54 Branchenindizes:
V (
\
1. 2. 3. 4. 5.
AutomobJIbranche Banken Bauindusliie Chemie Energie/Rohstoffe
Branchen- 6. Finanzdienstleistungen
CDAX
•3
3
E
© 3
12 S "c 0)
0)
§
E
(0 C (0
:3 a> o>
iu
1
19 22
18
1
1
8
3
4
5
1
2
8
3
2
18
1
8
E
•s CO c
22
10
(0 c 0)
1
12 S "w (0 c 0)
c
M
s
0)
C 0
E
(0
1
E
0) E "c UJ 32
8
3 Q.
2 1
1
1 1
8
3
3 1
1 1 2
1 3
^m
Haufigkeiten und Zusammenhange der Kriterien Hintergrund
der
Haufigkeiten
der
Kriteriennennungen
lasst sich
zusammenfassend sagen, dass bestimmte Kriterien im IVIittelpunkt des Interesses stehen und von mehreren Seiten (Kriterienkontext) untersuciit werden. Ein absciiliefiendes Urteil, welciies Kriterium mit welcher Bedeutung in den Investment Case eingeht, kann auf Basis der Analyse nicht getroffen werden. Die Gewichtung der einzelnen Kriterien und gegebenenfalls Erganzung um weitere ist letztendlich von der Erklarungsbedurftigkelt der individuellen Unternehmensaktivitaten und den zur Verfugung stehenden Informationen abhangig. Ein junges und innovatives Unternehmen wird vermutlich mehr Eriauterungen zu seinen Produkten und deren Marktpotential prasentieren, wohingegen ein traditionelles Unternehmen mit weniger erklarungsbedurftigen Produkten eher auf die historische Entwicklung und die bereits gewonnenen Marktantelle abstelien wird. Daruber hinaus wird davon ausgegangen, dass Schwachen bei einzelnen Kriterien durch Starken bei anderen Kriterien
174 ausgeglichen werden kOnnen.^®^ Demnach 1st die Beurteilung des Investment Case eines Unternehmens nur in einer gesamtheitliciien Analyse aller Kriterien mOglich. Vor dem Hintergrund der hier beispielhaft untersuchten Untemehmen ISsst sich zumindest eine Aussage zur relativen Bedeutung bzw. Erkiarungsbedurftigkeit der Kriterien treffen (siehe Abbildung 17).
Abbildung 17:
Bedeutung der Investment-Case-Kriterien
Die kreisformige Anordnung der Kriterien veranschaulicht zunachst deren Gleichwertigkeit, die erst in Abhangigkeit von unternehmensindividuellen Alleinstellungsmerkmalen des Investment Case zu einer unterschiedlichen Gewichtung fuhren. Der abnehmende Kreisring zeigt die relative Bedeutung der Investment Case Kriterien, wie sle im Rahmen der Untersuchung festgestellt worden ist.
' Vgl. ahnlich Holzinger, 2004, S. 727; Serfling / Rape / Kressin, 1999, S. 290 f.
175 Eine weitere Moglichkeit, urn eine Aussage zur Bedeutung einzelner Kriterien zu bekommen, ist die Berucksichtigung der Zielsetzung, unter der die Analysen durchgefuhrt werden.^®^ In diesem Zusammenhang fallt bei der Auswertung der Ergebnisse auf, dass die Analysten die Unternehmen bzw. die einzelnen Kriterien hauptsachlich unter dem Gesichtspunkt des Wachstumspotentials und der damit verbundenen Kapitalwachstumschancen beurteilen. Die Analyse der einzelnen Kriterien dient den Analysten
als
Grundlage
fur
ihre
Unternehmensbewertung.
Dabel
geht
die
Zielsetzung konform mit einer am Shareholder-Value-Konzept ausgerlchteten Unternehmensbetrachtung, wobei die einzelnen Kriterien anhand ihres Beitrags zur Unternehmenswertsteigerung beurteilt werden. Das bestatigt die in der Literatur vertretene Ansicht, dass der Kapitalmarkt eine wertorientlerte Unternehmensfuhrung befurwortet und entsprechende Mafinahmen honoriert.^®^ Das Unternehmenswachstum lasst sich somit, wenn nicht explizit, so doch implizit, als ubergeordnetes Kriterium identifizieren. Im Rahmen der Investor Relations sind die oben genannten Ergebnisse von Interesse, well sie die Inhalte und deren Gewlchtung im Rahmen der freiwilligen Publizitat bestimmen. Auch wenn in Abhangigkeit von der Zielgruppe und dem Kommunikationsmittel unterschiedliche Kriterien im Vordergrund stehen, so zeigen die Ergebnisse, dass die Alleinstellungsmerkmale der Produkte, der Ertragslage, der Strategie, des Wettbewerbs und der Branchen- und Marktsituation auch im Kontext mit anderen Kriterien eriautert werden sollten. Nicht selten werden Unternehmen auch nach den wichtigsten Grunden gefragt, die fur den Kauf der Aktie sprechen.^®"* In diesem Zusammenhang sollten die entsprechenden Alleinstellungsmerkmale der zuvor genannten Kriterien kurz und pragnant dargestellt werden.
^^^ Vgl. Kienast. 1977, 8 . 3 9 f. ^^^ Siehe Kapitel 2.4, S. 25. Vgl. hjerzu auch Rappaport, 1999, 8. 105.140. Simon / Ebel / Pohl. 2002, 8. 129 sprechen in diesem Zusammenhang von „Werttreibem der BGrsenbewertung." Zur Shareholder-Value-Orientierung der Analysten vgl. auch Achleitner / Bassen, 2001, S. 5; Kames, 2000, 8. 14; Gerke/Bank, 1999, 8. 15; Drill, 1995, 8. 113. ^^^ Vgl. Holzinger, 2004, 8. 735.
176 4.2.2.4.4 Fazit zur Analyse Tabelle 30 fasst noch einmal alle Kriterien zusammen mit Verwels auf die entsprechenden Einzeltabellen. Auf Basis der beispielhaft untersuchten Unternehmen stellt die Tabelle in summa eine Checkliste fur Investment-Case-Kriterien und deren Inhalte dar. Kriterien Finanzielle Kriterien Nicht-finanzielle Kriterien
Tabelle 30:
Ertragsiage LiquiditStslage Finanz- und VermOgenslage Produkte Strategie Wettbewerb Branche/Markt Kunden Mittelverwendung Unternehmenshistorie Management Eigentumerstrul